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German Pages 1072 [1097] Year 2014
VORWORT „Es besteht die Gefahr, daß die Universitäten das Vertrauen der Gesellschaft und die daraus abgeleiteten Privilegien mißbrauchen. Diese Gefahr wächst, je größer und unübersichtlicher ein Hochschulsystem wird, je weniger es sich über informelle Übereinkünfte steuern läßt. Im Zuge der Hochschulexpansion und der zunehmenden fachlichen Differenzierung haben die Zentrifugalkräfte zugenommen und zu einer Erosion gemeinsamer Überzeugungen beigetragen. Zwar erscheint es nicht gerechtfertigt, die Existenz eines ,akademischen Ethos‘ schlichtweg zu leugnen und ausschließlich die Eigeninteressen der Hochschulangehörigen hervorzuheben. Ebenso abwegig wäre es freilich, die Angehörigen der akademischen Gemeinschaft als selbstlose Idealisten zu betrachten, die nichts anderem als der Wissenschaft verpflichtet sind.“ Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (Wien): Hochschulbericht 1993, 134.
Mit diesem vierten Band wird ein Werk abgeschlossen, das vor rund zwanzig Jahren begonnen worden ist: die kritische Darstellung der Geschichte des Faches Pädagogik an den österreichischen Universitäten von ihren Anfängen bis zur Gegenwart1. Sie stammt nicht von einem Historiker, sondern von einem Pädagogiker, der das Fach seit 1946 Die ersten Anstöße dazu kamen aus Graz und Wien. 1994 hat das Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Graz zum 90-Jahr-Jubiläum der Ernennung von Eduard Martinak zum ersten Professor für Pädagogik eine Ausstellung „90 Jahre ,Pädagogik‘ an der Universität Graz“ eingerichtet. Aus diesem Anlass hat mich Prof. Helmut Seel für den 23. März 1994 zu einem Gastvortrag über „Die Geschichte des Faches Pädagogik an den österreichischen Universitäten von 1805 bis 1970“ eingeladen (Brezinka 1995). Am 17. Juni 1994 folgte ein Vortrag in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften über „Aufstieg und Krise der wissenschaftlichen Pädagogik“, zu dem Präsident Prof. Dr. Werner Welzig eingeladen hatte (Brezinka 1994). Ihm verdanke ich auch die Ermutigung zu diesem Werk und die Zusage, es im Verlag der Akademie zu veröffentlichen.
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Wolfgang Brezinka · Pädagogik in Österreich BAND 4
ÖSTERREICHISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE KLASSE
Wolfgang Brezinka
Pädagogik in Österreich Die Geschichte des Faches an den Universitäten vom 18. bis zum 21. Jahrhundert
BAND 4 Pädagogik an der Wirtschaftsuniversität Wien und der Universität Klagenfurt Abschließender Überblick und Bilanz
Vorgelegt von w. M. Wolfgang Brezinka in der Sitzung am 12. Dezember 2013 Gedruckt mit Unterstützung der Abteilung Wissenschaft und Forschung des Landes Niederösterreich, der Abteilung Wissenschaft und Weiterbildung des Landes Vorarlberg und der Kulturabteilung der Stadt Wien
Umschlag: Idee Wolfgang Brezinka Grafik Elke Salzer, 1220 Wien
Die verwendete Papiersorte ist aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff hergestellt, frei von säurebildenden Bestandteilen und alterungsbeständig.
Alle Rechte vorbehalten. ISBN 978-3-7001-7587-2 Copyright © 2014 by Wolfgang Brezinka A-6165 Telfes im Stubai, Tirol Satz: Werbeagentur Crossdesign GmbH, A-8042 Graz Druck und Bindung: Prime Rate kft., Budapest http://hw.oeaw.ac.at/7587-2 http://verlag.oeaw.ac.at
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Vorwort
in Österreich und Deutschland kennengelernt und zu seiner Entfaltung beigetragen hat. Ich bin schon als Student unzufrieden mit seinem Erkenntnisstand gewesen. Gemessen an den methodologischen Normen erkenntniskritischer Philosophie schien es mir rückständig zu sein. Gemessen am Wissensbedarf der Erziehungspraktiker schien es mir allzu viel Unbrauchbares und Überflüssiges zu enthalten. Deshalb habe ich mir schon früh vorgenommen, Pädagogik nicht bloß zu überliefern, sondern an ihrer Verbesserung mitzuarbeiten: durch öffentliche Kritik ihrer Mängel und klare, wirklichkeitsnahe Beiträge zu ihren Grund lagen. Das geschah einige Jahrzehnte lang in Schriften zur Allgemeinen oder Systematischen Pädagogik der Gegenwart. In diesen Jahren zwischen 1965 und 1990 ist an den Universitäten ein unerwartet schneller und breiter Aufstieg der Pädagogik von einem kümmerlichen Nebenfach für Lehramtsanwärter zu einem massenhaft studierten Hauptfach erfolgt. Er ist als Übergang von der vorwiegend philosophisch gelehrten „Pädagogik“ zur „Erziehungswissenschaft“ als Erfahrungs- oder Realwissenschaft angekündigt worden. Statt der erhofften Erkenntnisfortschritte hat jedoch mit der Menge der „Erziehungswissenschaftler“ die erziehungstheoretische Verwirrung zugenommen. Es herrscht noch immer Richtungsstreit über die Aufgaben des Faches, seinen Wissenschaftscharakter, seine Kernfragen und seine zentralen Inhalte. Die notwendig gewesene Spezialisierung hat zur Überspezialisierung auf Randthemen in Pseudo-Disziplinen geführt. „Der rasche Wechsel pädagogischer Moden spiegelt einen Erkenntnisfortschritt vor, wo in Wirklichkeit nur das Etikett gewechselt wird“2. Das wissenschaftliche Ansehen der Pädagogik ist trotz Vervielfachung ihrer universitären Dienstposten und ihrer Absolventen gering geblieben. Ihr Nutzen für die Erziehungspraxis wird bezweifelt.3 In dieser Situation lag die Frage nahe: Wie ist es dazu gekommen? Woran liegt es, daß die Geschichte des Faches Pädagogik bisher trotz einer Unmenge von Publikationen so viel Leerlauf und so wenig Erkenntnisfortschritte aufweist? Aus eigener Erfahrung kannte ich nur die letzten 50 Jahre dieser Geschichte in örtlich und inhaltlich begrenzten Ausschnitten. Deshalb habe ich Anfang der Neunzigerjahre begonnen,
Bittner 1982, 433. Vgl. u.a. Herrmann/Oelkers/Schriewer/Tenorth 1983; Brezinka 2003, 126–185; Merkens 2004.
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Vorwort
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diese subjektiven Eindrücke zu klären und durch gründliche wissenschaftsgeschichtliche Quellenstudien systematisch zu ergänzen. Dabei bin ich bis zu den Anfängen der Pädagogik als Universitätsfach im Zeitalter der Aufklärung zurückgegangen. Regional habe ich mich auf den Vielvölkerstaat der Habsburger-Monarchie (bis 1918) und die daraus hervorgegangene Republik Österreich konzentriert. Dafür gab es private und fachliche Gründe. Privat war der Wunsch, meiner Wahlheimat mit einem Werk über dieses noch weitgehend unerforschte Gebiet der Wissenschaftsgeschichte meinen Dank auszudrücken für Beheimatung und vielfache Förderung. Fachlich sprachen für Österreich mehrere Gründe. Österreich hat als erster Staat der Welt an seinen Universitäten schon ab 1805 Lehrkanzeln für Pädagogik eingerichtet. Zweitens ist seine Universitätsgeschichte dank einer zentralistischen Verwaltung übersichtlich und in Archiven reichhaltig dokumentiert. Drittens war und ist die Menge der für Pädagogik zuständigen Professoren und Dozenten nicht zu groß, um detaillierte Studien über jeden einzelnen Fall auszuschließen. Viertens war der ideelle und personelle Austausch zwischen Österreich und Deutschland immer so rege, dass eine Fachgeschichte der österreichischen Pädagogik auch für Deutschland als einigermaßen repräsentativ gelten kann.4 Diese Studien haben sich zu einer Art „Vollerhebung“ ausgewachsen. Bezweckt war eine stichhaltige Aufklärung und Bewertung der Fachgeschichte als möglicher Ausgangspunkt für Fortschritte bei der Gewinnung und Nutzung pädagogischer Erkenntnisse. Dieses mühselige Unternehmen ist auch von kompetenten Fachkollegen als notwendig begrüßt worden. „Empirisch, nüchtern, kritisch, polemisch ohne unsachlich zu werden, hält (das Werk) der Disziplin einen Spiegel vor. …. Eine Grundsatzdiskussion zur Zukunft des Faches bedarf solcher ,Spiegel‘“. „Bislang ist die Malaise im Fach Erziehungswissenschaft in keinem Buch besser beschrieben worden, und dies endlich auf ,empirischer‘ Basis“.5
Brezinka 2004, 261. Manfred Heinemann in einem Besprechungsaufsatz: Pedagogica Historica. International Journal of the History of Education, 37 (2001), 764–775. In der Rezension des zweiten Bandes heißt es: „Brezinkas Werk dürfte nach wie vor das wohl eindrucksvollste wissenschaftsgeschichtliche Lehrstück einer wissenschaftlichen Disziplin darstellen“: Paedagogica Historica, 43 (2007), 839–852.
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Mit „Malaise“ ist die unbefriedigende Situation des Faches gemeint. Zu ihr haben viele Faktoren beigetragen – angefangen von seinem komplizierten Gegenstand über unerfüllbare Ansprüche seiner Förderer bis zu Fehlern bei der Auswahl, Ausbildung, Selbst- und Fremdkontrolle seines Personals. Hier stand die Institutionengeschichte der Lehrstühle und Institute für Pädagogik im Vordergrund einschließlich der Geschichte des Lehrpersonals, seiner Herkunft, seiner Ausbildung und seiner Leistungen in Lehre und Forschung. Fachliche Fortschritte, Stillstand oder Rückschritte wurden in erster Linie nach diesen persönlichen Leistungen bewertet und nicht nach der Ausstattung der Institution mit Dienstposten und Sachmitteln. Unter diesen Leistungen kam es vor allem auf die Qualität der Lehrinhalte an. Zu ihrer Prüfung waren die Schriften der Pädagogiker heranzuziehen, angefangen von ihren Dissertationen und Habilitationsschriften bis zu ihren Büchern, Artikeln, Stellungnahmen und Gutachten. Die Auswahl, Darstellung und Bewertung dieses Materials ist nicht anders möglich als „im Licht systematischer Voraussetzungen des Darstellenden“. Das Material muss in einer bestimmten Weise geordnet und es müssen „Zusammenhänge konstruiert werden, die nicht den überlieferten Inhalten abgelesen werden können“. Jede Rekonstruktion hebt gewisse Aspekte der vorliegenden Texte „auf Kosten anderer hervor und führt daher zu Resultaten, die in einer durch die systematischen Voraussetzungen des Interpreten bedingten Weise einseitig sein können. Sie beansprucht aber für ihre Ergebnisse immer eine Grundlage in der Sache selbst, da sie andernfalls nicht Rekonstruktion, sondern willkürliche Konstruktion wäre“6. Meine „systematischen Voraussetzungen“ habe ich im Vorwort zum ersten Band mit den Qualitätsmaßstäben genannt, die meiner Kritik an Erziehungstheorien zugrunde liegen7. Ich ergänze sie nachträglich
6 Röd 2009, 21 über die Methode der Rekonstruktion in der „kritischen Philosophiehistorie“, die „immer nur Deutungsvorschläge machen kann, von denen einzuräumen“ ist, „daß sie eines Tages durch bessere ersetzt werden können. Allerdings bedeutet Verzicht auf Dogmatisierungsversuche und Absolutheitsansprüche in Bezug auf Deutungen nicht Verzicht auf eigene Überzeugungen und erst recht nicht Verzicht auf die Auseinandersetzung mit abweichenden Auffassungen, die natürlich auch nur als hypothetisch gelten können“ (S. 7f.). Zu dieser „antidogmatischen“ Erfahrungstheorie vgl. Röd 1991. 7 Band 1, Xf.
Vorwort
IX
durch „das unabdingbare Postulat historischer Angemessenheit“ von Rekonstruktionen, dessen Berücksichtigung man sich freilich „nur asymptotisch annähern kann“8. Als Ergebnis dieser Studien liegt nun das detaillierte Bild eines Universitätsfaches vor, das zunächst nur der erziehungskundlichen Vorbildung für Lehr- und Erziehungsberufe dienen sollte, aber zunehmend auch der erziehungswissenschaftlichen Forschung. Dieses Bild hat Licht- und Schattenseiten. In einer Rezension ist das Ergebnis treffend so zusammengefasst worden: „Brezinka beschönigt nichts. Er beschreibt die großen Leistungen der österreichischen Universitätspädagogiker in Forschung und Lehre mit der gleichen Nüchternheit und Weitsicht wie ihre Unzulänglichkeiten und Versäumnisse. Dabei ergibt sich ein eigenartiges Bild. Das auch im Vergleich mit den Nachbarländern höchste Niveau hatte die österreichische Pädagogik zu einer Zeit, als sie ein ihrer Größe nach unbedeutendes und in den Philosophischen Fakultäten wenig angesehenes Ergänzungsfach für die Lehrerausbildung war. … Ganz anders stellt sich die Lage dar, seit das Fach in den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts personell auf ein Mehrfaches der früheren Größe ausgeweitet wurde und sich inhaltlich differenziert hat. Die traditionellen Kerngebiete – die Allgemeine und die Historische Pädagogik und die Philosophie der Erziehung – sind in den Pädagogischen Instituten in der Lehre wie in der Forschung mehr und mehr in den Hintergrund getreten. Sie sind einerseits von Spezialstudien auf inhaltlich eng umgrenzten und teilweise recht abgelegenen Feldern der pädagogischen Forschung und andererseits von Aktivitäten auf Gebieten abgelöst worden, die mit der Pädagogik wenig oder überhaupt nichts zu tun haben. Die Leistungsanforderungen an die Studenten sind gering: das Studium gilt als einfach und intellektuell anspruchslos. Brezinkas Analysen zeigen eindrücklich, dass die übereilte Expansion des Fachs bei gleichzeitigem Mangel an qualifiziertem Nachwuchs die Qualitätsstandards hat sinken und das pseudo-wissenschaftliche Gerede ins Kraut schießen lassen. Die große Tradition der österreichischen Pädagogik ist weitgehend tot und vergessen. An ihre Stelle sind – von wenigen Ausnahmen abgesehen – das Mittelmaß und die Provinzialität getreten. Dieses Ergebnis – so bedrückend es ist – kommt nicht
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Röd 2009, 23.
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Vorwort
unerwartet. Es gilt wahrscheinlich auch nicht nur für Österreich, sondern für das gesamte deutsche Sprachgebiet. Dank Brezinkas monumentalem Werk können wir ermessen, wie schwer die Krise tatsächlich ist. Deshalb ist es nicht nur eine Pflichtlektüre für Historiker. Jeder, der ein Bild von der aktuellen Lage der Pädagogik gewinnen möchte, sollte es lesen.“9 * * * Zum Inhalt dieses letzten Bandes sei noch erwähnt, dass die im zweiten Band versprochene Nachlieferung der Behandlung der Spe zialdisziplinen Katechetik/Religionspädagogik, Sportpädagogik und Wirtschaftspädagogik an den Universitäten Graz und Innsbruck10 unter dem Druck der Zeit und meines hohen Alters leider unterbleiben musste. Wiederum haben mich auf der Suche nach den Quellen Archivare und Kollegen tatkräftig unterstützt. Besonderer Dank verdient Herr Hofrat Honorarprofessor Dr. Dr. h.c. Helmut Engelbrecht (Krems) für freundschaftliche Begleitung, Rat und Hilfen bei der Entstehung dieses Werkes vom ersten bis zum letzten Band. Zu danken habe ich erneut Frau Mag. Hana Keller vom Archiv der Republik im Österreichischen Staatsarchiv. In der Wirtschaftsuniversität Wien haben im Archiv Herr Dr. Ingo Andruchowitz und durch sonstige Informationen Prof. Dr. Horst Pfeiffle und Prof. Dr. Wilfried Schneider geholfen. An der Universität Klagenfurt verdanke ich der Leiterin des Universitätsarchivs Frau MMag. Elisabeth Hasenbichler besonders häufige, umsichtige und freundliche Unterstützung. Sehr hilfreich waren ausführliche Informationsgespräche mit meinem ehemaligen Schüler Altrektor Prof. Dr. Josef Klingler († 2010). Er hat auch durch schrift liche Ausarbeitungen für mich wesentlich dazu beigetragen, ein realistisches Bild der lokalen Verhältnisse zu gewinnen. Für wertvolles Material und mündliche Informationen danke ich auch den Kollegen Prof. Dr. Erik Adam, Prof. Dr. Gerald Knapp, Prof. Dr. Erich Leitner und Prof. Dr. Peter Posch. Mein größter Dank gilt meinen Tiroler Mitarbeiterinnen, die mich seit 1996 unübertrefflich gut, geduldig und freundlich unterstützt ha-
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Bildung und Erziehung, 57 (2004), 490f. Vgl. Band 2, VI, Band 3, V.
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Vorwort
ben: Frau Brigitte Haffner (Innsbruck) bei der Beschaffung und Ordnung des Materials und Frau Margit Permoser (Telfes) beim Schriftverkehr und der Herstellung der Druckvorlage aus meinen handschriftlichen Texten. Dieses umfangreiche und zeitraubende Werk hätte aber kaum entstehen können ohne die ermutigende Anteilnahme meiner Frau Erika und den steten geistigen Austausch mit ihr. Sie hat mich seit sechzig Jahren bei der Arbeit an allen meinen Schriften verständnisvoll begleitet. Dafür sei ihr in Liebe und Dankbarkeit dieses Alterswerk gewidmet. A-6165 Telfes im Stubai (Tirol), am 1. September 2013 Wolfgang Brezinka
INHALTSVERZEICHNIS VIII. Pädagogik an der Hochschule für Welthandel/ seit 1975: Wirtschaftsuniversität Wien . . . . . . . . . . . . 1. Die Akademisierung der kaufmännischen Ausbildung und das Lehramt der Handelsfächer: 1870–1938 . . . . . . . 2. Lehraufträge, Institut und erster Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik nach deutschen Richtlinien: 1938–1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stillstand und langsamer Fortschritt in der Zweiten Republik: 1945–1951 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs: Walter Ledwinka als Lehrbeauftragter für Pädagogik 1946–1969 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die erste österreichische Teil-Lehrkanzel für Wirtschaftspädagogik unter Hans Krasensky: 1951–1971 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Lehrkanzel für Allgemeine Pädagogik unter Walter Schöler: 1968–1970 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die erste ungeteilte Lehrkanzel für Wirtschaftspädagogik unter Wilfried Schneider: 1971–2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Lehrkanzel und Institut für Allgemeine Pädagogik unter Alois Eder: 1972–1989 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs: Philosophie als Wahlfach und Abteilung im Institut für Allgemeine Pädagogik . . . . . . . . . . . . . . . 8. Das Institut für Allgemeine Pädagogik unter Horst Pfeiffle: 1990–2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Das Institut für Wirtschaftspädagogik unter Josef Karl Aff seit 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Habilitationen: Hans Krasensky (1950) – Wilfried Schneider (1970) – Johann Wurzwallner (1973) – Peter Posch (1975) – Richard Fortmüller (1997) – Bettina Fuhrmann (2003) – Erna Nairz-Wirth (2007) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Vergleichende Übersicht der 7 Habilitationen 1950–2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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53
57
68
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118 125 130 141
154 180
XIV 12.
13.
Inhaltsverzeichnis
Monika Petermandl als Dozentin für Wirtschaftspädagogik nach Habilitation in Linz (1991): 1992–2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Neuerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
IX.
Pädagogik an der Hochschule (ab 1975: Universität) für Bildungswissenschaften Klagenfurt/ seit 1993: Universität Klagenfurt . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
1.
Vorläufer: „Erziehungskunde“ am kaiserlichköniglichen Lyzeum: 1814–1848 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bemühungen um eine Hochschule für Kärnten . . . . . . . . Die „Hochschule für Bildungswissenschaften“ als Angebot des Bundesministers für Unterricht und ihre Vorbereitung: 1968–1970 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gründungsgesetz und Aufbaustufe: 1970–1973 . . . . . . . . Walter Schöler als Gründungsrektor (1970–1974) und Professor für Unterrichtswissenschaft I: 1970–1986 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Edmund van Trotsenburg als Professor für Unterrichtswissenschaft II (Hochschuldidaktik): 1971–1994 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Adolf Melezinek als Professor für Unterrichtstechnologie: 1971–2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Heintel als Professor für Didaktik der Philosophie unter besonderer Berücksichtigung der Lehrplanforschung/ab 1974 für Philosophie und Gruppendynamik mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik der Philosophie: 1971–2009 . . . . . . . . . . . . . Hans Rauschenberger als Professor für Lehrplanforschung: 1973–1975 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Ausbaustufe: 1973–1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bemühungen zur Besetzung der Lehrkanzel für Allgemeine Erziehungswissenschaft ab 1973 . . . . . . . . . . Erste Habilitationen: Helmut Seel (1972) – Norbert Schausberger (1972) – Josef Klingler (1973) – Ilsedore Wieser (1977) – Ignatia Irene Wagner (1978) – Dietmar Larcher (1979) . . . . . . . . . . . Josef Klingler als Professor für Schulpädagogik: 1974–2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. 3.
4. 5.
6.
7. 8.
9. 10. 11. 12.
13.
204 210
216 237
258
276 309
326 350 361 376
397 426
Inhaltsverzeichnis
14.
Peter Posch als Professor für Lehrplanforschung: 1975–2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Bemühungen um die Besetzung der die Pädagogik ergänzenden Fächer Bildungsökonomie, Soziologie und Psychologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Die Lehrkanzel für „Bildungsökonomie“ mit Hans-Joachim Bodenhöfer: 1975–2009 . . . . . . . . . . . . b. Die Lehrkanzel für „Bildungssoziologie“ mit Paul Kellermann: 1973–2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Die Lehrkanzel für „Pädagogische Psychologie mit besonderer Berücksichtigung der Lern- und Motivationspsychologie“ mit Franz Völkl: 1974–2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Die Lehrkanzel für „Psychologie mit besonderer Berücksichtigung der Entwicklungspsychologie“ mit Erich Löschenkohl: 1977–2006 . . . . . . . . . . . . . . . 16. Klaus Boeckmann als Professor für Mediendidaktik: 1980–1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17. Krisen und Umbau der Universität/Reduzierung der „Bildungswissenschaften“: 1980–2000 . . . . . . . . . . . . . . . 18. Lehrkanzeln, Institute, Abteilungen, „interdisziplinäre“ Paralleleinrichtungen (IFF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19. Peter Gstettner als Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft: 1981–2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . 20. Günther Hans Hartmann als Außerordentlicher Professor für Pädagogik unter besonderer Berücksichtigung der Sonder- und Heilpädagogik: 1983–1988 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21. Jutta Menschik-Bendele als Professorin für Lebensund Erziehungsberatung: 1984–1992 (danach im Institut für Psychologie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22. Dietmar Larcher als Professor für Didaktik der Lehrerfortbildung mit besonderer Berücksichtigung der Fernstudienentwicklung: 1984–2000 . . . . . . . . . . . . . 23. Arno Bammé als Professor für Didaktik der Weiterbildung mit besonderer Berücksichtigung der Fernstudienentwicklung: 1985–2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . 24. Hans Hovorka als Außerordentlicher Professor für Sonder- und Heilpädagogik: 1993–2002 . . . . . . . . . . .
XV 438
452 455 469
477
485 495 506 530 556
568
579
597
611 625
XVI 25.
26. 27. 28. 29. 30. 31.
32.
33.
Inhaltsverzeichnis
Habilitationen seit 1980: Günther Hans Hartmann (1982) – Albert Haug (1982) – Siegfried Hermann (1982) – Gerhard Pongratz (1983) – Erich Leitner (1984) – Elmar Lechner (1985) – Erik Adam (1987) – Herbert Altrichter (1988) – Gerald Knapp (1989) – Gertraud Diem-Wille (1989) – Jürgen Maasz (1991) – Peter Baumgartner (1992) – Klaus Götz (1995) – Gerald Grimm (1995) – Konrad Krainer (1995) – Ada Pellert (1998) – Johann Dvorak (1999) – Renate Buchmayr (1999) – Siegfried Baur (2000) – Maria Nicolini (2000) – Christine Wächter (2001) – Gert Kadunz (2002) – Wilhelm Filla (2003) – Franz Rauch (2002) – Gertraud Havranek (2002) – Werner Wintersteiner (2003) – Georg Gombos (2004) – Johannes Krall (2004) – Vladimir Wakounig (2006) – Monika Kastner (2010) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleichende Übersicht der 36 Habilitationen 1972 bis 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neuerungen seit 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Gruber als Professorin für Erwachsenen- und Berufsbildung seit 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Popp als Professorin für Schulpädagogik seit 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Sting als Professor für Sozial- und Integrationspädagogik seit 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Wenning als Professor für Allgemeine Pädagogik unter Berücksichtigung der Interkulturellen Bildung: 2006–2007 . . . . . . . . . . . . . . . . Erol Yildiz als Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft und Interkulturelle Bildung: 2008–2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erziehungswissenschaftliche Professuren abseits des „Instituts für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“: das „Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung“ (IUS) in der „Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“ (FFF) und die „School of Education“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Konrad Krainer im IUS als Professor für Weiterbildung unter besonderer Berücksichtigung von Schulentwicklung seit 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . .
635 755 758 768 772 775
781
786
792
793
Inhaltsverzeichnis
b.
c.
XVII
Johannes Mayr im IUS als Professor für Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung im Bildungsbereich: 2006–2014 . . . . . . . . . . . . . . . . 796 Florian Müller im IUS als Außerordentlicher Professor für empirische Bildungsforschung seit 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 800
X. Abschliessender Überblick und Bilanz Zwei Jahrhunderte Pädagogik an Österreichs Universitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 803 1. Institutionalisierung von Lehrkanzeln in drei Schüben . . a. Praktische „Erziehungskunde“: 1805–1848 . . . . . . . b. Vorwiegend philosophische „Pädagogik“: 1865–1964 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. „Erziehungswissenschaft“ seit 1965 . . . . . . . . . . . . . 2. Lehrinhalte und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. in der Periode der „Erziehungskunde“ . . . . . . . . . . . b. in der Periode der vorwiegend philosophischen „Pädagogik“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b 1. Pädagogische Lehrveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . b 2. Forschung: Dissertationen; Publikationen der Professoren und Dozenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. in der Periode der „Erziehungswissenschaft“ . . . . . c 1. Lehrveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c 2. Forschung und Publikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vergleichender Blick ins deutschsprachige Ausland . . . . . a. Pädagogik an Deutschlands Universitäten . . . . . . . a 1. Wegbereiter in Jena (Stoy, Rein) und Leipzig (Ziller, Strümpell) seit 1843 . . . . . . . . . . . . . . . . . . a 2. Preußen, Bayern, Württemberg und Hamburg von 1878 bis 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a 3. Aufstieg der „Erziehungswissenschaft“ in der Bundesrepublik Deutschland seit 1965, Rückschläge und Defizite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Pädagogik an Schweizer Universitäten . . . . . . . . . . b 1. Basel, Bern, Zürich, Freiburg, Genf bis etwa 1950 . . b 2. Verselbständigung des Faches ab 1950 und Ausbau bis zur Gegenwart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
806 808
814 823 830 830
831 833
834 847 848 855 870 871
874 877
887 894 895 917
XVIII
Inhaltsverzeichnis
4. Rückblick und Ausblick Pädagogik als vorwissenschaftliche praktische Disziplin – „Verwissenschaftlichung“ als unklares Programm – Grenzenloses Sammelsurium als Ergebnis – Entfremdung zwischen Pädagogen und Pädagogikern – Ordnung des Wissens und Arbeitsteilung zwischen pädagogischer Forschung und Ausbildung für pädagogische Berufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 933 Anhang Nachträge zum Anhang des dritten Bandes (2008, 617ff.) . . . . . . 951 1. Österreicher als Pädagogikprofessoren an ausländischen Universitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 951 4. Buchveröffentlichungen österreichischer Pädagogiker in fremden Sprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 951 Rangliste österreichischer Pädagogiker nach der Häufigkeit ihrer Zitierung in den Jahrgängen 1 (1955) bis 46 (2000) der „Zeitschrift für Pädagogik“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 953 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Länder- und Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
957 967 969 1039 1060 1071 XIX
VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN AA Archiv der Technischen Hochschule Aachen AB Archiv der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn ADG Archiv der Diözese Gurk, Klagenfurt AdR Archiv der Republik im Österreichischen Staatsarchiv, Wien AES Archiv der Erzdiözese Salzburg AFB Archiv der Freien Universität Berlin AH Archiv der Universität Halle AHStG Allgemeines Hochschul-Studiengesetz 1966, BGBl. Nr. 177/1966 AHUB Archiv der Humboldt-Universität zu Berlin AM Archiv der Universität München AÖBK Archiv der Österreichischen Bischofskonferenz, Wien AUFS Archiv der Universität Freiburg, Schweiz AUK Archiv der Universität Klagenfurt AUW Archiv der Universität Wien AUZ Archiv der Universität Zürich AVA Allgemeines Verwaltungsarchiv im Österreichischen Staatsarchiv, Wien AWU Archiv der Wirtschaftsuniversität Wien BAB Bundesarchiv Berlin-Zehlendorf BBF Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung, Berlin Bd Band BDG Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979 BGBl Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich BHSA Bayerisches Hauptstaatsarchiv in München BLBÖ Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder, 1979 ff BM Bundesminister BMfBWK Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Wien BMfU Bundesministerium für Unterricht, Wien BMfWF Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, Wien BMfWV Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr, Wien BMfWVK Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst, Wien BSUK Bayerisches Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst, München DAL Diözesanarchiv Linz DAW Diözesanarchiv Wien DGfE Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft EKAS Erzbischöfliches Konsistorialarchiv Salzburg (seit 2006: AES) EZB Evangelisches Zentralarchiv Berlin
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Verzeichnis der Abkürzungen
FFF Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Universität Klagenfurt GA Gründungsausschuss der Hochschule für Bildungswissenschaften Klagenfurt GÖD Gewerkschaft öffentlicher Dienst GV Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums 1700–1910. 160 Bände, München 1979–1987 (Saur). – GV 1911–1965. München 1976 (Verlag Dokumentation) GVH Gesamtverzeichnis deutschsprachiger Hochschulschriften 1966–1980. 40 Bände, München 1984–1991 (Saur) HAG Hochschulassistentengesetz 1962. BGBl. Nr. 216/1962 HBW Hochschule für Bildungswissenschaften Klagenfurt HfW Hochschule für Welthandel, Wien HHStA Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien HKD Hofkanzlei-Dekret HOG Hochschul-Organisationsgesetz 1955, BGBl. Nr. 154/1955 HSH Hof- und Staats-Handbuch des österreichischen Kaiserthumes, 1844 ff. (1856–1868: … des Kaiserthumes Österreich; 1874–1918: … der österreichisch-ungarischen Monarchie) HSS Hof- und Staats-Schematismus des österreichischen Kaiserthums, 1807–1843 IEI Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Innsbruck IfE Institut für Erwachsenenbildung im Ring österreichischer Bildungswerke, Salzburg IUS Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung der FFF der Universität Klagenfurt LS Landesarchiv Steiermark, Graz MCU Ministerium für Cultus und Unterricht, Wien MikA IV Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten, Abteilung IV: Erziehung, Kultus und Volksbildung, Wien (1938 – 1.6.1940) MKU Ministerium für Kultus und Unterricht, Wien MR Ministerialrat MVB Ministerialverordnungsblatt des Ministeriums für Kultus und Unterricht, Wien NDB Neue Deutsche Biographie. Herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 1971ff. (Duncker & Humblot) OECD Organization for Economic Cooperation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) ÖAK Österreichischer Amtskalender ÖAW Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien ÖBL Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950. Herausgegeben von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957ff. ÖH Österreichische Hochschülerschaft ÖHS Österreichische Hochschulstatistik ÖHZ Österreichische Hochschulzeitung
Verzeichnis der Abkürzungen
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ÖNB Österreichische Nationalbibliothek, Wien ÖSA Österreichisches Staatsarchiv, Wien PAB Privatarchiv Brezinka, A-6165 Telfes im Stubai, Tirol PAW Parlaments-Archiv, Wien RGB Reichs-Gesetz- und Regierungsblatt für das Kaiserthum Oesterreich (ab 1849) RMW Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, Berlin SAZ Staatsarchiv des Kantons Zürich SchOrgG Schulorganisationsgesetz 1962, BGBl. Nr. 242/1962 SHK Studien-Hofkommission, Wien SHKD Studien-Hofkommissions-Dekret SLA Salzburger Landesarchiv, Salzburg SS Sommersemester SV Staatsamt für Volksaufklärung, für Unterricht und Erziehung und für Kultusangelegenheiten, Wien SWSt Semesterwochenstunde TLA Tiroler Landesarchiv, Innsbruck TSAP Tschechisches Staatsarchiv Prag (Státní Ustredni Archiv v Praze) UAB Universitätsarchiv Bielefeld UAI Universitätsarchiv Innsbruck UAJ Universitätsarchiv Jena UAL Universitätsarchiv Linz UAP Universitätsarchiv Prag UBWK Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt UF Universitätsarchiv Freiburg im Breisgau UG Universitätsarchiv Graz UGÖT Universitätsarchiv Göttingen UGREIF Universitätsarchiv der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald UG 2002 Universitätsgesetz 2002, BGBl. Nr. 120/2002 UK Universitätsarchiv der Universität zu Köln UKK Universitätskollegium der UBWK UKL Universität Klagenfurt UM Universitätsarchiv Mannheim UniStG Universitäts-Studiengesetz 1997, BGBl. Nr. 48/1997 UOG 75 Universitäts-Organisationsgesetz 1975, BGBl. Nr. 258/1975 UOG 93 Universitäts-Organisationsgesetz 1993, BGBl. Nr. 805/1993 US Universitätsarchiv Salzburg UT Universitätsarchiv Tübingen VBL Verordnungsblatt VLA Vorarlberger Landesarchiv, Bregenz WS Wintersemester WSLA Wiener Stadt- und Landesarchiv WUW Wirtschaftsuniversität Wien ZfP Zeitschrift für Pädagogik (Verlag Beltz, Weinheim, ab 1955)
Pädagogik
VIII.
an der
Hochschule seit 1975:
für
Welthandel/
Wirtschaftsuniversität Wien
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VIII. Pädagogik
an der
Hochschule
für
Welthandel
Kolumnentitel
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Die heutige Wirtschaftsuniversität Wien ist aus der „Exportakademie in Wien“ hervorgegangen, die 1898 von einem Verein gegründet worden ist, dem leitende Personen aus Handel, Gewerbe und Industrie angehört haben. Sie wurde 1919 in eine vom Verein getragene „Hochschule für Welthandel“ umgewandelt. 1930 erhielt sie durch Bundesgesetz das Promotionsrecht zur Verleihung des Grades „Doktor der Handelswissenschaften“ und damit die volle Anerkennung als wissenschaftliche Hochschule. Laut Satzung hatte sie „wissenschaftliche Lehre und Forschung auf dem Gebiete des Handels und der Wirtschaft im Rahmen der Aufgaben der Handelshochschulen zu pflegen“. „Die Hochschule dient auch der Heranbildung eines wissenschaftlichen Nachwuchses auf den von ihr vertretenen Gebieten und der Ausbildung von Lehramtskandidaten für kaufmännische Lehranstalten“.1 Die Handelslehrer-Ausbildung hat von Anfang an zu den Aufgaben der Handelshochschulen gehört und ist in Deutschland ein wesentliches Motiv für ihre Gründung gewesen.2 An der Wiener Export-Akademie stand allerdings die Ausbildung von Kaufleuten für den Außenhandel im Zentrum. Aber auch hier galt es als „eine ihrer weiteren bedeutenden Aufgaben“, die akademische Handelslehrerbildung durchzuführen3. Dazu dienten zunächst „Handelslehrerkurse“, die 1930 auch in der Satzung der Hochschule für Welthandel verankert worden sind4. 1928 hat die Hochschule ein „Betriebswissenschaftlich-pädagogisches Institut“ eingerichtet. Es wurde als „eine wissenschaftliche Zentralstelle“
1 Satzung vom 24. Oktober 1930, § 1. Ermacora 1956, 581 (Hervorhebung vom Verfasser). Handelshochschulen als selbständige Fachhochschulen zur akademischen Ausbildung für Wirtschaftsberufe entstanden im deutschen Sprachgebiet zuerst in Leipzig (1898), Köln (1901), Berlin (1906), Mannheim (1908), München (1910) und St. Gallen (1899) als Gründungen von Korporationen der Kaufmannschaft, der Handelskammern oder der Städte. Vgl. Schmid 1904; Raydt 1905; Penndorf 1938, 2309; Dolch 1953; Horlebein 1991, 406 und 408; Jarausch 1991, 321f. – In Österreich-Ungarn bereits 1877 in Triest und 1900 in Budapest. Schmid 1900, 12f. und 1904, 132f.; Minerva 1911, 126 und 144. 2 Vgl. Pleiss 1973, 67ff. 3 Schmid 1900, 173. 4 Satzung von 1930, § 28. Ermacora 1956, 585.
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VIII. Pädagogik
an der
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für
Welthandel
angekündigt, an der „die angehenden Handelslehrer vor allem pädagogisch-didaktisch und methodisch ausgebildet werden“.5 Während der Zugehörigkeit zum Deutschen Reich wurde 1942 der erste Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik eingerichtet und das „betriebswirtschaftlich-pädagogische Institut“ in „Institut für Wirtschaftspädagogik“ umbenannt. Dieses Ordinariat konnte jedoch in den letzten Kriegsjahren vor dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Diktatur nicht mehr besetzt werden und ist der Hochschule 1945 wieder verloren gegangen. Dagegen blieb das „Institut für Wirtschaftspädagogik“ als erste und bis 1970 einzige österreichische Hochschuleinrichtung für die Ausbildung von Lehrern an Handelsakademien und Handelsschulen erhalten. Es wurde jedoch bis 1951 von einem fachfremden Professor der „Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung des Transport-, Fremdenverkehrs- und Versicherungswesens“ als Vorstand im Nebenamt geleitet. Die erste wirtschaftspädagogische Habilitation ist 1950 erfolgt6 – allerdings noch relativ unspezifisch für das Habilitationsfach „Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung der Wirtschafts- und Betriebspädagogik“. Erst die zweite Habilitation7, die 20 Jahre später erfolgt ist, galt erstmals ausschließlich dem Fach „Wirtschaftspädagogik“. Die enge Verbindung der Wirtschaftspädagogik mit der Betriebswirtschaftslehre als ihrer historischen Wurzel hat sich 1951 auch bei der Besetzung der ersten Lehrkanzel gezeigt, die wenigstens teilweise der Wirtschaftspädagogik gewidmet war. Ernannt wurde für sie Hans Krasensky, aber – wie bei seiner 1950 erfolgten Habilitation – für das Fach „Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung der Wirtschafts- und Betriebspädagogik“8. Dazu passte, dass er sowohl Vorstand des „Instituts für Wirtschaftspädagogik“ (von 1951 bis 1971) als auch des „Instituts für Bankbetriebslehre“ (von 1958 bis 1973) und lebenslang in beiden Bereichen tätig gewesen ist. In dieser Doppelfunktion ist er rund zwei Jahrzehnte lang der einzige Professor der Wirtschaftspädagogik an Österreichs Hochschulen geblieben.
5 Dörfel 1928. 6 Von Hans Krasensky am 2. März 1950. Vgl. in diesem Buch S. 61ff. 7 Von Wilfried Schneider am 13. Juli 1970. Vgl. in diesem Buch S. 98ff. 8 Vorlesungsverzeichnis der Hochschule für Welthandel, SS 1953, Personalstand, 7.
Von der Betriebswirtschaftslehre Kolumnentitel zur Wirtschaftspädagogik
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Diese Entwicklung von Professuren und Instituten der Wirtschaftspädagogik aus der Betriebswirtschaftslehre erinnert an die allmähliche Entwicklung von Professuren und Instituten der Pädagogik aus der Philosophie im 19. und frühen 20. Jahrhundert9. Zu einer von der Betriebswirtschaftslehre unabhängigen Lehrkanzel für Wirtschaftspädagogik ist es erst wieder 1968 gekommen. Es dauerte jedoch drei Jahre, bis sie 1971 besetzt werden konnte10. Vorausgegangen waren 1966 die gesetzliche Verankerung des Studiums der Wirtschaftspädagogik11 und 1967 eine „Studienordnung für die wirtschaftspädagogische Studienrichtung“12. Das brachte eine starke studien- und prüfungsrechtliche Sicherung des jungen Spezialfaches, auf die sich Pläne für seinen weiteren Ausbau stützen konnten. Parallel dazu hat auch die Hochschule für Welthandel vom Ausbau der Erziehungswissenschaft profitiert, den Unterrichtsminister Piffl ab 1965 an allen österreichischen Universitäten in Gang gebracht hat13. Sie hat im Dienstpostenplan 1968 eine Lehrkanzel für Allgemeine Pädagogik erhalten14. Neben dem Institut für Wirtschaftspädagogik wurde 1969 auch noch ein Institut für Allgemeine Pädagogik errichtet.15 Es hat 1994 eine „Abteilung für Philosophie“ erhalten16 und ist 2006 in „Institut für Bildungswissenschaft und Philosophie“ umbenannt worden17. Zu einer institutionellen Verbindung dieser beiden Institute ist es nicht gekommen. Dazu war die Verflechtung der Wirtschaftspädagogik mit der Betriebswirtschaftslehre zu eng. Dementsprechend ist das In-
Als Beispiel sei erinnert an die Innsbrucker Habilitation von Richard Stro„für das Gesamtgebiet der Philosophie mit Einschluß der Pädagogik“ (1924), sowie an seine Ernennung zum „Professor der Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Pädagogik“ (1930). Vgl. in diesem Werk Bd. 2, S. 423ff. – Ähnlich die Entwicklung der Religionspädagogik aus der Pastoraltheologie. Vgl. Bd. 1, 695ff. 10 Vgl. in diesem Buch S. 96ff. 11 Bundesgesetz vom 15. Juli 1966 über sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Studienrichtungen. BGBl. 1966, Nr. 179. 12 BGBl. 1967, Nr. 102. – 1984 abgelöst durch eine neue Studienordnung Wirtschaftspädagogik, BGBl. 1984, Nr. 175. Über die Unterschiede vgl. in diesem Werk Bd. 3, 539f. 13 Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 205ff. 14 BMfU, Zl. 46.206-I/2/68 vom 22. März 1968. WU, Präsidial-Akten 35/1968. 15 Erlaß des BMfU vom 17. März 1969. WU, Präsidial-Akten 1969. 16 Österreichischer Amtskalender 1994/95, 539. 17 Österreichischer Amtskalender 2006/2007, 1228. hal
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stitut für Wirtschaftspädagogik 1980 zu einem „Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsführung sowie Wirtschaftspädagogik“ erweitert worden18. Es ist 1998 in „Institut für Management und Wirtschaftspädagogik“ umbenannt worden19. Für die Wirtschaftspädagogik bestand in diesem Institut eine relativ selbständige „Abteilung“. Die Umbenennung der „Hochschule für Welthandel“ in „Wirtschaftsuniversität Wien“ ist durch das Universitäts-Organisationsgesetz (UOG) 1975 erfolgt20. Sie ist 2004 in „Departments“ gegliedert worden. Dabei ist der institutionelle Abstand zwischen Wirtschaftspädagogik und Allgemeiner Pädagogik zunächst beibehalten und verstärkt worden: das „Institut für Wirtschaftspädagogik“ blieb unter seinem alten Namen im „Department für Management“ beheimatet, das „Institut für Bildungswissenschaft und Philosophie“ im „Department für Sozialwissenschaften“.21 Zum Zusammenschluss der beiden pädagogischen Einrichtungen ist es erst 2008 gekommen. Das „Institut für Bildungswissenschaft und Philosophie“ ist anlässlich der Emeritierung seines letzten Vorstandes aufgelöst worden. Zugleich ist im „Department für Management“ am „Institut für Wirtschaftspädagogik“ eine „Abteilung für Bildungswissenschaft (Education Sciences)“ eingerichtet worden.22
1. DIE AKADEMISIERUNG DER KAUFMÄNNISCHEN AUSBILDUNG UND DAS LEHRAMT DER HANDELSFÄCHER: 1870–1938 Die Fortschritte der Naturwissenschaften und der Technik haben im 19. Jahrhundert mit dem Aufschwung von Industrie, Gewerbe und Handel zu riesigen Veränderungen in der Wirtschafts- und Arbeitswelt geführt. Damit haben auch die Anforderungen an das Wissen und
18 Erstmals im WU-Vorlesungsverzeichnis WS 1980/81, 85. 1993 wurde dieser Name nochmals in „Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsführung, Personalwirtschaft und Wirtschaftspädagogik“ geändert. Österreichischer Amtskalender 1994/95, 539. 19 WU, Vorlesungsverzeichnis WS 1998/99, 468; Österreichischer Amtskalender 1999/2000, 1194. 20 UOG 1975, § 11. 21 Österreichischer Amtskalender 2006/2007, 1227f. 22 Vgl. in diesem Buch S. 141 und 180.
AkademisierungKolumnentitel der Handelslehrerausbildung
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Können der Bürger in allen Volksschichten zugenommen. Die Schulen wurden zum wichtigsten Mittel der Vorbildung und Ausbildung für alle Berufe wie für die Teilnahme am sozialen, politischen und kulturellen Leben. Dafür konnten die allgemeinbildenden Schulen allein nicht genügen – weder die Volksschulen für die Massen noch die altsprachlichen Gymnasien für die Führungsschicht. Schon seit dem Zeitalter der Aufklärung ist zunehmend erkannt worden, dass die neuen Produktionstechniken, Organisationsformen, Finanzierungsaufgaben und Handelsbeziehungen nur bewältigt werden können, wenn das allgemeinbildende Schulwesen durch ein differenziertes berufsbildendes Schulwesen ergänzt wird. Als seine wichtigsten Zweige galten die technisch-gewerblichen und die kaufmännischen („kommerziellen“ oder „Handels-“) Schulen. In Wien wurde nach deutschen Vorbildern der Anfang im Jahre 1770 durch Maria Theresia gemacht mit der Gründung einer „RealHandlungs-Academie“ als „Prototyp einer kaufmännischen Fachschule“1. Sie gilt nicht nur als „Geburtsstunde des kaufmännischen Bildungswesens in Österreich“, sondern auch des berufsbildenden Schulwesens in seiner Gesamtheit2. Als erste staatliche Lehranstalt mit technisch-gewerblichem Schwerpunkt wurde nach französischem Vorbild durch Kaiser Franz I. im Jahre 1815 das „Polytechnische Institut“ gegründet, aus dem 1872 die Wiener Technische Hochschule hervorgegangen ist3. Dieses Institut war als „eine Lehr- und Bildungsanstalt für Handel und Gewerbe“ geplant. Deshalb wurde die „Real-Handlungs-Academie“ als „kommerzielle Abteilung“ in sie eingegliedert.4 Schon 1797 ist in der Studien-Revisions-Hofkommission von Graf Rottenhan als Vorsitzendem5 vorgeschlagen worden, „Höhere Bürgerschulen“ oder „Realschulen“ einzurichten, die in den oberen Klassen wahlweise technischen oder kommerziellen Unterricht anbieten und gleichrangig mit den Gymnasien sein sollten6. Dieser „Versuch, den
1 2 3 4 5 6
Engelbrecht, Bd. 3, 1983, 178f. – Ausführlich Gollob 1970. Molzer 1970, 9. Engelbrecht, Bd. 3, 1983, 262ff.; Bd. 4, 252ff. Gollob 1970, 26. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 19. Engelbrecht, Bd. 3, 1983, 260; A. Weiss 1904, 84ff.
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VIII. Pädagogik
an der
Hochschule
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Welthandel
Gymnasien gleichwertige berufsbildende Schulen zur Seite zu stellen“, ist allerdings zunächst gescheitert.7 In der „Politische(n) Verfassung der deutschen Schulen in den kaiserlich königlichen deutschen Erbstaaten“ von 1806 blieben die Realschulen „ein Zweig … des eigentlichen Volksunterrichtes“ und kamen in der „ökonomischen Abteilung“ für künftige Kaufleute über die Lehrfächer „Handlungswissenschaft“ und „Wechselrecht“ nicht hinaus8. Chronischer Geldmangel des Staates und geringes Interesse der Wirtschaftskreise haben dazu beigetragen, dass dieser Schultyp jahrzehntelang auf die Wiener Anstalt und je eine in Prag, Brünn (Mähren), Brody (Galizien), Lemberg, Graz und Triest beschränkt geblieben ist. Er konnte den Bedarf an echten berufsbildenden Schulen technischer und kommerzieller Art nicht befriedigen. Zur Blüte sind die Realschulen erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelangt, nachdem sie 1868 den gewerblichen Charakter verloren hatten und den Gymnasien angeglichen worden sind mit dem Auftrag, „eine allgemeine Bildung mit besonderer Berücksichtigung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Disciplinen zu gewähren“.9 Die Gründung kaufmännischer Fachschulen hat der Staat aus Mangel an Geld bis ins 20. Jahrhundert privaten Trägern, Handels- und Gewerbekammern sowie den Gemeinden überlassen. Die meisten sind in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch kaufmännische Vereine und durch Städte geschaffen und erhalten worden10. Die ersten Handelsakademien entstanden durch Handelsgremien in Prag (1856), Wien (1857), Graz (1863), Innsbruck (1879) und Linz (1882). Der Staat hat sich auf Subventionen beschränkt und im Unterrichtsministerium ab 1874 durch ein eigenes Referat für gewerbliche Schulangelegenheiten ihre Vereinheitlichung und Reform zu fördern versucht. Daraus ist 1888 ein „Zentralinspektorat für das kaufmännische Bildungswesen“
7 Engelbrecht, Bd. 3, 1983, 261. 8 Politische Verfassung, 5. Auflage, 1821, II, § 11 und III, § 10. 9 Vgl. Ficker 1873, 178–225. Zitat aus dem Gesetzesentwurf von 1868 ebenda S. 190. Vgl. auch Engelbrecht, Bd. 3, 1983, 153ff. und das Diagramm zur Entwicklung berufsbildender höherer Lehranstalten, ebenda 439. Als gesetzliche Grundlage für die Realschulen hat es in der Habsburger-Monarchie ab 1869/70 nur einige Landesgesetze der im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder gegeben. Sammlung der Vorschriften bei Halma/Schilling 1911, Bd. I, 541–802. 10 Für Österreich: Schmid 1900, 11ff.; Hassak 1906; Schermaier 1999, 50ff. und 115ff.; für Deutschland: Zieger 1906, 33ff.
AkademisierungKolumnentitel der Handelslehrerausbildung
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hervorgegangen. Hauptaufgaben waren die Ausarbeitung von Organisationsstatuten und Normallehrplänen sowie die Gewährung des Öffentlichkeitsrechtes nach Prüfung der Leistungshöhe gemäß den vorgeschriebenen Normen. Staatliche Subventionierung wurde nur jenen Schulen gewährt, die diesen Normen entsprachen. Aus diesen vielgestaltigen Einrichtungen sind nach und nach folgende drei Schultypen entstanden: 1. Kaufmännische „Fortbildungsschulen“ als berufsbegleitende Teilzeitschulen (seit 1897 Pflichtschulen) für die Ausbildung von Lehrlingen (seit 1938 „Berufsschulen“ genannt). 2. (niedere) Handelsschulen als zwei-, später dreijährige Vollzeitschulen, deren Abschlusszeugnis das Lehrverhältnis in einem Handelsbetrieb ersetzte. 3. Höhere Handelsschulen (Handelsakademien), deren Abschlusszeugnis zur Führung von Handelsbetrieben berechtigte. 1920 wurde fakultativ die Reifeprüfung eingeführt, die den Maturanten das Studium an der Hochschule für Welthandel ermöglichte11. Alle drei Schultypen haben erst durch das Schulorganisationsgesetz 1962 eine gemeinsame gesetzliche Grundlage erhalten. Die kaufmännischen Berufsschulen gehören weiterhin zu den berufsbildenden Pflichtschulen. Die Handelsschulen gelten als berufsbildende Mittelschulen mit dreijährigem „Bildungsgang“ und dienen „der kaufmännischen Berufsausbildung für alle Zweige der Wirtschaft“12. Die Handelsakademien gehören zu den berufsbildenden höheren Schulen mit nunmehr fünf Jahresklassen, die „den Schülern eine höhere allgemeine und fachliche Bildung zu vermitteln (haben), die sie zur Ausübung eines gehobenen Berufes … befähigt und sie zugleich zur Hochschulreife“ führt13. „Die Handelsakademie dient der Erwerbung höherer kaufmännischer Bildung für alle Zweige der Wirtschaft“14. Die Zahl der kaufmännischen Schulen war im Jahre 1921 noch gering: 32 Handelsschulen und 8 Handelsakademien, davon 4 in Wien15. Sie hat erst in der Zweiten Republik stark zugenommen. 1948 bestanden in Österreich 45 Handelsschulen (von 1934 bis 1952 „kaufmännische Wirtschaftsschulen“ genannt). Von ihnen waren „5 verbundlicht,
11 Schmid 1900, 16ff.; Sedlak 1948, 249ff. 12 SchOrgG 1962, § 60. Jonak/Kövesi 1996, 266. 13 Ebenda § 65. Jonak/Kövesi 1996, 272f. 14 Ebenda § 74. Jonak/Kövesi 1996, 280. 15 Engelbrecht, Bd. 5, 1988, 203. Letzte Statistik vor dem Ende der Ersten Republik aus dem Schuljahr 1936/37 mit Angaben über sämtliche Schulen in VBl des BMfU 1937, Beiblatt Erziehung und Unterricht, 63–83.
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die übrigen fast ausnahmslos bundlich subventioniert“. Es gab nur 10 Handelsakademien, von denen 3 den Bund als Träger hatten, die übrigen durch den Bund subventioniert waren.16 Im Jahre 1962 gab es bereits 62 Handelsschulen, davon 10 Bundesschulen, und 28 Handelsakademien, davon acht Bundesakademien. Im Schuljahr 1989/90 bestanden schon 116 Handelsschulen, von denen 92 verstaatlicht waren (79,3 %), und 98 Handelsakademien, davon 84 staatliche (85,7 %)17. Obwohl das kaufmännische Schulwesen privat entstanden und erst spät vom Staat übernommen worden ist, hat seine staatliche Förderung und Reglementierung schon viel früher begonnen. Neben der Ausarbeitung von Organisationsstatuten und Normallehrplänen, von deren Einhaltung die staatlichen Subventionen abhängig waren, war für das Unterrichtsministerium in Verbindung mit dem Handelsministerium die Lehrerausbildung besonders dringend. An den kaufmännischen Fortbildungsschulen wie an den zweijährigen Handelsschulen waren im späten 19. Jahrhundert teilweise noch fachlich unausgebildete Volks- und Mittelschullehrer tätig, die sich nebenamtlich einen Zuverdienst erwerben wollten.18 Die erste Prüfungsordnung „für das Lehramt der Handelswissenschaften“ ist 1870 erlassen worden19. Sie hat noch kein Hochschulstudium vorausgesetzt, obwohl „die wissenschaftliche Befähigung“ für dieses Lehramt gefordert worden ist. Es genügte, dass der Kandidat „das Obergymnasium oder die Oberrealschule absolviert“ oder nach erfolgreichem Besuch des Untergymnasiums den „mindestens zweijährigen Curs einer Handelslehranstalt durchgemacht“ hat20. Durch die Prüfung sollte „nachgewiesen werden, dass der Candidat die erforderliche allgemeine Bildung besitze und dass er in den Handlungswissenschaften vollkommen bewandert sei“. Zum Nachweis seiner Fachbildung dienten Prüfungen aus Handelsarithmetik, Buchführung, Handelscorrespondenz, Handels- und Wechselkunde.21 Unterricht und Prüfung in Pädagogik waren nicht vorgesehen. Zur Vorbereitung auf die Prüfung blieben die Kandidaten auf Selbstbildung angewiesen. Als
16 Sedlak 1948, 255 und 257. 17 Schermaier 1999, 130. 18 Ebenda, 124f.; Engelbrecht, Bd. 4, 1986, 206f.; zur ähnlichen Situation in Deutschland vgl. Pleiss 1973, 32f. 19 RGB 1870, Nr. 79. 20 Ebenda, § 2.1.a. 21 Ebenda, § 3.
AkademisierungKolumnentitel der Handelslehrerausbildung
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Prüfungskommissionen dienten jene für das Lehramt an Realschulen. Im Jahre 1899 ist diese erste Prüfungs-Verordnung durch eine neue „Vorschrift über die Prüfung der Candidaten des Lehramtes an höheren Handelsschulen“ ersetzt worden22. Noch immer wurde kein Hochschulstudium gefordert. Für die Zulassung genügte „die Absolvierung der unteren vier Klassen einer Mittelschule … sowie einer vollständigen öffentlichen höheren Handelsschule (Handelsakademie); ferner eine mindestens vierjährige befriedigende Comptoirpraxis im Waren-, beziehungsweise Bankgeschäfte“23. Neu war die Forderung nach methodischem Können und dessen Bewertung auf Grund einer „Probelection“ als Teil der Prüfung. „Durch die Prüfung soll der Nachweis geliefert werden, dass der Candidat die Fachgegenstände, in welchen er zu unterrichten beabsichtigt, und ihre methodische Behandlung soweit beherrscht, dass er den Forderungen, welche in- und außerhalb der Schule an derartige Fachlehrer gestellt werden, vollkommen entspricht“.24 „Die Probelection soll ein Bild von dem pädagogischen Talente und von der Fähigkeit der Candidaten liefern, einen gegebenen Lehrstoff methodisch zu behandeln“25. Sie war an einer höheren Handelsschule am Standort der Prüfungskommission abzuhalten. Verlangt wurde Folgendes: „Der Candidat hat den Lehrgegenstand, welcher in der betreffenden Classe eben in Behandlung steht, fortzusetzen und mit den Schülern die von ihm vorgetragene Partie sofort wieder prüfend und erklärend zu recapitulieren. Der zu behandelnde Gegenstand ist demselben einen Tag vorher bekannt zu geben.“26 Diese Aufgabe war nicht einfach, zumal nach wie
22 RGB 1899, Nr. 157. Hervorhebung vom Verfasser. – Vorausgegangen war eine „Vorschrift für die Prüfung der Kandidaten des Lehramtes an niederen kommerziellen Tagesschulen (zweiklassigen Handelsschulen)“ des Ministers für Kultus und Unterricht vom 25. September 1892, Z. 18309. Abgedruckt bei Schmid 1908, 170– 179. 23 Ebenda, § 7. Das französische Wort „comptoir“ (Geschäftsstube oder Kontor eines Kaufmannes) ist in der Prüfungsordnung von 1907 durch „Kontorarbeiten“ ersetzt worden (Artikel I, II und IV, B, 2). 24 Ebenda, § 3. 25 Ebenda, § 43. 26 Ebenda, § 45. Zur „Probelection“ als Teil der Prüfung für das Gymnasiallehramt seit 1848 vgl. in diesem Werk Bd. 1, 142ff. Sie ist durch die Prüfungsvorschrift von 1884 wieder abgeschafft worden.
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vor jede pädagogische Ausbildung gefehlt hat. Immerhin gab es nun schon eine eigenständige „Prüfungskommission für das Lehramt an höheren Handelsschulen“27. Ein minimales Hochschulstudium mit einem Minimum an Pädagogik ist erst im Jahre 1907 durch eine neue Prüfungsordnung eingeführt worden. Sie betraf allein „die Befähigung für das Lehramt der Handelsfächer (Handelskunde, Buchhaltung, Handelskorrespondenz und Kontorarbeiten und kaufmännische Arithmetik) und der modernen Sprachen“.28 Davon unterschieden wurde „die Befähigung für das Lehramt der Unterrichtssprache, der Geographie und Geschichte, der Mathematik und der Naturwissenschaften an höheren Handelsschulen“. Sie wurde „durch Beibringung des bezüglichen Lehrbefähigungszeugnisses für Mittelschulen (Gymnasien und Realschulen) nachgewiesen“.29 Für diese Lehrämter war damals ein Studium von mindestens sieben Semestern an einer Universität vorgeschrieben. Es schloss die Pflicht zum Besuch eines mindestens dreistündigen Kollegs über „Pädagogik (namentlich Geschichte derselben seit dem 16. Jahrhunderte)“ ein, über dessen Inhalt eine Prüfung zum Erwerb eines „Kolloquienzeugnisses“ abzulegen war.30 Für das Lehramt der Handelsfächer war nur ein zweijähriges Hochschulstudium vorgeschrieben. Vorausgesetzt wurde dafür jedoch eine gründliche kommerzielle Vorbildung in Theorie und Praxis. Schulisch gehörte dazu die Absolvierung einer Handelsakademie oder – nach Ablegung der Reifeprüfung an einer allgemeinbildenden Mittelschule – die Absolvierung eines Abiturientenkurses entweder an einer Handelsakademie oder an der „allgemeinen Abteilung der Exportakademie des k.k. österreichischen Handelsmuseums“ in Wien. Berufspraktisch wurde „eine zweijährige befriedigende Kontorpraxis“ gefordert, „und zwar möglichst sowohl im Warengroßhandel an einem größeren Handelsplatze als auch im Bankgeschäfte“. Das viersemestrige Fachstudium konnte in verschiedenen Teilen an den Universitäten und Technischen Hochschulen in Wien und Prag sowie an der Exportakademie in Wien durchgeführt werden. Das Un 27 28 29 30 1906,
Ebenda, § 1. RGB 1907, Nr. 135. Hervorhebung vom Verfasser. Ebenda, Artikel I. Verordnung des MKU vom 30. August 1897, Artikel II, 2. Bei Beck/Kelle 923. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 148ff.
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terrichtsministerium hat in vorbildlicher Weise die für die Lehramtskandidaten geeigneten Kollegien und Übungen an den Wiener Hochschulen und an den deutschen und tschechischen Hochschulen in Prag im Herbst jedes Jahres in der „Wiener Zeitung“ beziehungsweise in der „Prager Zeitung“ bekanntgemacht.31 Neben den kaufmännischen, warenkundlich-technologischen, ökonomischen, mathematischen und juristischen Fachstudien waren auch „Vorlesungen über Philosophie, Pädagogik (namentlich Geschichte derselben seit dem 16. Jahrhundert) und Literaturgeschichte“ an einer Universität im Ausmaß von mindestens je drei Stunden zu besuchen. Der Erfolg war durch Kolloquienzeugnisse nachzuweisen. Die Lehrveranstaltungen in den Handelsfächern sollten „mit besonderer Berücksichtigung der Methodik des kaufmännischen Unterrichtes“ erfolgen.32 Unter den Prüfungsanforderungen der Fachdisziplinen für die Hausarbeiten, die Klausurprüfung und die Mündliche Prüfung kam die Pädagogik noch nicht vor. Die Probelektion für „jene Kandidaten …, welche noch nicht im Lehramte tätig waren“, ist beibehalten worden.33 Aus der Sicht der Exportakademie und der 1919 aus ihr hervorgegangenen Hochschule für Welthandel war es „unrationell“34, dass die Studierenden für das Lehramt der Handelsfächer zu den mathematisch-statistischen Lehrveranstaltungen an die Technische Hochschule und für die philosophisch-pädagogischen an die Universität pendeln mussten. Als erster Schritt zur Abhilfe wurden 1919 die bis dahin an der Technischen Hochschule zu besuchenden Vorlesungen an die neue Hochschule für Welthandel verlegt. An der Universität waren weiterhin die Vorlesungen über Philosophie (einschließlich Psychologie) und Pädagogik zu besuchen. Als ab 1940 auch diese Vorlesungen durch die Hochschule für Welthandel übernommen werden konnten, ist diese für drei Jahrzehnte „die ausschließliche Ausbildungsstätte für die Kandidaten des kaufmännischen Lehramtes in Österreich“ geworden35. Die Pionierarbeit für die Verwissenschaftlichung der Handelslehre, die Gründung einer Handelshochschule und die akademische Ausbil-
31 Abdruck der vollständigen Listen für die Studienjahre 1907/08 und 1908/09 bei Schmid 1908, 210–221. 32 RGB 1907, Nr. 135, Artikel III, b, 2. Hervorhebungen vom Verfasser. 33 Ebenda, Artikel VIII. 34 Krasensky 1967, 110. 35 Dörfel 1948, 151.
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dung der Handelslehrer ist in Österreich seit 1898 durch die „ExportAkademie des k.k. Österreichischen Handels-Museums“ geleistet worden. Sie hatte zunächst nur den Rang einer höheren Fachschule und unterstand dem Handelsministerium.36 Der Studiengang dauerte für Abgänger von Handelsakademien sowie Abiturientenkursen solcher Anstalten zwei Jahre. Für Maturanten von Gymnasien und Realschulen war ein einjähriger Vorbereitungskurs vorgeschrieben, sodass deren Studium sechs Semester umfasste – also ein Semester weniger als die Mindeststudienzeit für das Lehramt an Gymnasien und Hochschulen37. Untergebracht war die Export-Akademie seit ihrer Eröffnung 1898 im ehemaligen Palais Festetics in Wien IX, Berggasse 19. 1916 wurde sie in einen großzügigen Neubau in Wien XIX, Franz-Klein-Gasse 1 verlegt. Dort ist sie bis 1982 geblieben. Dann erfolgte der Umzug – seit 1975 unter dem Namen „Wirtschaftsuniversität“ (WU) – in das neue Universitätszentrum Althanstraße in Wien IX (Alsergrund)38. Die Hochschul-Ausbildung der kaufmännischen Führungskräfte hat international wesentlich später begonnen als die der technischen Führungsschicht39. Das Wiener Polytechnikum hat schon bald nach seiner Gründung im Jahre 1815 alle ingenieurwissenschaftlichen Fächer auf hohem Niveau gelehrt, 1872 den Rang und Namen einer Technischen Hochschule und 1901 das Promotionsrecht erlangt und damit die volle Gleichstellung mit den Universitäten. Zu Handelshochschulen ist es in den deutschsprachigen Ländern erst ab 1898 gekommen40. Unter ihnen war die Wiener Export-Akademie ein Sonderfall. Wie ihr Name sagt, sollte sie dazu dienen, den Export österreichischer Waren ins Ausland zu fördern. Dafür sollten „Auslandskaufleute“ mit weitem Horizont und kaufmännischen wie fremdsprachlichen Spezialkenntnissen herangebildet werden, die im internationalen Handel – insbesondere mit überseeischen Ländern – erfolgreich zu arbeiten imstande sind. Dieser Gründungszweck ist 1919 auch noch im neuen Namen „Hochschule für Welthandel“ erhalten geblieben, obwohl Österreich seit der Auflösung der Habsburger-Monarchie im Jahre 1918
36 Vgl. HSH 1899, 347; Romanik 1970, 64f. 37 Sie betrug damals „mindestens sieben Semester an einer Universität“. Beck/ Kelle 1906, 923. 38 Brusatti 1968, 5 mit Foto; Brusatti 1998, 16, 34. 39 Vgl. Andruchowitz 1998. 40 Vgl. Schmid 1904.
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aus einer europäischen Großmacht zu einem verarmten Kleinstaat geschrumpft war, der seine in Böhmen, Schlesien und Mähren gelegenen Industriegebiete verloren hatte. Tatsächlich ist die Export-Akademie „ausdrücklich als Handelshochschule gegründet worden“. „Die entsprechende Bezeichnung ist ihr aber … vorenthalten worden. Der Grund war, daß die neue Anstalt neben der theoretischen Ausbildung die gründliche praktische kaufmännische Durchbildung ihrer Hörer mit im Auge behalten mußte“.41 Zu dieser praktischen Orientierung im Dienst aller Wirtschaftszweige gehörte von Anfang an auch das Bemühen, die Ausbildung der Handelsschullehrer zu übernehmen und schrittweise hochschulmäßig zu gestalten. Als Experte dafür hat von 1898 bis 1928 der ordentliche Professor der Betriebs- und Organisationslehre Anton Schmid gewirkt. Er hat als Leiter der Export-Akademie mit großem organisatorischem Geschick ihre Umwandlung in eine Handelshochschule betrieben und ist von 1919 bis 1921 deren erster Rektor gewesen. Durch seinen Einsatz für eine volle akademische Ausbildung der Handelslehrer gehört er zu den verdienstvollsten Förderern des kaufmännischen Schulwesens in Österreich und ist damit indirekt auch zum ersten Wegbereiter der Wirtschaftspädagogik geworden. Anton Schmid ist als Sohn eines Kaufmannes am 18. Februar 1870 in Wien geboren worden.42 Er besuchte dort die Handelsakademie und die Lehranstalt für orientalische Sprachen. Von 1887 bis 1890 arbeitete er als Buchhalter und Korrespondent bei privaten Firmen; von 1890 bis 1892 als Assistent und Lehrer an der Städtischen höheren Handelsschule in Aussig an der Elbe (Böhmen). 1891 legte er in Wien die Lehramtsprüfung für Handelsfächer an höheren Handelsschulen ab. Von 1892 bis 1894 war er Lehrer an der Kommunalhandelsschule in Gablonz an der Neiße (Böhmen). 1894 wurde er im Alter von 24 Jahren Direktor der deutschen Handelslehranstalt in Pilsen (Böhmen). Von dort wurde er 1898 zum Direktor der neu gegründeten Exportakademie in Wien berufen und mit der Leitung der Übungen am MusterKontor43 betraut. 1901 wurde er unpromoviert und ohne Habilitation 41 Ziegler 1928, 12. 42 Nach „Standesausweis“ im Personalakt Schmid, AWU. Kurzbiographien: Dörfel 1931; Nicklisch 1939, 819; Pleiss 1968, 304; Klein-Blenkers 1992, 328f.; Vodrazka 1994. 43 Zum Muster- oder Übungskontor an kaufmännischen Schulen vgl. Schlieper 1944, 125ff.; Baatz 1973. Seit 1955 „Lehrbüro“ genannt: Engelbrecht, Bd. 5, 1988, 445.
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zum außerordentlichen Professor der Handelswissenschaften ernannt, 1908 zum ordentlichen Professor. Daneben lehrte er die wirtschaftlichen Fächer an der k.u.k. Consular-Akademie44. Er hat sich international vergleichend in die Formen und Probleme der HandelslehrerAusbildung eingearbeitet und im „Jahrbuch der Export-Akademie“ ausführlich, gründlich und kritisch darüber berichtet.45 Mit guten Gründen hat er schon im Jahre 1900 gefordert: „die Lehrer für die Handelslehranstalten sollten am besten ihre Ausbildung an einer Handelshochschule in einem hierfür besonders organisierten Handelslehrerseminar erhalten. Als vorteilhafte Vorbildung für das Handelsschullehrer-Seminar muß die höhere Handelsschule oder Handelsakademie angesehen werden.“ Die Handelshochschule sollte „mindestens zwei Jahrescurse“ umfassen. Außerdem sollte auch „eine nicht zu kurze Verwendung in der Praxis“ der Betriebe gefordert werden, „und zwar wenigstens zwei Jahre“. Neben den „allgemeinen commerciellen Vorlesungen hätte der Lehramtscandidat folgende Vorlesungen, beziehungsweise Übungen im Handelslehrerseminar zu besuchen, von welchen im Anfang ein Theil an der Universität gehört werden kann, und zwar: Im I. Semester: 1. Praktische Philosophie, dreistündig. 2. Logik, zweistündig. 3. Psychologie, zweistündig. Im II. Semester: 1. Allgemeine Pädagogik, dreistündig. 2. Allgemeines pädagogisches Seminar, zweistündig. 3. Ethik, zweistündig. Im III. Semester: 1. Methodik der Handelsfächer, dreistündig. 2. Methodisches Seminar, zweistündig. 3. Geschichte des commerciellen Unterrichtswesens, zweistündig. Im IV. Semester: 1. Methodik der Handelsfächer, dreistündig. 2. Praktische Übungen im Unterricht, vierstündig.“ „Die Lehramtscandidaten der sprachlichen und technischen Gruppe hätten den Haupttheil ihrer Ausbildung an der Universität, bezie-
44 45
HSH 1899, 231, 347, 642. Schmid 1900, 1903, 1904, 1908.
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hungsweise der Technik zu erhalten. An der Handelshochschule wären für dieselben specielle Vorlesungen über: 1. die Handelscorrespondenz in der betreffenden Sprache, drei- bis vierstündig, 2 Semester; 2. die Technik des Handels in dem betreffenden Gebiete, zweistündig, 2 Semester; 3. die wirtschaftlichen Verhältnisse und 4. die rechtlichen Verhältnisse des Gebietes mit je zwei Stunden wöchentlich durch 2 Semester; 5. die Methodik des Sprach- und Correspondenzunterrichtes, zweistündig durch 1-2 Semester; ferner für die andere Gruppe: 6. Allgemeine Warenkunde, dreistündig durch 2 Semester; 7. Specielle Warenkunde, dreistündig durch 2 Semester; 8. Warenkundliche Übungen im Laboratorium etc., vierstündig durch 2 Semester; 9. Handelsgeographie, zweistündig durch 2 Semester; 10. Methodik des Warenkunde-Unterrichtes, zweistündig durch 2 Semester, einzuführen. Soll dieses Seminar noch weiter ausgebildet werden, so wären Vorlesungen über Handelsgeographie und Handelsgeschichte für die speciellen Fach-Lehramtscandidaten aufzunehmen. Neben der Ausbildung der Lehrkräfte hätte aber das Lehrerseminar auch die Weiterbildung derselben durch Veranstaltung kurzer (ein- bis vierwöchentlicher) Curse über die neuesten Veränderungen und Ergebnisse, durch Excursionen, Conferenzen, Besprechungen, Veröffent lichungen etc. zu fördern.“46 Diese Vorschläge von Schmid fußten auf den sehr anspruchsvollen ministeriellen Prüfungsvorschriften von 1892 und 1899 und gingen noch über sie hinaus. Sie erfolgten aber zu einer Zeit, in der die Anwärter für das Lehramt an Handelsschulen in Österreich noch gezwungen waren, „sich durch Privatstudium auf die … vorgeschriebene Prüfung vorzubereiten“. Dafür wurde ihnen „seitens der Prüfungskommissionen je ein Verzeichnis von empfehlenswerten Studienbehelfen zur Verfügung gestellt“.47 Jenes der Wiener Prüfungskommission von 1902 für die Vorbereitung zur Prüfung für das Lehramt an höheren Handels-
46 47
Schmid 1900, 172f. Schmid 1908, 165.
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schulen enthielt 62 Werke, die „zum gründlichen Studium … empfohlen“ wurden, und 128 „Werke zur mehr oder weniger gründlichen Durchsicht“48. Damit waren die Prüflinge maßlos überfordert. Unter diesen Umständen war die durch die Prüfungsordnung von 1907 eingeführte Verpflichtung zu einem zweijährigen Hochschulstudium überfällig. An der Export-Akademie hat der „Handelslehrerkurs“ im Studienjahr 1907/08 mit 8 Studenten begonnen; 1908/09 waren es 21; 1912/13 wurde die größte Menge mit 48 erreicht. An der Hochschule für Welthandel studierten im Studienjahr 1921/22 40 Lehramtskandidaten neben 2.277 Personen mit dem Studienziel Diplom-Kaufmann.49 Für pädagogische Studien gab es jedoch im Handelslehrerkurs weit weniger Unterrichtszeit als Schmid um 1900 geplant hatte. Abgesehen von der dreistündigen Vorlesung über Allgemeine Pädagogik an der Universität wurde an der Export-Akademie – wie ab 1919 an der Hochschule für Welthandel – nur ein einziges zweistündiges „Seminar für Methodik des kaufmännischen Unterrichtes“ zu besuchen gefordert. Es wurde in jedem Sommersemester vom „Professor der allgemeinen und besonderen Betriebs- und Organisationslehre (Waren- und Fabriksgeschäft)“ und Vorstand des gleichnamigen Instituts Anton Schmid als Nebenbeschäftigung gehalten. Er hat dafür folgende Themen angekündigt: „Geschichte, gegenwärtiger Stand und Literatur des Handelsschulwesens in den Handelsstaaten, Entwicklung des kaufmännischen Unterrichtes und der Handelsfächer, der Lehrplan der kaufmännischen Fächer an den österreichischen Handelsakademien und Handelsschulen, Literatur der Methodik und Didaktik des kaufmännischen Unterrichtes, Methodik und Didaktik der kaufmännischen Fächer im allgemeinen und der kaufmännischen Arithmetik, der Handelskunde, Korrespondenz, Kontorarbeiten, Buchführung und des Übungskontors im besonderen. Seminaristische Übungen, methodische Vorträge und Musterlektionen.“50 Ob ein derart dichtes Programm in rund 24 bis 30 Stunden auf seminaristische Weise bewältigt werden konnte, ist zweifelhaft. Die
48 Zusammenstellung jener Studienwerke, welche den Kandidaten des Lehramtes für höhere Handelsschulen empfohlen wurden. Abgedruckt bei Schmid 1908, 199–209. 49 Hochschule für Welthandel 1948, 187. 50 Exportakademie in Wien: Programm. Wien 1919, 59. Dort auf S. 60 auch Stundentafel der Pflichtfächer für Lehramtskandidaten.
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Ankündigung dieses einzigen handelsdidaktischen Studienelementes als „betriebswirtschaftliche Pädagogik“51 war stark übertrieben. Im Unterschied zu den verdienstvollen organisatorischen und standespolitischen Leistungen Schmids für die Ausbildung der Handelslehrer sind seine pädagogischen Publikationen spärlich geblieben. Zu nennen ist hier nur ein 1917 erschienenes Heft über „Die wirtschaftliche Bildung“ im Umfang von 32 Seiten. Es enthält folgende fünf Kapitel: „Die wirtschaftliche Bildung und ihre Bedeutung“, „Allgemeine und Berufsbildung“, „Die wirtschaftliche Bildung durch die Erziehung und Schule“, „Die Wirtschaftswissenschaften“ und „Die wirtschaftliche Bildung in Österreich-Ungarn“. Es handelt sich um eine elementare Programmschrift für „eine einschneidende Reform unseres Mittel-, Hoch- und Fachschulwesens“ zugunsten einer „weitaus größere(n) Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bildung“52. Unter den 20 aufgezählten „verschiedenen Wirtschaftswissenschaften“ und ihren „Hilfswissenschaften“, für die Lehrkanzeln „sehr wünschenswert“ wären, kam „Wirtschaftspädagogik“ nicht vor53. Auch daraus sieht man, dass es im „Handelslehrerkurs“ fast ausschließlich um kaufmännische Betriebslehre gegangen ist. Von einer auf Wirtschaftsberufe spezialisierten Pädagogik war noch nichts zu sehen. So blieb es jahrzehntelang bei methodischen Hinweisen zum kaufmännischen Unterricht. Daran hat sich auch wenig geändert, nachdem 1928 ein „Betriebswirtschaftlich-pädagogisches Institut“ eingerichtet worden war. Es sollte vorwiegend dazu dienen, den Lehramtskandidaten „alle Behelfe“ zur Vorbereitung auf die Lehramtsprüfung zu bieten, insbesondere die Fachliteratur für die Hausarbeiten. Außerdem waren „Lehrproben und Probevorträge, Diskussionen über pädagogisch-didaktische und fachliche Fragen des kaufmännischen Unterrichtes“ und Anleitungen zu wissenschaftlichen Spezialstudien geplant.54
51 Jahrbuch für das Studium an der Hochschule für Welthandel in Wien 1927/1928, 35. 52 Schmid 1917, 19f. 53 Ebenda, 25ff. – Schmid hat seiner Hochschule von 1919 bis 1921 als erster Rektor gedient und sich dann literarisch hauptsächlich dem Bilanz- und Revisionswesen gewidmet. Am 21. April 1931 ist er im Alter von 61 Jahren in Wien gestorben. 54 Ottel 1929.
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Die Leitung wurde dem „Professor der allgemeinen und besonderen Betriebs- und Organisationslehre (Verkehrs- und Versicherungswesen)“ Franz Dörfel übertragen. Er ist Anton Schmid als verantwortlicher Betreuer der Handelslehrer-Ausbildung im Professorenkollegium nachgefolgt und es bis 1951 geblieben. Da er gleichzeitig Vorstand des Institutes für Verkehrs- und Versicherungswesen und zeitweise auch des Institutes für Betriebsorganisation und Revisionswesen war, konnte die Leitung des „Betriebswirtschaftlich-pädagogischen Instituts“ nur ein Nebenamt sein. Um den erziehungswissenschaftlichen Horizont dieses zweiten Wegbereiters der Wirtschaftspädagogik in Österreich einschätzen zu können, ist ein Blick auf seinen beruflichen Werdegang angebracht. Auch Dörfel ist wie Schmid ohne Promotion und Habilitation aus dem Lehramt an Handelsschulen an die Hochschule gelangt. Er wurde am 5. Juli 1879 als einziger Sohn eines Kaufmannes in Komotau (Böhmen) geboren und war römisch-katholischer Konfession. Er besuchte die Städtische Höhere Handelsschule in Aussig an der Elbe und ab solvierte seine zweijährige Kaufmannspraxis in der böhmischen Tex tilindustrie, in einem Speditions- und Reedereigeschäft in Hamburg und in einem Maschinenexportunternehmen in Manchester (England). 1899/1990 diente er als Einjährig-Freiwilliger beim Feldjäger-Bataillon Nr. 1 in Reichenberg (Böhmen). Seit 1901 war er Leutnant der Reserve, wurde aber in beiden Weltkriegen wegen eines Herzleidens vom Militärdienst befreit. Von 1900 bis 1902 studierte Dörfel an der Handelshochschule Leipzig. Am 15. Dezember 1902 legte er bei der Prüfungskommission in Prag die Prüfung für das Lehramt der Handelsfächer an Höheren Handelsschulen mit deutscher Unterrichtssprache ab und wurde dann ordentlicher Hörer an der Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen. Von 1903 bis 1905 war er Lehrer an der Handelsschule der Schulbrüder in Strebersdorf bei Wien, von 1905 bis 1908 Professor an der Höheren Handelsschule in Olmütz (Mähren). Von 1908 bis 1921 arbeitete er an der „Neuen Wiener Handelsakademie“ in Wien VIII, zuletzt als deren Direktor. Daneben war er seit 1913 auch Lehrbeauftragter für Textilindustrie und Bücher- und Bilanzrevision an der Export-Akademie. Am 28. Februar 1922 wurde er im Alter von 42 Jahren durch Erlass des Bundesministeriums für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten außerordentlicher Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für Welthandel, 1931 ordentlicher Professor. Daneben war er von 1922 bis 1932 auch Fach-
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inspektor für das kaufmännische Unterrichtswesen in Niederösterreich. In den Studienjahren 1934/35, 1935/36 und 1945/46 diente er seiner Hochschule als Rektor.55 Als akademischer Lehrer und Autor war Dörfel vor allem auf folgenden Gebieten tätig: Allgemeine Betriebswirtschafts- und Verrechnungslehre, Verkehrs- und Transportlehre, Versicherungswirtschaftslehre und Fremdenverkehrsforschung. Gemeinsam mit Julius Ziegler56 hat er 1904 ein dreibändiges „Lehrbuch der Buchhaltung für höhere kaufmännische Lehranstalten“ veröffentlicht, das bis 1932 fünf Auflagen erfahren hat. Zur Wirtschaftspädagogik sind von ihm neben einem erziehungstheoretisch dürftigen Vortrag über „Die Methodik des kaufmännischen Unterrichtes“ (1934) nur kurze Aufsätze über Handelslehrerausbildung (1944, 1948) und „Nachwuchsschulung im Fremdenverkehr“ (1946) erschienen. Dörfels pädagogische Lehrveranstaltungen bestanden in einem regelmäßig wiederkehrenden zweistündigen „Methodischen Seminar für Lehramtskandidaten“ – später „Pädagogisch-methodisches Seminar“ und ab 1938 „Wirtschaftspädagogisches Seminar“ genannt57 – sowie in Einführungen in „Die Methodik der Buchhaltungslehre“ und „Die Methodik des Unterrichtes im wirtschaftlichen Schriftverkehr“. Darüber hinaus hat er nur einmal im Sommertrimester 1940 eine einstündige Vorlesung über „Geschichte der Berufserziehung“ gehalten und im Wintersemester 1944/45 eine über „Geschichte und Methodik der Betriebswirtschaftslehre“.58 Die „Wirtschaftspädagogik“ blieb bei Dörfel zeitlebens auf die besondere Unterrichtslehre der kaufmännischen Fächer beschränkt (Fachdidaktik). An dieser Randstellung des Faches hat sich auch wenig geändert, nachdem die Akademisierung der Handelslehrer-Ausbildung im Jahre 1935 voll erreicht worden war. Das ist durch die neue „Prüfungsvorschrift für das Lehramt an mittleren kaufmännischen Lehranstalten“ vom 14. August 1935 geschehen.59 Sie hat die Prüfungsvorschrift von 1907 55 Nach dem Personalakt Dörfel im AWU. Kurzbiographien: Nicklisch 1939, 795; Horwitz 1971, 143–146 (mit Foto); Klein-Blenkers 1992, 144f. 56 Julius Ziegler (1863–1945) hat ab 1919 – wie Schmid und Dörfel ohne Promotion und Habilitation – als Professor für Betriebswirtschaft (Bankbetrieb) an der HfW gelehrt und war 1927 bis 1929 und 1932 bis 1934 ihr Rektor. Kurzbiographie: Klein-Blenkers 1992, 390f. 57 Erstmals im HfW Vorlesungsverzeichnis 1932/33, 24. 58 HfW, SS 1940, 34; HfW, WS 1944/45, 43. 59 VBl für den Dienstbereich des BMfU 1935/Nr. 45.
