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German Pages 332 [334] Year 1955
P L U T A R C H GEGEN K O L O T E S SEINE SCHRIFT » A D V E R S U S CO LO TE M » ALS PHILO SOPH IEG ESCHICHTLICH E QUELLE
VON
ROLF WESTMAN
W ird m it Genehmigung der Historisch-Philologischen Sektion der Philosophischen Fakultät der Universität Helsingfors am 2. April
/555 im Auditorium X U um 12 Uhr
zur öffentlichen Verteidigung vorgelegt
H E L S I N G F O R S 1 9 55
ACTA P H I L O S O P H I C A F E N N I C A F A S C . V I I . 1 955
P L U T A R C H G E GE N K O L O T E S SEINE SCHRIFT »ADVERSUS COLOTEM» ALS PHILOSOPHIEGESCHICHTLICHE QUELLE
VON
ROLF WESTMAN
H E L S I N G F O R S 1955
Helsingfors 1955 Druckerei-Α.α. der Finnischen Literaturgesellschaft
CONIUGI CARISSIMAE
VORWORT Die erste Anregung zu der vorliegenden Untersuchung ver danke ich Herrn Professor E ino K aila, der mich im Jahre 1948 auf die philosophiegeschichtliche Bedeutung von Plutarchs »Adversus Colotem» aufmerksam machte. Sodann schrieb ich 1948—49 unter der Leitung meines verehrten Lehrers Professor H enrik Z ili.iacus eine Examensarbeit über Plutarchs Streit
schriften gegen die Epikureer, und 1950 wählte ich zum Thema meiner Dissertation eine Untersuchung über Adversus Colotem, ' die ich hier vorlege. Dem ganzen Gang meiner Arbeit ist Herr Professor Zilliacus mit nie versagendem Interesse und freundlichem Ratschlag gefolgt, wofür ich ihm herzlichst danke. Im Jahre 1951 durfte ich während eines halbjährigen Studien aufenthaltes in Göttingen Anlage und Methode meiner Unter suchung mit Herrn Professor Max P ohlenz eingehend be sprechen. Für sein liebenswürdiges Entgegenkommen und seine Ratschläge spreche ich ihm meinen warmen Dank aus. Professor Georg H enrik von W right, Helsingfors, hat das Manuskript gelesen und meine Ausdrucksweise in philosophi schen Fragen verbessert. Dadurch hat er mich zu lebhaftem Dank verpflichtet. Professor K onrat Ziegler , Göttingen, hat mir wertvolles Material zur Verfügung gestellt. Professor Gudmund B jörck, Uppsala, hat mich in seinem Seminar einige Textstellen in Adv. Col. besprechen lassen, wofür ich ihm sehr verbunden bin. Für Anregungen in verschiedenen Fragen danke ich ferner Herrn Professor I ngemar H edenius , Uppsala, Herrn Dozenten A lbrecht D ihle , Göttingen, Herrn Lektor R agnar H öistad ,
Örebro, sowie meinen Freunden, Herrn Pastor und Magister
H eikki K oskexniemi, Abo, und Herrn Magister J aakko S uo larti , brand ,
Helsingfors. Herr Lektor Carl-A ugust
von
W ille
Helsingfors, hat sich durch sprachliche Durchsicht
meiner Abhandlung mir verbunden gemacht. Den Beamten der Universitätsbibliotheken zu Uppsala, Gottin gen und Helsingfors spreche ich für ihre Hilfsbereitschaft den herzlichsten Dank aus. Während der Arbeit an meiner Dissertation habe ich von mehreren Seiten ökonomische Unterstützung erhalten, ohne die es mir nicht möglich gewesen wäre, mich wissenschaftlicher Arbeit zu widmen, und für die ich hier meinen ergebenen Dank ausspreche. Für das Jahr 1951 erhielt ich durch die Universität Helsingfors ein Staatsstipendium. Der schwedische Staat hat mir ein Stipendium für einen achtmonatigen Studienaufenthalt in Uppsala gewährt. Ausserdem bin ich von folgenden Insti tutionen und Stiftungen unterstützt worden: Svenska Klubben i Helsingfors, Svenska vetenskapliga centralrädet i Finland, Leo och Regina Wainsteins fond, Waldemar von Frenckells Stiftelse und Oskar Öflunds Stiftelse. Schliesslich ist es mir ein Bedürfnis, dem Philosophischen Verein in Helsingfors für die grossartige Unterstützung zu danken, die er mir durch die Aufnahme meiner Arbeit in seine Schriftenreihe Acta Philosophica Fennica gewährt hat. *
Die vorliegende Abhandlung stellt sich die Aufgabe, zu unter suchen, was für Fragmente von Philosophen und Angaben über griechische Philosophie aus »Adversus Colotem» zu gewinnen sind.1 Sie beschränkt sich auf das, was schon für Plutarch1*6 1 Über meine Anführungsweise ist den Untersuchungen ein Wort vorauszuschicken. Plutarchs Schriften werden sonst in der üblichen Weise zitiert, aber beim Zitieren aus Adv. Col. füge ich zur Kapitel nummer eine Paragraphennummer hinzu. Die Einteilung der Kapitel in Paragraphen stimmt mit der Einteilung bei Du e b n e r (in seiner Aus gabe der Moralia Plutarchs, Paris, Didot, 1841) überein. Da eine solche
6
Plutarch gegen Kolotes
Philosophiegeschichte war. »Adversus Colotem» wird also nicht als Quelle für P l u t a r c h s
philosophische Anschauungen
verwertet. Ursprünglich hatte ich vor, auch den Quellen nach zugehen, die Plutarch bei der Abfassung von »Adversus Colo tem» benutzt hat; ich musste jedoch aus Raumgründen auf die Quellenuntersuchung verzichten. So habe ich hier »Adversus Colotem» als ein gegebenes Ganzes angesehen und habe unter sucht, ob und wie unser Wissen über die in Frage kommenden Philosophen durch die in dieser Schrift enthaltenen Fragmente und philosophiegeschichtlichen Angaben ergänzt wird. Beim Herausinterpretieren der Fragmente und Angaben spielt die genaue Untersuchung des jeweiligen Zusammenhangs beim Quellenschriftsteller, d. h. bei Plutarch, eine Hauptrolle. Helsingfors, im Herbst 1954. Rolf Westman
Zitierweise nur hinsichtlich des Adv. Col. vorkommt, so versteht sich, dass »17, 4 p. 1117 b» ohne weiteres auf Adv. Col. zu beziehen ist. Die Abkürzung *c.» bedeutet Kapitel in Ada. Col. Nach Hinweisen zu Seiten und Zeilen der beiden neuesten Ausgaben des Adv. Col. — von P oh l e n z (Plutarchi Moralia V I 2, Leipzig, Teubner, 1952) und von B e r n a r d a r is (Plutarchi Moralia VI, Leipzig, Teubner, 1895) — steht die Abkürzung »Po.» bzw. »Bern.».
7
INHALTSVERZEICHNIS Vorwort
...........................................................................
5
KAP. l .
Plutarchs § § § §
»Adversus
C ο 1o t e m»
1. Textgeschichte ........................................................... 2. Inhalt und Stellung in Plutarchs Schriftstellerei.......... 3. Chronologie ............................................................... 4. Überblick über die Komposition der Schrift..............
15 17 21 21
KAP. 2.
K o l o t e s und seine von P l u t a r c h bekämpfte Schrift § 1.
Kolotes’ Person und Schriften.................................... A. Lebenszeit und Charakter B. Literarische Tätigkeit
26
......................................
26
..............................................
31
I. Direkt überlieferte Fragmente .................... 31 II. Nachrichten bei anderen Autoren als Plutarch 34 III. Was wir aus Plutarch erfahren .................... 39 § 2. Kolotes’ Streitschrift gegen die anderen Philosophen. Rekonstruktion ihres hauptsächlichen Inhalts aus Plutarchs ’Adversus Colotem’ .................................. A.
Einzelbetrachtungen an Hand der Angaben bei Plutarch.................................................................. I. II. III.
Titel, Widmung, Abfassungszeit .................... Disposition ........................................................ Inhalt ................................................................ 1. Vorbemerkung zur Rekonstruktion .......... 2. Kolotes’ Angriffe auf die Philosophen---a. Demokrit .................................................. b. Parmenides ..............................................
9
40
40 40 42 45 45 45 45 52
B.
c. Empedokles .................................................. d. Sokrates ...................................................... e. Platon .......................................................... f. »Peripatetiker* .............................................. g. Stilpon .......................................................... li. Kyrenaiker .................................................. i. Arkesilaos...................................................... k. Angebliche andere Gegner .......................... 3. Der Schlussteil von Kolotes’ Buch ................
55 60 67 69 73 74 76 80 84
Allgemeine Charakteristik der Schrift ....................
86
§ 3. Quellen von Kolotes’ Streitschrift......................................
93
I 4. Kolotes’ B edeutung..............................................................
101
KAP. 3. P Iu t a r c h s
K ritik der Schrift
k o 1o t i s c h e n
§ 1. Der Anfang von ’Adversus Colotem’ und das dialogische Vorspiel .............................................................................. 108 § 2. Beginn von Plutarchs Verteidigung ............................. 109 § 3. Disposition und hauptsächliche Methoden derplutarchischen Verteidigung ............................................................. 113 § 4 . Der Gang der Verteidigung der Philosophen ................. 116 § 5. Erwiderung auf den Schlussteil von Kolotes’ Schrift .. 128 KAP. 4. »Adversus
Vorbemerkung
Colotem» als Quellen werk den E p ik u r e ism u s .................................... εστιν ή ζη διανοη&ήναι "*? »Er kann sieh nicht vor stellen, dass er selber in Wahrheit existiert» ist die Konsequenz, die Kolotes aus dem demokritischen Satz zieht; das ή ζγ] schliesst sich gut an und führt den Gedanken zum Hauptthema der kolotischen Schrift zurück: »dass er selber in Wahrheit existiert, oder folglich dass er lebt». Plutarch findet es absurd, dass ein Epikureer, der selber in seinem System eine atomistische Physik hat, die unausweich liche Folge des Atomismus, als welche P. den νόμφ-Satz be trachtet, überhaupt angreifen kann. Natürlich sind auch für den Epikureismus die Atome und das Leere »wahrhaft existie rend», aber auch die sinnlichen Erscheinungen sind, wenn auch in anderer Weise, durchaus reell: die Wahrnehmungen sind ja Kriterien der Wahrheit (Diog. Laert. 10, 31). Dies ist ein prakti sches Postulat für das Leben: die uns umgebenden Dinge müssen wirklich sein, die Welt ist keine Scheinwelt. So ist es1 1 Für sie würde auch sprechen die Kritik des Aristokles gegen den Sensualismus der Kyrenaiker bei Eusebios Praep. Ev. 14, 19 p. 765 b οντοι γάρ ούδ' ei άνθρωποι ηεφύχασι, ούδ' εΐ ζώαιν, εχοιεν δι> ε'υιεϊν. αύκονν ούδ’ εΐ λέγουαί τι καί άποφαίνονται. 2 Die Anregung su dieser Ergänzung verdanke ich Herrn Prof. Björck, der im Seminar zu Uppsala im Frühjahr 1952 < r ij άληϋείρ> vor schlug. — κατ’ άλή&ειαν wird gestützt nicht nur durch die S. 49 an geführte Sextus-Stelle (7, 135) sondern auch durch Diog. Oenoand. fr. VI col. II 4 - 7 William. 50
Plutarch gegen Kolotes
verständlich, dass Kolotes als Epikureer Demokrits νόμφSatz tadeln kann und muss. Natürlich wendet er sich nur gegen den ersten Teil des Satzes, den er so interpretiert: De mokrit erklärt die Dinge der konkreten Erfahrung, alles was die Wahrnehmungen uns zeigen (τα φαινόμενα ταϊς αίσϋήσεσι) für nichtexistierend und gestattet uns nicht einmal, von uns selbst als von etwas Seiendem zu denken. Dass dies für einen epikureisch Denkenden das Leben unmöglich machen heisst, braucht nach dem oben gesagten nicht mehr erklärt zu werden (vgl. S. 87 und 88—89). Dass die Einwendung 'τ ί oiv; . . .’ am Ende des Demokrit abschnitts 9,1 p. l l l l d nicht von Kolotes stammt, wird S. 119 dargelegt. * Epikurs systematisches Verhältnis zu Demokrit ist viel unter sucht worden, und seine erhaltenen Werke und Fragmente bieten dafür reiches Material. Nicht häufig sind dagegen aus drückliche Äusserungen, aus (lenen man seine Einstellung zu Demokrit direkt ersehen kann (vgl. jedoch die Zeugnisse zweier Schüler, S. 220— 222 und 212—213). Ausser den Stellen in den Lehrbriefen, wo Epikur Lehren des Demokrit tadelt, ohne seinen Namen zu nennen, und dem allbekannten Schimpf namen Ληρόκριτος (s. für beides Epic. Index nominum s. v. Δημόκριτος), haben wir nur ein paar Bruchstücke von Epi kurs Schrift Π ρός Δημόκριτον (fr. 16— 17). Von diesen ist fr. 16 keine Anklage; in fr. 17 wirft Epikur dem Demokrit die Ansicht vor, der Körper hätte nach dem Tode Empfindung — also eine Anklage aus dem Bereich der Physik. Der Inhalt von Metrodors Π ρος Δημόκριτον (Diog. Laert. 10, 24) ist imbe kannt. Gegen Demokrits Lehre von den Göttern polemisierte der Epikureer Phaidros (Cic. de nat. deorum 1, 12, 29; vgl. S. 94—95). Bei Kolotes aber haben wir wirklich explizite Angriffe gegen bestimmte Sätze Demokrits. Es versteht sich, dass die An griffspunkte zu dem Gebiet gehören, auf welchem Epikur hei aller sonstigen Abhängigkeit entschieden von Demokrit ab51
R olf W e s t m .vn
weicht, nämlich zu der Erkenntnistheorie. Für Epikur s οϋτοι πάντες οίς
Κωλώτης λελοώόρηκεν. 2 del. Reiske
4 add. Méziriac
5 add. Usener
Wenn wir annehmen, dass προς Άντίδωρον ή Βίωνα γράφων liier »als er gegen Antidoros oder Bion schrieb» bedeutet, so geht ans dem irrealen έμνήσ&η hervor, dass Kolotes den genannten Männern gegenüber die Gesetze
nicht
erwähnt hatte.
Aber da können diese Philosophen wenigstens nicht in Kolotes’ Streitschrift ’Gegen die anderen Philosophen’ bekämpft worden sein, denn Plutarch bezeugt ausdrücklich, dass Kolotes am Endo dieser Schrift sämtlichen von ihm bekämpften Philoso phen gegenüber die Gesetzgeber und die gesetzliche Ordnung gepriesen hatte.1 Man müsste folglich eine besondere Schrift des Kolotes annehmen. Was heisst aber »in seiner Schrift gegen Antidoros o d e r Bion»? Das ist kein Titel einer Schrift, und w< nn es sich um zwei Werke, eins gegen Antidoros und eins gegen Bion, handeln würde, würde Plutarch das προς vor Bitova wiederholt haben. Es scheint mir nicht möglich, aus der stelle die angeblichen Angriffe des Kolotes herauszulesen. Vielmehr lässt sich der Zusammenhang m. E. ausgezeichnet als Teil von Plutarchs Kritik gegen Kolotes verstehen. I her Λnt idoros ist kaum etwas bekannt2; Bion ist der typische Wanderprediger, der Meister der kynischen Diatribe, von I'Intarch übrigens auch anderswo (Amat. 24 p. 770 b) σοφιστής genannt. Plutarch sagt nun: Gesetzt den Fall, dass Kolotes 1 Und zwar richtete Kolotes in diesem Zusammenhang einen Vorwurf gegen die Philosophen: vgl. S. 85—86. 2 M ü l l e r , Art. Antidoros 7 in RE Suppl. I ll (1918) col. 120 kann kaum etwas anderes sagen, als dass dieser Antidoros deutlich Epikurs Gegner ist. Übrigens bereitet auch die Identifikation der in verschiede nen Berichten vorkommenden Personen dieses Namens Schwierigkeiten, über unseren Antidoros müssen wir wohl aus der Art, wie ihn Plutarch (der ihn sonst nie zu nennen scheint) hier mit Bion zusammenstellt, den Schluss ziehen, dass er in Bezug auf seine Einstellung zum politi schen Leben dem Bion ähnlich war. 6 — Acta Philos. Fenn.
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einen Antidoros oder einen Bion als Gegner gehabt hätte, Leute, die sich um die νόμοι nicht viel kümmern, dann hätten diese ihm antworten können: Bleibe ruhig bei deinem λάΟε βιώσαςί Du hast kein Recht, mich wegen meiner Nichtbe achtung der Gesetze zu tadeln, denn du beachtest sie selber nicht, indem du im Verborgenen leben willst.1 Mit Recht könnte nur der mir in diesen Dingen einen Vorwurf machen, der selbst politisch tätig ist. Nun aber, bemerkt Plutarch, verhält es sich so, dass alle die Philosophen, die Kolotes getadelt hat. ein politisch tätiges Leben aufweisen können (dies führt Plutarch im folgenden breit aus). Also hat Kolotes noch viel weniger Recht, d i e s e Männer zu tadeln. Um zusammenzufassen : sogar gegen politisch Indifferente wäre Kolotes’ Vorwurf wegen Aufhebung der Gesetze unberech tigt, denn er ist selber politisch indifferent; vollends gegen poli tisch wirksame Männer ist sein Vorwurf sinnlos. In dieser Stelle steht also nichts von Angriffen des Kolotes gegen Antidoros und Bion.2 * Eine andere Frage, die sich nicht von der Hand weisen lässt, ist die, ob Kolotes in seiner Schrift auch die S t o a bekämpft hatte. Dass dies der Fall war, hält Crönert Kol. u. Mened. 13 (vgl. auch in den Nachträgen S. 173 unter 13Χ: »der Angriff auf Zenon») für selbstverständlich. Dagegen behaupten mehrere Gelehrte, dass Kolotes nicht gegen die Stoiker polemisierte: B ignone , D eW itt, D eL acy .
Das Verhältnis zwischen der epikureischen und der stoischen Schule war in der Tat in den ersten Jahrzehnten ihres Be stehens keineswegs antagonistisch (vgl. U sener , Epic, praef. p. LX X II n. 1: zu Epikurs Lebzeiten noch keine Feindschaft): s. besonders B ignon e, L’Aristotele perduto 1 57 n. 1, der betont, dass weder Epikur noch seine persönlichen Schüler gegen die* 1 Diese Deutung verdanke ich Herrn Proi. P o h l e n z . * Mit einigem Bedenken hat die Stelle für solche Angriffe geltend gemacht R. I. P hi l ip p s o n in dem S. 39 erwähnten Aufsatz, Mnemosyne 1940—41 289.
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Stoiker schrieben. Epikurs Freund Polyainos hatte freundliche Beziehungen zurStoa(Epic. fr. 156; längerer Textzusammenhang bei V ogliano , Epicuri et Epicureorum scripta [1928] 50,1—16). Nichts in den epikureischen Fragmenten bezeugt Feindlichkeit gegen die Stoa (D e L acy , Lucretius and the History of Epi cureanism [Trans. Amer. Philol. Ass. 79 1948 12—23] 14).1 Diese Hinweise gehen der Bekämpfung der Stoiker durch Kolotes eine historische Unwahrscheinlichkeit. Hinzu kommt di*· systematische Unwahrscheinlichkeit, dass Kolotes in si-iin'in ganzen Buch (vgl. S. 87—89) solche Anschauungen belo'impft, die unsere Erkenntnismöglichkeit als unsicher hinstelleii. während doch die Stoiker in dieser Hinsicht ebenso dogmatisch sind wie die Epikureer (vgl. B ignoxe , L’Aristotele perduto II 535 und I 57). Eine Richtung, die eben eine solche Erkenntnistheorie besass, wie sie Kolotes bei den anderen Philosophen vermisste, wird Kolotes kaum angegriffen haben. Man könnte noch darauf hin weisen, dass Kolotes die Skepsis des Arkesilaos angriff; die Stoa war aber Arkesilaos’ Haupt gegner; dabei kann Kolotes schwerlich gleichzeitig die Stoa bekämpft haben. Somit sagt B ignoxe an den beiden angegebenen Stellen ohne weiteres, dass Kolotes die Stoiker nicht angriff; D e L acy meint vorsichtiger nur (a. a. 0 . 14 n. 10), es sei »significant», dass Plutarch in Adv. Col. die Stoiker nicht unter den von Kolotes angegriffenen Philosophen nennt. Zwar haben wir gesehen, dass Kolotes in seiner Schrift gegen Platons Lysis ein Dogma des Stoikers Zenon über eine Seite der αύτάρκεια des Weisen ironisiert (s. S. 33), aber dies betrifft eine rein ethische Angelegenheit und klingt ausserdem mehr als leichte Unzufriedenheit denn als wirkliche Bekämpfung (die Lückenhaftigkeit des Papyrus ist zu bedauern). Es spricht also nicht gegen die Tatsache, dass Kolotes in der E r k e n n t n i s t h e o r i e durchaus in gleicher Linie mit den Stoikern stand und dass bei dem Thema, das er in der von Plutarch beantwor1 DeLacy verweist auch p. 14 n. 9 auf De W itts Artikel »The Gods of Epicurus and the Canon» (Trans. Roy. Soc. Can., Sect. 2, 1942) p. 34.
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teten Streitschrift hatte, kein Grand vorlag, die Stoa zu be kämpfen.1 3. Der Schlussteil von Kolotes' Buch. Aus dem letzten Abschnitt von Kolotes’ Buch (τελευτώ ντος 30, 1 ρ. 1124 d) gibt Plutarch folgendes Zitat: ol ν ό μ ο υ ς δ ια τ ά ξ α ν τ ε ς καί νό μ ιμ α κ α ί το β α σ ιλ ε ν ε α & α ι
ή δ η τ ο ν β ιβ λ ίο υ
'τόν
β ίο ν
τάς π ό λ ε ις κ α ί ά ρ χ ε σ θ α ι κ α τ α σ τ ή σ α ν τ ε ς εις π ο λ λ ή ν ά σ γ ά /.ε ια ν
καί
ή σ ν χ ία ν ΙΦ εντο κ α ί ϋ ο ρ ν β ω ν ά π ή λ ? & ξ α ν
εί δέ τ ις τα ντα
ά ν α ιρ ή α ε ι , θ η ρ ίω ν β ί ο ν β ιω σ ό μ ε ϋ α κ α ι ό π ρ ο σ τ υ χ ώ ν τ ό ν έ ν τ ν χ ό ν τ α μ ο ν ο ν ο ύ κ α τ έδ ε τ α ι.'
In dem ersten Teil dieses Zitats, welches Plutarch selbst als wörtlich bezeichnet (30, 2 p. 1124 d τούτο α ύ τ α ΐς λ ε ξ ε σ ιν έ κ π ε φ ώ ν η κ ε ) ,
γά ρ Ó Κ ω λώ τη ς
sagt Kolotes, dass diejenigen, die
die gesetzliche Ordnung eingerichtet haben12, sich sehr um das menschliche Leben verdient gemacht haben; in dem zweiten Teil betont er, dass eine etwaige Aufhebung der Gesetze schreckliche Folgen haben würde.3 1 Dass Kolotes in dieser Schrift die Stoiker sogar als Verbündete betrachtet hätte, wie B icnon e (an den ang. Stellen) meint, scheint mir an sich ganz wahrscheinlich, aber m.E. ist es nicht berechtigt, diesen Schluss aus Adv. Col. 26, 3 p. 1122 a zu ziehen, wie Bignone tut. Jene Benutzung der Stoa behauptet Plutarch von anderen Gegnern der Skeptiker als von Kolotes. * Das βασιλεύεαύαι τάς πόλεις wird vielleicht iin Hinblick auf Kolotes’ Adressaten Ptolemaios gerühmt: vgl. S. 41. Der Epikureismus halte eine Vorliebe für die monarchische Verfassung (Z e l l e r , Die Phil. d. Griechen III: 1* [1909] 474), die dem Individuum Sicherheit gewährt (B r é h i e r , Hist, de la philosophic I: 2 [1927] 361). In Lucrez V 1129 ul satius multo iam sit parere quietum entspricht parere dem αρχεσ&αι bei Kolotes. 3 An der in der vorigen Anm. angegebenen Stelle schreibt B r é h i e r : »Nous voyons dans Plutarque Colotès polémiquer contre les cyniques pour défendre l’État*. Sachlich wäre es durchaus denkbar, dass Ko lotes’ Worte el δέ τις ταντα άναιρήαει auch auf den Kynismus zielten (über Epikurs Widerwillen gegen den Kynismus s. oben S. 33); aber in Plutarchs Text ist von einer Bekämpfung der Kyniker durch Kolotes keine Spur zu sehen. Übrigens dürfte Bréhiers Auffassung auf der üblichen Ansicht beruhen, Kolotes habe Bion angegriffen (S. 80) welche Ansicht ich S. 81 —82 als unbegründet nachgewiesen habe.
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Kolotes spricht also die Ansicht aus, dass das Leben o h n e G e s e t z e tierisch sein würde; da muss man wohl annehmen, dass er dasselbe von dem Leben v o r
der Einrichtung der
Gesetze, ehe es überhaupt Gesetze gab, meinte. Diese Annahme wird von Kolotes’ eigenen Worten bestätigt: die Gesetzgeber haben d.ts Leben v o n
Tumulten
befreit
{ϋορύβων
απ ij/./.αξαρ). Nach der Ansicht des Kolotes herrschte also vor Einrichtung der Gesetze ein bellum omnium contra omnes. Nun bezeugt Luerez V 1141 —1150 gerade für die Zeit vor der Einrichtung der Gesetze dieselben Übel, die Kolotes an unserer Stelle im Fall der Aufhebung der Gesetze fürchtet.1 Die KolotesStelle ist somit nicht, wie K aerst , Geschichte des Hellenis mus II, 2. Aufl. (1926), S. 98 Anm. 4 meint, der einzige Beleg für die epikureische Ansicht von einem bellum omnium contra omnes in der Frühzeit der Menschheit.123 * Als Inhalt des Schlussabschnitts von Kolotes’ Buch wird gewöhnlich angegeben, dass er im Gegensatz zu den Philosophen nun die Gesetzgeber rühmt und die Notwendigkeit der Gesetze betont (so v. A rnim , Art. Kolotes 1 in RE XI [1922] 1121, 1 Dass Luerez das Stadium des bellum omnium contra omnes genauer als Kolotes (wohlgemerkt kennen wir den weiteren Zusammenhang bei Kolotes nicht) in die Stufenfolge der Entwicklung der Menschheit ein ordnet. ist hier von nebensächlicher Bedeutung. Es kommt auf die grundsätzliche Ähnlichkeit an. Siehe bes. Y 1141 —1144: den unter den Menschen herrschenden chaotischen Verhältnissen wurde durch die Einführung der Gesetze ein Ende gemacht. Die Menschen wollten nicht länger mit der Gewalt als Richtschnur leben (pi colere aevum 1145 und 1150). — Wegen des von Kolotes befürchteten gegenseitigen Auffressens vgl. 1148—1149 über die Rache. 2 Ausserdem kann man aus der Epikureerstelle bei Porphyrios De abst. I 7 —12, welche U s e n e r adnot. ad Epic. p. 320, 27 zu unserer Adv. Col.Stelle vergleicht und welche K ro b n , Der Epikureer Hermarchos (1921) 3 —4 als aus Hermarchs Επιστολικά περί Έμπεδοκλέονς stammend erweist, die Auffassung herauslesen (I 7 —8), dass vor Einführung der Gesetze die Menschen einander ohne Bedenken töteten.
85
R olf W estmak
31—37). Dies ist aber ra.E. nur die halbe Wahrheit : K ergänzt U s e n e r , < σώματα και κενόν > V. D. M ü h ll nach Gassendi). Lucrez hat für ihn allerhand Be
zeichnungen, aber in I 419—448, wo er allgemein über die beiden Seinsformen spricht, sagt er ziemlich konstant inane (420, 431, 439, 444, 445; vgl. 426); so auch Epic. fr. 75 (Cicero, de nat. deorum 2, 32, 82 inane und Sextus adv. math. 9, 333 κενόν). Auch die zweite von unseren Stellen ( = Epic. fr. 74)
gibt κενόν. Dagegen scheint die erstere Stelle ( = fr. 76) mit τόπος allein zu stehen.3 Nun ist es vielleicht eine natürlichere Annahme, dass im Text des Herodotbriefes σώματα και κενόν gestanden h a t4, aber der Satz kam in Epikurs Werken öftere* 1 Lucrez betont zwar mehrfach, dass es im All kein fundüus imum gibt (I 996—998, II 90—94; vgl. I 965 —967), aber den dynamischen Obenund Unten-Begriff erwähnt er gar nicht, obgleich er in seinem atom kinetischen Abschnitt (II 80—250) reichlich von ihm Gebrauch macht. * Epikur epist. I 39 (Text leider korrupt); Lucrez I 419—421. * Denn die Anspielung auf dieses Dogma, die U s e n e r (adn. ad Epic, p. 125, 11) bei Philod. π. εύσεβείας p. I l l , 1 Gomp. findet, halte ich für unsicher; in Gomperz’ Text steht σώματα καί τούτον, nicht σ. κ. τόπον. * Vgl. die Wiederaufnahme am Anfang von § 40. — Plutarch bezeugt 13, 3 p. 1114 a den Wortlaut σώματα καί κενόν «am Anfang der πραγμα τεία», d. h. ohne Zweifel in Περί φύαεοις, und der Scholiast zu epist. I 39 teilt mit, dass Epikur dasselbe wie im Herodotbrief auch in Περί ψύσεως sagte (τούτο . . . φηα'ι . . . καί έν τή à Περί φνσεως). Demgemäss hätte auch im Herodotbrief κενόν gestanden. Aber dieser Kombination ist kaum grössere Bedeutung zuzumessen.
vor, und es ist uns ausdrücklich überliefert, dass Epikur je nach dem jeweiligen Gesichtspunkt verschiedene Termini für den Raum gebrauchte.1 Eine von Epikurs Formulierungen dürfte die Aussage 1 1 ,5 p. 1112 e sein, die Plutarch als ein direktes Zitat gibt. Weiterhin reden die Stellen in Adv. Col. einstimmig von τών δντων φνσις, während Sextus adv. math. 9, 333 ( = Epic. fi·. 75) ή τών δλων φνσις hat (er sagt aber a. a. 0 . dass Epikur pro miscue auch von rò παν spricht), womit Cicero de nat. deorum 2, 32, 82 omnium quae sint naturam esse corpora et inane über einzustimmen scheint.12 Lucrez I 419—420: omnis, ut est igitur per se, natura duabus| constitit in rebus. .. Epikur selbst sagt in epist. I 39 nur rò παν i m i
.
Hier wird
man ebensowohl wie in der κενόν / τδπος-Frage Schwankungen bei Epikur selbst annehmen müssen: die beiden Plutarchstellen zeigen, dass er auch den Ausdruck τών δντων φνσις gebrauchte, der anderswo für ihn nicht bezeugt ist. Hs
Die Kosmogonie berührt Plutarch nur einmal in Adv. Col., an einer Stelle, wo er von Meinungsverschiedenheiten über κόσμων άπειρίαι, ατόμων φνσις, άμερή und παρεγκλίσεις spricht (28, 6 p. 1123 e; die Stelle ist von U sener nicht aufgenommen). Plutarch stellt diese Begriffe der epikureischen Physik, mit denen er offenbar wohl vertraut ist, als theoretische Subtilitäten dar, die keinen unmittelbaren Einfluss auf die Lebensführung haben. 1 Ausser Epikurs Worten in epist. I 40 δ κενόν καί χώραν καί άναφή φνσιν όνομάζομεν und den verschiedenen Termini bei Lucrez ist ein schlägig Sextus adv. math. 10, 2 (Epic. p. 350, 30—351, 5): κατά τόν Επίκουρον τής άναφοΰς καλονμένης φύαεως το μέν τι όνομάζεται
κενόν, τό δε τόπος, τό δέ χώρα, μεταλαμβανομένων κατά διαφόρους ίπιβολάς τών ονομάτων, έπείπερ κτί. (dann erklärt Sextus, welchem Gesichtspunkt jede der Bezeichnungen und ausserdem die generelle Benennung φνσις άναφής entspricht). Vgl. auch Epic. fr.2?l (aus Aetios)
’Επίκουρος όνόμασιν παραλλάττειν κενόν τόπον χώραν. 2 Könnte aber nicht omnium quae sint natura eine Wiedergabe von τών δντων φνσις sein? 136
Für Epikur aber ist es eine unauslässliche Forderung, über das Wirken der Natur völlige Klarheit zu besitzen (K . δ. 11,12,13). Es sei noch die auffallende Tatsache hervorgehoben, dass dies die einzige Stelle in Adv. Col. ist, wo Plutarch die πα ρ έγκ λισ ις der Atome erwähnt, obwohl er gute Gelegenheit gehabt hätte, diese Vorstellung zu kritisieren, z. B. in 8, 7 p. 1111 b, wo er andere Inkonsequenzen in Epikurs System tadelt.
2. Atome. In seiner Antwort auf Kolotes’ zweite Anklage gegen Demokrit sagt Plutarch u. a., Epikur hätte nicht anzunehmen brauchen, dass Atome die Urgründe sind, dem θεμένω δε το δόγμα καί καλλωπίσαμενω ταϊς πρώταις πιθανότησιν αυτόν (8, 9 ρ. 1111 C;
die Stelle steht Epic. ρ. 205,1—2 als Teil von fr. 288) obliege die Aufgabe darzulegen, wie qualitätslose Urgründe Dinge mit Qualitäten erzeugen können. Epikur habe also das Dogma von den Atomen nicht nur ak zeptiert, sondern sei auch ταϊς πρώταις πνθανότησιν α ντο ϋ s to lz gewesen. Diese Worte sind meines Erachtens keineswegs gleich bedeutend mit δτι πρώ τος πιθανώ ς αν το απέδειξε-, πρώ ταις hat hier eine technische Bedeutung. Den Ausdruck πρώ ται πιθα νότητες möchte ich ausgehend von Lucrez I 422—425 erklären: corpus enim p er se communis dedicat esse sensus; cui n isi p r i m a f i d e s fundata valebit, haud erit occultis de rebus quo referentes confirmare a n im i quicquam ratione queamus.
Die Sicherheit (confirmare!), die wir über die der Wahrneh mung nicht zugänglichen Dinge, die άδηλα, erlangen können, wird in letzter Hand von unserem Vertrauen in die sinnlichen Wahrnehmungen abhängig gemacht. Als erste Voraussetzung für die Kenntnis über die άδηλα heisst dieses Vertrauen p r i m a fides.
Nun ist πρώτη πιθανότης dasselbe, und zwar von der objektiven Seite betrachtet. Eine »Überzeugungskraft» haben die Sinnes137
Wahrnehmungen; diese heisst in Relation zu den occultae res π ρ ώ τ η
π ιϋ α ν ό τ η ς .
Plutarch will hier also sagen, dass Kpikur
darauf stolz war, zwischen der Hypothese von den Atomen und der konkreten Erfahrung eine Verbindung hergestellt zu haben.1 Darin wich er bewusst von Demokrit ab, der die Wahr nehmungen als
σ κ ο τ ίη γ ν ώ μ η
( B l l ) und nur die Atome als irefj
existierend dargestellt hatte (s. unten S. 251—252 und 254). *
Was die Eigenschaften des Atoms betrifft, konstatiert Plu tarch als Antwort auf Kolotes' Kritik gegen den demokritischen vd/ico-Satz (8, 3 p. 1110 f):
τα υτα τ ω ν ’Ε π ικ ο ύ ρ ο υ δ ο γ μ ά τ ω ν ό ν τ ω ς
ά χ ώ ρ ισ τ ά έσ τ ιν , ώ ς τ ό σ χ ή μ α κ α ί το β ά ρ ο ς α υ τ ο ί τ ή ς α τ ό μ ο υ λ έ γ ο ν σ ιν .
Als Charakteristikum der Atome wird sonst ausser
Gestalt und Schwere auch die Grösse genanntI2; diese ist hier als selbstverständlich übergangen. Das Wort α χ ώ ρ ισ τ α hat Plutarch mit Wahrscheinlichkeit einer epikureischen Quelle entnommen: Gestalt und Schwere gehören zu den σ υ μ β ε β η κ ό τ α des Atoms (vgl. Epikur epist. I 68 p. 19,16—18 v. d. Mühll), und von ihnen sagt Lucrez (I 451—452): coniunctum est id quod nusquam sine per mitiali I discidio potis est s e i u n g i
seque
gregari.
Dagegen betont Plutarch mit Recht, dass das Atom keine anderen, d. h. sekundären Qualitäten besitzt und dass es keine Einwirkung erleiden kann (8,10 p. 1111 d), und er kennt auch die epikureische Begründung dafür: die Berufung auf die α φ θ α ρ σ ία
des Atoms.3 Über den Schluss, den Plutarch aus der
I Die F o r m u l i e r u n g unseres Satzes stammt wohl von Plutarch; der Plural πιθανότητες ist entweder Plutarchs Ironie oder aber ist er richtig und notwendig: zu der fraglichen Lehre gelangt man eben durch Schliessen aus mehreren Erfahrungstatsachen, deren jede ihre πι&ανότης hat. 1 S. Epikur epist. I 54 und die Stellen unter Epic. fr. 275, deren eine die unsrige ist. 3 Lehre und Begründung: Epikur epist. I 41 p. 6, 5—9 und 54 p. 12, 21—13, 3 V. d. Mühll. Lucrez II 854—864 (die Begründung 862 —864). — Dass das Atom, wie Plutarch sagt, nicht πάαχειν πεφυκός ist, be deutet, wie der Zusammenhang lehrt, so viel dass es u n v e r ä n d e r l i c h ist, was Epikur epist. I 54 p. 12, 24—13,1 v. d. Mühll und Lucrez II 749—754 betonen. Unsere Stelle ist ein Teil von Epic. fr. 288.
138
Qualitätslosigkeit der Atome zieht: dass aus den Atomen un möglich Dinge mit Qualitäten entstehen können, s. S. 156—157. * Auf die Anklage des Kolotes, nach Empedokles’ Lehre könnten die Menschen weder erkranken noch verwundet werden, ant wortet Plutarch nach Apologie durch eine fast scherzhaft an mutende Kritik (12, 5.p. 1113 e; fehlt bei U sener): diese Leiden seien eben laut dem Epikureismus unmöglich, denn Empfindung komme weder dem Atom noch dem Leeren zu. Das letztere ist natürlich richtig, denn
αϊσ& ησις
definieren die Epikureer als
Bewegung von gewissen Atomen, sie ist also eo ipso für die einzelnen Atome ausgeschlossen (vgl. Lucrez, hier unten S. 139 Anm. 1). Plutarch geht aber a. a. 0 . noch weiter und behauptet, dass die Epikureer sogar die L u s t unmöglich machen, da die Atome für die lusterzeugenden Kräfte (τα π ο ιη τ ικ ά sc. τ ή ς η δ ο νή ς )
unzugänglich sind. Dies letztere ist natürlich auch richtig” aber ebenso wie die Tatsache, dass die Atome keine Empfindung haben, ist dies an sich so selbstverständlich, dass
man geneigt ist, in diesen beiden Aussagen keine expliziten epi kureischen Dogmen zu sehen, sondern lediglich aus den Prin zipien der Atomlehre gezogene Folgerungen, die Plutarch voll zieht, um den Epikureismus angreifen zu können. Nun aber führt Lucrez tatsächlich beide Sätze als besondere Punkte in seiner Exposition der epikureischen Physik an.1 Hieraus ist zu ersehen, dass Plutarch sie in epikureischen Texten vorgefun den haben kann. Die in beiden Fällen hinter Plutarchs Worten liegende still schweigende Voraussetzung, ein empfindendes Ganzes könne nur aus mit Empfindung begabten Urgründen entstehen, ist für die epikureische Sehweise gänzlich falsch.2 Diesen Mangel an Verständnis für den epikureischen Begriff der Zusammen1 Die Atome haben keine Empfindung: II 865 —867. Sie erfahren keine Lust (II 967 —968), denn Lust ebenso wie Schmerz beruht auf Atom bewegungen (II 963—966), und die Atome sind nicht aus Atomen zusammengesetzt (II 969—971). s Gegen sie Lucrez II 865—930.
139
Setzung seigt Plutarch in seiner Kritik durchgehend, worauf ich S. 147—148: 156—157 näher eingehen werde.
3. Dinge. Ich komme zu den aus Atomen zusammengesetzten Dingen, den συγκρίσεις (epist. I 41 Anf.), und damit zu solchen stellen in Adv. Col., die eine etwas ausführlichere Behandlung er fordern. Die Qualitàtslosigkeit der Atome wurde oben berührt; dass ans den Atomen trotzdem Dinge mit Qualitäten entstehen können, dafür haben wir ein Beispiel zunächst in 7, 2 —3 p. 1110 c—d ( = Epic. fr. 29—30), wo von Epikurs Ansichten über Farben die Rede ist. Zuerst wäre über den Zusammenhang, in welchem das Frag ment bei Plutarch steht, folgendes zu bemerken. Plutarch ist dabei, als Antwort auf Kolotes’ erste Anklage gegen Demokrit solche epikureische Lehren anzuführen, die seines Erachtens zu einem
μ η μ ά λλον
hinführen. Unter diesen erwähnt er ein
paar Aussagen aus Epikurs Werk
G egen T h e o p h r a st,
Buch 2,
ans welchen er den Schluss zieht, dass laut Epikur die Dinge nicht mehr farbig als farblos sind. über den Inhalt der genannten Epikurschrift (Anspielungen auf sie; Epic. p. 101, 30—102, 6) kennen wir nichts, abgesehen von diesen beiden Stellen in Adv. Col., die von Farben han deln. Plutarch bezeugt selbst, dass die von ihm als zweite an geführte Stelle in Epikurs Zusammenhang früher stand. Somit haben wir zunächst ein wörtliches Epikurzitat zu betrachten: αλλά
κ α ί χ ω ρ ίς τ ο ύ τ ο ν τ ο ν μ έ ρ ο υ ς ο ύ κ o ld ’ δ π ω ς 0ε1 τ α ε ν τ φ
σ κότει τα ϋτ
Mit
μ έρ ος
ό ντα ψ ή σ α ι χ ρ ώ μ α τ α ί χ ε ι ν
(fr. 29).
bezeichnet Epikur, wie es scheint, einen Einzel
abschnitt in dem Lehrgebäude: nicht nur spricht er in dem Herodotbrief mehrfach (§ 35 p. 3 ,1 1 v. d. Mühll; § 36 p. 3, 14; § 36 p. 4, 3; § 68 p. 19,15) von τ α κ α τ ά μ έ ρ ο ς im Gegensatz zum grossen Überblick über das System, sondern in einem Fragment 140
vom 11. Buch des
Π ε ρ ί φ ν σ ε ω ς *1
schliesst er sogar einen Ab
schnitt in der Darstellung mit den Worten κ α ί / π ε ρ ί μ ε ν τ ο ύ τ ο ν « τ ο ΰ ) > μ έ ρ ο υ ς / ο ν τ ω δ ια λ η π τ έ ο ν . Auf was für einen voran gegangenen Abschnitt das
τοΰτο το μ έρος
in unserem Fragment
Bezug nimmt, geht aus Plutarchs Text nicht hervor. Der Lehrinhalt des Fragments: dass die in der Dunkelheit befindlichen Dinge (von solchen Dingen war im Vorhergehen den die Rede gewesen, wie das
τα ϋτα 2
zeigt) ohne Farbe sind,
ist für Epikur gut bezeugt: Aetios l, 15,9 (Dox. Gr. 314 b 11—13; = ad Epic. fr. 29 p. 102, 14—15) Έ π ίχ ο ν ρ ο ς κ α ι Ά ρ ίσ τ α ρ χ ο ς τ ά ε ν τ φ σ κ ό τ ε ι σώ μ α τα (χ ρ ώ μ α τ α
codd.) χ ρ ό α ν
II 795—798, vgl. 741—747; auch Philod.
ο ν κ ε χ ειν ;
π ερί σημ.
Lucrez
18, 3—10,
auf welche Stelle ich S. 143—144 zurückkommen werde. Unsere Stelle klingt aber mehr deliberativ als dogmatisch: man hat fast den Eindruck, als ob Epikur eben jetzt zu dieser Ansicht gelangt sei. Mit
χ ρ ώ μ α τ α ε χ ε ιν
schliessen die Herausgeber (nach dem Vor
gang von M a d v ig , Adversaria critica I [1871] 675: »Epicuri verba desinunt in
χρώ ματα
ε χ ε ιν ,
cetera contra disputantis
sunt») das Epikurzitat (so P o h l e n z , B e r n a r d a k i s und auch U s e n e r , Epic. fr. 29 p. 102,11—12; vgl. adn. ad p. 103, 4). Ich
glaube aber, auch das folgende bis einschl. μ ικ ρ ό ν δ ρ ώ μ εν p. 179, 26 Po. ( = p. 431,1 Bern.) für Epikur beanspruchen zu können, und zwar auf Grund folgender Überlegung. Plutarch bemüht sich in diesem Abschnitt, bei Epikur solche Punkte nachzuweisen, was zu einem
μ η μάλλον
der Dinge hin
führt (vgl. S. 116—117), um somit Kolotes des Widerspruchs mit dem Meister zu überführen. Angenommen nun, dass die beiden Beispiele aus der Erfahrung, aus denen Plutarch p. 1110 d p. 179, 26—31 Po. ( = p. 431, 1—6 Bern.) die Relativität der 1 Fr. [L] b , col. I ll 10—12 bei V oglian o , I resti dell’ XI libro del Περί φνσεως di Epicuro (Publications de la Société Fouad I de Papy rologie. Textes et Documents. IV), Cairo 1940, p. 43. — Das τον von G omperz hinzugefügt. 1 Sowohl τοΰ μέρους als ταϋτα tilgt H a r tm a n , De Plutarcho etc., p. 625, m. E. ohne Grund.
141
Farbe und dann, verallgemeinernd, aller Qualitäten folgert, von Plutarch selbst angeführt worden sind, so hat die aus ihnen gezogene Folgerung keine Pointe, denn mit ihr hat Plutarch nur so viel erwiesen, dass gewisse f a k t i s c h e
Verhält
n i s s e die Relativität der Farbe usw. zeigen. Dann wäre aber der Schluss von c. 7, in welchem Plutarch die Schimpfwort»', die Kolotes gegen die Vertreter der
μ η μ ά λ λ ο ν - Ansicht
gerichtet
hatte, auf Epikur zurückschleudert, völlig unmotiviert (denn was Plutarch zuletzt von E p i k u r angeführt hat, der Satz ά λ λ α . . . ίχ ε ιν ,
dessen Kern einfach »die Dinge im Dunkeln
haben keine Farben» ist, gibt für sich allein zu den von Plu tarch gezogenen Folgerungen keineswegs Anlass): Plutarch hat ja mitnichten erwiesen, dass die Relativität der Qualitäten aus E p i k u r s Lehren folgt. Da somit die Annahme, dass die Worte
κ α ίτ ο ι . . . ό ρ ώ μ εν
von Plutarch stammen, im Hinblick auf Plutarchs Art der Entgegnung zu Unsinnigkeiten führt, scheint mir die ent gegengesetzte Annahme unumgänglich: dass die fraglichen Worte die Fortsetzung des Epikurzitats bilden. Das Anfüh rungszeichen ist hinter ό ρ ώ μ εν p. 179, 26 Po. ( = p. 431,1 Bern.) zu setzen, und es passt gut, dass Plutarch in seiner Entgegnung sofort mit dem ^/a^ ov-G esichtsp unkt einsetzt, wie er es auch oben p. 179, 18 Po. ( = p. 430, 16 Bern.) tut. Denn dass im Dunkeln einige Leute Farben besser als andere wahrnehmen, und dass man besser sieht, nachdem die Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, kann leicht so gedeutet werden, dass die Farben nicht mehr sind als nicht sind. Dann versteht man auch den Schluss von c. 7, aus dem unzweifelhaft Plu tarchs Überzeugung spricht, dass er die μ η μ ά λ λ ο ν - Ansicht bei Epikur nachgewiesen und somit eine seiner Zurückwendungen durchgeführt hat. Das auf χρ ώ μ α τα
ίχ ε ιν
folgende will auch H a r tm a n 1 Epikur
zuschreiben, allerdings unter Änderung des ich nicht für nötig halte: das
κ α ίτ ο ι
κ α ίτ ο ι
zu
κ α ί,
was
leitet in. E. nicht Worte
eines Gegners ein, sondern eine Einwendung, die Epikur selbst1 1 De Plutarcho etc., p. 625.
