Pädagogische Qualität für Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf: Armut, Entwicklungsgefährdung und Fluchterfahrung im Blick [1 ed.] 9783666702709, 9783525702703


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German Pages [215] Year 2019

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Pädagogische Qualität für Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf: Armut, Entwicklungsgefährdung und Fluchterfahrung im Blick [1 ed.]
 9783666702709, 9783525702703

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Format: BRO 155x230, Aufriss: HuCo

15mm

Fabienne Becker-Stoll / Eva Reichert-Garschhammer / Beatrix Broda-Kaschube (Hg.)

Das IFP befasst sich seit vielen Jahren mit dem Thema Qualität frühkindlicher Bildung. Ziel des vorliegenden Bandes ist es, besondere Unterstützungsbedarfe von Kindern in die Inklusions- und Qualitätsdebatte einzubetten, Zusammenhänge aufzuzeigen sowie Anregungen für die Praxis zu geben. Renommierte Wissenschaftler/-innen erörtern Themen wie Entwicklungsgefährdung, Fluchterfahrung, Inhouse-Begleitung, Vernetzung, Unterstützung für risikobelastete Familien und Sozialraum und diskutieren mit Vertreter/-innen guter Praxis.

ISBN: 978-3-525-70270-3

9 783525 702703

Becker-Stoll / Reichert-Garschhammer / Broda-Kaschube (Hg.)  Pädagogische Qualität

Die Herausgeberinnen Alle Herausgeberinnen sind am Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP) in München tätig. Prof. Dr. Fabienne Becker-Stoll, Dipl.-Psych., leitet das Staatsinstitut; Eva Reichert-Garschhammer, Juristin und Regierungs­direktorin, ist stellvertretende Direktorin; Dr. Beatrix Broda-Kaschube, Kommunikationswissenschaftlerin (M. A.), ist Abteilungsleiterin.

Pädagogische Qualität für Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf

Fabienne Becker-Stoll/Eva Reichert-Garschhammer/ Beatrix Broda-Kaschube (Hrsg.)

Pädagogische Qualität für Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf Armut, Entwicklungsgefährdung und Fluchterfahrung im Blick

Mit 28 Abbildungen und 10 Tabellen

Vandenhoeck & Ruprecht

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar. © 2019, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: © Lumppini – Adobe Stock Satz: SchwabScantechnik, Göttingen Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-666-70270-9

Inhalt

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 I Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf 1 Unterstützungsangebote und Vernetzungsmöglichkeiten bei der Aufnahme von Kindern mit Entwicklungsgefährdungen 1.1 Rahmenbedingungen von Inklusion. IVO – Studie zur Zusammenarbeit von Kindertageseinrichtungen und Frühförderung (Monika Wertfein, Claudia Wirts & Janina Wölfl) . . . . . . . . . . . . . . 13 1.2 Der Pädagogische Fachdienst PFIFF: Wirksame Hilfen für Kinder, Eltern und Erzieher/innen (Felicitas Serafin) . . . . . . . . . . 26 2 Flüchtlingsfamilien – Kitas im Spannungsfeld zwischen Kita- und F ­ amilienkultur?! 2.1 Flüchtlingskinder in Kindertageseinrichtungen. Ergebnisse einer Studie in Bayern (Sigrid Lorenz, Monika Wertfein & Dagmar Winterhalter-Salvatore) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.2 Integration Geflüchteter: Einführung und Interview (Philip Anderson) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3 Entwicklungsgefährdung durch nicht erkannte Hochbegabung 3.1 Das Drama der nicht entdeckten Hochbegabten? – Problematische Entwicklungsverläufe durch nicht erkannte Potenziale (Dietrich Arnold) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3.2 Praxiseinblicke in die Hans-Georg Karg Kindertagesstätte (Reinhard Ruckdeschel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 II Unterstützung für risikobelastete Familien 1 Wenn die Familie in Schieflage gerät … (Christa Kieferle) . . . . . . . . . . . 77 2 Das Elternbildungsprogramm PAT – Mit Eltern Lernen (Carmen Drinkmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 3 Effektivität von Hilfen zur Erziehung und ihre Hintergründe (Michael Macsenaere) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

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Inhalt

III Stärkung der pädagogischen Qualität in Kindertageseinrichtungen 1 Pädagogische Qualität und sozial-emotionales Lernen (SEL) (Fabienne Becker-Stoll) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 2 Stärkung von Kita-Teams für die Arbeit mit Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf – am Beispiel des Themas »Herausforderndes Verhalten« (Klaus Fröhlich-Gildhoff) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 3 Der Modellversuch PQB: Pädagogische Qualitätsbegleitung in Kindertageseinrichtungen in Bayern (Eva Reichert-Garschhammer, Sigrid Lorenz, Inge Schreyer & Fabienne Becker-Stoll) . . . . . . . . . . . . . . 149

IV Vernetzung von Kindertageseinrichtungen im Sozialraum 1 Armut und ihren Folgen begegnen – Ausbau von Kindertageseinrich­ tungen zu Kinder- und Familienzentren (Daniela Kobelt Neuhaus) . . . 171 2 Zuhause im Sozialraum – Kitas in Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf 2.1 Anspruch Sozialraumorientierung an Kitas (Eva Reichert-Garschhammer & Jutta Lehmann) . . . . . . . . . . . . . . 187 2.2 Nürnberger Kindertageseinrichtungen als Familienzentren (Karin Wolf & Christian Höllfritsch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 2.3 Lichtblick Hasenbergl – Intensive Begleitung und Förderung junger Menschen von 1–25 Jahren und deren Familien (Dörthe Friess & Johanna Hofmeir) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  203 Verzeichnis der Autor/innen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

Einführung

Alle Kinder haben ein Recht auf bestmögliche Bildung von Anfang an und darauf, dass auch in der Kindertageseinrichtung ihre vielfältigen Bedürfnisse bestmöglich beantwortet werden – in Zusammenarbeit mit den Eltern und, wenn nötig, auch mit weiteren Akteur/innen aus dem Sozialraum. Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf sind dabei mehr als alle anderen auf eine gute Qualität in der Kindertageseinrichtung und deren Zusammenarbeit mit den Eltern und anderen Fachdiensten angewiesen. Mit dem vorliegenden Band verfolgen wir daher folgende Ziele: ȤȤ Wir wollen jene Kinder in den Blick nehmen, die durch Armut, Fluchterfahrung und Entwicklungsgefährdung ganz besonders auf eine hohe pädagogische Qualität im Kita-Alltag angewiesen sind – gleichzeitig aber oft viel Aufmerksamkeit der pädagogischen Fachkräfte binden und damit die Kitas mit ihren Ressourcen oftmals auch an ihre Grenzen bringen. ȤȤ Wir möchten darstellen, wie Kindertageseinrichtungen durch Inhouse-Fortbildung, Beratung und Begleitung gestärkt werden können, um allen Kindern – auch denjenigen mit besonderem Unterstützungsbedarf – gute päda­ gogische Qualität und insbesondere gute Interaktionsqualität zu bieten. ȤȤ Wir wollen aufzeigen, wie Kindertageseinrichtungen durch Vernetzung mit dem Sozialraum ihre Kompetenzen erweitern können, gerade auch in der Zusammenarbeit mit Eltern. Dabei wird deutlich, wie durch die Vernetzung mit anderen Akteur/innen aus der Kinder- und Jugendhilfe Kindertageseinrichtungen entlastet werden können. ȤȤ Im vorliegenden Band werden Kinder mit besonderen Unterstützungsbedarfen in den Blick genommen und Unterstützungswege für Kindertageseinrichtungen aufgezeigt und diskutiert, sowohl innerhalb der Einrichtung durch Weiterentwicklung der pädagogischen Qualität als auch durch sozialräumliche Öffnung und Vernetzung von Kindertageseinrichtungen. Mit den Beiträgen der Autor/innen aus Forschung und Praxis verfolgen wir das Anliegen, diese Unterstützungsbedarfe von Kindern in den aktuellen fachlichen

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Einführung

Kontext einzubetten und dabei die Zusammenhänge mit der Inklusions- und Qualitätsdebatte aufzuzeigen und zu diskutieren: Wir wissen, dass Kindertageseinrichtungen nur bei hoher pädagogischer Qualität in der Lage sind, für Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf auch kompensatorische Wirkungen zu entfalten. Gleichzeitig zeigt sich hohe pädagogische Qualität darin, dass Kindertageseinrichtungen Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf jene Aufmerksamkeit und Interaktionsqualität geben, die sie brauchen, ohne dabei die anderen Kinder zu vernachlässigen. Mit der wachsenden Heterogenität der Kinder professionell umzugehen, stellt Kindertageseinrichtungen vor große Herausforderungen, sodass sie hierbei Unterstützung brauchen. Wie diese Unterstützung passgenau aussehen kann, soll aufgezeigt werden. Im ersten Teil des Buches nehmen wir Kinder mit Entwicklungsgefährdung in den Blick. In den beiden Beiträgen zu Unterstützungsangeboten und Vernetzungsmöglichkeiten bei der Aufnahme von Kindern mit Entwicklungsgefährdung von Claudia Wirts, Monika Wertfein und Janina Wölfl sowie von Felicitas Serafin wird aufgezeigt, wie Kindern mit Entwicklungsgefährdung und ihren Eltern bestmögliche Begleitung angeboten werden kann und wie der Überforderung der Kindertageseinrichtungen durch die Aufnahme dieser Kinder vorgebeugt werden kann. In den Beiträgen von Sigrid Lorenz, Monika Wertfein und Dagmar Winterhalter-Salvatore und Philip Anderson zum Themenfeld Flüchtlingsfamilien – Kita im Spannungsfeld zwischen Kita- und Familienkultur?! werden Kinder mit Fluchterfahrung in den Blick genommen, sowie die Herausforderungen, die sich für Kindertageseinrichtungen ergeben, wenn sie Kinder aus Flüchtlingsfamilien aufnehmen, diskutiert. In den Beiträgen von Dietrich Arnold und Reinhard Ruckdeschel wird eine sehr spezielle Form von Entwicklungsgefährdung diskutiert, nämlich der Entwicklungsgefährdung durch nicht erkannte Hochbegabung. Beide Autoren zeigen auf, wie belastet und entwicklungsgefährdet Kinder und insbesondere Mädchen sein können, wenn ihre Hochbegabung nicht erkannt wird, und wie Eltern und Kindertageseinrichtungen dabei unterstützt werden können, diesen Kindern bestmögliche Bildung, Erziehung und Betreuung zukommen zu lassen. Im zweiten Teil rücken wir die Familien in den Fokus. Christa Kieferle gibt in ihrem Beitrag Wenn die Familie in Schieflage gerät … einen Überblick zu Faktoren, die die Familien belasten können, aber auch Bedingungen, die risiko­ belastete Familien positiv beeinflussen können. Dazu gehören auch familienaufsuchende Beratungsprogramme. Ein Beispiel dafür stellt Carmen Drinkmann