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ersetzt, durch die ein zweijähriges Hochschulstudium zur Pflicht gemacht worden war. Nun wurde den Lehramtsanwärtern „für die kaufmännischen Fächer im engeren Sinne“ ein vierjähriges Studium „an der Hochschule für Welthandel in Wien“ vorgeschrieben. Sie mussten zunächst das sechssemestrige handelswissenschaftliche Studium bis zum Erwerb des akademischen Grades „Diplom-Kaufmann“ absolvieren.60 Darauf folgte ein zweisemestriges Aufbaustudium im „betriebswissenschaftlich-pädagogischen Institut an der Hochschule für Welthandel“. Bedingung für die Zulassung zur Lehramtsprüfung war ferner der „Nachweis über die zufriedenstellende praktische Verwendung in kaufmännischen Unternehmungen, und zwar möglichst sowohl im Warengroßhandel als auch im Bankgeschäft (Das Ausmaß dieser praktischen Tätigkeit hat mindestens ein und ein halbes Jahr zu betragen, wovon jedoch ein halbes Jahr während der Hochschulferien zugebracht sein kann)“.61 Das ergab insgesamt eine Ausbildungszeit von mindestens 5 Jahren. Sie dauerte also mindestens ein Jahr länger, als für die Mittelschullehrer vorgeschrieben war62. Um diese Verlängerung auszugleichen, wurde für die Handelslehramtsanwärter von dem sonst für die Zulassung zum Mittelschullehramt vorgeschriebenen Probejahr abgesehen. Sie wurden stattdessen dazu verpflichtet, während ihres Studiums für die Dauer eines Schuljahres einen „Probedienst“ in Handelsschulklassen im Ausmaß von wenigstens vier Wochenstunden zu absolvieren.63 Über „das Ergebnis der Erprobung“ war ein Zeugnis „mit einer allgemeinen Befähigungsnote“ vorzulegen, das „wenigstens genügenden Erfolg“ bestätigt. Der einjährige lehramtsspezifische Studiengang am Betriebswissenschaftlich-pädagogischen Institut enthielt Pflichtvorlesungen über folgende Gegenstände64: „Methodik der kaufmännischen Betriebskunde in zwei Jahreswochenstunden; Methodik der Buchhaltung in drei Semesterwochenstunden; Methodik des kaufmännischen Schriftverkehrs in zwei Semesterwochenstunden; Methodik des kaufmännischen Rechnens in zwei Semesterwochenstunden, allgemeine sowie Finanz- und Ver
60 Gemäß Studien- und Prüfungsordnung vom 24. Oktober 1930, BGBl. Nr. 318. Bei Ermacora 1956, 588ff. 61 Prüfungsvorschrift 1935, Artikel IV. 62 Prüfungsvorschrift vom 17. März 1928, Artikel III, 1, b. Mosser/Reitterer 1934, 9. 63 Prüfungsvorschrift 1935, Artikel VI. 64 Ebenda, Artikel V. Hervorhebungen vom Verfasser.
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sicherungsmathematik in fünf Semesterwochenstunden. – Ferner haben sie das pädagogisch-methodische Seminar an dem betriebswissenschaftlich-pädagogischen Institut im Ausmaß von zwei Semester wochenstunden zu besuchen sowie an den daselbst eingerichteten praktischen Lehrübungen im Ausmaß von vier Semesterwochenstunden teilzunehmen. Schließlich haben die Anwärter im Laufe des hier angeführten Bildungsganges die für Lehrer an mittleren kaufmännischen Lehranstalten notwendige Fertigkeit in den kaufmännisch-praktischen Fächern (kaufmännisches Rechnen, kaufmännischer Schriftverkehr und Buchhaltung) nachzuweisen.“ Außerdem hatten die Lehramtsanwärter folgende Lehrveranstaltungen zu besuchen, die seit 1928 generell für künftige Mittelschullehrer vorgeschrieben waren65: „a) je eine mindestens dreistündige Vorlesung aus dem Gebiete der allgemeinen Theorie und der Geschichte der Pädagogik; b) zwei je mindestens dreistündige Vorlesungen aus Philosophie, darunter eine aus dem Gebiete der Psychologie unter besonderer Berücksichtigung der jugendkundlichen Probleme; c) eine Vorlesung über körperliche Erziehung und Schulhygiene (hygienische Pädagogik); d) Vorlesungen im Mindestumfang von zwei Semesterwochenstunden über Fachschulpädagogik unter besonderer Berücksichtigung des Unterrichtes an mittleren kaufmännischen Lehranstalten.“ Dieses Bündel von Pflichtveranstaltungen umfasste 44 Semester wochenstunden, verteilt auf ein Studienjahr (einschließlich Probe dienst). Die Anforderungen in der Lehramtsprüfung waren hoch. Sie erstreckten sich auf die Inhalte der gewählten Unterrichtsfächer unter Ausschluss der Methodik. Nur bei den Hausarbeiten war neben der Gründlichkeit und Tiefe der Fachkenntnisse auch „die Fähigkeit ihrer methodisch-didaktischen Darstellung zu erweisen“.66 Neu war eine mündliche „Pädagogische Prüfung“ mit den gleichen Anforderungen in den Fächern Pädagogik und Psychologie (samt Jugendkunde), die seit 1928 für das Mittelschullehramt galten. Mit der Prüfungsordnung von 1935 war hinsichtlich Studiendauer und Leistungsanforderungen endlich die Ranggleichheit der Handelslehrer mit den Mittelschullehrern und den anderen akademischen Berufsgruppen erreicht. Außerdem sind die unterschiedlichen Prüfungsvorschriften für Handelslehrer an niederen und höheren Handelsschu-
65 66
Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 154ff. Prüfungsvorschrift 1935, Artikel XI, 2.
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len aufgehoben und durch eine einheitliche Vorschrift ersetzt worden, die allen Handelslehrern die höchste erreichbare akademische Ausbildung sicherte. Die Lehramtsanwärter für die Mittelschulfächer an Handelsschulen (Deutsch, Fremdsprachen, Geographie und Geschichte, Mathematik und Physik, Chemie und Naturgeschichte, Turnen) wurden nach der Prüfungsvorschrift für das Mittelschullehramt geprüft, mussten aber alle eine Ergänzungsprüfung über „Elemente der Betriebswirtschaftslehre“ ablegen sowie fachspezifische Prüfungen wie zum Beispiel über „kaufmännischen Schriftverkehr in einer lebenden Fremdsprache“ (für Sprachlehrer), Warenkunde sowie mechanische und chemische Technologie (für Anwärter mit der Mittelschul-Lehrbefähigung für Chemie und Naturgeschichte) usw. Die „Hauptrolle“ im Lehrkörper der Handelsschulen spielten „sowohl der Zahl nach, als auch ihrer Bedeutung für die Lehranstalten nach, … die Handelslehrer im engeren Sinne, das sind die Lehrer der betriebswirtschaftlichen Unterrichtsfächer“67. Sie hatten an der Hochschule auch mehr fachmethodische Veranstaltungen durchzumachen als die Lehramtsstudierenden an den Universitäten. Aus erziehungswissenschaftlicher Sicht war anzuerkennen, dass diese ganz auf die fachspezifischen Gegenstände und deren Unterrichtsmethodik konzentrierte Ausbildung schulpraktisch erfolgreich gewesen ist. Erziehungstheoretisch war sie jedoch unzulänglich. Sie war ein Anhängsel der Betriebswirtschaftslehre und von einer psychologisch gestützten und theoretisch gehaltvollen „Handelsschulpädagogik“ oder gar „Wirtschaftspädagogik“ weit entfernt.68 Zwischen der Unterrichtsmethodik der zu Professoren der Betriebswirtschaftslehre aufgestiegenen ehemaligen Handelsschullehrer und der Allgemeinen und Historischen Pädagogik, die die künftigen Handelslehrer an der Wiener Universität bei Professor Richard Meister69 zu hören hatten, gab es keine Verbindung, weil an der Hochschule für Welthandel die pädagogische Spezialdisziplin Wirtschaftspädagogik
67 Dörfel 1948, 156. 68 Zu den frühen Begründungsversuchen dieser Disziplinen vgl. neben den gesammelten Texten bei Röhrs 1967 vor allem die hervorragende Geschichte der wirtschaftspädagogischen Disziplinenbildung an den deutschsprachigen Hochschulen von Pleiss 1973. 69 Über Meister vgl. in diesem Werk Bd. 1, 372 ff. und 425ff.; zu seiner Pädagogik vgl. 443–453.
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als Brücke zur Besonderen Unterrichtslehre der Handelsfächer noch gefehlt hat. Es hat einige Jahrzehnte gebraucht, bis diese Lücke durch Lehraufträge und schließlich durch eine der Wirtschaftspädagogik gewidmete Professur halbwegs geschlossen werden konnte. Von der Gründung der Hochschule für Welthandel im Jahre 1919 bis zum Ende der Ersten Republik im Jahre 1938 ist ihr Ausbau und insbesondere die Planung und Organisation der HandelschullehrerAusbildung stets in enger Verbindung mit dem Bundesministerium für Unterricht erfolgt. Sie wurde durch die Erteilung von Lehraufträgen an den für das Handelsschulwesen zuständigen Beamten im Ministerium erleichtert. Dies war seit 1918 der langjährige Handelsschulprofessor, -direktor und Landesschulinspektor Klemens Ottel als Ministerialrat und „Konsulent für das kaufmännische Bildungswesen“. Er wirkte von 1918 bis 1940 auch als Vorsitzender der Prüfungskommission für das Lehramt an mittleren kaufmännischen Lehranstalten70 sowie von 1939 bis 1940 neben Dörfel auch als Mitvorstand des „Betriebswirtschaftlich-pädagogischen Instituts“71. Ihm haben die Handelsakademien das Maturarecht zu verdanken72 und er war der maßgebende Verfasser der Lehrpläne für die kaufmännischen Schulen von 1933/3573 und der Prüfungsvorschrift für das Lehramt von 193574. Durch seinen Berufsweg war er kollegial mit Schmid und Dörfel verbunden. Diese drei Wegbereiter der österreichischen Handelsschullehrer-Ausbildung waren einander auch darin ähnlich, dass ihre betriebswirtschaftliche Kompetenz und ihre Leistungen als Verfasser von kaufmännischen Lehrbüchern größer waren als ihre Kenntnisse von und ihr Interesse an wissenschaftlicher Pädagogik. Klemens Ottel75 wurde am 25. Juli 1869 in Wien geboren und war römisch-katholischer Konfession. Er besuchte bis 1888 die Wiener
70 Letztmalig im Personal- und Vorlesungsverzeichnis der HfW, Sommertrimester 1940, 22. 71 Ebenda, 21 und SS 1939, 10. 72 Vodrazka 1978. 73 Normallehrplan für Kaufmännische Fortbildungsschulen. Erlass vom 23. Juni 1933, Zl. 13.657; Normallehrplan für Kaufmännische Wirtschaftsschulen. Erlass vom 12. Juni 1934, Zl. 17.620; Normallehrplan für Handelsakademien. Erlass vom 21. Juni 1935, Zl. 20.557. VBl des BMfU 1935, Stück XIV. 74 Vgl. in diesem Buch S. 21ff. 75 Biographische Angaben nach HfW, Standesausweise der ausgeschiedenen Professoren/1940–45; Vodrazka 1978; ferner Nicklisch 1938/39, II, 813; Sedlak 1948, 259; Klein-Blenkers 1992, 286f.
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VIII. Pädagogik
an der
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für
Welthandel
Handelsakademie und arbeitete danach bis 1892 als Angestellter eines Wiener Großhandelsunternehmens. 1892/93 war er Assistent und von 1893 bis 1895 Supplent an der Privathandelsschule ehemals Pazelt in Wien. Daneben besuchte er Vorlesungen an der Universität und der Technischen Hochschule in Wien. 1895 hat er in Wien die Prüfung für das Lehramt an höheren Handelsschulen (Handelsakademien) abgelegt. Im gleichen Jahr wurde er Professor an der Höheren Handelsschule in Olmütz (mit deutscher Unterrichtssprache), 1898 an der gleichartigen Anstalt in Brünn (Mähren). 1902 kehrte er als Direktor an die Olmützer Handelsakademie zurück. 1896 hat er geheiratet. Aus seiner Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. 1914 wurde Ottel als Landesschulinspektor nach Niederösterreich berufen und 1918 in das Unterrichtsministerium, wo er 1923 zum Ministerialrat und 1924 zum Konsulenten für das kaufmännische Bildungswesen ernannt wurde. Seit 1923 lehrte er als Honorardozent für Bankverkehrslehre mit dem Titel eines ordentlichen Professors an der Hochschule für Welthandel sowie als Honorarprofessor an der Technischen Hochschule und der Universität Wien. Er war weder promoviert noch habilitiert. Ottels „Lehrbuch der Handelskunde für höhere Handelslehranstalten“ von 1900 hat bis 1927 zehn Auflagen erreicht. Weitere Lehrbücher über kaufmännische Betriebskunde, Wechselkunde, „Die Technik des Welthandels“ und „Die Technik des wirtschaftlichen Verkehrs“ (1922) sind gefolgt. Demgegenüber fehlen gänzlich – wie bei Dörfel – nennenswerte Schriften zur Wirtschaftspädagogik. Ein Heft über „Strukturänderungen im kaufmännischen Bildungswesen“ von 1934 bietet nicht mehr als ein kurzes Referat am II. Österreichischen Handelsschultag in Wien. Seine wissenschaftlichen Leistungen lagen im Rechnungswesen und in der Handelskunde. 1940 hat sich Ottel aus dem Lehramt zurückgezogen. Am 13. November 1945 ist er im Alter von 76 Jahren in Wien gestorben.
Kolumnentitel
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2. LEHRAUFTRÄGE, INSTITUT UND ERSTER LEHRSTUHL FÜR WIRTSCHAFTSPÄDAGOGIK NACH DEUTSCHEN RICHTLINIEN: 1938–1945 Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 ist die Ausbildung der Handelslehrer schrittweise bis 1940 auf den deutschen Studienplan vom 2. Mai 19351 und die Prüfungsordnung vom 24. März 19372 umgestellt worden. Im Unterschied zu den österreichischen Vorschriften brachte das eine von acht auf sechs Semester verkürzte Mindest-Studienzeit, weil die lehramtspezifischen Studienelemente in das Diplom-Studium integriert und diesem nicht – wie in Österreich – als einjähriges pädagogisches Zusatz- oder Aufbau-Studium angeschlossen wurden. Das war gegenüber der österreichischen Regelung ein Verlust an Ausbildungszeit in den Wirtschaftsfächern und eine Abwertung des Studienganges gegenüber jenen akademischen Berufen, für die eine Mindeststudienzeit von acht Semestern vorgeschrieben war. Für die 1935 in Österreich getroffene Lösung hatte sich die deutsche „Handels-Hochschul-Konferenz“ schon 1930 eingesetzt.3 Auch in den „Richtlinien für das Studium der Wirtschaftswissenschaft“ des Berliner Ministeriums von 1935 wurde eingestanden: „Der Studienplan ist auf ein Mindeststudium von sechs Semestern zugeschnitten. Eine ausreichende Durchdringung des Stoffes wird jedoch kaum ohne Zugabe weiterer Semester möglich sein. Es wird daher dringlichst empfohlen, dem Wirtschaftsstudium sieben oder acht Semester zu widmen.“4 Neu war für Österreich ferner, dass das Studium der Handelslehrer nunmehr mit dem akademischen Grad „Diplom-Handelslehrer“ abgeschlossen wurde. Er trat gleichwertig neben die Titel „Diplom-Volkswirt“ und „Diplom-Kaufmann“. Damit war das Handelslehrer-Studium hochschulrechtlich erstmals als von Beginn an selbständiger Studiengang neben den Diplom-Studien für Volkswirte und Kaufleute anerkannt, wenn auch die meisten betriebswirtschaftlichen Fächer mit dem Studiengang der Diplom-Kaufleute identisch waren. Dementsprechend ist die „Pädagogik“ im Studienplan an den Anfang gerückt. Ihr waren folgende Vorlesungen (mit Stundenzahl und
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Amtsblatt des RMW 1935, Nr. 244, S. 190ff. Amtsblatt des RMW 1937, Nr. 201, S. 187ff. Pleiss 1973, 199f. Amtsblatt des RMW 1935, II. 1, S. 191.
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für
Welthandel
Semesterangabe) zugeteilt: Einführung in die Philosophie (2stündig im I. Semester), Allgemeine Pädagogik (2stündig im II. Semester), Geschichte der Erziehung (einstündig im III. Semester), Jugendkunde (einstündig im III. Semester), Allgemeine Psychologie (1-2stündig im III. Semester), Theorie der Berufs- und Wirtschaftspädagogik (2stündig im IV. Semester), Aufbau und Organisation des beruflichen Bildungswesens (einstündig im IV. Semester) und Allgemeine Berufsschulund Fachschuldidaktik (2stündig im V. Semester).5 Die Semester-Wochenstundenzahl für die Fächerkombination Pädagogik, Philosophie, Psychologie und Jugendkunde war im deutschen Studienplan mit 12–13 Stunden etwas niedriger als im österreichischen mit 15 Stunden. Die mengenmäßige wie die inhaltliche Konzentration auf das Spezialfach „Berufs- und Wirtschaftspädagogik“ war jedoch in den deutschen Richtlinien stärker. Sie betrug 5 Semester-Wochenstunden, denen in Österreich nur zwei Stunden für „Fachschulpädagogik unter besonderer Berücksichtigung des Unterrichtes an mittleren kaufmännischen Lehranstalten“ gegenüberstanden. Das lag daran, dass die österreichische Prüfungsvorschrift zu sehr auf die Vorschriften für das Mittelschullehramt mit der „Allgemeinen Theorie und Geschichte der Pädagogik“ als pädagogischem Kernfach6 fixiert gewesen ist. Ihr schultypspezifischer Teil begnügte sich mit der besonderen Unterrichtslehre der kaufmännischen Fächer, d.h. mit Handelsschulmethodik. Darin ist sie dem deutschen Studiengang überlegen gewesen. Vom Gedanken an eine erziehungswissenschaftliche Spezialdisziplin „Wirtschaftspädagogik“ wie vom Gebrauch dieses Begriffes war sie aber noch weit entfernt. Demgegenüber brachten die deutschen Vorschriften eine Horizont erweiterung auf „Berufs- und Wirtschaftspädagogik“ als Theorie des gesamten „beruflichen Bildungswesens“. Sie gingen damit weit über bloße „Berufsschul- und Fachschuldidaktik“ hinaus, ohne deren Bedeutung für die Ausbildung der Lehrer zu schmälern. In der „Ordnung der Diplomprüfung für das Handelslehramt“ bildete „Pädagogik“ eines der beiden Pflichtgebiete neben „allgemeiner Betriebswirtschaft“. In der schriftlichen Prüfung war eine von vier Klausurarbeiten in „Pädagogik“ zu schreiben.7 Um zur Prüfung zugelassen zu werden, musste der Kandidat „zwei Semester hindurch mit
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Ebenda, V, S. 194. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 154ff. Amtsblatt des RMW 1937, Nr. 201, § 3, § 6, 194f.
Ausbaupläne unter Kolumnentitel deutscher Herrschaft: 1938–1945
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Erfolg am Unterricht und an den Übungen in einer Berufs- oder Handelsschule teilgenommen haben“ sowie „ein Jahr kaufmännisch tätig gewesen sein“8. In den Jahren 1938 und 1939 hat sich unter deutscher Herrschaft bei der Lehrerausbildung an der Hochschule für Welthandel zunächst wenig geändert. Da es noch keinen Lehrstuhl für Pädagogik gegeben hat und die wenigen pädagogischen Lehrinhalte an der Universität vermittelt worden sind, gab es keinen Anlass, in diesem weltanschaulich bedeutsamen Fach – wie an den Universitäten Wien9 und Innsbruck10 – einen Professor aus politischen Gründen zu entlassen. So ist die Leitung weiterhin beim Betriebswirtschafter Dörfel verblieben. Dadurch ist die Kontinuität der österreichischen Ausbildungsform weitgehend erhalten geblieben. Geändert wurden nur einige Namen. Die Hochschule erhielt 1938 sogleich die zusätzliche Bezeichnung „Wirtschaftshochschule“ (in Klammer).11 Das „Pädagogisch-methodische Seminar“ von Dörfel wurde in „Wirtschaftspädagogisches Seminar“ umbenannt12. Das „Betriebswirtschaftlich-pädagogische Institut“ erhielt 1942 den Namen „Wirtschaftspädagogisches Institut“ und wurde weiterhin von Dörfel als Direktor geleitet. Eine wichtige Änderung ist auch im Vorlesungsverzeichnis erfolgt. Seit 1930 waren die pädagogisch-methodischen Lehrveranstaltungen lediglich am Ende unter der Rubrik „Kurse“ nach „a) Kurs zur Heranbildung von Buch- und Bilanzsachverständigen“, „b) Reklamewissenschaftlicher Kurs“ unter „c) Handelslehrerseminar“ angeführt worden – also im niedrigsten Rang außerhalb der wissenschaftlichen Fächer13. Ab Sommersemester 1939 gab es im Vorlesungsverzeichnis eine eigene Sparte für „Philosophie und Pädagogik“ (unter XII. und vor den „Kursen“). Dort wurden die im deutschen Studienplan vorgeschriebenen Vorlesungen zwar angekündigt14, aber mangels qualifizierter Hochschullehrer bis zum Herbst-Trimester 1940 ohne Namen der Dozenten. Sie scheinen also nicht durchgeführt worden zu sein.
8 Ebenda, § 2, 193. 9 Vgl. zur Enthebung von Richard Meister in diesem Werk Bd. 1, 401ff. 10 Vgl. zur Entlassung von Richard Strohal Bd. 2, 430ff. 11 HfW, Personal- und Vorlesungsverzeichnis 1938/39, 1. 12 Ebenda, 21. 13 Vgl. Vorlesungs- und Personalverzeichnis der HfW ab Studienjahr 1930/31, 18 bis 1938/39, 20f. 14 HfW, SS 1939, 24.
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Ein Antrag des Rektors an das Berliner Ministerium auf Einführung des Studiums für Diplom-Handelslehrer ist erst im Februar 1940 gestellt worden15. An der Ausarbeitung ist Dörfel beteiligt gewesen.16 Erst mit Erlass des Ministeriums vom 2. August 1940 ist die deutsche Prüfungsordnung für Diplom-Handelslehrer vom 24. März 1937 mit 1. September 1940 auch an der Hochschule für Welthandel in Kraft gesetzt worden.17 Für die pädagogischen Lehrveranstaltungen konnten zunächst nur Lehrbeauftragte aus dem Schuldienst und der Schulverwaltung gewonnen werden. Für die seit 1933 gehaltenen „Praktischen Lehrübungen“ (zweistündig)18 war schon ab 1938 der pensionierte Professor an der Handelsakademie Wien VIII Josef Utschig-Dittrich19 tätig, der wie Dörfel auch Mitglied der „Prüfungskommission für das Lehramt an mittleren kaufmännischen Lehranstalten“ war. Viel schwieriger war es, für die erziehungstheoretischen Vorlesungen Aushilfspersonal zu finden, bis ein Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik eingerichtet und besetzt werden konnte. Im Studienjahr 1940/1941 wurden fünf Lehrbeauftragte bestellt, darunter erstmals einer für das „Pflichtgebiet“ Pädagogik: Otto Pommer (1875–1945)20. Er war als einziger der fünf habilitiert und hat neben seinem Beruf als Mittelschullehrer und –direktor zwischen 1923 und 1941 als Privatdozent für Pädagogik an der Universität Wien gelehrt. Er war überzeugter Nationalsozialist und wurde sogleich auch zum Mitglied des neu gebildeten „Prüfungsamtes für Kaufleute und Handelslehrer“ bestellt21, das 15 Rektor Kurt Knoll am 16. Mai 1940 an den Kurator der wissenschaftlichen Hochschulen Wiens, Zl. 372 mit Hinweis auf seine Eingabe an das RMW vom 22.2.1940, Zl. 372. AdR 02, Kurator, AZ 5438: 1940–1944 Hochschule für Welthandel, Prüfungsordnung für Diplom-Handelslehrer. 16 Schreiben des Rektors Kurt Knoll an den Prorektor Franz Dörfel vom 7.2.1940 mit der Bitte um Berichterstattung. HfW Präsidialakten 1940/I/1–100. Beilage zum Protokoll der Sitzung des Professorenkollegiums am 19.1.1940. 17 Dieser Erlass ist im Amtsblatt des RMW nicht veröffentlicht worden. Er wurde zitiert im Schreiben des Rektors Knoll vom 11.11.1941 an das RMW, Zl. 1220. AdR 02, Kurator, AZ 5438. 18 Sie wurden zwischen 1933 und 1938 von Dörfel gemeinsam mit Dr. jur. Friedrich Oberhummer gehalten, der Lehrer an der Handelsschule der Bundeserziehungsanstalt in Wien III gewesen ist. HfW, 1934/35, 12 und 35. 19 Er hatte den Titel „Regierungsrat“: Handbuch des Reichsgaues Wien, 63./64. Jg. (1941), 968. Personalakten sind weder im AWU noch im WSLA vorhanden. 20 Über Pommer vgl. in diesem Werk Bd. 1, 357–362. 21 HfW, Personal- und Vorlesungs-Verzeichnis, Trimester 1941, 21 und 25.
Ausbaupläne unter Kolumnentitel deutscher Herrschaft: 1938–1945
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1940 an die Stelle der österreichischen Prüfungskommission getreten ist. Er übernahm 1941 als erster die im deutschen Studienplan vorgeschriebenen Hauptvorlesungen über „Einführung in die Philosophie“, „Allgemeine Psychologie“, „Allgemeine Pädagogik“, „Geschichte der Erziehung“ und „Pädagogische Jugendkunde“.22 Mit dem Fach „Wirtschaftspädagogik“ wurde erstmals 1940 Hans Krasensky betraut. Er erhielt Lehraufträge für „Theorie und Praxis der Wirtschaftspädagogik“ und für die „Methodik der Betriebs- und Verkehrslehre“23. Geboren in Wien am 2. Juli 1903, katholischer Konfession, hat er 1922 an der Handelsakademie Wien I die Reifeprüfung mit Auszeichnung bestanden. Von 1923 bis 1925 hat er den Handelslehrerkurs der Hochschule für Welthandel und 1924/25 drei Semester an der Wiener Universität besucht. Am 20. Mai 1927 hat er die Prüfung für das Lehramt an Handelsakademien in der 1. Fachgruppe Wirtschaftswissenschaften mit der Note „gut“ bestanden. Von 1927 bis 1938 arbeitete er als provisorischer wirklicher Lehrer an der Handelsakademie der Wiener Kaufmannschaft in Wien VIII24 sowie als Fachlehrer an der Technischen Lehranstalt Wien VI und als Hilfslehrer an privaten Handelsschulen wie der Kaufmännischen Wirtschaftsschule der Dominikanerinnen in Wien XIII. Einen definitiven („pragmatisierten“) Dienstposten hat er in diesem Jahrzehnt nicht gefunden. „Für die Roten in Wien war ich zu schwarz, für die Schwarzen in den Bundesländern war ich zu rot, somit bin ich bei allen Bewerbungen um eine Lehrstelle durchgefallen. Die Braunen haben mich schon im Mai 38 hinausgeworfen!“25 Seine praktischen Erfahrungen im Wirtschaftsleben hat Krasensky von 1922 bis 1924 bei der Österreichischen Bodenkreditanstalt und 1938/39 als Sekretär der Mechanischen Faßfabrik Drechsler in Wien gewonnen. Von 1929 bis 1932 war er Mitglied des Gremiums der Buch sachverständigen. Seit 1933 war er verheiratet und hatte zwei Kinder. Krasensky war vor 1938 Mitglied des Verbandes der Berufslehrer an öffentlichen zweiklassigen Handelsschulen sowie des christlichen
22 AWU, Personalakt Pommer. 23 HfW, Präsidialakten 1940, Sitzung des Professorenkollegiums am 17.9.1940, TOP 5d. 24 AdR 02, Personalakt 304 Krasensky; Taschenjahrbuch für Mittelschullehrer 1937, 302. 25 Krasenksy in einem Brief vom 3.2.2006 an den Verfasser. PAB.
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Mittelschullehrerverbandes und hat im autoritären Ständestaat der „Vaterländischen Front“26 angehört. Unter nationalsozialistischer Herrschaft wurde er 1938 fristlos aus dem Schuldienst entlassen. Er fand eine Anstellung in der Industrie, die er jedoch infolge des Kriegsausbruches 1939 wieder verloren hat. Da die Rückkehr in den Schuldienst ohne Zugehörigkeit zur NSDAP aussichtslos erschien, ist er „aus wirtschaftlichen Gründen“ im Mai 1938 Anwärter und am 1. Juni 1940 Mitglied dieser Partei geworden, ohne je eine Funktion in ihr auszuüben.27 Durch diesen Schritt ist er 1939 wiederum in den Schuldienst gelangt – zunächst als außerplanmäßiger Lehrer an der Handelsschule (damals „Wirtschaftsschule“ genannt)28 in Wien IV. Im Zweiten Weltkrieg ist er bis auf 7 Wochen beim Landesschützen-Ersatz-Bataillon Eisenstadt (1942/43) vom Militärdienst verschont worden. Neben dem Schuldienst hat Krasensky von 1940 bis 1943 sieben Semester an der Hochschule für Welthandel studiert und am 18. Dezember 1943 das Doktorat der Handelswissenschaften mit „sehr gut“ erworben. Als Dissertation hat er eine „Betriebswirtschaftlich-historische Untersuchung“ (Untertitel) über „Die Bozener Marktordnung aus dem Jahre 1718“ im Umfang von 160 Seiten vorgelegt, die 1957 als Buch veröffentlicht worden ist. Neben seinen Lehraufträgen an der Hochschule für Welthandel hat Krasensky in den Jahren 1942 und 1943 auch noch einen Lehrauftrag für Handelskunde und Buchhaltung für Pharmazeuten an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien versehen.29 1944 erfolgten die Ernennung zum Studienrat und der Wechsel an die Handelsakademien (damals „Wirtschaftsoberschule“ genannt) Wien I und Wien VI. 26 Zu dieser 1933 von Bundeskanzler Engelbert Dollfuss gegründeten „Bewegung“ vgl. Schuschnigg 1938, 222ff.; Wende 1981, 466; Österreich Lexikon 1995, Band II, 541f. 27 Mitgliedsnummer 7.678.103. AdR 02, Personalakt 304 Krasensky, Personenstandsblatt vom 21.7.1945 mit Curriculum vitae; Beurteilungsblatt des BMfU vom 29.10.1951. – Vgl. die Ähnlichkeit der Umstände beim Grazer Dozenten Karl Wolf (1940) in diesem Werk Bd. 2, 219. 28 Die seit 1934 gebrauchte Bezeichnung „Kaufmännische Wirtschaftsschule (zweiklassige Handelsschule)“ ist durch Erlass vom 8. Feber 1939 durch die Bezeichnung „Wirtschaftsschule“ ersetzt worden. Verordnungsblatt 1939/Nr. 28 des MikA IV, S. 40. 29 Gemeinsam mit Dr. Friedrich Grossschopf. Personal- und Vorlesungsverzeichnis der Universität Wien, SS 1942, 54 und WS 1942/43, 178.
Ausbaupläne unter Kolumnentitel deutscher Herrschaft: 1938–1945
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Hans Krasensky verdient unter den 1940 bestellten Lehrbeauftragten die größte Beachtung, weil ihm das für die Handelslehrer-Ausbildung zentrale Fach „Wirtschaftspädagogik“ anvertraut worden ist und weil er es mit wachsendem Rang und Einfluss 33 Jahre lang vertreten hat – davon zwischen 1951 und 1973 als erster und einziger Hochschulprofessor dieses Faches in Österreich. Für Dörfel und das Professorenkollegium hat es nahe gelegen, Krasensky vorzuschlagen, weil dieser sich schon früh mit der Didaktik des kaufmännischen Unterrichts beschäftigt hat. Bereits 1935 hat er im Alter von 32 Jahren ein Buch über „Grundzüge der Wirtschaftspädagogik entwickelt aus dem Objekt der Betriebswirtschaftslehre“ im Umfang von 117 Seiten veröffentlicht. Es ist in der Schriftenreihe „Betriebswirtschaft“ erschienen, die von Julius Ziegler mit anderen Professoren der Hochschule für Welthandel herausgegeben worden ist. Darunter waren Franz Dörfel und der als Referent für das kaufmännische Bildungswesen im Unterrichtsministerium bewährte Ministerialrat und Honorarprofessor Klemens Ottel30. Krasenskys Schrift ist nicht – wie das Wort „Grundzüge“ im Titel vermuten lassen könnte – eine systematische Einführung in die Theorie der Wirtschaftserziehung, sondern eine voraussetzungsreiche und schwer verständliche „Kritik des Gesamtaufbaues“31 der kaufmännischen Unterrichtsfächer unter rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Im Zentrum steht das didaktische Problem der Auswahl, Gliederung und Verteilung des Lehrstoffes. Als Reform zur Überwindung der Zersplitterung wurde die Konzentration auf „die Betriebswirtschaftslehre als Hauptgegenstand“, „durchgängiges Hauptfach“ oder „Leitfach“ im Anschluss an „die wissenschaftliche Betriebswirtschaftslehre“ „unter Aufrechterhaltung des gefächerten Unterrichtes“ empfohlen32. Methodisch sei hauptsächlich „der entwickelnde Frageunterricht mit einzelnen Vortragsstunden … anzuwenden“.33 Wissenschaftstheoretisch ist Krasenskys Ansatz später als „heteronomgrundwissenschaftlich“ charakterisiert worden, „weil hier das wirtschaftspädagogische Anliegen mit den Mitteln und über die Fragestellung einer anderen Wissenschaft gesucht und begründet wird“. Da-
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Über Ottel vgl. in diesem Buch S. 25f. Krasensky 1935, 24. Ebenda, 84, 97, 99. Ebenda, 95.
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durch unterscheide sie sich wesentlich von jenem Ansatz, der „die Erziehung des wirtschaftenden Menschen als Erkenntnisgegenstand der Wirtschaftspädagogik“ bestimmt und diese „als erziehungswissenschaftliche Disziplin“ ansieht34. Nach seiner handelsschul-didaktischen Studie von 1935 hat Krasensky 1937 eine Schrift über „Wirtschaftspädagogik und Werksgemeinschaft“ im Umfang von 30 Seiten publiziert, die Franz Dörfel gewidmet war. Sie beweist, dass er nicht nur mit der Didaktik der Wirtschaftslehre vertraut gewesen ist, sondern auch mit der Betriebspädagogik. Er hat mit dieser Schrift ausdrücklich den Zweck verfolgt, „einen weiteren Beitrag zum Aufbau der Wirtschaftspädagogik zu leisten“.35 Sie fußt ideell auf dem berufsständischen Prinzip des autoritären Ständestaates und rechtlich auf dem Bundesgesetz vom 12. Juli 1934 über die Errichtung von Werksgemeinschaften36 in Verbindung mit dem sogenannten Ermächtigungsgesetz37, durch welches das parlamentarisch-demokratische Regierungssystem formell abgeschafft worden ist. Krasensky hat diesen rechtlich-politischen Rahmen sachlich als gegeben vorausgesetzt und sich ganz auf die Betriebsgemeinschaft als „echtes betriebswirtschaftliches Sozialorgan“ und seine „besondere(n) Erziehungs- und Bildungsaufgaben“ konzentriert.38 Die Wirtschaft sei eine „Gemeinschaftsaufgabe“ und der Betrieb „eine pädagogisch höchst wertvolle Sphäre“. Er enthalte „zahlreiche Ansatzstellen zur erzieherischen Arbeit“ für die berufstätigen Jugendlichen wie für Erwachsene. Neben einer Skizze der Betriebspädagogik wurden auch die Beziehungen zur Berufsschule behandelt und die Organisation ihrer Unterrichtsfächer nach dem „Leitfachgedanke(n) der Betriebskunde“ gefordert.39 Als dritter Lehrbeauftragter neben Pommer und Krasensky wurde der Oberregierungsrat Dr. juris Lukas Langhoff für das Gebiet „Recht und Verwaltung des beruflichen Bildungswesens“ gewonnen. Er war bis zum Ende der Ersten Republik als Sektionsrat für das gewerbliche
34 Dörschel 1971, 33ff. 35 Krasensky 1937, 5. 36 BGBl 1934, Nr. 153. 37 Bundesverfassungsgesetz vom 30. April 1934, BGBl, Nr. 255. Vgl. Klecatsky/ Morscher 1982, 9ff. 38 Krasensky 1937, 11f. 39 Ebenda, 25ff.
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Bildungswesen im Bundesministerium für Handel und Verkehr tätig gewesen40. Für „allgemeine Berufsschul- und Fachschuldidaktik“ und für „Aufbau und Organisation des beruflichen Bildungswesens“ bestellt wurde der Landesschulinspektor für das gesamte kaufmännische Unterrichtswesen Franz Metlitzky.41 Geboren 1889 in Weidbruck, hat er 1921 die Lehramtsprüfung für die kaufmännischen Fächer an Handelsakademien abgelegt und war seither als Professor an der Handelsakademie der Wiener Kaufmannschaft (damals „Wirtschaftsoberschule“) in Wien VIII beschäftigt42. Als fünfter Lehrbeauftragter wurde der Facharzt Dr. med. Karl Schuberth für „Schulhygiene“ gewonnen.43 Zusammen mit dem Lehrbeauftragten für „Praktische Lehrübungen“ Utschig-Dittrich44 standen also seit 1941 – dem dritten Kriegsjahr mit wachsendem Personalmangel – für die Handelslehrer-Ausbildung 6 Lehrbeauftragte zur Verfügung. Dazu kamen für die Besondere Unterrichtslehre noch folgende Personen: Professor Dörfel für „Methodik der Buchhaltungslehre“ (einstündig) und „Methodik des Unterrichts im wirtschaftlichen Schriftverkehr“ (einstündig); Krasensky für „Methodik der Betriebs- und Verkehrslehre“ (zweistündig) und der pensionierte Professor an der Handelsakademie („Wirtschaftsoberschule“) Wien I Rudolf Krencioch für „Methodik des wirtschaftlichen Rechnens“.45 Dieser war wie Dörfel auch Mitglied der Prüfungskommission für das Lehramt an mittleren kaufmännischen Lehranstalten46. Die einstündige Pflichtvorlesung für alle Studierenden der Hochschule über „Volk und Staat: Die nationalsozialistische Bewegung in der Ostmark“ wurde vom Professor für englische Sprache Kurt Knoll gehalten47. Er war Gaudozentenbundsführer der NSDAP und ist 1940 40 Personal- und Vorlesungsverzeichnis der HfW, SS 1941, 21; Taschenjahrbuch 1937, 23. 41 Personal- und Vorlesungsverzeichnis der HfW, Trisemester 1941, 21; SS 1941, 21. 42 Taschenjahrbuch 1937, 301. 43 HfW, SS 1941, 21. 44 Ebenda, 21. Vgl. in diesem Buch S. 30. 45 Ebenda, 38; zu Krencioch 20. 46 Taschenbuch 1937, 299. Geboren 1887 in Agram, Lehramtsprüfung 1912, seit 1913 im Schuldienst. 47 Ebenda, 38.
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vom Reichserziehungsministerium in Berlin als neuer Rektor eingesetzt worden. Knoll hat sich als Rektor mit fachlicher Unterstützung durch Dörfel und politischer durch den Kurator der wissenschaftlichen Hochschulen Wiens im Berliner Wissenschaftsministerium energisch für den Ausbau der Wirtschaftspädagogik eingesetzt. Er war davon überzeugt, dass die österreichische Prüfungsordnung für das Lehramt an Handelsschulen der deutschen „in einzelnen Punkten“ überlegen gewesen ist. Deshalb hat er vorgeschlagen, die „für das Altreich bestehenden Bestimmungen durch die Einführung von Vorlesungen und Übungen über Methodik des Unterrichtes, von Übungen in den praktischen Fertigkeiten und durch Vorschrift einer gewissen praktischen Erprobung im Lehramte selbst“ zu ergänzen. In diesen drei Punkten müssten die deutschen Bestimmungen „als nicht ausreichend angesehen werden“. Dagegen hätten sich „die österreichischen Bestimmungen in diesen Punkten für die Praxis der Lehrer außerordentlich bewährt“.48 Knoll hat damit erreicht, dass die „Anwärter für das Lehramt an Wirtschaftsoberschulen der Ostmark im Laufe ihres Studiums noch die Erfüllung einer Reihe von Bedingungen nachweisen müssen, die in der alten österreichischen Prüfungsordnung vorgesehen waren“. Diese habe „in einzelnen Punkten strengere Anforderungen an die Kandidaten“ gestellt, „die für die Ostmark beizubehalten, vorbehaltlich einer späteren reichseinheitlichen Regelung, nützlich sein würde“49. Als für das Fach wichtigste Neuerung hat Knoll am 12. Dezember 1941 beim Reichserziehungsminister die Einrichtung eines ordentlichen Lehrstuhles für Wirtschaftspädagogik im Etat für 1942/43 beantragt. Auch in diesem Antrag sind die besonderen Leistungen Österreichs für das Wirtschaftsschulwesen im südosteuropäischen Raum hervorgehoben worden. Er lautete wie folgt: „An allen deutschen Wirtschaftshochschulen und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten bestehen heute bereits Lehrstühle für Wirtschaftspädagogik; nur die Hochschule für Welthandel macht noch eine Ausnahme. Um diese Lücke auszufüllen, beantrage ich, an der
48 Rektor Knoll am 16. Mai 1940, Zl. 372, an den Kurator der wissenschaftlichen Hochschulen Wiens. AdR 02, Kurator, 1940–1944 HfW, Prüfungsordnung für Diplomhandelslehrer. 49 Erlass des RMW, WI Nr. 1693 vom 2. August 1940, zitiert im Schreiben Knolls an den Reichsminister vom 11. November 1941, Zl. 1220. AdR 02, Kurator 1940–1944, AZ 5438.
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Hochschule für Welthandel ein Ordinariat für Wirtschaftspädagogik zu schaffen. Die Wirtschaftspädagogik ist ein Wissenschaftszweig, der sowohl für den Diplomkaufmann als auch für den Handelslehrer von gleich großer Wichtigkeit ist. Sie umfasst neben der Wirtschaftsfachschulpädagogik, die dem Handelslehrer die Art der pädagogischen Behandlung seiner Schüler in der niederen und höheren Wirtschaftsschule aufzeigt, noch die Betriebspädagogik, die dem Kaufmann und Betriebsführer bei der Lösung seiner erzieherischen Aufgaben im Bezug auf soziale Ethik und im Bezug auf kulturelle und weltanschauliche Belange helfen soll. In diesem Sinne muss die Wirtschaftspädagogik auch die Wirtschaftspsychologie, die allgemeine Pädagogik und allgemeine Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Wirtschaftsphilosophie und der Wirtschaftsethik umfassen. Als ergänzende Aufgaben treten noch die Betreuung des niederen und höheren wirtschaftlichen Schulwesens vom Standpunkt der Lehrerausbildung und Lehrerweiterbildung und die Mitwirkung bei Lehrplänen und ähnlichen Fragen hinzu. In der Gesamtheit ergibt dies eine Fülle von Aufgaben, die für eine Wirtschaftshochschule von ganz besonderer Wichtigkeit sind und die Schaffung einer ordentlichen Lehrkanzel für dieses Gebiet rechtfertigen. Im besonderen muss noch bezüglich der Hochschule für Welthandel darauf verwiesen werden, dass sie die einzige Wirtschaftshochschule für das ganze Gebiet der Ostmark und des Sudetenlandes ist und dass sie darüber hinaus auch von jeher einen Grossteil des Lehrernachwuchses aus dem heutigen Protektorat, der Slowakei und der anderen Südoststaaten an sich gezogen hat. Die Wiener Wirtschaftshochschule hat in dieser Beziehung eine Tradition zu pflegen, die sich … auch darauf stützen kann, dass das frühere österreichische Wirtschaftsschulwesen vorbildlich ausgebaut und organisiert war und selbst im Auslande in dieser Richtung voll anerkannt wurde. Die Hochschule für Welthandel hat mit ihrer Dozentenschaft sich stets an die Spitze aller dieser Bestrebungen gestellt und dadurch dazu beigetragen, diesen Ruf des wirtschaftlichen Zweiges des österreichischen Fachschulwesens zu rechtfertigen.“50
50 HfW, Präsidialakten, Zl. 440/1941. Auch in AdR 02, Kurator 1940–1945, AZ. 1128, HfW, Lehrkanzel für Wirtschaftspädagogik. – Die Mitteilung des Rektors über seinen Antrag ist in der Professorensitzung erst am 12. März 1942 erfolgt. HfW, Protokoll, S. 2.
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VIII. Pädagogik
an der
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Der Kurator der wissenschaftlichen Hochschulen Wiens hat diesen Antrag schon am 16. Dezember 1941 an das Berliner Ministerium zur Entscheidung geschickt. Er hat dabei zugleich mitgeteilt, dass er im Entwurf zum Haushalt 1942 die beantragte Lehrkanzel sowie Dienstposten für einen wissenschaftlichen Assistenten und einen Büroangestellten nebst einer Erhöhung der Dotation für das Betriebswirtschaftlich-pädagogische Institut auf 2.000 Reichsmark jährlich eingefügt habe.51 Mit Ausnahme der Assistentenstelle sind alle vier Anträge genehmigt worden. Die Besetzung des neuen Lehrstuhls war äußerst schwierig, weil die „Wirtschaftspädagogik“ als wissenschaftliches Fach noch jung und ungefestigt gewesen ist.52 Ihre wenigen relativ überzeugenden Vertreter waren unabkömmlich und wissenschaftlicher Nachwuchs war noch nicht vorhanden. Der Besetzungsausschuss bestand aus Rektor Knoll als Vorsitzendem, Prorektor Dörfler als Berichterstatter, dem Professor für Betriebswirtschaftslehre und NS-Dozentenbundsführer der Hochschule Leopold Mayer und dem Betriebswirtschaftler Karl Oberparleitner. Alle vier waren bis zu deren Auflösung Mitglieder der österreichischen Prüfungskommission für das Lehramt an mittleren kaufmännischen Lehranstalten. Auf Vorschlag von Dörfler wurden folgende Personen für die Besetzung in Erwägung gezogen53: Walther Löbner, geboren 1902, seit 1939 ordentlicher Professor für Wirtschaftspädagogik an der Handelshochschule Leipzig; Fritz Urbschat, geboren 1884, seit 1931 außerordentlicher Professor für Wirtschaftspädagogik an der Universität Königsberg; Karl Seiler, geboren 1896, seit 1941 ordentlicher Professor für Psychologie und Pädagogik an der Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Nürnberg; Richard Malteur, geboren 1888, seit 1940 Honorarprofessor für Wirtschaftspädagogik an der Universität Heidelberg; Konstantin Eberwein54, geboren 1891, seit 1931 haupt-
51 Gemäß dreier weiterer Anträge des Rektors Knoll vom 12. und 13.12.1941, Zl. 441, 442 und 443 Pr/41. AdR 02, Kurator, Nr. Ia-1143/15.12.41. 52 Vgl. Pleiss 1973. 53 Brief von Rektor Knoll an Ministerialdirigent Dr. Hermann Südhof im RMW vom 4.9.1942. HfW, Präsidialakten Nr. 190/Pr/42. 54 Kurzbiographie bei Pleiss 1973, 184f. – „Eberwein erschöpfte sich in einer in beträchtlicher Breite ausgeübten Lehrtätigkeit und hinterließ kein Schrifttum“ (185).
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amtlicher Dozent für „Handelsschulpädagogik“ an der Universität Frankfurt am Main. Nachträglich kam noch Friedrich Schlieper hinzu55, geboren 1897, seit 1941 außerordentlicher Professor für Wirtschaftspädagogik an der Universität Köln. Erwünscht gewesen wäre auch Friedrich Feld, geboren 1887, seit 1930 Professor für Wirtschaftspädagogik an der Wirtschaftshochschule Berlin56. Er hatte jedoch einen Wechsel nach Wien von vornherein ausgeschlossen. Als Ergebnis der Beratungen hat Dörfel folgenden Dreiervorschlag ausgearbeitet: 1. Löbner, 2. Malteur, 3. Schlieper. Er ist vom Rektor am 28. September 1942 über den Kurator der wissenschaftlichen Hochschulen Wiens an den Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung geschickt worden.57 In einem Begleitschreiben Knolls wurde mitgeteilt, dass Urbschat „uns auch als Psychologe sehr wertvoll sein würde“, aber „für Wien bereits zu alt“ sei. „Wir müssen Wert darauf legen, … eine jüngere Kraft zu gewinnen, die uns auch eine längere Kontinuität ihres Wirkens sichert“58. Wie sahen die Berufswege und die erziehungswissenschaftlichen Leistungen der drei Kandidaten aus? Walther Löbner wurde am 14. Juni 1902 in Leipzig als Sohn eines Lithographen und Drogisten geboren und war evangelischer Konfession.59 Nach dem Besuch der Volksschule und Realschule absolvierte er von 1918 bis 1922 das Lehrerseminar in Leipzig. Von 1922 bis 1926 war er als Volksschullehrer tätig. 1926 erwarb er durch eine Ergänzungsreifeprüfung an der Oberrealschule die Hochschul-Studienberechtigung. Er studierte an der Handelshochschule und an der Universität in Leipzig Wirtschaftswissenschaften, Pädagogik, Psychologie und Handelsschulpädagogik. 1930 bestand er die sächsische Prüfung für das höhere Lehramt an Handelsschulen. 1931 erfolgte die Promotion auf Grund einer Dissertation im Umfang von 140 Seiten über „Die finanziellen Auswirkungen der Reichswasserstraßenpolitik von 1918–1930“, die im gleichen Jahr in den „Beiträgen zur Finanzkunde“ als Buch erschienen
55 Knoll am 9.9.1942 an Südhof als Antwort auf dessen „Anregungen“ vom 7.9.1942, die im Original nicht erhalten sind. HfW, Zl. 190/Pr/42. 56 Kurzbiographie: Horn 2003, 224. 57 HfW, Präsidialakten, Zl. 190/42; Protokoll der Professorensitzung am 18.9.1942, Zl. 191/Pr/42, TOP II, 3. 58 Knoll an Südhof am 21.9.1942. HfW, Präsidialakten, Zl. 190. 59 Biographische Angaben nach Löbner 1978; Kürschner 1940/41, 74; Pleiss 1973, 211; Horn 2003, 285f.; Böhm 2005, 418.
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an der
Hochschule
für
Welthandel
ist. Ab 1930 arbeitete er als Assistent von Professor Karl von der Aa (1876–1937)60 am Lehrstuhl für Handelspädagogik der Handelshochschule. Am 17. Februar 1934 erwarb Löbner mit einer Habilitationsschrift über „Wirtschaft und Erziehung“ die Lehrbefugnis als Privatdozent für Pädagogik und Psychologie. Sie ist 1935 im Umfang von 135 Seiten als Buch veröffentlicht worden. Er hat mit ihr „das Ziel verfolgt, die herkömmliche Handels- und Berufsschulpädagogik zur umfassenderen Wirtschaftspädagogik ausgestalten zu helfen“. Diese hat er „als eine Spezialdisziplin“ aufgefasst, die weit über Schule, Schüler und Lehrlinge hinaus „zu einem beträchtlichen Teil Erwachsenenpädagogik“ ist.61 Die Probevorlesung wurde über „Aktualität und Tradition als Grundprinzipien wirtschaftsberuflicher Bildungsarbeit“ gehalten. Löbner war seit 1932 verheiratet und hatte drei Kinder. 1933 ist er der NSDAP beigetreten. Im Wiener Besetzungsvorschlag hat Löbner mit Recht den ersten Platz erhalten. Er hatte „reiche Lehr- und Institutserfahrung“ und war publizistisch hervorragend ausgewiesen. Er galt als „für die Wiener Lehrkanzel besonders geeignet, da er sich viel mit Südostfragen beschäftigt hat“. „Seine Einfühlung in den Geist der Lehrerschaft an den Berufs-, Wirtschafts- und Wirtschaftsoberschulen der Ostmark“ sei „in hohem Grade gewährleistet“.62 Richard Malteur63 wurde am 4. Juni 1888 in Pforzheim als Sohn eines Kaufmannes geboren und war evangelischer Konfession. Er hat beruflich in der kaufmännischen Praxis im Exportgeschäft begonnen und dann eine Lehrerbildungsanstalt besucht. Nach kurzem Volksschuldienst hat er an der Handelshochschule Mannheim und der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften Frankfurt am Main studiert und 1911 in Baden die Staatliche Prüfung für das Lehramt an Handelsschulen abgelegt. 1924 erfolgte an der Universität Frankfurt die Promotion zum Dr. rerum politicarum auf Grund einer Dissertation über „Die Zwischenbilanz“. Seit 1912 im Handelsschuldienst wurde er 1924 Direktor der Handelslehranstalten in Pforzheim und 1932 Direktor der Handelsschule in Heidelberg. Von 1922 bis 1932 war er neben-
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Biographie bei Pleiss 1973, 179. Löbner 1978, 228 und 1935, 123. Dörfel im Dreiervorschlag vom 25. September 1942. HfW, Präsidialakten. Biographien: Kürschner 1940/41, 118f.; Pleiss 1973, 212; Horn 2003, 289f.
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beruflich Lehrbeauftragter für Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Hochschule Karlsruhe. 1934 übernahm er einen Lehrauftrag für Wirtschaftspädagogik an der Universität Heidelberg, wo er 1939 zum Honorarprofessor ernannt wurde. Auch er war Mitglied der NSDAP. In Zeitschriften hat Malteur über folgende Themen publiziert: „Die Wechsel- und Scheckgesetzgebung des neuen Reiches“ (1934), „Das berufliche Bildungswesen im Schrifttum der letzten Jahre“ (1936), „Die Neugestaltung der Lehrpläne für die Höhere Handelsschule und Handelsschule“ (1938), „Die Stoffauswahl für Lehrpläne der Höheren Handelsschule und Handelsschule“ (1939). Im Besetzungsvorschlag wurde seine enge Verknüpfung mit der Handelsschulpraxis betont, „durch die er in der Lage sein werde, auch der ostmärkischen Lehrerschaft ein geistiger Führer zu sein“. „Nachteilig könnte … nur sein Alter (54 Jahre) und seine bisher noch geringe Betätigung auf dem Gebiete der Betriebspädagogik sein“. Friedrich Schlieper64 wurde am 5. März 1897 in Soest (Westfalen) als Sohn eines Eisenbahn-Zugführers geboren und war katholischer Konfession. Auch er hat nach Besuch des Lehrerseminars Wipperfürth (Rheinland) und Militärdienst zunächst von 1919–1921 als Volksschullehrer gearbeitet. Ab 1921 hat er an der Universität Köln Volks- und Betriebswirtschaftslehre, Pädagogik und Psychologie studiert. 1924 hat er die Diplom-Handelslehrerprüfung bestanden, 1925 die Ergänzungsprüfung in Latein. 1928 erfolgte die Promotion zum Doktor der Philosophie auf Grund einer psychologischen Dissertation zum Thema „Der Entwicklungsgang einer manuellen Geschicklichkeitsleistung. Ein Beitrag zur Klärung des Begriffs Geschicklichkeit“. Sie ist in der „Zeitschrift für angewandte Psychologie“ (Band 32, 1929, 454-499) veröffentlicht worden. Erster Referent war Johannes Lindworsky (1875–1939). Schlieper war an kaufmännischen Schulen in Köln beschäftigt. 1933 ist er – bis dahin Mitglied des Zentrums – der NSDAP beigetreten. 1934 erhielt er an der Universität Köln einen Lehrauftrag für Methodik des Einzelhandelsunterrichts, der 1936 auf Wirtschaftspädagogik erweitert wurde. 1940 hat er mit einer Habilitationsschrift über „Die Grundformen wirtschaftsberuflicher Jugenderziehung“ die Lehrbefugnis als Dozent für Wirtschaftspädagogik erworben. Die Habilitationsschrift ist 1944 als Buch im Umfang von 276 Seiten erschienen. Vor-
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Biographien: Kürschner 1940/41, 600; Pleiss 1973, 212f.; Horn 2003, 332.
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VIII. Pädagogik
an der
Hochschule
für
Welthandel
ausgegangen waren Bücher über „Das Verkaufsgespräch“ (1930) und „Einzelhandel und Berufsschule“ (1939) sowie Aufsätze über „Psychologie des Verkaufs“ (1932), „Berufsnaher Unterricht in Berufsschulen“ (1938), „Betriebskunde des Einzelhandels“ (1940) usw. 1941 erfolgte die Ernennung zum außerordentlichen Professor für Wirtschaftspädagogik. Im Wiener Besetzungsvorschlag hieß es zu Schlieper: „Er ist hauptsächlich Betriebspädagoge und Vertreter der Berufspädagogik. Auf dem gerade in der Ostmark führenden Gebiete des mittleren Wirtschaftsschulwesens hat er keine praktischen Erfahrungen“. Man sieht aus diesem Dreiervorschlag und den vorausgegangenen Beratungen, dass habilitierte Fachleute für die neue Spezialdisziplin „Wirtschaftspädagogik“ im Deutschen Reich um 1942 noch äußerst selten gewesen sind. Das Missverhältnis zwischen Ausbauplänen und geeignetem wissenschaftlichen Personal war groß. Die Rekrutierungsbasis berufbarer Wirtschaftspädagogiker war noch schmäler als für Allgemeinpädagogiker. Unter diesen Umständen waren Löbner in Leipzig und Schlieper in Köln unersetzlich. Berufen wurde Malteur, aber dieser hat den Ruf nicht angenommen. Am 18. März 1943 hat das Ministerium nach Wien geschrieben, es sehe „der Einreichung von neuen Ersatzvorschlägen entgegen“, „da eine Abberufung der Professoren Dr. Löbner der Handelshochschule Leipzig und Dr. Schlieper an der Universität Köln derzeit nicht erfolgen kann“.65 Langwierige Versuche des Wiener Rektors, Malteur umzustimmen, sind vergeblich geblieben. Er hat am 16. Oktober 1943 aus „gesundheitlichen Bedenken“ endgültig abgelehnt66. Wiederum wurde Dörfel beauftragt, im Namen des Besetzungsausschusses einen neuen Besetzungsvorschlag auszuarbeiten. Er hat ihm mit erstaunlichem Freimut folgende Auswahlkriterien vorangestellt. „Für diese Besetzung“ könne „nur ein akademischer Lehrer in Betracht kommen“, der entsprechende „Einsicht in die Besonderheiten der ostmärkischen Wirtschaftsschulverhältnisse und in die dadurch hervorgerufene Eigenart der hiesigen neuen Lehrkanzel hat. Insbesondere muß der Inhaber dieser Lehrkanzel … 5 Aufgaben erfüllen: 1) Die Leitung des Institutes und die wissenschaftliche Pflege der Wirtschaftspädagogik, 65 Südhof vom RMW unter Zl. WP 635/43 an den Kurator der wissenschaftlichen Hochschulen in Wien. AdR 02, Kurator 1940–1945, AZ. 1143. 66 Malteur an Knoll.
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2) den Ausbau der engeren Betriebspädagogik und den Einbau dieser Disziplin in das Studium der allgemeinen Betriebswirtschafts lehre, 3) die Heranbildung eines geeigneten Lehrernachwuchses im alten ostmärkischen Geiste, 4) die Förderung der Bestrebungen um die Erhaltung der in der Ostmark vorhandenen 3 Arten von Wirtschaftsschulen: Berufsschulen, Wirtschaftsschulen und Wirtschaftsoberschulen und 5) die Betreuung der im Berufe stehenden Lehrkräfte dieser Schulen im Sinne einer geistigen und organisatorischen Führung. Die letzteren 3 Aufgaben kann aber nur jemand erfüllen, der Gelegenheit gehabt hat, im ostmärkischen Wirtschaftsschulwesen, vor allem in der Wirtschaftsoberschule praktische Erfahrungen zu sammeln und der dabei wissenschaftliche Eignung und organisatorische Begabung besitzt, der also unmittelbar aus diesem Berufskreise kommt. Unter diesem Gesichtspunkte können nur Angehörige der ostmärkischen Handelsschullehrerschaft selbst … in Betracht gezogen werden.“67 In seinem offiziellen Antrag an den Reichswissenschaftsminister vom 11. November 1943 hat Rektor Knoll die dritte Aufgabe schulpolitisch noch stärker zugunsten der österreichischen Tradition verdeutlicht. Sie lautete nun wie folgt: „3.) Die Heranbildung eines geeigneten Lehrernachwuchses in Fortführung der Ueberlieferung der ostmärkischen und sudetendeutschen höheren Wirtschaftsschulen, deren Bedeutung, sowie die Notwendigkeit ihrer Erhaltung und Fortführung nach Kriegsschluss nun auch von den massgebenden Persönlichkeiten der Reichsschulverwaltung und des praktischen Wirtschaftslebens anerkannt wird.“ Nach dieser Einleitung heißt es dann weiter: „Nach dem Fehlschlagen aller Bemühungen, eine geeignete Persönlichkeit aus dem Altreich zu gewinnen“, habe sich der Besetzungsausschuss im Einvernehmen mit dem Senat entschlossen, „auf einen Praktiker des österreichischen Wirtschaftsschulwesens zu greifen, … auch wenn er noch nicht auf größere wissenschaftliche Leistungen auf dem Fachgebiet der Wirtschaftspädagogik hinzuweisen vermag. Dafür bietet er … in politischer und charakterlicher Hinsicht Vorzüge, die gerade bei einem Lehrer der
67
Dörfel: Antrag vom 26. Oktober 1943. HfW, Präsidialakten 71/1943.
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VIII. Pädagogik
an der
Hochschule
für
Welthandel
Pädagogik ins Gewicht fallen müssen“. Die Hochschule schlage vor, „den Leiter der Grazer Wirtschaftsoberschule, Oberstudiendirektor Dr.jur. et Dr.phil. Franz Oberegger, zum ordentlichen Professor der Wirtschaftspädagogik zu ernennen“. Im Vorschlag wurde mitgeteilt, dass Oberegger das philosophische Doktorat im Fach Romanistik und das rechtswissenschaftliche Doktorat erworben habe; ferner das Lehramtsprüfungszeugnis für höhere Schulen in den Fächern Deutsch und Französisch. Außerdem habe er die Ergänzungsprüfung für das Lehramt an Wirtschaftsoberschulen für die Rechtsfächer sowie für Stenographie abgelegt. Nach zwölfjähriger Lehrtätigkeit an der I. Staatsoberrealschule in Graz sei er seit 1930 Lehrer an der Wirtschaftsoberschule Graz für die Fächer Deutsch, Französisch, Rechtslehre, Volkswirtschaftslehre, Bürgerkunde und Betriebslehre. Am 14. Juli 1939 wurde er zum kommissarischen Leiter dieser Schule bestellt und am 31. März 1941 zum Oberstudiendirektor ernannt. Wichtig sei, daß er „große organisatorische und schultechnische Erfahrung in allen drei Arten der Wirtschaftsbildungsanstalten“ wie auch in der Erwachsenen-Weiterbildung (Leiter der Abend-Wirtschaftsoberschule und Lehrtätigkeit bei der Deutschen Arbeitsfront DAF) habe. „Durch eine fast zwanzigjährige nebenberufliche Tätigkeit im praktischen Wirtschaftsleben, vor allem in der ostmärkischen Genossenschaftsbewegung und auf dem Gebiete des Handels und der Versicherung hat er sich ausgebreitete Kenntnisse und Erfahrungen aus der wirtschaftlichen Praxis erworben.“ Oberegger sei im Ersten und Zweiten Weltkrieg Frontkämpfer und Offizier der Infanterie gewesen. Seit dem 10. Juni 1932 sei er „Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 1.083.228) und der SS (Mitgliedsnummer 340.576), derzeit als SS-Hauptsturmführer“. In der Gauleitung des NSLB (Nationalsozialistischer Lehrerbund) sei er seit 1938 maßgeblich tätig. Für seine Verdienste um die Verteidigung Kärntens nach dem Ersten Weltkrieg habe er das „Kärntner Kreuz“ erhalten. „Im Hinblick auf die Schwierigkeiten der Ausarbeitung eines Dreiervorschlages“ sei der „primo et unico loco“-Vorschlag einstimmig beschlossen worden. Die Hochschule für Welthandel erblicke „in der Ernennung Obereggers die beste Lösung der Besetzungsfrage“68. 68 Rektor Knoll am 11. November 1943 an das RMW. HfW, Präsidialakten 71/1943. – Ergänzende Lebensdaten aus dem Personalakt Oberegger im LS und dem UG (Nationale, I. Sem. 1909/10 Phil.; I. Sem. 1914/15 Jur; Phil. Rigorosen Protokoll Nr. 891; Lehramtsprüfungszeugnis 113 vom 31. Juli 1915): geboren am
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In einem persönlichen Brief an Ministerialdirigent Südhof hat Rektor Knoll ihn gebeten, „alle anderen Möglichkeiten zu Gunsten unseres einmütigen Wunsches für diesmal zurückzustellen und sich für unseren Vorschlag einzusetzen“. Damit seien „keinerlei lokalpatriotische Erwägungen“ verknüpft. Er habe „das Fehlen einer ausgebreiteteren wissenschaftlichen Betätigung mit Publikationen zurückstellen zu müssen“ geglaubt, weil er bei den bestehenden Verhältnissen keinen anderen Weg sehe, „zu der nunmehr sehr dringend gewordenen … Besetzung dieser Lehrkanzel … zu kommen“.69 Das Wissenschaftsministerium hat weder Ja noch Nein gesagt, sondern die Sache hinhaltend behandelt. Ein halbes Jahr nach seinem Antrag hat Knoll bei der Professorensitzung am 26. Mai 1944 nur mitteilen können, dass „Oberegger, der auch für das wirtschaftspädagogische Ordinariat ausersehen ist“, für das Sommersemester 1944 einen „Lehrauftrag für Organisation des kaufmännischen Bildungswesens“ erhalten habe. Das „Institut für Wirtschaftspädagogik“ werde in das vierte Stockwerk kommen. „Zu seinen Aufgaben wird auch die Betriebspädagogik (Menschenführung im Betriebe) gehören, wobei an enge Zusammenarbeit mit der DAF gedacht wird, die die Errichtung einer Reichsakademie für Betriebsführung beabsichtigt.“70 Nach seiner ersten Vorlesung im Sommersemester 1944 hat Oberegger als zweite und letzte Veranstaltung im Wintersemester 1944/45 ein Seminar angekündigt über den „Gesetzentwurf zur Berufserziehung der deutschen Jugend des Jugendrechtsausschusses der Akademie für deutsches Recht“71.
3. März 1891 in Kladno (Böhmen) als Sohn eines Ingenieurs, römisch-katholisch, Volksschule in Rosenberg und Humanistisches Gymnasium in Amberg (Oberpfalz, Bayern); Abitur 1909; Studium an der Universität Graz, je ein Semester Innsbruck und Caen (Frankreich); Promotion zum Dr. phil. Graz am 18.12.1913 auf Grund einer germanistischen Dissertation „Beiträge zu den Kenntnissen des jungen Wieland“; Promotion zum Dr. der Rechte Graz am 11.11.1922; verheiratet seit 1920, eine Tochter. Zeugnis der Lehrbefähigung für die Fächer Deutsch und Französisch 1915. Seit Dezember 1918 Supplent, ab 1921 wirklicher Lehrer an der 1. Staats(Bundes-)realschule in Graz; seit 1932 an der Bundeshandelsakademie Graz; 1941–1947 als Oberstudiendirektor; 1949 in den dauernden Ruhestand versetzt. 69 Knoll am 11. November 1943 an Südhof. HfW, Präs. 71/43. 70 Protokoll, Präs. 23/1944, HfW. 71 HfW, WS 1944/45, 43; erste Vorlesung: SS 1944, 40. Der Gesetzentwurf ist 1942 in Stuttgart veröffentlicht worden. Nach Schlieper 1944, 258.
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VIII. Pädagogik
an der
Hochschule
für
Welthandel
Seine Nominierung als einziger Anwärter beleuchtet, wie groß der Mangel an erziehungswissenschaftlich qualifiziertem Personal für Wirtschaftspädagogik in der universitären Frühzeit dieses Faches gewesen ist – nicht nur in Österreich, sondern im ganzen deutschen Sprachgebiet. Sie zeugt aber auch davon, dass bei der Pädagogik ein niedrigerer Qualitätsmaßstab angelegt worden ist als bei anderen Disziplinen. Nur bei der Pädagogik schien fehlendes wissenschaftliches Niveau durch „Persönlichkeit“72 kompensiert werden zu können. Nur bei ihr wurde angenommen, dass ein Studium der Philologie nebst Schulpraxis genügt, um die Aufgaben eines Hochschulprofessors der Pädagogik erfüllen zu können. Mit dieser Einschätzung waren die Professoren der Hochschule für Welthandel allerdings nicht allein. Sie taten nur, was vor und nach ihnen auch Philosophische Fakultäten mehrfach getan haben, wenn Lehrkanzeln für Pädagogik zu besetzen waren.73 Grundsätzlich sollte die Dringlichkeit einer Stellen-Besetzung nicht dazu führen, sich notfalls mit relativ geringer Qualität der Kandidaten zu begnügen. Dass die Berufung von Oberegger in der Endphase des verlorenen Krieges „sehr dringend“ gewesen ist, wie es Rektor Knoll dem Ministerium dargestellt hat, kann angesichts der Statistik über die Diplomprüfungen für Handelslehrer 1941 bis 1944 bezweifelt werden: im Wintersemester 1941/42: 5 Kandidaten gemeldet, davon 4 bestanden (2 mit befriedigend, 2 mit genügend); Sommersemester 1943: 2 gemeldet, 2 bestanden (beide mit gut); Wintersemester 1943/44: 4 gemeldet, 3 bestanden. Sommersemester 1944: 9 gemeldet, 9 bestanden (einer mit gut, 6 befriedigend, 2 genügend).74 Prof. Kurt Knoll ist im Sommer 1944 als Rektor durch den Professor für Bank- und Versicherungswirtschaft Leopold Mayer abgelöst
72 Knoll schrieb an Südhof am 11.11.1943 über Oberegger von „einer festgeformten und abgerundeten politischen Persönlichkeit“, die auf dem Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik „so richtig auf ihrem Platz sein wird“. 73 Vgl. z.B. in diesem Werk Bd. 1, 363f.; 473; 511ff. 74 AdR 02, Kurator der wiss. Hochschulen in Wien 1940–1944. AZ. 5437: HfW, Prüfungsergebnisse des Diplomprüfungsamtes. – An der HfW waren im Studienjahr 1942/43 1.321 Hörer inskribiert, davon 517 Ausländer (vorwiegend aus Ostund Südosteuropa). Brusatti 1998, 106. Angaben über die Inskriptionen für Wirtschaftspädagogik fehlen.
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worden. Zugleich hat auch Dörfel sein Amt als Prorektor an den aus dem „Altreich“ berufenen Juristen Hellmut Georg Isele verloren. Damit hätte er auch aus dem Prüfungsamt ausscheiden müssen, weil dessen Stellvertretender Vorsitz dem Prorektor zukam. Mayer hat sich jedoch beim Kurator der wissenschaftlichen Hochschulen in Wien als Vorsitzendem des Prüfungsamtes für Kaufleute und Handelslehrer mit Erfolg dafür eingesetzt, dass dessen bisheriger Stellvertretender Vorsitzender Dörfel als Leiter des wirtschaftspädagogischen Institutes der Hochschule in dieser Funktion verbleibt, weil er „seit rund 25 Jahren die Angelegenheiten der Diplomhandelslehrer betreut“.75 Damit hat auch Mayer wie sein Vorgänger Knoll die österreichische Tradition im Handelsschulwesen gestützt. Diese Tradition ist damals gefährdet gewesen, weil das Reichserziehungsministerium 1943 die Reifeprüfung an den Wirtschaftsoberschulen (in Österreich früher „Handelsakademien“ genannt) abgeschafft hat. Das Reifezeugnis wurde durch ein einfaches Abschlusszeugnis ohne Reifeprüfung ersetzt. Damit entfiel die (eingeschränkte) Hochschulstudienberechtigung der Absolventen ebenso wie deren arbeitsrechtliche Einstufung als Maturanten. Es kam zu einer in der HitlerDiktatur beispiellosen Erregung und zu Protestaktionen „in weiteren Kreisen der Lehrer und namentlich der Elternschaft in der Ostmark und im Sudetenland“. Die verschiedensten Stellen, namentlich der Partei, wurden von den Eltern mit Eingaben bestürmt. Knoll hat darüber am 11. November 1943 einen vertraulichen Bericht an Südhof als für die Neuregelung verantwortlichen Beamten im Berliner Ministerium geschickt.76 Die Eltern hätten Eingaben an die Führerkanzlei und die Parteileitung gerichtet und seien nebst verschiedenen Wiener Kreisleitern und maßgebenden Persönlichkeiten der Gauleitung auch an ihn herangetreten. Er habe an einer Vorsprache der Elternschaft der Wiener Wirtschaftsoberschulen beim stellvertretenden Wiener Gauleiter Karl Scharitzer77 teilgenommen. 75 Rektor Mayer am 9.11.1944 an Kurator Dr. Walther von Boeckmann. HfW, Präs. 55/1944. 76 Knoll am 11.11.1943 an Südhof. HfW, Präs. 71/1943. 77 Scharitzer wurde 1901 in Freistadt (Oberösterreich) geboren und 1932 zum Gauleiter der NSDAP von Salzburg ernannt. 1932/33 gehörte er dem Bundesrat an. 1933 nach den nationalsozialistischen Terrorakten Flucht nach Deutschland. 1938– 45 Stellvertretender Gauleiter von Wien und Mitglied des Großdeutschen Reichstags, 1943 SS-Brigadeführer. 1956 in Wien gestorben. Handbuch Reichsgau Wien 1944, 61; Czeike, 1997, 65; Bruckmüller 2001, 422.
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VIII. Pädagogik
an der
Hochschule
für
Welthandel
„Die vorgebrachten Wünsche gipfelten darin, den 1938 an den Wirtschaftsoberschulen der Ostmark und des Sudetenlandes bestandenen Zustand wieder herzustellen und Änderungen erst nach Kriegs ende in Erwägung zu ziehen, wobei die Vertreter der Elternschaft und der Wirtschaft sowie der Lehrkörper der Wirtschaftsoberschulen zu befragen sein würden …. Die sehr aufgeregte Abordnung erklärte dem stellvertretenden Gauleiter, daß durch die Verfügung des Reichserziehungsministeriums die ihnen beim Eintritt ihrer Kinder in die Wirtschaftsoberschule zugesicherten Rechte verletzt worden seien. Sie würden auch nicht davor zurückschrecken, den Rechtsweg zu betreten. Der stellvertretende Gauleiter hat in Uebereinstimmung mit den in Betracht kommenden Kreisleitern den Standpunkt der Abordnung für gerechtfertigt erklärt und wird nach Vortrag beim Reichsleiter, Baldur von Schirach, einen ausführlichen Bericht an die Reichsparteileitung richten, wobei anzunehmen ist, dass auch der Reichsleiter selbst diesen Schritt unterstützt und auch die anderen in Betracht kommenden Gauleiter zu dieser Unterstützung auffordert. Ich bitte nochmals, diese Mitteilungen als nur zu Ihrer persönlichen Unterrichtung bestimmt zu betrachten. Ich selbst kann namens der Hochschule für Welthandel nur erklären, dass ich den von der Abordnung und dem stellv. Gauleiter vertretenen Standpunkt für durchaus verständlich halte.“ Als letztes Zeugnis für den Widerstand gegen eine Verschlechterung des österreichischen Handelsschulsystems sei ein Brief wiedergegeben, den Franz Dörfel als Direktor des Wirtschaftspädagogischen Instituts der Hochschule am 14. Dezember 1944 an den Bürgermeister der Stadt Wien gerichtet hat.78 „Das Wirtschaftspädagogische Institut der Hochschule für Welthandel verschließt sich nicht den Forderungen der harten Gegenwart, erlaubt sich aber zu den Gerüchten von einer Auflösung der Wirtschafts- und Wirtschaftsoberschulen (früher Handelsschulen und Handelsakademien) Stellung zu nehmen. Die im Zuge dieser Auflösung in Aussicht genommene Freimachung der beiden Schulhäuser auf dem Hammerlingplatz (Schönborngasse) bzw. in der Schulgasse würde das kaufmännische Schulwesen sehr hart treffen. … Das kaufmännische Schulwesen blickt in Wien auf eine mehr als 150jährige Entwicklung zurück. Die großen pädagogisch-methodischen
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AdR 02, Kurator, AZ. 6110/1944. HfW, kaufmännisches Schulwesen.
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Erfahrungen dieses alten Schulwesens und seine Leistungen waren stets und sind noch heute international anerkannt und für die meisten europäischen Länder Vorbild. Durch eine Auflösung würde nicht nur das Wiener Schulwesen, sondern das gesamte Schulwesen des Reiches eine empfindliche Lücke aufweisen. Die Hochschule für Welthandel legt besonderen Wert darauf, daß das von ihr gepflegte Fachwissen nicht nur in akademischer Form, sondern auch in breitester Weise an die damit befaßten Berufskreise herangetragen wird. Die Abgänger der Wirtschafts- und Wirtschaftsoberschulen stellen wertvolle Mitarbeiter in allen Zweigen der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung und sind gerade in einer gelenkten Wirtschaft unentbehrlich geworden. Sie bilden aber auch einen großen vollwertigen Teil der Hörerschaft der Hochschule selbst. Aufs Engste verbunden ist damit schließlich noch die Frage der Heranbildung eines tüchtigen Lehrernachwuchses für diese Schulen, seine wissenschaftliche Betreuung und Fortbildung. Seit Jahrzehnten gehört diese Aufgabe mit zu dem Wirkungskreise der Hochschule für Welthandel. Die diesbezüglichen Bemühungen haben ihren Niederschlag nicht nur in einer Reihe von methodisch-wissenschaftlichen Arbeiten der Angehörigen der Hochschule, sondern auch in einer aus den Kreisen der Lehrer der Wirtschafts- und Wirtschaftsoberschulen stammenden, weit über das Gebiet Deutschlands hinaus als führend anerkannten Lehrbuchliteratur dieser Schulgattungen gefunden. Zusammenfassend ersucht das Wirtschaftspädagogische Institut den Herrn Bürgermeister, das Möglichste zur Erhaltung dieses wertvollen Schulwesens zu tun.“ Dieser Brief dokumentiert gut das berufliche Selbstverständnis des Professoren-Kollegiums der Hochschule für Welthandel, das in den ersten 25 Jahren seit ihrer Gründung im Jahre 1919 und dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur im Jahre 1945 vorgeherrscht hat. Die Leistungen Dörfels in der Handelslehrer-Ausbildung waren überwiegend organisatorischer, betriebswirtschaftlicher und unterrichtsmethodischer Art. Mehr für den Ausbau der Wirtschaftspädagogik zu tun, war in der politischen und ökonomischen Notlage der Ersten Republik kaum möglich. Das Fach war dafür wissenschaftlich noch nicht reif genug. Personell musste am Nullpunkt begonnen werden. Unter nationalsozialistischer Herrschaft schien mit der Einrichtung eines Lehrstuhles für Wirtschaftspädagogik die volle akademische
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Anerkennung des Faches erreicht zu sein. Dörfel hat noch im letzten Kriegsjahr einen öffentlichen Impuls dafür gegeben. Sein „Wirtschaftspädagogisches Institut“ hat vom 17. bis 22. Juli 1944 erstmals seit 1937 wieder eine „Wirtschaftspädagogische Fortbildungswoche“ für Lehrer der Wirtschaftsschulen in den „Ostmarkgauen“ veranstaltet. An ihr haben in den Räumen der Hochschule 172 Personen teilgenommen. Unter den 21 Referenten war die Wirtschaftspädagogik nur durch Dörfel, Krasensky, Metlitzky und den Studiendirektor August Pekarek vertreten. Promoviert war davon nur Krasensky (mit einer wirtschaftshistorischen Studie), habilitiert keiner. Dörfel sprach als Leiter und Prorektor über „Faktoren und Funktionen der Wirtschaftspädagogik“; Krasensky hielt zwei Referate über „Das Persönlichkeitsbild des Wirtschaftspädagogen“ und über „Methodik der kaufmännischen Fächer“; Metlitzky über „Stellung und Aufgaben der Wirtschaftsoberschule“; Pekarek über „Stellung und Aufgaben der Wirtschaftsschule“. Diese Veranstaltung scheint vor allem den schulpolitischen Zweck gehabt zu haben, die Lehrer im Eintreten für das österreichische Handelsschulwesen zu bestärken. Im Bericht über sie wurde hervorgehoben, dass die beiden Referate von Metlitzky und Pekarek „eine sehr rege Diskussion ausgelöst“ hätten, „in welcher der besondere Wert des ostmärkischen Schulsystems anerkannt wurde. Vor allem wurde auch die organisatorische Teilung in zwei- und vierklassige Schultypen hervorgehoben und deren Beibehaltung gefordert“.79 Ein Zeugnis für wissenschaftliche Qualität und praktischen Nutzen des Faches „Wirtschaftspädagogik“ ist diese Fortbildungswoche nicht gewesen. Der ihm gewidmete Lehrstuhl ist zu früh eingerichtet worden und unbesetzbar geblieben. Das „Wirtschaftspädagogische Institut“ war fachlich und räumlich mit dem „Verkehrswirtschaftlichen Institut“ verbunden80 – ohne erziehungswissenschaftlich qualifizierten Leiter, ohne Assistenten, ohne Hilfskraft. Beachtlich war nur seine selbständige Fachbibliothek mit rund 1.300 Bänden, jedoch lediglich 2 Zeitschriften81.