142
einführt, wie es bei dem wenig dogmatischen Charakter des vorhergehenden Satzes
ά λ λ α . . . ε χ ε ιν
begreiflich ist.
Den Gedankengang Epikurs stelle ich mir so vor: Er hat in vorsichtigen Wendungen gesagt, dass die Dinge im Dunkeln keine Farbe haben. Es gibt jedoch ( κ α ίτ ο ι ) Fälle, in denen in der Dunkelheit Farben wahrgenommen werden: in einer dunklen Umgebung sehen einige Menschen Farben besser als andere, und nach Eintritt in ein dunkles Zimmer gewöhnen wir uns allmählich an die Dunkelheit, so dass wir Farben einigermassen wahrnehmen können. Zu solchen Fällen wird Epikur anschliessend etwa folgendes bemerkt haben: Dies sind keine Gegenbeispiele, denn in ihnen liegt nicht vollständige Dunkelheit vor, sondern mehr oder weniger schwaches Licht, in welchem z. B, individuelle Verschiedenheiten des Sehvermögens sich geltend machen können. In völliger Dunkelheit dagegen haben die Dinge überhaupt keine Farben, Dinge sind sie aber doch und sind auch körperlich, denn sie lassen sich berühren (eben dies ist echte epikureische Lehre, s. die gleich anzuführende Philo demstelle). Also ist es deutlich, dass die Dinge ihre Körperlich keit bewahren, obwohl sie ohne Farbe sind: die Farben sind keine festen Eigenschaften,
σ νμ β εβ η κ ότa,
der Körper. In etwa
dieser Weise mag Epikur zu dem Satz gelangt sein, den Plu tarch aus Π ρ ό ς Θ ε ό φ ρ α σ τ ο ν zuerst anführt und zu dem ich jetzt komme. * 7, 2 p. 1110 c αυτός
γ ά ρ ο δ ν ό ’Ε π ίκ ο υ ρ ο ς . . . ο υ κ ε ίν α ι λ έ γ ω ν
τά χρ ώ μ α τα σ υ μ φ υ ή τ ο ΐ ς σ ώ μ α σ ιν, ά λ λ ά γ ε ν ν ά σ ϋ α ι κ α τ ά π ο ια ς τ ιν α ς τ ά ξ ε ις κ α ι Μ σ ε ις π ρ ο ς τ η ν δ ψ ιν . . .
Der Sinn dieses Fragments (fr. 30), das bei Epikur wohl als Ergebnis einer Erörterung über die Farben stand, wird gut be leuchtet durch Philod. Π . σ η μ . 18, 3—ΙΟ1 χ ρ ώ μ α - | τ ’ ε χ ε ι τα π α ρ ' ή μ ΐν σώ μ α τα ο υ - | χ ή σ ώ μ α τ ’ ε σ τ ί ν τ ά γ ά ρ ά π τ ά ] κ α ϋ ό μ ε ν ά ν τ ιτ υ π ε ϊ
[τ] ήν
ά φ ή ν | σ ώ μ α τ' ε σ τ ίν , κ α ϋ ό
δ'
ά[π]τά
ε σ τ ιν
|
ο ΰ δ εμ ία ν ε μ φ α ίν ε ι χ [ ρ ] ό α ν τ ά \ γ ο ϋ ν ε ν τ ώ σ κ ό τ ε ιχ [ ρ ό ά \ ν μ ε [ ν ο ύ-\ 1 1 ρ. 23 G o m p erz; D e L a c y , Philodemus On Methods of Inference,
p. 64.
143
R olf W estma *
\x έχει, σώματα b’ έστ[ίν], Unsere Stelle besagt genau wie dieses Philodemzitat, dass Farbigkeit kein notwendiger Konsument der Körperlichkeit ist. Der sichere, dogmatische Ton dieses Satzes fällt gegenüber dem mehr überlegenden Stil in der oben behandelten Stelle auf. Bei diesem indirekt angeführten Fragment müssen wir mit der Möglichkeit rechnen, dass Plutarch Epikurs Ausdruck ge kürzt oder verändert wiedergibt. Immerhin ist das Wort συμφυής
sicher von Epikur (auch in epist. I 54 p. 12, 23 v. d. M.)
und besagt hier so viel wie σ υ μ β ε β η κ ό ς . Unter σώ ματα w äre man geneigt, die Atome zu verstehen *: für diese gebraucht Epikur ja oft das Wort
σ ώ μ α τα ,
und dass sie ohne Farbe sind, ist be
kannt; an unserer Stelle scheint mir jedoch die Bedeutung »(wahrnehmbare) Körper» besser zu passen. Denn in dem. was von dem früheren Zusammenhang der fraglichen Epikurschrift angeführt wurde, war ausgesprochen von den Dingen in der Erfahrung die Rede (sogar falls man nur die Worte ά λ λ α . . . ε χ ε ιν
als Zitat nimmt: denn τα
i v τώ σ κ ό τ ε ι τ α ν τ
ό ντ α
bezieht
sich eindeutig auf solche Dinge), und Plutarch, der Epikura ganzen Text vor sich hatte, hat
σώ μ α τα
hier unbedenklich als
konkrete Körper aufgefasst, wie seine Bemerkung
ου μ ά λ λ ο ν ...
zeigt. Etwas befremdend wirkt bei dieser Annahme freilich, dass Epikur im folgenden nur κ α τ ά π ο ια ς τ ιν α ς τ ά ξ ε ις Ιχον
καί ϋ έ σ ε ις
sagt, ohne auch nur zu erwähnen, dass es A t o m e
sind, die sich in diesen »Stellungen» befinden. Hier kann aber Plutarch die Ausdrucksweise, die er vorfand, irgendwie gekürzt haben, mit dem Ergebnis, dass die Worte κ α τ ά π ο ια ς τ ιν α ς τ ά ξ ε ις κ α ί ϋ έ σ ε ις als Ersatz für etwa κ α τ ά τ ά ξ ε ις κ α ί ϋ έ σ ε ις ατόμω ν2
leicht ironisch klingen.
Die zweite Hälfte des Fragments verstehe ich wie folgt: die1 1 So B a il e y in seinem Lukrezkommentar (1947) voi. II p. 923, Anni. 1. s Dies steht z. B. epist. I 48 p. 10, t v. d. M.; Epikur könnte aber vielleicht beides geschrieben haben — für ποιος τις bei ihm s. z. B. Περί φναεως XIV ed. Vogliano, Fr. J col. I li 11 —13 p. 55 Vo. (der Text auch bei W. S c h m id , Epikurs Kritik der platonischen Elementenlehre 11).
144
Farben entstehen infolge1 gewisser Ordnungen und Stellungen (näml. der Atom e)12, und zwar in R e l a t i o n z u m Ge sichtssinn. Das π ρ ο ς τ ή ν δ ψ ιν ist notwendig, denn es muss aus gesagt werden, dass die Entstehung der Farben, die infolge der Stellungen der Atome erfolgt, sich auf den Gesichtssinn aus wirkt, durch den Gesichtssinn wahrgenommen wird. Dieser Gebrauch der Präposition π ρ ο ς kann von Epikur stammen3*10, aber könnte auch Plutarchs zusammenfassender Ausdruck sein.
Plutarchs Bemühungen, an Hand dieser Zitate aus θεόφ ρ α σ τον
Π ρος
nachzuweisen, dass laut Epikur die Dinge nicht
mehr Farbe haben als farblos sind, müssen im Licht der obigen Untersuchungen für gegenstandslos erklärt werden. Epikurs Position ist ganz klar: Farbigkeit ist kein festes Charakteristi kum (σ ν μ β ε β η κ ό ς ) von Körpern als solchen (vgl. die oben an geführte Philodemstelle), was u. a. daraus hervorgeht, dass Körper im Dunkeln keine Farben haben. Dagegen ist es richtig zu sagen, dass Farbe ein σ ν μ β ε β η κ ό ς aller s i c h t b a r e n Dinge ist \ denn man sieht keine Dinge ohne Farbe. Aus dem, was von jeher in diesem Abschnitt als epikureisch anerkannt ist, kann also keineswegs gefolgert werden, dass Epikur die μ η μ ά λ λ ο ν - Ansicht hegt. Nur dass Plutarch die μ η /tàAAov-Ansicht aus der Stelle κ α ί τ ο ι . . . ό ρ ώ μ εν — falls ich diese Worte mit Recht Epikur zugeschrieben habe — folgert, ist an sich zwar berechtigt, aber diese Beispiele sind keine Aus1 Vgl. W id m a n s , Beiträge zur Syntax Epikurs (1935) 203 oben (Be deutung C 3 von κατά mit Akkusativ). 3 Vgl. bei Lucrez z. B. II 759 —761. — Epikurfr. 5(>:&έσιςτών ατόμων. 3 Von W idm axx op. cit. 218 wird diese Stelle als singulärer Beleg für die Bedeutung »entsprechend» von προς m. Akk. registriert (warum die Bed. B 6 »Beziehung zu, Verhältnis zu» nicht angebracht sein sollte, sehe ich nicht ein). — “Οψις für den Gesichtssinn bei Epikur epist. I 49 p. 10, 16 V. d. M. * Wie B a i l e y , The Greek Atomists and Epicurus (1928) 308 —309 mit Recht betont hat (hinsichtl. epist. I 68). 10 — Acta Phtlos. Fenn.
14Ö
drücke für Epikurs Lehre, sondern vielmehr scheinbare th-genbeispiele, die Epikur dann im folgenden bespricht: sie scheiden also als Grundlage für Schlussfolgerungen über Epikurs sichten
V n-
ohne weiteres aus. Ausschliesslich dadurch hat
Plutarch für seine Antwort einen Schein von Berechtigung ge wonnen, dass er sein Zitat nach den beiden Beispielen beendet hat. * Sehr ins Einzelne ging die eben behandelte Stelle aus Προς Θεόφραστον offenbar nicht — in dein was Plutarch uns erhalten hat wird ja nicht einmal die Bewegung der Atome erwähnt. Auf diese geht Plutarch anderswo in ziemlich technischer Weise ein, u. zw. an zwei Stellen, wo er die epikureische Lehre über die Entstehung von Dingen aus Atomen bespricht. In beiden Fällen stellt er gegen den Atomismus die Lehre von den vier Elementen auf und will die Überlegenheit der letzteren zeigen. c.
9, 2—3 p. t i l l d —e: Im Gegensatz zum Zusammenschmel
zen der Elemente schlagen und stossen die Atome nur gegen einander und können nicht einmal eine zusammenhängende· Masse, geschweige denn ein lebendiges Wesen erzeugen — meint Plutarch. — Plutarch sagt hier teils etwas über die Beschaffen heit und das Benehmen des Atoms, teils zieht er seine eigenen Schlüsse. Vom Anfang der Schilderung ή δ’άτομος p. 182, 12 Po. ( = p. 434, 7 Bern.) bis πά&ος p. 182, 16 ( = p. 434, 11) ist alles vom epikureischem Standpunkt gesehen gewiss sachlich richtig; auch das παίονται και παίουσι τον άπαντα χρόνον stimmt, da die Atome sich in ewiger Bewegung befinden, aber es hindert die Entstehung von Dingen nicht. Interessant ist hier das παλλομένων άε'ι καί διισταμένων, das eine direkte Parallele in epist. 143p. 7,11 —12 v.d. Μ. αίμενείςμακράνάπ’ άλλήλων διιστάμεναι hat (übrigens dürfte gerade unsere Stelle einen zusätzlichen Beleg dafür geben, dass διιστάμεναι in der epist. I-Stelle ein dynamischer, nicht ein statischer Begriff ist; cf. v. ad loc.).
d.
Mühll
Indem Plutarch sagt, dass das genannte Verhalten der Atome die Entstehung von Dingen ausschliesst, stellt er sich die Atome 146
Plutarch gegen Kolo (es
nach der Analogie von beliebigen kleinen Körpern vor, die in unserer Erfahrung gegeneinander prallen. Seiner Rede nach scheint er sich die Atome sogar so geformt zu denken, dass sie sich möglichst viel repellieren — etwa wie Erbsen. Es ist ihm unvorstellbar, wie solche Atome, die in dem Urzustand gegen einander stossen und von einander abprallen, die mannigfachen Dinge dieser Welt erzeugen können. Er denkt nicht daran, dass sich, wenn eine der von ihm gerühmten Zusammenschmel zungen der Elemente zustande kommt, weit unterhalb der Ebene der Wahrnehmung unzählige Mikroprozesse vollziehen, welche Epikur gerade durch seine Atomlehre approximativ zu begreifen strebt.1 Ausserdem beachtet Plutarch hier jene Annahmen nicht, durch welche Epikur die Entstehung und Erhaltung von wahrnehmbaren Dingen zu garantieren sucht. * An der anderen hierhergehörigen Stelle (10, 3—6 p. 1112 a—c; mit der eben besprochenen Stelle zusammen von U sener als fr. 286 aufgeführt) zeigt sich Plutarch mit dem epikureischen Begriff der »Atomverflechtung» (περιπλοκή) vertraut und ver tieft seine Kritik entsprechend. Die Darstellung ist hier gemischt aus epikureischen Termini und Plutarchs eigenen Worten. Im Grunde genommen ist Plutarchs Angriffspunkt hier derselbe wie in c. 9: wie können Körperchen, die sich ewig bewegen, — gleichviel durch welche Machinationen sie miteinander verknüpft sind — überhaupt beständige Dinge aufbauen? Unter einer Zusammensetzung von Atomen kann sich Plutarch nur ein ewiges Rütteln und Stossen, kein Ding vorstellen. Bei dieser Kritik beachtet Plutarch abermals nicht, wie minimal die Atome sind und wie tief sie unter der Schwelle unserer Wahrnehmung liegen. Dass eine Anzahl Atome Zusam menkommen, ist nach epikureischer Vorstellung keineswegs eine genügende Voraussetzung dafür, dass sich ein Ding bildet 1 Ähnlich urteilt M i l l i n g t o n , Studies in Cohesion from Democritus to Laplace (Lychnos 1944—1945 55—78) 56.
147
(s. hierüber B a i l e y , The Greek Atomists and Epicurus. :ms) — die Atome müssen ausserdem ihre Bewegungen mit einander koordinieren, konform machen (consociare motus Euer. 11 i n ) .1 Luerez gibt sich viel Mühe zu erklären, wie die ewige Bewegung der Atome mit der augenscheinlichen Bewegungslosigkeit der Dinge vereinbar ist (II 308—314 mit den Ulustrati**n*Mi 315 —332): wir können die Bewegungen der Atome ebensowenig wie sie selbst wahrnehmen (Luor. II 312—314 o m n is m im longe nostris a sensibus infra I primorum natura iacet; quapropter, ubi ipsa I cernere iam nequeas, motus quoque surpere debent). Weil die Partikeln, die gegeneinander schlagen und miteinander »streiten» — um Plutarchs Ausdruck μάχη zu gebrauchen — so ausserordentlich klein sind, kleiner als die winzigsten Teil chen, die wir sehen können, wird das Ergebnis, wenn sie ein Ding bilden, sogar eine sehr effektive συμφνΐα und κόλλησις — Plutarch mag sagen was er will. Auch die psychischen Entitäten erklärt Epikur durch Atombewegungen (über die menschliche Seele s. S. 157—163). Plutarch scheint mir in 10, 3—4 p. 1112b gegen zwei Arten von Atomzusammensetzungen zu polemisieren·. 1) Gegen die eigentliche περιπλοκή p. 183, 11 —14 Po. ( = p. 435, 13—16 Bern.). 2) Gegen die Art von Zusam mensetzung, die Epikur epist. I 43 p. 7, 13—14 v. d. M. στεγαζόμεναι παρά τών πλεχτικών nennt: p. 183, 14 —18 ( = p. 435, 16—21) εΐ (X ylander: αί EB) δ’ άχαρες . . . (lac. 22 lit. E 17 lit. B) νϋνμέν άπίασι διάτήν άντίκρονσιν,
νυν δε προσίασι τής πληγής έκλνΟείσης,πλεϊον ή διπλάσιοιχωρίς είσιν άλ.λήλων χρόνον, ον ψαύονσαι και πλ.ησιάζονσαι, ώστε μηδέν έξ αυτών άποτελεΐσϋαι μηδ’ άψυχον. Für die Lücke hat R eiske συγκρούουσαι oder σνμπίπτουσαι vorgeschlagen; keines füllt jedoch die Lücke ganz aus, und ausserdem glaube ich, dass hier über haupt kein Kompositum mit συν gestanden hat, da 1 Die mechanische Verflechtung der Atome und Epikurs Idee von der »Koordination der Bewegungen» bilden zusammen die atomistische Lösung des Ivohiisionsproblems: M i l l i n g t o n (s. S. 147 Anm. 1) 57.
148
Plutarch solche Komposita in diesem Abschnitt regel mässig für das Zusammenschmelzen der Elemente zu verwenden pflegt: c. 9, 2 p. 1111 d σννίασιν, 1111 e σννέλϋωσιν, συμπέσωσι und c. 10 p. 1112 a συναρμόττων,
σνμφνία, indirekt 1112c σννέλευσις, σνγκρασις, während er c. 9, 3 p. 1111 e für das Zusammentreffen der Atome das Verbum π ρ ο ς π ί π τ ε ι ν verwendet. Ferner scheint der Zusammenhang ein Part. Aoristi zu fordern. Ich möchte demnach, an B erxaroak is’ Vorschlag προσπίπτονσαι anknüpfend, προσπεσοϋσαι lesen, und, da das Subjekt des Satzes — die Atome — in der Lücke gestan den haben muss, die ganze Lücke durch < ai ατομοι προσπεσοϋσαι > (20 Buchstaben) ausfüllen. — Dass hier nicht von Atomen in der περιπλοκή gehandelt wird, zeigt ausser άπίασι besonders ον ψανονσαι κτλ. — Durch προσίασι τής πληγής έκλνϋείσης scheint Plutarch anzudeuten, dass die Atome ihre Bewegung verlieren könn ten; wenn er das meint, begeht er vom atomistischen Standpunkt gesehen einen Irrtum. Möglicherweise liegt aber folgender Gedanke zu Grunde. Ein Atom wird von einem anderen abgestossen (άντίκρονσις); da aber die στεγαζόμεναι wie von einer ’Wand’ von πλεκτικαί ατομοι umgeben sind, stösst es, wenn nicht früher, wenigstens an diese an, so dass der Schlag, den es bei der genannten άντίκρονσις bekam, seine Wirkung verliert und gewissermassen als ausgelöscht betrachtet werden kann: das wäre τής πληγής έκλνϋείσης. — Wenn man nun an den Weg eines Atoms von der άντίκρονσις zum nächsten Stoss und dann zurück zur ersten Kollisionsstelle denkt, so nimmt der Hinweg und der Rückweg jeder für sich längere Zeit in Anspruch als der Moment des Zusammenstosses — ungefähr so denkt Plutarch, wenn er sagt, die beiden Atome seien ja mehr als den doppelten Zeitraum von einander frei, und zwar so, dass sie sich nicht berühren oder einander nahe sind. Auf Grund dieser Überlegung meint Plutarch, die Atomkonglomeration sei immer »lose» und könne nicht einen festen Körper erzeugen. (Die Über149
legung setzt allerdings voraus, dass Abstoss und Rückst oss geradlinig verlaufen, was natürlich ein Spezialfall ist.) — — Gegen diese Kritik kann man die obigen grundsätz lichen Erwägungen wiederholen: die Atome und ihre Ab stände voneinander innerhalb eines Dinges sind so klein, dass ein von ihnen gebildetes Ding keineswegs »lose» erscheinen kann. Für die epikureische Sehweise ist es nicht nur die räumliche Nähe einer Anzahl von Atomen, die ein Ding konstituiert, sondern vor allem die Koordination der Bewegungen der Atome; vgl. S. 148.
Von einem anderen Gesichtspunkt aus werden die zusammen gesetzten Dinge betrachtet in e. Hi, 1 p. i l l 6 c—d. Wenn von Kolotes’ Kritik gegen die Ideenlehre Platons die Rede ist, stellt Plutarch fest, dass reell gesehen auch die Epikureer eine Schei dung zwischen beharrlichen und unwandelbaren Existenzen einerseits und veränderlichen Dingen andererseits machen. Auf die Frage, wie berechtigt dieser Einwurf ist, werde ich S. 15 4
155
eingehen; die Stelle gibt uns jedenfalls eine nicht uninteressante epikureische Auseinandersetzung ( = fr. 282) über die Bewegung der Atome in zusammengesetzten Dingen. Plutarch hat sie natür lich hier hergesetzt, um seine Behauptung über die Veränderlich keit der συγκρίματα aus epikureischer Quelle zu belegen. Was Plutarch in den ersten Zeilen sagt (bis ch ολλνμενα είναι einschliesslich) gibt sachlich die epikureische Auffassung richtig wieder, aber um die Ähnlichkeit, auf die er insistiert, über zeugender zu betonen, kleidet er sie in eine platonisierende Sprache, die ihr fremd ist. Das folgende dagegen hält sich in Ausdruck und Inhalt eng an dem Epikureismus: um zu zeigen, dass die Epikureer die συγκρίματα als veränderlich betrachten, greift Plutarch das Lehrstück von dem Abfliessen der εΐό κατ’ δναο άλ.ηϋή- κ ινείγά ρ , το δεμ ή δν ον κινεί. Das Wort άλη&ές hat in epikureischem Sprachgebrauch auch die Bedeutung ύπάρχον (s. fr. 244), und wie D e Witt, Epicurus: All Sensations Are True (Trans. Amer. Philol. Ass. 74 1943 19—32) 31 betont, sind in diesem Sinn alle Wahrnehmungen wahr. Diejenigen εΐόωλα, die die abnormen Eindrücke hervorrufen, sind z. B. Bilder von verstorbenen Menschen, oder, was häufig der Fall ist, kombinieren sich herumfliegende είδωλα gewöhn licher Dinge zufälligerweise zu zusammengesetzten είδωλα, sogenannten συστάσεις, z. B. die είδωλα eines Rosses und eines Menschen zu dem εϊδωλον eines Kentauren. Es handelt sich also um είδωλα, denen keine konkreten Dinge (στερέμνιοι) zu grunde liegen. Betrachten wir nun Plutarchs Wiedergabe dieser epikurei schen Anschauung. Die Schreckensbilder, sagt er, sind nach der Ansicht der Epikureer kein παρόραμα: klar, denn man sieht wirklich etwas. Sie sind kein ψεύδος: wir sahen eben, dass sie άληϋή sind. Auch sind sie nicht άσύστατον — weil sie eben συστάσεις sind. Vielmehr sind sie wirklich, aber natürlich nicht φ α ν τ α σ ί α ι άλη&εϊς (wie Plutarch sagt), denn wie D e Witt,
Epicurus: Π ερί Φαντασίας (Trans. Amer. Philol. Ass. 70 1939 414—427) 415—416 (vgl. auch seinen Artikel Epicurus: All Sensations Are True, 21) überzeugend nachgewiesen hat, ist φαντασία ün epikureischen Sprachgebrauch gleich ενάργεια (so sagt SextUS adv. math. 7, 203 τή ν φαντασίαν, ήν και ένάργειαν καλεϊ), eine wahre Wahrnehmung, ein Vorstellungsbild, dem
167
eine äussere Realität entspricht; die Vorstellungen Geistesschwacher und im Traum werden im Gegensatz dazu φαντάσματα oder ψαντασμοί genannt. Ferner sagt Plutarch, die Sehm-konsbilder seien σώματα und μοοψαί. »Gestalten» sind sie natürlich, aber auch das σώματα ist nicht etwa ein boshafter Zusatz son Plutarch: auch bei Lucrez IV 216—217 werden die »Bilder* corpora genannt.
Etwas weiter unten sagt Plutarch von den Epikureern (2s,3 p. 1123 c): d ram a (die Schreckensbilder) μι) ύπαρχοι, π ίστιν οϊχεσ&αι καί βεβαιότητα καί κρίσιν άληΟείαζ φάσκοντιζ. Viel
leicht unabsichtlich treffend ist hier der Gebrauch von ihm Wort νπ ά ρ χ εικ Epikur meint, wenn diesen Vorstellungen nichts Reales zugrunde liegt, wenn in diesen Fällen Hotter "der Dämonen uns betrügen, dann können wir nie sicher sein, dass sie es nicht auch sonst tun, und so wird unser Lehen voll von ταραχή.
So weit ist die grundsätzliche Wahrheit der Wahrnehmungen beibehalten. Nun erhebt sich aber die Frage, wie die zweite oben S. 165 erwähnte Forderung erfüllt werden soll: wie kann man die Trugbilder des Wahnsinnigen von normalen Wahr nehmungen unterscheiden? Auch Epikur würde zugeben, dass die Wahrnehmungen des Geistesschwachen »falsch» sind, nämlich in dem Sinne, dass ihnen zwar d δωλα, aber keine konkreten Dinge in der Aussenwelt zugrunde liegen. Darüber also, dass sie nicht zuverlässig wie die normalen Wahrnehmungen sind, ist Epikur durchaus derselben Ansicht wie der Alltagsmensch. Und die Frage »wie weiss man denn, dass diese Eindrücke unzuverlässig sind?» würde er sicher genau so wie der Alltagsmensch beantworten. Man stellt eben fest, dass nicht alle Menschen solche Vor stellungen haben, man vergleicht mit gleichzeitigen Wahr nehmungen anderer und mit eigenen späteren und (mit Hilfe des Gedächtnisses) früheren Wahrnehmungen, kurz mit seiner ganzen Erfahrung. Man fragt, ob das, was man sieht, sich der Struktur der Aussenwelt einfügt: kann man es berühren, hören, 168
Plutarch gegen Kolotes
riechen, schmecken-' Kann man mit ihm »Experimente anstel len», d. h. es unter verschiedenen Bedingungen beobachten? Hat es eine gewisse Dauerhaftigkeit, wie die Dinge der Aussenwelt? Wenn die Antworten verneinend sind, haben wir es mit einer »falschen» Vorstellung zu tun, die von είδωλα ohne Rück halt in der konkreten Aussenwelt hervorgerufen worden ist. In der.Praxis zeigen natürlich ein oder ein paar Merkmale zur Genüge, dass wir uns einer Halluzination gegenübersehen. Die angedeutctc Kontrolle kann aus einleuchtenden Gründen erst nachträglich geschehen.
c. »Optische Täuschungen». Die an il ere Klasse von Fällen, wo sich die Wahrnehmungen als unzuverlässig erweisen, sind die sog. Sinnestäuschungen. Auf diese einzugehen bekommt Plutarch Anlass bei seiner Ver teidigung der Kyrenaiker (25,2 - 1 0 p. 1121 a-e = Epic. fr. 252). Kolotes hatte diese getadelt wegen ihrer Ansicht, man müsse sich auf Aussagen über die eigenen Eindrücke beschränken und dürfe nichts von der äusseren Welt behaupten. Plutarch ent gegnet, auch der Epikureismus kenne Fälle, in denen der Ein druck nicht so ist wie das Ding, und erwähnt die bekannten Beispiele »Turm in der Ferne» und »Ruder im Wasser». % Beim Turm, der nahe gesehen eckig ist, aber von weitem rund aussieht, fasse ich die epikureische Einstellung folgendermassen auf. Dass ein entferntes Objekt klein aussieht, ist auf Grund der Verminderung der είδωλα Idar (s. S. 165—166). Nun bezeugt Sextus adv. math. 7, 209 (Epic. fr. 247 p. 180, 33—34), dass in diesem Fall die Ecken der Bilder bei dem Weg durch die Luft abgebrochen werden, so dass das Bild bei seinem Ein treffen in dem Auge rund wirkt. Dies klingt allerdings etwas bedenklich; B a i l e y The Greek Atomists and Epicurus (1928) 257 nennt es »a fatal admission». Und falls es sich um eine will kürliche Deformierung der είδωλα handeln würde (wie Bailey anscheinend glaubt, vgl. a. a. 0 . 257 Auf.: »these ’idols’ in 169
R olf W estman
their transit from an object at a distance rn a y b e a l t e r e d» [von mir gesperrt|), wäre eine solche Lehre wirklich gefährlich. Aber in der Tat ist dies ja kein Ausnahniefall: alle είδωλα werden bei der Fahrt durch die Luft verkleinert (vgl.S. i t;r>
1 66),
und obgleich die ursprüngliche Gestalt beibehalten wird, ver mögen wir bei sehr beträchtlicher Verkleinerung die Form nicht mehr deutlich zu sehen: das Bild wird unklar, die Kon turen sind nicht mehr scharf, sondern verschwimmen
mit
dem Ergebnis, dass der Turm rund aussieht. Also: die είδωλα bewahren die Form des Objektes, die »Formveränderung» hat seinen Grund in der Begrenzung unseres Sehvermögens.2 * Während die epikureische Erklärung im Turmfall sicli mit der Affizierung der είδωλα auf dem Weg zu unserem Sehorgan be fasste, hat die Erklärung im Fall des »gebrochenen Ruders» mit unserem Verhalten zu dem in der Wahrnehmung gegebenen zu tun (über die zwei Arten der Erklärung s. S. 164). Denn wir sehen ja nicht ganz allgemein ein gebrochenes Ruder, wir sehen auch, dass das Ruder zum Teil im W a s s e r steckt, und wenn wir diesen in der Wahrnehmung gegebenen Umstand nicht beachten, nehmen wir in unerlaubter Weise etwas von der AVahrnehmung weg (s. Epic. fr. 247, p. 18], 9—11). Hierauf haben Phillip und Estelle D e L a c y , Philodemus: On Methods of Inference (1941) 139 aufmerksam gemacht: ».. . certain features of the original perception may be neglected. When an1 1 Lucr. IV 355—363 lässt deutlich verstehen, dass die »Verschwiinmung» bei grossen Abständen immer stattfindet. s Wenn es bei Sextus 7,209 (Epic. p. 180, 33 —35) von dem Turm heisst έστi μικρόν και τοιοντόσχημον, τ fj διά τον άέρος ψορρ άπο&ρανομένων των κατά τά είδωλα αεράτων, so haben wir keinen Grund, die Worte ττ) . . . αεράτων auf τοιοντόσχημον eher als auf μικρόν zu bezie hen. Wahrscheinlich gehören sie zu beiden: unterwegs werden die αόρατα (richtig nicht »Ecken», sondern »Grenzen»; die άαό&ρανσις trifft gleichmassig den ganzen Umriss der εϊδωλ,α) der Bilder abgenützt, die Bilder somit verkleinert, und d a d u r c h , weil wir bei sehr kleinen Bildern die Form nicht mehr deutlich zu sehen vermögen, sehen sie dann anders gestaltet aus. 170
oar is seen to be bent in water, the circumstance of the water may be neglected and the oar judged to be really bent or broken. In this case we actually subtract from the original perception, that is, disregard a part of the clues or signs it furnishes.» Der Pall des Rudere erfüllt einfach eine stillschweigende, aber wichtige t’oraussetzung für normales Sehen nicht: zwischen uns und dem wahrgenommenen Ding muss es Luft geben. Die είδ ω λα
bewegen sich ja durch Luft (Lucr. IV 198; vgl. das
eben über die είδωλΜ vom Turm gesagte). In diesem Fall aber kommen die Bilder teilweise durch Luft und teilweise durch Wasser. Es besteht kein Grund zu glauben, dass sie sich in jeder Hinsicht so benehmen werden wie solche
είδ ω λ α ,
die
nur durch Luft zu dem Auge des Beobachters gelangen. Darüber, wie Epikur sich die Bewegung der είδωλα durch das Medium Wasser dachte, sind wir nicht unterrichtet; Haupt sache ist hier aber die Bemerkung, dass das Eingetauchtsein ins Wasser in Wirklichkeit mit wahrgenommen wird; so kann es nicht befremden, dass wir das Ruder gebrochen sehen, ob wohl es, wie die Wahrnehmung durch Nur-Luft zeigt, gerade ist. *
Im Fall des »gebrochenen Ruders» gibt also eine andere Wahr nehmung eine richtigere Auffassung von dem Ding als die erste Wahrnehmung, die eine »Täuschung» war. Diese Möglichkeit zu Kontrolle, auf die Epikur grossen Wert legt, sei etwas näher betrachtet. In sehr grosser Entfernung können wir nicht ganz klar sehen (eine Tatsache, die die S. 170 genannte physiche Erklärung hat), aber unsere Wahrnehmung ist in dem Sinne wahr, dass sie uns das Ding so zeigt, wie es in diesem Abstand für uns ist. Wenn wir nun auf Grund dieser Wahrnehmung aus der Ferne anneh men, dass es in einer bestimmten Weise beschaffen ist, bilden wir eine
δόξα ;
d i e s e kann sich als wahr oder falsch erweisen:
durch Ansicht aus der Nähe (also durch eine έ ν ά ρ γ ε ια ) kann sie entweder Bestätigung erfahren (έπ εμ α ρ τυ ρ ή & η . Epic. fr. 247 171
R olf W estmax
p. 181, 20) oder nicht bestätigt werden (ου* επεμαρηρήϋη^ Epic. p. 182, 15). Plutarch hat Recht, wenn er 25, 10 p. 1121 e sagt: λέγοντες: die Epikureer nennen die Schmerz losigkeit Lust, geben also einem bewegungslosen Zustand den Namen eines πά&ος (was nach Plutarchs Ansicht absurd ist). — Das πόνου καί ηδονής μηδέν είναι μέσον könnte an sich eine 1 In diesem A bschnitt verweise ich durch »D iano, Eth.» auf das Werk: Epicuri E th ica, edidit adnotationibus instruxit C. D i a η o. Florentiae
1946. 12 — Acta Philos. Fenn.
177
von Plutarch aus den Worten ήδεσθαι το μ ή άλγεϊν . . . λέγοντες gezogene Folgerung sein, aber die Parallele in dem epikureischen Ethik bei Cicero
De
H e fe r a t
der
fin. 1,11,38 itaque non placuit
Epicuro medium esse quiddam inter dolorem et voluptatem zeigt, dass der »Zwischenzustand» von Epikur expressis verbis ge leugnet wurde. * Um gegen Kolotes’ Angriff zu zeigen, dass aneli für den
Skeptiker die Lust etwas Gutes ist, zieht Plutarch 27,1 p. 1122 d ein epikureisches Prinzip hervor: αίσθηση· εχειν δει καί σάοκινον είναι, καί φανεΐται ηδονή άγα&όν.
Dieser Satz ist nicht, wie
U s e x e b adn. ad Epic. p. 279, 21 wollte, von K olotes (s. oben
S. 79), sondern allgemein epikureisch, wie schon das ein führende αυτών γ ε τούτω ν (von P o h le n z vortrefflich mit < άκονομεν βοώνταεν > vervollständigt, wenn auch vielleicht
nicht ausgefallen war) zeigt. Der Satz besagt, dass der Besitz eines Körpers (σ«οί. vgl. S. 159) und von Empfindung die hinreichenden Bedingungen sind, um die Lust als ein Gutes zu betrachten. Interessant ist die konstatierende Form (vgl. v. Λ »mm, Art. Epikuros 4 in RE VI [1909] 153,13 ff.), mit der man die bekannte Illustration des Lustprinzips durch das Beispiel der Tiere und der Kinder vergleichen kann (fr. 398). Wohlgemerkt treffen die hier ge nannten Bedingungen auch für die Tiere zu. Bei ηδονή denkt man zunächst an die positive Lust, aber die »stillstehende» wird mitgemeint sein: wer einen K ö r p e r
hat und Schmerz und
Krankheit
e m p f i n d e n kann, der weiss das σαοκός ευσταθές κατάστημα (fr. 68) zu schätzen. sic
Den berühmten epikureischen Satz, dass das Gute seinen Sitz im Magen hat (Epic. fr. 409 αρχή καί βίζα παντός άγαθον ή τής γαστρός ήδονή ) erwähnt Plutarch in Adv. Col. an zwei Stellen
(2, 7 p. 1108 c und 30, 4 p. 1125 a), und zwar in der Formu lierung π ερί γαστέρα το άγα&όν είναι, die er (wie aus Non posse 3 p. 1087 d hervorgeht) von Metrodor her kennt; vgl. S. 207. 178
Gewöhnlich wird diese Stelle zu den Zeugnissen über die positive Lust gerechnet, wie auch U se n e r sie unter der Rubrik De voluptate movente gestellt hat. Jedoch scheint mir die in neuerer Zeit vorgebrachte Ansicht1 richtig zu sein, nach der der Satz vielmehr auf die
κ α τ α σ τ η μ α τ ικ ή η δ ο ν ή
Bezug hat,
denn der Magen vermag tatsächlich nur solche Lust zu fühlen, die in der Entfernung des κ α τ ’ ε ν δ ε ια ν ά λ γ ο ϋ ν ( K . δ. 3) besteht; die Variationen,
π ο ικ ίλ μ α τ α ,
und die angenehmen Bewegungen
(vgl. gleich unten), die die positive Lust ausmachen, kann (wie jedem bekannt ist) wohl z. B. der Gaumen, nie aber der Magen empfinden (Lucr. IV 627—629). Die τ ή ς γ α σ τ ρ ό ς η δ ο ν ή ist also die Schmerzlosigkeit oder einfach die Gesundheit2 des Magens. In diesem Sinn sagt Metrodor, dass das Gute mit dem Magen zu tun hat. * Deutlich von der positiven Lust handelt dagegen die Stelle 27, 2 p. 1122 e ( = fr. 411): »die glatten und streichelnden Be wegungen des Fleisches locken ohne Lehrer». Dies ist die andere epikureische Lehre, durch welche Plutarch beweisen will, dass der Skeptiker sehr wohl handeln kann (vgl. S. 178). Zum Gedan ken »ohne Lehrer» vgl. fr. 398, Epic. p. 274,31—32: δ τ ι φ ν σ ικ ώ ς κ α ι ά δ ιδ ά κ τ ω ς τ ο ζ ω ο ν φ ε ύ γ ε ι μ ε ν τ ή ν ά λ γ η δ όνα, δ ιώ κ ε ι δ ε τ η ν ηδονήν.
Den Ausdruck
λ ε ΐα ι κ α ι π ρ ο σ η ν ε ίς κ ιν ή σ ε ις
hat Epikur
von Aristipp übernommen. * Auch die positive Lust der S e e l e kommt in Adv. Col. zum Vorschein: D iano , La psicologia di Epicuro e la teoria delle passioni II (Giom. crit. della filos, ital. 1940 151—165) 164 hat*8 1 D i a n o , La psicologia di Epicuro e la teoria delle passioni II (Giom. crit. della filos, ital. 1940 151-165) 160 n. 3; D i a n o , Eth. p. 137, 17; K a t h l e e n F r e e m a n , Epicurus — A Social Experiment (Greece & Rome 7 1938 156—168) 165. Vgl. auch B i g n o n e , L’Aristotele perduto (1936) II 226. 8 Vgl. K at hl e e n F re e man in dem eben angeführten Artikel 165: *If instead of ’pleasure’ he had said ’health’, there would have been no scandal.* 179
darauf aufmerksam gemacht, dass die Ausdrücke, die Pint arch 1 7 , 3 p. 1117 a als Proben epikureischer Überschwenglichkeiten, die die Bezeichnung φορτικός verdienen würden, anführt ( = Epic, unter fr. 143), in Wirklichkeit Beispiele von beweglicher Seelen lust, von χαραί und ευφροσνναι sind. Es sind die Ausdrücke βρόμοι, όλολυγμαί, κροτο&όρυβοι, σε βάσεις, έπιϋειάσεις.
b. Betonung der Idee der epikureischen Lust gegenüber Idealen anderer Philosophen. Plutarch sagt 13, 2 p. 1113 f, dass Parmenides durch die von Kolotes so genannten α ισ χ ρ ά σ ο φ ίσ μ α τ α keineswegs τ ο ν κ α λ ό ν το α γ ω γ ό ν εφ ' ε α υ τ ό και δ ι’ ε α υ τ ό τ ίμ ιο ι· ά φ ε ΐλ ε . Hierbei scheint deutlich Plutarchs Ansicht durch, dass die E p i k u r e e r den Eigenwert des
καλόν
leugnen.
In der Tat führt Plutarch in Adv. Col. an drei verschiedenen Stellen solche epikureische Aussprüche an, in denen das ethische Ideal des Epikureismus zu demjenigen anderer Philosophen in Gegensatz tritt. Zu besserem Verständnis dieser Stellen sei zuerst Epikurs Verhältnis zu jenen Idealen, den καλόν,
ά ρ ετα ί
und dem
betrachtet. Für unseren Zweck können dabei άρεταί und
als Synonyme behandelt werden, wie z. B. fr. 70 zeigt, WO Epikur von το κ αλώ ν κ α ί τ ά ς ά ρ ετ ά ς κ α ι τα τ ο ιο ν τ ό τ ο ο π α xò κ α λό ν
spricht; vgl. auch Diano, Eth. p. 113, 37: »το
καλόν
universe
de omnibus virtutibus dictum habes in Frr. 70; 512». Aus der Auseinandersetzung des Epikureers Torquatus bei Cicero De fin. 1, 13. 42—16, 54 erhellt, dass laut Epikur die Tugenden nicht um ihrer selbst willen erstrebenswert sind, sondern als Mittel und Wege zum Erlangen der Lust, das heisst, wie Torquatus mit Sorgfalt ausführt, der Ataraxie. Hiermit stimmt die kurz dogmatische Angabe Epic. fr. 504 ( = Diog. Laert. 10, 138) διά δε τη ν ηδονήν καί τάς άρετάς αίρεΐσθαι, ον δι’ αυτός, ώσπερ την Ιατρικήν διά την νγίεια ν (also als Mittel!)
überein, und die Stellung der Tugenden umreisst mit vorbild licher Klarheit Diogenes von Oinoanda fr. XXV col. I l l 1—8 William: τάς δε άρετάς . . . ποιητικάς τοϋ τέλους είναι. In der
Tat besteht zwischen den Tugenden und der Lust ein unauflös barer Zusammenhang; sie sind, philosophisch gesagt, die not wendigen u n d hinreichenden Bedingungen füreinander, wie aus folgenden Texten hervorgeht: Epikur epist. III 132 am Ende σ ν μ π ε φ ύ χ α σ ι γ ά ρ α ί ά ρ ετ α ί τώ ζ η ν ή δ έω ς, κ α ί τ ό ζ η ν ή δ έω ς
τ ο ύ τ ω ν έ σ τ ίν ά χ ώ ρ ισ τ ό ν .
Torquatus ap. Cic. De fin.
1,16,50 Ut enim sapientiam temperantiam fortitudinem copulatas esse domi cum voluptate, ut ab ea nullo modo nec divelli nec distrahi possint, sic de iustitia indicandum est. So auch Epic. fr. 506 ( = Diog. Laert. 10, 138) βούλεσ ϋα ί φησι τον κατ' αυτόν σοφόν, πίσ τιν γά ρ λαβεϊν π ερ ίτο ϋ λα θ εϊνού δύνασ&αι. ώστε εϊ πεισ&ήσεται λή σ ειν, άδικήσει κατ’ αυτόν. Wohlgemerkt han
delt es sich hier um ein άδικεϊν ε π ί κ έ ρ δ ε ι τ ι v i, aber auch in diesem Fall wird die gesetzwidrige Handlung nicht auto matisch auf die Beseitigung der Furcht folgen, sondern erst tritt der λογισ μ ός des Weisen in Funktion und entscheidet, ob die Handlung zu tun ist oder nicht. Der Vollständigkeit halber sei noch auf das meiner Deutung von fr. 18 scheinbar widersprechende fr. 533 eingegangen (es 188
Plutarch gegen Kolotes
stammt aus einer herkulanensichen Rolle): ού παρόντος ούδενός ό κεκτημένος [το τον] γένους τέ[λ]ος \πα]ρα[πλησίω]ς έστίν άγαϋ[ός], Nach Ansicht von K a t h l e e n F r e e m a n (in dem
S. 179 Anm. 1 angeführten Artikel, 162) deutet Epikur hier ein absolutes Ideal der Gerechtigkeit an. Aber erstens ist άγαϋός nicht auf die δικαιοσύνη beschränkt, und zweitens ist der Satz aus der epikureischen Lehre heraus gut zu erklären. Der κεκτημένος το τον γένους τέλος ( = das natürliche Gute des menschlichen Geschlechts, vgl. D ia n o , Eth. p. 114, 4—21) ist natürlich kein anderer als der σοφός ; von diesem heisst es fr. 222 a ( = Diog. Laert. 10, 117) τον άπαξ γενόμενον σοφόν μηκέτι τη ν εναντίαν /.αμβάνειν διάϋεσιν: er wird also άγαϋός
sein ganz unabhängig davon, ob jemand anwesend ist oder nicht, unabhängig von anderen Menschen (vgl. das Ende von Sent. Yat. 45: die φ υσιολογία erzeugt Menschen έπ'ι τοϊς Ιδίοις άγα&οϊς . . . μέγα φρονοϋντας). Freilich möchte man gern den ganzen Zusammenhang kennen, in dem fr. 533 stand. Hiermit hoffe ich die tiefere Behandlung von fr. 18, die U n t e r s t e in e r in seiner Besprechung von D iano s Buch »Epi
curi Ethica» in Rivista di Storia della Filosofia 3 1948 74 als wünschenswert bezeichnet, wenigstens eingeleitet zu haben. * Gleich nach dem eben behandelten Fragment zitiert Plutarch 34, 2 p. 1127 d, um die Feindlichkeit Epikurs gegenüber den Gesetzen noch mehr zu beleuchten, ein Stück aus einem Brief von Epikur an Idomeneus1: μ η νόμοις και δόξαις δουλενοντα ζην, έφ ’ δσον &ν μ η τή ν διά το ν πέλας έκ π λη γή ς οχλησιν παρασκενάζωσιν (fr. 134). Auf dem ersten Blick sieht dies so aus, als
ob Epikur eine systematische Übertretung der Gesetze, insofern deren Beobachtung nicht durch Gewalt erzwungen wird, emp fehlen würde, also nach Plutarchs bald folgender Interpretation (34, 3 p. 1127 e) των δε νόμων παρακελενάμενοι (sc. Epikur 1 Die Einführung πά/,ιν δ' ο ί μ α ύ προς'Ιδομενέα γράφων διακε/τν εται deutet wohl an, dass Plutarch aus dem Gedächtnis zitiert.