Einführung

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vor. Das Elternbildungsprogramm »PAT – Mit Eltern Lernen« begleitet Familien bereits ab der Schwangerschaft und arbeitet auch mit Kindertageseinrichtungen zusammen. Zu den Schwerpunktthemen zählen Bindung, Gesundheit, Ernährung, Sicherheit, Sprachförderung und soziale Integration. Im Zentrum der Arbeit mit den Familien steht die Sprachförderung als Medium für Integration und Interaktion. Der Beitrag von Michael Macsenaere zur Effektivität von Hilfen zur Erziehung zeigt auf, wann Hilfen zur Erziehung effektiv sind und wie eine Zusammenarbeit mit Kindertageseinrichtungen aussehen kann. Deutlich wird in diesem Beitrag, dass vielfache Belastungslagen in diesen Familien zusammenkommen und sich gegenseitig bedingen. Zwar gibt es für Kinder in jungen Jahren bisher nur wenige Hilfen zur Erziehung, doch zeigen Studien zur Effektivität, dass gerade hier die Wirkung der Hilfe am größten ist. Im dritten Teil betrachten wir die Stärkung der pädagogischen Qualität in Kindertageseinrichtungen. Der Beitrag von Fabienne Becker-Stoll zum Sozial-Emotionalen Lernen und pädagogischer Qualität stellt die Stärkung sozial-emotionaler Kompetenzen in den Fokus. Pädagogische Qualität zeigt sich in der Interaktionsqualität zwischen Fachkraft und Kind und setzt hohe soziale und emotionale Kompetenzen bei den Fachkräften voraus. Die Forschungsbefunde zum Sozial-Emotionalen Lernen zeigen deren Bedeutung für den Aufbau guter Beziehungen, für gesunde Entwicklung, positives Lernen und langfristigen Bildungserfolg. In seinem Beitrag Stärkung von Kita-Teams für die Arbeit mit Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf geht Klaus Fröhlich-Gildhoff auf Kinder mit »herausforderndem Verhalten« ein, also Kinder, die abweichendes Verhalten zeigen und somit einen besonderen Unterstützungsbedarf haben. Er beschreibt verschiedene Ansätze, mit denen der Kreislauf aus Überforderung des Personals sowie von Etikettierung und Ausgrenzung dieser Kinder verhindert werden kann. Der Beitrag von Eva Reichert-Garschhammer, Sigrid Lorenz, Inge Schreyer & Fabienne Becker-Stoll stellt den bayerischen Modellversuch Pädagogische Qualitätsbegleitung in Kindertageseinrichtungen (PQB) vor. Pädagogische Qualitätsbegleitung versteht sich als ein externes Dienstleistungsangebot, das Kindertageseinrichtungen und deren Träger ergänzend zu bestehenden Qualitätssystemen trägerübergreifend zur Verfügung gestellt wird. Die Pädagogischen Qualitätsbegleiter/innen haben den Auftrag, die Kindertageseinrichtungen bei der Sicherung und Weiterentwicklung ihrer pädagogischen Prozessqualität zu unterstützen. Im Fokus dieses Beratungs- und Coachingprozesses steht die Interaktionsqualität in den Einrichtungen.

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Einführung

Der vierte Teil des Buches widmet sich der Vernetzung von Kindertageseinrichtungen im Sozialraum. Im Beitrag von Daniela Kobelt Neuhaus Armut und ihren Folgen begegnen – Ausbau von Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren wird deutlich, dass Familien in Armutslagen mehr benötigen als eine gute Kita, in der ihre Kinder gebildet, erzogen und betreut werden. Sie brauchen vielfache Unterstützung, die Kitas bei aller Anstrengung nicht alleine tragen können. Sie profitieren von Familienzentren, die chancengerechte Angebote für Kinder und Eltern verschiedener Dienstleister bündeln. Dem Teufelskreis manifester Armut können Familien nur dann entkommen, wenn ihnen gesellschaftliche Teilhabe und aktive Beteiligung ermöglicht wird und sie dadurch Selbstwirksamkeit erfahren. Zu Familienzentren weiterentwickelte Kitas schaffen daher einen niederschwelligen Zugang zu Angeboten, die Eltern in ihrer Erziehungskompetenz stärken, ihre Selbsthilfepotenziale aktivieren und soziale Netzwerkbildung unterstützen und tragen so zu einer gesunden und positiven Entwicklung der Kinder bei. Der Beitrag von Eva Reichert-Garschhammer & Jutta Lehmann Anspruch Sozialraumorientierung an Kitas befasst sich mit der Sozialraumorientierung von Kindertageseinrichtungen, die an bisherige Konzepte der Gemeinwesenund Lebensweltorientierung anknüpfen und sich durch fünf Arbeitsprinzipien auszeichnen. Am Beispiel der Nürnberger Familienzentren und der Münchener Einrichtung Lichtblick Hasenbergl zeigen Karin Wolf und Christian Höllfritsch sowie Dörthe Friess und Johanna Hofmeir in ihren Beiträgen eindrücklich die Chancen einer sozialraumorientierten Arbeitsweise von Kitas in Gebieten, in denen Familien mit mehrfachen Belastungslagen leben. Dazu zählen bessere Bildung und Prävention sowie frühzeitige Intervention bei Entwicklungsrisiken und Stärkung des Bildungsorts Familie durch Erschließung entsprechender Ressourcen auch im Sozialraum. Die gelingende Weiterentwicklung von Kindertageseinrichtungen zu Kinder- und Familienzentren in diesen Gebieten ist mit hohen Anforderungen verbunden und erfordert externe Begleitung und zusätzliche Ressourcen für die notwendige Kooperation und Vernetzung mit verschiedenen Diensten im Sozialraum. Allen Autor/innen, die diesen Band mit ihren Beiträgen bereichern, möchten wir an dieser Stelle herzlichst danken. Unser besonderer Dank gilt Susanne Kreichauf, sie hat die Korrespondenz mit den Autor/innen übernommen und deren Beiträge koordiniert und redigiert und somit wesentlich zur Entstehung und Fertigstellung dieses Bandes beigetragen. München, im Juli 2019 Fabienne Becker-Stoll, Eva Reichert-Garschhammer, Beatrix Broda-Kaschube

I  Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf

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   Unterstützungsangebote und Vernetzungsmöglichkeiten bei der Aufnahme von Kindern mit Entwicklungsgefährdungen

1.1 Rahmenbedingungen von Inklusion. IVO – Studie zur Zusammenarbeit von Kindertageseinrichtungen und Frühförderung Monika Wertfein, Claudia Wirts & Janina Wölfl Inklusion kann nur da verwirklicht werden, wo das jeweilige Kind und seine Familie die Versorgung und Begleitung erhalten, die sie benötigen. Fachliche Netzwerke werden von Eltern, neben der sozialen Einbindung des Kindes (Peers) und der Familie (Freunde, Nachbarschaft), als besonders förderlich im Sinne der Inklusion und sozialen Zugehörigkeit wahrgenommen (Beckman et al., 1998). Ebenso wie die Familien benötigen Bildungseinrichtungen einen transparenten Zugang zum Unterstützungssystem der Jugendhilfe sowie kompetente Ansprechpartner/innen bei fachlichen und organisatorischen Fragen, um allen Kindern bestmöglich gerecht werden zu können. Kindertageseinrichtungen, die Kinder mit (drohender) Behinderung aufnehmen, sind einerseits auf eine gute Kooperation zwischen Kita und Familie und andererseits auf die möglichst niederschwellige, effektive Unterstützung des Trägers (z. B. durch die Fachberatung), einer Frühförderstelle, niedergelassenen Therapeut/innen und Ärzt/innen sowie weiterer Institutionen (z. B. Jugendamt, Bezirk, v. a. bei Finanzierungsfragen) angewiesen. Der Umgang mit Heterogenität in Kindertageseinrichtungen erfordert von allen Fachkräften, neben einem offenen und reflexiven Umgang mit individuellen Unterschieden, eine hohe Teamfähigkeit innerhalb der Kita-Teams und darüber hinaus. Solange heil- bzw. sonderpädagogisch qualifiziertes Personal in den Kita-Teams meist fehlt, sind sonderpädagogische Dienste, therapeutische (Früh-)Förderangebote und eine entsprechende externe Expertise erforderlich, um diese Lücke zu füllen (vgl. Wertfein & Wirts, 2016). Eine zeitgemäße inklu-

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Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf

sive Frühpädagogik ist nach wie vor angewiesen auf die enge Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen, um so die bestehenden Kompetenzen zu bündeln: zu einem tragfähigen Netzwerk im Sinne der individuellen Bildungsunterstützung aller Kinder.