79 AdR 02, Kurator 1940–1944, AZ. 1150 Fortbildungswoche (mit Kopie der „Tagesordnung“). 80 Vgl. Personal- und Vorlesungsverzeichnis der HfW, WS 1944/1945, 27. 81 Mitteilung Dörfels anlässlich einer vom RMW angeordneten Erhebung gemäß Erlass vom 11.6.1941 Zl. WA 550/41. HfW, Präsidialakten 1941/III.
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In den ersten 15 Jahren seit Gewährung des Promotionsrechtes im Jahre 1930 ist nur eine einzige wirtschaftspädagogische Dissertation entstanden. Sie ist von Dörfel betreut worden. Am 17. Oktober 1939 ist Leopold Illetschko auf Grund seiner Schrift „Der Bildungswert des Wirtschaftsunterrichts“ zum Doktor der Handelswissenschaften promoviert worden. Sie ist im Umfang von 94 Seiten im gleichen Jahr als Heft 2 der „Beiträge zur angewandten Wirtschaftslehre“ erschienen. Diese Schriftenreihe ist von Dörfel, Ottel und drei weiteren Professoren der Hochschule für Welthandel82 herausgegeben worden. Illetschko galt wegen seiner Dissertation als wissenschaftliche Nachwuchskraft für das Fach Wirtschaftspädagogik, obwohl seine Interessen schon damals in der Betriebswirtschaftslehre beim Rechnungs- und Steuerwesen lagen. Deshalb ist hier noch ein Blick auf seinen Werdegang angebracht.83 Er beleuchtet, wie rückständig die Wirtschaftspädagogik damals noch gewesen und wie nebensächlich sie an der Hochschule eingeschätzt worden ist. Leopold Illetschko wurde am 22. Oktober 1902 in Wien geboren, war römisch-katholisch und hat nach der Reifeprüfung an der Staatsrealschule in Wien XVIII bis 1935 als Kassier, Buchhalter und Prokurist in einer Wiener Verlagsbuchhandlung gearbeitet. Daneben hat er von 1922 bis 1935 an der Hochschule für Welthandel studiert. 1929 hat er die Diplom-Prüfung bestanden. 1935 und 1937 erfolgten drei Lehrbefähigungsprüfungen für die kaufmännischen Fächer, Volkswirtschaftslehre und Rechtslehre an mittleren kaufmännischen Lehranstalten. Ab 1936 arbeitete er als Hilfslehrer an der Handelsakademie Klagenfurt, wurde jedoch am 15. März 1938 aus politischen Gründen enthoben. Ohne Eintritt in eine Gliederung der nationalsozialistischen Partei schien damals ein Verbleib im Lehrberuf aussichtslos zu sein. Dank seiner Meldung als Anwärter der NSDAP fand er ab April 1938 erneut eine Anstellung als Hilfslehrer an der Wirtschaftsoberschule Wien I. Nach seiner Promotion war er an der Hochschule für Welthandel für das Sommersemester 1940 als Lehrbeauftragter für Wirtschaftspädagogik vorgesehen84. Dieser Lehrauftrag konnte jedoch nicht erteilt werden, weil ein Gutachten des NS-Lehrerbundes politisch ge 82 Leopold Mayer, Karl Oberparleiter, Karl Seidel. 83 Nach dem Personalakt im AWU; Loitlsberger 1963, 201f.; Klein-Blenkers 1992. 84 Schreiben von Illetschko an das Rektorat der HfW vom 10.12.1945. Personalakt im AWU.
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gen ihn ausgefallen war. Seine Aufnahme in die NSDAP wurde durch deren Reichsleitung am 16. September 1943 abgelehnt. Da ihm die Verbeamtung als Lehrer versagt wurde, hat er sich 1943 als Finanzund Wirtschaftsberater selbständig gemacht. Von 1943 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges hatte er Militärdienst in der Deutschen Wehrmacht zu leisten. In seiner Dissertation hat Illetschko versucht, den formalen Bildungswert des Wirtschaftsunterrichts „kulturphilosophisch“ nachzuweisen und ein „neues“ „beruflich ausgerichtetes“ „wirtschaftliches Bildungsideal“ vorzustellen. Es sei „durch den nationalrevolutionären Umbruch und die anhebende Neuordnung Europas notwendig“ geworden und müsse „wahrhaft realistisch“ und „völkisch“ sein.85 Die ideologischen Vorstellungen der Nationalsozialisten wurden jedoch nur am Rande berührt. Im Kern ging es darum, das „erstarrte Bildungsideal“ des Neuhumanismus wie „das naturwissenschaftlich orientierte Bildungsideal der Aufklärung“ einer „Revision“ zu unterziehen und die „noch immer bestehende und genährte Vorrangstellung der nichtberuflich ausgerichteten Schulgattungen zu brechen“86. Als Abhilfe wurde vorgeschlagen, dass „unter den Berufsfachschulen genügend Anstalten errichtet werden, die zum Abitur führen, wie die ostmärkische Wirtschaftsoberschule bzw. Handelsakademie“. Zur Unterstützung wurde „als Kronzeuge Goethe“ herangezogen mit seiner Ansicht aus „Wilhelm Meisters Wanderjahre(n)“, „daß alle wahre Bildung nur durch und über den Beruf erfolge“. „Durch den Beruf allein“ entstehe „die unauflösliche Bindung an die Gemeinschaft“ und „wenn das Nützliche erschlossen ist, dann öffnet sich auch das Reich des Wahren, des Guten und des Schönen …“.87 Insgesamt handelte es sich bei der Dissertation um einen Bericht über die Entwicklung des kaufmännisch-wirtschaftlichen Schulwesens mit dem Zweck, „in völkischer Ausrichtung“ für eine Wirtschaftswissenschaft als „politische Wissenschaft“ zu werben, die „1. über eine arteigene Methode verfügt, 2. im Bereich menschlicher Kultur eine bedeutsame Rolle spielt“ und Bildungsgüter enthält, die „keineswegs hinter anderen Bildungsgütern zurückstehen“88. 85 Illetschko 1939, 75ff. 86 Ebenda, 88. Hervorhebung im Original. 87 Ebenda, 75 und 89. Zur notwendigen Interpretation und Ergänzung vgl. W. Flitner 1948, 209ff. 88 Illetschko 1939, 46.
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Dem „Bildungswert“ des Wirtschaftsunterrichts als Thema der Dissertation waren nur 19 Seiten gewidmet. Herausgekommen ist nicht mehr als die inhaltsarme Behauptung, dass er „das Denken“ und die „Willenskräfte“ „genau so schult“ wie jeder andere Unterricht89. Da es in ihm um ein „Erkennen“ gehe, „das vom Können her beeinflußt ist“, vermöge er durch die „Berufsidee“ und das „Gemeinschaftserlebnis“ in der „Wirtschaftsgemeinschaft“ „Gesinnung“ und „Haltung“ sogar „tiefer“ zu formen „als jeder andere Unterricht“90. Durchgängig fehlte diesen Ausführungen jeder Bezug zur einschlägigen psychologischen und pädagogischen Forschung. In logischer, ideengeschichtlicher und philosophischer Hinsicht war die Argumentation verworren. Es liegt nahe, in dieser einzigen wirtschaftspädagogischen Doktorarbeit91 einen Beleg für das dürftige wissenschaftliche Niveau des Faches während der Ära Dörfel zu sehen. Zu wissenschaftlicher Arbeit an Dissertationen, Habilitationsschriften oder Forschungsprojekten ist es im „Wirtschaftspädagogischen Institut“ bis 1945 und lange darüber hinaus nicht gekommen. Das lag nicht allein an der Diktatur und am Krieg, sondern auch an der generell noch dürftigen Verfassung des Faches und an seiner besonders schwachen Vertretung in Wien.
3. STILLSTAND UND LANGSAMER FORTSCHRITT IN DER ZWEITEN REPUBLIK: 1945–1951 Der Untergang der nationalsozialistischen Diktatur am Ende des Zweiten Weltkrieges und die Besetzung durch die Siegermächte hat die Wiederherstellung der Republik Österreich ermöglicht. Schon am 27. April 1945 hat die Provisorische Staatsregierung unter Karl Ren 89 Ebenda, 76f. 90 Ebenda, 82ff. 91 Ihr Verfasser Illetschko hat 1950 an der Hochschule für Welthandel auf Grund einer Habilitationsschrift über „Die Wirtschaftsrechnung als Leistungsrechnung“ die Lehrbefugnis für Betriebswirtschaftslehre erworben und ist am 30. April 1951 zum a.o. Professor für dieses Fach (mit besonderer Berücksichtigung des Rechnungs- und Revisionswesens) ernannt worden; 1956 o. Professor; 1968 Ruhestand; 1972 Ehrendoktorat der Universität Graz. Zu seiner Bedeutung vgl. Vodraz ka 2000, 231f. Zur Wirtschaftspädagogik sind nach der Dissertation keine weiteren Publikationen erschienen. Vgl. das Schriftenverzeichnis bei Loitlsberger 1963, 203–208.
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deren Unabhängigkeit erklärt. Verfassungsrechtlich wurde dabei an die gesetzliche Ordnung angeknüpft, die vor dem Ende der parlamentarischen Demokratie am 5. März 1933 bestanden hatte, statt an die Verfassung des autoritären Ständestaates von 1934.1 Hochschulrechtlich kehrte man zu den Studien- und Prüfungsvorschriften zurück, die bis zum Anschluss an das Deutsche Reich am 13. März 1938 in Geltung gewesen sind. An der Hochschule für Welthandel wurde der Betrieb mit Erlaubnis der sowjetischen Besatzungsbehörde trotz schwierigster Umstände2 schon am 7. Mai in kleinem Umfang wieder aufgenommen. Treibende Kraft war dabei Professor Franz Dörfel. Er wurde für den Rest des Studienjahres 1944/45 und für das Studienjahr 1945/46 zum Rektor gewählt.3 Der Lehrkörper war durch die sogenannte „Entnazifizierung“4 auf Grund des Gesetzes über das Verbot der NSDAP vom 8. Mai 1945 stark geschrumpft. Rund 60 Professoren, Assistenten, Lehrbeauftragte und Beamte wurden vorläufig enthoben oder entlassen – darunter auch jene Professoren, die zwischen 1938 und 1945 aus dem „Altreich“ berufen worden waren.5 In der Wirtschaftspädagogik waren davon alle Lehrbeauftragten betroffen mit Ausnahme von Krasensky. Der Lehrbeauftragte für Pädagogik Professor Otto Pommer war bereits am 13. April 1945 aus Verzweifelung über den Untergang des Deutschen Reiches durch Freitod ausgeschieden6. Die Leitung des Wirtschaftspädagogischen Instituts ist weiterhin durch Dörfel erfolgt. Er war als Rektor einflussreich genug, um seinen langjährigen Mitarbeiter Krasensky trotz dessen Zugehörigkeit zur NSDAP vor der Entlassung zu schützen und mit seiner Hilfe in verwaisten Fächern wenigstens ein minimales Lehrangebot zu sichern. Zu ersetzen war damals nicht nur Pommer, sondern es musste auch Ersatz gefunden werden für die enthobenen Professoren für Betriebswirtschaftslehre der Banken Leopold Mayer und für Allgemeine Bener
1 Vgl. Adamovich 1957, 37ff. 2 Zur Geschichte der Besatzungszeit 1945 bis 1955 vgl. Rauchensteiner 1979. 3 Oberparleiter 1948, 23; Brusatti 1998, 22f. 4 Vgl. Adamovich 1957, 45ff. 5 Brusatti 1998, 21. Vgl. auch in diesem Werk Bd. 1, 424 über das Schicksal des Pädagogikprofessors Ottomar Wichmann an der Universität Wien. 6 Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 362.
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triebswirtschaftslehre (Rechnen) Fritz Tindl. Deshalb hat Dörfel am 19. Juni 1945 beim Staatsamt für Volksaufklärung (SV) als Vorläufer des Bundesministeriums für Unterricht beantragt, den honorierten Lehrauftrag für Krasensky von bisher 6 auf 12 Semesterwochenstunden zu erweitern – rückwirkend ab 1. Juni und befristet bis zum Ende des Studienjahres 1945/46. Es ging dabei um folgende Fachgebiete: Allgemeine Pädagogik (2stündig, als Nachfolger von Pommer); Theorie und Praxis der Wirtschaftspädagogik (2stündig); Methodik der Betriebs- und Verkehrslehre (2stündig); Wirtschaftliches Rechnen (3stündig); Bankbilanzen (einstündig); Seminar für Bankwirtschaft (2stündig).7 Das Staatsamt, in dem für die Hochschulen Unterstaatssekretär Karl Lugmayer (1892–1972) von der Österreichischen Volkspartei zuständig gewesen ist, hat diese lange und ungleichartige Liste anstandslos genehmigt.8 So konnte Krasensky seine Lehrtätigkeit im Sommersemester 1945, das vom 28. Mai bis 21. Juli 1945 gedauert hat, mit Zustimmung des Professorenkollegiums9 in verstärktem Umfang zunächst unangefochten fortsetzen.10 Für das Wintersemester 1945/46 waren von ihm sogar 7 Veranstaltungen mit insgesamt 13 Wochenstunden angekündigt11. Darunter waren alle unter der betriebswirtschaftlichen Sparte „Bankwesen“ angeführten: Betriebswirtschaftslehre der Banken; Bankbuchhaltung; Seminar für Bankwirtschaft. In der Systematik des Vorlesungsverzeichnisses gab es erstmals die Rubrik „Allgemeine und Wirtschaftspädagogik“. Sie war unterteilt in „a) Allgemeine Philosophie und Pädagogik“ und „b) Wirtschaftspädagogik und Methodik“. Das war ein Zeichen für die Verselbständigung des Faches Pädagogik, den Beginn seiner Differenzierung und die Abkehr von seiner Verkürzung auf Unterrichtsmethodik.
7 Antrag Dörfel, HfW, Zl. IIa vom 19.6.1945 mit Beilage vom 16.6.1945. AdR 02, Personalakt 304 Krasensky. 8 Am 6.7.1945 unter SV, GZ 1068-5a 1945. AdR 02, Personalakt Krasensky. 9 AWU, Protokoll der Sitzung des Professorenkollegiums der HfW am 7.6.1945, TOP II, Personalanträge Betriebswirtschaft. 10 Im Verzeichnis der Lehrveranstaltungen der HfW im SS 1945 (Hektographiert in der Bibliothek der HfW unter Nr. 17.689-B) sind nur 4 der 6 beantragten und genehmigten Lehrveranstaltungen angeführt. Die beiden bankwirtschaftlichen fehlen. 11 HfW: Lehrveranstaltungen im WS 1945/46. Hektographiert in der Bibliothek der HfW unter Nr. 17.689-C.
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an der
Hochschule
für
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Unter dieser Rubrik wurden 8 Lehrveranstaltungen angekündigt, die durchwegs Lehrbeauftragten übertragen waren. Folgende 4 waren für Krasensky bestimmt: Einführung in die neuere Philosophie (2stündig); Entwicklung des kaufmännischen Unterrichtswesens in Österreich (einstündig); Wirtschaftspädagogisches Seminar mit praktischen Lehrübungen (2stündig; erstmals an Stelle von Dörfel); Methodik der Betriebs- und Verkehrslehre (2stündig). Die übrigen 4 waren (wie die letztgenannte von Krasensky) rein methodischer Art: Methodik der Buchhaltungs- und Bilanzlehre (Vinzenz Sedlak); Methodik des wirtschaftlichen Rechnens (Rudolf Krencioch); Methodik des Rechtsunterrichts (Oskar Kanzian); Methodik des Geographieunterrichts (Anton Becker). Die für das gesamte Studienjahr 1945/46 genehmigten Vorlesungen musste Krasensky jedoch nach Ablauf des Wintersemesters einstellen. Auch er ist damals zusammen mit fünf anderen Mitgliedern des Lehrkörpers wegen früherer Mitgliedschaft in der NSDAP „auf telefonische Weisung des Bundesministeriums für Unterricht im Auftrage des Ministerratskomitees“ vom Lehramt enthoben und mit einem Hausverbot belegt worden.12 Der „Weiterführung des Lehrbetriebes“ durch ihn könne „nicht stattgegeben werden“13. Krasensky ist zwar in seinem schulischen Lehramt schon am 5. Juli 1946 mit rechtskräftigem Bescheid der Sonderkommission I. Instanz zur „Entnazifizierung“ beim Stadtschulrat für Wien für „politisch tragbar“ erklärt, aber erst am 13. Juli 1949 amnestiert worden14. Es dauerte bis zum Wintersemester 1948/49, ehe er seine Lehrveranstaltungen an der Hochschule wieder aufnehmen konnte.15 Da es damals für das junge Fach „Wirtschaftspädagogik“ in Wien keinen anderen geeigneten Lehrbeauftragten gegeben zu haben scheint, sind die wirtschaftspädagogischen Vorlesungen (mit Ausnahme der
12 Bericht des Rektors Dörfel bei der Besprechung des Professorenkollegiums am 5.4.1946. Protokoll Präs. 102/46 im AWU. 13 BMfU, Zl. 3379/III-4a/46 vom 23.2.1946 unter 24 (Laufbahn) im Standesausweis. AdR 02, Personalakt Krasensky. 14 Beurteilungsblatt des BMfU vom 29.10.1951. AdR 02, Personalakt Kra senksy. 15 Protokoll der Sitzung des Professorenkollegiums der HfW vom 2.7.1948, S. 2: „Der Antrag auf Erteilung eines Lehrauftrages für Dr. Hans Krasensky auf acht Wochenstunden wurde angenommen“. AWU. Im Vorlesungsverzeichnis erscheinen seine Lehrveranstaltungen erst wieder ab SS 1949, 26f.
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speziellen Methodik) zweieinhalb Jahre lang unterblieben. Das war ein Rückfall hinter den Stand von 1940. Besser war die Lage in den übrigen nicht-betriebswirtschaftlichen Fächern, die für die Handelslehrerausbildung gebraucht wurden. Sie wurden in der einschlägigen Rubrik des Vorlesungsverzeichnisses zunehmend differenzierter benannt. Im Sommersemester 1945 lautete sie einfach „Pädagogik“ und im Wintersemester 1945/46 „Allgemeine und Wirtschaftspädagogik“. Im Sommersemester 1946 wurde daraus „Philosophie, allgemeine und Wirtschaftspädagogik“, im Wintersemester 1946/47 „Philosophie, Pädagogik und Methodik“. Ab Sommersemester 1947 folgte für längere Zeit „Philosophie, Psychologie, Pädagogik, Methodik, Schulhygiene“. Ab 1952 wurde angefügt: „und sonstige Vorlesungen für Handelslehramtskandidaten“. Dabei blieb es bis 1966. Das Kernfach „Allgemeine Pädagogik“ (ab 1951 als „Theorie und Geschichte der Pädagogik“ angekündigt) ist zwischen 1946 und 1969 durch den Lehrbeauftragten Dr. Walter Ledwinka versorgt worden. Er war seit 1945 Hauptlehrer für Pädagogik an der Bundes-Lehrerinnenbildungsanstalt in Wien I (Hegelgasse 14) und ist Rektor Dörfel von Richard Meister, dem Pädagogikprofessor an der Wiener Universität, empfohlen worden16. Wegen der Bedeutung des Faches und der 23jährigen Dauer seiner Vertretung durch ihn ist ein Blick auf seinen Berufsweg angebracht. Walter Ledwinka ist am 12. Juli 1907 als Sohn eines Kapellmeisters und Klavierlehrers in der Stadt Salzburg geboren worden und war katholischer Konfession.17 Er hat in Wien „eine glückliche Kindheit“ erlebt, die Volksschule und die Realschule im IX. Bezirk besucht und am 23. Juni 1925 die Reifeprüfung mit Auszeichnung bestanden. Anschließend besuchte er den viersemestrigen hochschulmäßigen Lehrerbildungskurs am Pädagogischen Institut der Stadt Wien. Da diesem die bundesgesetzliche Grundlage gefehlt hat, musste er 1927 die Reifeprüfung als Externist an der Lehrerbildungsanstalt Wien III ablegen18.
16 Meister am 22.3.1946 an Dörfel. HfW, Präs. 28/46; Protokoll der Sitzung des Professorenkollegiums am 29.3.1946, TOP 2, Präs. 101/46; Protokoll der Sitzung am 24.6.1946, TOP 3, AWU. 17 Curriculum vitae vom Dezember 1935 im Promotionsakt, AUW; Personenstandesblatt und Lebenslauf vom 22. März 1946 im Personalakt, AWU; „Mein Lebenslauf“ (undatiert, nach 1970) im Archiv der Pädagogischen Hochschule Wien, Abdruck bei Boyer 2009; Schnell 1977. 18 Zu diesem Kurs vgl. in diesem Werk Bd. 1, 196; Boyer 2000, 69.
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Welthandel
1929 fand er seine erste Anstellung als Volksschullehrer. Nach zwei Jahren wechselte er für ein Jahr an eine Sonderschule und dann folgten acht Jahre als Hauptschullehrer. Er erwarb die Lehrbefähigungszeugnisse für Volks- und Hauptschulen (in den Fächern Mathematik, Naturlehre und darstellende Geometrie) mit Auszeichnung und studierte neben dem Lehrberuf an der Wiener Universität Philosophie, Psychologie und Pädagogik bei den Professoren Robert Reininger (1869–1955), Karl Bühler (1879– 1963), Heinrich Gomperz (1873–1942) und Richard Meister sowie Physik bei Egon Schweidler (1873–1948). Am 23. Juni 1936 erfolgte die Promotion im Hauptfach Philosophie (einschließlich Pädagogik) mit Physik als Nebenfach auf Grund einer von Reininger und Bühler angenommenen philosophischen Dissertation über „Das Substanzproblem bei Lotze und seine problemgeschichtlichen Wurzeln in der neueren Philosophie“19. Von 1940 bis 1945 leistete er Militärdienst am Balkan, in Südruss land, Norwegen und Jugoslawien. Im Juni 1945 ist er aus jugoslawischer Kriegsgefangenschaft in die Heimat zurückgekehrt. Neben seinem Beruf an der Lehrerinnenbildungsanstalt war er auch am Pädagogischen Institut der Stadt Wien für die pädagogischen Fächer im Rahmen der Hauptschullehrerausbildung tätig sowie an der Wiener Volkshochschule als Dozent für Philosophie. In einer Liste noch ungedruckter, aber „abgeschlossener wissenschaftlicher Arbeiten“20 von 1946 hat er fünf philosophische Texte, zwei psychologische und einen mathematischen angeführt. Sein Hauptinteresse scheint bis zum Übergang in die Lehrerbildung also eher der Philosophie als der Pädagogik gegolten zu haben. Begonnen hat Ledwinka an der Hochschule für Welthandel im Sommersemester 1946 mit einem Lehrauftrag für „Allgemeine Pädagogik“ (2stündig) und „Jugendkunde“ (einstündig).21 Seit dem Wintersemester 1946/47 hat er sich ganz der Philosophie und der Pädagogik gewidmet.22 Er las regelmäßig über „Hauptprobleme der Philosophie“ und „Geschichte der Philosophie“ (später „Einführung in die Philoso-
Promotionsakt, AUW: „eine gute Arbeit“ (Reininger am 6.1.1936). Lebenslauf vom 22.3.1946, AWU. 21 BMfU, GZ. 10624-III/4a-46 vom 5. Mai 1946. AWU, Personalakt Led winka. 22 HfW, Protokoll der Sitzung des Professorenkollegiums vom 24.6.1946, TOP 3; Antrag des Rektors an das BMfU vom 26.9.1946. 19 20
Stillstand und langsamer Kolumnentitel Fortschritt: 1945–1951
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phie“) sowie ein- bis zweistündig über „Allgemeine Pädagogik“, bis 1951 ergänzt durch ein „Pädagogisches Seminar“.23 Er hat dieses Nebenamt auch nach seiner Bestellung zum ersten Direktor der Pädagogischen Akademie des Bundes in Wien im Jahre 1966 weiter ausgeübt. Erst als die Hochschule im Dienstpostenplan 1968 eine ordentliche Lehrkanzel für Allgemeine Pädagogik erhalten hat, die mit Walter Schöler besetzt worden ist, ist der Lehrauftrag für Ledwinka am Ende des Studienjahres 1968/69 mit Dank für seine „langjährige so erfolgreiche, insbesondere in der ersten Zeit so opfervolle Lehrtätigkeit“ eingestellt worden24. 1970 wurde er als Akademiedirektor pensioniert. Am 4. Jänner 1978 ist er in Wien im Alter von 70 Jahren gestorben. Publizistisch ist Ledwinka in der Pädagogik vor allem mit soliden Aufsätzen zur Unterrichtslehre, Schulorganisation und Schulreform hervorgetreten. Als wichtigste seien genannt: „Erziehliche und unterrichtliche Probleme der differenzierten Hauptschule“ (1949), „Zur Geschichte und Theorie der didaktischen Methode“ (1951), „Übersicht über die Theorie der Arbeitsmittel“ (1956), „Die Lehrplangrundsätze für Volksschulen“ (1966), „Die Lehrplangrundsätze für die Hauptschule“ (1966), „Die Entwicklung des inneren Schul- und Unterrichtslebens der österreichischen Pflichtschule von 1774 bis 1974“ (1974) und „Die Wiener Schulreform“ (1977). Sie stehen in der Tradition der wertvollen Beiträge zur wissenschaftlich fundierten Praktischen Schulpädagogik von Professoren der Lehrerbildungsanstalten, deren Qualität nicht geringer gewesen ist als jene der besten Universitätspädagogiker. Deshalb hat ihn Richard Meister nach dem Zweiten Weltkrieg auch eingeladen, sich an der Wiener Universität für Pädagogik zu habilitieren. Ledwinka war aber beruflich an der Lehrerinnenbildungsanstalt sowie an der Hochschule für Welthandel zu stark beansprucht, um diesem Angebot folgen zu können. Für die Fächer Psychologie und Jugendkunde war von 1946 bis 1962 Dr. Gottfried Strohschneider als Lehrbeauftragter tätig25. Er wurde am 26. Oktober 1894 in Wien geboren und war römisch-katholischer Konfession. Neben seinem Beruf als Hauptschullehrer hat er von 1931
Vorlesungsverzeichnisse der HfW, WS 1946/47 bis SS 1969, 34 (letztmalig). Krasensky am 27. und 28.6.1969 an Ledwinka. AWU, Personalakt Led winka. 25 HfW, Protokoll der Sitzung des Professorenkollegiums am 24.6.1946, TOP 3; Vorlesungsverzeichnisse bis SS 1962, 33 (letztmalig). 23 24
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VIII. Pädagogik
an der
Hochschule
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Welthandel
bis 1936 an der Wiener Universität Psychologie bei Karl und Charlotte Bühler und Pädagogik bei Meister und Kammel studiert sowie Anthropologie und Völkerkunde bei Josef Weninger (1886–1959), Wilhelm Schmidt (1868–1954) und Wilhelm Koppers (1886–1961).26 Am 12. Juni 1936 ist auf Grund einer pädagogischen Dissertation über „Die Sprechstunde als Mittel der Verständigung zwischen Elternhaus und Schule“ die Promotion zum Doktor der Philosophie erfolgt. Meister als erster Gutachter hat in ihr „einen wertvollen Beitrag zur ,Phänomenologie‘ der Sprechstunde wie ihrer ,pädagogischen Normierung‘“ gesehen27. Ihre empirische Basis bestand in einer FragebogenErhebung bei Lehrern. Noch vor seiner Promotion ist Strohschneider zum Direktor des Waisenhauses der Stadt in Wien XIX (Hohe Warte 3) ernannt worden. Für die Spezielle Methodik des kaufmännischen Unterrichtes wurde der Handelsakademielehrer, Ministerialrat und Zentralinspektor für das kaufmännische Bildungswesen im Unterrichtsministerium Vinzenz Sedlak (1888–1953)28 gewonnen. Er hielt zwischen 1947 und 1950 eine einstündige Vorlesung über „Führung des Unterrichtes an kaufmännischen Lehranstalten“. Außerdem hat er seit 1945 einen fünfstündigen Lehrauftrag über „Buchhaltung“ und „Methodik der Buchhaltungs- und Bilanzlehre“ versehen29. Auch die besondere Methodik aller anderen Unterrichtsfächer ist zwischen 1946 und 1951 durch Lehrbeauftragte weiter ausgebaut worden. Ab 1948 wurden auch praktische „Übungen zur Methodik der kaufmännischen Unterrichtsfächer“ in der Handelsakademie Wien VIII durch deren Direktor Dr. Wilhelm Stärz durchgeführt. Die „Schulhygiene“ wurde zwischen 1946 und 1963 von Dr. med. et phil. Fritz Vering gelehrt. Er war Assistent am Hygienischen Institut der Universität Wien.
26 Curriculum vitae vom 10.3.1936 im Promotionsakt des AUW. 27 Gutachten Meisters vom 27.3.1936; Bühler: „Einverstanden“; AUW. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 388. 28 Geboren 1888 in Pressburg, 1912 Lehramtsprüfung für die kaufmännischen Fächer, Professor an der Handelsakademie Wien I, Mitglied der Prüfungskommission für das Lehramt an mittleren kaufmännischen Lehranstalten, im Ständestaat als Aktivist der „Vaterländischen Front“ bis 1938 Konsulent des Bundeskanzleramtes, 1945 im BMfU mit der Reorganisation des kaufmännischen Bildungswesens betraut, gestorben am 28.8.1953. Taschenjahrbuch für Mittelschullehrer 1937, 300; Otto Vogel o.J., 6/7; Romanik 1971, 11. 29 SV, Zl. 1068-5a/45 vom 6.7.1945, Erteilung von Lehraufträgen an Sedlak und Krasensky. AdR 02, Personalakt Krasensky.
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Überblickt man diese Lehraufträge im Zusammenhang, dann erscheinen sie als nützliche Bausteine für die Ausbildung von Handelslehrern, zu deren Verwendung jedoch eine gemeinsame erziehungstheoretische Grundlage gefehlt hat. Hinsichtlich ihrer Integration in und durch eine wissenschaftliche Wirtschaftspädagogik gab es noch immer Stillstand. Nach Auffassung des Professorenkollegiums existierte 1946 unter den insgesamt 8 Ordinariaten und 8 Extraordinariaten nach wie vor eine freie Lehrkanzel für Pädagogik, deren Besetzung jedoch nicht als dringlich zu behandeln sei30. Dabei wurde irrtümlich vorausgesetzt, dass der zur Zeit der Zugehörigkeit zum Deutschen Reich gültig gewesene Stellenplan unverändert in Kraft sei31. Tatsächlich musste jedoch in der Zweiten Republik mit der Einrichtung und Besetzung einer Lehrkanzel für Wirtschaftspädagogik von vorn begonnen werden. Noch im Dienstpostenplan 1950 hat eine Lehrkanzel für Betriebswirtschaftslehre einschließlich Wirtschaftspädagogik gefehlt32. Hochschulintern scheint jedoch die durch Dörfels Pensionierung im Jahre 1950 frei gewordene Lehrkanzel als dieser Fächerkombination gewidmet betrachtet worden zu sein33. Eine allein der Wirtschaftspädagogik gewidmete Lehrkanzel hat weiterhin bis zum Jahre 1970 gefehlt. Neben anderen Gründen wie dem Fehlen von Lehrkanzeln für Pädagogik an den für die Lehrerausbildung bedeutenderen Universitäten Graz und Innsbruck in den Fünfzigerjahren war es der vollständige Mangel an einheimischen Dozenten für Wirtschaftspädagogik. Berufungen aus Deutschland waren ebenso ausgeschlossen wie die Berufung von inländischen Schulpraktikern ohne Habilitation. Als einziger möglicherweise berufbarer Kandidat galt Krasensky unter der Voraussetzung, dass er zunächst in einem regulären Habilitationsverfahren die Lehrbefugnis als Privatdozent erwirbt. Dieses Vorhaben ist ihm neben dem Beruf als Lehrer an der Städtischen Handelsakademie für Knaben in Wien VIII im Jahre 1950 im Alter von 46 Jahren gelungen.
30 HfW, Protokoll der Besprechung am 5.4.1946. AWU. 31 So irrtümlich auch Krasensky 1958: „… so entstand die 1940 durch Prof. Dörfel angeregte, aber erst 1945 tatsächlich geschaffene Lehrkanzel für Wirtschaftspädagogik“. 32 BMfU, Dienstpostenplan 1950, Zl. 11089-I/2/50 vom 10. März 1950. AWU, Präs. 44/50. 33 Schreiben des Rektors an das BMfU vom 28.8.1950, Zl. Präs. 83/50. AWU.
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Vorausgegangen war nach der politisch erzwungenen Pause von zweieinhalb Jahren die neuerliche Zulassung als Lehrbeauftragter (Honorardozent) ab Wintersemester 1948/49. Krasensky hat damals Vorlesungen über „Wirtschaftspädagogik“, „Betriebspädagogik“ und „Methodik der Betriebs- und Verkehrslehre“ im Ausmaß von je zwei Wochenstunden übernommen sowie ein einstündiges „Wirtschaftspädagogisches Seminar“ (vierzehntägig 2 Stunden) gemeinsam mit Dörfel.34 Bei diesen regelmäßig wiederkehrenden Themen ist es bis 1951 geblieben. Am 17. Februar 1950 hat Krasensky die Lehrbefugnis als Privatdozent für das Fachgebiet „Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung der Wirtschafts- und Betriebspädagogik“ erworben. Sie ist am 2. März 1950 vom Unterrichtsministerium bestätigt worden.35 Es war die erste österreichische Habilitation für dieses Fachgebiet. Zwischen Promotion und Habilitation sind 6 Jahre vergangen. Die Habilitationsschrift war folgendem Thema gewidmet: „Betriebspädagogik. Die erzieherische Gestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen im Betriebe“. Sie ist 1952 überarbeitet im Umfang von 106 Seiten als Buch erschienen. Gutachter waren die Professoren der Betriebswirtschaftslehre Franz Dörfel (Verkehrswirtschaft), Wilhelm Bouffier (Kleingewerbe) und Karl Oberparleiter (Welthandel). Weder ein Pädagogiker noch ein Psychologe waren beteiligt, obwohl es thematisch nahe gelegen hätte, die Professoren Richard Meister und Hubert Rohracher als Vertreter dieser Fächer an der Universität Wien beizuziehen. In der Probevorlesung hat Krasensky „Das Methodenproblem des betriebswirtschaftlichen Unterrichtes“ behandelt.36 Die „Betriebspädagogik“ von 1952 ist Krasenskys erziehungstheoretisches Hauptwerk geblieben. Sein Untertitel verdeutlicht, worum es ihm ging: um die bestmögliche „Gestaltung“ der zwischenmenschlichen Beziehungen in Betrieben durch das Mittel der Erziehung „mit dem ausschließlichen Ziel der Entwicklung von ,vollendeten Einzelpersönlichkeiten innerhalb einer sittlich orientierten Gemeinschaft‘“37. Der
34 BMfU, Erlass Zl. 839/III-7/49 vom 5.12.1949 in Ergänzung des Erlasses vom 22.9.1948. AdR 02, Personalakt Krasensky. Im Vorlesungsverzeichnis erst ab SS 1949. 35 BMfU, GZ. 9220/I-1/50. AdR 02, Personalakt Krasensky. 36 Protokolle in den Präsidialakten 1950 der HfW. 37 Eigenzitat aus Krasensky 1949, 128.
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Betrieb und seine Umwelt sei für ihn „ein pädagogisches Übungsfeld für die Entfaltung der Persönlichkeit“.38 Das sind allzu ungenaue Angaben über das Ziel wie über die Mittel zu seiner Verwirklichung. Sie stehen im ersten Hauptteil über „Die betriebspädagogische Theorie“ (S. 1–30). Er behandelt „I. Die Stellung der Betriebspädagogik im System der Sozialwissenschaften“ und „II. Die Wirtschaftsgemeinschaft als Erziehungsgemeinschaft“. Dieser pädagogische Teil ist gedanklich verworren und schwer verständlich, weil klare Begriffe fehlen. Das Wort „Pädagogik“ wird ohne Erläuterung abwechselnd sowohl für „Erziehung“ als auch für „Erziehungstheorie“ gebraucht. Mit „Ziel der Pädagogik“ ist das Ziel der Erziehung gemeint; mit „Sozialpädagogik“ sowohl „ein Zweig der sozialen Wissenschaften“ als auch eine „sozial abgestimmte Erziehung“. „Erziehung“ wird vage als „Einwirkung – bewußt oder unbewußt“ bestimmt statt als soziale Handlung. Dadurch kommt es zu konfusen Sätzen wie den folgenden: „Unter welcher Kausalität steht der Erziehungsvorgang? Der äußere Erziehungsprozeß ist stark körperlichen Bedingungen unterworfen und daher den naturwissenschaftlichen Gesetzen unterstellt. Die sittliche Persönlichkeitsbildung hingegen ist nur geisteswissenschaftlich erfaßbar. So gesehen, stellt sich uns die Erziehung als ein psycho-physischer Vorgang von komplexer Art dar.“39 Als „Definition des Begriffes der Wirtschaftspädagogik“ wird den Lesern Folgendes angeboten: „Wirtschaftspädagogik ist angewandte Sozialpädagogik. Sozialpädagogik selbst ist die Nutzbarmachung der zwischenmenschlichen Faktoren für Bildungszwecke. In der Vereinigung der beiden sozialen Urfunktionen der Wirtschaft und der Erziehung liegt der gemeinsame Ausgangspunkt der Wirtschaftspädagogik. In dieser Synthese liefert die Wirtschaft das gegenständlich betonte Gemeinschaftserlebnis, die Erziehung hingegen die persönlichkeitsgebundene Seite des Bildungsprozesses, dessen Ziel eine sittlich orientierte Gemeinschaft mit vollendeten Einzelpersönlichkeiten ist. Der oberste Leitsatz ist die Sozialgerechtigkeit.“40 Im Unterschied zu anderen Lehrmeinungen41 vertrat Krasensky die Ansicht, die Wirtschaftspädagogik sei „überwiegend aus den Be-
38 39 40 41
Krasensky 1952, IIIf. Ebenda, 5. Ebenda, 15. Vgl. Zabeck 1970; W. Fischer 1970.
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dürfnissen der Wirtschaft heraus aufzubauen, wobei der Betrieb als deren Zelle den Ausgangspunkt zu bilden haben wird“42. Bisher sei jedoch „der betriebswirtschaftliche Standpunkt“ noch nicht „in eindeutiger Weise“ dargelegt worden43. Mit seinem Buch hat er das ändern wollen. Sein Grundgedanke war es, die „hohe gemeinschaftsbildende Kraft“, die „der Wirtschaft … innewohnt“44, für „die Entfaltung der Persönlichkeit des Belegschaftsmitgliedes“45 zu nutzen. Er hat „die Erziehungsgemeinschaft“ für den „Zentralbegriff der Pädagogik“ gehalten und wollte „die Eignung der Wirtschaftsgemeinschaft als Erziehungsgemeinschaft“ nachweisen.46 Dabei hat er die fundamentale und seit Ferdinand Tönnies (1887) geläufige soziologische Unterscheidung zwischen „Gemeinschaft“ und „Gesellschaft“ – oder „Primärgruppen“ („Intimgruppen“) und „Sekundärgruppen“ (Charles Horton Cooley)47 – ignoriert und sich spekulativ bis zur „Wirtschaftsgemeinschaft aller Menschen“ der Welt verstiegen. Da die „Betriebsgemeinschaft geradezu ein Häufungszentrum sozialer Kontaktmöglichkeiten“ ist, sei sie „ein pädagogisches Wirkfeld von besonderer Breite und Tiefe“48. Ihrer Beschreibung („I. Der soziale Istbestand im Betriebe“) und Normierung („II. Der soziale Sollensbestand im Betriebe“) ist der zweite Teil des Buches über „Die betriebspädagogische Praxis“ (S. 31–76) gewidmet. Unter dem „Istbestand“ werden die sachlichen und personalen Anforderungen des Betriebes an die Betriebsangehörigen skizziert. Als negativ hervorgehoben werden „die Entpersönlichung der menschlichen Beziehungen“ und „die Vermassungserscheinung“. Unter dem „Sollbestand“ werden folgende „Maßnahmen zur Verpersönlichung des Betriebslebens“ behandelt: Maßnahmen mit Bezug auf a) das Eigentumsverhältnis, b) auf den Standort und Werkraum, c) auf die Gestaltung des Arbeitsprozesses, d) die Intensivierung der persönlichen Beziehungen. Diese auf betriebswirtschaftliche und sozialpolitische Literatur gestützte Liste möglicher „Gegenmaßnahmen“49 vom Mitbestim
42 43 44 45 46 47 48 49
Krasensky 1952, 12. Ebenda, 14. Ebenda, 4. Ebenda, 17. Ebenda, 20. Vgl. Tönnies 1920; Davis 1950, 289ff. Krasensky 1952, 26f. Ebenda, 49.
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mungsrecht über menschenfreundliche Industriearchitektur und Arbeitsplatzgestaltung bis zu Dienstordnung, Werkzeitung, Werkbücherei und Betriebsfeiern ist einleuchtend, aber überwiegend nicht-pädagogischer Art. Als Inhalte „betriebspädagogischer Praxis“ können sie nur dann angegeben werden, wenn man wie Krasensky im Gefolge von Ernst Krieck (1882–1947) und Friedrich Schneider (1881–1974) jede aus der Außenwelt stammende „Einwirkung“ auf Menschen als („funktionale“) „Erziehung“50 bezeichnet. Über Handlungsmöglichkeiten, die unter den seit der Antike gebräuchlichen Begriff der („intentionalen“) Erziehung fallen, erfährt man aus Krasenskys „Betriebspädagogik“ wenig, was über allgemeine Wünsche nach Ausbildung und Fortbildung, Lehrwerkstätten und Schulbesuch hinausgeht. Ein kurzes Schlusskapitel über „Die Persönlichkeit des Betriebspädagogen“ stellt ihn idealisierend als einen „Spezialbeamten“ dar, der „Menschenführer“ und „sozialer Leistungspfleger“ oder „Leistungshelfer“ sein soll und den „zentrale(n) Begriff der Sozialgerechtigkeit“ „erlebt“ hat. „Die wahre Erkenntnis erwächst hier nur aus einem tiefen Erleben, aus einer unergründlichen Hingabe der Seele an das menschliche Dasein, aus einem Schauen oder besser noch aus einem Erschauen der wahren Gerechtigkeit in den Beziehungen der sozialen Gruppen zueinander. Der einsichtig Gewordene wird von einer leidenschaftlichen Liebe zu seinen Mitmenschen erfaßt, deren Ziel in dem Drange besteht, diese durch ihn erschaute Gerechtigkeit zu verbreiten, sie zur Wirklichkeit werden zu lassen. Dieser seelischen Erkenntnis entspringt auch ein nie mehr ruhender Antrieb zur Gestaltung. Es drängt den Betriebspädagogen zur erzieherischen Tat.“51 Gemessen an Krasenskys Aufgabenliste müsste sein Betriebspädagoge freilich eher ein universaler Betriebsreformer im Rang eines mächtigen Managers sein als ein einfacher Sozialpädagoge im betrieblichen Arbeitsfeld. Betriebswirtschaftlich mag die Habilitationsschrift genügt haben, aber als Nachweis erziehungstheoretischer Kompetenz war sie unzulänglich. Die wesentlichen Texte zur wissenschaftlichen Pädagogik sind unberücksichtigt geblieben, insbesondere die grund
50 Vgl. Krieck 1927, 28 und 1930, 19. Zum Einfluss seiner Lehre von der „funktionalen Erziehung“ auf deutsche Wirtschaftspädagogiker der 30er Jahre vgl. Pleiss 1973, 250ff. – F. Schneider 1953, 11ff. – Zur Kritik vgl. Brezinka 1990, 65ff. – Über Schneider vgl. in diesem Werk Bd. 3, 64–79. 51 Krasensky 1952, 75.
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legenden Beiträge zur Berufspädagogik von Aloys Fischer52. Schon das Studium der „Beiträge zur Theorie der Erziehung“ des benachbarten Wiener Pädagogikers Richard Meister53 hätte helfen können, Anschluss an die Allgemeine Pädagogik zu finden. Krasenskys Habilitation ist unmittelbar vor der Emeritierung seines Förderers Dörfel erfolgt. Da er seit 1940 Wirtschaftspädagogik gelehrt und seine Habilitationsschrift wirtschaftspädagogischen Inhalt hatte, war nun der Weg zur Hausberufung auf eine außerordentliche Professur geebnet. Er blieb als Privatdozent zunächst weiterhin Lehrbeauftragter mit 7,5 Wochenstunden für Wirtschaftspädagogik und spezielle Methodik54, wurde aber auf Antrag des Rektorats am 5. September 1950 mit der Supplierung der „Lehrkanzel für Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung der Wirtschaftspädagogik“ bis zu ihrer Wiederbesetzung betraut55. Seine Lehrverpflichtung betrug „mindestens 4 Wochenstunden für Pädagogik“ neben den „sonstigen betriebswirtschaftlichen Vorlesungen“. Für die Besetzung dieser Lehrkanzel wurde eine Kommission aus den Professoren Richard Kerschagl (Volkswirtschaftslehre, damals Prorektor), Karl Oberparleiter (Betriebswirtschaft) und Arnold Winkler (Wirtschaftsgeschichte) – also ohne Pädagogiker – gebildet. Sie hat folgenden Besetzungsvorschlag erarbeitet, der vom Professorenkollegium am 13. April 1951 beschlossen worden ist56: 1. Hans Krasensky, Wien, geboren 1903; 2. Walther Löbner, Bochum, geboren 1902; 3. Demetre Kalussis, Wien, geboren 1910. Über Walther Löbner ist bereits berichtet worden, da er im Besetzungsvorschlag von 1942 an erster Stelle stand57. Er war damals ordentlicher Professor für Wirtschaftspädagogik an der Handelshochschule Leipzig und mit Abstand der am besten qualifizierte Kandidat. Er war publizistisch gut ausgewiesen und galt als „für die Wiener
52 Vgl. A. Fischer 1930; Nachdruck 1967. 53 Meister 1946. 54 BMfU, Zl. 11081/I-1/50 vom 24.3.1950 an das Rektorat der HfW: Lehraufträge SS 1950. Präsidialakten HfW. 55 HfW, Präs. 83/50, Antrag an das BMfU vom 28.8.1950. – BMfU, Erlass Zl. 40562/I-1/50. AdR 02, Personalakt Krasensky. 56 Rektor der HfW, Präs. 40/51 am 18.4.1951 an das BMfU. AdR 02, Personalakt Krasensky. 57 Vgl. in diesem Buch S. 39f.
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Lehrkanzel besonders geeignet“. Nach seiner „Entnazifizierung“ war er von 1946 bis 1949 mit Notdienstvertrag an der Universität Leipzig tätig und ist dann aus der Sowjetischen Besatzungszone nach Westdeutschland emigriert. Dort hat er von 1949 bis 1958 als Direktor der Kaufmännischen Schulen der Industrie- und Handelskammer Bochum gearbeitet. Von 1958 bis 1969 lehrte er als ordentlicher Professor für Pädagogik, insbesondere Wirtschaftspädagogik an der Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Nürnberg (ab 1961 Teil der Universität Erlangen-Nürnberg).58 Die Wiener Berufungskommission hat 1951 in ihrem Gutachten eine gewisse einseitige Neigung zur Wirtschaftspädagogik auf Kosten von „betriebswirtschaftlichen Leistungen“ bemängelt. Demetre Kalussis59 wurde am 4. Oktober 1910 in Volos (Griechenland) geboren. Er hat dort 1928 am Humanistischen Gymnasium die Reifeprüfung bestanden und anschließend zwei Semester an der Wirtschaftshochschule Athen studiert. Ab 1930 hat er sein Studium an der Hochschule für Welthandel fortgesetzt und 1936 das Doktorat der Handelswissenschaften erworben. Bis 1942 war er als Referent im Obersten Wirtschaftsrat Griechenland tätig. 1942 kehrte er nach Wien zurück und war seither als Assistent am Institut für Welthandelslehre der Hochschule bei Professor Oberparleiter tätig. Am 28. April 1949 erfolgte seine Habilitation für Betriebswirtschaftslehre auf Grund einer Habilitationsschrift über „Der Betriebsvergleich im Handel“. Er hat Lehraufträge für Kalkulation im Warenhandel, Betriebsanalyse und Betriebsvergleich, Finanzierung, Vertragstechnik und Schriftverkehr ausgeübt. Zur Pädagogik hat ihm jeder theoretische und praktische Bezug gefehlt. Durch die Betonung der Betriebswirtschaft als Zentrum der Professur sind Spezialisten der Wirtschaftspädagogik wie Löbner praktisch von der Berufung ausgeschlossen worden. Andererseits galt die Aufnahme eines wirtschaftspädagogisch ahnungslosen Betriebswirtschafters wie Kalussis als vertretbar. Diese Zweigleisigkeit oder Halbheit bei der Widmung der Lehrkanzel hat bis 1970 angehalten und den 1942 begonnenen Ausbau des Faches Wirtschaftspädagogik fast drei Jahrzehnte lang behindert. 58 Löbner 1978, 233ff.; Horn 2003, 285f. 59 Angaben nach dem Besetzungsvorschlag; HfW, Personalakt Kalussis mit Schriftenverzeichnis bis 1968; HfW, Vorlesungsverzeichnis SS 1951, 8; Kürschner 1987, 2139.
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Berufen wurde erwartungsgemäß Krasensky. Das Unterrichtsministerium hat seinen „bisherigen Verwendungserfolg“ als „ausgezeichnet“ bewertet60. Er wurde am 27. November 1951 „zum außerordentlichen Professor für Betriebswirtschaftslehre“ ernannt und gleichzeitig „zum Vorstand des Institutes für Wirtschaftspädagogik“ bestellt61. Dieses war das einzige Institut, dem eine fachspezifische Lehrkanzel gefehlt hat. Dementsprechend ist der Fortschritt des Faches auch nach 1951 langsam verlaufen.
4. DIE ERSTE ÖSTERREICHISCHE TEILLEHRKANZEL FÜR WIRTSCHAFTSPÄDAGOGIK UNTER HANS KRASENSKY: 1951–1971 Durch seine lange Tätigkeit als Lehrbeauftragter ist Krasensky mit der Handelslehrer-Ausbildung und den Aufgaben des Instituts für Wirtschaftspädagogik vollständig vertraut gewesen. Er brauchte sich in den wirtschaftspädagogischen Teil seiner Lehrveranstaltungen nicht erst einzuarbeiten, sondern konnte 20 Jahre lang in gleichbleibender jährlicher Wiederkehr jene Gebiete behandeln, die er schon seit 1940 vorgetragen hatte: „Wirtschaftspädagogik“ (I und II jeweils zweistündig in zwei Semestern) und „Methodik der Betriebs- und Verkehrslehre“ (I und II ebenso). Dazu kam in jedem Semester ein ein- bis zweistündiges „Wirtschaftspädagogisches Seminar“, dessen Themen im Vorlesungsverzeichnis nie angekündigt worden sind. Dieser Teil seiner Lehrtätigkeit umfasste also 5 bis 6 Wochenstunden1, die gesamte Lehrverpflichtung mindestens 10 Stunden2. Vorlesungen über andere als die genannten Gebiete waren äußerst selten: einmal „Geschichte des kaufmännischen Bildungswesens“ (SS 1952), einmal „Betriebspädagogik“ (SS 1968), dreimal „Personalführung“ (WS 1967/68, SS 1968 mit Assistent Schneider, WS 1968/69).
60 Sektionschef Franz Hoyer am 29.10.1951 „Beurteilungsblatt“. AdR 02, Personalakt Krasensky. 61 Dekret von Unterrichtsminister Felix Hurdes (1901–1974) vom 4.12.1951, Zl. 78332/I-1/51. AdR 02, Personalakt Krasensky (Hervorhebungen vom Verfasser).
1 2
HfW, Vorlesungsverzeichnisse WS 1951/52 – SS 1971. BMfU, Zl. 78332/I-1/51 vom 4.12.1951, AdR 02, Personalakt Krasensky.
Erste Teil-Lehrkanzel für Kolumnentitel Wirtschaftspädagogik: 1951–1971
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Durch diese Konzentration auf zwei wirtschaftspädagogische Kerngebiete in Verbindung mit enormem Fleiß blieb relativ viel Zeit für sein betriebswirtschaftliches Arbeitsfeld „Bankbetriebslehre“ und für außeruniversitäre Beratungsaufgaben und Ehrenämter. Noch während seines Lehramtes an der Städtischen Handelsakademie für Knaben in Wien VIII ist im Jahre 1950 Krasenskys Lehrverpflichtung vom Bundesministerium für Unterricht auf sieben Stunden herabgesetzt worden, damit er „im Rahmen der restlichen Pflichtstunden … zur Mitarbeit an der Neugestaltung des kaufmännischen Bildungswesens zur Verfügung stehen könne“3. Mit seiner Ernennung zum Professor an der Hochschule für Welthandel ist er „aus dem Verband der Lehrer an mittleren kaufmännischen Lehranstalten ausgeschieden und dadurch zu keiner weiteren Tätigkeit mehr (im Ministerium) verpflichtet“ gewesen. Da aber auf seine weitere Mitarbeit im Ministerium nicht verzichtet werden konnte, „zumal sich die direkte Verbindung der Abteilung 19a mit dem Wirtschaftspädagogischen Institut an der Hochschule für Welthandel durch ihn als besonders wertvoll erwiesen hat“, ist er durch Unterrichtsminister Ernst Kolb (1912–1978) am 25. Februar 1952 zum „ehrenamtlichen Konsulenten für das kaufmännische Bildungswesen“ ernannt worden.4 Er wurde unter anderem mit der Neugestaltung der Lehrpläne für das kaufmännische Schulwesen betraut. Damit hat er bis zum Jahre 1966 eine Schlüsselstellung in diesem Zweig des österreichischen Schulwesens eingenommen. Außerdem war er auch Mitglied und Fachprüfer der Bundesstaatlichen Prüfungskommission für das Lehramt an mittleren und höheren kaufmännischen Lehranstalten. Noch größer waren seine Leistungen für das Bankwesen. 1956 hat er zusätzlich zur Vorstandschaft des Instituts für Wirtschaftspädagogik auch die des Instituts für Bankbetriebslehre5 übernommen und bis zur Emeritierung im Jahre 1973 beibehalten. Schon 1952 hatte er die „Österreichische Bankwissenschaftliche Gesellschaft“ gegründet und deren Geschäftsführung übernommen. In dieser Eigenschaft war er auch Herausgeber des „Österreichischen Bank-Archivs“ und der Schriftenreihe dieser Gesellschaft mit 55 Heften bis 1973. Außerdem hat er die Leitung der wissenschaftlichen Abteilung des Österreichischen For3 Erlass vom 24.11.1950, Zl. 70.401-IV/19a/50. 4 BMfU, GZ 37.581-IV/19a/52. AdR 02, Personalakt Krasensky (Ergänzung in der Klammer und Hervorhebung durch den Verfasser). 5 Vgl. zu diesem Institut Krasensky 1958.
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schungsinstituts für Sparkassenwesen übernommen und diente als Herausgeber seiner Schriftenreihe mit 18 Bänden bis 1972. Ferner war er Mitglied des Prüfungsausschusses für Wirtschaftsprüfer bei der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, des Beirates für Wohnbauforschung beim Bundesministerium für Bauten und Technik und Aufsichtsrat der Gazelle Wäsche- und Strümpfe-Aktiengesellschaft.6 An seiner Hochschule hat er auch „die wissenschaftliche Weiterentwicklung der Versicherungsbetriebslehre … überwacht“7. Auch die lange Liste seiner Publikationen zeigt, dass sein Arbeitsschwerpunkt bei der Betriebswirtschaft lag. Von rund 35 selbständigen Veröffentlichungen gehörten 30 zu diesem Bereich und nur 5 zur Wirtschaftspädagogik.8 Besonders verdient hat er sich als Herausgeber der wirtschaftskundlichen Schriftenreihe gemacht, die seit 1954 im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht unter dem Titel „Die Wirtschaft geht jeden an“ als Unterrichtsbehelf für die österreichischen Lehrer erschienen ist. Darin sind insgesamt 100 Hefte erschienen, von denen jedes durch Krasensky redigiert worden ist. Darunter befanden sich auch eigene Beiträge über „Elemente der wirtschaftlichen Dynamik“ (1955), „Wertpapiere und Wertpapiersparen“ (1959), „Schutz, Sicherheit und Vermögensbildung durch Versicherung“ (1962), „Sparen und Investieren“ (1963) und „Umweltgefährdung und Umweltschutz“ (1972).9 Das allein war schon eine riesige Leistung im Dienst der „wirtschaftlichen Massenaufklärung“, denn Krasensky „rang mit jedem einzelnen Autor um eine möglichst allgemeinverständliche, aber wissenschaftlich einwandfreie und politisch ausgewogene Darstellung“.10 Er „diskutierte lange mit den Autoren, um politische Verzerrungen so weit wie möglich zu vermeiden. Die Gesamtauflage erreichte etwa 5 Millionen Exemplare“.11 Es waren diese betriebswirtschaftlichen Leistungen, die Krasensky so viel wissenschaftliches Ansehen eingebracht haben, dass er zweimal Berufungen nach Deutschland erhalten hat: 1957 auf eine Professur für „Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung der
6 7 8 9 1968, 10 11
Weiss/Stremitzer 1973. W. Schneider 1983, 4. Listen bei W. Schneider/Fuchs 1973, 433–444. Sämtliche Autoren und Titel bei: Österr. Bankwissenschaftliche Gesellschaft 515f.; W. Schneider/Fuchs 1973, 443f. (bis Heft 93). W. Schneider 1993, 3. W. Schneider 2003 (dort irrtümlich: 500.000); 1983, 3 (5 Millionen Stück).
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Bankbetriebslehre“ an der Wirtschaftshochschule Mannheim12 und 1963 auf einen Lehrstuhl für „Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Betriebslehre der Banken“ an der Technischen Universität Berlin13. Er hat beide Rufe abgelehnt und ist schon nach dem ersten am 7. Februar 1958 zum „ordentlichen Hochschulprofessor für Betriebswirtschaftslehre“ ernannt worden14. Die zentrale Bedeutung der Bankbetriebslehre in seinem wissenschaftlichen Lebenswerk hat ihren Ausdruck auch in drei Festschriften zum Kreditwesen gefunden, die Krasensky von höchsten Bankmanagern – einschließlich der Bundes-Finanzminister Stephan Koren (1919–1988), Hannes Androsch (1938– ) und Franz Vranitzky (1937– ) – zum 65., 70. und 80. Geburtstag gewidmet worden sind15. Dem zentralen Stellenwert der Wirtschaftswissenschaften unter Krasenskys Interessen entsprach auch das Thema, das er für seine Inaugurationsrede als Rektor seiner Hochschule im Studienjahr 1965/66 gewählt hat: „Zur Lage der Betriebswirtschaftslehre in Österreich“.16 Auch das Ehrendoktorat der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, das ihm die Universität Innsbruck 1970 verliehen hat, gehört in diesen Rahmen. Die Erfüllung der vielen mit seinen Ämtern übernommenen Aufgaben hat unermüdliche Arbeit erfordert. „14 und mehr Wochenstunden an Vorlesungen und Seminaren waren für Krasensky durch 20 Jahre die Regel. Er betrat die Universität täglich, meist auch am Samstag, um 8 Uhr und verließ sie kaum vor 19 Uhr“.17 Bei diesen vielen Pflichten und Belastungen in mehreren Disziplinen und Ämtern mit dem Schwerpunkt auf Unterricht und Verwal-
12 Krasensky an Rektor Julius Wirl der HfW am 28.11.1957 und 23.1.1958, HfW, Präsidialakten. 13 AdR 02, Personalakt 304 Krasensky. 14 Entschließung des Bundespräsidenten Zl. 1656. HfW, Präsidialakten. Vorausgegangen war ein Antrag des Professorenkollegiums in seiner Sitzung vom 22.4.1957 „mit einem Stimmenverhältnis von 8 ja zu 6 nein“. Brief des Rektors vom 27.4.1957 an das BMfU, Präs. Zl. 35/57. 15 Österr. Bankwiss. Gesellschaft 1968; Schneider/Fuchs 1973; Fuchs/Scheithauer 1983 – dort die Beiträge der genannten Minister über Währungspolitik (Androsch), Geldpolitik (Koren) und Kapitalmarkt (Vranitzky). 16 Gehalten am 19.11.1965. Publiziert: Wien 1965. Sie enthält einen „Exkurs II: Wirtschaftspädagogik“ (S. 16–19), der inhaltlich nicht über seine Habilitationsschrift von 1950 hinausging. 17 W. Schneider 1983, 4.
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tung ist es verständlich, dass für erziehungswissenschaftliche Studien und gewichtige Beiträge zum Fortschritt der wirtschaftspädagogischen Theorien Interesse und Zeit gefehlt haben. Nach der Habilitationsschrift von 1952 ist auf pädagogischem Gebiet kein Buch mehr erschienen, sondern nur noch eine Broschüre im Umfang von 64 Seiten, in der eine methodisch-didaktische „Einführung in den betriebswirtschaftlichen Unterricht“ (1969) geboten wurde. Darin hat er in äußerster Knappheit mit Hilfe graphischer Schemata „eine Gesamtschau des betriebswirtschaftlichen bzw. volkswirtschaftlichen Kapitalkreislaufes“ skizziert, um die „Betriebskunde“ als „das zentrale Leitfach des Wirtschaftsunterrichtes“ zu erweisen. Diese von Krasensky seit 1935 propagierte Idee zur Sicherung des Gesamtzusammenhanges des „verfächerten“ wirtschaftlichen Lehrgutes hat die Reformen der Lehrpläne für die kaufmännischen Schulen der Jahre 1952 und 1963 durch „Umgestaltung der strengen Einzelfächer“ zur „organisch gegliederten Verfächerung“18 wesentlich beeinflusst. Zu erwähnen ist noch ein Heft „Wirtschaftspädagogik“, das 1972 im Umfang von 31 Seiten veröffentlicht worden ist und letztmals einen Umriss seiner pädagogischen Gedankenwelt bietet. Darin wurde die „theoretische Wesensbestimmung der Wirtschaftspädagogik“ wie folgt „definiert“: „Sie ist die Vereinigung von Wirtschaft und Erziehung in dem Sinne, daß der Erziehungsprozeß als Mittel und Weg die Wirtschaft benützt und als Ziel die vollendete Einzelpersönlichkeit anstrebt, deren Handlungen nach den Normen der sozialen Leistungsgerechtigkeit ausgerichtet sind.“19 Neben der Arbeit an den Lehrplänen und der intensiven Lehrerfortbildung durch zahlreiche „wirtschafts- und sozialkundliche Wochen“ hat sich Krasensky auch rund zwei Jahrzehnte lang um bessere Lehrbücher gekümmert. Er hat schon 1951 die „Lehrbucharbeitsgemeinschaft für mittlere und höhere kaufmännische Schulen des Wirtschaftspädagogischen Institutes der Hochschule für Welthandel“ gegründet. Sie hat unter seinem Vorsitz bis 1969 insgesamt 24 Bände veröffentlicht, die vom Unterrichtsministerium für die betriebswirtschaftlichen Fächer an Handelsakademien und Handelsschulen approbiert worden sind und dort Verwendung gefunden haben. 1953 wurde
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Krasensky 1969, 40. Krasensky 1972, 3.
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ergänzend eine „Lehrbucharbeitsgemeinschaft für kaufmännische Berufsschulen“ eingerichtet, die bis 1969 11 Bände fertig gestellt hat.20 Als Rektor seiner Hochschule hat sich Krasensky auch hochschulpolitisch engagiert. Er hat die Kärntner Pläne zur Gründung einer Wirtschaftshochschule in Klagenfurt unterstützt und gemeinsam mit seinem Assistenten Wilfried Schneider 1967 eine Studie veröffentlicht, die den Bedarf und die bildungspolitische Notwendigkeit zu belegen versucht hat.21 Aus erziehungstheoretischer Sicht ist Krasensky über sein Spezialgebiet der speziellen Didaktik der Wirtschaftsfächer an kaufmännischen Schulen wenig hinausgekommen. Er war ein Fachmann für die Auswahl der betriebskundlichen Unterrichtsinhalte aus der Fülle des betriebswirtschaftlichen Wissens, ihre logische Ordnung, Gliederung und methodische Vermittlung. Er war in erster Linie Betriebswirtschaftler und daneben auch noch Handelsschulpädagogiker mit den Arbeitsschwerpunkten Lehrpläne, Lehrbücher, Unterrichtsorganisation und Handelslehrerausbildung. Das war zu wenig, wenn mit dem Namen „Wirtschaftspädagogik“ eine relativ selbständige Teildisziplin der Erziehungswissenschaft gemeint sein soll und nicht bloß eine „spezielle Betriebswirtschaftslehre“22 oder eine von vielen Fachdidaktiken oder „besonderen Unterrichtslehren“. Für die berufsspezifische Ausbildung der Handelslehrer hat dieses Wenige jedoch zu seiner Zeit genügt und die Studierenden vor der Überbürdung durch konkurrierende Begründungsversuche eines noch unausgegorenen erziehungswissenschaftlichen Spezialfaches bewahrt. Insofern war Krasenskys „extrem-fachwissenschaftliche“ Studienlösung des „Urproblem(s) der Lehrerbildung: Fachwissenschaftler oder Pädagoge?“ für die Qualität der österreichischen Handelsschulen vermutlich weniger nachteilig als es eine „extrem-pädagogische Studienkonzeption“ gewesen wäre23. Vom Mittelweg einer „paritätischen Studienlösung“ (halb betriebswirtschaftlich/halb pädagogisch) war man damals in Österreich wegen des dürftigen Zustandes
20 Krasensky, 1954, 33 und 1969, 52; W. Schneider 1969, 142. 21 Krasensky/Schneider 1967. Dort S. 70f Nachweis der Aktivitäten zugunsten dieses später gescheiterten Projektes. Vgl. auch Leitner 1998, 661f. 22 Pleiss 1968, 308. 23 Nach einer Klassifikation der Verhältnisse in Deutschland bei Pleiss 1973, 321ff.
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der Pädagogik im Allgemeinen und der Wirtschaftspädagogik im Besonderen noch weiter entfernt als heutzutage. Am dürftigen Zustand der Wirtschaftspädagogik als propagiertem erziehungswissenschaftlichen System hat Krasensky nichts gebessert. Er hat begrifflich seit jungen Jahren fortgesetzt „Wirtschaftspädagogik“ mit „Wirtschaftserziehung“ verwechselt, Erziehungstheorien mit Erziehungspraxis, praktische Theorien mit wissenschaftlichen Theorien, Erziehung (unter dem unklaren Schlagwort „funktionale Erziehung“) mit Sozial-, Wirtschafts- und Rechtspolitik. So hat er zum Beispiel einen programmatischen Aufsatz „Zur Systematik der Wirtschaftspädagogik“ mit dem Bekenntnis geschlossen: „Die Wirtschaftspädagogik ist eine Tatpädagogik, die sich im stündlichen Handeln zu bewähren hat“24. Damit war aber nicht das theoretische Satzsystem „Wirtschaftspädagogik“ gemeint, von dem dieser Aufsatz gehandelt hat, sondern „eine spezifisch tatbetonte Erziehung …, welche ihren Zögling nicht durch Denkerlebnisse abstrakter Art, sondern durch praktische Wirtschaftshandlungen erzieht“25. Durch diese begrifflich-systematische Unklarheit26, durch oberflächliche kulturkritische Phänomenbeschreibungen27 und inhaltsarme bis –leere Zielangaben28 haben seine pädagogischen Texte wenig Anklang gefunden. In der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist Krasensky in
24 Krasensky 1978, 178; ähnlich 1965, 18 („Wirtschaftspädagogik“ ist „Taterziehung“); 1967, 341 und 350 („Als Tatpädagogen sind wir überzeugt, dass …); 1972, 30. 25 Krasensky 1952, 18. 26 Vgl. z.B. Krasensky 1967: „Die Umbildung der traditionellen zur funktionalen Erziehung scheint der neue Kristallisationspunkt zu sein, um den herum sich moderne Erziehungsweisen gruppieren werden“ (339). „Faßt man die Erziehung als Hilfe zur Selbstüberwindung auf …“ (341). 27 Vgl. z.B. Krasensky 1949: „der vitale Menschentyp der Neuzeit“: „Sein wesentlichstes Kennzeichen ist ein ungehemmtes sensualistisches ´Sich-aus-leben´ auf allen Gebieten“ (119). „Jede moderne Pädagogik (muß) ihre Aufgabe in der Umformung dieses vitalen Menschen sehen“ (128). In der „kapitalistischen Pädagogik“ werden „die kapitalistischen Strebertugenden des Fleißes, der Sparsamkeit und der Ordnungsliebe übertrieben hoch bewertet“ (126). 28 Vgl. z.B. Krasensky 1952: „Überwindung des vitalen und Schaffung des sozialen Menschen“ (76); 1967: „Das Ziel der heutigen Erziehung besteht … vornehmlich in der Ausbildung für die Erfüllung der zukünftigen Funktionen in der Gesellschaft“ (341) – unter Berufung auf die „funktionale Erziehung“ in völliger Verkennung der Bedeutung, die dieser Terminus in der pädagogischen Fachsprache hat. Vgl. Döpp-Vorwald 1941, 256ff.; Stähler 1953; Brezinka 1990, 65ff.
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den 50 Jahrgängen zwischen 1955 und 2004 nur zweimal zitiert worden, während auf seinen Wiener Fachkollegen Richard Meister, dessen Schriften er ignoriert hat, 45 Nennungen entfielen.29 Unter diesen Umständen konnte weder wirtschaftspädagogische Forschung noch Nachwuchsförderung aufblühen. Dafür fehlten die wichtigsten Voraussetzungen: 1. ein hinreichend langer und breiter erziehungswissenschaftlicher Studiengang auf hohem Niveau mit strengen Leistungsanforderungen in Seminaren und 2. eine nennenswerte Menge erziehungswissenschaftlich interessierter und gebildeter Studenten. Bis zur gesetzlichen Neuordnung von 1966/6730 bestand die Handelslehrerausbildung nur aus einem zweisemestrigen Aufbaustudium gemäß der Prüfungsvorschrift von 1935, das die sechssemestrige Ausbildung zum Diplom-Kaufmann vorausgesetzt hat31. Für „Theorie und Geschichte der Pädagogik“ waren nur 3 Semesterwochenstunden vorgeschrieben, für Wirtschaftspädagogik 4, für Geschichte des kaufmännischen Bildungswesens eine, für das Wirtschaftspädagogische Seminar 2, für Psychologie 2, für Jugendkunde 232. Mit insgesamt 14 Semesterwochenstunden für Anfänger (Pädagogik: 10, Psychologie: 4) neben weiteren 25 Stunden für andere Fächer in einem einzigen Studienjahr kann man keine Wissenschaft genügend kennen und lieben lernen, um in ihr erfolgreich forschen zu können. Außerdem hatten die Wirtschaftsfächer, die zu unterrichten die Studierenden als Beruf gewählt hatten, viel mehr Gewicht als das Nebenfach Pädagogik. Das hat sich ja auch im Berufsleben Krasenskys gezeigt. Die Zahl der Studierenden im Handelslehrer-Aufbaustudiengang hat von 1961 bis 1965 zwischen 21 und 60 Personen pro Jahr geschwankt; die Zahl der Absolventen in den kaufmännischen Lehramtsfächern zwischen 17 und 31 (insgesamt 113 in diesen fünf Jahren).33 Der Mangel an Forschung und wissenschaftlichem Nachwuchs in der Wirtschaftspädagogik zeigt sich auch bei den Themen der 17 Dissertationen34, die von Krasensky zwischen 1958 und 1968 im Rahmen des Instituts für Wirtschaftspädagogik angenommen worden sind. Er-
29 30 31 32 33 34
Vgl. in diesem Buch S. 66. BGBl. Nr. 179/1966 und BGBl. Nr. 102/1967. Vgl. in diesem Buch S. 21f. Vgl. Stundentafel bei Krasensky 1951/52, 49. Krasensky 1967, 114. W. Schneider 1969, 145f.
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ziehungswissenschaftlich anspruchsvolle Studien fehlen gänzlich. Bestenfalls folgende 5 können als pädagogisch relevant gelten: Hannelore Haslinger: Die erzieherische Wirkung der Lohnformen (1959); Ingomar Fluck: Die Gruppenarbeit im Betrieb (1960); Gerhard Schneider: Grundfragen aus der Methodik des Unterrichts in Betriebswirtschaftskunde an den zweijährigen Handelsschulen unter vergleichender Berücksichtigung der Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich (1962); Günter Loos: Die fachlichen Kriterien der kaufmännischen Lehre im Industriebetrieb unter besonderer Berücksichtigung der Gegebenheiten im süddeutschen Raum (1965); Rolf Stiefel: Externe Unternehmerschulung (1968).35
Die übrigen 12 Dissertationen behandeln rein betriebswirtschaftliche Themen wie „Auswirkungen des Betriebsverfassungsgesetzes“, „Arbeitsplatzbewertung“, „Das betriebliche Vorschlagswesen“, „Personalplanung“ usw. Sie können auch nicht als Beiträge zur Betriebspädagogik gelten, sofern das Wort „Pädagogik“ nicht ganz abwegig gebraucht wird.36 Als Folge der Vernachlässigung wirtschaftspädagogischer Forschung mittels Dissertationen ist die Rekrutierungsbasis für wirtschaftspädagogische Habilitationen in der rund zwanzigjährigen Amtszeit Krasenskys als Professor äußerst schmal geblieben. Erst an ihrem Ende ist es 1970 zur Habilitation seines Schülers und langjährigen Mitarbeiters37 Wilfried Schneider gekommen. Er hatte 1962 mit einer betriebswirtschaftlichen Dissertation über „Arbeitsplatzbewertung, ein Weg zur gerechten Entlohnung“38 bei Krasensky promoviert und sich dann in die empirische Unterrichtsforschung eingearbeitet. Auf Grund der Habilitationsschrift „Programmierter Wirtschaftsunterricht“ hat er als erster in Österreich die Lehrbefugnis als Hochschuldozent für „Wirtschaftspädagogik einschließlich der Methodik der wirtschaftswissenschaftlichen Fächer“ erworben. Das war
35 In die Liste der deutschsprachigen „Dissertationen in Pädagogik“ sind davon nur 2 aufgenommen worden: Haslinger und G. Schneider. ZfP 12 (1966), 99. 36 „… die spezifisch schulpädagogischen Fragen“ sind nicht in Dissertationen, sondern nur vereinzelt in Hausarbeiten zum Erwerb des Grades „Diplomkaufmann“ behandelt worden. Krasensky in einem Brief vom 22.9.1965 an Brezinka. PAB. 37 Seit 1959 Wissenschaftliche Hilfskraft, seit 1963 Assistent am Institut für Wirtschaftspädagogik. Vgl. in diesem Buch S. 98ff. 38 W. Schneider 1969, 145.
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personell ein Lichtblick, darf aber über die trostlose Nachwuchslage in einer Periode des Ausbaues der wirtschaftspädagogischen Studienrichtung (seit 1967) und ihrer Einführung an der Linzer Hochschule und den Universitäten Graz und Innsbruck nicht hinwegtäuschen. Wegen des relativ geringen Bedarfs an Handelsschullehrern ist die Hochschule für Welthandel seit ihrer Gründung im Jahre 1919 die einzige „Ausbildungsstätte für die Lehrerschaft an den mittleren kaufmännischen Lehranstalten Oesterreichs“39 gewesen. Noch in der erstmals 1967 erlassenen wirtschaftspädagogischen Studienordnung hieß es: „Die wirtschaftspädagogische Studienrichtung ist an der Hochschule für Welthandel in Wien einzurichten“40. Diese jahrzehntelange Monopolstellung ist von Krasensky zu wenig genutzt worden, um das Institut für Wirtschaftspädagogik über die minimalen Erfordernisse der Handelslehrerausbildung hinaus im Sinne einer wissenschaftlichen Schwerpunktbildung41 auszubauen. Die Arbeit im Institut für Bankbetriebslehre mit ihrem starken Einfluss auf „das gesamte Bank- und Sparkassen-, Börsen- und Kreditwesen“42 Österreichs lag ihm näher. Mit dem kleinen Fach Wirtschaftspädagogik allein wäre er nicht ausgefüllt gewesen. Personell war es armselig ausgestattet. Bis 1955 gab es überhaupt keinen Dienstposten für Mitarbeiter. Dann wurde endlich43 eine Wissenschaftliche Hilfskraft bewilligt, aber noch keine Assistentenstelle. Die Lage war allerdings in den Fünfzigerjahren an den Pädagogischen Instituten der Universitäten trotz ihrer umfangreicheren Aufgaben nicht besser44.
39 So regelmäßig in den Vorlesungsverzeichnissen der HfW, z.B. SS 1951, 48; WS 1962/63, 53. 40 BGBl. 1967/Nr. 102, § 1, 559. Dazu Krasensky 1967, 114: nur an der HfW. 41 Vgl. BGBl. 1966/Nr. 179, § 7 Abs. 1: „Unter Bedachtnahme auf den Bedarf und die Bildung wissenschaftlicher Schwerpunkte …“. 42 Aus dem Untertitel der von ihm redigierten Zeitschrift „Österreichisches Bank-Archiv“. Vgl. die Nr. III des 17. Jahrganges (1969) über „70 Jahre Hochschule für Welthandel in Wien“ mit der imposanten Liste der mächtigen Präsidenten, Vorstands- und Kuratoriumsmitglieder der von Krasensky als Geschäftsführer geleiteten „Österreichischen Bankwissenschaftlichen Gesellschaft an der Hochschule für Welthandel“. 43 Antrag des Rektors an das BMfU vom 15.3.1952, Zl. 40/52. HfW, Präsidialakten. 44 Vgl. für Graz in diesem Werk Bd. 2, 240; für Innsbruck ebenda, 456f.
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Selbst die Besetzung dieser einzigen Stelle war schwierig, weil es nur Diplom-Kaufleute gegeben hat, aber noch keine Kandidaten mit Lehramtszeugnis und einer wirtschaftspädagogischen Dissertation als Qualifikationsnachweis beim Doktorat. Bis 1960 ist keine dauerhafte Lösung gefunden worden. Zu ihr ist es erst durch Wilfried Schneider gekommen, der in diesem Jahr als Wissenschaftliche Hilfskraft in das Institut eingetreten ist. Auch er musste sich erst einarbeiten, ehe er 1963 Assistent werden konnte. Bei dieser einzigen Assistentenstelle ist es bis 1971 geblieben. 1968 ist ein Dienstposten für eine Hilfskraft hinzugekommen.45 Neben anderen Gründen hat allein schon dieser geringe Personalstand eine weitsichtige Sorge für den notwendigen wissenschaftlichen Nachwuchs beeinträchtigt. Dabei hatten die Handelsschulpädagogiker der Hochschule für Welthandel als einzige Professoren einer Fach didaktik den Vorteil, engsten Kontakt zu haben mit der für die kaufmännischen Schulen zuständigen Abteilung des Unterrichtsministeriums und die Unterstützung von deren ihnen als Berufsgenossen vertrauten Leitern. Schon Dörfel hatte diese Verbindung mit den Ministerialräten Klemens Ottel und Vinzenz Sedlak durch ihre Bestellung zu Lehrbeauftragten und Honorardozenten gepflegt. Ebenso ist Krasensky mit deren Nachfolger Felix Romanik (1909–1976)46 verfahren. Dieser hat ab 1952 Dauerlehraufträge für „Methodik des kaufmännischen Schriftverkehrs“, „Recht und Verwaltung des kaufmännischen Bildungswesens“ sowie „Geschichte des kaufmännischen Bildungswesens“ (seit 1963 „Geschichte des kaufmännischen Schulwesens“) übernommen47. Er war neben seiner Schlüsselstellung als Leiter der Ministerial-Abteilung VI/4 (Pädagogische und berufsfachliche Angelegenheiten der mittleren und höheren kaufmännischen Schulen; kaufmännischer Unterricht) auch gemeinsamer Direktor der Prüfungskommissionen des kaufmännischen Bildungswesens48. Für Zugewinn an Personal auf dem Wege über beson-
45 Nach den Angaben über Personal und Institute in den Vorlesungsverzeichnissen der HfW, WS 1955/76, 11 bis SS 1971, 19. 46 Biographie bei Rotter 1971, 93-95 (mit Foto). Vgl. auch seinen für die Geschichte des Ausbaues des kaufmännischen Bildungswesens in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg wichtigen autobiographischen Leistungsbericht: Romanik 1971. 47 HfW, Vorlesungsverzeichnis WS 1952/53, 9; BMfU, GZ 47.693-3/63 an das Rektorat der HfW. AdR 02, 1599, HfW 1945–1965, M - Z. 48 Romanik 1970, 89; HfW, SS 1965, 9.