189
und Metrodor) περιφρονεϊν, εάν μ ή π ροσή φόβος π λη γή ς καί κολάσεως, und Z e l l e r , Phil. d. Griechen III: 14 (1909) 472
Anm. 4 führt unsere Stelle unter den Belegen für Epikurs Ansicht an, dass die Ungerechtigkeit nur wegen der Furcht vor Entdeckung und Strafe ein Übel ist. Nun ist uns dieses Brieffragment, dessen Mahnung sich offenbar auf die speziellen Lebensumstände des Idomeneus bezieht, ohne den Zusammenhang des Briefes nur halb verständlich.1 Vor dem μ ή νόμοις και δόξαις δονλενοντα ζην hatte Epikur gewiss positiv angedeutet, wie man leben soll, doch Plutarch hat nur das angeführt, was sich für seinen polemischen Zweck eignete. Aber kein Wort sagt Epikur von των νόμων π εριφ ρονεϊν : er mahnt Idomeneus, nicht a l s S k l a v e
der νόμοι und δόξαι
zu leben; die letzteren sind die Meinungen der Menschen (vgl. fr. 202 6 ούν τ ή φ ύσ ει παρακολουθούν και μ ή ταϊς κεναϊς δόξαις έν πάσιν αυτάρκης), was wiederum für das Wort νόμοι in diesem
Zusammenhang die Bedeutung »Bräuche» nahe legt (obwohl auch z. B. Gigon, Epikur: Von der Überwindung der Furcht [1949] 62, fr. 22 »Gesetze» übersetzt). Sich nicht sklavisch nach B r ä u c h e n und Meinungen zu richten, wäre dann Epikurs Vorschrift — und eine solche Deutung wird durch folgendes gestützt: Epikur sagt ausdrücklich, dass die δχλησις (Be lästigung, Störung), die uns die νόμοι und δόξαι unter Umstän den bereiten können, διά τον πέλας, seitens »unseres Nächsten», erfolgt, also nicht seitens der Obrigkeit, deren Strafe auf einer Verletzung der G e s e t z e
folgen würde.2 Unsere Mitmen-
1 Vgl. W ilamowitz , Commentariolum grammaticum III (1889) 13: man muss nie vergessen »ea quae nunc in universum disputari videantur ab Epicuro amicoque dicta esse ad certum hominem in certo». 1 Kein Grund liegt vor, die Worte διά το ν π έλα ς ändern zu wollen (vgl. B f. r n a r d a k is ’ Apparat). Commonsense-artige Emendationen ■wie B u r y ’s (in Pohlenz’ Ausgabe p. 224) τ η ν διά τ ο ν άπειλήσα ι π λ η γά ς δ χλη α ιν und Bernardakis’ τ η ν διά τ ή ς κολάσεως καί π λ η γ ή ς δχλη σ ιν zerstören die Eigenart der Diktion in der Stelle. — P o h le n z vergleicht im App. zu π έλα ς in der Bedeutung »Nächster» den Sophisten Antiphon B 58 (Vorsokr.® II 364, 2. 5); näher hätte jedoch Epikur Sent. Vat. 15 gelegen, und auch sonst ist dieser Gebrauch des Wortes nicht ungewöhnlich.
190
sehen können mit Schlägen dazwischentreten, wenn wir uns den bestehenden Gebräuchen und Meinungen gegenüber allzu frei benehmen (vgl. Sent. Vat. 70 Μηδέν σοι έν βίω πραχϋείη δ φόβον παρέξει σοι, εΐ γνωσϋήσεται τφ πλησίον). Der von edlem Geschlecht stammende Idomeneus war politisch tätig, nicht am Hof des Königs Lysimachos, wie U s e n e b Epic. Index nominum s. v. Ίδομενενς p. 408 vermutete, sondern wie M om igliano, Su alcuni dati della vita di Epicuro (Riv. di
filol. N. S. 13 1935 302—316) 306—307 wahrscheinlich macht, am Hof des Antigonos Monophthalmos, der 301 starb. Epikur hat anscheinend versucht, Idomeneus von jenem Leben ab zuziehen (fr. 133, vgl. fr. 132) und der Philosophie zuzuwenden (wie Momigliano a. a. Ο. 307 will, stammen diese Mahnungen aus der ersten Zeit von Epikurs Bekanntschaft mit Idomeneus): hierher ist wohl mit U s e n e h (a. a. 0. s. v. Ίδομενεύς »revo catur a vitae civilis turbis f. 132—4») auch unser Fragment zu ziehen. Epikur mahnt Idomeneus, seine Lebensführung nicht völlig von der Rücksichtnahme (das besagt δονλεύειν, vgl. Epic. fr. 398, p. 275, 1 μηδέπω τοϊς κατά δόξαν δονλεϋον [sc. το ζώον\) auf das bestimmen zu lassen, was Brauch ist und was die Menschen denken, aber doch nicht so bei den Mit menschen anzustossen, dass er sich handgreiflicher Zurecht weisung aussetzt. Auf diesen Rat reduziert sich die angebliche Verachtung der Gesetze. Die sprachliche Form des Satzes ist eigenartig. Έ φ ’ 3aov(vg1. fr. 203) deutet die Grenze an, bis zu der man sein μ ή δονλεύειν betätigen kann; dann sind die νόμοι καί δόξαι persönliches Subjekt:
s i e erzeugen τήν δχλησιν, die unangenehme Er
fahrung, die man machen muss, wenn man die allgemein herr schende Ansicht verletzt hat; endlich wird das direkt Wirkende durch den Ausdruck mit διά angegeben, und hinzu tritt εκ πληγής, um die Art der δχλησις näher zu bestimmen. Was die Wörtlichkeit der Anführung betrifft, mag Plutarch im Anfang den Wortlaut modifiziert haben, und von W id m a n n , Beiträge zur Syntax Epikurs (1935) wird die Stelle nicht berücksichtigt,
also als nicht wörtlich angesehen. Dagegen könnte m,-in den prägnanten Ausdruck την διά τον πέλας ίκ πληγής υχλησιν sehr wohl dem Epikur Zutrauen, dessen Gebrauch von Präposi tionen häufig ist (W jdmann 230 Anf.).
d. Menschliche Beziehungen. Unter den
π ε π ισ τ ε ν μ ε va,
die die Epikureer aufhehen (27, 6
p. 1123 a) führt Plutarch folgende Anklage an:
τΰ δε φ ύ σ ει
π ερ ιέχ εσ & α ι τά τ ε κ ό ν τ α τ ώ ν γ ε ν ν ω μ έ ν ω ν (γ ε ιν α μ έ ν ω ν
Eli. c o it.
P o h len z) ο ν χ ί π ά σ ι φ α ιν ό μ εν ο υ α ν α ιρ ε ίτ ε ; (Epic. fr. 528).1
Abgesehen von einer Stelle bei Arrian (Epict. diss. 1 23, 3 = Epicurea p. 319, 17—18) berichtet nur Plutarch über diese epikureische Lehre, gegen die er in seiner Jugend die unvollen det erhaltene Deklamation ’De amore prolis’ richtete (vgl. Z ie g le r , Art. Plutarchos 2 in RE XXI: 1 [1951] 743—741 = S. 107—108 des Sonderabdrucks). Dieses Schriftchen versucht durchgängig zu zeigen, dass die Elternliebe den Menschen an geboren
(φ ύ σ ε ι)
ist (dies ist auch die Ansicht von Demokrit
(B 278), wie beiläufig bemerkt sei), und gegen Epikurs Ansicht, dass die Eltern ihre Kinder nur wegen des Nutzens lieben, wird hervorgehoben, dass die Kinder oft keinen grossen Nutzen bringen, aber dass die Eltern sie trotzdem lieben. Ausdrücklich erwähnt wird Epikurs Ansicht jedoch nur einmal im Vorüber gehen (2 p. 495 a ) 2; sie wird gleich vom Anfang der Schrift an als bekannt vorausgesetzt. Dagegen war Plutarch in der Auf zählung von epikureischen Lehren an unserer Stelle gezwungen, das Lehrstück expressis verbis zu bezeichnen, und so ver danken wir dieser Stelle in Adv. Col. die ausdrücklichste For mulierung der epikureischen Lehre von dem Eltemgefühl. 1 Von D ia n o , Eth. sind für Epikurs Ansicht über die Elternliebe merk würdigerweise keine Belege aufgenommen worden. - In seiner Ausgabe von De amore prolis (Moralia III 260, 21) ergänzt P o h le n z < καίτοι > κατ’ ’Επίκουρον, nicht < εί > κατ’ 'Επίκουρον, wie es bei Usener fr. 527 p. 320, 16 steht.
192
Die Epikureer bestreiten, dass es den Eltern von der Natur eingegeben {φύσει) sei, sich ihrer Kinder anzunehmen. Dies ist einfach eine Folge von Epikurs Ansicht darüber, was φύσει gut und schlecht ist (vgl. Zeller , Phil. d. Griechen III: l 4 [1909] 475): die Tiere und Menschen vermeiden von Natur jeden πόνος (Epic. fr. 398, besonders Sextus adv. math. 11,96), also auch die Mühe um die Kinder. Damit will Epikur nun mitnichten verneinen, dass die Eltern ihre Kinder t a t s ä c h l i c h schützen und lieben, auch meint er keineswegs, dass sie es nicht tun sollen, wie schon sein eigenes Verhalten seinen Eltern und Brüdern gegenüber beweist (Diog. Laert. 10, 10 = Epic. p. 364, 9—10 ή τε πρός τους γονέας ευχαριστία και ή προς τους άδελφονς ενποιΐα), welches übrigens auch Plutarch anerkennt (De frat. amore 16 p. 487 d). Auch sonst erkannte Epikur die positiven Seiten des Familienlebens an (s. B ailey , The Greek Atomists and Epicurus 521—522). Das Partizip φαινόμενου in unserer Stelle ist konzessiv (parallel mit dem Ausdruck παρά την πάντων αϊσϋησιν im folgenden): »obwohl dies allen Menschen eine augenscheinliche Tatsache ist»; vgl. den Inhalt der Deklamation De amore prolis. * Über die epikureische Freundschaft gibt es in Adv. Col. nur eine einzige Angabe, und zwar gehört diese zu den scheinbar altruistischen Äusserungen, die m it Epikurs Betonung der utilitaristischen Basis der Freundschaft unvereinbar scheinen mögen, aber die n'chtdestoweniger Vorkommen: 8, 7 p. 1111 b τής ηδονής ένεκα τη ν φιλίαν αίρονμενος υπέρ των φίλων τάς μεγίστας άλγηδόνας άναδέχεσθαι (Epic. fr. 546). Plutarch führt diese Lehre verständlicherweise unter den Inkonsequenzen im Epikureismus an. Dass Epikur für einen Freund (unter Umständen, müssen wir hinzufügen) leiden würde, ist zunächst daraus zu verstehen, dass die Freundschaft nach Epikurs eigener Aussage zu einem Selbstzweck w i r d 1, obwohl ihr Ausgangspunkt der Nutzen 1 Hervorgehoben besonders von G igon , Epikur: Von der Überwindung der Furcht (1949) S. XXXII. 13 — Acta Philos. Fenn.
193
ist (Sent. Vat. 23 Πάσα φιλία δι έαντην αιρετή, άοχήν δέ ; ίληφεν από τής ώφελείας). Dieser Übergang ist ausgezeichnet dargelegt bei Cicero De fin. 1, 20, 67—68. Aber vom rein egoistischen Standpunkte werden wir in einem Gedanken wie ’für einen Freund leiden’ einen Spezialfall der συμμέτρησις der Lust und Unlust (Epikur epist. III 129) sehen: καί πολλά; à/.γηδόνας ηδονών κρείττους νομίζομεν, έπειδάν μείζων ήμιν ηδονή παρακολονθή πολνν χρόνον νπομείνασι τάς άλγηδόνα;. Die grossere Lust wäre in unserem Falle etwa folgende: die Dankbarkeit des Freundes, dem wir in schwerer Lage geholfen haben, wird ihn felsenfest uns verbunden machen und so unserem Leben grös sere Sicherheit verleihen, also unsere αταραξία erhöhen. Übri gens empfindet der Weise nicht grösseren Schmerz, wenn er selbst gefoltert wird, als wenn der Freund gefoltert wird: Sent. Vat. 56. Es kann nach Epikurs Ansicht sogar der Fall ein treten (ποτέ !), dass der Weise für einen Freund sterben wird (fr. 590).
Noch eine dritte Stelle in Adv. Col. möchte ich unter die Überschrift »Menschliche Beziehungen» führen. Nachdem Plu tarch 20, 4—5 die epikureische Lehre von dem »unbenennbaren» Seelenteil als eine Unfähigkeitserklärung, das Wesen der Seele ganz zu erfassen, hingestellt hat, fügt er hinzu (20, 5 p. 1118 e): 'έχέτω δε συγγνώμην καί τούτο’, ώς ?.έγονσι (Epic, fr. 314 p. 218, 18—19). Auf Grund dieser Stelle behauptet D e W itt , Roman Epicureanism (Trans, of the Royal Society of Canada, Ser. 3 Voi. 39 1945 Sect. 2 31—44) 34 η. 18 a: »Forgivingness was an Epicurean trait». Zwar wird der Satz nicht ausdrücklich als epikureisch gegeben, und das ώς λέγονσι könnte auch allgemein gemeint sein (λέγονσι — λέγεται), aber der Zusammenhang legt es doch nahe, die Epikureer als das Subjekt von λέγονσι zu betrachten. Und dass es zur epikurei schen Schulpraxis gehörte, Fehltritte zu verzeihen, ersieht man z. B. aus Philodem Περί παρρησίας col. 20 (p. 10 Olivieri) = Epic. fr. 16 έτι δε την μεριζομένην συνγνώμην έν οϊς διέτιεσον. Zu vergleichen ist Sent. Vat. 62: wenn die Eltern uns 194
mit Recht zürnen, ist es töricht, άντιτείνειν καί μ η παοαιτείαϋαι συ)γνώμης τυχεΐν. Plutarch kannte den Satz über die Verzeihung als eine epi kureische Redeweise, wohl aus Briefen der Schulmitglieder.
e. Eine Bestimmung m dem Weisen. Als Beweis dafür, dass Kolotes ebenso wie Sokrates die Wahr nehmungen für unzuverlässig hält, sagt Plutarch 19, 2 p. 1117 f: iv γάρ έστι των ’Επικούρου δογμάτων, τό μηδέν άμεταπείστως πεπεΐσϋαι μηδένα πλην τον σοφόν (Epic. fr. 222). Plutarch ist im Unrecht, wenn er diese Aussage auf die Über legenheit der W a h r n e h m u n g e n des Weisen bzw. seines Wissens über die äussere Welt bezieht. Dass die Eindrücke von aussen alle Menschen in derselben Weise beeinflussen, besagt das Fragment 561 ον κινεϊσϋαί τε (zur Bedeutung des κινεϊσ&αι vgl. Diog. Laert. 10, 32 am Ende, wo es von den Eindrücken in abnormen Zuständen und im Schlaf heisst κινεί γά ρ· τό δέ μή ον ον κινεί) έτερον ετέρου σοφώτερον (vgl. U sener ad locum, Epic. p. 330, 2). Vielmehr ist der Satz einfach die positive, dem σοφός geltende Seite derjenigen Bestimmung, die Torquatus bei Cicero De fin. l, 18, 61 den φαύλοι (genauer gesagteiner gewissen Art von φαύλοι) gibt: numquam in sententia permanentes. Unwandelbare Überzeugungen kann es nur in dem Weisen geben: er ist inner lich gefestigt (vgl. S. 92), weil er stets das Wesentliche sieht. Ahe Begebenheiten und Verhältnisse des Lebens betrachtet er im Licht desselben Prinzips, darum ist er auch αμετάπειστος. Die πολλοί dagegen folgen bald dem einen, bald dem anderen Leitstern und lassen sich von den δόξαι hin und her werfen (K. δ. 25). Nur nebenbei möchte ich das viel allgemeinere fr. 222 a ( = Diog. Laert. 10, 117 άλλά καί τον άπαξ γενόμενον σοφόν μηκέτι τη ν έναντίαν λαμβάνειν διάϋεσιν) heranziehen, ZU dem Diano, Eth. p. 84 (zu Diog. Laert. 10, 117, 4) nachUsENERS Vorgang unsere Stehe vergleicht.
R olf W f. stxja>
Formal ist zu bemerken, dass in der langen, ganz in Unordnung überlieferten (vgl. Epic, praef. X X X IV —XXXV) Liste der Bestimmungen des σοφός bei Diog. Laert. 10, 117—121 die Form unseres Fragments nicht vorkommt, wohl aber die Form μόνον τόν σοφόν usw., die ja denselben Sinn hat.
f. Anhang: Stellen in Adv. Col., die mit Unrecht als epi kureische Lehrberichte aufgefasst worden sind. 30, 6 p. 1125 b heisst es von den Tieren καί πάσαφο>νή γαστοό; εστιν αντοϊς καί σαρκός ηδονήν άσπαζομένη καί σαινονσα παρούσαν ή μέλλονσαν. Dies gehört zu Plutarchs Verteidigung gegen Kolotes und bedeutet augenscheinlich, dass jeder Laut, den die Tiere von sich geben, die Lust des Bauches und des Fleisches begrüssen, und es ist unberechtigt, dass U senkh diese Stelle im Spicilegium fragmentorum p. 347, u—10 als zusätz lichen Beleg für fr. 200 (σαρκός δε φωνή' μή πεινήν usw.) an führt und die Worte φωνή bis σαρκός sperrt. Die Genitive γαστρός und σαρκός gehören natürlich zu ηδονήν, nicht zu φωνή. Plutarch zieht das tatsächliche Verhalten der Tiere heran (vgl. S. 207), und auch nur an eine Reminisccnz bei ihm von dem epikureischen Ausdruck σαρκός φωνή ist nicht zu denken. jji
26, 5—9 p. 1122 b—d gibt Plutarch als Entgegnung auf Kolo tes’ Angriff gegen die skeptischen Akademiker eine Auseinan dersetzung über das Verhältnis der συγχατάϋεσις und des Han delns. Ich verstehe nicht, warum D iano , La psicologia di Epicuro e la teoria delle passioni III (Giorn. crit. della filos, ital. 1941 5—34) 7 diese Stelle als einen Bericht über e p i k u r e i s c h e Lehre betrachtet; die Diskussion vollzieht sich offenbar zwischen Akademikern und Stoikern (s. S. 294 und 303), und vom Epikureismus ist keine Rede. Vielleicht hat das όταν οΰν φαν ή τό ήδν οίκεϊον (1122 d) Diano bewegt, aber das ist nur ein von Plutarch geflissentlich im Hinblick auf Kolotes gewähltes Beispiel, durch welches Plutarch als Ergebnis der 196
Erörterung erhält, dass der Skeptiker nicht nur handeln, son dern auch sehr wohl die Lust geniessen kann.
2. Die epikureische Götterlehre und das Verhältnis des Epi kureismus zur Staatsreligion.1 a. Die Indifferenz der Götter den Menschen gegenüber. Die epikureische Lehre, dass die Götter sich nicht um die Menschen kümmern (K. δ. i), bezeichnet Plutarch 2,7 p. 1108 c als dem ευ ζήν feindlich (vgl. S. 110). Wie dort, denkt er wohl auch 21, 3 p. 1119 c (zu Epic. fr. 558), wo er Epikur ϋεοις πολέμων nennt, an Κ .δ . 1. Später (31, 5 p. 1125 e—f) richtet er gegen diese Κυρία δόξα den Vorwurf, sie werfe den Götter glauben um: τήν πρώτην των κυριωτάτων δοξών προσβαλόντες εύϋνς άνατρέπονσιν (sc. τήν περί Θεών δόξαν — keineswegs τήν πολιτείαν, wie U se n e r Epic. p. 70 Anf. ergänzt). An Götter, die kein Verhältnis zu den Menschen haben, kann man nicht glauben, meint Plutarch. (Über die Bezeichnung κυριωτάτων s. S. 230.) Ein anderer Ausdruck für die epikureische Ansicht von der Gleichgültigkeit der Götter ist es, dass die Epikureer keine göttliche Vorsehung anerkennen (fr. 367—369. 382). Diese epi kureische Ansicht tadelt Plutarch 27, 6 p. 1123 a, weil sie eine Erhebung gegen allgemein anerkannte Dinge darstelle, und 30, 3 p. 1124 e, weil sie das menschliche Leben der Gemein schaftlichkeit abhold mache (Epic. fr. 368 p. 248, 4 bzw. 6). Für Epikur ist die Indifferenz der Götter eine notwendige Annahme, teils vom Gesichtspunkt der Götter selbst: das πολνπραγμονείν ist mit der Seligkeit unvereinbar, teils vom Gesichtspunkt der Menschen: um Seelenruhe zu haben, müssen 1 Die eigentliche Lehre von den Göttern, die zur Physik gehört, wird in Adv. Col. nicht berührt; was in dieser Schrift über die epikureische Auffassung von den Göttern steht, hängt mit der Einwirkung unserer Vorstellungen von den Göttern auf unsere Gemütsruhe zusammen.
wir wissen, dass die Götter in das Weltgeschehen nicht eingreifen. Vgl. Giooxs ausführliche Darlegung der epikureischen Begründung der fraglichen Lehre (Epikur: Von der i'berwindung der Furcht [19-19] XLIV—XLVII).
b. Besondere Punkte, an denen die Epikureer sich liegen die übliche Auffassung wenden. Kolotes’ Angriff auf Stilpons Verbot gegen nichtidontische Prädizierung beantwortet Plutarch, wie wir oben (S.
120
—126)
sahen, dadurch, dass er die epikureische Ansicht von der In differenz der Götter als ein Prädikationsverbot bezeichnet und so zu Kritik gegen den Epikureismus übergeht. »Die Epikureer lassen Epitheta wie γενέθλιος für Zeus, θεσμοφόρος für Demeter und φυτάλμιος für Poseidon nicht gelten» (22, 3 p. 1119 e). Die Stelle ist = Epic. fr. 392 (die andere Stelle, die Usenet* unter fr. 392 aufführt, sagt nicht dasselbe). Sachlich gibt Plutarch hier die epikureische Auffassung durchaus richtig wieder; es wäre aber interessant zu wissen, ob Epikur sich genau so ausdrückte, oder ob Plutarchs Behauptung nur eine Deduktion aus der in K. δ. 1 enthaltenen Lehre ist. Und wenn Plutarch aus epikureischer Quelle direkt schöpft, war es eine allgemeine Verurteilung der Beinamen der Götter, oder hat Plutarch einen einzigen Satz wie etwa »Poseidon ist nicht φντάλμιος» generalisiert? Diese Ansicht der Epikureer macht laut Plutarch die kulti schen Handlungen unmöglich. Hierüber s. S. 199—201. *
Für die übliche Auffassung, dass die Gottheit überall an wesend ist, führt Plutarch 30, 3 p. 1124 f zwei Tragikerverse1 und eine Stelle aus Platons Gesetzen an. Solch eine Vor stellung verspotten und verhöhnen die Epikureer und nennen sie einen Mythus. U sener führt diese Stelle in den Epicurea nicht auf; dass aber die Worte χλενάζωσι καί γελώσιν und auch μύθος auf eine epikureische Quelle zurückgehen, zeigt eine 1 Trag, adesp. 421 ist laut Eus. P. E. 13,13, 47 von Diphilos!
198
Plutarch gegen Kolotes
Parallelstelle bei Plutarch De dei. or. 19 p. 420 b ( = Epic. fr. 394): Επικούρειων όε χ λ ε υ α σ μ ο ύ ς καί γ έ λ ω τ α ς οντι φοβητέον, οίς τολμώσι γρήσϋαι καί κατά τής προνοίας, μ ϋ ϋ ο ν αυτήν άποκαλονντες. Die Auffassung der πολλοί von den Göttern wird auch sonst von Epikur μϋ&ος genannt, z. B. epist. I I I 134. Die »Nähe» der Götter, von der in den von Plutarch ange führten Versen die Rede ist, ist laut epikureischer Auffassung der Ruhe der Götter fremd. In seiner Aufzählung der Dinge, die die Götter nicht tun können, erwähnt Lucrez auch das omnibus in ve locis esse omni tempore praesto (II 1099). % Auch wegen Aufhebung der Wahrsagekunst, die etwas »allge mein Anerkanntes» ist, tadelt Plutarch die Epikureer 27, 6 p. 1123 a. Dass die Mantik nicht existiert (fr. 395), folgt direkt aus der Verneinung der Vorsehung: wenn es keinen »Willen der Götter» gibt, kann er auch nicht erraten werden. — Aus der Aufhebung der Mantik deduziert D e W it t , The Epicurean Doctrine of Gratitude (Amer. Journ. of Philol. 58 1937 320 —328) 326, dass jeder neue Lebenstag nach Epikurs Ansicht eine Gabe an uns ist. Ein weiterer Punkt, in dem die Epikureer von den landläufigen Vorstellungen abweichen, ist die Göttlichkeit der Sonne und des Mondes. Plutarch kritisiert 27, 6 p. 1123 a ( = Epic. p. 229, 7—10, unter fr. 342), dass diese von allen Menschen als göttlich verehrten Himmelskörper von den Epikureern für nicht beseelt erklärt werden. Diese Ansicht ist selbstverständ lich eine Folge der epikureischen Physik, wie Lucrez V 110—145 näher ausführt. Dass aus der Nichtbeseeltheit die Nichtgött lichkeit folgt (vgl. D e L a c y , Lucretius and the History of Epi cureanism [Trans, of the Amer. Philol. Ass. 79194812—23] 14) spricht Lucrez V 144—145 klar aus. c. Verhältnis m m Kultus. An zwei Stellen in Adv. Col. greift Plutarch Epikurs Ein stellung zum religiösen Kultus an. Es heisst 8, 7 p. 1111 b: 199
τ η ν π ρ ό ν ο ια ν ά ν α ιρ ώ ν ε υ σ έ β ε ια ν ά π ο λ ε ίπ ε ιν λ έ γ ε ι
(Epic. fr. 368
ρ. 248, 10) und 11, 1 ρ. 1112C: Π ώ ς ο δ ν ’Ε π ικ ο ύ ρ ε ιο ι ) φ ύ σ ιν κ α ί ψ υ χ ή ν κ α ί ζ ιβ ο ν ;
ά π ο λ ε ίπ ο ν σ ι
ώς
λ ό γ ιο κ α ί τώ φ ά να ι
ϋ υ σ ία ν
ώ ς π ρ ο σ κ ύ ν η σ ιν , ρ ή μ α τ ι κ α ί
(sc.
οί
ιός ό ρ κ ο ν ιός ε υ χ ή ν
κ α ι π ρ ο σ π ο ιε ϊσ Ο α ι κ α ι ό ν ο μ ά ζ ε ιν , & τ α ϊς ά ρ χ α ΐς καί τ ο ις ό ό γμ α σ ιν ά ν α ιρ ο ν σ ιν
(diese Stelle fehlt in den Epicurea).
Was Plutarch hier tadelt, ist die Inkonsequenz der epikurei schen Position. Der Götterbegriff des Epikureismus ist nach Plutarchs Meinung so beschaffen, dass Frömmigkeit den Göttern gegenüber und gar Gebete und solche Handlungen sinnlos sind. Diese Folge hat seines Erachtens auch die Tren nung der »menschenfreundlichen» Beinamen von den Namen der Götter (s. S. 198). So wie
Plutarch
die kultischen Handlungen meint,
macht die Götterlehre des Epikureismus sie in der Tat un möglich oder vielmehr sinnlos: wenn z. B. Gebet bedeutet, dass man sich von der Gottheit etwas erbittet, oder Opfer, dass man ihren Zorn beschwichtigen und sic versöhnlich stimmen will, so sind an die epikureischen Götter gerichtete Gebete und pfer ohne Sinn. Aber gerade an den zwei genannten Stellen gibt Plutarch uns auch Andeutungen über Epikurs wirkliches Verhalten zu diesen Dingen. »Ευσέβειαν άπολείπειν λ έ γ ε ir. Plutarch kennt also ausdrückliche Behauptungen von Epikur, dass die ευσέβεια. wenn man seine Lehre annimmt, durchaus bestellen bleibt. Und aus der anderen Stelle (11, 1) kann man entnehmen, dass Plutarch epikureische Ausführungen über Gebet, Opfer. Eid, Anbetung kennt, dass diese Dinge m. a. W. für die Epikureer selbst einen Sinn haben und keineswegs mit ihren allgemeinen Ansichten über die Götter in Widerspruch stehen. Epilcur gibt eben diesen kultischen Formen, deren herkömm licher Inhalt für ihn nicht taugt, einen neuen Inhalt, der seiner Einstellung zu den Göttern gemäss ist. Er opfert den Göttern und betet sie an und nimmt an dem ganzen herkömmlichen kultischen Leben teil (s. Philod. Π ερί ενσεβείας col. 108, 9—19 ρ. 126 Gomp. — Epic. fr. 386; 109, 8—28 p. 127 Gomp. = Epic. 200
P lu ta rc h gegen Kolotes
fr. 169; 110, 5—9 p. 128 Clomp. = Epic. fr. 13 p. 96, 9—11), und zwar ον μόνον διά τους νόμονς, αλλά διά φνσικάς αιτίας (col. n o , 9—12 = Epic. fr. 13 p. 96,11—12). Denn, wie Philo dem sogleich im Anschluss an Epikur ausführt (Z. 12—22 = Epie. p. 96, 12—15): wir beten die Götter an, nicht aus dem Grunde, weil diese im anderen Falle zürnen1 würden, sondern weil uns die Betrachtung ihres erhabenen, von allem Kummer freien Daseins mit Ehrfurcht erfüllt (vgl. Velleius bei Cicero De nat. deorum 1, 17, -15 habet enim venerationem instavi quicquid excellit. Ibid. 1,20, 56 pie sancteque colimus naturam excellentem atque prucstantem). Epikur sieht in den Göttern das Ideal der Ataraxie (Z e ll e r , Phil. d. Gr. Ill: l4 447 m. Anni. 1). Diese Einstellung hält er für die einzige wahre Frömmigkeit (vgl. X ilssox. (leseli, der griechischen Religion II |1950j 240). Das Verhältnis des Epikureismus zu dem üblichen kultischen Leben ist untersucht worden von C. P ascal , La venerazione degli dèi in Epicuro (Riv. di filol. 34 1906 241—256; vgl. S. 28) und besser von G. D. H a d z s it s , Significance of Worship and Prayer among the Epicureans (Trans. Amer. Philol. Ass. 39 1908 73—88), dem die obige Darstellung vieles verdankt. Gut hat neuerdings C a p o n e B r a g a , La religione di Epicuro (in; Studi su Epicuro [1951| 92—106) die epikureische Frömmig keit charakterisiert. Die epikureische Umdeutung des Sinnes von kultischen Hand lungen und von Frömmigkeit macht Plutarchs Vorwürfe wegen Inkonsequenz gegenstandslos.
3. Verhältnis zum politischen Leben. Über das Verhältnis der Epikureer zum staatlichen Leben ist verstandlicherweise am Ende von Adv. Col. die Rede, wo Plu tarch gegen Kolotes’ Angriff auf die Philosophen darzulegen bemüht ist, dass die Epikureer die gesetzliche Ordnung zer stören. 1 Col. 110. 16 = E pic. p. 96, 13 m öchte ich όογιζο]μένων oder év-
μον]μίνωι> s t a tt Go »IPER/.’ λνπον]μίνων o d er V s e n e r s άγβο]μένιον lesen.
201
Es ist wohlbekannt, dass Epikur sich zur Teilnahme am staat lichen Leben durchaus ablehnend verhält; Plutarch berichtet in Adv. Col. 31, 2 p. 1125 c und 34, 3 p. 1127 e, dass er nudi seine Schulgenossen davon abhielt (Epie. p. 95, 1. u. 7; über tunen Ausnahmefall s. S. 203). Grund hierfür ist natürlich, dass durch politisches Wirken die Seelenruhe gestört wird: meistens ist es dieser Grund, der in den modernen Darstellungen angege ben wird.1 Etwas anders lautet die Begründung 31. 2 p. 1125 c τον τής αταραξίας στέφανον άσύμβλητον είναι ταίς μεγάλαις ήγεμονίαις λέγοντες (Epic, fr.556).12*Hier ward positiv ansgesagt, dass die Ataraxie Grösseres bietet als hohe militärische oder politische Stellungen. Diese positive Begründung tritt hervor auch in fr. 548 (vgl. fr. 132, bes. p. 141, 27) und hat einen Nach hall bei Horaz epist. 1,18,102 (— zu Epic. fr. 551 p. 327, 15—16) S. auch Lukrez V 1129 — 1130 und die sogleich zu behandelnde Stelle. — Für das Wort ασύμβλητος vergleiche man Epikur epist. I 83 p. 26, 23 V. d. Miihll.
Die positive Begründung ist vorhanden auch in der an der selben Stelle in Adv. Col. folgenden wörtlichen Anführung (Epic. fr. 554): ’λέγειν δεϊ, πώς άριστα το τής φύσεως τέλος συντηρήσει καί πώς τις έκών είναι μ ή πρόσεισιν έξ άρχής επί τάς των πληθών άρχάς'. Den Zusammenhang dieses Satzes kennen wir nicht, aber es ist deutlich, dass hier ein allgemeiner Satz und ein spezieller Satz verbunden sind. Das τής φύσεως τέλος ist einfach die Ataraxie — K.d. 7 heisst es το τής φύσεως αγαθόν. Nach dieser allgemeinen Aussage folgt dann die besondere Anwendung, dass man sich dem Staatsleben nicht widmen soll. Was Plutarch 1 Z e l l e r , Phil. d. Griechen III: l 4 (1909) 473. P r a e c h t e r in Ueberw egs Grundriss l 1* (1926) 460. F e s tu g iè r e , Épicure et ses dieu x (1946)
39. — U nter den T exten s. besonders Cr. 552; S en t. V at. 58: indirekt auch Κ.δ. 7. — Als der F r e u n d s c h a f t
feindlich stellt Philodem
(Epie. p. 328, 4—8) das politische Leben hin. 2 B a i l e v , The Greek A tom ists and Epicurus (1928) 516 nim m t unsere Stelle bei seiner Besprechung des epikureischen Verhaltens zum S ta a ts leben mit.
202
Plutarch gegen Kololes
als die Pflicht eines Staatsbürgers betrachtet, hält Epikur für eine Störung der Ataraxie des Menschen, Enthaltung von staat licher Tätigkeit wird als mitwirkender Umstand zu το τής
φύσεως τέλος bezeichnet (positive Begründung!). Hier wird gewissermassen hervorgehoben, dass das τέλος τής φύσεως a u s r e i c h e n d ist, und dass das Aufsuchen von Ämtern darüber hinaus nicht nötig ist; genau derselbe Gedanke wie in K .ò. 21 : . .. ώστε ονδέν π ρ ο σ δ ε ΐ τ α ι πραγμάτων άγώνας κεκτημένων. Den Epikur selbst bezeichnen als Autor dieses Fragments U sexer adn. ad Epic. p. 328, 13—17 und Körte, Metrodori Epicurei fragmenta p. 559, und zwar aus dem Grunde, weil unmittelbar nachher eine Aussage des Metrodor angeführt wird und demnach unser Fragment natürlicherweise dem Schul haupt zuzuschreiben ist. Die Attribution ist fast sicher und wird auch von W idmaxx , Beiträge zur Syntax Epikurs (1935) befolgt (s. z. B. 129). Das έκιυν είναι fällt auf: es scheint anzudeuten, dass Teil nahme am Staatsleben unter Umständen unfreiwillig sein könnte. Epikur denkt wohl an den in fr. 555 vorgesehenen Fall: wenn jemand sich aus angeborenem Trieb nach Teilnahme am politischen Leben sehnt, soll er es tun, da die Untätigkeit ihm noch grössere ταραχή bringen würde.1 Eine gewisse Lust bringt ja auch der Ruhm (fr. 549) mit sich. Der Trieb zu politischer Tätigkeit, den Epikur sonst als eine επιϋνμία παρά κενήν δόξαν
γινομένη betrachtet, wird also für einen so veranlagten Men schen etwas dein κατ’ ένδειαν άλγονν (epist. I l l 131; K. δ. 18; 21) entsprechendes, dessen Erfüllung für seinen Seelenfrieden not wendig ist. *
Noch eine dritte Angabe gibt Plutarch 31, 2 p. 1125 c: er nennt die Epikureer oi το βασι?*ενειν αμαρτίαν και διάπτωσιν απο1 Beispiel Idomeneus, den Epikur jedoch zurückzugewinnen bestrebt ist: fr. 132—134, s. oben S. 191.
203
R olf W estman
φαίνοντες (Epic. fr. 556 a. E.). Dies ist etwas unerwartet, denn zwar heisst es von dem σοφός: ουδέ τυραννεΰσειν (fr. 8 - Diog. Laert. 10, 119), was man bei Kenntnis von Epikurs Ansicht über diese Dinge wohl versteht, aber warum soll a 11 g o m e i n das Königsein eine αμαρτία sein? Die Epikureer sind ja An hänger der Monarchie, die ihnen Ruhe gewährleisten kann1 (vgl. Z e lle h , Phil. d. Griechen III: l 4 [1909] 474), und Kolotes preist das βασιλενεσθαι τάς πόλεις (s. oben 8. 84 m. Anin. 2). Vielleicht liegt eine tendenziöse Kürzung durch Pintan-h vor: die epikureische Quelle sagte vielleicht etwa, dass das βασιλενειν sich für den, der sich dadurch die innere Sicherheit und die Seelenruhe zu verschaffen vermeint, als Fehltritt erweist, denn es ist weit entfernt, von ταραχή zu befreien. Wenn Gskner Epic. p. 92, 6 darin Recht hat, dass Epikur in seinem Buch Περί βασιλείας »de misera regum vita» handelte, könnte unsere Angabe sehr wohl diesem Buche entnommen sein. *
I)a die Epikureer sich grundsätzlich in der angegebenen Weise zur politischen Tätigkeit verhalten, ist es verständlich, dass ihre Schriften über hierher gehörige Themen durchweg negativ gehalten sind, was Plutarch Adv. Col. 83, 4 p. 1127 a tadelt: »noch schlimmer als das tatsächliche Fernbleiben der Epikureer von staatlicher Tätigkeit ist es, dass sie durch ihre Schriften von aller Tätigkeit solcher Art abraten: γράφονσι περί πολιτείας
Iva μ ή πολιτενώμε&α, καί περί ρητορικής iva μ ή ρητορενωμεν, καί περί βασιλείας Iva φενγωμεν το συμβιονν βασιλενσι» (Epic fr. 8 -ffr. 6, d. h. p. 95, 5 —6 ~f-p. 94, 13 —14; vgl. auch p. 109, 17 —18). Das ist, nun kaum mehr als eine Aufzählung der epikureischen Ansichten über die genannten Punkte, wobei Rücksicht auf die stilistische Eindrucksvollheit mit eingewirkt hat: immer erst das Thema und dann die negative Vorschrift der Epikureer. Dass Plutarch hier an Schriften von Epikur dieses Namens 1 Die Epikureer brauchen die Sicherheit und Stabilität der gesetzlichen Ordnung, aber selber wollen sie nichts für die Erhaltung dieser Ordnung tun. Nicht übel sagt Plutarch (33, 4 p. 1127 a): άσνμβολοι των iv ταϊς πόλεσιν άγα firin' κοινωνονσιν.
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Plutarch gegen Kolotes
denkt und das was er sagt ihrem Inhalt entnimmt, ist mir wenig wahrscheinlich. Zwar ist uns bezeugt, dass Bpikur Bücher Περί ρητορικής (s. fr. 46—55) und Περί βασιλείας (vgl. S. 204) schrieb, aber die Angaben hier sind viel zu allgemein, um Zitate zu sein — man vergleiche die detaillierte Anführung, die Plutarch Non posse 13 p. 1095 c aus Περί βασιλείας bringt. Dazu kommt, dass uns über eine Epikurschrift mit Namen
Περί πολιτείας sonst nichts überliefert ist, und es liegt kein Grund vor, anzunehmen, dass es eine solche gegeben hat. Hiermit will ich keineswegs behaupten, dass Plutarch die Bücher von Epikur mit den beiden anderen Titeln nicht ge kannt hätte: das Werk Περί βασιλείας mag er, aus dem eben erwähnten Zitat zu urteilen, sogar gelesen haben, und die Schrift Περί ρητορικής mag ihm sehr wohl bekannt gewesen sein. Ich behaupte nur, dass Plutarch an unserer Stelle sich nicht speziell auf epikureische S c h r i f t e n t i t e l bezieht Er sagt lediglich allgemein: Wenn die Epikureer mal diese Themen berühren (κάν γράφωσι), so tun sie es mit negativen Absichten. In jedem der drei Fälle rückt Plutarch sofort mit dem praktischen Rat der Epikureer vor, der in allen diesen Fällen wohlbekannt war: ίΰτμή πολιτενεσ&αι s. die unter Epic, fr. 8 aufgeführten Stellen; das Verbot gegen δητορεύειν scheint anderswo bei Epikur nicht belegt zu sein. Gegen die dritte Vorschrift könnte zu sprechen scheinen fr. 577 ( = Diog. Laert. 10, 121) καί μόναρχον iv καιροί ϋεραπενσειν, aber eigentlich sagt unsere Stelle dasselbe: dass man etwas vermeiden (φεύγειν) soll, schliesst nicht aus, dass man es unter besonderen Umstän den tun kann. * Noch einen Ausdruck für Epikurs geringe Bewertung der staatlichen Tätigkeit führt Plutarch an: Epikur verhöhnt Epameinondas (33, 5 p. 1127 a—b = Epic. fr. 560; auf diese Stelle wird 34, 3 p. 1127 e Bezug genommen). Dies wird ausschliess lich in dieser Plutarchstelle berichtet.1 Als boiotischer Lokal1 Allerdings bezeugt Cicero De fin. 2, 2t, 67, dass »alle n i c h t e p ik u r e i s c h e n Philosophen* u. a. Epameinondas als Beispiel mit bürgerlicher Verdienste vorzuführen pflegten.
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patriot ist Plutarch vergnügt, epikureische Angriffe gerade gegen Epameinondas kritisieren zu können. Ob diesel- Angriff von Epikur selbst stammt, ist nicht ersichtlich (Plutarchs Plural spricht nicht dagegen — er wendet oft den Plural an, obwohl er an einen bestimmten Satz eines bestimmten Autors denkt, vgl. darüber K örte, Metrodori Epicurei fragmenta p. 532); jedenfalls scheint es, dass Plutarch auf eine bestimmte Schrift Bezug nimmt. Offenbar wurde Epameinondas in der epikureischen Schule als der Vertreter κατ έξοχήν des βίος πρακτικός vorgeführt, um die Schattenseiten dieses Lebens zu zeigen. Das άγα&όν, von dem die Epikureer ihm nur ein Unbedeutendes lassen
(μικκόν: der Gebrauch von Epameinondas' Heimatdialekt ver schärft die Ironie), ist wohl einfach L u s t : an Lust hat Epa meinondas nur ein weniges erfahren. Man erinnert sich: από δόξης γίνεσ&αί τ ι v a ς ή δ ο ν à ς ’Επίκουρος ώμολόγει (fr. 549). Als Feldherr hat Epameinondas jedoch sein- grosse seelische Unruhen und körperliche Mühen gehabt; die Summe seiner ηδονή wäre grösser gewesen, oder besser gesagt, er hätte die volle άταραξία haben können, falls er als Privatmann zu Hause gesessen hätte. So ist wohl der gehässige Schluss des Angriffs zu verstehen.1 Ganz in epikureischem Sinn ist der Ge danke, durch seine Taten als Feldherr machte Epameinondas seine ευδαιμονία um nichts grösser als wenn er ε/Μϋε βιώσας. So glücklich wie ein Gott hätte er auf alle Fälle leben können.
B. F ragmente
des
Metrodoros 12
An epikureischen Philosophen hat Plutarch ausser Epikur selbst und Kolotes auch Metrodor gelesen (Ziegler, Art. Plutarchos 2 in RE XXI: 1 [1951] 922, 59 = S. 285, 29 des Sonder1 über die Deutung einer Einzelheit in der Stelle über Epameinondas s. F l a c e l i è r e , La tradition manuscrite des traités70—77 de Plu.tarque (Rev. ét. grecques 65 1952 351 —362) 352 Anm. 2. 2 Abkürzungen in diesem Abschnitt: K ö r te = Metrodori Epicurei fragmenta collegit . . . A . K o e r t e (Jahrbücher f. class. Philol., Suppl.Bd 17 1891 531 —597). — fr. = Fragment, test. = Testimonium.
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drucks), ihm aber wohl nur bei der Abfassung seiner antiepi kureischen Streitschriften besonderes Studium zugewandt: er zitiert bestimmte Schriften des Metrodor nur in Adv. Col. und Non posse und hat ausserhalb dieser Traktate Metrodors Namen spärlich genannt (die Stellen im Index fontium bei Körte 593) und bloss zweimal Sprüche von ihm angeführt (praec. coniug. 28 p. 142 a = Metrod. fr. 36 und de tranqu. animi 18 p. 476 c — Metrod. fr. 49). In ’Non posse’ nimmt er meist auf dieselben Metrodorsätze wie in Adv. Col. Bezug, wie wir gleich sehen werden. * Der Satz περί γαστέρα το άγα&όν (Adv. Col. 2,7 p. 1108 c und 30, 4 p. 1125 a) stammt von Metrodor (vgl. S. 178), wie vor allem die Fragmente 39 und 40 (aus dem Brief an Timokrates) zeigen; jedoch stellt er (vgl. P raechter, Ueberwegs Grundriss P2 458) sichtlich nur eine Umformulierung von Epikurs Satz dar: αρχή καί ρίζα παντός άγα&ον ή τής γαατρός ηδονή (fr. 409). Die zwei Erwähnungen in Adv. Col. geschehen im Vorüberge hen, um die epikureische Betonung des sinnlichen Fundaments der Lust zu verhöhnen, und der Name des Autors wird nicht genannt; dagegen weiss Plutarch in Non posse 16 p. 1098 d, dass der Autor Metrodor ist, und da hat er es natürlich schon in dem früher geschriebenen Adv. Col. gewusst. Der Satz hatte sich ihm offenbar wegen seiner scharfen Formulierung eingeprägt (zum Lelirgehalt s. S. 179). — Ausser diesen beiden Hin weisen hat Plutarch in Adv. Col. nur wörtliche Anführungen von Metrodor. * Etwas weiter geht Metrodor in einem Fragment, das Plutarch 30, 5 p. 1125 b anführt, um die Ähnlichkeit der epikureischen Lustlehre mit der tatsächlichen Lebensweise der Tiere nach zuweisen: καθάπερ οϊεται δεΐν δ σοφός Μητρόδωρος, sagt Plu tarch, λέγων τα καλά πάντα καί σοφά καί περιττά τής ψυχής
έξενρήματα τής κατά σάρκα ήδονής ένεκα καί τής έλπίδος τής υπέρ ταύτης σννεστάναι καί παν είναι κενόν εργον, δ μ ή εις τοϋτο κατατείνει (fr. 6j. Metrodor, der in seinem Brief an 207
Timokrates (fr. 39—42) »die Bedeutung der
γαστήρ
besonders
scharf hervorhob» ( K r o l l , Art. Metrodoros 16 in RE XV [ 1932) 1478, 40 ff.; vgl. oben S. 178—179), kann sehr wohl in demselben Brief diesen Ausspruch getan haben. Dass Metrodor anderwärts in einem Stück wie fr. 37 ( = Sent. Vat. 10) die rein intellektuelle Freude des Studiums der
φ υ σ ιο λ ο γ ία
zu rühmen scheint (vgl.
K ö r t e 561 Anf.), bildet hierzu keinen Widerspruch: die weit
blickende Sicht (s. S. 217), von der dort die Rede ist. wird gewiss auch des leiblichen Unterbaues der Seelenruhe eingedenk sein. Gegenüber seinem Bruder, dem ehemaligen Epikureer Timokrates, der nunmehr anderen Idealen huldigte, mag Me trodor diesen Unterbau besonderns gern ins Gedächtnis geru fen haben. Unseren Ausspruch der Metrodorschrift
Π ερί τον
μ ε ίζ ο ν α ε ίν α ι τ η ν π α ρ ’ ημ ά ς α ιτ ία ν π ρ ο ς ε υ δ α ιμ ο ν ία ν τ ή ς ί κ τω ν π ρα γμ ά τω ν
(Nr. VI bei Körte ρ. 540) eher als dem Brief an
Timokrates zuzuschreiben (jene Attribution billigt K ö r t e p. 541), besteht m. E. kein besonderer Grund. Dass der Ausspruch in Metrodors Schrift gegen die Sophisten stand, vermutet P h ilip p s o n (in dem S. 80 erwähnten Artikel, S. 502 a. E.).