IVO – eine Netzwerkstudie zur Inklusion in Kindertageseinrichtungen in Bayern1 Die Studie »Inklusion vor Ort« (kurz: IVO) wurde vom Staatsinstitut für Frühpädagogik in enger, interdisziplinärer Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Sozialministerium und der Arbeitsstelle Frühförderung Bayern konzipiert und als Onlinebefragung durchgeführt. Angeschrieben wurden zunächst alle Kindertageseinrichtungen in Bayern, unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt der Befragung Kinder mit (drohender) Behinderung2 bzw. mit Entwicklungsgefährdung3 in den Einrichtungen betreut wurden. An der Onlinebefragung haben sich im Sommer 2016 insgesamt 2.823 Kindertageseinrichtungen beteiligt. Altersstrukturen der Einrichtungen (Krippe, Kindergarten, Horte, etc.) sowie die Verteilung nach Trägerschaft (öffentlich, frei gemeinnützig, Sonstige) sind für die Gesamtverteilung in Bayern repräsentativ vertreten. Der Rücklauf aus den Einrichtungen, die mindestens ein Kind mit Behinderung betreuen, war mit 62,5 % der integrativ arbeitenden4 Kitas in Bayern überproportional hoch. Die IVO-Studie untersucht die Rahmenbedingungen von Inklusion als gemeinsame Aufgabe von Kindertageseinrichtungen und unterstützenden Strukturen in Bayern. Im Fokus stehen – neben den Kindertageseinrichtungen – zwei im Hinblick auf Inklusion wichtige Unterstützungspartner5: ȤȤ die Interdisziplinären Frühförderstellen (kurz: IFF), die Kindern mit (drohender) Behinderung und ihren Familien vor allem Diagnostik, therapeuti1 Ausführliche Darstellung der Studienergebnisse siehe: Wölfl, Wertfein & Wirts (2017, Kita­ bericht) und Wirts, Wertfein & Wölfl (2018, Vernetzungsbericht). 2 Kinder mit einer (drohenden) Behinderung im sozialrechtlichen Sinne nach §§ 53, 54 SGB XII bzw. nach § 35a SGB VIII erhalten Leistungen der Eingliederungshilfe. 3 Kinder mit Entwicklungsgefährdung zeigen Auffälligkeiten in Entwicklung und/oder Verhalten, ohne dass es sich um eine (drohende) Behinderung im sozialrechtlichen Sinne handelt. 4 »integrativ arbeitend« steht für Einzelintegration und »integrative Einrichtungen«, d. h. Einrichtungen, die von bis zu einem Drittel, mindestens aber von drei Kindern mit (drohender) Behinderung besucht werden. 5 An der Onlinebefragung haben sich 103 von 140 IFF-Standorten und 15 von insgesamt 16 mHFD beteiligt.

Unterstützungsangebote und Vernetzungsmöglichkeiten bei der Aufnahme

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sche Förderung und Beratung anbieten sowie den Kindertageseinrichtungen als Integrationsfachdienst zur Verfügung stehen und ȤȤ die mobilen Heilpädagogischen Fachdienste (kurz: mHFD), die meistens an die IFF angebunden sind und den pädagogischen Kita-Teams im Hinblick auf Kinder mit Entwicklungsgefährdung als Berater/innen zur Verfügung stehen und in Bayern staatlich finanziert werden. Welche Kinder werden inklusiv/integrativ betreut? Von den an der IVO-Studie teilnehmenden Kita-Leitungen gaben 50 % an, in ihrer Einrichtung mindestens ein Kind mit (drohender) Behinderung im sozialrechtlichen Sinne zu betreuen. Zu den häufigsten Behinderungsarten inklusiv/ integrativ betreuter Kinder zählen nach Angabe der Kita-Leitungen Verhaltensstörungen und Entwicklungsverzögerungen. Im Vergleich dazu geben lediglich 19 % der Leitungen an, mindestens ein Kind mit einer Hörbehinderung und lediglich 13 %, mindestens ein Kind mit einer Sehbehinderung zu betreuen (siehe Abbildung 1). Auch in Horten zeigt sich eine ähnliche Verteilung, wobei hier Kinder mit Verhaltensstörungen noch deutlicher überwiegen (Wölfl, Wertfein & Wirts, 2017).

Abbildung 1: Diagnostizierte Behinderungen im Vorschulalter nach Angabe der befragten Kita-Leitungen6

6 Quelle: Wölfl, Wertfein & Wirts (2017, S. 16).

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Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf

Über 70 % aller Einrichtungen geben an, Kinder mit Entwicklungsgefährdung (sog. »Risikokinder«, vgl. Mayr & Held, 2010) zu betreuen. Aufgrund dieser Erfahrung mit »Risikokindern«, die oftmals Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsverzögerungen in leichterer Ausprägung zeigen, spricht viel dafür, dass Kitas für die inklusive Betreuung von Kindern mit Behinderungen in diesen Bereichen (im Vergleich etwa zur Seh-, Hör- oder geistigen Behinderung) aufgeschlossener sind, da sie sich aufgrund der Erfahrung damit kompetenter fühlen (vgl. auch Grönke & Sarimski, 2018). Auch älteren Studien zufolge steigt die Selbsteinschätzung der pädagogischen Fachkräfte und ihre Bereitschaft zur integrativen Betreuung von Kindern mit Behinderung mit der praktischen Erfahrung und mit dem Wissenserwerb von Strategien zur pädagogischen Unterstützung für Kinder mit speziellem Förderbedarf (zusammenfassend in Sarimski, 2012, S. 130 f.). Fehlende heil- und sonderpädagogische Expertise in den Kita-Teams Aus dem Bildungsbericht Bayern geht hervor, dass insgesamt 58,5 % der Kinder mit einer (drohenden) Behinderung in Sondereinrichtungen betreut werden, davon der größte Anteil in Schulvorbereitenden Einrichtungen (Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, 2015, S. 248). Insgesamt werden viele Kinder mit spezifischen Behinderungen nach wie vor in heil- und sonderpäda­ gogischen Einrichtungen betreut, wie beispielsweise in Schulvorbereitenden Einrichtungen (SVE) oder Heilpädagogischen Tageseinrichtungen (HPT) mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten. Dabei spielen – neben dem Elternwunsch (aufgrund der spezifischen fachlichen Expertise in den Sondereinrichtungen) – auch Schwierigkeiten mit der Aufnahme in eine Regeleinrichtung eine Rolle. So gaben Einrichtungen, die bisher keine Kinder mit Behinderung aufgenommen haben, in der IVO-Studie als Gründe dafür an, dass keine Kinder mit (drohender) Behinderung betreut werden: fehlende Nachfrage, das Vorhandensein einer anderen integrativen oder heilpädagogischen Kita vor Ort, häufig auch fehlende Ressourcen (finanziell, zeitlich, personell, räumlich) sowie die fehlende Expertise (fehlende heilpädagogische Expertise/Qualifikation im Team). Der Anteil des sonder- oder heilpädagogisch qualifizierten Personals in Kindertageseinrichtungen ist laut IVO-Studie tatsächlich insgesamt sehr gering, wenngleich er in Einrichtungen, die Kinder mit Behinderung betreuen, mit 7 % deutlich höher liegt als in Einrichtungen, die keine Kinder mit Behinderung betreuen (2 %). Dabei sind es in den inklusiv/integrativ arbeitenden Einrichtungen vor allem Fachkräfte, die sich im Rahmen von Weiterbildungen (z. B. als Fachkraft für Inklusion) qualifiziert haben, eher selten grundständig heilpädago-

Unterstützungsangebote und Vernetzungsmöglichkeiten bei der Aufnahme

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gisch qualifizierte Fachkräfte (z. B. Heilpädagog/innen). Rein rechtlich besteht in Bayern gemäß BayKiBiG (Bayerisches Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz) für integrative Kindertageseinrichtungen die Möglichkeit, kindbezogen zusätzliches Personal einzustellen, doch scheitert dies laut offener Antworten in der IVO-Studie häufig an fehlenden Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt, teilweise auch daran, dass Fachkräfte aufgrund der kindbezogenen Zusatzfinanzierung nur jeweils für ein Kita-Jahr eingestellt werden können, was für diese und die Kita eine erhebliche Planungsunsicherheit bedeutet. Professionelle Beschäftigung mit dem Thema Inklusion Auch im Hinblick auf die Beschäftigung mit dem Thema Inklusion (v. a. in Teambesprechungen und Fortbildungen) sind die integrativ arbeitenden Einrichtungen im Vorteil: Während fast alle Teams integrativ arbeitender Einrichtungen (94 %) sich laut Einrichtungsleitung bereits mit dem Thema Inklusion beschäftigt haben (v. a. hinsichtlich Konzeptionsentwicklung und Fortbildungen), trifft dies lediglich auf 60 % der Einrichtungen zu, die keine Kinder mit Behinderung betreuen. Offensichtlich beschäftigen sich viele Einrichtungen erst mit dem Thema, wenn Kinder mit Behinderung in der Einrichtung aufgenommen werden. Der weitreichende Anspruch von Inklusion als Haltung und Offenheit für alle Kinder und die damit verbundene Relevanz auch für Einrichtungen, die zwar keine Kinder mit Behinderung, jedoch durchaus Kinder mit Entwicklungsgefährdung (sog. »Risikokinder«) betreuen, scheint in der Praxis noch nicht flächendeckend bewusst zu sein. Hierin wird das feine Zusammenspiel von Haltung, bisherigen praktischen Erfahrungen mit Kindern mit Behinderung und der Bereitschaft zur fachlichen Weiterentwicklung im Sinne der Inklusion in den Kita-Teams deutlich und zeigt konkrete Ansatzpunkte für gezielte (Fach-) Beratungs- und Weiterbildungsangebote auf. Quantität und Qualität der Vernetzung mit externen Expert/innen Neben der inklusiven Qualität im Kita-Team kommt es auf die Qualität der Vernetzung der Kita mit externen Expert/innen und Institutionen an, die den Kita-Teams die Unterstützung geben, die diese zur Entwicklung einer inklusiven Haltung sowie zur praktischen Umsetzung von Inklusion von der Aufnahme des Kindes bis zur interdisziplinären Unterstützungsplanung brauchen (vgl. Wirts, Wertfein, Wengert & Frank, 2015). Je niederschwelliger diese Unterstützung ist, desto einfacher wird der Weg zur inklusiven Einrichtung.

