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German Pages 603 [604] Year 2016
Arnim Powietzka (Hrsg.) Praxishandbuch Arbeitsverträge für Unternehmer De Gruyter Praxishandbuch
Arnim Powietzka (Hrsg.)
Praxishandbuch Arbeitsverträge für Unternehmer Mit Geschäftsführer- und Vorstandsverträgen
ISBN 978-3-11-036400-2 e-ISBN (PDF) 978-3-11-036405-7 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-039158-9 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Einbandabbildung: pyotr021/istock/thinkstock Datenkonvertierung/Satz: fidus Publikations-Service GmbH, Nördlingen Druck: CPI books GmbH, Leck ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Vorwort Der Abschluss von Arbeitsverträgen ist für Arbeitgeber alltägliche Routine. Jedes größere Unternehmen hat Muster und Vorlagen, die standardmäßig verwendet werden. Um einheitliche Arbeitsverhältnisse zu erreichen, werden die Personalverantwortlichen häufig sogar verpflichtet, bestimmte Vorlagen zu verwenden. Das ist sinnvoll und richtig. Wie jeder erfahrene Rechtsanwalt weiß, besteht das Problem mit Mustern lediglich darin, dass sie in der Praxis nie passen. Jeder Fall ist anders und weist Besonderheiten auf. Es gibt nicht „den richtigen Arbeitsvertrag“, der die passenden und sinnvollen Regelungen sowohl für den tarifgebundenen Schichtarbeiter am Fließband als auch für den AT-Angestellten der oberen Führungsebene oder den Vertriebsmitarbeiter im Außendienst enthält. Außerdem entwickelt sich die Rechtsprechung zu den einzelnen Vertragsklauseln mit immer rasanterer Geschwindigkeit weiter. Den mit der Vertragsgestaltung befassten Mitarbeitern bleibt daher nichts anderes übrig, als mehrere Vertragsmuster vorzuhalten und diese in immer kürzeren Abständen auf ihre Vereinbarkeit mit der neueren Rechtsprechung zu überprüfen und ggf. anzupassen. Die Zeiten, in denen man einen Muster-Arbeitsvertrag über Jahre hinweg nahezu unverändert verwenden konnte, sind längst vorbei. Fehler bei der Vertragsgestaltung können im Streitfall teuer werden. So mancher Arbeitgeber hat vor den Arbeitsgerichten schon böse Überraschungen erlebt, wenn er etwa im Rahmen der Überstundenklage des ausgeschiedenen Mitarbeiters erfahren musste, dass die vereinbarte pauschale Abgeltung jeglicher Überstunden ebenso unwirksam ist wie die Ausschlussfrist am Ende des Vertrags mit der Folge, dass Überstunden im Rahmen der dreijährigen Verjährungsfrist rückwirkend geltend gemacht werden können. Das vorliegende Handbuch führt den Praktiker der Vertragsgestaltung durch den Dschungel der Rechtsprechung. Zu allen in der Praxis üblichen Klauseln – von der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers über die Vergütung, vertragliche Nebenpflichten, Regelungen zur Vertragsbeendigung, zur Aus- und Weiterbildung, nachvertraglichen Pflichten bis hin zu den sog. „Schlussbestimmungen“ des Arbeitsvertrags – wird erläutert, welche Anforderungen die Rechtsprechung stellt, welche Klippen es zu umschiffen und welche „Fettnäpfe“ es zu vermeiden gilt und wie eine Klausel im Arbeitsvertrag letztlich formuliert werden kann. Ausführlich werden Bezugnahmeklauseln im Arbeitsvertrag – sei es auf Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder einseitig vom Arbeitgeber gesetzte Regelungswerke (z. B. die klassische „Arbeitsordnung“) – dargestellt und die rechtlichen Anforderungen aufgezeigt. Darüber hinaus werden Besonderheiten der Anstellungsverträge von Geschäftsführern und Vorständen behandelt und mit zahlreichen Praxisbeispielen erläutert. Das Handbuch ist von Praktikern – Rechtsanwälten und Unternehmensjuristen – für Unternehmer und Personaler geschrieben, die sich mit der Arbeitsvertragsgestaltung zu befassen haben. Die Darstellung orientiert sich dabei an den Vorgaben
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Vorwort
der Rechtsprechung. Wissenschaftliche Diskussionen, die sich nicht auf die Formulierung der Arbeitsvertragsklauseln auswirken, werden nicht vertieft dargestellt. Die Rechtslage ist mit dem Stand 29.02.2016 berücksichtigt. Danken möchte ich an dieser Stelle vor allem allen Autoren, die mit ihrem besonderen Einsatz das Erscheinen dieses Handbuchs ermöglicht haben. Ein besonderer Dank gilt dem de Gruyter Verlag für die stets tatkräftige Unterstützung und die sorgfältige Arbeit des Lektorats. Besonders hervorzuheben ist neben der Arbeit der Autoren vor allem die Mitarbeit von Frau Christina Krämer, Herrn Manuel Graulich und Frau Rechtsreferendarin Katharina Joeres, die bei der Vorbereitung des Werkes, der Erstellung der Gliederung und bei der Arbeit an dem Manuskript wertvolle Unterstützung geleistet haben. Ein besonderer Dank gilt Frau Martina Klemm, Frau Sabrina Dendic, Frau Christiane Fichtner, Frau Katharina Jakob, Frau Maria Romanski und Frau Helga Düttmann, die unermüdlich die Manuskripte der Autoren betreut haben. Die Autorinnen und Autoren, der Herausgeber und der Verlag sind jederzeit offen für Anregungen, Kritik und Verbesserungsvorschläge. Heidelberg, im März 2016 Arnim Powietzka RB Reiserer Biesinger Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Dr. Arnim Powietzka Sofienstraße 21 69115 Heidelberg Tel: 06221/43416-49 E-Mail: [email protected]
Inhaltsübersicht Abkürzungsverzeichnis XXXI Literaturverzeichnis XXXV Bearbeiterverzeichnis XLI Kapitel 1 Bedeutung für die unternehmerische Praxis
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Kapitel 2 Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arbeitsvertrag A. B. C. D. E. F.
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Die Verwendung von AGB durch sog. „Formularverträge“ Umfang der AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 11 Überraschende Klauseln, § 305c Abs. 1 BGB 18 Inhaltskontrolle nach § 307 BGB 23 Besondere Klauselverbote, §§ 308, 309 BGB 38 Rechtsfolgen AGB-widriger Klauseln, § 306 BGB 40
Kapitel 3 Arbeitsleistung
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45 A. Tätigkeit, Arbeitsort und Versetzung B. Vertragsstrafe wegen Nichtantritts der Arbeit C. Überstunden 61 D. Kurzarbeit 68 E. Zurückbehaltungsrecht 73 F. Arbeit auf Abruf 75 G. Arbeitszeitkonten 84 Kapitel 4 Vergütung
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93 A. Allgemeines B. Einzelne Vergütungsarten 104 C. Regulierte Vergütung 123 Kapitel 5 Nebenpflichten
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141 A. Nebentätigkeiten B. Wettbewerbsverbot 147
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Inhaltsübersicht
C. Arbeitsverhinderung 150 D. Urlaub 154 E. Annahme von Geschenken und Begünstigungen 166 F. Antidiskriminierung 169 G. Verpflichtung auf das Datengeheimnis 170 H. Datenschutzerklärung 172 I. Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Verschwiegenheitsklausel 173 J. Nutzung von Kommunikationseinrichtungen im Unternehmen (E-Mail und Telefon) 181 Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
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193 A. Befristung des Arbeitsverhältnisses B. Altersgrenze 225 C. Erwerbsminderung 231 D. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (insb. Kündigungsvereinbarungen) 233 E. Probezeit 249 F. Kündigung vor Dienstantritt 250 G. Freistellungsvorbehalt 252 Kapitel 7 Regelungen zur Aus- und Weiterbildung
257
257 A. Fortbildungsklauseln B. Fortbildungskosten und ihre Erstattung (Rückzahlungsklauseln) Kapitel 8 Nachvertragliche Pflichten
277
277 A. Herausgabe von Firmeneigentum und Unterlagen B. Nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht 280 C. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote 286 Kapitel 9 Schlussbestimmungen
315
315 A. Zugangsfiktion B. Schriftformklausel 320 C. Salvatorische Klausel 324
263
Inhaltsübersicht
329 D. Rechtswahlklausel E. Gerichtsstandsvereinbarung
341
Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
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347 A. Einführung B. Gegenstand der Bezugnahme 348 C. Auslegung von Willenserklärungen und anzuwendende Maßstäbe D. Formen der Inbezugnahme 358 E. Bezugnahme auf Tarifvertrag 361 F. Betriebsvereinbarung 395 G. Bezugnahme auf Arbeitsordnungen 400 H. Jeweiligkeitsklausel 401 I. Bezugnahme auf Beamtenrecht 405 J. Kirchenrecht 406 Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag B. Der AG-Vorstands-Vertrag 502 Stichwortverzeichnis
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351
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Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis XXXI Literaturverzeichnis XXXV Bearbeiterverzeichnis XLI Kapitel 1 Bedeutung für die unternehmerische Praxis
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Kapitel 2 Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arbeitsvertrag
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3 A. Die Verwendung von AGB durch sog. „Formularverträge“ I. Vorliegen eines Formulararbeitsvertrags mit AGB 4 1. Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB 4 a) Vorformulierte Vertragsbedingungen 4 b) Vielzahl von Verträgen 4 c) Stellen der Vertragsbedingungen 5 d) Individuelle Betrachtung der Klausel 6 e) Vermutung bei Verbraucherverträgen 6 2. Darlegungs- und Beweislast 7 3. Keine AGB-Kontrolle von individuellen Vertragsabreden 7 II. Die Auslegung von AGB in Formulararbeitsverträgen 8 1. Allgemeine Auslegungsgrundsätze 8 2. Die Unklarheitenregelung, § 305c Abs. 2 BGB 9 3. Ergänzende Vertragsauslegung 10 III. Vorrang der Individualabrede, § 305b BGB 10 B. Umfang der AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 11 I. AGB im arbeitsgerichtlichen Verfahren 11 1. Verbandsklageverfahren nach § 1 UKlaG 11 2. Regelfall: Individualverfahren 12 II. Modifikationen der AGB-Kontrolle durch § 310 Abs. 3 BGB 13 1. Der Arbeitsvertrag als Verbrauchervertrag 13 2. Modifikationen nach § 310 Abs. 3 Nr. 1–3 BGB 14 a) § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB 14 b) § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB 14 c) § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB 15 III. Besonderheiten im Arbeitsrecht, § 310 Abs. 4 S. 2 BGB 16 C. Überraschende Klauseln, § 305c Abs. 1 BGB 18 I. Schutzzweck 18 II. Tatbestand und Systematik 19 1. Überraschende Abweichung von Vertragserwartungen 19
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Inhaltsverzeichnis
2. Berechtigung der Vertragserwartungen des Arbeitnehmers a) Generelle Umstände 21 b) Individuelle Umstände 22 III. Darlegungs- und Beweislast 22 IV. Rechtsfolgen 23 D. Inhaltskontrolle nach § 307 BGB 23 I. Vorrang der Spezialregelung des § 307 Abs. 2 BGB 24 1. Der Sondertatbestand des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB 24 2. Der Sondertatbestand des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB 26 3. Verhältnis der beiden Sondertatbestände zueinander 27 II. Unangemessene Benachteiligung, § 307 Abs. 1 S. 1 BGB 27 III. Transparenzkontrolle, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB 29 1. Beurteilungsmaßstab 30 2. Einzelausprägungen 31 a) Verständlichkeitsgebot 31 b) Bestimmtheitsgebot 32 c) Täuschungsverbot 34 3. Besonderheiten im Arbeitsrecht 34 4. Umstandskontrolle 35 IV. Schranken der Inhaltskontrolle, § 307 Abs. 3 S. 1 BGB 35 E. Besondere Klauselverbote, §§ 308, 309 BGB 38 I. Die §§ 308, 309 BGB als Spezialregelungen zu § 307 BGB 38 II. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit, § 308 BGB 38 III. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit, § 309 BGB 39 F. Rechtsfolgen AGB-widriger Klauseln, § 306 BGB 40 I. Unwirksamkeit (nur) der Klausel 40 II. Verbot der geltungserhaltenden Reduktion 41 III. Besonderheit bei „Altverträgen“ 41 IV. Teilunwirksamkeit (blue-pencil-test) 42 Kapitel 3 Arbeitsleistung
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45 A. Tätigkeit, Arbeitsort und Versetzung I. Direktionsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich Tätigkeit und Arbeitsort 45 II. Versetzungsklauseln 46 1. Allgemeine Erwägungen 46 2. Wirksamkeitsanforderungen an Versetzungsklauseln 46 a) Grundsätzliche Zulässigkeit von Versetzungsklauseln in Formular arbeitsverträgen 46 b) AGB-rechtlicher Prüfungsumfang von Versetzungsklauseln 47 c) Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB 47
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48 d) Unangemessene Benachteiligung 3. Konzernversetzungsklausel 50 4. Ausübungskontrolle 51 5. Mitbestimmung des Betriebsrats 52 B. Vertragsstrafe wegen Nichtantritts der Arbeit 53 I. Allgemeine Erwägungen 53 II. Wirksamkeitsanforderungen 54 1. Gesetzliche Verbote 54 2. Form 55 3. Formulararbeitsverträge 55 a) Grundsätzliche Zulässigkeit von Vertragsstrafenklauseln in Formulararbeitsverträgen 55 b) Überraschende Klausel, § 305c Abs. 1 BGB 56 c) Unangemessene Benachteiligung, § 307 Abs. 1 BGB 57 d) Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB 59 e) Verbot geltungserhaltender Reduktion 60 C. Überstunden 61 I. Allgemeine Erwägungen 61 II. Anordnung von Überstunden 62 1. Überstundenanordnung und Direktionsrecht 62 2. Überstundenanordnung und Gleichbehandlungsgrundsatz 62 3. Wirksamkeitsanforderungen an vertragliche Überstundenanordnung 63 III. Ausgleich von Überstunden 64 1. Vorliegen einer objektiven Vergütungserwartung 65 2. Wirksamkeitsanforderungen an vertragliche Regelungen zum Ausgleich von Überstunden 66 3. Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs 67 D. Kurzarbeit 68 I. Allgemeine Erwägungen 68 II. Wirksamkeitsanforderungen an Kurzarbeitsklauseln 70 III. Rechtsfolgen der Einführung von Kurzarbeit 72 E. Zurückbehaltungsrecht 73 I. Allgemeines 73 II. Hinweise zur Vertragsgestaltung 74 F. Arbeit auf Abruf 75 I. Allgemeine Erwägungen 75 II. Anwendungsbereich des § 12 TzBfG 76 1. Anforderungen bei Vollzeitkräften 76 2. Zulässigkeit bei Zeitarbeitnehmern? 76 III. Wirksamkeitsanforderungen an Arbeit-auf-Abruf-Klausel 77 1. Transparenzgebot 77
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2. Vereinbarung einer Mindestarbeitszeit 77 3. Besondere Gestaltungsgrenzen bei der Vereinbarung einer flexiblen Arbeitszeitdauer 78 4. Kombination mit Ausgleichzeitraum 79 5. Kombination mit Überstunden 81 IV. Grenzen der Festlegung der Arbeitszeit 81 1. Ankündigungsfrist 81 2. Mindestdauer der täglichen Arbeitszeit 82 V. Weitergehende Möglichkeiten durch tarifvertragliche Regelung 83 VI. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats 83 G. Arbeitszeitkonten 84 I. Allgemeine Erwägungen 84 II. Zulässigkeit von Arbeitszeitkonten 85 1. Zeitarbeitnehmer 86 2. Regelungsvorgaben durch das Mindestlohngesetz 87 III. Wirksamkeitsanforderungen 88 1. Arbeitszeit 88 2. Führen von Arbeitszeitkonten 89 3. Festlegung der Arbeitszeit 90 4. Abbau von Arbeitszeitkonten 90 5. Vergütung 91 IV. Mitbestimmung 92 Kapitel 4 Vergütung
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93 A. Allgemeines I. Der Begriff Vergütung 93 II. Die Vergütung als Arbeitsvertragsbestandteil 93 1. Arbeitgeber als Schuldner des Vergütungsanspruchs und Leistungen Dritter 93 2. Ausnahmen: Vergütung ohne Arbeitsleistung 94 3. Verhältnis zu kollektivrechtlichen Regelungen 95 a) Mitbestimmung des Betriebsrats 95 b) Kollision von Regelungen 95 4. Nettolohnabrede 96 5. Steuern und Sozialabgaben 96 a) Lohnsteuer 97 b) Sozialversicherungsabgaben 97 c) Ausnahmen 97 6. Pfändung und Aufrechnung 98 a) Pfändung 98
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99 b) Aufrechnung 7. Ausschlussklauseln und Verjährung 100 a) Einseitige Ausschlussfristen 101 b) Zweiseitige Ausschlussfristen 101 aa) Einstufige Ausschlussfristen 101 bb) Zweistufige Ausschlussfristen 102 c) Weitere Wirksamkeitsvoraussetzungen 102 d) Umfang des Ausschlusses 103 e) Verjährung 103 8. Gerichtliche Durchsetzung 103 B. Einzelne Vergütungsarten 104 I. Dienstwagen 104 1. Allgemein 104 2. Haftung für Beschädigung 105 3. Steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Auswirkung 4. Car Allowance 106 II. Provision 107 III. Aus- und Fortbildungskosten (Rückzahlung) 108 IV. Variable Vergütung und Flexibilitätsinstrumente 108 1. Grundsatz: Was ist flexibel gestaltbar? 108 a) Transparenzgebot 108 b) Keine Entziehung erdienten Lohns 110 2. Feste Bonusklauseln 112 3. Zielvereinbarungen 114 4. Freiwilligkeitsvorbehalt 116 5. Widerrufs- und Änderungsvorbehalte 117 6. Bindungsklausel 118 7. Stichtagsregelung 119 8. Ermessensregelungen (§ 315 BGB) 121 9. Kürzung von Sonderzahlungen 122 a) Ruhendes Arbeitsverhältnis 122 b) Sonderfall: Kürzung bei Krankheit § 4a EFZG 123 C. Regulierte Vergütung 123 I. Mindestlöhne und § 138 BGB 124 1. Allgemeines 124 2. Anwendungsbereich 124 3. Arbeitszeit 125 4. Zulagen und Zuschläge 125 5. Sachleistungen 127 6. Anderslautende Vereinbarungen 128 7. Sittenwidrigkeit des Lohns 128 8. Mindestlohn außerhalb des Mindestlohngesetzes 129
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II. Aktiengesellschaften und Finanzindustrie 129 1. Allgemein 129 2. Vorstände von Aktiengesellschaften 130 a) VorstAG 130 b) Deutscher Corporate Governance Kodex 131 3. Finanz- und Versicherungsbranche 132 a) Anwendungsbereich 133 b) Grundlagen – Anforderungen an die Vergütungsparameter c) Festlegung eines Bonuspools 134 d) Vergütung 135 e) Weitere Anforderungen für besondere Institute 138 Kapitel 5 Nebenpflichten
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141 A. Nebentätigkeiten I. Rechtliche Erläuterungen 141 1. Begriff der Nebentätigkeit 141 2. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt 142 3. Nebentätigkeit und Konkurrenz 143 4. Überwachungspflichten des Arbeitgebers 144 5. Hinweise für die Vertragsgestaltung 144 6. Rechtsfolgen eines Verstoßes 145 II. Klauselvorschlag 145 1. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt 145 2. Widerrufsvorbehalt 146 B. Wettbewerbsverbot 147 I. Rechtliche Erläuterungen 147 1. Gesetzliche Grundlagen 147 2. Arbeitsrechtliche Konkretisierung 148 3. Gestaltungshinweise 149 4. Rechtsfolgen eines Verstoßes 149 II. Klauselvorschlag 150 C. Arbeitsverhinderung 150 I. Rechtliche Erläuterungen 150 1. Verhinderungsfälle und gesetzliche Vorgaben 150 a) Arbeitsverhinderung aus sonstigen, persönlichen Gründen b) Arbeitsverhinderung wegen Krankheit 151 aa) Grundsätzliches zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall 151 bb) Dauer der Entgeltfortzahlung 152 2. Mitteilungspflichten 153
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3. Nachweispflichten, Vorlage ärztliche AU-Bescheinigung (§ 5 EfzG) 153 II. Muster einer Regelung zur Arbeitsverhinderung 153 1. Arbeitsverhinderung allgemein 153 2. Arbeitsverhinderung bei Arbeitsunfähigkeit 154 D. Urlaub 154 I. Gesetzliche Regelungen und Mehrurlaub 154 II. Staffelung der Urlaubsansprüche 155 III. Übertragung des Urlaubs 156 1. Gesetzliche Vorgaben 156 2. Klarstellung im Arbeitsvertrag 156 3. Abweichende Regelungen zum Mehrurlaub 156 IV. Quotelung des Urlaubsanspruchs bei Ein- oder Austritt im laufenden Kalenderjahr 158 V. Kürzungsvereinbarung für Fehlzeiten und ruhende Arbeitsverhältnisse 159 VI. Einschränkung anderweitiger Erwerbstätigkeit 160 VII. Abweichende Berechnung des Urlaubsentgelts 160 VIII. Verfallklauseln 160 IX. Ausschluss der Abgeltung für Mehrurlaub 162 X. Ausschlussfristen 162 XI. Freistellung unter Anrechnung restlicher Urlaubsansprüche 163 XII. Rückforderung überzahlten Urlaubsentgelts 163 XIII. Urlaubsgeldabreden 164 1. Differenzierung Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld 164 2. Stichtagsregelungen 165 3. Widerrufsvorbehalt 165 4. Verfallsklausel 165 5. Rückzahlungsklausel 166 E. Annahme von Geschenken und Begünstigungen 166 I. Rechtliche Erläuterungen 166 1. Nebenpflichtverletzung 167 2. Strafrechtliche Konsequenzen 167 3. Arbeitsvertragliche Regelungen 168 II. Muster einer Regelung zur Annahme von Geschenken und sonstigen Vorteilen 168 F. Antidiskriminierung 169 I. Rechtliche Erläuterungen 169 II. Klausel zur Antidiskriminierung 169 G. Verpflichtung auf das Datengeheimnis 170 I. Rechtliche Ausführungen 170 1. Gesetzliche Vorgaben 170
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2. Hinweise zur Vertragsgestaltung 171 II. Klauselvorschlag 171 H. Datenschutzerklärung 172 I. Rechtliche Erläuterungen 172 1. Zustimmung zur Speicherung, Verarbeitung und Weitergabe personenbezogener Daten 172 2. § 32 BDSG 172 II. Klauselvorschlag 173 I. Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Verschwiegenheitsklausel 173 I. Rechtliche Ausführungen 173 1. Gesetzliche Regelungen 174 2. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse 175 3. Arbeitsvertragliche Regelungen 176 a) Geheimhaltungswille 176 b) Berechtigtes wirtschaftliches Interesse zur Geheimhaltung 176 c) Whistleblowing 177 4. Vertrauliche Angaben 178 5. Rechtsfolgen eines Verstoßes 178 6. Hinweise zur Vertragsgestaltung 179 J. Nutzung von Kommunikationseinrichtungen im Unternehmen (E-Mail und Telefon) 181 I. Rechtliche Ausführungen 181 1. Umfang einer privaten Nutzung durch den Arbeitnehmer 181 a) Ausschluss der privaten Nutzung 182 b) (Teilweise) Erlaubnis der privaten Nutzung der Telekommunikationsmittel 183 2. Kontrolle und Überwachung der Telekommunikation 185 a) Kontrolle und Überwachung bei Verbot der privaten Nutzung 185 b) Kontrolle und Überwachung der Telekommunikation bei zugelassener privater Nutzung 187 3. Rechtsfolgen bei rechtswidriger Überwachung durch den Arbeitgeber 189 4. Rechtsfolgen bei unzulässiger Privatnutzung des Arbeitnehmers 189 5. EDV-Nutzung und Weiterleitung von E-Mails bei betrieblicher Abwesenheit 190 6. Speicherung betriebsfremder Dateın 191 II. Klauselvorschlag für eine arbeitsvertragliche Regelung zum Umgang mit Telekommunikationsanlagen des Arbeitgebers 191
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
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193 A. Befristung des Arbeitsverhältnisses I. Rechtliche Systematik der Wirksamkeit von Befristungen 194 II. Befristung mit sachlichem Grund (§ 14 Abs. 1 TzBfG) 195 1. Vorübergehender Bedarf (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG) 196 2. Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG) 197 3. Befristung zur Vertretung anderer Arbeitnehmer (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG) 199 4. Befristung wegen der Eigenart der Arbeitsleistung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG) 201 5. Befristung zur Erprobung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG) 203 6. Befristung aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG) 205 7. Befristung aufgrund vorgegebener Haushaltsmittel (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG) 207 8. Befristung aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG) 207 III. Befristung ohne sachlichen Grund 208 1. Allgemeine sachgrundlose Befristung (§ 14 Abs. 2 TzBfG) 209 a) Das Vorbeschäftigungsverbot 209 b) Die Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses 210 c) Die Abdingbarkeit des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses 211 d) Darlegungs- und Beweislast, Fragerecht des Arbeitgebers 214 2. Sachgrundlose Befristung bei neu gegründeten Unternehmen (§ 14 Abs. 2a TzBfG) 214 3. Altersbefristung (§ 14 Abs. 3 TzBfG) 216 IV. Schriftformerfordernis 217 V. Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses 218 1. Die Beendigung bei einer Zweckbefristung 219 a) Der Zweck 219 b) Die schriftliche Erklärung des Arbeitgebers 220 2. Kündbarkeit 221 3. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über die Befristung hinaus 222 VI. Die Entfristungsklage 224 VII. Klauselmuster 225 B. Altersgrenze 225
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Inhaltsverzeichnis
I. Einführung 225 II. Wirksamkeit der Regelung 227 1. AGB-Kontrolle 227 2. Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht und AGG 228 III. Klauseltypen 229 1. Altersgrenze 65 229 2. Regelaltersgrenze 230 3. Selbständige Altersgrenze 230 IV. Hinweis zur Vertragsgestaltung/Klauselmuster 231 C. Erwerbsminderung 231 D. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (insb. Kündigungsvereinbarungen) 233 I. Einführung 233 II. Vertragliche Umdeutungsklauseln 233 1. Umdeutung einer unwirksamen (fristlosen) außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung 233 2. Umdeutung einer verspätet zugegangenen Kündigung in eine Kündigung zum nächst zulässigen Zeitpunkt 235 III. Schriftformerfordernis 235 IV. Pflicht zur Angabe von Kündigungsgründen 237 V. Die außerordentliche Kündigung 238 1. Vertraglicher Ausschluss der außerordentlichen Kündigung 238 2. Vertragliche Einschränkung der außerordentlichen Kündigungsgründe 239 3. Vertragliche Erweiterung der außerordentlichen Kündigungsgründe 240 VI. Die ordentliche Kündigung 241 1. Vertraglicher Ausschluss der ordentlichen Kündigung 242 a) Beidseitiger Ausschluss 242 b) Einseitiger Ausschluss 243 2. Vereinbarung eines besonderen Kündigungsschutzes 243 VII. Vertragliche Regelung der Kündigungsfristen 244 1. Überblick über die gesetzlichen Regelungen 244 2. Kündigungsfristen bei Aushilfen 245 3. Kündigungsfristen in Kleinbetrieben 246 4. Einzelvertragliche Verlängerung der gesetzlichen Kündigungsfristen 246 a) Grundlagen 246 b) Berechnung der Beschäftigungszeiten 247 5. Gleichbehandlungsklauseln 248 E. Probezeit 249 I. Grundlagen 249
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249 II. Kündigungsfristen in der Probezeit F. Kündigung vor Dienstantritt 250 I. Vertraglicher Ausschluss der ordentlichen Kündigung 250 II. Regelungen zur Kündigungsfrist 251 G. Freistellungsvorbehalt 252 I. Freistellungsklauseln bei einem ungekündigten Arbeitsverhältnis 253 II. Freistellungsklauseln bei einem gekündigten Arbeitsverhältnis 254 Kapitel 7 Regelungen zur Aus- und Weiterbildung
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257 A. Fortbildungsklauseln I. Allgemeines 257 II. Inhalt einer Fortbildungsklausel 259 III. Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats 260 IV. Sozial- und steuerrechtliche Aspekte 261 V. Klauselmuster 262 B. Fortbildungskosten und ihre Erstattung (Rückzahlungsklauseln) 263 I. Grundlagen 263 1. Möglichkeiten der Klauselgestaltung 264 2. Gesetzliche Verbote 265 II. Gestaltung der Klausel 265 1. Zeitpunkt und Form des Abschlusses 265 2. Geldwerter Vorteil 266 3. Inhaltliche Ausgestaltung 267 a) Bindungsdauer 267 b) Auslöser der Rückzahlungspflicht 270 c) Bezifferung des Rückzahlungsbetrages 272 d) Zeitabhängige Reduzierung des Rückzahlungsbetrages 273 III. Darlegungs- und Beweislast 274 IV. Checkliste und Klauselmuster 274 Kapitel 8 Nachvertragliche Pflichten
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277 A. Herausgabe von Firmeneigentum und Unterlagen I. Herausgabe von Firmeneigentum 277 II. Herausgabe von Geschäftsunterlagen und Arbeitsergebnissen III. Zurückbehaltungsrechte 279 IV. Klauselmuster 280 B. Nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht 280 I. Rechtliche Ausgangslage 281
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Inhaltsverzeichnis
II. Rechtsprechung des BAG 282 III. Folgerungen 284 IV. Klauselmuster 285 C. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote 286 I. Gesetzliche Grundlagen 286 II. Formelle Wirksamkeitsvoraussetzungen 288 1. Regelung im Arbeitsvertrag 288 2. Schriftform 289 3. Aushändigung 289 III. Nichtigkeit und Unverbindlichkeit von Wettbewerbsverboten IV. Arten von Wettbewerbsverboten 292 V. Berechtigtes geschäftliches Interesse 293 VI. Konzernbezogene Wettbewerbsverbote 294 VII. Bedingte Wettbewerbsverbote 295 VIII. Zusage der Karenzentschädigung 297 1. Gesetzliche Regelung 297 2. Vereinbarung einer Entschädigung 298 3. Ausgestaltung der Entschädigung 298 4. Abstrakte Betrachtung 299 5. Unklarheitenregel 300 6. Entschädigung nach Ermessen des Arbeitgebers 300 7. Anrechnung anderweitigen Verdienstes 301 8. Muster einer Entschädigungszusage 302 IX. Verzicht des Arbeitgebers 302 1. Gesetzliche Ausgangslage 302 2. Vertragliche Regelungen 303 X. Kunden-/Mandantenschutzklauseln 304 1. Berufsrechtliche Beschränkungen 304 2. Beschränkte Mandantenschutzklausel 305 3. Allgemeine Mandantenschutzklauseln 306 4. Mandantenübernahmeklauseln 306 XI. Vertragsstrafe 308 1. Regelungsbedarf 308 2. Anforderungen an Vertragsstrafeklauseln 309 a) Zulässigkeit von Vertragsstrafen 309 b) Höhe der Vertragsstrafe 310 c) Mehrfach- und Dauerverstöße 311 XII. Vollständiges Klauselmuster 313
290
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 9 Schlussbestimmungen
XXIII
315
315 A. Zugangsfiktion I. Klauselzweck 315 II. Wirksamkeit einer Zugangsfiktionsklausel 316 1. Konstitutive Zugangsfiktion 317 2. Deklaratorische Zugangsfiktion 318 3. Tatsachenfiktion 318 4. Zugangsvermutung 319 III. Fazit 319 B. Schriftformklausel 320 I. Arten von Schriftformklauseln 320 II. Aufhebung des Schriftformerfordernisses 321 1. Individuell vereinbarte Arbeitsverträge 321 2. Formulararbeitsverträge 321 3. Vollständigkeitsklauseln 323 4. Tarifverträge 323 5. Musterklauseln 324 C. Salvatorische Klausel 324 I. Klauselzweck 324 II. Klauselarten 325 III. Wirksamkeit der einzelnen Klauselarten 326 1. Formulararbeitsverträge 326 2. Individuell vereinbarte Arbeitsverträge 327 IV. Fazit 328 D. Rechtswahlklausel 329 I. Bedeutung der Rechtswahl im Arbeitsrecht 329 II. Kollisionsrecht 330 III. Klauselgestaltung 331 1. Grundsätzliche Tragweite des Arbeitsvertragsstatuts 2. Teilrechtswahlklausel 334 3. AGB-Kontrolle 336 4. Grenzen 336 a) Art. 8 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO 336 b) Art. 3 Abs. 3 und 4 Rom I-VO 339 c) Art. 9 Rom I-VO 339 d) Art. 21 Rom I-VO (“ordre public”) 340 5. Konsequenzen für die Praxis 340 IV. Klauselmuster 341 E. Gerichtsstandsvereinbarung 341 I. Klauselzweck 341
331
XXIV
Inhaltsverzeichnis
II. Zulässigkeit 342 1. Gerichtsstandsklauseln in Inlandsfällen 342 a) Örtliche Zuständigkeit 342 b) Rechtswegzuständigkeit 344 2. Gerichtsstandsklauseln mit Auslandsbezug 344 III. Klauselmuster 345 Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
347
347 A. Einführung B. Gegenstand der Bezugnahme 348 I. Tarifverträge 348 II. Betriebsvereinbarungen 349 III. Dienstvereinbarungen 350 IV. Arbeitsordnungen 350 V. Kirchenrecht 351 C. Auslegung von Willenserklärungen und anzuwendende Maßstäbe 351 I. Auslegung von Willenserklärungen 352 II. Auslegung kollektivrechtlicher Vereinbarungen 352 III. AGB-Kontrolle eines Tarifvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder einer Dienstvereinbarung? 354 1. Anwendbarkeit des § 305c BGB auf Bezugnahmeklauseln 355 2. Anwendbarkeit der Unklarheitenregelung nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB 357 D. Formen der Inbezugnahme 358 I. Vertragliche Einbeziehung 358 II. Einbeziehung durch betriebliche Übung 358 III. Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz 360 E. Bezugnahme auf Tarifvertrag 361 I. Deklaratorische oder konstitutive Wirkung? 361 1. Einleitung 361 2. Konstitutive Wirkung 362 3. Deklaratorische Wirkung 363 4. Zulässigkeitsfragen 366 a) Globalverweisung 366 b) Teilverweisung 366 c) Bezugnahme auf einen branchenfremden Tarifvertrag 367 d) Bezugnahme auf einen nachwirkenden Tarifvertrag 369 e) Bezugnahme auf unwirksame Tarifverträge 369 f) Fragen der ergänzenden Vertragsauslegung 370 II. Arten der Bezugnahmeklauseln 371
Inhaltsverzeichnis
XXV
371 1. Statische Bezugnahme 2. Kleine dynamische Bezugnahmeklausel 372 3. Gleichstellungsabrede 373 a) Änderung der Rechtsprechung 373 b) Vertrauensschutz für Verträge, die vor dem 1.1.2002 abgeschlossen wurden 374 4. Große dynamische Tarifwechselklausel 375 a) Zulässigkeitsfragen 376 b) Erläuterung 378 5. Tarifsukzession 378 6. Nachfolge auf einen beendeten Tarifvertrag 379 7. Nachfolge nach Unternehmensrestrukturierung 380 8. Fälle der Tarifpluralität 381 9. Differenzierungsklauseln 384 10. Fälle des Betriebsübergangs 385 a) Rahmenbedingungen eines Betriebsübergangs 385 b) Bezugnahmeklauseln bei einem Betriebsübergang 386 c) Günstigkeitsprinzip bei einzelvertraglicher Bezugnahme und anderweitiger normativer Tarifbindung 388 11. Aufhebung oder Abänderung einer Bezugnahmeklausel 391 12. Tarifeinheitsgesetz 392 F. Betriebsvereinbarung 395 G. Bezugnahme auf Arbeitsordnungen 400 H. Jeweiligkeitsklausel 401 I. Einleitung 401 II. Allgemeine Jeweiligkeitsklauseln 402 III. Betriebsrentenrecht 402 I. Bezugnahme auf Beamtenrecht 405 J. Kirchenrecht 406 I. Einleitung 406 II. Dritter Weg 407 III. Geltungsbereich 408 IV. Einbeziehungskontrolle der Bezugnahme nach §§ 305 ff. BGB 409 1. AGB-Kontrolle der Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsvertragsrichtlinien 410 2. AGB-Kontrolle der Arbeitsvertragsrichtlinien 410 3. Betriebsübergang und Ausgliederung 417 Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
419
419
XXVI
Inhaltsverzeichnis
I. Die Stellung des GmbH-Geschäftsführers in der Gesellschaft 419 1. Doppelstellung des Geschäftsführers 419 a) Geschäftsführer als Handlungsorgan 419 b) Geschäftsführer als Angestellter der GmbH 420 2. Der GmbH-Geschäftsführer – ein Arbeitnehmer? 420 3. Der GmbH-Geschäftsführer im Sozialversicherungssystem 422 4. Der GmbH-Geschäftsführer – ein Verbraucher? 423 II. Der Anstellungsvertrag 424 1. Rechtsnatur des Anstellungsvertrages 424 2. Zustandekommen des Anstellungsvertrages 424 a) Abschluss durch die Gesellschafter 424 b) Vertragsänderung und Vertragsaufhebung 425 c) Die mitbestimmte GmbH 425 d) Steuerliche Hinweise 426 3. Form des Anstellungsvertrages 426 4. Fehlerhafter Anstellungsvertrag 426 5. Schadensersatzanspruch des GmbH-Geschäftsführers wegen Abberufung und/oder Nichtbestellung 427 6. Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten 429 III. Einzelne Anstellungsvertragsklauseln 432 1. Dienstleistung 432 a) Aufgaben und Pflichten des Geschäftsführers 432 aa) § 43 GmbHG als zentrale Vorschrift 433 bb) Legalitätspflichten/Sorgfaltspflichten 434 cc) Leitungs- und Organisationspflichten 439 dd) Loyalitätspflichten 442 ee) Befreiungsmöglichkeiten 444 ff) Klauselmuster: Aufgaben und Pflichten des Geschäftsführers 446 b) Geschäftsführung und Vertretung 447 aa) Allgemeine Ausführungen 447 bb) Klauselmuster: Geschäftsführung und Vertretung 448 cc) Genehmigungsbedürftige Geschäfte 450 dd) Klauselmuster: Genehmigungsbedürftige Geschäfte 451 2. Befristung 452 3. Vergütung 452 a) Vergütungsformen 453 aa) Feste und variable Vergütung 453 bb) Zielvereinbarung 454 cc) Bonus 456 dd) Prämie, Provision und Gratifikation 456 ee) Tantieme 457
Inhaltsverzeichnis
XXVII
459 ff) Klauselmuster: Bezüge des Geschäftsführers b) Dienstwagenüberlassung (mit Klauselmuster) 460 c) Betriebliche Altersversorgung 462 d) Spesen und Aufwendungsersatz 462 e) Überstunden 463 f) Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall 464 g) Reduzierung/Erhöhung 465 h) Verjährung 466 4. Nebenpflichten 466 a) Treuepflicht 466 b) Verschwiegenheitspflicht/Pflicht zur Geheimhaltung von Betriebsgeheimnissen 467 c) Wettbewerbsverbot (während des Anstellungsverhältnisses) 467 d) Nebentätigkeit 469 5. Kündigung des Anstellungsverhältnisses 469 a) Zuständigkeit 469 b) Kündigungsfrist 471 c) Schriftform 472 d) Freistellung 473 e) Allgemeiner Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz 473 aa) Ausschluss des Kündigungsschutzgesetzes 473 bb) Arbeitsverhältnis neben Anstellungsvertrag 474 f) Besonderer Kündigungsschutz 476 aa) Mutterschutz/Elternzeit 476 bb) Schwerbehinderung 476 g) Außerordentliche Kündigung der Gesellschaft 477 aa) Wichtiger Grund 477 bb) Vertraglich vereinbarte Kündigungsgründe 482 cc) Abmahnungspflicht 482 dd) Kündigungserklärungsfrist 483 h) Außerordentliche Kündigung des Geschäftsführers 485 6. Beendigung des Anstellungsvertrages 487 a) Beendigungsgründe 487 aa) Tod des Geschäftsführers 487 bb) Zeitablauf/Vertragsdauer 487 cc) Vertragsaufhebung/Abfindungsvereinbarung 489 dd) Vertragliche Altersgrenzen 490 b) Keine Beendigungsgründe 492 aa) Abberufung/Amtsniederlegung des Geschäftsführers 492 bb) Auflösung der Gesellschaft 494
XXVIII
Inhaltsverzeichnis
cc) Eröffnung des Insolvenzverfahrens 494 c) Folgen eines Betriebsübergangs 495 7. Nachvertragliche Pflichten 496 a) Nachvertragliches Wettbewerbsverbot 496 b) Verschwiegenheitspflicht/Pflicht zur Geheimhaltung von Betriebsgeheimnissen 499 8. Rückgabe von Arbeitsmitteln 500 9. Schlussbestimmungen 501 B. Der AG-Vorstands-Vertrag 502 I. Grundsatz des Gleichlaufs zum GmbH-Geschäftsführer 502 1. Doppelstellung des Vorstands 502 2. Der AG-Vorstand – ein Arbeitnehmer? 502 3. Der AG-Vorstand – ein Verbraucher? 503 4. Analogien zum Arbeitsrecht 503 II. Der Anstellungsvertrag: Besonderheiten für den AG-Vorstand 505 1. Zustandekommen des Anstellungsvertrages 505 a) Zuständigkeit des Aufsichtsrates 505 b) Vertragsänderung, Vertragsaufhebung 506 2. Form des Anstellungsvertrages 506 3. Rechtsweg 507 III. Einzelne Anstellungsvertragsklauseln 507 1. Dienstleistung 507 a) Pflicht zur Leitung der Gesellschaft 507 b) Rechtsquellen und Leitlinien der Geschäftsführung 508 c) Geschäftsführung und Vertretung 509 aa) Geschäftsführung 509 bb) Vertretungsmacht/Vertretungsbefugnis 510 d) Arbeitgeberfunktion des Vorstands 511 e) Übernahme von Mandaten und ehrenamtlichen Funktionen im Interesse der Gesellschaft 511 f) Klauselmuster: Aufgaben und Pflichten; Vertretung 512 2. Vertragsdauer und Befristung 512 a) Befristungshöchstdauer 512 b) Mindestvertragsdauer des Anstellungsvertrages 513 c) Verlängerungsklausel 513 d) Koppelungsklauseln 514 e) Klauselmuster zur Befristung des Anstellungsvertrages 514 aa) Aufsichtsratsbeschluss über die Bestellung zum Vorstandsmitglied und anschließender Abschluss des Anstellungsvertrages 514
Inhaltsverzeichnis
XXIX
bb) Unbedingter Abschluss des Anstellungsvertrages und anschließender Aufsichtsratsbeschluss über die Bestellung zum Vorstandsmitglied 514 cc) Anstellungsvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Bestellung zum Vorstandsmitglied 515 dd) Aufsichtsratsbeschluss über die Bestellung zum Vorstand unter der aufschiebenden Bedingung des Abschlusses eines Anstellungsvertrages 515 3. Vergütung 515 a) Allgemeines 515 b) Betriebliche Altersversorgung 518 aa) Geltung des Betriebsrentengesetzes 518 bb) Insolvenzschutz 518 c) Reduzierung der Vergütung 519 d) Klauselmuster: Bezüge des Vorstandmitglieds 520 4. Nebenpflichten 521 a) Pflicht zur Verschwiegenheit 521 b) Wettbewerbsverbot (während des Anstellungsverhältnisses) 522 c) Treuepflicht 523 d) Nebentätigkeit 524 5. Kündigung des Anstellungsverhältnisses 524 a) Zuständigkeit 524 b) Ordentliche Kündigung 526 aa) Vorheriger Widerruf der Bestellung 526 bb) Kündigungsfrist 526 cc) Klauselmuster zur ordentlichen Kündigung 526 (1) Ausschluss der ordentlichen Kündigung 526 (2) Beidseitige ordentliche Kündigung 527 (3) Einseitige ordentliche Kündigung durch die Aktiengesellschaft 527 (4) Einseitige ordentliche Kündigung durch das Vorstandsmitglied 528 c) Außerordentliche Kündigung 528 aa) Wichtiger Grund 529 bb) Kündigungserklärungsfrist 531 d) Freistellung 532 aa) Einseitige Freistellung 532 bb) Einvernehmliche Freistellung 533 6. Beendigung des Anstellungsverhältnisses 533 a) Beendigungsgründe 533 aa) Tod des Vorstandmitglieds 533
XXX
Inhaltsverzeichnis
bb) Zeitablauf/Vertragsdauer 533 cc) Vertragsaufhebung/Abfindungsvereinbarung 534 b) Keine Beendigungsgründe 534 aa) Abberufung/Amtsniederlegung des Vorstandsmitglieds 534 bb) Auflösung/Insolvenz der Aktiengesellschaft 535 cc) Eintritt eines gesetzlichen Unfähigkeitsgrundes 535 c) Gesellschaftsrechtliche Veränderungen in der Aktiengesellschaft/ Betriebsübergang 536 7. Nachvertragliche Pflichten 538 a) Nachvertragliches Wettbewerbsverbot 538 b) Verschwiegenheitspflicht/Pflicht zur Geheimhaltung von Betriebsgeheimnissen 538 8. Schlussbestimmungen 538 a) Rückgabe von Arbeitsmitteln/Rückzahlung von Vorschüssen und Darlehen 538 b) Weitere Schlussbestimmungen 539 Stichwortverzeichnis
541
Abkürzungsverzeichnis § Paragraph € Euro % Prozent a. A. anderer Ansicht a. F. alte Fassung Abl. Amtsblatt Abs. Absatz AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AFG Arbeitsförderungsgesetz AG Aktiengesellschaft AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AGBG Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) AGG Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz AktG Aktiengesetz Alt. Alternative amtl. amtlich AO Abgabenordnung AP Arbeitsrechtliche Praxis ArbG Arbeitsgericht ArbGG Arbeitsgerichtsgesetz ArbRAktuell Arbeitsrecht aktuell (Zeitschrift) ArbSchG Arbeitsschutzgesetz ArbuR Arbeit und Recht (Zeitschrift) ArbZG Arbeitszeitgesetz ARGE Arbeitsgemeinschaft Art. Artikel Arbeit und Arbeitsrecht (Zeitschrift) AuA AÜG Arbeitnehmerüberlassungsgesetz AuR Arbeit und Recht (Zeitschrift) Az. Aktenzeichen Bundesagentur für Arbeit BA BAG Bundesarbeitsgericht BAGE Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Betriebs-Berater (Zeitschrift) BB BBiG Berufsbildungsgesetz BDSG Bundesdatenschutzgesetz BeckRS Beck’sche Rechtsprechung Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit BEEG BeschFG Beschäftigungsförderungsgesetz Beschl. Beschluss BetrVG Betriebsverfassungsgesetz BFH Bundesfinanzhof BFHE Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BGB Bürgerliches Gesetzbuch
XXXII
Abkürzungsverzeichnis
BGBl. Bundesgesetzblatt BR-Drucks. Bundesrat-Drucksache BSG Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts BSGE BStBl. Bundessteuerblatt BT-Drucks. Bundestag-Drucksache BUrlG Bundesurlaubsgesetz BVerfG Bundesverfassungsgericht bzw. beziehungsweise
CSU
Christlich-Demokratische Union Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und PersonalService-Agenturen Christlich-Soziale Union
DB DEÜV DGB DRV DStR DStRE
Der Betrieb (Zeitschrift) Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung Deutscher Gewerkschaftsbund Deutsche Rentenversicherung Bund Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Steuerrecht – Entscheidungsdienst (Zeitschrift)
CDU CGZP
eingetragener Verein e. V. eingetragene Genossenschaft eG Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EGMR EFZG Entgeltfortzahlungsgesetz Europäische Menschenrechtskonvention EMRK EStG Einkommenssteuergesetz et cetera etc. Europäische Union EU Europäischer Gerichtshof EuGH Europäische Zeitschrift für Arbeitsrecht EuZA Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht EuZW Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) EWiR Entscheidungen zum Arbeitsrecht EzA Entscheidungssammlung zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz EzAÜG Fachanwalt Arbeitsrecht (Zeitschrift) FA FG Finanzgericht Gesellschaft bürgerlichen Rechts GbR gem. gemäß GewO Gewerbeordnung GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Compagnie Kommanditgesellschaft GmbH & Co. KG
Abkürzungsverzeichnis
XXXIII
HGB Handelsgesetzbuch Hs. Halbsatz i. d. F. in der Fassung i. S. d. im Sinne des i. V. m. in Verbindung mit iGZ Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen InsO Insolvenzordnung JR
Juristische Rundschau (Zeitschrift)
Kap. Kapitel KG Kommanditgesellschaft krit. kritisch Die Krankenversicherung (Zeitschrift) KrV KSchG Kündigungsschutzgesetz LAG Landesarbeitsgericht Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte LAGE LG Landgericht Lkw Lastkraftwagen LSG Landessozialgericht LStDV Lohnsteuer-Durchführungsverordnung mit Anmerkung m. Anm. m² Quadratmeter Monatsschrift für deutsches Recht MDR Medizinrecht (Zeitschrift) MedR MiLoG Mindestlohngesetz MuSchG Mutterschutzgesetz NachweisG Nachweisgesetz nicht veröffentlicht n. v. NJOZ Neue juristische Online-Zeitschrift NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-Spezial Neue juristische Wochenzeitschrift spezial Nr. Nummer NWB Neue Wirtschaftsbriefe NZA Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht NZA-RR Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht- Rechtsprechungs-Report Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht NZS o. ä. oder ähnlich OHG Offene Handelsgesellschaft OLG Oberlandesgericht OVG Oberverwaltungsgericht PBefG Personenbeförderungsgesetz Pkw Personenkraftwagen
XXXIV
Abkürzungsverzeichnis
Recht der Arbeit (Zeitschrift) Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europ. Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht RVO Reichsversicherungsordnung RdA Rom I-VO
Satz; Seite S. SE Societas Europaea (Europäische Gesellschaft ) SG Sozialgericht SGB Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil SGB I Grundsicherung für Arbeitsuchende SGB II Arbeitsförderung SGB III Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung SGB IV Gesetzliche Krankenversicherung SGB V Gesetzliche Rentenversicherung SGB VI Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII Kinder- und Jugendhilfe SGB VIII Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen SGB IX Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz SGB X Soziale Pflegeversicherung SGB XI SGG Sozialgerichtsgesetz sog. sogenannte(r) Sozialdemokratische Partei Deutschlands SPD StGB Strafgesetzbuch TVG Tarifvertragsgesetz Teilzeit- und Befristungsgesetz TzBfG unter anderem u. a. und ähnlich u. ä. UG Unternehmergesellschaft Urt. Urteil UStG Umsatzsteuergesetz vom Hundert v.H. vgl. vergleiche VO Verordnung VwGO Verwaltungsgerichtsordnung VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz WiB
Wirtschaftsrechtliche Beratung
z. B. zum Beispiel Zeitschrift für Arbeitsrecht ZfA Ziff. Ziffer ZPO Zivilprozessordnung Zeitschrift für Tarifrecht ZTR Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht ZUM zust. zustimmend
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Bearbeiterverzeichnis Florian Christ, Jg. 1975; Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen, Straßburg und Sydney; Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsrecht bei Clifford Chance LLP in Düsseldorf; Rechtsanwalt seit 2005; Fachanwalt für Arbeitsrecht; heute Partner und Geschäftsführender Gesellschafter bei der RB Reiserer Biesinger Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Heidelberg im Referat Arbeitsrecht; diverse Vorträge und Veröffentlichungen zum Arbeitsrecht; Dozent für Arbeitsrecht in der Ausbildung von Personalfachkaufleuten; Lehrbeauftragter für Wirtschafts- und Arbeitsrecht an der Hochschule der Wirtschaft für Management Mannheim. Werner Dörring, Jg. 1955, Studium der Rechtswissenschaften in Frankfurt a. M., Syndikusanwalt bei der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH, Rechtsberatung bei M&A Projekten kommunaler Unternehmen und Restrukturierungen, Vortragsveranstaltungen zur arbeitsrechtlichen Gestaltung der Netzausgliederung im Rahmen des Energiewirtschaftsgesetzes , Leitung Tarifvertragsverhandlungen, Dozent an der Universität Mannheim. Anna Köhn, Jg. 1983; Studium in Göttingen, Referendariat in Duisburg und Düsseldorf, Zulassung als Anwältin 2012. Seit 2012 ist Anna Köhn Rechtsanwältin in der Sozietät ALTENBURG Fachanwälte für Arbeitsrecht, die mit Standorten in Berlin (2011), Hamburg (2013) und München (2009) auf die Beratung und Vertretung von Unternehmen und öffentlichen Institutionen zu allen Bereichen des Arbeitsrechts, insbesondere Arbeitsvertragsrecht, Kündigungsrecht, Betriebsverfassungsrecht, Restrukturierung, Tarifrecht, Betriebsrentenrecht, Datenschutz und Compliance spezialisiert ist. Anna Köhn hält regelmäßig Vorträge zu aktuellen arbeitsrechtlichen Themen. Sie ist außerdem Dozentin an der Industrieund Handelskammer zu Berlin. Marta Polczynski, Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Konstanz; Rechtsreferendariat in Wuppertal, Düsseldorf und London u. a. mit Stationen bei Heuking Kühn Lüer Wojtek Partnerschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern in Düsseldorf und einer deutsch-englisch ausgerichteten Kanzlei in London; seit 2014 Rechtsanwältin bei RB Reiserer Biesinger Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Heidelberg mit Schwerpunkt Arbeitsrecht. Arnim Powietzka, Dr. iur., Studium der Rechtswissenschaften an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg; Rechtsanwalt seit 2000; Fachanwalt für Arbeitsrecht; 1998-2002 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, Prof. Dr. von Hoyningen-Huene, Heidelberg; 2000-2005 Gleiss Lutz Rechtsanwälte in Stuttgart; seit 2005 RB Reiserer Biesinger Rechtsanwaltsgesellschaft mbH; Lehrbeauftragter an der Universität Heidelberg; Veröffentlichungen und Vorträge zum Arbeitsrecht Isabelle Puhl, geboren 1985, Studium an der Bucerius Law School, Hamburg und der International University of Singapore, Singapur. Referendariat in Hamburg und Berlin. Seit 2013 als Rechtsanwältin im Arbeitsrecht in Berlin tätig, seit 2014 bei der internationalen Sozietät Dentons Europe LLP. Promotion derzeit laufend. Kerstin Reiserer, Dr. iur.; Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Regensburg und München; Promotion zum Dr. iur. bei Prof. Dr. Heinrich; 1990-1991 Richterin beim Landgericht Mosbach; 1991-1992 Wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeits- und Sozialversicherungsrecht bei Prof. Dr. Dr. von Hoyningen-Huene in Heidelberg; 1992-2005 tätig als Rechtsanwältin, ab 1999 auch Gesellschafterin einer überörtlichen, wirtschaftsberatenden Sozietät; seit 1996 Fachanwältin für Arbeitsrecht; 2005 Gründung der Kanzlei RB Reiserer Biesinger Rechtsanwälte in
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Bearbeiterverzeichnis
Heidelberg; Autorin und Referentin zahlreicher Veröffentlichungen, Vorträge, Seminare und Konferenzen; Lehrbeauftragte an der Universität Mannheim. Jochen Riechwald, Jg. 1977; Rechtsanwalt und Senior Associate im Frankfurter Büro von Willkie Farr & Gallagher LLP und auf das Arbeitsrecht spezialisiert. Er berät insbesondere bei Umstrukturierungen, Betriebserwerben, Personalabbauprogrammen, Betriebsübergängen und sämtlichen arbeitsrechtlichen Aspekten von Transaktionen und Übernahmen. Außerdem führt Jochen Riechwald arbeitsrechtliche Prozesse im Individual- und Kollektivarbeitsrecht. Christian Rolf, Dr., Jg. 1970; Rechtsanwalt und Partner im Frankfurter Büro von Willkie Farr & Gallagher LLP und ist auf Arbeits- und Dienstvertragsrecht spezialisiert und auf Rechtsstreitigkeiten, Restrukturierungen, Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, Mitbestimmung, Mitarbeiterdatenschutz, Vergütung von Führungskräften. Er berät bei Umstrukturierungen, Betriebserwerb, Personalabbauprogrammen, Betriebsübergängen und Übernahmen einschließlich dem Recht der betrieblichen Altersversorgung. Dr. Rolf unterstützt bei Verhandlungen mit Betriebsräten und Gewerkschaften. Dr. Rolf wird von Euromoney/Legal Media Group als führender Anwalt im Arbeitsrecht genannt und von Chambers Europe empfohlen. Verena Weiss-Bölz, Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Mannheim; seit 2011 Rechtsanwältin in Heidelberg mit Schwerpunkt Arbeitsrecht; berufsbegleitende Promotion zum Dr. iur. seit 2013; Veröffentlichungen und Vorträge zum Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, speziell zur Scheinselbständigkeit.
Kapitel 1 Bedeutung für die unternehmerische Praxis Seit der Einführung der AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht im Jahr 2002 sind die Anforde- 1 rungen an die Gestaltung von Arbeitsverträgen drastisch gestiegen. Für praktisch jede arbeitsvertragliche Regelung – von der Versetzungsklausel über den Freiwilligkeitsvorbehalt bis hin zur Schriftformklausel – gibt es in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung inzwischen mehr oder weniger detaillierte Vorgaben, die es zu beachten gilt. Die Zeiten, in denen man einigermaßen taugliche Muster-Arbeitsverträge im Schreibwarenhandel erwerben konnte, sind längst vorbei. Ohne vertiefte Kenntnisse der höchst- und instanzgerichtlichen Rechtsprechung ist keine Arbeitsvertragsklausel mehr wirksam zu formulieren. Die Gestaltung von Arbeitsverträgen wird nicht zuletzt dadurch erschwert, dass sich die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Kontrolle arbeitsvertraglicher Klauseln als uneinheitlich und durchaus wechselhaft erwiesen hat. In vielen Bereichen ist die arbeitsgerichtliche Praxis der AGB-Kontrolle – auch 14 Jahre nach der Erstreckung des AGB-Rechts auf das Arbeitsrecht – noch immer von erheblicher Rechtsunsicherheit geprägt. Nur beispielhaft sei auf die Schlangenlinien in der BAG-Rechtsprechung zum Freiwilligkeitsvorbehalt verwiesen.1 Das vorliegende Werk zeigt auf Grundlage der vorliegenden Rechtsprechung, 2 welche rechtlichen Rahmenbedingungen für einzelne Vertragsklauseln gelten, wie rechtssichere Regelungen formuliert werden können und welche Spielräume bestehen, die für eine flexible Gestaltung genutzt werden können. Dazu werden im Anschluss an einen allgemeinen Teil, der in komprimierter Form die Grundlagen der AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht erläutert, die für die Praxis wichtigen Vertragsklauseln besprochen. Dabei sind die einzelnen Klauseltypen nach Themenfeldern geordnet. So werden Regelungen zur Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, zur Vergütung, zu vertraglichen Nebenpflichten, zur Vertragsbeendigung, zur Aus- und Weiterbildung, zu nachvertraglichen Pflichten sowie die Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags jeweils im Zusammenhang dargestellt. Der Gestaltung von Bezugnahmeklauseln im Arbeitsvertrag wird ein eigenes 3 Kapitel gewidmet. Der Bezugnahme auf einseitig vom Arbeitgeber änderbare Regelungswerke „in ihrer jeweils geltenden Fassung“ hat das BAG enge Grenzen gesetzt2 und damit etwa dem in der Vergangenheit für nicht tarifgebundene Arbeitgeber wichtigen Instrument der Arbeitsordnung weitgehend den rechtlichen Boden entzogen. Vor allem aber im Bereich tariflicher Arbeitsverhältnisse stellen sich insoweit kom-
1 S. dazu etwa Preis, NZA 2009, 281; Preis/Sagan, NZA 2012, 697; dies.; NZA 2012, 1077; Bauer/v. Medem, NZA 2012, 894. 2 BAG, Urt. v. 11.02. 2009 – 10 AZR 222/08.
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Kapitel 1 Bedeutung für die unternehmerische Praxis
plexe Fragen. Die Formulierung der Bezugnahme auf die Tarifbestimmungen (statische, kleine dynamische, große dynamische Verweisung oder Tarifwechselklausel) hat nicht nur bei Umstrukturierungen und beim Betriebsübergang weitreichende Bedeutung. Außerdem wollen im tariflichen Bereich auch arbeitsvertragliche Regelungen etwa zur Vergütung oder zur Arbeitszeit gut durchdacht sein, damit tarifgebundene Arbeitgeber nicht durch konstitutive Vereinbarungen unbeabsichtigt über die tariflichen Vorgaben hinaus weitergehende arbeitsvertragliche Ansprüche und individuelle Abweichungen vom Tarifvertrag im Falle künftiger Tarifänderungen begründen. Schließlich werden auch die Verträge von Geschäftsführern und Vorstandsmit4 gliedern und die dafür geltenden rechtlichen Anforderungen ausführlich behandelt. Auch hier gelten in der Regel die Vorgaben des AGB-Rechts, wobei sich jedoch im Vergleich zu Arbeitsverhältnissen ein durchaus unterschiedlicher Regelungsbedarf und zuweilen auch eine deutlich andere Akzentuierung der AGB-rechtlichen Judikatur zeigt. Das Handbuch ist von erfahrenen Praktikern der arbeitsrechtlichen Vertragsge5 staltung für den Praktiker geschrieben. Daher werden wissenschaftliche Diskussionen und Streitstände nicht vertieft, sondern es werden die rechtlichen Vorgaben für die Klauselgestaltung auf Grundlage der vorliegenden Rechtsprechung erläutert. Für die jeweiligen Vertragsklauseln werden konkrete Formulierungsvorschläge gegeben, die nach Einschätzung der Verfasser einer gerichtlichen Überprüfung – trotz aller Unwägbarkeiten – standhalten sollten. Eine Garantie kann dafür aber selbstverständlich nicht gegeben werden. Das Handbuch soll im Übrigen kein Sammelsurium möglicher Formulierungen bieten – erst recht nicht von Formulierungen, die einer AGB-Kontrolle letztlich nicht standhalten können. Daher haben die Autoren bewusst davon abgesehen, für jede Klauselart eine Vielzahl an zulässigen oder unzulässigen Beispielen und Mustern zu liefern, sondern konzentrieren die Darstellung auf wenige Formulierungsvorschläge, die wirksam sind oder – ggf. unter bewusster Inkaufnahme bestimmter rechtlicher Risiken – zumindest begründete Aussichten darauf bieten, eine gerichtliche Überprüfung zu überstehen.
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Kapitel 2 Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arbeitsvertrag A. Die Verwendung von AGB durch sog. „Formularverträge“ Die Gestaltung rechtgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäfts- 1 bedingungen (AGB) und die Kontrolle solcher AGB sind in den §§ 305 bis 310 BGB geregelt. Diese Normen wurden durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz zum 01.01.2002 in das BGB aufgenommen. Für Dauerschuldverhältnisse – wie auch das Arbeitsverhältnis eines ist –, die vor dem 01.01.2002 zustande gekommen sind, gelten nach Art. 229 § 5 EGBGB seit 01.01.2003 ebenfalls die §§ 305 ff. BGB. Auch schon vor der Schuldrechtsreform führten die Arbeitsgerichte eine 2 Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen durch. Das damals geltende AGB-Gesetz (AGBG) fand zwar nach § 23 Abs. 1 AGBG keine Anwendung auf Arbeitsverträge. Jedoch fand eine Inhaltskontrolle ihre Rechtsgrundlage in § 242 BGB und in diesem Zusammenhang wurden die Grundgedanken des AGBG von den Gerichten – wenn auch nicht einheitlich – herangezogen.1 Durch die Einbeziehung der Arbeitsverträge in den Geltungsbereich der §§ 305 ff. BGB im Jahre 2002 (vgl. § 310 Abs. 4 S. 2 Hs. 1 BGB) sollte das Schutzniveau der Vertragskontrolle im Arbeitsrecht nicht hinter demjenigen des allgemeinen Zivilrechts zurückbleiben und eine durch die uneinheitliche Rechtsprechung entstandene Rechtsunsicherheit beseitigt werden.2 Formularverträge, die in der Regel vom Arbeitgeber für eine Vielzahl von Fällen 3 gestellt werden, dominieren ganz deutlich die arbeitsvertragliche Praxis, wogegen individuell zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ausgehandelte Verträge nur eine untergeordnete Rolle spielen.3 Durch die (Inhalts-)Kontrolle solcher Formulararbeitsverträge gemäß den §§ 305 ff. BGB soll ein ausreichender Schutz der Arbeitnehmer vor unangemessenen Vertragsbedingungen gewährleistet werden, was insbesondere aufgrund der schwächeren Position der Arbeitnehmer und des existentiellen Angewiesenseins auf einen Arbeitsplatz geboten ist.4
1 ErfK/Preis, §§ 305–310 Rn. 1; BAG, Urt. v. 16.3.1994 – 5 AZR 339/92, Rn. 48; BT-Drucks. 14/6857, S. 54; ausführlich auch Lakies, Kap. 1 Rn. 31 ff. mwN zur Rspr. 2 BT-Drucks. 14/6857, S. 54; Lakies, Kap. 1 Rn. 35; kritisch Liebers/Reiserer, Kap. B Rn. 3, mit dem Hinweis, dass gerade die Einführung der AGB-Kontrolle zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit geführt habe, da in vielen Bereichen immer noch nicht geklärt sei, ob früher übliche Klauseln noch zulässig sind. 3 Lakies, Kap. 1 Rn. 30; Preis/Preis, Kap. I B Rn. 3. 4 BT-Drucks. 14/6857, S. 53 f.
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Kapitel 2 Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arbeitsvertrag
I. Vorliegen eines Formulararbeitsvertrags mit AGB 1. Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB 4 Nach § 305 Abs. 1 S. 1 BGB sind AGB für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (sog. Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt.5
a) Vorformulierte Vertragsbedingungen
5 Vertragsbedingungen sind dann „vorformuliert“, wenn sie bereits vor Vertrags-
schluss vorgelegen haben.6 Eine schriftliche Fixierung ist dafür nicht notwendig (vgl. auch § 305 Abs. 1 S. 2 BGB), vielmehr genügt es, wenn die Vertragsbedingungen im Kopf des Verwenders oder seines Abschlussgehilfen gespeichert sind.7 Mangels Schriftformerfordernisses kann daher auch eine betriebliche Übung Gegenstand einer AGB-Kontrolle sein.8
b) Vielzahl von Verträgen
6 Damit es sich um AGB handelt, müssen die Vertragsbedingungen weiterhin für eine
„Vielzahl von Verträgen“ vorformuliert sein. Dabei reicht die Absicht des Verwenders aus, das vorformulierte Vertragswerk für eine Vielzahl von Verträgen zu verwenden.9 Eine beabsichtigte dreimalige Verwendung – auch mit dem gleichen Vertragspartner10 – genügt als hinreichendes Indiz.11 Liegt eine solche Absicht vor, gelten die §§ 305 ff. BGB schon im ersten Verwendungsfall.12 Hinsichtlich der Verwendungsabsicht ist auf denjenigen abzustellen, der den Vertragstext ursprünglich entworfen hat, d. h. es kann sich auch dann um eine AGB i. S. v. § 305 BGB handeln, wenn der Arbeitgeber einmalig einen von einem Dritten13 stammenden Formulararbeitsvertrag verwendet.14 Inhalt und äußere Gestaltung, wie z. B. zahlreiche formelhafte Klauseln,
5 Zu den Besonderheiten bei Verbraucherverträgen i. S. v. § 310 Abs. 3 BGB siehe Rn. 26 ff. 6 Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 6; Lakies, Kap. 1 Rn. 51. 7 BAG, Urt. v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, Rn. 12; BGH, Urt. v. 19.5.2005 – III ZR 437/04, Rn. 17; BGH, Urt. v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, Rn. 10; Palandt/Grüneberg, § 305 Rn. 8. 8 MüKo-BGB/Müller-Glöge, § 611 Rn. 54; BAG, Urt. v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, Rn. 20; vgl. auch BAG, Urt. v. 5.8.2009 – 10 AZR 483/08. 9 Lakies, Kap. 1 Rn. 61. 10 BAG, Urt. v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05; Rn. 20; BGH, Urt. v. 11.12.2003 – VII ZR 31/03, Rn. 18. 11 BAG, Urt. v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, Rn. 56; BGH, Urt. v. 11.12.2003 – VII ZR 31/03, Rn. 17; BGH, Urt. v. 28.9.2001 – VII ZR 388/00, Rn. 22. 12 Palandt/Grüneberg, § 305 Rn. 9; Hromadka, NJW 2002, 2523, 2524. 13 Z. B. Vertragsmuster eines Arbeitgeberverbands oder der IHK, vgl. auch Lakies, Kap. 1 Rn. 63. 14 Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 7; Palandt/Grüneberg, § 305 Rn. 9; BAG, Urt. v. 15.9.2009 – 3 AZR 173/08, Rn. 30.
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A. Die Verwendung von AGB durch sog. „Formularverträge“
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fehlende Abstimmung auf die konkrete Vertragssituation, Vorlage eines vervielfältigten Klauselwerks, sind ebenfalls Indizien für eine mehrfache Verwendungsabsicht.15
c) Stellen der Vertragsbedingungen Das Merkmal des „Stellens“ der Vertragsbedingungen ist dann erfüllt, wenn eine Partei 7 die vorformulierten Bedingungen in die Verhandlung einbringt und deren Einbeziehung in den Vertrag verlangt, sie also einseitig auferlegt.16 Das Pendant hierzu liegt vor, wenn die Bedingungen des Vertrags zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt werden, § 305 Abs. 1 S. 3 BGB. In diesem Fall handelt es sich dann um eine Individualabrede.17 Ein „Stellen“ ist zu verneinen, wenn die Einbeziehung der vorformulierten Vertragsklauseln sich als das Ergebnis einer freien Entscheidung desjenigen darstellt, der vom anderen Vertragsteil mit dem Verwendungsvorschlag konfrontiert wird. Dazu ist erforderlich, dass der Vertragspartner – wenn er schon auf die inhaltliche Gestaltung des vorgeschlagenen Formulartextes keinen Einfluss nehmen konnte – in der Auswahl der in Betracht kommenden Vertragstexte frei ist und insbesondere Gelegenheit erhält, alternativ eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung in die Verhandlungen einzubringen.18 Dagegen ist es grundsätzlich nicht ausreichend, wenn der Arbeitnehmer lediglich zwischen mehreren vom Arbeitgeber bestimmten Regelungsalternativen wählen darf.19 Ein wirkliches Aushandeln – was mehr bedeutet als bloßes „Verhandeln“ – liegt 8 dann vor, wenn der Arbeitgeber den gesetzesfremden Kerngehalt der Klausel ernsthaft zur Disposition des Arbeitnehmers stellt und diesem die Möglichkeit einräumt, den Inhalt der fraglichen Klausel beeinflussen zu können.20 Der Verwender muss sich demnach deutlich und ernsthaft zur Änderung der Vertragsklauseln bereit erklären, was regelmäßig durch erkennbare Änderungen im Vertragstext zum Ausdruck kommt.21 Allenfalls unter besonderen Umständen kann ein Vertrag auch dann als Ergebnis eines „Aushandelns“ gewertet werden, wenn es nach gründlicher Erörterung bei dem gestellten Entwurf verbleibt und es dem Vertragspartner bewusst war,
15 BAG, Urt. v. 18.3.2008 – 9 AZR 186/07, Rn. 14; MaSiG/Maschmann, Kap. B Rn. 106. 16 Palandt/Grüneberg, § 305 Rn. 10; Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 8; zu den Besonderheiten des § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB im Rahmen von Verbraucherverträgen siehe Rn. 26 ff. 17 Vgl. Rn. 12 f. 18 BGH, Urt. v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, Rn. 18. 19 Palandt/Grüneberg, § 305 Rn. 11; BGH, Urt. v. 7.2.1996 – IV ZR 16/95, Rn. 17; vgl. aber Rn. 9 a. E. 20 BGH, Urt. v. 16.7.1998 – VII ZR 9/97, Rn. 8; MüKo-BGB/Müller-Glöge, § 611 Rn. 59; Lakies, Kap. 1 Rn. 77. 21 BGH, Urt. v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, Rn. 47; MaSiG/Maschmann, Kap. B Rn. 109 f.; Lakies, Kap. 1 Rn. 77.
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Kapitel 2 Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arbeitsvertrag
dass sich der Verwender deutlich und ernsthaft zu Abänderungen bereit erklärt hat.22 Bei einem Lückentext darf die Lücke nicht nur der Konkretisierung der Vertragsklausel dienen (z. B. persönliche Daten des Arbeitnehmers), sondern muss den inhaltlichen Kern notwendig ergänzen, um eine Individualabrede darzustellen.23 Daneben kann auch dann ein Aushandeln vorliegen, wenn durch den Arbeitgeber unterschiedliche Angebotsalternativen mit verschiedenen Konditionen zur Auswahl gestellt werden, wobei die zur Wahl stehenden Inhalte auch hier nicht unselbstständiger Art sein dürfen, damit wie bei den Lückentexten ein wirkliches Aushandeln vorliegt.24
d) Individuelle Betrachtung der Klausel
9 In (umfangreichen) Vertragstexten können auch nur einzelne Klauseln individuelle
Vertragsabreden darstellen, während die übrigen Vertragsbestandteile einer AGBKontrolle unterzogen werden (siehe Wortlaut des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB: „soweit“).25 Auch innerhalb einer Vertragsklausel kann nur ein Teil ausgehandelt sein, so dass es sich nur bei dem anderen Teil um AGB handelt.26 Daher ist für jede Klausel gesondert zu klären, ob es sich um AGB handelt oder nicht.27
e) Vermutung bei Verbraucherverträgen
10 Zu beachten ist, dass gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB bei Verbraucherverträgen gesetz-
lich vermutet wird, dass die Vertragsbedingungen vom Unternehmer gestellt sind.28 Da Arbeitsverträge in aller Regel Verbraucherverträge sein werden29, bedarf es in der Praxis in den meisten Fällen keiner Feststellung, dass der Arbeitgeber die Vertragsbedingung einseitig gestellt hat; vielmehr ist davon gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB auszugehen, es sei denn, die jeweilige Klausel wurde durch den Arbeitnehmer in den Vertrag eingeführt. Darüber hinaus findet die AGB-Kontrolle gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB bei Verbraucherverträgen schon dann Anwendung, wenn die Vertragsbedingung nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind.30
22 BGH, Urt. v. 9.10.1986 – VII ZR 245/85, Rn. 11; BGH, Urt. v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, Rn. 27; so auch Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 8. 23 MaSiG/Maschmann, Kap. B Rn. 110; BAG, Urt. v. 12.12.2013 – 8 AZR 829/12, Rn. 31. 24 BGH, Urt. v. 6.12.2002 – V ZR 220/02, Rn. 6; Preis/Preis, Kap. I C Rn. 55. 25 BAG, Urt. v. 12.12.2013 – 8 AZR 829/12, Rn. 31. 26 Lakies, Kap. 1 Rn. 79; Palandt/Grüneberg, § 305 Rn. 18. 27 Lakies, Kap. 1 Rn. 88. 28 Siehe Rn. 26 f. 29 Siehe Rn. 27 f. 30 Näher dazu Rn. 32 f.
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A. Die Verwendung von AGB durch sog. „Formularverträge“
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2. Darlegungs- und Beweislast Demjenigen, der sich auf den Schutz der AGB-rechtlichen Vorschriften beruft – in 11 der Regel der Arbeitnehmer –, obliegt die Darlegungs- und Beweislast, dass es sich bei den betreffenden Vertragsklauseln um AGB i. S. v. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB handelt.31 Mit den Grundsätzen des Anscheinsbeweises (prima facie) ist das Vorliegen von AGB anzunehmen, wenn ein gedruckter bzw. vervielfältigter Text des Arbeitgebers verwendet wurde oder der Vertragstext zahlreiche formularmäßige Klauseln enthält und nicht auf die individuelle Situation abgestimmt ist.32 In diesem Zusammenhang ist auch die herrschende Vertragspraxis bei Arbeitsverträgen zu beachten, nach der der vom Arbeitgeber vorformulierte Vertrag die Regel ist und so einen aus der Lebenserfahrung typischen Geschehensablauf darstellt.33 Dagegen hat der Arbeitgeber als regelmäßiger Verwender die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Vorliegens einer individuellen Vertragsabrede.34 Es gelten die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast.35 Behauptet der Arbeitnehmer, dass ein Aushandeln des Vertrags oder einzelner Vertragsklauseln nicht stattgefunden habe, muss der Arbeitgeber qualifiziert bestreiten und darlegen, wie er die konkreten Klauseln zur Disposition gestellt hat, und die Umstände benennen, aus denen darauf geschlossen werden kann, dass der Arbeitnehmer die Klausel freiwillig akzeptiert habe.36 Lässt es sich nicht aufklären, ob die im Streit stehenden Vertragsklauseln AGB sind, geht dies grundsätzlich zu Lasten des Arbeitnehmers.37
3. Keine AGB-Kontrolle von individuellen Vertragsabreden Individuelle Vertragsabreden unterliegen nach § 305 Abs. 1 S. 3 BGB nicht der in den 12 §§ 305 ff. BGB vorgesehenen AGB-Kontrolle. In diesen Fällen hatte der Arbeitnehmer nämlich selbst die Möglichkeit, seine Interessen hinreichend zu wahren.38 Individualabreden unterliegen zwar keiner AGB-Kontrolle, jedoch findet eine 13 Kontrolle nach den allgemeinen Vorschriften (z. B. §§ 138, 242, 315 BGB) statt.39
31 BGH, Urt. v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, Rn. 29; Palandt/Grüneberg, § 305 Rn. 23; Lakies, Kap. 1 Rn. 84. 32 Palandt/Grüneberg, § 305 Rn. 23; vgl. auch BGH, Urt. v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, Rn. 30. 33 Lakies, Kap. 1 Rn. 87; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 305 BGB Rn. 36. 34 ErfK/Preis, §§ 305–310 Rn. 24; zu den individuellen Vertragsabreden vgl. Rn. 7 f. 35 Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 9. 36 Vgl. BAG, Urt. v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, Rn. 27; BAG, Urt. v. 25.5.2005 –5 AZR 572/04, Rn. 57; Lakies, Kap. 1 Rn. 85. 37 BAG, Urt. v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, Rn. 57; Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 9. 38 Preis/Preis, Kap. I C Rn. 56. 39 MaSiG/Maschmann, Kap. B Rn. 111; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 24; Preis/Preis, Kap. I C Rn. 84; zum Vorrang der Individualabrede nach § 305b BGB siehe Rn. 20 ff.
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Kapitel 2 Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arbeitsvertrag
II. Die Auslegung von AGB in Formulararbeitsverträgen 1. Allgemeine Auslegungsgrundsätze 14 Durch eine Auslegung von AGB soll der Inhalt der in Streit stehenden Vertragsklausel ermittelt werden, so dass dieser Inhalt im Anschluss daran einer AGB-Kontrolle unterzogen werden kann. Die Auslegung richtet sich bei Formularverträgen nicht nach den für die Auslegung von Willenserklärungen maßgeblichen §§ 133, 157 BGB, sondern nach den Grundsätzen der objektiven Auslegung von Rechtssätzen.40 Eine AGB ist daher so auszulegen, wie sie von einem verständigen und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird.41 Es kommt dabei nicht auf die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern des durchschnittlichen Vertragspartners an, was bei Arbeitsverträgen der nicht rechtskundige Arbeitnehmer ist.42 Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientie15 rende Auslegung von Klauseln in Formulararbeitsverträgen ist in erster Linie der Vertragswortlaut.43 Ist der Wortlaut nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss.44 Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind dabei der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten.45 Sofern der Regelungszweck einzubeziehen ist, kann das aber nur für typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten.46 Verständnismöglichkeiten, die theoretisch denkbar, aber fernliegend sind und nicht ernsthaft in Betracht kommen, sind bei der Auslegung außer Betracht zu lassen.47 Verwendete Rechtsbegriffe sind in ihrer juristischen Fachbedeutung zu verstehen, im Übrigen gilt der allgemeine Sprachgebrauch.48
40 MaSiG/Maschmann, Kap. B Rn. 118; Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 12; ständige Rspr. des BGH, vgl. BGH, Urt. v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, Rn. 23; a. A. Lakies, Kap. 1 Rn. 261, 268, der die Auslegung nach §§ 133, 157 BGB vornimmt, aber ebenfalls einen objektiven Maßstab ansetzt. 41 Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 12; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 31. 42 ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 31; BAG, Urt. v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, Rn. 13; BGH, Urt. v. 14.7.2004 – VIII ZR 339/03, Rn. 14. 43 BAG, Urt. v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, Rn. 13; BAG, Urt. v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, Rn. 19. 44 BAG, Urt. v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, Rn. 19; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 31. 45 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, Rn. 36. 46 Lakies, Kap. 1 Rn. 263. 47 Palandt/Grüneberg, § 305 c Rn. 16. 48 MaSiG/Maschmann, Kap. B Rn. 118.
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A. Die Verwendung von AGB durch sog. „Formularverträge“
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2. Die Unklarheitenregelung, § 305c Abs. 2 BGB Die in § 305c Abs. 2 BGB kodifizierte Unklarheitenregelung besagt, dass Zweifel bei 16 der Auslegung von AGB zu Lasten des Verwenders gehen, da dieser sich grundsätzlich klar und unmissverständlich auszudrücken hat. Es handelt sich um eine ergänzende Auslegungsregel, deren Voraussetzung es ist, dass nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungsvarianten rechtlich vertretbar sind.49 Keine der möglichen Varianten darf dabei einen klaren Vorzug verdienen, so dass „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen müssen. Da die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB nicht.50 Bestehen mehrere Auslegungsvarianten, ist zunächst die arbeitnehmerfeind- 17 lichste Auslegung einer Inhaltskontrolle zu unterziehen, da die betreffende Klausel dann in diesem Fall bereits unwirksam sein könnte (sog. gespaltene Lösung).51 Erweist sich die Klausel jedoch als wirksam, so muss der Arbeitgeber, der die AGB verwendet, die ihm am wenigsten günstigste Auslegungsmöglichkeit (arbeitnehmerfreundlichste Auslegung) gegen sich gelten lassen.52 Schwierigkeiten ergeben sich hinsichtlich der Abgrenzung zu dem in § 307 Abs. 1 18 S. 2 BGB kodifizierten Transparenzgebot53. Danach kann sich die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel auch daraus ergeben, dass diese nicht klar und verständlich ist. Da § 305c Abs. 2 BGB nur dann zur Anwendung gelangt, wenn die Auslegung und damit ihre Bedeutung unklar ist, könnte geschlussfolgert werden, dass eine solche Klausel gegen das Transparenzgebot verstößt und daher unwirksam ist, diese Unwirksamkeit auch nicht durch die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB beseitigt werden kann und diese folglich bedeutungslos wäre. Die Rechtsprechung grenzt die Anwendungsbereiche der Unklarheitenregelung und des Transparenzgebots jedoch durch eine restriktive Auslegung des letzteren voneinander ab.54 Nimmt der Arbeitnehmer seine Rechte wegen unklaren Klauseln nicht wahr, liegt ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB vor; dagegen findet die Unklarheitenregelung als ergänzende Auslegungsregel dann Anwendung, wenn die sprachliche Fassung dem Arbeitnehmer das Erschließen des Sinngehalts einer Klausel lediglich erschwert, so dass nicht jede auslegungsbedürftige Klausel auch intransparent ist.55
49 Palandt/Grüneberg, § 305c Rn. 15. 50 BAG, Urt. v. 24.1.2013 – 8 AZR 965/11, Rn. 29; BAG, Urt. v. 9.2.2011 –7 AZR 91/10, Rn. 42. 51 MaSiG/Maschmann, Kap. B Rn. 118; Lakies, Kap. 1 Rn. 272; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 31a. 52 BAG, Urt. v. 9.2.2011 – 7 AZR 91/10, Rn. 42; BAG, Urt. v. 19.1.2011 – 10 AZR 738/09, Rn. 14; ebenso ständige Rspr. des BGH, vgl. BGH, Urt. v. 9.6.2010 – VIII ZR 294/09, Rn. 16. 53 Siehe Rn. 78 ff. 54 Vgl. Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 18 mwN zur Rspr. 55 BAG, Urt. v. 14.3.2007 – 5 AZR 630/06, Rn. 27; Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 18; Lakies, Kap. 1 Rn. 361.
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Kapitel 2 Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arbeitsvertrag
3. Ergänzende Vertragsauslegung
19 Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt immer dann in Betracht, wenn ein Vertrag
eine Lücke enthält. Grundsätzlich sind auch AGB in Fällen, in denen eine Lücke in vorformulierten Verträgen nicht auf AGB-rechtlichen Einbeziehungs- oder Inhaltskontrollschranken beruht, einer ergänzenden Auslegung zugänglich.56 Besteht in einem solchen Fall eine Lücke, die geschlossen werden muss, um den Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, ist im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung ein objektiv-generalisierender Maßstab zugrunde zu legen, der sich am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise auszurichten hat.57 Ist die Lücke im Vertragswerk dagegen durch Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit von AGB entstanden, lässt die Rechtsprechung – wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion58 (§ 306 Abs. 2 BGB) – nur in engen Grenzen eine ergänzende Vertragsauslegung zu, und zwar dann, wenn das Festhalten am Vertrag eine unzumutbare Härte nach § 306 Abs. 3 BGB59 darstellen würde.60 Dies verlangt zumindest, dass die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel in AGB keine angemessene, den typischen und schutzwürdigen Interessen des Klauselverwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung bietet.61 Es kommt daher auf einen beiden Vertragsparteien möglichst gerecht werdenden Ausgleich an.62
III. Vorrang der Individualabrede, § 305b BGB 20 Nach § 305b BGB haben Individualabreden stets Vorrang vor AGB, sofern zwischen
ihnen ein Regelungswiderspruch besteht und die Individualabrede wirksam vereinbart wurde.63 Individualabreden i. S. v. § 305b BGB sind alle Vertragsbedingungen, die nicht selbst AGB gem. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB sind, also gerade auch im Einzelnen ausgehandelte Vertragsbestimmungen nach § 305 Abs. 1 S. 3 BGB.64 Dabei fällt die betriebliche Übung jedoch nicht unter den Begriff der Individualabrede i. S. d.
56 BGH, Urt. v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, Rn. 34. 57 BGH, Urt. v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, Rn. 34 f; BGH, Urt. v. 1.6.2005 – VIII ZR 234/04, Rn. 23. 58 Rn. 109. 59 Rn. 108. 60 BAG, Urt. v. 14.1.2009 – 3 AZR 900/07, Rn. 27; BAG, Urt. v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, Rn. 36; siehe auch Moll/Bengelsdorf, § 49 Rn. 260; BAG, Urt. v. 13.11.2011 – 3 AZR 791/09, Rn. 36; BAG, Urt. v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, Rn. 21. 61 BAG, Urt. v. 13.11.2011 – 3 AZR 791/09, Rn. 36; BAG, Urt. v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, Rn. 21. 62 Vgl. auch Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 21. 63 Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Boemke/Ulrici, § 305b Rn. 7; MüKo-BGB/Basedow, § 305b Rn. 5. 64 Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Boemke/Ulrici, § 305b Rn. 4; Palandt/Grüneberg, § 305b Rn. 2; zu § 305 Abs. 1 S. 3 BGB siehe Rn. 7 f.
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B. Umfang der AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht
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§ 305b BGB.65 Die Vorschrift hat hauptsächlich Bedeutung für nach Vertragsschluss zwischen den Parteien getroffene (mündliche oder konkludente) Vereinbarungen, wobei die zeitliche Reihenfolge keinen Einfluss auf die Geltung des § 305b BGB hat.66 Grundsätzlich unerheblich ist auch, ob die Vertragsparteien eine Änderung der AGB beabsichtigt hatten oder sich der Kollision mit den AGB überhaupt bewusst waren.67 Der erforderliche Regelungswiderspruch liegt dann vor, wenn die Individualvereinbarung durch die betreffende AGB-Klausel in ihrem Sinn und Zweck beeinträchtigt oder ausgehöhlt wird.68 Bei § 305b BGB handelt es sich um keine Auslegungsregel, denn vielmehr findet die Norm erst dann Anwendung, wenn eine Auslegung69 von Individualabrede und AGB bereits stattgefunden hat und zu dem Ergebnis gelangt ist, dass ein Regelungswiderspruch besteht.70 Der Grundsatz des Vorrangs der Individualabrede gilt auch zugunsten des Ver- 21 wenders.71 Die Darlegungs- und Beweislast liegt bei derjenigen Partei, die sich auf eine vorrangige Individualabrede beruft.72 Für Einmalbedingungen73 verweist § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB nicht auf § 305b BGB. 22 Nichtsdestotrotz haben Individualvereinbarungen auch vor Einmalbedingungen Vorrang. Dies ergibt sich bereits aus einer Auslegungsregel, wonach eine konkrete Einigung grundsätzlich vorgeht, sofern diese zu Widersprüchen führt, so dass die fehlende Verweisung auf § 305b BGB unschädlich ist.74
B. Umfang der AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht I. AGB im arbeitsgerichtlichen Verfahren 1. Verbandsklageverfahren nach § 1 UKlaG Das Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstö- 23 ßen (UKlaG) sieht in § 1 vor, dass derjenige, der in AGB Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen
65 Palandt/Grüneberg, § 305b Rn. 2; BAG, Urt. v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, Rn. 41 f.; vgl. Kap. 9 Rn. 24 zum Verhältnis der betrieblichen Übung und der Individualabrede im Rahmen der Schriftformklausel. 66 Lakies; Kap. 1 Rn. 99; Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Boemke/Ulrici, § 305b Rn. 5. 67 BGH, Urt. v. 21.9.2005 – XII ZR 312/02, Rn. 15; MaSiG/Maschmann, Kap. B Rn. 113. 68 Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Boemke/Ulrici, § 305b Rn. 7. 69 Vgl. zur Auslegung von AGB Rn. 14 ff. 70 MüKo-BGB/Basedow, § 305b Rn. 2. 71 Palandt/Grüneberg, § 305b Rn. 1; MüKo-BGB/Basedow, § 305b Rn. 6. 72 Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Boemke/Ulrici, § 305b Rn. 10. 73 Siehe Rn. 6 und 10. 74 Palandt/Grüneberg, § 310 Rn. 18; Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Boemke/Ulrici, § 305b Rn. 2; für die Anwendbarkeit des § 305b BGB Hümmerich/Boecken/Hümmerich/Ebeling, § 305b Rn. 3.
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Kapitel 2 Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arbeitsvertrag
Verkehr empfiehlt, auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden kann. Dieser Anspruch kann von in § 3 UKlaG näher bezeichneten Einrichtungen und Verbänden – insbesondere Verbraucherverbänden – geltend gemacht werden. Für Klagen nach dem UKlaG sind die Landgerichte ausschließlich zuständig (§ 6 Abs. 1 UKlaG). Durch das Verbandsklageverfahren soll verhindert werden, dass sich Rechtsunkundige von der Geltendmachung ihrer Rechte abhalten lassen.75 Nach § 15 UKlaG findet das UKlaG jedoch keine Anwendung auf das Arbeits24 recht. Ohne diese Herausnahme aus dem Anwendungsbereich des UKlaG hätten sich die zuständigen Landgerichte mit arbeitsrechtlichen Fragestellungen befassen müssen, was jedoch der Arbeitsgerichtsbarkeit vorbehalten ist.76 Zudem zweifelte der Gesetzgeber an, ob es zweckmäßig sei, auf Arbeitnehmerseite andere Verbände als Gewerkschaften für klagebefugt zu erklären.77
2. Regelfall: Individualverfahren
25 Da das Verbandsklageverfahren nach § 15 UKlaG auf das Arbeitsrecht keine Anwen-
dung findet, muss sich jeder Vertragspartner individuell gegen den Verwender (etwaiger) unwirksamer AGB wenden. Dabei wird bei dahingehenden Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG eröffnet sein, da es sich regelmäßig um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber handeln wird. Diese Regelung des ArbGG begründet eine umfassende Zuständigkeit des Arbeitsgerichts für alle individualrechtlichen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.78 Die Unwirksamkeit einer in seinem Formulararbeitsvertrag enthaltenen Klausel kann der Arbeitnehmer aber auch als Einwand gegen vom Arbeitgeber klageweise verfolgte Ansprüche geltend machen.79
75 Palandt/Bassenge, § 1 UKlaG Rn. 1. 76 BT-Drucks. 14/7052, S. 189; kritisch dazu MüKo-ZPO/Micklitz, § 15 UKlaG Rn. 1; ebenso Lakies, Kap. 1 Rn. 414, der vorschlägt, dass man für die Kontrolle von Arbeitsverträgen den Gewerkschaften speziell den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten hätte eröffnen können, damit so auch im Arbeitsrecht durch ein Verbandsklageverfahren die Effektivität und Breitenwirkung der Inhaltskontrolle hätte verstärkt werden können. 77 BT-Drucks. 14/7052, S. 189 f. 78 Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Schmitt, § 2 ArbGG Rn. 23. 79 Vgl. Lakies, Kap. 1 Rn. 415.
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B. Umfang der AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht
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II. Modifikationen der AGB-Kontrolle durch § 310 Abs. 3 BGB § 310 Abs. 3 BGB sieht in verschiedener Hinsicht Modifikationen des AGB-Rechts für 26 sog. Verbraucherverträge vor.
1. Der Arbeitsvertrag als Verbrauchervertrag Ein Verbrauchervertrag ist nach der Legaldefinition des § 310 Abs. 3 BGB ein Vertrag, 27 der zwischen einem Unternehmer (§ 14 BGB) und einem Verbraucher (§ 13 BGB) geschlossen wurde. Als ein sog. B2C-Vertrag80 ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch ein Arbeitsvertrag zu qualifizieren.81 Dies war im Vorfeld der gerichtlichen Entscheidungen lange Zeit umstritten, da in der Literatur teilweise vertreten wurde, dass ein Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses kein Verbraucher i. S. d. § 13 BGB sei.82 Nach § 13 BGB ist ein Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Zuweilen wurde zwischen dem relativen und dem absoluten Verbraucherbegriff unterschieden. Die Vertreter des relativen Verbraucherbegriffs wollten den Arbeitnehmer nur bei einzelnen Rechtsgeschäften wie beim Kauf von Dienstkleidung oder Abschluss von Versicherungsverträgen am Arbeitsplatz als Verbraucher ansehen, wogegen der absolute Verbraucherbegriff den Arbeitnehmer auch bei Abschluss des Arbeitsvertrags als Verbraucher definierte.83 Der Arbeitnehmer ist jedoch der Prototyp eines „Unselbstständigen“.84 Der Wortlaut des § 13 BGB, seine systematische Stellung im Allgemeinen Teil des BGB sowie seine Entstehungsgeschichte sprechen nach der Rechtsprechung dafür, den Arbeitnehmer (auch bei Abschluss seines Arbeitsvertrags) unter den Verbraucherbegriff zu fassen.85 § 310 Abs. 3 BGB enthält keine einschränkenden Tatbestandsmerkmale und wird in § 310 Abs. 4 BGB auch nicht vom Anwendungsbereich im Arbeitsrecht ausgenommen, so dass der Arbeitnehmer als (absoluter) Verbraucher qualifiziert werden kann.86 Ein Arbeitgeber wird in der Regel unproblematisch als Unternehmer i. S. v. § 14 28 Abs. 1 BGB auftreten, indem er in Ausübung seiner gewerblichen oder selbststän-
80 Siehe Palandt/Grüneberg, § 310 Rn. 10. 81 BAG, Urt. v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, Rn. 39 ff.; BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, Rn. 48; BVerfG, Beschl. v. 23.11.2006 – 1 BvR 1909/06, Rn. 44; BAG, Urt. v. 16.5.2012 – 5 AZR 347/11, Rn. 14. 82 So z. B. Hromadka, NJW 2002, 2523, 2524 mwN zu den ebenfalls ablehnenden Literaturstimmen; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn 24 mwN zum damaligen Meinungsstand. 83 Vgl. hierzu Hümmerich/Reufels/Reufels, § 1 Rn. 138, 141. 84 ErfK/Preis, § 611 Rn. 181. 85 BAG, Urt. v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, Rn. 41 ff.; vgl. auch Preis/Preis, Kap. I C Rn. 70 ff. 86 BAG, Urt. v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, Rn. 46; so auch Lakies, Kap. 1 Rn. 92; zu § 310 Abs. 4 BGB siehe Rn. 35 ff.
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Kapitel 2 Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arbeitsvertrag
digen beruflichen Tätigkeit handelt.87 Allerdings ist nicht zwingend jeder Arbeitgeber auch ein Unternehmer, und zwar dann nicht, wenn ein Arbeitgeber für private Zwecke einen Arbeitnehmer (z. B. Gärtner; Zugehfrau) einstellt – dann ist er zwar Arbeitgeber, aber nicht Unternehmer.88
2. Modifikationen nach § 310 Abs. 3 Nr. 1–3 BGB 29 Für Verbraucherverträge – und somit in aller Regel auch für Arbeitsverträge – gelten nach § 310 Abs. 3 BGB folgende besondere Bestimmungen:
a) § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB
30 Die erste Modifikation bei Vorliegen eines Verbrauchervertrags besteht darin, dass
nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB für eine Vielzahl von Fällen vorformulierte Vertragsbedingungen als vom Unternehmer gestellt gelten, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt worden sind. Das „Stellen“ der Vertragsbedingungen wird generell und abstrakt durch § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB fingiert.89 Dies gilt auch für sog. Drittbedingungen, wenn also Vertragsklauseln auf Vorschlag eines Dritten in den Vertrag aufgenommen werden, es sei denn der Dritte handelte im Auftrag des Verbrauchers.90 Hinsichtlich der Tatsache, dass der Arbeitnehmer als Verbraucher Vertragsbedin31 gungen in den Vertrag eingeführt hat, liegt die Darlegungs- und Beweislast beim Arbeitgeber.91 Die Vorformulierung für eine Vielzahl von Fällen hat weiterhin der Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen.92 Nach § 305 Abs. 1 S. 3 BGB bleibt es dem Arbeitgeber aber auch unbenommen, das Bestehen einer Individualvereinbarung nachzuweisen.93
b) § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB
32 Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB sind der § 305c Abs. 2 BGB (Unklarheitenregel94) und die
§§ 306, 307–309 BGB bereits bei vorformulierten Vertragsbedingungen, die nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind, anwendbar, soweit der Verbraucher auf-
87 Vgl. auch Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 23. 88 Thüsing, BB 2002, 2666, 2668; Hromadka, NJW 2002, 2523, 2524; ErfK/Preis, § 611 Rn. 182. 89 BGH, Urt. v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, Rn. 14; BeckOK BGB/Becker, § 310 Rn. 15. 90 Palandt/Grüneberg, § 310 Rn. 12 f. 91 Lakies, Kap. 1 Rn. 96; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 23. 92 Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 31; vgl. zur Vorformulierung für eine Vielzahl von Fällen Rn. 6. 93 Vgl. Rn. 7 f., 11. 94 Rn. 16 ff.
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B. Umfang der AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht
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grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Dies hat zur Folge, dass in der Regel jeder von einem Arbeitgeber vorformulierte Vertrag der Inhaltskontrolle unterliegt und nicht nur dann, wenn die Absicht einer mindestens dreimaligen Verwendung vorliegt.95 Dagegen besteht – wie im Rahmen von § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB – kein Schutz des Arbeitnehmers, wenn eine für den Einzelfall vorformulierte Klausel auf Vorschlag des Arbeitnehmers in den Vertrag einbezogen wurde.96 Das Merkmal des „Einflussnehmens“ entspricht dem „Aushandeln“ in § 305 33 Abs. 1 S. 3 BGB.97 Dabei muss der Verbraucher – also der Arbeitnehmer – beweisen, dass er nicht die Möglichkeit einer Einflussnahme hatte.98 Auch hier gelten die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast.99 Der Arbeitgeber muss den Vortrag des Arbeitnehmers, er habe keine Einflussmöglichkeiten gehabt, qualifiziert bestreiten, indem er konkret darlegt, wie er die Klauseln zur Disposition gestellt hat und aus welchen Umständen daraus geschlossen werden kann, dass der Arbeitnehmer die Vertragsklauseln freiwillig akzeptiert habe.100 Wie auch im Rahmen von § 305 Abs. 1 S. 3 BGB muss sich die Einflussnahmemöglichkeit auf eine konkrete Klausel beziehen, so dass es bei deren Fehlen im Übrigen bei einer AGB-Kontrolle verbleibt (vgl. auch hier den Wortlaut „soweit“).101
c) § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB Als dritte Modifikation finden nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung der 34 unangemessenen Benachteiligung i. S. d. § 307 Abs. 1 und 2 BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände Berücksichtigung (sog. Umstandskontrolle102). Zu diesen Umständen gehören in Anlehnung an den 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, deren Art. 4 Abs. 1 durch § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB umgesetzt wurde: – persönliche Eigenschaften des individuellen Vertragspartners, die sich auf die Verhandlungsstärke auswirken, – Besonderheiten der konkreten Vertragsabschlusssituation (z. B. Überrumpelung, Verschleierung, Bagatellisierung), – untypische Sonderinteressen des Vertragspartners.103
95 Vgl. dazu auch ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 23. 96 Palandt/Grüneberg, § 310 Rn. 16; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 39. 97 BAG, Urt. v. 12.12.2013 – 8 AZR 829/12, Rn. 31; zum Merkmal des „Aushandelns“ siehe Rn. 7 f. 98 BGH, Urt. v. 15.4.2008 – X ZR 126/06, Rn. 15 ff.; Palandt/Grüneberg, § 310 Rn. 17. 99 Vgl. Rn. 11; BAG, Urt. v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, Rn. 27. 100 BAG, Urt. v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, Rn. 27; BAG, Urt. v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, Rn. 57. 101 Siehe Rn. 9; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 36. 102 Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 42 f. 103 BAG, Urt. v. 25.9.2008 – 8 AZR 717/07, Rn. 60; BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, Rn. 46; Lakies, Kap. 1 Rn. 98; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 47.
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Die Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände, welche jedoch nicht Ereignisse nach Vertragsabschluss umfasst,104 kann sowohl zur Unwirksamkeit einer nach generell-abstrakter Betrachtung wirksamen Klausel als auch zur Wirksamkeit einer nach typisierter Inhaltskontrolle unwirksamen Klausel führen.105 Die Umstandskontrolle ergänzt die Inhaltskontrolle des § 307 Abs. 2 und 3 BGB, die grundsätzlich einen generellen überindividuellen Maßstab zugrunde legt, macht sie aber in keinem Fall überflüssig.106 Gerade im Bereich der Transparenzkontrolle107 nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB wird eine Umstandskontrolle relevant und kann eine eigentlich intransparente Klausel ausreichend transparent erscheinen lassen.108
III. Besonderheiten im Arbeitsrecht, § 310 Abs. 4 S. 2 BGB 35 Nach § 310 Abs. 4 S. 2 BGB sind bei der Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf Arbeitsver-
träge einige Besonderheiten zu beachten. Zum einen ist § 305 Abs. 2 und 3 BGB nicht anzuwenden. Damit findet bei Arbeitsverträgen keine Einbeziehungskontrolle statt, so dass insbesondere kein ausdrücklicher Hinweis des Arbeitgebers auf die AGB erfolgen und für den Arbeitnehmer nicht die zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme bestehen muss. Der Schutz des Arbeitnehmers wird durch den Wegfall der Einbeziehungskontrolle aber keineswegs geschmälert, denn an deren Stelle treten als arbeitsrechtliche Besonderheit die Vorschriften des Nachweisgesetzes (NachwG).109 Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 NachwG hat der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Allerdings ist dieser Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen keine Wirksamkeitsvoraussetzung hinsichtlich der Vereinbarung der verschiedenen Vertragsklauseln.110 Ob die Vertragsklauseln wirksam in den Vertrag aufgenommen bzw. vereinbart wurden, richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 145 ff BGB.111 Danach ist eine Willensübereinstimmung der
104 Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 49. 105 BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, Rn. 46. 106 Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 44; Palandt/Grüneberg, § 310 Rn. 19; vgl. zum Maßstab der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB Rn. 59 ff. 107 Vgl. dazu Rn. 78 ff. 108 Vgl. BAG, Urt. v. 13.6.2007 – 5 AZR 564/06, Rn. 30; BAG, Urt. v. 30.4.2008 – 5 AZR 502/07, Rn. 30. 109 BT-Drucks. 14/6857, S. 54; MaSiG/Maschmann, Kap. B Rn. 114; kritisch zu der Entscheidung des Gesetzgebers Thüsing, BB 2002, 2666, 2670. 110 Lakies, Kap. 1 Rn. 226; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 28; vgl. auch EuGH, Urt. v. 8.2.2001 – C-350/99, Rn. 26 ff. 111 BAG, Urt. v. 29.8.2012 – 10 AZR 385/11, Rn. 24; Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Boemke/ Ulrici, § 310 Rn. 38.
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B. Umfang der AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht
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Parteien notwendig, die auch stillschweigend erfolgen kann.112 Dies entspricht der Rechtsprechung des BGH zur Einbeziehung von AGB in zwischen zwei Unternehmern geschlossene Verträge, auf die § 305 Abs. 2 und 3 BGB ebenfalls keine Anwendung findet (§ 310 Abs. 1 S. 1 BGB).113 Des Weiteren wird durch § 310 Abs. 4 S. 2 Hs. 1 BGB bestimmt, dass bei der Anwen- 36 dung der §§ 305 ff BGB auf Arbeitsverträge die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen sind. Diese Vorschrift wurde im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung deshalb eingefügt, da der Gesetzgeber das Schutzniveau im Arbeitsrecht dem des allgemeinen Zivilrechts anpassen wollte, sich jedoch außerstande sah, für alle Einzelfälle der §§ 305 ff. BGB zu prüfen, ob sie tatsächlich im Arbeitsrecht passend sind, und diese Prüfung der Rechtsprechung überlassen wollte.114 Der Begriff „Besonderheiten des Arbeitsrechts“ stellt einen unbestimmten 37 Rechtsbegriff dar, der auslegungsbedürftig ist.115 Die Rechtsprechung legt diesem Begriff grundsätzlich ein weites Verständnis zugrunde.116 Es sind nicht nur Besonderheiten innerhalb des Arbeitsrechts (z. B. Arbeitsverträge im kirchlichen Bereich, befristete Verträge, Tendenzunternehmen etc.) gemeint, sondern auch Besonderheiten gegenüber dem allgemeinen Zivilrecht.117 Des Weiteren werden von diesen Besonderheiten sowohl solche rechtlicher als auch tatsächlicher Art erfasst.118 Rechtliche Besonderheiten können sich aus Gesetz, Richterrecht, Gewohn- 38 heitsrecht und aus Rechtsgrundsätzen oder -prinzipien ergeben.119 Bei Gesetzen werden sowohl rein arbeitsrechtliche Sondernormen als auch solche Vorschriften berücksichtigt, die sich in ihrer Anwendung auf dem Gebiet des Arbeitsrechts besonders auswirken.120 Beispiel Der Ausschluss der Vollstreckbarkeit der Arbeitsleistung nach § 888 Abs. 3 ZPO ist eine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit i. S. d. § 310 Abs. 4 S. 2 Hs. 1 BGB. Bei der Erbringung der Arbeitsleistung handelt es sich grundsätzlich um eine nicht vertretbare Handlung, da der Arbeitnehmer verpflichtet
112 Palandt/Weidenkaff, Einf. v. § 611 Rn. 75b; MaSiG/Maschmann, Kap. B Rn. 114. 113 Lakies, Kap. 1 Rn. 228 mwN zur Rspr. des BGH. 114 Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Boemke/Ulrici, § 310 Rn. 31; vgl. auch Rn. 2. 115 Hümmerich/Reufels/Reufels, § 1 Rn. 155. 116 Vgl. Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn 54; Hümmerich/Reufels/Reufels, § 1 Rn. 156, 159. 117 BAG, Urt. v. 4.3.2004 – 8 AZR 328/03, Rn. 43 ff.; Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Boemke/ Ulrici, § 310 Rn. 33. 118 BAG, Urt. v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, Rn. 21; BAG, Urt. v. 23.9.2010 – 8 AZR 897/08, Rn. 41; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 54; Palandt/Grüneberg, § 310 Rn. 51; ablehnend hinsichtlich der tatsächlichen Besonderheiten ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 11, der eine Berücksichtigung von tatsächlichen Besonderheiten nur dann anerkennt, wenn sie sich normativ widerspiegeln. 119 Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Boemke/Ulrici, § 310 Rn. 31. 120 Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 54.
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ist, die Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen, wenn die Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben (§ 613 BGB). Daher sind Vertragsstrafenvereinbarungen in Formulararbeitsverträgen nicht nach § 309 Nr. 6 BGB generell unzulässig.121 39 Tatsächliche Besonderheiten sind gegeben, wenn bestimmte Tatsachen gerade im
Arbeitsverhältnis vermehrten Regelungsbedarf auslösen, wozu auch der Umstand gehört, dass bestimmte Vertragsbedingungen in Arbeitsverträgen „gang und gäbe“ sind.122 Die arbeitsrechtlichen Besonderheiten sind bei jeder Inhaltskontrolle zu berück40 sichtigen – sogar bei den Klauselverboten ohne Wertungsmöglichkeit i. S. d. § 309 BGB, die im Arbeitsrecht schon nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht zwingend uneingeschränkt zur Anwendung kommen sollen.123 Vielmehr nimmt das BAG dann in solchen Fällen eine Prüfung der Klausel nach § 307 BGB (mit Wertungsmöglichkeit) vor.124 Bei den Klauselverboten mit Wertungsmöglichkeit (§ 308 BGB)125 müssen dagegen die Besonderheiten des Arbeitsrechts bereits über die in § 308 BGB selbst vorgesehene Wertungsmöglichkeit einfließen.126 Als Rechtsfolge erlaubt § 310 Abs. 4 S. 2 Hs. 1 BGB sowohl eine Nichtanwendung 41 als auch eine vom allgemeinen Zivilrecht abweichende Anwendung der §§ 305 ff. BGB, wobei im Grundsatz jedoch von der Anwendung im Einklang mit dem allgemeinen Zivilrecht auszugehen ist.127 Die im Einzelnen bestehenden arbeitsrechtlichen Besonderheiten werden im Folgenden im Rahmen der diversen Vertragsklauseln aufgezeigt und ausführlich behandelt.
C. Überraschende Klauseln, § 305c Abs. 1 BGB I. Schutzzweck 42 Bestimmungen in Formulararbeitsverträgen, die nach den Umständen, insbesondere
nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der
121 BAG, Urt. v. 28.5.2009 – 8 AZR 896/07, Rn. 35; vgl. dazu Kap. 3 Rn. 33. 122 BAG, Urt. v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, Rn. 33; Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Boemke/Ulrici, § 310 Rn. 33; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 54 mit dem Beispiel der zweistufigen Ausschlussfristen. 123 BT-Drucks. 14/6857, S. 54; BAG, Urt. v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03; MaSiG/Maschmann, Kap. B Rn. 138. 124 Vgl. BAG, Urt. v. 28.5.2009 – 8 AZR 896/07, Rn. 35 für eine Vertragsstrafenklausel; BAG, Urt. v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04 für eine zweistufige Ausschlussfrist. 125 Zu § 308 BGB siehe Rn. 99 ff. 126 MüKo-BGB/Basedow, § 310 Rn. 101. 127 Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Boemke/Ulrici, § 310 Rn. 34.
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C. Überraschende Klauseln, § 305c Abs. 1 BGB
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Vertragspartner (Arbeitnehmer) des Verwenders (Arbeitgeber) mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil. Bei § 305c Abs. 1 BGB handelt es sich um eine negative Einbeziehungsvoraussetzung, denn ein Verstoß gegen die Vorschrift hat zur Folge, dass die überraschende Klausel nicht Bestandteil des Arbeitsvertrages wird. Einer Inhaltskontrolle bedarf es hier nicht. Die Norm enthält die ehemaligen § 3 AGBG (§ 305c Abs. 1) und § 5 AGBG (§ 305c Abs. 2), die jeweils ohne Änderungen wörtlich übernommen wurden. Der Sinn und Zweck des § 305c Abs. 1 BGB besteht darin, den Arbeitnehmer vor 43 objektiv ungewöhnlichen Klauseln zu schützen, die seinen berechtigten Vertragserwartungen zuwider laufen. Die Norm basiert auf dem allgemeinen Grundsatz, dass man sich nicht auf eine Klausel berufen kann, mit der die andere Seite nicht rechnen konnte. Dieser Grundsatz dient dem Vertrauensschutz des Arbeitnehmers. Klauseln in Formulararbeitsverträgen müssen sich im Rahmen dessen halten, was der Arbeitnehmer nach Würdigung aller Umstände berechtigterweise erwarten darf.128 Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten, die gemäß § 310 Abs. 4 S. 2 BGB 44 bei der Anwendung des AGB-Rechts auf Arbeitsverträge angemessen zu berücksichtigen sind, stehen der Anwendung des § 305c Abs. 1 BGB auf vorformulierte Arbeitsverträge und allgemeine Arbeitsbedingungen nicht entgegen.129 Der Grundsatz, dass überraschende Klauseln nicht Vertragsbestandteil werden, gilt uneingeschränkt auch für Arbeitsverträge, zumal der durch diese Norm umgesetzte Rechtsgrundsatz vom BAG auch früher schon unter der Geltung des AGBG im Arbeitsrecht richterrechtlich anerkannt war, obwohl § 23 Abs. 1 AGBG eine Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht enthielt.130
II. Tatbestand und Systematik 1. Überraschende Abweichung von Vertragserwartungen Eine überraschende Klausel im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB liegt vor, wenn die Ver- 45 tragsbestimmung aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes objektiv ungewöhnlich ist und der Arbeitnehmer mit ihr nicht zu rechnen brauchte. Damit enthält § 305c Abs. 1 BGB eine objektive und subjektive Komponente. Überraschend ist die Klausel jedoch nur dann, wenn zwischen dem Inhalt der 46 Regelung und den Erwartungen des Arbeitnehmers eine deutliche Diskrepanz besteht und der Arbeitnehmer mit einer solchen Abweichung vernünftigerweise nicht
128 BGH Urt. v. 8.10.1975 – VIII ZR 81/74, Rn. 19; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 305c BGB Rn. 4. 129 Zu § 310 Abs. 4 S. 2 BGB siehe Rn. 35 ff. 130 BAG, Urt. v. 29.11.1995 – 5 AZR 447/94, Rn. 20 f.; MüKo-BGB/Basedow, § 305c Rn. 1, 17; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 29; Lingemann, NZA 2002, 181, 186.
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zu rechnen braucht.131 Die Prüfung einer Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB erfolgt somit in drei Schritten. Zunächst ist festzustellen, welche berechtigten Vertragserwartungen der Arbeitnehmer haben durfte. Im zweiten Schritt ist der Inhalt der streitigen AGB-Klausel zu ermitteln. Schließlich ist festzustellen, ob zwischen den Vorstellungen des Arbeitnehmers und dem Inhalt der Vereinbarung die Diskrepanz so groß ist, dass eine überraschende Klausel im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB angenommen werden kann. Eine nur unübliche und unerwartete Klausel reicht dafür nicht aus, vielmehr 47 muss der Vereinbarung ein „Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt“132 innewohnen. Das Überraschungsmoment ist dabei umso eher zu bejahen, je belastender die Bestimmung ist,133 kann aber im Einzelfall zu verneinen sein, wenn auf die Klausel besonders hingewiesen oder sie drucktechnisch (z. B. durch Fettdruck) hervorgehoben wurde.134 Die Anforderungen an die Hinweisobliegenheit bestimmen sich proportional zum Grad der Belastung der Klausel für den Arbeitgeber und der Abweichung von den gewöhnlichen Vertragsbestimmungen. Der Überraschungseffekt kann sich bereits aus der Stellung der Klausel im Vertrag ergeben, z. B. dann, wenn die Klausel an ungewöhnlicher Stelle steht, an der sie der Vertragspartner nicht zu erwarten braucht.135 Bei der Überprüfung ist ein objektiv-genereller Prüfungsmaßstab anzulegen, 48 bei dem alle Umstände, insbesondere das äußere Erscheinungsbild des Vertrages, zu berücksichtigen sind. Besteht zwischen den Erwartungen des Vertragspartners und dem tatsächlichen Vertragsinhalt ein deutlicher Widerspruch, so liegt eine überraschende Klausel laut BAG dann vor, wenn der Arbeitnehmer mit diesem Inhalt unter den konkreten Umständen des Vertragsschlusses und nach der Gestaltung des Arbeitsvertrages, insbesondere dessen äußerem Erscheinungsbild, berechtigterweise nicht zu rechnen brauchte.136
2. Berechtigung der Vertragserwartungen des Arbeitnehmers
49 Der Schutz des § 305c Abs. 1 BGB steht dem Arbeitnehmer nur bei berechtigten Ver-
tragserwartungen zu und nicht bei vom Arbeitgeber in den Arbeitsvertrag üblicher-
131 BAG Urt. v. 16.4.2008 – 7 AZR 132/07, Rn. 16; BAG, Urt. v. 23.2.2005 – 4 AZR 139/04, Rn. 59. 132 BAG, Urt. v. 29.11.1995 – 5 AZR 447/94, Rn. 22; BAG Urt. v. 16.4.2008 – 7 AZR 132/07, Rn. 16; ErfK/ Preis, §§ 305–310 BGB, Rn. 29; MüKo-BGB/Basedow, § 305c Rn. 10. 133 BAG, Urt. v. 29.11.1995 – 5 AZR 447/94, Rn. 23; BAG, Urt. v. 14.8.2007 – 8 AZR 973/06, Rn. 21; Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 65; Lakies, Kap. 1 Rn. 243. 134 BAG Urt. v. 14.8.2007 – 8 AZR 973/06, Rn. 21; BAG Urt. v. 16.4.2008 – 7 AZR 132/07, Rn. 16; MüKoBGB/Basedow, § 305c Rn. 8. 135 BGH Urt. v. 21.7.2010 – XII ZR 189/08, Rn. 27; BAG Urt. v. 16.4.2008 – 7 AZR 132/07, Rn. 16. 136 BAG, Urt. v. 23.2.2005 – 4 AZR 139/04, Rn. 59; BAG Urt. v. 16.4.2008 – 7 AZR 132/07, Rn. 16; BAG Urt. v. 25.9.2008 – 8 AZR 717/07, Rn. 24.
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C. Überraschende Klauseln, § 305c Abs. 1 BGB
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weise eingeführten Klauseln, mit denen der Arbeitnehmer zu rechnen hat. Im Rahmen der dreistufigen Prüfung des § 305c Abs. 1 BGB ist deshalb zunächst festzustellen, ob die Klausel gegen berechtigte Erwartungen des Arbeitnehmers verstößt. Abzustellen ist dabei auf die konkreten Vorstellungen des individuellen Vertragsschließenden, d. h. in der Regel auf die des Arbeitnehmers selbst, im Falle einer Stellvertretung gemäß § 166 Abs. 1 BGB auf die des Vertreters. Diese Erwartungen können sich sowohl aus generellen als auch aus individuellen Umständen ergeben.
a) Generelle Umstände § 305c Abs. 1 BGB schützt die berechtigte Erwartung des Arbeitnehmers, dass die 50 Klauseln in seinem Arbeitsvertrag der vertragstypkonformen und gebräuchlichen Rechtsgestaltung entsprechen. Entscheidend hierbei ist die Abweichung von den üblichen Regelungen. Ob eine Regelung gebräuchlich oder unüblich ist, bestimmt sich nach den Erkenntnismöglichkeiten des typischen durchschnittlichen Arbeitnehmers.137 Ungewöhnlich sind sowohl inhaltlich als auch formal nicht zu erwartende Klauseln. Der Inhalt einer Klausel ist ungewöhnlich, wenn er deutlich von den Gepflo- 51 genheiten der Arbeitsvertragspraxis abweicht.138 Um die jeweiligen Gepflogenheiten bestimmen zu können, sind u. a. die branchenspezifischen Besonderheiten, die Position, die Qualifikation und die Betriebsgröße zu beachten. Aufgrund dieser Gepflogenheiten hat der Arbeitnehmer eine berechtigte Vorstellung, welche Klauseln zu erwarten sind. Weichen die Vereinbarungen davon deutlich ab und sind somit als überraschend zu qualifizieren, so werden sie nicht Bestandteil des Formulararbeitsvertrages, es sei denn der Arbeitgeber hat ausreichend und gesondert auf sie hingewiesen. Formal kann eine Klausel aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes, bspw. auf- 52 grund des äußeren Zuschnittes, der drucktechnischen Anordnung oder des Schriftbildes, überraschend sein.139 Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitgeber die Vereinbarung an unerwarteter Stelle im Vertrag festhält, indem er sie bspw. unter einer falschen oder missverständlichen Überschrift einordnet,140 unter der sie der Arbeitnehmer nicht erwarten muss. Beispiele Von den Arbeitsgerichten entschiedene Anwendungsfälle für das Vorliegen überraschender Klauseln aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes sind:
137 Däubler/Bonin/Deinert, § 305c Rn. 3. 138 Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 69. 139 BAG, Urt. v. 14.8.2007 – 8 AZR 973/06, Rn. 21; BAG, Urt. v. 16.4.2008 – 7 AZR 132/07, Rn. 16; MüKoBGB/Basedow, § 305c Rn. 6; Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 72 f. 140 BAG, Urt. v. 29.11.1995 – 5 AZR 447/9, Rn. 28.
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Kapitel 2 Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arbeitsvertrag
eine rückwirkende Vertragsänderung unter der Überschrift „Vertragsdauer und Kündigung“,141 die Aufnahme einer Ausgleichsquittung in ein Schreiben zur „Rückgabe Ihrer Unterlagen“,142 eine Ausschlussfrist am Ende des Vertrages unter der Überschrift „Sonstiges“ oder „Schluss bestimmungen“,143 eine Beendigungsvereinbarung, die in einer „Ergänzung zum Arbeitsvertrag“ an ungewöhnlicher Stelle enthalten ist, wenn dem Arbeitnehmer vor Vertragsschluss nicht bekannt war, dass ein Aufhebungsvertrag vereinbart werden soll,144 neben einer drucktechnisch hervorgehobenen Befristung im nachfolgenden Text eine weitere Befristung ohne drucktechnische Hervorhebung.145
b) Individuelle Umstände 53 Die berechtigte Erwartung des Arbeitnehmers kann sich auch aus individuellen Umständen ergeben. Geschützt wird hier das Vertrauen auf eine Vertragsgestaltung, die dem Willen des Arbeitnehmers Rechnung trägt. Individuell unüblich ist eine Regelung dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der geführten Vertragsverhandlungen und im Vorfeld erfolgten Absprachen mit ihr nicht zu rechnen braucht.146 Dies ist bspw. dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der Vertragsverhandlungen bestimmte Vorstellungen zum Ausdruck bringt und der Arbeitgeber diesen nicht widerspricht, anschließend aber im Vertrag etwas anderes regelt147 oder wenn der Arbeitgeber zu verstehen gibt, dass er bestimmte Punkte im Vertrag als nicht regelungsbedürftig ansehe und deshalb von einer Regelung Abstand nehme, im Vertrag dann aber doch eine solche aufnimmt.148 In diesen Fällen wird die fragliche Klausel nur dann Bestandteil des Formularar54 beitsvertrages, wenn der Arbeitnehmer die Klausel vor Vertragsschluss zur Kenntnis nimmt oder der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor Vertragsschluss einen eindeutigen Hinweis gibt.149
III. Darlegungs- und Beweislast 55 Bei der Frage, ob eine Klausel Bestandteil des Formulararbeitsvertrages geworden ist,
gelten die Regeln zur abgestuften Darlegungs- und Beweislast.
141 BAG, Urt. v. 19.2.2014 – 5 AZR 920/12, Rn. 18. 142 BAG, Urt. v. 23.2.2005 – 4 AZR 139/04, Rn. 60 ff. 143 BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, Rn. 25. 144 BAG, Urt. v. 15.2.2007 – 6 AZR 286/06, Rn. 23 ff. 145 BAG, Urt. v. 16.4.2008 – 7 AZR 132/07, Rn. 17. 146 BAG, Urt. v. 8.8.2007 – 7 AZR 605/06, Rn. 27; BAG, Urt. v. 15.2.2007 – 6 AZR 286/06, Rn. 22. 147 BGH, Urt. v. 17.3.1994 – IX ZR 102/93. 148 Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 76. 149 Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 77.
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D. Inhaltskontrolle nach § 307 BGB
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Die Einbeziehung der vom Arbeitgeber gestellten Klausel in den Formulararbeits- 56 vertrag ist für ihn von rechtlichem Vorteil, weshalb er die Beweislast hat, dass die Regelung Bestandteil des Vertrages geworden ist. Bei einer objektiv ungewöhnlichen Klausel ist in der Regel davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer mit einer solchen berechtigterweise nicht rechnete. Der Arbeitnehmer muss bei Geltendmachen einer solchen überraschenden Klausel nur schlüssig darlegen, seine berechtigten Erwartungen an den Vertrag seien enttäuscht worden. Hierzu muss er sowohl zur objektiven als auch zur subjektiven Seite des § 305c Abs. 1 BGB vortragen.150 Den Arbeitgeber trifft dann die Darlegungs- und Beweislast diesbezüglich, dass die Klausel dennoch Bestandteil des Vertrages geworden ist. Dies kann er gegebenenfalls dadurch belegen, dass der Arbeitnehmer ausdrücklich auf die Klausel hingewiesen oder die Klausel hinreichend im Vertrag hervorgehoben wurde oder der Arbeitnehmer von ihr Kenntnis hatte.151 Der Beweislast kann sich der Arbeitgeber aber nicht dadurch entziehen, dass 57 er dem Vertrag eine „Schlussklausel“ anhängt, mit der der Arbeitnehmer erklärt, er habe die Vertragsbestimmungen gelesen und verstanden oder erklärt bekommen.152 Eine solche Klausel stellt einen Verstoß gegen § 309 Nr. 12 BGB dar und wäre deshalb unwirksam.
IV. Rechtsfolgen Liegen die Voraussetzungen des § 305c Abs. 1 BGB vor und handelt es sich somit um 58 eine überraschende Klausel, so wird diese nicht Bestandteil des Formulararbeitsvertrages.
D. Inhaltskontrolle nach § 307 BGB § 307 BGB nimmt innerhalb der Inhaltskontrolle von AGB eine herausragende Stel- 59 lung als Kernregelung ein, auch wenn die Vorschrift als Auffangtatbestand und Generalklausel erst nach den besonderen Klauselverboten der §§ 308, 309 BGB zu prüfen ist. Hier ist zunächst gemäß § 309 BGB daraufhin zu prüfen, ob die Klausel gegen ein Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit verstößt. Im zweiten Schritt ist festzustellen, ob die Klausel mit den Klauselverboten mit Wertungsmöglichkeit im Sinne des § 308 BGB in Einklang steht. Schließlich ist die Klausel am Maßstab des
150 Palandt/Grüneberg, § 305c Rn. 14; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 305c BGB Rn. 11. 151 BeckOK-ArbR/Jacobs, § 305c BGB, Rn. 11. 152 Lakies, Kap. 1 Rn. 249; Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn. 81.
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§ 307 BGB und zwar zuerst anhand der Regelbeispiele des § 307 Abs. 2 BGB und dann an § 307 Abs. 1 BGB zu überprüfen. § 307 BGB enthält seit der Schuldrechtsreform in Abs. 1 S. 1 die Generalklausel 60 der Inhaltskontrolle und wurde ohne wesentliche Veränderungen aus § 9 AGBG übernommen. In § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist das ehemals in § 8 AGBG enthaltene Transparenzgebot ausdrücklich normiert, das u. a. eine Entscheidung des EuGH153 umsetzt. Regelungen zur Vermutung einer unangemessenen Benachteiligung sind in § 307 Abs. 2 BGB enthalten. Jedoch ist auch hier eine Gesamtwürdigung vorzunehmen, ob eine unangemessene Benachteiligung vorliegt. Die Regelbeispiele sind folglich widerlegbar.154 § 307 Abs. 3 S. 1 enthält schließlich Einschränkungen der AGB-Kontrolle und S. 2 normiert eine Ergänzung des Transparenzgebots. Die Inhaltskontrolle gilt immer nur zugunsten des Vertragspartners des Ver61 wenders, nie zugunsten des Verwenders selbst.155 Der Schutzzweck der Inhaltskontrolle ist, den Verwendungsgegner vor unangemessenen Ergebnissen der einseitigen Vertragsgestaltungsmacht des Verwenders zu schützen.156 Im Arbeitsrecht kommt als Verwender grundsätzlich nur der Arbeitgeber in Betracht, so dass die Inhaltskontrolle im Arbeitsrecht dem Schutz des Arbeitnehmers dient.
I. Vorrang der Spezialregelung des § 307 Abs. 2 BGB 62 Das in der Generalklausel in § 307 Abs. 1 S. 1 BGB enthaltene Verbot der unangemes-
senen Benachteiligung wird in § 307 Abs. 2 BGB durch Beispiele konkretisiert, indem rechtliche Kriterien angegeben werden, bei deren Vorliegen „im Zweifel“ eine solche Benachteiligung anzunehmen ist. Sofern Abs. 2 einschlägig ist, ist deshalb dieser Sondertatbestand vorrangig zu prüfen. Die beiden Regelbeispiele haben ihrerseits ebenfalls generalklauselartigen Charakter und stehen gleichrangig nebeneinander.157
1. Der Sondertatbestand des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB
63 Laut § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzu-
nehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Da der Vertrags-
153 EuGH, Urt. v. 10.5.2001 – Rs. C-144/99. 154 BGH, Urt. v. 28.1.2003 – XI ZR 156/02, Rn. 31; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 44; Palandt/ Grüneberg, § 307 Rn. 28. 155 BAG Urt. v. 27.10.2005 – 8 AZR 3/05, Rn. 16; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 5; MüKo-BGB/ Wurmnest, § 307 Rn. 21. 156 BeckOK-BGB/Schmidt, § 307 Rn. 1. 157 BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 43.
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D. Inhaltskontrolle nach § 307 BGB
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partner des Verwenders geschützt werden soll, kommen nur für ihn nachteilige Abweichungen in Betracht. Um feststellen zu können, ob eine Abweichung vorliegt, muss zunächst das 64 einschlägige Vergleichsrecht bestimmt werden. Eine AGB-Klausel ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH dann unwirksam, wenn durch ihren Inhalt das „Leitbild“ abgeändert wird, das für den gewählten Vertragstyp in dispositiven Vorschriften niedergelegt ist.158 Die inhaltliche Änderung muss zu Lasten des Arbeitnehmers gehen.159 Vor der Inhaltskontrolle der AGB-Klauseln ist deshalb eine Vertragswahlkontrolle durchzuführen. Durch die Festlegung der Vertragswahl wird das gesetzliche Leitbild bestimmt, das dann als Maßstab für die Inhaltskontrolle dient. Zum Leitbild gehörende gesetzliche Regelungen sind zunächst alle dispositi- 65 ven Gesetzesnormen. Bei Abweichungen von zwingenden Normen ist nicht § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB anwendbar, sondern § 134 BGB.160 Praxistipp Da im Arbeitsrecht weite Teile zwingendes Recht sind, bleibt der Anwendungsbereich von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB eher gering.
Leitbildcharakter kann aber auch ungeschriebenes Recht haben, insbesondere 66 durch Normen verankerte allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts, sowie die aufgrund ergänzender Auslegung und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten.161 Das Erfordernis einer Abweichung von einer wesentlichen gesetzlichen Grund- 67 lage verdeutlicht, dass nicht jede beliebige Abweichung eine unangemessene Benachteiligung darstellt. Nach der Rechtsprechung des BGH162 und des BAG163 ist entscheidend, ob die dispositive Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern Ausfluss des Gerechtigkeitsgebots ist. Regelungen, die auf bloßen Zweckmäßigkeitserwägungen beruhen, seien durch formularmäßige Klauseln frei abänderbar, Gerechtigkeitsgebote hingegen nicht. Diese Auffassung wird in der
158 BGH, Urt. v. 24.9.1980 – VIII ZR 273/79; BGH, Urt. v. 20.5.2009 – XII ZR 94/07, Rn. 24; Palandt/ Grüneberg, § 307 Rn. 28; MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 Rn. 65. 159 Vgl. BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 52; BeckOK-BGB/Schmidt, § 307 Rn. 52. 160 BGH, Urt. v. 27.6.2007 – VIII ZR 149/06, Rn. 21; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 29; Suckow/Striegel/ Niemann/Niemann, Rn. 92. 161 BAG, Urt. v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, Rn. 24; BAG, Urt. v. 28.5.2008 – 10 AZR 351/07, Rn. 27; BeckOK-BGB/Schmidt, § 307 Rn. 52; MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 Rn. 68; Lakies, Kap. 1 Rn. 343. 162 BGH, Urt. v. 25.6.1991 – XI ZR 257/90, Rn. 17; BGH, Urt. v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, Rn. 12; BGH, Urt. v. 23.11.2006 – X ZR 16/05, Rn. 28; BGH, Urt. v. 27.6.2001 – VIII ZR 149/06, Rn. 22. 163 BAG, Urt. v. 7.12.2005 – 5 AZR 535/04, Rn. 35; BAG, Urt. v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, Rn. 23; BAG, Urt. v. 25.4.2007 – 5 AZR 627/06, Rn. 19.
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Literatur kontrovers diskutiert.164 Kritiker bemängeln, dass die Unterscheidung zwischen Zweckmäßigkeitsregelungen und solchen, die auf einem Gerechtigkeitsgebot beruhen, oftmals genauso schwierig und vage ist, wie die Differenzierung zwischen einem wesentlichen und einem unwesentlichen Grundgedanken. In der Literatur wird daher vorgeschlagen danach zu unterscheiden, ob die gesetzliche Regelung dazu diene, Interessen des Vertragspartners zu schützen und ob diese gegenüber den Interessen des Verwenders mit einem gewissen Gewicht überwiegen.165 In der Praxis dürften die verschiedenen Ansatzpunkte jedoch zu identischen Ergebnissen führen.166 Klassische Beispiele für wesentliche Grundgedanken ergeben sich im Arbeits68 recht aus den §§ 613, 615, 616 BGB. Zu nennen sind u. a. das besondere Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, die Arbeitsleistung als absolute Fixschuld und die Höchstpersönlichkeit der Arbeitsleistung.167
2. Der Sondertatbestand des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB
69 Eine unangemessene Benachteiligung ist laut § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB im Zweifel anzu-
nehmen, wenn eine Bestimmung wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Die Natur des Vertrages bestimmt sich durch den Zweck und Inhalt des Vertra70 ges, bei gesetzlich geregelten Verträgen, wie z. B. dem Arbeitsvertrag, zugleich aus den wesentlichen gesetzlichen Schutznormen.168 Der Zweck des Vertrages ergibt sich aufgrund eines generellen Prüfungsmaßstabes daraus, was die Parteien typischerweise von einem solchen Vertragstypus erwarten konnten. Was die konkreten Parteien sich im Einzelfall vorgestellt haben, ist nicht maßgeblich.169 Die wesentlichen Rechte und Pflichten lassen sich aus der Natur des Vertrages 71 ableiten. Von den wesentlichen Pflichten sind zunächst einmal die Hauptleistungspflichten (Kardinalpflichten) erfasst.170 Diesen Pflichten soll sich der Arbeitgeber
164 Zust. Canaris, FS Ulmer, 2003, S. 1073, 1082; krit. zu dieser Differenzierung BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 50; BeckOK-BGB/Schmidt, § 307 Rn. 55; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs, AGB-Recht Rn. 222 ff. 165 BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 50; BeckOK-BGB/Schmidt, § 307 Rn. 55; Wolf/Lindacher/ Pfeiffer/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 115. 166 Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 27; BeckOK-BGB/Schmidt, § 307 Rn. 55; Suckow/Striegel/Niemann/ Niemann, Rn. 93. 167 BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 51; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 93. 168 Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 34. 169 BeckOK-BGB/Schmidt, § 307 Rn. 65; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 97. 170 BeckOK-BGB/Schmidt, § 307 Rn. 64; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 34; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 54.
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nicht durch AGB entziehen können. Hinzu kommen wesentliche Nebenleistungspflichten, wenn sie für den Arbeitnehmer von grundlegender Bedeutung sind.171 Bei gegenseitigen Verträgen sind wesentliche Rechte und Pflichten vor allem solche, die zueinander im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen.172 Beispiel Arbeitsrechtlich besonders relevant ist eine Abweichung vom richterrechtlich entwickelten Grundsatz der Haftungsverteilung im Arbeitsrecht.173
Durch die Abweichung der Regelung von den Gesetzesbestimmungen muss die Errei- 72 chung des Vertragszwecks gefährdet sein. Dies ist dann der Fall, wenn hinreichend wahrscheinlich ist, dass durch die Klausel der Vertragszweck, der objektiv aufgrund der Natur des Vertrages zu erwarten ist, nicht erreicht werden kann.174 Für eine Gefährdung bedarf es mehr als nur der bloßen Möglichkeit einer Vereitelung. Eine gänzliche Vereitelung des Vertragszweckes ist nicht erforderlich, sie wird aber von § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ebenfalls erfasst.175
3. Verhältnis der beiden Sondertatbestände zueinander Das Regelbeispiel des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB greift im Gegensatz zu Nr. 1 vor allem dort 73 ein, wo ein dispositives gesetzliches Leitbild fehlt und stellt dabei auf die Natur des Vertrages ab.176 Liegen die Voraussetzungen beider Sondertatbestände vor, so kann § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB bei der Abwägung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB kumulativ herangezogen werden.177
II. Unangemessene Benachteiligung, § 307 Abs. 1 S. 1 BGB Sind die beiden Sondertatbestände des § 307 Abs. 2 BGB nicht einschlägig, so ist auf 74 die Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB zurückzugreifen. Gemäß § 307 Abs. 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner
171 BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 54; BeckOK-BGB/Schmidt, § 307 Rn. 64; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 34. 172 BGH, Urt. v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, Rn. 21. 173 BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 54. 174 BGH, Urt. v. 20.6.1984 – VIII ZR 137/83, Rn. 24; BGH, Urt. v. 11.11.1992 – VIII ZR 238/91, Rn. 15; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 55; BeckOK-BGB/Schmidt, § 307 Rn. 66. 175 BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 55; BeckOK-BGB/Schmidt, § 307 Rn. 66; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 36. 176 Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 33. 177 Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 102.
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des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Ob eine unangemessene Benachteiligung vorliegt, hängt von einer Gesamtab75 wägung aller rechtlichen und tatsächlichen Umstände ab, die von Bedeutung für die Klausel sind. Die rechtlich anerkannten Interessen der beiden Vertragspartner müssen wechselseitig berücksichtigt und bewertet werden.178 Festzustellen sind zum einen die Interessen des Arbeitgebers an der Aufrechterhaltung der AGB-Klausel und zum anderen die Gründe, die aus Sicht des Arbeitnehmers für den Wegfall der Klausel sprechen. Die widerstreitenden Interessen müssen im zweiten Schritt gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist auf einen generell-typisierenden Beurteilungsmaßstab abzustellen. Nicht die konkret-individuellen Umstände sind maßgeblich, sondern die typischerweise anzutreffende Interessenlage.179 Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist nach der ständigen Rechtspre76 chung des BGH unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.180 Das BAG hat folgende Maßstäbe für die Prüfung des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB auf77 gestellt. Danach ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers unangemessen, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird.181 Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung der rechtlich anzuerkennenden Interessen voraus, wobei eine umfassende Würdigung beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben zu erfolgen hat.182 Grundrechtlich geschützte Rechtspositionen sind zu beachten.183 Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen.184 Zu berücksichtigen sind Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts, die Stellung der Klausel im Gesamtvertrag, Aspekte einer gerechten Risikoverteilung, die Verkehrssitte oder die Möglichkeit einer Versicherung des vertraglichen Risikos sowie die den Vertragsschluss beglei-
178 BAG, Urt. v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, Rn. 56. 179 BGH, Urt. v. 4.7.1997 – V ZR 405/96, Rn. 12; BAG, Urt. v. 27.7.2005 – 7 AZR 486/04, Rn. 50; BAG, Urt. v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, Rn. 56; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 31 f.; BeckOK-BGB/Schmidt, § 307 Rn. 29. 180 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – XII ZR 74/91, Rn. 32; BGH, Urt. v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, Rn. 31; BGH, Urt. v. 4.7.1997 – V ZR 405/96, Rn. 10; BGH, Urt. v. 1.2.2005 – X ZR 10/04, Rn. 21. 181 BAG, Urt. v. 8.8.2007 – 7 AZR 855/06, Rn. 16; BAG, Urt. v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, Rn. 56. 182 BAG, Urt. v. 8.8.2007 – 7 AZR 855/06, Rn. 16. 183 BAG, Urt. v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, Rn. 56; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 31. 184 BAG, Urt. v. 8.8.2007 – 7 AZR 855/06, Rn. 16; BAG, Urt. v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, Rn. 56.
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tenden Umstände.185 Zu überprüfen ist, ob die Klausel bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt.186 Beispiele Von den Arbeitsgerichten entschiedene Fälle zu § 307 Abs. 1 S. 1 BGB: – Arbeit auf Abruf: Bei einer Vereinbarung von Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG) darf der Anteil der abrufbaren Arbeitsleistung nicht mehr als 25 % der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit betragen.187 – Ausschlussfristen: Einseitige Ausschlussfristen in vorformulierten Arbeitsverträgen, die nur zum Ausschluss der Ansprüche des Arbeitnehmers führen, verstoßen gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.188 Zweiseitige Ausschlussfristen sind hingegen nicht generell unwirksam.189 – Rückzahlungsklauseln zu Aus- und Fortbildungskosten: Eine Rückzahlungsklausel, die einen Mitarbeiter zur Rückzahlung der als Darlehen gewährten Studiengebühren verpflichtet, „wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendigt wird“ und nicht danach unterscheidet, ob der Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre des Arbeitgebers oder der des Arbeitnehmers zuzuordnen ist, ist nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, weil durch sie der Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt wird.190
III. Transparenzkontrolle, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB Gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch 78 daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot ist in langjähriger ständiger Rechtsprechung entwickelt 79 worden. Seit In-Kraft-Treten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 01.01.2002 ist dieser Grundsatz im Gesetz in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ausdrücklich normiert. Damit kam der deutsche Gesetzgeber der Forderung des EuGH, Art. 5 S. 1 der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen umzusetzen, nach. Die Normierung sollte dabei keine inhaltliche Änderung des Grundsatzes mit sich bringen, sondern diesen lediglich verdeutlichen und klarstellen.191
185 BAG, Urt. v. 8.8.2007 – 7 AZR 855/06, Rn. 16, 18; BAG, Urt. v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, Rn. 56; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 33; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 45 ff. 186 BAG, Urt. v. 8.8.2007 – 7 AZR 855/06, Rn. 16; BAG, Urt. v. 27.7.2005 – 7 AZR 486/04, Rn. 50; BAG, Urt. v. 18.1.2006 – 7 AZR 191/05, Rn. 30; BAG, Urt. v. 11.4.2006 – 9 AZR 557/05, Rn. 33. 187 BAG, Urt. v. 07.12.2005 – 5 AZR 535/04, Rn. 44. 188 BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, Rn. 29. 189 BAG, Urt. v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04. 190 BAG, Urt. v. 23.1.2007 – 9 AZR 482/06, Rn. 21. 191 BT-Drs. 14/6040, S. 154; BT-Drs. 14/7052, S. 188.
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Nach dem Transparenzgebot sind Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, die Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen, damit der Vertragspartner des Verwenders sich bei Vertragsschluss hinreichend über die rechtliche Tragweite der Vertragsbedingungen klar werden und seine bestehenden Rechte auch durchsetzen kann.192 Die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen für den Vertragspartner des Verwenders, die sich aus der Regelung ergeben, müssen so deutlich werden, wie es nach den konkreten Umständen gefordert werden kann und zumutbar ist.193 Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertrags81 partner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. 194
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1. Beurteilungsmaßstab
82 Der Maßstab für die Prüfung des Transparenzgebots ist der aufmerksame und sorg-
fältige Vertragspartner und nicht der flüchtige Betrachter.195 Bei der Bewertung der Transparenz ist auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen.196 Die Regelung muss für den durchschnittlichen Arbeitnehmer verständlich sein. Auf das Verständnis und die Erkenntnismöglichkeit des konkret betroffenen Arbeitnehmers kommt es aufgrund der typisierenden und generalisierenden Betrachtungsweise nicht an.197
192 BGH, Urt. v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, Rn. 23; BGH, Urt. v. 09.12.2009 – XII ZR 109/08, Rn. 22; BGH, Urt. v. 21.7.2010 – XII ZR 189/08, Rn. 29; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 20; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 57. 193 BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, Rn. 45; BGH, Urt. v. 21.7.2010 – XII ZR 189/08, Rn. 29; BGH, Urt. v. 9.12.2009 – XII ZR 109/08 Rn. 22; BGH, Urt. v. 8.10.1997 – IV ZR 220/96, Rn. 34; BeckOK-BGB/ Schmidt, § 307 Rn. 43. 194 BAG, Urt. v. 18.5.2011 – 10 AZR 206/10, Rn. 29; BAG, Urt. v. 20.3.2013 – 10 AZR 636/11, Rn. 25; BAG, Urt. v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, Rn. 20. 195 BAG, Urt. v. 25.9.2008 – 8 AZR 717/07, Rn. 48; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 23; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 Rn. 60. 196 BGH, Urt. v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, Rn. 24; BGH, Urt. v. 9.12.2009 – XII ZR 109/08, Rn. 22; BGH, Urt. v. 21.7.2010 – XII ZR 189/08, Rn. 29. 197 BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 Rn. 60.
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2. Einzelausprägungen Im Rahmen des Transparenzgebot lassen sich drei Einzelausprägungen unterschei- 83 den: das Verständlichkeitsgebot, das Bestimmtheitsgebot und das Täuschungsverbot. Oftmals überschneiden sich diese drei Ausprägungen in der Praxis, so dass eine ganz präzise Abgrenzung nur schwer möglich ist.
a) Verständlichkeitsgebot Das Verständlichkeitsgebot ergibt sich direkt aus dem Wortlaut des § 307 Abs. 1 S. 2 84 BGB, der besagt, dass die Bestimmung klar und verständlich sein muss. Dies bedeutet nicht nur, dass die Regelung klar formuliert sein muss, sondern auch, dass zusammengehörende Regelungen im Zusammenhang erscheinen und nicht in anderen Teilregelungen versteckt werden.198 Diese Verpflichtung besteht jedoch nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren und darf den AGB-Verwender nicht überfordern.199 Der Arbeitgeber darf in der Gesetzessprache übliche Begriffe übernehmen.200 Das Verständlichkeitsgebot begründet auch keine allgemeine Rechtsbelehrungspflicht des Verwenders.201 Zudem führt die bloße Auslegungsbedürftigkeit einer Klausel nicht zugleich zwingend zu ihrer Intransparenz.202 Sinn und Zweck des Verständlichkeitsgebots ist es, den Vertragspartner davor 85 zu schützen, aufgrund der Intransparenz daran gehindert zu werden, Verhandlungsmöglichkeiten oder Marktchancen wahrzunehmen.203 In der Gefahr, dass er wegen unklar abgefasster AGB seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.204 Beispiele – Ausschlussfristen: Um dem Transparenzgebot zu genügen, bedarf es aufgrund der weitreichenden Folgen von Ausschlussfristen regelmäßig eines Hinweises auf die Rechtsfolge des Verfalls der Ansprüche bei nicht fristgerechter Geltendmachung.205
198 MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 Rn. 58; BeckOK-BGB/Schmidt, § 307 Rn. 43. 199 BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, Rn. 45; BGH, Urt. v. 3.6.1998 – VIII ZR 317/97, Rn. 23; BGH, Urt. v. 10.7.1990 – XI ZR 275/89, Rn. 18. 200 BGH, Urt. v. 2.2.1994 – VIII ZR 262/92, Rn. 14; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 22. 201 BGH, Urt. v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, Rn. 31; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 22; ErfK/Preis, §§ 305– 310 BGB Rn. 44. 202 BGH Urt. v. 5.11.1998 – III ZR 226/97; BGH, Urt. v. 17.12.1998 – VII ZR 243/97; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 59; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 44. 203 Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 24. 204 BAG, Urt. v. 15.10.2013 – 9 AZR 374/12, Rn. 15. 205 BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, Rn. 26.
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Ausgleichsquittungen: Eine Ausgleichsquittung, die die wirtschaftlichen Nachteile der Anspruchsverzichtsformel nicht hinreichend deutlich und verständlich darstellt, verstößt gegen das Transparenzgebot.206 Freiwilligkeitsvorbehalt: Bringt der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag eindeutig zum Ausdruck, dass die Leistung von Sonderzahlungen ohne rechtliche Verpflichtung erfolgt, genügt dies § 307 Abs. 1 S. 2 BGB mit der Folge, dass kein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf künftige Leistungen entsteht.207 Unklares Wettbewerbsverbot: Eine Regelung, in der zwar keine ausdrückliche Entschädigung für die Dauer des Wettbewerbsverbots zugesagt wird, jedoch zugleich vereinbart wird, dass im Übrigen die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff. HGB gelten sollen, ist verständlich genug. Die Bezugnahme auf die gesetzlichen Vorschriften ist angesichts deren Regelungsdichte ausreichend, um alle wesentlichen Elemente einer nachvertraglichen Wettbewerbsabrede abzudecken.208 Umfang von Überstunden: Eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss.209 Unklare Urlaubsgutschrift auf Arbeitszeitkonto: Eine arbeitsvertragliche Regelung, wonach pro Kalendertag des Urlaubs ein Zeitäquivalent in das Zeitkonto des Mitarbeiters eingeht, das der durchschnittlich vereinbarten Arbeitszeit pro Kalendertag innerhalb eines Kalenderjahres entspricht, ist intransparent, zumal wenn der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag davon abgesehen hat, die durchschnittlich vereinbarte Arbeitszeit pro Kalendertag innerhalb eines Kalenderjahres anzugeben.210 Unklare Kürzung von arbeitsvertraglichem Mehrurlaub aufgrund Erkrankung: Eine Kürzungsregelung, die dem Arbeitnehmer nicht hinreichend klar aufzeigt, in welchem Umfang sein vertraglicher Mehrurlaubsanspruch bei Arbeitsunfähigkeit gekürzt wird, ist intransparent.211
b) Bestimmtheitsgebot
86 Das Bestimmtheitsgebot verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und
Rechtsfolgen einer Klausel so genau beschrieben und konkretisiert werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen, der Vertragspartner ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte feststellen kann und von deren Durchsetzung nicht abgehalten wird. Eine Klausel genügt dem Bestimmtheitsgebot nur dann, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreibt. Eine Verletzung des Bestimmtheitsgebots
206 LAG Düsseldorf, Urt. v. 13.4.2005 – 12 Sa 154/05, Rn. 58 f. 207 BAG, Urt. v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, Rn. 29. 208 BAG, Urt. v. 28.6. 2006 – 10 AZR 407/05. 209 BAG, Urt. v. 17.8.2011 – 5 AZR 406/10, Rn. 14. 210 BAG, Urt. v. 19.6.2012 – 9 AZR 712/10, Rn. 15. 211 BAG, Urt. v. 15.10.2013 – 9 AZR 374/12, Rn. 16 f.
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liegt dagegen vor, wenn eine Klausel vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält.212 Beispiele – Auflösende Bedingungen: Wird eine auflösende Bedingung im vorformulierten Arbeitsvertrag vereinbart, so muss der Zeitpunkt der Auflösung hinreichend und eindeutig bestimmbar sein.213 – Versetzungsklauseln: Eine formularmäßige Versetzungsklausel verstößt nicht allein deshalb gegen das Bestimmtheitsgebot, weil keine konkreten Versetzungsgründe genannt sind.214 Auch müssen Versetzungsklauseln nicht zwingend Ankündigungsfristen oder den zulässigen Entfernungsradius angeben.215 – Vertragsstrafen: Voraussetzung für die ausreichende Bestimmtheit einer Vertragsstrafenvereinbarung ist nicht nur, dass die sie auslösende Pflichtverletzung so klar bestimmt ist, dass sich der Versprechende in seinem Verhalten darauf einstellen kann, sondern auch, dass die zu leistende Strafe ihrer Höhe nach klar und bestimmt ist.216 Eine Vertragsstrafenklausel genügt nur dann dem Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn das die Vertragsstrafe auslösende Fehlverhalten des Arbeitnehmers präzise beschrieben ist. Dem steht eine sich vom Wortlaut lösende und den Anwendungsbereich erweiternde Auslegung entgegen.217 – Erstattung von Weiterbildungskosten: Eine Rückzahlungsklausel muss nach Ansicht des BAG zumindest Art und Berechnungsgrundlagen der ggf. zu erstattenden Kosten angeben, sonst kann der Arbeitnehmer sein Rückzahlungsrisiko nicht ausreichend abschätzen. Erforderlich ist die genaue und abschließende Bezeichnung der einzelnen Positionen (z. B. Lehrgangsgebühren, Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten), aus denen sich die Gesamtforderung zusammensetzen soll, und die Angabe, nach welchen Parametern die einzelnen Positionen berechnet werden.218 – Leistungsboni: Für die hinreichende Bestimmtheit eines Leistungsbonus genügen die Angaben, dass nach billigem Ermessen über den Leistungsbonus zu entscheiden ist und welche Faktoren in seine Bemessung einfließen. Dass sich der Arbeitgeber die Bestimmung der Leistung vorbehält, macht die Vereinbarung nicht unklar.219 – Gratifikationen: Eine arbeitsvertragliche Klausel, nach der der Arbeitgeber jährlich jeweils neu über die Höhe der Weihnachtsgratifikation entscheidet, verstößt nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Die mit der Regelung verbundene Ungewissheit ist regelmäßig hinnehmbar, insbesondere in den Fällen, in denen eine Sonderzahlung freiwillig und nicht von der Erbringung einer Gegenleistung abhängig ist.220
212 BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04; BAG, Urt. v. 8.8.2007 – 7 AZR 605/06; BGH, Urt. v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, Rn. 23; BGH, Urt. v. 5.11.2003 – VIII ZR 10/03, Rn. 26. 213 BAG, Urt. v. 27.10.1988 – 2 AZR 109/88, Rn. 52. 214 BAG, Urt. v. 11.4.2006 – 9 AZR 557/05, Rn. 39 ff. 215 BAG, Urt. v. 13.4.2010 – 9 AZR 36/09, Rn. 32. 216 BAG, Urt. v. 14.8.2007 – 8 AZR 973/06, Rn. 27; BAG, Urt. v. 21.4. 2005 – 8 AZR 425/04, Rn. 31. 217 BAG, Urt. v. 23.1.2014 – 8 AZR 130/13, Rn. 25. 218 BAG, Urt. v. 21.8.2012 – 3 AZR 698/10, Rn. 19; BAG, Urt. v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, Rn. 13. 219 BAG, Urt. v. 15.5.2013 – 10 AZR 679/12, Rn. 25; BAG, Urt. v. 20.3.2013 – 10 AZR 636/11, Rn. 26. 220 BAG, Urt. v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, Rn. 21 ff.
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c) Täuschungsverbot
87 Durch das Täuschungsverbot sollen irreführende Klauseln ausgeschlossen werden.
Der Vertragspartner wird durch eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt, entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.221 Durch täuschende Klauseln hat der Verwender die Möglichkeit, berechtigte Ansprüche des Vertragspartners abzuwehren oder unberechtigte Pflichten von ihm zu verlangen.222 Eine Täuschungsabsicht ist nicht erforderlich, es genügt eine objektive Eignung 88 zur Irreführung.223 Beispiele – Doppelte Schriftformklausel: Unwirksam ist eine Schriftformklausel, wenn sie dazu dient, nach Vertragsschluss getroffene Individualvereinbarungen zu unterlaufen, indem sie beim anderen Vertragsteil den Eindruck erweckt, eine mündliche Abrede sei entgegen § 305b BGB unwirksam. Solche Klauseln sind geeignet, den Arbeitnehmer davon abzuhalten, sich auf die Rechte zu berufen, die ihm auf Grund einer wirksamen mündlichen Vereinbarung zustehen würden.224 – Bonuszahlung: Ein Verstoß gegen das Täuschungsverbot liegt vor, wenn der Arbeitgeber in einem von ihm vorformulierten Arbeitsvertrag sich zu einer Bonuszahlung verpflichtet und im Widerspruch dazu in einer anderen Vertragsklausel einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Bonuszahlung ausschließt. Dadurch ist die Bonusregelung nicht insgesamt unwirksam, sondern nur insoweit, als der Arbeitnehmer durch den Ausschluss eines Rechtsanspruchs auf die Bonuszahlung benachteiligt wird.225
3. Besonderheiten im Arbeitsrecht
89 Die gemäß § 310 Abs. 4 S. 2, Hs. 1 BGB im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind
auch im Rahmen der Transparenzkontrolle zu beachten.
Beispiel – Dynamische Verweisungen: Bezugnahmen auf bspw. Tarifverträge oder beamtenrechtliche Regelungen226 sind im Arbeitsrecht gebräuchlich und entsprechen einer üblichen Regelungstechnik. Oftmals ist dies sogar ausdrücklich in arbeitsrechtlichen Gesetzen erlaubt.227 – Eine Regelung verstößt auch nicht deshalb gegen das Transparenzgebot, weil sie dynamisch ausgestaltet ist. Auch dynamische Bezugnahmeklauseln entsprechen der üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien. Dies ergibt sich aus der Zukunftsgerichtet-
221 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, Rn. 33. 222 Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 24. 223 Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 27; BeckOK-BGB/Schmidt, § 307 Rn. 43; . 224 BAG, Urt. v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, Rn. 39 f. 225 BAG, Urt. v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, Rn. 12, 20. 226 BAG, Urt. v. 14.3.2007 – 5 AZR 630/06, Rn. 28; BAG, Urt. v. 8.11.2006 – 5 AZR 5/06, Rn. 17; BAG, Urt. v. 12.11.2006 – 9 AZR 675/05, Rn. 15; BAG, Urt. v. 11.4.2006 – 9 AZR 369/05 , Rn. 22. 227 BAG, Urt. v. 14.3.2007 – 5 AZR 630/06, Rn. 27 ff.
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D. Inhaltskontrolle nach § 307 BGB
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heit von Arbeitsverhältnissen.228 Ausreichend ist, dass die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung in Bezug genommenen Regelungen bestimmbar sind.229 Das Bundesarbeitsgericht legt eine Bezugnahme auf einen genau bestimmten Tarifvertrag sogar ohne ausdrückliche Regelung als dynamische Bezugnahme aus, wenn keine Anhaltspunkte für eine abweichende Absicht der Parteien bestehen.230
4. Umstandskontrolle Die Umstandskontrolle gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB erlangt vor allem bei der Trans- 90 parenzkontrolle Bedeutung. Eine an sich unklare und intransparente Regelung kann durch das Heranziehen der den Vertragsschluss begleitenden Umstände, wie z. B. Erläuterungen vor oder nach Vertragsschluss231 oder besondere Kenntnisse des Arbeitnehmers232 transparent und somit geheilt werden.233
IV. Schranken der Inhaltskontrolle, § 307 Abs. 3 S. 1 BGB § 307 Abs. 3 S. 1 BGB normiert die Schranken der Inhaltskontrolle. Danach gelten §§ 307 Abs. 1 und 2, 308, 309 BGB nur für Bestimmungen in AGB, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Rechtsvorschriften im Sinne des § 307 Abs. 3 S. 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, d. h. auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten.234 Durch den Wortlaut des § 307 Abs. 3 S. 1 BGB werden der Inhaltskontrolle in zweierlei Hinsicht Schranken gesetzt:235 Zum einen unterliegen Klauseln, die lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholen, sog. deklaratorische Klauseln, nicht der Inhaltskontrolle. Grund dafür ist einerseits, dass an die Stelle der unwirksamen Klausel ohnehin die gesetzliche Regelung träte
228 BAG, Urt. v. 14.3.2007 – 5 AZR 630/06, Rn. 29; BAG, Urt. v. 14.12.2005 – 4 AZR 536/04; BAG, Urt. v. 6.11.2002 – 5 AZR 330/01. 229 BAG, Urt. v. 14.3.2007 – 5 AZR 630/06, Rn. 29. 230 BAG, Urt. v. 5.4.2006 – 4 AZR 390/05, Rn. 43; BAG, Urt. v. 14.3.2007 – 5 AZR 630/06, Rn. 29. 231 BAG, Urt. v. 25.4.2007 – 6 AZR 622/06, Rn. 37. 232 Lakies Rn. 289; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 48. 233 Nähere Ausführungen zu § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei Rn. 34. 234 BAG, Urt. v. 18.1.2012 – 10 AZR 612/10, Rn. 20; BAG, Urt. v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06; Rn. 24; BAG, Urt. v. 11.11.2006 – 5 AZR 721/05, Rn. 18. 235 BT-Drucks. 7/3919, S. 22.
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und andererseits sonst eine mittelbare Normenkontrolle drohen würde.236 Ist beispielsweise ein Arbeitgeber aufgrund einer Klausel berechtigt, den Arbeitnehmer im Betrieb einer anderen gleichwertigen Arbeit, die seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entspricht, zuzuweisen, so unterfällt diese Regelung nicht der Inhaltskontrolle, da sie den Inhalt des § 106 GewO nahezu wörtlich wiedergibt.237 Das Transparenzgebot setzt jedoch auch deklaratorischen Klauseln gemäß § 307 Abs. 3 S. 2 i. V. m. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB Schranken. Zudem unterliegen Klauseln, die einen gesetzlich vorgegebenen Rahmen ausfüllen (sog. normausfüllende Klauseln) oder ergänzen, der Inhaltskontrolle.238 Dies gilt auch dann, wenn die Klausel ausdrücklich als Erlaubnisnorm ausgestaltet ist, weil auch in diesem Fall eine gesetzliche Regelung ergänzt wird.239 Zum anderen sind von der Inhaltskontrolle auch vertragliche Leistungsbe95 schreibungen und Preisabreden ausgenommen.240 Dies wird in Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG wesentlich deutlicher formuliert als in der deutschen Norm. Dort heißt es: „Die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klauseln betrifft weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt für die Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind.“ § 307 Abs. 3 S. 1 BGB dient damit der Abgrenzung zweier Kontrollmechanismen, und zwar dem Wettbewerb und dem Markt, geprägt von Angebot und Nachfrage, einerseits und der richterlichen Angemessenheitskontrolle andererseits.241 Auf funktionierenden Märkten bestimmen sich die Preise durch den Wettbewerb und es ist gerade nicht Aufgabe des Gerichts, über die §§ 305 ff. BGB den „gerechten Preis“ zu ermitteln.242 Auch das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung richtet sich in einer Marktwirtschaft grundsätzlich nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage.243 Im Arbeitsrecht ist die Vergütung häufig kollektiv durch Tarifverträge geprägt. Aus diesen Gründen sollen Vereinbarungen, die sich am Markt orientieren, kontrollfrei sein. Der gerichtlichen Kontrolle sind daher
236 MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 Rn. 6; Stoffels, JZ 2001, 843, 844. 237 BAG, Urt. v. 11.4.2006 – 9 AZR 557/05, Rn. 39; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 35. 238 ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 34; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 53; MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 Rn. 7. 239 ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 34; MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 Rn. 10; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 149; aA Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 66 ff.; Canaris, NJW 1987, 606, 611. 240 BGH, Urt. v. 18.5.1999 – XI ZR 219/98, Rn. 10; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 44; ErfK/Preis, §§ 305– 310 BGB Rn. 36, MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 Rn. 1, 12, 16. 241 ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 36; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 142; Stoffels, JZ 2011, 843, 847 f. 242 BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, Rn. 44; BAG, Urt. v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, Rn. 25; BAG, Urt. v. 17.10.2012 – 5 AZR 792/11, Rn. 15; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 36; MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 Rn. 16; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 142; Stoffels, JZ 2011, 843, 847 f. 243 MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 Rn. 1.
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die Leistungsbeschreibungen entzogen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen.244 Leistungsbeschreibungen und Preisbestimmungen können jedoch gemäß § 307 96 Abs. 3 S. 2 BGB i. V. m. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB bei einem Verstoß gegen das Transparenzgebot unwirksam sein. § 307 Abs. 3 S. 2 BGB beruht auf der Erwägung, dass ein Mindestmaß an Transparenz der Preisgestaltung einen funktionierenden Wettbewerb erst ermöglicht.245 Nur so kann die Markttransparenz gewährleistet werden.246 Zudem obliegt es dem Richter zu prüfen, ob eine Klausel den Vertragspartner unangemessen benachteiligt. Ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung wird jedoch nur am Maßstab der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) kontrolliert.247 Darüber hinaus steht § 307 Abs. 3 S. 1 BGB einer Kontrolle der Hauptleistungspflichten nicht entgegen, wenn diese durch Rechtsvorschriften bestimmt werden.248 Beispiele Kontrollfrei im Arbeitsrecht sind Klauseln zu: – Arbeitszeit, Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt, d. h. Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung und des dafür zu entrichtenden Entgelts249 – Abschluss, Änderung und Aufhebung eines Arbeitsvertrages250 – Umfang der geschuldeten Arbeitszeitdauer251 – Tätigkeitsbeschreibungen des Arbeitnehmers252 – Vereinbarter Ort einer Tätigkeit.253 Kontrollfähig dagegen sind: – Preisnebenabreden, die zwar mittelbar Auswirkung auf den Preis haben, an deren Stelle aber bei Unwirksamkeit eine dispositive gesetzliche Regelung treten kann254 – Einseitige Leistungsbestimmungsrechte im Bereich der Hauptleistungspflichten.255
244 BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, Rn. 46; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 147. 245 BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, Rn. 44; MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 Rn. 20. 246 ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 37. 247 ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 36. 248 BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, Rn. 44; BGH, Urt. v. 30.10.1991 – VIII ZR 51/91, Rn. 14; BGH Urt. v. 9.7.1981 – VII ZR 139/80, Rn. 12. 249 BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04, Rn. 44; BAG, Urt. v. 14.3.2007 – 5 AZR 630/06, Rn. 24; ErfK/ Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 36. 250 ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 38. 251 BAG, Urt. v. 14.3.2007 – 5 AZR 630/06, Rn. 23. 252 ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 38. 253 BAG, Urt. v. 19.1.2011 – 10 AZR 738/09, Rn. 15. 254 BGH, Urt. v. 18.4.2002 – III ZR 199/01, Rn. 14; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 40. 255 BAG, Urt. v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, Rn. 19.
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Kapitel 2 Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arbeitsvertrag
E. Besondere Klauselverbote, §§ 308, 309 BGB I. Die §§ 308, 309 BGB als Spezialregelungen zu § 307 BGB 97 Die besonderen Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB konkretisieren die in § 307 BGB
enthaltene Generalklausel.256 Ihnen kommt aber eine selbständige Bedeutung zu, da sie die Unwirksamkeit selbst anordnen. 257 Zunächst sind die besonderen Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit gemäß 98 § 309 BGB zu prüfen, daraufhin die besonderen Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit i. S. d. § 308 BGB und zuletzt § 307 BGB. Eine Klausel, die nach ihrem Regelungsgehalt in den Anwendungsbereich der §§ 308, 309 BGB fällt, mit den in Betracht kommenden Einzelverboten aber nicht kollidiert, kann aus besonderen, von den §§ 308, 309 BGB nicht erfassten Gründen nach der Generalklausel des § 307 BGB unwirksam sein. Die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB darf jedoch nicht zu einer Umgehung der in den §§ 308, 309 BGB zum Ausdruck kommenden Regelungsabsicht führen.258 Ist die Klausel dagegen aus tatbestandlichen Gründen nach den §§ 308, 309 BGB wirksam und deshalb von den beiden Normen nicht erfasst, so kann anschließend eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB erfolgen.259
II. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit, § 308 BGB 99 § 308 BGB entspricht dem beinahe unveränderten übernommenen § 10 AGBG. In der
Vorschrift werden eine Reihe von AGB-Klauseln aufgezählt, die im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners führen können. Da das Unwirksamkeitsurteil vom Einzelfall abhängt, wurden unbestimmte Rechtsbegriffe wie „unangemessen“, „unzumutbar“ oder „sachlich nicht gerechtfertigt“ verwendet, die einer Wertung durch das Gericht bedürfen.260 Da § 308 BGB den § 307 BGB konkretisiert, sind bei der Abwägung auch die Wertungen des § 307 BGB heranzuziehen.261 § 308 Nr. 3 BGB und § 308 Nr. 8 BGB sind im Arbeitsrecht nur von geringer Bedeu100 tung, da sie keine Dauerschuldverhältnisse betreffen.262 § 308 Nr. 3 BGB kommt jedoch bei einer vom Arbeitgeber vorbehaltenen einseitigen Lösungsmöglichkeit von einem
256 Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 1. 257 BeckOK-ArbR/Jacobs, § 308 Rn. 2; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 150. 258 BGH, Urt. v. 4.12.1996 – XII ZR 193/95;Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 2. 259 MüKo-BGB/Wurmnest, § 308 Rn. 3, § 309 Rn. 4 f; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 153. 260 MüKo-BGB/Wurmnest, § 308 Rn. 2; Palandt/Grüneberg, § 308 Rn. 1; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 308 Rn. 1. 261 BAG, Urt. v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, Rn. 20. 262 BeckOK-ArbR/Jacobs, § 308 Rn. 7, 37.
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E. Besondere Klauselverbote, §§ 308, 309 BGB
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Vorvertrag zur Anwendung. Bei einem Vorvertrag zu einem Arbeitsvertrag handelt es sich nicht um ein Dauerschuldverhältnis.263 Ein solcher einseitiger Rücktrittsvorbehalt in einem Vorvertrag i. S. d. § 308 Nr. 3 BGB ist nur dann wirksam, wenn in ihm der Grund für die Lösung vom Vertrag mit hinreichender Deutlichkeit angegeben ist und ein sachlich gerechtfertigter Grund für die Aufnahme in den Vertrag vorliegt.264 Von besonderer Relevanz ist § 308 Nr. 4 BGB im Arbeitsrecht. Danach ist die Ver- 101 einbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Seit die Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht entfallen ist (vgl. § 310 Abs. 4 S. 2 102 BGB), ist die Norm auf Formulararbeitsverträge, die Änderungsvorbehalte hinsichtlich einzelner Lohnbestandteile enthalten, anwendbar.265 Nicht unter § 308 Nr. 4 BGB fallen solche Klauseln, die nicht die Leistungen des 103 Verwenders (Arbeitgeber) betreffen, sondern nicht die versprochene Leistung des Vertragspartners (Arbeitnehmer).266 Dies ist z. B. bei Versetzungsvorbehalten267 und Vereinbarungen über Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG)268 der Fall. Ebenfalls nicht von § 308 Nr. 4 BGB erfasst sind Freiwilligkeitsvorbehalte, da es bei diesen bereits an der „versprochenen Leistung“ im Sinne des § 308 Nr. 4 BGB fehlt.269
III. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit, § 309 BGB § 309 BGB, der mit wenigen, nicht erheblichen Änderungen § 11 AGBG übernommen 104 hat, sieht im Gegensatz zu § 308 BGB keine Wertungsmöglichkeiten vor und enthält deshalb auch keine entsprechenden unbestimmten Rechtsbegriffe.270 Die Unangemessenheit und damit die Unwirksamkeit der Klausel tritt kraft gesetzgeberischer Wirkung ein.271 Die Klauselverbote des § 309 BGB konkretisieren insbesondere § 307 Abs. 2 BGB, d. h. sie erfassen solche Klauseln, die nicht mit wesentlichen Grundge-
263 BAG, Urt. v. 27.7.2005 – 7 AZR 488/04, Rn. 27; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 308 Rn. 7 264 BAG, Urt. v. 27.7.2005 – 7 AZR 488/04, Rn. 32; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 308 Rn. 7 265 BAG, Urt. v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, Rn. 30; MüKo-BGB/Wurmnest, § 308 Rn. 5; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 53. 266 BAG, Urt. v. 11.4.2006 – 9 AZR 557/05, Rn. 31; BeckOK-ArbR/Jacobs, § 308 Rn. 9; Suckow/Striegel/ Niemann/Niemann, Rn. 157. 267 BAG, Urt. v. 11.4.2006 – 9 AZR 557/05, Rn. 31. 268 BAG, Urt. v. 7.12.2005 – 5 AZR 535/04, Rn. 39. 269 BAG, Urt. v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, Rn. 17, str. 270 BeckOK-ArbR/Jacobs, § 309 Rn. 1; Palandt/Grüneberg, 309 Rn. 1. 271 BeckOK-ArbR/Jacobs, § 309 Rn. 1.
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danken der Privatrechtsordnung zu vereinbaren sind oder eine Aushöhlung wesentlicher Rechte und Pflichten zur Folge haben.272 105 Bislang hat das BAG noch keine Klausel alleine wegen der besonderen Klauselverbote des § 309 BGB für unwirksam erklärt.273 106 Aus der Gesetzesbegründung274 ergibt sich, dass im Rahmen des § 309 BGB die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (vgl. § 310 Abs. 4 S. 2 BGB) angemessen zu berücksichtigen sind. 275 Aus diesem Grund lässt das BAG bei Vertragsstrafen, die zwar grundsätzlich unter § 309 Nr. 6 BGB fallen, die Norm unangewendet und prüft die Wirksamkeit der Regelung am Maßstab des § 307 BGB mit der Folge, dass die Wertungsmöglichkeit gegeben ist.276
F. Rechtsfolgen AGB-widriger Klauseln, § 306 BGB I. Unwirksamkeit (nur) der Klausel 107 § 306 Abs. 1 BGB ordnet die Aufrechterhaltung des Vertrags an, falls AGB ganz oder
teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind. Dies stellt eine Abweichung des § 139 BGB dar, der vorsieht, dass Teilnichtigkeit grundsätzlich zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags führt. Allerdings gilt dieser Grundsatz im Arbeitsrecht nur sehr eingeschränkt, da die bloße Teilnichtigkeit bei Fortbestand des Arbeitsvertrags nach § 139 Hs. 2 BGB der Regelfall ist, insbesondere wenn ein Verstoß gegen arbeitnehmerschützende Normen vorliegt und daher anzunehmen ist, dass das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre.277 Dies entspricht grundsätzlich dem Interesse des Arbeitnehmers. Müsste dieser um den Bestand des mit seinem Arbeitgeber geschlossenen Arbeitsvertrags fürchten, wäre die Effektivität der Inhaltskontrolle nicht gewährleistet. Daher ist auch die Vereinbarung der Gesamtnichtigkeit durch die Parteien nicht möglich ist (vgl. § 306a BGB).278 An die Stelle der unwirksamen Vertragsbedingung treten nach § 306 Abs. 2 BGB die geltenden gesetzlichen Vorschriften, nach denen sich der Inhalt des Vertrags dann richtet. Eine Gesamtunwirksamkeit des Vertrags ist nach § 306 Abs. 3 BGB nur ausnahms108 weise denkbar, wenn das Festhalten an diesem eine unzumutbare Härte für einen
272 Palandt/Grüneberg, § 309 Rn. 1; Suckow/Striegel/Niemann/Niemann, Rn. 160. 273 BeckOK-ArbR/Jacobs, § 309 Rn. 1; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 41. 274 BT-Drs. 14/6857, S. 54. 275 BeckOK-ArbR/Jacobs, § 309 Rn. 1; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 11. 276 BAG, Urt. v. 18.8.2005 – 8 AZR 65/05, Rn. 13 ff. 277 BAG, Urt. v. 23.1.1990 – 3 AZR 58/88, Rn. 38; ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 342; Palandt/Ellenberger, § 139 BGB Rn. 3, 18, § 611 BGB Rn. 21, 23. 278 Lakies, Kap. 1 Rn. 392 f.
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F. Rechtsfolgen AGB-widriger Klauseln, § 306 BGB
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der Vertragspartner darstellen würde. Dabei sind auch die nach § 306 Abs. 2 BGB anstelle der unwirksamen Regelung geltenden gesetzlichen Vorschriften zu beachten. Eine solche unzumutbare Härte liegt vor, wenn durch den Wegfall der AGB das Vertragsgleichgewicht grundlegend gestört ist.279 Im Arbeitsrecht wird die Anwendung des § 306 Abs. 3 BGB eher restriktiv gehandhabt, da eine Gesamtunwirksamkeit den Interessen des Arbeitnehmers in aller Regel nicht gerecht wird und insbesondere mit den Kündigungsschutzvorschriften kollidieren würde.280
II. Verbot der geltungserhaltenden Reduktion Sofern eine Vertragsbedingung gegen die §§ 307 ff. BGB verstößt, so wird die Klausel 109 nicht durch eine geltungserhaltende Reduktion aufrechterhalten, sondern ist insgesamt unwirksam.281 An ihre Stelle treten die gesetzlichen Vorschriften gem. § 306 Abs. 2 BGB. Eine geltungserhaltende Reduktion, durch die eine unzulässige Klausel auf das gerade noch zulässige oder angemessene Maß zurückgeführt wird, ist unzulässig, da dies dem Schutzzweck der §§ 307 ff. BGB – die Berücksichtigung der Interessen der anderen Vertragspartei – widersprechen würde und der Verwender ohne Risiko bedenkenlos unwirksame Klauseln in den Vertrag aufnehmen könnte.282
III. Besonderheit bei „Altverträgen“ Ausnahmsweise kann bei „Altverträgen“, die vor dem 1.1.2002 geschlossen wurden, 110 eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht kommen. Im Jahr 2005 hat der 5. Senat des BAG entschieden, dass eine ergänzende Vertragsauslegung zur Ausfüllung der sich aus einer unwirksamen AGB ergebenden Vertragslücke in Betracht kommt.283 Danach könne beispielsweise ein Widerrufsvorbehalt, der entgegen der neueren Rechtsprechung keine sachlichen Gründe für einen Widerruf nenne, im konkreten Fall dahin ausgelegt werden, dass jedenfalls ein Widerruf aus wirtschaftlichen Gründen möglich sei. In den neueren Entscheidungen schränken der 9. und 10. Senat eine ergänzende 111 Vertragsauslegung für Altverträge jedoch wieder ein. Eine ergänzende Vertragsaus-
279 MaSiG/Maschmann, Kap. B Rn. 147. 280 Lakies, Kap. 1 Rn. 395; DLW/Baeck/Winzer, Kap. 2 Rn. 540; zum Kündigungsschutz des Arbeitnehmers siehe Kap. 6 Rn. 123 ff. 281 Palandt/Grüneberg, § 306 Rn. 6; Lakies, Kap. 1 Rn. 396. 282 Ständige Rspr., vgl. BGH, Urt. 23.1.2013 – VIII ZR 80/12, Rn. 25; BAG, Urt. v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, Rn. 39; s. auch Lakies, Kap. 1 Rn. 397; vgl. auch Kap. 9 Rn. 31 ff. (Zulässigkeit salvatorischer Klauseln). 283 BAG, Urt. v. 12.01.2005 – 5 AZR 364/04, Rn. 34.
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Kapitel 2 Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arbeitsvertrag
legung soll demnach nur dann stattfinden, wenn der Arbeitgeber innerhalb der vom Gesetzgeber eingeräumten Übergangsfrist bis zum 31.12.2002 versucht hat, mit dem Arbeitnehmer eine einvernehmliche Änderung der unwirksamen Klausel zu erreichen. Der Arbeitgeber hätte danach dem Arbeitnehmer ein entsprechendes Vertragsänderungsangebot unterbreiten müssen, durch welches die unwirksame Klausel auf ein zumutbares Maß zurückgeführt worden wäre und welches der Arbeitnehmer redlicherweise hätte annehmen müssen. Nur wenn sich der Arbeitnehmer zu einer solchen Vertragsanpassung nicht bereit erklärt habe, wäre es eine unzumutbare Härte für den Arbeitgeber, wenn zu seinen Lasten von der Unwirksamkeit der Klausel ausgegangen würde.284 Nur in diesem Fall könne eine ergänzende Vertragsauslegung erfolgen. Diese einschränkende Rechtsprechung ist abzulehnen. Es ist zum einen bereits unklar, welche Vertragsänderungen ein Arbeitnehmer redlicherweise hätte annehmen müssen, da eine Pflicht zur Annahme von angebotenen Vertragsänderungen grundsätzlich nicht besteht. Zum anderen ist schwer nachvollziehbar, inwiefern die Auslegung einer Vertragsbestimmung davon abhängig sein sollte, welche möglichen Vertragsänderungen die Parteien nicht vereinbart haben. Die Praxis wird sich aber darauf einrichten müssen, dass eine ergänzende Vertragsauslegung wohl auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben wird.
IV. Teilunwirksamkeit (blue-pencil-test) 112 Ist eine Vertragsklausel dagegen nur in bestimmten Teilen unwirksam und enthält
sie neben der unwirksamen Bestimmung auch unbedenkliche Elemente, die inhaltlich und sprachlich vom unwirksamen Teil abtrennbar sind, bleibt die Klausel im Übrigen wirksam, auch wenn die beiden Teile den gleichen Sachkomplex betreffen.285 Nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist die Teilbarkeit einer Bestimmung durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln.286 Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abgrenzbar ist, was nicht bei einem eindeutig einheitlichen Wortlaut der Fall ist.287 Verbleibt nach „Wegstreichen“ der unwirksamen Teilregelung eine verständliche Regelung, bleibt diese bestehen (sog. blue-pencil-test).288 Dies ist immer dann gegeben, wenn an sich nicht zusammengehörende AGB formal verbunden werden.289 Jedoch darf die Schwelle zur geltungserhaltenden Reduktion nicht über-
284 BAG, Urt. v. 19.12.2006 – 9 AZR 284/06, Rn. 36, 38; BAG, Urt. v. 11.02.2009 – 10 AZR 222/08, Rn. 36. 285 Palandt/Grüneberg, § 306 Rn. 7. 286 BAG, Urt. v. 30.9.2014 – 3 AZR 930/12, Rn. 36; BAG, Urt. v. 9.2.2011 – 7 AZR 91/10, Rn. 64; BAG, Urt. v. 12.3.2008 – 10 AZR 152/07, Rn. 28. 287 BAG, Urt. v. 30.9.2014 – 3 AZR 930/12, Rn. 36; MaSiG/Maschmann, Kap. B Rn. 146. 288 BAG, Urt. v. 30.9.2014 – 3 AZR 930/12, Rn. 36; BAG, Urt. v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, Rn. 27. 289 MaSiG/Maschmann, Kap. B Rn. 146.
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F. Rechtsfolgen AGB-widriger Klauseln, § 306 BGB
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schritten werden, was z. B. dann der Fall wäre, wenn eine Intransparenz (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) aufgrund des Zusammenspiels mehrerer Klauseln besteht und diese durch Streichung einzelner Klauseln beseitigt werden würde.290 Beispiel – Die Teilunwirksamkeit spielt bspw. bei Stichtagsklauseln eine wichtige Rolle. Laut BAG kann eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, in AGB nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses am Ende des jeweiligen Bezugszeitraums abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine derartige Stichtagsklausel benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 1 BGB, da sie ihm bereits verdientes Arbeitsentgelt entziehen könne und ihn in unzulässiger Weise an den Arbeitgeber binde.291 – In einer früheren Entscheidung hat der 10. Senat des BAG eine solche Klausel jedoch als teilbar angesehen mit der Folge, dass die Klausel teilweise aufrechterhalten blieb. Der Senat war der Ansicht, dass wenn das Wort „ungekündigt“ gestrichen werde, die Auszahlung des Bonus nur noch das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Abschluss des Geschäftsjahres voraussetze. Die Klausel sei somit sprachlich teilbar und bei Streichung des Wortes „unkündbar“ bleibe als verständliche Regelung immer noch die Bestimmung eines Stichtags übrig.292 Der verbliebene Teil der Klausel sei wirksam. – Im Jahr 2013 hat der derselbe Senat Abstand von dieser Rechtsprechung genommen. Er geht nun davon aus, dass eine solche Klausel nicht teilbar ist. Begründet wird dies damit, dass die Regelung mit dem Zusammenspiel von Bestand und besonderer Qualität („ungekündigt“) des Arbeitsverhältnisses als Anspruchsvoraussetzung die Betriebstreue und Motivation des Arbeitnehmers verfolge. Die Erweiterung der Bestandsvoraussetzung lasse sich wegen der damit verfolgten Ziele nicht sinnvoll aufspalten.293 Die daraus resultierende Unteilbarkeit der Klausel habe zur Folge, dass die Vereinbarung insgesamt unwirksam sei.
290 ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn. 103 mwN zur Rspr.; zum Transparenzgebot vgl. Rn. 78 ff.; zum Verbot der geltungserhaltenden Reduktion siehe Rn. 109. 291 BAG, Urt. v. 6.5.2009 – 10 AZR 443/08, Rn. 10; BAG, Urt. v. 13.11.2013 – 10 AZR 842/12, Rn. 23. 292 BAG, Urt. v. 6.5.2009 – 10 AZR 443/08, Rn. 11. 293 BAG, Urt. v. 13.11.2013 – 10 AZR 842/12, Rn. 27.
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Kapitel 3 Arbeitsleistung A. Tätigkeit, Arbeitsort und Versetzung I. Direktionsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich Tätigkeit und Arbeitsort Der Arbeitgeber hat gemäß § 106 GewO das Recht Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen, wenn und soweit Ort, Zeit und Inhalt nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, einen anwendbaren Tarifvertrag oder durch das Gesetz festgelegt sind (sog. Direktionsrecht). Die arbeitsvertraglich normierten Hauptleistungspflichten stellen somit die Grenze des Direktionsrechts dar. Möchte der Arbeitgeber diese überschreiten, liegt eine Vertragsänderung vor, die nur einvernehmlich bzw. mittels einer Änderungskündigung herbeigeführt werden kann.1 Das in § 106 S. 1 GewO normierte Direktionsrecht findet dort seine Grenze, wo es zu einer dauerhaften Absenkung des qualitativen Niveaus der Arbeitsleistung führt.2 Möchte sich der Arbeitgeber also eine möglichst weitreichende Flexibilisierung hinsichtlich der Art und des Ortes der Tätigkeit des Arbeitnehmers bewahren, ist es empfehlenswert insbesondere hinsichtlich der Tätigkeit des Arbeitnehmers lediglich eine Vereinbarung zur „Berufsbeschreibung“ bzw. „Position“ des Arbeitnehmers zu treffen und insbesondere von detaillierten Stellenbeschreibungen im Arbeitsvertrag abzusehen. Auch hinsichtlich des Arbeitsortes sollten dann keine detaillierten Regelungen bzw. gar keine Regelung getroffen werden, um eine möglichst weitreichende Flexibilisierung für den Arbeitgeber zu ermöglichen.3 Zu beachten ist jedoch, dass die weitreichende Flexibilisierungsmöglichkeit des Arbeitgebers hinsichtlich der Tätigkeit und/oder des Arbeitsorts der Arbeitnehmer durch eine möglichst offene bzw. gar keine arbeitsvertraglichen Regelungen dazu führt, dass insbesondere die betriebsbedingten Kündigungsmöglichkeiten des Arbeitgebers erheblich eingeschränkt werden. Denn je weiter Tätigkeit und Arbeitsort geregelt sind, desto weiter ist auch der Kreis vergleichbarer Arbeitnehmer im Rahmen einer Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG.4 Darüber hinaus kann eine solche weite arbeitsvertragliche Regelung dazu führen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer
1 Moll/Gragert, Münchener Anwaltshdb. ArbR, 3. Auflage 2012, § 12 Rn 20. 2 HWK/Lembke, 6. Auflage 2014, § 106 GewO Rn 17. 3 Zu beachten ist allerdings, dass § 2 Abs. 1 Nr. 4 und 5 NachwG die Pflicht des Arbeitgebers normieren, Ort und Tätigkeit in einer Niederschrift festzulegen bzw. einen Hinweis darauf zu geben, dass es zu Einsätzen an verschiedenen (Arbeits-)Orten kommen kann. 4 BAG, Urt. v. 13.03.2007 – 9 AZR 433/06; BAG, Urt. v. 15.08.2002 – 2 AZR 195/01.
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Kapitel 3 Arbeitsleistung
ggf. versetzen muss, um einen passenden leistungsgerechten Arbeitsplatz für einen Arbeitnehmer zu finden, der in seiner Leistung gemindert ist.5 Im Rahmen der Vertragsgestaltung sollte daher immer abgewogen werden, ob und wenn ja in welchem Umfang die Flexibilisierung für den Arbeitgeber tatsächlich sinnvoll ist.
II. Versetzungsklauseln 1. Allgemeine Erwägungen
5 Der Arbeitgeber hat außerdem die Möglichkeit sein Direktionsrecht durch sog. Ver-
setzungsklauseln auszugestalten bzw. insbesondere zu erweitern. Versetzungsklauseln können sowohl Änderungen in Bezug auf die Art der Tätigkeit als auch in Bezug auf den Ort der Tätigkeit vorsehen. Versetzungsklauseln dienen somit dem Flexibilisierungs- und Anpassungsbedarf des Arbeitgebers, der dadurch auf Änderungen des Tätigkeitsorts und -inhalts reagieren kann. Sofern die Klausel die Versetzung an ein anderes Unternehmen bezweckt, spricht man von einer Konzernversetzungsklausel.
2. Wirksamkeitsanforderungen an Versetzungsklauseln 6 Versetzungsklauseln sind ein anerkanntes arbeitsvertragliches Mittel zur Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen und damit grundsätzlich zulässig.6 Werden sie jedoch formularmäßig in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbart, unterliegen sie den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB.
a) Grundsätzliche Zulässigkeit von Versetzungsklauseln in Formulararbeitsverträgen 7 Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Versetzungsklauseln auch in formularmäßig vereinbarten Arbeitsverträgen grundsätzlich zulässig.7 Insbesondere ist § 308 Nr. 4 BGB, wonach die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unzulässig ist, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf Versetzungsklauseln nicht anwendbar.8 Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts erfasst die Vorschrift nur einseitige Bestimmungsrechte bezüglich
5 BAG, Urt. v. 29.01.1997 – 2 AZR 9/96; a. A. Lingemann, BB 1998, 1106 f. 6 Däubler/Bonin/Deinert/Bonin, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Auflage 2014, § 307 BGB Rn 169; Lakies, ArbR Aktuell 2013, 3, 5; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 310 BGB, Rn 51. 7 BAG, Urt. v. 11.04.2006 – 9 AZR 557/05; BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 36/09; BAG, Urt. v. 19.01.2011 – 10 AZR 738/09. 8 BAG, Urt. v. 11.04.2006 – 9 AZR 557/05; BAG, Urt. v. 09.05.2006 – 9 AZR 424/05; BAG, Urt. v. 13.03.2007 – 9 AZR 433/06.
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A. Tätigkeit, Arbeitsort und Versetzung
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der Leistung des Verwenders und damit gerade nicht das Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitsgebers im Hinblick auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers.9
b) AGB-rechtlicher Prüfungsumfang von Versetzungsklauseln Hinsichtlich der konkreten AGB-rechtlichen Anforderungen an eine arbeitsvertragli- 8 che Versetzungsklausel ist zu differenzieren. Eine vorformulierte arbeitsvertragliche Versetzungsklausel, die materiell der 9 Regelung in § 106 S. 1 GewO entspricht, unterliegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts lediglich der Unklarheitsregelung gemäß § 305c Abs. 2 BGB sowie der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, nicht aber der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB, da eine solche Klausel keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen enthält (sog. unechte Direktionsrechtserweiterung).10 Denn nach § 106 GewO darf der Arbeitgeber einseitig die Umgestaltung der arbeitsvertraglichen Leistungspflichten in den dort normierten Grenzen anordnen. In der Praxis handelt es sich dabei oft um Klauseln, die das vertraglich zunächst auf einen bestimmten Arbeitsort und/oder eine bestimmte Tätigkeit konkretisierte Direktionsrecht wieder bis zu einem Maß erweitern, das dem Inhalt des allgemeinen Direktionsrecht nach § 106 S. 1 GewO entspricht.11 Die Vertragsklausel muss die Beschränkung auf den materiellen Gehalt des § 106 S. 1 GewO (ggf. im Wege der Auslegung) jedoch aus sich heraus erkennen lassen, um eine unechte Direktionserweiterung darzustellen.12 Klauseln, die unabhängig von einer vertraglichen Konkretisierung von Inhalt 10 und Ort der Arbeitsleistung das Direktionsrecht des Arbeitgebers über § 106 S. 1 GewO hinaus erweitern (sog. echte Direktionsrechtserweiterung), unterliegen hingegen auch der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.13
c) Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sind Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingun- 11 gen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und
9 BAG, Urt. v. 11.04.2006 – 9 AZR 557/05. 10 BAG, Urt. v. 13.06.2012 – 10 AZR 296/11; BAG, Urt. v. 25.08.2010 – 10 AZR 275/09; BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 36/09; a. A. Däubler/Bonin/Deinert/Bonin, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Auflage 2014, § 307 BGB Rn 184. 11 Däubler/Bonin/Deinert/Bonin AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Auflage 2014, § 307 BGB Rn 184. 12 BAG, Urt. v. 25.08.2010 – 10 AZR 275/09. 13 BAG, Urt. v. 25.08.2010 – 10 AZR 275/09; Preis/Genenger, NZA 2008, 969, 972; Däubler/Bonin/Deinert/Bonin, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Auflage 2014, § 307 BGB Rn 185.
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Kapitel 3 Arbeitsleistung
Belastungen insoweit erkennen lassen müssen, sofern dies nach den jeweiligen Umständen möglich ist.14 12 Für Versetzungsklauseln ist anerkannt, dass das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht zu einer Konkretisierungsverpflichtung des Arbeitgebers hinsichtlich etwaiger Gründe für die Versetzung und/oder etwaiger Tätigkeiten, auf die der Arbeitnehmer versetzt werden soll, führt. Denn nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts würde eine solche Konkretisierungsverpflichtung dem Bedürfnis des Arbeitgebers, auf im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbare Veränderungen reagieren zu können, nicht gerecht.15 Auch das Gesetz räumt dem Arbeitgeber in § 106 S. 1 GewO bereits ein sehr weitgehendes Bestimmungsrecht ein, in dem es „nur“ auf das billige Ermessen des Arbeitgebers abstellt. Damit trägt auch das Gesetz der Gegebenheit Rechnung, dass Arbeitsverträge nur eine rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht festlegen können.16 Es ist daher grundsätzlich nicht erforderlich in der Versetzungsklausel etwaige 13 Änderungsgründe anzugeben. Auch die Zusammenfassung unter einen Oberbegriff wie „sachlicher Grund“ ist nicht erforderlich, da dies nur zu Leerformeln führt, die nicht mehr Klarheit verschaffen würden.17 Es ist aus Transparenzgesichtspunkten auch nicht erforderlich, eine Ankündigungsfrist oder den zulässigen Entfernungsradius in der Versetzungsklausel festzuschreiben.18 Lediglich für den Fall besonders schwerwiegender Änderungen (z. B. bei der Versetzung auf einen geringwertigeren Arbeitsplatz) hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 11.04.2006 angedeutet, dass ggf. Änderungsgründe in der Klausel angegeben werden müssen, jedoch keine abschließende Entscheidung dazu getroffen.19 Hier ist die weitere Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten.
d) Unangemessene Benachteiligung 14 Geht die Versetzungsklausel über den materiellen Gehalt des § 106 GewO hinaus (sog. echte Direktionsrechtserweiterung), ist sie einer Angemessenheitskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zu unterziehen. Danach ist eine arbeitsvertragliche Bestimmung unangemessen und damit unwirksam, wenn der Arbeitgeber durch die einseitige Gestaltung versucht, eigene Interessen auf Kosten des Arbeitnehmers durchzusetzen, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen.20 Nach der ständigen
14 BAG, Urt. v. 13.03.2007 – 9 AZR 433/06; BAG, Urt. v. 11.04.2006 – 9 AZR 557/05. 15 BAG, Urt. v. 13.03.2007 – 9 AZR 433/06. 16 BAG, Urt. v. 13.03.2007 – 9 AZR 433/06; BAG, Urt. v. 11.04.2006 – 9 AZR 557/05. 17 BAG, Urt. v. 13.03.2007 – 9 AZR 433/06. 18 BAG, Urt. v. 13.03.2007 – 9 AZR 433/06; BAG, Urt. v. 25.08.2010 – 10 AZR 275/09.; BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 36/09; dazu auch Hromadka, NZA 2012, 233, 238; Preis, NZA 2015, 1, 3. 19 BAG, Urt. v. 11.04.2006 – 9 AZR 557/05. 20 BAG, Urt. v. 11.04.2006 – 9 AZR 557/05.
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Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine solche unangemessene Benachteiligung insbesondere dann anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Dies ist im Hinblick auf Versetzungsklauseln regelmäßig der Fall, wenn sich der Arbeitgeber vorbehält, ohne den Ausspruch einer Änderungskündigung einseitig die vertraglich vereinbarte Tätigkeit unter Einbeziehung geringwertiger Tätigkeiten, evtl. sogar unter Verringerung der Vergütung, zulasten des Arbeitnehmers ändern zu können.21 Solche Versetzungsklauseln berühren die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers insofern, da sie erheblich in das vertragliche Synallagma eingreifen. Denn mit der Klausel behält sich der Arbeitgeber das Recht vor, die vertraglich geschuldete Leistung zu modifizieren, ohne dass die Voraussetzungen der §§ 1, 2 KSchG vorliegen.22 Erforderlich ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts daher, 15 dass sich aus dem Inhalt der Klausel oder dem Zusammenhang ergibt, dass sich der Arbeitgeber nur die Zuweisung einer gleichwertigen Tätigkeit vorbehält, sog. „Gleichwertigkeitsgarantie“.23 Auslegungszweifel über den Inhalt der Klausel gehen dabei zu Lasten des Arbeitgebers, § 305c Abs. 2 BGB.24 Diese strenge Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird richtigerweise in der arbeitsrechtlichen Literatur kritisiert. Denn es ist nicht nachvollziehbar, warum Versetzungsklauseln, die auch die Zuweisung einer geringwertigeren Tätigkeit unter Wahrung des vertraglichen Kernbereichs bei Vorliegen hinreichend schwerwiegender Gründe zulassen, per se unangemessen sein sollen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Bundesarbeitsgericht eine Verringerung der vertraglichen Vergütung durch Widerrufsvorbehalte nicht per se für unangemessen hält.25 Praxishinweis Arbeitgebern sei gleichwohl empfohlen bei der Formulierung von Versetzungsklauseln auf die Gewährleistung der Gleichwertigkeitsgarantie zu achten. Sinnvoll ist es daher den Begriff „gleichwertig“ in der Klausel zu verwenden.26
Soweit sich der Arbeitgeber die einseitige Änderung des Einsatzortes vorbehält, sollte 16 die Versetzungsklausel örtlich auf den Betrieb oder das Unternehmen beschränkt sein.27
21 BAG, Urt. v. 25.08.2010 – 10 AZR 275/09; BAG, Urt. v. 09.05.2006 – 9 AZR 424/05. 22 Däubler/Bonin/Deinert/Bonin, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Auflage 2014, § 307 BGB Rn 188. 23 BAG, Urt. v. 25.08.2010 – 10 AZR 275/09. 24 Hümmerich/Reufels/Schiefer, Gestaltung von Arbeitsverträgen, 2. Auflage 2011, S. 1004 Rn 3368. 25 Däubler/Bonin/Deinert/Bonin, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Auflage 2014, § 307 BGB Rn 188 m. w. N. 26 MaSiG/Vetter, Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht 2012, § 550 Rn 29. 27 MaSiG/Vetter, Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht 2012, § 550 Rn 25; vgl. dazu auch LAG Düsseldorf, Urt. v. 17.12.2010 – 10 Sa 972/10.
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Kapitel 3 Arbeitsleistung
Klauseln, die dem Arbeitgeber ermöglichen, dem Arbeitnehmer eine höherwertige Tätigkeit zuzuweisen, sind grundsätzlich weniger problematisch. Jedoch muss auch in diesem Fall sichergestellt sein, dass die vorgesehene Tätigkeit den Fähigkeiten und Kenntnissen des Arbeitnehmers entspricht. Ansonsten kann in der Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit gegen den Willen des Arbeitnehmers, der sich nach seinen Fähigkeiten und Kenntnissen nicht in der Lage sieht diese auszuüben, eine unangemessene Benachteiligung liegen.28 Ebenfalls unwirksam ist eine Klausel, die zwar die Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit erlaubt, jedoch ohne eine entsprechende Anpassung der Vergütung vorzunehmen.29
3. Konzernversetzungsklausel
18 Eine konzernweite Flexibilität des Personaleinsatzes kann durch sog. Konzernver-
setzungsklauseln erreicht werden. Da die Versetzung innerhalb eines Konzerns jedoch mit einem Arbeitgeberwechsel verbunden ist, ist die Zulässigkeit solcher Konzernversetzungsklauseln umstritten. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu bisher keine Entscheidung getroffen. In einer Entscheidung vom 13.04.2010 hat es die Frage vielmehr bewusst offen gelassen.30 Konzernversetzungen sind nicht vom allgemeinen Direktionsrecht des § 106 S. 1 GewO erfasst und unterliegen somit sowohl der Angemessenheits- als auch der Transparenzkontrolle.31 Nach überwiegender Ansicht ist zumindest § 309 Nr. 10 BGB auf Konzernversetzungsklauseln nicht anwendbar.32 § 309 Nr. 10 BGB verbietet Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die den Eintritt eines Dritten anstelle des Verwenders in die Rechte und Pflichten eines Kauf-, Darlehens-, Dienst- oder Werkvertrags zulässt, soweit in der Bestimmung nicht der Dritte namentlich bezeichnet wird oder dem anderen Vertragsteil das Recht eingeräumt wird, sich vom Vertrag zu lösen. Einige Stimmen zweifeln wegen der Intensität des Eingriffs in den Arbeitsvertrag 19 und wegen der Umgehung kündigungsschutzrechtlicher Vorschriften generell an der Angemessenheit von Konzernversetzungsklauseln oder fordern, deren Zulässigkeit vom Vorliegen hinreichend schwerwiegender Gründe, entsprechend den dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG, abhängig zu machen.33 Denn anders als eine unternehmensweite Versetzung geht mit der Konzernversetzung
28 Däubler/Bonin/Deinert/Bonin, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Auflage 2014, § 307 BGB Rn 191. 29 Däubler/Bonin/Deinert/Bonin, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Auflage 2014, § 307 BGB Rn 191. 30 BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 36/09. 31 Vgl. dazu oben Rn 11. 32 Däubler/Bonin/Deinert/Däubler, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Auflage 2014, § 309 BGB Nr. 10 BGB Rn 2; ErfK/Preis, 15. Auflage 2015, §§ 305 – 310 BGB Rn 86. 33 Däubler/Bonin/Deinert/Bonin, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Auflage 2014, § 307 BGB Rn 192a m. w. N.
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A. Tätigkeit, Arbeitsort und Versetzung
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nicht automatisch eine Verbesserung des Kündigungsschutzes des Arbeitnehmers, z. B. durch die Pflicht zur Anbietung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Konzern, einher. Die Pflicht zur Weiterbeschäftigung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei einer Konzernversetzungsklausel nur dann der Fall, wenn der Arbeitgeber als beherrschendes Unternehmen einen bestimmenden Einfluss auf das jeweilige Konzernunternehmen hat.34 Umgekehrt entsteht mit der Konzernversetzungsklausel auch nur in diesem Fall ein angemessener Vorteil für den Arbeitnehmer. Vorgeschlagen wird außerdem dem Arbeitnehmer ein Widerspruchsrecht, ver- 20 gleichbar dem in § 613a Abs. 6 BGB, einzuräumen.35 Im Hinblick auf das Transparenzengebot in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB wird vertreten, dass das Konzernunternehmen konkret benannt werden muss, in das eine Versetzung möglich sein soll.36 Folgt man diesen strengen Angemessenheits- und Transparenzanforderungen, bleibt jedoch von der typischerweise durch Konzernversetzungsklauseln angestrebten konzernweiten Flexibilität des Personaleinsatzes kaum etwas übrig. Unabhängig davon besteht bis zur Klärung durch das Bundesarbeitsgericht gleichwohl ein Unwirksamkeitsrisiko bei der Vereinbarung von Konzernversetzungsklauseln. Praxishinweis: Arbeitgebern, die zugunsten der angestrebten Flexibilisierung gleichwohl nicht auf Konzernversetzungsklauseln verzichten möchten, sei empfohlen, diese sprachlich und inhaltlich deutlich von der allgemeinen Versetzungsklausel, z. B. durch die Aufnahme in einem gesonderten Absatz, zu trennen37. Denn nur so ist gewährleistet, dass eine unwirksame Konzernversetzungsklausel bei Anwendung des blue-pencil-Tests gestrichen werden kann, ohne die gesamte Versetzungsklausel unwirksam werden zu lassen. Darüber hinaus sollten nach Möglichkeit konkrete Gründe für die Versetzung aufgenommen werden.
4. Ausübungskontrolle Zu beachten ist, dass die Versetzungsanordnung als einseitige Leistungsbestimmung 21 selbst unabhängig von der vertraglichen Gestaltung einer Billigkeitsprüfung gemäß § 106 GewO, § 315 BGB unterliegt (sog. Ausübungskontrolle). Sie muss daher billigem Ermessen entsprechen. Dies ist wiederum dann der Fall, wenn die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abgewogen und die beiderseitigen Interessen unter Beachtung von Verhältnismäßigkeit, Verkehrssitte, Zumutbarkeit sowie außervertraglichen Vor- und Nachteilen, Einkommensverhältnissen und sozialen Lebensverhältnissen angemessen berücksichtig worden sind.38 Im Rahmen der Ausübungskontrolle sind
34 BAG, Urt. v. 23.03.2006, 2 AZR 162/05; Dzida/Schramm, BB 2007, 1221, 1227. 35 Hromadka, NZA 2012, 233, 238. 36 Däubler/Bonin/Deinert/Bonin, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Auflage 2014, § 307 BGB Rn 192a. 37 Vgl. nur BAG, Urt. v. 13.04. 2010 – 9 AZR 36/09. 38 BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 36/09.
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Kapitel 3 Arbeitsleistung
dann auch eine gegebenenfalls notwendige Ankündigungsfrist und die Angemessenheit der Entfernung zu prüfen.39 Unbillig ist eine Versetzung bei missbilligenswerten Motiven, z. B. bei einer Versetzung zu disziplinarischen Zielen oder zur Maßregelung nach § 612a BGB.40
5. Mitbestimmung des Betriebsrats 22 Gibt es einen Betriebsrat, muss dieser, unabhängig von der individualvertraglichen Versetzungsbefugnis des Arbeitgebers, nach Maßgabe der §§ 95 ff. BetrVG bei jeder Versetzung beteiligt werden.41 Der für das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats maßgebliche Begriff der Versetzung ist in § 95 Abs. 3 BetrVG legaldefiniert. Danach liegt betriebsverfassungsrechtlich eine Versetzung in der Zuweisung eines anderen Aufgabenbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet oder die mit erheblichen Änderungen der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.42 Der individualvertragliche Begriff der Versetzung zielt hingegen allein auf die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes ab, die mit einer Änderung der Tätigkeit nach Ort, Art und Umfang verbunden ist.43 Der individualvertragliche Begriff und der betriebsverfassungsrechtliche Begriff der Versetzung müssen sich daher nicht zwangsläufig decken, in den allermeisten Fällen ist dies jedoch der Fall. Wichtig: Solange eine Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG nicht vorliegt, ist die individualvertragliche Versetzung unwirksam. Dies gilt selbst dann, wenn eine wirksame arbeitsvertragliche Versetzungsklausel besteht und die Versetzung nach billigem Ermessen angeordnet wurde.44 Muster einer Versetzungsklausel (1) Der Mitarbeiter wird als (Bezeichnung der Tätigkeit/Position) in (Bezeichnung des Ortes) beschäftigt. (2) Der Arbeitgeber behält sich unter Wahrung der Interessen des Arbeitnehmers und seiner Kenntnisse und Fähigkeiten vorübergehend oder dauerhaft die Zuweisung eines anderen gleichwertigen und zumutbaren Arbeitsgebietes vor. Der Vorbehalt erstreckt sich auch auf eine Beschäftigung in einem anderen Betrieb des Unternehmens, soweit dies mit einem Wohnungswechsel nicht verbunden ist. Sofern eine Konzernversetzungsklausel aufgenommen werden soll:
39 BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 36/09. 40 BAG, Urt. v. 20.10.1985; vgl. dazu auch LAG Köln, Urt. v. 07.05.2007, BAG, Urt. v. 26.09.2012 – 10 AZR 311/11, 517; Fliss, NZA-RR 2008, 225, 228. 41 Richardi/Thüsing BetrVG, 14. Auflage 2014, § 99 BetrVG Rn 93 ff. 42 Vgl. dazu Richardi/Thüsing BetrVG, 14. Auflage 2014, § 99 BetrVG Rn 95. 43 Grobys/Panzer/Gebhardt, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 165 Rn 2. 44 BAG, Urt. v. 22.04.2010 – 2 AZR 491/09.
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B. Vertragsstrafe wegen Nichtantritts der Arbeit
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(3) Der Vorbehalt des Arbeitgebers nach Absatz 2 erstreckt sich auch auf eine Beschäftigung bei einer Tochtergesellschaft des Arbeitgebers, sofern dies aus dringenden wirtschaftlichen Gründen erforderlich ist.
B. Vertragsstrafe wegen Nichtantritts der Arbeit I. Allgemeine Erwägungen Vertragsstrafen stellen im Arbeitsvertragsrecht ein wichtiges Gestaltungsmittel dar 23 und sind weit verbreitet. Die hohe Bedeutung von Vertragsstrafen erklärt sich durch die beschränkten Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers im Fall der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten durch den Arbeitnehmer. Denn das Arbeitsrecht sieht bei Pflichtverletzungen bzw. Schlechtleistungen des Arbeitnehmers, anders als etwa das Werkvertragsrecht, weder Gewährleistungsrechte vor, noch ist der Arbeitgeber in einem solchen Fall berechtigt den Arbeitslohn zurückzubehalten.45 Der Arbeitnehmer kann zudem nicht mittels Vollstreckung zur Erbringung der Arbeitsleistung angehalten werden, da die Vollstreckbarkeit der Arbeitsleistung als höchstpersönliche Leistung gemäß § 888 ZPO ausgeschlossen ist. Schließlich sind auch Schadensersatzansprüche (z. B. nach § 628 Abs. 2 BGB) oft nicht (gerichtlich) durchsetzbar, da es dem Arbeitgeber regelmäßig nicht gelingt einen konkret bezifferbaren Schaden darzulegen und ggf. zu beweisen.46 Vertragsstrafen sind daher ein wichtiges Druck- und Sanktionsmittel des Arbeit- 24 gebers, den Arbeitnehmer zu der ordnungsgemäßen Erbringung seiner arbeitsrechtlichen Pflichten anzuhalten.47 Darüber hinaus erfüllen sie auch eine Sicherungsfunktion, da sie angesichts des schwierig zu erbringenden Schadensnachweises einen Anspruch auf die Vertragsstrafe als Mindestausgleich sichern.48 Die Geltendmachung eines weiteren Schadens wird durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe selbstverständlich nicht ausgeschlossen.
45 Günther/Nolde, NZA 2012, 62, 63; Grobys/Panzer/Schönhoft, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 166 Rn 1; Winter, BB 2010, 2757. 46 BAG, Urt. v. 18.12.2008 – 8 AZR 81/08; BAG, Urt. v. 04.03.2004 – 8 AZR 196/03; Günther/Nolde, NZA 2012, 62, 63; Grobys/Panzer/Schönhoft, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 166 Rn 1. 47 BAG, Urt. v. 18.12.2008 – 8 AZR 81/08; BAG, Urt. v. 04.03.2004 – 8 AZR 196/03; Moll/Eisenbeis, Münchener Anwalts-Hdb.ArbR, 3. Auflage 2012, § 17 Rn 44; Günther/Nolde, NZA 2012, 62, 63; Haas/ Fuhlrott, NZA-RR 2010, 1; Grobys/Panzer/Schönhoft, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 166 Rn 4; MaSiG/Windeln, Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht 2012, § 560 Rn 1. 48 BAG, Urt. v. 18.12.2008 – 8 AZR 81/08; Moll/Eisenbeis, Münchner Anwalts-Hdb. ArbR, 3. Auflage 2012, § 15 Rn 44; Günther/Nolde, NZA 2012, 62, 63; Haas/Fuhlrott, NZA-RR 2010, 1; Grobys/Panzer/ Schönhoft, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 166 Rn 4.
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Eine Vertragsstrafe im Sinne des § 343 BGB ist eine vertragliche Vereinbarung dergestalt, dass der Schuldner (der Arbeitnehmer) für den Fall der Nichterfüllung oder nicht ordnungsgemäßen Erfüllung einer vereinbarten Leistung eine regelmäßig in Geld bestehende Leistung an den Gläubiger (den Arbeitgeber) verspricht.49 Als unselbstständiges Sicherungsmittel ist die Vertragsstrafe akzessorisch zu arbeitsvertraglichen Verbindlichkeiten. Sie setzt somit das Bestehen einer zu sichernden Hauptverbindlichkeit als Bezugspunkt voraus. Bei Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags oder einer fehlenden Verbindlichkeit fällt auch die Vertragsstrafe ersatzlos weg.50 In Abgrenzung dazu werden selbstständige Strafversprechen für den Fall ver26 einbart, dass jemand eine Handlung vornimmt oder unterlässt, zu deren Vornahme oder Unterlassung er rechtlich nicht verpflichtet ist, z. B. wenn sich der Arbeitnehmer oder Arbeitgeber vorvertraglich für den Fall des Nichtabschlusses eines Arbeitsvertrages verpflichtet eine bestimmte Summe zu zahlen.51 25
II. Wirksamkeitsanforderungen 27 Vertragsstrafenklauseln sind in Individualarbeitsverträgen grundsätzlich zulässig,
wobei der allgemeine Wirksamkeitsmaßstab der §§ 134 und 138 BGB gilt.52 Wird die Vertragsstrafe nicht individuell ausgehandelt, sondern ist Bestandteil eines vorformulierten Arbeitsvertrages, unterliegt sie den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB.
1. Gesetzliche Verbote
28 Ein ausdrückliches gesetzliches Verbot der Vereinbarung einer Vertragsstrafe findet
sich nur für die Vereinbarung mit Auszubildenden im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 BBiG ist eine Vereinbarung über Vertragsstrafen nichtig. Die gesetzliche Nichtigkeitsfolge erstreckt sich auch auf die in § 26 BBiG genannten Personen, wie Volontäre und Praktikanten.53 Sinn und Zweck der Regelungen ist es einer Einschränkung der Entschlussfreiheit der Auszubildenden bzw. der von § 26 BBiG erfassten Personengruppen durch finanzielle Belastungen vorzubeugen.54
49 ErfK/Müller-Glöge, 16. Auflage 2016, § 345 BGB Rn 1. 50 Haas/Fuhlrott, NZA-RR 2010, 1; Grobys/Panzer/Schönhoft, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 166 Rn 3. 51 ErfK/Müller-Glöge, 16. Auflage 2016, § 345 BGB Rn 2. 52 Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, 5. Auflage 2015, II. V 30 Rn 12. 53 MaSiG/Windeln, Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, 2012, § 560 Rn 13. 54 ErfK/Schlachter, 15. Auflage 2015, § 12 BBiG Rn 1.
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Eine Vertragsstrafenklausel ist auch dann unwirksam, wenn sie der Sicherung 29 einer unwirksamen Hauptverbindlichkeit dient, z. B. der Arbeitnehmer zur Einhaltung von nicht wirksam vereinbarten Kündigungsfristen angehalten werden soll.55 Schließlich sind Vertragsstrafenklauseln gemäß § 622 Abs. 6 BGB unzulässig, die 30 das Kündigungsrecht des Arbeitnehmers einseitig beeinträchtigen.56 Klauseln, die die fristgerechte Ausübung des Kündigungsrechts durch den Arbeitnehmer mittels einer Vertragsstrafe sanktionieren, sind daher unwirksam.57 Dies gilt jedoch nicht für Vertragsstrafenklauseln wegen Nichtantritts der Arbeit. Denn nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts tritt eine ungleiche Kündigungslage in diesem Fall nicht ein, da in der Aufnahme einer solchen Vertragsstrafenklausel jedenfalls konkludent die Vereinbarung getroffen werde, dass das ordentliche Kündigungsrecht für beide Parteien vor Arbeitsantritt ausgeschlossen ist.58
2. Form Die Vereinbarung einer Vertragsstrafenklausel unterliegt grundsätzlich keinen 31 besonderen Formerfordernissen, soweit eine bestimmte Form nicht arbeits- oder tarifvertraglich vereinbart wurde.59 Eine Ausnahme gilt für die das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gemäß § 74 HGB sichernde Vertragsstrafe. Diese muss schriftlich vereinbart werden.
3. Formulararbeitsverträge Wird eine Vertragsstrafenklausel formularmäßig vereinbart, unterliegt sie den Anfor- 32 derungen der §§ 305 ff. BGB. Besonderes Augenmerk ist dabei auf das Angemessenheits- und Transparenzgebot zu legen.
a) Grundsätzliche Zulässigkeit von Vertragsstrafenklauseln in Formulararbeitsverträgen Gemäß § 309 Nr. 6 BGB ist eine Bestimmung, durch die dem Verwender für den Fall 33 der Nichtabnahme oder der verspäteten Abnahme einer Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass sich der andere Teil vom Vertrag löst, die Zahlung einer
55 BAG, Urt. v. 25.09.2008 – 8 AZR 717/07; MaSiG/Windeln, Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, 2012, § 560 Rn 13. 56 Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, 4. Auflage 2011, II V 30 Rn 15 f. 57 BAG, Urt. v. 11.03.1971 – 5 AZR 349/70; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, 5. Auflage 2015, II V 30 Rn 16. 58 BAG, Urt. v. 17.07.1985 – 5 AZR 104/84; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, 5. Auflage 2015, II V 30 Rn 18 m. w. N. 59 Grobys/Panzer/Schönhoft, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 166 Rn 11.
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Vertragsstrafe versprochen wird, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. Aus dieser Vorschrift haben einige Stimmen in der arbeitsrechtlichen Literatur nach der Schuldrechtsmodernisierung über den Wortlaut des § 309 Nr. 6 BGB hinaus ein generelles Verbot von Vertragsstrafen in Formulararbeitsverträgen gefordert.60 Das Bundesarbeitsgericht ist dem entgegengetreten und vertritt in nunmehr ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass Vertragsstrafenklauseln zwar im Grundsatz gegen § 309 Nr. 6 BGB verstoßen und demnach unzulässig wären, § 309 Nr. 6 BGB aufgrund der Besonderheiten im Arbeitsrecht gemäß § 310 Abs. 4 S. 2 BGB jedoch nicht anwendbar ist.61 Das Bundesarbeitsgericht stellt zur Begründung insbesondere auf die Vorschrift des § 888 Abs. 3 ZPO ab, wonach die Vollstreckung der Verpflichtung zur Arbeitsleistung ausgeschlossen ist. Es bestehe daher für Arbeitgeber ein Bedürfnis nach Sanktionsinstrumenten, um zur Erfüllung der vertraglichen Hauptflicht, der Erbringung der Arbeitsleistung, anzuhalten. Die Vertragsstrafe stelle in vielen Fällen die einzig wirksame Möglichkeit dar, um dies zu erreichen.62
b) Überraschende Klausel, § 305c Abs. 1 BGB
34 Eine Vertragsstrafenklausel wird gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Bestandteil des
Arbeitsvertrages, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild so ungewöhnlich ist, dass der Arbeitnehmer nicht mit ihr zu rechnen brauchte. Grundsätzlich gilt zwar, dass Vertragsstrafenklauseln in einem Arbeitsvertrag 35 nicht unüblich und damit nicht überraschend sind.63 Die Ungewöhnlichkeit der Klausel bzw. das Überraschungsmoment im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB kann sich jedoch auch aus einem ungewöhnlichen äußeren Zuschnitt einer Klausel oder ihrer Unterbringung an unerwarteter Stelle ergeben.64
60 Birnbaum, NZA 2003, 944 ff.; von Koppenfels, NZA 2002, 598, 602; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Auflage 2014; § 309 Nr. 6 BGB Rn 6 ff.; LAG Hessen, Urt. v. 25.04.2003 – 17 Sa 1723/02; a. A. Lingemann, NZA 2002, 181, 191; ausführlich Grobys/Panzer/Schönhoft, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 166 Rn 12 ff. 61 BAG, Urt. v. 04.03.2004 – 8 AZR 196/03; BAG, Urt. v. 18.08.2005 – 8 AZR 65/05; BAG, Urt. v. 14.08.2007 – 8 AZR 973/06; BAG, Urt. v. 28.05.2009 – 8 AZR 896/07; BAG, Urt. v. 19.08.2010 – 8 AZR 645/09; BAG, Urt. v. 23.09.2010 – 8 AZR 897/08; BAG, Urt. v. 23.01.2014 – 8 AZR 130/13. 62 BAG, Urt. v. 04.03.2004 – 8 AZR 196/03. 63 BAG, Urt. v. 14.08.2007 – 8 AZR 973/06; MaSiG/Windeln, Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, 2012, § 560 Rn 17. 64 BAG, Urt. v. 14.08.2007 – 8 AZR 973/06.
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Praxishinweis: Arbeitgebern ist daher unbedingt zu raten, Vertragsstrafen drucktechnisch hervorzuheben und zusätzlich das Wort „Vertragsstrafe“ in die Überschrift der jeweiligen Klausel aufzunehmen.65
Für den Fall, dass der Vertragstext eines Arbeitsvertrages durch ein einheitliches 36 Schriftbild gekennzeichnet ist, hat das BAG zwar in einem Urteil aus dem Jahr 2008 entschieden, dass es einer besonderen drucktechnischen Hervorhebung bzw. eines besonderen Hinweises nicht bedarf. Denn das äußere Erscheinungsbild des Vertrages führe dann nicht dazu, dass bei dem Arbeitnehmer bestimmte Erwartungen hinsichtlich des Vertragsinhaltes geweckt werden. Der Arbeitnehmer müsse vielmehr in einem solchen Fall von vornherein den gesamten Vertragstext durchlesen, um den Vertragsinhalt vollständig zu erfassen.66 Da es sich dabei, soweit ersichtlich, um eine Einzelfallentscheidung handelt, wird an der Empfehlung die Vertragsstrafenklausel drucktechnisch (z. B. durch Fettdruck) hervorzuheben und das Wort „Vertragsstrafe“ in die Überschrift der jeweiligen Klausel ausdrücklich aufzunehmen, jedoch festgehalten.
c) Unangemessene Benachteiligung, § 307 Abs. 1 BGB Gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedin- 37 gungen unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Allgemein gilt, dass eine unangemessene Benachteiligung vorliegt, wenn die Vertragsstrafenklausel nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird.67 Regelmäßig besteht bei den im Arbeitsrecht vorkommenden Vertragsstrafen 38 zum Schutz vor Vertragsbruch ein berechtigtes und anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers.68 Vertragsbruch ist nach der Rechtsprechung die vom Schuldner einseitig und ohne Willen des Gläubigers herbeigeführte faktische Vertragsauflösung. Auf Arbeitnehmerseite umfasst dies den Fall der vorsätzlichen oder rechtswidrigen Nichtaufnahme oder der rechtswidrigen vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses.69 Dabei sichert die Vertragsstrafe wegen Nichtantritt der Arbeit das berechtigte Bedürfnis des Arbeitgebers, eine arbeitsvertragswidrige und schuldhafte Nichtaufnahme der Arbeitstätigkeit seitens des Arbeitnehmers zu vermeiden.70 Der Arbeit-
65 Haas/Fuhlrott, NZA-RR 2010, 1, 2 f.; Grobys/Panzer/Schönhoft, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 166 Rn 17. 66 BAG, Urt. v. 25.09.2008 – 8 AZR 717/07. 67 MaSiG/Windeln, Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, 2012, § 560 Rn 26. 68 Grobys/Panzer/Schönhoft, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 166 Rn 18. 69 BAG, Urt. v. 18.09.1991 – 5 AZR 650/90. 70 BAG, Urt. v. 19.08.2010 – 8 AZR 645/09.