Für die Interpretation liefert die beste Parallele Epikur fr. 409 ά ρ χ η κ α ί ρ ίζ α π α ν τ ό ς ά γ α θ ο ΰ ή τ ή ς γ α σ τ ρ ό ς η δ ο ν ή ' κ α ί τα σοφά κ α ί τά π ε ρ ιτ τ ά έπ ί τ α ν τ η ν έ χ ε ι τ η ν α να φ ο ρ ά ν.
dorstelle stehende τίνος wie
ά ν α φ ο ρ ά ν ε χ ε ιν ε π ί τ ι.
keit auf die
έν ε κ α σ ν ν ε σ τ ά ν α ι
Das in der Metro-
heisst eben so viel
In welchem Sinn intellektuelle Tätig
η δονή γα στρός
zurückgeht, hat K a t h l e e n F r e e
m an, Epicurus— A Social Experiment (Greece & Rome 71938
156—168) 165 gut erklärt: »the mind must be serene in order to pursue knowledge; the first condition of a serene mind is an untroubled stomach; absence of pain is equivalent to pleasure; therefore, wisdom and culture depend upon the pleasure of the stomach». Metrodors Satz ist nur etwas allgemeiner, insofern er von der ganzen σ ά ρ ξ (— Leib, s. oben S. 178) spricht, nicht bloss von der lich derselbe.
γαστήρ,
aber der Gedankengang ist natür
machen kann natürlich kein anderer Teil des Menschen als die ψ υ χ ή , die τ ή ς ψ υ χ ή ς έξ ε υ ρ ή μ α τ α sind also Έ ξευρήμ ατα
208
Plutarch gegen Kolotes
Erfindungen des Menschen. Diese sind um der κατά σάρκα
ηδονή willen gemacht worden, also der νπεξαίρεσις παντός τοϋ ά?>γοϋντος. Daneben nennt Metrodor ή έλπίς ή υπέρ ταύτης, und das ist die geistige Lust. Denn wenn wir z. B. glauben, dass Götter beliebig ins Weltgeschehen eingreifen und uns schädigen können bzw. uns nach unserem Tode mit ewiger Qual zu strafen vermögen, haben wir keine guten Hoffnungen auf die άοχλησία unseres Leibes. Der Epikureer aber weiss, dass nichts derart geschieht, er ist frei von derjenigen Furcht, die einzig unsere Seelenruhe beeinträchtigen kann. Was die Schläge der τύχη betrifft, ist er sich bewusst, dass sie kommen können, und wenn sie ihn treffen, trägt er sie mit klarer Ein sicht in ihre Natur und ist stets fähig, sie mit grösserer geistiger Lust aufzuwiegen — oder schlimmstenfalls ruhigen Sinnes aus dem Leben zu scheiden. Die καλά καί σοφά καί τιεριττάτής ψυχής έξενρήματα, die uns gestatten, über die genannten Dinge richtig zu urteilen und so unsere Leibes- und Seelenruhe fördern, sind in erster Linie die φυσιολογία oder vielmehr die ganze epi kureische Philosophie*1, vor allem auch die Ethik, denn dass man die Grenzen der Begierden einsieht, ist überaus wichtig. Worin die έξευρήματα bestehen, geht aus dem Menoikeusbrief §133 Anf. hervor, wo Epikur die wichtigsten Voraussetzungen der gefestigten Geisteshaltung angibt (p. 49, 15—19 v. d, Mühll). Ebenso Torquatus ap. Cic. de fin. 1,19, 62. Den Zweck der έξευρήματα sieht Metrodor also ausschliesslich in der Herbeiführung der άοχλησία und αταραξία. Das ist ihr Gegenstand, sollen sie überhaupt einen haben. Ein Streben, das nicht die Ataraxie zum Zweck hat, nennt Metrodor ein κενόν Ιργον: in einem solchen Fall ist die έπιϋνμία »leen> (s. Epi kur epist. ad Men. 127—128; K. d. 29 und K. δ. 26), und ihre Erfüllung trägt nichts zur εύδαιμονία des Lebens bei.
1 Von dieser spricht Lucres bekanntlich oft mit dem Ausdruck reperta (= ίξενρήματα) und wendet überhaupt gern Formen der Verben reperire und invenire an, wenn er von der von Epikur erschaffenen Philo sophie spricht. Beispiele: I 136; III 9; V 2; V 9—10; V 335; VI 7; vgl. I 732 und V 13. 14 — Acta Philos. Penn.
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Man sieht: aus Metrodors Aussage kommt bei Interpretation in epikureischem Sinn etwas ganz anderes heraus als die grobsinnliche Tendenz, die Plutarch darin sieht. In Wirklichkeit ist die Aussage einfach ein Spezialfall des Satzes im Menoikeusbrief § 128: τούτον γάρ χάριν πάντα πράττομεν, δπως μήτε άλγώ/ιεν μήτε
ταρβώμεν. Nur oberflächliche Betrachtung liess sie als Beweis für den »tierischen» Charakter der epikureischen Lustlelnv aus nutzen. A n m. Was K ö r t e als ein besonderes Fragment (fr. 7) auf nimmt, nämlich Plut. Non posse 3 p. 1087 d καί πάντα < τ ά > καλά και σοφά έξευρήματα τής περί γαστέρα ηδονής ένεκα γεγονέναι καί τής ύπερ ταύτης έλπίδος όγα&ής, ώς ό σοφάς εϊρηκε Μητρόδωρος, ist meiner Ansicht nach nur Plutarchs Travestierung der eben behandelten Aussage des Metrodor. Das leh ren uns ausser den Worten ό σοφός Μητρόδωρος, die Plu tarch hier im Lemma wiederholt, folgende Umstände: γαστήρ boshaft statt des typischen Epikurwortes σάρξ eingeführt, das farblose γεγονέναι statt des gewählten συνεστάναι eingesetzt. Μ. E. wäre es richtiger gewesen, nur die Stelle aus Adv. Col. als originale Fassung unter die Fragmente aufzunehmen und die Stelle aus Non posse als Testimonium darunterzuschreiben. * Über solche Tätigkeiten, die Metrodor in dem eben bespro chenen Fragment als κενόν ίργον bezeichnet, äussert er sich näher in einem Satz, den Plutarch Adv. Col. 31, 2 p. 1125 d anführt, um die negative Einstellung der Epikureer zum poli tischen Wirken zu belegen: ‘ούδεν ούν h i δει τους ”Ελληνας
σφζειν ουδ' επί σοφία στεφάνου παρ’ αυτών τυγχάνειν, άλλ' εσ&ίειν καί πίνειν, ώ Τιμόκρατες, άβλαβώς τή σαρκί καί κεχαρισμένως ‘ (fr. 41). Metrodor meint: Um die ευδαιμονία zu erlangen, braucht man nicht nach staatlichem (vgl. S. 202—203) oder wissenschaft lichem Ruhm zu streben, sondern lediglich sich um sein eigenes Wohlbefinden zu kümmern. Zum Gedanken vgl. K. δ. 21, wo auch ausdrücklich hervorgehoben wird, dass man zu dem Natür210
lichen hinzu keine Beschäftigungen brauche, die άγώνες mit sich bringen. Das σψζειν τούς "Ελληνας ist ironisch gesagt und spielt sicher auf einen in der damaligen Politik gangbaren Ausdruck an. H i r z e l , Plutarch (1912) 19 Anm. 2 meint, σφζειν τούς "Ελληνας sei dasselbe wie rem publicam salvam
veile. Auch das στεφάνου επί αοφίφ τυγχάνειν scheint auf einen bestimmten Fall zu gehen. Zu beiden Ausdrücken vgl. die Ver mutungen von B i g x o x e , L’Aristotele perduto II 250—251. Im Gegensatz zu den verworfenen Tätigkeiten empfiehlt Metrodor »Essen und Trinken», aber άβλαβώς τή σαρκΐ, so dass der Leib dabei keinen Schaden, etwa durch übermässigen Ge nuss, der Schmerz nach sich zieht, leidet. Und es soll noch dazu κεχαρισμένως geschehen, dem Körper »angenehm», »erwünscht», »wohlgefällig»: hier hat Metrodor vielleicht mit Absicht ein Wort gewählt, das oft gegenüber Göttern gebraucht wird (so im platonischen Phaidros 273 e, Aristoph. Ach. 248). In diesem Zusammenhang sei bemerkt, dass Plutarch in Non posse, seiner grossen Bekämpfung der epikureischen Ethik, ganz besonders aufzuweisen bemüht ist, dass die Epikureer sich durch ihr Fernbleiben von aller politischen und intellektuellwissenschaftlichen Tätigkeit grosser und schöner G e n ü s s e begeben (vgl. S. 18). Von den Parallelstellen Plut. Non posse 16 p. 1098 c, welche Stelle K ö r t e als das eigentliche fr. 41 aufführt, und Non posse 19 p. 1100 d ist die letztere (oö δει σφζειν τούς "Ελληνας άλλ'
έσ&ίειν κτλ.) offensichtlich nur eine flüchtige Bezugnahme; die erstere beginnt ούδεν δει σφζειν τούς "Ελληνας. Ich glaube jedoch, dass die Fassung der Stelle in Adv. Col. die ursprüng liche ist: der Anfang ονδεν ούν Οτι δει κτλ. fügt sich einem Text zusammenhang besser ein. Das h i gibt den Gedanken: nach dem wir uns die richtige Einsicht Epikurs angeeignet haben, kümmern wir uns um solche Dinge nicht mehr. Ob aber ααρκί, wie in der Stelle in Adv. Col., oder γαατρί, wie in den beiden anderen Stellen, zu lesen ist, möchte ich nicht entscheiden.* *
'
Die bisher besprochenen Metrodorstelien waren alle dem Brief an Timokrates entnommen (über die Provenienz des fr. 6 = Adv. Col. 30, 5 p. 1125 b s. S. 208). Auch ein anderes Werk von Metrodor benützt Plutarch, nämlich Περί φιλοσοφίας, das nur durch Plutarch uns bekannt ist (es fehlt im Schriftenver zeichnis des Metrodor bei Diog. Laert.), und von der wir An gaben und Bruchstücke nur in Adv. Col. haben. Um das Absurde in Kolotes’ Angriff auf Demokrit zu bewei sen, zitiert Plutarch u. a. 3 ,4 p. 1108 e einen Ausspruch Metrodors aus Περί φιλοσοφίας: δ δε Μητρόδωρος άντικονς < έν τώ > Περί φιλοσοφίας ειρηκεν, ώς, εί μ ή προκα&ηγήσατο Δημό
κριτος, ούκ άν προήλ&εν ’Επίκουρος έπί την σοφίαν (Metrod. fr. 33 = U s e n e r Epic. adn. ad p. 175, 7 = Demokrit A 53). Was zunächst das Lemma betrifft, ist M e n a c e s Ergänzung < iv τ ώ > so gut wie sicher: hier, wo es wirklich darum geht, etwas zu belegen, hat Plutarch bestimmt das Werk angegeben, aus welchem er sein Zitat holt; auch wird der Text durch die Ergänzung natürlicher. P o h l e n z fügt im Apparat seiner Aus gabe »(vel < έν τοϊς >)» hinzu, aber da Plutarch in Adv. Col. 33, 6 p. 1127 b Μητρόδωρος iv τώ Περί φιλοσοφίας sagt, und diese Schrift sonst nirgends erwähnt wird, müssen wir anuehmen, dass sie ein μονόβιβλος war und die Ergänzung < ε ν τ ώ > für die richtige halten. Der Satz ist das offene Zugeständnis einer Abhängigkeit Epi kurs von Demokrit, die Epikur nach anderen Zeugnissen keines wegs anzuerkennen bereit war. Da Metrodor vor Epikur starb, ist der Satz sogar zu Epikurs Lebzeiten geschrieben. Jedoch wird diese Abhängigkeit mit einer Einschränkung behauptet, und eben diese macht es verständlich, dass derselbe Metrodor auch eine Schrift Πρδς Δημόκριτον verfasst hat (vgl. S. 51). Demokrit war eben nur προκα&ηγψής, Epikur brachte es weiter als er, zur wirklichen σοφία, und eben dieser Mangel bei Demokrit gab zu Kritik Anlass. Auch wenn die Atomlehre von Epikur übernommen wurde, gab es genug Punkte, an denen Epikur es für eine Lebensbedingung erachtete, anders als Demokrit zu urteilen: so vor allem in der Erkenntnistheorie und 212
Plutarch gegen Kolotes
bei der Tatsache, dass bei Demokrit die ethischen Anschauungen mit der Physik nicht integriert waren (dazu D e W itt , Epicurus and Leucippus [Class. Weekly 38 1944—45 155—157] 157). Vgl. auch S. 51—52. Das wichtigste, worin Demokrit dem Epikur nach Metrodors Ansicht vorangegangen war, war wohl das, dass Demokrit durch die Atomlehre die Grundlage für die Befreiung von der Furcht vor dem Tode und vor den Göttern gelegt hatte; jede andere Physik wäre hierfür untauglich gewesen.
Die beiden anderen Zitate aus der fraglichen Metrodorschrift stehen ganz am Ende von Adv. Col., wo Plutarch die Abneigung der Epikureer aller staatlichen Wirksamkeit gegenüber her vorheben will; das neue Moment, das er durch die Metrodorzitate einführt, ist die Bekämpfung der Gesetzgeber durch die Epikureer. Nachdem er die epikureische Verhöhnung des Epameinondas (vgl. S. 205 —206) erwähnt hat, fährt er 33,6 p. 1127 b fort: ä δε Μητρόδωρος έν τώ Περί φιλοσοφίας έξορχού-
μενος πολιτείαν γέγραφεν, ονκ ωμήν δεϊν παρεϊναι. λέγει δέ, δτι 5των σοφών τινες υπό όαψιλείας τύφον ούτως καλώς ενεΐδον το έργον αυτής, ώστ' οϊχονται φερόμενοι προς τάς αντάς Λνκονργφ καί Σόλωνι επώνμίας κατά τους περί βίων λόγους καί αρετής' (fr. 31). (Hinweis hierauf 34, 3 p. 1127 e = Epic. fr. 558.) Metrodor handelt von der Aufgabe der Philosophie (το έργον αύτής) und polemisiert gegen solche σοφοί (ironisch verstanden) die sich als Gesetzgeber zu betätigen bestrebt sind. Wie wir S. 86 sahen, hat Kolotes allem Anschein nach die »anderen» Philosophen dafür getadelt, dass sie durch ihre Lehren gewissermassen eine Gesetzgebung für das Leben geben und dadurch die bestehenden Gesetze ausser Kraft versetzen wollen. Dagegen scheint Metrodor in den gesetzgeberischen Bestrebungen der Philosophen eine Verirrung von dem wahren Ziel der Philoso phie zu sehen. Diese Männer, meint er, bilden sich ein, die Auf gabe der Philosophie richtig zu erfüllen, wenn sie in ihren Schriften über Lebensweise und Tugend »Gesetze geben». Plutarch nimmt an der Wendung δαψίλεια τύφου Anstoss,
die er als Metrodors Urteil über die Tätigkeit eines Lykurg und Solon, Männer, die er bewundert und deren Biographien er ver fasst hat, betrachtet, und deshalb sagt er von Metrodor έζοργούμενος πολιτείαν »er bringt Schande über die ganzi* staat liche Wirksamkeit». Nun aber hat Metrodor keineswegs das Tun der grossen ( lesetzgeber als δαψίλεια τύψου bezeichnet, sondern er behauptet, die Philosophen seien von Dünkel erfüllt, wenn sie sicli als Gesetz geber aufspielen. Plutarchs Empörung war zu rasch. Und in Metrodors Urteil über die Bestrebungen der Philosophen scheint mir durch die ironische Ausdrucksweise hindurch die Über zeugungzusprechen, dass diese »Weisen» sich um u n w e s e n t liche
Dinge kümmern. Was sie betreiben, ist eigentlich
Sache der Gesetzgeber. Nicht solche Dinge bilden die Aufgabe der Philosophie; Not tut es, den Menschen von Furcht zu be freien und ihn zur ευδαιμονία zu leiten (vgl. Epikur fr. 219). Wie es Epikur in den von Diogenes Laertios erhaltenem Lehr briefen macht (s. darüber U sener im Index nominum der Epicurea, p, 409, linke Spalte, Mitte, s. v. incerti scriptores), nennt Metrodor seine Gegner an unserer Stelle nicht; wahr scheinlich ist jedoch, dass er Platon mit dessen Νόμοι und Πολιτεία im Auge hat. Dies ist hervorgehoben worden von Bionone, welcher auch bemerkt, dass Platon und seine Schüler wegen ihrer »gesetzgeberischen» Aspirationen auch von anderen als Epikureern angegriffen wurden (L’Axistotele perduto II 249-251). * Nachdem Plutarch seiner Entrüstung über Metrodors Aus spruch Luft gegeben hat, fährt er 33, 8 p. 1127 c fort: καί λοιδορών 6 Μητρόδωρος επιλέγει τοΐς είρημένοις 'διό καί καλώς έχει τον ελεύθερον ώς Αληθώς γέλωτα γελάσαι έπί τε δη πασιν άνθρώποις καί έπί τοϊς Λνκονργοις τοντοις καί Σόλωσιν’ (fr. 32). Mit Recht hat K örte 555 angenommen, dass dieses Stück in Metrodors Text trotz dem έπιλέγει sich nicht unmittelbar an fr. 31 anschloss, denn dazwischen muss, wie διό zeigt, die Be214
Plutarch gegen Kolotes
gründung des Satzes fr. 32 gestanden haben. Da Plutarch diese nicht anführt, bleibt fr. 32 für uns in der Luft hängen und klingt gewiss recht frech. Aber im Licht der obigen Interpreta tion von fr. 31 können wir einigermassen verstehen, wie Metrodor dazu gekommen ist, eine solche Aussage zu machen. Metrodor ist fest überzeugt, durch die Aneignung der epikurei schen Philosophie völlig frei geworden zu sein; von dieser Posi tion kann er auf die eitlen Bestrebungen der πολλοί ( = πάντες άν&ρωποι in unserem Fragment) herabsehen (vgl. Lucr. II 7—14) und auch über Philosophen lachen, die Gesetzgeber und nicht Seelenärzte sein wollen. Und wenn wir das γέλωτα γελάσαι schärfer, als »spotten», auffassen wollen: Metrodor (wie gege benenfalls Epikur selbst) ist eben nicht sehr wählerisch in der Wahl der Worte, wo es darum geht, andere Philosophien zum Evangelium Epikurs in Kontrast zu stellen. Von Aristoteles’ Dialog Περί φιλοσοφίας hat Metrodors Buch sicher seinen Titel entlehnt; ob eine weitergehende Berührung zwischen den beiden Schriften vorlag, ist schwer zu sagen. * Die epikureische Auseinandersetzung in Adv. Col. 5 p. 1109 c—e, über die physische Erklärung der Erscheinung, dass ver schiedene Personen von demselben Objekt verschiedenartige Wahrnehmungen haben können, schreibt K örte dem Metro dor zu (fr. 1). Dass die Gründe für diese Attribution nicht durchschlagend sind, habe ich S. 175 A. 2 ausgeführt. Das Stück ist aus der Sammlung der Fragmente Metrodors zu streichen. * Schliesslich komme ich zu dem schwerverständlichsten Metrodorzitat in Adv. Col. und einem der dunkelsten Metrodorworte überhaupt. Plutarch führt es als Beispiel der epikureischen Überschwenglichkeiten an, die das von Kolotes auf das So kratesorakel angewandte Epitheton φορτικός besser verdienen würden. Nachdem er 17, 3 p. 1117 a mit Epikurs eigenen Worten festgestellt hat, dass Epikur zu Genüssen und nicht 215
zu Tugenden aufruft1, fährt er fort (17, 4 p. 1117 a —bk άλΑ’ δμως d μεν Μητράδωρος τον Τίμαρχον παρακαλών ψησί' 'ποιήσωμέν τ ι
καλόν επί καλοϊς, μόνον ον καταδυιτες ταΐς
όμοιοπαϋείαις καί άπαλλαγέντες έκ τον
χαμαί βίον εις τά
’Επικούρου ώς άληϋώς ϋεάφαντα δργια' (fr. 38). Offensichtlich fordert Metrodor in diesem Brieffragnmnt den Timarchos auf, sich dankbar zu erweisen und Wohltaten mit Wohltaten zu vergelten. So versteht auch Plutarch die Mahnung, wie sein δμως zeigt: »Epikur hat seine Jünger nur zu ήδοναί auf gerufen, aber t r o t z d e m bittet Metrodor Timarchos. Epikur Dankbarkeit zu beweisen». Die ήδοναί, meint Plutarch, sind gewiss kein Grund, grossen Dank zu wissen. Ebenso schockiert ihn der »überschwengliche» Ausdruck 'Επικούρου ϋεόφαντα δργια und dass Metrodor Epikurs Wohltaten als καλά be zeichnet. Soviel war über die Stellung dieses Fragments in Plutarchs Zusammenhang zu sagen. Die Dankbarkeit nahm in Epikurs Lehre und im Leben der Schule überhaupt eine hervorragende Stelle ein, wie besonders D e W it t , The Epicurean Doctrine of Gratitude (Amer. Journ. of Philol. 58 1937 320—328) ausge führt hat. Hier schlägt Metrodor dem Timarchos offenbar eine Gabe an Epikur vor; solche pflegten die Jünger dem Meister aus Dankbarkeit für »guidance in the path of Wisdom» zu spenden (D e W itt a. a. Ο. 322—323). Das έπ'ι καλοϊς ( = für das Gute, das war von Epikur empfangen haben) wird durch das folgende näher ausgeführt. Die Worte άπαλλαγέντες έκ τον χαμαί βίον εις τα ’Επικούρου ώς άληϋώς ϋεόφαντα δργια sind leicht zu verstehen: Metrodor fühlt sich durch Epikurs Lehre befreit (vgl. das S. 214—215 besprochene fr. 32), und zwar hat er die an die Erde gebundene Lebensweise (s. hierüber unten) verlassen und ist in die »Myste rien» Epikurs eingeweiht worden. Im Gegensatz zu den religiösen Mysterienriten des Dionysos und anderer Gottheiten nennt er diese ώς άληϋώς ϋεόφαντα, weil sie seiner Meinung nach dem 1 Dieses Epikurfragment habe ich oben S. 183—184 interpretiert.
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Menschen wirklichere Erlösung bringen als die üblichen Myste rien. Für die neue Lebenseinstellung, die durch Aneignung des Epikureismus gewonnen wird, hat Metrodor hier — in An lehnung an die Sprache der Mysterien — einen gehobenen Aus druck geschaffen.1 Das Wort ΰεόφαντος, für das L id d e ll- S c o t t J o n e s zwischen der passiven und der aktiven Bedeutung
schwankt (»revealed by God or revealing God»; das Wort ist in L—S ..J nur mit unserer Stelle belegt), ist wohl passiv zu ver stehen: »wie von Göttern geoffenbart» sind Epikurs Mysterien, vgl. Lucr. III 14—15 nam simulae ratio tua coepit vociferari / naturam rerum, d i v i n a m e n t e c o o r t a , . . . Es ist nicht wahrscheinlich, dass Metrodor von »Gott offenbarenden» Myste rien gesprochen hätte, denn unter den Segnungen des Epi kureismus denkt er hier nicht besonders an die richtige Ansicht über die Götter, sondern allgemein an die glückliche Lebens weise, wie der Gegensatz άπαλλαγέντες έκ το ν χαμαί βίου zeigt. Der letztgenannte Ausdruck ό χαμαί βίος (von L i d d e ll- S c o t t J o n e s s. V. χαμαί anscheinend als besondere, unparallelisierte Anwendung von χαμαί bezeichnet) soll vermutlich eine Lebens weise angeben, die keinen Überblick hat, die keinen Zusammen hang im Leben sieht, deren Horizont eng ist. Von dem weiten Überblick spricht Metrodor auch in fr. 37 ( = Sent. Vat. 10), wo besonders deutlich der Gedanke von einem erhabenen Aus sichtspunkt 2 hervortritt, der sich bei Epikur z. B. epist. I § 36 findet ( ή κνριωτάτη έπ ιβο λή ini τα πράγματα). Ό
χαμαί βίος bedeutet n i c h t
»das irdische Leben» und
Metrodor denkt nicht an einen »Aufstieg der Seele» (zu den Mysterien). Von einem solchen handelt unsere Stelle nach J o n e s , Posidonius and the Flight of the Mind Through the
Universe (Class. Philol. 21 1926 97—113) 118 und F e s t u g iè r e , Epicure et ses dieux (1946) 58 n. Gegen Jones hat D e W it t in dem eben erwähnten Artikel nachgewiesen, dass der Gedanke* 1 Mit der Verehrung von Epikur als einem Gott hat unser Fragment nichts zu tun, obwohl P a s c a l in dem S. 201 genannten Artikel, 241 Anm. 2, so meint. * S. D eW itt, Epicurus: Περί Φαντασίας (Trans, of the Amer. Philol. Ass. 70 1939 414—427) 422-423.
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von einem Aufstieg der Seele im Epikureismus nicht vorhanden ist, und zwar schon aus dem Grunde, dass die epikureische Psychologie ihn ausschliesst. Und für den Epikureisimis gibt es kein anderes Leben als das »irdische» Leben: der Ausdruck d χαμαί βίο ς muss sich also darauf beziehen, w i e inan lebt; er steht als Gegensatz zu dem Leben, das Epikur uns zeigt. Das Ergebnis der Interpretation der Worte όπαλλαγε m - . . .. οργιά wirft Licht über den rätselhaften 1 Ausdruck μόνον ον καταδύντες ταΐς όμοιοπαθείαις. Auszugehen ist dabei von der
Tatsache, dass die Partizipien καταδύντες und άπαλλαγέντες koordiniert sind und genau dieselbe Form haben; also sind beide Partizipien mit ihren Bestimmungen gleichennassen eine Aus führung des επί καλοίς (vgl. S. 216), und μόνον ού καταδύντες ταϊς όμοιοπαθείαις ist ebensowohl wie der oben interpretierte
Ausdruck mit απαλλαγέντες etwas, wofür Metrodor den Timarchos auffordert, Epikur Dank zu erweisen, also durchaus etwas Positives. »Wir haben uns fast versenkt in gleichartige Gefühle wie Epi kur», sagt Metrodor. 'Ομοιοπαθής und verwandte Ausdrücke werden besonders für Gleichgesinntheit von Freunden ge braucht (so in der Behandlung der Freundschaft in den Magna Moralia, s. die Stellen s. v. όμοιοπάϋεια, ομοιοπαθής in Βοχιτζ’ Aristotelesindex, und bei Plutarch praec. ger. reipublicae 13 p. 807 c d π ο λιτικ ό ς . . . εύρήσεται φ ίλους ομοιοπαθείς καί ύ π ψ ρετας καί συνενθονσιώντας α ντφ προς το καλόν), und dass Met
rodor bei δμοιοπΜ ειαι an Epikur, seinen und des Timarchos Wohltäter, als Vergleichspunkt denkt, liegt in der Natur der Sache: da an Epikur im ersten Teil des Ausspruchs bei επί 1 K r o l l , Art. Metrodoros 16 in RE XV (1932) führt 1478, 15 ff. un sere Stelle an und bemerkt zu diesem Ausdruck in einer Fussnote: »Ich nehme an, dass die Herausgeber diese Worte verstehen; sie haben dann aber auch die Pflicht, sie den Lesern ihrer Ausgabe zu erklären.» — Mit P o h le n z diese Worte in μόνον ovx άποδύντες τα ; όμοιοπαθείας zu verwandeln und dies sogar in den Text zu setzen, finde ich nicht zulässig: zuerst muss wohl doch geprüft werden, ob die überlieferten Worte einen Sinn ergeben.
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Plutarch gegen Kolotes
καλοϊς gedacht wird und seine ϋεόφαντα δργια im letzten Teil mit Namensnennung erwähnt werden, schwebt er dem Metrodor selbstverständlich auch im Mittelteil des Ausspruchs vor. Όμοιοπα&εΙν ’Επικουρώ heisst »mit Epikur gleichgestimmt sein», die gleiche Gemütsverfassung wie Epikur haben, zu den Verhältnissen in der Umwelt ebenso wie er zu stehen.1 So stellt Epikur am Anfang des Herodotosbriefes den Einfluss der φυσιολογία, auf seine eigene Lebenseinstellung als ermunterndes Beispiel für den Schüler auf: § 37 παρεγγνών το συνεχές ενέρ γημα έν φυσιολογία και τοιουτω μάλιστα έγγαληνίζων τω βίω έποίηαά σοι καί τοιαντην τινά έπιτομήν των δλων δοξών. L idd e l l - S c o t t - J o n e s ! Übersetzung von δμοιοπάΰεια»sympathetic emotion» ist somit treffender als die von F e s t u g i è r e , Épicure et ses dieux (1946) 58 n. »émotions communes». Das »beinahe» (μόνον ου) deutet an, dass es für Metrodor und Timarchos zum Meister doch ein Abstand ist; vgl. Epic. fr. 158 gbriatur (sc. Epicurus) non toto asse pasci, Metrodorum, qui nondum tantum profecerit, toto. Frei ausgedrückt ist also Metrodors Begründung dafür, dass dem Epikur Dank gebührt, folgende: »wir haben es fast so weit gebracht, dass wir uns zu dem Leben und der Welt in gleicher Weise wie Epikur verhalten können, und dass wir folglich, von der eingeengten Lebensweise befreit, zu dem wei ten Ausblick Epikurs hinaufgestiegen sind.»
Μόνον ον möchte ich auf beide Partizipien beziehen: Metrodor betrachtet den Fortschritt als noch nicht abgeschlossen (vgl. über die epikureische Einstellung zum Fortschritt in der Philo sophie Sent. Vat. 48), aber auch schon seine und des Timarchos gegenwärtige Gemütsverfassung ist Epikurs Werk und grosser Dankbarkeit wert. Dass Metrodor später zum Ziel gelangt ist (wohlgemerkt hat Epikur das eben zitierte fr. 158 i. J. 308 1 Hiermit will ich natürlich nicht behaupten, καταδΰναι ταϊς όμοιοπα&είαις in dieser Bedeutung wäre ein fester Ausdruck in der epi kureischen Schule gewesen. Es handelt sich um eine okkasionelle Anwendung, die aus dem Zusammenhang des Briefes Licht erhielt.
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geschrieben, also in der Frühperiode seiner Schule), zeigt sein fr. 49 ( = Sent. Vat. 47) und auch fr. 37 ( = Sent. Vat. IO) (in dem letzteren Fragment spricht deutlich der Dank an Epikur mit). Und für die Nachwelt ist er neben dem Meister der epi kureische σοφός.
§ 2. Angaben über die Einstellung des Epikureismu- zu anderen Philosophen Plutarch hat uns eine wertvolle Äusserung eines persönlichen Schülers von Epikur über Epikurs Verhältnis zu Demokrit erhalten. 3 ,3 p. 1108 e meint Plutarch, durch die blosse Tat sache, dass Kolotes Demokrit angreift, setzt er sieh mit Epikur in Widerspruch; dieses Urteil begründet Plutarch folgendermasseil: π ο λ υ ν χρόνον αυτός εαυτόν άνηγόρευε Δ ημοκρίτειον ό 5Ε π ίκ ουρ ος, ώς ά λλοι τε Μ γουσι καί Λ εοντεύς, εις των επ' άκρον ’Ε πικούρου μα&ητών, προς Λυκόφρονα γράφοεν τιμάσϋαί τέφησι τόν Δημόκριτον νπ' ’Ε πικούρου διά τό πρότερον α ψασβαι τής όρβής γνώσεως, καί τό σύνολον τη ν πραγματείαν Δ ημοκρίτειον προσαγορεύεσϋαι διά τό περιπεσεϊν αυτόν πρότερον ταίς άρχαις περί φΰσεως (Epic. adn. ad p. 175, 7).
Leonteus, ein vornehmer Lampsakener (vgl. Ca p e l l e , Art. Leonteus 2 in RE XII [1925] 2038—2039), steht in der Liste über Epikurs Schüler bei Diog. Laert. an fünfter Stelle nach den vier κα&ηγεμόνες, scheint aber dem Plutarch weniger be kannt zu sein, da dieser es für nötig hält, Leonteus’ Namen mit einem erklärenden Zusatz zu versehen (vgl. K o k te , Metro dori Epicurei fragmenta p. 532). Dieses Zitat aus einem Brief an den uns unbekannten Lykophron, der sich offenbar für die Epikureerschule interessierte, ist die einzige Spur einer literarischen Tätigkeit des Leonteus (C a p e l l e , a. a. 0 . 2039, 28). Die in dem Zitat enthaltene Nach
richt können wir nur akzeptieren (wie es Capelle, P b a e c h t e b in Ueberwegs Grundriss I12 442, B ig x o x e 1 und L u ig ia A.1 1 La dottrina epicurea del ’clinamen’ (Atene e Roma ser. I l i anno 8
1940 159-198) 165.
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S t el l a 1 tun), wie auch das ähnliche Metrodorzitat, das Plu
tarch gleich anführt (darüber s. S. 212—213). Es scheint natür lich anzunehmen, dass Leonteus’ Angabe auf Äusserungen von Epikur selbst zurückgeht, und dass der Brief während Epi kurs Lehrtätigkeit in Lampsakos geschrieben ist. Das führt uns in die Frühzeit der Schule, vor 306, hinauf, und dann braucht es keinen Widerspruch zu bedeuten, dass Epikur mehr fach behauptet hat, von Demokrit ganz unabhängig zu sein: das war eben später (vgl. P r a e c h t e r a.a.O.). In der Früh periode seines Philosophierens mag er sehr· wohl eingeräumt haben, demokritische Physik auszuarbeiten.2 Ob die Angabe, dass Epikur sich selbst lange Zeit einen Demokriteer nannte, in Leonteus’ Brief stand oder eine Deduktion Plutarchs aus dem, was er von Leonteus anführt, darstellt, ist schwer zu entscheiden; U s e n e r im Index nominum der Epi curea s. V. Δ ημόκριτος , p. 402, rechte Spalte, nimmt das erstere an (»fuitque cum Democriteum se ipse diceret teste Leonteo»). Jedenfalls bezeugt Leonteus, dass Epikur seine πραγματεία demokritisch nannte, »weil Demokrit früher die Urgründe angetroffen hatte». Damit komme ich zu den auffallenden Worten περί φύσεως, die in den HSS. zweifellos falsch nach ταϊς άρχαϊς stehen. H a r tm a n , De Plutarcho (1916) 625 will περί φύσεως streichen, was vielleicht der beste Ausweg ist; die
Worte könnten eine Marginalglosse z. B. zu πραγματείαν ge wesen sein. Mit Umstellung der Worte liest G o er bin g ( s . Poh lenz’ Apparat) in der Tat τη ν περί φύσεως πραγματείαν, was zuerst gut klingt, wogegen man aber folgendes einwenden kann: 1. το σννολον deutet eher darauf, dass die ganze πραγματεία demokritisch genannt wurde; 2. τη ν περί φύσεως πραγματείαν muss entweder die Naturforschung überhaupt bedeuten — es1 1 Intorno alla cronologia di Democrito (Riv. di filol. N. S. 20 1942 2 1 -4 6 ) 30 c. n. 2. » So darf man vielleicht auch die Angabe des Doxographen Aetios 1, 3,18 auffassen (Epic. fr. 267): ’Επίκουρος . . . κατά Δημόκριτον φιλοσοφήσας, indem man das aoristische Partizip ingressiv versteht: »als er zu philosophieren b e g a n n , folgte er Demokrit*.
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ist aber unmöglich, dass diese demokritisch genannt worden wäre; oder aber E p i k u r s Naturlehre, und dann ist die Bezeichnung ’demokritisch’ eine Überflüssigkeit, denn demokritisch war Epikurs Physik sowieso. — Wenn die Worte περί umgestellt werden sollen, schlage ich die Lesung αψασ&αι τής δρ&ής γνώσεως περί φνσεως vor: die Worte τής
φόσεως
όα&ής γνώσεως hängen in der Luft und brauchen eine Er
gänzung. Dann sagt Leonteus, Epikur schätze Demokrit hoch, weil dieser vor ihm die richtige Kenntnis cü b er die Natur > an tastete, und nenne überhaupt seine Philosophie demokritisch, weil Demokrit vor ihm eine Idee von den Urgründen hatte. Ich habe absichtlich frei übersetzt, um den einschränkenden Charakter des gespendeten Lobes hervortreten zu lassen, den die Verba άψασϋαι1 und περιπεσεϊν geben: Demokrit ist »zu fällig» auf das Richtige gestossen und hat es nur »angetastet», nicht vollständig durchgeführt. Sollte jemand finden, dass ich auf diese Nuance zuviel Nachdruck lege, weise ich nur darauf hin, wie leicht die Sache durch definitive Worte ohne diesen Beiton hätte ausgedrückt werden können, etwas εσχηκέναι τη ν όρϋήν γνώ σιν und ηνρηκέναι τάς άρχάς. Solche Ausdrücke würden Demokrit die volle Anerkennung gegeben haben; so wie Leonteus schreibt, wird Demokrit nur als Vorläufer be zeichnet, ganz wie in dem unmittelbar folgenden Metrodorzitat als προκαθηγητής (s. S. 212). Allerdings erwecken Leonteus’ Worte den Anschein, als ob Epikur auch unabhängig von Demokrit seine Entdeckungen hätte vollziehen können12, während Metrodor offen gesteht, dass Epikur ohne Demokrit nichts geworden wäre. — Plutarch seinerseits meint, Epikur habe die Atomlehre völlig von Demokrit übernommen (8, 9 p. 1111 c). * 1 Vgl. dasselbe Verbum — in einschränkendem Sinn — von Demokrit bei Aristoteles in den beiden Stellen 68 A 36 (Vorsokr.* II 93, 14 und 93,18). 2 Vgl. das selbstbewusste όρ&ή (dazu Sent. Vat. 41) γνώσιζ und τάίς άρχαϊς = d i e Urgründe schlechthin.
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Plutarch gegen Kolotes
Eine Andeutung über epikureische Kritik an B m p e d o k l e s gibt Plutarch 28, 2 p. 1123 b. Die Epikureer, sagt er, halten — gegen die natürliche Menschenvernunft — in abnor men Geisteszuständen erhaltene Eindrücke für wahr (s. dar über S. 166—169), sogar die allerseltsamsten, τοϊς Έμπεδοκλέονς έοικότα 'τεράσμασιν', ώ ν κ α τ α γ ε λ ώ σ ι ν (sc. ol 5Επι κούρειοι), είλίποδ' άκριτόχειρα' καί 'βονγενή άνδρόπρωρα’ (Εηιped. Β 60 bzw. 61, 2). Wir entnehmen dieser Stelle (Epic. fr. 254 Anf.), dass die Epi kureer die monstruösen Geschöpfe, die sich laut Empedokles in der Frühzeit des tierischen Lebens bildeten, verhöhnten und mit dem Spottnamen τεράσματα belegten. Wie B i g n o n e Em pedocle (1916) 630 hervorgehoben hat, ist diese Polemik gut bezeugt auch bei Lucrez, der V 878—924 die Unmöglichkeit solcher Bildungen ausführlich darlegt. Es handelt sich nicht so sehr um einen philosophischen Gegensatz wie darum, dass diese empedokleische Lehre einen überholten wissenschaft lichen Standpunkt darstellt; gegen sie polemisiert auch Aristo teles ( P r a e c h t e b in Ueberwegs Grundriss12 [1926] 95). Plutarch gibt die Polemik hier als allgemein epikureisch, es ist aber, wie K rohn, Der Epikureer Hermarchos (1921) 3 meint, wahrschenlich, dass sie letzten Endes auf Hermarchos zurückgeht, der sich in seinen ’Επιστολικά τιερί Έμπεδοκλέονς in 22 Büchern eingehend mit Empedokles beschäftigt hatte. Ob Plutarch die Arbeit von Hermarchos gekannt hat oder nicht, steht dahin. *
Antagonismus zwischen Epikureern und Stoikern wird nur einmal in Adv. Col. erwähnt: 22, 5 p. 1119 f sagt Plutarch, anscheinend als eine wohlbekannte Tatsache, dass die Epi kureer die Existenz der λεκτά bestreiten. »Sprachliche Fehler macht ganz besonders ihr Epikureer, ol τό των λεκτών γένος
. . . άρδην άναιρεΐτε, τάς φωνάς καί τ α τνγχάνοντα μόνον άπολιπόντες, τά δε μεταξύ σημαινόμενα πράγματα . . . τ ο παράπαν ούδ’ είναι λέγοντες» (Epic. fr. 259). Die Aufhebung der λεκτά sei tens der Epikureer bezeugt auch Sextus Empiricus adv. math. 8, 13 und 8, 258.
Es ist klar, dass die λεκτά im epikureische» System keinen Platz haben: sie sind ja unkörperliche Existenzen (Stoic, vet. fragm. I I 166), und im Epikureismus ist das Leere das einzige άσώματον (vgl. epist. I 67). (Übrigens ist es auffällig, dass der stoische Dissident Basileides, der die Existenz der λεκτά ebenfalls leugnete, die Begründung gab: μηδέν είναι άσώματον [Sext. Emp. adv. math. 8, 258 = Stoic, vet. fragm. I l l p. 268J.) Somit bleiben, wie Plutarch richtig sagt, von den in Stoic, vet. fragm. I I 166 aufgezählten drei Sachen für den Epikureis mus nur die ψωναί, die Sprachlaute, und die τνγχάνοντα, die äusseren Dinge, übrig. Für die Epikureer besteht die Bezeich nungsrelation jedoch nicht direkt zwischen Laut und Ding, sondern dazwischen treten für sie die προλήψεις (darüber Sandgathe, Die Wahrheit der Kriterien Epikurs, Diss. Bonn 1909, 34). Der Epikureismus kommt aber ausgezeichnet ohne die stoischen »Wortinhalte» (wie P ohlenz, Stoa und Stoiker [1950] 26 für λεκτά sagt) aus, deshalb ist Plutarchs Tadel wegen Irrtum in der sprachlichen Sphäre gegenstandslos. Sachlich ist also alles in Ordnung. Historisch gesehen kann man aber die ausdrückliche Aufhebung der λεκτά nicht Epikur selbst zuschreiben: erstens kam in den ersten Jahrzehnten nach den Schulgründungen kein Antagonismus zwischen Epikureern und Stoikern vor (s. S. 82), und zweitens wurde der Begriff des λεκτόν erst lange nach Epikurs Tode eingeführt — von Chrysipp, der um 232/1 die Leitung der stoischen Schule übernahm. Auch Epikurs persönliche Schüler sind aus den nämlichen Gründen ausgeschlossen. Somit müssen es spätere Epikureer gewesen sein, die die λεκτά ablehnten; Zeitgenossen des Chrysipp waren als epikureische Scholarchen etwa Dionysios und Basileides, der dritte bzw. vierte Nachfolger Epikurs.
§ 3. Zum Leben der epikureischen Schule Schliesslich verzeichne ich einige Stellen in Adv. Col., die keine epikureischen Lehrberichte sind, dafür aber Einblicke in das Leben der Epikureerschule geben. 224
Plutarch gegen Kolotes
Dass Epikur in seiner Schule Vorlesungen hielt, versteht sich von selbst; ausdrücklich bezeugt wird es in Adv. Col. 17, 5 p. 1117 b ά κ ρ ο ώ μ ενο ς ’Ε π ικ ο ύ ρ ο υ φ ν σ ιο λ ο γ ο ν ν τ ο ς ).
Eine eigenartige Gepflogenheit in der Epikureergemeinde fuhrt uns vor Augen fr. 130 = Adv. Col. IS, 3 p. 1117 d—e. Epikur schreibt an Idomeneus: Π έ μ π ε ούν ά π α ρ χ ά ς ή μ ϊ ν ε ’ι ς τ ψ τοϋ
ιε ρ ό ν
σ ώ μ α τος ϋ ε ρ α π ε ία ν υ π έ ρ τ ε α ν τ ο ν κ α ί τέκ ν ω ν' ο ντω
γ ά ρ μ ο ι λ ε γ ε ιν ε π έ ρ χ ε τ α ι.
Epikur erbittet sich offenbar einen materiellen Beitrag, in natura (s. fr. 183 und 182) oder in Form von Geldmitteln (s. die unten anzuführenden Stellen). In der Tat wurde der Unterhalt der epikureischen Gemeinde in Athen grossenteils aus solchen Beiträgen bestritten, und mehrere hierauf bezügliche Zeugnisse sind erhalten. Epikur schreibt z. B. an einen Freund (fr. 184) ήνεγκέ μοι Κτήσιππος την κατ’ ένιαντόν σύνταξιν ήν άπέστειλας υπέρ τε τοϋ πατρός καί σεαντον. Das klingt wie eine Quittung. In demselben Fragment bestimmt er sogar die genaue Geld summe, die er von zwei von seinen Schülern haben will. Auf diese συντάξεις nimmt Epikur Bezug, wenn er in einem seiner letzten Briefe einen Freund auffordert, für die Kinder des verstorbenen Metrodor vier oder fünf Jahre lang zu sorgen, μηδέν πλεϊον δαπανών ή περ νΰν είς εμέ δαπανάς κατ' ένιαντόν (fr. 177). Dieses Unterstützungssystem ist eine praktische Anwendung des epikureischen Grundsatzes der Verbindung von φιλία und χρεία (s. z. B. Sent. Vat. 39), welche F estugière, Épicure et ses dieux (1946) 59 n. 1 gut ausgedrückt hat: »l’amitié implique qu’on puisse compter sur ses amis·). Festugière vergleicht treffend den Gedanken in Sent. Vat. 23 und 34.1 Wohlgemerkt wollte Epikur keine Vermögensgemeinschaft einführen, da so etwas der Freundschaft feindlich sei (Diog. Laert. 10, 11 άπιστονντων γάρ είναι το το ιο ντο ν’ εΐ δ’ απίστων, ουδέ φίλων). Die Freunde spenden Epikur persönlich (und der Gemeinde im κήπος, deren einfaches Leben, wie Russell, 1 XXIV ist eindeutig Druckfehler für XXXIV. 15 — Acta Philos. Penn.
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History of Western Philosophy [1946] 264—265 annimmt, nicht nur auf Grundsatz, sondern teilweise auch auf Geldmangel beruhte) nach Kräften Unterstützung, und zwar tun sie es aus Dankbarkeit für erhaltene philosophische Belehrung. Auf diesen Punkt hat D e W itt , The Epicurean Doctrine of Gratitude (Amer. Journ. of Philol. 58 1937 320—328) 3 22-323 aufmerk sam gemacht (vgl. S. 216). Die Beiträge werden freiwillig ge geben, aus Freundschaft und Dankbarkeit; so wird die Schule eine viel sicherere finanzielle Basis erhalten haben als durch einen zwangsläufig zusammengebrachten Fonds. Die ange führten Brieffragmente Epikurs können den Eindruck einer Besteuerung erwecken, aber wenn Epikur so genau festlegt, wieviel jeder einzelne Schüler zahlen soll, will er vielmehr ver hüten, dass jemand zuviel gibt (bemerke die Worte μηϋεν πλεϊον in fr. 177 und εκατόν καί είκοσι δραχμάς μ ά ν α ς in fr. 184), und die Last möglichst gerecht auf die Schüler verteilen. Idomeneus, der ganz besonders die materielle Versorgung der Schule übernommen zu haben scheint (v. A rnim , Art. Epikuros 4 in RE VI [1909] 134, 48 ff.), soll »für sich und seine Kinder» die Beiträge senden — die Kinder sind natürlich auch Mitglieder der epikureischen Gemeinschaft. Ebenso entrichtet der Empfänger von fr. 184 (s. S. 225) seine σύνταξις »für seinen Vater und sich selbst». Nach der sachlichen Erklärung des Fragments wenden wir uns seiner eigenartigen sprachlichen Form zu. Die ganze Auf forderung ist in religiöse Ausdrücke gekleidet: cbιαοχαί, ίεροϋ σώματος θεραπεία. Aber die Anwendung solcher Worte bedeutet m. E. nicht, dass Epikur sich selbst als einen Gott betrachtet, wie P ascal, La venerazione degli dèi in Epicuro (Riv. di filol. 34 1906 241—256) 241 meint. Mit σώμα meint Epikur gewiss nicht seinen eigenen Körper, sondern den Körper im allgemei nen1; er nennt ihn heilig, weil die Erhaltung der körperlichen 1 Auf einem Missverständnis muss die Behauptung von R u s s e ll be ruhen, dass Epikur in unserem Fragment v o n d e r g a n z e n G a r t e n g e m e i n d e als »our holy body» spreche (History of Western Philosophy [1946] 265 und bes. 268); vgl. B a ile v , The Greek Atomists and Epicurus (1928) 224 a. E.