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Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf

Die in der IVO-Studie befragten Kindertageseinrichtungen kooperieren mit zahlreichen Unterstützungspartnern, am häufigsten mit Grundschulen (85 %), niedergelassenen Therapeut/innen/Heilpädagog/innen (70 %), Fachberatungen (z. B. des Trägers) (70 %), Familien- und Erziehungsberatungsstellen (55 %) sowie interdisziplinären Frühförderstellen (54 %). Dort, wo Kooperationen stattfinden, besteht von Seiten der Kita-Leitungen insgesamt eine hohe Zufriedenheit mit der fachlichen Unterstützung durch die Kooperationspartner/innen. Die Spitzenreiter bei der Zufriedenheit sind die mobilen Heilpädagogischen Fachdienste, die Interdisziplinären Frühförderstellen und die niedergelassenen Therapeut/innen und Heilpädagog/innen. Besonders geschätzt werden feste, vertraute, zuverlässige und gut erreichbare Ansprechpartner/innen, die über zusätzliches, spezifisches Fachwissen verfügen, aber auch die pädagogische Praxis kennen und den pädagogischen Fachkräften auf Augenhöhe begegnen.

Abbildung 2: Zufriedenheit der Kita-Leitungen mit der fachlichen Unterstützung durch Kooperationspartner/innen bei Kitas, die das Angebot bereits nutzen7

Die insgesamt hohe Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit zeigt sich auch auf Seiten der Vernetzungspartner/innen. Aus der IVO-Studie geht hervor, dass die mHFD und die IFF ihrerseits eine hohe Zufriedenheit bezüglich der Zusammenarbeit mit den Kitas zeigen. So berichten die IFF-Leitungen, dass sie die Erwartungen der Kitas mit den Angeboten Komplexleistung Frühförderung, dem offenen Beratungsangebot, dem Heilpädagogischen Fachdienst8 und dem 7 Zufriedenheitsabfrage dichotom ja/nein; Quelle: Wölfl, Wertfein & Wirts (2017, S. 37). 8 Der Großteil der staatlich finanzierten mobilen Heilpädagogischen Fachdienste in Bayern ist angegliedert an die Interdisziplinären Frühförderstellen (vgl. Wirts, Wertfein & Wölfl, 2018, S. 35).

Unterstützungsangebote und Vernetzungsmöglichkeiten bei der Aufnahme

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Integrationsfachdienst größtenteils erfüllen können und dies von fast allen Kitas auch direkt rückgemeldet bekommen. Betrachtet man die Qualität der Zusammenarbeit getrennt nach unterschiedlichen Qualitätsebenen, lassen sich konkrete Gelingensbedingungen und Ressourcen- bzw. Unterstützungsbedarfe ableiten. Wie exemplarisch aus Abbildung 3 ersichtlich wird, zeigen sich die Interdisziplinären Frühförderstellen insbesondere mit der Prozessqualität sehr zufrieden (M = 3,00 bis 3,35), während die Strukturqualität etwas schlechter eingeschätzt wird (M = 1,98 bis 2,72); hier werden vor allem die Zeitressourcen für die Kooperation und Gelegenheiten zur gemeinsamen Reflexion als eher weniger ausreichend beklagt.

Abbildung 3: Struktur- und Prozessqualität der Zusammenarbeit IFF-Kita aus Sicht der IFF9

Im Bereich der Ergebnisqualität zeigen sich die IFF größtenteils zufrieden mit der Zielerreichung und der Erfüllung vereinbarter Aufgaben, etwas geringer ist die Zustimmung zur verbesserten Nutzung vorhandener Ressourcen durch die Zusammenarbeit. Eher selten werden gemeinsame Angebote entwickelt (siehe Abbildung 4).

9 Quelle: Wirts, Wertfein & Wölfl (2018, S. 23).

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Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf

Abbildung 4: Ergebnisqualität der Zusammenarbeit IFF-Kita aus Sicht der IFF

Gute Kooperationen auf dem Weg zur Inklusion – worauf kommt es an? Vernetzung braucht Zeit, regelmäßige Absprachen und feste Ansprechpartner/ innen. Dies wird in den IVO-Ergebnissen deutlich, wenn es um die Frage der Gelingensbedingungen geht. Auf Seiten der Kindertageseinrichtungen kommt den Einrichtungsleitungen in vielfacher Hinsicht eine Schlüsselfunktion auf dem Weg zum inklusiven Bildungsort zu. Sie sind es, die die Reflexion und inklusive Weiterentwicklung der Einrichtung »immer wieder anregen und auch nach außen, etwa gegenüber Eltern und Trägern vertreten« (Heimlich & ­Ueffing, 2018, S. 13). Dennoch geben 59 % der Kita-Leitungen aus der IVO-Stichprobe an, nicht vom Gruppendienst freigestellt zu sein. Bedenkt man, dass die Aufnahme von Kindern mit Behinderung mit zusätzlichem fortlaufendem Arbeitsaufwand (z. B. für die Beantragung finanzieller Ressourcen, Netzwerkarbeit, Teamentwicklung) verbunden ist, ist dieses Ergebnis auf Kita-Seite als mögliche Inklusionsbarriere zu beurteilen. Schließlich sind es zunächst die strukturellen Rahmenbedingungen, die eine inklusive Weiterentwicklung der Einrichtungen begünstigen bzw. behindern können. Die zeitlichen Ressourcen der Vernetzungspartner/innen sind ein weiterer wichtiger Punkt, der zum Gelingen von Inklusion in Kindertageseinrichtungen beitragen kann. Der Anteil der für Netzwerkarbeit genutzten Arbeitszeit beträgt nach eigenen Angaben bei den IFF 23 % und bei den mHFD 27 %; wichtigste Netzwerkpartner sind die Kindertageseinrichtungen sowie weitere Netzwerkpartner/innen, wie Therapeut/innen, Ärzt/innen, Fachdienste und Behörden.

Unterstützungsangebote und Vernetzungsmöglichkeiten bei der Aufnahme

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Hinsichtlich der zeitlichen Ressourcen für Netzwerkarbeit unterscheiden sich die beiden Vernetzungspartner: Während die mHFD größtenteils angeben, ausreichend Zeit für Netzwerkarbeit zur Verfügung zu haben, ist dies bei den IFF meist nicht der Fall, da die Berechnung der Arbeitszeiten vor allem über die kindbezogene Einzelförderung stattfindet. Dementsprechend gaben 64 % der befragten IFF-Leitungen an, dass sie mehr Bedarf für die Netzwerkarbeit sehen als derzeit möglich ist. Vor allem für den Austausch mit anderen Therapeut/ innen sowie regelmäßige »Round Table« mit Eltern, Kita und Schule, die den Transfer therapeutischer Ziele aus der Frühförderung in den Alltag der Kinder unterstützen, sei aus ihrer Sicht ein klar geregeltes, ausreichendes Zeitkontingent wünschenswert. Pädagogische Fachkräfte in allen Kindertageseinrichtungen brauchen einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu externer Expertise und Beratung bei auftretenden Entwicklungs- und Verhaltensauffälligkeiten im Kita-­Alltag, um sich und ihre Einrichtung im weiten inklusiven Sinne fortentwickeln zu können. Aus der IVO-Studie wird deutlich, dass ein solches Beratungsangebot nicht erst mit der Aufnahme eines Kindes mit Behinderung erforderlich ist, sondern als flexibel abrufbares, vorfinanziertes Angebot gewährleistet werden sollte. Entsprechend zeichnet sich der mobile Heilpädagogische Fachdienst (mHFD) aus Sicht der Kita-Einrichtungsleitungen im Vergleich zu anderen externen Unterstützungsangeboten durch seine Niedrigschwelligkeit (unkomplizierte Kontaktaufnahme, geringer bürokratischer Aufwand) und Offenheit (bzgl. Problem, Zielgruppe, Ergebnis) aus. Aus den offenen Antworten zu den Gelingensbedingungen der Zusammenarbeit zwischen Kita und mHFD aus Kitasicht wird deutlich: Vor allem der fachliche und vertrauensvolle Austausch auf Augenhöhe trägt wesentlich zu dieser guten und engen Kooperation bei und macht den mHFD zur »Anlaufstelle« der Kita für die Belange aller »Kinder mit Problemen«. Darüber hinaus zeigt sich im Zusammenhang mit der Aufnahme von Kindern mit Behinderung ein deutlicher Unterstützungsbedarf der Kindertageseinrichtungen im Hinblick auf die Beantragung zusätzlicher finanzieller Leistungen (z. B. für zusätzliches Personal). Auch in diesen Fragen wird das Know-how und die Beratungsleistung der IFF bzw. mHFD von den Kita-Leitungen als sehr hilfreich eingeschätzt. Künftig müsste hier jedoch genauer geprüft werden, inwiefern die zuständigen Institutionen (z. B. auch die Bezirke und Trägervertreter/ innen) noch effektiver zusammenarbeiten könnten, um Kindertageseinrichtungen, aber auch Eltern, bei Bedarf transparent und kompetent vor Ort auch zu finanziellen Fragen beraten zu können.