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dere Arbeits- und Forschungsaufträge des Ministeriums an Krasenskys Institut scheint diese Verbindung nicht genutzt worden zu sein. Der etwas schläfrige Routinebetrieb am Institut für Wirtschaftspädagogik hat durch das Bundesgesetz vom 15. Juli 1966 über sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Studien49 und die Verordnung des Bundesministeriums für Unterricht vom 6. März 1967 über eine Studienordnung für die wirtschaftspädagogische Studienrichtung50 ein Ende gefunden. Erst diese Rechtsnormen haben die Selbständigkeit des Spezialfaches Wirtschaftspädagogik hochschulrechtlich begründet und die Einrichtung einer ihm zur Gänze gewidmeten Lehrkanzel notwendig gemacht. Der pädagogische Teil der Ausbildung konnte nun von einem Jahr auf zwei Jahre verteilt werden. Er setzte allerdings erst im zweiten Studienabschnitt (also frühestens im 5. Semester) ein und umfasste (einschließlich Psychologie und besonderer Unterrichtsmethodik) mindestens 16 Wochenstunden51 – also nur 2 mehr als jene 14 Stunden, die in der Prüfungsvorschrift von 1935 vorgeschrieben waren. Das Thema der Diplomarbeit kann aus den Fächern Pädagogik, Betriebs- oder Volkswirtschaftslehre gewählt werden. „Allgemeine Pädagogik und Psychologie“ sowie „Wirtschaftspädagogik einschließlich Methodik“ wurden neben Betriebs- und Volkswirtschaftslehre Prüfungsfächer der zweiten Diplomprüfung. Im Jahre 1970 hat die Hochschule für Welthandel ihr Monopol auf die wirtschaftspädagogische Studienrichtung verloren. Diese wurde nun auch an der Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in Linz eingerichtet52. Die Zahl der Studierenden hat sich schnell vervielfacht: von 70 Personen im Wintersemester 1966/67 und 74 im Wintersemester 1968/69 an der Hochschule für Welthandel (als einziger österreichischer Ausbildungsstätte) auf 689 im Wintersemester 1973/74 – nun verteilt auf die Hochschule für Welthandel mit 455 Studierenden und die Linzer Hochschule mit 234.53 49 BGBl. 1966/Nr. 179. 50 BGBl. 1967/Nr. 102. 51 Studienordnung 1967, § 6 Abs. 2. Eine Erhöhung auf 28 bis 38 Stunden ist erst 1984 erfolgt. BGBl. 1984/175. 52 Ab 1. Oktober 1970. Verordnung des BMfWF vom 4. September 1970, mit der die wirtschaftspädagogische Studienordnung abgeändert wird. BGBl. 1970/Nr. 297. 53 Für WS 1966/67: HfW, Professorenkollegium, Protokoll vom 25.1.1967 (Lehramt); für WS 1968/69: BMfU Hochschulbericht 1969, 274; für WS 1973/74: BMfWF 1975 (OECD-Bericht 1975), Band 1, 45.
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Im Jahre 1975 sind auch die Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten in Graz und Innsbruck dazu ermächtigt worden, die wirtschaftspädagogische Studienrichtung einzuführen und zwar „gemeinsam mit den jeweiligen Philosophischen Fakultäten“54 – das heißt: mit den dortigen Lehrkanzeln bzw. Instituten für Pädagogik. Diese Erweiterung der wirtschaftspädagogischen Studienmöglichkeiten auf insgesamt vier Hochschulen bzw. Universitäten war eine Folge des starken Aufschwunges, den das kaufmännische Schulwesen dank des wirtschaftlichen Aufstieges Österreichs seit den Fünfzigerjahren genommen hat. Es ist zu zahlreichen Neugründungen von Handelsschulen und Handelsakademien gekommen. Während es 1951 erst 53 Schulen gegeben hat, davon 10 Handelsakademien, gab es im Schuljahr 1964/65 bereits 93 Schulen, davon 28 Handelsakademien.55 Dementsprechend hat auch der Bedarf an Lehrern der Handelsfächer stark zugenommen. Mitgespielt hat dabei folgender Umstand. Durch das Schulorganisationsgesetz 196256 ist der Bildungsgang an Handelsschulen auf drei Jahre verlängert worden (§ 60), an Handelsakademien auf fünf Jahre (§ 66). Gleichzeitig wurde an allen berufsbildenden höheren Schulen mit der Reifeprüfung die Berechtigung zum Besuch wissenschaftlicher Hochschulen verbunden (§ 69). Diese Gleichstellung der höheren berufsbildenden Schulen mit den höheren allgemeinbildenden hat neben anderen Faktoren bewirkt, dass sich der Zugang zu den Handelsakademien im Vergleich zu den Handelsschulen verstärkt hat. Trotz der vielen neuen Schulen hat die Abgängermenge jedoch den wachsenden Bedarf der Wirtschaft lange nicht decken können. Bis zum Schuljahr 1989/90 ist die Zahl der Handelsschulen auf 120 mit 13.228 Schülern angestiegen, die der Handelsakademien auf 114 Schulen mit 36.570 Schülern. In beiden Schularten zusammen wurden 4.666 Lehrer beschäftigt.57 Diese Expansion des kaufmännischen Schulwesens und der entsprechende Lehrerbedarf sind seit langem erkennbar gewesen. Trotzdem ist an der Hochschule für Welthandel ungeachtet ihres Monopols für das Fach Wirtschaftspädagogik nichts getan worden, um recht
54 55 56 57
Verordnung des BMfWF vom 28. Juli 1975. BGBl. 1975/Nr. 465. BMfU: Bildungsbericht 1965, 87 und 90. BGBl. 1962/Nr. 242. Jonak/Kövesi 1996, 258ff. und 272ff. BMfU: Österreichische Schulstatistik 1989/90, Heft 39, 125, 133 und 142.
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zeitig für ausreichenden Nachwuchs an promovierten und habilitierten Wirtschaftspädagogikern zu sorgen. Durch die seit ihren Anfängen gewohnte Interpretation des Faches „als eine spezielle Betriebswirtschaftslehre“58 hat Krasensky sich mit der Sicherung des betriebswirtschaftlichen Wissens und der Methodik seiner Vermittlung begnügt. Als zwischen 1968 und 1975 in Wien, Linz, Graz und Innsbruck vier Lehrkanzeln für Wirtschaftspädagogik eingerichtet wurden, hat es für sie in Österreich keine habilitierten Kandidaten gegeben. Im Ausland war die Nachwuchslage nur wenig besser, wie unter anderem 1973 bei der Besetzung der Linzer Lehrkanzel deutlich geworden ist59. Für die nähere Zukunft war in Österreich nur mit Krasenskys einzigem wirtschaftspädagogischen Assistenten Wilfried Schneider zu rechnen, der aber bei Errichtung der Wiener Lehrkanzel im Jahre 1968 noch zwei Jahre von seiner Habilitation entfernt gewesen ist. Nach Erlass der wirtschaftspädagogischen Studienordnung von 1967 hat das Professorenkollegium einen Studienplan beschlossen60 und das wirtschaftspädagogische Studium mit Beginn des Studienjahres 1968/69 erstmals in vollem Ausmaß durchzuführen begonnen. Zugleich hat Krasensky schrittweise seinen Rückzug aus der Wirtschaftspädagogik und die Hausberufung von Schneider auf die neue Lehrkanzel vorbereitet. Diese wurde durch Umbenennung seiner eigenen bisherigen Lehrkanzel für „Betriebswirtschaftslehre III“ in „Lehrkanzel für Wirtschaftspädagogik“ geschaffen61. Zugleich wurde Krasensky bis zu deren Besetzung mit ihrer Vertretung (Supplierung) und der Fortführung der Geschäfte des zugehörigen Instituts betraut. Gleichzeitig wurde ihm eine im Dienstpostenplan 1968 neu geschaffene Lehrkanzel für „Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung der Bankbetriebslehre“ übertragen. Ferner ist 1968 auch eine neue ordentliche „Lehrkanzel für Allgemeine Pädagogik“ geschaffen
58 Pleiss 1968, 309. 59 Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 525ff. 60 Dieser Studienplan konnte im AWU nicht gefunden werden. Briefliche Anfragen des Verfassers im BMfU, Abteilung II/3 vom 2. und 24.6.2009 sind erfolglos geblieben. 61 Bundesminister Piffl vom BMfU an das Rektorat der HfW am 24. April 1968, Zl. 77.011-I/1/68. HfW, Präsidialakten 1968.
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worden, die Krasensky am 14. März 1967 beantragt62 und an deren Besetzung er mitzuwirken hatte.63 Im Lehrbetrieb hat sich zunächst wenig geändert. Krasensky hat im Wintersemester 1967/68 erstmals eine einstündige Vorlesung über „Personalführung“ gehalten. In den folgenden Semestern wurden erstmals drei gemeinsame Veranstaltungen mit Schneider angekündigt: „Sonderprobleme der Personalführung“ (SS 1968), „Programmierter Unterricht an kaufmännischen Lehranstalten“ und „Finanzmathematik für Lehramtskandidaten“ (SS 1969). Im Übrigen blieb es für „Theorie und Geschichte der Pädagogik“ bis 1969 bei Ledwinka als Lehrbeauftragtem und für „Geschichte des berufsbildenden Schulwesens“ sowie dessen „Recht und Verwaltung“ bei Ministerialrat Romanik. Für „Psychologie“ und „Jugendkunde“ war nach Strohschneider von 1962 bis 1965 der außerordentliche Professor für Psychologie an der Wiener Universität Erich Mittenecker als Lehrbeauftragter tätig.64 Ihm ist von 1965 bis 1972 der Universitätsdozent Dr. phil. et Dr. med. Manfred Haider vom Hygienischen Institut der Wiener Universität gefolgt65. Dazu kamen vier bis fünf Lehrkräfte für spezielle Methodik der Schulfächer. Der nächste wichtige Schritt zur Verselbständigung des Faches durch die neue Lehrkanzel für Wirtschaftspädagogik war die Habilitation von Wilfried Schneider. Sie ist am 13. Juli 1970 erfolgt. Damit konnte nach zweijähriger Verzögerung endlich die Besetzung der Lehrkanzel in Angriff genommen werden, weil nun ein Listenplatz für Schneider möglich geworden war. Am 15. Mai 1971 ist die Lehrkanzel mit ihm besetzt worden66. Damit war ihre zeitweilige Vertretung (Supplierung) durch Krasensky nach drei Jahren beendet. Er hat sich am Ende des Sommer-
62 Krasensky an das BMfU. HfW, Präsidialakten 1967. Begründung: im Rahmen der neuen wirtschaftspädagogischen Studienrichtung seien „die Vorlesungen für dieses Fachgebiet Pflichtvorlesungen“. 63 Schreiben Krasenskys an das BMfU vom 22.3.1968 mit Nennung der vorgeschlagenen Maßnahmen. Zustimmendes Schreiben von Unterrichtsminister Piffl an das Rektorat der HfW vom 24.4.1968, Zl. 77.011-I/1/68. AdR 02, Personalakt 304 Krasensky. Auch HfW, Präsidialakten 1968. 64 Kurzbiographie von Mittenecker: Kürschner 2007, 2419. Vgl. in diesem Werk Band 2, 319f. 65 Kurzbiographie von M. Haider: Kürschner 1987, 1546. Er war ab 1970 Professor und Vorstand des Instituts für Umwelthygiene der Wiener Universität. 66 HfW, Vorlesungsverzeichnis WS 1971/72, 10.
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semesters 1971 nach 31 Jahren aus der Wirtschaftspädagogik zurückgezogen und bis zu seiner Emeritierung im Herbst 1973 ganz der Bankbetriebslehre gewidmet. Auch danach hat er weiter an der Entwicklung seiner Fächer Anteil genommen. Zusätzlich zu zwei Festschriften zum 65. und 70. Geburtstag ist er sogar noch zum 80. und zum 90. Geburtstag durch drei weitere geehrt worden. Zum 80. sind ein Band über „Das Kreditwesen in Österreich“ und ein Band über „Wirtschaftspädagogik in Österreich“ erschienen; zum 90. Geburtstag ein Band über „Komplexe Methoden im betriebswirtschaftlichen Unterricht“ mit Beiträgen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. Als sein besonderes Verdienst ist zum 100. Geburtstag hervorgehoben worden, „daß die Wirtschaftspädagogik an der Wirtschaftsuniversität Wien in die betriebswirtschaftliche Fachgruppe eingebunden ist und daher eine weitaus bessere universitätspolitische Position besitzt als an vielen anderen Universitäten im deutschen Sprachraum“67. Am 15. November 2006 ist Krasensky im Alter von 103 Jahren in Mondsee (Oberösterreich) gestorben.
5. DIE LEHRKANZEL FÜR ALLGEMEINE PÄDAGOGIK UNTER WALTER SCHÖLER: 1968–1970 Durch das Bundesgesetz vom 15. Juli 1966 und die Studienordnung für die wirtschaftspädagogische Studienrichtung vom 6. März 1967 ist die Allgemeine Pädagogik als Grundlage der Spezialdisziplin Wirtschaftspädagogik aufgewertet worden. Dadurch hat sich das Professorenkollegium am 10. März 1967 veranlasst gesehen, einstimmig beim Bundesministerium für Unterricht für den Dienstpostenplan 1968 eine ordentliche Lehrkanzel für Allgemeine Pädagogik zu beantragen1. Sie ist der Hochschule anstandslos zugewiesen worden. Sie wurde am 22. März 1968 ersucht, dem Ministerium umgehend einen Besetzungsvorschlag vorzulegen.2 Das Professorenkollegium hat eine Berufungs
67
W. Schneider 2003.
1 HfW, Protokoll der Sitzung des Professorenkollegiums vom 10. März 1967. Antrag Krasensky an das BMfU vom 14. März; Antrag des Rektors Karl Skowronnek vom 20. März 1967, Zl. P/27/67. HfW, Präsidialakten 1967. 2 BMfU, Zl. 46.206-I/2/68 vom 22. März 1968. HfW, Präsidialakten Zl. P/35/68.
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kommission eingesetzt, der Krasensky als Vorsitzender, der Wirtschaftshistoriker Alois Brusatti und der Wirtschaftsgeograph Leopold Scheidl angehört haben. Sie hat folgende Dreier-Liste aufgestellt, die am 21. Juni vom Professorenkollegium einstimmig beschlossen worden ist3: 1. Rudolf Weiss, Direktor des Pädagogischen Institutes des Landes Oberösterreich in Linz, seit 26. Jänner 1968 nebenberuflich Dozent für Pädagogik an der Universität Salzburg; 2. Walter Schöler, seit 24. Mai 1967 Privatdozent für Erziehungswissenschaft an der Technischen Hochschule Aachen; 3. Richard Olechowski, Assistent am Institut für Pädagogik der Universität Wien (im Habilitationsstadium). Über Weiss ist in diesem Werk bereits berichtet worden4. Die Berufungskommission hat ihn für „in hervorragender Weise … geeignet“ eingeschätzt5. Auch Schölers Werdegang ist bereits kurz geschildert worden6. Er wird hier ausführlich dargestellt, weil Schöler auf dem Weg über die Hochschule für Welthandel zum Gründungsrektor der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt aufgestiegen ist und vorübergehend erheblichen Einfluss auf die österreichische Bildungspolitik gewonnen hat. Der an dritter Stelle genannte Olechowski wurde „für den Fall, dass die Verhandlungen mit den beiden erstgenannten Herren scheitern sollten“, vorgeschlagen, sofern er „im Zeitpunkt der Aufnahme der Verhandlungen sein Habilitationsverfahren bereits abgeschlossen hätte“. Das ist erst am 4. Februar 1970 der Fall gewesen. Auch über ihn ist bereits berichtet worden7. Auffällig war an diesem Besetzungsvorschlag, dass keiner der Kandidaten nach bisherigen Arbeitsgebieten und Publikationen der Wid-
3 HfW, Schreiben des Rektors an das BMfU vom 3. Juli 1968. Präsidialakten P/72/68. 4 Vgl. Bd. 2, 586ff. 5 Terna-Vorschlag an das Professorenkollegium vom 20. Juni 1968. HfW, Präsidialakten P/72/68. 6 Vgl. Bd. 3, 519f. – Ausführlicher „Lebenslauf“ und „Verzeichnis der wissenschaftlichen Veröffentlichungen“, undatiert (1968), als Beilagen des Besetzungsvorschlages vom 21. Juni 1968. 7 Vgl. Bd. 1, 601ff. – Lebenslauf und Forschungsprogramm vom 19. April 1968 als Beilage des Dreier-Vorschlages.
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mung der Lehrkanzel für Allgemeine Pädagogik entsprochen hat. Weiss und Olechowski waren Psychologen, Schöler war ursprünglich ein hervorragender Schulhistoriker und dann Spezialist für Pädagogische Technologie, Programmierten Unterricht und Lehrmaschinen. Weiss und Schöler hatten jahrelange Schulpraxis als Lehrer aufzuweisen und standen der empirischen Unterrichtswissenschaft näher als der Allgemeinen Pädagogik. Alle drei waren Anhänger einer „betont empirisch-pragmatischen Arbeitsweise“8, hatten aber nichts zur Allgemeinen Pädagogik beigetragen. Es hat jedoch damals in Österreich überhaupt keine personelle Alternative zu ihnen gegeben, weil Nachwuchs an habilitierten Erziehungswissenschaftlern vollständig gefehlt hat.9 Zur Berufung von Weiss ist es nicht gekommen, weil für das Unterrichtsministerium die Errichtung der Lehrkanzel von vornherein mit der Absicht verbunden gewesen ist, Schöler für Österreich zu gewinnen, um ihn zum Aufbau der geplanten Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt einsetzen zu können. Offiziell sind allerdings im Antrag an den Ministerrat auf seine Ernennung nur folgende „Gründe für die Abweichung von der Reihung des Ternavorschlages“ genannt worden: „Gerade an der Hochschule für Welthandel erscheint die Berufung eines Pädagogen allgemeiner Art zu wenig begründet, da im Hinblick auf die dort vertretenen Fachrichtungen und die Wichtigkeit der Ausbildung auf dem Gebiet des ,Programmierten Lernens‘ ein Fachmann dieser Wissenschaftssparte unbedingt erforderlich erscheint. Bei eingehender Abwägung der an 1. u. 2. Stelle genannten Kandidaten, soweit es ihre bisherige Tätigkeit und Erfahrung, ihre wiss. Publikationen und ihr Habilitationsfach betrifft, erscheint es gerechtfertigt, Doz. Dr. Walter Schöler zu berufen“.10 Der wahre Grund stand unter anderem in einer „Dringende(n) Information für den Herrn Bundesminister“ durch den zuständigen Sektionschef Walter Brunner anlässlich Piffls Besprechung mit Finanzminister Stephan Koren über Schölers Gehaltsforderungen: „Dr. Schöler ist sowohl für das Hochschulprojekt Klagenfurt unbedingt erfor-
8 Schöler, Lebenslauf S. 5. 9 Vgl. die Schwierigkeiten bei der Besetzung der Lehrkanzeln in Innsbruck 1967 bis 1971 und Graz 1971/72 in diesem Werk Bd. 2, 569ff. und 307ff. sowie Klagenfurt ab 1970 in diesem Buch S. 376ff. 10 Antrag des Ministers Piffl vom 27. September 1968, BMfU, G. Zl. 125.819I/1/68. AdR 02, Personalakt 1722 Schöler.
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derlich als auch für eine moderne Pädagogik in Wien unentbehrlich“.11 Zwei Jahre später hieß es deutlicher, „daß die seinerzeitige Berufung Prof. Schölers vor allem im Hinblick auf die Aufbauarbeit für Klagenfurt erfolgte“.12 Er sei „schon bei seinem Ruf nach Wien unumstritten als Hauptperson für den Aufbau der Klagenfurter Hochschule in Frage“ gekommen13. Unterrichtsminister Piffl (ÖVP) hat die Berufung von Schöler am 13. September 1968 angeordnet. Am 22. November 1968 ist Schöler durch Bundespräsident Franz Jonas mit Wirkung vom 1. Dezember 1968 zum Ordentlichen Hochschulprofessor für „Allgemeine Pädagogik“ an der Hochschule für Welthandel ernannt worden14. Am 7. Februar 1969 hat das Professorenkollegium beschlossen, beim Ministerium die Errichtung eines „Instituts für Allgemeine Pädagogik“ zu beantragen und Schöler zu dessen Vorstand zu bestellen.15 Am 17. März 1969 ist dieser Antrag durch Minister Piffl genehmigt worden16. Walter Schöler war bei seiner Ernennung 40 Jahre alt.17 Er ist als Sohn eines Realschullehrers am 20. August 1928 in Schwaan (Mecklenburg) geboren worden und war evangelisch-lutherischer Konfession. Er hat nach der Grundschule in Wismar die Oberschule in Parchim und die Nationalpolitische Erziehungsanstalt18 in Plön (Schleswig-Holstein) besucht, bis er im März 1945 im Alter von 16 Jahren zur Deutschen Wehrmacht eingezogen worden ist. Charakterlich scheint er zu jener elitären Kategorie gehört zu haben, die man damals volkstümlich „ein ganzer Kerl“ genannt hat19. Gemeint waren damit starke Antriebs 11 Brunner am 18.10.1968. AdR 02, Personalakt Schöler (Hervorhebung vom Verfasser). 12 Sektionschef Brunner am 1.9.1970. BMfWF, GZ. 123.836-4/70. AdR 02, PA 1722. 13 Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung Dr. Hertha Firnberg an den Bundesminister für Finanzen Hannes Androsch, undatiert (1.9.1970). AdR 02, PA 1722. 14 Zl. 10.330. AdR 02, Personalakt 1722. 15 Rektor Willy Bouffier am 12.2.1969 an das BMfU, Zl. P/12/69. AdR 02, Personalakt 1722. 16 BMfU, Zl. 50.173-I/1/69. HfW, Präsidialakten 1969. 17 Kurzbiographie: Kürschner 1992, 3316; Lebenslauf von 1968 im Besetzungsvorschlag der HfW. 18 Zu dieser Elite-Schule vgl. Hehlmann 1942, 296f.; Klose 1982, 203ff.; Gamm 1990, 401ff. 19 Inspekteur der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten August Heissmeyer, zitiert bei Klose 1982, 204.
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kraft, große seelische Energie, großer Leistungswille, Tatendrang, Begeisterungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft für wertvolle Ziele20. Nach kurzem Militärdienst, englischer Kriegsgefangenschaft und Abi turientenlehrgang erhielt er seine Berufsausbildung zum Volksschullehrer 1946 in einem achtmonatigen Kurs am Lehrerseminar NeustadtGlewe in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. Als 1947 seine Mutter starb und sein Vater noch in Gefangenschaft war, hat er die Verantwortung für seine fünf jüngeren Geschwister übernommen und sich zu ihrem Vormund bestellen lassen.21 Von 1946 bis 1952 arbeitete er als Lehrer an der Volksschule Parchim, ab 1950 als deren Direktor und zugleich Rektor des Schulbezirks. 1947 hat er die Erste und 1949 die Zweite Lehrerprüfung des Landes Mecklenburg mit der Note „gut“ bestanden. Nachdem Ende 1948 die „Freie Deutsche Jugend“ (FDJ) für die 11- bis 14jährigen Kinder den Kinderverband „Junge Pioniere“ gegründet hatte22, hat Schöler als besonders beliebter Lehrer ehrenamtlich auch als „Pionierleiter“ gedient und „an der Fritz-Reuter-Schule in Parchim eine Pionierfreundschaft aufgebaut, die bald zu den besten in Mecklenburg zählte“. Er war „einer der wenigen Lehrer in der gesamten … DDR“, die mit dem Ehrentitel „Aktivist“ ausgezeichnet worden sind. Viermal ist er mit der Medaille „Für ausgezeichnete Leistungen“ geehrt worden.23 Neben diesen aufreibenden Ämtern hat er zusätzlich die Lehrbefugnis für das Fach Russisch erworben. Die perfekte Beherrschung dieser Sprache ist ihm 1957 auch bei einer Studienreise in die Sowjetunion zugute gekommen. 1952 wurde er als Dozent an das Institut für Lehrerbildung in Güstrow berufen. Schöler gab diesen Posten aber schon nach vier Monaten auf, um ein Studium der Fächer Pädagogik, Philosophie und Psychologie an der Universität Rostock zu beginnen. Als Nebenfächer studierte er Geschichte und Slawistik. Sein Berufsziel war eine akademische Position in der Lehrerbildung der „Deutschen Demokratischen Republik“. Sein Lehrer in der Pädagogik war der Professor für Geschichte der Pädagogik Fritz Müller (1900–1974)24. Am 1. Juli 1955 erfolgte die Promotion zum Doktor der Pädagogik mit der Note „sehr gut“. Die
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Zur Symptomatologie dieses Typus vgl. Heinrich Roth 1941, 225ff. Zielinski bei Lechner 1989, 36f. Vgl. Herz 1957, 42ff. Günter Koppelmann bei Lechner 1989, 12f. Kurzbiographie: Horn 2003, 300 und 111.
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Dissertation im Umfang von 176 Seiten war folgendem Thema gewidmet: „Der fortschrittliche Einfluß des Philanthropismus auf das niedere Schulwesen im Fürstentum Anhalt-Dessau 1785–1800“. Sie stützte sich auf die Wiederauffindung der verloren geglaubten Dessauer Schulordnung von 1785 durch Schöler 25 und ist 1957 als Buch veröffentlicht worden. Nach der Promotion wurde Schöler von Müller die Stelle eines Wissenschaftlichen Assistenten am Institut für Pädagogik der Universität Rostock angeboten. Er hielt dort bis 1958 Vorlesungen und Seminare zur Historischen Pädagogik und betrieb Forschungen zur Schulgeschichte des 18. und 19. Jahrhunderts. 1958 wurde er ohne Habilitation zum Universitätsdozenten ernannt und mit dem Aufbau und der Leitung einer selbständigen Abteilung für Unterrichtsmethodik betraut, die unter anderem für die Organisation der Schulpraktika zuständig war. Damit erweiterten sich seine Lehr- und Forschungsaufgaben auf die Unterrichtswissenschaft. Studienreisen führten ihn 1956 in die Tschechoslowakei und nach Österreich (wo er in Salzburg an der Internationalen Werktagung teilnahm), 1957 in die Sowjetunion, 1958 nach Bremen und Hamburg. Als Prof. Müller 1960 aus politischen Gründen die Lehrtätigkeit untersagt wurde, bestand für Schöler keine Möglichkeit mehr, seine schulhistorische Habilitationsschrift einzureichen. Um dem Druck der kommunistischen Diktatur zu entgehen, ist er im Herbst 1960 über Berlin in die Bundesrepublik Deutschland emigriert. Dort musste er „mit der wissenschaftlichen Laufbahn noch einmal von vorn beginnen“. Er suchte sich zunächst an der Universität Frankfurt fortzubilden und fand Anschluss an den dortigen Professor für Philosophie und Pädagogik Martin Rang (1900–1988)26. Ende Januar 1963 hat ihn Johannes Zielinski (1914–1993)27 – seit 1961 Professor für Pädagogik an der Technischen Hochschule Aachen – als Wissenschaftlichen Assistenten an das dortige Institut für Erziehungswissenschaft geholt. In Frankfurt hat Schöler 1963 seine 1932 in Rostock geborene Frau Waltraut geheiratet. Sie hat ab 1964 gemeinsam mit
25 Zweite Fassung 1787. In: Acta C 18a Nachtrag Nr. 1, Beilage. Landesarchiv Oranienbaum. Nach Schöler 1970, 344. 26 Kurzbiographie: Horn 2003, 312. 27 Kurzbiographie: Horn 2003, 378; ausführlicher in diesem Werk Bd. 3, 133ff. – Er ist 1967 von Minister Piffl auf die Lehrkanzel für Pädagogik II der Universität Salzburg berufen worden, hat aber abgelehnt.
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ihm publiziert und 1966 bei Zielinski mit einer Dissertation „Zur schulpädagogischen Integration des Programmierten Unterrichts“ promoviert28. Aus dieser Ehe ist eine Tochter hervorgegangen. In Aachen wurde Schöler im Herbst 1963 der Aufbau einer Abteilung für Pädagogische Technologie und Unterrichtsforschung übertragen. Zielinski hatte sich auf Programmierten Unterricht spezialisiert. Zusammen mit Schöler hat er ab 1964 eine Reihe „Aachener Arbeiten zum Lernen nach Programmen“ herausgegeben. Gemeinsam haben sie zwei Bände über „Pädagogische Grundlagen der Programmierten Unterweisung unter empirischem Aspekt“ (1964) und „Methodik des Programmierten Unterrichts. Zum Problem der Mikrostrukturen von Lehren und Lernen“ (1965) veröffentlicht. Daneben hat Schöler auch seine Studien zur historischen Pädagogik fortgesetzt. Am 24. Mai 1967 hat er die Lehrbefugnis als Privatdozent für Erziehungswissenschaft erworben. Seine Habilitationsschrift im Umfang von 585 Seiten hatte den Titel „Beiträge zur Geschichte des naturwissenschaftlichen Unterrichts im 17.–19. Jahrhundert. Erziehungstheoretische Grundlegung und schulgeschichtliche Entwicklung“. Sie ist 1970 mit dem Obertitel „Geschichte des naturwissenschaftlichen Unterrichts“ im Umfang von 373 Seiten als Buch veröffentlicht worden. Der Druck ist mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft erfolgt. Es handelt sich um eine hervorragende Studie über die langen und hindernisreichen Bemühungen, der Naturkunde Eingang in die Lehrpläne und den wirklichen Unterricht der allgemeinbildenden Schulen zu verschaffen. Im Zentrum steht der mit den Philanthropen der Aufklärungszeit begonnene Streit zwischen Realismus und Neuhumanismus um den Anteil der naturwissenschaftlichen Fächer am Bildungskanon der Gymnasien und Elementarschulen. Dabei ist nicht nur die riesige und weitgehend vergessene pädagogische und naturwissenschaftliche Spezialliteratur aus zwei Jahrhunderten kritisch ausgewertet worden. Schöler hat auch mit enormer Quellenkenntnis die Realität des naturkundlichen Schulunterrichtes seit den Pionierleistungen des Philanthropismus beschrieben und mit den bildungstheoretischen Programmen und Streitschriften verglichen. Sein Buch gehört zu den Meisterwerken der Historischen Pädagogik und hätte ihn sofort für einen Lehrstuhl dieses Faches qualifiziert. Er hat aber zur Zeit der Habilitation seine Lebensaufgabe schon längst im Einsatz für „appa-
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Kurzbiographie: Kürschner 2007, 3283; ZfP 13 (1967), 92.
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rative“ Pädagogische Technologie29 als Mittel radikaler Schulerneuerung gesehen. Unmittelbar vor seiner Berufung nach Wien hat er als seine „gegenwärtigen Arbeitsgebiete“ folgende angegeben: „Grundlagenforschungen zur kybernetischen Pädagogik und Algorithmentheorie, Methoden der praktischen Unterrichtsprogrammierung und Programmtestung, Probleme der Integration von apparativen Lernhilfen und Sprachlehranlagen, audio-visuellen Unterrichtshilfen, Schulfernsehen und Computer-Lehrsystemen“.30 Seine Antrittsvorlesung vor der Philosophischen Fakultät der Technischen Hochschule Aachen hat er am 26. Oktober 1967 aber noch über das historische Thema „Schulorganisation im Philanthropismus“ gehalten. Schöler hatte schon vor seiner Berufung einen „Forschungsauftrag des Bundesministers für Unterricht“ erhalten, „an der Planung und Entwicklung des Konzeptes einer Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt mitzuwirken“31. Deshalb hat das Unterrichtsministerium die Verhandlungen mit ihm schnell und großzügig geführt. Er ist besoldungsmäßig gut gestellt worden, zumal er auch auf Rufe an die belgische Universität Löwen und die hessische Universität Gießen verweisen konnte32. Außerdem hatte seine Ehegattin einen Ruf an die Ökonomische Hochschule Limburg (Belgien) erhalten, „auf welchen sie verzichten müßte“33. Das Finanzministerium hat im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt am 29. Oktober 1968 zugestimmt. Die Genehmigung durch den Ministerrat ist am 19. November 1968 erfolgt. Mit der Ernennung hat Schöler auch die österreichische Staatsbürgerschaft erworben. Da im Hauptgebäude der Hochschule für das neue „Institut für Allgemeine Pädagogik“ kein Platz gewesen ist, ist es zunächst in vom Unterrichtsministerium angemieteten Räumen des Hauses Türkenschanzstraße 18 untergebracht worden.
29 Vgl. u.a. Schöler 1971. 30 Lebenslauf 1968, S. 4. 31 Schöler im Bewerbungsschreiben um die Lehrkanzel für Unterrichtsforschung an der Hochschule Klagenfurt vom 27.6.1970, „Kurzbiographie in Daten“. AdR 02, Personalakt 1722. 32 In Leuven als ordentlicher Professor für kybernetische Didaktik und Hochschuldidaktik; in Gießen als außerordentlicher Professor für Historische Pädagogik. Bewerbungsschreiben Schölers vom 27.6.1970 für Klagenfurt. 33 BMfU, GZ. 125.819-I/1/68. AdR 02, Personalakt 1722.
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Im Vorlesungsverzeichnis erscheinen Schöler, sein Institut und seine Mitarbeiter erstmals im Sommersemester 1969.34 Personell hat er mit einem geprüften Lehramtskandidaten als Vertragsassistenten begonnen. Zum Wintersemester 1969/70 ist als erster Assistent Dr. Peter Posch hinzugekommen35, zum Sommersemester 1970 als zweiter Assistent der geprüfte Lehramtskandidat Karl Josef Parisot36. Daneben hat es zwei Vertragsassistenten gegeben, insgesamt also vier Wissenschaftliche Mitarbeiter. In seinen Lehrveranstaltungen hat Schöler folgende Gebiete behandelt: „Geschichte der Pädagogik“, „Pädagogische Technologie (Apparative Lehr- und Lernhilfen)“, „Grundlagen der Unterrichtswissenschaft“, „Einsatz von Unterrichtsprogrammen“, „Lehrstrategien im Unterricht“ (Übung), „Praktische Übungen mit audio-visuellen Lehrmitteln“, „Spezialprobleme der empirischen Pädagogik“ (Seminar) und „Unterrichtstheorie“ (Seminar).37 Die Form der Schölerschen Lehrveranstaltungen ist ab Herbst 1969 nicht mehr eindeutig beschreibbar, weil er damals bekannt gegeben hat, dass er auf die Vorlesung „verzichten“ wolle. „In einer neuen Form kombinierter Lehr- und Forschungsveranstaltungen soll an die Stelle der gewohnten Vorlesungen und Seminare eine Studien- und Forschungstätigkeit studentischer Arbeitsgruppen unter Beratung und Mitwirkung von Tutoren treten.“38 Neben seiner Lehrverpflichtung an der Hochschule für Welthandel hat Schöler in den Jahren 1969/70 noch Lehraufträge an drei weiteren Hochschulen ausgeübt: an der Technischen Hochschule Aachen eine Vorlesung über „Lernen nach Programmen“; an der Universität Leuven (Belgien) als Gastprofessor Vorlesungen in flämischer Sprache über „Kybernetische Didaktik einschließlich des programmierten Unterrichts“ und „Unterrichtstechnologie“ sowie Seminare dazu; an der Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in Linz eine „Einführung in die Unterrichtswissenschaft“ (SS 1970).39 Daneben hat 34 HfW, SS 1969, 18. 35 HfW, WS 1969/70, 19 und 16. Über Posch vgl. in diesem Werk Bd. 2, 507f., 566, 568 und in diesem Buch S. 156ff. und 438ff. 36 HfW, SS 1970, 19 und 16. 37 HfW, Vorlesungsverzeichnisse SS 1969 – SS 1970. 38 ibf. Informationsdienst für Bildungspolitik und Forschung. Wochenspiegel vom 24.10.1969, 2. 39 Schöler: Lehrveranstaltungen 1967–1970. Beilage zum Bewerbungsschreiben vom 27.6.1970. – Über Schöler als Gastprofessor in Linz vgl. in diesem Werk Bd. 3, 518ff.
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er zahlreiche Vorträge gehalten und in Zeitungen und Zeitschriften sendungsbewusst für „Bildungsforschung“ und „für eine konsequente … Erneuerung unserer Bildungseinrichtungen an Haupt und Gliedern“ geworben.40 Auf Werbung für ein Programm und dessen Erläuterung war auch die Antrittsvorlesung angelegt, die Schöler am 18. Juni 1969 gehalten hat. Ihr Thema lautete: „Was ist Bildungsforschung? Bildungsprozesse und Bildungsstrukturen in der modernen Gesellschaft“41. Wer sich eine wissenschaftliche Argumentation mit gründlicher Analyse in klaren Begriffen erwartet hatte, wurde enttäuscht. Geboten wurden nur eine pauschale Abwertung des vorhandenen Schulwesens als unmodern und schlagwortartige Versprechungen „neuer Bildungskonzepte“, die über die Forderung nach „Umrüstung“ der „Unterrichtssysteme“ durch „Technologisierung des Unterrichts“ mittels „technischer Medien“ nicht hinauskamen42. Obwohl sich bei Schöler alles um „Bildung“ drehte und er „ein Umdenken des Bildungsbegriffes“ befürwortete, machte er nicht den geringsten Versuch, zu erklären, was er unter diesem vieldeutigen Wort43 versteht. Er begnügte sich terminologisch mit dem gedankenlosen Durcheinander, das bei unaufgeklärten Sprachbenützern üblich ist. „Das zentrale Ereignis BILDUNG“ sei „nicht mehr ein Attribut der Muße, sondern die notwendige Grundlage für ein menschenwürdiges Überleben“.44 „Bildung ist ein offener Prozeß“ mit einem „ganzheitlichen Charakter“. „Wir arbeiten noch immer mit den Methoden des vergangenen Jahrhunderts“. „Wir wissen heute weder konkret, was wir zu lehren haben noch wie“. „Wir stehen vor einem völligen Wandel der bestehenden Bildungseinrichtungen“. „Unser Schulwesen“ sei „umzudenken und neu zu formen“. „Wir haben das Bildungsgeschehen auf das Niveau unserer durch Wissenschaft und Technik geprägten Gesellschaft zu heben“. Es seien „neue Methoden des Lehrens und Lernens zu erproben, weil mit den überkommenen Verfahrensweisen die Fülle des Stoffes nicht mehr bewältigt werden kann. Der uns abgeforderte Prozeß der Bildung verlangt eine Rationalisierung und Inten-
40 Wiener Antrittsvorlesung vom 18.6.1969. 41 Einladungskarte im Personalakt 1722, AdR 02. Veröffentlicht erst zwei Jahrzehnte später: Schöler 1989. 42 Schöler 1989, 179. 43 Vgl. Brezinka 2003, 107ff. 44 Schöler 1989, 173ff.
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sivierung nach innen, das heißt eine Suche nach Methoden, wie man das Lernen lernen kann“. Es beginne jetzt „eine völlig neue Kulturepoche“, die „ein gänzlich anderes Bildungssystem erzeugen wird. Wir stehen an der Nahtstelle des Überganges von der Buch- und Lehrerschule zu einer Schule, in der ganze Unterrichtsstrecken als Kommunikationssysteme bereitgehalten werden und jederzeit abrufbar zur Verfügung stehen“. Was aber ist „Bildungsforschung“? Wodurch unterscheidet sie sich von Erziehungswissenschaft? „Die Basis der Erziehungswissenschaft ist angesichts der Fülle der Aufgaben und der Komplexität des Gegenstandes zu schmal geworden, um die Bildungsprobleme der Gegenwart zu lösen“. „Bildungsforschung ist ein kooperatives Unternehmen“, ein „Betätigungsfeld vieler Wissenschaftsdisziplinen“.45 „Bildungsforschung hat den Bildungsweg des modernen Menschen zu erforschen und zu gestalten. Sie steht damit im Dienst strategisch neuer Bildungskonzepte und ist zukunfts- und entwicklungsorientiert.“ Sie ist „Forschung als Konstruktion und Kritik“. „Die Konstruktion … geht aus von einer prospektiven Utopie, die in eine reale Utopie umzuformen Aufgabe langwieriger Entwicklungsarbeiten ist.“ Es gelte einen „systemtechnischen Wendepunkt … herbeizuführen“, der „durch folgende Faktoren gekennzeichnet“ sei: „1. Umstrukturierung der Lehr- und Lernprozesse zu einem vielschichtigen Kommunikationssystem. 2. Einbruch empirischer Methoden in die Praxis. 3. Verbindung des Unterrichts mit wissenschaftlicher Forschung. 4. Eingliederung des Lehrers in diesen Forschungsprozeß. Die Basis künftiger Unterrichtssysteme ist Unterrichtstechnologie.“ Diese Kernsätze müssen hier genügen, um sich ein Bild von den „Forschungsaufgaben“ der „Bildungsforscher“ zu machen, „die eingearbeitete wissenschaftliche Stäbe und ein Netz von Forschungszentren verlangen“, um „damit einen Beitrag zur Humanisierung des Bildungsgeschehens zu leisten“.46 Wesentlich war an dieser „prospektiven Utopie“ vor allem, dass die als künftiges Ergebnis dieser Forschung erwarteten neuen „Unterrichtsmethoden und Organisationsformen … einen gänzlich anders ausgebildeten Lehrer verlangen, einen Lehrer, der in der Lage ist, den Unterricht großräumig zu planen und unter Einbezug
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Ebenda, 177ff. Ebenda, 180f.
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technischer Hilfsmittel zu organisieren. Er wird sich dabei empirischer Methoden zu bedienen haben, muß also methodologisch anders gerüstet werden. Sein Schulalltag stellt ihn in unmittelbaren Kontakt zur Bildungsforschung. Er hat die Praxis forschend zu meistern.“47 Mit seiner Antrittsvorlesung hat Schöler einen Einblick in die schulpädagogischen Visionen geboten, welche die fünfköpfige Planungsgruppe des Unterrichtsministeriums beseelt hat, die Minister Piffl-Perčevič am 19. Juli 1968 „mit der Ausarbeitung eines Entwurfes für das Projekt einer Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt“ betraut hat. Ihr haben als einzige Erziehungswissenschaftler Schöler und sein Assistent Peter Posch angehört48. Auf Grund dieser Vorarbeiten hat der Nationalrat am 21. Jänner 1970 das Bundesgesetz über die Gründung der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt beschlossen49. Über Einzelheiten der Entstehungsgeschichte dieser Hochschule wird im Teil IX dieses Werkes berichtet50. Hier ist nur noch festzuhalten, dass Schöler am 4. Mai 1970 durch den kurzzeitigen Bundesminister für Unterricht Leopold Gratz (SPÖ, 1970/71) zum Mitglied des achtköpfigen Gründungsausschusses der Klagenfurter Hochschule bestellt worden ist51. In der konstituierenden Sitzung am 25. Mai 1970 ist er zum Gründungsrektor gewählt worden.52 Auf Grund der erstmals gesetzlich gebotenen öffentlichen Ausschreibung aller Dienstposten53 hat sich Schöler am 27. Juni 1970 um die Lehrkanzel für Unterrichtsforschung beworben. Dabei hat er folgendes ausgeführt: „Seit Jahren arbeite ich an der Entwicklung und Erprobung neuer Methoden des Lehrens und Lernens. Die Schwerpunkte meiner Lehr- und Forschungsarbeit sind historisch-vergleichende Unterrichtswissenschaft, Programmierter Unterricht, Unterrichtstechnologie sowie Fragen der Umstrukturierung der Lehr- und Lernprozesse.
47 Ebenda, 182. 48 Kärntner Universitätsbund 1970, 63. 49 BGBl. 1970/Nr. 48. Abdruck: Kärntner Universitätsbund 1970, 67-69; bei Ermacora 1972, 146ff. 50 Vgl. in diesem Buch S. 216ff. 51 Gemäß Bundesgesetz vom 21.1.1970, § 11 Absatz 1. BMfU, Zl. 111.849-4/70. AdR 02, Personalakt 1722. 52 Genehmigt durch BM Gratz am 13.6.1970, BMfU Zl. 115.972-4/70. 53 Gemäß § 3 Absatz 2 des Gründungs-Gesetzes 1970.
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Gegenwärtig stehe ich in folgenden Berufungsverhandlungen: mit der Universität Leuven/Belgien zwecks Umwandlung meiner part-time Professur in ein Ordinariat; mit dem Hessischen Kultusminister wegen einer Berufung an das Bildungstechnologische Zentrum in Wiesbaden; mit dem Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen wegen einer Berufung an das Forschungs- und Entwicklungszentrum für objektivierte Lehr- und Lernverfahren in Paderborn. In allen drei Fällen handelt es sich um uno-loco-Verfahren. Da ich an der Planung und Entwicklung der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt verantwortlich mitgewirkt habe, richtet sich mein besonderes Interesse auf eine Lehr- und Forschungstätigkeit an dieser neuen Hochschule.“54 Dieses Schreiben beleuchtet zweierlei: erstens wie stark das Interesse der Schul- und Hochschulministerien um 1970 an den versprochenen unterrichtstechnologischen Beiträgen zur Schulreform gewesen ist; zweitens wie sehr es an Spezialisten auf diesem noch ganz unausgereiften Forschungsgebiet gefehlt hat und wie heftig deswegen Schöler umworben worden ist. Schon am 8. Juli 1970 hat der Gründungs auschuss beschlossen, dem Unterrichtsministerium für die Besetzung der Lehrkanzel sein Mitglied Schöler primo et unico loco vorzuschlagen. Seine Berufung sei wegen seiner „hohen Qualifikation und im Hinblick auf die Notwendigkeit, im Herbst 1970 mit dem Aufbau der Hochschule“ zu beginnen, „außerordentlich dringend“.55 Sie ist bereits am 13. Juli 1970 durch Bundesminister Gratz erfolgt. Die Ernennung wurde durch Bundespräsident Franz Jonas am 30. September 1970 unterzeichnet. Nach einem Jahr und zehn Monaten hat Schöler seine Lehrkanzel an der Hochschule für Welthandel wieder verlassen. Zur Überbrückung der Vakanz hat er im Wintersemester 1970/71 noch seine bereits angekündigten Lehrveranstaltungen als Lehrbeauftragter durchgeführt: „Einführung in die Unterrichtswissenschaft“ und „Seminar zu Spezialproblemen der empirischen Pädagogik“.56
54 AdR 02, Personalakt 1722. 55 Univ. Doz. Dr. Peter Heintel als Stellvertreter des Vorsitzenden des Gründungsauschusses an das BMfU. AdR 02, Personalakt 1722. 56 Rektor Erich Weis am 12.11.1970 an das BMfWF, Zl. P/45/70. AdR 02, Personalakt 1722.
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Für die Gewinnung und Betreuung von Dissertanten hat die kurze Wiener Lehrtätigkeit nicht ausgereicht. Schöler hat als erster Gutachter nur folgende Dissertation angenommen: Gerhard E. Ortner: Die Ausbildung von Führungskräften und Nachwuchsführungskräften wirtschaftlicher Unternehmen. Theoretische und empirische Untersuchung zu einem gesamtösterreichischen Ausbildungskonzept (1971).57
Die Wiederbesetzung seiner Lehrkanzel ist am 1. März 1972 durch Alois Eder erfolgt.
6. DIE ERSTE UNGETEILTE LEHRKANZEL FÜR WIRTSCHAFTSPÄDAGOGIK UNTER WILFRIED SCHNEIDER: 1971–2004 Diese Lehrkanzel war bereits im Jahre 1968 eingerichtet worden1. Ihre Besetzung ist erst zwei Jahre später in Angriff genommen worden, um die Habilitation des Assistenten am Institut für Wirtschaftspädagogik Wilfried Schneider abzuwarten. Der Berufungskommission haben Krasensky, Schöler und der Geograph Leopold G. Scheidl (1904–1974) angehört. Aus Mangel an habilitierten Wirtschaftspädagogikern war ein Dreiervorschlag, wie er gesetzlich „in der Regel“ gefordert war2, schwer zu erstellen. Ausnahmen waren zwar möglich, mussten aber begründet werden. Vor allem war es schwierig, unter den wenigen berufbaren Kandidaten dem erst frisch habilitierten Schneider den aussichtsreichsten Listenplatz zu sichern, weil er noch nicht durch gedruckte Veröffentlichungen zur Wirtschaftspädagogik hervorgetreten war. In solchen Fällen war es üblich, an erster Stelle einen prominenten Kandidaten vorzuschlagen, von dem mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen war, dass er einen an ihn ergehenden Ruf nicht annehmen würde. So ist zunächst auch hier verfahren worden.
57 Als Buch veröffentlicht unter dem Titel „Managementausbildung in Österreich. Eine empirische Untersuchung als Grundlage für ein österreichisches Managementausbildungskonzept“. Wien 1971 (Herder), Schriftenreihe des Institutes für Bildungs- und Entwicklungsforschung.
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Vgl. in diesem Buch S. 81. „Ternavorschlag“ gemäß HOG 1955, § 10 Abs. 3. Bei Ermacora 1972, 34.
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Am 23. Oktober 1970 hat die Berufungskommission dem Professorenkollegium folgenden Ternavorschlag vorgelegt3: 1. Alfons Dörschel, ordentlicher Professor der Wirtschafts- und Sozialpädagogik an der Universität Köln; 2. Wilfried Schneider, seit Juli 1970 Hochschuldozent für Wirtschaftspädagogik an der Hochschule für Welthandel Wien; 3. Ulrich Pleiss, seit Mai 1970 Privatdozent für Wirtschaftspädagogik an der Freien Universität Berlin. Die Gewinnung von Dörschel hatte wenig Aussicht, weil er erstens mit 58 Jahren für eine Berufung aus dem Ausland schon zu alt gewesen ist und zweitens als Direktor des angesehenen und gut ausgebauten Instituts für Berufs-, Wirtschafts- und Sozialpädagogik an der Universität Köln in einer beruflich optimalen Position war. Deshalb genügt hier ein kurzer Blick auf seinen Lebenslauf. Alfons Dörschel4 wurde am 17. November 1912 in Welzow (Niederlausitz, Mark Brandenburg) als Sohn eines Glasmachers geboren. Er besuchte das Reform-Realgymnasium in Spremberg bis zum Abitur im Jahre 1931. Nach einjähriger Tätigkeit in der Sozialversicherung folgte ab 1932 die Ausbildung zum Volksschullehrer an der Universität Leipzig, die 1935 mit der I. Prüfung für das Lehramt an Volksschulen abgeschlossen wurde. Von 1935 bis 1939 arbeitete er als Volksschullehrer. Nach kurzem Militärdienst in der Marine studierte er an der Universität Jena Psychologie, Erziehungswissenschaft und Volkskunde. Er erwarb das Diplom in Psychologie und am 16. Februar 1942 das Doktorat der Philosophie mit einer Dissertation über „Die werktätige Arbeitserziehung der deutschen Volksschule und die vorberufliche Ausbildung“. Erster Gutachter war Peter Petersen (1884–1952)5, zweiter der Psychologe Friedrich Sander (1889–1971)6. Im Jahre 1941 hat Dörschel die Prüfung für Berufsschullehrer bestanden. Am 10. Juli 1959 hat er im Alter von 46 Jahren an der Wirtschaftsund Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Freien Universität Berlin die Lehrbefugnis als Privatdozent für Wirtschaftspädagogik erworben7. Seine Habilitationsschrift hatte das Thema „Arbeit und Beruf in
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HfW, Protokolle Professorenkollegium 1970–1974, TOP WirtschaftspädagoKurzbiographie: Horn 2003, 214. Kurzbiographie: Horn 2003, 307f.; vgl. auch Retter 1996, 394. Kurzbiographie: Hehlmann 1974, 456. Pleiss 1973, 337.
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wirtschaftspädagogischer Betrachtung“. Sie ist 1960 im Umfang von 250 Seiten als Buch erschienen und galt als „der in sich geschlossenste Aufriß einer selbständigen Wirtschaftspädagogik“8. Dörschel hat sie „im Gegensatz zu Hans Krasensky … als erziehungswissenschaftliche Disziplin aufgefaßt“9 und dessen „im deutschen Denkraum ungewohnte Definition der Wirtschaftspädagogik“ abgelehnt, nach der sie als „Zweig der Sozialpädagogik“ und Teil der „Sozialwissenschaften neben der Soziologie, der Sozialpsychologie und der Sozialphilosophie galt“10. In seiner Antrittsvorlesung am 24. Juli 1959 hat Dörschel die „Entwicklungslinien wirtschaftspädagogischer Forschung“ behandelt11. Zur Zeit der Wiener Beratungen lagen außerdem noch folgende Bücher vor: „Einführung in die Wirtschaftspädagogik“ (1960, 3. Auflage 1970), „Kindliches Schaffen, psychologisch und pädagogisch gedeutet“ (1961) und „Die Berufsschule in unserer Zeit“ (1967). Seit 1964 war er Mitherausgeber des „Jahrbuch(es) für Wirtschafts- und Sozialpädagogik“. Von 1961 bis 1965 hat er als Ordentlicher Professor für Wirtschaftspädagogik und –psychologie an der Universität München gelehrt, seit 1965 an der Universität Köln. Er gehörte im Vergleich mit Schneider und Pleiss fraglos an erster Stelle des Besetzungsvorschlages genannt. Wilfried Schneider wurde am 5. Januar 1936 in Wien als Sohn eines Betriebsbuchhalters geboren und war römisch-katholischer Konfession12. Er besuchte die Volksschule des Pädagogischen Instituts in Wien VII und die Bundesrealschule Wien VII (Neustiftgasse). Am 14. Juni 1954 erhielt er als Jahrgangsbester das Reifezeugnis mit Auszeichnung. Anschließend studierte er an der Hochschule für Welthandel Betriebswirtschaft und arbeitete daneben von 1955 bis 1957 aushilfsweise als Berufsschullehrer. Am 2. Juli 1958 wurde dieses Studium mit dem Erwerb des akademischen Grades „Diplomkaufmann“ abgeschlossen. 1958/59 folgte eine kaufmännische Praxis in einem Vertriebsunternehmen für Haus- und Küchengeräte. Ab Wintersemester 1958/59 hat er die Vorlesungen zur Erlangung des Lehramtes an mittleren kaufmännischen Lehranstalten inskribiert. Seit 1. September 8 Zabeck 1970, 122. 9 Dörschel 1960, 50. 10 Ebenda, 68ff. 11 Dörschel 1971, VI. 12 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 3270; Personalakt im Archiv der WUW; undatierter „Lebenslauf“ und „Verzeichnis der Veröffentlichungen“ von 2009, PAB.
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1959 arbeitete er als Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Wirtschaftspädagogik der Hochschule für Welthandel bei Prof. Krasensky. 1962 hat er mit einem dreimonatigen Stipendium im Rahmen des technical-assistents-program der OECD in den USA an einem Kurs zum Studium der Einrichtungen für „post-graduate-managementtraining“ teilgenommen. Auf Grund einer betriebswirtschaftlichen Dissertation über „Arbeitsplatzbewertung, ein Weg zur gerechten Entlohnung“ wurde Schneider am 5. April 1963 zum Doktor der Handelswissenschaften promoviert. Diese Studie hatte einen Umfang von 278 Seiten und ist ungedruckt geblieben. Sie beruhte auf breiter Kenntnis der einschlägigen Literatur und bot eine kritische Analyse der empirischen Methoden zur Arbeitsplatzbewertung und der Nutzung ihrer Ergebnisse für die betriebliche Lohnermittlung. Nach der Promotion hat er ab 1. Mai 1963 die Assistentenstelle am Institut für Wirtschaftspädagogik erhalten und nebenberuflich ein sechssemestriges Studium der Psychologie an der Wiener Universität angeschlossen. 1965 hat er die Lehramtsprüfung für die betriebswirtschaftlichen Fächer an mittleren und höheren kaufmännischen Schulen mit Auszeichnung bestanden. Seit 1967 ist er verheiratet. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. In seiner Habilitationsschrift von 1969 hat Schneider auf 369 Seiten folgendes Thema behandelt: „Programmierter Wirtschaftsunterricht. Unterrichtsprogramme als Mittel der Unterrichtsplanung, Unterrichtsorganisation und Unterrichtskontrolle an höheren kaufmännischen Schulen.“ Er hatte sich auf dieses damals neuartige Thema durch gründliches Literaturstudium und Besuche der einschlägigen Forschungszentren und Kongresse spezialisiert und frühe Kontakte mit Johannes Zielinski (1914–1993)13, Walter und Waltraut Schöler in Aachen geknüpft, die zur Berufung Schölers nach Wien beigetragen haben. Dort hat er 1969 in Zusammenarbeit mit ihm und dem Wiener „Institut für Bildungs- und Beratungsforschung“ mit Unterstützung durch die „Erste Österreichische Spar-Casse“ das erste „Österreichische Lehrmaschinenlabor“ gegründet und bis 1973 geleitet14. Es ist am 17. September 13 Zu Zielinski vgl. in diesem Werk Bd. 3, 133f. – Kurzbiographie: Horn 2003, 378f. 14 W. Schneider 1969a, 337; Lebenslauf S. 3. Über „Aufgabe und Ziel des Labors“ vgl. IBB-Bulletin, Bildungsforschung und Entwicklungshilfe, 1 (1969), Heft 2, 58.
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1969 durch Unterrichtsminister Alois Mock in Wien 18, Gersthoferstraße 22 eröffnet worden15. In seiner Habilitationsschrift holte Schneider weit aus und behandelte erst in der zweiten Hälfte den „Einsatz des programmierten Unterrichtes im Wirtschaftsunterricht der höheren und mittleren kaufmännischen Schulen“ (S. 178-338). In der ersten Hälfte wurden zunächst kenntnisreich und kritisch, aber nur für Experten verständlich die psychologischen und kybernetischen Grundlagen des programmierten Unterrichts referiert (S. 1–124). Besonders hervorgehoben wurden die Beiträge der „Aachener Schule“ von Zielinski/Schöler (S. 33-46). Dann folgten zwei Kapitel über seine Merkmale und seine „schulpädagogische Einordnung“. Als „notwendige Kennzeichen“ galten „Objektivierung des Unterrichts“, „laufende Lernerfolgskontrolle“ und „laufende Bekanntgabe der Ergebnisse der Lernerfolgskontrolle und der richtigen Antwort“. Als „abgeleitete Merkmale“ galten „Schüleraktivität“, „Zerlegung des Lernprozesses in überschaubare Lerneinheiten“ und „kontrollierbare Zieldefinition“16. „In der Regel bezweckt ein Unterrichtsprogramm den Ersatz des Lehrers für eine bestimmte geschlossene Unterrichtsstrecke. Das Programm sollte somit sämtliche didaktische Funktionen wie Darbietung, Erarbeitung, Wiederholung, Anwendung, Systematisierung und Leistungskontrolle enthalten. Der Adressat soll komplexe Denkprozesse nachvollziehen, deren Mikrostruktur in die Programmspur eingegossen wurde.“17 In dem auf den betriebswirtschaftlichen Unterricht bezogenen zweiten Teil der Schrift wurden auf originelle und kritische Weise vier Probleme behandelt: 1. die Unterrichtsziele der höheren kaufmännischen Schulen und ihre Verträglichkeit mit dem programmierten Unterricht; 2. der mangelhafte Ist-Zustand des Unterrichts und Chancen zur Verbesserung durch den Einsatz von Unterrichtsprogrammen; 3. die Kosten der Erstellung, der Verteilung und Nutzung von Lehrprogrammen; 4. die prinzipielle Unvereinbarkeit von programmiertem Unterricht und derzeitiger Schulorganisation sowie Möglichkeiten der Koordination von programmiertem und direktem Unterricht. In den realistischen Analysen und Vorschlägen dieses Teiles lag die Stärke der Schrift. Sie verdeutlichte neben den Chancen auch die Gren-
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IBB-Bulletin, 1 (1969), Heft 3, 84. W. Schneider 1969a, 125ff. Ebenda, 168f.
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zen der Programmierung. Zur Zeit der Niederschrift (1969) schienen sich nur die Fächer Buchhaltung und kaufmännisches Rechnen dafür zu eignen. „Erst der Computereinsatz wird es ermöglichen, den Prozeß der Individualisierung so weit voranzutreiben, daß eine Sprengung der derzeitigen Schulorganisation unumgänglich werden wird“18. Schneiders Habilitationsschrift ist trotz ihrer Vorzüge ungedruckt geblieben. Für eine Buchpublikation war sie zu weitschweifig und im ersten Teil unnötig schwer verständlich. So kam es, dass der Berufungskommission an gedruckten wirtschaftspädagogischen Veröffentlichungen nicht mehr vorlag als ein zehnseitiger Artikel zur Geschichte der Handelslehrerausbildung und den Aufgaben des Instituts für Wirtschaftspädagogik an der Hochschule für Welthandel19. Doch nochmals zurück zur Habilitation. Der Habilitationsausschuss bestand aus Krasensky, dem Professor für Allgemeine Pädagogik Walter Schöler und dem Professor für Werbewissenschaft und Marktforschung Karl Skowronnek. Aufschlussreich für das Verhältnis zwischen pädagogischen und betriebswirtschaftlichen Lehrinhalten und die fächerspezifische Kompetenz des Lehrpersonals im Institut für Wirtschaftspädagogik ist das „Verzeichnis der bisher abgehaltenen Lehrveranstaltungen“ Schneiders zwischen Sommersemester 1963 und Wintersemester 1969/70. Es enthält für das Fach Pädagogik lediglich zwei Lehrveranstaltungen von je einer Semesterwochenstunde: „Programmierter Unterricht an kaufmännischen Lehranstalten“ und „Proseminar aus Wirtschaftspädagogik“. Aus der Betriebswirtschaft sind dagegen 15 Lehrveranstaltungen mit insgesamt 54 Semesterwochenstunden angeführt mit den Schwerpunkten Finanzmathematik, betriebswirtschaftliche Statistik und Personalführung.20 Im Kontrast dazu lautete Schneiders „Programm der in Aussicht genommenen Vorlesungen“ so: „1. Wirtschaftsschulpädagogik: Grundbegriffe der Wirtschaftspädagogik in kritischer Betrachtung; Unterrichtsmodelle für Wirtschaftsschulen. 2. Betriebspädagogik: Planung, Organisation und Kontrolle betrieblicher Ausbildungsprozesse. 3. Wirtschaftswissenschaftliche Öffentlichkeitsarbeit: Curriculumforschung – erläutert am Fach Wirtschaftskunde für allgemeinbildende Schulen.“ 18 Ebenda, 338. 19 W. Schneider 1969. 20 Beilage zum Habilitationsgesuch vom 16.10.1969. Personalakt Schneider, WUW.
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Im Kolloquium wurden unter anderem folgende Fragen gestellt: „Was ist unter der Bezeichnung ,Unterrichtskonserve‘21 zu verstehen?“, „Die Ausgangspunkte für die Entwicklung des Faches ,Wirtschaftspädagogik‘? (Krasensky). „Das Problem der Quantifizierung in der Pädagogik“ (Schöler). „Die Wechselbeziehungen zwischen Werbung und Pädagogik?“ (Skowronnek).22 Für die Probevorlesung am 9. Juni 1970 hat Schneider folgende Themen angeboten: 1. „Wirtschaftspädagogik und Erziehungswissenschaft“; 2. „Pädagogik und Kybernetik – Gegensatz oder Ergänzung?“; 3. „Curriculumforschung und Lehrplanentscheidung“; 4. „Objektivierung von Prüfungen“. Gewählt und behandelt wurde das vierte Thema. Am 13. Juli 1970 hat Schneider die Lehrbefugnis als Hochschuldozent für „Wirtschaftspädagogik einschließlich der Methodik der wirtschaftswissenschaftlichen Fächer“ erworben.23 Die Habilitation ist 7 Jahre nach der Promotion erfolgt. In seinen ersten Vorlesungen als Dozent hat er „Finanzmathematik für Lehramtskandidaten“ und „Methodische und didaktische Modelle in der Wirtschaftspädagogik“ behandelt. Dazu kamen ein „Proseminar aus Wirtschaftspädagogik“ und ein Projektseminar für Diplomanden über „Objektivierung des Unterrichts“24. Ulrich Pleiss25 wurde am 19. April 1923 in Ducherow (Kreis Anklam, Pommern) als Sohn eines Kaufmannes geboren. Er besuchte die Realschule und absolvierte danach eine kaufmännische Lehre. Ab 1942 Soldat, geriet er 1944 in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er 1946 heimkehrte. Er arbeitete zunächst als Handlungsgehilfe und bereitete sich daneben auf das Abitur vor. Ab 1951 studierte er an der
21 „Unterrichtskonserve“ war ein salopper Ausdruck für „Lehrprogramm“ bei W. Schneider 1969a, 269 und 333. Krasensky hat in seinem Gutachten vom 25.2.1970 Anstoß an folgender überspannter Ansicht Schneiders (S. 269) genommen: „Nicht der ideale Lehrer …, sondern nur die in einem didaktischen Zentrum erstellte und dem Lehrer frei Haus gelieferte Unterrichtskonserve ist imstande, die aktuelle Situation zu verbessern“ (Hervorhebungen von Krasensky). 22 HfW, Präsidialakten 1970: Protokolle P/61/69 vom 6.3., 24.4., 10.6. und 12.6.1970. 23 Genehmigung durch Bundesminister Gratz, BMfU, Zl. 117.664-1/70. 24 HfW, Vorlesungsverzeichnisse WS 1970/71, 37 und SS 1971, 39. 25 Kurzbiographie: Kürschner 1987, 3496 und 2007, 2762; Dauenhauer 2003; ZABECK 2003.
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Freien Universität Berlin Wirtschaftswissenschaft. 1955 bestand er die Prüfung zum Diplom-Kaufmann, 1957 jene zum Diplom-Handelslehrer. Nach dem zweijährigen Referendariat in Berlin schloss er 1960 die Lehramtsausbildung mit der 2. Staatsprüfung ab. 1959 ist an der Freien Universität Berlin die Promotion erfolgt auf Grund einer betriebswirtschaftlichen Dissertation über „Freiwillige soziale Leistungen der industriellen Unternehmung“. Sie ist 1960 im Druck erschienen. Im gleichen Jahr übernahm er eine Stelle als Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Wirtschaftspädagogik. Am 13. Mai 1970 hat Pleiss im Alter von 47 Jahren die Lehrbefugnis als Privatdozent für Wirtschaftspädagogik an der Freien Universität Berlin erworben.26 Die Habilitationsschrift war eine wissenschaftshistorische Studie von hoher Qualität: „Wirtschaftslehrerbildung und Wirtschaftspädagogik. Die wirtschaftspädagogische Disziplinenbildung an deutschsprachigen wissenschaftlichen Hochschulen“. Sie ist 1973 im Umfang von 377 Seiten als Buch erschienen. Von dem Bericht über die im Besetzungsvorschlag vom Oktober 1970 genannten drei Kandidaten nun zurück zum Verfahren. Die Berufungskommission und das Professorenkollegium sind zwischen Oktober und Dezember 1970 von der ursprünglichen Dreierliste abgekommen, weil die Gefahr gedroht hat, den Wunschkandidaten Schneider an eine andere Universität zu verlieren. Zu dieser Zeit hatte Schneider schon drei Listenplätze an anderen Universitäten erreicht: in Mannheim für Erziehungswissenschaft, in Frankfurt für Wirtschaftspädagogik und in Klagenfurt für Curriculumforschung27. Das war ein weiteres Zeichen dafür, wie sehr es damals in der Pädagogik an habilitiertem wissenschaftlichem Nachwuchs gefehlt hat. Deshalb wurde – um keine Zeit zu verlieren – am 11. Dezember 1970 mit einer Enthaltung beschlossen, auf die Nominierung von Dörschel zu verzichten und Schneider an die erste Stelle und Pleiss an die zweite Stelle zu setzen.28 26 Pleiss 1973, 338. – 1971 hat er den neu gegründeten Lehrstuhl für Wirtschaftswissenschaft an der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule RheinlandPfalz, Abteilung Worms, übernommen. Einen Ruf auf die ordentliche Lehrkanzel für Wirtschaftspädagogik an der Universität Graz hat er 1975 abgelehnt. 1978 ist er an die Abteilung Landau seiner Hochschule gewechselt und dort bis zur Emeritierung im Jahre 1991 geblieben. Dauenhauer 2003. 27 Lebenslauf W. Schneider 2009. PAB. 28 HfW, Protokoll der Sitzung des Professorenkollegiums vom 11.12.1970, II. Personelles: TOP 3.
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Am 15. Mai 1971 wurde Schneider zum ordentlichen Professor für Wirtschaftspädagogik ernannt29. Am 13. November 1971 erfolgte die Bestellung zum Vorstand des Institutes30. Er hat dieses Amt 33 Jahre lang bis zur Emeritierung im Herbst 2004 versehen, sein Fach tatkräftig ausgebaut und ihm innerhalb und außerhalb der Universität zu größerem Einfluss und Ansehen verholfen. Hinsichtlich der Zahl der Studierenden war die Ausgangslage bescheiden. Im Wintersemester 1968/69 gab es in der Studienrichtung Wirtschaftspädagogik 74 ordentliche Hörer. Darunter waren 37 Studienanfänger.31 Zur Zeit von Schneiders Ernennung im Studienjahr 1970/71 betrug die Hörerzahl 230 Personen.32 Bis zum Studienjahr 1999/2000 ist sie auf 1.802 Personen angestiegen; davon waren 681 männlich und 1.121 weiblich33. Wie sehr nach dem eingetretenen Verlust der Monopolstellung der Wiener Wirtschaftsuniversität auf diesem Gebiet die Universitäten in Linz, Graz und Innsbruck aufgeholt haben, zeigt folgender Vergleich der Hörerzahlen der Studienrichtung Wirtschaftspädagogik (Lehramt) für das Wintersemester 1999/2000: Linz: 1.595; Graz: 1.633; Innsbruck: 783.34 Die Gesamtzahl der Studierenden der Wirtschaftspädagogik in Österreich ist also von 230 Personen im Jahre 1970 auf 5.813 Personen im Jahre 2000 gestiegen35. Die Zahl der Studienabschlüsse betrug demgegenüber österreichweit im Studienjahr 1998/99 nur 220.36 Im Studienjahr 1999/2000 zählte die Wirtschaftspädagogik nach der Pädagogik zu den zehn beliebtesten Studienrichtungen37. Die durchschnittliche Studiendauer bis zum Abschluss mit dem Magistergrad hat sich im Fach Wirtschaftspädagogik von 10,1 Semestern im Studienjahr 1974/75 auf 12,9 Semester im Studienjahr 1994/95 erhöht38. 29 Schreiben der Bundesministerin Firnberg vom 24.5.1971 an Schneider. BMfWF, Zl. 158.247-1/71. Personalakt Schneider, WUW; HfW, Personalstand im Vorlesungsverzeichnis WS 1971/72, 10. 30 Durch BM. Firnberg, BMfWF, Zl. 180.558-1/71. 31 BMfU: Hochschulbericht 1969, 274, 287, 41. 32 BMfWF: Hochschulbericht 1984, 339. 33 Statistik Austria: Hochschulstatistik 1999/2000, 142. 34 Ebenda, 142, 135, 137. 35 Ebenda, 130. 36 Ebenda, 250. 37 Ebenda, 11. 38 Bei einer vorgeschriebenen Mindeststudienzeit von 9 Semestern (seit 1983 gemäß BGBl. Nr. 57/1983; vorher 8 Semester). BMfWUK: Hochschulbericht 1996, Band 2, 171.
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Im Vergleich mit dem geruhsamen und übersichtlichen Betrieb im Institut für Wirtschaftspädagogik während der Ära Krasensky hatte Schneider sehr bald ein riesig gewachsenes Aufgabenfeld zu betreuen. Die Zahl der Studierenden hat sich zwischen 1971 und 1996 verneunfacht. Die Zahl der wirtschaftspädagogischen Lehrveranstal tungs(wochen)stunden pro Semester hat sich im gleichen Zeitraum von 36 auf 134 erhöht39. Diese enorme Zunahme ist dadurch eingetreten, dass das ursprüngliche Ausbildungsziel „Lehrerbildung für die betriebswirtschaftlichen Fächer an berufsbildenden Schulen“ zum Programm der „Doppelqualifikation der … Absolventen für Schule und Wirtschaft“ ausgeweitet worden ist.40 Die „Abteilung für Wirtschaftspädagogik“, in die das Institut 1980 umbenannt worden ist41, bietet seither noch betonter als früher „neben der Qualifizierung für das Lehramt an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen gleichzeitig eine sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Vollausbildung“42. Um 1983 sind noch rund 90 Prozent aller Absolventen ins Lehramt eingetreten. Sie waren aber von jeher „auch für den unmittelbaren betriebswirtschaftlichen Einsatz geeignet. Dies macht sich in den Nebentätigkeiten bemerkbar. So sind Wirtschaftspädagogen relativ häufig als Wirtschaftstreuhänder (oft auch mit einer eigenen Kanzlei) und als Konsulenten und Berater der Praxis zu finden. Der Wirtschaftspädagoge hat somit eine Mehrfachqualifikation, die explizit auch auf eine außerschulische Verwendung ausgerichtet ist“.43 Im Jahre 1996 hat Schneider berichtet, dass neuerdings nur etwa 50 Prozent der Absolventen als Lehrer tätig seien, „obwohl im Einzugsbereich der Wiener Ausbildung Lehrermangel herrscht und zahlreiche ungeprüfte Lehrkräfte eingestellt werden. 90 % würden jedoch wieder die wirtschaftspädagogische Ausbildung wählen, auch wenn sie nicht beabsichtigen, in den Schuldienst einzutreten“44. So nimmt das Studium der Wirtschaftspädagogik unter den Lehramtsstudiengängen eine Sonderstellung ein. Es qualifiziert viel stärker als andere lehrerbildende Studiengänge auch für Berufe außerhalb des
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Aff 1996, 14. Ebenda. Ferner Grohmann 1996. Erstmals im Vorlesungsverzeichnis der WU für das SS 1983, 85. Grohmann 1996, 417. W. Schneider 1983a, 279. W. Schneider 1996, 423.
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Lehramtes. Dazu trägt bei, dass es auf die Betriebswirtschaftslehre als einziges Fach konzentriert ist, während sonst für das Lehramt an höheren Schulen zwei Unterrichtsfächer zu studieren sind45. Dazu kommt, dass die Zulassung zur Abschlussprüfung an den Nachweis einer zweijährigen Wirtschaftspraxis gebunden ist. Dadurch können die künftigen Wirtschaftslehrer praktische Berufserfahrungen gewinnen und sich berufliche Alternativen zum Lehrberuf offen halten. Auf Grund der durch die Praxisjahre bedingten Verlängerung der Ausbildungszeit ist die Ausbildung der Wirtschaftslehrer „einphasig“ organisiert. Das heißt: „die pädagogische und fachwissenschaftliche Ausbildung, einschließlich des Schulpraktikums, wird weder durch ein Probejahr noch durch ein Referendariat oder eine zusätzliche Staatsprüfung ergänzt.“46 Schneider hat die “Ausbildungsziele der Abteilung für Wirtschaftspädagogik“ 1995 nach fünfundzwanzigjähriger Arbeit folgendermaßen beschrieben: „Wir definieren uns vorrangig als Institution der Lehrerbildung, postulieren jedoch, daß richtig verstandene und richtig organisierte Lehrerbildung für Wirtschaftsfächer an Wirtschaftsschulen gleichzeitig eine gute Vorbereitung für andere Berufsfelder in der Wirtschaft darstellt. In unserer Öffentlichkeitsarbeit positionieren wir uns mit dem Slogan ,Wirtschaftspädagogen sind die besseren Betriebswirte‘ und begründen dies wie folgt: Wirtschaftspädagogen haben nicht nur die gleiche betriebswirtschaftliche Grundbildung durchlaufen wie Studierende anderer wirtschaftswissenschaftlicher Studienrichtung, sondern sie haben auch eine weitaus umfangreichere propädeutische Einführung, etwa in die Nutzung der EDV oder in das Rechnungswesen genossen, die für die Bewältigung der täglichen Arbeitsaufgaben, vor allem beim Berufseinstieg, wesentlich ist. Das Verständnis wird zusätzlich durch die Notwendigkeit gefördert, die wirtschaftlichen Zusammenhänge anderen erklären zu müssen. Da die Lehrpläne unserer Wirtschaftsschulen im Rahmen des betriebswirtschaftlichen Unterrichts explizit die Förderung von kommunikativen Fähigkeiten aller Art wie z.B. Präsentieren, Moderieren, Verhandeln, Konfliktgespräch etc. fordern, enthält unsere Ausbildungskonzeption zahlreiche Veranstaltungen aus diesem Bereich. Das heißt, wir sind einer der wenigen universitären Ausbildungsgänge, der sich nicht darauf verläßt, daß die
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UniStG 1997, Anlage 1, Z 3.1 und 3.5. W. Schneider 1983, 6.
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intensive Beschäftigung mit Wissenschaft automatisch die kommunikativen Fähigkeiten fördert, sondern wir widmen nicht unwesentliche Teile des Lehrbudgets diesem Schwerpunkt. „Who can does, who can’t teaches“ soll daher für Wirtschaftspädagogen nicht gelten.“ Schneider stand vor der Aufgabe, den Entfall des Probejahres auszugleichen und den Studierenden allein durch die pädagogisch-fachdidaktische Ausbildung an der Hochschule zu Lehrtüchtigkeit zu verhelfen. Er hat sie durch „die Integration der fachwissenschaftlichen mit der erziehungswissenschaftlichen Ausbildung im Rahmen der Fach didaktik“ gelöst.47 Dazu sind etwa 50 Prozent des Programms der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre für Wirtschaftspädagogen durch Mitarbeiter seiner Abteilung „anwendungsorientiert“ angeboten worden, um auf diese Weise die schulischen Lehrinhalte genügend berücksichtigen zu können. Dahinter stand die Erfahrung: ohne „Anwendungsorientierung“ kann „weder die Effizienz noch die Akzeptanz der Ausbildung gesichert“ werden. „Helfen die Lehrenden nicht bei der Umsetzung (des gelehrten und gelernten Wissens) in der Anwendungssituation, kommt Transfer kaum zustande …. Im Idealfall müßte Lehrerausbildung in Form der Cognitive Apprenticeship organisiert werden.“48 Akzeptanz der Ausbildung durch die Studierenden setze voraus, dass sie konkrete Hilfen für die didaktischen und erzieherischen Probleme erhalten. „Lehrangebote, die dies nicht leisten, werden schlecht bis katastrophal beurteilt“. Das ist durch Befragungen von Lehramtskandidaten vielfach bestätigt worden. Sie haben die allgemeine pädagogische Ausbildung an den österreichischen Universitäten zu 50 bis 90 Prozent als „schlecht“ bis „sehr schlecht“ eingestuft, während die fachdidaktische Ausbildung an der Wiener Wirtschaftsuniversität zu 85 bis 100 Prozent als „sehr gut“ bis „gut“ beurteilt worden ist. „Lehramtskandidaten für allgemeinbildende Fächer würden nur zu etwa einem Drittel ihre Ausbildung weiterempfehlen, bei den Wirtschaftspädagogen sind es 90 %.“ Dadurch hat Schneider sich bestätigt gesehen in seinem Einsatz für Praxisnähe, „Adressatenorientierung“ und „Alltagsdidaktiken“.49 Wie hat sich der Personalstand seines Instituts entwickelt? Angefangen hat er 1971 mit zwei Assistentinnen.50 1973 ist ein dritter Assisten
47 48 49 50
W. Schneider 1996, 423. Ebenda, 424ff. (erläuternde Ergänzung in der Klammer vom Verfasser). Ebenda, 425f. mit Quellenangaben. HfW, Vorlesungsverzeichnis WS 1971/72, 20.
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tenposten hinzugekommen, 1976 ein vierter. 1980 wurde das „Institut für Wirtschaftspädagogik“ in ein größeres „Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsführung sowie Wirtschaftspädagogik“ eingegliedert. Ihm waren drei ordentliche Professuren zugeteilt, die zu je einer der drei Abteilungen für „Wirtschafts- und Verwaltungsführung“, „Personalwirtschaft“ und „Wirtschaftspädagogik“ gehörten. Die von Schneider geleitete „Abteilung für Wirtschaftspädagogik“ wies 1984 7 Assistenten, 8 Universitätslektoren und 2 Sekretärinnen auf51. Ab 1985 waren es 5Assistenten und 15 Lektoren; ab 1987 zwischen 5 und 7 Assistenten. Ab 1990 kamen ein bis zwei Bundeslehrer im Hochschuldienst (L-1 Professoren) hinzu. 1993 wurde der Name des Instituts in „Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsführung, Personalwirtschaft und Wirtschaftspädagogik“ geändert52. 1998 erhielt es den Namen „Institut für Management und Wirtschaftspädagogik“53. 2004 wurde es neuerlich umbenannt in „Department für Management“54. Die Zahl der Lektoren stieg 1995 auf 34 Personen.55 Sie haben das hauptamtliche Lehrpersonal ergänzt, das seit 1980 zwischen 5 und höchstens 10 Personen geschwankt hat. Trotz der relativ großen Zahl wechselnder Wissenschaftlicher Mitarbeiter sind aus dem Kreis der Assistenten seit 1971 nur 2 Habilitationen für Wirtschaftspädagogik erfolgt: 1997 hat Richard Fortmüller56 die Lehrbefugnis als Dozent erworben und 2003 Bettina Greimel (verheiratete Fuhrmann)57. Der langjährige Bundeslehrer im Hochschuldienst Josef Aff hat sich 1995 an der Universität Innsbruck habilitiert58. Zwei Habilitationen in einer Zeitspanne von fast 40 Jahren aus 26 Assistenten (1971 bis 2004) und vielen Tausenden Studierenden sind kein Zeichen für eine Blüte der Wirtschaftspädagogik als wissenschaftlicher Spezialdisziplin. Vermutlich war die Konzentration auf Betriebswirtschaftslehre und Fachdidaktik mit Entlehnungen aus der Lernpsychologie doch zu eng, um zu breiterer erziehungswissenschaftlicher Forschung zu beflügeln.
51 52 53 54 55 56 57 58
WU, Vorlesungsverzeichnis WS 1984/85, 84. WU, WS 1993/94, 424. WU, Vorlesungsverzeichnis WS 1998/99, 468. WU, Vorlesungsverzeichnis WS 2004/05, Institutsliste. WU, SS 1995, 429. ZfP 44 (1998), 479. Vgl. in diesem Buch S. 163ff. ZfP 50 (2004), 467. Vgl. in diesem Buch S. 167ff. Vgl. in diesem Buch S. 147ff.
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Dieser Eindruck wird auch durch einen Blick auf die Lehrveranstaltungen bestätigt59. In Vorlesungen hat Schneider nahezu jedes Semester „Einführung in die Wirtschaftspädagogik“ und „Didaktik des betriebswirtschaftlichen Unterrichts“ (ab 1992 „Didaktik der betriebswirtschaftlichen Fächer“ genannt) gelehrt. Sehr häufig erschien auch eine einstündige Vorlesung über „Sondergebiete der Wirtschaftspädagogik“ ohne nähere Angabe darüber, welche Gebiete gemeint sind. In den frühen Siebzigerjahren wurden vereinzelt noch folgende Themen angeboten: „Theorie und Praxis des programmierten Unterrichts“, „Unterrichtstechnologie und programmierte Instruktion“, „Wissenschaftstheorie“ und „Finanzmathematik für Lehramtskandidaten“. Später wurden relativ häufig behandelt: „Betriebswirtschaftslehre unter didaktischem Aspekt“ (ab WS 1986/87) und „Betriebswirtschaftslehre unter besonderer Berücksichtigung der wissenschaftstheoretischen Ansätze“; etwas seltener „Rechnungswesen unter didaktischem Aspekt“. Schneiders „Vorlesungen zu betriebswirtschaftlichen Themen unter fachdidaktischem Aspekt sowie zum Rechnungswesen“ sind seit Einführung der Evaluation der universitären Lehre durch die Hochschülerschaft „hervorragend bewertet“ worden. 1991 ist er sogar mit dem sogenannten „WU-Oskar“ für seine Großlehrveranstaltungen ausgezeichnet worden.60 Er wendete „die von ihm propagierten didaktischen Konzepte mit großem Erfolg in seinen Lehrveranstaltungen, darunter einige Massenlehrveranstaltungen an, in denen mit vergleichsweise bescheidener Lehrerkapazität große Hörerzahlen mit beachtlichem Studienerfolg betreut werden“.61 Seit Mitte der Siebzigerjahre sind Vorlesungen an den österreichischen Universitäten generell selten geworden. Stattdessen häuften sich auch an der Wirtschaftsuniversität Wien Proseminare, Arbeitsgemeinschaften und Seminare. Anfangs wurde von Schneider ihre Thematik wenigstens ungefähr angegeben wie zum Beispiel „Seminar zur praktischen Unterrichtsplanung“ oder „Arbeitsgemeinschaft zur Methodik der Betriebskunde“. Später überwogen inhaltlich unbestimmte Prose-
59 Chronologisch nach den Vorlesungsverzeichnissen der HfW/WU vom WS 1971/72 bis SS 2004. 60 Aff 1996, 13. 61 Prof. Oskar Grün der WU in einer Würdigung vom 3.8.2000. Personalakt Schneider.