226
Gesundheit eine Grundbedingung für die Eudaimonie ist (vgl. S. 208 und S. 179). Dem alten Freund gegenüber erlaubt sich Epikur diese auf den ersten Blick sonderbar wirkende Um schreibung; doch fühlt er ein Bedürfnis, sie gewissermassen zu entschuldigen, da er die Worte οϋτω γάρ μοι λέγειν επέρχεται hinzufügt. Die Sache war natürlich dem Idomeneus nicht neu, (es handelt sich um einen regelmässig gespendeten Beitrag, wie denn W idm axx , Beiträge zur Syntax Epikurs 95 die Im perfekt form πέμπε als Iterativum bezeichnet), Epikur hatte diesmal nur eine ungewohnte Form gewählt. *
Sodann haben wir einige persönliche Nachrichten über Schüler von Epikur.
Metrodor (zwei Stellen). Nur durch Plutarch kennen wir die Wanderung nach Piräus, die Metrodor unternahm, um dem gefangenen Syrer Mithres beizustehen (Adv. Col. 33, 2 p. 1126 e). Obwohl Metrodor nichts auszurichten vermochte (wie Plutarch Non posse 15 p. 1097 b berichtet), scheint Epikur seine Handlung als eine grossartige Bewährung der Freundschaft betrachtet zu haben und wurde nicht müde, sie in Briefen an seine Schüler in der Diaspora zu preisen. Unsere Stelle (Epic. fr. 194 = Metr. test. 14) erhält eine Beleuchtung von dem herkulanensischen Papyrus 1418. Darüber s. V o g l ia n o , Nuovi testi storici (Riv. di filol. 54 1926 310—331) 328; über den geschichtlichen Hintergrund s. auch B e l o c h , Μ ΙΘ Ρ Ε Σ (in demselben Zeitschriftenband 331—335). Wie Plutarch 32, 7 p. 1126 c erzählt, sandte Epikur Leute nach Asien, um Metrodors Bruder Timokrates von dem könig lichen Hof zu vertreiben, weil dieser sich mit Metrodor ver feindet hatte. Dass aber tatsächlich Epikur der Angegriffene und die Sendung nach Asien eine Massnahme der Verteidigung war, macht B i g x o x e L ’Aristotele perduto II 125—127 wahr227
scheinlich. Über die Stelle handelt historisch Momigliano. Su alcuni dati della vita di Epicuro (Riv. di filol. X. S. 13 1935 302 —316) 307—308. Einen literarischen Niederschlag hatte der Bruderstreit in Tiinokrates' Εύφραντά (Ding. Laert. 10, 6) und in Metrodors Brief Προς Ίψ ακράτην (vgl. S. 207—211) und seinem gleichnamigen Buche (s. Körte, Metrodori frag menta, p. 554—555). Diese Stelle steht Epic. p. 123, 22. Pythokles. Kolotes hat die έποχή eine Jagd auf dreiste undunbesonnene Jünglinge genannt (s. oben S. 79); Plutarch entgegnet, solche Eigenschaften bilde in Jünglingen heran, wer den kaum acht zehnjährigen Pythokles so überschwenglich wie Epikur preist (29, 2 p. 1124 c). Das Fragment stammt natürlich ans einem Brief, aber dieser war keineswegs an Pythokles selbst gerichtet, wie Usener meint, der es als fr. 161 aufnimmt. Epikurs Worte zeigen deut lich, dass er an eine dritte Person schreibt (in der Tat scheint es, dass Pythokles zur Zeit der Abfassung des Briefes sich bei Epikur aufhält), und vor allem würde Plutarch, falls der Brief an Pythokles gerichtet war, nicht versäumt haben, dies hervor zuheben, da das seinen Angriff auf Epikur verstärkt haben würde. Aber Plutarch sagt περί Πνθοκλέονς, nicht ΠυϋοκλεΙ oder προς Πυϋοκλέα. Da verfährt m. E. D iano, Epicuri Ethica (1946) p. 67 richtiger, der unsere Stelle nicht unter den Fragmenten von Epikurs Brief an Pythokles aufführt, sondern sie erst in den Anmerkun gen (p. 151) zum Vergleich heranzieht. Epikur rühmt Pythokles’ Talent und guten Vortrag (so ist άπαγγέλλειν m it P ohlenz [im App. der Ausgabe] wohl zu ver stehen); dann äussert er den abergläubischen Wunsch: möge nicht der Neid der Götter so grosse Vorzüge treffen! Etwas be schämt, sich einer solchen Unwürdigkeit schuldig gemacht zu haben, entschuldigt er sich mit den Worten, er verfalle in wei bische Rederei. Hiermit vergleiche man die hinzugefügten Worte οϋτω γάρ μοι λέγειν έπέρχεται in fr. 130 (oben S. 227).
Kohles. Über Epikurs Brief an Kolotes, in dem er von Kolotes’ An· betung berichtet, s. S. 27—31.
§ 4. Übersicht der in Adv, Col. erwähnten Schriften Epikurs Die Buchtitel sind alphabetisch geordnet. A u n o o ta i
Zitat 34, 1 p. 1127 d: oben S. 185—189. In dem Werk scheint besonders das Verhalten des Weisen im praktischen Leben erörtert worden zu sein, s. U senebs adn. ad Epic. 331, 9; auf den σοφός beziehen sich alle vier erhaltenen Fragmente. Das von Plutarch hier angeführte ( = fr. 18) ist eine wirkliche απορία, wie fr. 21, aber merkwürdiger weise enthielt das Werk auch dogmatische An sichten·. fr. 19 und 20. Meistens war es aber wohl in der Frage- und Antwortform geschrieben, wie sie uns fr. 18 zeigt. Von απορία im skeptischen Sinn kann bei Epikur natürlich nicht die Rede sein (Diog. Laert. 10, 121 = fr. 562 όογματιείν τε και ούκ άπορήσειν [τόν σοφόν]), sondern er wollte sich klarmachen, ■welche Handlungsweise in gegebenen konkreten Fällen mit seinen Prinzipien übereinstimmte.
πρός θεόφραστον Zitate aus dem 2. Buch dieser sonst nicht bekannten Schrift 7, 2—3 p. i l i o c—d: oben S. 140—146. Der Titel fehlt im Verzeichnis von Epikurs wichtigsten Schriften bei Diog. Laert. Κανών
Beiläufige Erwähnung 19, 4 p. 1118 a ( = Epic, p. 104, 2 9 -1 0 5 , 1). Als Testimonium für den Κανών führt Usener p. 105, 1—2 auch Plutarchs Worte in Adv. Col. 28, 7 p. 1123 f an: άνθρωποι. . . γράφοντες περί άληΰείας καί κανόνων καί κριτηράον. Der Zu229
sammenhang lehrt, dass Plutarch mit γράψοντες die Epikureer u n d andere Philosophen meint, aber mit κανόνων nimmt Plutarch selbstverständ lich auf Epikurs Werk dieses Namens Bezug, dessen Nebentitel übrigens περί Κριτηρίου lautete (Diog. Laert. 10, 27). Κ υρuit δόξαι Als eine Bezugnahme auf die erste δόξα des epi kureischen »Katechismus» wird es gewöhnlich auf gefasst, wenn Plutarch 31, δ p. 1125 e von den Epikureern sagt: την πρώτην των κυονωτάτων δόξων προσβαλόντες εΰϋ-ός ά ν α τ ρ έ π ο ν α ι ν (την περί ΰεών δόξαν, s. oben s. 197). Das auf fallende κυριωτάτων wollte R eiske (s. B ehnabdakis ’
Apparat) in κυρίων ändern, und P ohlenz
meint in seinem Apparat, es sei eine Übertreibung für κυρίων. Aber Plutarch weiss sehr wohl, wie Epikurs Katechismus hiess: de Pyth. crac. 11 p. 399 e ( = Epic. p. 342, 6) spricht er von ihm als Κύριαι δόξαι. Also muss er den Superlativ hier aus einem besonderen Grund gebraucht haben. Nun geht aus einer Stelle in Pap. Here. 1251 (col. XV 12—16; bei Usener Epie. p. 68) hervor, dass τά κυριώτατα die epikureische Bezeichnung für K. δ. 1 —4 war, m. a. W. für die vier Hauptlehren der Ethik, die kurz in ή τετραφάρμακος (Diano, Epicuri Ethica fr. 14 p. 22; Usener Epic. p. 69) — von Gigon, Epikur: Von der Überwindung der Furcht (1949) X III treffend »das für die Gesund heit der menschlichen Seele unentbehrliche Mini mum philosophischer Einsicht» genannt — zu sammengefasst waren. Plutarch hat m. E. mit voller Absicht betonen wollen, dass die »ateistische» Lehre eben unter den allerwichtigsten Sät zen, im Kern des Epikureismus, den ersten Platz einnimmt. Sieht man dies ein, gewinnt Plutarchs Angriff an Schärfe. 230
Plutarch gegen Kolotes Συμπόσω ν
Langes Zitat 6, 1—4 p. 1109 e—1110 b. Oben S. 117; (S. 175).
περί Φνσεως Zitat 13, 3 p. 1114 a èv άρχή δε τής πραγματείας usw.: oben S. 135. Nach dem Zeugnis des Scholiasten zu epist. I 39 ist sicher περί Φνσεως ge meint.1 In folgenden Fällen bedeutét περί meiner Ansicht nach keine Anführung von Buchtiteln, sondern gibt die Gegenstände an, über die Epikur gehandelt hatte. 1) περί πολιτείας, περίρητορικής,περίβασιλείαςΖΖ, 4 p. 1127 a. S. oben S. 204-205. 2) περί ουσίας ψυχής καί τον ά&ρόον τής καταρχής 20, 3 ρ. 1118 d. Plutarch behauptet, durch die Behandlung solcher Gegenstände suche Epikur ebenso wie der von Kolotes getadelte Sokrates nach dem Wesen des Menschen. Περί ουσίας ψυχής ist klar; im folgenden ist το ά&ρόον gleich το α&ροιαμα, welchen Terminus Epikur in der »Seelenstelle» des Herodotbriefes (§§ 63—68) mehrmals für den menschlichen Körper anwendet. Das Wort καταρχή muss nach dem Zusammenhang zu urteilen die Seele bezeichnen:
L id d e l l -S cott- J o n e s
übersetzt es an
dieser Stelle »primacy, sovereignty» (Parallelen scheinen freilich zu fehlen). Das ganze wäre demnach »über die Herrschaft in dem menschlichen Körper» — m. a. W. über die Seele. Diese Gesamt auffassung ist auch die von
U
sen er : s.
adn. ad Epie. p. 218, 4.
Ohne Schriftentitel zu nennen verweist Plutarch auf Epikurs Werke 25, 2 p. 1121 a, wo er von Kolotes sagt: οϋς è v τ ο ί ς 1 P o h le n z nimmt 3, 3 p. 1108 e in den Text G o erb in g s Umstellung τήν περί φνσεως πραγματείαν auf, so dass man diese Angabe auf das Werk περί Φνσεως beziehen könnte; Argumente gegen diese Lesung habe ich jedoch S. 221—222 angeführt. An der fraglichen Stelle dürfte πραγματεία »Philosophie, Forschung» bedeuten (s. a. a. 0.); übrigens hat zu der Zeit, wo Leonteus seinen Brief wahrscheinlich schrieb (s. S. 221), Epikurs Hauptwerk noch kaum existiert: mehr als 6 Jahre später hatte Epikur noch nicht die Hälfte von περί Φνσεως abgefasst (s. S. 99 Anm. 3). 231
5Ε π ι κ ο ύ ρ ο υ
γ ρ ά μ μ a σ t v άσπάζεται καί αγαπά λόγους,
ον συνίησιν ουδέ γινώσκει λεγομένους νφ’ ετέρων (Epic. ρ. 185, 28—30). Wie ich glaube, ist dies ein allgemeiner Hinweis auf Epikurs Schriftstellerei: Plutarch meint nur, bei Epikur muss Kolotes das und das gelesen haben. Auf diese Angabe ist nicht eben viel zu bauen. Von Epikurs Briefen, von denen Plutarch eine Sammlung gelesen hatte (Non posse 20 p. 1101 b), werden folgende in Adv. Col. zitiert: an Anaxarchos 17, 3 p. 1117 a: oben S. 183—1H4. an Idomeneus 34, 2 p. 1127 d: oben S. 189—192 und 18, 3 p. 1117 d—e: oben S. 225—227. an Kolotes 17, 5—6 p. 1117 b—c: oben S. 27—31. an einen unbekannten Schüler (über Pvthoklos) 29, 2 p. 1124 c: oben S. 228. an alle Schüler und Schülerinnen (über Metrodors Piräus wanderung) 33, 2 p. 1126 e—f: oben S. 227.
232
KAP. 5. » A D V E R S U S COLOTEM» ALS Q U E L L E F Ü R NICHTEPIKUREISCHE PHILOSOPHEN Vorbemerkung Im vorliegenden Kapitel bespreche ich, was wir über andere Philosophen als Epikureer aus Adv. Col. erfahren. Es sind teils wörtlich zitierte Fragmente, teils Angaben über Lehre oder Leben von Philosophen. Nicht unwichtig ist es, zu wissen, ob ein Fragment oder eine Angabe über einen Philosophen von Plutarch allein oder schon in der 350 Jahre älterem Streitschrift des Kolotes angeführt worden ist. Deshalb scheint es mir angebracht, das Material, das sich aus Adv. Col. für andere als epikureische Philosophen ergibt, auf zwei Abschnitte zu verteilen, je nachdem, ob Kolotes den betreffenden Philosophen angegriffen hatte oder nicht. Bei den im ersten Abschnitt zu besprechenden Philosophen kommen Kolotes’ Ansichten mit in Betracht, bei den übrigen nicht,1 Innerhalb der beiden Gruppen bespreche ich die Philosophen möglichst in chronologischer Ordnung. 1 Hinsichtlich des Melissos ist nur die blosse Tatsache bekannt, dass er von Kolotes bekämpft wurde (oben S. 42); jede Angabe über den Inhalt der Kritik fehlt. Aus diesem Grunde erwähne ich die einzige Nachricht über Melissos, die in Adv. Col. zu finden ist, im zweiten Abschnitt des vorliegenden Kapitels.
233
§ 1. Von Kolotes angegriffene Philosophen A. P armenides I.
Zu P a r m e n i d e s ’ P h i l o s o p h i e allgemeinen
im
Parmenides’ Lehre, dass alles Eins ist, hebt nach Kolotes’ Ansicht alle Dinge auf und macht das Leben unmöglich (S. 52—53). Der epikureische Widerwillen gegen Parmenides’ Philosophie beruht hauptsächlich darauf, dass diese mit der sinnlichen Wahrnehmung in Widerspruch gerät (S. 53 und 55). Hören wir auf Plutarch, so war Kolotes’ Angriff auf Parmeni des töricht und gegenstandslos. Dieser Eindruck entsteht aber nur durch die platonisierende Interpretation (13, 9—10 p. 1114 d—e = Parm. A 34, Vorsokr.* I 223, 25—32), die Plutarch der Philosophie des Parmenides mit Gewalt aufdrängt. Plutarch nimmt die beiden Bestandteile des Lehrgedichts, ’Αλήθεια und Δόξα, als gleichberechtigte Teile des parmenidischen Denkens: vgl. seine Worte 13, 9 p. 1114 d έκατέρα ö’ άποδώσυς tò προσήκον
κτέ. und S. S. 53 und S. 121. Über die Δόξα in Parmenides’ Gedicht und ihr Verhältnis zur ’Αλήθεια gehen die Ansichten heute noch auseinander; so viel ist auf alle Fälle sicher, dass die philosophische Leistung des Parmenides in den im ’Αλήθεια-Teil entwickelten Gedanken liegt. Das sah Kolotes richtig ein, in dem er die ’Αλήθεια zum alleinigen Gegenstand seines Angriffs machte. Kolotes wird Parmenides’ ganzes Gedicht gekannt haben, aber er hat nicht gemeint, dass das im ’Αλήθεια-Teil Gesagte durch den Δ όξα-Ίύ\ aufgehoben wird. Neben der ’Αλήθεια hat er die Δόξα, obwohl er ihren Inhalt nicht gebilligt haben kann, für keiner Widerlegung wert gehalten. Es war ja für seinen Zweck auch nicht nötig, auf sie einzugehen: durch die Zurückweisung der ’Αλήθεια war schon nachgewiesen, dass man nach Parmenides’ Lehre nicht leben kann (vgl. hierzu grundsätzlich S. 92, erste Hälfte). 234
Plutarch gegen Kolotes
Dass Kolotes sich um Parmenides’ Δόξα nicht kümmert, zeigt auch seine Anklage, jener habe πυρ, ϋόωρ, κρημνόν, πόλεις auf gehoben (S. 54), also bestimmte konkrete Dinge. Plutarch kann ihm sofort begegnen mit Beispielen, die aus der Δόξα geholt sind: diese Dinge hat Parmenides gewiss für existierend gehalten, da er die Entstehung des ganzen Kosmos beschrieben hat. *
Plutarchs schon berührte Auffassung vom Verhältnis der Άλή& εια und Δόξα in Parmenides’ Gedicht war für einen, der in Platons Welt erzogen war, die einzig mögliche. Jedoch heisst es völlig an der Oberfläche bleiben, wenn Plutarch 13, 12 p. 1114 e sagt, Parmenides habe seine Alleinslehre nur zu dem Zweck erfunden, um zu zeigen, dass die Sinnendinge zwar existieren, aber von dem durch den νους erfassbaren Gebiet, dem νοητόν, verschieden sind. In der Tat ringt Parmenides sich erst zu einem neuen Seinsbegriff durch. Er versucht zum ersten Mal zu erfassen, was es — im vollen Sinne — heisst zu sein. Wenn man wie Plutarch leichter Hand mit den platoni schen Ausdrücken νοητόν und δοξαστόν spielt, so ist die parmenidische Errungenschaft stillschweigende Voraussetzung. Parmenides durch Platon deuten zu wollen ist flagrant un historisch.
II. D i e F r a g m e n t e
des P a r m e n i d e s
i n A d V. C ο 1. 1. B 14. Plutarch zitiert 15, 6 p. 1116 a folgende Aussage des Par menides über den Mond: νυκτιφαές περί γαϊαν άλώμ/ενον άλλότριον φώς. Dieses Fragment (B 14) und Fragment B 15, ebenfalls bei Plutarch erhalten, sind die einzigen näheren Ausführungen über den Mond, die wir von Parmenides besitzen; beide Verse stammen natürlich aus dem Jdfa-Teil des Gedichts. Im übrigen 235
haben wir nur Parmenides’ Versprechen, über den Mond zu handeln: s. B 10, 4—5 und B l l , 1. Von den beiden Detaüversen besagt B 15 aki παπταίνουσα προ; αυγά; ήελίοιο nur soviel, dass der Mond sein Licht von der Sonne erhält; B 14 ist ausgiebiger, denn aus ihm erfahren wir auch, dass der Mond um die Erde kreist. Das hängt wiederum damit zusammen, dass Parmenides die Erde als kugelgestaltig ansah
eine
Auffassung, die er nach Theophrasts Angabe als erster ver kündet hat: Phys. Opin, fr. 6 a (Doxogr. Gr. p. 482. 17) = Diog. Laert. 9, 21 = Parm. A 1 (Vorsokr.® I 217, 27 —218, 1). Vgl. auch Phys. Opin. fr. 17 (Doxogr. p. 492, 8) = Diog. Laert. 8, 48 = Farm. A 44 (Vorsokr.® I 225, 14). Als Ausdruck der Gebundenheit des Mondes an die irdische Sphäre fasst
unseren Vers
F rankel ,
Pannenidesstudien
(Nadir, v. d. Ges. d. Wiss. zu Gott. 1930 153—192) 180; das Fragment B 15 hinwiederum zeige seine Zuwendung zu dem reinen Licht der Höhe. Der Vers B 14 imitiert, wie D iels bemerkt hat, Horn. 11. 5, 214 und ist seinerseits von Empedokles (Emp. B 45) nachgebildet worden. Vielleicht mit einer Reminiszenz unseres Parmenidesverses nennt Plutarch an der Stelle De facie in orbe lunae 16 p. 929 a, wo er Parm. B 15 anführt, den Mond φωτός à/Jorntov δεόμενη.
2. B 8, Vere 4. Plutarch erklärt 13, 8 p. 1114 c, Parmenides habe als erster eingesehen, dass es eine sinnliche und eine intelligible Welt gebe. Von diesen ist die sinnliche Welt voll von Veränderungen, τοΰ νοητού δ’ ετερον εΐόος, εστι γάο ονλομελές τε καί άτρεμες ήδ’ άγένητον, ώς αυτός εϊρηκε, καί δμοιον εαυτώ 1 καί μόνιμον έν τώ είν α ι123κτέ. So lesen wir Plutarchs Worte in den Handschriften.
Aber wie man sieht, bezeugt Plutarch, dass er originale Worte 1 Von D i e l s , Poet, philos. fragm. p. 63 extr. zu Parmenides B 8, 22 verglichen. 3 B e r x a r d a k i s (in seinem Apparat zu p. 442, 5) bezieht dies auf Parmenides B 8, 29.
236
Plutarch gegen Kolotes
des Parmenides anführt, und so pflegen die Herausgeber um die Worte εστι bis άγένητον Anführungsstriche zu setzen, da es evident zu sein scheint, dass wir es mit dem Parmenidesvers B 8 ,4 zu tun haben. Dieser Vers wird in mehrfach abweichender Form bei mehreren antiken Autoren zitiert; jedoch geben ihn die neuesten Auflagen der Vorsokraliker in einem Wortlaut, der sich nahe an denjenigen der Plutarchstelle anschliesst, und so empfiehlt es sich, diese Tatsache als Ausgangspunkt für eine Behandlung des Verses zu nehmen. Dass P l u t a r c h so geschrieben hat, wie die HSS. angeben, steht ausser Zweifel; es handelt sich darum, wie man auf Grund von diesem und anderen Zitaten feststellen soll, wie der Vers bei Parmenides selbst gelautet hat. In Vorsokr.5 und® (I 235, 4—5) lauten die Verse B 8 , 3—4 wie folgt (Parmenides zählt Bestimmungen des Seins- auf): ---------- άγένητον έόν καί άνώλεβρόν έστιν, εστι γάρ ούλομελές τε καί άτρεμές ηδ’ άτέΑεστον. Der Anfang des Verses 4 ist ganz aus Plutarch genommen. Nun wird B 8, 4 an nicht weniger als vierzehn Stellen in der antiken Literatur angeführt (die bei D iels , Poetarum philo sophorum fragmenta p. 63—64 aufgezählt sind); darunter sechsmal von einem so zuverlässigen Zeugen wie Simplikios; aber keiner ausser Plutarch beginnt mit den Worten εστι γάρ. Schon dies muss einen gewissen Zweifel daran aufkommen las sen, ob die Worte von Parmenides herrühren. Sodann: wie eine genauere Betrachtung von Plutarchs Text lehrt, gibt es keine Gewähr dafür, dass Plutarch so viel für Parmenides’ Eigentum ausgibt, wie man im allgemeinen glaubt. Es ist durchaus möglich, dass die Worte εστι γάρ dem Plutarch angehören1, und dass das Parmenideszitat folglich nur die Worte ούΡ^μελες bis άγένητον umfasst. Plutarch zitiert ja keineswegs immer 1 Ein analoger Fall ist Empedokles B 89, wo sowohl D ie ls in den Poet, philos. fragm. als D ie l s und K ranz in den Vorsokr. unter dem Text bemerken, dass /τους am Anfang von dem zitierenden Plutarch herruh ren kann.
237
ganze Verse. Bedenkt man weiter, wie ausgezeichnet «m γάρ in Plutarchs Zusammenhang passt, wird die Möglichkeit zur Wahrscheinlichkeit. Blosser Zufall ist es, dass eben diese Worte so gut in Parmenides’ Text zu passen scheinen; nötig sind sie keinesfalls. D iels wollte in Poet, philos. fragm. p. 65, 4 mit. tsimplikios den Vers so lesen: ούλον μοννογενές τε καί άτρεμες ήδ’ άτέλεστω·.
indem er Plutarchs ονλομελές für eine spätere Interpolation ansah. K r a n z (z.St. in Vorsokr.6) hat jedoch gezeigt, dass ονλομελές einwandfrei ist, und ich möchte hinzufügen, dass es
nicht nötig ist, ονλομελές mit έστι γάρ fallen zu lassen. Es wird gestützt durch Proklos in Parai. 1152, 24, wo der ganze Vers, und 1077, 24, wo das Wort ονλομελές allein angeführt wird. So ist es für Parmenides in Anspruch zu nehmen, und das bei anderen Gewährsmännern stehenάβ/Μονογενές ist auszumerzen; wie K ran z Anm. zu Vorsokr.6 I 235, 5 bemerkt, spricht dagegen άγένψον im vorigen Vers.1 Anderseits erwartet man, an dieser Stelle bei Parmenides die Einheit des Seins betont zu finden: diese Er wägung führt dahin, in dem Bestandteil μοϋνον etwas Ursprüng liches zu sehen, das zwar nur einmal (s. Kranz’ Anm.) in den Quellen als solches erhalten ist, aber auch in der gewöhnlichen Lesart μουνογενές steckt. Über das Beiwort άτρεμές sind alle Quellen einig. Was endlich Plutarchs άγένητον betrifft, so wird es als »Variante» statt des »richtigen» άτέλεστον angesehen. In Vers 3 steht άγένψον, und da kann Parmenides es hier nicht wiederholt haben. Das ist klar, aber zu unserer Stelle ist folgendes zu betonen. Es geht dem Plutarch nicht darum, einen bestimmten Vers des Par menides zu zitieren, sondern darum, Parmenides’ Seinsbegriff zu charakterisieren. Zu diesem Zweck greift er besonders 1 F e stu g iè re
(s. Nachtrag zu Vorsokr.6 I, S. 496, 39) hat die Lesart
μουνογενές wieder verteidigt unter Hinweis darauf, dass sich μουνογενής in Platons Timaios 31 b 3 findet. Aber dort steht das Wort gerade in nahem Zusammenhang mit der Feststellung, dass der Kosmos γεγονώςist.
238
typische Merkmale1 auf, die er sehr wohl verschiedenen Versen des Parmenides entnommen haben kann. Bewusste Kontami nation, keine Textvariante liegt vor. Auf Grund der obigen Erwägungen würde ich folgende Fassung als die ursprüngliche für B 8, 4 annehmen: μοϋνόν τ’, ονλομελές τε καί άτρεμές ήδ’ άτέλεστον.
Für τε — τε καί gibt Parmenides B 11, 2 eine Parallele. Die Entstehung der gewöhnlichen (simplizischen) Version ist dann über die Korruptel μαϋνον μουνογενές bei Pseudoplut. Strom, fr. 5 (Dox. Gr. p. 580, 24) zu verstehen. 3. B 1, Verse 29 und 30. Als Beweis für seine Auffassung, dass Parmenides sowohl der intelligiblen als der sinnlichen Welt das ihr zukommende gibt, führt Plutarch 13, 10 p. 1114 de die zwei berühmten Verse an, in denen die Göttin dem Parmenides mitteilt, über welche beiden Gebiete er Belehrung erhalten wird. In dem Vers über die Ά λη& είη folgt Plutarch hier den vulgären »leichteren» Lesarten εΰπειϋέος und άτρεκές (in den HSS. steht άτρεκ und dann eine Lücke von 7 Buchstaben, die < ες ή τ ο ρ > auszufüllen ist; in P ohlenz’ Apparat ist 27 Druckfehler für 7). Es ist jedoch nach D iels ’ Ausführungen (Parmenides [1897] 54—57) klar, dass Parmenides hier ευκυκλέος bzw. άτρεμές geschrieben hat.
III. E i n z e l a n g a b e n ü b e r P a r m e n i d e s ’ L e h r e 1. Der Bericht 13, 6—7 p. 1114 b—c. Plutarch will Kolotes’ Anklage beantworten, Parmenides habe die konkreten sinnlichen Dinge aufgehoben. Zu diesem Zweck zählt er mehrere Punkte der speziellen Kosmologie auf, die 1 Auffallend ist es, dass alle, welche nichts mehr als den einen Vers 4 anführen, das typische άγένητον haben. Dies gilt sogar von Simplikios, der immer άτέλεστον gibt, sobald er den Vers in dessen Zusammenhang zitiert. Man erhält fast den Eindruck, als ob es bei alleinigem Anführen von Vers 4 eine Art Konvention gegeben hätte.
239
Parmenides behandelt hat (die Aufzählung findet sieh in den Vorsokratikern6 vor Farm. B 10 = I 241, 6—11). Die Hin weise gelten natürlich dem Δόξα- Teil des parmenidischcn Ge dichts: die Fragmente lassen uns noch so viel sehen, dass diese Themen in der Tat auftraten. Vgl. für Erde B 11; 15 a; Himmel B 10 und 11; Sonne B 10; 11; 15; Mond B 10; 11; 14; 15; Sterne überhaupt B 10 und 11 ; Genesis der Menschen1B 16—18, vielleicht auch 12 und 13, vgl. übrigens Parm. A 1 (Vorsokr.® 1 218, 2). Am Anfang des Berichtes hat Plutarch das Wort διάκοσμος offenbar aus Parmenides selbst (B 8, 60). Dann sind zu be achten die Zeilen 187, 26—27 Po. ( — 441, 12—14 Bern. = Vorsokr.® I 241, 7—8) καί στοιχεία μιγννς, το λαμπρόν καί σκο τεινόν, εκ τούτων τά φαινόμενα πάντα καί διά τούτων άπστελεϊ.
Nur an dieser Stelle führen die beiden Elemente der parmenidischen Δόξα die Namen λαμπρόν und σκοτεινόν, mehrmals werden sie aber als φως und σκότος bezeichnet (Vorsokr.® I 223, 36 = Parm. A 34; I 234, 23 = vor Parm. B 7, 8; I 234, 28 = ebd.). Die gewöhnliche Terminologie der Berichterstatter ist πυρ — γη; Parmenides selbst spricht in den erhaltenen Fragmenten einerseits von φάος oder πυρ, anderseits von ννξ. Plutarch sagt, indem Parmenides die Elemente m i s c h e , bringe er die Entstehung der Sinnendinge zustande. Dies gibt Parmenides’ Gedanken sicher richtig wieder. Zwar heisst es B 8 , 56—58, dass die beiden Elemente voneinander gesondert sind, aber der Vers B 9, 3 παν πλέον έστ'ιν δμοΰ φάεος καί νυκτός άφαντου ist ohne Zweifel von einer Mischung zu verstehen. Es
gibt eben beide Zustände (vgl. P raechter inüeberwegs Grund riss I 12 [1926] 85). Vielleicht soll die Betonung der Gesondertheit nur besagen, dass jedes der Elemente für sich »rein» ist. Z.B. dass die Menschen eine Mischung von den beiden Ele menten sind, geht aus dem Schluss von B 16 hervor. Mit Plutarchs Worten, dass Parmenides τά φαινόμενα πάντα αποτελεί, sei verglichen Parm. B 19, 1 οντω τοι κατά δόξαν έφν τάδε καί νυν εασι.
1 Dies fasst man zunächst von dem ganzen Menschengeschlecht, aber wie die Fragmente B 17 und 18 zeigen, ging Parmenides auch auf konkrete Fragen der Geburt ein.
240
Plutarch gegen Kolotes
2. Die Angabe 13, 8 p. 1114 c. Nach der eben besprochenen Aufzählung der von Parmenides behandelten Dinge fährt Plutarch anschliessend fort: και ούδεν άρρητον, ώς άνηρ αρχαίος έν φυσιολογία καί αυνϋείς γραφήν Ιδίαν, ονκ άλλστρίαν διαφορών, των κυρίων παρήκεν (Vorsokr.6 1 241,10—11).
Von jedem alten Philosophen erwartete man Erklärungen der wichtigsten Naturerscheinungen; Theophrast pflegte in seinen Φυσικών δόξαι bei jedem Philosophen anzugeben, was er ver missen liess (D iels , Doxogr. Gr. p. 164 in.). Wo Plutarch nun Kolotes’ Anklage beantworten soll, Parmenides habe die Dinge der sinnlichen Welt aufgehoben, zählt er zuerst einige Er scheinungen auf, deren Entstehung Parmenides erklärt hatte, und stellt sodann fest, dass Parmenides keinen der wichtigen Punkte ausgelassen hat. So meint er Kolotes am besten wider legt zu haben. Der Kreis jener κύρια war ziemlich fest umrissen, wie die Doxographie zeigt; Plutarch begnügt sich an unserer Stelle mit der namentlichen Anführung einiger weniger unter ihnen. Für Parmenides’ Vollständigkeit in den Erklärungen führt Plutarch zwei Gründe an: zunächst, dass jener »ein Mann der alten Zeit» war, dann aber, dass er eine eigene Schrift zusam menschrieb. Plutarch meint ohne Zweifel: Parmenides schreibt unter Verantwortung, er tritt mit einem Werk vor die Welt, für das er selbst einzustehen hat. Anders Kolotes, der γραφάς άλλοτρίας διαφορεί: der braucht sich nicht um Vollständigkeit zu kümmern, sondern kann aus den Schriften seiner Gegner herausgreifen, was er will, um es zu tadeln. Die Zusammenstellung άνήρ αρχαίος έν φυσιολογία sieht etwas sonderbar aus, und man könnte sogar so weit gehen, die Worte έν φυσιολογία als Marginalglosse streichen zu wollen. Oder haben diese Worte vielleicht zwischen τών und κυρίων gestanden und sind irrtümlich versetzt worden? 3. Parmenides’ Bekämpfung von Vorgängern. Plutarch nennt 29, 3 p. 1124 c Parmenides unter den Philo sophen, die ihre Vorgänger kritisiert haben. Wegen der ver16 — Act» Philos. Fenn.
241
schiedenen Ansichten moderner Forscher über die Gegner, die Parmenides angreift, s. jetzt R eich , Parmenides und die Pythagoreer, Hermes 82 1954 287—294. Dass Parmenides die Lehren früherer Philosophen widerlegte, behauptet auch Simplikios (s. Verso kr.® I 221, 1—3 = Parm. A 19).
IV. D i e G e s e t z g e b u n g
des
Parmenides
Am Ende von Adv. Col., wo Plutarch gegen Kolotes sich über die praktisch-politische Tätigkeit der angegriffenen Philosophen auslässt, erwähnt er 32, 3 p. 1126 a die trefflichen Gesetze, welche Parmenides seiner Vaterstadt gab. Die Behörden von Elea, fügt er hinzu, Hessen die Bürger jedes Jahr den Eid auf die parmenidische Verfassung leisten. Über Parmenides’ Gesetzgebung berichten ausser Plutarch noch Strabon 6, 1, 1 und Diog. Laert. 9, 23 (alle drei Angaben in Vorsokr.6 unter Parm. A 12). Letzterer führt als Quelle Speusipps Περί φιλοσόφων an, welches Werk L ang, De Speusippi Academici scriptis (Diss. Bonn 1911) 41—42 für identisch mit der im Schriftenverzeichnis des Speusipp angeführten Schrift Φιλόσοφος a hält. Nach L ang führte Speusipp in seinem Buch
den Parmenides als Beispiel dafür an, dass ein Philosoph auch Gesetzgeber sein kann. Strabon 6, l , 1 sagt, in Elea seien Parmenides und Zenon geboren, und fährt fort: δοκεϊ δέμ οι καί ài έκείνονς καί h i πρότερον εννομηϋήναι. Das klingt fast wie eine Polemik gegen die An
sicht, Parmenides habe der Stadt Gesetze gegeben. Auch Plutarchs Version schliesst ja nicht aus, dass gute Gesetze schon vor Parmenides vorhanden waren. Unsere Angabe sieht aus wie ein typisches plutarchisches υπ όμ νη μ α . Antiquarisch interessiert wie Plutarch war, hat er sich irgendwann gemerkt, dass in Elea die Behörden der Bürgerschaft den genannten Eid abzunehmen pflegten: auch wenn er sonst nichts von Parmenides’ Gesetzen wusste, liess sich aus dieser Tatsache leicht der Schluss ziehen, dass die Gesetze »vortrefflich» waren.
Plutarch gegen Kolotes
B. E mpedokles Vorbemerkung Unter den nichtepikureischeii Philosophen ist Empedokles bei weitem derjenige, von dem in Adv. Col. die meisten wörtlichen Zitate stehen. Kolotes hat bei seiner Bekämpfung des Em pedokles Verse von ihm angeführt (oben S. 55), und wenn Plutarch auf Kolotes’ Angriff antwortet, zitiert er noch weitere Verse, so dass Adv. Col. insgesamt sieben empedokleische Fragmente enthält. Hiervon sind fünf Fragmente ausschliess lich durch unsere Plutarchschrift überliefert — zusammen 12 Verne und zwei Halbverse. Hinzu kommt dann ein Bericht über Empedokles’ Lehre sowie eine Nachricht aus seinem Leben. Ich bespreche zuerst die wörtlichen Fragmente, und zwar in der Reihenfolge der Vorsokmtiker. Die Interpretation arbeitet naturgemäss auch mit den Urteilen, die Kolotes oder Plutarch oder beide über ein Empedoklesfragment abgeben.
I. D i e F r a g m e n t e
des E m p e d o k l e s
i n Adv . Col. 1. Interpretation der einzelnen Stellen, a. Fragment B 8. Teile dieses Fragments werden häufig zitiert, vor allem bei Aristoteles und dessen Kommentatoren (die Lemmata s. bei D iels , Poet, philos. fragm. p. 108—109); alle vier Verse werden jedoch ausser hier bei Plutarch (10, l p. l l l l f) nur von Aetios 1, 30,1 (Doxogr. Gr. p. 326, 14—21) angeführt. Was den Text des Fragments betrifft, sind die beiden letzten Verse praktisch einstimmig überliefert. In W . 1 und 2 treten Diskrepanzen auf: Plutarch gibt άλλο δέ τοι ioéor φύσις ονδενός εστιν έκαστου ητών, ουδέ τις ονλομένη ϋανάτοια γενέϋλψ 1 1 ùnàytcùv Aetios: έώτα»> Aris tot. metaph.1014 b 35] 12 ονλομέναυ ϋανάτοιο τελευτή Aetios
243
Plutarchs Textversion erscheint durchweg als die weniger zuverlässige: ούδενός έκαστον wirkt sprachlich ungelenk, während άπάντων als part. Gen. vortrefflich passt: έκαστον ist wohl
Gedächtnisfehler beim auswendigen Zitieren, ln V. 2 hat Plutarch ούλαμέτη ϋανάτοω γενέ&λη, wie seine anschliessende Diskussion sagt, als eine Paraphrase für M vaw z aufgefasst. Woher die sehr sonderbare Wendung stammt, ist schwor zu sagen. Ich kann nur darauf hinweisen, dass Empedokles wahr scheinlich auch hier auf einen Namen der πο/jjoi für den Tod Bezug nimmt (vgl. S. 245). Jedenfalls wird man mit Actios ϋανάτοιο τελευτή schreiben, aber vielleicht wäre ovhiinn, neben ούλομένσυ als Variante zu beachten.
Kolotes fasste die Verse B 8 als eine Bestreitung der Realität der Dinge und Vorgänge, die wir überall im Leben beobachten; Empedokles’ Meinung sei eben, dass n 11 r die Vereinigung bzw. Trennung der Urstoffe real ist. Wie Kolotes zu dieser Stellungnahme kam, und dass sie eine Missdeutung
des
Empe
dokles bedeutet, habe ich S. 56—58 ausgefiihrt. Es kann kein Zweifel darüber herrschen, was Empedokles hier hat sagen wollen: richtig hebt Plutarch hervor, dass er nur die Entstehung aus dem Nichts bzw. das Vergehen ins Nichts bestreiten will. Der Gedanke stammt ursprünglich von Parmenides, dessen Verse B 8, 38—41 den unsrigen sachlich nahe verwandt sind. Über eine Parallele mit Demokrit s. S. 254. — Das Wort φύσις kommt bei Empedokles auch in anderen Bedeutungen vor, aber an unserer Stelle hat Plutarch (10, 2 p. 1112 a) darin Recht, dass der Sinn »Geburt» evident ist (in diesem Sinn als erste Belegstelle des Wortes aufgenom men sowohl von L i d d e l l - S c o t t - J o n e s s.v . als von K r a x z im Wortindex der Vorsokr.) — Die Form ϋνητών ist Neutrum und bezeichnet die sterblichen Dinge, wie B 17, 3 und B 35,14. b. Fragment B 9. Zu den von Kolotes angeführten Empedoklesstellen gehörte auch B 9, ein Fragment, dessen Bewahrung wir nur Adv. Col., also letzten Endes Kolotes, verdanken. Der Epikureer scheint.
das Zitat benutzt zu haben, um an konkreten Beispielen zu zeigen, dass Empedokles die Dinge »aufhebt»(vgl.S. 58); Plutarch hebt dagegen mit Recht hervor, dass Empedokles hier den gewöhnlichen Sprachgebrauch1 unter Hinweis auf dessen Un zulänglichkeit für praktische Zwecke dennoch gutheisst. Empe dokles sagt wie Cicero (Orator 48, 160): usum loquendi populo concessi, scientiam mihi reservavi. Wie er das νόμω έπίφημι και αυτός selber in der Praxis betätigt, sieht man in B 17, 3—4 (γένεσις — άπόλειψς-, τίκτει τ’ όλέκει τε). — Entstehung der in B 9 erwähnten Dinge in Empedokles’ Kosmologie: B 21, 9—11 (auch B 23, 6—8). Dass Empedokles in B 9 die angegebene Absicht hatte, soviel können wir sehen; leider ist der Text schwer verdorben und der Wortlaut der Verse nicht mehr festzustellen. Zu besserem Ver ständnis der Angaben im Apparat der Vorsokr.6 möchte ich folgendes bemerken. Die Lücke zwischen roV und γενέσ&αι in V. 3 umfasst 7 bis 8 Buchstaben. Die Form von V. 5 stammt wesentlich aus Plut. praec. ger. reip. 28 p. 820 f, wo Plutarch diesen Empedoklesvers abermals anführt. In Adv. Col. 11, 6 p. 1112 f lässt Plutarch den Epikur mit Parodie unseres Empedoklesverses (V. 5) sagen: νόμω δ’ έπίψημι και αυτός.
c. Fragment B 10. Aus Plutarchs Erklärung von B 9 (11, 8 p. 1113 b) hat Diels ein weiteres Bruchstück des Empedokles gewonnen: Empedo kles hat unter den Namen, die die πολλοί der Auflösung der Elementverbindungen verleihen, auch θάνατον αλοίτψ erwähnt. Diels führt das Stück als B 10 auf, aber ich möchte die Frage aufwerfen, ob die Worte nicht eher in der unmittelbaren Fort setzung von B 8 gestanden haben. Plutarch zählt hier drei falsche Ausdrücke der Menge auf, zwei für »Tod» und einen für »Geburt»; der Ausdruck für Geburt ist aus B 8 entnommen (denn in B 9 gab es keinen kurzen Ausdruck dafür) und der 1 Das bedeutet hier νόμος, wie H einim an n , Nomos und Physis (1945) 84—85 gezeigt hat; vgl. auch P o h le n z , Nomos und Physis (Hermes 81 1953 4 1 8 -4 5 3 ) 426.
245
eine Ausdruck für Tod, δνσδαίμονα πότμον, aus B 9. Da der andere Ausdruck für Tod nicht in B 9 steht, würde inan erwar ten, dass er aus B 8 genommen wäre. Von B 8 ausgehend scheint es natürlich anzunehmen, dass nach φύσι; . Der Zusatz findet ohne weiteres Platz in der Lücke zusammen mit den gewöhnlich ergänzten Worten èrti} δε το κενόν και: die Summe der Buchstaben in άπασαν . . . καί ist 23, und die Lücke gestattet 25.* 1 Vgl. auch Aetios 4, 9, 8 (= Vorsokr.® Leukippos A 32): oi μέν arto« φύσα τά αίσ&ητά, Λεύκιππος δέ καί Δημόκριτος καί Διογένης νόμφ, τούτο δ'έστί δόξη καί πάΰεσι τοις ήμετίροις. Die alaihrpci sind selbstverständ lich συγκρίσεις. * Vgl. Metrod. Epic. fr. 9 Körte: τό μη [μετέχον] τού κενού [&ρ&αρτο]ν άπαααν [xwjUòAxoiD-Satz. Kolotes richtet 4, 1 p. 1108 f einen Angriff gegen den Satz τών πραγμάτων έκαστον ον μάλλον τοΐον ή τοϊον είναι, den er als demokritisch bezeichnet (s. S. 46). Plutarch bestreitet, dass 1 Mit H e i n i ma n n , Nomos und Physis (1945) 87 —89 stimme ich darin überein, dass ich auf den physikalischen Aspekt des «ä/^-Satzes Ge wicht lege. Dieser Aspekt war auch für Kolotes’ Angriff auf den Satz bestimmend: vgl. oben S. 50—51 und 87. 2 Der vollständige Text des Anfangs von c. 4 ist in den Vorsokratikern unter Dem. B 156 abgedruckt.
254
Plutarch gegen Kolotes
Demokrit eine solche Ansicht gehegt habe, und es ist eine Tatsache, dass sie nirgendwo anders Demokrit zugeschrieben wird. Nach v. A rnim , Art. Kolotes 1 in RE X I (1922) 1121, 13 ff. ist es eine Streitfrage, ob hier nur ein Missverständnis des Kolotes vorliegt, wie Plutarch glaubt, oder ob Demokrit diesen Satz wirklich billigte. Nun meint Kolotes, wie wir S. 47 —48 sahen, dass der frag liche Satz von den sinnlichen, im Leben wahrgenommenen Dingen und deren Qualitäten handelt, und deshalb richtet er gegen den Satz die Anklage, dass er das Leben in Verwirrung bringt und die Dinge voneinander ununterscheidbar macht. Hier ist die Bestreitung durch Plutarch kaum nötig um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass Demokrit dies nicht gemeint haben kann. Zwar sagt Demokrit, wie wir soeben gesehen haben, dass alle Qualitäten νόμφ sind, aber das bedeutet zu nächst, dass sie in der wirklichen Existenz, die nur den Atomen und dem Leeren zukommt, keinen Platz haben. Dass es f ü r u n s Qualitäten gibt, hat Demokrit nicht bestritten (vgl. P raechtkk in Ueberwegs Grundriss P2 [1926]
1 0 8 ), und
so wird er mitnichten die praktische Ununterscheidbarkeit der Dinge,
die ihm Kolotes zuschreibt (S. 47), behauptet haben. Wir können es demgemäss als ausgemacht betrachten, dass Demokrit den Satz nicht von den Dingen in der sinnlichen Erfahrung gemeint hat, also nicht so gemeint hat, wie Kolotes ihn auffasste. In diesem Punkt müssen wir Plutarch Recht geben. Nun aber muss Kolotes doch irgendetwas bei Demokrit vorgefunden haben, das ihm zu seiner Anklage Anlass gab. Aber unabhängig davon, ob er den von ihm angeführten Satz vorfand oder etwas anderes, hat er Demokrits Meinung jeden falls missverstanden. * Überlegen wir uns zunächst, was der fragliche Satz eigentlich besagen soll. Er schreibt »jedem Ding nicht mehr die eine als die andere Eigenschaft» zu, was wohl heissen soll, dass das Ding ebensowenig die eine wie die andere besitzt. Von Demokrit
gibt es nun wirklich einen Satz, in dem einem Ding zwei Eigen schaften abgesprochen werden. Bei Sext. Emp. Pyrrh.hyp. 1, 213 heisst es: »Man sagt auch, dass die demokritische Philo sophie etwas mit der Skepsis gemeinsam habe, da sie sich, wie es scheint, desselben Materials wie wir Skeptiker bedient; obre) γάρ τον τοϊς μεν γλυκύ φαίνεσ&αι το μέλι τοΐς δέ πικρόν τον Δημόκριτον έπιλογίζεσϋαί φασι το μήτε γλυκύ αυτό είναι μήτε πικρόν, και διά τούτο έπυρύέγγεσϋαι την ’ον μάλλον’ φωνήν σκεπτικήν ούσαι·.» Hieraus dürfte man schliessen können, dass Demokrit sich einer solchen Formulierung bedient hat wie τό μέλι ον μάλλον εστι γλυκύ ή πικρόν. Nun mag sich Kolotes die Sache etwa folgendermassen vorgestellt haben: »Demokrit meint, die sinnlichen Dinge haben nicht mehr die eine als die andere Eigenschaft. Sagt er doch z.B. vom Honig, er sei nicht mehr süss als bitter.1» In anderen Worten, Kolotes hat vielleicht die Aussage über den Honig (und etwaige ähnliche Aussprüche des Demokrit) generalisiert und dadurch unseren umstrittenen Satz erhalten. Darauf scheint auch Plutarchs weitere Diskussion zu deuten, denn als Beispiele des Satzes führt er lauter Fähe an, in denen von demselben Objekt verschiedene Wahrnehmun gen erhalten werden. Nun handelt aber Demokrits μέλι-Satz gar nicht von dem sinnlichen Ding Honig, sondern von dem Atomkomplex, der der Honig in Wirklichkeit ist: der Atomkomplex ist weder süss noch bitter. Deswegen kann dieser Satz nicht verwendet werden, um eine allgemeine Aussage Demokrits über die Eigen schaften der sinnlichen Dinge zu konstruieren. Die Annahme, Kolotes sei bei seiner Anklage von dem demokritischen Satz über den Honig ausgegangen, führt somit zu dem Ergebnis, dass Kolotes Demokrit missverstanden hat. Jedoch kann aus guten Gründen bezweifelt werden, dass der zur Diskussion stehende Satz των πραγμάτων έκαστον ού μάλλον τοΤσι> ή τοΊον είναι eine Generalisierung von Sätzen wie der eben 1 Darüber, wie Fälle entgegengesetzter Wahrnehmungen desselben Objekts nach epikureischer Anschauung zu beurteilen sind, habe ich S. 175-177 gehandelt.