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Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf

Für das Gelingen der Zusammenarbeit zwischen Interdisziplinären Frühförderstellen, mobilen Heilpädagogischen Fachdiensten und Kindertageseinrichtungen spielt auf Prozessebene vor allem die gegenseitige Wertschätzung aller Beteiligten – auch über die eigenen Fachgrenzen hinaus – eine große Rolle. Ebenfalls als wichtig angesehen wird die Offenheit aller Beteiligten, Routinen zu prüfen, Unbekanntem gegenüber aufgeschlossen zu sein, Veränderungen anzustoßen und Neues auszuprobieren. Damit eine gute Zusammenarbeit ohne Konkurrenzdenken und gegenseitigen Vorbehalten aufgebaut werden kann, sind geklärte Zuständigkeiten und Aufgabenbereiche sowie eindeutige Rollenverteilungen von Bedeutung, was bezüglich der IFF, mHFD und Kitas angesichts der positiven Befragungsergebnisse gut zu gelingen scheint. Auf struktureller Ebene werden von allen Akteur/innen vor allem die zeitlichen Ressourcen für den regelmäßigen fachlichen Austausch, für Reflexion und die Entwicklung gemeinsamer Angebote sowie gemeinsame Gespräche mit den Eltern und anderen Netzwerkpartner/innen als wesentliche Voraussetzung für eine gelingende Zusammenarbeit aufgeführt; hierzu ergibt sich in der Praxis konkreter Verbesserungs- und Weiterentwicklungsbedarf. Inklusiver Qualitätsanspruch an Kindertagesbetreuung und Frühförderung Inklusion ist ein hoher Anspruch, denn wir wissen, dass die Vielfalt der Kinder in Kindertageseinrichtungen nicht automatisch mit gegenseitiger Wertschätzung, sozialer Teilhabe aller Kinder und mit gelingenden Prozessen des Voneinander-Lernens einhergeht (vgl. Sulzer & Wagner, 2011). Aus der IVO-Studie wird deutlich, wie notwendig und hilfreich die Unterstützung durch die Frühförderung hier für die Kita-Teams ist. Dabei steigen die Ansprüche nicht nur an die Kindertagesbetreuung, sondern auch an die Passgenauigkeit der Angebote der Frühförderung. Schließlich zeigt sich die Qualität der Frühförderung »darin, wieweit sie die aktiven Teilhabemöglichkeiten des Kindes erweitert« (Kron, 2016, S. 155). Gemeinsames Ziel der Kooperation zwischen Frühförderung und Kita sollte es daher sein, gemeinsam im regelmäßigen Austausch zu stehen, um konkrete Barrieren der Teilhabe zu reduzieren. Damit kommt nach Kron (2016) zur bisherigen Perspektive der (Früh-)Förderung »von den Defiziten zu den Stärken des Kindes« eine neue – inklusive – Zielsetzung hinzu, die »von der Ausgrenzung zur Teilhabe des Kindes« reicht.

Unterstützungsangebote und Vernetzungsmöglichkeiten bei der Aufnahme

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Warum ist die soziale Teilhabe vor allem auf Kindebene der Schlüssel zur Inklusion?

Hier hilft ein Blick in die Forschung: Aus Beobachtungsstudien in integrativen Kindertageseinrichtungen wird deutlich, dass Kinder mit Behinderung von sich aus weniger Spielkontakte initiieren und seltener von Kindern ohne Behinderung als Spielpartner/innen gewählt werden (z. B. Hestenes & Caroll, 2000; Odom, 2002; vgl. auch Sarimski, 2012). Zwar kann man daraus nicht per se auf eine soziale Ausgrenzung von Kindern mit Behinderung aus der Kindergruppe schließen. Dennoch zeigen diese Tendenzen, wie wichtig es ist – über die diagnostizierten Einschränkungen im motorischen, visuellen oder auditiven Bereich hinaus – auch im Kita-Alltag immer wieder das fachliche Augenmerk auf die alltäglichen Interaktionen zu richten. Offensichtlich sind vor allem Kinder mit sprachlichen und motorischen Beeinträchtigungen sowie Kinder mit Mehrfachbehinderung bei der Initiierung und Gestaltung von Peer-Beziehungen auf die Unterstützung der Erwachsenen angewiesen (Hestenes & Caroll, 2000; Harper & McCluskey, 2002; Dicarlo & Reid, 2004; Kreuzer & Ziebell, 2009; Sarimski, 2016). Da die Forschung auch zeigt, dass Kinder mit Behinderung mehr direkte Kontakte mit Erwachsenen aufnehmen und von diesen mehr Hilfestellung bekommen als dies auf Kinder ohne Behinderung zutrifft (vgl. Sarimski, 2012), betont dies nochmals die wichtige Rolle der Fachkräfte, um vermehrt Peerkontakte zu unterstützen. Welche Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Netzwerkarbeit in und mit Kindertageseinrichtungen zu?

Die enge Kooperation von Kita-Team und Frühförderung kann dazu beitragen, die alltägliche pädagogische Praxis zu reflektieren und sich gemeinsam Fragen rund um die soziale Teilhabe einzelner Kinder zu stellen, z. B.: ȤȤ Was braucht das Kind, um sozial gut integriert zu sein? ȤȤ Wo sind günstige Gelegenheiten für soziale Kontakte unter Kindern? ȤȤ Wie können wir das Kind bei der Kontaktaufnahme unterstützen? Die soziale Teilhabe aller Kinder kann pädagogisch unterstützt werden durch ȤȤ eine wertschätzende Lernatmosphäre im Kita-Alltag (Hestenes & Caroll, 2000), ȤȤ die Gestaltung von einladenden bzw. anregenden Spielumgebungen und -situationen, die allen Kindern vielfältige, flexible Aktivitäten, aber auch Rückzugsmöglichkeiten zur Verfügung stellen (Casey, 2008; Heimlich, 2017), ȤȤ eine feinfühlige Beobachtung und Dokumentation der Begegnungsmöglichkeiten und Interaktionen zwischen den Kindern (Casey, 2008; vgl. auch Jerg, 2010; Heimlich, 2017) und

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Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf

ȤȤ die behutsame Spielbegleitung im Sinne von »Scaffolding« (d. h. als autonomieunterstützende Hilfestellung) und die »Vermittlung« von Spiel- oder Interaktionseinladungen von Kindern, die Unterstützung bei der Kontaktaufnahme brauchen (Casey, 2008; Sarimski, 2012; 2016). Die Frühförderung und der Fachdienst können im Kita-Kontext zudem nicht nur die Kinder selbst in den Blick nehmen, sondern für das pädagogische Team Modell für gelingende Interaktionen sein und die Möglichkeit zur fachlichen Reflexion bieten; z. B. indem sie/er (am besten videounterstützt) aufzeigt, welches Verhalten in der konkreten Situation was bewirkt oder wie der positive Kontakt zwischen Kindern und Erwachsenen zu einer wertschätzenden Lernatmosphäre und letztendlich zu lebendigen Kind-Kind-Interaktionen beitragen kann. In der engen und regelmäßigen Zusammenarbeit zwischen Kita und Frühförderung liegt zudem die Chance, nicht nur eine gemeinsame Sprache und einen gemeinsamen Blick auf das Kind, sondern miteinander auch eine gemeinsame inklusive Haltung weiterzuentwickeln. Was vielleicht mit dem besonderen Unterstützungsbedarf eines Kindes beginnt, kann die Reflexion über die individuellen Unterschiede zwischen allen Kindern anregen und so von einem erweiterten Inklusionsverständnis zu seiner schrittweisen Umsetzung in den täglichen Bildungsprozessen beitragen. Literatur Beckman, P., Barnwell, D., Horn, E., Hanson, M. J., Gutierrez, S. & Lieber, J. (1998). Communities, Families, and Inclusion. Early Childhood Research Quarterly, 13 (1), 125–150. Casey, T. (2008). Die Rolle der Erwachsenen bei der Förderung des integrativen Spiels. In M. ­Kreuzer & B. Ytterhus (Hrsg.), »Dabeisein ist nicht alles« – Inklusion und Zusammenleben im Kindergarten (S. 219–238). München: Reinhardt. Dicarlo, C. & Reid, D. (2004). Increasing pretend toy play of toddlers with disabilities in an inclusive setting. Journal of applied behavior analysis, 37, 197–207. Grönke, M. & Sarimski, K. (2018). Einstellungen von pädagogischen Fachkräften zur inklusiven Betreuung von Kindern mit Behinderungen. Frühe Bildung, 7 (2), 107–113. Harper, L. V. & McCluskey, K. S. (2002). Caregiver and peer responses to children with language and motor disabilities in inclusive preschool programs. Early Childhood Research Quarterly, 17, 148–166. Heimlich, U. (2017). Das Spiel mit Gleichaltrigen in Kindertageseinrichtungen. Teilhabechancen für Kinder mit Behinderung. Expertise für das Projekt Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF). München: Deutsches Jugendinstitut e. V. (DJI). Heimlich, U. & Ueffing, C. M. (2018). Leitfaden für inklusive Kindertageseinrichtungen. Bestandsaufnahme und Entwicklung. Expertise für das Projekt Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF). München: Deutsches Jugendinstitut e. V. (DJI). Hestenes, L. & Carroll, D. (2000). The Play Interactions of Young Children With and Without Disabilities: Individual and Environmental Influences. Early Childhood Research Quarterly, 15 (2), 229–246.