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nehmer wird auch nicht unangemessen benachteiligt, weil es an ihm liegt, seine arbeitsvertraglichen Hauptpflichten zu erbringen. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung der arbeitsvertraglichen Hauptpflicht, während der Arbeitnehmer in der Regel weder ein Recht noch ein schützenswertes Interesse daran hat, den Arbeitsvertrag zu brechen.71 Eine unangemessene Benachteiligung liegt jedoch beispielsweise vor, wenn die Vertragsstrafe dem Arbeitgeber primär eine neue Einnahmequelle eröffnen soll und der Schöpfung neuer, vom Sachinteresse losgelöster Geldquellen dient72, oder wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchsetzen will ohne von vornherein auch dessen Belange ausreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren.73 Eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers kann auch aus der Höhe der Vertragsstrafe folgen, denn besonders hohe Vertragsstrafen sind naturgemäß besonders belastend für den Arbeitnehmer. Die Höhe der Vertragsstrafe muss daher das Gewicht des Vertragsverstoßes und die Sanktion in ein angemessenes Verhältnis setzen.74 Auch wenn es somit stets auf den Einzelfall ankommt, hat sich in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts faktisch eine Begrenzung der Vertragsstrafe auf ein Bruttomonatsgehalt eingependelt.75 Im Einzelfall können sich jedoch Abweichungen nach oben und unten ergeben. Insbesondere im Fall von Vertragsstrafenklauseln wegen Nichtantritts der Arbeit orientiert sich die Angemessenheit der Höhe der Vertragsstrafe auch an der maßgeblichen Kündigungsfrist. Denn in der Länge der Kündigungsfrist kommt zum Ausdruck, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber Arbeitsleistungen vom Arbeitnehmer verlangen kann und welches Interesse er an der Arbeitsleistung hat.76 Eine Vertragsstrafe von einem Bruttomonatsgehalt ist daher im Regelfall unangemessen, wenn die tatsächlich einzuhaltende Kündigungsfrist kürzer ist. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn die Arbeitsvertragsparteien eine Probezeit mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist vereinbart haben. Ein besonderes Interesse des Arbeitgebers an der Erfüllung der vertraglich vereinbarten Tätigkeit kann im Einzelfall auch die Vereinbarung einer höheren Vertragsstrafe rechtfertigen. Ein solches besonderes Interesse wird von der Rechtsprechung bejaht, wenn das Interesse des Arbeitgebers an einem Sanktionsinstrument den Wert der Arbeitsleistung, der sich in den Arbeitnehmerbezügen bis zur vertraglich zuläs-
71 BAG, Urt. v. 19.08.2010 – 8 AZR 645/09. 72 BAG, Urt. v. 19.08.2010 – 8 AZR 645/09. 73 MaSiG/Windeln, Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, 2012, § 560 Rn 27. 74 Haas/Fuhlrott, NZA-RR 2010, 1, 3. 75 BAG, Urt. v. 04.03.2004 – 8 AZR 196/03; Haas/Fuhlrott, NZA-RR 2010, 1, 3.; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, 5. Auflage 2015, II V 30 Rn 86 ff. 76 BAG, Urt. v. 04.03.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727; BAG, Urt. v. 19.08.2010 – 8 AZR 645/09; BAG, Urt. v. 23.09.2010 – 8 AZR 897/08.
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sigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses äußert, aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt.77 Praxishinweis: Empfehlenswert ist daher eine Klausel, die nach den Mindestkündigungsfristen differenziert und nur in begründeten Ausnahmefällen die Grenzen eines Bruttomonatsgehalts überschreitet.
Regelmäßig liegt auch dann eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitneh- 43 mers vor, wenn die Vertragsstrafenklausel verschuldensunabhängig ausgestaltet ist, denn dies soll nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Gründe vereinbart werden können.78 Gemäß § 339 BGB muss für die Verwirkung einer Vertragsstrafe Schuldnerverzug vorliegen, der wiederum gemäß § 286 Abs. 4 BGB ein Verschulden des Schuldners voraussetzt. Falls die Parteien im Arbeitsvertrag keine weiteren Vereinbarungen treffen, ist für den Verschuldensmaßstab der Vertragsstrafe § 276 Abs. 1 BGB maßgeblich.79 Möglich ist auch die Vereinbarung eines qualifizierten Verschuldensmaßstabs, bspw. durch das Anknüpfen der Vertragsstrafe an vorsätzliches Fehlverhalten.80 Eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers kann sich schließlich 44 auch daraus ergeben, dass durch die Vereinbarung der Vertragsstrafenklausel das Recht zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 626 BGB eingeschränkt wird.81
d) Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB Auch der Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann zu 45 einer unangemessenen Benachteiligung der Arbeitnehmer führen. Dies kann insbesondere bei einer unklaren und/oder missverständlichen Formulierung der Vertragsstrafenklausel der Fall sein. Empfehlenswert ist es daher, Rechte und Pflichten des Vertragspartners so präzise und klar wie möglich zu beschreiben, wie es nach den gegebenen Umständen gefordert werden kann. Nur wenn aus der Klausel klar ersichtlich ist, in welchen Fällen den Arbeitnehmer welche wirtschaftlichen Belastungen treffen, genügt die Klausel dem Transparenz- und Bestimmtheitsgebot.82
77 BAG, Urt. v. 04.03.2004 – 8 AZR 196/03; BAG, Urt. v. 18.12.2008 – 8 AZR 81/08; Günther/Nolde, NZA 2012, 62, 66, wonach dies beispielsweise der Fall sein kann, wenn der Arbeitgeber einen auf dem Arbeitsmarkt nur selten vertretenen Spezialisten für eine Tätigkeit einstellt, deren Erfüllung sich sein Vertragspartner durch eine Konventionalstrafe hat sichern lassen. 78 Günther/Nolde, NZA 2012, 62, 64 m. w. N. 79 MaSiG/Windeln, Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, 2012, § 560 Rn 15. 80 Vgl. dazu unten Rn 47. 81 BGH, Urt. v. 03.07.2000 – II ZR 282/98, NZA 2000, 945. 82 BAG, Urt. v. 25.09.2008 – 8 AZR 717/07; BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 36/09; BAG, Urt. v. 23.01.2014 – 8 AZR 130/13.
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Unwirksam ist danach insbesondere ein pauschaler Verweis auf einen „Vertragsbruch“ oder die Nichteinhaltung des Vertrages. Denn solche Vereinbarungen zielen regelmäßig auf die Absicherung aller arbeitsvertraglichen Pflichten ab und lassen damit nicht erkennen, durch welche konkrete Pflichtverletzung die Vertragsstrafe verwirkt wird.83 Praxishinweis: Vertragsstrafenklauseln sollten daher unbedingt die unter Strafe gestellten Pflichtverletzungen und die Höhe der Strafe so präzise wie möglich angeben.84
47 Unschädlich ist es nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts jedoch, wenn die
Pflichtverletzung im Rahmen der Vertragsstrafenklausel nicht ausdrücklich an ein Verschuldenserfordernis anknüpft.85 Bereits aus dem juristischen Fachbegriff „Vertragsstrafe“ folge, dass gemäß § 339 BGB für die Verwirkung der Vertragsstrafe Schuldnerverzug vorliegen müsse.86 Dieser wiederum ist gemäß § 286 Abs. 4 BGB nicht gegeben, wenn die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den der Schuldner nicht zu vertreten hat.87 Sicherer und daher empfehlenswert ist es gleichwohl in der Vertragsstrafenklausel ausdrücklich klarzustellen, dass nur eine „vorsätzliche oder fahrlässige“ Pflichtverletzung die Vertragsstrafe auslöst.88
e) Verbot geltungserhaltender Reduktion
48 Eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers durch eine Vertragsstra-
fenklausel führt gemäß § 307 Abs. 1 BGB zur Unwirksamkeit der Klausel. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt insbesondere für Vertragsstrafenklauseln aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 306 Abs. 2 BGB eine geltungserhaltende Reduktion nicht in Betracht.89 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Rechtsgedanken des § 343 BGB, wonach auf Antrag des Schuldners eine unverhältnismäßig hohe verwirkte Strafe durch Urteil auf einen angemessenen Betrag herabgesetzt werden kann. Denn eine Anwendung von § 343 BGB kann nach
83 BAG, Urt. v. 18.08.2005 – 8 AZR 65/05; Grobys/Panzer/Schönhoft, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 166 Rn 16 m. w. N. 84 MaSiG/Windeln, Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, 2012, § 560 Rn 33. 85 BAG, Urt. v. 18.12.2008 – 8 AZR 81/08. 86 BAG, Urt. v. 18.12.2008 – 8 AZR 81/08; a. A. Grobys/Panzer/Schönhoft, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 166 Rn 16. 87 Vgl. dazu oben Rn 43. 88 Günther/Nolde, NZA 2012, 62, 64. 89 MaSiG/Windeln, Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, 2012, § 560 Rn 47.
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C. Überstunden
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Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nur bei verwirkten, also wirksam vereinbarten Vertragsstrafen, in Betracht kommen.90 Muster einer Vertragsstrafenklausel Es empfehlen sich folgende Musterklauseln: (1) Nimmt der Arbeitnehmer vorsätzlich oder fahrlässig die Arbeit nicht oder nicht zum vereinbarten Zeitpunkt auf oder beendet der Arbeitnehmer das Vertragsverhältnis vorsätzlich oder fahrlässig rechtswidrig ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist, hat der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber eine Vertragsstrafe zu zahlen. (2) Für den Fall des Nichtantritts der Arbeit und der rechtswidrigen Beendigung des Vertragsverhält‑ nisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist beläuft sich die Vertragsstrafe auf den Betrag, der dem Bruttoarbeitsentgelt entspricht, das der Arbeitnehmer bei Einhaltung der Mindestkündigungsfrist erhalten hätte. (3) Für den Fall der verspäteten Aufnahme der Arbeit beläuft sich die Vertragsstrafe für jeden Tag der verspäteten Arbeit auf den Betrag, der dem Bruttoarbeitsentgelt entspricht, das der Arbeitnehmer bei Einhaltung der Mindestkündigungsfrist erhalten hätte. (4) Das Recht des Arbeitgebers einen weitergehenden Schaden geltend zu machen, bleibt unberührt.
C. Überstunden I. Allgemeine Erwägungen Unter Überstunden versteht man die Leistung von Arbeit über den vertraglich festge- 49 legten Zeitraum hinaus.91 Typischerweise werden Überstunden bei vorübergehendem Arbeitsbedarf angeordnet, dessen Erledigung aufgrund besonderer Dringlichkeit keinen Aufschub duldet.92 In der arbeits- und tarifvertraglichen Praxis wird häufig keine genaue Abgrenzung zwischen den Begriffen „Überstunde“ und „Mehrarbeit“ vorgenommen. Oftmals werden beide Begriffe sogar synonym verwendet.93 Auch die gesetzliche Terminologie ist diesbezüglich uneinheitlich (vgl. u. a. § 37 Abs. 3 BetrVG, § 124 SGB IX, § 8 MuSchG, § 11 BUrlG, § 4 Abs. 1a S. 1 EFZG). Nach überwiegender Ansicht in Literatur und Rechtsprechung haben sich jedoch klare Definitionen beider Begrifflichkeiten herausgebildet, die eine Abgrenzung ermöglichen. Danach ist unter „Überstunde“ die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehende Arbeits-
90 BAG, Urt. v. 04.03.2004 – 8 AZR 196/03; MaSiG/Windeln, Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, 2012, § 560 Rn 5. 91 BAG, Urt. v. 18.04.2012 – 5 AZR 195/11. 92 BAG, Urt. v. 25.04.2007 – 6 AZR 799/06. 93 Vgl. nur § 3 Abs. 5 Bundesrahmenvertrag für das Baugewerbe (BRTV) (in der Fassung vom 10. Dezember 2014).
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zeit zu verstehen. „Mehrarbeit“ liegt hingegen vor, wenn die gesetzlich zulässige Höchstarbeit überschritten wird.94
II. Anordnung von Überstunden 50 Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitnehmers Überstunden zu
leisten. Arbeitnehmer sind vielmehr grundsätzlich nur dann zur Erbringung von Überstunden verpflichtet sind, wenn eine solche Verpflichtung arbeitsvertraglich, tariflich oder durch Betriebsvereinbarung vereinbart wurde.95
1. Überstundenanordnung und Direktionsrecht
51 Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Leistung von Überstunden ohne eine entspre-
chende (arbeitsvertragliche) Vereinbarung nicht im Wege seines Direktionsrechts anordnen kann. Etwas anderes gilt jedoch in Katastrophen- und Notfällen, in denen der Arbeitgeber die Arbeitnehmer ausnahmsweise auch ohne Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung zur Leistung von Überstunden verpflichten kann.96 Die Verpflichtung zur Leistung von Überstunden ergibt sich in solchen Fällen aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers bzw. aus der aus § 242 BGB folgenden Pflicht Schäden vom Arbeitgeber fernzuhalten.97
2. Überstundenanordnung und Gleichbehandlungsgrundsatz
52 Aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergibt sich die Ver-
pflichtung des Arbeitgebers, Überstunden billig unter den Arbeitnehmern zu verteilen. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet es Arbeitnehmer, die Überstunden leisten wollen, ohne sachlichen Grund davon auszuschließen, wenn zusätzliche Arbeit für vergleichbare Arbeitnehmer angeordnet und angenommen wird.98 Umge-
94 BAG, Urt. v. 25.07.1996 – 6 AZR 138/94; BAG, Urt. v. 17.08.2011 – 5 AZR 406/10; Grobys/Panzer/Wahlig, Stichwortkommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 153, Rn 2 ff. m.w.N; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 611 BGB Rn 486. 95 BAG, Urt. v. 03.06.2003 – 1 AZR 349/02, NZA 2003, 1155; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 611 BGB Rn 663. 96 ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 611 BGB Rn 663; ArbG Leipzig, Urt. v. 04.02.2003 – 7 Ca 6866/02 zur Unrechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers, der im Rahmen des „Jahrhunderthochwassers“ nicht in dem vom Arbeitgeber geforderten Umfang Überstunden geleistet hatte. 97 Grobys/Panzer/Wahlig, Stichwortkommentar, 2. Auflage 2014, § 153 Rn 11. 98 Fuhlrott, ArbRAktuell 2015, 141; Grobys/Panzer/Wahlig, Stichwortkommentar, 2. Auflage 2014, § 153 Rn 14.
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kehrt entsteht ohne rechtsgeschäftliche Abrede aus der fortdauernden Anordnung von Überstunden kein vertraglicher Anspruch auf ein bestimmtes Mindestmaß an Überstunden.99 Bei der Verteilung von Überstunden hat der Arbeitgeber billiges Ermessen zu 53 wahren und insbesondere auf familiäre Verpflichtungen der Arbeitnehmer Rücksicht zu nehmen.100
3. Wirksamkeitsanforderungen an vertragliche Überstundenanordnung Da der Arbeitnehmer ohne ausdrückliche Vereinbarung nicht zur Leistung von Über- 54 stunden verpflichtet ist, ist es empfehlenswert eine entsprechende einseitige Befugnis des Arbeitgebers in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Unbeschadet der Frage, ob eine solche Regelung die Hauptleistungspflichten der Parteien betrifft,101 unterliegt sie jedenfalls gemäß § 307 Abs. 3 S. 2 BGB der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn sie formularmäßig vereinbart wird. Danach kann sich aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung ergeben.102 Grundsätzlich muss eine solche vertragliche Regelung daher Anlass, Umfang und Grenzen der Überstundenanordnung regeln.103 Umstritten ist dabei allerdings, wie präzise der Anlass der Überstundenanord- 55 nung geregelt werden muss. Nach richtiger Ansicht ist es nicht erforderlich in der Klausel einzelne Gründe für die Anordnung von Überstunden aufzuzählen. Denn diese sollen einen häufig nicht planbaren Mehrbedarf an Arbeit abdecken, der auf verschiedensten Gründen beruhen kann. Diese Gründe sind im Vorhinein regelmäßig nicht absehbar und daher auch in einer arbeitsvertraglichen Klausel kaum darstellbar. Würde man den Arbeitgeber verpflichten, dennoch sämtliche mögliche Gründe für die Anordnung von Überstunden in die vertragliche Regelung aufzunehmen, würde dies aufgrund des Umfangs solcher Klauseln bzw. einer kaum vermeidbaren Verallgemeinerung von Gründen zu keinem Transparenzgewinn für den Arbeitnehmer führen.104
99 BAG, Urt. v. 22.04.2009 – 5 AZR 133/08; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 611 BGB Rn 663. 100 Rosenau, NJW-Spezial 2010, 754. 101 Ausdrücklich offen gelassen von BAG, Urt. v. 16.05.2012 – 5 AZR 331/11. 102 BAG, Urt. v. 17.08.2011 – 5 AZR 406/10. 103 Salomon/Hoppe/Rogge, BB 2013, 1720, 1721; Däubler/Bonin/Deinert/Bonin, AGB-Kontrolle im ArbR, 4. Auflage 2014, § 307 BGB Rn 182a; Klocke, RdA 2014, 223, 224. 104 Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann/Lingemann, Anwaltsformularbuch ArbeitsR, 5. Auflage 2014, M.21a Fußnote 28.
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Es sollte daher ausreichend sein, „betrieblichen Bedarf“ bzw. „betriebliche Erfordernisse“ als Grund für die Anordnung von Überstunden in der Arbeitsvertragsklausel zu nennen.105 Das Bundesarbeitsgericht hat zu dieser Fragestellung – soweit ersichtlich – 57 noch nicht ausdrücklich Stellung bezogen. In einer Entscheidung, in der es primär um die Wirksamkeit einer Abgeltungsklausel ging, hat es jedoch eine Klausel, die als Voraussetzung für die Anordnung von Überstunden auf „betriebliche Erfordernisse“ ohne nähere Konkretisierung abstellte, als „vage Umschreibung“ kritisiert, ohne daran jedoch die Wirksamkeit der Klausel scheitern zu lassen.106 Es ist daher dringend anzuraten, die weitere Entwicklung der Rechtsprechung genau zu beobachten. Arbeitgebern, die ganz sicher gehen wollen, sei empfohlen in der Klausel eine möglich facettenreiche Aufzählung von Gründen für die Anordnung von Überstunden aufzunehmen.107 Empfehlenswert ist es aus Transparenzgesichtspunkten außerdem die mögliche 58 Überstundenanzahl arbeitsvertraglich zu beschränken.108 Vorgeschlagen wird hier entsprechend den Grundsätzen zur Rufbereitschaft eine Grenze von 25 % der regulären Arbeitszeit zu vereinbaren.109 Eine absolute Höchstgrenze geben die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes vor, welche jedenfalls aus Klarstellungsgesichtspunkten in der arbeitsvertraglichen Regelung vorgesehen werden sollte.110 56
III. Ausgleich von Überstunden 59 Der Arbeitgeber muss geleistete Überstunden grundsätzlich ausgleichen, wobei
typischerweise der Ausgleich entweder durch eine Geldzahlung oder durch Freizeit erfolgt. Insbesondere, wenn der Arbeitgeber Überstunden der Arbeitnehmer (in
105 Schaub/Linck, ArbeitsR-Hdb., 16. Auflage 2015, § 45 Rn 43; Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann/ Lingemann, Anwaltsformularbuch ArbeitsR, 5. Auflage 2013, M.21a Fußnote 28; Clemenz/Kreft/Krause/Klumpp, AGB-Arbeitsrecht 2013, § 307 BGB Rn 107; HWK/Lembke § 106 GewO Rn 78, 6. Auflage 2014; Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 2007, Rn 136; a. A. wohl Däubler/Bonin/Deinert/Bonin, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Auflage 2014, § 307 BGB Rn 182a. 106 BAG, Urt. v. 22.02.2012 – 5 AZR 765/10; vgl. dazu auch Salomon/Hoppe/Rogge, BB 2013, 1720, 1721; ebenfalls ohne nähere Konkretisierung erachtete das BAG eine Klausel mit der Formulierung „im Fall dringenden betrieblichen Bedarfs“ in Verbindung mit einer pauschalen Abgeltung für zu unbestimmt, vgl. BAG, Urt. v. 16.05.2012 – 5 AZR 347/11. 107 So auch Salomon/Hoppe/Rogge, BB 2013, 1720, 1721. 108 Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann/Lingemann, Anwaltsformularbuch ArbeitsR, 5. Auflage 2014, M.21a Fußnote 28; Schiefer in Hümmerich/Reufels, Gestaltung von Arbeitsverträgen, 2. Auflage 2011, S. 933 Rn 3097 f. 109 Salomon/Hoppe/Rogge, BB 2013, 1720, 1721. 110 BAG, Urt. v. 22.02.2012 – 5 AZR 765/10; BAG, Urt. v. 17.08.2011 – 5 AZR 406/10; BAG, Urt. v. 01.09.2010 – 5 AZR 517/09.
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den zulässigen Grenzen) pauschal abgelten111 oder aber durch Freizeit ausgleichen möchte, empfiehlt es sich dringend den Ausgleich der Überstunden arbeitsvertraglich zu regeln.
1. Vorliegen einer objektiven Vergütungserwartung Besteht keine vertragliche Regelung, findet regelmäßig § 612 BGB hinsichtlich des Ausgleichs von Überstunden Anwendung. Voraussetzung ist, dass anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Arbeitsleistung eine Vergütung zu erwarten ist.112 In weiten Teilen des Arbeitslebens ist von einer solchen objektiven Vergütungserwartung auszugehen. Etwas anderes kann jedoch im Fall von arbeitszeitbezogener oder arbeitszeitunabhängiger Arbeitsleistung, bei Diensten höherer Art oder wenn ohnehin eine deutlich herausgehobene Vergütung gezahlt wird, gelten.113 Letzterer und in der Praxis relevanter Fall ist regelmäßig zu bejahen, wenn die dem Arbeitnehmer gezahlte Vergütung die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet.114 Denn nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts zählen diejenigen Arbeitnehmer, die mit dem aus ihrer abhängigen Beschäftigung erzielten Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung überschreiten, zu dem Kreis der Arbeitnehmer, die nach der Erfüllung ihrer Arbeitsleistung und nicht eines Stundensolls beurteilt werden. Es fehlt damit diesen Arbeitnehmern, aber auch den Arbeitgebern an einer objektiven Vergütungserwartung für ein besonderes Entgelt als Gegenleistung für die über die regelmäßige Arbeitszeit geleistete Arbeit.115 Die nach § 612 Abs. 2 BGB zu zahlende Überstundenvergütung entspricht der Höhe nach dem auf die entsprechende Zeiteinheit umgerechneten Gehaltsteil, der dem Arbeitnehmer für die normale Arbeitszeit inklusive etwaiger Zulagen zusteht.116 Unklar ist bisher, ob sich die Vergütungserwartung ausschließlich auf den Ausgleich in Geld erstreckt oder ob die Erwartung der Arbeitnehmer auch ohne vertragliche Regelung durch Ausgleich in Freizeit erfüllt werden kann. Das Bundesarbeitsgericht musste hierzu bisher nicht abschließend Stellung beziehen, sondern spricht nur allgemein von der „Vergütungserwartung“ der Arbeitnehmer.117 Geht man aber
111 BAG, Urt. v. 18.09.2001 – 9 AZR 307/00. 112 BAG, Urt. v. 11.10.2000 – 5 AZR 122/99; BAG, Urt. v. 22.02.2012 – 5 AZR 765/10. 113 BAG, Urt. v. 22.02.2012 – 5 AZR 765/10; BAG, Urt. v. 17.08.2011 – 5 AZR 406/10; vgl. mit Beispielen Salomon/Hoppe/Rogge, BB 2013, 1720, 1722. 114 Für das Jahr 2015 gilt eine Beitragsbemessungsgrenze von 6.200,– € monatlich und 74.400 € jährlich (West) bzw. 5.400,– € monatlich und 64.800 € jährlich (Ost). 115 BAG, Urt. v. 22.02.2012 – 5 AZR 765/10. 116 BAG, Urt. v. 28.09.2005 – 5 AZR 52/05. 117 BAG, Urt. v. 18.09.2001 – 9 AZR 307/00; BAG, Urt. v. 22. Februar 2012 – 5 AZR 765/10.
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von der Anwendung des § 612 BGB aus, erstreckt sich die Erwartungshaltung aber regelmäßig auf den finanziellen Ausgleich, sodass dringend zu einer entsprechenden vertraglichen Regelung des Freizeitausgleichs zu raten ist.
2. Wirksamkeitsanforderungen an vertragliche Regelungen zum Ausgleich von Überstunden 64 Wie auch bei der Befugnis zur Anordnung von Überstunden, unterliegt eine arbeitsvertragliche Regelung zum Ausgleich von Überstunden unbeschadet der Frage, ob eine solche Regelung die Hauptleistungspflichten der Parteien betrifft,118 jedenfalls gemäß § 307 Abs. 3 S. 2 BGB der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Unwirksamkeit einer Regelung zum Ausgleich von Überstunden kann sich daher insbesondere aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Regelung ergeben.119 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistungen er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss.120 Danach ist eine Klausel, nach der jede zusätzliche Vergütung von Überstunden 65 ausgeschlossen ist, unwirksam. Denn der Arbeitsvertrag lässt dann gerade nicht erkennen, welche Arbeitsleistung der Arbeitnehmer für das monatliche Bruttoentgelt schuldet.121 Gleiches gilt für eine Regelung, nach der sämtliche Überstunden pauschal von der monatlichen Bruttovergütung abgegolten sind.122 Erforderlich ist es daher die Zahl der anzuordnenden Überstunden zu definieren, die pauschal mit abgegolten sind.123 Dafür kommt zum einen die Festlegung einer konkreten Menge abgegoltener Überstunden oder aber die Festlegung der abgegoltenen Überstunden
118 Regelt die Klausel ausschließlich die Vergütung von Überstunden, nicht aber die Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers zur Leistung von Überstunden, handelt es sich nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts um eine Hauptleistungsabrede, die von der Inhaltskontrolle ausgenommen ist, BAG, Urt. v. 16.05.2012 – 5 AZR 331/11. Ob dies auch für eine Klausel gilt, die Anordnungsbefugnis und Abgeltungsregelung kombiniert, hat das Bundearbeitsgericht jedoch ausdrücklich offen gelassen, vgl. dazu oben Rn 101. 119 BAG, Urt. v. 17.08.2011 – 5 AZR 406/10. 120 BAG, Urt. v. 01.09.2010 – 5 AZR 517/09; BAG, Urt. v. 17.08.2011 – 5 AZR 406/10; BAG, Urt. v. 22.02.2012 – 5 AZR 765/10; BAG, Urt. v. 16.05.2012 – 5 AZR 331/11; BAG, Urt. v. 27.06.2012 – 5 AZR 530/11; LArbG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 26.08.2014 – 6 Sa 84/14, juris; LArbG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 14.10.2014 – 7 Sa 85/14. 121 BAG, Urt. v. 22.02.2012 – 5 AZR 765/10. 122 BAG, Urt. v. 01.09.2010 – 5 AZR 517/09. 123 BAG, Urt. v. 16.05.2012 – 5 AZR 331/11; HWK/Gotthard, 6. Auflage 2014, §§ 305 – 310 BGB, Rn 41.
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durch die Angabe eines Prozentsatzes im Verhältnis zur vereinbarten Normalarbeitszeit in Betracht.124 Unklar ist, ob und wenn ja in welcher Höhe Höchstgrenzen für die pauschale 66 Abgeltung von Überstunden bestehen. Das Bundesarbeitsgericht hat eine Klausel für wirksam erachtet, wonach die ersten 20 Stunden im Monat im Rahmen eines Vollzeitarbeitsverhältnisses mit abgegolten sein sollten.125 Eine gesicherte höchstrichterliche Rechtsprechung zu etwaigen Höchstgrenzen ist jedoch bisher nicht ergangen. Richtig ist, dass die Höhe der pauschal abgegoltenen Überstunden sich jedenfalls innerhalb der Grenzen des Arbeitszeitgesetzes bewegen muss, nicht zu einer sittenwidrig niedrigen Gesamtvergütung führen darf und auch die Höhe der pauschal abgegoltenen Überstunden nicht zu einem Missverhältnis zur vereinbarten Regelarbeitszeit stehen darf.126 Diskutiert wird in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Arbeit auf Abruf, von der Zulässigkeit der pauschalen Abgeltung von Überstunden in Höhe von maximal 25 % der Normalarbeitszeit auszugehen.127 Andere Stimmen sind vorsichtiger und argumentieren, dass es jedenfalls angemessen sein dürfte, Überstunden in Höhe von maximal 10 % der Normalarbeitszeit pauschal mit der monatlichen Grundvergütung abzugelten.128 Praxishinweis: Es empfiehlt sich eine wirksame Ausschlussklausel in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Nur so kann von vorneherein vermieden werden, dass Überstunden über einen längeren Zeitraum von den Arbeitnehmern angesammelt werden und sich der Arbeitgeber auf einmal massiven Ausgleichsansprüchen der Arbeitnehmer ausgesetzt sieht.
3. Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs Dem Arbeitnehmer steht nur dann ein Anspruch auf Ausgleich der Überstunden zu, 67 wenn der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet, gebilligt oder geduldet hat oder die Überstunden jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren.129 Dahinter steht der Rechtsgedanke, dass sich der Arbeitgeber die Leistung und den Ausgleich von Überstunden nicht aufdrängen lassen muss und der Arbeit-
124 Vgl. die Beispiele in Grobys/Panzer/Wahlig, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 153 Rn 22. 125 BAG, Urt. v. 16.05.2012 – 5 AZR 331/11. 126 Salomon/Hoppe/Rogge, BB 2013, 1720, 1721 ff.; Grobys/Panzer/Wahlig, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 153 Rn 22 127 Hohenstatt/Schramm, NZA 2007, 238, 242; Salomon/Hoppe/Rogge, BB 2013, 1720, 1721 ff. 128 Däubler/Bonin/Deinert/Bonin, AGB-Kontrolle im ArbR, 4. Auflage 2014, § 307 BGB, Rn 182c; ErfK/Preis, 15. Auflage 2015, § 305–310 BGB Rn 92; Schramm/Kuhnke, NZA 2012, 127, 128. 129 BAG, Urt. v. 10.04.2013 – 5 AZR 122/12; BAG, Urt. v. 25.05.2005 – 5 AZR 566/04; BAG, Urt. v. 17.04.2002 – 5 AZR 644/00; BAG, Urt. v. 15.06.1961 – 2 AZR 436/60.
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nehmer insbesondere nicht durch überobligatorische Arbeit nicht selbst über seinen Vergütungsanspruch entscheiden kann.130 Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen trägt der Arbeitnehmer als derjenige, der den Anspruch geltend macht.131 Vereinbaren die Parteien die Abgeltung der Überstunden entweder durch Vergü68 tung oder durch Freizeitausgleich, steht dem Arbeitnehmer weder ein Anspruch auf Freizeitausgleich noch ein Anspruch auf Vergütung zu. Es liegt dann vielmehr ein Wahlrecht des Arbeitgebers vor, wie er die geleisteten Überstunden ausgleichen möchte.132 Wichtig: Der Ausgleichsanspruch der Arbeitnehmer besteht unabhängig davon, ob die zugrundeliegende Arbeitszeit den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes widerspricht, der Ausgleichsanspruch besteht daher insbesondere auch bei gesetzeswidriger Überarbeit.133 Muster einer Überstundenklausel Es empfiehlt sich folgende Musterklausel zur Anordnung von Überstunden: Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, bei betrieblichem Bedarf auf Anordnung des Arbeitgebers bis zur Grenze der jeweils anwendbaren gesetzlichen Höchstarbeitszeiten Überstunden zu leisten. Zum Ausgleich von Überstunden empfiehlt sich folgende Musterklausel: Die ersten 20 Überstunden im Monat sind durch die Vergütung gemäß Ziffer XX abgegolten. Darüber hinausgehende Überstunden werden nach Wahl des Arbeitgebers entweder durch Freizeit ausgeglichen oder vergütet.
D. Kurzarbeit I. Allgemeine Erwägungen 69 Kurzarbeit ist die vorübergehende Reduzierung der betriebsüblichen Regelarbeitszeit
bei entsprechender Herabsetzung der Vergütung.134 Da die Kurzarbeit zur teilweisen Suspendierung der Hauptleistungspflichten führt, kann der Arbeitgeber sie nicht ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage anordnen, insbesondere führt das Vorliegen der arbeitslosenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld
130 BAG, Urt. v. 10.04.2013 – 5 AZR 122/12; Klocke, RdA 2014, 223. 131 BAG, Urt. v. 10.04.2013 – 5 AZR 122/12. 132 BAG, Urt. v. 04.05.1994 – 4 AZR 445/93. 133 BAG, Urt. v. 28.09.2005 – 5 AZR 52/05. 134 Müller/Deeg, ArbRAktuell 2010, 209; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 611 BGB, Rn 657.
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D. Kurzarbeit
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nach den §§ 95 ff. SGB III nicht dazu, dass der Arbeitgeber befugt ist Kurzarbeit einseitig einzuführen.135 Es empfiehlt sich daher vorausschauend bereits in den Arbeitsvertrag eine entsprechende Kurzarbeitsklausel aufzunehmen (sog. Vorratsvereinbarungen), da es erfahrungsgemäß nach Abschluss des Arbeitsvertrages schwieriger ist, mit den Arbeitnehmern eine entsprechende Zusatzvereinbarung zu schließen bzw. mit einem hohen Organisationsaufwand verbunden ist. Gelingt es dem Arbeitgeber nicht, eine einvernehmliche Regelung mit den Arbeitnehmern zu erzielen, verbleibt dem Arbeitgeber oft nur die Möglichkeit die Arbeitsverhältnisse im Wege der Änderungskündigung anzupassen, was nicht zuletzt aufgrund des erforderlichen Abwartens der individuellen Kündigungsfristen sowie der regelmäßigen Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes für den Arbeitgeber nicht praktikabel ist.136 Die Arbeitsvertragsparteien müssen Kurzarbeit nicht ausdrücklich vereinbaren. Bereits eine konkludente Einigung, durch die der Arbeitnehmer entsprechend der Weisung des Arbeitgebers tatsächlich widerspruchslos Kurzarbeit leistet, ist ausreichend.137 Der Arbeitgeber trägt jedoch das Risiko der Zahlung von Annahmeverzugslohn, wenn der Arbeitnehmer die konkludente Einigung bestreitet, so dass eine schriftliche bzw. arbeitsvertragliche Vereinbarung von Kurzarbeit in jedem Fall vorzugswürdiger ist.138 Neben dem Arbeitsvertrag kann Rechtsgrundlage für die Einführung von Kurzarbeit auch eine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag oder auch das Gesetz, § 19 KSchG, sein.139 Praxishinweis: Besteht ein Betriebsrat, bedarf die Anordnung von Kurzarbeit, unabhängig vom Vorliegen einer wirksamen (arbeitsvertraglichen) Rechtsgrundlage, der Zustimmung des Betriebsrates. Denn der Betriebsrat hat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ein zwingendes Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Anordnung von Kurzarbeit.140
135 BAG, Urt. v. 12.10.1994 – 7 AZR 398/93; BAG, Urt. v. 16.12.2008 – 9 AZR 164/08, NZA 2009, 689; Hümmerich/Reufels/Reufels, Gestaltung von Arbeitsverträgen, 2. Auflage 2011, S. 782 Rn 2530. 136 Cohnen/Röger, BB 2009, 46, 47; Grobys/Panzer/Panzer-Herrmeier, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 109 Rn 6. 137 ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 611 BGB Rn 657; LAG Düsseldorf, Urt. v. 14.10.1994 – 10 Sa 1194/94. 138 Bauer/Günther, BB 2009, 662, 664. 139 Grobys/Panzer/Panzer-Herrmeier, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 109 Rn 16 ff., wobei es den Tarifvertragsparteien aus Gründen der Kernbereichslehre untersagt ist, den Arbeitgebern die voraussetzungslose Einführung von Kurzarbeit zu gestatten, BAG, Urt. v 18.10.1994 – 1 AZR 503/93. 140 Preis/Lindemann, Der Arbeitsvertrag, 3. Auflage 2009, II. A 90, Rn 80 ff.
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II. Wirksamkeitsanforderungen an Kurzarbeitsklauseln 74 Kurzarbeitsklauseln sind in Individualarbeitsverträgen zulässig, werden sie jedoch
formularmäßig in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbart, unterliegen sie den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB. Das bedeutet, dass Kurzarbeitsklauseln nicht überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB sein dürfen und insbesondere den Transparenz- und Angemessenheitserfordernissen des § 307 BGB genügen müssen. Soweit ersichtlich hat das Bundesarbeitsgericht bisher nicht dazu entscheiden 75 müssen, unter welchen Voraussetzung eine Kurzarbeitsklausel zulässig ist. Einzelheiten zur Ausgestaltung von Kurzarbeitsklauseln sind deshalb nach wie vor umstritten.141 Fraglich ist dabei insbesondere, ob ein uneingeschränktes Recht des Arbeitge76 bers Kurzarbeit anzuordnen mit dem wesentlichen Grundgedanken der zwingenden Normen des Kündigungsschutzgesetzes vereinbar ist oder aber eine unangemessene Benachteiligung der Arbeitnehmer im Sinne von §§ 307 Abs. 1, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellt.142 Vor allem wenn der Arbeitgeber Kurzarbeit „auf Null“ anordnet und damit seine Verpflichtung zur Entgeltzahlung „auf Null“ reduziert, wird argumentiert, dass darin eine unzulässige Umgehung der §§ 1 ff. KSchG, § 611 BGB und § 615 BGB zu sehen sei.143 Für die Einführung von Kurzarbeit durch einen Tarifvertrag hat das Bundesarbeitsgericht bereits ausdrücklich entschieden, dass die Tarifvertragsparteien dem Arbeitgeber nicht das Recht einräumen können, voraussetzungslos Kurzarbeit einzuführen.144 Es besteht daher weitestgehend Einigkeit, dass auch arbeitsvertraglich dem Arbeitgeber nicht das Recht eingeräumt werden kann voraussetzungslose Kurzarbeit anzuordnen.145 Die Unwirksamkeit einer Klausel dürfte sich darüber hinaus auch bereits aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB mangels hinreichender Bestimmtheit ergeben.146 Es wird daher vertreten, die Zulässigkeit von Kurzarbeitsklauseln an der Recht77 sprechung des Bundesarbeitsgerichts zu formularmäßigen Änderungsvorbehalten zu orientieren. Danach wäre die einseitige Herabsenkung der Arbeitszeit
141 Hümmerich/Reufels/Reufels, Gestaltung von Arbeitsverträgen, 2. Auflage 2011, S. 782 Rn 2549. 142 Müller/Deeg, ArbRAktuell 2010, 209, 210. 143 Bonanni/Naumann, DStrR 2009, 1374, HWK/Gotthard, 6. Auflage 2014, §§ 305 – 310 BGB Rn 28; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 07.10.2010 – 2 Sa 1230/10; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.01.2011 – 17 Sa 2153/10. 144 BAG, Urt. v. 27.01.1994 – 6 AZR 541/93; BAG, Urt. v. 18.10.1994 – 1 AZR 503/93. 145 Bonanni/Naumann, DStrR 2009, 1374, 1375; HWK/Gotthard, 6. Auflage 2014, §§ 305 – 310 BGB Rn 31; Bauer/Günther, BB 2009, 662, 664; Müller/Deeg, ArbRAktuell 2010, 209; Liebers/Reiserer, Formularhandbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 3. Auflage, 2015, B I.1. Rn 23; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 07.10.2010 – 2 Sa 1230/10; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.01.2011 – 17 Sa 2153/10; 146 Hümmerich/Reufels/Reufels, Gestaltung von Arbeitsverträgen, 3. Auflage 2015, S. 909 Rn 3012.
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D. Kurzarbeit
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durch den Arbeitgeber um maximal 20 % zulässig.147 Die Einführung von Kurzarbeit würde für den Arbeitgeber dadurch jedoch erheblich an Attraktivität einbüßen. Eine Orientierung an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht zu formular- 78 mäßigen Änderungsvorbehalten ist jedoch nach richtiger Ansicht nicht erforderlich, weil die Wertung der §§ 95 ff. SGB III bei der Beurteilung der Angemessenheit von Kurzarbeitsklauseln berücksichtigt werden muss.148 Aus der ausdrücklichen Zulassung des Instruments der Kurzarbeit und der entsprechenden staatliche Förderung dieses Instruments durch die Zahlung von Kurzarbeitergeld ist der Wille des Gesetzgebers erkennbar, den Arbeitgeber dazu anzuhalten auf Schwankungen der Auftragslage mit dem milderen Mittel der Kurzarbeit anstatt mit Beendigungskündigungen zu reagieren.149 Knüpft eine Kurzarbeitsklausel daher an die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 95 ff. SGB III zur Zahlung von Kurzarbeitergeld an, entspricht diese gerade den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, so dass von der Angemessenheit einer solchen Klausel auszugehen ist.150 Die Voraussetzungen, unter denen Kurzarbeit eingeführt werden kann, sollten deshalb an die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 95 ff. SGB III anknüpfen. Arbeitgeber sollten außerdem unbedingt eine hinreichende Ankündigungs- 79 frist in die Kurzarbeitsklausel aufnehmen.151 Die Ankündigungsfrist soll den Arbeitnehmer in die Lage versetzen, sich auf die geänderten Umstände einzustellen und insbesondere die aufgrund der veränderten Einkommens- und Arbeitszeitsituation erforderlichen Dispositionen vorzunehmen.152 Entsprechend den üblichen tarifvertraglichen Regelungen sollte die Ankündigungsfrist mindestens drei Wochen betragen.153
147 Bauer/Günther, BB 2009, 662, 664; Müller/Deeg, ArbRAktuell 2010, 210. 148 Bauer/Günther, BB 2009, 662, 664; Kleinebrink, DB 2009, 342, 344; Preis/Lindemann, Der Arbeitsvertrag, 3. Auflage 2009, II. A 90, Rn 79; Hümmerich/Reufels/Reufels, Gestaltung von Arbeitsverträgen, 2. Auflage 2011, S. 786 Rn 2549; Worzalla, NZA-Beil. 2006, 122, 129. 149 Bauer/Günther, BB 2009, 662, 664; 150 Bauer/Günther, BB 2009, 662, 664; Kleinebrink, DB 2009, 342, 344; HWK/Gotthard, 6. Auflage 2014, §§ 305 – 310 BGB, Rn 28; Schaub/Linck, ArbeitsR-Hdb., 16. Auflage 2015, § 47 Rn 7; Preis/Lindemann, Der Arbeitsvertrag, 4. Auflage 2015, II. A 90 Rn 79; Hümmerich/Reufels/Reufels, Gestaltung von Arbeitsverträgen, 3. Auflage 2015, S. 909 Rn 3012 f.; Worzalla, NZA-Beil. 2006, 122, 129; a. A. wohl LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 07.10.2010 – 2 Sa 1230/10; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.01.2011 – 17 Sa 2153/10, wonach die Klausel zusätzlich Angaben zur Begrenzung des Umfangs der Kurzarbeit sowie Maßgaben zur personellen Begrenzung der Kurzarbeit enthalten müsse. 151 LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 07.10.2010 – 2 Sa 1230/10; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.01.2011 – 17 Sa 2153/10. 152 Müller/Deeg, ArbRAktuell 2010, 210. 153 MantelTV der Deutschen Telekom AG in der Fassung vom 01.03.2004 mit einer Ankündigungsfrist von 14 Tagen; vgl. zu weiteren Beispielen Bispinck/WSI-Tarifarchiv Informationen zur Tarifpolitik 2009, online als PDF abrufbar unter http://www.boeckler.de/pdf/p_ta_elemente_kurzarbeit.pdf (zuletzt abgerufen am 20.05.2015).
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Kapitel 3 Arbeitsleistung
Es ist außerdem zu empfehlen, in der Kurzarbeitsklausel das Recht zur Anordnung von Kurzarbeit von der Anzeige des Arbeitsausfalls bei der Agentur für Arbeit gemäß § 99 SGB III durch den Arbeitgeber abhängig zu machen. Denn die Anzeige bei der Agentur für Arbeit liegt ohnehin im Interesse des Arbeitgebers, da dieser sich bei Unterlassen der Anzeige ggf. Schadensersatzansprüchen der Arbeitnehmer in Höhe des nicht gezahlten Kurzarbeitergelds ausgesetzt sehen kann.154 Eine Kurzarbeitsklausel wird gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Bestandteil des 81 Arbeitsvertrages, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild so ungewöhnlich ist, dass der Arbeitnehmer nicht mit ihr zu rechnen brauchte. Grundsätzlich sind Kurzarbeitsklauseln in einem Arbeitsvertrag nicht unüblich und damit nicht überraschend.155 Gleichwohl sollten Kurzarbeitsklauseln zur Vermeidung eines Überrumpelungs- bzw. Überraschungseffektes im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB unter einem gesonderten Punkt „Kurzarbeit“ aufgeführt werden bzw. das Wort „Kurzarbeit“ in die Überschrift der jeweiligen Klausel aufgenommen werden.156
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III. Rechtsfolgen der Einführung von Kurzarbeit 82 Die rechtmäßige Einführung von Kurzarbeit führt zur teilweisen Suspendierung der
Hauptleistungspflichten, d. h. dass der Arbeitnehmer ganz oder teilweise von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit wird und zugleich entsprechend der Arbeitsreduzierung seinen Vergütungsanspruch verliert.157 Die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten werden durch die Einführung von Kurzarbeit nicht berührt.158 Der Arbeitnehmer erhält als Ausgleich einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.159 In 83 Höhe des sich aus dem verminderten Vergütungsanspruch und dem Kurzarbeitergeld zusammensetzenden Betrages behält der Arbeitnehmer seinen Zahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber.160 Dies hat insbesondere dann praktische Bedeutung, wenn der Anspruch auf Kurzarbeitergeld nicht besteht oder später widerrufen wird.161
154 Cohnen/Röger, BB 2009, 46, 49; Bauer/Günther, BB 2009, 662, 664; HWK/Krause, 6. Auflage 2014, § 615 BGB Rn 24; Schaub/Linck, ArbeitsR-Hdb., 16. Auflage 2015, § 47 Rn 13; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 611 BGB Rn 662. 155 LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 07.10.2010 – 2 Sa 1230/10. 156 Müller/Deeg, ArbRAktuell 2010, 209. 157 BAG, Urt. v. 12.10.1994 – 7 AZR 398/93; BAG, Urt. v. 16.12.2008 – 9 AZR 164/08; Cohnen/Röger, BB 2009, 46, 48; Hümmerich/Reufels/Reufels, Gestaltung von Arbeitsverträgen, 3. Auflage 2015, S. 909 Rn 3012. 158 Cohnen/Röger, BB 2009, 46, 48. 159 Zu den Voraussetzungen vgl. §§ 95 ff. SGB III 160 BAG, Urt. v. 11.07.1990 – 5 AZR 557/89; BAG, Urt. v. 22.04.2009 – 5 AZR 310/08; Grobys/Panzer/ Panzer-Herrmeier, Stichwort Kommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 109 Rn 9; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 615 BGB Rn 15. 161 BAG, Urt. v. 22.04.2009 – 5 AZR 310/08, NZA 2009, 913; ErfK/Preis, 15. Auflage 2015, § 615 BGB Rn 15.
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E. Zurückbehaltungsrecht
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Muster einer Kurzarbeitsklausel „Der Arbeitgeber ist berechtigt, einseitig Kurzarbeit anzuordnen, wenn die jeweils geltenden gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld, derzeit gemäß §§ 95 ff. SGB III vorliegen und der Arbeitgeber nachweist, dass er den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit für den entsprechenden Zeitraum gemäß § 99 SGB III angezeigt hat. Der Arbeitgeber hat eine Ankündigungsfrist von drei Wochen vor Beginn der Kurzarbeit einzuhalten. Für die Dauer der Kurzarbeit reduziert sich die vertragliche Vergütung des Arbeitnehmers im Verhältnis zu der reduzierten Arbeitszeit.“
E. Zurückbehaltungsrecht § 273 und § 320 BGB gestehen dem Schuldner das Recht zu, die ihm obliegende Leis- 84 tung solange zurückzuhalten bis der Gläubiger die von ihm geschuldete Leistung ebenfalls anbietet. § 320 BGB ist eine Sonderregel für die Hauptleistungspflichten in gegenseitigen Verträgen, etwa bei Arbeitsverträgen die Erbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer und die Zahlung des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber. Für alle weiteren (Neben)Pflichten sieht § 273 BGB vor, dass das Bestehen eines fälligen auf einem einheitlichen Lebensverhältnisses beruhenden Gegenanspruchs Voraussetzung für ein Zurückbehaltungsrecht ist.
I. Allgemeines Der Arbeitgeber hat häufig ein besonderes Interesse, das Zurückbehaltungsrecht des 85 Arbeitnehmers auszuschließen. Vor allem bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber Rückgabe der dienstlichen Unterlagen, Gegenstände und ggf. eines an den Arbeitnehmer überlassenen Dienstwagen fordern.162 Der Arbeitnehmer kann dies mit dem Argument verweigern, dass der Arbeitgeber seinerseits die Pflichten aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erfüllt hat, z. B. gestützt auf den Anspruch auf Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses. Tatsächlich wird dem Arbeitnehmer häufig aber schon kein Zurückbehal- 86 tungsrecht zustehen können. Soweit dem Arbeitnehmer Arbeitsmittel überlassen sind, die er nur dienstlich nutzen darf, handelt er als Besitzdiener im Sinne des § 855 BGB; unmittelbarer Besitzer des dienstlichen Gegenstands bleibt in diesem Fall der Arbeitgeber.163 Ist dem Arbeitnehmer dagegen die private Nutzung, etwa des Dienstwagens oder Mobiltelefons, erlaubt, kann er ein Zurückbehaltungsrecht an diesen
162 Zum Herausgabeanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses BAG Urt. v. 14.12.2011 – 10 AZR 283/10; MünchArbR/Wank, 3. Auflage 2009, § 106 Rn. 11 f. 163 BAG Urt. v. 17.09.1998 – 8 AZR 175/97.
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Gegenständen geltend machen.164 Umgekehrt kann der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht an den Arbeitspapieren des Arbeitnehmers kein Zurückbehaltungsrecht ausüben (vgl. auch § 39b Abs. 1 Satz 3, § 41 Abs. 1 Satz 4 EStG).165 Darüber hinaus besteht hinsichtlich des unpfändbaren Teils der Vergütung des Arbeitnehmers kein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 394 BGB.
II. Hinweise zur Vertragsgestaltung 87 Ein arbeitsvertraglicher Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts unterliegt der AGB-
Kontrolle. Nach dem Klauselverbot des § 309 Nr. 2b BGB ist der Ausschluss oder die Einschränkung eines Zurückbehaltungsrechts aber grundsätzlich ohne Wertungsspielraum unwirksam. Teilweise wird vertreten, dass arbeitsrechtliche Besonderheiten (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB) den Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts im Einzelfall erlauben sollen, z. B. dann, wenn der Arbeitgeber aufgrund der Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses ein gesteigertes Interesse an dem Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts hat.166 Dies ist aber nur in wenigen Konstellationen denkbar, in denen dem Arbeitnehmer überhaupt ein Zurückbehaltungsrecht zustehen dürfte. Möglich wäre z. B. die Überlassung eines Dienstlaptops, auf dem sensible Daten des Arbeitgebers gespeichert werden, der gleichzeitig aber auch privat genutzt werden darf. Der Arbeitgeber sollte den Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts im Arbeitsvertrag dann aber konkret für die jeweilige Fallgruppe vereinbaren. Aufgrund des § 309 Nr. 2b BGB sollte das Zurückbehaltungsrechts soweit möglich 88 nur noch durch Individualabrede ausgeschlossen werden; andernfalls kommt dem Ausschluss von Zurückbehaltungsrechten nur deklaratorische Bedeutung zu. Ein unter Verstoß gegen § 309 Nr. 2 BGB vereinbarter Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts sollte jedenfalls von den anderen Vertragsklauseln sprachlich klar abgegrenzt und trennbar vereinbart werden, um eine Aufrechterhaltung der übrigen Vertragsinhalte zu gewährleisten. Muster einer Ausschlussklausel Zur Regelung eines Zurückbehaltungsrechts empfiehlt sich folgende individualvertragliche Vereinbarung:
164 LAG Düsseldorf Urt. v. 12.02.1986 – 11 U 76/85; Preis/Preis, Der Arbeitsvertrag, 4. Auflage 2015, II Z 20, Rn 25. 165 BAG Urt. v. 20.12.1958 – 2 AZR 336/56; Preis/Preis, Der Arbeitsvertrag, 4. Auflage 2015, II Z 20, Rn 23. 166 Annuß, BB 2002, 458, 453; Grobys, DStR 2002, 1002, 1007. In diesem Fall dürfte dem Arbeitnehmer aber schon kein Zurückbehaltungsrecht zustehen, da er nur Besitzdiener ist.
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F. Arbeit auf Abruf
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„Zurückbehaltungsrechte zwischen den Parteien sind ausgeschlossen.“ Sofern sich der Ausschluss auf bestimmte Herausgabeansprüche, z. B. den Dienstcomputer, bezieht, empfiehlt sich folgende Klausel: „Ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers an dem dienstlichen Laptop besteht nicht.“
F. Arbeit auf Abruf I. Allgemeine Erwägungen Die Abrufarbeit ermöglicht den Arbeitsvertragsparteien eine bedarfsgerechte Ver- 89 teilung der vertraglichen Arbeitszeit. Da der Arbeitgeber einseitig bestimmen kann, wie viele Stunden pro Woche der Arbeitnehmer tätig werden muss, sieht § 12 TzBfG gesetzliche Schranken vor, die sowohl die Vereinbarung von Abrufarbeit als auch ihre Anordnung im Einzelfall regulieren.167 Die Arbeit auf Abruf erfasst nach dem Gesetzeswortlaut zunächst Vereinbarun- 90 gen, bei denen die Parteien einen festen Arbeitsumfang vereinbaren, der Arbeitgeber die Arbeitstage und die Dauer der jeweiligen Arbeitszeit aber bedarfsorientiert festlegen kann. Abrufarbeit ist aber auch als sogenannte Bandbreitenregelung möglich, die nur einen bestimmten Rahmen für die Dauer der Arbeitszeit vorgibt, z. B. eine durchschnittliche Arbeitszeit oder eine Mindestarbeitszeit. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall nicht nur dazu berechtigt, die Arbeitszeiten bedarfsorientiert festzulegen; er kann innerhalb des vereinbarten Zeitrahmens auch den Umfang der Arbeitszeit im Referenzzeitraum variabel bestimmen. Dadurch variiert auch das Entgelt.168 Häufig werden beide Elemente kombiniert, sodass der Arbeitgeber einerseits die variable Lage der Arbeitszeit im Rahmen eines bestimmten Bezugszeitraums und andererseits den Arbeitsumfang bestimmen kann. Möglich ist auch, dass, z. B. bei einem besonderen Saisonbedarf, nur ein Teil der Arbeitszeit variabel ausgestaltet ist, z. B. verteilt auf eine bestimmte Jahreszeit. Die Abrufarbeit ist von anderen Instrumenten zur Flexibilisierung der vertragli- 91 chen Arbeitszeit abzugrenzen. § 12 TzBfG erfasst weder die feste, aber ungleichmäßige Arbeitszeit, noch solche Regelungen, die dem Arbeitnehmer das Bestimmungsrecht über die Flexibilisierung der Arbeitszeit übertragen, wie bei der Gleitzeitarbeit.169 Auch auf die Anordnung von Überstunden und besondere Arten von Arbeitszeit wie
167 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG, Rn 3; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG Rn 1. 168 BAG Urt. v. 07.12.2005 – 5 AZR 535/04; MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 12 TzBfG Rn 4; Hohenstatt/Schramm, NZA 2007, 238. 169 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 14; MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 12 TzBfG Rn 6; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG Rn 9.
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Arbeitsbereitschaft, Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst findet § 12 TzBfG keine Anwendung.170 Praxishinweis: Da die Abrufarbeit ein besonderes Instrument zur Flexibilisierung der Arbeitszeit darstellt, sollte sie im Arbeitsvertrag eigenständig im Abschnitt „Arbeitszeit“ geregelt und mit einer eigenständigen Überschrift („Arbeitszeit/Abrufarbeit“) versehen werden. Andernfalls besteht die Gefahr eines Verstoßes gegen das Verbot überraschender Klauseln gemäß § 305c Abs. 1 BGB.171
II. Anwendungsbereich des § 12 TzBfG 1. Anforderungen bei Vollzeitkräften
92 Nach wohl überwiegender Auffassung findet § 12 TzBfG aufgrund seiner systemati-
schen Stellung im Abschnitt „Teilzeitarbeit“ auf Arbeitsverhältnisse in Vollzeit keine Anwendung.172 In diese Richtung ist auch ein jüngeres Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu verstehen, in dem es die Anwendung des § 12 TzBfG mit dem Vorliegen eines Teilzeitarbeitsverhältnisses begründete.173 Statt den gesetzlichen Schranken des § 12 TzBfG gilt für Vollzeitarbeitsverhält93 nisse deshalb der Kontrollmaßstab des §§ 305 ff. BGB.174 Wesentliche Regelungen des § 12 TzBfG sind aber entsprechend zu berücksichtigen, etwa die Ankündigungsfrist des § 12 Abs. 4 TzBfG oder die Angabe einer Mindestarbeitszeit.175 Praxishinweis: Da eine verbindliche Entscheidung der Rechtsprechung noch aussteht, sollten sich Arbeitgeber sicherheitshalber auch bei Vollzeitarbeitsverhältnissen eng an den Vorgaben des § 12 TzBfG orientieren.
2. Zulässigkeit bei Zeitarbeitnehmern?
94 Umstritten ist, ob die Vereinbarung von Arbeit auf Abruf in Arbeitsverträgen mit Zeit-
arbeitnehmern zulässig ist. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AÜG i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7
170 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 15; MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 12 TzBfG Rn 6; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG Rn 10. 171 Kramer/Keine, ArbRAktuell 2010, 233. 172 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 7; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG Rn 4; für die Vorgängerregelung § 4 BeSchFG auch LAG Hessen Urt. v. 17.01.1997 – 13 Sa 2250/95; a. A. Bayreuther, in: BeckOK, Edition 37 2015, § 12 TzBfG Rn 3; MünchArbR/Schüren, 3. Auflage 2009, § 41 Rn 9. 173 BAG Urt. v. 24.09.2014 – 5 AZR 1024/12. 174 ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG Rn 4; Hohenstatt/Schramm, NZA 2007, 238. 175 MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 12 TzBfG Rn 3.
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F. Arbeit auf Abruf
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NachwG trifft den Verleiher die Pflicht, die Arbeitszeit des Zeitarbeitnehmers anzugeben. Zudem dürfen nach § 11 Abs. 4 Satz AÜG die gesetzlichen Vorschriften zum Annahmeverzug gemäß § 615 BGB nicht unterlaufen werden. Andernfalls könnte der Verleiher das Beschäftigungsrisiko in verleihfreien Zeiten einseitig auf den Zeitarbeitnehmer verlagern. Hieraus wird teilweise geschlossen, dass Arbeit auf Abruf bei Zeitarbeitnehmern generell ausgeschlossen sei.176 Sofern etwa die beim Entleiher tatsächlich geleistete Arbeitszeit geringer sei als die in den Tarifverträgen vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit des Zeitarbeitnehmers, sei der Verleiher verpflichtet dem Zeitarbeitnehmer in Höhe der Zeitdifferenz eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit anzubieten, andernfalls schulde er (unabdingbar und ohne Nachleistungspflicht) die vertraglich vereinbarte Vergütung.177 Nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit 95 von Arbeitszeitkonten bei Zeitarbeitnehmern, in der das Bundesarbeitsgericht auch auf Abrufklauseln Bezug nimmt, ist die Vereinbarung einer unterschiedlichen Dauer der Arbeitszeit während verleihfreien Zeiten aber grundsätzlich zulässig.178 Bedenklich wird die Aufspaltung der Dauer der Arbeitszeit für Überlassungen und überlassungsfreie Zeiten aber dann, wenn eine solche Vertragsgestaltung dazu dient, die Unabdingbarkeit des Anspruchs auf Vergütung bei Annahmeverzug nach § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG dadurch zu unterlaufen, dass für verleihfreie Zeiten eine ungewöhnlich kurze Arbeitszeit vereinbart wird.
III. Wirksamkeitsanforderungen an Arbeit-auf-Abruf-Klausel 1. Transparenzgebot Klauseln zur Abrufarbeit unterliegen in Standardarbeitsverträgen dem Transparenz- 96 gebot des § 307 Abs. 1 BGB.179 Sie müssen deshalb klar und verständlich formuliert sein, insbesondere sofern längere Bezugszeiträume oder ein flexibler Umfang der abrufbaren Arbeitszeit bezweckt ist.
2. Vereinbarung einer Mindestarbeitszeit Da die Abrufarbeit dem Arbeitgeber einseitig einen erheblichen Flexibilisierungs- 97 spielraum zugesteht, hat der Gesetzgeber zum Schutz des Arbeitnehmers strenge
176 Schüren/Schüren, 4. Auflage 2010, § 11 AÜG Rn 51; Ulber, NZA, 232, 233. 177 Vgl. dazu Ulber, NZA 2009, 232, 233. 178 BAG Urt. v. 16.04.2014 – 5 AZR 483/12; Annuß/Thüsing/Jacobs, 3. Auflage 2012, § 12 TzBfG Rn 6; Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 10. 179 MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 12 TzBfG Rn 9; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG Rn 14.
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Grenzen vorgesehen, die bei jeder vertraglichen Gestaltung von Abrufarbeit zu beachten sind. Insbesondere müssen die Parteien gemäß § 12 Abs. 1 TzBfG eine tägliche oder wöchentliche Mindestdauer der Arbeitszeit festlegen, die auch dann zu vergüten ist, wenn tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht wurde. Fehlt es an einer solchen Abrede, gilt eine Arbeitszeit von zehn Wochenstunden gemäß § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG als vereinbart.180 Die Arbeitsvertragsparteien können aber auch eine geringere Arbeitszeit vereinbaren.181 Der Arbeitgeber muss infolge der Nachweispflicht des § 2 Abs. 1 NachwG spätes98 tens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Arbeitsbedingungen – und damit auch die Vereinbarung über die Dauer der Arbeitszeit – schriftlich niederlegen und diese Niederschrift dem Arbeitnehmer aushändigen. Gleichwohl kann sich eine Vereinbarung auch aus der tatsächlich praktizierten Arbeitszeit konkludent ergeben.182 Die vertragliche Vereinbarung kann auch später nachgeholt und so die gesetzliche Fiktion abgelöst werden.183
3. Besondere Gestaltungsgrenzen bei der Vereinbarung einer flexiblen Arbeitszeitdauer 99 Nach der eindeutigen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 7.12.2005 wird den gesetzlichen Vorgaben des § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG auch dann genüge getan, wenn die Arbeitsvertragsparteien nur eine sog. Sockelarbeitszeit oder eine Bandbreitenregelung mit Höchst- und Mindeststunden vereinbaren.184 Ein Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TzBfG scheidet aus, weil nach dieser Vorschrift nur die durchschnittliche wöchentliche und tägliche Arbeitszeit festgelegt werden muss. Unzulässig ist dagegen die Vereinbarung eines Höchststundensatzes, der es dem Arbeitgeber erlauben würde, in beliebigem Umfang auch eine geringere Stundenzahl abzurufen. Die Regelung zur flexiblen Arbeitszeitdauer muss jedoch den Anforderungen 100 des § 307 BGB genügen.185 Eine variable Erhöhung der wöchentlichen Mindestarbeitszeit ist deshalb nach dem Bundesarbeitsgericht nur bis zur Höhe von 25 % zulässig.186 Andernfalls könnte der Arbeitgeber das allein ihm obliegende Wirt-
180 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 21 f. 181 MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 12 TzBfG Rn 9; ErfK/Preis, 16. Aufage 2016, § 12 TzBfG Rn 15; Kramer/Keine, ArbRAktuell 2010, 233, 234. 182 MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 12 TzBfG Rn 9; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG Rn 16; Meinel/Heyn/Herms/Heyn, § 12 TzBfG Rn 33. 183 MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 12 TzBfG Rn 9. 184 BAG Urt. v. 07.12.2005 – 5 AZR 535/04; anders noch BAG Urt. v. 12.12.1984 – 7 AZR 509/83; Meinel/ Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 28a. 185 BAG Urt. v. 07.12.2005 – 5 AZR 535/04; Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 29. 186 BAG Urt. v. 07.12.2005 – 5 AZR 535/04; bestätigt von BVerfG Urt. v. 23.11.2006 – 1 BvR 1909/06.
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schaftsrisiko entgegen § 615 BGB auf den Arbeitnehmer übertragen und ihn damit unzumutbar benachteiligen. Umgekehrt dürfte auch eine Reduzierung der Arbeitszeit um 20 % von der vereinbarten Höchstarbeitszeit zulässig sein oder eine entsprechende Bandbreitenregelung, die ausgehend von einer Durchschnittsarbeitszeit Abweichungen nach oben und nach unten zulässt. Allerdings kann die Erhöhungsund Absenkungsspanne nur so miteinander kombiniert werden, dass sie insgesamt eine Spanne von maximal 25 % erreicht.187 Je geringer die vereinbarte wöchentliche Höchst-, Mindest- oder Durchschnitts- 101 arbeitszeit ist, desto geringer ist auch die vom Arbeitgeber einseitig abrufbare flexible Arbeitsleistung. Bei der Vertragsgestaltung müssen Arbeitgeber insgesamt darauf achten, dass die tariflich und gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeiten nicht überschritten werden. Praxishinweis: Aus Transparenzgründen sollte in die Klausel aufgenommen werden, dass sich die Vergütung für die zusätzlich abgerufene Arbeitsleistung entsprechend der Höhe der durchschnittlichen Stundenvergütung erhöht und im Fall der Arbeitszeitverringerung entsprechend reduziert. Eine entsprechende Klarstellung sollte zusätzlich in die Vergütungsregelung aufgenommen werden.
Der flexible Abruf von Mehrarbeit im Rahmen des § 12 TzBfG ist grundsätzlich nicht 102 an das Vorliegen konkreter Sachgründe gebunden, wie dies etwa für die AGB-Kontrolle vertraglicher Widerrufsvorbehalte vom Bundesarbeitsgericht anerkannt worden ist.188 Vielmehr muss es grundsätzlich ausreichen, wenn betriebliche Erfordernisse den Mehrbedarf an Arbeitskraft rechtfertigen. Eine weitergehende Konkretisierung der Sachgründe stößt auf Schwierigkeiten und würde letztlich zu einer bloßen Leerformel führen.189 Praxishinweis: Auf die Angabe von Sachgründen sollte verzichtet werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Arbeitgeber bei der Vertragsgestaltung nicht sämtliche Abrufgründe berücksichtigt und sodann an die im Arbeitsvertrag genannten Gründe gebunden ist.
4. Kombination mit Ausgleichzeitraum In der Praxis ist es üblich, Abrufarbeit auch mit Elementen eines Arbeitszeitkontos zu 103 verbinden (sog. kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit „KAPOVAZ“). Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich bisher nicht eindeutig dazu geäußert, ob die
187 Bauer/Günther, DB 2006, 950. 188 Vgl. dazu nur BAG Urt. v. 20.04.2011 – 5 AZR 191/10. 189 Zum fehlenden Nutzen solcher Leerformeln vgl. BAG Urt. v. 14.08.2007 – 9 AZR 18/07; Hohenstatt/Schramm, NZA 2007, 238, 239 f.; MüKo-BGB/Müller-Glöge, § 12 TzBfG Rn 9.
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Abrufarbeit in einem starren wöchentlichen Bezugszeitraum erfolgen muss oder ob alternativ auch Arbeitszeitkontingente auf Monats- oder Jahresbasis abgeschlossen werden können.190 Nach der Gesetzesbegründung soll § 12 TzBfG aber gerade dazu dienen, auf einen langfristig nicht vorhersehbaren schwankenden Arbeitskräftebedarf zu reagieren.191 Dies spricht entscheidend dafür, dass die „wöchentliche Arbeitszeit“ im Sinne des § 12 TzBfG nur als Durchschnittsgröße zu verstehen ist, die dem Arbeitnehmer ein festes regelmäßiges Arbeitseinkommen zusichern soll, sodass Arbeitszeitkontingente auch auf Monats- oder Jahresbasis grundsätzlich möglich sind.192 Welche Dauer des Bezugszeitraums nach § 307 Abs. 1 BGB noch angemessen 104 ist, hat das Bundesarbeitsgericht bisher nicht entschieden. Sowohl § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG als auch § 2 Abs. 1 Satz 2 TzBfG indizieren aber, dass der Gesetzgeber einen Jahreszeitraum als grundsätzlich angemessen anerkennt.193 Nach anderer Ansicht wird jedenfalls ein Ausgleichszeitraum von bis zu sechs Monaten als zulässig erachten.194 Sofern ein längerer Bezugszeitraum mit einem flexiblen Stundenumfang ver105 knüpft wird, wie dies bei einer sog. KAPOVAZ-Abrede typischerweise der Fall ist, nimmt das Schutzinteresse des Arbeitnehmers an einer Einschränkung der Flexibilisierung durch den Arbeitgeber aber zu. Ob das flexible Arbeitszeitvolumen bei Vereinbarung eines Ausgleichszeitraums ebenfalls 25 % betragen kann, unterliegt deshalb Zweifeln.195 Denn bei einer längeren Ausgleichsspanne trägt der Arbeitnehmer dann neben der Unsicherheit über die zeitliche Lage der Arbeitszeit auch noch die Unsicherheit über die Dauer der Arbeitszeit. Deshalb sollte der von Rechtsprechung anerkannte Abrufspielraum von 25 % im Rahmen von KAPOVAZ-Abreden auf ca. 10 % der Mindestarbeitszeit eingeschränkt werden.196 Nach anderer Ansicht muss die Flexibilisierungsbandbreite sogar noch weiter eingeschränkt werden und umgekehrt proportional zur Länge des Bezugszeitraums verlaufen.197
190 So etwa LAG Düsseldorf Urt. v. 30.08.2002 – 9 Sa 709/02. 191 BT-Drucks. 10/2102, S. 25. 192 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 27; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG Rn 17; MüKo-BGB/Müller-Glöge, § 12 TzBfG Rn 10; Busch, NZA 2001, 593, 594; Kleinebrink, ArbRB 2006, 152, 153; Kramer/Keine, ArbRAktuell 2010, 233, 235; Wisskirchen/Bissels, NZA-Beilage 2006, 24, 25. 193 Preis/Preis, Der Arbeitsvertrag, 3. Auflage 2015 II A 90 Rz. 170; Kleinebrink, ArbRB 2006, 152, 153; Kramer/Keine, ArbRAktuell 2010, 233, 235. 194 Hunold, NZA 2003, 896, 899; Wisskirchen/Bissels, NZA 2006, Beilage 1 Nr. 1, 24, 27. 195 So aber in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Kleinebrink, ArbRB 2006, 152, 153. 196 Preis/Preis, Der Arbeitsvertrag, 3. Auflage 2015 II A 90 Rz. 171. 197 Kramer/Keine, ArbRAktuell 2010, 233, 235.
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5. Kombination mit Überstunden Zusätzlich zur Festlegung des variablen Abrufs von Arbeit kann der Arbeitgeber sich 106 im Arbeitsvertrag auch die Ableistung von Überstunden vorbehalten. Bei der Anordnung von Überstunden überschreitet der Arbeitgeber das arbeitsvertraglich geschuldete maximale Arbeitszeitvolumen aufgrund eines nur vorübergehenden zusätzlichen Arbeitsbedarfs, während bei der Abrufarbeit von vorneherein klar ist, dass der Personalbedarf mitunter schwankt.198 Praxishinweis: Eine Überstundenregelung kann zur Vereinbarung von Abrufarbeit im Arbeitsvertrag hinzutreten. Für die Anordnung von Überstunden gelten in diesem Fall die Einschränkungen des § 12 TzBfG, einschließlich der Mindestankündigungsfrist nicht. Allerdings muss der Arbeitgeber das Recht, Überstunden anzuordnen, gesondert vereinbaren, sodass es eindeutig von der Abrufarbeit abgegrenzt werden kann. Zudem sollten Formulierungen in der Klausel zur Abrufarbeit vermieden werden, die auf eine Überstundenklausel hindeuten, z. B. dergestalt dass die Abrufarbeit nur aufgrund „besonderer betrieblicher Umstände“ anfällt.199
IV. Grenzen der Festlegung der Arbeitszeit Bei dem Abruf der Leistung ist der Arbeitgeber an die Grundsätze des billigen Ermes- 107 sens gemäß § 106 GewO gebunden. Er muss vor dem Abruf die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abwägen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigen. Die Interessen des Arbeitnehmers können durch familiäre, gesundheitliche oder weitere berufliche Verpflichtungen, durch Freizeitinteressen, aber auch durch die Abhängigkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln betroffen sein.200 Zudem muss der Arbeitgeber die rechtlichen Grenzen des Arbeitszeitgesetzes zum Schutz des Arbeitnehmers wahren, insbesondere die Ruhenszeit (§ 5 ArbZG) und die Höchstarbeitszeit (§ 3 ArbZG) einhalten.
1. Ankündigungsfrist Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer die Lage der Arbeitszeit jeweils mindes- 108 tens vier Tage im Voraus mitteilen, sofern der anwendbare Tarifvertrag keine abweichende kürzere Frist vorsieht. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer kürzeren Ankündigungsfrist oder der Verzicht auf die Frist ist gemäß § 134 BGB unwirksam.201
198 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 47. 199 Hohenstatt/Schramm, NZA 2007, 238. 200 Vgl. ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG Rn 33. 201 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 46; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG Rn 25.
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Die Berechnung der Ankündigungsfrist richtet sich nach §§ 186 ff. BGB. Bei der Berechnung der Frist sind deshalb auch Wochenendtage einzubeziehen, sodass bei einem gewünschten Einsatz am Montag die Ankündigung bis spätestens Mittwoch der Vorwoche erfolgen muss.202 Kommt der Arbeitgeber der Ankündigungsfrist nicht nach, ist der Arbeitnehmer nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet (§ 12 Abs. 2 TzBfG).203 Nimmt der Arbeitnehmer das Arbeitsangebot gleichwohl an, ist die geleistete Arbeitszeit trotz zu kurzer Ankündigungsfrist auf das Arbeitszeitdeputat anzurechnen und entsprechend zu vergüten.204 Lehnt der Arbeitnehmer das Angebot ab, entsteht grundsätzlich auch keine Vergütungspflicht. Allerdings kann der Arbeitgeber in Annahmeverzug geraten.205
2. Mindestdauer der täglichen Arbeitszeit
110 Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit vertraglich nicht festgelegt ist, muss die fest-
gelegte Arbeitszeit gemäß § 12 Abs. 1 Satz 4 TzBfG jeweils mindestens drei Stunden umfassen. Damit soll zum Schutz des Arbeitnehmers verhindert werden, dass der Arbeitnehmer vielfach und sehr kurzfristig zur Arbeitsleistung herangezogen wird. Eine abweichende vertragliche Regelung, z. B. eine drei Stunden unterschreitende Arbeitszeit oder die Stückelung der Arbeitszeit in kürzere Abschnitte, bleibt den Parteien gemäß § 12 Abs. 1 Satz 4 TzBfG aber vorbehalten.206 Allerdings sollte auf die Angemessenheit einer entsprechenden Vertragsgestal111 tung nach § 307 BGB geachtet werden. Sofern im Arbeitsvertrag kürzere tägliche Arbeitszeiten für den Arbeitnehmer verbindlich festgelegt sind, benachteiligt ihn eine solche Vereinbarung nicht unangemessen, weil er sich bei Vertragsschluss auf die Kürze der Arbeitszeit einstellen und z. B. etwaige Fahrtstrecken einplanen kann. Pauschale Vorbehalte, nach denen der Arbeitnehmer dazu verpflichtet sein soll, auf Abruf des Arbeitgebers täglich auch zu kürzeren Arbeitseinheiten oder zu geteilten Arbeitseinheiten anzutreten, sind wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unzulässig.207
202 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 41; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG Rn 26. 203 ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG Rn 29. 204 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2016, § 12 TzBfG Rn 43. 205 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2016, § 12 TzBfG, Rn 45; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG, Rn 31. 206 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, § 12 TzBfG, 5. Auflage 2015, Rn 31; MüKo-BGB/Müller-Glöge, § 12 TzBfG, Rn 13; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG, Rn 22; BT-Drucks. 10/2102, S. 25 zu § 4 BeschFG. 207 MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 12 TzBfG, Rn 13; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG, Rn 22; Kramer/Keine, ArbRAktuell 2010, 233, 234.
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Praxishinweis: Sofern der Arbeitgeber sich vorbehalten will, die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Einzelfall flexibel auch für kürzere Zeiträume abzurufen, sollte diese Flexibilisierung sprachlich und inhaltlich abgetrennt vereinbart werden, z. B. in einem eigenen Absatz. Nur so ist gewährleistet, dass eine unwirksame Klausel bei Anwendung des blue-pencil-Tests gestrichen werden kann, ohne dass die gesamte Abrufklausel unwirksam wird. Zudem sollte das 3-Stunden-unterschreitende Abrufrecht des Arbeitgebers eingeschränkt werden, z. B. durch eine abschließende Benennung von Sachgründen.
Wird der Arbeitnehmer zu einem drei Stunden unterschreitenden Einsatz abgerufen, 112 hat er nach dem Schutzzweck des § 12 Abs. 1 TzBfG einen Vergütungsanspruch für drei Stunden, auch wenn er nur eine kürzere Zeit arbeitet. Eines besonderen Leistungsverweigerungsrechts bedarf es daneben nicht.208
V. Weitergehende Möglichkeiten durch tarifvertragliche Regelung Durch Tarifverträge sind noch umfassendere Abweichungen von der Mindestarbeits- 113 zeit nach § 12 Abs. 1 TzBfG und der Ankündigungsfrist nach § 12 Abs. 2 TzBfG zulässig, sofern der Tarifvertrag Regelungen über die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit und die Vorankündigungsfrist vorsieht.209
VI. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats Die Regelung von Abrufarbeit unterliegt allenfalls dann dem Mitbestimmungsrecht 114 des Betriebsrats, wenn ein kollektiver Bezug der Maßnahme gegeben ist.210 Die individuelle Festlegung der kapazitätsorientierten Arbeitszeit innerhalb des vertraglich vereinbarten Rahmens ist nicht mitbestimmungspflichtig.211 Dagegen unterliegen allgemeine Regelungen zur Einführung oder Gestaltung von Abrufarbeit der Mitbestimmungspflicht.212
208 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 38; MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 12 TzBfG Rn 14. 209 MüKo-BGB/Müller-Glöge, § 12 TzBfG Rn 15; Annuß/Thüsing/Jacobs, 3. Auflage 2012, § 12 TzBfG Rn 59. 210 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 5; zur Voraussetzung des kollektiven Bezugs BAG Urt. v. 11.11.1986 – 1 ABR 17/85. 211 BAG Beschl. v. 24.05.1989 – 2 AZR 537/88. 212 BAG Beschl. v. 28.09.1988 – 1 ABR 41/87; BAG Urt. v. 13.10.1987 – 1 ABR 51/86; Meinel/Heyn/ Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 5; Annuß/Thüsing/Jacobs, 3. Auflage 2012, § 12 TzBfG Rn 66.
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Kapitel 3 Arbeitsleistung
Muster einer Arbeit-auf-Abruf-Klausel Es empfiehlt sich folgende Formulierung für eine allgemeine Arbeit-auf-Abruf-Klausel: „Der Arbeitnehmer erbringt seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall. Über den Abruf der Arbeitsleistung entscheidet der Arbeitgeber nach dem betrieblichen Bedarf unter Beachtung der gesetzlichen Grenzen. Der Arbeitgeber teilt dem Arbeitnehmer spätestens vier Tage im Voraus die Arbeitszeit für die Folgewoche hinsichtlich ihrer Dauer und Zeiteinteilung mit. Die tägliche Arbeitszeit beträgt pro Einsatztag mindestens 3 Stunden. Bei einer Bandbreitenregelung empfiehlt sich folgende Regelung: Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt mindestens 30 Stunden pro Woche ausschließlich Pausen, wobei jeweils mindestens drei Stunden zusammenhängend zu arbeiten sind. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf Anforderung des Arbeitgebers bis maximal 7,5 Stunden pro Woche zusätzliche Arbeit zu leisten. Für die zusätzlich abgerufenen Stunden erhält der Arbeitnehmer dieselbe Vergütung pro geleisteter Arbeitsstunde wie für die Arbeitsstunden innerhalb der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Ein Anspruch auf zusätzliche Beschäftigung besteht auch nach mehrmaligem Abruf einer erhöhten Arbeitszeit nicht.“ Bei unregelmäßigem Abruf und unregelmäßigem Umfang der Arbeitszeit: Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt im Zeitraum von sechs Monaten durchschnittlich 6 Stunden werktäglich. Der Arbeitnehmer ist auf Abruf zur Leistung von Mehrarbeit im Umfang von maximal 10 % der Mindestarbeitszeit verpflichtet. Ruft der Arbeitgeber die Mindestarbeitszeit nach Satz 1 innerhalb dieses Zeitraums nicht ab, wird der nicht abgerufene Teil dem nächsten Abrechnungsmonat zugeschlagen. Der Übertrag beträgt maximal 10 % des vertraglich vereinbarten Mindestarbeitszeit.
G. Arbeitszeitkonten I. Allgemeine Erwägungen 115 Arbeitszeitkonten ermöglichen den Parteien eine flexible Verteilung der Arbeitszeit
bei gleichbleibendem Entgelt.213 Es sind verschiedenste Formen des Arbeitszeitkontos denkbar. Kurzzeitkonten ermöglichen eine variable Verteilung der Arbeitszeit innerhalb z. B. eines Monats oder eines Jahres. Langzeitkonten können einen deutlich längeren Ausgleichszeitraum vorsehen, z. B. in der Form des sog. Lebensarbeitszeitkontos oder zur Aufsparung von Arbeitszeit für eine vorübergehende Freistellung, z. B. die Wahrnehmung eines Sabbatical214 oder den früheren Renteneintritt.215 Bei einem Arbeitszeitkonto vereinbaren die Parteien, dass die zu leistende 116 Arbeitszeit nicht wöchentlich festgelegt ist, sondern in einem Ausgleichszeitraum erbracht wird. Dadurch können Arbeitgeber bei hohem Arbeitsaufkommen teure Überstundenzuschläge vermeiden, während sie bei geringem Arbeitsaufkom-
213 Hierdurch unterscheiden sich Arbeitszeitkonten insbesondere vom flexiblen Abruf von Arbeitszeit, vgl. dazu bereits oben Ziffer VI. 214 Vgl. dazu ausführlich Böhm, ArbRB 2010, 289, 292. 215 Zur Unterscheidung Skorzyk/Klups/Jacobsen, BB Spezial 4, 2, zu BB 2007, Heft 15; Klemm, NZA 2006, 946, 947, Gaul/Koehler, ArbRB 2009, 272 f.
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G. Arbeitszeitkonten
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men nicht daran gebunden sind, die Arbeitnehmer zu beschäftigen.216 Anders als bei der Abrufarbeit legt bei Arbeitszeitkonten nicht der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit einseitig fest. Vielmehr vereinbaren die Parteien in der Regel gemeinsam eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit oder es obliegt dem Arbeitnehmer im Wege einer Gleitzeitabrede die Arbeitszeit frei einzuteilen. Rechtlich zu unterscheiden ist zwischen der arbeitsrechtlich determinierten Fle- 117 xibilisierung der Arbeitszeit durch Zeitkonten und der sozialrechtlichen Folgen der damit verbundenen Flexibilisierung. Letzteres ist nur bei Langzeitkonten relevant, in denen der Arbeitnehmer zwar über einen längeren Zeitraum Entgelt erhält, aber tatsächlich keine Arbeitsleistung erbringt. Die sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Langzeitkonten war jahrelang problematisch. Seit dem sog. FlexiI-Gesetz217 wird die sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung auch bei längeren Zeiträumen der Nichtarbeit innerhalb der Grenzen des § 7 Abs. 1a SGB IV aber fingiert. Das Arbeitsentgelt wird dazu erst verbeitragt, wenn der Arbeitnehmer sein Zeitguthaben abruft. Durch das Flexi-II-Gesetz218 hat das durch ein Arbeitszeitkonto erlangte Wertguthaben eine weitergehende Privilegierung erhalten, sofern die Voraussetzungen des § 7b SGB IV erfüllt sind. Voraussetzung für die Privilegierung ist aber, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine schriftliche Vereinbarung über Arbeitszeitkonto abgeschlossen wird, vgl. § 7 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 SGB IV. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber gemäß § 7d SGB IV Regelungen zur Insolvenzsicherung vorsehen.219
II. Zulässigkeit von Arbeitszeitkonten Die Rechtsprechung erkennt Arbeitszeitkontenmodelle grundsätzlich an, sofern 118 keine abweichenden tarifvertraglichen Regelungen entgegenstehen.220 Allerdings hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die Vereinbarung von Arbeitszeitkonten; ein solcher Anspruch folgt insbesondere auch nicht aus den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften zur Behandlung von Wertguthaben.221
216 Wisskirchen/Bissels, NZA Beil. 2006, 24. 217 BGBl. 1998, 688. 218 BGBl. 2008, 2940. 219 Siehe zu näheren Details Skorzyk/Klups/Jacobsen, BB Spezial 4, 2, zu BB 2007, Heft 15; Böhm, ArbRB 2015, 19 ff. 220 BAG Urt. v. 13.12.2000 – 5 AZR 334/99; BAG Urt. v. 29.01.2002 – 1 AZR 227/01, BAG Urt. v. 09.08.2000 – 4 AZR 452/99; ErfK/Preis, 15. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 21; Wisskirchen/Bissels, NZABeil. 2006, 24, 27. 221 LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 15.04.2010 – 10 Sa 755/09; Böhm, ArbRB 2015, 19.
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Kapitel 3 Arbeitsleistung
1. Zeitarbeitnehmer
119 Umstritten ist, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen Arbeitszeitkonten
in Verträgen mit Zeitarbeitnehmern zulässig sind. Es geht dabei insbesondere um die Frage, ob Arbeitszeitkonten in Arbeitsverträgen mit Zeitarbeitnehmern mit § 11 Abs. 4 S. 2 AÜG vereinbar sind, wonach grundsätzlich der Verleiher das Risiko tragen soll, den Zeitarbeitnehmer auch in verleihfreien Zeiten zu vergüten.222 Weitestgehend Einigkeit besteht darin, dass Arbeitszeitkonten nicht dazu führen dürfen, dass das wirtschaftliche Risiko des Verleihers der Nichtbeschäftigung in verleiherfreien Zeiten auf den Zeitarbeitnehmer übertragen wird.223 Allerdings besteht insbesondere im Zeitarbeitsverhältnis ein Bedürfnis für eine 120 Flexibilisierung der Arbeitszeit. Da der Verleiher nach dem Gebot der Gleichbehandlung gemäß § 10 Abs. 4 AÜG gehalten ist, den Zeitarbeitnehmer in einem dem vergleichbarer Stammarbeitnehmer beim Entleiherbetrieb entsprechenden zeitlichen Umfang zu beschäftigen, kann die Arbeitszeit im Vorhinein nicht starr fixiert werden. Denn die Dauer der Arbeitszeit kann je nach Entleiher unterschiedlich sein.224 Vor diesem Hintergrund hat das Bundesarbeitsgericht jüngst entschieden, 121 dass Arbeitszeitkonten auch bei Zeitarbeitnehmern grundsätzlich zulässig sind.225 Allerdings hat auch das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich festgehalten, dass das Arbeitszeitkonto nicht dazu eingesetzt werden darf, § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG zu umgehen und das vom Verleiher zu tragende Beschäftigungsrisiko auf den Zeitarbeitnehmer abzuwälzen.226 Zudem sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Regelungen, die es dem Verleiher ermöglichen, in verleihfreien Zeiten einseitig das Arbeitszeitkonto abzubauen, unwirksam. Dies gelte unabhängig davon, ob dem Zeitarbeitnehmer in verleihfreien Zeiten die vertraglich versprochene Vergütung durchgängig gezahlt werde. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in der Folge bereits eine Arbeitszeitkontenregelung für unzulässig erklärt, bei der vorhandene Plusstunden mit Minusstunden in einsatzfreien Zeiten einseitig verrechnet wurden.227 Gleichwohl hat das LAG Berlin-Brandenburg klargestellt, dass ein Arbeits-
222 Thüsing/Pötters, BB 2012, 317; Schüren, BB 2012, 1411; Ulber, NZA 2009, 232. 223 BAG Urt. v. 16.04.2014, 5 AZR 483/12, juris, Rn. 24; BSG Urt. v. 21.07.2009 – B 7 AL 3/08 R, juris, Rn 19 ff.; LAG Baden-Württemberg Urt. v. 29.04.2009 – 17 Sa 4/09, juris, Rn 21 ff.; LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 24.04.2008 – 10 Sa 19/08, juris, Rn 49 ff.; Thüsing/Pötters, BB 2012, 317, 318; Thüsing/Mengel, 3. Auflage 2012, § 11 AÜG Rn 40; Schüren/Hamann/Schüren, 4. Auflage 2010, § 11 AÜG Rn 94, Ulber, 4. Auflage 2011, § 11 AÜG Rn 94, ErfK/Wank, 16. Auflage 2016, § 11 AÜG Rn 16. 224 So auch die Begründung des BAG in der Entscheidung vom 16.04.2014 – 5 AZR 483/12. 225 BAG Urt. v. 16.04.2014 – 5 AZR 483/12. 226 BAG Urt. v. 16.04.2014 – 5 AZR 483/12; Schüren, BB 2012, 1411. 227 LAG Berlin-Brandenburg Urt. v. 17.12.2014 – 15 Sa 982/14; in diese Richtung auch Schüren, BB 2012, 1411, 1412.
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G. Arbeitszeitkonten
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zeitkonto in verleihfreien Zeiten zumindest mit Zustimmung des Arbeitnehmers abgebaut werden kann.228
2. Regelungsvorgaben durch das Mindestlohngesetz Seit Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes (MiLoG) zum 1. Januar 2015 hat jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts in Höhe von 8,50 brutto pro Zeitstunde. Dies schließt eine Arbeitszeitflexibilisierung zwar nicht endgültig aus. Allerdings muss der Arbeitgeber bei der arbeitsvertraglichen Vereinbarung von Arbeitszeitkonten die Fälligkeitsregelungen des § 2 Abs. 1 und 2 MiLoG beachten,229 sofern es sich bei dem Arbeitszeitkonto nicht um eine Wertguthabenvereinbarung im Sinne des § 7b SGB IV handelt.230 Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MiLoG muss der Arbeitgeber den Mindestlohn zum vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt zahlen, spätestens aber gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MiLoG am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Tag folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine verspätete Zahlung des Mindestlohns kann nach §§ 20, 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG mit empfindlichen Bußgeldern belegt werden. Die strenge Fälligkeitsregelung des Mindestlohngesetzes steht einer Übertragung von Arbeitszeitkonten grundsätzlich entgegen.231 Den Arbeitsvertragsparteien eröffnet § 2 Abs. 2 MiLoG aber weitergehend die Möglichkeit, Arbeitsstunden, die über die vertragliche Arbeitszeit hinausgehen, in ein schriftlich vereinbartes Arbeitszeitkonto einzustellen. Die auf das Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden dürfen monatlich 50 % der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht übersteigen, vgl. § 2 Abs. 2 Satz 3 MiLoG.232 Zudem sind die zusätzlichen Arbeitsstunden spätestens innerhalb von 12 Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung oder Zahlung des Mindestlohns auszugleichen. Etwas anderes gilt für Arbeitsverhältnisse, bei denen der Anspruch auf den Mindestlohn bereits durch das verstetigte Arbeitsentgelt erfüllt ist, also dann wenn der Arbeitnehmer ohnehin ein monatliches Entgelt im maßgeblichen Monat erhalten hat, das den Mindestlohn deutlich übersteigt. In diesem Fall kann der Ausgleichszeitraum für die Mehrarbeitsstunden länger als zwölf Monate betragen.233
228 LAG Berlin-Brandenburg Urt. v. 17.12.2014 – 15 Sa 982/14. 229 Erfk/Preis, 16. Auflage 2016, § 2 MiLoG Rn 4a; Bonanni/Hahne, ArbRB 2014, 343 344; Spillberger/ Schilling, NJW 2014, 2897, 2800. 230 Jöris/Steinau-Steinrück, BB 2014, 2101, 2104. 231 Moll/Päßler/Reich, MDR 2015, 125, 128; Lambrich/Mitius, DB 2015, 126. 232 Jöris/Steinau-Steinrück, BB 2014, 2101, 2104. 233 Jöris/Steinau-Steinrück, BB 2014, 2101, 2104; Lambrich/Mitius, DB 2015, 126, 129; Spillberger/Schilling, NJW 2014, 2897, 2800.
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Kapitel 3 Arbeitsleistung
Praxishinweis: Sofern die Vergütung des Arbeitnehmers die Grenzen des Mindestlohngesetzes nicht eindeutig übersteigt, sollte eine Tilgungsbestimmung dahingehend aufgenommen werden, dass die § 2 Abs. 2 MiLoG unterfallenden Stunden stets zuerst abzubauen sind. 126 Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 1 MiLoG müssen die in einem bestimmten Monat
geleisteten Plusstunden innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten ausgeglichen werden. Der Gesetzeswortlaut schreibt somit eine zukunftsbezogene Betrachtung vor, die strenggenommen eine Verrechnung mit bereits entstandenen Minusstunden ausschließt.234 Ob die Rechtsprechung einer solchen engen Auslegung folgen wird, ist derzeit unklar. Jedenfalls sollten Arbeitgeber Negativsalden auf Arbeitszeitkonten so gut wie möglich vermeiden. Praxishinweis: Unterliegt der Betrieb des Arbeitgebers starken saisonalen Schwankungen, erscheint es sinnvoll, den Ausgleichszeitraum beginnend mit dem Saisonstart festzulegen. Dies ist von der Rechtsprechung zwar bisher nicht entschieden, eröffnet dem Arbeitnehmer aber die Möglichkeit, zunächst Plusstunden anzusammeln, die in den folgenden 12 Monaten, außerhalb des Saisonbetriebs, abgebaut werden können.
III. Wirksamkeitsanforderungen 127 AGB-rechtlich stellt die Vereinbarung von Arbeitszeitkonten eine abweichende
Regelung der Leistungsfrist dar (§ 308 Nr. 1 BGB), die allerdings durch arbeitsrechtliche Besonderheiten im Sinne des § 310 Abs. 4 BGB gerechtfertigt ist.235 Die Vereinbarung von Arbeitszeitkonten mit längeren Ausgleichszeiträumen stärkt überdies auch die kündigungsrechtliche Position des betroffenen Arbeitnehmers. Denn nach der Rechtsprechung muss der Arbeitgeber einen etwaigen Beschäftigungsüberhang zunächst durch Abbau von Plusstunden beheben, bevor er betriebsbedingte Kündigungen ausspricht.236
1. Arbeitszeit
128 Bei Jahresarbeitszeitkonten legen die Vertragsparteien grundsätzlich nur Volumen
und Bezugszeitraum des Arbeitszeitkontos fest. Sofern absehbar für einen bestimm-
234 Lambrich/Mitius, DB 2015, 126, 130. 235 MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 611 BGB Rn 1056. 236 BAG Urt. v. 08.11.2007 – 2 AZR 418/06; MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 611 BGB Rn 1056.
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G. Arbeitszeitkonten
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ten Zeitraum ein erhöhter Arbeitskräftebedarf, z. B. im Rahmen von Saisonarbeit, besteht, sollte der Arbeitgeber dies bereits verbindlich festlegen. Die Parteien müssen bei der Vereinbarung und Durchführung von Arbeitszeit- 129 konten die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes beachten.237 Gemäß § 3 Abs. 1 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit grundsätzlich maximal 8 Stunden betragen, sodass bei einer 6-Tage-Woche eine maximal zulässige Arbeitszeit von 48 Stunden gilt. Die Arbeitszeit kann vorübergehend auf 10 Stunden täglich verlängert werden, wenn innerhalb eines Ausgleichszeitraums von 6 Monaten oder 24 Wochen ein Ausgleich auf durchschnittlich maximal 8-Stunden werktäglich erfolgt. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, den Ausgleichszeitraum so zu gestalten, dass eine Überschreitung der Grenzen des Arbeitszeitgesetzes ausgeschlossen ist.
2. Führen von Arbeitszeitkonten Arbeitszeitkonten können in Stundendeputaten oder als Geldwert geführt werden. 130 Während Wertguthaben verzinst werden müssten, wirken spätere Entgelterhöhungen bei Stundendeputaten rückwirkend auf die bereits „vorgearbeiteten“ Zeiten.238 Gerade bei Langzeitkonten sind Wertguthaben zu empfehlen, da auf dem Kapitalmarkt eine bessere Rendite für die Verzinsung der Wertguthaben zu erwarten ist, als nach der dem Arbeitnehmer ggf. zustehenden Entgelterhöhung.239 Aufgrund der Einführung des Flexi-II-Gesetzes wird neuerdings sogar davon 131 ausgegangen, dass zumindest bei Langzeitkonten die langfristige Fortschreibung von Arbeitszeitguthaben nicht mehr zulässig ist, sondern es der der Vereinbarung von Wertguthaben bedarf.240 Letztlich müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine bestimmte Berechnungseinheit festlegen, die ggf. auch besondere Formen der Arbeitszeit, z. B. Feiertagsarbeit, Bereitschaftsdienst oder Überstunden, gesondert berücksichtigt. Praxishinweis: Grundlage für Höhe und Umfang der Arbeitszeitkonten ist ihre Berechnung. Häufig werden entstandene Arbeitszeitstunden unterschiedlich bewertet, je nachdem ob mit der Arbeitserbringung eine geringere, z. B. bei Bereitschaftsdienst, oder eine besondere Belastung, z. B. bei Wochenend- oder Nachtarbeit, des Arbeitnehmers einhergeht.241 Eine Berechnung der konkreten Arbeitszeit und der Umrechnungsschlüssel für die erbrachten Zeitstunden sollte dem Arbeitsvertrag deshalb als Anlage beigefügt werden.
237 Wisskirchen/Bissels, NZA-Beil. 2006, 24, 26. 238 Löwisch/Rieble, 3 Auflage 2013, § 1 TVG Rn 1631. 239 Skorzyk/Klups/Jacobsen, BB Spezial 4, 2, zu BB 2007, Heft 15. 240 MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 611 BGB Rn 1057. 241 Vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Differenzierung BAG Urt. v. 17.03.2010 – 5 AZR 296/09; MüKoBGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 611 BGB Rn 1056.
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Kapitel 3 Arbeitsleistung
132 Der Arbeitnehmer sollte wahlweise Einsicht in das Arbeitszeitkonto nehmen können
oder der Stand des Arbeitszeitkontos sollte ihm monatlich mitgeteilt werden. Sofern der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Stand seines Arbeitszeitkontos vorbehaltlos mitteilt, gilt der mitgeteilte Saldo nach der zweifelhaften Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als streitlos gestellt.242
3. Festlegung der Arbeitszeit
133 Typischerweise kann der Arbeitnehmer bei der Vereinbarung von Arbeitszeitkonten
die Lage der Arbeitszeit frei bestimmen. Allerdings sollte der Arbeitgeber sicherstellen, dass die vertragliche Abrede eine Einschränkung des Leistungsbestimmungsrechts des Arbeitnehmers dergestalt vorsieht, dass dieser die betrieblichen Bedürfnisse zu berücksichtigen hat bzw. gewisse Kernarbeitszeiten beachten muss. Ebenfalls kann für bestimmte Zeiträume ein bedarfsgerechter Arbeitseinsatz im Arbeitsvertrag fest vorgesehen werden. So bietet es sich etwa an, bei vorhersehbaren saisonalen Schwankungen für die arbeitsintensivsten Monate eine feste Arbeitszeit zu vereinbaren. Bei der Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos sind teilweise auch die Grenzen des 134 § 12 TzBfG zu berücksichtigen, sofern dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zugewiesen wird.243 Sofern das Leistungsbestimmungsrecht für die Lage der Arbeitszeit aber dem Arbeitnehmer obliegt, wie bei Gleitzeit, greift § 12 TzBfG dagegen nicht ein.244
4. Abbau von Arbeitszeitkonten
135 Arbeitsvertraglich ist vor allem bei Kurzzeitkonten zu regeln, unter welchen Voraus-
setzungen der Abbau von Arbeitszeitkonten erfolgen kann. Dem Arbeitgeber steht grundsätzlich keine einseitige Ersetzungsbefugnis zu, das heißt er kann einen bereits entstanden Anspruch auf Vergütungsleistung nicht einseitig durch Anordnung von Freizeitausgleich vergüten.245 Allerdings können die Arbeitsvertragsparteien einvernehmlich eine Wahlschuld des Arbeitgebers vereinbaren oder bestimmte Grenzen für den Ausgleich durch Arbeitszeitkonten vorsehen.246 Denn aus § 6 Abs. 5
242 BAG Urt. v. 28.07.2010 – 5 AZR 521/09. 243 Vgl. dazu bereits oben Kapitel VI. 244 Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Auflage 2015, § 12 TzBfG Rn 14; MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 12 TzBfG Rn 6; ErfK/Preis, 16. Auflage 2016, § 12 TzBfG Rn 9; Wisskirchen/Bissel, NZA-Beilage 2006, 24; 245 BAG Urt. v. 21.03.2012 – 5 AZR 676/11; BAG Urt. v. 18.09.2001 – 9 AZR 307/00; MüKo-BGB/MüllerGlöge, 6. Auflage 2012, § 611 BGB Rn 1057. 246 MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 611 BGB Rn 1057.
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ArbZG folgt, dass die Gleichsetzung von Vergütung und vergüteter Freizeit gesetzlich anerkannt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss der Aufbau und 136 Abbau von Arbeitszeitkonten grundsätzlich nicht denselben Grundsätzen folgen, da die Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto lediglich eine abstrakte Recheneinheit ist.247 Sofern Freizeitausgleich vereinbart wurde, ist es deshalb zulässig, wenn der Arbeitnehmer weniger Freizeitausgleich erhält, als er z. B. im Rahmen einer Rufbereitschaft zur Verfügung stand. Praxishinweis: Wegen der Dokumentationsfunktion von Arbeitszeitkonten darf der Arbeitgeber nicht einseitig korrigierend auf ein Arbeitszeitkonto zugreifen.248 Die der Führung des Arbeitszeitkontos zugrunde liegende Vereinbarung muss dem Arbeitgeber deshalb die Möglichkeit eröffnen, in das Arbeitszeitkonto eingestellte Arbeitsstunden wieder zu streichen.
5. Vergütung Die Vergütung des Arbeitnehmers bei Arbeitszeitkonten bemisst sich gleichbleibend 137 anhand der vereinbarten monatlichen oder wöchentlichen Durchschnittsarbeitszeit. Die entstehenden Minusstunden sollten als Vorschuss auf die monatliche Vergütung geführt werden, was AGB-rechtlich grundsätzlich zulässig ist.249 Dadurch erfolgt eine Verrechnung mit den laufenden Vergütungszahlungen des Arbeitnehmers. Sofern der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsvertrags noch Minusstunden aufgebaut hat, können diese ggf. bereicherungsrechtlich zurückgefordert werden, sofern die Klausel gemäß § 818 Abs. 3 BGB den Ausschluss der Entreicherung vorsieht.250 Da die Rückforderung von Entgelt in der Praxis aber regelmäßig schwierig ist, sollte darauf geachtet werden, nicht zu viele Minusstunden aufzubauen. Bestehen bei Beendigung des Arbeitsvertrages noch Plusstunden, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abrechnung und Auszahlung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.251
247 BAG Urt. v. 17.03.2010 – 5 AZR 296/09; MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 611 BGB Rn 1056. 248 BAG Urt. v. 21.03.2012 – 5 AZR 676/11. 249 MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 611 BGB Rn 1058. 250 Wisskirchen/Bissels, NZA-Beilage 2006, 24, 27 f.; MüKo-BGB/Müller-Glöge, 6. Auflage 2012, § 611 BGB Rn 1056. 251 BAG Urt. v. 28.07.2010 – 5 AZR 521/09.
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Kapitel 3 Arbeitsleistung
Praxishinweis In der Praxis werden Jahresarbeitszeitkonten häufig als Ampelkonto ausgestaltet. Für beide Parteien hat dies den Vorteil, dass sie umgehend darauf hingewiesen werden, sofern ein bestimmter Arbeitszeitrahmen über- oder unterschritten wird. Dies ermöglicht dem Arbeitgeber frühzeitig Maßnahmen zur Regulierung der Arbeitszeit zu ergreifen, was beispielsweise erforderlich sein kann, um einen Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz zu vermeiden.
IV. Mitbestimmung 138 Dem Betriebsrat steht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht zu,
sofern mit einer Vielzahl von Arbeitnehmern Arbeitszeitkontenverträge abgeschlossen werden. Allein das Überschreiten der Jahresarbeitszeit löst als solche aber noch nicht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG aus.252
Muster einer Klausel zu Arbeitszeitkonten Die Parteien führen ein schriftliches Arbeitszeitkonto, in dem die tägliche Arbeitszeit hinsichtlich Umfang und Lage festgehalten wird. Der unmittelbare Vorgesetzte des Arbeitnehmers zeichnet die geleisteten Arbeitsstunden wöchentlich gegen. Die regelmäßige Arbeitszeit des Arbeitnehmers beträgt im Ausgleichszeitraum von 12 Monaten 40 Stunden, ausgehend von einer 5-Tage-Woche und einer durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden. Die Lage der Arbeitszeit wird durch den Arbeitgeber nach den betrieblichen Erfordernissen und unter Beachtung der Regelungen des Arbeitszeitgesetzes festgelegt. Der jeweilige Einsatz ist mindestens vier Tage im Voraus mitzuteilen. Arbeitsstunden werden auf der Grundlage des Monatsgehalts unter Berücksichtigung der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit berechnet. Für Zeiträume der gesetzlichen Entgeltfortzahlung wird für jeden vollen Werktag eine Arbeitszeit von 8 Stunden gutgeschrieben. Der Zeitsaldo darf zu keinem Zeitpunkt auf mehr als + 30 Stunden oder – 30 Stunden anwachsen. Ein entsprechender Zeitsaldo kann auf den Folgemonat übertragen werden. Minusstunden im Arbeitszeitkonto werden als Vorschuss auf das Gehalt geführt. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Grund und von welcher Partei, werden Minusstunden soweit möglich vollständig abgebaut. Sofern ein vollständiger Abbau der Minusstunden bis zum Vertragsende nicht möglich ist, werden verbleibende Minusstunden mit dem offenen Monatsgehalt verrechnet. Zur Abgeltung des Zeitbonus kann dem Arbeitnehmer Freizeit wie bei Urlaub bis zu einer zusammenhängenden Dauer von drei Wochen gewährt werden. Die Abgeltung des positiven Zeitkontos durch Freizeitausgleich bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Arbeitgebers.
252 BAG Urt. v. 11.12.2001 – 1 ABR 3/01.
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Kapitel 4 Vergütung A. Allgemeines I. Der Begriff Vergütung Die Vergütung ist, soweit synallagmatischer Vertragsbestandteil, Hauptpflicht des 1 Arbeitgebers, ggf. aber auch eine Nebenpflicht, wie etwa bei Zulagen. Bei der Gestaltung der Vergütung kommen als Rechtsquellen neben dem hier behandelten Arbeitsvertrag vor allem Tarifverträge und in den Grenzen der §§ 77 Abs. 3, 87 Abs. 1 BetrVG auch die Betriebsvereinbarung in Betracht. Daneben können Vergütungsansprüche durch Gesamtzusagen, betriebliche Übung oder die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes begründet werden. In der Praxis sehen die Regelungsquellen meist wie folgt aus: Fixvergütung
Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag
Variable Vergütung/Bonus
Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung
Dienstwagen
Arbeitsvertrag, selten: Betriebsvereinbarung
Sonstige entgeltlichen Vorteile
Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Gesamtzusage
Vergütung lässt sich weiter dahin aufteilen, ob für Zeit (Monats-, Tages- oder Stun- 2 denlohn) oder Leistung (Akkordlohn, Prämienlohn) gezahlt wird. Eine besonders starke Form der erfolgsabhängigen Entlohnung stellt die Provision dar.1 Soweit der Vereinbarung eines leistungsabhängigen Lohns nicht ausdrückliche Verbote entgegenstehen (§ 23 JArbSchG, § 4 MuSchG), ist die generelle Differenzierung meist ohne größeren Wert.
II. Die Vergütung als Arbeitsvertragsbestandteil 1. Arbeitgeber als Schuldner des Vergütungsanspruchs und Leistungen Dritter Grundsätzlich ist der Arbeitgeber Schuldner des Vergütungsanspruchs. Leistungen 3 Dritter zählen nicht unbedingt zum Entgelt im Sinne des Arbeitsverhältnisses, für das die arbeitsrechtlichen Regelungen gelten. Entwickelt hat das BAG dies anhand der sog. Nokia-Entscheidung,2 in der es um die Frage ging, ob die von der Muttergesell-
1 Vgl. Kap. 1 B III. 2 BAG, 12.2.2003 – 10 AZR 299/02 –.
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Kapitel 4 Vergütung
schaft des Arbeitgebers gewährten Aktienoptionen im Fall eines Betriebsübergangs Bestandteil des Arbeitsverhältnisses sind, das auf den Erwerber des Betriebs oder Betriebsteils nach § 613a Abs. 1 BGB übergeht und somit vom Erwerber hätten fortgeführt werden müssen. An sich können Aktienoptionen Vergütungsbestandteil sein.3 Das BAG entschied indes in der genannten Entscheidung, dass solche Leistungen nicht Bestandteil des Arbeitsverhältnisses sind, wenn sie ausschließlich von Dritten gewährt werden. Die steuerliche Betrachtung, wonach solche Leistungen lohnsteuerpflichtig sein können, und die arbeitsrechtliche Betrachtung laufen dann nicht mehr synchron. Praxistipp In Konzernen können bestimmte Vergütungsteile durch die Konzernmutter gewährt werden. Damit lässt sich jedenfalls in weiten Teilen die Geltung arbeitsrechtlicher Bestimmungen ausschließen, was die Gestaltung solcher Vergütungselemente vor allem bei Verfalls- und Stichtagsklauseln flexibler macht. 4 Unklar ist allerdings, ob hier gleichwohl Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG greifen.4 Die Frage ist von erheblicher Bedeutung. Denn wenn man ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bejaht, kann die Regelung durch Betriebsvereinbarung dann wiederum dazu führen, dass die Grundsätze des Arbeitsrechts gelten. Einen Sonderfall der Zahlung durch Dritte stellt ein Arbeitsverhältnis mit einer 5 Transfergesellschaft dar, in die Arbeitnehmer zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit durch eine dreiseitige Vereinbarung unter Aufhebung des Arbeitsverhältnisses wechseln. Das BAG geht davon aus, dass der Arbeitnehmer, der in die Transfergesellschaft gewechselt ist, keinen eigenständigen Vergütungsanspruch gegen die Transfergesellschaft hat, weil er keine Arbeitsleistung erbringt. Die Transfergesellschaft zahlt vielmehr nur die Leistungen der Arbeitsverwaltung in Form des Transferkurzarbeitergeldes nach § 111 SGB III aus.5
2. Ausnahmen: Vergütung ohne Arbeitsleistung
6 Verschiedene Bestimmungen (vor allem §§ 615, 616 BGB, § 3 EFZG, § 37 Abs. 2 BetrVG)
halten den Vergütungsanspruch auch dann aufrecht, wenn der Mitarbeiter keine Arbeitsleistung erbringt. Man spricht hier von Entgeltfortzahlungstatbeständen. Zu diesem Ergebnis führt letztlich § 1 BUrlG, wobei unklar ist, ob § 1 BUrlG ein eigenstän-
3 BAG, 28.5.2008 – 10 AZR 351/07 –. 4 Zumindest für einen Auskunftsanspruch, LAG Baden-Württemberg, 9.4.2014 – 19 TaBV 7/13 –. 5 BAG, 19.3.2014 – 5 AZR 299/13 –.
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A. Allgemeines
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diger Entgeltanspruch ist oder, wie das BAG früher vertrat, nur den arbeitsvertraglichen Vergütungsanspruch aufrechterhält.
3. Verhältnis zu kollektivrechtlichen Regelungen a) Mitbestimmung des Betriebsrats Zentrale Bestimmung bei der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung der 7 Vergütung ist § 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG. Danach hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung. Das Mitbestimmungsrecht setzt einen kollektiven Tatbestand voraus. Ferner besteht das Mitbestimmungsrecht nur bei der Verteilung. Der Arbeitgeber kann also mitbestimmungsfrei darüber entscheiden, ob er eine Leistung überhaupt erbringt und in welcher Gesamthöhe. Besteht das Mitbestimmungsrecht, kann der Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung verlangen, die nach § 87 Abs. 2 BetrVG gegebenenfalls über ein Einigungsstellenverfahren zustande kommt. Allerdings besteht bei der Frage, ob der Arbeitgeber überhaupt eine Leistung erbringt, kein Initiativrecht, d. h. der Betriebsrat kann den Arbeitgeber nicht per Betriebsvereinbarung dazu zwingen, eine bestimmte Leistung zu erbringen.
b) Kollision von Regelungen Arbeitsvertragliche Regelungen müssen daran gemessen werden, ob eine Regelung 8 durch einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung entgegensteht. – Der Arbeitsvertrag kann die Vergütung aus Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen nicht unterschreiten (§ 4 Abs. 3 TVG, § 77 Abs. 4 BetrVG). – Der Arbeitsvertrag setzt sich bei der Vergütung gegenüber einem Tarifvertrag und einer Betriebsvereinbarung jedoch durch, wenn die Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist. Dies ist der Grund, warum übertarifliche Gehaltsbestandteile in der Regel arbeitsvertragliche Regelungen sind. Soweit die Vergütung gesetzlich oder tariflich geregelt ist, sperrt § 87 Abs. 1 BetrVG 9 umgekehrt eine Regelung durch die Betriebsvereinbarung.6 Allerdings erlauben Tarifverträge im Wege von Öffnungsklauseln oft eine ergänzende Regelung durch Betriebsvereinbarungen (§ 77 Abs. 3 S. 2 BetrVG). Eine aufgrund einer solchen Öffnungsklausel geschlossene Betriebsvereinbarung wird aber unwirksam, wenn die entsprechende tarifliche Regelung entfällt, etwa weil der Tarifvertrag ohne die Öffnungsklausel neu vereinbart wird.7 § 77 Abs. 3 BetrVG sperrt darüber hinaus Regelungen durch eine Betriebsvereinbarung, wenn die Vergütung tarifüblich ist.
6 BAG, 22.7.2014 – 1 ABR 96/12 –. 7 BAG, 25.8.1983 – 6 ABR 40/82 –.
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Kapitel 4 Vergütung
4. Nettolohnabrede
10 Enthält der Arbeitsvertrag keine anderweitige Regelung, ist der Arbeitslohn als Brut-
tolohn geschuldet.8 Der Arbeitgeber nimmt dann die gesetzlichen Abzüge vor. Mit dem Abzug der Lohnsteuer „für Rechnung des Arbeitnehmers“ (§ 38 Abs. 3 S. 1 EStG) tilgt der Arbeitgeber zwar die Lohnsteuerschuld des Arbeitnehmers, er erfüllt damit aber nach Ansicht des BAG eine eigene steuerrechtliche Verpflichtung nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.9 Wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer abführt, kann er gegenüber dem Arbeitneh11 mer Erfüllung nach § 362 BGB einwenden. Der Arbeitgeber schuldet nach § 28d SGB IV weiter den sogenannten Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Die Besonderheit liegt nun darin, dass der Arbeitgeber nach § 28g SGB IV einen Anspruch gegen den Arbeitnehmer auf Erstattung des vom Arbeitnehmer zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags hat. Diesen Anspruch kann der Arbeitgeber nach § 28g S. 2 SGB IV jedoch nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend machen. Ein unterbliebener Abzug darf nach S. 3 der Vorschrift nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden und auch nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber den auf den Arbeitnehmer entfallenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags nur durch Aufrechnung gegen die nächsten drei Gehaltszahlungen geltend machen kann. Diese Vorschrift ist für den Arbeitgeber insbesondere dann problematisch, wenn der Arbeitnehmer ausgeschieden ist, da eine Aufrechnung dann nicht mehr möglich ist. Der Arbeitgeber zahlt in diesen Fällen auch den auf den Arbeitnehmer fallenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können im Arbeitsvertrag jedoch auch eine soge12 nannte Nettolohnabrede treffen. In diesem Fall ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Nettolohn für die Zwecke der gesetzlichen Abzüge hochzurechnen, um die Abzüge dann vornehmen zu können. Auf eine solche Nettolohnabrede deuten etwa ungekürzte dauernde Barauszahlungen des Lohns.10 Die Rückforderung zu viel gezahlten Lohnes durch den Arbeitgeber ist ebenfalls auf den Bruttolohn gerichtet.11
5. Steuern und Sozialabgaben
13 Auf den (Brutto-)Lohnanspruch des Arbeitnehmers entfallen Lohnsteuer sowie Sozi-
alversicherungsbeiträge, welche vom Arbeitgeber berechnet und abgeführt werden.
8 LAG Berlin-Brandenburg, 4.6.2015 – 26 Sa 2257/14 –. 9 BAG, 17.9.2014 – 10 AZB 4/14 –. 10 LAG Köln, 1.8.1997 – 7 Sa 152/97 –. 11 BAG, 21.1.2015 – 10 AZR 84/14 –.
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a) Lohnsteuer Schuldner der Lohnsteuer ist grundsätzlich der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber muss 14 jedoch die Lohnsteuer berechnen, vom Bruttolohn einbehalten und an das Finanzamt abführen. Dies gilt ebenso für die Kirchensteuer sowie den Solidaritätszuschlag. Die Abführung der Lohnsteuer gehört dabei zu den arbeitsrechtlichen Fürsorgepflichten des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber haftet daher für die korrekte Einhaltung und Abführung der Lohnsteuer und kann für zu wenig einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer in Anspruch genommen werden, § 42d EStG. Erbringt ein Dritter Arbeitslohn, spricht man von einer Lohnzahlung durch Dritte, § 38 Abs. 1 Satz 3 EStG.
b) Sozialversicherungsabgaben Ebenso muss der Arbeitgeber auch die Gesamtsozialversicherungsbeiträge, also die 15 Summe der Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abführen. Auch hier muss der Arbeitgeber die Beiträge monatlich berechnen, einen Beitragsnachweis erstellen, diesen sowie den Beitrag (sowohl den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmerbeitrag) an die Einzugsstelle (die Krankenkassen) abführen, §§ 28d, 28e SGB IV. Beitragsschuldner der Sozialversicherungsbeiträge ist dabei allein der Arbeitgeber. Hier ist zu beachten, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nur für die drei zurückliegenden Monate verlangen kann und nur, solange das Arbeitsverhältnis noch besteht. Ist das Arbeitsverhältnis beendet, hat der Arbeitgeber keinen Rückerstattungsanspruch, § 28g S. 2 und 3 SGB IV. Auch hier ist der Arbeitgeber nach seiner Fürsorgepflicht verpflichtet, die Beiträge richtig zu berechnen und abzuführen. Zu beachten ist außerdem, dass der Kreis derjenigen, für die Lohnsteuer abzufüh- 16 ren ist, nicht zwingend mit dem Kreis derjenigen übereinstimmt, für die Sozialversicherungsabgaben zu entrichten sind. Prominentestes Beispiel ist hier der Vorstand einer AG oder der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH (mit beherrschender Stellung), welche zwar steuerrechtlich Arbeitnehmer sind, aber nicht sozialversicherungsrechtlich, sowie der umgekehrte Fall eines Kommanditisten, der zwar sozialversicherungsrechtlich Arbeitnehmer sein kann, nicht aber lohnsteuerrechtlich.
c) Ausnahmen In der Praxis wichtige steuer- sowie abgabenfreie Lohnbestandteile sind dabei im 17 Wesentlichen: – Reisekostenersatz (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 2 EStG, R 9.5 Abs. 1 S. 5 LStR 2015), – Pkw: € 0,30 (zzgl. € 0,02 für jede mitgenommene Person), – Motorrad: € 0,20 (zzgl. € 0,01 pro mitgenommene Person), – Moped und Mofa: € 0,20, – Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge.
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Kapitel 4 Vergütung
Die Zuschläge dürfen folgende Prozentsätze des Grundlohnes nicht übersteigen (§ 3b EStG): – für Nachtarbeit: 25 %, – für Sonntagsarbeit: 50 %, – für Arbeit am 31.12. ab 14:00 Uhr und an den gesetzlichen Feiertagen: 125 % und – für Arbeit am 24.12. ab 14:00 Uhr, am 25.12. und 26.12. sowie am 1.5.: 150 %, – Belegschafts- oder Personalrabatte bis zu einem Freibetrag von 1.080,00 € pro Kalenderjahr, – Warengutscheine und Sachbezüge (in der Praxis sind hier vor allem Tankgutscheine von Relevanz) von insgesamt 44,00 € pro Kalendermonat, – Zuschüsse des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen (§ 3 Nr. 33 EStG), – Betriebsveranstaltungen Übliche Zuwendungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer im Rahmen von Betriebsveranstaltungen sind steuerfrei, wenn sie einen Betrag von 110,00 € (inkl. Umsatzsteuer) nicht übersteigen. – Aufmerksamkeiten. Frei bleiben typische Aufmerksamkeiten bis zu einem Wert von 60,00 € pro Anlass.
6. Pfändung und Aufrechnung 18 Aufrechnung und Pfändung sind zwei Mittel, wie der Arbeitgeber oder Dritte direkt auf den Lohn des Arbeitnehmers zugreifen können. Während bei der Aufrechnung der Arbeitgeber hierbei eine Forderung gegen den Arbeitnehmer eintreibt, ist es bei der Pfändung im Regelfall ein Dritter.
a) Pfändung
19 Die Pfändung ist ein Mittel zur Zwangsvollstreckung. Nach §§ 828 ff. ZPO ist sie
möglich im Hinblick auf Vollstreckung wegen Geldforderungen. Meistens erfolgt sie auf Betreiben von Dritten, welche Gläubiger des Arbeitnehmers sind. Der Arbeitnehmer ist dabei der Schuldner, der Arbeitgeber der Drittschuldner. Zivilprozessuale Voraussetzung ist daher, dass der Gläubiger einen titulierten 20 Anspruch gegen den Arbeitnehmer hat, welcher mit einer Vollstreckungsklausel versehen wurde und dem Schuldner zugestellt ist, § 750 ZPO. Dann muss der Gläubiger einen Antrag auf einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss stellen, in welchem er konkretisiert, dass sich die Pfändung auf das Arbeitseinkommen des Arbeitnehmers richten soll. Arbeitseinkommen ist hierbei weit zu verstehen, es fallen daher
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auch einmalige Vergütungsleistungen, Einmalzahlungen oder Abfindungen darunter.12 Unpfändbar sind hingegen die in § 850c ZPO aufgeführten Vergütungen, nämlich insbesondere zur Hälfte die für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des Arbeitseinkommens, die für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezüge, Treugelder, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen, Aufwandsentschädigungen, das Entgelt für selbst gestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen, Weihnachtsgeld bis zum Betrag der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis zum Betrag von 500,00 €. Zu beachten ist außerdem, dass nicht das gesamte Arbeitseinkommen pfändbar ist, sondern, da das Existenzminimum des Arbeitnehmers gesichert sein muss, nur ein Teil. Der pfändbare Teil des Nettoeinkommens ergibt sich aus der Anlage zu § 850c ZPO, in welcher die Beträge, geordnet nach Belastung mit Unterhaltspflichten, aufgeführt sind. Nach § 840 ZPO hat der Arbeitgeber dann auf Verlangen des Gläubigers binnen zwei Wochen nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eine Erklärung darüber abzugeben, ob und in welchem Umfang er die Forderung anerkennt und erfüllen will, ob und welche anderen Personen Anspruch auf die Forderung erheben und ob anderweitige Pfändungen vorliegen. Hierbei handelt es sich um eine reine Wissenserklärung, kein Schuldanerkenntnis.13 Auf den Kosten der Bearbeitung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen bleibt in der Regel der Arbeitgeber sitzen. Er kann diese dem Arbeitnehmer nicht ohne besondere Abrede in Rechnung stellen.14 Standardklauseln in Arbeitsverträgen hierzu unterliegen der Billigkeitskontrolle. In der Praxis sind sie jedoch selten und auch in den meisten Fällen sinnlos, da sie erst dann zu zahlen wären, wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vollständig erfüllt ist, da erst dann wieder auf das Gehalt des Arbeitnehmers zurückgegriffen werden kann.
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b) Aufrechnung Hat der Arbeitgeber einen Zahlungsanspruch gegen den Arbeitnehmer, kann er 25 grundsätzlich seinen Anspruch gegen den Lohnanspruch des Arbeitnehmers aufrechnen (der häufigste Fall dürfte die Gehaltsüberzahlung oder Rückzahlung von
12 BAG, Urt. v. 12.9.1979 – 4 AZR 420/7 –; LAG Bremen, Urt. v. 30.8.2007 – 3 Sa 75/07 –. 13 BGH, Urt. v. 1.12.1982 – VIII ZR 279/81 –. 14 Durch Betriebsvereinbarung kann dies nicht geregelt werden, BAG, Urt. v. 18.7.2006 – 1 AZR 578/05 –.
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Prämien sein). In der Praxis seltener, aber natürlich auch möglich, ist die andere Regelung, dass der Arbeitnehmer die Aufrechnung mit seinem Lohn gegen Ansprüche des Arbeitgebers erklärt. Eine Aufrechnung scheidet natürlich aus, wenn die sich gegenüberstehenden 26 Forderungen nicht beide Geldforderungen sind, der Arbeitgeber also beispielsweise die Herausgabe des Dienstwagens verlangt. Die Aufrechnung erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Aufrechnungser27 klärung (§ 388 BGB), sie darf nicht unter einer Bedingung stehen. Sie darf nach § 388 S. 2 BGB weder unter einer Bedingung noch unter einer Zeitbestimmung stehen. Bei einer Aufrechnung gegen den Lohnanspruch kann der Arbeitgeber grundsätzlich nur gegen den Nettolohnanspruch des Arbeitnehmers aufrechnen. Der Arbeitgeber muss weiterhin die Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge abführen.15 Praxistipp Oft wird übersehen, dass auch bei der Aufrechnung nach § 394 BGB gilt, dass gegen Forderungen insoweit nicht aufgerechnet werden kann, soweit sie unpfändbar sind. Daher finden auf die Aufrechnung dieselben Pfändungsgrenzen als auch die Bestimmungen über die unpfändbaren Entgeltbestandteile Anwendung.
7. Ausschlussklauseln und Verjährung
28 Unter Ausschlussfristen versteht man Fristen, innerhalb derer ein Anspruch (schrift-
lich) geltend gemacht werden muss. Lässt man diese Frist verstreichen, erlischt der Anspruch. Ausschlussfristen dienen dem Zweck – gerade in Dauerschuldverhältnissen wie Arbeits- oder Dienstverhältnissen –, schneller als die Verjährungsvorschriften (§§ 194 ff. BGB) für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zwischen den Parteien zu sorgen. Anders als die Verjährung, welche eine rechtshemmende Einrede ist, handelt es sich bei Ausschlussfristen um rechtsvernichtende Einwendungen.16 Praxistipp Für die Praxis bedeutet dies, dass derjenige, der sich auf eine Verjährung beruft, dies aktiv – gegebenenfalls in einem Gerichtsprozess – vortragen muss, d. h. ohne Vortrag wird das Gericht dies nicht berücksichtigen. Eine Ausschlussfrist allerdings wird, soweit sie dem Gericht beispielsweise aus den eingereichten Unterlagen erkennbar ist, auch ohne einen besonderen Vortrag berücksichtigt. Dies dürfte vor allem in erstinstanzlichen Prozessen, in denen sich Arbeitnehmer nicht stets von einem Rechtsanwalt vertreten lassen, von Bedeutung sein.
15 BAG, Urt. v. 15.3.2005 – 9 AZR 502/03 –. 16 ErfK/Preis, BGB §§ 194-218 Rn 32.
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In Arbeitsverträgen – aber auch zunehmend in Anstellungsverträgen von Geschäfts- 29 führern – finden sich regelmäßig Ausschlussfristen. Diese haben sich in der deutschen Kautelarpraxis eingebürgert. Zu unterscheiden ist zwischen einseitigen und zweiseitigen sowie einstufigen und zweistufigen Ausschlussfristen.
a) Einseitige Ausschlussfristen Einseitige Ausschlussfristen sind solche, welche nur einseitig die Ansprüche des 30 Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, aber nicht auch die Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber ausschließen. Solche einseitigen Ausschlussfristen sind allerdings nach der Rechtsprechung des BAG unwirksam,17 da sie im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB einer ausgewogenen Vertragsgestaltung widersprechen. In Arbeitsverträgen kann man sie daher nicht mehr verwenden.18
b) Zweiseitige Ausschlussfristen Der heutige Regelfall sind daher zweiseitige Ausschlussfristen, d. h. solche, die 31 sowohl Ansprüche des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers mit Fristablauf ausschließen.
aa) Einstufige Ausschlussfristen Einstufige Ausschlussfristen führen dazu, dass der Anspruch ausgeschlossen ist, 32 wenn der Anspruch nicht innerhalb der vereinbarten Frist geltend gemacht wird. Wichtig ist hier, dass nach der Rechtsprechung des BAG solche Fristen dann unwirksam sind, wenn sie eine Geltendmachung innerhalb eines Zeitraums von weniger als drei Monaten vorsehen.19 Auch ist darauf zu achten, dass der Beginn der Frist mit der Fälligkeit des 33 Anspruchs angegeben wird und nicht etwa allein mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses.20 Die Haftung aus einer vorsätzlichen Handlung nach § 202 BGB kann nicht im 34 Voraus entfallen, dies muss aber in einer Ausschlussklausel nicht ausdrücklich geregelt werden.21
17 BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04 –. 18 Zur Vollständigkeit sei erwähnt, dass einseitige Ausschlussfristen nach Ansicht des BAG in Tarifverträgen möglich sind, da dort ein anderer Prüfungsmaßstab gilt. 19 BAG, Urt. v. 12.3.2008 – 10 AZR 162/07 –. 20 BAG, 1.3.2006 – 5 AZR 511/05 –. 21 BAG, 20.6.2013 – 8 AZR 280/12 –.
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Muster Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis – mit Ausnahme von Ansprüchen, die aus vorsätzlicher Handlung resultieren – müssen innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gemäß § 199 Abs. 1 BGB schriftlich geltend gemacht werden. Wird der Anspruch nicht geltend gemacht, verfällt er.
bb) Zweistufige Ausschlussfristen
35 Bei einer zweistufigen Ausschlussfrist muss nach einer erfolglosen Geltendmachung
des Anspruchs als erste Stufe noch eine Klage in einer zweiten Stufe erhoben werden, damit der Anspruch nicht ausgeschlossen wird. Zweistufige Ausschlussfristen sind mit den AGB-Bestimmungen des § 309 Nr. 13 BGB vereinbar.22 Praxistipp Zweistufige Ausschlussfristen bereiten insbesondere bei Streitigkeiten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Probleme. Hier reicht für die Wahrung der ersten Stufe (schriftliche Geltendmachung des Anspruchs) für solche Ansprüche, die während des Prozesses fällig werden und von dessen Ausgang abhängen, die Erhebung der (fristgerechten) Kündigungsschutzklage. Nach neuerer Rechtsprechung reicht dies ebenfalls für die zweite Stufe.23
Muster 1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis – mit Ausnahme von Ansprüchen, die aus vorsätzlicher Handlung resultieren – müssen innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gemäß § 199 Abs. 1 BGB schriftlich geltend gemacht werden. Wird der Anspruch nicht geltend gemacht, verfällt er. 2. Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sich nicht innerhalb von einem Monat nach Geltendmachung des Anspruchs, so muss der Anspruch innerhalb einer Frist von drei Monaten nach schriftlicher Ablehnung oder dem Fristablauf durch die Gegenpartei gerichtlich geltend gemacht werden, andernfalls verfällt er ebenfalls.
c) Weitere Wirksamkeitsvoraussetzungen
36 Die AGB-Vorschriften stellen an die Wirksamkeit einer Klausel zu Ausschlussfris-
ten weitere Anforderungen. Insbesondere das Verbot überraschender Klauseln des § 305c Abs. 1 BGB gebietet hier zur Vorsicht. So darf die Ausschlussfrist nicht unter einer sachfremden Überschrift stehen (Bsp. „Lohnberechnung und Zahlung“24 oder „Schlussbestimmungen“).25
22 BAG, Urt. v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04 –. 23 BAG, Urt. v. 19.9.2012 – 5 AZR 627/11 –. 24 BAG, Urt. v. 29.11.1995 – 5 AZR 447/94 –. 25 BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04 –.
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Praxistipp Hier empfiehlt es sich, Ausschlussfristen grundsätzlich unter einer eigenen – am besten auch drucktechnisch hervorgehobenen – Überschrift im Arbeitsvertrag aufzunehmen. Auch die Rechtsfolge, nämlich der Verfall des Anspruchs, muss ausdrücklich geregelt sein.
Hinsichtlich der zeitlichen Mindestdauer hat das BAG klargestellt, dass drei Monate 37 den absoluten Mindestzeitraum darstellen.26
d) Umfang des Ausschlusses Arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln können zunächst wie beschrieben nicht 38 solche Ansprüche ausschließen, welche noch nicht fällig waren oder solche, welche auf einer vorsätzlichen Schädigung beruhen. Grundsätzlich umfassen sie aber ansonsten alle arbeitsvertraglichen Ansprüche sowie auch gesetzliche Ansprüche. Nicht umfasst hingegen sind Ansprüche aus Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen (hier kommt aber ein Ausschluss durch Ausschlussklauseln, welche im Tarifvertrag – oder aber sehr viel seltener in Betriebsvereinbarungen – selbst angelegt sind, in Betracht).
e) Verjährung Für die Verjährung im Arbeitsrecht gilt die allgemeine Frist, d. h. Ansprüche ver- 39 jähren in der Regelverjährung nach drei Jahren, § 195 BGB. Besonderheiten ergeben sich nach § 61 Abs. 2 HGB für Ansprüche aus Wettbewerbsverstößen (Verjährung drei Monate nach Kenntnis, jedenfalls aber immer nach fünf Jahren nach Abschluss des Geschäfts) sowie § 18 a BerAVG für betriebliche Altersversorgung (30 Jahre).
8. Gerichtliche Durchsetzung Bei einfachen Vergütungsregelungen (wie etwa dem Festlohn) ist die Durchsetzung 40 für den Arbeitnehmer relativ einfach. Er muss nur die Bruttovergütung einklagen. Schwieriger ist eine Feststellungsklage zur Höhe der Bruttovergütung, die zwar grundsätzlich zulässig ist,27 allerdings in der Praxis vor der Schwierigkeit steht, dass etwaige Ausnahmetatbestände für die Fortzahlung der Vergütung in den Antrag aufgenommen werden müssen. Kennt der Arbeitgeber die Höhe der Vergütung nicht, muss er zunächst Auskunftsklage erheben. Es kommt dann zu einem Stufenverfahren. Auskunft erteilt hat der Arbeitnehmer, wenn er in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang des Anspruchs auf Vergütung im Ungewissen ist und der
26 BAG, Urt. v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04 –; BAG, Urt. v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04 –. 27 BAG, 28.9.2005 – 5 AZR 408/04 –.
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Arbeitgeber die Auskunft unschwer erteilen kann.28 Die Auskunft muss sich dabei auf den Zeitraum beziehen, für den auch die Zahlung verlangt wird. Praxistipp Im Rahmen der Auskunftsklage wird der Hauptanspruch für die Vergütung geprüft. Bejaht das erstinstanzliche Gericht den Hauptanspruch, ist die Berufung dagegen meist nicht möglich, weil der Beschwerdewert (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) in Höhe von 600,00 € nicht erreicht wird. Der Beschwerdewert bestimmt sich in diesen Fällen nämlich nicht anhand des möglichen Vergütungsanspruchs, sondern nach dem Wert des Interesses des Arbeitgebers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Sofern der Arbeitgeber kein besonderes Geheimhaltungsinteresse hat, ist auf Zeitaufwand und Kosten abzustellen, die bei der sorgfältigen Erteilung der geschuldeten Auskunft anfallen.29 41 Lässt sich die Auskunft unschwer erteilen, dürfte der Wert in der Regel unter 600,00 €
liegen. Der Arbeitgeber kann dann gegen die Auskunftserteilung kein Rechtsmittel einlegen und muss die Frage des Bestehens des Anspruchs im Zahlungsverfahren klären lassen.
B. Einzelne Vergütungsarten I. Dienstwagen 1. Allgemein
42 In vielen Arbeitsverhältnissen wird dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber ein
Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt. Oftmals geschieht dies, da das Fahrzeug für die Erbringung der Arbeitsleistung benötigt wird (wie beispielsweise im Vertrieb). In vielen Fällen hat sich die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens aber auch als Incentive herausgestellt, was ab einer gewissen Hierarchie auch erwartet wird. Ein Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf einen Dienstwagen, wenn dieser 43 bereits in seinem Arbeitsvertrag geregelt ist oder in einer gesonderten Dienstwagenvereinbarung. Die vertragliche Regelung sollte dabei den konkret geschuldeten Typ des Dienstwagens oder eine Preisspanne vorsehen. In der Praxis dürfte es mittlerweile der häufigste Fall sein, dass die Dienstwagen vom Arbeitgeber nicht gekauft, sondern für einen bestimmten Zeitraum (in der Regel drei Jahre) geleased werden. Daher sehen Dienstwagenregelungen heute oftmals Leasingraten und die entsprechenden Kilometerbeschränkungen pro Jahr vor. Außerdem empfiehlt es sich, aufzunehmen, ob der Dienstwagen vom Arbeitneh44 mer auch privat genutzt werden darf. Dies dürfte mittlerweile in der Praxis ebenfalls
28 LAG Baden-Württemberg, 14.1.2013 – 1 Sa 27/12 –. 29 BGH, 26.10.2011 – VII ZB 465/11 –.
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der Regelfall sein. Ist keine Regelung getroffen, darf der Dienstwagen grundsätzlich nicht privat genutzt werden. Praxistipp Achtung: Auch die Fahrten des Arbeitnehmers von zu Hause zur Arbeit sind private Fahrten. Ist die Privatnutzung daher nicht gestattet, ist auch dies nicht zulässig.
Wenn die Privatnutzung des Dienstwagens gestattet wird, beinhaltet dies auch gleich- 45 zeitig einen geldwerten Vorteil in Form eines Sachbezugs. Der Dienstwagen ist dann ein Vergütungsbestandteil. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf den Dienstwagen für all die Zeiträume hat, in denen er auch Entgelt vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Praxistipp Konkret bedeutet das, dass der Arbeitgeber den Dienstwagen in Fällen des Urlaubs, der Arbeitsunfähigkeit (allerdings nur bis zum Ende der Entgeltfortzahlungsfrist), Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung, während eines Beschäftigungsverbots in der Schwangerschaft oder während der Mutterschutzfristen nicht vom Arbeitnehmer herausverlangen kann.
Möglich ist allerdings, in die Klausel einen Widerrufsvorbehalt aufzunehmen. 46 Allerdings darf sich dieser Vorbehalt nicht nur auf die jederzeitige Widerrufbarkeit erschöpfen,30 sondern es müssen die Widerrufsgründe im Vertrag selbst angegeben und auch sachlich gerechtfertigt sein.31 Am bedeutsamsten ist hier sicherlich die Widerrufbarkeit im Falle einer rechtmä- 47 ßigen Freistellung.32 Nach diesem Urteil des BAG ist eine solche Klausel wirksam, auch ohne dass für den Widerruf eine besondere Frist vereinbart werden muss, allerdings sollte im Rahmen der Ausübungskontrolle eine Auslauffrist eingehalten werden.
2. Haftung für Beschädigung Die Haftung für Beschädigung des Dienstfahrzeugs dürfte in der Praxis nur noch eine 48 sehr untergeordnete Rolle spielen, da Dienstfahrzeuge (als Leasingfahrzeuge) in der Regel ohnehin vollkaskoversichert sein werden und es daher nur noch um die Selbstbeteiligung gehen kann. Hier gelten allerdings bei Dienstfahrten auch die allgemeinen Grundsätze zum innerbetrieblichen Schadensausgleich, so dass eine Haftung des Arbeitnehmers erst bei grober Fahrlässigkeit in Betracht kommen kann.
30 BAG, Urt. v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06 –. 31 BAG, Urt. v. 13.4.2010 – 9 AZR 113/09 –. 32 BAG, Urt. v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10 –.
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3. Steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Auswirkung
49 Ein Dienstwagen, der auch privat genutzt werden kann, stellt grundsätzlich Arbeits-
lohn dar und ist somit zu versteuern.33 Grundsätzlich gibt es zwei Wege, wie die Höhe des geldwerten Vorteils, welcher 50 dann zu versteuern ist, ermittelt werden kann. Pauschal im Rahmen der sog. 1 %-Regelung oder detailliert im Wege eines Einzelnachweises. In der Praxis weitaus seltener, da sehr aufwändig, ist der Weg des Einzelnachwei51 ses (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG). Dieser verlangt, dass die gesamten Kosten des Dienstwagens durch Belege und das Verhältnis der dienstlichen, der privaten und der Fahrten zur Arbeit durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.34 Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG kann die private Nutzung des Dienstwagens für 52 jeden Kalendermonat auch mit einem Prozent des inländischen Listenpreises angesetzt werden. Dies gilt nicht nur für gekaufte, sondern auch für geleaste oder gemietete Dienstwagen. Beispiele Beläuft sich der Listenpreis des Fahrzeugs auf 50.000,00 €, dann beträgt der geldwerte Vorteil, der sich aus der privaten Nutzung ergibt, 500,00 € pro Monat. Auf diesen Betrag muss Lohnsteuer gezahlt werden. 53 Wird der Dienstwagen auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz 54
genutzt, kommen noch 0,03 % des Listenpreises / Entfernungskilometer hinzu. Für die Sozialversicherung gilt das oben Beschriebene entsprechend. Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Dienstwagen auch zur privaten Nutzung, so ist der darin liegende Sachbezug als geldwerter Vorteil auch sozialversicherungsrechtlich beitragspflichtig. Die Methoden zur Ermittlung der Höhe ergeben sich dabei auch hier nach der steuerrechtlichen Vorgabe.
4. Car Allowance
55 Als Alternative zur Stellung eines Dienstwagens kommt auch eine Car Allowance in
Betracht. Hierbei handelt es sich um einen zweckgebundenen Zuschuss des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, damit dieser sich selbst um das Thema Dienstwagen kümmert. Bei einer Car Allowance handelt es sich um normalen steuer- und sozialversicherungspflichtigen Bruttolohn. Die oben beschriebenen Besonderheiten zur Wertermittlung spielen hier demnach keine Rolle.
33 Küttner/Thomas, Personalbuch, Dienstwagen Rn 17. 34 Küttner/Thomas, Personalbuch, Dienstwagen Rn 23.
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Klauselmuster Die Gesellschaft stellt dem Mitarbeiter einen Firmenwagen der Klasse [•] oder vergleichbar mit einer monatlichen Brutto-Leasingrate bis zu maximal [•] € zur dienstlichen und privaten Nutzung zur Verfügung. Kraftstoff-, Betriebs- und Unterhaltskosten trägt die Gesellschaft. Die Versteuerung des geldwerten Vorteils für die private Nutzung trägt der Mitarbeiter. Der Mitarbeiter wird, unter Ausschluss eines Zurückbehaltungsrechts, den ihm zur Verfügung gestellten Firmenwagen bei Beendigung dieses Vertrages unverzüglich an die Gesellschaft zurückgeben. Wenn und solange der Mitarbeiter auf diesen Dienstwagen verzichtet, erhält er von der Gesellschaft einen monatlichen Bruttobetrag als Car Allowance in Höhe von 1 % des Listenpreises eines [•], der sich anhand der Leasingrate von [•] € ergibt. Option: Widerrufsvorbehalt: Die Gesellschaft behält sich vor, die Überlassung des Firmenwagens zu widerrufen, wenn und solange der PKW für dienstliche Zwecke seitens des Mitarbeiters nicht benötigt wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Mitarbeiter nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Im Falle der Ausübung des Widerrufs durch die Gesellschaft ist der Mitarbeiter nicht berechtigt, eine Nutzungsentschädigung oder Schadensersatz zu verlangen.
II. Provision Die Provision ist an sich im Handelsvertretervertrag angelegt und bedeutet, dass der 56 Arbeitnehmer für die Vermittlung von bestimmten Geschäftsabschlüssen eine Prämie enthält. Im Arbeitsleben finden sich solche Regelungen vor allem bei Vertriebsmitarbeitern. Für die Vermittlung einer Provision im Arbeitsvertrag gilt eine Besonderheit, da nach § 65 HGB die für Handelsvertreter geltenden Bestimmungen der §§ 87 ff. HGB unmittelbar gelten.35 Das BAG misst deshalb Provisionsvereinbarungen nicht an den Bestimmungen 57 der §§ 305 ff. BGB, soweit die Provisionsvereinbarung im Arbeitsvertrag den HGBRegelungen entspricht. Der Provisionsanspruch entsteht nach § 94 Abs. 4 und § 87a Abs. 1 HGB grundsätzlich mit dem Geldeingang. Sieht der Arbeitsvertrag vor, dass Provisionsansprüche zurückgezahlt werden müssen, gilt Folgendes: Provisionen können grundsätzlich als Vorschuss gezahlt werden, so dass der Mitarbeiter sie zurückzahlen muss, wenn die Voraussetzungen für die Entstehung des Provisionsanspruchs dann nicht eintreten. Nach Ansicht des BAG ist eine solche Klausel wirksam, da dies den Bestimmungen des HGB entspricht. Um Konflikte mit Mindestlohnbestimmungen zu vermeiden, sollte allerdings neben der Provision ein nicht zurückzahlbarer Grundbetrag oder eine Mindestprovision vereinbart werden. Wenn eine Provision vereinbart wurde, kann der Arbeitnehmer die Provision auch dann beanspruchen, wenn seine Tätigkeit für das Zustandekommen des Geschäfts nur mitursächlich war. Bei mehreren provisionsberechtigten Arbeitnehmern hat dann ggf. jeder den vollen Anspruch.36
35 BAG, 21.1.2015 – 10 AZR 84/14 –. 36 LAG Köln, 23.10.2006 – 14 Sa 495/06 –.
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Der Arbeitsvertrag kann allerdings den Provisionsanspruch dahin beschränken, dass der Beitrag des Arbeitnehmers am Zustandekommen des Geschäfts allein ursächlich war oder überwiegen muss. Praxistipp Bestimmungen, die den Provisionsanspruch begrenzen oder ausschließen, müssen in den Arbeitsvertrag selbst aufgenommen werden und sollten nicht in außerhalb des Arbeitsvertrags liegenden Dokumenten stehen. Andernfalls droht die Unwirksamkeit wegen der Verletzung des Transparenzgebotes (§ 307 Abs. 2 S. 1 BGB).
III. Aus- und Fortbildungskosten (Rückzahlung) 59 Zur Vergütung kann auch eine Beihilfe oder die Übernahme von Aus-und Fortbil-
dungskosten zählen. Der Arbeitnehmer erhält dann entweder einen Zuschuss oder die Kosten der Fortbildung erstattet. Zu den damit verbundenen Fragen vgl. Kapitel 7.
IV. Variable Vergütung und Flexibilitätsinstrumente 1. Grundsatz: Was ist flexibel gestaltbar?
60 Neben der Fixvergütung erhält der Mitarbeiter meist variable Vergütungsbestandteile.
Vor allem mit zunehmender Hierarchie steigt der Anteil der variablen Vergütung am Gesamtgehalt. Mit Ausnahme der regulierten Vergütung bei börsennotierten Gesellschaften und im Finanzbereich,37 ist die variable Vergütung an sich nicht limitiert. Das hat für den Arbeitgeber den Vorteil, dass er die Motivation über Vergütungselemente steigern und damit auch steuern kann. Umgekehrt wird der Mitarbeiter meist ein Interesse daran haben, auch variable Vergütungsbestandteile möglichst jedes Jahr zu erhalten. Meist wird zumindest bei Führungskräften von einem „Gesamtpaket“ gesprochen, das aus Fixvergütung, möglichen Bonuszahlungen und ggf. auch einer Altersversorgung besteht. Der Mitarbeiter hat daher ein natürliches Interesse daran, die Variabilität zumindest nach unten zu begrenzen.
a) Transparenzgebot 61 Variable Vergütungselemente lassen sich auf verschiedene Art und Weise unterteilen. Eine wichtige Unterscheidung liegt darin, ob die Variabilität automatisch eintritt, weil sie von äußeren Umständen oder von einer Entscheidung des Arbeitgebers abhängt:
37 Dazu unter Rn 127 ff.
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– Ein Bonus in Form eines prozentualen Anteils am Jahresgewinn der Gesellschaft ist naturgemäß variabel, weil die Gesellschaft nicht jedes Jahr denselben Gewinn erzielen wird. Eine Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers ist nicht erforderlich, wohl aber meist eine Begrenzung nach oben. – Auf der anderen Seite stehen Regelungen, bei denen der Arbeitgeber jedes Jahr nach billigem Ermessen entscheidet, ob eine Sonderzahlung gewährt wird. Diese Unterscheidung ist deshalb wichtig, weil das BAG Instrumente zur Flexibili- 62 sierung von Vergütungselementen in Standardverträgen an den §§ 305 ff. BGB und damit vor allem am Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB misst. Danach kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Die entsprechende Klausel ist dann unwirksam. Bei den „harten“ Flexibilisierungen, die von äußeren Bedingungen / Umständen 63 abhängen, kommt es nur darauf an, ob die Bedingungen eintreten. Der Arbeitgeber kann hier im Grunde sehr klare Vorgaben machen, etwa dahingehend, dass ein Bonus nur gezahlt wird, wenn die Gesellschaft eine Dividende ausschüttet.38 Soll die Klausel dagegen nicht nur von äußeren Bedingungen abhängen, sondern 64 von einer Entscheidung des Arbeitgebers, prüft das BAG die Klausel an den §§ 305 ff. BGB. Den Maßstab beschreibt das BAG wie folgt: „Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Zwecke gelten … Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gem. § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht.“39
38 BAG,18.1.2012 – 10 AZR 670/10 –. 39 BAG, 17.4.2013 – 10 AZR 281/12 –.
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Kapitel 4 Vergütung
b) Keine Entziehung erdienten Lohns
65 Für variable Vergütungsbestandteile ist eine weitere Abgrenzung wichtig, nämlich,
ob die Zahlung zumindest auch die in der Vergangenheit liegende Arbeitsleistung abgelten soll oder andere Zwecke verfolgt. Solche Zwecke können darin liegen, die künftige Betriebstreue zu honorieren. Betroffen sind hier vor allem Stichtagsklauseln, wonach der Arbeitnehmer die Sonderzahlung nur erhält, wenn er bei Auszahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht,40 und Freiwilligkeitsvorbehalte, mit denen sich der Arbeitgeber vorbehält, eine Sonderzahlung zu erbringen oder auch nicht zu bezahlen.41 Seit einiger Zeit prüft das BAG bei der Prüfung solcher Vergütungselemente den Gesichtspunkt, dass der Arbeitgeber den bereits erdienten Lohn nicht mehr entziehen kann. In der Entscheidung vom 13.11.2013 heißt es dazu zu einer Stichtagsklausel: „Der Senat hat die Unzulässigkeit eines Stichtags außerhalb des Bezugszeitraums damit begründet, dass die Stichtagsklausel im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB stehe, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entziehe. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Lohn für geleistete Arbeit gegebenenfalls vorenthalten zu können, sei nicht ersichtlich.“42
66 Der Grundsatz, wonach bereits verdienter Lohn nicht von einseitigen Rechten des
Arbeitgebers abhängig gemacht werden kann, gilt nach Ansicht des BAG auch, wenn die Klausel nicht der AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterliegt. Denn solche Klauseln können den Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB verletzen, wonach der Arbeitnehmer für geleistete Arbeit Lohn erhält.43 Das BAG hatte eine Stichtagsklausel aus diesen Erwägungen auch in einer Betriebsvereinbarung missbilligt.44 Die arbeitsrechtliche Kommentarliteratur geht davon aus, dass Stichtagsklauseln bei jeglichen Sonderzahlungen mit Entgeltbezug unzulässig sind.45 Mit der Entscheidung vom 13.5.201546 hat das BAG die Rechtsprechung weiterent67 wickelt. Zunächst heißt es wieder: „Eine Sonderzahlung, die (auch) Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt innerhalb oder außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Bei
40 Zu diesen Klauseln Rn 249. 41 Zu diesen Klauseln Rn 4. 42 BAG, 13.11.2013 – 10 AZR 848/12 –. 43 BAG, 18.1.2012 – 10 AZR 612/10 –. 44 BAG, 12.4.2011 – 1 AZR 412/09 –. 45 Preis, Der Arbeitsvertrag, 5. Aufl. (2015) II S. 40 Rn 44; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/ Preis, 15. Aufl. (2015); BGB, § 611 Rn 547. 46 BAG, 13.5.2015 – 10 AZR 266/14 –.
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B. Einzelne Vergütungsarten
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unterjährigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ergibt sich zum Fälligkeitszeitpunkt ein zeitanteiliger Anspruch auf die Sonderzahlung.“47
Das BAG hat in dieser Entscheidung aber auch klargestellt, dass sich bei mehrmaliger 68 Gewährung einer Sonderzahlung in unterschiedlicher Höhe zumindest ein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Entscheidung über eine Sonderzahlung nach billigem Ermessen ergibt: „Hat der Arbeitgeber über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg vorbehaltlos jeweils zum Jahresende eine als „Sonderzahlung“ bezeichnete Leistung in unterschiedlicher Höhe an einen Arbeitnehmer erbracht, darf der Arbeitnehmer daraus auf ein verbindliches Angebot im Sinne von § 145 BGB auf Leistung einer jährlichen Sonderzahlung schließen, deren Höhe der Arbeitgeber einseitig nach billigem Ermessen festsetzt.“48
Damit ist dann aber auch die Grenze erreicht. Denn umgekehrt erlaubt das BAG dem 69 Arbeitgeber Vergütungsbestandteile vollständig in das billige Ermessen nach § 315 BGB zu stellen (zu diesen Klauseln, unten 8.). „Vielmehr sieht das Gesetz selbst einseitige Leistungsbestimmungsrechte vor (§ 315 BGB). Es geht davon aus, dass vertragliche Regelungen diesen Inhalts einem berechtigten Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen können und nicht von vornherein unangemessen sind. Das Gesetz ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und gegebenenfalls durch Urteil treffen lassen kann. Gegen die mit dem einseitigen Bestimmungsrecht etwa verbundene Gefährdung des Gläubigers hat der Gesetzgeber also Vorkehrungen getroffen.“49
In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass darin ein Wertungswiderspruch liegen 70 könnte.50 Die Entwicklung der Rechtsprechung des BAG dürfte nicht abgeschlossen sein. Es 71 gelten derzeit aber die folgenden „Spielregeln“: – Zahlungen, welche die erbrachte Arbeitsleistung abgelten, können nicht einseitig entzogen werden. – Hängt die Zahlung von äußeren Umständen ab, kommt es darauf an, ob diese eintreten, die Arbeitsvertragsparteien sind in der Gestaltung frei, es gibt allerdings das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. – Der Arbeitgeber kann ein Zahlung nach § 315 BGB in sein billiges Ermessen stellen. Es erfolgt dann eine Ausübungskontrolle.
47 BAG, 13.5.2015 – 10 AZR 266/14 –. 48 BAG, 13.5.2015 – 10 AZR 266/14 –. 49 BAG, 16.1.2013 – 10 AZR 26/12 –. 50 Stoffels, RdA 2015, 276, 280.
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Kapitel 4 Vergütung
– Erbringt der Arbeitgeber mehrfach eine Sonderzahlung, kann sich daraus zumindest ein Anspruch auf eine Sonderzahlung nach billigem Ermessen ergeben. 72 Die Frage, ob eine Zahlung die erbrachte Arbeitsleistung abgilt, behandelt das BAG
extrem streng. Der Arbeitgeber kann den Vergütungscharakter der Zahlung nicht dadurch vermeiden, dass er die Zahlung falsch bezeichnet. Umgekehrt schließt das BAG ohne Weiteres aus dem Wortlaut auf einen Vergütungscharakter, wobei schon gefährlich ist, wenn die Zahlung „aus Dank“ für die Leistungen erfolgt. Weitere Indizien liegen darin, dass die Sonderzahlung einen wesentlichen Teil der Vergütung ausmacht, vom Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele oder vom Betriebsergebnis im Bezugsraum abhängt.51 Der Arbeitgeber muss aus Gründen der Transparenz also umkehrt eindeutig formulieren, dass die Zahlung für die Arbeitsleistung erfolgt. Das ist etwa bei einer Halteprämie (Retention Bonus) der Fall, die dafür gezahlt wird, dass der Arbeitnehmer nicht gekündigt hat, oder dem Weihnachtsgeld, das für weihnachtsbedingte erhöhte Aufwendungen in der Lebenshaltung gezahlt wird. Nach diesen Spielregeln werden nachfolgend verschiedene Instrumente der vari73 ablen Vergütung untersucht.
2. Feste Bonusklauseln
74 Bei harten Bonusklauseln hängt der Bonus von äußeren Umständen ab, die weder im
Willen des Arbeitgebers noch des Arbeitnehmers stehen.
Klauselmuster Tantieme (einfach): Der Mitarbeiter erhält eine jährliche Tantieme mit einer Zielgröße in Höhe von 50 % des Festgehalts. Die Tantieme ist abhängig von der Erreichung bestimmter Ziele der Unternehmensgruppe, die sich aus dem jeweiligen Businessplan (Budget) ergeben. Werden die Ziele zu 100 % erreicht, so beträgt die Tantieme 50 % des Festgehalts. Werden die Ziele nicht zu 100 % erreicht, besteht kein Anspruch auf eine Tantieme. Die Tantieme wird im Fall ihrer Entstehung einen Monat nach der Feststellung der Zielerreichung durch die Gesellschaft fällig. 75 Bei dieser Regelung hängt die Tantieme davon ab, ob die Gesellschaft die im Busi-
nessplan bestimmten Ziele erreicht.
Klauselmuster EBITDA Zielerreichung: Der Mitarbeiter erhält eine jährliche variable Vergütung, die sich nach dem Erreichen der EBITDAZielvorgabe richtet:
51 Nach BAG, 13.5.2015 – 10 AZR 266/14 –.
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B. Einzelne Vergütungsarten
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Die EBITDA-Zielvorgabe entspricht jeweils dem normalisierten und vom Arbeitgeber im Rahmen des für das jeweilige Geschäftsjahr genehmigten Budgets festgelegten Wert für die Unternehmens-Gruppe. Das für die Bestimmung des Grades der Zielerreichung maßgebliche EBITDA-Ist ist das entsprechend den bei der Ermittlung der EBITDA-Zielvorgabe angewandten Prinzipien normalisierte und um außerordentliche Effekte (insbesondere um die Effekte neuer Akquisitionen und ungeplanter Veräußerungen etc.) bereinigte EBITDA der Unternehmens-Gruppe. Dabei sind die für das jeweilige Geschäftsjahr an die Mitarbeiter und Geschäftsführer zu zahlenden Boni jeweils als Rückstellungen EBITDA-mindernd zu berücksichtigen. Das EBITDA-Ist wird vom Arbeitgeber auf der Grundlage des testierten konsolidierten Jahresabschlusses der Unternehmens-Gruppe für das entsprechende Geschäftsjahr festgestellt. Der Grad der Zielerreichung ist durch Gegenüberstellung der EBITDA-Zielvorgabe und des EBITDA-Ist des jeweiligen Geschäftsjahres zu ermitteln: Wird die EBITDA-Zielvorgabe zu 100 % erreicht, beträgt die variable Vergütung 7.000,00 € brutto. Wird die EBITDA-Zielvorgabe zu 90 % (oder weniger) erreicht, besteht kein Anspruch auf eine variable Vergütung. Liegt die Erreichung der EBITDA-Zielvorgabe über 90 % jedoch unter 100 %, erfolgt eine lineare Anpassung der variablen Vergütung an den Wert der Zielerreichung. Zur Erläuterung: Wird die EBITDA-Zielvorgabe für das jeweilige Geschäftsjahr der Gesellschaft zu 91 % erreicht, beträgt die variable Vergütung 700,00 € brutto (bei 92 %: 1.400,00 € brutto, usw.).52 Wird die EBITDA-Zielvorgabe zu 120 % (oder mehr) erreicht, beträgt die variable Vergütung 14.000,00 € brutto. Liegt die Erreichung der EBITDA-Zielvorgabe über 100 % jedoch unter 120 %, erfolgt eine lineare Anpassung der variablen Vergütung an den Wert der Zielerreichung. Zur Erläuterung: Wird die EBITDA-Zielvorgabe z. B. zu 110 % erreicht, beträgt die variable Vergütung 10.500,00 € brutto (bei 115 %: 12.250,00 € brutto, usw.). Praxistipp Vorsicht ist bei der Verwendung von Begrifflichkeiten aus der Bilanz wie den gebräuchlichen Kennziffern „EBIT“, und „EBITDA“ geboten. Solche Begriffe sollten in einer Bonusvereinbarung (wie oben) definiert werden. Denn es kann auch bei einem aus Sicht des Arbeitgebers möglicherweise klaren Begriffs zu einem Streit um die Bedeutung kommen, was dann ggf. mit teuren Gutachten im Streitfall geklärt werden muss. Es ist zwar möglich, die Bestimmung dem Arbeitgeber nach § 315 BGB zu überlassen, was aber zur Folge hat, dass die Begriffsbestimmung dann billigem Ermessen entsprechen muss und vom Arbeitsgericht ggf. ersetzt werden kann.53
Fraglich ist, ob der Arbeitsvertrag vorsehen kann, dass die Bonuszahlung im Falle 76 einer fristlosen Kündigung entfällt. Verbreitet sind etwa Klauseln nach dem Muster: „Liegt während der Dauer des Geschäftsjahres für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung nach § 626 BGB vor, hat der Mitarbeiter keinen Anspruch auf die Tantieme. Bei ordentlicher Kündigung erhält der Mitarbeiter die Tantieme pro rata auf Basis der bis dahin erreichten Ziele.“
52 Diese Berechnungsweise nennt man „Klippensteigerung“, weil die Bonuskurve zwischen 90 % und 100 % einen starken Anstieg hat und nicht linear im Verhältnis zur Steigerung ab 100 % verläuft (91 % Zielerreichung entsprechen nur 10 % des Bonus). 53 BAG, 11.12.2013 – 10 AZR 364/13 –.
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Kapitel 4 Vergütung
77 Die Rechtsprechung des BAG hat sich noch nicht endgültig dazu positioniert, ob
solche Verfallsklauseln im Fall der fristlosen Kündigung oder – wie im oben genannten Beispiel – im Fall der fristlosen Kündbarkeit wirksam sind. Eine solche Regelung hat starken Sanktionscharakter und soll den Mitarbeiter zu vertragsgerechtem Verhalten veranlassen. Nur unter diesem Gesichtspunkt könnte man sie halten.54 Andererseits hat der Mitarbeiter bis zum fristlosen Kündigungsgrund oder der 78 fristlosen Kündigung die geschuldete Arbeitsleistung erbracht. Eine solche Verfallsklausel begegnet daher erheblichen Bedenken im Hinblick auf den oben dargestellten Grundsatz des BAG, dass der Arbeitgeber die Vergütung für eine bereits erbrachte Arbeitsleistung nicht mehr nachträglich entziehen kann.55 Vor diesem Hintergrund dürfte eine Klausel nur zulässig sein, wenn sie den Fall 79 erfasst, in dem die erbrachte Arbeitsleistung aufgrund des Kündigungsgrunds für den Arbeitgeber praktisch wertlos ist. In diesem Fall wäre es aber eher naheliegend, dass der Arbeitgeber mit einem Schadensersatzanspruch aufrechnet.
3. Zielvereinbarungen
80 Zielvereinbarungen sind variable Vergütungsbestandteile, bei der der Mitarbei-
ter einen Bonus erhält, wenn bestimmte Ziele erreicht werden. Diese Ziele können entweder „harte“ Ziele oder „weiche“ Ziele sein, was den Zielvereinbarungen eine gewisse Mittelstellung zwischen harten Bonusregelungen und ermessensabhängigen Vergütungsbestandteilen einräumt. – Harte Ziele sind meistens solche, die geschäftliche Kennzahlen der Gesellschaften aufnehmen (Gewinn, Gewinnsteigerung oder Umsatzsteigerung). – Weiche Ziele sind solche, bei denen der Arbeitgeber eine gewisse Beurteilung dahin hat, ob das Ziel erreicht wurde (Steigerung der Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterzufriedenheit etc.).
81 Insofern lässt sich auch von messbaren Zielen und bewertungspflichtigen Zielen
sprechen. Unterschiede bestehen auch darin, wie es zu der Zielvereinbarung kommt. Es finden sich Regelungen, bei der die Ziele vom Unternehmen einseitig vorgegeben werden. In dem Fall gilt § 315 BGB und das Unternehmen muss die Ziele nach billigem Ermessen bestimmen. Andere Regelungen sehen auch vor, dass die Ziele in regelmäßigen Abständen (in der Regel jährlich) vereinbart werden. Eine Zielvereinbarung sollte in diesem Fall aber vorsehen, dass der Arbeitgeber die Ziele einseitig nach billigem Ermessen vorgeben kann, wenn es nicht zu einer Einigung kommt.
54 In diese Richtung LAG Hamm, 27.1.2011 – 8 Sa 2010/10 –. 55 In diese Richtung LAG Düsseldorf, 3.2.2012 – 6 Sa 1081/11 –.
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B. Einzelne Vergütungsarten
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Praxistipp Der Wert insbesondere bewertungspflichtiger Ziele in der Praxis ist mindestens zweifelhaft. Vorgesetzte, welche meist die Zielbewertung am Ende des Jahres vornehmen müssen, werden in der Regel nicht dazu tendieren, Mitarbeiter schlecht zu bewerten. In der Praxis häufig anzutreffen ist daher das Phänomen, dass zumindest bei den bewertungspflichtigen Zielen eine hohe Zielerreichungsquote erreicht wird. Harte Ziele sind dagegen ermessensunabhängig, können im Einzelfall aber den Mitarbeiter benachteiligen, wenn sie nicht die individuellen Leistungen des Mitarbeiters reflektieren. Das Ziel „Umsatzsteigerung um X %“ wird sämtliche Vertriebsmitarbeiter gleichermaßen betreffen, egal welchen individuellen Beitrag sie zu einer Umsatzsteigerung beigetragen haben oder nicht.
In der Praxis kommt es meist zum Streit darüber, was gilt, wenn es nicht zu einer 82 Zielvereinbarung kommt. Das BAG hat zunächst festgestellt, dass eine nachträgliche Bestimmung der Ziele ausscheidet.56 Nach Auffassung des BAG ist es vielmehr Pflicht des Arbeitgebers, Ziele vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer innerhalb der Zielperiode erreichen kann und ggf. – wenn die Zielvereinbarung vorsieht, dass die Ziele gemeinsam festgelegt werden – mit ihm darüber zu verhandeln.57 Kommt es dann nicht zur Zielvereinbarung und ist die Zielvereinbarungsperi- 83 ode abgelaufen, liegt ein Leistungsstörungsfall vor. Enthält der Arbeitsvertrag eine Regelung, wonach der Mitarbeiter entweder Ziele vorgegeben bekommt oder einvernehmlich vereinbart hat, kann das dazu führen, dass der Mitarbeiter die bei voller Zielerreichung mögliche Vergütung nach §§ 280, 283, 252 BGB als Schadensatz verlangen kann. Der Schaden ist der dann für den Fall der Zielerreichung zugesagte Bonus, den der Arbeitnehmer als entgangenen Gewinn liquidieren kann. Allerdings gilt hier eine Einschränkung. Die Liquidation des entgangenen Gewinns stellt nach § 252 BGB auf den gewöhnlichen Verlauf der Dinge ab. Der Arbeitgeber kann daher besondere Umstände einwenden, wonach der Arbeitnehmer die Ziele gar nicht erreicht hätte, selbst wenn diese ordnungsgemäß vorgegeben bzw. vereinbart worden wären. Das Gericht kann allerdings die Beweiserleichterungsregelung des § 287 ZPO anwenden, was den Vortrag für den Arbeitgeber erschwert.58 Der Arbeitgeber kann dieser Schadensersatzfalle in gewissem Umfang dadurch 84 entgehen, dass er in die Zielvereinbarung eine sogenannte Nachwirkungsklausel aufnimmt, wonach die Ziele der abgelaufenen Zielperiode auch für die nächste Periode gelten, bis sie durch andere Ziele ersetzt sind. Allerdings besteht die Verhandlungspflicht trotz Nachwirkungsklausel, wenn sich die Umstände maßgeblich geändert haben und diese sich aufgrund der äußeren Umstände als nicht mehr erreichbar herausstellen.59 Eine weitere Möglichkeit für den Arbeitgeber liegt darin, die Zielverein-
56 BAG, 12.2.2007 – 10 AZR 97/07 –. 57 BAG, 12.5.2010 – 10 AZR 390/09 –. 58 LAG Köln, 14.10.2009 – 3 Sa 901/09 –. 59 BAG, 1012.2008 – 10 AZR 889/07 –; BAG, 12.05.2010 – 10 AZR 390/09 –.
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Kapitel 4 Vergütung
barung jeweils auf eine Zielvereinbarungsperiode zu befristen.60 Sind die Ziele unklar formuliert, geht dies zu Lasten des Arbeitgebers.61 Beispiele Der Mitarbeiter erhält einen jährlichen Bonus von maximal [●] €, der jedoch davon abhängt, das jährliche Ziele erreicht werden. Die Ziele werden jährlich mit dem Mitarbeiter besprochen und gemeinsam in einer Zielvereinbarung vereinbart. Sollte eine Einigung über die Ziele bis zum Ablauf des jeweils ersten Quartals nicht erreicht werden, wird der Arbeitgeber die Ziele nach billigem Ermessen festlegen. Der Bonus hängt davon ab, dass die so vereinbarten oder festgelegten Ziele vollständig (zu 100 %) erreicht werden. Soweit die jeweilige Zielvereinbarung Teilziele enthält, erhält der Mitarbeiter den einen anteiligen Bonus für jedes vollständig (zu 100 %) erfüllte Teilziel. Der Arbeitgeber wird das Erreichen der Ziele bis spätestens zum Ablauf des ersten Quartals des Folgejahres feststellen und dem Arbeitnehmer mitteilen. Soweit die Zielerreichung nicht quantitativ messbar ist, erfolgt die Feststellung nach billigem Ermessen. Der Bonus gemäß der Zielerreichung wird innerhalb von 14 Bankarbeitstagen nach Feststellung des Jahresabschlusses nach Maßgabe der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen gezahlt.
4. Freiwilligkeitsvorbehalt
85 Der Freiwilligkeitsvorbehalt ist das stärkste Flexibilisierungsinstrument, weil der
Arbeitgeber sich damit vorbehalten möchte, eine bestimmte Leistung (in der Regel eine Sonderzahlung) von seiner freien Entscheidung abhängig zu machen. Die Klausel begegnet daher unter dem Gesichtspunkt des Transparenzgebots und dem Grundsatz, dass der Lohn für erbrachte Arbeitsleistung nicht nachträglich entzogen werden kann, den größten Bedenken. Der Freiwilligkeitsvorbehalt kommt daher praktisch nur noch bei solchen Zahlungen in Betracht, die nicht mindestens auch die erbrachte Arbeitsleistung abgelten sollen.62 Das BAG wendet außerdem bei der Gestaltung der Klausel einen extrem strengen 86 Maßstab an. Die Formulierung, dass die Leistung „freiwillig“ erbracht wird, bedeutet keinen Freiwilligkeitsvorbehalt, sondern ist nach Ansicht des BAG lediglich ein Hinweis darauf, dass der Arbeitgeber zur Zahlung nicht aufgrund anderer Rechtsgrundlagen verpflichtet ist.63 Erforderlich ist auch die Angabe, dass die Zahlung „ohne Rechtsanspruch für die Zukunft“ erfolgt. Weiter darf der Freiwilligkeitsvorbehalt nicht widersprüchlich formuliert sein. 87 Verwendet die Klausel Formulierungen, die auf einen Anspruch hindeuten („der Mitarbeiter erhält“, „der Arbeitgeber gewährt“), ist die Klausel widersprüchlich und der Freiwilligkeitsvorbehalt ist unwirksam. Die Klausel darf schließlich nicht mehrdeutig
60 Preis, Der Arbeitsvertrag, II Z 5 Rn 22. 61 LAG Hessen, 29.1.2002 – 7 Sa 836/01 –. 62 BAG, 8.12.2010 – 10 AZR 671/09 –; BAG, 13.5.2015 – 10 AZR 266/14 –, im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung. 63 BAG, 8.12.2010 – 10 AZR 671/09 –.
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B. Einzelne Vergütungsarten
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sein. Würde etwa ein Freiwilligkeitsvorbehalt mit einem Widerrufsvorbehalt kombiniert („der Arbeitgeber kann die freiwillige Zahlung, auf die kein Anspruch besteht, widerrufen“), ist die Klausel intransparent und nach § 307 Abs. 2 S. 2 BGB unwirksam. Vor diesem Hintergrund ist der Anwendungsbereich des Freiwilligkeitsvorbehaltes in der Praxis eingeschränkt. Wegen des strengen Maßstabs und der Tatsache, dass das BAG einen umfassen- 88 den Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle künftigen Leistungen erfasst, für unwirksam hält, ist der Freiwilligkeitsvorbehalt an sich keine Klausel mehr.64 Fraglich ist, ob der Arbeitgeber Sonderzahlungen stattdessen nicht einfach ohne vertragliche Regelung erbringen sollte und den Freiwilligkeitsvorbehalt dann bei der jeweiligen Zahlung erklären sollte. Beispiele Die erbrachte Sonderzahlung ist freiwillig und der Mitarbeiter hat darauf keinen Anspruch. Durch die Gewährung der Zahlung entsteht kein Anspruch auf diese oder vergleichbare Zahlungen in Zukunft. Der Arbeitgeber behält sich vielmehr vor, jedes Jahr neu über diese oder vergleichbare Zahlungen zu entscheiden.
Preis65 weist zu Recht darauf hin, dass der Betriebsrat darüber nach § 87 Abs. 1 89 Nr. 10 BetrVG eine Betriebsvereinbarung erzwingen könnte, die dann wiederum am Maßstab zu messen wäre, dass einmal verdienter Lohn für die erbrachte Arbeitsleistung nicht entzogen werden kann.66 Zum anderen kann die Praxis, Zahlungen vorbehaltlos zu leisten, dazu führen, dass der Arbeitnehmer entweder einen Anspruch auf die Zahlung oder zumindest darauf erwirbt, dass der Arbeitgeber nach pflichtgemäßem Ermessen über die Sonderzahlung entscheidet.67
5. Widerrufs- und Änderungsvorbehalte Mit dem Widerrufsvorbehalt behält sich der Arbeitgeber vor, eine Leistung, auf die der 90 Arbeitnehmer einen Anspruch hat, zu widerrufen. Der Widerrufsvorbehalt betrifft vor allem Zulagen. Das BAG war anfänglich eher großzügig, misst aber seit Geltung der §§ 305 ff. BGB im Arbeitsrecht die Klausel an § 308 Nr. 4 BGB. Danach ist die Vereinbarung eines Rechts des Klauselverwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Das BAG68 hat dafür die folgenden Grundsätze aufgestellt:
64 BAG, 14.9.2011 – 10 AZR 526/10 –. 65 Preis, Arbeitsvertrag, 5. Aufl. (2015) II S 40 Rn 14. 66 BAG, 12.4.2011 – 1 AZR 412/09 –. 67 BAG, 13.5.2015 – 10 AZR 266/14 –. 68 BAG, 20.4.2011 – 5 AZR 191/10 –.
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Kapitel 4 Vergütung
– Der Widerruf darf nicht grundlos erfolgen, sondern muss als Instrument der Anpassung bei unsicheren Verhältnissen notwendig sein. – Es muss zumindest die Richtung angegeben sein, aus der der Widerruf möglich sein soll (wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten). 91 Bei gegenseitigen (synallagmatische) Gehaltsbestandteilen (also im Wesentlichen der
eigentlichen Vergütung) gilt außerdem eine 25 % Grenze, damit der Arbeitgeber über den Widerrufsvorbehalt nicht in den Kernbestand der Vergütung eingreifen kann.69 Für außerhalb des Gegenseitigkeitsverhältnisses stehende Vergütungsbestand92 teile liegt die Grenze bei 30 %.70 Die Ausübung des Widerrufsvorbehaltes unterliegt schließlich einer Ermessenskontrolle nach § 315 BGB. Alternativen: Bewertet man den Widerrufsvorbehalt vor diesem Hintergrund, 93 liegt mit Ausnahme von Sonderfällen71 ein eher untaugliches Flexibilisierungsinstrument vor. Zulagen sollten besser an eine bestimmte Tätigkeit oder Funktion geknüpft werden, so dass sie automatisch entfallen. In Betracht kommt außerdem, bestimmte Leistungen nur befristet zu vereinbaren. Gewährt der Arbeitgeber eine Leistung, behält er sich aber die Höhe vor, liegt 94 ein Änderungsvorbehalt vor, der nicht an § 308 Nr. 4 BGB gemessen wird.72 Das BAG ordnet diese Vorbehalte vielmehr als einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ein, die nur der Ausübungskontrolle nach § 315 BGB unterliegen. Diese Klauseln halten auch dem Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) stand, solange sie nicht das im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Entgelt betreffen. Zumindest bei Mitarbeitern mit höherer Vergütung (vor allem im Bonusbereich) ist die Regelung einer variablen Vergütung nach billigem Ermessen wohl der derzeit beste Weg zur Flexibilisierung.
6. Bindungsklausel 95 Mit der Bindungsklausel behält sich der Arbeitgeber vor, eine bereits gewährte Sonderzahlung zurückzuverlangen, wenn der Arbeitnehmer von sich aus das Arbeitsverhältnis kündigt. Die Zulässigkeit solcher Bindungsklauseln ist nicht abschließend geklärt. Das BAG hat in der Entscheidung vom 18.1.201273 eine Klausel folgenden Inhalts gebilligt: Beispiele Eine Gratifikation ist gleichzeitig Treueprämie. Soweit eine Weihnachtsgratifikation gezahlt wird, ist sie zurückzuzahlen, wenn der Angestellte aufgrund eigener Kündigung oder aufgrund außerordent-
69 BAG, 12.1.2005 – 5 AZR 364/04 –. 70 BAG, 11.10.2006 – 5 AZR 721/05 –. 71 Dazu Rn 55 Widerruf der Dienstwagenüberlassung bei Freistellung. 72 BAG, 16.1.2013 – 10 AZR 26/12 –. 73 BAG, 18.1.2012 – 10 AZR 667/10 –.
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licher, verhaltensbedingter oder personenbedingter Kündigung des Arbeitgebers vor dem 31.3. des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres oder, sofern die Gratifikation eine Monatsvergütung erreicht, bis zum 31.3. des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres oder, sofern die Gratifikation eine Monatsvergütung übersteigt, vor dem 30.6. des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres ausscheidet. Dies gilt nicht, wenn die Gratifikation den Betrag von 100,00 € nicht übersteigt.
Diese Klauselgestaltung stellt einen in der BAG-Rechtsprechung langjährig entwi- 96 ckelten Kompromiss dar zwischen dem Interesse des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer durch die Zahlung zu halten, und dem Interesse des Arbeitnehmers, nicht an den Arbeitgeber gebunden zu sein (Stichwort: „Goldene Fessel“). Die hier in dieser Klausel wiedergegebene Staffelung entspricht auch der BAG-Rechtsprechung, wonach bei Zahlung bis 100,00 € keine Rückzahlung erfolgen kann, ab 100,00 € bis zur Höhe eines Bruttomonatsgehaltes darf der Arbeitgeber die Rückzahlung verlangen, wenn der Arbeitnehmer nur bis zum 31.3. des Folgejahres bleibt, bei Zahlung bis zu zwei Bruttomonatsgehältern darf die Bindung bis zum 30.6. des Folgejahres reichen. Bei höheren Zahlungen hält das BAG auch höhere Bindungsdauer für zulässig.74 Praxistipp Das BAG hat aber bisher nicht entschieden, ob hier dieselben Grundsätze wie bei den Stichtagsklauseln gelten. Vor dem Hintergrund, dass das BAG die Auffassung vertritt, dass dem Arbeitnehmer der Lohn für die geleistete Arbeit nicht mehr entzogen werden kann, wäre es eigentlich konsequent, die Rückzahlungsklausel auch nur auf solche Leistungen zu erstrecken, die ausschließlich die Betriebstreue honorieren und nicht auch zugleich die erbrachte Arbeitsleistung.
7. Stichtagsregelung Bei einer Stichtagsklausel kommt die Sonderzahlung nur zur Auszahlung, wenn das 97 Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt im ungekündigten Zustand besteht. Das BAG misst diese Klauseln ohne Weiteres am Maßstab, dass die bereits erbrachte Arbeitsleistung nicht mehr entzogen werden kann: „Eine Sonderzahlung, die (auch) Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt innerhalb oder außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Bei unterjährigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ergibt sich zum Fälligkeitszeitpunkt ein zeitanteiliger Anspruch auf die Sonderzahlung.“75
Diese Grundsätze dürften auch dann gelten, wenn die Klausel nicht in einem Stan- 98 dardvertrag, der den § 305 ff. BGB unterliegt, vereinbart wird, sondern als Einzelvereinbarung. Denn das BAG stützt sich im Grundsatz darauf, dass § 611 BGB verletzt
74 BAG, 24.10.2007 – 10 AZR 825/06 –. 75 BAG, 13.5.2015 – 10 AZR 266/14 –.
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Kapitel 4 Vergütung
wäre, wenn die bereits erdiente Vergütung wieder entzogen werden könnte.76 Die Stichtagsklausel kommt daher nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber mit der Zahlung ausschließlich die Betriebstreue honoriert.77 Beispiele Besteht das Arbeitsverhältnis am 31.12. des jeweiligen Jahres ungekündigt, erhält der Mitarbeiter eine Treueprämie in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes. Die Prämie soll ausschließlich die künftige Betriebstreue des Arbeitnehmers honorieren. Beispiele78 Retention Payment Wir freuen uns, dass wir Ihnen jeweils zum 31.1. einen einmaligen Betrag in Höhe von [●] € brutto zusagen können. Die Auszahlung des jeweiligen Betrages setzt voraus, dass Sie zu dem jeweiligen Zeitpunkt Ihr Arbeitsverhältnis nicht von sich aus gekündigt haben. Die Auszahlung erfolgt mit der jeweils nächsten Gehaltsabrechnung. Wir bestätigen Ihnen, dass die zugesagten Retention-Zahlungen zu 100 % auch im Falle einer einseitigen Kündigung durch Ihren Arbeitgeber oder durch eine vom Arbeitgeber veranlasste Auflösung Ihres Arbeitsvertrages ausbezahlt wird. Die Auszahlung findet in diesem Fall mit Wirksamwerden der Kündigung bzw. des Auflösungsvertrages statt. Regelungsabsprachen für einen Auflösungsvertrag bleiben davon unberührt. 99 Bei der Gestaltung von Stichtagsklauseln stellt sich weiter die Frage, ob man die Klau-
seln nach der Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unterscheiden muss. In der Literatur79 wird verschiedentlich gefordert, dass der Stichtagsvorbehalt die Leistung dann nicht ausschließen sollte, wenn die Kündigung nicht aus der Sphäre des Arbeitnehmers (ordentliche Eigenkündigung, verhaltensbedingte oder fristlose Kündigung des Arbeitgebers) herrührt, sondern ausschließlich vom Arbeitgeber veranlasst ist, wie es im Hauptfall der betriebsbedingten Kündigung der Fall ist. Das BAG80 fordert dies jedoch nicht und hat auch eine Klausel für wirksam gehalten, die schlicht auf ein „ungekündigtes“ Arbeitsverhältnis abstellt. Das BAG81 ging zuvor davon aus, dass die Klausel, die auf ein „ungekündigtes Arbeitsverhältnis“ abstellt, nicht im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion aufrechterhalten werden kann, so dass die Klausel lediglich den Bestand des Arbeitsverhältnisses verlangt82. Diese Frage dürfe sich aber erledigt haben, weil das BAG inzwischen davon ausgeht, dass Zahlungen, welche die Arbeitsleistung zumindest mit abgelten sollen, überhaupt nicht von einem Stichtag abhängen können und umgekehrt, die Stichtagsklausel bei Treueprämien auch dann zulässig ist, wenn sie auf den ungekündigten Bestand abstellt.
76 BAG, 14.11.2012 – 10 AZR 783/11 –. 77 LAG Hessen, 12.9.2014 – 7 Sa 518/13 –. 78 BAG, 14.11.2012 – 10 AZR 3/12 –. 79 Preis, Der Arbeitsvertrag II, S 40 Rn 52a. 80 BAG, 18.1.2012 – 10 AZR 667/10 –. 81 BAG, 13.11.2013 – 10 AZR 848/12. 82 Dazu auch oben, Kapitel F., Rn 112.
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Praxistipp Wenn der Zweck nicht genannt wird, gilt zu Lasten des Arbeitgebers (§ 305a Abs. 2 BGB), dass die Zahlung Entgeltcharakter hat. Die Stichtagsklausel ist dann nicht wirksam. Dringend abzuraten ist davon, bei Mischzahlungen, also solchen Zahlungen, die teilweise die Betriebstreue und teilweise die erbrachte Arbeitsleistung honorieren, eine Stichtagsklausel aufzunehmen. Aus Gründen der Transparenz muss für den Arbeitnehmer erkennbar werden, welcher Teil der Zahlung für was (Betriebstreue/ Arbeitsleistung) gezahlt wird. Die Stichtagsklausel kann dann nur denjenigen Teil der Zahlung betreffen, der ausschließlich für die Betriebstreue gezahlt wurde. In diesem Fall ist es besser, die Zahlung auch bei der Gestaltung des Arbeitsvertrages zu trennen und den Anteil für die Honorierung der Betriebstreue als eigenständige Sonderzahlung zu formulieren.
8. Ermessensregelungen (§ 315 BGB) Statt den „herkömmlichen“ Flexibilisierungsinstrumenten in Form der Freiwillig- 100 keits- oder Widerrufsvorbehalte kann der Arbeitgeber auf § 315 BGB zurückgreifen und eine bestimmte Leistung nach billigem Ermessen treffen. Nach § 315 Abs. 3 BGB kann die Bestimmung durch Urteil ersetzt werden, wenn sie nicht der Billigkeit entspricht. Das BAG hält die Vereinbarung solcher Ermessensregelungen in weitem Umfang für zulässig. In der Entscheidung vom 16.1.201383 hat das BAG diese Klausel mit folgendem Wortlaut gebilligt: „Vielmehr sieht das Gesetz selbst einseitige Leistungsbestimmungsrechte vor (§ 315 BGB). Es geht davon aus, dass vertragliche Regelungen diesen Inhalts einem berechtigten Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen können und nicht von vornherein unangemessen sind. Das Gesetz ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und gegebenenfalls durch Urteil treffen lassen kann. Gegen die mit dem einseitigen Bestimmungsrecht etwa verbundene Gefährdung des Gläubigers hat der Gesetzgeber also Vorkehrungen getroffen.“
Die Leistungsbestimmung entspricht dabei dem billigem Ermessen, wenn die wesent- 101 lichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind.84 Maßgeblich sind Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Arbeitgebers. Die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte können vertraglich zwar festgehalten werden (etwa die Ertragslage des Unternehmens und die Leistung des Mitarbeiters), allerdings ist dies nicht zwingend erforderlich. Trifft der Arbeitgeber eine Leistungsbestimmung „auf null“, muss er allerdings darlegen, dass besondere Umstände vorlagen, die eine Zahlung trotz Leistung des Mitarbeiters
83 BAG, 16.1.2013 – 10 AZR 26/12 –. 84 BAG, 12.10.2011 – 10 AZR 746/10 –.
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Kapitel 4 Vergütung
nicht rechtfertigen.85 Dies kann etwa bei einem drastischen Gewinneinbruch der Fall sein.86 102 Im Rahmen einer Ermessensregelung ist weiter zulässig, eine unverbindliche vorläufige Bestimmung zu treffen (mit dem Vorbehalt der Nachprüfung). Der Mitarbeiter kann sich darauf dann nicht verlassen. Nach Ansicht des BAG87 handelt es sich dabei ebenfalls um einen Fall von § 315 BGB. Der Fall betraf die folgende Gestaltung: Beispiele Ihr Bonus für das Geschäftsjahr X wird mit 10.000,00 € brutto vorläufig festgesetzt. Die vorläufige Festsetzung steht unter dem Vorbehalt der Feststellung des Jahresabschlusses. Sollte sich die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft danach im Vergleich zur derzeitigen prognostizierten Ergebnissituation wesentlich verschlechtern, behalten wir uns vor, die Höhe des Bonus zu überprüfen und ggf. zu verringern. 103 Bindung besteht bei solchen Vorbehalten dahin, dass der Arbeitgeber von der vor-
läufig festgesetzten Bonushöhe nur aus den im Vorbehalt genannten Gründen abweichen kann. Kommt es zu einem Streit über die Ausübung des Ermessens gelten die folgenden 104 „Spielregeln“: Der Arbeitgeber muss zunächst eine Leistungsbestimmung treffen. Der Mitarbeiter kann dann gerichtlich kontrollieren lassen, ob die Leistungsbestimmung dem billigen Ermessen entspricht. Das Gericht kann ggf. den Bonus dann auch selbst festsetzen.88 Es gilt das Prinzip der abgestuften Darlegungslast: Der Arbeitgeber muss die Richtigkeit der Beurteilung und des Ermessens darlegen. Der Arbeitnehmer muss dann die Beurteilung oder zumindest Teile davon substantiiert bestreiten, was dazu führt, dass der Arbeitgeber dann beweisen muss, dass eine Ermessenentscheidung zutreffend ist und die Ermessensgrenzen einhält. Die Anforderungen an das Bestreiten durch den Arbeitnehmer steigen, wenn die Arbeitgeberbeurteilung auf einer vom Arbeitnehmer gegebenen Selbsteinschätzung basiert.
9. Kürzung von Sonderzahlungen a) Ruhendes Arbeitsverhältnis 105 Das LAG Saarland89 „hält es für zulässig, ausdrückliche Kürzungsabreden für Zeiten des Ruhens des Arbeitsverhältnisses aufzunehmen, wenn dem nicht zwingende gesetzliche oder tarifliche Bestimmungen entgegenstehen“. Eine solche Grenze besteht allerdings bei Kürzungen, die solche Zeiträume erfassen sollen, in denen
85 BAG, 13.5.2015 – 10 AZR 266/14 –; BAG, 19.3.2014 – 10 AZR 622/13 –. 86 LAG Baden-Württemberg, 14.1.2013 – 1 Sa 27/12 –. 87 BAG, 12.10.2011 – 10 AZR 746/10 –. 88 BAG, 19.3.2014 – 10 AZR 622/13 –. 89 LAG Saarland, 22.4.2015 – 2 Sa 103/14 –.
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gesetzliche Weiterzahlungspflichten bestehen (§ 6 EFZG, §§ 3, 6 MuSchG). Zulässig ist aber der Wegfall für Zeiten der Elternzeit. Achtung Bei Zahlungen, die auch die Betriebstreue honorieren, muss die Kürzung ausdrücklich vereinbart werden.
b) Sonderfall: Kürzung bei Krankheit § 4a EFZG Eine Vereinbarung über die Kürzung von Leistungen, die der Arbeitgeber zusätzlich 106 zum laufenden Arbeitsentgelt erbringt (Sondervergütungen), ist auch für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit zulässig. Die Kürzung darf für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten. Bei Leistungen, die zusätzlich zum laufenden Entgelt gezahlt werden, kommt es 107 auf die Einordnung an. Das BAG90 unterscheidet wie folgt: „Ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags, dass es sich bei dem 13. Monatsgehalt um einen Vergütungsbestandteil handelt, der Teil der Gegenleistung für die Tätigkeit des Arbeitnehmers, also in das vertragliche Austauschverhältnis von Vergütung und Arbeitsleistung (§ 611 BGB) eingebunden ist und mit dem kein weitergehender Zweck verfolgt wird, so entsteht kein Anspruch auf das 13. Monatsgehalt für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, in denen kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall i. S. von § 3 EFZG besteht.“
Daraus ergeben sich folgende Regeln: 108 – Wenn die Leistung Teil des Arbeitsentgeltes ist, fällt sie nach Ablauf der Entgeltfortzahlung automatisch weg. – Wenn die Leistung Sondervergütung im Sinne des § 4a EFZG ist, bedarf es einer Kürzungsvereinbarung.
C. Regulierte Vergütung An sich gilt, dass die Vergütung, vorbehaltlich der tariflichen Vergütung, im Arbeits- 109 vertrag frei vereinbar ist.91 Auch die §§ 305 ff. BGB lassen eine Kontrolle der eigentlichen Vergütungsabrede mit Ausnahme des Transparenzgebotes (§ 307 Abs. 2 S. 1 BGB) nicht zu. Die Vergütung braucht nicht angemessen zu sein. Davon existieren Ausnahmen, die auch die Höhe der Vergütung kontrollierbar machen. Man spricht von regulierter Vergütung. Regulierte Vergütung lässt sich wie folgt aufteilen:
90 BAG, 21.3.2001 – 10 AZR 28/00 –. 91 Dazu Kapitel 2 Rn 95 f.
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– Absolute Regulierung: Die absolute Regulierung bedeutet, dass die Vergütung eine bestimmte Höhe nicht unter- oder überschreiten darf. Hierzu zählen etwa der gesetzliche Mindestlohn und allgemeinverbindliche Lohntarifverträge. – Relative Regulierung: Relativ regulierte Vergütung heißt, dass eine Vergütungsabrede nur in bestimmten Situationen rechtswidrig ist; zu nennen sind hier vor allem Bestimmungen zur regulierten Vergütung bei Aktiengesellschaften (Verhältnis variable Vergütung zur Fixvergütung), hierzu zählt auch die Kontrolle der Vergütung über § 138 BGB.
I. Mindestlöhne und § 138 BGB 1. Allgemeines
110 Seit dem 1.1.2015 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn in der Höhe von
8,50 € pro Zeitstunde.92 Die Einführung erfolgte aufgrund Art. 1 des Tarifautonomiestärkungsgesetzes vom 11.8.2014 (BGBl I S. 1348), welches das Mindestlohngesetz (MiLoG) in Kraft gesetzt hat. Das Bundesarbeitsministerium geht davon aus, dass 3.700.000 Arbeitsverhältnisse davon betroffen sind.
2. Anwendungsbereich
111 Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle in Deutschland tätigen Arbeitnehmer über
18 Jahre, unabhängig davon, ob sie Inländer sind oder aus dem Ausland kommen und unabhängig davon, ob sie bei einem in- oder einem ausländischen Unternehmen beschäftigt sind. Nicht unter den Anwendungsbereich fallen damit arbeitnehmerähnliche Personen93 wie auch Heimarbeiter. Weiter bestimmt § 22 MiLoG, dass Personen, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind sowie ehrenamtlich tätige (§ 22 Abs. 3) und Personen unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung (§ 22 Abs. 2) nicht in den Anwendungsbereich fallen. Für Praktikanten ist es komplexer. Praktikanten im Sinne des § 26 des BBiG gelten als Arbeitnehmer, es sei denn, dass sie ein in ihrer Ausbildung verpflichtendes Praktikum leisten, ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten, ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung leisten, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat, oder an einer Einstiegsqualifizierung (§ 54a SGB III) oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung (§§ 68 bis 70 BBiG) teilnehmen.
92 Eine erste Erhöhung kann frühestens zum 1.1.2017 erfolgen. Erforderlich ist, dass auf Vorschlag der Mindestlohnkommission (§ 9 Abs. 1 MiLoG) die Bundesregierung eine entsprechende Rechtsverordnung erlässt ( § 11 Abs. 1 MiLoG). 93 ErfK/Franzen, § 22 MiLOG, Rn 1.
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Eine weitere Ausnahme gibt es für Langzeitarbeitslose (ein Jahr oder länger ununterbrochen arbeitslos), für welche der Mindestlohn in den ersten sechs Monaten einer Beschäftigung (§ 22 Abs. 4 MiLoG) nicht anwendbar ist.94 Praxistipp Der deutsche Mindestlohn gilt auch für im Ausland angestellte Arbeitnehmer dann, wenn diese in Deutschland arbeiten, unabhängig davon, ob nach Art. 8 Abs. 2 Rom-I-VO95 an sich das Recht des Staates, in dem sie angestellt sind, gelten würde. Denn das MiLoG ist eine zwingende Eingriffsnorm nach Art. 9 Abs. 1 Rom-I-VO. Das bedeutet, dass der Mindestlohn auch für Arbeitnehmer gilt, die im Rahmen ihres ausländischen Arbeitsverhältnisses (zeitweise) in Deutschland tätig sind wie z. B. LKW-Fahrer oder Binnenschiffer. Hier ist zu beachten, dass sich der Mindestlohn auf 8,50 € brutto beläuft, aber nicht zwingend auf die deutschen Sozialversicherungsbeiträge abstellt. Unseres Erachtens bedeutet das, dass in Ländern mit einem niedrigeren Satz an Sozialversicherungsbeiträgen, der „Netto“-Mindestlohn ggf. höher liegt als ein vergleichbarer eines deutschen Arbeitnehmers.
3. Arbeitszeit Der Mindestlohn muss pro Zeitstunde bezahlt werden. Das MiLoG stellt hier keine 112 eigene Definition auf, sondern verlässt sich auf die bislang anerkannten Kategorien zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, d. h. der Mindestlohn muss für jede Stunde bezahlt werden, die nach derzeitigen Kriterien auch vergütet werden muss. Maßgeblich sind insoweit der Arbeitsvertrag, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und gesetzliche Regelungen. Praxistipp Das bedeutet, dass insbesondere Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaften, wenn sich der Arbeitnehmer also an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten muss, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen, Arbeitszeit auch im Sinne des MiLoG sind und daher nicht mehr mit weniger als 8,50 € brutto vergütet werden dürfen.96
Nicht unter den Mindestlohn fällt hingegen die Rufbereitschaft, wenn der Arbeitneh- 113 mer also frei ist, wo er sich aufhält und lediglich jederzeit erreichbar sein muss, um auf Abruf des Arbeitgebers die Arbeit alsbald aufnehmen zu können.
4. Zulagen und Zuschläge Das MiLoG macht keine weiteren Angaben dazu, welche Bestandteile auf den Min- 114 destlohn angerechnet werden dürfen und welche nicht. Zurückgegriffen wird
94 Weitere Ausnahmen: Zeitungszusteller. Eine Übergangsregelung für verbindliche Tarifverträge. 95 Dazu Kapitel 9 Rn 49 ff. 96 So auch für das Mindestentgelt in der Pflegebranche, BAG, Urt. v. 19.11.2014 – 5 AZR 1101/12 –.
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demnach auf die bislang ergangene Rechtsprechung des EuGH zur AN-Entsende-RL 96/71/EG.97 Zulagen und Zuschläge dürfen auf den Mindestlohn angerechnet werden, wenn sie das Verhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers auf der einen und der Gegenleistung, die er dafür erhält, auf der anderen Seite nicht verändern.98 Nicht darunter jedenfalls fallen Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachts115 geld, auch eine „Streichung“ dieser Prämien und Umwidmung in Lohn ist durch eine Änderungskündigung nicht möglich, solange jedenfalls nicht andernfalls der Fortbestand des Betriebs mit den vorhandenen Arbeitsplätzen gefährdet ist.99 Nach der Rechtsprechung des BAG muss der Zweck der Leistung des Arbeitgebers mit dem Zweck des Mindestlohns funktionell gleichwertig sein.100 Praxistipp Es empfiehlt sich derzeit hier die von der Zollbehörde, welche für die Kontrolle der Einhaltung des MiLoG zuständig ist, herausgegebene Beispielliste von anrechnungsfähigen und nicht-anrechnungsfähigen Zulagen und Zuschlägen zu beachten. 116 Anrechnungsfähige Zulagen und Zuschläge sind:
– Zulagen und Zuschläge, mit denen lediglich die regelmäßig und dauerhaft vertraglich geschuldete Arbeitsleistung vergütet wird (z. B. Bauzulage für alle auf einer Baustelle beschäftigten Arbeitnehmer). – Zulagen, die im Arbeitsvertrag eines aus dem Ausland entsandten Arbeitnehmers als Differenz zwischen dem in seinem Herkunftsstaat und dem im Aufnahmestaat Deutschland geschuldeten Mindestlohn ausgewiesen sind. – Zulagen, die in Ergänzung besonderer Entlohnungsmodelle, wie z. B. Stücklohnmodelle, gezahlt werden, um im Ergebnis einen Stundenlohn von mindestens 8,50 € zu erzielen, ohne dass der Arbeitnehmer hierzu eine über die „Normalleistung“ hinausgehende Leistung erbringen muss. – Einmalzahlungen (z. B. Weihnachts-/Urlaubsgeld): Sie sind anrechnungsfähig nur für den Fälligkeitszeitraum (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 MiLoG), in dem diese (ggf. auch anteilig) gezahlt werden und auch nur unter der weiteren Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer sie tatsächlich und unwiderruflich ausbezahlt erhält. Eine einmalige jährliche Zahlung von Weihnachtsgeld im Dezember eines Jahres kann also nur auf den Mindestlohn im November angerechnet werden, da die Fälligkeiten der Mindestlohnzahlungen von Januar bis Oktober bereits abgelaufen sind. – Zulagen und Zuschläge, mit denen das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht berührt wird, wie z. B. Betriebstreuezulagen, Kinderzulagen.
97 ErfK/Franzen, § 1 MiLoG, Rn 11. 98 EuGH, 14.4.2005 – C 341/02 –; 7.11.2013 – C-522/12 –. 99 LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.8.2015 – 19 Sa 819/15 –. 100 BAG, 18.4.2012 – 4 AZR 139/10 –.
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Nicht anrechnungsfähige Zulagen und Zuschläge, deren Zahlung Folgendes voraus- 117 setzt, sind: – mehr Arbeit pro Zeiteinheit (Akkordprämien), – überdurchschnittliche qualitative Arbeitsergebnisse (Qualitätsprämien), – Arbeit zu besonderen Zeiten (z. B. Überstunden, Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit), – Arbeit unter erschwerten oder gefährlichen Bedingungen (z. B. Schmutzzulagen, Gefahrenzulagen), – alle sonstigen Zulagen und Zuschläge, die eine vertraglich nicht geschuldete Zusatzleistung ausgleichen, – Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung und sonstige vermögenswirksame Leistungen, – Aufwandsentschädigungen, – dementsprechend auch (im Recht ausländischer Staaten oft vorgesehene) Entsendezulagen, soweit sie der Erstattung bei dem entsandten Arbeitnehmer tatsächlich angefallener Entsendungskosten (z. B. Unterkunft, Verpflegung, Reisekosten) dienen.
5. Sachleistungen Sachleistungen dürfen grundsätzlich nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden, 118 da es sich aufgrund des zwingenden Charakters der §§ 1 und 20 MiLoG um Geldleistungen handeln muss. Daher ist die Entlohnung durch Sachleistungen eigentlich grundsätzlich nicht möglich. Auch Trinkgelder fallen nicht unter den Mindestlohn, da diese nach § 107 Abs. 3 GewO gerade zusätzlich zu dem Lohn gezahlt werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht ausschließlich für die Anrechenbarkeit von Kost und Logis für Saisonarbeiter nach § 107 Abs. 2 GewO. Saisonarbeitnehmer sind Arbeitnehmer, die befristet bei einem in Deutschland ansässigen Arbeitgeber angestellt sind und Tätigkeiten ausüben, die aufgrund eines immer wiederkehrenden saisonbedingten Ereignisses oder einer immer wiederkehrenden Abfolge saisonbedingter Ereignisse an eine Jahreszeit gebunden sind, während der Bedarf an Arbeitskräften den für gewöhnlich durchgeführte Tätigkeiten erforderlichen Bedarf in erheblichem Maße übersteigt. Eine Anrechnung kann jedoch auch hier nicht automatisch, d. h. einseitig durch den Arbeitgeber erfolgen, es bedarf einer Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer. Hinsichtlich der Höhe der anrechenbaren Leistungen gibt es zwei Grenzen. Die Anrechnung der Sachleistungen darf in allen Fällen die Höhe des pfändba- 119 ren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen (§ 107 Abs. 2 S. 5 GewO, Pfändungsfreigrenze); dabei wird der für eine ledige, nicht unterhaltspflichtige Person maßgebliche Betrag zugrunde gelegt. Hinsichtlich einzelner Leistungen gelten neben dieser Grenze zusätzlich folgende 120 Höchstgrenzen: Rolf/Riechwald
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– Die Anrechnung vom Arbeitgeber gewährter Verpflegungsleistungen darf den Betrag von monatlich 229,00 € nicht überschreiten. Dieser Wert setzt sich zusammen aus dem Wert für Frühstück 49,00 €, Mittagessen 90,00 € und Abendessen 90,00 €. – Die Anrechnung einer als Sachbezug zur Verfügung gestellten Unterkunft ist – bis zur Höhe von monatlich 223,00 € – zulässig.
6. Anderslautende Vereinbarungen
121 Der Mindestlohn ist unabdingbar und daher sind Vereinbarungen, die den Anspruch
auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam, § 3 MiLoG. Somit soll sowohl die Entstehung des Anspruchs auf den Mindestlohn als auch dessen Durchsetzbarkeit gesichert werden. Diese Unabdingbarkeit ist auch nicht tarifdispositiv, kann also auch in Tarifverträgen nicht anders vereinbart werden.101 Insoweit soll der Schutz des Mindestlohns umfassend zu verstehen sein, so dass alle Regelungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten, die Geltendmachung beschränken oder ausschließen, wegen Verstoßes nach § 134 BGB nichtig sind. Ansonsten bleibt die arbeitsvertragliche Abrede aber bestehen.102 Welcher Lohn gelten soll, wenn die Lohnabrede wegen Verstoßes gegen § 3 MiLoG 122 gelten soll, ist noch streitig. Richtigerweise dürfte in diesem Fall schlicht der Mindestlohn in Höhe von 8,50 € brutto geschuldet sein.103
7. Sittenwidrigkeit des Lohns
123 Schon bislang bestand eine Untergrenze, wenn ein Lohn so niedrig war, dass er als
„sittenwidrig“ und damit nach § 138 BGB als nichtig anzusehen war. Die Gerichte haben bislang einen sittenwidrigen Lohn dann angenommen, wenn dieser weniger als zwei Drittel des einschlägigen Tariflohns beträgt.104 Fraglich ist nun, ob dies neben dem gesetzlichen Mindestlohn noch gelten kann, 124 ob also noch ein auffälliges Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt bestehen kann, wenn jedenfalls der gesetzliche Mindestlohn gezahlt wird. Für die Praxis dürfte sich dies aber als Scheinproblem herausstellen. In Branchen, in denen der Tariflohn so weit über dem Mindestlohn liegt, dass hier noch ein solches Missver-
101 Düwell/Schubert/Trümner, MiLoG, § 3 Rn 1. 102 Düwell/Schubert/Trümner, MiLoG, § 3 Rn 11. 103 BeckOK-ArbR/Hilgenstock, § 3 MiLoG, Rn 3; andere Ansicht Trümner in Düwell/Schubert/Trümner, MiLoG, § 3 Rn 17, der in diesem Fall die übliche Vergütung geschuldet haben will. 104 BAG, Urt. v. 22.4.2009 – 5 AZR 436/08 –.
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hältnis angenommen werden kann, werden sich kaum Arbeitnehmer finden, welche bereit sind, zu einem solch niedrigen Lohn zu arbeiten bzw. werden ggf. durch Beitritt in eine Gewerkschaft eine Tarifbindung herstellen können und somit ohnehin mehr als einen sittenwidrigen Lohn verdienen.
8. Mindestlohn außerhalb des Mindestlohngesetzes Daneben bestehen auch andere gesetzliche Regelungen, welche bereits vor der Ein- 125 führung des gesetzlichen Mindestlohns einen Mindestlohn vorgesehen haben. Diese haben sicherlich durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns an praktischer Relevanz verloren, allerdings gelten sie immer noch und stehen, soweit der dort geregelt Mindestlohn über 8,50 € pro Stunde liegt, auch noch über diesem. Die älteste Regelung findet sich dabei in § 5 TVG, wonach Tarifverträge vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für die gesamte Branche als allgemeinverbindlich erklärt werden können. Dann sind auch die dort geregelten Vergütungshöhen allgemeinverbindlich.105 Außerdem sieht das AEntG die Möglichkeit für Mindestlöhne vor. Auch hier geht 126 dies im Wesentlichen über den Umweg der allgemeinverbindlichen Erklärung eines Tarifvertrags durch das BMAS. War diese Möglichkeit zunächst nur auf bestimmte Branchen beschränkt, wurde vor kurzem dies für alle Branchen eröffnet. Eine Besonderheit gibt es außerdem für die Pflegebranche in §§ 10 ff. AEntG, da hier sehr viele Arbeitnehmer bei den beiden großen Kirchen beschäftigt sind, die keine Tarifverträge abschließen. Hier kann eine paritätische Mindestlohnkommission mit drei Vierteln ihrer Mitglieder einen Vorschlag für Mindestarbeitsbedingungen beschließen.
II. Aktiengesellschaften und Finanzindustrie 1. Allgemein Im Wesentlichen durch die Finanzmarktkrise in den letzten Jahren befeuert, hat der 127 europäische und der deutsche Gesetzgeber für bestimmte Gruppen von Geschäftsleitern und Mitarbeitern Regulierungen der Vergütung eingeführt bzw. konkretisiert. Dies betrifft insbesondere den Bereich der Finanz- und Versicherungsdienstleistung sowie Vorstände von (börsennotierten) Aktiengesellschaften. Hiermit soll exzessiven Vergütungen, insbesondere über Boni und andere variable Vergütungssysteme, welche einen Anreiz für besonders riskante und kurzfristig orientierte Handlungen setzen, ein Riegel vorgeschoben werden. Hierbei finden sich Regeln für Aktiengesell-
105 Das BMAS veröffentlicht die aktuelle Liste der allgemeinverbindlichen Tarifverträge unter: http://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsrecht/Tarifvertraege/allgemeinverbindliche-tarifvertraege. html
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schaften (VorstAG, § 87 AktG), Empfehlungen für börsennotierte Aktiengesellschaften (Deutscher Corporate Governance Kodex) sowie zwingende Bestimmungen für die Finanz- und Versicherungsbranche (§ 25a KWG und in § 64b VAG).
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2. Vorstände von Aktiengesellschaften a) VorstAG Für Aktiengesellschaften hat insbesondere das VorstAG das Recht der Vorstandsvergütung revolutioniert.106 Hierbei hat sich der Gesetzgeber jedoch nicht nur auf börsennotierte Gesellschaften konzentriert. Der Aufsichtsrat hat nun bei der Festsetzung der Gesamtbezüge des einzelnen Vorstandsmitglieds, worunter neben dem Gehalt auch Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen, anreizorientierte Vergütungszusagen wie zum Beispiel Aktienbezugsrechte und Nebenleistungen zählen, dafür zu sorgen, dass diese in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des Vorstands sowie zur Lage der Gesellschaft stehen und die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen, § 87 Abs. 1 S. 1 AktG. Eine tatsächliche Begrenzung der Vergütung auf eine bestimmte Summe oder absolute Grenze findet daher nicht statt. Die Üblichkeit ist dabei im Horizontalverhältnis vor allem nach Marktstellung des Unternehmens (Branche, Größe) zu beurteilen, und zwar in der Regel nur nach inländischem Maßstab.107 Neben den im Gesetz genannten Kriterien können weitere Kriterien für die Beurteilung der Angemessenheit herangezogen werden. Dies sind die fachliche und persönliche Qualifikation des Vorstandsmitglieds, die Berufserfahrung, das Alter, die Reputation, die Dauer der Gesellschaftszugehörigkeit, die konkrete Verhandlungsposition, der Dienstort und die mit der Übernahme des Vorstandsamts verbundenen Chancen und Risiken.108 Bei börsennotierten Gesellschaften ist die Vergütungsstruktur auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten, § 87 Abs. 1 S. 2 AktG, daher sollen variable Vergütungsbestandteile eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben, § 87 Abs. 1 S. 3 AktG. Die Nachhaltigkeit verlangt daher eine Orientierung am dauerhaften, periodenübergreifenden Erfolg im Gegensatz zu einer rein stichtagsbezogenen Betrachtung einzelner Parameter.109 Die mehrjährige Betrachtungsweise bei variabler Vergütung setzt zwingend einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren voraus, empfehlenswerter sind aber Zeiträume von drei oder vier Jahre, gerade auch in Anlehnung an die Wartezeit für die Ausübung von Aktienoptionen (§ 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG).
106 Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung, BGBl. I S. 2509. 107 Hüffer/Koch, AktG, § 87 Rn 3. 108 Hölters/Weber, AktG, § 87 Rn 27. 109 Hüffer/Koch, AktG, § 87 Rn 11.
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§ 87 Abs. 2 AktG erleichtert nun dem Aufsichtsrat außerdem, die Vergütung auch im Falle der Verschlechterung der Lage herabzusetzen. Das Gesetz gibt dem Aufsichtsrat sogar eine Pflicht, indem herausgestellt wird, dass der Aufsichtsrat tätig werden „soll“, § 87 Abs. 2 S. 1 AktG. Trotzdem bleibt die Herabsetzung eine Ausnahme und ist daher restriktiv auszulegen.110 Hierbei geht die Absenkung bis auf eine angemessene Höhe der Vergütung. Auch Ruhegehalt, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art können herabgesetzt werden, allerdings nur in den ersten drei Jahren nach Ausscheiden aus der Gesellschaft, § 87 Abs. 2 S. 2 AktG. Der Anstellungsvertrag wird im Übrigen durch eine solche Herabsetzung nicht berührt, allerdings erhält das Vorstandsmitglied in § 87 Abs. 2 S. 4 AktG ein Sonderkündigungsrecht. Die Herabsetzung erfolgt durch eine einseitige Erklärung, die der Aufsichtsrat für die Gesellschaft gegenüber dem Vorstandsmitglied abgibt. Es handelt sich dann um ein einseitiges Gestaltungsrecht der Gesellschaft, dessen Ausübung durch Erklärung gegenüber dem Vorstandsmitglied, § 315 Abs. 2 BGB, den Inhalt der Vergütungsvereinbarung mit dem Vorstand unmittelbar ändert,111 d. h. der Anstellungsvertrag muss ein solches Herabsetzungsrecht nicht ausdrücklich vorsehen bzw. dort bereits angelegt sein. Bei Verstößen gegen § 87 AktG ist der Anstellungsvertrag nicht nach § 134 BGB nichtig.112 Allerdings können sich die Aufsichtsratsmitglieder nach § 116 i. V. m. § 93 Abs. 3 AktG schadensersatzpflichtig machen, wenn sie die gesetzlichen Anforderungen an die Angemessenheit und Strukturierung der Vergütung schuldhaft verletzen und der Gesellschaft dadurch ein Schaden entsteht.113
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b) Deutscher Corporate Governance Kodex Flankiert werden diese Regelungen u. a. auch durch den Deutschen Corporate Gover- 136 nance Kodex.114 Dieser gilt nur für börsennotierte Aktiengesellschaften. Er ist eine Empfehlung und keine gesetzlich zwingende Vorgabe. Der Kodex enthält dabei gesetzeswiederholende Teile, aber auch konkretere Ausgestaltungen. So bestimmt Nr. 4.2.2, dass das Aufsichtsratsplenum bzw. ein jeweiliger Aus- 137 schuss des Aufsichtsrats die jeweilige Gesamtvergütung der Vorstandsmitglieder festlegt und auch regelmäßig überprüft. Die Gesamtvergütung soll dabei unter Einbeziehung von etwaigen Konzernbezügen auf der Grundlage einer Leistungsbeurteilung festgelegt werden, für welche die Aufgaben, die persönliche Leistung, die wirtschaft-
110 Hüffer/Koch, AktG, § 87 Rn 24. 111 Hölters/Weber, AktG, § 87 Rn 52. 112 Hüffer/Koch, AktG, § 87 Rn 22 m. w. N. 113 Hölters/Weber, AktG, § 87 Rn 46. 114 Abrufbar unter http://www.dcgk.de
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liche Lage, der Erfolg und die Zukunftsaussichten des Unternehmens berücksichtigt werden sollen. Daneben sollen aber auch die Üblichkeit der Vergütung unter Berücksichtigung des Vergleichsumfelds und der sonst in dem Unternehmen üblichen Vergütungsstruktur von Bedeutung sein. Nr. 4.2.3 stellt klar, dass zu den Gesamtbezügen neben monetären Vergütungsbestandteilen auch die Versorgungszusagen, sonstige Zusagen (insbesondere versprochene Abfindungen) sowie Nebenleistungen als auch Leistungen von Dritten zählen. Außerdem wird auch hier der Grundsatz betont, dass die Vergütungsstruktur auf 138 eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten ist und demnach neben fixen auch variable Bestandteile enthalten soll. Dem Aufsichtsrat wird aufgegeben, dass die variable Vergütung dabei grundsätzlich eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben soll und sowohl positive wie auch negative Entwicklungen berücksichtigt werden sollen. Der Kodex gibt zwar keine betragsmäßige Höchstgrenze vor, die variable Vergütung soll aber nicht uferlos sein, sondern einen Höchstbetrag ausweisen. Weitere Höchstgrenzen – jedenfalls relativ im Hinblick auf die Gesamtvergü139 tung – sollen für Abfindungen (maximal zwei Jahresvergütungen bzw. nicht mehr als die Restlaufzeit des Anstellungsvertrags) sowie für sog. Change-of Control Rechte (150 % des Abfindungs-Caps) eingehalten werden.
3. Finanz- und Versicherungsbranche
140 Daneben gibt es noch weitere besondere zwingende Regeln für die Finanz- und Ver-
sicherungsbranche. Die wesentlichen Bestimmungen zu der Regulierung der Vergütung im Finanz- und Versicherungsbereich finden sich in § 25a KWG und in § 64b VAG115 sowie in den dazugehörigen Verordnungen der InstV und der Versicherungsvergütungsverordnung.116 Die beiden Verordnungen sind dabei im Hinblick auf die Regulierungen inhaltlich im Wesentlichen deckungsgleich. Nachfolgend gehen wir hierbei auf die InstV ein. Die InstV unterscheidet dabei nach § 1 Abs. 2 InstV zwischen Anforderungen, die 141 für alle Institute und alle Beschäftigten (Geschäftsleiter sowie Mitarbeiter) gelten und den deutlich anspruchsvolleren besonderen Anforderungen, die nur für bedeutende Institute und die Vergütungssysteme von deren Geschäftsleitern sowie bestimmten Mitarbeitern (sog. Risk Taker) von Relevanz sind.117
115 Vorgaben der CRD-IV-Richtlinie (Richtlinie 2013/36/EG). 116 InstitutsVergV, BGBl. I 2013 S. 1374; VersVergV, BGBl. I 2013 S. 1379. 117 Auslegungshilfe zur InstV der BaFin v. 1.1.2014 zu § 1.
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a) Anwendungsbereich Die Bestimmungen gelten für alle Geschäftsleiter und Mitarbeiter von Instituten, unabhängig vom jeweiligen Arbeitsvertragsstatut und damit sowohl für im Ausland tätige Mitarbeiter deutscher Institute als auch für im Inland beschäftigte Arbeitnehmer ausländischer Institute (mit Ausnahme von ausländischen Instituten, die ihren Sitz ebenfalls im Europäischen Wirtschaftsraum haben, da vermutet wird, dass dort entsprechende Bestimmungen anwendbar sind).118 Persönlich ist die InstV anwendbar auf Geschäftsleiter sowie Mitarbeiter (§ 2 Abs. 6 InstV). Mitarbeiter sind dabei alle natürlichen Personen, deren sich das Institut bei dem Betreiben von Bankgeschäften oder der Erbringung von Finanzdienstleistungen, insbesondere aufgrund eines Arbeits-, Geschäftsbesorgungs- oder Dienstleistungsvertrags, bedient sowie auch solche, die auf der Basis eines Outsourcing-Vertrages mit einem gruppenangehörigen Auslagerungsunternehmen unmittelbar an Dienstleistungen für das Institut zum Zweck des Betreibens von Bankgeschäften oder der Erbringung von Finanzdienstleistungen beteiligt sind. Ausdrücklich nicht unter den Mitarbeiterbegriff fallen jedoch Handelsvertreter im Sinne von § 84 Abs. 1 HGB. Der Kreis ist somit weit gezogen und dürfte die überwiegende Anzahl von Arbeitnehmern eines Instituts umfassen. So sollen auch Mitarbeiter in den bloßen Servicebereichen (Recht, Finanzen einschließlich Steuern und Budgetierung, Personal, Vergütungspolitik, Informationstechnologie oder Wirtschaftsanalysen) darunter fallen.119 Eine Festanstellung ist nicht notwendig, so dass auch Zeitarbeitnehmer betroffen sind.120 Aus dem Anwendungsbereich heraus fallen nach § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 6 KWG und § 1 Abs. 3 InstV Vergütungen, die durch einen Tarifvertrag geregelt werden oder die im Geltungsbereich eines Tarifvertrags auf Grund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf die Tarifbedingungen gewährt werden oder die aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebsvereinbarung geregelt sind. Dabei sollte eine Öffnungsklausel in einem Tarifvertrag ausreichend sein, eine genaue Regelung ist nicht erforderlich.121 Die über einen Tarifvertrag hinausgehende außertarifliche Vergütung fällt hingegen in jedem Fall abermals unter die InstV.