256
Plutarch gegen Kolotes
angeführte über den Honig darstellt. Denn was man als allge meine Form solcher Sätze erwarten würde, wäre etwa: »In solchen Fällen, wo von demselben Ding verschiedene Wahr nehmungen auftreten, ist das Ding nicht mehr so als so be schaffen». Solche Fälle sind nun tatsächlich nicht sehr häufig — in unserem Satz steht aber τών πραγμάτων έ κ α σ τ ό ν . Auch würde Kolotes’ Angriff auf Demokrit an Kraft verlieren, wenn er als Gegenstand nur eine von Kolotes selbst gemachte Konstruktion hätte. *
Es bleibt da übrig, einfach anzunehmen, dass Kolotes auch seine erste Anklage, wie die zweite, gegen eine wörtlich ange führte Lehre des Demokrit selbst gerichtet hat. Diese Möglich keit soll nun geprüft werden. Wenn Demokrit den fraglichen Satz geäussert hat, ist es zunächst aus den Ausführungen oben S. 255 klar, dass er ihn nicht von den sinnlichen Dingen gesagt hat. Wir haben es also mit einer Aussage über die Dinge so wie sie in Wirklich keit sind zu tun. Das είναι ist in unserem Satz gleich hefj είναι. Die Formel ον μάλλον scheint bei Demokrit als feste Ver bindung produktiv zu sein. Ausser dem von Plutarch selbst weiter unten zitierten Satz μή μάλλον το òèv ή to μηδέν είναι haben wir in doxographischen Berichten die Wendung διά to μηδέν μάλλον τοιοΰτον ή τοιοϋτον είναι (Theophrast Phys. Opin. fr. 8: bezeugt sowohl für Demokrit, A 38 = Vorsokr.6 II 94, 13—14, als für Leukipp, A 8 = Vorsokr.® II 74, 5). Letztere ist unserem Satz so ähnlich, dass man unwillkürlich an die Möglich keit einer Verbindung denkt. Die genannte Wendung soll motivieren, dass die verschiedenen Gestalten der Atome unend lich an Zahl sind: »die Zahl der Gestalten ist unendlich, weil keine Gestalt eher so als so ist» heisst es an beiden Stellen. Wie B a i l e y , The Greek Atomists and Epicurus (1928) 81 berichtet, hat M a b i l l e a u 1 bemerkt, dass der mit διά to an fangende Ausdruck in der Tat nur so viel beweist, dass es un-1 1 Hist, de la philos. atomistique I 192 (mir nicht zugänglich). 17 — Acta Phllos. Penn.
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R olf W estman
möglich ist, die Gestalt eines gegebenen Atoms vorauszusagen, nicht dass die Anzahl der Gestalten unendlich ist. Betrachten wir nun die eingeschränkte Folgerung, die sich jedenfalls ziehen lässt: »Es ist unmöglich zu wissen, wie ein bestimmtes Atom beschaffen is t 1» (a). Sie besitzt eine schla gende Ähnlichkeit mit Demokrits Fragment B 8: »Es ist un möglich zu wissen, wie ein jedes Ding in Wirklichkeit be schaffen ist» (hefj ohv έκαστον γιγνώσχειν èv άπόρω εστί) (b). Aus welchem Satz ist die Folgerung (a) gezogen? — »Keine Atomgestalt ist mehr so als so», das heisst »Jedes Atom ist nicht mehr so als so beschaffen» oder »Jedes Atom kann eben sogut so wie so beschaffen sein». — Was würde man ex analogia für einen Satz konstruieren, aus dem (b) gefolgert werden könnte? — »Ein jedes Ding ist in Wirklichkeit ebensogut so wie so beschaffen» oder »Jedes Ding ist in Wirklichkeit nicht mehr so als so beschaffen». Dies ist aber genau der jetzt zur Sprache stehende ου μάλλον-Satz! Somit sehen wir wenigstens eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Satz als demo kritisch beansprucht werden kann. Doch wie soll der Satz verstanden werden? Da wir eine enge Verknüpfung zwischen ihm und dem Fragment B 8 festgestellt haben, so ist sein Verständnis von demjenigen jenes Fragments abhängig. Dabei ist auch Fragment B 10 heranzuziehen: έτefj μέν pw δτι ohv έκαστον έστιν ονκ έοτιν ον συνίεμεν, πολλαχή δεδήλοηαι. Von dem wirklichen Bau der Welt lehrt Demokrit, dass alles aus Atomen und Leerem gebaut ist. Das ist ihm vollkommen sicher. Aber damit wissen wir mitnichten, wie ein gegebenes E i n z e 1 d i n g gebaut ist. Von jedem Ding können wir mit Leichtigkeit sagen, n έστιν hefj: es ist Atome und Leeres. Aber das έτεή ποϊον zu wissen, würde bedeuten, alle einzelnen Atome des Dinges, ihre Gestalten, ihre Lagen und Stellungen zu einander usw. zu kennen, was εν άπορα) ist. Denn das Ding1 1 Eine gewisse Gestalt haben = in einer gewissen Weise beschaffen sein. Gestalt gehört zu den »primären» Qualitäten, die die Atome be sitzen.
258
Plutarch gegen Kolotes
kann ebensogut einen solchen wie einen solchen Aufbau haben; nichts bestimmt, dass es eher so als so gebaut sein soll. Je mehr man sich in das hineinversenkt, was Fragment 8 sagt, um so mehr sieht man ein, dass es für Demokrit unmöglich sein m u s s , zu erkennen, wie ein B i n z e 1 d i n g in Wirk lichkeit beschaffen ist.1 In der Tat ist der hier besprochene ον μάλλον-Satz gerade das fehlende Glied, welches zeigt, warum es unmöglich ist. Darum ist dieser Satz mit vollem Recht für Demokrit zu beanspruchen. Was die sprachliche Form des Satzes betrifft, glaube ich, dass die Worte τών πραγμάτων von Kolotes hinzugesetzt sind. Πράγμα in der konkreten Bedeutung »Ding» kommt bei Demo krit nicht vor2; für ihn genügte gewiss das blosse έκαστον, wie in B 8 und 10. * Die oben gegebene Deutung der Fragmente 8 und 10 gibt zu einer kritischen Frage Anlass: Wenn es unmöglich ist, die nähere atomare Struktur eines bestimmten Dinges zu erkennen, wie kommt es dann, dass Demokrit in Einzelheiten erklärt, wie verschiedene Geschmackempfindungen von verschieden gestalteten Atomen in den wahrgenommenen Objekten hervor-* 1 Zu einer ähnlichen Deutung der Fragmente 8 und 10 kommt F ri tz , Νους, Νοεϊν, and Their Derivatives in Pre-Socratic Philo sophy, Part II (Class. Philol. 41 1946 12—34} 28—29. Doch betrachtet er die Fragmente allzu einseitig vom physiologischen Standpunkt: er findet (S. 28, rechte Spalte) den Grund der Unerkennbarkeit des έκαστον darin, dass dem faktisch beobachtenden Subjekt gewisse Atome oder Atomgruppen mangeln können, die für die Erkenntnis aller Eigen schaften des fraglichen Dinges nötig wären. Vielmehr bin ich überzeugt, dass für Demokrit die Unerkennbarkeit des Einzeldinges p r i n z i p i e l l ist (vgl. hier oben im Text). Die Verbindung mit dem ov /nzAAor-Satz fügt die Fragmente 8 und 10 deut lich in einen Zusammenhang von grundsätzlichen Überlegungen ein. * Eine Ausnahme scheint am Ende von Fragment B 164 zu stehen (Vorsokr.® II 177,10) aber dort steht eben die Sprachform des Schlusses unter dem Verdacht der Modernisierung (K ra nz zu Vorsokr.® 11 176,19). von
259
gerufen werden? — Erstens befasst sich jede der Erklärungen keineswegs mit Einzeldingen: es ist von dem bitteren usw. Geschmack im allgemeinen die Rede. Dann betrifft die Er klärung jedenfalls nur einen Bruchteil des atomischen Aufbaus des Dinges, nämlich die Atomgestalten, auf denen unsere Geschmackempfindung beruht. Die sonstige atomare Struktur des Dinges bleibt unbekannt. Sagt doch auch Theophrast am Ende des Berichts, den er De sensu §§ 64—67 über Demokrits Geschmackserklärungen gibt, dass laut Demokrit keine Atom gestalt ausschliesslich und ungemischt vorkommt, sondern immer mit vielen anderen zusammen (§ 67 = Vorsokr." Π 118, 28—30). Von dem έτefj obv έκαστον γιγνοχτκειν sind diese Er klärungen weit entfernt.
Dem Plutarch kann man keinen Vorwurf daraus machen, dass er einen so technischen Satz des Demokrit nicht gekannt hat: er hat den Satz wie Kolotes aufgefasst und hat festgestellt, dass so eine Ansicht dem Demokrit fremd ist. Kolotes seinerseits hat gemäss seiner Gewohnheit, gegen Bruchstücke zu polemisieren (s. S. 91—92), diesen Satz aus dem engverknüpften Zusammenhang, in dem er bei Demokrit stand, losgerissen und so gegen ihn polemisiert. Er fasste den Satz in seiner eigenen Weise auf und bezeichnete dadurch einen Lehrsatz als lebensverwirrend, der in Wahrheit über die Vorgänge im Leben nichts aussagt.2
2. Demokrits Bekämpfung des Protagoras. Wie wir hier oben (S. 255) sahen, hat Plutarch Recht, wenn er behauptet, dass Demokrit nicht die Ansicht gehegt hat, die Kolotes mit dem ov μαλλον-Satz verbindet. Plutarch führt als Beweis hierfür an, dass Demokrit Protagoras wegen eben dieser Ansicht bekämpft hatte. Dass Plutarch an eine besondere Schrift des Demokrit gegen Protagoras denkt, meint A p e l t (s. seine Übersetzung von Adv. Col., S. 7). Eine separate Existenz der Angriffe auf Protagoras legen ohne Zweifel
Plutarchs Fortsetzungsworte οίς ovb’ οναρ έντνχών ό Κωλώτης κτέ. nahe. Demokrit kritisiert also nach Plutarchs Angabe bei Protagoras die Auffassung, dass jedes der sinnlichen Dinge nicht mehr so als so beschaffen ist. Dass Demokrit diese Auffassung ver worfen hat, wurde oben (S. 255) klargemacht. Nun folgt aus Plutarchs Worten keineswegs, dass Demokrit eben diese For mulierung des Gedankens angriff. Die Worte besagen vielmehr, Demokrit habe Protagoras bekämpft, dessen Anschauung sich mit den von Kolotes angeführten Worten ausdrücken lässt (vgl. hier unten S. 298). Eine Bekämpfung des Protagoras durch Demokrit wird auch von Sext. Emp. adv. math. 7,389 bezeugt: πάσαν μεν ovv φαντασίαν ούκ < äv > εΐποι τις άληδή ita την περιτροπήν, καϋώς δ τε Δημόκριτος καί ό Πλάτων άντιλέγοντες τώ Πρωταγόρα έδίδασκον (Vorsokr.® Protag. A 15 = Demokr. A 114). Diese Angaben über Angriffe des Demokrit gegen Protagoras bringt man auf einen Hauptnenner indem man einsieht, dass beide Angriffe gegen den Homo mensura-Satz gerichtet sind. Aus jenem Satz des Protagoras folgt sowohl, dass alle Wahr nehmungen richtig sind, als dass ein Ding nicht mehr diese als jene Qualität besitzt (vgl. S. 298). Aus welchem Grunde greift Demokrit den Homo mensuraSatz an? Wie ich glaube, versteht man das, indem man von einer Formulierung ausgeht, die Platon Theait. 171 a dem Homo mensura-Satz gibt: τά δντα δοξάζειν άπαντας. Protagoras sagt: Aller Dinge Mass ist der Mensch, der S e i e n d e n , so wie sie s i n d usw. Er meint also, dass der Mensch das wahre Wesen der Dinge erkennen kann. Demokrit meint das gerade Gegenteil: das wahre Wesen der Dinge liegt in der Tiefe, und wir erkennen nicht, wie das einzelne Ding in Wirk lichkeit beschaffen ist (s. oben S. 258—259). Demokrit meint eben genau, dass wir nie, und zwar grund sätzlich nicht, in der Lage sind, die Dinge so wahrzunehmen, wie sie s i n d. Denn alle Dinge bestehen aus Atomen, die der 261
R olf W estjian
Wahrnehmung nicht zugänglich sind, und wir können nie angeben, was die atomare Struktur eines gegebenen Eiuzeldinges ist (vgl. 8. 258). Nun aber besagt der protagorische Satz ja eben, d ass wir die Dinge so wahrnehmen wie sie sind. Und wenn es au ch nicht strikte in der uns bekannten Formulierung des Homo monsuraSatzes liegt, so ist dies die Interpretatimi, die Platon in seinem Theaitetos sofort von Protagoras' Satz gibt ( lä g a —b). So verstehen wir, warum Demokrit Protagoras angreifen musste.1
6. D e r S a t z v o n δέν u n d μ η δέν (f r. P l ä u ) .
Als Erklärung dessen, wie Kolotes zu der genannten Anklage gegen Demokrit gekommen sei, meint Plutarch, K olotos habe Demokrits Ansdrucksweise missverstanden, wo dieser sagt Nun ist es zwar ganz verfehlt,
μ ή μ ά λλ ο ν το δεν ή το μ η δέν είν α ι.
Kolotes' Missverständnis des Demokrit so zu erklären (s. oben S. 116), aber hiermit hat uns Plutarch immerhin Demokrits charakteristischen Satz über δέν und μ η δ έν erhalten. Plutarch bemerkt anschliessend vollkommen richtig, dass Demokrit unter δέν das Körperliche und unter μ η δ έν den leeren Kaum versteht, sowie dass es der Zweck des Satzes ist, zu besagen, dass auch das Leere eine eigene Existenz besitzt. Die alten Atomisten legten grosses Gewicht darauf, gegen Parmenides die Existenz des Nichtseienden, d.h. des Leeren, zu betonen. Die Formulierung, dass das Seiende nicht nielli ate das Nichtseiende existiert2, begegnet schon bei Leukippos (Vorsokr.® A 8 = II 74, 6—7; für Leuk. und Demokrit zusam men bezeugt Leuk. A 6 = Vorsokr.® II 72, 16; für Demokrit 1 Zwar nur, warum er den H o m o m e n s u r a - S a t z angreifen musste, aber wir sahen oben (S. 26t), dass es auf die Formulierung nicht an kommt. ! Zu vergleichen ist die sachlich hiermit zusammentreffende Formu lierung Demokr. A 45 (Vorsokr.® II 95, 23—24): Δημόκριτος τό στερεόν καί κενό», ών τό μεν ώς σν, τό δ'ώς ονκ δν ε ί ν α ι ψησι.
262
Plutarch gegen Kolotes
allein bei Eusebios Praep. Evang. 14,3, 7 voi. II p. 331 Gifford), ebenso die umgekehrte, dass das Nichtseiende nicht weniger (ελαττον) als das Seiende existiert (Leuk. A 8 = Vorsokr.® II 74, 9). Demokrit nun führte die Neuerung ein, für das Nicht seiende μηδέν und für das Seiende δέν zu sagen. Bei der Bildung des eigenartigen Wortes δέν leitete ihn wohl die Analogie μή δν : δν = μηδέν : X. Durch die Einführung des Gegensatzpaares δέν-μηδέν hat Demokrit vielleicht die Opposition gegen die Eleaten noch verschärfen wollen. Hier ist ja δέν, die Bezeichnung für das Seiende, aus der Bezeichnung für das N i c h t s e i e n d e hergeleitet; nicht nur ist das Nichtseiende existierend, sondern es wird sogar der Name für das Seiende aus dem Namen für das Nichtseiende abgeleitet, als ob das Nichtseiende grössere Dignität habe. Die Termini δέν und μηδέν sind ausser hier in Adv. Col. auch an ein paar anderen Stellen belegt: bei Simplikios und Galen. Der letztere bezeugt ausdrücklich (Vorsokr.® II 97, 18—19), dass Demokrit das Leere μηδέν nannte, stimmt also mit Plutarch überein (bei dem jedoch zu beachten ist, dass die Termini in einer indirekten Anführung stehen); Simplikios (Vorsokr.® II 93, 24) hat ουδέν. Der Satz, das δέν existiere nicht mehr als das μηδέν, ist jedoch an keiner anderen Stelle als hier bei Plutarch erhalten.
III. F r a g m e n t B 1 5 7 Die »Aretalogie der Philosophen» am Ende von Adv. Col., wo Plutarch aufzeigen will, dass alle von Kolotes angegriffenen Philosophen sich durch gesellschaftlich nützliche Tätigkeit ausgezeichnet haben (vgl. oben S. 128), beginnt folgendennassen (32, 2 p. 1126 a): ών Δημόκριτος μεν παραινεί την τε πολεμικήν τέχνην μεγίστην ονααν έκδιδάσκεσ&αι καί τούς πόνους διώκειν, ά/, welches natürlich guten Sinn gibt, aber nicht das einzig denkbare ist. Dinge mit Qualitäten können nicht existieren, weil die Atome όποιοι sind: nun enthält sowohl φύσις als ψυχή den Begriff des Lebenden — da würde man als Epitheton der Atome erwarten, dass sie »tot» sind. Für das deutsche Wort »tot» in dieser Bedeutung gibt es im Griechischen keine andere Entsprechung als die Negation des Lebensprin zips — also < άφύχω ν> ,2 Analog sagt Plutarch 10, 6 p. 1112 c von den Atomen, sie machen die Entstehung von lebenden Wesen unmöglich, weil sie άψυχοι sind.
V. D e m o k r i t s B e k ä m p f u n g v o n V o r g ä n g e r n 29, 3 p. 1124 c erwähnt Plutarch Demokrit unter denen, die άντειρήκασι τοϊς προ αυτών. Es sind also dem Plutarch Angriffe des Demokrit gegen frühere Philosophen bekannt. Man denkt sofort an Demokrits Kritik an Protagoras, von der auch Plu tarch am Anfang von Adv. Col. spricht (s. oben S. 260—262), Auch von einer Polemik Demokrits gegen Anaxagoras haben sich Spuren erhalten (Demokr. B 5). 1 Diese konkrete B edeutung des W ortes nimm t L i b d e l l - S c o t t - J o n e s s.v . φ&σις unter V. auf: »as a concrete term, creature». Verglichen sei P laton Politikos 272 c, w o φύσις, w ie ausdrücklich gesagt wird, für Menschen und Tiere steht: . . . xal πυν&ανόμενοί παρά πόσης φύσεως
* N achher habe ich denselben Vorschlag άψυχων, freilich ohne nähere Begründung, bei Z e l l e r ,
Phil.d. Griechen 1:2** (1920) 1060 A nm . 1
gefunden.
18 — Acta Phllos. Fenn.
273
]). S okrates
I. K o l o t e s
und
Sokrates
Kolotes’ Anklagen sind zugleich Behaptungen über Sokrates’ philosophischen Standpunkt. Die in der ersten Anklage enthaltene Behauptung, Sokrates habe die sinnliche Wahrnehmung für unzuverlässig erklärt,trifft für den wirklichen Sokrates nicht zu, sondern hat w o h l, wie ich S. 62—63 ausgeführt habe, seinen Ursprung in Äusserungen des platonischen Sokrates. Kolotes’ zweite Anklage, die gegen Sokrates’ Suche nach der Definition des Menschen gerichtet ist, erfasst etwas Wesent liches in der Tätigkeit des historischen Sokrates (vgl. S. 65 —66).
II. S o n s t i g e A n g a b e n ü b e r S o k r a t e s ’ P h i l o s o p h i e und Leben Sokrates’ Nichtwissen und sein stetiges Lernen betont Plu tarch 18, 2 p. 1117 d mit Recht. Um zu beweisen, dass das von Kolotes getadelte Selbstsuchen keineswegs eine verächtliche Tätigkeit ist, führt Plutarch 20, 2 p. 1118 c u.a. an, dass nach Aristoteles’ Angabe die ehrwürdige delphisehe Inschrift γνώ&ι σεαυτόν dem Sokrates den Anstoss zu seiner Selbstprüfung gegeben habe. Die Form des Aristoteles zitats sowie die Gründe, warum Aristoteles diese Ansicht äusserte, werden unten im Abschnitt über Aristoteles be sprochen (S. 282—283). * Wenn Plutarch gegen Ende unserer Schrift nachzuweisen bemüht ist, dass alle die von Kolotes angegriffenen Philosophen sich zu den Gesetzen und dem politischen Leben positiv ver halten haben, erwähnt er 32, 5 p. 1126 b Sokrates’ aus Platons Dialog Kriton bekannte Weigerung, aus dem Gefängnis zu fliehen. Hier klingen die Worte ονκ έχρήσατο (sc. rfj φ ν γ φ τούς νόμους βεβαιών, άλλ" άόίκως όατοϋανεΐν εΐλετο μάλλον ·ή σω&ήναι
274
παρανόμοις wie ein Nachhall von Xen. Mem. 4, 4, 4 ηροείλετο μάλλον τοϊς νόμοις έμμένων αποϋανεΐν ή παρανόμων ζην.
Allgemein bekannte Vorfälle aus Sokrates’ Leben zählt Plu tarch 18, 4 p. 1117e auf.
E. P laton In diesem Abschnitt handelt es sich natürlich nicht darum. Adv. Col. als Quelle für unsere Kenntnis von Platon zu ver werten, sondern lediglich um einen Überblick darüber, in welchen Zusammenhängen Platon in dieser Schrift erwähnt wird. I.
Besprechungen
platonischer
Philosophie Aus Kolotes’ Anklage gegen Platon (s. oben S. 67—68) ent nehmen wir als epikureische Stellungnahme gegen die Ideen lehre, dass diese Lehre die Existenz der Dinge in der Sinnen welt leugnet und uns somit das Leben unmöglich macht. Plutarchs Entgegnung, die den Rest von c. Ιό ausfüllt, fusst, wie zu erwarten ist, auf Plutarchs guter Platonkenntnis. Zwar spricht er von Ideen und Dingen mit den bei Platon selbst nicht anzutreffenden Termini με&εκτόν und μετέχσν1 und de finiert das Verhältnis Idee-Ding teilweise in aristotelisierenden Ausdrücken (ahta — νλη, δύναμις — πάϋος). Aber seine Apologie für Platon, in der er aufzeigt, dass Platon die Existenz der sinnlichen Dinge nicht geleugnet hat (15, 4—7 p. 1115 e— 1116 b), ist von platonischem Geist erfüllt; vor allem spürt man die aus dem Timaios stammende Auffassung der Idee als παράδειγμα (Tim. 28 a—29 b, bes. 28 c—29 a). Plutarch schliesst mit der Feststellung, dass Platon die Ideen als δντα, dieSinnen1 Die Termini verdanken ihre Entstehung der platonischen μέ&εξις (z.B. Parm. 132 d). Με&εκτάν ist zuerst bei Aristot. belegt (Metaph. 990 b 28), und zwar als Adj. — bei Plut. ist das Wort Subst. — Tà μειέχοντα Subst. schon Arist. Met. 991 a 3.
275
dinge aber als γινόμενα betrachtet (dies aus dom Timaios 27 d—28 a). Als ein Ergebnis der Ideenlehre bezeichnet Plutarch 13, 12 p. 1114 f die explizite Scheidung zwischen den αίσβψά und dem νοητόν (dazu etwa Politela VI 509 d). Dass Platon die Lehre von den vier Elementen umfasste, sagt Plutarch 9, 1 p. 1111 d. Unter denjenigen Philosophen, die ihre Vorgänger kritisiert haben, wird Platon erwähnt 29, 3 p. 1124 c.
II. P l a t o n z i t a t e Auf Platons Erwähnung des berühmten Orakelspruchs über Sokrates in der Apologie 21 a weist Plutarch 17, 2 p. 11 Iß f hin. In Kolotes’ ironischen Fragen, wie Sokrates bei seiner angeb lichen Ansicht über die Wahrnehmung Brot von Heu zu unterscheiden versteht (19, 2 p. 1117 f) und warum er das Essen in den Mund, nicht ins Ohr tut (2, 4 p. 1108 b; vgl. über diese Fragen S. 64—65), sieht v. A iixim , Art. Kolotes 1 in RE X I (1922) 1121 g.E. eine »Anspielung auf die Symposien» (Platons und Xenophons). Das würde ich nicht für so sicher halten, dagegen ist 19, 3 p. 1118 a, wo vom Überschreiten eines Flusses geredet wird, auf Plmidros 229 a bzw. 241 e—242 a und 242 b zu beziehen, wie v. Arnim sagt.
Plmidros 229 e —230 a wird 21, 2 p. 1119 b zitiert. Wie es scheint, hat Kolotes in seiner Streitschrift irgendwie auf diese Stelle Bezug genommen (oben S. 68). Wie die eben genannte Phaidrosstelle werden auch zwei Stellen aus den platonischen Gesetzen von Plutarch ziemlich frei zitiert: Nomoi V 728 a in 30, 2 p. 1124 e und Nomoi IV 715 e in 30, 3 p. 1124 f. Einen anekdotisch überlieferten Ausspruch Platons erwähnt Plutarch 2, 5 p. 1108 b. Diese Anekdote von Platon, der seinen Sklaven einem Freund zur Züchtigung übergibt, da er selber im Zorn sei, ist mehrfach überliefert: s. Z eller , Phil.d. Griechen II: l 5 (1922) 434 A. 1. 276
Plutarch gegen Kolotes
III. V e r h ä l t n i s
anderer Philosophen
zu P l a t o n Wegen der epikureischen Stellungnahme, die Kolotes zeigt, s. oben S. 275. Über sonstige epikureische Polemik gegen Platon s. S. 101 —102. Über die Philosophen, die sich nach Kolotes’ Behauptung an Platon angeschlossen hätten (14, 1 p. 1115 a), s. S. 69—72; vgl. S. 278-279. Wegen der Bekämpfung Platons durch Aristoteles und Peripatetiker (14, 2—4 p. 1115 a—c) S. 279—282 bzw. 285 —289. F. X e n o k r a t e s Der einzige alte Akademiker, auf dessen philosophische An sichten in Adv. Col. eingegangen wird, ist Xenokrates. Von ihm ist Kolotes’ Behauptung, er hätte sich dem Platon angeschlossen (14, 1 p. 1115 a, vgl. oben S. 69—72 und unten S. 278—279), natürlich richtig. Ebenso ist Plutarchs Behauptung korrekt, Xenokrates nehme wie Platon die vier Elemente an (9, 1 p. 1111 d; vgl. dazu Z e l l e r , Die Phil. d. Griechen II: l 5 [1922] 1024). Ein wörtliches Zitat von Xenokrates gibt Plutarch, wo er nachweisen will, dass die Lehren der Philosophen auch ohne die Gesetze dem Leben eine genügende sittliche Grundlage geben (30, 2 p. 1124 e): τιμήσομεν . . . δικαιοσύνην,. . . ποιοΰντες έκουσίως διά τον λόγον, ( φησ'ι Ξενοκράτης, & νϋν ακοντες διά τον νόμον. Dies ist = fr. 31 Heinze. Zu vergleichen ist fr. 3 (bei
Plut. de virt. mor. 7 p. 446 e): επιβεβαιονσαν τον Ξενοκράτους λόγον, δν εκείνος είπε περί των άλη&ώς ψιλοσοψονντων, δτι μόνοι ποιονσιν έκουσίως ä ποιοϋαιν ακοντες οΐ λοιποί διά τον νόμον.
Die Ähnlichkeit der beiden Zitate lässt vermuten, dass sie beide auf denselben Ausspruch des Xenokrates zurückgehen. Sachlich ist der Satz wenig originell: z.B. von Aristoteles wird ein ganz ähnliches Apophthegma überliefert (Diog. Laert. 5,20). Aber die hier gegebene Formulierung mit der Antithese διά τον λόγον — διά τον νόμον mag Xenokrates’ eigene sein. 277
Schliesslich haben wir eine geschichtliche Angabe: παρά δέ Ξενοκράτους ’Αλέξανδρος ύτωϋ-ήκας fjrt/σε περί βασιλείας (32, 9 ρ. 1126 d).1 Hier sehen wir in Blitzbeleuchtung das zwischen Alexander und Aristoteles eingetretene Zerwürfnis. Wie musste es den Aristoteles schmerzen, als Alexander unter Übergehung seines Erziehers, der doch eher als jeder andere in Frage ge kommen wäre, ihm νπο&ήκαι περί βασιλείας zu geben, und der früher eine Schrift Περί βασιλείας an ihn gerichtet hatte (fr. 646 —647 Rose), sich an dessen Gegner aus der Akademie wandte! Auch ist ausdrücklich überliefert, dass Alexander nach der Kallisthenes-Geschichte an Xenokrates Gaben geschickt hatte επίτώ τούτον (sc. τον ’Αριστοτέλη) λνπήσαι (Diog. Laert. IOa.E.).
G. A ristoteles Das Wichtigste, was über Aristoteles in Adv. Col. steht, findet sich in c. 14. Sodann haben wir ein interessantes Zitat in c. 20, ein paar allgemeine philosophische Angaben sowie endlich zwei Notizen aus Aristoteles’ Leben.
I. D i e A n g a b e n
i n A d v . Col . 1 4
Plutarch hat soeben am Ende von c. 13 Parmenides’ Scheidung des Seienden und des Werdenden berührt und schliesslich angedeutet, dass diese Scheidung bei Platon noch deutlicher sei (vgl. oben S. 67). Deshalb geht Plutarch anschliessend dazu über, Kolotes’ Angriff auf Platon zu behandeln. Er beginnt aber damit, Kolotes’ άπαιδευσία zu verhöhnen: Kolotes be hauptet, Platon sei in dieser Hinsicht von Aristoteles, Xeno krates, Theophrast und allen Peripatetikern befolgt worden. Hierauf antwortet Plutarch dadurch, dass er eine Anzahl der Schriften von Aristoteles, Theophrast und anderen Peripateti kern aufzählt, in welchen diese Philosophen Platon bekämpft haben, und wirft dem Kolotes Unkenntnis dieser Schriften vor. 1 Im Schriftenverzeichnis des Xenokrates bei Diog. Laert. 4,14 findet sich in der Tat ein vierbändiges Werk πού; ’Αλέξανδρον περί βασιλείας.
278
Plutarch gegen Kolotes
Betrachten wir erst Kolotes’ Nachricht. Die Nachfolge Platons ist für Xenokrates klar, und was Aristoteles betrifft, so steht seit J a e g e r fest, dass er in seinen Jugendschriften ganz Platoniker war. Über Kolotes’ Angabe hinsichtlich der Peripatetiker s. obenS. 69—72. Auch aus Plutarchs Entgegnung ist ein Argument für die Richtigkeit von Kolotes’ Behauptung gezogen worden. Es ist bemerkenswert, dass Plutarch hier nicht, wie gleich unten c. 15 im Fall Platons, den Kolotes fragt, wo er diese Behauptung über die fraglichen Philosophen her hat, sondern lediglich solche Schriften aufzählt, in denen die Männer andere Ansichten geäussert haben. Dadurch gibt Plutarch gewissermassen zu, dass er Kolotes’ Anklage nicht geradezu als falsch bezeichnen kann. Die Beobachtung stammt von B ig x o x e , L’Aristotele perduto (1936) I 31—32 = Riv. di filol. N. S. 11 1933 41—42. Doch jene Einräumung muss man zwischen den Zeilen lesen. Expressis verbis ist Plutarch darüber empört, dass Kolotes den Aristoteles, der doch im weitaus grössten Teil seiner Schriften1 Gegner Platons ist, allgemein als Nachfolger Platons bezeichnet, und er führt sofort an der Spitze eines ganzen Haufens peripatetischer Bücher Aristoteles’ De caelo und De anima an, in welchen Werken ja wirklich Kritik an Platon enthalten ist (über die anderen hier aufgezählten Arbeiten s. unten S. 285—289). Den Gegenstand des Widerspruches gegen Platon in allen den genannten Werken bezeichnet Plutarch allgemein als »die wichtigsten Fragen der Naturphilosophie». Kurz darauf geht er speziell auf die aristotelische Kritik der Ideenlehre ein. Und dabei bringt er uns (14, 4 p. 1115 bc) die eine von den zwei antiken Angaben darüber, dass Aristoteles nicht nur in den Lehrschriften, sondern auch in den Dialogen Platon angriff. Der Text der Stelle lautet: 1 Nebenbei sei an die Stelle De virtute morali 7 p. 448 a erinnert, wo Plutarch berichtet, dass Aristoteles einige seiner früheren Ansichten später aufgab. Das ist nicht ohne Interesse, denn es zeigt, dass der Gedanke an eine Entwicklung bei Aristoteles dem Plutarch nicht völlig fremd war.
279
τάς γε μην Ιδέας, περί ών έγκαλεϊ τώ Πλάτωνι, πανταχοϋ κινών
’Αριστοτέλης καί πάσαν έπάγων απορίαν αυτοίς έν τοΐς ήϋικοίς ύπομνήμασιν εν τοΐς φναικοίς διά των έξοηερικών διαλόγων φιλονεικότερον ένίοις έδοξεν ή φιλοσοφώτερον *εκ ^τϊον δογμάτων τούτων ώς προ&έμενος την Πλάτωνος ύπερείπειν (ύπεοιδείν codd.) φιλοσοφίαν οντω μακράν ήν τον άκολον&εΐν. Aus Plutarchs Text bekommt man den Eindruck, dass einige (Svioi) Aristoteles’ Vorgehen gegen Platon 1 für streitsüchtiger als eines Philosophen würdig hielten, und zwar scheint es, dass jene Leute ihr Urteil auf Aristoteles’ Kritik der Ideen lehre in sämtlichen angeführten Schriftengruppen stützten. Die Frage nach der Identität dieser ενιοι kann nur zu einer Antwort führten: es müssen Platoniker sein. Die Sache sieht aber anders aus, wenn man die andere An gabe, eine Proklosstelle, vergleicht. loannes Philoponos zitiert De aetern. mundi 31, 17 ff. Rabe folgende Worte aus Proklos’ Schrift ’Επίσκεψιςτών προς τον Πλάτωνος Τίμαιονύπ' ’Αριστοτέλους
άντειρημένονν: »Kai κινδυνεύει μηδέν όντως ό άνηρ εκείνος (sc. ο ’Αριστοτέλης) άποποιιρασ&αι των Πλάτωνος ώς την των Ιδεών νπόϋεσιν, ον μόνον εν λογικοϊς τερετίσματα τα είδη καλών, αλλά καί έν ήϋικοϊς προς τό αντοαγαϋόν διαμΛχόμενος και εν φνσικοΐς ονκ αξιών τάς γενέσεις εις τάς Ιδέας άναφέρειν, ώς έν τώ περί γενέσεως λέγει καί φϋοράς, καί εν τη μετά τά φυσικά πολλώ πλέον άτε περί τών αρχών πραγματευόμενος καί κατατείνουν μακράς κατηγορίας τών ιδεών έν τοΐς πρώτοις, έν τοΐς μέσοις, έν τοΐς τελευταίοις τής πραγματείας εκείνης καί έν τοΐς διάλογοι ς σαφέστατα κεκραγώς μή δννασϋαι τφ δόγματι τούτω σνμπαϋεΐν, καν τις αυτόν οϊηται διά φιλονεικίαν άντιλέγειν.» (Die beiden Stellen stehen als Arist. fr. 8 Rose und in W alzer, Aristotelis dialogorum fragmenta als fr. 10.) 1 ln dem εκ vor τών δογμάτων τούτων steckt offensichtlich ein Verbum. In cod. E, von dem ich eine Photokopie gesehen habe, sind die Buch staben i x ganz deutlich mit einem gewissen Zögern geschrieben, also gab es hier schon in der Vorlage von E eine Korruptel. Von den Ver besserungsvorschlägen sind B ignones ix und P o h l e n z ’ έκ gut, Sicherheit ist aber nicht zu erreichen.
280
In Proklos’ Version kehrt sehr charakteristisch der Begriff der φιλονεικία wieder, aber der Zusammenhang ist präzisiert: wir haben es nicht mit sämtlichen Schriftengruppen, nur mit »den Dialogen» zu tun, und es ist Aristoteles selbst, der ausruft, er könne der Ideenlehre nicht folgen, selbst auf die Gefahr hin, dass man ihm vorwerfe, er greife Platon aus blosser Streitsucht an. Nun dürfte solch eine Äusserung wohl kaum in mehr als einem Dialog gestanden haben (die pluralisehe Bezeichnung bei Proklos wie bei Plutarch beruht darauf, dass die Dialoge als besondere Schriftengruppe betrachtet wurden: s. P raechteb in Ueberwegs Grundriss I12366 A. 1), und dieser eine ist, wie J aeger , Aristoteles 127—128 nachgewiesen hat, der grosse programmatische Dialog Περί φιλοσοφίας. Man darf vermuten, dass der Vorwurf tatsächlich von einem Mitunterredner im Dia log gemacht wurde; jedenfalls scheint es sicher, dass ein Vertei diger des platonischen Standpunktes dem Aristoteles mit einer zusammenhängenden Rede entgegentrat (J aeger 129 Anf.). Über die einzigartige Stellung, die diese Äusserung in Aristo teles’ philosophischer Entwicklung einnimmt, s. J aeger 128. Wie J aeger 35 und nach ihm P raechter a.a.O. bemerken, entstammen die Berichte bei Proklos und Plutarch einer gemeinsamen Quelle, und diese Quelle gibt Proklos am ge nauesten wieder. Schon sie muss den unklaren Ausdruck εν τοΐς διάλογοις gehabt haben, der dann von beiden aufgenommen worden ist. Plutarchs geradezu irreführende und die Unklarheit der Quelle durch ένίοις εδοξεν noch verschlimmernde Ausdrucks weise macht es wenig wahrscheinlich, dass Plutarch je den Dialog selbst gelesen hat. Die alte Quelle »zählte a l l e Stellen der aristotelischen Werke, wo die Ideenlehre bekämpft war, einzeln auf» (J a e g e r 35 A. 1 [auf S. 36]; dort sind auch die einzelnen Zitate aus den Lehrschriften, die Proklos gibt, lokalisiert). Nun werden bei Proklos unter den L e h r s c h r i f t e n folgende aufgezählt: λογικά, ηβικά, φυσικά, ή μετά τά φυσικά (sc. πραγματεία). Plutarch seinerseits hat — nach den HSS. — nur εν τοϊς ήϋικοίς ύτωμνήμασιν b τοϊς φυσικοίς, dann werden die Dialoge erwähnt. Da 281
etwas zu fehlen schien, hat B e r n a y s (Die Dialoge des Aristo teles in ihrem Verhältnis zu seinen übrigen Werken [1863] 46) den seither von den Herausgebern angenommenen Zusatz έντοϊς φνσικοϊς vorgeschlagoii. Μ. Ε. hat jedoch B ign on e, L’Aristotele perduto (1936) 11 107 η. 1 schlagende Gründe gegen diese Ergänzung vorgebracht . Bignone hebt hervor, dass es am natürlichsten gewesen wäre, die μετά
τά φυσικά n a c h den φυσικά, nicht vor ihnen zu nennen, und weist auf die ausführlichere Version der alten Quelle bei Broklos hin, wo zwar auch die Metaphysik genannt wird, aber an letzter Stelle unter den Lehrschriften; zuerst stehen λ ο γ ι κ ά , ήϋικά und φυσικά. Demgemäss bin ich sehr geneigt, Bignones Vorschlag έν τοϊς φνσικοϊς für das Richtige zu halten. IL D a s Z i t a t
i n Adv.
Col . 2 0
Am Anfang von c. 20 antwortet Plutarch auf Kolotes’ Ver höhnung von Sokrates’ Selbstsuche. Sein erstes Gegenargument ist, dass das Selbstsuchen keineswegs γελοϊον, sondern eine grosse und hohe Tätigkeit ist. Dabei betont er (20, 2 p. 1118 c):
καί των εν Δελφοϊς γραμμάτων ϋειότατον έδόκει το ’γνώϋι σαυτόν· δ δη και Σωκράτει απορίας καί ζιμήσεως ταυτής άρχήν ένέδωκεν, ώς ’Αριστοτέλης έν τοϊς Πλατωνικοϊς εϊρηκε ( = Arist. fr. 1 Rose und fr. 1 Walzer). Die einmalige Stellenangabe έν τοϊς Πλατωνικοϊς hat man auf die Dialoge bezogen und zwar auf die Programmschrift Περί φιλοσοφίας, zunächst aus dem Grunde, dass an einer anderen Stelle die Beschäftigung des Aristoteles mit dem delphischen Spruch γνώϋι σεαντόν bezeugt wird, wobei sich die Stelle (fr. 3) ausdrücklich als Zitat aus Περί φιλοσοφίας gibt. »Die Bezeich nung έν τοϊς Πλατωνικοϊς muss bedeuten: in den platonischen1 Dialogen des Aristoteles» (J a e g er, Aristoteles 132). 1 Möglicherweise trat in Περί φιλοσοφίας Platon selber als Dialogperson auf, wie B ignone, L’Aristotele perduto (1936) II 528 meint. — Bignone weist II 104 a.E. auf den auffälligen Umstand hin, dass Plutarch zwar Kolotes bekämpft wegen der Behauptung, Aristoteles sei ein Platoniker gewesen, aber selbst »Aristoteles in den platonischen Schriften» zitiert.
282
Plutarch gegen Kolotes
Im ersten Buch seiner Schrift Περί φιλοσοφίας gab Aristoteles erst eine Geschichte der alten Weisheit, und zwar nicht inu der hellenischen, sondern auch der viel älteren morgenländi schen. Dabei leitete ihn, wie J aeger 131—132 u.ff. ausführt, sein Gedanke, dass alle Wahrheiten unendlich oft in der Mensch heit wieder auftauchen. Für diese periodische Wiederkehr ist ein Beispiel, was Aristoteles an der von Plutarch angeführten Stelle sagt, nämlich dass Sokrates das in dem altdelphischen Satz enthaltene ethische Prinzip wieder aufgriff. Wie mir scheint, hat J a e g e r die Stelle in Adv. Col., von der hier die Rede ist, sowohl formal als inhaltlich erschöpfend behandelt. Übrigens könnte man ausser der Parallele des So krates und der fraglichen delphischen Lehre, die J a e g e r 132 A. 2 aus dem Ersten Alkibiades (124 b) anführt, auch auf Phaidros 229 e hinweisen, wo Sokrates ebenfalls das γνώναι εαυτόν als Ideal und als Voraussetzung für weiteres Forschen hat.
III. A l l g e m e i n e p h i l o s o p h i s c h e A n g a b e n Von den Angaben in 29, 3 p. 1124 c, Aristoteles habe frühere Philosophen kritisiert, und in 9, 1 p. 1111 d, er sei Anhänger der Lehre von den vier Elementen gewesen, ist eine nähere Besprechung überflüssig.
IV. N o t i z e n
aus A r i s t o t e l e s ’ Leben
In seiner mehrfach berührten »Aretalogie» der Philosophen erwähnt Plutarch 32, 9 p. 1126 d Aristoteles’ Gesetzgebung für Stageira. Hinwieder sagt er 33, 3 p. 1126 f von Aristoteles, er hätte es fertiggebracht, τήν πατρίδα κτίσαι διεφθαρμένην υπό
Φιλίππου. Letztere Angabe hat Plutarch in Non posse 15 p.1097 b wiederholt. Aus Diog. Laert. 5, 4 wissen wir, dass der Wieder aufbau von Stageira das Werk Alexanders war. Aristoteles bewog nach Philipps Tod den jungen König, diesen Wunsch zu erfüllen (J a e g e r , Aristoteles 124). Dann schrieb er der Stadt Gesetze. 283
H. P eripatetiker I. D i e
Erwähnung
der
Peripatetiker
in
K ο 1 o t e s’ S t r e i t s c h r i f t 1. Der Terminus Περιπατητικοί bei Knlotes. Wie wir im 2. Kapitel (S. 69) sahen, tadelte Kolotes in seiner Streitschrift πάντες oi Περιπατητικοί. Es wurde der Nachweis geführt, dass Kolotes mit dem Wort Περιπατητικοί ausser den Akademikern auch die Peripatetiker in unserem Sinne mitmeint (S. 71—72). Nun gilt allgemein die Ansicht, dass das Wort Περιπατητικός in der Bedeutung »Anhänger des Aristoteles» zuerst bei Hermippos belegt ist (B rin k , Art. Peripatos in RE Suppl.-Bd VII [1940] 902, 8 ff.), dessen Wirken um 200 v. Chr. oder jedenfalls ganz am Ende des 3. Jahrhunderts angesetzt wird.1 Diese Ansicht wird nach dem Ergebnis, das oben S. 72 gewonnen wurde, zu berichtigen sein: der älteste Beleg des Wortes Περι πατητικός in der fraglichen Bedeutung steht vielmehr bei Kolotes, der seine Streitschrift gegen die anderen Philosophen um die Mitte des 3. Jahrhunderts verfasste (oben S. 42). Hierin wird man eine Stütze für die von B rin k 900 a.E. — 901 Anf. ohne Belege ausgesprochene Annahme finden, dass das Wort Περίπατος unter dem Scholarchat des Theophrast »oder wrenig später» zum Eigennamen der aristotelischen Schule wurde.
2. Kolotes’ Behauptung über den philosophischen Stand punkt der Peripatetiker. Kolotes behauptete u.a. von Theophrast und »allen Peripatetikern» (das heisst, in moderner Terminologie, von Akademikern 1 Z e l l e r , Phil. d. Griechen II: 24 (1921) 931 A. 4 (auf S. 932); Heibgb, Art. Herrnippos 6 in RE VIII (1913) 845, 48; P r a e c h t e r in Ueberwegs Grundriss I12 (1926) 16.