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Odom, S. (2002). Narrowing the question: social integration and characteristics of children with disabilities in inclusion settings. Early Childhood Research Quarterly, 17, 167–170. Jerg, J. (2010). Inklusion von Anfang an. Entgrenzungen als Herausforderung für eine inklusive Gestaltung von Kindertagesstätten. Frühe Kindheit: die ersten sechs Jahre, (2), 29–33. Kreuzer, M. & Ziebell, K. (2009). Konflikthafte Interaktionen unter Kindern in integrativen Gruppen eines Kindergartens – zur Rolle und zur Einbeziehung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen. In U. Heimlich & I. Behr (Hrsg.), Inklusion in der frühen Kindheit. Internationale Perspektiven (S. 87–99). Berlin: LIT. Kron, M. (2016). Außerfamiliär, inklusiv, partizipativ – Frühförderung im Kontext aktueller Entwicklungen in der Kindertagesbetreuung. In B. Gebhard, A. Seidel, A. Sohns & S. Möller-Dreischer (Hrsg.), Frühförderung mittendrin – in Familie und Gesellschaft (S. 153–161). Stuttgart: Kohlhammer. Mayr, T. & Held, L. (2010). RisKid Zwischenbericht. Verfügbar unter: http://www.ifp.bayern.de/ projekte/monitoring/riskid.php Sarimski, K. (2012). Behinderte Kinder in inklusiven Kindertagesstätten. Stuttgart: Kohlhammer. Sarimski, K. (2016). Unterstützungsbedarf zur sozialen Teilhabe von schwer und mehrfach behinderten Kindern in Kindertagesstätten. In B. Gebhard, A. Seidel, A. Sohns & S. Möller-Dreischer (Hrsg.), Frühförderung mittendrin – in Familie und Gesellschaft (S. 198–209). Stuttgart: Kohlhammer. Sulzer, A. & Wagner, P. (2011). Inklusion in Kindertageseinrichtungen – Qualifikationen an die Fachkräfte: Expertise für das Projekt Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF). München: DJI e. V. Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (2015). Bildungsbericht Bayern 2015. Im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst. Wolnzach: Kastner. Wertfein, M. & Wirts, C. (2016). Inklusion als gemeinsame Aufgabe von Kindertageseinrichtung und Frühförderung. In B. Gebhard, A. Seidel, A. Sohns & S. Möller-Dreischer (Hrsg.), Frühförderung mittendrin – in Familie und Gesellschaft (S. 162–170). Stuttgart: Kohlhammer. Wirts, C., Wertfein, M., Wengert, C. & Frank, C. (2015). Lust und Mut zur Inklusion in Kindertageseinrichtungen: Handreichung zur Öffnung von Kindertageseinrichtungen für Kinder mit Behinderung (Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, Hrsg.). Verfügbar unter: https://www.ifp.bayern.de/imperia/md/content/stmas/ifp/lust-undmut-inklusion-kita_barrierefrei.pdf Wirts, C., Wertfein, M. & Wölfl, J. (2018). IVO – Eine Studie zur Umsetzung von Inklusion als gemeinsame Aufgabe von Kindertageseinrichtungen und Frühförderung in Bayern. Vernetzungsbericht. München: Staatsinstitut für Frühpädagogik. Verfügbar unter: http://www.ifp.bayern.de Wölfl, J., Wertfein, M. & Wirts, C. (2017). IVO – Eine Studie zur Umsetzung von Inklusion als gemeinsame Aufgabe von Kindertageseinrichtungen und Frühförderung in Bayern: Kita-Ergebnisbericht. München: Staatsinstitut für Frühpädagogik (Projektbericht 30/ 2017). Verfügbar unter: http://www.ifp.bayern.de/imperia/md/content/stmas/ifp/projektbericht_ivo_nr_30.pdf

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Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf

1.2 Der Pädagogische Fachdienst PFIFF: Wirksame Hilfen für Kinder, Eltern und Erzieher/innen Felicitas Serafin

Historie der Fachdienste zur Beratung des Personals in Kindertageseinrichtungen Begonnen hat alles in den 90er-Jahren. Die Förderung von Kindern durch Mitarbeiter/innen von Frühförderstellen fand durch sich verändernde Bedarfe mehr und mehr in Kindergärten statt. Waren diese schon einmal vor Ort, wurden sie von den dortigen Fachkräften zunehmend um Rat für Kinder gebeten, die bisher keine Unterstützung hatten, aber Fragen zu Entwicklung und Verhalten bei den Pädagog/innen aufwarfen. Die heilpädagogische Expertise wurde von den Erzieher/innen als Bereicherung und Hilfe angesehen. Diesen Wünschen konnte zunächst jedoch nicht wirklich entgegengekommen werden, da die Mitarbeiterin der Frühförderstelle ja den Auftrag hatte, sich um ihr Förderkind zu kümmern, hierfür also kein Zeitkontingent hatte. Aufgrund einer Initiative des Bayerischen Sozialministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (STMAS) und in Zusammenarbeit mit der Arbeitsstelle Frühförderung Bayern wurden diese Bedarfe der pädagogischen Fachkräfte aufgegriffen und ab 1995 Fachdienste zur Beratung des Personals in Kindertageseinrichtungen, auch mobile heilpädagogische Fachdienste (mHFD) genannt, aufgebaut.

Status Quo in den Kitas Die Anforderungen an die pädagogischen Fachkräfte in den Kitas nahmen in den zurückliegenden Jahren deutlich zu. Eine ganze Reihe von Aufgaben wurde von außen an die Einrichtungen herangetragen, ohne dass hierfür ausreichend Hilfe zur Bewältigung etabliert war. Der inklusive Auftrag, Kinder unter drei Jahren, längere Verweildauer von Kindern in den Kitas, eine große Heterogenität der Klientel, kulturelle und sprachliche Vielfalt, dazu Kinder mit Fluchterfahrung, Kinder mit psychosozialen Belastungsfaktoren und die damit verbundenen Veränderungen in der Elternarbeit stellen die Fachkräfte vor große Herausforderungen. Die Kita ist meist die erste Einrichtung, die das Kind außerfamiliär besucht.

Unterstützungsangebote und Vernetzungsmöglichkeiten bei der Aufnahme

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Es kommt zu einem frühen Zeitpunkt, täglich über mehrere Stunden und für einen langen Zeitraum in die Institution. Der/Die Erzieher/in betreut viele Kinder ähnlichen Alters und hat somit einen guten Blick für altersgemäße Entwicklung und eventuelle Abweichungen. Zu den Eltern der Kinder besteht durch tägliche Kontakte meist ein gutes Vertrauensverhältnis. Kitas haben laut BEP die Aufgabe, Risikokindern im Rahmen ihrer Möglichkeiten frühzeitig und effektiv zu helfen (Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Integration, Staatsinstitut für Frühpädagogik, 2012). Der zusätzliche Bedarf nach Diagnostik und Beratung ist jedoch von den Kitas allein oft fachlich nicht abzudecken. Laut IVO-Studie (Wölfl, Wertfein & Wirts, 2017) findet sich wenig heilpädagogisch qualifiziertes Personal in den Einrichtungen. Personelle und fachliche Unterstützung durch Fachdienste von außen wird von den pädagogischen Fachkräften gewünscht – die mobilen Heilpädagogischen Fachdienste setzen genau hier an. Verschiedene Untersuchungen gehen von einem Anteil von Kindern mit erhöhtem Unterstützungsbedarf in den Kitas von 15–20 % aus. Nur ein kleiner Teil davon ist behindert oder von Behinderung bedroht und hat somit Anspruch auf Eingliederungshilfe. Der weitaus größere Anteil der Kinder, sog. Risikokinder, stellt einen erhöhten Hilfebedarf dar, ohne dass bereits externe Unterstützungsangebote greifen. Das pädagogische Personal in den Kitas ist hier meist auf sich allein gestellt.

Die Fachdienste zur Beratung des Personals in Kindertageseinrichtungen Derzeit arbeiten 26 Mitarbeiter/innen mit unterschiedlichem Stundenkontingent an 16 Standorten in Bayern in den Fachdiensten. Sie bekamen im Jahr 2016 1700 neue Anfragen zu einzelfallbezogenen Beratungen aus 750 Kitas im Einzugsbereich (Mirbach & Höck, 2017). Die Berater/innen kommen auf Anfrage der Erzieher/innen und mit Einverständnis der Eltern in die Kita. Sie werden bei Kindern hinzugezogen, bei denen noch unklar ist, ob und in welcher Form Hilfe benötigt wird. Die Heilpädagogischen Fachdienste sind somit ein niederschwelliges Hilfeangebot für Kindertageseinrichtungen im Vorfeld einer festgestellten Entwicklungsbeeinträchtigung oder Behinderung eines Kindes. Am Beispiel des Pädagogischen Fachdienstes PFIFF soll nachfolgend der Auftrag der Heilpädagogischen Fachdienste dargestellt werden.

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Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf

Der Pädagogische Fachdienst für Kindertagesstätten PFIFF der Lebenshilfe Ostallgäu Der Pädagogische Fachdienst PFIFF ist im Landkreis Ostallgäu und der kreisfreien Stadt Kaufbeuren tätig. Hier ist er für insgesamt 110 Kindertagesstätten zuständig. Er verfügt über eine Vollzeitstelle, die von zwei Heilpädagoginnen und einer Psychologin besetzt ist. Jährlich finden ca. 140 Fallberatungen statt. Der Pädagogische Fachdienst PFIFF ist in der Region in hohem Maße anerkannt, gut verortet und wird häufig angefragt. Ein Manko ist das geringe Stundenkontingent des PFIFF und damit verbundene Wartezeiten. Ein bedarfsgerechter und flächendeckender Ausbau der Fachdienste würde die Kitas bei ihrem Auftrag der Früherkennung und Inklusion maßgeblich stärken. Umfassende Diagnostik als Basis Um das Kind in seiner Entwicklung und in seinem Verhalten gut einschätzen zu können, wird es in verschiedenen Kontexten im System Kita beobachtet, sowohl im freien Spiel in der Kindergruppe als auch mittels spieldiagnostischer Materialien in der Einzelsituation. Es besteht auch die Möglichkeit der entwicklungspsychologischen Testung des Kindes. Im gemeinsamen Gespräch mit Eltern und Erzieher/innen werden die Vorgeschichte des Kindes sowie dessen bisherige Lernprozesse in der Kindertageseinrichtung eruiert. Partnerschaftliche Beratung Eltern und Erzieher/innen erhalten vom pädagogischen Fachdienst eine Einschätzung zum Entwicklungsstand des Kindes. Dabei wird auch auf die Fähigkeiten und Stärken des Kindes geschaut, nicht nur auf mögliche Auffälligkeiten. Im Falle eines Unterstützungsbedarfs werden die Ressourcen der Familie gemeinsam betrachtet und Möglichkeiten zur Alltagsförderung des Kindes und zu Beziehungs- bzw. Erziehungsfragen beraten. Mit den pädagogischen Fachkräften werden die Teilhabemöglichkeiten des Kindes bzw. dessen Integration in die Kindertageseinrichtung in den Blick genommen und Anregungen zur individuellen Förderung des Kindes im pädagogischen Alltag gemeinsam erarbeitet. Reicht die Unterstützung im Elternhaus und der Kindertageseinrichtung allein nicht aus, empfiehlt und vermittelt der pädagogische Fachdienst weiterführende Hilfen. Dies können Institutionen zur Förderung und Therapie des Kindes sowie zur Beratung der Eltern sein.