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b) Grundlagen – Anforderungen an die Vergütungsparameter Die Vergütungssysteme müssen nach § 4 InstV auf die Erreichung der in den Geschäfts- 146 und Risikostrategien des Instituts niedergelegten Ziele ausgerichtet sein. Die Ziele
118 Annuß, NZA-Beilage 2014, 121, 122. 119 Annuß, NZA-Beilage 2014, 121, 123 unter Hinweis auf Art. 3 Nr. 9 VO Nr. 604/2014, ABl. EU L 176, 30. 120 Auslegungshilfe zur InstV der BaFin v. 1.1.2014 zu § 2. 121 Annuß, NZA-Beilage 2014, 121, 122.
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der Geschäftsleiter und Mitarbeiter sind danach insbesondere aus der (mehrjährigen) Geschäftsplanung und -strategie über die einzelnen Ebenen abzuleiten. Die Auslegungshilfe verlangt, dass die Vergütungsparameter zu Beginn eines Bemessungszeitraums festgelegt sein müssen.122 Auch dürfen die Vergütungsparameter während des Geschäftsjahres nachträglich 147 nicht mehr geändert werden. Unterjährig veränderte Rahmenbedingungen können allenfalls bei der Ermittlung der variablen Vergütung nach Abschluss des Geschäftsjahres berücksichtigt werden. Die Festsetzung der Vergütungsparameter und die Ermittlung der Zielerreichung müssen transparent und nachvollziehbar sein, um die Kontrolle der Ausrichtung der Vergütungssysteme an den Strategien, insbesondere durch den Vergütungskontrollausschuss, zu gewährleisten.123 Für den Vertriebsbereich ist das Vergütungssystem dann nicht angemessen und 148 begünstigt das Entstehen operationeller Risiken, wenn unter Vernachlässigung qualitativer Kriterien wie Kundeninteresse und -zufriedenheit ausschließlich Absatzziele in den Vordergrund der Zielerreichung gestellt werden. Absatzziele sind aber nicht per se unzulässig, sie dürfen nur nicht ausschließlich im Vordergrund stehen.124
c) Festlegung eines Bonuspools 149 Nach § 7 S. 1 InstV muss der Jahresgesamtbetrag, den das Institut für Geschäftsleiter und Mitarbeiter vorsieht, in einem formalisierten, transparenten und nachvollziehbaren Prozess bestimmt werden. Eine einheitliche Festsetzung des Bonuspools für Geschäftsleiter und Mitarbeiter ist dabei in Deutschland nicht möglich, da für die Vergütung der Geschäftsleiter (Vorstände und Geschäftsführer) die Gesellschafter (bzw. Aufsichtsrat), für die Vergütung der Mitarbeiter aber die Geschäftsleiter zuständig sind. Der Gesamt-Bonuspool kann nur die Summe dieser beiden Systeme sein.125 § 7 S. 2 InstV fordert, dass die Risikotragfähigkeit, mehrjährige Kapitalplanung 150 und die Ertragslage des Instituts berücksichtigt werden müssen und sichergestellt ist, dass das Institut in der Lage bleibt, die Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen sowie die kombinierten Kapitalpuffer-Anforderungen einzuhalten. Weiter wird von § 7 S. 2 InstV aber auch verlangt, dass der Gesamterfolg des Instituts berücksichtigt wird, welcher gemäß § 19 Abs. 3 InstV auch eine Berücksichtigung der im Bemessungszeitraum eingegangenen Risiken verlangt. Der Grundgedanke ist, dass sich das
122 Auslegungshilfe zur InstV der BaFin v. 1.1.2014 zu § 13; Merkelbach, WM 2014, 1990, 1991 unter Hinweis darauf, dass dies in der Praxis fast unmöglich sein wird. 123 Merkelbach, WM 2014, Heft 42, 1990, 1991. 124 Auslegungshilfe zur InstV der BaFin v. 1.1.2014 zu § 5. 125 Merkelbach, WM 2014, 1990, 1992.
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Ausmaß der eingegangenen Risiken auf den Umfang des Bonuspools auswirken soll, um Anreize zur Risikobegrenzung zu schaffen.126 Nicht zulässig ist die Festsetzung eines Bonuspools bei einem negativen Gesamt 151 erfolg des Instituts, insbesondere wenn dieser mit einem Verzehr des Unternehmenswerts einhergeht. In diesem Fall sollen grundsätzlich keine variablen Vergütungen gezahlt werden. Ausnahmen sind im Fall von Neueinstellungen und in besonderen Krisensituationen bei einem sich unmittelbar und konkret abzeichnenden Umschwung zur Anreizsetzung denkbar. In diesem Fall haben die Institute die Festsetzung des Bonuspools plausibel, umfassend und für Dritte nachvollziehbar zu begründen und von der BaFin genehmigen zu lassen.127 Praxistipp Diese Vorgaben haben für die Vertragspraxis zur Folge, dass die variablen Vergütungsbestandteile stets unter den ausdrücklichen Vorbehalt des Vorhandenseins eines Bonuspools für den Bemessungszeitraum gestellt werden müssen oder jedenfalls die Ansprüche bei einer Reduzierung des vorhandenen Bonuspools ebenso gekürzt werden können.
d) Vergütung Das Fundamentalgebot der Regulierung findet sich in § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG i. V. m. 152 § 5 InstV, wonach angemessene Vergütungssysteme geschaffen werden sollen, insbesondere durch die Forderung, dass (1) Anreize für die Geschäftsleiter und Mitarbeiter, unverhältnismäßig hohe Risiken einzugehen, vermieden werden müssen und (2) die Vergütungssysteme nicht der Überwachungsfunktion der Kontrolleinheiten zuwiderlaufen dürfen. Außerdem von neuer grundlegender Bedeutung und sehr hoher praktischer 153 Relevanz ist, dass nun eine Begrenzung der variablen Vergütung auf maximal 100 % der fixen Vergütung vorgesehen ist.128 Diese Obergrenze kann durch Beschluss der Anteilseigner des Instituts auf 200 % der fixen Vergütung angehoben werden, wenn durch das höhere Verhältnis nicht die Einhaltung der Verpflichtungen des Instituts nach den regulatorischen Vorgaben der EU-VO 575/2013, des KWG und der InstV beeinträchtigt werden, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Eigenmittelverpflichtungen des Instituts zu legen sein soll, § 6 Abs. 4 InstV.129 Das Institut muss daher eine individuelle Obergrenze der variablen Vergütung 154 festlegen, verantwortlich hierfür ist nach § 3 Abs. 1 InstV die Geschäftsleitung des Instituts bzw. für die variable Vergütung der Geschäftsleiter selbst das Aufsichtsor-
126 Merkelbach, WM 2014, 1990, 1993. 127 Auslegungshilfe zur InstV der BaFin v. 1.1.2014 zu § 7. 128 § 25a Abs. 5 S. 2 KWG; § 6 Abs. 2 S. 1 InstV. 129 Insam/Hinrichs/Hörtz, WM 2014, 1415, 1415.
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gan, § 3 Abs. 2 InstV. Wird ein Beschluss über die Erhöhung der Obergrenze auf einen Betrag zwischen 100 % und 200 % der fixen Vergütung gefasst, hat die dem Beschluss zugrunde liegende Beschlussvorlage eine dezidierte Darlegung zu enthalten, dass die erhöhte Obergrenze nicht die Eigenkapitalausstattung und insbesondere die allgemeine Risikotragfähigkeit des Instituts gefährdet. Empfohlen wird außerdem, dass diese Beschlussvorlage in der Weise aufzubereiten ist, dass sie zugleich als entsprechender Nachweis gegenüber der BaFin verwendet werden kann, § 6 Abs. 4 Inst.130 Hinsichtlich der Beschlussfassung schreibt § 25a Abs. 5 KWG vor, dass der Beschluss einer Mehrheit von mindestens 66 % der abgegebenen Stimmen bedarf, sofern mindestens 50 % der Stimmrechte bei der Beschlussfassung vertreten sind, oder von mindestens 75 % der abgegebenen Stimmen. Anteilseigner, Eigentümer, Mitglieder oder Träger, die als Mitarbeiter oder Geschäftsleiter von einer höheren variablen Vergütung als nach S. 2 betroffen wären, dürfen ihr Stimmrecht weder unmittelbar noch mittelbar ausüben. Von elementarer Bedeutung ist daher, was die InstV unter „Vergütung“ versteht. § 2 Abs. 1 InstV regelt, dass Vergütung sämtliche finanziellen Leistungen, gleich welcher Art und einschließlich der Leistungen für die Altersvorsorge, sämtliche Sachbezüge sowie Leistungen von Dritten sind, die im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit bei dem Institut gewährt werden. Wiederum ausgenommen sind solche Leistungen, die von dem Institut aufgrund einer allgemeinen, ermessensunabhängigen und institutsweiten Regelung gewährt werden und die keine Anreize schaffen, finanzielle Risiken einzugehen.131 Schwierig wird es, von der fixen Vergütung die variable Vergütung abzugrenzen. Nach § 2 Abs. 3 InstV soll variable Vergütung der Teil der Vergütung sein, dessen Gewährung oder Höhe im Ermessen des Instituts steht oder von dem Eintritt vereinbarter Bedingungen abhängt. Ausdrücklich eingeschlossen sind außerdem die ermessensabhängigen Leistungen zur Altersvorsorge. Die in der Praxis relevanten Fallgruppen sind die folgenden: – Konzernbonus: Ein Bonus, welcher vom Erfolg des gesamten Konzerns abhängig ist und auch an die Mitarbeiter und Geschäftsleiter des Instituts ausbezahlt wird, kann nach der BaFin dann keine variable Vergütung im Sinne der InstV sein, wenn das Institut als Tochterunternehmen einer gemischten Gruppe angehört, bei der das Mutterunternehmen kein Institut im Sinne von § 1 Abs. 1b KWG ist und das Mutterunternehmen Geschäfte der gewerblichen Wirtschaft betreibt. Der Konzernbonus darf nicht im Zusammenhang mit den Erfolgen oder Verpflichtungen des Instituts gezahlt werden, sondern nur als Bonus für den Gesamterfolg des Konzerns. Der Konzernbonus muss außerdem für alle konzernangehörigen
130 Insam/Hinrichs/Hörtz, WM 2014, 1415, 1415. 131 Hierunter fallen insbesondere Rabatte, betriebliche Versicherungs- und Sozialleistungen sowie Beiträge zur gesetzlichen oder einer betrieblichen Altersvorsorge.
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Unternehmen und konzernweit an Mitarbeiter und Geschäftsleiter im gesamten Konzern gezahlt werden und er muss abhängig sein von Bemessungskriterien und Erfolgsindikatoren, die für den gesamten Konzern und nicht nur für einzelne dem Konzern angehörende Unternehmen gelten.132 – Antrittsprämie: Diese Fallgruppe stellt eigentlich eine garantierte variable Vergütung dar, welche grundsätzlich nicht möglich sein soll. Eine Ausnahme beschreibt aber § 5 Abs. 6 InstV, wonach diese in den ersten zwölf Monaten nach Aufnahme der Tätigkeit für das Institut möglich ist, wenn zu dem Zeitpunkt der Auszahlung das Institut über eine angemessene Eigenmittel- und Liquiditätsausstattung sowie hinreichend Kapital zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit verfügt. Antrittsprämien sind daher weiterhin möglich. – Abfindungen: Nach § 5 Abs. 7 InstV müssen Zahlungen im Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendigung eines Anstellungsverhältnisses der Leistung im Zeitverlauf Rechnung tragen und dürfen negative Erfolgsbeiträge oder Fehlverhalten des Mitarbeiters nicht belohnen. Gemeint sind hiermit aber keine bereits ex-ante vereinbarten Abfindungsregeln in Anstellungsverträgen (diese behandelt § 5 Abs. 3 Nr. 2 InstV), sondern solche, die bei Ausscheiden aus dem Anstellungsverhältnis in Aufhebungsverträge üblicherweise enthalten sind. Keine Abfindungen dürften demgemäß gezahlt werden, wenn die Beendigung des Anstellungsverhältnisses mit dem Mitarbeiter gerade aus verhaltensbedingten Gründen erfolgt. Da die Zahlung einer Abfindung in vielen Fällen nicht nur zum Ausgleich für die Beendigung des Anstellungsverhältnisses bezahlt wird (und somit als „Belohnung“), sondern auch zur Abwendung eines unsicheren und mit Risiken behafteten (Kündigungsschutz-)Prozesses, sollte aber in vielen Fällen die Zahlung einer Abfindung möglich bleiben.133 Abfindungen aus Sozialplänen nach § 112 BetrVG oder Sozialtarifverträgen sind ohnehin bereits von § 5 Abs. 7 InstV ausgenommen. – Zulagen: In der Finanzbranche gibt es in der Praxis oftmals Zulagen, welche zum eigentlichen Festgehalt gezahlt werden. Diese Zulagen werden für die Wahrnehmung bestimmter – auch zeitlich befristeter – Funktionen gezahlt. Die BaFin hat diese Zulagen nun jedoch in der Auslegungshilfe zur InstV ausdrücklich als garantierte variable Vergütung bezeichnet. 134 Das bedeutet, dass diese – außerhalb des ersten Jahres – unzulässig sind. Die Auslegungshilfe bezeichnet demnach ausdrücklich nur unbefristete und nicht einseitig widerrufliche Zulagen als unbedenklich. Dass dies natürlich nicht den Zweck einer vorübergehenden Funktionszulage erfüllt, sondern schlicht eine
132 Auslegungshilfe zur InstV der BaFin v. 1.1.2014 zu § 2. 133 Merkelbach, WM 2014, 1990, 1993. 134 Auslegungshilfe zur InstV der BaFin v. 1.1.2014 zu § 5.
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Erhöhung des Fixgehalts darstellt, liegt auf der Hand. Demnach hat dies in der Praxis und Literatur auch zu heftiger Kritik geführt.135 Diese Kritik wird an dieser Stelle wohl berücksichtigt werden. So kann man dem Konsultationsverfahren zu dem neuen Entwurf der EBA Guidelines on Sound Remuneration Policies and Disclosures, auf welchen auch die InstV basiert, entnehmen, dass hier diese strenge Auslegung von Zulagen wohl entfällt, aber strenger Rechtfertigungs- und Dokumentationsbedarf bei den Instituten bestehen wird.136 – Halteprämien: Halteprämien unterfallen dem selben Problemkreis. Auch diese werden von der BaFin in der Auslegungshilfe klar als garantierte variable Vergütung bezeichnet.137 Auch hiergegen wurde in Literatur und Praxis starke Kritik laut.138 In der Praxis wird es sich daher empfehlen, wenn das Institut in eine Lage gerät, in der die Zahlung für Halteprämien für den Erhalt oder die wirtschaftliche Stabilität des Instituts notwendig wird, diese mit der BaFin abzustimmen. Außerdem steht natürlich stets der Weg offen, Halteprämien über Tarifverträge in das Institut einzuführen.
e) Weitere Anforderungen für besondere Institute
159 Für Geschäftsleiter und sog. Risk Taker besonderer Institute bestehen weitere, noch
verschärfte Anforderungen in den §§ 17 ff. InstV. Bedeutende Institute sind nach § 17 Abs. 1 InstV grundsätzlich solche, welche eine Bilanzsumme im Durchschnitt der letzten drei Geschäftsjahre von 15.000.000.000,00 € erreicht oder überschritten haben. Daneben gibt es zahlreiche weitere Kriterien, nach denen ein Institut „bedeutend“ im Sinne der InstV sein kann. Risk Taker sind solche Mitarbeiter, deren Tätigkeiten einen wesentlichen Einfluss 160 auf das Gesamtrisikoprofil des Instituts haben können. Auch hier regelt die InstV, wie die Institute diese „Risk Taker“ identifizieren müssen. Nach § 19 Abs. 1 InstV muss für diese bei der Ermittlung der variablen Vergütung 161 neben dem Gesamterfolg des Instituts und dem Erfolg der Organisationseinheit auch der individuelle Erfolgsbeitrag berücksichtigt werden. Dieser individuelle Erfolgsbeitrag soll dann nach Abs. 2 anhand der Erreichung von individuellen Zielen zu bestimmen sein, wobei neben quantitative auch qualitative Vergütungsparameter verwen-
135 Merkelbach, WM 2014, 1990, 1994. 136 Abrufbar und aktueller Stand einsehbar unter http://www.eba.europa.eu 137 Auslegungshilfe zur InstV der BaFin v. 1.1.2014 zu § 5. 138 Löw/Glück, NZA 2015, 137, 139 unter Hinweis darauf, dass das Institut nach Nr. AT 7.1 MaRisk dafür zu sorgen hat, dass das Ausscheiden von Mitarbeitern nicht zu nachhaltigen Störungen der Betriebsabläufe führt.
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det werden müssen. Die Vergütungsparameter müssen so festgelegt werden, dass auch ein Zielerreichungsgrad ermittelt werden kann. Auch für die Auszahlung der variablen Vergütung gibt es hier weitere Verschär- 162 fungen nach § 20 InstV.139 Nach § 20 Abs. 1 InstV sind mindestens 40 % der variablen Vergütung über einen 163 Zurückbehaltungszeitraum zu strecken, der mindestens drei bis fünf Jahre betragen soll. Bei Geschäftsleitern und Mitarbeitern der unmittelbar nachgeordneten Ebene sind gem. § 20 Abs. 2 InstV sogar mindestens 60 % der variablen Vergütung über einen Zurückbehaltungszeitraum von mindestens drei bis fünf Jahren zu strecken. Nach § 20 Abs. 4 InstV müssen sowohl 50 % der verzögert auszubezahlenden variablen Vergütung als auch 50 % der nicht verzögert zu zahlenden Vergütung von der nachhaltigen Wertentwicklung des Unternehmens abhängig gemacht werden. Nach der BaFin kann diesem Gebot der Nachhaltigkeit bei Instituten in der Rechtsform der AG durch aktienbasierte Vergütungen entsprochen werden. Wenn solche aktienbasierte Vergütungen entweder schon aufgrund der Rechtsform oder aus anderen Gründen nicht möglich oder geeignet sind, so soll auf betriebswirtschaftliche Kennziffern abgestellt werden, welche den Unternehmenswert widerspiegeln.140
139 Diese findet nach der Auslegungshilfe der BaFin (zu § 20) auf Risk Taker nur Anwendung, wenn deren variable Vergütung mindestens 50.000,00 € im Geschäftsjahr beträgt. Dies dürfte in der Praxis jedoch auf die meisten Risk Taker zutreffen. 140 Auslegungshilfe zur InstV der BaFin v. 1.1.2014 zu § 20. Die BaFin geht in der Auslegungshilfe unter zu § 19 davon aus, dass die zurückgehaltene Vergütung so ausgestaltet werden soll, dass auf die zurückbehaltene Vergütung kein Anspruch auf die Zahlung, sondern nur auf fehlerfreie Ermittlung bestehen darf. Es ist indes im Hinblick auf § 307 BGB fraglich, ob damit ein Anspruch ausschließbar ist (Müller-Bonanni/Mehrens, NZA 2010, 792, 796). Zumindest als Insolvenzforderung dürfte die zurückbehaltene Vergütung angemeldet werden können, da der Zweck „Liquidationsschutz der Bank“ in der Insolvenz nicht mehr greift.
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Kapitel 5 Nebenpflichten A. Nebentätigkeiten I. Rechtliche Erläuterungen Grundsätzlich schuldet der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nur die vertraglich 1 geschuldete Arbeitsleitung, sodass eine generelle Beschränkung bzw. ein Verbot der Nebentätigkeit nicht erlaubt ist, insbesondere nicht in der Privatwirtschaft. Ein absolutes Nebentätigkeitsverbot würde eine unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 307 Abs. 1 BGB darstellen, ebenso wie eine Grundrechtsverletzung.1 Im öffentlichen Dienst hingegen gelten Besonderheiten, so dass dort unter bestimmten Voraussetzungen ein Nebentätigkeitsverbot zulässig sein kann.2
1. Begriff der Nebentätigkeit Unter einer Nebentätigkeit versteht man grundsätzlich solche Tätigkeiten, in der der 2 Arbeitnehmer außerhalb seines Hauptarbeitsverhältnisses seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, gleichgültig ob dies im Rahmen eines Werk-, Dienst- oder weiteren Arbeitsvertrags oder sogar unentgeltlich oder im Rahmen eines Ehrenamtes erfolgt.3 Für eine Nebentätigkeitsklausel ist allerdings die Beschränkung auf Tätigkeiten außerhalb der Hauptbeschäftigung zu eng, denn auch im Verhältnis zu sonstigen Pflichten kann eine Nebentätigkeit vorliegen. Zu denken ist etwa an solche Fälle, in denen der Arbeitnehmer mehrere Teilzeitbeschäftigungen nebeneinander ausübt. Dort muss auch die eine mit der anderen sowie umgekehrt vereinbar sein. Insofern sollte nicht nur auf eine Tätigkeit neben einer Hauptbeschäftigung abgestellt werden. Einschränkungen von Nebentätigkeiten sind – wie bereits angedeutet – auch vor 3 dem Hintergrund der grundgesetzlich garantierten Berufsfreiheit (Art. 12 GG) problematisch. Denn es steht dem Arbeitnehmer grundsätzlich frei, seine Arbeitskraft außerhalb der vereinbarten Arbeitszeit zu verwenden.4 Das Grundrecht der freien Berufswahl gilt auch im Rahmen des Nebentätigkeitsrechts. Nebentätigkeiten sind deshalb nur dann unzulässig, wenn sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers führen, entgegenstehende Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers berühren oder Schwarzarbeit vorliegt. Diese Aspekte sind bei
1 BAG, Urt. v. 06.09.1990 – 2 AZR 165/90. 2 Zu den strengeren Maßstäben vgl. etwa BAG, Urt. v. 28. 2. 2002 – 6 AZR 33/01. 3 Vgl. Preis N 10 Nebentätigkeit Rn. 1; BAG, Urt. v. 14.01.1982 – 2 AZR 245/80. 4 BAG, Urt. v. 18.01.1996 – 6 AZR 314/95.
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Kapitel 5 Nebenpflichten
der Ausgestaltung einer Nebentätigkeitsklausel immer zu berücksichtigen. Bei einer nichtberuflichen Tätigkeit kann sich der Arbeitnehmer auf das Grundrecht der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit (Art. 2 I GG) berufen, so dass auch hier grundrechtliche Positionen tangiert sind.5 Beispiel Beispiele für die erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers: – Ein Schlosser nimmt eine Nebentätigkeit bei einem Gebäudereinigungsunternehmen auf und wird dort körperlich und zeitlich so beansprucht, dass er seinen normalen Arbeitspflichten nicht mehr genügt.6 – Entgegenstehende Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers liegen dann beispielsweise vor, wenn der Arbeitnehmer, wie es in § 60 HGB heißt, ohne Einwilligung des Prinzipals in dem Handelszweig des Prinzipals ein Handelsgewerbe betreibt oder für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte macht. Während des laufenden Arbeitsverhältnisses gilt nach den gesetzlichen Regelungen ein Wettbewerbsverbot, welches ebenfalls bei der Ausgestaltung einer Nebentätigkeitsklausel zu beachten ist.
2. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt
4 Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist ein generelles Nebentätigkeitsverbot
grundsätzlich unzulässig. Davon streng zu trennen ist der Vorbehalt der Genehmigung, was von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in ständiger Rechtsprechung als zulässig anerkannt wird.7 Bei den üblichen Klauseln, dem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, bedarf die Nebentätigkeit der vorherigen Zustimmung des Arbeitgebers. Eine solche Vereinbarung dient dazu, dem Arbeitgeber die Überprüfung zu ermöglichen, ob durch die beabsichtigte Nebentätigkeit berechtigte betriebliche Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt werden. Sofern dies nicht gegeben ist, hat er seine Zustimmung zu erteilen, was in der Klausel auch zum Ausdruck kommen muss.8 Nach Ansicht des BAG ist für die Versagung der Genehmigung aber ausreichend, dass bei verständiger Würdigung unter Berücksichtigung der erfahrungsgemäß zu erwartenden Entwicklung eine Beeinträchtigung betrieblicher Interessen wahrscheinlich ist.9 Kann der Arbeitgeber die Beeinträchtigung der Interessen durch die Nebentätigkeit nicht generell ausschließen bzw. nicht beurteilen, ob dies der Fall ist, hat er gegen den Arbeitnehmer auch einen Anspruch auf Auskunft über das Ob
5 BAG, Urt. v. 18.01.1996 – 6 AZR 314/95. 6 Vgl. Schaub/Linck, Handbuch Arbeitsrecht § 42 Rn. 5; Schaub/Schrader/Straube/Vogelsang: Arbeitsrechtliches Formularbuch Rn. 163. 7 Vgl. bspw. BAG, Urt. v. 11.12.2001 – 9 AZR 464/00; a. A. Lit. Suckow/Stiegel/Niemann/Niemann B XV Rn. 657 m.w.N. 8 Schaub/Schrader/Straube/Vogelsang: Arbeitsrechtliches Formularbuch, Rn. 165; zum Verbot mit Erlaubnisvorbehalt vgl. BAG Urt. v. 26.06.2001 – 9 AZR 343/00. 9 BAG, Urt. v. 26.06.2001 – 9 AZR 343/00.
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A. Nebentätigkeiten
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und den Umfang der Nebentätigkeit.10 In der Literatur wird hingegen gefordert, dass Nebentätigkeiten nur dann unzulässig sind, wenn mit ihnen eine erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitskraft verbunden ist.11 Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses gilt der Grundsatz, dass jede Konkurrenztätigkeit verboten ist.12
3. Nebentätigkeit und Konkurrenz Das BAG hat angedeutet, dass bei Konkurrenztätigkeiten zukünftig eine großzügigere Linie eingeschlagen werden soll. Diese sollten gestattet werden, wenn es sich lediglich um einfache Tätigkeiten handelt, die allenfalls zu einer untergeordneten wirtschaftlichen Unterstützung des Konkurrenzunternehmens führen können und im Übrigen schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers nicht berührt seien.13 Insofern kann vom BAG eine in Richtung der Literatur gehende Auffassung zumindest angenommen werden, so dass bei der Vertragsgestaltung darauf zu achten ist, dass die Klausel entsprechend flexibel gefasst ist. Eine möglichst eingehende Konkretisierung der maßgeblichen Arbeitgeberinteressen sollte demnach aufgenommen werden. Da aber nach den gesetzlichen Regelungen (vgl. § 60 HGB i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB für das Arbeitsverhältnis) während des Arbeitsverhältnisses ein Wettbewerbsverbot besteht und eine Nebentätigkeit durchaus eine solche Wettbewerbstätigkeit darstellen kann, ergeben sich gewisse Überschneidungspunkte bzw. bereits gesetzliche Einschränkungen einer Nebentätigkeit. Insbesondere können Nebentätigkeitsklauseln auch dahingehend ausgeweitet werden, dass klargestellt wird, dass dem Arbeitnehmer untersagt ist, direkt oder indirekt als freier Mitarbeiter oder als Arbeitnehmer für einen mit dem Arbeitgeber im Wettbewerb stehenden Unternehmen zu arbeiten oder eigene unternehmerische Tätigkeiten zu entfalten, die mit dem Arbeitgeber in Konkurrenz treten könnten. Deshalb finden sich solche Klauseln in Arbeitsverträgen oftmals in Verbindung mit Konkurrenztätigkeiten, so dass beide Aspekte abgedeckt werden. Beachtet werden muss jedoch, dass die Ausübung einer Nebentätigkeit, die die Arbeitsleistung mehr als nur unerheblich beeinträchtigt, ohnehin eine Verletzung der Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers darstellt, die nach den allgemeinen Grundsätzen sogar eine Kündigung rechtfertigen kann.14 Problematisch dürfte aufgrund der grundsätzlich gewährleisteten Berufsfreiheit aber eine Kombination des oben vorgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt
10 Vgl. BAG, Urt. v. 11.12.2001 – 9 AZR 464/00. 11 So etwa ErfK/Preis, § 611 BGB, Rn. 727. 12 siehe hierzu auch Kap. 5 Rn. 18 ff. 13 BAG, Urt. v. 24.03.2010 – 10 AZR 66/09. 14 ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 729.
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Kapitel 5 Nebenpflichten
mit einer Vertragsstrafenregelung sein, weil dies faktisch zu einem umfassenden Nebentätigkeitsverbot führen würde bzw. könnte.15
4. Überwachungspflichten des Arbeitgebers
9 Da die Aufnahme einer Nebentätigkeit des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber häufig
gravierende Nachteile haben kann, bietet sich auch deshalb ein Zustimmungsvorbehalt bzw. das Verbot mit Genehmigungsvorbehalt in der Praxis an. Auch unter dem Aspekt, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten nach § 3 ArbZG zu überwachen, ist eine solche Regelung wichtig und sinnvoll. Adressat der Regelung in § 3 Satz 1 ArbZG ist nämlich der Arbeitgeber. Er hat die Einhaltung der im Gesetz bestimmten Höchstfristen zu überwachen. Nach § 3 Satz 1 ArbZG – der materiellen Grundnorm des Arbeitszeitrechtes – darf die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit die Dauer von 8 Stunden, die Wochenarbeitszeit also im Einklang mit Art. 6 lit. b RL 2003/88/EG 48 Stunden, nicht überschreiten.16 Für den Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang die Tatsache wichtig, dass nach § 2 Abs. 1 Satz 2 ArbZG Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern zusammengerechnet werden. Insofern darf der Arbeitgeber eine Nebentätigkeit untersagen, durch die der Arbeitnehmer in einem größeren als durch das ArbZG gestatteten Umfang abhängig tätig würde.17 In diesem Kontext sind auch spezielle Arbeitszeit-Schutzvorschriften für besondere Personengruppen zu beachten, wie bspw. das Jugendarbeitsschutzgesetz oder aber das Mutterschutzgesetz. Hieraus können sich nochmals gesonderte Arbeitszeitregelungen ergeben, die ebenfalls Beachtung finden müssen.
5. Hinweise für die Vertragsgestaltung
10 Bei einem Verstoß gegen die gesetzlichen Beschränkungen einer Nebentätigkeit ist 11
die Nebentätigkeit als solche schlechthin unzulässig. Insofern sind vertragliche Regelungen, die die gesetzlichen Pflichten oder aber auch die Pflicht, dass eine Nebentätigkeit das Arbeitsverhältnis nicht beeinträchtigen darf, lediglich deklaratorischer Natur und haben keine konstitutive Wirkung. Auch ohne solche Regelungen ergibt sich dies bereits aus dem Gesetz bzw. aus der allgemeinen vertraglichen Pflicht, seine Arbeit ordnungsgemäß zu erbringen. Zeitlich wird bei einer Beanspruchung durch eine oder mehrere Nebentätigkeiten, die in der Woche 20 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet, regelmäßig vermutet, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindert
15 LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 29.04.2005 – 8 SA 69/05. 16 Vgl. ErfK/Wank, § 3 ArbZG, Rn. 5. 17 Vgl. Preis/Rolfs, II N 10 Nebentätigkeit, Rn. 11.
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A. Nebentätigkeiten
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werden kann.18 Auch das Verbot, während des gesetzlichen Mindesturlaubs eine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit auszuüben (vgl. § 8 BUrlG), beschränkt eine Nebentätigkeit des Arbeitnehmers. Berücksichtigt werden muss ferner, dass die Arbeitskraft durch die Nebentätigkeit 12 nicht erheblich beeinträchtigt werden darf. Der Arbeitnehmer hat auch ohne besondere Regelungen vertragliche Pflichten gegenüber dem Arbeitgeber zu beachten und darf diese nicht verletzen. Zu denken ist etwa an eine Nebentätigkeit während einer zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung mit der Folge, dass durch die Nebentätigkeit die Genesung nachhaltig verzögert wird.19 Über die gesetzlichen Pflichten hinaus bietet sich aber eine Nebentätigkeitsklausel 13 an, um zum einen dem Arbeitnehmer die Grenzen aufzuzeigen, zum anderen aber auch in zulässiger Weise über die gesetzlichen Pflichten hinaus eine Regelung zu treffen.
6. Rechtsfolgen eines Verstoßes Sofern ein Verstoß gegen ein gesetzliches oder vertragliches Nebentätigkeitsverbot 14 vorliegt, kann dies erhebliche Sanktionen für den Arbeitnehmer zur Folge haben. Es besteht zum einen ein Unterlassungsanspruch für den Arbeitgeber. Sofern dem Arbeitgeber durch die Nebenbeschäftigung auch ein konkreter Schaden entsteht, kommen Schadensersatzansprüche in Betracht, insbesondere in Fällen einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit. Schließlich bleibt dem Arbeitgeber auch die Möglichkeit einer Abmahnung und ggfs. einer Kündigung.20 Im Falle der Kündigung ist allerdings zu beachten, dass eine solche nur gerechtfertigt ist, wenn die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung durch die Nebentätigkeit beeinträchtigt wird oder der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber in dessen Handelszweig unerlaubte Konkurrenz macht.21
II. Klauselvorschlag 1. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt Eine entsprechende Nebentätigkeitsklausel sollte aus den oben dargelegten Gründen 15 so formuliert sein, dass ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt verankert wird.22 Allerdings sollte es dabei nicht verbleiben, sondern es sollten weiterhin auch Ausführungen dazu erfolgen, dass eine Einwilligung erteilt wird, wenn die Nebentätigkeit die
18 Vgl. LAG Rheinland-Pfalz v. 18.08.2005 – 4 Sa 553/05. 19 Vgl. Preis/Rolfs/Niemann B XV Rn. 657 N 10 Nebentätigkeit, Rn. 5. 20 Vgl. hierzu auch BeckOKArbR/Joussen BGB § 611 Rn. 399. 21 BAG, Urt. v. 28.01.2010 – 2 AZR 1008/08. 22 Str., ob nach AGB-Recht noch zulässig; so etwa Suckow/Stiegel/Niemann/Niemann B XV Rn. 657 m. w. N.
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berechtigten Interessen des Unternehmens nicht beinträchtigen oder auch die Leistung des Arbeitnehmers nicht beeinträchtigt wird. Es kann auch negativ formuliert werden, dass die Einwilligung nur aus bestimmten, aufzuzählenden Gründen versagt wird. Andernfalls wären Zweifel daran gegeben, ob die Klausel transparent genug ist, wenn völlig offen bliebe, wann und nach welchen Maßstäben die Erlaubnis erteilt würde. Demnach müssen sich aus der Vertragsklausel selbst bereits Maßstäbe für die Entscheidung des Arbeitgebers erkennen lassen.23 Klauselmuster 1. Die Aufnahme einer Nebentätigkeit, gleich ob entgeltlich oder unentgeltlich, bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Arbeitgebers. Gleiches gilt für die Fortsetzung entsprechender Nebentätigkeiten, die der Mitarbeiter bereits vor dem Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgeübt hat – [Alternativ können hier bereits bekannte und genehmigte Nebentätigkeiten, die der Arbeit‑ nehmer bereits bei Beginn der Tätigkeit übernimmt, aufgelistet werden]. 2. Einer vorherigen schriftlichen Einwilligung bedarf auch eine direkte oder indirekte Beteiligung an Unternehmen, wenn der Mitarbeiter durch seine Stellung oder Tätigkeit Einfluss auf die Geschäftsbeziehung des Arbeitgebers zu diesem Unternehmen haben kann. 3. Der Arbeitgeber wird seine Zustimmung nur verweigern, wenn berechtigte Interessen des Unternehmens beeinträchtigt sind oder die Nebentätigkeit die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben wesentlich behindert.
2. Widerrufsvorbehalt
16 Ergänzend zu dem oben aufgeführten Klauselmuster könnte auch ein Widerrufsvor-
behalt aufgenommen werden. Denn ohne ausdrücklichen Widerrufsvorbehalt entfällt die erteilte Zustimmung nur dann, wenn sich die tatsächlichen Umstände signifikant geändert haben, die Anlass für den Arbeitgeber waren, die Zustimmung zu erteilen.
Klauselmuster Die Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden, wenn das Interesse des Unternehmens dies auch unter Berücksichtigung der Belange des Mitarbeiters rechtfertigt. 17 Beachtet werden muss dabei allerdings, dass auch bei einem vereinbarten Wider-
rufsvorbehalt der Arbeitgeber von diesem Vorbehalt nicht willkürlich Gebrauch machen kann. Es sollte demnach auch in der Vertragsklausel selbst bereits zum Ausdruck kommen, dass ein Widerruf nur ausgesprochen wird, wenn billiges Ermessen gewahrt wird.24 Die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers und Arbeitgebers müssen insofern gegeneinander abgewogen werden.
23 So das BAG ausdrücklich zu Widerrufsvorbehalten, Urt. v. 12.01.2005 – 5 AZR 364/04. 24 BAG, Urt. v. 12.01.2005 – 5 AZR 364/04.
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B. Wettbewerbsverbot
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B. Wettbewerbsverbot I. Rechtliche Erläuterungen 1. Gesetzliche Grundlagen Ungeachtet der Tatsache, dass ein Nebentätigkeitsverbot besteht, ist der Arbeitnehmer nach den gesetzlichen Vorschriften auch verpflichtet, jegliche Konkurrenztätigkeit während des Arbeitsverhältnisses zu unterlassen. Das vertragliche Wettbewerbsverbot wird aus § 60 HGB abgeleitet, der nach den gesetzlichen Regelungen unmittelbar nur für den Handlungsgehilfen Anwendung findet, gleichwohl aber nach der Rechtsprechung auch auf das Arbeitsverhältnis angewendet wird.25 Das vertragliche Wettbewerbsverbot, das sich aus § 60 HGB ergibt, steht anders als bei einer Nebentätigkeit nicht unter dem Zustimmungsvorbehalt, sondern der Wettbewerb ist in diesen Fällen in jeglicher Hinsicht bereits per Gesetz verboten. In zeitlicher Hinsicht gilt § 60 HGB allerdings nur für die rechtliche Dauer des Arbeitsverhältnisses. Zu beachten ist, dass deshalb auch grundsätzlich die Phase der Freistellung nach einer Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist vom Wettbewerbsverbot betroffen ist.26 Für den Fall, dass die Freistellung unwiderruflich und unter dem Vorbehalt der Anrechnung anderweitigen Erwerbs erfolgt, entfällt das Wettbewerbsverbot.27 Andernfalls besteht das Wettbewerbsverbot grundsätzlich bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses weiter. Das BAG hat in einer Entscheidung vom 25.04.199128 ausgeführt, dass die Wettbewerbsenthaltungspflicht nach § 60 HGB auch für die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens gelten soll, dies wird allerdings von der Literatur zum Teil bestritten.29 Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses unterliegt der Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Wettbewerbsbeschränkungen, es sei denn es ist etwas anderes zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart. Möchte man also ein über das Arbeitsverhältnis hinausgehendes Wettbewerbsverbot, bleibt nur die Möglichkeit, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu vereinbaren.30
25 BAG, Urt. v. 04.08.1987 – 2 AZR 226/87; BeckOK/Joussen, § 611 BGB Rn. 413. 26 BAG, Urt. v. 17.10.2012 – 10 AZR 809/11. 27 Vgl. BAG 06.09.2006 – 5 AZR 703/05; vgl. auch Anmerkung Bayreuther BAG, Urt. v. 17.10.2012–20 AZR 809/11. 28 BAG, Urt. v. 25.04.1991 – 2 AZR 624/90. 29 Vgl. etwa Leuchten, NZA 2011, 391 ff. 30 Vgl. zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot Kap. 8 Rn. 23.
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2. Arbeitsrechtliche Konkretisierung
22 Obgleich während der Dauer des Vertragsverhältnisses wie bereits ausgeführt das
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gesetzliche Wettbewerbsverbot nach § 60 HGB auch im Arbeitsverhältnis Anwendung findet, bietet sich eine klarstellende Klausel im Arbeitsvertrag an. Es ist allerdings davon abzuraten, lediglich die Vorschrift des § 60 Abs. 1 HGB in den Vertrag aufzunehmen, da die Norm von der Rechtsprechung und Rechtslehre konkretisiert und bezogen auf das Arbeitsverhältnis bewertet wurde. Insofern sind immer die Gesichtspunkte zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber ein wirtschaftliches Interesse daran haben muss, dass eine Wettbewerbstätigkeit untersagt werden kann. Zu beachten ist allerdings, dass es dem Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses unbenommen bleibt, sogenannte Vorbereitungsmaßnahmen für die Gründung eines eigenen Unternehmens nach Vertragsende oder für ein Überwechseln zur Konkurrenz zu treffen.31 Diese Vorbereitungsmaßnahmen dürfen allerdings für den Arbeitgeber keine Nachteile während des bestehenden Arbeitsverhältnisses mit sich bringen. Insofern sind die Grenzen sehr eng, was noch als zulässige Vorbereitungsmaßnahme oder andererseits bereits als verbotene Wettbewerbstätigkeit anzusehen ist. Hier ist immer eine Einzelfallprüfung erforderlich. Als Anhaltspunkt kann aber gelten, dass für die Abgrenzung von Vorbereitungshandlungen und Konkurrenztätigkeit entscheidend ist, ob durch das Handeln bereits unmittelbar in die Geschäfts- oder Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers eingegriffen wird.32 Das Nebentätigkeitsverbot kann auch die Beteiligung an einem Unternehmen betreffen. Wenn kein Einfluss auf die Organe der betreffenden Gesellschaft möglich ist, ist ein Ausschluss in der Klausel möglich. Entscheidend ist nämlich immer, ob der Arbeitnehmer Einfluss auf die Unternehmensführung des Konkurrenten gewinnen kann. Insofern sollte bei einer solchen Klausel darauf geachtet werden, dass nicht jegliche Beteiligungen jedweder Art verboten werden, sondern eine Beschränkung dahingehend erfolgt, dass kein Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft möglich sein darf. Dann liegt ein berechtigtes Arbeitgeberinteresse vor. Bei einer Beteiligung an einem anderen Unternehmen ist zu beachten, dass eine reine Kapitalanlage zulässig ist, und keinen unzulässigen Wettbewerb darstellt.33 Besonders darzustellen ist dies anhand des folgenden Beispiels: Beispiel Ein BMW-Mitarbeiter begeht kein Verstoß gegen das Konkurrenzverbot, wenn er einige Porsche-Aktien erwirbt, weil er sich hiervon auf Dauer höhere Gewinne verspricht.
31 Preis/Stoffels II W 10 § 5; ErfK/Müller-Glöge, § 626 BGB Rn. 105. 32 Vgl. LAG Berlin v. 28.08.2002 – 9 Sa 659/02; BAG, Urt. v. 26.06.2008 – 2 AZR 190/07. 33 Vgl. OLG Bremen v. 07.06.2007 – 2 O 1/07; Preis/Stoffels II W 10 Rn. 9.
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3. Gestaltungshinweise Häufig kann auch ein Interesse des Arbeitgebers bestehen, das Konkurrenzverbot auf solche Unternehmen auszudehnen, die mit dem Arbeitgeber in Geschäftsbeziehungen stehen, aber nicht zwingend Wettbewerber sind. Zulässig ist ein Verbot in der Weise, dass es verboten ist, sich an solchen Unternehmen zu beteiligen, weil hier sonst die Gefahr einer Interessenkollision bestehen könnte. Grundsätzlich können sich auch die Geschäftsfelder und räumlichen Gegebenheiten des Arbeitgebers ändern, sodass eine Klausel sinnvoll sein kann, wonach auch bei Veränderungen des Tätigkeitsfelds oder des Umfangs in räumlicher Hinsicht das Konkurrenzverbot sich jeweils immer nach dem aktuellen Geschäftszweig des Arbeitgebers richtet. Unter Umständen kann es sich auch anbieten, bestimmte, dem Arbeitgeber bereits bekannte Konkurrenztätigkeiten aus der Klausel herauszunehmen. Insbesondere bei weniger wichtigen Geschäftsbereichen kann dies angezeigt sein. Eine einmal erteilte Einwilligung ist grundsätzlich unwiderruflich.34 Es kann allerdings ein Widerrufsvorbehalt in die Klausel aufgenommen werden, dessen Ausübung billigem Ermessen entsprechen muss (vgl. § 315 BGB).
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4. Rechtsfolgen eines Verstoßes Im Hinblick auf die Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsver- 31 bot sieht § 61 HGB bereits einige Rechtsfolgen vor. Die Regelung ist allerdings nicht abschließend. Nach § 61 HGB kann ein Unterlassungsanspruch bestehen. Der Arbeitgeber kann aber bei Vorliegen der Voraussetzungen auch Schadensersatz fordern oder verlangen, dass die vom Handlungsgehilfen auf dessen Rechnung getätigten Geschäfte als auf seine Rechnung abgeschlossen gelten (vgl. §§ 60, 61 HGB). Im Arbeitsrecht ist weiter zu beachten, dass ein Verstoß gegen das Wettbewerbs- 32 verbot grundsätzlich auch an sich einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB darstellen kann.35 Eine Abmahnung ist regelmäßig entbehrlich, da der Arbeitnehmer bewusst Konkurrenz betreibt und nicht davon ausgehen kann, dass dieses Verhalten toleriert wird.36 Erst recht kann eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung in Betracht kommen. Im Vertrag kann auch eine Vertragsstrafenklausel aufgenommen werden, wodurch das Konkurrenzverbot bereits vertraglich gesichert wird. Dabei sind aber ebenfalls die generellen Grundsätze für Vertragsstrafenklauseln zu beachten.37
34 Vgl. Baumbach/Hopt, § 60 HGB Rn. 7. 35 Vgl. etwa BAG v. 25.04.1991 – 2 AZR 624/90, NZA 1992, 212; BAG, Urt. v. 26.06.2008 – 2 AZR 190/07. 36 BAG, Urt. v. 25.04.1991 – 2 AZR 624/90. 37 Vgl. hierzu Suckow/Stiegel/Niemann/Suckow B XXIII Rn. 332 ff.
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Schließlich bleibt es dem Arbeitgeber unbenommen, Schadensersatzansprüche38 geltend zu machen. Als Schaden kommt der wirtschaftliche Schaden und der entgangene Gewinn (§ 252 Satz 1 BGB) in Betracht, den der Arbeitgeber aus dem Geschäft erzielt hätte, nicht dagegen der weitergehende Gewinn, den der Arbeitnehmer aufgrund seiner besonderen Geschäftstüchtigkeit tatsächlich erzielt hat.39 Allerdings muss der Arbeitgeber konkret darlegen und beweisen, inwieweit der Arbeitnehmer Wettbewerbshandlungen ausgeübt und dadurch wettbewerbliche Interessen beeinträchtigt hat. Die Hürden sind hierbei hoch. Im Übrigen könnten die Regelungen des § 17 UWG greifen.40
II. Klauselvorschlag Formulierungsmuster Während des Bestehens des Arbeitsvertrages ist es dem Arbeitnehmer untersagt, direkt oder indirekt (z. B. als Leiharbeitnehmer), als freier Mitarbeiter oder als Arbeitnehmer für ein mit dem Arbeitgeber im Wettbewerb stehendes Unternehmen zu arbeiten oder eigene unternehmerische Tätigkeiten zu entfalten, die mit dem Arbeitgeber in Konkurrenz treten könnten. Während dieser Zeit ist es dem Arbeitnehmer nicht gestattet, sich direkt oder indirekt (z. B. über Dritte) an einem im Wettbewerb zu dem Arbeitgeber stehenden Unternehmen zu beteiligen. Ausgenommen hiervon sind bloße Finanzbeteiligungen in Höhe von bis zu 5 %.
C. Arbeitsverhinderung I. Rechtliche Erläuterungen 1. Verhinderungsfälle und gesetzliche Vorgaben
34 Neben der Arbeitsunfähigkeit kommen auch weitere Verhinderungsfälle des Arbeit-
nehmers in Betracht kommen, wie etwa aus § 616 BGB ersichtlich, so dass sich eine Klausel im Arbeitsvertrag diesbezüglich empfiehlt. Es ist demnach die generelle Arbeitsverhinderung und der Sonderfall der Arbeits35 unfähigkeit und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu trennen, so dass sich hier auch regelmäßig eine separate Regelung im Arbeitsvertrag anbietet.
38 Siehe auch Kap. 5 Rn. 31. 39 Vgl. hierzu auch ErfK/Oetker, § 61 HGB Rn. 4; BAG, Urt. v. 26.09.2012 – 10 AZR 3701/10. 40 Vgl. hierzu Kap. 5 Rn. 115.
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C. Arbeitsverhinderung
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a) Arbeitsverhinderung aus sonstigen, persönlichen Gründen Bei ersterem Fall geht es um die Arbeitsverhinderung aus sonstigen, persönlichen 36 Gründen. Darunter sind Hindernisse auf dem Weg zur Arbeit, wie etwa Schneeverwehungen, Glatteis, Hochwasser und allgemeine Verkehrsstörungen, aber auch familiäre Ereignisse zu verstehen, etwa Erkrankung von Kindern oder sonstiger Familienangehöriger.41 Es gilt zwar der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“, wobei § 616 BGB aber in den vorgenannten Fällen einen Vergütungsanspruch aufrechterhält, obgleich keine Arbeitsleistung erbracht wurde. Bei Eintreten der Voraussetzungen des § 616 BGB würde der Arbeitnehmer also seinen Vergütungsanspruch behalten, ohne tatsächlich gearbeitet zu haben. § 616 BGB ist aber abdingbar, wie sich aus § 619 BGB ergibt. Es kann demnach aus Arbeitgebersicht angedacht werden, aus Kostengründen § 616 BGB abzubedingen bzw. eine konkrete Klausel im Arbeitsvertrag aufzunehmen, die etwaige Verhinderungsgründe und die Vergütungspflicht regeln.
b) Arbeitsverhinderung wegen Krankheit Der häufigste Fall, in dem der Arbeitnehmer Lohn erhält ohne Arbeitsleistung zu 37 erbringen, ist der der Arbeitsunfähigkeit. Dieser ist im EfzG gesetzlich geregelt. Das EfzG enthält zwingende Vorschriften, von denen zu Lasten des Arbeitnehmers im Einzelvertrag nicht abgewichen werden kann, § 12 EfzG. Lediglich im Falle der Nachweis- sowie Vorlagepflicht einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung können gewisse Erleichterungen für den Arbeitgeber geregelt werden, die sogleich behandelt werden. Günstigere Regelungen sind allerdings jederzeit möglich, so wie beispielsweise die Verlängerung des Entgeltfortzahlungszeitraums.42 Im Falle der Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Krankheit hat der Arbeitnehmer 38 nach § 3 EfzG Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung für die Dauer von sechs Wochen.
aa) Grundsätzliches zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall § 3 Abs. 1 EfzG begründet einen Entgeltfortzahlungsanspruch für Arbeitnehmer, die 39 durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert sind und sie kein Verschulden an der Arbeitsunfähigkeit trifft. Für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist dabei entscheidend, dass die Arbeitsunfähigkeit, welche die Arbeitsverhinderung verursacht hat, infolge Krankheit eingetreten ist. Arbeitsunfähigkeit und Krankheit sind damit nicht deckungsgleich.43
41 Vgl. die Auflistung häufiger Einzelfälle, MüKo-BGB/Henssler, § 616, Rn. 20 ff. 42 ErfK/Reinhard, § 12 EfzG Rn. 1; BeckOK/Ricken, § 3 EfzG Vorbemerkung. 43 BeckOK/Ricken, § 3 Rn. 6.
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Unter Krankheit versteht man im Allgemeinen einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, dessen Eintritt entweder die Notwendigkeit einer Heilbehandlung – allein oder in Verbindung mit Arbeitsunfähigkeit – oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat.44 Demnach genügt es, wenn zu dem normwidrigen Körper- oder Geisteszustand alternativ das Bedürfnis nach ärztlicher Behandlung oder aber Arbeitsunfähigkeit hinzutritt.45 Die Krankheit muss demnach beim Arbeitnehmer zur Arbeitsunfähigkeit geführt haben und die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit muss die alleinige Ursache für die Arbeitsverhinderung sein.46 Insoweit gilt der Grundsatz der Monokausalität.47 Es fehlt bspw. an einer derartigen Kausalität, wenn der Arbeitnehmer aus einem anderen Grund keine Arbeit geleistet hätte, sofern er arbeitsfähig gewesen wäre. Dabei ist ein hypothetischer Kausalverlauf zu Grunde zu legen.48
bb) Dauer der Entgeltfortzahlung
41 Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer Anspruch auf EfzG für die Dauer von längstens 6
Wochen. Dies entspricht 42 Kalendertagen. Damit werden auch die Tage mitgezählt, an denen nicht gearbeitet wird, aber das Arbeitsverhältnis auch nicht ruht.49 Es sind somit während des Arbeitsunfähigkeitszeitraums die Sonn- und Feiertage mitzuzählen, aber auch, etwa bei einem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis die arbeitsfreien Werktage. Die arbeitsfreien Tage oder freien Schichttage müssen allerdings im Vorhinein feststehen.50 Bei dem Entgeltfortzahlungszeitraum gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 EfzG von 6 Wochen 42 ist allerdings zu beachten, dass dies im Umkehrschluss nicht etwa bedeutet, dass der Arbeitgeber pro Kalenderjahr für einen Arbeitnehmer höchstens 6 Wochen Entgeltfortzahlung leisten müsste. Vielmehr begründet grundsätzlich jede neue Erkrankung des Arbeitnehmers, die zur Arbeitsunfähigkeit führt, einen neuen Anspruch auf Entgeltfortzahlung und zwar mit der Folge, dass grundsätzlich ein neuer Entgeltfortzahlungszeitraum entsteht. Eine solche neue Erkrankung liegt dann vor, wenn die Krankheit eine andere Ursache hat und nicht auf denselben Grundlagen beruht.51 Erkrankt der Arbeitnehmer während einer bestehenden krankheitsbedingten 43 Arbeitsunfähigkeit an einer neuen Krankheit, so geht die herrschende Ansicht davon aus, dass es sich hierbei um eine einheitliche Arbeitsunfähigkeit handelt, also durch die neue Erkrankung kein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch ausgelöst wird. Hier gilt
44 BSG, Urt. v. 19.10.2004 – B 1 KR 3/03; BSG, Urt. v. 30.09.1999 – B 8 KN 9/98 KR R. 45 BeckOK/Ricken, § 3 EfzG Rn. 7. 46 BAG, Urt. v. 26.06.1996 – 5 AZR 872/94; BAG, Urt. v. 24.03.2004 – 5 AZR 355/03. 47 BeckOK/Ricken, § 3 EfzG Rn. 21. 48 BAG, Urt. v. 24.03.2004 – 5 AZR 355/03. 49 BAG, Urt. v. 22.08.2001 – 5 AZR 699/99. 50 BeckOK/Ricken, § 3 EfzG Rn. 53. 51 BeckOK/Ricken, § 3 EfzG, Rn. 63.
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somit der Grundsatz der Einheit des Versicherungsfalls.52 Eine weitere Vergütungsfortzahlung kann der Arbeitnehmer nur dann verlangen, wenn die erste Arbeitsunfähigkeit bereits in dem Zeitpunkt beendet war, in welchem eine weitere Erkrankung zu einer neuen Arbeitsunfähigkeit führt. Ansonsten sind auch die übrigen Grundsätze von § 3 EfzG bei weiterer oder wiederholter Arbeitsunfähigkeit zu berücksichtigen.53
2. Mitteilungspflichten Der Arbeitnehmer ist in jedem Fall gehalten, dem Arbeitgeber unverzüglich Mitteilung 44 zu machen, wenn er an der Arbeitsleistung verhindert ist. Hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit ergibt sich die Mitteilungspflicht bereits aus § 5 EfzG.
3. Nachweispflichten, Vorlage ärztliche AU-Bescheinigung (§ 5 EfzG) § 5 EfzG enthält Regelungen, wonach der Arbeitnehmer im Falle der Arbeitsunfähig- 45 keit diese durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachzuweisen hat. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss spätestens am 4. Tag nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit vorgelegt werden. Dies ist eine Regelung, die dem Arbeitgeber die Möglichkeit belässt, auch bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit eine Bescheinigung zu verlangen. Ein solches Verlangen sollte dann in einem Arbeitsvertrag auch festgehalten werden. Etwaige Gründe oder ein berechtigtes Interesse hierfür muss der Arbeitgeber nicht haben.54 Das Verlangen darf aber nicht willkürlich oder schikanös sein und weder gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz noch gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen.55
II. Muster einer Regelung zur Arbeitsverhinderung 1. Arbeitsverhinderung allgemein Klauselmuster Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Vorgesetzten jede Arbeitsverhinderung und ihre voraussichtliche Dauer unverzüglich nach Kenntnis, möglichst vor dem Zeitpunkt der erwarteten Arbeitsaufnahme telefonisch anzuzeigen, sowie auf Verlangen des Arbeitgebers die Gründe der Arbeitsverhinderung mitteilen. Ist der Arbeitnehmer hierzu selbst nicht in der Lage, hat er in gleicher Weise eine Information des Arbeitgebers durch Dritte zu veranlassen. Der Mitarbeiter hat dabei auf besonders dringlich zu erledigende Arbeiten hinzuweisen.
52 Vgl. BAG 10.09.2014 – 10 AZR 651/12. 53 Vgl. hierzu ausf. Darstellung in: ErfK/Reinhard, § 3 EfzG Rn. 36 ff. 54 ErfK/Reinhard, § 5 EntgFG Rn. 12. 55 BAG, Urt. v. 14.11.2012 – 5 AZR 886/11.
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2. Arbeitsverhinderung bei Arbeitsunfähigkeit Klauselmuster Im Falle der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit erhält der Arbeitnehmer Entgeltfortzahlung nach dem EfzG. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, muss der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung spätestens an dem darauf folgenden Arbeitstag vorlegen. Aus diesem soll sich auch die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit ergeben. Dauert die Arbeitsunfähigkeit über die angegebene Zeit hinaus, hat der Arbeitnehmer den Arbeitgeber unverzüglich zu unterrichten und unverzüglich ein Anschlussattest vorzulegen. Der Arbeitgeber kann im Einzelfall auch eine frühere Vorlage des Attests verlangen.
D. Urlaub I. Gesetzliche Regelungen und Mehrurlaub 46 Der bezahlte Erholungsurlaub ist im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Die zwin-
genden Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes regeln den Mindesturlaub, der einem Arbeitnehmer zusteht. Das Bundesurlaubsgesetz beschreibt somit urlaubsrechtliche Mindestpositionen, von denen in arbeitsvertraglichen Vereinbarungen nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers abgewichen werden darf (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG). Bei der Abwägung, ob Regelungen des Arbeitsvertrages ungünstiger sind als die gesetzlichen, müssen die einzelnen Vertragsbestimmungen über Erfüllung der Wartezeit, Teilurlaub, Übertragbarkeit und Abgeltungsurlaubs jeweils für sich betrachtet mit den korrespondierenden Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes verglichen werden, jeweils bezogen auf den Beginn des Urlaubsjahres (sogenannter Einzelvergleich).56 Den Parteien ist es somit vorbehalten, günstigere Regelungen zu treffen. In der Praxis häufig zu finden sind etwa Vereinbarungen für einen über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Mehrurlaub. Soweit arbeitsvertragliche Abreden auf tarifvertragliche Urlaubsregelungen ver47 weisen, kann auch dies in einzelnen Punkten eine Verschlechterung der urlaubsrechtlichen Situation des Arbeitnehmers gegenüber dem jetzigen gesetzlichen Urlaubsrecht zur Folge haben, da die Tarifvertragsparteien mit Rücksicht auf die Tarifautonomie in weitem Umfang von dem Grundsatz der Unabdingbarkeit freigestellt sind (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG). Allerdings ist hier ebenfalls zu beachten, dass zwingende gesetzliche Regelungen bestehen, von denen auch die Tarifvertragsparteien nicht abweichen dürfen. Nach dem Nachweisgesetz in § 2 Abs. 1 Nr. 8 ist die Dauer des jährlichen Erho48 lungsurlaubs in die von Arbeitgeber zu fertigende Niederschrift über die wesentlichen
56 Preis/Stoffels II U 20 Rn. 5.
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Vertragsbedingungen aufzunehmen. Insofern sollten arbeitsvertragliche Regelungen auch diesen Anforderungen genügen. Da – wie soeben ausgeführt – günstigere Regelungen für den Arbeitnehmer 49 zulässig sind und darüber hinaus in der Praxis häufig tatsächlich auch Mehrurlaub gewährt wird, gibt es eine Vielzahl von vertraglichen Klauselmöglichkeiten, die im Folgenden dargestellt werden.
II. Staffelung der Urlaubsansprüche Aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten ist in der Praxis grundsätzlich davon abzuraten, gestaffelte Urlaubsansprüche zu vereinbaren, wobei auch hier gewisse Möglichkeiten einer Staffelung bestehen. Häufig finden sich Klauseln, die unmittelbar an das Alter anknüpfen. Hiervon ist in jedem Fall abzuraten. Eine Staffelung nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit kann in Einzelfällen möglich sein. Dabei liegt zwar ggf. aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten eine mittelbare Diskriminierung, die Rechtsprechung hat aber bestimmte Staffelungen als zulässig anerkannt, die im Folgenden aufgezeigt werden. Zunächst ist aber anzumerken, dass das BAG die Regelung in § 26 TVÖD a. F. für unwirksam erachtet hat, wonach der Urlaub bis zum vollendeten 30. Lebensjahr 26 Urlaubstage, bis zum vollendeten 40. Lebensjahr 29 Urlaubstage und nach dem vollenden 40. Lebensjahr 30 Urlaubstage betragen sollten.57 Zum einen wurde hier unmittelbar an das Lebensalter angeknüpft und im Übrigen war auch keine Rechtfertigung ersichtlich, weshalb hier ein erhöhter Erholungsbedarf bestand. In einer neueren Entscheidung zum Urlaubsrecht und einer Staffelung hat das BAG hingegen entschieden, dass die Altersstaffelung eines Schuhherstellers, der Arbeitnehmer nach Vollendung des 58. Lebensjahrs jährlich 36 Urlaubstage gewährte und damit 2 Urlaubstage mehr als den jüngeren Arbeitnehmern zusprach, rechtmäßig sei.58 Der Arbeitgeber habe eine Einschätzungsprärogative, ob eine solche Regelung im Sinne des AGG geeignet, erforderlich und angemessen ist. Die Einschätzung war vorliegend nach Auffassung des BAG nicht zu beanstanden, da in dem Produktionsbetrieb bei der Fertigung von Schuhen körperlich ermüdende und schwere Arbeit gegeben war, sodass nach Vollendung des 58. Lebensjahres auch längere Erholungszeiten gerechtfertigt seien als für jüngere Arbeitnehmer. In Anlehnung an diese Rechtsprechung könnte demnach eine wirksame Klausel gestaltet werden. Sofern allerdings kein Erfordernis für eine Staffelung besteht, ist davon abzuraten.
57 BAG, Urt. v. 20.03.2012 – 9 AZR 529/10. 58 BAG, Urt. v. 21.10.2014 – 9 AZR 956/12.
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III. Übertragung des Urlaubs 1. Gesetzliche Vorgaben 54 Nach den Regelungen des BUrlG in § 1 hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Grundsätzlich erlischt der Urlaubsanspruch mit Ablauf des Urlaubsjahres und nur ausnahmsweise geht der Urlaubsanspruch nach § 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 BUrlG auf die ersten drei Kalendermonate des Folgejahres über, wenn die Erfüllung des Urlaubsanspruchs aus dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen im laufenden Kalenderjahr nicht möglich war. Die Übertragung erfolgt dann kraft Gesetzes, sodass es weder einer mitwirkenden Handlung des Arbeitgebers noch des Arbeitnehmers bedarf.59
2. Klarstellung im Arbeitsvertrag 55 Es kann allerdings häufig Streitigkeiten darüber geben, ob die Übertragungsvoraussetzungen vorgelegen haben, sodass zur Vermeidung etwaiger Streitigkeiten und Auseinandersetzungen eine Regelung im Arbeitsvertrag dienlich ist. Eine Regelung kann sich auch deshalb anbieten, um Arbeitnehmer nicht zu motivieren, ihren restlichen Jahresurlaub noch zum Jahresende zu nehmen, nur um den Verfall des Urlaubs zu vermeiden. Insbesondere könnte eine generelle Übertragung im Kalenderjahr nicht genommenen Urlaubs auf die nächsten drei Monate im Folgejahr unabhängig vom Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Arbeitsvertrag vereinbart werden, wovon in der Praxis auch häufig Gebrauch gemacht wird. Klauselvorschlag Der Urlaub ist spätestens zum 31. März des nachfolgenden Jahres zu nehmen.
3. Abweichende Regelungen zum Mehrurlaub
56 Wie bereits erwähnt, kann nur von den zwingenden gesetzlichen Regelungen nicht
zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Bei der Ausgestaltung eines arbeitsvertraglich eingeräumten Mehrurlaubes sind die Parteien hingegen frei in der Vereinbarung, sodass hier ausreichend Regelungen im Arbeitsvertrag enthalten sein sollten, insbesondere auch um eine Differenzierung des gesetzlich zwingend vorgesehenen Mindesturlaubs sowie des Mehrurlaubs vorzunehmen. Sofern der Mehrurlaub anders behandelt werden soll als der gesetzliche Mindesturlaub, so müssen eindeutige Vereinbarungen zwischen den Parteien vorliegen. Andernfalls gelten
59 ErfK/Gallner, § 7 BUrlG Rn. 61.
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die Bestimmungen des BUrlG auch für die Urlaubsbestandteile, die auf arbeitsvertraglicher Grundlage beruhen.60 Klauselvorschlag 1. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf den gesetzlichen Mindesterholungsurlaub von 20 Arbeitstagen (bezogen auf eine 5-Tage-Woche = 24 Werktage). Das Nähere bestimmt sich nach den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes. 2. Zusätzlich zu diesem gesetzlichen Mindesturlaub erhält der Arbeitnehmer einen vertraglichen Mehrurlaub von 8 Tagen. Für diesen vertraglichen Mehrurlaub gelten die nachfolgenden Regelungen: – … – … 3. Mit der Urlaubserteilung erfüllt der Arbeitgeber zunächst den Anspruch des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindesterholungsurlaub, dann einen gegebenenfalls bestehenden Anspruch auf gesetzlichen Zusatzurlaub [danach gegebenenfalls tariflicher Mehrurlaub]. Erst nach vollständiger Erfüllung des gesetzlichen [und gegebenenfalls des tariflichen] Urlaubsanspruchs wird der vertragliche Mehrurlaub im Sinne des Abs. 2 erteilt.61
Mit dieser Klausel wird deutlich zwischen gesetzlichem Mindest- und Mehrurlaub dif- 57 ferenziert. Die Regelungen werden im Übrigen auch in getrennten Absätzen behandelt, sodass auch eine entsprechende Transparenz gegeben ist. Empfehlenswert ist schließlich eine klare Tilgungsbestimmung, wenn in dem 58 Arbeitsvertrag vom BUrlG abweichende Regelungen für den arbeitsvertraglichen Mehrurlaub aufgenommen werden sollen und demnach eine Differenzierung zwischen Mindest- und Mehrurlaub erfolgt.62 Das BAG hat aber entschieden, dass auch ohne ausdrückliche Tilgungsbestimmung der Arbeitgeber mit der Freistellung des Arbeitnehmers und der Verpflichtung zur Arbeitsleistung grundsätzlich beide Ansprüche zum Erlöschen bringt.63 Bei der hier vorgeschlagenen konkreten Differenzierungsregel bietet sich zur Klarstellung aber eine Tilgungsbestimmung an. Beachtet werden muss auch hierbei, dass vorformulierte Regelungen zum Urlaubsrecht in allgemeinen Geschäftsbedingungen den § 305 ff. BGB unterfallen und den Anforderungen einer AGB-Kontrolle entsprechend genügen müssen. Das BAG führt in seinen Entscheidungen aus, dass die Arbeitsvertragsparteien Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigen, grundsätzlich frei regeln können.64 Es ist dabei allerdings nicht klar, ob das BAG damit uneingeschränkt zum Aus- 59 druck bringen wollte, dass Regelungen über den gesetzlichen Mehrurlaub generell
60 Vgl. BAG, Urt. v. 18.02.2014 – 9 AZR 765/12; BAG, Urt. v. 23.03.2010 – 9 AZR 128/09; BAG, Urt. v. 15.05.1991 – 5 AZR 440/90. 61 Vgl. dazu auch Powietzka/Fallenstein, NZA 2010, 673. 62 Polzer/Kafka, NJW 2015, 2289, 2292. 63 BAG, Urt. v. 07.08.2012 – 9 AZR 760/10. 64 BAG, Urt. v. 24.03.2009 – 9 AZR 983/07, Powietzka/Rolf, BUrlG § 1 Rn. 2.
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der Inhaltskontrolle entzogen seien oder ob nur eine Einschränkung gesehen werden kann. Um dieser Unsicherheit entgegenzutreten, sollten die Regelungen vorsorglich allesamt den Angemessenheitsanforderungen einer AGB-Kontrolle standhalten.
IV. Quotelung des Urlaubsanspruchs bei Ein- oder Austritt im laufenden Kalenderjahr 60 Häufig finden sich in der Praxis auch Regelungen, die eine Quotelung beim Ein- oder
Austritt im laufenden Kalenderjahr vorsehen. Hier ist allerdings Vorsicht geboten, da solche Klauseln vielfach auch unwirksam gestaltet sind. Die zwingenden Vorschriften des BUrlG müssen nämlich auch in diesem Zusammenhang eingehalten werden, was vielfach nicht der Fall ist. Für den Mehrurlaub sind solche Regelungen hingegen zulässig. Beachtet werden muss dabei, dass der Arbeitnehmer nach Ablauf der 6-monati61 gen Wartezeit den vollen gesetzlichen Urlaubsanspruch erwirbt, etwaige Kürzungsregelungen diesbezüglich sind demnach unwirksam, zumindest was den gesetzlichen Mindesturlaub anbelangt. Weiter muss beachtet werden, dass eine Quotelung ohne Differenzierung, wann ein Arbeitnehmer aus dem Vertragsverhältnis ausscheidet, ebenfalls unzulässig ist. Denn das BUrlG sieht für den Fall des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis im zweiten Halbjahr eines Kalenderjahres vor, dass ein voller Urlaubsanspruch erworben wird. Dies ergibt sich aus dem Umkehrschluss des § 5 Abs. 1 b) BUrlG, sodass entgegenstehende Regelungen ebenfalls unwirksam bzw. nach § 134 BGB nichtig sind.65 Es gilt hier das Unabdingbarkeitsprinzip nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG. An ihre Stelle tritt die entsprechende Regelung des BUrlG, wobei sich die Frage stellt, ob in diesen Fällen überhaupt eine sog. geltungserhaltende Reduktion in Betracht kommt. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass es der Klauselverwender in der Hand hat, konkrete und transparente Regelungen zu gestalten, sollte eine geltungserhaltende Reduktion abgelehnt werden. Trotz dieser Beschränkungen bestehen in der Praxis gleichwohl Möglichkeiten, 62 in gewisser (zulässiger) Weise eine Quotelung des Urlaubsanspruchs – insbesondere hinsichtlich des Mehrurlaubs – zu regeln. So käme etwa folgende Formulierung in Betracht: Klauselvorschlag Im Eintritts- und Austrittsjahr hat der Arbeitnehmer, soweit der gesetzliche Mindesturlaub nicht unterschritten wird, für jeden vollen Beschäftigungsmonat im Betrieb Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubs.
65 BAG, Urt. v. 20.01.2009 – 9 AZR 650/07.
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V. Kürzungsvereinbarung für Fehlzeiten und ruhende Arbeitsverhältnisse Häufig hat der Arbeitgeber auch ein Interesse daran, Klauseln für den Fall vorzusehen, dass häufige oder längerfristige Fehlzeiten des Arbeitnehmers bestehen oder aber das Arbeitsverhältnis aus sonstigen Gründen ruht. Diese Zeiten können sich auf den Urlaub auswirken, wobei bei einer etwaigen Regelung im Arbeitsvertrag wiederrum die strengen Regelungen der Rechtsprechung berücksichtigt werden müssen, insbesondere die Tatsache, dass nur der zusätzliche Mehrurlaub von einer solchen Kürzungsregelung wirksam betroffen sein kann. Die Rechtsprechung ist bei der Kürzung des gesetzlichen Mindesturlaubs gerade für Zeiten krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit sehr streng und hat diese für unzulässig erklärt, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Kalenderjahres arbeitsunfähig war.66 Beachtet werden muss dabei weiter, dass nach der Rechtsprechung des BAG auch im Falle des arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmers, dessen Arbeitsverhältnis ruht, grundsätzlich der Urlaubanspruch entsteht.67 Kürzungsregelungen hinsichtlich des Mindesturlaubs sind deshalb nach § 13 Abs. 1 Satz 1, 3 BUrlG, § 134 BGB unwirksam und deshalb zu vermeiden. Wünscht der Arbeitnehmer einen längeren unbezahlten Sonderurlaub, könnte deshalb erwogen werden, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich schlicht durch Aufhebungsvertrag zu beenden und dem Arbeitnehmer eine Wiedereinstellungszusage zu unveränderten Bedingungen (unter Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit) zu geben.68 Wiederum anders stellt sich die Sachlage bei dem Mehrurlaub dar: Hier können auch im Falle des ruhenden Arbeitsverhältnisses ohne weiteres Kürzungsregelungen vorgesehen werden, die aber transparent sein müssen.
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Klauselvorschlag Der Mitarbeiter erhält einen Zusatzurlaub von … Arbeitstagen jährlich. Der Zusatzurlaub mindert sich um 1/12 für jeden vollen Monat, in dem der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Entgelt- bzw. Entgeltfortzahlung hatte. Gleiches gilt für den Fall des Ruhens des Arbeitsverhältnisses.
Da der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, Mehrurlaub zu gewähren, kann schließlich 67 für diesen Mehrurlaub auch ein Widerrufsvorbehalt vereinbart werden, so dass der Arbeitgeber in gewissen Fällen wieder davon loskommen kann.69
66 BAG, Urt. v. 28.01.1982 – 6 AZR 571/79. 67 BAG, Urt. v. 18.09.2012 – 9 AZR 623/10. 68 Vgl. Klauselvorschläge hierzu auch bei Polzer/Kafka, NJW 2015, 2289, 2298. 69 Vgl. hierzu ausf. Preis/Stoffels II. U20 Rn. 27 ff.
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VI. Einschränkung anderweitiger Erwerbstätigkeit 68 Das BUrlG enthält auch Regelungen dazu, dass der Arbeitnehmer während seines
Urlaubs keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten darf, § 8 BUrlG. Es besteht also bereits kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung die Pflicht des Arbeitnehmers, sich während des Urlaubs bestimmter Tätigkeiten zu enthalten. Es besteht allerdings kein generelles Tätigkeitsverbot, sondern darunter werden nur Erwerbstätigkeiten verstanden, die dem Urlaubszweck zuwider laufen.70 Dabei kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an, insbesondere auf Art und Umfang der Tätigkeit sowie auf die daraus folgende körperliche, geistige und seelische Beanspruchung des Arbeitnehmers. Nicht verboten sind sogenannte Kontrastbzw. Ausgleichstätigkeiten71, wie beispielsweise die Arbeit auf einem Bauernhof. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wäre demnach ein vertraglich festge69 haltenes generelles Verbot kritisch, da der Arbeitgeber hierfür kein berechtigtes Interesse hat und der Arbeitnehmer im Übrigen auch selbst seinen Urlaub gestalten kann. Auch im Hinblick auf Art. 12 GG sind anderweitige Erwerbstätigkeiten in dem oben beschriebenen Umfang grundsätzlich zu respektieren und könnten auch arbeitsvertraglich nicht verboten werden.
VII. Abweichende Berechnung des Urlaubsentgelts 70 Das BUrlG enthält auch eine Regelung zur Höhe des Urlaubsentgelts, nämlich § 11
Abs. 1 Satz 1 BUrlG. Danach richtet sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat (sog. modifizierte Referenzperiode). Auch hier können bei dem übergesetzlichen Mehrurlaub wieder gewisse Modifikationen vereinbart werden, sodass beispielsweise die Verlängerung des Referenzzeitraums unproblematisch möglich ist. In der Praxis wird sich hierbei aber häufig ein Gleichlauf finden lassen, da eine Differenzierung aufwändig und unpraktikabel ist.
VIII. Verfallklauseln 71 Wie bereits ausgeführt, ist der gesetzliche Urlaubsanspruch grundsätzlich auf das
laufende Kalenderjahr befristet (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG). Eine Übertragung findet grundsätzlich nur nach den im Gesetz vorgesehenen Fällen des § 7 Abs. 3 Satz 2–4 BUrlG statt. Eine weitergehende Gestaltung hinsichtlich des Verfalls eines etwaigen
70 ErfK/Gallner, § 8 BUrlG Rn. 2; Powietzka/Rolf, BUrlG § 8 Rn. 2. 71 Moll/Reinfeld, § 33 Rn. 75.
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Urlaubsanspruchs hatte die Rechtsprechung in den vergangenen Jahren zu entscheiden. Der EuGH hatte in seiner vielzitierten Schultz-Hoff-Entscheidung vom 20.01.200972 und der Berufung auf Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG ausgeführt, dass eine Beschränkung auf das laufende Kalenderjahr nicht möglich sei, wenn der Arbeitnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit nicht die Möglichkeit hatte, den Urlaub tatsächlich zu nehmen. Es spiele dabei keine Rolle, ob der Arbeitnehmer dauerhaft oder nur zeitweise krank gewesen ist. Nach dem Wortlaut der Richtlinie sei es den Mitgliedsstaaten untersagt, das Erlöschen des Anspruchs wegen Krankheit vorzusehen. Diese weitgehende Rechtsprechung hat der EuGH in der KHS-Schulte-Entscheidung eingegrenzt und eine tarifliche Verfallklausel, die einen Verfall von Urlaubsansprüchen von 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres vorsah, auch im Hinblick auf langzeiterkrankte Arbeitnehmer für unionsrechtskonform erachtet. Über eine bestimmte Grenze hinaus fehle nämlich dem Jahresurlaub seine positive Wirkung für den Arbeitnehmer als Erholungszeit, sodass eine Verfallfrist, die über dieser Grenze liege, mit der Arbeitszeitrichtlinie vereinbar sei.73 Das BAG hat die Entscheidungen des EuGH zwischenzeitlich auch umgesetzt und in seiner Rechtsprechung berücksichtigt, so dass es nunmehr im Wege einer modifizierten richtlinienkonformen Rechtsfortbildung des § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG der Auffassung ist, dass Urlaubsansprüche langzeiterkrankter Arbeitnehmer, auch wenn sie nicht die Möglichkeit einer Inanspruchnahme hatten, am 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres verfallen, also 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres.74 Diese neue Linie hat das BAG auch auf den schwerbehinderten Zusatzurlaub aus § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX erstreckt.75 Der Mehrurlaub kann allerdings wie bei den übrigen Regelungen auch frei zwischen den Parteien gestaltet werden, so dass bei diesem die vom EuGH aufgestellte und vom BAG umgesetzte Rechtsprechung nicht gilt. Eine Differenzierung ist demnach anzuraten, wobei die Klausel wiederum transparent ausgestaltet sein muss. Insofern bietet es sich an, den übergesetzlichen Mehrurlaub in einer separaten Klausel zu regeln. Dadurch wird die Klausel insgesamt übersichtlicher und im Übrigen stellt sich dies auch aus dem Gesichtspunkt der Teilbarkeit als vorteilhafter dar. Folgende Klausel könnte also für den Mehrurlaub und einen etwaigen Verfall getroffen werden:
72 EuGH, Urt. v. 20.01.2009 – C 350/06 und C 520/06. 73 EuGH, Urt. v. 22.11.2011 – C 214/10. 74 BAG, Urt. v. 11.06.2013 – 9 AZR 855/11. 75 BAG, Urt. v. 23.03.2010 – 9 AZR 128/09.
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Klauselvorschlag Abweichend von den gesetzlichen Vorgaben für den Mindesturlaub gilt für den über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden arbeitsvertraglichen Urlaubsanspruch, dass dieser nach Ablauf des Kalenderjahres und im Falle der Übertragung spätestens nach Ablauf des Übertragungszeitraums am 31.03 des folgenden Kalenderjahres auch dann verfällt, wenn der Urlaub im Urlaubsjahr und/oder bis zum 31.03 des folgenden Kalenderjahres wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht genommen werden konnte.
IX. Ausschluss der Abgeltung für Mehrurlaub 78 Der EuGH interpretiert Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG entgegen der bis-
herigen Rechtsprechung des BAG in der Weise, dass diese Vorschrift einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommen Urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch Tod des Arbeitnehmers endet.76 Für das deutsche Urlaubsrecht bedeutet dies, dass sich zumindest ein noch nicht 79 erfüllter gesetzlicher Urlaubsanspruch mit dem Tode des Arbeitnehmers in einen Urlaubsabgeltungsanspruch verwandelt und im Zeitpunkt des Todes des Arbeitnehmers unmittelbar bei dessen Erben entsteht.77 Da diese europarechtlichen Vorgaben wiederum nur den gesetzlichen Mindestur80 laub betreffen, kann beim Mehrurlaub durch entsprechende Gestaltung ein Anspruch auf die Erben verhindert werden. Im Übrigen kann durch diese Klausel generell ein Ausschluss der Abgeltung für Mehrurlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgesehen werden. Klauselvorschlag Der vertragliche Mehrurlaub erlischt mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses ersatzlos, wird also nicht abgegolten und ist nicht vererblich.
X. Ausschlussfristen 81 Ausschlussfristen, die in einem Arbeitsvertrag enthalten sind, finden generell in
der Rechtsprechung auf Ansprüche, die wie Urlaubsansprüche befristet für einen
76 Polzer/Kafka, NJW 2015, 2289. 77 EuGH, Urt. v. 12.06.2014 – C 118/13 (Bollacke).
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bestimmten Zeitraum bestehen und deren Erfüllung während dieser Zeit stets verlangt werden kann, keine Anwendung.78 Der Urlaubsabgeltungsanspruch hingegen ist nach Aufgabe der Surrogatstheo- 82 79 rie als reiner Geldanspruch grundsätzlich auch von den generellen Ausschlussfristen umfasst. Er entsteht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.80 Eine gesonderte Regelung ist nicht erforderlich.81
XI. Freistellung unter Anrechnung restlicher Urlaubsansprüche Für den Fall, dass die Parteien in Streit stehen bzw. eine Kündigung ausgesprochen 83 wurde, wird häufig eine Freistellungsregelung im Arbeitsvertrag aufgenommen. Hier ist zu beachten, dass eine Freistellung unter Anrechnung restlicher Urlaubsansprüche erfolgen kann, sodass sich auch hierzu eine Klausel anbietet. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an einer Freistellungsabrede ist 84 grundsätzlich anzuerkennen, sodass ein Freistellungsvorbehalt auch im Arbeitsvertrag getroffen werden kann. Wichtig ist allerdings der Hinweis, dass die Freistellung unter Anrechnung auf etwaig noch offene Urlaubsansprüche erfolgt, da die Freistellung des Arbeitnehmers nicht ohne weiteres auch eine Urlaubserteilung umfasst.82 Eine uneingeschränkte und nicht an eine erforderliche Interessenabwägung 85 gebundene jederzeitige Freistellung ist jedoch nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unzulässig.83
XII. Rückforderung überzahlten Urlaubsentgelts In § 5 Abs. 3 BUrlG ist ein Rückforderungsverbot für den Fall vorgesehen, dass von 86 einem Arbeitnehmer, dem in der ersten Jahreshälfte ein durch die bisher zurückgelegte Zeit im Kalenderjahr noch nicht gerechtfertigter Urlaub gewährt worden ist, bei einem Ausscheiden vor dem 01.07.2015 das überzahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden kann. Insofern handelt es sich um zwingende Vorschriften des BUrlG, von den auch im Arbeitsvertrag nicht abgewichen werden darf (§ 13 Abs. 1
78 Vgl. BAG, Urt. v. 24.11.1992 – 9 AZR 549/91. 79 Nach früherer Ansicht des BAG war der Abgeltungsanspruch als Surrogat des Urlaubsanspruchs auf das Kalenderjahr befristet. Diese Rechtsprechung wurde aufgegeben, vgl. BAG, Urt. v. 24.03.2007 – 9 AZR 983/07. 80 Schaub/Linck, § 104 Rn. 131; BAG, Urt. v. 09.08.2011 – 9 AZR 365/10. 81 Vgl. Klauser Kap. 4 Rn. 176. 82 BAG, Urt. v. 14.08.2007 – 9 AZR 934/06; Schaub/Linck, § 104 Rn. 21. 83 ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 568; vgl. dazu ausführlich Kap. 6 Rn. 182 ff.
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Satz 3 BUrlG). Für die vom BUrlG nicht erfassten Fallgestaltungen kann allerdings eine Rückforderung in Betracht kommen. Wenn der Arbeitgeber keine vertraglichen Regelungen zu einem etwaigen Rück87 forderungsvorbehalt getroffen hat, könnte in der Gewährung des Urlaubs ein stillschweigender Rückforderungsverzicht gesehen werden. Um dem zu begegnen, empfiehlt sich eine Rückforderungsvereinbarung, auch wenn bei der Durchsetzung der Rückforderung Problembereiche auftreten können, die nach § 374 BGB bei einer Aufrechnung Anwendung finden, insbesondere unter Berücksichtigung etwaiger Pfändungsschutzvorschriften. Eine vertragliche Regelung zeigt dem Arbeitnehmer aber klar auf, dass er mit einer Rückforderung zu rechnen hat, wenn er mehr Urlaub nimmt als ihm zusteht. Diskutiert wird auch, ob solche Rückzahlungsvereinbarungen den Arbeitnehmer 88 unangemessen i. S. v. § 307 BGB benachteiligen. Dem kann aber im Ergebnis nicht gefolgt werden, weil § 5 Abs. 3 BUrlG bestimmte Anwendungsbereiche klar regelt und im Übrigen die Parteien frei in der Gestaltung sind, insbesondere was den übergesetzlichen Mehrurlaub anbelangt. Insofern könnte sich etwa folgende Klausel anbieten: Klauselmuster Hat der Mitarbeiter im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Unternehmen mehr Urlaub erhalten als ihm zusteht, so hat er das auf die überzähligen Urlaubstage erhaltene Urlaubsentgelt zurückzuzahlen. Dies gilt nicht hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubs, wenn die Überzahlung darauf beruht, dass der Mitarbeiter nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte des Kalenderjahres ausscheidet.
XIII. Urlaubsgeldabreden 1. Differenzierung Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld 89 Häufig erhält der Arbeitnehmer neben dem eigentlichen Urlaubsentgelt auch ein Urlaubsgeld. Letzteres ist streng zu trennen vom Urlaubsentgelt, das seiner laufenden Vergütung entspricht. Zusätzliches Urlaubsgeld ist hingegen nach der Konzeption dazu bestimmt, Sonderaufwendungen des Arbeitnehmers aus Anlass des Urlaubs abzudecken, sodass der Arbeitnehmer hier eine zusätzliche sogenannte Sonderleistung mit Gratifikationscharakter gewährt.84 Der Arbeitgeber ist danach gesetzlich nicht dazu verpflichtet, so dass sich ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsgeld nur bei Bestehen einer besonderen Abrede zwischen den Parteien ergibt. Häufig wird unter dem Urlaubsgeld auch das 13. bzw. 14. Monatsgehalt verstanden, sodass in bestimmten Zeiten noch ein zusätzlicher Gehaltsbestandteil gezahlt wird. In der inhaltlichen Ausgestaltung einer solchen Urlaubsgeldabsprache sind die Parteien grundsätzlich frei, es finden sich in der Praxis deshalb verschiedene Klauseltypen:
84 ErfK/Gallner § 11 BUrlG Rn. 28.
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Klauselvorschläge a) Jeder Arbeitnehmer, der am 1.7. eines Kalenderjahres in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht, erhält mit dem Monatsgehalt ein Urlaubsgeld von einem Monatsbeitrag. b) Bei Urlaubsantritt erhält Herr/Frau ein zusätzliches Urlaubsentgelt in Höhe von … EUR je Urlaubstag.
2. Stichtagsregelungen Wie sich aus den Klauseltypen ergibt, können auch Stichtagsregelungen aufgenom- 90 men werden, wonach das Urlaubsgeld zu einem bestimmten Tag zu zahlen ist und der Mitarbeiter zu diesem Zeitpunkt in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen muss. Bei Stichtagsregelungen ist aber zu beachten, dass nach der Rechtsprechung Sonderzuwendungen nur vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag abhängig gemacht werden dürfen, wenn sie nicht (auch) die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers vergüten, sondern als „Treueprämie“ erwiesene oder als Halteprämie künftige Betriebstreue honorieren sollen. In der vorliegenden ersten Klausel (vgl. a)) ist das BAG85 zu dem Ergebnis gelangt, dass das Urlaubsgeld hier nicht (auch) der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen dienen sollte. Die Anknüpfung in der Klausel an den genommenen Urlaubstag zeige, dass das Urlaubsgeld dem Erholungszweck dienen soll und nicht die Vergütung der Arbeitsleistung zum Gegenstand hat.
3. Widerrufsvorbehalt Da es sich beim Urlaubsgeld um eine rein zusätzliche Leistung des Arbeitgebers 91 handelt, ist zu empfehlen, auch hier einen entsprechenden Widerrufsvorbehalt aufzunehmen. Klauselvorschlag Der Arbeitgeber kann … das Urlaubsgeld aus (triftigen) wirtschaftlichen Gründen widerrufen, insbesondere bei schlechtem Verlauf des Geschäftsjahres, bei Umgestaltung des Entgeltsystems oder bei Belastung des Unternehmens mit zusätzlichen gesetzlichen oder tariflichen Leistungen.
4. Verfallsklausel Im Übrigen ist weiter anzuraten, auch eine Verfallklausel für das Urlaubsgeld vor- 92 zusehen, damit der Erstreckung der Schultz-Hoff-Entscheidung auf arbeitsvertragliche Urlaubsgeldansprüche vorgebeugt werden kann. Es kann hierbei ein uneingeschränkter Verfall vereinbart werden, weil diese Regelungen nicht zu den durch
85 BAG, Urt. v. 22.07.2014 – 9 AZR 981/12.
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die Arbeitszeitrichtlinie geschützten Mindeststandards gehören, so ausdrücklich das LAG Düsseldorf.86 Klauselmuster Der Arbeitgeber erhält ein Urlaubsgeld in Höhe von 55 % eines Bruttomonatsgehalts, das jeweils am Monatsende anteilig für die Anzahl der im betreffenden Monat gewährten Urlaubstage ausgezahlt wird. Der Urlaubsgeldanspruch verfällt, wenn und soweit der Arbeitnehmer die entsprechenden Urlaubstage nicht spätestens bis zum Ende des jeweiligen Urlaubsjahres verwirklicht. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht nehmen kann, z. B. weil er während des Urlaubsjahres arbeitsunfähig erkrankt ist.
5. Rückzahlungsklausel 93 Schließlich kann auch eine Rückzahlungsklausel für den Fall des Ausscheidens vor einem bestimmten Termin vorgesehen werden. Eine solche Gestaltung des Anspruchs auf zusätzliches Urlaubsgeld ist aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit grundsätzlich gestattet.87 Insbesondere gilt das Rückforderungsverbot des § 5 Abs. 3 BUrlG hierfür nicht, da der Erholungsurlaub nicht tangiert wird, sondern ausschließlich das Urlaubsgeld betroffen ist. In Anlehnung an die richterrechtlichen Grundsätze zur Rückzahlung von Weihnachtsgratifikationen sind hier allerdings gewisse Bindungsgrenzen aufgestellt worden, wonach eine Rückzahlung bei sog. Kleingratifikationen beispielsweise ausgeschlossen ist.88
E. Annahme von Geschenken und Begünstigungen I. Rechtliche Erläuterungen 94 Gerade in den vergangenen Jahren gab es in der Unternehmensgeschichte in Deutsch-
land immer größere Skandale über Bestechungsvorwürfe und Ähnliches. Insofern haben bereits zahlreiche, vor allem größere Unternehmen, eine eigene ComplianceAbteilung aufgebaut und gestalten hier entsprechende Verhaltensanforderungen an ihre Mitarbeiter in Form von Ethik- oder Compliance-Richtlinien, die u. a. auch Regelungen über die Annahme etwaiger Geschenke oder anderen Vorteilen beinhalten. Oftmals finden sich in den Betrieben aber auch Regelungen mit dem Betriebsrat, sodass diese ggf. vorgehen. Sollten allerdings keine Betriebsvereinbarungen hierzu existieren, bieten sich individualvertragliche Regelungen an.
86 LAG Düsseldorf, Urt. v. 02.02.2009 – 12 Sa 486/06; zustimmend Powietzka/Fallenstein, NZA 2010, 673. 87 Preis/Stoffels II U 20 Rn. 89. 88 Vgl. zu den Einzelheiten hierzu etwa Preis/Stoffels, II U 20 Rn. 89.
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E. Annahme von Geschenken und Begünstigungen
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Die Regelung im Vertrag hat vor allem auch den Sinn und Zweck, den Arbeitneh- 95 mer zu sensibilisieren und eine Signalwirkung an den Arbeitnehmer zu senden, dass ein Fehlverhalten in diesem Bereich ggf. sogar in strafrechtlicher Hinsicht bewertet werden könnte. Gerade in kleinen oder mittleren Unternehmen, die keine eigene Compliance-Abteilung oder einen Betriebsrat haben, bieten sich demnach individualvertragliche Regelungen an. In größeren Unternehmen mit eigener ComplianceAbteilung besteht ggf. eine Compliance-Richtlinie (COC), auf die im Arbeitsvertrag dann verwiesen werden kann.
1. Nebenpflichtverletzung Mit der Annahme von Geschenken kann der Arbeitnehmer bestimmte Nebenpflichten 96 aus seinem Arbeitsverhältnis verletzen. Die vertraglichen, aber auch die strafrechtlichen Grenzen werden vor allem dann überschritten, wenn die „Aufmerksamkeiten“ zu einer unlauteren Einflussnahme zu Gunsten eines bestimmten Geschäftspartners werden. Dann besteht die Gefahr der Korruption. Es drohen hierbei strafrechtliche Konsequenzen, der Arbeitnehmer kann aber damit auch eine verhaltensbedingte (außerordentliche) Kündigung riskieren.89 Wie auch in anderen Fällen kommt es in der Rechtsprechung des BAG hierbei 97 aber nicht auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern entscheidend ist vielmehr, ob und inwieweit der Arbeitnehmer mit solchen Handlungen in erheblichem Maße seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen seines Arbeitgebers und damit Nebenpflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB verletzt.90
2. Strafrechtliche Konsequenzen Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die strafrechtlichen Grenzen 98 im Hinblick auf die Vorteilsannahme vor allem aus § 299, §§ 331 ff. StGB zu entnehmen sind. Hierbei ist insbesondere die Sozialadäquanz relevant, so dass entscheidend ist, ob die Zuwendung der Höflichkeit entspricht und sowohl sozialüblich, als auch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzes allgemein gebilligt werden kann oder ob diese Grenze überschritten wird. Zu beachten ist dabei, dass bei Amtsträgern noch schärfere Anforderungen gelten.91
89 Vgl. Schaub/Linck, § 127 Rn. 116. 90 Vgl. BAG, Urt. v. 21.06.2012 – 2 AZR 694/11; BAG, Urt. v. 15.11.2001 – 2 AZR 605/00. 91 Vgl. Schröder, ArbR aktuell 2014, 529.
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3. Arbeitsvertragliche Regelungen
99 Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, dass die Vertragsparteien möglichst genau
festlegen, in welchem Maße die Annahme von Geschenken unschädlich ist und bestenfalls, wie sich ein Arbeitnehmer zu verhalten hat, wenn ihm Geschenke angetragen werden, deren Einordnung nicht ohne weiteres eindeutig ist. So kann z. B. ein absolutes Verbot zur Annahme von Geschenken geschaffen werden oder ein relatives Verbot, bei dem ein Gegenwert genau festgelegt wird.92 Weiterhin empfiehlt es sich, dem Arbeitgeber die Angebote von Geschenken, Gefälligkeiten oder Zuwendungen anzeigen zu müssen und diesbezüglich eine Pflicht des Arbeitnehmers im Vertrag aufzunehmen. Auch kann eine Herausgabepflicht vorgesehen werden, ggf. relativiert dadurch, dass der Herausgabepflicht nicht sozialadäquate Gelegenheitsgeschenke unterliegen, deren Wert nicht über 10/20/30 € im Jahr hinausgehen. Die Anzeigepflicht sollte gleichwohl auch in diesem Fall bestehen bleiben. Da in unterschiedlichen Branchen auch unterschiedliche Gegebenheiten über 100 die Höhe des Sozialadäquaten bestehen, empfiehlt sich auch deshalb eine vertragliche Regelung. Dem Arbeitnehmer wird dadurch die Schwelle zur kündigungsrelevanten Pflichtverletzung klar aufgezeigt. In jedem Fall sollte allerdings das Schmiergeldverbot als Ausgangspunkt beachtet werden. Gegen dieses verstößt, wer sich als Arbeitnehmer bei der Ausführung von vertraglichen Aufgaben Vorteile versprechen lässt oder entgegennimmt, die dazu bestimmt oder geeignet sind, ihn in seinem geschäftlichen Verkehr zu Gunsten Dritter und zum Nachteil seines Arbeitgebers zu beeinflussen.93 Bei der Höhe kann auch auf § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG zurückgegriffen werden, sodass Arbeitnehmer Gelegenheitsgeschenke in Anlehnung an die Vorschrift des EStG annehmen dürfen, die 35 € pro Jahr nicht überschreiten.
II. Muster einer Regelung zur Annahme von Geschenken und sonstigen Vorteilen
Klauselmuster Der Mitarbeiter darf Geschenke oder andere Vorteile, die ihm von Dritten zugewandt werden und die über ein sozial adäquates Maß [beispielsweise geringwertige Werbegeschenke; ggf. sogar konkreten Maximalbetrag in Euro angeben]hinausgehen, nicht annehmen. Hat der Mitarbeiter Zweifel, ob es sich um ein Geschenk im üblichen und sozial adäquaten Rahmen handelt, so hat er die Angelegenheit der Geschäftsleitung anzuzeigen und ggf. eine Entscheidung hierüber einzuholen. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, dem Arbeitgeber jegliche Angebote von Geschenken, Gefälligkeiten oder Zuwendungen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses anzuzeigen. [Ggf., sofern im Unternehmen vorhanden: im Übrigen gelten die Vorschriften des Code of Conduct/ der unternehmensinternen Verhaltensrichtlinien.]
92 Schaub/Schrader/Straube/Vogelsang/Klagges II. 31 Rn. 242. 93 Vgl. MüKo-BGB/Müller-Glöge § 611 BGB, Rn. 11, 19.
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F. Antidiskriminierung
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F. Antidiskriminierung I. Rechtliche Erläuterungen Das AGG wurde im August 2006 eingeführt und enthält ein Diskriminierungsverbot 101 aufgrund der dort genannten verpönten Merkmale. Es sind demnach Benachteiligungen wegen aller in § 1 AGG genannten Merkmale verboten, also wegen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.94 Entsprechend den Regelungen im AGG ist der Arbeitgeber nach § 12 AGG verpflich- 102 tet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Diskriminierungen zu treffen. Aus diesem Grund kann es sich anbieten, eine vertragliche Klausel in den Arbeitsvertrag aufzunehmen, um dem Arbeitnehmer zum einen die Regelungen und Gebote des AGG aufzuzeigen, zum anderen aber auch deshalb, dass der Arbeitgeber im Falle eines Verstoßes darlegen kann, hier eine erforderliche Maßnahme zum Schutz vor Diskriminierung getroffen zu haben. Es muss aber gleichwohl beachtet werden, dass allein eine Regelung im Arbeits- 103 vertrag nicht ausreichend ist, damit der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nach dem AGG in ausreichendem Maße nachgekommen ist. Der Arbeitgeber ist nämlich auch nach den gesetzlichen Regelungen (§ 12 Abs. 2 Satz 2 AGG) gehalten, die Mitarbeiter in dieser Hinsicht entsprechend zu schulen. Arbeitgeber, die die vorbeugenden und präventiven Maßnahmen unterlassen, begeben sich in das Risiko, bei Diskriminierungshandlungen in ihrem Unternehmen für das Fehlverhalten der Arbeitnehmer zu Verantwortung gezogen zu werden. Insofern ist eine dahingehende Regelung geboten, sollte jedoch nicht die einzige Maßnahme zur Antidiskriminierung darstellen.
II. Klausel zur Antidiskriminierung
Klauselmuster Das Unternehmen weist den Mitarbeiter hiermit ausdrücklich darauf hin, dass jede Diskriminierung von Mitarbeitern und Dritten wegen ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, ihres Alters oder der sexuellen Identität, jede Belästigung oder sexuelle Belästigung im Zusammenhang mit diesen Merkmalen verboten ist und von dem Unternehmen nicht geduldet wird. Ein Verstoß des Mitarbeiters gegen das Diskriminierungsverbot stellt zugleich eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten des Mitarbeiters dar.
94 Vgl. hierzu näher auch ErfK/Schlachter, § 7 AGG Rn. 1 ff.
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Kapitel 5 Nebenpflichten
G. Verpflichtung auf das Datengeheimnis I. Rechtliche Ausführungen 1. Gesetzliche Vorgaben
104 Das BDSG spielt im Arbeitsverhältnis eine wesentliche Rolle, so dass bei der Daten-
verarbeitung Beschäftigte nicht-öffentlicher Stellen auf das Datengeheimnis nach § 5 Satz 2 BDSG zu verpflichten sind. Nicht-öffentliche Stellen sind dabei gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 BDSG natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nichtöffentliche Stellen i. S. d. § 2 Abs. 1 bis 3 BDSG sind oder hoheitliche Aufgaben der öffentlichen Verwaltung i. S. d. § 2 Abs. 4 Satz 2 BDSG wahrnehmen. Insofern ist eine solche Verpflichtung gesetzlich vorgeschrieben. Mit der Verpflichtung wird der Zweck verfolgt, den bei der Datenverarbeitung beschäftigten Personen die besonderen Pflichten ausdrücklich aufzuerlegen und sie darauf hinzuweisen, so dass sich eine gesonderte Vereinbarung in schriftlicher Form anbietet. Da mit einer entsprechenden Vereinbarung der Schutzweck des BDSG erreicht 105 werden soll und hier besonders sensible Daten betroffen sind, sollte der Personenkreis, der bei der Datenvereinbarung beschäftigt ist, extensiv ausgelegt werden.95 Es ist somit allein eine faktische Möglichkeit des Zugangs zu und der Verwendung von personenbezogenen Daten ausreichend. Dies sollte bei einer entsprechenden Verpflichtung berücksichtigt werden, insbesondere um nicht aufgrund einer fehlenden Vereinbarung etwaige Verletzungen gesetzlicher Vorschriften begangen zu haben. Es können also auch Boten und Mitarbeiter der EDV-Abteilung sowie Reinigungskräfte, die für die Entsorgung von Unterlagen mit personenbezogenen Daten zuständig sind, von der Regelung umfasst sein.96 Die Qualifizierung des Beschäftigungsverhältnisses ist dabei unerheblich, es ist also nicht entscheidend, ob es sich um einen Arbeitnehmer, eine arbeitnehmerähnliche Person oder gar um einen freien Mitarbeiter handelt. Nach dem Gesetzeswortlaut soll die Verpflichtung bei Aufnahme der Tätig106 keit erfolgen. Darunter wird in der Regel der Arbeitsbeginn beim Unternehmen zu verstehen sein, kann jedoch auch erst im Laufe des Arbeitsverhältnisses bei einem Arbeitsplatzwechsel erfolgen. Insofern kann sich eine Regelung bei Abschluss des Arbeitsvertrages bereits anbieten. Bestimmte Vorgaben ergeben sich ggf. auch aus Compliance-Richtlinien entsprechender Unternehmen. Nach den gesetzlichen Regelungen besteht das Datengeheimnis auch nach Beendigung der Tätigkeit fort.97
95 Gola/Schomerus/Gola/Klug/Körffer, BDSG § 5 Rn. 9. 96 Gola/Schomerus/Gola/Klug/Körffer, BDSG § 5 Rn. 9. 97 Vgl. hierzu ErfK/Franzen, BDSG § 5 Rn. 1 f.
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G. Verpflichtung auf das Datengeheimnis
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2. Hinweise zur Vertragsgestaltung Die Verpflichtungserklärung ist an keine besondere Form gebunden, aus Beweiszwe- 107 cken bietet sich aber auch hier eine schriftliche Erklärung an. Da die Verpflichtung auf das Datengeheimnis gesetzlich vorgeschrieben und 108 besonders hervorgehoben sein sollte, ist davon abzuraten, diese in den Text des Arbeitsvertrages einzufügen, da hier die Gefahr besteht, dass der Text überlesen wird. Es bietet sich vielmehr an eine gesonderte Vereinbarung zu treffen, die zusammen mit dem Arbeitsvertrag ausgehändigt wird. Bei der Übergabe sollte der Arbeitnehmer im Übrigen auch nochmals mündlich auf die Verpflichtungen hingewiesen werden, damit der Arbeitgeber seinen Pflichten aus dem BDSG gerecht wird. Es bietet sich auch an, zusätzlich ein Merkblatt sowie ein Abdruck der einschlägigen Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes mit auszuhändigen.
II. Klauselvorschlag Ein Muster für eine solche Verpflichtung auf das Datengeheimnis könnte etwa wie 109 folgt aussehen: Klauselmuster Verpflichtung auf das Datengeheimnis (§ 5 BDSG) (Name und Geschäftsanschrift des Unternehmens) verpflichtet (Name und Privatanschrift des Mitarbeiters) wie folgt auf das Datengeheimnis: 1. Gemäß § 5 Satz 2 BDSG verpflichtet sich der Mitarbeiter, das Datengeheimnis zu wahren, das heißt, personenbezogene Daten, also Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person, nicht unbefugt zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen. Dies erfasst das unbefugte Beschaffen, Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren, Löschen sowie jegliche sonstige Verwendung personenbezogener Daten. 2. Das Datengeheimnis besteht auch nach der Beendigung der Tätigkeit des Mitarbeiters, zum Beispiel durch Arbeitsplatzwechsel oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses, fort. 3. Das Unternehmen fordert den Mitarbeiter auf, diese Verpflichtung gewissenhaft zu erfüllen. 4. Der Mitarbeiter wird darauf hingewiesen, dass Verstöße gegen das Datengeheimnis insbesondere gemäß §§ 43, 44 BDSG strafbewehrt sind und mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft werden können. Verstöße gegen das Datengeheimnis können auch Schadensersatzansprüche gegenüber dem Mitarbeiter begründen und arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach sich ziehen. 5. Die Möglichkeit des Mitarbeiters, sich bei Zweifeln über das Datengeheimnis an seinen Vorgesetzten oder den betrieblichen Datenschutzbeauftragten zu wenden, bleibt hiervon unberührt. 6. Die sich aus dem Arbeitsvertrag, sonstigen Vereinbarungen sowie gesetzlichen Regelungen erhebenden Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten bleiben von dieser Verpflichtung unberührt. Ort, Datum (Unterschrift des Unternehmens)
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Kapitel 5 Nebenpflichten
Mit meiner Unterschrift bestätige ich, dass ich die vorstehende Verpflichtung auf das Datengeheimnis (§ 5 BDSG) erhalten, gelesen und verstanden habe. Ort, Datum (Unterschrift des Mitarbeiters)
H. Datenschutzerklärung I. Rechtliche Erläuterungen 1. Zustimmung zur Speicherung, Verarbeitung und Weitergabe personenbezogener Daten 110 Wie bereits ausgeführt, sind das Datenschutzgesetz und auch Daten generell im heutigen Rechtsverkehr ein besonders sensibles Thema und nicht selten Gegenstand zahlreicher Bespitzelungs- und Datenskandale. Im BDSG ist im § 4 geregelt, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung per111 sonenbezogener Daten nur zulässig ist, soweit das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt. Die Anforderungen an diese Erklärung regelt § 4a BDSG.98 Danach muss eine Einwilligung schriftlich erteilt werden. Sofern die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen erteilt wird, so muss sie gesondert hervorgehoben werden. Insofern ist es ratsam, auch hier eine explizite gesonderte Vereinbarung zum Arbeitsvertrag zu treffen. Die Einwilligung muss grundsätzlich auch freiwillig sein, so dass die Erklärung nicht zeitgleich mit Abschluss des Arbeitsvertrags abgegeben werden sollte.99
2. § 32 BDSG 112 Obgleich seit 01.09.2009 eine neue Vorschrift im BDSG aufgenommen wurde, konkret § 32 BDSG, wonach personenbezogene Daten eines Beschäftigen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden können, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist, sollte gleichwohl an einer expliziten Einwilligung durch den Arbeitnehmer festgehalten werden. Die Regelung des § 32 BDSG wird insgesamt nämlich als kritisch beurteilt, da viele vage Rechts-
98 Künftig sollten auch die Entwicklungen zur EU-Datenschutz-Grundverordnung, die Anfang 2018 in Kraft treten soll, beobachtet werden. Damit soll das Datenschutzrecht innerhalb Europas vereinheitlicht werden. Die Grundverordnung, die am 14. April 2016 durch das EU-Parlament beschlossen wurde, ist in allen Mitgliedstaaten nach einer entsprechenden Übergangsphase direkt geltendes Recht. Informationen hierzu unter www.datenschutz-grundverordnung.eu. 99 Vgl. auch BAG, Urt. v. 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13; MaSiG/Göpfert, 1. Teil Rn. 253.
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begriffe enthalten sind und im Ergebnis nur Rechtsunsicherheit schaffe.100 Insofern führt eine ausdrückliche Regelung unabhängig von § 32 BDSG zu einer gesteigerten Transparenz und ist demnach empfehlenswert.
II. Klauselvorschlag Klauselmuster Erklärung des Mitarbeiters zur Speicherung und Verwendung seiner Daten Herr/Frau … stimmt hiermit der Speicherung, Verarbeitung und Übermittlung seiner/ihrer personenbezogenen Daten zu, soweit dies für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erfolgt. Konkretisieren hinsichtlich des Zweckes der Verwendung der Daten, bspw. für Lohn- und Gehaltsabrechnung. Diese Zustimmung umfasst auch die Weitergabe personenbezogener Daten an mit dem Arbeitgeber verbundene Unternehmen, auch im Ausland, und die Speicherung sowie die Verarbeitung der personenbezogenen Daten bei diesen Unternehmen. Gesetzliche Verpflichtungen des Arbeitgebers zur Verarbeitung oder Übermittlung personenbezogener Daten bleiben hiervon unberührt. Ort, Datum (Unterschrift des Mitarbeiters)
I. Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Verschwiegenheitsklausel I. Rechtliche Ausführungen Ebenso wie der Arbeitnehmer sich bei einer Nebentätigkeit auf das Grundrecht der 113 Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann, gewährleistet dieses Grundrecht für den Arbeitgeber auch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.101 Für den Arbeitgeber ist es oftmals sehr wichtig, dass exklusives Wissen und Betriebsgeheimnisse im Betrieb verbleiben, da diese nicht selten sogar die Basis unternehmerischer Geschäftsmodelle darstellen und demnach für den Arbeitgeber ein großes Potenzial darstellen. Da der Arbeitgeber den Unternehmenszweck nicht allein, sondern nur mit den 114 Arbeitnehmern verwirklichen kann, ist es zur Erfüllung der Aufgaben der Arbeitnehmer auch erforderlich, dass diese gewisse Geheimnisse erfahren und bei ihrer Arbeit einsetzen. Dadurch besteht natürlich auch die Gefahr eines Wissensabflusses durch die Weitergebe von Informationen an Dritte während, aber insbesondere auch nach
100 Vgl. Liebers/Reiserer, Kapitel B.I.7 Rn. 168. 101 Vgl. MüKo-StGB/Janssen/Maluga, § 17 UWG Rn. 15.
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Beendigung, des Arbeitsverhältnisses oder durch eine Verwertung im Rahmen einer Konkurrenztätigkeit. Insofern haben Arbeitgeber als Unternehmer ein Interesse daran, dass Dritten 115 gewisse Informationen vorenthalten bleiben, vor allem Wettbewerbern auf dem Markt.
1. Gesetzliche Regelungen
116 Der Gesetzgeber hat das Interesse des Unternehmers erkannt, so dass es hierzu auch
zahlreiche gesetzliche Regelungen gibt, insbesondere was Immaterialgüterrechte wie Patente, Gebrauchs- und Geschmacksmuster sowie Urheberrechte anbelangt. Durch die gesetzlichen Vorschriften wird der Arbeitgeber also bereits in gewisser Hinsicht geschützt. So bestehen etwa folgende Regelungen:
Wettbewerbsrechtliche Strafnorm des § 17 UWG Nach § 17 Abs. 1 UWG wird bestraft, wer als eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihr im Rahmen eines Dienstverhältnisses anvertraut oder zugängig geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an jemanden zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zu Gunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, mitteilt. Hierbei kommt sowohl ein positives Tun als auch ein pflichtwidriges Unterlassen als Tathandlung in Betracht.102 Für den Arbeitgeber sind bei einer Verletzung vor allem Schadensersatzansprüche 118 relevant sowie Unterlassungstatbestände. Zu beachten ist aber, dass der lauterkeitsrechtliche Geheimnisschutz grundsätzlich nur für die Geltungsdauer des Arbeitsverhältnisses gilt, so dass es dem Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Tätigkeit prinzipiell freisteht, den Wettbewerb mit dem ehemaligen Arbeitgeber aufzunehmen.103 117 –
Diensterfindungen Nach § 24 Abs. 2 ArbnErfG haben Arbeitnehmer Diensterfindungen so lange geheim zu halten, wie diese noch nicht freigeworden sind. Frei geworden ist eine Diensterfindung nach § 8 Satz 1 ArbnErfG dann, wenn der Arbeitgeber sie durch Erklärung in Textform freigibt. Es kann sich demnach empfehlen, den Arbeitnehmer auf das Erfordernis einer formgebundenen Freigabeerklärung aufmerksam zu machen. Etwa durch die Aufnahme einer deklaratorischen Vertragsklauseln oder einem Informationsschreiben. Verletzt der Arbeitnehmer dann die Geheimnispflicht, so können wiederum Schadensersatzansprüche entstehen.
119 –
102 Köhler/Bornkamm/Köhler, § 17 UWG Rn. 19. 103 Siehe dazu Kap. 8 Rn. 23.
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– Datengeheimnis 120 Nach § 5 Satz 2 BDSG sind Arbeitnehmer, die mit der Datenverarbeitung befasst sind, auf das Datengeheimnis zu verpflichten, welches gemäß § 5 Satz 3 BDSG auch nach Beendigung der Tätigkeit fortbesteht.104 – Geheimhaltungspflichten aus besonderer Stellung 121 Selbstverständlich können sich auch weitere Geheimhaltungspflichten aufgrund besonderer Stellung des Arbeitnehmers ergeben, wie etwa bei Betriebsratsmitgliedern oder auch bei Auszubildenden.105
2. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Besonders hervorzuheben sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse,106 die gesetz- 122 lich durch § 17 UWG abgesichert und eine Verletzung auch strafbewehrt ist.107 Die Rechtsprechung definiert Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dabei als Tatsachen, die im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb stehen, nur einem bekundeten begrenzten Personenkreis bekannt und nicht offenkundig sind und nach dem Willen des Arbeitgebers und im Rahmen eines berechtigten wirtschaftlichen Interesses geheim gehalten werden sollen.108 Die vorgenannten Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, damit ein 123 Betriebsgeheimnis vorliegt.109 Ein Geheimnis besteht dann, wenn ihre Kenntnis einem abgrenzbaren Personenkreis vorbehalten bleibt. Entscheidend ist, dass der Geheimnisträger den Kreis der Mitwisser unter Kontrolle behält. Keinen Schutz genießen dagegen offenkundige Tatsachen. Offenkundigkeit liegt insbesondere dann vor, wenn die entsprechende Information allgemein bekannt oder zumindest leicht zugänglich ist.110 Weiter beachtet werden muss, dass eine ursprünglich geheime Tatsache mit der Zeit auch offenkundig werden kann und damit den Geheimnisschutz verliert, etwa wenn bestimmte betriebliche oder geschäftliche Erkenntnisse immer größeren Personenkreisen zugänglich gemacht werden oder sie sogar veröffentlich werden. Im Übrigen muss auch ein wirtschaftliches Interesse zur Geheimhaltung vorliegen.
104 Vgl. Kap. 5 Rn. 102 ff. 105 Vgl. Moll/Reinfeld, § 30 Rn. 51 ff. 106 Siehe dazu auch Kap. 8 Rn. 11. 107 Vgl. auch Mayer, GRUR 2011, 884. 108 Vgl. etwa BAG, Urt. v. 13.02.2007 – 1 ABR 14/06; BAG, Urt. v. 10.03.2009 – 1 ABR 87/07. 109 Moll/Reinfeld, § 30 Rn. 7. 110 Köhler/Bornkamm/Köhler, § 17 UWG Rn. 6.
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3. Arbeitsvertragliche Regelungen
124 Da die gesetzlichen Regelungen aber meist nicht ausreichend sind im Verhältnis
Arbeitgeber – Arbeitnehmer sowie aufgrund der Tatsache, dass die Grenzen, wann die gesetzlichen Regelungen greifen und wann nicht, oftmals nicht klar sind, sollten in einem Arbeitsvertrag Verschwiegenheitsklauseln aufgenommen werden. Wie auch bei den Nebentätigkeiten111 ist hier ebenfalls zu beachten, dass ohnehin eine vertragsimmanente Nebenpflicht des Arbeitnehmers besteht, auf die Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Die Schweigepflicht des Arbeitnehmers stellt demnach eine zentrale Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis dar.112 Weil den Arbeitnehmer eine allgemeine Verschwiegenheitspflicht aber nur für 125 die Dauer des Arbeitsverhältnisses betrifft, also vom Abschluss des Arbeitsvertrags bis zu seiner Beendigung, sollten und können auch nachvertragliche Geheimhaltungspflichten vereinbart werden.113
a) Geheimhaltungswille
126 In der Praxis muss weiter beachtet werden, dass nur solche Tatsachen die Verschwie-
genheitspflicht erfassen, die nach dem erkennbaren Willen des Arbeitgebers geheim zu halten sind.114 Hieran fehlt es in der Praxis häufig, obgleich die Anforderungen daran nicht hoch sind. Eine vertragliche Verschwiegenheitspflicht besteht bereits dann, wenn sich der Geheimhaltungswille aus der Natur der geheim zuhaltenden Sache ergibt.115 Ggfs. sollte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit hinweisen, um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen.
b) Berechtigtes wirtschaftliches Interesse zur Geheimhaltung
127 Der Arbeitgeber muss im Übrigen auch ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse
an der Geheimhaltung haben. Hier wird eine Interessenabwägung im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsprinzips vorgenommen. Ein besonderes Interesse besteht in der Regel dann, wenn die Preisgabe des Geheimnisses geeignet ist, die Wettbewerbsstellung des Arbeitgebers zu beeinflussen.116 Insofern wirft vor allem die Frage Probleme auf, ob der Arbeitgeber auch ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat, wenn ein illegaler Vorgang vorliegt. Dies ist streitig.117 Zu beachten ist allerdings, dass selbst wenn ein illegales Verhalten nicht dem gesetzlichen Geheimnisschutz unterliegen
111 Vgl. dazu Kap. 5 Rn. 12 f. 112 Moll/Reinfeld, § 30 Rn. 1. 113 Vgl. Kap. 8 Rn. 10 ff. 114 MüKo-StGB Janssen/Maluga § 17 UWG Rn. 31. 115 Vgl. BGH, Urt. v. 10.05.1995 – 1 STR 764/94. 116 Vgl. Köhler/Bornkamm, § 17 UWG, Rn. 9. 117 Vgl. zum Streitstand MüKo-StGB/Janssen/Maluga, § 17 UWG Rn. 35.
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würde, diese vertraulichen Angaben aber immer noch der weiterreichenden arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen können.
c) Whistleblowing Die Offenbarung rechtswidriger Vorgänge, vor allem gegenüber öffentlichen Stellen, 128 Journalisten oder gar im Internet, kann eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB darstellen und die entsprechenden zivilrechtlichen Folgen nach sich ziehen. Dies wird derzeit häufig unter dem Stichwort Whistleblowing diskutiert. Das BAG hat sich zum Whistleblowing bereits geäußert und ausgeführt, dass sich 129 die vertraglichen Rücksichtnahmepflichten dahin zu konkretisieren hätten, dass sich eine Anzeige nicht als eine unverhältnismäßige Reaktion auf ein Verhalten des Arbeitgebers oder seines Repräsentanten darstellen dürfe. Als Indizien dafür könnten sowohl die Berechtigung der Anzeige als auch die Motivation des Anzeigenden oder ein fehlender innerbetrieblicher Hinweis auf die angezeigten Missstände sprechen.118 Betont hat das BAG allerdings, dass der innerbetrieblichen Klärung nicht generell der Vorrang gebühre. Es hat weitere Grundsätze aufgestellt, dass eine vorherige Meldung und Klärung unzumutbar für den Arbeitnehmer sei, wenn er Kenntnis von Straftaten erhalte, durch deren Nichtanzeige er sich selbst einer Strafverfolgung aussetzen würde. Entsprechendes solle bei schwerwiegenden Straftaten oder vom Arbeitgeber selbst begangenen Straftaten gelten. Da eine Abhilfe berechtigterweise nicht zu erwarten sei, treffe den Arbeitnehmer nach Auffassung des BAG ebenfalls keine Pflicht zur innerbetrieblichen Klärung.119 Einschränkend hat das BAG allerdings darauf hingewiesen, dass etwas anderes dann gelten dürfte, wenn nicht der Arbeitgeber, sondern ein Mitarbeiter seine Pflichten verletzt oder sich strafbar gemacht habe. In solchen Fällen erscheine es eher zumutbar vom Arbeitnehmer, auch wenn ein Vorgesetzter betroffen sei, vor einer Anzeigenerstattung einen Hinweis an den Arbeitgeber zu verlangen. Der EGMR hat ähnlich wie das BVerfG die Maßstäbe dahingehend angelehnt, 130 dass der Schutzbereich der Meinungsfreiheit120 erfasst sei, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund der illegalen Aktivitäten seines Arbeitgebers gegen diesen eine Strafanzeige einreiche. Insofern müsse eine Abwägung zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers, seiner freien Meinungsäußerung sowie der gegenüber dem Arbeitgeber bestehenden Loyalitätspflicht erfolgen. Es sei generell von einem Vorrang einer innerbetrieblichen Lösung auszugehen, der nur in aussichtslosen Situationen durchbrochen werden dürfte.121
118 BAG, Urt. v. 03.07.2003 – 2 AZR 235/02. 119 BAG, Urt. v. 03.07.2003 – 2 AZR 235/02. 120 Vgl. Art. 10e MRK. 121 Vgl. EGMR, Urt. v. 21.07.2011 – 28274/08.
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Für die Vertragsgestaltung ist demnach zu beachten, dass von Klauseln abzuraten ist, die den Eindruck erwecken, der Arbeitnehmer sei niemals berechtigt ohne Zustimmung des Arbeitgebers Informationen an Dritte weiterzugeben. Insofern sollte der Arbeitgeber vielmehr darauf hinwirken, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, Hinweise auf etwaige Missstände vertrauensvoll an eine Stelle im Unternehmen wenden zu können, damit diese möglichst intern aufgearbeitet werden können.
4. Vertrauliche Angaben
132 Wie bereits ausgeführt, sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ohnehin geheim
zu halten. Dies schränkt den Arbeitgeber aber grundsätzlich nicht in seiner Befugnis ein, dass der Arbeitnehmer auch sog. vertrauliche Angaben gegenüber Dritten nicht kommunizieren darf.122 Die unterliegen zwar nicht dem Geheimnisschutz, sie werden aber von einer arbeitsvertraglichen Schweigepflicht erfasst und dürfen dementsprechend vom Arbeitnehmer grundsätzlich auch nicht offenbart werden. Der Begriff der vertraulichen Angaben wird im AktG in § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG geregelt. Darunter versteht man solche Angaben, die dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis bekannt werden, deren Geheimhaltung dem erkennbaren Willen und einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers entspricht.123 Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit im Rahmen der Ausübung seines Direktionsrechts bestimmte Angaben als geheim und vertraulich zu bezeichnen. Ein berechtigtes Interesse kann sich in erster Linie aus wirtschaftlichen Zusammenhängen ergeben. Obgleich die Verpflichtung vertrauliche Angaben geheim zu halten, sich bereits aus allgemeinem Arbeitsrecht ergibt, bietet sich eine Klausel an, in dem das Pflichtenprogramm schriftlich fixiert ist und dem Arbeitnehmer in dieser Weise auch explizit vor Augen führt.
5. Rechtsfolgen eines Verstoßes
133 Für den Fall, dass der Arbeitnehmer gegen die Verschwiegenheitspflicht verstößt, 134
bestehen zahlreiche Rechtsfolgen. Wird gegen die Geheimhaltungspflicht verstoßen, ohne dass Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse betroffen sind, so ergeben sich in erster Linie Unterlassungsund Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers.124 Wurde diese Unterlassungspflicht verletzt, so kann weiter eine Abmahnung bis hin zur verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht kommen.125 Eine wirksame Kündigung setzt allerdings immer die Abwägung der Interessen im konkreten Einzelfall
122 Moll/Reinfeld, § 30 Rn. 10 f. 123 Vgl. LAG Hamm v. 05.10.1988 – 15 Sa 1403/88. 124 Moll/Reinfeld, § 30 Rn. 23. 125 Moll/Reinfeld, § 30 Rn. 17.
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voraus, so dass die Verletzung der Schweigepflicht nicht per se als Kündigungsgrund in Betracht kommt. Ein Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht von Betriebs- und Geschäfts- 135 geheimnissen stellt allerdings grundsätzlich einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB für eine außerordentliche Kündigung dar.126 Hier kann auch im Einzelfall eine Abmahnung entbehrlich sein. Für den Arbeitnehmer ist der Verrat von Geschäftsund Betriebsgeheimnissen auch in strafrechtlicher Hinsicht problematisch, da eine Bestrafung wegen Geheimnisverrats (§ 17 UWG) im Raume stehen kann, wobei es sich dabei allerdings um ein Antragsdelikt handelt. Im Übrigen bestehen auch hier Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche.
6. Hinweise zur Vertragsgestaltung Beachtet werden muss allerdings, dass Formularvereinbarungen der Kontrolle auf 136 unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers und auf Transparenz nach § 307 Abs. 1 BGB unterliegen. Insofern können z. B. gesetzliche Offenbarungspflichten gegenüber Behörden und sozialrechtliche Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I arbeitsvertraglich nicht ausgeschlossen werden. Gleichwohl kann die Geheimnispflicht auch erweitert werden, wobei der Arbeit- 137 geber hier die Erweiterung der Geheimnispflicht nachweisen muss und auch das Überwiegen entgegen den Interessen des Arbeitnehmers. Problematisch sind vor allem sogenannte „All-Klauseln“, welche die Verschwiegenheitspflicht auf sämtliche geschäftlichen und betrieblichen Tatsachen, die dem Arbeitnehmer während des Beschäftigungsverhältnisses bekannt werden, ausdehnen.127 Es muss nämlich ein berechtigtes wirtschaftliches Geheimhaltungsinteresse im konkreten Fall vorliegen. Insofern gehen allgemein formulierte Klauseln zur Geheimhaltungspflicht die Gefahr, im Einzelfall ein zu weitreichendes, den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligendes Pflichtenprogramm aufzustellen oder zumindest nicht hinreichend transparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu sein. Insofern sollte eine Klausel nur in solchen Fällen mit einem deutlich erhöhten Geheimhaltungsbedürfnis aufgenommen werden. Alternativ bietet sich auch die Verwendung genereller Klauseln im Arbeitsvertrag an, die aber nur zur Signalwirkung des Arbeitnehmers dienen, da sie nach der Rechtsprechung als Kritisca angesehen werden.128 Zusätzlich kann im konkreten Einzelfall bei Vorliegen einer geheimhaltungsbedürftigen Tatsache eine konkrete Klausel gestaltet werden, bei der auch ein Geheimhaltungsinteresse nachweisbar ist.
126 BeckOK/Stoffels BGB § 626 Rn. 108. 127 Vgl. BAG, Urt. v. 13.05.1998 – 9 AZR 304/97; siehe auch Kap. 8 Rn. 18. 128 Siehe dazu auch Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote Rn. 122 ff.
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Sofern Arbeitnehmer konzernweit tätig sind, kann ggfs. auch eine konzernweite Verschwiegenheitsklausel in Betracht kommen. Grundsätzlich ist dabei zu beachten, dass jedes Unternehmen für den Schutz seiner Wirtschaftsgeheimnisse selbst verantwortlich ist. Insbesondere in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer unternehmensübergreifend im Konzern eingesetzt wird, besteht ein erhöhtes Interesse an der Einbeziehung verbundener Unternehmen in den arbeitsvertraglichen Geheimnisschutz. Dies ist auch gesetzlich anerkannt, wie sich aus § 5 Nr. 7 StGB ergibt. Bei der Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses, das von einem Unternehmen im Inland abhängig ist, das mit diesem einen Konzern bildet, ordnet das StGB die Geltung des deutschen Strafrechts an. Insofern ist eine Erweiterung der arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitspflicht 139 auf Geheimnisse konzernmäßig verbundener Unternehmen in der Regel möglich. Besteht allerdings keine vergleichbare enge rechtliche Verflechtung zwischen den Unternehmen, so besteht grundsätzlich kein höheres Geheimhaltungsinteresse als gegenüber jedem anderen Dritten. Im Übrigen können auch Vertragsstrafeklauseln aufgenommen werden, die im 140 Falle der Zuwiderhandlung zum Tragen kommen. Durch eine solche Vertragsstrafenregelung wird im Übrigen ein gewisses Druckmittel zur ordnungsgemäßen Einhaltung des Vertrages ausgeübt. In jedem Fall sollte aber die Vertragsstrafe gesondert hervorgehoben werden oder in einer separaten Klausel Vertragsstrafenregelungen aufgenommen werden, da andernfalls Transparenzgesichtspunkte entgegenstehen könnten. 138
Klauselmuster 1. Der/Die Mitarbeiter/in verpflichtet sich, über alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Firma Stillschweigen zu bewahren. Hierzu zählen vor allen Einzelheiten über … [es folgt eine abstrakte Umschreibung der geheimzuhaltenden Tatsachen]. Der/Die Mitarbeiter/in wird darauf hingewiesen,dass Geheimnisverrat nach dem Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (§ 17 UWG) strafbar ist. 2. Die Schweigepflicht erstreckt sich auch auf Angelegenheiten anderer Firmen, mit denen das Unternehmen wirtschaftlich oder organisatorisch verbunden ist. 3. Der/Die Mitarbeiter/in ist auch zur Geheimhaltung solcher Tatsachen verpflichtet, die ihm/ihr von der Geschäftsleitung ausdrücklich als vertraulich bekannt gegeben werden oder deren Geheimhaltungsbedürftigkeit sonst für ihn/sie erkennbar ist. 4. Der/Die Arbeitnehmer/in ist nicht berechtigt, sich eigenmächtig von der Schweigepflicht freizustellen. Der Arbeitgeber wird ihn/sie ausdrücklich von der Geheimhaltungspflicht befreien, soweit dies zur Wahrung überwiegender Interessen notwendig ist. 5. Ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht kann eine Kündigung rechtfertigen sowie Schadensersatzpflichten auslösen. 6. Die Geheimhaltungspflicht besteht auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.129
129 Siehe dazu auch Kap. 8 Rn. 10.
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J. Nutzung von Kommunikationseinrichtungen im Unternehmen (E-Mail und Telefon)
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7.
Sollte die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht den/die Mitarbeiter/in in seinem/ihrem beruflichen Fortkommen behindern, so hat der/die Mitarbeiter/in gegen die Firma einen Anspruch auf Freistellung von dieser Pflicht. 8. Für jeden Fall eines schuldhaften Verstoßes gegen die hier vereinbarte (nachvertragliche) Verschwiegenheitspflicht verpflichtet sich der/die Arbeitnehmer/in, eine VERTRAGSSTRAFE in Höhe von … € zu zahlen. Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers bleiben unberührt.
J. Nutzung von Kommunikationseinrichtungen im Unternehmen (E-Mail und Telefon) I. Rechtliche Ausführungen Heutzutage ist der Einsatz von Telekommunikationsmitteln im Rahmen eines Arbeits- 141 verhältnisses nicht mehr wegzudenken. Auch wenn die Arbeitsverhältnisse aufgrund der Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Nutzung von unterschiedlichen Telekommunikationsmitteln des Arbeitgebers differenziert ausgestaltet sind, so dass generell Telekommunikationsmittel des Arbeitgebers genutzt werden. Diese stehen im Eigentum des Arbeitgebers,130 so dass dieser im Rahmen seines Direktionsrechts zum einen die Nutzung dieser Telekommunikationsmitteln anweisen, zum anderen aber auch über die konkrete Art und Weise der Nutzung entscheiden kann.131 Verbunden damit ist eine Vielzahl von arbeits- und datenschutzrechtlichen Problemen, weshalb sich eine Klausel im Arbeitsvertrag in jedem Fall anbietet. In Betracht kommen aber auch Betriebsvereinbarungen, da der Betriebsrat zumindest bei der Einführung von technischen Überwachungseinrichtungen oder aber bei Fragen der Ordnung des Betriebs ein Mitbestimmungsrecht hat.132 Ungeachtet dessen, dass der Arbeitgeber im Falle einer konkreten Überlassung bestimmter Telekommunikationsmittel, bspw. einem Diensthandy, eine gesonderte Regelung treffen kann, bietet sich eine allgemeine Klausel im Arbeitsvertrag an.
1. Umfang einer privaten Nutzung durch den Arbeitnehmer Aufgrund der Tatsache, dass die Telekommunikationsmittel im Eigentum des Arbeit- 142 gebers stehen, kann dieser auch entscheiden, ob und in welchem Umfang die Arbeitnehmer diese Telekommunikationsmittel nutzen dürfen. Eine private Nutzung kann vom Arbeitgeber deshalb grundsätzlich gänzlich ausgeschlossen werden.133
130 Zur Herausgabe von Firmeneigentum siehe auch Kap. 8 Rn. 1 ff. 131 Münchener Anwaltshandbuch IT-Recht/Hegewald Teil 8 B II.1 a) Rn. 12. 132 ErfK/Kania § 87 BetrVG Rn. 62; Münchener Anwaltshandbuch IT-Recht/Hegewald Teil 8 B II.1 a) Rn. 13. 133 Münchener Anwaltshandbuch IT-Recht/Hegewald Teil 8 B II.1 a) Rn. 15.
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Streit besteht in der Praxis häufig dann, wenn keine Regelung im Vertrag oder anderweitig existiert. Gerade im Bereich der Privatnutzung von E-Mail und Internetdiensten werden verschiedene Ansichten vertreten. Einige Instanzgerichte sind der Auffassung, dass die Privatnutzung des Internets eine sozialtypische Erscheinung sei.134 Diese Ansicht will aus der sozialtypischen Erscheinung schließen, dass ohne ein ausdrückliches Verbot durch den Arbeitgeber der Arbeitnehmer davon ausgehen könne, er sei mit der Privatnutzung einverstanden, zumindest dulde er dies. Das BAG hat dieser Ansicht vehement und ausdrücklich in seiner Entscheidung vom 07.07.2005 widersprochen.135 Das BAG führte vielmehr aus, dass nicht ersichtlich sei, woraus sich eine Sozialadäquanz der privaten Internetnutzung ergeben solle, so dass nicht von der Duldung oder Zustimmung einer Privatnutzung in diesen Fällen auszugehen sei.136 Für den Arbeitgeber ist demnach von zentraler Bedeutung, ob eine Privatnutzung 144 generell ausgeschlossen oder ob eine Privatnutzung zumindest in Teilen gestattet werden soll, um auch den Interessen des Arbeitnehmers und dem heutigen Arbeitsleben gerecht zu werden. Etwaige Regelungen und Gestattungen einer Privatnutzung haben aber weitreichende Folgen, insbesondere in arbeitsrechtlicher- und datenschutzrechtlicher Hinsicht, so dass sich der Arbeitgeber zuvor über die Konsequenzen bewusst sein sollte. Es empfiehlt sich in jedem Fall eine Regelung, wie mit den Telekommunikations145 mitteln umzugehen ist, da Probleme bei einer „Nichtregelung“ auftauchen können und insbesondere auch die Thematik einer betrieblichen Übung sodann auftreten könnte. Durch etwaige Regelungen sind diese Probleme von Anfang an ausgeschlossen und insbesondere wird einer betrieblichen Übung entgegengewirkt. 143
a) Ausschluss der privaten Nutzung 146 Die sicherste Variante für Arbeitgeber ist, die Privatnutzung gänzlich auszuschließen. Hierbei ist entscheidend, dass die Betriebsmittel und die Telekommunikationsmittel dann nur zur dienstlichen Nutzung verwendet werden dürfen. Es muss bei der Nutzung dann also immer ein spezifischer Bezug zur geschuldeten Arbeitsleistung des Arbeitsnehmers bestehen. Nach den für Telefongespräche aufgestellten Grundsätzen des BAG137, welche auf andere Kommunikationsmittel durchaus übertragbar ist, steht die Privatnutzung im Fall einer „Privatnutzung aus dienstlichem Anlass“
134 Vgl. LAG Köln, Urt. v. 11.02.2005 – 6 ARZ 36/05; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.07.2004 – 7 Sa 1243/03. 135 Vgl. BAG, Urt. v. 07.07.2005 – 2 AZR 581/04; ebenso LAG Hamm, Beschl. v. 07.04.2006 – 10 TABv 1/06. 136 Vgl. BAG, Urt. v. 07.07.2005 – 2 AZR 581/04. 137 Vgl. BAG, Beschl. v. 27.05.1986 – 1 ABR 48/84.
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J. Nutzung von Kommunikationseinrichtungen im Unternehmen (E-Mail und Telefon)
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ausnahmsweise einer dienstlichen Nutzung gleich. Als Beispiel hierfür kann genannt werden, wenn der Arbeitnehmer etwa Familienangehörige über das Telefon des Arbeitgebers informiert, dass die Heimkehr aus dienstlichen Gründen etwas später als geplant erfolge.138 Obgleich die Privatnutzung ausgeschlossen werden kann, hat der Arbeitnehmer 147 in dringenden Fällen ein Recht darauf, die Telekommunikationsmittel auch privat zu nutzen. Dies folgt auch aus der arbeitsvertraglichen Nebenpflicht des Arbeitgebers, auf wesentliche Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Es muss sich allerdings auch tatsächlich um Notsituationen handeln und die Nutzung darf sich nicht auf die Freizeit verschieben lassen. Klauselbeispiel: Die Nutzung der betrieblichen Telekommunikationsanlagen (Telefon, Fax, Internet, E-Mail …) darf ausschließlich zu dienstlichen Zwecken erfolgen. Eine private Nutzung durch den Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht gestattet [ggfs. Ergänzung: Die dienstlich veranlasste Privatnutzung sowie die Privatnutzung der Telekommunikationsanlagen in dringenden Fällen (Notsituationen, Pflichtenkolli‑ sionen und besonderer Eilfälle), sind hingegen zulässig, jedoch auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken].
Es könnte auch differenziert werden zwischen verschiedenen Kommunikationsmit- 148 teln, insbesondere wenn die ergänzende Regelung aufgenommen wird, wonach in Eilfällen ein bestimmter Kommunikationsweg zu privaten Zwecken benutzt werden darf. Hier könnte bspw. ausschließlich eine Nutzung des Telefons erlaubt werden. Die Nutzungsregelung, dass die Telekommunikationsmittel ausschließlich 149 dienstlich genutzt werden dürfen, unterliegt keinem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.139
b) (Teilweise) Erlaubnis der privaten Nutzung der Telekommunikationsmittel Sollte der Arbeitgeber aufgrund der heutigen modernen Arbeitswelt die Privatnut- 150 zung nicht gänzlich ausschließen wollen, so empfiehlt sich doch auch in diesem Fall eine konkrete Regelung, welche Gestattung der Telekommunikationsmittel zu privaten Zwecken erlaubt sein soll und vor allem in welchem Umfang. Nur so kann ein ausuferndes Verhalten der Arbeitnehmer zu privaten Zwecken wirksam vermieden werden. Insbesondere bei Streitigkeiten könnte sodann die Schwelle der unzulässigen Privatnutzung dargelegt werden. Auch hier steht dem Arbeitgeber wieder die Möglichkeit zur Verfügung, etwaige Regelungen im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder gar in einem Haustarifvertrag zu vereinbaren.
138 Vgl. Preis II I 10 Rn. 5. 139 Vgl. Richardi BetrVG § 87 Rn. 202.
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Hier spielt vor allen auch die Thematik der betrieblichen Übung eine Rolle, denn die überwiegende Auffassung geht davon aus, dass in solchen Fällen auch eine betriebliche Übung entstehen könnte.140 Unter einer betrieblichen Übung versteht die Rechtsprechung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden.141 Auch wenn an eine betriebliche Übung hier hohe Anforderungen zu stellen sind, sollte durch eine konkrete Regelung eine betriebliche Übung verhindert werden. Allein bereits aufgrund der Aufgabe der Rechtsprechung des BAG zu gegenläufigen betrieblichen Übungen142 ist eine Abkehr von einer verfestigten betrieblichen Übung in der Praxis nur schwer möglich, ggfs. müsste eine Änderungskündigung ausgesprochen werden. Insofern ist an Unternehmer zu empfehlen, eine konkrete Vereinbarung zu treffen. Eine Missbrauchsgrenze kann ebenfalls eindeutig festgelegt werden, die dann in 152 einem etwaigen Streit des Verfahrens den Maßstab für die arbeitsrechtlichen Sanktionen von Pflichtverletzungen bestimmen kann. Der Umfang sollte ebenfalls möglichst detailliert geregelt werden, damit dem Arbeitnehmer bewusst ist, was und in welchem Umfang erlaubt sein soll. So können bspw. die Zeiten außerhalb der Arbeitszeit, also vor und nach Dienstschluss sowie Pausenzeiten dafür vorgesehen werden; denkbar sind aber auch Klauseln, die ein maximales Zeitvolumen konkret aufzeigen. Weiter beachtet werden muss bei einer (eingeschränkten) Gestattung der Pri153 vatnutzung, dass die Erlaubnis dann auch einen gewissen Bestandschutz genießt, so dass der Arbeitgeber davon nicht ohne weiteres mehr wegkommt, ggfs. nur unter Beachtung der Voraussetzungen für eine Änderungskündigung. Insofern bietet es sich auch an, hier einen Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt aufzunehmen. Aufgrund der jüngeren Rechtsprechung des BAG zu den Wirksamkeitsbedenken einer Freiwilligkeitsvorbehaltsklausel sollte auf einen Widerrufsvorbehalt zurückgegriffen und konkrete Gründe für einen Widerruf aufgenommen werden.143 151
Klauselvorschlag 1. Die im Betrieb vorhandenen Telekommunikationsmittel (Telefon, Internet und E-Mail … [Alterna‑ tiv ist auch eine differenzierte Behandlung der einzelnen Kommunikationsmitteln möglich]) dürfen grundsätzlich nur zu dienstlichen Zwecken genutzt werden. Eine private Nutzung durch den Arbeitnehmer ist nur in angemessenem Umfang und nur außerhalb der Arbeitszeit, etwa in den Pausen und nach Ende der täglichen Arbeitszeit, erlaubt. Die private Nutzung darf … Minuten pro Tag aber nicht überschreiten.
140 Vgl. Küttner, Internet und Telefonnutzung, Rn. 4; Preis II I 10 Rn. 10; näher dazu auch Münchener Anwaltshandbuch IT-Recht/Hegewald, Teil 8 B II.1 c) Rn. 59 ff. 141 Vgl. BAG, Urt. v. 24.06.2003 – 9 AZR 302/02; BAG, Urt. v. 27.06.2006 – 3 AZR 151/05. 142 BAG, Urt. v. 18.03.2009 – 10 AZR 281/08. 143 Vgl. dazu auch Kap. 4 Rn. 242.
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Das Abrufen, Anbieten oder Verbreiten von rechtswidrigen Inhalten, insbesondere solchen, die gegen strafrechtliche, persönlichkeitsrechtliche, lizenz- oder urheberrechtliche Bestimmungen verstoßen, ist für alle Telekommunikationsanlagen streng verboten. Das Abrufen, Anbieten oder Verbreiten von politischen, diskriminierenden, herabwürdigenden oder verfassungsfeindlichen Inhalten, insbesondere rassistischer oder pornographischer Art ist für alle Telekommunikationsanlagen streng verboten. Die Erlaubnis zur privaten Nutzung erfolgt unter dem ausdrücklichen Vorbehalt eines jederzeit möglichen Widerrufs. Das Recht auf private Nutzung kann widerrufen werden, wenn eine missbräuchliche Nutzung (Abruf von Seiten mit pornographischem Inhalt, Überschreitung des Nutzungsumfangs, Herunterladen urheberrechtlich geschützter Dateien, Öffnung von Sicherheitsrisiken für die Firma, etwa durch Herunterladen von virenverseuchten Dateien, und ähnliches) festgestellt wurde.
2. Kontrolle und Überwachung der Telekommunikation Eine weitere Frage stellt sich in der Praxis immer wieder, nämlich wie der Einsatz der 154 Telekommunikationseinrichtung zu überwachen und zu kontrollieren ist. Zum einen besteht die Berechtigung des Arbeitgebers, die Erfüllung der von seinem Arbeitnehmer übernommenen Arbeitsaufgaben zu kontrollieren, zum anderen ergibt sich aber auch Compliance-rechtlich eine gewisse Verpflichtung, durch geeignete Kontrollmaßnahmen ein rechtskonformes Verhalten seiner Angestellten sicherzustellen. Die Kontrollbefugnis des Arbeitgebers hängt hier maßgeblich davon ab, ob die Privatnutzung der Telekommunikationsanlagen verboten oder erlaubt ist. Sofern möglich, sollte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in jedem Fall eine 155 persönliche Zugangsberechtigung zuteilen, so dass eine Kontrolle und Nachprüfung hinsichtlich der einzelnen Mitarbeiter zuordenbar ist. Der Mitarbeiter hat diese Zugangsberechtigungen, etwaige dazugehörige Passwörter so aufzubewahren, dass sie Dritten nicht zugängig sind und im Übrigen dürfen Sie auch nicht an Dritte weitergegeben werden. Die Kontrolle der Arbeitnehmer diesbezüglich ist wiederum mitbestimmungs- 156 pflichtig, so dass die Beteiligungsrechte eines etwaigen Betriebsrats zu beachten sind.144
a) Kontrolle und Überwachung bei Verbot der privaten Nutzung Ist dem Arbeitnehmer nur die dienstliche Nutzung der Telekommunikationsanlagen 157 erlaubt, so richtet sich die Zulässigkeit von Überwachungsmaßnahmen bei nicht anonymisierten Arbeitnehmerdaten besonders dem BDSG, da hier v. a. datenschutzrechtliche Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Besondere datenschutzrechtliche Rege-
144 ErfK/Kania § 87 BetrVG Rn. 62; Münchener Anwaltshandbuch IT-Recht/Hegewald Teil 8 B II.1 a) Rn. 13.
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lungen zu dieser Thematik liegen trotz mehrfacher Ankündigung und Vorschläge der Politik bislang (noch) nicht vor, so dass es bei den bisherigen Regelungen des BDSG verbleibt. Gemäß dem § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 2 BDSG findet das BDSG zum Schutz der personenbezogenen Daten bei der automatisierten Verarbeitung von Daten auf alle nichtöffentlichen Stellen Anwendung, zu denen auch der private Arbeitgeber zählt.145 Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ist nach dem Rechtfertigungserfordernis des § 4 Abs. 1 BDSG nur ausnahmsweise zulässig, soweit das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eine an die strenge Form des § 4a BDSG gebundene Einwilligung erklärt hat (sog. präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt).146 Bei einer verbotenen Privatnutzung der betrieblichen Kommunikationsmittel finden keine telekommunikationsrechtlichen Spezialgesetze Anwendung, so dass Rechtfertigungsvorschriften nur im BDSG zu finden sind. Zentrale Rechtfertigungsnorm stellt hier der bereits erwähnte § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG dar, auch wenn dieser aufgrund seiner unbestimmten Rechtsbegriffe nicht unumstritten ist. Dieser unterwirft jeglichen Umgang mit Mitarbeiterdaten sowohl einer offen formulierten Bindung an „Zweck des Beschäftigungsverhältnisses“ als auch einer Verhältnismäßigkeitsabwägung. Es muss also erforderlich sein, die Daten zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen. Das Informationsinteresse des Arbeitgebers muss insofern das Arbeitnehmerinteresse überwiegen. Letztlich kommt es auf eine Abwägung der für jede Partei bestehenden Grundrechte an, also das Kontrollinteresse des Arbeitgebers einerseits sowie das Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung andererseits.147 Es können sich hierbei eine Vielzahl von Fragen stellen, die in jedem Einzelfall besonders zu berücksichtigen sind. Im Ergebnis ist aber zu beachten, dass es grundsätzlich immer hilfreich ist, sich eine Parallele zur schriftlichen oder telefonischen dienstlichen Kommunikation zu ziehen.148 Inhaltlich ist bei der Kontrolle der Telekommunikation von Arbeitnehmern Folgendes zu beachten: Die Kontrolle des Gesprächsinhalts von Telefonaten ist grundsätzlich als unzulässiger Eingriff in das Recht des Arbeitnehmers am eigenen Wort und das Fernmeldegeheimnis anzusehen.149 Umstritten ist, ob das Erfassen, Speichern und Nutzen des E-Mail-Inhalts über § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG gerechtfertigt sein kann. Vergleicht man die E-Mail-Kommunikation mit einem Telefonat, so muss eine inhaltliche Kontrolle aus den oben genannten Gründen ausscheiden. Dagegen
145 Vgl. Preis II I 10 Rn. 21; ErfK/Franzen, Einleitung BDSG, Rn. 3. 146 Vgl. dazu auch Kap. 5 Rn. 109. 147 Moll/Dendorfer, § 35 Rn. 199; Dann/Gastell, NJW 2008, 2945, 2947. 148 Vgl. auch Küttner/Kreitner, Internet-/Telefonnutzung Rn. 9. 149 Vgl. BVerfG v. 19.12.1991 – 1 BvR 382/85; BVerfG v. 09.10.2002 – 1 BvR 1611/96 und 1 BvR 805/98.
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erscheint es unproblematisch, wenn die dienstliche Internetnutzung inhaltlich kontrolliert wird, wobei auch hier die Grenze einer zulässigen Überwachung dann überschritten wird, wenn das Nutzungsverhalten des Arbeitnehmers lückenlos über die gesamte Dauer der Arbeitszeit aufgezeichnet wird. Eine Überwachung von Arbeitnehmern mit Sonderstatusrechten, wie bspw. Ärzte, Rechtsanwälte und die im Katalog des § 203 StGB genannten Berufsgruppen ist hingegen unzulässig. Sofern Kontrollmaßnahmen zum Zwecke der Aufdeckung von Straftaten im 162 Arbeitsverhältnis eingeleitet werden sollen, stellt § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG die Dokumentation von konkreten Verdachtsmomenten als zusätzliche Anforderung. Diese müssen die hohe Wahrscheinlichkeit einer Straftatbegehung im Arbeitsverhältnis durch den betroffenen Arbeitnehmer begründen.150 Maßnahmen sind demnach auf den Verdächtigten zu beschränken. Im Ergebnis ist aber festzuhalten, dass die Kontroll- und Überwachungsmöglich- 163 keiten bei einem Ausschluss der Privatnutzung am unproblematischsten möglich sind.
b) Kontrolle und Überwachung der Telekommunikation bei zugelassener privater Nutzung Schwieriger gestaltet sich die Kontrolle und Überwachung, wenn die private Nutzung 164 zumindest teilweise zugelassen wurde. Datenschutzrechtlich bestehen hier einige Besonderheiten und es sind zahlreiche Sonderregelungen zu beachten, deren Anwendung in der juristischen Literatur äußerst streitig sind. Nach einer (wohl noch herrschenden) Ansicht unterliegt der Arbeitgeber nämlich 165 in diesem Fall den telekommunikationsrechtlichen Sonderregelungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) und des Telemediengesetzes (TMG), so dass das BDSG nach § 1 Abs. 2 Satz 1 BDSG subsidiär ist.151 Hier befindet man sich also in spezifischen Teilen einer Datenübermittlung, welche die Anwendungsbereiche des Gesetzes decken. Die technische Seite des Übertragungsvorgangs, also die reine und inhaltlich unberührte Verbindungs- und Übertragungsleistungen unterfallen dem TKG, die interaktive Ebene, also alle Bereiche der Telekommunikation, die über die bloße Übermittlung hinaus inhaltliche Ausgestaltung erfahren haben, unterfallen dem TMG. Diese Ansicht ist der Auffassung, dass der Arbeitgeber im Falle der Erlaubnis der 166 Privatnutzung als Anbieter von Telekommunikation- und Telemediendiensten im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG bzw. § 2 Nr. 1 TMG anzusehen ist. Der Arbeitgeber hat demnach mit Bereitstellung eines Telekommunikationsanschlusses unter Erlaubnis der Privatnutzung das Fernmeldegeheimnis nach § 88 TKG zu beachten. Diesem unterliegt nicht
150 Preis II I 10 Rn. 25. 151 So etwa Buschmann/Rosak, DB 2014, 2530; Küttner/Kreitner, Internet-/Telefonnutzung Rn. 7.
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nur der Inhalt der Telekommunikation, sondern auch die Tatsache, dass jemand an einem Vorgang der Telekommunikation beteiligt war. Insofern sind die Kontrollbefugnisse des Arbeitgebers hier ohne ausdrückliche Einwilligung des Arbeitnehmers sehr eingeschränkt. Im Ergebnis soll nach dieser Ansicht die gesamte E-Mail Korrespondenz des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber entzogen sein. Denn um zwischen privaten und geschäftlichen E-Mails zu unterscheiden, müsste der Arbeitgeber einzelne E-Mails bereits kontrollieren und würde dann gegen das strafbewährte Fernmeldegeheimnis verstoßen.152 Die in jüngerer Vergangenheit zunehmend vertretene Auffassung tritt demgegenüber und ist der Auffassung, dass das BDSG hier Anwendung findet und der Arbeitgeber die Vorgaben dieses Gesetzes zu beachten hat, der Arbeitgeber also gerade kein Telekommunikationsanbieter ist, wenn er seinen Mitarbeitern die private Nutzung der betrieblichen E-Mail-Zugänge erlaubt.153 Da der Arbeitgeber nach dieser Auffassung nicht als Diensteanbieter i. S. v. von TKG zu qualifizieren ist, kann dieser auch nicht gegen das Fernmeldegeheimnis gem. § 88 TKG verstoßen. Diese Auffassung findet sich zunehmend auch in der jüngeren Rechtsprechung.154 Eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage existiert allerdings nicht, wobei die Tendenzen der Instanzrechtsprechung sowie auch der zunehmenden Literatur nach der hier vertretenen Auffassung die besseren Argumente liefern. Zum einen spricht dafür, dass der Wortlaut des TKG recht unbestimmt ist, so dass aus dem Grundsatz, dass bei unklar formulierten Vorschriften diese zunächst verfassungskonform auszulegen sind und eine praktische Konkordanz nur im Rahmen einer Abwägung möglich ist und nicht auf Basis eines strikten Zugriffsverbots. Zum anderen verbleibt auch kein schutzloser Raum, da die datenschutzrechtlichen Vorgaben des § 32 BDSG nach wie vor maßgeblich sind, so dass eine interessengerechte Abwägung stattfinden kann. Insofern ist die letztgenannte Auffassung vorzugswürdiger. Bis zu einer abschließenden Entscheidung bleibt die erlaubte Privatnutzung aber gleichwohl ein Risiko für den Arbeitgeber, insbesondere was Kontroll- und Überwachungsrechte anbelangt. Um das Risiko zu minimieren, bietet sich auch hier eine ausdrückliche Einwilligungserklärung des Arbeitnehmers an. Dann sind nämlich über die bereits dargelegten gesetzlichen Grenzen hinaus Kontrollen der dienstlichen und privaten Telekommunikation am Arbeitsplatz zulässig.155 Es kann insofern eine Ergänzung dahingehend erfolgen, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, die Nutzung der Telekommunikationsanlagen (Telefon, Internet und
152 Vgl. Wybitul, NJW 2014, 3605, 3607. 153 Auffassung so bei Wybitul, NJW 2014, 3605, 3607; Buschmann/Rosak, DB 2014, 2530. 154 Vgl. etwa LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.02.2011 – 4 Sa 2122/10; LAG Niedersachsen, Urt. v. 31.05.2010 – 12 Sa 875/09. 155 Preis II I 10 Rn. 34.
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E-Mail)/des Internets und E-Mail-Systems (bei gewollter Differenzierung) für die Dauer von maximal 3 Monaten zu speichern, um die Einhaltung der obigen Bestimmungen zu prüfen. Der Arbeitnehmer erteilt insoweit eine Einwilligung gemäß § 4a BDSG in die hiermit verbundene Verarbeitung persönlicher Daten. Der Arbeitnehmer kann die Einwilligung jederzeit widerrufen. Diese Einwilligung ist allerdings nicht ohne Bedenken. Zum einen muss die 171 Einwilligung der freien Entscheidung unterliegen und sie muss die Möglichkeit enthalten, dass sie jederzeit widerruflich ist. Insofern ergeben sich in der Praxis keine rechtssicheren Ausgestaltungen. Weiter beachtet werden muss, dass am Telekommunikationsvorgang nicht nur der Arbeitnehmer, sondern auch betriebsfremde Dritte beteiligt sein können, deren Einwilligung gerade nicht vorliegt. Insofern wären die schutzwürdigen Interessen sämtlicher Kommunikationspartner, also auch die der Dritten, zu berücksichtigen. Sollte man sich aber gleichwohl für eine solche Einwilligung entscheiden, so ist zu beachten, dass diese in formaler Hinsicht nach § 4a Abs. 1 Satz 3 BDSG schriftlich sein muss (vgl. § 126 BGB). Im Übrigen sollte die Einwilligung, sofern sie nicht ohnehin gesondert vereinbart 172 wird, durch Fettdruck hervorgehoben werden oder optisch in anderer Weise getrennt dargestellt werden. Schließlich ist der Arbeitnehmer über den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zu unterrichten. An die Einwilligungserklärung sind demnach strenge Anforderungen gestellt.156
3. Rechtsfolgen bei rechtswidriger Überwachung durch den Arbeitgeber Es drohen empfindliche Sanktionen, wenn der Arbeitgeber personenbezogene Arbeit- 173 nehmerdaten rechtswidrig erhebt oder verwendet. Der Arbeitnehmer hat nicht nur ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch bzw. auch Löschungsansprüche, es können ihm auch Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1, 2 und § 280 Abs. 1 BGB zustehen. Letztlich kommt auch eine Strafbarkeit des Arbeitgebers in Betracht (z. B. §§ 201, 202a, 206, 303a StGB und § 44 Abs. 1 i. V. m. § 43 Abs. 2 BDSG). Im Übrigen kann ein allgemeines Verwertungsverbot bestehen.
4. Rechtsfolgen bei unzulässiger Privatnutzung des Arbeitnehmers Eine unzulässige Privatnutzung während der Arbeitszeit stellt eine Verletzung der 174 arbeitsvertraglichen Hauptpflicht, nämlich der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung dar. Derartige Pflichtverletzung kann der Arbeitgeber abmahnen.157 Je nach Schwere und Dauer der Pflichtverletzung kann dies auch zum Anlass für eine verhaltensbedingte Kündigung genommen werden, wobei hier allerdings regelmäßig eine
156 Vgl. dazu auch Kap. 5 Rn. 109. 157 BAG, Urt. v. 19.04.2012 – 2 AZR 186/11.
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vorherige Abmahnung erforderlich ist, insbesondere dann, wenn keine betriebliche Regelung über die Privatnutzung besteht.158 Entscheidend sind aber die Einzelfälle, im Hinblick auf etwaige Nutzungen von Telekommunikationsmitteln des Arbeitsgebers existiert eine Vielzahl an Einzelfallrechtsprechung, die im konkreten Fall herangezogen werden kann. Das Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung auch im Zusammenhang mit Äußerungen von Arbeitnehmern im Internet oder Intranet spielt dabei eine maßgebliche Rolle. Neben Beendigungssanktionen kommen auch Schadensersatzansprüche des 175 Arbeitgebers in Betracht, wenn der Arbeitnehmer durch sachwidrige Nutzung der Kommunikationsmitteln Schäden verursacht hat. Finanzielle Schäden durch überhöhte Leistungsgebühren kommen heutzutage aufgrund spezieller Flatrate-Tarife weniger in Betracht, es können aber auch Schäden an Software oder Hardware verursacht worden sein, die der Arbeitnehmer zu verantworten hat.159
5. EDV-Nutzung und Weiterleitung von E-Mails bei betrieblicher Abwesenheit
176 Oftmals ist in der Praxis in diesem Zusammenhang auch die Frage zu finden, wie
reagiert wird, wenn ein Mitarbeiter nicht anwesend ist und ob dann betriebliche E-Mails eingesehen oder weitergeleitet werden können. Auch hier ist eine Klausel im Arbeitsvertrag zu empfehlen, die solchen Fällen vorbeugt. Im Falle der Abwesenheit eines Arbeitnehmers bieten E-Mail-Programme mitt177 lerweile die Funktion einer automatischen Weiterleitung (Auto-Forward) und verfügen im Übrigen auch über einen Abwesenheitsassistenten (Auto-Reply), welcher dem Absender der eingehenden E-Mail automatisch eine Rückmeldung zukommen lässt. Insofern könnten hierfür Regelungen bereits im Arbeitsvertrag aufgenommen werden, so dass die Mitarbeiter bspw. bei Urlaubsabwesenheit verpflichtet sind, einen solchen Assistenten einzurichten. Insbesondere wenn die private Nutzung erlaubt ist, ist es aber problematisch, 178 ob der Arbeitgeber bei Abwesenheit eines Arbeitnehmers die interne Weiterleitung eingehende E-Mails anordnen darf. Dies ist aus den oben dargestellten Gründen zu vermeiden und vielmehr auf den Abwesenheitsassistenten zurückzugreifen. Die Situation einer unvorhergesehenen, bspw. krankheitsbedingten Abwesenheit muss ebenfalls bedacht werden, da der Arbeitnehmer hier keine eigene Organisationsmöglichkeit hat. Insofern sollte dementsprechend eine Klausel gestaltet werden, die auch bei einer unvorhergesehenen Abwesenheit bspw. den Systemadministrator nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber berechtigt, die Einrichtung der Auto-Reply Funktion für den Arbeitnehmer zu übernehmen. Dadurch ist eine Abwesenheitsnotiz eingerichtet, bestenfalls verbunden mit der Bitte, die geschäftliche Korrespondenz an
158 Vgl. LAG Köln, Urt. v. 15.12.2003 – 2 Sa 816/03. 159 Vgl. hierzu auch Küttner/Kreitner, Internet-/Telefonnutzung, Rn. 14.
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einen in der Abwesenheitsnotiz benannten Mitarbeiter zu versenden.160 Aber auch in diesen Fällen ist aus datenschutzrechtlicher Hinsicht Zurückhaltung geboten. Klauselmuster Für den Fall der betrieblichen Abwesenheit hat der Arbeitnehmer eigenverantwortlich eine automatisierte Antwort (Auto-Reply) an den Absender eingehender E-Mails einzurichten, die den Absender über die Abwesenheit des Arbeitnehmers informiert und ein Hinweis auf den zuständigen Vertreter und dessen Telefonnummer enthält. Bei unvorhergesehener Abwesenheit (z. B. Krankheit) ist der Systemadministrator durch den Vorgesetzten zu informieren, der die Funktion Auto-Reply für den betroffenen E-Mail-Account für die entsprechenden Informationen für die Absender eingehender E-Mail aktiviert.
6. Speicherung betriebsfremder Dateın Unabhängig davon, ob eine private Nutzung verboten oder erlaubt ist, sollte im 179 Arbeitsvertrag auch eine Klausel zu finden sein, die das Speichern betriebsfremder Daten auf die betrieblichen EDV-Systeme grundsätzlich verbietet, da hier ein großes Risiko eines Virenbefalls oder Systemfehlers besteht. Der Arbeitnehmer sollte im Übrigen auch zur Virenkontrolle angehalten und darüber hinaus verpflichtet werden, etwaige Störungen unverzüglich dem Systemadministrator mitzuteilen.161 Klauselvorschlag Es dürfen keine betriebsfremden Programme sowie über externe Datenträger oder das Internet auf die Festplatte des Computers kopiert bzw. auf dem PC installiert werden. Auf Virenkontrolle ist zu achten. Das Auftreten einer Störung, insbesondere eines Computervirus ist unverzüglich dem Systemadministrator [ggfs. anderweitige Zuständigkeit] mitzuteilen.
II. Klauselvorschlag für eine arbeitsvertragliche Regelung zum Umgang mit Telekommunikationsanlagen des Arbeitgebers Aufgrund der (noch) streitigen Gesichtspunkte in diesem Bereich wird vorgeschlagen, 180 die Privatnutzung insgesamt zu untersagen, da andernfalls die unter I. 2b) aufgezeigten Problematiken bestehen. Dies muss selbstverständlich auch tatsächlich gelten.
160 Buschmann/Rosak, DB 2014, 2530, 2532. 161 Vgl. Preis II I 10 Rn. 50.
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Klauselvorschlag 1. Die Nutzung der betrieblichen Telekommunikationsanlagen (Telefon, Fax, Internet und E-Mail …) darf ausschließlich zu dienstlichen Zwecken erfolgen. Eine private Nutzung durch den Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht gestattet. Die dienstlich veranlasste Privatnutzung sowie die Privatnutzung der Telekommunikationsanlagen in dringenden Fällen (Notsituationen, Pflichtenkollisionen und besondere Eilfälle) sind hingegen zulässig, jedoch auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken. 2. Die Online-Medien dürfen nur mit der vom Arbeitgeber zugeteilten persönlichen Zugangsberechtigung (User-ID) genutzt werden. Diese und das zugehörige Passwort dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden, es sei denn der Arbeitgeber ordnet Gegenteiliges an. 3. Es dürfen keine betriebsfremden Programme und Dateien über externe Datenträger oder das Internet auf die Festplatte des Computers kopiert bzw. auf den PC installiert werden. Auf Virenkontrolle ist zu achten. Das Auftreten einer Störung, insbesondere eines Computervirus, ist unverzüglich dem Systemadministrator mitzuteilen. 4. Das Abrufen, Anbieten oder Verbreiten von rechtswidrigen Inhalten, insbesondere solchen, die gegen strafrechtliche, persönlichkeitsrechtliche, lizenz- oder urheberrechtliche Bestimmungen verstoßen, ist für alle Telekommunikationsanlagen streng verboten. 5. Das Abrufen, Anbieten oder Verbreiten von politischen, diskriminierenden, herabwürdigenden oder verfassungsfeindlichen Inhalten, insbesondere rassistischer oder pornografischer Art, ist für alle Telekommunikationsanlagen streng verboten. 6. Für den Fall der betrieblichen Abwesenheit hat der Arbeitnehmer eigenverantwortlich eine automatisierte Antwort (Auto-Reply) an den Absender eingehender E-Mails einzurichten, die den Absender über die Abwesenheit des Arbeitnehmers informiert und einen Hinweis auf den zuständigen Vertreter und dessen Telefonnummer enthält. Bei unvorhersehbarer Abwesenheit (z. B. Krankheit) ist der Systemadministrator durch den Vorgesetzten zu informieren, der die Funktion Auto-Reply für den betroffenen E-Mail-Account mit den entsprechenden Informationen für die Absender eingehender E-Mails aktiviert. 7. Verstöße gegen diese Vorschriften können arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses haben.
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses Aufgrund der Natur des Arbeitsverhältnisses als sog. Dauerschuldverhältnis ist dieses 1 darauf ausgelegt, ab seinem Beginn für einen längeren bzw. unbestimmten Zeitraum fortzubestehen. Ohne gesonderte Regelungen im Arbeitsvertrag würde ein Arbeitsverhältnis mithin bis zum Tode des Arbeitnehmers fortbestehen, sofern die Arbeitsvertragsparteien nicht zuvor gesetzlich oder tarifvertraglich bestehende Beendigungsaktivitäten (insbesondere Kündigungen) entfalten. Für die Arbeitsvertragsgestaltung bedeutet dies, dass Beendigungsregelungen nicht zwingend in einen Arbeitsvertrag aufzunehmen sind. Allerdings liegt es vielfach im Interesse der Arbeitgeberseite, vorzeitige Beendigungsmöglichkeiten oder auch zeitliche Begrenzungen des Vertragszeitraumes bereits in den Arbeitsvertrag zu integrieren, um späteren Ablaufschwierigkeiten oder auch das Entstehen einer langfristigen Arbeitsvertragsbindung unter Eintritt des gesetzlichen Kündigungsschutzes nach sechs Monaten Vertragsdauer zu verhindern. In der Praxis hat sich daher insbesondere etabliert, vor allem neu eintretenden Arbeitnehmern zunächst nur eine befristete Beschäftigung anzubieten. Eine solche Befristung muss zwingend bereits formal ordnungsgemäß in den arbeitsvertraglichen Absprachen integriert sein. Zum anderen hat sich herausgestellt, dass die Aufnahme rechtlich zulässiger Altersgrenzen und spezieller Beendigungsvereinbarungen für den Fall von Erwerbsminderungen den personalrechtlichen Umgang mit diesen betrieblich häufig auftretenden Lebenssachverhalten stark erleichtern. Zuletzt ist aber auch eine transparente Wiedergabe der von den Parteien beabsichtigten beidseitigen Kündigungsfristen bereits im Rahmen der Vertragsgestaltung anzuraten, um insoweit jeglichen Unklarheiten vorzubeugen.
A. Befristung des Arbeitsverhältnisses Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses bringt vor allem für Arbeitgeber maßgeb- 2 liche Vorteile mit sich. Das mit einem Arbeitnehmer eingegangene Arbeitsverhältnis endet zu einem nach Zeit oder Zweck festgelegten Zeitraum automatisch, ohne dass es hierfür einer gesonderten Beendigungshandlung, insbesondere einer Kündigung bedarf. Dies bedeutet vor allem, dass es auch nicht der sonstigen Vorbereitungen und Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Kündigung bedarf. Sofern eine Befristung wirksam vereinbart wurde, sind für die Beendigung weder Kündigungsfristen noch Anhörungen (Betriebsrat, Integrationsamt u. a.) zu beachten. Noch wichtiger ist allerdings, dass der Arbeitgeber für die Beendigung nach Ablauf der Befristung keinen Kündigungsgrund benötigt und auch Sonderkündigungsschutztatbestände (Schwerbehinderung, Mutterschutz u. a.) keine Rolle spielen. Sollte mithin die Befristungsvereinbarung insbesondere unter Beachtung der verschiedenen Formvorschrif-
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ten rechtlich wirksam abgeschlossen worden sein, kann sich der Arbeitnehmer in aller Regel arbeitsrechtlich nicht mehr gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Wehr setzen. Ob und wann eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses möglich und wirksam 3 ist, bestimmt sich seit dem Jahre 2001 nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Bereits zuvor war durch die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung allerdings anerkannt, dass die Befristung eines Arbeitsverhältnisses als atypische Konstellation angesehen werden soll und unbefristete Arbeitsverhältnisse den „Normalfall“ darstellen sollten. Seit dem Inkrafttreten des TzBfG wird die Wirksamkeit einer Befristung ausschließlich nach der gesetzlichen Regelung des § 14 TzBfG überprüft (vgl. § 620 Abs. 3 BGB). Danach gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Arten befristeter Arbeitsverhältnisse, solche mit Sachgrund (§ 14 Abs. 1 TzBfG) und solche ohne Sachgrund (§ 14 Abs. 2 TzBfG). Aus der Sicht der Arbeitgeber sowie in Bezug auf die Arbeitsvertragsgestaltung bergen befristete Arbeitsverträge vor allem in formaler Hinsicht verschiedene Wirksamkeitsrisiken. Die Praxis zeigt, dass insbesondere Verstöße gegen das in § 14 Abs. 4 TzBfG normierte Schriftformerfordernis sowie ein unbedachtes Verhalten vor Vertragsaufnahme oder nach Vertragsbeendigung einem Arbeitnehmer relativ häufig die Möglichkeit geben, sich aufgrund des formal fehlerhaften Umgangs mit den Befristungsregelungen auf die Entfristung seines Arbeitsverhältnisses zu berufen. Aus diesem Grund kommt der Vertragsgestaltung von befristeten Arbeitsverträ4 gen eine besonders hohe Bedeutung zu. Hierbei sind die rechtlichen Vorgaben der Befristungsregelungen des TzBfG sorgfältig zu beachten. Neben der reinen Vertragsformulierung ist dem Arbeitgeber aber auch bewusst zu machen, dass dem tatsächlichen Umgang mit dem befristet eingestellten Arbeitnehmer sowie der praktischen Durchführung des befristeten Arbeitsverhältnisses eine besondere Bedeutung hinsichtlich der rechtlichen Wirksamkeit der Befristung zukommen.
I. Rechtliche Systematik der Wirksamkeit von Befristungen 5 Um eine wirksame Befristung eines Arbeitsvertrages vorzunehmen, sollte sich der
Vertragsersteller die Systematik einer später ggf. vorzunehmenden Befristungskontrolle verdeutlichen. Zu beachten ist zunächst, dass jedes befristete Arbeitsverhältnis generell der Schriftform bedarf (vgl. § 14 Abs. 4 TzBfG). Arbeitsverträge, welche die Schriftform nicht wahren, führen automatisch zur Unwirksamkeit einer im Vertrag enthaltenen Befristung (vgl. § 16 TzBfG), allerdings nicht zur Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages an sich. Wurde die Schriftform hingegen gewahrt, ist die Wirksamkeit einer Befristung 6 des Arbeitsverhältnisses dann gegeben, wenn ein die Befristung legitimierender Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG vorliegt oder die Befristung den vom Gesetz vorgesehenen Ausnahmevorschriften einer sachgrundlosen Befristung nach den §§ 14 Christ
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Abs. 2, 2a oder 3 TzBfG entspricht. Zu beachten ist hierbei, dass die Arbeitsgerichte im Falle eines Konfliktes über die Wirksamkeit einer Befristung ausschließlich den letzten befristeten Arbeitsvertrag der Befristungskontrolle unterziehen, selbst wenn dieser nur das Ende einer ganzen Kette von Befristungsabreden darstellt. Die Frage der Wirksamkeit der früheren Befristungen stellt sich dann nicht mehr. Für die Prüfung der Wirksamkeit einer Befristung im engeren Sinne spielt es 7 hingegen keine Rolle, ob es sich um eine sog. kalendermäßige Befristung oder eine Zweckbefristung handelt. Der Unterschied dieser beiden Befristungsarten liegt lediglich darin begründet, dass die kalendermäßige Befristung des Arbeitsverhältnisses die Dauer des Arbeitsverhältnisses bis zu einem bereits fest fixierten Datum festlegt. Die reine Zweckbefristung (d. h. ohne Nennung eines Beendigungsdatums) macht die Dauer des Arbeitsverhältnisses hingegen vom Eintritt eines Ereignisses (positiver Bedingungseintritt, z. B. Rückkehr einer erkrankten Kollegin) oder vom Wegfall eines Umstandes (negativer Bedingungseintritt, z. B. Fertigstellung eines konkreten Projektes) abhängig. Steht also die Wirksamkeit einer kalendermäßigen Befristung oder einer Zweckbefristung im Streit, ist auch diese Rechtsfrage ausschließlich anhand der oben bereits dargestellten Systematik zu prüfen. Die Wirksamkeit einer solchen Befristung hängt also auch in diesen Fällen von der Frage ab, ob ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG diese legitimiert oder ob der gesetzliche Ausnahmefall einer sachgrundlosen Befristung vorliegt.
II. Befristung mit sachlichem Grund (§ 14 Abs. 1 TzBfG) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist, sofern kein gesetzlicher Ausnahmefall einer 8 sachgrundlosen Befristung vorliegt, dann wirksam, wenn ein sachlicher Grund nach § 14 Abs. 1 TzBfG vorliegt. Sachliche Gründe liegen nach der gesetzlichen Vorgabe insbesondere dann vor, wenn einer der acht im Gesetz genannten Unterfälle vorliegt. Durch die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung „insbesondere“ wird deutlich, dass grundsätzlich weitere im Gesetz nicht ausdrücklich genannte oder den Unterfällen zuordenbare Konstellationen denkbar sind. Bisher wurden alle von der Rechtsprechung anerkannten Gründe einem der acht Unterfälle zugewiesen, insofern ist die praktische Relevanz der nicht genannten Fälle verschwindend gering. Nicht erforderlich ist es hingegen in der vertraglichen Vereinbarung selbst, vor- 9 behaltlich tarifvertraglicher Regelungen, den avisierten Befristungsgrund schriftlich zu fixieren.1 Auch aus rein taktischen Gründen sollte bei der Vornahme einer Befristungsvereinbarung im Regelfall auf die Angabe des Befristungsgrundes in dem Vertrag verzichtet werden. Durch die Fixierung auf einen Befristungsgrund nimmt sich der Arbeitgeber die Möglichkeit, im Falle eines späteren Befristungskonfliktes auf
1 Vgl. BAG, Urt. v. 08.12.1988 – 2 AZR 308/88; BAG, Urt. v. 26.07.2006 – 7 AZR 515/05.
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ggf. auch andere vorliegende Befristungsgründe argumentativ auszuweichen, sofern der ausdrücklich genannte Grund von einem Arbeitsgericht rechtlich nicht anerkannt wird. Denkbar wäre es z. B., dass eine vorgenommene Projektbefristung nicht den rechtlichen Anforderungen standhält, sich der Arbeitgeber aber durch die explizite Nennung einer Projektbefristung im Vertrag die Möglichkeit genommen hätte, auf die Rechtfertigung einer ggf. ebenso noch vorliegenden sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG auszuweichen. Auch das Nachweisgesetz fordert insoweit lediglich eine schriftliche Niederlegung des Endtermins einer kalendermäßigen Befristung, aber keine Nennung des Befristungsanlasses.2
1. Vorübergehender Bedarf (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG)
10 Ein sachlicher Grund für eine Befristung liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG vor,
wenn „der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht“. Am häufigsten wird bei dieser Alternative die sog. Projektbefristung in der Praxis auftreten. Eine Befristung wegen eines nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfes setzt 11 zunächst voraus, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Befristungsvereinbarung mit hinreichender Sicherheit erwarten muss, dass nach dem vereinbarten Befristungsablauf für eine weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb kein Bedarf mehr besteht. Der Arbeitgeber hat insoweit zum Zeitpunkt der Befristungsvornahme eine Prognose zu erstellen, die mit konkreten Anhaltspunkten ausgefüllt sein muss.3 Diese Prognose ist insoweit laut Rechtsprechung als Teil des Sachgrundes anzusehen.4 Zu beachten ist, dass die bloße Unsicherheit des Arbeitgebers, ob ein Mehrbedarf 12 an Arbeitskräften nur für eine bestimmte Dauer besteht, nicht ausreicht, um einen Arbeitsvertrag wirksam zu befristen. Denn die Unsicherheit der zukünftigen Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs gehört grundsätzlich zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers. Die Rechtsprechung verwehrt es daher den Arbeitgebern, das Risiko eines nicht vorhersehbaren Arbeitskräftebedarfs durch den Abschluss befristeter Arbeitsverhältnisse abzufedern.5 Zudem ist zu beachten, dass eine projektbezogene Tätigkeit eines Arbeitnehmers 13 diesen voraussichtlich auch überwiegend beanspruchen muss und der Arbeitnehmer möglichst nicht zusätzlich auch noch zu anderen Tätigkeiten herangezogen wird. Eine Projektbefristung ist darüber hinaus dann als kritisch anzusehen, wenn die Bearbeitung von einzelnen Projekten den Charakter der unternehmerischen Tätigkei-
2 Birk, NZA 1996, S. 286. 3 BAG, Urt. v. 10.03.2004 – 7 AZR 307/03. 4 BAG, Urt. v. 17.03.2010 – 7 AZR 640/08. 5 BAG. Urt. v. 04.12.2013 – 7 AZR 277/12.
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ten prägt. So wird sich beispielsweise ein Architekturbüro schwer darin tun, einen Mitarbeiter unter Berufung auf ein reguläres Bauprojekt nur befristet zu beschäftigen. Anders mag dies freilich dann zu bewerten sein, wenn ein besonders herausragendes und im Arbeitsaufwand herausstechendes Bauprojekt bearbeitet werden soll und nicht zu erwarten steht, dass derartige Großprojekte auch zukünftig wieder anfallen werden. Bei der Prüfung, ob die Befristung eines Projektarbeitsverhältnisses wirksam ist, 14 ist neben dem Befristungsgrund auch die Dauer der Befristung zu betrachten, da sich die vereinbarte Dauer des Vertrages an der prognostizierten Dauer des Projektes orientieren und von dieser nicht wesentlich abweichen soll.6 Dies bedeutet allerdings nicht, dass sich der Zeitpunkt des Projektendes mit der Dauer der vereinbarten Befristung vollkommen decken muss. Geringfügige Über- oder Unterschreitungen der Befristungsdauer in Bezug auf das Projekt bzw. den prognostizierten Arbeitskräftebedarf sind zulässig. Zu beachten ist, dass ein Arbeitnehmer auch dann keinen Anspruch auf Wei- 15 terbeschäftigung nach Befristungsablauf hat, sofern sich die zunächst wirksam zu Vertragsbeginn erstellte Beschäftigungsprognose im Laufe des Vertrages als unzutreffend herausstellt. Ausschlaggebend für die Wirksamkeit der Befristung ist allein der Umstand, ob die vom Arbeitgeber erstellte Beschäftigungsprognose zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zutreffend war. Auch wenn sich diese im Nachhinein während der Vertragslaufzeit als unzutreffend herausstellt, hat das BAG einen Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers bislang nicht anerkannt.7
2. Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG) Die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium gemäß § 14 Abs. 1 16 Satz 2 Nr. 2 TzBfG wurde vom Gesetzgeber als sachlicher Grund für eine Befristung vorgegeben, um den Übergang des Arbeitnehmers nach der Ausbildungsphase in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern. Dieser gesondert vorgesehene Sachgrund ermöglicht es damit insbesondere, Hochschulabsolventen nach Erlangung ihres Studienabschlusses befristet zu beschäftigen, auch wenn diese zuvor während des Studiums oder davor bereits für dasselbe Unternehmen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig waren. Denn in diesen Fällen wäre der Abschluss einer sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG regelmäßig nicht mehr möglich. Als Ausbildung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG wird insbesondere eine 17 Berufsausbildung gemäß BBiG angesehen. Eine rein innerbetriebliche Fort- oder Weiterbildungsmaßnahme oder Umschulung können hingegen nicht als Ausbildung
6 BAG, Urt. v. 26.08.1988 – 7 AZR 101/88. 7 BAG, Urt. v. 20.02.2002 – 7 AZR 600/00.
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angesehen werden. Als Studium gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG ist jeder geordnete Ausbildungsgang an einer nach Hochschulrecht anerkannten Institution (insbesondere Universität oder Fachhochschule) anzusehen, sofern diese einen staatlichen oder staatlich anerkannten Abschluss vermittelt. Der gesetzliche Sachgrund erfordert es allerdings nicht, dass diese Ausbildung oder das Studium vor Aufnahme der befristenden Tätigkeit erfolgreich abgeschlossen wurde.8 Konfliktreich kann in der Praxis mitunter die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „im Anschluss“ sein. Nach der insoweit recht strikten Rechtsprechung kann ein Arbeitsvertrag nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG nur dann wirksam befristet sein, wenn dieser als erster Arbeitsvertrag nach dem Ende der Ausbildung oder des Studiums abgeschlossen wird. Sollte der Arbeitnehmer hingegen zwischenzeitlich, auch nur kurzzeitig, ein anderweitiges Arbeitsverhältnis eingegangen sein, schließt dies eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG aus.9 Allerdings gab es in der Rechtsprechung zumindest Tendenzen dahingehend, von dieser strikten Vorgabe des Erstarbeitsvertrages dann abzuweichen, wenn die fragliche Zwischenbeschäftigung nach der Ausbildung oder dem Studium als kurzfristiger Gelegenheitsjob ausgestaltet war.10 Da es sich nach der Rechtsprechung bei dem hier fraglichen Sachgrund ausschließlich um die Befristung des ersten Arbeitsvertrags handeln darf, wird geschlossen, dass auch eine Vertragsverlängerung eines zunächst auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG gestützten befristeten Vertrages nicht vorgenommen werden kann. Einschränkend muss die Befristungsmöglichkeit im Anschluss an eine Ausbil18 dung oder ein Studium auch dann verstanden werden, wenn es sich bei der befristeten Tätigkeit nicht um eine solche handelt, die den Übergang in ein unbefristetes Anstellungsarbeitsverhältnis tatsächlich erleichtern könnte. Voraussetzung einer Befristung ist mithin, dass durch die befristete Beschäftigung die Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich verbessert werden können. Wird ein gerade ausgebildeter Elektrotechniker im Anschluss an seine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung von einem Taxiunternehmer als Taxifahrer beschäftigt, wird sich dieser nicht auf den Befristungsgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG stützen können, sofern er den Arbeitnehmer lediglich als Taxifahrer beschäftigt. Erforderlich ist es daher, dass der befristet angestellte Mitarbeiter zumindest in einem Bereich beschäftigt wird, der mit dem Inhalt der Ausbildung oder des Studiums in Zusammenhang steht. Des Weiteren stellt sich oftmals die Frage, für welche Dauer ein Arbeitnehmer 19 nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG befristet im Anschluss an seine Ausbildung oder sein Studium beschäftigt werden darf. Die Rechtsprechung hat hierzu keine festen Zeitgrenzen vorgesehen. In der Literatur wird hierzu häufig vertreten11, dass zumin-
8 ErfK/Müller-Glöge, § 14 TzBfG, Rn. 31. 9 BAG, Urt. v. 10.10.2007 – 7 AZR 795/06. 10 BAG, Urt. v. 24.08.2011 – 7 AZR 368/10. 11 Moll/Schulte, § 41 Rn. 40.
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dest eine Befristungsdauer von zwei Jahren zulässig sein müsste, da insoweit auch die sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG im Regelfall die gleiche Dauer vorgibt und die gesetzgeberischen Motive beider Befristungsmöglichkeiten ähnlich gelagert sind. Zu vertreten ist es aber auch, dass im Einzelfall eine Befristung an den Anschluss eines Studiums sogar länger als zwei Jahre gestaltet sein kann, wenn die zu erledigenden arbeitsvertraglichen Aufgaben sehr anspruchsvoll und schwierig gelagert sind und insoweit auch eine verlängerte Erprobungszeit sachlich zu begründen ist.
3. Befristung zur Vertretung anderer Arbeitnehmer (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG) Durch den in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gesetzlich geregelten Sachgrund einer Vertretungssituation trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass beim Arbeitgeber im Falle von nicht beeinflussbaren zeitweisen Personalausfällen ein vorübergehender Personalbedarf entstehen kann, der durch die befristete Beschäftigung eines Vertretungspersonals abgefangen werden kann. Die typischen Gründe für den vorübergehend entstehenden Personalbedarf sind vor allem folgende Ereignisse in Bezug auf den ausfallenden Stammarbeitnehmer: Krankheit, Urlaub, Mutterschutz, Elternzeit, Pflegezeit, Abordnungen auf andere Arbeitsplätze (ggf. ins Ausland), Freistellungen von Betriebsratsmitgliedern nach dem BetrVG u. a. Um den Sachgrund der Vertretung gerichtlich darlegen zu können, muss der Arbeitgeber eine Prognose über den Vertretungsbedarf bzw. den mit greifbarer Sicherheit zu erwartenden Wegfall des Vertretungsbedarfes zu einem späteren Zeitpunkt erstellen. Diese Prognose muss sich allerdings nur auf den Wegfall des Vertretungsbedarfes zu einem späteren Zeitpunkt durch die zu erwartende Rückkehr des ausgefallenen Arbeitnehmers erstrecken. Der konkrete Zeitpunkt der Rückkehr bzw. die Dauer des Vertretungsbedarfs muss zum Zeitpunkt der Prognose, d. h. zum Zeitpunkt der Befristungsabrede, noch nicht bekannt sein. Für die Durchführung des befristeten Arbeitsverhältnisses bedeutet dies, dass die Dauer des befristeten Arbeitsvertrages nicht deckungsgleich sein muss mit der Dauer des Ausfalls des Stammarbeitnehmers. Die vom Arbeitgeber gewählte Befristungsdauer kann auch kürzer sein als der prognostizierte Vertretungsbedarf.12 Insbesondere in den Fällen der Krankheitsvertretung ist es als weitere Wirksamkeitsvoraussetzung der Befristung anzusehen, dass sich bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages für den Arbeitgeber noch keine erheblichen Zweifel dafür aufdrängen mussten, dass der vertretene Arbeitnehmer seine Arbeit zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnehmen wird. Allerdings erkennt die Rechtsprechung an, dass der Arbeitgeber grundsätzlich davon ausgehen darf, dass eine ausgefallene Stamm-
12 BAG, Urt. v. 13.10.2004 – 7 AZR 654/03.
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kraft, sofern diese ihr Arbeitsverhältnis formal aufrechterhält, zu einem späteren Zeitpunkt auf den alten Arbeitsplatz zurückkehren will und wird.13 Erklärt ein ausgefallener Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber allerdings verbindlich, dass er die Arbeit zu einem späteren Zeitpunkt nicht wieder aufnehmen kann bzw. wird oder hat der Arbeitgeber Kenntnis von Umständen, welche dem ausgefallenen Arbeitnehmer eine spätere Tätigkeitsaufnahme unmöglich machen wird (z. B. tödlich verlaufende Erkrankungen), wird sich der als Krankheitsvertreter befristet beschäftigte Arbeitnehmer im Zweifel aufgrund der dann nicht hinreichend vorliegenden Prognose über den befristeten Arbeitskräftebedarf gegen das Vorliegen eines Sachgrundes aussprechen können.14 Besteht ein Vertretungsbedarf über einen längeren Zeitraum, kann der Arbeitge24 ber unter Berufung des Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG das Vertretungspersonal in maßgeblichen Umfang auch in Befristungsketten beschäftigen. Die Häufigkeit der Befristungen sowie die gesamte Befristungsdauer sind laut der Rechtsprechung für sich noch nicht geeignet, um das Fehlen eines Sachgrundes vollständig darzulegen.15 Sofern die Erkrankung eines Mitarbeiters schlicht fortdauert oder eine Arbeitnehmerin die zunächst beantragte Elternzeit verlängert, darf der Arbeitgeber weiterhin davon ausgehen, dass die zu vertretene Stammkraft später zurückkehren wird und demzufolge auch entsprechende Befristungsvereinbarungen abschließen. Selbst wenn eine Vertretungskraft unter Berufung auf den beim Arbeitgeber ständig bestehenden Vertretungsbedarf über mehrere Jahre hinweg ausschließlich mit befristeten Arbeitsverträgen ausgestattet wird, kann sich diese Vertretungskraft nicht ohne Weiteres auf das Nichtvorliegen eines Sachgrundes bzw. die missbräuchliche Verwendung der Befristungsmöglichkeit berufen. Die Rechtsprechung ist in diesem Aspekt bislang noch recht strikt geblieben und hat erst in Fällen einer Befristungsdauer von über zehn Jahren eine missbräuchliche Gestaltung als indiziert gesehen.16 Zu beachten ist allerdings, dass zwischen dem vorübergehenden Ausfall der 25 Stammarbeitskraft und der Beschäftigung einer Vertretungskraft ein vom Arbeitgeber darzulegender kausaler Zusammenhang bestehen muss. Zwar fordert die Rechtsprechung nicht, dass die befristet eingestellte Vertretungskraft auf dem identischen Arbeitsplatz des ausgefallenen Mitarbeiters eingesetzt wird. Es ist dem Arbeitgeber insoweit durchaus gestattet, durch entsprechende Umorganisationen oder betriebsinterne Umsetzungen die Vertretungskraft letztendlich auf einem ganz anderen Arbeitsplatz zu beschäftigen. Wichtig ist allerdings in diesen Fällen, dass der Arbeitgeber möglichst durch eine konkrete Dokumentation der Neuverteilung der Aufgaben in einem möglichen Streitfall darlegen und auch nachweisen kann, dass
13 BAG, Urt. v. 04.06.2003 – 7 AZR 523/02. 14 BAG, Urt. v. 13.10.2004 – 7 AZR 654/03. 15 BAG, Urt. v. 18.07.2012 – 7 AZR 783/10. 16 BAG, Urt. v. 18.07.2012 – 7 AZR 443/09.
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die interne Neuverteilung der Arbeitsaufgaben der Ausfall der Stammarbeitskraft mittelbar durch die Vertretungskraft kompensiert wurden.17
4. Befristung wegen der Eigenart der Arbeitsleistung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG) Die in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gesetzlich geregelte Befristung wegen Eigenart der 26 Arbeitsleistung ist ein Überbegriff für Fälle, in denen in der Verfassung verbürgte Rechte sowie Verschleißtatbestände eine Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Betroffen sind insbesondere der Kunst- oder Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1, 3 GG unterliegende Bereiche sowie der professionelle Sport. Zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG ist den Rundfunkanstalten die befristete Beschäftigung programmgestaltender Mitarbeiter ermöglicht, um eine freie Programmplanung zu gewährleisten und auf sich ändernde Interessen und wechselnde Informationsbedürfnisse des Publikums reagieren zu können.18 Diese ständig notwendige Neuerung ist nicht immer unter Beibehaltung des federführenden Personals möglich, welches die Programme thematisch und inhaltlich bestimmt. Als Befristungsgrund erforderlich ist also die Ausübung eines wesentlichen Einflusses des Arbeitnehmers auf die Inhalte des Programms. Nicht erfasst sind Mitarbeiter ohne programmgestaltende Aufgaben, also ohne oder mit sehr geringem Einfluss auf den Programminhalt. Grundsätzlich nicht programmgestaltend sind etwa technisches Personal, Nachrichtensprecher oder Mitarbeiter in der Verwaltung.19 Ausnahmen sind im Einzelfall möglich, so können unter Umständen ein Kameramann oder mit der Nachbearbeitung von Bildmaterial betrautes Personal entscheidenden inhaltlichen Einfluss auf das Programm nehmen. Ähnlich verhält es sich im Geltungsbereich der Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 27 GG, welche den befristeten Abschluss von Arbeitsverhältnissen vor allem mit Solokünstlern rechtfertigt. Der Grund hierfür liegt im Innovationsbedürfnis der Bühnen, welche dem Publikum ein in thematischer und inhaltlicher Weise aber auch in personeller Hinsicht abwechslungsreiches Programm anbieten müssen.20 Dies gilt eingeschränkt auch für Mitglieder von Tanzgruppen, Chören und Orchestern, bei denen es auf individuelle Beiträge zur Gesamtleistung ankommt.21 Trägt ein gewisses Maß an Routine und Einstimmung aufeinander der einzelnen Mitglieder zwar zur Qualität bei, kann deren einzelne Leistung so bedeutsam sein, dass sie entscheidende Auswirkungen auf die künstlerische Gesamtkonzeption hat. Die sachliche Rechtfertigung fehlt bei Arbeitnehmern, die keinerlei künstlerische Leistung erbringen, etwa bei Mit-
17 Vgl. BAG, Urt. v. 25.08.2004 – 7 AZR 32/04. 18 Vgl. BAG, Urt. v. 26.07.2006 – 7 AZR 495/05. 19 Vgl. BAG, Urt. v. 11.12.1991 – 7 AZR 128/91. 20 Vgl. BAG, Urt. v. 05.03.1970 – 2 AZR 175/69 ; BAG, Urt. v. 02.07.2003 – 7 AZR 612/02. 21 Vgl. hierzu ausf. Meinel/Heyn/Herms § 14 Rn. 147–170.
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arbeiten in der Verwaltung und dem technischen Bereich oder auch dem Abendpersonal. Es kommt mithin jeweils auf den Einfluss des Einzelnen auf das künstlerische Gesamtkonzept an, so kann ein Bühnentechniker bei ausreichendem künstlerischem Spielraum, wie er etwa bei einer Chefmaskenbilderin gegeben ist, auch befristet beschäftigt werden.22 Es muss nach einem Intendantenwechsel möglich sein das künstlerische Konzept vollständig umzustrukturieren. Im Bereich der Bühnen geben die hergebrachten Tarifverträge der Künstlergruppen entscheidende Indizien auf die Zulässigkeit einer Befristung ab. Bei wissenschaftlichen Mitarbeitern einer Parlamentsfraktion kann die 28 verfassungsrechtlich garantierte Unabhängigkeit der freien Mandatsausübung eine Befristung sachlich rechtfertigen.23 Zu dieser Unabhängigkeit zählt auch die Freiheit nach einer Neukonstituierung des Parlaments das unterstützende wissenschaftliche Personal selbst frei zu wählen und so den eigenen Ansprüchen und Wünschen anzupassen. Verschleißtatbestände bilden schließlich eine eigene Fallgruppe und betreffen 29 primär den Bereich des professionellen Sports. Mit zunehmender Vertrautheit zwischen Sportler und Trainer kann sich die Effektivität des Trainings vermindern. Der Sportler würde also bei zu langer Dauer des Trainingsverhältnisses in der Entfaltung seines Potenzials gehemmt. Diese aus der Routine und Gleichförmigkeit der Trainingsmethoden und des Trainingsablaufs ausfließende Folge kann durch einen Trainerwechsel verhindert werden. Das mögliche Auftreten dieses Effektes rechtfertigt mithin eine Befristung des Arbeitsverhältnisses.24 Eine sachliche Rechtfertigung liegt gleichwohl nicht in Fällen vor in denen eine Befristung überhaupt nicht geeignet ist einem solchen Fortschrittsabfall vorzubeugen, etwa wenn der Trainer denselben Sportler ohnehin für eine kürzere Zeit als seine Vertragsspanne betreut.25 Dies kann beispielsweise bei Trainern in speziellen Einrichtungen der Fall sein, die von Athleten nur für kürzere Zeitabstände besucht werden. Ebenfalls sachliche Rechtfertigung für eine Befristung könnte der Beliebtheitsgrad eines Trainers bei Fans – vor allem im Bereich des Profifußballs – sein.26 Speziell die Rolle eines Fußballtrainers im professionellen Segment geht über die bloße objektivierbare Trainingsleistung hinaus und wirkt sich jenseits des sportlichen Erfolgs auf das Vereinsbild in der Öffentlichkeit und somit auch maßgeblich auf den kommerziellen Erfolg aus.
22 BAG, Urt. v. 27.01.1993 – 7 AZR 124/92. 23 BAG, Urt. v. 26.08.1998 – 7 AZR 450/97. 24 BAG, Urt. v. 29.10.1998 – 7 AZR 436/97. 25 BAG, Urt. v. 15.04.1999 – 7 AZR 437/97. 26 Zindel, 268 f.
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5. Befristung zur Erprobung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG) § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG erlaubt die Befristung eines Arbeitsverhältnisses zum 30 Zwecke der Erprobung. Der Arbeitgeber hat regelmäßig ein gewichtiges Interesse daran die Eignung des Arbeitnehmers in sowohl fachlicher als auch persönlicher Hinsicht zu erproben. Umgekehrt liegt es im Interesse des Arbeitnehmers den Betrieb und seinen Arbeitsplatz kennenzulernen und zu beurteilen ob er sich dauerhaft binden möchte. Dies ermöglicht ein befristetes Probearbeitsverhältnis. Ein befristetes Probearbeitsverhältnis ist von der im Regelfall vereinbarten 31 Probezeit in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis abzugrenzen. Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ist vollwertig und muss prinzipiell durch Kündigung beendet werden. Diese wird zwar in der Probezeit durch die verkürzte Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 und 3 BGB sowie die nicht erfüllte Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG deutlich vereinfacht, muss allerdings trotzdem ausgesprochen werden. Im Gegensatz hierzu endet ein befristetes Probearbeitsverhältnis nach Zeitablauf, ohne dass es einer Kündigung bedarf und auch im Falle der Bewährung des Arbeitnehmers. Es entsteht bis auf in wenigen Ausnahmefällen auch kein Anspruch des Arbeitnehmers auf den Abschluss eines unbefristeten Vertrages, unabhängig davon, wie erfolgreich seine Erprobung verlief. Ist zweifelhaft, ob ein befristetes Probearbeitsverhältnis oder ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einer Probezeit vereinbart wurden, geht die Rechtsprechung zu Gunsten des Arbeitnehmers von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis aus.27 Das Probearbeitsverhältnis sollte daher im Vertrag ausdrücklich als solches benannt sein. Im Zweifel wird hierdurch die Berufung auf eine sachgrundlose Befristung nach Abs. 2 geringfügig erschwert, keinesfalls aber ausgeschlossen28, während sich die Gefahr des ungewollten Abschlusses eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses erheblich mindert. Der Abschluss eines Probearbeitsverhältnisses steht unter strengen Vorausset- 32 zungen. Es muss zu dem Zwecke der Erprobung und mit der Intention des Arbeitgebers, im Bewährungsfall ein unbefristetes und nur durch Kündigung zu beendendes Arbeitsverhältnis abzuschließen, begründet werden. Der sachliche Grund der Erprobung muss jedoch nur objektiv vorliegen und nicht auch ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden.29 Die Befristung selbst hingegen muss ausdrücklich und in Schriftform Teil des Arbeitsvertrags werden, § 14 Abs. 4 TzBfG. Bei Formularverträgen bedarf es ferner der drucktechnischen Hervorhebung der Befristungsklausel für das Probearbeitsverhältnis. Ansonsten wird diese als überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Bestandteil der Vereinbarung.30
27 BAG, Urt. v. 30.09.1991 – 7AZR 789/78. 28 BAG, Urt. v. 29.06.2011 – 7 AZR 774/09. 29 BAG, Urt. v. 23.06.2004 – 7 AZR 636/03. 30 BAG, Urt. v. 16.04.2008 – 7 AZR 132/07.
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Die Dauer des befristeten Probearbeitsverhältnisses soll im angemessenen Verhältnis zum Erprobungszweck stehen. Regelmäßig kann ein Erprobungszeitraum von bis zu sechs Monaten unproblematisch vereinbart werden.31 Dieser Richtwert deckt sich mit den Wertungen des § 1 Abs. 1 KSchG und § 622 Abs. 3 BGB. In Einzelfällen ist eine längere Erprobungszeit zulässig, so vor allem bei künstlerischen und wissenschaftlichen Tätigkeiten.32 Allgemein können durch Tarifverträge Probearbeitsverhältnisse zeitlich beschränkt oder gänzlich ausgeschlossen werden33, diese können aber auch umgekehrt Anhaltspunkt für die Möglichkeit einer längeren Erprobungszeit sein. Der erneute Abschluss eines befristeten Probearbeitsverhältnisses ist nur dann zulässig, wenn hierdurch die Gesamtdauer der Erprobungszeit nicht über das zulässige Maß hinaus erhöht wird. Der Abschluss eines befristeten Probearbeitsverhältnisses mit Schwangeren und Schwerbehinderten ist prinzipiell möglich.34 Nach Ablauf der Befristung endet das befristete Arbeitsverhältnis grundsätzlich. 34 Ein Anspruch auf den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses besteht grundsätzlich nicht. Ein solcher Anspruch auf Weiterbeschäftigung kommt allerdings in Fällen des Vertrauensschutzes in Frage, etwa wenn der Arbeitgeber entsprechende Äußerungen getätigt hat, die auf eine sichere Weiterbeschäftigung hindeuten.35 Die praktische Relevanz des Probearbeitsverhältnisses ist begrenzt. Der 35 Abschluss eines Probearbeitsverhältnisses ist ausgeschlossen, sofern der Arbeitgeber bereits durch ein zuvor bestehendes Arbeitsverhältnis ausreichend Möglichkeit hatte sich von den Befähigungen des Arbeitnehmers zu überzeugen.36 Bestand vor Abschluss des Vertrages kein Arbeitsverhältnis, ermöglicht die grundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG mit zwei Jahren oftmals den Abschluss eines auf längere Zeit befristeten Arbeitsverhältnisses. Praktisch bedeutsam ist das Probearbeitsverhältnis daher vor allem in drei Fallgruppen. Zunächst kommt ein Probearbeitsverhältnis in Frage, wenn der Arbeitnehmer bereits für den Arbeitgeber tätig war, nunmehr aber höherwertig beschäftigt werden soll und eine Erprobung in dieser Tätigkeit noch aussteht.37 Weiterhin denkbar ist der Abschluss eines Probearbeitsverhältnisses bei bereits so lange zurückliegender Beschäftigung, dass die Eigenschaften und Fähigkeiten des Arbeitnehmers sich grundlegend gewandelt haben können. Zuletzt von Bedeutung ist ein Probearbeitsverhältnis in Fällen, in denen eine ausreichende Erprobung in einem zuvor abgeschlossenen Ausbildungsverhältnis nicht erfolgte und erst jetzt im Rahmen einer Tätigkeit als Arbeitnehmer nachgeholt wird. 33
31 BAG, Urt. v. 02.06.2010 – 7 AZR 85/09. 32 BAG, Urt. v. 15.03.1978 – 5 AZR 831/76; Urt. v. 12.09.1996 – 7 AZR 31/96. 33 BAG, Urt. v. 02.06.2010 – 7 AZR 85/09. 34 BAG, Urt. v. 16.03.1989 – 2 AZR 325/28. 35 BAG, Urt. v. 16.03.1989 – 2 AZR 325/28. 36 BAG, Urt. v. 02.06.2010 – 7 AZR 85/09. 37 BAG, Urt. v. 23.06.2004 – 7 AZR 636/03.
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6. Befristung aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG) Klauselmuster (1) Das Arbeitsverhältnis beginnt am … Es endet auf Wunsch des Mitarbeiters am …, um dem Mitarbeiter den Antritt zum Wehrdienst zum … zu ermöglichen. (2) Obwohl das Ergebnis der die Berufsausbildung abschließenden Prüfung eine Übernahme von Frau/Herrn… an sich nicht ermöglichen, erhält sie/er aus sozialen Gründen von der Firma im Rahmen eines befristeten Anstellungsverhältnisses vom … bis zum … die Möglichkeit eine sonst beschäftigungslose Zeitspanne zu überbrücken und eine anderweitige Arbeitsstelle zu finden.
Die Befristung aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nach § 14 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG umfasst die Befristung auf Wunsch des Arbeitnehmers, insbesondere zur Zeitüberbrückung sowie die Befristung aus sozialen Gründen. In der Praxis spielen in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine untergeordnete Rolle, da Arbeitnehmer oftmals keinen Einfluss auf die vom Arbeitgeber verwendeten Formularverträge haben und Fälle der Befristung aus sozialen Gründen praktisch schlicht zahlenmäßig eher die Ausnahme sind. Die Befristung auf den ausdrücklichen Wunsch des Arbeitnehmers hin ist grund- 37 sätzlich zulässig.38 Dieser Wunsch muss sich jedoch gerade auf die Befristung als solche beziehen, das bloße Einverständnis mit dieser genügt nicht.39 Der Arbeitnehmer muss den Willen zur Befristung frei und unbeeinträchtigt gebildet haben und müsste auch im Falle eines (theoretischen) Angebots einer unbefristeten Beschäftigung auf die Befristung bestanden haben.40 Hieraus folgt auch, dass der Arbeitgeber keinerlei eigenes Interesse an der Befristung haben darf. Aufgrund dieser hohen Anforderungen der Rechtsprechung an die freie Willensbildung des Arbeitnehmers empfiehlt es sich, eine Befristung auf Arbeitnehmerwunsch hin zu vermeiden. Ist dies untunlich sollte der Wunsch des Arbeitnehmers – entgegen der üblichen taktischen Erwägung den Befristungsgrund unbenannt zu lassen – zumindest ausdrücklich in der Vertragsurkunde aufgenommen werden. Eine Befristung aus Gründen die in der Person des Arbeitnehmers liegen ist 38 weiterhin möglich, wenn dem Arbeitsverhältnis nur eine Überbrückungsfunktion zukommt. Dies ist etwa bei einer Befristung bis zum Antritt einer anderen Arbeitsstelle oder dem Beginn des Wehr- oder Zivildienstes der Fall. Ebenfalls so zu behandeln ist die bereits zeitlich bestimmte Aufnahme eines Studiums, welches ein Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses nicht erlauben würde. Bei Arbeitnehmern, die sich bereits im Studium befinden, kann eine Befristung sachlich gerechtfertigt sein, etwa
38 BAG, Urt. v. 22.03.1973 – 2 AZR 274/72. 39 BAG, Urt. v. 06.11.1996 – 7 AZR 909/95. 40 BAG, Urt. v. 19.01.2005 – 7 AZR 115/04.
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
wenn eine Arbeitsaufnahme durch Fluktuation der Studienbelastung nur zeitlich begrenzt in Frage kommt.41 Dies gilt nicht, wenn den Anforderungen des Studiums an den Arbeitnehmer auch durch andere Maßnahmen im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses Rechnung getragen werden kann, etwa durch die Vereinbarung ausreichend flexibler Arbeitszeiten.42 Eine Überbrückungsfunktion ist ferner denkbar in Fällen einer geplanten Migration oder eines längeren Auslandsaufenthalts oder auch zur Verschaffung eines Einblicks in die Berufspraxis vor der Wahl eines Studiums. Entscheidendes Kriterium ist, dass die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers Anlass zu Befristung geben und nicht etwa Belange aus der Sphäre des Arbeitgebers. Jedenfalls nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG zulässig ist die Befristung bei einem 39 Arbeitnehmer mit einer zeitlich begrenzten Aufenthaltserlaubnis, sofern es bei Vertragsschluss hinreichend sicher absehbar ist, dass diese nicht verlängert wird.43 Eine Befristung kommt weiterhin aufgrund sozialer Belange des Arbeitnehmers 40 in Betracht. Hierbei entscheidend ist, dass diese sozialen Gründe des Arbeitnehmers und nicht etwaige betriebliche Interessen ausschlaggebend für die Befristung des Arbeitsverhältnisses waren.44 Interessen des Arbeitgebers an der Befristung schließen zwar die Befristung nicht aus, jene des Arbeitnehmers müssen aber eindeutig überwiegender Grund sein. Dem sozialen Grund steht nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer durchaus sinnvoll beschäftigt werden kann. Das befristete Arbeitsverhältnis muss kein Instrument der Wohlfahrt sein, die für den Arbeitgeber vorteilhaften Nebeneffekte dürfen lediglich nicht in den Vordergrund treten. Zusammenfassend dürfte es ohne die sozialen Gründe zu gar keinem Arbeitsverhältnis gleich ob befristeter oder unbefristeter Art gekommen sein.45 Unerheblich ist, wieso ohne Vorliegen der sozialen Gründe kein Arbeitsverhältnis abgeschlossen worden wäre. Von der Rechtsprechung als zulässige soziale Gründe anerkannt sind primär Tätigkeiten die dem Arbeitnehmer einen späteren Zugang zum Arbeitsmarkt vereinfachen sollen, etwa dem Erwerb von Qualifikationen dienende Beschäftigung46 und die Schaffung einer sozialen Auslauffrist zur Stellensuche nach einer abgeschlossenen Ausbildung47. Ebenfalls zulässig ist die Überbrückung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung, damit der Arbeitnehmer in dieser Zeit nicht gänzlich vom Berufsleben ausgeschlossen bleibt.48
41 BAG, Urt. v. 16.04.2003 – 7 AZR 187/02. 42 BAG, Urt. v. 29.10.1998 – 7 AZR 561/97. 43 BAG, Urt. v. 12.01.2000 – 7 AZR 863/98. 44 BAG, Urt. v. 17.01.2007 – 7 AZR 20/06. 45 BAG, Urt. v. 07.07.1999 – 7 AZR 232/98. 46 BAG, Urt. v. 11.12.1985 – 7 AZR 329/84. 47 BAG, Urt. v. 12.12.1984 – 7 AZR 204/83. 48 BAG, Urt. v. 21.01.2009 – 7 AZR 630/07.
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A. Befristung des Arbeitsverhältnisses
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Die zulässige Höchstdauer der Befristung wurde im Detail noch nicht höchst- 41 richterlich geklärt. Sie hat sich allerdings nach dem Befristungsgrund zu richten und diesem angemessen zu sein.49 Der Arbeitgeber muss anhand nachprüfbarer Tatsachen darlegen und im 42 Bestreitensfall beweisen, dass das Arbeitsverhältnis überwiegend aufgrund sozialer Gesichtspunkte abgeschlossen wurde und allein aufgrund der Interessen aus seiner Sphäre nicht zustande gekommen wäre.50
7. Befristung aufgrund vorgegebener Haushaltsmittel (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG) Die Befristung aus haushaltsrechtlichen Gründen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG 43 erlaubt es dem öffentlichen Dienst befristete Tätigkeiten anzubieten, sofern der Haushaltsgesetzgeber für die befristete Beschäftigung Mittel vorgesehen hat und der Beschäftigte zu Lasten dieser mittel eingestellt wird. Die sachliche Begründung der Befristung geht darauf zurück, dass der Haushaltsgesetzgeber bereits bei der Haushaltsplanung vorhersehen konnte, dass nur befristeter Bedarf für eine bestimmte Tätigkeit besteht. Die Befristung aus haushaltsrechtlichen Gründen ist für die Privatwirtschaft 44 gänzlich ohne Belang und wird deshalb an dieser Stelle nicht tiefergehend behandelt.
8. Befristung aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG) Die Rechtfertigung der Befristung aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs nach § 14 45 Abs. 1 Satz. 2 Nr. 8 TzBfG liegt anders als die Gründe der Nr. 1 bis 7 nicht in den tatsächlichen Gegebenheiten und der Zukunftsprognose der Parteien bei Vertragsschluss, sondern fließt einzig aus der Mitwirkung eines Gerichts an dem die Befristung festlegenden Vergleich aus. Die schutzwürdigen Interessen des Arbeitnehmers – vor allem an einer unbefristeten Beschäftigung – werden durch die Überwachung des Gerichts der gesetzgeberischen Vorstellung nach ausreichend gewahrt und gewürdigt. Außerdem garantiert die Natur des Vergleichs als Kompromiss der beiderseitigen Interessen, dass ein die Befristung rechtfertigender sachlicher Grund vorliegt. Durch einen gerichtlichen Vergleich ist auch die nachträgliche Befristung eines bereits bestehenden unbefristeten Arbeitsverhältnisses möglich.51 Der Vergleich muss als Prozessvergleich nach §§ 46 Abs. 2, 794 Abs. 1 Nr. 1, 278 46 ZPO abgeschlossen worden sein. Die setzt einen offenen Rechtsstreit um den Bestand
49 BAG, Urt. v. 21.01.2009 – 7 AZR 630/07. 50 BAG, Urt. v. 03.10.1984 – 7 AZR 132/83. 51 BAG, Urt. v. 24.01.1996 – 7 AZR 496/95.
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
des Arbeitsverhältnisses in Form eines Kündigungsschutzverfahrens oder eines Streits um einen Aufhebungsvertrag, eine Befristung, auflösende Bedingung oder ähnliche Beendigungsgründe voraus.52 Für die Mitwirkung des Gerichtes genügt die Protokollierung des Vergleichs in der mündlichen oder Güteverhandlung, durch welchen auch gleichzeitig die nach § 14 Abs. 4 TzBfG erforderliche Schriftform gewahrt ist.53 Auch die Annahme eines vom Gericht unterbreiteten Vergleichsvorschlags nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 erfüllt die Anforderungen an die Mitwirkungshandlung des Gerichtes. Nicht ausreichend ist der Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs. Bei 47 diesem fehlt es an der notwendigen Mitwirkung des Gerichtes, welche die gegenseitige Interessenwahrung garantiert und das Bedürfnis des Arbeitnehmers nach unbefristeter Beschäftigung ausreichend schützt. Stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor die Wahl befristet beschäftigt oder gar nicht mehr beschäftigt zu werden, wird letzterer regelmäßig dem Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses zustimmen. Die Wahrung der Interessen des Arbeitnehmers würde gerade nicht garantiert, sondern eher noch durch zusätzlichen Druck beeinträchtigt. Deshalb bedarf es zur Vereinbarung eines befristeten Arbeitsverhältnisses in einem außergerichtlichen Vergleich zur Wirksamkeit der Befristung eines Grundes nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 7 TzBfG. Ebenfalls keine hinreichende Rechtfertigung bietet der Abschluss eines Prozess48 vergleichs in einem Verfahren, das nicht den Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Streitgegenstand hat, etwa einem Streit über Vergütungs- oder Urlaubsansprüche.54 Ein nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO festgestellter Vergleich, den die Parteien im Einvernehmen an das Gericht übersenden, genügt den Anforderungen des BAG ebenfalls nicht.55 Insofern ist es ratsam einen Vergleichsvorschlag dem Gericht zu unterbreiten und anzuregen, das Gericht möge sich diesen zu Eigen machen.
III. Befristung ohne sachlichen Grund 49 Nach Maßgabe des § 14 Abs. 2, 2a, 3 TzBfG wird eine befristete Beschäftigung prinzipi-
ell auch ohne sachlichen Grund nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 ermöglicht. Die hiernach befristeten Arbeitsverhältnisse sind jedoch stets nach dem Kalender befristet. Eine Zweckbefristung ohne sachlichen Grund ist nicht möglich. Grundsätzlich darf der Arbeitnehmer zuvor in keinem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber gestanden haben, damit die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung eröffnet wird, Abs. 2 Satz 2. Entgegen des Wortlauts vertritt die neuere Rechtspre-
52 BAG, Urt. v. 26.04.2006 – 7 AZR 366/05. 53 BAG, Urt. v. 23.11.2006 – 6 AZR 394/06. 54 BAG, Urt. v. 12.11.2014 – 7 AZR 891/12. 55 BAG, Urt. v. 15.02.2012 – 7 AZR 734/10.
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A. Befristung des Arbeitsverhältnisses
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chung die Ansicht, dass eine Zeitspanne von drei Jahren seit Beendigung der letzten Beschäftigung einer Neueinstellung gleichkommt.56 Es muss nicht in den Vertragstext aufgenommen werden, dass es sich um eine 50 sachgrundlose Befristung handelt. Viel mehr genügt das bloße Vorliegen der objektiven Voraussetzungen und die Vereinbarung der Befristung selbst.
1. Allgemeine sachgrundlose Befristung (§ 14 Abs. 2 TzBfG) Die allgemeine sachgrundlose Befristung ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG bis zu einer 51 Dauer von zwei Jahren möglich. Diese Gesamtdauer gilt auch im Falle der (mehrfachen) Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses. Eine Verlängerung ist zulässig, solange sie höchstens dreimalig erfolgt und das befristete Arbeitsverhältnis hierdurch nicht länger als zwei Jahre insgesamt andauert, Abs. 2 Satz 1 Hs. 2.
a) Das Vorbeschäftigungsverbot Das befristete Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund kann nach Abs. 2 Satz 2 nur abge- 52 schlossen werden, wenn zuvor kein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestanden hat. Der Grund für dieses Anschlussverbot besteht in dem gesetzgeberischen Bestreben Befristungsketten vorzubeugen. Aufgrund dieses Normzwecks geht das BAG davon aus, dass parallel zur Regelverjährungsfrist eine Beschäftigung, die länger als drei Jahre zurückliegt, dem Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses nicht im Wege steht.57 Die in der Literatur hierzu geäußerte Kritik58 hat bis zu einer Änderung des Gesetzes oder der Rechtsprechung nur eingeschränkt Bedeutung. Instanzgerichte folgen jedoch in dieser Hinsicht nicht immer dem BAG59 und entsprechende Verfahren sind beim Bundesverfassungsgericht60 anhängig. Eine Vertragsgestaltung in vollem Vertrauen auf den Bestand dieser Rechtsprechung ist daher zumindest risikobehaftet. Das Anschlussverbot erstreckt sich auf jede Art von vorherigen Arbeitsverhält- 53 nissen, gleich ob diese befristet oder unbefristet waren und unabhängig von deren Dauer.61 Auch eine vorherige Tätigkeit als Werkstudent62 oder ein Volontariat können
56 BAG, Urt. v. 06.04.2011 – 7 AZR 716/09. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat sich in seinen Entscheidungen vom 26.09.2013 und vom 21.02.2014 (Az. 6 Sa 28/13 und 7 Sa 64/13) wiederholt offen gegen das BAG gestellt und eine zeitliche Begrenzung des Vorbeschäftigungsverbots aufgrund des entgegenstehenden Gesetzeswortlauts abgelehnt. 57 BAG, Urt. v. 06.04.2011 – 7 AZR 716/09. 58 Vgl. z. B. Meinel/Heyn/Herms, TzBfG, § 14 Rn. 250. 59 LAG BW, Urt. v. 26.09.2013 – 6 Sa 28/13. 60 Verfassungsbeschwerde gegen LAG Nürnberg, Urt. v. 08.05.2013 – 4 Sa 565/12. 61 BAG, Urt. v. 06.11.2003 – 2 AZR 690/02. 62 BAG, Urt. v. 06.11.2003 – 2 AZR 690/02.
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das Anschlussverbot auslösen, sofern durch sie ein Arbeitsverhältnis begründet wurde. Andere Vertragsverhältnisse sind unschädlich.63 Insbesondere das Ausbildungsverhältnis stellt kein Arbeitsverhältnis i. S. d. § 14 Abs. 2 TzBfG dar, eine befristete Beschäftigung ehemals Auszubildender ist daher möglich.64 Ebenfalls unschädlich sind vorherige Werk- oder Dienstverträge zwischen den Parteien, es ist jedoch in der Praxis eingehend zu prüfen, ob nicht nach den allgemeinen Kriterien tatsächlich ein Arbeitsverhältnis und kein Werk- oder Dienstvertrag vorlag. Ausschlaggebend ist weiterhin, ob das Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeit54 geber vereinbart wird. Hierbei ist grundsätzlich auf den Vertragsarbeitgeber abzustellen, also auf jene natürliche oder juristische Person mit der der Arbeitnehmer kontrahiert.65 Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer innerhalb desselben Betriebs66 oder Konzerns67 tätig wird. Auch ein Betriebsübergang ist unschädlich, denn sofern das Arbeitsverhältnis zum Übergangszeitpunkt nicht mehr bestand, sind die Arbeitgeber nicht identisch. Auch der vorherige Einsatz des Arbeitnehmers als Leiharbeitnehmer68 oder umgekehrt der Verleih an den vorigen Arbeitgeber69 sind ohne Einfluss auf das Anschlussverbot. Im Fall einer Umwandlung durch Verschmelzung im Wege der Aufnahme nach § 2 Nr. 1 UmwG etwa erlischt der übertragende Rechtsträger, § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG. Der aufnehmende Rechtsträger ist also nicht mit dem Übertragenden identisch.70 Unzulässig hingegen wäre die befristete Tätigkeit für dasselbe Unternehmen aber in einem anderen Betrieb, da der Vertragsarbeitgeber unverändert bleibt. Als unzulässig kann eine rechtsmissbräuchliche sachgrundlose Befristung angesehen werden, etwa wenn der Arbeitnehmer planmäßig zwischen mehreren in Kollusion zusammenwirkenden Arbeitgebern ausgetauscht wird, hierbei aber den identischen Arbeitsplatz behält.71 Es handelt sich in solchen Fällen um eine unzulässige Umgehung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Konsequenz hiervon ist die Entstehung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses mit dem aktuellen Arbeitgeber.
b) Die Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses
55 Die Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses kann insgesamt
dreimalig und bis zu einer Höchstdauer von insgesamt zwei Jahren vorgenommen werden, Abs. 2 Satz 1. Eine Vertragsverlängerung setzt einen lückenlosen Anschluss
63 BAG, Urt. v. 19.10.2005 – 7 AZR 31/05. 64 BAG, Urt. v. 21.09.2011 – 7 AZR 375/10. 65 BAG, Urt. v. 09.02.2011 – 7 AZR 32/10. 66 BAG, Urt. v. 04.12.2013 – 7 AZR 290/12. 67 BAG, Urt. v. 18.07.2012 – 7 AZR 451/11. 68 BAG, Urt. v. 09.03.2011 – 7 AZR 657/09. 69 BAG, Urt. v. 18.10.2006 – 7 AZR 145/06. 70 BAG, Urt. v. 22.06.2005 – 7 AZR 363/04. 71 BAG, Urt. v. 04.12.2013 – 7 AZR 290/12.