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minare und Seminare zur Thematik der Hauptvorlesungen wie „Wirtschaftspädagogisches Seminar“ oder „Literaturseminar“ ohne Angaben zum konkreten Programm. Deshalb lässt sich aus den Veranstaltungsverzeichnissen nicht erkennen, was in den Seminaren inhaltlich behandelt worden ist. Das war eine völlig andere Situation als an der Universität Wien, wo zur gleichen Zeit im „Institut für Pädagogik“ (ab 1978 „für Erziehungswissenschaften“) eine Fülle spezifischer Semi narthemen keinen Zweifel ließen, worüber gearbeitet werden wird62. Beim Blick auf die Lehrveranstaltungen eines ordentlichen Professors ist generell der enorme Wandel zu berücksichtigen, der sich seit dem Wechsel von Krasensky zu Schneider im Jahre 1971 bei der Studentenzahl und beim Lehrpersonal vollzogen hat. Die Zahl der ordentlichen Studierenden ist an der Wirtschaftsuniversität Wien von 3.655 Personen im Wintersemester 1970/71 auf 22.022 Personen im Studienjahr 1999/2000 angestiegen63. Die Menge der Studierenden der Wirtschaftspädagogik betrug 1970/71 nur 230 Personen64 und vergrößerte sich bis 1999/2000 auf 1.802 Personen65. Dieser Anstieg war nur durch Vermehrung der Planstellen für Assistenten und eine starke Erhöhung der Zahl der Lehrbeauftragten zu bewältigen. Dazu kam ab 1975 für Assistenten eine Ausweitung der „verantwortlichen Mitwirkung bei Lehrveranstaltungen“66 und ab 1995 die Betrauung mit den Aufgaben der selbständigen „Abhaltung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen“ sowie der „Betreuung von Studierenden“67. Seit 1975 wurde unterschieden zwischen Universitätslehrern mit „großer Lehrbefugnis“ (Ordentliche und Außerordentliche Universitätsprofessoren, Gastprofessoren und -dozenten, Emeritierte Universitätsprofessoren, Honorarprofessoren, Universitätsdozenten) und solchen mit „kleiner (eingeschränkter) Lehrbefugnis“ (Universitätsassistenten, Vertragsassistenten, Universitätslektoren und -instruktoren)68. Parallel zu dieser Entwicklung hat sich aber auch das Fach Wirt-
62 Vgl. in diesem Werk Bd. 1 u.a. die Seminare von Heitger (543f.), Zdarzil (587f.) und Olechowski (606f.). 63 Statistik Austria: Hochschulstatistik 1999/2000, 60. 64 BMfWF: Hochschulbericht 1987, Bd. 2, 540. 65 Statistik Austria: Hochschulstatistik 1999/2000, 142. 66 UOG 1975, § 23, Abs. 1, b. 67 UOG 1993, § 29, Abs. 3. 68 UOG 1975, § 23; BMfWF: Hochschulbericht 1984, 67.
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schaftspädagogik weiter differenziert, der Studienplan ausgedehnt und das Lehrpersonal spezialisiert. Unter diesen Umständen hat sich der Anteil des Lehrangebotes von Professoren an der Gesamtmenge der Lehrveranstaltungen ihres Faches zwangsläufig verringert. Damit ist auch ihr Einfluss auf die Mitarbeiter, die Studierenden und das Erscheinungsbild des Faches in der Öffentlichkeit zurückgegangen. Die Ausweitung der Lehrinhalte und die Vervielfachung des Lehrpersonals haben den Lehrbetrieb großer Institute unübersichtlich gemacht und die Möglichkeiten interner Qualitätskontrolle durch den Institutsvorstand erschwert oder abgebaut. Im Vergleich mit früher hat damit auch die Zurechenbarkeit der Verhältnisse an einem derartigen Institut zur Person seines Vorstandes abgenommen – selbst dann, wenn er lange im Amt gewesen ist. Deshalb kann auch das 33jährige Wirken von Schneider nicht als derart repräsentativ für den Betrieb am Institut eingeschätzt werden wie das seines Vorgängers Krasensky. Zur Illustration der Veränderungen kann ein Vergleich des Lehrangebotes im Sommersemester 1971 – des letzten Semesters von Krasensky – mit dem Sommersemester 2000 dienen. 1971 haben 7 Personen gelehrt. Davon waren nur 2 Universitätsbedienstete: ein Professor (Krasensky) und ein Assistent (Schneider). 5 waren Lehrbeauftragte. Die Unterrichtsmenge betrug insgesamt 21 Semesterwochenstunden, die auf 17 Lehrveranstaltungen verteilt waren. 3 Veranstaltungen mit zusammen 4 Stunden hat der Professor gehalten, 3 mit zusammen 5 Stunden der Assistent; 11 mit zusammen 12 Stunden entfielen auf die Lehr beauftragten. Behandelt wurden folgende Lehrgebiete: „Wirtschaftspädagogik“, „Methodik der Betriebs- und Verkehrslehre“, „Wirtschaftspädagogisches Seminar“ (Krasensky); „Proseminar zur Wirtschaftspädagogik“, „Objektivierung des Unterrichts – Projektseminar für Diplomanden“, „Finanzmathematik für Lehramtskandidaten“ (Schneider); „Methodik des wirtschaftlichen Unterrichts an technisch-gewerblichen Lehranstalten“ (Franz Schuster); „Methodik des kaufmännischen Schriftverkehrs“, „Recht und Verwaltung des berufsbildenden Schulwesens“ (Felix Romanik); „Führung des Unterrichts an kaufmännischen Lehranstalten“, „Elemente der Betriebswirtschaftslehre für Lehramtskandidaten“ (Friedrich Wirth); „Kaufmännisches Rechnen für Lehramtskandidaten“, „Methodik des Kaufmännischen Rechnens“ (Alfred Wolf); „Methodik der Buchhaltung und Bilanzlehre“, „Methodik
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der rechtskundlichen und staatsbürgerlichen Erziehung“, „Praktische Lehrübungen“ (Ernst Vogelsinger).69 Im Sommersemester 2000 haben 30 Personen gelehrt. Davon waren 10 Universitätsbedienstete: ein ordentlicher Professor (Schneider), ein Gastprofessor (Aff), ein außerordentlicher Professor (Fortmüller), 4 Assistenten, 2 Bundeslehrer und ein Vertragslehrer. Dazu kamen 20 Universitätslektoren (Lehrbeauftragte). Die Unterrichtsmenge betrug insgesamt 150 Semesterwochenstunden, die auf 85 Lehrveranstaltungen verteilt waren. Auf den ordentlichen Professor entfielen 6 Lehrveranstaltungen mit insgesamt 9 Wochenstunden, verteilt auf 2 einstündige Vorlesungen, eine zweistündige Vorlesung, ein zweistündiges Literatur- und Forschungsseminar, ein zweistündiges und ein einstündiges Proseminar. Auf den Gastprofessor entfielen 2 Lehrveranstaltungen mit insgesamt 4 Wochenstunden, verteilt auf eine zweistündige Vorlesung und eine zweistündige Arbeitsgemeinschaft. Auf den außerordentlichen Professor entfielen 9 Wochenstunden, verteilt auf eine einstündige Vorlesung, ein zweistündiges Proseminar, 2 zweistündige Arbeitsgemeinschaften und ein zweistündiges Seminar. Nach der Art der Lehrveranstaltungen unterschieden wurden angeboten: 39 Proseminare, 20 Arbeitsgemeinschaften, 13 Vorlesungen, 9 Praktika, eine Übung und 3 Seminare. Alle drei Seminare wurden als „Literatur- und Forschungsseminar“ ohne inhaltliche Spezifizierung angekündigt. Da Seminare normalerweise auf ein bestimmtes Forschungsthema konzentriert sind und von den Teilnehmern selbständige wissenschaftliche Arbeit fordern, ist die geringe Zahl von 3 Seminaren aus einer Gesamtmenge von 85 Lehrveranstaltungen ebenso auffällig wie das Fehlen von Angaben über ihren Inhalt. Im Vergleich mit dem Lehrprogramm von 1971 sind im Jahre 2000 folgende Lehrgebiete hinzugekommen: „Grundlagen des Lehrverhaltens“, „Rechnungswesen unter didaktischem Aspekt“, „Computerunterstütztes Rechnungswesen – Übungsfirma“, „Betriebliche Informationswirtschaft unter didaktischem Aspekt“, „Kommunikations-, Kooperations- und Konfliktkompetenz am Arbeitsplatz Schule“, „Kommunikation: Schüler, Lehrer, Eltern“, „Projektunterricht, projektorientierter Unterricht, Projektarbeit“, „Unternehmensspiel“, „Persönlichkeitsentwicklung“, „Kreatives Entscheiden“, „Lerntechniken“, „Rhetorik: Profilierung für die Karriere“, „Fallstudien aus dem Schul-
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HfW, Vorlesungsverzeichnis SS 1971, 38ff.
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alltag“, „Moderationstechnik“, „Atem-, Sprach- und Präsentationstechniken“, „Rechtliche Grundlagen und Organisation des betriebswirtschaftlichen Unterrichts“, „Didaktik der Volkswirtschaftslehre“, „Betriebspädagogik“, „Wirtschaftsinformatik für den Unterricht“.70 Im Kern hat sich an der Konzentration des Lehrprogramms auf die Didaktik des betriebswirtschaftlichen Unterrichts nichts geändert. Ausgeweitet wurden neben der Didaktik der elektronischen Informationsverarbeitung und den Orientierungs- und Unterrichtspraktika vor allem „Sondergebiete“ unterrichtsmethodischer und psychotechnischer Art zur Stärkung der Lehrerpersönlichkeit und ihrer berufspraktischen Fähigkeiten.71 Die starke Betonung betriebswirtschaftlicher, schulorganisatorischer und unterrichtspraktischer Themen in der Lehre hat sich auch bei den Dissertationen auf die Themenwahl ausgewirkt. Schneider hat in seinen 33 Amtsjahren als erster Gutachter folgende 33 wirtschaftspädagogische Dissertationen angenommen72: Christine Grohmann: Hochschuldidaktische Modelle mit Programmiertem Unterricht (1972); Herrmann Hosp: Unterricht und Wirtschaftspraxis. Eine empirische Untersuchung als Beitrag zur Curriculumentwicklung für Handelsakademien (1972); Johann Stieger: Erfolgskontrolle in der betrieblichen Ausbildung. Darstellung der Problematik am Beispiel des Verkäufertrainings aus der Sicht der Trainer (1973); Ulrich Rosin: Didaktik der Fallmethode – eine Untersuchung über den Einsatz von Fallstudien im Hochschulunterricht (1973); Harald Allabauer: Ansätze zu einer Theorie des computerunterstützten Unterrichts (1975); Jürgen Schack: Wirtschaftslehre in der Oberstufe des allgemeinbildenden Gymnasiums – Notwendigkeit und Möglichkeit (1975); Herbert Voglmayr: Hochschuldidaktische Probleme in der betriebswirtschaftlichen Ausbildung. Darstellung und Analyse eines hochschuldidaktischen Experimentes (1977); Gustav Hanke: Cobol-Programmierung über Markierungsbelege – ein Lösungsversuch des praktischen EDV-Unterrichts an kaufmännischen Lehranstalten (1978); Josef Karl Aff: Politische Erwachsenenbildung und politische Aktion: Gedanken zu einem institutionellen bzw. außerinstitutionellen Ansatz alternativer politi-
70 HfW, Vorlesungsverzeichnis SS 2000, 294ff. 71 Ausführlicher zur Lehre W. Schneider 1983a und 1993a; Grohmann 1996. 72 Nach ZfP 23 (1977), 325 bis 52 (2006), 478. Die Angaben in der ZfP sind für die WUW unvollständig und mussten durch Befragung von Prof. Schneider (Liste der Dissertationen vom April 2009) und eigene Nachforschungen ergänzt werden.
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scher Erwachsenenbildung. Darstellung eines Transferversuchs der Paulo Freire-Methode in einer peripheren Region Österreichs (nördliches Waldviertel) (1979); Franz Knasmüller: Psycho-Soziale Ursachen schulischen Scheiterns (1982); Franz Tholler: Ist die Studienreform der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften praxisgerecht? Eine empirische Studie (1988); Richard Fortmüller: Der Einfluß des Lernens auf die Bewältigung von Problemen. Eine kognitionspsychologische Analyse und zwei empirische Untersuchungen des Problembereiches Lerntransfer (1990); Gabriele Painz: Die wirtschaftspädagogische Studienrichtung an der Wirtschaftsuniversität Wien. Eine evaluative Studie unter besonderer Berücksichtigung der Studienreform (1991); Sabine Fischer: Ist die Handelsakademie für Berufstätige erwachsenengerecht? Eine evaluative Studie und Vorschläge zur Neugestaltung (1992); Gholamreza Mabhooti: Das betriebswirtschaftliche Ausbildungsniveau an den staatlichen iranischen Universitäten und dessen Auswirkungen auf die Großindustrie (1994); Klaus Johann Eder: Evaluierungsprobleme in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung – Aus- und Weiterbildungssteuerung AWS – ein computerunterstütztes Instrument zum Bildungscontrolling im Bildungskreislauf (1994); Alexandra Maria Kuhnle-Schadn: Die Mathematik in der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildung. Anfangskenntnisse, Endkenntnisse, Verwertbarkeit. Eine empirische Analyse (1994); Herbert Langer: Persönlichkeitsentwicklung an Schulen. Theoretische Grundlegung und empirische Überprüfung eines Konzepts zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung von Schülern des mittleren und höheren berufsbildenden Schulwesens (1996); Leonhard Schneemann: Drop-Outs. Situationsanalyse der vorzeitigen Schulaussteiger aus den Handelsakademien (1998); Margot Unger: Prognose des Schulerfolges. Eine empirische Studie an burgenländischen Handelsakademien (1998); Bettina Greimel: Übungsfirmen an kaufmännischen berufsbildenden Schulen. Theoretische Konzepte und Evaluation (1998); Johanna Häfke-Schönthaler: Zur Problematik universitärer Studieneingangsphasen. Eine empirische Untersuchung an der Wirtschaftsuniversität und der Veterinärmedizinischen Universität Wien (1999); Ute-Maria Oberreiter: Hält die Handelsakademie mit den wirtschaftlichen Anforderungen Schritt? Versuch einer Prognose auf Grund von Tätigkeits- und Qualifikationsanalysen (2000); Alexandra Sonja Kotrnoch: Interesse und Interessenveränderung. Eine empirische Untersuchung an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (2000); Ulrike Kastler: Einflüsse auf Bildungseinstellung und Bildungsverhalten in der Erwachsenenbildung unter besonderer Berücksichtigung des sozialen Kontextes. Eine empirische Studie an der Donau-Universität Krems (2002); Antonie Kriegler-Lenz: Projekte an Handelsakademien. Ansätze zur Evaluation des Lern- und Behaltenserfolges (2002); Peter Krauskopf: Qualitätsmanagement an kaufmännischen berufsbildenden Schulen (2002);
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Josef Eder: Die Eingangsvoraussetzungen in Mathematik von Studienanfängern der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Studienrichtungen. Ein Vergleich der Studienanfänger der Wirtschaftsuniversität Wien mit den Studienanfängern des Betriebswirtschaftlichen Zentrums Floridsdorf der Universität Wien anhand eines Mathematiktests (2003); Michaela Kroy: Handelsschuldropouts. Eine empirische Analyse in sechs Bundesländern (2004); Ilse Pachlinger: Das Wiener Verständlichkeitsmodell. Eine empirische Analyse der Lernwirksamkeit von Texten in Lehrbüchern der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre (2004); Erich Hauer: Wirtschaftsuniversität oder Fachhochschule? Motive für die Wahl der Bildungsinstitution. Eine vergleichende Untersuchung an der WU-Wien bzw. an wirtschaftsbildenden Fachhochschulen in Ostösterreich (2005); Ulrike Treiber: Modelle zur Unterstützung berufstätiger Studierender. Ansätze, Befunde, Probleme (2005); Brigitte Schuckert: Fachbezogene Eingangsvoraussetzungen an kaufmännischen mittleren und höheren Schulen (2006).
Man sieht aus dieser Liste, dass in den Dissertationen überwiegend praxisnahe Probleme der handelsschulischen, betrieblichen und wirtschaftsuniversitären Ausbildung empirisch bearbeitet worden sind. Besonderes Interesse galt der Evaluation des wirtschaftskundlichen Unterrichts und seiner Verbesserung. Dieses Bemühen ist auch für Schneiders Publikationen bezeichnend. Sie waren hauptsächlich auf die Didaktik für berufsbildende Höhere Schulen und betriebswirtschaftliche Studiengänge in Fachhochschulen und Universitäten konzentriert. Dabei wurde Didaktik im weiten Sinne als Gesamtheit der „Aussagen über Auswahl und Legitimation von Lehrzielen und die Durchführung und Evaluation von Unterricht verstanden“73. Es ging um die Verbindung von „Wissenschaftsorientierung und Praxisbezug in der Didaktik der Ökonomie“74. Schneider hat sich schon früh in Zusammenarbeit mit Peter Posch um eine für Lehrer verständliche und anwendbare „Alltagsdidaktik“ bemüht, die über die Lehrerausbildung „Einfluß auf den Regelunterricht“ gewinnt.75 Davon zeugt bereits das gemeinsam mit seiner Assistentin Waltraud E. Mann und Posch geschriebene Buch „Unterrichts-
73 Posch/W. Schneider/Mann 1977, 1. 74 So treffend der Titel der Festschrift für W. Schneider von Fortmüller/Aff 1996. 75 W. Schneider 1996, 426.
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planung mit Beispielen für den betriebswirtschaftlichen Unterricht“ von 1977. Es war in seiner Verständlichkeit vorbildlich und hat bis 1989 vier Auflagen erfahren. „Textverständlichkeitsforschung und Lehrmaterialentwicklung“ blieb neben „Medienforschung“ und „Transferforschung“ lebenslang ein bevorzugtes Gebiet für Schneider, seine Mitarbeiter und Dissertanten76. In der Transferforschung hat er gemeinsam mit Fortmüller auch zur Kritik bildungspolitischer Utopien über „Formalbildung“, „Schlüsselqualifikationen“ und die „Schulung allgemeiner Denkfähigkeit oder generell einsetzbarer Kreativität“ beigetragen77. In der Didaktik hat er unter anderem die mit dem Schlagwort „neue Lernkultur“ propagierte einseitige Empfehlung „handlungsorientierter und radikal-konstruktivistischer Ansätze“ erkenntnistheoretisch wie empirisch widerlegt und sich für „realisierbare Konzepte“ eingesetzt, „die auch die Zeitökonomie von Lehrern und Schülern beachten“78. Besonders kritisiert hat er, „daß in der Betriebswirtschaftslehre häufig triviale Sachverhalte hinter einem mathematischen Aufwand versteckt werden, der zur praktischen Problemlösung nichts beiträgt“, und „daß generell Verständlichkeit in deutschsprachigen Publikationen und in der universitären Lehre als Niveausenkung mißverstanden wird.“79 Zu diesen und vielen anderen Themen hat Schneider in rund 70 Aufsätzen Stellung genommen. Als Beispiele seien folgende genannt: „Bericht über die Fachdidaktik Wirtschaftspädagogik“ (1983), „Komplexe Methoden im betriebswirtschaftlichen Unterricht aus curricularer und lernpsychologischer Sicht“ (1993), „Wertewandel und Arbeitsplatzanforderungen. Brauchen wir noch bürgerliche Arbeitstugenden?“ (1993), „Die Handelsakademie – ein Beispiel für eine polyvalente Ausbildung“ (1997), „Die Eingangsvoraussetzungen der Studierenden als hochschuldidaktisches Problem“ (1998), „Unterrichtsplanung zwischen Systematik und Kasuistik. Ein Plädoyer gegen didaktischen Radikalismus“ (2000). Zu wirtschaftspädagogischen Monographien ist es nicht gekommen. Stattdessen hat Schneider auf der Basis seines „Wiener Verständlichkeitsmodells“80 seit 1976 einen Großteil seiner Arbeitskraft Lehrbüchern
76 77 78 79 80
Vgl. W. Schneider 1999, 203ff. Ebenda, 211ff. W. Schneider 2000. Aff 1996, 19. Vgl. Pachlinger 1996.
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für den betriebswirtschaftlichen Unterricht gewidmet. Sie haben dank guter Mitarbeiter und hoher Qualität viele Auflagen und in Österreich bis zu 85 Prozent Marktanteile erreicht und sind auch ins Bulgarische, Slowakische, Slowenische, Tschechische und Portugiesische (Brasilien) übersetzt worden. Zu diesen Lehrbüchern für Handelsakademien und Handelsschulen gehören folgende Titel: „Betriebswirtschaft“ (5 Bände), „Wirtschaftliches Rechnen“, „Geld-, Kredit- und Versicherungswesen“, „Betriebswirtschaftliches Praktikum“, „Betriebs- und Volkswirtschaft für höhere Schulen für wirtschaftliche Berufe“ (4 Bände), „Marketing und Internationale Geschäftstätigkeit“, „Wirtschaftskunde mit Schriftverkehr“ (2 Bände), „Kommunizieren, Präsentieren, Überzeugen“, „Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz“, „Wirtschaft und Recht“ (2 Bände) und „Betriebliche Organisation für höhere technische Lehranstalten“ (4 Bände). Dazu kamen für das Selbststudium Erwachsener „Rechnungswesen für Einsteiger“ (5. Auflage 2005), „Buchhaltung und Bilanzierung im Selbststudium (18. Auflage 2008) und „Informieren und Motivieren. Eine Einführung in die Präsentationstechnik für Erwachsenenbildner, Hochschullektoren und Oberstufenlehrer“ (1995). 1993 hat er gemeinsam mit Christine Steiger-Grohmann einen Projektbericht über „Selbststudienmaterialien als didaktische Alternative zu universitären Massenveranstaltungen“ veröffentlicht.81 Schneider hat in der Schaffung, Verbreitung und Nutzung guter Lehrbücher den kürzesten Weg zur Verbesserung der Qualität des Unterrichts an Schulen und Universitäten gesehen82, aber Schüler wie Studenten auch nachdrücklich zum Selbststudium angeregt. Es ist vor allem seinem Einsatz für anwendungsorientierte wirtschaftspädagogische Forschung und Lehre zu verdanken, dass sich die einphasige Lehrerausbildung an der Wirtschaftsuniversität bewährt hat. Deshalb ist er auch hochschulpolitisch dafür eingetreten, sie beizubehalten: „Nur die einphasige Lehrerbildung … zwingt die Universitäten dazu, zu beweisen, daß es tatsächlich nichts Praktischeres gibt als eine gute Theorie“83. Er ist darin auch international bestätigt worden.84
81 Vgl. auch Steiger 1996. 82 W. Schneider 1996, 441f. 83 Ebenda, 444. 84 Vgl. z.B. für die Universität St. Gallen (Schweiz) Seitz 1996 sowie Dubs 1996, der „eine erneute Wende zur Fachdidaktik in den Wirtschaftswissenschaften“ gefordert hat (44ff.).
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Schneider hat für seine Leistungen viel öffentliche Anerkennung gefunden. Seiner Universität hat er 13 Jahre lang als Vorsitzender der betriebswirtschaftlichen Fachgruppe gedient, 9 Jahre lang als Baubeauftragter (1975–1984), 2 Jahre als Prorektor (1976–1978) und 10 Jahre als Mitglied des Rektoratskollegiums (1986–1996); der Österreichischen Rektorenkonferenz als Mitglied des Ausschusses für Studienangelegenheiten und des Planungsausschusses (1990–1995). 1993 war er Gastprofessor an der Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in St. Gallen (Schweiz) und im Wintersemester 1997/98 Austauschprofessor an der Universität Köln. Am 30. September 2004 ist er nach 33jährigem Wirken als erster auf Wirtschaftspädagogik spezialisierter Professor Österreichs emeritiert worden.
7. LEHRKANZEL UND INSTITUT FÜR ALLGEMEINE PÄDAGOGIK UNTER ALOIS EDER: 1972–1989 Walter Schöler als erster Inhaber dieser Lehrkanzel hat sie am Ende des Studienjahres 1969/70 verlassen und das Amt des Gründungsrektors der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt übernommen1. Das Professorenkollegium hat im Herbst 1970 eine vierköpfige Berufungskommission eingesetzt. Ihr haben der Rektor Erich Weis – Professor für romanische Sprachen – und die Professoren Krasensky und Anton Burghardt (seit 1969 Professor für Soziologie) aus der Hochschule sowie der Professor für Pädagogik an der Universität Wien Marian Heitger angehört2. Zum Vorsitzenden wurde Krasensky gewählt. Er hat bei einigen Pädagogik-Professoren angefragt, ob sie für die Wiener Lehrkanzel Interesse hätten, und zugleich um die „Nennung weiterer Kollegen“ gebeten. Zugleich wurde mitgeteilt, dass die Hochschule noch keine Lehrkanzel für Psychologie besitze. Eine solche könne in absehbarer Zeit auch nicht errichtet werden. Deshalb sei es der Wunsch des Kollegiums, „daß der Kollege für Allgemeine Pädagogik auch Psychologie mitbetreuen könnte und an der Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftspädagogen interessiert wäre“.3 1 Vgl. in diesem Buch S. 94ff. 2 Über Heitger vgl. in diesem Werk Bd. 1, 513f. und 537–555. 3 Krasensky am 18.12.1970 an Prof. Alois Eder (Graz). AdR 02, Personalakt 1428 Eder.
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Eder hat geantwortet, dass er „an dieser Lehrkanzel höchst interessiert“ und „auch im Bereich der Psychologie … beheimatet“ sei und deren „Mitbetreuung“ übernehmen könnte. Als „weiteren Kollegen, der … für den Besetzungsvorschlag in Frage käme“, hat er den Wiener Dozenten Richard Olechowski genannt.4 Heitger hat Erich Weber – damals Professor an der Pädagogischen Hochschule Bayreuth – und Clemenz Menze empfohlen – seit 1967 ordentlicher Professor und Direktor des Pädagogischen Seminars der Universität Köln und mit Heitger als Mitherausgeber der „Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Pädagogik“ verbunden. Insgesamt sind 16 Bewerbungen eingegangen, die durchwegs von Männern stammten. Für die Kommission war „von besonderer Bedeutung, daß der zu berufende Herr möglichst ein Kenner der österreichischen Schulverhältnisse sein soll.“ So ist folgender Besetzungsvorschlag entstanden, der am 18. Juni 1971 vom Professorenkollegium einstimmig beschlossen worden ist5: 1. Alois Eder, o. Professor für Pädagogik an der Universität Graz; 2. Erich Weber, o. Professor für Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule Bayreuth der Universität Erlangen-Nürnberg; 3. Clemens Menze, o. Professor für Pädagogik an der Universität Köln. Der Wunsch Heitgers, „die Herren Menze und Weber umzureihen, eventuell Menze an die erste Stelle zu setzen, wurde … nicht erfüllt“.6 Über jeden Kandidaten ist in diesem Werk bereits berichtet worden.7 Bundesministerin Hertha Firnberg hat am 20. Juli 1971 der Berufung von Eder zugestimmt. Er ist am 14. Dezember 1971 durch Bundespräsident Franz Jonas mit Wirkung vom 1. März 1972 zum Ordentlichen Hochschulprofessor für Allgemeine Pädagogik an der Hochschule für Welthandel ernannt worden.8 Beim Antritt dieses Postens war Eder 53 Jahre alt.
4 A. Eder am 10.1.1971 an Krasensky. AdR 02. 5 Rektor Weis am 24.6.1971 an das BMfWF. AdR 02, Personalakt Eder. 6 Protokoll der Sitzungen der Terna-Kommission am 4.5. und 13.5.1971. AdR 02, Personalakt Eder. 7 Über A. Eder vgl. Bd. 1, 491-494 und Bd. 2, 279–295; über Weber Bd. 3, 155f.; über Menze Bd. 3, 133ff. 8 BMfWF, Zl. 179.582-1/71. AdR 02, Personalakt Eder.
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Im Unterschied zu seinem großen Pflichtenkreis an der Universität Graz9 mit vielen Studierenden der Pädagogik als Hauptfach neben den Lehramtsstudenten hat Eder hier ein Arbeitsfeld vorgefunden, auf dem es kein Diplomstudium der Pädagogik gegeben hat. An Studierenden für das Lehramt gab es nur solche der wirtschaftskundlichen Fächer, die an Handelsschulen und –akademien gelehrt wurden. Dementsprechend waren seine Lehrveranstaltungen thematisch enger begrenzt als zuvor. Die Menge der Studierenden hat allerdings in seiner Amtszeit stark zugenommen: von 198 Personen im Studienjahr 1971/72 über 752 im Studienjahr 1976/77 auf 1.175 im Studienjahr 1988/89.10 In Vorlesungen hat Eder in häufiger Wiederkehr jeweils zweistündig folgende Gebiete behandelt: „Pädagogische Soziologie“, „Psychologie des Lehrens und Lernens“ (ab 1978 als „Pädagogische Psychologie“ angekündigt), „Entwicklungspsychologie“, „Einführung in die Erziehungswissenschaft“, „Didaktik“ und „Theorie der Schule“. Außerdem gab es einmal eine einstündige Vorlesung über „Politische Bildung“ (SS 1980). Dazu kamen in jedem Semester gemeinsam mit Assistenten ein bis zwei „Seminare aus Allgemeiner Pädagogik“ ohne Themenangaben. Von 1972 bis 1976 wurde in jedem Semester eine „Arbeitsgemeinschaft für Hochschuldidaktik“ gemeinsam mit Peter Posch angeboten. Außerdem gab es ein „Privatissimum für Diplomanden und Dissertanten“. Die Lehrveranstaltungen wurden im Vorlesungsverzeichnis zunächst wie zuvor unter der gemeinsamen Rubrik „Wirtschaftspädagogik und Allgemeine Pädagogik“ angekündigt. Ab 1981 gab es getrennte Rubriken in logisch richtiger Ordnung: „IV. Allgemeine Pädagogik“ und „V. Wirtschaftspädagogik“. Als Betreuer und erster Gutachter hat Eder folgende 11 Dissertationen angenommen11: Hannes Maier: Die betriebliche Berufsausbildung der Lehrlinge in Österreich dargestellt an den gewerblichen Lehrlingen der Industrie Vorarlbergs; (Eine empirische Untersuchung als Beitrag zur Verbesserung der Lehrlingsausbildung) (1976); 9 Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 279ff. 10 Nach ÖHS. 11 Nach einer 1999 von Prof. Horst Pfeiffle übermittelten Liste, ergänzt und korrigiert nach einer Liste von Eders Tochter Mag. Gabriele Eder-Lindinger (Wien) vom August 2009, PAB. In der ZfP ist nur Maier angeführt: 23 (1977), 325.
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Werner Witt: Die empirischen Befunde über das Freizeitverhalten der Berufsschuljugend in der Bundesrepublik Deutschland und deren pädagogische Relevanz unter besonderer Berücksichtigung der Berufsschularbeit (1976); Hermann F.J. Grandl: Bildungstheoretische Grundlegungen zur Berufsausbildung. Ausbildungsrelevante Aspekte der Berufs- und Arbeitswelt des technischen Zeitalters im Bereich des dualen Ausbildungssystems (1977); Franz Köb: Schule und Dialekt. Ein kritischer Beitrag zum Bildungsanspruch der Institution Schule (1978); Gerhard Lechner: Die Rechtsstellung des Lehrers in Österreich (1978); Robert H. Kührer: Das menschliche Spiel. Seine Grundlagen und Möglichkeiten (1979); Franz Josef Brandfellner: Dialogische Kommunikation. Philosophische und psychologische Aspekte des dialogischen Phänomens und deren Relevanz für die Pädagogik (1981); Wolfgang Havel: Das mittlere und höhere kaufmännische Bildungswesen im Wandel der Zeit und seine Veränderung durch die betriebliche Nachfrage (1982); Maria Christine Föhls: Die Transferproblematik in der Erwachsenenbildung am Beispiel der Weiterbildung von Führungskräften für Klein- und Mittelbetriebe (1985); Alexandra Frey: Ein Experiment zur Überprüfung der Wirksamkeit der Lernund Lesemethode SQ3R auf die Behaltensleistung aus verbalen Lerntexten (1985); Wolfgang Gamsjäger: Die Lehrerpersönlichkeit in ihrer gesellschaftlichen Umwelt. Eine systemtheoretische Betrachtung (1990).
Habilitationen aus diesem Wiener Schülerkreis sind nicht erfolgt. Eder hat jedoch die Habilitationen seines Grazer Schülers und Mitarbeiters Johann Wurzwallner (1973) und seines in Innsbruck promovierten Assistenten Peter Posch (1975) für das Fach „Allgemeine Pädagogik“ gefördert12. Als Betreuer und Gutachter hat Eder zwischen 1972 und 1988 insgesamt 187 Diplomarbeiten aus dem Fachgebiet „Allgemeine Pädagogik“ angenommen, die im Rahmen der wirtschaftspädagogischen Studienrichtung entstanden sind13. In seinen eigenen Publikationen hat Eder in Wien fortgesetzt und vertieft, was er an der Grazer Universität begonnen hatte. Zu einer Buchveröffentlichung ist es nach der Habilitationsschrift über „Bildung und Gesellschaft“14 von 1965 nicht mehr gekommen. Eder hat sich während seines Wirkens an der Wirtschaftsuniversität auf relativ
12 13 14
Vgl. in diesem Buch S. 154ff. und 156ff. Nach der Liste von Eder-Lindinger 2009, 6. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 492f.
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wenige Aufsätze beschränkt, die vorwiegend aktuellen Problemen der österreichischen Schulreform und Bildungspolitik gewidmet waren. Zur Wahl dieses Schwerpunktes hat beigetragen, dass er seit 1969 als einer von fünf Universitätsprofessoren der Pädagogik Mitglied der „Schulreformkommission“ gewesen ist, deren Einsetzung 1969 vom Parlament beschlossen worden ist15. Er hat sich dort für Neuerungen wie die Abschaffung der Aufnahmsprüfung in die 1. Klasse der allgemeinbildenden höheren Schulen, die Ganztagsschule und anderes engagiert.16 Von 1964 bis 1969 war Eder auch Mitglied des „Rats für Hochschulfragen“, den sich Bundesminister Piffl-Perčević nach seiner Amtsübernahme „als sein persönliches Beratungsgremium“ eingerichtet hatte17. Dadurch kam er früh mit der Planung einer „Hochschule für Bildungswissenschaften“ in Klagenfurt in Berührung. Seit 14. September 1972 hat er als einer von fünf inländischen Mitgliedern auch dem wissenschaftlichen Beirat der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt angehört.18 Er war damit – als einer von nur zwei österreichischen Pädagogikern neben Marian Heitger – für „die kritische Würdigung der Entwicklung und der Arbeiten der Hochschule sowie die Erstattung von Empfehlungen und Gutachten an die Hochschule und an den Bundesminister für Unterricht“19 mitverantwortlich. Die Mitgliedschaft endete 1981 mit der Auflösung des Beirates.20 Aus dieser Epoche sind vor allem folgende Texte zu nennen: „Ganztagsschule – Wesen und Aufgabe“ (1975), „Die Bedeutung der modernen Lernforschung für das Ganze der Bildungsreform“ (1975), „Leh rerfortbildung – eine Berufspflicht“ (1976), „Die Wertproblematik in ihrem Zusammenhang mit den Zielformulierungen für die österreichische Schule“ (1977), „Akademische Lehrerbildung als Problem und Aufgabe heute“ (1985) und „Die autonome Schule – ein Fundament unserer demokratischen Lebensform“ (1993).
15
Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 294 und 625. Zu dieser Kommission vgl. EngelBd. 5, 1988, 486; Scheipl/Seel 1988, 80ff.; Schnell 1993, 194ff.; Gönner
brecht,
1998. 16 Schnell 1993, 200. 17 BMfU: Bildungsbericht 1965–1969, 69f.; Piffl-Perčević 1977, 85ff.; Engelbrecht 5, 1988, 522. 18 BMfWF: Die Vollendung der Aufbaustufe der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt, 1973, 17. Vgl. in diesem Buch S. 243. 19 Gründungsgesetz vom 21. Jänner 1970, BGBl. Nr. 48/1970, § 2 Abs. 2. 20 Vgl. in diesem Buch S. 241ff.
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Diesen Aufsätzen lag Eders Verständnis von „Bildungswissenschaft“21 als einer deskriptiv-normativ gemischten praktischen Disziplin zugrunde. Dementsprechend hat er sachkundige kritische Beschreibungen vergangener und gegenwärtiger Schulrealität mit wohldurchdachten Verbesserungsvorschlägen verbunden, aber auch mit relativ verschwommenen philosophischen Überlegungen22 und strengen moralischen Forderungen, die nicht weniger verlangten als eine „Neu-Humanisierung und Neu-Pädagogisierung unserer gesamten Lebenswelt“23. Da Buchpublikationen ausgeblieben und keine Aufsätze in führenden deutschen oder fremdsprachigen Fachzeitschriften erschienen sind, ist verständlich, dass er in der „Zeitschrift für Pädagogik“ nie zitiert worden ist24. An Mitarbeitern hatte Eder bis 1977 zwei Assistenten, danach drei. Von ihnen ist einer (Hermann Grandl) 15 Jahre geblieben, ein anderer (Josef Mikl) mehr als 20 Jahre, ohne sich zu habilitieren. Von insgesamt sieben Personen auf Assistentenstellen während Eders Amtszeit ist nur Peter Posch zur Habilitation gelangt.25 Da die Belastung der Assistenten durch Lehrveranstaltungen und Prüfungen im Institut für Allgemeine Pädagogik relativ gering gewesen ist, hat es ihnen an Zeit für erziehungswissenschaftliche Forschung nicht gefehlt. Sie scheint wenig genutzt worden zu sein. Es war im Fach Pädagogik nach wie vor außerordentlich schwer, für Assistentenstellen hinreichend tüchtige Mitarbeiter mit gründlicher fachspezifischer Ausbildung und hervorragendem Doktorat in Erziehungswissenschaft als Hauptfach zu finden, von denen man die künftige Eignung für eine Habilitation erwarten konnte. Da die wenigen Dienstposten auf jeden Fall besetzt werden mussten, blieb häufig nichts anderes übrig, als mittelmäßige oder fachfremde Interessenten einzustellen in der Hoffnung, dass sie sich einarbeiten und bessern werden. Bezeichnend für die Lage war beispielsweise 1975 die Ausschreibung eines Assistentenpostens am Institut für Allgemeine Pädagogik, in der als Qualifikation ein „einschlägiges Doktorat oder Ma-
21 A. Eder 1976, 31ff. in demonstrativer Abkehr vom Namen „Erziehungs wissenschaft“. 22 Vgl. z.B. A. Eder 1977 zu „Werten“ und „Werterziehung“. 23 A. Eder 1993, 166. 24 Überprüft bis zum 54. Jahrgang (2008). 25 Angaben nach dem Personalstand des Instituts in den Vorlesungsverzeichnissen der HfW/WU vom SS 1972 bis WS 1989/90.
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gisterium … bzw. abgeschlossene Diplomarbeit“ aus den Fächern „Pädagogik oder Psychologie“ gefordert worden ist26. In der Amtszeit von Eder ist am 11. April 1975 im Nationalrat mit der knappen Mehrheit von 3 Stimmen der Sozialistischen Partei Österreichs (SPÖ) gegen die Stimmen der ÖVP und der FPÖ das Universitäts-Organisationsgesetz 1975 beschlossen worden. Es hat unter anderem den Namen „Hochschule“ abgeschafft und einheitlich durch „Universität“ ersetzt. So ist am 1. Oktober 1975 aus der „Hochschule für Welthandel“ die „Wirtschaftsuniversität Wien“ geworden27 – allerdings weiterhin ohne Gliederung in Fakultäten28. Für die Zukunft ihrer zwei pädagogischen Institute – das ältere „Institut für Wirtschaftspädagogik“ und das 1969 gegründete „Institut für Allgemeine Pädagogik“ – war folgende Bestimmung über die Institute von zentraler Bedeutung: „Die Errichtung von zwei oder mehreren Instituten für dasselbe wissenschaftliche Fach, von Instituten für Teilgebiete eines wissenschaftlichen Faches oder für Fächer, die nach dem Wirkungsbereich der betreffenden Universität und den ihr zur Durchführung zugewiesenen Studienrichtungen nur die Funktion von Hilfs- und Ergänzungsfächern haben, ist unzulässig.“29 Bezweckt wurde damit, „sinnvolle fachliche Zusammenhänge“ und den „rationelle(n) Einsatz von Räumen, Mitteln und Personal“ zu sichern30. Obwohl die beiden pädagogischen Institute im Institutsverzeichnis der Vorlesungsverzeichnisse wegen ihrer Verwandtschaft stets unmittelbar nacheinander und fern von der Betriebswirtschaftslehre angeführt worden sind31, ist ihre Zusammenlegung verhindert worden. Die Weichen dafür wurden durch die Zuordnung der beiden Institute in verschiedene „Fachgruppen“ gestellt. Das Gesetz hat für „die nicht in Fakultäten gegliederten Universitäten“ angeordnet, „die Institute eines Fachgebietes … in einer Fachgruppe zusammenzufassen“32. Das sollte „unter Bedachtnahme auf
26 Mitteilungsblatt der WU vom 2.12.1975, Nr. 8; Wiener Zeitung, 30.11.1975. Hervorhebung vom Verfasser. 27 UOG 75, § 11 Abs. 1 lit j. 28 § 12 Abs. 8. 29 § 46 Abs. 5. 30 § 46 Abs. 4. 31 Erstmals im SS 1969, 18 und seither bis SS 1980, 85 stets in der Reihenfolge: Institut für Wirtschaftspädagogik, Institut für allgemeine Pädagogik. 32 UOG 75, § 62 Abs. 2.
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wissenschaftliche Zusammenhänge, Art und Umfang der Lehr- und Forschungsaufgaben sowie auf die Organisation überschaubarer und arbeitsfähiger Einheiten“ erfolgen33. Das Professorenkollegium hat als neue Verwaltungsebene zwischen Instituten und Universitätsleitung vier Fachgruppen eingerichtet: eine betriebswirtschaftliche, eine volkswirtschaftliche, eine rechtswissenschaftliche und eine „Fachgruppe Geistes- und Formalwissenschaften“34. Unter diesen Umständen gehörte das „Institut für Allgemeine Pädagogik“ wie andere „Geisteswissenschaften“ zur letztgenannten Fachgruppe. „Das Institut für Wirtschaftspädagogik verblieb im organisatorischen Rahmen der betriebswirtschaftlichen Fachgruppe“35. Es hat jedoch seine Selbständigkeit verloren und wurde 1980 Teil eines größeren „Instituts für Wirtschafts- und Verwaltungsführung sowie Wirtschaftspädagogik“ mit Wilfried Schneider als Vorstand36. Andererseits hat Eder darauf bestanden, die Selbständigkeit des Instituts für Allgemeine Pädagogik in der Fachgruppe Geistes- und Formalwissenschaften zu erhalten. Als damaliger Vorsitzender der Fachgruppenkommission dieser Fachgruppe hat er im „Universitätskollegium“ (als neuem obersten Kollegialorgan der Universitäten ohne Fakultäten37) am 25. November 1977 den Antrag eingebracht: „Die Institute für Allgemeine Pädagogik und Wirtschaftspädagogik sollen als selbständige Institute erhalten bleiben“. Er wurde mit 68 von 90 Stimmen angenommen38 und ist vom Wissenschaftsministerium nicht beeinsprucht worden. Damit hatte sich das seit Dörfel und Krasensky gepflegte Selbstverständnis der Wirtschaftspädagogiker als Betriebswirtschaftler statt Erziehungswissenschaftler durchgesetzt und weiter verfestigt. Als Neuerung beim Lehrangebot sind unter Eder im Institut für Allgemeine Pädagogik ab Sommersemester 1979 auch philosophische Lehrveranstaltungen eingerichtet worden. Damit sollte das Studium der Philosophie als Wahlfach ermöglicht werden. Ein solches ist bereits im Bundesgesetz vom 15. Juli 1966 für alle sozial- und wirtschaftswissen-
33 § 62 Abs. 1. 34 Brusatti 1998, 33. 35 Ebenda, 28. 36 So erstmals im Institutsverzeichnis WS 1980/81, 85. 37 UOG 75, § 75 (entsprechend dem Akademischen Senat an den Universitäten mit Fakultätsgliederung). 38 WUW, Universitätskollegium, Protokoll vom 25.11.1977, 5.
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schaftlichen Studienrichtungen vorgesehen gewesen39. In der wirtschaftspädagogischen Studienordnung vom 6. März 1967 hieß es dazu: „Der wissenschaftstheoretischen und philosophischen Vertiefung der Fachgebiete … ist durch Lehrveranstaltungen im Wahlfach ,Philosophie‘ … Rechnung zu tragen“40. Allerdings wurde 1973 einschränkend bestimmt, dass zunächst für alle Wahlfächer „festzustellen“ sei, ob „unter Berücksichtigung der an der betreffenden Hochschule … vorhandenen Lehr- und Forschungseinrichtungen … Lehrveranstaltungen im ausreichenden Maße durchgeführt werden können“41. Da an der Wirtschaftsuniversität weder eine Professur noch ein Institut für Philosophie vorhanden waren und deren Einrichtung auch nicht geplant war, hat man mit der Einführung von Lehrveranstaltungen für das Freifach Philosophie lange gezögert. Erst ab dem Sommersemester 1979 wurde der ordentliche Professor der Philosophie an der Universität Wien Johann Mader (1926–2009) für zwei Jahre als Lehrbeauftragter gewonnen.42 Neben ihn trat als Lektor ab Wintersemester 1979/80 sein Assistent Franz Rupert Hrubi mit philosophischen Proseminaren43. Seit dem Wintersemester 1981/82 hat dieser das Fach allein mit einem sechsstündigen Lehrauftrag vertreten. Obwohl er nach Ausbildung und Auftrag ganz auf die Philosophie konzentriert war, verdient er hier Erwähnung, um die schrittweise Erweiterung des Instituts für Allgemeine Pädagogik in ein Doppel-Institut für Pädagogik und Philosophie verstehen zu können. Hrubi wurde am 1. November 1943 in Wien geboren44. Er hat ab 1965 an der Wiener Universität die Fächer Philosophie, Politikwissen 39 BGBl. Nr. 179/1966, § 3 Abs. 2 lit. e. 40 BGBl. Nr. 102/1967, § 2 Abs. 6 unter Bezug auf § 3 Abs. 2 lit. g. Noch stärker im § 3 Abs. 3: „Auf das Wahlfach ´Philosophie´ ist besonders Bedacht zu nehmen“. 41 Verordnung des BMfWF vom 12. Feber 1973, mit der die wirtschaftspädagogische Studienordnung geändert wird. BGBl. Nr. 101/1973, § 3 Abs. 2. 42 Er begann mit einer zweistündigen Vorlesung über „Philosophie der Gegenwart“ und einem Seminar über „Erkenntnistheorie unter besonderer Berücksichtigung der Sozialwissenschaften“. Vorlesungsverzeichnis SS 1979, 45. Im Personalstand des Instituts für Allgemeine Pädagogik als Universitätslektor aber erst im SS 1980, 85 gemeinsam mit Dozent Hrubi genannt. 43 Im WUW-Vorlesungsverzeichnis erst ab SS 1980, 46; WS 1980/81, 46; SS 1981, 46. Nach einer Übersicht seiner Lehrveranstaltungen im Personalakt Hrubi der WUW hat er im WS 1979/80 mit einem Proseminar über den „Positivismusstreit in der deutschen Soziologie“ begonnen. 44 Biographische Angaben nach dem Personalakt im AWU, Lebenslauf vom 30.4.1984.
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schaft, Psychologie, Geschichte und Germanistik studiert. 1969 wurde er Wissenschaftliche Hilfskraft an der Lehrkanzel für Philosophie mit besonderer Berücksichtigung ihrer Geschichte bei Professor Mader. Am 14. Juni 1971 hat er das Doktorat im Hauptfach Philosophie und dem Nebenfach Politikwissenschaft erworben. Seine Dissertation über „Die transzendentale Idee der Intersubjektivität“ wurde von den Gutachtern Mader und Leo Gabriel als „ausgezeichnet“ beurteilt45. Am 1. Juli 1971 wurde er Assistent am Institut für Philosophie der Universität Wien, 1980 Oberassistent. Am 28. Juni 1979 erfolgte im Alter von 35 Jahren die Habilitation für Philosophie auf Grund einer ungedruckt gebliebenen Habilitationsschrift über „Geltung und Konsens. Vorarbeiten zu einer Theorie der Kommunikation mit besonderer Berücksichtigung der Argumentation“. Zum 1. Oktober 1983 hat das Institut für Allgemeine Pädagogik einen speziellen Assistentenposten zur Betreuung des Wahlfaches Philosophie erhalten. Er wurde mit dem Erfordernis „Wissenschaftliche Qualifikation mit besonderem Bezug zu erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Problemen der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften“ öffentlich ausgeschrieben46. Da Hrubi von allen Bewerbern am besten qualifiziert war, hat er diesen Posten erhalten und erfolgreich ausgefüllt. Am 11. September 1988 wurde ihm auf eigenen Antrag der Berufstitel „Außerordentlicher Universitätsprofessor“ verliehen47, ohne dass sich an seinem Status als Universitätsassistent etwas geändert hat. Eder hat sich in seinem letzten Amtsjahr dafür eingesetzt, dass im Institut eine „Abteilung für Philosophie“ errichtet und Hrubi zu ihrem Leiter bestellt wird. Als Begründung wurde angegeben, „daß bereits seit geraumer Zeit das Wahlfach Philosophie in Lehre und Forschung exklusiv durch das Institut für Allgemeine Pädagogik betreut wird“.48 Das Wissenschaftsministerium hat die erforderliche Änderung der Institutsordnung genehmigt, aber „darauf hingewiesen, daß die Abteilungserrichtung eine organisatorische Maßnahme darstellt und daher
45 Promotionsakt im AUW, Nr. 23.979a. 46 Mitteilungsblatt der WUW Nr. 17 vom 16. Mai 1983 und Nr. 14, vom 16. April 1984; Wiener Zeitung, 15. April 1984. 47 Bundesminister Hans Tuppy am 19.9.1988 an Hrubi. GZ 93.861/1-11/88. WUW, Personalakt Hrubi. 48 Einstimmiger Beschluss der Institutskonferenz vom 25.10.1988 und des Universitätskollegiums vom 29.11.1988.
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eine Vermehrung der Sach- und Personalausstattung nicht begründen kann“49. Schon vorher war von der Institutskonferenz in eigener Kompetenz beschlossen worden, eine Arbeitsgruppe „Forschungs- und Ausbildungszentrum für Wirtschaftsethik“ zu gründen50. Am 31. Juli 1989 wurde die „Abteilung für Philosophie“ eingerichtet und Hrubi zu ihrem Leiter bestellt51. An Publikationen lagen von ihm zu dieser Zeit rund 20 Aufsätze vor, davon 7 in der Führungszeitschrift der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) „Österreichische Monatshefte“. Ein Interesse an Pädagogik oder wenigstens an Philosophie der Erziehung war aus ihnen nicht zu erkennen. Nach der Emeritierung Eders im Herbst 1989 war Hrubi bis zum Dienstantritt seines Nachfolgers ein Jahr lang als provisorischer Vorstand des Instituts für Allgemeine Pädagogik tätig. In dieser Phase hat sich die „Abteilung für Philosophie“ unter dem Dach des „Instituts für Allgemeine Pädagogik“ praktisch auch ohne eigene Professur in eine pseudo-autonome Einrichtung in getrenntem Gebäude (Schlagergasse 6) mit eigenem Sekretariat und eigenen Assistenten und Lektoren entwickelt52. An der Zugehörigkeit des philosophischen Personals zum Institut für Allgemeine Pädagogik und an der Funktion des Institutsvorstandes als dessen Vorgesetzten hat sich jedoch nichts geändert. Eder hatte in seiner Befürwortung der Verleihung des Professorentitels an Hrubi betont, dass dieser „bereits in seiner bisherigen Tätigkeit an der Wirtschaftsuniversität verantwortlich die umfassenden Aufgaben eines Professors für Philosophie wahrgenommen und sich als Lehrer, Forscher und Organisator bestens bewährt“ habe. Sein Lehrangebot sei reichhaltig, „wobei jedoch immer philosophische Fragestellungen in engem thematischen Zusammenhang mit sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Fächern behandelt werden“. Es werde von den Studierenden „besonders geschätzt“. Das zeige auch die Tatsache, dass zwischen 1985 und 1987 insgesamt 228 Studierende die Diplomprüfung aus dem Wahlfach Philosophie abgelegt haben. „Zudem be-
49 BMfWF am 19.4.1989, GZ 90.957/2-11/88. WUW, Universitätskollegium. – Neue Institutsordnung des Instituts für Allgemeine Pädagogik, Mitteilungsblatt der WUW, Studienjahr 1989/90, Nr. 199 vom 11. Juli 1989. 50 Gemäß § 48 UOG 75. Beschluss vom 24.3.1988. 51 Bundesminister Erhard Busek an Hrubi. GZ 90.957/2-11/89. Im Verzeichnis der Institute erstmals im WS 1990, 325 genannt. 52 WUW, Vorlesungsverzeichnis SS 1991, 340.
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treute und approbierte Herr Doz. Hrubi seit 1981 vier Dissertationen und 31 Diplomarbeiten“.53 Soweit man sich aus ihren Themen ein Bild machen kann, haben Hrubis philosophische Lehrveranstaltungen auch bei den Studierenden der Wirtschaftspädagogik zu einer beachtlichen Horizonterweiterung beitragen können. Es gab unter anderen Vorlesungen über „Erkenntnistheorie der Sozialwissenschaften“, „Anthropologische Grundlagen der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften“, „Was ist Dialektik?“, „Fortschritt in der Wissenschaft (Popper-Kuhn)“, „Theorie der zwischenmenschlichen Kommunikation“, „Schönheit: Probleme einer Ästhetik des Alltags“, „Was heißt ,Selbstverwirklichung‘?“, „Die jüngsten Strömungen der Gegenwartsphilosophie“, „Grundlinien einer Unternehmens- oder Managementphilosophie“, „Lebensbedingungen und –bedürfnisse in der nachindustriellen Welt“, „Philosophie für Wirtschaftswissenschaftler“, „Die neuen Werte“, „Philosophie der Kultur“, „Wirtschaftsethik“54. Seine inhaltliche Distanz zur Pädagogik hat Hrubi nicht gehindert, 1989 die Festschrift für Alois Eder zum 70. Geburtstag mit dem Titel „Universität – Bildung – Humanität“ herauszugeben55. Sein eigener Beitrag dazu über „Inseln der Seligen. Eine parabolische Reflexion über die Universität als Ort der Bildung“56 war eine ungezügelt assoziative Zusammenballung von imponierendem enzyklopädischem Wissen auf Kosten von Klarheit und Verständlichkeit. Hrubi ist nach langer Krankheit am 1. Dezember 2000 im Alter von 57 Jahren in den Ruhestand versetzt worden57 und am 4. September 2001 in Wien gestorben58. Alois Eder ist nach seiner Emeritierung publizistisch nur noch selten hervorgetreten59. Das entsprach seiner „zurückhaltenden Art“, seiner „Ruhe und Besonnenheit“, die sein Grazer Nachfolger Helmut 53 Eder am 7.3.1988 an die Fachgruppe Geistes- und Formalwissenschaften der WU. Personalakt Hrubi. 54 WUW, Vorlesungsverzeichnisse, WS 1981/82-1989/90. 55 Hrubi 1989. 56 Ebenda, 85–111. 57 Bescheid des BMfBWK vom 22.11.2000, GZ 418.515/3-VII/A/4d/2000. WUW, Personalakt Hrubi. 58 Mitteilung des Magistrats der Stadt Wien, Abteilung 61 vom 22.9.2009: als Nr. 588/2001 eingetragen. 59 Unveröffentlichte Liste seiner Publikationen von 2009, für die seiner Tochter Mag. Gabriele Eder-Lindinger zu danken ist, im PAB.
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Seel an ihm „immer bewundert“ hat60. Am 11. Juli 2006 ist er in Wien im Alter von 87 Jahren gestorben.
8. DAS INSTITUT FÜR ALLGEMEINE PÄDAGOGIK UNTER HORST PFEIFFLE: 1990–2008 Rund eineinhalb Jahre vor der Emeritierung von Alois Eder zum 1. Oktober 1989 hat das Universitätskollegium im Sommersemester 1988 eine Berufungskommission für die Nachfolge auf seiner Planstelle eingesetzt, die den Professor für Volkswirtschaftslehre Werner Clement zum Vorsitzenden gewählt hat1. Sie hat folgenden Besetzungsvorschlag ausgearbeitet2: 1. Hans-Jörg Herber, seit 1986 außerordentlicher Professor für „Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Schulpädagogik“ an der Universität Salzburg; 2. Karl Hausser, a.o. Professor für Psychologie an der Pädagogischen Hochschule Flensburg (Schleswig-Holstein); 3. Horst Pfeiffle, seit 1987 Universitätsdozent für „Allgemeine Pädagogik“ an der Universität Wien. Über Herber und Pfeiffle ist in diesem Werk bereits berichtet worden3. Karl Hausser wurde am 5. Jänner 1948 in Grafing bei München als Sohn eines Kaufmannes geboren.4 Nach dem Besuch der Volksschule und des Gymnasiums in seinem Geburtsort hat er ab 1968 an der Universität München Psychologie und Pädagogik studiert und 1974 das Diplom mit dem Gesamturteil „sehr gut“ erworben. Nach dem Zivildienst in der sozialpädagogischen Kinderbetreuung arbeitete er von 1975 bis 1979 als Wissenschaftlicher Assistent und ab 1979 als Akademischer Rat bei Prof. Hans Schiefele5 am Institut für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie der Universität München. 1978 erfolgte die Promotion zum Doktor der Philosophie mit einer Dissertation über „Die Einteilung von Schülern. Theorie und Praxis 3a.
60
Seel 1989, 7.
1
Gemäß UOG 1975, § 26 Abs. 2. – Protokoll der Sitzung vom 8.6.1988, TOP
2
AWU, Präsidium Zl. P/131/88 vom 22. Juni 1989. Zu Herber vgl. Bd. 2, 351f. und Bd. 3, 231–240; zu Pfeiffle Bd. 1, 642f. Nach „Lebenslauf und wissenschaftlicher Werdegang“ von 1997. PAB. Über Schiefele vgl. in diesem Werk Bd. 2, 284ff. und 552.
3 4 5
Allgemeine Pädagogik Kolumnentitel unter Horst Pfeiffle: 1990–2008
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schulischer Differenzierung“, die 1980 als Buch erschienen ist. Sie fußte auf einer „Lehrerbefragung an sechs Schularten über Differenzierungsformen und Differenzierungskriterien in der gegenwärtigen Schulpraxis“. 1984 erwarb Hausser an der Universität München die Lehrbefugnis als Privatdozent für Empirische Pädagogik, Pädagogische Psychologie und Entwicklungspsychologie. Seine Habilitationsschrift über „Identitätsentwicklung“ ist 1988 als Buch veröffentlicht worden. Seit 1989 lehrte er als C3-Professor für Psychologie an der Pädagogischen Hochschule Flensburg. Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Erhard Busek (ÖVP) ist aus unbekannten Gründen von der Reihung abgewichen und hat am 19. Oktober 1989 Pfeiffle berufen6. Er ist mit Wirkung vom 1. Februar 1990 im Alter von 50 Jahren zum ordentlichen Professor für Allgemeine Pädagogik ernannt worden.7 Seine Antrittsvorlesung hat er am 11. Dezember 1990 über „Bildung zwischen mathematischem Kalkül und humanistischem Ideal“ gehalten8. Darin wurde als Leistung der „humanistische(n) Seite … für den Bildungsbegriff“ Folgendes hervorgehoben: „humanistische Reflexionen stützen einen Bildungsbegriff, der vieldeutig ist, der sich nicht nach dem Muster der exakten Wissenschaften wegoperationalisieren läßt und der in der Vieldeutigkeit des Sprachvollzugs eine Situationsoffenheit herstellt, die mit menschlicher Freiheit zu tun hat“9. Im Anschluss an Martin Heidegger wurde „mit der Amplifizierung der These“10 geschlossen, „daß jede Bildung das Moment an sich hat, zugunsten der Zukunft zu wirken, ohne sich die Gegenwart rauben zu lassen“11. Bei seinen Lehrveranstaltungen hat Pfeiffle folgende Themen in Vorlesungen behandelt: „Pädagogische Soziologie“, „Einführung in die 6 BMfWU, GZ 90.958/3-I/A/1/89. AWU, Beilage zum Protokoll der Sitzung des Universitätskollegiums vom 29.11.1989. 7 Biographische Angaben nach Fragebogen von 1999 im PAB; Kürschner 2007, 2732; Nairz-Wirth 2008 und 2010, 231 ff. 8 Teilweise gedruckt in: Der Standard, 8./9.5.1991. „Der Substanz nach sind die Motive meiner Antrittsvorlesung in der ´Zukunft der humanistischen Bildung´ zu finden“. Pfeiffle am 26.4.1999 an Brezinka. PAB. Vgl. Pfeiffle 1991a. 9 Pfeiffle 1991a, 82f. 10 „Amplifikation“: kunstvolle Ausweitung einer Aussage über das zum unmittelbaren Verstehen Nötige hinaus“. Duden, Bd. 1, 1976, 119. 11 Pfeiffle 1991a, 87. So wörtlich auch bei Pfeiffle 1998, 75.
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Erziehungswissenschaft“, „Didaktik und Curriculumtheorie“, „Entwicklung des Denkens“, „Problemgeschichte pädagogischer Modelle“, „Pädagogische Anthropologie“, „Theorie und Methode Jean Piagets“, „Einführung in das pädagogische Denken“, „Modelle humanwissenschaftlichen Denkens“, „Piaget für Pädagogen“ und „Grundbegriffe der Pädagogik“. Ab 1999 wurden Vorlesungen selten und überwiegend nur noch Seminare angeboten. Die Einbeziehung psychologischer Themen mit dem Schwerpunkt Denkpsychologie/Piaget war durch die Wirtschaftspädagogische Studienordnung gerechtfertigt, in der „Allgemeine Pädagogik und Psychologie“ zu einem Fach zusammengefügt und so auch in der Diplomprüfung zu prüfen waren.12 Die Themen der Seminare lauteten: „Entwicklung des moralischen Urteils (Piaget, Kohlberg)“, „Bildung und Erziehung aus der Sicht von Ökonomie und Politik“, „Die Rezeption wissenschaftstheoretischer Kontroversen in der Pädagogik“, „Modelle der Entwicklungspsychologie“, „Die Arbeitslosen von Marienthal“, „Die Entwicklung des Denkens“, „Theorien zur kognitiven Entwicklung“, „Didaktik“, „Lerntheorien“, „Ästhetische Bildung“, „Psychosoziale Entwicklung in der Adoleszenz“, „Kommunikation und Kleingruppen“, „Hermeneutik“, „Bildungstheorie“, „Gegenwartsprobleme der Pädagogik“, „Wissenschaftstheoretische Probleme in der Pädagogik“, „Grundzüge der qualitativen und quantitativen Methoden der empirischen Sozialforschung“. Dazu kamen zeitweise eine „Arbeitsgemeinschaft: Anleitung zum wissenschaftlichen Arbeiten“ (1990/91) und ein „Historisches Seminar mit Exkursion ins Staatsarchiv“ (1994–97) sowie ein „Literaturseminar“ und ein „Privatissimum für DiplomandInnen“.13 Die Menge der Prüfungskandidaten bei der Zweiten Diplomprüfung im Fach „Allgemeine Pädagogik und Psychologie“, die ungefähr einer Lehramtsprüfung entsprach, schwankte zwischen 41 (2005/06) und 123 (1998/99) pro Studienjahr. Insgesamt hat Pfeiffle zwischen den Studienjahren 1990/91 und 2005/06 1.470 Zweite Diplomprüfungen abgenommen. Dazu kamen 1.677 Erste Diplomprüfungen, insgesamt also eine Summe von 3.167 Prüfungen.14
12 BGBl. 1967/Nr. 102, § 6 Abs. 2a und § 9, Abs. 3a. 13 Vorlesungsverzeichnisse der WU ab SS 1990; Liste „Lehrveranstaltungen Prof. Pfeiffle“ 1990–2007, PAB. 14 Liste „Summe der 2. Diplomprüfungen“ und der Gesamtzahl der Prüfungen von Prof. Pfeiffle (2007), PAB.
Allgemeine Pädagogik Kolumnentitel unter Horst Pfeiffle: 1990–2008
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Die Lehrveranstaltungen wie die Prüfungen waren durchwegs auf Studierende der wirtschaftspädagogischen Studienrichtung bezogen, für die Allgemeine Pädagogik als eine Nebensache galt, der nur wenig Arbeitszeit gewidmet werden konnte. Die Verteilung des pädagogischen Lehrangebots auf zwei Institute, die sich nach Größe, Bedeutung für die Studierenden, Arbeitsgebieten und fachlichen Interessen der Lehrenden erheblich unterschieden, hat die gegenseitige Abstimmung erschwert. Aus Sicht der Wirtschaftspädagogiker nahmen „viele erziehungswissenschaftliche Inhalte wenig bis kaum auf eine wirtschaftsberufliche Ausbildungsperspektive Bezug“; andererseits gab es „mehr inhaltliche Überschneidungen als Synergieeffekte“15. Aus Sicht der für Allgemeine Pädagogik zuständigen Fachleute erschien dagegen die enge betriebswirtschaftliche Orientierung der Wirtschaftspädagogiker besorgniserregend. Statt einmütiger Zusammenarbeit überwog argwöhnische Zurückhaltung. Da an der Wirtschaftsuniversität Wien ebensowenig wie an der Universität Linz ein Diplom-Studium der Pädagogik möglich war, hat es in diesem Fach auch an Doktoranden gefehlt. In den 18 Jahren seiner Amtszeit hat Pfeiffle folgende 6 Dissertationen als Betreuer und erster Gutachter angenommen16: Christian Geismayr: Selbsttechnologie und Gemeinschaft (1996); Erna Nairz: Studium und Beruf. Eine Studie zum Einstellungswandel von Wirtschaftspädagoginnen und Wirtschaftspädagogen (1998); Mikael Carl Luciak: Soziale Schicht, Ethnizität und Bildungsbarrieren. Vergleichende Analyse ethnographischer Studien von John U. Ogbu, Paul Willis, Richard Jenkins, Jay Macleod und Signithia Fordham (1999); Elke Debelak: Selbstwertgefühl und die Suche nach Anerkennung. Eine interdisziplinäre Analyse und deren Auswirkung auf Lehrende (2005); Antonius Greiner: Im brunnentiefen Grund der Dinge: Welt und Bildung bei Eugen Fink (2005); Eva Anderwald: Das Bild Österreichs und die Wirtschaftsuniversität im kulturellen Kontext. Eine qualitative Studie (2006).
Für Habilitationen im Fach Pädagogik waren mangels Diplomstudiengang und hinreichend breitem Lehrangebot die Voraussetzungen 15 Aff 2007, 5. 16 Liste von Prof. Pfeiffle (2007), PAB. In der ZfP sind nur folgende drei angeführt: Nairz (45/1999, 453), Luciak (46/2000, 504), Debelak (52/2006, 478). Die Dissertation von Luciak wurde allerdings an der Universität approbiert, nicht an der WUW (Briefliche Mitteilung von Prof. Pfeiffle an den Verfasser vom 22.9.1999).
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ungünstig. Von Pfeiffles Dissertanten hat nur seine langjährige Mitarbeiterin17 und Assistentin Erna Nairz im Jahre 2007 die Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für „Erziehungswissenschaft und Allgemeine Pädagogik“ erworben.18 Pfeiffles eigene Publikationen waren thematisch vielseitig, aber auf pädagogischem Gebiet mengenmäßig gering. Ihre Vielseitigkeit entsprach seinen ungewöhnlich breiten Interessen, die sich auch in seinem Studiengang und Berufsweg zeigten: Studien der Germanistik, Theaterwissenschaft, Kunstgeschichte, Philosophie und Psychologie in Wien, Heidelberg und Frankfurt sowie zweijährige Ausbildung im Seminar für Film und Fernsehen an der Akademie der Bildenden Künste einerseits – andererseits Assistent des Aufsichtsratsvorsitzenden und Ausbildungsleiter eines deutschen Industriebetriebes und nebenberuflich 13 Jahre Lektor am 1. Institut für Mechanik der Wiener Technischen Universität. Einer mit „ausgezeichnet“ beurteilten geschichtsphilosophischen Dissertation (1971)19 folgte 1988 ein Preis der „Internationalen Gesellschaft für Ingenieurpädagogik“ für eine „Vergleichende hochschuldidaktische Studie über Tutorenbetreuung und Frontalunterweisung im Fach Mechanik“ (1979)20. Naturwissenschaftlichtechnische Fragen haben Pfeiffle ebenso interessiert wie künstlerische, mediendidaktische, psychologische und philosophische. Das spiegelt sich auch in seiner Zugehörigkeit zu so verschiedenen wissenschaftlichen Gesellschaften wie der „Internationalen Gesellschaft für Ingenieurpädagogik“, dem „Verein zur Förderung des physikalischen und chemischen Unterrichts“, der „Sigmund Freud-Gesellschaft“, der „Jean Piaget Society for the Study of Knowledge and Development“, der „Philosophy of Education Society of Great Britain“, der „Österreichischen Orient-Gesellschaft“ und der „Österreichischen Gesellschaft für Bildungsforschung“21. Auch die Beherrschung mehrerer Fremdsprachen und häufige Studienreisen ins Ausland haben zum Habitus eines klassisch gebildeten europäischen Weltmannes beigetragen.
17 Vgl. Pfeiffles Dank in Feuchtersleben 2006, 512; ferner Pfeiffle/NairzWirth 2000. 18 Über Nairz vgl. in diesem Buch S. 171ff. 19 AUW, Rigorosenakt 23.858. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 643. 20 Urkunde vom 4.2.1988 und Laudatio. Kopie im PAB. 21 Nach Fragebogen von 1999. PAB.
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Diese vielseitigen Neigungen und Tätigkeiten haben freilich die Konzentration auf ein größeres wissenschaftliches Werk behindert. Zu Büchern ist es nicht gekommen. Zwei kleinere mediendidaktische Schriften bieten „Radiotexte zur Einführung in das humanwissenschaftliche Denken Jean Piagets“ (1978) und „Dramaturgische Aspekte des Fernsehens aus didaktischer Sicht“ (1980). Ein philosophischer Aufsatz „Zur Psychogenese des Apriori. Jean Piagets Kritik an Kant“ (1998) ist 2008 auch in englischer Übersetzung erschienen. Als Beitrag zur empirischen Hochschulforschung hat Pfeiffle eine Langzeitstudie über „Physikalische und mathematische Kenntnisse von naturwissenschaftlich orientierten Studienanfängerinnen und Studienanfängern“ durchgeführt, die sich von 1982 bis 1997 über 15 Jahre erstreckt hat. Sie fußte auf Wissenstests an repräsentativen Populationen von Studienanfängern der Studienrichtung Maschinenbau an der Technischen Universität Wien. „Die Ergebnisse zeigen eine kontinuierliche Verschlechterung der Eingangsvoraussetzungen der untersuchten Gruppen“.22 Auf pädagogischem Gebiet hat Pfeiffle seinen Arbeitsschwerpunkt in der Historischen Pädagogik gehabt. Hier ragt seine Bearbeitung des Bandes „Pädagogische und politische Schriften und Reden“ von Ernst Freiherr von Feuchtersleben hervor, der 2006 in der Kritischen Ausgabe sämtlicher Werke durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften erschienen ist. Auf 250 Seiten hat Pfeiffle so gründliche Erläuterungen und Kommentare geliefert, dass er seither als ein Experte der österreichischen Bildungsgeschichte des 19. Jahrhunderts gilt23. Zu diesem Arbeitsfeld gehört auch ein Aufsatz über „Johann Friedrich Herbart, Ernst von Feuchtersleben, Robert Zimmermann und das österreichische Bildungswesen“ (1995)24. Von 1993 bis 1997 war Pfeiffle Mitglied der „Kommission für Philosophie und Pädagogik“ der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Bildungshistorische Studien hat Pfeiffle auch zur österreichischen Schulpolitik der Ersten und Zweiten Republik veröffentlicht. Dazu gehören Aufsätze über „Otto Glöckel und die Organisation des Bil-
22 23 24
Pfeiffle/Nairz-Wirth 2000, 176. Feuchtersleben 2006, 261–512. Über Zimmermann (1824–1898) vgl. in diesem Werk Bd. 1, 270f.
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dungswesens“ (1986)25 und „Österreichische Bildungspolitik unter Ernst Fischer und Felix Hurdes“ (1998)26. Demgegenüber ist sein amtliches Lehrfach Allgemeine Pädagogik durch Pfeiffle publizistisch nicht bereichert worden. Beiträge zu führenden pädagogischen Zeitschriften sind ausgeblieben. In der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist er bis einschließlich 2008 nie zitiert worden. Einschlägig sind nur drei Essays zur Philosophie der Bildung auf hohem Abstraktionsniveau mit geringem Bezug zur Realität von Erziehung und Unterricht. Der älteste Text „Was sagt Heideggers Denken der Pädagogik?“ (1976) oder „Was kann die Pädagogik von Heidegger lernen?“ bietet nicht mehr als die Mitteilung, dass „der Denkversuch Heideggers zu einer differenzierten Sicht des Menschen im Hinblick auf seine zeitliche Verfassung anzuleiten vermag. Gelingt dies, so wird der Erzieher zur Wachheit gegenüber Bildungslosigkeit und Situationsblindheit geführt, und er wird dann seine Aufgabe in der ständigen Überwindung von Bildungslosigkeit und Situationsblindheit sehen“.27 Auch der zweite Essay über „Die Zukunft der humanistischen Bildung“ von 1991 mündet in Heideggers Lehre von der „Zeit als Medium des Nacheinanders“ und schließt mit folgenden Sätzen: „Das Dasein ist seine Vergangenheit nach der Seinsart des Gewesenen. Um dies zu erfassen, ist es notwendig, die Vergangenheit in einem Zurückkommen aus der Zukunft sehen zu lernen, damit der ursprüngliche Schwung der Zeitlichkeit gesichert bleibt. Das Dasein, das sein ,Sein-Werden‘ schon ist, ermöglicht erst sein Gewesen-Sein. Unter der Voraussetzung, daß Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft des Daseins zusammengehören, muß das Dasein selbst seine unmittelbare Gegenwart transzendieren, um seine Vergangenheit aufgrund seiner Zukunft wieder aufzunehmen. Jede Art von Bildung unterliegt dieser Zeitstruktur.“28 25 Glöckel (1874–1935) war in der Ersten Republik der führende sozialdemokratische Schulreformer. Kurzbiographie: Bruckmüller 2001, 156; ausführlicher Engelbrecht 5, 1988, 65ff. 26 Gestützt auf deren Nachlässe im Wiener Institut für Zeitgeschichte. Fischer (1899–1972) war als Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) 1945 Staatssekretär für Volksaufklärung, Unterricht, Erziehung und Kultur; Hurdes (1901–1974) Mitbegründer der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und vom 20.12.1945 bis 23.1.1952 Bundesminister für Unterricht. Kurzbiographien bei Bruckmüller 2001, 124 und 221. 27 Pfeiffle 1976, 259. 28 Pfeiffle 1991, 91.
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Auch der dritte Essay „Zur Vieldeutigkeit des Bildungsbegriffs“ von 1998 argumentiert „von einer hermeneutischen Position aus“29, ohne Klarheit zu bringen. Schon der Titel verwirrt durch die Verwechslung von Wort und Begriff: nicht der Begriff, sondern das Wort „Bildung“ ist vieldeutig und deshalb gibt es viele Begriffe (d.h. Bedeutungen) von „Bildung“. Statt seinen Bildungsbegriff zu erläutern, begnügte sich Pfeiffle damit, das ebenso vieldeutige Wort „Formierung“ einzuführen. Dabei erfährt man zum Begriffsinhalt nicht mehr als Folgendes: „Prozeß und Ergebnis der Bildung sind aus der Sicht der Hermeneutik nicht psychotechnisch herstellbar. Alles ist auf den inneren Vorgang der Formierung abgestimmt. (…) Bildung bleibt in ständiger Fort- und Weiterbildung lebendig …“30. Dieser Mangel an begrifflicher Klarheit, an erziehungstheoretischem Informationsgehalt und Realitätsbezug, kurz: an wissenschaftlicher Selbstkritik auf dem Kerngebiet seines Faches ist schwer verständlich, weil Pfeiffle sich auf anderen Gebieten als scharfer Kritiker verschwommener Gedanken und Texte verdient gemacht hat. So hat er zum Beispiel 1977 in einem Artikel : „Zur Logik des Planens“ die bildungspolitischen Vorstellungen der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) in ihrem Plan „Lebensqualität 4: Bildung“31 treffend kritisiert als „zu undiszipliniert und weitschweifig“ in der Diktion, „zu diffus in der Verwendung von Begriffen“ und zu „gering konkretisiert“32. Er hat „die Wucherungen von Gemeinplätzen“ und die „Unangemessenheit der vorgeschlagenen Maßnahmen“ gerügt. Der ÖVP-Bildungsplan habe „den paradoxen Status programmatischer Unverbindlichkeit“.33 Zu diesen sprachkritischen Texten gehören aus späterer Zeit auch sarkastische Kommentare zu neuen Modeworten der Betriebswirtschaft wie „Entrepreneurship“ und „Wissensmanagement“.34 Angesichts seiner über die Pädagogik hinausgehenden Interessen hat Pfeiffle ab 1992/93 durch Lehraufträge sowohl sein pädagogisches Lehrangebot zu ergänzen gesucht als auch Kulturtheorie und Kulturgeschichte mit den Schwerpunkten Kunst, Medien, Politik und Bildung in seinem Institut zu beheimaten. Letzteres entsprach seinem
29 30 31 32 33 34
Pfeiffle 1998, 69. Ebenda, 70. ÖVP o.J. Pfeiffle 1977, 481, 484. Ebenda, 492f. Pfeiffle 2006.
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Wunsch, einen „Beitrag zur Horizonterweiterung“ zu leisten „für die nicht geringe Anzahl von Studierenden, die ihre Studienberechtigung über eine beruflich orientierte Matura erworben haben“35. Für die Pädagogik hat er zwischen 1993 und 2009 den Soziologen Klaus Feldmann vom Institut für Soziologie und Sozialpsychologie der Universität Hannover gewonnen.36 Dieser hat regelmäßig – teils als Lehrbeauftragter, teils als Gastprofessor – in Blockveranstaltungen folgende Themen behandelt: „Aspekte ökologischer Bildung“, „Einführung in die Erziehungswissenschaft“, „Erziehung und Gesellschaft“, „Sozialwissenschaftliche Grundlagen der Pädagogik“. Dazu kamen „Seminar(e) aus Allgemeiner Pädagogik“ ohne genauere Angaben. Klaus Feldmann ist am 7. Mai 1939 in Wien geboren worden. Er hat nach dem Besuch des Bundesgymnasiums Wien IX von 1957 bis 1959 zunächst an der Hochschule für Welthandel Wirtschaftswissenschaft studiert. Dann ist er zum Studium der Philosophie, Theaterwissenschaft, Germanistik, Kunstgeschichte und Psychologie an die Universität Wien gewechselt und hat dort am 5. Mai 1966 das philosophische Doktorat erworben. In seiner bei Erich Heintel angefertigten Dissertation hat er folgendes Thema behandelt: „Gedanken zur Geschichte des Bewußtseins. Versuch einer systematischen Entwicklung an Hand von Beispielen aus der philosophischen Tradition“37. Sie enthält eine kritische Auseinandersetzung mit Georg Wilhelm Friedrich Hegels „Phänomenologie des Geistes“ (1807) und dem Hegelianismus. Von 1966 bis 1968 folgte ein nachuniversitäres Aufbaustudium der Soziologie am Institut für Höhere Studien38 in Wien. Anschließend arbeitete er als Lehrbeauftragter für Wissenschaftstheorie an der Pädagogischen Hochschule Vechta (Niedersachsen) und für Methoden empirischer Sozialforschung an der Technischen Universität Hannover. Von 1971 bis 1980 war er Dozent für Soziologie an der Pädagogischen Hochschule Niedersachsen, Abteilung Hannover. Nach deren Eingliederung in die Universität Hannover (1978) wurde Feldmann dort 1980 zum Professor für Soziologie ernannt. Seit 2004 lebt er im Ruhestand.
35 Pfeiffle 2000. 36 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 821; Lebenslauf und Schriftenverzeichnis vom September 2009, PAB. 37 GVH 1984, 5, 364. 38 Zu dieser 1963 von Paul Lazarsfeld (1901–1976) und Oskar Morgenstern (1902–1977) gegründeten Forschungseinrichtung vgl. Österreich Lexikon 1995, 556.