284
und Peripatetikern: s. den hier unmittelbar vorangehenden Abschnitt), sie hätten sich an Platon angeschlossen. Der An schluss bestand, wie ich oben S. 69—70 ausgeführt habe, darin, dass diese Männer die Annahme zweier grundverschiedener Existenzformen von Platon übernommen hätten. Hinsichtlich der Akademiker ist dies selbstverständlich. Kolotes’ Be hauptung ist aber auch für die Peripatetiker in unserem Sinne zutreffend: oben S. 72. Sowohl bei den Akademikern als bei den Peripatetikern bekämpft Kolotes eine platonisierende Grundeinstellung zu der Welt.
II. A n g a b e n
über
einzelne
Peripatetiker
Um Kolotes’ Behauptung zu entkräften, zählt Plutarch 14, 2 p. i l i o a eine Anzahl Schriften des Aristoteles und seiner Schüler auf, in denen Platon bekämpft wurde. Von den beiden Aristotelesschriften war oben S. 279 die Rede; hier gehe ich auf die Angaben über die Schriften der Peripatetiker ein. Es sei sofort bemerkt, dass Plutarch die Buchtitel gibt, aber über den Inhalt der jeweiligen Polemik gegen Platon nichts berichtet.
1. Theophrast. Von Theophrast erwähnt Plutarch τά προς τούς φυσικούς. Eine einbändige Schrift dieses Namens findet sich in dem Ver zeichnis von Theophrasts Schriften bei Diog. Laert. 5, 46. Das Werk enthielt Polemik gegen die älteren Philosophen (R egenbogen , Art. Theophrastos 3 in RE Suppl. V II [1940]
1539, 14 ff.) und nach Plutarchs Angabe auch gegen Platon; näheres ist aber nicht zu ermitteln. *
Angeschlossen seien hier die übrigen Angaben über Theophrast, die sich in Adv. Col. finden. Wenn Plutarch 29, 3 p. 1124 c Theophrast unter denjenigen Philosophen anführt, die ihre Vorgänger bekämpft haben, mag 285
er zum Beispiel an die eben genannte Streitschrift des Theo phrast gedacht haben. 33, 3 p. 1126 f behauptet Plutarch, Theophrast habe seine Vaterstadt zweimal von Tyrannen befreit. Laut Zeller , Phil, d. Griechen II: 2* (1921) 806 Anm. 2 lässt sich die Geschicht lichkeit der Angabe nicht prüfen. Wegen der Erwähnung des Theophrast in Kolotes’ Streit schrift gegen alle nichtepikureischen Philosophen s. oben S. 69—72; vgl. auch S. 278—279.
2. Herakleides Pontikos. Drei Schriften des Herakleides führt Plutarch an: Ζωροάστρης, Περί των έν "Αώον, Περί τ&ν φυσικώς (ΐπορονμένων. Diese Plutarchstelle ist = fr. 68 in W e h r lis Sammlung der Fragmente des Herakleides (Die Schule des Aristoteles, Heft VII: Heraklei des Pontikos, 1953). Von den von Plutarch erwähnten Schriften wird n m ΠερΙτώνèv "Αώου im Schriftenverzeichnis des Heraklei des bei Diog. Laert. 5, 86—88 aufgeführt. Die in der Schrift Ζωροάστρης (fr. 68—70 Wehrli) enthaltene Polemik gegen Platon haben B id ez und Cumont, Les Mages hellénisés (1938) I 81—83 auf die Seelenlehre bezogen (den Text unserer Stelle geben sie als B 12 a unter den ’Témoignages biographiques’ in Teil II, S. 25), und ihnen stimmt W e h r li in seinem Kommentar S. 83 bei. Herakleides hatte von der Seele eine (orientalisch inspirierte, vgl. Bidez-Cum ont 82) materialistische Auffassung, die er Zoroaster in diesem Dialog vorführen liess (vgl. W e h r li a.a.O.). Der Titel Ζωροάστρης wird sonst nirgends erwähnt, aber mit Wahrscheinlichkeit hat man ein paar Strabonstellen (fr. 69—70 Wehrli) auf unseren Dialog bezogen. Zwar ist der dort auftretende Magier, der an Gelons Hof in Syrakusa über eine Umschiffung Afrikas be richtete, nicht mit Zoroaster zu identifizieren (wie es B ern a y s, Gesammelte Abhandlungen [1885] I 42 ff. und Voss, De Heraclidis Pontici vita et scriptis [Dies. Rostock 1896] 65 wol len): dazu Bidez-Cumont 83. Aber das, was bei Strabon steht, 286
Plutarch gegen Kolotes
kann zu einer Art Rahmenerzählung gehört haben (W e h r l i 83); jener Magier hat wohl nachher Zoroasters Ansichten über die Seele auseinandergesetzt. Auch für die Schrift Περί τών έν "Αιδσο (fr. 71—72 Wehrli) nimmt man an, dass die platonische Seelenlehre bekämpft wurde (W ehrli a.a.O., B idez-Cumont a.a.O.). Der psycho logische Inhalt dieser Schrift wird durch fr. 72 Wehrli ( = Plu tarch de lib. et aegr. 5, voi. Y I I 5 ,3 —10 Bernardakis) bestätigt. Dort wird nämlich aus der Schrift Περί τών èv "Αώον die Lehre angeführt, die Tätigkeiten der Seele seien ein blosses Erzeugnis des Leibes. Zwar wird eben in fr. 72 berichtet, einige hätten den heraklidischen Ursprung des Buches bezweifelt, aber jeden falls an unserer Stelle scheint Plutarch es für echt zu halten. Wehrli 84 erklärt die Echtheitsfrage für offen.
Das Werk »Über Schwierigkeiten in der Physik» (der Titel aufgeführt von Wehrli S. 38,10) enthielt wohl niGht ausschliess lich Polemik gegen Platon, aber insofern solche vorkam, ist es nicht schwer sich vorzustellen, worin sie bestand. Die von Herakleides als Urgründe angenommenen αναρμοι όγκοι (fr. 119 a—120 Wehrli), die Unendlichkeit des Weltgebäudes (fr. 112) und die Achsendrehung der Erde (fr. 104—108; s. bes. fr. 105) waren wichtige Punkte, in denen er von Platon abwich (s. über dies alles auch Z e l l e r , Phil. d. Griechen II: Is [1922] 1035—1038). 3. Dikaiarchos. Plutarchs Erwähnung von τά περί ψυχής ist = fr. 5 bei W e h r l i (Die Schule des Aristoteles, Heft I: Dikaiarchos, 1944). Der Titel Περί ψυχής wird nur hier zitiert, und nach Plutarchs Angabe handelte es sich um ein mehrbändiges Werk. Die Schrift bestand aus zwei Dialogen, den »korinthischen» und den »lesbischen» Gesprächen, deren jedes 3 Bücher umfasste (W e h r l i im Kommentar S. 44; vgl. M a r t in i , Art. Dikai
archos 3 in RE V [1905] 557, 20 ff.). Die gegen. Platon feind liche Tendenz spricht aus der vielzitierten These, dass die 287
R olf W e st max
Seele überhaupt nicht existiert (fr. 7 Wehrli und mehrere Stellen unter fr. 8); wie W eh r li 45 bemerkt, /.eint schon der Titel Περί ψυχής eine ausdrückliche Beziehung zum platoni schen Phaidon. 4. Straton. Nach Aufzählung der platonfeindlichen Arbeiten des Aristote les und mehrerer Peripatetiker führt Plutarch schliesslich (14, 3 p. 1115 b) Stratons Abweichung von Platon an. Von Straton erwähnt er keinen Buchtitel, gibt aber dafür eine kleine Übersicht seiner Physik. Unsere Stelle ist ^ fr. 35 bei W eh r li (Die Schule des Aristoteles, Heft V: Straton von Lampsakos, 1950). Plutarch nennt Straton των άλλων Περιπατητικών κορυφαιστατος·, dass er mit Ausnahme von Theophrast der angesehenste Peri patetiker war, bestätigen mehrere antike Zeugnisse (s. bei Z eller Phil. d. Griechen II: 2* 902 A. 1, welche Stellen in W eh r lis Sammlung bzw. fr. 1; 74 Anf.; 12; 13 sind; vgl. auch
Diog. Laert. 5, 64 = fr. 15 Wehrli). Der bei Plutarch folgende Bericht zerfällt in zwei Teile: erst wird die Tatsache erwähnt, dass Straton von Platon und auch von Aristoteles abweicht, und es werden einige Punkte aufge zählt, in denen er anders als jene Männer leint; dann wird von Stratons Lehre vom Weltgebäude und vom Naturverlauf ge sprochen. Nur der letzte Teil enthält positive doxographische Angaben über die Ansichten Stratons. Vorher sagt Plutarch nur, Straton sei in mehreren nicht näher bezeichneten Punkten von Aristo teles abgewichen und habe das Gegenteil von Platons Ansichten in folgenden Fragen behauptet: Bewegung, Geist, Seele, Ent stehung. Offenbar als Gegensatz zu diesen Abweichungen, die Einzelheiten betreffen, kommt Plutarch nun zu Stratons An sicht über »das Weltgebäude selbst»: τελευτών τον κόσμον αυτόν ον ζώον είναι ψηαι, το òè κατα φυσιν επεοϋαι τώ κατά τύχην· άρχήν γάρ ένδιδόναι το αυτόματόν, εΙϋ’ οϋτω περαίνεαϋαι τών φυσικών παϋών έκαστον. 288
Plutarch gegen Kolotes
Dass und wie diese Ansichten gegen Platon stehen, brauchte ein Plutarch seinen Hörern und Lesern nicht auszuführen — es war ihnen sofort offenbar. Allgemein gesagt will Straton jede Vorsehung und jedes Eingreifen der Götter aus der Kosmogonie und Naturerklärung entfernen. Ausdrücklich erhellt diese Tendenz aus zwei anderen Berichten über Straton, welche sonst vieles mit Plutarchs Bericht gemeinsam haben und mit ihm auf eine gemeinsame doxographische Quelle zurückgehen (W e h r l i im Kommentar S. 62), nämlich fr. 33 und 34, und so hat W e h r l i unsere Stelle unter der Rubrik »Gotteslehre« gestellt als zur Materie von Stratons Schrift Περί ϋεών gehörig. Im Anschluss an W e iir l is Kommentar zur Stelle (S. 52) sei folgendes über die polemischen Bezugnahmen in dem Stratonbericht bemerkt. Straton bestreitet Platons Auffassung vom Kosmos als einem ζφον (Timaios 30 b 7—8). Im folgenden wird das knappe und etwas unklare to òk κατά ψύσιν έπεσ&αι τφ κατά τύχην durch άρχήν γάρ κτλ. lediglich erläutert, ohne inhaltlichen Zusatz. Dabei spricht Plutarch von der τύχη, was sich für ihn als Gegner von Stratons mechanisch-dynami scher (dazu Ca p e l l e , Art. Straton 13 in RE TV A [1931] 290 a.E.) Naturerklärung von selbst gibt; Straton selbst kann nur von αυτόματον geredet haben (Z e l l e r , Phil. d. Griechen II: 2* 905 A. 2, vgl. W e h r l i 52 z.St.). Die Polemik richtet sich gegen Platons und Aristoteles’ teleologische Naturerklärung. Wie Wehrli hervorhebt, wendet sich Straton hier gleichzeitig gegen die Lehren der Stoiker; für Plutarch an unserer Stelle ist jedoch nur die Bekämpfung Platons von Interesse.
J. S t il p o n I. S t i l p o n s S a t z v o n d e r P r ä d i z i e r u n g Kolotes griff bei Stilpon einen Satz an, der sonst diesem Philo sophen nirgendwo zugeschrieben wird: έτερον ετέρου μη κατηγορεϊα&αι, eines darf nicht von einem anderen prädiziert werden. 19 — Acta Fbllos. Fenn.
289
Dieses Verbot der nichtidentischen Prädizierung findet Kolotes beeinträchtigend für das Leben (vgl. oben S. 73). Den megarischen Philosophen im allgemeinen wird diese Einstellung zugeschrieben von Simplikios Phys. 120, 12 D. Denselben Satz behauptete Antisthenes. Kolotes’ Schrecken vor dem Satz ist zwar aus seinen epi kureischen Voraussetzungen heraus begreiflich, aber doch ziemlich absurd. Gegen Plutarch hinwieder, der den Satz als ein blosses τιαίγνιον betrachtet, muss betont werden, dass er wirklich ein philosophisches Problem enthält. Sehr zu beachten ist die Formulierung mit έτερον. Sie könnte am besten so wiedergegeben werden: »Verschiedenes darf nicht von Verschiedenem ausgesagt werden». Plutarch gibt dann in c. 23 Stilpons Begründung für den Satz. Sie kann kurz so zusammengefasst werden: Es haben z.B. der Mensch und das Gute verschiedene Definitionen: sie sind nicht d a s s e l b e . Da kann man auch nicht sagen, das eine sei das andere. Wenn sie aber identisch wären, so dürfte man nie das Prädikat ’gut’ von einem anderen Subjekt, z.B. von einer Arznei, aussagen. Welchen Weg man hier auch gehen will, gerät man in eine Aporie. (Auch in der genannten Simplikiosstelle berufen sich die Megariker auf die Verschiedenheit der Definitionen.) Der Fehler im stilponischen Satz ist natürlich die Auffassung, dass das Prädizieren immer eine Identität zwischen Subjekt und Prädikat sei. Andere Bedeutungen der Kopula ècrd werden verkannt (z.B. in dem genannten Fall bedeutet έστί Zuge hörigkeit zu der Klasse der guten Dinge). Um etwas Nur-sprachliches, wie Plutarch am Ende von c. 23 will, handelt es sich jedoch nicht. Es ist wirklich eine Schwierig keit logischer Art.
II. S t i l p o n s C h a r a k t e r Plutarch rühmt 22, 1 p. 1119 c bei Stilpon Saov ήν φρόνημα τη ψυχή μετά πραότητος καί μετριοπα&είας. Diese Charakterzüge 290
Plutarch gegen Kolotes
waren leicht etwa aus der bekannten Anekdote über Stilpons Verhalten gegenüber Demetrios Poliorketes (Diog. Laert. 2,115 u.ö.) herauszulesen. Dass Stilpon eine lasterhafte Veranlagung durch Willensstärke überwunden habe, berichtet Cicero (De fato 5, 10). K.
K
y r e n a ik e r
Es wird in Adv. Col. nur der erkenntnistheoretische Stand punkt der Kyrenaiker behandelt, und zwar wird dieser charak terisiert sowohl von Kolotes als von Plutarch. Über die tatsäch liche Einstellung der Kyrenaiker stimmen ihre Angaben sach lich überein; Plutarch gibt ausserdem eine Erklärung, wie die Lehre entstanden sei. Ein Überblick über das, was wir von der Lehre dieser Philosophen aus Adv. Col. erfahren, ergibt fol gendes. 1) Sie sagen in. Bezug auf die äussere Welt nur ’φαίνεται niemals ’έστί’ (plutarchisch-kolotischer — vgl. S. 74 — Abriss des kyrenaischen Standpunktes, 24, 2 p. 1120 c—d). 2) Sie sagen nicht, dass Dinge und Qualitäten sind, sondern nur, dass sie selber in der und der Weise affiziert werden (Kolotes’ Worte, 24, 3 p. 1120 d — vgl. S. 74—75; Plutarchs genetische Erklärung — vgl. S. 126 — der kyrenaischen Ein stellung, 24, 4—5 p. 1120 d—f; Vgl. auch p. 202, 8—9 Po. [ = p. 460, 22—23 Bern.] und p. 202, 12—13 Po. [ = p. 461, 1—3 Bern.]). 3) Auch in nächster Nähe gibt der Kyrenaiker nur soviel zu, dass ihm etwas scheint (Einwurf eines fingierten [s. S. 75—76] Epikureers, 25, 7 p. 1121 c = p. 202, 20—21 Po. = p. 461, 10—11 Bern.). 4) Der Grund dieser Einstellung ist die Beobachtung, dass manchmal dasselbe Ding von verschiedenen Lebewesen ver schieden aufgefasst wird (Plutarchs genetische Erklärung, 24, 4—5 p. 1120 d—f). Andere Berichte über die kyrenaisehe Erkenntnislehre haben wir bei Sextus adv. math. 7, 191—200 und (ganz kurz) bei 291
Cicero Acad. priora 2, 24, 76. Von dem Peripatetiker und Philosophiegeschichtler Aristokles (um 170 n. Ohr.) hat uns Eusebios Praep. Evang. 14, 19 eine Kritik der kvrenaischen Erkenntnislehre erhalten. Ein Vergleich mit diesen Berichten zeigt folgendes. Die Punkte 1 und 2 oben gehen ziemlich auf dasselbe hinaus; betont wird das, was sie enthalten, auch von Sextus 7. 193, von Cicero in seinem Abriss und auch von Aristokles zu Beginn seiner Kritik (Eus. P. E. 14, 19 p. 764 c). Punkt 3 wird von keinem anderen Berichterstatter ausdrücklich genannt. Zu Punkt 4 analoge Begründungen finden sich bei Sextus 7. 192 und 195—198. *
Kolotes nannte bekanntlich in diesem Abschnitt seiner Streitschrift keine Namen: die Lehre, die er hier bekämpft, wird durch die Punkte 1 und 2 gekennzeichnet. Von Plutarch rührt die Bezeichnung ihrer Vertreter als Kyrenaiker her. Es ist zwar behauptet worden1, Kolotes habe die mit ihm zeitgenössischen Hegesiaker gemeint, die laut Diog. Laert, 2, 95 άνηρουν . . . τάς αίσ&ήοεις οι5κ12 άκριβούσας την επίγνωσιν. Aber die gekennzeichnete Lehre war genau schon diejenige von Aristippos selbst und den ältesten Kyrenaikern (P raechter in Ueberwegs Grundriss P 2 [1926] 174 und 170). Und sowohl Sextus als Cicero bezeichnen den fraglichen erkennistheoretischen Standpunkt als die Lehre der Kyrenaiker überhaupt. Es ist in der Tat wahrscheinlich, dass schon Aristippos auch die Erkenntnislehre ausgebildet hat (P raechter 173). Be trachten wir die Angaben über die allgemeine kyrenaische Lehre, die Lehre der Anhänger Aristipps, bei Diog. Laert. 2, 86—93, so befassen sie sich zwar meist mit der Ethik, enthalten aber auch in §§ 92 und 93 solches, was genau mit dem obigen Punkt 2 zusammenfällt. Deswegen liegt m.E. kein Grund vor, anzunehmen, dass Kolotes’ Angriff speziell gegen die Hegesiaker gerichtet war. 1 P h iljp p so k in dem oben S. 39 erwähnten Aufsatz, S. 289 Anni. 2. 2 < ώ ς> ούχ? 292
Plutarch gegen Kolotes
Auf eine Einzelheit in Plutarchs Bericht möchte ich noch aufmerksam machen: es heisst an ein paar Stellen, dass laut den Kyrenaikern nichts mehr (πλέον ονδέν) als das blosse πά&ος, der blosse Eindruck, gültig sei. Dieses πλέον ονδέν scheint ein original kyrenaischer Ausdruck zu sein, denn es kehrt in Sextus’ Darstellung der kyrenaischen Erkenntnislehre wieder: 7, 193 und 194. *
Der umfassendste Bericht, den wir über die Erkenntnistheorie der Kyrenaiker besitzen, ist der bei Sextus. Er ist zwar viel seitiger als der Bericht in Adv. Col., dafür ist Plutarchs Bericht aber leichter verständlich und bildet so eine willkommene Er gänzung zu unseren sonstigen Angaben über die Kyrenaiker. Epikureer und Kyrenaiker werden oft einander gegenüberge stellt in Bezug auf ihre Ethik, aber in Bezug auf ihre Erkennt nistheorie sonst nirgends (vgl. S. 76). Auch hierin liegt ein nicht geringes Interesse des durch Kolotes und Plutarch über lieferten Berichts.
L. A r k e s il a o s Die Anhänger des Arkesilaos werden sowohl von Kolotes als von Plutarch als ol έπέχοντες bezeichnet (s. S. 76).
I. A r k e s i l a o s ’ V e r h ä l t n i s
zur
früheren
Philosophie Kolotes’ Urteil 26, l p. 1121 f, das nach Plutarchs Ansicht eine Angabe über Arkesilaos sei, ist vielmehr, wie ich oben S. 77—78 dargelegt habe, in seinem Hauptteil eine Be richtigung der herrschenden Ansicht über die Originalität des Arkesilaos, berührt also diesen selbst nicht. Dazu gibt Kolotes seiner Meinung Ausdruck, Arkesilaos sage nichts Eigenes. Auf die besondere Begründung, die dieses Urteil bei Kolotes hat, habe ich S. 78 Anf. hingewiesen. 293
R olf W kstma .v
Auf Arkesilaos’ Abhängigkeit von früherer Philosophie geht auch Plutarch in seiner Entgegnung ein (2«, 2 p. 1121 f —1 1 2 2 a). Arkesilaos sei von »zeitgenössischen Sophisten» angeklagt worden, dass er die Lehren von εποχή und ακατα ληψία den Philosophen Sokrates Platon Parmenides Heraklit
zuschreibe, nur um seinen Ansichten durch den Ruhm dieser Männer eine Stütze zu geben. Der Vorwurf der »Sophisten» war nicht ohne Grund. Dass Arkesilaos auf skeptische Aussagen bei früheren Philosophen hingewiesen hatte, ist uns auch sonst bezeugt. Cicero De or. 3, 18, 67 und De nat. deorum 1, 5, 11 (Platon und Sokrates; vgl. P r a e c h t e r in Ueberwegs Grundriss P 2 468); Cic. Acad. priora 2, 5, 14 (Empedokles Anaxagoras Demokrit Parmenides Xenophanes Platon Sokrates). Dabei leitete ihn, wie wir soeben sahen, nach Plutarchs Angabe die Absicht, seinen eigenen Anschauungen grössere Schlagkraft zu verleihen. Ausserdem wird, wie G o e d e c k e m e y e r , Die Geschichte des griechischen Skeptizismus (1905) 33 hervorhebt, der Wunsch, als echter Akademiker zu gelten, mitgewirkt haben: Arkesilaos suchte die Grundthesen der Skepsis »nicht nur bei dem Gründer der Akademie, sondern auch bei den von ihren Anhängern stets am höchsten geschätzten Philosophen, bei einem Socrates. Parmenides und Heraclit» naclizuweisen. Was den Kreis der Philosophen betrifft, auf die sich Arkesilaos selber berufen hatte, urteilt G o e u e c k e m e y k r 33 Anm. 4, dass Plutarchs Bericht zutreffender als die Angaben bei Cicero ist. II. A r k e s i l a o s ’ K a m p f g e g e n d i e S t o a Plutarch sagt 26, 3 p. 1122 a, die ^ro^-Einstellung liesse sich von Angriffen wie demjenigen des Kolotes nicht erschüt tern; habe sie doch gegen viel gründlichere Kritik standge halten. Diese andere Kritik bestimmt Plutarch nur so, dass er sagt, jene Leute hätten aus der Stoa das Argument der άπραξία geholt. Im folgenden nun setzt Plutarch auseinander, dass die Enthaltung vom Urteilen die Möglichkeit des Han delns durchaus wahrt (26, 3—27,4 p. 1122 a—f). Die φαντασία 294
Plutarch gegen Kolotes
setze nämlich den Trieb unmittelbar in Bewegung, und die Zustimmung (σνγκατάθεσις), welche das einzige ist, was die Skeptiker aufheben wollen, sei nicht nötig. Diese Behauptung wurde von Chrysipp bestritten (SYF III 177): da muss sie schon von Arkesilaos selbst herrühren (Z e l l e r III: l 4 513 Anm. 2 und G o e d e c k e m e y e r 42 Anm. 5). Somit hat uns Plutarch in diesem Abschnitt seiner Schrift ein Originalargument des Arkesilaos in dessen Kampf mit der Stoa erhalten (von Wörtlichkeit ist natürlich nicht die Rede, und übrigens hat Arkesilaos ja nichts geschrieben).
III. P e r s ö n l i c h e
Nachricht
Plutarch bezeugt 26, 1 p. 1121 e, dass Arkesilaos seinerzeit der beliebteste von allen Philosophen war. Damit ist zu ver gleichen Diog. Laert. 4, 45, wo es von Arkesilaos heisst: απο δεχθείς παρ’ ’Αθηναίων ώς ονδείς. Vgl. G o e d e c k e m e y e r , Die Geschichte des griech. Skeptizismus (1905) 45 mit Anm. 1.
§ 2. Andere Philosophen und Schulen A. H e r a k lit I. F r a g m e n t
B 101
In Adv. Col. 20, 2 p. 1118 c haben wir die Originalfassung des bekannten Heraklitwortes, das Diog. Laert. 9, 5 (Heraklit A 1 = Vorsokr.® 1 140, 23—24) in der Form αυτόν Ιφη διζήσασϋαι erwähnt: Heraklit hat gesagt έδιζησάμψ έμεωυτάν (B 101). Plutarch ist nicht der einzige Zeuge, der den Wortlaut dieses Fragments gibt, wohl aber der älteste. Über andere Stellen in der antiken Literatur, an denen das Fragment zitiert bzw. berücksichtigt wird, s. die Zusammenstellungen bei B y w a t e r , Heracliti Ephesii reliquiae (1877) p. 33 (das Stück ist = fr. 80 bei Bywater) und W a l z er , Eradito. Raccolta dei frammenti e traduzione italiana (1939) p. 135—136. 295
Plutarch führt den Spruch an, um gegen Kolotes’ Herabset zung von Sokrates’ Selbstsuche zu erweisen, dass es eine hohe und grosse Tätigkeit ist, sich selbst zu suchen (ζητεΐν εαυτόν). Auch die delphische Mahnung γνώ ΰι σεαντόν, meint Plutarch, ist ein Ausdruck der hohen Schätzung dieser Tätigkeit.1 Der Vergleichspunkt zwischen den beiden Sprüchen ist eben diese Bewertung. Nach Plutarchs Ansicht meint Heraklit, er habe sich (im Sinne der delphischen Mahnung) in sein eigenes Wesen ver tieft. Von dieser Deutung braucht die von Diogenes Laertios 9,5 (s. oben S. 295) gebrachte Deutung μα&εϊν πάντα παρ’ εαυτού m.E. nicht so scharf geschieden zu werden, wie gewöhnlich geschieht. Sie ist oberflächlicher123*und war in der philosophie geschichtlichen Literatur beliebt als Erklärung der Tatsache, dass Heraklit niemanden »gehört» habe 8, aber im Grunde sagt sie dasselbe wie Plutarchs Deutung. Es dürfte klar sein, dass sich Heraklit mit seinem Ausspruch in Gegensatz zu dem setzt, was die Menschen im allgemeinen suchen, und man ist gewohnt, hier eine Beziehung zu seiner Verwerfung der πολυμα&ίη (B 40) zu sehen. Ich möchte aber unser Fragment besonders mit B 108 Zusammenhalten: όκόσων λόγους ήκουσα, ονόε'ις άφιχνεϊται ές τούτο, ώστε γινώσκειν ότι σοφόν εστι πάντων κεχωρισμενον.* Schon die Form empfiehlt
einen Vergleich dieser Fragmente: es sind dies unter Heraklits Fragmenten die einzigen Stellen, wo die erste Person Sing, des Aorists steht. Aus B 108 ist ersichtlich, dass Heraklit seine 1 Die Anmerkung zu Vorsokr.* I 173, 11, Plutarch fasse Heraklits Spruch a l s γνώ&ι σεαντόν, ist nicht richtig. Es ist wahr, wie F r i e d länder (zitiert im Nachtrag zu Vorsokr.· I, S. 494, 30) hervorhebt, dass ίδιζησάμην eine A n t w o r t auf die delphische Forderung ist — aber etwas anderes hat Plutarch auch nicht behauptet. * Vgl. N en c i, Il rapporto μά&ησις-γνώσις in Eraclito (La parola del passato 6 1951 123—128) überden Vorrang, den Heraklit dem γιγνυχικειν vor dem μαν&άνειν gibt. 3 Gut wird dies ausgeführt von Dion Chrysostomos orat. 38, 2. • Der vielbesprochene letzte Teil dieses Fragments kommt hier nicht in Betracht; uns interessiert der weniger beachtete erste Teil.
296
PJutarch gegen Kolotes
Gedanken mit denen anderer Denker verglichen hat, und dass er jene nicht billigt. Es ist natürlich, den Spruch »Ich erforschte mich selbst» als Ergänzung hierzu zu fassen1; er weist auf eine bessere Erkenntnisquelle hin. Etwas, was Heraklit selbst getan hat, muss er ja für richtig gehalten haben.
II. A n g a b e
über
Heraklits
Ethik
30, 2 p. 1124 d meint Plutarch, u.a. Heraklits Lehren wären eine genügende Grundlage für ein sittlich gutes Leben, wenn die Gesetze ausser Kraft gesetzt würden. Die erhaltenen ethischen Fragmente Heraklits widerstreiten diesem Urteil nicht.
B . Z enon
von
E lea
In seiner Aufzählung der politischen Tätigkeiten der von Kolotes angegriffenen Philosophen erwähnt Plutarch schliess lich (32, 10 p. 1126 d—e) des Eleaten Zenon mannhaftes Ver halten gegenüber dem Tyrannen Demylos, den er zu stürzen versucht hatte. Die Geschichte ist mehrfach überliefert (Zenon in Vorsokr.6: u.a. A 1, A 2, A 6 (ausführlich), A 7 ( = unsere Stelle), A 8); Plutarch hat hier nur den einen Zug der Zungenausbeissung herausgehoben (so übrigens auch De garrulitate 8 p. 505 d).
C. Melissos
von
S amos
ist laut Plutarchs Aufzählung 2, 5 p. 1108 b von Kolotes angegriffen worden (vgl. oben S. 42). Plutarch beantwortet den Angriff auf ihn nicht, erwähnt aber später (32, 6 p. 1126 b) seinen Seesieg über die Athener 441/0 v. Chr. unter den politischen Taten der von Kolotes angegriffenen Philosop hen. Dies ist die einzige Angabe über Melissos in Adv. Col. 1 Nämlich in sachlicher Hinsicht; über die relative Anordnung der beiden Stücke in Heraklits Schrift soll hierdurch nichts behauptet sein.
297
D. P rotagoras An einer einzigen Stelle in Adv. Col. wird Protagoras erwähnt. Plutarch bemerkt 4, 2 p. 1109 a gegen Kolotes, Demokrit sei so weit entfernt gewesen, den Satz των πραγμάτων έκαστον ον μάλλον τοϊον ή τοϊον είναι zu billigen, ώστε Προπαγόρα τ φ σοφιστή τούτ’ εϊπόντι μεμαχήσ&αι και γεγραφέναι πολλά καί πιϋανά προς αντόν (Demokrit Β 156).
Dem Wortlaut nach behauptet Plutarch also, Protagoras habe den genannten Satz geäussert. Doch das είπόιτι braucht nicht unbedingt ein Zitat anzuführen, sondern kann, wie bis weilen der Fall ist (s. Anm. zu Vorsokr.® II 99, 5), Plutarchs eigene Interpretation von Protagoras’ Lehre darstellen. Da würde ich τούτο εϊπόντι so wiedergeben: »dessen Ansicht mit den von Kolotes angegriffenen Worten ausgedrückt wurden kann». Um zu prüfen, ob Plutarch in seiner Interpretation Recht hat, müssen wir folglich nachsehen, ob der materielle Gehalt des von Kolotes angegriffenen Satzes bei Protagoras anzutreffen ist. Was ist aber der materielle Gehalt? Das ist die Bedeutung des Satzes, so wie Kolotes und Plutarch ihn auf fassen, natürlich nicht so wie Demokrit den Satz gemeint hat (darüber s. oben S. 255—259). Denn nur in der Bedeutung, in der er selbst ihn auffasst, schreibt Plutarch dem Protagoras den Satz zu. Hat also Protagoras gemeint, dass die sinnlichen Dinge nicht mehr so als so beschaffen sind? Der Sinn seines berühmten Homo mensura-Satzes kann in der Tat so ausgedrückt werden. Wenn jeder Mensch das Mass der Dinge ist, und mir die Dinge so scheinen, meinem Nachbarn aber anders, so kann man gut sagen, dass die Dinge nicht mehr so als so beschaffen sind. Denn von uns beiden ist weder der eine noch der andere das bessere Mass. Protagoras’ Satz wird nie genau so wie hier bei Plutarch ausgedrückt, aber mehrere antike Deutungen oder Paraphrasen des Satzes bewegen sich in Bahnen, die dem ον μάλλον-Satze nahe liegen. Ich erinnere nur an Platon, Theait. 152 a und 1 6 6 d sowie Kratylos 385 e—386 a. 298
Als relativistischer Ausdruck für Protagoras’ relativistische1 Ansicht ist der ον μάλλον-Satz eine ganz gute Formulierung. Er wird auch ohne weiteres von P r aech teh in Ueberwegs Grundriss I12 (1926) 116 zur Verdeutlichung des Homo mensuraSatzes verwendet.
E. A lte A k a d e m ik e r Platons Neffe und Nachfolger im Lehramt Speusippos wird nur einmal in Adv. Col. erwähnt, und zwar in der bekannten Anekdote 2, 5 p. 1108 b, wo ihm der zürnende Platon die Züchtigung des Sklaven überlässt. Andere Varianten der Ge schichte geben statt Speusippos andere Namen; vgl. oben S. 276. Um dem Platon in seiner Aretalogie der Philosophen Platz zu bereiten, betont Plutarch den gewaltigen Einfluss, den Platons Lehren durch die praktisch-politische Tätigkeit seiner Schüler ausgeübt haben. Anschliessend (32, 6 und 8—9, p. 1126 c—d) zählt Plutarch eine grosse Menge Akademiker auf, die sich irgendwie politisch ausgezeichnet haben. Zu dieser Liste ist S c h u h e , Platon et l’activité politique de ΓAcadémie (Rev. ét.
grecques 59—60 1946—47 46—53) zu vergleichen.
F. B ion
von
B o r y st h e n e s
wird 32, 1 p. 1126 a mit Antidoros (s. hier gleich unten) zu sammen als der Typus des politisch uninteressierten Philo sophen genannt. Näheres s. im 2. Kapitel, S. 80—82.
G. Antidoros Den nicht einmal seiner Schulangehörigkeit nach bekannten Antidoros nennt Plutarch 32, 1 p. 1126 a zusammen mit Bion als Beispiel eines für politische Tätigkeit gleichgültigen Philo1 Vgl. Sext. Emp. in Berichten über Protagoras: εισάγει το ηοός τι (Pyrrh. hypot. 1,216) und των προς τι είναι την άλι/ΰειαν (adv. math. 7,60).
299
sophen. Von Kolotes ist Antidoros nicht angegriffen worden, obwohl es bisweilen behauptet wird. Alles, was über Antidoros aus Plutarchs Zusammenhang herauszulesen ist, wurde oben im 2. Kapitel, S. 80—82, besonders S. 80 Anm. 1 und S. 81 Anm. 2, besprochen. H. Stoa
Obwohl Adv. Col. unter den in Stoicorum Veterum Fragmenta (SVF) verwendeten Quellenschriften nicht vorkommt (s. Index fontium in SVF IV), werden in unserer Schrift einige stoische Dogmen berührt. Dass Kolotes die Stoa nicht angriff, wurde oben S. 82—84 dargetan.
I. Z u r L e h r e
voi } d e n
λ t κτ ά
1. Ihr Existenzgrad. Angesichts der platonischen Scheidung zwischen γιγνόμενα und δντα führt Plutarch in c. 15 gegen Kolotes’ Angriff aus, die Bezeichnung der sinnlichen Dinge als γιγνόμενα bedeute keineswegs, dass Platon ihre E x i s t e n z leugne. Plutarch weist auf eine parallele Erscheinung bei den Stoikern hin (die er hier oi νεότεροι nennt): mehrere wichtige Dinge (Plutarch zählt λεκτόν, κενόν, τόπος, χρόνος auf) bezeichnen die Stoiker nicht als δντα, aber behandeln sie doch in der Praxis durchaus als existierend (15, 8 p. 1116 b—c). Plutarchs Bericht stimmt bis in Einzelheiten hinein mit der sonstigen Überlieferung über diesen Punkt im stoischen System überein. Aus SVF II 329 und 331 wissen wir, dass die Stoiker unkörperliche Dinge nicht δντα, sondern mit dem allgemeineren Prädikat u v a nannten, und die τινά άσώματα (SVF II 331) wurden in eben die vier Arten λεκτόν, κενόν, τόπος, χρόνος eingeteilt. S. auch P o h le n z , Die Stoa I (1948) 64—65, der hervorhebt, dass die Vorstellungen Raum, Leeres und Zeit dennoch keine blosse Anschauungsform oder subjekti ves Mass sind. 300
Auch dass die Wahrheit mit den λεκτά zu tun hat, wie Plutarch sagt, ist bezeugt: SVF II 166 λεκτόν, δπερ άληϋές τε γίνεται καί ψεύδος. Wenn Plutarch sich so ausdrückt: το τών λεκτών γένος, έν φ καί τά αληϋή πάντ’ b e a r i »die Klasse der λεκτά, zu der u.a.
alle wahren Sätze gehören», so ist das ganz in Ordnung: aus SVF II 132 p. 42, 21—22 geht hervor, dass das άληϋές ein λεκτόν ist. Die an sich selbstverständliche Tatsache, dass die
Stoiker von den λεκτά, obwohl sie keine δντα sind, praktisch doch Gebrauch machen, hat, wie es scheint, in der Antike nur Plutarch besonders hervorgehoben, und zwar ausser hier auch in De comm. not. 30 p. 1074 d ( = SVF II 335). Dasselbe wie Plutarch bemerkt Z e l l e r , Phil. d. Griechen III: l 4 (1909) 89 Anm. 1 a.E.
2. Ihre Funktion. In seiner Beantwortung des kolotischen Angriffs auf Stilpon bemerkt Plutarch, dass gerade die Epikureer in der sprach lichen Sphäre einen grossen Fehler begehen, indem sie die Existenz der λεκτά bestreiten (22, 5 p. 1119 f). Bemerkenswert ist hier, dass Plutarch den Standpunkt der Stoiker selber ein zunehmen scheint. Als Angabe über die epikureische Bekämpfung der λεκτά wurde die Stelle oben im 4. Kapitel, S. 223—224 verwertet.
Das γένος τών λεκτών gibt der Rede ihren Inhalt (ουσίαν παρέχει τ φ λόγφ), sagt Plutarch; um reden zu können, müssen wir ja
irgend etwas haben, wovon wir reden. Plutarch zählt eine Reihe intellektueller Tätigkeiten auf, die auf den λεκτά beruhen. Aus drücklich scheinen diese Tätigkeiten nirgendwo anders bezeugt zu sein, wenn wir von SVF I I 170 (λεκτά γά ρ εσ τιτά διδασκόμενα) absehen, aber man darf wohl annehmen, dass nach stoischer Anschauung die aufgezählten Tätigkeiten wirklich nicht ohne die λεκτά Vorkommen können. 301
II. S t o i s c h e
Interpretierung schen
der
platoni
Ideenlehre
Wenn Plutarch in c. 15 auf den Unterschied zwischen Idee und Ding zu sprechen kommt, stellt er nebenbei fest, dass die Stoiker (hier oi ύστερον genannt) diesen Unterschied lediglich mit dem von γένος und είδος gleichsetzen oder aber mit dem jenigen zwischen κοινώς λεγάμενα ποιά und Ιδίιος λεγάμενα τιοιά. Es sei diesen »Späteren» jedoch nicht gelungen, weiter hinauf zu kommen, da sie in logische Schwierigkeiten gerieten (15, 3 p. 1115 d). Es hatten die Stoiker, meint Plutarch, das Verhältnis IdeeDing oberflächlicher machen wollen. Nachdem er auf die Un zulänglichkeit der stoischen Anschauung hingewiesen hat, führt er in Polemik zu ihr seine eigene Ansicht von jenem Ver hältnis aus. Gegen die Stoiker hat sich ein Seitenhieb gerichtet. Die deutlichste stoische Stellungnahme zu den platonischen Ideen finde ich in SVF I 65: die Stoiker halten die Ideen für άννπαρκτοι, das heisst, wie mir scheint, sie bestreiten ihre selb ständige Existenz. Damit stimmt Plutarchs Behauptung, dass die Stoiker das Verhältnis Idee-Ding lediglich auf dasjenige zwischen Allgemeinbegriff und Einzelding (κοινώς ποιάς bzw. Ιδίως ηοιάς) zurückführen. Hierzu vgl. P o h l e n z , Die Stoa I 75: »das Ιδίως ποιόν, das individuell qualifizierte Sein» (vgl. auch Die Stoa II 40 oben) und Z e l l e r , Phil. d. Griechen III: l 4 9 8 -1 0 0 . Dass die Stoiker die Ideenlehre Platons bekämpfen, ist somit auch sonst bekannt (P r a e c h t e r in Ueberwegs Grundriss F2 418 a.E., der dies eben mit SVF I 65 dokumentiert), aber nur an unserer Stelle ist ausdrücklich davon die Rede, dass sie etwas an Stelle der Relation Idee-Ding substituieren.
III. Z u m
Kampf
der
Stoa
mit
Arkesilaos
26, 3 p. 1122 a stellt Plutarch fest, dass die fleissigsten Gegner der εποχή von der Stoa das Argument der απραξία borgen, d.h. 302
Plutarch gegen Kolotes
das Argument, der Skeptiker könne im Leben nicht handeln. Es war ein stoischer Standardeinwurf gegen die Skepsis (vgl. Z e l l e r , Phil. d. Griechen III: l 4 83 Anm. 1 und P oh lenz ,
Die Stoa I 175 oben). Plutarch weist allerdings nach, dass er nicht durchschlagend ist, und zwar tut er es unter Anwendung der Argumentation des Arkesilaos (s. oben S. 294—296). Wie P o h l e n z , Die Stoa I 90 und 174—175 (und dazu II 88) ausführt, ist der Zweck von Arkesilaos’ Argumentierung, Zenons Lehre von ihren eigenen Voraussetzungen aus zu er schüttern. Dabei benutzt er durchweg Zenons eigene Termini, und so wird auch die Angabe, das Hegemonikon der Seele habe drei Hauptfunktionen {φανταστικόν, ορμητικόν, συγκαχαϋε-
τικάν), auf die zenonische Psychologie zurückzuführen sein ( P o h l e n z II 88). Weiter wird in unserer Auseinandersetzung hervorgehoben, dass der Trieb sich als Bewegung auf ein οίκεϊον hin auswirkt; hierdurch wird unsere Stelle einer von den Belegen dafür, dass die stoische Oikeiosislehre schon von Zenon selbst begründet worden ist ( P o h l e n z II 65).
303
KAP. 6. Z U S A M M E N F A S S U N G : » A D V E R S U S COLOTEM» ALS Q U E L L E F Ü R D I E G ES C HI CH TE DER GRIECHISCHEN PHILOSOPHIE Vorbemerkung In diesem Kapitel gebe ich in Kürze, was sieh aus den obigen Untersuchungen über unsere Plutarchschrift als philosophie geschichtliche Quelle ergeben hat. Die Zusammenfassung ist nach der üblichen Periodisierung der griechischen Philosophie geschichte angelegt. Sie hat den Zweck, in leicht übersehbarer Form anzugeben, ob wir über einen Philosophen bzw. eine Schule durch Adv. Col. etwas Neues bzw. andere Quellen in bedeutsamer Weise Ergänzendes erfahren. Ich führe somit nicht alle Stellen auf, wo der betreffende Philosoph genannt wird. Einige in Adv. Col. vorkommende Philosophen sind in der Zusammenfassung nicht erwähnt worden, da die Angaben über sie entweder geringfügig oder auch sonst bekannt sind. § 1. Vorsokratik A . H e r a k lit
In Adv. Col. haben wir die früheste Stelle in der antiken Literatur, wo der originale Wortlaut von Fragment B 101: έδιζησάμην έμεαηπόν steht (S. 295).
B. P a r m e n id e s Die Erwägung von Plutarchs Zusammenhang gibt die Möglich keit, dem Originalwortlaut des Verses B 8, 4 wenigstens näher zu kommen (S. 236—239). 304
Plutarch gegen Kolotes
Fragment B 14 — mit Parmenides’ Ansicht vom Mond und dessen Kreislauf um die Erde — ist nur durch Adv. Col. über liefert (S. 235-236). Plutarch gibt einen nicht uninteressanten Bericht über den Inhalt der parmenidischen Δόξα (S. 239—240). C. E m p e d o k l e s
Fünf wörtliche Fragmente — insgesamt 12 Verse und zwei Halbverse — sind nur durch Adv. Col. überliefert (S. 243 und 244—248): B 9 (fünf Verse), B 10 (Ilalbvers), B 11 (drei Verse), B 15 (vier Verse), B 60 (Halbvers). Davon wurden B 9 und B 15 in Kolotes’ Streitschrift gegen alle nichtepikureischen Philosophen angeführt (S. 55—56). Alle grösseren Fragmente — sowie das ebenfalls von Kolotes angegriffene und mehrfach anderswo überlieferte Fragment B 8 — beziehen sich auf das Prinzip nihil ex nihilo. Interessant ist dabei, dass gerade aus den nur in Adv. Col. überlieferten Fragmenten besonders deutlich erhellt, in welcher Hinsicht Empedokles hier über Parmenides hinausgeht (S. 249). D . D em o k rit
Dass wir aus Adv. Col. einen neuen Lehrsatz des Demokrit — »jedes Ding ist in Wirklichkeit nicht mehr so als so beschaffen» — gewinnen, dafür glaube ich S. 254—260 den Beweis geführt zu haben. Fragment B 157 über die Kriegskunst ist nur durch Adv. Col. überliefert (S. 263—265). Der Satz B 156, das δεν existiere nicht mehr als das μηδέν, ist — obwohl sachlich (S. 262—263) und terminologisch (S. 263) auch sonst bekannt — in dieser Formulierung nur
durch Adv. Col. erhalten (S. 263). Der bekannte demokritische Satz νόμω χροιήν usw. (Fragment B 125) wird in Adv. Col. mit dem wichtigen Zusatz νόμω σύγκρισιν angeführt (S. 251—254; s. bes. S. 252—254). 20 — Acta PhllOB. Fenn.
305
Ein ausführlicher Bericht in Adv.'Col. über Demokrits Atom lehre, der die sonstigen Angaben in interessanter Weise ergänzt, wird S. 266—273 besprochen. Über Demokrits Kritik an Protagoras ist eine Stelle in Adv. Col. ein wichtiges Zeugnis (S. 260—262).
E. P rotagoras Protagoras wird in Adv. Col. nur anlässlich der Polemik Demokrits gegen ihn erwähnt. Wir gewinnen aus der fraglichen Stelle eine relativistische Formulierung seines Homo mensuraSatzes (S. 298—299).
§ 2. Attische Philosophie A. S o k r a t e s
u n d d i e s u k r a t isc u e n
S chulen
I. S o k r a t e s Was in Adv. Col. von Sokrates gesagt wird, sind durchweg wohlbekannte Dinge. Sonderbar klingt Kolotes’ Anklage, Sokrates habe die sinnliche Wahrnehmung für unzuverlässig erklärt, aber es zeigt sich, dass diese Behauptung für den historischen Sokrates nicht zutrifft (S. 274).
II. M e g a r i s e he
Schule
Dem Megariker Stilpon wird nur in Adv. Col. das Verbot gegen nichtidentische Prädizierung zugeschrieben (S. 289—290).
III. K y r e n a i s c h e
Schule
Plutarch gibt in Adv. Col. einen mit dankenswerter Klarheit abgefassten Bericht über die Erkenntnistheorie der Kyrenaiker (S. 291; vgl. S. 293). 306
Plutarch gegen Kolotes
Interessant ist auch, dass wir in Adv. Col. die einzige explizite Gegenüberstellung von Kyrenaikern und Epikureern in Bezug auf die Erkenntnistheorie haben (S. 293).
B. P laton Neben allgemein gehaltenen Bezugnahmen auf platonische Philosophie iS. 275—276) und mehr oder weniger direkten Platonzitaten (S. 276) finden sich in Adv. Col. Andeutun gen über das Verhältnis anderer Philosophen zu Platon (s. S. 277).