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A. Befristung des Arbeitsverhältnisses
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an die vorherige Tätigkeit voraus, muss also noch während der Laufzeit des bestehenden Vertrages erfolgen.72 Geschieht dies nicht, handelt es sich um eine durch das Anschlussverbot unzulässige Neubefristung. In dieser Hinsicht wohl unproblematisch sind Fälle, in denen die Verlängerung unmittelbar auf das Auslaufen des Altvertrags folgt73, auch wenn eine Unterbrechung durch einen Feiertag oder ein Wochenende eintritt. Eine Veränderung der Vertragsbedingungen darf grundsätzlich nicht mit der Verlängerung einhergehen.74 Dies gilt nicht, sofern der Arbeitgeber aufgrund kollektivrechtlicher Bestimmungen oder einer geänderten Rechtslage zur Vertragsänderung angehalten ist75 oder die Gesamtheit der Arbeitsverträge auf gleiche Weise umgestaltet wird. Unterließe der Arbeitgeber die letztgenannte Änderung wäre dies gegebenenfalls sogar ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 TzBfG. Ebenfalls zulässig sind Änderungen auf die der Arbeitnehmer einen Anspruch hat.76 Die einvernehmliche Änderung der Arbeitsbedingungen im laufenden befriste- 56 ten Arbeitsverhältnis stellt keine unzulässige Verlängerung dar, sofern die Befristung selbst von den Änderungen unberührt bleibt.77 Sind also entsprechende Veränderungen geboten, sollten diese während der Laufzeit des Altvertrages und vor der Verlängerung durchgeführt werden. Wurde zunächst ein durch einen sachlichen Grund gerechtfertigtes befristetes 57 Arbeitsverhältnis abgeschlossen, kann sich an dieses ohne weiteres ein sachgrundlos befristetes anschließen, sofern dieses bei Abschluss des mit Sachgrund befristeten Arbeitsverhältnisses zulässig gewesen wäre. Das Arbeitsverhältnis darf hierbei jedoch die Dauer von insgesamt zwei Jahren nicht überschreiten. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass der Arbeitgeber sich auf die sachlichen Befristungsgründe nicht berufen muss, sofern eine Befristung nach Abs. 2 zulässig ist. Ein zunächst begründet, dann unbegründet befristetes Arbeitsverhältnis ist also wie ein durchgängig sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis zu behandeln.
c) Die Abdingbarkeit des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses Klauselmuster (1) Der Mitarbeiter wird befristet für die Zeit vom … bis zum … zur Vertretung des beurlaubten … eingestellt. Das Unternehmen wird sich zur Wirksamkeit der Befristung nicht auf § 14 Abs. 2 TzBfG berufen. (2) Das Arbeitsverhältnis wird auf die Dauer von drei Monaten auf Probe abgeschlossen und endet spätestens mit Ablauf der Probezeit.
72 BAG, Urt. v. 16.01.2008 – 7 AZR 603/06. 73 Vgl. LAG Düsseldorf, Urt. v. 06.12.2001 – 74 BAG, Urt. v. 20.02.2008 – 7 AZR 768/06. 75 BAG, Urt. v. 23.08.2006 – 7 AZR 12/06. 76 BAG, Urt. v. 16.01.2008 – 7 AZR 603/06. 77 BAG, Urt. v. 18.01.2006 – 7 AZR 178/05.
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
58 Eine Abweichung von § 14 Abs. 2 TzBfG zu Gunsten des Arbeitnehmers ist sowohl in
Form einer Einzelabrede als auch durch Tarifvertrag zulässig. Verzichtet der Arbeitgeber darauf, sich zur Wirksamkeit der Befristung auf § 14 Abs. 2 TzBfG zu berufen, ist dies für den Arbeitnehmer vorteilhaft und somit zulässig.78 Der Grund für den Vorteil auf Arbeitnehmerseite liegt in dem erhöhten Risiko einer unwirksamen Befristung, die im Verzichtsfall auf einen der Sachgründe aus Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 gestützt werden muss. Die Abbedingung kann grundsätzlich sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfolgen.79 Der Verzicht kann auch dadurch geregelt werden, dass der Arbeitgeber einen vorherigen Vertragsarbeitgeber als mit sich identisch gelten lässt.80 Eine ausdrückliche Abbedingung hat den klaren Vorteil der Rechtssicherheit, wird allerdings selten vereinbart. Anders verhält es sich bei der konkludenten Abbedingung, etwa durch die konkrete Benennung eines Befristungsgrundes. Wird im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich auf ein Berufen auf Abs. 2 verzichtet, sondern nur der Sachgrund der Befristung genannt, stellt dies zwar ein wesentliches Indiz81 für eine Abbedingung dar, schließt für sich genommen aber die Begründung einer sachgrundlosen Befristung nicht aus. Hierzu müssen noch weitere Umstände treten, die auf einen entsprechenden Willen der Parteien schließen lassen.82 Aus diesen Umständen muss geschlossen werden können, dass die Befristung in ausschließlicher Abhängigkeit von dem Vorliegen eines sachlichen Grundes vereinbart wurde.83 Diese strengen Anforderungen haben zur Konsequenz, dass eine konkludente Abbedingung in der Praxis eher die Ausnahme darstellt. Denkbar erscheint sie hauptsächlich im Bereich der Befristung aus sozialen Gründen nach Nr. 6, welche gerade voraussetzt, dass das befristete Arbeitsverhältnis überwiegend aufgrund der entsprechenden Gründe geschlossen wurde. Soll die sachgrundlose Befristung also ausgeschlossen werden, empfiehlt sich 59 eine entsprechend eindeutige Formulierung. Ist es hingegen gewünscht, sich im Zweifel auf die sachgrundlose Befristung berufen zu können, obwohl mit großer Wahrscheinlichkeit ein die Befristung rechtfertigender Grund vorliegt, so kann der entsprechende Grund (sofern notwendig) regelmäßig genannt werden ohne den Weg zur sachgrundlosen Befristung zu versperren. Keinesfalls notwendig ist es, sich bei Einzelverträgen die Berufung auf die sachgrundlose Befristung nach Abs. 2 ausdrücklich vorzubehalten. Das bloße objektive Vorliegen der Voraussetzungen genügt. Über die sachgrundlose Befristung kann auch im Rahmen von Tarifverträgen 60 dispositiv verfügt werden. Beispielsweise ist es möglich in einem Tarifvertrag eine
78 BAG, Urt. v. 09.02.2011 – 7 AZR 32/10. 79 BAG, Urt. v. 04.12.2002 – 7 AZR 545/01. 80 BAG, Urt. v. 09.02.2011 – 7 AZR 32/10. 81 BAG, Urt. v. 04.12.2002 – 7 AZR 545/01. 82 BAG, Urt. v. 29.06.2011 – 7 AZR 774/09. 83 BAG, Urt. v. 29.06.2011 – 7 AZR 774/09.
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A. Befristung des Arbeitsverhältnisses
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Regelung zu treffen, die es dem tarifvertraglich gebundenen Arbeitgeber verbietet, eine Befristung ohne Vorliegen von sachlichen Gründen nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 mit ihrerseits tarifgebundenen Arbeitnehmern zu vereinbaren. Es ist hierbei allerdings erforderlich, dass die beiderseitige tarifliche Bindung bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses besteht und nicht erst durch einen nachträglichen Eintritt des Arbeitnehmers in eine Gewerkschaft erfolgt.84 Durch Tarifvertrag kann auch ein Zitiergebot für den Abschluss eines nach Abs. 2 befristeten Arbeitsverhältnisses vereinbart werden, dessen Nichtbeachtung dazu führt, dass eine Berufung auf die sachgrundlose Befristung dem Arbeitgeber verwehrt ist.85 Abweichend von Einzelabreden kann es also im Geltungsbereich von Tarifverträgen durchaus geboten sein sich im Arbeitsvertrag ausdrücklich auf die sachgrundlose Befristung zu beziehen. Nach Abs. 2 Satz 3 kann durch einen Tarifvertrag auch eine für den Arbeitneh- 61 mer nachteilige Regelung getroffen werden. Die Gesamtanzahl der Verlängerungen ist hierbei gleichermaßen tariflich dispositiv wie die zulässige Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses. Hierbei muss sich nicht auf die Änderung einer Modalität beschränkt werden, sondern auch die gleichzeitige Erhöhung beider Werte ist zulässig.86 Die Grenze der Erhöhung ist dort zu ziehen, wo das gesetzgeberische Konzept der grundsätzlich begründungsbedürftigen Befristung konterkariert wird.87 Eine Erhöhung der maximalen Dauer auf 42 Monate mit höchstens 4 Verlängerungen ist jedenfalls noch im Rahmen des Zulässigen.88 Selbst eine Gesamtlaufzeit von 48 Monaten bei maximal 6 Verlängerungen wurde noch als zulässig erachtet.89 Die auf dem Dritten Weg zustande gekommenen arbeitsrechtlichen Vereinbarungen der Kirchen sind keine tarifvertraglichen Regelungen i. S. d. Abs. 2 Satz 3,90 deren Regelungen zur Erweiterung der Befristungszeit und Anzahl der Erhöhungen sind somit nicht wirksam.91 Abs. 2 Satz 4 erlaubt auch nicht oder nur einseitig tariflich gebundenen Par- 62 teien, die jeweils entsprechenden tariflichen Vereinbarungen schuldrechtlich in den Arbeitsvertrag miteinzubeziehen. Weicht der Tarifvertrag allerdings zu Ungunsten des Arbeitnehmers von der gesetzlichen Lage ab, ist regelmäßig die Einbeziehung des gesamten tariflichen Vertragswerks geboten. Die Einbeziehung einzelner nachteiliger Klauseln bezüglich der Befristung unterliegt nicht dem Kontrollprivileg des § 310 Abs. 4 Nr. 1 BGB92 und die geänderten Befristungsmodalitäten sind insofern regelmäßig als unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu bewerten. Dies sollte im Fall
84 BAG, Urt. v. 27.04.1988 – 7 AZR 593/87. 85 BAG, Urt. v. 17.06.2009 – 7 AZR 193/08. 86 BAG, Urt. v. 15.08.2012 – 7 AZR 184/11. 87 BAG, Urt. v. 05.12.2012 – 7 AZR 698/11. 88 BAG, Urt. v. 05.12.2012 – 7 AZR 698/11. 89 BAG, Urt. v. 18.03.2005 – 7 AZR 272/13. 90 BAG, Urt. v. 25.03.2009 – 7 AZR 710/07. 91 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 10. 92 BAG, Urt. v. 01.12.2004 – 7 AZR 135/04.
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
der individuell vereinbarten Einbeziehung grundsätzlich nicht gelten, erfolgt diese ja nicht im Rahmen eines Formularvertrags. Eine Entscheidung der Rechtsprechung hierzu steht allerdings noch aus, mithin ist es in der Praxis ratsam auf die tariflichen Bestimmungen in Gänze Bezug zu nehmen.
d) Darlegungs- und Beweislast, Fragerecht des Arbeitgebers 63 Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer sachgrundlosen Befristung liegt grundsätzlich auf der Seite jener Partei, die sich auf das Ende des Arbeitsverhältnisses durch die Befristung beruft.93 Das wird in Anbetracht der kurzen Kündigungsfristen des Arbeitnehmers regelmäßig der Arbeitgeber sein. Dieser hat somit die grundsätzliche Vereinbarung einer Befristung sowie die Wahrung der Schriftform bezüglich dieser darzulegen und zu beweisen. Eine Ausnahme vom obigen Grundsatz hat das BAG für das Nichtbestehen eines vorigen Arbeitsverhältnisses eingeräumt, welches grundsätzlich der Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen hat.94 Begründen lässt sich dieses mit der Sachnähe des Arbeitnehmers zu seinen vorherigen Tätigkeiten. Der Arbeitgeber hat ein Fragerecht bezüglich des Bestehens voriger Arbeitsver64 hältnisse zwischen den Parteien.95 Erteilt der Arbeitnehmer vorsätzlich unrichtige Auskünfte und waren diese kausal für die Vorstellung des Arbeitgebers es handele sich um eine Neueinstellung kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag nach §§ 142, 123 BGB anfechten. Eine generelle Irrtumsanfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB scheidet mangels der Verkehrswesentlichkeit der Vorbeschäftigung des Arbeitnehmers wohl aus. Der Nachweis des Täuschungsvorsatzes wird sich im Einzelfall als schwierig erweisen, ist aber in Konstellationen des Unternehmenskaufs oder einer Sitzverlegung durchaus denkbar.
2. Sachgrundlose Befristung bei neu gegründeten Unternehmen (§ 14 Abs. 2a TzBfG) 65 Der Gesetzgeber hat für den Fall der Neugründung eines Unternehmens ein hervorgehobenes Interesse an der befristeten Beschäftigung von Arbeitskräften gesehen und trägt diesem in Form der Regelung des Abs. 2a Rechnung. Neugegründete Unternehmen können demnach in den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung ohne sachlichen Grund befristete Arbeitsverhältnisse bis zu einer Dauer von bis zu vier Jahren abschließen und diese innerhalb der Gesamtdauer von vier Jahren beliebig oft verlängern. Es bedarf zur Eröffnung des Abs. 2a allerdings einer tatsächlichen Neugrün-
93 BAG, Urt. v. 20.08.2014 – 7 AZR 924/12. 94 BAG, Urt. v. 19.10.2005 – 7 AZR 31/05. 95 BT-Drs. 14/4374, 14, 19.
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A. Befristung des Arbeitsverhältnisses
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dung. Neugründungen im Rahmen von Umstrukturierungen etablierter Firmen und Konzerne sind nach Abs. 2a Satz 2 ausdrücklich von dieser Regelung ausgeschlossen. Der Begriff der Neugründung i. S. d. § 14 Abs. 2a TzBfG ist mit dem in § 112a Abs. 2 BetrVG identisch, da die erstgenannte Norm letzterer nachgebildet wurde. Es kann somit zum Begriff der Neugründung auf die Rechtsprechung und Literatur zu § 112a Abs. 2 BetrVG zurückgegriffen werden.96 Keine Neugründung stellt somit die Eröffnung eines neuen Betriebs durch ein 66 bereits bestehendes Unternehmen dar.97 Umgekehrt kann ein neugegründetes Unternehmen einen bereits vier Jahre lang bestehenden Betrieb übernehmen, ohne den Anwendungsbereich des Abs. 2a zu verlassen.98 Problematisch erscheint die Gesamtrechtsnachfolge nach dem UmwG. Das BAG hat in Bezug auf Abs. 2 Satz 2 entschieden, dass eine Identität des Arbeitgebers nach einer Umwandlung nicht besteht.99 Konsequenterweise müsste die auch die Privilegierung nach Abs. 2a einem neugegründeten aufnehmenden Unternehmen zugutekommen. Dies würde allerdings dem Zweck der Norm zuwiderlaufen, bestehen die im Normalfall mit einer Unternehmensgründung auftretenden Unsicherheiten bezüglich Personalbedarf und wirtschaftlicher Zukunft im Fall einer Verschmelzung nicht im selben Maße. Insofern ist es ratsam sich in der Praxis eher darauf einzurichten, dass Abs. 2a in Umwandlungsfällen keine Anwendung findet. Der vierjährige Zeitraum nach der Neugründung beginnt nach Abs. 2a Satz 3 mit 67 dem Zeitpunkt der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach § 138 AO. Die Vierjahresfrist berechnet sich nach den §§ 187 Abs. 2 Satz 1, 188 BGB. Für den Beginn des Arbeitsverhältnisses ist der Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme und nicht der des Vertragsschlusses entscheidend.100 Arbeitsverhältnisse können innerhalb der ersten vier Jahre nach Gründung durchgehend für die Gesamtdauer von bis zu vier Jahren vereinbart werden, das heißt ein nach Abs. 2a befristetes Arbeitsverhältnis kann theoretisch bis in das achte Jahr der Unternehmenstätigkeit andauern. Zu beachten ist, dass eine Verlängerung außerhalb der ersten vier Jahre nur im Rahmen des Abs. 2 Satz 1, also bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren möglich ist. Befristete Arbeitsverhältnisse sollten also noch vor Ablauf der vierjährigen Frist auf ihre volle vierjährige Dauer verlängert werden um die Privilegierung des Abs. 2a optimal zu nutzen. Abs. 2a Satz 4 erlaubt die entsprechende Anwendung des Abs. 2 Sätze 2 bis 4. Das 68 Anschlussverbot aus Abs. 2 Satz 2 läuft weitestgehend leer. Ein neugegründetes Unternehmen wird selten bereits vorher Arbeitsverhältnisse mit den Arbeitnehmern
96 MK TzBfG § 14 Rn. 94. 97 Wlotzke NZA 1984, 217. 98 Vgl. BAG, Urt. v. 27.06.2006 – 1 ABR 18/05. 99 BAG, Urt. v. 22.06.2005 – 7 AZR 363/04. 100 BT-Drs. 15/1204, 14.
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eingegangen sein.101 Weiterhin ist die tarifliche Öffnungsklausel insofern gegenstandslos, als dass Verlängerungen innerhalb der ersten vier Jahre ohnehin zahlenmäßig nicht begrenzt sind. Einen Vorteil kann der Arbeitgeber somit nur im Bereich der Befristungsdauer erhalten, wobei für die Zulässigkeit tariflicher Erhöhungen der Befristungszeit über die Gesamtdauer von 48 Monaten hinaus noch keine Rechtsprechung vorliegt.
3. Altersbefristung (§ 14 Abs. 3 TzBfG)
69 § 14 Abs. 3 TzBfG dient der Besserung der Chancen älterer Arbeitnehmer auf dem
Arbeitsmarkt. Er erlaubt die auf bis zu fünf Jahre sachgrundlos befristete Beschäftigung von Arbeitnehmern, die das 52. Lebensjahr vollendet haben und unmittelbar vor Beschäftigungsbeginn mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 1 des SGB III gewesen sind, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem SGB II oder SGB III teilgenommen haben. Der Arbeitnehmer muss nicht als arbeitslos gemeldet gewesen sein, darf allerdings mangels des Verweises auf § 138 Abs. 3 SGB III in den vier Monaten keiner geringfügigen Tätigkeit nachgegangen sein. Die Vollendung des 52. Lebensjahres muss zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme erreicht sein, nicht aber unbedingt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die viermonatige Beschäftigungslosigkeit setzt nicht voraus, dass der Arbeitneh70 mer als arbeitslos gemeldet war.102 Der Gesetzesbegründung nach sind auch Fälle der Beschäftigungslosigkeit aus persönlichen Gründen erfasst, etwa zur Pflege kranker Angehöriger oder in Fällen der Verbüßung einer Freiheitsstrafe.103 Der Beschäftigungslosigkeit gleichgestellt ist der Bezug von Transferkurzarbeitergeld nach § 111 SGB III, welches im Rahmen von betrieblichen Restrukturierungen ausgezahlt wird. Zuletzt genügt für die Eröffnung des Abs. 3 auch die Teilnahme an öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahmen nach dem SGB II und SGB III. Der Begriff der Beschäftigungsmaßnahme leidet an erheblicher Unschärfe und kann prinzipiell zahlreiche Transfermaßnahmen und Arbeitsgelegenheiten erfassen. In der Gesetzesbegründung ausdrücklich genannt sind jedoch nur die entfallene Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach §§ 260 ff. SGB III a. F. sowie die Arbeitsgelegenheit nach § 16d SGB II.104 Bezüglich aller anderen Maßnahmen herrscht Rechtsunsicherheit, insofern sollte bei der Befristung wegen Beschäftigungsmaßnahmen nur in Fällen der Arbeitsgelegenheit ein befristetes Arbeitsverhältnis nach Abs. 3 vereinbart werden.
101 Preis/Rolfs, Der Arbeitsvertrag II B 10 Rz. 78. 102 Meindel/Heyn/Herms, TzBfG, § 14 Rn. 308. 103 BT-Drs. 16/3793, 7. 104 BT-Drs. 16/3793, 10.
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Die Unmittelbarkeit setzt voraus, dass zwischen der Beschäftigungslosigkeit 71 (oder den alternativen Tatbeständen) und der Aufnahme der befristeten Tätigkeit keine Unterbrechung liegt, unabhängig von deren noch so kurzer Dauer. Auch die viermonatige vorhergehende Zeit hat frei von Unterbrechungen zu sein. Wenngleich in der Gesetzesbegründung kürzere Unterbrechungen als nicht beachtlich deklariert werden105, fand dies in den Wortlaut der Norm in keiner Form Einzug. Dies stünde zudem im Widerspruch zum Ausschluss des Anwendungsbereiches der Norm bei vorigen geringfügigen Tätigkeiten. Dem Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses nach Abs. 3 steht eine vor- 72 herige Beschäftigung des Arbeitnehmers bei demselben Arbeitgeber nicht entgegen, sofern die sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Ob eine eventuelle Vorbeschäftigung nach den Abs. 1, 2 oder 2a befristet war ist für die Eröffnung des Abs. 3 ebenfalls ohne Bewandtnis.106 Das Arbeitsverhältnis darf höchstens auf eine Gesamtdauer von fünf Jahren 73 befristet sein. Solange diese Gesamtdauer hierdurch nicht überschritten wird, ist auch die mehrmalige und zahlenmäßig nicht begrenzte Möglichkeit der Verlängerung gegeben. Im Rahmen der europarechtskonformen Auslegung der Norm ist es nicht möglich über fünf Jahre täglich das Arbeitsverhältnis zu verlängern, auch wenn der Wortlaut dies grundsätzlich zuließe. Es empfiehlt sich einen Richtwert von sechs Monaten je Verlängerung nicht zu unterschreiten.107
IV. Schriftformerfordernis § 14 Abs. 4 TzBfG normiert als zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung eines jeden 74 befristeten Arbeitsvertrages die Schriftform der Befristungsabrede. Die Befristungsabrede muss deshalb nach § 126 Abs. 2 S. 1 BGB von beiden Vertragsparteien eigenhändig auf derselben Urkunde unterzeichnet sein. Das Schriftformerfordernis bezieht sich nur auf die Befristungsvereinbarung 75 selbst. Dagegen erfasst das Schriftformgebot nicht den Arbeitsvertrag als solchen, der – unter Beachtung der Regelungen des NachwG – formlos abgeschlossen werden darf. Dem Schriftformerfordernis ist allerdings Genüge getan, wenn der Arbeitgeber einen ohnehin zu empfehlenden schriftlichen Arbeitsvertrag verwendet und die Befristungsabrede darin enthalten ist. Aus Transparenzgründen sollte die Befris-
105 BT-Drs. 16/3793, 10. 106 BT-Drs. 16/3793, 10. 107 Die europarechtliche Vereinbarkeit der Regelung zur Altersbefristung mit den Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 war und ist umstritten, vgl. LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 13.08.2013 – 7 Sa 427/12.
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tungsabrede dann aber nicht versteckt im Vertragstext sondern mit Rücksicht auf die §§ 305c, 307 Abs. 1 S. 2 BGB möglichst hervorgehoben ersichtlich sein. Bei kalendermäßigen Befristungen erstreckt sich das Formgebot nur auf die Tatsache der Vertragsbefristung an sich. Es muss also nur das Enddatum bzw. die Befristungsdauer schriftlich festgehalten werden. Doch müssen die Parteien nicht schriftlich niederlegen, ob eine sachgrundlose Befristung oder eine solche mit Sachgrund angestrebt ist. Ebenso wenig sind sie gehalten, einen Sachgrund für die Befristung festzuhalten.108 Wichtig für die Praxis ist, dass die Schriftform bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung einer Befristung einzuhalten ist. Wird eine Befristungsabrede – zum Beispiel im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs – zunächst mündlich und damit formnichtig getroffen, führt die nachträgliche schriftliche Niederlegung der mündlich vereinbarten Befristung mit Unterzeichnung des Arbeitsvertrags in der Regel nicht dazu, dass die Befristung rückwirkend wirksam wird. In der Praxis kommt es häufig vor, dass sich die Parteien zunächst mündlich auf ein befristetes Arbeitsverhältnis einigen, der Arbeitnehmer die Arbeit aufnimmt und erst nach Arbeitsantritt ein schriftlicher Arbeitsvertrag mit der Befristungsabrede unterzeichnet wird. Wird der Arbeitgeber mit einem derartigen Fall konfrontiert, könnte er zur Konfliktvermeidung das Arbeitsverhältnis vor Eingreifen des Kündigungsschutzes kündigen oder eine „echte“ nachträgliche Befristungsabrede treffen. Letzteres erreicht man dadurch, dass man z. B. das Befristungsende um einen Tag verändert. Allerdings bedarf eine solche nachträgliche Befristung wegen des Anschlussverbots des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG eines Sachgrunds, so dass insbesondere in Fällen sachgrundloser Befristungen höchste Aufmerksamkeit darauf zu legen ist, die Befristungsabrede bereits vor der Arbeitsaufnahme des Arbeitnehmers schriftlich und somit formwirksam abzuschließen. Ist dies nicht der Fall und der Arbeitnehmer nimmt auch nur für kurze Zeit seine Tätigkeit bereits unbefristet auf, ist eine spätere nochmalige sachgrundlose Befristung nicht mehr möglich, da in diesem Fall das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG entgegensteht.109
V. Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses 80 Grundsätzlich endet ein kalendermäßig befristetes Arbeitsverhältnis mit Ablauf der
Frist nach § 15 Abs. 1 TzBfG, ohne dass es weiterer Handlungen der Parteien bedarf. Insbesondere ist es nicht notwendig eine Kündigung auszusprechen. Ein zweckbefristetes Arbeitsverhältnis endet nach § 15 Abs. 2 mit der Zweckerreichung, jedoch
108 BAG, Urteil v. 29.6.2011 – 7 AZR 6/10. 109 Hierzu BAG, Urteil v. 16.04.2008 – 7 AZR 1048/06.
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frühestens zwei Wochen nach Zugang einer schriftlichen Mitteilung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer über den Zeitpunkt der Zweckerreichung. Eine ordentliche Kündigung ist nach § 15 Abs. 3 bei befristeten Arbeitsverhältnissen nur möglich, sofern sie vertraglich vereinbart wurde. Ist das befristete Arbeitsverhältnis für eine Dauer von mehr als fünf Jahren oder gar auf Lebenszeit abgeschlossen worden, so kann der Arbeitnehmer es nach fünf Jahren mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen, § 15 Abs. 4. Wird das Arbeitsverhältnis trotz Ablauf der Frist oder Erreichung des Zwecks mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt und der Arbeitgeber widerspricht diesem nicht unverzüglich oder holt die Mitteilung über die Zweckerreichung nach, so wird das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit verlängert, § 15 Abs. 5 TzBfG.
1. Die Beendigung bei einer Zweckbefristung Ein zweckbefristetes Arbeitsverhältnis endet seinem Sinn nach mit dem Erreichen 81 des vereinbarten Zwecks. Durch § 21 TzBfG der Zweckbefristung gleichgestellt ist der Abschluss eines Arbeitsverhältnisses bis zum Eintritt einer auflösenden Bedingung, welches mit Eintritt dieser endet. Darüber hinaus besteht nach Maßgabe des § 15 Abs. 2 das Erfordernis einer schriftlichen Mitteilung des Zeitpunkts der Zweckerreichung. Erst zwei Wochen nach Zugang dieser Mitteilung beim Arbeitnehmer, aber frühestens mit Erreichung des Zwecks endet das zweckbefristete Arbeitsverhältnis.
a) Der Zweck Der Zweck ist möglichst klar und detailliert im Arbeitsvertrag festzuhalten. Anders 82 als bei der kalendarischen Befristung, die relativ mühelos auszugestalten ist, bereitet die Formulierung einer Zweckbefristung häufig Schwierigkeiten. Das befristende Ereignis muss zweifelsfrei feststellbar und hinreichend bestimmt sein.110 Der Befristungsgrund ist zu nennen und bedarf der Schriftform.111 Bei der Fixierung des befristenden Ereignisses ist größte Sorgfalt geboten. Der BAG-Rechtsprechung nach lässt sich etwa der Vereinbarung, dass das Arbeitsverhältnis mit der Wiederaufnahme der Arbeit durch den vertretenen Arbeitnehmer enden soll, nicht entnehmen, dass ein Ausscheiden des Vertretenen vor Wiederaufnahme der Tätigkeit ebenfalls beendende Wirkung haben soll.112 Hier ist neben der Zweckerreichung im Idealfall eine kalendarische Befristung zu vereinbaren, deren Ablauf soweit absehbar nach Eintritt der Zweckerreichung liegt.
110 BAG, Urt. v. 15.05.2012 – 7 AZR 35/11. 111 BAG, Urt. v. 21.12.2005 – 7 AZR 541/04. 112 BAG, Urt. v. 26.06.1996 – 7 AZR 674/95.
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Die Zweckerreichung muss außerdem innerhalb eines für den Arbeitnehmer voraussehbaren und überschaubaren Zeitraums liegen.113 Nicht zulässig sind daher Zweckbestimmungen, die mehr oder minder willkürlich der Einschätzung des Arbeitgebers unterliegen oder in denen ein zu unbestimmter oder zu weitläufiger Zeitraum für den Eintritt des Ereignisses bestimmt wird. Der genannte Zweck darf nicht nur unter Umständen oder mit gewisser Wahrscheinlichkeit eintreten, sondern muss soweit absehbar sicher erreicht werden. Die an die Gewissheit zu stellenden Maßstäbe steigen mit der Zukunftsferne des Ereignisses.114 Klauselmuster (1) Der Arbeitnehmer … wird mit Wirkung vom … als Aushilfe für die Dauer der Erkrankung des Mitarbeiters … eingestellt. Das Arbeitsverhältnis endet zwei Wochen nach erfolgter Mitteilung über die Wiederaufnahme der Arbeit durch Herrn …, spätestens jedoch zum …, ohne dass es einer Kündigung bedarf. (2) Das Arbeitsverhältnis wird für die Dauer der Schwimmbadsaison des Jahres … eingegangen.
b) Die schriftliche Erklärung des Arbeitgebers
84 Nach § 15 Abs. 2 TzBfG bedarf es zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses neben dem
Eintritt der Zweckerreichung einer schriftlichen Mitteilung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer über den Zeitpunkt der Zweckerreichung. Die Mitteilung muss vom Arbeitgeber selbst oder von einem zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen ermächtigtem Vertreter ausgehen. Inhaltlich muss sie den Hinweis auf die Zweckerreichung und den Zeitpunkt dieser enthalten. Für die Schriftform der Mittelung gelten die üblichen Anforderungen des § 126 BGB. In Fällen, in denen der Arbeitgeber keine Kenntnis von der Zweckerreichung 85 erhält und auch nicht haben muss, etwa weil diese in der Person des Arbeitnehmers oder dessen persönlicher Umstände zu verorten sind, muss die Mitteilung dem BAG115 nach entgegen einer verbreiteten Literaturmeinung116 trotzdem erfolgen. In der Praxis ist es daher ratsam befristete Arbeitsverhältnisse nicht von Ereignissen in der Sphäre des Arbeitnehmers abhängig zu machen, zumal dieser dem Arbeitgeber die Zweckerreichung vorenthalten kann. Insbesondere kann nach § 15 Abs. 5 TzBfG bei unterbleibender Mitteilung ungewollt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstehen. Die Auslauffrist von zwei Wochen dient dem Schutz des Arbeitnehmers und soll 86 ihm ermöglichen anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten zu finden. Es handelt sich folglich um eine Mindestfrist und keine Höchstfrist. Sie kann vom Arbeitgeber
113 BAG, Urt. v. 17.02.1983 – 2 AZR 481/81. 114 BAG, Urt. v. 15.05.2012 – 7 AZR 35/11. 115 BAG, Urt. v. 23.07.2014 – 7 AZR 771/12 116 Vgl. Meinel/Heyn/Herms, TzBfG § 15 Rn. 7 f.
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beliebig erhöht werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass nicht ungewollt eine Kündigungsfrist statt einer Auslauffrist vertraglich fixiert wird.117 Aufgrund der zahlreichen potenziellen Fehlerquellen sowohl bei Abschluss als 87 auch Beendigung eines ausschließlich zweckbefristeten Arbeitsverhältnisses ist von dieser Form der Befristung abzuraten und eine zusätzliche Aufnahme einer hilfsweisen Zeitbefristung zu empfehlen.
2. Kündbarkeit Das befristete Arbeitsverhältnis ist nach § 15 Abs. 3 grundsätzlich nur dann ordentlich kündbar, wenn eine Kündigungsklausel einzelvertraglich vereinbart wurde oder Teil eines geltenden Tarifvertrages ist. Andernfalls besteht weder für den Arbeitnehmer noch für den Arbeitgeber ein Kündigungsrecht und das Arbeitsverhältnis endet erst durch Ablauf der kalendarischen Befristung oder die Erreichung des vereinbarten Zwecks. Die Befristung wird in diesem Fall – meist unbeabsichtigter Weise – sowohl zur Höchstbefristung als auch zur Mindestlaufzeit. Um dem entgegenzuwirken, ist die Aufnahme einer Kündigungsklausel in den Arbeitsvertrag unerlässlich. Möglich verbleibt andernfalls nur die außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB. Die Kündigungsklausel bedarf keiner besonderen Form. Bei ihrer Verwendung in Formularverträgen unterliegt sie keinen übermäßigen Anforderungen.118 Die Kündigung durch den Arbeitgeber muss den üblichen Anforderungen des allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzes entsprechend sein. Hierbei sind aufgrund der kurzzeitigen Natur befristeter Arbeitsverhältnisse häufig gewisse für den Arbeitgeber günstige Sonderbestimmungen bezüglich der Kündigungsfrist zu beachten. Wurde für das befristete Arbeitsverhältnis eine Probezeit ausdrücklich vertraglich vereinbart, kann das Arbeitsverhältnis innerhalb dieser nach § 622 Abs. 3 BGB mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Handelt es sich bei dem Arbeitnehmer um eine vorübergehende Aushilfe kann die Kündigungsfrist innerhalb der ersten drei Monate nach § 622 Abs. 5 Nr. 1 BGB sogar vertraglich auf null reduziert werden. Diese entfristete ordentliche Kündigung ist selbstverständlich nur vorbehaltlich anderslautender Tarifbestimmungen möglich. Zu beachten bleibt, dass sich die Kündigungsmöglichkeiten nie als für den Arbeitgeber vorteilhafter darstellen dürfen als für den Arbeitnehmer, § 622 Abs. 6 BGB. Besondere Kündigungsbestimmungen gelten bei befristeten Arbeitsverhältnissen mit einer Länge von über fünf Jahren oder gar auf Lebenszeit einer Person. Nach § 15 Abs. 4 TzBfG wird dem Arbeitnehmer in diesen Fällen ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt, von welchem er nach Ablauf von fünf Jahren nach Arbeitsantritt mit sechsmonatiger Kündigungsfrist Gebrauch machen kann. Dieses Kündi-
117 Preis/Rolfs II B 10 Rn. 122, 125. 118 BAG, Urt. v. 04.08.2011 – 6 AZR 436/10.
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gungsrecht ist als den Arbeitnehmer begünstigende Regelung nach § 22 Abs. 1 TzBfG nicht abdingbar und die Kündigungsfrist von sechs Monaten kann auch nicht durch eine Vereinbarung verlängert werden. Eine Verkürzung der Kündigungsfrist steht als Begünstigung des Arbeitnehmers hingegen zur Disposition der Parteien. Der Arbeitgeber erhält kein gesondertes Kündigungsrecht. Ein Arbeitsverhältnis auf Lebenszeit kann sich sowohl auf die Lebenszeit des 93 Arbeitnehmers, die des Arbeitgebers aber auch auf die Lebensspanne Dritter beziehen.119 Im Falle einer kalendermäßigen Befristung ist auf die im Vertrag vorgesehene Dauer des Arbeitsverhältnisses abzustellen. Hierbei entscheidend ist die tatsächliche Bindung über eine Dauer von mehr als fünf Jahren. Der wiederholte Abschluss aufeinanderfolgender Verträge mit einer Dauer von jeweils genau fünf Jahren ist somit zulässig, selbst wenn die Verlängerung automatisch eintritt sofern der Arbeitnehmer nicht von einem Kündigungsrecht Gebrauch macht.120 Wird die Verlängerung jedoch bereits zeitig auf den originären Vertragsschluss folgend vereinbart und nicht erst kurz vor Ablauf der Vertragsdauer, liegt eine Umgehung der Regelung des § 15 Abs. 5 TzBfG vor.121 In diesem Fall wird der Arbeitnehmer tatsächlich auf längere Zeit als fünf Jahre gebunden, der Anwendungsbereich des Abs. 5 bleibt eröffnet. Ebenso zu behandeln ist der gleichzeitige Abschluss mehrerer inhaltsgleicher Verträge, die sich zeitlich aneinanderreihen. Die Kündigungsmöglichkeit entsteht mit dem Ablauf von fünf Jahren, eine vor94 herige Kündigung durch den Arbeitnehmer ist jedoch möglich und wird zu einer das Arbeitsverhältnis nach fünf Jahren und sechs Monaten beendenden Kündigung umgedeutet. Die Kündigung muss schriftlich erklärt werden, § 623 BGB. Anders als bei einer ordentlichen Kündigung kann die außerordentliche Kündigung nach Abs. 5 jederzeit, also nicht nur am 1. oder 15. eines jeden Monats ergehen.122
3. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über die Befristung hinaus
95 Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Befristung, Eintritt der Zweckerreichung
oder auflösenden Bedingung tatsächlich und ohne vertragliche Grundlage fortgesetzt, so wandelt es sich nach Abs. 5 in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit den bisherigen Rechten und Pflichten, sofern der Arbeitgeber der Fortsetzung nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer unverzüglich die schriftliche Mitteilung über die Zweckerreichung zukommen lässt. Die Fortsetzung setzt zunächst voraus, dass der Arbeitnehmer nach Ende der 96 Befristung die geschuldete Tätigkeit weiterhin bewusst mit dem Willen erbringt die
119 BAG, Urt. v. 25.03.2004 – 2 AZR 173/01. 120 BAG, Urt. v. 19.12.1991 – 2 AZR 363/91. 121 MK TzBfG § 15 Rn. 38. 122 BAG, Urt. v. 24.10.1996 – 2 AZR 845/95.
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vertragliche Verpflichtung zu erfüllen.123 Der Arbeitnehmer muss die Arbeitsleistung auch tatsächlich erbringen, eine irrtümliche Gegenleistung durch den Arbeitgeber genügt also nicht.124 Eine – wenn auch nur kurzzeitige – Unterbrechung der Arbeitsleistung steht der Fortführung entgegen.125 Ferner muss die Fortsetzung mit Wissen des Arbeitgebers erfolgen, diesem muss 97 also positiv bekannt sein, dass der Arbeitnehmer weiterhin tätig ist.126 Irrtümliche Annahmen des Arbeitgebers über den Fristablauf oder den Eintritt der Zweckerreichung stehen dem Eintritt der Rechtsfolge grundsätzlich nicht entgegen.127 Der Arbeitgeber muss sich wohl das Wissen Dritter zurechnen lassen, die zum Abschluss eines Arbeitsvertrages mit dem Arbeitnehmer befugt wären. Der Widerspruch oder die Mitteilung haben unverzüglich zu erfolgen. Unverzüg- 98 lich in diesem Zusammenhang ist gleich dem unverzüglich in § 121 BGB, also ohne schuldhaftes Zögern zu verstehen. Die absolute Obergrenze hierbei bildet ein Rahmen von zwei Wochen.128 Allgemein empfehlenswert ist es nicht länger als eine Woche zwischen Kenntnisnahme und dem Widerspruch oder der Mitteilung verstreichen zu lassen oder im Idealfall umgehend zu widersprechen. Ein Widerspruch gegen die Fortführung kann bereits vor Ablauf der Frist129, nicht jedoch schon im Arbeitsvertrag selbst vorgenommen werden. Der Widerspruch kann formlos ergehen, es bietet sich jedoch an ihn zu Beweiszwecken in schriftlicher Form zu erklären. Zu beachten ist, dass nur eine schriftliche Beendigungserklärung die Klagefrist nach § 17 TzBfG in Gang setzt. Die nachträgliche Mitteilung über das Erreichen des Zwecks unterliegt denselben Anforderungen wie die ordentliche Mitteilung nach Abs. 2. Sie muss folglich in Schriftform ergehen und die Zweckerreichung sowie den Zeitpunkt dieser enthalten. Ist sie fehlerhaft oder nicht formgerecht, kann durch sie die Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nicht verhindert werden. Auch auf die nachträgliche Mitteilung hin wird dem Arbeitnehmer eine Auslauffrist von zwei Wochen gewährt, die nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BAG130 auch in Fällen der Zweckerreichung in der Sphäre des Arbeitnehmers und ohne Wissen des Arbeitgebers besteht. Setzt der Arbeitnehmer nach Ende der Auslauffrist auf eine ordnungsgemäße nachträgliche Mitteilung hin die Tätigkeit fort und der Arbeitgeber widerspricht dieser Fortsetzung nicht unverzüglich, so wird ebenfalls ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet. Die Zweckbefristung birgt insofern ein doppeltes
123 BAG, Urt. v. 11.07.2007 – 7 AZR 501/06. 124 BAG, Urt. v. 02.12.1998 – 7 AZR 508/97. 125 BAG, Urt. v. 02.12.1998 – 7 AZR 508/97. 126 BAG, Urt. v. 11.07.2007 – 7 AZR 501/06. 127 LAG Düsseldorf, Urt. v. 26.09.2002 – 5 Sa 748/02. 128 BAG, Urt. v. 14.12.1979 – 7 AZR 38/78. 129 BAG, Urt. v. 05.05.2004 – 7 AZR 629/03. 130 BAG, Urt. v. 23.07.2014 – 7 AZR 771/12
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Risiko der ungewollten unbefristeten Beschäftigungsbegründung nach Abs. 5 und sollte nach aller Möglichkeit vermieden werden.
VI. Die Entfristungsklage 99 Nach § 17 TzBfG ist es dem Arbeitnehmer möglich die Unwirksamkeit einer Befris-
tung gerichtlich überprüfen zu lassen. Überprüfbar ist hierbei nur die Befristung des Arbeitsverhältnisses insgesamt, nicht etwa auch einzelner befristeter Arbeitsbedingungen.131 § 17 TzBfG findet in jedem Fall der Befristung, also sowohl der kalendermäßigen als auch der Zweckbefristung sowie nach § 21 TzBfG auch im Fall auflösender Bedingung Anwendung. Die Unwirksamkeit einzelner befristeter Vertragsbedingungen hat hingegen im Rahmen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO zu erfolgen.132 Nicht im Anwendungsbereich des § 17 liegen Streitigkeiten über das Eintreten des Befristungstatbestandes, also häufig das Erreichen des Vertragszweckes. Nach neuerer Rechtsprechung des BAG soll die Frist des § 17 auch für Streitigkeiten über den Eintritt auflösender Bedingungen gelten.133 Es ist insofern zu bezweifeln, dass die bisherige Nichtanwendung des § 17 auf den Eintritt des Befristungstatbestands auch in Zukunft beibehalten wird. Der Arbeitnehmer hat Gelegenheit die Wirksamkeit einer Befristung innerhalb 100 einer Klagefrist von drei Wochen nach Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses geltend zu machen, § 17 Satz 1 TzBfG. Diese Klagefrist erstreckt sich auf alle möglichen Unwirksamkeitsgründe, durch Säumnis wird sogar die Nichtwahrung der Schriftform präkludiert.134 Die Frist beginnt auch dann zu laufen, wenn der Arbeitnehmerstatus noch nicht abschließend geklärt wurde.135 Fristbeginn ist bei der kalendermäßigen Befristung der vertraglich fixierte Beendigungszeitpunkt. Bei Zweckbefristungen ist nach aktueller Rechtsprechung des BAG wohl auf den Zeitpunkt der Zweckerreichung nur abzustellen, sofern dieser dem Arbeitnehmer ordentlich nach § 15 Abs. 2 TzBfG mitgeteilt wurde.136 Eine Sonderregelung für den Fall der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses enthält S. 3. Diese nicht hinreichend mit § 15 Abs. 5 TzBfG im Einklang stehende Regelung hat hauptsächlich zwei Anwendungsfälle. Zunächst greift sie, wenn der Arbeitgeber der Fortsetzung des kalendarisch befristeten Arbeitsverhältnisses zwar widersprochen hat, dies aber nur mündlich oder in Textform geschah. Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht somit nicht, die Frist wird jedoch mangels
131 BAG, Urt. v. 14.01.2004 – 7 AZR 213/03. 132 BAG, Urt. v. 23.01.2002 – 7 AZR 563/00. 133 BAG, Urt. v. 06.04.2011 – 7 AZR 704/09. 134 BAG, Urt. v. 15.02.2012 – 10 AZR 111/11. 135 BAG, Urt. v. 15.02.2012 – 10 AZR 111/11. 136 BAG, Urt. v. 06.04.2011 – 7 AZR 704/09.
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der Schriftform des Widerspruchs nicht in Gang gesetzt. Bei der Zweckbefristung kann eine Erklärung nach § 17 Abs. 3 TzBfG erforderlich sein, wenn der Arbeitgeber die nach § 15 Abs. 2 TzBfG erforderliche Mitteilung rechtzeitig getätigt hat, der Arbeitnehmer aber nach Ablauf der Auslauffrist seine Tätigkeit fortsetzt. Die Erklärung des Arbeitgebers hat schriftlich zu erfolgen. Im Rahmen der Befristungskontrollklage wird ausschließlich die Wirksamkeit 101 der Befristung des letzten abgeschlossenen Arbeitsverhältnisses überprüft.137 Etwas anderes gilt nur, wenn die zuletzt geschlossene Vereinbarung nur einen unselbstständigen Annex zu einem zuvor geschlossenen Vertrag darstellt.138 Eine Vereinbarung zur Abbedingung des § 17 TzBfG ist nicht zulässig.139 Möglich 102 ist wohl die Vereinbarung über einen Klageverzicht nach Beendigung der Beschäftigung und im Prozess in Form eines Vergleichs.
VII. Klauselmuster Wie bereits oben erläutert, stellt die Formulierung einer wirksamen Befristungsklau- 103 sel an den Vertragsersteller keine besonders hohe Hürde dar. Es gilt im Grunde der Merksatz „weniger ist mehr“, so dass Befristungsklauseln möglichst schlank gestaltet werden sollten, insbesondere ohne den Grund der Befristung zu nennen (soweit keine tarifvertraglichen Regelungen hier andere Vorgaben machen). Klauselmuster Zeitbefristung (vorzugswürdig) (5) Das Arbeitsverhältnis ist befristet und endet am [Beendigungsdatum]. (6) Das Arbeitsverhältnis ist auch vor Ablauf der Befristung ordentlich kündbar. (alternativ) Zweckbefristung Das Arbeitsverhältnis ist befristet und endet mit Fertigstellung des Projektes xy, spätestens am [Beendigungsdatum].
B. Altersgrenze I. Einführung In den meisten auf Dauer geschlossenen Arbeitsverträgen findet sich eine Altersgren- 104 zenvereinbarung. Da Arbeitsverhältnisse nicht automatisch mit dem Eintritt in das
137 BAG, Urt. v. 14.02.2007 – 7 AZR 95/06. 138 BAG, Urt. v. 15.08.2001 – 7 AZR 144/00. 139 BAG, Urt. v.19.01.2005 – 7 AZR 115/04.
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Rentenalter enden, gehört eine solche Vereinbarung als Beendigungstatbestand in jeden Arbeitsvertrag. Das Erreichen eines bestimmten Lebensalters stellt keinen personenbedingten Kündigungsgrund nach § 1 Abs. 2 KSchG dar.140 Darüber hinaus ist der Anspruch des Versicherten auf eine Rente wegen Alters gemäß § 41 Satz 1 SGB VI nicht als ein Grund anzusehen, der die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nach dem Kündigungsschutzgesetz bedingen kann. Kündigungsrelevant sind daher nur dauernde Arbeitsunfähigkeit, der erhebliche altersbedingte Leistungsabfall und häufige Kurzerkrankungen, für die der Arbeitgeber die Darlegungsund Beweislast trägt.141 Die Vereinbarung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Zeitpunkt der 105 Erreichung eines bestimmten Lebensalters kann entweder eine auflösende Bedingung oder eine Befristung darstellen. Entscheidend für die Unterscheidung ist, ob der Eintritt des Beendigungszeitpunktes für die Vertragsparteien gewiss ist.142 Bei einer Vereinbarung, nach der das Arbeitsverhältnis mit der Vollendung eines bestimmten Lebensjahres enden soll, handelt es sich um eine kalendermäßige Befristung dieses Arbeitsverhältnisses, weil der Beendigungszeitpunkt hinreichend bestimmbar ist. Aus der Sicht der Parteien ist die Vollendung eines bestimmten Lebensjahres ein zukünftiges Ereignis, dessen Eintritt feststeht. Die vereinbarte Altersgrenze wird nicht allein durch die Möglichkeit einer vorherigen anderweitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einer auflösenden Bedingung.143 Für eine Vereinbarung zur Altersgrenze gilt in jedem Fall das Schriftformerfor106 dernis, da § 14 Abs. 4 TzBfG den Schriftformzwang für Befristungen vorschreibt und dieser Paragraph durch die Verweisung des § 21 TzBfG nun auch ausdrücklich für auflösende Bedingungen gilt. Darüber hinaus finden sich Regelungen zur Altersgrenze typischerweise in 107 Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen. Diese Befristungen sind gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG dann zulässig, wenn ein sachlicher Grund sie rechtfertigt. Ein sachlicher Grund liegt laut BAG dann vor, wenn der Arbeitnehmer nach dem Vertragsinhalt und der Vertragsdauer eine Altersversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben kann oder bei Vertragsschluss bereits die für den Bezug einer Altersrente erforderliche rentenrechtliche Wartezeit erfüllt hat.144 Der sich aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Schutzpflicht ist dann genügt, wenn der befristet beschäftigte Arbeitnehmer nach dem Vertragsinhalt und der Vertragsdauer eine Altersversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben kann.145 Die Wirksamkeit einer Befris-
140 BAG, Urt. v. 28.09.1961 – 2 AZR 428/60; BAG, Urt. v. 20.12.1984 – 2 AZR 3/84; BAG, Urt. v. 20.11.1987 – 2 AZR 284/86. 141 Preis/Rolfs, Der Arbeitsvertrag, II A 20 Rn. 3. 142 BAG, Urt. v. 08.08.2007 – 7 AZR 605/06, Rn. 18. 143 BAG, Urt. v. 14.08.2002 – 7 AZR 469/01; BAG, Urt. v. 27.07.2005 – 7 AZR 443/4, Rn. 25. 144 BAG, Urt. v. 18.06.2008 – 7 AZR 116/07, Rn. 21. 145 BAG, Urt. v. 27.07.2005 – 7 AZR 443/04, Rn. 30.
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B. Altersgrenze
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tung wegen des Alters ist nicht von der konkreten wirtschaftlichen Absicherung des Arbeitnehmers bei Erreichung der Altersgrenze abhängig.146 Laut BAG bestehe durch die gesetzliche Rentenversicherung ein geeignetes Altersversorgungssystem für Arbeitnehmer, das nach ihrem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ihren Lebensunterhalt sicherstelle. Da die sich aus der Beitragszahlung ergebende Versorgung vorhersehbar sei und auch der Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand feststehe, sei der Arbeitnehmer gehalten, seine Lebensplanung auf die zu erwartenden Versorgungsbezüge einzustellen.147 Allerdings ist eine Altersgrenze ohne finanzielle Absicherung oder auch bei 108 Abstellen auf eine Rente mit Abschlägen des Arbeitnehmers nicht zu rechtfertigen. Das sind solche Altersgrenzen, die entgegen der Regelaltersgrenze der Rentenversicherung einen vorgezogenen Zeitpunkt für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestimmen.148 Bestandteil des Sachgrundes der Befristung ist somit die Anbindung an eine rentenrechtliche Versorgung beim Ausscheiden bei Erreichung der Altersgrenze.149
II. Wirksamkeit der Regelung 1. AGB-Kontrolle 109 Eine Vereinbarung, durch die das Arbeitsverhältnis durch eine Altersgrenze beendet wird, hält der AGB-Kontrolle stand. Eine solche Regelung ist nicht so ungewöhnlich i. S. d. § 305c Abs. 1 BGB, dass der Arbeitnehmer nicht mit ihr zu rechnen braucht.150 Insbesondere unter den Überschriften „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“151, „Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses“152 oder „Beginn und Ende der Arbeitsteilzeit“153 ist eine Altersgrenzenvereinbarung nicht überraschend. Eine weitere drucktechnische Hervorhebung ist hier nicht erforderlich.154 Notwendig ist aber aufgrund der weitreichenden wirtschaftlichen Folgen, dass die Befristungsabrede den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den durchschnittlichen Arbeitnehmer hinreichend bestimmt erkennen lässt.155
146 BAG, Urt. v. 18.06.2008 – 7 AZR 116/07, Rn. 26. 147 BAG, Urt. v. 27.07.2005 – 7 AZR 443/04, Rn. 30. 148 BAG, Urt. v. 14.08.2002 – 2 AZR 284/86; BAG, Urt. v. 27.07.2005 – 7 AZR 443/04. 149 Suckow/Striegel/Niemann/Striegel, Rn. 264. 150 BAG, Urt. v. 27.07.2005 – 7 AZR 443/04; Preis/Rolfs, Arbeitsvertrag, II A 20 Rn. 2. 151 BAG, Urt. v. 27.07.2005 – 7 AZR 443/04. 152 LAG Niedersachsen, Urt. v. 20.06.2007 – 15 Sa 1257/06. 153 BAG, Urt. v. 08.08.2007 – 7 AZR 9/03. 154 BAG, Urt. v. 27.07.2005 – 7 AZR 443/04. 155 Suckow/Striegel/Niemann/Striegel, Rn. 261.
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Einer Angemessenheitskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB unterliegen Befristungsabrede nicht, da sich ihre Zulässigkeit nach § 14 TzBfG richtet, der § 307 BGB als Spezialnorm vorgeht.156 Eine Regelung zur Altersgrenze kann deshalb keine unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 307 BGB darstellen.
2. Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht und AGG 111 Gemäß § 10 S. 3 Nr. 5 AGG ist die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses, die an die Rentenberechtigung des Beschäftigte anknüpft, erlaubt. Somit lässt der Wortlaut der Norm arbeitsvertragliche Altersgrenzenregelungen ausdrücklich zu. Eine tarifliche Altersgrenzenregelung ist mit dem Gemeinschaftsrecht verein112 bar. Zwar kann laut BAG eine auf die Vollendung des Regelrentenalters bezogene tarifliche Altersgrenzenregelung dann keinen Bestand haben, wenn sie den betroffenen Arbeitnehmer diskriminiere oder ihn dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot zuwider benachteilige. Eine tarifliche Altersgrenzenregelung, die an die Rentenberechtigung anknüpfe, genüge sowohl dem primärrechtlichen Prüfungsmaßstab als auch den Vorgaben der RL 2000/78/EG. Die Altersgrenze führe zwar zu einer Ungleichbehandlung auf Grund des Alters, jedoch sei die unterschiedliche Behandlung zwischen Arbeitnehmern, die ein bestimmtes Lebensalter erreicht haben und anderen Arbeitnehmern aber durch legitime Ziele i. S. d. Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/ EG gerechtfertigt, da die Altersgrenze zumindest auch allgemeinen beschäftigungsund arbeitsmarktpolitischen Zielen diene. Die Nachteile, die die von der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses betroffenen Arbeitnehmer durch die Altersgrenze erfahren, seien gegenüber der dadurch bewirkten Förderung der Beschäftigungspolitik und der Entlastung des Arbeitsmarkts als angemessen und erforderlich i. S. d. Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG anzusehen.157 Auch der EuGH führt in einer Entscheidung über die Rentenaltersgrenzen in Tarif113 verträgen aus, dass eine derartige tarifvertragliche Klausel zwar eine unmittelbar auf das Alter beruhende Ungleichbehandlung darstelle, diese sei jedoch seit langem Teil des Arbeitsrechts zahlreicher Mitgliedstaaten und in der Arbeitswelt weithin üblich. Diese Klauseln würden einen Ausgleich zwischen den divergierenden Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber darstellen. Der Arbeitnehmer habe eine gewisse Stabilität der Beschäftigung und könne den Eintritt in den Ruhestand langfristig planen, der Arbeitgeber hingegen hätte dadurch eine gewisse Flexibilität in der Personalplanung. Eine Altersgrenzenregelung verstoße damit nicht gegen die Richtlinie 2000/78/ EG.158 Mit der Neufassung des § 41 S. 3 SGB VI hat der Gesetzgeber seit Juli 2014 auf-
156 BAG, Urt. v. 27.07.2005 – 7 AZR 443/04; Suckow/Striegel/Niemann/Striegel, Rn. 262. 157 BAG, Urt. v. 18.06.2008 – 7 AZR 116/07, Rn. 28. 158 EuGH, Urt. v. 12.10.2010 – C-45/09.
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B. Altersgrenze
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bauend auf der EuGH-Rechtsprechung eine neue Möglichkeit der Altersbefristung mit Mitarbeitern oberhalb der Regelaltersgrenze vorgesehen.159
III. Klauseltypen 1. Altersgrenze 65 Durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz wurde ab dem 1.1.2008 die stu- 114 fenweise Anhebung der Regelaltersgrenze gemäß § 35 S. 2 SGB VI vom 65. auf das 67. Lebensjahr angeordnet. In vielen Altverträgen, gleichgültig, ob Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträge, sind noch Vertragsklauseln enthalten, die auf die Vollendung des 65. Lebensjahres abstellen. Diese werden der aktuellen Rechtslage nicht mehr gerecht, da der Arbeitnehmer bei Erreichung des Beendigungszeitpunktes die gesetzliche Regelaltersgrenze noch nicht erreicht hat. Deshalb soll auf die Vereinbarungen, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 65. Lebensjahr vorsehen, § 41 S. 2 SGB VI angewandt werden. 160 Dieser bestimmt, dass Vereinbarungen grundsätzlich als auf die für den einzelnen Arbeitnehmer geltende Regelaltersgrenze abgeschlossen gelten. Damit ist sichergestellt, dass ein möglicher vorzeitiger Rentenanspruch nicht zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses führt, wenn nicht der Arbeitnehmer einer solchen Auflösung im rentennahen Alter frühestens drei Jahre im Voraus zugestimmt hat.161 An die Stelle der Altersgrenze 65 tritt demnach die individuelle regelaltersgrenze des jeweiligen Arbeitnehmers. In der Literatur wird die Anwendung des § 41 S. 2 SGB VI auf die Fälle der Alters- 115 grenze von 65 Jahren teilweise abgelehnt.162 Nach dieser Auffassung ist die Altersvereinbarung dahingehend auszulegen, dass die Vertragsparteien eine Beendigung zum Zeitpunkt des erstmaligen Bezugs einer Regelaltersgrenze vereinbaren wollten. Ist die Auslegung nicht zielführend, kann auch an eine Störung der Geschäftsgrundlage gedacht werden.163 Anders ist dies zu beurteilen bei Neuverträgen, die nach dem 1.1.2008 geschlossen wurden. Zu diesem Zeitpunkt war die Änderung des Rentenversicherungsrechts in Kraft getreten und es ist davon auszugehen, dass den Vertragsparteien die Anhebung der Altersgrenze auf 67 Jahre bekannt ist. Wurde dennoch die „Altersgrenze 65“ vereinbart, so liegt eine bewusste Abweichung von der Regelaltersgrenze vor und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wurde unabhängig von dieser Grenze vertraglich vereinbart. Eine solche Regelung ist grundsätzlich unwirksam, denn der Arbeitnehmer scheidet zu einem Zeitpunkt aus dem Arbeits-
159 ErfK/Rolfs, § 41 SGB V Rn. 21–24. 160 BT-Drs. 16/3794, S. 34; BeckOK-Sozialrecht/Kreikebohm/Jassat, § 41 SGB VI, Rn. 4. 161 BT-Drs. 16/3794, S. 34; BeckOK-Sozialrecht/Kreikebohm/Jassat, § 41 SGB VI, Rn. 4. 162 Preis/Rolfs, Arbeitsvertrag, II A 20 Rn. 14; ErfK/Rolfs, SGB VI Rn. 9a. 163 Preis/Rolfs, Arbeitsvertrag, II A 20 Rn. 14.
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verhältnis aus, zu dem er noch nicht durch Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung abgesichert ist.164
2. Regelaltersgrenze
116 Vereinbaren die Vertragsparteien eine Klausel zur Altersgrenze, so endet das Arbeits-
verhältnis automatisch mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze vollendet. Eine solche Klausel ist mit § 41 S. 2 SGB VI vereinbar, weil die Vorschrift lediglich Altersgrenzen vor Erreichen der Regelaltersgrenze betrifft. Die Vereinbarung einer Altersgrenze stellt eine Befristung des Arbeitsvertrages 117 dar. Aus diesem Grund sollten die Parteien vorsorglich klarstellen, dass eine ordentliche Kündigung trotzdem möglich ist. Gemäß § 15 Abs. 3 TzBfG ist ein befristetes Arbeitsverhältnis nur dann ordentlich kündbar, wenn dies ausdrücklich im Arbeitsvertrag oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart wurde.
3. Selbständige Altersgrenze
118 Die Vereinbarung einer Altersgrenze, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnis-
ses führt, ohne dabei an Rentenansprüche des Arbeitnehmers gebunden zu sein, ist grundsätzlich unzulässig. Altersgrenzenvereinbarungen sind gerade dadurch gerechtfertigt, dass mit Erreichen der Regelaltersgrenze der Arbeitnehmer insoweit wirtschaftlich abgesichert ist, als er ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf gesetzliche Altersrente hat. Regelungen, die nicht an diese Altersgrenze anknüpfen sind unter Berücksichtigung des Art. 12 Abs. 1 GG und der arbeitsrechtlichen Befristungskontrolle nur ausnahmsweise gerechtfertigt.165 Die von der Rechtsprechung zur Rechtfertigung der Altersbegrenzung herangezogenen Gründe, wie die Personal- und Nachwuchsplanung, reichen hier für eine Rechtfertigung nicht aus. Folgende Klausel ist demnach unzulässig: 119 Beispiel Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem der/die Arbeitnehmer/in das 58. Lebensjahr vollendet.
120 Auch eine Abfindungszahlung an den Arbeitnehmer oder die Aufstockung des
Arbeitslosengelds auf den Betrag des letzten Nettogehalts, ändert nichts an der Unwirksamkeit der Vereinbarung.166 Die Unwirksamkeit der Klausel hat zur Folge,
164 Preis/Rolfs, Arbeitsvertrag, II A 20 Rn. 15. 165 Preis/Rolfs, Arbeitsvertrag, II A 20 Rn. 26. 166 Preis/Rolfs, Arbeitsvertrag, II A 20 Rn. 27.
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C. Erwerbsminderung
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dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande kam, das auch nicht ohne Kündigung mit Erreichen der Regelaltersgrenze endet. In wenigen Ausnahmefällen ist eine Regelung einer Altersgrenze ohne Rück- 121 sicht auf die Regelaltersgrenze wirksam. Die Voraussetzung für eine solche Vereinbarung ist, dass die besonderen Anforderungen des Berufs die Beendigung zu einem früheren Zeitpunkt erforderlich machen, wie dies beispielsweise bei Piloten bejaht wurde,167 die zusätzlich durch eine besondere Übergangsversorgung wirtschaftlich abgesichert sind.168
IV. Hinweis zur Vertragsgestaltung/Klauselmuster Eine Altersgrenze sollte in keinem Arbeitsvertrag fehlen. Dabei ist zu beachten, 122 dass die Vereinbarung aufgrund der Dynamik der Regelaltersgrenze kein konkretes Lebensalter für die Beendigung des Arbeitsvertrages nennen sollte, sondern besser auf das Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze gemäß § 35 SGB VI abstellen sollte. Darüber hinaus sollte klargestellt werden, dass das Arbeitsverhältnis ordentlich kündbar bleibt. Hiernach ergibt sich folgender Formulierungsvorschlag: Klauselmuster Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des Monats, in dem die/der Mitarbeiter/in die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer entsprechenden Versorgungseinrichtung vollendet. Zuvor kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten ordentlich gekündigt werden.
C. Erwerbsminderung Oftmals wird in Arbeitsverträgen auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses 123 wegen Erwerbsminderung und des Bezugs einer Erwerbsminderungsrente geregelt. Eine solche Vereinbarung stellt eine auflösende Bedingung i. S. d. § 21 TzBfG 124 dar. Die Regelung ist laut der Rechtsprechung gerechtfertigt, da sie an eine rentenrechtliche Versorgung des Arbeitnehmers gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG anknüpft.169 Dieser Grundsatz hat jedoch erhebliche Einschränkungen erfahren. Die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit darf regelmäßig nur das Ruhen des Arbeitsver-
167 BAG, Urt. v. 12.02.1992 – 7 AZR 100/91; BAG, Urt. v. 21.07.2004 – 7 AZR 589/03; Preis/Rolfs, Arbeitsvertrag, II A 20 Rn. 28. 168 BVerfG, Urt. v. 25.11.2004 – 1 BvR 2459/04; BAG, Urt. v. 12.02.1992 – 7 AZR 100/91. 169 BAG, Urt. v. 15.03.2006 – 7 AZR 332/05; BAG, Urt. v. 14.10.2003 – 9 AZR 100/03.
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hältnisses zur Folge haben170 und nur dann als auflösende Bedingung gestaltet sein, wenn dem Arbeitnehmer ein Weiterbeschäftigungsanspruch auf einem freien Arbeitsplatz eingeräumt wird.171 Auch im Falle der Gewährung einer dauernden Erwerbsunfähigkeitsrente darf das Arbeitsverhältnis nicht enden, wenn der Arbeitnehmer fristgerecht Widerspruch gegen den Bescheid des Rentenversicherungsträgers erhoben hat.172 Durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wurde ab dem 1.1.2001 wurde die Systematik der Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente aufgehoben. Es gibt nun nur noch eine einheitliche Erwerbsminderungsrente, die keinen Berufsschutz mehr vermittelt, sondern alleine darauf abstellt, ob der Versicherte einer Tätigkeit mindestens sechs oder drei Stunden am Tag nachgehen kann. § 43 SGB VI sieht eine zweistufige Erwerbsminderungsrente vor. Keine Erwerbsminderungsrente erhält danach, wer noch ein Restleistungsvermögen von sechs Stunden oder mehr hat. Volle Erwerbsminderungsrente wird dagegen bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden gezahlt. Ein Anspruch auf halbe Erwerbsminderungsrente besteht bei einem Restleistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden. Eine Klausel, die die Beendigung oder das Ruhen des Arbeitsverhältnisses sogar bei nur teilweiser Erwerbsminderung vorsieht, begegnet in Anbetracht von § 81 SGB IX erhöhten Wirksamkeitsbedenken. Zudem besteht die Gefahr, dass eine solche Klausel von Arbeitsgerichten gemäß § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB als unangemessene Benachteiligung der Arbeitnehmer gewertet werden könnte. Gleichwohl kann die Aufnahme einer entsprechenden Vertragsregelung hilfreich sein, um für später auftretende Fälle von Erwerbsminderungen zumindest eine argumentative Leitlinie und in den Fällen von unbefristeten vollen Erwerbsminderungen eine wirksame Beendigungsklausel zu haben. Es eignet sich folgender Formulierungsvorschlag: Klauselmuster Der Arbeitsvertrag endet auch mit Ablauf des Monats, in dem ein Bescheid zugestellt wird, mit dem der zuständige Sozialversicherungsträger bei dem Arbeitnehmer eine volle Erwerbsminderung feststellt, bei späterem Beginn des entsprechenden Rentenbezugs jedoch erst mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorhergehenden Tages, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang einer schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch die Arbeitgeberin über den Eintritt der auflösenden Bedingung. Der Arbeitnehmer hat die Arbeitgeberin von der Zustellung des Rentenbescheids unverzüglich zu unterrichten. Liegt im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine nach § 92 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vor, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheids des Integrationsamtes. Gewährt der Sozialversicherungsträger nur eine befristete Rente auf Zeit von unter zwei Jahren Dauer, so ruht der
170 BAG, Urt. v. 05.04.2000 – 10 AZR 178/99. 171 BAG, Urt. v. 23.03.2000 – 7 AZR 126/99. 172 BAG, Urt. v. 23.02.2000 – 7 AZR 906/98.
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D. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (insb. Kündigungsvereinbarungen)
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Arbeitsvertrag für den Bewilligungszeitraum dieser Rente, längstens jedoch bis zum Eintritt eines anderweitigen Beendigungsgrundes.
Eine Klausel, die die Beendigung oder das Ruhen des Arbeitsverhältnisses bei teilwei- 129 ser Erwerbsminderung vorsieht, ist mit § 81 Abs. 5 S. 3 SGB IX nicht vereinbar. Zudem benachteiligt eine solche Klausel den Beschäftigten gemäß § 307 Abs. 1 und Abs. 2 N.1 BGB unangemessen. Höchstens im Rahmen einer unbefristeten vollen Erwerbsminderung könnte eine Klausel der Inhaltskontrolle standhalten. Angesichts der hohen Anforderungen an eine solche Klausel und der Unsicher- 130 heit ihrer Wirksamkeit, wird von einer entsprechenden Vereinbarung abgeraten.
D. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (insb. Kündigungsvereinbarungen) I. Einführung In der Praxis zählen Vereinbarungen in Zusammenhang mit der Kündigung längst 131 zu den gängigen Gestaltungsmechanismen eines Arbeitsvertrages. Im ersten Moment verwundert dies, ist doch das geltende Kündigungsschutzrecht weitestgehend zwingender Natur. Dennoch finden sich in der Vertragspraxis häufig Klauseln etwa zu Kündigungsfristen sowie zur Regelung des außerordentlichen bzw. ordentlichen Kündigungsrechts, insbesondere zum Ausschluss von Kündigungsrechten oder zur Erweiterung außerordentlicher Kündigungsgründe, Regelungen für den Fall der Kündigung vor Dienstantritt173 und weitere Klauseln zur Regelung spezieller Fragestellungen wie z. B. zur Umdeutung von Kündigungserklärungen oder Gleichbehandlungsklauseln. Aufgrund des zwingenden Charakters des Kündigungsschutzrechts sind entspre- 132 chende vertragliche Vereinbarungen jedoch stets daraufhin zu überprüfen, ob sie dem gesetzlichen Leitbild entsprechen und den Kündigungsschutz nicht unterlaufen.
II. Vertragliche Umdeutungsklauseln 1. Umdeutung einer unwirksamen (fristlosen) außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung Der häufigste Anwendungsfall der Umdeutung nach § 140 BGB ist der Fall, dass eine 133 Vertragspartei eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen hat, die sich in der Folgezeit als unwirksam erweist. In Betracht kommt dann eine Umdeutung der
173 Siehe dazu Kap. 3 D VI.
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unwirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung, vorausgesetzt, dass eine Auslegung der Kündigungserklärung nach §§ 133, 157 BGB kein anderes Ergebnis ergibt. Führt dagegen die Auslegung des Inhalts der Kündigungserklärung dazu, dass zumindest hilfsweise eine ordentliche Kündigung gewollt war, selbst wenn dies nicht ausdrücklich erklärt wurde, ist für eine Umdeutung nach § 140 BGB kein Raum. Die Auslegung geht der Umdeutung vor.174 In objektiver Hinsicht ist eine Umdeutung nach § 140 BGB im Falle eines nich134 tigen Rechtsgeschäfts – und damit auch im Fall einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung – möglich. Subjektiv setzt § 140 BGB voraus, dass die Umdeutung der unwirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung dem mutmaßlichen Willen des Kündigenden entspricht.175 Beim Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung geht die Rechtsprechung in der Regel davon aus, dass sich der Kündigenden in jedem Falle von der anderen Vertragspartei trennen und den Vertrag beenden wollte, mithin die Umdeutung seinem mutmaßlichen Willen entspricht und dies für den Kündigungsempfänger auch erkennbar war.176 Ferner dürfen der Umdeutung einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung 135 in eine ordentliche Kündigung keine Sonderkündigungsschutzrechte177 entgegenstehen, d. h. die ordentliche Kündigung muss rechtlich möglich sein. Auch alle weiteren Wirksamkeitsvoraussetzungen der ordentlichen Kündigung, wie z. B. die Schriftform nach § 623 BGB178, müssen vorliegen. Ein gesonderter Antrag oder eine ausdrückliche Berufung auf eine Umdeutung 136 ist nach Auffassung des BAG nicht notwendig,179 weswegen vertragliche Umdeutungsklauseln eine nur begrenzte Bedeutung haben. Gehen etwa in einem Kündigungsschutzprozess aus dem Parteivorbringen die Voraussetzungen der Umdeutung nach § 140 BGB hervor, so hat das Gericht die Umdeutung von Amts wegen vorzunehmen. Hierbei handelt es sich nicht um einen selbständigen richterlichen Gestaltungsakt, sondern um eine Subsumtion des von den Parteien vorgetragenen Sachverhalts unter die Rechtsvorschrift des § 140 BGB.180
174 Ascheid/Preis/Schmied/Biebl, § 13 KSchG Rn 35; BeckOK ArbR/Volkening, § 13 KSchG Rn 15. 175 MüKo BGB/Busche, § 140 Rn 30. 176 BAG, Urt. v. 12.5.2010 – 2 AZR 845/08 (bei einer als „fristlos“ erklärten Kündigung); BAG, Urt. v. 31.3.1993 – 2 AZR 492/92 (Erklärung des Arbeitgebers, dass er an einer „Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht interessiert“ sei); BAG, Urt. v. 20.3.1980 – 2 AZR 1009,78 – n. v. (wenn sich der Arbeitnehmer in seiner Klageschrift gegen eine ordentliche Kündigung wehrt); problematisch bei außerordentlichen Verdachtskündigungen, vgl. BeckOK ArbR/Volkening, § 13 KSchG Rn 16. 177 Zum Sonderkündigungsschutz vgl. Reiserer/Posselt, Kap. 9. 178 Preis/Preis, Kündigungsvereinbarungen, II K 10 Rn 3; die Schriftform der Kündigung ist aber bereits dann gewahrt, wenn schon die außerordentliche Kündigung schriftlich erklärt wurde, da die ordentliche Kündigung keine neue Kündigung ist, sondern die umgedeutete außerordentliche, vgl. hierzu BeckOK ArbR/Volkening, § 13 KSchG Rn 17. 179 BAG, Urt. v. 11.12.2003 – 2 AZR 36/03. 180 Ascheid/Preis/Schmidt/Preis, D Rn 113.
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D. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (insb. Kündigungsvereinbarungen)
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Eine Umdeutung ist dagegen ausgeschlossen, wenn sich der Kündigungserklä- 137 rende in der Kündigungserklärung durch (ggf. missverständliche) Äußerungen ausdrücklich nur auf den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung bezogen hat oder – im Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes – der Arbeitgeber im Vorfeld der Kündigung den Betriebsrat nur zum Ausspruch einer außerordentliche Kündigung angehört hat (vgl. § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG).181 Die Ermittlung des mutmaßlichen Willens des Kündigenden in Bezug auf 138 die Umdeutung einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung kann sich – trotz der herrschenden Ansicht, dass eine als „fristlos“ erklärte Kündigung den Beendigungswillen des Kündigenden bereits ausreichend zum Ausdruck bringt – im Einzelfall dennoch als risikobehaftet gestalten. Dem kann durch die Aufnahme einer Klausel in den Arbeitsvertrag begegnet werden, die den mutmaßlichen Willen des Kündigenden ausdrücklich benennt und ihn so für den Kündigungsempfänger erkenntlich macht. Hierzu eignet sich das folgende Klauselmuster: Klauselmuster Beendigung des Arbeitsverhältnisses (…) Eine fristlose Kündigung gilt im Falle ihrer Unwirksamkeit als fristgemäße Kündigung zum nächst zulässigen Termin.
2. Umdeutung einer verspätet zugegangenen Kündigung in eine Kündigung zum nächst zulässigen Zeitpunkt Nicht notwendig sind solche Vereinbarungen, die eine dem Arbeitnehmer verspätet 139 zugegangene Kündigung in eine Kündigung zum nächsten zulässigen Termin umdeuten wollen. Denn eine an sich wirksame Kündigung, die dem Arbeitnehmer verspätet zugeht, beendet das Arbeitsverhältnis ohnehin zum nächst zulässigen Zeitpunkt.182
III. Schriftformerfordernis Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung (oder auch durch Auf- 140 lösungsvertrag) bedarf gemäß § 623 BGB der Schriftform. Der Schriftform unterliegt damit
181 Zur Problematik der fehlenden Anhörung auch zu einer ordentlichen Kündigung vgl. BeckOK ArbeitsR/Volkening, § 13 KSchG Rn 18; KR/Friedrich, § 13 KSchG Rn 103 ff.; zur entsprechenden Problematik bei der Anhörung des Integrationsamtes vgl. BeckOK ArbR/Volkening, § 13 KSchG Rn 19. 182 Preis/Preis, Kündigungsvereinbarungen, II K 10 Rn 7; Ascheid/Preis/Schmidt/Linck, § 622 BGB Rn 66 ff.
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
– die Kündigung durch den Arbeitgeber/durch den Arbeitnehmer; – die Beendigungs- oder Änderungskündigung; – sowohl die ordentliche als auch die außerordentliche Kündigung. 141 Um der Schriftform zu genügen, ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass der
Kündigende die Kündigungserklärung eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet, § 623 BGB i. V. m. § 126 Abs. 1 BGB. § 623 BGB schließt eine Erklärung der Kündigung durch elektronische Form (§ 126a BGB) aus.183
Praxistipp Der Schriftform genügen daher nicht, z. B. Kündigungen – durch SMS;184 – durch E-Mail;185 – durch Telefax;186 die nur mit einer eingescannter Unterschrift unterzeichnet sind.187 Das BAG hat hingegen die Übergabe lediglich einer Kopie des ansonsten ordnungsgemäß unterzeichneten Kündigungsschreibens als die Schriftform wahrend angesehen, wenn dem Empfänger in Anwesenheit des Kündigungserklärenden bei der Übergabe der Kopie eine sofortige Einsicht in das unterschriebene Original möglich gewesen ist.188 Ebenfalls dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB entspricht der Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs.189 142 Das Erfordernis der Schriftform ist nach § 623 BGB eine zwingende Wirksamkeits-
voraussetzung für die Kündigungserklärung. Es kann weder durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung noch durch eine individualvertragliche Regelung abbedungen werden.190 Entsprechende arbeitsvertragliche Klauseln sind daher wirkungs- und nutzlos.
183 Vertiefend zum Schriftformerfordernis Reiserer/Polzer, Kap. 3 Rn 16 ff. 184 LAG Hamm, Urt. v. 17.8.2007 – 10 Sa 512/07 – MMR 2008, 252. 185 Ascheid/Preis/Schmidt/Greiner, § 623 BGB Rn 16. 186 BGH, Urt. v. 28.1.1993 – IX ZR 259/91 (Bürgschaftserklärungen); Ascheid/Preis/Schmidt/Greiner, § 623 BGB Rn 16. 187 LAG Köln, Urt. v. 19.6.2001 – 13 Sa 1571/00. 188 BAG, Urt. v. 4.11.2004 – 2 AZR 17/04; anders dagegen noch die Vorinstanz: LAG Hamm, Urt. v. 4.12.2003 – 4 Sa 900/03. 189 Vgl. §§ 126 Abs. 4, 127a BGB sowie BAG, Urt. v. 23.11.2006 – 6 AZR 394/06. 190 Zur Frage, ob die Vertragsparteien auch strengere Anforderungen an die Form der Kündigung als in § 623 BGB vorgesehen regeln können: Preis/Preis, Kündigungsvereinbarungen, II K 10 Rn 10, der dies aber im Ergebnis als unzulässig verneint.
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D. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (insb. Kündigungsvereinbarungen)
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IV. Pflicht zur Angabe von Kündigungsgründen Für die Wirksamkeit einer Kündigung – ob ordentlich oder außerordentlich – ist die 143 Angabe der Kündigungsgründe in der Regel nicht notwendig.191 Sinnvoll kann eine Vereinbarung, die die kündigende Partei zur Angabe der Kündigungsgründe verpflichtet, aber aus verfahrens- bzw. prozessökonomischen Gesichtspunkten sein. Bei Kenntnis der genauen Kündigungsründe kann der betroffene Arbeitnehmer seine Chancen in einem etwaigen Kündigungsschutzverfahren besser einschätzen und auf diese Weise einen möglicherweise unnötigen Prozess vermeiden. Zum anderen ist der Arbeitnehmer beim Erhalt einer außerordentlichen Kündigung nicht darauf angewiesen, den Arbeitgeber um die Mitteilung der Gründe, die zu der außerordentlichen Kündigung geführt haben, zu bitten (§ 626 Abs. 2 Satz 3 BGB). Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer trotz einer entsprechenden Vereinba- 144 rung die Kündigungsgründe nicht mit, so macht er sich diesem gegenüber schadensersatzpflichtig.192 Dagegen führt der Verstoß gegen die Mitteilungspflicht nicht zwingend auch zu einer Unwirksamkeit der Kündigung, es sei denn, dass auch dies ausdrücklich zum Gegenstand der Vereinbarung geworden ist. Sieht die Vereinbarung ausdrücklich vor, dass die Kündigung im Falle eines Ver- 145 stoßes gegen die Mitteilungspflicht über den Kündigungsgrund auch unwirksam sein soll, ist für den Kündigenden besondere Vorsicht geboten. Fettnapf Nach der Rechtsprechung des BAG hat die Angabe der Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben in der Weise zu erfolgen, dass im Prozess nicht ernsthaft streitig werden kann, auf welchen Lebenssachverhalt die Kündigung gestützt war. Allein die Bezugnahme auf ein inhaltlich nicht näher umschriebenes Gespräch reicht dafür nicht.193
Zur Vereinbarung einer Begründungspflicht bei Ausspruch einer Kündigung emp- 146 fiehlt sich das folgende Klauselmuster. Ein Verstoß führt lediglich zu einer Schadensersatzpflicht des Kündigenden.
191 Reiserer/Christ, Kap. 8 Rn 65; Preis/Preis, Kündigungsvereinbarungen, II K 10 Rn 11; Ascheid/ Preis/Schmidt/Preis, D Rn 23; MüHB-ArbR/Wank, § 96 Rn 18, soweit nicht eine Formvorschrift (z. B. § 22 Abs. 3 BBiG) die Angabe des Kündigungsrundes vorschreibt. 192 Als Schaden kommen bspw. die Kosten eines mangels Kenntnis der Kündigungsgründe im Einzelnen vergeblich angestrengten Kündigungsschutzverfahrens in Betracht, vgl. Preis/Preis, Kündigungsvereinbarungen, II K 10 Rn 12; MüHB-ArbR/Wank, § 96 Rn 18; Ascheid/Preis/Schmidt/Dörner/ Vossen, § 1 KSchG Rn 116. 193 BAG, Urt. v. 10.2.1999 – 2 AZR 176/98 – NZA 1999, 602 (zu einer qualifizierten tariflichen Schriftformklausel); BAG, Urt. v. 25.11.1976 – 2 AZR 751/75 – DB 1977, 868 (zu § 22 Abs. 3 BBiG); ArbG Nürnberg, Urt. v. 22.2.2010 – 8 Ca 2123/09 – AE 2010, 165 (zu § 9 Abs. 3 Satz 2 MuSchG).
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Klauselmuster Beendigung des Arbeitsverhältnisses (…) In der Kündigung sind die Kündigungsgründe anzugeben. 147 Soll ein Verstoß gegen die Pflicht zur Angabe der Kündigungsgründe darüber hinaus
auch die Unwirksamkeit der Kündigung mit sich ziehen, so muss diese weitreichende Rechtsfolge ausdrücklich geregelt werden. In diesem Fall sollte sich der Vertragsgestalter aber über die hohen Anforderungen der Rechtsprechung an den Grad der Genauigkeit des Begründungserfordernisses im Klaren sein. Klauselmuster Beendigung des Arbeitsverhältnisses (…) Die Kündigung hat unter der Angabe der Kündigungsgründe zu erfolgen. Fehlt die Angabe der Kündigungsgründe, so ist die Kündigung unwirksam.
V. Die außerordentliche Kündigung194 148 Nach der gesetzlichen Vorgabe soll eine außerordentliche Kündigung nur dann
rechtlich zulässig sein, wenn diese auf einen wichtigen Kündigungsgrund gestützt werden kann. Ein wichtiger Grund liegt nur dann vor, wenn nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum vorgesehenen Zeitpunkt bzw. bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar ist. Der Gehalt des materiellen Kündigungsschutzrechts ist insoweit zwingend. Es stellt sich daher die berechtigte Frage, inwieweit die grundsätzliche Unabdingbarkeit des § 626 BGB einem vertraglichen Ausschluss, einer Einschränkung oder Erweiterung des außerordentlichen Kündigungsrechts entgegensteht.
1. Vertraglicher Ausschluss der außerordentlichen Kündigung 149 Das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 626 BGB steht den Vertragsparteien grundsätzlich nicht zur Disposition. Es handelt sich um beidseitig zwingendes Kündigungsschutzrecht.195 Die Vertragsparteien sollen im Hinblick auf die Grundrechte in Art. 12 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG nicht über das Maß des Zumutbaren an den Arbeits-
194 Ausführliche Darstellung der Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung in Reiserer/ Christ, Kap. 8. 195 Ganz h. M. vgl. BAG, Urt. v. 6.11.1956 – 3 AZR 42/55 – AP Nr 14 zu § 626 BGB; BAG, Urt. v. 8.8.1963 – 5 AZR 395/62 – BB 1963, 1298; BAG, Urt. v. 19.12.1974 – 2 AZR 565/73 – NJW 1975, 1531; Preis/Preis, Kündigungsvereinbarungen, II K 10 Rn 16; BeckOK ArbR/Stoffels, § 626 BGB Rn 18 m. w. N.
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D. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (insb. Kündigungsvereinbarungen)
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vertrag gebunden sein und die Möglichkeit haben, sich von dem Vertragsverhältnis zu lösen. Aus diesem Grund ist der vertragliche Ausschluss des außerordentlichen Kündigungsrechts unzulässig und nach § 134 BGB unwirksam.196 Der Grundsatz der Unabdingbarkeit des außerordentlichen Kündigungsrechts 150 umfasst auch die 2-wöchige Kündigungserklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB. Eine außerordentliche Kündigung kann nach der Vorgabe des § 626 Abs. 2 BGB nur innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt der Kenntnis der für sie maßgebenden Tatsachen ausgesprochen werden. Hintergrund dieser Vorgabe ist, dass der Gekündigte so schnell wie möglich Klarheit darüber haben soll, ob der Kündigungsberechtigte den Pflichtenverstoß zum Anlass einer außerordentlichen Kündigung macht. Die enge Fristenvorgabe soll mithin der Rechtssicherheit dienen und stellt rechtlich gesehen einen Verwirkungstatbestand dar. Sie kann weder durch Individualvereinbarung noch tariflich geändert oder gar ausgeschlossen werden.197
2. Vertragliche Einschränkung der außerordentlichen Kündigungsgründe Nach dem Grundsatz der Unabdingbarkeit des außerordentlichen Kündigungs- 151 rechts ist nicht nur der komplette Ausschluss des außerordentlichen Kündigungsrechts unzulässig, sondern auch dessen Einschränkung oder bloße Erschwerung.198 Eine unzulässige Beschränkung stellt etwa eine Vereinbarung dar, die das 152 Recht zur außerordentlichen Kündigung auf wenige in der Vereinbarung ausdrücklich benannte Gründe einschränkt oder bestimmte Gründe als wichtige Kündigungsgründe generell ausschließt.199 Als unzulässige Kündigungserschwerungen gelten auch solche Vereinbarun- 153 gen, die eine finanzielle Verpflichtung der einen oder anderen Vertragspartei für den Fall einer außerordentlichen Kündigung regeln. Darunter fällt bspw. die Verpflichtung des Arbeitgebers für den Fall der außerordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers dessen Vergütung für die Dauer eines etwaigen Kündigungsschutzprozesses ohne Rücksicht auf den Ausgang des Verfahrens fortzuzahlen.200 Ebenso unzulässig ist es den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung trotz Vorliegens eines wich-
196 Vgl. nur BeckOK ArbR/Stoffels, § 626 BGB Rn 22. 197 BAG, Urt. v. 12.2.1973 – 2 AZR 116/72 – DB 1973, 1258; BAG, Urt. v. 12.4.1978 – 4 AZR 580/76 – BB 1978, 1166; BeckOK ArbR/Stoffels, § 626 BGB Rn 175. 198 Ascheid/Preis/Schmidt/Dörner/Vossen, § 626 BGB Rn 7. 199 LAG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.1970 – 8 Sa 250/70 – DB 1971, 150; BeckOK ArbR/Stoffels, § 626 BGB Rn 22. 200 BAG, Urt. v. 18.12.1961 – 5 AZR 104/61 – BB 1962, 223; kritisch hierzu Preis/Preis, II K 10 Rn 18; dagegen regelt § 612a BGB ein ausdrückliches Maßregelungsverbot zugunsten des Arbeitnehmers.
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
tigen Grundes an eine Verpflichtung des Kündigenden zur Zahlung einer Vertragsstrafe oder Abfindung zu knüpfen.201
3. Vertragliche Erweiterung der außerordentlichen Kündigungsgründe
154 Das Recht zur außerordentlichen Kündigung kann durch vertragliche Vereinbarun-
gen nicht – auch nicht scheinbar „zugunsten“ des Arbeitnehmers – erweitert werden in dem Sinne, dass die Anforderungen an eine außerordentliche Kündigung herabgesenkt werden. Entsprechende Vereinbarungen stellen eine Umgehung der zwingenden Mindestkündigungsfristen des § 622 BGB im Rahmen der Vorschriften zur ordentlichen Kündigung dar.202 Eine unzulässige Erweiterung des außerordentlichen Kündigungsrechts über 155 das gesetzliche Maß hinaus liegt beispielsweise vor, wenn die Vertragsparteien bestimmte Gründe oder Sachverhalte zu wichtigen Gründen i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB erklären.203 Beispiel – Nach einer vertraglichen Ergänzung zum Arbeitsvertrag sollte der Entzug der Fahrerlaubnis bzw. ein Fahrverbot von einem Monat den Arbeitgeber zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung berechtigen. Tatsächlich wurde dem Arbeitnehmer aufgrund einer Trunkenheitsfahrt die Fahrerlaubnis für die Dauer von drei Monaten entzogen, woraufhin ihm der Arbeitgeber fristlos kündigte. – Das LAG Nürnberg204 lehnt die Erweiterung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung unter Hinweis auf die entgegenstehenden zwingend festgelegten gesetzlichen Kündigungsfristen ab. Diese dürften durch die bloße Festlegung eines Sachverhalts als wichtigen Grund nicht umgangen werden. Jedoch könne eine solche Vereinbarung die Schwerpunkte einer im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB stets vorzunehmenden Interessenabwägung verlagern.
156 Auch, wenn entsprechende das außerordentliche Kündigungsrecht erweiternde Klau-
seln unzulässig sind, so sind sie nicht gänzlich ohne rechtliche Bedeutung. Nach arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung, so auch des LAG Nürnberg in der obigen Entscheidung205, können entsprechende Kündigungsvereinbarung Einfluss auf eine
201 BAG, Urt. v. 8.8.1963 – 5 AZR 395/62 – DB 1963, 1543; BeckOK ArbR/Stoffels, § 626 BGB Rn 22; Preis/Preis, II K 10 Rn 19. 202 BAG, Urt. v. 17.4.1956 – 2 AZR 340/55 – AP Nr 8 zu § 626 BGB; bestätigt durch BAG, Urt. v. 22.11.1973 – 2 AZR 580/72 – DB 1974, 878. 203 Beispiele einer unzulässigen Erweiterung des außerordentlichen Kündigungsrechts BAG, Urt. v. 22.11.1973 – 2 AZR 580/72 – DB 1974, 878 (Fehlbestände in einer Verkaufsstelle); BAG, Urt v. 15.3.1991 – 2 AZR 516/90 – DB 1992, 896 (außerordentliches Kündigungsrecht bei Wegfall der Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit); weitere Beispiele bei Preis/Preis, II K 10 Rn 20. 204 LAG Nürnberg, Urt. v. 26.4.2001 – 8 Sa 770/00 – BB 2001, 1906. 205 LAG Nürnberg, Urt. v. 26.4.2001 – 8 Sa 770/00 – BB 2001, 1906.
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im Rahmen des § 626 BGB vorzunehmende Interessenabwägung haben.206 Durch die vertragliche Regelung geben die Vertragsparteien nämlich ausdrücklich zu erkennen, welche Punkte oder Lebenssachverhalte ihnen im Zusammenhang mit der Eigenart des jeweiligen Arbeitsverhältnisses als Gründe für die vorzeitige Beendigung besonders wichtig erscheinen.207 Diskutiert wird auch die Frage, ob durch Kündigungsvereinbarungen aufgestellte 157 Verhaltensgebote bzw. –verbote dazu führen können, dass das Erfordernis einer Abmahnung vor einer verhaltensbedingten Kündigung entfällt.208 Sinn und Zweck einer Abmahnung ist einerseits die Rügefunktion, andererseits die Warnfunktion.209 Will ein Arbeitgeber einen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine vertraglichen Pflichten nicht dulden, so muss er dieses Verhalten, will er eine konkludente Änderung des Vertragsinhalts durch regelmäßig hingenommenes vertragswidriges Verhalten verhindern, im Rahmen der Abmahnung rügen. Zudem muss er den Arbeitnehmer ausdrücklich warnen, ein vergleichbares Verhalten erneut an den Tag zu legen, da er andernfalls mit der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses rechnen muss. Die Aufnahme von – gezwungenermaßen allgemein gehaltenen – wichtigen Gründen in den Arbeitsvertrag erfüllt jedoch nicht die Warnfunktion einer Abmahnung und kann insoweit nicht als antizipierte Abmahnung angesehen werden.210 Praxistipp Aufgrund der Unzulässigkeit einer Erweiterung des außerordentlichen Kündigungsrechts können entsprechende Kündigungsvereinbarungen allenfalls im Rahmen einer Interessenabwägung Berücksichtigung finden. Dieses Ergebnis kann jedoch auf einfachere Weise dadurch erreicht werden, dass die Vertragsparteien die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis besonders sorgfältig regeln und festschreiben, welche Punkte als besonders wichtig für das Arbeitsverhältnis anzusehen sind.
VI. Die ordentliche Kündigung Ähnliche Fragen nach zulässigen Möglichkeiten eines Ausschlusses, einer Beschrän- 158 kung oder Erweiterung stellen sich, wie bereits bei der außerordentlichen Kündigung, auch im Rahmen des ordentlichen Kündigungsrechts.
206 BAG, Urt. v. 22.11.1973 – 2 AZR 580/72 – DB 1974, 878. 207 Preis/Preis, Kündigungsvereinbarungen, II K 10 Rn 22 ff.; BeckOK ArbR/Stoffels, § 626 BGB Rn 25. 208 Zur grundsätzlichen Abmahnungspflicht im Rahmen einer verhaltensbedingten Kündigung vgl. Reiserer/Christ, Kap. 6 Rn 58 ff., 62 ff. 209 BAG, Urt. v. 27.11.2008 – 2 AZR 675/07 – NZA2009, 842. 210 Preis/Preis, Kündigungsvereinbarungen, II K 10 Rn 23.
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
1. Vertraglicher Ausschluss der ordentlichen Kündigung
159 Ein vertraglicher Ausschluss der ordentlichen Kündigung führt zu einer Erweiterung
des Kündigungsschutzes. Denn ist der Ausschluss zulässig, so können sich die Vertragsparteien nur noch im Wege der außerordentlichen Kündigung, deren Vorschriften unabdingbar sind, von dem Vertragsverhältnis lösen. Denkbar ist ein Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts, der gleichermaßen für beide Vertragsparteien gilt, sowie ein Ausschluss, der nur die Rechte einer Vertragspartei beschränkt.
a) Beidseitiger Ausschluss
160 Ein beidseitiger Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts ist aufgrund der
Vertragsautonomie grundsätzlich möglich.211 Die Gestaltungsmöglichkeiten sind hier vielfältig: der Ausschluss kann für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses (Klauselmuster 1), für eine begrenzte Zeit ab Vertragsbeginn (Klauselmuster 2), eine bestimmte Zeitspanne (Klauselmuster 3) oder erst ab einem bestimmten Zeitpunkt nach Beginn des Vertragsverhältnisses (Klauselmuster 4) vereinbart werden.212
Klauselmuster Beendigung des Arbeitsverhältnisses Klauselmuster 1: (…) Das Recht zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses wird für beide Vertragsparteien ausgeschlossen. Klauselmuster 2: (…) Das Recht zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses wird bis zum Ablauf des [Anzahl] [Monats/Jahres] ab Vertragsbeginn für beide Vertragsparteien ausgeschlossen. Klauselmuster 3: (…) Das Recht zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses wird für den Zeitraum vom [Da‑ tum] bis [Datum] für beide Vertragsparteien ausgeschlossen. Klauselmuster 4: (…) Nach einer Beschäftigungsdauer von [Anzahl] [Monaten/Jahren] können die Vertragsparteien das Arbeitsverhältnis nur außerordentlich aus wichtigem Grund kündigen. Das Recht zur ordentlichen Kündigung ist ab diesem Zeitpunkt für beide Vertragsparteien ausgeschlossen. 161 Der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts führt nach herrschender Auffas-
sung nicht zu einer unzulässigen und im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB unwirksamen Knebelung des Arbeitnehmers.213 Handelt es sich um einen Vertrag, der für eine längere Zeit als fünf Jahre oder sogar auf Lebenszeit abgeschlossen wurde, so räumt § 624 BGB dem Arbeitnehmer ein Kündigungsrecht nach dem Ablauf von fünf Jahren mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ein. Trotz des Ausschlusses des Rechts
211 MüKo, BGB/Hesse, § 622 Rn 112. 212 Preis/Preis, Kündigungsvereinbarungen, II K 10 Rn 27. 213 Vgl. nur Preis/Preis, II K 10 Rn 28.
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D. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (insb. Kündigungsvereinbarungen)
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zur ordentlichen Kündigung verbleibt dem Arbeitnehmer somit die Möglichkeit, sich entweder aufgrund eines wichtigen Grundes gemäß § 626 Abs. 1 BGB oder nach § 624 BGB vom Vertrag lösen. Wie das Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB ist auch die Kündigungsbefugnis nach § 624 BGB zwingendes Kündigungsschutzrecht und damit unabdingbar.214
b) Einseitiger Ausschluss Der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts ist grundsätzlich zulässig, wegen 162 der Regelung in § 622 Abs. 6 BGB aber nur zugunsten des Arbeitnehmers.215 Klauselmuster Beendigung des Arbeitsverhältnisses (…) Das Recht zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Arbeitnehmer wird [ggf. für den Zeitraum vom (Datum) bis (Datum)] ausgeschlossen.
2. Vereinbarung eines besonderen Kündigungsschutzes Die Vorschriften des Kündigungsschutzrechts stellen zwingende Mindestschutz- 163 bedingungen zugunsten des Arbeitnehmers dar. Die Vereinbarung eines für den Arbeitnehmer günstigeren Schutzes als nach den gesetzlichen Vorschriften ist daher grundsätzlich erlaubt. In Betracht kommt die Vereinbarung eines besonderen Kündigungsschutzes etwa für den Fall, dass das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) wegen den Regelungen in §§ 1, 23 KSchG nicht zur Anwendung kommt, es sich bei dem Betrieb des Arbeitgebers also um einen Kleinbetrieb handelt oder das Beschäftigungsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen noch nicht ohne Unterbrechung länger als sechs Monate besteht.216 Aufgrund der weitreichenden Wirkung und des im ersten Moment ungewöhnlichen Charakters einer solchen Regelung sollte der Erklärungswille der Vertragsparteien klar und eindeutig aus der Vereinbarung hervorgehen.
214 MüKo BGB/Henssler, § 624 Rn 11. 215 Zur Problematik der Umgehung der Grundsätze der Sozialauswahl bei einem einseitigen Kündigungsausschlusses im zeitlichen Zusammenhang mit betriebsbedingten Kündigungen vgl. Preis/ Preis, II K 10 Rn 31. 216 ErfK/Kiel, § 23 KSchG Rn 12; Preis/Preis, II K 10 Rn 32 f.
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Klauselmuster Beendigung des Arbeitsverhältnisses (…) a) Auf das Arbeitsverhältnis findet [mit Vertragsbeginn/mit Beschäftigungsbeginn/nach Ablauf von (Anzahl) (Wochen/Monaten) nach Vertragsbeginn/Beschäftigungsbeginn] das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. b) Für den Fall, dass der Betrieb nicht mehr unter den Geltungsbereich des § 23 KSchG fallen sollte, vereinbaren die Vertragsparteien, dass die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.
VII. Vertragliche Regelung der Kündigungsfristen 1. Überblick über die gesetzlichen Regelungen 164 Nach § 622 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. Diese Grundkündigungsfrist gilt sowohl für die Kündigung des Arbeitnehmers als auch für die Kündigung des Arbeitgebers und ist grundsätzlich nicht abdingbar.217 Sie stellt ein Mindestmaß dar und darf daher in der Regel nicht unterschritten werden. Ausnahmen sind lediglich in den gesetzlich normierten Fällen möglich: – Bei vereinbarter Probezeit (§ 622 Abs. 3 BGB);218 – Bei einzelvertraglicher Bezugnahme auf einen Tarifvertrag (§ 622 Abs. 4 Satz 2 BGB);219 – Durch einzelvertragliche Verkürzungsvereinbarung in den folgenden Fällen: – Vorübergehende (d. h. bis zu dreimonatige) Aushilfstätigkeit des Arbeitnehmers (§ 622 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BGB); – Bei Arbeitgebern, die in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigen (§ 622 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BGB). 165 § 622 Abs. 2 BGB regelt die verlängerten Kündigungsfristen, die sich an der zuneh-
menden Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers, d. h. dem rechtlichen Bestand seines Arbeitsverhältnisses, orientieren. Dabei werden vorangehende Ausbildungszeiten berücksichtigt.220 Da es für die Beschäftigungsdauer allein auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses ankommt, haben tatsächliche Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses (z. B. während der Elternzeit) hierauf keinen Einfluss.221 Die verlängerten Kündigungsfristen gelten in der Regel nur für die Kündigung durch den
217 Preis/Preis, II K 10 Rn 49. 218 Reiserer/Heinz, Kap. 4 Rn 8 und 12. 219 Zu Bezugnahmeklauseln vgl. Kap. 10; Reiserer/Heinz, Kap. 4 Rn 18. 220 BAG, Urt. v. 2.12.1999 – 2 AZR 139/99 – AP § 622 BGB Nr. 57. 221 Grobys/Panzer/Powietzka, Kap. 104 Rn 5.
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Arbeitgeber, bei der Kündigung durch den Arbeitnehmer bleibt es, vorbehaltlich einer anderweitigen vertraglichen Regelung, bei der Grundkündigungsfrist. Checkliste Staffelung der verlängerten Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 2 BGB: Bestand des Arbeitsverhältnisses mindestens …
Kündigungsfrist
2 Jahre 5 Jahre 8 Jahre 10 Jahre 12 Jahre 15 Jahre 20 Jahre
1 Monat zum Ende eines Kalendermonats 2 Monate zum Ende eines Kalendermonats 3 Monate zum Ende eines Kalendermonats 4 Monate zum Ende eines Kalendermonats 5 Monate zum Ende eines Kalendermonats 6 Monate zum Ende eines Kalendermonats 7 Monate zum Ende eines Kalendermonats
2. Kündigungsfristen bei Aushilfen Gemäß § 622 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BGB können die Vertragsparteien einzelvertraglich eine 166 kürzere als die in § 622 Abs. 1 BGB genannte Kündigungsfrist vereinbaren, wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist. Als Aushilfsverhältnis wird ein Arbeitsverhältnis bezeichnet, dass nicht auf Dauer angelegt ist und einen vorübergehenden Bedarf an Arbeitskräften decken soll, der nicht durch den normalen Betriebsablauf, sondern durch den Ausfall von Stammkräften oder durch einen zeitlich begrenzten zusätzlichen Arbeitsanfall begründet ist.222 Eine dahingehende Verkürzungsvereinbarung ist aber ausnahmsweise dann nicht zulässig, wenn die Aushilfstätigkeit des Arbeitnehmers über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird. Bis zur Dauer von drei Monaten kann aber eine kürzere Kündigungsfrist vereinbart werden, auch wenn von Beginn an feststeht, dass das Aushilfsverhältnis sich über einen längeren Zeitraum als drei Monate erstrecken wird.223 Die Vorschrift sieht keine Mindestkündigungsfrist vor, so dass sogar ein frist- 167 loses ordentliches (entfristetes) Kündigungsrecht wirksam vereinbart werden kann.224 Ebenfalls zulässig ist eine vertragliche Abweichung von den in § 622 Abs. 1 BGB genannten Kündigungsterminen („zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats“).225 Dagegen ist es wegen der Regelung in § 622 Abs. 6 BGB nicht
222 BAG, Urt. v. 22.5.1986 – 2 AZR 392/85 – NZA 1987, 60. 223 ErfK/Müller-Glöge, § 622 BGB Rn 16; MüKo BGB/Hesse, § 622 Rn 76. 224 BAG, Urt. v. 22.5.1986 – 2 AZR 392/85 – NZA 1987, 60; MüKo BGB/Hesse, § 622 Rn 74. 225 BAG, Urt. v. 22.5.1986 – 2 AZR 392/85 – NZA 1987, 60; ErfK/Müller-Glöge, § 622 BGB Rn 17; MüKo BGB/Hesse, § 622 Rn 74.
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
möglich, für den Arbeitnehmer eine insgesamt längere Kündigungsfrist vorzusehen als für den Arbeitgeber. Zur Verkürzung der Kündigungsfrist während einer vorübergehenden Aushilfstä168 tigkeit bietet sich das folgende Klauselmuster an: Klauselmuster Beendigung des Arbeitsverhältnisses Mit Kündigungsfrist: (…) Das Aushilfsarbeitsverhältnis kann von beiden Vertragsparteien mit einer Frist von [Anzahl] [Ta‑ gen/Wochen] gekündigt werden. Wird das Arbeitsverhältnis über die Dauer von drei Monaten fortgesetzt, so richtet sich die Kündigungsfrist nach den gesetzlichen Vorschriften. Ohne Kündigungsfrist (entfristete ordentliche Kündigung): (…) Das Aushilfsarbeitsverhältnis kann in den ersten drei Monaten der Beschäftigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist jederzeit ordentlich gekündigt werden.
3. Kündigungsfristen in Kleinbetrieben
169 Arbeitgeber, die in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigen, können
gemäß § 622 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BGB einzelvertraglich eine kürzere als die in § 622 Abs. 1 BGB genannte Kündigungsfrist vereinbaren, wenn die Kündigungsfrist insgesamt vier Wochen nicht unterschreitet. Kleinunternehmern wird damit die Möglichkeit eingeräumt, von den in § 622 Abs. 1 BGB festgelegten Kündigungsterminen abzuweichen. Hierfür kann folgendes Klauselmuster empfohlen werden: 170 Klauselmuster Beendigung des Arbeitsverhältnisses (…) Die Grundkündigungsfrist beträgt vier Wochen.
4. Einzelvertragliche Verlängerung der gesetzlichen Kündigungsfristen a) Grundlagen 171 Arbeitgeber und Arbeitnehmer können nach § 622 Abs. 5 Satz 3 BGB längere Kündigungsfristen als die gesetzliche Grundkündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 BGB oder die verlängerten Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 2 BGB vereinbaren. In der Praxis üblich sind verlängerte Kündigungsfristen vor allem bei Arbeitsverträgen mit leitenden Angestellten. Die Vorschrift erfasst neben der Befugnis der Vertragsparteien längere Fristen als gesetzlich vorgegeben zu vereinbaren, auch die Befugnis von den gesetzlichen Kündigungsterminen abzuweichen.226 Enthält die vertragliche Vereinbarung lediglich eine Regelung über die Verlängerung von Kündigungsfristen ohne eine Aussage zu den mit ihnen verbundenen Kündigungsterminen zu knüpfen, so ist
226 Vgl. nur MüKo BGB/Hesse, § 622 Rn 85.
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D. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (insb. Kündigungsvereinbarungen)
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eine solche Vereinbarung in der Weise auszulegen, dass sich die vereinbarten Kündigungsfristen an den gesetzlich festgelegten Kündigungsterminen orientieren, sofern aus der Vereinbarung nicht ein anderweitiger Wille der Vertragsparteien erkennbar ist. Prinzipiell ist es zulässig, dass der Arbeitgeber eine entsprechende Verlängerung der Kündigungsfristen in von ihm gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelt.227 Bei der Gestaltung einer entsprechenden Vereinbarung ist darauf zu achten, dass 172 nach § 622 Abs. 6 BGB für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer keine längeren Fristen vereinbart werden dürfen als für die Kündigung durch den Arbeitgeber. Aus diesem Grund sollte aus der Vereinbarung stets klar hervorgehen, ob die verlängerten Kündigungsfrist für beide Vertragsparteien gelten soll oder nur für eine arbeitgeberseitige Kündigung.228 Eine weitere Grenze bei der Gestaltung einer einzelvertragliche Verlängerung der Kündigungsfristen ergibt sich aus § 624 BGB, wonach der Arbeitnehmer an den Arbeitsvertrag höchstens für die Dauer von fünfeinhalb Jahren gebunden werden darf. Vereinbaren die Parteien dennoch eine längere Kündigungsfrist als die gesetzlich vorgegebene, so ist die Vereinbarung unwirksam mit der Folge, dass auf die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 1 und 2 BGB zurückzugreifen ist.229 Für eine einzelvertragliche Verlängerung der Kündigungsfristen eignet sich fol- 173 gendes Klauselmuster: Klauselmuster Beendigung des Arbeitsverhältnisses (…) Das Arbeitsverhältnis kann mit einer Frist von [Anzahl] [Monaten/Jahren] zum [Vierteljahresende/ Halbjahresende/Jahresende] gekündigt werden.
b) Berechnung der Beschäftigungszeiten Die Berechnung der verlängerten Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 2 BGB richtet sich 174 nach der Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen. Ein zwischenzeitlicher Betriebsinhaberwechsel (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) ist dagegen unerheblich, wenn trotz Wechsels des Arbeitgebers die Identität des Betriebs gewahrt wird.230 Um Unsicherheiten hinsichtlich früherer Beschäftigungszeiten zu vermeiden, ist es ratsam, eine Klausel in den Arbeitsvertrag aufzunehmen,
227 BAG, Urt. v. 28.5.2009 – 8 AZR 896/07; BAG; Urt. v. 25.9.2008 – 8 AZR 717/07 – NZA 2009, 370. 228 Preis/Preis, II K 10 Rn 59. 229 Preis/Preis, II K 10 Rn 61. 230 BeckOK BGB/Fuchs, § 622 Rn 9; Preis/Preis, II K 10 Rn 64.
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
wonach entsprechende Zeiten bei der Berechnung des Bestands des Arbeitsverhältnisses berücksichtigt werden sollen:231 Klauselmuster Beendigung des Arbeitsverhältnisses (…) Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber/zur X-GmbH werden auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit angerechnet. 175 Ebenso ohne Einfluss auf die Berechnung der Beschäftigungsdauer sind Zeiten, in
denen der Arbeitnehmer wegen Krankheit, Urlaub, Arbeitskampf oder Annahmeverzug tatsächlich nicht beschäftigt war. Auch diese Zeiten zählen bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer dazu.232 Gemäß § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB sollen bei der Berechnung der verlängerten Kündi176 gungsfrist Beschäftigungszeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen, keine Berücksichtigung finden. Diese Vorschrift verstößt nach Auffassung des EuGH gegen das Verbot der Altersdiskriminierung und damit gegen geltendes europäisches Recht.233 Sie ist deshalb nicht anzuwenden.234
5. Gleichbehandlungsklauseln
177 Die verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB gelten nach dem Wortlaut
der Vorschrift nur für eine Kündigung durch den Arbeitgeber. Kündigt nach einer längeren Beschäftigungsdauer dagegen der Arbeitnehmer, so gilt für ihn die Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Im Einzelfall kann der Arbeitgeber durchaus ein berechtigtes Interesse235 haben, 178 seine Kündigungsfrist an die des Arbeitnehmers anzugleichen. Dies ist zulässig und wirksam, solange für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer keine längere Frist vereinbart wird als für die Kündigung durch den Arbeitgeber (§ 622 Abs. 6 BGB).236 Für die sog. Gleichstellungsabrede empfiehlt sich das folgende Klauselmuster:237 179
231 Klauselmuster nach Preis/Preis, II K 10 Rn 64. 232 Preis/Preis, II K 10 Rn 64. 233 EuGH, Urt. v. 19.1.2010 – Rs. C-555/077 – NZA 2010, 85. 234 Vgl. auch Reiserer/Heinz, Kap. 4 Rn 7. 235 Z. B. ausreichende Zeit für die Rekrutierung und Einstellung eines neuen Arbeitnehmers. 236 BAG, Urt. v. 29.8.2001 – 4 AZR 337/00; ErfK/Müller-Glöge, § 622 BGB Rn 40. 237 Nach der Rechtsprechung des BAG wahrt eine Klausel, mit der auf gesetzliche Regeln verwiesen wird, im Rahmen einer AGB-Kontrolle das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, BAG, Urt. v. 28.5.2009 – 8 AZR 896/07 – NZA 2009, 1337.
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E. Probezeit
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Klauselmuster Beendigung des Arbeitsverhältnisses (…) Das Arbeitsverhältnis kann von beiden Vertragsparteien ordentlich unter Einhaltung der für den Arbeitgeber nach § 622 BGB gesetzlich geltenden Kündigungsfristen gekündigt werden.
E. Probezeit I. Grundlagen Während der ersten sechs Monate eines Beschäftigungsverhältnisses findet das 180 KSchG – unabhängig davon, ob die Parteien eine Probezeit vereinbart haben, – keine Anwendung, § 1 Abs. 1 KSchG. Erst nach einem Bestand des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung über länger als sechs Monate ist die sog. Wartezeit erfüllt und das Kündigungsschutzgesetz anwendbar. Von der Wartezeit zu unterscheiden ist hingegen die sog. Probezeit, deren Vereinbarung für die Dauer vom maximal sechs Monaten zulässig ist und die in erster Linie dem Zweck dient, die kurze Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 3 BGB zu vereinbaren.
II. Kündigungsfristen in der Probezeit Gemäß § 622 Abs. 3 BGB kann das Arbeitsverhältnis während einer vereinbarten Pro- 181 bezeit mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Die Vereinbarung der Probezeit ist längstens für die Dauer von sechs Monaten zulässig. Nach einer Beschäftigungsdauer von sechs Monaten gilt die vierwöchige Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB. Während der Probezeit kann die Kündigungsfrist durch einzelvertragliche Vereinbarung verlängert werden. Dagegen ist eine individualvertraglich geregelte Verkürzung der Kündigungsfrist auf weniger als zwei Wochen gemäß § 622 Abs. 3 BGB i. V. m. § 622 Abs. 5 BGB unwirksam.238 Anstelle einer unwirksamen Verkürzungsvereinbarung tritt dann die gesetzliche Regelung, wonach während der Probezeit eine Kündigungsfrist von zwei Wochen gilt (§ 622 Abs. 3 BGB). Folgendes Klauselmuster239 kann zur Vereinbarung einer Probezeit empfohlen 182 werden:
238 ErfK/Müller-Glöge, § 622 BGB Rn 15. 239 Klauselmuster nach Liebers/Reiserer, B I 1 Rn 4.
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Klauselmuster Probezeit (1) Die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit. Innerhalb der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis von beiden Parteien mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. (2) Das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) bleibt unberührt.
F. Kündigung vor Dienstantritt 183 Der Ausspruch einer ordentlichen wie auch außerordentlichen Kündigung ist nach
Vertragsschluss grundsätzlich jederzeit möglich – und damit auch bereits vor Dienstantritt.240 Dies gilt allerdings nur, sofern die Parteien die Kündigungsmöglichkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen haben oder sich der Ausschluss einer solchen Kündigung aus den Umständen ergibt.241 Für die ordentliche Kündigung ist das Vorliegen von Kündigungsgründen in der Regel nicht notwendig. Denn das Kündigungsschutzgesetz ist mangels erfüllter Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG (Bestehen des Arbeitsverhältnisses ohne Unterbrechung für länger als sechs Monate) noch nicht anwendbar.
I. Vertraglicher Ausschluss der ordentlichen Kündigung 184 Üblich sind vertragliche Regelungen am Anfang des Vertragstextes, wonach die
ordentliche Kündigung vor Beginn der Beschäftigung ausdrücklich ausgeschlossen ist. Nicht möglich ist hingegen der alleinige Ausschluss der Kündigung durch den Arbeitnehmer (einseitiger Kündigungsausschluss). Bei der Aufnahme einer Kündigungsausschlussklausel in den Arbeitsvertrag ist der Grundsatz nach § 622 Abs. 6 BGB zu beachten, wonach neben dem ausdrücklichen Benachteiligungsverbot des Arbeitnehmers hinsichtlich der Länge der Kündigungsfristen, auch nicht die Kündigungsbedingungen zulasten des Arbeitnehmers verschärft werden dürfen.242 Bei Bedarf können die Vertragsparteien den Kündigungsausschluss mit der Fest185 legung einer Vertragsstrafe verbinden, die der Arbeitnehmer leisten muss, wenn er das Arbeitsverhältnis rechtswidrig und schuldhaft nicht oder nicht rechtzeitig aufnimmt.243
240 BAG, Urt. v. 9.5.1985 – 2 AZR 372/84. 241 BAG, Urt. v. 25.3.2004 – 2 AZR 324/03 – NZA 2004, 1089; BAG, Urt. v. 9.2.2006 – 6 AZR 283/05. 242 Preis/Preis, II K 10 Rn 43. 243 Zur Vereinbarung einer Vertragsstrafe vgl. Kap. 3 A II.
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F. Kündigung vor Dienstantritt
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Der Ausschluss der außerordentlichen Kündigung ist dagegen aufgrund der 186 Unabdingbarkeit des § 626 BGB nicht zulässig.244 Klauselmuster Kündigung vor Dienstantritt Eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist vor Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen.
II. Regelungen zur Kündigungsfrist Haben die Vertragsparteien keinen ausdrücklichen Ausschluss des ordentlichen Kün- 187 digungsrechts vereinbart und ergibt sich ein entsprechender Ausschluss auch nicht aus den Umständen des Einzelfalles, kann das Arbeitsverhältnis grundsätzlich auch vor Dienstantritt gekündigt werden. In diesem Fall stellt sich jedoch regelmäßig die Frage, wann die Kündigungsfrist zu laufen beginnt – bereits mit Zugang der Kündigungserklärung oder erst an dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitnehmer die Arbeit vertragsgemäß aufgenommen hat. In erster Linie kommt es für die Bestimmung, wann bei einer vor Dienstantritt 188 erklärten Kündigung die Kündigungsfrist in Gang gesetzt wird, auf die einzelvertraglichen Vereinbarungen an.245 Haben die Parteien für den Fall einer vor Vertragsbeginn ausgesprochenen 189 ordentlichen Kündigung keine Vereinbarung über den Beginn der Kündigungsfrist getroffen, so liegt eine Vertragslücke vor, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist. Für die Ermittlung des mutmaßlichen Parteiwillens und die hierfür maßgebende Würdigung der beiderseitigen Interessen ist grundsätzlich auf die konkreten Umstände des Falles abzustellen.246 Als Anhaltspunkte dafür, ob die Parteien eine auf die Dauer der vereinbarten Kündigungsfrist beschränkte Realisierung des Vertrages gewollt haben oder nicht, kann auf die einzelvertraglichen Vereinbarungen, z B. zur Länge der Kündigungsfrist und den Zweck der vorgesehenen Beschäftigung (bspw. Vereinbarung einer Probezeit) zurückgegriffen werden. Vereinbaren die Parteien etwa eine kürzere als die gesetzlich vorgesehene Kündigungsfrist oder soll das Arbeitsverhältnis zunächst der Erprobung dienen, so spricht dies gegen die mutmaßliche Vereinbarung einer Realisierung des Arbeitsverhältnisses für diesen Zeitraum und für einen Beginn des Laufs der Kündigungsfrist bereits mit Zugang der Kündigung. Kann der mutmaßliche Wille der Vertragsparteien weder durch Vertragsauslegung noch durch ergänzende Vertragsauslegung eindeutig ermittelt werden,
244 Vgl. auch ErfK/Müller-Glöge, § 620 BGB Rn 70. 245 Preis/Preis, Kündigungsvereinbarungen, II K 10 Rn 45; ErfK/Müller-Glöge, § 620 BGB Rn 71. 246 BAG, Urt. v. 9.5.1982 – 2 AZR 372/84.
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
soll nach der Rechtsprechung des BAG die Kündigungsfrist bei einer vor Dienstantritt ausgesprochenen ordentlichen Kündigung im Zweifel bereits mit dem Zugang der Kündigung beginnen.247 Eine vertragliche Regelung führt hier zur Rechtsklarheit und vermeidet eine 190 unsichere Einzelfallbeurteilung. Abhängig von dem Willen der Parteien, ob sie ein Interesse an einer zumindest vorübergehenden Realisierung des Arbeitsverhältnisses haben (Klauselmuster 1) oder nicht (Klauselmuster 2), empfiehlt sich jeweils das folgende Klauselmuster: Klauselmuster Beendigung des Arbeitsvertrages Klauselmuster 1: (…) Bei einer ordentlichen Kündigung vor Diensteintritt beginnt der Lauf der Kündigungsfrist mit dem Tag, der dem Tag der vertraglich vereinbarten Arbeitsaufnahme entspricht. Klauselmuster 2: (…) Bei einer ordentlichen Kündigung vor Diensteintritt beginnt der Lauf der Kündigungsfrist mit Zugang der Kündigung.
G. Freistellungsvorbehalt 191 Während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitnehmer zur Erbrin-
gung seiner vertragsgemäßen Arbeit verpflichtet, sofern diese Pflicht nicht aufgrund Arbeitsunfähigkeit oder Urlaubs des Arbeitnehmers bzw. Ruhens des Arbeitsverhältnisses (z. B. während einer Elternzeit) ausnahmsweise entfällt. Daneben steht dem Arbeitnehmer aber auch ein von der Rechtsprechung anerkannter Beschäftigungsanspruch gegen seinen Arbeitgeber zu, der in den §§ 611, 613 BGB i. V. m. § 242 BGB, Art. 1 und 2 GG verankert ist. Stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von seiner grundsätzlich bestehenden Arbeitspflicht einseitig frei, berührt dies somit auch den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers. In der Rechtsprechung und Literatur sind die Einzelheiten, ob und inwieweit 192 eine einseitige Freistellung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber in einem ungekündigten bzw. gekündigten Arbeitsverhältnis zulässig ist, umstritten. Dennoch finden sich in Arbeitsverträgen nicht selten vorformulierte Freistellungsklauseln, die dem Arbeitgeber ein Recht zur einseitigen jederzeit möglichen Freistellung des Arbeitnehmers bzw. zu einer Freistellung ab dem, Zeitpunkt einer etwaigen Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder sogar bis zum rechtskräftigen Abschluss eines
247 BAG, Urt. v. 25.3.2004 – 2 AZR 324/03 – NZA 2004, 1089; BAG, Urt. v. 9.2.2006 – 6 AZR 283/05 – NZA 2006, 1207.
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G. Freistellungsvorbehalt
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sich an die Kündigung anschließenden Kündigungsschutzverfahrens unter Fortzahlung der Bezüge einräumen.
I. Freistellungsklauseln bei einem ungekündigten Arbeitsverhältnis Der Anspruch des Arbeitnehmers auf vertragsgemäße Beschäftigung stellt zugleich 193 eine Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis dar.248 Er kann sowohl als gesetzliches Leitbild i. S. v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB oder als eine der Kardinalpflichten nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB Berücksichtigung finden. Daraus folgt aber, dass ein genereller formularmäßiger Vorausverzicht des Arbeitnehmers auf seinen Beschäftigungsanspruch ihn i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligen würde und daher unwirksam wäre. Die Möglichkeit zur Freistellung kann für den Arbeitgeber indes durch das Vor- 194 liegen sachlicher, ggf. sogar wichtiger Gründe, eröffnet sein. Hierfür reicht nicht jede sachliche Rechtfertigung aus, vielmehr muss der sachliche Grund von einigem Gewicht sein, um als schutzwertes Interesse des Arbeitgebers den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers überwiegen zu können.249 Schützenswerte Arbeitgeberinteressen in diesem Sinne können etwa sein: – Wegfall der Vertrauensgrundlage zwischen den Vertragsparteien; – Fehlende Einsatzmöglichkeit, z. B. aufgrund eines Auftragsmangels oder bei Betriebsstillegung; – Eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung für den Arbeitgeber, wenn er den Arbeitnehmer einsetzt; (d. h., wenn der Einsatz des Arbeitnehmers neben den Lohnkosten, weitere Kosten für den Arbeitgeber verursacht, ohne dass er hierdurch einen wirtschaftlichen Nutzen erlangt.) – Vorliegen einer ansteckenden Krankheit des Arbeitnehmers; – Verdacht einer strafbaren Handlung; – Gefahr oder Verdacht des Geheimnisverrats; – Wichtige Gründe i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB. 250 Um dem Gebot transparenter Vertragsgestaltung als auch den durch das BAG auf- 195 gestellten Richtlinien gerecht zu werden, müssen die Voraussetzungen unter denen eine einseitige Freistellung erfolgen darf, so konkret wie möglich, etwa in Form einer Aufzählung der einzelnen Freistellungsgründe, gefasst werden.251 Eine Formulierung,
248 Preis/Preis, II F 10 Rn 9. 249 BAG, Beschl. v. 27.2.1985 – GS 1/84. 250 Preis/Preis, II F 10 Rn 11. 251 Preis/Preis, II F 10 Rn 12.
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
wonach der Arbeitgeber bei Vorliegen „besonderer Gründe“ zur Freistellung des Arbeitnehmers berechtigt sein soll, reicht wegen ihrer Unbestimmtheit nicht aus.252 Will sich der Arbeitgeber ein Recht zur Freistellung seines Mitarbeiters unabhän196 gig von einem Kündigungsausspruch einräumen, empfiehlt sich hierfür folgendes Klauselmuster: Klauselmuster Freistellungsrecht bei ungekündigtem Arbeitsverhältnis Liegt ein sachlicher Grund, insbesondere ein grober Vertragsverstoß des Arbeitnehmers vor, der die Vertrauensgrundlage beeinträchtigt, ist der Arbeitgeber berechtigt, den Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Bezüge vorübergehend von seiner Arbeitspflicht freizustellen. Als grober Vertragsverstoß, der die Vertrauensgrundlage beeinträchtigt, gilt z. B. Geheimnisverrat oder ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot (Konkurrenztätigkeit).
II. Freistellungsklauseln bei einem gekündigten Arbeitsverhältnis 197 Im Vergleich zu einem ungekündigten Arbeitsverhältnis liegt in einem Arbeitsverhält-
nis, in dem bereits eine Kündigung ausgesprochen wurde, eine veränderte Interessenlage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor. Nach der Rechtsprechung des Großen Senats begründet – außer im Falle einer offensichtlich unwirksamen Kündigung – die Ungewissheit über den Ausgang des Kündigungsschutzprozesses ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers für die Dauer des Prozesses. Das Freistellungsinteresse des Arbeitgebers überwiegt in der Regel das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers bis zu dem Zeitpunkt, in dem im Kündigungsschutzprozess ein die Unwirksamkeit feststellendes Urteil ergeht, der Arbeitnehmer also die erste Instanz gewonnen hat.253 Bei offensichtlicher Unwirksamkeit der Kündigung oder, wenn der Arbeitneh198 mer den Kündigungsschutzprozess in der ersten Instanz gewonnen hat, überwiegt der Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers. Freilich kann der Arbeitnehmer auch in diesen Fällen auf sein Beschäftigungsrecht verzichten – dies jedoch erst nach der Kündigung. Ein formularmäßiger Vorausverzicht hat daher nur begrenzte Wirkung.254 Umstritten ist, ob die Arbeitsvertragsparteien im Anstellungsvertrag eine Freistel199 lungsbefugnis für den Zeitraum nach Ausspruch der Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist vereinbaren können, ohne die Einschränkung, dass eine Freistellung nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses des Arbeitgebers erfolgen kann.
252 Preis/Preis, II F 10 Rn 14. 253 BAG, Beschl. v. 27.2.1985 – GS 1/84. 254 Preis/Preis, II F 10 Rn 20.
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G. Freistellungsvorbehalt
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Eine wirksame Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Pflicht zur Leistungser- 200 bringung führt regelmäßig nicht zum Wegfall der Entgeltzahlungspflicht des Arbeitgebers. Dieser gerät nach § 615 BGB in Annahmeverzug und verzichtet durch die Freistellung auf das Angebot der Arbeitsleistung. Wird die Freistellung vertraglich vereinbart, schließt dies einen Annahmeverzug und somit die Anwendbarkeit des § 615 BGB aus. Folglich kann auch die Anrechnung anderweitiger Verdienste nach Abs. 2 nicht erfolgen. Damit diese auf die Vergütung angerechnet werden, bedarf es einer eigenen vertraglichen Vereinbarung.255 Bei der Fixierung dieser ist es ratsam sich ausschließlich auf den tatsächlich erzielten Verdienst nach § 615 Abs. 2 BGB zu beschränken. Werden auch die böswillig unterlassenen Verdienste miteinbezogen, könnte der Arbeitgeber dem Freigestellten eine Tätigkeit anbieten, die der Arbeitnehmer nur durch solch böswilliges Unterlassen ablehnen könnte. Dies ist dem Zweck der Freistellung vollkommen entgegenlaufend. Neben der Vereinbarung der Anrechnung anderweitiger Verdienste empfiehlt es 201 sich auch die Freistellung auf bestehenden Resturlaub anzurechnen. Dieser muss ohnehin gewährt werden, und sollte vom Arbeitnehmer der Rechtsprechung des BAG nach auch innerhalb der Kündigungsfrist genommen werden. Andernfalls ist ein Urlaubsabgeltungsverlangen des Arbeitnehmers unter Umständen rechtsmissbräuchlich. 256 Eine Anrechnungsklausel kann insofern auch unproblematisch in Formularverträgen verwendet werden.257 Wurde eine Urlaubsanrechnung nicht vereinbart, besteht die Gefahr einer möglichen Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG. Eine Anrechnung auf den Urlaub kann im Einzelfall ausgeschlossen sein. Betroffen sind Fälle in denen der Arbeitnehmer zur Ablehnung des Urlaubs berechtigt ist, etwa im Falle seiner Erkrankung (§ 9 BUrlG), oder wenn bereits eine feste anderweitige Urlaubsplanung besteht. Zuletzt kann eine bloß widerrufliche Freistellung nicht zu einer Anrechnung auf Resturlaub führen, hat der Arbeitnehmer doch damit zu rechnen, dass seine Arbeitskraft jederzeit abgerufen werden kann.258 Eine freie und unbeschwerte Urlaubsplanung ist somit nicht möglich. Daher sollte eine Freistellung jedenfalls unwiderruflich erfolgen. Ohnehin ist es aufgrund der Möglichkeit einer Ablehnung des Urlaubs aus hinreichenden persönlichen Umständen des Arbeitnehmers ratsam die Gewährung des Resturlaubs einvernehmlich individuell zu vereinbaren. In der unwiderruflichen Freistellung ist laut BAG eine Befreiung von eventuell 202 während dem Arbeitsverhältnis bestehenden Wettbewerbsverboten zu sehen.259 Soll
255 BAG, Urt. v. 19.03.2002 – 9 AZR 16/01. 256 BAG, Urt. v. 16.11.1968 – 5 AZR 90/68. 257 LAG Köln, Urt. v. 20.02.2006 – 14 (10) Sa 1349/05. 258 BAG, Urt. v. 14.03.2006 – 9 AZR 11/05. 259 BAG, Urt. v. 06.09.2006 – 5 AZR 703/05.
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Kapitel 6 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
ein etwaiges Wettbewerbsverbot also aufrechterhalten werden, muss dies gesondert vereinbart werden. Klauselmuster Freistellungsrecht bei gekündigtem Arbeitsverhältnis Nach dem Ausspruch einer Kündigung, gleich durch welchen Vertragspartner, ist der Arbeitgeber berechtigt, den Arbeitnehmer während der Dauer der Kündigungsfrist unter Fortzahlung seiner Bezüge und unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche und Freizeitguthaben freizustellen, wenn ein sachlicher Grund, insbesondere ein grober Vertragsverstoß, der die Vertragsgrundlage beeinträchtigt, gegeben ist. Als grober Vertragsverstoß, der die Vertrauensgrundlage beeinträchtigt, gilt z. B. Geheimnisverrat oder ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot (Konkurrenztätigkeit).
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Kapitel 7 Regelungen zur Aus- und Weiterbildung A. Fortbildungsklauseln I. Allgemeines Die Weiterbildung von Arbeitnehmern ist sowohl für diese selbst als auch für ihre Arbeitgeber bedeutsam, um mit den stetigen Veränderungen in der Arbeitswelt mithalten zu können und konkurrenzfähig zu bleiben. Sowohl die Bundesregierung als auch die Europäische Union gehen davon aus, dass ein lebenslanges berufliches Weiterlernen für eine dynamische, innovative wirtschaftliche Entwicklung aufgrund neuer technischer Fortschritte, stärkerer Globalisierung der Märkte und der demografischen Entwicklung an Bedeutung gewinnt, was die Weiterbildungsbeteiligung der 18- bis 64jährigen bestätigt, die im Jahr 2012 49 % betrug und damit so hoch wie noch wie war.1 Die berufliche Fortbildung gehört nach § 1 Abs. 1 BBiG zu der Berufsbildung und dient dazu, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erhalten und anzupassen (Anpassungsfortbildung) oder zu erweitern und beruflich aufzusteigen (Aufstiegsfortbildung), § 1 Abs. 4 BBiG. Sie baut in der Regel auf einer bereits abgeschlossenen Berufsausbildung und/oder einer entsprechenden Berufserfahrung auf und kann kurz- bis langfristige Maßnahmen beinhalten.2 Beispiele für berufliche Fortbildungen sind Meisterkurse, der Erwerb von Führerscheinen, EDV-Schulungen, Technikerausbildungen, Lehrgänge von Banken und Sparkassen, Fachanwaltslehrgänge und Ausbildungen zum Facharzt.3 In der Regel wird für die Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme eine gesonderte Fortbildungsvereinbarung getroffen.4 Eine Fortbildungsklausel kann aber auch in den Arbeitsvertrag integriert oder als Ergänzung zu diesem vereinbart werden.5 Aufgrund der Vielfältigkeit und des Umfangs der zu treffenden Regelungen empfiehlt sich – insbesondere bei mittel- bis langfristigen Fortbildungen – der Abschluss eines separaten Fortbildungsvertrages.
1 Bundesministerium für Bildung und Forschung, Berufsbildungsbericht 2014, S. 102, abrufbar unter: http://www.bmbf.de/pub/bbb_2014.pdf. 2 MaSiG/Mroß, Kap. 160 Rn 2; Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Fortbildung Rn 2; Hümmerich/ Lücke/Mauer/Lücke, § 2 Rn 220. 3 Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 1; Liebers/Hahn, Kap. F.I.7. Rn 84. 4 Straube, NZA-RR 2012, 505, 505. 5 Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1 Rn 1722 ff.; MaSiG/Mroß, Kap. 160 Rn 6; Preis/Stoffels, Kap. II A 120 Rn 4, vgl. Rn 5.
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Kapitel 7 Regelungen zur Aus- und Weiterbildung
Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung, ist für die Frage, ob der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zur Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme verpflichten kann, die Reichweite des Direktionsrechts maßgeblich. Eine entsprechende Weisung des Arbeitgebers ist zulässig, wenn die Teilnahme erforderlich ist, damit der Arbeitnehmer seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachkommen kann.6 Daneben kann die Teilnahme im Rahmen des Weisungsrechts dann angeordnet werden, wenn eine Fortbildung aufgrund von Veränderungen des Berufsbildes notwendig wird.7 Im Übrigen hat der Arbeitnehmer nicht die Pflicht, aber auch nicht das Recht an Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen.8 Zur Klarstellung kann in den Arbeitsvertrag eine entsprechende Klausel aufgenommen werden, die den Arbeitnehmer verpflichtet, an Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen, wenn Änderungen in der Arbeitswelt dies erforderlich machen; ebenso kann auch das Recht des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag vereinbart werden, in einem bestimmten (zeitlichen) Umfang innerhalb eines Jahres Fortbildungen seiner Wahl zu besuchen.9 Klauselmuster Der Arbeitgeber verpflichtet sich, an Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen, sofern sich die Anforderungen seines Arbeitsplatzes, insbesondere aus technisch-organisatorischen oder Wettbewerbsgründen, verändern. Der Arbeitgeber trägt die Kosten der erforderlichen Fortbildungsmaßnahmen. Klauselmuster Der Arbeitnehmer hat das Recht, jährlich [innerhalb von zwei Jahren/…] in Höhe von […] € an Fortbildungsveranstaltungen seiner Wahl [bis zu einer Maximaldauer von …] nach Zustimmung seines unmittelbaren Vorgesetzten teilzunehmen. Der Arbeitgeber trägt die Kosten der besuchten Fortbildungsveranstaltungen.
6 Daneben ergibt sich für manche Berufe eine Fortbildungspflicht10, aber auch ein
Recht zur Fortbildung aus dem Gesetz (z. B. Datenschutzbeauftragte – § 4f Abs. 3 S. 7 BDSG, Betriebsärzte – § 2 Abs. 3 ASiG, Rechtsanwälte/Fachanwälte – §§ 43a Abs. 6, 43c Abs. 4 S. 2 BRAO), welches regelmäßig auch die Kostenübernahme durch den Arbeitgeber regelt.
6 LAG Hessen, Urt. v. 11.4.2007 – 8 Sa 1279/06; Rn 28 für den Fall, dass die durch die Fortbildungsmaßnahme zu erwerbenden Zertifikate den Arbeitnehmer erst zu seiner nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Tätigkeit befähigen. 7 Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1 Rn 1721. 8 MaSig/Mroß, Kap. 160 Rn 15. 9 Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1 Rn 1722 ff. 10 MaSiG/Mroß, Kap. 160 Rn 10; Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Fortbildung Rn 16.
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A. Fortbildungsklauseln
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II. Inhalt einer Fortbildungsklausel Die Möglichkeiten der Ausgestaltung von Fortbildungsklauseln bzw. -vereinba- 7 rungen sind vielfältig. Arbeitsrechtliche Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung enthält das BBiG nicht, so dass die Parteien grundsätzlich in ihrer Gestaltung frei sind.11 Die §§ 10 ff. BBiG finden auf zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern getroffene Fortbildungsvereinbarungen keine Anwendung.12 Die §§ 53 ff. BBiG ermächtigen lediglich zum Erlass von Rechtsverordnungen, die z. B. Inhalt und Durchführung von Fortbildungsprüfungen näher regeln können. Fortbildungsvereinbarungen regeln die Rechte und Pflichten der Parteien, die 8 mit der Teilnahme an einer entsprechenden Maßnahme entstehen. Die wichtigste und wohl auch umstrittenste Regelung einer Fortbildungsvereinbarung ist dabei eine Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers, sofern der Arbeitgeber die Kosten der Fortbildung trägt.13 Die Aufnahme folgender Regelungen ist üblich und möglich:14 9 Checkliste – Pflichten des Arbeitgebers: – Ermöglichung der Teilnahme an der Fortbildung durch Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung/durch unbezahlte Freistellung/durch Gewährung von Urlaub – Übernahme der Kosten (ganz oder teilweise); detaillierte Auflistung der Art der vom Arbeitgeber übernommenen Kosten;15 Ausschluss des Kostenerstattungsanspruchs, falls ein Dritter die Kosten übernimmt16 – Ggf. Zusage des beruflichen Aufstiegs nach erfolgreichem Abschluss der Maßnahme – Pflichten des Arbeitnehmers: – Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme – Aufwendung aller Kräfte, um das Fortbildungsziel zu erreichen – Rückzahlungsverpflichtung – Sonstige Regelungen: – Fortbildungsgegenstand, ggf. Fortbildungsplan als Anhang – Zeitpunkt und Dauer der Maßnahme – Klarstellung, dass die Fortbildungsmaßnahme auf eigenen Wunsch des Arbeitnehmers in dessen Interesse erfolgt und für das berufliche Fortkommen von Nutzen sein wird17
11 MaSiG/Mroß, Kap. 160 Rn 6; Hümmerich/Lücker/Mauer/Lücke, § 2 Rn 226. 12 Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Fortbildung Rn 4. 13 Vgl. zu den Rückzahlungsklauseln und der Kostenübernahme durch den Arbeitgeber ausführlich Rn 15 ff. 14 Vgl. für den Fall einer Fortbildung während der Arbeitszeit in einem laufenden Arbeitsverhältnis: Preis/Stoffels, Kap. II A 120 Rn 4; Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Fortbildung Rn 4 ff.; Liebers/ Hahn, Kap. F.I.7. Rn 83 ff.; vgl. auch das Klauselmuster Rn 14. 15 Vgl. Rn 37. 16 Vgl. Rn 12. 17 Vgl. zu dem Erfordernis des geldwerten Vorteils bei Rückzahlungsklauseln Rn 21.
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Kapitel 7 Regelungen zur Aus- und Weiterbildung
10 Wird der Arbeitnehmer – wie in der Praxis üblich18 – für die Dauer der Fortbildung
unter Fortzahlung seiner Vergütung von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt, wandelt sich seine Pflicht zur Arbeitsleistung in die Pflicht um, an der Fortbildungsmaßnahme teilzunehmen und sich zu bemühen, das Fortbildungsziel zu erreichen.19 Ebenfalls ist eine unbezahlte Freistellung denkbar, durch die die Hauptleistungspflichten des Arbeitsvertrages suspendiert werden und das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vereinbart wird.20 Daneben besteht auch die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer an der Fortbildung nicht während der Arbeitszeit, sondern im Rahmen seiner Freizeit teilnimmt, so dass eine Freistellung nicht notwendig wird. Verpflichtet sich der Arbeitnehmer hierzu, ist dies als vertragliche Nebenpflicht zu qualifizieren.21 Als weitere Gestaltungsmöglichkeit kann ein Arbeitsvertrag auch erstmalig für die Dauer der Fortbildung geschlossen werden und eine Option zur Weiterbeschäftigung nach (erfolgreichem) Abschluss der Maßnahme enthalten.22
III. Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats 11 Im Rahmen der Berufsbildung ergeben sich Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
aus den §§ 96 ff. BetrVG. Berufsbildung im diesem Sinne umfasst auch die berufliche Fortbildung nach dem BBiG.23 Allerdings hat der Betriebsrat nur dann Mitbestimmungsrechte, wenn es sich um betriebliche Bildungsmaßnahmen handelt. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber die Maßnahme als Träger alleine durchführt oder auf Inhalt und Gestaltung rechtlich oder tatsächlich einen beherrschenden Einfluss hat.24 Außerbetriebliche Fortbildungsmaßnahmen sind mangels Einwirkungsmöglichkeit des Arbeitgebers mitbestimmungsfrei.25 Allerdings besteht nach § 98 Abs. 3 BetrVG auch ein Mitbestimmungsrecht für außerbetriebliche Maßnahmen hinsichtlich der Auswahl der Teilnehmer, falls eine Freistellung durch den Arbeitgeber erfolgen soll oder dieser die Fortbildungskosten ganz oder teilweise übernimmt
18 Die Mehrheit der Fortbildungsaktivitäten findet ganz oder zumindest teilweise während der Arbeitszeit statt: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Berufsbildungsbericht 2014, S. 103, abrufbar unter: http://www.bmbf.de/pub/bbb_2014.pdf. 19 MünchArbR/Natzel, § 323 Rn 10; Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Fortbildung Rn 6. 20 Vgl. auch MaSiG/Mroß, Kap. 160 Rn 25. 21 MünchArbR/Natzel, § 323 Rn 11. 22 Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Fortbildung Rn 4; vgl. im Rahmen der Rückzahlungsklauseln auch Rn 35 und das entsprechende Klauselmuster Rn 43. 23 BAG, Urt. v. 5.3.2013 – 1 ABR 11/12, Rn 12. 24 ErfK/Kania, § 96 BetrVG Rn 8; BAG, Urt. v. 5.3.2013 – 1 ABR 11/12, Rn 15; BAG, Urt. v. 18.4.2000 – 1 ABR 28/99, Rn 29; zur Abgrenzung gegenüber den Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers nach § 81 Abs. 1 und 2 BetrVG: Richardi/Thüsing, Betriebsverfassungsgesetz, § 96 Rn 13 ff. 25 BAG, Urt. v. 18.4.2000 – 1 ABR 28/99, Rn 29 f.
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und der Betriebsrat auch tatsächlich Teilnehmer vorgeschlagen hat.26 Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht darüber einigen, welcher der Arbeitnehmer an der Fortbildungsveranstaltung teilnehmen soll, entscheidet nach § 98 Abs. 4 S. 1 BetrVG die Einigungsstelle. Die Gestaltung des Fortbildungsvertrages bleibt dagegen mitbestimmungsfrei.27
IV. Sozial- und steuerrechtliche Aspekte Die §§ 81 ff. SGB III regeln die sozialrechtliche Förderung der beruflichen Weiterbil- 12 dung. Für Fortbildungsmaßnahmen in bestehenden Arbeitsverhältnissen sind insbesondere die §§ 81 Abs. 5, 82 SGB III von Bedeutung. Neben der Bezuschussung des Arbeitgebers zu dem von ihm zu zahlenden Arbeitsentgelt für die Ausfallzeiten während der Fortbildungsdauer nach den Voraussetzungen des § 81 Abs. 5 SGB III enthält § 82 SGB III eine Arbeitnehmerleistung für solche Arbeitnehmer, die das 45. Lebensjahr bereits vollendet haben.28 Weiterbildungskosten im Sinne des SGB III sind Lehrgangskosten, Fahrtkosten, Kosten für die auswärtige Unterbringung und Verpflegung sowie Kinderbetreuungskosten, §§ 83 Abs. 1, 84 ff. SGB III. Abweichend von den Voraussetzungen des § 82 S. 1 Nr. 1 SGB III können Arbeitnehmer, die das 45. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bei der beruflichen Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten nach § 82 SGB III gefördert werden, wenn der Arbeitgeber mindestens 50 % der Lehrgangskosten trägt und die Maßnahme vor dem 31. Dezember 2019 beginnt, § 131a SGB III. Eine weitere Möglichkeit der Bezuschussung des Arbeitnehmers sieht das Gesetz zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (AFBG) vor, falls die Fortbildung auf eine höher gestellte Berufstätigkeit (z. B. Meister) vorbereiten soll.29 Wird der Arbeitnehmer nach den vorstehenden Normen durch Dritte gefördert, hat er in der Höhe der Förderung keinen Kostenerstattungsanspruch gegen den Arbeitgeber.30 Steuerrechtlich kann der Arbeitnehmer Fortbildungskosten in tatsächlicher 13 Höhe als Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG geltend machen, sofern der Arbeitgeber die Kosten nicht übernimmt und sie einen beruflichen Bezug aufweisen.31 Die Kostenübernahme durch den Arbeitgeber stellt nur dann Arbeitslohn
26 Richardi/Thüsing, BetrVG, § 98 Rn 54b; ErfK/Kania, § 98 BetrVG Rn 16. 27 MaSiG/Mroß, Kap. 160 Rn 56. 28 Zu den Voraussetzungen der Förderung siehe BeckOK/Schmidt, § 81 SGB Rn 5, § 82 SGB III Rn 1. 29 Vgl. hierzu Küttner/Voelzke, Personalbuch 2015, Fortbildung Rn 39. 30 Vgl. zu einer entsprechenden Regelung in der Fortbildungsvereinbarung Abs. 6 des Klauselmusters Rn 14. 31 Vgl. auch Küttner/Windsheimer, Personalbuch 2015, Fortbildung Rn 20, 22 ff., 31.
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und damit eine steuerpflichtige Leistung dar, wenn sie nicht im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers erfolgt.32
V. Klauselmuster 14 Das folgende Klauselmuster orientiert sich im Wesentlichen an dem in der Praxis
üblichsten Fall, dass der Arbeitnehmer an einer Fortbildungsmaßnahme während seiner Arbeitszeit teilnimmt und er für die Zeit der Teilnahme von seinem Arbeitgeber unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt wird.
Klauselmuster Fortbildungsvereinbarung (1) Der Arbeitnehmer belegt in der Zeit von […] bis […] die nachfolgend aufgeführte Fortbildungsveranstaltung: […]. Die Fortbildung findet an folgenden Tagen/Wochen […]/in verschiedenen Modulen statt. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus dem beigefügten Fortbildungsplan. (2) Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Teilnahme auf eigenen Wunsch des Arbeitnehmers und im Interesse seiner beruflichen Fort- und Weiterbildung erfolgt und für sein berufliches Fortkommen von Nutzen sein wird. (3) Ggf: Die Fortbildungsmaßnahme geht über die gewöhnliche berufliche Weiterbildung hinaus und befähigt den Arbeitnehmer grundsätzlich, zusätzliche und/oder höherwertige Aufgaben zu übernehmen. Alternativ: Der Arbeitgeber verpflichtet sich zu prüfen, ob dem Arbeitnehmer im Anschluss an die von diesem erfolgreich (mindestens mit Note…) bestandene Bildungsmaßnahme eine Änderung seines bestehenden Arbeitsvertrags unter folgenden Rahmenbedingungen angeboten werden kann: Beginn: […] Beschäftigung als: […] Umfang der Tätigkeit: […h/Woche] Gehalt: […€/Monat] (4) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, regelmäßig an der in Abs. 1 genannten Fortbildungsmaßnahme teilzunehmen und alle Kraft aufzuwenden, um das Fortbildungsziel ordnungsgemäß und zügig zu erreichen. (5) Der Arbeitgeber verpflichtet sich, den Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Vergütung von der Pflicht zur Arbeitsleistung freizustellen, soweit es für die Teilnahme an der Fortbildung erforderlich ist [ggf. Angabe einer bestimmten Anzahl von Tagen, an denen die Freistellung erfolgen soll, z. B. 20 Tage für Präsenzzeiten, 5 Tage für die Abschlussprüfung etc.]. Die Vergütung wird entsprechend dem Durchschnittsverdienst der letzten 3 Monate berechnet. Fortbildungszeit, die über die ausfallende Arbeitszeit hinausgeht, wird nicht vergütet. Der Mitarbeiter ist während der Fortbildungszeit in jeder Hinsicht den übrigen Mitarbeitern gleichgestellt. Ggf. alternativ zu Abs. 5: Der Arbeitgeber verpflichtet sich, den Arbeitnehmer von der Pflicht zur Arbeitsleistung freizustellen, soweit es für die Teilnahme an der Fortbildung erforderlich ist. Die Vergütung wird für die Zeiten der Freistellung nicht fortgezahlt. (6) Der Arbeitgeber übernimmt die Kosten der Fortbildungsmaßnahme vollständig/teilweise. Hierzu gehören:
32 Küttner/Voelzke, Personalbuch 2015, Fortbildung Rn 30, 34, 36.
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B. Fortbildungskosten und ihre Erstattung (Rückzahlungsklauseln)
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– Lehrgangsgebühren (ca. …€) – Prüfungsgebühren (ca. …€) – Kosten für Sachmittel (ca. …€) – Reisekosten (…€/km, ca. …€) – Verpflegungskosten (…€/Tag, ca. …€) – Übernachtungskosten (…€/Tag, ca. …€) – [evtl. Auflistung weiterer Kosten] Die Erstattung der Kosten erfolgt nur gegen Vorlage der entsprechenden Originalbelege. Der Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber entfällt, wenn die Agentur für Arbeit oder eine sonstige Einrichtung die Kosten übernimmt. (7) [Rückzahlungsverpflichtung]33 (8) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, jede Nichtteilnahme an der Fortbildungsmaßnahme und die hierfür maßgeblichen Gründe sowie den vorzeitigen Abbruch oder das endgültige Nichtbestehen dem Arbeitgeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen.
B. Fortbildungskosten und ihre Erstattung (Rückzahlungsklauseln) I. Grundlagen Übernimmt der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer die durch die Teilnahme an einer 15 Fortbildungsmaßnahme entstehenden Kosten,34 hat er die Erwartung, dass die erworbenen Kenntnisse des Arbeitnehmers seinem Unternehmen in Form von qualifizierter Arbeitsleistung zugutekommen und nicht einem Konkurrenten, zu dem der Arbeitnehmer möglicherweise abwandern könnte.35 Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, Rückzahlungsklauseln vertraglich zu vereinbaren, die den Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor oder nach Abschluss der Fortbildungsmaßnahme unter bestimmten Voraussetzungen zur Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichten. Dabei ist jedoch zu beachten, dass solche Rückzahlungsklauseln zu einer Einschränkung der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit (Art. 12 GG) führen, da sie für den Arbeitnehmer einen Wechsel des Arbeitsplatzes erschweren.36 Die widerstreitenden Positionen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind im Rahmen einer zweistufigen Güter- und Interessenabwägung in einen angemesse-
33 Vgl. Klauselmuster Rn 42. 34 Im Jahr 2012 übernahmen Arbeitgeber in fast sieben von zehn Fällen die Kosten der Fortbildungsveranstaltungen ihrer Arbeitnehmer, siehe dazu Bundesministerium für Bildung und Forschung, Berufsbildungsbericht 2014, S. 103, abrufbar unter: http://www.bmbf.de/pub/bbb_2014.pdf. 35 Preis/Stoffels, Kap. II A 120 Rn 3; Lakies, Kap. 5 Rn 352; Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn 568; Straube, NJW-RR 2012, 505, 505. 36 Lakies, Kap. 5 Rn 353.
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nen Ausgleich zu bringen.37 Rückzahlungsklauseln sind zwar grundsätzlich zulässig, aufgrund des Eingriffs in die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers jedoch nur unter strengen Voraussetzungen.38
1. Möglichkeiten der Klauselgestaltung
16 Eine Kostenübernahme durch den Arbeitgeber kann verschiedenartig geregelt
werden. In jedem Fall ist eine ausdrückliche Vereinbarung notwendig.39 Diese kann sowohl individuell zwischen den Parteien ausgehandelt als auch einseitig vom Arbeitgeber durch AGB gestellt werden. Klauseln in Formularverträgen unterliegen einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB. Eine richterliche Inhaltskontrolle ist aber auch bei Individualarbeitsverträgen auf Grundlage des § 242 BGB vorzunehmen.40 Unabhängig von der Vertragsart gelten die gleichen von der Rechtsprechung – auch schon vor der Einführung der §§ 305 ff. BGB – entwickelten Maßstäbe.41 Die in der Praxis üblichste Ausgestaltung ist eine Vorfinanzierung durch den Arbeitgeber und eine entsprechende Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rückzahlung, sofern das Arbeitsverhältnis während der noch andauernden Maßnahme oder innerhalb der Bindungszeit beendet wird.42 Denkbar ist jedoch auch, dass der Arbeitnehmer in Vorleistung tritt und durch den Arbeitgeber eine ratenweise Zahlung an den Arbeitnehmer nach Beendigung der Maßnahme für die Dauer der Bindungswirkung erfolgt.43 Auf die Wirksamkeit der Klausel hat diese unterschiedliche Ausgestaltung jedoch keine Auswirkung; in beiden Fällen müssen die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze beachtet werden.44 Diese finden auch Anwendung, wenn die Vertragsparteien ein „nichtrückzahlbares Darlehen“ vereinbaren.45 Ein Darlehen im Rechtssinne (§ 488 Abs. 1 BGB) liegt nämlich nur vor, wenn der Darlehensnehmer sich von vornherein zur Rückzahlung verpflichtet und nicht nur – wie im Falle der
37 Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn 569; Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 7; vgl. zur Güter- und Interessenabwägung Rn 21 ff. 38 MaSiG/Mroß, Kap. 160 Rn 31; BGH, Urt. v. 17.9.2009 – III ZR 207/08, Rn 19; BAG, Urt. v. 14.1.2009 – 3 AZR 900/07, Rn 17; BAG, Urt. v. 11.4.2006 – 9 AZR 610/05, Rn 24 f; vgl. zu den Voraussetzungen einer wirksamen Rückzahlungsklausel Rn 18 ff. 39 Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 2; Moll/Bengelsdorf, § 49 Rn 257. 40 BAG, Urt. v. 19.02.2004 – 6 AZR 552/02, Rn 22; Straube, NZA-RR 2012, 505, 505. 41 DLW/Dörner, Kap. 9 Rn 249; vgl. zur wirksamen inhaltlichen Ausgestaltung Rn 22 ff. 42 Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn 572; vgl. zum Beendigungszeitpunkt Rn 31. 43 DLW/Dörner, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, Kap. 9 Rn 258. 44 BAG, Urt. v. 19.02.2004 – 6 AZR 552/02, Rn 21; Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn 574. 45 BAG, Urt. v. 18.11.2008 – 3 AZR 192/07, Rn 32; Preis/Stoffels, Kap. II A 120 Rn 64; Straube, NZA-RR 2012, 505, 507.
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B. Fortbildungskosten und ihre Erstattung (Rückzahlungsklauseln)
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Rückzahlungsklauseln – im Ausnahmefall.46 Die (falsche) Bezeichnung als Darlehen schadet nicht, wenn die Parteien eine Verpflichtung zur Rückzahlung vereinbaren wollten.47
2. Gesetzliche Verbote Nach den §§ 12 Abs. 2 Nr. 1, 26 BBiG dürfen Auszubildende und Angehörige gleichge- 17 stellter Ausbildungsgänge nicht verpflichtet werden, für die Berufsausbildung eine Entschädigung zu zahlen. Folglich sind mit diesen vereinbarte Rückzahlungsklauseln nichtig. Dies gilt jedoch nicht für eine berufliche Fortbildung oder Umschulung nach § 1 Abs. 4, 5 BBiG.48 Unwirksam sind nach § 134 BGB auch Abreden über Kosten von Bildungsmaßnahmen, die der Arbeitgeber zwingend zu tragen hat (z. B. Betriebsratsschulung nach §§ 37 Abs. 6, 40 Abs. 1 BetrVG, Entgeltfortzahlung im Rahmen des Bildungsurlaubs, Kosten nach § 1 Abs. 2 S. 3 KSchG).49
II. Gestaltung der Klausel Für die Ausgestaltung der Rückzahlungsklauseln bestehen – insbesondere von der 18 Rechtsprechung entwickelte – strenge Vorgaben hinsichtlich der Wirksamkeitsvoraussetzungen, die im Folgenden näher beleuchtet werden sollen.
1. Zeitpunkt und Form des Abschlusses Eine Rückzahlungsklausel ist vor Beginn der Fortbildungsmaßnahme in den Arbeits- 19 vertrag oder einen davon separaten Fortbildungsvertrag aufzunehmen,50 damit der Arbeitnehmer frei entscheiden kann, ob die zu erwartenden beruflichen Vorteile die möglichen finanziellen Belastungen ausgleichen und die Bindung an den Arbeitgeber seinen Interessen entspricht.51
46 BAG, Urt. v. 18.11.2008 – 3 AZR 192/07, Rn 32; BAG, Urt. v. 18.03.2008 – 9 AZR 186/07, Rn 8; Straube, NZA-RR 2012, 505, 507. 47 BGH, Urt. v. 17.09.2009 – III ZR 207/08, Rn 19; BAG, Urt. v. 18.03.2008 – 9 AZR 186/07, Rn 8. 48 Dorth, RdA 2013, 287, 289; Liebers/Hahn, Kap. F.I.7. Rn 82; Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1 Rn 735. 49 Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 4; für § 1 Abs. 2 S. 3 KSchG andeutend auch BAG, Urt. v. 16.03.1994 – 5 AZR 339/92, Rn 59; a. A. Dorth, RdA 2013, 287, 291 mit der Begründung, dass die Beteiligung des Arbeitnehmers an den Fortbildungskosten i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 3 KSchG einem billigenswerten Interesse des Arbeitnehmers entsprechen kann. 50 Vgl. zum Fortbildungsvertrag Rn 1 ff. 51 Tschöpe/Schmalenberg, Teil 2 A Rn 440; Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 3; Lakies, ArbRAktuell 2012, 216, 216; BAG, Urt. v. 19.03.1980 – 5 AZR 362/78, Rn 38; BAG, Urt. v. 09.12.1992 – 5 AZR 158/12, Rn 16; zuletzt aber offen gelassen: BAG, Urt. v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09, Rn 28.
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Grundsätzlich ist keine bestimmte Form für die Vereinbarung einer Rückzahlungsklausel gesetzlich vorgesehen. Allerdings empfiehlt sich für Beweiszwecke und aus Gründen der Rechtssicherheit stets eine schriftliche Niederlegung, insbesondere da nach der Rechtsprechung der Arbeitnehmer auf alle Folgen, die sich für ihn aus einer solchen Abrede ergeben, klar und unmissverständlich hingewiesen werden muss.52 Zudem ist die Rückzahlungsklausel eine wesentliche Vertragsbedingung i. S. d. § 2 NachwG.53
2. Geldwerter Vorteil
21 Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit einer Rückzahlungsklausel und erste
Stufe der erforderlichen Güter- und Interessenabwägung ist, dass der Arbeitnehmer durch die Fortbildung einen geldwerten Vorteil erlangt.54 Der Arbeitnehmer soll nämlich – insbesondere aufgrund der Einschränkung seiner verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit – eine angemessene Gegenleistung für die mögliche Rückzahlungsverpflichtung erhalten.55 Ein geldwerter Vorteil liegt vor, wenn die Maßnahme die Entwicklung von Fähigkeiten und Kenntnissen zur Folge hat und der Arbeitnehmer innerhalb oder auch außerhalb des Unternehmens seine Aufstiegsund Verdienstchancen verbessert, ihm also berufliche Möglichkeiten eröffnet werden, die ihm vor Durchführung der Fortbildung nicht offen standen oder er das erworbene Wissen für andere Beschäftigungsverhältnisse oder selbstständige Tätigkeiten nutzen kann.56 Dagegen reicht es nicht aus, wenn die Fortbildungsmaßnahme der bloßen Einarbeitung in einem neuen Arbeitsverhältnis dient, bereits vorhandene Kenntnisse des Arbeitnehmers lediglich aufgefrischt werden oder vornehmlich innerbetriebliche Vorteile bringt.57 Die Kosten der Maßnahme dürfen nicht nur im Interesse des Arbeitgebers für seinen Geschäftsbetrieb aufgewendet werden.58 Ein geldwerter Vorteil wird aber nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer die aus seiner Fortbildung resultierenden Vorteile nicht nutzbar macht; es reicht aus, wenn die objektive Möglichkeit gegeben ist, wozu ernsthaft in Betracht zu ziehende Chancen
52 BAG, Urt. v. 19.03.1980 – 5 AZR 362/78, Rn 38; so auch Lakies, ArbRAktuell 2012, 216, 216; Moll/ Bengelsdorf, § 49 Rn 257. 53 Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 3; Preis/Stoffels, Kap. II A 120 Rn 9. 54 MaSiG/Mroß, Kap. 160 Rn 36; Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1 Rn 738. 55 BAG, Urt. v. 11.04.1990 – 5 AZR 308/89, Rn 18; Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1 Rn 738. 56 BAG, Urt. v. 05.12.2002 – 6 AZR 539/01, Rn 16; BAG, Urt. v. 19.01.2001 – 3 AZR 621/08, Rn 34; Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 9; MaSiG/Mroß, Kap. 160 Rn 36; Liebers/ Hahn, Kap. F.I.7. Rn 86; Lakies, Kap. 5 Rn 364. 57 BAG, Urt. v. 05.12.2002 – 6 AZR 539/01, Rn 16; zur Einarbeitung: BAG, Urt. v. 16.01.2003 – 6 AZR 384/01, Rn 24; Tschöpe/Schmalenberg, Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, Teil 2 A Rn 442; Lakies, ArbRAktuell 2012, 216, 217; zur Auffrischung bereits vorhandener Erkenntnisse: Hümmerich/Reufels/ Mengel, § 1 Rn 744 (TÜV-Schweißer-Zeugnis). 58 Lakies, ArbRAktuell 2012, 216, 217; BAG, Urt. v. 18.11.2008 – 3 AZR 192/07, Rn 34.
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notwendig sind.59 Scheidet der Arbeitnehmer vor Abschluss der Fortbildungsmaßnahme aus dem Arbeitsverhältnis aus, ist zu prüfen, ob die Maßnahme für ihn von geldwertem Vorteil gewesen wäre.60
3. Inhaltliche Ausgestaltung Auf der zweiten Stufe der Güter- und Interessenabwägung wird geprüft, ob die in 22 der Rückzahlungsklausel vereinbarten Modalitäten interessengerecht sind.61
a) Bindungsdauer Der dem Arbeitnehmer zugutekommende geldwerte Vorteil muss mit der Dauer der 23 Bindung an den die Kosten übernehmenden Arbeitgeber in einem angemessenen Verhältnis stehen.62 Die Rechtsprechung hat eine sogenannte „Faustformel“ entwickelt, durch die 24 eine angemessene Bindungsdauer im Verhältnis zur Dauer der Bildungsmaßnahme bestimmt wird, sofern der Arbeitnehmer für diesen Zeitraum unter Fortzahlung der Vergütung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt wird.63 Dauer der Fortbildung Bis zu 1 Monat Bis zu 2 Monaten Bis zu 4 Monaten Zwischen 6 und 12 Monaten Mehr als 2 Jahre
Angemessene Bindungsdauer Höchstens 6 Monate64 Höchstens 1 Jahr65 Höchstens 2 Jahre66 Höchstens 3 Jahre67 Höchstens 5 Jahre68
59 Preis/Stoffels, Kap. II A 120 Rn 22; Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1 Rn 739. 60 BAG, Urt. v. 19.01.2001 – 3 AZR 621/08, Rn 41; vgl. auch Rn 31. 61 Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1 Rn 746; Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 7. 62 BAG, Urt. v. 21.07.2005 – 6 AZR 452/04, Rn 17; Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 7. 63 Vgl. zum Überblick über die Rechtsprechung BAG, Urt. v. 14.01.2009 – 3 AZR 900/07, Rn 18; MaSiG/ Mroß, Kap. 160 Rn 42; Moll/Bengelsdorf, § 49 Rn 259; Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 11; Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn 592 f. 64 BAG Urt. v. 15.09.2009 – 3 AZR 173/08, Rn 41; BAG, Urt. v. 05.12.2002 – 6 AZR 539/01. 65 BAG, Urt. v. 15.12.1993 – 5 AZR 279/93, Rn 42. 66 BAG, Urt. v. 21.07.2005 – 6 AZR 452/04, Rn 21; BAG, Urt. v. 06.09.1995 – 5 AZR 241/94, Rn 40. 67 BAG, Urt. v 15.12.1993 – 5 AZR 279/93, Rn 40. 68 BAG, Urt. v. 12.12.1979 – 5 AZR 1056/77, Rn 33.
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25 Dies sind jedoch nur richterrechtliche „Regelwerte“; es ist weiterhin eine Einzel-
fallbetrachtung notwendig und auch zulässig.69 Neben der Dauer der Fortbildungsmaßnahme ist auch die Qualität der erworbenen Qualifikation maßgeblich, für die die Dauer jedoch stets ein Indiz ist.70 Eine verhältnismäßig lange Bindung kann auch bei einer kürzeren Dauer der Maßnahme gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber ganz erhebliche Mittel aufwendet oder die Teilnahme an der Fortbildung dem Arbeitnehmer überdurchschnittlich große Vorteile bringt.71 Eine Bindungsdauer von 5 Jahren ist wegen § 624 BGB jedoch die gesetzliche Höchstgrenze.72 Auch kann die Höhe der Gesamtaufwendungen des Arbeitgebers alleine eine lange Bindung nicht rechtfertigen, da vorrangig der geldwerte Vorteil des Arbeitnehmers zu bewerten ist.73 Im Umkehrschluss kann bei überdurchschnittlich langen Fortbildungsmaßnahmen eine verhältnismäßig kurze Bindungsdauer angemessen sein, wenn durch den Arbeitgeber wenig Mittel aufgewendet werden und der Arbeitnehmer nur geringe Vorteile erlangt.74 Gliedert sich die Maßnahme in mehrere zeitlich getrennte Abschnitte, so sind die Pausen für die Bestimmung der Dauer grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.75 Zugunsten des Arbeitnehmers wird von der Rechtsprechung ebenfalls berück26 sichtigt, wenn dieser während der Dauer der Fortbildungsmaßnahme nicht völlig von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt wird, sondern teilweise seine Arbeitspflicht erfüllt.76 Wurde eine unangemessen lange Bindungsdauer in eine vorformulierte Klausel 27 aufgenommen, so ist diese wegen des im AGB-Recht nach § 306 Abs. 2 BGB geltenden Verbots der geltungserhaltenden Reduktion insgesamt nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.77 Es kommt zu einem Wegfall der Zahlungspflicht.78 Eine Bindungsdauer wird nur dann entsprechend § 139 BGB auf das zulässige Maß zurückgeführt, wenn es
69 BAG, Urt. v. 21.07.2005 – 6 AZR 452/04, Rn 21; BAG, Urt. v. 05.12.2002 – 6 AZR 539/01, Rn 17; Tschöpe/Schmalenberg, Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, Teil 2 A Rn 443. 70 BAG, Urt. v. 14.01.2009 – 3 AZR 900/07, Rn 18; Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn 592; Lakies, Kap. 5 Rn 366. 71 BAG, Urt. v. 14.01.2009 – 3 AZR 900/07, Rn 18. 72 Preis/Stoffels, Kap. II A 120 Rn 40; Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 10; Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1 Rn 747. 73 Moll/Bengelsdorf, § 49 Rn 260; BAG, Urt. v. 05.12.2002 – 6 AZR 539/01, Rn 19, das in der Höhe der Gesamtaufwendungen kein Indiz für die Qualität der entstehenden beruflichen Vorteile sieht; vgl. zum geldwerten Vorteil Rn 21. 74 Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn 595. 75 Preis/Stoffels, Kap. II A 120 Rn 41; vgl. zur Bestimmung der zeitlichen Lage durch den Arbeitgeber Rn 30. 76 BAG, Urt. v. 15.05.1985 – 5 AZR 161/84, Rn 24 (16-monatige Ausbildung bei 22,2 % Arbeitsleistung rechtfertigt eine 3-jährige Bindung); BAG, Urt. v. 21.07.2005 – 6 AZR 452/04 (3-jährige Weiterbildung bei 75,1 % Arbeitsleistung rechtfertigt eine 2-jährige Bindung). 77 BAG, Urt. v. 14.01.2009 – 3 AZR 900/07, Rn 21 ff.; BAG, Urt. v. 11.04.2006 – 9 AZR 610/05, Rn 29 f. 78 Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1 Rn 753.
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sich nicht um AGB, sondern um eine individuell vereinbarte Rückzahlungsverpflichtung handelt.79 Die Pflicht des Arbeitgebers zur Übernahme der Fortbildungskosten bleibt dagegen auch bei einer unwirksamen Rückzahlungsklausel bestehen. In vorformulierten Verträgen ist nach der Rechtsprechung trotz der eigentlich 28 entgegenstehenden Wertungen der §§ 305 ff. BGB in engen Grenzen eine ergänzende Vertragsauslegung möglich, und zwar dann, wenn das Festhalten am Vertrag eine unzumutbare Härte nach § 306 Abs. 3 BGB darstellen würde.80 Im Falle der Rückzahlungsklauseln ist es unangemessen, dem Arbeitgeber ein Prognoserisiko aufzubürden, wenn objektive Schwierigkeiten bestehen, eine zulässige Bindungsdauer zu bestimmen.81 Die nach der Rechtsprechung zulässige Bindungsdauer wird dann in der Regel einen beiden Vertragsparteien gerecht werdenden Ausgleich darstellen.82 Der Arbeitgeber hat auch keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche (§§ 812 ff. 29 BGB), da trotz Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel die – im AGB-Recht gem. § 306 Abs. 1 BGB – an sich wirksame Fortbildungsvereinbarung83 einen Rechtsgrund darstellt und auch eine Zweckverfehlungskondiktion an der bestehenden vertraglichen Abrede scheitert.84 Daneben dürfen die Wertungen der §§ 305 ff. BGB nicht durch das Bereicherungsrecht umgangen werden.85 Nach der Instanzenrechtsprechung kann eine Rückzahlungsklausel nicht nur 30 wegen einer unzulässigen Bindungsdauer unwirksam sein, sondern auch wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB), wenn der Arbeitgeber bestimmen kann, wann die Bindung des Arbeitnehmers beginnt.86 Des Weiteren muss die zeitliche Lage der einzelnen Fortbildungsabschnitte – sofern die Maßnahme nicht zusammenhängend erfolgt – den Vorgaben der Fortbildungseinrichtung entsprechen, da der Arbeitgeber nicht befugt sein soll, die Teilnahme oder deren zeitlichen Lage alleine nach seinen Interessen festzulegen.87
79 DWL/Dörner, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, Kap. 9 Rn 232, 251. 80 BAG, Urt. v. 14.01.2009 – 3 AZR 900/07, Rn 27; BAG, Urt. v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, Rn 36; siehe auch Moll/Bengelsdorf, § 49 Rn 260; BAG, Urt. v. 13.11.2011 – 3 AZR 791/09, Rn 36; BAG, Urt. v. 06.08.2013 – 9 AZR 442/12, Rn 21; vgl. auch Kap 2 Rn 107 f. 81 BAG, Urt. v. 14.01.2009 – 3 AZR 900/07, Rn 29; siehe auch MaSiG/Mroß, Kap. 160 Rn 45. 82 BAG, Urt. v. 14.01.2009 – 3 AZR 900/07, Rn 30; zur nach der Rechtsprechung zulässigen Bindungsdauer siehe Rn 24 f. 83 Vgl. Rn 4 zum Abschluss eines vom Arbeitsvertrag separaten Fortbildungsvertrages und Rn 7 ff. zu dessen inhaltlicher Ausgestaltung. 84 BAG, Urt. v. 28.05.2013 – 3 AZR 103/12, Rn 24 ff.; BAG, Urt. v. 21.08.2012 – 3 AZR 698/10, Rn 34 ff.; Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 13. 85 BAG, Urt. v. 28.05.2013 – 3 AZR 103/12, Rn 28; BAG, Urt. v. 21.08.2012 – 3 AZR 698/10, Rn 46. 86 LAG Nürnberg, Urt. v. 02.11.2011 – 7 Sa 138/11, Rn 50; nachfolgend hat sich das BAG, Urt. v. 28.05.2013 – 3 AZR 103/12 zu dieser Frage nicht geäußert. 87 BAG, Urt. v. 19.01.2011 – 3 AZR 621/08, Rn 45, das ausführt, dass dann auch keine unangemessene Benachteiligung vorliegt, wenn der Arbeitnehmer zwischen den einzelnen Abschnitten der Maßnahme an den Arbeitgeber gebunden ist.
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Kapitel 7 Regelungen zur Aus- und Weiterbildung
b) Auslöser der Rückzahlungspflicht
31 Hauptauslöser der Rückzahlungspflicht ist die Beendigung des Arbeitsverhältnis-
ses. Dabei ist es unerheblich, ob die Beendigung vor oder nach Abschluss der Fortbildungsmaßnahme erfolgt.88 In beiden Fällen ist eine Rückzahlungsverpflichtung denkbar. Eine solche Beendigung kann aber nur dann wirksam eine Verpflichtung zur Rückzahlung begründen, wenn diese der Sphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen ist, der Arbeitnehmer also die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beeinflussen kann und es selbst in der Hand hat, der Erstattungspflicht durch eigene Betriebstreue zu entgehen.89 Folgende in der Sphäre des Arbeitnehmers liegende Beendigungsgründe werden 32 von Rechtsprechung und Literatur anerkannt: – Eigenkündigung des Arbeitnehmers, sofern dessen Beweggründe vom Arbeitgeber nicht zu verantworten sind90, – Kündigung des Arbeitgebers aufgrund eines vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers (verhaltensbedingte Kündigungen); dazu sind die Wertungen des Kündigungsrechts heranzuziehen91, – Aufhebungsvertrag, der ausschließlich auf Wunsch des Arbeitnehmers geschlossen wurde92. 33 Daher sind solche Klauseln nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, die (auch) eine
Rückzahlungspflicht im Falle einer betriebsbedingten Kündigung oder sonstiger Kündigungen aus Gründen, die vom Arbeitnehmer nicht beeinflusst werden können (z. B. personenbedingte Gründe) und in der Sphäre des Arbeitgebers liegen, auslösen.93 Durch solche Arbeitgeberkündigungen gibt dieser zu erkennen, dass er trotz der aufgewandten Kosten nicht bereit, zumindest nicht in der Lage ist, dem Betrieb die Qualifikation des Arbeitnehmers zu erhalten.94 Sofern man in der Sphäre des Arbeitgebers liegende Gründe eine Rückzahlungspflicht auslösen lassen würde, fände eine unzulässige Abwälzung von Investitionsrisiken vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer statt.95 Nach der Rechtsprechung ist auch eine Probezeitkündigung aufgrund
88 BAG, Urt. v. 19.01.2011 – 3 AZR 621/08, Rn 41. 89 BAG, Urt. v. 18.11.2008 – 3 AZR 192/07, Rn 35; BAG, Urt. v. 11.04.2006 – 9 AZR 610/05, Rn 27; BAG, Urt. v. 06.05.1998 – 5 AZR 535/97, Rn 20; ErfK/Preis, § 611 BGB Rn 445. 90 BAG, Urt. v. 28.05.2013 – 3 AZR 103/12, Rn 17 ff; BAG, Urt, v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09; Hümmerich/ Reufels/Mengel, § 1 Rn 757. 91 Küttner/Poeche, Personalbuch, Rückzahlungsklausel Rn 14; DLW/Dörner, Kap. 9 Rn 228; Suckow/ Striegel/Niemann/Suckow, Rn 604. 92 BAG, Urt. v. 05.07.2010 – 5 AZR 883/98, Rn 30. 93 DLW/Dörner, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, Kap. 9 Rn 226 f.; Liebers/Hahn, Kap. F.I.7. Rn 90; zur betriebsbedingten Kündigung: BAG, Urt. v. 06.05.1998 – 5 AZR 535/97, Rn 20. 94 BAG, Urt. v. 06.05.1998 – 5 AZR 535/97, Rn 20. 95 BAG, Urt. v. 18.11.2008 – 3 AZR 192/07, Rn 35.
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B. Fortbildungskosten und ihre Erstattung (Rückzahlungsklauseln)
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fehlender Eignung kein tauglicher Grund, eine Rückzahlungspflicht auszulösen, da ein Arbeitnehmer die subjektiven Vorstellungen des Arbeitgebers nicht beeinflussen kann und das Auswahlrisiko des Arbeitgebers nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden soll.96 Neben der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind als weitere Auslöser einer 34 Rückzahlungspflicht die Fälle denkbar, bei denen der Arbeitnehmer die Fortbildungsmaßnahme vor deren Abschluss abbricht oder das Fortbildungsziel nicht erreicht.97 Auch hier muss der Arbeitnehmer grundsätzlich den Abbruch oder sein Scheitern zu vertreten haben.98 Daher kann eine Rückzahlungspflicht nicht dadurch ausgelöst werden, dass der Arbeitnehmer trotz erheblicher Anstrengungen eine etwaige Abschlussprüfung nicht besteht; dagegen kann eine mangelnde Vorbereitung tauglicher Auslösungsgrund sein.99 Erreicht der Arbeitnehmer das Fortbildungsziel nicht, dürfte es dem Arbeitgeber jedoch regelmäßig schwerfallen, diesem ein schuldhaftes Verhalten nachzuweisen.100 Bei vorzeitigem Abbruch der Maßnahme soll dem Arbeitnehmer zumindest bei länger andauernden Fortbildungen eine Überlegungsfrist eingeräumt werden, innerhalb derer er ohne Kostenrisiko entscheiden kann, ob die Fortbildung seinen Neigungen entspricht und er diese fortsetzen oder abbrechen möchte.101 Wird die Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers davon abhängig 35 gemacht, ob nach dem Ende der Fortbildung überhaupt erst ein Arbeitsverhältnis zustande kommt, so können auch für diesen Fall keine anderen Grundsätze gelten.102 Möchte der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag aus im Verhalten des Arbeitnehmers liegenden schwerwiegenden Gründen nicht schließen und nicht, weil er aus sonstigen Gründen dazu nicht bereit oder in der Lage ist, ist eine Kostentragung des Arbeitneh-
96 BAG, Urt. v. 24.06.2004 – 6 AZR 320/03; kritisch Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1 Rn 759, die zu bedenken gibt, dass der Arbeitnehmer für ein Scheitern in der Probezeit selbst verantwortlich ist und durch die Fortbildung über bessere Chancen am Arbeitsmarkt verfügt. 97 Lakies, Kap. 5 Rn 370; vgl. auch Preis/Stoffels, Kap. II A 120 Rn 56 ff. 98 Tschöpe/Schmalenberg, Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, Teil 2 A Rn 450. 99 Preis/Stoffels, Kap. II A 120 Rn 58; wohl auch ErfK/Preis, § 611 BGB Rn 439; kritisch Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 15, der die Auffassung vertritt, dass sich der Arbeitgeber im Vorfeld über die Fähigkeiten des Arbeitnehmers ein Bild machen muss und diese Fälle daher dem Risikobereich des Arbeitgebers zuzurechnen sind. 100 Liebers/Hahn, Kap. F.I.7. Rn 96. 101 BAG, Urt,. v. 20.02.1975, Rn 37 (Abbruch bis zum Ablauf des ersten Beschäftigungsjahres ohne Kostenrisiko möglich); Preis/Stoffels, Kap. II A 120 Rn 57; Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 15; aber keine Überlegungsfrist bei Erwerb einer zusätzlichen Qualifikation innerhalb eines Berufsbildes, wenn der Arbeitnehmer schon zu einem früheren Zeitpunkt überprüfen konnte, ob die Ausbildung seinen Neigungen entspricht: BAG, Urt. v. 19.01.2011 – 3 AZR 621/08, Rn 30; ablehnend zur Überlegungsfrist als Wirksamkeitsvoraussetzung: Dorth, RdA 2013, 287, 299. 102 So auch BAG, Urt. v. 18.11.2008 – 3 AZR 192/07, Rn 36.
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Kapitel 7 Regelungen zur Aus- und Weiterbildung
mers legitim.103 Allerdings ist eine Rückzahlungsklausel nur dann wirksam, wenn sie eine Verpflichtung zur Beschäftigung enthält. Denn wenn kein Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses besteht, fehlt dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, die Kosten durch Betriebstreue abzugelten.104 Daneben fordert die Rechtsprechung, dass zumindest rahmenmäßig bestimmt sein muss, zu welchen Bedingungen die spätere Berufstätigkeit erfolgen soll, da ansonsten ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB vorliegt.105 Dazu gehören Angaben zum Beginn des Vertragsverhältnisses, zur Art und zum zeitlichen Umfang der Beschäftigung und zur Anfangsvergütung.106 Die Rückzahlungsklausel muss alle Gründe, die zu einer Auslösung der Rück36 zahlungspflicht führen sollen, abschließend und ausdrücklich aufzählen; eine beispielhafte Aufzählung ist ungenügend.107 Insbesondere kann aus den oben dargestellten Gründen108 nicht pauschal auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgestellt werden.109 Die Klausel darf eben gerade nur solche Auslösungsgründe benennen, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen.
c) Bezifferung des Rückzahlungsbetrages
37 Die vom Arbeitnehmer gegebenenfalls zurückzuzahlenden Kosten müssen nach der
in dieser Hinsicht sehr strengen Rechtsprechung des BAG dem Grund und der Höhe nach im Rahmen des Möglichen angegeben werden.110 Ansonsten liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB vor, da der Arbeitnehmer sein Rückzahlungsrisiko nicht abschätzen kann.111 Die Höhe der Kosten muss jedoch nicht exakt beziffert werden, vielmehr genügt es, wenn die Art der Kosten (z. B. Lehrgangsgebühren, Kosten für Sachmittel, Entgelt für die Zeit der Freistellung, Sozialabgaben in Höhe des Arbeitnehmeranteils, Fahrt-, Unterbringungs-, Verpflegungskosten) und die entsprechende Berechnungsgrundlage (z. B. Kilometerpauschale, Tagessätze für Verpflegung etc.) benannt werden, damit der Arbeitnehmer erkennen kann, wie sich die mögliche Gesamtforderung zusammensetzt.112
103 Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn 610; MaSiG/Mroß, Kap. 160 Rn 41. 104 BAG, Urt. v. 18.03.2008 – 9 AZR 186/07, Rn 25. 105 BAG, Urt. v. 18.03.2008 – 9 AZR 186/07, Rn 28; LAG Köln, Urt. v. 27.05.2010 – 7 Sa 23/10, Rn 19 ff. 106 BAG, Urt. v. 18.03.2008 – 9 AZR 186/07, Rn 28; kritisch Dorth, RdA 2013, 287, 299 f.; Hümmerich/ Boecken/Spirolke/Natzel, Das arbeitsrechtliche Mandat, § 3 Rn 328. 107 BAG, Urt. v. 23.01.2007 – 9 AZR 482/06, Rn 23; MaSiG/Mroß, Kap. 160 Rn 40; Lakies, Kap. 5 Rn 371. 108 Vgl. Rn 31 ff. 109 BAG, Urt. v. 11.04.2006 – 9 AZR 610/05. 110 BAG, Urt. v. 21.08.2012 – 3 AZR 698/10, Rn 19; siehe auch Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 16. 111 BAG, Urt. v. 06.08.2013 – 9 AZR 442/12, Rn 13; BAG, Urt. v. 21.08.2012 – 3 AZR 698/10, Rn 19. 112 BAG, Urt. v. 06.08.2013 – 9 AZR 442/12, Rn 13, 15; BAG, Urt. v. 21.08.2012 – 3 AZR 698/10, Rn 19; Erfk/Preis, § 611 BGB Rn 436; siehe bzgl. der Art der Kosten: Küttner/Poeche, Personalbuch 2015,
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B. Fortbildungskosten und ihre Erstattung (Rückzahlungsklauseln)
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Der Anspruch des Arbeitgebers ist immer auf die tatsächlich anfallenden 38 Kosten beschränkt, da eine Rückzahlungsvereinbarung ansonsten einer Vertragsstrafenregelung gleichkommen würde.113 Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Arbeitnehmer vor Abschluss der Fortbildungsmaßnahme aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.114 Dann sind die bis zum Ausscheiden tatsächlich angefallenen Kosten zu ersetzen.115 Grundsätzlich kann ein Höchstbetrag vereinbart werden, dann darf der Arbeitgeber aber keinen höheren Betrag fordern, wenn tatsächlich mehr Kosten entstanden sind, aber auch nur die tatsächlich angefallenen Kosten, wenn diese den Höchstbetrag unterschreiten.116 Die Vereinbarung eines Pauschalbetrages losgelöst von den tatsächlichen Kosten ist aber stets unwirksam, vielmehr müssen Grund und Höhe der Kosten im Rahmen des Möglichen angegeben werden.117
d) Zeitabhängige Reduzierung des Rückzahlungsbetrages Eine zulässige inhaltliche Ausgestaltung einer Rückzahlungsklausel fordert auch 39 stets, dass der Rückzahlungsbetrag zeitanteilig zur vereinbarten Bindungsdauer gestaffelt ist.118 Aus Gründen der Rechtssicherheit ist zu raten, nach jedem vollen Monat, den das Arbeitsverhältnis nach Ende der Fortbildungsmaßnahme besteht,119 und nicht nur jährlich, den Betrag um den der Gesamtbindungsdauer entsprechenden Bruchteil zu kürzen (1/6 bei 6 Monaten, 1/12 bei 1 Jahr, 1/24 bei 2 Jahren, 1/36 bei 3 Jahren, 1/60 bei 5 Jahren).120 Die höchstrichterliche Rechtsprechung sah bis jetzt eine monatliche Kürzung nicht als erforderlich an und ließ eine jährliche Reduzierung genügen.121 Allerdings kann – insbesondere im Hinblick auf neuere Instanzenrecht-
ückzahlungsklausel Rn 16; insbes. zu den Sozialabgaben: BAG, Urt. v. 17.11.2005 – 6 AZR 160/05, R Rn 35. 113 BAG, Urt. v. 21.07.2005 – 6 AZR 452/04, Rn 23; BAG, Urt. v. 16.03.1994 – 5 AZR 339/92; Rn 66. 114 Vgl. Rn 31. 115 BAG, Urt. v. 19.01.2011 – 3 AZR 621/08, Rn 41. 116 Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, Rückzahlungsklausel Rn 16; Tschöpe/Schmalenberg, Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, Teil 2 Rn 446; Dorth, RdA 2013, 287, 296. 117 Lakies, ArbRAktuell 2012, 216, 218; vgl. zur Bezifferung des Rückzahlungsbetrages Rn 37. 118 BAG, Urt. v. 23.4.1986 – 5 AZR 159/85, Rn 22; Tschöpe/Schmalenberg, Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, Teil 2 A Rn 446; Lakies, Kap. 5 Rn 376 f.; Preis/Stoffels, Kap. II A 120 Rn 49. 119 Für die Entstehung des Rückzahlungsanspruchs ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der maßgebliche Zeitpunkt und nicht der Zugang der Kündigungserklärung, so das BAG, Urt. v. 18.11.2004 – 6 AZR 651/03. 120 Eine monatliche und nicht nur jährliche Reduzierung empfiehlt auch MaSiG/Mroß, Kap. 160 Rn 46, 52; ebenso Dorth, ArbRAktuell 2013, 287, 297. 121 BAG, Urt. v. 23.04.1986 – 5 AZR 159/85, Rn 23; offen gelassen: BAG, Urt. v. 15.09.2009 – 3 AZR 173/08, Rn 40.
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Kapitel 7 Regelungen zur Aus- und Weiterbildung
sprechung122 – nicht ausgeschlossen werden, dass die Gerichte einzelfallorientiert eine jährliche Kürzung als unangemessen und damit als unwirksam erachten, was aufgrund des Verbotes der geltungserhaltenden Reduktion die vollständige Unwirksamkeit der Klausel zur Folge hätte.
III. Darlegungs- und Beweislast 40 Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der Rechts-
wirksamkeit einer Rückzahlungsklausel trägt der Arbeitgeber.123 Da eine Rückzahlungsverpflichtung jedoch immer vor Beginn der Bildungsmaßnahme vereinbart werden muss und daher in der Regel eine Zukunftsprognose notwendig sein wird,124 muss es ausreichen, wenn der Arbeitgeber Umstände darlegt und beweist, aus denen sich ergibt, dass im Zeitpunkt der Vereinbarung der Rückzahlungsklausel ein entsprechender geldwerter Vorteil für den Arbeitnehmer mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, die im Anschluss vom Arbeitnehmer zu entkräften ist, erwartet werden konnte.125 Der Arbeitgeber genügt dieser Darlegungslast jedenfalls dann, wenn er substantiiert vorträgt, dass der Arbeitnehmer durch die Weiterbildung eine anerkannte Qualifikation erworben und ihm diese auch innerbetriebliche Vorteile gebracht hat, wobei diese Vorteile auch in der Einstellung selbst liegen können.126
IV. Checkliste und Klauselmuster 41 Damit es aufgrund einer eventuellen Unwirksamkeit einer Rückzahlungsklausel nicht
zu einem Wegfall der Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers kommt, sind zusammenfassend die folgenden Punkte bei der Klauselgestaltung besonders zu beachten. Checkliste: Gestaltung von Rückzahlungsklauseln – Ausdrückliche Bezeichnung als „Rückzahlungsvereinbarung“ – Schriftliche Vereinbarung vor Beginn der Fortbildungsmaßnahme – Aufnahme einer angemessenen Bindungsdauer unter Berücksichtigung der Rechtsprechung – Abschließende Aufzählung nur solcher Auslöser, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen – Beendigung des Arbeitsverhältnisses
122 LAG Hamm, Urt. v. 09.03.2012 – 7 Sa 1500/11, Rn 43 ff., das für eine das Bruttomonatseinkommen um ein Vielfaches übersteigende Rückforderungssumme nur eine monatliche Reduzierung als angemessen ansieht. 123 BAG, Urt. v. 16.03.1994 – 5 AZR 339/92; ohne Begründung ablehnend Moll/Bengelsdorf; § 49 Rn 262. 124 Vgl. zum Zeitpunkt der Vereinbarung Rn 19. 125 BAG, Urt. v. 16.03.1994 – 5 AZR 339/92, Rn 79; BAG, Urt. v. 30.11.1994 – 5 AZR 715/93, Rn 36. 126 BAG, Urt. v. 16.03.1994 – 5 AZR 339/92, Rn 80.
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B. Fortbildungskosten und ihre Erstattung (Rückzahlungsklauseln)
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– Vom Arbeitgeber nicht veranlasste Eigenkündigung – Verhaltensbedingte Arbeitgeberkündigung – Auf Wunsch des Arbeitnehmers geschlossener Aufhebungsvertrag – Abbruch der Bildungsmaßnahme – Aufnahme einer Überlegungsfrist bei längeren Bildungsmaßnahmen – Nichterreichen des Fortbildungsziels – Arbeitnehmer hat seine Fähigkeiten schuldhaft nicht genutzt – Nichtzustandekommen eines Arbeitsverhältnisses; Aufnahme einer Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung; Aufnahme der rahmenmäßigen Bedingungen der Weiterbeschäftigung (Beginn, Art, Umfang und Anfangsvergütung) Angabe der Gesamtsumme, der Art der Kosten und der Berechnungsgrundlage Ggf. Aufnahme eines Höchstbetrages Aufnahme einer zeitabhängigen (monatlichen) Reduzierung des Rückzahlungsbetrages
Das nachfolgende Klauselmuster geht von einer 12-monatigen Fortbildungsdauer 42 während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses aus. Klauselmuster Rückzahlungsvereinbarung Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, nach Abschluss der Fortbildung mindestens 3 Jahre lang für den Arbeitgeber tätig zu sein. Sollte der Arbeitnehmer vor Ablauf dieser 3 Jahre nach Ende der Fortbildungsmaßnahme kündigen, ohne dass er dafür einen wichtigen Grund hat oder kündigt ihm der Arbeitgeber innerhalb dieses Zeitraums aus wichtigem Grund oder aus einem Grund, der im Verhalten des Arbeitnehmers liegt oder schließen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber auf den ausdrücklichen Wunsch des Arbeitnehmers einen Aufhebungsvertrag, so ist der Arbeitnehmer verpflichtet folgende vom Arbeitgeber aufgewendeten Fortbildungskosten in Höhe von [insgesamt ca./maximal] [… €] zurückzuzahlen: – gezahltes Entgelt für die Zeit der Freistellung (ca. …€) – Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung (ca. …€) – Lehrgangsgebühren (ca. …€) – Prüfungsgebühren (ca. …€) – Kosten für Sachmittel (ca. …€) – Reisekosten (…€/km, ca. …€) – Verpflegungskosten (…€/Tag, ca. …€) – Übernachtungskosten (…€/Tag, ca. …€) – [evtl. Auflistung weiterer Kosten] Der Rückzahlungsbetrag vermindert sich nach Beendigung der Fortbildung ratierlich für jeden vollen Monat der Beschäftigung um 1/36 des gewährten Betrages. Der Rückzahlungsbetrag wird mit Zugang der Kündigung sofort fällig und ist binnen 14 Tagen auf ein vom Arbeitgeber benanntes Konto zurückzuzahlen [ggf. alternativ: Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Rückzahlungsforderung mit noch ausstehenden Gehaltsforderungen des Arbeitnehmers unter Wahrung der geltenden Pfändungsfreigrenzen zu verrechnen.]. Eine Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers entsteht auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis aus den in Abs. 1 genannten Gründen vor Abschluss der Fortbildungsmaßnahme beendet wird. Der Arbeitnehmer ist dann zur Rückzahlung der durch den Arbeitgeber bereits erstatteten Beträge verpflichtet. Falls der Arbeitnehmer die Fortbildung aus Gründen die er zu vertreten hat, nicht erfolgreich beendet, ist er zur Rückzahlung der durch den Arbeitgeber bereits erstatteten Beträge verpflichtet. Der Rück-
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zahlungsanspruch entsteht mit dem endgültigen Abbruch der Fortbildung bzw. mit dem endgültigen Nichtbestehen entweder einer Zwischenprüfung, sofern diese Voraussetzung für die Fortsetzung der Fortbildung ist, oder der Abschlussprüfung. Ein Abbruch innerhalb einer Überlegungsfrist von […] Wochen/Monaten nach Beginn der Fortbildung ist hierbei jedoch unschädlich. Eine ratierliche Minderung des Rückzahlungsbetrages erfolgt im Falle des endgültigen Abbruchs oder des endgültigen Nichtbestehens nicht. Der Rückzahlungsbetrag wird mit dem endgültigen Abbruch der Fortbildung oder dem endgültigen Nichtbestehen sofort fällig und ist binnen 14 Tagen auf ein vom Arbeitgeber benanntes Konto zurückzuzahlen. Der Arbeitnehmer bestätigt mit seiner Unterschrift, dass die Regelungen zu dieser Rückzahlungsverpflichtung mit ihm persönlich besprochen wurden und von ihm verstanden und ausdrücklich akzeptiert wurden. 43 Soll eine 12-monatige Bildungsmaßnahme vor der Begründung eines Arbeitsverhält-
nisses durchgeführt werden,127 empfiehlt sich folgende Rückzahlungsvereinbarung.
Klauselmuster Rückzahlungsvereinbarung Der Vertragspartner verpflichtet sich, dem Unternehmen die von diesem für die Bildungsmaßnahme aufgewendeten folgenden Kosten in Höhe von [insgesamt ca./maximal] [… €] zurückzuzahlen, wenn nach erfolgreichem Abschluss der Bildungsmaßnahme aus Gründen, die der Vertragspartner zu vertreten hat, kein Arbeitsvertrag zwischen diesem und dem Unternehmen zustande kommt: [Auflistung der Kostenart und der Berechnungsgrundlage, siehe vorheriges Klauselmuster] Die Rückzahlungsverpflichtung besteht auch dann, wenn das zukünftige Arbeitsverhältnis vor Ablauf von 3 Jahren durch eine nicht vom Unternehmen (Arbeitgeber) veranlasste Kündigung des Vertragspartners (Arbeitnehmer) oder aus einem Grund, der im Verhalten des Arbeitnehmers liegt oder durch einen auf ausdrücklichen Wunsch des Arbeitnehmers geschlossenen Aufhebungsvertrag beendet wird. Der Rückzahlungsbetrag vermindert sich nach Beendigung der Fortbildung ratierlich für jeden vollen Monat der Beschäftigung um 1/36 des gewährten Betrages. [Rückzahlungspflicht bei vorzeitigem Abbruch bzw. endgültigem Nichtbestehen der Bildungsmaßnahme, siehe vorheriges Klauselbeispiel] Das Unternehmen verpflichtet sich zu prüfen, ob dem Vertragspartner im Anschluss an die von diesem erfolgreich (mindestens mit Note…) bestandene Bildungsmaßnahme ein Arbeitsplatz unter folgenden Rahmenbedingungen angeboten werden kann: Beschäftigungsbeginn: […] Beschäftigung als: […] Umfang der Tätigkeit: […h/Woche] Einstiegsgehalt: […€/Monat] Dieses Angebot wird das Unternehmen dem Vertragspartner innerhalb von […] Tagen nach erfolgreichem Abschluss der Bildungsmaßnahme unterbreiten. Erfolgt innerhalb der Frist kein Angebot durch das Unternehmen, ist der Vertragspartner nicht zur Rückzahlung der in Abs. 1 genannten Kosten verpflichtet. Ein Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses besteht nicht.
127 Vgl. Rn 35.
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Kapitel 8 Nachvertragliche Pflichten A. Herausgabe von Firmeneigentum und Unterlagen I. Herausgabe von Firmeneigentum Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses werden dem Arbeitnehmer üblicherweise 1 Gegenstände überlassen, die im Eigentum des Arbeitgebers stehen. Dazu können Schlüssel und Zugangskarten oder Werksausweise gehören, vor allem aber Arbeitsmittel wie z. B. Werkzeuge, Arbeitskleidung, Kundenlisten, Zeichnungen, Prospekte und Werbematerial oder Schriftstücke. Darüber hinaus erhalten Arbeitnehmer vielfach Mobiltelefone, Smartphones und Notebooks vom Arbeitgeber. Der Arbeitgeber ist daran interessiert, diese Arbeitsmittel jedenfalls bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurück zu erhalten. Ggf. kann ein Interesse an der Herausgabe auch bereits während des Arbeitsverhältnisses bestehen. Dasselbe gilt in besonderem Maße, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Dienstwagen überlässt. In all diesen Fällen, in denen der Arbeitgeber Eigentümer der Gegenstände bleibt, 2 besteht auch ohne vertragliche Regelung in aller Regel ein Herausgabeanspruch. Der Arbeitnehmer ist hinsichtlich der ihm zur Verfügung gestellten Sachen regelmäßig nur Besitzdiener im Sinne des § 855 BGB1. Unmittelbarer Besitzer der dienstlichen Gegenstände bleibt der Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer hat die tatsächliche Gewalt über die entsprechenden Gegenstände in der Weise auszuüben, dass er den Weisungen des Arbeitgebers Folge zu leisten hat. Daraus folgt, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, jederzeit – ob während des Arbeitsverhältnisses oder bei dessen Beendigung – die überlassenen Gegenstände vom Arbeitnehmer heraus zu verlangen. Dazu bedarf es keiner arbeitsvertraglichen Regelung. Verweigert der Arbeitnehmer die Herausgabe, begründet dies einen Besitzentzug durch verbotene Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB). Sofern der Arbeitnehmer durch ein solches Verhalten die weisungsgebundene Ausübung der Sachgewalt beendet und damit Eigenbesitz an den Gegenständen begründet, ergeben sich die Herausgabeansprüche des Arbeitgebers aus §§ 861, 862 BGB und aufgrund seiner Eigentümerstellung aus § 985 BGB.2 Überlässt hingegen der Arbeitgeber dem Mitarbeiter Arbeitsmittel, mit denen er 3 weisungsfrei und eigenverantwortlich verfahren kann, so ist der Mitarbeiter nicht Besitzdiener, sondern Besitzer. Dies kann beispielsweise bei Überlassung eines Dienstwagens, eines Notebooks oder eines Smartphones auch zur privaten Nutzung
1 BAG, Urt. v. 17.09.1998 – 8 AZR 175/97; BGH, Urt. v. 30.01.2015 – V ZR 63/13; Preis/Preis, Der Arbeitsvertrag, II H 40, Rn. 6. 2 LAG Berlin, Urt. v. 26.05.1986 – 9 Sa 24/86.
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Kapitel 8 Nachvertragliche Pflichten
der Fall sein. Aufgrund des Rechts zur auch privaten Nutzung kann dem Arbeitnehmer dann für die Dauer des Arbeitsverhältnisses ein Besitzrecht (§ 986 BGB) zustehen, das Herausgabeansprüchen des Arbeitgebers entgegensteht.3 Dieses Besitzrecht entfällt mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so dass der Arbeitgeber dann wieder gemäß § 985 BGB die Herausgabe verlangen kann. Für diejenigen Fälle, in denen der Arbeitnehmer unmittelbarer Besitzer der Gegen4 stände ist oder dies zumindest zweifelhaft sein kann, empfiehlt sich eine Regelung im Arbeitsvertrag, die dem Arbeitgeber das Recht zur jederzeitigen Herausgabe des Firmeneigentums bereits während des bestehenden Arbeitsverhältnisses erlaubt.4 Für alle anderen Fälle, in denen der Arbeitnehmer (nur) Besitzdiener ist, hat die arbeitsvertragliche Herausgabeklausel darüber hinaus eine klarstellende Funktion. Sie verdeutlicht dem Arbeitnehmer, dass er auf Aufforderung jederzeit zur Herausgabe des Firmeneigentums verpflichtet bleibt.
II. Herausgabe von Geschäftsunterlagen und Arbeitsergebnissen 5 In der Regel wird der Arbeitgeber spätestens bei Beendigung des Arbeitsverhältnis-
ses indes nicht nur die in seinem Eigentum stehenden Gegenstände zurückfordern wollen, sondern – unabhängig von der Eigentumslage – auch sämtliche Geschäftsunterlagen und vom Arbeitnehmer im Zusammenhang mit seinem Verhältnis angefertigte Aufzeichnungen, Notizen und Kopien und Dateien, die er beispielsweise für bestimmte Vertriebsaktivitäten, Entwicklungsprojekte o. ä. selbst angefertigt hat. Für vom Arbeitnehmer selbst angefertigte Dokumente ist es jedenfalls nicht eindeutig, dass diese Eigentum des Arbeitgebers werden. Denkbar ist ein Eigentumserwerb durch Verarbeitung gemäß § 950 BGB.5 Der Arbeitgeber wird daher häufig auch von Karteien, Skizzen, Entwürfen, Zeichnungen, Mitschrieben und Computerdateien, die der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Aufgaben erstellt hat, Eigentümer sein, so dass Herausgabeansprüche gemäß § 985 BGB sowie §§ 861, 862 BGB gegeben sein dürften. Im Regelfall wird dies jedoch dahinstehen können. Denn der Arbeitnehmer ist entsprechend § 667 BGB verpflichtet, dem Arbeitgeber alles, was er zur Ausführung der ihm übertragenen Arbeit erhalten und was er aus dem Arbeitsverhältnis erlangt hat, herauszugeben. Zur Ausführung der übertragenen Arbeit in diesem Sinne erhalten hat der Mitarbeiter alles, was ihm zum Zwecke der Durchführung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt worden ist; aus dem Arbeitsverhältnis erlangt ist jeder Vorteil, den der Arbeitnehmer aufgrund eines inneren
3 Preis/Preis, Der Arbeitsvertrag, II H 40, Rn. 8. 4 Zum Anspruch auf Herausgabe eines Dienstwagens siehe Kap. 4 Rn. 194 f. 5 Schaub/Koch, Arbeitsrechtshandbuch, § 113, Rn. 10; Preis/Preis, Der Arbeitsvertrag, II H 40, Rn. 11.
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A. Herausgabe von Firmeneigentum und Unterlagen
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Zusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis erhalten hat.6 Folglich ist der Arbeitgeber verpflichtet, selbst in seinem Eigentum stehende Gegenstände, Aufzeichnungen usw., die er im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis erhalten oder erstellt hat, an den Arbeitgeber herauszugeben. Die Verpflichtung umfasst auch die Übertragung des Eigentums daran. Der Herausgabeanspruch des Arbeitgebers erstreckt sich beispielsweise auch auf beruflich erlangte Daten, die der Arbeitnehmer auf seinen privaten Smartphone gespeichert haben mag.7 Dem Arbeitgeber stehen damit auch bezüglich der nicht in seinem Eigentum 6 stehenden Gegenstände, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis in den Besitz des Arbeitnehmers gelangt sind, weitreichende Herausgabeansprüche zu. Eine arbeitsvertragliche Klausel dient auch insoweit überwiegend der Klarstellung und daneben der rechtssicheren Regelung des Herausgabeanspruchs.
III. Zurückbehaltungsrechte Gerade im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses könnte 7 sich der Arbeitnehmer gegenüber dem Herausgabeverlangen unter Umständen auf Zurückbehaltungsrechte berufen mit der Begründung, ihm stünden seinerseits noch Ansprüche gegen den Arbeitgeber zu, die nicht ordnungsgemäß erfüllt worden seien. Um Streitigkeiten hierüber zu vermeiden, enthalten viele Herausgabeklauseln in Arbeitsverträgen eine Bestimmung, wonach dem Arbeitnehmer die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts gegenüber dem Herausgabeverlangen versagt wird. Soweit der Arbeitnehmer als Besitzdiener anzusehen ist8, stehen ihm ohnehin 8 keine Zurückbehaltungsrechte zu. Denn der Besitzdiener ist nur im Rahmen der Weisungen des Besitzers zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die Sache berechtigt.9 Der vertragliche Ausschluss eines Zurückbehaltungsrechts hat somit nur klarstellende Funktion. Anders ist dies, wenn der Arbeitnehmer unmittelbarer Besitzer ist, z. B. bei einem auch zur privaten Nutzung überlassenen Notebook oder iPhone. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer gegenüber dem Herausgabebegehren ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Der vertragliche Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts dürfte hier gegen das Klauselverbot des § 309 Nr. 2b BGB verstoßen und daher unwirksam sein. Inwieweit der Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts
6 BAG, Urt. v. 14.12.2011 – 10 AZR 283/10; dies gilt beispielsweise auch für Bonusmeilen, die ein Arbeitnehmer im Rahmen eines Vielfliegerprogramms („Miles and More“) für dienstliche Reisen erlangt hat, BAG Urt. v. 11.04.2006 – 9 AZR 500/05. 7 Vgl. dazu Göpfert/Wilke, NZA 2012, 765. 8 s. o. Rn. 2 f. 9 Näher dazu Kap. 3 Rn. 86.
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allerdings aufgrund der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB) gerechtfertigt ist, ist in der Rechtsprechung noch nicht geklärt.10
IV. Klauselmuster 9 Eine arbeitsvertragliche Regelung zur Herausgabe von Firmeneigentum und
Geschäftsunterlagen kann wie folgt formuliert werden:
Klauselmuster Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, jederzeit auf entsprechende Aufforderung des Arbeitgebers, spätestens und unaufgefordert aber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses alle Unterlagen, Gegenstände und Arbeitsmittel, die Eigentum des Unternehmens, verbundener Unternehmen oder Kunden sind, sowie sämtliche Unterlagen, die er im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit angefertigt hat, einschließlich sämtlicher Geschäftsdokumente, Notizen, Zeichnungen und Muster, an den Arbeitgeber herauszugeben. Diese Verpflichtung bezieht sich gleichermaßen auf Originale, Kopien und Dateien, gleich auf welchem Datenträger. Dem Arbeitnehmer steht an diesen Gegenständen kein Zurückbehaltungsrecht zu.
B. Nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht 10 Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses wird ein Arbeitnehmer häufig mit vertrauli-
chen Informationen über das Unternehmen des Arbeitgebers in Berührung kommen, an deren Geheimhaltung der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse hat. Dabei kann es um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gehen, deren Schutz durch das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) gewährleistet ist.11 Fertigungsverfahren, Kundenlisten, aber auch Informationen über Unternehmensstrukturen und –interna sowie jegliches technisches und kaufmännisches Knowhow wird der Arbeitgeber nicht in den Händen von Wettbewerbern sehen wollen. Scheiden Mitarbeiter aus, die mit solchen Informationen in Kontakt gekommen sind, wird der Arbeitgeber daher verhindern wollen, dass diese ihre Informationen im Rahmen einer neuen beruflichen Tätigkeit – sei es auf selbstständiger Grundlage oder als Angestellter in einem Konkurrenzunternehmen – verwerten und weitergeben oder diese Informationen gar (gewissermaßen als „Informationshändler“) am Markt anbieten. Deshalb werden arbeitsvertragliche Verschwiegenheitsklauseln12 häufig auf den Zeitraum nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgedehnt. In welchem Umfang dem Arbeitnehmer die Verwertung (rechtmäßig erlangter) Informationen einschließlich der Betriebs-
10 Siehe dazu Kap. 3 Rn. 87. 11 BVerfG, Beschl. v. 14.03.2006 – 1 BvR 2087/03. 12 Siehe dazu Kap. 5 Rn. 111 ff.
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B. Nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht
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und Geschäftsgeheimnisse seines ehemaligen Arbeitgebers zulässiger Weise untersagt werden kann, ist jedoch im Einzelnen sehr umstritten.
I. Rechtliche Ausgangslage Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse – also Tatsachen, die im Zusammenhang mit 11 einem Geschäftsbetrieb stehen, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem bekundeten Willen des Betriebsinhabers geheim zu halten sind13 – sind durch §§ 17, 18 UWG gesetzlich geschützt. Diese Bestimmungen schaffen jedoch keinen umfassenden Schutz solcher Geheimnisse. Der Verrat von Geschäftsund Betriebsgeheimnissen wird von § 17 Abs. 1 UWG nur während der Dauer des Dienstverhältnisses unter Strafe gestellt. § 17 Abs. 2 UWG verbietet die Verwertung solcher Geheimnisse nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn das Geheimnis unbefugt erlangt wurde; die Vorschrift erfasst somit nicht die Verwertung rechtmäßig erlangter Informationen. § 18 UWG stellt schließlich die unbefugte Verwertung oder Mitteilung von im geschäftlichen Verkehr anvertrauten Vorlagen oder Vorschriften technischer Art zu Zwecken des Wettbewerbs oder aus Eigennutz unter Strafe. In wettbewerbsrechtlicher Sicht ist allgemein anerkannt, dass ein ausgeschiedener Mitarbeiter die während der Beschäftigungszeit erworbenen Kenntnisse grundsätzlich unbeschränkt verwenden darf, wenn er keinem Wettbewerbsverbot unterliegt.14 Dies bezieht sich jedoch nur auf Informationen, die er in seinem Gedächtnis bewahrt hat.15 Die Verwendung unbefugt entwendeter oder zurück gehaltener Aufzeichnungen über Geschäftsgeheimnisse unterliegen hingegen dem Straftatbestand des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Darüber hinaus besteht nach der Rechtsprechung des BAG eine nachvertragli- 12 che Verschwiegenheitspflicht als nachwirkende Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, wenn eine Abwägung nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Einzelfall ergibt, dass das Interesse des Arbeitgebers an der Geheimhaltung bestimmter Umstände schutzwürdiger ist als das Interesse des ausgeschiedenen Arbeitnehmers an seiner ungehinderten beruflichen Entfaltung.16 Davon abgesehen, endet die Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers grundsätzlich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.17 Selbst Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind daher ohne arbeitsvertragliche Regelung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur unvollkommen geschützt.
13 BAG, Urt. v. 15.12.1987 – 3 AZR 476/86; BGH, Urt. v. 15.05.1955 – I ZR 111/53. 14 BGH, Urt. v. 21.12.1962 – I ZR 47/61; BGH, Urt. v. 27.04.2006 – I ZR 126/03. 15 BGH, Urt. v. 14.01.1999 – I ZR 2/97; BGH, Urt. v. 27.04.2006 – I ZR 126/03. 16 Vgl. BAG, Urt. v. 15.06.1993 – 9 AZR 558/91. 17 BGH, Urt. v. 16.11.1954 – I ZR 180/53; Preis/Rolfs, Der Arbeitsvertrag, II V 20, Rn. 52.
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II. Rechtsprechung des BAG 13 Wie weit die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht über Betriebs- und Geschäfts-
geheimnisse nach Ende des Arbeitsverhältnisses reicht, ist im Einzelfall nur schwer zu bestimmen. Die Rechtsprechung des BAG hat sich damit in mehreren Entscheidungen mit unterschiedlichen Ergebnissen befasst, ohne dass den Urteilen jedoch eine klare Linie zu entnehmen wäre. Da die Reichweite der ohnehin bestehenden nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers recht undurchsichtig ist, bereitet es im Bereich der Vertragsgestaltung erhebliche Probleme, mit der notwendigen Sicherheit festzustellen, in welchem Umfang und über welche Umstände dem Arbeitnehmer eine nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht auferlegt werden kann, wann die Vertragsklausel das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers ungerechtfertigt beeinträchtigt und unter welchen Voraussetzungen sie als nachvertragliche Wettbewerbsbeschränkung einzuordnen ist, die gemäß § 74 ff. HGB nur bei Zusage einer entsprechenden Karenzentschädigung wirksam wäre.18 Der Umfang der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden nachvertraglichen 14 Verschwiegenheitspflicht lässt sich nach der Rechtsprechung des BAG nur aus einer Abwägung unter Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls bestimmen.19 Die dabei maßgebenden Kriterien werden in den einzelnen Entscheidungen jedoch leider nur unzureichend deutlich. In der bekannten „Thrombosol“-Entscheidung hielt das BAG eine vertraglich eng begrenzte Geheimhaltungsverpflichtung für wirksam. Der Leiter eines Entwicklungslabors hatte sich zur Geheimhaltung einer bestimmten Rezeptur für ein Arzneimittel verpflichtet. Das BAG sah darin keine den § 74 ff. HGB unterfallende nachvertragliche Wettbewerbsbeschränkung. Die nachvertragliche Pflicht, Betriebsgeheimnisse zu wahren, schränke die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers nicht unzulässig ein. Die weitere Entwicklung im Berufsleben könne regelmäßig nicht daran scheitern, dass es dem Arbeitnehmer verwehrt sei, seinen künftigen beruflichen Erfolg gerade auf die Preisgabe oder Verwertung eines bestimmten Betriebsgeheimnisses zu gründen. Eine Konkurrenztätigkeit werde dadurch nicht ausgeschlossen. Der Arbeitnehmer stehe im weiteren Berufsleben nicht anders als andere Mitarbeiter, denen das Geheimnis erst gar nicht bekannt geworden sei. Während der Schutz von Betriebsgeheimnissen hier noch als selbstverständlich 15 vorausgesetzt zu werden scheint, liest sich der sog. „Kundenschutz“-Fall deutlich anders.20 Hier hatte sich ein im Außendienst tätiger Weinberater verpflichtet, nach Beendigung des Arbeitsvertrags die Namen der Kunden in keiner Weise für sich oder einen Dritten zu verwenden. Das BAG sah darin eine gegen die §§ 74 ff. HGB versto-
18 Siehe dazu Kap. 8 C. 19 Grundlegend: BAG, Urt. v. 16.03.1982 – 3 AZR 83/79. 20 BAG, Urt. v. 15.12.1987 – 3 AZR 476/86.
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B. Nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht
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ßende und daher unwirksame Wettbewerbsabrede. Zwar könne eine Kundenliste ein Betriebsgeheimnis darstellen, an deren Geheimhaltung der Arbeitgeber ein legitimes Interesse habe. Eine Geheimhaltungsklausel dürfe jedoch nur soweit gehen, dass dem Arbeitnehmer die unmittelbare Verwertung der Kundenliste, etwa durch Veräußerung an ein Konkurrenzunternehmen, verboten werde. Die Verwertung der Kundendaten im Rahmen seiner eigenen Berufsausübung könne dem Arbeitnehmer jedoch nicht verwehrt werden. Insbesondere könne dem Arbeitnehmer nicht verboten werden, die betreffenden Kunden für ein eigenes Unternehmen oder einen neuen Arbeitgeber zu umwerben. Ebenso betont das BAG im „Titandioxid“-Fall21 das Recht des Arbeitnehmers, bei 16 Fehlen einer den §§ 74 ff. HGB entsprechenden Wettbewerbsabrede im Wettbewerb zu seinen ehemaligen Arbeitnehmer zu treten und auch in seinen Kundenkreis einzudringen. Die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht sei begrenzt auf das Verbot einer Verwertung durch Weitergabe der geheim zuhaltenden Tatsachen: Diese Kenntnisse dürfe der Arbeitnehmer nicht veräußern und auf diese Weise für sich verwerten. Die nachvertragliche Treuepflicht könne jedoch nicht dazu führen, dem Arbeitnehmer die Verwertung eigener Kenntnisse und seines beruflichen Erfahrungswissens bei der Beratung und Vertretung eines Konkurrenzunternehmens zu versagen. In der „Kantenbänder“-Entscheidung22 ging es schließlich um einen Entwick- 17 lungsleiter, der sich im Aufhebungsvertrag verpflichtet hatte, über alle ihm bekannt gewordenen Geschäftsvorgänge, insbesondere technische Verfahrensabläufe, Rezepturen, Werkzeugkonzeptionen, Kunden, Preise und Produkte, bezogen auf die Produktion der Arbeitgeberin von Kantenbändern, auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Stillschweigen zu bewahren. Die nach Gründung eines Konkurrenzunternehmens von der Arbeitgeberin erhobene Unterlassungsklage blieb erfolglos. Das BAG betonte erneut das Recht des Arbeitnehmers, sein im Arbeitsverhältnis erworbenes Erfahrungswissen einschließlich der Kenntnis von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen einzusetzen und in den Kundenkreis des Arbeitgebers einzudringen. Zwar könnten die Arbeitsvertragsparteien vereinbaren, dass der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein bestimmtes Betriebsgeheimnis des Arbeitgebers auf Dauer nicht für eine eigene berufliche Tätigkeit nutzt. Die dem Entwicklungsleiter auferlegt nachvertragliche Schweigepflicht betreffe aber nicht ein oder mehrere konkret festgelegte Betriebsgeheimnisse, sondern beziehe sich unterschiedslos auf alle Geschäftsvorgänge. Damit werde ihm jede berufliche Verwertung seiner in diesem Geschäftsbereich erworbenen Kenntnisse verwehrt und die Grenze zum entschädigungspflichtigen Wettbewerbsverbot überschritten.