Unterstützungsangebote und Vernetzungsmöglichkeiten bei der Aufnahme

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Um wirksam helfen zu können, ist die vernetzte Zusammenarbeit mit anderen Institutionen wichtig. Auf Wunsch der Eltern findet ein Austausch mit den Kinderärzt/innen sowie weiterführenden Stellen statt. Somit fungiert der PFIFF als Clearingstelle im Rahmen von Früherkennung und Inklusion. Seine Angebote sind niederschwellig, neutral und dienen der Kompetenzerweiterung als auch der Entlastung der pädagogischen Fachkräfte in den Kitas. Die Lebenshilfe Ostallgäu als Träger, das STMAS, der Landkreis Ostallgäu und die Stadt Kaufbeuren tragen die Kosten des PFIFF. Ein Beispiel aus der Praxis Frau W. ruft beim PFIFF an und bittet um eine Fallberatung zu R. Er sei seit September letzten Jahres in der Kita in ihrer Gruppe und 4 ½ Jahre alt. Im Morgenkreis beteilige er sich kaum. Während des Freispiels wechsle er oft die Beschäftigung. Die Eingewöhnung sei langwierig und schwierig gewesen. Nun habe er einen jüngeren Freund. Wenn dieser nicht in der Kita ist, wirke R. sehr verloren. Zu Spielen und Beschäftigungen lasse er sich kaum motivieren. Er zeige sich wenig sprechfreudig und sei schwer verständlich. Frau W. meint, dass es auch schwierig für sie sei, einzuschätzen, auf welchem Entwicklungsstand sich R. eigentlich befinde und wie sie ihn fördern könne. Man habe schon über einen Integrationsplatz nachgedacht, sei sich aber nicht sicher, ob er ein I-Kind sei und wenn, wie man dies den Eltern erklären könne. Die Eltern seien nach mehreren Gesprächen nun endlich einverstanden mit einer Beratung durch den Fachdienst, sähen jedoch keinerlei Auffälligkeiten bei ihrem Kind. Ein Termin wird vereinbart, die Mitarbeiterin des PFIFF kommt in die Kita. Durch Beobachtung des Kindes und Exploration mit den Eltern und Erzieher/ innen wird zunächst, wie oben beschrieben, der Entwicklungsstand des Kindes vor Ort eingeschätzt. Bei R. ergibt sich der Verdacht einer Entwicklungsverzögerung in den Bereichen Kognition, Sprache und im sozial-emotionalen Bereich mit daraus resultierendem Förderbedarf, der anderweitig bisher nicht aufgefallen war. Den Erzieher/innen und Eltern werden die Ergebnisse mitgeteilt und Unterstützungsmöglichkeiten aufgezeigt. Sie werden im Prozess der Entscheidungsfindung weiter begleitet, bis passende Lösungen gefunden und in die Wege geleitet sind. Auch die Fragen zu einem möglichen Integrationsplatz werden erörtert. Was wäre der Gewinn für R.? Was ist alles im Vorfeld zu beachten? Wie kann R. in der Kita unterstützt werden? Wie im Elternhaus? Wer sollte für diese Entscheidung mit ins Boot geholt werden? Was benötigen die Eltern, um Hilfe annehmen zu können? Auf Wunsch und mit Schweigepflichtentbindung der Eltern nimmt

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Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf

die Mitarbeiterin des PFIFF telefonisch und mittels Entwicklungsbericht Kontakt zum behandelnden Kinderarzt und der weiterführenden Stelle auf. Beim Abschlussgespräch äußern Eltern und pädagogisches Personal Dank für die wertschätzende Begleitung und den differenzierten Blick aufs Kind. Literatur Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Integration, Staats­ institut für Frühpädagogik (2012). Der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder in Tageseinrichtungen bis zur Einschulung. Berlin: Cornelsen. Mirbach, B. & Höck, S. (2017). Fachdienste zur Beratung des Personals in Kindertageseinrichtungen. München: Arbeitsstelle Frühförderung Bayern. Homepage der Fachdienste verfügbar unter: www.hfd-bayern.de Staatsinstitut für Frühpädagogik & Arbeitsstelle Frühförderung Bayern (2010). Risikokinder in Kindertageseinrichtungen (RISKID). Verfügbar unter: https://www.fruehfoerderung-bayern. de/fileadmin/files/PDFs/RISKID-Auswertungen/RISKID_Bayern_101015.pdf Wölfl, J., Wertfein, M. & Wirts, C. (2017). IVO – Eine Studie zur Umsetzung von Inklusion als gemeinsame Aufgabe von Kindertageseinrichtungen und Frühförderung in Bayern: Kita-Ergebnisbericht. München: Staatsinstitut für Frühpädagogik (Projektbericht 30/ 2017). Verfügbar unter: http://www.ifp.bayern.de/imperia/md/content/stmas/ifp/projektbericht_ivo_nr_30.pdf

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 Flüchtlingsfamilien – Kitas im Spannungsfeld zwischen Kita- und Familienkultur?!

2.1  Flüchtlingskinder in Kindertageseinrichtungen. Ergebnisse einer Studie in Bayern Sigrid Lorenz, Monika Wertfein & Dagmar Winterhalter-Salvatore In den letzten Jahren sind viele Familien nach Deutschland geflohen, in der Hoffnung auf Schutz und auf ein gutes Aufwachsen ihrer oft noch jungen Kinder. Im Zeitraum Januar bis März 2018 waren 25,4 % der einen Asyl­erstantrag stellenden Personen jünger als sechs Jahre und 7,4 % zwischen sechs und elf Jahren (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 2018); die meisten kamen gemeinsam mit Familienangehörigen. Mit Hilfe des bundesweiten Verteilungssystems EASY (Erstverteilung von Asylbegehrenden) wurden gem. § 45 AsylG die Schutzsuchenden unter Anwendung des Königsteiner Schlüssels auf die einzelnen Bundesländer verteilt; die Quote für Bayern lag in 2017 bei 15,5 %, was 24.242 Personen entsprach (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 2017).

Das Recht auf Bildung in einer Kita Für alle schutzsuchenden Kinder ist Bildung ein entscheidender Schlüssel zur Integration und zugleich ein verbrieftes Recht. So ergibt sich der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege aus § 24 SGB VIII, wenn das Kind das erste Lebensjahr vollendet hat. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend spricht diesen Anspruch jedoch erst zu, wenn die Familie eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 Asyl­verfahrensgesetz (AsylVfG) hat und sie, nach Verlassen der Erstaufnahmeeinrichtung, in der zugewiesenen Kommune in einer Anschlussunterkunft

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Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf

untergebracht ist1. Bisweilen wird auch ein weitergehender Rechtsanspruch vertreten, bei dem die Bleibeperspektive der Kinder keine ausschlaggebende Rolle spielt und den Kindern in der Regel mit Einreise nach Deutschland eine Berechtigung auf Leistungen der Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege nach §§ 22 ff. SGB VIII zugestanden wird (Meysen, Beckmann & González, 2016). Für den zeitlichen Umfang der Betreuung gelten für Asylbewerberkinder dieselben Grundsätze wie für andere Kinder auch, d. h., die tägliche Besuchszeit richtet sich individuell nach dem Bedarf des Kindes nach Bildung, Erziehung und Betreuung in einer Tageseinrichtung und dem Bedarf der Erziehungsberechtigten nach Unterbringung ihres Kindes. Eltern von Asylbewerberkindern haben zudem Anspruch auf wirtschaftliche Jugendhilfe nach § 90 SGB VIII, d. h. die Elternbeiträge für die Kinderbetreuung werden auf Antrag bei fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit durch das Jugendamt übernommen.

Kitas und Flüchtlingskinder in Bayern. Eine Studie Als 2016, in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, am Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP) eine Studie zu Kitas und Flüchtlingskindern in Bayern konzipiert wurde, stellte sich die Situation wie folgt dar: Zum einen zeichnete sich ab, dass viele Kindertageseinrichtungen in Bayern bereits Asylbewerberkinder aus unterschiedlichen Herkunftsländern betreuten; zum anderen wurde deutlich, dass es kaum gesichertes Wissen darüber gab, was die Aufnahme dieser Kinder für Kitas bedeutete, welche Erfahrungen die Fachkräfte machten und welche Unterstützung sie gegebenenfalls benötigten. Ebenso wenig gab es verlässliche Informationen zu den in den Kitas aufgenommenen Flüchtlingskindern. Die wenigen Studien, die zu diesem Zeitpunkt vorlagen (etwa Baisch et al., 2016; Haderlein, 2016), verfolgen einen gesamtdeutschen Ansatz, sie konnten daher die Situation in Bayern unter Berücksichtigung der hier bestehenden Rahmenbedingungen nicht ausreichend abbilden. Zugleich zeigte sich, dass der Bedarf an aussagekräftigen und planungsorientierten Daten bei den pädagogischen Fachkräften, Kitaträgern wie politisch Verantwortlichen groß war. Die Studie charakterisiert deshalb ein quantitativer und zugleich stark explorativer Charakter und wurde in folgender zweistufiger Weise konzipiert: 1

Für genauere Details und Einschränkungen hierzu siehe Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMSFJ), 2017.

Flüchtlingsfamilien – Kitas im Spannungsfeld zwischen Kita- und Familienkultur?!