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Publizistisch ist er durch folgende Bücher hervorgetreten: „Sterben und Tod“ (1997), „Soziologie kompakt“ (2001), „Tod und Gesellschaft“ (2004) und „Erziehungswissenschaft im Aufbruch. Eine Einführung“ (2005). Das zuletzt genannte Buch hat Feldmann als Lehrbuch verstanden. Deswegen geht man kaum fehl, aus ihm auf Inhalte und Qualität seiner Lehrveranstaltungen an Pfeiffles Institut zu schließen. Er wollte darin „Theorie, Empirie und Normativität fokussiert auf Erziehung“ bieten39. Tatsächlich wurden ganz „verschiedene Themenbereiche und Kategorien bunt zusammengewürfelt und ohne irgendeinen Bezug aneinander gereiht“. Es herrscht „ein wildes Durcheinander an Themen. Eine Hierarchie der Gliederung oder eine intendierte Strukturierung lassen sich nur erahnen“. „Um die Erziehungswissenschaft geht es in der Regel nicht“, sondern vorwiegend „darum, was im Bereich der institutionalisierten Bildung und Erziehung dem Autor zufolge alles falsch gemacht wird“. Dabei kommt es zu vielen „sachlich falschen, irreführenden oder einfach nur plump zusammengeschriebenen Ausführungen“40. Es fehlt an klaren Begriffen, verständlicher Darstellung und ausgewogener Argumentation. Hauptthema ist die kritiklose Werbung für Gesamtschulen und die Verlästerung des mehrgliedrigen Schulsystems, insbesondere der Gymnasien als Reproduktionsstätten der „privilegierten Gruppen“, zu denen Feldmann „die herrschenden Formationen, das Bürgertum, die Mittelschicht, die Akademiker, die Besitzer attraktiver Arbeitsplätze etc.“ zählt41. Seine „aus Bausteinen verschiedener Theorie-, Empirie- und sonstiger Kulturgebäude“ bestehende „Erziehungswissenschaft“42 ist so oberflächlich, konfus und einseitig, dass sie trotz des angehäuften Materials (18 Seiten Literaturverzeichnis) von solider Aufklärung über ihren Gegenstand weit entfernt bleibt. Statt eines Ausgleichs der erziehungswissenschaftlichen Defizite des Instituts scheint durch den Lehrauftrag für Feldmann ihre Zunahme eher begünstigt worden zu sein. Als zweiter Gastprofessor ist ab 2004 der seit 1999 pensionierte Dozent der Universität Wien Nikolaus Severinski gewonnen worden.43
39 40 41 42 43
Feldmann 2005, 11. Rothland 2007, 117ff. Feldmann 2005, 74, 188ff. Ebenda, 11. Erstmals im Vorlesungsverzeichnis der WUW, SS 2004, 787.
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Über ihn ist in diesem Werk bereits berichtet worden44. Er hat sich als historisch versierter Schultheoretiker Ansehen erworben. Im Bereich der Kulturgeschichte und Kulturtheorie war seit 1992 der Historiker Hubert Christian Ehalt als ständiger Lehrbeauftragter tätig45. Geboren am 18. Mai 1949 hat er an der Wiener Universität 1978 das Doktorat der Philosophie erworben auf Grund einer Dissertation über „Ausdrucksformen absolutistischer Herrschaft, dargestellt vor allem am Beispiel des Wiener Hofes unter Leopold I., Josef I. und Karl VI.“. Sie ist 1980 gedruckt erschienen. Nach Assistententätigkeit an den Universitäten Wien und Freiburg ist er 1984 in die kulturpolitische Schlüsselstellung des Wissenschaftsreferenten der sozialdemokratisch regierten Stadt Wien berufen worden. Daneben hat er auch als Leiter des Ludwig Boltzmann-Instituts für historische Anthropologie und als Universitätslektor am Institut für Humanbiologie sowie am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien gearbeitet46. An der Wirtschaftsuniversität Wien hat er in Pfeiffles Institut für Allgemeine Pädagogik Arbeitsgemeinschaften zu folgenden Themen angeboten: „Umgang mit Kultur zwischen Wahrheitsanspruch und Macht, zwischen Alltag und Museum“, „Kultur und Medien: Gesellschafts-, Kunst- und Medienwandel von der ,Venus von Milo‘ bis zur ,Madonna‘“, „Umgang mit Kultur von der Aufklärung bis zur Postmoderne“, „Kunst, Politik und Bildung. Aspekte eines sich wandelnden Verhältnisses“, „Kunst, Kultur und Bildung. Traditionen, Brüche und Perspektiven am Ende des 20. Jahrhunderts“, „Kunst und Kultur: Bildung, Aufklärung, Lebensentwurf und Lebensgestaltung“47. Zeitweise hat es am Institut neben Feldmann, Severinski und Ehalt als den wissenschaftlich profiliertesten Personen noch bis zu sechs weitere Lehrbeauftragte (oder Universitätslektoren) gegeben.48 Unter Pfeiffle ist der Name des von ihm geleiteten „Instituts für Allgemeine Pädagogik“ zweimal geändert worden: 2003 in „Institut für Allgemeine Pädagogik und Philosophie“49 und 2005 in „Institut für Bil 44 Vgl. Bd. 1, 640ff. 45 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 709f; GVH 1984, 5, 72. 46 Personalstand der Universität Wien für das Studienjahr 1998/99, 293 und 235. 47 Vorlesungsverzeichnisse der WUW, WS 1992/93, 193 bis SS 2004, 444. 48 Im SS 1994: 6 (insgesamt 8); SS 1995: 5 (insgesamt 7). Danach Rückgang auf 2 (Ehalt, Feldmann) im WS 2003/04 und SS 2004. 49 Erstmals so im ÖAK 2002/2003, 1144; WUW, elektronisches Vorlesungsverzeichnis WS 2003/04, Institutsliste.
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dungswissenschaft und Philosophie“ im neu geschaffenen „Department für Sozialwissenschaften“50. Ende September 2008 ist Pfeiffle emeritiert worden51. Seine Professur ist eingezogen und das „Institut für Bildungswissenschaft und Philosophie“ nach Bericht im Senat und Zustimmung des Rektorats gemäß § 17 Abs. 1 der Satzung „per 31.10.2008 aufgelöst worden“52. Zugleich ist im „Department für Management“ am „Institut für Wirtschaftspädagogik“ eine „Abteilung für Bildungswissenschaft (Education Sciences)“ eingerichtet worden und Pfeiffles ehemalige Mitarbeiterin Erna Nairz-Wirth53 zur Abteilungsleiterin bestellt worden54. Damit endete auch die Zuordnung der Allgemeinen Pädagogik (bzw. „Bildungswissenschaft“) zum „Department für Sozialwissenschaften“. Ihr spärlicher Rest gehört seither zu den betriebswirtschaftlichen Departments, die organisatorisch in einem „Konvent der betriebswirtschaftlichen Departments“ zusammengeschlossen sind55. Damit ist nach 40 Jahren getrennter Entwicklung der Zusammenschluss der Institute für Allgemeine Pädagogik und Wirtschaftspädagogik vollzogen worden – allerdings um den Preis ihrer Übereignung an die Betriebswirtschaftslehre.
9. DAS INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSPÄDAGOGIK UNTER JOSEF KARL AFF SEIT 2005 Für die Nachfolge von Wilfried Schneider auf der Professur für „Wirtschaftspädagogik einschließlich der Didaktik der wirtschaftswissenschaftlichen Fächer“ hat die Berufungskommission1 folgenden Besetzungsvorschlag erstellt: 1. Georg Neuweg, seit 1998 Universitätsdozent für Berufs- und Wirtschaftspädagogik an der Universität Linz;
50 WUW, elektronisches Vorlesungsverzeichnis WS 2005/06; im ÖAK so erstmals in der Ausgabe 2006/2007, 1228. 51 Nairz-Wirth 2010, 233f. 52 Mitteilungsblatt der WUW, Studienjahr 2008/2009, Nr. 45. 53 Über Nairz vgl. in diesem Buch S. 172ff. 54 Mitteilungsblatt der WUW, Studienjahr 2008/2009, Nr. 76. 55 Organisationsplan der WUW von 2008. Ebenda, Nr. 83, Anlage 1.
1
Gemäß UG 2002, § 98.
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2. Hugo Kremer, seit 2002 Professor für Wirtschaftspädagogik (C 3) an der Universität Konstanz; 3. Josef Karl Aff, seit 2002 Professor für Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung an der Universität Erlangen-Nürnberg. Über Neuweg ist in diesem Werk bereits berichtet worden2. H. Hugo Kremer3 wurde am 2. Juni 1965 in Bergisch-Gladbach bei Köln geboren. Er besuchte nach der Katholischen Grundschule Wipperfeld zunächst die Städtische Realschule Wipperfürth und ab 1981 das dortige St. Angela-Gymnasium bis zum Erwerb der Hochschulreife im Jahre 1984. Anschließend erfolgte bis 1987 die Ausbildung zum Industriekaufmann bei der Bergischen Licht-, Kraft- und Wasserwerke GmbH in Bergisch-Gladbach. Von 1986 bis 1989 betrieb er nebenberuflich ein Teilzeitstudium der Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität Hagen und schloss es mit dem Vordiplom ab. 1987/88 erfüllte er seine Wehrpflicht bei der Deutschen Bundeswehr in Lüneburg. 1988/89 war er im Finanz- und Rechnungswesen berufstätig. Von 1989 bis 1992 erfolgte das Hauptstudium der Wirtschaftspädagogik an der Universität Köln mit dem Schwerpunkt Finanzierung und Industriebetriebslehre bis zur Graduierung als Diplom-Handelslehrer. Von 1992 bis 1995 arbeitete er am Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk und 1995/96 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialpädagogik der Universität Köln. Daneben erfolgte ein Promotionsstudium, das 1997 mit der Promotion zum Dr. rerum politicarum abgeschlossen wurde. Die Dissertation war folgendem Thema gewidmet: „Medienentwicklung. Theoretische Modellierung und fachdidaktisch ausgerichtete Anwendung“. Sie ist 1997 als Buch veröffentlicht worden. Von 1997 bis 2001 war Kremer Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Wirtschafts- und Sozialpädagogik der Universität München, von 2001 bis 2002 an der Forschungs- und Lehreinheit Wirtschaftspädagogik der Universität Paderborn (Westfalen). Dort ist im Juli 2002 die Habilitation für das Fach Wirtschaftspädagogik erfolgt. Die Habilitationsschrift hatte folgenden Titel: „Implementation didaktischer Theorie – Innovationen gestalten. Annäherungen an eine theoretische Grundlegung im Kontext der Einführung lernfeldstrukturierter Curri cula“. Im August 2002 wurde er auf die Professur für Wirtschaftspäd ner
Bd. 3, 2008, 589–595. Biographische Angaben nach „Curriculum Vitae“ von 2009, PAB; Kürsch2007, 1954.
2 3
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agogik an der Universität Konstanz berufen. Dort hat er in seinen Lehrveranstaltungen unter anderem folgende Themen behandelt: „Gestaltung komplexer Lehr-Lernarrangements“, „Professionalität von Lehrkräften“, „Grundlagen der Berufs- und Wirtschaftspädagogik“, „Innovationsmanagement in Bildungsorganisationen“, „E-Learning in der beruflichen Bildung“4. Da nach gescheiterten Berufungen von Neuweg und Kremer letztlich Aff die Professur erhalten hat, ist es angebracht, ihn schon hier ausführlich vorzustellen. Josef Karl Aff wurde am 11. Juni 1950 als Sohn eines Gendarmeriebeamten in Mautern an der Donau (Bezirk Krems) geboren5. Er hat in Krems die Bundesrealschule besucht und 1968 das Reifezeugnis erworben. Von 1968 bis 1972 hat er an der Hochschule für Welthandel zunächst Betriebswirtschaft studiert und 1972 mit einer Diplomarbeit über „Die Technik der Kurssicherung der Geschäftsbanken und Interventionspolitik der Österreichischen Nationalbank in den letzten Monaten 1971“ abgeschlossen. 1974/75 folgte ein Ergänzungsstudium der Wirtschaftspädagogik. Nach einer halbjährigen Unterrichtstätigkeit an der Handelsakademie in Laa an der Thaya arbeitete er 11 Monate als Entwicklungshelfer in Niger (Westafrika), wo er auch betriebswirtschaftlichen Unterricht in französischer Sprache zu erteilen hatte. Nach der Rückkehr war er von 1976 bis 1988 Lehrer an der Bundeshandelsschule und –akademie in Retz (Nieder österreich) an der Grenze zur Tschechoslowakei. Nebenberuflich hat er an der Wirtschaftsuniversität Wien ein Doktoratsstudium der Wirtschaftspädagogik durchgeführt, das am 3. Juni 1979 mit der Promotion zum Doktor der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen wurde. Affs Dissertation hatte folgenden Titel: „Politische Erwachsenenbildung und Politische Aktion. Gedanken zu einem institutionellen bzw. außerinstitutionellen Ansatz alternativer politischer Erwachsenenbildung. Darstellung eines Transferversuches der Paulo Freire-Methode in einer peripheren Region Österreichs (Nördliches Waldviertel).“ Sie hatte einen Umfang von 290 Seiten Text sowie 59 Seiten Beilagen und ist ungedruckt geblieben. Erster Begutachter war Wilfried Schneider, zwei4 Universität Konstanz: Personal- und Vorlesungsverzeichnis, SS 2003, 166f.; WS 2003/2004, 370, 375, 380. 5 Nach www.wu-wien.ac.at/wipaed/mitarbeiter, 17.4.2008. Dort auch „Interview mit Prof. Aff in Köln“ im WS 2000/2001. – GVH, Bd. 1, 1984, 62. – Handbuch der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, 1978.
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ter der Professor für Organisation und Unternehmensführung Michael Hofmann. Es handelte sich um „eine theoretische Arbeit über das Dilemma der politischen Erwachsenenbildung in Österreich“ mit dem praktischen Ziel, „einen Schritt in Richtung konkreter Utopie (zu) vollziehen“ (Vorwort). Aff warb für eine „alternative politische Erwachsenenbildung“, die „emanzipatorisch“, „systemtranszendierend“ und „realitätsverändernd“ „im Sinne einer politischen Aktionsbildung“ sein soll6. Wissenschaftstheoretisch beruhte sie auf „dem Denkansatz der Dialektik“7 und der sogenannten „kritischen Theorie“8 des Neomarxismus. Methodologisch hat er sich für die „pädagogische Handlungsforschung“ auf der Grundlage der soziologischen „Aktionsforschung“ (action research) entschieden9. „Sie fordert eine parteiliche Haltung des Forschers, ein Engagement für die Mündigkeit und Emanzipation der Betroffenen, indem diesen Partizipationsrechte im Forschungsprozeß eingeräumt werden“10. Inhaltlich hat Aff seine „Reflexionen“11 mit einer kritischen Analyse der „österreichischen Gesellschaft“ vom „basisdemokratischen“ Standpunkt aus begonnen12. Sie leide unter totaler „Entfremdung“ in allen Lebensbereichen, „sozialer Angst“, Konformität, Privatismus, Ohnmacht, Apathie, Zufriedenheit und Entpolitisierung. So pauschal negativ konnte nur jemand urteilen, der von utopischen Idealvorstellungen ausging. Als normative Leitideen der von ihm angestrebten „alternativen Gesellschaft“ hat er „Demokratisierung“, „Mitbestimmung“ und „Selbstbestimmung“ genannt.13 Im II. Abschnitt über „Politische Erwachsenenbildung in der Dritten Welt“ wurden die politisch-pädagogischen Visionen und Methoden des Brasilianers Paulo Freire (1921–1997)14 referiert, weil sie Aff
6 Aff 1978, 2, 77ff, 60 (Hervorhebung vom Verfasser). 7 Ebenda, 1. 8 Ebenda, 57. 9 Ebenda, 63ff. 10 Ebenda, 67. 11 Ebenda, Vorwort. 12 Ebenda, 5ff. 13 Ebenda, 34ff. 14 Hauptwerk: „Pädagogik der Unterdrückten. Bildung als Praxis der Freiheit“ (deutsch 1973). Kurzbiographie: W. Böhm 2005, 219. Von Tenorth 2003 unter die „Klassiker der Pädagogik“ aufgenommen und dort in seinem „sozialistischen Kontext“ unkritisch dargestellt von Mc Laren/Lissovoy (217–226).
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„theoretisch wie praktisch am erfolgreichsten“ zu sein schienen15. Vorausgesetzt wurde eine „unterdrückte Bevölkerung“ mit einem naiven „mythischen“ Verständnis der „enthumanisierten“ sozialen Wirklichkeit, die sie fälschlich für unabänderlich und ausweglos hält. Durch außerschulische Bildungskurse in dialogischem Stil sollte erreicht werden, dass deren Teilnehmer ein „kritisches Bewußtsein“ der „unterdrückerischen Verhältnisse der Wirklichkeit“ und ihrer Ursachen erwerben, das sie befähigt, ihre Situation und Lebenspraxis zu ändern und „sich selbst ebenso wie ihre Bedrücker zu befreien“.16 Die Unterdrückten müssten „aus ihrer zerstörten Menschlichkeit heraus den Kampf um vollkommeneres Menschsein für beide führen“17. Dieses regional- und sozialschicht-spezifische Programm zur „Befreiung“ und „Humanisierung“ südamerikanischer Unterschichten hat Aff dazu angeregt, es sinngemäß für „politische Aktionsbildung“ als Alternative zur konventionellen Erwachsenenbildung in Österreich zu nutzen18. Dazu wollte er konkret seine Übertragbarkeit auf das Waldviertel durch eigenes kommunalpolitisches Engagement prüfen (VI. Abschnitt). Vorausgeschickt hat er ein 50seitiges Referat über „Politische Erwachsenenbildung in der Curriculumdiskussion“ (III. Abschnitt), um seine Entscheidung für „situationsorientierte offene Curricula“ im Anschluss an Freire zu begründen19. Näher an die österreichischen Verhältnisse führte eine kritische Skizze der Vorherrschaft „affirmativer politischer Bildung“ und „technokratischer Bildungsplanung“ in diesem Land und deren „entpolitisierende“ Folgen (IV. Abschnitt). Im Zentrum stand das von SPÖ und ÖVP gemeinsam getragene burgenländische „Modell der politischen Bildung“, das vom 1971 gegründeten Eisenstädter Verein „Volkshochschule für politische Bildung“ erarbeitet worden war. Es bildete die Grundlage des 1972 eröffneten ersten Seminars zur Ausbildung und Fortbildung von politischen Erwachsenenbildnern, das unter der Parole „Mehr Demokratie“ einem verbindlichen Rahmenlehrplan folgte, „autoritäre Unterrichtsformen“ durch „sozialintegrative“ Techniken ersetzte, Erfolgskontrolle einschloss und ein Zertifikat verlieh. Aff würdigte zwar die emanzipatorischen Ziele dieses Unternehmens, kri
15 16 17 18 19
Aff 1978, 94ff. Freire 1973, 31ff. Freire 1973, 35. Aff 1978, 194ff. Ebenda, 160ff.
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tisierte aber treffend das rationalistisch „deformierte Emanzipationsverständnis“, das konkrete politische Aktionen ausschloss und an der „antidialogischen Position des Bildners“ festhielt.20 Theoretischer Höhepunkt seiner Studie war der V. Abschnitt über „Politische Aktionsbildung als alternative politische Erwachsenenbildung“21. Darin wurde ausgeführt, warum es notwendig sei, „die Dimension der Aktion in das didaktische Konzept einer politischen (emanzipatorischen) Erwachsenenbildung zu integrieren“22. Das Desinteresse von etwa 70 % der Bevölkerung an politischen Fragen lasse sich mit „bloß aufklärerischer Vermittlung kritischer Einsichten“ nicht überwinden. Deshalb müsse auch „die konkrete, bedürfnisorientierte politische Aktion … Gegenstand politischer Bildung sein“23, in der „der Erwachsenenbildner nicht nur als Wissensvermittler, sondern auch als parteilich Handelnder zu fungieren hat“24. Dieses Programm für „Entschulung“ und „Politisierung“ wurde lerntheoretisch zu begründen versucht. Über die Methoden und Schwierigkeiten seiner praktischen Durchführung im konkreten Fall eines Versuches zur politischen Aktivierung apathischer Bürger im wirtschaftlich und sozial benachteiligten niederösterreichischen Grenzland am „Eisernen Vorhang“ zur Tschechoslowakei in den Jahren 1976/77 hat Aff im letzten Abschnitt detailliert und selbstkritisch berichtet. Als Haupthindernis „für basisdemokratisch orientierte Erwachsenenbildungsarbeit“ habe sich „die fast totale Bevormundung des Bürgers durch die politischen Parteien“ erwiesen25. Als Grenze der Paulo Freire-Methode wurde erkannt, dass sie „die Strategieaspekte weitgehend vernachlässigte“.26 Affs eigener Beitrag zur Abhilfe ist über den Gedanken nicht hinausgekommen, „daß aktivierende Methoden zur Bekämpfung eines politischen Analphabetismus zumindest langfristig die Schaffung einer politischen Bewegung“ mit „systemtranszendierenden Ziele(n)“ für eine „basisdemokratisch orientierte Gesellschaft“ erfordern.27
20 21 22 23 24 25 26 27
Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda,
185ff. 194–222. 195. 198. 208. 265f. 267. 269ff. und 275.
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Vom Wintersemester 1982/83 bis zum Sommersemester 1989 war Aff nebenberuflich als Lehrbeauftragter am Institut für Wirtschaftspädagogik der Wirtschaftsuniversität Wien tätig. Die Themen seiner Lehrveranstaltungen lauteten: „Alternative Didaktik der Betriebswirtschaftslehre“28, „Projekte im betriebswirtschaftlichen Unterricht“ und „Didaktik der Volkswirtschaftslehre“. Ab Wintersemester 1989/90 war Aff hauptberuflich als „Bundeslehrer im Hochschuldienst“ mit 10 Wochenstunden Lehrverpflichtung an der Wirtschaftsuniversität tätig29. Daneben hat er von 1987 bis 1995 auch am Institut für Wirtschaftspädagogik und Personalwirtschaft der Universität Innsbruck einen Lehrauftrag ausgeübt. Gemeinsam mit Kögler hat er auch in mehreren Bundesländern Lehrerfortbildungsveranstaltungen über „Projektorientierte“ und „Handlungsorientierte Unterrichtsmethoden in den Kaufmännischen Fächern“, „Kreative Unterrichtsgestaltung“, „Rollenspiele“ usw. durchgeführt. An der Universität Innsbruck war von 1991 bis 1996 Herbert Alt richter als außerordentlicher Professor für „Wirtschaftspädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Schulpädagogik“ tätig30. Er war Spezialist für von Lehrern betriebene Aktionsforschung. Da Aff sich dieser Methode verschrieben hatte, lag es nahe, seine Habilitation für das Fachgebiet „Wirtschaftspädagogik“ in Innsbruck durchzuführen. Dieses Verfahren ist am 28. Juni 1995 mit dem Kolloquium erfolgreich abgeschlossen worden31. Aff war damals 45 Jahre alt. Das Habilitationskolloquium hat er mit einem Vortrag über folgendes Thema eingeleitet: „Beitrag der kritischen Handlungsorientierung zur Entwicklung einer ökonomischen Fachdidaktik unter besonderer Berücksichtigung des österreichischen Schulsystems“32.
28 Erstmals als Arbeitsgemeinschaft gemeinsam mit dem Universitätslektor Magister Gottfried Kögler im WUW-Vorlesungsverzeichnis WS 1982/83, 42. Im Institutsverzeichnis wurden beide erst im WS 1983/84, 85 als Lektoren angeführt. 29 Im WUW-Institutsverzeichnis der SS 1990, 319 als L-1 Professor angeführt. 30 Über Altrichter vgl. in diesem Werk Bd. 3, 561-571, bes. 566f. 31 Bescheid des Dekans der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät vom 5. Oktober 1995. 32 Von Aff zusammengestellte „Unterlage“ im Umfang von 23 Seiten mit sechs „zusammenfassende(n) Überlegungen“ (S. 19/20). PAB. – Kundmachung der Abhaltung des Kolloquiums: Mitteilungsblatt der Universität Innsbruck, Studienjahr 1994/Nr. 373, ausgegeben am 21. Juni 1995, 433.
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Die Habilitationsschrift hatte folgenden Titel: „Elemente einer bikulturellen Wirtschaftspädagogik an kaufmännischen Sekundarschulen. Reformperspektiven auf Basis empirischer Befunde“. Sie umfasste 654 Seiten (395 Text, 159 Anhänge) und ist ungedruckt geblieben. Die Schrift besteht aus zwei Teilen: einem theoretischen und einem empirischen. Der theoretische Teil I hat den Titel „Markierungen einer kritisch handlungsorientierten ökonomischen Fachdidaktik im schulischen Kontext“. Er holt zunächst mit „Reflexionen zum (historischen) Selbstverständnis von Wirtschaftspädagogik“ weit aus und referiert und bewertet dann verschiedene neuere „Konzeptionen“ der Fachdidaktik des Wirtschaftsunterrichtes in der deutschsprachigen Fachliteratur. Zum angekündigten Hauptthema der Schrift, den „Elemente(n) einer bikulturellen Wirtschaftspädagogik“ (S. 30–63), wird jedoch nichts geboten, sondern auf die Erläuterung des Terminus „Bikulturalität“ im Rahmen der Fallstudien des empirischen Teils II verwiesen33. Aus dem theoretischen Teil seiner Studie, die ausdrücklich eine „bikulturelle Wirtschaftspädagogik“ zum Inhalt hat, ist also nichts über jene Merkmale zu erfahren, durch welche sich „bikulturelle“ von sonstiger Wirtschaftspädagogik unterscheidet. Tatsächlich war der theoretische Teil ohne inhaltlichen Bezug zum empirischen Teil und begnügte sich mit einer Darstellung der fachdidaktischen Ansichten des Autors, deren Summe von ihm als „kritischhandlungsorientierte ökonomische Fachdidaktik“ bezeichnet wurde. Die im Titel der Habilitationsschrift genannte „bikulturelle Wirtschaftspädagogik“ existierte nur als hochtönendes Schlagwort, aber nicht als ausgearbeitetes erziehungstheoretisches Satzsystem. Was als „Elemente“ einer solchen ausgegeben wurde34, waren sehr allgemeine Normen, die für jeden Unterricht aufgestellt werden können, also nicht spezifisch für „bikulturellen“ Unterricht sind. Wie allgemein diese Didaktik war, zeigt folgende Angabe über ihren Gegenstand: „Ökonomische Fachdidaktik stellt für den Autor eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin dar, deren Objektbereich primär durch das Spannungsfeld wirtschaftswissenschaftliche Bezugsdisziplinen, Schlüsselqualifikationen und berufliche Basisanforderungen als Elemente einer Berufsbildungsforschung und allgemeiner Didaktik bestimmt wird.“35
33 34 35
Aff 1995, 33. Ebenda, 30ff. Ebenda, 31.
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Ihr erstes Merkmal „kritisch“ betrifft die Bildungsziele und steht bei Aff „für die bildungspolitische Option, Mündigkeit zu fördern“36. Das ist ein vages interpretationsbedürftiges Ideal, das für jede Didaktik gelten kann, also zur Kennzeichnung einer spezifischen Didaktik ungeeignet ist. Etwas konkreter ist gemeint die Orientierung an folgendem Erziehungs(oder Bildungs)ziel: „Befähigung zu einer kritischen Auseinandersetzung mit betriebs- und volkswirtschaftlichen Themen im Sinne einer ,ökonomisch-politischen Alphabetisierung‘“37. Sieht man von der Phrase „Alphabetisierung“38 ab, dann gehört die Befähigung zu „kritischem Denken“39 und zu „selbständigem Urteil“40 zu den allgemeinsten Bildungszielen, gilt also auch für den Wirtschaftsunterricht und legitimiert keine besondere Didaktik. Wie steht es mit dem zweiten Merkmal „handlungsorientiert“? Es betrifft die Methodenlehre, gilt für AFF als „Schlüsselkategorie“ und hat „zentrale Bedeutung“41. Zugleich nennt er aber „Handlung“ kritisch einen „didaktischen ,Zeitgeistterminus‘“, der „sehr unterschiedlich interpretiert wird“42, und beklagt „die oft unklare Handhabung des Begriffs Handlungsorientierung in der scientific community“43. Aff meint damit den „Einbau von Handlungselementen“ – genauer: von „schüleraktivierenden Unterrichtsmethoden“44 – in den Unterricht. Als Beispiele nennt er Gruppenunterricht, „diverse Diskussionsformen“, „Zukunftswerkstätten“, Rollen- und Planspiele, Bürosimulation (Übungsfirma) und als vollkommenste Form den „Projektunterricht“45. Auch diese als Gegenpol zum „lehrerzentrierten“ Frontalunterricht verstandenen Unterrichtsformen gehören zum Methodenvorrat der meisten allgemeinen und besonderen Unterrichtslehren und taugen nicht zur Kennzeichnung einer speziellen Richtung der Wirtschaftsdidaktik. Außerdem vertritt Aff methodisch trotz seines Werbens für
36 Ebenda, 42. 37 Ebenda, 30. 38 Duden, 1, 1976, 110: alphabetisieren: „einen Analphabeten lesen und schreiben lehren“. 39 AHStG 1966, § 1 Abs. 2b über die Ziele der „wissenschaftlichen Berufsvorbildung“. 40 SchOrgG 1962, § 2 über die „Aufgabe der österreichischen Schule“. 41 Aff 1995, 42, 35. 42 Ebenda, 41. 43 Ebenda, 45. 44 Ebenda, 128ff. 45 Ebenda, 48/49.
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„Handlungsorientierung“ ausdrücklich einen „Pluralismus der Unterrichtsformen“ und wollte mit der Betonung „handlungsorientierter Methoden“ nur die einseitige „Dominanz des Frontalunterrichts“ zurückdrängen46. Kurz: die von Aff propagierte „kritisch-handlungsorientierte ökonomische Fachdidaktik“ existiert ebensowenig wie seine „bikulturelle Wirtschaftspädagogik“ als seriöser erziehungstheoretischer Entwurf, sondern erscheint im ersten Teil der Habilitationsschrift nur als wortreiches Sammelsurium unzureichend geklärter und widersprüchlicher Ideen. Lehrreicher und verdienstvoller war der zweite Teil der Habilitationsschrift unter dem Titel „Reformperspektiven auf Basis empirischer Befunde“. Es handelte sich dabei um einen Bericht über den Schulversuch „Bikulturelles Lernen an der Bundeshandelsakademie Retz“. Dieser ist in Zusammenarbeit mit dem Direktor Eduard Strebl hauptsächlich von Aff geplant und im Schuljahr 1991/92 begonnen worden. Aff hat im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst von seinem Dienstposten an der Wirtschaftsuniversität Wien aus fast zwei Jahre lang die „wissenschaftliche Begleitforschung“ geleistet und das Projekt minuziös analysiert und dokumentiert. So ist durch „teilnehmende Beobachtung“ und „beobachtende Teilnahme“ eine informationsreiche Fallstudie über das Unterrichten in einer gemischten Schulklasse von 28 fünfzehn- bis sechzehnjährigen Schülern entstanden, von denen 11 Einheimische mit deutscher Muttersprache und 17 Fahrschüler aus dem Raum Znaim mit tschechischer Muttersprache waren. Verfehlt war allerdings die Bezeichnung „bikulturelles Lernen“, weil „bikulturell“ ungenau und allzu großsprecherisch ist47 für den
46 Ebenda, 52. Dem entspricht im Widerspruch zu Affs eigenem Programm, „handlungsorientierte Methoden in das Zentrum des ökonomischen Fachunterrichts zu rücken“ (Aff 1995, 50), auch sein Anschluss an Rolf Dubs und dessen Eintreten für einen „Methoden-Mix“, „also für die ganze Bandbreite von Lehr- und Lernformen, wobei der Bogen vom fragend-entwickelnden Unterricht bis zur Projektmethode reicht“ (Aff 1995, 21ff.). Über Dubs vgl. Kürschner 2007, 668; Metzger/Seitz/Eberle 2000, 621-642; in diesem Buch S. 929. 47 Vgl. z.B. Aff 1995, 190: „Bikulturalität bedeutet aus der Perspektive einer an Mündigkeit orientierten Erziehung, österreichische SchülerInnen zu befähigen, gegenüber bestimmten Entwicklungen in Tschechien Position zu beziehen (z.B. Atomenergie), und umgekehrt tschechische SchülerInnen zu qualifizieren und zu ermutigen, Tendenzen, Projekte, Institutionen in Österreich kritisch zu beurteilen“.
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einfachen Tatbestand, dass tschechische Schüler in einer sprachlich gemischten österreichischen Schulklasse in deutscher Sprache unterrichtet werden und ihre deutschsprachigen Mitschüler im Fach Tschechisch als Fremdsprache tschechische Gastlehrer haben. Es handelte sich also um einen begrenzt zweisprachigen („bilingualen“) Unterricht48. Außerdem erfuhr man über das reale „Lernen“ der Schüler, seine Probleme und Ergebnisse fast nichts, sondern alles drehte sich um die Organisation des Lehrens, die Erfahrungen und die Probleme der Lehrer. Das ganze Unternehmen „orientiert(e) sich an der bildungspolitischen Zielvorstellung, Schulen eine höhere Autonomie einzuräumen und durch konkrete didaktisch-organisatorische Schritte Erfahrungsfelder für eine fortgesetzte innere Schulreform zu erproben“.49 Der „bikulturelle“ Schulversuch in Retz war also über seinen möglichen lokalen Nutzen für die Beteiligten hinaus und unabhängig vom Spe zialhema „Bikulturalität“ von vornherein als ein Impuls zur Schul reformpolitik gemäß den Affschen Idealen gedacht. Dem entsprachen auch die „verallgemeinernden Überlegungen“ seiner abschließenden Bilanz: „Eine bikulturelle Klasse verdeutlicht – gleichsam mikroskopisch vergrößert – all jene Gestaltungs- und Problemfelder, die auch für ,normale‘ Klassen kaufmännischer höherer Schulen (also für Klassen mit weitgehend österreichischen SchülerInnen) typisch sind“50. „Der Schulversuch verdeutlicht viele Interventionsfelder für innerschulische Reformen“ zwecks „Förderung der ,pädagogischen Unternehmenskultur‘ … der gesamten Schule“, der „Veränderung des Sozialverhaltens der LehrerInnen“ wie „der Organisationsstrukturen“.51 Die Habilitationsschrift hat jedenfalls das reiche schulpraktische wie forschungsmethodische Wissen des Autors ebenso belegt wie sein enormes Engagement als Handelslehrer und Schulreformer. So ist er schon kurz nach seiner Habilitation zu einer Vertretung der Professur für Berufs- und Wirtschaftspädagogik an der Universität Köln eingeladen und dort 1997 zum Professor ernannt worden. Im Jahr 2000 hat er den Albertus-Magnus Preis der Universität zu Köln für ausgezeich 48 Über „bilingualen Unterricht“ vgl. Cillia 1994. 49 Aff 1995, 34. Mit diesem Satz hat Aff den „Begriff kulturelles Lernen“ für „präzisiert“ gehalten! Ebenda, 56. 50 Aff 1995, 291. Ähnlich der Direktor Strebl 1994, 237. 51 Ebenda, 299.
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nete Lehre erhalten. 2002 ist er einem Ruf auf den Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung an der Universität Erlangen-Nürnberg gefolgt. Da Dissertation und Habilitationsschrift nicht als Monographien veröffentlicht worden sind, lagen zur Zeit der Wiener Beratungen an gedruckten Publikationen nur etwa 10 Aufsätze in Sammelwerken und ein Zeitschriftenaufsatz (als Alleinautor) vor52. Ihre Themen lauteten unter anderem: „Handlungsorientierung – Mythos oder (wirtschafts) didaktische Innovation?“ (1993), „Die Wirtschaftsdidaktik im Spiegel unterschiedlicher betriebswirtschaftlicher Ansätze“ (1997), „Überlegungen zur Integration der neuen Lehr-Lern-Kultur in die Hochschuldidaktik des wirtschaftspädagogischen Studiums“ (2000), „Überlegungen zur verstärkten Integration der Wissenschaftsorientierung in das Konzept einer handlungsorientierten Wirtschaftsdidaktik“ (2003)53. Seit dem Universitätsorganisationsgesetz von 1993 hat auch in Österreich nicht mehr das Wissenschaftsministerium, sondern der Rektor der Universität zu entscheiden, „ob und mit welchem der im Berufungsvorschlag enthaltenen Kandidaten Berufungsverhandlungen aufzunehmen sind“54. Dementsprechend hat der seit 2002 amtierende Rektor Christoph Badelt zunächst den erstplatzierten Linzer Dozenten Georg Neuweg berufen. Die Verhandlungen mit ihm sind jedoch erfolglos geblieben55. Als nächster hat der zweitplatzierte Bewerber Hugo Kremer den Ruf erhalten. Dieser hat die Verhandlungen am 28. Juli 2004 eingestellt, die Berufung abgelehnt56 und im gleichen Jahr einen Ruf auf eine Professur für Wirtschaftspädagogik, insbesondere Mediendidaktik und Weiterbildung an der Universität Paderborn angenommen. Daraufhin ist Aff berufen worden und hat sein Amt am 1. März 2005 im Alter von 54 Jahren angetreten. Aff hatte den Vorteil, dass er die Wiener Betriebswirtschaft und das Institut für Wirtschaftspädagogik aus früherer Mitarbeit gut kannte und im Unterschied zu seinen Mitbewerbern Neuweg und Kremer langjährige schulpraktische Erfahrung als Handelsschullehrer besaß.
52 Kurzbeiträge von weniger als 10 Seiten Umfang sind dabei unberücksichtigt geblieben. 53 Vollständige Liste in: WU-FIDES Forschungsdaten Wissenschafterinnen. 54 UOG 1993, § 23 Abs. 6; sinngemäß ebenso UG 2002, § 98 Abs. 11. 55 Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 593. 56 Briefliche Mitteilungen von Kremer an den Verfasser vom 6.5. und 5.6.2009.
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Seine Antrittsvorlesung hat er am 7. Dezember 2005 über folgendes Thema gehalten: „Wirtschaftsberufliche Bildung – quo vadis? Chancen sowie Risken und Grenzen curricular-didaktischer Gestaltungsoptionen in der kaufmännischen (Aus)Bildung“57. Im Bereich der Forschung hat sich Aff auf „Modellversuchsforschung in der Tradition der Handlungsforschung zur Evaluation, Begleitung und Implementation schulischer Innovationen“ konzentriert mit dem Ziel, „begründete Handlungsempfehlungen im Sinne einer Gestaltungsforschung (zu) generieren“. Dazu gehören unter anderem Projekte über „Einführung von Entrepreneurship Education in der Russischen Föderation“ und „E-Learning Plattform für Ein-PersonenUnternehmen“58. Im Bereich der Lehre ist er bemüht, „arbeitsmarktrelevante professionelle Qualifikationen für Berufe, die eine hohe Lehr-Lern-Kompetenz erfordern“, zu fördern und den Studierenden eine „wissenschaftliche Mithörkompetenz“ sowie eine Reflexionskultur über Normen“ zu vermitteln, um sie zu befähigen, „Inhalte ökonomischer Bildung bewußt auszuwählen und zu begründen“59. An Publikationen ist 2005 ein gemeinsam mit Angela Hahn herausgegebener Sammelband über „Entrepreneurship-Erziehung und Begabungsförderung an wirtschaftsberuflichen Vollzeitschulen“ erschienen. Dazu kamen Aufsätze „zum Selbstverständnis der Disziplin“ Wirtschaftspädagogik und zur Ausbildung von Wirtschaftspädagogen an seiner Universität60. Besonders verdienstvoll sind die kritischen Berichte, die Aff laufend in Fachorganen zu den Problemen der wirtschaftsberuflichen Schulen in Österreich und den aktuellen Reformbestrebungen im Zuge der Europäisierung des Bildungswesens veröffentlicht.61 In der „Zeitschrift für Pädagogik“ sind Affs Schriften allerdings bisher noch nie zitiert worden.62 Das ist begreiflich bei einem Autor, der von pädagogischer Literatur jenseits seines Spezialgebietes nur wenig Gebrauch gemacht hat und sein Fach ausdrücklich nicht als
57 WU Wien, Antrittsvorlesung Wirtschaftspädagogik: Powerpoint-Präsentation, Pdf-Datei. 58 WU-FIDES, Forschungsdaten, Wissenschafterinnen (17.4.2008). Vgl. zum Modewort „Entrepreneurship“ kritisch Pfeiffle 2006. 59 WU-FIDES (17.4.2008). 60 Angaben über weitere Aufsätze unter WU-FIDES; Aff 2008 und 2007. 61 Beispielheft u.a. Aff 2007/08. 62 Bezogen auf die Periode zwischen Habilitation (1995) und 2008.
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Teildisziplin der Erziehungswissenschaft versteht, sondern „als eigenständige Integrationswissenschaft“ mit Verankerung in der Betriebswirtschaftslehre63.
10. HABILITATIONEN An der Hochschule für Welthandel, die 1975 den Namen „Wirtschaftsuniversität Wien“ erhalten hat, sind zwischen 1950 und 2008 insgesamt 7 Habilitationen für Pädagogik erfolgt. Davon betrafen 4 das Spezialfach Wirtschaftspädagogik, für das im Jahre 1966 gesetzlich ein Diplomstudium eingeführt worden ist. 3 Habilitationen sind für Pädagogik (bzw. Erziehungswissenschaft) in ihrer ganzen Breite erfolgt, nachdem 1968 eine Lehrkanzel für Allgemeine Pädagogik geschaffen worden war, jedoch wie in Linz1 kein Diplomstudiengang für dieses Fach. 2 dieser 3 Habilitationsbewerber für das Gesamtgebiet der Pädagogik haben ihre Studien bis zum Erwerb des Doktorates an anderen Hochschulen absolviert: Wurzwallner an der Grazer Universität und Posch an der Universität Innsbruck. 10a. Hans Krasensky hat am 17. Februar 1950 im Alter von 46 Jahren die Lehrbefugnis als Privatdozent für „Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung der Wirtschafts- und Betriebspädagogik“ erworben. Über ihn ist bereits berichtet worden2. Zwischen Promotion und Habilitation sind 6 Jahre vergangen. 10b. Wilfried Schneider hat am 13. Juli 1970 im Alter von 34 Jahren die Lehrbefugnis als Hochschuldozent für „Wirtschaftspädagogik einschließlich der Methodik der wirtschaftswissenschaftlichen Fächer“ erworben. Auch über ihn ist schon berichtet worden3. Die Habilitation ist 7 Jahre nach der Promotion erfolgt. 10c. Johann Wurzwallner hat am 29. Juni 1973 im Alter von 45 Jahren die Lehrbefugnis als Hochschuldozent für „Allgemeine Pädago-
63
1 2 3
Aff 2008. Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 575. Vgl. in diesem Buch S. 62ff. Vgl. in diesem Buch S. 98ff.
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gik“ erworben. Über seinen Werdegang an der Universität Graz ist bereits berichtet worden4. Seine Habilitation ist 7 Jahre nach der Promotion erfolgt. Wurzwallner hatte in Graz bei Ferdinand Weinhandl (1896– 1973)5 Pädagogik studiert und 1964 mit einer Dissertation über „Die Problematik und die Probleme der Internatserziehung“ promoviert. 1965 wurde er erster Assistent von Weinhandls Nachfolger Alois Eder. Als dieser 1972 dem Ruf an die Hochschule für Welthandel folgte, war Wurzwallner im Habilitationsstadium. Er hat darum ersucht, das Verfahren unter Beibehaltung seines Grazer Dienstpostens bei Eder an dessen neuem Wirkungsort durchführen zu dürfen. Eder hat dieses Ansuchen unterstützt und das Professorenkollegium hat einen Habilitationsausschuss eingesetzt. Ihm haben neben Eder die Professoren Krasensky, Schneider, der Soziologe Anton Burghardt und als auswärtiges Mitglied Eders Nachfolger an der Grazer Universität Prof. Helmut Seel6 angehört. Die Habilitationsschrift hatte den Titel „Chancengleichheit – Eine reale Utopie“. Sie enthielt im Hauptteil eine umfassende theoretische Darstellung der ideengeschichtlichen Ursprünge des Ideals der Chancengleichheit in der französischen Aufklärung, seiner verschiedenen Bedeutungen in der schulpolitischen Literatur und den Versuch einer realistischen Interpretation und Präzisierung. Mit seiner Kennzeichnung als „reale Utopie“ war gemeint, dass es ein im Ganzen unrealisierbares, aber in Einzelzügen zu verwirklichendes Ideal sei. Definiert wurde es als eine Forderung der Gerechtigkeit, jedem Menschen die Chancen zur Selbstverwirklichung zu bieten. Als moralphilosophische Brücke zur Forderung nach gleichen Bildungschancen diente die These „Verhinderung von Bildung bedeutet Verhinderung der Selbstverwirklichung, also Minderung der menschlichen Daseinsform“. Die Brücke zwischen diesem vagen Ideal und den realen Menschen und ihrer Erziehung hat Wurzwallner mit einem ausführlichen Bericht über empirische Forschungsergebnisse zu Bildsamkeit, Anlagen und Umwelteinflüssen, Intelligenz- und Sprachentwicklung zu schlagen versucht. Dabei hat er den vielfach übersehenen Faktor „Bildungswilligkeit“ als Eigenleistung des Individuums besonders betont. Er-
4 5 6
Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 324ff. Über Weinhandl vgl. Bd. 2, 226–247. Über Seel vgl. Bd. 2, 305–316.
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gänzt wurde dieser theoretisch-systematische Hauptteil durch einen Bericht über eigene empirische Erhebungen an sämtlichen steierischen Mittelschulanfängern des Schuljahres 1958/59 über deren Schulerfolg bis zur Matura und einige Faktoren bildungsmäßiger Benachteiligung als möglichen Ursachen für Misserfolg. Eder und Seel haben in gründlichen Gutachten „die Hauptleistung des Verfassers in der Systematisierung der verschiedenen Ansätze hinsichtlich des Problems der Chancengleichheit“ gesehen7 und die Annahme der Habilitationsschrift empfohlen. Das Habilitationskolloquium mit dem Professorenkollegium wurde einstimmig als befriedigend beurteilt. Für seine Probevorlesung hat Wurzwallner folgende Themen vorgeschlagen: 1. „Gegenstand und Aufgabe einer pädagogischen Soziologie“, 2. „Probleme der empirisch-pädagogischen Forschung“; 3. „Pädagogische Probleme der Leistungsbeurteilung“.8 Gewählt wurde das zweite Thema. Seine Behandlung wurde mehrheitlich als zufriedenstellend bewertet. Damit war das Verfahren erfolgreich abgeschlossen. An der Hochschule für Welthandel hat Wurzwallner seine Lehrbefugnis nie ausgeübt, weil er von vornherein auf eine Umhabilitation an die Grazer Universität abgezielt hat. Sie ist für das Fach „Pädagogik“ am 10. Oktober 1973 problemlos erfolgt und am 27. November 1973 durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung genehmigt worden.9 10d. Am 17. Jänner 1975 hat Peter Posch im Alter von 37 Jahren die Lehrbefugnis als Hochschuldozent für „Allgemeine Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik“ erworben. Seine Habilitation ist 8 Jahre nach der Promotion erfolgt. Peter Posch10 wurde am 3. Jänner 1938 als Sohn eines Handelsangestellten in Lienz (Osttirol) geboren, war katholischer Konfession und hatte eine Schwester. Er hat in Lienz die Volksschule und das Realgymnasium besucht und 1956 das Reifezeugnis erhalten. Von 1956 bis
7 Beratungs- und Beschlussprotokoll der Habilitationskommission vom 10. April 1973. Zehnseitiges Gutachten Eders vom 6.3.1973; fünfseitiges Gutachten Seels undatiert. HfW, Präsidialakten 1973, Habilitation Wurzwallner. 8 Protokoll vom 13. Mai 1973. HfW, Präsidialakten. 9 Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 325. 10 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 2789; Posch 1967, 4; in diesem Werk Band 2, 507f., 566 und 568.
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1963 hat er sich an der Universität Innsbruck dem Lehramtsstudium der Fächer Englisch und Geographie gewidmet. Er hat sich der „Katholischen Hochschuljugend Österreichs“ (KHJÖ) angeschlossen. Das Studienjahr 1959/60 hat er als Fulbright-Stipendiat an der Universität Kansas in Lawrence (USA) verbracht. Dort hat er als „part-time teaching-assistent“ auch Unterricht in deutscher Sprache erteilt. Das Lehramtsstudium wurde im Februar 1963 mit dem Lehramtsprüfungszeugnis abgeschlossen. Noch vor Beendigung seines Lehramtsstudiums hat er sich beim Innsbrucker Professor für Pädagogik Wolfgang Brezinka um die Stelle einer Wissenschaftlichen Hilfskraft beworben und sie am 1. April 1961 angetreten. Vom 1. Oktober 1964 bis 28. Februar 1967 arbeitete er als Assistent am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck. Nach dem Lehramtsstudium hat er ab 1963 nebenberuflich ein Zweitstudium der Erziehungswissenschaft und Psychologie durchgeführt. Es ist am 25. Februar 1967 durch die Promotion zum Doktor der Philosophie mit der Gesamtnote „ausgezeichnet“ in den Rigorosenfächern Pädagogik, Psychologie und Philosophie sowie für die Dissertation abgeschlossen worden. Dieser nahtlose Übergang vom Lehramtsstudium in die erziehungswissenschaftliche Forschung hat für das Probejahr und eine Unterrichtspraxis als Mittelschullehrer keine Zeit gelassen. Poschs Dissertation hatte den Titel „Der Lehrermangel. Ausmaß und Möglichkeiten der Behebung“. Sie ist schon bald nach der Promotion als Buch im Umfang von 241 Seiten erschienen. Ihr Thema stammte aus den Vorschlägen, die Brezinka 1963 im Auftrage des Unterrichtsministeriums zur österreichischen Beteiligung am OECD-Projekt „Planung und Investition auf dem Gebiet des Erziehungswesens“ gemacht hatte11. Posch hat damit in der österreichischen Pädagogik erstmals eine systematische Analyse des Schulwesens und der Lehrerleistung unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgearbeitet. Er hat die Schule als Betrieb dargestellt, die Arbeitsleistung der Lehrer als Produktionsfaktor, die Messung von Aufwand und Ertrag im Schulwesen und die möglichen Methoden der Rationalisierung des Unterrichts. Auf dieser Grundlage sind die Ursachen des 11 Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 528f. – OECD = Organization for Economic Cooperation and Development. 1961 mit Sitz in Paris gegründet, um eine transatlantische Partnerschaft im wirtschaftlichen und politischen Bereich der (seit 1996) 29 Mitgliedsstaaten zu fördern. W. Böhm 2005, 470.
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Lehrermangels und die materiellen und immateriellen Mittel zur Erhöhung der Anziehungskraft des Lehrberufs beschrieben worden. Dabei sind auch die Grundsätze einer optimalen Festsetzung der Lehrergehälter im Sinne eines leistungsgerechten Einkommens aus ökonomischer Sicht behandelt worden. Dank breiter Kenntnis und gründlicher Analyse des internationalen Forschungsstandes, klarer Darstellung und vorsichtigem Abwägen der Argumente ist Posch durch seine Dissertation schon früh als Spezialist für empirische Schulforschung und Bildungsplanung in reformwilligen Kreisen Österreichs bekannt geworden. Zunächst ist er jedoch wie seine Kollegen Rudolf Messner und Helmut Fend12 seinem Lehrer Brezinka nach Deutschland an die 1966 eröffnete Reformuniversität Konstanz13 gefolgt. Dort hat er am 1. März 1967 im Fachbereich Erziehungswissenschaft eine Assistentenstelle übernommen14. Schon bald ist er aber durch das private Wiener „Institut für Bildungs- und Beratungsforschung“ (Institute for Technical Assistance Research)15 zu einem Vortrag eingeladen und als Mitarbeiter gewonnen worden. Dieses Institut stand in enger Verbindung mit der Österreichischen Volkspartei und jungen Reformkräften um Unterrichtsminister Piffl-Perčevič und seinen Nachfolger Alois Mock. Es wurde vom Juristen Dr. Peter Pliem16 geleitet, der als bildungspolitischer Vertrauensmann von Piffl galt und in die Pläne zur Gründung einer „Hochschule für Bildungswissenschaften“ in Klagen 12 Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 568. 13 Vgl. Gründungsausschuss für die Universität Konstanz 1965; Brezinka 1968 und 1968a; Boehm/Müller 1983, 236. 14 Universität Konstanz, Fachbereich Erziehungswissenschaft 1968, 15; Brezinka 1988, 366. 15 Es war „die einzige Bildungsforschungsinstitution außerhalb des staatlichen Bereiches“. BMfU: Bildungsbericht 1965–1969. Wien 1970, 12. Vgl. auch BMfU: Hochschulbericht 1969, 4 und 9. Über die Aktivitäten dieses Instituts, zu dessen „Hauptaufgaben“ ursprünglich „die Durchführung von Forschungsprojekten auf dem Gebiet der technischen Hilfe für Entwicklungsländer“ mit dem Schwerpunkt „Bildungshilfe“ gehörte, vgl. die Sparte „IBB-Intern“ im seit 1969 viermal jährlich erschienenen „IBB-Bulletin“. Hier zitiert aus Heft 1 (1969), 53. 16 Geboren 1927. Kurzbiographie: Who is who in Österreich, 11. Ausgabe 1993, 1187. Er war als ehemaliger Vorsitzender der Hochschülerschaft an der Universität Graz und Vizepräsident der christlich-demokratischen „Union österreichischer Akademiker (Wahlblock)“ mit dem steierischen Politiker Piffl schon vor dessen Ministerschaft politisch verbunden. Zur „Union“ vgl. Österreich Lexikon 1967, 1180f.
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furt eingeweiht war. Posch war für diese Gruppe, zu der er schon in seiner Innsbrucker Zeit durch Diplom-Kaufmann Adalbert Holzer Kontakt hatte17, nicht nur attraktiv, weil seine Dissertation erziehungswissenschaftlich wie schulpolitisch als fortschrittlich galt. Er hatte auch den Vorteil, als engster Innsbrucker Mitarbeiter Brezinkas mit dessen Plänen für ein österreichisches Forschungs- und Ausbildungszentrum für Erziehungswissenschaft18 ebenso vertraut zu sein wie mit den damals viel beachteten Plänen einer neuartigen Forschungs-Universität in Konstanz19. Posch hat nach seiner Bestellung zum Mitglied des Planungs-Teams für die Klagenfurter Hochschule20 Ende August 1968 die Universität Konstanz verlassen21 und ist ab 1. September zunächst als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am „Institut für Bildungs- und Be ratungsforschung (IBB)“ in Wien (Schottenbastei 6) angestellt worden. Die Entlohnung erfolgte aus den Mitteln, die das Bundesministerium für Unterricht für das Projekt Klagenfurt zur Verfügung gestellt hatte. Nach der Berufung von Prof. Schöler an die Hochschule für Welthandel und der Gründung des dortigen „Instituts für Allgemeine Pädagogik“ im März 1969, ist diesem Institut auf Antrag des Rektors vom Unterrichtsministerium „eine zusätzliche Assistentenplanstelle mit bestimmten Aufgaben zugewiesen“ worden22. Sie war für Peter Posch bestimmt, „der mit einer bildungswissenschaftlichen Aufgabe (Klagenfurter Hochschule) betraut werde“.23 Posch hat diesen Dienstposten 17 Vgl. Posch 1967, 120. Holzer galt als Spezialist für programmierten Unterricht und war wie Pliem an der Vorbereitung der Klagenfurter Hochschule beteiligt und seit Juli 1968 neben Drischel, Schöler, Pliem und Posch an Piffls ProjektTeam beteiligt. Drischel 1970, 63. Er war als „Lehrbeauftragter für Rechnerunterstützte Ausbildungssysteme“ an der Linzer Hochschule auch mit Prof. Miloš Lánský verbunden. Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 502. 18 Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 204ff. und die Denkschrift vom 27.11.1963, ebenda 895-901; ferner Bd. 2, 532ff. 19 Vgl. die Publikationen der damaligen Konstanzer Assistenten Posch, Rudolf Messner und Helmut Fend im IBB-Bulletin 1 (1969), Heft 1, 31-46 und Heft 4, 47–62. 20 Vgl. Drischel 1970, 63. 21 Entlassung aus dem Beamtenverhältnis durch Rektor Gerhard Hess vom 12.8.1968 auf Poschs Antrag vom 22.7.1968. PAB. 22 Schöler an Rektor Willy Bouffier der HfW am 25.3.1969. Präsidialakten. 23 HfW, Bericht des Rektors im Protokoll der Sitzung des Professorenkollegiums vom 28.3.1969.
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am 1. Mai 1969 angetreten. Mittels eines Werkvertrages war er außerdem weiterhin am „Institut für Bildungs- und Beratungsforschung“ tätig. Neben der Planung des Klagenfurter Projektes war er damals auch an der Erstellung des ersten österreichischen Hochschulberichtes 1969 des Bundesministeriums für Unterricht beteiligt24. Zu den Arbeiten für Klagenfurt gehörte auch eine Studienreise nach England, um mit englischen Fachleuten ähnliche Vorhaben zu besprechen, die in Sussex und Kent erwogen worden sind25. Als Schöler am 1. Oktober 1970 nach Klagenfurt gewechselt ist, hat Posch sich entschieden, bis nach der Habilitation an der Hochschule für Welthandel zu bleiben, statt ihm als Assistent zu folgen. Dabei hat Skepsis gegenüber Schölers einseitiger Fixierung auf Unterrichtstechnologie mitgespielt, aber auch eine vielversprechend begonnene Zusammenarbeit mit dem im Juli 1970 habilitierten Kollegen Wilfried Schneider vom benachbarten Institut für Wirtschaftspädagogik. Posch hatte damals noch gehofft, seine Habilitation 1971 abschließen zu können26. Nach Schölers Abgang ist die Lehrkanzel für Allgemeine Pädagogik bis zum Dienstantritt seines Nachfolgers Alois Eder am 1. März 1972 unbesetzt geblieben. Poschs Kollege Parisot ist als Assistent von Schöler 1970 mit diesem nach Klagenfurt gegangen27. Am Institut sind als Assistenten nur Posch und Magistra Christl Kratschmer verblieben28. Poschs selbständige Lehrveranstaltungen haben im Sommersemester 1971 mit einem Proseminar über „Grundlagen der Lehrplanung“ begonnen. Es folgten Veranstaltungen über „Grundlagen der Unterrichtsplanung“, „Praktische Unterrichtsplanung“, „Einführung in die Hochschuldidaktik“ und ab Wintersemester 1972/73 in jedem Seme-
24 Vgl. BMfU 1969, 2. Da er „am Gelingen … dieses Berichtes einen besonderen Anteil“ hatte, hat ihm Unterrichtsminister Alois Mock am 5.11.1969 „Dank und Anerkennung der Unterrichtsverwaltung“ ausgesprochen. – Der Hochschulbericht war auf Grund von § 44 des Allgemeinen Hochschulstudiengesetzes vom 15. Juli 1966 (BGBl. Nr. 177) vom Bundesminister für Unterricht dem Nationalrat mindestens in Abständen von drei Jahren vorzulegen. Bei Ermacora 1972, 301f. 25 Studienurlaub vom 6. bis 16. November 1969. AdR 02, Sektion I des BMfU, Personen-Index 1969, Nr. 135.584. 26 Posch am 18.11.1970 an Sektionsrat Otto Drischel. BMfWF I/4, Zl. 132.105. AdR 02. 27 HfW, Personalstand SS 1971, 14. 28 HfW, Personalstand WS 1971/72, 20.
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ster gemeinsam mit Eder eine „Arbeitsgemeinschaft für Hochschul didaktik“ für Assistenten der Hochschule für Welthandel.29 Am 3. Mai 1974 hat Posch die Verleihung der Lehrbefugnis für „Allgemeine Pädagogik unter besonderer Berücksichtigung der Didaktik“ beantragt. Sein „Programm der in Aussicht genommenen Vorlesungen“ lautete: „Theorie und Praxis der Unterrichtsplanung; Einführung in die Hochschuldidaktik; Methodologische Analyse didaktischer Forschungsarbeit; Die Förderung komplexer Lernprozesse im Unterricht; Kognitive und Behaviouristische Theorien der Motivation; Analyse didaktischer Modelle“. Die Habilitationsschrift im Umfang von 301 Seiten war folgendem Thema gewidmet: „Grundlagen der Planung von Lehre und Studium“. Sie ist ungedruckt geblieben. Das Professorenkollegium hat einen dreiköpfigen Habilitationsausschuss eingesetzt, dem die Professoren Alois Eder, Wilfried Schneider und als auswärtiges Mitglied Helmut Seel von der Grazer Universität angehört haben. Die Habilitationsschrift wurde von Eder und Seel begutachtet. Sie enthielt drei relativ wenig verbundene Teile und war als Beitrag zur Hochschuldidaktik gedacht. Aus der Vielzahl der Phänomene und Probleme, die zu diesem Gebiet gehören, hat Posch sich im ersten Teil auf die Konstruktion eines kognitiven lerntheoretischen „Modells“ der Informationsverarbeitung im Anschluss an David P. Ausubels „Psychologie des Unterrichts“30 konzentriert. Auf dieser Basis hat er im zweiten Teil eine „didaktische Theorie“ entworfen, die zu erläutern bemüht war, „daß eine logisch sinnvolle Information nur dann verarbeitet wird und zu einer dauerhaften Veränderung der kognitiven Struktur führt, wenn sie auch ,potentiell‘ und ,aktuell‘ sinnvoll ist. Eine Information ist potentiell sinnvoll, wenn sie auf die kognitive Struktur des Lernenden beziehbar ist, wenn dieser über eine entsprechende Problemstellung verfügt und wenn er über Verarbeitungsstrategien verfügt, durch die die Information zur Reduktion der Problemstellung in der kognitiven Struktur verankert werden kann.“ „Eine Information ist aktuell sinnvoll, wenn sie vom Lernenden nicht nur verarbeitet werden kann, sondern wenn die Verarbeitung auch angestrebt wird, genauer: wenn sie in der Erwartung des Lernenden dazu
29 30
HfW, Vorlesungsverzeichnisse SS 1971, 39 bis WS 1975/76, 64ff. In deutscher Übersetzung 1974.
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beiträgt, daß Abweichungen von hoch bewerteten Strukturen überwunden werden.“31 Die sehr abstrakte und umständliche Formulierung dieser „Theorie“ ließ nicht erkennen, dass es sich dabei weitgehend um psychologisches Allgemeinwissen handelt, das mindestens seit dem Zeitalter der Aufklärung bekannt ist und viel verständlicher ausgedrückt werden kann.32 Von einer auf dieser psychologischen Basis zu „entwickeln“ versprochenen „didaktischen Theorie …, die es ermöglicht, komplexe Verarbeitungsprozesse zu erklären und zu beeinflussen“33, war Poschs Text weit entfernt, weil er rein formal auf höchster Abstraktionsstufe argumentierte. Die verschiedenen Gegenstände des Unterrichts mit ihren besonderen Eigenarten und den diesen entsprechenden psychischen Akten der Erfassung blieben gänzlich unberücksichtigt. Eine abstrakte Lerntheorie, die inhaltlich nicht über die Rede von „Informationen“ im Allgemeinen hinauskommt und den „Primat des Gegenstandes“ ignoriert, ist keine „didaktische Theorie“34. Posch hat mit dieser Studie die von ihm selbst kritisierte „Kluft, die zwischen dem, was die Lernpsychologie zu bieten hat, und dem, was Lehrende und Studierende benötigen“35, nicht überbrückt, sondern ist in einer Variante der Lernpsychologie ohne Differenzierung nach Lerngegenständen, Lehrzielen und Lehrverfahren stecken geblieben. Ähnlich abstrakt und realitätsfern war das „erkenntnisleitende Interesse“, das seine „Vorgangsweise und Argumentation mitbestimmt hat: Allgemeine Zielsetzung der Hochschule sollte es sein, zu einer wohlverstandenen ,Emanzipation‘ des Lernenden und zu einem kontinuierlichen Ausgleich der Interessen an der Hochschule im besonderen und in der Gesellschaft im allgemeinen beizutragen. Eine Voraussetzung dafür besteht darin, daß bereits im Verlauf des Studiums Selbstund Fremdbestimmung in einer dialektischen Beziehung zueinander stehen, in der der Student lernt, Interessen zur Geltung zu bringen und zugleich den Interessenausgleich als (immer nur vorläufige) Konfliktlösung zu betrachten. Es wird demnach als generelle Zielsetzung von Lehre und Studium angesehen, daß die Interessen der Beteiligten –
31 32 33 34 35
Posch 1974, 266ff. Vgl. z.B. Milde (1811) 1965, § 332ff.; Beneke 1836, 57ff. Posch 1974, 266. Vgl. u.a. Meister 1965, 76ff., bes. 83/84. Posch 1974, 24.
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also auch jene der Studenten – so realisiert werden, daß eine möglichst optimale Systemrationalität erreicht wird.“36 Diese Zuordnung einer unterrichtstheoretischen Studie zur hochschulpolitischen Programmatik der Studenten- und Assistentenrevolte von 1968 war sachfremd. Als „allgemeine Zielsetzung der Hochschule“ sollte neben Forschung weiterhin gelten, „durch die Wissenschaft zum Beruf zu bilden“37. Der dritte Teil der Studie über zwei „ausgewählte Modelle von Lehre und Studium“ („offene“ und „geschlossene Systeme“) war zwar interessant, aber ohne näheren Bezug zur Thematik des ersten und zweiten Hauptteiles. Die referierten Studienmodelle erschienen auch beiden Gutachtern „nur von partieller Relevanz“ bzw. „als Exemplifikationen für die gesamte Arbeit wenig leistungsfähig“. Insgesamt stelle die Habilitationsschrift jedoch „einen ernstzunehmenden Beitrag zur aktuellen hochschuldidaktischen Diskussion dar“. Für seine Probevorlesung hat Posch folgende Themen vorgeschlagen: „1. Motivationstheoretische Gesichtspunkte für die Gestaltung von Lehrveranstaltungen; 2. Zur Problematik der Leistungsbeurteilung; 3. Drei lerntheoretische Konzeptionen und ihre Konsequenzen für die Unterrichtsgestaltung.“ Gewählt wurde das zweite Thema. Seine Behandlung wurde einhellig als befriedigend beurteilt. Am 14. Februar 1975 ist der Erwerb der Lehrbefugnis vom Wissenschaftsministerium genehmigt und damit rechtswirksam geworden. Noch im gleichen Jahr ist Posch zum ordentlichen Professor für Lehrplanforschung an der Universität für Bildungswissenschaften in Klagenfurt berufen worden. Die Ernennung ist am 11. Dezember 1975 erfolgt. Nach Ablauf des Wintersemesters 1975/76 hat er die Hochschule für Welthandel verlassen.38 10e. Am 3. Juli 1997 hat Richard Fortmüller im Alter von 41 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Wirtschaftspädagogik einschließlich der Didaktik der Wirtschaftswissenschaften“ erworben. Die Habilitation ist 6 Jahre nach der Promotion erfolgt.
36 37 1895, 38
Posch 1974, 30f. Theobald Ziegler (1846–1918) über die Aufgabe der Universität in Ziegler 177. Zitiert bei Schmidkunz 1907, 69. Über sein Wirken in Klagenfurt vgl. in diesem Buch S. 438ff.
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Fortmüller39 wurde am 28. Februar 1956 als Sohn eines Versicherungsvertreters in Graz geboren. Er war katholischer Konfession und hatte einen Bruder. Nach der Volks- und Hauptschule in Feldbach hat er die dortige Bundeshandelsakademie besucht und am 2. Juni 1976 das Reifezeugnis erworben. Von 1976 bis 1978 hat er an der Universität Graz Betriebswirtschaftslehre studiert. Anschließend hat er sich in Wien an der Wirtschaftsuniversität dem Studium der Wirtschaftspädagogik gewidmet und es am 18. März 1981 mit der Sponsion zum Magister rer.soc.oec. (rerum socialium oeconomicarumque) abgeschlossen. Von 1981 bis 1987 war Fortmüller als halbtägig beschäftigter Vertragsassistent an der Abteilung für Wirtschaftspädagogik der Wirtschaftsuniversität Wien tätig, unterbrochen durch die Ableistung des Zivildienstes bei der Österreichischen Studien- und Beratungsgesellschaft. Im Schuljahr 1982/83 arbeitete er auch als Lehrbeauftragter am Wirtschaftsförderungsinstitut der Kammer der gewerblichen Wirtschaft in Wien für das Fach Wirtschaftsmathematik im Rahmen der Bilanzbuchhalterausbildung. 1983/84 war er Lehrbeauftragter am Interuniversitären Forschungsinstitut für Fernstudien in den Fächern Betriebswirtschaftstheorie, Mikroökonomik, Buchhaltung, Handelsbilanzen und Kostenrechnung. Im Schuljahr 1986/87 arbeitete er als Lehrer mit halber Lehrverpflichtung an der Höheren Bundeslehranstalt für Mode- und Bekleidungstechnik in den kaufmännischen Fächern. Anschließend übernahm er ganztägig den Dienstposten eines Universitätsassistenten an der Abteilung für Wirtschaftspädagogik der WU. Am 14. Dezember 1990 erfolgte die Promotion zum Doktor der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien. Die Dissertation behandelte folgendes Thema: „Der Einfluß des Lernens auf die Bewältigung von Problemen. Eine kognitionspsychologische Analyse des Problembereiches ,Lerntransfer‘“. Sie ist 1991 als Buch im Umfang von 486 Seiten erschienen. Im gleichen Jahr hat Fortmüller auch ein Lehrbuch über „Lernpsychologie. Grundkonzeptionen, Theorien, Forschungsergebnisse“ veröffentlicht. Es bietet eine übersichtliche und kritische Darstellung mit dem Schwerpunkt Kognitionspsychologie und ihre wissenschaftstheoretischen und forschungsmethodischen Grundlagen in der unter Spezialisten üblichen Fachsprache. 39 Biographische Angaben nach Fragebogen vom 20.8.1998, PAB; WU – FIDES, 7.2.2009. Kurzbiographie: Kürschner 2007, 888.
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Eine Verbindung zur erziehungswissenschaftlich-didaktischen Literatur fehlt vollständig. Die Nutzung des referierten lernpsychologischen Wissens für die praktische Theorie des Unterrichts wird nicht einmal versucht. Auch die Habilitationsschrift im Umfang von 370 Seiten geht über allgemeine psychologische Voraussetzungen des Unterrichts wenig hinaus. Sie hat folgenden Titel: „Wissen und Problemlösen. Eine wissenspsychologische Analyse der notwendigen Voraussetzungen für die Bewältigung von (komplexen) Problemen und Konsequenzen für den Unterricht in berufsbildenden Vollzeitschulen“40. Sie ist 1997 auch als Buch erschienen. Inhaltlich wurden mehr als 300 Seiten auf höchster Abstraktionsstufe den theoretischen Grundlagen der „Wissenspsychologie“41 gewidmet und nur 30 Seiten den „Konsequenzen für den Unterricht“. Geboten wurden „modellhafte Beschreibungen“ des „kognitiven Systems“, der „mentalen Repräsentationen“, der „Wissensentwicklung“ und der „Denk- und Problemlöseprozesse“. Pädagogische „Leitidee“ war das Unterrichts- und Lernziel „Problemlösekompetenz“42. Die Überlegungen galten der Fähigkeit zur „,Bewältigung von (komplexen) Problemen‘ … auf einer allgemeinen Ebene, welche das Außerachtlassen fachspezifischer Besonderheiten zuläßt“, wobei sich Fortmüller der „Nicht-Deduzierbarkeit unterrichtsbezogener Aussagen und Gestaltungsvorschläge aus kognitionspsychologischen Überlegungen“ durchaus bewusst war.43 Als grundlegend galt die Unterscheidung zwischen „deklarativem Wissen“ und „prozeduralem Wissen“ oder „verbalem Faktenwissen“ und „Handlungswissen“, das sich auf „Prozeduren“ der Anwendung von Wissen bezieht44. Die für die didaktische Anwendung seiner Überlegungen in beruflichen Schulen „angemessenste Strategie“ hat Fortmüller „in der Entwicklung einer breiten deklarativen Wissensbasis“ gesehen, „ergänzt durch das für die Bewältigung zentraler beruflicher 40 ZfP 44 (1998), 479. 41 Zu diesem neuen Teilgebiet der Kognitionspsychologie vgl. Städler 2003, 1230ff. 42 Fortmüller 1997, 323ff. 43 Ebenda, 325f. (Hervorhebung vom Verfasser). 44 Ebenda, 112ff. und 142ff.; zur Vorgeschichte und zum aktuellen Gebrauch dieser Termini vgl. Städler 2003, 182f.; vgl. auch in diesem Werk Band 3, 591ff. über Georg Neuwegs Nutzung der Wissenspsychologie für eine „am Können orientierte Didaktik“.
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,Standardaufgaben‘ benötigte aufgabentypspezifische deklarative und prozedurale Wissen“.45 Unter Berufung auf die Transferforschung hat er die Formalbildungstheorie als „unhaltbar“ und „die Anwendung des exemplarischen Prinzips“ als ungeeignet für die Bewältigung von mehr als einigen wenigen „Problemtypen“ bewertet, „weil die Transferweite im wesentlichen auf jene Inhaltsbereiche beschränkt ist, die in der Lernsituation be- bzw. erarbeitet werden“46. Diese und andere didaktische Überlegungen Fortmüllers waren realistisch und gut begründet. Sie hätten sich jedoch auch ohne den riesigen theoretischen Aufwand an „wissenspsychologischen“ Voraussetzungen und wichtigtuerischer Terminologie verständlicher und kürzer mitteilen lassen. Als Beispiel sei hier nur zitiert, worüber „die Lernenden im Hinblick auf die Bewältigung konkreter Probleme nach dem Lernprozeß optimalerweise … verfügen sollten“: „problemtypbezogenes deklaratives Zusammenhangswissen zwecks adäquater Erfassung der jeweiligen konkreten Problemsituation; problemtypbezogene ,Planungsprozeduren‘ zwecks Komplexitätsreduktion, Einschränkung des Suchraumes und Auswahl geeigneter Operatoren, sowie in prozeduraler Form mental repräsentierte Operatoren und Methoden zur Ableitung der Konsequenzen von Operatoranwendungen (,Durchführungsprozeduren‘)“47. In Fortmüllers Lehrveranstaltungen48 haben – wie damals weithin üblich – Proseminare und Arbeitsgemeinschaften dominiert. An Vorlesungen wurde in 14 Semestern zwischen 1997 und 2004 nur siebenmal eine einstündige über „Sondergebiete der Wirtschaftspädagogik“ gehalten. In Proseminaren wurden regelmäßig in nahezu jedem Semester wiederkehrend zweistündig „Grundlagen des Lehrverhaltens“ behandelt; fünfmal einstündig „Didaktik der betriebswirtschaftlichen Fächer“; einmal einstündig „Rechnungswesen unter didaktischem Aspekt“ und einmal zweistündig „Anwendungsfälle komplexer Methoden“. Arbeitsgemeinschaften sind sechsmal zweistündig als „Begleitveranstaltung zum Orientierungspraktikum“ gehalten worden. In 13 Se-
45 Fortmüller 1997, 326. 46 Ebenda, 328f. 47 Ebenda, 329. 48 Nach den Vorlesungsverzeichnissen der WUW vom WS 1997/98 bis SS 2004. Da die gedruckten Vorlesungsverzeichnisse der WUW im SS 2004 enden und durch elektronische Ankündigungen ersetzt wurden, die schlecht archiviert sind, müssen hier die Angaben bis 2004 genügen.
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mestern waren zweistündige Arbeitsgemeinschaften dem Thema „Unternehmensspiel und Fallmethode“ gewidmet. Das ist insgesamt eine inhaltlich erstaunlich schmale Lehrbilanz, die nachdenklich macht über den erziehungstheoretischen Gehalt des Faches Wirtschaftspädagogik. Zu den genannten Veranstaltungen kam noch in jedem Semester ein zweistündiges „Literatur- und Forschungsseminar“. Da seine Themen nie angegeben worden sind, können sie hier nicht berücksichtigt werden. Einzige Ausnahme ist ein Seminar im WS 2003/04 über „Methoden der empirischen Sozialforschung“, das gemeinsam mit Bettina Fuhrmann gehalten wurde. Als Betreuer und erster Gutachter hat Fortmüller folgende zwei Dissertationen angenommen49: Isabella Hranek: Accountability im Unterricht. Eine qualitativ-empirische Studie über die Rechenschaftspflicht von Schülern und Lehrern (2004); Rainer Kaiser: Der Unterricht an Notebook-Klassen an österreichischen Handelsakademien. Eine qualitative Studie (2006).
An eigenen Publikationen sind von Fortmüller neben den drei genannten Monographien rund 13 Aufsätze als Allein-Autor und 10 als Ko-Autor in Fachzeitschriften und Sammelwerken erschienen. Behandelt wurden unter anderem folgende Themen50: „Fachbezogenes Lernen durch Unternehmensspiele“ (1993), „Wissenschaftsorientierung und Praxisbezug als komplementäre Prinzipien lernpsychologisch fundierter Lehr-Lern-Arrangements“ (1996), „Die Kontingenz der Emergenz“ (2000), „Informationstechnologie im betriebswirtschaftlichen Unterricht“ (2001), „Lerntransfer mit E-Learning“ (2002), „Bildungsförderung versus Bildungsverlust durch Bildungsstandards“ (2006), „Planspiele als Lern- und Forschungsmethode in der Erwachsenenbildung“ (2006). 10f. Bettina Fuhrmann hat am 27. Juni 2003 im Alter von 30 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für „Wirtschaftspädagogik einschließlich der Didaktik der wirtschaftswissenschaftlichen Fächer“ erworben. Ihre Habilitation ist 5 Jahre nach der Promotion erfolgt. Sie wurde als Bettina Greimel am 15. September 1972 in St. Pölten (Niederösterreich) geboren, war eines von zwei Kindern eines Rechts-
49 50
ZfP 51 (2005), 459. WU: FIDES – RICHARD FORTMÜLLER FORSCHUNG, 7.2.2009.
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pflegers und ist katholischer Konfession.51 Von 1982 bis 1990 hat sie den Neusprachlichen Zweig des Bundesgymnasiums in Krems besucht. Nach der Matura folgte das Studium der Wirtschaftspädagogik an der Wirtschaftsuniversität Wien. Es wurde am 8. Juni 1995 mit der Sponsion zur Magistra der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen. In ihrer Diplomarbeit wurde folgendes Thema behandelt: „Inflation – Ursachen, Auswirkungen und Bekämpfungsmöglichkeiten. Ein Curriculum für den volkswirtschaftlichen Unterricht“ (1994). 1995 hat Professor Schneider sie als Assistentin an der Abteilung für Wirtschaftspädagogik der WU gewonnen52 und beim Doktoratsstudium betreut. Nebenberuflich hat Greimel von 1995 bis 2000 als Vertragslehrerin für kaufmännische Fächer an der Handelsakademie Wien X schulpraktische Erfahrungen gewonnen. Von 2000 bis 2003 hat sie auch als Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft „Wirtschaft und Schule“ für das „Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw)“ gearbeitet. Die Promotion erfolgte am 12. März 1998 auf Grund einer Dissertation über „Übungsfirmen an kaufmännischen berufsbildenden Schulen. Theoretische Konzepte und Evaluation“ im Umfang von 521 Seiten. Sie ist gekürzt im gleichen Jahr als Buch erschienen mit dem Titel „Evaluation österreichischer Übungsfirmen. Eine Studie an berufsbildenden Vollzeitschulen“. Übungsfirmen sind Scheinfirmen, die zu Ausbildungszwecken modellhafte Nachbildung betrieblicher Realität ermöglichen, um ohne persönliches oder wirtschaftliches Risiko die Geschäftsfälle und Arbeitsabläufe eines Unternehmens kennen lernen und aktiv üben oder durchspielen zu können. Unter den Namen „Übungskontor“ oder „Lehrbüro“ waren sie im kaufmännischen Schulwesen seit langem gebräuchlich, um „anhand fiktiver Geschäftsvorfälle und fingierter Aufträge praxisnah und ganzheitlich“ auszubilden53. In Österreich ist der Übungsfirmenunterricht 1994 durch Lehrplanreformen54 im Rahmen des Lehrfaches „Betriebswirtschaftliche Übungen und Projektmanagement“ neu belebt worden. Greimel hat diese 51 Nach Fragebogen und „Lebenslauf“ von 2009, PAB. 52 Erstmals im Vorlesungsverzeichnis der WU, SS 1996, 457. 53 Vgl. Baatz 1973; Hehlmann 1971, 558. 54 BGBl. Nr. 895/1994: Verordnung des BMfU über die Lehrpläne für die Handelsakademie und die Handelsschule, Art. II, 6587f.
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Unterrichtsform gründlich beschrieben und die Meinungen von beteiligten Schülern und Lehrern über ihre Durchführung und deren Probleme und Wirkungen eingeholt. Die sorgfältige Interpretation der eigenen wie fremder empirischer Erhebungsdaten mündete in eine normative Abwägung des Stellenwertes von Übungsfirmen im berufsbildenden Schulwesen nach ihren Stärken und Schwächen, Lernmöglichkeiten und Grenzen. Die Ergebnisse der verschiedenen Untersuchungen erwiesen sich als „höchst widersprüchlich“55, weil „die Qualität der Durchführung der Simulation und der alternativen Unterrichtsformen … wesentlich von den Qualifikationen der Lehrenden abhängt“ und die „Kriterien, anhand derer die Lernwirksamkeit gemessen wurde“, sehr verschieden und unklar waren.56 Die Akzeptanz von Unternehmens-Simulationen war zwar bei den Schülern und überwiegend auch bei ihren Lehrern sehr hoch, aber „der Einsatz von Simulationen erscheint … prinzipiell nicht geeignet, Lernenden von Grund auf eine vollständige, fundierte und gut strukturierte Wissensbasis zu vermitteln“.57 Er kann den systematischen „Theorieunterricht“ über betriebswirtschaftliches Faktenwissen nicht ersetzen, „sondern lediglich sinnvoll ergänzen“58. Mit ihrer kritischen Studie hat Greimel die Didaktik um einige realistische Argumente gegen eine naive Überschätzung von sogenannter „Handlungsorientierung“ im Unterricht bereichert. Ihre Habilitationsschrift wurde nach ihrer Heirat (2002) unter dem Namen Bettina Fuhrmann vorgelegt und war folgendem Thema gewidmet: „Einflußfaktoren auf das Gesamturteil der Lernenden in der Lehrerevaluation. Eine empirische Studie an österreichischen Handelsakademien“.59 Sie ist 2003 im Umfang von 288 Seiten auch als Buch erschienen mit dem Titel „Evaluation von Lehrerinnen und Lehrern. Einflußgrößen auf das Gesamturteil von Lernenden“. Diese Studie fußte auf der Befragung von 2.121 Schülern und 99 Lehrkräften von Handelsakademien in fünf Bundesländern mittels Fragebögen durch die Autorin. Sie war theoretisch umsichtig vorbereitet und methodisch mustergültig durchgeführt. Es ging um die Frage, wie Schüler zu ihren Urteilen über „gute“ oder „schlechte“ Lehrer
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Greimel 1998, 220ff. Ebenda, 224. Ebenda, 226. Ebenda, 220. ZfP 50 (2004), 467.