21 BAG, Urt. v. 15.06.1993 – 9 AZR 558/91. 22 BAG, Urt. v. 19.05.1998 – 9 AZR 394/97.
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III. Folgerungen 18 Diese stets auf den jeweiligen Einzelfall bezogenen Abwägungsgesichtspunkte lassen
im Wesentlichen zwei Schlussfolgerungen zu: Zum einen stellt das BAG darauf ab, in welcher Form das Betriebsgeheimnis verwertet wird. Das BAG geht zumindest in den neueren Entscheidungen davon aus, dass der Arbeitnehmer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seines früheren Arbeitgebers nicht außerhalb eines Arbeitsverhältnisses an interessierte Dritte weitergeben oder veräußern darf; dagegen soll dem Arbeitnehmer offenbar eine Verwertung seiner Kenntnisse und seines beruflichen Erfahrungswissens einschließlich der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seines früheren Arbeitgebers im Rahmen einer eigenen beruflichen Tätigkeit nicht versagt werden können.23 Zum anderen sind Umfang, Reichweite und Auswirkungen der Geheimhaltungsverpflichtung zu berücksichtigen. Wird dem Arbeitnehmer nur die Geheimhaltung eines einzelnen oder weniger Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse abverlangt, wird dadurch seine weitere berufliche Tätigkeit nicht nennenswert eingeschränkt. Wesentlich kritischer sieht das BAG Klauseln, die entweder aufgrund des Umfangs der geheim zuhaltenden Tatsachen („alle bekannt gewordenen Geschäftsvorgänge“ im Kantenbänderfall) oder aufgrund der Auswirkungen auf die zukünftige Berufstätigkeit (Kundenliste des Weinberaters) eine spätere Tätigkeit des Arbeitnehmers in derselben Branche ausschließen oder erheblich erschweren.24 Wie diese beiden unterschiedlichen Erwägungen in der Gesamtabwägung mit19 einander in Einklang zu bringen sind, bleibt bislang weitgehend unklar.25 Das BAG hält zwar eine Verwertung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen des ehemaligen Arbeitgebers im Rahmen einer eigenen beruflichen Tätigkeit für weitgehend zulässig; soweit damit keine erhebliche Beschränkung des beruflichen Fortkommens verbunden ist, sind aber auch hier nachvertragliche Geheimhaltungsverpflichtungen zulässig (siehe den „Thrombosol“-Fall). Für die Vertragsgestaltung kann aus den dargestellten BAG-Entscheidungen jedenfalls die Lehre gezogen werden, dass sich nachvertragliche Geheimhaltungspflichten auf eng begrenzte Sachverhalte beziehen sollten. Je geringer die Anzahl der geheim zuhaltenden Umstände ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass damit keine erhebliche Beschränkung der weiteren beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers verbunden und die Klausel daher als wirksam erachtet werden wird. Abzuraten ist dagegen von weit gefassten „All-Klauseln“, die dem Arbeitnehmer die Verwendung und Weitergabe sämtlicher betrieblicher Angelegenheiten oder aller Geschäftsvorgänge verbieten sollen. Daher sollten die geheimhal-
23 Siehe dazu auch Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 121; Preis/Rolfs, Der Arbeitsvertrag, II V 20, Rn. 54. 24 Siehe dazu Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 122 ff. 25 Siehe auch Preis/Rolfs, Der Arbeitsvertrag, II V 20, Rn. 54, wonach die Grenzlinie sehr schmal sein kann und die Ergebnisse gerichtlicher Auseinandersetzungen hierüber „kaum vorhersehbar“ seien.
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B. Nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht
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tungsbedürftigen Aspekte möglichst konkret in der Klausel bezeichnet werden. Dies macht es erforderlich, die nachvertragliche Verschwiegenheitsverpflichtung auf den jeweiligen Einzelfall zuzuschneiden. Zu den Geschäftsgeheimnissen, die der Verschwiegenheitspflicht unterworfen werden können, zählen etwa Umsätze, Ertragslage, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Warenbezugsquellen, Preiskonditionen, Marktstrategien, Bilanzen, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte, die die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmen können.26 Praxistipp Von der Verwendung allgemein gehaltener Muster, die für sämtliche Arbeitsverträge einheitlich verwendet werden, ist dagegen abzuraten. Weitgefasste „All-Klauseln“ werden in der Regel als unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers gemäß § 307 BGB unwirksam sein.27
Um zu vermeiden, dass die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht im Rahmen 20 einer späteren beruflichen Tätigkeit des ausgeschiedenen Mitarbeiters zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung seiner Berufsausübung führen kann, wird darüber hinaus empfohlen, dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Freistellung von der Verschwiegenheitspflicht einzuräumen, wenn er in seinem beruflichen Fortkommen unangemessen eingeschränkt werden sollte.28 Die Verankerung eines solchen Freistellungsanspruchs reduziert das Risiko, dass die Klausel im Streitfall von den Gerichten insgesamt als unwirksam angesehen werden könnte.
IV. Klauselmuster Da das BAG letztlich immer eine Abwägung anhand der Umstände des Einzelfalls 21 fordert, wird es nicht möglich sein, eine nachvertragliche Verschwiegenheitsklausel zu formulieren, die mit einer Vielzahl von Arbeitnehmern wirksam vereinbart werden könnte. Auch sorgfältig formulierte Verschwiegenheitsabreden sind stets mit einer nicht unerheblichen Rechtsunsicherheit behaftet.29 Es schadet sicherlich nicht, die Klausel zu Verschwiegenheitspflichten des Arbeitnehmers während des Arbeitsverhältnisses dahin zu ergänzen, dass die Pflicht zur Geheimhaltung auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortdauert.30 Im Streitfall wird diese Regelung aber
26 Siehe BVerfG, Beschl. v. 14.03.2006 – 1 BVR 2087/03; BAG, Urt. v. 26.09.1990 – 2 AZR 602/89. 27 ErfK/Preis, § 611 BGB, Rn. 714; Suckow/Striegel/Niemann/Striegel, Rn. 794; Preis/Rolfs, Der Arbeitsvertrag, II V 20 Rn. 58. 28 Suckow/Striegel/Niemann/Striegel, Rn. 797. 29 Ebenso Preis/Rolfs, Der Arbeitsvertrag, II V 20 Rn. 65. 30 Siehe dazu Kap. 5 Rn. 111 ff. und das Klauselmuster Kap. 5 Rn. 138.
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mit hoher Wahrscheinlichkeit einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten. Zu empfehlen ist, nachvertragliche Verschwiegenheitsverpflichtungen nicht bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrags, sondern konkret bezogen auf bestimmte Projekte und Aufgaben abzuschließen. So kann beispielsweise mit einem Arbeitnehmer der Entwicklungsabteilung, der an der Entwicklung eines neuen Produkts beteiligt ist, eine Verschwiegenheitsvereinbarung über die wesentlichen, das Projekt betreffenden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vereinbart werden. Klauselmuster Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus über die folgenden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers gegenüber jedermann Stillschweigen zu bewahren und diese auch im Rahmen einer späteren beruflichen Tätigkeit nicht zu verwerten oder zu nutzen: – Produktions- und Fertigungsverfahren – Einkaufspreise und Kalkulationsgrundlagen – Kunden- und Preislisten (…). Die Verschwiegenheitspflicht gilt auch gegenüber Mitarbeitern des Arbeitgebers, die mit den jeweiligen Vorgängen nicht unmittelbar betraut sind. Sollte die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen unverhältnismäßig beeinträchtigen, kann er vom Arbeitgeber die Freistellung von dieser Verpflichtung verlangen. Der Arbeitnehmer wird darauf hingewiesen, dass Geheimnisverrat gemäß § 17 UWG strafbar ist. Außerdem kann ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung zu rechtlichen Konsequenzen wie z. B. einer (auch fristlosen) Kündigung und Schadensersatzansprüchen führen. 22 Um die nachvertragliche Verschwiegenheitsverpflichtung effektiv abzusichern, sollte
außerdem eine Vertragsstrafenregelung aufgenommen werden.31
C. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote I. Gesetzliche Grundlagen 23 Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses unterliegt der Arbeitnehmer auch
ohne vertragliche Regelung einem umfassenden Wettbewerbsverbot. Aufgrund der allgemeinen vertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Vertragspartners (§ 241 Abs. 2 BGB) hat der Arbeitnehmer grundsätzlich alles zu unterlassen, was den Interessen seines Arbeitgebers schadet. Dazu gehört insbesondere die Verpflichtung, nicht in Wettbewerb zum Arbeitgeber zu treten und Wettbewerber nicht zu unterstützen. Dagegen gilt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
31 Siehe dazu Rn. 82 ff.
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C. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote
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der Grundsatz der Wettbewerbsfreiheit.32 Der Arbeitnehmer unterliegt mit wirksamer Vertragsbeendigung keinen Wettbewerbsbeschränkungen mehr im Verhältnis zu seinem ehemaligen Arbeitgeber. Er kann daher ab dem ersten Tag nach Vertragsbeendigung in Wettbewerb zu ihm treten, solange er die gesetzlichen Grenzen (insbesondere §§ 3, 17, 18 UWG, § 823 Abs. 1, § 826 BGB) einhält. Er darf Kunden seines ehemaligen Arbeitgebers abwerben und sich auch um bereits zu Gunsten des bisherigen Arbeitgebers angebahnte Geschäfte bemühen. Ausnahmen bestehen nur in eng begrenzten Fallkonstellationen. Hat ein Arbeitnehmer für seinen Arbeitgeber einen Kundenauftrag soweit vorbearbeitet, dass die endgültige Auftragserteilung nur noch eine Formsache ist und scheidet sodann vor Erteilung des Auftrags aus, so verbietet nach Ansicht des BAG die nachvertragliche Rücksichtspflicht (§ 242 BGB) dem Arbeitnehmer, die endgültige Auftragserteilung zu vereiteln.33 Will der Arbeitgeber Wettbewerbshandlungen über das Ende des Arbeitsverhält- 24 nisses hinaus verhindern, bedarf es einer nachvertraglichen Wettbewerbsabrede. Solche nachvertraglichen Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern sind grundsätzlich zulässig, jedoch sehen die §§ 74 ff. HGB i. V. m. § 110 GewO für solche Vereinbarungen enge Grenzen vor. Die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB, die nach ihrem Wortlaut nur für Handlungsgehilfen gelten, wurden nach ständiger Rechtsprechung des BAG schon seit langem für alle Arbeitsverhältnisse – auch für gewerbliche Arbeitnehmer – angewendet. Seit 01.01.2003 wird dies durch § 110 GewO gesetzlich klargestellt34. Die für technische Angestellte bis dahin noch geltende Sonderregelung des § 133f GewO konnte daher aufgehoben werden. Aufgrund der umfassenden Verweisung in § 110 GewO bilden die §§ 74 ff. HGB somit die einheitliche Rechtsgrundlage für nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern. Diese gesetzlichen Beschränkungen gelten gleichermaßen für Wettbewerbsabre- 25 den, die vor Abschluss eines Arbeitsvertrags, vor oder während der Dauer des Arbeitsverhältnisses oder etwa während des Laufs der Kündigungsfrist vereinbart werden.35 Dagegen sind die §§ 74 ff. HGB nicht anzuwenden, wenn ein Wettbewerbsverbot erst zu einem Zeitpunkt vereinbart wird, in dem ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht mehr besteht.36 Wird das Wettbewerbsverbot jedoch noch im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis und seiner Abwicklung vereinbart – etwa als
32 Vgl. BAG, Urt. v. 19.05.1998 – 9 AZR 394/97; MüKo/HGB-v.Hoyningen-Huene, § 74 Rn. 1. 33 BAG, Urt. v. 08.12.1967 – 3 AZR 22/67. 34 MüKo/HGB-v.Hoyningen-Huene, § 74 Rn. 8. 35 OLG Köln, Urt. v. 03.12.1993 – 6 U 140/93; ErfK/Oetker, § 74 HGB Rn. 9; MüKo/HGB-v.HoyningenHuene, § 74 Rn. 20. 36 BAG, Urt. v. 11.03.1968 – 3 AZR 37/67; Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 75; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II W 10, Rn. 1.
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Bestandteil eines Aufhebungsvertrags oder eines Vergleichs im Kündigungsschutzverfahren – sind die §§ 74 ff. HGB anwendbar.37 26 Unzulässig sind nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarungen mit Auszubildenden. § 12 Abs. 1 BBiG erklärt Vereinbarungen, die den Auszubildenden für die Zeit nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses in der Ausübung der beruflichen Tätigkeit beschränken, für nichtig. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn sich Auszubildende innerhalb der letzten sechs Monate des Ausbildungsverhältnisses dazu verpflichten, nach dessen Beendigung mit dem Ausbildenden ein Arbeitsverhältnis einzugehen (§ 12 Abs. 1 S. 2 BBiG). Gemäß § 26 BBiG ist das gesetzliche Verbot nachvertraglicher Wettbewerbsbeschränkungen für Praktikanten, Volontäre und andere Personen, die zum Erwerb beruflicher Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder beruflicher Erfahrungen eingestellt werden, entsprechend anzuwenden.
II. Formelle Wirksamkeitsvoraussetzungen 27 Aufgrund der weitreichenden Bedeutung, die ein nachvertragliches Wettbewerbsver-
bot für das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers haben kann, sieht § 74 Abs. 1 HGB besondere formelle Voraussetzungen vor. Danach bedarf ein Wettbewerbsverbot zu seiner Wirksamkeit der Schriftform und der Aushändigung einer vom Arbeitgeber unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen. Zweck der Regelung ist ihre Warnfunktion, die den Arbeitnehmer vor einer übereilten Unterzeichnung der Wettbewerbsabrede schützen soll, sowie eine Dokumentationsfunktion. Die Schriftform vermeidet, dass möglicherweise viele Jahre nach Abschluss der Vereinbarung über deren genauen Inhalte gestritten wird.
1. Regelung im Arbeitsvertrag
28 Trotz der strengen Formanforderungen muss das nachvertragliche Wettbewerbsver-
bot jedoch nicht in einer gesonderten Urkunde vereinbart werden. Die Wettbewerbsabrede kann auch in den schriftlichen Arbeitsvertrag aufgenommen werden, sofern die Vorgaben des § 74 Abs. 1 HGB gewahrt sind, dem Arbeitnehmer also eine vom Arbeitgeber unterzeichnete Urkunde des Vertrags übergeben wird.38 Wird die Wettbewerbsklausel in den Arbeitsvertrag integriert, steht dies auch unter AGB-rechtlichen Gesichtspunkten der wirksamen Einbeziehung nicht entgegen. Wettbewerbsverbote sind in der arbeitsrechtlichen Praxis durchaus üblich; es handelt sich daher
37 So BAG, Urt. v. 03.05.1994 – 9 AZR 606/92; ErfK/Oetker, § 74 HGB Rn. 9; einschränkend bei Aufhebungsverträgen mit sofortiger Wirkung: Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 77. 38 Hümmerich/Reufels/Borgmann, Rn. 4254.
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C. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote
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nicht per se um eine überraschende Klausel im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB.39 Dies gilt auch dann, wenn die Wettbewerbsklausel nicht besonders hervorgehoben und nicht durch eine gesonderte Überschrift gekennzeichnet ist.40 Praxistipp Eine überraschende und damit nicht wirksam vereinbarte Klausel kann aber gegeben sein, wenn die nachvertragliche Wettbewerbsabrede unter einer irreführenden Überschrift „versteckt“ wird.41 Zur Vermeidung unnötiger Zweifel empfiehlt es sich, die Wettbewerbsabrede durch die Überschrift „Wettbewerbsverbot“ oder „nachvertragliches Wettbewerbsverbot“ klar hervorzuheben.
2. Schriftform Die Wahrung der von § 74 Abs. 1 HGB geforderten Schriftform richtet sich nach § 126 29 BGB. Erforderlich sind die schriftliche Fixierung der Vertragsbestimmungen und die Unterschrift beider Parteien. Dabei müssen nicht zwingend beide Parteien auf derselben Urkunde unterschreiben; es genügt, wenn zwei gleichlautende Urkunden aufgesetzt werden und jede Partei die für die jeweils andere Partei bestimmte Urkunde unterschreibt (§ 126 Abs. 2 BGB). Erforderlich sind jedoch die Original-Unterschriften. Per Telefax oder als eingescanntes Dokument versandte E-Mails reichen nicht. Gemäß § 126a BGB kann die Schriftform indes auch durch ein elektronisches Dokument mit qualifizierter elektronischer Signatur nach dem Signaturgesetz ersetzt werden. Ist die Schriftform nicht eingehalten, ist das Wettbewerbsverbot gemäß § 125 BGB nichtig.42
3. Aushändigung Über die gesetzliche Schriftform hinaus verlangt § 74 Abs. 1 HGB zur Wirksamkeit des 30 nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, dass dem Arbeitnehmer eine vom Arbeitgeber unterzeichnete, die vereinbarten Bestimmungen enthaltende Urkunde ausgehändigt wird. Entgegen der früheren Rechtsprechung geht das BAG davon aus, dass das Aushändigungserfordernis keine Formvorschrift sei, deren Verletzung zur Formnichtigkeit gemäß § 125 BGB führe. Es handle sich vielmehr um eine bloße Dokumentationsregelung. Bei unterlassener Aushändigung der Urkunde habe der Arbeitnehmer, der durch die Vorschrift geschützt werden solle, ein Wahlrecht, ob er das Verbot einhalte oder nicht. Der Arbeitgeber könne sich hingegen nicht auf die unterbliebene
39 Ebenso: Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 59. 40 ArbG Braunschweig, Urt. v. 13.10.2004 – 8 Ga 3/04. 41 BAG, Urt. v. 29.11.1995 – 5 AZR 447/94; vgl. LAG Hamm, Urt. v. 10.09.2004 – 7 Sa 918/04; Bauer/ Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 59. – Das BAG legt insoweit aber einen eher großzügigen Maßstab an, vgl. BAG, Urt. v. 13.07.2005 – 10 AZR 532/04 zu einem aufschiebend bedingten Wettbewerbsverbot. 42 BAG, Urt. v. 14.07.2010 – 10 AZR 291/09.
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Kapitel 8 Nachvertragliche Pflichten
Aushändigung der Urkunde berufen.43 Aufgrund dieser für den Arbeitgeber ungünstigen Rechtsfolgen ist strikt darauf zu achten, dass die Formerfordernisse (Schriftform und Aushändigung der Urkunde) nachweisbar (!) eingehalten sind. Die Aushändigung der Urkunde muss daher dokumentiert werden. Zu diesem Zweck sollte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ein Empfangsbekenntnis unterzeichnen lassen. Klauselmuster Der Arbeitnehmer bestätigt hiermit, dass er ein von der Arbeitgeberseite unterschriebenes Exemplar des Arbeitsvertrags/der Vereinbarung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ausgehändigt erhalten hat. 31 Verbreitet ist auch die Praxis, in den Arbeitsvertrag eine Klausel aufzunehmen, mit
der der Arbeitnehmer durch seine Unterschrift unter den Vertrag zugleich bestätigen soll, ein Exemplar des Vertrags erhalten zu haben. Dadurch kann die Einhaltung der Formvorschriften des § 74 Abs. 1 HGB jedoch nicht nachgewiesen werden, wenn es sich dabei um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Denn nach § 309 Nr. 12b BGB sind solche Bestätigungen bestimmter Tatsachen gegenstandslos.44 Erforderlich wäre nach dieser Vorschrift ein gesondert unterschriebenes Empfangsbekenntnis.
Fettnapf Besondere Vorsicht ist bei der Verlängerung befristeter Arbeitsverträge geboten. Wird ein ursprünglich befristeter Vertrag, der ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot enthielt, mündlich oder konkludent verlängert, ohne dass dabei die Wettbewerbsabrede schriftlich erneuert wird, so soll die Wettbewerbsabrede unwirksam sein. Selbst wenn die Parteien ihre Geltung (konkludent) über das Ende der bisherigen Befristung hinaus verlängert hätten, so sei diese Vereinbarung mangels Schriftform formnichtig.45
III. Nichtigkeit und Unverbindlichkeit von Wettbewerbsverboten 32 Rechtliche Fehler bei Wettbewerbsverboten können unterschiedliche Rechtsfolgen
haben, derer man sich bereits bei der Gestaltung von Wettbewerbsabreden bewusst sein sollte. Zu unterscheiden ist zwischen unverbindlichen (vgl. § 74a Abs. 1 HGB) und nichtigen (vgl. § 74a Abs. 2 HGB) Wettbewerbsverboten. Ein nichtiges Wettbewerbsverbot ist rechtlich bedeutungslos. Keine Partei kann 33 aus ihm Rechte herleiten.46 Das Wettbewerbsverbot ist schlicht rechtsunwirksam.
43 BAG, Urt. v. 23.11.2004 – 9 AZR 595/03; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II W 10, Rn. 29; kritisch Diller, RdA 2006, 45. 44 Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 217; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II W 10, Rn. 29. 45 So LAG Hamm, Urt. v. 14.02.2007 – 14 Sa 114/07; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II W 10, Rn. 29. 46 BAG, Urt. v. 13.09.1969 – 3 AZR 501/65.
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Dies ist gemäß § 74a Abs. 2 HGB dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer zur Zeit des Abschlusses minderjährig ist oder wenn sich der Arbeitgeber die Erfüllung auf Ehrenwort oder unter ähnlichen Versicherungen versprechen lässt.47 Nichtigkeit sieht das Gesetz auch für Vereinbarungen vor, durch die ein Dritter an Stelle des Arbeitnehmers die Verpflichtung übernimmt, dass sich der Arbeitnehmer nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränken werde. Zur Nichtigkeit führt auch der Verstoß gegen die gesetzliche Schriftform.48 Nach der Rechtsprechung des BAG ist auch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne jegliche Zusage einer Karenzentschädigung nichtig.49 Eine unverbindliche Wettbewerbsabrede führt hingegen lediglich dazu, dass 34 der Arbeitgeber ihre Einhaltung nicht erzwingen kann (siehe § 75d HGB). Der Arbeitnehmer hat indes ein Wahlrecht, ob er sich an das Wettbewerbsverbot hält und die zugesagte Karenzentschädigung in Anspruch nimmt oder ob er sich von dem Wettbewerbsverbot löst. Hauptfall eines unverbindlichen Wettbewerbsverbots ist die Zusage einer nicht den gesetzlichen Vorgaben (§ 74 Abs. 2 i. V. m. § 74b und § 74c HGB) entsprechenden Karenzentschädigung. Wettbewerbsverbote sind auch insoweit unverbindlich, als sie nicht zum Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers dienen (§ 74a Abs. 1 HGB). Weitere Verstöße, die zur Unverbindlichkeit führen, sind Wettbewerbsverbote, die unzulässiger Weise unter eine Bedingung gestellt wurden50 oder eine vom Gesetz abweichende Verzichtsmöglichkeit zu Gunsten des Arbeitgebers enthalten51. Für den Arbeitgeber ist die Unverbindlichkeit eines Wettbewerbsverbots beson- 35 ders misslich: Er selbst kann die Wettbewerbsenthaltung nicht erzwingen und damit Konkurrenztätigkeiten seines (ehemaligen) Mitarbeiters nicht verhindern. Der Arbeitnehmer hat jedoch ein Wahlrecht, ob er sich an die – nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechende – Wettbewerbsbeschränkung halten möchte. Hat er die Möglichkeit einer lukrativen Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen, wird er diese im Zweifel annehmen. Hat er diese Möglichkeit nicht und ist daher für den bisherigen Arbeitgeber „ungefährlich“, wird er sich für die Einhaltung des Verbots und die Inanspruchnahme der Karenzentschädigung entscheiden, so dass der Arbeitgeber eine Entschädigung für ein aus seiner Sicht wertlos gewordenes Wettbewerbsverbot zahlen muss.
47 S. dazu MüKo/HGB-v.Hoyningen-Huene, § 74a Rn. 27 f. 48 Siehe oben Rn. 29. 49 BAG, Urt. v. 18.01.2000 – 9 AZR 929/98; BAG Urt. v. 03.05.1994 – 9 AZR 606/92; MüKo/HGBv.Hoyningen-Huene, § 74 Rn. 49. 50 Siehe dazu Rn. 49 ff. 51 Siehe dazu Rn. 67 ff.
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Kapitel 8 Nachvertragliche Pflichten
IV. Arten von Wettbewerbsverboten 36 Hinsichtlich der Frage, welche Tätigkeiten einem Arbeitnehmer nach Beendigung
des Arbeitsverhältnisses untersagt werden sollen, besteht ein weiterer vertraglicher Gestaltungsspielraum. Grundsätzlich wird zwischen unternehmensbezogenen und tätigkeitsbezogenen Konkurrenzverboten unterschieden. Tätigkeitsbezogene Verbote untersagen dem Arbeitnehmer nur bestimmte Arten von Tätigkeiten. Beispiel52 Der Mitarbeiter verpflichtet sich, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Lebensversicherungen zu vermitteln.
37 Unternehmensbezogene Wettbewerbsverbote knüpfen im Gegensatz dazu an die
Unternehmen an, für die der Arbeitnehmer nach seinem Ausscheiden gesperrt sein soll. Sie verbieten dem Arbeitnehmer in der Regel die Tätigkeit für namentlich aufgezählte oder durch die Angabe der Branche definierte Unternehmen. Beispiel Der Mitarbeiter verpflichtet sich, nicht für ein Versicherungsunternehmen/die Versicherungsunternehmen X und Y tätig zu werden.
38 Unterschiede ergeben sich vor allem dann, wenn ein Unternehmen eine breite Palette
von Produkten oder Dienstleistungen hat. Hier haben unternehmensbezogene Wettbewerbsverbote eine erheblich weitergehende Wirkung als tätigkeitsbezogene Verbote. Beide Klauselarten haben Vor- und Nachteile. Bei tätigkeitsbezogenen Wettbe39 werbsverboten wird es häufig schwierig sein zu kontrollieren, welche Tätigkeit der ehemalige Mitarbeiter bei einem Konkurrenzunternehmen ausübt. Das unternehmensbezogene Verbot ist hier effektiver, da es dem Mitarbeiter jegliche Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen verbietet.53 Praxistipp Außerdem ist bei tätigkeitsbezogenen Verboten darauf zu achten, dass sie bei Änderungen der Tätigkeit des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis anzupassen sind.
40 Wechselt beispielsweise ein Arbeitnehmer aus der Entwicklungsabteilung in den
Vertrieb, wird der Arbeitgeber eher ein Interesse daran haben, ihn von Vertriebstä-
52 Beispiele nach Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 232. 53 Näher dazu: Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 233; Borgmann in: Hümmerich/Reufels, Rn. 4268; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II W 10, Rn. 35.
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C. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote
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tigkeiten für Wettbewerbsunternehmen fern zu halten, während eine Arbeit in der Entwicklung eines Konkurrenten möglicherweise nicht mehr als schädlich angesehen wird. In der Regel bieten unternehmensbezogene Verbote dem Arbeitgeber einen umfassenderen Schutz. Sie haben jedoch Nachteile, wenn sich die Unternehmensstruktur ändert, etwa Unternehmensteile ausgegliedert oder auf eine andere Konzerngesellschaft übertragen werden. Dies kann dazu führen, dass der Arbeitnehmer bei einem anderen Unternehmen dieselbe Tätigkeit aufnimmt, damit jedoch nicht in Konkurrenz zu seinem bisherigen Arbeitgeber, sondern allenfalls zu einem Tochterunternehmen tritt. Da konzernverbundene Unternehmen nur bei entsprechender Vereinbarung in den Schutz vor Wettbewerbstätigkeiten einbezogen sind54, kann ein unternehmensbezogenes Verbot in einem solchen Fall faktisch leer laufen.55 Klauselmuster Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, für die Dauer von zwei Jahren nach Ende seines Arbeitsverhältnisses weder in selbstständiger, unselbstständiger oder anderer Weise für Unternehmen tätig zu werden, die mit dem Arbeitgeber in direktem oder indirektem Wettbewerb stehen. Ebenso ist es dem Arbeitnehmer nicht gestattet, während der Laufzeit des Wettbewerbsverbots ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich daran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen. [Gegebenenfalls: Als Wettbewerbsunternehmen gelten: …]
V. Berechtigtes geschäftliches Interesse Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist insoweit unverbindlich, als es nicht 41 zum Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient (§ 74a Abs. 1 S. 1 HGB). Das Verbot muss daher in seiner Reichweite sachlich (Branche/Tätigkeit), örtlich (regional, bundesweit, europaweit oder weltweit) und zeitlich von einem berechtigten geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers gedeckt sein. In sachlicher Hinsicht muss grundsätzlich eine Beziehung zwischen der früheren 42 Tätigkeit des Arbeitnehmers und der untersagten Wettbewerbstätigkeit bestehen.56 Schützenswerte Interessen bestehen insbesondere in dem Schutz von Geschäftsund Betriebsgeheimnissen und der Gefahr eines Einbruchs eines ausgeschiedenen Mitarbeiters in Kunden- oder Lieferantenbeziehungen.57 Letzteres wird häufig bei Führungskräften und insbesondere im Vertrieb gegeben sein. Als nicht ausreichend wird hingegen das bloße Interesse des Arbeitgebers angesehen, Konkurrenz einzuschränken58, etwa die Tätigkeit eines qualifizierten Mitarbeiters für einen Kon-
54 Siehe dazu Rn. 45 ff. 55 So etwa in dem bekannten „Speiseeis-Fall“, BAG, Urt. v. 24.06.1966 – 3 AZR 501/65. 56 BAG, Urt. v. 01.08.1995 – 9 AZR 884/93. 57 BAG, Urt. v. 01.08.1995 – 9 AZR 884/93; MüKo/HGB-v.Hoyningen-Huene, § 74a Rn. 3. 58 BAG, Urt. v. 21.04.2010 – 10 AZR 288/09; BAG, Urt. v. 01.08.1995 – 9 AZR 884/93.
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Kapitel 8 Nachvertragliche Pflichten
kurrenten zu verhindern. Nicht schützenswert ist auch die Absicht, abkehrwillige Arbeitskräfte zu „bestrafen“ bzw. zu sanktionieren.59 Ein berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers kann aber nicht nur an einer Verhinderung von Wettbewerbstätigkeiten, sondern auch einem Wechsel zu Lieferanten oder Kunden des Arbeitgebers bestehen.60 In räumlicher Hinsicht besteht ein berechtigtes Interesse an der Unterlassung 43 von Wettbewerbstätigkeiten naturgemäß nur in dem Raum, in dem auch der Arbeitgeber seine Leistungen anbietet. Bei einer Fahrschule wird beispielsweise ein Konkurrenzverhältnis schon dann nicht mehr vorliegen, wenn ein Fahrlehrer zu einer Fahrschule in einem 30 Kilometer entfernten Ort wechselt. In vielen Branchen wird jedoch, da der Kreis potentieller Kunden regional nicht eingeschränkt ist, ein bundesweites, europaweites oder auch weltweites Verbot ohne weiteres zulässig sein. In zeitlicher Hinsicht beschränkt § 74a Abs. 1 S. 3 HGB die Dauer von Wettbe44 werbsverboten auf zwei Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Innerhalb dieser Dauer wird man in aller Regel ein geschäftliches Interesse des Arbeitgebers annehmen können. Etwas anderes mag allenfalls im Einzelfall gelten, wenn es um sehr kurzlebige Produkte geht.61
VI. Konzernbezogene Wettbewerbsverbote 45 Ist das Unternehmen des Arbeitgebers in einen Konzern eingebunden, wird in der
Regel ein erhebliches Interesse daran bestehen, nicht nur die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie die Kundenbeziehungen des eigenen Unternehmens zu schützen, sondern auch die der anderen Konzernunternehmen, in die der Arbeitnehmer häufig ebenso Einblick erhalten wird. Auf der anderen Seite ist der Schutz eines Wettbewerbsverbots ebenso lückenhaft, wenn der Arbeitnehmer zwar nicht zu einem Unternehmen wechseln darf, dass mit dem bisherigen Arbeitgeber in Wettbewerb steht, ihm aber der Wechsel zu einem mit dem Wettbewerber konzernverbundenen Unternehmen nicht untersagt werden kann. So nachvollziehbar das Interesse des Arbeitgebers an einer konzernweiten 46 Geltung des Wettbewerbsverbots erscheinen mag, so wenig sollte er darauf hoffen, dass ihm die Arbeitsgerichte mit einer erweiternden Auslegung der Wettbewerbsabrede „helfen“. Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung orientiert sich bei der Auslegung zu Recht am Wortlaut der Vereinbarung. Ist dort ein Konzernbezug nicht erkenn-
59 Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 305; so auch BGH, Urt. v. 18.07.2005 – II ZR 159/03 für ausscheidende Gesellschafter einer Anwaltssozietät. 60 Vgl. LAG Nürnberg, Urt. v. 31.07.2001 – 6 Sa 408/01; ausführlich dazu Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 251 ff. 61 Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 327.
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C. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote
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bar, werden die Arbeitsgerichte ihn im Regelfall auch nicht in die Vereinbarung „hineininterpretieren“. Untersagt die Wettbewerbsabrede dem Mitarbeiter eine Tätigkeit (nur) für Konkurrenzunternehmen des Arbeitgebers, erstreckt sich der Schutz somit nicht auf die mit dem Arbeitgeber konzernverbundenen Unternehmen.62 Ausnahmsweise kann auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ein Wettbewerbs- 47 verbot konzernbezogen ausgelegt werden, wenn der Konzernbezug schon bei Vertragsschluss erkennbar war, z. B. der Arbeitsvertrag eine konzernweite Versetzungsklausel aufweist.63 Eine konzernweite Auslegung eines Wettbewerbsverbots kann auch dann geboten sein, wenn das Beschäftigungsverhältnis mit einer Konzernholding bestanden hat, die keinen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält, sondern nur Beteiligungen an den Tochterunternehmen.64 Praxistipp Folglich sollte der Schutz auch konzernverbundener Unternehmen des Arbeitgebers ausdrücklich geregelt werden, ebenso das Verbot, während der Dauer der Wettbewerbsbeschränkung eine Tätigkeit bei mit Wettbewerbern verbundenen Unternehmen einzugehen.
Inwieweit solche konzernbezogenen Wettbewerbsverbote zulässig sind, ist in vielen 48 Punkten noch ungeklärt.65 Klauselmuster Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, für die Dauer von zwei Jahren nach Ende des Arbeitsverhältnisses nicht in selbstständiger, unselbstständiger oder anderer Weise für Dritte oder mit diesen konzernverbundenen Unternehmen tätig zu werden, die mit dem Arbeitgeber oder einem mit dem Arbeitgeber konzernverbundenen Unternehmen in direktem oder indirektem Wettbewerb stehen. Ebenso ist es dem Arbeitnehmer untersagt, während der Laufzeit des Wettbewerbsverbots ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich daran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen.
VII. Bedingte Wettbewerbsverbote Unter bedingten Wettbewerbsverboten versteht man nachvertragliche Wettbewerbs- 49 abreden, die erst mit Eintritt oder Nichteintritt weiterer Umstände Gültigkeit erhalten sollen.66 Grundsätzlich können nachvertragliche Wettbewerbsabreden unter einer
62 Siehe dazu den „Speiseeis-Fall“, BAG, Urt. v. 24.06.1966 – 3 AZR 501/65. 63 LAG Hamm, Urt. v. 08.02.2001 – 16 Sa 1243/00; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II W 10, Rn. 42; Borgmann in: Hümmerich/Reufels, Rn. 4277. 64 LAG Berlin, Urt. v. 17.04.1998 – 6 Sa 4/98. 65 So auch Borgmann in: Hümmerich/Reufels, Rn. 4276; ausführlich dazu Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 259 ff. und 316 f. 66 Schaub/Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, § 58 Rn. 49; Borgmann in: Hümmerich/Reufels, Rn. 4295.
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Kapitel 8 Nachvertragliche Pflichten
aufschiebenden oder auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 und 2 BGB) abgeschlossen werden. Eine aufschiebende Bedingung, wonach das Wettbewerbsverbot etwa erst nach einem sechs- oder zwölfmonatigen Bestand des Arbeitsverhältnisses gelten soll, ist nach Ansicht des BAG durchaus üblich und daher nicht als überraschende Klausel im Sinne des § 305c BGB anzusehen.67 Eine solche aufschiebende Bedingung entspricht den berechtigten Interessen der Vertragsparteien, da ein Arbeitnehmer häufig erst nach einer bestimmten Mindestbeschäftigungsdauer einen Einblick in Kundenbeziehungen sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse erlangt haben wird, während zuvor ein Wechsel zu einem Wettbewerber möglicherweise noch als unproblematisch anzusehen wäre. Klauselmuster68 Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot wird wirksam mit Ablauf des zweiten Vertragsjahres der Laufzeit dieses Vertrags/mit Beendigung der vereinbarten Probezeit. 50 Im Gegensatz dazu werden in der Rechtsprechung zu Recht bedingte Wettbewerbs-
verbote sehr kritisch gesehen, mit denen sich der Arbeitgeber letztlich die Entscheidung vorbehalten möchte, ob er dem Arbeitnehmer ein Wettbewerbsverbot auferlegt und die Karenzentschädigung bezahlt. Denn § 75d S. 2, Alt. 2 HGB erklärt Bedingungen für unzulässig, die dem Arbeitgeber jederzeit das Recht einräumen darüber zu entscheiden, ob der Arbeitnehmer Wettbewerb unterlassen muss oder nicht. Solche Klauseln beeinträchtigen den Arbeitnehmer letztlich in doppelter Weise: Während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses weiß er nicht, ob er sich auf ein Wettbewerbsverbot einrichten muss oder ob er sich bei einem Konkurrenzunternehmen bewerben kann. Der Arbeitgeber hingegen kann abwarten, ob der Arbeitnehmer eine Wettbewerbsbeschäftigung antreten wird oder nicht und davon die Inanspruchnahme des Wettbewerbsverbots abhängig machen. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote, die unter eine unzulässige Bedingung gestellt sind, sind unverbindlich.69 Daher führt etwa ein Vorbehalt des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer bei Aus51 scheiden ein Wettbewerbsverbot aufzuerlegen, zur Unverbindlichkeit des Verbots.70 Zulässig sind jedoch Vorverträge oder Optionen auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, die so zeitlich begrenzt sind, dass der Arbeitgeber sie nach Ausspruch einer Kündigung nicht mehr ausüben bzw. verlangen kann.71 Denn in diesen Fällen
67 BAG, Urt. v. 13.07.2005 – 10 AZR 532/04. 68 Siehe BAG, Urt. v. 13.07.2005 – 10 AZR 532/04. 69 BAG, Urt. v. 22.05.1990 – 3 AZR 647/88. 70 BAG, Urt. v. 22.05.1990 – 3 AZR 647/88; ebenso für eine „Option“ eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, die noch bis zum Beendigungstermin ausgeübt werden kann: BAG, Urt. v. 14.07.2010 – AZR 291/09. 71 BAG, Urt. v. 14.07.2010 – 10 AZR 291/09; BAG, Urt. v. 18.04.1969 – 3 AZR 154/68; s. auch Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II W 10, Rn. 89.
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C. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote
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bleibt für den Arbeitnehmer keine Unklarheit: Spricht er eine Kündigung aus, ohne dass der Arbeitgeber bis dahin die Option bzw. den Vorvertrag ausgeübt hätte, so steht fest, dass der Arbeitnehmer an Wettbewerbstätigkeiten nicht gehindert ist. Als unzulässige bedingte Wettbewerbsverbote hat das BAG auch vertragliche 52 Regelungen angesehen, wonach der Arbeitgeber berechtigt sein sollte, den örtlichen oder sachlichen Umfang des Verbots vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses einseitig festzulegen72 oder wonach der Arbeitgeber vor oder nach Beendigung des Arbeitsvertrags jederzeit auf die Wettbewerbsabrede verzichten könne.73 Auch ein Wettbewerbsverbot, dass davon abhängig gemacht wird, dass der Arbeitnehmer ordentlich kündigt oder eine fristlose Entlassung verschuldet, ist unverbindlich.74
VIII. Zusage der Karenzentschädigung 1. Gesetzliche Regelung Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Arbeit- 53 geber verpflichtet, dem Arbeitnehmer für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht (so § 74 Abs. 2 HGB). § 74b HGB regelt Einzelheiten der Karenzentschädigung. Danach ist diese am Schluss jedes Monats zu zahlen (§ 74b Abs. 1 HGB). Bei Provisionen oder wechselnden Bezügen sind diese bei der Berechnung der Entschädigung nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre in Ansatz zu bringen. Bei kürzerem Bestand des Arbeitsverhältnisses kommt es auf die gesamte Dauer des Vertrags an (§ 74b Abs. 2 HGB). Schließlich regelt § 74c HGB die Anrechnung anderweitig erzielten Verdienstes des Arbeitnehmers auf die Karenzentschädigung. Ein Wettbewerbsverbot, dass keine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Zusage der Karenzentschädigung enthält, ist unverbindlich. Der Arbeitnehmer hat demnach ein Wahlrecht, ob er sich von dem Wettbewerbsverbot löst oder ob er sich daran hält und die (gesetzlich unzureichende) Karenzentschädigung in Anspruch nimmt. Praxistipp In der Praxis scheitern erstaunlich viele Wettbewerbsvereinbarungen an einer nicht gesetzeskonformen Zusage der Karenzentschädigung. Die Fehler, die dabei gemacht werden können, sind vielfältig, die Rechtsprechung in diesem Bereich (zu Recht) streng.
72 BAG, Urt. v. 05.09.1995 – 9 AZR 718/93. 73 BAG, Urt. v. 19.01.1978 – 3 AZR 573/77. 74 BAG, Urt. v. 07.09.2004 – 9 AZR 612/03 für ein Wettbewerbsverbot, dass nur für den Falle einer vom Arbeitnehmer „ausgelösten“ Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend soll; BAG, Urt. v. 10.12.1985 – 3 AZR 242/84.
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Kapitel 8 Nachvertragliche Pflichten
2. Vereinbarung einer Entschädigung
54 Wichtig ist zunächst, dass dem Arbeitnehmer überhaupt eine Karenzentschädigung
versprochen wird. Entgegen einem verbreiteten Missverständnis gibt es ohne vertragliche Zusage keinen gesetzlichen Anspruch auf die Karenzentschädigung. Die vertragliche Absprache muss daher die Zusage einer Karenzentschädigung enthalten. Eine nachvertragliche Wettbewerbsabrede ohne jeglichen Entschädigungsanspruch hält das BAG nicht nur für unverbindlich, sondern für nichtig.75 Die Anforderungen an eine Entschädigungszusage sind jedoch nicht allzu hoch. 55 Als ausreichend wird es angesehen, wenn nur die Zahlung einer Entschädigung vereinbart ist, hinsichtlich der Höhe jedoch auf § 74 Abs. 2, § 74b HGB Bezug genommen wird. Dies ist als Zusage der dort geregelten Mindestentschädigung zu verstehen.76 Nach der Rechtsprechung ist es auch (noch) ausreichend, wenn die Wettbewerbsabrede keine Entschädigung erwähnt, jedoch pauschal auf die gesetzlichen Regelungen der §§ 74 ff. HGB verwiesen wird. Dies ist zwar unter Berücksichtigung des Transparenzgebots (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) grenzwertig, da der Arbeitnehmer über die ihm zustehenden Ansprüche im Unklaren bleiben könnte; durch den Verweis auf die gesetzlichen Vorschriften ist jedoch ein Anspruch auf die gesetzliche Mindestentschädigung noch ausreichend deutlich erkennbar.77
3. Ausgestaltung der Entschädigung
56 Die vertraglich zugesagte Karenzentschädigung muss in jeder Hinsicht den gesetz-
lichen Mindestvorschriften entsprechen.
Fettnapf Hier scheitern viele Wettbewerbsabreden, weil entweder versucht wird, unzulässiger Weise für den Arbeitgeber günstigere Regelungen zu treffen oder – wesentlich häufiger – die Umschreibung der gesetzlichen Mindestkarenzentschädigung unbewusst rechtlich unzutreffend wiedergegeben wird. 57 In die Berechnung der Karenzentschädigung werden grundsätzlich alle Vergütungs-
bestandteile einbezogen, also z. B. auch Weihnachts- und Urlaubsgeld, 13. Gehalt, variable Vergütung, Zulagen, Zuschläge, der geldwerte Vorteil eines Dienstwagens
75 BAG, Urt. v. 18.01.2000 – 9 AZR 929/98; BAG, Urt. v. 03.05.1994 – 9 AZR 606/92. – Die Abgrenzung hat hier kaum praktische Bedeutung, da das Wahlrecht des Arbeitnehmers für eine Einhaltung des Wettbewerbsverbots bei einer Karenzentschädigung von EUR 0 sinnlos ist und er sich immer gegen die Einhaltung des Verbots entscheiden wird. 76 Ebenso Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 437; MüKo/HGB-v.Hoyningen-Huene, § 74 Rn. 45; vgl. auch BAG, Urt. v. 14.08.1975 – 3 AZR 333/74. 77 BAG, Urt. v. 28.06.2006 – 10 AZR 407/05; BAG, Urt. v. 31.07.2002 – 10 AZR 513/01; – kritisch dazu Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 439 ff.; Grunsky, NZA 1988, 713, 715 f., Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II W 10, Rn. 50.
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C. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote
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und der Wert von Aktienoptionen78. Gibt es neben dem monatlichen Grundgehalt andere Vergütungsbestandteile, so ist deshalb eine Entschädigungszusage in Höhe von 50 % des Grundgehalts unzureichend, das Wettbewerbsverbot daher unverbindlich.79 Die gesetzliche Regelung der §§ 74 Abs. 2, 74b HGB unterscheidet zwischen der 58 regelmäßigen, monatlichen Vergütung und „wechselnden Bezügen“. Bei der monatlichen Vergütung kommt es allein auf deren Höhe bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses an.80 Demnach genügt es den gesetzlichen Anforderungen nicht, wenn dem Arbeitnehmer eine Karenzentschädigung in Höhe des Durchschnitts des letzten Vertragsjahres oder etwa der letzten drei Vertragsjahre versprochen wird.81 Denn bei einer solchen Durchschnittsbetrachtung würden Gehaltserhöhungen, die im letzten Vertragsjahr erfolgt sind, nur anteilig berücksichtigt. Aus demselben Grund ist beispielsweise auch die Zusage der „Hälfte der zuletzt bezogenen Jahresvergütung“ nicht ausreichend.82 Ebenso wenig genügt es den gesetzlichen Anforderungen, wenn dem Arbeitnehmer die Hälfte der zuletzt „für ein Jahr“ bezogenen vertragsmäßigen Leistungen als Entschädigung versprochen wird.83 Wechselnde Bezüge sind im Gegensatz dazu gemäß § 74b Abs. 2 HGB mit dem 59 Durchschnitt der letzten drei Jahre in Ansatz zu bringen, bei kürzerer Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem Durchschnitt während des gesamten Vertragsverhältnisses. Die vertragliche Regelung der Karenzentschädigung muss im Hinblick auf wechselnde Bezüge diese gesetzlichen Vorgaben zutreffend wiedergeben. Fettnapf Ein häufiger Fehler besteht darin, solche unregelmäßigen Vergütungsbestandteile aus der Karenzentschädigung auszunehmen, indem beispielsweise auf die zuletzt bezogene monatliche Vergütung abgestellt wird.84
4. Abstrakte Betrachtung Besonders misslich für Arbeitgeber ist, dass derartige Fehler bei der Formulierung der 60 Zusage der Karenzentschädigung zwangsläufig zu Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots führen. Es ist unerheblich, ob der Arbeitnehmer, dem beispielsweise
78 MüKo/HGB-v.Hoyningen-Huene, § 74 Rn. 47 und § 74b Rn. 10. 79 Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 456; vgl. auch Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II W 10, Rn. 58. 80 MüKo/HGB-v.Hoyningen-Huene, § 74b Rn. 14. 81 BAG, Urt. v. 08.05.1966 – 3 AZR 154/66. 82 LAG Hamm, Urt. v. 23.03.2010 – 14 SaGa 68/09; Gamerschlag, NJW 1989, 2870; Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 460. 83 ArbG Kaiserslautern, Urt. v. 13.11.2014 – 2 Ca 908/14. 84 BAG, Urt. v. 13.07.2005 – 10 AZR 532/04.
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nur eine Entschädigung in Höhe der letzten monatlichen Bezüge versprochen wurde, überhaupt andere, unregelmäßige Vergütungsbestandteile erhalten hat. Unerheblich ist auch, ob beispielsweise das Abstellen auf die letzte durchschnittliche Jahresvergütung für den Arbeitnehmer im konkreten Fall zu Nachteilen bei der Berechnung führt, was beispielsweise nicht der Fall wäre, wenn im letzten Vertragsjahr keine Gehaltserhöhung erfolgt wäre und/oder die variable Vergütung im letzten Vertragsjahr besonders hoch gewesen wäre. Da nachvertragliche Wettbewerbsabreden in aller Regel Allgemeine Geschäftsbedingungen sind, ist eine abstrakte Betrachtung anzustellen. Das Wettbewerbsverbot ist schon dann unverbindlich, wenn es abstrakt geeignet ist, den Arbeitnehmer schlechter als die gesetzliche Regelung zu stellen. Ob sich die Vertragsklausel tatsächlich im konkreten Einzelfall für den Arbeitnehmer nachteilig auswirkt, spielt keine Rolle.85
5. Unklarheitenregel 61 Zu berücksichtigen ist weiter, dass sich der Arbeitnehmer, der sich von einer solchen Wettbewerbsabrede lösen will, gegebenenfalls auf die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB berufen kann. Danach gehen Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders.86 Lässt die Vertragsklausel mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu und bleiben nicht behebbare Zweifel, welcher Auslegung der Vorrang gebührt, so kann sich der Arbeitnehmer auf die „arbeitnehmerfeindlichste“ Auslegung berufen, wenn diese der AGB-Kontrolle nicht Stand hält.87 Schließlich hilft es dem Arbeitgeber im Streitfall auch nicht, wenn neben der unzureichenden Entschädigungszusage ein allgemeiner Verweis auf die §§ 74 ff. HGB oder eine salvatorische Klausel im Arbeitsvertrag enthalten ist. Denn typischerweise wird auf die §§ 74 ff. HGB nur verwiesen, soweit die konkrete Wettbewerbsklausel keine anderweitigen Vereinbarungen enthält. Auch die salvatorische Klausel kann aufgrund des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion nicht dazu führen, dass eine unzulässige Regelung im noch zulässigen Umfang aufrechterhalten wird.88
6. Entschädigung nach Ermessen des Arbeitgebers
62 Nicht zu empfehlen ist, die Höhe der Karenzentschädigung in das Ermessen des
Arbeitgebers zu stellen, ohne eine Mindesthöhe vorzusehen. Da die Höhe der Entschädigung und damit die Einhaltung der gesetzlichen Mindestvorgaben nicht
85 LAG Hamm, Urt. v. 23.03.2010 – 14 SaGa 68/09. 86 Siehe dazu Kap. 2 Rn. 16 ff. 87 Siehe dazu LAG Hamm, Urt. v. 23.03.2010 – 14 SaGa 68/09. 88 LAG Hamm, Urt. v. 23.03.2010 – 14 SaGa 68/09.
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C. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote
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feststehen, führt diese Regelung zur Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots.89 Entscheidet sich der Arbeitnehmer für die Einhaltung des Verbots und nimmt die Karenzentschädigung in Anspruch, ist der Arbeitgeber nach Ansicht des BAG verpflichtet, mindestens eine Entschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe, also der Hälfte der letzten Bezüge, festzusetzen. Der Arbeitnehmer kann einen Zahlungsanspruch in dieser Höhe gerichtlich durchsetzen (§ 315 Abs. 3 S. 2 BGB).90 Eine solche Gestaltung kumuliert somit aus Sicht des Arbeitgebers die negativen Rechtsfolgen, die er eigentlich vermeiden will: Obwohl das Wettbewerbsverbot unverbindlich ist, kann der Arbeitnehmer die Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe verlangen.
7. Anrechnung anderweitigen Verdienstes Eine weitere Fehlerquelle besteht in der Regelung der Anrechnung anderweitigen Ver- 63 dienstes auf die Karenzentschädigung. § 74c HGB enthält dazu eine recht komplizierte Bestimmung. Danach ist auf die Entschädigung das anzurechnen, was der Arbeitnehmer während des Zeitraums des Wettbewerbsverbots durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, soweit die Entschädigung und der anderweitige Verdienst den Betrag der zuletzt im Arbeitsverhältnis bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als 1/10 übersteigen würden. Erhält der Arbeitnehmer eine Karenzentschädigung von 50 % der zuletzt bezogenen Leistungen, so kann er also 60 % seiner letzten Bezüge anrechnungsfrei hinzuverdienen. Erst wenn der anderweitige Verdienst und die Karenzentschädigung zusammen 110 % der letzten vertragsmäßigen Leistungen überschreiten, ist der übersteigende Betrag anzurechnen.91 Muss der Arbeitnehmer aufgrund des Wettbewerbsverbots seinen Wohnsitz verlegen, so erhöht sich die Schwelle von 110 % auf 125 %. Die Einzelheiten dieser Anrechnungsregelung müssen in der vertraglichen 64 Zusage der Karenzentschädigung ebenfalls zutreffend wiedergegeben werden. Eine zu Ungunsten des Arbeitnehmers abweichende Anrechnungsregelung, die z. B. eine vollständige Anrechnung anderweitigen Verdienstes auf die Karenzentschädigung vorsieht, hat nach h. M. dieselbe Wirkung wie die Zusage einer zu geringen Entschädigung. Sie führt deshalb ebenfalls zur Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots.92
89 Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II W 10, Rn. 58. 90 BAG, Urt. v. 15.01.2014 – 10 AZR 243/13. 91 S. dazu MüKo/HGB-v.Hoyningen-Huene, § 74b Rn. 18 mit anschaulichem Rechenbeispiel. 92 Vgl. Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 476 ff. m. w. N.; a. A. LAG Hamm, Urt. v. 20.12.2001 – 16 Sa 414/01.
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8. Muster einer Entschädigungszusage
65 Um all diese Klippen zu umschiffen, bleiben im Prinzip nur zwei Wege: Denkbar ist
zum einen, jede Regelung zur Karenzentschädigung in der Wettbewerbsklausel zu unterlassen und lediglich pauschal auf die §§ 74 ff. HGB zu verweisen. Auch wenn dies in der Literatur zum Teil kritisch gesehen wird, wird diese Gestaltung von der Rechtsprechung jedenfalls bislang anerkannt.93 Die zweite – und vorzugswürdige – Möglichkeit besteht darin, die Zusage der Karenzentschädigung so zu gestalten, dass schlicht der Gesetzeswortlaut des § 74 Abs. 2 HGB möglichst unverändert abgeschrieben wird.94 Jeder Versuch, die gesetzliche Regelung mit eigenen Worten beschreiben zu wollen, birgt unnötige Gefahren und ist im Regelfall zum Scheitern verurteilt. Bezüglich der Anrechnung anderweitigen Verdienstes ist zu empfehlen, es bei einem Verweis auf die gesetzlichen Anrechnungsregeln des § 74c HGB zu belassen. Klauselmuster Für die Dauer dieses Wettbewerbsverbots erhält der Arbeitnehmer eine Entschädigung, die für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der von ihm zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen beträgt. Anderweitiger Verdienst oder böswillig unterlassener Verdienst ist gemäß § 74c HGB auf die Entschädigung anzurechnen.
66 Am Ende der Wettbewerbsklausel sollte ein umfassender Verweis auf die § 74 ff. HGB
stehen. Damit wird nochmals klargestellt, dass bezüglich der nicht ausdrücklich geregelten Punkte die gesetzlichen Bestimmungen gelten, im Hinblick auf die Berechnung der Karenzentschädigung also insbesondere die §§ 74 Abs. 2, 74b und 74c HGB. Klauselmuster Im Übrigen gelten die §§ 74 ff. HGB.
IX. Verzicht des Arbeitgebers 1. Gesetzliche Ausgangslage 67 Nach § 75a HGB kann der Arbeitgeber vor der Beendigung des Dienstverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbsverbot verzichten mit der Wirkung, dass er mit dem Ablauf eines Jahres seit der Erklärung von der Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung frei wird. Diese – zu Gunsten des Arbeitnehmers einseitig zwingende – gesetzliche Rege68 lung bezweckt einen angemessenen Ausgleich der beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien: Dem Arbeitgeber wird das Recht eingeräumt, sich einseitig von der
93 Siehe oben Rn. 55. 94 So auch Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 453: „der sicherste Weg“.
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C. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote
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einmal vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsabrede zu lösen, wenn er im Laufe des Arbeitsverhältnisses den Eindruck gewonnen hat, dass es einer nachvertraglichen Wettbewerbsbeschränkung zu Lasten des Mitarbeiters nicht bedarf bzw. er nicht bereit ist sich die Wettbewerbsenthaltung durch eine Karenzentschädigung zu „erkaufen“. Der Verzicht ist bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zulässig, kann also noch während der Dauer der Kündigungsfrist erklärt werden.95 Da der Arbeitnehmer sich aber auf die Wettbewerbsbeschränkung einrichten muss und beispielsweise bei Bewerbungen in seiner Berufsfreiheit eingeschränkt wird, sieht der Gesetzgeber vor, dass die Pflicht zur Zahlung der Karenzentschädigung erst ein Jahr nach der Verzichtserklärung entfällt. Der Arbeitnehmer hat also noch bis zu einem Jahr Anspruch auf die Karenzentschädigung, obwohl das nachvertragliche Wettbewerbsverbot mit der Verzichtserklärung sofort wegfällt, er also keinen nachvertraglichen Wettbewerbsbeschränkungen mehr unterliegt.96 Diese gesetzliche Regelung kann unterschiedliche Auswirkungen haben: Beispiel Der Arbeitgeber erklärt am 30.06.2015 den Verzicht auf das vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot. Der Arbeitnehmer kündigt am 30.12.2015 mit Wirkung zum 30.06.2016. – Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.06.2016 ist der Arbeitnehmer frei, in Wettbewerb zu seinem bisherigen Arbeitgeber zu treten. Da seit der Verzichtserklärung bereits ein Jahr vergangen ist, hat er keinen Anspruch auf eine Karenzentschädigung. Beispiel Der Arbeitgeber erklärt am 30.12.2015 den Verzicht auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot. Das Arbeitsverhältnis endet zum 30.06.2016. – In diesem Fall ist der Arbeitnehmer ebenfalls berechtigt, bereits ab dem 01.07.2016 in Konkurrenz zu seinem bisherigen Arbeitgeber zu treten, da dieser mit sofortiger Wirkung auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot verzichtet hat. Für den Zeitraum vom 01.07.2016 bis zum 30.12.2016 hat der Arbeitnehmer jedoch noch Anspruch auf die vereinbarte Karenzentschädigung, da die gesetzliche Jahresfrist erst am 30.12.2016 abläuft.
2. Vertragliche Regelungen In der Praxis finden sich immer wieder vertragliche Regelungen, mit denen Arbeitge- 69 ber diese gesetzliche Regelung des Verzichtsrechts zu ihren Gunsten zu modifizieren versuchen. So stößt man auf Vertragsklauseln, die dem Arbeitgeber in zeitlicher Hinsicht ein Verzichtsrecht selbst noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einräumen. Genauso häufig finden sich Vertragsklauseln, die im Fall des Verzichts des Arbeitgebers den Wegfall des Anspruchs auf die Karenzentschädigung nicht erst nach Ablauf eines Jahres, sondern sofort, nach drei Monaten oder nach sechs Monaten vor-
95 MüKo/HGB-v.Hoyningen-Huene, § 75a Rn. 6. 96 MüKo/HGB-v.Hoyningen-Huene, § 75a Rn. 9.
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sehen. Nach der Rechtsprechung des BAG führen solche Vertragsklauseln zur Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots. Der Arbeitnehmer hat also ein Wahlrecht, ob er sich an das Wettbewerbsverbot gegen Zahlung der Karenzentschädigung hält oder ob er sich davon löst.97 Praxistipp Bei der Gestaltung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten sollte von einer vertraglichen Regelung des Verzichtsrechts abgesehen werden. Wird „im Übrigen“ auf die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB verwiesen, gilt damit auch das Verzichtsrecht gemäß § 75a HGB. 70 Wer dennoch aus Gründen der Transparenz das Verzichtsrecht ansprechen möchte,
sollte sich möglichst eng an die gesetzliche Bestimmung des § 75a HGB halten:
Klauselmuster Der Arbeitgeber kann vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbsverbot mit der Wirkung verzichten, dass er mit dem Ablauf eines Jahres seit der Erklärung von der Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung frei wird.
X. Kunden-/Mandantenschutzklauseln 1. Berufsrechtliche Beschränkungen
71 In einigen freien Berufen untersagen spezielle berufsrechtliche Regelungen aus-
scheidenden Mitarbeitern, Kunden bzw. Mandanten des ehemaligen Arbeitgebers abzuwerben. So bestimmte § 33 der Berufsordnung für Steuerberater in der bis 2010 geltenden Fassung, dass Steuerberater bei ihrem Ausscheiden aus einer Steuerberatungsgesellschaft, einer Bürogemeinschaft, einem freien Mitarbeiterverhältnis oder einem Anstellungsverhältnis alles zu unterlassen hatten, was darauf gerichtet ist, ihre früheren Vertragspartner aus einem Auftrag zu verdrängen. Ein entsprechendes Abwerbeverbot wurde bei Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern aus dem Verbot der einzelfallbezogenen Mandatswerbung (§ 43b BRAO und § 52 WPO) hergeleitet. Daher war für diese speziellen Berufsgruppen das gezielte Abwerben von Mandanten aus berufsrechtlichen Gründen verboten.
97 BAG, Urt. v. 19.01.1978 – 3 AZR 573/77; BAG, Urt. v. 31.07.2002 – 10 AZR 558/01; – differenzierend: Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 504 ff., die bei sofortigem oder verfrühtem Wegfall der Entschädigungspflicht von einem verbindlichen Wettbewerbsverbot ausgehen, dem Arbeitnehmer aber gemäß den gesetzlichen Regelungen einen Anspruch auf die Karenzentschädigung zugestehen.
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C. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote
2. Beschränkte Mandantenschutzklausel Vor diesem besonderen Hintergrund hat das BAG in ständiger Rechtsprechung sog. 72 „beschränkte Mandantenschutzklauseln“ auch ohne die Zusage einer Karenzentschädigung für zulässig gehalten. Unter „beschränkten Mandantenschutzklauseln“ werden vertragliche Regelungen verstanden, die dem Mitarbeiter nach seinem Ausscheiden das Abwerben von Mandanten untersagen. Das BAG hat darin eine lediglich klarstellende Wiedergabe der ohnehin geltenden berufsrechtlichen Regelungen gesehen. Da damit die berufliche Betätigung nicht über das ohnehin bestehende Maß hinaus behindert werde, unterfielen diese vertraglichen Regelungen nicht den § 74 ff. HGB98. Daher werden bislang Vertragsregelungen wie die folgende von der Rechtspre- 73 chung auch ohne Karenzentschädigung für zulässig gehalten: Klauselmuster99 Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne die ausdrückliche Zustimmung der Sozietät für die Dauer von zwei Jahren keine Mandanten, gleich ob als Angestellter oder Selbstständiger, anzusprechen oder abzuwerben, die während der letzten drei Jahre vor dem Ausscheiden zu dem Mandantenkreis der Sozietät gehört haben.
Hervorzuheben ist, dass diese besondere Rechtsprechung sich stets nur auf die 74 besonderen Berufsgruppen – im Wesentlichen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte – beschränkte, in denen ein standesrechtliches Abwerbeverbot gegeben war. In sämtlichen anderen Branchen stellt eine – auch beschränkte – Kundenschutzklausel stets eine Behinderung der weiteren beruflichen Tätigkeit des ausscheidenden Mitarbeiters dar, die ohne weiteres den §§ 74 ff. HGB unterfällt und daher nur bei gesetzeskonformer Zusage einer Karenzentschädigung zulässig ist. Ob an dieser besonderen Rechtsprechung zu „beschränkten Mandantenschutz- 75 klauseln“ festgehalten werden kann, wird kontrovers diskutiert. Die wettbewerbsbeschränkenden standesrechtlichen Regelungen im Bereich der freien Berufe werden unter Berücksichtigung der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 GG) immer restriktiver behandelt. Die seit 01.01.2011 geltende Neufassung der Berufsordnung der Steuerberater enthält kein generelles Abwerbeverbot mehr. § 33 Abs. 1 der früheren Fassung wurde aufgehoben. Geregelt ist nur noch das Verhalten bei Auflösung einer Sozietät oder bei Ausscheiden eines Sozius. Hier sind gemäß § 26 der Berufsordnung der Steuerberater die Auftraggeber darüber zu befragen, welcher Steuerberater künftig das Mandat erhalten soll. Darüber hinaus gehende Abwerbeverbote bestehen nicht mehr. Auch das Verbot der einzelfallbezogenen Werbung für Wirtschaftsprüfer in § 52 WPO wurde aufgehoben; stattdessen wird nun auf die allgemeinen Grenzen des UWG
98 BAG, Urt. v. 16.07.1971 – 3 AZR 384/70; s. auch MüKo/HGB-v.Hoyningen-Huene, § 74 Rn. 12. 99 Beispiel nach Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 111.
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verwiesen. Bei Rechtsanwälten besteht zwar das Verbot einzelmandatsbezogener Werbung (§ 43b BRAO) weiterhin, die Rechtsprechung lässt aber sachliche Werbung in immer stärkeren Umfang zu. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Rechtsprechung von BAG und BGH „beschränkte Mandantenschlussklauseln“ weiterhin ohne Karenzentschädigung zulassen wird.100
3. Allgemeine Mandantenschutzklauseln
76 Unabhängig davon unterfallen sog. „allgemeine Mandantenschutzklauseln“ bzw.
„allgemeine Kundenschutzklauseln“ unstreitig den §§ 74 ff. HGB. Darunter sind Vereinbarungen zu verstehen, die dem ausgeschiedenen Mitarbeiter über das gezielte Abwerben hinaus jegliche Betreuung von Mandanten des früheren Arbeitgebers untersagen. Beispiel101 Sie verpflichten sich, innerhalb von drei Jahren nach Beendigung des Dienstverhältnisses bei mir keine Tätigkeit, freiberuflich oder als Angestellter eines anderen Berufsangehörigen, für solche Auftraggeber auszuüben, die in den letzten drei Jahren vor Beendigung des Dienstverhältnisses zu meinem Mandantenkreis gehörten; weiter nicht in die Dienste eines meiner Mandanten zu treten, der in den letzten drei Jahren vor Beendigung des Dienstverhältnisses zu meiner Klientel zählt.
77 Solche Vereinbarungen gehen über die standesrechtlichen Abwerbeverbote deutlich
hinaus, da diese bereits in der Vergangenheit immer nur das gezielte Abwerben bzw. Ansprechen von Mandanten untersagten. Das generelle Verbot der Betreuung von Mandanten des ehemaligen Arbeitgebers ist stets konstitutiv und an den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB zu messen.102 Insbesondere muss eine Karenzentschädigung in der gemäß § 74 Abs. 2 i. V. m. § 74b HGB vorgesehenen Höhe versprochen sein.
4. Mandantenübernahmeklauseln
78 Von Kunden- oder Mandantenschutzklauseln sind sog. Mandantenübernahmeklau-
seln zu unterscheiden. Diese verbieten dem ausscheidenden Mitarbeiter nicht, für die Mandanten des bisherigen Arbeitgebers tätig zu werden, verpflichten ihn jedoch, einen gewissen Honoraranteil aus diesen Mandaten abzuführen.
100 Zweifelnd auch Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 111. 101 BAG, Urt. v. 16.07.1971 – 3 AZR 384/70. 102 BAG, Urt. v. 16.07.1971 – 3 AZR 384/70; Preis/Stoffels, Der Arbeitsvertrag, II W 10, Rn. 73.
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Beispiel Übernehmen Sie bei oder im Zusammenhang mit Ihrem Ausscheiden aus den Diensten meiner Praxis unmittelbar oder mittelbar Mandate meiner Praxis, so werden Sie als Entschädigung für einen Zeitraum von fünf Jahren seit dem Ausscheiden einen Betrag in Höhe von 20 % Ihres Gesamtumsatzes mit dem betreffenden Mandanten an mich abführen. Die Zahlungen sind jeweils am 01.03. eines Jahres für den Jahresumsatz des vorangegangenen Kalenderjahres fällig.
Das BAG103 hat in dieser Vereinbarung kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot 79 im Sinne der § 74 ff. HGB gesehen. Bei einer Mandantenübernahmeklausel werde gerade kein Konkurrenzverbot vereinbart, sondern im Gegenteil die Betreuung von Mandanten des ehemaligen Arbeitgebers – allerdings gegen Abführung eines Teils des Honorars – ausdrücklich zugelassen. Die § 74 ff. HGB seien daher auf Mandantenübernahmeklauseln nicht anwendbar. Sie seien auch ohne Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung grundsätzlich zulässig und verbindlich, soweit sie dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dienten und das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unbillig erschwerten. Im konkreten Einzelfall scheiterte die Klausel jedoch daran, dass die vorgesehene Bindung von fünf Jahren als zu lang erachtet wurde. Auch bei Mandantenübernahmeklauseln sei eine Bindung von mehr als zwei Jahren nicht mehr als angemessen anzusehen. Folglich wurden Mandantenübernahmeklauseln nach dem oben dargestellten Beispiel bei einer auf nur zwei Jahre reduzierten Bindungsdauer für zulässig gehalten. Das BAG hat diese Rechtsprechung jedoch im Jahr 2013 geändert. Eine Mandan- 80 tenübernahmeklausel ohne Karenzentschädigung beschränke den Arbeitnehmer im Sinne von § 74 Abs. 1 HGB in seiner beruflichen Tätigkeit. Sie sei deshalb als sog. verdeckte Mandantenschutzklausel gemäß § 75d Satz 2 HGB unwirksam.104 Eine Umgehung dieser Vorschrift liege dann vor, wenn aufgrund der vereinbarten Konditionen sich die Bearbeitung der Mandate wirtschaftlich für den ausscheidenden Mitarbeiter nicht lohne. In diesem Fall schalte der Arbeitgeber seinen früheren Mitarbeiter als Konkurrenten aus. Das BAG hat daher die folgende Klausel für unwirksam erklärt, jedenfalls wenn auch eine nachfolgende Tätigkeit als Angestellter erfasst werden solle: Beispiel Der Mitarbeiter ist verpflichtet, 20 % der Nettohonorare, die er innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung des Anstellungsvertrages mit Mandanten, die während des laufenden Anstellungsvertrages von der Gesellschaft betreut wurden, verdient, an die Gesellschaft abzuführen. Die erzielten Honorare sind der Gesellschaft pro Quartal durch Vorlage von Kopien der an die Mandanten übersandten Rechnungen nachzuweisen. Von der vorstehenden Klausel erfasst werden nur diejenigen Mandanten, welche vom Standort oder dem Mitarbeiter ganz oder teilweise betreut wurden.
103 BAG, Urt. v. 07.08.2002 – 10 AZR 586/01. 104 BAG, Urt. v. 11.12.2013 – 10 AZR 286/13
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81 Aufgrund dieser Entscheidung des BAG dürfte zweifelhaft sein, ob Mandantenüber-
nahmeklauseln überhaupt noch in zulässiger Weise vereinbart werden können. Sie sind jedenfalls uneffektiv, wenn zukünftige anderweitige berufliche Tätigkeiten in großen Bereichen – insbesondere in einem Anstellungsverhältnis – nicht abgedeckt werden können. Praxistipp Von der Verwendung von Mandantenübernahmeklauseln ist daher für die Praxis abzuraten. Besteht Interesse an der Beschränkung zukünftiger Wettbewerbstätigkeiten, kann dies rechtssicher nur durch nachvertragliche Wettbewerbsverbote, z. B. in Form einer allgemeinen Mandanten- oder Kundenschutzklausel, und die Zusage einer entsprechenden Karenzentschädigung erreicht werden.
XI. Vertragsstrafe 1. Regelungsbedarf
82 Verstößt ein Arbeitnehmer gegen ein verbindliches Wettbewerbsverbot, kann der
(ehemalige) Arbeitgeber Unterlassungsansprüche geltend machen und diese ggf. auch durch einstweilige Verfügung gerichtlich durchsetzen. Darüber hinaus kann er Schadensersatz verlangen. Häufig wird es jedoch schwierig sein, den kausal auf der Wettbewerbsverletzung beruhenden Schaden schlüssig darzulegen. Denn dazu müsste erläutert werden, welcher Gewinn dem Arbeitgeber beispielsweise dadurch entgangen ist, dass der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Konkurrenztätigkeit einzelne Kunden abgeworben hat. Der Nachweis, dass der ehemalige Arbeitgeber ohne die unzulässige Wettbewerbstätigkeit überhaupt weitere Geschäfte mit diesen Kunden hätte abschließen können und welchen Gewinn er daraus erzielt hätte, wird häufig nicht einfach zu führen sein. Der bloße Vergleich von Jahresergebnissen in Form von Gewinn oder Verlust vor und nach Aufnahme der Wettbewerbstätigkeit wird – auch unter Berücksichtigung der Beweiserleichterung des § 287 ZPO – nicht ausreichen.105 Zwar muss der Arbeitgeber für den Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer gegen das Wettbewerbsverbot verstößt, die vereinbarte Karenzentschädigung nicht bezahlen und kann eine bereits gezahlte Karenzentschädigung zurückfordern.106 Dennoch sind die Sanktionen bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot häufig nicht so effektiv, dass sie den Arbeitnehmer von einer unzulässigen Wettbewerbstätigkeit abschre-
105 BAG, Urt. v. 26.09.2012 – 10 AZR 370/10 zu einem Fall des unlauteren Abwerbens von Mitarbeitern. 106 BAG, Urt. v. 05.08.1968 – 3 AZR 128/67.
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C. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote
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cken würden. Um ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot effektiv durchsetzen zu können, wird daher häufig die Vereinbarung einer Vertragsstrafe empfohlen.107
2. Anforderungen an Vertragsstrafeklauseln Die Rechtsprechung des BAG stellt jedoch für eine wirksame Vertragsstrafenregelung 83 sehr hohe Anforderungen mit der Folge, dass eine rechtssichere Gestaltung in diesem Bereich kaum noch möglich ist.
a) Zulässigkeit von Vertragsstrafen Vertragsstrafen sind auch in vorformulierten Vereinbarungen mit Arbeitnehmern 84 grundsätzlich zulässig. Das Verbot des § 309 Nr. 6 BGB steht dem nicht entgegen. Die Vorschrift erklärt nicht jede Vertragsstrafe für unzulässig, sondern betrifft nur den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder der Lösung vom Vertrag. Die Vorschrift beschränkt daher Vertragsstrafenregelungen im Zusammenhang mit nachvertraglichen Wettbewerbsverboten nicht.108 Auch § 309 Nr. 5 BGB, der sich mit der Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen in AGB befasst, ist in der Regel nicht einschlägig.109 Eine Vertragsstrafenregelung im Zusammenhang mit nachvertraglichen Wett- 85 bewerbsverboten wird in der Regel auch nicht als überraschende Klausel im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB anzusehen sein. Vertragsstrafenabreden sind in diesem Bereich nicht ungewöhnlich. Ein Überraschungs- oder Überrumpelungseffekt kann sich aber aus der Gestaltung der Klausel ergeben, etwa durch ein „Verstecken“ der Regelung an einer unerwarteten Stelle. Ist die Vertragsstrafe jedoch im Zusammenhang mit dem Wettbewerbsverbot geregelt, kann dies nicht unerwartet sein, auch wenn die Vertragsstrafe nicht (etwa durch eine gesonderte Überschrift) hervorgehoben wird.110 Strenge Anforderungen stellt das BAG jedoch bei der Prüfung, ob die Vertrags- 86 strafe den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt (§ 307 BGB) und insbesondere im Hinblick auf das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Problematisch sind bei der Gestaltung von Vertragsstrafenregelungen vor allem zwei Aspekte: Zum einen die angemessene Höhe der Vertragsstrafe und zum anderen die Regelung von mehrfachen und Dauerverstößen.
107 Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 921; Jaeger, Der Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers, S. 182. 108 BAG, Urt. v. 14.08.2007 – 8 AZR 973/06. 109 Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 927. 110 Vgl. BAG, Urt. v. 14.08.2007 – 8 AZR 973/06.
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Kapitel 8 Nachvertragliche Pflichten
b) Höhe der Vertragsstrafe
87 In Bezug auf die Höhe der Vertragsstrafe kann entweder mit feststehenden Summen
gearbeitet oder an die vom Arbeitnehmer zuletzt bezogene Vergütung angeknüpft werden (z. B. eine Vertragsstrafe in Höhe eines Monatsgehalts oder eines bestimmten Vielfachen der letzten Monatsvergütung). Unzulässig wäre es, die Höhe der Vertragsstrafe der Festsetzung der Gerichte zu überlassen. Daher hat das BAG eine Vertragsstrafenabrede für unwirksam erachtet, die „eine für jeden Einzelfall vom Gericht festzusetzende Vertragsstrafe“ vorsah.111 Bei der Festlegung der Höhe der Vertragsstrafe ist vor allem zu beachten, dass 88 sie in einem angemessenen Verhältnis zum drohenden Schaden stehen muss. Sie darf nicht der Schöpfung neuer, vom Sachinteresse des Arbeitgebers losgelöster Geldforderungen dienen. Dies würde eine unzulässige Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen. 112 Eine Vertragsstrafe im Vertrag eines Versicherungsvermittlers, die den dem Arbeitgeber drohenden Provisionsverlust durch die verbotswidrige Vermittlung von Versicherungen auf eigene Rechnung um das Fünffache übersteigt, wird daher unzulässig sein.113 Neben der Höhe des zu erwartenden Schadens kann auch das Verhältnis zum 89 letzten Gehalt des Mitarbeiters berücksichtigt werden. In Anlehnung an die Rechtsprechung zu Vertragsstrafen wegen der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses werden auch im Bereich der nachvertraglichen Wettbewerbsverbote Vertragsstrafen in der Höhe eines Bruttomonatsgehalts weitgehend als zulässig angesehen, während bei Übersteigen von drei Bruttomonatsgehältern erhebliche Bedenken geltend gemacht werden.114 Das BAG hat jedoch bereits deutlich gemacht, dass ein Bruttomonatsgehalt keineswegs als Höchstgrenze für Vertragsstrafenversprechen anzusehen sei und insbesondere bei der Verletzung von Wettbewerbsverboten typischerweise erheblich höhere Schäden drohen als etwa bei der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer.115 Aufgrund der Besonderheiten des AGB-Rechts muss aber dafür Sorge getragen 90 werden, dass die vereinbarte Höhe der Vertragsstrafe in jeder Fallkonstellation, in der die Vertragsstrafe verwirkt sein soll, angemessen sein muss. Andernfalls ist die Vereinbarung der Vertragsstrafe insgesamt unwirksam.116 Eine überhöhte Vertragsstrafenabrede kann nicht auf ein zulässiges Maß reduziert werden. Die in § 343 BGB vorgesehene Möglichkeit der Herabsetzung einer überhöhten Vertragsstrafe wird von den Vorgaben des AGB-Rechts (Verbot der geltungserhaltenden Reduktion) ver-
111 BAG, Urt. v. 25.09.1980 – 3 AZR 133/80. 112 BAG, Urt. v. 04.03.2004 – 8 AZR 196/03. 113 So LAG Hamm, Urt. v. 03.11.2006 – 7 Sa 1232/06. 114 Siehe etwa Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 941; Schramm, NJW 2008, 1494, 1496. 115 BAG, Urt. v. 25.09.2008 – 8 AZR 717/07. 116 Vgl. BAG, Urt. v. 25.09.2008 – 8 AZR 717/07.
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C. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote
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drängt, zumal die Herabsetzung nach § 343 BGB eine wirksam vereinbarte Vertragsstrafe voraussetzt.117 Aufgrund dieser Unwägbarkeiten ist bei der Gestaltung einer Vertragsstrafeklauseln im Zweifel zu raten, den „sicheren Bereich“ von bis zu einem Bruttomonatsgehalt nicht zu überschreiten, da andernfalls die gesamte Vertragsstrafenregelung für unwirksam erachtet werden könnte. Ist diese Höhe der Vertragsstrafe aufgrund der im Fall einer Verletzung des Wettbewerbs drohenden finanziellen Schäden offensichtlich unzureichend, sollte die Höhe der drohenden Schäden möglichst nachvollziehbar ermittelt und zur Grundlage der Vertragsgestaltung gemacht werden. Damit sollte es möglich sein, im Streitfall die Gerichte von der Angemessenheit der Höhe der Vertragsstrafe zu überzeugen.
c) Mehrfach- und Dauerverstöße Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse daran, dass der Arbeitnehmer sich auch 91 nach einem erstmaligen Verstoß zukünftig wieder an das Verbot hält und sich nicht etwa durch die einmalige Zahlung einer Vertragsstrafe „freikaufen“ kann. Um dem Rechnung zu tragen, wird in vergleichbaren Fällen üblicherweise formuliert, dass die Vertragsstrafe „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ geschuldet ist. Regelungsbedarf besteht außerdem bei Dauerverstößen, insbesondere wenn der Arbeitnehmer durch die Eingehung eines neuen Arbeits- oder Dienstverhältnisses mit einem Konkurrenten oder durch eine dauerhafte selbstständige Tätigkeit gegen das Verbot verstößt. Die Formulierung solcher Regelungen ist aufgrund der strengen (und nach allgemeinen Maßstäben des AGB-Rechts überzogenen) Anforderungen des BAG derzeit nicht rechtssicher zu gestalten. Das BAG hat eine Vertragsstrafenabrede wegen Verstoßes gegen das Transpa- 92 renzgebot für unwirksam erklärt, weil sie für jeden Fall der Zuwiderhandlung des Arbeitnehmers gegen ein Wettbewerbsverbot eine Vertragsstrafe in Höhe von zwei durchschnittlichen Bruttomonatseinkommen vorsah und gleichzeitig bestimmte, dass im Fall einer dauerhaften Verletzung des Wettbewerbsverbots jeder angebrochene Monat als neue Verletzungshandlung gelten sollte. Diese Bestimmung hielt das BAG für nicht klar und verständlich. Das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) verlange, dass im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners so klar und präzise wie möglich beschrieben werden. Es dürften keine vermeidbaren Unklarheiten und Spielräume verbleiben. Im vorliegenden Fall werde nicht erkennbar, wann eine „dauerhafte Verletzung“ vertraglicher Pflichten vorliege, die zu einer monatlich erneut fällig werdenden Vertragsstrafe
117 Siehe BAG, Urt. v. 04.03.2004 – 8 AZR 196/03; LAG Hamm, Urt. v. 03.11.2006 – 7 Sa 1232/06; zu Fällen, in denen die Herabsetzung bei vorformulierten Wettbewerbsverboten in Betracht kommt, ausf. Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 946 ff., Haas/Fuhlrott, NZA-RR 2010, 1; Winter, BB 2010, 2757.
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Kapitel 8 Nachvertragliche Pflichten
führe, und wann demgegenüber ein einmaliger Vertragsverstoß gegeben sei, für den nur eine einmalige Vertragsstrafe verwirkt sein solle. Insbesondere werde nicht deutlich, wie der geradezu typische Fall zu behandeln sei, dass der Arbeitnehmer für ein Konkurrenzunternehmen tätig werde, indem er für dieses Tätigkeiten verrichte oder diesem Kunden vermittle. Ob dann für jeden Einzelfall des Verstoßes eine Vertragsstrafe von zwei oder mehr durchschnittlichen Bruttomonatseinkommen verwirkt sei oder ob sich dies als dauerhafte Verletzung darstelle, so dass für jeden Monat, in dem ggf. mehrere Vertragsverletzungen begangen würden, nur einmal die Vertragsstrafe fällig werde, sei unklar. Dieselben Unklarheiten gebe es im Fall einer Beteiligung des Arbeitnehmers an einem Konkurrenzunternehmen. Auch eine solche Beteiligung erstrecke sich typischerweise über einen längeren Zeitraum.118 Damit hat das BAG die in der Vergangenheit üblichen Standardformulierungen 93 für nicht ausreichend erklärt. Eine genauere Erläuterung, was – in Abgrenzung zu einem einmaligen Verstoß – als mehrfache Zuwiderhandlung und was als Dauerverstoß anzusehen sein soll, ist daher unabdingbar. Angesichts der vielgestaltigen möglichen Fallkonstellationen ist es jedoch schwierig, eine für den Arbeitnehmer verständliche und somit transparente Formulierung zu finden, die alle in Betracht kommenden Wettbewerbsverstöße abdeckt.119 Eine dauerhafte Verletzung des Wettbewerbsverbots wird – wie vom BAG dargelegt – vor allem in den Fällen eines Arbeitsoder Dienstverhältnisses mit einem Wettbewerber sowie bei einer Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen gegeben sein. Hier soll die Vertragsstrafe dementsprechend für jeden Monat des Verstoßes einmal anfallen. Andere Fälle, in denen der Arbeitnehmer mehrfach gegen das Verbot verstößt, sind dann im Umkehrschluss als mehrfache Zuwiderhandlungen einzuordnen, so dass jeder Einzelverstoß erneut zur Verwirkung der Vertragsstrafe führt. Klargestellt werden sollte außerdem, dass mehrere Einzelverstöße innerhalb eines dauerhaften Dienst-, Arbeits- oder Gesellschafterverhältnisses nur einmal monatlich und nicht für jeden Einzelverstoß eine Vertragsstrafe auslösen. Empfohlen wird etwa folgende Formulierung: Klauselmuster120 Besteht die Verletzungshandlung in der kapitalmäßigen Beteiligung an einem Wettbewerbsunternehmen oder der Eingehung eines Dauerschuldverhältnisses (z. B. Arbeits-, Dienst-, Handelsvertreter- oder Beraterverhältnis), wird die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat, in dem die Beteiligung oder das Dauerschuldverhältnis besteht, neu verwirkt (Dauerverstoß). Mehrfache Verletzungshandlungen lösen jeweils gesonderte Vertragsstrafen aus, ggf. auch mehrfach innerhalb eines Monats. Erfolgen dagegen einzelne Verletzungshandlungen im Rahmen eines Dauerverstoßes, sind sie von der für den Dauerverstoß verwirkten Vertragsstrafe mit umfasst.
118 BAG, Urt. v. 14.08.2007 – 8 AZR 973/06; siehe dazu Diller, NZA 2008, 574; Schramm, NJW 2008, 1494; Niemann, RdA 2013, 92. 119 Anschaulich zu den damit verbundenen Problemen und Schwierigkeiten Diller, NZA 2008, 547. 120 Siehe Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 963.
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C. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote
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Eine solche Formulierung sollte den Anforderungen des BAG wohl standhalten. Eine 94 Garantie, dass die Arbeitsgerichte auch darin noch vermeidbare Unklarheiten entdecken und die Vertragsstrafenklausel für unwirksam halten können, gibt es aber nicht. Eine vollständige Vertragsstrafenregelung im Rahmen einer nachvertraglichen 95 Wettbewerbsabrede wird im Folgenden (unter Ziff. 12) dargestellt.
XII. Vollständiges Klauselmuster Unter Berücksichtigung dieser Aspekte kann ein nachvertragliches Wettbewerbsver- 96 bot beispielsweise wie folgt formuliert werden: Klauselmuster Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung dieses Arbeitsvertrags weder in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, das mit dem Arbeitgeber im direkten oder indirekten Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen konzernverbunden ist. In gleicher Weise verpflichtet sich der Arbeitnehmer, während der Dauer dieses Verbots kein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen. Das Wettbewerbsverbot gilt auch zu Gunsten der mit dem Arbeitgeber konzernverbundenen Unternehmen. Während der Dauer dieses Wettbewerbsverbots erhält der Arbeitnehmer eine Entschädigung, die für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der vom ihm zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen beträgt. Auf die Entschädigung ist anderweitiger Verdienst sowie böswillig unterlassener Verdienst nach Maßgabe des § 74c HGB anzurechnen. Der Arbeitnehmer hat jeweils zum Monatsende unaufgefordert schriftlich mitzuteilen, ob und in welcher Höhe er anderweitige Einkünfte bezieht. Auf Verlangen des Arbeitgebers sind die Angaben zu belegen. Für jede Handlung, durch die der Arbeitnehmer das Verbot schuldhaft verletzt, hat er eine Vertragsstrafe in Höhe des letzten durchschnittlichen Bruttomonatsgehalts zu zahlen. Besteht die Verletzungshandlung in der kapitalmäßigen Beteiligung an einem Wettbewerbsunternehmen oder der Eingehung eines Dauerschuldverhältnisses (z. B. Arbeits-, Dienst-, Handelsvertreter- oder Beraterverhältnis), wird die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat, in dem die kapitalmäßige Beteiligung oder das Dauerschuldverhältnis besteht, neu verwirkt (Dauerverstoß). Mehrere Verletzungshandlungen lösen jeweils gesonderte Vertragsstrafen aus, ggf. auch mehrfach innerhalb desselben Monats. Erfolgen jedoch einzelne Verletzungshandlungen im Rahmen eines Dauerverstoßes, sind sie von der für den Dauerverstoß verwirkten Vertragsstrafe mit umfasst. Bei Verwirkung mehrerer Vertragsstrafen ist der Gesamtbetrag der zu zahlenden Vertragsstrafen auf das Sechsfache des letzten durchschnittlichen Bruttomonatsgehalts begrenzt. Die Geltendmachung von Schäden, die über die verwirkte Vertragsstrafe hinausgehen, bleibt vorbehalten, ebenso die Geltendmachung aller sonstigen gesetzlichen Ansprüche und Rechtsfolgen aus einer Verletzung des Wettbewerbsverbots (z. B. Unterlassungsansprüche, Wegfall des Anspruchs auf Karenzentschädigung für die Dauer des Verstoßes, etc.). Im Übrigen gelten die Bestimmungen der §§ 74 ff. ________________ ________________ Arbeitgeber Arbeitnehmer
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Kapitel 8 Nachvertragliche Pflichten
Der Arbeitnehmer bestätigt, eine von Seiten des Arbeitgebers im Original unterschriebene vollständige Fassung dieser Vereinbarung erhalten zu haben. ________________ Arbeitnehmer
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Kapitel 9 Schlussbestimmungen A. Zugangsfiktion I. Klauselzweck Nach § 130 Abs. 1 S. 1 BGB werden empfangsbedürftige Willenserklärungen, die gegen- 1 über einem Abwesenden abgegeben werden, erst wirksam, wenn sie diesem zugegangen sind. Auch im Arbeitsrecht ist der Zugang von Willenserklärungen – speziell solcher des Arbeitgebers – von großer Bedeutung. Bei Erklärungen des Arbeitgebers kann nicht nur in Frage stehen, ob diese dem Arbeitnehmer überhaupt zugegangen sind, oftmals kommt es auch auf den genauen Zeitpunkt des Zugangs an, insbesondere dann, wenn der Zugang innerhalb einer bestimmten Frist zu erfolgen hat (z. B. bei außerordentlichen Kündigungserklärungen nach § 626 Abs. 2 S. 1 BGB). Der Zugang ist dann erfolgt, wenn die Willenserklärung so in den Machtbereich 2 des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen.1 Dabei kann es auch zu Zugangsstörungen kommen, wie etwa dem Fehlen oder Mängel von Empfangsvorrichtungen.2 Handelt es sich bei einer solchen Störung um eine Zugangsvereitelung des Empfängers, muss dieser die Erklärung zu einem früheren Zeitpunkt als zugegangen gegen sich gelten lassen, wenn es ihm nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB verwehrt ist, sich auf eine Verspätung des Zugangs zu berufen, für die er selbst durch sein Verhalten die alleinige Ursache gesetzt hat.3 Das gilt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn der Arbeitnehmer eine Adresse angibt, unter der er nicht erreichbar ist oder wenn ein Empfangsbote die Annahme verweigert und der Empfänger Einfluss auf diese Annahmeverweigerung genommen hat.4 Diese Grundsätze sind insbesondere anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer mit dem Zugang einer ArbeitgeberErklärung rechnen musste und der Arbeitgeber alles für einen rechtzeitigen Zugang Erforderliche und Zumutbare getan hat, wozu auch die Wiederholung eines Zustellungsversuchs gehört, sofern der Erklärende Kenntnis von der fehlgeschlagenen Zustellung erlangt.5
1 St. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 3.11.1976 – VIII ZR 140/75, Rn 13. 2 Palandt/Ellenberger, § 130 BGB Rn 16 f. 3 BAG, Urt. v. 18.2.1977 – 2 AZR 770/75, Rn 24; BAG, Urt. v. 26.03.2015 – 2 AZR 483/14; ErfK/MüllerGlöge, § 620 BGB Rn 54. 4 BAG, Urt. v. 22.9.2005 – 2 AZR 366/04, Rn 17; BAG, Urt. v. 9.6.2011 – 6 AZR 687/09, Rn 21. 5 BAG, Urt. v. 22.9.2005 – 2 AZR 366/04, Rn 15 ff. für den Fall, dass ein schwerbehinderter Arbeitnehmer weiß, dass seine Kündigung unmittelbar bevorsteht und der Personalabteilung eine falsche Adresse mitteilt; BGH, Urt. v. 26.11.1997 – VIII ZR 22/97, Rn 17; Palandt/Ellenberger, § 130 BGB Rn 18.
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Kapitel 9 Schlussbestimmungen
Die Darlegungs- und Beweislast trägt derjenige, der sich auf den Zugang beruft; dies gilt auch für die Rechtzeitigkeit des Zugangs.6 Nach diesen Grundsätzen obliegt es dem Arbeitgeber den (rechtzeitigen) Zugang seiner Erklärung beim Arbeitnehmer nachzuweisen. Da dies mit Schwierigkeiten z. B. auch durch Übermittlungsrisiken verbunden sein kann, wäre eine Fiktionsklausel dahingehend für den Arbeitgeber vorteilhaft, dass er nicht mehr den Beweis des Zugangs führen müsste und mögliche Zugangshindernisse ausschließen könnte.7
II. Wirksamkeit einer Zugangsfiktionsklausel 4 Zugangsfiktionsklauseln wirken sich auf die Beweislastverteilung aus,8 da grundsätz-
lich der Arbeitgeber für den (rechtzeitigen) Zugang einer von ihm abgegebenen empfangsbedürftigen Willenserklärung darlegungs- und beweispflichtig ist. Gem. § 309 Nr. 12 BGB sind Klauseln in Formulararbeitsverträgen, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil seines Vertragspartners verändert, grundsätzlich unwirksam. Dieses Klauselverbot wird jedoch durch § 308 Nr. 6 BGB als lex specialis zu § 309 Nr. 12 BGB entschärft.9 Nach § 308 Nr. 6 BGB – der auch im Arbeitsrecht gilt10 – sind solche Bestimmungen unwirksam, die vorsehen, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt. Von besonderer Bedeutung ist eine Erklärung dann, wenn sie für den Empfänger mit nachteiligen Rechtsfolgen (z. B. Kündigung, Abmahnung, Fristsetzung etc.) verbunden ist.11 Daher kann der Zugang von Willenserklärungen ohne besondere Bedeutung fingiert werden.12 Solche Klauseln sind aber nicht per se wirksam, vielmehr unterliegen sie einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, wobei in der Regel eine Unangemessenheit nicht vorliegen wird, da der Gesetzgeber in § 308 Nr. 6 BGB Zugangsfiktionen bewusst nur für Erklärungen von besonderer Bedeutung für unwirksam erklärt.13 Allerdings muss der Arbeitgeber auch bei wirksamen Klauseln stets den Beweis der Absendung führen, da eine anders lautende Regelung gegen § 309 Nr. 12 BGB verstoßen würde.14
6 Palandt/Ellenberger, § 130 BGB Rn 21. 7 Vgl. auch Preis/Preis, Kap. II Z 10 Rn 7. 8 Vgl. Rn 3. 9 Palandt/Grüneberg, § 308 Rn 35; Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn 971; MüKo-BGB/Wurmnest, § 309 Nr. 12 Rn 5. 10 Lakies, Kap. 5 Rn 487; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn 101. 11 Hümmerich/Reufels/Schiefer, § 1 Rn 1700; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn 101; MaSiG/Jochums, Kap. 610 Rn 8. 12 Palandt/Grüneberg, § 308 Rn 35. 13 Preis/Preis, Kap. II Z 10 Rn 14. 14 Preis/Preis, Kap. II Z 10 Rn 17.
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A. Zugangsfiktion
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1. Konstitutive Zugangsfiktion Beispiel – Ein Schreiben des Arbeitgebers gilt drei Tage nach Versendung an die dem Arbeitgeber mitgeteilte Anschrift des Arbeitnehmers als zugegangen. – Ein Schreiben des Arbeitgebers an die dem Arbeitgeber mitgeteilte Anschrift des Arbeitnehmers gilt am Tag des ersten Zustellungsversuchs als zugegangen. – Ein Schreiben des Arbeitgebers an die dem Arbeitgeber mitgeteilte Anschrift des Arbeitnehmers gilt mit dem Datum der Aufgabe zur Post als zugegangen. – Ein Schreiben des Arbeitgebers, welches in den Briefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen wird, gilt in jedem Falle, unabhängig von der Uhrzeit des Einwurfes, als noch am Tag des Einwurfes zugegangen.
Die vorstehenden ersten beiden Klauselbeispiele beinhalten klassische Zugangs- 5 fiktionen, die an unterschiedliche Zeitpunkte anknüpfen und nach § 308 Nr. 6 BGB unwirksam sind.15 Unwirksam ist auch der im dritten Beispiel enthaltene komplette Verzicht des Zugangs.16 Das vierte Klauselbeispiel fingiert den Zugangszeitpunkt. Da die Möglichkeit der Kenntnisnahme durch den Arbeitnehmer eine der beiden Voraussetzungen eines wirksamen Zugangs ist und der Arbeitgeber nach allgemeinen Grundsätzen auch hinsichtlich der Rechtzeitigkeit des Zugangs beweispflichtig ist,17 ist es sachgerecht auch eine Fiktion des Zeitpunkts des Zugangs gem. § 308 Nr. 6 BGB für unwirksam zu erachten.18 Dies entspricht auch der Rechtsprechung, die eine Willenserklärung erst am nächsten Tag als zugegangen ansieht, wenn das entsprechende Schreiben erst nach den allgemeinen Postzustellungszeiten in den Briefkasten eingeworfen wird.19 Daneben dürfen durch solche Klauseln, die auch für Kündigungen des Arbeitge- 6 bers gelten würden, nicht die gesetzliche Kündigungsfrist und die Frist des § 4 KSchG verkürzt werden, so dass diese auch in individuell ausgehandelten Arbeitsverträgen unwirksam sind.20
15 Hümmerich/Reufels/Schiefer, § 1 Rn 1706, 1708; Preis/Preis, Kap. II Z 10 Rn 12, 14. 16 Palandt/Grüneberg, § 308 Rn 36; Lakies, Kap. 5 Rn 488; a. A. MüKo-BGB/Wurmnest, § 308 Nr. 6 Rn 4, der einen Zugangsverzicht jedoch an § 307 BGB unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 308 Nr. 6 BGB misst, was im Ergebnis jedoch zu keinem anderen Ergebnis führen wird. 17 Vgl. Rn 3. 18 MaSiG/Jochums, Kap. 610 Rn 14; Suckow/Niemann/Striegel/Suckow, Rn 972; a. A. Hümmerich/ Reufels/Schiefer, § 1 Rn 1710, 1712 und wohl mit Einschränkungen auch Palandt/Grüneberg, § 308 Rn 36. 19 BAG, Urt. v. 8.12.1983 – 2 AZR 337/82; BAG, Urt. v. 16.3.1988 – 7 AZR 587/87, Rn 27. 20 BAG, Urt. v. 13.10.1976 – 5 AZR 638/75, Rn 18; kritisch, aber im Ergebnis wohl bejahend Preis/Preis, Kap. II Z 10 Rn 13; Hümmerich/Reufels/Schiefer, § 1 Rn 1708.
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Kapitel 9 Schlussbestimmungen
2. Deklaratorische Zugangsfiktion
7 Bestimmungen in Formulararbeitsverträgen, die nur die Rechtsfolgen einer
Zugangsvereitelung durch den Arbeitnehmer regeln,21 haben einen rein deklaratorischen Charakter, da sie lediglich die geltende Rechtslage widerspiegeln.22
Beispiel – Hat der Arbeitnehmer eine Änderung seiner Wohnanschrift nicht ordnungsgemäß gemeldet, so gilt ein Schreiben des Arbeitgebers in dem Zeitpunkt als zugegangen, in dem sie den Arbeitnehmer unter der zuletzt angegebenen Anschrift erreicht hätte. 8 Da die Rechtsprechung grundsätzlich die Wiederholung des Zustellungsversuchs
fordert,23 wird aber vertreten, dass das dieses Klauselbeispiel ebenfalls nach § 308 Nr. 6 BGB unwirksam ist,24 so dass auch eine solche Klausel nicht empfehlenswert erscheint.
3. Tatsachenfiktion
9 Die folgenden Beispiele haben ihren Schwerpunkt im Bereich der Tatsachenfiktion
und fingieren nicht den Zugang als solchen.
Beispiel – Ein Schreiben des Arbeitgebers gilt dann als zugegangen, wenn es unter Zeugen an die Haustür des Arbeitnehmers geklebt wurde, sofern dieser keinen Briefkasten oder sonstige Öffnung an seiner Haustür hat, um den Brief in den Hausflur zu werfen. – Hat ein Postbote den ortsabwesenden Arbeitnehmer über einen Benachrichtigungszettel im Briefkasten darüber informiert, dass ein Einschreibebrief zur Abholung bereit liegt, gilt der Einschreibebrief von dem Tag an als zugegangen, an dem der Benachrichtigungszettel eingeworfen wurde, auch wenn der Brief erst später von dem Arbeitnehmer abgeholt wird. 10 Im ersten Beispiel wird lediglich die äußere Seite der Haustür als „Machtbereich“
des Arbeitnehmers definiert, was grundsätzlich wirksam ist.25
21 Vgl. zur Zugangsvereitelung Rn 2. 22 MaSiG/Jochums, Kap. 610 Rn 10, 16; Preis/Preis, Kap. II Z 10 Rn 20, 23. 23 Vgl. Rn 2. 24 MaSiG/Jochums, Kap. 610 Rn 10; Lakies, Kap. 5 Rn 488. 25 Hümmerich/Reufels/Schiefer, § 1 Rn 1710, 1713.
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A. Zugangsfiktion
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Die zweite Klausel unterliegt als Tatsachenfiktion nur der Inhaltskontrolle des 11 § 307 BGB. Durch diese Fiktion wird die Frist des § 4 KSchG jedoch stets verkürzt, so dass hier eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vorliegt.26
4. Zugangsvermutung Beispiel – Ein Schreiben des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer gilt diesem als mit dem normalen Postlauf zugegangen, es sei denn, der Arbeitnehmer weist nach, dass der Zugang tatsächlich nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt ist.
Eine solche widerlegliche Zugangsvermutung ist ebenfalls nach § 308 Nr. 6 BGB 12 unwirksam, sofern sie auch Erklärungen mit besonderer Bedeutung nicht ausschließt, obwohl der Wortlaut der Norm diesen Fall nicht direkt erfasst, diese Fälle aber sonst dem absoluten Beweislaständerungsverbot des § 309 Nr. 12 BGB unterlägen und somit strenger behandelt werden würden als die stärkere Zugangsfiktion.27
III. Fazit Wie an den obigen Ausführungen zu erkennen ist, sind Zustellungsfiktionsklauseln 13 nur in einem sehr engen Rahmen in Formulararbeitsverträgen zulässig. Und auch in Individualarbeitsverträgen darf es im Rahmen von Kündigungen nicht zu einer Verkürzung von Kündigungsfristen oder der Frist des § 4 KSchG kommen. In einer AGB-Klausel darf zwar zulässigerweise der Zugang von Willenserklä- 14 rungen ohne besondere Bedeutung fingiert werden, wobei auch hier noch eine Klauselkontrolle nach § 307 BGB erfolgt.28 Nimmt man in einer vorformulierten Klausel pauschal „Erklärungen von besonderer Bedeutung“ von der Zugangsfiktion aus, so ist dies eine unspezifizierte Ausnahme, durch die das Auslegungsrisiko auf den Arbeitnehmer abgewälzt wird und die diesen im Sinne von § 307 BGB unangemessen benachteiligt.29 Da unbedeutende Willenserklärungen im Übrigen in der Praxis kaum Zündstoff 15 für Auseinandersetzung bieten werden und deklaratorische Regelungen – soweit
26 Hümmerich/Reufels/Schiefer, § 1 Rn 1710, 1714 mit Hinweis auf die Entscheidung des BAG, Urt. v. 25.4.1996 – 2 AZR 13/95: Die Klagefrist des § 4 KSchG beginnt erst mit Aushändigung des Einschreibens zu laufen, selbst wenn ein Benachrichtigungszettel in den Briefkasten geworfen wird. 27 MaSiG/Jochums, Kap. 610 Rn 17; Palandt/Grüneberg, § 308 Rn 36; MüKo-BGB/Wurmnest, § 308 Nr. 6 Rn 3.; Suckow/Striegel/Niemann/Suckow, Rn 972. 28 Vgl. Rn 4. 29 MüKo-BGB/Wurmnest, § 308 Nr. 6 BGB Rn 5.
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sie wirksam sind30 – ebenfalls nur die geltende Rechtslage wiedergeben, erscheinen Zugangsfiktionsklauseln als überflüssig.31 Daher kann von einer Aufnahme in einen Formulararbeitsvertrag abgesehen werden. In individuell ausgehandelten Arbeitsverträgen müssen Kündigungserklärungen 16 im Rahmen von Zugangsfiktionsabreden ausdrücklich ausgenommen werden,32 im Übrigen sprechen die Beweislaständerung und die Rechtssicherheit für die Vereinbarung einer Zugangsfiktion, wobei mit dem Ausschluss der Kündigungserklärungen auch hier die wohl praxisrelevantesten Fälle ausgenommen sind, so dass auch hier von der Aufnahme einer entsprechenden Abrede abgesehen werden kann. Stattdessen ist zu empfehlen, wichtige Schreiben durch einen Boten in den Brief17 kasten des Arbeitnehmers einwerfen zu lassen und den Boten anzuweisen, ein entsprechendes Zustellungsprotokoll zu erstellen.33
B. Schriftformklausel I. Arten von Schriftformklauseln 18 Die Vertragsparteien sind grundsätzlich darin frei, durch vertragliche Vereinbarung
das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis einer Formvorschrift zu unterstellen. Es können verschiedene Arten von sogenannten Schriftformklauseln in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden, die sich in ihrer Ausgestaltung unterscheiden. Die einfache Schriftformklausel regelt, dass Änderungen und Ergänzungen des 19 Vertrages der Schriftform bedürfen. Weitere Voraussetzungen beinhaltet sie nicht. Dagegen setzt die doppelte Schriftformklausel zusätzlich voraus, dass auch die Änderung bzw. Aufhebung der Klausel selbst der Schriftform bedarf. Das Formerfordernis muss sich nicht auf den ganzen Vertrag beziehen. Es lässt 20 sich z. B. auf Nebenabreden beschränken, so dass insbesondere die formlose Anpassung der Vergütung möglich ist.34 Des Weiteren unterscheidet man zwischen der deklaratorischen und der kon21 stitutiven Schriftformklausel. Deklaratorisch ist eine Klausel, wenn sie lediglich Beweiszwecken dient und nicht die Unwirksamkeit der (mündlich vereinbarten) Vertragsänderung bzw. -ergänzung zur Folge hat. Im Gegensatz dazu ist die Einhaltung der Schriftform bei einer konstitutiven Schriftformklausel Wirksamkeitsvorausset-
30 Vgl. Rn 7 f. 31 So auch Preis/Preis, Kap. II Z 10 Rn 23, 31. 32 Vgl Rn 6, 13. 33 So auch Moll/Melms, § 10 Rn 201 f. 34 Hümmerich/Boecken/Mestwerdt, § 127 BGB Rn 59; kritisch hierzu Preis/Preis, Kap. II S 30 Rn 5.
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B. Schriftformklausel
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zung. Welche der Klauseln von den Parteien gewollt ist, ist durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln.35
II. Aufhebung des Schriftformerfordernisses 1. Individuell vereinbarte Arbeitsverträge Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit kann eine einfache Schriftformklausel 22 jederzeit formlos – auch konkludent z. B. durch Vereinbarung einer an sich formbedürftigen Vertragsänderung – aufgehoben werden und zwar auch dann, wenn die Parteien bei diesem Abschluss nicht an die Schriftform gedacht haben.36 Jedoch liegt nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast bei der Partei, die sich auf eine mündlich getroffene Vereinbarung beruft.37 Durch eine einfache Schriftformklausel wird daher auch nicht das Entstehen einer betrieblichen Übung abgewendet.38 Dagegen verhindert die doppelte Schriftformklausel – zumindest außerhalb von Formulararbeitsverträgen – die Entstehung einer betrieblichen Übung.39 Dementsprechend ist auch eine mündlich getroffene Vereinbarung bei Bestehen einer konstitutiven doppelten Schriftformklausel unwirksam (§ 125 S. 2 BGB).40
2. Formulararbeitsverträge Im Rahmen von Formulararbeitsverträgen, für die die §§ 305 ff. BGB gem. § 310 Abs. 4 23 S. 2 BGB gelten, weicht die Rechtslage bei der einfachen Schriftformklausel nicht von den bei individuell ausgehandelten Arbeitsverträgen geltenden Grundsätzen ab.41 Der Vorrang der Individualabrede wurde im AGB-Recht sogar ausdrücklich in § 305b BGB kodifiziert. Auch durch eine betriebliche Übung kann das Formerfordernis abbedungen werden.42 Unterschiede ergeben sich jedoch bezüglich der doppelten Schriftformklau- 24 sel. Nach dem Urteil des BAG vom 20.5.200843 hängt die Wirksamkeit einer solchen
35 Zur Unterscheidung von deklaratorischer und konstitutiver Schriftformklausel: BAG, Urt. v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, Rn 19; Hümmerich/Boecken/Mestwerdt, § 127 BGB Rn 3, 53 f.; Preis/Preis, Kap. II S 30 Rn 3. 36 BAG, Urt. v. 24.6.2003 – 9 AZR 302/02, Rn 36; BAG, Urt. v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, Rn 17; BAG, Urt. v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, Rn 17. 37 Dazu auch Lakies, Kap. 1 Rn 107. 38 BAG, Urt. v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, Rn 17. 39 BAG, Urt. v. 24.6.2003 – 9 AZR 302/02, Rn 37; BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, Rn 18. 40 BAG Urt. v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, Rn 19. 41 ErfK/Preis, §§ 125–127 BGB Rn 41; BAG v. 25.4.2007 – 5 AZR 504/06, Rn 17; vgl. Rn 22. 42 Lakies, Kap. 1 Rn 114. 43 BAG, Urt. v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07.
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Kapitel 9 Schlussbestimmungen
Klausel von der konkreten Ausgestaltung ab. Eine zu weit formulierte doppelte Schriftformklausel hält einer Inhaltskontrolle nicht stand und ist nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, wenn sie bei dem Arbeitnehmer den Eindruck erweckt, dass eine mündlich getroffene Abrede entgegen § 305b BGB nach § 125 S. 2 BGB unwirksam sei und die Klausel den Vertragspartner damit unangemessen benachteiligt.44 Aufgrund des im AGB-Recht geltenden und sich aus § 306 Abs. 2 BGB ergebenden Verbots der geltungserhaltenden Reduktion ist eine solche Schriftformklausel insgesamt unwirksam. Daher kann durch sie auch nicht die Entstehung einer betrieblichen Übung verhindert werden.45 Die betriebliche Übung als solche ist zwar keine Individualvereinbarung, da sie durch die Entstehung einer Vielzahl von Arbeitnehmern gegenüber ein kollektives Element enthält und daher grundsätzlich nicht § 305b BGB entgegensteht. Jedoch kennt das AGB-Recht keine Teilunwirksamkeit von Klauseln, so dass das Schriftformerfordernis insgesamt entfällt. Dessen ungeachtet kann sich der Arbeitgeber als Verwender eines Formulararbeitsvertrages nicht auf die Unwirksamkeit einer Schriftformklausel nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB berufen und bleibt an das Schriftformerfordernis gebunden.46 Um einer Inhaltskontrolle standzuhalten und den Vertragsparteien Rechtsklar25 heit und Beweiserleichterungen zu verschaffen,47 muss die Klausel einen Passus enthalten, der mündliche Abreden zulässt.48 Durch eine solche Klausel wird die Entstehung einer betrieblichen Übung verhindert.49 Teilweise wird in der Literatur vertreten, dass die betriebliche Übung ausdrückliche Erwähnung in der Schriftformklausel finden müsse, um einen eventuellen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB zu vermeiden.50 Das BAG hat in seinen bisherigen Entscheidungen eine solche Ausgestaltung der Schriftformklausel jedoch nicht verlangt.51 Ein ausdrücklicher Ausschluss von Ansprüchen aus betrieblicher Übung hat lediglich eine klarstellende Funktion, da diese gerade keine individuelle Vereinbarung darstellt und das Entstehen entsprechender Ansprüche somit durch die Klausel auch nicht vom Schriftformerfordernis ausgenommen ist.52 Die Aufnahme einer einfachen Schriftformklausel, die zwar mündlich verein26 barte Vertragsänderungen und betriebliche Übungen nicht verhindern kann, hat zumindest eine mahnende Funktion an die Vertragsparteien, dass eine schriftliche
44 BAG, Urt. v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, Rn 39. 45 ErfK/Preis, § 611 BGB Rn 224. 46 LAG Hamm, Urt. v. 2.7.2013 – 14 Sa 1706/12. 47 Suckow/Striegel/Niemann/Striegel, Rn 757. 48 Vgl. dazu auch ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn 96; Suckow/Striegel/Niemann/Striegel, Rn 759; Liebers/Reiserer, Kap. B.I.1. Rn 55. 49 BAG, Urt. v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, Rn 18. 50 Bloching/Ortolf, NJW 2009, 3393, 3396 f.; Suckow/Striegel/Niemann/Striegel, Rn 759. 51 Vgl. BAG, Urt. v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07; BAG, Urt. v. 24.6.2003 – 9 AZR 302/02. 52 Vgl. Rn 24 und Liebers/Reiserer, Kap. B.I.1. Rn 55 f.
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B. Schriftformklausel
Fixierung der angestrebten Änderung bzw. Ergänzung vorgenommen werden sollte.53 Eine weitergehende rechtliche Bedeutung hat sie jedoch nicht.
3. Vollständigkeitsklauseln Eine ähnliche Funktion wie die Schriftformklauseln haben sog. Vollständigkeitsklau- 27 seln. Sie stellen fest, dass über die in dem schriftlichen Vertrag (einschließlich der dort in Bezug genommenen Anlagen) keine weiteren (schriftlichen oder mündlichen) Nebenabreden bestehen, der schriftlich ausgefertigte Vertrag also die vollständige Einigung der Parteien wiedergibt. Damit soll zum einen ausgeschlossen werden, dass sich eine Partei auf während der Vertragsverhandlungen gemachte Angebote oder Zusagen beruft, die dann jedoch nicht Bestandteil des Arbeitsvertrags wurden. Die Vollständigkeitsklausel enthält insoweit den Hinweis an den Arbeitnehmer, dass aus den bisherigen Vertragsgesprächen nur das verbindlich vereinbart sein, was auch Eingang in die schriftliche Vereinbarung gefunden hat. Zum anderen versucht der Arbeitgeber sich durch die Vollständigkeitsklausel davor zu schützen, dass der Arbeitnehmer später mündliche Nebenabreden behauptet, die man – aus welchen Gründen auch immer – bewusst nicht in den schriftlichen Vertrag aufgenommen habe, die aber dennoch gelten sollten. Für die Wirksamkeit solcher Vollständigkeitsklauseln gilt dasselbe wie für Schriftformklauseln. Gegen eine Individualvereinbarung bestehen keine Bedenken. In AGB ist jedoch der Vorrang der Individualabrede zu beachten (§ 305b BGB). Er gilt unabhängig davon, ob die (ggf. streitige) Individualabrede vor oder nach Abschluss der vorformulierten Schriftformklausel vereinbart wurde.54 Die Vollständigkeitsklausel muss daher erkennen lassen, dass individuell getroffene Vereinbarungen gleichwohl ihre Wirksamkeit behalten, durch die Vollständigkeitsklausel also nicht beseitigt werden.
4. Tarifverträge Eine Inhaltskontrolle eines Formulararbeitsvertrages findet dann nicht statt, wenn 28 dieser Arbeitsvertrag auf einen Tarifvertrag Bezug nimmt.55 Enthält der Tarifvertrag eine Schriftformklausel, ist diese daher wirksam bzw. kann nach denselben Regeln aufgehoben werden wie eine individuell vereinbarte Schriftformklausel.56
53 So auch Preis/Preis, Kap. II S 30 Rn 15. 54 Vgl. Lakies, Kap. 1 Rn. 99; Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Boemke/Ulrici, § 305b Rn. 5. 55 Hümmerich/Boecken/Mestwerdt, § 127 BGB Rn 65. 56 ErfK/Preis, §§ 125–127 BGB Rn 42; vgl. auch Rn 22 ff.
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Kapitel 9 Schlussbestimmungen
5. Musterklauseln
29 Es empfehlen sich folgende Musterklauseln: Klauselmuster Einfache Schriftformklausel Schriftformerfordernis Dieser Vertrag einschließlich der in Bezug genommenen Anlagen enthält die vollständige Vereinbarung der Parteien. Weitere Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Klauselmuster Doppelte Schriftformklausel Schriftformerfordernis Dieser Vertrag einschließlich der in Bezug genommenen Anlagen enthält die vollständige Vereinbarung der Parteien. Weitere Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Das gilt auch für die Änderung und Ergänzung dieser Klausel. Von dem Schriftformerfordernis ausgenommen sind individuelle Vertragsabreden. 30 Da in der Literatur teilweise Bedenken hinsichtlich eines Verstoßes gegen das Trans-
parenzgebotes nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB bestehen,57 kann aus Gründen der Rechtssicherheit auch folgende Klausel Verwendung finden:
Klauselmuster Doppelte Schriftformklausel Schriftformerfordernis; Ausschluss betrieblicher Übungen Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Das gilt auch für die Aufhebung, Änderung und Ergänzung dieser Klausel. Von dem Schriftformerfordernis ausgenommen sind individuelle Vertragsabreden. Das Entstehen eines Anspruchs aufgrund betrieblicher Übung ohne schriftliche Bestätigung ist ausgeschlossen.
C. Salvatorische Klausel I. Klauselzweck 31 Durch die Aufnahme einer salvatorischen Klausel in einen Arbeitsvertrag soll die Gül-
tigkeit des Vertrages sichergestellt werden, sofern einzelne oder mehrere Bestimmungen des Vertrages unwirksam sind oder werden. Das Gesetz sieht in § 139 BGB vor, dass Teilnichtigkeit grundsätzlich zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags führt.
57 Vgl Rn 25.
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C. Salvatorische Klausel
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Allerdings gilt dieser Grundsatz im Arbeitsrecht nur sehr eingeschränkt, da die bloße Teilnichtigkeit bei Fortbestand des Arbeitsvertrags nach § 139 Hs. 2 BGB der Regelfall ist, insbesondere wenn ein Verstoß gegen arbeitnehmerschützende Normen vorliegt und daher anzunehmen ist, dass das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre.58 Eine salvatorische Klausel soll darüber hinaus für den Fall der Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestandteile den Vertragsparteien Schutz vor Rechtsnachteilen bieten.59
II. Klauselarten Eine salvatorische Klausel kann in ihrem Regelungsgehalt unterschiedlich ausgestal- 32 tet sein. Unabhängig von einer etwaigen Wirksamkeit60 sind folgende Gestaltungsmöglichkeiten denkbar:61 Beispiel – Teilnichtigkeits-/Erhaltungsklausel. Eine solche Klausel ordnet lediglich die Teilnichtigkeit des unwirksamen Vertragsbestandteils und die Wirksamkeit des übrigen Vertrages an.62 Sie führt zum Wegfall der betroffenen Klausel und ist somit die einfachste Gestaltungsmöglichkeit. – Ersetzungsklausel. Durch eine Ersetzungsklausel soll die unwirksame Vertragsbestimmung nicht wegfallen, sondern durch eine neue Regelung ersetzt werden. Diese bestimmt sich danach, was dem von den Vertragsparteien wirtschaftlich verfolgten Zweck am nächsten kommt. Umgesetzt wird eine solche Ersetzung regelmäßig dadurch, dass sich die Vertragsparteien verpflichten, eine wirksame neue Regelung zu vereinbaren.63 – Reduktionsklausel. Dieser Klauseltyp hat ebenfalls nicht den ersatzlosen Wegfall der unwirksamen Vertragsregelung zur Folge. Vielmehr soll diese auf ein angemessenes Maß zurückgeführt werden.64 – Gesetzesverweisende Klausel. In einzelne Vertragsregelungen wird der Zusatz „im Rahmen des rechtlich Zulässigen“, „soweit gesetzlich zulässig“ oder „sofern gesetzliche Regelungen nicht entgegenstehen“ aufgenommen. Dadurch soll eine Unwirksamkeit bereits von vornherein vermieden werden.65
58 BAG, Urt. v. 23.1.1990 – 3 AZR 58/88, Rn 38; ErfK/Preis, § 611 BGB Rn 342; Palandt/Ellenberger, § 139 BGB Rn 3, 18, § 611 BGB Rn 21, 23. 59 Suckow/Striegel/Niemann/Striegel, Rn 762. 60 Vgl zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen Rn 33 ff. 61 Zu den verschiedenen Klauseltypen: Lakies, Kap. 5 Rn 387 ff.; Preis/Preis, Kap. II S 10 Rn 9 ff.; Hümmerich/Reufels/Borgmann, § 1 Rn 2744 ff. 62 Lakies, Kap. 5 Rn 389. 63 Hümmerich/Reufels/Borgmann, § 1 Rn 2746. 64 Lakies, Kap. 5 Rn 391. 65 Preis/Preis, Kap. II S 10 Rn 26.
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Kapitel 9 Schlussbestimmungen
III. Wirksamkeit der einzelnen Klauselarten 33 Die Wirksamkeit der verschiedenen Klauseltypen hängt entscheidend davon ab, ob es
sich bei dem zu schließenden Vertrag um einen Formulararbeitsvertrag handelt und die §§ 305 ff. BGB Anwendung finden oder um einen zwischen den Vertragsparteien individuell ausgehandelten Arbeitsvertrag.
1. Formulararbeitsverträge
34 In der Rechtsprechung und Literatur wird die Zulässigkeit einer salvatorischen Klausel
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in einem Formulararbeitsvertrag aufgrund der im AGB-Recht geltenden Grundsätze sehr restriktiv gehandhabt. Von den oben beschriebenen Klauseltypen wird lediglich die Teilnichtigkeits-/Erhaltungsklausel als zulässig erachtet.66 Folgende rechtliche Gesichtspunkte sind bei den einzelnen Klauselarten zu bedenken: – Teilnichtigkeits-/Erhaltungsklausel Dieser Klauseltyp ist zulässig und kann in Formulararbeitsverträgen aufgenommen werden, da er nur die in § 306 Abs. 1 BGB genannte Rechtsfolge wiedergibt.67 Sofern eine AGB-Klausel unwirksam ist, berührt dies nicht die Wirksamkeit des übrigen Vertrages. Durch die Teilnichtigkeits-/Erhaltungsklausel wird von § 139 BGB abgewichen, wonach Teilnichtigkeit grundsätzlich zur Gesamtnichtigkeit eines Vertrages führt.68 – Ersetzungsklausel Einer solchen Klausel steht § 306 Abs. 2 BGB entgegen, nach dem unwirksame Vertragsbestandteile durch die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften ersetzt werden.69 Eine Ersetzungsklausel würde bewirken, dass nicht, wie gesetzlich angeordnet, dispositives Recht gelten würde. Der Verwender der Klausel müsste soweit nicht das Risiko der Unwirksamkeit eines Vertragsbestandteils tragen.70 Da dies mit dem wesentlichen Grundgedanken des AGB-Rechts nicht zu vereinbaren ist, handelt es sich um eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB.71 Selbst wenn bereits im Vertragstext eine konkrete Ersatzregelung getroffen wird, bestehen nach der Rechtsprechung „erhebliche Bedenken“ gegen die Zulässigkeit einer solchen Klausel.72 Richtigerweise können hier keine anderen Grundsätze gelten als bei einer einfachen und nicht konkret ausgestalteten Ersetzungsklausel, da
66 ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn 95; Hümmerich/Reufels/Borgmann, § 1 Rn 2745 ff. 67 Suckow/Striegel/Niemann/Striegel, Rn 769. 68 Vgl. Rn 31. 69 Lakies, Kap. 5 Rn 389. 70 Preis/Preis, Kap. II S 10 Rn 15. 71 BAG, Urt. v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, Rn 36; BGH, Urt. v. 22.11.2001 – VII ZR 208/00, Rn 21; Hümmerich/Reufels/Borgmann, § 1 Rn 2753. 72 BGH, Urt. v. 29.11.1989 – VIII ZR 228/88, Rn 14.
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C. Salvatorische Klausel
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auch hier die Rechtsfolge des § 306 Abs. 2 BGB umgangen und das Risiko der Unwirksamkeit eines Vertragsbestandteils nicht vom Klauselverwender getragen wird.73 39 – Reduktionsklausel Hier greifen dieselben Erwägungen wie bei der Ersetzungsklausel. Wegen der Unvereinbarkeit mit § 306 Abs. 2 BGB und der damit verbundenen Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB ist auch dieser Klauseltyp unwirksam.74 Durch Reduktionsklauseln soll eine geltungserhaltende Reduktion erreicht werden, die nach AGB-Recht aber gerade ausgeschlossen ist.75 – Gesetzesverweisende Klausel 40 Die Unzulässigkeit dieser Klauselart, die bereits durch ihren Wortlaut („soweit gesetzlich zulässig“) eine Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestandteile bzw. des Vertrages ausschließen will,76 ergibt sich aus dem Verstoß gegen das Transparenzgebot.77 Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB muss eine vorformulierte Klausel klar und verständlich sein. Dazu gehört auch, dass eine Partei ihre Rechte und Pflichten erkennen kann, diese also klar und durchschaubar sind und rechtsunkundige Vertragspartner nicht im Unklaren bleiben.78 Daneben würde auch das bei dem Verwender der AGB liegende Formulierungsrisiko auf die andere Vertragspartei abgewälzt werden, da das Verwenden einer unzulässigen Klausel risikolos möglich wäre, was den wesentlichen Grundgedanken des AGB-Rechts (vgl. § 306 Abs. 2 BGB) zuwiderläuft.79
2. Individuell vereinbarte Arbeitsverträge In Individualarbeitsverträgen bestehen gegen die Zulässigkeit von salvatorischen 41 Klauseln insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Privatautonomie grundsätzlich keine Bedenken.80 Enthält ein Arbeitsvertrag neben einseitig gestellten Klauseln auch individuell ausgehandelte Vereinbarungen, so können an sich in Formulararbeitsverträgen unzulässige salvatorische Klauseln im Hinblick auf die Indivi-
73 Vgl. hierzu Preis/Preis, Kap. II S 10 Rn 18 f. mwN zum Streitstand. 74 Hümmerich/Reufels/Borgmann, § 1 Rn 2757. 75 MaSiG/Windeln, Kap. 490 Rn 31, 33. 76 Vgl. die Beispiele in Rn 32. 77 BGH, Urt. v. 5.12.1995 – X ZR 14/93, Rn 81 f.; vgl. auch Palandt/Grüneberg, § 307 BGB Rn 20, 25 – wegen der Nichtanwendbarkeit des § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB im Arbeitsrecht (§ 310 Abs. 4 S. 2 BGB) besteht hier nicht zugleich ein Einbeziehungshindernis. 78 Suckow/Striegel/Niemann/Striegel, Rn 774; BGH, Urt. v. 5.12.1995 – X ZR 14/93, Rn 82. 79 Vgl. auch Rn 37; Preis/Preis, Kap. II S 10 Rn 29 ff. zur Zulässigkeit gesetzesverweisender Klauseln bei unsicherer Rechtslage hinsichtlich der Zulässigkeit einer AGB-Klausel – von einer Verwendung ist aus Gründen der Rechtssicherheit auch hier abzuraten. 80 ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn 95.
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Kapitel 9 Schlussbestimmungen
dualvereinbarungen wirksam sein. Voraussetzung ist jedoch, dass die salvatorische Klausel selbst individuell ausgehandelt wurde.81
IV. Fazit 42 Obwohl die in Formulararbeitsverträgen einzig zulässige Gestaltungsmöglichkeit
einer salvatorischen Klausel eine bloße Wiedergabe der bereits gesetzlich geltenden Regelungen ist, empfiehlt sich eine Aufnahme einer solchen Vertragsklausel dennoch.82 Durch die Klausel wird deutlich, dass die Wirksamkeit des Vertrages für die Parteien nicht unbedeutend ist und der Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht in Frage gestellt werden soll.83 Daneben hat die Klausel Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast, da bei Bestehen einer salvatorischen Klausel derjenige darlegungs- und beweispflichtig ist, der den ganzen Vertrag im Sinne der §§ 306 Abs. 3, 139 BGB verwerfen lassen will.84 In Individualarbeitsverträgen sind alle oben aufgezeigten Gestaltungsmöglich43 keiten zulässig,85 jedoch sind nicht alle auch zweckmäßig. So kann eine gesetzesverweisende Klausel nicht die Gewissheit verschaffen, dass die Parteien eine ausreichende Regelung für den Ernstfall getroffen haben, gerade da die Rechtslage oftmals nicht eindeutig ist.86 Eine Ersetzungsklausel hat zur Folge, dass – sofern eine Neuverhandlungspflicht besteht und eine Partei dieser nicht nachkommt – eine gerichtliche Durchsetzung erforderlich wird, um die Abgabe einer Willenserklärung des Vertragspartners zu erreichen (§ 894 ZPO). Bei Reduktionsklauseln dagegen ist keine neue Vereinbarung notwendig, wobei sich im Zweifel schwierig bestimmen lässt, was gerade noch das zulässige Maß ist.87 Allerdings kann auch eine Ersetzungsklausel als automatische Ersetzungsklausel so ausgestaltet werden, dass die Parteien nicht mehr neu über den Vertragsbestandteil verhandeln und nicht auf Ersetzung klagen müssen.88 Da bei der Ersatzregelung auf den wirtschaftlichen Zweck abgestellt wird,
81 Hümmerich/Reufels/Borgmann, § 1 Rn 2754 f., 2758 f., der in diesem Zusammenhang in der Regel die Verwendung einer Reduktionsklausel empfiehlt, da aus dieser Ansprüche direkt aus dem Vertrag geltend gemacht werden können und keine gerichtliche Durchsetzung wie bei der Ersetzungsklausel notwendig wird; vgl zur Unzulässigkeit in Formulararbeitsverträgen Rn 34 ff. 82 Vgl zur zulässigen Gestaltungsmöglichkeit Rn 36. 83 Vgl. auch Liebers/Reiserer, Kap. B.I.1. Rn 59; MaSiG/Windeln, Kap. 490 Rn 22; Preis/Preis, Kap. II S 10 Rn 11. 84 BGH, Urt. v. 24.9.2002 – KZR 10/01, Rn 14; BGH, Urt. v. 15.3.2010 – II ZR 4/09, Rn 8; Hümmerich/ Reufels/Borgmann, § 1 Rn 2751. 85 MaSiG/Windeln, Kap. 490 Rn 5, 14; vgl. zu den Gestaltungsmöglichkeiten Rn 32. 86 Preis/Preis, Kap. II S 10 Rn 34. 87 Vgl zu den Vor-und Nachteilen Hümmerich/Reufels/Borgmann, § 1 Rn 2755, 2759; MaSiG/Windeln, Kap. 490 Rn 32. 88 MaSiG/Windeln, Kap. 490 Rn 10.
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D. Rechtswahlklausel
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wird so dann auch der Parteiwille am ehesten Beachtung finden, so dass eine solche Klausel auch zweckmäßig ist. Aufgrund der oben dargestellten Grundsätze kann in Formulararbeitsverträgen 44 nur die folgende Teilnichtigkeits-/Erhaltungsklausel aufgenommen werden: Klauselmuster Salvatorische Klausel Sollten einzelne oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Vertragsbestimmungen nicht berührt. Entsprechendes gilt für den Fall einer Regelungslücke.
Dagegen empfiehlt sich für individuell vereinbarte Arbeitsverträge die nachfol- 45 gende Klausel:89 Klauselmuster Salvatorische Klausel Sollten einzelne oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Vertragsbestimmungen nicht berührt. Die Parteien sind sich darüber einig, dass statt der unwirksamen Bestimmung die wirksame Regelung als vereinbart gilt, die deren wirtschaftlichen Zweck am nächsten kommt. Entsprechendes gilt für den Fall einer Regelungslücke.
D. Rechtswahlklausel I. Bedeutung der Rechtswahl im Arbeitsrecht Die im Zuge der Globalisierung erfolgte weltweite Vernetzung der Nationen und die 46 dadurch entstehenden internationalen Verflechtungen auch und gerade im Bereich der Wirtschaft führen zu einer zunehmenden grenzüberschreitenden Tätigkeit von Unternehmen, die auch den länderübergreifenden Einsatz von Arbeitnehmern mit sich bringt, so dass es zwangsläufig immer häufiger zu einem Aufeinandertreffen verschiedener Rechtsordnungen kommt. In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob in einen Arbeitsvertrag eine Rechtswahlklausel aufgenommen werden soll, durch die das auf den Vertrag anzuwendende Recht bestimmt wird. Sinnvollerweise sollte eine Rechtswahl bei folgenden Sachverhaltskonstellati- 47 onen angedacht werden:90
89 Vgl. Rn 43. 90 Vgl. MaSiG/Maschmann, Kap. A Rn 19.
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Kapitel 9 Schlussbestimmungen
– Hauptsitz eines Unternehmens und dessen Niederlassungen befinden sich in verschiedenen Staaten – Auslandseinsatz eines Mitarbeiters (vorübergehend/dauerhaft) 48 Eine Rechtswahlklausel dient dazu, bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
Unklarheiten hinsichtlich der anwendbaren Normen zu vermeiden und den Parteien größtmögliche Sicherheit zu bieten.91
II. Kollisionsrecht 49 Weist ein Sachverhalt einen Auslandsbezug auf (Kollisionsfall) und ist deshalb die
Geltung verschiedener Rechtsordnungen denkbar, bestimmt sich das anzuwendende Recht nach dem Internationalen Privatrecht (IPR, vgl. Art 3 EGBGB). Welche Rechtsnorm des IPR letztlich die Kollision auflöst, hängt im Vertragsrecht davon ab, wann der betreffende Vertrag geschlossen wurde.92 Die für vertragliche Schuldverhältnisse maßgebliche Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I-VO) gilt nur für nach dem 17.12.2009 erfolgte Vertragsschlüsse (Art. 29, 28 Rom I-VO). Für alle vor diesem Datum zustande gekommenen Verträge mit Auslandsberührung sind die Art. 27 ff. EGBGB a. F. maßgeblich.93 Wurden oder werden solche Altverträge nach dem 17.12.2009 geändert, unterfallen auch sie der Rom I-VO, sofern durch die Vertragsänderung eine hinreichend gewichtige inhaltliche Neuregelung erfolgt ist.94 Im Ergebnis kommt es im Rahmen des Internationalen Arbeitsvertragsrechts auf eine Unterscheidung zwischen den Normen des für Altverträge geltenden EGBGB und denen der Rom I-VO aber nicht an, da diese im Wesentlichen wortgleich sind und die Rechtslage wenig divergiert.95
91 Liebers/Mastmann, Kap. H.I.1. Rn 43. 92 Vgl. BAG, Urt. v. 19.3.2014 – 5 AZR 252/12; BAG, Urt. v. 26.5.2011 – 8 AZR 37/10, Rn 39; jetzt aber kritisch BAG, Beschl. v. 25.2.2015 – 5 AZR 962/13 (A), Rn 12, das den EuGH um Klärung der Rechtsfrage gebeten hat, wie das Merkmal „geschlossen“ unionsrechtlich auszulegen ist. 93 Art. 27 ff. EGBGB a. F. sind am 1.9.1986 in Kraft getreten – diese sollen nach BAG, Urt. v. 29.10.1992 – 2 AZR 267/92, BAG, Urt. v. 11.12.2003 – 2 AZR 627/02 und BAG, Urt. v. 15.2.2005 – 9 AZR 116/04, Rn 32 auch für davor geschlossene (noch laufende) Arbeitsverträge gelten und nicht gem. Art. 220 Abs. 1 EGBGB das bis zum 30.8.1986 bestehende IPR. 94 ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 3; hier bleibt jedoch die Entscheidung des EuGH abzuwarten, der vom BAG zu eben dieser Frage angerufen wurde, siehe BAG, Beschl. v. 25.2.2015 – 5 AZR 962/13, Rn 12. 95 Vgl. auch MaSiG/Maschmann, Kap. A Rn 20; Preis/Preis, Kap. II A 140 Rn 5; im Folgenden wird deshalb nur auf die Normen der Rom I-VO eingegangen.
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D. Rechtswahlklausel
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Die Rom I-VO bezweckt, dass einheitlich in der gesamten Europäischen Union96 50 im Interesse eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts unabhängig von dem Staat, in dem sich das Gericht befindet, bei dem ein Anspruch geltend gemacht wird, dasselbe Recht bestimmt wird.97 In Art. 2 Rom I-VO ist eine universelle Anwendung der Verordnung vorgesehen, d. h. sie gilt für alle Sachverhalte mit Auslandsberührung, auch wenn die Kollisionsnormen in die Rechtsordnung eines Nicht-Mitgliedstaates führen sollten.98 Daneben bestehen auch keine persönlichen Anwendungsvoraussetzungen. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob die Vertragsparteien Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats der EU sind.99 Für Entsendungen bleibt das Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) lex specia- 51 lis. In Erwägungsgrund Nr. 34 der Rom I-VO wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kollisionsnormen für Individualarbeitsverträge die entsprechenden nationalen Entsendegesetze unberührt lassen (vgl. auch Art. 23, 9 Rom I-VO). Daher ist deutsches Recht auf bestimmten Sachgebieten (§ 2 AEntG) auf Arbeitsverhältnisse zwischen einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber und seinem in Deutschland tätigen Arbeitnehmer unabhängig von einer etwaigen Rechtswahl zwingend anzuwenden.100
III. Klauselgestaltung 1. Grundsätzliche Tragweite des Arbeitsvertragsstatuts Nach Art. 8 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art 3 Abs. 1 S. 1 Rom I-VO gilt für Individualarbeitsver- 52 träge der Grundsatz der freien Rechtswahl (Parteiautonomie).101 Der Begriff des Individualarbeitsvertrags ist unter Berücksichtigung der 53 Rechtsprechung des EuGH autonom auszulegen.102 Das wesentliche Merkmal eines Arbeitsvertrags besteht nach dieser Rechtsprechung darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt,
96 Mit Ausnahme Dänemarks (vgl. Erwägungsgrund Nr. 46 der Rom I-VO i. V. m. Art. 1 Abs. 4 Rom I-VO), wobei die Gerichte der Mitgliedsstaaten die Rom I-VO nach deren Art. 2 auch auf Sachverhalte mit Bezug zu Dänemark anwenden, siehe dazu Schneider, NZA 2010, 1380, 1381. 97 Siehe Erwägungsgrund Nr. 6 der Rom I-VO. 98 BeckOK ArbR/Schönbohm VO (EG) 593/2008 Art. 3 Rn 10. 99 LAG Köln, Urt. v. 18.9.2013 – 5 Sa 201/13, Rn 59. 100 Vgl. auch Palandt/Thorn, Art. 8 Rom I Rn 6; HWK/Tillmanns, § 2 AEntG Rn 2; BAG, Urt. v. 14.8.2007 – 9 AZR 167/07, Rn 23; siehe zu den Eingriffsnormen i. S.d Art. 9 Rom I-VO Rn 71 ff. 101 MüKo-BGB/Martiny, Art. 8 Rom I-VO Rn 27; siehe auch Erwägungsgrund Nr. 11 der Rom I-VO, in dem die freie Rechtswahl als „einer der Ecksteine des Systems der Kollisionsnormen im Bereich der vertraglichen Schuldverhältnisse“ bezeichnet wird. 102 BeckOK ArbR/Schönbohm VO (EG) 593/2008 Art. 8 Rn 1; kritisch zu der bisher bestehenden vertragsautonomen Begriffsbildung MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 8; ebenso HWK/Tillmanns, Rom I-VO Rn 9, der ausführt, dass eine Übertragung der Rechtsprechung zu Art. 45 AEUV zwar nahe liegt, aber nicht zwingend ist, da es keinen einheitlichen europarechtlichen Arbeitnehmerbegriff gebe.
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Kapitel 9 Schlussbestimmungen
für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält.103 Ebenso ist auch der Arbeitnehmerbegriff autonom zu bestimmen. Der EuGH legt dabei einen weiten Maßstab an und definiert einen Arbeitnehmer i. S. d. Art. 45 AEUV, der die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der Europäischen Union gewährleistet, als jede Person, die eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen.104 Es ist unerheblich, ob der Arbeitnehmer noch Auszubildender, Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigter ist.105 Art. 8 Rom I-VO erstreckt sich auch auf Fremdgeschäftsführer106 einer GmbH, leitende Angestellte und Scheinselbstständige, sofern sie tatsächlich die Kriterien für eine abhängige Beschäftigung erfüllen, sowie auf Heimarbeiter.107 Daneben werden auch nichtige Arbeitsverträge über Art. 12 Abs. 1 lit. e) Rom I-VO und bereits in Vollzug gesetzte unwirksame Arbeitsverhältnisse einbezogen.108 Arbeitsrechtliche Kollektivvereinbarungen werden dagegen nicht von Art. 8 Rom I-VO erfasst.109 Der Grundsatz der freien Rechtswahl gestattet den Parteien, die auf den betreffen54 den Vertrag anzuwendende Rechtsordnung (Vertragsstatut110) unter Beachtung der sich aus der Rom I-VO ergebenden Grenzen111 nach ihrem Belieben zu bestimmen. Das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung richten sich nach dem von den Parteien gewählten Recht, Art. 3 Abs. 5 i. V. m. Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO. Die gewählte Rechtsordnung muss keinen sachlichen Bezug zur Vertrags55 durchführung aufweisen, kann also auch „neutral“ sein.112 Selbst bei einem reinen Inlandsfall kann die Geltung eines ausländischen Rechts in den Grenzen des Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO vereinbart werden.113 In einem solchen Fall wird der für die Anwendbarkeit der Rom I-VO nach deren Art. 1 Abs. 1 erforderliche Auslandsbezug durch die Wahl einer ausländischen Rechtsordnung hergestellt.114 Im Übrigen ergibt sich ein
103 EuGH, Urt. v. 17.7.2008 – C-94/07 – Raccanelli, Rn 33. 104 EuGH, Urt. v. 17.7.2008 – C-94/07 – Raccanelli, Rn 33. 105 MüKo-BGB/Martiny, Art. 8 Rom I-VO Rn 19. 106 EuGH, Urt. v. 11.11.2010 – C-232/09 – Danosa, Rn 40; LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 12.2.2010 – 6 Ta 11/09, Rn 47; Palandt/Thorn, Art. 8 Rom I Rn 3. 107 ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 4; MüKo-BGB/Martiny, Art. 8 Rom I-VO Rn 20; MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 8, der für Heimarbeiter und Azubis zumindest eine entsprechende Anwendung des Art. 8 Rom I-VO vorsieht. 108 BeckOK ArbR/Schönbohm, VO (EG) 593/2008 Art. 8 Rn 3; ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 4. 109 MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 9; Palandt/Thorn, Art. 8 Rom I Rn 5. 110 Vgl. Palandt/Thorn, Art. 3 Rom I Rn 2. 111 Vgl. Rn 61 ff. 112 ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 5; DLW/Dörner, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, Kap. 1 Rn 865. 113 MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 11; MaSiG/Maschmann, Kap. A Rn 21; vgl. zu Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO Rn 69. 114 HWK/Tillmanns, Rom I-VO Rn 10; MüKo-BGB/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn 88.
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D. Rechtswahlklausel
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Auslandsbezug aber nicht schon aufgrund einer entsprechenden Gerichtsstandsvereinbarung115 oder einer Schiedsklausel, die auf einen anderen Staat hinweisen, oder durch den Ort des Vertragsschlusses.116 Vielmehr muss das Arbeitsverhältnis immer einen tatsächlichen Bezug zum Ausland aufweisen, welcher – neben einer Rechtswahlklausel – durch verschiedene Staatsangehörigkeiten der Parteien, einen Arbeitsort oder einen Betriebssitz im Ausland hergestellt werden kann.117 Nach Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO kann eine Rechtswahl ausdrücklich oder kon- 56 kludent erfolgen. Eine ausdrückliche Regelung liegt immer dann vor, wenn eine Rechtswahlklausel in den Arbeitsvertrag aufgenommen wird, die einen selbstständigen Verweisungsvertrag darstellt, der vom materiellen Arbeitsvertrag unabhängig ist, oder wenn auf ein anderes Regelungswerk (anderer Vertrag, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung) verwiesen wird, das eine Rechtswahl trifft.118 Neben der Vereinbarung im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags kann eine Rechtswahl aber auch nachträglich getroffen werden, z. B. in Form einer Zusatzvereinbarung.119 Auch eine spätere Abänderung einer einmal getroffenen Rechtswahl ist möglich (Art. 3 Abs. 2 Rom I-VO), welche im Zweifel ex tunc wirkt.120 Sowohl die nachträgliche Vereinbarung als auch die spätere Abänderung können bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz erfolgen.121 Eine wirksame konkludente Vereinbarung liegt nach Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO dann vor, wenn sich eindeutig122 aus den Bestimmungen des Vertrags oder den Umständen des Falls eine solche ergibt. Es kommt dabei auf den tatsächlichen Parteiwillen an, die bloße Ermittlung eines hypothetischen Parteiwillens genügt gerade nicht.123 Indizien, die für eine konkludente Rechtswahl sprechen, sind z. B. Gerichtsstandsklauseln124 (Recht des Staates,
115 Siehe auch Erwägungsgrund Nr. 15 der Rom I-VO. 116 MüKo-BGB/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn 87; ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 20; HWK/ Tillmanns, Rom I-VO Rn 27. 117 ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 20; HWK/Tillmanns, Rom I-VO Rn 27, die auch die Auffassung vertreten, dass ein Sitz der Konzernmutter im Ausland nicht ausreicht, wenn der rechtlich selbstständige einstellende Betrieb seinen Sitz im Inland hat. 118 MaSiG/Maschmann, Kap. A Rn 22; ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 5; MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 14; DLW/Dörner, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, Kap. 1 Rn 862. 119 Preis/Preis, Kap. II A 140 Rn 6. 120 Palandt/Thorn, Art. 3 Rom I Rn 11; HWK/Tillmanns, Rom I-VO Rn 15. 121 DLW/Dörner, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, Kap. 1 Rn 867. 122 Nach Art. 27 Abs. 1 S. 2 EGBGB a. F. hat die „hinreichende Sicherheit“ ausgereicht; die in der Rom I-VO vorgenommene Verschärfung war die Folge einer strengeren französischen Sprachfassung, vgl. hierzu auch Palandt/Thorn, Art. 3 Rom I Rn 1. 123 BGH, Urt. v. 26.7.2004 – VIII ZR 273/03, Rn 29. 124 Siehe Erwägungsgrund Nr. 12 der Rom I-VO; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 10.7.2013 – 17 Sa 2620/10, Rn 62; mit Hinblick auf Art. 23 VO (EU) 1215/2012 (ehemals Art. 21 EuGVVO) und die darin enthaltenen hohen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung in Individualarbeitsverträgen (siehe Rn 78 ff.) wird die Relevanz im Rahmen der konkludenten Rechtswahl als gering eingestuft: Deinert, RdA 2009, 144, 149; vgl. auch ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 6;
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in dem das Gericht seinen Sitz hat) oder die Bezugnahme auf einzelne Normen eines bestimmten materiellen Rechts, insbesondere auf Tarifnormen und Betriebsvereinbarungen, sowie die Vereinbarung eines Erfüllungsortes oder das spätere Prozessverhalten der Parteien (z. B. beiderseitige Behandlung der Sache nach ausländischem Recht).125 Ebenfalls ein Indiz kann die enge Verknüpfung zweier Rechtsgeschäfte sein, wonach eine konkludente Vereinbarung zugunsten des Vertragsstatuts des Hauptvertrags erfolgt.126 Dagegen kommt der Vertragssprache lediglich unterstützenden Funktion zu.127 Unklarheiten führen zu einer Unwirksamkeit einer entsprechenden Abrede, da immer zu erkennen sein muss, welches (fremde) Recht von den Parteien gewählt wurde.128 Im Falle einer unwirksamen Vereinbarung ist das anzuwendende Recht im Wege der objektiven Anknüpfung nach Art. 8 Abs. 2 bis 4 Rom I-VO zu bestimmen.129 Die Rechtswahl kann grundsätzlich formfrei erfolgen.130 Nach Art. 3 Abs. 5 i. V. m. 57 Art. 11 Abs. 1 Rom I-VO ist die Einhaltung einer bestimmten Form nur dann erforderlich, wenn das zulässigerweise vereinbarte Recht oder das Recht des Ortes des Vertragsschlusses für den Abschluss des Arbeitsvertrags ein Formerfordernis vorsieht.131 Im Übrigen empfiehlt sich eine schriftliche Niederlegung immer zu Beweiszwecken.
2. Teilrechtswahlklausel
58 Die Vertragsparteien sind nicht nur darin frei, ob sie eine Rechtswahl treffen und
welches Recht zur Anwendung gelangen soll, sie können auch die Reichweite der Rechtswahl bestimmen. Neben der Erstreckung der Rechtswahlklausel auf den gesamten Vertrag ist auch eine Teilrechtswahl zulässig, so dass eine Kombination verschiedener Rechtsordnungen denkbar ist.132 Art. 8 Abs. 1 S. 1 Rom I-VO verweist vollumfänglich auf Art. 3 Rom I-VO, der in Abs. 1 S. 3 eine Teilrechtswahl ausdrücklich
kritisch bzgl. der Indizwirkung unwirksamer Gerichtsstandsklauseln auch MüKo-BGB/Martiny, Art. 8 Rom I-VO Rn 29; Knöfel, RdA 2006, 269, 277. 125 BAG, Urt. v. 13.11.2007 – 9 AZR 134/07, Rn 32; MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 15; ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 6; DLW/Dörner, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, Kap. 1 Rn 863; MaSiG/ Maschmann, Kap. A Rn 23; Palandt/Thorn, Art. 3 Rom I Rn 8. 126 Palandt/Thorn, Art. 3 Rom I Rn 7 mwN zur Rechtsprechung. 127 Siehe auch BAG, Urt. v. 1.7.2010 – 2 AZR 270/09, Rn 29; Palandt/Thorn, Art. 3 Rom I Rn 7; für eine Indizwirkung HWK/Tillmanns, Rom I-VO Rn 14. 128 DLW/Dörner, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, Kap. 1 Rn 862; MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 14. 129 Schneider, NZA 2010, 1380, 1381; vgl. zur objektiven Anknüpfung auch Rn 64. 130 ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 5. 131 MaSiG/Maschmann, Kap. A Rn 22; MüKo-BGB/Martiny, Art. 8 Rn 32. 132 ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 5; Reiserer, NZA 1994, 673, 675; BAG, Urt. v. 20.4.2004 – 3 AZR 301/03, Rn 16.
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zulässt.133 Der Schutz des Arbeitnehmers ist auch bei der nur teilweisen Rechtswahl durch die Schranke des Art. 8 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO gewährleistet.134 Allerdings darf eine solche Aufspaltung der Rechtswahl nicht dazu führen, dass es bei der Behandlung einzelner Fragen zu Widersprüchen kommt.135 Daher ist eine Rechtswahl, die sich nur auf bestimmte Teile des Vertrags erstreckt, nur dann sinnvoll, wenn die verschiedenen Teile nicht voneinander abhängen.136 Wird lediglich eine Teilrechtswahl getroffen, so ist das anwendbare Recht für den Teil, für den keine Rechtswahl vorliegt, grundsätzlich nach den Regeln der objektiven Anknüpfung gem. Art. 8 Abs. 2 bis 4 Rom I-VO zu bestimmen, wenn nicht durch die Teilrechtswahl genügend Anhaltspunkte für eine konkludente Rechtswahl auch für die übrigen Vertragsteile vorliegen.137 In der Vergangenheit beschäftigten sich die Gerichte hauptsächlich im Rahmen 59 von Aktienoptionen und der betrieblichen Altersversorgung mit der Zulässigkeit von Teilrechtswahlklauseln. Eine Rechtswahl hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung, die sich nur auf das in der Regel an das Arbeitsverhältnis anschließende Versorgungsverhältnis beschränkt, ist möglich, da es sich um eine klar abgrenzbare Rechtsbeziehung mit eigenständigem Inhalt handelt.138 Bezüglich der Gewährung von Aktienoptionen („stock options“) durch eine Konzernmutter an die bei einem ihrer Tochterunternehmen beschäftigten Arbeitnehmer wird der Optionsvertrag zwar als vom Arbeitsvertrag selbstständig angesehen,139 jedoch wird eine dahingehende Teilrechtswahl zumindest bei einer durchaus üblichen gleichzeitigen Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigung eher restriktiv gehandhabt.140
133 ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 5. 134 HWK/Tillmanns, Rom I-VO Rn 13; zu Art. 8 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO vgl. Rn 62 ff. 135 Reiserer, NZA 1994, 673, 675; Schneider, NZA 2010, 1380, 1381; MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 12. 136 MaSiG/Maschmann, Kap. A Rn 21; MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 12; so auch Knöfel, RdA 2006, 269, 277, der die Abspaltbarkeit des betreffenden Teilbereichs sogar als Wirksamkeitsvoraussetzung der Teilrechtswahl ansieht. 137 MüKO-BGB/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn 73; vgl. zur objektiven Anknüpfung Rn 64 und zur konkludenten Rechtswahl Rn 56. 138 BAG, Urt. v. 20.4.2004 – 3 AZR 301/03, Rn 16; BAG, Urt. v. 25.6.2013 – 3 AZR 138/11, Rn 37; zu den Einzelheiten Höfer/Reinhard/Reich/de Groot/Höfer/de Groot, BetrAVG (im Erscheinen), Kap. 10. 139 BAG, Urt. v. 12.2.2003 – 10 AZR 299/02; Rn 53; Driver-Polke/de Beauregard, BB 2004, 2350, 2350 f; MüKo-BGB/Martiny, Art. 8 Rom I-VO, Rn 109; a. A. LAG Hessen, Urt. v. 14.08.2000 – 10 Sa 982/99, Rn 48. 140 LAG Hessen, Urt. v. 14.08.2000 – 10 Sa 982/99, Rn 49 ff. (Unwirksamkeit einer Teilrechtswahl zugunsten US-amerikanischen Rechts gem. Art. 30 EGBGB a. F.); wegen der jeweiligen Selbstständigkeit von Arbeits- und Optionsvertrag mit anderer Begründung auch Driver-Polke/de Beauregard, BB 2004, 2350, 2352 f. (Unwirksamkeit der Teilrechtswahl wegen Verstoßes gegen „ordre public“); dagegen neigt das BAG, Urt. v. 12.2.2003 – 10 AZR 299/02 wohl zu einer Gültigkeit einer Teilrechtswahl zugunsten finnischen Rechts; siehe auch Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1 Rn 233.
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3. AGB-Kontrolle
60 Eine Rechtswahlklausel kann auch in vorformulierte Individualarbeitsverträge auf-
genommen werden und so vom Klauselverwender (i. d. R. der Arbeitgeber) einseitig gestellt werden. Allerdings wird eine solche Klausel dann keiner Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB unterzogen, da die Regelungen der Rom I-VO vorrangig sind, diese keine Inhaltskontrolle vorsehen und dem Vertragspartner (i. d. R. der Arbeitnehmer) durch die einzuhaltenden Grenzen der Rechtswahlfreiheit ausreichenden Schutz bieten.141 Es findet lediglich eine Einbeziehungskontrolle gem. §§ 305 Abs. 2, 306 BGB statt, sofern die Parteien deutsches Recht als anzuwendendes Recht gewählt haben (Art. 3 Abs. 5 i. V. m. Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO).142 Aufgrund der Unabhängigkeit143 des Verweisungsvertrags von dem Arbeitsvertrag ist eine Einbeziehungskontrolle auch nicht nach § 310 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 BGB ausgeschlossen.144
4. Grenzen 61 Die Rechtswahlfreiheit145 der Parteien erfährt durch verschiedene Bestimmungen der Rom I-VO Einschränkungen. Diese führen allesamt aber nicht zu einer Unwirksamkeit der vorgenommenen Rechtswahl.146 Vielmehr werden durch die einschränkenden Normen nur einzelne Vorschriften des objektiven Vertragsstatuts (Art. 8 Abs. 2 bis 4 Rom I-VO) für anwendbar erklärt, so dass im Übrigen das gewählte Recht maßgeblich bleibt.147
a) Art. 8 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO
62 Art. 8 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO regelt, dass dem Arbeitnehmer durch die Rechtswahl der
Schutz bestimmter Bedingungen nicht entzogen werden darf, die gelten würden, wenn sich das anwendbare Recht nach dem objektiven Vertragsstatut (Art. 8 Abs. 2 bis 4 Rom I-VO) bestimmen würde.
141 ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 6; DLW/Dörner, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, Kap. 1 Rn 869; Deinert, RdA 2009, 144, 149; vgl. zu den Grenzen der Rechtswahlfreiheit Rn 61 ff. 142 Preis/Preis, Kap. II A 140 Rn 15; vgl. auch MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 BGB Rn 231 mit dem Hinweis, dass sich die Einbeziehung nach Art. 14, 18 CISG richtet, sofern die Anwendung des UN-Kaufrecht nicht ausgeschlossen ist. 143 Vgl. Rn 56. 144 MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 18. 145 Vgl. Rn 52 ff. 146 MüKo-BGB/Martiny, Art. 8 Rom I-VO Rn 35; MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 20. 147 MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 20; Schneider, NZA 2010, 1380, 1381.
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Beispiel Ein Arbeitnehmer erbringt gewöhnlich seine tatsächliche Arbeitsleistung in Deutschland.148 Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag unterfällt daher nach objektiver Anknüpfung deutschem Recht (Art. 8 Abs. 2 S. 1 Rom I-VO). Der Arbeitsvertrag enthält aber eine wirksame Rechtswahlklausel, die spanisches Recht auf das Arbeitsverhältnis für anwendbar erklärt. Dem Arbeitnehmer darf dann nicht der Schutz des international zwingenden deutschen Rechts entzogen werden, so dass trotz der Rechtswahl deutsches Recht anzuwenden ist, sofern das spanischen Recht keine oder keine gleichwertigen arbeitsrechtlichen Schutzbedingungen enthält.149
Die Prüfung des Art. 8 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO erfolgt in drei Schritten.150 Demnach ist in 63 einem ersten Schritt das objektive Vertragsstatut, das für das betreffende Arbeitsverhältnis gilt, nach Art. 8 Abs. 2 bis 4 Rom I-VO zu bestimmen. Danach ist zu ermitteln, welche Bestimmungen des nach objektiver Anknüpfung geltenden Rechts als zwingend i. S. d. Art. 8 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO anzusehen sind. In einem dritten Schritt ist sodann ein Günstigkeitsvergleich durchzuführen, bei dem die abbedungene und die gewählte Rechtsordnung einander gegenüber gestellt werden. Das objektive Vertragsstatut bestimmt sich nach Art. 8 Abs. 2 bis 4 Rom I-VO.151 64 Danach ist zunächst das Recht des Ortes der tatsächlichen Arbeitsleistung (lex loci labori) maßgeblich (Art. 8 Abs. 2 S. 1 Rom I-VO), selbst wenn der Arbeitnehmer vorrübergehend an einen anderen Ort entsandt wird (Art. 8 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO).152 Ist eine Bestimmung nach Abs. 2 nicht möglich, so kommt das Recht des Staates zur Anwendung, in dem die Niederlassung liegt, die den Arbeitnehmer eingestellt hat (Art. 8 Abs. 3 Rom I-VO). Daneben legt Art. 8 Abs. 4 Rom I-VO das sog. Ausweichstatut153 fest, das gilt, wenn der Arbeitsvertrag eine engere Verbindung zu einem Staat als dem in den Abs. 2 oder 3 bezeichneten aufweist. Zwingende Normen i. S. d. Art. 8 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO sind nicht-dispositive 65 Normen, die den Schutz der Arbeitnehmer bezwecken.154 Dies ist neben den arbeitsrechtlichen Vorschriften auch das im Arbeitsverhältnis maßgebliche zwingende allgemeine Vertragsrecht.155 Zu den zwingenden Normen zählen auch öffentlich-rechtliche
148 Vgl. zum Recht des gewöhnlichen Arbeitsorts (lex loci labori) Rn 64; MaSiG/Maschmann, Kap. A Rn 26. 149 Siehe auch BT-Drucks. 10/504, S. 81. 150 Siehe BeckOK ArbR/Schönbohm, VO (EG) 593/2008 Art. 8 Rn 12 ff.; BAG, Urt. v. 19.3.2014 – 5 AZR 252/12 (B). 151 Ausführlich hierzu ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 8 ff; MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 28 ff. 152 MaSiG/Maschmann, Kap. A Rn 26. 153 MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 35. 154 HWK/Tillmanns, Rom I-VO Rn 30. 155 ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 19; BAG, Urt. v. 19.3.2014 – 5 AZR 252/12 (B), Rn 35, das als Beispiel die Verjährungsregelungen nennt.
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Vorschriften und Tarifverträge, sofern die Vertragsparteien von dem Geltungsbereich eines Tarifvertrags erfasst werden.156 66 Wie genau der erforderliche Günstigkeitsvergleich durchzuführen ist, ist umstritten. Folgende Möglichkeiten bestehen:157 – Einzelvergleich: Vergleich der jeweiligen konkreten Einzelfrage – Gesamtvergleich: Vergleich der gesamten Vereinbarung – Sachgruppenvergleich: Vergleich der Normen, die in einem inneren, sachlichen Zusammenhang zu einem Teilkomplex stehen (z. B. Gesamtheit der Regelungen zum Kündigungsschutz).158 67 Ein Gesamtvergleich wird nach herrschender Meinung abgelehnt, da dieser nur wenig
praktikabel ist und den strukturellen Unterschieden der verschiedenen Rechtssysteme nicht gerecht wird.159 Überwiegend wird richtigerweise der Sachgruppenvergleich für vorzugswürdig gehalten.160 Dadurch soll – anders als bei einem Einzelvergleich – eine Zersplitterung des Arbeitsverhältnisses vermieden werden. Ein isolierter Vergleich der einschlägigen Normen würde nach Art der Rosinentheorie zu einer ungerechtfertigten Kumulation von Vorteilen führen, wenn verschiedene Ansprüche zu prüfen sind, die zwar formal getrennt sind, aber funktional zusammenhängen.161 So könnte der betroffene Arbeitnehmer einen Schutzstandard erlangen, der über demjenigen liegt, den die einschlägigen Rechtsordnungen tatsächlich gewähren.162 Bieten die Normen des gewählten Rechts keinen vergleichbaren Schutz, sind die 68 nach dem objektiven Vertragsstatut maßgeblichen Rechtsnormen anzuwenden.163 Im Übrigen verbleibt es jedoch bei der Anwendung des gewählten Rechts.164
156 BT-Drucks. 10/504, S. 81; BeckOK BGB/Spickhoff, VO (EG)/2008 Art. 8 Rn 16. 157 DLW/Dörner, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, Kap. 1 Rn 872; MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 25. 158 Vgl. BeckOK ArbR/Schönbohm, VO (EG) 593/2008 Art. 8 Rn 15; BAG, Urt. v. 10.4.2014 – 2 AZR 741/13, Rn 46. 159 BeckOK BGB/Spickhoff, VO (EG) 593/2008 Art. 8 Rn 18; MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 26; MüKoBGB/Martiny, Art 8 Rom I-VO Rn 42; Reiserer, NZA 1994, 673, 677. 160 BAG, Urt. v. 10.4.2014 – 2 AZR 741/13, Rn 46; MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 26; ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 19; HWK/Tillmanns, Rom I-VO Rn 31; Liebers/Mastmann, Kap. H I.1. Rn 43; Preis/ Preis, Kap. II A 140 Rn 9; Schneider, NZA 2010, 1380, 1382. 161 BeckOK BGB/Spickhoff, VO (EG) 593/2008 Art. 8 Rn 18; ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 19. 162 BAG, Urt. v. 10.4.2014 – 2 AZR 741/13, Rn 46. 163 BAG, Urt. v. 10.4.2014 – 2 AZR 741/13, Rn 34. 164 BT-Drucks. 10/504, S. 81; ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 19.
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b) Art. 3 Abs. 3 und 4 Rom I-VO Bei reinen Inlandsfällen165 sieht Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO vor, dass die zwingenden 69 Rechtsvorschriften des Staates, zu dem das betreffende Rechtsverhältnis einzig eine Verbindung aufweist (Einbettungsstatut166), nicht abbedungen werden können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die „zwingende Norm“ dem Schutz des betroffenen Arbeitnehmers dient.167 Erfasst werden Gesetzes-, Gewohnheits- und Richterrecht sowie Tarifnormen, sofern die Parteien tarifgebunden sind.168 Normen, von denen die Vertragsparteien nur in eine Richtung abweichen dürfen, sind ebenfalls zwingende Normen i. S. d. Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO.169 Ein Günstigkeitsvergleich zwischen den Normen des gewählten Rechts und den nach Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO zwingenden findet nicht statt.170 Dies gilt nach Art. 3 Abs. 4 Rom I-VO auch für Binnenmarktsachverhalte 70 innerhalb der Europäischen Union. Wird in diesen Fällen das Recht eines NichtMitgliedstaats von den Parteien gewählt, obwohl alle Elemente des Sachverhalts in der Europäischen Union belegen sind, können die zwingenden Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts nicht abbedungen werden.
c) Art. 9 Rom I-VO Nach Art 9 Abs. 2 Rom I-VO werden die Eingriffsnormen des Rechts des im Streit- 71 fall angerufenen Gerichts nicht berührt. Art. 9 Rom I-VO ist von deutschen Gerichten nur dann anzuwenden, wenn auf das betreffende Arbeitsverhältnis deutsches Recht keine Anwendung findet.171 Dann können abweichend von dem Vertragsstatut Eingriffsnormen des deutschen Rechts anwendbar sein. Beispiel Das Vertragsstatut unterliegt italienischem Recht – sei es durch eine getroffene Rechtswahl oder aufgrund objektiver Anknüpfung. Gleichzeitig weist der Sachverhalt aber einen Bezug zum deutschen Recht auf, z. B. wenn die Arbeit durch den Arbeitnehmer gewöhnlich oder vorübergehend in Deutschland verrichtet wird.
Art. 9 Abs. 1 Rom I-VO enthält eine Legaldefinition der Eingriffsnormen. Danach 72 ist eine Eingriffsnorm eine zwingende Vorschrift, deren Einhaltung von einem Staat als entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner
165 Vgl. Rn 55. 166 Vgl. MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 27; HWK/Tillmanns, Rom I-VO Rn 27. 167 ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 20; vgl. auch MüKo-BGB/Martiny, Art. 3 Rom I-VO Rn 90. 168 MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 27; Schneider, NZA 2010, 1380, 1382. 169 MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 27. 170 ErfK/Schlachter, E 2009/26/EG Art. 3 Rn 20; MüKo-BGB/Martiny, Art. 8 Rom I-VO Rn 44. 171 DLW/Dörner, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, Kap. 1 Rn 953.
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politischen sozialen oder wirtschaftlichen Organisation angesehen wird. Folglich dienen Eingriffsnormen primär und nicht nur reflexartig dem öffentlichen Gemeinwohl und zielen nicht nur auf den Schutz von Individualinteressen ab.172 Sie können auf Gesetzes- oder Richterrecht beruhen.173 Folgende Normen wurden als Eingriffsnormen anerkannt:174 73 Beispiel – § 14 Abs. 1 MuSchG; § 3 EFZG; Regelungen über den Kündigungsschutz der Betriebsverfassungsorgane, bei Massenentlassungen und von Schwerbehinderten, Schwangeren und Müttern; § 15 BEEG; materiell-rechtliche Insolvenzvorschriften; AEntG175 – Nicht dagegen: §§ 1–14 KSchG; § 626 BGB; § 613a BGB; § 2 EFZG; § 8 TzBfG; Vorschriften des AGG; Lohnwucher-Rechtsprechung nach § 138 BGB
d) Art. 21 Rom I-VO (“ordre public”)
74 Nach Art. 21 Rom I-VO werden Normen ausländischer Rechtsordnungen dann nicht
angewandt, wenn ihre Anwendung mit der öffentlichen Ordnung („ordre public“) des Staates des angerufenen Gerichts offensichtlich unvereinbar ist. Art. 21 Rom I-VO ist eng auszulegen.176 Nach der Rechtsprechung ist in Deutschland eine offensichtliche Verletzung wesentlicher Grundsätze deutschen Rechts, welche insbesondere die Grundrechte darstellen, erforderlich.177 Da ein europäischer Maßstab anzuwenden ist, gehören auch die Grundfreiheiten des Unionsrechts sowie die Menschenrechte der EMRK und die Charta der Grundrechte der EU zum Inhalt des „ordre public“.178 Liegt ein Verstoß gegen den deutschen „ordre public“ vor, sind die gegen diesen verstoßenden Vorschriften nicht anzuwenden.179
5. Konsequenzen für die Praxis
75 Für manchen Arbeitgeber, der das Arbeitsrecht seines Landes als sehr strikt bzw.
„arbeitnehmerfreundlich“ empfindet, mag die Rechtswahl zu Gunsten einer anderen Rechtsordnung – ggf. mit deutlich geringerem Schutzstandard – verlockend erscheinen. Angesichts der Grenzen von Rechtswahlklauseln ist davon jedoch dringend abzu-
172 BAG, Urt. v. 13.11.2007 – 9 AZR 134/07; BAG, Urt. v. 3.5.1995 – 5 AZR 15/94, Rn 37; HWK/Tillmanns, Rom I-VO Rn 35; Deinert, RdA 2009, 144, 150. 173 DLW/Dörner, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, Kap. 1 Rn 953. 174 Siehe zu den Beispielen HWK/Tillmanns, Rom I-VO Rn 36 mwN zur Rechtsprechung. 175 Rn 51. 176 Siehe Erwägungsgrund Nr. 37 der Rom I-VO. 177 BAG, Urt. v. 25.4.2013 – 6 AZR 49/12, Rn 41, 51; vgl. auch Deinert, RdA 2009, 144, 150. 178 MüKo-BGB/Martiny, Art. 21 Rom I-VO Rn 3; MünchArbR/Oetker, § 11 Rn 55. 179 Schneider, NZA 2010, 1380, 1382.
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E. Gerichtsstandsvereinbarung
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raten. In aller Regel kann der Schutzstandard, der sich aus dem Recht des Arbeitsortes ergibt, nicht wirksam abbedungen oder reduziert werden. Die Wahl einer anderen Rechtsordnung führt in der Praxis lediglich dazu, dass – je nach Durchführung des Günstigkeitsvergleichs im Einzelfall – die Schutzbestimmungen der gewählten Rechtsordnung und diejenigen des Rechts des Arbeitsortes kombiniert werden. Dies führt zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit hinsichtlich des auf einzelne Sachgebiete anwendbaren Rechts und birgt immer das Risiko, dass sich der Arbeitnehmer im Sinne der „Rosinentheorie“ stets das für ihn günstigere Recht auswählen kann. Rechtswahlklauseln erscheinen daher nur in seltenen Ausnahmefällen sinnvoll, 76 z. B. wenn das objektive Vertragsstatut nicht eindeutig zu bestimmen ist. Abgesehen von diesen Ausnahmefällen sollten Rechtswahlklauseln nur als klarstellende Regelung verwendet werden, die das am Beschäftigungsort ohnehin geltende Recht für anwendbar erklären.
IV. Klauselmuster
Klauselmuster Dieser Vertrag unterliegt dem Recht der Bundesrepublik Deutschland.
E. Gerichtsstandsvereinbarung I. Klauselzweck Durch eine Gerichtsstandsvereinbarung (sog. Prorogation) wird die Zuständigkeit 77 eines an sich unzuständigen Gerichts vereinbart.180 Aus Sicht eines Arbeitgebers, der in der Regel seinen durch ein Gerichtsverfahren entstehenden Kosten- und Zeitaufwand so gering wie möglich halten möchte, wäre es ideal, wenn das für ihn örtlich nächstgelegene Arbeitsgericht in dem betreffenden Rechtsstreit zuständig wäre und er durch eine einheitliche Zuständigkeit das Risiko von divergierenden Entscheidungen in vergleichbaren Sachverhalten minimieren könnte.181 Daher erscheinen Gerichtsstandsvereinbarungen grundsätzlich sinnvoll.
180 Vgl. Preis/Rolfs, Kap. II G 20 Rn 1. 181 MaSiG/Göpfert, Kap. 370 Rn 1.
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Kapitel 9 Schlussbestimmungen
II. Zulässigkeit 78 Eine Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien hinsichtlich der Zuständigkeit
eines Gerichts kann sowohl die örtliche Zuständigkeit182 als auch den Rechtsweg183 betreffen, nicht jedoch die sachliche (erstinstanzliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts – § 8 Abs. 1 ArbGG) oder die funktionelle Zuständigkeit (zuständiger Spruchkörper innerhalb des zuständigen Arbeitsgerichts – Bestimmung nach dem Geschäftsverteilungsplan).184
1. Gerichtsstandsklauseln in Inlandsfällen a) Örtliche Zuständigkeit 79 Ohne entsprechende Vereinbarung bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts nach den §§ 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. §§ 12 ff. ZPO.185 Daneben gibt es im Arbeitsrecht die Besonderheit, dass u. a. für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern das Arbeitsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat (Gerichtsstand des gewöhnlichen Arbeitsortes), § 48 Abs. 1a S. 1 ArbGG.186 Die Zuständigkeit eines nach diesen gesetzlichen Vorschriften örtlich unzustän80 digen Gerichts kann durch eine Gerichtsstandsvereinbarung begründet werden. Ein vereinbarter Gerichtsstand kann neben die gesetzlich begründeten Gerichtsstände treten oder als ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart werden, was im Zweifel anzunehmen ist.187 Die ZPO setzt jedoch enge Grenzen für die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung. Das Vereinbaren eines bestimmten Gerichtsstands ist nach § 38 ZPO, der aufgrund der in § 46 Abs. 2 ArbGG enthaltenen Verweisung auch in den Verfahren vor den Arbeitsgerichten gilt,188 (nur) in den folgenden Sachverhaltskonstellationen zulässig: – Beide Vertragsparteien sind Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen (§ 38 Abs. 1 ZPO);
182 Rn 79 ff. 183 Rn 84 ff. 184 Mävers, ArbRAktuell 2010, 87, 87. 185 Ausführlich zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nach der ZPO in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten MaSiG/Göpfert, Kap. 370 Rn 2 ff.; Germelmann/Matthes/Prütting/Germelmann, ArbGG, § 46 Rn 29 ff.; Preis/Rolfs, Kap. II G 20 Rn 3. 186 Vgl. ausführlich Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Schmitt, § 48 ArbGG Rn 20 ff.; Natter/Groß/ Pfitzer/Ahmad, ArbGG, § 48 Rn 20 ff. 187 Preis/Rolfs, Kap. II G 20 Rn 1. 188 BAG, Urt. v. 15.11.1972 – 5 AZR 276/72.
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E. Gerichtsstandsvereinbarung
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– Mindestens eine der Vertragsparteien hat keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland (§ 38 Abs. 1 ZPO); – Vereinbarung der Gerichtsstandsvereinbarung erfolgte nach Entstehen der Streitigkeit (§ 38 Abs. 3 Nr. 1 ZPO); – Die Gerichtsstandsvereinbarung wird für den Fall geschlossen, dass die im Klageweg in Anspruch nehmende Partei nach Vertragsabschluss ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort ins Ausland verlegt oder ihr Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist (§ 38 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Da diese Fallgruppen im Arbeitsrecht weitgehend bedeutungslos sind und gerade 81 durch die Aufnahme einer entsprechenden Klausel in den Arbeitsvertrag die Gerichtsstandsvereinbarung vor dem Entstehen einer Streitigkeit zwischen den Parteien erfolgt, sind insbesondere Gerichtsstandsklauseln in standardmäßigen Arbeitsverträgen unzulässig.189 Raum für die Vereinbarung eines Gerichtsstands im Arbeitsvertrag bleibt deshalb nur dann, wenn sie vorsorglich für den Fall getroffen wird, dass eine Partei ihren Wohnsitz oder Aufenthaltsort ins Ausland verlegt oder die Gefahr besteht, dass Wohnsitz oder Aufenthaltsort unbekannt werden, oder eine Vertragspartei keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat, was ggf. bei der Beschäftigung von ausländischen Mitarbeitern der Fall sein kann. Hat der Arbeitgeber einen inländischen allgemeinen Gerichtsstand und der Arbeitnehmer nicht, so kann nach § 38 Abs. 2 S. 3 ZPO für das Inland nur ein Gericht gewählt werden, bei dem der Arbeitgeber seinen allgemeinen Gerichtsstand hat oder ein besonderer Gerichtsstand begründet ist. Daher kann in einem solchen Fall der Sitz des Arbeitgebers, welcher nach § 17 Abs. 1 ZPO allgemeiner Gerichtsstand ist, als Gerichtsstand vereinbart werden und der allgemeine Gerichtstand in der Gerichtsstandsklausel mit aufgenommen werden.190 Dies hat zwar bloß deklaratorischen Charakter, soll aber den Arbeitnehmer auf den Gerichtsstand des Arbeitgebers hinweisen.191 Die strengen Voraussetzungen des § 38 ZPO können auch nicht dadurch umgan- 82 gen werden, dass die Parteien einen Erfüllungsort vereinbaren, so dass nach § 29 Abs. 1 ZPO dieser vereinbarte Ort als besonderer Gerichtstand gelten würde. Prozessual entfaltet eine solche Vereinbarung gem. § 29 Abs. 2 ZPO nur dann eine Wirkung, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.192
189 Preis/Rolfs, Kap. II G 20 Rn 6, 15; Mävers, ArbRAktuell 2010, 87. 88. 190 Siehe Klauselmuster Rn 87. 191 MaSiG/Göpfert, Kap. 370 Rn 16. 192 Siehe auch Preis/Rolfs, Kap. II G 20 Rn 19.
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Kapitel 9 Schlussbestimmungen
Eine größere Freiheit haben dagegen Tarifvertragsparteien nach § 48 Abs. 2 ArbGG.193 Wird in einen Tarifvertrag eine Prorogation zulässigerweise aufgenommen und nimmt ein zwischen nicht tarifgebundenen Parteien geschlossener Arbeitsvertrag auf den gesamten Tarifvertrag Bezug, so gilt der im Tarifvertrag festgelegte Gerichtsstand auch zwischen den Arbeitsvertragsparteien, wenn der Tarifvertrag auch in räumlicher und betrieblich-fachlicher Hinsicht anwendbar ist („Geltungsbereich eines Tarifvertrages“), § 48 Abs. 2 S. 2 ArbGG.194 Allerdings besteht die Möglichkeit der Prorogation auch hier nicht für Streitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses, was indes im Arbeitsrecht wohl den wichtigsten Fall darstellen wird.195
b) Rechtswegzuständigkeit
84 Eine Besonderheit enthält § 2 Abs. 4 ArbGG hinsichtlich der Vereinbarung einer
Rechtswegzuständigkeit. Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des Privatrechts und Personen, die kraft Gesetzes alleine oder als Mitglieder des Vertretungsorgans der juristischen Person zu deren Vertretung berufen sind, kann abweichend von § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG auch der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten vereinbart werden.196
2. Gerichtsstandsklauseln mit Auslandsbezug
85 Bei Sachverhalten mit Auslandsbezug kann neben einer Rechtswahlklausel197 auch
die Aufnahme einer Gerichtsstandsvereinbarung sinnvoll sein, um Prozesse vor ausländischen Gerichten zu vermeiden. Die Zulässigkeit einer solchen Gerichtsstandsklausel bestimmt sich in der Europäischen Union nach den Vorschriften der EuGVVO, die mit Wirkung zum 10.1.2015 neu gefasst wurde.198 Die Art. 20 bis 22 EuGVVO bestimmen die internationale Zuständigkeit für Arbeitsverträge.199 Ein
193 Ausführlich zu den Einzelheiten Natter/Groß/Pfitzer/Ahmad, ArbGG, § 48 Rn 23 ff. 194 Zum „Geltungsbereich eines Tarifvertrages“ auch Preis/Rolfs, Kap. II G 20 Rn 9. 195 Natter/Groß/Pfitzer/Ahmad, ArbGG, § 48 Rn 25; ArbG Limburg, Beschl. v. 21.04.2008 – 1 Ca 195/06, Rn 4 ff. 196 Siehe hierzu MaSiG/Göpfert, Kap. 370 Rn 12; Mävers, ArbRAktuell 2010, 87, 88. 197 Vgl. Rn 46 ff. 198 VO (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. der europäischen Union v. 20.12.2012, Nr. L 351/1. 199 Ausführlich noch zur alten Fassung VO (EG) Nr. 44/2001, die in den wesentlichen Teilen jedoch im Wortlaut nicht von der neuen Fassung abweicht, MaSiG/Göpfert, Kap. 370 Rn 21; Junker, NZA 2005, 199, 199 ff.
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E. Gerichtsstandsvereinbarung
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Abweichen von diesen Normen ist nur unter den engen Voraussetzungen des Art. 23 EuGVVO (Art 21 EuGVVO a. F.) zulässig: – Die Vereinbarung wird nach Entstehung der Streitigkeit getroffen; – Die Vereinbarung räumt dem Arbeitnehmer die Befugnis ein, andere als die in den Art. 20 bis 22 EuGVVO angeführten Gerichte anzurufen. Die vor dem Entstehen der Streitigkeit getroffene Vereinbarung kommt lediglich dem 86 Arbeitnehmer im Rahmen seines Aktivprozesses zugute, der Arbeitgeber darf sich dagegen auf eine solche Klausel nicht berufen, aber eine Widerklage nach Art. 22 Abs. 2 EuGVVO anhängig machen, sofern der Arbeitnehmer vor dem vereinbarten Gericht Klage erhebt.200 Der vereinbarte Gerichtsstand tritt neben die gesetzlich einschlägigen Gerichtsstände und nicht an deren Stelle.201
III. Klauselmuster In reinen Inlandsfällen empfiehlt sich nach dem oben Gesagten202 allenfalls die Auf- 87 nahme der folgenden Klausel in den Arbeitsvertrag, wodurch auch die von § 38 Abs. 2 und 3 ZPO geforderte Schriftform203 eingehalten wird. Klauselmuster Gerichtsstandsklausel (1) Allgemeiner Gerichtsstand ist der Sitz der Gesellschaft. Der Sitz befindet sich in […]. (2) Für den Fall, dass der Arbeitnehmer keinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat, vereinbaren die Parteien, dass der Gerichtsstand [z. B. Sitz/Niederlassung der Gesellschaft] ist. Verlegt der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland oder ist sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt zum Zeitpunkt der Klageerhebung unbekannt, ist Gerichtsstand ebenfalls […].
Soweit die EuGVVO Anwendung findet, kann die folgende Klausel in den Arbeitsver- 88 trag aufgenommen werden, die aber lediglich einen ergänzenden Charakter aufweist und damit nur dem Arbeitnehmer zugutekommt.204 Klauselmuster Gerichtsstandsklausel Gerichtsstand ist […].
200 Mävers, ArbRAktuell 2010, 87, 89; Junker, NZA 2005, 199, 201; Preis/Rolfs, Kap. II G 20 Rn 33. 201 Preis/Rolfs, Kap. II G 20 Rn 33. 202 Rn 79 ff. 203 Zum Schriftformerfordernis des § 38 ZPO Preis/Rolfs, Kap. II G 20 Rn 26, 30, der eine besondere Hervorhebung in umfangreichen Formulararbeitsverträgen fordert. 204 Rn 86; Preis/Rolfs, Kap. II G 20 Rn 38.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht A. Einführung Bezugnahmeklauseln spielen im Arbeitsrecht eine immer wichtigere Rolle. Aus dem 1 allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz heraus ist der Arbeitgeber verpflichtet, seine Beschäftigten gleich zu behandeln. Er hat selbst ein Interesse daran seinen Beschäftigungsverhältnissen einheitliche Arbeitsbedingungen zu Grunde zu legen, um Ungleichbehandlungen zu vermeiden, die Beschäftigten angemessen vergüten zu können, unnötige Streitereien zu vermeiden und die Mitarbeiter zu motivieren. Vor diesem Hintergrund bietet es sich an, Regelungen durch Bezugnahme auf gleiche, für alle geltenden Rahmenbedingungen zu vereinheitlichen. Als Bezugnahmeobjekte kommen hierbei Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, Dienstvereinbarungen, Arbeitsordnungen des Arbeitgebers oder im Bereich der Kirche die durch arbeitsrechtliche Kommissionen ausgearbeiteten Arbeitsvertragsrichtlinien in Betracht. Die Schwierigkeiten in diesem Teilbereich des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestehen in der Überlappung von individuellem Vertragsrecht mit dem kollektiven Arbeitsrecht, den EU-rechtlichen Implikationen und dem in den letzten Jahren vollzogenen Wandel wesentlicher rechtlicher Rahmenbedingungen und der Entwicklung des Arbeitsrechts. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die Auslegungsmaßstäbe von Individualvereinbarungen und kollektivrechtlichen Regelungen grundsätzlich anderer Natur sind und immer nur in ihrem Anwendungskreis Gültigkeit beanspruchen können. Auch ein durch Bezugnahme in den Arbeitsvertrag einbezogener Tarifvertrag kann nicht nach dem Parteiwillen der Arbeitsvertragsparteien nach §§ 133, 157 BGB ausgelegt werden, sondern wird nach wie vor ausgelegt wie ein Gesetz. Umgekehrt kann eine einzelvertragliche Bezugnahmeklausel nicht nach kollektivrechtlichen Erwägungen so uminterpretiert werden, dass im Sinne der Parteien des Kollektivvertrages keine Bevorzugung nicht tarifgebundener Arbeitnehmer stattfindet. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Regelungsbefugnis der Parteien des Ein- 2 zelarbeitsvertrages umfassender Natur ist. Kollektivrechtlich besteht eine umfassende Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien, sofern es sich um Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen in Bezug auf aktiv Beschäftigte wie auch auf Rentner handelt. Das Recht der Betriebsparteien hingegen wird durch die Regelungskompetenzen der Tarifvertragsparteien beschnitten und scheidet nach § 77 Abs. 3 BetrVG bei Sachverhalten aus, die üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt werden. Das betriebliche Mitbestimmungsrecht bezieht sich zunächst einmal nur auf Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG, nicht also auf Rentner. Die Regelungskompetenz der Betriebsparteien ist zudem gesetzlich auf Regelungen der Betriebsverfassung beschränkt.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
B. Gegenstand der Bezugnahme I. Tarifverträge 3 Tarifverträge sind auf kollektivrechtlicher Ebene das Gestaltungsmittel, um das
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Ziel einer Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen zu erreichen. Die Bindung an Tarifverträge erfolgt kollektivrechtlich über die beiderseitige Tarifgebundenheit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber kann selbst als Tarifvertragspartei auftreten oder sich über die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband an einen Tarifvertrag binden. Beim Arbeitnehmer vollzieht sich dies über die Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft (§ 3 Abs. 1 TVG). Allerdings befindet sich die Arbeitswelt in einem tiefgreifenden Umbruch. Waren 1991 noch ca. 11 Mio. Arbeitnehmer in den DGB-Gewerkschaften organisiert, so waren es 2013 nur noch ca. 6,1 Mio. Arbeitnehmer.1 Der Organisationsgrad ist von 36 % auf 18 % gesunken. Eine ähnlich gelagerte Fluchtbewegung ist auch auf Arbeitgeberseite zu konstatieren. Überlagert wird dieser Wandel durch die einsetzende digitale Revolution, die die Arbeitsformen und Arbeitsinhalte einem fundamentalen Wandel unterzieht. Das übliche Mittel, um Tarifverträge als ordnendes Gestaltungsmittel im Arbeitsrecht einzusetzen, ist in der Praxis nicht mehr die kollektivrechtliche Bindung, sondern die vertragliche Inbezugnahme eines Tarifvertrages im Arbeitsvertrag. Untersuchungen in der Vergangenheit gehen davon aus, dass bei 80 bis 90 % der Arbeitsverträge eine Bezugnahme auf einen Tarifvertrag erfolgt.2 Innerhalb der Vertragsgestaltung geht es hierbei um nicht mehr und nicht weniger als die bestehenden Arbeitsbedingungen für beide Seiten durch Bezugnahmeklauseln transparent und rechtssicher zu gestalten und zugleich diese Klauseln so offen für die Zukunft zu fassen, dass durch sie die zukünftigen Änderungen der Arbeitswelt in rechtlich sicherem Rahmen gehalten werden. Dass dies kein leichtes Unterfangen ist, zeigen die Umbrüche der letzten Jahre. Nach der Erstreckung der AGB-Kontrolle auf das Arbeitsrecht zum 1.1.2002 hat der 4. Senat des BAG seine Rechtsprechung zu Bezugnahmeklauseln grundlegend geändert. Hatte der Arbeitgeber den Tarifvertrag, an den er selbst durch Verbandsmitgliedschaft gebunden war, in allen Arbeitsverträgen auch bei Tarifaußenseitern in Bezug genommen, so wurde eine solche Klausel vor der Schuldrechtsreform als „Gleichstel-
1 http://www.dgb.de/uber-uns/dgb-heute/mitgliederzahlen, Stand 31.12.2014. Übersicht aufgeschlüsselt nach Einzelgewerkschaften des DGB Stand 31.12.2012; Schaub/Treber § 191, Rn 3. 2 Preis: Grundfragen der Vertragsgestaltung im Arbeitsvertrag, 1992, S. 551 ff.; Schliemann, ZTR 2004, 502.
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B. Gegenstand der Bezugnahme
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lungsabrede“ ausgelegt.3 War der Arbeitgeber tarifgebunden, so bezwecke er damit eine Gleichstellung von tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern herbei zu führen. Die Änderung der Rechtsprechung war überfällig, konnte allerdings aus Gründen des Vertrauensschutzes nur durch Beibehaltung der alten Auslegung als Gleichstellungsabrede für Verträge, die bis zum 31.12.2001 geschlossen worden waren, umgesetzt werden. Im Falle des Betriebsübergangs verfolgt der EuGH in drei Leitentscheidungen 8 eine andere Linie als das BAG bezüglich der Wahrung der Besitzstände der von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer4 und der Auslegung der Reichweite der negativen Koalitionsfreiheit des Erwerbers in Bezug auf die Bindung des Erwerbers an dynamische Tarifentwicklungen der Tarifverträge des Veräußerers, die der Erwerber nicht beeinflussen kann.5
II. Betriebsvereinbarungen Neben Tarifverträgen als Bezugnahmeobjekte spielen Betriebsvereinbarungen und 9 Dienstvereinbarungen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Eine Bezugnahme auf eine Betriebsvereinbarung ist bei normalen Arbeitnehmern eigentlich überflüssig und daher deklaratorischer Natur. Betriebsvereinbarungen gelten für alle Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG nach § 77 Abs. 4 BetrVG kraft Gesetzes normativ.6 Sie können allerdings als Instrument dienen, Regelungen für Arbeitnehmer auf Beschäftigte auszudehnen, die vom Geltungsbereich einer Betriebsvereinbarung nicht umfasst sind, wie leitende Angestellte, Geschäftsführer oder Rentner, soweit diese von betrieblichen Vergünstigungen erfasst werden sollen. Sinnvoll kann eine solche Bezugnahme insbesondere bei Leistungen einer betrieblichen Altersversorgung über eine Betriebsvereinbarung sein, wenn solche Regelungen entsprechend der sich ändernden gesetzlichen Lage und auf dem Markt für die Zukunft gestaltbar bleiben müssen. Der Arbeitsvertrag als Gestaltungsmittel scheidet hier oft aus, weil die Vertragsänderungen mit dem Mittel der Änderungsvereinbarung oder Änderungskündigung in einer Vielzahl von Einzelverträgen zu vollziehen wären.7 Eine Bezugnahme auf Betriebsvereinbarungen wird auch dann in Betracht kommen, um eine in
3 BAG, Urt. v. 21.2.2001 – 4 AZR 18/00, NZA 2001, 1318; BAG, Urt. v. 4.08.1999 – 5 AZR 642/98, RdA 2000, 178. 4 EuGH (Große Kammer), Urt. v. 6.9.2011 − C-108/10 (Ivana Scattolon/Ministero dell‘Istruzione, dell‘Università e della Ricerca), EuZW 2011, 798. 5 EuGH, Urt. v. 9.3.2006 – C 499/04 (Werhof/Freeway Traffic Systems GmbH & Co. KG), NZA 2006, 376; ablehnend: BAG, Urt. v. 23.9.2009 – 4 AZR 331/08, NZA 2010, 513; EuGH, Urt. v. 18.7. 2013 – C-426/11 (Mark Alemo-Herron u. a./Parkwood Leisure Ltd), EuZW 2013, 747. 6 Rieble/Schul, RdA 2006, 339, 349; Preis, NZA 2010, 261. 7 a. A. Preis, NZA 2010, 361, 366.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
einem Betrieb geltende Regelung auf andere betriebsratslose Betriebe eines Unternehmens oder eines Konzerns zu erstrecken. Betriebsvereinbarungen sind nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB von einer Inhaltskont10 rolle nicht nur ausgenommen, sondern stehen nach Satz 4 der Vorschrift gesetzlichen Regelungen nach § 307 Abs. 3 BGB gleich. Die Rechtsprechung unterzieht sie bei einer schuldrechtlichen Inbezugnahme die Betriebsvereinbarungen keiner AGB-Kontrolle. Da in all diesen Fällen allerdings die Betriebsvereinbarungen nicht in ihrem betrieblichen oder personellen Bereich auf die von ihrer Regelung ohnehin erfassten Arbeitnehmer, sondern gerade auf Arbeitnehmer außerhalb dieses Regelungsbereiches ausgedehnt werden sollen, greift in diesen Fällen nicht die Richtigkeitsgewähr des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB, so dass hier immer eine AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff BGB durchzuführen ist.8 Gleichwohl ist sie ein gerade im Betriebsrentenrecht häufig verwandtes Gestaltungsmittel. Eine gänzlich andere Variante der Bezugnahme auf Betriebsvereinbarungen in 11 Fällen, in denen die Betriebsvereinbarung normative Geltung hat, stellen Öffnungsklauseln dar. Diese stellen arbeitsvertraglich getroffene Regelungen abänderbar durch künftig geschlossene Betriebsvereinbarungen und stellen deshalb eine Aufhebung des Günstigkeitsgrundsatzes dar, nach dem individualrechtliche Regelungen kollektivrechtlichen Regelungen in analoger Anwendung von § 4 Abs. 3 TVG vorgehen, solange sie günstiger sind. Vor dem Hintergrund dieses massiven Eingriffes in das Individualvertragsrecht stellt sich die Frage der Zulässigkeit dieses Gestaltungsmittels.
III. Dienstvereinbarungen 12 Die oben gemachten Ausführungen gelten in gleicher Weise für Dienstvereinbarun-
gen im öffentlichen Dienst. Auch hier gelten Dienstvereinbarungen, obwohl nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, zwingend für alle ihrem Regelungsbereich unterworfenen Beschäftigten.9 Neben Bezugnahmen auf Dienstvereinbarungen gibt es im öffentlichen Dienst 13 regelmäßig Bezugnahmen auf beamtenrechtliche Regelungen.
IV. Arbeitsordnungen 14 Bezugnahmeklauseln finden sich ferner im Arbeitsrecht häufig in Verbindung mit
Arbeitsordnungen und anderen vom Arbeitgeber einseitig gestellten Arbeitsbe-
8 Preis, NZA 2010, 361; Rieble/Schul, RdA 339, 348. 9 Schaub/Koch, § 268 Rn 11.
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C. Auslegung von Willenserklärungen und anzuwendende Maßstäbe
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dingungen. Soweit diese dem Arbeitgeber die Befugnis einräumen, einseitig Arbeitsbedingungen auch zu Lasten des Arbeitnehmers zu ändern, dürften sie regelmäßig einen Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB darstellen, wenn die Änderungsvereinbarung dem Arbeitnehmer nicht unter Berücksichtigung seiner Interessen zumutbar ist.10
V. Kirchenrecht Kirchen gestalten ihre Arbeitsbedingungen abweichend vom allgemeinen Arbeits- 15 recht in der Regel im sogenannten Dritten Weg. Nach herrschender Ansicht erfasst das Selbstbestimmungsrecht der Kirche aus Art. 4 Abs. 1 und 2 i. V. mit Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 WRV auch die individualrechtliche wie kollektivrechtliche Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen der in kirchlichen Einrichtungen beschäftigten Arbeitnehmer. Die Arbeitsbedingungen in der Kirche und der ihr angegliederten Einrichtungen der Diakonie werden durch paritätisch besetzte Kommissionen in Arbeitsvertragsrichtlinien geregelt. Diese werden einzelvertraglich in Bezug genommen. Unstreitig ist, dass es sich bei diesen Arbeitsvertragsrichtlinien um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Fraglich ist, inwieweit diese Richtlinien einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB unterliegen oder ähnlich wie Tarifverträge einer Inhaltskontrolle analog § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB entzogen sind.
C. Auslegung von Willenserklärungen und anzuwendende Maßstäbe Bei dem Großteil der dargestellten Bezugnahmeobjekte, bis auf die einseitig vom 16 Arbeitgeber aufgestellte Arbeitsordnung, handelt es sich um kollektivrechtliche Regelungen. Sowohl Tarifverträge als auch Betriebs- und Dienstvereinbarungen werden als Kollektivvereinbarungen nicht Teil des Arbeitsverhältnisses, sondern wirken normativ auf das Arbeitsverhältnis von außen ein (§ 4 Abs. 1 TVG, § 77 Abs. 4 BetrVG; bei Dienstvereinbarungen öffentlich-rechtlicher Normenvertrag11). Ihr Charakter wandelt sich, wenn sie nicht normativ auf das Arbeitsverhältnis einwirken, sondern durch eine Bezugnahme vertraglich oder im Falle eines Betriebsübergangs Inhalt des Arbeitsverhältnisses werden.
10 BAG, Urt. v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428. 11 Richardi/Dörner/Weber/Weber, § 73, Rn 5, 6.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
I. Auslegung von Willenserklärungen 17 Für Individualverträge gilt grundsätzlich ein anderer Auslegungsmaßstab als für nor-
mative kollektivrechtliche Regelungen. Bei Verträgen sind die Willenserklärungen, die zum Vertragsschluss führen, unter Berücksichtigung aller Begleitumstände des Einzelfalles bei Vertragsschluss auszulegen.12 Der Vertrag ist auf dieser Grundlage nach § 157 BGB so auszulegen, wie die Gebote von Treu und Glaube und die Verkehrssitte es erfordern. Folglich gilt hier ein individueller, auf den Einzelfall bezogener Auslegungsmaßstab. Arbeitsverträge stellen regelmäßig Allgemeine Geschäftsbedingungen dar, die 18 einer Vielzahl von Verträgen zu Grunde gelegt werden, so dass diese nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich auszulegen sind. Hierbei sind der objektivierte Maßstab der Interessen und die Verständnismöglichkeiten der durchschnittlich beteiligten Parteien zu Grunde zu legen.13 Anzulegen ist nicht eine individuelle, sondern eine generalisierende Betrachtungsweise. Abzustellen ist bei der Auslegung nach § 157 BGB auf die typische Interessenlage der beiden Vertragsparteien, nicht auf deren individuelle Interessen.14
II. Auslegung kollektivrechtlicher Vereinbarungen 19 Kollektivrechtliche Vereinbarungen hingegen wirken wie Gesetze von außen auf Ver-
tragsverhältnisse ein und sind folglich wie Gesetze auszulegen. Hierbei ist zunächst vom Wortlaut der Regelung anhand objektiver Maßstäbe auszugehen.15 Einzubeziehen ist, wie die Normunterworfenen den Normtext verstehen müssen.16 Erst in zweiter Linie findet der Wille der Kollektivparteien Berücksichtigung, wenn mit der objektiven Begriffsauslegung kein eindeutiges Ergebnis zu erzielen ist. Tarifverträge sind auf Grund der Tarifautonomie der Tarifvertragsparteien nur 20 auf Verstöße gegen die Verfassung, höherrangiges Recht oder die guten Sitten zu überprüfen.17 Auch bei Betriebs- und Dienstvereinbarungen hat der Gesetzgeber hier eine Gleichstellung mit dem Tarifvertrag bei der Anwendung des AGB-Rechts vorgenommen. Man kann Betriebsvereinbarungen und Dienstvereinbarungen daher keiner allgemeinen Billigkeitskontrolle unterziehen.18 Sie sind vielmehr nur auf Verstöße
12 Palandt/Ellenberger § 133 BGB, Rn 15. 13 Ständige Rechtsprechung BAG, Urt. v. 17.6.2014 – 3 AZR 527/11, AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 52. 14 HWK/Gotthart, § 307 Rn 3; BGH, Urt. v. 4.7.1997 – V ZR 405/96, NJW 1997, 3022. 15 BAG, Urt. v. 26.3.2013 – 3 AZR 68/11, BeckRS 2013, 69843. 16 BAG, Urt. v. 17.04.2012 – 3 AZR 400/10, BeckRS 2012, 73017. 17 BAG, Urt. v. 6.9.1995 – 5 AZR 174/94, NZA 1996, 437. 18 BAG, Urt. v. 1.2.2006 – 5 AZR 187/05, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 28; ErfK/Preis, §§ 305 bis 310, Rn. 9.
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C. Auslegung von Willenserklärungen und anzuwendende Maßstäbe
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gegen konkurrierendes Tarifvertragsrecht nach § 77 Abs. 3 i. V. m. § 87 Abs. 1 BetrVG, Verstöße gegen die Verfassung und höherrangiges Recht oder unzulässige Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer nach §§ 74, 75 BetrVG zu überprüfen. Bei Dienstvereinbarungen ist maßgeblich, ob der durch das Personalvertretungsrecht gesetzte Rahmen eingehalten wurde. Bei der Auslegung von Kollektivverträgen ergibt sich gerade im Arbeitsrecht ein anderer Blickwinkel. Anders gerichtete Interessen, die zu völlig anderen Resultaten führen können und deren Aufarbeitung, haben die Rechtsprechung bei der Bezugnahme von Tarifverträgen die letzten Jahre maßgeblich beschäftigt. Die Rede ist von sogenannten „Gleichstellungsabreden“. Mit dem Schuldrechtsreformgesetz wurde das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Wirkung zum 1.1.2002 auch auf das Arbeitsrecht erstreckt. Zuvor wurde eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung unterschiedlich ausgelegt. Bei einem Arbeitgeber, der selbst kollektivrechtlich an den in Bezug genommenen Tarifvertrag gebunden war, weil er diesen im Falle eines Haustarifvertrages selbst ausgehandelt oder aber beim Flächentarifvertrag durch Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband legitimiert hatte, war man von einer deklaratorischen Bezugnahme ausgegangen. Zweck aus Sicht des Arbeitgebers war eine Gleichstellung der nicht in der Gewerkschaft organisierten Arbeitnehmer mit den gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern. Wurde hingegen von einem nicht an den Tarifvertrag gebundenen Arbeitgeber die gleiche Bezugnahmeklausel in dessen Arbeitsverträgen gewählt, so konnte eine solche Klausel nur konstitutive Bedeutung haben, weil nur in diesem Fall die gewünschte Bindungswirkung an den Tarifvertrag zu erzielen war. Die Interpretation einer solchen Vereinbarung als Gleichstellungsabrede führte allerdings in allen Fällen des Verlustes der Tarifbindung des Arbeitgebers dazu, dass eine Klausel mit dem Wortlaut „Es gilt der Tarifvertrag des Arbeitgeberverbandes mit der Gewerkschaft y in seiner jeweils gültigen Fassung.“ nicht mehr als dynamische Bezugnahmeklausel, sondern als statische Bezugnahmeklausel ausgelegt wurde. Der Grund lag darin, dass die Rechtsprechung die Klausel von ihrer Zielsetzung als Gleichstellungsabrede interpretiert hatte und als Rechtsfolge eine Gleichstellung mit tarifgebundenen Arbeitnehmern verfolgt hatte. Dies führte dazu, dass mit Austritt des Arbeitgebers aus dem Arbeitgeberverband der Tarifvertrag nach § 3 Abs. 3 TVG nur noch solange fort galt, wie er nicht geändert wurde.19 Das gleiche Resultat konnte eintreten, wenn der Arbeitgeber durch Wechsel der Tätigkeit nicht mehr unter den sachlichen oder räumlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrages fiel oder der Betrieb im Falle eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB auf einen neuen Inhaber überging, der normativ an den Tarifvertrag des Veräußerers nicht mehr gebunden war. Eine solche
19 BAG, Urt. v. 4.8.1993 – 4 AZR 499/92, NZA 1994, 34; BAG, Urt. v. 25.2.2009 – 4 AZR 986/07, NZA 2009, 1304.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
kollektivrechtliche Interpretation stellte die eindeutige und klare individualvertraglich getroffene Vereinbarung auf den Kopf. Der 4.Senat des BAG hat hier richtigerweise mit seinem Urteil vom 14.12.2005 eine 25 Änderung seiner Rechtsprechung angekündigt und mit seinem Urteil vom 18.07.2007 vollzogen.20 Er hat in beiden Entscheidungen deutlich gemacht, dass Vertragsklauseln nach §§ 133, 157 BGB so auszulegen sind, wie sie die Parteien nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist grundsätzlich von einem objektivierten Empfängerhorizont auszugehen.21 Bei der oben zitierten kleinen dynamischen Bezugnahmeklausel ist der Wortlaut eindeutig und klar, sodass es der Einbeziehung weiterer Faktoren nicht bedarf.22 Das BAG hat in seinen Entscheidungen hier auch nicht die Unklarheitenregelung nach § 305c BGB zur Anwendung gebracht,23 sondern festgestellt, dass zur Anwendung der Unklarheitenregelung keinerlei Anlass besteht.24 Das BAG hat klargestellt, dass es entsprechend der zuvor geäußerten Kritik aus der Literatur einer „Rückbesinnung auf allgemeine Grundsätze der Vertragsauslegung bedarf“.25 Bei Bezugnahmeklauseln nicht tarifgebundener Arbeitgeber hat sich durch die Rechtsprechungsänderung nichts geändert. In diesen Fällen wurde die gleiche Klausel schon immer als konstitutive dynamische Bezugnahme auf den in Bezug genommenen Tarifvertrag gesehen.26
III. AGB-Kontrolle eines Tarifvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder einer Dienstvereinbarung? 26 Bei Bezugnahmeklauseln werden rechtstechnisch kollektivrechtliche Regelungen
durch Bezugnahme zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses gemacht. Dies führt dazu, dass es Streitigkeiten darüber gibt, an welchen Maßstäben in Bezug genommene Kollektivregelungen zu messen sind. Sind sie nach wie vor nach kollektivrechtlichen oder auf Grund der Bezugnahme nach individualrechtlichen Maßstäben auszulegen? Auf Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Dienstvereinbarungen findet 27 nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB das AGB-Recht insgesamt keine Anwendung. Einigkeit
20 BAG, Urt. v. 14.12.2005 – 4 AZR 536/04, NZA 2006, 607; BAG, Urt. v. 18.4.2007 – 4 AZR 625/05, NZA 2007, 965; BAG, Urt. v. 14.12.2005 – 4 AZR536/04, NZA 2006, 607. 21 BAG, Urt. v. 14.12.2005 – 4 AZR 536/04, NZA 2006, 607, Rn 24, 30. 22 Thüsing/Lambrich, RdA 2002, 193, 198f; Annuß, ZfA 2005, 405, 423; Bayreuther, DB 2007, 166; Hanau, NZA 2005, 489. 23 Hümmerich/Reufels/Reufels § 1 Rn 1672. 24 BAG, Urt. v. 18.4.2007 – 4 AZR 652/05, NZA 2007, 965, Rn 53; a. A. JKOS/Oetker § 6 Rn 200; Grobys/ Panzer/Panzer-Heermeier „Bezugnahmeklausel“, Rn 22. 25 BAG, Urt. v. 18.4.2007 – 4 AZR 652/05, NZA 2007, 965, Rn 53. 26 BAG, Urt. v. 18.4.2007 – 4 AZR 652/05, NZA 2007, 965, Rn 35; HR/Reufels, § 1, Rn 1693.
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C. Auslegung von Willenserklärungen und anzuwendende Maßstäbe
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besteht zunächst darüber, dass Tarifverträge keiner AGB-Kontrolle zu unterziehen sind, wenn der Arbeitgeber selbst tarifgebunden ist und die einschlägigen Tarifverträge insgesamt in Bezug genommen werden. In diesem Fall geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Regelungen im Tarifvertrag von gleich starken Verhandlungspartnern vereinbart wurden. Von dieser Richtigkeitsgewähr sind zunächst nur die einschlägigen Tarifverträge erfasst, die im Falle einer Tarifbindung der Parteien auch normative Geltung im Betrieb hätten.27 Würde man hier Tarifverträge einer AGBKontrolle unterziehen, so würde ein Tarifvertrag für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer nach den für den Arbeitnehmer vorteilhafteren Maßstäben des AGB-Rechts zu anderen Auslegungen der Tarifvertragsklauseln kommen als für die Arbeitnehmer, für die der Tarifvertrag wegen einer Gewerkschaftszugehörigkeit normativ gilt.28 Eine unterschiedliche Auslegung der Tarifverträge für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer würde zudem eine mittelbare Tarifzensur darstellen.29 Umgekehrt greift die Richtigkeitsgewähr immer dann nicht, wenn ein Tarifvertrag oder eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung außerhalb des Bereiches in Bezug genommen wird, für die sie auch normativ gilt oder bei Tarifverträgen bei beiderseitiger Tarifgebundenheit gelten würde, da hier nicht die zuständigen Parteien in ihrem zuständigen Regelungsbereich eine Regelung getroffen haben.
1. Anwendbarkeit des § 305c BGB auf Bezugnahmeklauseln Bezugnahmeklauseln, mit denen eine bestimmte kollektivrechtliche Regelung in 28 Bezug genommen wird, sind zunächst einmal selbst Allgemeine Geschäftsbedingungen und unterliegen der Kontrolle der §§ 305 ff. BGB. Nach § 305c Abs. 1 BGB werden überraschende Klauseln nicht Vertragsbestandteil. Generell ist die Inbezugnahme eines Tarifvertrages keine überraschende 29 Klausel, sondern im Arbeitsrecht weitgehend üblich.30 Führt die Bezugnahme selbst zu Unklarheiten im Hinblick darauf, welcher Tarifvertrag in Bezug genommen wurde, so geht diese Unklarheit nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Es findet der für den Arbeitnehmer günstigere Tarifvertrag Anwendung. Die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB greift allerdings nur dann, wenn die Auslegung der Klausel zumindest zu zwei vertretbaren Ergebnissen führt und kein Ergebnis einen klaren Vorrang verdient.31 Bleibt die Klausel unklar, ob ein Tarifvertrag z. B. dynamisch oder statisch Anwendung finden soll, so führt die Anwendung des § 305c Abs. 2
27 BAG, Urt. v. 24.9.2008 – 6 AZR 76/07, NZA 2009, 154. 28 Dornbusch/Fischermeier/Löwisch/Löwisch, § 310 BGB Rn3; Löwisch/Rieble, TVG-Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 3 Rn 493. 29 Däubler/Bonin/Deinert/Däubler, § 310 BGB Rn 44. 30 BAG, Urt. v. 24.9.2008 – 6 AZR 76/07, NZA 2009, 154; BAG, Urt. v. 14.11.2012 – 5 AZR 107/11, BeckRS 2013, 67225 Rn 22; a. A. Däubler/Bonin/Deinert/Däubler, 305c, Rn 26. 31 BAG, Urt. v. 20.1.2010 – 10 AZR 914/08, NZA 2010, 445.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
BGB dazu, dass die für den Arbeitnehmer günstigere Variante greift. Dies ist bei Tarifverträgen regelmäßig die dynamische Geltung, weil hierdurch künftige Tariferhöhungen mitumfasst werden.32 Ebenso sind Verweise auf Betriebsvereinbarungen deshalb als dynamisch zu verstehen.33 Die Mehrheit der Literatur vertritt allerdings die Ansicht, dass durch die Inbe30 zugnahme eine kollektivrechtliche Regelung, wie etwa ein Tarifvertrag, Teil des Arbeitsvertrages wird und damit im Zweifel nach individualrechtlichen Maßstäben auszulegen ist. Der Arbeitgeber hat sich nach dieser Ansicht als Verwender nur das Abschreiben des Tarifvertrages erspart, übernimmt allerdings als Verwender die Verantwortung für die Formulierung des Tarifvertrages.34 Dem kann nicht gefolgt werden. Diese Auffassung würde dazu führen, dass Tarifverträge entgegen der gesetzlichen Vorgabe der Kontrollfreiheit bei Anwendung des AGB-Rechts im Fall einer Bezugnahme einer Kontrolle unterzogen werden. „Ein Auslegungsgrundsatz, wonach Tarifverträge im Zweifel zugunsten der betroffenen Arbeitnehmer zu interpretieren wären, würde die Tarifautonomie verletzen.“35 Unabhängig davon ob ein Tarifvertrag normativ oder durch vertragliche Bezugnahme gilt, erzeugt er die gleiche Wirkung. Das BAG hat in einer neueren Entscheidung dies ausdrücklich klargestellt. und festgehalten, dass das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Anwendung findet, wenn ein einschlägiger Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist, der seinerseits eine Befristung oder eine auflösende Bedingung vorsieht. Die einem Tarifvertrag zukommende Ausgewogenheit ist auch dann gegeben, wenn der sonst normativ gültige Tarifvertrag durch vertragliche Inbezugnahme Anwendung findet, zumindest wenn der Tarifvertrag insgesamt Anwendung findet.36 Divergierende Kontrollmaßstäbe individualrechtlicher Art auf in Bezug genommene Tarifverträge und kollektivrechtlicher Art bei normativ geltenden Tarifverträgen sind nicht hinnehmbar. Insofern handelt es sich bei der Entscheidung des BAG vom 23.7.2014 um keine ergebnisorientierte Abweichung37 des BAG sondern um die grundsätzliche Auslegung auch in Bezug genommener Kollektivvereinbarungen nach kollektivrechtlichen Maßstäben.
32 BAG, Urt. v. 9.11.2005 – 5 AZR 128/05, NZA 2006, 202. 33 Dornbusch/Fischermeier/Löwisch/Löwisch, § 305c Rn 7; LAG Köln, Urt. v. 20.06.2006 – 9 Sa 278/06, Entscheidungsregister NRW. 34 Däubler/Bonin/Deinert/Däubler, § 305c, Rn 26. 35 BAG, Urt. v. 15.1.2015 — 6 AZR 650/13, BB 2015, 692; für eine Kontrollfreiheit Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Boemke/Ulrici, § 310 Rn 25. 36 BAG, Urt. v. 3. 9. 2003 – 7 AZR 106/03; NZA 2014, 1341; vergleiche auch EuGH, Urt. v. 11.9.2014 – C-328/13 (Österreichischer Gewerkschaftsbund/Wirtschaftskammer Österreich – Fachverband Autobus-, Luftfahrt- und Schifffahrtsunternehmungen), NZA 2014 1092. 37 so aber Preis/Greiner II V 40 Rn 60a.
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C. Auslegung von Willenserklärungen und anzuwendende Maßstäbe
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2. Anwendbarkeit der Unklarheitenregelung nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des 31 Vertragspartners des Verwenders, hier also des Arbeitnehmers, ergeben, wenn eine Klausel unklar formuliert ist. Auch hier ist zunächst unstreitig, dass die Klausel, mit der eine kollektivrechtliche Regelung in Bezug genommen wird, der AGB-Kontrolle unterliegt. Werden beispielsweise durch eine Bezugnahmeklausel mehrere Tarifverträge gleichzeitig in Bezug genommen, ohne dass einer der Tarifverträge als vorrangig benannt wird, ergeben sich Zweifel, welcher Tarifvertrag überhaupt benannt sein soll. Sind diese „Tarifverträge“ noch dazu von einer nicht tariffähigen Gewerkschaft abgeschlossen worden, so fehlt es an einem Tarifvertrag im Rechtssinne, der mit der Bezugnahmeklausel in Bezug genommen werden kann. Eine solche Bezugnahme ist unklar, geht ins Leere und ist daher nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB rechtsunwirksam.38 Streitig ist auch hier, ob ein wirksam in Bezug genommener Tarifvertrag durch 32 die Inbezugnahme nach den Maßstäben von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB einer Kontrolle zu unterziehen ist. Ein Teil der Literatur geht davon aus, dass der Tarifvertrag mit der Einbeziehung in den Arbeitsvertrag Teil des Arbeitsvertrages geworden sei und daher die AGB-Regelungen Anwendung finden.39 Nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB finden die §§ 305 bis 310 BGB aber keine Anwendung auf Tarifverträge. Das Gesetz enthält keinen Hinweis, dass im Falle einer vertraglichen Inbezugnahme statt einer normativen Anwendung etwas anderes gelten sollte. Tarifverträge stehen nach § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB als Rechtsvorschriften Gesetzen gleich, so dass §§ 307 Abs. 1 und 2 und 308, 309 BGB auf Fälle der Inbezugnahme von Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und Dienstvereinbarungen nicht anwendbar sind. In diesen Fällen führt die Bezugnahmeklausel jedenfalls, soweit das ganze Tarifwerk in Bezug genommen wird, zu keiner Abweichung, sondern zur Anwendung gesetzesgleicher Vorschriften, wie das BAG zutreffend hervorhebt.40 Die Bundesregierung hatte in einer Gegenäußerung zu einer Stellungnahme des Bundesrates die Auffassung vertreten, dass eine Transparenzkontrolle stattfinde, wenn beide Seiten nicht tarifgebunden seien und einen Tarifvertrag arbeitsvertraglich in Bezug nehmen würden.41 Das BAG hat zunächst für den Fall, dass ein Arbeitgeber tarifgebunden ist und 33 durch die Bezugnahmeklausel Tarifaußenseiter arbeitsvertraglich an den Tarifvertrag binden will, zutreffend entschieden, dass in diesem Fall eine Unklarheitenkontrolle des in Bezug genommenen Tarifvertrages ausscheide. Dies würde sonst dazu führen, dass in einem Betrieb einzelne Klauseln eines Tarifvertrages wegen Verstoß gegen
38 BAG, Urt. v. 13. 3. 2013 – 5 AZR 954/11, NZA 2013, 680 (equal pay Entscheidung des BAG zu Tarifverträgen der CGZP). 39 Lakies, Kapit. 1, Rn 207; ErfK/Preis §§ 305–310, Rn 15; Stoffels, ZfA, 2009, 861; Ulmer/Brandner/ Hensen/Fuchs, § 310, Rn 162; Däubler/Bonin/Deinert/Deinert, § 310, Rn 58a; Däubler/Hjort/Schubert/ Wolmerath/Boemke/Ulrici, § 310, Rn 24. 40 BAG, Urt. v. 28.06.2007 – 6 AZR 750/06, NZA 2007, 1049. 41 BT‑Drucks. 14/6857 S. 54.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB gegenüber Arbeitnehmern ohne Tarifbindung unwirksam wären und im gleichen Betrieb gegenüber Gewerkschaftsmitgliedern wirksam wären. Es bestünde damit die Gefahr einer mittelbaren Tarifzensur.42 Das Gericht hatte damals ausdrücklich nicht den Fall zu entscheiden, wie zu ver34 fahren ist, wenn beide Parteien nicht tarifgebunden sind, aber den sonst sachlich und örtlich einschlägigen Tarifvertrag in Bezug genommen haben. Auch hier kann keine Kontrolle des Tarifvertrages auf Unklarheiten erfolgen, wenn sich das Gericht nicht zum Zensor des Tarifvertrages machen lassen will. Bestehen Unklarheiten, wie eine Norm eines Tarifvertrages auszulegen ist, so sind diese mit den Maßstäben des Kollektivrechts zu lösen. Eine andere Vorgehensweise würde dazu führen, dass ein und derselbe Tarifvertrag unterschiedlich interpretiert würde und auch im gleichen Arbeitsverhältnis zwischen den gleichen Parteien vor und nach einem Austritt des Arbeitgebers aus dem Arbeitgeberverband unterschiedlich auszulegen wäre.
D. Formen der Inbezugnahme I. Vertragliche Einbeziehung 35 Der Arbeitsvertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit nicht der Einhaltung einer bestimm-
ten Form, sondern kann z. B. jederzeit auch mündlich geschlossen werden oder sogar konkludent erfolgen.43 Insofern kann auch mündlich eine Bezugnahme auf einen Tarifvertrag oder einen anderen kollektivrechtlichen Normenvertrag erfolgen.
II. Einbeziehung durch betriebliche Übung 36 Eine Bezugnahme kann auch durch eine betriebliche Übung erfolgen.44 Eine betrieb-
liche Übung kommt dadurch zustande, dass der Arbeitgeber durch mehrmaliges, mindestens dreimaliges Verhalten dem Arbeitnehmer zu erkennen gibt, dass er bestimmte Leistungen innerhalb des Arbeitsverhältnisses auf Dauer erbringen will. Nach der vom BAG vertretenen Vertragstheorie ist in der Leistung des Arbeitgebers ein Angebot zur entsprechenden Änderung des Arbeitsvertrages zu sehen, das nach § 151 BGB durch den Arbeitnehmer auch stillschweigend durch Entgegennahme der
42 BAG, Urt. v. 28.6.2007- 6 AZR 750/06, NZA 2007, 1049. 43 HWK/Henssler Rn 19; BAG, Urt. v. 19.1.1999 – 1 AZR 606/98, NZA 1999, 879. 44 BAG, Urt. v. 3.11.2004 – 5 AZR 622/03, NZA 2005, 1208; BAG, Urt. v. 3.11.2004 – 4 AZR 541/03, BeckRS 2004 30345697; BAG, Urt.v. 17.4.2002 – 5 AZR 89/01, NZA 2002, 1096.
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D. Formen der Inbezugnahme
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Leistung angenommen werden kann.45 Es genügt hierbei nicht, wenn einzelne Zahlungen auf Grund eines bestimmten Tarifvertrages geleistet werden.46 Der Arbeitgeber muss vielmehr durch sein nach außen gerichtetes Verhalten zu erkennen geben, dass er den Tarifvertrag in Gänze auf alle Arbeitnehmer anwenden will.47 Bei einer nur fehlerhaften Anwendung eines vermeintlich für den Arbeitgeber geltenden Tarifvertrages fehlt das Erklärungsbewusstsein des Arbeitgebers eine zusätzliche Leistung erbringen zu wollen, zu der er nicht verpflichtet ist.48 Auch aus der Weitergabe von Tariflohnerhöhungen in der Vergangenheit lässt sich nicht schließen, dass der Arbeitgeber für die Zukunft in gleicher Weise verfahren will. Insbesondere ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich zunächst auch nicht an künftige Tariferhöhungen binden.49 Zweifel sind darüber hinaus gegeben, ob der Arbeitgeber sich auf Dauer an den in Bezug genommenen Tarifvertrag binden will, oder ob sein nach außen gerichtetes Verhalten besagt, dass er den Tarifvertrag anwenden will, in dessen Regelungsbereich er von der Branche und den örtlichen Gegebenheiten fällt.50 Aus der Anwendung eines bestimmten Tarifvertrages kann weder beim tarifgebundenen Arbeitgeber, noch beim tarifungebundenen Arbeitgeber ein Rechtsbindungswille an den durch betriebliche Übung in Bezug genommenen Tarifvertrag auf Dauer abgeleitet werden. Der tarifgebundene Arbeitgeber kann sich durch Verbandsaustritt jeweils der Tarifbindung entziehen. Der tarifungebundene Arbeitgeber hat gerade durch seine Nichtbindung deutlich gemacht, dass er sich nicht dauerhaft binden will. Hieraus kann aber entgegen der Auffassung von Sutschet keine nach außen gerichtete Willenserklärung gefolgert werden, den jeweils für den Betrieb gültigen Tarifvertrag in Bezug nehmen zu wollen. Finden in einem Betrieb mehrere verschiedene Tarifverträge Anwendung, dürfte der Tarifvertrag dann auch schwierig bestimmbar sein. In diesem Fall kann nur davon ausgegangen werden, dass sich der Arbeitgeber an 37 den angewandten Tarifvertrag in seiner vorliegenden Form binden wollte. Unstrittig dürfte sein, dass aus der Anwendung eines Tarifvertrages nur der Wille des tarifungebundenen Arbeitgebers ablesbar ist, den Tarifvertrag in seiner aktuellen Fassung anwenden zu wollen. Eine Verpflichtung, künftige Tarifsteigerungen weiterzugeben,
45 BAG, Urt. v. 21.6.2011 − 9 AZR 203/10, NZA 2011, 1338; Vertreter der Vertrauenshaftungstheorie sehen in dem Verhalten des Arbeitgebers einen Vertrauenstatbestand, der wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens zu einer schuldrechtlichen Bindung führt(Canaris: Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, 372 ff; Hromodka, NZA 1984, 241, 244; Richardi in MünchArbR, § 12, Rn 19 f.) Vertreter der normativen Geltung gehen von einer normativen Rechtsetzungsbefugnis des Betriebsinhabers aus, welche normativ gilt und einseitig unter Wahrung der Billigkeit widerrufbar ist (RAG, Urt.v. 7.9.1938 – RAG 40/38, RAGE 20, 129; Thüsing, NZA 2005, 718, 721; Bepler, RdA 2004, 226, 236; Bepler, RdA 2005, 323, 328). 46 MaSiG/Holthausen, „Bezugnahmeklausel“ Rn 10. 47 BAG, Urt. v. 3.11.2004 – 5 AZR 622/03, NZA 2005, 1208, Nr. 4. 48 BAG, Urt. v. 21.1.2003 -3 AZR 35/02, NJOZ 2004, 3328; NZA 2004, 1119; Löwisch/Rieble, § 3, Rn 528. 49 BAG, Urt. v. 3.11.2004 – 5 AZR 622/03, NZA 2005, 1208. 50 So ausdrücklich Sutschet, NZA 2008, 679, 687.