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ȤȤ Teil I umfasste eine Onlinebefragung, die sich an alle bayerischen Kindertageseinrichtungen richtete. Sie beleuchtete das Thema der Aufnahme von Flüchtlingskindern in bayerischen Kitas aus Sicht der dort tätigen pädagogischen Fachkräfte, insbesondere der Leitung, die um Beantwortung des Fragebogens gebeten wurde. Sie war sowohl für Kitas konzipiert, die bereits Flüchtlingskinder aufgenommen hatten, als auch für solche, die bislang keine Flüchtlingskinder betreuten. Kitas ohne Flüchtlingskinder bildeten dabei nicht nur eine Vergleichsgruppe, sondern lieferten darüber hinaus wertvolle Hinweise etwa auf Gründe einer Nichtaufnahme von Flüchtlingskindern. ȤȤ Teil II bestand aus elf telefonisch durchgeführten Expert/inneninterviews mit Kitaleitungen, Geschäftsführer/innen von Kitas und einem Asylfachdienst eines Kitaträgers. Die Interviews dienten der Vertiefung einzelner Themen der Onlinebefragung. Die Studie konzentrierte sich einerseits auf die Generierung von Basisinformationen und andererseits auf konkrete Fragestellungen. Im Einzelnen wurde auf die Gewinnung folgender Informationen fokussiert: ȤȤ Basiszahlen zu bayerischen Kitas mit Flüchtlingskindern (z. B. Größe der Kitas, Anzahl, Herkunftsland, Verweildauer der Flüchtlingskinder in Kitas), ȤȤ Charakterisierung der aufgenommenen Flüchtlingskinder nach bestimmten Merkmalen (z. B. Alter, psychische und physische Verfassung), ȤȤ Vorbereitung der Kita auf die Aufnahme von Flüchtlingskindern (z. B. erweiterte Betriebserlaubnis, Fortbildungen), ȤȤ grundlegende Haltung (Team, Elternschaft) zur Aufnahme von Flüchtlingskindern, ȤȤ prozessuale Faktoren (wichtige Kontakte, erlebte Herausforderungen, Gelingensfaktoren, Bedarfe). Teil I der Befragung startete im Juli 2016, der Link zum Online-Fragebogen wurde an rund 7.500 bayerische Kitas mit und ohne Flüchtlingskinder versandt, für die Mailadressen recherchiert werden konnten. Die realisierte Stichprobe betrug 2.488 Kitas; damit nahm ca. jede vierte bayerische Kita2 bzw. jede dritte der erreichten Kitas an der Befragung teil. Diese Stichprobe war im Vergleich zu den bayerischen Gesamtdaten hinreichend repräsentativ hinsichtlich der Prüfgrößen »Anteil an Kitas pro Regierungsbezirk« und »Verteilung der Kitas

2 Grundgesamtheit N = 9.341 bayerische Kindertageseinrichtungen; alle Trägerarten und Einrichtungsformen, Stand 2016, Datenquelle: KiBiG.web, Sonderauswertung, 2016.

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Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf

nach Gemeindegrößenklassen«3. Hingegen dürfte der Anteil Kitas mit Flüchtlingskindern (49,5 %) etwas überschätzt sein, da sich erfahrungsgemäß Personen mit einem thematischen Bezug eher dem Aufwand einer Befragung unterziehen (Mika, 2002; Schnell, 1997).

Fünf ausgewählte Ergebnisse der Studie4 Ergebnis 1. Kitas mit und ohne Flüchtlingskinder unterscheiden sich In der vorliegenden Stichprobe gaben 1.232 Kitas (49,5 % der realisierten Stichprobe) an, mindestens ein Flüchtlingskind zu betreuen und/oder in den letzten beiden Kitajahren betreut zu haben; entsprechend waren es 50,5 % Kitas, die bislang noch kein Flüchtlingskind aufgenommen hatten. Mit Blick auf die große Bedeutung des Zugangs von Flüchtlingskindern zu frühkindlicher Bildung stellt sich die Frage, ob sich Kitas mit Flüchtlingskindern entlang bestimmter Merkmale von jenen unterscheiden, die keines dieser Kinder aufgenommen haben. Nach den Ergebnissen der Studie betreuen nicht alle Kitas in Bayern mit der gleichen Wahrscheinlichkeit Flüchtlingskinder. Auf Basis einer multivariaten Analyse zeigt sich, dass es eher größere Kitas sind, die Flüchtlingskinder aufgenommen haben, die altersübergreifend und integrativ arbeiten, in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften liegen und sich in konfessionell gebundener oder öffentlicher Trägerschaft befinden. So betreuen beispielsweise Kitas mit Flüchtlingskindern durchschnittlich 76 Kinder, Kitas ohne Flüchtlingskinder 57 Kinder, somit fast 20 Kinder weniger. Kitas mit fußläufiger Nähe zu Unterkünften betreuen zu 69 % Flüchtlingskinder, Kitas ohne diese Nähe nur zu 25 %. Kitas ohne Flüchtlingskinder (N = 1.256) wurden anhand einer Liste nach den jeweiligen Gründen der Nichtaufnahme gefragt, die sich grob den drei Kategorien »Möglichkeitsstrukturen«, »Rahmenfaktoren der Kita« und »Einstellungen« zuordnen lassen. Das Ergebnis zeigt Tabelle 1:

3 Vergleichsquellen: https://www.statistik.bayern.de/statistik/soziales/ 4 Weitere Ergebnisse siehe IFP-Projektbericht (Lorenz & Wertfein, 2018).

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Flüchtlingsfamilien – Kitas im Spannungsfeld zwischen Kita- und Familienkultur?!

Tabelle 1: Gründe für die Nichtaufnahme von Flüchtlingskindern (Kitas ohne Flüchtlingskinder in Prozent, Mehrfachnennung) Gründe

in Prozent Kitas

Möglichkeitsstrukturen Wir wurden noch nicht um Aufnahme angefragt

76,3

Es gibt keine Flüchtlingskinder im Einzugsbereich der Kita

49,0

Unsere Kita ist schlecht für die Flüchtlingsfamilien zu erreichen

27,1

Wir wurden angefragt, hatten aber keinen freien Platz

20,6

Rahmenfaktoren der Kita Uns fehlen die personellen und/oder zeitlichen Kapazitäten

32,0

Die Aufnahme von Kindern erfolgt nach Satzungskriterien. Flüchtlings­ familien erfüllen sie bislang nicht

14,4

Einstellungen Wir trauen uns die Aufnahme nicht zu

7,0

Unsere Arbeitsweise passt nicht zu den Bedürfnissen der Flüchtlingskinder

6,7

Unsere Elternschaft lehnt die Aufnahme von Flüchtlingskindern ab

2,8

Die Nennungen lassen den Schluss zu, dass die Kitas mehrheitlich solche Gründe für die Nichtaufnahme von Flüchtlingskindern nennen, die sich ihrer unmittelbaren Einflussnahme entziehen: So sprechen gut 76 % der Kitas davon, noch nicht um Aufnahme gebeten worden zu sein und 49 % geben an, es würden keine Flüchtlingsfamilien in der Nähe wohnen. Jede fünfte Kita musste jedoch die Aufnahme der Kinder – trotz Nachfrage – aus Platzgründen ablehnen. Auch Rahmenfaktoren, wie z. B. personelle oder zeitliche Kapazitäten (zu 32 %) und die Aufnahme der Kinder erschwerende Satzungskriterien (etwa die Priorisierung berufstätiger Eltern; diese wurde von jedem vierten Hort genannt), wurden für die Nichtaufnahme angeführt. Hier sollte aber bedacht werden, dass Aufnahmekriterien letztlich veränderbar sind und der angeführte Mangel an Kapazitäten erst einmal nur den Erwartungen der Kitas entspricht (mithin eher den Charakter einer Einstellung zeigt), da er ja nicht erfahrungsbasiert ist. Am seltensten (zwischen 7 % und 2,8 %) nennen die Kitas für die Nichtaufnahme Gründe, die sich unter »Einstellungen« subsummieren lassen und die in erster Linie auf eine Haltung des Kita-Teams verweisen. Diese Haltung ist jedoch keinesfalls automatisch mit einer generell ablehnenden Haltung gegenüber Flüchtlingsfamilien gleichzusetzen; auch Unsicherheiten, Ängste oder eine geringe Veränderungskompetenz im Team können eine Form von Haltung bzw. Einstellung sein, die zu einer Nichtaufnahme von Flüchtlingskindern führt.

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Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf

Ergebnis 2. Nicht alle Kitas erlebten sich auf die Aufnahme der Kinder ausreichend vorbereitet Im Allgemeinen erfordert die Aufnahme von Kindern in der Kita keine spezielle Vorbereitung seitens der pädagogischen Fachkräfte, da sie aufgrund ihrer Ausbildung und Berufserfahrung über die erforderlichen Kompetenzen verfügen; auf diese können sie auch bei der Aufnahme von Flüchtlingskindern verlässlich zurückgreifen. Dennoch erwarteten manche Kitas mit Blick etwa auf belastende Fluchterfahrungen der Familien oder deren geringe Deutschkenntnisse besondere Herausforderungen, denen sie befürchten, nicht ausreichend gerecht werden zu können. In der Befragung wurden daher die Kitaleitungen sowohl nach der Art der Vorbereitung auf die Aufnahme der Kinder wie auch danach, ob diese Vorbereitung rückblickend ausreichend gewesen war, gefragt. Im Ergebnis (4-stufige Skala) gab knapp jede vierte Kita (23 %) an, sie sei viel zu wenig auf die Aufnahme der Flüchtlingskinder vorbereitet gewesen, 34 % sprachen von zu wenig Vorbereitung, 37 % fühlten sich eher gut vorbereitet und nur 6 % empfanden ihre Vorbereitung als optimal. Insgesamt sieht sich damit rückblickend mehr als die Hälfte der Kitas nicht ausreichend auf die dann tatsächlich erlebten Situationen vorbereitet. Das Ausmaß, in dem sich die Kitas als vorbereitet erlebten, hing dabei signifikant davon ab, ob sich die Kita auf die Aufnahme der Kinder speziell vorbereitet hatte und, falls »ja«, in welcher Form. So zeigte sich eine höchst signifikante (p