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kommen und welche Faktoren in welchem Ausmaß dabei eine wesentliche Rolle spielen. Die Hauptprobleme lagen in den Kriterien für „guten Unterricht“ und in der Aussagekraft der individuellen Bewertungen. Wegen der Vielzahl der beteiligten Faktoren und der möglichen Gesichtspunkte habe die bisherige Forschung keine eindeutigen Erkenntnisse gewonnen. Solche seien aber für das „Qualitätsmanagement“ in Schulen „wie generell für die Profession einer Lehrkraft“ von Bedeutung60. Fuhrmann hat ihre Befragung auf das einzige Fach „Rechnungswesen“ und dessen Lehrer in zweiten und vierten Klassen der Handelsakademien beschränkt. Als wichtigstes Ergebnis der Faktorenanalyse hat sich herausgestellt, dass das fachdidaktische Können und die methodischen Maßnahmen zur Vermittlung der Lehrinhalte – zusammengefasst im Faktor „fachorientiertes Lehrverhalten“ – die stärkste direkte Wirkung auf die Gesamtbeurteilung haben. Das fachunabhängige „schülerorientierte Lehrverhalten“ („die sozial-interaktive Komponente des Unterrichtens und die effektive Lehrer-Schüler-Beziehung“) wie das „Klassenmanagement“ des Lehrers „haben nur einen geringen Einfluß auf die Gesamtbeurteilung“.61 Das war an einer berufsbildenden Schule mit hohem Eigeninteresse relativ reifer Schüler am Lernerfolg in einem wenig beliebten, aber notwendigen Fach kaum anders zu erwarten. Der Vorzug des Buches liegt in der starken Differenzierung der berücksichtigten Variablen und ihrer vorsichtigen Gewichtung. Prinzipiell sei die Evaluation der Unterrichtsqualität jedes Lehrers eine unentbehrliche Voraussetzung zur Verbesserung der Schulqualität. Bei „vernünftigem Einsatz“ eines „für die jeweilige Unterrichtsform passenden Evaluationsinstrumentes“ seien auch Schülerurteile „innerhalb einer Reihe weiterer möglicher Datenquellen“ aussagekräftig und brauchbar.62 Seit ihrer Habilitation ist Fuhrmann als Dozentin mit dem Titel einer außerordentlichen Professorin an der Wiener Wirtschaftsuniversität tätig.63 Ihre Lehrveranstaltungen bestanden vorwiegend aus Proseminaren, Seminaren und Arbeitsgemeinschaften zu folgenden The 60 Greimel-Fuhrmann 2003, 15. 61 Ebenda, 257ff. 62 Ebenda, 268ff. 63 Als a.o. Professorin erstmals im WS 2003/04 im Vorlesungsverzeichnis/Personalstand der WU, 669.
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men: „Empirische Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft“, „Ansätze empirischer Schul- und Unterrichtsforschung“ (Vertiefungsgebiet der Wirtschaftspädagogik III), „Workshop Konfliktmanagement“, „Grundlagen des Lehrverhaltens“, „Betriebswirtschaftslehre unter didaktischem Aspekt“, „Computerunterstütztes Rechnungswesen – Übungsfirma“, „Business Communications“, „Workshop Clear Presentations“. Dazu kamen eine Vorlesung über „Soziale Kompetenz“ gemeinsam mit den Professoren Aff und Schneider sowie eine Begleitlehrveranstaltung zum dreiwöchigen Schulpraktikum über „Methoden und Reflexion des Unterrichts“64. Eine Berufung auf eine ordentliche Professur für Wirtschaftspädagogik an der Universität München hat Fuhrmann 2004 abgelehnt, um Ehemann und zwei Kinder nicht zu vernachlässigen.65 Im Wintersemester 2008/09 war sie nebenberuflich als Gastprofessorin am „Institut für Organisation und Lernen“ der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck tätig. In der Forschung hat sie sich neben dem Spezialgebiet „Lehrevaluation“ auch mit Lernstrategien von Schülern und Studenten, „Cooperativem Offenen Lernen (COOL)“ und subjektiven Theorien von Lehrkräften beschäftigt. Daneben hat sie gemeinsam mit Schneider und anderen Autoren auch an Schulbüchern für Handelsakademien und Handelsschulen zur Betriebs- und Volkswirtschaft gearbeitet.66 10g. Erna Nairz-Wirth hat am 5. Februar 2007 im Alter von 40 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für „Erziehungswissenschaft und Allgemeine Pädagogik“ erworben.67 Ihre Habilitation ist 8 Jahre nach der Promotion erfolgt. Die doppelte Bezeichnung ihrer Lehrbefugnis war verwunderlich, weil „Allgemeine Pädagogik“ üblicherweise als zentraler Bestandteil der „Erziehungswissenschaft“ gilt und in eine Lehrbefugnis für dieses Fach eingeschlossen ist. Sie war auch insofern inkonsequent, als ihr Institut nicht mehr „Institut für Allgemeine Pädagogik“ hieß, sondern in „Institut für Bildungswissenschaft“ umbenannt worden war. Ein
64 Fuhrmann: Universitäre Lehre – gehaltene Lehrveranstaltungen. Liste vom Juni 2009. PAB. 65 http://www.wissenistmanz.at/autoren/portraits/greimel-fuhrmann. 7.2.2009. 66 WU-FIDES Forschungsdaten und Publikationen 7.2.2009. 67 Biographische Angaben nach einem „Wissenschaftlichen Lebenslauf“ vom März 2009. PAB.
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derart offenes Zeugnis der eigenen Begriffsverwirrung war keine Empfehlung für das Institut. Erna Nairz wurde am 16. Juli 1966 in Dornbirn (Vorarlberg) als Tochter eines Beamten geboren. Sie ist katholischer Konfession und hat zwei Geschwister. Sie besuchte die Volksschule in Altach (Bezirk Feldkirch), die Unterstufe des Bundesrealgymnasiums Dornbirn und von 1980 bis zur Reifeprüfung 1985 die Handelsakademie in Lustenau. Nach einem 16monatigen Auslandsaufenthalt in New York (USA) widmete sie sich von 1987 bis 1992 dem Studium der Wirtschaftspädagogik an der Wirtschaftsuniversität Wien. Ihre Diplomarbeit am „Institut für Allgemeine Pädagogik“ behandelte „Die Struktur der menschlichen Bedürfnisse. Kritik des reduktiven Sprechens über einen komplexen Begriff“ (1992). Darin wurden die Bedürfnis-Begriffe von Harold Maslow, Bronislaw Malinowski, Ota Šik, Henri Lefebre, Herbert Marcuse und Jean Piaget in ihrer Verschiedenheit beschrieben, ohne jedoch zu genügender Klarheit, geschweige zur Präzisierung eines schärferen Begriffes zu gelangen und einen Bezug zur Erziehungswissenschaft herzustellen. Beruflich begann Nairz 1991 mit der Leitung von Seminaren für die Ausbildung und Fortbildung von Mitarbeitern der Ersten österreichischen Sparcasse. Von Mai 1992 bis Oktober 1993 arbeitete sie als Ausbildungsreferentin im „Beratungs- und Software-Unternehmen Datendienst“ in Wien an der Entwicklung eines „Lehr- und Lernmodells“ für Mitarbeiter der PSK-Gruppe. Im Schuljahr 1993/94 war sie als Lehrerin für kaufmännische Fächer an der Handelsakademie in Wien X tätig. Anschließend folgten fünf Monate als Revisionsassistentin bei der Firma Coopers & Lybrand in Wien. Am 1. Februar 1995 wurde Nairz Assistentin am Institut für Allgemeine Pädagogik der Wirtschaftsuniversität Wien bei Prof. Pfeiffle. Dort hat sie ihr Doktoratsstudium betrieben und am 1. Juli 1998 durch die Promotion zur Doktorin der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften mit sehr gutem Erfolg abgeschlossen. Ihre ungedruckt gebliebene Dissertation im Umfang von 164 Seiten war folgendem Thema gewidmet: „Studium und Beruf. Eine Studie zum Einstellungswandel von Wirtschaftspädagoginnen und -pädagogen“. Erster Gutachter war Pfeiffle, zweiter der Professor für Betriebswirtschaftslehre Helmut Kasper. Inhaltlich und methodisch hat Nairz an die Konstanzer Untersuchungen der Siebzigerjahre des 20. Jahrhunderts über den sogenannten
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„Praxisschock“ bei jungen Lehrern angeknüpft.68 Als Forschungsinstrument diente der „Konstanzer Fragebogen für Schul- und Erziehungsfragen“. Befragt wurden zwischen 1991 und 1996 folgende Personengruppen: Studienanfänger der Studienrichtung Wirtschaftspädagogik, Studienabsolventen, Junglehrer mit einem bis drei Jahren Unterrichtserfahrung, erfahrene Lehrer an Wiener Handelsschulen und -akademien mit mehr als 10 Jahren Berufserfahrung69. Es handelte sich also nicht um eine Längsschnittuntersuchung, sondern um vier Querschnittserhebungen an repräsentativen Stichproben aus vier verschiedenen Personengruppen, die sich die Autorin „als imaginären Längsschnitt zu interpretieren“ erlaubt hat70. Folglich konnten auch nicht die realen individuellen Einstellungsänderungen der befragten Personen im Verlauf ihrer Studien- und Berufsjahre beschrieben werden, sondern nur momentane Meinungsäußerungen der Angehörigen von vier nach Alter, Wissen, Lebens- und Berufserfahrungen unterschiedlichen Gruppen. Gegenstand der Befragung waren die „Einstellungen“ zu folgenden „als Gegenpole gestaltet(en)“ Themen: 1. „Anlage versus Umwelt“, 2. „Druck versus Zug“, 3. „Negative Reformbereitschaft versus Veränderungsbereitschaft“, 4. „Berufung versus Job“, 5. „Allgemeinbildung versus Spezialisierung“, 6. „Selbstverständnis als PädagogIn versus Selbstverständnis als FachwissenschafterIn“.71 Die Antworten auf diese präzisierungs- und differenzierungsbedürftigen Vorgaben wurden gemäß einer groben und missverständlichen Typologie nach den Polen „konservativ“ und „liberal“ (bzw. „progressiv-liberal“) klassifiziert. Dadurch sind die Einstellungen der Befragten allzu allgemein-abstrakt nach dem Schema „entweder – oder“ eingeschätzt worden statt konkret-realistisch mit „sowohl als auch“ je nach speziellen Gesichtspunkten und Situationen zu rechnen. Im Großen und Ganzen sind entsprechend den polarisierenden theoretischen Konstanzer Vorgaben die Konstanzer Ergebnisse bestätigt worden: Studienabsolventen plädieren stärker als Studienanfänger für Reformen des Schulsystems, lehnen Druck und Strafe als Erziehungsmittel stärker ab und schreiben dem Milieu mehr Bedeutung für die Intelligenzentwicklung zu. „Dieser Ausprägungsgrad liberaler Ein
68 69 70 71
Müller-Fohrbrodt 1973; Müller-Fohrbrodt/Cloetta/Dann 1978. Nairz 1998, 88f. Ebenda, 154. Ebenda, 87.
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stellungen wird im Laufe der ersten Praxiserfahrungen wieder zurückgenommen“72. Über die Abhängigkeit der während des Studiums erworbenen Einstellungen von den Einstellungen der Pädagogik-Lehrenden und ihren pädagogischen Lehrinhalten wird nichts mitgeteilt. Bei Kenntnis des pädagogisch-politischen „Zeitgeistes“ der Siebzigerjahre und der Entfremdung der meisten Universitätspädagogiker von den Schwierigkeiten der Schulrealität sind kaum andere Befragungsergebnisse zu erwarten gewesen. Neu und verdienstvoll war die Differenzierung der Befragten nach Maturatyp (allgemeinbildende/berufsbildende Höhere Schule) und Geschlecht. Als geschlechterspezifische Unterschiede haben sich herausgestellt, dass Männer mit zunehmenden Dienstjahren im Lehrberuf „offener für Reformen“ und in der Unterrichtsführung „liberaler“ zu werden scheinen als Frauen.73 „Einstellungsmuster der Männer sind wesentlich stabiler als die der Frauen. Männer werden im Laufe langjähriger Unterrichtserfahrung weniger druckorientiert“.74 „Frauen werden im Laufe langjähriger Berufspraxis druckorientierter“. Da Ursachenforschung nicht zu ihren Forschungszielen gehört hat75, sind Erklärungsversuche unterblieben. Als maturatypspezifischen Unterschied hat Nairz herausgefunden, dass „die idealistische Berufseinstellung der Studierenden“ im Verlauf des Studiums – die nach den Konstanzer Ergebnissen generell abgenommen hat – an der Wiener Wirtschaftsuniversität nur bei den Maturanten der allgemeinbildenden höheren Schulen zurückgegangen, bei jenen der berufsbildenden dagegen erhalten geblieben sei. Bei letzteren habe während des Studiums keine „Desillusionierung“ des Berufsrollenbildes stattgefunden.76 Eine naheliegende Erklärung wäre, dass Absolventen der Handelsakademien mehr über die Inhalte des Studiums für das Handelsschul-Lehramt wissen und deshalb weniger falsche Erwartungen haben könnten als Absolventen allgemeinbildender Höherer Schulen. Nach dem Abschluss ihrer Dissertation hat Nairz geheiratet. Zwischen 1999 und 2004 war sie insgesamt 48 Monate infolge der Geburt zweier Kinder und Forschungsaufträgen als Assistentin beurlaubt.
72 73 74 75 76
Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda,
143. 145ff. 153f. 154. 147ff. und 151.
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Ihre Habilitationsschrift galt folgendem Thema: „Die ,Stille Pädagogik‘. Studie zum Forschungsparadigma Pierre Bourdieus“ und umfasst 324 Seiten.77 Eine überarbeitete und aktualisierte Fassung ist 2010 als Buch erschienen. So seltsam und unklar wie der Titel war auch der Aufbau dieser Studie. Nairz kündigt sie als Versuch an, „aus dem intellektuellen Universum Pierre Bourdieus die Gestalt einer ,Stillen Pädagogik‘ herauszulösen“78. Sie äußert sich jedoch nur am Rande zur Pädagogik als Theorie der Erziehung oder Erziehungswissenschaft. Hauptsächlich referiert sie die Wissenschaftsphilosophie, die Forschungsmethodik und die egalitären kulturpolitischen Wunschvorstellungen des französischen Soziologen (1930–2002). Dabei war der Autorin „das Motto der ,Rückkehr zu den Großtheorien‘ … ein besonderes Anliegen“. Von ihrem Lehrer Pfeiffle hat sie „vor allem auf dem Gebiet der Philosophie und epistemologischen Forschung“ Hinweise erhalten. An diesen „theoretisch-abstrakten Teil“, der in Reflexionen zur „Geschlechterkonstruktion“, zu Bourdieus „Gender-Konzept“ und zur „Geschlechterdifferenz im Bildungswesen“ mit „männlicher Herrschaft“ endet79, sind „empirische Studien“ der Verfasserin angefügt, die „ausschnittsweise Bilder zur österreichischen Bildungssituation im Sekundär- und Tertiärbereich des Bildungswesens“ zu bieten versprechen80. Tatsächlich beschränken sich diese „Bilder“ auf eine Auswertung des von der Statistik Austria zur Verfügung gestellten Rohdatensatzes sämtlicher inländischer Erstimmatrikulierender an österreichischen Universitäten und Fachhochschulen in den Wintersemestern 1998/99 bis 2003/2004 (111.433 Personen)81. Untersucht wurden folgende Merkmale: gewählte Studienrichtung, Geschlecht, Vorbildung, höchste abgeschlossene Ausbildung der Mutter, Stellung im Beruf der Mutter, höchste abgeschlossene Ausbildung des Vaters, Stellung im Beruf des Vaters. Gewonnen werden sollten „genaue Informationen darüber …, ob die Chancen und Wahrscheinlichkeiten für eine bestimmte Studien-
77 ZfP 54 (2008), 478. 78 Nairz-Wirth o.J., 3f. Zu Bourdieu als angeblichem „Klassiker der Pädagogik“ Liebau 2006. 79 Ebenda, 85–100. 80 Ebenda, 4. 81 Ebenda, 138f. – Ausgenommen waren die Studienanfänger des Wintersemesters 1999/2000.
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richtungswahl geschlechterspezifisch, vorbildungsspezifisch bzw. bildungsherkunftsspezifisch unterschiedlich sind“82. Auf diese Weise wollte Nairz prüfen, ob die Thesen Bourdieus über „die männliche Herrschaft“ im französischen Bildungswesen auch für Österreich zutreffen.83 Die fragwürdige Brücke zwischen dem „theoretisch-abstrakten Teil“ der Studie (Referat über Bourdieu) und dem „empirischen Teil“ bildet Bourdieus „Soziologie der kulturellen Ungleichheit“ und sein Eintreten für Verringerung der „Ungleichheit der Bildungschancen“84 in Verbindung mit seinen spärlichen Gedanken über „stille Pädagogik“. Da der empirische Teil erziehungstheoretisch unergiebig ist und ohne Bezug zum Thema der Studie abbricht, ist hier nur über den „theoretisch-abstrakten Teil“ zu berichten, soweit für ihn pädagogische Relevanz beansprucht wird. Dieser Hauptteil über die „stille Pädagogik“85 ist gekennzeichnet durch ein krasses Missverhältnis zwischen interdisziplinärem Interesse an hochabstrakten epistemologischen, psychologischen und soziologischen Wissenselementen einerseits und Vernachlässigung elementarster Erkenntnisse des Habilitationsfaches andererseits. Die Autorin hat weder klassische pädagogische noch zeitgenössische erziehungswissenschaftliche Literatur in nennenswertem Umfang genutzt, wie schon ein Blick in das Literaturverzeichnis zeigt86. Die Missverständnisse und Mängel beginnen bereits beim Titel ihrer Studie. Während in der Fachsprache mit dem Wort „Pädagogik“ die Lehre vom Erziehen (oder über Erziehung) gemeint ist – also die Theorie der Erziehung (oder die Wissenschaft von der Erziehung) -, bedeutet das Wort bei Bourdieu und Nairz primär das erzieherische Geschehen als ein Ausschnitt der Wirklichkeit, der Gegenstand oder Inhalt von Erziehungslehren oder -theorien ist. Mit „stiller Pädagogik“ ist also in erster Linie „stille Erziehung“ als ein sozial-kulturelles Phänomen gemeint. Solche Phänomene, Geschehnisse oder Vorgänge können – sofern sie hinreichend genau identifiziert und beschrieben sind – selbstverständlich auch Gegenstand von Theorien sein. In zweiter Linie könnte „stille Pädagogik“ bei Bourdieu und
82 83 84 85 86
Ebenda, 172. Ebenda, 101ff. Ebenda, 294. Nach Nairz-Wirth o.J., 5 eine „griffige Wendung“. Nairz-Wirth o.J., 310–323.
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Nairz also auch Theorie der „stillen Erziehung“ bedeuten. Das wäre allerdings äußerst missverständlich, weil die Eigenschaften „still“, „ruhig“ oder „wortlos“87 allenfalls der Erziehung, aber nicht der Pädagogik als Theorie zukommen können. Eine „stille“ oder „wortlose“ Theorie ist ein Unding. In jedem Fall setzt der irreführende Gebrauch des Ausdruckes „stille Pädagogik“ für eine Theorie voraus, dass Klarheit darüber besteht, was mit „stiller Erziehung“ als ihrem Gegenstand gemeint ist. Von dieser Klarheit ist Nairz ebenso weit entfernt wie Bourdieu, weil ihnen ein präziser empirischer Erziehungsbegriff fehlt. Sie ignorieren die fundamentalen Unterschiede zwischen Erziehung als sozialem Handeln in Förderungsabsicht, aber Erfolgsungewissheit einerseits und menschenformenden Einflussquellen, Geschehnissen, Beeinflussungsvorgängen oder Einwirkungen anderer Art.88 Alle Einflüsse aus Gesellschaft und Kultur – mitmenschliche und institutionelle, personale und „anonyme“, bewusste und unbewusste, beabsichtigte und zufällige, wertvolle und wertlose, förderliche und schädliche –, die die Persönlichkeit, das psychische Dispositionsgefüge oder den „Habitus“ von Menschen mitbestimmen oder verändern, werden hier als „Pädagogik“ im Sinne von „Erziehung“ bezeichnet. Nairz verschreibt sich kritiklos diesem „erweiterten Pädagogik-Konzept“, das sie der „geisteswissenschaftlichen Pädagogik“ wie der „empirisch-analytische(n) Richtung der Erziehungswissenschaft“ für überlegen hält. Sie sieht es als Vorteil an, dass Bourdieu „in der ,stillen Pädagogik‘ eine Serie von dichotomen Schemata aufgehoben“ und die „Disjunktionen zwischen funktionaler und intentionaler Erziehung und des Hiatus zwischen Norm und Sein“ beseitigt habe89. Statt von „stiller Pädagogik“ wird ebenso unklar auch von „impliziter Pädagogik“ gesprochen90. Gemeint ist damit die „heimliche Überredung“, die im Lebenskreis oder Milieu der Heranwachsenden von selbstverständlichen Denk-, Ordnungs-, Wertungs- und Umgangsformen ausgeht, die durch sozio-ökonomische Mächte mit herrschafts-, klassen- oder geschlechts-spezifischen Interessen bedingt sind. So gilt zum Beispiel die „Formierung“ des menschlichen Leibes, der „geschlechtlichen Identität“, „des männlichen und weiblichen Habitus“
87 88 89 90
Duden, 6, 1981, 2502. Vgl. Brezinka 1990, 47ff. Nairz-Wirth o.J., 11f. Ebenda, 5ff.
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bei Bourdieu als „Ergebnis einer ,stillen Pädagogik‘, die vermittelt wird über die androzentrischen Einteilungsprinzipien unserer Gesellschaft, auf die wir von Geburt an stoßen“91. Auch auf die Wahl der Studienrichtungen habe die „stille Pädagogik“ Einfluss, die von der „symbolischen Ordnung der Welt“ ausgeht – in diesem Fall von der „gesellschaftlichen Vermittlung des Reiches des Wißbaren“92. Mit „still“, „stumm“, „implizit“, „heimlich“ ist jedenfalls gemeint, dass es um Einflüsse geht, die durch die selbstverständlichen gesellschaftlichen Lebensformen ohne erzieherische Absicht, ohne eine „explizite pädagogische Aktion“ erfolgen93. Auf die soziologischen Hypothesen und politischen Visionen Bourdieus kann hier nicht eingegangen werden. Wesentlich ist gegen ihn und Nairz aus erziehungswissenschaftlicher Sicht jedoch zu sagen, dass am Begriff der Erziehung als zweckbewusstem Handeln in Förderungsabsicht festgehalten werden muss, wenn folgenschwere Verwechslungen mit ganz anderen Vorgängen wie Lernen, „Assimilation“94, „Sozialisation“95 oder „Prägung“96 vermieden werden sollen. Dass Erzieher wie Pädagogiker diese anderen Vorgänge und deren Bedingungen als Milieu- oder Einflussfaktoren so weit wie möglich kennen und berücksichtigen sollen, gehört seit langem zum pädagogischen Grundwissen. Sie sind auch schon lange vor Bourdieu populär, aber missverständlich als „verborgene“, „unbekannte“97 oder „geheime Miterzieher“98 bezeichnet worden. Die Einflüsse, die von ihnen ausgehen, wurden später vorübergehend von einigen Pädagogikern in akademischer Sprache mit einem „weiten“ Erziehungsbegriff „funktionale Erziehung“ genannt99. Von ihm hat schon Bourdieus Vorgänger Emile Durkheim (1858– 1917) im Jahre 1911 festgestellt, dass er „gänzlich verschiedene Elemente“ enthält, die man „nicht ohne Verwirrung in einem einzigen 91 Ebenda, 86ff. Androzentrisch = männerzentriert. 92 Ebenda, 88f. 93 Ebenda, 87. 94 Willmann 1957, 6ff. 95 Vgl. Brezinka 1989, 192–270. 96 Bei Lochner 1975, 161 „das Insgesamt jener Wirkungen …, deren Träger unbewußt, unwillkürlich, unabsichtlich ihre Einflüsse üben“. 97 Vgl. z.B. Waitz 1898, 45ff. 98 Loewenberg 1906; F. Schneider 1953, 12; Dolch 1965, 104. 99 Vgl. F. Schneider 1953, 11ff. – Zur Kritik vgl. Brezinka 1990, 65ff. und in diesem Werk Band 2, 78f.
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Begriff zusammenfassen“ kann100. Wer heute noch „stille Pädagogik“ (gemeint ist „stille Erziehung“) für einen brauchbaren Begriff statt eine leichtfertige Phrase hält, ist erziehungswissenschaftlich unaufgeklärt und vermehrt die Begriffsverwirrung in den Sozialwissenschaften. Nach rund einhundert Jahren „pädagogischer Milieukunde“101 und „Sozialisationsforschung“ ist die Bedeutung der sozialen und kulturellen Milieus für die Individualität der Menschen (Bourdieu: ihren „Habitus“) ebenso bekannt wie die Tatsache, dass auch Erziehung „nur ein Sektor … im Milieu“102 ist. Zu den Aufgaben der Erziehungswissenschaft gehört es, diesen „Sektor“ begrifflich von allen nicht-erzieherischen Milieufaktoren zu unterscheiden und die Beziehungen zwischen bestimmten erzieherischen Handlungsweisen und anderen „Umgebungsbestandteilen“103 zu erforschen, um geeignete Mittel zur Erreichung von Erziehungszielen unter verschiedenen Milieu- oder Sozialisationsbedingungen zu finden. Zu diesem zentralen erziehungswissenschaftlichen Thema trägt die Habilitationsschrift nichts bei. Als Dozentin hat Nairz-Wirth seit 2007 Lehrveranstaltungen zu folgenden Themen gehalten: „Grundlagen der Erziehungswissenschaft“, „Methoden der Bildungsforschung“, „Subdisziplinen der Allgemeinen Pädagogik“, „Unternehmen aus sozialwissenschaftlicher Perspektive“, „Gesellschaftlicher Kontext wirtschaftlichen Handelns (Bildung, Wissen, Unternehmen)“, „Vertiefungsgebiete der Erziehungswissenschaft (Beruf LehrerIn)“, „Bildungsverweigerung als pädagogische Herausforderung“. An Publikationen sind neben Auszügen aus der Dissertation104 und der gedruckten Habilitationsschrift noch Aufsätze zu folgenden Themen zu nennen: „Bildungsherkunft und Geschlecht im Lehramtsstudium“ (2005), „Wissen und Lernort Unternehmen“ (2007), „Die Lehramtsstudienrichtungen im Feld der universitären Studienrichtungen in Österreich“ (2009).
100 101 102 103 104
Durkheim 1972, 20. Vgl. A. Fischer 1932; Busemann 1932; W. Böhm 2005, 438f. Busemann 1932, 14; ähnlich A. Fischer 1932, 383: ein „Milieufaktor“. A. Fischer 1932, 381. Nairz 1998.
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Nach der Emeritierung von Horst Pfeiffle ist Nairz-Wirth am 18. Dezember 2008 zur Leiterin der „Abteilung für Bildungswissenschaft“ des „Instituts für Bildungswissenschaft und Philosophie“ im „Department für Management“ der Wirtschaftsuniversität Wien ernannt worden.
11. VERGLEICHENDE ÜBERSICHT DER 7 HABILITATIONEN 1950 BIS 2007 Nach der Menge der Habilitationen für das Fach Pädagogik steht die Wirtschaftsuniversität Wien unter den österreichischen Universitäten gleichrangig mit der Universität Linz an letzter Stelle. Das liegt vorwiegend daran, dass die Pädagogik an diesen beiden Universitäten auf ihren relativ kleinen Beitrag zur Lehrerausbildung beschränkt geblieben und nicht voll ausgebaut worden ist. Im Unterschied zu den Universitäten Wien, Graz, Innsbruck und Salzburg hat es an ihnen keinen Diplomstudiengang der Pädagogik (bzw. Erziehungswissenschaft) gegeben. Dementsprechend ist die Menge der Lehrpersonen, der Studierenden und der Lehrangebote in diesem Fach gering geblieben. Eine gesetzliche Grundlage für pädagogische Studien hat es an der Wirtschaftsuniversität Wien nur für das Spezialgebiet „Wirtschaftspädagogik“ gegeben. Die „wirtschaftspädagogische Studienrichtung“ ist erst im Jahre 1967 eingerichtet worden1. Sie war inhaltlich überwiegend auf ökonomische, rechtliche und sozialwissenschaftliche Lehrgebiete konzentriert. Pädagogische Pflichtfächer waren erst im zweiten Studienabschnitt vorgesehen und auf 16 Wochenstunden für den Bedarf künftiger Lehrer wirtschaftskundlicher Fächer an Höheren Schulen beschränkt: 6 für Allgemeine Pädagogik und Psychologie, 10 für Wirtschaftspädagogik einschließlich Methodik der wirtschaftswissenschaftlichen Fächer.2 Das waren schwache Voraussetzungen für eine solide Ausbildung und Förderung von wissenschaftlichem Nachwuchs durch Doktoratsstudien und Habilitationen im Spezialfach Wirtschaftspädagogik und erst recht in der ganzen Breite der Erziehungswissenschaft. 1 Gemäß Verordnung des BMfU vom 6. März 1967, BGBl. Nr. 102/1967, § 1 auf Grund des Bundesgesetzes vom 15. Juli 1966 über sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Studienrichtungen, BGBl. Nr. 179/1966, § 1. 2 Wirtschaftspädagogische Studienordnung 1967, § 6.
Vergleich derKolumnentitel Habilitationen 1950–2007
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So ist verständlich, dass – abgesehen vom Sonderfall Krasensky (Habilitation 1950) – in mehr als 40 Jahren seit Einführung der wirtschaftspädagogischen Studienrichtung nur 3 Habilitationen für Wirtschaftspädagogik erfolgt sind: von Wilfried Schneider (1970), Fortmüller (1997) und Fuhrmann (2003). Zwischen der ersten und der zweiten sind 27 Jahre vergangen. Ihnen stehen 3 Habilitationen für Allgemeine Pädagogik gegenüber: Wurzwallner (1973), Posch (1975) und Nairz-Wirth (2007). Dabei ist zu beachten, dass zwei dieser Dozenten ihre Ausbildung an anderen Universitäten erhalten haben: Wurzwallner in Graz und Posch in Innsbruck und Konstanz. Das bedeutet, dass seit der Einrichtung der Lehrkanzel für Allgemeine Pädagogik im Jahre 1968 erst nach mehr als vier Jahrzehnten die erste und bisher einzige Habilitation einer Person erfolgt ist, die an dieser Universität auch ausgebildet worden ist (Nairz-Wirth). Das Durchschnittsalter der 7 habilitierten Personen zum Zeitpunkt der Habilitation betrug 39 Jahre. Nur 2 Bewerber waren jünger als 35 Jahre (Schneider: 34, Fuhrmann: 30). Zwischen Promotion und Habilitation sind im Durchschnitt 6,7 Jahre vergangen. Das ist mit Abstand der niedrigste Wert aller österreichischen Universitäten. 2 der 7 Habilitierten waren Frauen. Ihr Anteil betrug also 28 Prozent. Mit einer Ausnahme (Krasensky) waren alle Habilitierten als Universitätsassistenten tätig: 5 an der Wirtschaftsuniversität, Wurzwallner an der Universität Graz. Reguläre Berufserfahrungen als Lehrer mit voller Lehrverpflichtung von mindestens einem Jahr hatte nur ein einziger der 7 Habilitierten (Krasensky). Fortmüller war ein Jahr lang als Lehrer mit halber Lehrverpflichtung tätig. Eine mehrjährige Nebentätigkeit als Vertragslehrerin an einer Handelsakademie hat Fuhrmann ausgeübt. Als Habilitationsschrift wurden in allen Fällen Monographien vorgelegt. Studiensemester an ausländischen Universitäten sind in zwei Fällen erfolgt: bei Schneider und bei Posch in den USA. Längere (mindestens ein Semester dauernde) Forschungsaufenthalte zwischen Promotion und Habilitation im Ausland haben in keinem Fall stattgefunden. Übersetzungen erziehungswissenschaftlicher Bücher in fremde Sprachen hat nur Posch aufzuweisen. Sein gemeinsam mit Herbert Altrichter verfasstes Buch „Lehrer erforschen ihren Unterricht“
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(1990) ist in englischer, chinesischer und griechischer Ausgabe erschienen.3 Publikationen in führenden ausländischen Fachzeitschriften der Erziehungswissenschaft sind weitgehend ausgeblieben. Zitierungen von Texten der an der Wirtschaftsuniversität habilitierten Pädagogiker in der „Zeitschrift für Pädagogik“ hat bis zum 54. Jahrgang (2008) nur Posch mit 21 Nennungen aufzuweisen. Die übrigen 6 Dozenten sind dort bisher nie zitiert worden. Berufungen auf ordentliche Professuren an anderen Universitäten haben Krasensky (Mannheim, TU Berlin: in beiden Fällen für Bankbetriebslehre), Schneider (Mannheim), Posch (Klagenfurt) und Fuhrmann (München) erhalten. Krasensky hat 1951 und Schneider 1971 eine Hausberufung an die damalige Hochschule für Welthandel (seit 1975 Wirtschaftsuniversität Wien) angenommen. Wurzwallner ist 1975 zum Außerordentlichen Universitätsprofessor neuer Art an der Universität Graz ernannt worden. Die Forschungsgebiete der habilitierten Personen lagen vorwiegend in der Schulpädagogik mit den Schwerpunkten Unterrichtslehre für kaufmännische Schulen und deren lernpsychologische Grundlagen, Schülerkunde sowie Lehrerverhalten und dessen Evaluation. In wissenschaftstheoretisch-methodologischer Hinsicht überwog nach der Emeritierung Krasenskys die empirische Orientierung.
12. MONIKA PETERMANDL ALS DOZENTIN FÜR WIRTSCHAFTSPÄDAGOGIK NACH HABILITATION IN LINZ: 1992–2004 Über sie ist bereits im dritten Band dieses Werkes berichtet worden, weil sie von 1970 bis 1974 nebenberuflich als erste Lehrbeauftragte für Wirtschaftspädagogik am Aufbau dieses Faches an der Linzer Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften beteiligt gewesen ist. Sie ist der Linzer Hochschule auch danach als Lehrbeauftragte für „Allgemeine Betriebswirtschaftslehre“, insbesondere „Rechnungswesen“, dauerhaft verbunden geblieben und hat sich dort am 5. Dezember 1991 für das Fach „Wirtschaftspädagogik“ habilitiert.1
3
Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 627.
Vgl. Bd. 3, 515 und 585ff. – Kurzbiographie: Kürschner 2007, 2710. Briefliche Auskünfte für den Verfasser vom 29. Juli 2009, PAB. 1
Monika Petermandl Kolumnentitel als Dozentin 1992–2004
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In Wien stand sie schon 19692 in Verbindung mit dem „Institut für Bildungs- und Beratungsforschung“ (am 17. März 1971 umbenannt in „Institut für Bildungs- und Entwicklungsforschung“, IBE)3 und der Planungsgruppe für die Klagenfurter Hochschule um Schöler und Posch. Mit Wilfried Schneider war sie durch das gemeinsame Interesse an Unterrichtstechnologie und Medieneinsatz in der beruflichen Ausbildung und Fortbildung verbunden. Noch vor ihrer 1973 erfolgten Promotion zur Doktorin der Handelswissenschaften hat sie als Referentin an einem von Schneider geleiteten Symposion über „Unterrichtstechnologie und Schule“ mitgewirkt und über „Die Schule der Zukunft. Realisierungsprobleme im Bereich der Unterrichtsorganisation, Unterrichtstechnologie und der Bauplanung“ referiert4. An der Wirtschaftsuniversität Wien hat Petermandl zunächst von 1978 bis 1982/83 in jedem Wintersemester einen Lehrauftrag für „Didaktik und Methodik beruflicher Weiterbildung“ als zweistündige Arbeitsgemeinschaft durchgeführt.5 Ab 1985 lautete ihr Lehrauftrag „Proseminar zur Unterrichtstechnologie: Verwendung von Video im Unterricht“6. Nach ihrer 1991 in Linz erfolgen Habilitation hat sie als Universitätsdozentin von 1992 bis 2004 an der Wiener Wirtschaftsuniversität in jedem Semester vierstündig das Wahlpflichtfach „Betriebspädagogik“ betreut – ab 1998 mit dem Titel einer Ordentlichen Universitätsprofessorin. Die Themen waren im Wintersemester auf eine Vorlesung „Einführung in die Betriebspädagogik“ und eine „Arbeitsgemeinschaft aus Betriebspädagogik“ verteilt, im Sommersemester auf die Vorlesung „Ziele und Methoden betrieblicher Aus- und Weiterbildung“ und ein Proseminar über „Basismethoden der betrieblichen Aus- und Weiterbildung“7. Als Beispiele für die behandelten Themen seien hier jene des Sommersemesters 2004 genannt. In der Vorlesung „Das lernende Unternehmen“ ging es um „Rahmenbedingungen und Methoden der dualen
2 Vgl. IBB-Bulletin 3/1969, 84 über ihre Entsendung zu einer europäischen Hochschullehrer-Konferenz nach Brüssel durch das Institut. 3 Vgl. in diesem Buch S. 158ff. 4 Abgehalten am 10./11. März 1972 in Rohrbach (Oberösterreich). IBE-Bulletin 10/1972, 46. 5 Im Vorlesungsverzeichnis der WU erstmals WS 1978/79, 47. 6 Erstmals im Vorlesungsverzeichnis WS 1985/86, 68. 7 Vorlesungsverzeichnis der WU, WS 1992/93 bis WS 2003/04.
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Berufsausbildung“; „Mentoring, Coaching“; „Qualitätsmanagement“; „Unternehmenskultur“ und „Wissensmanagement“. Im Proseminar über „Ausgewählte Arbeitsmethoden betrieblicher Bildung“ wurde Folgendes behandelt: „Moderationstechnik und ihre Anwendung im Unternehmen“; „Teamtraining als Voraussetzung von effektiven Arbeitsergebnissen“; „Kommunikationstraining und Persönlichkeitsentwicklung im Hinblick auf Anforderungen in einem Unternehmen“.8 Neben der Betriebspädagogik hat Petermandl vor allem die Arbeitsschwerpunkte „Berufliche Weiterbildung“ und „Lernen mit neuen Informations- und Kommunikationsmedien“ gepflegt. Daraus sind unter anderem Aufsätze über „Tele-Lernen“ hervorgegangen.
13. NEUERUNGEN Auch Österreich hat mit seinem 1995 vollzogenen Beitritt zur Europäischen Union (EU) deren bildungspolitisches Ziel übernommen, das europäische Hochschulwesen zu vereinheitlichen. Die dazu erforderlichen Maßnahmen sind am 19. Juni 1999 bei einer Konferenz der europäischen Bildungsminister in Bologna in einer Vereinbarung festgelegt worden, die seither formelhaft als „Bologna-Deklaration“ (oder unklarer: „Bologna-Prozeß“) bezeichnet wird1. Darin wurde die Absicht bekundet, gestufte Studiengänge und Studienabschlüsse nach anglo-amerikanischem Muster einzuführen, die an die Stelle der bisherigen Diplom- und Magister-Studiengänge und -abschlüsse treten sollen. Von dieser „Harmonisierung der Architektur des Europäischen Hochschulsystems“ erhoffte man sich mehr Übersichtlichkeit und Gleichwertigkeit der Studienangebote, mehr Mobilität der Studierenden und bessere Beschäftigungschancen für Absolventen. Bis zum Jahre 2010 sei das zweistufige System (undergraduate/graduate) der Bachelor- und Masterstudiengänge europaweit durchzusetzen und ein einheitliches Leistungspunkte-System nach dem „European Credit Transfer System“ (ECTS) einzuführen. Die erste Stufe soll in der Regel drei Jahre beanspruchen, die zweite ein bis zwei Jahre und beide Stufen zusammen nicht mehr als fünf Jahre. Von den Kurzstudiengängen
8 Petermandl: Wahlpflichtfach Betriebspädagogik, Lehrveranstaltungen im SS 2004 (Programmübersicht). PAB.
1
Vgl. W. Böhm 2005, 110; Teichler 2005, 18ff; Wolter 2006.
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mit Bakkalaureat-Abschluss erhoffte man sich bei den Studierenden eine Menge früherer Abgänge ins Berufsleben und dadurch eine Entlastung der wissenschaftlich anspruchsvolleren Magisterstudiengänge. In Österreich hat der Gesetzgeber schon mit 1. September 1999 die Rechtsgrundlage für die Einführung von Bakkalaureatsstudien geschaffen. Vorausgegangen waren mit dem Universitäts-Organisationsgesetz (UOG) von 1993 und dem Universitäts-Studiengesetz (UniStG) von 1997 bereits viel weiter gehende Reformen des Studienrechts, die alle auf mehr Selbstverantwortung und Selbststeuerung der Universitäten, Entbürokratisierung und Dezentralisierung des Studiensystems zielten.2 Dazu gehörten die Einführung von Studienkommissionen und Studiendekanen3, Evaluierungsmaßnahmen in Forschung und Lehre4 sowie der Verzicht auf vom Ministerium erlassene Studienordnungen zugunsten der Autonomie der Studienkommissionen, „die durch Verordnung einen Studienplan zu erlassen“ haben, der „einem öffentlichen Begutachtungsverfahren zu unterziehen“ ist5. Die bisher vom Ministerium erlassenen Studienordnungen für die Studienrichtungen sind ebenso außer Kraft gesetzt worden wie das Bundesgesetz über die sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Studienrichtungen6, durch welches 1966 erstmals die „wirtschaftspädagogische Studienrichtung“ eingerichtet worden ist7. Damit war die Zweistufigkeit von zentraler ministerieller Studienordnung und an diese gebundenem universitären Studienplan8 beseitigt. Alle Festlegungen der Fächer und Lehrveranstaltungen waren nunmehr dem Studienplan der für jede Studienrichtung gebildeten autonomen Studienkommission überlassen. Bezweckt wurde damit vor allem, „die Universitäten stärker als bisher in die Verantwortung für ihre
2 Vgl. den Endbericht der vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung 1993 eingesetzten Arbeitsgruppe „Deregulierung des Studienrechts“: Berka 1994. 3 UOG 1993, §§ 41-43. 4 Ebenda, § 18. 5 UniStG 1997, §§ 11–22. 6 Ebenda, Anlage 3, Ziffern 8 und 92 (Studienordnung Wirtschaftspädagogik von 1984). 7 BGBl. 1966, Nr. 179, § 1 Abs. 2. Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 539ff. und in diesem Buch S. 8 Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 182ff. (zur Pädagogik) und Bd. 3, 539ff. (zur Wirtschaftspädagogik).
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Aufgabenerfüllung einzubinden“9. „Die Fachentscheidungen sollen dort fallen, wo sie auch wirklich verantwortlich zu treffen sind, an den Universitäten selbst. Und was noch wichtiger ist, die Universitäten sollen mehr als bisher und explizit die Verantwortung für die operative Planung der Universitätsstudien übernehmen“.10 Durch diese neuen österreichischen und europäischen Normen für die Organisation der Universitäten ist es auch an der Wirtschaftsuniversität Wien zu radikalen Neuerungen gekommen. Insbesondere hat der Wegfall der ministeriellen Studienordnungen alle Studienkommissionen dazu gezwungen, in eigener Verantwortung neue Studienpläne auszuarbeiten. Deren Qualität hing selbstverständlich von den Fähigkeiten und der Anstrengungsbereitschaft der vorhandenen Fachvertreter ab. Je nach der zufälligen Zusammensetzung der Kommission war sie der schwierigen Aufgabe mehr oder weniger gut gewachsen. Das Universitätsgesetz von 2002 hat neben den neuen Bakkalaureats- und Magisterstudien weiterhin Diplomstudien zugelassen und sie für Lehramtsstudien ausdrücklich beizuhalten vorgeschrieben11. Dementsprechend hat die Studienkommission Wirtschaftspädagogik einen neuen Studienplan für das Diplomstudium Wirtschaftspädagogik beschlossen, der am 1. Oktober 2003 in Kraft getreten ist12. Er sah ein Studium von 9 Semestern Dauer und 140 Semesterwochenstunden vor13, verteilt auf einen ersten Studienabschnitt von 2 Semestern (Studieneingangsphase) und einen zweiten von 7 Semestern. Zu den Pflichtfächern im ersten Studienabschnitt gehörte „Wirtschaftspädagogik“ mit 4 Semesterwochenstunden, verteilt auf die Lehrveranstaltungen „Einführung in die Wirtschaftspädagogik“ und „Betriebswirtschaftslehre unter didaktischem Aspekt“ (§§ 5 und 6). Im zweiten Studienabschnitt waren vorgeschrieben die Pflichtfächer Erziehungswissenschaft (10 SWSt), Wirtschaftspädagogik (23 SWSt), Didaktik der Betriebs- und Volkswirtschaft (9 SWSt) und Didaktik der Informationswirtschaft (10 SWSt). Innerhalb dieser vier Fächer galten folgende Lehrveranstaltungen als verpflichtend:
9 Bundesminister Erhard Busek im Vorwort zu Berka 1994. 10 Sektionschef Sigurd Höllinger in der Einleitung zu Berka 1994. 11 UG 2002, § 54 Abs. 2. 12 Er ist am 26.2.2003 beschlossen und bis zum 21.6.2007 fünfmal geändert worden (Vorbemerkung zur Fassung 2007, genehmigt vom Senat am 27.6.2007). 13 Gemäß UniStG 1997, Anhang 1, Z 6.14.
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Erziehungswissenschaft: 1. Grundlagen der Erziehungswissenschaft I 2 SWSt 2. Grundlagen der Erziehungswissenschaft II 2 3. Vertiefungsgebiete der Erziehungswissenschaft 2 4. Gegenwartsprobleme der Pädagogik 2 5. Wissenschaftstheoretische Probleme in der Pädagogik 2 Wirtschaftspädagogik: 1. Lehrverhalten I 2 2. Lehrverhalten II 2 3. Orientierungspraktikum 1 4. Methoden und Reflexion des Unterrichts 2 5. Einführung in die komplexen Methoden 2 6. Anwendungsfälle komplexer Methoden 2 7. Kommunikation Lehrer, Eltern, Schüler 2 8. Arbeiten in der Übungsfirma 2 9. Vertiefungsgebiet der Wirtschaftspädagogik I 2 10. Vertiefungsgebiet der Wirtschaftspädagogik II 2 11. Vertiefungsgebiet der Wirtschaftspädagogik III 2 12. Empirische Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft 2 Didaktik der Betriebs- und Volkswirtschaft: 1. Buchhaltung und Bilanzierung unter didaktischem Aspekt 3 2. Kostenrechnung und Controlling unter didaktischem Aspekt 2 3. Didaktik der Betriebswirtschaftslehre 2 4. Volkswirtschaftslehre unter didaktischem Aspekt 2 Didaktik der Informationswirtschaft: 1. Rechnerpraktikum für Wirtschaftspädagogen 2 2. Einführung in die Informationswirtschaft unter didaktischem Aspekt 2 3. Datenbanken unter didaktischem Aspekt 2 4. Programmieren unter didaktischem Aspekt 2 5. Neue Medien unter didaktischem Aspekt 2 Ferner wurden folgende drei Wahlfächer mit Lehrveranstaltungen im Ausmaß von 6 Semesterwochenstunden angeboten: Persönlichkeitsbildung im Unterricht, Didaktik der Volkswirtschaftslehre, Englisch für den bilingualen Unterricht. Zum Schulpraktikum war Folgendes angeordnet: „Zur Erprobung der pädagogischen und fachdidaktischen Ausbildung ist im zweiten
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Studienabschnitt ein Schulpraktikum an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen im Umfang von 12 Wochen sowie eine begleitende Lehrveranstaltung mit prüfungsimmanentem Charakter im Ausmaß von 2 Semesterstunden an der Universität zu absolvieren.“ „Es ist sicherzustellen, dass mindestens eine Stunde pro Woche zur Betreuung der Studierenden verwendet wird, die anderen Stunden haben die Studierenden in den Klassen zu verbringen, dem Unterricht zu folgen, Unterrichtssequenzen bzw. den Gesamtunterricht zu übernehmen“ (§ 24). Besondere Beachtung verdient das sogenannte „Qualifikations profil“ des idealen Wirtschaftspädagogen (§ 1): „Die Studierenden sollen nach Abschluss des Ausbildungsganges in der Lage sein, – Wirtschaftsunterricht in berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (HAK, HTL, HBLA, HAS etc.) in unterschiedlich komplexen Situationen auf der Basis des Standes der Bezugswissenschaften (insbesondere der Erziehungswissenschaft, der Psychologie, der Betriebswirtschafslehre und der Volkswirtschaftslehre) zu planen, durchzuführen und zu evaluieren; – handlungsbezogene Kompetenzen, wie Kommunizieren, Verhandeln, Moderieren, Beraten zu schulen und weiterzuentwickeln; – Bildungsprozesse mit wirtschaftlichem Schwerpunkt in der betrieblichen und überbetrieblichen Erwachsenenbildung zu planen, durchzuführen und zu evaluieren; – an der bildungspolitischen Diskussion zu Fragen der Gestaltung von Bildungssystemen als informierte und engagierte Partner teilzunehmen; – auf Grund der erworbenen fachlichen und sozialen Kompetenzen Arbeitsplätze im betriebswirtschaftlichen Bereich auch außerhalb der Schule zu erlangen und deren Anforderungen entsprechend zu erfüllen; – das Interesse an persönlicher Weiterbildung lebendig zu erhalten; – die erworbenen wissenschaftlichen Kompetenzen in reflektierter Weise anzuwenden.“14 Dieser Studienplan von 2003, der noch einmal gemäß der ministeriellen Studienordnung von 1984 ein grundständiges Studium der Wirt-
14 Vgl. damit § 1 der ministeriellen „Studienordnung für die Studienrichtung Wirtschaftspädagogik“ von 1984, zitiert im Band 3, 540 dieses Werkes.
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schaftspädagogik vom ersten Studienjahr an gesichert hatte, war nicht von langer Dauer. Während die Universitäten Graz, Innsbruck und Linz das Studium der Wirtschaftspädagogik weiterhin – wie im Universitätsgesetz 2002 vorgeschrieben15 – als Diplomstudium mit frühzeitiger Orientierung auf das Lehramt organisiert haben, ist es an der Wiener Wirtschaftsuniversität ab dem Wintersemester 2007/2008 gemäß der Bologna-Deklaration auf ein Master-Studium umgestellt worden16. Das entsprach der Strategie einer vollständigen „Europäisierung“ und „Internationalisierung“ der Studienorganisation, die die Wirtschaftsuniversität Wien insgesamt verfolgt. Damit sind die Diplom-Studiengänge ausgelaufen und durch Bachelor- und Master-Programme ersetzt worden. Das war für die Wirtschaftsfächer legitim, für das Lehramtsstudium jedoch gesetzlich verboten. Dieses Verbot wurde mit dem wahrheitswidrigen Argument zu umgehen versucht, das Studium der Wirtschaftspädagogik sei kein Lehramtsstudium und deshalb nicht von ihm betroffen. Richtig, aber belanglos ist daran nur, dass dieses Studium wegen seiner „Polyvalenz“ auch von Personen ergriffen wird, die nicht Lehrer werden wollen. Das gilt derzeit ungefähr von der Hälfte der Studierenden. Diese Interessentengruppe glaubt zwar vom Studiengang Wirtschaftspädagogik auch außerhalb des Lehrberufs profitieren zu können, aber es steht außer Zweifel, dass er nicht für sie eingerichtet worden ist, sondern ausschließlich zum Zweck der Ausbildung von Lehrern an Wirtschaftsschulen. Die zuständigen Professoren wie die amtlichen Studien- und Prüfungsordnungen haben die Lehrerausbildung mit dem Schwerpunkt Fachdidaktik stets als „Kerngeschäft“17 betrachtet. Es bleibt abzuwarten, wie das mit der Rechtsaufsicht betraute Wissenschaftsministerium und der Gesetzgeber auf die rechtswidrigen Beschlüsse der Studienkommission Wirtschaftspädagogik und deren Genehmigung durch den Senat der Wirtschaftsuniversität reagieren werden. Was spricht gegen die Abkehr vom neunsemestrigen Diplomstudiengang Wirtschaftspädagogik in der seit 1984 gültigen Form? Erstens die unnötige Verlängerung auf 11 Semester in Abweichung von allen anderen Lehramtsstudiengängen, in denen nach wie vor für das Studi-
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UG 2002, § 54 Abs. 2. Aff/Mandl u.a. 2008, 11 und 18ff.; ferner AFF 2007, 9ff. Aff/Mandl u.a. 2008, 18.
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um von zwei Fächern 9 Semester vorgeschrieben sind.18 Zweitens wird damit die schulpädagogisch wichtigste Errungenschaft der staatlichen Prüfungsordnung für die wirtschaftspädagogische Studienrichtung von 1984 nach jahrzehntelanger Bewährung wieder aufgegeben: die frühzeitige Orientierung der Studienanfänger auf den Lehrberuf durch pädagogisch-psychologische Lehrveranstaltungen und Schulpraktika19. Nach dem neuen Master-Studienplan von 2006 kann die schulpädagogische Ausbildung für das Lehramt erst drei Jahre später nach Abschluss des dreijährigen Bachelor-Studienganges der Betriebswirtschaft beginnen. Die „schulpraktischen Studien“ sind erst „am Ende des Masterstudiums“ vorgesehen, also frühestens 11 Semester oder fünfundeinhalb Jahre nach Studienbeginn. Das ist ein Rückfall auf den Stand der „Prüfungsvorschrift für das Lehramt an mittleren kaufmännischen Lehranstalten“ von 193520. Auch damals konnte die auf den Lehrberuf orientierte pädagogisch-psychologische Berufsausbildung erst nach dem Abschluss des dreijährigen Studiums der kaufmännischen Fächer beginnen, dauerte allerdings nur 2 Semester. Der neue Master-Studienplan von 2006 ist unvereinbar mit der plausiblen Einschätzung, dass „Lernmotivation“ und „motivationale Lernbereitschaft“21 zum Erwerb berufserzieherischer Handlungsfähigkeit möglichst früh einsetzen sollten. Tatsächlich ist diese Aufgabe nun wiederum vom Grundstudium in ein Aufbaustudium verlagert worden und hat damit die Sonderstellung der Wiener Wirtschaftspädagogik unter den österreichischen universitären Einrichtungen der Lehrerausbildung gesetzeswidrig zementiert. Bestimmend war dafür das betriebswirtschaftliche Interesse, die für potentielle Abgänger in nichtpädagogische Wirtschaftsberufe „attraktive Polyvalenz“22 des Studienganges beizubehalten. Dieser Sonderweg zugunsten der „Polyvalenz“ des Bachelor-Studiums entspricht allerdings dem hochschulpolitischen Bologna-Kurs der Europäischen Union. Er verlangt ausdrücklich, dass das BachelorStudium nach US-amerikanischem Muster polyvalent ausgerichtet ist
18 Vgl. UniStG 1997, Anlage 1, Ziffer 3. Dies gilt gemäß Anlage 1, Ziffer 6.14 auch für die Studienrichtung Wirtschaftspädagogik. 19 Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 512 und 539ff. 20 VBl des BMfU 1935/Nr. 45. Vgl. in diesem Buch S. 23f. 21 Vgl. zu diesen Begriffen u.a. Schiefele 1974, 100ff., Olechowski 1976, 234ff. 22 Aff 2007, 13.
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und nicht schon auf ein späteres Berufsfeld festlegt. Das widerspricht allen durch die Ergebnisse der neueren Lehrerforschung gestützten Bemühungen um „eine stärkere Berufsfeldorientierung der Lehrerausbildung von Beginn an“23. Hinsichtlich der Menge der Pflichtlehrveranstaltungen weist der Studienplan für das Masterstudium Wirtschaftspädagogik von 2006 im Vergleich mit dem Studienplan für das Diplomstudium von 2003 keine Änderungen auf. Neu ist dagegen, dass die Angaben über die Lehrinhalte noch unbestimmter sind als früher.24 Die Verfasser begnügen sich im Teilbereich „Erziehungswissenschaft und Wirtschaftspädagogik“ (12 SSt) mit folgenden Angaben: „Erziehungswissenschaftliche Fragestellungen“ I und II sowie „Verfestigung und Vertiefung pädagogischer Standards“. Im Teilbereich „Didaktik der wirtschaftswissenschaftlichen Fächer“ (20 SSt) lauten die Angaben: „Basismodule der Wirtschaftsdidaktik“ I, II und III; „Wirtschaftsdidaktik“ I, II und III; „Wirtschaftspädagogisches Orientierungsseminar“; „Betriebswirtschaftliche Vernetzung unter didaktischem Aspekt“25. Von einem „Curriculum“, das „Inhalt und … Aufbau eines Studiums“ darstellen soll26, sind diese spärlichen Angaben weit entfernt. Sehr üppig fällt dagegen unter dem Titel „Qualifikationsprofil“ die Liste der „Kompetenzen“ aus, die zu „vermitteln“ versprochen werden. Diese unrealistische Wunschliste beleuchtet auch den Jargon, der auf diesem Gebiet üblich geworden ist. Sie lautet ungekürzt wie folgt27: „Um das Qualifikationsprofil zu realisieren, werden folgende Kompetenzen vermittelt: – Kenntnisse der unterschiedlichen Paradigmen der Erziehungswissenschaft, Wirtschaftspädagogik und ihrer Bezugswissenschaften – Fähigkeit, den aktuellen Forschungsstand in der Erziehungswissenschaft, Wirtschaftspädagogik sowie ihren Bezugswissenschaften zu verfolgen
23 Wenzel 2007, 609f. – Zur ausführlichen Begründung vgl. Terhart 2000. 24 Vgl. in diesem Buch S. 186. 25 Studienplan für das Masterstudium Wirtschaftspädagogik an der WU Wien, in der Fassung vom 10.7.2008, § 5 Abs. 1. 26 UG 2002, § 51 Ziffer 24. 27 Studienplan 2008, § 1.
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– Fähigkeit, den aktuellen schul- und unterrichtsrelevanten Wissenschaftsdiskurs zu verfolgen und für die (eigene) Schulpraxis umzusetzen – Fähigkeit zur Konstruktion von Curricula im Bildungs-, Aus- und Weiterbildungsbereich – Fähigkeit, Lösungsansätze für betriebswirtschaftliche Aufgabenstellungen unter Bezugnahme auf den aktuellen Forschungsstand zu entwickeln – Fähigkeit, die ökologischen, volkswirtschaftlichen und sozialen Nebenwirkungen einzelwirtschaftlichen Handelns und betriebswirtschaftlicher Entscheidungen zu analysieren – Fähigkeit zum Lehren und Lernen fachwissenschaftlicher Inhalte in Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik im Schulkontext – Fähigkeit zur selbstständigen Analyse von Lernvoraussetzungen und Lernbedürfnissen in der Schule und im betrieblichen und überbetrieblichen Bildungs-, Aus- und Weiterbildungsbereich unter besonderer Berücksichtigung von Lebens- und Sozialisationskontexten der Lernenden – Fähigkeit, fachbezogene und fachübergreifende Lehr-Lern-Prozesse medien- und sozialkompetent gestalten und begleiten zu können – Fähigkeit, im Unterricht ein positives Lern- und Lehrklima zu schaffen, und Schülerinnen und Schüler zur aktiven und respektvollen Teilnahme an der sozialen Gestaltung des Unterrichtsgeschehens zu motivieren. – Fähigkeit, Beurteilungs- und Leistungskriterien unter besonderer Berücksichtigung neuer Lehr- und Lernformen kontextspezifisch zu entwickeln, anzuwenden und zur Etablierung einer differenzierten Feedbackkultur zu nutzen – Fähigkeit, fachwissenschaftlich fundierte Schulprojekte zu spezifizieren, zu initiieren, umzusetzen und einschlägige Veranstaltungen zu organisieren – Fähigkeit, die Entwicklung von Sozial- und Selbstkompetenz der Schülerinnen und Schüler zu fördern – Fähigkeit, auf den Bildungsbedarf und die Eingangsvoraussetzungen abgestimmte Konzepte für die berufliche Weiterbildung zu entwickeln – Fähigkeit, Weiterbildungsveranstaltungen zu wirtschafts- und so zialwissenschaftlichen Lehrinhalten durchzuführen
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– Fähigkeit, die pädagogischen Herausforderungen anzunehmen, die aus ethnischen, religiösen, sozialen und geschlechtlichen Zugehörigkeiten der Schülerinnen und Schüler resultieren.“ Angesichts von so viel Aufschneiderei sind Zweifel angebracht, ob der Lehrerausbildung damit gedient worden ist, dass der Staat sie schulfremden autonomen Universitätsgremien überlassen hat, statt die Zuständigkeit für Rahmenrichtlinien, wie es die Studienordnungen gewesen sind, zu behalten.
IX. Pädagogik an der Hochschule für Bildungswissenschaften Klagenfurt/ seit 1993: Universität Klagenfurt
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Nach dem Zweiten Weltkrieg ist es in Österreich zu drei Neugründungen von wissenschaftlichen Hochschulen gekommen. Treibende Kräfte waren die Politiker der Bundesländer Salzburg, Oberösterreich und Kärnten sowie der Landeshauptstädte Salzburg, Linz und Klagenfurt. 1962 hat Salzburg die Wiedererrichtung seiner Universität erreicht1. Linz musste sich 1962 zunächst mit einer „Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften“ begnügen, die schrittweise ausgebaut wurde und 1975 wie alle anderen wissenschaftlichen Hochschulen2 den Namen „Universität“ erhielt3. Kärnten – mit 526.759 Einwohnern (1971)4 – galt lange als Einzugsgebiet der Universität Graz und durch diese hinreichend versorgt. Mit der Gründung des „Kärntner Universitätsbundes“ im Jahre 1964 wurde als Fernziel die Errichtung einer Landesuniversität angesteuert. Da aus gesamtösterreichischer Sicht kein Bedarf für eine weitere Volluniversität nachweisbar gewesen ist, wollten die Betreiber zunächst nur eine „Wirtschaftshochschule Klagenfurt“ erreichen5. Auch dieses Projekt ist damals angesichts genügender wirtschaftswissenschaft licher Studienmöglichkeiten an den vorhandenen Hochschulen und großer finanzieller Notlage in anderen Fächern als unverantwortbar eingeschätzt worden. Deshalb musste die Gründung vom Unterrichtsministerium „so lange zurückgestellt werden …, bis ein Vorschlag gemacht werden kann, der im Interesse des Ausbaues des österreichischen Hochschulwesens die Erfüllung notwendiger, derzeit noch nicht oder nicht im ausreichenden Maße wahrgenommenen Aufgaben ermöglicht“6. Unter diesen UmVgl. in diesem Werk Bd. 3, 31ff. 2 UOG 1975, § 11. 3 Vgl. Bd. 3, 483ff. 4 Österreich Lexikon 1995, I, 596. 5 Vgl. die diesem Vorhaben dienende „Untersuchung im Auftrag und mit Unterstützung der ,Kärntner Hochschulförderung‘“ (Untertitel) von Krasensky/ W. Schneider o.J. (1967) mit Vorworten des Landeshauptmannes Hans Sima und des Klagenfurter Vizebürgermeisters Hans Romauch (als Präsident des Kärntner Universitätsbundes). 6 Regierungsvorlage vom 19.12.1969. Nr. 1486 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XI. GP, 6.
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ständen musste für Kärnten eine Lücke in den österreichischen Studienangeboten gefunden werden, die genügend groß und der Ausfüllung wert zu sein schien, um die Gründung einer Spezialhochschule zu rechtfertigen. Die gesuchte „echte Lücke“7 hat eine Beratergruppe des Bundesministers für Unterricht Piffl-Perčević 1968 im Fehlen der sogenannten „Bildungswissenschaften“ an den vorhandenen Universitäten zu entdecken gemeint. Dieser verschwommene Begriff war bis dahin ungebräuchlich8. Er ist laienhaft gewählt worden und hat als Name für die Klagenfurter Hochschule viele Widerstände, Missverständnisse und Konflikte begünstigt. Zum Verständnis der Wahl dieses Namens sei daran erinnert, dass das vieldeutige Wort „Bildung“9 nach einer Periode kritischer Abweisung in der deutschen pädagogischen Fachsprache10 seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts neuerlich ein massenhaft gebrauchtes, aber weitgehend „sinnentleertes“11 Modewort geworden ist. Es hat einen positiveren Gefühlswert als die verständlicheren Worte „Erziehung“, „Unterricht“ oder „Schule“ gewonnen und ist vielfach an deren Stelle in Gebrauch gekommen. Man denke an „Bildungswesen“ statt „Schulwesen“, „Bildungsreform“ statt „Schulreform“, „Bildungspolitik“ statt „Schulpolitik“, „Bildungsplanung“ statt „Erziehungs-“, „Schul-“ oder „Unterrichtsplanung“, „Bildungsforschung“ statt „Erziehungsforschung“ usw.12 Was im Englischen problemlos „educational system“ oder „school system“, „educational policy“, „educational planning“ und „educational research“ genannt wird13, wurde unter
7 Brunner 1970, 9. 8 In der für den deutschen Sprachraum repräsentativen 16bändigen „Enzyklopädie Erziehungswissenschaft“ von 1983 kommt er nur zweimal an nebensächlichen Stellen vor: in den Bedeutungen „klassische Philologie“ als „Bildungswissenschaft“ (Bd. 9.2 im Beitrag „Neuhumanismus“, S. 420) und „geisteswissenschaftliche Pädagogik“ als „Kultur- und Bildungswissenschaft“ neben Philosophie und Geschichtswissenschaft (Bd. 1, S. 28 und 31). – Im Singular erwähnt bei W. Böhm 2005, 102 mit Hinweis auf die Namensgebung der Klagenfurter Hochschule. 9 Vgl. zu seinen Bedeutungen u.a. Brezinka 2003, 107ff. 10 Belege bei Dolch 1965, 36ff. 11 Dolch 1965, 37. 12 Als Beispiele für den Wandel im schul- und hochschulpolitischen Sprachgebrauch dieser Epoche vgl. u.a. Dahrendorf 1965; Martin/Vogel 1972; W. Hahn 1972; Anweiler u.a. 1992; Führ 1997. 13 Vgl. z.B. OECD 1968.
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Vermeidung des Erziehungsbegriffes in das vage Bildungsvokabular gepresst. In dieser Modeströmung ist die Klagenfurter Hochschule zu ihrem seltsamen Namen gekommen. Ihre Gründung fiel in eine Zeit, in der das öffentliche Interesse an der „weltweiten Erziehungskrise“14, am „Bildungswettlauf zwischen West und Ost“15, an Schulkritik, Schul- und Hochschulreform ungewöhnlich groß gewesen ist. Rationale Reform setzt gründliches Wissen über den tatsächlichen Zustand des Erziehungswesens, realistische Reformziele und die geeigneten Mittel zu ihrer Erreichung voraus, also Erziehungsforschung, Schulforschung, Hochschulforschung als Grundlage der Planung. Daran hat es wie anderswo auch in den deutschsprachigen Ländern gefehlt. In Österreich war der Bedarf besonders groß, weil die Pädagogik an den Universitäten nur spärlich vertreten und von empirischer Forschung weit entfernt gewesen ist. Das Versagen der Philosophischen Fakultäten in der Pflege und Förderung wissenschaftlicher Pädagogik hat Gustav Adolf Lindner schon 1874 zum Vorschlag veranlasst, neben den Universitäten nach dem Beispiel der Technischen Hochschulen eine „Hochschule der Erziehungswissenschaft und der Erziehungskunst“ zu gründen16. Sie sollte der Ausbildung pädagogischer Führungskräfte und der pädagogischen Forschung dienen, „um die Erziehungs- und Unterrichtslehre nach und nach auf die Höhe einer exakten Wissenschaft zu stellen und die Erziehungskunst auf feste Normen zurückzuführen“17. Später gab es noch vor dem Ende der Habsburger-Monarchie Bestrebungen, in Verbindung mit der Wiener Universität eine österreichische „Reichsanstalt für Erziehungswissenschaft und Kinderforschung“ einzurichten18. Sie wurden von Alois Höfler unterstützt19, sind aber im Sande verlaufen.
14 Vgl. Coombs 1968 als Beitrag zur „International Conference on the World Crisis in Education“, die das „Department of Health, Education and Welfare” der USA vom 5. bis 9.10.1967 in Williamsburg (Virginia) organisiert hat. 15 Froese 1961. 16 Lindner 1874, 5. Vgl. Lochner 1958 und in diesem Werk Bd. 2, 61ff.; Lechner 1988. 17 Lindner 1874, 19. 18 Mical 1917. 19 Bericht über eine vorbereitende Tagung am 23.6.1918 im k.k. Ministerium für soziale Fürsorge in Wien unter dem Vorsitz von Höfler bei Mical 1918. Hinweis bei Höfler 1918, 171. Über ihn vgl. in diesem Werk Bd. 1, 310ff.
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In der Zweiten Republik wurden pädagogische Forschung und die Ausbildung einer Elite leistungsfähiger Erziehungswissenschaftler nach der Schulgesetzgebung von 1962 noch dringender als zuvor20. Es gab zu diesem Zeitpunkt an den österreichischen Universitäten nur zwei armselig ausgestattete Lehrkanzeln der Pädagogik: eine in Wien und eine in Innsbruck. Um diesem Mißstand abzuhelfen, hat Wolfgang Brezinka dem Bundesminister für Unterricht Heinrich Drimmel 1963 eine „Denkschrift über Maßnahmen zur Förderung der Erziehungswissenschaft in Österreich“ vorgelegt21. Darin wurde vorgeschlagen, wenigstens „an einer österreichischen Universität ein erziehungswissenschaftliches Forschungs-, Dokumentations- und Ausbildungszentrum einzurichten“. 1965 hat die Österreichische Rektorenkonferenz erstmals einen Planungsausschuss eingesetzt und die Universitäten um Vorschläge für „die Schaffung von Forschungs-Schwerpunkten“ ersucht. Brezinka hat darauf mit einer „Denkschrift über ein Forschungszentrum für Erziehungswissenschaft an der Universität Innsbruck“ reagiert.22 Drimmel hat die Notwendigkeit eines solchen Zentrums eingesehen, aber an der Bereitschaft der Philosophischen Fakultät gezweifelt, ihm zuzustimmen. Um Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, hat er vorgeschlagen, eine von der Universität unabhängige „Bundesanstalt für Erziehungswissenschaft“ einzurichten, die nur durch ihren Leiter in Personalunion mit der Universität verbunden ist.23 Sein Nachfolger Piffl-Perčević hatte 1964 den Mut, auch ohne Anträge aus den Philosophischen Fakultäten den Ausbau der Erziehungswissenschaft an allen österreichischen Universitäten in Angriff zu nehmen und den Plan eines Forschungs-Schwerpunktes in Innsbruck zu unterstützen. Die Innsbrucker Fakultät hat jedoch bereits gegen die vom Ministerium „aufgezwungene“ zweite pädagogische Lehrkanzel mehrheitlich protestiert und den Besetzungsvorschlag verweigert.24
20 Vgl. BMfU 1962; 1965; 1970; Brezinka 1962; 2008 (Vorwort) und in diesem Werk Bd. 1, 202ff. 21 Abdruck in diesem Werk Bd. 1, 895ff. – Erläutert ebenda, 204ff. und Bd. 2, 532ff. 22 Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 557ff. 23 Vgl. Bd. 1, 204f. 24 Vgl. ebenda, 209ff und Bd. 2, 555ff.
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Damit war der Plan gescheitert, das einzige damals relativ leistungsfähige österreichische Universitätsinstitut für Pädagogik25 zu einem nationalen Forschungszentrum auszubauen. Für seine Leistungsfähigkeit sprachen unter anderem die 1963 erfolgte Betrauung mit den österreichischen pädagogischen Beiträgen zum OECD-Projekt „Planung und Investition auf dem Gebiet des Erziehungswesens“ durch das Bundesministerium für Unterricht und die daraus hervorgegangenen Dissertationen von Peter Posch, Ilsedore Rieder-Wieser und Peter Seidl.26 Brezinka ist 1967 mit seinen Schülern und Mitarbeitern Posch, Rudolf Messner und Helmut Fend an die 1966 eröffnete Reformuniversität Konstanz des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg abgewandert. Dadurch hat sich der Bedarf nach einem hochqualifizierten Forschungs- und Studienzentrum der Erziehungswissenschaft in Österreich weiter verschärft. Beigetragen haben dazu auch die internationalen Informations- und Kooperationspflichten auf dem Gebiet des Bildungswesens, die Österreich durch die Mitgliedschaft in der UNO, der UNESCO, der OECD und im Europarat eingegangen ist. Während im westlichen Ausland die „Bildungsforschung“ durch universitäre und außeruniversitäre Institute27 schon einen ersten Aufschwung genommen hatte28, haben dafür in Österreich noch alle institutionellen und personellen Voraussetzungen gefehlt. Angesichts des Mangels an „Bildungsforschern“ und Spitzenkräften für pädagogische Professuren und Assistentenposten an den Universitäten und Pädagogischen Akademien ist im Bundesministerium für Unterricht wie bei seinen Beratern für Bildungsplanung endlich eingesehen worden, was auf diesem Gebiet versäumt worden ist und so rasch wie möglich nachgeholt werden müsste. Diese Einsicht erfolgte
25 Siehe den Vergleich mit den Verhältnissen in Wien, Graz und Salzburg Bd. 2, 536 und die ausführliche Darstellung der Fachgeschichte zwischen 1960 und 1970 an diesen Universitäten in den Bänden 1, 2 und 3. 26 Vgl. Bd. 2, 528f und 566f. Hingewiesen sei auch auf die Promotion sub auspiciis praesidentis von Helmut Fend (1967), die späteren Habilitationen von Posch, Rieder-Wieser, Seidl, Josef Klingler, Gerhard Zecha und deren sowie Rudolf Messners Aufstiege zu Universitätsprofessoren. 27 Vgl. für Deutschland als überregionale Forschungsinstitute das 1951 gegründete „Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung“ in Frankfurt am Main und das seit 1963 bestehende „Institut für Bildungsforschung in der MaxPlanck-Gesellschaft“ in Berlin. Führ 1997, 78ff. 28 Vgl. u.a. Roth/Friedrich 1975.
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zu einer Zeit, in der für die vom Land Kärnten geforderte und 1966 vom Nationalrat einstimmig befürwortete Hochschule dringend ein überzeugendes Aufgabengebiet gesucht wurde. Minister Piffl hat die Lösung beider Probleme 1968 in einer „Hochschule für Bildungswissenschaften“ gesehen. Sie wurde großspurig „als wissenschaftliche Forschungsstätte von europäischem Rang konzipiert“29 und sollte zugleich eine kleine „Philosophische Fakultät“ besonderer Art für die Ausbildung von Lehrern an Höheren Schulen werden30. Als Klammer zwischen der „bildungswissenschaftlichen“ Forschungsstätte und den Fächern für das Lehramtsstudium war die Fachdidaktik dieser Fächer geplant. Die für die Lehramtsfächer berufenen Professoren sollten zu „besonderer Berücksichtigung der Didaktik“ ihres Faches verpflichtet werden. Dieses Vorhaben war neuartig und wenig durchdacht. Es hat aus den Universitäten scharfe Kritik erfahren. Fachlich seriös begründete Einwände31, die über finanzielle Bedenken hinausgingen, sind jedoch selten geblieben und ignoriert worden. Nach relativ kurzer Vorbereitungszeit hat der Nationalrat am 21. Jänner 1970 das Bundesgesetz über die Gründung der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt beschlossen32. Die neue Hochschule war anfangs primär als Forschungszentrum für die sogenannten Bildungswissenschaften gedacht. Aus der Erziehungswissenschaft stand deren Teildisziplin Didaktik im Mittelpunkt – verstanden als Theorie des Unterrichts und der Schulorganisation, auch Schulpädagogik bzw. Hochschuldidaktik genannt. Zur Mehrzahl von „Bildungswissenschaften“ sind die Planer dadurch gelangt, dass sie neben der (weitgehend auf Didaktik reduzierten) Erziehungswissenschaft auch andere Wissenschaften eingeschlossen haben, in denen erzieherisch relevante Phänomene behandelt werden, insbesondere Psychologie, Soziologie, Ökonomie und Philosophie. Sie sind in der 29 Piffl am 19.7.1968 in Klagenfurt. Kärntner Tageszeitung, 20.7.1968. (Nachdruck bei Lechner 1980, 16). 30 Piffl in einem Interview mit der Kärntner Tageszeitung, 16.6.1968. Bei Lechner 1980, 15. 31 Vgl. Brezinka 1969, 1969a, 1969b und die briefliche Stellungnahme des Soziologen Ralf Dahrendorf (Konstanz) vom 19.2.1969 im AUK, Karton 1. 32 BGBl. 1970, Nr. 48. Abdruck bei Ermacora 1972, 146ff.; Drischel 1970, 67ff. – Für das Verständnis unentbehrlich sind die „Erläuternden Bemerkungen“ zur Regierungsvorlage 1486 vom 19.12.1969. Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XI. GP., 5–19.
Vorgeschichte Kolumnentitel und Überblick
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wissenschaftlichen Pädagogik von jeher mehr oder weniger berücksichtigt worden, weil diese „wie keine andere Wissenschaft mit fast allen Disziplinen des Wissenschaftensystems in irgendwelchem, zum Teil noch kaum geklärten Verhältnis“ steht. Die für sie wichtigsten wurden seit dem 19. Jahrhundert „Hilfswissenschaften“ der Pädagogik genannt33 – so auch noch im Erlass des Bundesministeriums für Unterricht über den „Ausbau der Lehrkanzeln für Erziehungswissenschaft und ihre Hilfswissenschaften an den österreichischen Universitäten“ vom 22. Dezember 196434. In der Regierungsvorlage von 1969 ist auch der Einwand35 berührt worden, das geplante nationale Forschungszentrum könne besser und wesentlich billiger durch den Ausbau eines der an den Universitäten bereits vorhandenen Institute für Pädagogik (Erziehungswissenschaft) errichtet werden. Dagegen wurde „als entscheidendes Argument“ behauptet, „daß die bildungswissenschaftliche Forschung und Lehre an einer neuen Hochschule, an der sie im Mittelpunkt des Interesses steht, bessere Ergebnisse erwarten läßt, als in der Form eines Annexes an einer der bestehenden Universitäten“36. Tatsächlich war aber die Befriedigung des Kärntner Wunsches nach einer Spezialhochschule als Vorstufe einer möglichst vielumfassenden Universität entscheidend. Da „Bildungsforschung“ auch für eine Spezialhochschule mit Rekrutierung aus ganz Österreich eine viel zu schmale Basis war und wenig Nachfrage bei Studierenden und Arbeitgebern bestand, war vorherzusehen, dass die Klagenfurter Gründung nur überleben können wird, wenn sie sich für andere Studienrichtungen öffnet. Das lag auch im Interesse des Landes Kärnten und musste früher oder später zum Gewichtsverlust der „Bildungswissenschaften“, zur Namensänderung und zum Wandel zu einer normalen kleinen Landesuniversität führen. So hat sich die Sache nach dem ersten Jahrzehnt auch entwickelt. Die „bildungswissenschaftliche Forschung“ ist in der neuen Hochschule schon bald vom „Mittelpunkt des Interesses“ an den Rand verwiesen worden. Aus der „Universität für Bildungswissenschaften“
33 Spieler 1930, 1166. Vgl. auch Lochner 1947, 11f.; Stähler 1953. 34 Dort beschränkt auf „pädagogische Psychologie“ und „pädagogische Soziologie“. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 207 und 902. 35 Brezinka 1969a (Nachdruck in: 2008, 92ff.). 36 Beilage Nr. 1486, XI. GP, 6.
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(ihr Name seit 1975) ist 1993 die „Universität Klagenfurt“ geworden mit einer „Fakultät für Kulturwissenschaften“ und einer „Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Informatik“. Von den nebulosen „Bildungswissenschaften“ hat man zur Erziehungswissenschaft zurückgefunden. Sie ist seither im „Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ als einem der elf Institute der Fakultät für Kulturwissenschaften vertreten.37 Das Unternehmen einer bildungswissenschaftlichen Forschungshochschule in Klagenfurt war in vieler Hinsicht überspannt und ist schon nach wenigen Jahren – gemessen am eigenen Programm – gescheitert. Es hat jedoch eine Zeit lang zur größten Konzentration von erziehungswissenschaftlichem Personal geführt, die es an einer österreichischen Universität gegeben hat. Daraus sind nicht nur vergebliche Pläne und Anstrengungen hervorgegangen, sondern auch Leistungen, die die Pädagogik bereichert haben und Anerkennung verdienen. Nach schweren Krisen, Enttäuschungen und drohender Auflösung38 ist den verbliebenen Erziehungswissenschaftlern eine Festigung ihres Faches gelungen, die zur Hoffnung auf seinen Fortbestand in maßvollem Umfang berechtigt. Die Vision der Hochschulgründer, Klagenfurt könne zu einer „Forschungsstätte von europäischem Rang“39 oder sogar zum „Mekka der Pädagogik in Europa“ werden40, ist utopisch gewesen. Sie hat sich nicht einmal für Österreich erfüllt.
1. VORLÄUFER: „ERZIEHUNGSKUNDE“ AM KAISERLICH-KÖNIGLICHEN LYZEUM: 1814–1848 Nach der Auflösung des Jesuitenordens im Jahre 1773 sind seine Kollegien in den Provinzhauptstädten Linz und Klagenfurt durch Gymnasien und „mindere“ Lyzeen mit zweijährigem Studiengang ersetzt
37 Leitner 1998, 662–677 (grundlegend); Forschungsbericht 1995–1998 der Universität Klagenfurt (1999), 5 und 70ff. 38 Vgl. BMfWF 1992 (Endbericht der Evaluierung). 39 Unterrichtsminister Piffl am 19.7.1968. Kärntner Tageszeitung, 20.7.1968. Nachdruck bei Lechner 1980, 16. 40 Walter Schöler laut Kärntner Tageszeitung vom 6.11.1968. Nachdruck bei Lechner 1980, 17.
„Erziehungskunde“ Kolumnentitel am Lyzeum: 1814–1848
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worden.1 Diese standen im Rang unter den von 1782 bis 1826/27 zu Lyzeen herabgestuften Universitäten Graz und Innsbruck und hatten kein Promotionsrecht. Im Klagenfurter Lyzeum wurden in der Philosophischen Fakultät zwischen 1817 und 1848 auch Vorlesungen über allgemeine Erziehungskunde angeboten2. Diese Periode endete mit der Auflösung des Lyzeums durch Erlass des Unterrichtsministeriums vom 28. August 1848, das seine Umwandlung in die siebente und achte Klasse des Gymnasiums verfügt hat.3 Nach den Belastungen durch die Befreiungskriege gegen Napoleon war die Finanzierung der Studienanstalten besonders schwierig. Für das Klagenfurter Lyzeum hat der Staat die Erhaltung der Philosophischen und der Theologischen Fakultät durch ein Tauschgeschäft an das Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal abtreten können. Dieses 1091 gegründete Kloster war 1782 durch Kaiser Joseph II. aufgehoben worden. Kaiser Franz I. hat es 1809 den Benediktinern der 1807 säkularisierten Benediktinerabtei St. Blasien im Schwarzwald (Breisgau) überlassen. Als Gegenleistung für die Stiftsgüter musste sich der Konvent verpflichten, die Lehrkräfte für das Klagenfurter Gymnasium und Lyzeum zu stellen.4 Die Einführung des Studiums der Erziehungskunde am Klagenfurter Lyzeum ist am 22. November 1813 vom steiermärkisch-kärntnerischen Gubernium bei der Studienhofkommission beantragt worden und am 8. März 1814 durch Kaiser Franz erfolgt. Vorher war es bereits an den Lyzeen Lemberg5 und Graz6 eingeführt worden. In Klagenfurt wurde das neue Lehramt zuerst dem dortigen Professor der Kirchengeschichte und des Kirchenrechts Karl Joseph Rupperth ohne Konkursverfahren zusätzlich anvertraut. Er hat es ab Herbst 1814 nach dem Lehrbuch von Milde ausgeübt – wegen der leeren Staatskassen (Studienfond) anfangs unentgeltlich. Vom Studienjahr 1816/17 an wurde es – wie üblich – mit 200 Gulden jährlich entlohnt.7
1 Engelbrecht, Bd. 3, 1984, 198 und 273. 2 In der „Ordnung der ordentlichen und ausserordentlichen Vorlesungen“ erstmals 1817. AVA, 354 SHK 8/Klagenfurt. 3 Strelli 1910, 25; Trotsenburg 1980, 30; Reichmann 1991, 171. 4 Raschl 1929, 7ff; Reichmann 1991, 163ff.; Baum 1991, 176. 5 Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 43ff. 6 Vgl. Bd. 2, 127ff. 7 AVA, 354 SHK 8/Klagenfurt, Philosophie. Im HSS erst ab 1817 (II, 202).