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erfolgt hieraus nicht.51 Dies gilt auch für den tarifgebundenen Arbeitgeber. Ein Teil der Literatur geht bei einem tarifgebundenen Arbeitgeber, der mehrere Male hintereinander die Tariferhöhungen weitergegeben hat, davon aus, dass hierin ein nach außen gerichtetes Erklärungsverhalten zu sehen ist, auch in Zukunft Tariferhöhungen weitergeben zu wollen.52 Eine solche Auslegung, dass der Arbeitgeber auf immer und ewig an einen Arbeitgeberverband und dessen Tarifverträge gebunden sein soll, würde aber gegen die positive Koalitionsfreiheit der organisierten Arbeitnehmer verstoßen.53 Bei einer Inbezugnahme kollektivrechtlicher Regelungen durch betriebliche Übung kann der Arbeitgeber nach der Vertragstheorie wie auch nach der Theorie der Vertrauenshaftung nur an dem durch seine Handlung nach außen an die Arbeitnehmer gerichteten Erklärungswillen festgehalten werden, der sich darauf beschränkt, den zurzeit bestehenden Kollektivvertrag zur Anwendung zu bringen. Daher kann auch bei der Inbezugnahme eines Tarifvertrages durch betriebliche Übung gefolgert werden, dass der Arbeitgeber den jeweils für ihn geltenden Tarifvertrag zur Anwendung bringen will und die Klausel als Tarifwechselklausel interpretiert werden.54 Wendet der Arbeitgeber den Tarifvertrag in Gänze an, so führt dies auch dazu, 38 dass tarifvertragliche Ausschlussfristen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden.55 Wurden bestimmte eigenständig geregelte Bereiche nicht angewandt, wie zum Beispiel Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung, so wurden diese Bereiche auch nicht durch die betriebliche Übung einbezogen. Der Arbeitgeber ist durch die Inbezugnahme durch betriebliche Übung nicht an künftige dynamische Entwicklungen der Kollektivnorm gebunden, es sei denn er hat vertraglich eine ausdrückliche Zusage hinsichtlich der dynamischen Entwicklung getroffen. Er ist an die jeweils geltenden Tarifverträge gebunden.
III. Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz 39 Der Arbeitgeber ist mittelbar auch an die Werteordnung des Grundgesetzes gebun-
den, hier insbesondere auch an den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Der Arbeitgeber ist nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet, seine Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage bei der Anwendung selbst gesetzter Regeln gleich zu behandeln.56 Er verbietet dem Arbeitgeber sowohl
51 BAG, Urt. v. 3.11.2004 – 5 AZR 622/03, NZA 2005, 1208; BAG, Urt. v. 24.2.2016 – 4 AZR 990/13, BB 2016, 884. 52 JKOS/Oetker, § 6, Rn 217. 53 Sutschet, NZA 2008, 679, 686; Henssler in Festschrift 50 Jahre BAG 2004, 683, 697; Kania, NZA Sonderbeil. zu Heft 3/20000, 45, 50. 54 So aber Sutschet, NZA 2008, 679, 685. 55 BAG, Urt. v. 19.1.1999 – 1 AZR 606/98, NZA 1999, 879. 56 MüKo/Müller-Glöge, § 611 BGB, Rn 1123.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer als auch die sachgrundlose Besserstellung, wenn es hierfür keine billigenswerten Gründe gibt.57 Grundsätzlich kann der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz auch eine 40 Anspruchsgrundlage darstellen, die Anwendung eines bestimmten Tarifvertrages auf das Arbeitsverhältnis zu fordern. Dies setzt voraus, dass der Tarifvertrag auf alle Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer oder einer mit dem betreffenden Arbeitnehmer vergleichbaren Gruppe von Arbeitnehmern angewandt wird und der betreffende Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund von dieser Leistung ausgeschlossen wird.58
E. Bezugnahme auf Tarifvertrag Durch die Inbezugnahme eines Tarifvertrages auf das Arbeitsverhältnis wird der 41 Tarifvertrag schuldrechtlich Teil des Arbeitsvertrages. Er wirkt nicht normativ auf das Arbeitsverhältnis von außen ein, steht also nicht wie das Gesetz neben dem Arbeitsvertrag, sondern ist Teil des Arbeitsvertrages. Die Inbezugnahme von Tarifverträgen verstößt nicht gegen § 5 UrhG.59
I. Deklaratorische oder konstitutive Wirkung? 1. Einleitung Von einer bloß deklaratorischen Wirkung einer Vereinbarung ist immer dann aus- 42 zugehen, wenn durch die Vereinbarung eine ohnehin geltende Rechtslage wiedergegeben wird.60 Konstitutiv hingegen ist eine Klausel, wenn sie rechtsbegründende Wirkung haben soll. Ob eine Klausel bloß deklaratorisch oder aber konstitutiv wirken soll, hängt ausschließlich vom Parteiwillen ab und kann in der Regel aus dem mit der Klausel verfolgten Zweck im Wege der Vertragsauslegung nach § 157 BGB geschlossen werden. So ist man in der Vergangenheit immer dann von einer rein deklaratorischen Wirkung einer Bezugnahmeklausel auf einen Tarifvertrag ausgegangen, wenn der Tarifvertrag die ohnehin normativ bestehende Bindung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer an einen Tarifvertrag durch Verbands- bzw. Gewerkschaftszugehörigkeit wiedergegeben hat.
57 Grobys/Panzer/Altenburg „Gleichbehandlungsgrundsatz“ Rn 3; BAG, Urt. v. 14.6.2006 – 5 AZR 584/05, NZA 2007, 221; BAG, Urt. v. 10.12.2008 – 10 AZR 35/08, NZA 2009, 258; BAG, Urt. v. 15.4.2008 – 1 AZR 65/07, NZA 2008, 888; BAG, Urt. v. 03.09.2014 – 5 AZR 6/13, NZA 2015, 222. 58 BAG, Urt. v. 3.11.2004 – 4 AZR 541/03, BeckRS 2004 30345697,Nr. 5. 59 BAG, Urt. v. 11.11.1968 – 1 AZR 16/68, NJW 1969, 861. 60 Hümmerich/Reufels/Reufels, § 1, Rn 1634; Wiedemann/Oetker , § 3, Rn. 347; Hein: Die Auslegung arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklauseln im Wandel der Rechtsprechung, 2013, S. 16.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
Bis zum 14.12.2005 ist der 4. Senat des BAG in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass eine kleine dynamische Bezugnahmeklausel bei bestehender Tarifbindung des Arbeitgebers nur den Zweck verfolge, eine eventuell fehlende Tarifbindung des Arbeitnehmers zu ersetzen und ihn mit den in der Gewerkschaft organisierten Arbeitnehmern gleichzustellen.61 Entsprechend ist man bei bereits gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern davon ausgegangen, dass die vertragliche Inbezugnahme des Tarifvertrages rein deklaratorischer Natur sei.62
2. Konstitutive Wirkung
44 Diese früher vertretene Ansicht wird mittlerweile weder in der Literatur noch in der
Rechtsprechung länger vertreten,63 weil sie zu rechtlich nicht haltbaren, weil völlig verschiedenen Ergebnissen führt, wenn sich Randbedingungen ändern. Überdies hat diese Differenzierung nach der geänderten Rechtsprechung des BAG64 keine Grundlage mehr. Ist eine der Vertragsparteien oder sind beide Parteien nicht tarifgebunden, so müssen die Parteien eine konstitutive Wirkung gewollt haben, weil sonst die Klausel keine Rechtswirkung entfaltet. Dies ist immer dann der Fall, wenn ein fremder Tarifvertrag in Bezug genommen wird, an den die Parteien bei normativer Bindung nicht gebunden wären, weil sie fachlich oder örtlich nicht in den Wirkungsbereich des Tarifvertrages fallen. Sie ist auch dann gegeben, wenn beide Vertragsparteien wissen, dass eine Partei nicht tarifgebunden ist oder wenn die Tarifgebundenheit nicht Gegenstand der Vertragsverhandlungen war. Hiervon ist regelmäßig auszugehen, weil die Frage des Arbeitgebers nach der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft beim Einstellungsgespräch wegen des damit verbundenen Eingriffs in die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers nach Art. 9 Abs. 3 GG, Art 28 EU-GRCh unzulässig ist.65 Sie ist darauf gerichtet, die Auswahlentscheidung unter den Bewerbern von der Frage der Gewerkschaftszugehörigkeit abhängig zu machen. Dies stellt bereits eine nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG unzulässige Maßnahme dar.66 In diesem Fall ist folglich ebenso davon auszugehen, dass die Parteien die Bezugnahme konstitutiv vereinbart haben.
61 BAG, Urt. v. 26.9.2001 – 4 AZR 544/00, NZA 2002, 634. 62 BAG, Urt. v. 26.9.1979 – 4 AZR 819/77, NJW 1980, 1591; Etzel, NZA-Beil. 1/1987, 19, 25; Frieges, DB 1996, 1281, 1282; Heinze, NZA Sonderheft 2011, 75, 76; Schaub ZTR 2000, 259; Schiefer DB 2005, 2134, 2135. 63 BAG, Urt. v. 19.3.2003 – 4 AZR 331/02; NZA 2003, 1207; BAG, Urt. v. 29.8.2007 – 4 AZR 767/06, NZA 2008, 364. 64 BAG Urt. v. 14.12.2005 – 4 AZR 536/04, NZA 2006, 607. 65 Thüsing/Forst, Thüsing, Beschäftigtendatenschutz, § 7, Rn 30; ErfK/Dieterich, Art. 2 GG, Rn 96. 66 BAG, Beschl. v. 28.3.2000 – 1 ABR 16/99, NZA 2000, 1294.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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3. Deklaratorische Wirkung Das Nachweisgesetz setzt die EU-Richtlinien 91/533/EWG um. Es verpflichtet den Arbeitgeber nach § 2 Abs. 1 NachwG spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und die Niederschrift dem Arbeitnehmer unterschrieben auszuhändigen. Die wesentlichen Inhalte der Niederschrift sind in § 2 Abs. 1 NachwG aufgelistet und können nach Abs. 3 ersetzt werden durch den Hinweis auf die einschlägigen Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen und ähnliche Regelungen, die für das Arbeitsverhältnis gelten oder nach Abs. 4 in einem Arbeitsvertrag niedergelegt werden. Wesentliche Änderungen hat der Arbeitgeber nach § 3 Satz 1 NachwG ebenfalls durch Niederschrift festzuhalten und unterschrieben innerhalb der Frist von einem Monat dem Arbeitnehmer mitzuteilen. Satz 1 gilt nicht bei einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften, Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen und ähnlichen Regelungen, die für das Arbeitsverhältnis gelten (§ 3 Satz 2 NachwG). Das Nachweisgesetz selbst begründet keine Verpflichtung Arbeitsverträge schriftlich abzuschließen. Arbeitsverträge können grundsätzlich formfrei durch mündliche Erklärung oder konkludent durch Arbeitsaufnahme und Zahlung einer Vergütung geschlossen werden. Legt der Arbeitgeber aber die wesentlichen Arbeitsbedingungen nicht schriftlich nieder, so ist das Verhalten des Arbeitgebers als Beweisvereitelung anzusehen, da das Nachweisgesetz die erleichterte Beweisführung des Arbeitnehmers intendiert.67 Es führt zu einer Beweiserleichterung bis hin zur Beweislastumkehr im Prozess.68 Im Hinblick auf tarifvertraglich vereinbarte Ausschlussfristen genügt der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht hierauf bereits, wenn er auf den die Ausschlussfrist beinhaltenden Tarifvertrag hinweist.69 Weist er hierauf nicht hin, so kann dies zu Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers nach §§ 286 Abs. 1, 284 Abs. 2, 249 BGB führen.70 Der Arbeitgeber ist also gut beraten, Arbeitsverträge schriftlich abzuschließen. Wird für das Arbeitsverhältnis generell ein bestimmter Tarifvertrag durch Bezugnahmeklausel zu Grunde gelegt, so empfiehlt es sich gleichwohl bestimmte Festlegungen auch im Arbeitsvertrag wiederzugeben, auch wenn sie im Tarifvertrag enthalten sind. Werden bei einer dynamischen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag bestimmte tarifvertragliche Leistungen und Gegenleistungen wie Entgelt, Urlaubsdauer, Arbeitszeit im Arbeitsvertrag in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geregelten Höhe wiedergegeben, so handelt es sich, ohne dass weitere Anhaltspunkte im Arbeitsver-
67 Schaub/Linck, § 32, Rn 45; HWK/Kliemt, NachwG, Vorb. Rn. 42; MüKo-BGB/Müller-Glöge § 611, Rn. 687; ErfK/Preis, NachwG, Einf. Rn. 22. 68 ErfK/Preis, NachwG, Einf. Rn 23. 69 BAG, Urt. v. 23.1.2002 – 4 AZR 56/01, NZA 2002, 800. 70 BAG, Urt. v. 29.5.2002 – 5 AZR 105/01, NZA 2002, 1360.
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trag gegeben sind, immer um eine deklaratorische Wiedergabe des Tarifvertrages. Regelmäßig sollen damit keine vom Tarifvertrag unabhängigen Arbeitsbedingungen als einzelvertragliche Regelungen neben dem Tarifvertrag mit konstitutiver Wirkung begründet werden.71 Die Angabe der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen tariflichen Arbeitszeit im Arbeitsvertrag kann ohne weitere Anhaltspunkte nicht als konstitutiv angesehen werden. Erhöht sich die tarifvertraglich festgelegte Arbeitszeit, so greift diese auch im Arbeitsvertrag auf Grund der dynamischen Bezugnahme auf den Tarifvertrag.72 Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass der Verweis auf kollektive Regelun49 gen oder die Wiedergabe deren Inhalts als bloßer rechtlicher Hinweis und nicht als Willenserklärung verstanden wird.73 Bei der Formulierung eines Arbeitsvertrages mit einer dynamischen Bezugnahme 50 auf einen Tarifvertrag sollte gleichwohl darauf geachtet werden, den Arbeitsvertrag so klar zu formulieren, dass der deklaratorische Charakter der Wiedergabe kollektivrechtlicher Regelungen im Vertrag deutlich gemacht wird. Klauselmuster Dem Arbeitsvertrag liegen die Tarifverträge der ……Industrie in ihrer jeweiligen Fassung zu Grunde. Bei der Wiedergabe tariflicher Ansprüche handelt es sich um deklaratorische Angaben, die tarifvertraglichen Änderungen unterliegen. 51 Üblicherweise werden auch in einem Arbeitsvertrag mit Tarifbindung die folgenden
Punkte im Vertrag genannt:
Checkliste Art und Ort der Tätigkeit mit Versetzungsvorbehalt Höhe des tariflichen Entgelts Arbeitszeit Beginn des Vertrages Kündigungsfristen Urlaubsdauer Sonderzahlungen Abtretungsverbot Nebentätigkeiten
71 BAG, Urt. v. 12.9.2006 – 9 AZR 675/05, NZA 2007, 218; BAG, Urt. v. 28.6.2001 – 6 AZR 114/00, NZA 2002, 331. 72 BAG, Urt. v. 10.7.2013 – 10 AZR 898/11, NZA 2014, 392. 73 BAG, Urt. v. 18.11.2003 – 1 AZR 604/02, NZA 2004, 803; BAG, Urt. v. 12.3.2008 – 10 AZR 256/07,AP BGB § 611 Nr. 6.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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Der Arbeitgeber kann nach § 106 Satz 1 GewO den Arbeitsort im Rahmen des Direk- 52 tionsrechts festlegen. Die Festlegung selbst unterliegt nur einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB.74 Der Arbeitgeber sollte bei der Bezeichnung des Arbeitsortes deutlich machen, dass er sich den Einsatz auch an einem anderen Ort vorbehält. Mit der Überschrift „Beginn der Tätigkeit“ macht der Arbeitgeber zum Beispiel deutlich, dass ein Einsatz des Arbeitnehmers auch an einem anderen Standort erfolgen kann und der angegeben Arbeitsort nur den Ort der Arbeitsaufnahme bezeichnet.75 Vertragsmuster Der Arbeitnehmer kann im Rahmen der vertraglich vereinbarten Tätigkeit im Tätigkeitsgebiet (Vertriebsgebiet xy) der Gesellschaft unter Wahrung der Grundsätze billigen Ermessens eingesetzt werden. Der Arbeitsort zu Beginn der Tätigkeit ist … „
Bei der Gestaltung des Arbeitsvertrages werden beide Parteien auf die gesetzliche 53 Selbstverständlichkeit der Wahrung billigen Ermessens hingewiesen. Ein zu weit gefasster Tätigkeitsbereich kann dem Arbeitgeber im Falle eines Personalabbaus Schwierigkeiten dergestalt bereiten, den Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Mitarbeiter ausdehnen zu müssen oder so weit gefasst zu sein, dass eine Abgrenzung unklar wird.76 Das BAG hat es in einer umstrittenen Entscheidung für zulässig erachtet hinsichtlich des Arbeitsortes die umfassende Bestimmungsmöglichkeit des Arbeitsortes nach § 106 Abs. 1 GewO in einer Vertragsklausel zu wiederholen.77 Eine solche Klausel ist zulässig, da sie keine vom Gesetz abweichende AGB darstellt. Streitigkeiten über die Billigkeit einer Versetzung sind dann aber häufig vorprogrammiert. Bei der Höhe des Entgelts, des Urlaubs oder der Arbeitszeit sollte mit den Worten 54 „nach Tarifvertrag … zurzeit“ deutlich gemacht werden, dass sich die Höhe der tarifvertraglichen Leistungen und Gegenleistungen mit dem Tarifvertrag ändern kann. Vertragsmuster Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt nach § 6 TVöD zurzeit 39 Stunden. Der Mitarbeiter hat tarifvertraglich nach § … des Tarifvertrages … einen Anspruch auf zurzeit 30 Tage Urlaub.
74 BAG, Urt. v. 28.8.2013 – 10 AZR 569/12, NZA-RR 2014, 181, Rn 19 f; BAG, Urt. v. 26.9.2012 – 10 AZR 311/11, NZA-RR 2013, 403, Rn 18. 75 BAG, Urt. v. 28.8.2013 – 10 AZR 569/12, NZA-RR 2014, 181. 76 Hümmerich/Reufels/Borgmann, § 1 Rn 616. 77 BAG, Urt. v. 13. 4. 2010 – 9 AZR 36/09, NJOZ 2010, 2625.
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55 Bei der Höhe des Entgelts kommt es häufig zu Rechtsstreitigkeiten, ob sich die Par-
teien im Arbeitsvertrag mit der wiedergegebenen Eingruppierung und der Entgelthöhe unabhängig von der tarifvertraglich zutreffenden Eingruppierung auf eine Entgelthöhe nach der angegebenen Entgeltgruppe verständigen wollten. Bei Arbeitsverträgen innerhalb des öffentlichen Dienstes mit einer Bezugnahme auf Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gehen die Parteien regelmäßig davon aus, dass der Nennung der Entgeltgruppe keine konstitutive Wirkung zukommt, sondern sich die Entgeltgruppe tarifvertraglich aus der Art der zugewiesenen Tätigkeit nach Tarifvertrag ergibt.78
4. Zulässigkeitsfragen a) Globalverweisung 56 Wird insgesamt auf den Tarifvertrag verwiesen an den der Arbeitgeber gebunden ist oder im Falle einer fehlenden Bindung gebunden wäre, so greift die Richtigkeitsvermutung des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB, so dass eine AGB-Kontrolle von Tarifverträgen auch dann nicht erfolgt, wenn sie durch Bezugnahme zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses gemacht werden (Rn 30). Es ist keine AGB-Kontrolle durchzuführen. Der in Bezug genommene Tarifvertrag ist auch entgegen einer teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung keiner Unklarheiten- oder Transparenzkontrolle zu unterziehen (Rn 28 ff.). Wird hingegen auf einen branchenfremden Tarifvertrag verwiesen, so greift diese Richtigkeitsvermutung nicht, da der andere Tarifvertrag vor dem Hintergrund anderer ökonomischer und betrieblicher Rahmenbedingungen geschlossen wurde. In diesem Fall ist eine Kontrolle nach dem AGB-Recht in vollem Umfang durchzuführen.79
b) Teilverweisung
57 Fraglich ist, ob für den Fall, dass nur auf einen bestimmten Teil eines einschlägigen
Tarifvertrages, an den der Arbeitgeber bei normativer Bindung gebunden wäre Bezug genommen wurde, die Richtigkeitsvermutung des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB greift und der Teilverweis ebenfalls keiner AGB-Kontrolle zu unterziehen ist. Sind Teilverweise gesetzlich vorgesehen, um tariflich vom Gesetz abweichende Regelungen zuzulassen, so ist eine solche Bezugnahme gerade gesetzlich erlaubt (z. B. § 622 Abs. 4 Satz 2 BGB, § 13 Abs. 1 Satz 2 BUrlG; § 7 Abs. 3 ArbZG, § 4 Abs. 4 Satz 2 EFZG). Die Bezugnahme auf eine solche Teil- oder Einzelverweisung stellt somit keine vom Gesetz abweichende Regelung dar, die einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 BGB zu unterziehen wäre.
78 BAG, Urt. v. 16.2.2000 – 4 AZR 62/99, AP Nr. 3 zu § 2 NachwG. 79 Preis/Greiner II V Rn 84.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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Bei nicht gesetzlich geregelten Teilverweisungen besteht grundsätzlich die 58 Gefahr, dass der Arbeitgeber die für sich vorteilhaften Regelungen eines Tarifvertrages übernimmt und weniger vorteilhafte Regelungen außen vor lässt. Ein Teil der Literatur hält Teilverweisungen daher für unzulässig, da nur eine 59 Bezugnahme auf einen gesamten Tarifvertrag gewährleiste, dass ein Ausgleich gegenseitiger Interessen stattfinde. Hier sei eine „Angemessenheitskontrolle“ in Gestalt einer Inhaltskontrolle durchzuführen.80 Die Kritiker gehen zunächst zu Recht davon aus, dass bei Teilbereichsverweisungen die Gefahr besteht, dass der Arbeitgeber die ihm günstigen Tarifvertragsregelungen in Bezug nehmen und die ihm ungünstigen Regelungen nicht in Bezug nehmen wird. Ein solches „Rosinen picken“ wäre unzulässig, weil zunächst nur der Tarifvertrag insgesamt die Richtigkeitsvermutung in sich trägt. Es stellt allerdings bei der Anwendung des AGB-Rechts auf Arbeitsverträge nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB zu berücksichtigende Besonderheiten des Arbeitsrechts dar, dass Tarifvertragsparteien zu abgrenzbaren Teilbereichen eigenständige Tarifverträge oder in Manteltarifverträgen in sich abgrenzbare und abgeschlossene Teilregelungen schaffen. Solche Teilbereichsregelungen tragen ebenfalls die Richtigkeitsgewähr eines 60 Tarifvertrages in sich, wenn nach dem erkennbaren Regelungswillen der Tarifvertragsparteien eine in sich vollständige und abgeschlossene Regelung vorgenommen wurde. Als Beispiele seien die Tarifverträge zur betrieblichen Altersversorgung des öffentlichen Dienstes im ATV-K und ATV-B oder tarifvertragliche Regelungen zur Vergütung und zum Aufwendungsersatz von Mitarbeitern im Außendienst der Versicherungswirtschaft genannt. Voraussetzung ist, dass im Arbeitsvertrag Teile eines Tarifvertrags in Bezug genommen werden, die das betroffene Arbeitsverhältnis umfassend regeln. In diesem Fall benachteiligt eine solche Klausel den Arbeitnehmer nicht unangemessen.81 Solche Teilbezugsnahmen sind daher im Arbeitsrecht zulässig.
c) Bezugnahme auf einen branchenfremden Tarifvertrag Wird ein branchenfremder Tarifvertrag in Bezug genommen, so unterliegt er in vollem 61 Umfang der Kontrolle nach dem AGB-Recht, da für ihn die Richtigkeitsgewähr, die den Gesetzgeber zur Herausnahme der Tarifverträge aus der AGB-Prüfung in § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB veranlasst hat, nicht greift (Rn 25). Die Richtigkeitsgewähr von Tarifverträ-
80 Hümmerich/Boecken/Düwell/Ebeling, § 310 BGB, Rn 26; ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB, Rn 18 f.; HWK/Gotthardt, § 307 BGB, Rn 14; Löwisch/Rieble, § 3, Rn 501; Reinecke, NZA 2000, Beil. 3, 23, 29; Thüsing/Lambrich, NZA 2002, 1361; Diehn, NZA 2004,129; Preis/Greiner II V 40 Rn 25, 88; Lakies, NZA 2004, 569, 572. 81 BAG, Urt. v. 6.5.2009 – 10 AZR 390/08, NZA-RR 2009, 593; a. A. BGH, Urt. v. 22.1.2004 – VII ZR 419/02, NJW 2004, 1597; Hümmerich/Boecken/Düwell/Hümmerich, § 310 BGB Rn 22; Diehn, NZA 2004, 129. 131; HWK/Gotthardt § 307 BGB Rn 124; Reinecke, BB 2005, 378; Thüsing, Lambrich, NZA 2002, 1361, 1363 f; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler§ 310 BGB Rn 52; Lakies, Kapit. 1 Rn 219.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
gen ist immer daran gebunden, dass die zuständigen sachlich und regional zuständigen Tarifvertragsparteien in ihrem Bereich Regelungen treffen. Nur dann besteht die Sachkenntnis in diesem Bereich über die zu regelnden Arbeitsbedingungen und eine Mächtigkeit zur Durchsetzung tarifvertraglicher Regelungen. Bei der Inbezugnahme branchenfremder Tarifverträge zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages sind diese Tarifverträge immer einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht zu unterziehen. Wurde zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages der branchenmäßig 62 und regional einschlägige Tarifvertrag arbeitsvertraglich in Bezug genommen, so kann es bei einem Branchenwechsel des Arbeitgebers oder nach einem Betriebsübergang dazu kommen, dass die arbeitsvertragliche Inbezugnahme nicht mehr den einschlägigen Tarifvertrag in Bezug nimmt. In diesen Fällen ist eine korrigierende ergänzende Vertragsauslegung auf den jeweils einschlägigen Tarifvertrag nicht möglich. Das BAG hatte eine solche korrigierende Auslegung in der Vergangenheit vorgenommen, wenn der alte in Bezug genommene Tarifvertrag und der neu einschlägige Tarifvertrag von derselben Gewerkschaft geschlossen worden waren.82 Diese Rechtsprechung hat das BAG ausdrücklich nach Inkrafttreten der Schuldrechtsreform aufgegeben. Soweit vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform sogenannte „Gleichstellungsabreden“ getroffen worden waren, bleiben diese rechtswirksam. Sie führen dazu, dass bei einem Wegfall der Tarifbindung des Arbeitgebers der in Bezug genommene Tarifvertrag nur noch statisch fortgilt. Bei allen nach dem 31.12.2001 einzelvertraglich vereinbarten dynamischen Bezugnahmen auf einen bestimmten Tarifvertrag ist von einer konstitutiven Bezugnahme des Tarifvertrages auszugehen, wenn der Arbeitgeber nicht ausdrücklich seine eigene Tarifgebundenheit zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht hat.83 Im öffentlichen Dienst wurde sehr häufig im Arbeitsvertrag auf den BAT/BMTG-II 63 in seiner jeweils gültigen Fassung von einem tarifgebundenen Arbeitgeber Bezug genommen. Der BAT/BMT-G II wurde durch den TVöD abgelöst und der BAT/BMTG-II seit 2008 nicht mehr fortentwickelt. Hier haben sich für die Parteien die Rahmenbedingungen grundlegend seit Abschluss des Arbeitsvertrages in einer Weise verändert, die beide Vertragsparteien damals nicht voraussehen konnten. Das BAG hat die sich hieraus ergebende Regelungslücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen, weil redliche Vertragspartner in diesem Fall eine Nachfolgeregelung zur Überleitung auf die ablösenden Tarifverträge vereinbart hätten.84
82 BAG, Urt. v. 4.9.1996 – 4 AZR 135/95, NZA 1887, 271. 83 MaSiG/Holthausen, 240, 54; BAG, Urt. v. 22.10.2008 – 4 AZR 793/07, NZA 2009, 323; BAG, Urt. v. 22.10.2008 – 4 AZR 784/07, NZA 2009, 151. 84 BAG, Urt. v. 19.5.2010 – 4 AZR 796/08, NZA 2010,1183; vgl. auch Rn 66 ff…
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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d) Bezugnahme auf einen nachwirkenden Tarifvertrag Tritt ein Arbeitgeber aus dem Arbeitgeberverband aus, so endet die Tarifbindung 64 des Arbeitgebers nach § 3 Abs. 3 TVG mit der nächsten Änderung des Tarifvertrages. Anschließend wirkt der Tarifvertrag nach § 4 Abs. 5 TVG nur noch nach und kann jederzeit durch andere Abmachungen geändert werden. Ein Tarifvertrag kann auch dann nur noch nachwirken, wenn er rechtswirksam von einer Seite gekündigt wurde. Es steht den Parteien frei, einen nur noch nachwirkenden Tarifvertrag arbeitsvertraglich in Bezug zu nehmen.85 Ein solcher nur noch nachwirkender Tarifvertrag unterfällt grundsätzlich ebenfalls keiner Inhaltskontrolle nach AGB-Recht, wenn der Arbeitsvertrag zeitnah an den Nachwirkungszeitpunkt geschlossen wurde oder durch langwierige Verhandlungen zwischen den Tarifvertragsparteien nach Beendigung eines Tarifvertrages kein neuer Tarifvertrag geschlossen wurde. Verweist der nachwirkende Tarifvertrag seinerseits auf einen dynamischen Tarifvertrag, so führt dies allerdings dazu, dass der weiter in Bezug genommene Tarifvertrag ab dem Zeitpunkt der Nachwirkung des Tarifvertrages ebenfalls nur noch statisch nachwirkt.86 Werden im Falle eines nachwirkenden Tarifvertrages einzelne Bestimmungen 65 des Tarifvertrages durch allgemeine Geschäftsbedingungen geändert, so unterliegen diese Änderungen einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Im öffentlichen Dienst ist diese Situation auf Grund der verfahrenen Tarifauseinandersetzung der Länder eingetreten. Man hat versucht diese Regelungslücke durch Verweis auf das geltende Beamtenrecht zu schließen. Eine Bezugnahme auf gesetzliche Regelungen von Beamten für vergleichbare Angestellte im öffentlichen Dienst ist in diesem Fall keine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 BGB, weil es sich um keine vom Gesetz abweichende Regelung handelt.87
e) Bezugnahme auf unwirksame Tarifverträge Grundsätzlich können auch unwirksame Tarifverträge zum Gegenstand einer Bezug- 66 nahmeklausel gemacht werden. Im Rahmen der Vertragsfreiheit kann auch ein tarifrechtlich nichtiger oder unwirksamer Tarifvertrag von den Arbeitsvertragsparteien verbindlich in Bezug genommen werden.88 Da treibendes Motiv zur Bezugnahme eines Tarifvertrages in der Regel die fehlende Tarifgebundenheit einer oder beider Vertragsparteien ist und beide Parteien ein Interesse an kollektivrechtlich wirksamen Regelungen haben, stellt sich die Frage, ob die Parteien bei Kenntnis der Unwirk-
85 BAG, Urt. v. 5.6.2007 – 9 AZR 241/06, NZA 2007, 1369. 86 BAG, Urt. v. 29.1.2008 – 3 AZR 426/06, NZA 2008,541. 87 BAG, Urt. v. 3.4.2007 – 9 AZR 867/06, NZA 2007,1045. 88 BAG, Urt. v. 9.12.2009 – 4 AZR 190/08, NZA 2010, 712, Rn 57; JKOS/Oetker § 6, Rn 245; Däubler/ Lorenz, TVG, § 3, Rn 243; Löwisch/Rieble, § 3 TVG, Rn 454; Grobys/Panzer/Panzer-Heemeier, „Bezugnahmeklausel“, Rn 39.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
samkeit eines Tarifvertrages diesen in Bezug genommen hätten. Ein nicht wirksamer Tarifvertrag ist im Zweifel nicht Gegenstand einer Bezugnahmeklausel geworden.89 Das BAG hatte zunächst festgestellt, dass die seitens der Gewerkschaft CGZP 67 abgeschlossenen Tarifverträge mangels Tariffähigkeit der Gewerkschaft unwirksam sind.90 Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG gilt der Grundsatz, dass Leiharbeitnehmern die gleichen Arbeitsbedingungen einschließlich des gleichen Arbeitsentgelts zu gewähren sind, wie den Arbeitnehmern des Entleihers. Von diesem Grundsatz kann nach § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG nur durch Tarifvertrag abgewichen werden. Den Parteien musste es folglich bei der Vereinbarung der Bezugnahme auf die CGZP-Tarifverträge gerade darauf ankommen, dass die Verträge wirksam sind. Das BAG hatte über die Wirksamkeit von Ausschlussfristen in diesen Tarifverträgen zu befinden und festgehalten, dass eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifvertrag nicht kraft Bezugnahme als allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden ist. Es sei zwar zulässig auch normativ rechtsunwirksame Tarifverträge in Bezug zu nehmen, liegen aber Anhaltspunkt vor, dass man nur einen rechtswirksamen Tarifvertrag habe in Bezug nehmen wollen, so wurde keine wirksame Inbezugnahme vereinbart.91
f) Fragen der ergänzenden Vertragsauslegung
68 Ist der Arbeitgeber selbst nicht tarifgebunden, so kann eine kleine dynamische
Bezugnahmeklausel nicht als Tarifwechselklausel ausgelegt werden, selbst wenn es nach einer Umstrukturierung oder Veräußerung zur Anwendbarkeit eines anderen Tarifvertrages nach der Umstrukturierung kommen würde. Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt nur bei tarifgebundenen Arbeitge69 bern in Betracht, wenn sich dies aus dem Umstand des Vertragsschlusses ergibt. Einen solchen Sachverhalt hat das BAG in Fällen angenommen, in denen zwi70 schen den Parteien im öffentlichen Dienst bei vorliegender Bindung des Arbeitgebers an den BAT/BMT-G II vereinbart worden war, dass diese Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Damit hatten die Parteien nur eine kleine dynamische Bezugnahmeklausel vereinbart, keine Tarifwechselklausel. Mit der Überleitung des BAT/BMT-G II in den TVöD war so eine Regelungslücke entstanden, die vom BAG zutreffend im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung dahingehend geschlossen wurde, dass die Parteien in Kenntnis dieser zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht absehbaren Entwicklung eine solche Vereinbarung getroffen hätten.
89 BAG, Urt. v. 15.3.2006 – 4 AZR 75/05, NZA 2006, 690, Rn 26; Löwisch/Rieble, § 3, Rn 454. 90 BAG, Urt. v. 14.12.2010 – 1 ABR 19/10, NZA 2011, 289; BAG, Urt. v. 23.5.2912 – 1 ABR 67/11, NZA 2012, 625. 91 BAG, Urt. v. 13.3.2013 – 5 AZR 954/11, NZA 2013, 680.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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II. Arten der Bezugnahmeklauseln Je nach den von den Parteien verfolgten Zielen sind unterschiedliche Formen der 71 Bezugnahme möglich. Es kann eine statische, eine kleine dynamische oder eine große dynamische Bezugnahmeklausel in Betracht kommen. Ferner kann auch eine sogenannte Gleichstellungsabrede getroffen werden.
1. Statische Bezugnahme Bei einer statischen Bezugnahme soll ein bestimmter Tarifvertrag nur in seiner 72 zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Form in den Arbeitsvertrag einbezogen werden. Damit wird eine künftige Tarifentwicklung gerade ausgeschlossen. Eine solche Klausel widerspricht normalerweise dem Interesse des Arbeitgebers, seine Arbeitsbedingungen für künftige Entwicklungen einer sich ändernden Arbeitswelt offen zu gestalten und alle Arbeitnehmer in sich ändernde Arbeitsbedingungen mit einzubeziehen und gleich zu behandeln.92 Sie widerspricht normalerweise auch den Interessen des Arbeitnehmers an künftigen Tarifentwicklungen zu partizipieren. Sie kann in beiderseitigem Interesse dann ein Mittel der Wahl sein, wenn das Einfrieren eines Tarifstandes von den Parteien gerade gewünscht wird, um zum Beispiel sich abzeichnende negative Entwicklungen im Tarifrecht in Anbetracht einer zeitlich überschaubaren Dauer des Arbeitsverhältnisses auszuschließen. Beispiel Der Manteltarifvertrag der … Industrie Bezirk … in der Fassung vom … und der Entgelttarifvertrag der … Industrie Bezirk … in der Fassung vom … sind Bestandteile dieses Arbeitsvertrages.
Bei der Formulierung der Klausel ist Vorsicht geboten. Wird auf einen bestimmten 73 Tarifvertrag Bezug genommen ohne den Zusatz „in der jeweils geltenden Fassung“ oder „der Anpassung an sich ändernde Tarifentwicklungen“, so spricht dies dafür, dass eine statische Bezugnahme gewollt war.93 Wird beispielsweise die Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe eines Entgelttarifvertrages zugesagt, so kann diese Zusage als statische oder dynamische Zusage interpretiert werden. In diesem Fall greift die Unklarheitenregelung nach § 305c Abs. 2 BGB, so dass die für den Arbeitnehmer günstigere Alternative, also die dynamische Bezugnahmeklausel, als vereinbart gilt.94
92 Hümmerich/Reufels/Reufels, § 1, Rn 1625. 93 BAG, Urt. v. 19.9.2007 – 4 AZR 710/06, BeckRS 2008, 50271. 94 BAG, Urt. v. 9.11.2005 – 5 AZR 128/05, NZA 2006, 202.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
2. Kleine dynamische Bezugnahmeklausel
74 Bei einer kleinen dynamische Bezugnahmeklausel wird auf einen bestimmten Tarif-
vertrag in seiner jeweiligen Fassung Bezug genommen. Die Dynamik beschränkt sich nur auf das Zeitmoment.95 Für eine große dynamische Bezugnahme bedarf es in Abgrenzung zu einer kleinen dynamischen Verweisung einer klaren Regelung in der Bezugnahmeklausel, dass neben dem Zeitmoment auch andere ablösende Tarifverträge in Betracht kommen.96 Eine kleine dynamische Bezugnahmeklausel verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Auch im allgemeinen Zivilrecht ist der Verweis auf Normen Dritter zulässig.97 Im Arbeitsrecht ist es eine übliche Praxis und somit eine Besonderheit des Arbeitsrechts nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB dynamisch auf Tarifverträge zu verweisen, deren zukünftige Entwicklung nicht klar ist. 98 Klauselmuster Auf diesen Arbeitsvertrag finden die Tarifverträge der chemischen Industrie … in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung.
75 Vor dem Hintergrund der Erfahrungen bei der Umstrukturierung des öffentlichen
Dienstes ist allerdings dringend zu empfehlen eine Klausel zur Tarifsukzession zu vereinbaren. Im öffentlichen Dienst wurde sehr häufig vereinbart, dass der BAT oder der BMT-G II in seiner jeweils gültigen Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, ohne dass vereinbart worden war, dass die diese Tarifverträge ersetzenden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollen. In diesem Fall tritt eine Regelungslücke auf, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist. Klauselmuster Ergänzung: Im Falle einer Ablösung dieses Tarifvertrages durch einen anderen Tarifvertrag findet der ablösende Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Kommt es zu einer Ablösung durch mehrere Tarifverträge, so findet der speziellere Tarifvertrag Anwendung, an den die meisten Arbeitsverhältnisse des Betriebes gebunden sind.
95 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 384/09, NJOZ 2010, 2454; MSG/Holthausen „Bezugnahmeklausel“, Rn. 20. 96 BAG, Urt. v. 15.4.2008 – 9 AZR 159/07, NZA-RR 2008, 586, Rn 60. 97 BGH, Urt. v. 8.11.2001 – III ZR 14/01, NJW 2002, 507. 98 JKOS/Oetker, § 6, Rn 217; Müller-Glöge, Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 611,Rn 73; Thüsing/Lambrich, NZA 2002, 425, 439 ff; BAG, Urt. v. 15.4. 2008 – 9 AZR 159/07, NZA-RR 2008, 586, Rn 78.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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3. Gleichstellungsabrede Die kleine dynamische Bezugnahmeklausel wurde vom BAG bis zur Ankündigung 76 einer Rechtssprechungsänderung mit Urteil vom 14.12.2005 immer entgegen ihres Wortlauts als Gleichstellungsabrede ausgelegt, wenn der Arbeitgeber selbst tarifgebunden war. In diesem Fall wurde vom BAG als Regelungsziel seitens des Arbeitgebers anerkannt, dass es ihm darum gehe, einen Tarifvertrag auf alle Arbeitnehmer anzuwenden und bei nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern die fehlende normative Bindung über die Gewerkschaftszugehörigkeit durch eine vertragliche Bindung über die Bezugnahmeklausel zu ersetzen.99 Die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers musste ferner für den Arbeitnehmer erkennbar gewesen sein und damit zum vertraglichen Hintergrund der Vereinbarung geworden sein.100 Diese Auslegung wurde vom BAG selbst auf Fälle einer großen dynamischen 77 Tarifwechselklausel angewandt.101 In allen Fällen, in welchen der Arbeitgeber selbst nicht tarifgebunden war oder in welchen auf einen Tarifvertrag verwiesen wurde, der sachlich oder örtlich nicht anwendbar war, konnte die Gleichstellung als Ziel nicht anerkannt werden. In diesen Fällen wurde eine dynamische Bezugnahmeklausel entsprechend ihres Wortlauts ausgelegt. Die Auslegung hatte zur Folge, dass bei nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern 78 immer dann, wenn die Tarifbindung des Arbeitgebers durch Austritt aus dem Arbeitgeberverband, durch Branchenwechsel des Arbeitgebers oder nach einem Betriebsübergang auf einen nicht oder anders tarifgebundenen Arbeitgeber endete, die ihrem Wortlaut nach dynamische Bezugnahmeklausel eingefroren wurde und nur noch statisch fortgalt.
a) Änderung der Rechtsprechung Das BAG kündigte am 14.12.2005 an,102 an dieser Auslegung gegen den Klauselwort- 79 laut nicht länger festhalten zu wollen und hat die Ankündigung erstmals mit der Entscheidung vom 18.4.2007 vollzogen.103 Das BAG hat damit klargestellt, dass eine kleine dynamische Verweisung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung nach §§ 133, 157 BGB als konstitutive, unbedingte zeitdynamische Verweisung auszulegen ist, egal, ob der Arbeitgebertarifgebunden ist oder nicht. Das BAG hat erklärt, diese Auslegungsregel für alle Verträge, die nach dem Inkrafttreten des
99 BAG, Urt. v. 21.2.2001 – 4 AZR 18/00, NZA 2001, 1318; BAG, Urt. v. 19.3.2003 – 4 AZR 331/02; NZA 2003, 1207. 100 BAG, Urt. v. 11.12.2013 – 4 AZR 473/12, NZA 2014, 900, Rn 19. 101 BAG, Urt. v. 4.8.1999 – 5 AZR 642/98, NZA 2000, 154. 102 BAG, Urt. v.14.12.2005 – 4 AZR 536/04, NZA 2006, 607. 103 BAG, Urt. v. 18.4. 2007 – 4 AZR 652/05, NZA 2007, 975.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zum 1.1.2002 geschlossen wurden, anzuwenden.
b) Vertrauensschutz für Verträge, die vor dem 1.1.2002 abgeschlossen wurden
80 Das BAG wies zutreffend darauf hin, dass mit der Erstreckung des Rechts der Allge-
meinen Geschäftsbedingungen im Rahmen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ein „Paradigmenwechsel“ im Arbeitsrecht stattgefunden hat. Jedem Arbeitgeber musste klar sein, dass er als Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen seit diesem Zeitpunkt gehalten war, Inhalte des Arbeitsvertrages so zu formulieren, dass sie klar und verständlich den beiderseitigen Willen bei Vertragsschluss zum Ausdruck bringen. Die Kritik an der bisherigen Auslegung einer kleinen dynamischen Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede wurde von einem erheblichen Teil der Literatur getragen und ein Teil der Instanzgerichte haben die Rechtsprechung des BAG abgelehnt.104 Vor diesem Hintergrund hat das BAG einen Vertrauensschutz in den Fortbestand der bisherigen Rechtsprechung über den 1.1.2002 zu Recht abgelehnt.105 Für alle Verträge, die bis zum 1.1.2002 geschlossen wurden, bleibt es bei der Auslegung als „Gleichstellungsabrede“. Das BAG hatte bereits im Zuge der Rechtsprechungsänderung darauf hingewie81 sen, dass Voraussetzung der Auslegung der Klausel als Gleichstellungsabrede nicht nur die tatsächliche Tarifbindung des Arbeitgebers an den in Bezug genommenen Tarifvertrag war, sondern dass der Arbeitnehmer hiervon Kenntnis haben musste, damit der damit verfolgte „Gleichstellungszweck“ bewusster Parteiwille beider Seiten werden konnte.106 Ob ein Alt- oder Neuvertrag im Sinne der geänderten BAG-Rechtsprechung vor82 liegt, ist nach Ansicht des BAG nicht nur vom Datum des Vertragsschlusses abhängig. Wurde ein Vertrag, der vor dem 1.1.2002 geschlossen wurde, nach diesem Zeitpunkt geändert, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Klausel weitergelten soll, wenn sie nicht ausdrücklich zum „Gegenstand eines rechtsgeschäftlichen Willensbildungsprozesses“ gemacht worden ist.107 Das BAG hat damit die Möglichkeit einer Gleichstellung eines nicht tarifgebunde83 nen Arbeitnehmers mit einem tarifgebundenen Arbeitnehmer nicht ausgeschlossen, sondern nur davon abhängig gemacht, dass dies zwischen den Parteien eindeutig
104 BAG, Urt. v. 14.12.2005 – 4 AZR 536/04, NZA 2006, 607, Rn17 mit umfassendem Nachweis. 105 BAG, Urt. v. 18.4.2007 – 4 AZR 652/05, NZA 2007, 975, Rn 54 ff. 106 BAG, Urt. v. 18.4.2007 – 4 AZR 652/05, NZA 2007, 975, Rn 49; ausdrücklich den Empfängerhorizont des Arbeitnehmers hervorhebend BAG, Urt. v. 11.12.2013 – 4 AZR 473/12, NZA 2014, 900, Rn19; a. A. BAG, Urt. v. 19.3.2003 – 4 AZR 331/02, NZA 2003, 1207. 107 BAG, Urt. v. 19.10.2011 − 4 AZR 811/09, NJOZ 2012, 493; BAG, Urt. v. 16.05.2012 – 4 AZR 290/10, BeckRS 2012, 74487.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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vertraglich vereinbart wird, indem die Tarifbindung des Arbeitgebers an den Tarifvertrag zur auflösenden Bedingung der dynamischen Fortgeltung gemacht wird.108 Klauselmuster Gleichstellungsklausel Zur Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer finden auf das Arbeitsverhältnis unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit des Mitarbeiters die jeweils für den Betrieb geltenden Tarifverträge Anwendung, an die der Arbeitgeber durch Bestimmungen des Tarifvertragsgesetzes normativ gebunden ist. Bei sich überlappenden Tarifverträgen findet der gesetzlich gültige Tarifvertrag Anwendung, bei Zweifeln der Tarifvertrag, an den die meisten Arbeitnehmer im Betrieb gebunden sind. Dies ist zurzeit der Tarifvertrag …vom …Erlischt die normative Tarifbindung des Arbeitgebers, so findet der zuletzt angewandte Tarifvertrag in seiner zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung Anwendung, d. h. der Tarifvertrag wirkt nach Ablauf der Tarifbindung nach § 4 Abs. 5 TVG nach und nimmt an künftigen Tarifentwicklungen des Tarifvertrages nicht mehr teil. Erläuterung: Die Klausel bringt deutlich und klar die beabsichtigte Gleichstellung aller Beschäftigten unabhängig von ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit zum Ausdruck und verweist dynamisch auf die geltenden Tarifverträge, an die der Arbeitgeber normativ auf Grundlage des TVG gebunden ist. Als Rechtsfolge einer wegfallenden Tarifbindung des Arbeitgebers wird ebenfalls nur auf die statische Fortgeltung der zuletzt geltenden tarifvertraglichen Regelung verwiesen, die dann nach § 4 Abs. 5 TVG abänderbar ist. Im Falle der Tarifpluralität wird die gesetzliche Regelung des § 4a TVG übernommen, um im Zweifel den Tarifvertrag anwendbar werden zu lassen, der für die Mehrheit der Arbeitsverhältnisse im Betrieb gilt. Eine solche Klausel würde auch dann Bestand haben, wenn das Tarifeinheitsgesetz aus verfassungsrechtlichen Gründen scheitern würde.
4. Große dynamische Tarifwechselklausel Unter einer großen dynamischen Tarifwechselklausel versteht man eine Bezugnah- 84 meklausel, die nicht nur zeitlich auf einen sich ändernden Tarifvertrag verweist, sondern auch den sachlichen, fachlichen und örtlichen Anwendungsbereich an eine sich ändernde Tarifbindung des Arbeitgebers anpasst. Eine solche Klausel bietet für den Arbeitgeber die größtmögliche Flexibilität. Sie kann insbesondere bei Unternehmensumstrukturierung das alte Tarifrecht durch ein neues Tarifrecht mit geändertem Branchenbezug ersetzen. Eine solche Klausel kann für den Arbeitnehmer nicht unproblematisch sein, weil der Inhalt des Arbeitsverhältnisses durch Anwendung eines anderen Tarifrechts tiefgreifend umgestaltet werden kann, ohne dass sich der Arbeitnehmer hiergegen zur Wehr setzen kann. Erfasst werden hierdurch auch Fallkonstellationen der Ausgründung, z. B. von Kantinenbetrieben in Krankenhäusern mit zum Teil erheblichen Tarifabsenkungen.
108 BAG, Urt. v. 18.4.2007 – 4 AZR 652/05, NZA 2007, 975, Rn 26; Bepler in Beck’scher Online-Kommentar TVöD, Anh. § 1 Exkurs: Tarifbindung und Tarifgeltung, Rn 27.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
Auch große dynamische Tarifwechselklauseln werden für zulässig erachtet. Dem Bestimmtheitsgrundsatz ist zunächst Genüge getan, wenn der Tarifvertrag hinsichtlich seiner Bezeichnung sowie des fachlichen und räumlichen Geltungsbereichs hinreichend bestimmt ist. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 NachwG genügt ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf den zunächst anwendbaren Tarifvertrag.109 Auch wenn einschlägige, für den Betrieb geltende Tarifverträge in Bezug genommen werden, so sind nur diese als Bezugnahmeobjekte selbst nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB von einer Inhaltskontrolle nach AGB-Recht befreit. Die Klausel selbst aber kann gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen, wegen Verstoßes gegen das Überraschungsverbot nach § 305c Abs. 1 BGB unwirksam sein oder über § 305c Abs. 2 BGB bei nicht hinreichend klarer Regelung dazu führen, dass ein für den Arbeitnehmer günstigerer Tarifvertrag bei einer unklaren Regelung Anwendung findet.
a) Zulässigkeitsfragen 86 Bezugnahmeklauseln auf sich ändernde Tarifverträge oder sich ändernde fachliche Tarifbindungen sind im Arbeitsrecht allgemein üblich und gehören zu den Besonderheiten des Arbeitsrechts nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die Arbeitsbedingungen ändern können und tarifliche Regelungen oder Tarifwerke auf die sich ändernden Arbeitsbedingungen reagieren und entsprechend geändert werden. Auch große dynamische Bezugnahmeklauseln sind daher grundsätzlich zulässig.110 Der Bestimmtheitsgrundsatz ist auch bei einer solchen Klausel gewahrt, wenn 87 eindeutig zu ermitteln ist, an welchen Tarifvertrag der Arbeitgeber gebunden ist. Erklärt der Arbeitgeber die Tarifverträge, an die er gebunden ist, zum Bestandteil des Arbeitsverhältnisses, so handelt es sich nicht um eine überraschende Klausel i. S. d. § 305c Abs. 1 BGB. Sie ist auch nicht intransparent nach § 307 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 BGB, da bestimmbar ist, an welche Tarifverträge der Arbeitgeber in Zukunft gebunden sein wird. Das BAG verweist hier ausdrücklich darauf, dass es unerheblich ist, welchen konkreten Inhalt ein Arbeitsvertrag haben wird. Dynamische Verweisungsklauseln entsprechen einer im Arbeitsrecht allgemein üblichen Regelungstechnik, die im Interesse beider Parteien dazu dient das Arbeitsverhältnis offen für künftige Entwicklungen zu gestalten. Auch eine Verweisung in einem in Bezug genommenen Tarifvertrag auf einen anderen Tarifvertrag führt nicht zur Intransparenz der Regelung, wenn der Inhalt des Tarifvertrages klar bestimmbar ist. Ein tarifvertraglich in Bezug genommener anderer Tarifvertrag wird in diesem Fall Teil des verweisenden Tarifvertrages und gilt nicht als eigenständiger Tarifvertrag fort. Beide Tarifverträge
109 Däubler/Bonin/Deinert/Däubler, § 305c BGB, Rn 44; v. Westphalen/Thüsing, Arbeitsverträge, Rn 193. 110 Preis/Greiner II V 40, Rn 18; BAG, Urt. v. 16.10.2002 – 4 AZR 467/01, NZA 2003, 390.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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bilden eine Einheit.111 Verweisen Vertragsparteien auf einen Tarifvertrag, so wird dieser durch die Tarifvertragsparteien ausgehandelt, die Dritte sind. Ein Verstoß gegen einen Änderungsvorbehalt nach § 308 Nr. 4 BGB ergibt sich aus der Klausel somit auch nicht, da nicht der Verwender die Arbeitsbedingungen ändern kann.112 In der Literatur wird dieser Ansatz kritisiert. Eine überraschende Klausel sei 88 zumindest dann gegeben, wenn auf einen fremden Tarifvertrag verwiesen werde113 oder wenn es auf Grund der Tarifwechselklausel zu einer erheblichen Absenkung des Tarifvertragsniveaus komme, mit dem der Arbeitnehmer nicht rechnen konnte (Tarifniveauabsenkung von 40 bis 50 %)114 oder die „schlechterdings nicht vorhersehbar und zugleich ungewöhnlich belastend“ sind.115 Im erstgenannten Fall ist es durchaus üblich, dass auch fremde Tarifverträge in 89 Bezug genommen werden. Eine solche Klausel kann nur dann überraschend sein, wenn sie in versteckter Form in dem Vertrag platziert worden ist. Im letztgenannten Fall handelt es sich indes nicht um ein Problem der Vertragsklausel und ihrer Gestaltung als Allgemeine Geschäftsbedingung, sondern um den Eintritt veränderter Verhältnisse, die das gegenseitige Austauschverhältnis insgesamt in Frage stellen. Von einer Störung der gemeinsamen Geschäftsgrundlage ist auszugehen, wenn das gegenseitig vertraglich geregelte Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung in unzumutbarer Weise gestört ist.116 In diesem Fall ist durch Änderung der objektiven Rahmenbedingungen eine Störung der Geschäftsgrundlage eingetreten, die den Arbeitnehmer berechtigt, nach § 313 Abs. 1 BGB eine Vertragsanpassung auf ein zumutbares Niveau zu verlangen. Es handelt sich aber nicht um eine unklare Regelung im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB. Klauselmuster Auf das Arbeitsverhältnis finden jeweils die fachlich und betrieblich bei normativer Tarifbindung des Arbeitgebers geltenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Dies sind zurzeit die zwischen der Gewerkschaft … und dem Arbeitgeberverband … geschlossene Tarifverträge vom … Im Falle mehrerer in Betracht kommender Tarifverträge findet der Tarifvertrag Anwendung, an den die Mehrheit der Arbeitnehmer gebunden ist. Entfällt die Tarifbindung des Arbeitgebers, so gelten die Tarifverträge in der zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung fort und können durch andere Abmachungen ersetzt werden. Dies gilt im Falle eines Betriebsübergangs auf einen neuen Erwerber ebenso. Ist der neue Erwerber tarifgebunden, so finden die für ihn geltenden Tarifverträge Anwendung. Bei mehreren anwendbaren Tarifverträgen ist das jeweils der Tarifvertrag, an den die Mehrheit der Arbeitnehmer im Betrieb gebunden ist.
111 BAG, Urt. v. 22. 2. 2012 − 4 AZR 8/10, NJOZ 2012, 1507 112 BAG, Urt. v. 21.11.2012 – 4 AZR 85/11, NZA 2013, 512, Rn 32 ff; HWK/Henssler, § 3 TVG, Rn 18. 113 Preis/Greiner II V 40 Rn 73. 114 Däubler/Bonin/Deinert/Däubler, § 305c BGB, Rn 45a. 115 Stoffels Rn 1133. 116 Palandt/Grüneberg, § 313, Rn 24, 25.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
b) Erläuterung
90 Es besteht insoweit Übereinstimmung bei allen Klauselvorschlägen einer großen
dynamischen Tarifwechselklausel, die Tarifverträge, an die der Arbeitgeber gebunden ist, dynamisch in Bezug zu nehmen. Ferner sind Regelungen in die Klausel aufzunehmen, die im Falle eines Wegfalls der Tarifbindung des Arbeitgebers und im Falle eines Betriebsübergangs greifen.117 Angesichts der Neuregelung des Tarifeinheitsgesetzes sollte die Regelung des 91 § 4a TVG im Falle einer Tarifpluralität aufgenommen werden. Den Arbeitgeber trifft keine allgemeine Rechtsberatungspflicht vor Einführung bestimmter Klauseln, auch wenn diese weitreichende Konsequenzen haben können.118
5. Tarifsukzession
92 In den vergangenen Jahren ist es sehr häufig zu tiefgreifenden Umstrukturierungen
gekommen, die dazu geführt haben, dass bestehende Tarifverträge nicht mehr weitergeführt, sondern durch neue verbands- oder firmenbezogene Tarifverträge abgelöst worden sind. In der Regel geschieht dies durch die zuvor am Tarifabschluss beteiligten Tarifvertragsparteien, sodass bei normativer Bindung an den Tarifvertrag tarifvertraglich eine ablösende Wirkung des alten Tarifvertrags durch den neuen vereinbart wird. Schwierig kann sich das Verhältnis gestalten, wenn die Tarifvertragsparteien wechseln, z. B. statt eines Arbeitgeberverbandes ein einzelner Arbeitgeber einen Firmentarifvertrag schließt, wenn im Falle eines Betriebsübergangs ein anderer Arbeitgeber mit einer anderen Tarifbindung in Erscheinung tritt, wenn auf Seiten der Arbeitnehmer neue Tarifvertragsparteien neue Tarifverträge schließen oder wenn in einem Betrieb im Falle der Tarifpluralität mehrere Tarifverträge nebeneinander für unterschiedliche oder auch gleiche Arbeitnehmergruppen gelten. In den Fällen einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme von Tarifverträgen sind solche Entwicklungen von den vertragsschließenden Parteien in der Regel nicht vorhersehbar. Es muss sich also immer um Fälle des Entstehens einer von den Vertragsparteien nicht planbaren Regelungslücke nach Vertragsschluss handeln. Es stellt sich die Frage nach den Folgen der unterschiedlichen Fallkonstellationen und der rückwirkenden und zukünftigen Vertragsgestaltung. Fälle der Tarifsukzession unterscheiden sich von einem Tarifwechsel dadurch, dass eine Tarifsukzession kollektivrechtlich von beiden Tarifvertragsparteien gemeinsam vollzogen wird.119 Bei einem Tarifwechsel hingegen entscheidet der Arbeitgeber einseitig z. B. aus dem Arbeitgeberverband auszutreten oder den Geschäftszweck zu ändern, so dass das Unternehmen einer anderen Branche
117 vergleiche die Vorschläge von Preis/Greiner II V Rn 18; MaSiG/Holthausen, 240 Rn 42; HWK/ Henssler, § 3 TVG, Rn 32b; Hümmerich/Reufels/Reufels, § 1 Rn 1723. 118 HWK/Gotthard, § 307 BGB, Rn 20; HWK/Henssler, § 3 TVG, Rn 18. 119 Greiner, NZA 2009, 877.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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zuzurechnen ist oder durch örtliche Verlagerung räumlich den Anwendungsbereich des bisherigen Tarifvertrages verlässt. Voraussetzung einer Tarifsukzession ist, dass die gleichen Tarifvertragsparteien, ihre Rechtsnachfolger oder Mitglieder eines Arbeitgeberverbandes in Form eines Haustarifvertrages den ursprünglichen Tarifvertrag durch einen ablösenden Tarifvertrag ersetzen.120 Das BAG lehnt die Anwendung der Unklarheitenregelung nach § 305c Abs. 2 BGB 93 auf die Tarifsukzession ab, nach der der für den Arbeitnehmer günstigere Tarifvertrag zur Anwendung kommen müsste, da es hier um keine einseitige Vertragsbestimmung gehe, sondern um das „zu Ende denken eines Vertrages“, wenn die Parteien bereits bei Vertragsschluss die Vertragslücke erkannt und nach typisierenden Interessen geregelt hätten.121 Es sieht außerdem das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB als nicht verletzt an.122 Kommt es in Folge einer Tarifsukzession zu ungeplanten Regelungslücken, so ist „zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen eine Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre“.123
6. Nachfolge auf einen beendeten Tarifvertrag Die Tarifvertragsparteien haben im Jahr 2000 begonnen die bestehenden Tarifver- 94 träge zunächst im Energie- und Versorgungsbereich durch den TV-V, später im Bereich des ÖPNV durch die Tarifverträge Nahverkehr (TV-N) und ab 2005 durch den TVöD bzw. TV-L abzulösen. In vielen alten Arbeitsverträgen war als Bezugnahmeklausel vereinbart „Auf das Arbeitsverhältnis findet der BAT und diesen ergänzende Verträge Anwendung“. Auch wenn eine solche Klausel keine ausdrückliche dynamische Verweisung 95 enthält („in ihrer jeweiligen Fassung“) ist sie als dynamische Klausel auszulegen, da im Zweifel das Interesse beider Parteien darin besteht Tarifentwicklungen ohne jeweils neue Verhandlung des Arbeitsvertrages mit zu übernehmen.124 Dies ergibt sich nach der Schuldrechtsreform auch aus § 305c Abs. 2 BGB, wonach Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders auszulegen sind.125 In der Formulierung des Arbeitsvertrages ist die sonst übliche Klausel, dass auch 96 die den BAT ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge in Bezug genommen werden, nicht enthalten. Die Parteien konnten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht damit rechnen, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag eines Tages nicht mehr
120 Löwisch/Rieble: TVG Kommentar, 3. Aufl.2012, § 3, Rn 600; Greiner NZA 2009, 877, 880. 121 MüKo/Busche, § 157, Rn 27; Greiner, NZA 2009, 877, 881. 122 BAG, Urt. v. 24.9.2008 – 6 AZR 76/07, NZA 2009, 154. 123 BAG, Urt. v. 16.12.2006 – 5 AZR 888/08, NZA 2010, 401; BAG, Urt. v. 25.2.2015 – 5 AZR 481/13, NZA 2015, 943, Rn 18. 124 BAG, Urt. v. 16.8.1988 – 3 AZR 61/87, NZA 1989, 102. 125 BAG, Urt. v. 9.11.2005 – 5 AZR 128/05, NZA 2006, 202.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
fortgeführt wird. Eine solche nachträglich eingetretene Regelungslücke, die die Parteien nicht vorhersehen konnten, ist im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen.126 Bei der Vertragsergänzung muss durch das Gericht für den betroffenen Vertragstyp eine allgemeine Lösung zur Verfügung gestellt werden, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre.127 Die Parteien hätten sich redlicherweise in einem solchen Fall darauf verständigt einen nachfolgenden Tarifvertrag, der zwischen der gleichen Gewerkschaft und dem gleichen Arbeitgeberverband oder Arbeitgeber vereinbart wurde, als ablösenden Tarifvertrag in Bezug zu nehmen. Auch in Fällen von Umstrukturierungen und einem ersetzenden Haustarifvertrag mit einem zuvor über den Arbeitgeberverband tarifgebundenen Arbeitgeber ist davon auszugehen, dass der ablösende Haustarifvertrag vereinbart worden wäre.128
7. Nachfolge nach Unternehmensrestrukturierung
97 Das BAG hatte im Falle der Postreform II einen Sachverhalt zu entscheiden, bei dem
über eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel aus dem Jahr 1975 der Tarifvertrag für Arbeiter der Deutschen Bundespost „in der jeweiligen Fassung“ in Bezug genommen war. Die Bezugnahme wurde entsprechend der alten BAG-Rechtsprechung als Gleichstellungsabrede ausgelegt. Dieser Tarifvertrag wurde bei Ausgründung der Deutschen Telekom AG durch einen Haustarifvertrag der Deutschen Telekom AG abgelöst. Das BAG hat hier die Klausel im Wege ergänzender Vertragsauslegung als Bezugnahme auf diesen ablösenden neuen Tarifvertrag der Deutschen Telekom AG ausgelegt. Als das Arbeitsverhältnis erneut auf eine Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom im Wege des Betriebsübergangs überging, hat es konsequenterweise von einer nochmaligen ergänzenden Vertragsauslegung abgesehen, da der alte Tarifvertrag der Deutschen Telekom AG weiter gegolten hat und damit keine Regelungslücke entstanden war, die im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung hätte geschlossen werden müssen.129
126 Palandt/Ellenberger, § 157, Rn 2; Ohlendorf/Salamon, RdA 2006, 281; Busche in MüKo, § 157, Rn 27; Greiner, NZA 2009, 877, 881. 127 BAG, Urt. v. 10.11.2010 − 5 AZR 633/09, ZTR 2011, 150, Rn 19; in diesem Sinne schon Fieberg, NZA 2005, 1227, 1228. 128 BAG, Urt. v. 10.7.2013 – 10 AZR 898/11, NJOZ 2013, 1825, Rn 29. 129 BAG, Urt. v. 6.07.2011 – 4 AZR 496/09, BeckRS 2011, 77807; vgl. hierzu Melms/Kentner, NZA 2014, 127, 129.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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8. Fälle der Tarifpluralität Zu unterscheiden sind auf kollektivrechtlicher Ebene zunächst Sachverhalte der Tarif- 98 konkurrenz von Sachverhalten der Tarifpluralität. Finden auf ein Arbeitsverhältnis verschiedene Tarifverträge kraft beiderseitiger Tarifbindung normativ Anwendung, so ist eine Tarifkonkurrenz gegeben.130 Diese ist generell nach dem Spezialitätsprinzip zu lösen. Danach geht der branchenmäßig speziellere Tarifvertrag dem allgemeinen131, der Haustarifvertrag dem Verbandstarifvertrag132 und der regionale Tarifvertrag dem räumlich ferner liegenden Tarifvertrag vor.133 Tarifpluralität liegt hingegen vor, wenn in einem Betrieb verschiedene Tarifverträge mit sich überschneidenden Geltungsbereichen Anwendung finden.134 In der Vergangenheit hat das BAG die Auffassung vertreten, dass innerhalb eines Betriebs nur jeweils ein Tarifvertrag Anwendung finden kann und hat die Fälle der Tarifpluralität in gleicher Weise wie die der Tarifkonkurrenz gelöst.135 Das BAG hat richtiger Weise diese Rechtsprechung 2010 aufgegeben. Weder aus dem Grundrecht der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG noch aus dem Tarifvertragsgesetz könne eine rechtlich verbindliche Vorgabe der betriebseinheitlichen Geltung von Tarifverträgen entnommen werden.136 Nach der Rechtsprechung des BAG kann es folglich dazu kommen, dass auf ein Arbeitsverhältnis verschiedene Tarifverträge Anwendung beanspruchen können. Da auf ein Arbeitsverhältnis nur ein Tarifvertrag Anwendung finden kann, ist diese Konkurrenzsituation nach dem oben beschriebenen Spezialitätsprinzip zu lösen. Ergibt sich daraus eine Konkurrenzsituation, dass durch arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel ein anderer Tarifvertrag Anwendung findet als nach der normativen Bindung des Arbeitnehmers aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft oder durch Bindung an einen allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag, so ist dieses Konkurrenzverhältnis nach dem Günstigkeitsprinzip zu lösen (§ 4 Abs. 3 TVG), nach dem die einzelvertragliche Abrede der kollektivrechtlichen Norm vorgeht, soweit sie günstiger ist.137 Im Rahmen der Ablösung des BAT durch den TVöD haben die Tarifvertragspar- 99 teien neben dem TVöD/VKA für bestimmte Berufsgruppen spezielle Regelungen geschaffen. Bei den sogenannten „Chefarztfällen“ stellt sich die Frage, welche tarifvertraglichen Regelungen für diese gelten. Wenn die Vergütung eines außertariflich eingruppierten Chefarztes auf eine tarifrechtlich nicht einschlägige BAT-Vergütungsgruppe verweist, so ist auch hier die durch Wegfall des BAT entstandene Regelungs-
130 BAG, Urt. v. 24.3.2010 – 4 AZR 713/08, ZTR 2010, 462; Löwisch/Rieble § 4 TVG, Rn 115 ff; Henssler, RdA 2011, 65, 66. 131 BAG, Urt. v. 24.9.1975 – 4 AZR 471/74, AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 11. 132 BAG, Urt. v. 20.3.1991 – 4 AZR 455/90, NZA 1991, 736. 133 BAG, Urt. v. 29.11.1978 – 4 AZR 304/77, AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 12. 134 Däubler/Zwanziger, § 4, Rn 960. 135 BAG, Urt. v. 20.3.1991 – 4 AZR 455/90, NZA 1991, 736. 136 BAG, Urt. v. 7.7.2010 – 4 AZR 549/08, NZA 2010, 1068. 137 BAG, Urt. v. 12.12.2012 – 4 AZR 328/11, NJOZ 2014, 59.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Das BAG vertritt die Ansicht, dass in diesen Fällen die entstandene Regelungslücke durch Verweis auf die Vergütungsgruppe 15 Ü TVöD zu schließen ist und nicht durch die Vergütungsgruppe IV TV-Ärzte/VKA, der ab 1.8.2006 eingeführt wurde.138 Das BAG begründet dies damit, dass für Chefärzte als außertarifliche Angestellte weder der TVöD noch der TV-Ärzte tarifvertraglich gilt. Bei der Regelung des Entgelts durch Bezugnahme auf eine bestimmte Entgeltgruppe der Tarifangestellten sei die zum Überleitungszeitpunkt zum 1.10.2005 entstandene Vertragslücke nach dem damals in Kraft getretenen Überleitungstarifvertrag zu schließen, der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. der Anlage 1 TVÜ-VKA, § 19 Abs. 2 TVÜ-VKA auf Vergütungsgruppe 15 Ü verweise.139 In einer nachfolgenden Entscheidung zum gleichen Streitgegenstand bekräftigte das BAG in der Sache zu Recht seine Entscheidung und setzte sich mit der Kritik auseinander.140 Zum Zeitpunkt der Überleitung des BAT auf den TVöD gab es noch keinen vom Marburger Bund geschlossenen TV-Ärzte, sondern nur den TVöD/K. Der Marburger Bund hatte den BAT zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal gekündigt.141 Verständige Vertragsparteien hätten in diesem Fall folglich die Entgeltgruppe des zu diesem Zeitpunkt ablösenden TVöD als ersetzenden Tarifvertrag gewählt. Mit dem Inkrafttreten des TV-Ärzte zum 1.8.2006 ist keine weitere Regelungslücke entstanden, die zu schließen gewesen wäre. Der TV-Ärzte konnte ferner den TVöD/K nicht als speziellerer Tarifvertrag verdrängen. Beide Tarifverträge sind von der Sachnähe als gleichwertig anzusehen.142 Die Regelung, dass der speziellere Tarifvertrag den sachlich ferner liegenden Tarifvertrag verdrängt, ist darüber hinaus eine tarifvertragliche Kollisionsregel zur Sicherung des Vorrangs des spezielleren Haustarifvertrages vor einem Verbandstarifvertrag zur Lösung tarifvertraglicher Konkurrenzprobleme, die auf die Auslegung einer Bezugnahmeklausel grundsätzlich keine Auswirkungen haben kann.143 Demgegenüber ist hier der Zweck der Bezugnahmeklausel nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag maßgeblich.144 Dies gilt auch dann, wenn der TV-Ärzte zu einer höheren Vergütung als der TVöD führt. Bei der Festlegung welcher Tarifvertrag nach den Methoden der ergänzenden Vertragsauslegung Anwendung findet, greift das Günstigkeitsprinzip nicht.145 Als Vertragsmuster ist auf Rn 48 zu verweisen.
138 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 384/09, NJOZ 2010, 2454. 139 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 384/09, NJOZ 2010, 2454, Rn 26; ablehnend polemisierend („Tarifverordnungswillkür“) Löwisch/Rieble: TVG Kommentar, 3. Aufl. 2012, § 3, Rn 605. 140 BAG, Urt. v. 29.6.2011 − 5 AZR 651/09, NZA-RR 2012, 192. 141 Bayreuther, NZA 2009, 835, 836. 142 Bayreuther, NZA 2009, 835. 143 BAG, Urt. v. 29.6.2011 − 5 AZR 651/09, NZA-RR 2012, 192, Rn 23, 27. 144 Seel, öAT 2012, 243, 245; Salamon, ArbRAktuell, 2010, 584. 145 Melms/Kentner, NZA 2014, 127, 134.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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Praxistipp Es wird in der Literatur teilweise die Ansicht vertreten, das Problem der Tarifpluralität dadurch lösen zu können, dass der Arbeitgeber sich im Falle der Tarifpluralität vertraglich ein Leistungsbestimmungsrecht einräumt, welcher Tarifvertrag gelten soll. „Ist der Arbeitgeber an mehrere einschlägige Tarifverträge gebunden, bestimmt er durch Leistungsbestimmung nach § 315 BGB, welches Tarifwerk arbeitsvertraglich gelten soll.“146
Eine solche Klausel ist nicht zu empfehlen. Finden mehrere Tarifverträge nebenei- 100 nander Anwendung, so wird dem Arbeitgeber durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht die Möglichkeit eingeräumt, die Leistung durch Festlegung des Tarifvertrages neu zu bestimmen. Eine solche Klausel ist nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam. Sie ist darüber hinaus wegen Intransparenz nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, weil sie den Angemessenheitsmaßstab nicht konkretisiert und damit die Entwicklung der Arbeitsbedingungen für den Arbeitnehmer unkalkulierbar macht.147 In Anbetracht der neueren Rechtsprechung des BAG sind Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträge so auszugestalten, dass sie im Falle mehrerer Tarifverträge, die in Bezug genommen sein könnten, über eine klare Kollisionsregel definieren, welcher Tarifvertrag Anwendung finden soll.148 Wenig hilfreich sind andere Vorschläge, statt das Problem in der Klauselgestal- 101 tung durch Formulierung der Tarifverträge so zu lösen, dass man in den Tarifverträgen ein „Alles oder Nichts – Prinzip“ festlegt: “Dieser Tarifvertrag gilt nicht für alle Arbeitnehmer der XY GmbH. Soweit bei der XY GmbH in bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen auf Grund individualrechtlicher Vereinbarung (konstitutive Bezugnahmeklauseln etc.) das bisherige Tarifrecht oder Teile davon durch diesen Tarifvertrag und ihn ergänzende Tarifverträge nicht abgelöst werden oder Mitarbeiter sich hierauf berufen, gelten dieser Tarifvertrag und die ihn ergänzenden Tarifverträge insgesamt nicht. Für diese Mitarbeiter wird der Rechtszustand zum 31.1.20xx eingefroren, das heißt, es verbleibt bei den Regelung auf dem Niveau 20xx.“ Mit dem Inkrafttreten des Tarifeinheitsgesetzes soll die Tarifeinheit im Betrieb 102 durch Gesetz wieder hergestellt werden. § 4a TVG sieht vor, dass im Falle der Tarifpluralität der Tarifvertrag Anwendung findet, dem die meisten Arbeitsverhältnisse im Betrieb unterworfen sind. Das Gesetz dürfte für in der Vergangenheit geschlossene Bezugnahmeklauseln keinerlei Auswirkung haben. Für zukünftige Vertragsgestaltungen allerdings enthält es mit Abstellung auf das Mehrheitsprinzip eine sinnvolle und handhabbare Gestaltungsvariante.149 In Anbetracht der starken Zweifel an der Ver-
146 Klebeck, NZA 2006, 15, 20; Löwisch/Rieble, § 3 TVG, Rn 635. 147 Greiner/Preis, NZA 2007, 1071, 1076. 148 BAG, Urt. v. 13.3.2013 – 5 AZR 954/11, NZA 2013, 680. 149 Auf das Mehrheitsprinzip schon abstellend Klauselvorschläge von Greiner/Preis, NZA 2007, 1073, 1076.
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fassungsmäßigkeit des Gesetzes150 sollte das Mehrheitsprinzip bei der Gestaltung der Vertragsklausel allerdings sicherheitshalber in die Klausel aufgenommen werden.
9. Differenzierungsklauseln
103 Bei Differenzierungsklauseln wird die Gewährung tarifvertraglicher Leistungsan-
sprüche von der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft abhängig gemacht. Tarifaußenseiter sollen von bestimmten Ansprüchen ausgeschlossen werden. Gewerkschaften verfolgen mit Differenzierungsklauseln das Ziel, die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft für den Arbeitnehmer attraktiver zu machen. Für den Arbeitgeber stellt sich die Frage, wie Bezugnahmeklauseln so gestaltet werden können, dass auch nicht tarifgebundene Arbeitnehmer die Leistung beanspruchen können, wenn der Arbeitgeber die Leistungen gerade allen Arbeitnehmern gewähren will. Zu unterscheiden sind einfache von qualifizierten Differenzierungsklauseln. 104 Bei einfachen Differenzierungsklauseln wird die Gewährung einer Leistung von der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ausdrücklich tarifvertraglich abhängig gemacht. Da das Gesetz selbst die normative Geltung eines Tarifvertrages für den Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 TVG von der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft abhängig macht, sind einfache Differenzierungsklauseln rechtlich zulässig, wenn sie nicht in den Umfang von Leistung und Gegenleistung eingreifen oder dieses Verhältnis maßgeblich beeinflussen.151 Im Falle einer zulässigen Differenzierungsklausel können Tarifaußenseiter auch keine Ansprüche aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz geltend machen, da dieser auf Vereinbarungen zwischen Tarifvertragsparteien nicht anwendbar ist, weil solche Vereinbarungen keine strukturelle Ungleichgewichtigkeit der Verhandlungspartner aufweisen.152 Qualifizierte Differenzierungsklauseln verbieten es dem Arbeitgeber eine 105 tarifliche Leistung an Tarifaußenseiter zu zahlen oder verpflichten ihn im Falle einer Leistungsgewährung an alle Gewerkschaftsmitglieder in Form einer Spannenklausel einen um eine bestimmte Spanne höheren Anspruch zu gewähren. Diese Klauseln stellen einen Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit der nichtgebundenen Arbeitnehmer dar, da sie einen Druck ausüben, der Gewerkschaft beizutreten und sind daher nach Art 9 Abs. 3 Satz 2 GG rechtsunwirksam. Sie stellen außerdem einen unzulässigen Eingriff in die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers und in dessen Koalitionsfreiheit dar, weil sie ihn de facto verpflichten, seinen sozialen Gegenspieler zu
150 Hölscher, ArbRAktuell 2015, 7; Schliemann, NZA 2014, 1250; Däubler/Bepler, Rn 249, 250; Greiner sieht das Gesetz als „Brandbeschleuniger“ im Existenzkampf der Gewerkschaften, RdA 2015, 36; Bepler, NZA 2014 891; a. A. Scholz/Lingemann/Ruttloff, NZA-Beilage 1/2015, 3 ff.; BeckOK-ArbR/Giesen, § 4a TVG Rn 9. 151 BAG, Urt. v. 18.3.2009 – 4 AZR 64/08, NZA 2009, 1028; BAG, Urt. v. 22.9.2010 – 4 AZR 117/09, AP GG Art. 9 Nr. 144; BAG 23.3.2011 – 4 AZR 366/09, NZA 2011, 920. 152 BAG, Urt. v. 21.5.2014 – 4 AZR 50/13, NZA 2015, 115.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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stärken.153 Durch die Unwirksamkeit einer einzelnen Klausel wird allerdings der Tarifvertrag nicht insgesamt unwirksam, solange der übrige Teil des Tarifvertrages ein in sich zusammenhängendes Regelungswerk darstellt.154 Wird einzelvertraglich ein Tarifvertrag in Bezug genommen, in dem eine 106 bestimmte Leistung durch eine einfache zulässige Differenzierungsklausel von der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft abhängig gemacht wird, so ersetzt eine solche Bezugnahmeklausel nur die fehlende Tarifgebundenheit, nicht die Gewerkschaftsmitgliedschaft, so dass Tarifaußenseiter keinen Anspruch auf Gewährung dieser Leistung haben.155 Aus der Bezugnahmeklausel ergibt sich kein besonderer Anspruch auf Gleichbehandlung mit Gewerkschaftsmitgliedern aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.156 Vor diesem Hintergrund ist zu raten, den folgenden Zusatz der Bezugnahmeklau- 107 sel anzufügen: Klauselmuster Der Arbeitnehmer wird so behandelt, als sei er Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft.157 Praxistipp Ein entsprechender Zusatz zur Bezugnahmeklausel könnte nur durch eine tarifvertragliche Regelung ausgehebelt werden, die dann allerdings wegen Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG rechtsunwirksam wäre.158
10. Fälle des Betriebsübergangs a) Rahmenbedingungen eines Betriebsübergangs Nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB geht im Falle eines Betriebsübergangs das Arbeitsver- 108 hältnis eines Arbeitnehmers mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Betriebsinhaber über. Nach Satz 2 der Vorschrift werden Rechte und Pflichte aus einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung Inhalt des Arbeitsverhältnisses und dürfen
153 BAG, Beschl. v. 29.11.1967 – GS 1/67, NJW 1968, 1903; BAG, Urt. v. 23.3.2011 – 4 AZR 366/09, NZA 2011, 920; Wiedemann, RdA 2007, 65, 67; Bauer/Arnold, NZA 2011, 945; Richardi, NZA 2010, 417; a. A. wenn der Sondervorteil die Höhe der Gewerkschaftsbeiträge nicht überschreitet Däubler/Hensche, § 1 TVG, Rn 868 ff; Gamillscheg, NZA 2005, 146. 154 BAG, Urt. v. 16.11.2011 – 4 AZR 856/09, NZA-RR 2012, 308. 155 BAG, Urt. v. 18.3.2009 – 4 AZR 64/08, NZA 2009, 1028; BAG 22.9.2010 – 4 AZR 117/09, AP GG Art. 9 Nr. 144; a. A. Lobinger/Hartmann, RdA 2010, 235, 236 ff; Löwisch/Rieble, § 1 TVG, Rn 1864 f. 156 BAG, Urt. v. 22.9.2010 – 4 AZR 117/09, AP GG Art. 9 Nr. 144; Gieseler/Halfen-Kieper, AiB 2010, 75; a. A. ErfK/Franzen § 1 TVG, Rn 62; Bauer/Arnold, NZA 2011,945, 948; Löwisch/Rieble § 3 TVG, Rn 229; Hartmann/Lobinger NZA 2010, 421, 422. 157 Bauer/Arnold, NZA 2009, 1169, 1173. 158 Dornbusch/Fischermeier/Löwisch/Krebber, § 1 TVG, Rn 54.
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ein Jahr lang nicht zum Nachteil der Arbeitnehmers geändert werden. Dies gilt nach Satz 3 dann nicht, wenn die Rechte und Pflichten beim neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrages oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt sind. Nach Satz 4 der Vorschrift können vor Ablauf der Jahresfrist nach Satz 2 die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beidseitiger Tarifgebundenheit zwischen dem Arbeitnehmer und dem neuen Inhaber im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrages dessen Anwendung vereinbart wird.
b) Bezugnahmeklauseln bei einem Betriebsübergang 109 Eine Bezugnahmeklausel führt zunächst dazu, dass auf der einzelvertraglichen Ebene der in Bezug genommene Tarifvertrag Bestandteil des Arbeitsverhältnisses mit dem neuen Erwerber wird.159 Er wird nur dann durch einen beim Erwerber geltenden anderen Tarifvertrag abgelöst, wenn der Arbeitnehmer und der Erwerber tarifrechtlich an den beim Erwerber geltenden Tarifvertrag gebunden sind.160 Die Vorschrift setzt nach ihrem Wortlaut voraus, dass die Arbeitsbedingungen beim Erwerber durch Tarifvertrag „geregelt“ sein müssen. Eine Regelung durch Tarifvertrag ist nach § 3 Abs. 1 TVG nur im Falle einer beiderseitigen Tarifbindung gegeben. Im Falle eines vor dem 01.01.2002 abgeschlossenen Arbeitsvertrags ist die Bezugnahme als Gleichstellungsabrede auszulegen.161 Sie wirkt daher bei keiner oder einer anderen Tarifbindung des Erwerbers nur noch statisch fort und wird nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses beim neuen Erwerber.162 Wurde die Klausel nach dem 01.01.2002 geschlossen, so ist sie als kleine dynamische Bezugnahmeklausel auszulegen (z. B. „Es gelten die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordbaden in ihrer jeweils gültigen Fassung.“) und wird nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB dynamisch vertraglich Teil des Arbeitsverhältnisses zum neuen Erwerber. Der Erwerber tritt in die Rechtsposition des Veräußerers so ein, als ob er selbst den Arbeitsvertrag mit Bezugnahmeklausel geschlossen hätte.163 Strittig ist, ob eine Bindung des Erwerbers an künftige dynamische Entwicklun110 gen eines Tarifvertrages einen Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit des Erwerbers darstellt.164 Der Erwerber wird durch den Eintritt in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis in diesem Fall auf Dauer an die Dynamik eines Tarifvertrages
159 BAG, Urt. v. 24.2.2010 – 4 AZR 691/08, NZA-RR 2010, 530. 160 BAG, Urt. v. 30.8.2000 – 4 AZR 581/99, NZA 2011, 510. 161 BAG, Urt. v. 14.12.2011- 4 AZR 179/10, Entscheidungsveröffentlichung des BAG; BAG, Urt. v. 18.4.2007 – 4 AZR 652/05, NZA 2007, 965. 162 BAG, Urt. v. 21.8.2002 – 4 AZR 263/01, NZA 2003 442. 163 BAG, Urt. v. 21.10.2009 – 4 AZR 396/08, NZA-RR 2010, 361; BAG, Urt. v. 22.4.2009 – 4 AZR 100/08, NZA 2010, 41. 164 BAG, Urt. v. 23.9.2009 – 4 AZR 331/08, NJW 2010, 1831.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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gebunden, den er nicht geschlossen und dessen zukünftige Entwicklung er nicht unmittelbar, allenfalls mittelbar bei einer möglichen und dann auch praktizierten Mitgliedschaft in dem tarifschließenden Arbeitgeberverband beeinflussen könnte. Die Bundesregierung hat diesbezüglich im Verfahren „Werhof“ vor dem EuGH die Auffassung vertreten, dass eine Behinderung der Vertragsfreiheit des Arbeitgebers vorliege, die einer Enteignung gleichkomme, wenn nach dem Zeitpunkt des Übergangs in Kraft tretende Kollektivverträge für Arbeitgeber gälten, die nicht an den Verhandlungen teilgenommen haben. Der Grundsatz der Vereinigungsfreiheit umfasse das Recht des Arbeitgebers, nicht Mitglied eines tarifschließenden Arbeitgeberverbandes zu sein. Der EuGH hat sich dieser Ansicht angeschlossen und erklärt, dass der Erwerber im Fall der dynamischen Bezugnahme eines Tarifvertrages nur statisch an die Rechte und Pflichten aus diesem Tarifvertrag zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs gebunden sei. Eine Bindung an eine künftige Dynamik verletze den Erwerber in seinem Recht auf negative Koalitionsfreiheit aus Art. 6 Abs. 1 EUV i. V. m. Art 12 Abs. 1 EU-GHRCh; Art 6 Abs. 3 i. V. m. Art. 11 EMRK.165 Das BAG hingegen ist im Falle der individualrechtlichen dynamischen Bezug- 111 nahme eines Tarifvertrages immer davon ausgegangen, dass eine solche Klausel rechtswirksam auch den neuen Erwerber binde. Das BAG sah sich nicht veranlasst seine Rechtsprechung zu überprüfen oder gar zu ändern. Bei einer individualrechtlichen dynamischen Inbezugnahme eines Tarifvertrages gehe es um Vertragsrecht, das zunächst keinen spezifischen Bezug zum europarechtlich geregelten Betriebsübergangsrecht aufweise. Wenn ein Erwerber aus freiem Willen einen Betrieb erwerbe, so übernehme er damit im Falle eines Betriebsübergangs freiwillig die mit dem Betrieb verbundenen Arbeitsverhältnisse und als Verpflichtung aus diesen Arbeitsverhältnissen einzelvertragliche Zusagen auf eine dynamische Bindung an Tarifverträge. Ein Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit des Erwerbers sei nur dann gegeben, wenn dieser zu einer Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband gezwungen werde, was hier nicht der Fall sei.166 Der EuGH hat in einer neueren Entscheidung („Alemo-Herron“) an seiner Recht- 112 sprechung festgehalten und zusätzlich quasi in Entgegnung zur Position des BAG das Recht der Vertragsfreiheit des Erwerbers aus Art. 6 Abs. 1 EUV i. V. m. Art 16 EU-GRCh als verletzt angesehen, wenn dieser an Tarifverträge dynamisch gebunden werde, deren zukünftige Gestaltung er nicht in der Hand habe, wenn er wie in Bereichen des öffentlichen Dienstes nicht dazu in der Lage sei, Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes zu werden.167 Die juristisch geführte Diskussion mutet skurril an. Bei einer kollektivrechtlichen Bindung an einen Tarifvertrag ist es dem Arbeitgeber jeder-
165 EuGH, Urt. v. 9.3.2006 – C 499/04 (Werhof/Freeway Traffic Systems GmbH & Co. KG), NZA 2006, 376, Rn 19 und 33. 166 BAG, Urt. v. 23.9.2009 – 4 AZR 331/08, NJW 2010, 1831; Thüsing, NZA 2006, 473, 474. 167 EuGH, Urt. v. 18.7.2013 – C-426/11 (Mark Alemo-Herron u. a. / Parkwood Leisure Ltd.).
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zeit möglich durch einen Verbandsaustritt eine zukünftige Bindung an einen Tarifvertrag zu beenden. Eine Unterwerfung unter drittbestimmte tarifliche Regelungswerke über Individualvertrag oder öffentlich-rechtliche Verpflichtungen im Wege von Landestariftreuegesetzen hingegen wird nicht als Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit und bei Außerkraftsetzung eigener geschlossener Tarifverträge nicht als Eingriff in die positive Koalitionsfreiheit angesehen.168 In der Literatur und Rechtsprechung mehren sich die Stimmen, die Zweifel an der Aufrechterhaltung der Rechtsprechung des BAG bekunden,169 während einige Instanzgerichte sich der Auffassung des BAG anschließen.170 Ein Eingriff in die Koalitionsfreiheit ist entgegen der Auffassung von BAG und BVerfG nicht erst dann gegeben, wenn statusrechtlich ein Druck in Richtung Ein- oder Austritt in Verbände ausgeübt, sondern bereits dann, wenn in die Regelungsfreiheit eingegriffen wird, nach Art. 9 Abs. 3 GG Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen frei bestimmen zu können. Nur wenn ein Eingriff in das Grundrecht zur Kenntnis genommen wird,171 kann in Abwägung der kollidierenden Grundrechte von Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ein Weg zurück zur Rechtsprechung des BAG zur Gleichstellungsklausel mit einer Sicherung des Status quo zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs gefunden werden. Diese bestünde in einer das Grundrecht der Koalitionsfreiheit respektierenden Auslegung von § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.172 Das BAG hat mittlerweile auf die Kritik reagiert und wie in der Literatur empfohlen die Frage dem EuGH erneut zur Entscheidung vorgelegt. 173
c) Günstigkeitsprinzip bei einzelvertraglicher Bezugnahme und anderweitiger normativer Tarifbindung 113 Ist der Arbeitnehmer daneben durch Mitgliedschaft in der Gewerkschaft oder aufgrund eines für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrages nach § 5 TVG normativ an einen anderen Tarifvertrag gebunden, so geht nach § 4 Abs. 3 TVG der individualrechtlich geltende Tarifvertrag dem normativ geltenden Tarifvertrag vor, wenn dieser günstiger ist.
168 BAG, Urt. v. 23.9.2009 – 4 AZR 331/08, NJW 2010, 1831; BVerfG, Beschl. v. 11.7.2006 – 1 BvL 4/00, NZA 2007, 42; in Kritik dieser Entscheidung Rieble, NZA 2007, 1. 169 Lobinger, NZA 2013, 945, 946; HWK/Henssler, § 3, Rn 30c; Grobys/Panzer/Panzer-Heemeier, „Bezugnahmeklausel“, Rn 35; Löwisch/Rieble, § 3 TVG, Rn 616 ff; Schiefer/Hartmann, BB 2013, 2614; LAG Saarland, Urt. v. 9.04.2014 – 2 Sa 143/13 unter 2., BeckRS 2014, 69879; Preis/Sagan/Grau/Hartmann § 11 Rn 132 ff; LAG Sachsen, Urt. v. 25.7.2014 – 3 Sa 128/14 unter I b (2). 170 LAG Hessen, Urt. v. 10.12.2013 – 8 Sa 537/13, BeckRS 2014, 68584, Rn 115 ff; LAG Brandenburg, Urt. v. 3.12.2014 – 24 Sa 1126/14; LAG Sachsen, Urt. v. 24.3.2015 – 1 Sa 541/14; Forst, DB 2013, 1847; Heuschmid, AuR 2013, 498; Haußmann, ArbRAktuell, 2013, 469; Willemsen/Grau, NJW 2014,12. 171 In diese Richtung in Kritik der EuGH-Entscheidung Jacobs/Frieling EuZW 2013, 737, 739. 172 In diese Richtung Suschet, RdA 2013, 28, 34; im Ansatz auch Lobinger, NZA 2013, 945, 947. 173 BAG, Beschl. v. 17.6.2015 – 4 AZR 61/14, BB 2015, 1651; Lingemann, ArbRAktuell 2015, 304.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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Gerade in Fällen des Betriebsübergangs kann es sehr häufig dazu kommen, dass 114 eine arbeitsvertragliche Inbezugnahme auf einen anderen Tarifvertrag verweist als auf den Tarifvertrag, der nach einem Betriebsübergang beim Erwerber normativ für beide Parteien nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB Geltung beansprucht. Dieser Konflikt zwischen Tarifvertrag und Individualvertrag wird nach § 4 Abs. 3 TVG dahingehend gelöst, dass kraft des Günstigkeitsprinzips die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung gilt.174 Fraglich ist, ob bei der Inbezugnahme eines gesamten Tarifwerks ein individual- 115 rechtlicher Sachgruppenvergleich oder nur ein Gesamtvergleich des einen Tarifwerks mit dem anderen Tarifwerk stattfinden kann. Der 4. Senat des BAG verfolgt hierbei in ständiger Rechtsprechung den Weg des „Sachgruppenvergleichs“.175 Danach sind unterschiedlich lange Arbeitszeiten mit den jeweils entsprechenden Entgeltbestandteilen in die Vergleichsbetrachtung einzubeziehen, die als Gegenleistung des Arbeitgebers für die zu erbringende Arbeitsleistung des Arbeitnehmers anzusehen sind. Das BAG lehnt damit zum einen eine rein subjektiv auf den Arbeitnehmer abstellende Betrachtung als auch einen objektiven Gesamtvergleich beider Tarifwerke ab.176 Verglichen werden Regelungsgruppen untereinander, wie z. B. Arbeitszeit und Arbeitsentgelt, Urlaubsregelungen etc. Das BAG kommt vor diesem Hintergrund letztlich zu keinen klaren und eindeutigen Ergebnissen und postuliert in Fällen, in denen kein klares Ergebnis erzielbar ist, den Vorrang des normativ gültigen Tarifvertrags. Dies wird damit begründet, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag nicht normativ, sondern nur individualrechtlich gelte. Der Tarifvertrag müsse damit aus prinzipiellen Gründen nicht mehr als Tarifvertrag ausgelegt werden, sondern so, als ob er als Einzelvertrag abgeschrieben worden sei.177 Dem ist entgegenzuhalten, dass der Sachgruppenvergleich in dieser Konstella- 116 tion nicht dem individualrechtlichen Regelungswillen der Parteien entspricht. Diese wollen mit einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme gerade vereinbaren, abweichend vom normativ geltenden Tarifvertrag einen anderen Tarifvertrag zur Anwendung zu bringen. Sie wollen damit erreichen, dass ein anderes Tarifwerk im Ganzen zur Anwendung kommen soll.178 Der Vergleichsmaßstab des Sachgruppenvergleichs führt je nach Sachgruppe zu unterschiedlichen Ergebnissen. Man kann bei einem Vergleich zweier Tarifverträge „die Frage der Günstigkeit nicht je nach der Art des streitigen Anspruchs und des Zeitpunkts der Geltendmachung von Fall zu Fall unter-
174 BAG, Urt. v. 29.8.2007 – 4 AZR 767/06, NZA 2008, 364; a. A. von Hoyningen-Huene, RdA 1974, 147 ff; Müller, NZA 1989, 449, 450. 175 BAG, Urt. v. 12.12.2012 – 4 AZR 328/11, NJOZ 2014, 59; BAG Urt. v. 15.4 2015 – 4 AZR 587/13, NZA 2015, 1274. 176 BeckOK ArbR/Giesen, TVG, § 4, Rn. 31–32. 177 Thüsing/Braun/Forst, 7. Kapitel, Rn 42; Dornbusch/Fischermeier/Löwisch/Bayreuther, S.§ 613a BGB, Rn 76. 178 Zweifelnd an der Rechtsprechung des 4. Senats Bepler, RdA 2009, 65, 75.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
schiedlich beantworten und damit von Fall zu Fall zu unterschiedlichen Auslegungsergebnissen hinsichtlich ein und derselben vertraglichen Bezugnahmeregelung kommen“,179 wenn z. B. das eine Mal die Entgeltordnung für den Arbeitnehmer günstiger, das andere Mal der Kündigungsschutz ungünstiger geregelt ist.180 Die Auslegung der Bezugnahmeklausel wird in der Regel ergeben, dass das in Bezug genommene Regelungswerk insgesamt angewandt werden soll. Es setzt sich nach § 4 Abs. 3 TVG in diesem Fall gegenüber dem normativ geltenden Tarifvertrag nur dann durch, wenn er in einem Gesamtvergleich günstiger ist, ansonsten bleibt es beim normativ anzuwendenden Tarifvertrag.181 Auch der EuGH geht in seiner „Scattolon-Entscheidung“ von einem Gesamtvergleich zweier konkurrierender Tarifwerke aus. In dieser Entscheidung ging es neben dem Vergleichsmaßstab zweier konkurrie117 render Tarifwerke um die Frage der Zulässigkeit einer verschlechternden Ablösung eines Tarifvertrages durch einen anderen Tarifvertrag. Der EUGH urteilte, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 77/187/EWG (ab 17.07.2001 Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 01/23/EG) es den Mitgliedsstaaten verbietet gesetzliche Regelungen zu schaffen, die dazu führen, „dass diese Arbeitnehmer erhebliche Kürzungen ihres Arbeitsentgelts im Vergleich zu ihrer Lage unmittelbar vor dem Übergang hinnehmen müssen, weil ihr Dienstalter, das sie beim Veräußerer erreicht haben und das dem Dienstalter entspricht, das beim Erwerber beschäftigte Arbeitnehmer erreicht haben, bei der Bestimmung ihres Anfangsgehalts nicht berücksichtigt worden ist.“182 Die Entscheidung findet weder in der damals geltenden Richtlinie, noch in deren Neufassung eine europarechtliche Grundlage und ist in sich widersprüchlich formuliert. Sie vermischt darüber hinaus Fragen der Gewährleistung individualrechtlicher Rechte und Pflichten einerseits und der Ablösbarkeit kollektivrechtlicher Regelungen durch neue kollektivrechtliche Regelungen beim Erwerber andererseits.183 Die Entscheidung selbst ist eine sehr einzelfallbezogene Entscheidung gegen eine Entgeltkürzung durch Nichtanerkennung tatsächlich erbrachter Dienstjahre. Sie würde zu einer nicht zulässigen Auslegung von § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB contra legem führen.184 Sie ist daher rechtlich nicht umsetzbar.185 Nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB wird ein Tarifvertrag nicht Inhalt
179 BAG, Urt. v. 24.9.2008 – 6AZR 76/07, NZA 2009, 154 Rn 27. 180 Löwisch/Rieble, § 4 TVG, Rn 543; Wiedemann/Oetker, § 3, Rn 291; ErfK/Franzen, § 4; a. A. JKOS/ Jacobs, Tarifvertragsrecht, 2. Aufl.2013, § 7 E III.d, Rn 211; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler, § 305c, Rn. 43; Staudinger/Schlosser, § 305c, Rn. 110. 181 ErfK/Franzen, § 4 TVG, Rn 37; Löwisch/Rieble, § 4 TVG, Rn 543. 182 EuGH, Urt. v. 6.9.2011 − C-108/10 (Ivana Scattolon/Ministero dell‘Istruzione, dell‘Università e della Ricerca), NZA 2011, 1077, Leitsatz 2. 183 ErfK/Preis § 613a BGB Rn 125; PS/Grau/Hartmann § 11 Rn 123. 184 EuGH, Urt. v. 16.7.2009 –C-12/08, AP Nr. 5 zu Richtlinie 98/59/EG– Mono Car Styling Rn 61. 185 Sittard/Flockenhaus, NZA 2012, Rn 652; Winter, RdA 2013, 36, 38; a. A. Steffan, NZA 2012, 473, 475; offenlassend, weil nicht entscheidungserheblich BAG, Urt. v. 12.9.2013 – 6 AZR 512/12, NZA-RR 2014, 154, Rn 46; BAG, Urt. v. 22.5.2014 – 8 AZR 1069/12, NZA 2014, 1335.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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des Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB, sondern durch einen beim Erwerber geltenden Tarifvertrag, an den auch der Arbeitnehmer gebunden ist, abgelöst. Dies gilt auch, wenn dieser schlechtere Bedingungen enthält als der zuvor beim Veräußerer geltende Tarifvertrag. Auch wenn die tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen zunächst nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden sind und zu einem späteren Zeitpunkt durch einen Tarifvertrag, an den der Erwerber gebunden ist, abgelöst werden, findet eine Ablösung der alten Tarifvertragsregelungen durch die neuen beim Erwerber geltenden tarifvertraglichen Regelungen statt, da die jetzt einzelvertraglich geltenden Regelungen aus ablösbaren tariflichen Reglungen stammen.186 Gilt der Tarifvertrag des Veräußerers nur durch eine Bezugnahmeklausel auf ver- 118 traglicher Ebene, so wird er nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses und wirkt damit nicht normativ. Er kann somit auch nicht nach § 613a BGB durch einen anderen Tarifvertrag, der beim Erwerber gilt, abgelöst werden, auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer durch Gewerkschaftsbeitritt nachträglich an diesen Tarifvertrag gebunden sein sollte.187 Wurde beim Veräußerer mit dem Arbeitnehmer eine große dynamische Tarif- 119 wechselklausel vereinbart, so handelt es sich um eine Vereinbarung im Sinne des § 613a Abs. 1 Satz 4 BGB. Danach können Arbeitnehmer und Arbeitgeber bereits vor Ablauf der Jahresfrist nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB die Rechte und Pflichten aus einem normativ geltenden Tarifvertrag beim Veräußerer ändern, wenn der Tarifvertrag nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifbindung im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags, dessen Anwendung zwischen Inhaber und Arbeitnehmer vereinbart wird. Der Abschluss der Vereinbarung muss nicht zeitlich nach dem Betriebsübergang erfolgen. Er kann bereits vor einem Betriebsübergang getroffen worden sein, wenn durch die Vereinbarung eine Ablösung der transformierten Tarifnorm auch bezweckt wurde.188
11. Aufhebung oder Abänderung einer Bezugnahmeklausel Eine Bezugnahmeklausel kann nur durch eine entsprechende Änderung des Arbeits- 120 vertrages aufgehoben oder abgeändert werden. Ihre Änderung muss Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Parteien geworden sein.189 Der Ausspruch einer einseitigen Änderungskündigung durch den Arbeitgeber wäre nur aus betriebs-
186 BAG, Urt. v. 16.5.1995 – 3 AZR 535/94, NZA 1995, 1166. 187 BAG, Urt. v. 30.8.2000 – 4 AZR 581/99, NZA 2001, 510. 188 Thüsing/Braun/Heise, 11. Kapitel, Tarifwechsel, Rn 54; Annuß, ZfA 2005, 405, 455 ff; Jacobs, NZA-Beil. 2009, 45, 52; HWK/Henssler, § 3 TVG, Rn 30c. 189 Grobys/Panzer/Panzer-Heemeier, „Bezugnahmeklausel“ Rn 24; BAG, Urt. v. 18.11.2009 – 4 AZR 514/08, NZA 2010, 170.
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bedingten Gründen nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt und kommt nur dann in Betracht, wenn sie auf Grundlage eines umfassenden Sanierungskonzepts das einzige Mittel ist, um eine Entstehung weiterer, betrieblicher nicht mehr auffangbarer Verluste zu verhindern, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebs führen würden.190 Giesen vertritt die Auffassung, dass der Ausspruch einer betriebsbedingten Änderungskündigung sozial gerechtfertigt sei, wenn durch die Kündigung eine Gleichstellung mit tarifgebundenen Arbeitnehmern hergestellt werden soll.191 Dieser Zweck erfüllt die hohen Anforderungen an den Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung nicht und kommt daher nicht in Betracht.192
12. Tarifeinheitsgesetz
121 Zum 10.7.2015 ist das Tarifeinheitsgesetz in Kraft getreten. Nach der Neuregelung des
§ 4a Abs. 2 TVG soll in Zukunft nur noch der Tarifvertrag im Betrieb „anwendbar“ sein an den die Mehrheit der Arbeitnehmer gebunden ist. Das Gesetz ist verfassungsrechtlich äußerst umstritten193 und Gegenstand mehrere Klageverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verletzung der Grundrechte der Beschwerdeführer aus Art. 9 Abs. 3 GG für möglich erachtet. Es hat allerdings mehrere Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem Hintergrund zurückgewiesen, dass es bis Ende 2016 in der Hauptsache entscheiden wird und die Beschwerdeführer nicht dargelegt haben, dass es bis zu diesem Zeit-
190 BAG, Urt. v. 27.9.2001 – 2 AZR 236/00, NZA 2002, 750; Reiserer/Powietzka, BB 2006, 1109. 191 Giesen, NZA 2006, 625, 631. 192 Möller, NZA 2006, 579; Preis, NZA 2010, 361, 364. 193 für die Verfassungsmäßigkeit Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, § 4a TVG Rn 9; Giesen/Kersten, ZfA 2015, 201; Hufen, NZA 2014, 1237; Kempen, AuR 2011, 51; Papier/Krönke, ZfA 2011, 807; Scholz, ZfA Sonderdruck aus Heft 4/2010; Scholz/Lingemann/Ruttloff, NZA-Beil. 2015, 3; Waas, AuR 2011, 93; Bauer, DB 2014, 2715; Hromadka, NZA 2014, 1105; Wolf, SAE 1/2015, III; dagegen Bayreuther, NZA 2013, 1395; Bepler, Verhandlungen des 70. Deutschen Juristentags, 2014, B 95; Däubler, Gutachten zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Tarifeinheitsgesetz, 2015; Däubler/Bepler, H, Rn 249, 250; Dieterich, AuR 2011, 46 und NZA-Beil. 2011, Seite 84; Di Fabio, Gesetzlich auferlegte Tarifeinheit als Verfassungsproblem, 2014; Fischer, NZA 2015, 662; Gaul, ArbRB 2015, 15; Greiner, NZA 2010, 743; Greiner, NZA 2015, 769; Konzen/Schliemann, RdA 2015, 1; und Konzen, JZ 2010, 1036; Lehmann, BB 2015, 2229 [2232], BB 2015, 2293, [2303]; ErfK/Linsenmaier, Art. 9 GG Rn. 68 a; Löwisch, BB Die erste S. 2014, Nr. 48; Mückl/Koddenbrock, GWR 2015, 6; Preis, Der Preis der Koalitionsfreiheit, 2014; Reichold, Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit eines von BDA und DGB geplanten „Gesetzes zum Erhalt der Tarifeinheit“, 2010; Richardi, NZA 2015, 915; Rieble/v. der Ehe, Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes zur Regelung der Tarifeinheit, 2010; Schliemann, NZA 2014, 1250; Hölscher, ArbRAktuell 2015, 7; Rüthers, ZRP 2015, 2; von Steinau-Steinrück/Reiter, Personalführung 2015, 38 [42]; vgl. auch die Bedenken des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags WD 6-3000-255/14 – und in der Rechtsprechung, vgl. BAGE 135, 80 = NZA 2010, 1068 = NJW 2011, 333 Ls. Rn. 54 ff. mwN; NZA 2010, 645 Rn. 75 ff.; dazu Schliemann, FS Hromadka, 2008, S. 359 [362 f.]; ErfK/Franzen, § 4 TVG Rn. 71.
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E. Bezugnahme auf Tarifvertrag
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punkt zu so gravierenden und schwer revidierbaren Nachteilen für sie kommen wird, die eine Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren unabdingbar machen würden.194 Sollte das Gesetz die verfassungsrechtliche Prüfung bestehen und in Kraft 122 bleiben, sollte man bei der Inbezugnahme wie oben ausgeführt darauf achten, dass in der Regel der in Anlehnung an die gesetzliche Regelung normativ geltende Tarifvertrag in Bezug genommen wird. Aus der Gesetzesformulierung, dass Minderheitstarifverträge neben dem Mehr- 123 heitstarifvertrag nicht mehr „anwendbar“ seien wird teilweise gefolgert, dass auch eine vertragliche Inbezugnahme des Minderheitentarifvertrages unzulässig sei.195 Dem kann nicht gefolgt werden. Auch aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber hier direkt in das Grundrecht auf Vertragsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG eingreife wollte. Will der Arbeitgeber also entgegen der Gesetzesintention den Minderheitentarifvertrag weiter in Bezug nehmen, so kann er dies jederzeit tun.196 Zulässig ist es auch, dass der Arbeitgeber eine tarifvertragliche Verpflichtung mit der Minderheitsgewerkschaft dergestalt vereinbart allen Arbeitnehmern der Minderheitsgewerkschaft über eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel einzelvertraglich die Anwendung des tarifrechtlich normativ nicht anwendbaren Tarifvertrages zuzusagen.197 Eine solche Vereinbarung entfaltet als Durchführungsbestimmung zum Tarifvertrag nur schuldrechtliche Wirkung zwischen den Tarifvertragsparteien. Sie wirkt nicht normativ und stellt damit auch keine tarifrechtlich unwirksame Abbedingung oder Umgehung der gesetzlichen Kollisionsregel des § 4a Abs. 2 TVG dar.198 Der Druck der Minderheitsgewerkschaft auf den Arbeitgeber, eine solche Regelung zu praktizieren, dürfte sich verstärken. Für Gewerkschaften hat die Anwendung des von ihnen ausgehandelten Tarifvertrages existentielle Bedeutung, da kaum Arbeitnehmer Mitglied einer Gewerkschaft bleiben dürften, die keine wirksamen Tarifverträge auszuhandeln vermag. Eine solche schuldrechtliche Verpflichtung ist auch erstreikbar.199 Neben dem Modell einer vertraglichen Inbezugnahme des Minderheitentarifver- 124 trages kann die Minderheitsgewerkschaft auch auf den Abschluss eines „schuldrechtlichen Normenvertrages“ abzielen, welcher ein zulässiges Gestaltungsmittel darstellt, wenn er nicht als „Tarifvertrag“ bezeichnet wird.200 Das zeitlich nach dem Grundge-
194 BVerfG, Beschl. v. 6.10.2015 – 1 BvR 1571/15, 1 BvR 1582/15, 1 BvR 1588/15, NZA 2015, 1271. 195 Fischer, NZA 2015, 665, 666. 196 Greiner, NZA 2015, 769, 775; Däubler/Bepler, F, Rn 176. 197 Greiner, NZA 2015, 669, 775, 778; Richardi NZA 2014, 1233, 1235; Richardi NZA 2015, 915, 916; Mückl, Koddenbrock, GWR 2015, 6, 10; Däubler/Bepler, F, Rn 176. 198 Greiner, NZA 2015, 669, 775, 778. 199 Däubler/Bepler, Rn 198. Däubler/Däubler, Einl. Rn 872; ErfK/Linsenmeier, Art 9 GG Rn 119; L öwisch/ Rieble, Grundlagen Rn 448 und § 1 Rn 1017; a. A. Greiner NZA 2006, 1274, 1277 und NZA 2015, 769, 777. 200 Lehmann BB 2015, 2229, 2234.
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setz in Kraft getretene Tarifvertragsgesetz stellt ein Gestaltungsmittel zur Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dar, allerdings nicht das alleinige. Auch die Erstreikbarkeit solcher Normenverträge ist durch das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG gedeckt.201 Jeder Arbeitgeber muss für sich selbst entscheiden, ob er sich auf Vorstöße der 125 Minderheitsgewerkschaft einlässt oder dies ablehnt. Auch bei einer bestehenden Tarifkollission zwischen einem Tarifvertrag einer Mehrheitsgewerkschaft und einem Tarifvertrag einer Minderheitsgewerkschaft bleiben beide Tarifverträge nebeneinander normativ bestehen, solange nicht durch ein abeitsgerichtliches Beschlussverfahren nach § 2a Abs. 1 r. 6 i. V. m. § 99 ArbGG festgestellt wurde, dass der Minderheitentarifvertrag keine Anwendung findet.202 Fälle der Konkurrenz eines tarifvertraglich normativ wirkenden Tarifvertrag nach 126 dem Tarifeinheitsgesetz und eines einzelvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrag sind nach dem Günstigkeitsprinzip zu lösen, wonach sich der bei einer Gesamtbetrachtung günstigere Tarifvertrag durchsetzt (Rn 113). Sie sind nicht darüber zu regeln, dass der normativ geltende Mehrheitstarifvertrag den arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrag verdrängt und erst nach Beendigung des Mehrheitstarifvertrages wieder auflebt.203 Die Verdrängungswirkung zwischen dem von der Mehrheitsgewerkschaft abgeschlossenem Tarifvertrag und dem Tarifvertrag der Minderheitsgewerkschaft beschränkt sich auf die normative Wirkung der Tarifverträge zueinander. In der Literatur wird davor gewarnt, dass das Tarifeinheitsgesetz zu noch nicht 127 absehbaren Folgen auf die Auslegung von arbeitsvertraglichen Inbezugnahmeklauseln führen könnte.204 Hinsichtlich der Beurteilung eines Minderheitentarifvertrages im Hinblick auf das AGB-Recht dürften sich keine weiteren Auswirkungen ergeben. Auch der Tarifvertrag einer Minderheitengewerkschaft ist ein Tarifvertrag, der als Tarifvertrag nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB von einer AGB-Kontrolle ausgenommen ist. Nach zutreffender Rechtsprechung des BAG ist auch ein vertraglich in Bezug genommener Tarifvertrag keiner AGB-Kontrolle zu unterziehen, wenn es sich um den sonst fachlich und räumlich anwendbaren Tarifvertag handelt.205 Die Richtigkeitsvermutung der durch Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tarifverträge entfällt nicht dadurch, dass die normative Wirkung als Minderheitstarifvertrag verdrängt wird.
201 Lehmann, BB 2015, 2229, 2234; Löwisch, Tarifeinheit und due Auswirkungen auf das Streikrecht, DB 2015, 1102 f. 202 BVerG, Beschl. v. 6.10.2015 – 1 BvR 1571/15, 1 BvR 1582/15, 1 BvR 1588/15, NZA 2015, 1271;Löwisch, NZA 2015, 1369. 203 So aber Lehmann, BB 2015, 2293, 2298, 1. Beispiel 204 Lehmann, BB 2015, 2295, 2300. 205 BAG, Urt. v. 24.9.2008 – 6 AZR 76/07, NZA 2009, 154.
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F. Betriebsvereinbarung
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F. Betriebsvereinbarung Nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG wirken Betriebsvereinbarungen auf alle Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn im Unterschied zu Tarifverträgen kraft Gesetzes normativ. Vor diesem Hintergrund wird es allgemein für überflüssig angesehen in Arbeitsverträgen mit normalen Arbeitnehmern Bezugnahmeklauseln auf eine oder mehrere Betriebsvereinbarungen abzuschließen.206 Einer Betriebsvereinbarung wird in einer solchen Konstellation nur deklaratorische, keine konstitutive Bedeutung zukommen.207 Dem kann nicht in dieser Allgemeinheit gefolgt werden. Eine konstitutive Bezugnahme in einem Arbeitsvertrag kann dann Sinn machen, wenn eine Betriebsvereinbarung betriebsbezogen außerhalb ihres Regelungsbereiches Mitarbeiter anderer Betriebe, vom personellen Geltungsbereich leitende Angestellte oder über bestehende Arbeitsverhältnisse hinaus Rentner erfassen soll. Zuvor sollte man sich allerdings Gedanken machen, für welchen Zweck und in welcher Form eine Bezugnahme auf eine Betriebsvereinbarung notwendig ist. Wird eine bestimmte Regelung einer Gesamtbetriebsvereinbarung in einem Arbeitsvertrag in Bezug genommen und geregelt, dass sich die hieraus ergebende Zahlung vom Arbeitgeber geleistet wird, so ist eine solche Bezugnahme als konstitutive Verpflichtung zur Zahlung der Leistung unabhängig vom Bestehen oder Nichtbestehen der Betriebsvereinbarung zu verstehen.208 Sie entfaltet in diesen Fällen auch noch dann Wirkung, wenn die Betriebsvereinbarung selbst nicht mehr besteht und kann nur noch im Wege einer betriebsbedingten Änderungskündigung beendet werden, wofür die Voraussetzungen in der Regel nicht gegeben sein werden. Betriebsvereinbarungen und Dienstvereinbarungen unterliegen nicht nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB der AGB-Kontrolle,209 gleichgültig, ob es sich um Betriebsvereinbarungen in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten oder um freiwillige Betriebsvereinbarungen nach § 88 BetrVG handelt.210 Die bisherige Überprüfung von Betriebsvereinbarungen am Maßstab des § 75 Abs. 1 BetrVG, wonach Personen im Betrieb nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit zu behandeln sind, bleibt hiervon ausgenommen.211
206 Grobys/Panzer/Panzer – Heemeier, „Bezugnahmeklausel“, Rn 40. 207 BAG, Urt. v. 24.9.2003 – 10 AZR 34/03, NZA 2003, 149; BAG (10. Senat) , Urt. v. 12.03.2008 – 10 AZR 256/07, AP BGB § 611 Nr. 6. 208 BAG, Urt. v. 24.0.2003 – 10 AZR 34/03, NZA 2004, 149; Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1, Rn 2825. 209 BT-Dr 14/6857, S. 54. 210 Däubler/Bonin/Deinert/Däubler, § 310, Rn 32; Annuß, BB 2002, 459; Richardi, NZA 2002, 1059; Däubler, NZA 2001, 1329, 1334; Thüsing, BB 2002, 2666, 2669; Clemenz/Kreft/Krause/Kreft, § 310, Rn 44; Preis, NZA 2010, 361, 365. 211 Däubler/Bonin/Deinert/Däubler § 310, Rn 33; BAG, Urt. v. 01.02.2006 – 5 AZR 187/05, NZA 2006, 564, Rn 23 ff.
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Die AGB-Kontrolle unterbleibt im Falle einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme allerdings nur dann, wenn Betriebsvereinbarungen sowieso im Betrieb normative Wirkung nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG entfalten. Sie wirken dann ohne eine ausdrückliche Vereinbarung, dass sie konstitutiv wirken sollen, nur deklaratorisch. Sie entfallen dann allerdings auch, wenn die Betriebsvereinbarung entfällt.212 Sie unterliegen der vollen AGB-Kontrolle, wenn sie auf Arbeitnehmer außerhalb der Betriebsverfassung wie leitende Angestellte oder auf Arbeitnehmer anderer Betriebe über eine Bezugnahmeklausel Anwendung finden.213 Sie wirken in diesen Fällen aber immer konstitutiv, weil sie normativ keine Geltung beanspruchen können.214 Betriebsvereinbarungen können grundsätzlich den Inhalt des Arbeitsver133 trages nicht verschlechternd ändern, da im Verhältnis von Betriebsvereinbarung zum Einzelarbeitsvertrag das Günstigkeitsprinzip gilt.215 Das BAG lässt hiervon Ausnahmen dann zu, wenn durch eine Betriebsvereinbarung bestehende arbeitsvertragliche Regelungen insgesamt neu geregelt werden und die Neuregelung bei einem Gesamtvergleich für alle Arbeitnehmer nicht ungünstiger ist als die zuvor geltenden arbeitsvertraglichen Ansprüche.216 Vertragliche Ansprüche sind ansonsten nicht betriebsvereinbarungsoffen, können also nicht durch eine Betriebsvereinbarung zum Nachteil des Arbeitsnehmers geändert werden, sondern können nur vertraglich durch Änderungsvereinbarung oder Änderungskündigung geändert werden.217 Eine Bezugnahmeklausel, die eine arbeitsvertragliche Regelung für die Zukunft 134 betriebsvereinbarungsoffen gestalten will, ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Die in Bezug genommene Betriebsvereinbarung unterliegt keiner AGB-Kontrolle, wenn sie normativ bereits für den Arbeitnehmer gilt. Die Klausel, mit der die Betriebsvereinbarung in Bezug genommen wird, unterliegt allerdings der AGB-Kontrolle.218 In der Regel hat eine Inbezugnahme auf kollektivrechtlich geltende Arbeitsbedingungen, so auch auf eine bestehende Betriebsvereinbarung, keinen überraschenden Charakter und verstößt nicht gegen § 305c BGB. Sie sollte das Bezugnahmeobjekt klar bestimmen, ohne Auslegungsspielräume zu eröffnen, weil diese im Zweifel zugunsten des Arbeitnehmers auszulegen sind.219 Wird eine Betriebsvereinbarung in Bezug genommen, so gilt auch hier der Grundsatz, dass im Zweifel die jeweils aktuelle 132
212 Preis, NZA 361, 365. 213 Däubler/Bonin/Deinert/Däubler § 310, Rn 54; Preis, NZA 2010, 361, 365; Rieble/Schulin, RdA 2006, 339, 345. 214 Preis, NZA 2010, 361, 365. 215 BAG, Urt. v. 5.8.2009 – 10 AZR 483/08, NZA 2009, 1105, Rn 10. 216 BAG (Großer Senat), Beschl. v. 16.9.1986 – GS 1/82 (5. Senat 8.12.1982 5 AZR 316/81), NZA 1987, 168. 217 BAG, Urt. v. 16.11.2011 − 10 AZR 60/11, NZA 2012, 349, Rn 15. 218 Däubler/Bonin/Deinert/Däubler, § 310, Rn 57. 219 Grobys/Panzer/Panzer- Heemeier „Bezugnahmeklausel“, Rn 43; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler, § 310, Rn 57.
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F. Betriebsvereinbarung
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Betriebsvereinbarung in Bezug genommen wird,220 da diese kollektivrechtlich nach dem Grundsatz „lex posterior derogat legi priori“ auch die alte Betriebsvereinbarung verdrängt.221 Dies gilt allerdings nicht mehr für Rentner. Mit Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bleibt die Betriebsvereinbarung, soweit sie Leistungsansprüche auch für Rentner begründet in der Form bestehen, die sie zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers erreicht hatte.222 Eine weitere, sehr viel problematischere Anwendungsvariante der Bezugnahmeklausel, ist eine Öffnungsklausel von einzelvertraglichen Vereinbarungen für Betriebsvereinbarungen. Eine solche Klausel beseitigt das im Arbeitsverhältnis bestehende Günstigkeitsprinzip analog § 4 Abs. 3 TVG, das auch im Verhältnis des Einzelarbeitsvertrags zur Betriebsvereinbarung gilt. Eine Klausel im Arbeitsvertrag, wie „Die allgemeinen Arbeitsbedingungen und -vergütungen unterliegen den gesetzlichen Bestimmungen sowie Betriebsvereinbarungen“ kann als Öffnungsklausel interpretiert werden, das Arbeitsverhältnis durch freiwillige Betriebsvereinbarung ändern zu können.223 Die Rechtsprechung des BAG hat damals breite Zustimmung erfahren, dürfte aber den Anforderungen der AGB-Kontrolle nach heutigen Maßstäben der Literatur kaum genügen,224 der neueren Linie des BAG (Rn 127) aber sehr wohl entsprechen. Die damals geführte Auseinandersetzung ist im Grunde keinesfalls ausgetragen. In der Vergangenheit gab es immer wieder Auseinandersetzungen darüber, ob und wie einzelvertraglich begründete Leistungsansprüche des Arbeitnehmers durch Betriebsvereinbarungen verschlechternd abgelöst werden können. Bei Öffnungsklauseln individualrechtlicher Vereinbarungen in Bezug auf Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die dem Bestimmtheits- und Transparenzgebot genügen müssen. Zweifel bei ihrer Auslegung gehen nach § 305c Abs. 1 Satz 2 BGB zu Lasten des Arbeitgebers. Eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers kann sich auch daraus ergeben, dass eine Klausel nicht klar und verständlich formuliert ist und zur Unwirksamkeit der Öffnungsklausel führt. Zulässig ist es, bestimmte arbeitsvertraglich vereinbarte Ansprüche für zukünftige Regelungen durch Betriebsvereinbarungen offen zu gestalten.225 Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Zusage auf
220 Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 35. EL 2014, „Arbeitsverträge“, Rn 224. 221 BAG, Urt. v. 30.1.1970 – 3 AZR 44/68, NJW 1970, 1620. 222 BAG, Urt. v. 30.1.1970 – 3 AZR 44/68, NJW 1970, 1620. 223 BAG, Urt. v. 20.11.1987 – 2 AZR 284/86, NZA 1988, 617; Richardi, NZA 1988, 185; Grobys/Panzer/ Panzer Heemeier, „Bezugnahmeklausel“, Rn 41. 224 Preis II O 10, Rn 5 m.w. Nachweis. 225 Däubler/Bonin/Deinert/Däubler, § 310, Rn 55.
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Zahlung einer betrieblichen Altersversorgung macht, ein Dienstfahrzeug auch zur privaten Nutzung überlässt oder eine leistungsbezogene Vergütung zusagt, sich allerdings die Möglichkeit offen halten will, bei der Ausweitung der Leistungen auf bestimmte Mitarbeitergruppen diese Leistungen durch Betriebsvereinbarung abändernd zu vereinheitlichen. Vor diesem Hintergrund besteht weitgehend Einigkeit, dass ein praktisches 140 Bedürfnis besteht Arbeitsbedingungen auf Grundlage kollektivrechtlicher Regelungen zu vereinheitlichen und die Vereinbarung entsprechender Öffnungsklauseln im Arbeitsvertrag zulässig ist,226 zumal Betriebsvereinbarungen ihrerseits nach den Maßstäben des § 75 Abs. 1 und 2 BetrVG einer Rechtmäßigkeitskontrolle unterliegen.227 Das BAG hat die Diskussion um die Notwendigkeit einer klaren Vereinbarung 141 einer Öffnungsklausel durch sein Urteil vom 5.3.2013 wiederbelebt. Im Rechtsstreit ging es darum, dass eine Einstellungsmitteilung keinen Hinweis auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen einer bestimmten Altersgrenze enthielt. Eine Altersgrenze wurde zu einem späteren Zeitpunkt durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung eingeführt, nach der das Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 65. Lebensjahres endet. Der Arbeitnehmer hat hiergegen geklagt und geltend gemacht, dass das Günstigkeitsprinzip verletzt sei, da arbeitsvertraglich kein Ende des Arbeitsverhältnisses vereinbart worden sei. Hier war schon fraglich, ob eine Nichtregelung einer Altersgrenze in eine vertragliche Regelung der Nichtbefristung ausgelegt werden kann. Das BAG hätte sich also darauf beschränken können, die umfassende Regelungskompetenz der Betriebsparteien auch bei der Festlegung von Altersgrenzen zu betonen. Stattdessen aber stellte das BAG in einem Leitsatz fest, dass die Vertragsparteien den Arbeitsvertrag so gestalten können, dass er einer künftigen Abänderung durch Betriebsvereinbarungen unterliege. Eine solche Abrede könne ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Von einer konkludenten Abrede in diese Richtung sei immer dann auszugehen, wenn man einen vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag benutze, weil alleine hierdurch beide Vertragsparteien zum Ausdruck hätten bringen wollen, dass im Betrieb einheitliche Arbeitsbedingungen gelten sollten.228 Damit wird die gesetzliche Intention des AGB-Rechts in ihr Gegenteil verkehrt. 142 Aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber einseitig Vertragsrecht setzt, wird gefolgert, dass der Arbeitnehmer damit einverstanden sei, dass der in § 305b BGB postulierte Vorrang des Individualrechts vertraglich konkludent abbedungen wird. Wenn eine Betriebsvereinbarungsoffenheit nur darauf gestützt wird, dass der Arbeitgeber allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, wird damit gegen die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB verstoßen, da bei ungeschriebenen Anpassungsvorbehalten
226 Rieble/Schul, RdA 2006, 339, 340; Preis, II O, Rn 9; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler, § 310, Rn 55a; Preis/Ulber, NZA 2014, 6, 10. 227 Preis/Ulber, RdA 2013, 21, 213. 228 BAG, Urt. v. 5.3.2013 – 1 AZR 417/12, NZA 2013, 916.
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F. Betriebsvereinbarung
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kaum davon gesprochen werden kann, dass die Regelung zweifelsfrei betriebsvereinbarungsoffen sein soll. Auch das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangt in seiner Ausprägung als Bestimmtheitsgebot, dass die Voraussetzungen und der Umfang eines Änderungsrechts deutlich benannt werden, damit der Arbeitnehmer erkennen kann, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“.229 Die Entscheidung wurde daher in der Literatur unterschiedlich aufgenommen. Die Vertreter des Ordnungsprinzips sahen sich in ihrer Grundauffassung bestätigt, dass Vertragsbedingungen durch kollektivrechtliche Regelungen abgelöst werden können und glauben, dass ein grundsätzlicher Kurswechsel des BAG eingeleitet sei.230 Die Entscheidung des ersten Senats vom 5.3.2013 steht hier im Widerspruch zur Entscheidung des 10. Senats.231 Dieser hatte darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber, der eine Sonderzahlung unter dem Vorbehalt einer ablösenden Betriebsvereinbarung stellen will, diesen Vorbehalt ebenso wie einen Widerrufs- oder Freiwilligkeitsvorbehalt ausdrücklich erklären muss, um dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu genügen. Bringt der Arbeitgeber die „betriebsvereinbarungsoffene“ Gestaltung nicht klar zum Ausdruck, so kann dies ein durchschnittlich verständiger Arbeitnehmer nicht erkennen.232 Der 1. Senat des BAG hat in dieser Auseinandersetzung um die Möglichkeit einer 143 verschlechternden Ablösung einer Individualabrede durch Betriebsvereinbarung ein unnötiges obiter dictum gefällt, das zur Entscheidung des Sachverhalts überflüssig war, weil eine Individualabrede als Ablösungsgegenstand eigentlich nicht vorhanden war. Der Schluss des 1.Senats, dass bei einer Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Arbeitnehmer immer davon ausgehen kann, dass der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen vereinheitlichen will und sich daher vorbehält, dies durch ablösende Betriebsvereinbarungen umzusetzen, verstößt gegen das Auslegungsgebot des § 305c Abs. 2 BGB und das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.233 Ein Teil der Stimmen der Literatur schließt sich dieser bewussten Kehrtwende des ersten Senats an und begrüßt sie.234 Ein anderer Teil geht davon aus, dass der Gesetzgeber dem Betriebsrat mit der Einräumung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates wie z. B. über § 87 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 10 BetrVG, zugleich die Wertung verbunden habe, dass in diesen Angelegenheiten die kollektivrechtliche Regelung durch einzelvertragliche Regelung nicht konterkariert werden dürfe, also in diesen Fällen ablösende
229 Krause, JA 2014, 944. 230 Säcker, BB 2013, 2677, 2678; Hromodka, NZA 2013, 1061, 1063; Polloczek, Anmerkung zu AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 105; Bauer, ArbRAktuell 2013, 155; Linsenmeier, RdA 2014, 336. 231 Linsenmeier, RdA 2014, 336, 343. 232 BAG, Urt. v. 5.8.2009 – 10 AZR 483/08; NZA 2009, 1105. 233 Preis/Ulber, NZA 2014, 6, 10; Krause, JA 2014, 944. 234 Säcker, BB 2013, 2677, 2678; Hromodka, NZA 2013, 1061, 1063; Polloczek, Anmerkung zu AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 105; Bauer, ArbRAktuell 2013, 155; Linsenmeier, RdA 2014, 336; krit. hinsichtlich der Begründung HR/Schiefer § 1 Rn 1384.
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Betriebsvereinbarungen immer zulässig sein müssen.235 Beide Positionen verkennen, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, über eine klarstellende und transparente Vertragsformulierung von vornherein dafür zu sorgen sich diese Gestaltungsmittel zu erhalten, wenn er dies wünscht.236 Ein Teil der Literaturstimmen, die die Entscheidung des BAG vom 5.3.2013 begrü144 ßen, gehen noch deutlich weiter als das BAG und hält neben allgemeinen Geschäftsbedingungen auch einzelvertragliche Regelungen mit kollektivem Bezug wie eine betriebliche Übung durch eine ablösende Betriebsvereinbarungen für abänderbar.237 Klauselmuster Später in Kraft tretende Betriebsvereinbarungen (Dienstvereinbarungen), die einzelvertragliche Regelungen dieses Arbeitsvertrages abweichend regeln, gehen den Vereinbarungen dieses Arbeitsvertrages vor. Dies gilt auch dann, wenn sie ungünstiger für den Arbeitnehmer sind. Praxistipp Es ist davor zu warnen Klauselgestaltungen zu wählen, in welchen vereinbart wird, dass auch bereits bestehende Betriebsvereinbarungen den im Arbeitsvertrag getroffenen einzelvertraglichen Vereinbarungen vorgehen. Soweit diese Einzelvertragsabrede ausgehandelt wurde, hat diese nach § 305b BGB Vorrang. Der Arbeitgeber kann sich wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) auf entgegenstehende Klauseln nicht berufen.
G. Bezugnahme auf Arbeitsordnungen 145 Der Arbeitgeber verweist in Arbeitsverträgen häufig auf einseitig von ihm erlassene
Arbeitsordnungen, insbesondere, wenn es sich um betriebsratslose Betriebe handelt. Dies dient der Sicherstellung einheitlicher Arbeitsbedingungen. Wird auf eine bestimmte Arbeitsordnung verwiesen, die im Betrieb bekannt gemacht wurde, so ist dies unproblematisch möglich. Eine solche Klausel verstößt regelmäßig nicht gegen das Überraschungsverbot nach § 305c Abs. 1 BGB und hält einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB stand, wenn sie entsprechend hervorgehoben im Vertragstext deutlich gemacht wird. Problematisch sind solche Klauseln immer dann, wenn auf die Arbeitsordnung 146 in der jeweiligen Form verwiesen wird, weil der Arbeitgeber sich in einem solchen Fall die Möglichkeit verschafft, die Arbeitsordnung ohne jegliche Schranken jederzeit auch zu Lasten der Arbeitnehmer abändern zu können und das sonst im Privatrecht
235 Krause, JA 2014, 944, 946 Nr. 5. 236 Vergleiche hierzu auch HR/Schiefer, 1, Rn 1252 ff; Preis, II O 10, Rn 3. 237 Hromodka, NZA 2013, 1061, 1064; Hümmerich/Reufels/Schiefer § 1 Rn 1554.
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H. Jeweiligkeitsklausel
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grundsätzlich geltende Konsensprinzip außer Kraft gesetzt wird.238 Dieses benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen, wenn nahezu sämtliche Arbeitsbedingungen einseitig abänderbar sind und keinerlei Gründe für eine Verschlechterung angegeben werden.239 Solche Klauseln stellen einen Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB dar, da sie dem Arbeitgeber als Verwender der Klausel die Möglichkeit geben, die versprochene Leistung zu ändern, ohne dass die Änderung dem Arbeitnehmer zumutbar sein muss. Abzustellen ist hierbei nicht auf tatsächliche, sondern auf potentiell mögliche Änderungen.240 Soll daher auf eine einseitig vom Arbeitgeber gestaltete Arbeitsordnung Bezug 147 genommen werden, so ist nur eine statische Bezugnahme möglich. Klauselmuster Auf das Arbeitsverhältnis findet die Arbeitsordnung der … GmbH in ihrer Fassung vom … Anwendung, die dem Vertrag beigefügt ist. Praxistipp Sollten Bezugnahmeklauseln auf einseitige Regelungswerke des Arbeitgebers vorhanden sein, so sollten diese sofort durch Änderungsvereinbarungen auf den oben genannten Inhalt geändert werden. Das BAG hat darauf hingewiesen, dass im Rechtsstreit diese Klauseln keinen Bestand haben und auch nicht durch ergänzende Vertragsauslegung auf einen rechtlich statischen Inhalt korrigiert werden können.241
H. Jeweiligkeitsklausel I. Einleitung Jeweiligkeitsklauseln sind im Arbeitsrecht weit verbreitet. Sie dienen in erster Linie 148 dazu, bestimmte Leistungen, die aktiven Arbeitnehmern erbracht werden, in gleicher Form auch Betriebsrentnern zu erbringen. Sie haben eine besondere Bedeutung im Betriebsrentenrecht, wenn es darum geht, bestimmte betriebliche Versorgungsordnungen für die Zukunft abänderbar gestalten zu können.
238 Preis, NZA 2010, 361, 361; ErfK/Preis, § 305 – 310, Rn 27; Stoffels, Anh. zu § 310, Rn 45; Däubler/ Bonin/Deinert/Deiner, § 305, Rn 45; Preis/Preis, II J 10, Rn 4; Lakies Rn 130. 239 BAG, Urt. v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428. 240 BAG, Urt. v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428, Rn 25. 241 BAG, Urt. v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428.
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II. Allgemeine Jeweiligkeitsklauseln 149 Werden bestimmte Leistungen über Betriebsvereinbarungen geregelt, so können
auch grundsätzlich ehemalige Arbeitnehmer und deren Angehörige als Leistungsbezieher in die Leistung mit einbezogen werden. Betriebsvereinbarungen können aber nicht mehr Rechte und Pflichten der aus dem aktiven Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Mitarbeiter abändern.242 Die Regelungsbefugnis von Betriebsrat und Arbeitgeber sind personell nach dem Betriebsverfassungsgesch auf die Arbeitnehmer des Betriebs nach § 5 Abs. 1 BetrVw begrenzt. Solche Jeweiligkeitsklauseln können nach der Rechtsprechung des BAG auch 150 konkludent vereinbart werden, indem Leistungen Betriebsrentnern gegenüber in der Höhe und den Voraussetzungen erbracht werden unter denen sie auch aktiv beschäftigten Arbeitnehmern gewährt werden.243 Werden z. B. Beihilfeleistungen im Krankheitsfall auf Grund einer Betriebsvereinbarung erbracht, so können begünstigte, bereits ausgeschiedene Arbeitnehmer oder Betriebsrentner nicht damit rechnen, besser gestellt zu werden als aktiv beschäftigte Arbeitnehmer,244 sie können aber auch nicht schlechter gestellt werden.245
III. Betriebsrentenrecht 151 Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind immer dann gegeben, wenn aus
Anlass des Arbeitsverhältnisses die in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG genannten biometrischen Risiken des Alters, der Invalidität oder der Hinterbliebenenversorgung durch Leistungen des Arbeitgebers gesichert werden. Hierbei kommt es nicht auf die Zwecksetzung durch den Arbeitgeber an oder darauf, ob gleiche Leistungen auch an aktive Arbeitnehmer erbracht werden, sondern darauf, ob die Leistungen Teil der Gesamtversorgungsleistung sind.246 Betriebsrentenansprüche werden durch einseitige Leistungszusagen des Arbeit152 gebers, durch Verweis auf Versorgungsregelungen Dritter, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge geregelt. Systeme der betrieblichen Altersversorgung haben üblicherweise eine sehr lange Laufzeit und müssen periodisch an sich ändernde arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtliche Rahmenbedingungen, hinsichtlich der Leistung an unterschiedliche Bezugsberechtigte (Lebenspartnerschaftsgesetz) und
242 BAG, Urt. v. 10.2.2009 – 3 AZR, 653/07, NZA 2009, 796, Rn 16; Schaub/Vogelsang, § 85 XIII, Rn 356. 243 BAG, Urt. v. 12.12.2006 – 3 AZR 476/05, RdA 2008, 116. 244 BAG, Urt. v. 10.2.2009 – 3 AZR, 653/07, NZA 2009, 796. 245 BAG, Urt. v. 13.5.1997 – 1 AZR 75/97, NZA 1998, 160; BAG, Urt. v. 10.2.2009 – 3 AZR 653/07, NZA 2009, 796. 246 BAG, Urt. v. 18.2.2003 – 3 AZR 81/02, NZA 2004, 98; BAG, Urt. v. 12.12.2006 – 3 AZR 476/05, RdA 2008, 1165.
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H. Jeweiligkeitsklausel
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der zu sichernden Risiken (Abschaffung der Berufsunfähigkeitsrente) angepasst werden. Sie müssen für Beschäftigte und Rentner einheitliche Rahmenbedingungen gewährleisten und drohen bei fehlender Anpassung zu „versteinern“.247 Die Rechtsprechung geht bislang davon aus, dass Bezugnahmen auf Versorgungsregelungen auch durch eine betriebliche Übung oder konkludent geschlossen werden können und im Zweifel eine Jeweiligkeitsklausel mit dem Inhalt umfassen, dass die Betriebsrentner bei einer Änderung der stillschweigend durch Betriebsübung in Bezug genommenen Leistungsordnung auch in der Rentenphase an diese Änderungen gebunden sind.248 Verweisungen im Arbeitsvertrag auf bestehende Versorgungsordnungen sind regelmäßig Allgemeine Geschäftsbedingungen. Sie unterliegen abgesehen von ihrer Dynamik keiner Inhaltskontrolle nach §§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 308 und 309 BGB, da sie keine von Rechtsvorschriften abweichende oder ergänzende Regelungen nach § 307 Abs. 3 BGB enthalten. In den ausdrücklich oder konkludent vereinbarten Jeweiligkeitsklauseln behält sich der Arbeitgeber regelmäßig das Recht einer künftigen Leistungsänderung vor. Ein Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB liegt nicht vor. Das BAG kommt zu dieser Ansicht über einen „Kunstgriff“,249 indem es unterstellt, dass eine ausdrücklich oder konkludent vereinbarte Jeweiligkeitsklausel immer nur das Recht des Arbeitgebers umfasst, dass die Änderungen nach Recht und Billigkeit unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Vertrauensschutzes vorzunehmen sind.250 Für eine Bindung des Betriebsrentners an eine Versorgungsordnung ist es ausreichend, dass die Jeweiligkeitsklausel in der Gesamtzusage, der betrieblichen Übung oder der kollektivrechtlichen Regelung enthalten war.251 Sie ist im Regelfall als dynamische Bezugnahme auszulegen und erstreckt sich auch auf die Rentenphase.252 Jede Jeweiligkeitsklausel als auch Zeitkollisionsregelungen berechtigen die Betriebsparteien nicht zu beliebigen Eingriffen in Besitzstände der Arbeitnehmer. Bei Eingriffen in bestehende Versorgungsanwartschaften sind die Dreistufenprüfungen nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes einzuhalten. Danach kann wegen des Vertrauens auf den Inhalt der nach der bisherigen Ordnung erdienten und nach § 2 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 BetrAVG ermittelten Anwartschaften nur noch aus zwingenden Gründen eingegriffen werden. Zukünftige Rentensteigerungen, die nicht von der weiteren Betriebszugehörigkeit abhängen, können nur noch aus triftigen Gründen gekürzt werden. Lediglich künftige, noch nicht ver-
247 Schaub/Vogelsang, § 85 XIII, Rn 325. 248 LAG Düsseldorf, Urt. v. 2.10.1998 – 10 Sa 819/98, BeckRS 1998, 41644; BAG, Urt. v. 12.12.2006 – 3 AZR 75/06, BeckRS 2007, 45488. 249 In diesem Sinn ErfK/Preis, §§ 305 – 310 BGB, Rn 27. 250 BAG, Urt. v. 18.9.2012 – 3 AZR 431/10, NZA-RR 2013, 651, Rn 31, 32. 251 Schaub/Vogelsang, § 85 XIII, Rn 326; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anhang § 1 BetrAVG, Rn 481. 252 BAG, Urt. v. 18.9.2012 – 3 AZR 431/10, NZA-RR 2013, 651.
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diente Anwartschaften können aus sachlich proportionalen Gründen geschmälert werden.253 157 Eine Inhaltskontrolle gesetzlicher Regelungen ist ebenso wie eine Kontrolle tarifvertraglicher Regelungen bei einer Inbezugnahme ausgeschlossen. Bei einer Inbezugnahme auf Betriebsvereinbarungen unterliegen diese zwar nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB keiner AGB-Kontrolle, Änderungen müssen allerdings nach den oben genannten Kriterien billigem Ermessen entsprechen. Gleiches gilt für vom Arbeitgeber einseitig gesetzte Versorgungsordnungen oder für Versicherungsordnungen einer vom Arbeitgeber beauftragten Pensionskasse oder Unterstützungskasse.254 Klauselmuster Dem Arbeitnehmer werden Ansprüche aus der Versorgungsordnung der … GmbH in ihrer jeweils gültigen Fassung zugesagt. Änderungen der Versorgungsordnung, deren Ergänzung oder Beendigung durch Betriebsvereinbarung oder Tarifverträge sind im Rahmen der von der Rechtsprechung anerkannten Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes möglich. Sie gelten für beide Parteien auch nach Ablösung des Arbeitsverhältnisses fort, soweit rechtswirksame Ansprüche erworben worden sind. 158 Der Arbeitnehmer hat nach § 1a BetrAVG gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch
darauf, dass künftiges Entgelt in Höhe von bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze zum Erwerb von Ansprüchen aus einer betrieblichen Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung verwendet wird. Der Arbeitgeber kann den Durchführungsweg einseitig festlegen und hat bei bestehendem Betriebsrat die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu achten. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer auf seinen Anspruch auf Entgeltumwandlung hinzuweisen.255 Der Arbeitgeber ist aber zur Anbietung eines Durchführungsweges der betrieblichen Altersversorgung verpflichtet und sollte den Arbeitnehmer hierauf im Rahmen seiner Fürsorgepflicht immer hinweisen. Klauselmuster Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch nach § 1a BetrAVG auf Umwandlung seines Bruttoentgelts in eine betriebliche Altersversorgung in Höhe von bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze der deutschen Rentenversicherung im Wege der Entgeltumwandlung. Die betriebliche Altersversorgung wird über die … Versicherung (Direktversicherung iSd § 1b Abs. 2 BetrAVG) nach den AGB der Versicherung durchgeführt. Er kann die Höhe und die Art der Entgeltumwandlung bis zum Ende eines Jahres für das Folgejahr durch schriftliche Mitteilung gegenüber dem Arbeitgeber festlegen oder ändern.
253 BAG, Urt. v. 12.2.2013 – 3 AZR 414/12, AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 61; BAG, Urt. v. 12.2.2013 – 3 AZR 636/10, AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 62. 254 Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, Anhang § 1 BetrAVG, Rn 485a und 485b. 255 BAG, Urt. v. 21.1.2014 – 3 AZR 807/11, NJW 2014, 1982.
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I. Bezugnahme auf Beamtenrecht
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I. Bezugnahme auf Beamtenrecht Das Vertragsverhältnis im öffentlichen Dienst orientiert sich sehr häufig an den beam- 159 tenrechtlichen Regelungen. Teilweise haben die Tarifvertragsparteien sich in der Vergangenheit einer eigenständigen Regelung enthalten und auf die jeweiligen beamtenrechtlichen Regelungen verwiesen. Im Vertragsrecht des öffentlichen Dienstes finden sich zur Regelung der Höhe der Vergütung256, der Festlegung der Arbeitszeit,257der Urlaubsdauer, der Höhe des Urlaubsgeldes258 oder der Versorgung259 Verweise auf entsprechende beamtenrechtliche Regelungen. Die aufgeführten Regelungsgegenstände betreffen in den aufgeführten Sachverhalten Hauptleistungspflichten im Arbeitsverhältnis. Bei diesen Bezugnahmeklauseln handelt es sich regelmäßig um Allgemeine 160 Geschäftsbedingungen, auf welche die § 305 ff. BGB anwendbar sind. Bei einer Bezugnahme auf Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis unterliegen diese keiner Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. „Die aus dem Grundsatz der Privatautonomie folgende Kontrollsperre greift hier in gleicher Weise wie bei einer Preisbezifferung in allgemeinen Geschäftsbedingungen, weil auch die vertragliche Festlegung preisbildender Faktoren zum Kernbereich autonomer Vertragsgestaltung zähle und es nicht Aufgabe des Zivilrichters sein kann, vertraglich festgelegte Bewertungs- und Preisfindungsmaßstäbe darauf zu überprüfen, ob sie zu einem „angemessenen“ Preis führen.“260 Verweisungen auf beamtenrechtliche Regelungen sind im öffentlichen Dienst 161 eine Besonderheit des Arbeitsrechts nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB.261 Sie sind weder überraschend (§ 305c BGB) noch verstoßen sie gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.262 Auch wenn sie dynamisch auf die entsprechenden Regelungen des Beamtenrechts verweisen, entsprechen sie der üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien, da sie das Arbeitsverhältnis auf die Zukunft ausrichten.263 Bei einer Bezugnahme auf das Versorgungsrecht der Beamten ist es unerheblich, wenn eine Verweisung auf das Beamtenversorgungsrecht auch weitere Ausgestaltungen umfasst, die das Hauptleistungsrecht modifizieren. Da die Klauseln nicht in einen Teil aufgespalten werden können, der die Hauptleistungspflicht regelt
256 BAG, Urt. v. 6.11.2002 – 5 AZR 330/01, NZA 2003, 1148. 257 BAG, Urt. v. 14.3.2007 – 5 AZR 630/06, NZA 2008, 45. 258 BAG, Urt. v. 3.4.2007 – 9 AZR 867/06, NZA 2007, 1045. 259 BAG, Urt. v. 30.11.2010 – 3 AZR 798/08, NZA-RR 2011, 55. 260 BAG, Urt. v. 30.11.2010 – 3 AZR 798/08, NZA-RR 2011, 55, Rn 23; BGH, Urt. v. 16.11.1999 – KZR 12/97, NJW 2000, 577. 261 BAG, Urt. v. 14.3.2007 – 5 AZR 630/06, NZA 2008, 45. 262 BAG, Urt. v. 14.3.2007 – 5 AZR 630/06, NZA 2008, 45; BAG, Urt. v. 03.4.2007 – 9 AZR 283/06, NJOZ 23008, 3145; BAG, Urt. v. 30.11.2010 – 3 AZR 798/08, NZA-RR 2011, 55. 263 BAG, Urt. v. 14.3.2007 – 5 AZR 630/06, NZA 2008, 45.
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und in einen anderen Teil, der diese modifiziert, ist die Bezugnahmeklausel insgesamt der Inhaltskontrolle entzogen.264 Der Verweis auf die jeweilige Beamtenversorgung enthält auch keinen Änderungsvorbehalt nach § 308 Nr. 4 BGB, da die Höhe der Versorgung nicht von den Parteien, auch nicht von dem Arbeitgeber, sondern durch Gesetz geregelt wird.265
J. Kirchenrecht I. Einleitung 162 Bezugnahmeklauseln spielen im Arbeitsrecht der Kirchen eine herausragende Rolle.
Die Kirchen beschäftigen ca. 1,3 Mio. Arbeitnehmer266 und damit hinter dem öffentlichen Dienst die zweitgrößte Anzahl von Arbeitnehmern. Nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV ordnet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten im Rahmen der für alle geltenden Gesetze selbst, wobei dieses Selbstbestimmungsrecht durch die vorbehaltlos nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gewährte korporative Religionsfreiheit ein besonderes Gewicht hat,267 das sich in der Konzeption der „Dienstgemeinschaft“ zur Verwirklichung des kirchlichen Auftrages durch Wort und Tat wiederspiegelt.268 Die Kirchen haben als Körperschaften des öffentlichen Rechts (Art. 137 Abs. 5 163 WRV) grundsätzlich drei Wege Mitarbeiter zu beschäftigen. Sie können Mitarbeiter im Rahmen des Kirchenrechtes einsetzen und Ämter und Vergütung frei regeln (erster Weg). Sie können Arbeitnehmer auf der Grundlage von Tarifverträgen (zweiter Weg) oder aber im sogenannten „dritten Weg“ auf der Grundlage von Arbeitsvertragsrichtlinien beschäftigen. Der zweite Weg wird mittlerweile nur noch durch die nordelbische Landeskirche vertreten.269 Jede Religionsgesellschaft kann im Rahmen ihrer Selbstbestimmung regeln, ob sie die Arbeitsbedingungen durch den Abschluss von Tarifverträgen vornimmt und wie sie den Weg gestalterisch umsetzt.270
264 BAG, Urt. v. 30.11.2010 – 3 AZR 798/08, NZA-RR 2011, 55, Rn 27 unter Aufgabe der älteren Rechtsprechung BAG, Urt. v. 21.4.2009 – 3 AZR 285/07, NZA-RR 2010, 68. 265 BAG, Urt. v. 30.11.2010 – 3 AZR 798/08, NZA-RR 2011, 55, Rn 28. 266 Focus, 20.11.2014; Schaub/Linck, § 185 II, Rn 6. 267 BVerfG, Beschl. v. 22.10.2014 – 2 BvR 661/12, NZA 2014, 1387. 268 Vgl. BAG, Urt. v. 20.11.2012 – 1 AZR 179/11, NZA 20013, 448, Rn 99. 269 BAG, Urt. v. 20.11.2012 – 1 AZR 611/11, NZA 2013, 437. 270 BAG, Urt. v. 20.11.2012 – 1 AZR 611/11, NZA 2013, 437, Rn 37 m. w. N.; BAG, Urt. v. 20.11.2012 – 1 AZR 179/11, NZA 2013, 448; ErfK/Schmidt, Art 4 GG, Rn 51.
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J. Kirchenrecht
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II. Dritter Weg Die Kirchen gehen in ihrem Selbstverständnis von einer „Dienstgemeinschaft“ zwi- 164 schen Kirche als Arbeitgeber und den Arbeitnehmern aus. Sie vertreten als Grundgedanken die gemeinsam getragene Verantwortung aller im kirchlichen Dienst Tätigen, unabhängig davon, ob sie „als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, leitend oder untergeordnet, verkündungsnah oder unterstützend – für den Auftrag der Kirche“ tätig sind.271 Diese Ansicht tendiert dazu, bestehende Interessengegensätze zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch das Postulat eines gemeinsamen höheren Auftrages zu negieren. Gerade im karitativen Bereich der Kirche ist es in Folge der Kosteneinsparungen im Gesundheitsbereich zu drastischen Personalkosteneinsparungen gekommen. Die Auseinandersetzungen um die Vergütung im Erziehungsbereich zeigen sehr deutlich, dass es Interessengegensätze gibt, die nicht zu negieren sind. Der Wettbewerbsdruck zwischen sozialen und karitativen Einrichtungen hat erheblich zugenommen.272 Die katholische, wie auch die evangelische Kirche schließen Streiks als Mittel der Durchsetzungen von Forderungen aus. Den Kirchen ist nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV das Selbstverwaltungsrecht im Rahmen der für alle geltenden Gesetze eingeräumt. Dieses umfasst auch das Recht auf Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG. Eine von der Kirche verfolgte sozialpartnerschaftliche Konfliktlösung ohne Streiks ist damit grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Das Streikrecht der Gewerkschaften ist ausgeschlossen, wenn stattdessen eine Konfliktlösung über einen unparteiischen Schlichter unter organisatorischer Einbindung der Gewerkschaften in einem fairen auf Ausgleich der Interessen ausgerichteten Verfahren erfolgt und das Verhandlungsergebnis für beide Seiten verbindlich ist, ohne dass das Ergebnis durch den Arbeitgeber abänderbar ist.273 Einzelne Gewerkschaften haben gegen die Entscheidungen des BAG wegen des Ausschlusses des Streikrechts bereits Verfassungsbeschwerde eingelegt.274 In einer Sache wurde die Verfassungsbeschwerde als unzulässig abgewiesen. Die Beschwerde führende Gewerkschaft hatte vor dem BAG Recht erhalten, fühlte sich allerdings durch die Entscheidungsgründe des BAG275 durch den Ausschluss des Streikrechts im Dritten Weg unter den vom BAG festgestellten Bedingungen in ihrem Recht auf Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3
271 BVerfG, Beschl. v. 22.10.2014 – 2 BvR 661/12, NZA 2014, 1387, Rn 42; Art. 1 Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen der kirchlichen Arbeitsverhältnisse v. 27.04.2015 der katholischen Kirche; § 2der Richtlinien der Evangelischen Kirche in Deutschland nach Art. 9 Buchst. B Grundordnung v. 1.7.2005. 272 krit. Reichhold NZA 2013, 585, 586; vgl. hierzu Richardi, § 4 II.3., Rn 19. 273 BAG, Urt. v. 20.11.2012 – 1 AZR 179/11, NZA 2013, 448, Rn 119; in diese Richtung auch Rehm, NZA 2011, 1211. 274 Aktenzeichen 2 BvR 2274/13, 2 BvR 2292/13 (http://www.Bundesverfassungsgericht.de/organisation; hier unter Verfahren, Entscheidungen 2015) 275 BAG, Urt. v. 20.11.2012 – 1 AZR 179/11, NZA 2013, 448.
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GG verletzt. Das BVerfG begründete seine Entscheidung zutreffend damit, dass sich eine Beschwer zur Begründung einer Verfassungsbeschwerde normalerweise nur aus dem Tenor der Entscheidung, nicht aus der Urteilsbegründung ergeben könne. Nur wenn eine angegriffen Vorschrift auf die Rechtstellung des Beschwerdeführers aktuell unmittelbar einwirke und das Gesetz die Normadressaten mit Blick auf seine eintretende Wirkung zu später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen zwinge oder in seiner Rechtsstellung in Zukunft treffen wird, sei eine Verfassungsbeschwerde ausnahmsweise zulässig. Dies wurde vom BVerfG nicht gesehen und auf die umfassenden laufenden Änderungen im Kirchenrecht verwiesen. 276 Bei den Arbeitsvertragsrichtlinien handelt es sich um kollektivrechtliche Rah165 menbedingungen zur Regelung der Begründung, des Inhalts und der Beendigung der Arbeitsverhältnisse. Sie werden von paritätisch von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zusammengesetzten arbeitsrechtlichen Kommissionen auf der Grundlage kirchenrechtlicher Regelungen in Kraft gesetzt.277 Unstrittig ist, dass es sich bei den Arbeitsvertragsrichtlinien um keine Tarifverträge handelt, da sie nicht auf dem im Tarifvertragsgesetz vorgegebenen Weg zwischen Koalitionen vereinbart werden. Die Arbeitsvertragsrichtlinien entfalten somit auch keine normative Wirkung 166 wie Tarifverträge278, ihnen kann auch kirchenrechtlich keine normative Wirkung verliehen werden.279 Sie können daher nur durch eine Inbezugnahme zur Grundlage des Arbeitsverhältnisses werden. Da sie nur über die Inbezugnahme rechtswirksam werden, wirken sie immer konstitutiv.280
III. Geltungsbereich 167 Die Selbstverwaltungsgarantie kommt nicht nur der verfassten Kirche und deren
selbständigen Teilen zugute, sondern allen Einrichtungen der Kirche, unabhängig von der Rechtsform, in der sie betrieben werden. Auch von der Kirche getragene karitative oder erzieherische Einrichtungen sind hiervon erfasst281 und werden deshalb nach § 118 Abs. 2 BetrVG (§ 130 BetrVG für die verfasste Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts) auch aus dem Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes und nach § 112 BPersVG bzw. der entsprechenden landesrechtlichen Regelun-
276 BVerfG, Beschl. v. 15.7.2015 – 2 BvR 2292/13, NZA 2015, 1117, 1118, 1121 Rn 75 ff. 277 Schaub/Linck, § 185 II., Rn 7; Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 14 Rn 4, 13. 278 BAG, Urt. v. 19.4.2012 – 6 AZR 677/10, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 69. 279 BAG, Urt. v. 16.2.2012 − 6 AZR 573/10, NZA 2012, 1054, Rn 17; BAG, Urt. v. 24.6.2014 – 1 AZR 1044/12, BeckRS 2014, 73230; a. A. Richardi, § 15, Rn 68 ff. 280 BAG, Urt. v. 22.2.2012 – 4 AZR 24/10, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 109. 281 BVerfG, Beschl. v. 25.3.1980 – 2 BvR 208/76, NJW 1980, 1895; BVerfG, Beschl. v. 4.6.1985 – 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84, NJW 1986,367; BVerfG, Beschl. v. 22.10.2014 – 2 BvR 661/12, NZA 2014, 1387, Rn 92.
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gen aus dem Anwendungsbereich der Personalvertretungsgesetze ausgeklammert.282 Die Kirche muss hierbei allerdings einen tatsächlich herrschenden Einfluss auf die jeweilige Einrichtung ausüben. Ob eine Einrichtung karitative oder erzieherische Zwecke erfüllt, bestimmt sich nach dem Selbstverständnis der Kirche. Staatliche Gerichte können nur überprüfen, ob die angegebene Zwecksetzung verfolgt wird.283 Es muss aber eine institutionelle Verbindung zwischen der Religionsgemeinschaft und der Einrichtung gegeben sein, auf deren Grundlage die Religionsgemeinschaft über ein Mindestmaß an Einflussmöglichkeiten verfügt. Nur hierdurch ist auf Dauer eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung der Einrichtung mit ihren Vorstellungen gewährleistet.284 Die bloße Mitgliedschaft in einer Einrichtung, z. B. in karitativen Einrichtungen, ist nicht ausreichend.285
IV. Einbeziehungskontrolle der Bezugnahme nach §§ 305 ff. BGB Die Inbezugnahme der Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) erfolgt in der Regel durch 168 eine dynamische Verweisung wie folgt: Klauselmuster Für die Rechte und Pflichten gegenüber der Stiftung … gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) in Anstalten und Einrichtungen, die dem Diakonischen Werk – Innere Mission und Hilfswerk – der evangelischen Kirche in Deutschland angeschlossen sind, in der jeweiligen Fassung.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung von BGH 169 und BAG ihrem objektiven Sinn und typischen Erklärungsgehalt nach so auszulegen, wie sie redliche und verständige Vertragspartner unter Abwägung der normalerweise tangierten Geschäftskreise zu verstehen haben.286 Mit einer Inbezugnahme von Arbeitsvertragsrichtlinien einer Kirche erfassen solche Verweisungen auch deren Änderungen und Ersetzungen, die auf Grund des entsprechenden Kirchengesetzes nach Maßgabe eines Arbeitsrechtsregelungsgesetzes durch den Beschluss einer paritätisch besetzten Kommission konstituiert worden sind und die dazu gehörigen Verfahrensvorschriften.287
282 Ausführlich hierzu Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 3 II.3,. Rn 8 ff. 283 BAG, Beschl. v. 23.10.2002 – 7 ABR 59/01, NZA 2004, 334. 284 BAG, Beschl. v. 5.12.2007 – 7 ABR 72/06, NZA 2008, 653; Reichold, NZA 2009, 1377, 1378. 285 BAG, Urt. v. 20.11.2012 – 1 AZR 179/11, NZA 2013, 448, Rn 91. 286 BGH, Urt. v. 13.5.2014 – XI ZR 170/13, BKR 2014, 415, Rn 34; BAG, Urt. v. 17.6.2014 – 3 AZR 527/11, AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 52, Rn 24. 287 BAG, Urt. v. 18.9.2009 – 4 AZR 493/08, NJOZ 2010, 1303; BAG, Urt. v. 16.2.2012 − 6 AZR 573/10, NZA 2012, 1054; BAG, Urt. v. 28. 6. 2012 − 6 AZR 217/11, NZA 2012, 1440.
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1. AGB-Kontrolle der Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsvertragsrichtlinien
170 Bei der Inbezugnahme kirchlicher Arbeitsvertragsrichtlinien ist unstrittig, dass die
Verweisungsklausel selbst eine Allgemeine Geschäftsbedingung nach §§ 305 ff. BGB darstellt und insoweit einer AGB-Kontrolle unterliegt. Arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln werden vom kirchlichen Arbeitgeber als Vertragsbedingungen eingeführt, um die Arbeitsvertragsrichtlinien zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses zu machen. Sie sind nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner 171 entgegen den Geboten von Treu und Glauben in unangemessener Weise benachteiligen. Eine solche Benachteiligung kann sich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB auch daraus ergeben, dass eine solche Bestimmung nicht klar verständlich ist. Werden Arbeitsvertragsrichtlinien in ihrer jeweiligen Fassung in Bezug genommen, so ergibt sich aus der Dynamik keine Unklarheit. Dynamische Klauseln sind im Arbeitsrecht gerade die typische Form der Inbezugnahme und tragen der Zukunftsgerichtetheit des Arbeitsverhältnisses Rechnung.288 Arbeitnehmer sind nach § 3 Satz 2 NachwG über Änderungen eines in Bezug genommenen Tarifvertrages nicht zu unterrichten. Bei Arbeitsvertragsrichtlinien der Kirchen handelt es sich um „ähnliche Regelungen“ i. S. d. § 3 Satz 2 NachwG, die von der Nachweispflicht erfasst sind.289 Eine Verweisung auf Arbeitsvertragsrichtlinien der Kirchen ist auch nicht über172 raschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB oder unklar nach § 305c Abs. 2 BGB. Ein Arbeitnehmer, der einen Arbeitsvertrag mit einem kirchlichen Arbeitgeber schließt, hat davon auszugehen, dass sein Vertragspartner das spezifisch kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsrecht in seiner jeweiligen Fassung zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses macht.290
2. AGB-Kontrolle der Arbeitsvertragsrichtlinien
173 Strittig ist, ob die Arbeitsvertragsrichtlinien, die von paritätischen unabhängigen
Kommissionen der Kirchen erarbeitet wurden, als Allgemeine Geschäftsbedingungen einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB zu unterziehen sind. Das BAG ging in der Vergangenheit davon aus, dass es sich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen des Verwenders handelt und begründet dies damit, dass es sich bei der Arbeitsrechtlichen Kommission, die die Arbeitsvertragsrichtlinien verabschiedet, um einen vom Arbeitgeber unabhängigen „Dritten“ im Sinne des § 317 BGB handele, dem man das Leistungsbestimmungsrecht zur Festsetzung von Leistung und Gegenleistung
288 BAG, Urt. v. 24.9.2008 – 6 AZR 76/07, NZA 2009, 154, Rn 31; BAG, Urt. v. 10.12.2008 – 4 AZR 801/07, NZA-RR 2010, 7; BAG, Urt. v. 24.9.2008 – 6 AZR 76/07, NZA 2009, 154; Wiedemann/Oetker, § 3 TVG, Rn 294; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler, § 305c, Rn 44; Schaub/Linck, § 32, Rn 47a; Thüsing/Lambrich, NZA 2002, 1361, 1364; Diehn, NZA 2004, 129, 134 f. 289 BAG, Urt. v. 14.1.2004 – 4 AZR 10/03, NJOZ 2004, 3643, III. 290 BAG, Urt. v. 18.11.2009 – 4 AZR 493/08, NJOZ 2009, 1303, Rn 21b.
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übertragen habe. Die Arbeitsvertragsrichtlinien seien somit keine vom Verwender, sondern von einem unabhängigen Dritten zu Grunde gelegten Vertragsbedingungen, auf die das AGB Recht keine Anwendung finden könne.291 Hierbei wurde verkannt, dass das Zustandekommen der Arbeitsvertragsricht- 174 linien nichts über deren Rechtsqualität aussagt. Um vom Verwender gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt es sich auch, wenn ein Tarifvertrag oder Regelungswerke externer Dritter in Bezug genommen werden.292 Fraglich ist, ob es sich bei der Arbeitsrechtlichen Kommission um einen „Dritten“ im Sinne des § 317 BGB handelt. § 317 BGB unterwirft das Leistungsbestimmungsrecht durch einen Dritten nur einer Billigkeitskontrolle, weil man hier davon ausgeht, dass ein von den Parteien unabhängiger Dritter entscheidet. Dies ist bei der Arbeitsrechtlichen Kommission eben nicht der Fall. Diese setzt sich aus Vertretern beider Parteien zusammen. „Die Bestimmung der Leistung erfolgt also hier nicht im Vertrauen auf die Redlichkeit eines Dritten und dessen ausgewogenem Urteil, sondern im Vertrauen auf die Ausgewogenheit des Verhandlungsprozesses.“293 Eine Leistungsbestimmung durch einen Dritten liegt zudem nur dann vor, wenn der Dritte an Stelle der Parteien im Einzelfall entscheiden soll. Die vertragliche Bezugnahme auf eine bereits getroffene Entscheidung eines Dritten ist dagegen keine Leistungsbestimmung durch einen Dritten i. S. d. § 317 BGB.294 Das BAG hat daher seiner Logik folgend die in Bezug genommenen Arbeitsver- 175 tragsrichtlinien keiner Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB, sondern einer Billigkeitskontrolle nach § 319 BGB unterzogen. Dies führt statt zu einer Rechtskontrolle zu einer einzelfallbezogenen Billigkeitskontrolle. Ein solcher Maßstab kann auf kollektivrechtliche Regelungen im Arbeitsrecht prinzipiell keine Anwendung finden, weil man unter Zugrundelegung der unterschiedlichen Interessen der Parteien in jedem Einzelfall zu unterschiedlichen Auslegungen der gleichen Arbeitsvertragsrichtlinien gelangen würde. Diese sind aber als Kollektivregelungen wie Gesetze und Tarifverträge auszulegen295 und gerade darauf angelegt, einheitliche Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Ein Teil der Literatur vertritt die Ansicht, dass auf Grund der verfassungsrecht- 176 lichen Selbstbestimmungsgarantie nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV das Beteiligungsmodell der Kirchen für die Arbeitnehmer über den „Dritten Weg“ auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei.
291 zuletzt BAG, Urt. v. 19.8.2008 – 3 AZR 383/06, NZA 2009, 1275, Rn 39 ff; BAG, Urt. v. 10.12.2008 – 4 AZR 801/07, NZA-RR 2009, 7 Rn 58 ff; BAG, Urt. v. 18.11.2009 – 4 AZR 493/08, NJOZ 2010,1303 Rn 37. 292 von Hoyningen-Huene/van Endern, Anm. zu AP § 611 Kirchendienst Nr. 55, Rn 2c. 293 Thüsing, Anmerkung zu BAG, Urt. v. 17.04.1996 – 10 AZR 558/95, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 24, III.1.; Hoyningen-Huene/van Endern, Anm. zu AP § 611 Kirchendienst Nr. 55, Rn 4a. 294 Staudinger, Rieble, § 317 BGB, Rn 31; Soergel/Wolf, § 317 BGB, Rn 5. 295 BAG, Urt. v. 24.6.2014 – 1 AZR 1044/12, Rn 19.
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Anders als Tarifverträge sind die Arbeitsvertragsrichtlinien der Kirchen als Bezugnahmeobjekte nicht nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB von einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff BGB kraft Gesetzes ausgenommen. In der Vergangenheit hat das BAG die Auffassung vertreten, dass eine Inhaltskontrolle in Bezug genommener Arbeitsvertragsrichtlinien dann unterbleiben kann, wenn die Arbeitsvertragsrichtlinien tarifvertragliche Regelungen des öffentlichen Dienstes ganz oder mit deren wesentlichen Inhalt übernehmen.296 Dies wurde von einem Teil der Literatur darauf gestützt, dass bei der Prüfung, ob die Arbeitsvertragsrichtlinien angemessen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind, diese als arbeitsrechtliche Besonderheit nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB als angemessene Regelung anerkannt wurden.297 Ein anderer Teil der Literatur begründete dies mit der Selbstverwaltungsgarantie der Religionsgemeinschaften nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV und über den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG mit einer erweiternden Auslegung von § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB.298 Diese Ansicht ist abzulehnen, da dem Gesetzgeber sehr wohl bewusst war, dass es die Arbeitsvertragsrichtlinien als kollektivrechtliche Reglungen eigener Art gibt und er bewusst davon Abstand genommen hat, sie wie Tarifverträge von einer Inhaltskontrolle nach dem AGB – Recht auszunehmen.299 Der Gesetzgeber hat auch bewusst bei bestimmten arbeitsrechtlichen Regelungen den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit einer Änderung gegeben, welche den paritätischen Kommissionen der Kirchen nicht eingeräumt wird.300 Das BAG hat mittlerweile mit der Entscheidung des 6. Senats vom 22.7.2010 eine 178 Kehrtwendung gegenüber der bisherigen Rechtsprechung vollzogen und ein Stück weit auf die Kritik aus der Literatur reagiert. Es vertritt nunmehr die Auffassung, dass die Arbeitsvertragsrichtlinien als Allgemeine Geschäftsbedingungen vom Arbeitgeber in den Vertrag eingeführt werden und damit grundsätzlich einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB zu unterziehen sind. Bei dieser Kontrolle sei als arbeitsrechtliche Besonderheit zu berücksichtigen, dass die Arbeitsvertragsrichtlinien im Verfahren des Dritten Weges durch eine vom Arbeitgeber unabhängige paritätisch besetzte Kommission geschaffen wurden. Sie seien unabhängig davon, ob sie ähnliche Regelungen 177
296 BAG, Urt. v. 17.11.2005 – 6 AZR 160/05, NZA 2006, 872, Rn 23; BAG, Urt. v. 19.11.2009 – 6 AZR 561/08, NZA 2010, 583, Rn 11; Hümmerich/Reufels/Reufels § 1 Rn 180; HWK/Gotthardt, § 310 BGB Rn 18. 297 Däubler/Bonin/Deinert/Däubler, § 310 BGB, Rn 41; Deinert, ZTR 2005, 461, 476; HWK/Gottwald, § 310 BGB, Rn18; ErfK/Preis, § 611 BGB, Rn 123. 298 Hoyningen-Huene, FS Richardi, 909, 923; Müller Vorbehr, NZA 2002,301, 304; Ritter, NZA 2005, 447, 448 f.; von Tilling, NZA 2007, 78, 79; Richardi, § 15, Rn 14, Rn 44. 299 Däubler, NZA 2001, 1329, 1334; Hümmerich/Reufels/Reufels § 1 Rn 180; BT-Drucks. 14/7052, 189. 300 BAG, Urt. v. 25.3.2009 – 7 AZR 710/07, NZA 2009, 1377; Kritik, Rn 44. Däubler, NZA 2001, 1329, 1334; Hümmerich/Reufels/Reufels § 1 Rn180; BT-Drucks an dieser Entscheidung Joussen, RdA 2010, 182, 187 ff; Thüsing, BB 2009, 1928; zur Uneinheitlichkeit zu Kirchenrechtsklauseln insgesamt Richardi, § 8, Rn 12 ff.
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wie Tarifverträge des öffentlichen Dienstes enthielten, nur darauf zu überprüfen, ob sie gegen die Verfassung, höherrangiges Recht oder die guten Sitten verstoßen.301 Der 6. Senat hat in seiner Entscheidung allerdings deutlich gemacht, dass er, wie der 4. Senat in seiner Entscheidung vom 10.12.2008 vom Grundsatz ausgeht, dass Verträge die Vertragsparteien grundsätzlich binden (pacta sunt servanda) und durch dynamische Klauseln Änderungsvorbehalte eingeführt werden, die immer dann einer strengen Kontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB unterliegen, wenn sich der Arbeitgeber ein einseitiges Änderungsrecht vorbehält.302 Die Klauseln enthalten ein Recht zur Änderung des Vertrages, indem sie die Dynamik mit den Worten „in ihrer jeweils gültigen Fassung“ zu Grunde legen. Eine solche Möglichkeit der einseitigen Leistungsänderung durch den Verwender einer allgemeinen Geschäftsbedingung ist nach § 308 Nr. 4 BGB rechtsunwirksam, wenn der Arbeitgeber sich hierdurch das Recht vorbehält eine von ihm versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer zumutbar ist. Entsprechende Änderungsvorbehalte in Klauseln führen nicht erst dann zu deren Unwirksamkeit, wenn sie im Einzelfall zur Anwendung kommen, sondern bereits dann, wenn sie dem Verwender, in diesem Fall dem kirchlichen Arbeitgeber, die Möglichkeit einer einseitigen Änderung einräumen.303 Eine Klausel, die nicht nur die von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen Arbeitsvertragsrichtlinien in Bezug nimmt, sondern darüber hinaus durch die Inbezugnahme auch deren Verfahrensregelung mitumfasst, dürfte „dann zu weit gefasst und damit insgesamt unwirksam sein“, wenn sie der Kirche über ein Letztentscheidungsrecht der Synode (evangelische Kirche) oder ein Letztentscheidungsrecht des Bischofs einräumt, Änderungen in Kraft zu setzen.304 Eine solche Klausel ist sprachlich nicht teilbar und damit insgesamt unwirksam. Der Senat verweist hier auf eine Entscheidung des 10. Senats zu einem entsprechenden Änderungsvorbehalt außerhalb des Kirchenrechts, in welcher der 10. Senat darauf aufmerksam gemacht hat, dass in Fällen, in denen der Verwender nach der Novellierung des Schuldrechts die Unwirksamkeit seiner Klausel erkennen musste und nicht durch Vertragsänderung reagiert hat, regelmäßig eine Anpassung der Klausel im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung unzulässig sein dürfte.305 Die Kompetenz zur gesetzlichen Regelung von kollektivem Kirchenarbeitsrecht und damit auch die Inkraftsetzung von Arbeitsvertragsrichtlinien steht den verfass-
301 BAG, Urt. v. 22.7.2010 – 6 AZR 847/07, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55. 302 BAG, Urt. v. 22.7.2010 – 6 AZR 847/07, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55, Rn 17 ff; Preis, NZA 2010, 361, 362. 303 BAG, Urt. v. 22.7.2010 – 6 AZR 847/07, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55, Rn 18. 304 BAG, Urt. v. 22.7.2010 – 6 AZR 847/07, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55, Rn 18. 305 BAG, Urt. v. 11.2.2009 – 10 AZR 222/08, NZA 2009, 428 Orientierungssatz 2.
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ten Kirchen als solchen zu, im katholischen Bereich dem jeweiligen Diözesanbischof, im evangelischen Bereich der zuständigen Synode.306 Im Bereich der evangelischen Kirche ist in § 3 des Arbeitsrechtsregelungsgesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland (Arbeitsrechtsregelungsgesetz – ARRG-EKD) vom 10.11.1988 i. d. F. vom 12.11.2014 geregelt, dass die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission, in Fällen der Anrufung des Schiedsausschusses dessen Entscheidung nach § 12 Abs. 6 ARRG-EKD verbindlich sind. Kirchenrechtlich besteht in diesem Fall keine Möglichkeit der Synode, den Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission oder des Schiedsausschusses nicht umzusetzen. Teilweise haben sich aber im Bereich der evangelischen Kirche die Träger satzungsrechtlich das Recht vorbehalten, zwischen verschiedenen anwendbaren Arbeitsvertragsrichtlinien auszuwählen, welche sie anwenden. Ein solches Optionsrecht verlagert die Entscheidung über die anwendbaren Arbeitsvertragsrichtlinien dann nicht mehr an eine unparteiische Arbeitsrechtskommission, sondern an den Arbeitgeber und ist mit dem „Dritten Weg“ nicht vereinbar.307 Solche Klauseln sind wegen des Verstoßes gegen § 308 Nr. 4 BGB rechtsunwirksam. Die katholische Kirche hat die Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungs183 gerichts vom 22.10.2014 zum Anlass genommen, die Grundrechtsordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse (VVD Beschl. v. 27.4.2015) und die Rahmenordnung für die Kommission zur Ordnung des diözesanen Arbeitsvertragsrechts (Rahmen-KODA-Ordnung) zu novellieren (VVD Beschl. v. 24.11.2014).308 Die Rahmen-KODA-Ordnung sieht in § 20 nach wie vor ein Letztentscheidungsrecht des Bischofs vor, wenn ein Schlichtungsverfahren zu keinem Ergebnis geführt hat. Richardi vertritt die Auffassung, dass entgegen der Ansicht des BAG von einem 184 „Zustimmungsverweigerungsrecht“ der Kirche auszugehen sei. Dieses könne die Wirksamkeit der Bezugnahmeklausel nicht berühren, weil es im Falle der Ablehnung einer Änderung beim bisherigen Vertragsinhalt bleibe.309 Dem kann nicht gefolgt werden. Durch ein Letztentscheidungsrecht wird die Parität der Arbeitsrechtsrahmenkommission ausgehebelt, da Entscheidungen bei drohender Kassation nicht oder nicht in dieser Form getroffen werden können. Die Rechtsprechung hat völlig zu Recht die Unabhängigkeit der Mitglieder der Arbeitsrechtskommission und die paritätische Besetzung der Kommission zum Fundament der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des „Dritten Weges“ der Kirchen gemacht.310 Da das Streikrecht als Mittel der Konfliktlösung im Dritten Weg ausgeschlossen werden kann, fordert die Rechtsprechung,
306 Dütz, NZA 2008, 1383, 1395; Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 15 Rn 16 f. 307 BAG, Urt. v. 20.11.2012 – 1 AZR 179/11, NZA 2012, 448, Rn 119. 308 Abrufbar unter http://www.dbk.de/ueber-uns/vdd/dokumente-vdd/; http://www.ekir.de/www/ ueber-uns/arbeitsrecht-die-wichtigsten-rechtsgrundlagen-9656.php. 309 Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 15 Rn 18. 310 BAG, Urt. v. 20.11.2012 – 1 AZR 179/11, NZA 2013, 448, Leitsatz, Rn 117; BAG, Urt. v. 20.11.2012 – 1 AZR 611/11, NZA 2013, 437, Orientierungssatz 2, Rn 56; ErfK/Schmidt, Art 4 GG, Rn 52; Deinert, ZTR 2005, 461, 466 ff.
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dass durch die Ausgestaltung des Verhandlungsweges ein Konfliktlösungsmechanismus geschaffen werden muss, der einen fairen Ausgleich der unterschiedlichen Interessen durch Verhandlungen garantiert. Dazu muss der Verhandlungsweg „darauf angelegt sein, die strukturelle Verhandlungsschwäche der Dienstnehmer auszugleichen. Paritätische Besetzungsregeln genügen hierfür allein nicht. Vielmehr bedarf es weiterer Instrumente, die geeignet sind, Verhandlungsblockaden zu lösen und die Kompromissbereitschaft der Gegenseite zu fördern.“311 Letztentscheidungsrechte des Arbeitgebers entziehen dem „Dritten Weg“ seine rechtliche Grundlage. Es muss sichergestellt sein, dass im Streitfall eine unabhängige paritätisch besetzte Schlichtungskommission entscheidet und deren Entscheidung als verbindlich anerkannt wird.312 Daher kann auch nicht der Entscheidung des BAG gefolgt werden, in welcher 185 das BAG die Auffassung vertritt, dass im Falle der Rechtsunwirksamkeit der Verweisungsklausel auf die Arbeitsvertragsrichtlinien durch den Wegfall der Klausel eine Vertragslücke auftreten würde, die dann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahingehend zu schließen sei, dass die Parteien bei Kenntnis der Lücke die bestehenden Arbeitsvertragsrichtlinien für den Arbeitsvertrag als verbindlich geregelt hätten.313 Das BAG geht davon aus, dass ein Beschluss der Arbeitsrechtskommission in der Vergangenheit ordnungsgemäß zu Stande gekommen sei, wenn die Synode oder der Bischof von ihrem Letztentscheidungsrecht keinen Gebrauch gemacht habe. Hiergegen hat der 6. Senat in seiner Entscheidung vom 22.7.2010 zutreffend darauf hingewiesen, dass es bei der Beurteilung der Rechtswirksamkeit einer Klausel nicht darauf ankommt, ob im Einzelfall eine für den Arbeitnehmer nicht zumutbare Änderung des Arbeitsvertrages eingetreten ist, sondern ob die Klausel selbst die Möglichkeit eines Änderungsvorbehaltes durch den Arbeitgeber hat.314 Die Kirchen haben die Möglichkeit durch die Änderung der Rahmen-KODA-Ordnung oder des Kirchengesetzes klarzustellen, dass die Arbeitsrechtliche Kommission und im Falle der Nichteinigung eine Schlichtungsstelle verbindlich entscheidet. Zusammenfassend kann der durch den 6. Senat eingeleiteten Rechtsprechungs- 186 änderung mit den notwendigen Klarstellungen zur verfahrensrechtlichen Ausgestaltung des „Dritten Wegs“ durch die Urteile des BAG vom 20.11.2012 gefolgt werden. Auf der Rechtsfolgenseite führt eine gegen § 308 Nr. 4 BGB verstoßende Klausel, 187 dass der Arbeitnehmer sich jederzeit auf die Unwirksamkeit der Klausel als Verwender berufen kann. Dies folgt aus dem Zweck des AGB-Rechts den Verbraucher vor den
311 BAG, Urt. v. 20.11.2012 – 1 AZR 179/11, NZA 2012, 448, Leitsatz, Rn 117. 312 ErfK/Schmidt, Art 4 GG, Rn 55; BAG, Urt. v. 20.11.2012 – 1 AZR 611/11, NZA 2013, 437, Rn 60; BAG, Urt. v. 20.11.2012 – 1 AZR 179/11, NZA 2013, 448, Leitsatz, Rn 119; Krause, JA 2013, 944; Joussen, Anm. AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 179 II.2., III.2.c); ders. bereits NZA 2007, 730, 733 ff mit dem Vorschlag der Zwangsschlichtung im Streitfall. 313 BAG, Urt. v. 28. 6. 2012 − 6 AZR 217/11, NZA 2012, 1440, Rn 43 ff. 314 BAG, Urt. v. 22.7.2010 – 6 AZR 847/07, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55, Rn 18.
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
Gefahren der einseitigen Inanspruchnahme der Vertragsgestaltungsfreiheit durch den Verwender zu schützen.315 Hieraus ergibt sich, dass der Verwender sich nicht auf die Unwirksamkeit seiner eigenen Klausel berufen kann.316 Das BAG hat in Bezug auf die Unwirksamkeit der Klausel wegen des durch die Kirche vorbehaltenen Letztentscheidungsrechts noch nicht ausdrücklich entschieden, ob es an seiner früheren Rechtsprechung festhalten will. Sollte die Klausel unwirksam sein, so sei die eintretende Regelungslücke durch ergänzende Vertragsauslegung dahingehend zu schließen sei, dass nur solche Änderungen von der Unwirksamkeit erfasst würden, die nicht durch alleinigen Beschluss der paritätisch besetzten Kommission herbeigeführt wurden.317 Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Die Argumentation des BAG widerlegt sich selbst, wenn man sie vom Ansatz her umgekehrt formuliert: Unwirksam sind nur solche Änderungen, die durch das Letztentscheidungsrecht des Bischoffs herbeigeführt werden. Der Bischoff jedoch kann eigenständig ohne die Kommission keine Arbeitsvertragsrichtlinien in Kraft setzen, sondern umgekehrt nur von der Kommission beschlossene Änderungen nicht in Kraft setzen.318 Er kann folglich nicht gestalten, sondern nur verhindern. Hieraus zu schließen, dass der Bischoff keine Vertragsänderung nach § 308 Nr. 4 BGB selbst in die Wege leiten kann, ist verfehlt.319 Ein Vetorecht zur Blockade notwendiger Änderungen versetzt den einen Teil in eine Position von der anderen Seite Entgegenkommen verlangen zu können und hebelt damit paritätische Entscheidungen aus. Hieraus ergibt sich, dass es gerade auch in diesem Fall bei der BAG und BGH vertretene Grundsatzposition zu verbleiben hat, wonach sich der Arbeitnehmer auf die Unwirksamkeit der Klausel berufen kann, nicht jedoch der Arbeitgeber als Verwender. Bei Arbeitsvertragsrichtlinien der Kirche handelt es sich um Allgemeine 188 Geschäftsbedingungen. Als arbeitsrechtliche Besonderheit nach § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB ist zu berücksichtigen, dass das Verfahren des Dritten Weges mit paritätischer Besetzung der Arbeitsrechtlichen Kommission und Weisungsungebundenheit ihrer Mitglieder gewährleistet, dass die Arbeitgeberseite nicht einseitig ihre Interessen durchsetzen kann, wenn diese ordnungsgemäß zu Stande gekommen sind. Die Arbeitsvertragsrichtlinien sind ordnungsgemäß zu Stande gekommen, wenn es sich beim Verwender um eine Kirche oder einen dem Selbstverwaltungsrecht der Kirche unterfallenden Rechtsträger handelt. Die Arbeitsrechtlichen Kommissionen müssen paritätisch besetzt sein. Vertreter der Gewerkschaften sind organisato-
315 Stoffels, Rn 601 316 Schaub/Linck, § 35 Rn 51a; MüKo-BGB/Basedow, § 306 Rn. 19; Ermann/Roloff, § 306 Rn 16; BAG, Urt. v. 27. 10. 2005 – 8 AZR 3/05, NZA 2006, 257; BGH, Urt.v. 8.5.2007 – KZR 14/04, NJW 2007, 3568; a. A. Staudinger/Coester § 306 Rn. 20c; 317 BAG, Urt. v. 28. 6. 2012 − 6 AZR 217/11, NZA 2012, 1440, Rn 41 ff; ebenso Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 15 Rn 18. 318 Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 15 Rn 18. 319 Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 15 Rn 18.
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risch in die Kommission mit einzubinden. Das Verfahren muss jederzeit von jeder Seite einberufen werden können. Im Falle einer Nichteinigung muss ein Schlichtungsverfahren vorgesehen werden. Die Schlichtungsstelle muss von einem Vorsitzenden geleitet werden, dessen Bestellungsverfahren seine Unabhängigkeit und Neutralität gewährleistet. Die Beschlüsse der Kommission oder der Schlichtungsstelle müssen für beide Seiten verbindlich sein. Ein Letztentscheidungsrecht zur Umsetzung dieser Beschlüsse muss ausgeschlossen sein. Die auf diesem Weg beschlossenen Arbeitsvertragsrichtlinien sind nur darauf zu überprüfen, ob sie gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstoßen. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, unterliegen die in Bezug genommenen 189 Arbeitsvertragsrichtlinien einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB. Für die Vergangenheit sollte Vertrauensschutz dahingehend gewährt werden, dass Bezugnahmen auf die bestehenden Arbeitsvertragsrichtlinien als rechtswirksam angesehen werden. Für die Formulierung künftig abzuschließender Arbeitsverträge kann es bei einem Letztentscheidungsrecht der Schiedsstelle bei Satz 1 des Formulierungsvorschlages verbleiben, wenn satzungsrechtlich oder kirchengesetzlich verbindlich die Koppelung an Arbeitsvertragsrichtlinien nur an die Entscheidung der zuständigen Kommission vereinbart wurden. Ist dies nicht gegeben, sollte den hier formulierten rechtlichen Bedenken Rechnung getragen werden, indem auf die bestehenden Arbeitsvertragsrichtlinien verwiesen wird und künftige Änderungen vom Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzung des § 308 Nr. 4 BGB und deren Feststellung durch das Schiedsgericht der Arbeitsrechtskommission mit beschlussfähiger Mehrheit der Stimmen abhängig gemacht wird. Klauselmuster Für das Dienstverhältnis gelten die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes“/der Diakonie (AVR) in ihrer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Fassung. Dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin ist Gelegenheit zur Einsichtnahme in die AVR gegeben. Änderungen der AVR gelten bei einem Letztentscheidungsrecht des Bischofs, wenn die Änderung der Leistungen unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den Arbeitnehmer zumutbar war. Sie ist zumutbar, wenn im Streitfall die Schiedskommission der Arbeitsrechtskommission dies mit beschlussfähiger Mehrheit festgestellt hat.
3. Betriebsübergang und Ausgliederung Auch nach einem Betriebsübergang oder einer Ausgliederung eines Rechtsträ- 190 gers aus dem Trägerkreis, der institutionell von der Anwendung einer bestimmten kirchenrechtlichen Regelung erfasst wird, wird die einzelvertragliche Bindung an
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Kapitel 10 Bezugnahmeklauseln im Arbeitsrecht
das kirchliche Regelungswerk nicht aufgehoben.320 Wechselt eine Einrichtung aus dem Bereich der verfassten Kirche in die Diakonie, so führt dies nicht dazu, dass die inhaltlich anders ausgestalteten Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie eo ipso Geltung beanspruchen könnten. Die Arbeitsvertragsrichtlinien wirken nur über die einzelvertragliche Bezugnahme. Im vorliegenden Fall also bleibt es dabei, dass die Arbeitsvertragsrichtlinien der verfassten Kirche nach einem Wechsel der Einrichtung in die Diakonie weiterhin gelten.321 Im streitbefangenen Fall wurde auf die Arbeitsvertragsrichtlinien mit der folgenden Klausel Bezug genommen: “Für das Dienstverhältnis gelten das Gemeinsame Mitarbeitergesetz vom 14.3.1978 und die Dienstvertragsordnung vom 16.05.1983 in der jeweils geltenden Fassung.“ Das BAG geht zutreffend davon aus, dass es sich bei Arbeitsvertragsrichtlinien der Kirchen funktional um Kollektivrechtsvereinbarungen handelt, die einzelvertraglich in Bezug genommen werden. Diese sind, weil sie kollektive Geltung beanspruchen, wie Tarifverträge auszulegen. „Danach ist vom Wortlaut der kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen auszugehen und dabei deren maßgeblicher Sinn zu erforschen, ohne am Wortlaut zu haften. Der wirkliche Wille der kirchlichen Normgeber und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Bestimmungen ist mit zu berücksichtigen, soweit sie in den kirchlichen Vorschriften Niederschlag gefunden haben. Schließlich ist auch auf den systematischen Zusammenhang abzustellen“. Bezugnahmeklauseln auf die Bestimmungen des kirchlichen Arbeitsrechts sind grundsätzlich darauf ausgerichtet, dem „kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung“ zu verschaffen.“322 Wurde in einem Arbeitsvertrag mit einem kirchlichen Träger bewusst der Tarif191 vertrag des öffentlichen Dienstes (BAT) dynamisch in Bezug genommen und nicht die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien, so ist die durch die Überleitung des BAT auf den TVöD entstandene Tarifvertragslücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. In diesem Fall hätten die Parteien den Nachfolgetarifvertrag zum BAT, den TVöD, in Bezug genommen, auch wenn der Arbeitgeber satzungsrechtlich verpflichtet ist, die kirchenrechtlichen Arbeitsrechtsregelungen anzuwenden.323 Werden von Kirchengemeinden Tarifverträge des öffentlichen Dienstes in Bezug genommen, so führt eine Inbezugnahme des BAT nicht dazu, dass auch ergänzende Tarifverträge, wie der TV ATZ des öffentlichen Dienstes automatisch ebenfalls mit in Bezug genommen werden. Sie werden nur dann Inhalt des Arbeitsvertrages, wenn Ihre Inbezugnahme ausdrücklich vereinbart wird.
320 BAG, Urt. v. 16.2.2012 – 6 AZR 573/10, NZA 2012, 1054. 321 BAG, Urt. v. 16.2.2012 – 6 AZR 573/10, NZA 2012, 1054, Orientierungssatz 4. 322 BAG, Urt. v. 16.2.2012 – 6 AZR 573/10, NZA 2012, 1054, Rn 21, Rn 29. 323 BAG, Urt. v. 12.12.2012 – 4 AZR 65/11, ArbRAktuell 2013, 368.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag I. Die Stellung des GmbH-Geschäftsführers in der Gesellschaft 1. Doppelstellung des Geschäftsführers Der Geschäftsführer einer GmbH steht in einer Doppelstellung: Er ist zum einen 1 Organ der Gesellschaft und damit als deren Vertreter befugt, die Gesellschaft nach außen im gesamten Rechts- und Geschäftsverkehr zu vertreten. Der Geschäftsführer wird daneben aber regelmäßig auch als Angestellter der Gesellschaft im Rahmen eines Dienstverhältnisses zur GmbH tätig.1 Die Anstellung behandelt also das schuldrechtliche Vertragsverhältnis zwischen GmbH und Geschäftsführer.
a) Geschäftsführer als Handlungsorgan Der Geschäftsführer ist das ausführende Organ, mit welchem die Gesellschaft nach 2 außen hin tätig wird. Er vertritt die Gesellschaft im gesamten Rechts- und Geschäftsverkehr und wird Dienstherr der Arbeitnehmer der GmbH. Er schließt die Verträge mit den Kunden und Lieferanten und nimmt die Rechte der Gesellschaft gegenüber Behörden wahr, während er andererseits als gesetzlicher Vertreter der GmbH auch deren Pflichten zu erfüllen hat, insbesondere die steuerlichen Pflichten gegenüber dem Fiskus. Diese umfassende Vertretungsbefugnis kann nach außen, gegenüber Dritten, weder durch Gesellschaftsvertrag noch durch Vereinbarung zwischen GmbH und Geschäftsführer beschränkt werden. Die Bestellung des Geschäftsführers erfolgt regelmäßig durch Beschluss der 3 Gesellschafterversammlung und wird wirksam mit Zugang der Bestellungserklärung an den berufenen Geschäftsführer sowie dessen Annahme. Ab diesem Zeitpunkt kann der Geschäftsführer nach außen als gesetzlicher Vertreter für die GmbH tätig
1 Zur heute herrschenden Trennungstheorie vgl. zuletzt etwa BAG, Urt. v. 25.10.2007 – 6 AZR 1045/06 – NZA 2008, 168; BGH, Urt. v. 28.10.2002 – II ZR 146/02 – NJW 2003, 351; BGH, Urt. v. 26.6.1995 – II ZR 109/94 – ZIP 1995, 1334; BGH, Urt. v. 24.11.1980 – II ZR 182/79 – NJW 1981, 757; BGH, Urt. v. 14.7.1980 – II ZR 161/79 – NJW 1980, 2415; BGH, Urt. v. 7.12.1961 – II ZR 117/60 – BGHZ 36, 142; BGH, Urt. v. 11.7.1953 – II ZR 126/52 – BGHZ 10, 187; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 GmbHG Rn 12 ff.; sowie zu deren Folgen Seibt, NJW-Spezial 2004, 123; Grobys, NJW-Spezial 2005, 513; a. A. Einheitstheorie: Hachenburg/ Schilling, § 35 GmbHG Rn 40, jeweils m. w. N.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
werden. Die gesetzlich vorgeschriebene Eintragung in das Handelsregister hat nur deklaratorische Wirkung.
b) Geschäftsführer als Angestellter der GmbH
4 Die Anstellung des Geschäftsführers betrifft dagegen das Innenverhältnis, also das
der Geschäftsführung zugrunde liegende Vertragsverhältnis des Geschäftsführers zur GmbH. Während die Bestellung zum gesetzlichen Organ der Gesellschaft nach den Regeln des GmbH-Rechts erfolgt, unterliegt die Anstellung des Geschäftsführers den Bestimmungen des Schuldrechts. Im Normalfall ist eine entgeltliche Dienstleistung gegeben, deren Tätigkeits- und Vergütungsbedingungen im Rahmen eines zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer zu schließenden Anstellungsvertrages geregelt werden.
2. Der GmbH-Geschäftsführer – ein Arbeitnehmer?
5 Während die Rechte und Pflichten des GmbH-Geschäftsführers als Organ der Gesell-
schaft im Gesellschaftsrecht im Wesentlichen gesetzlich bestimmt sind, fehlen entsprechende Regelungen des Gesetzgebers zur rechtlichen Einordnung der internen Rechtsbeziehung des Geschäftsführers zur GmbH, dem Anstellungsverhältnis. Insbesondere hat der Gesetzgeber bisher keine Aussage getroffen, ob der angestellte GmbHGeschäftsführer als Arbeitnehmer i. S. d. arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften anzusehen ist. Nur vereinzelt und einseitig befassen sich Normen des Arbeitsrechts mit dem Anstellungsverhältnis des GmbH-Geschäftsführers. So hat der Gesetzgeber den GmbH-Geschäftsführer an einigen Stellen von der Geltung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften ausgeschlossen. Dies gilt für §§ 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG, 14 Abs. 1 Nr. 1 und 17 Abs. 5 Nr. 1 KSchG2, 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG sowie 1 Abs. 3 Nr. 1 VermBG. Die Klärung der Frage nach der allgemeinen arbeitsrechtlichen Stellung des GmbHGeschäftsführers ist im Übrigen damit bisher der Rechtsprechung und dem wissenschaftlichen Schrifttum3 vorbehalten. Gedanklicher Ansatzpunkt für die Befürworter der Arbeitnehmereigenschaft 6 zumindest des Fremdgeschäftsführers sowie des von den Gesellschaftern abhängigen Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers war bisher regelmäßig das Argument, dass sich die persönliche Lage und die soziale Stellung des Geschäftsführers nicht allzu deutlich von der eines leitenden Angestellten unterscheidet.4 Auch wurde
2 Zur Anwendung allgemeiner Kündigungsschutzvorschriften auf Anstellungsverträge mit Geschäftsführern vgl. Rn 186 ff. 3 Vgl. etwa Schulze/Hintzen, ARbRAktuell 2012, 263; Schrader/Hilgenstock, ArbRAktuell 2011, 370; Schrader, DB 2005, 1457. 4 Schulze/Hintzen, ArbRAktuell 2012, 263, 264.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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immer wieder der Vergleich mit dem Sozialversicherungs- und Steuerrecht herangezogen, um die Arbeitnehmereigenschaft des Geschäftsführers, der keine oder nur wenig Anteile an der Gesellschaft hat, zu begründen. In der Rechtsprechung des BGH galt es dagegen bisher als eindeutig, dass das Dienstverhältnis des Geschäftsführers kein Arbeitsverhältnis ist.5 Aus arbeitsrechtlicher Sicht steht vielmehr der Geschäftsführer für die GmbH selbst und nimmt als oberste Leitungsmacht Arbeitgeberfunktionen wahr. Erstmalig hat das BAG in einem Urteil vom 26.5.19996 – bestätigt in einer neueren Entscheidung vom 25.10.20077 – ausdrücklich festgestellt, dass das Dienstverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers auch ein Arbeitsverhältnis sein kann. Dies beurteile sich insbesondere danach, ob der Geschäftsführer „arbeitsbegleitende oder verfahrensorientierte Weisungen“ erhalte. Auf den Umfang der Vertretungsmacht soll es nach Meinung des BAG dagegen nicht ankommen. Damit hat der Senat für den Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers erstmals auf Kriterien zurückgegriffen, die bisher nur zur Beurteilung freier Mitarbeiterverhältnisse herangezogen worden sind.8 In einer weiteren Entscheidung vom 23.1.20039 hat der BGH einer differenzierenden Betrachtungsweise bei der Anwendung der arbeits- und sozialrechtlichen Regelungen auf Geschäftsführer einer GmbH soweit zugestimmt, als ihr die Einschätzung zugrunde liegt, dass der Geschäftsführer sich typischerweise in einer Doppelrolle befinde und es maßgeblich von dem Umfang seiner Beteiligung an dem Unternehmen, der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages sowie dem Inhalt des Anstellungsvertrages abhängt, ob seine Rolle als „konkreter Prinzipal“10 oder als arbeitnehmerähnliche Person im Vordergrund stehe. Zur Frage des Arbeitnehmerstatus hat sich schließlich auch der EuGH in einer neueren Entscheidung vom 11.11.2010 geäußert.11 In dem der Entscheidung
5 BGH, Urt. v. 26.3.1984 – II ZR 229/83 – NJW 1984, 2366; BGH, Urt. v. 26.3.1984 – II ZR 120/83 – NJW 1984, 2528; BGH, Urt. v. 11.5.1981 – II ZR 126/80 – NJW 1981, 2748; BGH, Urt. v. 11.7.1953 – II ZR 126/52 – NJW 1953, 1465; Reiserer, EWiR 2003, 1171; Hümmerich, NJW 1995, 1177, 1178; für den stellvertretenden Geschäftsführer: BAG, Urt. v. 26.5.1999 – 5 AZR 664/98 – NZA 1999, 987; für den Geschäftsführer einer Vor-GmbH: BAG, Beschl. v. 13.5.1996 – 5 AZB 27/95 – NJW 1996, 2678; für den Geschäftsführer, dessen Bestellung unterblieben ist: BAG, Beschl. v. 25.6.1997 – 5 AZB 41/96 – GmbHR 1997, 837; sowie die ausführliche Auseinandersetzung mit den verschiedenen Meinungen bei Hueck, ZfA 1985, 25. 6 BAG, Urt. v. 26.5.1999 – 5 AZR 664/98 – NZA 1999, 987; kritisch hierzu Reiserer, DStR 2000, 31, 32; a. A.: BGH, Urt. v. 10.1.2000 – II ZR 251/98 – NZA 2000, 376; LAG Düsseldorf, Urt. v. 18.4.2001 – 12 Sa 1761/00 – LAGE § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 43; OLG Frankfurt, Urt. v. 6.6.2005 – 18 U 140/04, n. v. 7 BAG, Urt. v. 25.10.2007 – 6 AZR 1045/06 – NZA 2008, 168. 8 Ausführlich hierzu Reiserer, DStR 2000, 31; zu den allgemeinen Abgrenzungskriterien zwischen Dienst- und Arbeitsverhältnis Reiserer, BB 1998, 1258; dies., BB 2000, 94. 9 BGH, Urt. v. 23.1.2003 – IX ZR 39/02 – NZA 2003, 439. 10 Vgl. RGZ 120, 300, 303. 11 EuGH, Urt. v. 11.11.2010 – C-232/09 – NZA 2011, 143 – Danosa; dazu Anm. Reiserer, DB 2011, 2262.
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zugrunde liegenden Rechtsstreit ging es um die ordentliche Kündigung einer GmbHGeschäftsführerin, die sich auf besonderen Kündigungsschutz wegen bestehender Schwangerschaft stützte. Mit dem Urteil vom 11.11.2010 hat der EuGH den Schutz vor schwangerschaftsbedingter Diskriminierung auf die Vertretungsorgane von Kapitalgesellschaften ausgedehnt und diese gleichzeitig bei hinreichender Weisungsabhängigkeit dem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff unterstellt.12 Für die Praxis könnte die Rechtsprechung des BGH vom 23.1.200313 und vor allem 11 die Danosa-Entscheidung des EuGH14 gravierende Folgen haben. Ähnlich wie bei der Beauftragung von freien Mitarbeitern muss die Gesellschaft in Zukunft auch im Verhältnis zu ihrem Geschäftsführer darauf achten, dass die Vertragsgestaltung keine arbeitsrechtlichen Weisungsmöglichkeiten enthält. Zahlreiche Abgrenzungskriterien, die in der Rechtsprechung entwickelt worden sind, um die persönliche Abhängigkeit festzustellen und um damit zwischen Arbeitnehmern und freien Mitarbeitern zu unterscheiden, werden nun auch für den GmbH-Geschäftsführer wichtig werden: Besteht eine Pflicht zum regelmäßigen Erscheinen am Arbeitsort? Gibt es zeitliche Vorgaben? Unterliegt die Urlaubsgestaltung engen Grenzen? Kann der Geschäftsführer die übertragenen Aufgaben im Wesentlichen eigenverantwortlich erfüllen? Dabei ist zu beachten, dass neben der reinen Vertragsgestaltung auch die tatsächliche Vertragsabwicklung, also die Handhabung der Zusammenarbeit in der Praxis, eine wichtige Rolle spielt.
3. Der GmbH-Geschäftsführer im Sozialversicherungssystem 12 Parallel zu der Rechtsprechung des BAG verläuft auch die Rechtsprechung des BSG, das im Versicherungs- und Beitragsrecht der Sozialversicherung bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH regelmäßig eine abhängige Beschäftigung annimmt.15 Denn der Fremdgeschäftsführer ist an der GmbH nicht beteiligt und hat daher auch keinen Einfluss auf die Entscheidungsfindung der Gesellschafterversammlung. Ähnlich wie ein Arbeitnehmer befindet er sich – zumindest teilweise – in einem Abhängigkeitsverhältnis zu der Gesellschaft. Eine Ausnahme hiervon hat das BSG in der Vergangenheit allenfalls für den Fall des Geschäftsführers einer sog. Familien-GmbH angenommen werden. Die familiäre Verbundenheit zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführer kann im Einzelfall dazu führen, dass die Geschäftsführertätigkeit überwiegend durch familiäre Rücksichtnahmen geprägt wird und es an der Ausübung einer Direktion
12 Vgl. Schulze/Hintzen, ArbRAktuell 2012, 263; Oberthür, NZA 2011, 253. 13 BGH, Urt. v. 23.1.2003 – IX ZR 39/02 – NZA 2003, 439. 14 EuGH, Urt. v. 11.11.2010 – C-232/09 – NZA 2011, 143 – Danosa. 15 Vgl. BSG, Urt. v. 6.3.2003 – B 11 AL 25/02 R – GmbHR 2004, 494; BSG, Urt. v. 18.12.2001 – B 12 KR 10/01 R – GmbHR 2002, 324 m. w. N.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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durch die Gesellschafter völlig mangelt.16 Die Beschäftigung des Geschäftsführers unterliegt in diesem Fall mangels Weisungsabhängigkeit gegenüber der Gesellschaft nicht der Sozialversicherungspflicht. Freilich wird der Verzicht der Gesellschafter auf die Ausübung ihres Direktionsrechts nur solange Bestand haben, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. In zwei neueren Urteilen hat das BSG daher für die Beurteilung eines Weisungsverhältnisses zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft auf die rechtlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen und die sich daraus ergebende Rechtsmacht der Gesellschafter abgestellt.17 Dagegen liegt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis in der Regel nicht vor, 13 wenn es sich um einen Geschäftsführer mit einer Gesellschaftsbeteiligung von mindestens 50 % handelt. Eine Weisungsgebundenheit gegenüber der Gesellschaftsversammlung ist dann regelmäßig nicht anzunehmen. Gleiches gilt für einen Geschäftsführer, der zwar Minderheitsgesellschafter ist, dem jedoch eine sog. Sperrminorität eingeräumt wurde, so dass er ihm nicht genehme Beschlüsse der Gesellschaftsversammlung blockieren kann.18 Die Sperrminorität darf sich dabei aber nicht nur auf wichtige Entscheidungen beschränken, sondern muss sich insbesondere auch auf Fragen der Geschäftsführerstellung inkl. des Anstellungsvertrages beziehen.19 In den übrigen Fällen muss jeweils unter Berücksichtigung der Umstände des 14 Einzelfalls geprüft werden, ob es sich bei dem Anstellungsverhältnis zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft um ein abhängiges und somit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis handelt.
4. Der GmbH-Geschäftsführer – ein Verbraucher? Unabhängig von der Debatte um die Arbeitnehmerstellung des GmbH-Geschäftsfüh- 15 rers wird die Frage der Verbrauchereigenschaft nach § 13 BGB und damit die Frage, ob bei Abschluss des Geschäftsführervertrages die §§ 305 bis 310 BGB anwendbar sind, diskutiert.20 Die Rechtsprechung bejaht die Verbrauchereigenschaft des Geschäftsführers grundsätzlich dann, wenn der Geschäftsführer bei Abschluss des Anstellungsvertrages nicht zugleich als Gesellschafter über zumindest eine Sperrminorität verfügt und Leitungsmacht über die Gesellschaft ausüben kann.21 Hintergrund dieser Auffassung ist, die gesellschaftsinterne Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführers sowie der Umstand, dass der Geschäftsführer seine
16 BSG, Urt. v. 8.12.1987 – 7 RAr 25/86 – BB 1989, 72. 17 BSG, 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R – BB 2013, 894; BSG, 29.8.2012 – B 12 R 14/10 R – USK 2012, 182. 18 BSG, Urt. v. 9.2.1995 – 7 RAr 76/94 – EzA § 100 AFG Nr. 1. 19 Siehe hierzu Reiserer, BB 2010, 2085 ff. 20 Ausführlich Hümmerich, NZA 2006, 709. 21 BAG, Urt. v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09 – NJW 2010, 2827.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
Tätigkeit im Namen und auf Rechnung der Gesellschaft ausübt, so dass diese nicht als selbständig i. S. d. § 13 BGB angesehen werden kann.22
II. Der Anstellungsvertrag 1. Rechtsnatur des Anstellungsvertrages 16 Der Anstellungsvertrag des gegen Vergütung tätig werdenden Geschäftsführers einer GmbH ist ein auf Dienstleistungen gerichteter Geschäftsbesorgungsvertrag (§§ 675, 611 BGB), auf welchen die §§ 611 ff. BGB Anwendung finden23. Um einen Arbeitsvertrag handelt es sich dagegen regelmäßig nicht24.
2. Zustandekommen des Anstellungsvertrages a) Abschluss durch die Gesellschafter 17 Wie jeder schuldrechtliche Vertrag erfordert auch der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag das Vorliegen zweier übereinstimmend Willenserklärungen. Allein der Bestellungsakt des Geschäftsführers führt nicht automatisch auch zum Abschluss eines Anstellungsvertrages. Vertragsparteien sind auf der einen Seite der für sich selbst handelnde Geschäfts18 führer und auf der anderen Seite die Gesellschaft als juristische Person. Zwar wird die Gesellschaft in der Regel durch einen oder auch mehrere Geschäftsführer vertreten (§ 35 Abs. 1 GmbHG); dies gilt jedoch nicht im Verhältnis zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft. Nach § 46 Nr. 5 GmbHG sind für die Bestellung eines Geschäftsführers die Gesellschafter zuständig. Als sog. Annexkompetenz verleiht diese Norm der Gesellschafterversammlung in der Regel aber auch die Zuständigkeit zum Abschluss des Anstellungsvertrages.25. Nach interner Beschlussfassung betrauen allerdings regelmäßig die Gesellschaf19 ter einen einzelnen Gesellschafter oder einen weiteren Geschäftsführer mit der Unterzeichnung des Anstellungsvertrages26. Der Ausführende tritt dann als Vertreter der Gesellschafter auf, wobei ihm von den Gesellschaftern auch ein gewisser Entscheidungsspielraum eingeräumt werden kann, soweit bereits ein Beschluss über das Grundsätzliche des Anstellungsvertrages vorliegt27.
22 BAG, Urt. v. 19.5.2010, – 5 AZR 253/09 – NJW 2010, 2827. 23 Ganz herrschende Meinung, vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 GmbHG Rn 172 m. w. N. 24 Vgl. Rn 5 ff. 25 BGH, Urt. v. 9.10.1989 – II ZR 16/89 – BB 1989, 2209; Grobys/Panzer/Kelber Geschäftsführer Rn 36. 26 Zur Haftung des nicht vertretungsberechtigten Gesellschafters nach § 179 BGB: BGH, Urt. v. 9.10.1989 – II ZR 16/89 – BB 1989, 2209. 27 BGH, Urt. v. 1.2.1968 – II ZR 212/65 – WM 1968, 570.
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Zulässig ist es auch, dass der Gesellschaftsvertrag die interne Zuständigkeit zum 20 Abschluss des Anstellungsvertrages von der Gesellschaftsversammlung auf einen eingerichteten fakultativen Aufsichtsrat i. S. d. § 52 GmbHG überträgt28. Dabei reicht es regelmäßig aus, wenn der Gesellschaftsvertrag die Zuständigkeit zur Bestellung des Geschäftsführers auf das Gremium überträgt, da die Befugnis zum Abschluss des Anstellungsvertrages hiervon mit erfasst wird. In diesem Fall ruht die Zuständigkeit der Gesellschafter und lebt erst dann wieder auf, falls das Gremium nicht mehr besteht oder jedenfalls handlungsunfähig wird.
b) Vertragsänderung und Vertragsaufhebung Soweit nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag keine anderweitige Zuständigkeit 21 bestimmt ist, sind die Gesellschafter auch für Änderungen des Dienstvertrages eines Geschäftsführers sowie für dessen vertragliche Aufhebung zuständig.29 Auch Regelungen, die mit einer Abänderung des Anstellungsvertrages verbunden sein können, wie die vorzeitige Beurlaubung und ein Hausverbot, werden von dieser Zuständigkeit erfasst30. Die ältere Rechtsprechung des BGH, wonach für Vertragsänderungen, die nicht 22 unmittelbar mit Begründung oder Beendigung des Organverhältnisses verbunden sind, die anderen Mitgeschäftsführer zuständig sind, hat der BGH zwischenzeitlich ganz aufgegeben.31 Damit haben es die Geschäftsführer nicht länger in der Hand, sich gegenseitig die Gehälter zu erhöhen oder ein Ruhegehalt zuzusagen. Allerdings bleibt es der Gesellschafterversammlung unbenommen, den Mitgeschäftsführer durch einfachen Gesellschafterbeschluss (§ 47 Abs. 1 GmbHG) zur Abänderung des Vertrages oder zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu ermächtigen.
c) Die mitbestimmte GmbH Beschäftigt die GmbH in der Regel mehr als 2000 Mitarbeiter und unterliegt sie 23 damit dem MitbestG, so ist der Aufsichtsrat neben der Bestellung (§ 31 MitbestG) auch zum Abschluss des Anstellungsvertrages zuständig. Gleiches gilt für die Änderung der Anstellungsbedingungen sowie den Abschluss eines Aufhebungsvertrages32.
28 Grobys/Panzer/Kelber Geschäftsführer Rn 37. 29 BGH, Urt. v. 25.3.1991 – II ZR 169/90 – BB 1991, 927; OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 13.2.1992 – 5 U 173/90 – GmbHR 1993, 156; abgrenzend: OLG München, Beschl. v. 14.11.2011 – 7 U 2881/11 – GWR 2012, 155. 30 BGH, Urt. v. 27.10.1986 – II ZR 240/85 – BB 1987, 503; bestätigt durch BGH, Urt. v. 3.7.2000 – II ZR 282/98 – BB 2000, 1751; vgl. hierzu etwa Gröwoldt, DB 1996, 752; Haase, GmbHR 2000, 877. 31 BGH, Urt. v. 25.3.1991 – II ZR 169/90 – BB 1991, 927. 32 BGH, Urt. v. 14.11.1983 – II ZR 33/83 – BB 1984, 9; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 8.11.1994 – 5 U 269/93 – BB 1995, 2440.
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d) Steuerliche Hinweise
24 Die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für die Änderung des Gesellschaf-
ter-Geschäftsführer-Dienstvertrages hat auch steuerliche Konsequenzen. Denn nach dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 16.5.199433 ist eine zivilrechtlich nicht wirksame Vereinbarung zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer, z. B. über Gehaltserhöhungen und Pensionszusagen, jedenfalls bei GesellschafterGeschäftsführern auch steuerrechtlich nicht anzuerkennen, so dass die veränderten Gehaltszahlungen als verdeckte Gewinnausschüttungen anzusehen wären. Dies gilt für alle ab dem 1.1.1986 gezahlten Bezüge.
3. Form des Anstellungsvertrages
25 Der Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers bedarf keiner Form. Er kann
durch konkludentes Handeln, mündliche Abreden oder schriftliche Vereinbarung zustande kommen. Wie beim Arbeitsvertrag empfiehlt es sich aber auch beim Geschäftsführerdienstvertrag, aus Beweisgründen die Regelungen der Vereinbarung schriftlich festzulegen. Daneben sprechen beim Geschäftsführerdienstvertrag aber v. a. auch steuerli26 che Gründe für die Schriftform des Vertrages.34 Zwar ist die Schriftform auch beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer keine Voraussetzung für die Anerkennung von Verträgen mit der GmbH. Aus Nachweisgründen ist es jedoch ratsam, Verträge und insbesondere auch Vertragsänderungen schriftlich niederzulegen. Denn bleiben bei mündlichen Vereinbarungen Zweifel darüber, was von Anfang an vereinbart wurde, gehen diese Zweifel zu Lasten desjenigen, der sich auf das mündlich Vereinbarte beruft.
4. Fehlerhafter Anstellungsvertrag
27 Leidet der Anstellungsvertrag an einem rechtlichen Mangel, wie z. B. der fehlenden
Befugnis des für die Gesellschaft handelnden Vertretungsorgans zum Abschluss eines Anstellungsvertrages, so spricht man von einem sog. faktischen oder fehlerhaften Anstellungsverhältnis. Bis zur tatsächlichen Aufnahme der Geschäftsführertätigkeit kann der Mangel ohne besondere Einschränkungen geltend gemacht werden; ab diesem Zeitpunkt nur noch mit Wirkung ex tunc.35
33 OFD Köln, Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen v. 16.5.1994 – IV B7–S 2742–14/94 – NZA 1995, 20. 34 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 GmbHG Rn 168; Grobys/Panzer/Kelber Geschäftsführer Rn 41. 35 BeckOK GmbHG/Wisskirchen/Kuhn, § 6 GmbHG Rn 142.