C. A r ist o t e l e s
u n d s e in e
S ch ule
I. A r i s t o t e l e s In Adv. Col. stehen ein paar Zitate aus Aristoteles’ Dialog Περί φιλοσοφίας. Erstens haben wir hier die eine von den antiken Angaben (fr. 8 Rose = fr. 10 Walzer) darüber, dass Aristoteles auch in den Dialogen Platon angriff. Sie wird oben S. 279—282 besprochen. Hinzu kommt ein nur in Adv. Col. überliefertes Zitat, in dem Aristoteles den Sokrates mit dem delphischen Spruch γνώ&ι σεαυτόν in Verbindung bringt (fr. 1 Rose und Walzer; oben S. 282-283). II. P e r i p a t e t i k e r In Kolotes’ Streitschrift finden wir den ältesten Beleg für das Wort Περιπατητικός in der Bedeutung »Anhänger des Aristoteles» (S. 284). Plutarch führt die Titel von zwei sonst nicht bekannten Schriften des Herakleides Pontikos an (S. 286). Adv. Col. enthält einen Bericht über Stratons Physik (S. 288 -2 8 9 ). 307
§ 3. Hellenistische Philosophie A. E p ik u r e is m u s Über die Bedeutung des Adv. Col. als Quellenwerk für den Epikureismus s. oben S. 130. Vieles, was in Adv. Col. berichtet wird, gehört zu den be kanntesten Lehren des Epikureismus und stellt keine Be reicherung unseres Wissens dar. Anderseits werden einige wichtige Lehren ausschliesslich oder in entscheidender Weise durch Adv. Col. dokumentiert.
I. P h y s i k Ein zentraler Punkt, der von den epikureischen Stellen in Adv Col. Beleuchtung erhält, ist die Lehre von den συγκρίσεις, den Dingen, die von Atomen zusammengesetzt sind: s. S. 140 —157. Besonders ausgiebig sind diejenigen Abschnitte, in denen Plutarch den epikureischen Begriff der Atomzusammen setzung kritisiert (S. 146—157). Nur in Adv. Col. überliefert ist ferner eine sehr wichtige Stelle zur epikureischen Seelenlehre CS. 157—163). Auch über die epikureische Wahrnehmungslehre enthält Adv. Col. viel Wichtiges: vgl. die Abschnitte über den Sehmekanismus S. 163—173 sowie die Stellen, die sich mit dem Pall be schäftigen, wo verschiedene Wahrnehmungen desselben Dinges Vorkommen (S. 175—177, auch S. 117—118).
II. E t h i k Auf der ethischen Seite verdient folgendes erwähnt zu werden: das nur durch Adv. Col. bekannte Fragment über das Gewissen' des epikureischen Weisen (S. 185—189), die epikureische An sicht über das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern, welche Ansicht hier am ausdrücklichsten formuliert ist (S. 192—193), sowie die Andeutungen über Epikurs Einstellung zum her kömmlichen religiösen Kultus (S. 199—201). 308
III. P e r s ö n l i c h e
Schüler
Epikurs
Unter den in Adv. Col. befindlichen Metrodorfraginenten sei hervorgehoben sein begeisterter, in eine dunkle Mysterien sprache gekleideter Ausdruck der Dankbarkeit und der Ehr furcht- gegenüber Epikur (S. 215—220). *
Wichtig ist, dass Adv. Col. zwei Aussagen von direkten Epi kurschülern über Epikurs Stellung zu Demokrit bewahrt hat: S. 212—213 und S. 220—222. *
Die von Plutarch beantwortete Streitschrift des Kolotes gegen alle nichtepikureischen Philosophen gibt in indirekter Weise Angaben über die epikureische Philosophie. Die Bedeutung der kolotischen Schrift für unsere Kenntnis des Epikureismus würde ich so zusammenfassen: — im a l l g e m e i n e n : sie zeigt mit einer Deutlichkeit, die nichts zu wünschen übrig lässt, wie stark Epikur jede philosophische Anschauung verabscheute, die sich gegenüber der alltäglichen Erfahrung und dem gesunden Menschenver stand herablassend verhält. Die positive Seite, das dogmatische Komplement dieses Widerwillens ist das Postulat: die Wissen schaft soll dem Alltagsmenschen garantieren, dass die Dinge in unserer Welt im vollen Sinne wirklich sind. Es geht um die wissenschaftliche Anerkennung der Erscheinungen.1 — im
besonderen:
sie gibt uns durch ihre Polemik
ausdrückliche Aussagen über die Einstellung des Epikureismus zu den bedeutendsten Philosophen der Vorzeit und Gegenwart. Das ist wichtig, denn in Epikurs eigenen Fragmenten und erhaltenen Schriften wird meist ohne Namensnennung pole misiert. Bei meiner Rekonstruktion des Inhalts der kolotischen Schrift habe ich durchweg angegeben, was über die epikureische 1 Näheres s. in der allgemeinen Charakteristik der kolotischen Schrift, oben S. 86—93.
309
R olf W estman
Stellungnahme zu dem von Kolotes jeweils angegriffenen Philosophen anderwärts bekannt ist1; oft gibt Kolotes’ Polemik eine gute Ergänzung.
B . D ie S toa
und
A r k e sil a o s
Über eine Einzelheit in Zenons Psychologie sind wir nur durch einen Bericht in Adv. Col. über Arkesilaos’ Bekämpfung der stoischen σνγκατάϋεσις unterrichtet (S. 303). Derselbe Bericht zeigt in interessanter Weise Arkesilaos’ Vor gehen in seinem Streit gegen die Stoa (S. 294—295). 1 Vgl. über Demokrit S. 51 —52; Parmenides S. 55; Empedokles S. 59—60; Sokrates S. 67; Platon S. 69 und 101 —102, vgl. S. 71; Peripatetiker S. 71; Stilpon bzw. die megarische Schule S. 74; Kyrenaiker S. 76; Arkesilaos S. 79 —80.
310
LITERATURVERZEICHNIS Mehrere Arbeiten desselben Verfassers sind chronologisch geordnet. Insofern Ausgaben der antiken Autoren (meist kommentierte Aus gaben) verzeichnet werden, stehen sie unter dem Namen des Heraus gebers. A a l d e r s , G. J. D., The Political Faith of Democritus. Mnemosyne ser. 4
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314
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316
Plutarch gegen Kolotes
VERZEICHNIS TEX TK R IT ISC H ER VORSCHLÄGE Die Zahlen geben die Seite an. A. = Anmerkung. Demokrit Fr. B 125 .................................................................. 253—254 Diogenes Laertios 2, 95 .............................................................. 292 A. 2 Kolotes bei Plutarch Adv. Col. 8,2 p. 1110 e .................. 48—49 Ivolotes bei Plutarch Adv. Col. 8,2 p. 1110 f .................. 49—50 Leonteus bei Plutarch Adv. Col. 3, 3 p. 1108 e .................. 222 Parmenides Fr. 8, Vers 4 ...................................................... 236—239 Philodem Περί ενσεβείας col. 110, 16 p. 128 Gomp................... 201 A.1 Philodem Voi. Rhet. fr. ine. a III 7 .................................. 55 Plutarch Adv. Col. 2,7 p. 1108 c .......................................... 183 8,5 p. l i l l a .......................................... 273 1 0 ,4 p. 1112 b ....................................... 148-149 — 13, 8 p. 1114 c .......................................... 241 22, 3 p. 1119 e .......................................... 125 A. 1 -» 32, 4 p. 1126 b .......................................... 251
STELLEN REG ISTER Solche Philosophenfragmente, die a u s s c h l i e s s l i c h d u r c h A d v . Col . überliefert sind, habe ich mit einem Sternchen versehen. Arlstokles
Aetios (Diels, Doxogr.) 1, 3, 18 221 A. 2 1, 15, 9 141 1, 30, 1 .243 2, 4, 10 133 A. 3 4, 3,11 .................. 159,160,162 4 , 4, 6 ............................ 253 4, 9,8 ............................ 253A. l 5,19, lu . 2 .................... 133
(bei Eusebios Praep. Ev. 14,19) . . . . 5 0 A. l , 292 (bis) Aristophanes
(Coulon) —Acharnenses 248 ........ . 211 Aristoteles A. 3
- Metaphysica (Christ) Aischylos
990 b 28 .................... . 275A . l 991 a 3 .................... . 275 A. l 1014 b 35 .................. . 243
(Mazon) -Septem 360 .................... 248
-Fragmenta (Rose) Antiphon, Sophist
* 1 ................................ . 282-283 3 ................................ . 282 A. 28 ................................ . 279-282
(Vorsokr.) - B 58 ................................ 190
317
208 .............................. 266, 270 646-647 ...................... 278 - [DeMXG] (Diels) 2 . . . . 249 A. 1
- De oratore 3, 18, 67
. . 294
- Orator 48, 160 -
245
Tusc. disp.
1, 21, 48 ...................... 28 2, 3, 8 .......................... 175
Arrianos Epici, diss. I 23, 3 . .. . 192 Chryslppos
A. 2
Clemens Alexandrinus
-Stoic, vet. fragni. Il 1 41
(Stählin) - Stromata
Cicero (C F W Mueller)
4 , 143 , 6
..................................
188
8, 15, 7
.................................
50
-A c a d , priora
Demokrltos
2, 2, 4 .......................... 21 2, 5, 14 294 2, 24, 76 ...................... 292 - D e jato 5,10
(Vorsokr.) - A-St,eilen 1 (=-= II 84, 15) .......... 271 I ( - II 84, 23) .......... 252 36 222 A. I 37 267 38 257 43 .............. 267 (bis), 268 45 262 A. 2 49 .............. 251, 253, 267, 271 53 .............. 220-222 + 212-213 57 (die Adv. Col.-Stelle) 266-273 57 (andere Stellen) .. 269 102 .............................. 253 114 .............................. 261 123-125 ...................... 272 125 ...................... 253, 267, 272
291
- De finibus
- De natura deorum
.
174 178 181 180 181 181 195 209 194 181 205 A. 1 107 A. 1
.
1, 9, 30 1, 11, 38 ...................... 1, 13,42 ...................... 1, 13, 42-16, 54 .......... 1, 16, 50 ...................... 1,16, 54 Anf.................. 1,18,61 ...................... 1, 19, 62 ...................... 1, 20, 67- 68 .............. 2, 15, 48 ...................... 2, 21. 67 ...................... 2, 28, 92 ......................
- B (Fragmente)
1, 5, 11 294 1 , 1 0 , 2 5 - 1 5 , 4 1 ............. 94-95 1. 11. 28 ...................... 55 1. 12. 29 ......................... 51,59 1. 12. 30 ...................... 69 1, 17, 45 ...................... 201 1,20, 56 ...................... 201 1, 33, 93 ...................... 102 2, 32, 82 ........................ 135,136
318
5 273 5 h .............................. 272 6 .................................. 269 8 258 (bis), 259 (ter), 259 A. 1 (bis) 9 .................................. 251 10 ...................... 258, 259 (bis), 259 A. 1 (bis) II .............................. 138
117 ................................ 251
125 .............................. 251-254 141 ................................ 269
156 (der ganze Text) .. 254-263, 254 A. 2,298
*156 (das eigentliche Fragment 156) .......... * 156 (neues Fragment daraus) ..................... 156 (Protagoraskritik) * 157 ............................. 164 ............................. 167 ............................. 168 ............................. 278 .............................
262-263 254-260 260-262 263-265 259 A. 2 266, 269 266 192
................ ........... 291
4, 14 4, 45
................ ........... 278 A. 1 ............ ........... 295
4 ,6 5
................ ...........
................ ............ 285
5, 64
................ ............ 288
%
71 A. 1
........... ........... 286
................ ............
26 A. 1
7,181
................ ...........
95
7 ,1 8 5
................ ..........
41
......... . . . 186, 205, 229
10, 122-135: s. Epikuros, epist. III
180,181
Diogenes von Oinoanda
fr. V col. I 3-8
..................... ............ 283
5 ,4 6
38
(William)
93
................ ............ 277
10,121
10,138
2 ,1 1 5
................ ............
10,11 ........... ............... 225 10,24 ................... 51, 74 A . 2 10,25 ........... 2 6 ,7 1 ,1 0 2 ,1 0 7
10, 117— 121 ............... 186, 196 10,119 ___ ............... 33, 204 10,120 ___ ............... 186
.. 292 .. 292 292 m. A. 2
5 ,2 0
........... ............... 80 10,10 ........... ............... 193
10, 35-83: s. unter Epi-
2, 86 93 ..................... 292
5, 36
78 228
kuros, epist. I 10,117 ___ ............... 189,195
(Huebner)
5, lOa.E............ ............ 278
253,271 252 251
10,8
10,33 ........... ...............
Diogenes Laertios
6 ,1 0 2
........... ............... ........... ............... 9, 72 ........... ............... 9,104 ........... ............... 10, 6 ........... ...............
10,27 ........... ........... 74, 99, 230 10, 31 ........... ............... 50 10,32 ........... ............... 167,195
♦fr. 5 ................................ 287 ' fr. 7 .................................. 288 fr. 8 .................................. 288
5 ,8 6 -8 8
9,44
9,45
(Wehrli)
5 ,4
........... ............... 242
9,23
Dlkaiarchos
2, 92 2, 93 2, 95
8,48 236 8, 64 .......................... 251 9, 5 ................................ 295,296 9.21 236 9.22 53
319
V V V V V V VI VI VI
I 8-10 1 1 0 -III1 . . . . II 2 - 4 .............. I I 1 0 -1 1 .......... I I I 1 - 6 .............. I I I 14 I I 4-5 .............. II 4 - 7 .............. I I 4-8 ..............
94 94 94 59 271 94 94 271 50 A. 2 252
................... ........... 250 ................ ........... 244
-
VI
II 8-1 2
........... 9 7 ,1 0 5
34
-
VI
II 12-14
........... 54
3 5 ,1 4
-X X V
3 5 ,1 6
III 1 - 8 ............... 180
................ ........... 250
- L X III III 8 -IV 10 . . . . 29 A. 1
45
.................... ........... 236
60
.................... ........... 223,248
Dion Chrysostomos
6 1 ,2
(von Arnim) orat. 88, 2
..................... 296 A. 3
................ ........... 223,248
89
................... ........... 237 A . 1
95
................... ........... 250
96, 3 -4
........... ............ 250 (bis)
1 1 1 ,3 -4
........... ........... 250 (bis)
Empedokles (Vorsokr.)
Epikuros
- Περί φύσεως XI
- A -Stellen
14
250-251
- B (Fragmente) 8
(Vogliano) fr. [L] b, col. Ill
56, 56-58, 132, 243244, 245-246, 248-249, 250, 254
10-12 . . . .
141 m. A. 1
- Περί φύσεως XIV (Vogliano)
.
.
8.1 5 6,57,249 fr. J, col. Ill 11-13 .. 144 A. 2 8, 1-2 .......................... 243-244 - Epistulae 8, 3-4 .......................... 57 (bis) (V.d. Mutili) *9 55, 58, 91, 244-245, 245-246, 249 (ter) I 35 .................. .......... 140 9, 5 .............................. 245, 249 I 30 .......... ...... .......... 140,217 ................. 245-246,249 * 10 137 .................. .......... 219 * 11 .............. 246, 249 (quater) 138 .................. .. 38, 132 A. 1 11.1 .......................... 249 I 39 .................. 133 A. 3 (bis), 11, 3 132 A. 1,246 135 A. 2, 135 12 248,249 A. 4,136 * 15 56,58-59 m. 59 A. 1,121, I 39, Scholium .......... 231 246-248, 249 (quater) I 40 Anf............. .......... 135 A .4 1 5 .2 - 3 59 I 40 ................ . 136 A. 1, 155 15.3 ...................... 58, 246 A. 1, I 41 Anf............. . 133 A. 3, 140 247 (bis) 1 41 ................ . 138 A. 3, 271 59 15.4 1 41-42 .......... .......... 133 A. 2 17.3 244,249 I 4 3 .................. . . 146, 148, 154 1 7 .3 - 4 ...................... 245 146 .................. .......... 165 21,9-11 ...................... 245 147 .................. .......... 152 22.4 .......................... 250 148 .................. 144 A. 2, 151 22, 7 .......................... 250 (bis), 152 23,6-8 ...................... 245 149 .................. 145 A. 3, 165 33 ............................... 250 150 .................. .. 154,165 (bis)
320
Plutarch gegen Kolotes I 54
.................. 138 A. 2, 138 A. 3 (bis), 144, 157 155 ............ ................ 159 A. 1 I 6 0 ............ . 134 A. 3,134 A. 4 I 6 3 ............ ................ 159 A .1 I 63-68 . . . ................ 158,231 I 64 ............ ................ 161 I 6 6 ............ ................ 160 I 67 .......... . . . . 154 A. 2, 224 I 6 8 ............... 138, 140, 145 A. 4 I 83 ............ ................ 202 I ll 127-128 .............. 209 III 128 . . . ................ 210 I ll 129 . . . ................ 194 I ll 131 . . . ................ 203 I ll 132 . . . ................ 181 I ll 133 Anf. .............. 209 I ll 134 . . . ................ 199
6 .................... 7 .................... 1 0 .................... 1 2 .................... 1 5 .................... 2 3 .................... 2 4 .................... 3 2 .................... 3 4 .................... 3 6 .................... 3 9 .................... 4 1 .................... 4 5 .................... 4 7 .................... 4 8 .................... 5 4 .................... 5 6 .................... 5 7 .................... 5 8 .................... 6 2 .................... 7 0 .................... 7 1 .................... 7 7 .................... 7 9 ....................
- Κύριοι δόξαι (V.d. MvihU) 1 ........................... ......... 197 (bis), 198, 230 1-4
.................................. 230
202 A. 1 ...................... ........... 137 .................................. 137
13
.................................. 137
18
....................... ......... 203
21
.......................
22
....................... .........
25
.................................. 195
210-211 47-48
26
.................................. 209
29
.................................. 209
33
.................................. 188
35
.................................. 185
- Sententiae Vaticanae (V.d. Mühll) 21 — Acta Philos. Penn.
............ ............ ............ ............ ............ ............ ............ ............
194 47 A. 1 202 A. 1 194 191 187 A. 2 184 188
(Usener)
7 ........................... ......... 39, 202, 11
185 185 217, 220 185 190 A. 2 194,225 167 28 225 92 225 222 A .2 33,189 220 219
- Fragmenta
3 ........................... ......... 179 5 ........................... ......... 182
12
............ ............ . . . 208, ............ ............ ............ ............ ............ ............ ............ ............ ............ ............ ............ ............
321
2 ...................... . . . . 76 A. 1,100 6 .................... ............ 204-205 8 .................... ............ 204-205 1 3 .................... 1 4 .................... ............ 33 1 6 .................. . . . . 51, 100, 194 1 7 .................... ............ 51,100 *18 ................ ............ 185-189 18-21 ............ ............ 229 * 29 ................ . . . 140-143,141 * 30.................. ............ 143-145 3 6 .................. ............ 167 46-55 ............ ............ 205 5 6 .................... ............ 145 A. 2 *58-60 ............ ............. 175 6 8 .................... ............. 178
251 252 *254 255 256 259 *263 267 269 271 275 *282 *283 *286 * 288
6 9 .................................. 181 .................................. 180 7/ V0 .................. * 7 4 .................... .................. 135-136 7 5 ...................................... 1 35,136 * 7 6 .................... .................. 135-136 *116
.................................. 183-184
*130 ................ . . . . 132
132-134 133 *134
143
. . . . .................. 2 0 3 Α .1
.................................. 191 ................ ................ 189-192
140-142 *141
2 2 5 -2 2 7 ,2 2 8
.................................. 191,202
___ ................
................ ................
31 27-31
................ ................ 180
156
................ ................
158
................ ................ 219
*161
................ ................ 228
83
169
................ ................ 200-201
171
................ ................
174-175
----- ................
71 74
177
................ ................ 2 25,226
182
................ ................ 225
183
................ ................ 225
184 ................ . . . . 225, 226 (bis) *194
................ ................ 227
200
................ ................
202
................ ................ 190
3 0 ,1 9 6
203
................ ................ 191
210
................ ................
211
................ ................
28
219
................ ................
97,214
28
220
................ ................
33
221
................ ................
33
*222 222 a
................ ................ 195-196
.......... ................ 189,195
227
................ ................
71
231
................ ................
67
235
................ ................
71,102
237
................ ................
71
239
................ ................ 323 A. 1
244
................ ................ 167
247
................ ................ 169-172
*250
................ ................ 175
291 * 296 297 298 299 310 311 312 * 314 315 316 319 *324 342 367 368 369 382 386 * 392 394 395 398 409 *411 *420 469
322
............................. 166 ............................. 169-173 ..................... 166-169,223 ............................. 161 ............................. 174 ............................. 223-224 ............................. 173 ............................. 221 A. 2 .............................. 323Λ. 1 ............................. 136 Λ. 1 ............................. 138 Λ. 2 ............................. 150-154 ............................. 132 A. 1 ............................. 146-150 ..................... 137, 138 Α. 3, 156-157 ............................. 162 ............. 133-134, 133 A, 1 .............. 133 A. 1, 133 Λ. 2 ............. 133 A. 1, 133 Α. 2 ............................. 134 Α. 2 ............................. 60.158 ...............................160 (bis) .............................. 160 . . . . 157, 158-163, 194-195 ............................. 160 ............................. 162 .............................. 151 ............................. 174 .............................. 199 ............................. 197 ............................. 197,200 ............................. 197 ............................. 197 .............................. 200 ..................... 125 A. 1. 198 .............................. 199 ......................... 61 A. 1, 199 .............. 178, 179, 191, 193 ..................... 178,207,208 .............................. 179 ............................. 177-178 .............................. 183
Plutarch gegen K olotes
504 506 512 519 527 * 528 532 533 535 *546 548 549 551 552 * 554 555 * 556 *558 *560 561 562 567 570 577 582 583 590
.............................. .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. ...................... 202, .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. .............................. ..............................
- Sonstige Textstellen aus den Epicurea p. 68 .......................... 230 p. 69 .......................... 230 p. 70 .......................... 197 p. 85,16 ...................... 99 p. 87, 4-9 .................. 95 .............. 80 p. 92,15-21 1
p. 95,1-4 .................. p. 95, 7-8 .................. p. 101,30-102, 6 . . . . p. 104, 29-105, 1 . . . . p. 105,1-2 .................. p. 109, 17-18 .............. p. 123, 22-25 .............. p. 124, 28 adn............... p. 125,11 adn............... p. 132 .......................... p. 145, 4 adn................. p. 173, 21 adn............... p. 175, 7 adn................. p. 181,15 adn............... p. 185, 28-30 .............. p. 188, 9 ...................... p. 279, 21 adn............... p. 293-294 .................. p. 319,17-18 .............. p. 328, 4-8 .................. p. 342, 6 ...................... p. 345,13 sqq............... p. 346,1 ...................... p. 347, 6-10 .............. p. 350, 30-351, 5 . . . . p. 364, 9-10 .............. p. 409 .......................... p. 412 ..........................
202 202 140 229 229-230 204-205 227-228 155 135 A. 3 31 27 65 212, 220 172 232 38 79, 178 76 192 202 A. 1 230 155 40 A. 1 196 136 A. 1 193 43 A. 1 34
- Epikureische Stellen in Adv. Col., die in den Epicurea fehlen Adv.Col. 11,1 p. 1112 c —»— 12, 5 p. 1113 e —»— 28, 6 p. 1123 e —»— 30, 3 p. 1124 f
200-201 139-140 136-137 198-199
180 181 180-183 184,185 192 A. 2 192-193 185 188-189 187 A. 1 193-194 202 203,206 202 202 A. 1 202-203 203 203-204 197, 213 205-206 195 80, 229 186 186 205 188 187 A. 1 194
Um gekehrt sind unter den Fragm enten in den Epicurea ein paar
Stellen aus A dv. Col. aufgeführt, w elche tatsächlich keine epikureischen Lehrberichte sind. Fragm ent 239 (Adv. Col. 26, 1 p. 1121 ef) ist aus der Sam m lung von Epikurs Fragm enten zu streichen, nachdem C röne rt und andere die U nrichtigkeit des überlieferten τόν ’Επίκουρον überzeugend nachge w iesen und dafür τόν Έπικουρ o v g esch rieb en haben (vgl. P oh l e n z ’
323
llerakleitos
- Textstellen aus »Epicuri Ethica» (Diano): fr. 14, p. 22 .................. 230 fr. 162 (p. 68, 9-12) .. 29 A. 1 p. 84 195
(Vorsokr.) - A-Stellen 1 (= I 140, 23-24) . . . . 295 - B (Fragmente) 40 .............................. 296 101 .............................. 295-297 108 .............................. 296
Eusebios
- Praeparatio Evangelica (Gifford) 13,13,47 .................. 198 A. 1 14, 3, 7 ...................... 263 1 4 ,1 9 ................50 A. 1,292 (bis)
Hermarchos
- Zitat
bei
Porphyrios
aus seinen ’Επιστολικά περί Έμπεδοκλ.έους. . . .
85 A. 2
Favonius Eulogius
p. 1, 5 sqq. Holder
37,103, 104 A. 2
Homcros
- Ilias
G alenos
2, 868 .......................... 248 5, 214 .......................... 236
- de medic, empir, fr. (Schöne) 1259, 8 . . . . 251 - d e elem. sec. Iiipp. I2 251
Horatius
- Epistulae
Herakleides Pontikos
(Wehrli) * fr. 68 .......................... fr. 69 .......................... fr. 70 .......................... fr. 72 .......................... fr. 104-108 .................. fr. 105 .......................... fr. 1 1 2 .......................... fr. 119 a-120 ..............
1, 18, 102 286-287 286 286 (bis) 287 (ter) 287 287 287 287
.................. 202
Koiotes
- Περί τον δτι κατά τά των άλλων φιλοσόφων δόγματα ουδό ζην ίστιν Wörtliche Zitate bei Plutarch Adv. Col. . . 47, 53, 56 in.A. 1, 60-61, 6364, 64, 65-66 m. 66
App.). Es handelt sich um K o i o t e s , und die Stelle wird oben S. 76—78 behandelt. Um zu zeigen, dass die Atomlehre unfähig ist, die Entstehung von Dingen zu erklären, spricht Plutarch 13, 4—5 p. 1114 a—b von den Atomen und dem Leeren mit Beiworten, welche geeignet sind, diese Unfähigkeit besonders klar hervortreten zu lassen. Die Herabsetzung der Atomlehre ist hier Plutarchs alleiniger Zweck. Die Stelle ist obwohl Usener sie als Fragment 269 aufführt — kein epikureischer Lehrbericht.
324
Plutarch gegen Kolotes A. 1, 68, 73, 74-75, 78 (bis), 84 - Προς τον Πλάτωνος Ex5ΰνδημον ...................... 33—34 —Προς τόν Πλάτωνος Λνσιν .......................... 31-33 -Schrift gegen den My thus in Platons Politeia Wörtliches Zitat (lat.) bei Macrobius ............ 36 Leontius * Einziges Fragment
.. 220-222
Leukippos
(Vorsokr.) - A-Stellen 6 ............ 8 2 4 ............ 3 2 ............
. ... 257, . ... ....
262 262, 263 267 253 A .1
Lu cretins
(Bailey2 in Oxf. Class. Texts) I 136 .......................... 209 A. 1 149-264 .................. 132 A .1 419-420 .................. 136 419-421 .................. 135 A. 2 419-448 .................. 135 420 .......................... 135 422-425 .................. 137 426 .......................... 135 431 .......................... 135 439 .......................... 135 444 .......................... 135 445 .......................... 135 451-452 .................. 138 538-539 .................. 133 A. 3 635-920 ___ 93-94 m. 94 A. 1 712-829 .................. 59 732 .......................... 209 A. 1
325
1 915-920 .................. 958-1007 965-967 .................. 996-998 .................. II 7-14...................... 80-250 .................. 90-94 98-108 .................. 111 294-307 .................. 296 303-307 .................. 308-314 .................. 312-314 .................. 315-332 .................. 581-588 .................. 677-679 .................. 686-687 .................. 730-990 .................. 741-747 ................... 749-754 .................. 757-794 .................. 759-761 .................. 795-798 .................. 854-864 .................. 862-864 .................. 865-867 .................. 865-930 .................. 963-966 .................. 967-968 .................. 969-971 .................. 1099 1118-1119 .............. 1128-1130 .............. III 9 14-15 ...................... 245 .......................... 271-272 .................. 294-318 .................. 379 .......................... 1014-1023 .............. IV 147-149 .................. 157-159 ..................
157 A. 1 133 A .2 135 A .1 135 A .1 215 135 A .1 135 A. 1 268 148,152 133 A .3 133 A. 3 133 A. 3 148 148 148 175 A. 1 175 A .1 175 A .1 157 141 138 A .3 176 145 A. 2 141 138 A .3 138 A. 3 139 A .1 139 A .2 139 A .1 139 A. 1 139 A. 1 199 153 A .1 153 A .1 209 A. 1 217 160-161 160-161 162 161 185 152 151
165 ................ ........ 151 176-215 ........ ........ 152 198 ................ ........ 171 216-217 ........ ........ 168 226 ................ ........ 151 227 ................ ........ 151 239-240 ........ ........ 151 355-363 ........ ........ 170 A .1 506-510 ........ ........ 106 507-510 ........ ........ 54.98 507 ................ ........ 98 A. 2 520-521 ........ ........ 98 A. 2 617-670 ........ ........ 174 627-629 ........ ........ 179 644 ................ ........ 175 A .1 695 ................ ........ 153 A. 1 737 ................ ........ 153 A. 1 2 ................ ........ 209 A. 1 9-10 ............ ........ 209 A. 1 13 ................ ........ 209 A. 1 43 ................ ........ 184 110-145 ........ ........ 199 144-145 ........ ........ 199 275-280 ........ ........ 151-152 280 ................ ........ 151 335 ................ ........ 209 A. 1 351-379 .................... 133A .3 878-924 .................... 223 1129 84 A. 2 1129-1130 ................ 202 1141-1144 .............. 85 A. 1 1141-1150 .............. 85 1145 85 A. 1 1148-49 .................. 85 A. 1 1150 85 A. 1 VI 7 ............................ 209A. 1
I 1, 9-2, 5 .. 35-36, 103,104 Λ. 2 I 2, 6 -2 1 ...................... 36 15,1 .......................... 104 A.2
Metrodoro»
(Koerte) - Fragmenta 1 (ni.E. nicht von M.) 175 A. 2, 215 * 6 ..................................... 207-210 7 9
210 253 A. 2
14-15 ............................ 101-102 * 3 1 ............................ 86, 213-214 * 3 2 ............................ 214-215, 216 * 3 3 ..................................... 212-213
Macrobius
(Eyssenhardt) - Comm. in Somnium Scipionis
36 ..................................... 207 37 ........................ 208,217,220 * 38 .................................... 215-220 39 ..................................... 207 39-42 ............................ 208 40 ..................................... 207 * 4 1 ..................................... 210-211 49 .................................... 207, 220
- Testimonia 1 4 .................................. 227 35 .................................. 175 A. 2 Parmenides (Vorsokr.) - A-Steilen 1 (= I 217, 27-218, 1) 1 (= I 218, 2) .......... 1 2 .................................... 1 9 .................................. 34 .................................. 44 ..................................
236 240 242 242 234, 240 236
B (Fragmente)
I 1,8-9 ...................... 35 I 1,9 .......................... 103 A.1
326
1,29-30 . vor B 7. 8
239 240
Plutarch gegen Kolotes 7 ,3 -5 .......................... 53 7,5 .............................. 53 8, 3-4 .......................... 237 8, 4 .............. 52 A. 1, 236-239 8,22 236 A. 1 8,29 236 A. 2 8, 38-41 ...................... 244 8, 56-58 ...................... 240 8,60 240 9, 3 .............................. 240 10 ...................... 240 (quinquies) 10, 4-5 236 11 ...................... 240 (quinquies) 11, 1 236 11, 2 239 12 240 13 ........................ 240 * 14 .......................... 235-236, 240 15 235,236 (ter), 240 (bis) 15 a .............................. 240 16 ........................ 240 16-18 .......................... 240 17 .................................. 240 A. 1 18 .................................. 240 A. 1 19, 1 240
- Περί σημείων (DeLacy) · 18,3-10 .............. 141,143-144 -V o i. Here.* I 123 -V o i. Rhetorica (Sudhaus) II 169 .............................
—De aeternitate mundi (Rabe) 31,17 ff......................... 280 Platon
-[Alcibiades I] 124b .. 283 - Apologia 2 1 a .............. 60, 276 - Euthydemos 279 d .. 33 - Kratylos 385 e - 386 a 298 - Lysis 206 b .................. 32 - Nomoi IV 715 e ...................... 276 V 728 a ...................... 276 - Parmenides 132 d . . . . 275 A. 1 - Phaidon 83 a .............. 63 - Phaidros 229 a 229 e 229 e 241 e 242 b 273 e
- Περί ενσεβείας
Περί κολακείας (Crönert, Kol. u. Mened.) Eine Stelle . . . . .......... 38-39
55
Philoponos, Ioannes
P hilod em o s
(Gomperz) p. 65-84 ............ p. 68 .............. .......... 55 p. 111. 1 .......... .......... 135 A. 3 p. 126 .............. .......... 200 p. 127 .............. .......... 200 p. 128 .·............ ___201 m. A. 1
27
.......................... .......................... - 230 a .............. - 242 a .............. .......................... ..........................
276 66,283 68,276 276 276 211
- Politeia VI 509 d ...................... 276 X 614 b ...................... 37 - Politikos 272 c - Theaitetos
.......... 273 A. 1
151 e - 186 e .............. 152 a .......................... 152 a-b ...................... 166 d .......................... 171 a ..........................
Περί παρρησίας (Olivieri) col. 2 0 .............. .......... 194
327
63 298 262 298 261
186 e
..............................
63
15 p. 1097 b 16 p. 1098 c 16 p. 1098 d 18 p. 1100 a 19 p. 1100 c 19 p. 1100 d 20 p. 1101b
- Timaios 27 d - 28 a .................. 28 a - 2 9 b .................. 30 b 7-8 ...................... 31 b 3 ..........................
276 275 289 238 A. 1
28 p. 142 a .................... 207
Adversus Colotem: s. besonderes Register -Amatorius 24 p. 770 b 81 - De amore prolis 2 η. 495 a ......................... 192 m . A. 2 “ De audiendis noctis ! η. 15 a ................ 18 A. 2, 108 A. 1 - De audiendo 1 p. 37 c . . 18 A. 2 - De capienda ex inimicis utililate 1 p. 86 c . . . . 1 8 A. 2 - De comm. not. 30 p. 1074 d .............................. 301 - De dei. or. 19 p. 420 b 199 - De esu carnium li 6 p. 999 b .............................. 183 - De facie in orbe lunae 16 p. 929 a ..................... 236 - De fraterno amore 16 p. 487 d ......................... 193 - De garrulitate 8 p.505 d 297 - De lib. et aegr. 5 . . . . 287 - De Pyth. or. 11 p. 399 e 230 - De tranquillitate animi 18 p. 476 c ..................... 207 - De virtute morali 7 p. 446 e ..................... 277 7 p. 448 a ..................... 279 A. 1 - Non posse suaviter vivi secundum Epicurum 1 p. 2 p. 3 p. 13 p.
1086 d 1086 e 1087 d 1095 c
.............. 211 .............. 207 .............. 39 A. 1 .............. 39 A. 1 .............. 211 ................ 232
- Praecepta coniugalia
Plutarchos
I p . 1086 c
................ 227,283
- Praecepta gerendae reip. Ι ό p. 807 c .................... 218 28 p. 820 f .................... 245
- Quaestiones Platonicae
1. 6 D. 1000 d ................ 270 “ [Strom.] (Diels) fr. 5 . . 239 Porphyrios abstinentia I 7-12 (Nauck)
85 A. 2
- D o
Proklos - In Rem publicam Pia-
tonis commentarii (Kroll) I 119. 2-4 .................... 104 A. 2 II 105, 23-106, 16 . . . . 37 II 109, 7-12 ................ 37 II 111, 6-9 .................... 37 II 113 sqq ........................ 103 II 113, 1 2 - 1 3 ................ 37 11116,19-21 ................ 37 Protagoras
(Vorsokr.) - A 15
.............................. 261
Sextus Empiricus
(Mutschmann)
........... 39 A. 1 ,4 0
- Pyrrhonicae hypotyposes
................
18, 20
................
39 A. 1
................ 178, 210 ................ 205
328
1 ,2 1 3
.............................
256
1,214 ............................. 252 1,216 ............................. 299 A. 1
Plutarch gegen Kolotes - Adversus mathematicos 1,1 .............................. 71 7, 60 .......... ................ 299 A. 1 7, 1 3 5 .......... .. 49, 50 A. 2, 251 7, 159 .......................... 93,95 7,166 ........ ................ 95 7,191 .......................... 75 A. 1 7,191-200 .................. 291 7, 192 .......................... 292 7,193 .......................... 292,293 7, 194 .......................... 293 7,195-198 .,................ 292 7,203 .......................... 167 7, 209 .......... ___ 169,170 A. 2 7,216 .......... .............. 172 7,216-217 .................. 72 7,267 .......... .............. 66,158 7,389 .......... .............. 261 8,13 .......... .............. 223 8, 258 .......... .............. 223,224 8,269 .......... .............. 49 9,333 .......... .............. 135,136 9,335 .......... .............. 157A. 2 10, 2 .......... .............. 136 A .1 11,96 .......... .............. 193
II 335 .......................... 301 III 177 .......................... 295 III p. 268 ...................... 224 Strabon
6 ,1 ,1 .......................... 242 (bis) Straton der Physiker
(Wehriij fr. 1 . . . fr. 12 . . . fr. 13 . . . fr. 15 . . . fr. 33 . . . fr. 34 . . . * fr. 35 . . . fr. 74 . . . Theodoretos
In Doxogr. Gr. p. 388 .. 163 Theophrastos
- Φυσικών δόξαι (Diels, Doxogr. Gr.) fr. 6 a .......................... fr. 8 .............................. fr. 17 fr. de sensibus: §§64-67 .................. §§ 73-78 ..................
Siniplikios
-Comm, in Arisi, phys. (Diels) p. 120, 12 290
288 288 288 288 289 289 288-289 288
236 257 236 260 272
Stoiker
- Stoicorum veterum fragmenta (von Arnim) I 65 .......................... II 1 .......................... II 132 .......................... II 166 .................. 224 II 170 .......................... II 329 .......................... II 331 ..........................
Yorsokratiker
(Diels, 6. Aufl. v. Kranz) 302 (bis) 41 301 (bis), 301 301 300 300 (bis)
329
1 140,23-24 .............. 1 217,27-218,1 1218,2 ...................... I 218, 9 ..................... 1 221, 1-3 ................. 1 223,25-32 .............. I 223, 36 I 225, 14 .................
295 236 240 53 242 234 240 236
I 226, 30-31 .............. 1 234, 23 .................. 1 234,28 .................. 1 235, 4-5 .................. I 241, 6-11 1 241,7-8 .................. 1 241,10-11 .............. 1 262-263 .................. 1 267,34-35 .............. I 279, 15-24 .............. II 72, 16 ..................... II 74, 5 ...................... II 74, 6-7 .................. II 74, 9 ...................... II 77, 7-8 .................. 11 84,13-17 .............. II 84, 15 ..................... II 84, 23 ..................... II 93, 14 ..................... II 93, 18 ..................... II 93, 22 ..................... II 93, 24 ..................... 11 93,29 ...................... II 94, 13-14 .............. II 95, 9 ...................... II 95, 10-11 ............... II 95, 11 ..................... II 95, 23-24 ............... 11 97,18-19 .............. 11 97,20-21 .............. II 97, 23-24 ...............
55 A. 1 240 240 237 239-240 240 241 249 A. 1 55 A. 1 251 262 257 262 263 267 253 271 252 222 A. 1 222 A. 1 266, 270 263 267 257 267 267 268 262 A. 2 263 267 253
11 97,27-28 II 98, 36 ...................... II 99, 1 11 109,20 11 112,29 II 112, 29-30 .............. 11 118,28-30 .............. II 138, 23 II 177, 10 11 233,25-27 .............. II 364,2. 5 ..................
271 267 269 253 253,267 272 260 272 259 A. 2 55 A. 1 190 A. 2
Xenokrates (Heinze) fr. 3 * fr. 31
277 277
Xenophon - Memorabilia Socratis 4 ,4 ,4 .......................... 275 4, 6, 1 .......................... 66 Zenon von Elea (Vorsokr.) - A-Stellen 1 .................................. 2 .................................. 6 .................................. 7 .................................. 8 ..................................
297 297 297 297 297
VERZEICHNIS DER BESPROCHENEN ADV. COL. STELLEN Adv. Col. umfasst in der Plutarchausgabe des Henricus Stephanus von 1599 die Seiten 1107—1127. Im nachstehenden Register werden der Einfachheit halber die beiden ersten Ziffern der Seitenzahl weggelassen. »13,12 14 /» ist also gleich »Adv. Col. 13, 12 p. 1114 f». Der Überblick über die Komposition von Adv. Col. (Kap. 1, § 4) wird nicht berücksichtigt.
330
Plutarch gegen Kolotes 20, 21, 40 A. 1, 40, 41 20 07 f 2,1 64, 65, 08 b 2,4 276 44 2,4-5 08 b 08 b 20, 42, 60, 2,5 276,297,299 08 c 110 2, 6 08 c 110, 157, 2,7 178, 182, 197, 207 2,8 08 c-d 89,110 08 d 91 3,1 08 e 43, 220, 3,3 231 A. 1 46 3, 3-4 08 e-f 08 e 212 3,4 08 f 47, 254 4, 1 09 a 298 4, 2 4,3 09 a-b 175 175, 175 A. 2, 5 176 09 c-e 215 5 09 e 175 5 6 175 6, 1-4 09 e— 231 10 b 10 b 6, 4 117 142,175 7 10 c 143 7,2 7, 2-3 10 c-d 140, 229 10 d 7 141 10 e 47 7, 5 10 e 48,252 8,2 49 8,2 10 ! 10f 138 8, 3 8, 4-5 lO f 266 11 a 8, 6 11 ab 119, 156 8, 6-10 11 a-d 156 119,134, lib 8,7 1.1
07 d
137, 8,9 He 8, 9-10 11 c-d 8, 10 11 d 9 lid 9, 1
9, 2 9, 2-3 9, 2-3 9, 2 9 9, 3 9, 3 10, 1 10, 2 10, 2 ff. 10, 2 10, 3 10 10, 3-6 10, 10 10, 11, 11, 11, 11,
3-4 6 1 1 2 2-8
11, 3-6 11, 5 11, 6 11, 8 12, Iff. 12, 1 12 12, 3 12,4 12, 5
193, 199 137,222 119,156 138 147 44, 51, 119, 276, 277, 283 149 11 d lld - e 146 l l d - f 119 lie 149 lie 120 272 149, 271 lie 243 Ilf 11 f-12 a 56 11 / 120 12 a 132,244 12 a 12 a 56,250 149 12 a 12 a-c 120, 121, 147 12 b 148 149 12 c 12 c 273 272 200 (bis) 12 c 56 12 d 12 d 120 13 b 12 d 58 13 a 135,136 12 e 245 12 f 55, 245 13 b 13 b-c 120 246 13 c 249 13 c 246 13 d 246 A. 1 13 d 139 13 e
331
13, 1 13, 2 13, 3
13 e 43,114,120 13 f 53, 180 14 a 121-122, 133, 135, 135 A. 4, 231 14 a-b 122, 13, 4-5 323 A. 1 13, 6 14 b 54 13, 6-7 14 b-c 239 14 c 236,241 13, 8 14 c-d 52 13, 8 14 d 52 13, 8 14 d 13, 9 234 13, 9-10 14 d-e 234 13, 10 14 de 239 13 a.E. 278 13,12 14 e 235 13, 12 14 f 67,70,276 14 67, 69,278 14, 1 15a 69,277 (bis) 14, 2 15 a 285 14, 2-4 15 a-c 277 15 b 14, 3 288 14, 4 15 be 279 15 275, 279, 300, 302 15, 1 15 c 68 15, 3 15 d 302 15, 4-7 15 e 16 b 275 16 a 15, 6 235 15, 8 16 b-c 300 16, 1 16 c-d 150 16, 2 16 d 122,155 16, 3 16 e 69 17, 1 16 e 43,60,114 17, 2 16 f 276 17, 3 17 a 62, 180, 183,,215,232 17, 4 17 a-b 216 17, 5 17 b 225 17, 5-6 17 b-c 27, 232 17, 6 17 c 29,30
18,1 18,2 18,3 18, 4 19,1 19, 2 19,3 19,4 19,5 20 20,1 20, 1-2 20,2 20,3 20, 4 20, 4-5 20, 4-5 20, 4-6 20, 5 20, 7 21 21,1 21,2 21, 3 22,1 22,1 22,2 22, 3 22,3 22, 3 22, 5 23 24 24,1 24, 1 24, 2 24, 2 24, 3
17 d
63, 64, 64 A.l 17 d 274 17 d-e 225, 232 17 e 275 17 e 62,63 17 f 62, 64 (bis), 195, 276 18 a 62,64,276 18 a 229 62 18 b 124, 282 18 c 67 18 c 65 18 c 274, 282, 295 18 d 124, 157, 231 62 18 d 194 18 d-e 159 18 d-f 124 194 18 e 18 f 67 124 18 f 67,124 68, 276 19 b 19 c 197 19 c 43,73,290 19c-d 73 73 (bis) 19 d 125 19 d 19 de 125 A. 1 198 19 e 19 f 223, 301 125, 290 (bis) 126 41,43 20 bc 44 20 c 20 c 43, 74, 76 20 c-d 291 73 A. 1, 20 d 74 (bis), 291
24, 4-5 20 d-f 291 (bis) 24, 5 75 20 f 127 25 25,2 231 21a 25, 2-10 21a -e 169 174 25, 5 21b 25, 7 21c 75, 172, 291 25, 10 21 e 172 26, 1 21 e 295 26, 1 21 ef 41,323 A.l 26,1 21 f 76, 293 26, 2 21122 a 44, 77, 294 26, 3 22 a 78, 84 A .l, 294, 302 26, 3-27,4 22 a -/ 294 26, 5-9 22 b-d 127,196 26 22 d 196 22 d 27, 1 79,178 22 e 27, 2 179 27, 3 22 e 64, 78,127 22 f27, 5 23 a 78,127 27, 6 23 a 61 A. 1, 166, 177, 192, 197, 199 (bis) 27, 6-281,2 23 a--c 127 79 A .l, 166 28 23 a-■ c 128 28, 1-2 28, 2 23 b 223, 248 23 c 168 28, 3 28, 3-9 23 c24 ab 128 136 28, 6 23 e 229 28, 7 23 f 128 29 29, 1 24 b 79,173 29, 2 24 c 228,232 29, 3 24 c 44, 93, 241, 273,276,
332
283, 285 129 24 d 84,86 24 d 44, 84, 297 24 e 276, 277 24 e 182,197 24 f 198,276 25 a 178, 207 25 a-c 129 25 b 207,212 25 b 196 128 25 c 202 (bis), 203-204 31, 2 25 d 210 31, 5 25 e 230 31, 5 25 e-f 197 31, 6 25 f 86 32 128 32,1 26 a 80, 299 (bis) 32, 1-6 26 a-c 44 32, 2 26 a 263 32, 3 26 a 242 32, 4 26 b 250 32, 5 26 b 274 32, 6 26 b 297 32, 6 26 c 299 32, 7 26 c 227 32, 8-9 26 c-d 299 32, 9 26 d 278, 283 32, 10 26 d-e 297 26 e 33, 2 227 26 e-f 232 33, 2 33,3 26 f 283,286 33,4 27 a 204 A .1, 204, 231 27 a-b 205 33, 5 33, 6 27 b 86,212,213 33, 8 27 c 214 34,1 27 d 185, 229 34, 2 27 d 189, 232 27 e 189, 202, 34, 3 205, 213 30 30, 1 30, 2 30, 2 30, 3 30, 3 30, 4 30, 5-6 30, 5 30, 6 31 31, 2