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Die Rechtsprechung löst diesen Fall unter Heranziehung der im Arbeitsrecht wur- 28 zelnden Grundsätze zum fehlerhaften Arbeitsverhältnis.36 Danach ist der Vertrag trotz dessen, dass der Arbeitnehmer ohne Rechtsgrundlage tätig geworden ist, für die Vergangenheit als voll wirksam zu behandeln.37 Der Arbeitnehmer hat also Anspruch auf Arbeits- und Krankenvergütung sowie Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften. Einer praktisch schwer realisierbaren Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) bedarf es hier somit nicht. Diese Grundsätze, die nicht in erster Linie der besonderen Schutzbedürftigkeit abhängig Beschäftigter Rechnung tragen, sondern vielmehr auf die erhöhte Bestandsfestigkeit aller vollzogener Dauerschuldverhältnisse abstellen, gelten auch für das fehlerhafte Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers der GmbH.38 Hat also der Geschäftsführer seine Tätigkeit auf Grundlage des geltungslosen 29 Anstellungsvertrages aufgenommen und geschah dies mit Wissen des für den Vertragsabschluss zuständigen Organs, ist diese Vereinbarung für die Dauer der Geschäftsführertätigkeit so zu behandeln, als wäre sie mit allen Rechten und Pflichten wirksam.39 Das Organmitglied, das seine Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH bereits aufgenommen hat, hat somit einen Anspruch auf die vereinbarten Bezüge und nicht nur auf die Vergütung in angemessener Höhe. Eine Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht kommt stattdessen nicht in Betracht. Nur wenn der Fehler des Anstellungsvertrages bereits vor Dienstbeginn offenkundig wird und der fehlerhafte Anstellungsvertrag somit gar nicht (so) zur Ausführung kommt, kann sich die Gesellschaft auf den Vertragsmangel berufen und der Geschäftsführer aus dem fehlerhaften Anstellungsvertrag keine Rechte herleiten.
5. Schadensersatzanspruch des GmbH-Geschäftsführers wegen Abberufung und/ oder Nichtbestellung Der Abschluss eines Anstellungsvertrags stellt eine Ergänzung zu der Bestellung zum 30 Geschäftsführer durch die Gesellschafterversammlung gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG dar. Denn der Anstellungsvertrag kommt nicht schon automatisch mit der Bestellung und der Zustimmung durch den designierten Geschäftsführer zustande.40 Zwar ergeben
36 BGH, Urt. v. 3.7.2000 – II ZR 282/98 – BB 2000, 1751. 37 Grundlegend: BAG, Urt. v. 15.11.1957 – 1 AZR 189/57 – BAGE 5, 58; vgl. auch die ausführliche Darstellung zum faktischen Geschäftsführer von Weimar, GmbHR 1997, 473 und GmbHR 1997, 538. 38 BGH, Urt. v. 3.7.2000 – II ZR 282/98 – BB 2000, 1751 (GmbH-Geschäftsführer); BGH, Urt. v. 16.1.1995 – II ZR 290/93 – BB 1995, 536 (Geschäftsführer einer KG); BGH, Urt. v. 6.4.1964 – II ZR 75/62 – NJW 1964, 1367 (Vorstandsmitglied einer AG); BGH, Urt. v. 21.1.1991 – II ZR 144/90 – NJW 1991, 1727 (Vorstandsmitglied eines eingetragenen Vereins); vgl. auch BeckOK GmbHG/Wisskirchen/Kuhn, § 6 GmbHG Rn. 142. 39 BGH, Urt. v. 3.7.2000 – II ZR 282/98 – BB 2000, 1751. 40 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 GmbHG Rn 166.
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sich bereits aus der Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH eine ganze Fülle von Rechten und Pflichten für diesen. Eine Regelung zur Vergütung des Geschäftsführers und damit zusammenhängender Fragen wird allein durch die Bestellung allerdings nicht getroffen. Schließt die Gesellschaft mit dem designierten Geschäftsführer zunächst nur einen Anstellungsvertrag, so ergibt sich hieraus noch kein klagbarer Anspruch auch auf Bestellung zum Geschäftsführer.41 Unter Umständen kann der vermeintliche Geschäftsführer aber zu einer fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages oder zur Geltendmachung von Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft berechtigt sein. 42 In einem vom BAG entschiedenen Fall43 sah der Dienstvertrag eines neuen designierten Geschäftsführers zunächst eine halbjährige Einarbeitungszeit vor. Erst nach deren Ablauf sollte eine Bestellung zum Geschäftsführer vorgenommen werden, was ebenfalls in dem Anstellungsvertrag geregelt wurde. Entsprechend sollte auch die Vergütung ab dem Zeitpunkt der Bestellung zum Geschäftsführer staffelweise steigen. Die Gesellschaft entschied sich jedoch anders und sah zu dem vertraglich genannten Zeitpunkt (und auch darüber hinaus) von einer Bestellung zum Geschäftsführer sowie der staffelweisen Erhöhung der Vergütung ab. Der designierte Geschäftsführer kündigte nach erfolgloser Abmahnung den Anstellungsvertrag außerordentlich nach § 626 Abs. 1 BGB und machte die ihm entgangene und entgehende Vergütung als Schadensersatz bei fristloser Kündigung nach § 628 Abs. 2 BGB geltend. Das BAG hat die außerordentliche Kündigung des designierten Geschäftsführers als berechtigt und wirksam angesehen. Sowohl die unterbliebene Bestellung als auch die Vorenthaltung eines Teils der Dienstbezüge stellten insoweit einen an sich geeigneten, wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Das BAG bejahte ferner ein schuldhaftes Verhalten der Gesellschaft und sprach dem designierten Geschäftsführer die vertragliche Vergütung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist als Schadensersatz nach § 628 Abs. 2 BGB zu. Dagegen verneinte der BGH – nur einige Wochen nach der oben genannten Entscheidung des BAG – den geltend gemachten Schadensersatz des Geschäftsführers einer GmbH aus § 628 Abs. 2 BGB, nachdem dessen Bestellung zum Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung nach § 38 Abs. 1 GmbHG durch die Gesellschafterversammlung widerrufen wurde und der Geschäftsführer daraufhin seinen Anstellungsvertrag fristlos kündigte.44 Die Abberufung als Geschäftsführer der Gesellschaft stellt nach Ansicht des BGH, wenn der sofortige Widerruf nicht nach § 38 Abs. 2 GmbHG im Gesellschaftsvertrag beschränkt ist, kein vertragswidriges Verhalten der Gesell-
41 Wicke, GmbHG, Anhang § 6 GmbHG Rn 10. 42 BAG, Urt. v. 8.8.2002 – 8 AZR 574/01 – NZA 2002, 1323; Wicke, GmbHG, Anhang § 6 Rn 10. 43 BAG, Urt. v. 8.8.2002 – 8 AZR 574/01 – NZA 2002, 1323. 44 BGH, Urt. v. 28.10.2002 – II ZR 146/02, NZG 2003, 84.
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schaft im Sinne des § 628 Abs. 2 BGB dar. Insoweit machte die Gesellschaft lediglich von ihrem gesetzlich eingeräumten Recht Gebrauch. Tatsächlich widersprechen sich die Urteile des BGH und des BAG. Sieht der Gesell- 35 schaftsvertrag keine Beschränkung der Zulässigkeit des Widerrufs nach § 38 Abs. 2 GmbHG auf den Fall vor, dass nur wichtige Gründe denselben notwendig machen können, so ist ein Widerruf nach § 38 Abs. 1 GmbHG zu jeder Zeit möglich. Dann aber kann die Abberufung des Geschäftsführers auch kein Auflösungsverschulden im Sinne des § 628 Abs. 2 BGB darstellen. Der Rechtsprechung des BGH ist daher zuzustimmen, wenn sie dem Geschäftsführer einen Schadensersatzanspruch wegen der fristlosen Kündigung aus § 628 Abs. 2 BGB im Ergebnis nicht zuspricht. Mit diesen Grundsätzen lässt sich dagegen das Urteil des BAG, welches die Nicht- 36 bestellung zum Geschäftsführer als ein vertragswidriges Verhalten im Sinne des § 628 Abs. 2 BGB ansieht, nicht in Einklang bringen. Ebenso wie die Vornahme der Abberufung des Geschäftsführers steht nach der Grundkonzeption des GmbHG auch die Nichtvornahme der Bestellung zum Geschäftsführer der Gesellschafterversammlung – zumindest bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs oder der Verwerflichkeit – frei.45 Insoweit kann von einem Auflösungsverschulden der Gesellschaft auch bei Nichtvornahme der Bestellung keine Rede sein.
6. Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten Das BAG hatte sich in der Vergangenheit in stetiger Regelmäßigkeit mit der Frage zu 37 beschäftigen, ob einem zum GmbH-Geschäftsführer aufgestiegenen Arbeitnehmer für die Geltendmachung seiner Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag gegen die Gesellschaft der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten freisteht.46 Dass dies nicht völlig unproblematisch möglich ist, zeigt sich an der Regelung des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG. Danach gelten Personen in Betrieben einer juristischen Person, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglied eines Vertretungsorgans zur Vertretung einer juristischen Person berufen sind, nicht als Arbeitnehmer. Der GmbH-Geschäftsführer, der die Gesellschaft nach § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG gerichtlich und außergerichtlich vertritt, fällt insoweit auch unter die unwiderleglich gesetzliche Vermutung des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG. Somit bleibt dem GmbH-Geschäftsführer bei einem Rechtsstreit mit der GmbH der Weg zu den Arbeitsgerichten grundsätzlich versperrt, da es sich gerade nicht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG handelt. Die Einschränkung des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG greift allerdings nur soweit, wie die 38 dort geregelte gesetzliche Vermutung auch reicht.47 Denn Sinn und Zweck der Vor-
45 So auch: Bauer/Diller/Krets, DB 2003, 2687 ff. 46 Etwa BAG, Beschl. v. 26.10.2012 – 10 AZB 60/12 mit Anm. Arnold, FD-ArbR 2013, 343396. 47 So auch Stagat, NZA 2015, 193, 194.
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schrift ist es, „Hausstreitigkeiten im Arbeitgeberlager“ vor den Arbeitsgerichten zu vermeiden.48 Bei den in § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG genannten Personen handelt es sich um Vertreter juristischer Personen und Personengesamtheiten, die für diese eine Arbeitgeberfunktion wahrnehmen. Sie sind letztlich der „personifizierte Arbeitgeber“.49 In der Rechtsprechung galt daher bislang, dass sich die gesetzliche Vermutung des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG auf alle Ansprüche des GmbH-Geschäftsführers, die ihren Entstehungsgrund im Anstellungsverhältnis haben, bezieht und insoweit bei entsprechenden Streitigkeiten zwischen Geschäftsführer und GmbH die ordentlichen Gerichte zuständig sind, nicht die Arbeitsgerichte.50 Dies galt ohne Rücksicht darauf, ob wegen der Besonderheiten des Einzelfalles das Rechtsverhältnis zwischen Geschäftsführer und GmbH ausnahmsweise als Arbeitsverhältnis angesehen werden musste. Auch dann, wenn der Organvertreter an sich wegen wirtschaftlicher Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Person angesehen wurde, konnte er mit seiner Klage nicht vor die Arbeitsgerichte ziehen. Den Höhepunkt der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes hierzu bildete der Beschluss des 5. Senats vom 6.5.1999, in dem der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten auch für den Fall ausgeschlossen wurde, dass der Geschäftsführer einer GmbH gegen die Kündigung seines Anstellungsverhältnisses Klage erhoben hat, obwohl er im Zeitpunkt der Klageerhebung als Geschäftsführer bereits abberufen war.51 Damit stellte das BAG auch den abberufenen Geschäftsführer in das „Lager“ des Arbeitgebers.52 Seit dem Jahr 2011 hat die Antwort auf die Frage der Reichweite der gesetzlichen Vermutung des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG durch die Rechtsprechung des BAG nach und nach eine Änderung erfahren. Dies kann nicht zuletzt auf den Wechsel der Zuständigkeit für Fragen des Arbeitnehmerstatus vom 5. Senat zum 10. Senat des BAG in den Jahren 2011 bis 2013 zurückgeführt werden. Nach neuerer Rechtsprechung des BAG soll unter bestimmten Voraussetzungen die Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG nicht (mehr) greifen und damit der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bei Streitigkeiten zwischen Geschäftsführer und GmbH geebnet sein. Dies kann sich etwa dann ergeben, wenn dem Rechtsstreit zwischen dem Mitglied des Vertretungsorgans und der juristischen Person nicht das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis, sondern eine weitere Rechtsbeziehung zugrunde liegt.53 Das soll beispielsweise der Fall sein, wenn der in der Zwischenzeit abberufene Geschäftsführer Ansprüche aus einem auch während der
48 Natter/Gross/Perschke, § 5 ArbGG Rn 40. 49 BAG, Beschl. v. 20.8.2003 – 5 AZB 79/02; Natter/Gross/Perschke, § 5 ArbGG Rn 40; Stagat, NZA 2015, 193,194. 50 BAG, Beschl. v. 20.5.1998 – 5 AZB 3/98 – NZA 1998, 1247. 51 BAG, Beschl. v. 6.5.1999 – 5 AZB 22/98 – NZA 1999, 839. 52 Vgl. Stagat, NZA 2015, 193, 194. 53 BAG, Beschl. v. 15.3.2011 – 10 AZB 32/10 – NZA 2011, 874.
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Zeit als Geschäftsführer nicht aufgehobenen Arbeitsverhältnis nach seiner Abberufung als Organmitglied geltend macht. Zwar läge der Bestellung einer Person zum Geschäftsführer eine vertragliche Abrede zugrunde, die regelmäßig als Geschäftsführer-Dienstvertrag zu qualifizieren ist und die grundsätzlich zu einer Aufhebung eines vorgeschalteten Arbeitsvertrages führt. Dies sei aber keinesfalls zwingend. Die Bestellung zum Geschäftsführer könne zum einen auf einem Arbeitsvertrag beruhen; zum anderen bliebe der Arbeitsvertrag aber auch dann bestehen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer formlosen Abrede zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt wird, da eine wirksame Aufhebung des früheren Arbeitsvertrages die Einhaltung der Schriftform nach § 623 BGB voraussetze.54 Ende des Jahres 2014 hat das BAG seine Rechtsprechung zur Rechtswegzustän- 43 digkeit bei Streitigkeiten zwischen Geschäftsführer und GmbH weiter fortentwickelt.55 Nach der bis dahin geltenden Rechtsprechung mussten die Voraussetzung für 44 das Eingreifen der Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG im Zeitpunkt der Zustellung der von dem Geschäftsführer erhobenen Klage vorliegen. War der Geschäftsführer bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirksam abberufen worden, so blieb der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten durch § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG gesperrt. Der noch amtierende Geschäftsführer musste seinen Rechtsstreit vor den ordentlichen Gerichten austragen.56 Nun hat das BAG entschieden, dass nicht mehr die Organstellung des (noch) 45 bestellten Geschäftsführers im Zeitpunkt der Klageerhebung entscheidender Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit des Rechtswegs sei. Vielmehr komme es für das Eingreifen der Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG auf den Zeitpunkt einer rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit an. Werde ein zum Zeitpunkt der Klageerhebung vor dem Arbeitsgericht noch bestellter Geschäftsführer vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit abberufen, begründe dies in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen.57 Gleiches gilt, wenn der Geschäftsführer bis zu diesem Zeitpunkt wirksam sein Amt niederlegt.58 Sowohl die Abberufung als Geschäftsführer als auch die Amtsniederlegung lassen sich zu jedem späterem Zeitpunkt sicher feststellen. Dagegen würde – so das BAG – das ausschließliche Abstellen auf den Zeitpunkt der Klageerhebung die Möglichkeit der Manipulation eröffnen. Denn käme es allein auf diesen Zeitpunkt an, hätten es die Gesellschafter nach einer Kündigung in der
54 BAG, Beschl. v. 15.3.2011 – 10 AZB 32/10 – NZA 2011, 874; so auch: BAG, Beschl. v. 23.8.2011 – 10 AZB 51/10 – DB 2011, 2386; BAG, Beschl. v. 26.10.2012 – 10 AZB 60/12 – DB 2012, 2699; BAG, Beschl. v. 4.2.2013 – 10 AZB 78/12 – DB 2013, 521; BAG, Beschl. v. 15.11.2013 – 10 AZB 28/13 – GmbHR 2014, 137. 55 BAG, Beschl. v. 3.12.2014 – 10 AZB 98/14; BAG, Beschl. v. 22.10.2014 – 10 AZB 46/14 – GmbHR 2015, 27. 56 BAG, Beschl. v. 15.11.2013 – 10 AZB 28/13 (Rn 23 m. w. N.) – GmbHR 2014, 137. 57 BAG, Beschl. v. 22.10.2014 – 10 AZB 46/14 – GmbHR 2015, 27. 58 BAG, Beschl. v. 3.12.2014 – 10 AZB 98/14.
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Hand, durch ein Hinausschieben der Abberufungsentscheidung eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte auch in den Fällen auszuschließen, in denen unzweifelhaft ein Arbeitsverhältnis vorliegt, so der 10. Senat des BAG.59 Es ist zu erwarten, dass die Rechtsprechungsänderung dazu führen wird, dass 46 Rechtsstreitigkeiten zwischen Geschäftsführern und den jeweiligen Anstellungsgesellschaften zu Fragen des Anstellungsverhältnisses, insbesondere auch solche in Bezug auf die Wirksamkeit von Kündigungen des Anstellungsvertrags, in Zukunft wieder vermehrt vor den Arbeitsgerichten geführt werden. Auch wenn durch die neue Rechtsprechung die materiellen Rechtsfragen, wie die Frage, ob zwischen Geschäftsführer und GmbH ein Arbeitsverhältnis vorliegt oder ob Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz besteht, nicht direkt betroffen sind, werden die Arbeitsgerichte im Einzelfall zu prüfen haben, ob dem betroffenen (ehemaligen) Geschäftsführer arbeitsrechtliche Schutzvorschriften zugutekommen. Dies wäre zumindest dann der Fall, wenn der Geschäftsführer im Prozess darlegen kann, dass er trotz seiner Organstellung in ein enges Korsett von Gesellschafter- oder Aufsichtsratsweisungen eingebunden war.60
III. Einzelne Anstellungsvertragsklauseln 1. Dienstleistung a) Aufgaben und Pflichten des Geschäftsführers 47 Aufgrund immer komplexer werdender wirtschaftlicher Zusammenhänge und rechtlicher Anforderungen sind Geschäftsführer einem erheblichem Haftungsrisiko ausgesetzt.61 Bei der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit ist zwischen Innen- und Außenhaftung zu unterscheiden. Daneben besteht die Gefahr der Verletzung strafrechtlicher Pflichten sowie die der Abberufung und Kündigung des Anstellungsverhältnisses. Trotz der erheblichen Haftungsgefahren werden Geschäftsführer in der Praxis 48 mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass das Gesetz den Umfang ihrer Pflichten nicht abschließend regelt. Dies macht eine verallgemeinernde Pflichtenaufstellung besonders schwierig. Neben gesetzlichen Pflichten ergeben sich nämlich Pflichten in der Regel auch aus der Satzung, Gesellschafterbeschlüssen, dem Anstellungsvertrag, der Treuepflicht und der konkreten Geschäftsleitungsaufgabe.62 Die Pflichten
59 BAG, Beschl. v. 3.12.2014 – 10 AZB 98/14; BAG, Beschl. v. 22.10.2014 – 10 AZB 46/14 – GmbHR 2015, 27; sehr kritisch zu der Ausweitung des Zuständigkeitsbereichs der Arbeitsgerichte Geck/Fiedler, BB 2015, 1077 ff. 60 Siehe Rn 5 ff., 186 ff. 61 Vgl. Schneider/Ihlas, DB 1994, 1123. 62 BeckOK GmbHG/Haas/Ziemons, § 43 GmbHG Rn 44; Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 69.
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können daher in Bezug auf jede Gesellschaft und jeden Geschäftsführer anders ausgestaltet sein. Dennoch sollen im Folgenden zumindest einige wesentliche Pflichten der Geschäftsführer dargestellt werden.
aa) § 43 GmbHG als zentrale Vorschrift § 43 GmbHG regelt als zentrale Vorschrift die grundlegenden Pflichten der 49 Geschäftsführer sowie die Verantwortung und Haftung gegenüber der Gesellschaft. Die Vorschrift enthält allerdings nur den Grundtatbestand der organschaftlichen Haftung.63 Ihr Regelungsgehalt ist umstritten. Teilweise wird vertreten, Umfang und Inhalt der Geschäftsführungspflichten ließen sich direkt aus Abs. 1 entnehmen64, teilweise wird jedoch Abs. 1 lediglich als Maßstab zur Prüfung der ordnungsgemäßen Erfüllung anderweitig begründeter Pflichten angesehen.65 Unstreitig ist, dass § 43 GmbHG nicht die Verletzung von Pflichten aus dem 50 Anstellungsvertrag behandelt.66 Der BGH vertritt die Auffassung, die Vorschrift verdränge als lex specialis die Verletzung von Pflichten aus dem Anstellungsvertrag.67 In der Literatur wird allerdings zum Teil die Ansicht vertreten, beide Anspruchsgrundlagen stünden nebeneinander und würden sich ergänzen.68 Eine Unterscheidung von organschaftlichen Pflichten und Pflichten aus dem Anstellungsvertrag ist u. a. deshalb von Relevanz, da die Verletzung organschaftlicher Pflichten gemäß § 43 Abs. 4 GmbHG einer 5-jährigen Verjährung unterliegt, während für die Verjährung von Pflichten aus dem Anstellungsvertrag die 3-jährige Verjährungsfrist aus § 195 BGB gilt. Aufgrund der angesprochenen unterschiedlichen Quellen der Geschäftsführer- 51 pflichten und ihrer individuellen Ausgestaltung ist es nicht nur schwierig, eine Aufstellung der Pflichten vorzunehmen. Ebenso schwierig ist eine Einteilung der Pflichten in allgemeine Bereiche. In der Vergangenheit haben zahlreiche Autoren versucht, entsprechende Einteilungen vorzunehmen.69 Eine praktikable Grundlage bietet eine Einteilung in die Bereiche Legalitätspflichten, Leitungs- und Organisationspflichten und Loyalitätspflichten. Diese Bereiche sollen im Folgenden näher dargestellt
63 Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 GmbHG Rn 1; Schaub, DStR 1992, 985 f. 64 Grünwald, S. 38; Hübner, S. 8. 65 Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 GmbHG Rn 21 ff. 66 Vgl. BGH, Urt. v. 9.12.1996 – II ZR 240/95 – NJW 1997, 741, 742. 67 BGH, Urt. v. 12.6.1989 – II ZR 334/87 – DB 1989, 1335; BGH, Urt. v. 10.2.1992 – II ZR 23/91 – DB 1992, 830; so auch Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 43 GmbHG Rn 4; Roth/Altmeppen/Altmeppen, § 43 GmbHG Rn 2. 68 BeckOK GmbHG/Haas/Ziemons, § 43 GmbHG Rn 6; Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 GmbHG Rn 18 m. w. N. 69 Vgl. Abeltshauser, S. 60; Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 69 ff.; Wissmann, S. 4; Lutter, GmbHR 2000, 301.
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werden. Dabei sei angemerkt, dass zahlreiche einzelne Pflichten mehreren Kategorien zugeordnet werden können. Überschneidungen sind jedoch nicht zu vermeiden.
bb) Legalitätspflichten/Sorgfaltspflichten
52 Der umfassende Bereich der „Legalitätspflichten“ beinhaltet Pflichten der Geschäfts-
führer aus verschiedenartigen Rechtsquellen. Geschäftsführer haben, allgemein ausgedrückt, die Pflicht, für die Rechtmäßigkeit der internen Organisations- und Entscheidungsprozesse sowie des Geschäftsverhaltens nach außen zu sorgen.70 Nicht jedes rechtswidriges Verhalten der Gesellschaft stellt allerdings zwingend eine Pflichtwidrigkeit des Geschäftsführers dar.71 Entscheidend ist stets, ob der einzelne Geschäftsführer Pflichten verletzt hat. Zu den Legalitätspflichten im Einzelnen: Geschäftsführer sind zur Beachtung der Rechtsordnung verpflichtet. Sie ver53 letzen ihre entsprechenden Pflichten selbst dann, wenn sie im Innenverhältnis die Interessen der Gesellschaft fördern wollen. Pflichtverletzungen liegen daher beispielsweise auch dann vor, wenn zu Gunsten der Gesellschaft Wettbewerbsverstöße (z. B. Preis- und Gebietsabsprachen), Bestechungen, umweltrechtliche Verstöße oder Steuermanipulationen begangen werden.72 Im Rahmen der Beachtung der Rechtsordnung haben Geschäftsführer insbeson54 dere Vorschriften aus dem GmbHG zu beachten: – Die Geschäftsführer haben eine Pflicht zur Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister nach § 7 GmbHG unter Berücksichtigung der in § 8 GmbHG genannten Inhalte der Anmeldung. Besondere Haftungsgefahr besteht nach § 9a Abs. 1 GmbHG im Zusammenhang mit der nach § 8 Abs. 2 GmbHG abzugebenden Versicherung, dass die vorgesehenen Geld- und Sacheinlagen bewirkt seien und endgültig der Gesellschaft zur freien Verfügung stünden.73 § 57 Abs. 4 GmbHG erstreckt diese Gründungshaftung auch auf Kapitalerhöhungen. – Im Zusammenhang mit der Kapitalaufbringung und -sicherung enthält § 43 Abs. 3 GmbHG besondere Pflichten zur Kapitalerhaltung. Nach § 43 Abs. 3 S. 1 1. Alt. GmbHG sind Geschäftsführer zum Ersatz verpflichtet, wenn sie den Bestimmungen des § 30 GmbHG zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft tätigen. Die Vorschrift enthält damit ein Verbot verdeckter Gewinnausschüttungen.74 Besondere Vorsicht ist für Geschäftsführer auch bei der Akquisitionsfinanzierung und beim sog. “Cash-
70 Vgl. Scholz/Schneider, § 43 Rn 95 ff. 71 Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 Rn 51 ff. 72 BeckOK GmbHG/Haas/Ziemons, § 43 GmbHG Rn 48. 73 Schaub, DStR 1992, 1021, 1022; Felix, DStZ 1987, 455, 459. 74 Schaub, DStR 1992, 987; BeckOK GmbHG/Heidinger, § 30 GmbHG, Rn 5; die Regelungen zum Gesellschafterdarlehen hat der Gesetzgeber dagegen im MoMiG in das Insolvenzrecht verlagert, dazu BeckOK GmbHG/Heidinger, § 30 GmbHG, Rn 153.
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Pooling”, einem internen Liquidationsausgleich, geboten.75 Nach § 43 Abs. 3 S. 1 2. Alt. GmbHG kann beim Verstoß gegen § 33 GmbHG auch der Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die Gesellschaft zu Ersatzansprüchen führen. – Nach § 41 GmbHG sind die Geschäftsführer für die ordentliche Buchführung verantwortlich. Buchführungsvorschriften finden sich z. B. im HGB, der AO, dem StGB oder ergeben sich aus allgemeinen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung.76 – § 49 GmbHG enthält eine Pflicht der Geschäftsführer zur Einberufung der Gesellschafterversammlung. Eine Einberufung muss sowohl in den in § 49 Abs. 3 GmbHG ausdrücklich genannten Fällen als auch nach § 49 Abs. 2 GmbHG dann erfolgen, wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint. Geschäftsführer unterliegen des Weiteren grundsätzlich dem Verbot des Selbst- 55 kontrahierens aus § 181 BGB. Dies bedeutet, dass sie an sich keine Geschäfte im Namen der Gesellschaft mit sich selbst oder mit sich als Vertreter eines Dritten vornehmen dürfen, es sein denn, das Rechtsgeschäft dient ausschließlich der Erfüllung einer Verbindlichkeit oder ist gestattet. In der Praxis werden Geschäftsführer häufig im Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluss der Gesellschafter von dem Verbot des Selbstkontrahierens befreit.77 Während auf die Buchführungspflicht bereits eingegangen wurde, bestehen auch 56 zahlreiche gesetzliche Pflichten, insbesondere Prüfungs- und Publizitätspflichten, im Zusammenhang mit der Abschlussprüfung. Die Geschäftsführer müssen nach § 320 Abs. 1 HGB den Jahresabschluss, sofern dieser zu prüfen ist, unverzüglich nach dessen Aufstellung dem Abschlussprüfer vorlegen und nach § 320 Abs. 2 HGB auf Verlangen weitere Erläuterungen und Nachweise erbringen. Wurde kein Abschlussprüfer gewählt, haben die Geschäftsführer nach § 318 Abs. 4 S. 1 HGB einen Antrag auf gerichtliche Bestellung eines Abschlussprüfers zu stellen. Eine entsprechende Pflicht trifft sie nach § 318 Abs. 4 S. 2 HGB auch, falls eine Prüfung durch einen gewählten Abschlussprüfer nicht erfolgen kann. Aus § 325 HGB sind die Geschäftsführer zur Offenlegung des Jahresabschlusses verpflichtet. Geschäftsführer müssen auch für die Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen der Gesellschaft sorgen, insbesondere für die Abführung von Lohn-, Umsatz-, Körperschafts- und Gewerbesteuer.78 Sie haften persönlich und unbeschränkt nach §§ 34, 69 AO, wenn sie steuerrechtliche Pflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzen.79 Die einzuhaltenden steuerrechtlichen Pflichten sind in diversen Vorschriften, z. B. in § 140 AO (Buchführungspflicht),
75 BGH, Urt. v. 24.11.2003 – II RZ 171/010 – ZIP 2004, 264 – Novemberurteil. 76 Espey/von Bitter, S. 41. 77 Vgl. BGH, Urt. v. 6.10.1960 – II ZR 150/58 – BGHZ 33, 189, 192. 78 Sudhoff, S. 147. 79 Vgl. Müller, GmbHR 1984, 45, 46 f.; Mösbauer, GmbHR 1986, 270; Buyer, GmbHR 1987, 276.
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§ 137 AO (Meldepflicht), §§ 90, 91, 93, 137, 200 AO (Auskunftspflichten) und §§ 149, 150 AO (Steuererklärungen), normiert. Im Rahmen der Pflicht zur Beachtung der Rechtsordnung kommt auch eine straf57 rechtliche Verantwortung der Geschäftsführer aus diversen Quellen, z. B. dem GmbHG, dem Außenwirtschaftsrecht, dem Kartellrecht, dem Umweltstrafrecht, dem Bilanzrecht oder dem Steuerstrafrecht, in Betracht. – So ahndet beispielsweise § 82 GmbHG falsche Angaben bei der Gründung und im Zusammenhang mit Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen. Nach § 84 GmbHG kann eine Strafbarkeit im Falle der Nichtanzeige eines Verlustes in Höhe der Hälfte des Stammkapitals, nach § 15a InsO für den Fall der fehlenden Insolvenzantragsstellung bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung in Betracht kommen. Die Verletzung von Geheimhaltungspflichten kann nach § 85 GmbHG bestraft werden. Die §§ 331 ff. HGB enthalten Regelungen auf dem Gebiet des Bilanzstrafrechts. Geschäftsführer können darüber hinaus die Tatbestände des Betruges, § 263 StGB, und der Untreue, § 266 StGB, erfüllen. Die Nichtabführung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung kann nach § 266a StGB geahndet werden, Verletzungen von Buchführungspflichten nach § 283b StGB. – Im Bereich des Umweltstrafrechts kommt eine strafrechtliche Verantwortung der Geschäftsführer aus den §§ 324 ff. StGB wegen Gewässerverunreinigung, Luftverunreinigung, gesundheitsschädlichem Lärm, umweltgefährdender Abfallbeseitigung, unerlaubtem Betreten von Anlagen oder Giftgefährdung in Betracht. – Eine strafrechtliche Verantwortung kann sich auch aus dem Außenwirtschaftsgesetz, der Außenwirtschaftsverordnung oder dem Kriegswaffenkontrollgesetz ergeben. – Steuerstraftaten, wie z. B. Steuerhinterziehung, Bannbruch oder Steuerhehlerei, können von den Geschäftsführern ebenfalls verwirklicht werden. 58 Die Geschäftsführer sind auch für die Einhaltung der wettbewerbsrechtlichen
Vorschriften verantwortlich. Hervorzuheben sind insbesondere die Vermeidung unwahrer oder zur Irreführung bestimmter Werbung (§ 4 UWG) und des Verrats von Geschäftsgeheimnissen (§§ 17 ff. UWG). Geschäftsführer haften allerdings nur, wenn sie als „Störer, als „geistiger Initiator“, des Verstoßes anzusehen sind oder durch eine sonstige Handlung die Rechtsverletzung verursacht haben.80 Geschäftsführer müssen darüber hinaus für die Einhaltung diverser weite59 rer Vorschriften, insbesondere öffentlich-rechtlicher Vorschriften, sorgen. Hierzu zählen u. a. Regelungen des Umweltschutzes, der Versicherungs- oder Bankaufsicht, des BDSG, des ArbZ oder des Urheberrechts.
80 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 22.12.1983 – 6 U 137/83 – DB 1984, 447; Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 GmbHG Rn 339 ff.
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Zu den Legalitätspflichten gehört auch die Pflicht zur Geschäftsführung nach dem neuesten Stand der Rechtsprechung.81 Die Beachtung aktueller Gerichtsentscheidungen ist nicht unproblematisch, zumal vielen Geschäftsführern nicht einmal die für die Geschäftsführung einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen bekannt sind. In und vor einer Krise der Gesellschaft müssen Geschäftsführer gesteigerte Pflichten, die sich zum Teil aus dem Gesellschaftsrecht und zum Teil aus dem Insolvenzrecht ergeben, erfüllen.82 Ein Insolvenzverfahren kann bei Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), drohender Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO) eröffnet werden. Liegt einer dieser sog. „Eröffnungsgründe“ vor, bestehen besondere insolvenzrechtliche Pflichten der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft und gegenwärtigen oder potentiellen Gläubigern. Intern müssen die Gesellschafter umgehend über die Insolvenzverfahrensreife informiert werden.83 Bei drohender Zahlungsunfähigkeit müssen die Vorteile einer außergerichtlichen mit der einen gerichtlichen Sanierung verglichen werden. Im Übrigen muss bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzantrag gestellt werden. Es ist umstritten, welche konkreten, aus dem Insolvenzrecht folgenden verfahrensrechtlichen Pflichten die Geschäftsführer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben.84 Streitig ist beispielsweise, wem gegenüber Informations- und Auskunftspflichten erfüllt werden müssen.85 In und vor einer Krise treten neben die genannten insolvenzrechtlichen Pflichten zahlreiche gesellschaftsrechtliche Pflichten der Geschäftsführer. Die gesellschaftsrechtlichen Pflichten knüpfen dabei insbesondere an die Eröffnungsgründe der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung an. Auf den Eröffnungsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit wird in gesellschaftsrechtlichen Vorschriften in der Regel kein Bezug genommen. Zu den krisenbezogenen gesellschaftsrechtlichen Pflichten zählt die Pflicht zum rechtzeitigen Erkennen von und Reagieren auf Krisen. Hierzu müssen die Geschäftsführer das unternehmerische Umfeld, z. B. Lieferanten, Konkurrenten und Geldgeber, permanent beobachten.86 Liegen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vor, sind die Geschäftsführer u. a. zur Einberufung der Gesellschafterversammlung verpflichtet. Eine Einberufungspflicht ergibt sich entweder explizit aus dem Gesellschafts- oder Anstellungsvertrag, aus einer unmittelbaren Weisung oder zumindest aus § 49 GmbHG. Bei Vorliegen des Eröffnungsgrundes der drohenden
81 Vgl. Clausen, GmbHR 1987, 37 ff. 82 Vgl. Uhlenbrock, GmbHR 1999, 313 ff.; Uhlenbrock, GmbHR 1999, 390 ff. 83 Götker, Rn 354 ff. und 364 ff. 84 Vgl. Götker, Rn 774 ff. 85 Vgl. Götker, Rn 917 ff. 86 Scholz/Schneider, § 43 Rn 89.
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Zahlungsunfähigkeit ist im Falle einer angestrebten gerichtlichen Sanierung eine Gesellschafterversammlung einzuberufen.87 Nach § 15a Abs. 1 S. 1 InsO haben die Geschäftsführer bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen. § 64 S. 1 GmbHG normiert dabei eine ausdrückliche zivilrechtliche Haftung der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft. Auf zahlreiche weitere gesetzlich normierte Pflichten, wie beispielsweise die Anzeigepflicht bei Verlust von mehr als der Hälfte des Stammkapitals (§ 49 Abs. 3 GmbHG), das Auszahlungsverbot zur Verhinderung einer Unterdeckung (§ 30 GmbHG) oder das Rückgewährverbot in Bezug auf eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen wurde bereits eingegangen.88 Im Rahmen der Legalitätspflichten sind die Geschäftsführer auch verpflichtet, den Gesellschaftsvertrag, eine etwaige Geschäftsordnung, Gesellschafterbeschlüsse und wirksame Weisungen zu befolgen.89 Die Geschäftsführer müssen besonders darauf achten, die in den genannten Rechtsquellen enthaltenen Zustimmungserfordernisse einzuhalten. Eine Pflicht zur Befolgung von Weisungen besteht, obwohl das GmbHG keine § 83 Abs. 2 AktG entsprechende Vorschrift enthält. Die Geschäftsführer haben wirksamen Weisungen auch dann Folge zu leisten, wenn sie sie für wirtschaftlich oder unternehmerisch falsch oder unzweckmäßig halten. Sie können aber, unter gewissen Umständen müssen sie sogar90, ihre Bedenken hinsichtlich der Zweckmäßigkeit der Maßnahme dem zuständigen Organ mitteilen. Weisungen müssen allerdings nicht befolgt werden, wenn kein ordnungsgemäßer Gesellschafterbeschluss vorliegt oder die Weisungen von einem Beirat, Aufsichtsrat oder einzelnen Gesellschaftern erteilt wurden. Ebenso wenig besteht eine Pflicht zur Befolgung von Weisungen, wenn sich die Geschäftsführer durch die Befolgung schadensersatzpflichtig oder strafbar machen würden. Einen immens wichtigen Teil der Legalitätspflichten stellt die Pflicht zur Befolgung der Regelungen des Anstellungsvertrages dar. Die konkreten Pflichten sind dabei abhängig von der individuellen Ausgestaltung des Vertrages und können in der Praxis erheblich variieren. Da, wie bereits dargestellt, nach wohl zutreffender Ansicht die organschaftlichen Pflichten lex specialis zu den anstellungsvertraglichen Pflichten sind, sind Letztere insbesondere dann von Bedeutung, wenn sie über die aus der Organstellung folgenden Pflichten hinausgehen. Auf einzelne mögliche arbeitsver-
87 Götker, Rn 361. 88 Siehe oben Rn 54. 89 BeckOK GmbHG/Haas/Ziemons, § 43 GmbHG Rn 79 ff.; Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 GmbHG Rn 119; a. A. Ziemons, S. 33. 90 ThürOLG Jena, Urt. v. 1.9.1998 – 5 U 1816/97; NZG 1999, 121; a. A. BFH, Urt. .v. 14.9.1994 – I R 6/94 – GmbHR 1995, 234.
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tragliche Pflichten wird im Rahmen der folgenden Ausführungen noch eingegangen werden.
cc) Leitungs- und Organisationspflichten Zu den unter der Kategorie der „Leitungs- und Organisationspflichten“ zusammenfassbaren Pflichten der Geschäftsführer zählen zahlreiche Pflichten, die an sich unter die generelle Pflicht zur Unternehmensleitung eingeordnet werden könnten. Aufgrund des besonderen Regelungsgehaltes wird aber in den folgenden Ausführungen zahlreichen Ausprägungen der Unternehmensleitungspflicht eigener „Pflichtcharakter“ zugesprochen. Die Leitungs- und Organisationspflichten im Einzelnen: Zentraler Bestandteil der Leitungs- und Organisationspflichten der Geschäftsführer ist die Pflicht zur sorgfältigen Unternehmensleitung unter Einhaltung bestimmter Sorgfaltsmaßstäbe und betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse. Geschäftsführer sind grundsätzlich für die Organisation und Abwicklung der Tagesgeschäfte sowie die Umsetzung der Unternehmenspolitik verantwortlich. Aus der Natur der Sache ergeben sich diverse Einschränkungen der Unternehmensleitungspflicht. Die Geschäftsführer dürfen beispielsweise keine willkürlichen Änderungen langjährig verfolgter und etablierter Geschäftspolitik vornehmen.91 Ausflüsse der Pflicht zur Unternehmensleitung sind die Pflichten zur Leitung nach den sog. „Grundsätzen ordnungsgemäßer Unternehmensführung“92 und zur Berücksichtigung bewährter betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse.93 § 43 Abs. 1 GmbH verlangt pauschal die Einhaltung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes. Es handelt sich hierbei um einen objektiven Mindeststandard, der durch subjektive Kenntnisse der Geschäftsführer erweitert, nicht aber verringert werden kann.94 Rechtsprechung und Literatur verstehen den einzuhaltenden Sorgfaltsmaßstab in Erweiterung von § 43 Abs. 1 GmbHG als die Sorgfalt eines „Geschäftsmannes in verantwortlich leitender Position bei selbstständiger, treuhänderischer Verwaltung fremder Vermögensinteressen“.95 Weitere Konkretisierungen erfolgen durch verkehrskreis-, transaktions- und unternehmensbezogene Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabes.96 Trotz dieser Bestimmungsversuche besteht in Bezug auf den konkret einzuhaltenden Sorgfaltsmaßstab weiterhin erhebliche Rechtsunsicherheit. Strittig ist dabei u. a., inwieweit Geschäftsführer einen der gerichtlichen
91 BGH, Urt. v. 25.2.1991 – II ZR 76/90 – GmbHR 1991, 197. 92 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, § 43 GmbHG Rn 19. 93 Abeltshauser, S. 151. 94 Abeltshauser, S. 219. 95 OLG Koblenz, Urt. v. 10.6.1991 – 6 U 1650/89 – GmbHR 1991, 416. 96 Ansatzweise in BGH, Urt. v. 10.11.1986 – II ZR 140/85 – AG 1987, 126; Abeltshauser, S. 171; Espey/ von Bitter, S. 19.
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Kontrolle entzogenen Entscheidungsspielraum haben.97 Noch größere Probleme gibt es in der Praxis bei der Beurteilung der Einhaltung des Sorgfaltsmaßstabs im Zusammenhang mit sozialbezogenen Leistungen und Risikogeschäften.98 Bei der Frage, wann die Grenzen verantwortungsbewussten und unternehmerischen Handelns überschritten sind, orientiert sich die Rechtsprechung des BGH an der im amerikanischen Recht entwickelten Business Judgement Rule. Dieser für den Vorstand der Aktiengesellschaft in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG normierte Grundsatz besagt, dass ein Geschäftsführer dann pflichtgemäß handelt, wenn er bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Dieser Grundsatz findet nach herrschender Auffassung auch für den GmbH-Geschäftsführer Anwendung.99 Die arbeitsrechtlichen Grundsätze zur Haftungsbegrenzung von Arbeit73 nehmern finden auf Geschäftsführer grundsätzlich keine Anwendung.100 Etwas anderes kann allerdings dann gelten, wenn ein Schaden bei einer Tätigkeit eines Geschäftsführers aufgetreten ist, die außerhalb seines typischen Aufgabengebietes als Geschäftsführer liegt. Typisches Beispiel ist ein Verkehrsunfall bei einer dienstlich veranlassten Autofahrt. Da der Geschäftsführer bei dieser Tätigkeit mit einem Arbeitnehmer vergleichbar ist, spricht vieles dafür, dass ihm in solchen Fällen das arbeitsrechtliche Haftungsprivileg zugutekommt.101 Die Geschäftsführer schulden der Gesellschaft grundsätzlich ihre gesamte 74 Arbeitskraft. Da die Arbeitsschutzbestimmungen des ArbZG nicht auf Geschäftsführer anwendbar sind, vgl. § 2 Abs. 2 ArbZG, unterliegen weder die Lage noch die Höchstdauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit gesetzlichen Beschränkungen. Die Bestimmung von Dauer und Lage der Arbeitszeiten obliegen grundsätzlich den Geschäftsführern in eigener Verantwortung, es sei denn, der Anstellungsvertrag enthält ausdrückliche Regelungen. Im Übrigen ergeben sich Grenzen insbesondere aus gesellschaftsbezogenen Notwendigkeiten. Gegebenenfalls müssen Geschäftsführer trotz vorgesehener urlaubsbedingter oder sonstiger Abwesenheit der Gesellschaft zur Verfügung stehen. Soweit die Unternehmensziele nicht durch die Gesellschafter bestimmt werden 75 oder falls sich tatsächliche Gegebenheiten ändern, gehört zu den Pflichten der
97 Vgl. Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 GmbHG Rn 50 ff. m. w. N. 98 Vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, § 43 GmbHG Rn 23; Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 69, 72. 99 BeckOK GmbHG/Haas/Ziemons, § 43 Rn 105; Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, § 43 Rn 8 ff.; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, § 43 Rn 22. 100 BGH, Urt. v. 27.2.1975 – II ZR 112/72 – WM 1975, 467, 468; OLG Koblenz, Urt. v. 24.9.2007 – 12 U 1437/04 – NZG 2008,280; Lutter, GmbHR 2000, 301. 101 Vgl. Rn 97; Offengelassen von OLG Koblenz, Urt. v. 14.5.1998 – 5 U 1639/97 – DB 1999, 522; siehe auch Hümmerich/Boecken/Spirolke/Reiserer, § 4 Rn 27 ff. zum Haftungsmaßstab beim Geschäftsführer.
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Geschäftsführer auch die Bestimmung der Unternehmensziele. Hierbei haben sie sich nach dem Unternehmensgegenstand zu richten.102 Im Rahmen der Leitungs- und Organisationspflichten sind die Geschäftsführer, wie bereits bei den Pflichten in und vor einer Krise erwähnt, zur permanenten Beobachtung der Unternehmenssituation und der Finanzlage verpflichtet.103 Es müssen u. a. Liquidität, Schuldenstand und das unternehmerische Umfeld, wie z. B. Lieferanten, Konkurrenten und Geldgeber, beobachtet werden. Im Zusammenhang mit Krisen ist diese Pflicht von besonderer Bedeutung. Die Geschäftsführer müssen des Weiteren den Bestand der Gesellschaft wahren und eine hinreichende finanzielle Ausstattung sicherstellen. Leistungen der GmbH sollten z. B. nur dann unter Wert verkauft werden, wenn dadurch Vorteile für das Unternehmen zu erwarten sind. Gleiches gilt beim Verzicht auf Ansprüche oder dem Anerkenntnis von Ansprüchen Dritter.104 Zu dem Pflichtenkreis gehört zudem der effektive Schutz der Gesellschaft vor existenzgefährdenden Eingriffen. Im Rahmen der Unternehmensleitung sind Geschäftsführer zu einer vorausschauenden Planung verpflichtet. Neben kurzfristigen müssen auch mittel- und langfristige Interessen berücksichtigen werden.105 Die Geschäftsführer müssen ein Budget aufstellen. Eine weitere Pflicht der Geschäftsführer ist die ordnungsgemäße Organisation der Gesellschaft. Die interne Organisationsstruktur muss Rechtmäßigkeit und Effizienz des Handelns der Gesellschaft sicherstellen. Die Pflicht der Geschäftsführer betrifft dabei insbesondere die Organisation der Betriebs- und Leitungsabläufe. Die Geschäftsführer müssen dabei u. a. dafür sorgen, dass ein Informationsfluss zwischen einzelnen Abteilungen und Hierarchieebenen geschaffen und gewährleistet wird. Daneben müssen angemessene Kontrollmöglichkeiten eingerichtet und ggf. Konsequenzen in Form der Änderung von Strukturen, Abläufen oder gar des Ausspruchs von Sanktionen gezogen werden.106 Die Geschäftsführer sind verpflichtet, Delegationseinschränkungen zu beachten. Eine Übertragung von originären Aufgaben der Geschäftsführer ist nur unter gewissen Voraussetzungen und nur in Bezug auf bestimmte Pflichten möglich.107 Eine Delegation von Aufgaben aus dem Kernbereich ist untersagt. Im Delegationsfalle treffen die Geschäftsführer im Übrigen umfangreiche Auswahl-, Organisations-, Informations- und Überwachungspflichten.108
102 Vgl. Ziemons, S. 12 ff. 103 Tillmann/Winter, GmbH-Praktikum, S. 365. 104 Vgl. Scholz/Schneider, § 43 Rn 109. 105 Vgl. Scholz/Schneider, § 43 Rn 84 zu den Grundregeln ordnungsgemäßer Unternehmensführung. 106 Vgl. Scholz/Schneider, § 43 Rn 89, 95 ff. 107 Grünwald, S. 181 ff. 108 Abeltshauser, S. 226.
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Die Geschäftsführer müssen kollegial zusammenarbeiten und dürfen nicht in eine etwaige Ressortverteilung eingreifen.109 Neben der kollegialen Zusammenarbeit mit Geschäftsführern sind diese auch zur ordentlichen Zusammenarbeit mit den anderen Gesellschaftsorganen, wie z. B. der Gesellschafterversammlung, dem Aufsichts- oder Beirat, verpflichtet.110 Der Gesellschafterversammlung sollte beispielsweise regelmäßig über aktuelle Vorgänge, wesentliche Vorgänge und künftige Entwicklungen Bericht erstatten werden.111 Da die Geschäftsführer der Gesellschaft in der Regel ihre gesamte Arbeitskraft 82 zur Verfügung stellen müssen, verbleibt oft nur wenig Raum für Nebentätigkeiten. Besteht dennoch entsprechende zeitliche Verfügbarkeit, dürfen Nebentätigkeiten nur ausgeübt werden, wenn sie außerhalb des Unternehmensgegenstandes liegen.112 In den Anstellungsverträgen kann ein ausdrückliches Nebentätigkeitsverbot 83 vereinbart werden.113 Dieses kann u. a. auch die Veröffentlichung von Publikationen oder die Übernahme von Ehrenämtern umfassen. 81
dd) Loyalitätspflichten
84 Die unter dem Begriff der „Loyalitätspflichten“ zusammengefassten Pflichten dienen
insbesondere der Vermeidung von Handlungen der Geschäftsführer, die auf Kosten der Gesellschaft und des Allgemeinwohls vorgenommen werden würden. Geschäftsführer müssen in sämtlichen Angelegenheiten grundsätzlich zunächst das Wohl der Gesellschaft verfolgen und eigene wirtschaftliche Ziele oder Vorteile ausblenden bzw. unterordnen.114 Gesetzliche Normierungen von Loyalitätspflichten finden sich beispielsweise in den §§ 35 Abs. 3, 43 Abs. 3, 43a, 47 Abs. 4 GmbHG oder § 181 BGB. Abgesehen davon gibt es zahlreiche gesetzlich nicht geregelte Ausprägungen der Loyalitätspflichten. Zu den Loyalitätspflichten im Einzelnen: Praxisrelevanteste Ausprägung der Loyalitätspflichten ist ein umfassendes Wett85 bewerbsverbot der Geschäftsführer.115 Das Wettbewerbsverbot ist gesetzlich nicht geregelt, leitet sich aber aus der gegenüber der Gesellschaft bestehenden allgemeinen
109 Zur Bedeutung, Einführung und den Folgen einer Ressortverteilung vgl. Reiserer/Heß-Emmerich/ Peters, S. 58 ff. 110 Scholz/Schneider, § 43 Rn 140 ff. 111 Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 Rn 143; Hommelhoff, ZIP 1983, 383, 388 ff. 112 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 GmbHG Rn 41, 49. 113 Siehe unten Rn 175 f. 114 Vgl. BGH, Urt. v. 12.6.1989 – II ZR 334/87 – AG 1989, 354; BGH, Urt. v. 17.12.1985 – VI ZR 244/84 – BB 1986, 485; BGH, Urt. v. 23.9.1985 – II ZR 246/84 – DB 1986, 214. 115 Vgl. Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 Rn 153 ff.
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Treue- und Loyalitätspflicht her.116 Die Geschäftsführer dürfen ihre Befugnisse nicht zu eigennützigen oder gesellschaftsfremden Zwecken missbrauchen.117 Ihnen ist es untersagt, im eigenen oder fremden Namen im Geschäftsbereich der Gesellschaft tätig zu werden.118 Das weitreichende Wettbewerbsverbot verbietet dabei u. a. die Mitwirkung als Geschäftsführer, Vorstandsmitglied oder in leitender Position in einem anderen Unternehmen desselben Geschäftszweiges. Grundsätzlich erlaubt sind allerdings z. B. Minderheitsbeteiligung an Kapitalgesellschaften, Kommanditbeteiligungen und stille Beteiligungen.119 Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass sich das Wettbewerbsverbot vollumfänglich auf den in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand erstreckt. Zum Teil wird allerdings nur auf den Bereich der tatsächlichen Unternehmenstätigkeit abgestellt.120 Im Falle der Verletzung des Wettbewerbsverbots kann die Gesellschaft Unterlassung verlangen. Der Gesellschaft stehen darüber hinaus die Rechte aus § 113 HGB analog zu.121 Sie kann Schadensersatz verlangen oder verlangen, dass der Geschäftsführer die Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gelten lässt. Obwohl diese Pflicht zur Gewinnherausgabe oft irreführend als „Eintrittsrecht“ bezeichnet wird, muss der Geschäftsführer lediglich das aus dem Geschäft tatsächlich Erlangte herausgeben. Die Vertragsparteien im Außenverhältnis bleiben unverändert.122 Das Wettbewerbsverbot gilt grundsätzlich nur während der Stellung als Geschäftsführer.123 Nach Beendigung der Geschäftsführerstellung wirkt es in Form einer Unterlassungspflicht insoweit fort, als dass Geschäftsführer Verträge nicht an sich ziehen dürfen.124 Im Anstellungsvertrag lässt sich auch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren.125 Dieses ist nicht an die Voraussetzungen der §§ 74 ff. HGB, auch
116 St. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 12.6.1989 – II ZR 334/87 – BB 1989, 1637; BGH, Urt. v. 23.9.1985 – II ZR 246/84 – DB 1986, 214; BGH, Urt. v. 21.2.1983 – II ZR 183/82 – GmbHR 1983, 300; BGH, Urt. v. 11.10.1976 – II ZR 104/75 – GmbHR 1977, 43. 117 Scholz/Schneider, § 43 Rn 151. 118 BGH, Urt. v. 23.9.1985 – II ZR 246/84 – DB 1986, 214. 119 Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 Rn 165. 120 Vgl. BGH, Urt. v. 5.12.1983 – II ZR 242/82 – DB 1984, 495; BGH, Urt. v. 21.2.1978 – KZR 6/77 – DB 1978, 833; RG, Urt. v. 19.12.1924 – RGZ 109, 355; Scholz/Schneider, § 43 Rn 163. 121 Vgl. Scholz/Schneider, § 43 Rn 168 122 BGH, Urt. v. 5.12.1983 – II ZR 242/82 – DB 1984, 495. 123 Von der Osten, GmbHR 1989, 450, 453 ff.; Salfeld, 182 ff. 124 BGH, Urt. v. 26.3.1984 – II ZR 229/83 – NJW 1984, 2366; BGH, Urt. v. 11.10.1976 – II ZR 104/75 – DB 1977, 158. 125 Siehe unten Rn 246 ff.
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nicht analog, gebunden.126 Die Wertungsmaßstäbe der §§ 74 ff. HGB sind allerdings jedenfalls bei Fremdgeschäftsführern zumindest mittelbar zu berücksichtigen.127 Anderenfalls kann das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein.128 Geschäftsführer unterliegen des Weiteren dem Verbot der privaten Wahrneh90 mung von Geschäftschancen.129 Umstritten ist, ob es sich um einen reinen Bestandteil des Wettbewerbsverbots oder eine eigenständige Pflicht handelt.130 Geschäftsführer dürfen darüber hinaus auch keine Gesellschaftsressourcen zu 91 eigenen, unternehmensfremden Zwecken nutzen.131 In Betracht kämen u. a. das Ausnutzen von Insiderinformationen, Annahme von Schmiergeldern, Inanspruchnahme von Darlehen oder verdeckte Gewinnausschüttungen.132 Als weitere Ausprägung der Loyalitätspflichten haben Geschäftsführer eine 92 umfangreiche Verschwiegenheitspflicht.133 Sie müssen über vertrauliche Angaben und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen bewahren.134
ee) Befreiungsmöglichkeiten
93 Der Gesellschaftsvertrag kann zu Gunsten der Geschäftsführer umfangreiche Befrei-
ungen von Pflichten enthalten. Er kann beispielsweise, wie bereits erwähnt, vom Verbot des Selbstkontrahierens aus § 181 BGB135 oder von gesetzlich nicht geregelten Loyalitätspflichten, bspw. dem Wettbewerbsverbot, befreien.136 Von besonderer Bedeutung sind von Pflichten befreiende Gesellschafterbe94 schlüsse. Durch Gesellschafterbeschluss kann u. a. vom Verbot des Selbstkontrahierens aus § 181 BGB entbunden werden.137 Im Einzelfall können Geschäftsführer durch Gesellschafterbeschluss auch vom Wettbewerbsverbot befreit werden. Handelt es sich um einen Gesellschafter-Geschäftsführer, ist eine Befreiung allerdings nur bei entsprechender Öffnungsklausel im Gesellschaftsvertrag oder durch Gesellschafterbe-
126 St. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 15.4.1991 – II ZR 214/89 – BB 1991, 1640; BGH, Urt. v. 26.3.1984 – II ZR 229/83 – NJW 1984, 2366; BSG, Urt. v. 9.8.1990 – 11 RAr 119/88 – NZA 1991, 159. 127 BGH, Urt. v. 26.3.1984 – II ZR 229/83 – NJW 1984, 2366; OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.1.1993 – 16 U 73/92 – NJW-RR 1994, 35; OLG Hamm, Urt. v. 11.1.1988 – 8 U 142/87 – GmbHR 1988, 344. 128 BGH, Urt. v. 26.3.1984 – II ZR 229/83 – NJW 1984, 2366. 129 Siehe unten Rn 165 f. 130 Vgl. BGH, Urt. v. 21.2.1983 – II ZR 183/82 – WM 1983, 498; BGH, Urt. v. 23.9.1985 – II ZR 246/84 – WM 1985, 1443; Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 GmbHG Rn 201; Weisser, S. 125 ff.; Polley, S. 161 ff. 131 Siehe unten Rn 167; Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 Rn 199 f. 132 Vgl. BGH, Urt. v. 8.5.1967 – II ZR 126/65 – GmbHR 1968, 141; Abeltshauser, S. 355. 133 Siehe unten Rn 168 ff. 134 Espey/von Bitter, S. 43. 135 BGH, Urt. v. 6.10.1960 – II ZR 215/58 – BB 1960, 1179. 136 Vgl. Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 Rn 185 ff.; BeckOK GmbHG/Wilhelmi § 13 Rn 212 ff. 137 BGH, Urt. v. 6.10.1960 – II ZR 215/58 – BB 1960, 1179.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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schluss mit satzungsändernder Mehrheit möglich.138 Die Gesellschafterversammlung kann auch der privaten Nutzung von Geschäftschancen139 oder der privaten Nutzung von Gesellschaftsressourcen durch Geschäftsführer zustimmen.140 Von der allgemeinen Verschwiegenheitspflicht können Geschäftsführer ebenfalls durch Gesellschafterbeschluss befreit werden. Geschäftsführerverhalten kann zudem durch Weisungen der Gesellschafter autorisiert werden. Dies ist insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass Geschäftsführer wirksamen Weisungen ohnehin Folge leisten müssen, nachvollziehbar. Im Falle von Pflichtverstößen mehrerer Geschäftsführer haften diese der Gesellschaft grundsätzlich als Gesamtschuldner, § 43 Abs. 2 GmbHG. Jeder Geschäftsführer ist allerdings nur für eigenes Verschulden verantwortlich.141 Bei der Verletzung von Sorgfaltspflichten als Unternehmensleiter kann sich der Geschäftsführer grundsätzlich nicht auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum innerbetrieblichen Schadensausgleich, die im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei Pflichtverletzungen in Zusammenhang mit betrieblich veranlassten Tätigkeiten angewendet werden, berufen.142 Vielmehr hat der Geschäftsführer der Gesellschaft den entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies wird damit begründet, dass dem Geschäftsführer ein weiter Ermessensspielraum bei der Wahrnehmung unternehmensleitender Aufgaben, der Betriebsorganisation und der Überwachung zusteht. Er ist damit nicht in dem gleichen Maße schutzbedürftig wie ein Arbeitnehmer. Steht die Pflichtverletzung allerdings nicht im Zusammenhang mit der Unternehmensleitung (bspw. Unfall mit dem Dienstwagen bei einer geschäftlich veranlassten Fahrt) und fällt sie damit nicht in den üblichen Verantwortungsbereich des Geschäftsführers, so kann auch er sich ausnahmsweise auf die Grundsätze der Haftungsmilderung berufen.143 Die Möglichkeit vertraglicher Haftungsbeschränkungen ist äußerst umstritten. Sowohl in der Gesetzesbegründung als auch von Teilen der Literatur wird eine
138 Vgl. BeckOK GmbHG/Wilhelmi § 13 Rn 212 ff.; Abeltshauser, S. 366; Schießl, GmbHR 1988, 53, 55; Timm, GmbHR 1981, 177, 182. 139 BGH, Urt. v. 12.6.1989 – II ZR 334/87 – WM 1989, 1335. 140 BGH, Urt. v. 14.12.1959 – II ZR 187/57 – BB 1960, 18; BGH, Urt. v. 15.10.1973 – II ZR 149/71 – GmbHR 1974, 132. 141 Liegt bei einer mehrgliedrigen Geschäftsführung eine Ressortverteilung vor, entbindet dies die jeweils anderen Geschäftsführer nicht von ihrer Gesamtverantwortung. Vielmehr ist jeder Geschäftsführer in Bezug auf solche Bereiche, die nicht in seiner direkten Verantwortung stehen, zur Überwachung und Information berechtigt und verpflichtet. Vgl. BeckOK GmbHG/Haas/Ziemons § 43 Rn 220 ff. 142 Ganz h. M., vgl. nur BGH, Urt. v. 27.2.1975 – II ZR 112/72 – WM 1975, 467; BGH, Urt. v. 25.6.2001 – II ZR 38/99 – ZIP 2001, 1458; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG § 43 Rn 6; Hümmerich/Boecken/Spirolke/Reiserer, § 4 Rn 27 ff. zum Haftungsmaßstab beim Geschäftsführer; Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 Rn 256. 143 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG § 43 Rn 6; Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 Rn 257; a. A. BeckOK GmbHG/Haas/Ziemons § 43 Rn 295.2.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
entsprechende Beschränkungsmöglichkeit verneint. Vermehrt wird jedoch die Möglichkeit einer vertraglichen Haftungsbeschränkung angenommen.144
ff) Klauselmuster: Aufgaben und Pflichten des Geschäftsführers
99 Das folgende Klauselmuster dient der Kodifizierung der Aufgaben und Pflichten des 100 101 102
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Geschäftsführers gegenüber der anstellenden Gesellschaft. Abs. 1 des Klauselmusters beinhaltet den Grundsatz, dass die Gesamtverantwortung über die Gesellschaft in den Händen der Geschäftsleitung liegt.145 Die in Abs. 2 aufgeführten Pflichten obliegen dem Geschäftsführer bereits von Gesetzes wegen. Die Nennung dieser Pflichten erfolgt daher lediglich deklaratorisch. Gleiches gilt auch für die Bestimmung in Abs. 3 des Klauselmusters. Der Geschäftsführer ist als Organ der Gesellschaft der personifizierte Arbeitgeber, der den Arbeitnehmern der Gesellschaft als Ansprechpartner bei Fragen zu ihrem Arbeitsverhältnis zur Verfügung steht. Dies gilt unabhängig von dem Umstand, dass der Geschäftsführer in der Regel sozialversicherungspflichtig ist146 und seine Bezüge dem Lohnsteuerrecht unterliegen.147 Abs. 4 des Klauselmusters enthält die elementare Pflicht des Geschäftsführers zur Aufstellung des Jahresabschlusses zu Beginn des Handelsgewerbes und am Schluss eines jeden Geschäftsjahres (§§ 242 Abs. 1 S. 1, 264 HGB i. V. m. §§ 41 GmbHG).148 Die Geschäftsführer dürfen zur Erstellung des Jahresabschlusses auch Hilfspersonen einschalten; allerdings handelt es sich bei der Aufstellungspflicht um eine persönliche Pflicht der gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft. Die Unterzeichnung des Jahresabschlusses erfolgt daher durch alle Geschäftsführer und ist Teil der Aufstellung (§ 245 HGB).149 Nach § 51a GmbHG haben die Gesellschafter gegen den Geschäftsführer ein individuelles Auskunfts- und Einsichtsrecht. Abs. 5 des Klauselmusters verpflichtet den Geschäftsführer darüber hinaus zu einer monatlichen Berichterstattung an die Gesellschafter.
144 Streitstand ausführlich dargestellt von Lohr, NZG 2000, 1204; vgl. Espey/von Bitter, S. 33 u. 39; Heisse, S. 121; Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 Rn 258 ff. m. w. N. 145 Siehe oben Rn 49 ff.; 52 ff.; 69 ff. 146 Siehe oben Rn 12 ff. 147 Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon/Rauh, Geschäftsführer Rn 1. 148 Siehe nur BeckOK HGB/Poll/Ruppelt, § 242 HGB Rn 5 f.; Wicke, GmbHG, § 41 Rn 7. 149 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Gros, § 264 Rn 19.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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Klauselmuster Aufgaben und Pflichten (1) Dem Geschäftsführer obliegt die Leitung und Überwachung der Gesellschaft im Ganzen. (2) Der Geschäftsführer hat die ihm obliegenden Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns unter Wahrung der Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen und die ihm nach Gesetz, Satzung, einer etwaigen Geschäftsführungsordnung in ihrer jeweils gültigen Fassung sowie diesem Vertrag obliegenden Pflichten gewissenhaft zu erfüllen. Er hat den Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten. (3) Der Geschäftsführer nimmt die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Sinne der arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften wahr. (4) Der Geschäftsführer hat die steuerlichen Interessen der Gesellschaft zu wahren. Er ist verpflichtet, innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres die Bilanz und und die Gewinn- und Verlustrechnung sowie den Anhang für das abgelaufene Geschäftsjahr unter Beachtung der handels- und steuerrechtlichen Bilanzierungsregeln aufzustellen und diese nebst einem von ihm zu erstattenden Geschäftsbericht jedem Gesellschafter unverzüglich zu übersenden. Die Pflichten nach § 42a GmbHG bleiben hiervon unberührt. Mit der Übersendung des Jahresabschlusses und des Geschäftsberichts hat der Geschäftsführer ferner eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, in der über die Feststellung des Jahresabschlusses und des Gewinns sowie die Gewinnverwendung Beschluss zu fassen ist. Die Einberufung der Gesellschafterversammlung hat schriftlich und rechtszeitig, mindestens aber 14 Tage vor der beabsichtigten Gesellschafterversammlung, zu erfolgen. (5) Der Geschäftsführer hat die Gesellschafter außerdem monatlich über den Geschäftsverlauf, insbesondere den Umsatz, die Kosten, den Personalstand, den Auftragsbestand und etwaige außergewöhnliche Geschäftsvorfälle schriftlich zu unterrichten.
b) Geschäftsführung und Vertretung aa) Allgemeine Ausführungen Der Geschäftsführer führt im Innenverhältnis die Geschäfte der Gesellschaft und 105 vertritt sie nach außen. Ist durch den Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart und hat die Gesellschaft mehrere Geschäftsführer, so gilt grundsätzlich Gesamtgeschäftsführung und Gesamtvertretung. Die Vertretungsbefugnis kann aber durch die Satzung erweitert bzw. beschränkt werden. So ist etwa die Vereinbarung einer Einzelvertretung, einer Vertretung durch bspw. nur zwei von mehreren Geschäftsführern (modifizierte Gesamtvertretung) oder einer gemischten oder unechten Gesamtvertretung, bestehend aus einer Vertretung durch einen oder mehrere Geschäftsführer in Verbindung mit einem oder mehreren Prokuristen durchaus üblich. Die unechte Gesamtvertretung ist jedoch dann unzulässig, wenn die Geschäftsleitung lediglich aus einem Geschäftsführer besteht. Die Gestaltung ist nur zulässig, wenn entweder mehrere Geschäftsführer zur Gesamtvertretung berechtigt sind oder daneben eine gemischte Gesamtvertretung eines oder mehrerer Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem oder mehreren Prokuristen zugelassen wird (vgl. § 125 Abs. 3 HGB).150
150 BeckOK HGB/Klimke, § 125 HGB Rn 33; Windbichler, § 22 Rn 10.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
Ist dagegen gegenüber der Gesellschaft eine Willenserklärung abzugeben, so genügt bereits die Abgabe nur an einen einzelnen von mehreren Vertretern der Gesellschaft (Passivvertretung, vgl. § 35 Abs. 2 S. 2 GmbHG). Im Außenverhältnis gegenüber Dritten kann die Vertretungsmacht der 107 Geschäftsführer nicht beschränkt werden. Entsprechende Vereinbarungen entfalten keine rechtliche Wirkung (§ 37 Abs. 2 GmbHG).151 Im Innenverhältnis unterliegen die Geschäftsführer neben gesetzlichen 108 Beschränkungen auch denjenigen des Gesellschaftsvertrags und der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung, die Weisungen in Angelegenheiten der Geschäftsführung enthalten können (vgl. § 37 Abs. 1 GmbHG).152 Bei besonders wichtigen und einschneidenden Entscheidungen ist ein Einholen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung vor dem Abschluss des Rechtsgeschäfts üblich. Einzelheiten zum Verhältnis zwischen mehreren Geschäftsführern und der Gesellschaft können ferner in einer Geschäftsführungsordnung geregelt werden. Somit können sich Einschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis auch aus der Geschäftsführungsordnung in ihrer jeweils gültigen Fassung ergeben. 106
bb) Klauselmuster: Geschäftsführung und Vertretung 109 Der Abschluss des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages sollte mit der organschaftlichen Bestellung zum Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschafterversammlung zeitlich möglichst gleichlaufen.153 Abs. 1 des Klauselmusters benennt daher zur Klarstellung den Zeitpunkt der Bestellung zum Geschäftsführer der Gesellschaft. Praxistipp Geschäftsführer-Dienstvertrag parallel zum Geschäftsführer-Bestellungsbeschluss Eine Möglichkeit ist es den Geschäftsführer-Dienstvertrag erst dann abzuschließen, wenn die Gesellschafterversammlung über die Bestellung einer Person zum Geschäftsführer bereits Beschluss gefasst hat. Alternativ kann der Anstellungsvertrag auch schon vor Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung von dem designierten Geschäftsführer unterschrieben werden. Die Gegenzeichnung durch die Gesellschafter sollte dann aber erst nach dem Beschluss erfolgen.154
151 Zur Reichweite und Grenzen der unbeschränkten Organvertretungsmacht Fleischer, NZG 2005, 529. 152 Siehe oben Rn 66 f. 153 Zu etwaigen Schadensersatzansprüchen des designierten Geschäftsführers bei unterbliebener Bestellung zum Geschäftsführer BAG, Urt. v. 8.8.2002 – 8 AZR 574/01 – NZA 2002, 1323; siehe dazu Rn 30 ff. 154 Zur Geschäftsführerbestellung unter auflösender Bedingung BGH, Urt. v. 24.10.2005 – II ZR 55/04 – NJW-RR 2006, 182.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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Denkbar ist schließlich auch der Abschluss des Geschäftsführer-Dienstvertrags unter der aufschiebenden Bedingung der Bestellung zum Geschäftsführer. Die Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) ist in diesem Fall in den Vertrag mitaufzunehmen.
Abs. 2 des Klauselmusters beinhaltet Bestimmungen zur Einzelvertretungsbefugnis 110 des Geschäftsführers bzw. die Vereinbarung einer gemischten Gesamtvertretung.155 Durch den Anstellungsvertrag kann dem Geschäftsführer bereits ein bestimm- 111 tes Geschäftsfeld (bspw. Vertrieb, Einkauf, Finanzen o. ä.) zugewiesen und durch eine Auflistung der dazugehörenden Geschäftsbereiche konkretisiert werden. Eine solche Regelung, wie sie hier auch in Abs. 3 des Klauselmusters enthalten ist, berechtigt und verpflichtet den Geschäftsführer das ihm zugewiesene Geschäftsfeld eigenverantwortlich zu leiten. Will die Gesellschaft zu einem späteren Zeitpunkt die Zuweisung des Geschäftsfeldes ändern oder auch die einzelnen Geschäftsbereiche ändern, so bedarf dies einer Vorbehaltsregelung. Die Vertretungsmacht des Geschäftsführers ist grundsätzlich durch das Verbot 112 des Selbstkontrahierens aus § 181 BGB beschränkt. Abs. 4 des Klauselmusters regelt daher eine Ausnahme von dem Verbot. Hierbei handelt es sich um einen wesentlichen Eingriff in die Vertretungsregeln, so dass eine Eintragung der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB im Handelsregister erforderlich ist.156 Klauselmuster Geschäftsführung und Vertretung (1) Der Geschäftsführer wird mit Wirkung ab dem …… als Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. (2) Der Geschäftsführer ist berechtigt und verpflichtet, die Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrags, einer etwaigen Geschäftsführungsordnung in ihrer jeweils gültigen Fassung und der von der Gesellschafterversammlung erteilten Weisungen allein zu vertreten und die Gesellschaft allein zu führen. Sofern weitere Geschäftsführer bestellt werden, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer oder einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. (3) Der Geschäftsführer ist nach Maßgabe dieses Vertrags für das Geschäftsgebiet …… zuständig und verantwortlich. Im Einzelnen umfasst das Geschäftsgebiet die Geschäftsbereiche: …… Die Gesellschaft behält sich vor, die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit zu erweitern, zu vermindern und auch abzuändern. (4) Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
155 Siehe Rn 105. 156 BGH, Beschl. v. 28.2.1983 – II ZB 8/82 – NJW 1983, 1676; OLG Hamm, Beschl. v. 27.4.1998 – 15 W 79/98 – GmbHR 1998, 682; OLG Frankfurt, Urt. v. 13.12.1996 – 10 U 8/96 – GmbHR 1997, 349; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG § 35 Rn 133.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
cc) Genehmigungsbedürftige Geschäfte
113 § 37 Abs. 2 GmbHG erlaubt eine Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und dem
Geschäftsführer, wonach für die Vornahme einzelner Rechtsgeschäfte die Zustimmung der Gesellschafter erforderlich ist – auch wenn diese Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis gegenüber dritten Personen keine rechtliche Wirkung entfaltet. Eine entsprechende Regelung ist grundsätzlich sowohl als Bestandteil der Satzung oder des Anstellungsvertrags möglich. Folgendes muss aber beachtet werden:
Fettnapf Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis In der Satzung: Die Satzung kann festlegen, dass der Geschäftsführer vor der Vornahme bestimmter außergewöhnlicher Rechtsgeschäfte die Zustimmung der Gesellschafter einholt.157 Im Anstellungsvertrag: Der Anstellungsvertrag kann ebenfalls eine Auflistung besonders außergewöhnlicher Rechtsgeschäfte beinhalten, zu deren Vornahme der Geschäftsführer die Zustimmung der Gesellschafter benötigt. Im Falle einer Divergenz zwischen dem Zustimmungskatalog der Satzung und demjenigen des Anstellungsvertrages gilt der Vorrang der in der Satzung vereinbarten Regelung gegenüber derjenigen im Anstellungsvertrag.158 Enthält der Anstellungsvertrag von der Satzung abweichende Regelungen und lag die Divergenz bereits bei Abschluss des Anstellungsvertrages vor, so ist die von der Satzung abweichende Bestimmung unwirksam.159 Ist die Divergenz dagegen erst nach Abschluss des Anstellungsvertrages entstanden, so wird die vertragliche Bestimmung nicht ohne weiteres unwirksam. Dennoch gilt der oben genannte Grundsatz, wonach der Satzung grundsätzlich Vorrang gegenüber dem Anstellungsvertrag einzuräumen ist. Stellen die Regelungen der Satzung allerdings eine Beschränkung des Kernbereichs der dem Geschäftsführer vertraglich eingeräumten Befugnisse dar, so steht diesem grundsätzlich das Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB zu. In diesem Rahmen kann der Geschäftsführer zudem einen Schadensersatz nach § 628 Abs. 2 BGB verlangen.160 Bestimmungen des Anstellungsvertrages müssen aber nicht unbedingt immer eine Divergenz zu den Regelungen der Satzung darstellen. Möglich ist auch, dass dem Geschäftsführer zusätzliche Bindungen auferlegt werden, wie bspw. Zustimmungsvorbehalte bzgl. einzelner Rechtsgeschäfte oder Informationspflichten gegenüber den Gesellschaftern. Entsprechende Einschränkungen enthalten keine statutarische Wirkung, können aber bei Verletzung einen wichtigen Grund zur Abberufung als Geschäftsführer darstellen (§ 38 GmbHG).161
157 BeckOK GmbHG/Wisskirchen/Kuhn, § 37 Rn 14. 158 Zur Nachrangigkeit des Anstellungsverhältnisses gegenüber der statutarischen Ausgestaltung des Organverhältnisses BGH, Urt. v. 10.5.2010 – II ZR 70/09 – NZG 2010, 827; Der Vorrang der Satzungsregelungen gegenüber den Bestimmungen des Anstellungsvertrages spiegelt aber auch die h. M. der Lit. wieder, vgl. MüKoGmbHG/Jaeger, § 35 GmbHG Rn 274 m. w. N. 159 MüKoGmbHG/Jaeger, § 35 Rn 275; Die Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung hat in der Regel eine Teil-Nichtigkeit (§ 139 BGB) zur Folge. An die Stelle der nichtigen vertraglichen Regelung tritt die in der Satzung enthaltene entsprechende Bestimmung. 160 OLG Frankfurt, Urt. v. 17.12.1992 – 26 U 54/92 – GmbHR 1993, 288; MüKoGmbHG/Jaeger, § 35 Rn 275. 161 Scholz/Schneider, GmbHG, § 37 Rn 67.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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dd) Klauselmuster: Genehmigungsbedürftige Geschäfte Das nachfolgende Klauselmuster stellt eine Einschränkung der Geschäftsführungs- 114 befugnis des Geschäftsführers für die Vornahme außergewöhnlicher Rechtsgeschäfte dar. Abs. 1 des Musters bezieht sich auf die Geschäftsführungsbefugnis in Bezug auf 115 solche Rechtsgeschäfte, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Der Geschäftsführer unterliegt allerdings den Beschränkungen der Satzung, einer etwaigen Geschäftsführungsordnung in ihrer jeweils gültigen Fassung, solchen Beschränkungen, die von Weisungen aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses ausgehen, sowie Beschränkungen des Anstellungsvertrages selbst. Für Rechtsgeschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewer- 116 bes der Gesellschaft hinausgehen, beinhaltet Abs. 2 des Klauselmusters einen Zustimmungsvorbehalt der Gesellschafterversammlung162 sowie einen Vorbehalt der Gesellschaft, die Auflistung zu einem späteren Zeitpunkt zu erweitern oder zu beschränken.163 Klauselmuster Genehmigungsbedürftige Geschäfte (1) Die Geschäftsführungsbefugnis umfasst die Vornahme aller Maßnahmen, die Gegenstand des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs der Gesellschaft sind, soweit nicht eine anderweitige Regelung durch Satzung, eine etwaige Geschäftsführungsordnung in ihrer jeweils gültigen Fassung, durch Gesellschafterbeschluss oder nach diesem Vertrag getroffen wurde. (2) Für Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, bedarf der Geschäftsführer der ausdrücklichen vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Dies gilt insbesondere für folgende Rechtsgeschäfte: a) Erwerb, Veräußerung, Belastung oder sonstige Verfügung über Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte sowie die Verpflichtung zur Vornahme derartiger Rechtsgeschäfte; b) Veräußerung und Stilllegung des Betriebes der Gesellschaft oder wesentlicher Teile hiervon; c) Erwerb anderer Unternehmen sowie der Erwerb, die Änderung oder Aufhebung von – auch stillen – Beteiligungen der Gesellschaft einschließlich des Erwerbs von Geschäftsanteilen der Gesellschaft sowie der Abtretung eigener Geschäftsanteile der Gesellschaft; ferner die Stimmabgabe in Beteiligungsgesellschaften; d) Errichtung und Schließung von Zweigniederlassungen; ferner Gründung, Veräußerung und Auflösung von Tochtergesellschaften;
162 Bei Divergenz zwischen der vertraglichen Regelung und Bestimmungen der Satzung ist hier der Grundsatz des Vorrangs der Satzungsregelungen gegenüber der im Anstellungsvertrag getroffenen Bestimmungen zu beachten. Hierzu siehe Rn 113. 163 Durch den Anstellungsvertrag kann die Geschäftsführungsbefugnis im Vergleich zu Bestimmungen in der Satzung zusätzlich eingeschränkt werden. Aus Sicht der Gesellschaft sollte hier aber beachtet werden, dass der Kernbereich der Geschäftsführungsbefugnisse nicht eingeschränkt wird, da dies u. U. ein außerordentliches Kündigungsrecht des Geschäftsführers nach § 626 BGB sowie mögliche Schadenersatzansprüche aus § 628 Abs. 2 BGB nach sich ziehen kann. Siehe Rn 216 f.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
e) Anschaffungen, Investitionen, einschließlich der Vornahme von baulichen Maßnahmen, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten …… EUR im Einzelfall oder …… EUR im Geschäftsjahr übersteigen; f) Übernahme von Bürgschaften und Garantien sowie Übernahme von Wechselverbindlichkeiten jeder Art; g) Inanspruchnahme oder Gewährung von Krediten oder Sicherheitsleistungen jeder Art, die …… EUR übersteigen; h) Abschluss, Änderung oder Aufhebung von Verträgen, die die Gesellschaft im Einzelfall mit mehr als …… EUR jährlich belasten; i) Einstellung, Beförderung oder Entlassung von Arbeitnehmern, deren Vergütung …… EUR brutto jährlich übersteigt; j) Erteilung von Prokura und Generalvollmachten; k) Erteilung und Erhöhung von Pensionszusagen sowie die Einführung und Änderung eines Systems der betrieblichen Altersversorgung; l) Abschluss, Änderung oder Aufhebung von Lizenzverträgen der Gesellschaft; Die Gesellschaft ist berechtigt, durch Satzung, eine etwaige Geschäftsführungsordnung in ihrer jeweils gültigen Fassung oder/und durch Beschluss der Gesellschafterversammlung die vorstehende Auflistung zu erweitert oder einzuschränken.
2. Befristung
117 Der Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers unterliegt keinerlei Beschrän-
kungen bezüglich einer Befristung. Die einschränkenden Bestimmungen des TzBfG kommen für den GmbH-Geschäftsführer nicht zur Anwendung.164 Auch der mehrfache Abschluss eines befristeten Anstellungsvertrages mit demselben Geschäftsführer ist möglich. In der Praxis spielen Befristungsabreden für Anstellungsverträge von GmbH118 Geschäftsführern eine große Rolle. Da der Geschäftsführer sich nicht auf den allgemeinen Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes berufen kann165, versuchen Geschäftsführer gerne, durch die Vereinbarung einer Befristungsabrede ohne vorzeitige Kündigungsmöglichkeit (Festlaufzeit) einen jedenfalls zeitlich beschränkten Bestandsschutz zu erreichen.166
3. Vergütung 119 Der Geschäftsführer der GmbH erbringt seine Leistung in der Regel nur gegen Vergütung, deren Höhe im Anstellungsvertrag festgelegt wird. Über das übliche Monatsgehalt hinaus werden oft Sondervereinbarungen wie Gewinn- oder Umsatztantiemen,
164 So ausdrücklich BGH, Urt. v. 25.7.2002 – III ZR 207/01 – NJW 2002, 3104; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, § 35 Rn 35; BeckOK GmbHG/Wisskirchen/Kuhn, § 6 Rn 175; kritisch Busch/Schönhöft, DB 2007, 2650. 165 Siehe Rn 186 ff. 166 Klauselmuster zur Befristungsabrede mit Kündigungsregelung, s. Rn 223 ff.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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private Nutzung von Fahrzeugen, Zuschüsse zu Versicherungen o. Ä. vorgesehen. In der Festsetzung der Gehälter sind die Vertragspartner grundsätzlich frei. Die in § 87 AktG für Bezüge von Vorstandsmitgliedern festgelegten Grundsätze gelten im GmbHRecht nicht.167 Davon wird auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) auszugehen sein.168 Kommt die Gesellschaft mit der Annahme der Dienste in Verzug, kann der 120 Geschäftsführer die vereinbarte Vergütung gem. § 615 S. 1 BGB gleichwohl verlangen. Dabei setzt ein wörtliches Angebot der Dienste, bevor die Gesellschaft eine Kündigung ausgesprochen hat, diese nur in Annahmeverzug, wenn das wörtliche Angebot nach Ausspruch der Kündigung wiederholt wird (§ 295 BGB). Andernfalls entfällt der Vergütungsanspruch.169 Die Gesellschaft befindet sich auch in Annahmeverzug, wenn sie den Geschäftsführer nach Ausspruch der Kündigung von weiterer Tätigkeit freistellt und der Geschäftsführer gegen den Ausspruch der Kündigung Widerspruch eingelegt hat.170
a) Vergütungsformen aa) Feste und variable Vergütung In der Praxis finden sich in Anstellungsverträgen mit GmbH-Geschäftsführern sehr 121 häufig Vergütungsvereinbarungen, die neben festen auch variable Vergütungsbestandteile beinhalten.171 Die Vorteile einer derartigen Regelung sind mannigfaltig ebenso wie ihre Gestaltungsmöglichkeiten. Durch die Koppelung der Bezüge an Leistungen oder Erfolge wird der Anreiz des Bezugsberechtigten, zu derartigen Erfolgen beizutragen, erhöht, da eine höhere Leistung unmittelbar eine höhere Vergütung zur
167 OLG Frankfurt, Urt. v. 22.12.2004 – 13 U 177/02 – GmbHR 2005, 550, 554 für die einfache GmbH. 168 Das VorstAG führte Änderungen des AktG herbei und betrifft vornehmlich die Ausgestaltung der Vergütung von Mitgliedern eines AG-Vorstandes. Diskutiert wird jedoch auch, ob die Regelungen auf die GmbH anzuwenden sind, was aufgrund der im Vergleich zu AG-Vorständen stärkeren Weisungsgebundenheit von GmbH-Geschäftsführern gegenüber der Gesellschaft wohl abzulehnen ist, vgl. Thiele/Rüden, DB 2009, Heft 41, S. 1 (Editorial) zur Frage der entsprechenden Anwendbarkeit des § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG auf GmbH-Geschäftsführer. Gegen die Anwendbarkeit des § 87 AktG auf die GmbH spricht auch, dass der neu eingeführte § 87 Abs. 1 Satz 2 AktG ausdrücklich nur börsennotierte Gesellschaften in Bezug nimmt, vgl. Deilmann/Otte, GWR 2009, 261 und BT-Drs. 16/13433, S. 10; ablehnend auch Feddersen/von Cube NJW 2010, 576, 577 f.; Lunk/Stolz NZA 2010, 121, 126 ff.; Auch die Anwendbarkeit auf die Führungsebene unterhalb des Vorstandes wird diskutiert, aber zu Recht ebenfalls abgelehnt, vgl. Krienke/Schnell, NZA 2010, 135 ff. 169 BGH, Urt. v. 20.1.1988 – IVa ZR 128/86 – BB 1988, 935. 170 BGH, Urt. v. 9.10.2000 – II ZR 75/99 – BB 2000, 2434; BGH, Urt. v. 9.3.1987 – II ZR 132/86 – BB 1987, 848. 171 Entsprechende Ausgestaltungen sind aber auch in Arbeitsverträgen mit Arbeitnehmern anzutreffen; siehe Kap. 4 Rn 232 ff.; MaSiG/Reiserer, Bonus- und Sonderzahlungen sowie Zielvereinbarung (im Erscheinen); Reiserer, NZA-Beil. 2010, 39; Reiserer, NZA 2007, 1249.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
Folge hat. Der Gesellschaft wird auf diesem Wege die Möglichkeit eingeräumt, ihren Geschäftsführer einen Teil der Unternehmenschancen und Risiken persönlich mittragen zu lassen. So orientiert sich bei einem Erfolgsbezug der Vergütung deren Höhe im Einzelnen automatisch an dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens und stellt damit ein Instrument der Entgeltflexibilisierung dar. Hinzu kommt, dass eine vom Unternehmenserfolg abhängige Vergütung, insbesondere bei Fremdgeschäftsführern, die Identifikation mit dem Unternehmen verstärken kann. Allgemeinhin kann zwischen leistungs- und erfolgsbezogenen variablen Vergü122 tungsbestandteilen unterschieden werden. Während sich eine leistungsbezogene Vergütung dadurch auszeichnet, dass die Vergütung an die individuelle Leistung des Bezugsberechtigten anknüpft,172 steht bei der erfolgsbezogenen Vergütung der durch den Bezugsberechtigten erreichte Erfolg, d. h. in der Regel die wirtschaftliche Situation des Unternehmens, im Vordergrund.173 Im Rahmen eines Anstellungsvertrags mit einem GmbH-Geschäftsführer wird üblicherweise eine erfolgsbasierende Vergütung als variabler Vergütungsbestandteil vereinbart. Eine weitere in der Praxis häufig anzutreffende Form der variablen Vergütung 123 im weitesten Sinne und als Abgrenzung zu einem festen Vergütungsbestandteil stellt außerdem die Überlassung eines Dienstwagens174, zum Teil auch zur privaten Verwendung sowie die Zahlung von Beiträgen zur betrieblichen oder privaten Altersversorgung175 dar. Im Folgenden werden die in Anstellungsverträgen mit GmbH-Geschäftsführern 124 gängigen Gestaltungsmöglichkeiten variabler Vergütungsbestandteile erläutert sowie entsprechende Klauselmuster vorgeschlagen.
bb) Zielvereinbarung
125 Eine Zielvereinbarung stellt eine vertragliche Absprache zwischen Vergütungsberech-
tigten und –verpflichteten über bestimmte zu erreichende betriebliche Ziele dar.176 Als Instrument der Mitarbeiterführung und –motivation finden Zielvereinbarungen in den letzten Jahren zunehmend Eingang in die Vergütungsabreden von Arbeitsverträgen mit Arbeitnehmern. Auf diese Weise räumen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern die Möglichkeit ein, einen Teil der Unternehmenschancen und Risiken mitzutragen. Denn regelmäßig werden Umsatz- und/oder Gewinnzahlen des Unternehmens als Teilziele im Rahmen der Zielvereinbarung aufgenommen (Erfolgsbezug), so dass
172 Beispiele einer leistungsbezogenen Vergütung: Akkordlohn, Prämienlohn. 173 Beispiele einer erfolgsbezogenen Vergütung: Provision, Tantieme, durch Zielvereinbarung erreichte Zahlungen (Boni). 174 Siehe Rn 148 ff. 175 Siehe Rn 154 f. 176 siehe Kap. 4 Rn 232 ff.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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der Arbeitgeber im Zuge wirtschaftlicher Schwierigkeiten mit einer automatischen Senkung der variablen Vergütungsbestandteile rechnen kann und auf diese Weise der Gefahr, von den Lohnkosten erdrückt zu werden, entgegensteuert.177 In der Praxis besonders verbreitet und üblich ist die Aufnahme von Zielvereinbarungen in Verträgen mit leitenden Angestellten, Geschäftsführern und Vorständen. Die Anknüpfungspunkte von Zielvereinbarungen sind so vielfältig wie die Aufgaben des leitenden Angestellten, GmbH-Geschäftsführers oder Vorstands. Das können etwa der innerhalb eines bestimmten Zeitraums (meist innerhalb eines Jahres) zu erreichende Marktanteil, die Anzahl der Reklamationen, die Einführung eines neuen Produkts, die Erreichung bestimmter Kostenquoten oder die Mitarbeiterzufriedenheit sein. Häufig wird unterschieden zwischen so genannten „harten“, sprich durch Zahlen verifizierbaren, Zielen, wie Umsatz und/oder Gewinn des Unternehmens oder eines Unternehmensteils und so genannten „weichen“ Zielen, wie Personalführungskompetenz, Kundenzufriedenheit oder Teamgeist, d h. Leistungskriterien, die einer individuellen Bewertung zugänglich sind. Rechtsgrundlage einer Zielvereinbarung, welche die Voraussetzungen für den Erhalt der zusätzlichen variablen Vergütung regelt, ist im Regelfall § 611 BGB in Verbindung mit dem Anstellungsvertrag oder eine ihn ergänzende Zusatzvereinbarung. Zielvereinbarungen unterliegen dem Grundsatz der freien Entgeltvereinbarung und müssen lediglich dem Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 iVm § 307 Abs. 3 S. 2 BGB entsprechen. Eine äußerste Grenze ziehen die §§ 134, 138 BGB. Danach dürfen Zielvereinbarungen nicht gegen gesetzliche Verbote verstoßen und müssen die Sittenwidrigkeitsschranke beachten.178 Entgeltbezogene Zielvereinbarungen erfolgen in der Regel in einem dreistufigen Verfahren: Checkliste Stufen der Zielvereinbarung179 1. Stufe: Rahmenvereinbarung Die Rahmenvereinbarung regelt: – dass überhaupt eine zielabhängige Vergütung gezahlt werden soll; – die tatsächlichen Rahmenbedingungen der zusätzlichen Vergütung, d. h. unter welchen Voraussetzungen die Zielerreichung festgestellt wird und welche Boni gezahlt werden, sofern die Ziele erreicht wurden; – das Verfahren zur Bestimmung der innerhalb eines konkreten Zeitraums zu erreichenden Ziele. 2. Stufe: Konkrete Zielvereinbarung In der konkreten Zielvereinbarung, die meist jährlich neu verhandelt wird, werden die zu erreichenden Ziele definiert und festgelegt.
177 Reiserer, NZA-Beil. 2010, 39, 41; Reiserer, NJW 2008, 609. 178 Allgemein zu Zielvereinbarungen: MaSiG/Reiserer, Zielvereinbarung (im Erscheinen); zu den Grenzen von Zielvereinbarungen: de Beauregard/Schwimmbeck/Gleich, DB 2012, 2792, 2795. 179 Küttner/Griese, Personalbuch, Zielvereinbarung Rn 4.
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3. Stufe: Feststellungsverfahren Auf der letzten Stufe erfolgt schließlich die Ermittlung des Grades der individuellen Zielerreichung und der entsprechenden konkreten Höhe der auszuzahlenden Boni.
cc) Bonus
130 Eine gesetzliche Definition des Begriffs „Bonus“ existiert nicht. Allgemein kann als
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Bonus ein zusätzlicher, in aller Regel variabler Vergütungsbestandteil bezeichnet werden, der üblicherweise pro Kalender- oder Geschäftsjahr gezahlt wird und neben eine vertraglich vereinbarte Festvergütung tritt.180 Ob überhaupt, unter welchen Voraussetzungen oder in welcher Höhe ein Bonus gezahlt wird, kann bereits im Rahmen des Anstellungsvertrags geregelt werden; üblicherweise ist die Bonusregelung aber wesentlicher Teil einer Zielvereinbarung.181 Die generelle Regelung einer (geschäfts- oder kalender-)jährlichen Bonuszahlung erfolgt in der Regel als Teil der Ziele-Rahmenvereinbarung. In der konkreten Zielfestsetzung werden anschließend die zu erreichenden „harten“, sprich durch Zahlen verifizierbaren, Ziele, wie Umsatz und/oder Gewinn des Unternehmens oder eines Unternehmensteils bzw. so genannte „weiche“ Ziele, wie Personalführungskompetenz, Kundenzufriedenheit oder Teamgeist, d h. Leistungskriterien, die einer individuellen Bewertung zugänglich sind, (in der Regel jährlich neu) festgelegt. Die Auszahlung des Bonus als sog. monetärer Leistungsanreiz182 knüpft an die Erreichung dieser Ziele an. Denkbar sind aber auch Bonuszahlungen, die die Gesellschaft aufgrund Provisions-183 oder Tantiemenvereinbarungen184 oder aufgrund Vereinbarungen über die Übertragung von Geschäftsanteilen und Aktienoptionen185 leistet. Entsprechende Vereinbarungen über flexible Bonuszahlungen werden bei der GmbH zwischen der Gesellschafterversammlung bzw. dem mitbestimmungsrechtlich einzurichtenden Aufsichtsrat und dem Geschäftsführer getroffen.186
dd) Prämie, Provision und Gratifikation
135 Neben dem Bonus, der dem Geschäftsführer in der Regel nach Erfüllung eines oder
mehrerer Ziele der Zielvereinbarung zufließt, stellen auch Prämien- und Provisionszahlungen sowie Gratifikationen gebräuchliche Formen von variablen Vergütungsbestandteilen bzw. zusätzlichen Sonderzahlungen dar.
180 Vgl. Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1 Rn 1441; Lindemann/Simon BB 2002, 1807. 181 Zur Zielvereinbarung siehe Rn 125 ff. 182 de Beauregard/Schwimmbeck/Gleich DB 2012, 2792. 183 Siehe Rn 137. 184 Siehe Rn 139 ff. 185 Siehe Rn 309 (zu den Bezügen des AG-Vorstands). 186 Grobys/Panzer/Kelber, Geschäftsführer Rn 36; Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1 Rn 1441.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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Eine Prämie ist eine auf einen konkreten Erfolg bzw. eine konkrete Leistung 136 bezogene Vergütungsform. Erreicht der Geschäftsführer in einem Projekt ein für die Gesellschaft besonders zufriedenstellendes Ergebnis, wie z. B. den erfolgreichen Verkauf eines Tochterunternehmens, kann die Gesellschaft dies mit einer Prämie als Sonderzuwendung belohnen. Stets erforderlich für eine Prämienzahlung ist eine Vereinbarung über die Gewährung der Prämie für eine bestimmte Leistung des Geschäftsführers („Normalleistung“). Das Verhältnis zwischen der vom Geschäftsführer messbar erbrachten Leistung und der vereinbarten „Normalleistung“ bildet dann die Berechnungsgrundlage für die Höhe der Prämienzahlung.187 Dagegen sind Provisionen aus dem Recht des Handelsvertreters bekannt und in 137 den §§ 87–87c HGB geregelt. Die Provision ist eine in Prozent ausgedrückte Beteiligung des Provisionsberechtigten an dem Wert eines Geschäfts, deren Abschluss auf dessen Tätigkeit zurückzuführen ist. Die Grundlage der Zahlung bildet in der Regel eine (im Anstellungsvertrag vereinbarte) Provisionszusage, die ggf. für Vertriebsgeschäftsführer zur Anwendung kommt. Gratifikationen stellen eine weitere neben das Fixgehalt tretende Sondervergü- 138 tung dar, die bei besonderen Gelegenheiten oder zu bestimmten Terminen ausgezahlt wird (z. B. Weihnachtsgeld, 13. Monatsgehalt, Jubiläen). Ein Anspruch des Geschäftsführers kann entweder durch eine entsprechende Vereinbarung im Anstellungsvertrag oder aufgrund mehrfacher vorbehaltslos gewährter Zahlungen der Gesellschaft begründet werden.188
ee) Tantieme Weiterer monetärer Leistungsanreiz kann für den Geschäftsführer eine Bonuszahlung 139 aufgrund der Vereinbarung einer Tantieme sein. Im Regelfall werden im Anstellungsvertrag gewinnabhängige Tantiemen vereinbart. Als Bemessungsgrundlage der Gewinntantieme sollte der handelsrechtliche 140 oder steuerrechtliche Jahresüberschuss mit bestimmten Modifikationen zugrunde gelegt werden. Abzuraten ist von mehrdeutigen, unbestimmten Begriffen, wie z. B. „Jahresgewinn“, „Bilanzgewinn“, „Gewinn gem. GoB“ o. Ä. als Bemessungsgrundlage.189
187 Küttner/Griese, Personalbuch, Leistungsorientierte Vergütung Rn 3; de Beauregard/Schwimmbeck/Gleich DB 2012, 2792, 2793. 188 Zur Problematik der Koppelung von Gratifikationen mit einem Freiwilligkeits- bzw. Widerrufsvorbehalt vgl. Bauer/Heimann, NZA-Beil. 2014, 114; Domke/Nikolaus, DB 2015, 1352; Küttner/Griese, Personalbuch, Freiwillige Leistung, Rn 2 ff.; Liebers/Reiserer, FB ArbR, B Rn 183 ff., 186 ff.; Salamon, NZA 2014, 465. 189 Zu Auslegungsproblemen bzgl. der Bemessungsgrundlage „Gewinn vor Steuern“ in einem Vorstandsanstellungsvertrag vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 6.11.2009 – 39 O 92/08 – BB 2010, 789 m. Anm. Weppner.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
Praxistipp Vereinbarung einer Gewinntantieme Zu achten ist auf eine möglichst präzise Definition der Bemessungsgrundlage und der einzelnen Bezugsparameter für die Gewinntantieme, um im Streitfall Probleme bei der Tantiemenberechnung zu vermeiden. 141 Umsatztantiemen sind grundsätzlich unüblich.190 Sie werden daher in der Regel
nicht anerkannt und insbesondere von der höchstrichterlichen Finanzgerichtsbarkeit für Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften als verdeckte Gewinnausschüttungen beurteilt.191 Rohgewinn-Tantiemen sind anzuerkennen, wenn sie wegen der berücksichtig142 ten Aufwendungen und der konkreten Kostenstruktur eher einer Gewinn-Tantieme als einer Umsatztantieme gleichkommen.192 Vereinbarungen, die allein in einer erfolgsabhängigen Vergütung bestehen (Nur-Tantieme oder Nur-Rohgewinntantieme), werden bei Gesellschaftern mit einer Gesellschafterbeteiligung in der Regel in eine verdeckte Gewinnausschüttung umqualifiziert. In Ausnahmesituationen (Gründungsphase, vorübergehende wirtschaftliche Schwierigkeiten, Tätigkeit in stark risikobehafteten Geschäftszweigen) kann eine zeitlich begrenzte Regelung allerdings ganz oder teilweise anzuerkennen sein.193 Tantiemen dürfen sich wirtschaftlich nicht als verdeckte Gewinnausschüttungen 143 darstellen oder gar zu einer Gewinnabsaugung führen. Der BFH hat in seiner Rechtsprechung daher Grundregeln für die Beurteilung der Angemessenheit einer Gewinntantiemenvereinbarung mit Gesellschafter-Geschäftsführern aufgestellt,194 die von der Finanzverwaltung übernommen wurden.195 Zum einen soll in der Regel eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen, soweit die Tantiemen sämtlicher
190 Sie sind zwar grundsätzlich denkbar, sollten aber möglichst vermieden werden, weil sie oftmals nicht dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens dienen werden. Hintergrund ist, dass die Vereinbarung einer Umsatztantieme die Gefahr birgt, dass der Geschäftsführer Geschäfte zur Steigerung des Umsatzes der Gesellschaft abschließt, diese aber nicht unbedingt auch dem wirtschaftlichen Wohle der Gesellschaft dienen. Siehe hierzu Hümmerich/Reufels/Mengel, § 1 Rn 1497. 191 Zu Ausnahmefällen: BFH, Urt. v. 19.2.1999 – I R 105–107/97 – BB 1999, 885; z. B. in einer Aufbau- oder Umbauphase des Unternehmens, bei ausschließlicher Vertriebszuständigkeit, zeitlicher Befristung und höhenmäßiger Begrenzung; BFH, Beschl. v. 12.10.2010 – I B 70/10 – n. v.; BFH, Beschl. v. 17.9.2014 – I B 192/13 – n. v.; vgl. auch Hümmerich/Reufels/Borgmann, § 2 Rn 159; Abgrenzung zur Gratifikation: BFH, Urt. v. 5.6.2002 – I R 69/01 – BB 2002, 2321. 192 BFH, Beschl. v. 26.1.1999 – I B 119/98 – BB 1999, 571; problematisch beispielsweise im Dienstleistungsgeschäft. 193 Zu den Grundsätzen bei der Anerkennung von Tantiemenzusagen: BMF v. 1.2.2002 – BStBl I 2002, 219 – BeckVerw 031464; OFD Hannover, Verfüg. v. 16.4.2002 – S 2742 – 175 – StH 231 – BeckVerw 075263. 194 BFH, Beschl. v. 6.5.2004 – I B 223/03 – n. v.; BFH, Urt. v. 4.6.2003 – I R 24/02 – BB 2003, 2210; BFH, Urt. v. 5.10.1994 – I R 50/94 – BB 1995, 966. 195 BMF, Schreiben v. 1.2.2002 – BMF IV A 2 – S 2742 – 4/02 – BStBl I S. 219 – BeckVerw 031464.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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Gesellschafter-Geschäftsführer insgesamt 50 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses, vor Abzug der Gewinntantiemen und der ertragsabhängigen Steuern, übersteigen (sog. Halbteilungsgrundsatz). Zum anderen dürfen nach Auffassung der Finanzverwaltung die Jahresgesamtbe- 144 züge in der Regel höchstens zu 25 % aus einem erfolgsabhängigen Bestandteil bestehen (Relation Festgehalt zu variablem Gehalt 75:25). Die Rechtsprechung hat den Grundsatz einer 75:25-Relation inzwischen dahingehend relativiert, dass bei ihrer Überschreitung nicht zwangsläufig eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen ist, wenn die Gesamtvergütung des Geschäftsführers insgesamt angemessen ist.196 In begründeten Fällen, wie beispielsweise bei starken Ertragsschwankungen, 145 kann ein höherer variabler Vergütungsanteil gerechtfertigt sein. Sofern bei Abschluss des Anstellungsvertrages sprunghafte Gewinnanstiege im Raum stehen, ist es jedoch geboten, die Tantieme auf einen Höchstbetrag zu deckeln, damit die Gesamtausstattung insgesamt die Angemessenheitsgrenze nicht überschreiten kann. Sofern die Gesamtvergütung die Angemessenheitsgrenze überschreitet, weil eine Deckelung nicht oder nicht in der erforderlichen Höhe vereinbart wurde, führt dies zu einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe des die Angemessenheitsgrenze übersteigenden Betrages.197 Für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Anstellungsvertrages empfiehlt 146 sich eine Regelung zu den Auswirkungen auf die Höhe der Tantiemenzahlung. Zulässig ist beispielsweise eine Vereinbarung, dass sich die Höhe der Tantieme nach dem Gewinn richtet, der zum Zeitpunkt der Beendigung aufgelaufen ist. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Geschäftsführer eine erfolgsabhängige Vergütung nur für diejenigen Gewinne erhält, auf welche er durch seinen Arbeitseinsatz (zumindest theoretisch) persönlich Einfluss genommen haben kann.
ff) Klauselmuster: Bezüge des Geschäftsführers Das nachfolgende Klauselmuster enthält eine Vergütungsregelung mit festen und 147 variablen Vergütungsbestandteilen: Klauselmuster Bezüge des Geschäftsführers (1) Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit ein festes Jahresgehalt in Höhe von EUR [Betrag]. Die Vergütung wird in 12 monatlichen Teilbeträgen zum jeweiligen Monatsende auf ein vom Geschäftsführer zu benennendes Konto bargeldlos ausgezahlt.
196 BFH, Urt. v. 27.2.2003 – I R 46/01 – BB 2003, 1990; BFH, Urt. v. 27.2.2003 – I R 80, 81/01 – GmbHR 2003, 988; BFH, Urt. v. 4.6.2003 – I R 24/02 – BB 2003, 2210. 197 Vgl. etwa Sächsisches FG, Urt. 14.11.2013 – 6 K 701/12 – DstRE 2014, 544.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
(2) Der Geschäftsführer erhält einen jährlichen Erfolgsbonus, dessen Höhe sich nach seinen persönlichen Aufgaben und Leistungen sowie der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft bemisst. Die Parteien werden in einer gesonderten schriftlichen Rahmenvereinbarung über eine Zielvereinbarung die Einzelheiten zur Begründung des Erfolgsbonus` regeln.198 (3) Als Anerkennung für besondere Leistungen, die sich auf die Gesellschaft signifikant und nachhaltig vorteilhaft auswirken und die bei Abschluss des Anstellungsvertrags nicht absehbar waren, erhält der Geschäftsführer eine Sondervergütung. Die Höhe der Sondervergütung bemisst sich nach dem erzielten wirtschaftlichen oder sonstigen Vorteil und wird von der Gesellschafterversammlung in Abhängigkeit zur finanziellen Situation der Gesellschaft und unter Berücksichtigung der Angemessenheit der Gesamtbezüge des Geschäftsführers bestimmt. Die Sondervergütung beträgt jährlich höchstens EUR [Betrag].199 (4) Der Geschäftsführer erhält zudem eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von EUR [Betrag]. Die Gratifikation wird mit dem letzten Gehalt des Jahres gezahlt. (5) Des Weiteren erhält der Geschäftsführer eine ergebnisabhängige Vergütung (Tantieme) in Höhe von [Betrag] % des Jahresabschlusses der Handelsbilanz vor Verrechnung mit Verlustvorträgen und vor Abzug der Körperschafts- und Gewerbesteuer. Die Bemessungsgrundlage für die Tantieme ist nicht um Gewinnanteile stiller Gesellschafter, um die Tantieme selbst und um andere gewinnabhängige Aufwendungen der Gesellschaft zu kürzen. Die Tantieme wird innerhalb eines Monats nach der Feststellung des Jahresabschlusses fällig. Sie beträgt jährlich höchstens EUR [Betrag]. (6) Scheidet der Geschäftsführer während der Dauer des Geschäftsjahres aus den Diensten der Gesellschaft aus, so hat er einen zeitanteiligen Anspruch auf die vorstehenden Bezüge.
b) Dienstwagenüberlassung (mit Klauselmuster)
148 Neben dem Grundgehalt sowie weiteren Sondervergütungen wird dem Geschäfts-
führer einer GmbH in der Praxis häufig auch ein Dienstwagen überlassen, der in der Regel auch für private Zwecke genutzt werden darf. Bei der privaten Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs durch einen Geschäftsführer, der zugleich auch Gesellschafter der GmbH ist, ist stets zu prüfen, ob die Dienstwagenüberlassung nicht eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt. Maßgeblich für die Beurteilung, ob die Privatnutzung des Firmenwagens durch den Gesellschafter-Geschäftsführer eine verdeckte Gewinnausschüttung oder ein geldwerter Vorteil (und damit Vergütung) ist, ist die zwischen ihm und der Gesellschaft diesbezüglich getroffene Regelung im Anstellungsvertrag bzw. in einer zusätzlichen Vereinbarung. Lässt der Anstellungsvertrag die private Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs 149 ausdrücklich zu, so liegt nach der Ansicht des BFH ein lohnsteuerlich geldwerter Vorteil und keine verdeckte Gewinnausschüttung vor.200 Dies soll selbst dann
198 Muster einer Rahmenvereinbarung über eine Zielvereinbarung in Liebers/Reiserer, B Rn 199 ff. und Muster einer konkreten Zielfestsetzung in Liebers/Reiserer, B Rn 218 ff. 199 Im Wesentlichen nach Haas/Ohlendorf, S. 107 f. 200 BFH, Beschl. v. 21.10.2009 – VI B 26/09 – n. v.; BFH, Beschl. v. 23.4.2009 – VI B 118/08 – DB 2009, 1442.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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gelten, wenn es sich bei dem Geschäftsführer um den beherrschenden GesellschafterGeschäftsführer der GmbH handelt.201 Problematischer sind in der Praxis die Fälle, in denen dem GesellschafterGeschäftsführer entweder die private Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs im Anstellungsvertrag ausdrücklich verboten wird oder diesbezüglich keine ausdrückliche Regelung zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer vorliegt, der Gesellschafter-Geschäftsführer den Dienstwagen aber (trotzdem) für private Zwecke nutzt. Bei einer nachhaltigen „vertragswidrigen“ privaten Nutzung des Dienstwagens liege der Schluss nahe, dass die Nutzungsbeschränkung bzw. das –verbot nicht ernstlich vereinbart wurde und damit als verdeckte Gewinnausschüttung zu bewerten sei.202 Ist im Anstellungsvertrag keine anderweitige Regelung enthalten, darf der Geschäftsführer den Dienstwagen bis zur rechtlichen Beendigung des Anstellungsverhältnisses nutzen, d. h. bei Ausspruch einer ordentlichen Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist.203 Ist der Geschäftsführer nach dem Anstellungsvertrag berechtigt, den Dienstwagen auch privat zu nutzen, gilt dies auch im Fall der einseitigen Freistellung durch die Gesellschaft für die Dauer der Kündigungsfrist. Entzieht die Gesellschaft dem Geschäftsführer gleichwohl den Pkw, ist sie zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch den Nutzungsausfall dem Geschäftsführer entsteht und hat diesem außerdem die Kosten für die Miete eines vergleichbaren Wagens zu ersetzen.204 Um diese Rechtsfolge auszuschließen, bedarf es einer vertraglichen Vereinbarung, wonach die Gesellschaft im Fall der einseitigen Freistellung des Geschäftsführers berechtigt ist, den Dienstwagen zurückzunehmen, ohne dem Geschäftsführer hierfür einen finanziellen Ausgleich zu schulden.205 Als Vorlage für eine Dienstwagenklausel kann das nachfolgende Klauselmuster herangezogen werden: Klauselmuster Dienstwagen (1) Die Gesellschaft wird dem Geschäftsführer einen Dienstwagen folgender Kategorie zur Verfügung stellen: …. [Spezifizierung durch Kategorie, Marke, Typ, ggf. preisliche Obergrenze in €]. (2) Der Dienstwagen wird dem Geschäftsführer für die dienstliche Nutzung zur Verfügung gestellt. Daneben wird ihm die Nutzung zu privaten Zwecken gestattet.
201 In dem vom BFH am 23.4.2009 entschiedenen Fall hielt der Gesellschafter-Geschäftsführer eine Beteiligung von 65 % an der GmbH, vgl. BFH, Urt. v. 23.4.2009 – VI R 81/06 – DB 2009, 1571. 202 BFH, Urt. v. 11.2.2010 – VI R 43/09 – DB 2010, 762; zur Vertiefung vgl. Foerster, SteuK 2010, 228. 203 Zur Kündigungsfrist des Anstellungsverhältnisses s. Rn 181 f. 204 BGH, Urt. v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10 – NJW 2012, 1756; BGH, Urt. v. 25.2.1991 – II ZR 76/90 – NJW 1991, 1681. 205 Solche vertraglichen Vereinbarungen sind anders als bei Arbeitnehmern für Geschäftsführer zulässig, vgl. Kap. 4 Rn 190 f.
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(3) Die Kosten für die erforderlichen Wartungs-, Inspektions- oder Reparaturarbeiten trägt die Gesellschaft. Die Durchführung von Reparaturarbeiten bedarf jedoch – mit Ausnahme von Notreparaturen, welche die Verkehrstauglichkeit erhalten sollen – der Zustimmung der Gesellschaft. (4) Der Geschäftsführer wird darauf hingewiesen, dass die Nutzung zu privaten Zwecken einen geldwerten Vorteil darstellt und daher wie übriges Einkommen ordnungsgemäß zu versteuern ist. (5) Die Gesellschaft behält sich vor, sowohl die dienstliche Nutzung als auch die eingeräumte Möglichkeit der Nutzung zu privaten Zwecken mit einer Frist von zwei Wochen zu widerrufen. Ein Widerruf kommt jedoch nur aus folgenden Gründen in Betracht: a) Wenn der Geschäftsführer den Dienstwagen vertragswidrig nutzt; b) Wenn dem Geschäftsführer die Fahrerlaubnis für die Dauer von mindestens drei Monaten entzogen wird; c) Wenn der Anstellungsvertrag gekündigt wird und die Gesellschaft den Geschäftsführer danach berechtigterweise von seiner Verpflichtung zur Dienstleistung freistellt; d) Wenn seitens des Unternehmens aus wirtschaftlichen Gründen eine Veranlassung dafür besteht, die Dienstwagennutzung zu widerrufen, ein solcher Grund ist insbesondere anzunehmen, wenn …. [z. B., wenn der Jahresumsatz unter …. € fällt o. ä.].
c) Betriebliche Altersversorgung
154 Einigen sich Gesellschaft und Geschäftsführer auf die Zusage einer betrieblichen
Altersversorgung206, so ist die Zahlung entsprechender Beiträge bzw. Zuschüsse durch die Gesellschaft als Vergütungsbestandteil zu werten. Zur Regelung der betrieblichen Altersvorsorge vereinbaren die Parteien in der Regel einen gesonderten Pensionsvertrag. Als Leistungsarten kommen die direkte Pensionszusage in Form eines Ruhegehaltes oder Hinterbliebenenversorgung sowie eine Direktversicherung in Betracht.207 Haben die Parteien grundsätzlich die Absicht gefasst, Regelungen zu einer 155 betrieblichen Altersversorgung zu treffen, kann folgende Absichtsklausel in den Anstellungsvertrag aufgenommen werden: Klauselmuster Betriebliche Altersversorgung Die Parteien werden in einer gesonderten schriftlichen Vereinbarung die Einzelheiten zur Begründung einer betrieblichen Altersversorgung regeln.
d) Spesen und Aufwendungsersatz
156 Ein Anspruch des Geschäftsführers gegen die Gesellschaft auf Ersatz erforderlicher
Aufwendungen besteht dem Grunde nach bereits nach § 670 BGB. Eine vertragliche
206 Zur betrieblichen Altersversorgung beim GmbH-Geschäftsführer Hümmerich/Boecken/Spirolke/ Reiserer, § 4 Rn 106 ff. 207 Für Einzelheiten bei der Gestaltung eines Pensionsvertrags siehe Reiserer.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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Regelung empfiehlt sich aus Gründen der Rechtssicherheit dennoch, da sich die steuerlichen Höchstsätze z. B. bei Spesen für Verpflegung ändern können. Klauselmuster Spesen und Aufwendungsersatz (1) Spesen und sonstige Aufwendungen des Geschäftsführers, die im Rahmen ordnungsgemäßer Erfüllung dieses Vertrages für die Gesellschaft aufzubringen waren, werden dem Geschäftsführer von Gesellschaft erstattet. Die Erstattung erfolgt, soweit nicht nachfolgend anderes geregelt ist, entweder gegen Einzelnachweis oder pauschal gemäß den jeweils steuerlich zulässigen Höchstsätzen. (2) Für Geschäftsreisen, die im Interesse der Gesellschaft erforderlich sind, kann der Geschäftsführer den von der Gesellschaft, bereitgestellten Dienstwagen, soweit erforderlich, auch einen Mietwagen, die Bahn oder das Flugzeug benutzen. Bei Fahrten mit der Bahn werden Fahrten der ersten Klasse erstattet, bei Nutzung des Flugzeugs Tickets der Economy-Klasse und der Business-Klasse für Flüge über sechs Stunden Dauer. Die Anmietung eines Mietwagens kann in der Größenordnung des Dienstwagens erfolgen. (3) Erforderliche Hotelkosten werden von der Gesellschaft gegen Nachweis erstattet. Die Erstattung von Verpflegungskosten erfolgt pauschal nach den steuerlich anerkannten Höchstsätzen. (4) Die Gesellschaft stellt dem Geschäftsführer zu dienstlichen Zwecken ein mobiles Telefon zur Verfügung, dessen Modell und finanzielle Konditionen von der Gesellschaft gewählt werden. Die private Nutzung des Handys ist im angemessenen Umfang gestattet.
e) Überstunden Der GmbH-Geschäftsführer schuldet der Gesellschaft grundsätzlich seine gesamte 157 Arbeitskraft. Weil die Arbeitszeitschutzbestimmungen des ArbZG für den Geschäftsführer nicht anwendbar sind (§ 2 Abs. 2 ArbZG), unterliegt weder die Lage der Arbeitszeit noch die Höchstdauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit gesetzlichen Beschränkungen. Gesonderte Überstundenvergütungen bzw. Zuschläge für Sonn- und Feiertagsar- 158 beit sowie für jede weitere Mehrarbeit aufgrund eines besonderen Arbeitseinsatzes an einen Gesellschafter-Geschäftsführer stuft die Rechtsprechung des BFH nahezu ausnahmslos als verdeckte Gewinnausschüttung ein.208 Denn entsprechende Vereinbarungen entsprechen grundsätzlich nicht dem, was ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer GmbH mit einem Fremdgeschäftsführer vereinbaren würde.
208 BFH, Urt. v. 27.3.2012 – VIII R 27/09 – HFR 2012, 743; BFH, Urt. v. 14.7.2004 – I R 24/04 – GmbHR 2005, 109; BFH, Urt. v. 19.7.2001 – I B 14/00 – n.V.; BFH, Urt. v. 27.3.2001 – I R 40/00 – DB 2001, 1752; BFH, Urt. v. 8.4.1997 – I R 66/96 – n. V.; BFH, Urt. v. 19.3.1997 – I R 75/96 – BB 1997, 1571; ausnahmsweise keine verdeckte Gewinnausschüttung BFH, Urt. v. 3.8.2005 – I R 7/05 – GmbHR 2005, 1632; vgl. auch Gosch, Körperschaftssteuergesetz, § 8 Rn 1300, 1301.
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Das nachfolgende Klauselmuster entspricht daher der gängigen Praxis, dass sämtliche Mehr-, Sonntags- und Feiertagsarbeit des Geschäftsführers mit dessen festen Jahresgehalt als abgegolten gilt. Klauselmuster Arbeitszeit Der Geschäftsführer ist an eine bestimmte Arbeitszeit nicht gebunden. Er stellt sein ganzes Wissen und Können uneingeschränkt der Gesellschaft zur Verfügung. Ein Anspruch auf Vergütung von Überstunden, Sonntags-, Feiertags- oder sonstiger Mehrarbeit besteht nicht.
f) Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall
160 Wird der Geschäftsführer ohne sein Verschulden „für eine verhältnismäßig nicht
erhebliche Zeit“ an seiner Dienstleistung gehindert, verliert er dadurch nicht den Anspruch auf die vereinbarte Vergütung.209 Dies ergab sich bisher aus § 616 Abs. 1 BGB a. F. (der jetzige § 616 BGB n. F.), der nach ganz h. M. auch für den Geschäftsführer galt, der nicht oder nicht wesentlich an der Gesellschaft beteiligt ist.210 Wann eine solche „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ vorliegt, ist gesetzlich nicht geregelt. Die Sechs-Wochen-Frist, von der § 3 Abs. 1 EFZG für alle Arbeitnehmer für den Krankheitsfall ausgeht, findet keine direkte Anwendung auf die GmbH-Geschäftsführer.211 Die Dauer des Gehaltsfortzahlungsanspruchs ist demnach beim Geschäftsführer in jedem Fall einzeln zu prüfen, wobei die Sechs-Wochen-Frist des EFZG von Vielen als Anhaltspunkt herangezogen wird.212 Um etwaige Streitigkeiten über die Dauer der Vergütungsfortzahlung zu vermei161 den, ist daher die Aufnahme einer entsprechenden Vereinbarung in den Anstellungsvertrag zu empfehlen. Häufig wird dabei zusätzlich zu der Sechs-Wochen-Frist vereinbart, dass daneben noch für einen weiteren Zeitraum nach Ablauf dieser Frist ein Zuschuss zu den Leistungen der bestehenden Krankenversicherung an den Geschäftsführer auszuzahlen ist. Klauselmuster Gehaltsfortzahlung bei Krankheit (1) Wird der Geschäftsführer in der Ausübung seiner Tätigkeit durch Krankheit oder andere durch ihn nicht verschuldete Gründe verhindert, erhält er für 6 Wochen sein Grundgehalt gemäß § … [Vergütung] weiter. (2) Dauert die Arbeitsunfähigkeit gemäß des vorstehenden Abs. 1 über die vorgesehene Dauer von 6 Wochen hinaus an, so erhält der Geschäftsführer ab Beginn der 7. Woche der Dienstunfähigkeit
209 Vgl. zur Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall auch Haase, GmbHR 2005, 1260. 210 Statt Vieler Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, § 6 Rn 114. 211 ErfK/Reinhard, § 1 EFZG Rn 2. 212 Vgl. Bauer, DB 1979, 2178, 2179 m. w. N.; Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, § 6 Rn 114 m. w. N.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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und für die Dauer von 36 Monaten ab Beginn der Dienstunfähigkeit einen Zuschuss zum Krankengeld. Die Höhe des Zuschusses berechnet sich aus der Differenz zwischen dem monatlichen NettoGehalt gemäß § … [Vergütung] und dem Krankengeld, das der Geschäftsführer vom Träger seiner Krankenversicherung erhält. Der Geschäftsführer hat der Gesellschaft den Nachweis der Höhe seines Krankengeldes zu erbringen. Als Netto-Gehalt gilt das Brutto-Gehalt, vermindert um die von dem Geschäftsführer abzuführenden gesetzlichen Abzüge; Sozialversicherungsbeiträge sind gesetzliche Abzüge in diesem Sinne, unabhängig davon, ob die Beiträge vom Geschäftsführer selbst oder der Gesellschaft abgeführt werden.
g) Reduzierung/Erhöhung Anders als im Arbeitsverhältnis ist die vertragliche Vergütungsregelung im Dienst- 162 verhältnis des GmbH-Geschäftsführers nicht immer starr. Ausnahmsweise kann die Gesellschaft einseitig von ihrem Geschäftsführer verlangen, bei wesentlicher Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse einer Gehaltsreduzierung zuzustimmen. Für die schlechte wirtschaftliche Lage der Gesellschaft sowie für den Umstand, dass die Weitergewährung der Bezüge in der bisher gewährten Höhe für die Gesellschaft zu einer groben Unbilligkeit führt, trägt allerdings die Gesellschaft die Beweislast. Diese Rücksichtnahmepflicht, die sich für das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft aus § 87 Abs. 2 AktG ergibt, begründet die Rechtsprechung für den GmbH-Geschäftsführer mit der ihm obliegenden Treuepflicht.213 Auf die Frage, inwieweit der Geschäftsführer durch seine geschäftsführenden Maßnahmen die schlechte wirtschaftliche Situation der Gesellschaft (mit-)zuverantworten hat, kommt es dabei nicht an. Ein Anspruch des Geschäftsführers auf Erhöhung der vertraglich vereinbarten 163 Bezüge kommt dagegen nur in Ausnahmefällen in Betracht, und zwar in der Regel nur bei unbefristeten Anstellungsverträgen.214 Diskutiert wird dies für Fremdgeschäftsführer etwa bei völlig unerwartetem Wirtschaftswachstum der Gesellschaft, insbesondere wenn der Teil der erfolgsabhängigen Vergütung vertraglich sehr gering festgelegt wurde. Gerichtliche Entscheidungen liegen zu diesem Fragenkomplex – soweit ersichtlich – nicht vor. Denn wenn sich die wirtschaftlichen Bedingungen unter der Geschäftsführung eines Geschäftsführers so wesentlich verbessern, dass an eine Gehaltsanpassung zu denken wäre, einigen sich die Parteien in der Regel ohne Zwang auf eine entsprechende Gehaltssteigerung.
213 BGH, Urt. v. 15.6.1992 – II ZR 88/91 – BB 1992, 1583; OLG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 16.4.2003 – 5 U 12/03 – GmbHR 2004, 423 f., das § 87 AktG analog anwendet; ausführlich hierzu Scholz/Schneider/ Hohenstatt, GmbHG, § 35 Rn 369. 214 Scholz/Schneider/Hohenstatt, GmbHG, § 35 Rn 368
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
h) Verjährung
164 Der Anspruch des Geschäftsführers auf Zahlung der Vergütung verjährt gemäß § 195
BGB in drei Jahren.215 Hiervon sind neben dem Gehaltsanspruch auch alle Ansprüche erfasst, die ein Entgelt für geleistete Dienste darstellen, wie etwa der Anspruch auf Provision, Gewinnanteile, Karenzentschädigung, Urlaubsabgeltung, Ruhegehalt o. Ä.
4. Nebenpflichten a) Treuepflicht 165 Der Geschäftsführer hat bei der Ausübung seiner Tätigkeit sowohl gegenüber der Gesellschaft als auch den jeweiligen Gesellschaftern Treuepflichten zu beachten. Stets wird hierbei das Problem der Interessenkollision im Vordergrund stehen. So soll der Geschäftsführer durch sein Tun den Erfolg seiner aktiven Förderpflicht nicht gefährden, das Vertrauen der Mitgesellschafter/Mitgeschäftsführer nicht enttäuschen oder missbrauchen und aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer keine persönlichen wirtschaftlichen Vorteile ziehen.216 Geschäftsführer dürfen der Gesellschaft angebotene Geschäftschancen nicht 166 selbst wahrnehmen oder auf eigene Rechnung selbst oder durch Angehörige oder Gesellschaften, an denen sie oder Angehörige beteiligt sind, verwerten.217 Von einer Geschäftschance spricht man u. a., wenn ein Gesellschafterbeschluss gefasst wurde, eine geschäftliche Möglichkeit tatsächlicher oder rechtsgeschäftlicher Natur wahrzunehmen, die Gesellschaft ein Interesse an der Wahrnehmung geäußert hat, sie bereits in Vertragsverhandlungen eingetreten ist, sie ein Angebot zur Wahrnehmung des Geschäfts erhalten hat oder gegebenenfalls sogar schon dann, wenn sich lediglich die Möglichkeit der Wahrnehmung eröffnet hat.218 Das Verbot endet nicht automatisch mit der Beendigung der Geschäftsführerstellung. Auch im Anschluss dürfen Geschäftsführer keine bereits zuvor bekannten Geschäftschancen an sich ziehen.219 Darüber hinaus dürfen Geschäftsführer auch keine Gesellschaftsressourcen zu 167 eigenen, unternehmensfremden Zwecken nutzen.220 In Betracht kämen u. a. das Ausnutzen von Insiderinformationen, Annahme von Schmiergeldern, Inanspruchnahme von Darlehen oder verdeckte Gewinnausschüttungen.
215 Statt Vieler BeckOK GmbHG, Wisskirchen/Kuhn, § 6 Rn 126; für den Beginn der Verjährungsfrist gilt § 199 BGB. 216 Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 Rn 152. 217 BGH, Urt. v. 23.9.1985 – II ZR 246/84 – WM 1985, 1443; BGH, Urt. v. 21.2.1983 – II ZR 183/82 – WM 1983, 498; OLG Koblenz, Urt. v. 31.5.2012 – 6 U 350/12 – BeckRS 2012, 11480. 218 BGH, Urt. v. 8.5.1967 – II ZR 126/65 – GmbHR 1968, 141; vgl. Kap. 8 Rn 23 (entsprechend für Arbeitnehmer). 219 BGH, Urt. v. 11.10.1976 – II ZR 104/75 – DB 1977, 158. 220 Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 Rn 200.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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b) Verschwiegenheitspflicht/Pflicht zur Geheimhaltung von Betriebsgeheimnissen Als weitere Ausprägung der Nebenpflicht des Geschäftsführers zur Loyalität gegen- 168 über der Gesellschaft hat derselbe umfangreiche Verschwiegenheitspflichten zu beachten.221 Über vertrauliche Angaben und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse hat der Geschäftsführer Stillschweigen zu bewahren. Eine Pflicht zur Verschwiegenheit besteht grundsätzlich nicht gegenüber der Gesellschafterversammlung, einzelnen Gesellschaftern, dem Aufsichtsrat oder Beirat. Denn diese sind ihrerseits zur Verschwiegenheit verpflichtet. Eine Pflicht zur Verschwiegenheit gegenüber den genannten Gruppen besteht allerdings dann, wenn Missbrauch zu gesellschaftsfremden Zwecken zu befürchten ist. Von besonderer praktischer Bedeutung ist die Verschwiegenheitspflicht insbesondere im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen. Gegebenenfalls ist in solchen Fällen vor einer Offenlegung von Informationen an Dritte ein Gesellschafterbeschluss einzuholen.222 Während der Dauer des Vertragsverhältnisses ergibt sich die Pflicht zur 169 Geheimhaltung bereits aus der Treuepflicht bzw. nach anderer Ansicht (auch) aus der Pflicht zur sorgfältigen Geschäftsführung des Geschäftsführers.223 Die Verschwiegenheitspflicht des Geschäftsführers wirkt jedoch – auch ohne gesonderte Vereinbarung – über die Beendigung des Vertragsverhältnisses hinaus.224 § 85 GmbHG stellt den Geschäftsführer unter Strafe, der ein Geheimnis der 170 Gesellschaft, insbesondere ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer bekannt geworden ist, unbefugt offenbart. Nicht übersehen werden darf allerdings, dass eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht nur schwer nachzuweisen ist. c) Wettbewerbsverbot (während des Anstellungsverhältnisses)225 Während des laufenden Anstellungsverhältnisses besteht für den GmbH- 171 Geschäftsführer die vertragliche Nebenpflicht, mit der Gesellschaft nicht in Wettbewerb zu treten. Dieses Wettbewerbsverbot für den GmbH-Geschäftsführer wird aus der dem Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft obliegenden Treuepflicht abgeleitet. § 60 HGB, der ein Wettbewerbsverbot für Handlungsgehilfen normiert, ist auf
221 Zu den Grenzen der Verschwiegenheitspflicht BeckOK GmbHG/Haas/Ziemons, § 43 Rn 203 ff. m. w. N. 222 Zur Verschwiegenheitspflicht des Geschäftsführers i.Z.m. der Durchführung von Due Dilligences vgl. Lutter, ZIP 1997, 613, 615; Ziegler, DStR 2000, 249, 251f; Oppenländer, GmbHR 2000, 535, 539. 223 Hümmerich/Reufels/Reufels, § 2 Rn 994; BeckOK GmbHG/Haas/Ziemons, § 43 Rn 187 m. w. N.; zur Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers mit Klauselmuster, vgl. Kap. 5 Rn 111 ff. 224 Zur (auch nachvertraglichen) Verschwiegenheitspflicht des Geschäftsführers mit Klauselmuster vgl. Rn 252 f.; zur nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers mit Klauselmuster vgl. Kap. 8 Rn 23 ff. 225 Zum Wettbewerbsverbot im Konzern, Reiserer/Heß-Emmerich/Peters, S. 139 f.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
den GmbH-Geschäftsführer wegen seiner Organstellung nicht unmittelbar anwendbar.226 172 Der Umfang des Wettbewerbsverbots wird von der herrschenden Meinung sehr weit gefasst. Unzulässig ist sowohl die Tätigkeit als konkurrierender Unternehmer, als Geschäftsführer eines konkurrierenden Unternehmens sowie in abhängiger Stellung als leitender Angestellter. Umstritten ist allerdings, ob für das Wettbewerbsverbot nur der tatsächliche Tätigkeitsbereich der Gesellschaft maßgeblich ist,227 oder auch der im Gesellschaftsvertrag festgelegte Unternehmensgegenstand, unabhängig davon, ob die Gesellschaft diesen Gegenstand (schon) voll ausfüllt.228 Der Geschäftsführer kann von dem Wettbewerbsverbot befreit werden. Ob hierfür 173 eine Klausel im Gesellschaftsvertrag erforderlich oder ob für den Dispens ein einfacher Gesellschafterbeschluss ausreichend ist, ist streitig.229 Weitgehend Einigkeit besteht allerdings über die Möglichkeit der Befreiung durch Gesellschafterbeschluss, wenn der Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Ermächtigung für die Gesellschafterversammlung vorsieht. Letztlich sind die Folgen der unterschiedlichen Ansichten hierzu für die Praxis heute aber kaum noch relevant, da die steuerrechtliche Behandlung der konkurrierenden Tätigkeit des Geschäftsführers durch die Rechtsprechung des BFH unter dem Gesichtspunkt der verdeckten Gewinnausschüttung in den Vordergrund gerückt ist.230 Für ein Wettbewerbsverbot während der Dauer des Anstellungsvertrages 174 empfiehlt sich folgendes der Klarstellung dienendes Klauselmuster: Klauselmuster Wettbewerbsverbot Für die Dauer dieses Anstellungsvertrages ist es dem Geschäftsführer nicht gestattet, in einem Unternehmen tätig zu sein, welches mit der Gesellschaft in direktem oder indirektem Wettbewerb steht, und zwar weder selbständig noch unselbständig, es zu beraten oder in irgendeiner Form zu unterstützen, ein solches Unternehmen zu errichten oder sich an solchen Unternehmen zu beteiligen, und zwar weder unmittelbar noch mittelbar, weder gelegentlich noch gewerbsmäßig.
226 St. Rspr., BGH, Urt. v. 12.6.1989 – II ZR 334/87 – BB 1989, 1637; BGH, Urt. v. 23.9.1985 – II ZR 246/84 – BB 1986, 90; BeckOK HGB/Wetzel, § 60 Rn 4; zum Inhalt des vertraglichen Wettbewerbsverbots BGH, Urt. v. 17.2.1997 – II ZR 278/95 – BB 1997, 1913. 227 So BGH, Urt. v. 5.12.1983 – II ZR 242/82 – DB 1984, 495. 228 So Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 Rn 163; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 Rn 42. 229 Vgl. zum Dispens auch Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 Rn 43. 230 Vgl. BFH, Urt. v. 18.12.1996 – I R 26/95 – NJW 1997, 1804; BFH, Urt. v. 30.8.1995 – I R 155/94 – NJW 1996, 950, wonach der Alleingesellschafter einer GmbH solange keinem gesetzlichen Wettbewerbsverbot unterliegt, als er der GmbH kein Vermögen entzieht, das zur Deckung des Stammkapitals benötigt wird.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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d) Nebentätigkeit Da der Geschäftsführer anders als ein Arbeitnehmer seine Arbeitskraft der Gesell- 175 schaft voll zur Verfügung stellen muss, verbleibt oft nur wenig Raum für Nebentätigkeiten. Soweit diese mit seinen Aufgaben als Geschäftsführer vereinbar sind, darf aber auch der GmbH-Geschäftsführer außerhalb des Unternehmensgegenstandes tätig werden. Anders als im Arbeitsvertrag kann im Anstellungsvertrag des GmbHGeschäftsführers aber ein absolutes Nebentätigkeitsverbot aufgenommen werden.231 Dieses Nebentätigkeitsverbot kann auch die Veröffentlichung von Publikationen sowie die Übernahme von Ehrenämtern umfassen. Werden durch die Nebentätigkeit des Geschäftsführers aber weder die Tätigkeit als Geschäftsführer noch sonstige berechtigte Interessen der Gesellschaft beeinträchtigt, so steht dem Geschäftsführer auch bei einem absoluten Nebentätigkeitsverbot ein Anspruch gegen die Gesellschaft zu, die Nebentätigkeit zu genehmigen.232 Aus diesem Grund empfiehlt sich folgendes Klauselmuster: 176 Klauselmuster Nebentätigkeitsverbot Die Aufnahme einer Nebentätigkeit, gleich ob entgeltlich oder unentgeltlich, bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschaft. Gleiches gilt für Veröffentlichungen und Vorträge, welche den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft betreffen. Dies gilt auch für die Übernahme von Ämtern in Aufsichtsgremien anderer Unternehmen und Ehrenämtern in Organisationen, wobei die zur Übernahme eines Amtes erteilte Zustimmung unter Beachtung etwaiger vom Geschäftsführer zu beachtender Kündigungsfristen jederzeit widerruflich ist.
5. Kündigung des Anstellungsverhältnisses a) Zuständigkeit Nach § 46 Nr. 5 GmbHG sind für die Bestellung eines Geschäftsführers die Gesell- 177 schafter zuständig.233 Diese Zuständigkeit erstreckt sich in der Regel auch auf den Abschluss des Anstellungsvertrages und gilt als actus contrarius auch für die Kündigung (sog. Annexkompetenz).234 Dies gilt sowohl für die ordentliche als auch für die fristlose außerordentliche Kündigung.235 Die gesetzliche Vertretungsbefugnis der
231 Vgl. Nebentätigkeit des Arbeitnehmers mit Klauselmuster Kap. 5 Rn 1 ff. 232 Hümmerich/Reufels/Borgmann, § 2 Rn 303. 233 BGH, Urt. v. 25.3.1991 – II ZR 169/90 – BB 1991, 927; zu den Besonderheiten bei der GmbH & Co. KG vgl. BGH, Urt. v. 27.3.1995 – II ZR 140/93 – DB 1995, 1169; vgl. auch Reiserer, DB 2006, 1787; zur anwaltlichen Vertretung von Geschäftsführern bei Abberufung und Kündigung vgl. Reiserer/Peters, DB 2008, 167. 234 So auch Lieder, NZG, 2015, 569, 570; Harbarth, BB 2015, 707. 235 BGH, Urt. v. 3.7.2000 – II ZR 282/98 – BB 2000, 1751 m. Anm. v. Günther, EWiR 2001, 119; BGH, Urt. v. 27.3.1995 – II ZR 140/93 – BB 1995, 1102; BGH, Urt. v. 17.3.1980 – II ZR 178/79 – BB 1980, 1177;
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Geschäftsführer greift insoweit nicht.236 Die Gesellschafter entscheiden, soweit in dem Gesellschaftsvertrag keine anders lautende Bestimmung enthalten ist, nach § 47 Abs. 1 GmbHG mit einfacher Mehrheit. Dabei kann der betroffene GesellschafterGeschäftsführer, ebenso wie bei seiner Anstellung, mitstimmen,237 es sei denn, er soll aus wichtigem Grund entlassen werden.238 Wird der Geschäftsführer von der Beschlussfassung ausgeschlossen, kann er den Gesellschafterbeschluss wirksam anfechten, wenn die Vorenthaltung des Stimmrechts für das Ergebnis ursächlich war.239 Nach interner Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung betrauen regelmäßig die Gesellschafter einen einzelnen Gesellschafter oder einen Mitgeschäftsführer mit dem Ausspruch der Kündigungserklärung.240 Der Ausführende handelt dabei als Bevollmächtigter der Gesellschaft, nicht aber als deren Organ. Die Gesellschafter haben dann eine Ermächtigung ausgesprochen, den von ihnen gefassten Beschluss auszuführen. Fehlt ein wirksamer Gesellschafterbeschluss, ist die Kündigung des Anstellungsvertrages unwirksam. Eine rückwirkende Genehmigung durch die Gesellschafter, wenn ein Beschluss fehlte, ist nicht möglich.241 Lediglich wenn das Anstellungsverhältnis nach der Abberufung noch als Arbeitsverhältnis fortgeführt worden ist, ist für die Kündigung der neue Geschäftsführer zuständig.242 Zulässig ist es zudem, dass der Gesellschaftsvertrag die interne Zuständigkeit 178 für den Ausspruch der Kündigung des Anstellungsvertrages von den Gesellschaftern auf einen eingerichteten fakultativen Aufsichtsrat überträgt.243 In diesem Fall ruht die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung und lebt erst wieder auf, falls das Gremium nicht mehr besteht oder jedenfalls handlungsunfähig wird.244 In diesem Zusammenhang ist für den Fall der Umdeutung einer außerordentli179 chen Kündigung eines Dienstverhältnisses in eine ordentliche Kündigung zu beach-
Anschluss OLG Hamm, Urt. v. 1.2.2006 – 8 U 46/05 – NZG 2006, 430; OLG Köln, Urt. v. 21.2.1990 – 13 U 195/89 – GmbHR 1991, 156; ausführlich zu Kündigung und Abberufung Lunk, ZIP 1999, 1777. 236 BGH, Urt. v. 9.10.1989 – II ZR 16/89 – BB 1989, 2209 m. Anm. v. Schlechtriem, EWiR 1990, 17. 237 BGH, Urt. v. 29.9.1955 – II ZR 225/54 – BGHZ 18, 205; BGH, Urt. v. 20.12.1982 – II ZR 110/82 – BGHZ 86, 177, 181; BGH, Urt. v. 28.1.1985 – II ZR 79/84 – GmbHR 1985, 256. 238 BGH, Urt. v. 26.3.1984 – II ZR 120/83 – NJW 1984, 2528; OLG Stuttgart, Urt. v. 13.4.1994 – 2 U 303/93 – GmbHR 1995, 228; Gehrlein, BB 1996, 2257; Hümmerich/Reufels/Reufels, § 2 Rn 481. 239 BGH, Urt. v. 27.10.1986 – II ZR 240/85 – WM 1987, 71 m. Anm. v. Riegger, EWiR 1987, 53. 240 Vgl. BGH, Urt. v. 1.2.1968 – II ZR 212/65 – WM 1968, 570; OLG Köln, Urt. v. 21.2.1990 – 13 U 195/89 – GmbHR 1991, 156. 241 OLG Köln, Urt. v. 21.2.1990 – 13 U 195/89 – GmbHR 1991, 156; Scholz/Schneider/Hohenstatt, GmbHG, § 35 Rn 428. 242 BGH, Urt. v. 27.3.1995 – II ZR 140/93 – BB 1995, 1102; BGH, Urt. v. 13.2.1984 – II ZR 2/83 – WM 1984, 532. 243 So zuletzt BGH, Urt. v. 10.9.2001 – II ZR 14/00 – DB 2001, 2438 zur (prozessualen) Vertretung der Gesellschaft mit fakultativem Aufsichtsrat gegenüber ausgeschiedenen Geschäftsführern vgl. BGH, Urt. v. 5.3.1990 – II ZR 86/89 – BB 1990, 729; BGH, Urt. v. 24.11.2003 – II ZR 127/01 – BB 2004, 126. 244 Scholz/Schneider, GmbHG, § 52 Rn 12.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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ten, dass nach der Rechtsprechung des BGH eine Umdeutung nur dann vorgenommen werden kann, wenn nach der Sachlage anzunehmen ist, dass die ordentliche Kündigung dem Willen des Kündigenden entspricht und dieser Wille in seiner Erklärung für den Empfänger erkennbar zum Ausdruck kommt.245 Da die Kündigung des Dienstvertrages eines Geschäftsführers in den ausschließlichen Zuständigkeitsbereich der Gesellschafterversammlung fällt, ist es erforderlich, dass der Beschluss der Gesellschafter ihren Willen zum Ausdruck bringt, es solle nicht nur eine fristlose, sondern auch eine fristgemäße Kündigung ausgesprochen werden. Dieser Wille muss sich darüber hinaus aus der dem Empfänger der Kündigungserklärung gegenüber abgegebenen Erklärung ergeben. Kündigt der Geschäftsführer, so kann er die Erklärung sowohl an einen Mit- 180 geschäftsführer, auch wenn Gesamtvertretungsbefugnis besteht,246 als auch an die Gesellschafter richten.
b) Kündigungsfrist Ist im Anstellungsvertrag eine bestimmte Kündigungsfrist nicht geregelt247 und beste- 181 hen feste Bezüge, die nach Monaten bemessen sind, so finden die Kündigungsfristen des § 622 BGB Anwendung.248 Nach ihrem Wortlaut ist diese Vorschrift zwar nicht unmittelbar auf den GmbH-Geschäftsführer anwendbar, da sie lediglich für Arbeitnehmer gilt. Dessen ungeachtet gebietet es die Interessenlage, auch dem Geschäftsführer, der seine Arbeitskraft der Gesellschaft für eine Anzahl von Jahren zur Verfügung gestellt hat, mit zunehmender Betriebszugehörigkeit steigende Kündigungsfristen zu gewähren.249 Dies gilt allerdings nur für den Fremdgeschäftsführer sowie für den nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, die sich beide darauf eingestellt haben, die Geschäftsführertätigkeit auch beruflich auszuüben und für ihren Lebensunterhalt ein Gehalt zu beziehen.250 Das OLG Düsseldorf hat die entsprechende Anwendung des § 622 BGB auf Anstellungsverträge von GmbH-Geschäftsführern primär von der Frage abhängig gemacht, ob der betreffende Geschäftsführer zumindest den wesentlichen Teil seiner Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft gestellt und auch nicht durch eine Mehrheitsbeteiligung an der
245 Vgl. etwa BGH, Urt. v. 8.9.1997 – II ZR 165/96 – NJW 1998, 76; BGH 14.2.2000 – II ZR 285/97 – BB 2000, 631; Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, § 6 Rn 146. 246 Einhellige Ansicht, vgl. bereits BGH, Urt. v. 19.1.1961 – II ZR 217/58 – GmbHR 1961, 48; Scholz/ Schneider/Hohenstatt, § 35 Rn 430, 313. 247 Klauselmuster zur Vertragsdauer und Beendigung eines unbefristeten Anstellungsvertrages vgl. Rn 222. 248 Str., so aber hM, vgl. Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, § 6 Rn 122 ff. 249 So auch Bauer/Gragert, ZIP 1997, 2177, 2180; a. A. Hümmerich, NJW 1995, 1177. 250 Zu § 622 BGB a. F. vgl. BGH, Urt. v. 29.1.1981 – II ZR 92/80 – BB 1981, 752 betr. Fremdgeschäftsführer; BGH, Urt. v. 26.3.1984 – II ZR 120/83 – NJW 1984, 2528 betr. Gesellschafter-Geschäftsführer.
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Gesellschaft auf diese beherrschenden Einfluss ausgeübt hat.251 Somit verbleibt es lediglich für den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer bei den kurzen Kündigungsfristen des § 621 BGB.252 Der Geschäftsführeranstellungsvertrag kann – ebenso wie ein Arbeitsvertrag253 – 182 grundsätzlich bereits vor dem vereinbarten Dienstantritt gekündigt werden, wenn keine abweichende Vereinbarung vorliegt.254 Eine solche liegt nicht schon stets bei einem Geschäftsführerdienstvertrag vor, zumindest dann nicht, wenn eine Probezeit vereinbart ist.255
c) Schriftform 183 Seit 1.5.2000 gilt für die Kündigung und die einvernehmliche Aufhebung von Arbeitsverhältnissen das Schriftformerfordernis des § 623 BGB.256 Soweit der GmbHGeschäftsführer in einem Arbeitsverhältnis steht, findet die Vorschrift daher Anwendung.257 Es ist bisher umstritten, ob diese Schriftformklausel auch für die Kündigung und die einvernehmliche Aufhebung des Dienstverhältnisses von GmbH-Geschäftsführern und AG-Vorständen gilt.258 Teilweise wird vertreten, dass sich jedenfalls bei Fremdgeschäftsführern eine Anwendung des § 623 BGB aus den gleichen Erwägungen rechtfertigt, die auch zur entsprechenden Anwendung der Kündigungsfristen des § 622 BGB geführt haben.259 Hiergegen sprechen allerdings die Gesichtspunkte der grammatikalischen, systematischen und teleologischen Auslegung. Gleichwohl bleiben bis zur höchstrichterlichen Klärung Unwägbarkeiten, die nur durch die Einhaltung der Schriftform ausgeschlossen werden können.260 Im Übrigen empfiehlt sich die Schriftform der Kündigung bereits aus Beweisgründen.261
251 OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.10.2003 – I-17 U 35/03 – NZG 2004, 478. 252 BGH, Urt. v. 9.3.1987 – II ZR 132/86 – BB 1987, 848; OLG Hamm, Urt. v. 27.1.1992 – 8 U 200/91 – NJW-RR 1993, 493. 253 BAG, Urt. v. 25.3.2004 – 2 AZR 324/03 – NJW 2004, 3444 f. 254 KG Berlin, Beschl. v. 13.7.2009 – 23 U 50/09 –, GmbHR 2010, 37. 255 KG Berlin, Beschl. v. 13.7.2009 – 23 U 50/09 – GmbHR 2010, 37. 256 Zum Schriftformerfordernis bei der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses vgl. Kap. 6 Rn 132 ff. 257 BeckOK BGB/Fuchs, § 623 BGB Rn 2; MüKo-BGB/Henssler, § 623 Rn 6. 258 BeckOK ArbeitsR/Gotthardt, § 623 BGB Rn 2. 259 KR/Spilger, § 623 BGB Rn 41; a. A. Zimmer, BB 2003, 1175; MüKo-BGB/Henssler, § 623 Rn 6. 260 So auch Löw, BuW 2004, 78. 261 So auch Moll/Moll/Grobys, § 80 Rn 64.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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d) Freistellung Der GmbH-Geschäftsführer kann jederzeit von seinen vertraglichen Dienstpflichten 184 freigestellt werden.262 Eine Einschränkung gilt nur dann, wenn der Widerruf der Bestellung im Geschäftsführerdienstvertrag auf wichtige Gründe beschränkt wurde (§ 38 Abs. 2 GmbHG). In diesem Fall ist es allerdings auch ausreichend, wenn die Gesellschaft billigenswerte Gründe hat, die in der Regel dann bejaht werden, wenn die Suspendierung dem Zweck dienen soll, vorliegende Tatsachen oder Vorwürfe auf ihre Tragweite bzw. eine etwa erforderliche Abberufung zu überprüfen. Des Vorliegens eines wichtigen Grundes bedarf es für die Suspendierung dagegen regelmäßig nicht.263 Aus Gründen der Rechtssicherheit empfiehlt sich dennoch die Aufnahme einer 185 Freistellungsklausel in den Anstellungsvertrag. Klauselmuster Vertragsdauer und Beendigung Im Fall der Kündigung behält sich die Gesellschaft das Recht vor, den Geschäftsführer bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Verpflichtung zur Dienstleistung freizustellen; etwaige noch offene Urlaubsansprüche sind in diesem Fall auf den Freistellungszeitraum anzurechnen.
e) Allgemeiner Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz aa) Ausschluss des Kündigungsschutzgesetzes Der allgemeine Kündigungsschutz des KSchG greift nicht ein in Betrieben einer juristi- 186 schen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der Gesellschaft berufen ist, § 14 Abs. 1 KSchG. Geschäftsführer einer GmbH, gleichgültig, ob Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer, Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer oder Fremdgeschäftsführer, sind zur Vertretung der GmbH berufen und unterfallen somit grundsätzlich nicht dem allgemeinen Kündigungsschutz des KSchG.264 Im Anstellungsvertrag kann jedoch die Geltung der materiellen Regeln des 187 Kündigungsschutzgesetzes zugunsten des Geschäftsführers vereinbart werden.265 In einer solchen privatautonomen Vereinbarung liegt nach einer neueren Entscheidung
262 A. A. Beckmann, NZA 2004, 1131, 1134 f., der stets das Vorliegen eines sachlichen Grundes für erforderlich hält, ähnlich Wicke, GmbHG, Anhang § 6 Rn 15, der die Möglichkeit einer Freistellung von einer Regelung im Anstellungsvertrag oder dem Bestehen eines schützenswerten Interesses der Gesellschaft abhängig macht; zur Freistellung von Arbeitnehmer vgl. Kap. 6 Rn 183 ff. 263 LG Köln, Urt. v. 9.9.1997 – 3 O 406/97– GmbHR 1997, 1104; Reiserer/Heß-Emmerich/Peters, S. 88 f. 264 Einhellige Ansicht, BAG, Urt. v. 17.1.2002 – 2 AZR 719/00 – NZA 2002, 854 m. Anm. v. Reiserer, AP Nr. 8 zu § 14 KSchG 1969; vgl. i.Ü. statt vieler ErfK/Kiel, § 14 KSchG Rn 3. 265 BGH, Urt. v. 10.5.2010 – II ZR 70/09 –, DB 2010, 1518 m. Anm. v. Diller, NZG 2011, 254.
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des BGH266 zwar eine Einschränkung der Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages, die jedoch die Bestellungs- und Abberufungsfreiheit der Gesellschafterversammlung hinsichtlich der davon zu trennenden Organstellung nur mittelbar berühre und daher zulässig sei. Darin sei keine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft zu sehen. Zur Begründung wird u. a. die Vorschrift des § 38 GmbHG angeführt, die weitere Einschränkungen der Abberufbarkeit zulässt. § 1 KSchG enthalte einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht, von welchem nicht zu Lasten von Arbeitnehmern abgewichen werden könne; eine privatautonome Ausdehnung des Kündigungsschutzes über den gesetzlich geregelten Anwendungsbereich hinaus sei aber zulässig. Das nachfolgende Klauselmuster dient als Beispiel für die Einbeziehung der 188 materiellen Regeln des KSchG zugunsten des Geschäftsführers: Klauselmuster Vertragsdauer und Beendigung (…) … (…) Für die Kündigung gelten im Übrigen zugunsten des Geschäftsführers die Bestimmungen des deutschen Kündigungsschutzrechts für Arbeitnehmer. Das Recht zur fristlosen Kündigung des Vertrages aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften bleibt unberührt.
bb) Arbeitsverhältnis neben Anstellungsvertrag
189 Nach der Rechtsprechung des BAG gibt es neben der oben beschriebenen Vereinbar-
keit zum KSchG im Wesentlichen zwei Situationen, in denen ausnahmsweise auch die Kündigung des Geschäftsführers an den Kriterien des KSchG zu messen ist. Der weniger häufig auftretende Fall liegt vor, wenn zwischen der Person des 190 Geschäftsführers und der Gesellschaft zwei Rechtsverhältnisse bestehen – ein Anstellungsverhältnis und ein davon abgrenzbares Arbeitsverhältnis. Da der Geschäftsführer in diesem Fall neben der Organstellung auch in einem Angestelltenverhältnis zu der Gesellschaft steht, z. B. als angestellter Architekt einer Baugesellschaft, deren Geschäftsführer er gleichzeitig ist, wäre in diesem Fall die Kündigung des Architekten nur wirksam, wenn sie nicht nach § 1 KSchG sozialwidrig ist. Die für die Praxis wichtigere Ausnahme lag nach der früheren Rechtsprechung 191 des BAG dann vor, wenn ein bis dahin im Angestelltenverhältnis tätiger Mitarbeiter der Gesellschaft einen innerbetrieblichen Aufstieg zum Geschäftsführer machte.267 Denn nach der früher gefestigten Rechtsprechung des BAG sollte das KSchG auch bei der ordentlichen Kündigung eines Geschäftsführers anwendbar sein,
266 BGH, Urt. v. 10.5.2010 – II ZR 70/09 – DB 2010, 1518; auch zur Behandlung und Auslegung eines Auflösungsantrages nach §§ 14 Abs. 2 S. 2, 9 Abs. 1 S. 2 KSchG in solchen Fällen. 267 Vgl. hierzu Schrader/Straube, GmbHR 2005, 904.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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wenn der Geschäftsführer vor seiner Bestellung in einem Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft gestanden hatte und sich durch seine Bestellung zum Organ die Vertragsbedingungen nicht wesentlich geändert hatten. Wurde in diesem Fall das Arbeitsverhältnis nicht ausdrücklich aufgehoben, ging das BAG davon aus, dass das frühere Arbeitsverhältnis während der Geschäftsführertätigkeit lediglich ruhte, also sachlich fortbestand, und nach Abberufung des Geschäftsführers ohne besondere Vereinbarung wieder auflebte.268 Das BAG hat diese Grundsätze, die mit der besonderen Schutzbedürftigkeit des 192 Geschäftsführers begründet wurden, in den 90er-Jahren aufgegeben. Zunächst hat der zeitweise zuständige Fünfte Senat in seiner Entscheidung vom 28.9.1995269 festgestellt, dass im Zweifel mit der Geschäftsführerbestellung das bisherige Arbeitsverhältnis aufgehoben werde. Auch die folgenden Entscheidungen des Zweiten Senats führten weiter von der bisherigen Theorie vom „ruhenden Arbeitsverhältnis“ weg. Heute geht das BAG grundsätzlich davon aus, dass mit dem Abschluss eines schriftlichen270 Geschäftsführerdienstvertrages das bisherige Arbeitsverhältnis im Zweifel einvernehmlich beendet wird; es bestehe eine dahingehende tatsächliche Vermutung.271 In der Entscheidung vom 5.6.2008272 betont das BAG zugleich, dass der neue Vertrag die ausschließliche Grundlage der rechtlichen Beziehungen der Parteien darstellt, sofern nichts anderes vereinbart ist; die im Rahmen des bisherigen Arbeitsverhältnisses vereinbarten Rechte und Pflichten würden durch den schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag konkludent aufgehoben. Nach den Entscheidungen des BAG vom 19.7.2007273 gilt dies auch nach dem 193 Inkrafttreten der gesetzlichen Schriftform nach § 623 BGB für Aufhebungsverträge. Durch den schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag wird das Schriftformerfordernis nach §§ 623, 126 BGB für die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gewahrt.274 Der Warnfunktion des § 623 BGB werde dadurch Genüge getan, dass dem Arbeitnehmer durch die schriftliche Vertragsurkunde des Geschäftsführerdienstvertrages hinreichend deutlich vor Augen geführt werde, dass die vertraglichen Beziehungen zu
268 BAG, Urt. v. 9.5.1985 – 2 AZR 330/84 – BB 1985, 1474; BAG, Urt. v. 27.6.1985 – 2 AZR 425/84 – DB 1986, 2132; BAG, Urt. v. 12.3.1987 – 2 AZR 336/86 – DB 1987, 2659; ausführlich hierzu Reiserer, DB 1994, 1822; Reiserer/Heß-Emmerich/Peters, S. 92 f. 269 BAG, Beschl. v. 28.9.1995 – 5 AZB 4/95 – ZIP 1996, 146. 270 Anders bei fehlender Schriftform infolge nur konkludenter Erweiterung des Arbeitsverhältnisses, vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 26.1.2009 – 6 Ta 174/09 – NZA-RR 2009, 277. 271 BAG, Urt. v. 5.6.2008 – 2 AZR 754/06 – BB 2009, 612. 272 BAG, Urt. v. 5.6.2008 – 2 AZR 754/06 – BB 2009, 612. 273 BAG, Urt. v. 19.7.2007 – 6 AZR 774/06 – DB 2007, 2093; BAG, Urt. v. 19.7.2007– 6 AZR 875/06 – NJWSpezial 2007, 484. 274 Etwas anderes gilt dann, wenn der Geschäftsführerdienstvertrag nur konkludent oder mündlich abgeschlossen wird, so LAG Niedersachsen, Beschl. v. 5.3.2007 – 17 Ta 618/06 – NZA-RR 2007, 522; ebenso Lembke, BB 2008, 393.
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seinem Arbeitgeber nunmehr auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt werden.275 In der Entscheidung vom 25.10.2007276 betont das BAG darüber hinaus für das Bestehen des sog. „ruhenden Arbeitsverhältnisses“ die besondere Darlegungs- und Beweislast des Geschäftsführers. Behauptet ein gekündigter Geschäftsführer, es hätten zwei Schuldverhältnisse bestanden, nämlich ein Geschäftsführerdienstverhältnis und ein ruhendes Arbeitsverhältnis, hat er nach Auffassung des BAG die Tatsachen darzulegen, aus denen sich diese Verdopplung der Rechtsverhältnisse anlässlich seiner Geschäftsführerbestellung ergeben soll.277
f) Besonderer Kündigungsschutz aa) Mutterschutz/Elternzeit 194 Auf den besonderen Kündigungsschutz nach dem MuSchG kann sich nach der Danosa-Entscheidung des EuGH278 eine (Fremd-)Geschäftsführerin berufen, wenn sie dem unionsrechtlichem Arbeitnehmerbegriff unterfällt, d. h. Weisungen der Gesellschaft unterworfen ist. Hintergrund hierfür ist, dass die maßgebliche Richtlinie 92/85/EWG bezüglich der Definition des Arbeitnehmerbegriffs an unionsrechtlichen Vorstellungen anknüpft, während den meisten anderen arbeitsrechtlichen Richtlinien der Arbeitnehmerbegriff des jeweiligen Mitgliedsstaates zugrunde liegt.279 Liegen die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffes 195 dagegen nicht vor, so gilt die bisher ganz überwiegende Meinung fort, dass der besondere Kündigungsschutz des MuSchG280 sowie des BEEG für die Geschäftsführerin bzw. den Geschäftsführer der GmbH keine Anwendung findet.
bb) Schwerbehinderung
196 Der Sonderkündigungsschutz für schwerbehinderte Arbeitnehmer lässt sich nicht
auf Organmitglieder übertragen.281 Das Bundessozialgericht hat diese Regel insoweit
275 BAG, Urt. v. 19.7.2007 – 6 AZR 774/06 – DB 2007, 2093, 2095. 276 BAG, Urt. v. 25.10.2007 – 6 AZR 1045/06 – DB 2008, 355. 277 Zur Frage des Wiederauflebens eine Arbeitsverhältnisses nach Verlust der Organstellung und zur Rolle des „ruhenden Arbeitsverhältnisses“ in der Praxis vgl. Hümmerich/Boecken/Spirolke/Reiserer, § 4 Rn 82 f.; zur Rechtsprechungsänderung für den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten und etwaigen Folgen für die Anwendung des Kündigungsschutzes vgl. Rn 37 ff. 278 EuGH, Urt. v. 11.11.2010 – C-232/09 – NZA 2011, 143 – Danosa; dazu Anm. Reiserer, DB 2011, 2262; vgl. Rn 10 f. 279 Moll/Reiserer, § 6 Rn 67. 280 Statt vieler Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, § 35 Rn 178; Hohenstatt/Naber, NZA 2014, 637, 638; vgl. auch Hümmerich/Boecken/Spirolke/Reiserer, § 4 Rn 84 f.; Reiserer/Heß-Emmerich/Peters, S. 95 f. 281 BGH, Urt. v. 9.2.1978 – II ZR 189/76 – BB 1978, 520; OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.10.2012 – I-6 U 47/12 – GmbHR 2012, 1347; OLG Hamm, Urt. v. 2.6.1986 – 8 U 298/85 – GmbHR 1987, 307; LG Siegen, Urt.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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relativiert, als ein schwerbehinderter Fremdgeschäftsführer einer Kommanditgesellschaft und ihrer Komplementär-GmbH jedenfalls dann nicht auf einem Arbeitsplatz im Sinne des damaligen § 7 Abs. 1 SchwbG beschäftigt werde, wenn ihm durch den Anstellungsvertrag eine für arbeitgebergleiche Personen charakteristische Selbstständigkeit eingeräumt sei.282 Auch das OLG Düsseldorf283 knüpft in einer neueren Entscheidung an das Maß der Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers im Verhältnis zur Gesellschaft an. Liegt nach dem Inhalt des Geschäftsführer-Dienstvertrages und nach den Regelungen in der Geschäftsordnung der Gesellschaft ein freier Dienstvertrag vor und fehlt es somit am Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 85 SGB IX, so kann sich der Geschäftsführer ungeachtet seiner nachgewiesenen Schwerbehinderteneigenschaft nicht auf den besonderen Kündigungsschutz des § 85 SGB IX berufen.
g) Außerordentliche Kündigung der Gesellschaft aa) Wichtiger Grund Die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages nach § 626 BGB setzt voraus, dass 197 ein wichtiger Grund für die Kündigung vorliegt. Dabei ist der „wichtige Grund“ zur Abberufung nach § 38 Abs. 2 GmbHG nicht notwendig auch ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages.284 Vielmehr hat eine gerichtliche Entscheidung über die Wirksamkeit der sofortigen Abberufung aus wichtigem Grund auch dann keine Rechtskraftwirkung für die fristlose Kündigung des Anstellungsverhältnisses, wenn die Beendigung beider Rechtsverhältnisse gemeinsam ausgesprochen und auf denselben Grund gestützt wird.285 Ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung des Geschäftsführerdienstvertra- 198 ges setzt voraus, dass dem Geschäftsführer eine schwere Pflichtverletzung zur Last gelegt wird und der Gesellschaft die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zu einem ordentlichen Ablauf der Kündigungsfrist bei Abwägung aller Umstände, insbesondere auch der beiderseitigen Interessen und des eigenen Verhaltens des Diensther-
v. 24.9.1985 – 6 O 106/85 – ZIP 1985, 1282; a. A. LG München I, Urt. v. 18.12.1991 – 3 O 6702/91 – n. v.; zur Anrechenbarkeit des Geschäftsführers auf die Pflichtplatzzahl für Schwerbehinderte vgl. BVerwG, Urt. v. 26.9.2002, NZA 2003, 1094. 282 BVerwG, Urt. v. 26.9.2002 – 5 C 53/01 – NZA 2003, 1094. 283 OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.10.2012 – I-6 U 47/12 – GmbHR 2012, 1347. 284 BGH, Urt. v. 9.2.1978 – II ZR 189/76 – BB 1978, 520; Janzen, NZG 2003, 468, 469 (zu Vorstandsmitgliedern); zur Abberufung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund bei Verletzung der Buchführungspflichten sowie bei unheilbarem Zerwürfnis mit einem Mitgeschäftsführer vgl. BGH, Beschl. v. 12.01.2009 – II ZR 27/08 – BB 2009, 801. 285 BGH, Beschl. v. 28.5.1990 – II ZR 245/89 – GmbHR 1990, 345; zur außerordentlichen Kündigung generell Reiserer, BB 2002, 1199; Reiserer, DB 2006, 1787, 1788 ff.; vgl. FG München, Urt. v. 18.3.2005 – 8 K 4814/04 – n. v.
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ren, nicht mehr zugemutet werden kann.286 Vorvertragliche Gründe, also Vorgänge, die der Gesellschafterversammlung bereits bei der Bestellung bzw. bei Abschluss des Anstellungsvertrages bekannt waren, rechtfertigen grundsätzlich keine fristlose Kündigung. Das gilt selbst dann, wenn ein möglicherweise wegen Mehrheitsmissbrauchs rechtswidriger, aber nicht erfolgreich angefochtener Gesellschafterbeschluss über den Abschluss des Anstellungsvertrages vorliegt.287 Das Recht zur Kündigung des Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund ist unabdingbar. Es darf weder ganz beseitigt noch dadurch beschränkt werden, dass die Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung vertraglich auf wenige Gründe reduziert oder durch eine Abfindungsregel unzulässig eingeschränkt wird.288 Die Angabe des Kündigungsgrundes ist zur Wirksamkeit der Kündigung nicht erforderlich. Auf Verlangen des Geschäftsführers muss die Gesellschaft nach § 626 Abs. 2 S. 3 BGB aber den Kündigungsgrund schriftlich mitteilen. Aus der Kündigungserklärung muss zudem hervorgehen, dass das Dienstverhältnis aus wichtigem Grund ohne Bindung an die vertraglich vereinbarten oder gesetzlichen Kündigungsfristen beendet werden soll.289 Die Beweislast für die Tatsachen, die den wichtigen Grund tragen, trägt die Gesellschaft. Beruft sich der Geschäftsführer auf Umstände, die sein Verhalten rechtfertigen sollen, hat die Gesellschaft diese zu widerlegen und hierfür den Beweis zu führen.290 Als wichtige Gründe kommen grundsätzlich nur solche Umstände in Betracht, die in der Person des Geschäftsführers liegen. Dies sind meist Pflichtverletzungen des Geschäftsführers wie Treuepflichtverletzungen oder strafbare Handlungen. In Einzelfällen können aber auch objektive Umstände wie etwa die dauernde Arbeitsunfähigkeit des Geschäftsführers wegen Krankheit eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, ohne dass es hier eines Verschuldens des Geschäftsführers bedürfte.291 Als wichtiger Grund wurde von der Rechtsprechung bisher u. a. anerkannt:
286 BGH, Urt. v. 19.10.1987 – II ZR 97/87 – BB 1988, 88; vgl. auch BGH, Beschl. v. 10.12.2007 – II ZR 289/06 – BB 2008, 955 m. Anm. v. Reiserer. 287 BGH, Urt. v. 12.7.1993 – II ZR 65/92 – BB 1993, 1681; m. Anm. v. Goette, DStR 1993, 1457. 288 BGH, Urt. v. 3.7.2000 – II ZR 282/98 – NZA 2000, 945; Fortführung BGH, Urt. v. 17.3.2008 – II ZR 239/06 – NZG 2008, 471 zur vertraglichen Ausschlussmöglichkeit einer außerordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers vgl. Kap. 6 Rn 141 f., 143 ff. 289 OLG Frankfurt, Urt. v. 19.1.1988 – 5 U 3/86 – GmbHR 1989, 254, 256. 290 BGH, Urt. v. 28.10.2002 – II ZR 353/00 – GmbHR 2003, 33; LAG Köln, Urt. v. 21.4.2004 – 8 (13) Sa 136/03 – LAGReport 2005, 63; OLG München, Urt. v. 7.2.2007 – 7 U 4952/06 – AG 2007, 361; BAG, Urt. v. 19.12.1991 – 2 AZR 367/91 – n. v.; BAG, Urt. v. 6.8.1987 – 2 AZR 226/87 – NJW 1988, 438. 291 OLG Zweibrücken, Urt. v. 5.6.2003 – 4 U 117/02 – GmbHR 2003, 1206, 1207; vgl. auch Brandenburgisches OLG, Urt. v. 9.5.2007 – 7 U 84/06 – n. v.; zur Weigerung über eine schwere Erkrankung Auskunft zu geben.
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Beispiel – Eigenmächtige Entnahme vom Konto der Gesellschaft zur Sicherung etwaiger künftiger Ansprüche gegen die Gesellschaft;292 – Verletzung der Auskunftspflicht gegenüber Gesellschaftern;293 – Verletzung der Pflicht zur Überwachung der wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft;294 – Beharrliche Nichtbefolgung von Gesellschafterweisungen;295 – Tiefgreifendes, die weitere Zusammenarbeit unmöglich machendes, auch nach außen zum Ausdruck kommendes Zerwürfnis unter den Geschäftsführern, zu dem der Betroffene durch sein Verhalten mit beigetragen haben muss;296 – Stetige Widersetzung gegen die Interessen der Gesellschaft;297 – Illoyales Verhalten gegenüber dem Alleingesellschafter;298 – Begründeter Verdacht, auf betrügerische Weise Subventionen erschlichen zu haben;299 – Begründeter Verdacht einer (auch außerdienstlichen) strafbaren Handlung;300 – Überschreitung der Geschäftsführerbefugnis;301 – Unberechtigte Amtsniederlegung;302 – Verfolgung eigennütziger Interessen zum Nachteil der Gesellschaft;303 – Wettbewerb zur Gesellschaft, Verschweigen von Eigengeschäften;304
292 BGH, Urt. v. 26.6.1995 – II ZR 109/94 – BB 1995, 1844; OLG Köln, Urt. v. 28.6.1995 – 2 U 97/94 – GmbHR 1996, 290. 293 BGH, Urt. v. 20.2.1995 – II ZR 9/94 – BB 1995, 975; bestätigt durch BGH, Urt. v. 19.6.2012 – II ZR 243/11 – NZG 2012, 940; OLG Hamm, Urt. v. 6.3.1996 – 8 U 154/93 – GmbHR 1996, 939; OLG München, Urt. v. 23.2.1994 – 7 U 5904/93 – BB 1994, 735; OLG Frankfurt, Urt. v. 24.11.1992 – 5 U 67/90 – DB 1993, 2324. 294 BGH, Urt. v. 20.2.1995 – II ZR 9/94 – BB 1995, 975; bestätigt durch BGH, Urt. v. 19.6.2012 – II ZR 243/11 – NZG 2012, 940; BGH, Urt. v. 8.12.1994 – II ZR 9/94 – WM 1995, 709; OLG Bremen, Urt. v. 20.3.1997 – 2 U 110/96 – GmbHR 1998, 536. 295 OLG Frankfurt, Urt. v. 7.2.1997 – 24 U 88/95 – GmbHR 1997, 346, auch bei für die Gesellschaft wirtschaftlich nachteiligen, aber rechtmäßigen Weisungen. 296 BGH, Urt. v. 17.10.1983 – II ZR 31/83 – WM 1984, 29; OLG Brandenburg, Urt. v. 5.12.2007 – 7 U 86/07 – n. v.; BGH, Beschl. v. 12.1.2009 – II ZR 27/08 – NZG 2009, 386; für die zweigliedrige Gesellschaft LG Hamburg, Urt. v. 17.5.2013 – 412 HKO 73/12 – GWR 2013, 295; LG Karlsruhe, Urt. v. 29.4.1998 – O 120/96 KfH I – DB 1998, 1225; m. Anm. v. Morawietz, GmbHR 2000, 637; OLG Naumburg, Urt. v. 25.1.1996 – 2 U 31/95 – GmbHR 1996, 935; LG Karlsruhe, Urt. v. 29.4.1998, GmbHR 1998, 1225; m. Anm. v. Wolf, GmbHR 1998, 1163. 297 BGH, Urt. v. 8.5.1967 – II ZR 126/65, BB 1967, 731. 298 BGH, Urt. v. 14.2.2000 – II ZR 218/98, BB 2000, 844. 299 BGH, Urt. v. 2.7.1984 – I ZR 16/84 – WM 1984, 1187. 300 BGH, Urt. v. 9.1.1967 – II ZR 226/64 – WM 1967, 251; OLG Celle, Urt. v. 5.5.2003 – 9 U 111/02 – GmbHR 2003, 773; LAG Berlin, Urt. v. 30.6.1997 – 9 Sa 43/97 – GmbHR 1997, 839. 301 OLG Stuttgart, Urt. v. 27.2.1979 – 12 U 171/77 – WM 1979, 1296; einschränkend BGH, Urt. v. 25.2.1991 – II ZR 76/90 – GmbHR 1991, 197. 302 BGH, Urt. v. 14.7.1980 – II ZR 161/79 – BB 1980, 1397; OLG Celle, Urt. v. 31.8.1994 – 9 U 118/93 – GmbHR 1995, 728; OLG Celle, Urt. v. 4.2.2004 – 9 U 203/03 – NZG 2004, 475. 303 BGH, Urt. v. 19.11.1990 – II ZR 88/89 – WM 1991, 97; OLG Köln, Urt. v. 28.6.1995 – 2 U 97/94 – GmbHR 1996, 290. 304 OLG Karlsruhe, Urt. v. 8.7.1988 – 10 U 157/87 – GmbHR 1988, 484.
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Überschreiten der Kreditlinie;305 Veranlassung von (vorzeitigen) Tantiemenauszahlungen/Bonusauszahlungen;306 Schuldhafte Insolvenzverschleppung;307 Unterlassene Unterrichtung der anderen Vorstandsmitglieder über als privater Anleger erlangte Kenntnis hinsichtlich der finanziellen Schieflage eines Fonds sowie über Beanstandungen eines Steuerberaters durch ressortmäßig für den Fondsvertrieb zuständiges Vorstandsmitglied eines Kreditinstituts.308 Gefährdung der Vermögenslage der Gesellschaft;309 Fehlerhafte Spesenabrechnung;310 Vorsätzliche Falschabrechnung zu erstattender Auslagen, auch wenn diese nur einen geringfügigen Betrag betreffen;311 Nichtumsetzung von Gesellschafterbeschlüssen;312 Eingriff in die Zuständigkeit eines Mitgeschäftsführers;313 Verletzung der Berichtspflichten gegenüber den Gesellschaftern;314 Sexuelle Belästigung von Mitarbeitern;315 Rechtswidriges Herunterladen von Hackersoftware.316
204 Nicht als wichtiger Grund wurde von der Rechtsprechung bisher anerkannt: Beispiel – Vertrauensentzug durch die Gesellschafterversammlung, wenn dem Geschäftsführer nur Geringfügigkeiten und weder schuldhaftes Verhalten317 noch missbräuchliche Ausnutzung der Erwerbschancen der Gesellschaft318 vorgeworfen werden können;
305 BGH, Urt. v. 3.12.1973 – II ZR 85/70 – BB 1974, 252. 306 OLG Hamm, Urt. v. 24.6.1994 – 25 U 149/90 – GmbHR 1995, 732; BGH, Urt. v. 9.11.1992 – II ZR 234/91 – NJW 1993, 463; OLG München, Urt. v. 9.7.2014 – 7 U 3407/13 – ZAP EN-Nr 872/2014. 307 BGH, Urt. v. 20.6.2005 – II ZR 18/03 – NZG 2005, 714. 308 KG Berlin, Urt. v. 11.3.2005 – 14 U 137/03 – AG 2005, 737 (zum Vorstandsmitglied eines Kreditinstituts). 309 BGH, Urt. v. 10.9.2001 – II ZR 14/00 – GmbHR 2001, 1158, 1159; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009 – 8 U 61/09 – GmbHR 2010, 477. 310 KG Berlin, Urt. v. 10.11.2000 – 14 U 9587/99 – NZG 2001, 325; a. A. nachgehend BGH, Urt. v. 28.10.2002 – II ZR 353/00 – NJW 2003, 431; OLG Köln, Urt. v. 26.11.1993 – 19 U 93/93 – DB 1994, 471 (zum Vorstandsmitglied einer eingetragenen Genossenschaft); LAG Köln, Urt. v. 21.4.2004 – 8 (13) Sa 136/03 – LAGReport 2005, 63; Diller, GmbHR 2006, 333. 311 OLG Celle, Urt. v. 27.1.2010 – 9 U 38/09 – GmbHR 2010, 365. 312 OLG Celle, Urt. v. 4.2.2004 – 9 U 203/03 – GmbHR 2004, 425. 313 LG Berlin, Urt. v. 10.11.2003 – 95 O 139/02 – GmbHR 2004, 741. 314 KG Berlin, Urt. v. 18.6.1999 – 14 U 8940/97 – NZG 2000, 101. 315 OLG Hamm, Urt. v. 1.3.2007 – 27 U 137/06 – GmbHR 2007, 823 m. Anm. v. Haase, GmbHR 2007, 824. 316 OLG Celle, Urt. v. 27.1.2010 – 9 U 38/09 – GmbHR 2010, 365. 317 BGH, Urt. v. 29.5.1989 – II ZR 220/88 – WM 1989, 1246; BGH, Urt. v. 13.2.1995 – II ZR 225/93 – BB 1995, 688. 318 BGH, Urt. v. 13.2.1995 – II ZR 225/93 – BB 1995, 688.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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Laufende gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Bundeskartellamt wegen angeblicher Beteiligung an verbotenen Preisabsprachen, wenn das Anstellungsverhältnis wegen einer Befristung ohnehin bald ausläuft und die Gesellschaft keinen besonderen wirtschaftlichen Nachteil darlegen kann;319 Der nicht verheimlichte Bezug eines zusätzlichen Bonus, der bisher zwar nicht durch Gesellschafterbeschluss bewilligt worden ist, dem Geschäftsführer aber auch im Vorjahr eingeräumt worden war;320 Unkorrekte Spesenabrechnungen bei unklarer Regelung im Geschäftsführerdienstvertrag;321 (Konkurrenz-)Tätigkeit des bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freigestellten Geschäftsführers, die nicht über das bloße „Ideenstadium“ hinausgelangt ist und lediglich als bloße Vorbereitungshandlung anzusehen ist;322 Erstattenlassen von der GmbH offen ausgewiesener Spesen, welche die Alleingesellschafterin – im Gegensatz zum Geschäftsführer – nach den einschlägigen Bestimmungen des Geschäftsführeranstellungsvertrages nicht für erstattungsfähig hält;323 Die auf geschäftspolitischen Gründen beruhende Entscheidung einer Muttergesellschaft, den Betrieb ihrer Tochtergesellschaft einzustellen;324 Die Insolvenz stellt als solche keinen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung dar (§ 113 InsO);325 Die Nichtangabe weiterer Verdienste während der fortlaufenden Anstellungszeit, sofern der Geschäftsführer von seinen Dienstpflichten freigestellt ist;326 Die Weiterbenutzung des Dienstwagens nach Kündigung, wenn dieser nicht an die Organstellung gebunden, sondern Teil der Vergütung ist;327 Die Vornahme risikoreicher Geschäfte, sofern damit der unternehmerische Ermessensspielraum im Einzelfall nicht überschritten ist;328 Veräußerung eines Grundstücks bzw. von Anteilen an einer anderen Gesellschaft unter Verstoß gegen die satzungsmäßige Zustimmungsvorbehalte bei einem entsprechenden Willen der Gesellschafter und Eilbedürftigkeit;329 Geringfügige private Anschaffungen des Geschäftsführers auf Kosten der Gesellschaft, wenn diese bereits fast sechs Jahre zurückliegen.330
319 BGH, Urt. v. 27.10.1986 – II ZR 74/85 – NJW 1987, 1889. 320 BGH, Urt. v. 9.1.1992 – II ZR 234/91 – WM 1992, 2142. 321 BGH, Urt. v. 28.10.2002 – II ZR 353/00 – NJW 2003, 431. 322 OLG Celle, Urt. v. 9.2.2005 – 9 U 178/04 – GmbHR 2005, 541 m. krit. Anm. Moll. 323 BGH, Urt. v. 28.10.2002 – II ZR 353/00 – NJW 2003, 431. 324 BGH, Urt. v. 28.10.2002 – II ZR 353/00 – NJW 2003, 431. 325 OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.4.2000 – 16 U 109/99 – NZG 2000, 1044; vgl. zur Betriebseinstellung bei drohender Insolvenz auch BGH, Urt. v. 21.4.1975 – II ZR 2/73 – WM 1975, 761 einerseits und BGH, Urt. v. 7.10.2004 – I ZR 18/02 – ZIP 2005, 534 andererseits. 326 BGH, Urt. v. 18.12.2000 – II ZR 171/99 – DStR 2001, 1312 m. Anm. Goette. 327 BGH, Urt. v. 18.12.2000 – II ZR 171/99 – DStR 2001, 1312 m. Anm. Goette. 328 OLG Naumburg, Urt. v. 16.11.2004 – 9 U 206/01 – GmbHR 2005, 757; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.1.2015 – I-10 U 5/14 – n. v. (für den Vorstand einer Sparkasse). 329 BGH, Urt. v. 10.12.2007 – II ZR 289/06 – BB 2008, 955 m. Anm. Reiserer. 330 OLG München, Urt. v. 29.7.2015 – 7 U 39/15 – n. v.; anders dagegen: LG München, Urt. v. 19.2.2015 – 5 HKO 830/13 – ZIP 2015, 1537 (zum AG-Vorstand).
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
bb) Vertraglich vereinbarte Kündigungsgründe
205 Die vertragliche Vereinbarung von Gründen, die eine außerordentliche Kündigung
rechtfertigen sollen, ist im Geschäftsführerdienstvertrag – anders als bei Arbeitsverhältnissen331 – grundsätzlich zulässig. Die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung hängt dann nicht noch von einer Interessenabwägung ab, ob der kündigenden Gesellschaft ein Festhalten am Vertrag zuzumuten ist. Um aber durch die Vereinbarung außerordentlicher Kündigungsgründe nicht die Mindestkündigungsfristen des § 622 BGB zu umgehen, führt die Kündigung zwar zu einer Beendigung des Anstellungsverhältnisses, aber nur unter Einhaltung der zwingenden Fristen des § 622 BGB.332 Ein Kündigungsgrund, der nur kraft Vereinbarung einen wichtigen Grund darstellt, aber nicht die gesetzlichen Anforderungen des wichtigen Grundes des § 626 Abs. 1 BGB erfüllt, rechtfertigt deshalb zwar die Auflösung des Anstellungsverhältnisses, jedoch nur unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen. Bei der Aufnahme wichtiger Gründe in den Anstellungsvertrag, die eine außeror206 dentliche Kündigung rechtfertigen sollen, ist darauf zu achten, dass diese möglichst konkret formuliert werden.
Klauselmuster Vertragsdauer und Beendigung Der Vertrag kann jederzeit aus wichtigem Grund gekündigt werden. Ein wichtiger Grund, der die Gesellschaft zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung berechtigt, liegt insbesondere vor, wenn: a) der Geschäftsführer gegen das Wettbewerbsverbot verstößt; b) die Gesellschaft liquidiert wird; c) [weiterer konkret formulierter wichtiger Grund].
cc) Abmahnungspflicht
207 Im Arbeitsrecht gilt seit langem der Grundsatz, dass die verhaltensbedingte Kündi-
gung eines Arbeitnehmers, gleich ob als ordentliche Kündigung oder als außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB ausgesprochen, grundsätzlich der vorherigen Abmahnung bedarf.333 Ob eine solche Abmahnungspflicht auch für die Kündigung des GmbH-Geschäftsführers wegen Verletzung der im Dienstvertrag niedergelegten Pflichten besteht, ist umstritten. Bei der ordentlichen Kündigung des Geschäftsführers spielt diese Fragestellung regelmäßig keine Rolle. Denn die ordentliche Kündi-
331 Vgl. Kap. 6 Rn 146 ff. 332 BGH, Urt. v. 29.5.1989 – II ZR 220/88 – BB 1989, 1577 (zu Vorstandsverträgen); Anschluss OLG Hamm, Urt. v. 20.11.2006 – 8 U 217/05 – GmbHR 2007, 442; vgl. auch Reiserer/Heß-Emmerich/Peters, S. 103 f.; zur Möglichkeit der Koppelung zwischen Abberufung und Kündigung vgl. Rn 238 ff. 333 St. Rspr. seit BAG, Urt. v. 18.1.1968 – 2 AZR 45/67 – EzA § 124a GewO Nr. 7; KR/Fischermeier, § 626 BGB Rn 256 m. w. N.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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gung kann wegen der fehlenden Anwendbarkeit des KSchG (§ 14 Abs. 1 KSchG) stets unter Beachtung der vereinbarten vertraglichen Kündigungsfrist ausgesprochen werden. Eine verhaltensbedingte Kündigung, die in Anlehnung an die Grundsätze des § 1 KSchG eines vorwerfbaren Sachverhaltes bedarf, ist im Fall der Kündigung des Dienstvertrages des GmbH-Geschäftsführers nicht anzutreffen.334 In einer Entscheidung vom 10.9.2001 hat der Zweite Senat des BGH sein Urteil vom 208 14.2.2000 bestätigt, wonach die außerordentliche Kündigung des GmbH-Geschäftsführers wegen Verletzung der im Dienstvertrag niedergelegten Pflichten grundsätzlich nicht der vorherigen Abmahnung durch die Gesellschafterversammlung bedarf.335 Da der Geschäftsführer nicht Arbeitnehmer der Gesellschaft ist, sondern im Innenverhältnis Arbeitgeberfunktionen erfüllt, bedarf es nach Auffassung des BGH erst recht keiner Hinweise der Gesellschafterversammlung oder des Aufsichtsrates, dass er sich an die Gesetze, an die Satzung und an die in seinem Dienstvertrag niedergelegten Pflichten zu halten hat. Vielmehr hat er sich, so der BGH, ohne Abmahnung und von sich aus im Rahmen seines Pflichtenkreises dem Standard eines ordentlichen Geschäftsmannes entsprechend zu verhalten. Nach der Einführung des § 314 Abs. 2 BGB im Rahmen der Schuldrechtsreform, wonach Pflichtverletzungen, die einen wichtigen Grund darstellen, regelmäßig nur zur Fristsetzung zum Zwecke der Abhilfe und zur Abmahnung, nicht dagegen gleich zum Ausspruch der fristlosen Kündigung berechtigen, wird zum Teil vertreten, dass nun auch von der Notwendigkeit einer Abmahnung bei Geschäftsführern auszugehen sei. Da diese Vorschrift keine arbeitsrechtliche Sonderregel, sondern Ausformung des allgemeinen Grundsatzes des mildesten Mittels ist, wird sie generell auch auf den Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers anzuwenden sein.336
dd) Kündigungserklärungsfrist Das außerordentliche Kündigungsrecht geht verloren, wenn die Kündigungserklä- 209 rung nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB dem Geschäftsführer zugeht. Für die Wahrung der Kündigungserklärungsfrist kommt es auf den fristgerechten Zugang der Kündigungserklärung bei dem Kündigungsempfänger an. Dabei trägt die Gesellschaft für den fristgerechten Zugang im Streitfall die Beweislast.
334 Zur ordentlichen Kündigung des GmbH-Geschäftsführers vgl. Reiserer, DB 1994, 1822; Reiserer, DB 2006, 1787; Reiserer/Heß-Emmerich/Peters, S. 85 ff. 335 BGH, Urt. v. 10.9.2001 – II ZR 14/00 – ZIP 2001, 1957; BGH, Urt. v. 14.2.2000 – II ZR 218/98 – GmbHR 2000, 431; Anschluss OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009 – 8 U 61/09 – GmbHR 2010, 477. 336 Ausführlich hierzu Schneider, GmbHR 2003, 1; Teigelkötter, GmbHR 2001, 1160; befürwortend auch Koch, ZIP 2005, 1621; Schuhmacher-Mohr, DB 2002, 1606; a. A. Trappehl/Scheuer, DB 2005, 1276; vgl. auch Scholz/Schneider/Hohenstatt, § 35 Rn 462 ff. m.w.N; BeckOK GmbHG/Wisskirchen/Kuhn, § 6 Rn 166.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
Nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB beginnt die Zwei-Wochen-Frist mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Die in der Rechtsprechung des BGH gestellten Anforderungen an eine sichere und umfassende positive Kenntnis der maßgeblichen Gründe sind noch nicht erfüllt, wenn tatsächliche Grundlagen des wichtigen Grundes noch aufklärungsbedürftig sind.337 Dabei ist positive und sichere Kenntnis der Tatsachen erforderlich, die den wichtigen Grund ausmachen; bloßes Kennenmüssen genügt nicht.338 Insbesondere reicht nicht bereits der Verdacht unlauterer Machenschaften. Der Gesellschafterversammlung muss der Kündigungssachverhalt bekannt sein, so dass ihr eine Entscheidung möglich ist, ob das Anstellungsverhältnis vorzeitig beendet werden soll.339 Umstritten war bisher, auf wessen Kenntnis es für die Kündigung des Geschäfts211 führers ankommt. Nach der gesetzlichen Regelung des § 626 Abs. 2 BGB kommt es auf die Kenntnis derjenigen Person an, der im konkreten Fall das Recht zur Kündigung zusteht. Obwohl für die Kündigung des Geschäftsführers grundsätzlich die Gesellschafterversammlung zuständig ist, erachten einige Stimmen in der einschlägigen Literatur bereits die Kenntnis eines Gesellschafters340 oder jedenfalls die Kenntnis einer zur Einberufung der Gesellschafterversammlung berechtigten Minderheit von Gesellschaftern341 für ausreichend. Richtigerweise bedarf es für den Fristbeginn aber der Kenntnis aller Gesell212 schafter von den Kündigungstatsachen.342 Dabei genügt nicht bereits die außerhalb der Gesellschafterversammlung, sondern erst die nach dem Zusammentritt erlangte Kenntnis.343 Auch brauchen sich die für die Kündigung des Anstellungsvertrages zuständigen Gesellschafter die Kenntnis des Aufsichtsratsvorsitzenden344 oder eines
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337 BGH, Urt. v. 15.6.1998 – II ZR 318/96 – BB 1998, 1808; BGH, Urt. v. 11.3.1998 – 2 AZR 287/97 – GmbHR 1998, 931; BGH, Urt. v. 26.2.1996 – II ZR 114/95 – NJW 1996, 1403; BGH, Urt. v. 10.9.2001 – II ZR 14/00 – ZIP 2001, 1957. 338 BGH, Urt. v. 9.4.2013 – II ZR 273/11 – NZG 2013, 615. 339 Ausführlich Lüders, BB 1990, 790; zur Möglichkeit des Nachschiebens von Gründen vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2003 – II ZR 161/02 – GmbHR 2004, 182. 340 Densch/Kahlo, DB 1983, 813. 341 Wiesner, BB 1981, 1533. 342 BGH, Urt. v. 15.6.1998, BB 1998, 1608; bestätigt durch BGH, Urt. v. 10.9.2001 – II ZR 14/00 – ZIP 2001, 1957; BGH, Urt. v. 9.4.2013 – II ZR 273/11 – NZG 2013, 615; so auch Harbarth, BB 2015, 707, 708. 343 So BGH, Urt. v. 10.9.2001 – II ZR 14/00 – ZIP 2001, 1957; OLG Koblenz, Urt. v. 31.5.2012 – 6 U 350/12 – DVP 2013, 43; BGH, Urt. v. 15.6.1998 – II ZR 318/96, BB 1998, 1808 in Abweichung von der bisherigen Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 2.6.1996 – II ZR 101/96 – DStR 1997, 1338; strittig ist, ob diese Grundsätze auch für kleinere Gesellschaften gelten, vgl. Jaeger, S. 200; zur alleinstimmberechtigten Mitgesellschafterin BGH, Urt. v. 2.6.1997 – II ZR 101/96 – GmbHR 1997, 998; ausführlich und kritisch hierzu auch Slabschi, ZIP 1999, 391; Reiserer, BB 2002, 1199; vgl. auch BeckOK GmbHG/Wisskirchen/Kuhn, § 6 Rn 163 m. w. N. 344 BGH, Urt. v. 10.9.2001 – II ZR 14/00 – ZIP 2001, 1957.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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Mitgeschäftsführers von dem Kündigungssachverhalt nicht zurechnen zu lassen.345 Die Kenntnis der einberufungsberechtigten Gesellschafter begründet die Pflicht zur Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung.346 Ist der zu kündigende Geschäftsführer der einzige Geschäftsführer der Gesell- 213 schaft und verweigert er die Einberufung der Gesellschafterversammlung, so darf der einberufungsberechtigte Gesellschafter die dreiwöchige Wartefrist des § 50 Abs. 3 GmbHG verstreichen lassen, unabhängig von der Kündigungserklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB.347 Wenn die Satzung für außerordentliche Gesellschafterversammlungen eine längere Einberufungsfrist vorsieht, die Gesellschafterversammlung also nicht innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB zusammentreten kann, verlängert sich die Kündigungserklärungsfrist um den Lauf der Ladungsfrist.348 Die dargestellten Grundsätze gelten entsprechend, wenn ein fakultativer Auf- 214 sichtsrat für die Kündigung zuständig ist. Auch in diesem Fall beginnt die Kündigungserklärungsfrist erst mit Kenntnis aller Aufsichtsratsmitglieder von dem Kündigungssachverhalt.349 Ein Gesellschafter-Geschäftsführer kann an einem Beschluss, der die Frage 215 betrifft, ob gegen ihn eine Maßnahme aus wichtigem Grund ergriffen werden soll, nicht mitwirken. Dieser Ausschluss betrifft sowohl die Abberufung aus wichtigem Grund als auch die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages.350 Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn sich alle Gesellschafter einig waren, die Kündigung des Anstellungsverhältnisses solle stets nur mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters erfolgen. An eine solche schuldrechtliche Vereinbarung außerhalb des Gesellschaftsvertrages sind die Gesellschafter im Fall des Kündigungsausspruches gebunden.351
h) Außerordentliche Kündigung des Geschäftsführers Das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die fristlose Kündigung durch den 216 Geschäftsführer erfordert eine schwerwiegende Vertragsverletzung durch die
345 BGH, Urt. v. 9.11.1992 – II ZR 234/91 – BB 1992, 2453. 346 Vgl. OLG München, Urt. v. 14.7.2005 – 6 U 5444/04 – AG 2005, 776 zum gleich gelagerten Fall der Kenntnis des Aufsichtsratsvorsitzenden einer AG. 347 Scholz/Schneider/Hohenstatt, GmbHG, § 35 Rn 497 f. 348 BGH, Urt. v. 17.3.1980 – II ZR 178/79 – DB 1980, 1686. 349 BAG, Urt. v. 5.5.1977 – 2 AZR 297/76 – DB 1978, 353; Scholz/Schneider/Hohenstatt, GmbHG, § 35 Rn 496, 427; a. A. OLG Stuttgart, Urt. v. 27.2.1979 – 12 U 171/77 – WM 1979, 1296, 1302: ausreichend ist bereits die Kenntnis eines Aufsichtsratsmitglieds, es sei denn, dass das Mitglied mit dem Geschäftsführer zusammenwirkt. 350 BGH, Urt. v. 27.10.1987 – II ZR 74/85 – NJW 1987, 1889; OLG München, Urt. v. 29.3.2012 – 23 U 4344/11 – n. v. 351 BGH, Urt. v. 27.10.1987 – II ZR 74/85 – NJW 1987, 1889, 1890.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
Gesellschaft, die dem Geschäftsführer bei Abwägung aller Umstände die weitere Tätigkeit für die Gesellschaft bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar macht. Als wichtiger Grund wurde von der Rechtsprechung bisher anerkannt: 217 Beispiel – Ungerechtfertigte fristlose Kündigung durch die Gesellschaft, wobei der Geschäftsführer hier auch Schadensersatzansprüche nach § 628 Abs. 2 BGB geltend machen kann;352 – Abberufung als Organ der Gesellschaft;353 – Beschränkung vertraglich eingeräumter Kompetenzen durch nachträgliche Satzungsände‑ rung;354 – Willkürliche Verweigerung der Entlastung oder das rechtswidrige Vorenthalten von Dienst bezügen;355 – Weisungen an den Geschäftsführer zu gesetzeswidrigem Handeln durch die Gesellschafter versammlung;356 – Unberechtigte und in beleidigender Form erhobene Vorwürfe durch einen Mitgeschäftsführer, auch wenn sich die Gesellschafterversammlung dieses Verhalten nicht zu Eigen macht;357 – vertragswidrig nicht erfolgte Bestellung zum Geschäftsführer.358 218 Dagegen besteht Übereinstimmung, dass eine wirtschaftliche Krise des Unterneh-
mens für sich keinen Grund für eine fristlose Kündigung durch den Geschäftsführer begründet, es sei denn, dass dem Geschäftsführer die erforderliche Unterstützung der Gesellschafterversammlung versagt wird und der Geschäftsführer dadurch in nicht absehbare Haftungsrisiken gerät.359
352 St. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 1.12.1993 – VIII ZR 129/92 – WM 1994, 387. 353 Scholz/Schneider/Hohenstatt, GmbHG, § 35 Rn 482 m. w. N., aber der Widerruf der Bestellung stellt kein vertragswidriges Verhalten der Gesellschaft i. S. d. § 628 Abs. 2 BGB dar, BGH, Urt. v. 28.10.2002 – II ZR 146/02 – NJW 2003, 351; a. A. BAG, Urt. v. 8.8.2002 – 8 AZR 574/01 – NZA 2002, 1323; zum Schadensersatzanspruch des GmbH-Geschäftsführers wegen Abberufung und/oder Nichtbestellung vgl. Rn 30 ff. 354 OLG Frankfurt, Urt. v. 17.12.1992 – 26 U 54/92 – GmbHR 1993, 288 m. Anm. v. Jasper. 355 BGH, Urt. v. 20.5.1985 – II ZR 165/84 – WM 1985, 1200; so auch OLG Köln, Beschl. v. 29.3.1996 – 16 W 20/96 – DB 1996, 1177; BGH, Urt. v. 19.10.1987 – II ZR 97/87 – WM 1988, 165. 356 H.M., vgl. Jaeger, S. 199. 357 BGH, Urt. v. 9.3.1992 – II ZR 102/91 – WM 1992, 733. 358 BAG, Urt. v. 8.8.2002 – 8 AZR 574/01 – GmbHR 2003, 105. 359 BGH, Urt. v. 14.7.1980 – II ZR 161/79 – NJW 1980, 2415.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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6. Beendigung des Anstellungsvertrages a) Beendigungsgründe aa) Tod des Geschäftsführers Stirbt der Geschäftsführer, so endet sein Anstellungsverhältnis. Die Rechte und 219 Pflichten daraus gehen nicht auf die Erben über. Dies ergibt sich aus § 613 BGB, der den zur Dienstleistung Verpflichteten dazu verpflichtet, die Dienste persönlich zu leisten. Der Anspruch auf rückständige Gehaltszahlungen ist allerdings vererbbar. 220 Häufig findet sich auch in den Anstellungsverträgen eine Klausel, wonach im Falle des Todes des Geschäftsführers das Festgehalt für eine bestimmte Zeit an die Hinterbliebenen weiterbezahlt wird. In diesem Fall empfiehlt es sich, auch eine Regelung mitaufzunehmen, wonach die Zahlung an das von dem Geschäftsführer für die Zahlung seiner Vergütung benannte Konto erfolgt und mit dieser Zahlung alle Vergütungsansprüche der Erben aus dem Anstellungsvertrag des Geschäftsführers erledigt sind. Klauselmuster Vergütung360 (1) … … (6) Im Falle des Todes des Geschäftsführers werden die Bezüge nach [§ … Abs. …] an seine Erben, soweit er einen Ehepartner, eingetragenen Lebenspartner oder Erben erster Ordnung hinterlässt, als Gesamtgläubiger, für den Sterbemonat und die drei darauf folgenden Monate fortbezahlt. Die Zahlung erfolgt auf das von dem Geschäftsführer für die Zahlung seiner Vergütung benannte Konto. Mit dieser Zahlung wird die Gesellschaft in jedem Fall von ihrer Verpflichtung zur Leistung dieser Zahlungen frei, selbst wenn zu einem späteren Zeitpunkt von Erben des Geschäftsführers derartige Ansprüche an sie herangetragen würden.
bb) Zeitablauf/Vertragsdauer Ein Geschäftsführer-Anstellungsvertrag kann sowohl auf unbestimmte Zeit als auch 221 befristet geschlossen werden.361 Unbefristeter Geschäftsführer-Anstellungsvertrag Soll der Anstellungsvertrag mit dem Geschäftsführer für eine unbestimmte Zeit ein- 222 gegangen werden, empfiehlt sich eine eigenständige vertragliche Regelung zu den ordentlichen Kündigungsfristen. Denn in Ermangelung einer vertraglichen Regelung könnte Unsicherheit entstehen, ob die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 621
360 Vgl. Klauselmuster zur Regelung der Vergütung des Geschäftsführers, Rn 147. 361 Zur Befristung eines Arbeitsverhältnisses vgl. Kap. 6 Rn 2 ff.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
BGB oder § 622 BGB anzuwenden sind.362 Die Vereinbarung einer langen Kündigungsfrist (z. B. 12 Monate zum Ende des Jahres) schützt beide Vertragsparteien vor einem kurzfristigen Wechsel. Klauselmuster Vertragsdauer und Beendigung (unbefristet) Das Dienstverhältnis beginnt am [Datum] und wird auf unbestimmte Dauer geschlossen. Der Vertrag kann von jeder Partei mit einer Frist von [Anzahl] Monaten zum Ende eines Kalenderjahres/Kalenderhalbjahres/Quartals/Monats gekündigt werden.
Befristeter Geschäftsführer-Anstellungsvertrag
223 Das Anstellungsverhältnis kann aber auch mit einer zeitlichen Befristung versehen
werden.363 In diesem Fall endet es mit dem Ablauf der Zeit, für welches es eingegangen worden ist, ohne dass es hierfür einer Kündigung bedarf. Möglich, jedoch keinesfalls zwingend, ist die Vereinbarung einer Option über eine Vertragsverlängerung.
Klauselmuster Vertragsdauer und Beendigung (befristet und ohne Verlängerungsoption) Das Dienstverhältnis beginnt am [Datum] und wird für die Dauer von [Anzahl] Jahren geschlossen. Mit Ablauf der Vertragsdauer endet der Vertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Klauselmuster Vertragsdauer und Beendigung (befristet und mit Verlängerungsoption) (1) Das Dienstverhältnis beginnt am [Datum] und wird für die Dauer von zunächst [Anzahl] Jahren geschlossen. (2) Die Vertragsparteien verpflichten sich, [Anzahl] Monat(e) vor Ende der vertraglich vereinbarten Laufzeit über einer Verlängerung des Vertragsverhältnisses zu verhandeln. alternativ: (2) Die Gesellschafterversammlung verpflichtet sich, jeweils im ersten Quartal des letzten Jahres der Bestellung zum Geschäftsführer über eine Verlängerung des Vertragsverhältnisses zu beschließen. Die Gesellschaft wird den Geschäftsführer unverzüglich, spätestens jedoch bis zum [Tag, Monat] des letzten Jahres der Bestellung, über ihre Entscheidung, ob und für welchen Zeitraum eine Verlängerung des Vertragsverhältnisses beabsichtigt ist, in Kenntnis setzen. Der Geschäftsführer hat der Gesellschaft anschließend innerhalb von zwei Wochen mitzuteilen, ob er der Verlängerung zustimmt. Wird die Bestellung zum Geschäftsführer verlängert, so verlängert sich auch der Anstellungsvertrag automatisch um die Dauer der Verlängerung der Geschäftsführerbestellung. Eine Veränderung des Anstellungsvertrages zum Nachteil des Geschäftsführers scheidet für den Fall der Vertragsverlängerung aus.364
362 Zur Kündigungsfrist vgl. Rn 181 f. 363 Siehe Rn 117 f. 364 Klauselmuster angelehnt an den Klauseltyp B 5 bei Hümmerich/Reufels/Reufels, § 2 Rn 564.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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Zu Missverständnissen führt dagegen eine Regelung, wonach sich der – an sich 224 befristete – Anstellungsvertrag automatisch verlängert, wenn nicht eine der Vertragsparteien das Vertragsverhältnis vor Ablauf der vertraglichen Laufzeit kündigt bzw. mitteilt, dass sie einer Verlängerung nicht zustimmen wird: Fettnapf Vertragsdauer und Beendigung („befristet“ und mit Verlängerungsbedingung) (1) Das Dienstverhältnis beginnt am [Datum] und wird für die Dauer von zunächst [Anzahl] Jahren geschlossen. (2) Das Vertragsverhältnis verlängert sich um weitere [Anzahl] Jahre/Monate, wenn es nicht mit einer Frist von [Anzahl] Monaten zum Ende der vertraglich vereinbarten Laufzeit des Vertrages, von einer Vertragspartei gekündigt wird. oder auch: (2) Das Vertragsverhältnis verlängert sich um weitere [Anzahl] Jahre/Monate, wenn nicht eine Vertragspartei mit einer Frist von [Anzahl] Monaten zum Ende der vertraglich vereinbarten Laufzeit mitteilt, dass sie den Vertrag nicht verlängern will.
In der ersten Alternative würde das Vertragsverhältnis – trotz der vertraglich verein- 225 barten Befristung – nicht automatisch durch Zeitablauf enden. Vielmehr würde sich der Anstellungsvertrag schon dann verlängern, wenn er nur nicht von einer Vertragspartei außerordentlich gekündigt wird. Insofern könnte diese Klausel zu einem Verständnis des Anstellungsvertrages als ein unbefristetes(!) Vertragsverhältnis mit lediglich einer (außerordentlichen) Kündigungsmöglichkeit zum Ende der vertraglichen Laufzeit führen. Auch im zweiten Fall kann es zu einer nicht beabsichtigten Bindung der Parteien an den Anstellungsvertrag kommen, falls die Vertragsparteien die Erklärung der Nichtverlängerung des Vertragsverhältnisses versäumen.
cc) Vertragsaufhebung/Abfindungsvereinbarung Das Anstellungsverhältnis kann jederzeit im gegenseitigen Einvernehmen durch 226 Abschluss eines Aufhebungsvertrages beendet werden. Hierbei gelten die gleichen Zuständigkeitsregelungen wie für den Ausspruch der Kündigung.365 Zuständig ist daher auf Seiten der Gesellschaft grundsätzlich die Gesellschafterversammlung.366
365 Siehe Rn 177 ff. 366 BGH, Urt. v. 25.3.1991 – II ZR 169/90 – BB 1991, 927; OLG Hamm, Urt. v. 18.6.1990 – 8 U 146/89 – GmbHR 1991, 466; zum schwebend unwirksamen Aufhebungsvertrag OLG Frankfurt, Urt. v. 8.11.1994 – 5 U 269/93 – BB 1995, 2440.
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Der steuerliche Freibetrag für Abfindungen nach § 3 Nr. 9 EStG ist zum 1.1.2006 entfallen;367 die Übergangsregelung ist ausgelaufen. Erhalten bleibt die ermäßigte Besteuerung gem. §§ 24, 34 EStG (sog. Fünftelregelung).368 Üblicherweise werden Abfindungsvereinbarungen in Rahmen des Aufhebungs228 vertrages getroffen. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, eine Abfindungsklausel bereits bei Vertragsschluss in den Anstellungsvertrag mit aufzunehmen.369 Folgendes Klauselmuster dient als Beispiel für eine Abfindungsabrede im 229 Rahmen eines Anstellungsvertrages und kann etwa Bestandteil einer Klausel zur Vertragsdauer des Anstellungsverhältnisses sein: 227
Klauselmuster Vertragsdauer und Beendigung (…) Für den Fall der ordentlichen Kündigung des Dienstverhältnisses durch die Gesellschaft verpflichtet sich die Gesellschaft, dem Geschäftsführer für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von [Anzahl] Bruttomonatsgehalt/-gehältern pro vollem Jahr der Beschäftigung zu zahlen. Die Abfindung ist mit rechtskräftiger Beendigung des Dienstverhältnisses zur Zahlung fällig.
dd) Vertragliche Altersgrenzen
230 Zu einer Beendigung des Anstellungsverhältnisses können, bei vertraglicher Ver-
einbarung im Rahmen eines befristeten Anstellungsvertrages370, auch der vorzeitige Altersrentenbezug als frühester Beendigungszeitpunkt sowie das Erreichen der Altersgrenze als spätester Beendigungszeitpunkt führen.371 Entgegen einer allgemeinen Meinung endet ein Anstellungsverhältnis grundsätz231 lich nicht „automatisch“ mit Erreichen eines bestimmten Alters, der sog. Regelaltersgrenze nach § 35 SGB VI. Vielmehr bedarf es zur Beendigung des Anstellungsvertrages aus diesem Grund grundsätzlich eines Beendigungsaktes, also einer Kündigung oder eines Aufhebungsvertrages. Um dies zu umgehen, werden meist in den Anstellungsverträgen Klauseln aufgenommen, wonach das Anstellungsverhältnis bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze automatisch endet. Solche Klauseln sind bei Anstellungsverträgen von GmbH-Geschäftsführern grundsätzlich zulässig.372
367 Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm v. 22.12.2005, BGBl I 2005, 3682. 368 Hierzu Hümmerich/Reufels/Reufels, § 2 Rn 273. 369 Eine sehr ausführliche und differenzierende Darstellung zu Abfindungsklauseln im Anstellungsvertrag mit einem GmbH-Geschäftsführer Hümmerich/Reufels/Reufels, § 2 Rn 253 ff. 370 Vgl. Rn 223 ff. 371 Zu Altersgrenzen in Arbeitsverträgen vgl. Kap. 6 Rn 98 ff. 372 So auch Bauer/von Medem, NZA 2012, 945, 952.
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Vorzeitiger Altersrentenbezug Nach § 36 S. 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente für langjährig 232 Versicherte, wenn sie zum einen das 67. Lebensjahr vollendet und zum anderen die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. Nach Vollendung des 63. Lebensjahres ist die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente möglich (§ 36 S. 2 GB VI). Gemäß § 41 S. 2 SGB VI gilt ein Arbeitsverhältnis, das eine Regelung enthält, die 233 eine Beendigung des Vertragsverhältnisses eines Arbeitnehmers ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der Arbeitnehmer vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen Alters beantragen kann, dem Arbeitnehmer gegenüber als auf das Erreichen der Regelaltersgrenze abgeschlossen. D. h. im Falle einer entsprechenden Regelung wird das Arbeitsverhältnis erst mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze beendet. Dies gilt nur ausnahmsweise dann nicht, wenn die Vereinbarung innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen oder von dem Arbeitnehmer innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Zeitpunkt bestätigt worden ist. Ob diese Maßstäbe auch für den Geschäftsführer einer GmbH gelten, ist bislang 234 nicht gerichtlich geklärt, muss aber zumindest differenzierend betrachtet werden. Denkbar erscheint eine entsprechende Anwendung des § 41 S. 2 SGB VI zumindest für den abhängigen Fremd- bzw. Minderheitsgeschäftsführer, da sich dieser – ähnlich wie ein Arbeitnehmer – in einem sozialen Abhängigkeitsverhältnis zur Gesellschaft befindet.373 Für den nicht-abhängigen Geschäftsführer dürfte dagegen eine Regelung, wonach der Anstellungsvertrag frühestens mit der Vollendung des Lebensjahres enden kann, in dem die Voraussetzungen für den vorzeitigen Bezug der Altersrente für langjährig Versicherte vorliegen, zulässig sein. Erreichen der Regelaltersgrenze Nach § 35 S. 2 SGB VI wird die Regelaltersgrenze mit Vollendung des 67. Lebensjah- 235 res erreicht. Das nachfolgende Klauselmuster bestimmt, dass der Anstellungsvertrag spätestens mit Erreichen der Regelaltersgrenze automatisch beendet wird.374
373 Siehe auch Rn 12 ff. 374 Eine Regelung, die ein Vertragsverhältnis nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze automatisch beendet, ist jedenfalls auch in einem Arbeitsverhältnis zulässig. Bei der Abwägung des Fortsetzungsinteresses des Arbeitnehmers mit dem Beendigungsinteresse des Arbeitgebers ist letzterem der Vorrang einzuräumen, da der Arbeitnehmer nach Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Bezug einer gesetzlichen Altersrente hat, vgl. Kap. 6 Rn 110 f. Statt vieler Küttner/Kreitner, 2015, Altersgrenze Rn 7.
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Klauselmuster Vertragsdauer und Beendigung (1) …375 (2) Im Übrigen endet das Anstellungsverhältnis a) frühestens mit Ablauf des Monats, in dem der Geschäftsführer das Lebensjahr vollendet hat, das Voraussetzung für die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente für langjährig Versicherte ist; das ist derzeit das 63. Lebensjahr; b) spätestens mit Ablauf des Monats, in dem der Geschäftsführer die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht; das ist derzeit das 67. Lebensjahr.
b) Keine Beendigungsgründe aa) Abberufung/Amtsniederlegung des Geschäftsführers 236 Die Abberufung des Geschäftsführers aus der Organstellung376 kann durch die Gesellschaft jederzeit und ohne besondere Gründe erfolgen und führt nicht automatisch zur Beendigung des Anstellungsvertrages.377 Das Gleiche gilt für die Amtsniederlegung durch den Geschäftsführer.378 Vielmehr bedarf es neben der Beendigung der Organstellung stets einer gesonderten Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrages.379 Umgekehrt kann in der Kündigung oder Nichtverlängerung des Anstellungs237 verhältnisses ein konkludenter Widerruf der Bestellung zu sehen sein; zwingend ist dies jedoch, insbesondere bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer, nicht.380 Diese Trennung der Beendigung der Organstellung von der Beendigung des 238 Anstellungsverhältnisses entspricht meist nicht den Interessen der Gesellschaft, die in der dem Geschäftsführer eingeräumten Stellung des Geschäftsführers als Vertretungsorgan der Gesellschaft einerseits und als deren Angestellter andererseits eine Einheit sehen möchte. Aus diesem Grund findet sich in den Geschäftsführeranstellungsverträgen häufig eine vertragliche Koppelung von Abberufung und Kündigung (sog. Koppelungsklausel).
375 Vgl. Klauselmuster eines befristeten Anstellungsvertrages in Rn 223. 376 Zur Abberufung vgl. Arens, sj 2005, Nr. 9, 43; zur anwaltlichen Vertretung von Geschäftsführern bei Abberufung und Kündigung vgl. Reiserer/Peters, DB 2008, 167. 377 BGH, Urt. v. 28.10.2002 – II ZR 146/02 – NJW 2003, 351; hierzu Bauer/Diller/Krets, DB 2003, 2687; zum Schadensersatzanspruch des GmbH-Geschäftsführers wegen Abberufung und/oder Nichtbestellung s. Rn 30 ff. 378 BGH, Urt. v. 8.2.1993 – II ZR 58/92 – NJW 1993, 1198; BGH, Urt. v. 14.7.1980 – II ZR 161/79 – NJW 1980, 2415; vertiefend zur Amtsniederlegung des Geschäftsführers, Reiserer/Heß-Emmerich/Peters, S. 82 f. 379 Roth/Altmeppen/Altmeppen, § 38 Rn 5 ff.; Janzen, NZG 2003, 468. 380 Vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1980 – II ZR 182/79 – NJW 1981, 757; (zu Vorstandsmitgliedern); vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 18.2.1994 – 10 U 16/93 – GmbHR 1994, 549; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, § 38 Rn 96.
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Die rechtliche Zulässigkeit der vertraglichen Verknüpfung von Abberufung 239 und Kündigung ist grundsätzlich anerkannt381 und kann auch für den Fall der Amtsniederlegung durch den Geschäftsführer vereinbart werden. Die Koppelung kann in der Weise erfolgen, dass die Abberufung des Geschäftsführers zugleich auch die Wirkung einer Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages zum nächst zulässigen Zeitpunkt beinhaltet.382 Da für die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages die Fristen des § 622 BGB gelten383 und die Vertragsparteien nicht ohne weiteres bestimmte Gründe als „wichtige Gründe“ i. S. d. § 626 BGB vereinbaren können, lässt der BGH derartige Koppelungsklauseln nur mit der Maßgabe gelten, dass die Kündigung nicht sofort wirkt, sondern nur mit einer § 622 BGB entsprechenden Frist.384 Zum anderen kann das Anstellungsverhältnis unter die auflösende Bedingung der Abberufung vom Amt gestellt werden,385 wobei auch hier beachtet werden muss, dass im Hinblick auf die gesetzliche Mindestkündigungsfrist das Anstellungsverhältnis erst nach Ablauf der Frist des § 622 BGB endet.386 Bei befristeten Verträgen ist außerdem zu beachten, dass der BGH eine Koppe- 240 lungsklausel als Regelung der außerordentlichen Kündigung versteht387, soweit sich nicht aus dem jeweiligen Vertrag etwas anderes ergibt. Sofern in einem solchen Fall kein wichtiger Grund i. S. d. § 626 BGB vorliegt, wird das Anstellungsverhältnis durch die Kündigung nicht wirksam beendet.388 Gerade auch bei befristeten Verträgen empfiehlt sich daher für den Fall der Beendigung des Amtsverhältnisses ein ordentliches Sonderkündigungsrecht zu vereinbaren.389
381 BGH, Urt. v. 21.6.1999 – II ZR 27/98 – NZG 1999, 1215; BGH, Urt. v. 29.5.1989 – II ZR 220/88 – NJW 1989, 2683; OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.6.1999 – 6 U 144/97 – GmbHR 2000, 378; OLG Köln, Urt. v. 6.12.1999 – 16 U 94/98 – GmbHR 2000, 432 m. Anm. v. Gitter, NZG 2000, 552; zur Bestellung des Geschäftsführers unter einer auflösenden Bedingung vgl. BGH, Urt. v. 24.10.2005 – II ZR 55/04 – BB 2006, 14; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, § 35 Rn 209 ff.; BeckOK GmbHG/Wisskirchen/ Kuhn, § 6 Rn 145; Moll/Moll/Grobys, § 80 Rn 50 ff; kritisch zur Vereinbarkeit von Koppelungsklauseln mit dem AGB-Recht, Graf von Westphalen, BB 2015, 834. 382 Formulierungsbeispiele bei Bauer/Diller, GmbHR 1998, 809; Lohr, NZG 2001, 826. 383 Zur Kündigungsfrist vgl. Rn 181 f. 384 BGH, Urt. v. 29.5.1989 – II ZR 220/88 – NJW 1989, 2683; Anschluss OLG Hamm, Urt. v. 20.11.2006 – 8 U 217/05 – GmbHR 2007, 442; Bauer/Diller, GmbHR 1998, 809; Flatten, GmbHR 2000, 922; Lohr, ZNotP 2003, 162; Graf von Westphalen, BB 2015, 834. 385 Formulierungsbeispiele bei Bauer/Diller, GmbHR 1998, 809; Flatten, GmbHR 2000, 922. 386 BGH, Urt. v. 29.5.1989 – II ZR 220/88 – NJW 1989, 2683. 387 Zu den Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages Hümmerich/Boecken/Spirolke/Reiserer, § 4Rn 179 ff. 388 Moll/Moll/Grobys, § 80 Rn 53. 389 Formulierungsbeispiel bei Lohr, NZG 2001, 826; kritisch zu Koppelungsklauseln in befristeten Geschäftsführerverträgen Grobys/Glanz, NJW-Spezial 2007, 129.
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Das nachfolgende Koppelungsklausel-Muster390 regelt die Auswirkungen der Abberufung des Geschäftsführers durch Beschluss der Gesellschafterversammlung auf das Bestehen des Anstellungsverhältnisses. Dabei erfolgt eine Differenzierung zwischen einer nach § 38 Abs. 1 GmbHG jederzeit möglichen Abberufung und einer Abberufung aus wichtigem Grund. Für den Fall der Amtsniederlegung durch den Geschäftsführer regelt die Klausel, dass diese die Wirkung einer ordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses zum nächst möglichen Zeitpunkt hat. Klauselmuster Vertragsdauer und Beendigung391 (…) Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung kann die Bestellung zum Geschäftsführer jederzeit widerrufen werden. Die Abberufung gilt zugleich als ordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses zum nächst zulässigen Zeitpunkt, ohne dass es eines Ausspruchs einer Kündigung durch die Gesellschaft bedarf. Erfolgt die Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund, welcher nicht zugleich einen wichtigen Grund nach § 626 BGB für die außerordentliche fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages darstellt, so endet das Anstellungsverhältnis erst mit Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist ab Ende der Organstellung. Verlängert sich nach § 622 Abs. 2 BGB die Kündigungsfrist für die Gesellschaft, so gilt dies auch für die Kündigung durch den Geschäftsführer. Satz 2 gilt entsprechend für den Fall der Niederlegung des Amtes durch den Geschäftsführer.
bb) Auflösung der Gesellschaft
242 Der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers wird durch den Beschluss über die Auf-
lösung der Gesellschaft nicht berührt, sondern besteht fort.392 In der Regel übernimmt der bisherige Geschäftsführer das Amt des Liquidators.393 Auch stellt die Auflösung der Gesellschaft in der Regel keinen Grund zur fristlosen Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages dar. Dieser kann jeweils nur unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gekündigt werden.
cc) Eröffnung des Insolvenzverfahrens
243 Das Anstellungsverhältnis wird auch nicht „automatisch“ durch die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens beendet.394 Es kann jedoch gem. § 113 S. 1, 2 InsO vom Insolvenzverwalter und vom Geschäftsführer ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung
390 Die Koppelungsklausel ist in der Regel Teil einer Regelung zur Vertragsdauer und Beendigung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages. 391 Im Wesentlichen nach BeckOFV/Tomcic, 2.3.2 Geschäftsführervertrag (ausführlich), § 16 Abs. 3. 392 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG § 35 Rn 214; Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, § 6 Rn 118. 393 BeckOK GmbHG/Lorscheider, § 66 Rn 8; Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, § 6 Rn 118. 394 Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, § 6 Rn 118.
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gekündigt werden, und zwar mit einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende, sofern nicht eine kürzere vertragliche Frist maßgeblich ist. Stellt der Geschäftsführer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Arbeitskraft weiterhin zum Zwecke der Betriebsfortführung zur Verfügung, so mutiert er dadurch nicht zum Arbeitnehmer des Insolvenzverwalters und eröffnet sich nicht auf diese Weise den Schutz des Kündigungsschutzgesetzes.395
c) Folgen eines Betriebsübergangs Die Arbeitnehmerschutzvorschriften des § 613a BGB für den Fall des Übergangs 244 eines Betriebes auf einen neuen Arbeitgeber finden nach nahezu einhelliger Ansicht auf das Dienstverhältnis eines Organmitglieds und damit auch für den GmbHGeschäftsführer (bislang) keine Anwendung.396 Dies gilt unabhängig davon, ob der Geschäftsführer gleichzeitig Anteile an der GmbH gehalten hat oder ob er ausschließlich als Fremdgeschäftsführer tätig war.397 Das Dienstverhältnis des GmbH-Geschäftsführers geht somit im Fall des Betriebsüberganges nicht auf den neuen Erwerber über. Ob diese Auffassung auch nach der Entscheidung des EuGH v. 9.7.2015398 aufrecht erhalten bleibt, ist abzuwarten. Denn nach dem Urteil des EuGH ist ein Mitglied der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft, das seine Tätigkeit nach Weisung und Aufsicht eines anderen Organs der Gesellschaft ausübt, als Gegenleistung für seine Tätigkeit eine Vergütung erhält und selbst keine Anteile an dieser Gesellschaft besitzt, bei der Berechnung der Anzahl der Arbeitnehmer im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie RL 98/59/EG des Rates v. 20.7.1998 mitzuberücksichtigen. Damit unterstellt der EuGH nunmehr jedenfalls den Fremdgeschäftsführer dem Begriff des Arbeitnehmers im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie. Welche Auswirkungen die Entscheidung des EuGH auf die Anwendbarkeit der arbeitsrechtlichen Schutzvorschrift bei Betriebsübergang (§ 613a BGB), die ebenfalls auf einer europäischen Richtlinie fußt,399 auf Fremdgeschäftsführer hat, ist derzeit noch nicht absehbar. Feststeht jedoch, dass der EuGH den Fremd-Geschäftsführer immer häufiger dem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff unterstellt.400
395 LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 25.9.2008 – 10 Sa 162/08 – NZG 2009, 195 ff. 396 BAG, Urt. v. 13.2.2003 – 8 AZR 654/01 – NJW 2003, 2473 m. Anm. v. Wank, EWiR 2003, 621; OLG Hamm, Urt. v. 18.6.1990 – 8 U 146/89 – GmbHR 1991, 466. 397 Dagegen differenzierend MüKo-BGB/Müller-Glöge, § 613a Rn 82. 398 EuGH, Urt. v. 9.7.2015 – C-229/14 – NZA 2015, 861 399 Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben und Betriebsteilen RL 77/187/EWG des Rates v. 14.2.1977. 400 So auch EuGH, Urt. v. 11.11.2010 – C-232/09 – NZA 2011, 143 – Danosa; hierzu Anm. Reiserer, BD 2011, 2262; vgl. Rn 10 f.
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In den vergangen Jahren haben sog. Change of Control – Klauseln immer öfters Eingang in Anstellungsverträge von Führungskräften und Organmitgliedern gefunden. Ziel solcher Klauseln ist es, Führungskräfte, Geschäftsführer und Vorstände auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten an die Gesellschaft zu binden bzw. sie für sich zu gewinnen. Im Falle eines Kontrollwechsels der Gesellschaft durch Änderungen in der Gesellschafter- oder Aktionärsstruktur sollen dem Geschäftsführer oder Vorstand bestimmte Leistungen zukommen, die ihn finanziell absichern sollen.401 Gängig in diesem Zusammenhang sind aber auch Regelungen, die dem Geschäftsführer für den Fall eines Gesellschafterwechsels ein vertragliches Sonderkündigungsrecht in Verbindung mit einem Abfindungsanspruch einräumen.402
7. Nachvertragliche Pflichten a) Nachvertragliches Wettbewerbsverbot403 246 Ohne eine entsprechende Regelung im Anstellungsvertrag ist der GmbH-Geschäftsführer nach Beendigung seiner Amtszeit und Ausscheiden aus seinem Dienstverhältnis404 keinem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterworfen.405 Zwar hat der Geschäftsführer auch nach seinem Ausscheiden gewisse Treuepflichten; aus ihnen folgt jedoch kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Weder hat er weiterhin die künftige Geschäftstätigkeit zu fördern noch ist er generell gehalten, durch eigene geschäftliche Zurückhaltung wirtschaftliche Nachteile der GmbH zu vermeiden. Nur ausnahmsweise lässt sich ein Wettbewerbsverbot für den Geschäftsführer aus seiner Treuepflicht zur Gesellschaft herleiten, wenn der ehemalige Geschäftsführer Verträge, welche die Gesellschaft während seiner Amtszeit geschlossen hat, an sich zieht.406
401 Muster einer Change of Control – Klausel bei Schaub/Schrader/Straube/Vogelsang/Schrader/ Klages, A. Individualarbeitsrecht, Rn 383; Klauselmuster bei gesellschaftsrechtlichen Veränderungen durch Umwandlung oder Umstrukturierung, vgl. Rn 356 ff. (zum AG-Vorstands-Anstellungsvertrag). 402 Vgl. Moll/Moll/Grobys, § 80 Rn 54; Hümmerich/Reufels/Reufels, § 2 Rn 599 ff. mit Muster einer Change of Control – Klausel. 403 Zum nachträglichen Wettbewerbsverbot im Konzern, Reiserer/Heß-Emmerich/Peters, S. 139 f. 404 Gilt nicht, solange die Rechtswirksamkeit der Kündigung noch nicht feststeht und ein Rechtsstreit hierüber anhängig ist, BGH, Urt. v. 19.10.1987 – II ZR 97/87 – BB 1988, 88; unklar hierzu BGH, Urt. v. 18.12.2001 – II ZR 171/99 – DStR 2001, 1312 m. Anm. v. Goette; a. A. OLG Frankfurt, Urt. v. 5.11.1999 – 10 U 257/98 – AG 2000, 518. 405 BGH, Urt. v. 9.3.1987 – II ZR 215/86 – GmbHR 1987, 302; OLG Frankfurt, Urt. v. 13.5.1997 – 11 U (Kart) 68/96 – GmbHR 1998, 376; OLG Hamm, Urt. v. 11.1.1988 – 8 U 142/87 – GmbHR 1988, 344; vertiefend zur zeitlichen Reichweite des Wettbewerbsverbots vgl. BeckOK GmbHG/Haas/Ziemons, § 43 Rn 166 m. w. N. 406 BGH, Urt. v. 11.10.1976 – II ZR 104/75, GmbHR 1977, 43; BGH, Urt. v. 26.3.1984 – II ZR 229/83 – NJW 1984, 2366; vgl. auch Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 Rn 173.
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Rechtsgrundlage für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann aber eine 247 vertragliche Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag oder im Anstellungsvertrag sein. Dabei gelten für den GmbH-Geschäftsführer – anders als für Arbeitsverhältnisse – die §§ 74 ff. HGB nach überwiegender Ansicht nicht.407 Dennoch herrscht allseitiges Einvernehmen darüber, dass v. a. auch für den 248 Fremdgeschäftsführer ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht völlig frei vereinbart werden darf, sondern dass im Interesse der verfassungsrechtlichen Freiheiten aus Art. 2 und Art. 12 GG enge Grenzen gezogen sind und die Wertungsmaßstäbe der §§ 74 ff. HGB jedenfalls mittelbar auch beim Fremdgeschäftsführer sowie beim Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer zu beachten sind.408 Auch nachvertragliche Wettbewerbsverbote eines Organs sind demnach nur zulässig, wenn sie einerseits dem Schutz eines berechtigten Interesses der Gesellschaft dienen und andererseits nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und wirtschaftliche Betätigung des Geschäftsführers nicht unnötig erschweren. Andernfalls ist die Wettbewerbsklausel nach § 138 BGB nichtig. Im Einzelfall bedarf es somit einer sorgfältigen Abwägung, inwieweit möglicherweise ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot den ehemaligen Geschäftsführer übermäßig benachteiligt und somit den Wertungskriterien des § 138 BGB widerspricht.409 Im Einzelnen hat die Rechtsprechung hierzu folgende Kriterien entwickelt: 249 Checkliste – Für die zeitliche Begrenzung orientiert sich der BGH an der Zwei-Jahres-Frist des § 74a Abs. 1 HGB als Obergrenze.410 – Der räumliche und gegenständliche Geltungsbereich des Wettbewerbsverbots darf nur entsprechend der berechtigten Interessen der Gesellschaft festgelegt werden.411
407 BGH, Urt. v. 15.4.1991 – II ZR 214/89, – BB 1991, 1640; OLG München, Urt. v. 19.11.2008 – 7 U 1882/08 – n. v.; auch bei sog. Fremdgeschäftsführern, BGH, Urt. v. 26.3.1984 – II ZR 229/83 – BB 1984, 1381; hierzu Sina, DB 1985, 902; Heidenhain, NZG 2002, 605; BSG, Urt. v. 9.8.1990 – 11 Rar 119/88 – NZA 1991, 159; a. A. LG Frankfurt, Urt. v. 20.4.1994 – 3/8 O 150/93 – GmbHR 1994, 803; zur Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots im Arbeitsverhältnis vgl. Kap. 8 Rn 286 ff. 408 BGH, Urt. v. 26.3.1984 – II ZR 229/83 – BB 1984, 1381; OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.1.1993 – 16 U 73/92 – NJW-RR 1994, 35; OLG Hamm, Urt. v. 11.1.1988 – 8 U 142/87 – GmbHR 1988, 344; OLG Nürnberg, Urt. v. 25.11.2009 – 12 U 681/09 – GmbHR 2010, 141; bejahend auch für den Alleingesellschafter-Geschäftsführer: OLG München, Urt. v. 22.1.1997 – 7 U 4756/96 – BB 1997, 1015; zuletzt BGH, Urt. v. 20.1.2015 – II ZR 369/13 – DStR 2015, 838 zu Kundenschutzklauseln zwischen GmbH und Gesellschaftern; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, § 35 Rn 197 m. w. N.; vgl. auch Goette in: FS für Wiedemann, S. 873, der eine Karenzentschädigung entsprechend § 74 Abs. 2 HGB verlangt. 409 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, § 35 Rn 198. 410 BGH, Urt. v. 18.7.2005 – II ZR 159/03 – NJW 2005, 3062; BeckOK GmbHG/Wisskirchen/Kuhn, § 6 Rn 101. 411 BeckOK GmbHG/Wisskirchen/Kuhn, § 6 Rn 100.
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498 –
Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
Obwohl nach feststehender Rechtsprechung des BGH beim Organvertreter grundsätzlich keine Karenzentschädigung festgelegt werden muss,412 ist fraglich, ob der völlige Verzicht auf eine finanzielle Kompensation jedenfalls an den ehemaligen Fremdgeschäftsführer zur Nichtigkeit der Wettbewerbsklausel führt.413 Ausnahmsweise kann die finanzielle Kompensation (jedenfalls beim Gesellschafter-Geschäftsführer) auch in einer einmaligen Abfindung bestehen.414 Für die Höhe der Entschädigung ist generell die Bestimmung des § 74 Abs. 2 HGB maßgeblich.415 Allerdings ist in bestimmten Ausnahmefällen auch eine Reduzierung entsprechend dem Umfang des Wettbewerbsverbotes denkbar.
250 Insgesamt bleibt somit festzuhalten, dass zwar die strengen Regeln der §§ 74 ff. HGB
auf das Wettbewerbsverbot eines GmbH-Geschäftsführers nicht unmittelbar angewendet werden. Dennoch empfiehlt sich jedenfalls eine Orientierung an den Maßstäben der §§ 74 ff. HGB, um damit das Risiko der Unwirksamkeit oder Unverbindlichkeit der Wettbewerbsklausel zu minimieren.416 Praxistipp Entsprechend der Regelung des § 75a HGB kann sich die Gesellschaft bis zum Ablauf der Organstellung und Beendigung des Anstellungsverhältnisses jederzeit durch einen einseitigen Verzicht von der Wettbewerbsvereinbarung lösen.417 Die in § 75a HGB vorgesehene einjährige Entschädigungspflicht besteht hierbei für die Gesellschaft nicht.418 Wird im Anstellungsvertrag allerdings auf die §§ 74 ff. HGB verwiesen, befreit ein zugleich mit der Kündigung des Anstellungsvertrages ausgesprochener Verzicht auf das Wettbewerbsverbot die Gesellschaft erst mit Ablauf eines Jahres gem. § 75a HGB von ihrer Entschädigungspflicht.419 Nach Beendigung der Geschäftsführerstellung ist auch bei Organvertretern ein einseitiger Verzicht der Gesellschaft und der Wegfall der vereinbarten Karenzentschädigung nicht mehr möglich.420
412 Vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 28.4.2008 – II ZR 11/07 – WM 2008, 1226; BGH, Urt. v. 26.3.1984 – II ZR 229/83 – BB 1984, 1381; BGH, Urt. v. 4.3.2002 – II ZR 77/00 – NZG 2002, 475; OLG München, Urt. v. 19.11.2008 – 7 U 1882/08 – n. v. 413 BVerfG, Beschl. v. 7.2.1990 – 1 BvR 26/84 – NJW 1990, 1469; OLG Hamm, Urt. v. 11.1.1988 – 8 U 142/87 – GmbHR 1988, 344,. 414 OLG Hamm, Urt. v. 11.1.1988 – 8 U 142/87 – GmbHR 1988, 344. 415 Scholz/Schneider, GmbHG, § 43 Rn 183; steuerliche Hinweise zur Konkurrenztätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers, vgl. Hümmerich/Boecken/Spirolke/Reiserer, § 4 Rn 38 ff. 416 Weiterführende Hinweise bei Henssler, RdA 1992, 289; Thüsing, NZG 2004, 9: Menke, NJW 2009, 636; Fröhlich, GmbH-StB 2014, 59; Müller, GmbHR 2014, 964, jeweils mit umfangreichen Nachw. aus der Rspr. 417 Zum Verzicht des Arbeitgebers vgl. Kap. 8 Rn 67 ff. 418 BGH, Urt. v. 4.3.2002 – II ZR 77/00 – NZG 2002, 475; BGH, Urt. v. 17.2.1992 – II ZR 140/91 – BB 1992, 723, m. Anm. v. Jäger, DStR 1995, 724 und v. Hoyningen-Huene, EWiR 2002, 521; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.8.1996 – 6 U 150/95 – BB 1996, 2377; ebenso Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, § 35 Rn 203; a. A. noch OLG Hamm, Urt. v. 18.3.1991 – 8 U 277/90 – GmbHR 1991, 367, wo § 75a HGB sogar für den Gesellschafter-Geschäftsführer entsprechend angewandt wurde. 419 BGH, Urt. v.25.6.1990 – II ZR 119/89 – ZIP 1990, 1196. 420 Grüll/Janert, S. 92 f.; a. A. offenbar OLG München, Urt. v. 28.7.2010 – 7 U 2417/10 – ArbR 2010, 458. Ausführlich zur Thematik Roth/Altmeppen, § 6 Rn 88; Scholz/Schneider, § 43 Rn 183.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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Das folgende Klauselmuster eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots orientiert 251 sich an den Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB: Klauselmuster Nachvertragliches Wettbewerbsverbot (1) Der Geschäftsführer verpflichtet sich, für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung dieses Dienstverhältnisses weder eine Tätigkeit, noch eine Stellung, noch eine Beteiligung bei einem Unternehmen im selben Geschäftszweig anzunehmen und/oder ein solches Unternehmen zu beraten, soweit ein solches Konkurrenzunternehmen seinen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat. (2) Für die Dauer des Wettbewerbsverbots erhält der Geschäftsführer als Entschädigung monatlich nachträglich die Hälfte der von ihm zuletzt bezogenen vertragsmäßigen monatlichen Grundvergütung, deren Höhe sich aus dem Durchschnitt der vor Beendigung des Dienstverhältnisses liegenden drei Geschäftsjahre errechnet. (3) Der Geschäftsführer muss sich auf die Entschädigung gem. Abs. 2 anrechnen lassen, was er während des Zeitraumes, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Unter den anzurechnenden Verdienst fällt auch etwaiges vom Geschäftsführer bezogenes Arbeitslosengeld. (4) Der Geschäftsführer verpflichtet sich, während der Dauer des Wettbewerbsverbots der Gesellschaft die Höhe seines Erwerbs auf Verlangen, in jedem Fall unaufgefordert am Schluss eines jeden Kalendervierteljahres nachzuweisen. (5) Der Geschäftsführer ist weiterhin verpflichtet, der Gesellschaft auf Verlangen schriftlich den neuen Dienstberechtigten/Vertragspartner zu benennen. (6) Die Gesellschaft kann vor Beendigung des Anstellungsvertrages auf die Einhaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots durch einseitige Erklärung gegenüber dem Geschäftsführer verzichten. In diesem Fall endet die Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung gem. Abs. 2 mit Ablauf von sechs Monaten nach Zugang der Verzichtserklärung.421 (7) Endet der Anstellungsvertrag aufgrund des Eintritts des Geschäftsführers in den vorzeitigen oder endgültigen Ruhestand, so treten die Vereinbarungen zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nicht in Kraft.
b) Verschwiegenheitspflicht/Pflicht zur Geheimhaltung von Betriebsgeheimnissen Die Pflicht des Geschäftsführers zur Geheimhaltung von Betriebsgeheimnissen ergibt 252 sich für die Dauer des Anstellungsverhältnisses aus der Treuepflicht des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft bzw. nach anderer Ansicht (auch) aus der Pflicht zur sorgfältigen Geschäftsführung.422 Auch ohne eine entsprechende Vereinbarung wirkt die Verschwiegenheitspflicht nach der Beendigung des Anstellungsvertrages
421 Entsprechende Verkürzung der Frist in § 75a HGB wird von Jaeger, S. 81 für zulässig angesehen, wenn sie die Frist zur ordentlichen Kündigung nicht unterschreitet. 422 Hümmerich/Reufels/Reufels, § 2 Rn 994; BeckOK GmbHG/Haas/Ziemons, § 43 Rn 187 m. w. N.; zur Verschwiegenheitspflicht während der Dauer des Anstellungsverhältnisses vgl. Rn 168 ff.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
fort.423 Im Einzelfall kann eine konkretere Ausprägung der nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht im Anstellungsvertrag dennoch sinnvoll sein. Eine entsprechende Klausel sollte jedoch nicht so weit gefasst sein, dass sie einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot entspräche, da dieses unter Umständen ohne Zahlung einer ausreichenden Karenzentschädigung unwirksam ist.424 Das nachfolgende Klauselmuster enthält im ersten Absatz eine Regelung der Ver253 schwiegenheitspflicht des Geschäftsführers während der Dauer des Anstellungsverhältnisses sowie für die Zeit danach. In Absatz zwei der Klausel wird der Gesellschaft für die Zeit der (jederzeit möglichen) Freistellung425 des Geschäftsführers sowie nach der Beendigung des Anstellungsverhältnisses ein ausdrückliches Auskunftsrecht zu den Vorgängen, die seine Tätigkeit betreffen, eingeräumt. Dies ist notwendig, da in der Regel nur so eine Überprüfung der Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht während einer Freistellungsphase bzw. nach Vertragsbeendigung möglich sein wird. Klauselmuster Verschwiegenheits- und Auskunftspflicht (1) Der Geschäftsführer verpflichtet sich, über alle ihm im Rahmen seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangenden geschäftlichen Angelegenheiten und Vorkommnisse, die ihrer Natur nach vertraulich und schutzwürdig sind, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Gesellschaft und mit der Gesellschaft verbundener Unternehmen, Stillschweigen gegenüber Dritten zu bewahren, es sei denn, der Geschäftsführer ist aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder gerichtlicher Anordnung zur Offenbarung verpflichtet. Die Verschwiegenheitspflicht gilt auch für die Regelungen dieses Vertrages sowie für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis. (2) Der Geschäftsführer hat der Gesellschaft während der Freistellung und auch nach Beendigung dieses Vertrages Auskunft über Vorgänge, die seine Tätigkeit betreffen, zu erteilen.
8. Rückgabe von Arbeitsmitteln 254 Während der Freistellungsphase, spätestens jedoch nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses besteht das berechtigte Interesse der Gesellschaft, in ihrem Eigentum stehende Unterlagen und Arbeitsmittel, wie bspw. Akten, Geschäfts-Laptop, etc., zurückzuerhalten. Fällt das Recht zum Besitz (§ 985 BGB) weg, so kann die Gesellschaft Unterlagen, Arbeitsmittel und Ähnliches bereits nach dem sachenrechtlichen Herausgabeanspruch (§ 985 BGB) vom Geschäftsführer herausverlangen.426 Durch Aufnahme einer Rückgabeklausel in den Anstellungsvertrag, wird zusätzlich ein
423 BGH, Urt. v. 26.3.1984 – II ZR 229/83 – NJW 1984, 2366; OLG Koblenz, Beschl. v. 5.3.1987 – 6 W 38/87 – DB 1987, 480; OLG Hamm, Urt. v. 7.11.1984 – 8 U 8/84 – GmbHR 1985, 158; statt vieler BeckOK GmbHG/Haas/Ziemons, § 43 Rn 208 m. w. N. 424 Hümmerich/Reufels/Reufels, § 2 Rn 995; zur Pflicht einer Karenzentschädigung bei nachvertraglichem Wettbewerbsverbot, vgl. Rn 248 f. 425 Zur Freistellung des Geschäftsführers vgl. Rn 184 f. 426 Vgl. entsprechend im Arbeitsverhältnis Kap. 8 Rn 1 f.
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A. Der GmbH-Geschäftsführer-Vertrag
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schuldrechtlicher Anspruch begründet. Die Vereinbarung eines Ausschluss von Zurückbehaltungsrechten ist, sofern der Geschäftsführer unmittelbarer Besitzer ist, z. B. bei einem auch zu privaten Nutzung überlassenen Notebook, wegen der Regelung in § 309 Nr. 2 BGB nicht zulässig. Soweit der Geschäftsführer nur als Besitzdiener anzusehen ist, hat ein vertraglicher Ausschluss eines Zurückbehaltungsrechts lediglich klarstellende Funktion.427 Klauselmuster Rückgabe von Arbeitsmitteln (1) Der Geschäftsführer hat mit der Freistellung, spätestens jedoch mit Beendigung dieses Vertrages, alle in seinem Besitz befindlichen, die Gesellschaft betreffenden Unterlagen, Urkunden, Aufzeichnungen, Notizen, Entwürfe oder hiervon gefertigte Durchschriften, Abschriften oder Kopien ohne Rücksicht auf den Adressaten unaufgefordert herauszugeben. (2) Dieselbe Verpflichtung des Geschäftsführers besteht für sämtliche Sachen und Gegenstände, die im Eigentum der Gesellschaft stehen, wie beispielsweise Dienstwagen, Laptop, Mobiltelefon, Schlüssel und Ähnliches. (3) Dem Geschäftsführer steht an diesen Gegenständen kein Zurückbehaltungsrecht zu.
9. Schlussbestimmungen Empfehlenswerte Schlussbestimmungen sind etwa die Klarstellung des Schicksals 255 eines etwaigen vor der Bestellung zum Geschäftsführer vorliegenden Arbeitsvertrages, des Nichtbestehens von Nebenabreden, die Aufnahme eines Schriftformerfordernisses428 sowie einer salvatorische Klausel429 für den Fall, dass eine Bestimmung des Anstellungsvertrages unwirksam sein sollte. Klauselmuster Schlussbestimmungen (1) Der bisher zwischen den Parteien bestehende Arbeitsvertrag vom [Datum] wird aufgehoben.430 (2) Dieser Vertrag einschließlich der in Bezug genommenen Anlagen enthält die vollständige Vereinbarung der Parteien. Weitere Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Das gilt auch für die Änderung und Ergänzung dieser Klausel. Von dem Schriftformerfordernis ausgenommen sind individuelle Vertragsabreden.
427 Vgl. entsprechend im Arbeitsverhältnis Kap. 8 Rn 8 und allgemein zu Zurückbehaltungsrechten im Arbeitsverhältnis Kap. 3 Rn 84 ff. 428 Zur Schriftformklausel mit Klauselmuster, siehe Kap. 9 Rn 18 ff. 429 Zur salvatorischen Klausel mit Klauselmuster, siehe Kap. 9 Rn 31 ff. 430 Die Regelung ist nach aktueller Rspr. nicht mehr zwingend notwendig, sondern dient lediglich der Klarstellung, vgl. BAG, Urt. v. 5.6.2008 – 2 AZR 754/06 – BB 2009, 612; dazu und vertiefend zum innerbetrieblichen Aufstieg zum Geschäftsführer vgl. Rn 191 f.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
(3) Sollten einzelne oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Vertragsbestimmungen nicht berührt. Entsprechendes gilt für den Fall einer Regelungslücke.
B. Der AG-Vorstands-Vertrag I. Grundsatz des Gleichlaufs zum GmbH-Geschäftsführer 1. Doppelstellung des Vorstands
256 Wie der Geschäftsführer einer GmbH ist auch der Vorstand einer Aktiengesellschaft
Vertretungsorgan einer juristischen Person. Neben den organschaftlichen Akt der Bestellung zum Mitglied des Vorstandes, in der Regel durch den Aufsichtsrat (§ 84 Abs. 1 Satz 1 AktG), tritt – wie beim GmbH-Geschäftsführer – der Anstellungsvertrag zwischen dem Vorstandsmitglied und der Aktiengesellschaft, der die vertragliche Beziehung zwischen der Gesellschaft und dem Vorstandsmitglied regelt.
2. Der AG-Vorstand – ein Arbeitnehmer? 257 Wie der Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers ist auch der Anstellungsvertrag des Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft kein Arbeitsvertrag, sondern ein Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (§§ 611, 675 BGB). Die Mitglieder des Vorstandes bilden gemeinsam die Geschäftsleitung der Aktiengesellschaft und übernehmen – ebenfalls wie der Geschäftsführer der GmbH – damit gegenüber den Arbeitnehmern der Aktiengesellschaft Arbeitgeberfunktionen. Eine Qualifizierung des Vorstandsmitgliedes als Arbeitnehmer scheidet daher wie im Recht des GmbH-Geschäftsführers – auch unter der Berücksichtigung der Danosa-Entscheidung des EuGH431 – grundsätzlich aus.432 Für den Vorstand einer Aktiengesellschaft wird diese im Recht der Kapitalgesellschaft vorherrschende Auffassung noch von § 76 Abs. 1 AktG gestützt, da angesichts der dort dem Vorstand zugewiesenen autonomen Leitungsbefugnis und der damit verbundenen Weisungsunabhängigkeit auch insoweit eine Qualifizierung des Vorstandsmitgliedes als Arbeitnehmer ausscheidet. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zum GmbH-
431 EuGH, Urt. v. 11.11.2010 – C-232/09 – NZA 2011, 143 – Danosa; dazu Anm. Reiserer, DB 2011, 2262; Hümmerich/Reufels/Reufels, § 3 Rn 28. 432 St. Rspr. des BGH, z. B. BGH, Urt. v. 11.7.1953 – II ZR 126/52 – BGHZ 10, 187; BGH, Urt. v. 16.12.1953 – II ZR 41/53 – BGHZ 12, 1; und ganz h. M. Schaub/Vogelsang, § 14 Rn 2 ff.; Hümmerich/Reufels/Reufels, § 3 Rn 28, jeweils m. w. N.; KölnKomm/Mertens/Cahn, § 84 AktG Rn 35; Henssler, RdA 1992, 289; für Vorstandsmitglieder konzernabhängiger Aktiengesellschaften: Martens in: FS für Hilger und Stumpf, S. 437; Säcker, BB 1979, 1321.
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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Geschäftsführer, der wegen der Regelung in § 37 GmbHG den Weisungen der Gesellschafter unterworfen ist.433
3. Der AG-Vorstand – ein Verbraucher? Nach § 13 BGB ist ein Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu 258 Zwecken abschließt, die weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. In der Literatur wird die Einordnung des AG-Vorstands als Verbraucher weitestgehend abgelehnt, handelt es sich bei einem Anstellungsvertrag doch um einen „Dienstvertrag des selbständig Tätigen“.434 Dagegen vertritt der BGH jedenfalls beim Geschäftsführer einer GmbH die Auffassung, dass dieser als Verbraucher i. S. d. § 13 BGB anzusehen sei.435 Die dort aufgeführten Argumente dürften auf den AG-Vorstand ebenfalls zutreffen.436
4. Analogien zum Arbeitsrecht Unabhängig von der Verneinung der Arbeitnehmerstellung für Mitglieder des Vor- 259 standes einer Aktiengesellschaft besteht weitgehend Übereinstimmung, dass einzelne Schutznormen des Arbeitsrechtes für die Mitglieder des Vorstandes zur Anwendung kommen müssen. Wie Geschäftsführer einer GmbH sind auch Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft jedenfalls faktisch gegenüber der Gesellschaft in einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, da der Anstellungsvertrag regelmäßig die (finanzielle) Grundlage ihrer Existenz darstellt.437 Auch auf die Mitglieder des AGVorstandes sind daher eine Reihe arbeitsrechtlicher Vorschriften und arbeitsrechtlicher Grundsätze entsprechend anzuwenden. Die Herleitung dieses Schutzbedürfnisses für Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft als auch die Ausprägung der analogen Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Vorschriften im Einzelnen orientiert sich dabei ganz maßgeblich an den Grundsätzen im Recht des GmbH-Geschäftsführers.
433 Siehe auch Wicke, GmbHG, § 37 Rn 4. 434 Bauer/Arnold, ZIP 2006, 2337; Bauer/von Medem, NZA 2014, 238, 241. 435 BAG, Urt. v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09 – NJW 2010, 2827; zum GmbH-Geschäftsführer vgl. auch Rn 15. 436 Hümmerich/Reufels/Reufels, § 3 Rn 57. 437 KölnKomm/Mertens/Cahn, AktG, § 84 Rn 37.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
Beispiel Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Vorschriften auf AG-Vorstände: – Die Grundsätze zur Haftungsbeschränkung bei innerbetrieblichem Schadensausgleich finden keine Anwendung auf Vorstandsmitglieder;438 – Wird der Betrieb der Aktiengesellschaft oder ein abgrenzbarer Betriebsteil auf einen Dritten nach § 613a BGB übertragen, geht das Anstellungsverhältnis des Vorstandsmitgliedes nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Erwerber über;439 – Für die ordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses gilt, sofern nichts anderes vereinbart ist, im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH zum Geschäftsführer der GmbH nach ganz herrschender Meinung die Regelung des § 622 Abs. 1 BGB entsprechend.440 Unter Berücksichtigung der gesamten Tätigkeit des Vorstandsmitgliedes für das Unternehmen, ggf. auch aus früherer Tätigkeit als Arbeitnehmer, verlängern sich die Fristen für die Kündigung des Anstellungsvertrages des Vorstandsmitgliedes durch die Gesellschaft entsprechend § 622 Abs. 2 BGB. Abweichende Vereinbarungen im Anstellungsvertrag des Vorstandsmitgliedes sind entsprechend § 622 Abs. 5 BGB unwirksam. Praktisch dürfte dies aufgrund der obligatorischen Befristung des Vorstands-Anstellungsvertrages, der in der Regel einen Ausschluss der ordentlichen Kündigung enthalten wird, nur eine geringer Rolle spielen;441 – Weder der allgemeine Kündigungsschutz nach den gesetzlichen Bestimmungen des KSchG (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG)442, noch der besondere Kündigungsschutz nach § 85 SGB IX für schwerbehinderte Menschen443 oder die Kündigungsschutzbestimmungen des MuSchG444 und des BEEG finden auf Vorstandsmitglieder Anwendung; – Obwohl die gesetzlichen Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes nicht für Vorstandsmitglieder gelten, steht jedem Vorstandsmitglied in angemessenem Umfang Erholungsurlaub unter Entgeltfortzahlung zu;445
438 BGH, Urt. v. 27.2.1975 – II ZR 112/72 – WM 1975, 467 (für Geschäftsführer einer Genossenschaftsbank); Henze/Born/Drescher, S. 127; Hümmerich/Reufels/Reufels, § 3 Rn 29; Schmidt/Schantz, NZS 2014, 5 (für den Vorstand einer gesetzl. Krankenversicherung); vgl. im Übrigen die Ausführungen zum Haftungsmaßstab beim GmbH-Geschäftsführer in Rn 97 und Hümmerich/Boecken/Spirolke/Reiserer, § 4 Rn 27 ff. 439 Vgl. Rn 358; Henssler, RdA 1992, 289, 297; Hümmerich/Reufels/Reufels, § 3 Rn 29 m. w. N.; vgl. BAG, Urt. v. 13.2.2003 – 8 AZR 654/01 – DB 2003, 942 (zum GmbH-Geschäftsführer). 440 Vgl. Rn 181 f.; 327; Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 24; KölnKomm/Mertens/Cahn, AktG, § 84 Rn 38; Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 6; vgl. auch Grobys, NJW-Spezial 2005, 513. 441 Klauselmuster zum Ausschluss der ordentlichen Kündigung in Rn 328 f. 442 Vgl. zur gleichen Problematik beim GmbH-Geschäftsführer Rn 186 ff.; Ob beim Vorstand – wie beim GmbH-Geschäftsführer (vgl. Rn 187) – die Möglichkeit der Einbeziehung der materiellen Regeln des Kündigungsschutzgesetzes in den Anstellungsvertrag besteht, ist in der Rechtsprechung bislang ungeklärt. Verneinend: Hümmerich/Reufels/Reufels, § 3 Rn 33; Hüffer/Koch, § 84 Rn 24. 443 Vgl. zur gleichen Problematik beim GmbH-Geschäftsführer Rn 196. 444 Vgl. zur gleichen Problematik beim GmbH-Geschäftsführer Rn 194 f., auch unter der Berücksichtigung der Danosa-Rechtsprechung des EuGH: EuGH, Urt. v. 11.11.2010 – C-232/09 – NZA 2011, 143 – Danosa; dazu Anm. Reiserer, DB 2011, 2262; kritisch zur Übertragung der Danosa-Entscheidung auf den im Gegensatz zum GmbH-Geschäftsführer weisungsunabhängigen Vorstand einer AG vgl. Grobys/Panzer/Kelber, Vorstand, Rn 14. 445 KölnKomm/Mertens/Cahn, § 84 Rn 87; Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 53.
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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Schließlich kann sich das Vorstandsmitglied unter ganz engen Voraussetzungen auch auf den aus dem Arbeitsrecht abgeleiteten Gleichbehandlungsgrundsatz446 – allerdings nur im Verhältnis zu anderen Vorstandsmitgliedern – sowie auf den gleichfalls aus dem Arbeitsrecht abgeleiteten Grundsatz der betrieblichen Übung berufen.447
II. Der Anstellungsvertrag: Besonderheiten für den AG-Vorstand 1. Zustandekommen des Anstellungsvertrages a) Zuständigkeit des Aufsichtsrates Der Aufsichtsrat ist gem. § 84 Abs. 1 AktG zwingend für die Bestellung des Vorstands- 260 mitgliedes zuständig. Gem. § 84 Abs. 1 S. 5 AktG gelten für den Anstellungsvertrag die Regelungen über die Bestellung in § 84 Abs. 1 S. 1 bis 4 AktG sinngemäß mit der Folge, dass auch für die Entscheidung über den Abschluss und den Inhalt des Anstellungsvertrages zwingend der Aufsichtsrat als Vertreter der Aktiengesellschaft nach § 112 AktG zuständig ist.448 Abweichende Regelungen in der Satzung der Aktiengesellschaft etwa in Form von Zustimmungsvorbehalten für die Hauptversammlung sind unzulässig.449 Aufsichtsratsbeschlüsse können nicht stillschweigend gefasst werden, es bedarf vielmehr eines ausdrücklichen Beschlusses. Liegt jedoch ein ausdrücklich gefasster Beschluss vor, so kann seine Auslegung dazu führen, dass ein über den ausdrücklichen Beschlusswortlaut hinausgehender Erklärungsgehalt zu berücksichtigen ist.450 Die Entscheidung über den Abschluss und den Inhalt des Anstellungsvertra- 261 ges konnte allerdings bisher, anders als die Aufgabe der Bestellung und Wiederbestellung, an einen Ausschuss, in der Regel an den Personalausschuss, delegiert werden. Dies ergibt sich aus § 107 Abs. 3 S. 3 AktG, der § 84 Abs. 1 S. 5 AktG nicht erwähnt.451 Durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG), 262 das am 5.8.2009 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber jedoch den Katalog der nicht
446 BGH, Urt. v. 18.12.1954 – II ZR 281/53 – BB 1955, 166; zur Anwendbarkeit des AGG auf Vorstandsmitglieder KölnKomm/Mertens/Cahn, AktG, § 84 Rn 35. 447 Zu weiteren Erwägungen und Einzelheiten im Zusammenhang mit Analogien zum Arbeitsrecht vgl. die Ausführungen zum GmbH-Geschäftsführer Rn 5 ff. 448 Hümmerich/Boecken/Düwell/Pusch, § 84 AktG, Rn 35. 449 BGH, Urt. v. 6.4.1964 – II ZR 75/62 – NJW 1964, 1367; KölnKomm/Mertens/Cahn, § 84 Rn 48; Hümmerich/Boecken/Düwell/Pusch, § 84 AktG, Rn 35, wonach ein von einem unzuständigen Organ der AG geschlossener Anstellungsvertrag nach § 134 BGB nichtig ist. 450 BGH, Urt. v. 17.12.2001 – II ZR 288/99 – ZIP 2002, 216. 451 BGH, Urt. v. 23.10.1975 – II ZR 90/73 – BB 1975, 1502; vgl. BGH, Urt. v. 27.5.1991 – II ZR 87/90 – ZIP 1991, 869; ausführlich zu dem beschränkten Wirkungskreis des Personalausschusses Hüffer/Koch § 84 AktG, Rn 15 und § 107 AktG, Rn 28 m. w. N.
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(endgültig) auf Ausschüsse übertragbaren Angelegenheiten in § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG um § 87 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 und 2 AktG erweitert, sodass künftig die Beschlussfassung über die Festsetzung und Herabsetzung der Gesamtbezüge durch das Aufsichtsratsplenum erfolgen muss.452 Da die Vergütungsvereinbarung ein wesentlicher Bestandteil des Anstellungsvertrages ist, dürfte künftig das Aufsichtsratsplenum die Entscheidung über Abschluss und Änderung des Anstellungsvertrages selbst zu treffen haben.453 Der (Personal-)Ausschuss kann daher nur noch vorbereitend tätig sein.454 Nach neuerer Rechtsprechung des BGH fällt der Abschluss des die Vergütung eines Vorstandsmitglieds betreffenden Vertrags auch dann in die Zuständigkeit des Aufsichtsrats, wenn er von der Aktiengesellschaft nicht mit dem Vorstandsmitglied selbst, sondern einem Dritten abgeschlossen wird und mit dem Dritten eine Vergütung für die Vorstandstätigkeit vereinbart wird.455
b) Vertragsänderung, Vertragsaufhebung 263 Eine Änderung des Inhalts des Anstellungsvertrags oder dessen Aufhebung ist durch die Parteien jederzeit einvernehmlich möglich.456 Wie auch beim Abschluss des Anstellungsvertrages handelt für die Aktiengesellschaft der Aufsichtsrat (§ 112 AktG). Über Fragen der Vorstandsvergütung wird der Aufsichtsrat nach Einführung des VorstAG selbst zu entscheiden haben, da eine Übertragung der Entscheidung an einen (Personal-)Ausschuss hier nicht zulässig ist.457
2. Form des Anstellungsvertrages
264 Der Anstellungsvertrag zwischen Aktiengesellschaft und dem Mitglied des Vor-
standes bedarf keiner Form.458 Obwohl damit generell auch der mündliche Anstellungsvertrag wirksam ist, empfiehlt sich aus Gründen der Rechtssicherheit stets eine schriftliche Fixierung.
452 Vertiefend zum am 5.8.2009 in Kraft getretenen Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG), s. Rn 299 ff. 453 KölnKomm/Mertens/Cahn, AktG, § 84 Rn 48. 454 Hümmerich/Boecken/Düwell/Pusch, § 84 AktG, Rn 36; Lingemann, BB 2009, 1918, 1922. 455 BGH, Urt. v. 28.4.2015 – II ZR 63/14 – NZG 2015, 792 m. Anm. v. Hippeli, jurisPR-HaGesR 7/2015 Anm. 2. 456 Haas/Ohlendorf, S. 26. 457 Siehe Rn 261 f. 458 Haas/Ohlendorf, S. 16; BGH, Urt. v. 27.1.1997– II ZR 213/95 – GmbHR 1997, 547 (für Geschäftsführer einer GmbH).
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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3. Rechtsweg Bei Streitigkeiten zwischen dem Vorstandsmitglied und der Aktiengesellschaft aus 265 dem Anstellungsvertrag sind die ordentlichen Gerichte zuständig. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte scheitert an § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG, wonach Personen in Betrieben einer juristischen Person, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglied eines Vertretungsorgans zur Vertretung einer juristischen Person berufen sind, nicht als Arbeitnehmer gelten. Dass die neuere Rechtsprechung des BAG zur Zuständigkeit der Arbeitsgerichte 266 bei Klagen des GmbH-Geschäftsführers auch auf den Vorstand einer Aktiengesellschaft zu übertragen ist, ist wegen der Regelung in § 76 Abs. 1 AktG (Arbeitgeberfunktion) nicht zu erwarten459.
III. Einzelne Anstellungsvertragsklauseln 1. Dienstleistung a) Pflicht zur Leitung der Gesellschaft Gemäß § 76 Abs. 1 AktG obliegt dem Vorstand als Kollegialorgan die Leitung der 267 Gesellschaft unter eigener Verantwortung. Der Begriff der Unternehmensleitung ist dabei umfassend im Sinne einer generalklauselartigen ausschließlichen Allzuständigkeit des Vorstands zu verstehen. Seine Pflicht zur Geschäftsleitung und -führung hat der Vorstand mit der Sorgfalt 268 eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu erfüllen, §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 S. 1 AktG. Dabei hat er vor allem die Interessen der Gesellschaft zu wahren. Dazu zählen die Wahrung des Interesses der Aktionäre an der Erhaltung des Grundkapitals sowie die gewinnorientierte Verwendung ihres Kapitalbeitrags, wobei eine Rechtspflicht zur „Gewinnmaximierung“ im Interesse der Aktionäre nicht existiert.460 Bei seinen Entscheidungen muss der Vorstand neben den Aktionärsinteressen auch die Interessen der Arbeitnehmer der Gesellschaft sowie diejenigen der Allgemeinheit berücksichtigen. Aus der Verwaltung des ihnen anvertrauten Vermögens bzw. eines Geschäftsbe- 269 reichs folgt eine besondere, organschaftliche Treuepflicht. Danach hat der Vorstand die Unternehmensinteressen in jedweder Weise wahrzunehmen und es zu unterlassen, die Gesellschaft zu schädigen.461 Weitere Ausflüsse der Treuepflicht sind die Verschwiegenheitspflicht (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG)462, das Wettbewerbsver-
459 Etwa BAG, Beschl. v. 22.10.2014 – 10 AZB 46/14 – GmbHR 2015, 27; BAG, Beschl. v. 3.12.2014 – 10 AZB 98/14; vgl. hierzu und zur Entwicklung der Rechtsprechung Rn 37 ff., 45 f. 460 Windbichler, § 27 Rn 22. 461 MüKo-AktG/Spindler, § 84 Rn 107. 462 Siehe Rn 310 ff.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
bot während der Dauer des Anstellungsverhältnisses (§ 88 AktG)463 und das Verbot, Geschäftschancen, die der Gesellschaft zustehen, für sich oder nahe stehende Personen wahrzunehmen.464 Das Gesetz überträgt dem Vorstand die Befugnis zur Geschäftsleitung ausschließ270 lich, zwingend und grundsätzlich umfassend. Daraus folgt, dass den Vertragsparteien bei der Gestaltung des Anstellungsvertrages diesbezüglich kein wesentlicher Spielraum eingeräumt ist.465 Beispiel – Änderungen betreffend die Willensbildung innerhalb des Vorstandes, z. B. statt der gesetzlich vorgesehenen Gesamtgeschäftsführung mit Einstimmigkeitserfordernis gem. § 77 Abs. 1 Satz 1 AktG etwa Gesamtgeschäftsführung mit mehrheitlicher Willensbildung466, können nach § 77 Abs. 1 Satz 2 AktG nur durch eine Satzung oder Geschäftsordnung des Vorstandes geregelt werden. Zu beachten ist hierbei die in § 77 Abs. 2 Satz 1 AktG subsidiäre Erlasskompetenz für eine Geschäftsordnung des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat.467 Dagegen entfalten Regelungen zur Willensbildung innerhalb des Vorstands, die lediglich Bestandteil eines Anstellungsvertrages sind, für die Aktiengesellschaft keine bindende Wirkung. Es sollte vielmehr von entsprechenden Vereinbarungen abgesehen werden, weil sie auf der Seite des Vorstands bei Nichterfüllung zu Kündigungsrechten und Schadenersatzansprüchen führen können.468 – Zur Frage der Verteilung der Geschäftsführungsaufgaben gilt das Vorstehende entsprechend.469 – Gestaltungsspielraum besteht allenfalls für die Frage der beabsichtigten Ressortzuweisung, wobei dem Aufsichtsrat hier das Letztbestimmungsrecht zusteht.470 Der Anstellungsvertrag kann vorsehen, dass einem Vorstandsmitglied ein bestimmtes Ressort zugewiesen wird und er nicht zur Übernahme eines anderen Ressorts verpflichtet ist. Zwar kann der Aufsichtsrat trotz der vertraglichen Regelung eine anderslautende Geschäftsordnung erlassen. In diesem Fall wäre der Vorstand allerdings berechtigt, sein Amt niederzulegen, den Anstellungsvertrag aus wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen sowie als Rechtsfolge der außerordentlichen Kündigung etwaige Schadenersatzansprüche nach § 628 Abs. 2 BGB geltend zu machen.471
b) Rechtsquellen und Leitlinien der Geschäftsführung 271 Die Pflichten des Vorstands, die sich aus seiner Organstellung ergeben, bedürfen im Eigentlichen nicht einer ausdrücklichen Konkretisierung im Anstellungsvertrag, da sie nicht zur Disposition der Parteien stehen.472 Durch die Aufnahme der gesetzli-
463 Siehe Rn 314 ff. 464 Hümmerich/Boecken/Düwell/Pusch, § 93 AktG, Rn 6 f; MüKo-AktG/Spindler, § 84 Rn 107. 465 Haas/Ohlendorf, S. 97. 466 Weitere Regelungsmöglichkeiten im Überblick, vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 77 Rn 10. 467 Vertiefend zur Geschäftsordnung Hüffer/Koch, AktG, § 77 Rn 19 ff. 468 Haas/Ohlendorf, S. 98. 469 Haas/Ohlendorf, S. 98. 470 Hüffer/Koch, § 84 Rn 15; KölnKomm/Mertens/Cahn, AktG, § 84 Rn 48. 471 Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 31. 472 Haas/Ohlendorf, S. 98.
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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chen Organpflichten in den Anstellungsvertrag werden sie jedoch auch zu vertraglichen Pflichten.473 Erweitert werden können die Pflichten des Vorstandmitglieds zudem dadurch, 272 dass der Anstellungsvertrag z. B. ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot474 oder konkretisierte Verschwiegenheitspflichten475 beinhaltet476 oder den Vorstand verpflichtet, die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK)477 in seiner jeweils gültigen Fassung sowie unternehmenseigene Handlungsempfehlungen und Compliance-Richtlinien478 zu beachten.479 Ein Verweis auf die jeweils gültige Fassung des DCGK als Bestandteil des Anstel- 273 lungsvertrages ist insbesondere für börsennotierte Gesellschaften von großer Bedeutung. Empfehlenswert ist eine Bezugnahme auf den DCGK aber auch bei nicht börsennotierten Gesellschaften für den Fall eines geplanten Börsengangs sowie als Grundlage zur Verhinderung von Interessenkonflikten zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, deren Verhältnis zueinander Teil des Regelwerks ist.480
c) Geschäftsführung und Vertretung aa) Geschäftsführung § 77 Abs. 1 S. 1 AktG sieht für den Fall eines mehrköpfigen Vorstands vor, dass sämt- 274 liche Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Geschäftsleitung befugt sind (Gesamtgeschäftsführung mit Einstimmigkeitserfordernis). Abweichende Bestimmungen, die in der Praxis den Regelfall darstellen, sind nur durch Satzung oder Geschäftsordnung des Vorstands im Rahmen der Bestimmungen nach § 77 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 AktG zulässig. Im Gegensatz zur Vertretungsmacht kann die Geschäftsführungsbefugnis des Vor- 275 standes durch Satzung, Aufsichtsrat und die Hauptversammlung eingeschränkt werden (§ 82 Abs. 2 AktG). Beschränkungen können sich ferner aus einer Geschäftsordnung des Vorstan- 276 des oder des Aufsichtsrates, insbesondere aus einer darin enthaltenen Regelung
473 Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 28; MüKo-AktG/Spindler, § 84 Rn 104. 474 Siehe Rn 360. 475 Siehe Rn 310 ff., 361. 476 Weitere Pflichten, die sich aus dem Anstellungsvertrag ergeben können: Verbot von Veröffentlichungen in Bild und/oder Ton ohne Genehmigung der Gesellschaft, Verbot der Vornahme von Börsen- und Spekulationsgeschäften etc. vgl. auch MüKo AktG/Spindler, § 84 Rn 105 m. w. Bsp. 477 Zum Begriff vgl. Kap. 3 Rn 290 ff. 478 Zum Begriff und der Pflicht des Vorstands einer AG, ein Compliance-System zu implementieren und zu überwachen vgl. Ziff. 4.1.3. DCGK sowie Bürkle, BB 2005, 565; Kort, NZG 2008, 81; U. H. Reichert/Ott, NZG 2014, 241; Schneider, ZIP 2003, 645; Hüffer/Koch, § 76 AktG, Rn 11 ff. m. w. N. 479 Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 28. 480 So auch Haas/Ohlendorf, S. 100; vgl. Klauselmuster zu den Aufgaben und Pflichten des Vorstandsmitglieds mit Verweis auf den DCGK in Rn 284.
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zur Ressortverteilung ergeben, die der Vorstand selbst oder der Aufsichtsrat erlassen hat.481 Eine entsprechende Aufnahme der Ressortzuweisung kann auch – ausdrücklich oder durch Verweisung – in den Anstellungsvertrag aufgenommen werden. Die Regelung ist zwar lediglich deklaratorisch, kann den Vorstand aber im Falle einer späteren Änderung der Geschäftsordnung durch den Aufsichtsrat zur Niederlegung seines Amtes und zur außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund sowie zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nach § 628 Abs. 2 BGB berechtigen.482
bb) Vertretungsmacht/Vertretungsbefugnis 277 Der Vorstand vertritt die Aktiengesellschaft gerichtlich und außergerichtlich (§ 78 Abs. 1 AktG). Nach § 82 Abs. 1 AktG ist seine Vertretungsmacht unbeschränkt und unbeschränkbar.483 Parallel zu den Regelungen zur Geschäftsführungsbefugnis gilt bei einem mehrköpfigen Vorstand als Grundregel die Gesamtvertretung, d. h. sämtliche Vorstandsmitglieder sind nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt (§ 78 Abs. 2 S. 1 AktG). Ist eine Willenserklärung gegenüber der Gesellschaft abzugeben – passive Vertretung – so genügt gemäß § 78 Abs. 2 S. 2 AktG die Abgabe gegenüber einem Vorstandsmitglied. Die Satzung oder der Aufsichtsrat kann, was in der Praxis der Regelfall ist, vom 278 gesetzlichen Leitbild der Gesamtvertretung abweichende Bestimmungen treffen, die gemäß § 81 AktG zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden sind. Häufig finden sich Vertretungsregelungen, wonach die Gesellschaft durch zwei Vorstandsmitglieder oder durch ein Vorstandsmitglied und einen Prokuristen vertreten wird bzw. dem Vorstandsvorsitzenden Einzelvertretungsbefugnis eingeräumt wird (vgl. § 78 Abs. 3 AktG).484 Eine Aufnahme entsprechender Vertretungsbestimmungen in den Anstellungs279 vertrag führt nicht zu einer Bindung des Aufsichtsrats, stattdessen aber zu Rechtsunsicherheit und ist daher nicht zu empfehlen. Parallel zur Aufnahme einer Regelung zur Geschäftsführungsbefugnis würde auch die Aufnahme einer Vertretungsregelung in den Anstellungsvertrag das Risiko etwaiger Kündigungs- und Schadensersatzansprüche des Vorstandmitglieds in sich tragen.485 Eine vertragliche Regelung zur Vertretung der Gesellschaft sollte sich daher auf einen Verweis auf die gesetzlichen
481 Hüffer/Koch, AktG, § 82 Rn 13; MüKo AktG/Spindler, § 82 Rn 43. 482 Siehe Rn 216 f. (zur außerordentlichen Kündigung des GmbH-Geschäftsführers); Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 31. 483 Hüffer/Koch, AktG, § 78 Rn 5; zu den wenigen Ausnahmefällen vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 78 Rn 8 ff.; Windbichler, § 27 Rn 18. 484 Windbichler, § 27 Rn 19. 485 Haas/Ohlendorf, S. 101; Zur Problematik einer vertraglichen Regelung der Geschäftsführungsbefugnis siehe Rn 276.
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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Vorschriften sowie das jederzeitige Recht des Aufsichtsrats, die Vertretungsregelungen zu Gunsten oder zu Lasten des Vorstandmitglieds zu ändern, beschränken. Der Änderungsvorbehalt dient dem Zweck, Rechtsstreitigkeiten wegen der Änderung von Vertretungsregelungen zu vermeiden.486
d) Arbeitgeberfunktion des Vorstands Als Vertreter der Gesellschaft ist der Vorstand zur Wahrnehmung der Arbeitgeber- 280 pflichten im arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Sinne zuständig.487 Im Rahmen einer ordnungsgemäßen und sorgfältigen Auswahl kann er diese Pflichten aber auf Mitarbeiter delegieren.
e) Übernahme von Mandaten und ehrenamtlichen Funktionen im Interesse der Gesellschaft Dem Unternehmensinteresse kann es im Einzelfall dienlich sein, wenn der Vorstand 281 Mandate in mit der Aktiengesellschaft verbundenen Unternehmen übernimmt. Die Aufnahme eines entsprechenden Aufforderungsrechts der Gesellschaft zur Übernahme eines solchen Amtes in den Anstellungsvertrag mit dem Vorstand stellt klar, dass er auch in diesem Fall die Interessen der Aktiengesellschaft vertritt.488 Spiegelbildlich ist es erforderlich eine Regelung in den Anstellungsvertrag auf- 282 zunehmen, wonach der Vorstand spätestens mit der Beendigung seines Mandats verpflichtet ist, die ihm durch die Aktiengesellschaft zugeteilten Mandate, sofern rechtlich zulässig, niederzulegen bzw. auf dritte, von der Aktiengesellschaft zu benennende, Personen, zu übergeben. Erhält der Vorstand für seine zusätzlichen Tätigkeiten eine gesonderte Vergü- 283 tung, so ist eine Regelung sinnvoll, ob diese auf seine Vorstandsvergütung angerechnet wird. Jedenfalls ist der Vorstand (auch ungeschrieben) verpflichtet, Bezüge, die er neben dem regulären Vorstandsgehalt von Dritter Seite erhält, der Aktiengesellschaft, in der Regel dem Vorsitzenden des Aufsichtsrate der Gesellschaft, zu berichten.489
486 Haas/Ohlendorf, S. 101. 487 Haas/Ohlendorf, S. 102; Moll/Moll/Eckhoff, AktG, § 81 Rn 4; Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 14 m.w N. 488 MüKo-AktG/Spindler, § 84 Rn 105; Haas/Ohlendorf, S. 102. 489 Zu alledem Haas/Ohlendorf, S. 102 f.
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f) Klauselmuster: Aufgaben und Pflichten; Vertretung
284 Es empfiehlt sich folgendes Klauselmuster:
Klauselmuster Aufgaben und Pflichten; Vertretung490 1. Das Vorstandsmitglied führt in Gemeinschaft mit den anderen Mitgliedern des Vorstands die Geschäfte der Aktiengesellschaft unter Beachtung des jeweils gültigen Geschäftsverteilungsplans für den Vorstand der Gesellschaft. 2. Das Vorstandsmitglied hat sein Amt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu führen und bei seiner Tätigkeit die Gesetze, die Satzung der Aktiengesellschaft, eine vom Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft erlassene Geschäftsordnung einschließlich Geschäftsverteilungsplan für den Vorstand, die Beschlüsse des Aufsichtsrats sowie der Hauptversammlung und diesen Anstellungsvertrag sowie den Deutschen Corporate Governance Kodex, sämtlich in der jeweils gültigen Fassung, zu beachten. 3. Das Vorstandsmitglied vertritt die Aktiengesellschaft nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen gerichtlich und außergerichtlich. Die Vertretungsbefugnisse des Vorstandsmitglieds richten sich nach der Satzung der Aktiengesellschaft/der Geschäftsordnung für den Vorstand, die jederzeit geändert werden kann. 4. Das Vorstandsmitglied nimmt die Rechte und Pflichten eines Arbeitgebers im Sinne der arbeitsund sozialrechtlichen Vorschriften wahr. 5. Das Vorstandsmitglied ist verpflichtet auf Wunsch des Aufsichtsrates der Aktiengesellschaft Organstellungen (Vorstand/Geschäftsführer) in mit der Aktiengesellschaft verbundenen Unternehmen, Aufsichtsratsmandate oder Mandate in einem vergleichbaren Kontrollgremium sowie ehrenamtliche Funktionen in Verbänden, denen die Aktiengesellschaft angehört, zu übernehmen. Auf jederzeitige Aufforderung der Aktiengesellschaft, spätestens jedoch mit der Beendigung dieses Anstellungsvertrages, hat das Vorstandsmitglied diese Ämter, sofern rechtlich zulässig, niederzulegen bzw. auf dritte, von der Aktiengesellschaft zu benennende, Personen, zu übergeben.
2. Vertragsdauer und Befristung a) Befristungshöchstdauer 285 Der Anstellungsvertrag kann befristet werden, wobei die Obergrenze gem. § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 5 AktG bei fünf Jahren liegt.491 Die gesetzlichen Beschränkungen im Recht der befristeten Arbeitsverträge nach §§ 14 ff. TzBfG finden auf den Anstellungsvertrag des Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft insoweit keine Anwendung.492 Wird ein Vertrag entgegen den gesetzlichen Bestimmungen für länger als fünf Jahre oder unbefristet abgeschlossen, so reduziert sich die Befristung auf die gesetzliche Höchstdauer und berührt die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen nicht.493
490 Im Wesentlichen nach Haas/Ohlendorf, S. 90 f. 491 Haas/Ohlendorf, S. 16; Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 20; Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 25. 492 Haas/Ohlendorf, S. 16; Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 5. 493 BAG, Urt. v. 26.8.2009 – 5 AZR 522/08 – NZA 2009, 1205.
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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b) Mindestvertragsdauer des Anstellungsvertrages Obwohl eine entsprechende Vorschrift des Gesetzgebers zur Mindestdauer des 286 Anstellungsvertrages fehlt, darf die Dauer des Anstellungsvertrages nicht zu kurz gewählt werden. Nach Auffassung des OLG Karlsruhe liegt die Mindestdauer von Bestellung und Anstellungsvertrag bei einem Jahr.494 Anders als beim GmbH-Geschäftsführer kann der Anstellungsvertrag des AG-Vor- 287 standsmitgliedes nicht auf Probe abgeschlossen werden.495
c) Verlängerungsklausel Eine Verlängerungsklausel, nach der sich der Anstellungsvertrag jeweils für die 288 Dauer der Wiederbestellung, verlängert, ist nach § 84 Abs. 1 S. 5 AktG zulässig, sofern der Fünfjahreszeitraum nicht überschritten wird.496 Fehlt eine solche Klausel im Anstellungsvertrag, so ist für die Verlängerung ein Aufsichtsratsbeschluss erforderlich, der gem. § 84 Abs. 1 S. 3 AktG frühestens ein Jahr vor Ablauf des Anstellungsvertrages wirksam gefasst werden kann. Wird der Anstellungsvertrag ohne ausdrückliche Regelung praktisch weitergeführt, verlängert sich der Anstellungsvertrag automatisch, soweit die Höchstdauer von fünf Jahren aus § 84 Abs. 1 S. 1, und 5 AktG nicht überschritten wird.497 Keine unzulässige Umgehung des Verbots in § 84 Abs. 1 S. 3 AktG soll nach der Rechtsprechung des BGH dagegen die einvernehmliche Aufhebung der Bestellung verbunden mit der Wiederbestellung als Vorstandsmitglied für fünf Jahre früher als ein Jahr vor Ablauf der ursprünglichen Bestellung sein.498
494 OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.7.1973 – 8 U 74/73 – BB 1973, 1088; so auch Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 25; Grobys/Littger, BB 2002, 2292, 2294; entsprechend zur Mindestdauer der Bestellung: Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 7. 495 Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 25. 496 Haas/Ohlendorf, S. 16; Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 6, 20; Moll/Moll/Eckhoff, AktG, § 81 Rn 26. 497 Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 26; Hüffer/Koch, § 84 Rn 6; Vereinbarungen bei Bestellung, die eine automatische Verlängerung der Amtszeit über die Höchstdauer von fünf Jahren vorsehen, sind nach § 134 BGB nichtig, vgl. BGH, Urt. v. 11.7.1953 – II ZR 126/52 – BGHZ 10, 187; zur Problematik von Verträgen zwischen Vorstand und Allein- oder Mehrheitsaktionär, die eine Wiederbestellung vorsehen, s. Niewarra, BB 1998, 1961. 498 BGH, Urt. v. 17.7.2012 – II ZR 55/11 – NZG 2012, 1027; anders dagegen noch die Vorinstanz: OLG Zweibrücken, Urt. v. 3.2.2011 – 4 U 76/10 – NZG 2011, 433; zu den Gestaltungsmöglichkeiten bei vorzeitiger Wiederbestellung von Vorstandsmitgliedern vgl. Fleischer DB 2011, 861.
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d) Koppelungsklauseln
289 Koppelungsklauseln, wonach die Beendigung des Anstellungsverhältnisses an den
Widerruf der Organbestellung gekoppelt ist, sind – wie auch beim GmbH-Geschäftsführer499 – grundsätzlich zulässig.500
e) Klauselmuster zur Befristung des Anstellungsvertrages 290 Unter formalen Gesichtspunkten ist das Bestehen der Organstellung durch Bestellung zum Vorstand der Aktiengesellschaft und das als Dienstvertrag zu bewertende Anstellungsverhältnis zwischen Vorstandsmitglied und Aktiengesellschaft voneinander getrennt zu beurteilen (sog. Doppelstellung des Vorstands). Die Parteien werden dennoch beide Rechtsverhältnisse vertraglich miteinander verknüpfen wollen. Dazu sind grundsätzlich folgende Wege gangbar:
aa) Aufsichtsratsbeschluss über die Bestellung zum Vorstandsmitglied und anschließender Abschluss des Anstellungsvertrages 291 Die Vertragsparteien können den Anstellungsvertrag zeitlich nach dem Beschluss des Aufsichtsrates über die Bestellung zum Vorstandsmitglied schließen. Die Verknüpfung von Bestellung zum Vorstandsmitglied und Anstellungsvertrag 292 betrifft das Anstellungsverhältnis als Ganzes. Sie ist dem vertraglichen Regelwerk daher als Präambel vorangestellt. Hierfür empfiehlt sich folgendes Klauselmuster: Klauselmuster Präambel501 Herr/Frau [Name, Vorname] ist durch Beschluss des Aufsichtsrates der Aktiengesellschaft vom [Da‑ tum] für den Zeitraum vom [Datum] bis zum [Datum] zum Mitglied des Vorstands der Aktiengesellschaft bestellt worden. Dieser Anstellungsvertrag regelt das der Bestellung zugrundeliegende Dienstverhältnis abschließend.
bb) Unbedingter Abschluss des Anstellungsvertrages und anschließender Aufsichtsratsbeschluss über die Bestellung zum Vorstandsmitglied 293 Der unbedingte Abschluss eines Anstellungsvertrages vor einem Beschluss über die Bestellung zum Vorstandsmitglied der Aktiengesellschaft begegnet hingegen
499 Siehe Rn 238 ff. 500 Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 27; kritisch zur Vereinbarkeit von Koppelungsklauseln mit dem AGBRecht, Graf von Westphalen, BB 2015, 834. 501 Im Wesentlichen nach Haas/Ohlendorf, S. 93.
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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rechtlichen Bedenken. Eine solche Vorgehensweise würde den Aufsichtsrat in seiner Beschlussfassung – zumindest faktisch – binden.502
cc) Anstellungsvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Bestellung zum Vorstandsmitglied Der Anstellungsvertrag kann ferner unter den Vorbehalt der Bestellung zum Vor- 294 standsmitglied gestellt werden. In diesem Fall tritt er erst mit Wirksamwerden der Bestellung503 in Kraft. Die Bestellung kann auch erst zu einem bestimmten zukünftigen Termin erfolgen, an dem die Tätigkeit des Vorstandsmitglieds als Organ der Gesellschaft beginnen soll.504 Es empfiehlt sich folgendes Klauselmuster: 295 Klauselmuster Präambel505 Herr/Frau [Name, Vorname] wird für den Zeitraum vom [Datum] bis zum [Datum] zum Mitglied des Vorstands der Aktiengesellschaft bestellt werden. Dieser Anstellungsvertrag regelt das der Bestellung zugrundeliegende Dienstverhältnis abschließend vorbehaltlich der Bestellung.
dd) Aufsichtsratsbeschluss über die Bestellung zum Vorstand unter der aufschiebenden Bedingung des Abschlusses eines Anstellungsvertrages Denkbar ist auch eine Bestellung des Vorstandsmitglieds unter der aufschieben- 296 den Bedingung des Abschlusses eines Anstellungsvertrages.506 Das heißt, erst mit Abschluss des Anstellungsvertrages (Eintritt der Bedingung) wird die Bestellung zum Organ der Gesellschaft wirksam. In diesem Fall ist der Vorbehalt in dem obigen Klauselmuster („vorbehaltlich der Bestellung“)507 ersatzlos zu streichen.
3. Vergütung a) Allgemeines Anders als im GmbH-Recht für den GmbH-Geschäftsführer bestanden für die Bemes- 297 sung von Vorstandsvergütungen bereits bei Einführung des Aktiengesetzes ausdrück-
502 Haas/Ohlendorf, S. 92. 503 Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 4. 504 Analog § 84 Abs. 1 Satz 3 AktG sollte der Zeitpunkt nicht später als ein Jahr nach der Bestellung gewählt werden, Haas/Ohlendorf, S. 91. 505 Im Wesentlichen nach Haas/Ohlendorf, S. 90. 506 Diese Gestaltungsmöglichkeit wird in der Literatur nicht einheitlich beurteilt, vgl. Haas/Ohlendorf, S. 92 m. w. N. Vorzugswürdig ist daher die erste Gestaltungsalternative unter der Rn 292. 507 Rn 295.
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liche gesetzliche Regelungen. Gem. § 87 Abs. 1 S. 1 AktG a. F. hatte der Aufsichtsrat „bei der Festsetzung der Gesamtbezüge (Gehalt, Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen jeder Art) des einzelnen Vorstandsmitgliedes dafür zu sorgen, dass die Gesamtbezüge in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstandsmitglieds und zur Lage der Gesellschaft stehen.“508 Dies galt sinngemäß für Ruhegehalt, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art (§ 87 Abs. 1 S. 2 AktG a. F.). Im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise gerieten als überhöht bzw. unan298 gemessen empfundene Vorstandsvergütungen und Managergehälter, insbesondere im Bankenwesen, massiv in die öffentliche Kritik. Als eine nicht unwesentliche Ursache der Krise wurden Vergütungssysteme angesehen, die durch Ausrichtung am kurzfristigen Unternehmenserfolg zur Eingehung unverantwortlicher Risiken verleiteten und dadurch Fehlanreize schafften.509 Als Ergebnis der Diskussion sind neue gesetzliche Regelungen in Kraft getreten, die solchen „fehlleitenden“ Vergütungsinstrumenten entgegenwirken sollen. Ziel des am 5.8.2009 in Kraft getretenen Gesetzes zur Angemessenheit der 299 Vorstandsvergütung (VorstAG)510 ist es, auf Vergütungssysteme für Vorstandsmitglieder hinzuwirken, die Anreize für eine nachhaltige und langfristig ausgerichtete Unternehmensführung setzen.511 Zudem sollen die Vorstandsbezüge transparenter werden für Aktionäre und die Öffentlichkeit sowie die Verantwortung des Aufsichtsrates bei der Ausgestaltung der Vergütungssysteme gestärkt werden.512 Das VorstAG hat § 87 Abs. 1 S. 1 AktG erweitert und bestimmt nun ausdrücklich, 300 dass der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Gesamtbezüge neben den bereits bisher zu berücksichtigenden Kriterien (Aufgaben des Vorstandsmitglieds und Lage der Gesellschaft) auch dafür Sorge zu tragen hat, dass die Vergütung in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung des Vorstandsmitglieds steht und die „übliche Vergütung“ nicht ohne besondere Gründe überschritten wird. Schon vor den Änderungen durch das VorstAG empfahl der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) die Berücksichtigung des Kriteriums der Leistung.513 In die Aufzählung der möglichen
508 Vgl. hierzu OLG München, Urt. v. 7.5.2008 – 7 U 5618/07 – ZIP 2008, 1237. 509 BT-Drs. 16/12278 v. 17.03.2009, S. 1; vgl. auch Kap. 4 Rn 282 ff. 510 Ausführlich zu den Neuregelungen und Auswirkungen des VorstAG vgl. Lingemann, BB 2009, 1918; Deilmann/Otte, GWR 2009, 261; Jahn, GWR 2009, 135; Krienke/Schnell, NZA 2010, 135; Fleischer, NZG 2009, 801. 511 BT-Drs. 16/12278 v. 17.3.2009, S. 1; vgl. auch Kap. 4 Rn 282 ff. 512 BT-Drs. 16/12278 v. 17.3.2009, S. 1. Dem entspricht es, dass nunmehr nach § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG die Aufgaben nach § 87 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 und 2 AktG, also insbesondere die Festsetzung und Herabsetzung der Gesamtbezüge, durch den Aufsichtsrat selbst erfolgen muss und nicht mehr (endgültig) auf den Personalausschuss übertragen werden kann. Letzterer kann daher nur noch vorbereitend tätig werden, vgl. Rn 261 f. sowie Lingemann, BB 2009, 1918, 1922. 513 Ziffer 4.2.2 Deutscher Corporate Governance Kodex i. d. F. vom 26.5.2010; vgl. auch Kap. 4 Rn 290 ff.
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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Vergütungsbestandteile in § 87 Abs. 1 S. 1 AktG wurden ergänzend „anreizorientierte Vergütungszusagen wie zum Beispiel Aktienbezugsrechte und Nebenleistungen jeder Art“ aufgenommen. § 116 S. 3 AktG n. F. hebt (deklaratorisch) die Haftung des Aufsichtsrates bei Festsetzung einer unangemessenen Vergütung hervor. Der neu eingefügte § 87 Abs. 1 S. 2 AktG greift die genannte gesetzgeberische Intention auf und bestimmt, dass die Vergütungsstruktur bei börsennotierten Gesellschaften auf eine „nachhaltige Unternehmensentwicklung“ auszurichten ist. Variable Vergütungsbestandteile sollen nach § 87 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 AktG n. F. eine „mehrjährige Bemessungsgrundlage“ haben. Das Ziel soll sein, langfristige Verhaltensanreize zu schaffen. Verhindert werden sollen solche Vergütungsinstrumente, bei denen die Bemessung von Gratifikationen und Boni nur auf Grundlage eines bestimmten Stichtages erfolgt, wodurch die Begünstigten zu einer „Aufblähung“ der maßgeblichen Parameter zu diesem Zeitpunkt verleitet werden, aber nachfolgende Verschlechterungen keine Auswirkungen auf die Vergütung haben.514 Auch zukünftig können variable Vergütungsbestandteile vereinbart werden, solange sie im Ergebnis langfristige Verhaltensanreize setzen; wird diesem Erfordernis Genüge getan, ist auch eine Mischung aus kurzfristigen und langfristigen Anreizen zulässig.515 Zudem soll der Aufsichtsrat für außerordentliche Entwicklungen eine Begrenzungsmöglichkeit vereinbaren, § 87 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 AktG. Die Neuregelungen des VorstAG lassen einige Änderungen bzw. Neuausrichtungen für Vorstandsvergütungssysteme erwarten.516 Eine weitere Neuerung durch das VorstAG enthält § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG, wonach Aktienoptionen künftig erstmalig nach vier Jahren (bisher: zwei Jahre) ausgeübt werden können. Daneben trat am 27.7.2010 das Gesetz über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen in Kraft, das neben die Regelungen des VorstAG tritt und sich rechtsformunabhängig an Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute wendet.517 Auch hier ist das Ziel, Bonuszahlungen zu begrenzen und die Vergütungssysteme am langfristigen Unternehmenserfolg auszurichten. Die Einzelheiten werden durch Rechtsverordnung geregelt.518 Hinzuweisen ist auch darauf, dass § 93 Abs. 2 S. 3 AktG n. F. nun bei sog. D&OVersicherungen einen zwingenden „Selbstbehalt von mindestens 10 % des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds“ vorsieht. Die damit verbundene Gefahr einer persönlichen
514 Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 16/12278 v. 17.3.2009, S. 5. 515 Vgl. Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drs. 16/13433, S. 10. 516 Ausführlich zu den Neuregelungen unter Berücksichtigung rechtlicher und betriebswirtschaftlicher Aspekte vgl. Maschmann/Suchan/Winter, S. 53 ff. 517 Vgl. Kap. 4 Rn 294 ff. zu den zwingenden Regeln für die Finanz- und Versicherungsbranche. 518 Zu den Neuregelungen vgl. Müller-Bonanni/Mehrens, NZA 2010, 792; Mosch/Rosenau, NJW-Spezial 2010, 498.
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(Mit-)Haftung des Vorstandsmitglieds soll verhaltenssteuernd wirken und Managementfehlern entgegensteuern.519
b) Betriebliche Altersversorgung aa) Geltung des Betriebsrentengesetzes 305 Vorstandsmitglieder erhalten neben ihren regelmäßigen und variablen Bezügen meist auch eine Pensionszusage, die sich regelmäßig auf eine Altersrente, eine Invaliditätsrente sowie eine Hinterbliebenenversorgung bezieht. Solche Ruhegeldvereinbarungen mit Vorstandsmitgliedern fallen gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG regelmäßig in den Anwendungsbereich des Betriebsrentengesetzes. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das Vorstandsmitglied als Mehrheitsaktionär oder wegen seiner besonderen unternehmensleitenden Funktion als Unternehmer einzustufen ist.520 Die Bestimmungen des BetrAVG sind bei ihrer generellen Anwendbarkeit zwingend und können wie im Bereich der Arbeitnehmerzusagen auch für Vorstandsmitglieder nicht vertraglich abbedungen werden.521 Dieser Grundsatz gilt v. a. auch für die gesetzlich zwingenden Unverfallbarkeitsregelungen nach § 1b BetrAVG.522
bb) Insolvenzschutz
306 Laufende Ruhegeldansprüche und unverfallbare Anwartschaften sind nach § 7
BetrAVG insolvenzgesichert. Die Insolvenzsicherung ist nach § 7 Abs. 3 BetrAVG für laufende Rentenleistungen auf das Dreifache der im Zeitpunkt der ersten Fälligkeit maßgebenden monatlichen Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV begrenzt. Die Sicherungshöchstgrenze beträgt demnach in den alten Bundesländern für 2015 3 x 2.835 EUR = 8.505 EUR bzw. in den neuen Bundesländern 3 x 2.415 EUR = 7.245 EUR. Diese gesetzliche Insolvenzsicherung gilt auch für Vorstandsmitglieder, die nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG in den Anwendungsbereich des Betriebsrentengesetzes fallen. Vorstandsmitglieder, die wegen einer Unternehmerstellung nicht in den Anwendungsbereich des Betriebsrentengesetzes fallen,523 haben keinen gesetzlichen Insolvenzschutz für ihre
519 Thiele/von Rüden, DB 2009, Heft 41, S. 1 (Editorial). 520 BGH, Urt. v. 9.6.1980 – II ZR 255/78 – BB 1980, 1215 (für GmbH-Geschäftsführer); BGH, Urt. v. 14.7.1980 – II ZR 224/79 – WM 1980, 1114; ausführlich hierzu Ahrendt/Förster/Rössler, GmbHR 1980, 229; vgl. ErfK/Steinmeyer, § 17 BetrAVG, Rn 9, 10 ff.; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, BetriebsrentenG, § 17 BetrAVG, Rn 81 ff.; Thüsing/Granetzny, NZG 2010, 449. 521 Näheres vgl. KölnKomm/Mertens/Cahn, § 84 Rn 71; Braunert, NZA 1988, 832; Thüsing/Granetzy, NZG 2010, 449; OLG Oldenburg, Urt. v. 18.3.1988 – 6 U 118/87 – EWiR 1989, 113 m. Anm. v. Gravenhorst; a. A. LG Köln, Urt. v. 20.3.1985 – 24 O 271/84 – DB 1985, 1580. 522 Zu einzelnen gesetzlichen Bestimmungen des BetrAVG vgl. Hümmerich/Boecken/Spirolke/Reiserer, § 4 Rn 114 ff. 523 Hümmerich/Boecken/Spirolke/Reiserer, § 4 Rn 118.
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Pensionszusagen. In diesen Fällen und für die Rentenleistung, die über die Sicherungshöchstgrenze nach § 7 Abs. 3 BetrAVG hinausgeht, ist aus Sicht des Vorstandsmitgliedes eine vertragliche Absicherung erforderlich. In Betracht kommt hier v. a. der Abschluss einer Rückdeckungsversicherung mit Einräumung eines erstrangigen Pfandrechtes zugunsten des Vorstandsmitgliedes.524
c) Reduzierung der Vergütung Der Aufsichtsrat war schon nach § 87 Abs. 2 Satz 1 AktG a. F. berechtigt, die Bezüge 307 des Vorstandsmitgliedes angemessen herabzusetzen, wenn nach der Festsetzung der Vorstandsbezüge eine so wesentliche Verschlechterung in den Verhältnissen der Gesellschaft eintrat, dass eine Weitergewährung der vereinbarten Bezüge eine schwere Unbilligkeit für die Gesellschaft darstellen würde. Eine schwere Unbilligkeit lag für die Gesellschafter regelmäßig vor, wenn an die Aktionäre keine Dividende mehr ausgeschüttet wurde, und sei es auch nur aufgrund der Veräußerung von Gegenständen aus dem Anlagevermögen der Gesellschaft.525 Die Herabsetzung der Bezüge war nur für die Zukunft möglich und erfolgte regelmäßig befristet. Sobald sich die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft wieder nachhaltig besserte, hatte das Vorstandsmitglied Anspruch auf Wiederherstellung der vertraglich vereinbarten Bezüge. Da die Herabsetzung der Bezüge auf Gründe gestützt wurde, die betrieblicher und nicht persönlicher Natur sind, konnte sie bezüglich der einzelnen Vorstandsmitglieder nur unter gleichen Bedingungen erfolgen. Das VorstAG verringerte nun die Anforderungen an eine nachträgliche Herabset- 308 zung der Vorstandsvergütung bei einer Verschlechterung der Lage der Gesellschaft. Nach § 87 Abs. 2 AktG n. F. soll der Aufsichtsrat oder im Falle des § 85 Abs. 3 AktG das Gericht auf Antrag des Aufsichtsrats die Bezüge auf die angemessene Höhe herabsetzen, wenn sich die Lage der Gesellschaft nach der Festsetzung so verschlechtert, dass die Weitergewährung der Bezüge nach Absatz 1 unbillig für die Gesellschaft wäre. Die Verschlechterung der Lage muss daher nicht mehr „wesentlich“ und die Weitergewährung der Bezüge nicht mehr „schwer“ unbillig sein.526 Zudem wurde aus dem bisherigen Recht des Aufsichtsrates zur Herabsetzung der Bezüge („Kann-Vorschrift“) eine „Soll-Vorschrift“, sodass der Aufsichtsrat künftig nur noch bei Vorliegen besonderer Umstände von der Herabsetzungen absehen darf.527 Nach der Neuregelung können nun auch Ruhegehalt, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwand-
524 Vgl. hierzu Hümmerich/Boecken/Spirolke/Reiserer, § 4 Rn 125 f. sowie näher Reiserer/Heß-Emmerich/Peters, S. 122 ff. 525 Vgl. Weisner/Kölling, NZG 2003, 465. 526 Zu Einzelheiten und den neuen Anforderungen vgl. Lingemann, BB 2009, 1918, 1920 ff. 527 BT-Drs. 16/13433, S. 10.
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ter Art noch in den ersten drei Jahren nach Ausscheiden aus der Gesellschaft herabgesetzt werden, § 87 Abs. 2 Satz 2 AktG.
d) Klauselmuster: Bezüge des Vorstandmitglieds
309 Wie beim GmbH-Geschäftsführer sind auch bei AG-Vorständen Bezüge mit festen und
variablen Vergütungsbestandteilen üblich. Entsprechend kann für die Vergütung des Vorstands das Klauselmuster zu den Bezügen des Geschäftsführers herangezogen werden.528 Im Folgenden soll daher nur auf Spezifika der Vorstandsvergütung eingegangen werden.
Klauselmuster Bezüge des Vorstandsmitglieds (1–4) …529 (5) [Für nicht börsennotierte Aktiengesellschaft:] Des Weiteren erhält der Vorstand eine ergebnisabhängige Vergütung (Tantieme) in Höhe von [Be‑ trag] % des in der Bilanz ausgewiesenen Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Aktiengesellschaft im Sinne des § 275 HGB. Die Tantieme wird innerhalb eines Monats nach der Feststellung des Jahresabschlusses fällig. Sie beträgt jährlich höchstens EUR [Betrag]. 530 [Für börsennotierte Aktiengesellschaft:] Des Weiteren erhält der Vorstand eine ergebnisabhängige Vergütung (Tantieme) in Höhe von [Be‑ trag] % des in der Bilanz ausgewiesenen Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Aktiengesellschaft im Sinne des § 275 HGB. Der Anspruch auf Zahlung der Tantieme setzt ein positives Ergebnis der Geschäftstätigkeit im Sinne des § 275 HGB in den beiden Folgejahren voraus. In diesem Fall entsteht der Anspruch auf die Tantieme mit Schluss des dritten Geschäftsjahres und wird mit der Feststellung des Jahresabschlusses des dritten Geschäftsjahres fällig. Die Tantieme beträgt jährlich höchstens EUR [Betrag].531 (6) Das Vorstandsmitglied nimmt an dem Aktienoptionsprogramm für Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft vom [Datum] teil. Der Umfang der zuzuteilenden Aktienoptionen liegt im freien Ermessen der Aktiengesellschaft.532
528 Rn 147. 529 Entsprechend dem Klauselmuster für die Bezüge des Geschäftsführers in Rn 147. Die Höhe der Sondervergütung wegen besonderer Leistungen bestimmt beim AG-Vorstand der Aufsichtsrat (beim GmbH-Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung). 530 Im Wesentlich nach Haas/Ohlendorf, S. 108. 531 Im Wesentlich nach Haas/Ohlendorf, S. 108. Gegenüber der Regelung für nicht börsennotierte Aktiengesellschaften trägt die Klausel dem Gebot der Nachhaltigkeit und der mehrjährigen Bemessungsgrundlage Rechnung. Die Tantieme soll also nur bei einer nachhaltig positiven Entwicklung des Unternehmens gezahlt werden, vgl. Haas/Ohlendorf, S. 120. 532 Haas/Ohlendorf, S. 109 mit Erläuterungen auf S. 121 und mit Muster eines Aktienoptionsprogramms auf S. 251 ff.; Aktienoptionsprogramme gewinnen als Form der variablen Vergütung immer mehr an Bedeutung. Hier wird auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen, etwa Liebers/Mauroschat, D Rn 1 ff.; Bosse/Massmann.
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(7) Der Aufsichtsrat wird regelmäßig, mindestens jedoch einmal jährlich, die Gesamtbezüge des Vorstandsmitglieds unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Aktiengesellschaft, der individuellen Aufgaben und Leistungen des Vorstandsmitglieds und der allgemeinen Geldentwertung prüfen und ggf. die Gesamtbezüge nach billigem Ermessen anpassen. Der Aufsichtsrat ist berechtigt, unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 AktG die Bezüge durch einseitige Erklärung herabzusetzen.533 (8) Scheidet das Vorstandsmitglied während der Dauer des Geschäftsjahres aus den Diensten der Aktiengesellschaft aus, so hat er einen zeitanteiligen Anspruch auf die vorstehenden Bezüge.
4. Nebenpflichten a) Pflicht zur Verschwiegenheit Das AktienG nennt an einigen Stellen Nebenpflichten des Vorstands, die der Gesetz- 310 geber als besonders wesentlich erachtet hat.534 Hierzu zählt die Pflicht des Vorstands, über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Aktiengesellschaft, insbesondere über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die ihm durch seine Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, Stillschweigen zu bewahren (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG). Nur in wenigen Ausnahmefällen, z. B. innerhalb des Vorstands selbst, gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern oder Abschlussprüfern, die im Umfang ihres Auskunftsrechts nach § 320 Abs. 2 HGB vom Vorstand bestimmte Aufklärungen und Nachweise verlangen können, gilt die Pflicht zur Verschwiegenheit nicht.535 Nach § 93 Abs. 1 Satz 4 AktG findet die Pflicht zur Verschwiegenheit gegenüber einer nach § 342b HGB anerkannten Prüfstelle für Rechnungslegung, soweit diese eine Prüfung der Gesellschaft vornimmt, keine Anwendung. Ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht kann nach § 93 Abs. 2 AktG zu 311 einer Schadensersatzhaftung des Vorstands gegenüber der Aktiengesellschaft, bei einer unbefugten Offenbarung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen sogar zu einer Strafbarkeit nach § 404 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 AktG führen. Die Pflicht zur Verschwiegenheit des Vorstands gilt, auch ohne eine ausdrück- 312 liche Regelung, über die Dauer der Organstellung bzw. des Anstellungsvertrages hinaus.536 Die gesetzlich normierte Pflicht kann ferner weder durch Satzung, Anstellungsvertrag oder eine Geschäftsordnung des Vorstands verschärft, gemildert oder gar abbedungen werden, so dass die Aufnahme einer entsprechenden Klausel in einen Anstellungsvertrag stets nur deklaratorischer Natur sein kann.537 Dennoch kann eine Verschwiegenheitsklausel im Anstellungsvertrag aus Sicht der Aktien-
533 Vgl. Haas/Ohlendorf, S. 109. 534 Etwa § 88 AktG (dazu Rn 314 ff.) oder § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG. 535 Vgl. auch Hüffer/Koch, AktG, § 93 Rn 31 m. w. N. 536 Vgl. zur nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht Rn 361; Hümmerich/Reufels/Reufels, § 3 Rn 484; Fleischer, WM 2003, 1045. 537 Hümmerich/Reufels/Reufels, § 3 Rn 506.
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gesellschaft sinnvoll sein, wenn sie die vom Gesetz nicht näher definierten Begriffe „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ konkretisiert. Zur Regelung der Verschwiegenheitspflicht des Vorstands kann das Klauselmus313 ter zur Verschwiegenheitspflicht des GmbH-Geschäftsführers entsprechend herangezogen werden. Klauselmuster Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (1) …538 (2) Die Verschwiegenheitspflicht umfasst insbesondere den Kreis der Vertragspartner der Aktiengesellschaft, die mit ihnen gemachten Geschäfte und Umsätze, die strategischen Planungen der Aktiengesellschaft sowie Umsatz- und Ergebnisziele.539
b) Wettbewerbsverbot (während des Anstellungsverhältnisses)
314 Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft unterliegen nach § 88 AktG für die
Dauer ihrer Bestellung einem Wettbewerbsverbot. So dürfen Vorstandsmitglieder nach § 88 Abs. 1 S. 1 AktG kein Handelsgewerbe im Geschäftszweig der Gesellschaft betreiben, auch wenn dies der Gesellschaft keine Konkurrenz macht. Das Wettbewerbsverbot bezieht sich darüber hinaus auch auf die sonstige Teilnahme am geschäftlichen Verkehr, die nicht nur zur Befriedigung eigener privater Bedürfnisse erfolgt, also nicht lediglich persönlichen Charakter hat. Nach § 88 Abs. 1 S. 2 AktG dürfen Vorstandsmitglieder ferner nicht Mitglied des 315 Vorstands oder Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter einer anderen Handelsgesellschaft sein, auch wenn es sich dabei nicht um ein Konkurrenzunternehmen, sondern z. B. um ein konzernverbundenes Unternehmen handelt. Nicht verboten ist dagegen die Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat eines anderen Unternehmens sowie die Beteiligung an einer anderen Gesellschaft als stiller Gesellschafter, als Kommanditist und als lediglich kapitalmäßig beteiligter Aktionär oder Gesellschafter einer GmbH.540 Der Aufsichtsrat kann durch Beschluss eine Einwilligung zu bestimmten Geschäften im Vorhinein erteilen.541 Bei Verstoß gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot steht der Gesellschaft 316 nach § 88 Abs. 2 S. 1 AktG ein Schadensersatzanspruch zu, welcher nach § 88 Abs. 3 AktG allerdings kurzen Verjährungsfristen unterliegt. So verjährt der Schadensersatzanspruch in drei Monaten seit dem Zeitpunkt, indem die übrigen Vorstandsmitglieder und die Aufsichtsratsmitglieder von der zum Schadensersatz verpflichtenden
538 Vgl. Klauselmuster zur Verschwiegenheitspflicht des GmbH-Geschäftsführers in 252 f. (Abs. 1 des Klauselmusters). 539 Vgl. Hümmerich/Reufels/Reufels, § 3 Rn 505. 540 MüHB-GesR IV/Wiesner, § 21 Rn 93 ff. 541 Zur Nebentätigkeit des Vorstands Rn 321 f.
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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Handlung Kenntnis erlangen oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müssten. Ohne Rücksicht auf die Kenntnisse der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder verjähren die Ansprüche der Gesellschaft nach § 88 Abs. 3 S. 2 AktG spätestens in fünf Jahren seit Entstehung des Anspruchs. Der Schadensersatzanspruch gibt der Gesellschaft die Möglichkeit, den aus dem Geschäft erzielten Gewinn herauszuverlangen, § 88 Abs. 2 S. 2 AktG. Die Verpflichtung zur Fortzahlung der vereinbarten Bezüge wird durch den Verstoß eines Vorstandsmitgliedes gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot dagegen generell nicht berührt.542 Für ein Wettbewerbsverbot während der Dauer des Anstellungsvertrages emp- 317 fiehlt sich folgendes, der Klarstellung dienendes, Klauselmuster: Klauselmuster Wettbewerbsverbot (1) Während der Dauer dieses Anstellungsvertrages gilt das Wettbewerbsverbot des § 88 AktG. (2) …543 (3) Das Wettbewerbsverbot umfasst nicht den Erwerb börsennotierter Aktien, Options- oder Wandelanleihen, soweit der Erwerb nicht mehr als 1 % des Kapitals der betreffenden Unternehmen übersteigt.544 (4) Bestehen Zweifel über den Umfang des Wettbewerbsverbots, so hat das Vorstandsmitglied mit dem Aufsichtsrat eine schriftliche Klärung herbeizuführen.545
c) Treuepflicht Aus der organschaftlichen Treuepflicht folgt, dass sich der Vorstand als Treuhän- 318 der des ihm anvertrauten Vermögens und Geschäftsbereichs der Aktiengesellschaft546 bei der ihm durch das Gesetz (§ 76 Abs. 1 AktG) zugewiesenen Geschäftsleitungsaufgabe am Wohl der Aktiengesellschaft orientiert und nicht eigene wirtschaftliche Nutzen verfolgt.547 In diesem Sinne ist er bei der Wahrnehmung der Aufgaben in seinem Geschäftsbereich dazu verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu achten und Gesellschaftsressourcen nicht zu verschwenden.548 Neben dem gesetzlich konkretisierten Wettbewerbsverbot nach § 88 AktG als 319 Ausfluss der organschaftlichen Treuepflicht, ist jedes Vorstandsmitglied zur absoluten und unabdingbaren Loyalität gegenüber der Aktiengesellschaft verpflichtet. Zur
542 BGH, Urt. v. 19.10.1987 – II ZR 97/87 – AG 1988, 75 (für GmbH-Geschäftsführer). 543 Entsprechend dem Klauselmuster zum vertraglichen Wettbewerbsverbot des GmbH-Geschäftsführers in Rn 171 ff. 544 Vgl. Haas/Ohlendorf, S. 141, 144. 545 Vgl. Haas/Ohlendorf, S. 142, 145. 546 Hümmerich/Boecken/Düwell/Pusch, § 93 Rn 4. 547 MüKo AktG/Spindler, § 84 Rn 107; zur organschaftlichen Treuepflicht der Geschäftsleiter im Aktien- und GmbH-Recht, Fleischer, WM 2003, 1045. 548 Hümmerich/Boecken/Düwell/Pusch, § 93 Rn 8.
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Loyalitätspflicht zählt auch, dass der Vorstand (öffentliche) missbilligende Äußerungen über die Aktiengesellschaft, andere Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder oder Mitarbeiter zu unterlassen hat.549 Zur Treuepflicht des Vorstands gehört ferner das Verbot, Geschäftschancen der 320 Aktiengesellschaft selbst oder durch Angehörige oder Gesellschaften, an denen sie oder Angehörige beteiligt sind, wahrzunehmen sowie gesellschaftliche Ressourcen oder Dienste im eigenen privaten Interesse zu nutzen, ohne dafür eine konkrete Gegenleistung zu erbringen.550
d) Nebentätigkeit 321 Eine Nebentätigkeit des Vorstandsmitglieds stellt stets einen Eingriff in die absolute und unabdingbare Loyalitätspflicht gegenüber der Aktiengesellschaft dar.551 Die Wahrnehmung bedarf deshalb einer ausdrücklichen Einwilligung, d. h. der vorherigen Zustimmung nach § 183 BGB, des Aufsichtsrates, etwa in Form einer gesonderten Nebentätigkeitsvereinbarung, die jedoch auch Teil des Vorstands-Anstellungsvertrages sein kann.552 Eine entsprechende Bestimmung enthält Ziff. 4.3.4 des DCGK, wonach Vorstandsmitglieder Nebentätigkeiten, insbesondere Aufsichtsratsmandate außerhalb des Unternehmens, nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats übernehmen sollen. Eine generelle Einwilligung ohne Konkretisierung auf die bestimmte Art des Geschäftes ist unwirksam (§ 88 Abs. 1 Satz 3 AktG). Eine nachträgliche Genehmigung durch den Aufsichtsrat ist dagegen bedeutungslos, da dieser nach § 93 Abs. 4 Satz 2 AktG nicht über die nach § 88 Abs. 2 Satz 1 AktG entstandenen Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen das Vorstandsmitglied verfügen kann.553 Zur Regelung des Nebentätigkeitsverbots des Vorstands kann das Klauselmus322 ter aus dem Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers entsprechend herangezogen werden.554
5. Kündigung des Anstellungsverhältnisses a) Zuständigkeit 323 Da der AG-Vorstand einerseits aufgrund seiner Bestellung Vertretungsorgan der Aktiengesellschaft ist, andererseits aber auf Grundlage eines Anstellungsvertra-
549 Hümmerich/Boecken/Düwell/Pusch, § 93 Rn 5. 550 Zur entsprechenden Pflicht des GmbH-Geschäftsführers Rn 165 ff.; siehe auch Hümmerich/Boecken/Düwell/Pusch, § 93 Rn 6 f. 551 Zur Loyalitätspflicht Rn 319. 552 Hümmerich/Boecken/Düwell/Pusch, § 93 Rn 5. 553 KölnKomm/Mertens/Cahn, AktG, § 88 Rn 17; MüHB-GesR IV/Wiesner, § 21 Rn 93 ff. 554 Entsprechend dem Klauselmuster zum Nebentätigkeitsverbot des GmbH-Geschäftsführers in Rn 175 f.
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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ges in einem Dienstverhältnis mit der Gesellschaft steht (sog. Doppelstellung des Vorstands)555, führt ein Widerruf seiner Bestellung, der wegen § 84 Abs. 3 S. 1 AktG nur aus wichtigem Grund erfolgen darf, nicht zwangsläufig auch zum Ende des Anstellungsvertrages.556 Der Vergütungsanspruch aus dem Anstellungsvertrag besteht somit auch nach Widerruf der Bestellung oder Amtsniederlegung grundsätzlich fort, solange der Anstellungsvertrag nicht – zumindest konkludent – gekündigt wird.557 Zur Vermeidung von Auslegungsschwierigkeiten sollte der Beschluss des Aufsichtsrates daher nicht nur den Widerruf der Bestellung, sondern auch die Kündigung des Anstellungsvertrages umfassen. Wenn sich der Beschluss des Aufsichtsrates nur auf den Widerruf der Bestellung bezieht, kann allerdings durch Auslegung ermittelt werden, dass die gesamte Rechtsbeziehung zu dem Vorstandsmitglied beendet werden soll.558 Der Ausspruch der Kündigung obliegt wie der entsprechende Beschluss dem 324 Aufsichtsrat, kann aber einem seiner Mitglieder, einem anderen Vorstand oder einem (Personal-)Ausschuss übertragen werden.559 Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Personalausschuss erst kündigen darf, wenn der Aufsichtsrat über den Widerruf der Bestellung durch Beschluss entschieden hat.560 Eines besonderen Ausspruchs der Kündigung bedarf es nicht, wenn der zu Kündigende bei der Beschlussfassung anwesend ist.561
555 Vgl. Rn 54. 556 Vgl. auch Rn 351 ff. zur Abberufung und Kündigung von Vorstandsmitgliedern vgl. Grumann/ Gillmann, DB 2003, 770; Janzen, NZG 2003, 468; zur anwaltlichen Vertretung von Vorständen bei Abberufung und Kündigung vgl. Reiserer/Peters, DB 2008, 167; zur Möglichkeit des Einsatzes von Koppelungsklauseln vgl. Rn 289 und Rn 238 ff. (zu Koppelungsklauseln für GmbH-Geschäftsführer). 557 BGH, Urt. v. 23.10.1995 – II ZR 130/94 – NJW-RR 1996, 156 (für GmbH-Geschäftsführer); m. Anm. v. Seitz, WiB 1996, 117 vgl. Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 66. 558 Vgl. BGH, Urt. v. 11.5.1981 – II ZR 126/80 – WM 1981, 759; BGH, Urt. v. 29.3.1973 – II ZR 20/71 – WM 1973, 639 (bei Genossenschaft); KölnKomm/Mertens/Cahn, AktG, § 84 Rn 106; dies gilt trotz des allgemeinen Grundsatzes, dass Aufsichtsratsbeschlüsse ausdrücklich ergehen müssen. 559 Arg.: Delegationsverbot in § 107 Abs. 3 S. 3 AktG verweist nicht auf § 84 Abs. 3 S. 5 AktG, vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 84 AktG Rn 48; Haas/Ohlendorf, S. 18; BGH, Urt. v. 24.2.1954 – II ZR 63/53 – BGHZ 12, 327; BGH, Urt. v. 17.3.2008 – II ZR 239/06 – AG 2008, 894; Janzen, NZG 2003, 468, 472 f. 560 BGH, Urt. v. 14.11.1983 – II ZR 33/83 – BB 1984, 9 (für Aufsichtsratsmitglied einer GmbH); m. Anm. v. Oldenburg, DB 1984, 1813; BGH, Urt. v. 25.2.1982 – II ZR 102/81 – NJW 1982, 1528; BGH, Urt. v. 24.11.1980 – II ZR 182/79 – WM 1981, 30; BGH, Urt. v. 21.9.1981 – II ZR 104/80 – WM 1981, 1200; vgl. auch Janzen, NZG 2003, 468, 472; Haas/Ohlendorf, S. 18 m. w. N. 561 BGH, Urt. v. 22.9.1969 – II ZR 144/68 – WM 1969, 1280 (für GmbH-Geschäftsführer vor Geltung des § 623 BGB).
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
b) Ordentliche Kündigung aa) Vorheriger Widerruf der Bestellung 325 Wegen der Vorgaben des Gesetzgebers nach § 84 Abs. 3 S. 1 AktG ist die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages durch die Gesellschaft regelmäßig nur zulässig, wenn zuvor oder gleichzeitig die Bestellung als Organ der Gesellschaft (aus wichtigem Grund) widerrufen wird.562 Dieser Grundsatz gilt auch, wenn in befristeten Anstellungsverträgen das Recht zur ordentlichen Kündigung vertraglich begründet wird oder, wenn die Kündigung bereits vor Amtsbeginn ausgesprochen werden soll.563 Zulässig ist es, dem Vorstandsmitglied im Anstellungsvertrag ein ordentliches 326 Kündigungsrecht unabhängig von dem Widerruf der Bestellung einzuräumen.564
bb) Kündigungsfrist
327 In Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zum GmbH-Geschäftsführer565 gelten
für die ordentliche Kündigung des Vorstands-Anstellungsvertrages, soweit ein ordentliches Kündigungsrecht vereinbart wurde, die Kündigungsfristen in § 622 BGB entsprechend.566
cc) Klauselmuster zur ordentlichen Kündigung (1) Ausschluss der ordentlichen Kündigung 328 Dem in der Praxis überwiegend anzutreffenden Fall entspricht ein ausdrücklicher oder, falls eine entsprechende Regelung nicht in den Anstellungsvertrag aufgenommen wurde, zumindest konkludenter Ausschluss der ordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses für die Dauer der Organstellung. Die Parteien wollen in der Regel an der festen Vertragslaufzeit für die Dauer der Bestellung festhalten. Liegt ein wichtiger Grund vor, der den Aufsichtsrat gem. § 84 Abs. 3 AktG zum Widerruf der Organstellung des Vorstandsmitglieds berechtigt, so stellt dieser oft, wenn auch nicht zwingend, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages nach § 626 BGB dar.
562 Str., vgl. Haas/Ohlendorf, S. 19; Lücke/Schaub/Lücke, § 2 Rn 270. Zur Wirksamkeit einer Vereinbarung im Anstellungsvertrag über die Weiterführung des Anstellungsverhältnisses als Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Organstellung vgl. BAG, Urt. v. 26.8.2009 – 5 AZR 522/08 – NZA 2009, 1205 m. Anm. v. Barth, BB 2010, 128. 563 MünchGesR IV/Wiesner, § 21 Rn 84; Krieger, S. 181 f.; zu Kündigungsklauseln in Vorstandsverträgen Steinbeck/Menke, DStR 2003, 940; Grobys/Littger, BB 2002, 2292. 564 MüHB-GesR IV/Wiesner, § 21 Rn 21; Haas/Ohlendorf, S. 18 f. 565 Vgl. Rn 181 ff. 566 Haas/Ohlendorf, S. 19, 164 m. w. N.
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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Zur Regelung eines Ausschlusses der ordentlichen Kündigung während der Dauer 329 der Organstellung kann folgendes Klauselmuster empfohlen werden: Klauselmuster Kündigung Während der Laufzeit des Anstellungsvertrages ist die ordentliche Kündigung des Vertrages ausgeschlossen. Hiervon unberührt bleibt das Recht jeder Vertragspartei zur außerordentlichen Kündigung dieses Vertrages.
(2) Beidseitige ordentliche Kündigung Besteht zwischen den Parteien ausnahmsweise doch ein Interesse hinsichtlich der 330 Regelung einer ordentlichen beidseitigen Kündigungsmöglichkeit, ist dies zwar grundsätzlich möglich – jedoch nur zulässig, wenn zuvor oder gleichzeitig die Bestellung zum Vertretungsorgan der Aktiengesellschaft widerrufen wird.567 Vor Abberufung oder sonstigen Beendigung der Organstellung wäre eine ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages nicht mit der von § 84 Abs. 3 S. 1 AktG geschützte Unabhängigkeit des Vorstands zu vereinbaren. Nach dieser Regelung kann der Aufsichtsrat das Vorstandsamt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes widerrufen. Dieser Grundsatz würde unterlaufen werden, wenn der Aufsichtsrat durch eine ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages die wirtschaftliche Grundlage der Vorstandstätigkeit entziehen könnte.568 Eine beidseitige Kündigungsmöglichkeit kann somit wie folgt ausgestaltet werden: Klauselmuster Kündigung Der Anstellungsvertrag kann von beiden Vertragsparteien unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von [Anzahl] Monaten zum Ende eines Monats ordentlich gekündigt werden. Das Kündigungsrecht der Gesellschaft setzt voraus, dass die Bestellung zum Mitglied des Vorstandes zuvor oder gleichzeitig widerrufen wird. Das Kündigungsrecht des Vorstandsmitglieds setzt voraus, dass das Vorstandsmitglied zum Beendigungszeitpunkt des Anstellungsverhältnisses gleichzeitig sein Amt als Mitglied des Vorstands der Aktiengesellschaft niederlegt.
(3) Einseitige ordentliche Kündigung durch die Aktiengesellschaft Entsprechend der Regelung in § 622 Abs. 6 BGB ist eine einseitige ordentliche Kündi- 331 gungsmöglichkeit der Aktiengesellschaft nicht zulässig. Hiernach gilt der Grundsatz,
567 BGH, Urt. v. 16.12.1953 – II ZR 41/53; s. auch MüHB-GesR IV/Wiesner, § 21 Rn 120; Moll/Moll/ Eckhoff, § 81 Rn 68. 568 Schüppen/Schaub/Schüppen/Schaub, § 22 Rn 155; MüHB-GesR IV/Wiesner, § 21 Rn 120.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
wonach für die Kündigung des Dienstverhältnisses durch den Dienstberechtigten keine günstigeren Regeln gelten dürfen als für die Kündigung durch den Dienstverpflichteten.569
(4) Einseitige ordentliche Kündigung durch das Vorstandsmitglied
332 Möglich ist jedoch die Vereinbarung eines einseitigen ordentlichen Kündigungsrechts
für das Vorstandsmitglied bei gleichzeitiger Amtsniederlegung. Die einseitige Niederlegung seines Amtes kann das Vorstandsmitglied grundsätzlich jederzeit durch eine formlose Erklärung gegenüber dem Aufsichtsrat vornehmen.570 Richtigerweise bedarf es hierzu keines wichtigen Grundes, da es einen Zwang zur Amtsführung nicht gibt.571 Die Grenze des Rechtsmissbrauchs ist aber überschritten, wenn der Vorstand sein Amt zur Unzeit niederlegt und die Aktiengesellschaft hierdurch handlungsunfähig wird.572 Räumt der Aufsichtsrat dem Vorstand ein einseitiges ordentliches Kündigungs333 recht ein, so sollte er darauf achten, die Kündigungsfrist nicht zu kurz zu bemessen. Hierdurch verbleibt der Aktiengesellschaft ausreichend Zeit für die Suche eines geeigneten Nachfolgers.573 Folgendes Klauselmuster kann hierfür empfohlen werden: 334 Klauselmuster Kündigung Der Anstellungsvertrag kann von dem Vorstandsmitglied unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von [Anzahl] Monaten zum Ende eines Monats ordentlich gekündigt werden. Das Kündigungsrecht setzt voraus, dass das Vorstandsmitglied zum Beendigungszeitpunkt des Anstellungsverhältnisses gleichzeitig sein Amt als Mitglied des Vorstands der Aktiengesellschaft niederlegt.
c) Außerordentliche Kündigung 335 Die außerordentliche Kündigung des Vorstandmitglieds richtet sich ausschließlich nach § 626 BGB. Das Kündigungsrecht darf weder ausgeschlossen noch auf bestimmte Gründe beschränkt oder durch die Vereinbarung einer Abfindungszahlung für den Fall
569 Vgl. Haas/Ohlendorf, S. 163. 570 Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 61. 571 Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 61; Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 45. 572 Vgl. BayObLG, Beschl. v. 15.6.1999 – 3Z BR 35/99 – NJW-RR 2000, 179; KG Berlin, Beschl. v. 1.11.2000 – 23 W 3250/00 – GmbHR 2001, 147; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.12.2000 – 3 Wx 393/00 – FGPrax 2001, 82 ( jeweils zum GmbH-Geschäftsführer). 573 Haas/Ohlendorf, S. 164.
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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der Kündigung des Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund erschwert werden.574 Entsprechende Klauseln sind gemäß §§ 626 Abs. 1, 134 BGB nichtig.575
aa) Wichtiger Grund Der Anstellungsvertrag kann von beiden Vertragsparteien unter Beachtung der 336 Bestimmung des § 626 BGB aus wichtigem Grund gekündigt werden. Ein wichtiger Grund ist nur dann zu bejahen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer für eine Vertragspartei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Anstellungsvertrages bis zu seiner ordentlichen Beendigung nicht zumutbar ist. Die Beweislast für die Tatsachen, die den wichtigen Grund tragen, trägt die 337 Aktiengesellschaft. Beruft sich das Vorstandsmitglied auf Umstände, die sein Verhalten rechtfertigen sollen, hat die Gesellschaft diese zu widerlegen und hierfür den Beweis zu führen.576 Die Beweislastumkehr des § 93 Abs. 2 S. 2 AktG findet bei einer außerordentlichen Kündigung aufgrund schuldhafter Pflichtverletzung keine entsprechende Anwendung.577 Ein wichtiger Grund, der nach § 84 Abs. 3 S. 1 AktG den Widerruf der Bestellung 338 rechtfertigt, reicht regelmäßig noch nicht zur Kündigung des Anstellungsvertrages nach § 626 BGB.578 Allerdings können die Vertragsparteien bei Abschluss des Anstellungsvertrages einvernehmlich außerordentliche Kündigungsgründe vertraglich vereinbaren, die dann eine außerordentliche Kündigung – allerdings unter Beachtung der gesetzlich zwingenden Fristen nach § 622 BGB – rechtfertigen. Ferner ist es zulässig, den Anstellungsvertrag durch eine Gleichlaufklausel (oder auch Koppelungsklausel)579 mit der Organbestellung bzw. dem Widerruf der Bestellung in der Form zu verknüpfen, dass im Fall des Widerrufs der Bestellung auch der Anstellungsvertrag automatisch endet. Auch in diesem Fall führt die Gleichlaufklausel allerdings nur zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses nach Ablauf der Kündigungsfristen nach § 622 BGB.580
574 BGH, Urt. v. 3.7.2000 – II ZR 282/98 – NJW 2000, 2983 (zum GmbH-Geschäftsführer); Moll/Moll/ Eckhoff, § 81 Rn 65. 575 Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 51. 576 OLG München, Urt. v. 7.2.2007 – 7 U 4952/06 – AG 2007, 361. 577 OLG München, Urt. v. 7.2.2007 – 7 U 4952/06 – AG 2007, 361. 578 Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 66. 579 Vgl. Rn 289 und Rn 238 ff. (zum GmbH-Geschäftsführer). 580 Ausführlich zu den Regelungskompetenzen der Vertragsparteien im Zusammenhang mit der außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB und den entsprechenden Nachweisen aus der Rspr. siehe die gleichlaufenden Ausführungen mit Klauselmuster zum GmbH-Geschäftsführer in Rn 205 f.; Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 66; Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 52.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
Wenn die Gesellschaft den Anstellungsvertrag unter Missachtung der Vorgaben des § 626 BGB unberechtigterweise gekündigt hat, bleibt der Vergütungsanspruch des Vorstandsmitgliedes bestehen. In diesem Fall ist das Gehalt gem. § 615 S. 1 BGB aus Annahmeverzug fortzuzahlen, wobei für die Begründung des Annahmeverzuges gem. § 295 BGB ein wörtliches Angebot des gekündigten Vorstandsmitgliedes genügt, insbesondere, wenn die Gesellschaft trotz des Streits über die Wirksamkeit der Kündigung bereits einen anderen Vorstand bestellt hat.581 Ein solches wörtliches Angebot kann nach der Rechtsprechung auch in der Klage auf Gehaltsfortzahlung gesehen werden.582 Wichtige, von der Rechtsprechung anerkannte Gründe zur außerordentli340 chen Kündigung sind: 339
Beispiel – Unberechtigte Amtsniederlegung;583 – Aufstellung irreführender oder gar falscher Bilanzen und voreilige Ausschüttung einer garantierten Dividende vor Deckungseingang;584 – Überschreitung einer Kreditlinie;585 – Eingehen risikoreicher Rechtsgeschäfte ohne tragfähigen Grund;586 – Verbotener Wettbewerb und Inanspruchnahme von Betriebsmitteln oder Geschäftspersonal für persönliche Zwecke;587 – Erstattenlassen privater Ausgaben auf Kosten der Aktiengesellschaft oder Buchung privater Ausgaben auf Geschäftskonten der Aktiengesellschaft;588 – Bilanz- und Warenlagermanipulation;589 – Mangelnde Offenheit gegenüber dem Aufsichtsrat;590 – Wirtschaftlicher Niedergang des Betriebs mit Fehlen einer sinnvollen Beschäftigungsmöglich‑ keit;591
581 BGH, Urt. v. 28.10.1996 – II ZR 14/96 –, NJW-RR 1997, 537 (für GmbH-Geschäftsführer). 582 BGH, Urt. v. 28.10.1996 – II ZR 14/96 – NJW-RR 1997, 537 (für GmbH-Geschäftsführer). 583 OLG Celle, Urt. v. 4.2.2004 – 9 U 203/03 – NZG 2004, 475 (für GmbH-Geschäftsführer); OLG Celle, Urt. v. 31.8.1994 – 9 U 118/93 – GmbHR 1995, 728 (für GmbH-Geschäftsführer); Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 66; Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 44 f., 52. 584 BGH, Urt. v. 21.9.1970 – II ZR 13/69 – WM 1970, 1394. 585 BGH, Urt. v. 3.12.1973 – II ZR 85/70 – WM 1974, 131 (für Geschäftsführer einer eG); vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 28.6.2001 – 1 U 132/00 – n. v. (für Vorstand einer Genossenschaft). 586 LG Duisburg, Urt. v. 26.9.2013 – 21 O 130/11 – Der Konzern 2014, 40. 587 BGH, Beschl. v. 19.6.1995 – II ZR 228/94 – DStR 1995, 1359 m. Anm. v.Goette; OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.2.2012 – I-16 U 177/10 – AG 2012, 511. 588 LG München, Urt. v. 19.2.2015 – 5 HKO 830/13 – ZIP 2015, 1537. 589 OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.2.1991 – 16 U 130/90 – WM 1992, 14 (für GmbH-Geschäftsführer). 590 OLG München, 14.3.2012 – 7 U 681/11 – AG 2012, 753; BGH, Beschl. v. 19.6.1995 – II ZR 228/94 – DStR 1995, 1359 m. Anm. v. Goette; BGH, Urt. v. 26.3.1956 – II ZR 57/55 – WM 1956, 631; vgl. auch OLG Oldenburg, Urt. v. 28.6.2001 – 1 U 132/00 – n. v. (für Vorstand einer Genossenschaft). 591 BGH, Urt. v. 21.4.1975 – II ZR 2/73 – WM 1975, 761 (für GmbH-Geschäftsführer); vgl. aber auch BGH, Urt. v. 7.10.2004 – I ZR 18/02 – ZIP 2005, 534.
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Weigerung des aus der Organstellung Ausgeschiedenen, bei längerer Vertragsdauer seine Tätigkeit als Vertretungsorgan nach Wegfall von Hinderungsgründen wiederaufzunehmen oder unter zumutbaren anderen Bedingungen weiterzuarbeiten oder beharrliches Unterlassen von Bemühungen um eine Neueinstellung;592 Verdacht einer Verfehlung, wenn wegen des darauf beruhenden Vertrauensverlustes eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses für die Gesellschaft unzumutbar ist;593 Schaffung der Voraussetzungen einer Schmiergeldzahlung und Manipulation von Buchhaltungsunterlagen zugunsten des Vorstandsmitglieds sowie Annahme von Schmiergeldern;594 Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach andauernder, erheblicher privater Verschuldung des Vorstandsmitglieds und vergeblicher Versuche einer Konsolidierung;595 Der Formwechsel gem. §§ 190 ff. UmwG sowie die Verschmelzung stellen für die Gesellschaft regelmäßig keinen wichtigen Grund für die Kündigung des Anstellungsvertrages des Vorstandsmitgliedes dar.596
Keine Voraussetzung der außerordentlichen Kündigung ist die vorherige Abmah- 341 nung.597 Ebenso bedarf es vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung keiner vorherigen Anhörung des Vorstandmitglieds, es sei denn die Kündigung soll auf einen bloßen Verdacht gestützt werden.598
bb) Kündigungserklärungsfrist Nach § 626 Abs. 2 BGB kann die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages 342 nur innerhalb einer Kündigungserklärungsfrist von zwei Wochen seit Kenntnis vom wichtigen Grund erfolgen. Die Zwei-Wochen-Frist beginnt mit der Information sämtlicher Aufsichtsratsmitglieder in ihrer Eigenschaft als Mitwirkende an der kollektiven Willensbildung bzw., wenn die Entscheidung über die Kündigung einem Ausschuss übertragen wurde, mit der Information dessen Mitglieder.599 Weder genügt die
592 BGH, Urt. v. 9.2.1978 – II ZR 189/76 – WM 1978, 319 (für GmbH-Geschäftsführer); BGH, Urt. v. 14.7.1966 – II ZR 212/64 – WM 1966, 968. 593 BGH, Urt. v. 13.7.1956 – VI ZR 88/55 – LM Nr. 8 zu § 626 BGB. 594 OLG München, Urt. v. 7.2.2007 – 7 U 4952/06 – AG 2007, 361. 595 OLG Köln, Urt. v. 20.9.2007 – 18 U 248/05 – n. v. 596 KölnKomm/Zöllner, § 365 AktG Rn 6, § 372 AktG Rn 6; a. A. Schmidt/Lutter/Decher, AktG, § 202 Rn 14; zu weiteren Beispielen, in denen ein wichtiger Grund zur Kündigung anerkannt oder nicht anerkannt wurde, vgl. die gleichlaufenden Entscheidungen der Gerichte zum GmbH-Geschäftsführer, Rn 203 f. 597 BGH, Urt. v. 10.9.2001 – II ZR 14/00 – NZG 2002, 46; BGH. Urt. v. 14.2.2000 – II ZR 218/98 – NZG 2000, 546 (jeweils für GmbH-Geschäftsführer); BGH, Beschl. v. 2.7.2007 – II ZR 71/06 – NZG 2007, 674; kritisch zur grundsätzlichen Entbehrlichkeit der Abmahnung bei der außerordentlichen Kündigung von Organmitgliedern einer Kapitalgesellschaft nach der Schuldrechtsmodernisierung, Koch, ZIP 2005, 1621. 598 OLG Düsseldorf, Urt. v. 2.7.2007 – I-9 U 3/07 – AG 2008, 166; Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 66. 599 BGH, Urt. v. 15.6.1998 – II ZR 318/96 – ZIP 1998, 1269; Anschluss: OLG München, Urt. v. 25.3.2009 – 7 U 4835/08 – NZG 2009, 665; BGH, Urt. 10.9.2001 – II ZR 14/00 – NJW-RR 2002, 173 (jeweils für GmbH-
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
außerhalb einer Aufsichtsratssitzung erlangte Kenntnis600, noch die Kenntnis eines anderen Gesellschaftsorganes, welches nicht zur Kündigung des Anstellungsvertrages berechtigt ist, oder gar einzelner seiner Mitglieder, also beispielsweise einzelner Vorstandsmitglieder.601 Soweit jedoch ein einberufungsberechtigtes Mitglied Kenntnis erlangt, darf es die Einberufung des Aufsichtsrats nicht unangemessen verzögern. Ansonsten muss sich die Gesellschaft so behandeln lassen, als wäre die Aufsichtsratssitzung mit der billigerweise zumutbaren Beschleunigung einberufen worden.602
d) Freistellung aa) Einseitige Freistellung 343 Im Anstellungsvertrag wird der Aktiengesellschaft i. d. R. die Möglichkeit zur einseitigen Freistellung des Vorstandsmitglieds nach erfolgtem Widerruf der Bestellung eingeräumt. Hiergegen bestehen keine Bedenken. Problematisch ist dagegen die Vereinbarung einer Freistellungsbefugnis im 344 Vorfeld eines (beabsichtigten) Widerrufs der Bestellung, die auch als Suspendierung oder Beurlaubung bezeichnet wird. Eine gesetzliche Regelung hierzu gibt es nicht. Dennoch besteht hierfür jedenfalls dann ein praktisches Bedürfnis, wenn der Verdacht eines wichtigen Grundes für eine Abberufung vorliegt und die Freistellung zum Zwecke der ungehinderten Erforschung des Sachverhalts vorübergehend erfolgt.603 Die Einzelheiten zu dieser einseitigen Freistellung ohne vorherigen Widerruf der Bestellung sind in Rechtsprechung und Literatur umstritten604 Für die Entscheidung über eine einseitige Freistellung des Vorstandsmitglieds 345 ist der Aufsichtsrat zuständig. Die Entscheidung kann entsprechend der Regelung in § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG nicht auf einen Personalausschuss übertragen werden.605
Geschäftsführer); vgl. Janzen, NZG 2003, 468; MüKo BGB/Henssler, § 626 Rn 303; zu Fristproblemen bei der außerordentlichen Kündigung von Vorstandsmitgliedern Schumacher-Mohr, ZIP 2002, 2245. 600 BGH, Urt. v. 15.6.1998 – II ZR 318/96 – ZIP 1998, 1269; Anschluss: OLG München, Urt. v. 25.3.2009 – 7 U 4835/08 – NZG 2009, 665. 601 BGH, Urt. v. 15.6.1998 – II ZR 318/96 – ZIP 1998, 1269; Anschluss: OLG München, Urt. v. 25.3.2009 – 7 U 4835/08 – NZG 2009, 665; BGH, Urt. 10.9.2001 – II ZR 14/00 – NJW-RR 2002, 173 (jeweils für GmbHGeschäftsführer); BGH, Urt. v. 26.2.1996 – II ZR 114/95 – NJW 1996, 1403; BGH, Urt. v. 9.11.1992 – II ZR 234/91 – NJW 1993, 463; OLG Köln, Urt. v. 26.11.1993 – 19 U 93/93 – DB 1994, 471 (für Geschäftsführer einer eG); KölnKomm/Mertens/Cahn, § 84 Rn 175 ff.; MüHB-GesR IV/Wiesner, § 21 Rn 80; vgl. im Übrigen die gleichlaufenden ausführlichen Ausführungen zum GmbH-Geschäftsführer oben Rn 211 ff. 602 OLG München, Urt. v. 14.7.2005 – 6 U 5444/04 – AG 2005, 776 zur Kenntnis des Aufsichtsratsvorsitzenden. 603 MüHB-GesR IV/Wiesner, § 20 Rn. 73. 604 LG München I, Beschl. v. 27.6.1985 – 5 HKO 9397/85 – AG 1986, 142; OLG München, Urt. v. 17.09.1985 – 7 W 1933/85 – AG 1986, 234; KG Berlin, Urt. v. 8.7.1983 – 14 U 256/83 – AG 1984, 24; vgl. auch MüHB-GesR IV/Wiesner, § 20 Rn 73; Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 63; Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 43. 605 MüHB-GesR IV/Wiesner, § 20 Rn 75.
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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Die Aktiengesellschaft hat zudem den vorläufigen Charakter der Suspendierung zu beachten. Eine zeitlich nicht angemessene oder nicht erforderliche Suspendierung des Vorstandsmitglieds ist aufgrund der Unabhängigkeit des Vorstands unwirksam, mit der Folge, dass das Vorstandmitglied den auferlegten Beschränkungen seiner Befugnisse nicht mehr unterliegt. Insofern empfiehlt sich der Rechtssicherheit wegen lediglich der Ausspruch einer zeitlich befristeten Suspendierung.606
bb) Einvernehmliche Freistellung Ist das Vorstandsmitglied absehbar für eine längere Zeit zwingend daran gehin- 346 dert, seine organschaftlichen Pflichten auszuüben, etwa wegen einer schwerwiegenden Erkrankung, ist seine einvernehmliche Freistellung grundsätzlich jederzeit möglich. Dadurch wird das Vorstandsmitglied für einen befristeten Zeitraum von seiner Geschäftsführungs- und Vertretungspflicht entbunden, ohne dass er aus seinem Amt als Mitglied des Vorstandes ausscheiden muss. Voraussetzung hierfür ist, dass seine Organmitgliedschaft auch während der Zeit der Freistellung im Interesse der Aktiengesellschaft liegt.607
6. Beendigung des Anstellungsverhältnisses a) Beendigungsgründe aa) Tod des Vorstandmitglieds Verstirbt das Vorstandsmitglied während der Laufzeit des Anstellungsverhältnis- 347 ses ist, wie auch beim GmbH-Geschäftsführer, eine Regelung hinsichtlich der Fortzahlung seiner Bezüge an unterhaltsberechtigte Familienangehörige in der Praxis üblich. Die Ausführungen sowie das Klauselmuster zur Regelung der Fortzahlung der Bezüge im Todesfall des GmbH-Geschäftsführers gelten für den AG-VorstandsVertrag entsprechend.608
bb) Zeitablauf/Vertragsdauer Der Anstellungsvertrag endet grundsätzlich nach dem Ablauf von fünf Jahren. Paral- 348 lel zur in § 84 Abs. 1 S. 1 AktG geregelten Höchstdauer der Bestellung zum Mitglied des Vorstand von fünf Jahren beträgt auch die gesetzliche Höchstdauer für den Anstellungsvertrag nach § 84 Abs. 1 S. 5 i. V. m. S. 1 AktG fünf Jahre.609 Eine Mindestdauer des Anstellungsvertrages sieht das Gesetz nicht vor. Die Parteien können Verlänge-
606 MüHB-GesR IV/Wiesner, § 20 Rn 74. 607 MüHB-GesR IV/Wiesner, § 20 Rn 77. 608 Vgl. Rn 219 f. 609 Siehe Rn 285; Haas/Ohlendorf, S. 16; Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 20; Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 25.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
rungsklauseln oder – jeweils für die Dauer einer Wiederbestellung zum Mitglied des Vorstands – Koppelungsklauseln vereinbaren.610
cc) Vertragsaufhebung/Abfindungsvereinbarung
349 Der Anstellungsvertrag kann jederzeit durch einvernehmliche Vereinbarung zwi-
schen der Gesellschaft und dem Vorstandsmitglied aufgehoben werden. Der Aufhebungsvertrag kann auf Seiten der Gesellschaft vom Personalausschuss abgeschlossen werden. Allerdings ist wie bei der Kündigung611 durch die Aktiengesellschaft zu beachten, dass der Personalausschuss durch den verfrühten Abschluss eines Aufhebungsvertrages der ihm nicht zustehenden Entscheidung über den Widerruf der Bestellung nicht vorgreifen darf.612 Wird der Anstellungsvertrag durch Aufhebungsvertrag vorzeitig beendet, verein350 baren die Parteien häufig Abfindungszahlungen der Aktiengesellschaft an das Vorstandsmitglied. Die Abfindungsabrede kann entweder im Rahmen der Aufhebungsvereinbarung oder bereits im Anstellungsvertrag getroffen werden.613
b) Keine Beendigungsgründe aa) Abberufung/Amtsniederlegung des Vorstandsmitglieds 351 Die Abberufung des Vorstandsmitglieds regelt § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG. Anders als beim GmbH-Geschäftsführer darf der Aufsichtsrat die Bestellung zum Vorstandsmitglied nur widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Entsprechend der in der Literatur und Rechtsprechung vorherrschenden Trennungstheorie führt die Beendigung der Organstellung nicht zwingend auch zur Beendigung des Anstellungsvertrages.614 Vielmehr verweist § 84 Abs. 3 Satz 5 AktG in Bezug auf den Anstellungsvertrag auf die allgemeinen Vorschriften, mithin die §§ 611 ff. BGB. Dennoch kann auch im Widerruf die schlüssige Erklärung einer außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages liegen.615
610 Zur Vertragsdauer und Befristung des Anstellungsvertrag (mit Klauselmuster) sowie der Möglichkeit des Einsatzes von Verlängerungs- und Koppelungsklauseln vgl. Rn 289 ff. 611 Vgl. Rn 323 f. 612 Vgl. Rn 263; BGH, Urt. v. 24.11.1980 – II ZR 182/79 – WM 1981, 30; ausführlich MüHB-GesR IV/ Wiesner, § 21 Rn 127; Bauer, DB 1992, 1413, 1415. 613 Vgl. Klauselmuster zum GmbH-Geschäftsführer, dass hier entsprechend herangezogen werden kann Rn 229. 614 Zur Trennungstheorie statt Vieler vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 2, 32 m. w. N. 615 Vgl. Rn 323; BGH, Urt. v. 24.2.1954 – II ZR 88/53 – NJW 1954, 799; BGH, Urt. v. 26.10.1955 – VI ZR 90/54 – NJW 1955, 1917; Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 32; zu den Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung s. Rn 335 ff.
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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Das Vorstandsmitglied kann seinerseits durch eine einseitige Erklärung gegen- 352 über der Aktiengesellschaft vertreten durch den Aufsichtsrat (§ 112 AktG) sein Amt als Organ der Aktiengesellschaft niederlegen.616 Ob für die Amtsniederlegung ein wichtiger Grund erforderlich ist, ist umstritten, wird von der herrschenden Auffassung jedoch abgelehnt, da das Vorstandmitglied zur Amtsführung sinnvollerweise nicht gezwungen werden kann.617 Wie die Abberufung des Vorstandsmitglieds führt auch dessen Amtsniederlegung nicht automatisch zu einer Beendigung des Anstellungsvertrages (Trennungstheorie618). Möglich ist die Vereinbarung eines einseitigen ordentlichen Kündigungsrechts des Vorstandsmitglieds bei gleichzeitiger Amtsniederlegung.619 Eine unberechtigte Amtsniederlegung, etwa zur Unzeit620, kann aber einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses darstellen.621
bb) Auflösung/Insolvenz der Aktiengesellschaft Die Auflösung der Gesellschaft nach § 262 AktG führt ebenso wenig wie die Eröffnung 353 des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft automatisch zur Beendigung des Vorstandsvertrages.622 Im Fall der Insolvenz kann der Insolvenzverwalter das Anstellungsverhältnis 354 nach § 113 InsO, der nach § 87 Abs. 3 AktG auch für Vorstandsmitglieder gilt, kündigen.623
cc) Eintritt eines gesetzlichen Unfähigkeitsgrundes § 76 Abs. 3 AktG enthält eine Aufzählung von Mindestanforderungen und Bestellungs- 355 hindernissen in Bezug auf das Amt des Vorstandsmitglieds. So kann nach § 76 Abs. 3 Satz 1 AktG Mitglied des Vorstands nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Ein Bestellungshindernis liegt vor, wenn die als Vorstandmitglied in
616 Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 44. 617 Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 44. 618 Zur Trennungstheorie statt Vieler vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 2, 32 m. w. N. 619 Vgl. Rn 332 ff. mit Klauselmuster. 620 Vgl. BayObLG, Beschl. v. 15.6.1999 – 3Z BR 35/99 – NJW-RR 2000, 179; KG Berlin, Beschl. v. 1.11.2000 – 23 W 3250/00 – GmbHR 2001, 147; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.12.2000 – 3 Wx 393/00 – FGPrax 2001, 82 (zum GmbH-Geschäftsführer). 621 OLG Celle, Urt. v. 4.2.2004 – 9 U 203/03 – NZG 2004, 475 (für GmbH-Geschäftsführer); OLG Celle, Urt. v. 31.8.1994 – 9 U 118/93 – GmbHR 1995, 728 (für GmbH-Geschäftsführer); Moll/Moll/Eckhoff, § 81 Rn 66; Hüffer/Koch, AktG, § 84 Rn 44 f., 52; zu den Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung s. Rn 335 ff. 622 OLG Nürnberg, Urt. v. 20.3.1990 – 1 U 2275/89 – BB 1991, 1512. 623 BGH, Urt. v. 25.6.1979 – II ZR 219/78 – BB 1980, 66; (für GmbH-Geschäftsführer); OLG Nürnberg, Urt. v. 20.3.1990 – 1 U 2275/89 – BB 1991, 1512; KölnKomm/Mertens/Cahn, AktG, § 84 Rn 186.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
Betracht kommenden Person als Betreuter bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten unter einem Einwilligungsvorbehalt steht (§ 76 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AktG), ein Gericht oder eine Behörde gegen sie ein den Unternehmensgegenstand betreffendes Berufs- oder Gewerbeverbot verhängt hat (§ 76 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 AktG) oder sie wegen vorsätzlicher Begehung einer der Katalogstraftaten verurteilt wurde (§ 76 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AktG). Das Vorliegen eines der genannten Ausschlussgründe während der Amtszeit des Vorstandsmitglieds beendet seine Bestellung, ohne dass es hierfür einer ausdrücklichen Abberufung bedarf.624 Der Wegfall der Bestellung führt nicht zwingend auch zu einer automatischen Beendigung des Anstellungsverhältnisses. Anders verhält es sich nur, wenn das Bestehen des Anstellungsvertrags an die Bestellung zum Vorstandsmitglied mittels einer Koppelungsklausel verbunden ist.
c) Gesellschaftsrechtliche Veränderungen in der Aktiengesellschaft/ Betriebsübergang 356 Eine gesetzliche Regelung der Auswirkungen gesellschaftsrechtlicher Veränderungen in der Aktiengesellschaft auf den Vorstandsanstellungsvertrag existiert nicht. Ein Regelungsbedürfnis im Interesse beider Parteien – des Vorstandsmitglieds und der Aktiengesellschaft – besteht jedoch insbesondere in den folgenden beiden Konstellationen:625 Beispiel – Die Aktiengesellschaft geht (z. B. durch Verschmelzung gem. §§ 2 ff. UmwG) in einem anderen Rechtsträger auf. – Gesellschaftsrechtlich betrachtet verliert die Aktiengesellschaft dadurch ihre Rechtspersönlichkeit mit der Folge, dass auch die Organstellung des Vorstandsmitglieds dauerhaft entfällt. – Denkbar ist aber auch die Situation, dass die Aktiengesellschaft ihr operatives Geschäft, entweder ganz oder auch nur teilweise, auf einen anderen Rechtsträger verlagert. – In dieser Konstellation besteht die Rechtspersönlichkeit der veräußernden Aktiengesellschaft mitsamt den jeweiligen Organpositionen zwar fort. Allerdings reduziert sich mit dem Wegfall des operativen Geschäfts der Aktiengesellschaft gleichzeitig auch das tatsächliche Aufgabengebiet des Vorstandsmitglieds. 357 Eine unmittelbare Auswirkung auf den Anstellungsvertrag haben die genannten
gesellschaftsrechtlichen Veränderungen nicht. Insbesondere führen sie nicht zu einer automatischen Beendigung des Anstellungsverhältnisses.626 Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Vorstandsmitglied und der Aktiengesellschaft sind hier dennoch nicht selten. Der Vorstand ist einerseits nicht dazu verpflichtet, Aufgaben und Tätig-
624 Spindler/Stilz/Fleischer, § 76 AktG Rn 140. 625 Siehe hierzu auch Haas/Ohlendorf, S. 174. 626 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 GmbHG Rn 257 (zum GmbH-Geschäftsführer).
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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keiten unterhalb der Stellung als Vertretungsorgan der Gesellschaft zu übernehmen. Andererseits hat er gegenüber der Gesellschaft auch keinen Anspruch auf Wiederbestellung als Organ. Einem solchen Verlangen würde bereits die Kompetenzregelung in § 84 Abs. 1 AktG entgegenstehen, wonach nur der Aufsichtsrat die Befugnis zur Bestellung zum Mitglied des Vorstands innehält. Dem Vorstand steht in diesem Fall ein außerordentliches Kündigungsrecht zu.627 Die Arbeitnehmerschutzvorschrift des § 613a BGB, die für den Fall des Über- 358 gangs eines Betriebs auf einen neuen Arbeitgeber das Schicksal der bestehenden Arbeitsverhältnisse beim veräußernden Unternehmen regelt, findet nach nahezu einhelliger Ansicht auf das Dienstverhältnis eines Organmitglieds und damit auch für den AG-Vorstand keine Anwendung.628 Ein Recht zur außerordentlichen Kündigung des neuen Rechtsträgers oder auch des Vorstandmitglieds besteht nicht unbedingt, sondern bedarf einer Interessenabwägung im Einzelfall.629 Möglich und empfehlenswert ist daher zum einen eine Regelung der Vorge- 359 hensweise bei gesellschaftsrechtlichen Veränderungen in der Aktiengesellschaft sowie die Vereinbarung eines ordentlichen Kündigungsrechts bezüglich des Anstellungsverhältnisses. Dazu eignet sich folgendes Klauselmuster: Klauselmuster Vertragsdauer, Kündigung (1) …630 (…) Erlischt bzw. entfällt das Amt des Vorstandsmitglieds als Vorstand aufgrund oder in Folge einer Umwandlungs- und/oder Umstrukturierungsmaßnahme, hat die Aktiengesellschaft bzw. bei deren rechtlichem Wegfall das aufnehmende Unternehmen das Wahlrecht, dem Vorstandsmitglied eine Organstellung oder eine Leitungsposition zu vergleichbaren wirtschaftlichen Bedingungen bei einem der beteiligten Unternehmen zuzuweisen oder diesen Anstellungsvertrag mit einer Frist von [Anzahl] Monaten zum Monatsende zu kündigen. 631 Ergänzungsoption: (…) Das Vorstandsmitglied ist in diesen Fällen berechtigt, diesen Anstellungsvertrag innerhalb von [Anzahl] Wochen nach Zugang der Erklärung der Aktiengesellschaft mit einer Frist von [Anzahl] Woche(n) zum Monatsende zu kündigen und als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von [Anzahl] % der durch die gegenüber dem Beendigungszeitpunkt gemäß [§ …] vorfristigen Beendigung des Vorstandsanstellungsverhältnisses nicht mehr zur Entstehung und Auszahlung gelangenden Entgelte zu verlangen. Eine solche vorfristige Beendigung liegt im Interesse
627 Grobys/Panzer/Kelber, Vorstand Rn 76. 628 BAG, Urt. v. 13.2.2003 – 8 AZR 654/01 – NJW 2003, 2473 m. Anm. v. Wank, EWiR 2003, 621; OLG Hamm, Urt. v. 18.6.1990 – 8 U 146/89 – GmbHR 1991, 466 (jeweils zum GmbH-Geschäftsführer); Haas/ Ohlendorf, S. 174. 629 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 GmbHG Rn 257 (zum GmbH-Geschäftsführer). 630 Regelungsmöglichkeiten zur Vertragsdauer in Rn 348, 289 ff. oder zur Kündigung des Anstellungsvertrages in Rn 328 ff., 221 ff. 631 Nach Haas/Ohlendorf, S. 160.
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Kapitel 11 Geschäftsführer- und Vorstandsverträge bei GmbH und AG
der Aktiengesellschaft. Der Aufsichtsrat ist berechtigt, unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 AktG die Abfindung durch einseitige Erklärung herabzusetzen.632
7. Nachvertragliche Pflichten a) Nachvertragliches Wettbewerbsverbot 360 Das gesetzliche Wettbewerbsverbot nach § 88 AktG endet mit der Beendigung der Organstellung. Rechtsgrundlage für ein Wettbewerbsverbot nach diesem Zeitpunkt kann nur die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes sein. Solche nachvertraglichen Wettbewerbsverbote mit Vorstandsmitgliedern sind generell zulässig. Obwohl die Schutzbestimmungen der §§ 74 ff. HGB hier nicht unmittelbar Anwendung finden, sind nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Wertmaßstäbe, die für Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern gelten, über § 138 BGB im Grundsatz auch bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten mit Vorstandsmitgliedern zu beachten. Dies gilt insbesondere für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes.633
b) Verschwiegenheitspflicht/Pflicht zur Geheimhaltung von Betriebsgeheimnissen 361 Die gesetzlich in § 93 Abs. 1 S. 3 AktG normierte Verschwiegenheitspflicht634 des Vorstandsmitglieds gilt nach dem Ende seiner Organstellung bzw. nach Beendigung des Anstellungsvertrags fort.635
8. Schlussbestimmungen a) Rückgabe von Arbeitsmitteln/Rückzahlung von Vorschüssen und Darlehen 362 Wie der GmbH-Geschäftsführer ist auch das AG-Vorstandsmitglied nach Beendigung seines Anstellungsverhältnisses verpflichtet, Unterlagen und Arbeitsmittel, wie bspw. Akten, Geschäfts-Laptop, etc, die im Eigentum der Aktiengesellschaft stehen,
632 Nach Haas/Ohlendorf, S. 160. 633 KölnKomm/Mertens/Cahn, ArbG, § 88 Rn 34 f.; allgemein zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot im Anstellungsvertrag mit AG-Vorständen, Haas/Ohlendorf, S. 182 ff.; vgl. im Übrigen die näheren Ausführungen und Fundstellen im Recht des GmbH-Geschäftsführers, insbesondere mit Checkliste zu den Kriterien eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sowie mit Klauselmuster, vgl. Rn 246 ff. 634 Zur Verschwiegenheitspflicht des AG-Vorstands während der Dauer des Anstellungsverhältnisses, vgl. Rn 310. 635 Hümmerich/Reufels/Reufels, § 3 Rn 97; Hüffer/Koch, ArbG, § 93 Rn 31; vgl. Klauselmuster in Rn 252 f. zur Verschwiegenheitspflicht des GmbH-Geschäftsführers, das hier entsprechend herangezogen werden kann, sowie das Klauselmuster für eine Konkretisierung der Verschwiegenheitspflicht in Rn 313. § 1 S. 2 des Klauselmusters (Rn 253) stellt das Fortbestehen der Verschwiegenheitspflicht über die Dauer des Anstellungsverhältnisses hinaus klar.
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B. Der AG-Vorstands-Vertrag
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dieser zurückzugeben. Trotz des gesetzlichen Herausgabeanspruchs aus § 985 BGB empfiehlt sich die Aufnahme einer entsprechenden Rückgabeklausel bzw. – im Fall eines von der Aktiengesellschaft gewährten Vorschusses oder Darlehens – einer Fälligkeitsklausel in den Anstellungsvertrag.636
b) Weitere Schlussbestimmungen In der Praxis übliche und empfehlenswerte Schlussbestimmungen sind Klauseln zur 363 Klarstellung des Schicksals eines anderweitigen vor der Bestellung zum Vorstandsmitglied bestehenden Arbeitsverhältnisses, zur Klarstellung des Nichtbestehens von Nebenabreden, eine Schriftformklausel637 sowie eine salvatorische Klausel638, für den Fall, dass eine Bestimmung des Anstellungsvertrages unwirksam sein sollte.639
636 Die Ausführungen und das Klauselmuster in Rn 254 für die Rückgabe von Arbeitsmitteln bzw. Rückzahlung von Vorschüssen oder Darlehen zum GmbH-Geschäftsführer können hier entsprechend herangezogen werden. 637 Zur Schriftformklausel mit Klauselmuster, siehe dort. 638 Zur salvatorischen Klausel mit Klauselmuster, siehe dort. 639 Hier kann das Klauselmuster zu den Schlussbestimmungen des GmbH-Geschäftsführer-Anstellungsvertrags in Rn 255 entsprechend angewendet werden.
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Stichwortverzeichnis Die fetten Zahlen verweisen auf die Kapitel, die mageren Zahlen verweisen auf die Randnummern. A Abberufung des GF 11 30 ff. Abfindungen ––Anstellungsvertrag 11 350 ––InstV 4 158 Abrufarbeit 3 89 ff. ––Ankündigungsfrist 3 108 ––Ausgleichzeitraum 3 103 ––Bandbreitenregelung 3 90 ––Betriebsrat 3 114 ––blue-pencil-Test 3 111 ––Dauer des Bezugszeitraums 3 104 ––fester Arbeitsumfang 3 90 ––Gestaltungsgrenzen 3 99 ff. ––Grenzen der Festlegung 3 107 ff. ––kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit 3 103 ––konkrete Sachgründe 3 102 ––Mindestarbeitszeit 3 97 ––Mindestdauer der täglichen Arbeitszeit 3 110 ff. ––Mitbestimmung 3 114 ––Muster 3 114 ––Nachweispflicht 3 98 ––tarifvertragliche Regelung 3 113 ––Transparenzgebot 3 96 ––TzBfG 3 92 ff. ––Überstunden 3 106 ––Vollzeitkräfte 3 92 ––Zeitarbeitnehmer 3 94 Abwesenheitsassistenten 5 177 AG-Vorstand ––Aktienoptionen 11 302 ––Analogien zum Arbeitsrecht 11 259 ––Anstellungsvertrag 11 260 ff., s. a. dort ––Arbeitgeberfunktion 11 280 ––Arbeitnehmer 11 257 ––betriebliche Altersversorgung 11 305 ––Betriebsgeheimnisse 11 310 ff., 11 361 ––Betriebsrentengesetz 11 305 ––D&O-Versicherungen 11 304 ––Dienstleistung 11 267 ff. ––Doppelstellung 11 256 ––ehrenamtliche Funktionen 11 281
––Freistellung 11 343 ff. ––Gesamtvertretung 11 277 ––Geschäftsführung 11 274 ––Handlungsorgan 11 271 ––Insolvenz 11 306 ––Kündigung 11 323 ff. ––Kündigung, außerordentliche 11 335 ff. ––Kündigung, ordentliche 11 325 ff. ––Kündigungserklärungsfrist 11 342 ––Kündigungsfristen 11 327 ––Kündigungsgründe 11 340 ––Leitung der Gesellschaft 11 267 ––Muster 11 284 ––nachvertragliches Wettbewerbsverbot 11 360 ––Nebenpflichten 11 310 ff. ––Nebentätigkeiten 11 321 ––Reduzierung der Vergütung 11 207 ––Tod des 11 347 ––Treuepflicht 11 269, 11 318 ––Verbraucher 11 258 ––Vergütung 11 297 ff. ––Verschwiegenheitspflicht 11 310 ff., 11 361 ––Vertretung 11 277 ––Wettbewerbsverbot 11 314 ––wichtiger Grund 11 336 ff. AG-Vorstands-Vertrag 11 256 ff., s. a. Anstellungsvertrag AGB ––Altersgrenze 6 109 ––Altverträge 2 110 ––Anscheinsbeweis 2 11 ––Arbeitsvertragsrichtlinien 10 168 ff., 10 173, 10 188 f. ––Aufrechterhaltung des Vertrags 2 107 ––Auslegung von 2 14 ff., s. a. Auslegung ––Auslegungsgrundsätze 2 14 f. ––Ausschlussfristen 4 36 ––betriebliche Übung 2 5 ––Beweislast 2 11 ––Bezugnahmeklauseln 10 26 ff., 10 134 ff. ––blue-pencil-test 2 112 ––Darlegungslast 2 11 ––Einbeziehungskontrolle 2 35 ––Formulararbeitsvertrag 2 4 ff., s.a dort
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Stichwortverzeichnis
––geltungserhaltende Reduktion 2 109 ––Individualabrede 2 12 f., s. dort ––Individualverfahren 2 25 ––Inhaltskontrolle s. dort ––Klauselverbote 2 97 ff., s. a. dort ––Kurzarbeit 3 74 ––Nachweisgesetz 2 35 ––Rechtsfolgen AGB-widriger Klauseln 2 107 ff. ––Rechtswahlklausel 9 60 ––Schriftformklauseln 9 23 ff. ––Stellen der Vertragsbedingungen 2 7 ff., 2 30 ––Teilunwirksamkeit 2 112 ––überraschende Klauseln 2 42 ff., s. a. dort ––Umstandskontrolle 2 34 ––unzumutbare Härte 2 108 ––Verbandsklageverfahren 2 23 ––Versetzungsklauseln 3 6 ––Vertragsänderungsangebot 2 111 ––Vertragsbedingungen 2 7 ff., s. a. dort ––Verwendungsabsicht 2 6 ––Vielzahl von Verträgen 2 6 ––von Dritten 2 6, 2 30 ––vorformulierte Vertragsbedingungen 2 5 ––Zugangsfiktion 9 14 AGB-Gesetz 2 2 ––Formulararbeitsvertrag 2 3 ––Schutzniveau 2 2 Agentur für Arbeit 3 80 Aktienoptionen 4 3 All-Klauseln 5 137, 8 19 Altersbefristung 6 69 ff. Altersgrenze 6 104 ff. ––65 6 114 f. ––AGB 6 109 ––Anstellungsvertrag 11 230 ff. ––auflösende Bedingung 6 105 ––Befristung 6 105 ––Betriebsvereinbarungen 6 107 ––EuGH 6 113 ––finanzielle Absicherung 6 108 ––Form 6 106 ––Gemeinschaftsrecht 6 112 ––Klauseltypen 6 114 ff. ––Muster 6 122 ––Regelaltersgrenze 6 116 f. ––Rentenversicherung 6 107 ––RL 2000/78/EG 6 112 ––RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz 6 114 ––selbständige 6 118 ff.
––Tarifverträge 6 107 Altersrente ––Anstellungsvertrag 11 232 ff. ––Muster 11 235 Altverträge 2 110 Änderungsvorbehalt 4 94 Angemessenheitskontrolle 3 18 Angestellter 11 4 Ankündigungsfrist ––Abrufarbeit 3 108 ––Kurzarbeit 3 79 Annexkompetenz 11 18 Anpassungsfortbildung 7 2 Anscheinsbeweis 2 11 Anschlussverbot 6 53 Anstellungsvertrag 11 16 ff. ––Abberufung des AG-Vorstands 11 351 ––Abberufung des GF 11 236 ff. ––Abfindung 11 350 ––Abfindungsvereinbarung 11 228 ––AG-Vorstand 11 260 ff. ––Altersgrenze 11 230 ff. ––Altersrente 11 232 ff. ––Amtsniederlegung 11 352 ––Amtsniederlegung des GF 11 236 ff. ––Annexkompetenz 11 18 ––Aufgaben/Pflichten des GF 11 47 ff. ––aufschiebende Bedingung 11 296 ––Aufsichtsrat 11 20, 11 260 ––Aufsichtsratsbeschluss 11 291 ––Beendigung 11 219 ff., 11 347 ff. ––befristeter 11 223 ––Befristung 11 117, 11 290 ––Befristungshöchstdauer 11 285 ––betriebliche Altersversorgung (Muster) 11 154 ff. ––Betriebsübergang 11 356 ––Bezüge (Muster) 11 147 ––Bonus 11 130 ff. ––Change of Control – Klauseln 11 245 ––Dienstleistung 11 47 ff. ––Dienstwagen 11 148 ff. ––Dienstwagen (Muster) 11 153 ––fehlerhafter 11 27 ––Form 11 25, 11 264 ––Gesellschafter 11 17 ––gesellschaftsrechtliche Veränderungen 11 356 ––gesetzlicher Unfähigkeitsgrund 11 355 ––GmbH-Geschäftsführer 11 16 ff., s. a. dort
Stichwortverzeichnis
––Gratifikationen 11 138 ––Grundsätze zum fehlerhaften Arbeitsverhältnis 11 28 ––Herausgabe 11 362 ff. ––Höchstdauer 11 348 ––Insolvenz 11 243, 11 354 ––Koppelungsklausel 11 238 ––Koppelungsklauseln 11 289 ––Kündigungsschutz 11 186 ff. ––Legalitätspflichten des GF 11 52 ff. ––Leitungs-/Organisationspflichten des GF 11 69 ff. ––Mindestvertragsdauer 11 286 ––Mitbestimmung 11 23 ––Prämie 11 136 ––Provision 11 137 ––Rechtsnatur 11 16 ––Rechtsweg 11 37 ff., 11 265 ––Schlussbestimmungen 11 255, 11 362 ff. ––Selbstkontrahieren 11 55 ––Steuerrecht 11 24 ––Tantieme 11 139 ff. ––Tod des GF 11 219 ––unbefristeter 11 222 ––variable Vergütung 11 121 ––Vergütung 11 119 ––Vergütung (Muster) 11 147 ––Verlängerungsklausel 11 288 ––Vertragsänderung 11 21, 11 263 ––Vertragsaufhebung 11 21, 11 226, 11 263, 11 349 ––Vorbehalt der Bestellung 11 294 ––Vorstandsvergütung 11 262 ––Zielvereinbarung 11 125 ––Zustandekommen 11 17 ff. Antidiskriminierung (Muster) 5 103 Antrittsprämie 4 158 Arbeit auf Abruf s. Abrufarbeit Arbeitgeber ––Vergütungsschuldner 4 3 Arbeitnehmer ––AG-Vorstand 11 257 ––Befristung 6 36 ff. ––EuGH 9 53 ––Formulararbeitsvertrag 2 3 ––GmbH-Geschäftsführer 11 5 ––Individualarbeitsverträge 9 53 Arbeitsergebnisse ––Herausgabe 8 5
543
––Zurückbehaltungsrechte 8 7 f. Arbeitsleistung 3 1 ff. ––Abrufarbeit 3 89 ff., s. a. dort ––Arbeitszeitkonten 3 115 ff., s. a. dort ––Direktionsrecht 3 1 ff. ––Flexibilisierung 3 3 f. ––Kurzarbeit 3 69 ff., s. a. dort ––Überstunden 3 49 ff., s. a. dort ––Versetzungsklauseln 3 5 ff., s. a. dort ––Vertragsstrafe 3 23 ff., s. a. dort ––Zurückbehaltungsrecht 3 84 ff., s. a. dort Arbeitsordnungen 10 14, 10 145 ff. Arbeitspapiere 3 86 Arbeitsrecht ––Besonderheiten 2 36 ff., s. a. dort ––Verbandsklageverfahren 2 24 Arbeitsrechtsregelungsgesetz 10 182 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung 5 45 Arbeitsverhältnis ––Altersgrenze 6 104 ff., s. a. dort ––Beendigung 6 1 ff., s. a. Altersgrenze, s. a. Befristung, s. a. Erwerbsminderung, s. a. Kündigung ––Beendigung des befristeten 6 80 ff. ––Befristung 6 2 ff., s. a. dort ––Freistellungsklauseln bei einem gekündigten 6 197 ff. ––Freistellungsklauseln bei einem ungekündigten 6 193 ff. ––Freistellungsvorbehalt 6 191 ff. ––Kündigung 6 131 ff., s. a. dort ––nachvertragliche Pflichten 8 1 ff., s. a. dort ––nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht 8 10 ff., s. a. dort ––nachvertragliche Wettbewerbsverbote 8 23 ff., s. a. dort Arbeitsverhinderung 5 34 ff. ––Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung 5 45 ––aus sonstigen, persönlichen Gründen 5 36 ––Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall 5 39 ff. ––Entgeltfortzahlungsdauer 5 41 ff. ––Mitteilungspflichten 5 44 ––Muster 5 45 ––wegen Krankheit 5 37 ff. Arbeitsvertragsrichtlinien ––AGB 10 168 ff., 10 173, 10 188 f. ––arbeitsrechtliche Kommission 10 182 ––Arbeitsrechtsregelungsgesetz 10 182 ––Billigkeitskontrolle 10 174 f.
544
Stichwortverzeichnis
––einseitige Leistungsänderung 10 180 ––Inbezugnahme 10 168 ––Inhaltskontrolle 10 177 ––katholische Kirche 10 183 ––Kirchenrecht 10 165 ff. ––Muster 10 168, 10 189 ––paritätische Besetzungsregeln 10 184 ––Streikrecht 10 184 Arbeitszeit ––Arbeitszeitkonten 3 128, s. a. dort ––GmbH-Geschäftsführer 11 74 ––Mindestlohn 4 112 Arbeitszeitkonten 3 115 ff. ––Abbau von 3 135 ––Arbeitszeit 3 128 ––Arten 3 115 ––Ausgleichszeitraum 3 126 ––Begriff 3 116 ––Betriebsrat 3 138 ––Fälligkeitsregelungen 3 122 ––Festlegung der Arbeitszeit 3 133 ––Flexi-I-Gesetz 3 117 ––Flexi-II-Gesetz 3 117 ––Führen von 3 130 ff. ––Mindestlohngesetz 3 122 ff. ––Mitbestimmung 3 138 ––Muster 3 138 ––Vergütung 3 137 ––Wirksamkeitsanforderungen 3 127 ff. ––Zeitarbeitnehmer 3 119 ff. ––Zulässigkeit 3 118 Aufrechnung der Vergütung 4 25 ff. Aufsichtsrat 11 20, 11 260 Aufstiegsfortbildung 7 2 Aus-/Fortbildungskosten 4 59 Ausgleichszeitraum ––Abrufarbeit 3 103 ––Arbeitszeitkonten 3 126 Ausgliederung 10 190 Aushandeln der Vertragsbedingungen 2 8 Aushändigung ––Empfangsbekenntnis 8 31 ––Muster 8 30 ––nachvertragliche Wettbewerbsverbote 8 30 Aushilfen, Kündigungsfristen 6 166 ff. Auslegung ––arbeitnehmerfeindlichste 2 17 ––arbeitnehmerfreundlichste 2 17 ––ergänzende 2 19
––geltungserhaltende Reduktion 2 19 ––gespaltene Lösung 2 17 ––restriktive 2 18 ––Transparenzgebot 2 18 ––Unklarheitenregelung 2 16 ––unzumutbare Härte 2 19 ––Vertragswille 2 15 ––Vertragswortlaut 2 15 Auslegungsgrundsätze 2 14 f. Ausschlussfristen ––AGB 4 36 ––einseitige 4 30 ––einstufige 4 32 ff. ––Muster 4 34 f. ––Urlaub 5 81 ––Vergütung 4 28 ff. ––zweiseitige 4 31 ff. ––zweistufige 4 35 Ausschlussklauseln 4 38 Ausübungskontrolle 3 21 Ausweichstatut 9 64 Auszubildende 8 26 automatische Weiterleitung 5 177 B B2C-Vertrag 2 27 Bandbreitenregelung 3 90 BDSG 5 104 Beamtenrecht 10 159 ff. Befristung 6 2 ff. ––Altersbefristung 6 69 ff. ––Altersgrenze 6 105 ––Anstellungsvertrag 11 117, 11 290 ––außergerichtlicher Vergleich 6 47 ––Befristungsketten 6 24 ––Eigenart der Arbeitsleistung 6 26 ff. ––Entfristungsklage 6 99 ff. ––Erprobung 6 30 ––Form 6 74 ff. ––Fortsetzung trotz 6 95 ff. ––Fußball 6 29 ––gerichtlicher Vergleich 6 45 ––im Anschluss an Ausbildung/Studium 6 16 ff. ––kalendermäßige 6 7 ––Kündigung 6 80, 6 88 ff. ––Kunstfreiheit 6 27 ––Muster 6 103 ––Parlamentsfraktion 6 28 ––Probearbeitsverhältnis 6 31
Stichwortverzeichnis
––professioneller Sport 6 29 ––Prognose 6 11, 6 22 ––Projektbefristung 6 10 ––Prozessvergleich 6 46 ––Rundfunkfreiheit 6 26 ––Sachgrund 6 6, 6 8 ff. ––sachgrundlose 6 6, 6 49 ff., s. a. Befristung, sachgrundlose ––Schriftform 6 5 ––soziale Belange des Arbeitnehmers 6 40 ––Sport 6 29 ––TzBfG 6 3 ––Überbrückungsfunktion 6 38 ––Verbesserung der Vermittlungschancen 6 18 ––Vertretung anderer Arbeitnehmer 6 20 ff. ––Vertretungsbedarf s. dort ––vorgegebene Haushaltsmittel 6 43 ––vorübergehender Bedarf 6 10 ff. ––vorübergehender Personalbedarf s. Vertretungsbedarf ––Wunsch des Arbeitnehmers 6 36 ff. ––Wunsch des Arbeitnehmers (Muster) 6 36 ––Zweck 6 82 ––Zweckbefristung 6 7 ––Zweckerreichung 6 80, 6 83 Befristung, sachgrundlose 6 49 ff. ––Abdingbarkeit 6 58 ff. ––Formulierung 6 59 ––Tarifverträge 6 60 ff. ––allgemeine 6 51 ff. ––anderer Betrieb 6 54 ––Anschlussverbot 6 53 ––Befristungsketten 6 52 ––Betriebsübernahme 6 66 ––Beweislast 6 63 ––Darlegungslast 6 63 ––derselbe Arbeitgeber 6 54 ––Fragerecht des AG 6 64 ––lückenloser Anschluss 6 55 ––Neugründung 6 65 ––Umwandlung 6 66 ––Vertragsarbeitgeber 6 54 ––Vertragsverlängerung 6 55 ––Vorbeschäftigungsverbot 6 52 Befristungsketten 6 24 ––Befristung, sachgrundlose 6 52 ––Vertretungsbedarf 6 24 Berufsfreiheit 5 3 Besonderheiten des Arbeitsrechts 2 36 ff.
545
––Klauselverbote 2 40 ––rechtliche 2 38 ––Rechtsfolge 2 41 ––tatsächliche 2 39 ––Transparenzgebot 2 89 ––Vertragsstrafe 3 33 Bestimmtheitsgrundsatz ––große dynamische Tarifwechselklausel 10 85, 10 87 ––Transparenzgebot 2 86 betriebliche Übung ––AGB 2 5 ––Bezugnahmeklauseln 10 36 ff. ––Individualabrede 2 20 ––Kommunikationseinrichtungen 5 151 ––Schriftformklauseln 9 22 Betriebsgeheimnisse 5 113 ff. ––AG-Vorstand 11 361 ––All-Klauseln 5 137 ––aus besonderer Stellung 5 121 ––Begriff 5 122 f. ––berechtigtes wirtschaftliches Interesse 5 127 ––Datengeheimnis 5 120 ––Diensterfindungen 5 119 ––Geheimhaltungswille 5 126 ––GmbH-Geschäftsführer 11 252 ––konzernweite Verschwiegenheitsklausel 5 138 ––Muster 5 140 ––nachvertragliche Geheimhaltung 5 125 ––nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht 8 17 ––Rechtsfolgen eines Verstoßes 5 133 ff. ––vertragliche Regelungen 5 124 f. ––Vertragsgestaltung 5 136 ff. ––Vertragsstrafe 5 140 ––vertrauliche Angaben 5 132 ––Wettbewerbsrecht 5 117 f. ––Whistleblowing 5 128 ff. Betriebsrat ––Abrufarbeit 3 114 ––Arbeitszeitkonten 3 138 ––Fortbildungsklauseln 7 11 ––Kurzarbeit 3 73 ––Vergütung 4 7 ––Versetzungsklauseln 3 22 Betriebsrentenrecht 10 151 ff., 11 305 Betriebsrentner 10 148 Betriebsübergang
546
Stichwortverzeichnis
––Alemo-Herron-Fall 10 112 ––Anstellungsvertrag 11 244, 11 356 ––Bezugnahme auf Tarifvertrag 10 108 ff. ––Bezugnahmeklauseln 10 109 ff. ––Gesamtvergleich 10 115 ––Günstigkeitsprinzip 10 113 ––Kirchenrecht 10 190 ––Sachgruppenvergleich 10 115 ––Scattolon-Fall 10 116 ––Werhof-Fall 10 110 Betriebsübernahme 6 66 Betriebsvereinbarungen ––Altersgrenze 6 107 ––Bezugnahmeklauseln 10 9 ff., 10 128 ff. ––Günstigkeitsprinzip 10 133, 10 136 Beweislast ––abgestufte 2 11, 2 33 ––AGB 2 11 ––Befristung, sachgrundlose 6 63 ––Einflussnehmen 2 33 ––Individualabrede 2 21 ––Rückzahlungsklauseln 7 40 ––salvatorische Klausel 9 42 ––überraschende Klauseln 2 55 ff. ––Vertragsbedingungen 2 31 ––Zugang 9 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag 10 41 ff. ––Abänderung 10 120 ––Aufhebung 10 120 ––Betriebsübergang 10 108 ff., s. a. dort ––branchenfremder Tarifvertrag 10 61 ––deklaratorische Wirkung 10 42, 10 45 ff. ––Differenzierungsklauseln 10 103 ff. ––dynamische 10 48 ff. ––ergänzende Vertragsauslegung 10 68 ––Gleichstellungsabreden 10 61, 10 76 ff. ––Globalverweisung 10 56 ––große dynamische Tarifwechselklausel 10 84 ff., s. a. dort ––kleine dynamische (Muster) 10 74 f. ––konstitutive Wirkung 10 44 ––Muster 10 50 ff. ––Nachfolge auf beendeten Tarifvertrag 10 94 ff. ––Nachfolge nach Unternehmensrestrukturierung 10 97 ––Nachweisgesetz 10 45 ––nachwirkender Tarifvertrag 10 64 ––statische 10 72 ––Tarifeinheitsgesetz 10 121 ff.
––Tarifpluralität 10 98 ff. ––Tarifsukzession 10 92 f. ––Teilverweisung 10 57 ––unwirksamer Tarifvertrag 10 66 ––Zulässigkeit 10 56 ff. Bezugnahmeklauseln 10 1 ff. ––AGB 10 26 ff., 10 134 ff. ––Arbeitsordnungen 10 14, 10 145 ff. ––Arbeitsordnungen (Muster) 10 145 ff. ––Auslegung kollektivrechtlicher Vereinbarungen 10 19 ff. ––Auslegung von Willenserklärungen 10 17 ––Beamtenrecht 10 159 ff. ––Betriebsübergang 10 109 ff. ––Betriebsvereinbarungen 10 9 ff., 10 128 ff. ––Betriebsvereinbarungen (Muster) 10 144 ––Bezugnahme auf Tarifvertrag 10 41 ff., s. a. dort ––Dienstvereinbarungen 10 12 f. ––Einbeziehung durch betriebliche Übung 10 36 ff. ––Formen der Inbezugnahme 10 35 ff. ––Gegenstand der Bezugnahme 10 3 ff. ––Gleichbehandlungsgrundsatz 10 39 f. ––Gleichstellungsabreden 10 21 ff., s. a. dort ––Kirchenrecht 10 15, 10 162 ff., s. a. dort ––Öffnungsklauseln 10 138 ff. ––statische 10 24 ––Tarifverträge 10 2 ff. ––Transparenzgebot 10 142 ––überraschende Klauseln 10 28 ff. ––Unklarheitenregel 10 142 ––Unklarheitenregelung 10 31 ff. ––vertragliche Einbeziehung 10 35 Billigkeitskontrolle 10 174 f. Bindungsdauer 7 23 ff. ––ergänzende Vertragsauslegung 7 28 ––Faustformel 7 24 ––geltungserhaltende Reduktion 7 27 ––Höchstgrenze 7 25 ––Qualität der erworbenen Qualifikation 7 25 ––Transparenzgebot 7 30 Bindungsklausel 4 95 f. blue-pencil-test ––Abrufarbeit 3 111 ––AGB 2 112 ––Konzernversetzungsklausel 3 20 Bonus 11 130 ff. Business Judgement Rule 11 72
Stichwortverzeichnis
C Car Allowance 4 55 Change of Control – Klauseln 11 245 Checkliste ––Fortbildungsklauseln 7 9 ––nachvertragliches Wettbewerbsverbot des GF 11 249 ––Rückzahlungsklauseln 7 41 ––Zielvereinbarung 11 129 Compliance-Richtlinie 5 95 D D&O-Versicherungen 11 304 Darlegungslast ––abgestufte 2 11, 2 33 ––AGB 2 11 ––Befristung, sachgrundlose 6 63 ––Einflussnehmen 2 33 ––Individualabrede 2 21 ––Rückzahlungsklauseln 7 40 ––überraschende Klauseln 2 55 ff. ––Vertragsbedingungen 2 31 Datengeheimnis 5 104 ff. ––Aufnahme der Tätigkeit 5 106 ––BDSG 5 104 ––Betriebsgeheimnisse 5 120 ––Muster 5 109 ––Vertragsgestaltung 5 108 Datenschutzerklärung 5 110 ff. ––Muster 5 112 deklaratorische Klauseln 2 94 Delegationseinschränkungen 11 80 Deutscher Corporate Governance Kodex 4 136 ff. Dienstgemeinschaft 10 164 Dienstleistung ––AG-Vorstand 11 267 ff. ––GmbH-Geschäftsführer 11 47 ff. Dienstvereinbarungen 10 12 f. Dienstwagen 4 42 ff. ––Car Allowance 4 55 ––Haftung für Beschädigung 4 48 ––Muster 4 55 ––Privatnutzung 4 45 ––Sozialversicherung 4 54 ––Steuer 4 49 ff. Differenzierungsklauseln ––Bezugnahme auf Tarifvertrag 10 103 ff. ––einfache 10 104
547
––einfache zulässige 10 106 ––Muster 10 107 ––qualifizierte 10 105 Direktionsrecht 3 1 ff. ––echte Direktionsrechtserweiterung 3 10, 3 14 ––Fortbildungsklauseln 7 5 ––Grenze 3 2 ––Überstunden 3 51 ––unechte Direktionsrechtserweiterung 3 9 Doppelstellung ––AG-Vorstand 11 256 ––GmbH-Geschäftsführer 11 1 Drittbedingungen 2 30 E E-Mail s. Kommunikationseinrichtungen Einbettungsstatut 9 69 Einbeziehungskontrolle 2 35 Einflussnehmen ––Beweislast 2 33 ––Darlegungslast 2 33 ––Vertragsbedingungen 2 33 Eingriffsnormen 9 71 ff. Einmalbedingungen ––Individualabrede 2 22 ––Vertragsbedingungen 2 22, 2 32 Entfristungsklage 6 99 ff. Entgeltfortzahlung ––Dauer 5 41 ff. ––Einheit des Versicherungsfalls 5 43 ––im Krankheitsfall 5 39 ff. Entgeltumwandlung (Muster) 10 158 Entsendungen 9 51 Erfahrungswissen 8 16 Ermessen bei Karenzentschädigung 8 62 Ermessensregelung bei variabler Vergütung 4 100 ff. Ersetzungsklausel 9 32 ––Formulararbeitsverträge 9 37 Erwerbsminderung 6 123 ff. ––auflösende Bedingung 6 124 ––Erwerbsminderungsrente 6 126 ––Muster 6 128 EuGH ––Altersgrenze 6 113 ––GmbH-Geschäftsführer 11 10 F Fax s. Kommunikationseinrichtungen
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Stichwortverzeichnis
Fehlzeiten 5 63 ff. Firmeneigentum ––Begriff 8 1 ––Besitzrecht 8 3 ––Herausgabe 8 1 ff., s. a. dort ––nachvertragliche Pflichten 8 1 ff. ––Zurückbehaltungsrechte 8 7 f. Flexi-I-Gesetz 3 117 Flexi-II-Gesetz 3 117 Flexibilisierung der Arbeitsleistung 3 3 f. Form ––Altersgrenze 6 106 ––Anstellungsvertrag 11 25, 11 264 ––Befristung 6 74 ff. ––Kündigung 6 140 ff. ––nachvertragliche Wettbewerbsverbote 8 27 ff. ––Rechtswahlklausel 9 57 ––Rückzahlungsklauseln 7 20 ––Schriftformklauseln 9 18 ff., s. a. dort ––überraschende Klauseln 2 52 ––Vertragsstrafe 3 31 Formulararbeitsverträge ––AGB 2 4 ff., s. a. dort ––Auslegung von AGB 2 14 ff., s. a. AGB ––Ersetzungsklausel 9 37 ––gesetzesverweisende Klausel 9 40 ––Reduktionsklausel 9 39 ––salvatorische Klausel 9 34 ff. ––Schriftformklauseln 9 23 ––Schutz der Arbeitnehmer 2 3 ––Teilnichtigkeits-/Erhaltungsklausel 9 36 ––Vertragsstrafe 3 32 ff. Fortbildungsklauseln 7 1 ff. ––Anpassungsfortbildung 7 2 ––Aufstiegsfortbildung 7 2 ––Betriebsrat 7 11 ––Checkliste 7 9 ––Direktionsrecht 7 5 ––Fortbildungskosten 7 15, s. a. Rückzahlungsklauseln ––Fortbildungspflicht 7 6 ––Inhalt 7 7 ff. ––Mitbestimmung 7 11 ––Muster 7 5, 7 14 ––Rückzahlungsklauseln s. dort ––Rückzahlungsverpflichtung 7 8 ––Sozialrecht 7 12 ––Steuerrecht 7 13 ––Werbungskosten 7 13
Fragerecht bei Befristung 6 64 Freistellung ––AG-Vorstand 11 343 ff. ––einseitige 11 343 ff. ––einvernehmliche 11 346 ––GmbH-Geschäftsführer 11 184 Freistellungsabrede 5 83 ff. Freistellungsvorbehalt ––Arbeitsverhältnis 6 191 ff. ––bei einem gekündigten Arbeitsverhältnis 6 197 ff. ––bei einem ungekündigten Arbeitsverhältnis 6 193 ff. Freiwilligkeitsvorbehalte bei variabler Vergütung 4 65 ff., 4 85 ff. Fußball 6 29 G Geheimhaltung s. Betriebsgeheimnisse geldwerter Vorteil 7 21 Gelegenheitsgeschenke 5 99 f. geltungserhaltende Reduktion ––AGB 2 109 ––Auslegung 2 19 ––Bindungsdauer 7 27 ––Schriftformklauseln 9 24 ––Vertragsstrafe 3 48 Gemeinschaftsrecht zur Altersgrenze 6 112 Gerichtsstandsklauseln 9 77 ff. ––ausländische Mitarbeiter 9 81 ––Auslandsbezug 9 85 ––Inlandsfall 9 79 ff. ––Muster 9 87 f. ––örtliche Zuständigkeit 9 79 ––Rechtswegzuständigkeit 9 84 ––Tarifvertragsparteien 9 83 ––Zulässigkeit 9 78 ff. Gesamtvergleich bei Betriebsübergang 10 115 Geschäftsunterlagen ––Herausgabe 8 5 ––Zurückbehaltungsrechte 8 7 f. Geschenke 5 94 ff. ––Compliance-Richtlinie 5 95 ––Gelegenheitsgeschenke 5 99 f. ––Muster 5 100 ––Strafrecht 5 98 ––vertragliche Regelungen 5 99 f. Gesellschafter und Anstellungsvertrag 11 17 gesetzesverweisende Klausel 9 40
Stichwortverzeichnis
gespaltene Lösung 2 17 Gewinntantieme 11 140 Gleichbehandlungsgrundsatz ––Bezugnahmeklauseln 10 39 f. ––Überstunden 3 52 Gleichbehandlungsklauseln 6 177 ff. Gleichstellungsabreden ––Änderung der Rechtsprechung 10 79 ff. ––Bezugnahme auf Tarifvertrag 10 61, 10 76 ff. ––Bezugnahmeklauseln 10 21 ff. ––Muster 10 83 ––Vertrauensschutz 10 80 ff. Gleichwertigkeitsgarantie 3 15 Globalverweisung 10 56 GmbH-Geschäftsführer 11 1 ff. ––Abberufung 11 30 ff. ––Abmahnungspflicht 11 207 f. ––Angestellter 11 4 ––Anstellungsvertrag 11 16 ff., s. a. dort ––Arbeitnehmer 11 5 ––Arbeitsverhältnis 11 8, 11 189 ff. ––Arbeitszeit 11 74 ––Arbeitszeit (Muster) 11 159 ––Aufgaben/Pflichten 11 47 ff. ––Aufgaben/Pflichten (Muster) 11 99 ff. ––Auskunftsrecht 11 253 ––außerordentliche Kündigung 11 197 ff., 11 216 ff. ––BAG 11 8 ––Befreiungen von Pflichten 11 93 ff. ––Bestellung 11 3 ––Betriebsgeheimnisse 11 252 ––Bezüge (Muster) 11 147 ––Business Judgement Rule 11 72 ––Delegationseinschränkungen 11 80 ––Dienstwagen 11 148 ff. ––Dienstwagen (Muster) 11 153 ––Doppelstellung 11 1 ––EuGH 11 10 ––Freistellung 11 184 ––Gehaltserhöhung 11 163 ––Gehaltsreduzierung 11 162 ––genehmigungsbedürftige Geschäfte 11 114 ff. ––gesetzlicher Vertreter 11 2 ––Haftungsbegrenzung 11 73 ––Haftungsmilderung 11 97 ––Handlungsorgan 11 2 ––Herausgabe 11 254 ––innerbetrieblicher Aufstieg 11 191
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––Insolvenz 11 62 ––Interessenkollision 11 165 ––Krankheit 11 160 ––Kündigung 11 177 ff. ––Kündigungserklärungsfrist 11 209 ff. ––Kündigungsform 11 183 ––Kündigungsfristen 11 181 f. ––Kündigungsschutz 11 186 ff. ––Legalitätspflichten 11 66 ff. ––Leitungs-/Organisationspflichten 11 69 ff. ––Loyalitätspflichten 11 84 ff. ––Mutterschutz 11 194 ––nachvertragliches Wettbewerbsverbot 11 246 ––Nebenpflichten 11 165 ff. ––Nebentätigkeit 11 175 ––Nichtbestellung 11 30 ff. ––Planung 11 78 ––Rechtsweg 11 37 ff. ––Ressortverteilung 11 81 ––Schadensersatz 11 30, 11 30 ff. ––Schwerbehinderung 11 196 ––Selbstkontrahieren 11 55 ––Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes 11 72 ––Sozialversicherung 11 12 ––Sperrminorität 11 13 ––Strafrecht 11 57 ––Treuepflicht 11 165 ff. ––Überstunden 11 157 ––Unternehmensziele 11 75 ––Verbraucher 11 15 ––vereinbarte Kündigungsgründe 11 205 ff. ––Vergütung (Muster) 11 147 ––Verschwiegenheitspflicht 11 92, 11 168 ff., 11 252 ––Vertretung 11 105 ff. ––Vertretung (Muster) 11 105 ff., 11 109 ff. ––Wettbewerbsrecht 11 58 ––Wettbewerbsverbot 11 85 ff., 11 171 ff. ––wichtiger Grund 11 197 ff., 11 217 ff. GmbH-Geschäftsführer-Vertrag 11 1 ff., s. a. Anstellungsvertrag ––GmbH-Geschäftsführer s. dort ––Rechtsweg 11 37 ff. Gratifikationen 11 138 große dynamische Tarifwechselklausel 10 84 ff. ––Begriff 10 84 ––Bestimmtheitsgrundsatz 10 85, 10 87 ––Muster 10 89
550
Stichwortverzeichnis
––Rechtsberatungspflicht 10 91 ––Störung der Geschäftsgrundlage 10 89 ––Zulässigkeit 10 86 ff. Grundsätze zum fehlerhaften Arbeitsverhältnis 11 28 Günstigkeitsprinzip ––Betriebsübergang 10 113 ––Betriebsvereinbarungen 10 133, 10 136 ––Tarifeinheitsgesetz 10 126 H Halbteilungsgrundsatz 11 143 Halteprämien 4 158 Handlungsorgan ––AG-Vorstand 11 271 ––GmbH-Geschäftsführer 11 2 Haustarifvertrag 10 98 Herausgabe ––Anstellungsvertrag 11 362 ff. ––Arbeitsergebnisse 8 5 ––Arbeitsmittel auch zur privaten Nutzung 8 3 ––Besitzrecht 8 3 ––Firmeneigentum 8 1 ff. ––Geschäftsunterlagen 8 5 ––GmbH-Geschäftsführer 11 254 ––Herausgabeanspruch 8 2 ––Muster 8 9 ––Zurückbehaltungsrechte 8 7 f. Höchstarbeitszeiten 5 9 I Individualabrede ––AGB 2 12 f. ––Begriff 2 20 ––betriebliche Übung 2 20 ––Beweislast 2 21 ––Darlegungslast 2 21 ––Einmalbedingungen 2 22 ––Vertragsbedingungen 2 7 ––Zurückbehaltungsrecht 3 88 Individualarbeitsverträge ––Arbeitnehmer 9 53 ––EuGH 9 53 ––Rechtswahlklausel 9 53 ––salvatorische Klausel 9 41 Individualverfahren 2 25 Inhaltskontrolle 2 59 ff. ––Arbeitsvertragsrichtlinien 10 177 ––deklaratorische Klauseln 2 94
––Leistungsbeschreibungen 2 95 ––nachteilige Abweichungen 2 63 ff. ––Natur des Vertrages 2 70 f. ––normausfüllende Klauseln 2 94 ––Preisabreden 2 95 ––Rechtsgrundsätze 2 92 ––Regelbeispiele 2 62 ff. ––Schranken der 2 91 ff. ––Transparenzgebot 2 60 ––unangemessene Benachteiligung 2 74 ff., s. a. dort ––Vergleichsrecht 2 64 ff. ––Verhältnis der Sondertatbestände 2 73 ––Vertragszweckgefährdung 2 72 ––Zweckmäßigkeitserwägungen 2 67 Inlandsfall ––Gerichtsstandsklauseln 9 79 ff. ––Rechtswahlklausel 9 55 ––Rom I-VO 9 69 Insolvenz ––AG-Vorstand 11 306 ––Anstellungsvertrag 11 243, 11 354 ––GmbH-Geschäftsführer 11 62 InstV 4 141 ff. ––Abfindungen 4 158 ––Antrittsprämie 4 158 ––Anwendungsbereich 4 142 ff. ––besondere Institute 4 159 ff. ––Bonuspool 4 149 ff. ––Halteprämien 4 158 ––Konzernbonus 4 158 ––Risk Taker 4 160 ––Vergütung 4 152 ff. ––Vergütungsparameter 4 146 ff. ––Zulagen 4 158 internationales Privatrecht 9 49 Internet s. Kommunikationseinrichtungen J Jeweiligkeitsklausel 10 148 ff. ––allgemeine 10 149 ––Betriebsrentenrecht 10 151 ff. ––Betriebsrentner 10 148 ––Entgeltumwandlung 10 158 ––künftige Leistungsänderung 10 154 ––Muster 10 157 ––Versorgungsordnung 10 155
Stichwortverzeichnis
K Kantenbänder-Fall 8 17 KAPOVAZ 3 103 Karenzentschädigung 8 53 ff. ––abstrakte Betrachtung 8 60 ––Anrechnung anderweitigen Verdienstes 8 63 ––Ausgestaltung 8 56 ff. ––Ermessen des AG 8 62 ––gesetzliche Regelung 8 53 ––Transparenzgebot 8 55 ––Unklarheitenregel 8 61 ––Unverbindlichkeit 8 60 ––Vereinbarung 8 54 ––Vergütungsbestandteile 8 57 ––wechselnde Bezüge 8 59 ––Zusage 8 54 ––Zusage (Muster) 8 65 KHS-Schulte-Entscheidung 5 72 Kirchenrecht ––Arbeitsvertragsrichtlinien 10 165 ff., s. a. dort ––Ausgliederung 10 190 ––Betriebsübergang 10 190 ––Bezugnahmeklauseln 10 15, 10 162 ff. ––Dienstgemeinschaft 10 164 ––Dritter Weg 10 164 ff. ––Selbstverwaltungsgarantie 10 167 ––Streikrecht 10 164 Klauselmuster s. Muster Klauselverbote 2 97 ff. ––mit Wertungsmöglichkeit 2 99 ff. ––ohne Wertungsmöglichkeit 2 104 ff. ––Rücktrittsvorbehalt in Vorvertrag 2 100 ––Zurückbehaltungsrecht 3 87 Kleinbetriebe 6 169 f. Kollisionsrecht 9 49 ff. Kommunikationseinrichtungen 5 141 ff. ––Abwesenheitsassistenten 5 177 ––Abwesenheitsassistenten (Muster) 5 178 ––automatische Weiterleitung 5 177 ––betriebsfremde Daten (Muster) 5 179 ––Fernmeldegeheimnis 5 161 ––Kontrolle 5 154 ff. ––Kontrolle bei Erlaubnis 5 164 ff. ––Kontrolle bei Verbot 5 157 ff. ––Kontrolle mit Einwilligung 5 169 ––Kontrolle, rechtssichere 5 171 ––Muster 5 180 ––private Nutzung 5 142 ff. ––Ausschluss 5 146 ff.
551
––Ausschluss (Muster) 5 147 ––betriebliche Übung 5 151 ––Erlaubnis 5 150 ff. ––Erlaubnis (Muster) 5 153 ––Rechtsfolgen bei rechtswidriger Überwachung 5 173 ––Rechtsfolgen bei unzulässiger Privatnutzung 5 174 ––Schadensersatzansprüche 5 175 ––verhaltensbedingte Kündigung 5 174 Konkurrenz bei Nebentätigkeiten 5 5 Konzernbonus 4 158 Konzernversetzungsklausel 3 18 ff. ––Angemessenheitskontrolle 3 18 ––blue-pencil-Test 3 20 ––Transparenzengebot 3 20 ––Transparenzkontrolle 3 18 Koppelungsklausel ––Anstellungsvertrag 11 238 ––Muster 11 241 Kundenschutz-Fall 8 15 Kündigung 6 131 ff. ––AG-Vorstand 11 323 ff. ––außerordentliche 6 148 ff., s. a. Kündigung, außerordentliche ––Befristung 6 80, 6 88 ff. ––Form 6 140 ff. ––GmbH-Geschäftsführer 11 177 ff. ––Grundkündigungsfrist 6 164 ––Kündigungserklärungsfrist 6 150 ––Kündigungsfristen 6 164 ff., s.a dort ––Kündigungsgründe 6 143 ff. ––Kündigungsgründe (Muster) 6 146 f. ––Namensunterschrift 6 141 ––ordentliche 6 158 ff., s. a. Kündigung, ordentliche ––Probezeit 6 180 ff. ––vertragliche Umdeutungsklauseln 6 133 ff., s. a. dort ––vor Dienstantritt 6 183 ff. ––Wirksamkeitsvoraussetzung 6 142 Kündigung, außerordentliche 6 148 ff. ––AG-Vorstand 11 335 ff. ––Entfall der Abmahnung 6 157 ––GmbH-Geschäftsführer 11 197 ff., 11 216 ff. ––Grundsatz der Unabdingbarkeit 6 149 ff. ––Kündigungserklärungsfrist 6 150 ––materieller Kündigungsschutz 6 148 ––unzulässige Beschränkung 6 152
552
Stichwortverzeichnis
––unzulässige Erweiterung 6 155 ––unzulässige Kündigungserschwerungen 6 153 ––vertragliche Einschränkung 6 151 ––vertragliche Erweiterung 6 154 ff. ––vertraglicher Ausschluss 6 149 Kündigung, ordentliche 6 158 ff. ––AG-Vorstand 11 325 ff. ––beidseitige 11 330 ––beidseitiger Ausschluss 6 160 f. ––beidseitiger Ausschluss (Muster) 6 160 ––einseitige 11 331 ff. ––einseitiger Ausschluss 6 162 ––einseitiger Ausschluss (Muster) 6 162 ––Vereinbarung eines günstigeren Schutzes (Muster) 6 163 ––vertraglicher Ausschluss 6 159 ff. Kündigungserklärungsfrist ––GmbH-Geschäftsführer 11 209 ––Kündigung, außerordentliche 6 150 Kündigungsfristen 6 164 ff. ––AG-Vorstand 11 327 ––Aushilfen 6 166 ff. ––Berechnung der Beschäftigungszeiten 6 174 ff. ––einzelvertragliche Verlängerung 6 171 ff. ––gesetzliche Regelungen 6 164 ff. ––Gleichbehandlungsklauseln 6 177 ff. ––Gleichstellungsabrede (Muster) 6 179 ––GmbH-Geschäftsführer 11 181 f. ––Grundkündigungsfrist 6 164 ––Kleinbetriebe 6 169 f. ––Kündigung vor Dienstantritt 6 187 ff. ––Probezeit 6 181 ––verlängerte 6 165, 6 171 ff. Kündigungsschutz ––Anstellungsvertrag 11 186 ff. ––Erhöhung 6 163 ––GmbH-Geschäftsführer 11 186 ff. ––Kündigung, außerordentliche 6 148 ––vertragliche Umdeutungsklauseln 6 135 Kunstfreiheit 6 27 Kurzarbeit 3 69 ff. ––AGB 3 74 ––Agentur für Arbeit 3 80 ––Angemessenheit 3 78 ––Ankündigungsfrist 3 79 ––Begriff 3 69 ––Betriebsrat 3 73 ––Mitbestimmung 3 73
––Muster 3 83 ––Rechtsfolgen 3 82 f. ––Vorratsvereinbarungen 3 70 ––Wirksamkeitsanforderungen 3 74 ff. L Legalitätspflichten 11 52 ff. Leistungsbeschreibungen 2 95 Lohnsteuer 4 14 Loyalitätspflichten 11 84 ff. Lückentext 2 8 M Mandantenschutzklauseln ––allgemeine 8 76 f. ––beschränkte 8 72 ff. ––Muster 8 73 ––nachvertragliche Wettbewerbsverbote 8 71 ff. Mandantenübernahmeklauseln 8 78 ff. Mehrarbeit 3 49 Mehrurlaub ––Abgeltungsausschluss 5 78 ff. ––Muster 5 56 ––ruhendes Arbeitsverhältnis 5 66 ––Verfallklauselmuster 5 77 Mindestarbeitszeit bei Abrufarbeit 3 97 Mindestlohn 4 110 ff. ––anderslautende Vereinbarungen 4 121 f. ––Anwendungsbereich 4 111 ––Arbeitszeit 4 112 ––außerhalb des Mindestlohngesetzes 4 125 f. ––Sachleistungen 4 118 ff. ––Sittenwidrigkeit 4 123 f. ––Zulagen 4 114 ff. ––Zuschläge 4 114 ff. Mindestlohngesetz 3 122 ff. Mitbestimmung ––Abrufarbeit 3 114 ––Anstellungsvertrag 11 23 ––Arbeitszeitkonten 3 138 ––Fortbildungsklauseln 7 11 ––Kurzarbeit 3 73 ––Vergütung 4 7 ––Versetzungsklauseln 3 22 Mitteilungspflichten bei Arbeitsverhinderung 5 44 modifizierte Referenzperiode 5 70
Stichwortverzeichnis
Muster ––Abdingbarkeit der sachgrundlosen Befristung 6 58 ––Abfindungsvereinbarung 11 229 ––Abrufarbeit 3 114 ––Abwesenheitsassistenten EDV 5 178 ––AG-Vorstand 11 284 ––Altersgrenze 6 122 ––Altersrente 11 235 ––Anstellungsvertrag, befristeter 11 223 ––Anstellungsvertrag, unbefristeter 11 222 ––Antidiskriminierung 5 103 ––Arbeitsverhinderung 5 45 ––Arbeitsvertragsrichtlinien 10 168, 10 189 ––Arbeitszeit des GF 11 159 ––Arbeitszeitkonten 3 138 ––Aufgaben/Pflichten des GF 11 99 ff. ––Auskunftspflicht des GF 11 253 ––Ausschlussfristen 4 34 f. ––Befristung 6 103 ––Befristung auf Wunsch des Arbeitnehmers 6 36 ––betriebsfremde Daten 5 179 ––Betriebsgeheimnisse 5 140 ––Bezüge des AG-Vorstand 11 309 ––Bezüge des GF 11 147 ––Bezugnahme auf Arbeitsordnungen 10 147 ––Bezugnahme auf Betriebsvereinbarungen 10 144 ––Bezugnahme auf Tarifvertrag 10 50 ff. ––Datengeheimnis 5 109 ––Datenschutzerklärung 5 112 ––Dienstwagen 4 55 ––Dienstwagen des GF 11 147 ––Differenzierungsklauseln 10 107 ––Entgeltumwandlung 10 158 ––Erwerbsminderung 6 128 ––feste Bonusklauseln 4 74 ff. ––Fortbildungsklauseln 7 5, 7 14 ––Freistellung des GF 11 185 ––Freistellungsrecht bei gekündigten Arbeitsverhältnis 6 202 ––Freistellungsrecht bei ungekündigten Arbeitsverhältnis 6 196 ––genehmigungsbedürftige Geschäfte 11 114 ff. ––Gerichtsstandsklauseln 9 87 f. ––Geschenke 5 100 ––Gleichstellungsabrede 6 179 ––Gleichstellungsabreden 10 83
553
––GmbH-Geschäftsführer und Vertretung 11 109 ff. ––große dynamische Tarifwechselklausel 10 89 ––Herausgabe 8 9 ––Herausgabe durch GF 11 254 ––Jeweiligkeitsklausel 10 157 ––Karenzentschädigung 8 65 ––Kommunikationseinrichtungen 5 180 ––konzernbezogene Wettbewerbsverbote 8 48 ––Koppelungsklausel 11 241 ––Kündigung AG-Vorstand 11 359 ––Kündigung bei Aushilfen 6 168 ––Kündigung in der Probezeit 6 182 ––Kündigung nach Beschäftigungszeiten 6 174 ––Kündigung vor Dienstantritt 6 186 ––Kündigungsausschluss, beidseitiger 6 160 ––Kündigungsausschluss, einseitiger 6 162 ––Kündigungsfrist vor Dienstantritt 6 190 ––Kündigungsfristen, verlängerte 6 173 ––Kündigungsgründe 6 146 f. ––Kündigungsgründe des GF 11 206 ––Kündigungsschutzerhöhung 6 163 ––Kurzarbeit 3 83 ––Mandantenschutzklauseln 8 73 ––Mehrurlaub 5 56 ––nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht 8 21 ––nachvertragliche Wettbewerbsverbote 8 40, 8 96 ––nachvertragliches Wettbewerbsverbot des GF 11 251 ––Nebentätigkeiten 5 15 f. ––Nebentätigkeitsverbot des GF 11 176 ––Nutzungsausschluss private Kommunikation 5 147 ––Nutzungserlaubnis private Kommunikation 5 147 ––Rechtswahlklausel 9 76 ––Rückzahlungsklauseln 7 42 f. ––salvatorische Klausel 9 44 f. ––Schlussbestimmungen 11 255 ––Schriftformklauseln 9 29 f. ––Tarifverträge 10 50 ff. ––Tod des GF 11 220 ––Überstunden 3 68 ––Urlaubsgeld 5 89 ––Urlaubsquotelung 5 62 ––Verschwiegenheitspflicht des GF 11 253 ––Versetzungsklauseln 3 22
554
Stichwortverzeichnis
––vertragliche Umdeutungsklauseln 6 138 ––Vertragsdauer AG-Vorstand 11 359 ––Vertragsstrafe 3 48 ––Verzicht auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote 8 68 ––Wettbewerbsverbot 5 33 ––Wettbewerbsverbot AG-Vorstand 11 317 ––Wettbewerbsverbot GF 11 174 ––Zurückbehaltungsrecht 3 88 ––Zweckbefristung 6 83 Mutterschutz 11 194 N nachvertragliche Pflichten 8 1 ff. ––Firmeneigentum 8 1 ff. ––Herausgabe 8 1 ff. nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht 8 10 ff. ––Abwägung 8 12, 8 14 ––Abwägungskriterien 8 18 ff. ––All-Klauseln 8 19 ––BAG 8 13 ff. ––Betriebsgeheimnisse 8 17 ––eigene Berufsausübung 8 15 ––Erfahrungswissen 8 16 ––Geschäftsvorgänge 8 17 ––Kantenbänder-Fall 8 17 ––Kundennamen 8 15 ––Kundenschutz-Fall 8 15 ––Muster 8 21 ––rechtliche Ausgangslage 8 11 ––Rechtsprechung des BAG 8 13 ff. ––Rezeptur 8 14 ––Thrombosol-Fall 8 14 ––Titandioxid-Fall 8 16 ––Vertragsstrafe 8 22 nachvertragliche Wettbewerbsverbote 8 23 ff. ––AG-Vorstand 11 360 ––Arten 8 36 ff. ––Aushändigung 8 30 ––Auszubildende 8 26 ––bedingte 8 49 ff. ––berechtigtes geschäftliches Interesse des AG 8 41 ff. ––Form 8 27 ff. ––gesetzliche Beschränkungen 8 24 f. ––GmbH-Geschäftsführer 11 246 ––im Arbeitsvertrag 8 28 ––Karenzentschädigung 8 53 ff., s. a. dort
––konzernbezogene 8 45 ff. ––Mandantenschutzklauseln 8 71 ff., s. a. dort ––Mandantenübernahmeklauseln 8 78 ff. ––Muster 8 40 ––Muster (vollständig) 8 96 ––nachträgliche 8 25 ––Nichtigkeit 8 33 ––Schadensersatz 8 82 ––Schriftform 8 29 ––tätigkeitsbezogene 8 36 ––überraschende Klauseln 8 28 ––unternehmensbezogene 8 37 ––Unverbindlichkeit 8 34, 8 60 ––Vertragsstrafe 8 82 ff. ––Höhe 8 87 ff. ––Mehrfach-/Dauerverstöße 8 91 ff. ––Zulässigkeit 8 84 ff. ––Verzicht des AG 8 67 ff. ––Wettbewerbsfreiheit 8 23 Nachweisgesetz 10 45 ––AGB 2 35 Nachweispflicht bei Abrufarbeit 3 98 Nebenabreden ––Schriftformklauseln 9 20 ––Vollständigkeitsklauseln 9 27 Nebenpflichten 5 1 ff. ––AG-Vorstand 11 310 ff. ––Antidiskriminierung 5 101 ff. ––Arbeitsverhinderung 5 34 ff., s. a. dort ––Begünstigungen s. Geschenke ––Betriebsgeheimnisse 5 113 ff., s. a. dort ––Datengeheimnis 5 104 ff., s. a. dort ––Datenschutzerklärung 5 110 ff. ––Geschenke 5 94 ff., s. a. dort ––GmbH-Geschäftsführer 11 165 ff. ––Kommunikationseinrichtungen 5 141 ff., s. a. dort ––nachvertragliche Pflichten 8 1 ff., s. a. dort ––nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht 8 10 ff., s. a. dort ––nachvertragliche Wettbewerbsverbote 8 23 ff., s. a. dort ––Nebentätigkeiten 5 1 ff., s. a. dort ––Urlaub 5 46 ff., s. a. dort ––Wettbewerbsverbot 5 18 ff., s. a. dort Nebentätigkeiten 5 1 ff. ––AG-Vorstand 11 321 ––Begriff 5 2 ––Berufsfreiheit 5 3
Stichwortverzeichnis
––Einwilligung 5 15 ––Höchstarbeitszeiten 5 9 ––Konkurrenz 5 5 ––Muster 5 15 f. ––Rechtsfolgen eines Verstoßes 5 14 ––Überwachungspflichten des AG 5 9 ––Verbot mit Erlaubnisvorbehalt 5 4, 5 15 ––Vertragsgestaltung 5 10 ––Vertragsstrafe 5 8 ––Wettbewerbsverbot 5 6 ––Widerrufsvorbehalt 5 16 Nettolohnabrede 4 10 ff. Neugründung und Befristung 6 65 Nichtbestellung GF 11 30 ff. Nichtigkeit ––nachvertragliche Wettbewerbsverbote 8 33 ––salvatorische Klausel 9 31 normausfüllende Klauseln 2 94 O Öffnungsklauseln 10 138 ff. ordre public 9 74 P Parlamentsfraktion 6 28 Personalausschuss 11 261 Pfändung der Vergütung 4 19 ff. Prämie 11 136 Preisabreden 2 95 Probearbeitsverhältnis ––Befristung 6 31 ––Vertrauensschutz 6 34 ––Zeitraum 6 33 Probezeit ––Kündigung 6 180 ff. ––Kündigungsfristen 6 181 Projektbefristung 6 10 Prorogation 9 77 ff. Provision ––GmbH-Geschäftsführer 11 137 ––Vergütung 4 56 ff. Prozessvergleich über Befristung 6 46 Prüfungsmaßstab für überraschende Klauseln 2 48 R Rechtsfolgen ––AGB-widrige Klauseln 2 107 ff. ––Kurzarbeit 3 82 f.
555
––überraschende Klauseln 2 58 Rechtsgrundsätze der Inhaltskontrolle 2 92 Rechtswahlklausel 9 46 ff. ––AGB 9 60 ––ausdrückliche Regelung 9 56 ––Bedeutung der Rechtswahl 9 46 ––Entsendungen 9 51 ––Form 9 57 ––Grenzen der Rechtswahl 9 61 ff. ––Individualarbeitsverträge 9 53 ––Inlandsfall 9 55 ––internationales Privatrecht 9 49 ––Kollisionsfall 9 49 ––Kollisionsrecht 9 49 ff. ––konkludente Regelung 9 56 ––Muster 9 76 ––Rom I-VO 9 49, 9 61 ff., s. a. dort ––Teilrechtswahlklausel 9 58 ––Tragweite des Arbeitsvertragsstatuts 9 52 ––Vertragsstatut 9 54 Rechtsweg für Anstellungsvertrag 11 265 Rechtswegzuständigkeit 9 84 Reduktionsklausel 9 32 ––Formulararbeitsverträge 9 39 regulierte Vergütung 4 109 ff. ––Deutscher Corporate Governance Kodex 4 136 ff. ––Finanz-/Versicherungsbranche 4 140 ff., s. a. InstV ––InstV 4 141 ff., s. a. dort ––Mindestlohn 4 110 ff., s. a. dort ––VorstAG 4 128 ff. ––Vorstände einer AG 4 128 ff. Rentenversicherung 6 107 Ressortverteilung in GmbH 11 81 Risk Taker 4 160 RL 2000/78/EG 6 112 Rohgewinn-Tantieme 11 142 Rom I-VO ––Ausweichstatut 9 64 ––Binnenmarktsachverhalte 9 70 ––Einbettungsstatut 9 69 ––Eingriffsnormen 9 71 ff. ––Günstigkeitsvergleich 9 66 ff. ––Inlandsfall 9 69 ––objektives Vertragsstatut 9 63 ––ordre public 9 74 ––Rechtswahlklausel 9 49, 9 61 ff. ––Sachgruppenvergleich 9 67
556
Stichwortverzeichnis
Rückzahlungsklauseln 7 15 ff. ––Auslöser der Rückzahlungspflichtt 7 31 ff. ––Beweislast 7 40 ––Bezifferung des Rückzahlungsbetrages 7 37 f. ––Bindungsdauer 7 23 ff., s. a. dort ––Checkliste 7 41 ––Darlegungslast 7 40 ––Form 7 20 ––Fortbildungskosten 7 15 ff. ––geldwerter Vorteil 7 21 ––gesetzliche Verbote 7 17 ––Klauselgestaltung 7 16 ff. ––Muster 7 42 f. ––Reduzierung des Rückzahlungsbetrages 7 39 ––Urlaubsgeld 5 93 ––Zeitpunkt 7 19 ruhendes Arbeitsverhältnis ––Mehrurlaub 5 66 ––Urlaub 5 63 ff. ––variable Vergütung 4 105 Rundfunkfreiheit 6 26 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz 6 114 S Sachgruppenvergleich 10 115 Sachleistungen 4 118 ff. salvatorische Klausel 9 31 ff. ––Arten 9 32 ––Beweislast 9 42 ––Ersetzungsklausel 9 32 ––Formulararbeitsverträge 9 34 ff. ––gesetzesverweisende Klausel 9 32 ––Individualarbeitsverträge 9 41 ––Muster 9 44 f. ––Nichtigkeit 9 31 ––Reduktionsklausel 9 32 ––Teilnichtigkeits-/Erhaltungsklausel 9 32 Schadensersatz ––GmbH-Geschäftsführer 11 30 ff. ––Kommunikationseinrichtungen 5 175 ––nachvertragliche Wettbewerbsverbote 8 82 Schlussbestimmungen 9 1 ff. ––Anstellungsvertrag 11 255, 11 362 ff. ––Gerichtsstandsklauseln s. dort ––Muster 11 255 ––Rechtswahlklausel s. dort ––salvatorische Klausel s. dort ––Schriftformklauseln s. dort ––Vollständigkeitsklauseln 9 27
––Zugangsfiktion s. dort Schriftformklauseln 9 18 ff. ––AGB 9 23 ff. ––Aufhebung in Formulararbeitsverträgen 9 23 ––Aufhebung in Individualverträgen 9 22 ––betriebliche Übung 9 22 ––deklaratorische 9 21 ––doppelte 9 19 ––einfache 9 19 ––geltungserhaltende Reduktion 9 24 ––konstitutive 9 21 ––Muster 9 29 f. ––Nebenabreden 9 20 ––Tarifverträge 9 28 ––Transparenzgebot 9 25 Schuldrechtsmodernisierungsgesetz 2 1 Schuldrechtsreform 2 2 Schultz-Hoff-Entscheidung 5 72 Schutzniveau 2 2 Selbstkontrahieren 11 55 selbstständige Strafversprechen 3 26 Sittenwidrigkeit 4 123 f. Sozialrecht 7 12 Sozialversicherung 11 12 Sozialversicherungsabgaben 4 15 Sperrminorität 11 13 Spezialitätsprinzip 10 98 Sport 6 29 Steuerrecht ––Anstellungsvertrag 11 24 ––Fortbildungsklauseln 7 13 Stichtagsklauseln 4 65 ff. Stichtagsregelung 4 97 ff. Strafrecht 11 57 Streikrecht ––Arbeitsvertragsrichtlinien 10 184 ––Kirchenrecht 10 164 T Tantieme 4 74 ––Angemessenheitsgrenze 11 145 ––Anstellungsvertrag 11 139 ff. ––Gewinntantieme 11 140 ––Halbteilungsgrundsatz 11 143 ––Nur-Tantieme 11 142 ––Rohgewinn-Tantieme 11 142 ––Umsatztantieme 11 141 ––verdeckte Gewinnausschüttung 11 143 ––vorzeitige Beendigung 11 146
Stichwortverzeichnis
Tarifeinheitsgesetz ––Bezugnahme auf Tarifvertrag 10 121 ff. ––Günstigkeitsprinzip 10 126 ––Mehrheit der Arbeitnehmer 10 121 ––Minderheitentarifvertrag 10 127 Tarifkonkurrenz 10 98 Tarifpluralität 10 98 ff. Tarifsukzession 10 92 f. Tarifverträge ––Abrufarbeit 3 113 ––Altersgrenze 6 107 ––Befristung, sachgrundlose 6 60 ff. ––Begriff 10 3 ––Bezugnahme auf Tarifvertrag s. dort ––Bezugnahmeklauseln 10 2 ff. ––Gerichtsstandsklauseln 9 83 ––Organisationsgrad 10 4 ––Schriftformklauseln 9 28 ––Tarifpluralität 10 98 ff. Tatsachenfiktion 9 9 ff. Täuschungsverbot 2 87 Teilnichtigkeits-/Erhaltungsklausel 9 32 ––Formulararbeitsverträge 9 36 Teilrechtswahlklausel 9 58 Teilunwirksamkeit von AGB 2 112 Teilverweisung 10 57 Telefon s. Kommunikationseinrichtungen Thrombosol-Fall 8 14 Titandioxid-Fall 8 16 Transfergesellschaft 4 5 Transparenzgebot ––Abrufarbeit 3 96 ––Auslegung 2 18 ––Besonderheiten im Arbeitsrecht 2 89 ––Bestimmtheitsgebot 2 86 ––Beurteilungsmaßstab 2 82 ––Bezugnahmeklauseln 10 142 ––Bindungsdauer 7 30 ––Durchsetzung bestehender Rechte 2 81 ––Einzelausprägungen 2 83 ff. ––Inhaltskontrolle 2 60 ––irreführende Klauseln 2 87 ––Karenzentschädigung 8 55 ––Konzernversetzungsklausel 3 20 ––Schriftformklauseln 9 25 ––Täuschungsverbot 2 87 ––Treu und Glauben 2 80 ––unangemessene Benachteiligung 2 79 ––variable Vergütung 4 61 ff.
557
––Versetzungsklauseln 3 11 ––Verständlichkeitsgebot 2 84 f. ––Vertragsstrafe 3 45 Transparenzkontrolle ––Konzernversetzungsklausel 3 18 ––Umstandskontrolle 2 34 ––unangemessene Benachteiligung 2 78 ff. Treu und Glauben 2 80 Treuepflicht ––AG-Vorstand 11 269, 11 318 ––GmbH-Geschäftsführer 11 165 ff. TzBfG 6 3, s. a. Befristung ––Abrufarbeit 3 92 ff. U überraschende Klauseln 2 42 ff. ––Abweichung von Vertragserwartungen 2 45 ff. ––berechtigte Vertragserwartungen 2 49 ––Beweislast 2 55 ff. ––Bezugnahmeklauseln 10 28 ff. ––Darlegungslast 2 55 ff. ––eindeutiger Hinweis 2 54 ––entschiedene Anwendungsfälle 2 52 ––Form 2 52 ––generelle Umstände 2 50 ff. ––individuelle Umstände 2 53 ––Inhalt 2 51 ––nachvertragliche Wettbewerbsverbote 8 28 ––negative Einbeziehungsvoraussetzung 2 42 ––Prüfungsmaßstab 2 48 ––Rechtsfolgen 2 58 ––Übertölpelungseffekt 2 47 ––unerwartete Stelle 2 52 ––Vertragsstrafe 3 34 ff. ––Vertrauensschutz 2 43 Überstunden 3 49 ff. ––Abrufarbeit 3 106 ––Anordnung 3 51 ff. ––Ausgleich von 3 59 ff. ––Ausgleichsanspruch 3 67 ––Begriff 3 49 ––betriebliche Erfordernisse 3 57 ––Direktionsrecht 3 51 ––Gleichbehandlungsgrundsatz 3 52 ––GmbH-Geschäftsführer 11 157 ––Grenze 3 58 ––Muster 3 68 ––Notfälle 3 51 ––objektive Vergütungserwartung 3 61
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Stichwortverzeichnis
––pauschale Vergütung 3 64 ff. ––pauschale Vergütung, Höchstgrenzen 3 66 ––Vergütung 3 60 ff. ––Wirksamkeitsanforderungen der Anordnung 3 54 ff. Übertölpelungseffekt 2 47 Umsatztantieme 11 141 Umstandskontrolle ––AGB 2 34 ––Transparenzkontrolle 2 34 Umwandlung 6 66 unangemessene Benachteiligung ––BAG 2 77 ––Beispiele 2 77 ––BGH 2 76 ––Gesamtabwägung 2 75 ––Höhe der Vertragsstrafe 3 40 ff. ––Inhaltskontrolle 2 74 ff. ––Transparenzgebot 2 79 ––Transparenzkontrolle 2 78 ff. ––Versetzungsklauseln 3 14 ––Vertragsstrafe 3 37 ff. Unklarheitenregelung ––Auslegung 2 16 ––Bezugnahmeklauseln 10 31 ff., 10 142 Unterlassung 2 23 Unternehmer ––private Zwecke 2 28 ––Verbraucherverträge 2 28 unzumutbare Härte 2 108 Urlaub 5 46 ff. ––anderweitige Erwerbstätigkeit 5 68 ––Ausgleichstätigkeiten 5 68 ––Ausschlussfristen 5 81 ––Einzelvergleich 5 46 ––Fehlzeiten 5 63 ff. ––Freistellungsabrede 5 83 ff. ––KHS-Schulte-Entscheidung 5 72 ––Mehrurlaub 5 56 ––modifizierte Referenzperiode 5 70 ––Quotelung 5 60 ff. ––Quotelung (Muster) 5 62 ––ruhendes Arbeitsverhältnis 5 63 ff. ––Schultz-Hoff-Entscheidung 5 72 ––Staffelung 5 50 ff. ––Übertragung des Urlaubs 5 54 ––überzahltes Urlaubsentgelt 5 86 ff. ––Urlaubsentgelt 5 70 ––Urlaubsgeld 5 89 ff., s. a. dort
Urlaubsgeld 5 89 ff. ––Muster 5 89 ––Rückzahlungsklausel 5 93 ––Stichtagsregelungen 5 90 ––Verfallsklausel 5 92 ––Widerrufsvorbehalt 5 91 V variable Vergütung 4 60 ff. ––Bindungsklausel 4 95 f. ––Entziehung erdienten Lohns 4 65 ff. ––Ermessensregelung 4 100 ff. ––feste Bonusklauseln 4 74 ff. ––feste Bonusklauseln (Muster) 4 74 ff. ––Freiwilligkeitsvorbehalte 4 65 ff., 4 85 ff. ––Krankheit 4 106 ff. ––ruhendes Arbeitsverhältnis 4 105 ––Stichtagsklauseln 4 65 ff. ––Stichtagsregelung 4 97 ff. ––Tantieme 4 74 ––Transparenzgebot 4 61 ff. ––Widerrufsvorbehalt 4 90 ff. ––Zielvereinbarungen 4 80 ff. Verbandsklageverfahren ––AGB 2 23 ––Arbeitsrecht 2 24 ––Unterlassung 2 23 ––Verbraucherverbände 2 23 ––Widerruf 2 23 Verbandstarifvertrag 10 98 Verbot mit Erlaubnisvorbehalt 5 4, 5 15 Verbraucher ––GmbH-Geschäftsführer 11 15 ––Verbraucherverträge 2 27 Verbraucherverbände 2 23 Verbraucherverträge ––Arbeitsverträge als 2 27 ––B2C-Vertrag 2 27 ––Unternehmer 2 28 ––Verbraucherbegriff 2 27 ––Vertragsbedingungen 2 10 verdeckte Gewinnausschüttung 11 143 Verfallsklausel 5 92 Vergleichsrecht 2 64 ff. Vergütung 4 1 ff. ––AG als Schuldner 4 3 ––AG-Vorstand 11 297 ff. ––Aktienoptionen 4 3 ––Anstellungsvertrag 11 119
Stichwortverzeichnis
––Arbeitszeitkonten 3 137 ––Arten 4 42 ff. ––Aufrechnung 4 25 ff. ––Aus-/Fortbildungskosten 4 59 ––Ausschlussfristen 4 28 ff., s. a. dort ––Ausschlussklauseln 4 38 ––Begriff 4 1 ––Betriebsrat 4 7 ––Car Allowance 4 55 ––Dienstwagen 4 42 ff., s. a. dort ––gerichtliche Durchsetzung 4 40 ––InstV 4 152 ff. ––Karenzentschädigung 8 57 ––Kollision von Regelungen 4 8 f. ––Leistungen Dritter 4 3 ––Lohnsteuer 4 14 ––Mitbestimmung 4 7 ––Nettolohnabrede 4 10 ff. ––ohne Arbeitsleistung 4 6 ––Pfändung 4 19 ff. ––Provision 4 56 ff. ––Rechtsquellen 4 1 ––regulierte s. regulierte Vergütung ––Sozialversicherungsabgaben 4 15 ––steuer-/abgabenfreie Lohnbestandteile 4 17 ––Transfergesellschaft 4 5 ––Überstunden 3 60 ff. ––variable s. variable Vergütung ––Verjährung 4 39 Verjährung der Vergütung 4 39 Verschwiegenheitspflicht ––AG-Vorstand 11 310 ff., 11 361 ––GmbH-Geschäftsführer 11 92, 11 168 ff., 11 252 Versetzungsklauseln 3 5 ff. ––AGB 3 6 ––AGB-rechtlicher Prüfungsumfang 3 8 ff. ––Ausübungskontrolle 3 21 ––Betriebsrat 3 22 ––echte Direktionsrechtserweiterung 3 10, 3 14 ––geringwertige Tätigkeiten 3 14 ––Gleichwertigkeitsgarantie 3 15 ––höherwertige Tätigkeiten 3 17 ––Konzernversetzungsklausel 3 18 ff., s. a. dort ––Mitbestimmung 3 22 ––Muster 3 22 ––örtliche Beschränkung 3 16 ––Transparenzgebot 3 11 ––unangemessene Benachteiligung 3 14 ––unechte Direktionsrechtserweiterung 3 9
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––Wirksamkeitsanforderungen 3 6 ff. ––Zulässigkeit 3 7 Verständlichkeitsgebot ––Beispiele 2 85 ––Transparenzgebot 2 84 f. vertragliche Umdeutungsklauseln 6 133 ff. ––Antrag 6 136 ––Ausschluss 6 137 ––Muster 6 138 ––Sonderkündigungsschutzrechte 6 135 ––Umdeutung von Amts wegen 6 136 ––Wille des Kündigenden 6 134 Vertragsänderung 11 263 Vertragsänderungsangebot 2 111 Vertragsarbeitgeber 6 54 Vertragsaufhebung 11 263 Vertragsbedingungen ––Aushandeln 2 8 ––Beweislast 2 31 ––Darlegungslast 2 31 ––Drittbedingungen 2 30 ––Einflussnehmen 2 33 ––Einmalbedingungen 2 22, 2 32 ––einzelne Klauseln 2 9 ––fingiertes Stellen 2 30 ––gründliche Erörterung 2 8 ––Individualabrede 2 7 ––Lückentext 2 8 ––Nachweisgesetz 2 35 ––Stellen der 2 7 f., 2 30 ––unterschiedliche Angebotsalternativen 2 8 ––Verbraucherverträge 2 10 ––vorformulierte 2 5 Vertragsstatut 9 54 Vertragsstrafe ––Arbeitsleistung 3 23 ff. ––Begriff 3 25 ––Besonderheiten des Arbeitsrechts 3 33 ––Betriebsgeheimnisse 5 140 ––Form 3 31 ––Formulararbeitsverträge 3 32 ff. ––geltungserhaltende Reduktion 3 48 ––gesetzliche Verbote 3 28 ff. ––Höhe der 3 40 ff. ––Muster 3 48 ––nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht 8 22 ––nachvertragliches Wettbewerbsverbot 3 31, 8 82 ff.
560
Stichwortverzeichnis
––Nebentätigkeiten 5 8 ––selbstständige Strafversprechen 3 26 ––Sicherungsfunktion 3 24 ––Transparenzgebot 3 45 ––überraschende Klausel 3 34 ff. ––unangemessene Benachteiligung 3 37 ff. ––Verschuldenserfordernis 3 47 ––verschuldensunabhängige 3 43 ––Wirksamkeitsanforderungen 3 27 ff. ––Zulässigkeit 3 33 Vertragszweckgefährdung ––Inhaltskontrolle 2 72 Vertrauensschutz ––überraschende Klauseln 2 43 Vertretung ––AG-Vorstand 11 277 ––GmbH-Geschäftsführer 11 105 ff. Vertretungsbedarf ––Befristungsketten 6 24 ––kausaler Zusammenhang 6 25 ––Prognose 6 22 ––Stammkraft 6 23 ––vorübergehender 6 20 Verwendungsabsicht 2 6 Vielzahl von Verträgen 2 6 Vollständigkeitsklauseln 9 27 Vollzeitkräfte 3 92 Vorbeschäftigungsverbot 6 52 vorformulierte Vertragsbedingungen 2 5 Vorratsvereinbarungen 3 70 VorstAG 4 128 ff. ––AG-Vorstand 11 299 W Werbungskosten 7 13 Wettbewerbsfreiheit 8 23 Wettbewerbsrecht ––Betriebsgeheimnisse 5 117 f. ––GmbH-Geschäftsführer 11 58 Wettbewerbsverbot 5 18 ff. ––AG-Vorstand 11 314 ––GmbH-Geschäftsführer 11 85 ff., 11 171 ff. ––Kündigung 5 32 ––Muster 5 33, 11 174 ––nachvertragliches 5 21, 8 23 ff. ––Nebentätigkeiten 5 6 ––Rechtsfolgen eines Verstoßes 5 31 ––vertragliches 5 19 ff. ––Vertragsstrafe 3 31
––Vorbereitungsmaßnahmen 5 24 ––Widerrufsvorbehalt 5 30 Whistleblowing 5 128 ff. Widerruf 2 23 Widerrufsvorbehalt ––Nebentätigkeiten 5 16 ––Urlaubsgeld 5 91 ––variable Vergütung 4 90 ff. ––Wettbewerbsverbot 5 30 Willenserklärungen 9 1 ff. Z Zeitarbeitnehmer ––Abrufarbeit 3 94 ––Arbeitszeitkonten 3 119 ff. Zielvereinbarung ––Anknüpfungspunkte 11 127 ––Anstellungsvertrag 11 125 ff. ––Checkliste 11 129 ––Rechtsgrundlage 11 128 ––variable Vergütung 4 80 ff. Zugang 9 2 Zugangsfiktion 9 1 ff. ––AGB 9 14 ––deklaratorische 9 7 ––konstitutive 9 5 ––Tatsachenfiktion 9 9 ff. ––Willenserklärungen 9 1 ff. ––Wirksamkeit 9 4 ff. ––Zugang 9 2 ––Zugangsvereitelung 9 2 ––Zugangsvermutung 9 12 Zulagen ––InstV 4 158 ––Mindestlohn 4 114 ff. Zulässigkeit ––Arbeitszeitkonten 3 118 ––Versetzungsklauseln 3 7 ––Vertragsstrafe 3 33 Zurückbehaltungsrecht 3 84 ff. ––Arbeitsmittel 3 86 ––Arbeitspapiere 3 86 ––Beendigung des Arbeitsverhältnisses 3 85 ––Herausgabe 8 7 f. ––Individualabrede 3 88 ––Klauselverbot 3 87 ––Muster 3 88 ––Vertragsgestaltung 3 87 Zuschläge 4 114 ff.
Stichwortverzeichnis
Zweck 6 82 Zweckbefristung 6 7 ––Muster 6 83
561
Zweckerreichung 6 80, 6 83 Zweckmäßigkeitserwägungen 2 67