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Rupperth wurde am 19. Juli 1773 in Pressburg geboren und besuchte dort die Elementarschule und das Gymnasium. Am Lyzeum in Linz widmete er sich dem Studium der Theologie. 1796 zum Priester geweiht, verbrachte er sechs Jahre in der Seelsorge und bereitete sich auf das theologische Lehramt vor. Nach der Wiedereröffnung der Theologischen Fakultät8 am Klagenfurter Lyzeum im Jahre 1801 beteiligte er sich erfolgreich am Konkurs und wurde 1802 zum Professor ernannt. Mit seinem zweibändigen Werk „Apologie der Urkunden des Christenthums als Grundlage der Theologie dargestellt“ (1808) hat er 1809 den theologischen Doktorgrad erworben. Er wurde ein angesehener Gelehrter und Kanonikus des Salzburger Kollegiatstiftes Mattsee, ist aber bereits am 10. September 1821 im Alter von 48 Jahren gestorben.9 Nach Rupperths Tod war das Benediktinerstift St. Paul verpflichtet, für einen Nachfolger aus den eigenen Reihen zu sorgen. Der Abt ersuchte den Professor des neutestamentlichen Bibelstudiums Leopold Scheichenberger, die Professur für Erziehungskunde ab 1823 provisorisch zu übernehmen.10 Zuvor hatte dieser sich am 1. August 1822 der Konkursprüfung für diese Lehrkanzel am Grazer Lyzeum unterzogen. Sein Elaborat wurde von den Wiener Professoren Cölestin Keppler11, Martin Wikosch12 und Leopold Rembold13 für gut erachtet. Die Studienhofkommission hat jedoch am 25. Jänner 1823 bemängelt, dass „hie und da eine durch zu vielen Schmuck überladene Schreibart vorkommt, welche, wenn sie beim Lehrvortrage angewendet würde, den Lehrgegenstand für die Schüler erschweren und minder fruchtbringend machen müßte. So ist der besagte Professor zugleich auf dieses Gebrechen aufmerksam zu machen, mit dem Beisatze, daß man sich von demselben versehe, er werde beim wirklichen Lehrvortrage sich auch die klare, scharf bestimmte … Darstellungsart des für dieses Lehrfach vorgeschriebenen Lehrbuches zum Muster nehmen“.14
8 Sie war 1783 durch Kaiser Joseph II. geschlossen worden, um die Priesterausbildung in staatlich kontrollierten Generalseminarien durchzusetzen (für Kärnten in Graz). Zschokke 1894, 730. 9 Wurzbach 27, 1874, 272; Todesdatum nach ADG, Hs 30. 10 AVA, 354 SHK. 11 Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 253. 12 Bd. 1, 49. 13 Bd. 1, 252. 14 SHK an das k.k. Gubernium zu Grätz, 23. Jan. 1823. AVA 354.
„Erziehungskunde“ Kolumnentitel am Lyzeum: 1814–1848
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Scheichenberger wurde am 1. März 1791 in Rastatt (Baden) geboren, trat 1807 in den Benediktinerorden ein und wurde 1812 zum Priester geweiht. Er wirkte von 1813 bis 1822 als Lehrer der griechischen Sprache am Klagenfurter Gymnasium. Er ist auch als Prediger und Kärntner Regionalhistoriker zu Ansehen gelangt, bevor er im Februar 1825 zum Protestantismus konvertierte. Er ist im Alter von 34 Jahren am 15. November 1825 als lutherischer Pastor in Karlsruhe gestorben.15 1826 folgte ihm für ein Studienjahr aushilfsweise Georg Suppan als Professor der allgemeinen Erziehungskunde im Nebenamt16. Er war Weltpriester und hauptberuflich Professor der Pastoraltheologie am k.k. Lyzeum zu Laibach17. Die Verbindung mit Laibach war damals sehr eng, weil das Kaiserthum Österreich zwischen 1816 und 1848 die Länder Krain, Kärnten, Görz, Gradisca und Istrien in einem künstlichen – auf Napoleon zurückgehenden – „Königreich Illyrien“ zusammengefasst hatte. Sitz des Guberniums für Kärnten war in dieser Periode Laibach.18 Erst 1827 konnte das Stift St. Paul dem Gubernium wieder ein eigenes Mitglied für die pädagogische Lehrkanzel anbieten. Für ein Jahr half Pater Norbert Heilmann aus. Er war damals Professor der Religionslehre am Klagenfurter Gymnasium, übernahm aber schon 1829 die Lehrkanzel für Pastoraltheologie an der Theologischen Fakultät des Lyzeums. Geboren am 12. Februar 1787 in Innsbruck, hat er 1811 die Ordensprofeß abgelegt. Er ist am 20. Februar 1847 in Klagenfurt gestorben.19 Man sieht aus dem häufigen Wechsel auf der Lehrkanzel für Erziehungskunde, dass es dem Stift St. Paul schwer gefallen ist, dafür geeignete Ordensleute zu finden, die die Konkursprüfung bestanden und die Zustimmung der Studienhofkommission als Aufsichtsbehörde gefunden haben. Seine besten Kandidaten wurden auf wichtigeren Posten gebraucht. Das galt auch für Heilmanns Nachfolger im Jahre
15 Ladstätter 1973, 230 und 288; Strelli 1910, 9. – HSS 1823, II, 171; 1824, II, 170; 1825, II, 167. 16 HSS 1826, II, 253. 17 HSS 1826, II, 253. 18 Meyer, 6. Auflage, 9, 1905, 762. 19 HSS 1827, II, 258; Ladstätter 1973, 284.
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1828, der dieses Amt gleichfalls nach einem einzigen Studienjahr wieder aufgegeben hat. Es war Ferdinand Steinringer20. Er wurde am 9. Juni 1796 in Klagenfurt geboren und hat 1818 die Ordensprofeß abgelegt. Nach Abschluss der theologischen Studien und der Priesterweihe trat er 1820 als Professor der Grammatik in den Lehrkörper des Klagenfurter Gymnasiums ein. 1828 wurde er zum provisorischen Professor der Religionswissenschaft und der Erziehungskunde am Lyzeum ernannt. 1829 hat er die Lehrkanzel für Philosophie übernommen und dieses Fach bis zu seiner Wahl zum Abt des Stiftes St. Paul im Jahre 1840 gelehrt.21 Philosophisch hat er sich an der gnostisch-romantischen Schule von Anton Günther (1783–1863)22 orientiert23, die unter Benediktinern besondere Sympathien genoss24. Davon zeugt sein Buch „Versuch zur Kennzeichnung des Menschen als Natur- und Geist-, oder als Sinnen- und Vernunftwesen, für denkende Christen“ (1864). Pädagogische Schriften sind von ihm nicht bekannt. Steinringer ist am 2. Mai 1866 in Klagenfurt gestorben. Erst sein Nachfolger Vincenz Tschernigg ist zwischen 1829 und 1841 zwölf Jahre lang als Professor der Religionslehre und der Erziehungskunde in diesem Amt geblieben – zunächst als Supplent und ab 1832 als Professor.25 Geboren in St. Martin bei Villach am 2. Dezember 1791, ist er 1811 in das Stift St. Paul eingetreten. Er hat „die philosophischen und theologischen Studien mit Vorzug absolviert“. Beruflich wurde er zunächst im Gymnasium St. Paul als Professor der Grammatik eingesetzt. Dann musste er am Klagenfurter Lyzeum die Lücke füllen, die durch den Wechsel von Steinringer auf die Lehrkanzel für Philosophie entstanden war. Am 30. Juni 1831 hat er die schriftliche konkursartige Prüfung aus Erziehungskunde abgelegt.26 Gutachter waren Steinringer und die Wiener Professoren Keppler, Titze und Peithner von Lichtenfels27.
20 HSS 1828, II, 254. 21 Wurzbach 38, 1879, 150ff.; Strelli 1910, 12f. und 19; Ladstätter 1973, 249f. und 289. 22 Über ihn Winter 1932. 23 Wurzbach 1879, 151. 24 Wenzel 1960, 1277. 25 HSS 1829, II, 230 bis 1841, II, 263. 26 AVA, 354 SHK 8. 27 Über sie vgl. Bd. 1, 253, 58, 276.
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1841 wurde er vom Lehramt am Lyzeum beurlaubt, um in St. Paul die Direktion des Gymnasiums zu übernehmen. Dort ist er am 30. August 1863 gestorben.28 Sein Nachfolger als supplierender Professor der Erziehungskunde war bis 1848 Alphons Dollinger. Geboren am 11. Dezember 1803 in Laas im Vinschgau (Tirol) arbeitete er nach der Priesterweihe zunächst von 1830 bis 1840 als Religionsprofessor im Gymnasium St. Paul. Dann übernahm er die Lehrkanzel für Moraltheologie am Klagenfurter Lyzeum. 1841 wurde er zusätzlich im Nebenamt für die Erziehungskunde vorgeschlagen und bestätigt. Mit der 1848 begonnenen Auflösung des Lyzeums ist dieses Amt erloschen. Dollinger ist am 5. Dezember 1874 gestorben.29 Von der Schließung des Lyzeums war seine Theologische Fakultät als Ausbildungsstätte für Priester besonders betroffen. Zu deren Studienplan gehörte bekanntlich im zweiten Jahrgang auch der obligate Besuch der Vorlesungen über „Erziehungskunde“ in der Philosophischen Fakultät. Er wurde im Rahmen der Theologischen Fakultät ergänzt durch Vorlesungen über „Katechetik“ und „Methodik“ (häufig abkürzend auch „Pädagogik“ im Sinne von „Volksschulpädagogik“ genannt). Für diese beiden Fächer gab es jedoch keine Lehrkanzel. Sie waren in der Regel dem Katecheten der Normalschule als Lehrbeauftragtem der Theologischen Fakultät anvertraut.30 Die Lehrpläne, die Stellenbesetzung und die Aufsicht über das Lehrpersonal waren – wie bei allen anderen Studien so auch bei den theologischen – vom Staat abhängig. Die Kontrolle wurde durch die Studien-Hofkommission und die Gubernien der Länder und Provinzen ausgeübt. Das alles hat sich mit der Revolution von 1848 auch in Klagenfurt geändert. Mit der Schließung des Lyzeums wurde die darin enthalten gewesene Theologische Fakultät zur bischöflichen Lehranstalt erklärt. Damit ging die Verantwortung für die theologischen Studien vom Staat auf die Diözesanbischöfe über. Die Bischofskonferenz einigte sich 1856 auf einen neuen theologischen Studienplan. „Erziehungskunde“ war darin nicht mehr enthalten31. Die pädagogischen Lehrinhalte wurden auf
28 29 283. 30 31
Strelli 1910, 20; Ladstätter 1973, 289. HSS 1843, II, 212 bis 1848, II, 250; Strelli 1910, 20; Ladstätter 1973, Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 30ff. Vgl. V. Müller 1894, 736ff.
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„Katechetik“ und „Unterrichtslehre“ (Methodik) im vierten Jahrgang beschränkt.32 Sie sind in der „Theologischen-Diözesan-Lehranstalt“ in Klagenfurt bis zu deren Auflösung an der Lehrkanzel für „Katechetik und Pädagogik“33 oder verbunden mit der Professur für Pastoraltheologie34 weiter gepflegt worden. Diese kirchliche Tradition ist im Jahre 2007 durch die Gründung der „Katholischen Pädagogischen Hochschuleinrichtung Kärnten“ wiederbelebt worden.35 Sie dient als „Institut für Religionspädagogik und angewandte Theologie“ der Berufsausbildung für das Lehramt „Katholische Religion an Pflichtschulen“ und gilt als private Pädagogische Hochschule36.
2. BEMÜHUNGEN UM EINE HOCHSCHULE FÜR KÄRNTEN Als im Jahre 1585 durch Erzherzog Karl (1540–1590) die Universität Graz gegründet wurde, war sie nicht allein für die Steiermark gedacht, sondern für ganz Innerösterreich.1 Darunter wurden seit dem 16. Jahrhundert die Herzogtümer Steiermark, Kärnten, Krain und die Grafschaft Görz verstanden. Die Grazer Universität und die 1864 gegründete Technische Hochschule Graz blieben bis zur Gegenwart die bevorzugten Studienorte für Kärntner Studenten. Kärnten hatte es nur zu einem zweitrangigen Lyzeum gebracht. Die Hoffnung, dass daraus eine Landesuniversität werden könnte, hat sich nicht erfüllt. Seit der Auflösung des Lyzeums im Jahre 1848 haben sich Kärntner Politiker und Bürger bemüht, als Ersatz oder Vorstufe einer Landesuniversität wenigstens irgendeine kleinere wissenschaftliche Ausbildungs- und Forschungsstätte in Kärnten zu errichten. Zunächst hoffte man, für Klagenfurt von der Wiener Regierung eine Bergakademie zu
32 33 34 545. 35 36
Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 114ff. V. Müller 1894, 740. Zum Beispiel durch den Benediktiner Adalbert Viehauser: HSH 1899, Jahrbuch der Diözese Gurk 2009, 104ff. und 255/20. Gemäß Hochschulgesetz 2005, § 5.
1 Zu den Frequenz-Verhältnissen nach Landesherkunft der Studierenden zwischen 1610 und 1773 Krones 1886, 297f.: nach der Steiermark folgte Krain vor Kärnten, danach Görz.
Bemühungen Kolumnentitel um eine Hochschule
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bekommen2. Kärnten hatte damals noch beachtlichen Bergbau und Metallindustrie. Die erz- und industriereichere Steiermark ist ihm jedoch zuvorgekommen. Ihre Montanlehranstalt wurde 1849 vom Staat übernommen, aus Vordernberg nach Leoben verlegt, 1861 zur „Bergakademie“ erhoben und 1904 in „Montanistische Hochschule“ umbe nannt3. Wissenschaftliche Aktivitäten sind in Kärnten lange auf Forschungseinrichtungen beschränkt geblieben, die auf Vereinsbasis aus privater Initiative entstanden sind: den „Geschichtsverein für Kärnten“ (seit 1844), den „Naturwissenschaftlichen Verein“ (seit 1847) und das Kärntner Landesmuseum. Unter deutscher Herrschaft wurde 1942 am Landesmuseum als Expositur des Germanistischen Instituts der Universität Graz ein „Institut für Kärntner Landesforschung“ geschaffen4. 1941 und 1942 hat das Kulturamt der Landeshauptstadt „Klagenfurter Hochschulwochen“ veranstaltet, die vorwiegend von Professoren der Universität Wien bestritten wurden.5 Nach der Wiederherstellung der Republik Österreich im Jahre 1945 wurde die Verbindung mit der Universität Graz vertieft. Die Kärntner Landesregierung hat schon 1946 erstmals „Hochschulwochen der Universität Graz“ veranstaltet. Seit 1954 haben regelmäßig unter der Schirmherrschaft des Landeshauptmannes „Kärntner Hochschulwochen“ stattgefunden, um eine „verstärkte Bindung mit dieser auch uns zugehörigen Universität anzustreben und neue Wege zur Schaffung eines akademischen Bodens in Kärnten zu finden“6. Der entscheidende Schritt erfolgte am 9. Mai 1964 mit der Gründung des „Kärntner Universitätsbundes“.7 Er hat unter der Parole „Kärnten braucht eine Universität“ in kurzer Zeit rund 1.500 Mitglieder geworben und durch deren Beiträge und eine Bausteinaktion auch finanzielle Voraussetzungen für breite Aufklärungsarbeit und detail-
2 Braumüller 1957, 578 und 1965, 35f., 41. 3 1975 in „Montanuniversität“ umbenannt. Boehm/Müller 1983, 244. 4 Vorstand war bis 1947 der Mundartforscher Eberhard Kranzmayer (1897– 1975). Leitner 1973, 208. Kurzbiographie: Bruckmüller 2001, 264. 5 Braumüller 1965, 36ff., 45; Moro 1977. 6 Landeshauptmann (von 1947-1965) Ferdinand Wedenig (1896-1975) im Jahre 1953 vor den Delegierten der Grazer Universität. Zitiert bei Moro 1977. Über Wedenig: Bruckmüller 2001, 523. – Zu den Hochschulwochen vgl. Leitner 1998, 657ff. 7 Moro 1977; Romauch 1980.
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lierte Planung geschaffen. Gewünscht wurde anfangs eine „wirtschaftswissenschaftliche Universität“. Der damalige Rektor der Wiener Hochschule für Welthandel Prof. Hans Krasensky hat den Bedarf bestätigt und das Kärntner Vorhaben unterstützt8. Unterrichtsminister Dr. Piffl-Perčević hat Ende 1964 Verständnis für den Kärntner Wunsch nach einer eigenen Universität ausgedrückt und die Ansicht geteilt, dass eine wirtschaftswissenschaftliche Universität am ehesten realisiert werden könnte9. 1965 hat der Universitätsbund Krasensky und seinen Assistenten Wilfried Schneider10 mit einer Studie über den Hochschulraum Kärnten und das Projekt einer „Wirtschaftshochschule Klagenfurt“ beauftragt. Sie hat ergeben, „daß die Hochschulneugründung in Klagenfurt bildungspolitisch notwendig und staatspolitisch erforderlich“ sei und „einen Gewinn für das wirtschaftliche und kulturelle Leben Gesamtösterreichs darstellt“11. Für die erste Ausbaustufe haben die Verfasser 14 Institute vorgesehen12. Diese Studie ist dem Bundesministerium für Unterricht am 25. Mai 1966 offiziell vorgelegt worden13. Schon am 17. Juni 1966 hat der Nationalrat einen gemeinsamen Entschließungsantrag von Kärntner Abgeordneten aller drei Parteien auf Errichtung einer wirtschaftswissenschaftlichen Hochschule in Klagenfurt ohne Gegenstimme angenommen.14 Dieses Vorhaben ist an den Universitäten und in den Wiener Ministerien überwiegend auf Ablehnung gestoßen. Der Haupteinwand war, dass für die vorgesehene Studienrichtung kein Bedarf bestehe, da 1966 die neue „Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften“ in Linz ihren Betrieb aufgenommen habe und das vorhandene Angebot der Wiener Hochschule für Welthandel und der Universitäten Wien, Graz und Innsbruck ausreichend ergänze. Unterrichtsminister Piffl ist daraufhin von seiner Befürwortung der geplanten Wirtschaftsuniversität abgerückt und hat sich auf die Suche nach anderen Aufgaben für die Klagenfurter Hochschule gemacht.
8 9 10 11 12 13 14
Über Krasensky in diesem Buch S. 68ff. „Zeitplan der bisherigen Vorarbeiten“ bei Krasensky/Schneider 1967, 69ff. Über W. Schneider in diesem Buch S. 96ff. Krasensky/Schneider 1967, 68. Ebenda, 62. Romauch 1980, 122. Krasensky/Schneider 1967, 68.
Bemühungen Kolumnentitel um eine Hochschule
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Er hatte sich bald nach seiner Amtsübernahme im Jahre 1964 – parallel zum gesetzlich institutionalisierten „Akademischen Rat“15 – als sein persönliches Beratungsgremium einen „Rat für Hochschulfragen“ geschaffen, dem rund 30 Experten angehörten, die sich zu brennenden Problemen der Hochschulreform öffentlich geäußert hatten16. Dieser Rat unter dem Vorsitz des Wiener Philosophieprofessors Erich Heintel17 hat dem Minister 1966 vorgeschlagen, eine Institution zu schaffen, die sich ausschließlich einem umfassenden Planungskonzept für den Ausbau der österreichischen Hochschulen widmet. Sie wurde aus Vertretern der Hochschulen, der Wirtschaft und des Bundesministeriums für Unterricht gebildet und von Piffl am 6. Dezember 1967 als „Arbeitsgemeinschaft für Hochschulentwicklung“ eingesetzt.18 Sie hatte neben vielen anderen Aufgaben auch zum Hochschulprojekt Klagenfurt Stellung zu nehmen.19 Da ihre Empfehlungen großes Gewicht hatten, seien hier ihre Mitglieder namentlich genannt20: Rudolf Inzinger, Professor für Mathematik an der Technischen Hochschule Wien, als Vorsitzender21; Hans Tuppy, Professor für Biochemie an der Universität Wien; Rudolf Strasser, Professor für Arbeits-, Sozial- und Hochschulrecht an der Hochschule Linz (seit 25.3.1968); Rudolf Bratschitsch, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Innsbruck; Walter Brunner, Sektionschef im BMfU; Otto Drischel, Sektionsrat im BMfU; Fritz Klenner, Generaldirektor der Bank für Arbeit und Wirtschaft (bis 25.3.1968); Karl Lechner, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Graz; Franz Loicht, Ministerialsekretär im BMfU;
15 Gemäß HOG 1955, § 69. Ermacora 1972, 89f. 16 BMfU: Bildungsbericht 1965–1969, 69f.; Leeb 1966. 17 Über Heintel vgl. Klein/Oeser 1972, 318ff. mit Liste seiner Dissertanten 326f. 18 Laut Piffl-Perčević 1977, 98 war es eine „Parallelgründung zum Rat für Hochschulfragen“; laut Bildungsbericht 1965-1969 des BMfU „eine Untergliederung des Rates“ (S. 70). 19 BMfU: Hochschulbericht 1969, 238ff. 20 Nach Drischel 1970, 57; BMfU: Hochschulbericht 1969, 238. 21 Vgl. auch Piffl-Perčević 1977, 98.
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Hans Nowotny, Ministerialrat im BMfU; Peter Pliem, Direktionssekretär der Pensionsversicherung der Angestellten; Roland Rainer, Architekt und Professor an der Akademie der Bildenden Künste Wien; Josef Steindl, Dr. rer. comm., Institut für Wirtschaftsforschung. Diese Arbeitsgemeinschaft hat sich seit März 1968 auch mit dem Hochschulprojekt Klagenfurt befasst und Bundesminister Piffl am 30. Mai 1968 ihre „Empfehlung“ vorgelegt.22 Sie hat sich sowohl gegen eine Volluniversität als auch gegen eine Wirtschaftshochschule ausgesprochen. „Neue, in Österreich bislang nicht vertretene Studienrichtungen, deren Bedeutung und Umfang die Gründung einer eigenen Hochschule rechtfertigen, sind derzeit noch nicht erkennbar“. Ganz allgemein wurde jedoch zugegeben, dass „jedenfalls mehr hochschulische Ausbildungskapazität in Österreich benötigt wird als derzeit vorhanden ist“. Dringend sei „der weitere Ausbau des Bildungswesens, der wiederum mit der Frage der Gewinnung zusätzlicher Lehrer verbunden ist“. In Klagenfurt könnten „solche Lehr- und Forschungseinrichtungen geschaffen werden, … die vor allem dem Studium des Lehramtes für höhere Schulen dienen, wobei an Unikatsschwerpunkte gedacht werden könnte, wie in den Bereichen des programmierten Unterrichts, der Didaktik der einzelnen Fächer und der Methoden des Sprachunterrichts“. „Eine solche Einrichtung sollte nicht nur der Lehre dienen; wünschenswert wäre der Anschluß von Forschungseinrichtungen mit gesamtösterreichischem Charakter“. Jedenfalls würde eine Hochschulgründung in Klagenfurt „notwendig auf viele Jahre hin experimentellen Charakter haben“. Im Konzept seien zwar vollständige Studiengänge vorzusehen, „aber auch ein stufenweiser Aufbau in räumlicher, personeller und organisatorischer Hinsicht mit dem Ziel …, empirisch festzustellen, ob eine Hochschule dieser Art in Klagenfurt Bestand haben kann und welchen optimalen Umfang sie erhalten soll“. Von „Bildungswissenschaften“ war in der Empfehlung keine Rede, also auch nicht von einer „Hochschule für Bildungswissenschaften“. Betont wurde, dass „die Faktoren der Unsicherheit über die künftige 22 AdR 02 BMfU, GZ 94.470-I/4/68; auch AUK, Karton 1. Vollständiger Text auch im „Arbeitspapier, vom Herrn Bundesminister am 7. Juni 1968 dem Akademischen Rat vorgelegt“ (AfH 89), 1–5. AdR 02, K 620, BMfU, GZ 100.714-I/5/68. Ausführlich, aber unter beschönigender Auslassung oder Umformulierung der skeptischen Sätze zitiert bei Drischel 1970, 57f.; Hödl 1980, 47ff.
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Entwicklung der in Klagenfurt allenfalls zu schaffenden Hochschuleinrichtungen … so groß und mannigfach“ seien, „daß ein auch in Zukunft gültiges und nicht mit der Gefahr verlorenen Aufwandes verbundenes Gesamtraum- und Funktionsprogramm mit ausreichender Flexibilität versehen werden muß“.23 Diese Stellungnahme war in ihrem positiv empfehlenden Teil äußerst verschwommen und hätte einer kritischen Durchleuchtung und Präzisierung bedurft. Ihr vager Inhalt ist nur verständlich, wenn man Folgendes voraussetzt: es ging dabei gar nicht um eine seriöse Argumentation für eine Hochschulgründung durch ein sachverständiges Gremium. Vielmehr scheint der Arbeitsgemeinschaft ein noch unausgegorener ministerieller Plan vorgegeben gewesen zu sein, für den eine erste Zustimmung von ihr gewünscht wurde, auf die der Minister sich öffentlich berufen konnte. Anders ist kaum erklärbar, dass Piffl schon eine Woche nach Erhalt der Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft am 7. Juni 1968 dem „Akademischen Rat“ den vollen Wortlaut ihrer Empfehlung vorgelegt und durch eigene „weitere Erwägungen“ um drei Seiten ergänzt hat, die in folgendem Satz gipfelten: „Alle diese Erwägungen sowie die Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft für Hochschulentwicklung führen zu dem hiemit unterbreiteten Vorschlag der Gründung einer Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt“24. Damit schien die gesuchte „Lücke“ im österreichischen Hochschulwesen gefunden worden zu sein. Schon am 8. Juni 1968 verkündete die „Kärntner Tageszeitung“: „Kärnten hat seine Universität“25.
23 Arbeitspapier, 3. 24 Piffl: Arbeitspapier, 9f. – Drischel 1970, 59f. mit wörtlicher Wiedergabe von Piffls „Erwägungen“. Der Vorschlag der Arbeitsgemeinschaft kann ihn also kaum „überrascht“ haben, wie Piffl später behauptet hat (1977, 98). Über die vorausgegangenen Ereignisse (Nutzung der Denkschrift Brezinkas von 1963 durch Piffl und die Ministerialreferenten, erste Kontakte mit Schöler usw.) sind in den Akten des BMfU zu Klagenfurt im AdR keine Belege enthalten. Sie beginnen erst mit dem „Arbeitspapier“ Piffls vom 7. Juni 1968. 25 Faksimile-Nachdruck bei Lechner 1980, 13. Eine kritische Skizze der Vorgeschichte seit 1963 auch bei Steindl 1968.
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3. DIE „HOCHSCHULE FÜR BILDUNGSWISSENSCHAFTEN“ ALS ANGEBOT DES BUNDESMINISTERS FÜR UNTERRICHT UND IHRE VORBEREITUNG: 1968–1970 Bundesminister Piffl hat mit seiner Rede vor dem „Akademischen Rat“ am 7. Juni 1968 den ersten Schritt zur Information der Öffentlichkeit über sein Klagenfurter Vorhaben getan. Es hat sogleich viel Widerspruch ausgelöst – auch in seiner eigenen Österreichischen Volkspartei. So hat zum Beispiel die ihr verbundene „Österreichische Studentenunion“ mit Recht erklärt, die vorgelegten Unterlagen der „Arbeitsgemeinschaft für Hochschulentwicklung“ reichten bei weitem nicht aus, „eine Hochschulneugründung empfehlen zu können, sondern erhärten die schon bisher vorgebrachten Bedenken“.1 Die Österreichische Rektorenkonferenz hat das Bundesministerium für Unterricht am 10. Juli 1968 „um eindeutige Mitteilung der konkreten Absichten“ gebeten, die es „mit der Gründung einer Hochschule in Klagenfurt verfolgt“2. Es war also politisch rasches Handeln geboten, um zu einer überzeugenden Konkretisierung des nebulosen Projektes zu kommen. Der zweite Schritt in die Öffentlichkeit musste im Einvernehmen mit den Kärntner Behörden erfolgen und den Eindruck einer geschlossenen Front und vollendeter Tatsachen vermitteln. Die für Kärnten entscheidende Aussprache hat am 19. Juli 1968 in Klagenfurt stattgefunden3. An ihr haben Unterrichtsminister Piffl mit Mitgliedern der „Arbeitsgemeinschaft für Hochschulentwicklung“, die Vertreter des Landes Kärnten unter Leitung des Landeshauptmannes Hans Sima4 und jene der Stadt Klagenfurt unter Leitung des Bürgermeisters Hans Ausserwinkler sowie die Funktionäre des „Kärntner Universitätsbundes“ teilgenommen. Unter den „Vertretern des Bundes“ war auch Dr. Peter Posch5, damals noch Assistent bei Brezinka am Lehrstuhl für Erziehungswis-
1 apa-Meldung vom 28.6.1968, Blatt 27. 2 Der Wiener Rektor Fritz Schwind als Vorsitzender. AdR 02, BMfU 9, Hauptreihe 1–29, GZ 107.322/68, Karton 620. 3 Protokoll im Umfang von 36 Seiten: AdR 02, BMfU 9, Hauptreihe 1–29, GZ 113.590/68-I/4, 68. 4 Kurzbiographie bei Bruckmüller 2001, 460. 5 Liste der Teilnehmer bei Drischel 1970, 63.
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senschaft der Universität Konstanz. Er war von Piffl eingeladen worden, „an dem Entwicklungsprojekt der beabsichtigten Klagenfurter Universität mitzuwirken – nicht zuletzt deswegen, weil ich ja nun Erfahrungen mit dem neugegründeten deutschen Uni-Modell gesammelt hatte“6. Minister Piffl hat bei dieser Sitzung „die Grundsätze für die Schaffung einer Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt“ dargestellt und erklärt, „daß er für die rasche Errichtung dieser Hochschule eintreten werde“7. Die „Grundsätze“ waren so vage wie der Name der geplanten „Hochschule in der Größe einer Fakultät“. „Die Organisation soll nach neuen Gesichtspunkten erfolgen“. Die „Aufgabenstellung“ lautete: „a) Forschungs- und Lehrtätigkeit“ an „besondere(n) Forschungsinstitute(n) mit der Hauptaufgabe der Forschung“. „b) von Forschung begleitete Lehrtätigkeit zur Heranbildung von Lehrkräften für das höhere Schulwesen und die Pädagogischen Akademien sowie für die Erwachsenenbildung. c) von Forschung begleitete Lehrtätigkeit zur Heranführung von Studenten zum Magister phil. und Dr. phil. in den einzelnen Fachgebieten; Heranführung zur Habilitation. d) Heranbildung von Dolmetschern.“ Zum Namen der Hochschule hat Piffl berichtet, dass er den Begriff „Bildungswissenschaften“ vorgesehen habe, weil er „umfassender“ sei als der „an sich geläufigere Titel ,Erziehungswissenschaften‘“. Zur Abwehr der kritischen Stimmen hat er aus einem Brief von Dr. Walter Schöler aus Aachen zitiert, „der sagte, daß Österreich auf diesem Gebiet einen bedeutenden Vorsprung gewinnen wird. Es freut ihn, daß es endlich ein Land gibt, das die Konsequenzen erkennt, die sich aus dem Durchbruch neuer Ideen ergeben. Er schreibt dann zum Schluß: ,Ich halte Klagenfurt für den Markstein in der Geschichte der Pädagogik‘“. Auch der Berliner Professor Helmar Frank (vom „Institut für Kybernetik“ der Pädagogischen Hochschule Berlin-West) halte die Klagenfurter Hochschule „in ihrer Konzeption für außerordentlich faszinierend“.8 6 Posch unter dem Titel „Von Anfang an dabei“ in der Kärntner Tageszeitung am 8.2.1980. Nachdruck bei Lechner 1980, 94. Er hat in Konstanz am 27. Juli 1968 seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis an der Universität beantragt und sie mit Ablauf des 31. August erhalten. Rektor Gerhard Hess am 12.8.1968 an Posch. PAB. 7 Drischel 1970, 63. 8 Protokoll der Besprechung vom 19. Juli 1968, 9, 14, 15, 16. Über Schöler vgl. in diesem Buch S. 83ff.; über Frank Bd. 3, 576ff.
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Als einziger Erziehungswissenschaftler ist bei dieser Konferenz Peter Posch zu Wort gekommen, um auf Ersuchen des Ministers etwas „zum Begriff Bildungswissenschaft“ zu sagen. Piffl hat ihn als jemanden vorgestellt, „der in der Hochschule in Konstanz verwurzelt ist, der aber ein Österreicher ist“9. Poschs Beitrag „erschöpfte sich in einer Aufzählung möglicher Gegenstandsbereiche ohne zu sagen, wie der Leitbegriff der neuen Hochschule, die Bildungswissenschaften, zu umschreiben wäre“10. Definitorisch ist er über den unklaren Satz nicht hinausgekommen, „Aufgabe der Bildungswissenschaft“ sei „die wissenschaftliche Untersuchung“ des „Prozesses des Durchlaufens der Bildungseinrichtung“11. Den Vertretern des Landes Kärnten und der Landeshauptstadt blieb realpolitisch gar nichts anderes übrig, als das leichtfertige Projekt zu begrüßen, um dem Ziel einer Landesuniversität näher zu kommen. Deshalb haben sie versichert, alles zu unternehmen, damit es realisiert werden könne. Ob die Bundesregierung und das Parlament mitziehen werden, war damals noch völlig offen. Es hing vor allem von einer stichhaltigen Konkretisierung des undurchsichtigen Vorhabens ab. Zunächst solle bis zum Frühjahr 1969 ein „Grundkonzept“ erstellt werden12. Im Anschluss an diese Sitzung hat Piffl ein „Team“ mit der Ausarbeitung eines Entwurfes für das Projekt betraut13. Ihm gehörten folgende fünf Personen an: Dr. jur. Otto Drischel, Sektionsrat im Unterrichtsministerium; Diplomkaufmann Adalbert G. Holzer, Leiter des Referates für Personalausbildung der Ersten Österreichischen Spar-Casse, Vorstands-Mitglied des als ÖVP-naher Verein gegründeten „Instituts für Bildungs- und Beratungsforschung“ (IBB) in Wien und Leiter seines Arbeitskreises „Programmierte Instruktion“14; Dr. jur. Peter Pliem, Direktionssekretär der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien und Vorstandsmitglied des IBB15; 9 Protokoll, 20f. 10 Leitner 2000, 618. 11 Protokoll, 21. 12 Landeshauptmann Sima. Protokoll, 32. 13 Drischel 1970, 62f. 14 Nach IBE-Bulletin 8/1971, 41. 15 Geb. 1927. Er war als Funktionär der „Arbeitsgemeinschaft für Hochschulreform“ Mitautor von Michalicek/Pliem 1966. Kurz-Biographie: Who is who in Österreich 7 (1987/88), 834.
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Dr. phil. Peter Posch, seit 1. September 1968 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am „Institut für Bildungs- und Beratungsforschung“ (IBB) in Wien; ab 1. Mai 1969 Assistent im „Institut für Allgemeine Pädagogik“ der Hochschule für Welthandel in Wien bei Schöler16; Dr. paed. Walter Schöler, Privatdozent für Erziehungswissenschaft an der Technischen Hochschule Aachen; seit 1. Dezember 1968 ordentlicher Professor für Allgemeine Pädagogik an der Hochschule für Welthandel in Wien17. Von diesen fünf Personen hatte nur Schöler eine mehrjährige Berufstätigkeit als Lehrer und schulische Detailkenntnisse aufzuweisen. Wissenschaftlich hatte er über deutsche Schulgeschichte des 18. und 19. Jahrhunderts gearbeitet und sich ab 1963 auf Unterrichtsforschung spezialisiert mit dem Schwerpunkt „Programmierter Unterricht“, „Pädagogische Technologie“ und „Kybernetische Didaktik“. Posch stand nach der 1967 erfolgten Promotion noch am Anfang seiner erziehungswissenschaftlichen Forschungen und hat erst 1975 die Lehrbefugnis als Hochschuldozent erworben. Pliem war Verwaltungsjurist und hatte als Vorsitzender der Hochschülerschaft der Universität Graz, Leiter einer „Arbeitsgruppe für Hochschulreform“ und Vizepräsident der christlich-demokratischen „Union österreichischer Akademiker“18 hochschulpolitische Erfahrungen sammeln können. Er galt als Motor des „Instituts für Bildungs- und Beratungsforschung“ und politischer Vertrauensmann des Ministers Piffl. Holzer war Bankbeamter und Spezialist für „Lehrmaschinen“ und „Programmierte Instruktion“19. Von Erziehungswissenschaft haben Drischel, Holzer und Pliem nichts verstanden. Niemand aus diesem Planungsteam hatte längere Berufserfahrung als Universitätsprofessor, geschweige als akademischer Funktionär (Dekan, Senator, Rektor) in der Leitung von Hochschulen wie als Mitglied regionaler oder nationaler Wissenschaftsgremien oder Forschungseinrichtungen. Schöler hatte in seinen bildsamsten Lebensjahren zwischen 1945 und 1960 nur die enge Welt der kommunistischen
16 Kurz-Biographie: Kürschner 2007, 2789. Vgl. in diesem Buch S. 156ff. 17 Vgl. in diesem Buch S. 68ff. 18 Zu diesem Wahlblock vgl. Österreich Lexikon 1966, II, 1180f. 19 Vgl. in diesem Werk Band 3, 502 über ihn als „Lehrbeauftragten für Rechnerunterstützte Ausbildungssysteme“ an der Hochschule Linz.
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Diktatur in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands an untergeordneter Stelle erlebt. Auch Posch hatte das Innenleben und die Strukturprobleme der als musterhaft geltenden Reformuniversität Konstanz nur kurz aus einer Nische auf der untersten Ebene kennengelernt und war ebenso wenig wie Schöler theoretisch auf Hochschulplanung vorbereitet. Verglichen mit den Planungsgruppen für die damals in Deutschland neu gegründeten Universitäten Konstanz20, Bochum oder Regensburg war das von Piffl bestellte Klagenfurter Planungsteam provinziell und ungenügend qualifiziert. Es hat seine Arbeit sofort aufgenommen und schon Ende August einen ersten als „streng vertraulich“ gekennzeichneten Rohentwurf vorgelegt. Nach Diskussionen mit ungenannt gebliebenen „Experten“ ist am 30. September 1968 ein zweiter gefolgt. Befasst waren damit auch die Mitglieder eines beim Bundesministerium für Unterricht eingerichteten „Organisationsausschusses“, dem neben Vertretern des Ministeriums auch solche des Landes Kärnten, der Stadt Klagenfurt, des Kärntner Universitätsbundes und der Österreichischen Hochschülerschaft angehört haben. Zu den Mitgliedern auf Seiten des Ministeriums gehörten folgende Personen: der Sektionschef der Hochschulsektion Walter Brunner als Vorsitzender, Sektionsrat Otto Drischel als Stellvertreter, Ministerialrat Dr. phil. Hans Nowotny als Leiter der Wissenschaftlichen Abteilung (III/4) des BMfU, Ministerialrat Ludwig Otruba von der Rechtsabteilung (I, 5) des BMfU, Adalbert G. Holzer, Peter Pliem, Peter Posch, Walter Schöler und Prof. Hans Tuppy21. Die erste Sitzung hat am 18. und 19. Oktober 1968 in Wien stattgefunden und war vorwiegend der „kritischen Durchleuchtung“ des ersten Entwurfes des Projektes gewidmet. Minister Piffl berichtete, dass sich der Vorsitzende der OECD-Prüfungskommission für Österreich John F. Embling brieflich „sehr positiv zum Hochschulprojekt Klagenfurt ausspricht“. Schöler erklärte: „In Klagenfurt würden vereint: bildungswissenschaftliche Forscher, bildungswissenschaftliche Praktiker und bildungswissenschaftliche Verwalter“. Er forderte für die geplante Hochschule „strenge Abgrenzung gegenüber den Pädagogischen Akademien“. Tuppy stellte fest, dass jede Neugründung zu 20 Vgl. Universität Konstanz: Bericht des Gründungsausschusses 1965, 6f. mit der Liste seiner 10 Mitglieder aus der Elite der westdeutschen Hochschulprofessoren. 21 Drischel 1970, 63f.
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Lasten der anderen Hochschulen gehe“. „Große Propaganda sei notwendig“.22 Das Bemühen, die Einzelheiten des noch unausgereiften Projektes und seine Planer nicht vorzeitig öffentlicher Kritik auszusetzen, war im Planungsstadium verständlich. Es hat jedoch grundsätzliche Kritik an ihm nicht verhindert. Es ist auf viel Unverständnis und Ablehnung gestoßen: bei der Österreichischen Rektorenkonferenz, bei den Philosophischen Fakultäten Wien, Graz, Innsbruck und Salzburg, den Lehrkanzelinhabern für Pädagogik und bei der Hochschülerschaft. Bundesminister Piffl hat sich persönlich sehr bemüht, aufklärend zu wirken und Zustimmung für seinen Plan zu gewinnen. Die fünf ordentlichen Professoren der Pädagogik Schöndorfer, Heitger, Eder, Wolf und Gönner sowie Bayr-Klimpfinger als Professorin für Pädagogische Psychologie hatten sich am 11. Oktober 1968 in einem gemeinsamen Brief an ihn darüber beschwert, dass sie als in erziehungswissenschaftlichen Fragen zunächst zuständige Fachleute in die Beratungen über das Klagenfurter Projekt nicht einbezogen worden sind. Piffl hat sie daraufhin für den 28. Oktober zusammen mit den Dekanen der vier Philosophischen Fakultäten zu einem Gespräch eingeladen. Dabei hat er mitgeteilt23, „daß er sich erst ein Bild über die Vorschläge für die Gestaltung dieser Hochschule machen wollte, bevor er mit den Pädagogen der österreichischen Hochschulen das Gespräch aufnehmen wollte“. Beeindruckt habe ihn vor allem ein Briefwechsel, den er vor einiger Zeit mit der Innsbrucker Philosophischen Fakultät hinsichtlich einer angebotenen Lehrkanzel für Pädagogik geführt habe24. „Der Ernst der Situation auf dem Bildungsgebiet wurde an den Universitäten nicht mit der Schärfe gesehen, die notwendig gewesen wäre. Auch das war ein Grund, warum das Konzept außerhalb der Hochschule erarbeitet wurde“. Das „Ziel der Verstärkung der Bildungswissenschaften“ lasse sich „nicht mit mehr Lehrkanzeln an den Philosophischen Fakultäten durchführen. Die Größe der Aufgabe rechtfertigt daher eine neue Hochschule“.
22 Protokoll, 1ff., AUK, Karton 2. 23 Das Folgende nach dem Protokoll des Gespräches vom 28.10.1968; AdR, BMfU, Hauptreihe 1–29, GZ. 142.188-I/4/68. 24 Veröffentlicht in diesem Werk Bd. 1, 903-908. Zu Anlass und Hintergrund vgl. Bd. 2, 555ff.
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Nach dem Weggang des Ministers stellte „Professor Gönner fest, daß das Konzept zu modern und zu positivistisch sei“. Heitger meinte: „Die Pädagogen nehmen mit Befremden zur Kenntnis, daß das Arbeitspapier von Pädagogen mitverfaßt wurde, die den anwesenden Pädagogen nicht genügend bekannt sind“.25 Ungeachtet dieser und anderer unsachlicher Einwände von außen hat das Planungsteam die Änderungswünsche des Organisationsausschusses eingearbeitet und im Spätherbst 1968 einen vorläufigen „Ersten Entwurf“ für das „Projekt Hochschule für Bildungswissenschaften Klagenfurt“ vorgelegt. Dieser wurde von Bundesminister Piffl ohne Angabe der Verfasser ab 10. Jänner 1969 „an alle Universitätsprofessoren Österreichs und diverse Professoren im Ausland sowie die diversen Dienststellen im Inland“ verschickt mit der Bitte um eine „kritische Würdigung des Projektes“.26 Der „Entwurf“ hatte im Wesentlichen folgenden Inhalt. Der Hochschule wurden die Aufgaben gestellt: 1. „Bildungsforschung im weitesten Sinne“; 2. „Heranbildung von Lehrern für Höhere Schulen wie auch von Ausbildungskräften für allgemeine und berufsbezogene Erwachsenenbildung“; 3. „Förderung und Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Bereich der Bildungswissenschaften“. Als erster Schwerpunkt galt der Forschungsauftrag für die fünf Bereiche „Lehrplanforschung“, „Unterrichtsforschung“, „Organisationsforschung im Bereich des Bildungswesens“, „Bildungswissenschaftliche Grundlagenforschung“ (Teile der Psychologie, Soziologie, Ökonomie, Kybernetik, Informationstheorie, Algorithmentheorie, Theorie der Lehrautomaten, empirische Forschungsmethodologie, Statistik) und „Weiterführende Bildung“. „Neben dem Forschungsauftrag steht die Ausbildung von Lehrern für Höhere Schulen im Mittelpunkt“. Sie soll so erfolgen, daß „die einzelnen Fachrichtungen eine besondere bildungswissenschaftliche Ausrichtung erhalten“. Die Fachwissenschaftler für die Lehramtsfächer sollen „auch an der bildungswissenschaftlichen Forschung selbst mitarbeiten“. 25 Protokoll, 4. Zur Beleuchtung des Doppelspiels von Gönner liegt dem Akt eine Kopie von dessen Brief an Schöler vom 18.4.1968 bei, in dem er diesen als „führenden deutschen Forscher“ gelobt und seine Bereitschaft ausgedrückt hat, sich für seine Berufung nach Wien einzusetzen. Zu Gönner vgl. in diesem Werk Bd. 3, 132ff.; zu Heitger Band 1, 537ff. 26 Liste und Originale der Antworten im AUK, Karton 1.
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Organisatorisch werden dem Schwerpunkt Bildungsforschung fünf „Forschungszentren“ zugeordnet, dem Schwerpunkt Lehrerausbildung „Fachbereiche“. In den Forschungszentren sollen insgesamt 21 „Arbeitsbereiche“ eingerichtet werden. So gliedert sich zum Beispiel das „Zentrum für Unterrichtsforschung“ in folgende drei Arbeitsbereiche: „Unterrichtsmethoden und Unterrichtsorganisation; Unterrichtsobjektivierung (Arbeitsgebiete: Programmierte Instruktion, komputerunterstützter Unterricht, Komputer-Lehrsysteme, Schulfunk und Schulfernsehen, etc.); Unterrichtstechnologie (Arbeitsgebiete: Lehr- und Lernmittel, audiovisuelle Unterrichtshilfen, Lehrmaschinen, Sprachlehranlagen etc.).“ Was neben der Unterrichts- und Schultheorie (Didaktik) noch zur Pädagogik gehört, wurde im „Zentrum für bildungswissenschaftliche Grundlagenforschung“ in einem „Arbeitsbereich Historische und geisteswissenschaftliche Pädagogik“ auf den letzten Platz verwiesen. An Fachbereichen wurden vier vorgesehen: für Formalwissenschaften, Sprachen, Naturwissenschaften, Geschichte und Geographie. Gemäß den Unterrichtsfächern der Höheren Schulen waren folgende „Fachgebiete“ vorgesehen: Philosophie, Mathematik, Slawistik, Romanistik, Anglistik, Germanistik, Klassische Philologie, Physik, Naturgeschichte (Biologie, Zoologie, Botanik, etc.), Chemie, Geschichte, Geographie. Für die gesamte Hochschule wurden nicht weniger als 52 Lehrkanzeln vorgeschlagen. Der Aufbau sollte mit einer einjährigen „Vorstufe“ beginnen. Geplant waren als Beiträge zur postuniversitären Ausbildung folgende Einrichtungen. 1. „Klagenfurter Kurse“ als „mobile Kursausbildungsgänge“ („fliegende Universität“), „die an bestehenden Einrichtungen des Bildungswesens abgehalten werden“. Als Gegenstand genannt wurde „Einführung und Einübung neuer Formen des Lehrens und Lernens (z.B. Ausbildung von Unterrichtsprogrammierern etc.)“. 2. „Klagenfurter Praktika sollen Mitarbeitern anderer Bildungsinstitutionen (Lehrern, Direktoren, Schulverwaltungsbeamten, Dozenten der Pädagogischen Akademien usw.) und der Wirtschaft (Ausbildungskräften, Leitern von Trainingszentren usw.) Gelegenheit geben, ihre bildungswissenschaftlichen Qualifikationen zu erweitern. Auch ein Post-graduateStudium für Heilpädagogik ist in Zusammenarbeit mit der Heilpädagogischen Station des Landeskrankenhauses Klagenfurt vorgesehen.“ 3. Die „Klagenfurter Aspirantur soll promovierten Fachkräften die Möglichkeit eröffnen, sich durch gezielte Forschungsaufträge, Aus-
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landsaufenthalte usw. (Forschungsstipendien) auf eine spezielle Lehrund Forschungsaufgabe an der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt vorzubereiten.“ Zu diesem „Ersten Entwurf“ sind 177 Stellungnahmen eingegangen. Sie waren überwiegend ablehnend und nur zu einem kleinen Teil zustimmend bis konstruktiv-kritisch. Begeisterte bis freundlich ermunternde Zustimmung gab es teilweise aus dem Ausland. Das größte Lob kam von den Vorkämpfern für programmierten oder rechner-unterstützten Unterricht und „pädagogische Kybernetik“ oder „kybernetische Pädagogik“ wie Johannes Zielinski, Helmar Frank, Klaus Weltner, Werner Correll und Miloš Ĺanský, die mit Schöler einen Interessenklüngel bildeten. Das Klagenfurter Projekt wurde als „großartiges Vorhaben“ von „epochalem Gewicht“ und „einmaliger Dignität“ gepriesen27; „das Grundkonzept als zukunftsweisende Pionierleistung“, die „in Westeuropa bisher gefehlt“ habe28; als „ein außerordentlich fruchtbarer und konstruktiver Beitrag zur Hochschulreform“, „der für den deutschen Sprachraum richtungsweisend ist, weil hier die Bildungswissenschaften erstmalig zum Zentrum von Forschung und Lehre einer universitären Einrichtung im großen Stil gemacht werden“29. „Keine einzige Hochschulgründung“ in Deutschland sei „so fortschrittlich“ und „vorbildlich“; das Projekt verdiene „uneingeschränkte Bejahung“30; seine Verwirklichung werde „sicher einen hervorragenden Beitrag zur europäischen Hochschulentwicklung bedeuten“31. Der Bildungsökonom Friedrich Edding, Direktor am Berliner Institut für Bildungsforschung in der Max-Planck-Gesellschaft meinte, das Projekt „entspricht … dringenden Bedürfnissen“; er halte es „für dringend förderungswürdig“32. Selbst Otto Friedrich Bollnow als angesehener Vertreter der geisteswissenschaftlich-hermeneutischen Pädagogik hat Piffl „zu dem mit Mut und Entschiedenheit entwickelten Projekt“ beglückwünscht und sich „ein Zentrum erziehungswissen-
27 Zielinski am 21.2.1969. Er hatte 1967 einen Ruf nach Salzburg auf die Lehrkanzel für Pädagogik II erhalten und abgelehnt. Über ihn vgl. in diesem Werk Bd. 3, 133ff. 28 Frank am 16.2.1969. Über ihn vgl. Bd. 3, 576ff. 29 Weltner am 12.2.1969. Über ihn vgl. Bd. 3, 580ff. 30 Correll am 7.2.1969. Über ihn Kürschner 2007, 585. 31 Ĺanský am 18.2.1969. Über ihn vgl. Bd. 3, 498ff. 32 Edding am 24.2.1969. Über ihn W. Böhm 2005, 169.
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schaftlicher Arbeit“ erhofft, „wie wir es bisher noch nicht haben und das dann für die Ausbildung des erziehungswissenschaftlichen Nachwuchses für die gesamten Hochschulen eine besondere Bedeutung gewinnen wird“.33 Piffl hat sich durch diese positiven Stimmen von Leuten bestärken lassen, die ohne Kenntnis der österreichischen Verhältnisse, ohne Verantwortung und ohne eigenes Risiko ein maßloses pädagogisches Wunschbild gelobt haben, statt kritisch seinen konkreten Inhalt und seine Realisierbarkeit zu prüfen. Keine dieser oberflächlichen Unterstützungserklärungen hatte die Qualität eines Gutachtens. Bei den österreichischen Universitätsprofessoren überwog bei weitem die Ablehnung. Als Hauptmotiv wurden unabhängig von der fachlichen Ausrichtung des Projektes seine Kosten genannt. „Die Finanzierungsfrage“ werde „jedem ehrlichen Österreicher zunächst als der schwerste Einwand gegen das Projekt erscheinen“. „Wie kann der Staat – selbst bei noch so kräftiger Unterstützung durch das Land Kärnten bzw. die Stadt Klagenfurt – an die Verwirklichung eines derart kostspieligen Projekts denken, wo bereits die bestehenden Hochschulen schon schwer zu kämpfen haben und die Errichtung neuer Lehrkanzeln und Institute immer wieder auf Schwierigkeiten stößt?“.34 Am schärfsten hat diesen Einwand der damalige Präsident des „Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung“ Hubert Rohracher (1903–1972), Professor für Psychologie an der Wiener Universität, ausgedrückt: „Obwohl ich eine auf empirische Forschung eingestellte Hochschule für das gesamte Bildungswesen grundsätzlich außerordentlich begrüße, weil im deutschsprachigen Raum im Gegensatz zu anderen Ländern die spekulative philosophierende Pädagogik leider immer noch die Lehrstühle beherrscht, muß ich mich gegen das Klagenfurter Projekt, vor allem gegen seine Verwirklichung in den nächsten Jahren, aussprechen. Der Grund dafür liegt ausschließlich in den enormen finanziellen Verpflichtungen, die der Bund gegenüber den bestehenden Hochschulen erfüllen muß, wenn die Forschung in Österreich nicht rettungslos noch mehr in einen beschämenden Rückstand geraten soll.“35 33 Bollnow am 9.2.1969. Über ihn W. Böhm 2005, 109f. 34 Der damalige Generalsekretär der ÖAW Herbert Hunger, Prof. für Byzantinistik an der Universität Wien, am 5.2.1969. 35 Rohracher am 7.2.1969. Über ihn vgl. Kainz 1974.
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Der zweite Ablehnungsgrund lautete, dass die „zweifellos notwendige“ Förderung der wissenschaftlichen Pädagogik „an den bestehenden Universitätsinstituten für Pädagogik“ nicht nur viel billiger, sondern auch „zweckmäßiger“, „besser“ und „rascher“ geleistet werden könne, „weil wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiete der Pädagogik nur in engem Kontakt mit den übrigen Disziplinen der Fakultäten fruchtbringend ist“.36 Drittens wurde von Josef Steindl als Mitglied der „Arbeitsgemeinschaft für Hochschulentwicklung“ grundsätzlich kritisiert, „daß ein Erzübel unserer Hochschulgründungen darin liegt, daß sie mit weit größerer Unbedenklichkeit vorgenommen werden als viele andere Unternehmungen, bei denen weniger materielle oder geistige Werte am Spiel stehen“. „Das Projekt ist geradezu erschreckend umfangreich und ambitiös, es fehlt aber jede Andeutung darüber, wie groß der Apparat sein soll, mit dem diese Absichten realisiert werden können“.37 Auch Edding erschien „das in der Denkschrift umrissene Forschungsgebiet … so groß, daß meines Erachtens immer nur ein kleiner Teil davon in originärer Forschung bearbeitet werden kann“. „Die empirische Forschung, die auf den meisten Gebieten der Bildungswissenschaft von der Sachlage gefordert wird, verlangt einen derartigen Einsatz, daß auch ein großes Institut nur wenige Projekte unternehmen kann, Projekte, die oft mehrere Jahre beanspruchen“.38 Ähnlich hat Horst Rumpf von der Konstanzer Universität den „Griff nach den Sternen“ gerügt. „Die Diktion des Papiers ist mir auf weite Strecken … zu triumphalistisch und unbescheiden“39. Noch grundsätzlicher war viertens der Einwand, den der Salzburger Professor für Soziologie Mohammed Rassem geäußert hat: die Gründung sei verfrüht, da ja auch im „Entwurf“ betont werde, „daß eine breit angelegte bildungswissenschaftliche Forschung noch gar nicht existiert, mit anderen Worten, daß die Fundamente noch nicht gelegt sind. Es wird hier, wie so oft im wissenschaftlichen Betrieb, der Wunsch nach Erkenntnissen verwechselt mit dem tatsächlichen Besitz dieser Erkenntnisse. Selbstverständlich wäre es interessant, diese Probleme auf
36 Stellungnahme der österreichischen Universitätspädagogen vom 10.2.1969; ähnlich die Stellungnahme des Professorenkollegiums der Philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck vom 26.2.1969. 37 Steindl am 4.12.1968. Hervorhebung vom Verfasser. 38 Edding am 24.2.1969, 2. 39 Rumpf am 11.2.1969, 2.
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neuartige Weise zu erforschen. Man kann jedoch auf die bloße Tatsache hin, daß ein Problem als solches erkannt ist, keine Hochschule aufbauen, die ja als Lehranstalt nur betrieben werden kann, wenn bereits eine wissenschaftliche Disziplin entfaltet und innerlich gesichert ist.“ Trotzdem wäre es empfehlenswert, ein „kleines Forschungsinstitut“ ohne Hochschulverfassung „zu gründen, das auf Lehrtätigkeit in größerem Ausmaß verzichtet und quantitativ den zehnten oder fünften Teil der jetzt geplanten Anstalt umfaßt. Selbst ein solches Institut dürfte nur gegründet werden, wenn es wahrscheinlich wäre, dafür zwei oder drei vertrauenswürdige Direktoren zu finden, die bereits jetzt mehr aufweisen können, als allgemein formulierte Problemkataloge.“40 Der fünfte, aber wichtigste und für die Ablehnung schon allein genügende Einwand war der Mangel an erstklassigem wissenschaftlichen Personal. Dazu hat sich neben anderen Rohracher als der damals wohl erfahrenste Sachverständige geradezu beschwörend geäußert: „Herr Minister! Erlauben Sie mir, daß ich Sie aus meiner Kenntnis der Hochschul-Entwicklung in der Nachkriegszeit dringendst davor warne, neue Hochschulen oder Fakultäten mit mittelmäßigen oder unterdurchschnittlichen Lehrkräften aufzubauen. Noch nie waren qualifizierte Hochschullehrer so schwer zu bekommen wie heute, besonders auch auf dem Gebiete der Pädagogik und der Psychologie. Sie werden selbst bei vielen Gelegenheiten festgestellt haben, daß das persönliche Format und das fachliche Niveau mancher neu berufener Kollegen nicht mehr den Mindestforderungen entspricht, die man von Ihrem und meinem Standpunkt an einen Hochschullehrer stellen muß. Es ist vollkommen aussichtslos, bei der gegenwärtigen Situation für eine Hochschule in Klagenfurt auch nur einige wenige Persönlichkeiten zu gewinnen, die höheren Ansprüchen genügen; der größte Teil würde kaum dem Durchschnitt entsprechen, dabei aber natürlich nur bei Höchstbezügen zu bekommen sein, wodurch eine neuerliche Verbitterung unter den vorhandenen Professoren entstünde. Es wäre für das österreichische Hochschulwesen eine lange nachwirkende Schädigung, wenn sich auch bei uns wie an manchen deutschen Universitäten die Mittelmäßigkeit breitzumachen begänne.“41 40 Rassem am 25.1.1969. Über ihn Kürschner 1992, 2883; Wer ist wer? 2000/01, 1104. Hervorhebung vom Verfasser. 41 Rohracher am 7.2.1969.
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Auch der Grazer Psychologieprofessor Erich Mittenecker hat betont, dass „gegenwärtig ein großer Mangel an gut vorgebildeten Lehrern und Forschern im Bereich der Pädagogik“ bestehe. Deshalb sei „die Erstbesetzung der Lehr- und Forschungsstellen in Klagenfurt“ ein „beinahe unlösbares Problem“.42 Ähnlich schrieb Steindl: „Pädagogik ist von allen Gebieten der akademischen Lehre und Forschung wohl jenes, auf dem der Mangel an geeigneten Kräften am allergrößten ist“43. Auch Rassem meinte „mit Sicherheit“ zu wissen, „daß es im Moment vollkommen unmöglich ist, für das Klagenfurter Projekt Persönlichkeiten zu finden, die so anspruchsvollen Entwürfen gewachsen wären.“44 Zu Einzelheiten des Projektentwurfes ist noch manches kritisch oder ergänzend gesagt worden, was hier zu weit führen würde. Zum Ganzen verdient das Urteil des Konstanzer Professors für Soziologie Ralf Dahrendorf besondere Beachtung. Er war der Hauptautor der Gründungsschrift der mehrfach als Muster genannten Reformuniversität Konstanz und gehörte zu den Wegbereitern moderner Bildungssoziologie und -politik in Deutschland. Er schrieb: „1. Der Projektentwurf ist ein einigermaßen verwirrendes Dokument. In ihm ist einerseits von einer Hochschule für Bildungswissenschaften die Rede, wobei Bildungswissenschaften in der Einleitung mehr definiert werden als die Disziplinen, die Fragen des Bildungswesens zu ihrem Gegenstand haben; andererseits aber wird auf Seite 18 deutlich, daß die Beschäftigung mit den Bildungswissenschaften nur am Rande der Konstruktion einer umfassenden Universität stehen soll, in der alle Fächer vertreten sind, die für die Ausbildung der Lehrer an Höheren Schulen und möglicherweise auch Berufsschulen relevant sind. Die durchgängige Unklarheit, die sich aus diesem Widerspruch ergibt, macht es sehr schwer, zu dem Projektentwurf Stellung zu nehmen. Anders gesagt: zunächst einmal muss die Frage beantwortet werden, ob hier eine Hochschule für Lehrerbildung geschaffen werden soll, an der man sich ausserdem besonders intensiv mit den organisatorischen, didaktischen, sozialen und anderen Fragen des Bildungswesens beschäftigt oder ob etwas anderes geplant ist.
42 43 44
Mittenecker am 30.1.1969. Steindl am 4.12.1968, 2. Rassem am 25.1.1969, 2.
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2. Was die Darstellung der Bildungswissenschaften selbst angeht, so handelt es sich hier um eine einfache Beschreibung dessen, was in der Bildungsforschung vieler Länder heute tatsächlich geschieht. Da eindeutige Akzentsetzungen fehlen, wird relativ grosszügig der Gesamtbereich der Bildungsforschung abgesteckt …. Nach meiner Meinung würde es sich entschieden empfehlen, hier in der Forschung etwas deutlichere Akzente zu setzen, also nicht den wahrscheinlich abwegigen Versuch zu unternehmen, alle Aspekte des Bildungswesens in einem Institut zu behandeln …. 3. Schwerer wiegt allerdings ein anderer Einwand. Wenn man die Bildungswissenschaften – wie sie in diesem Entwurf genannt werden – von den anderen Disziplinen loslöst, wird man weder der Forschung noch der Lehre in diesem Bereich so sehr nützen, wie dies möglich wäre. Es gibt wenige Soziologen, die nur Bildungssoziologen sind, wenige Psychologen, die sich nur mit den für Bildungswissenschaften relevanten Fragen beschäftigen, noch weniger Juristen oder Ökonomen, für die dies gilt. Selbst wenn daher die unter 1) angedeutete Frage dahingehend beantwortet werden soll, dass hier nicht eine Universität, sondern tatsächlich ein Institut für Bildungswissenschaften gegründet wird, dürfte dieses Institut nur der Grundstein einer umfassenderen Hochschule sein, an die hervorragende Ökonomen, Soziologen, Psychologen, Juristen und Vertreter anderer Disziplinen zu ziehen auch dann möglich bleibt, wenn diese nur einen Teil ihrer Energie auf Fragen der Bildungswissenschaften wenden wollen.“ Abschließend meinte Dahrendorf, „dass es sich vielleicht eher empfiehlt, eine umfassende Hochschule für Lehrerbildung in allen Bereichen, die davon betroffen werden, zu schaffen und dieser einen Forschungsapparat anzugliedern, als auf die umgekehrte Weise zu verfahren.“45 Diese Empfehlung berührte sich mit der Kritik, die der Göttinger Pädagogikprofessor Hartmut Von Hentig geäußert hat: „Im Ganzen scheinen mir zukünftige Entwicklungen unvollkommen berücksichtigt allein schon dadurch, daß nur Lehrer der Höheren Schulen ausgebildet werden sollen. Wie auch immer man sich zu den Entwicklungen politisch einstellt: … Sie müssen von vornherein eine gemeinsame, aber gestufte Lehrerausbildung mit einplanen.“
45 Dahrendorf am 19.2.1969. Über ihn Kürschner 2007, 553. Hervorhebungen vom Verfasser.
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Das erziehungstheoretische Niveau und den „Bildungs“-Jargon des Entwurf-Textes hat Hentig wie folgt bewertet: „Die in der Einleitung geäußerten Gedanken sind zu allgemein und in mancher Hinsicht tautologisch und entwerten damit die rationalen Tendenzen, die das Strukturmodell später austrägt. Das Wort ,Bildung‘ kommt in verschiedenen Kombinationen auf der ersten Seite ein genaues Dutzend mal vor und ist doch genau das, was der Erklärung bedarf, ja , was die Unklarheiten erzeugt, an denen unsere Institutionen und ihre Aufträge leiden. Nicht anders steht es mit dem Kapitel ,Ziel und Aufgaben‘. „Die Aufgaben sind für mein Empfinden zu umfassend gestellt“.46 Schließlich ist mehrfach auf die Einseitigkeit des Projektes hingewiesen worden. So fiel auch dem Direktor am Institut für Bildungsforschung in der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin Saul B. Robinsohn „eine starke Betonung elektronischer Unterrichtstechnologie auf Kosten anderer unterrichtsstrategischer Gesichtspunkte auf“47. Noch schärfer urteilte der Wiener Anglist Siegfried Korninger: „Das … Konzept scheint mir ohne genügende Kenntnis von Forschung und Lehre erstellt worden zu sein. Die Schwerpunkte auf dem Gebiet der Pädagogik sind im Programm völlig einseitig gesetzt und mechanistisch ausgerichtet“.48 Auch Herbert Hunger erschien „die auffällige Betonung der Technisierung in Forschung und Lehre“ „höchst bedenklich“.49 Es hat also von verschiedenen Gesichtspunkten aus nicht an Warnungen von Personen mit höchster wissenschaftlicher Kompetenz gefehlt. Sie sind jedoch vom ministeriellen Planungszentrum unter Verschluss gehalten worden50 und haben die öffentliche Diskussion nicht beeinflussen können. Piffl und seine damals der Öffentlichkeit noch unbekannten Projektplaner haben nur oberflächliche Beifallsbekundungen verbreitet. Besonders hervorgehoben wurden das Lob durch Ausländer sowie das angeblich große Interesse der OECD und der UNESCO51. Was fehlte, war eine zusammenfassende kritische Aufklä-
46 Hentig am 20.2.1969. Über ihn Kürschner 2007, 1369; W. Böhm 2005, 281. Hervorhebungen vom Verfasser. 47 Robinsohn am 14.2.1969. Über ihn W. Böhm 2005, 539. 48 Korninger am 27.1.1969. Über ihn Kürschner 1987, 2418. 49 Hunger am 5.2.1969, 2. 50 Eine kurze erste Auswertung an verstecktem Ort von Leitner 2000, 621ff. 51 Z.B. im „Informationsdienst für Bildungspolitik und Forschung“ (ibf), Nr. 79 vom 1.1.1969.
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rung über das Projekt und seine Entstehungsgeschichte, seine Zwecke und seine Mängel. Die meisten österreichischen Politiker außerhalb Kärntens waren skeptisch, aber noch unentschieden. In dieser Situation ist Wolfgang Brezinka, seit 1967 Professor an der Universität Konstanz, von besorgten Professoren und Publizisten gebeten worden, sich als im Ausland tätiger österreichischer Erziehungswissenschaftler öffentlich zum Ministerialentwurf zu äußern. Zugleich wurde versichert, dass die Sache in der Bundesregierung „noch in keiner Weise vorentschieden“ sei52. Daraufhin hat er der Wiener Tageszeitung „Die Presse“ zur Information der Öffentlichkeit zwei Artikel angeboten, die in den Wochenendausgaben am 1. und am 15. März 1969 erschienen sind53. Es bedürfe „jetzt rasch einer gründlichen Kritik am Klagenfurter Hochschulplan, soll noch eine Revision dieses unglücklichen Projektes erreicht werden können“54. „Obwohl ich seit 15 Jahren dafür gekämpft habe, daß in Österreich wenigstens an einer Universität ein leistungsfähiges Forschungs- und Ausbildungszentrum der Erziehungswissenschaft eingerichtet wird, muß ich sagen, daß das Klagenfurter Projekt keine akzeptable Lösung ist“.55 Zu diesem Zeitpunkt hätte das wenig seriöse und viel zu groß geratene „bildungswissenschaftliche“ Vorhaben des Unterrichtsministers politisch noch gebremst werden können. Das hat später auch Piffl in seiner Autobiographie bestätigt. Er berichtete dort, dass er am 4. März 1969 in der Sitzung der Bundesparteileitung der ÖVP unter Bundeskanzler Josef Klaus56 „die Zustimmung zur gesetzlichen Gründung dieser Hochschule“ erbeten habe. „Ein so kurzbündiges, eiskaltes ,Nein‘, wie ich es nun erhielt, hatte ich noch niemals zuvor erfahren“.57 Brezinka hat in seinem ersten Artikel das Fehlen einer gesamtösterreichischen Hochschulplanung bemängelt und mit statistischen Argumenten nachgewiesen, „daß die Errichtung einer Hochschule in
52
Bundesminister für Justiz Prof. Dr. Hans Klecatsky am 19.2.1969 an BrePAB. Brezinka 1969 und 1969a. Brezinka am 18.2.1969 an Chefredakteur Dr. Otto Schulmeister. PAB. Brezinka am 28.1.1969 an Dr. Ilse Leitenberger, Redaktion „Die Presse“.
zinka.
53 54 55 PAB. 56 (1910–2001). Kurz-Biographie: Bruckmüller 2001, 248; Weinmann 2000. 57 Piffl-Perčević 1977, 202.
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Klagenfurt auf keinen Fall mit Ausbildungsbedürfnissen für Lehrer an Höheren Schulen vernünftig begründet werden kann“. Im zweiten Artikel wurden die Notlage der Erziehungswissenschaft an den Universitäten und Piffls verdienstvolle Bemühungen um Abhilfe dargestellt. Das riesenhafte Projekt einer Spezialhochschule für „Bildungswissenschaften“ sei dazu jedoch ungeeignet. Die Planungsergebnisse seiner Berater seien von einer „leichtsinnigen Oberflächlichkeit“. „Sie zeichnen sich durch eine Mischung von wissenschaftstheoretischer Naivität, technokratischer Überheblichkeit und ungezügeltem Wunschdenken aus, die zu maßlosen Forderungen geführt hat, ohne daß zu der praktischen Frage, wie diese verwirklicht werden können, Stellung genommen wird“. Der Entwurf sei „in seiner großsprecherischen Unsolidität ein Dokument für fehlenden Sachverstand“. Auf dieser Basis eine Hochschule für Bildungswissenschaft gründen zu wollen, „wäre ein reines Glücksspiel“. Sicher brauche Österreich „dringend ein erziehungswissenschaftliches Forschungs- und Ausbildungszentrum“, aber es besitze „weder die personellen noch die finanziellen Voraussetzungen für ein erziehungswissenschaftliches Mammutunternehmen. Da man heute in Österreich mit der erziehungswissenschaftlichen Forschung nahe dem Nullpunkt beginnen muß, ist der guten Sache mit utopischen Plänen nicht gedient“. Dabei sei zu berücksichtigen, „daß nur eine relativ kleine Zahl von Absolventen der Erziehungswissenschaft gebraucht wird“. Wenn man zum Beispiel an der Universität Wien mit einigen hervorragenden empirisch orientierten Erziehungswissenschaftlern, die man aus dem Ausland gewinnen müsste, ein interfakultatives Forschungsinstitut schaffen würde, „könnte man mit einem Bruchteil des Aufwandes, der für die Klagenfurter Hochschule nötig wäre, in viel kürzerer Frist mehr erreichen“.58 Auf Grund der im Ministerium eingelangten Stellungnahmen hat das Planungsteam in Verbindung mit Mitarbeitern des „Instituts für Bildungs- und Beratungsforschung“ in Wien im April 1969 eine zweite Fassung des Entwurfes vorgelegt. Beteiligt waren daran neben Posch
58 Weitere „kritische Anmerkungen“ Brezinkas zum Projekt in der „Österreichischen Hochschulzeitung“ vom 1.5.1969. Ergänzender Leserbrief in der „Presse“ vom 31.5.1969 als Antwort auf einen Leserbrief von Schöler in der „Presse“ vom 5.4.1969.
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auch drei weitere ehemalige Innsbrucker Schüler Brezinkas: Dr. Josef Klingler, Dr. Peter Seidl und Dr. Ilsedore Wieser.59 Der „Zweite Entwurf“ war noch stärker als der erste auf „eine Institution für bildungswissenschaftliche Forschung“ konzentriert, die „durch Forschungs- und Entwicklungsarbeiten das Bildungswesen zu verbessern“ habe. „Bildung“ wurde hier „als Oberbegriff verstanden, der die Bedeutungen von Erziehung und Ausbildung umfaßt“. Das inhaltsarme Schlagwort „Zukunftsorientierung“ galt als ein „entscheidender Grundsatz“ der geplanten Hochschule. Sie solle zwecks „ständiger Reform des Bildungswesens“ Modelle für die Zukunft entwickeln und prüfen. Dabei hätten die Forscher die Aufgabe, „sich nicht von den vorgegebenen Zielvorstellungen leiten zu lassen, sondern künftige Entwicklungen bei der Auswahl und Planung ihrer Projekte zu berücksichtigen“. Auszugehen sei „von dem Ziel, das Bildungswesen zu beeinflussen“. An der „gemeinsamen Entwicklung von Zielvorstellungen“ für die „Konzeption des künftigen Bildungswesens“ sollen in Klagenfurt „alle Mitglieder der Hochschule … beteiligt sein“. „Um diese gemeinsame schöpferische Tätigkeit auf die Dauer zu garantieren, wird ein eigenes Gremium – der Forschungsrat – gebildet, dem Vertreter der Professoren, Assistenten und Studenten angehören. Dieses Gremium hat die Richtlinien für die Arbeit der Hochschule festzulegen“. So werde die laufende Arbeit zu einer „kontrollierten Utopie“ führen, weil sie „bereits im Entstehen wissenschaftlicher Kontrolle und Kritik unterliegt“. „Die Mitsprache der Studierenden bei der Klärung der Zielfragen und bei der Gestaltung des Lehrangebots“ sei „sachlich gerechtfertigt und notwendig“. Bei der Rede von den „Zielen“ blieb meistens unklar, ob Erziehungsziele (oder Bildungsideale), schulpolitische Ziele oder Forschungsziele gemeint waren. Sehr unbestimmt war auch der zentrale Programmsatz: „Im Vordergrund der Forschungs-, Entwicklungs- und Lehrtätigkeiten steht an der Hochschule in Klagenfurt das Problem der adäquaten Mitteilung von Erkenntnissen.“ Als wichtigster Beitrag zur Reform der Hochschul-Lehre wurde weiterhin der Unterricht nach dem Baukastensystem „in Form geschlossener mehrwöchiger Blocks oder Kurse“ propagiert, ohne die
59 Drischel 1970, 65. Text des „Zweiten Entwurfes“ im AUK, Karton 2; AdR 02, BMfU 8 Klagenfurt, Karton 620.
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kritischen Hinweise auf seine Nachteile60 zu berücksichtigen. Zweifel wurden mit dem Satz abgetan: „Der neuartigen Aufgabenstellung der Hochschule … entspricht ein besonderer Typ von Hochschullehrer, der zum Teil erst herangebildet werden muß“. „Mit Hilfe des konventionellen Berufungsverfahrens kann der Bedarf an wissenschaftlichen Mitarbeitern weder qualitativ noch quantitativ“ gedeckt werden. Deshalb werde für die Klagenfurter Lehrstühle auf Hausberufungen aus dem Kreis der dort ausgebildeten „Aspiranten“ gesetzt.61 Der „Zweite Entwurf“ enthielt also keine wesentlichen Verbesserungen, sondern nur ein paar fragwürdige Programmpunkte mehr als der erste. Um diese Zeit hatte das Projekt aber schon unabhängig von seinem Initiator Piffl-Perčević ein zähes Eigenleben gewonnen. Als dieser am 23. Mai 1969 seinen Rücktritt vom Amt als Unterrichtsminister einreichte62, ist es im Ministerium weiter vorangetrieben worden, obwohl der Ausgang noch immer ungewiss gewesen ist. Piffls Nachfolger wurde am 2. Juni der 35jährige Alois Mock, der von 1962 bis 1966 in der OECD-Vertretung in Paris gearbeitet hatte und von dort zum Kabinettschef von Bundeskanzler Klaus aufgestiegen war.63 Er war mit dem Klagenfurter Projekt zunächst nicht einverstanden64 und wollte im Juli 1969 „zu der gesamten Frage noch keine endgültige Stellungnahme abgeben“65. Eine völlige Abweisung des Projektes schien jedoch realpolitisch kaum mehr möglich zu sein, weil das von Piffl dem Land Kärnten gegebene Versprechen an eine erziehungswissenschaftliche Spezialhochschule gebunden war. Deren nachträgliche Verwerfung als illusionäre Fehlplanung wäre in Kärnten auf Unverständnis und massiven Protest gestoßen.
60 Vom Salzburger Romanisten Rudolf Baehr am 13.3.1969. 61 Zweiter Entwurf, II, 1: wissenschaftliches Personal. 62 Vgl. Piffl 1977, 202ff. – Anlass war der Erfolg des „Schul-Volksbegehrens“ vom Mai 1969 gegen die Einführung des 9. Schuljahres an den allgemeinbildenden höheren Schulen, an der Piffl gemäß § 35 Schulorganisationsgesetz 1962 festhalten zu müssen geglaubt hat. Vgl. Engelbrecht, Bd. 5, 1988, 502; Scheipl/Seel 1988, 77ff.; dokumentiert bei Rauchenberger 1994, 877ff. 63 Kurz-Biographie: Bruckmüller 2001, 332. 64 Schulmeister 1971, 2. 65 „Ich kannte Ihre seinerzeitigen Ausführungen in der Presse. Der Herr Bundeskanzler hat mich auf Ihre Ausführungen in der Österreichischen Hochschulzeitung aufmerksam gemacht“. Mock am 1. Juli 1969 an Brezinka. PAB.
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Zur politischen Rettung des Projektes und seiner propagandistischen Unterstützung haben seine Anhänger im Bundesministerium für Unterricht in Zusammenarbeit mit der OECD und der „Kärntner Hochschulförderung“ vom 10. bis 12. Juni 1969 in Pörtschach am Wörther See eine „Internationale Expertenkonferenz über das Hochschulprojekt Klagenfurt“ durchgeführt.66 Bei ihr sollte der Plan „in einem Kreis international hervorgetretener Fachleute diskutiert werden“67. Grundlage der Diskussion war die „Zweite Fassung“ des Entwurfes. Teilnehmer waren 14 „ausländische Experten“, die zum größten Teil auf Vorschlag der OECD eingeladen worden waren68, und 24 „inländische Experten“. Dazu gehörten neben Ministerialbeamten und dem Planungsteam die Universitätsprofessoren der Pädagogik Alois Eder, Rudolf Gönner, Marian Heitger und Karl Wolf sowie der Salzburger Dozent für Erwachsenenbildung Eduard Seifert und die Direktoren der Pädagogischen Akademien in Klagenfurt und Linz Ewald Krainz und Rupert Vierlinger, ferner der Salzburger Historiker Fritz Fellner, der Wiener Biochemiker Hans Tuppy und als Vertreter der Österreichischen Hochschülerschaft Stefan Schulmeister. Als „inländische Beobachter“ waren die Innsbrucker Assistenten Peter Seidl und Ilsedore Wieser sowie August Fleisch dabei, die bereits „Arbeitsunterlagen“ über „Die Organisation der zweijährigen Aufbauphase“ geliefert hatten.69 Aus der amtlichen Sicht des Ministeriums hatte die Konferenz „vor allem den Zweck, dem Bundesminister für Unterricht und dem Österreichischen Nationalrat jene Unterlagen zu liefern, die es ihnen ermöglichen, eine sachgerechte und finanziell vertretbare Lösung auf diesem Gebiet zu finden“.70 Dieser offizielle Zweck ist nicht erreicht worden. Seriöse Kritik der Grundmängel wie Vorschläge zur Verkleinerung des aufgeblähten Vorhabens sind ausgeblieben. Die meisten Diskussionsbeiträge waren oberflächlich allgemeiner Art statt spezifisch auf das
66 Drischel 1970, 64f. – Programm und Arbeitsunterlagen im AUK, Karton 4. – Kurzbericht von Mr. Nowotny für das BMfU vom 20.6.1969 im AdR, BMfU, Klagenfurt, Karton 620. 67 Einladungsschreiben des BMs Piffl vom 28. Mai 1969, BMfU Zl. 81.425I/4/69. AdR 02, 8, Karton 620. 68 Bericht Nowotny, 1. 69 Teilnehmerliste im AUK, Karton 4; AdR 02, BMfU 8, Klagenfurt, Karton 620. GZ. 81.425-I/4-69. 70 Sektionschef Brunner zur Eröffnung am 10.6.1969. AUK.
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Projekt und seine Problematik bezogen.71 Deshalb ist auch die angekündigte Veröffentlichung der Ergebnisse72 nie erfolgt. Gelungen ist nur die propagandistische Auswertung der Tatsache, dass alle Teilnehmer (mit Ausnahme von Schulmeister) einem „Resumme“ zugestimmt haben, in dem die Gründung der Hochschule befürwortet wurde. Sie wurde primär als Mittel zur „Neugestaltung“ des österreichischen Bildungswesens dargestellt und „sollte dazu beitragen, neue Haltungen bei Lehrenden und Lernenden entstehen zu lassen“. „Forschung, Entwicklung und Lehre sollen … in interdisziplinärer Teamarbeit erfolgen“. Ihre Organisation „sollte flexibel und in enger Zusammenarbeit von Lehrenden und Lernenden gestaltet sein“. „Die Hochschule selbst ist als Forschungs- und Entwicklungsprojekt aufzufassen. Sie soll ihre eigenen Ziele, ihre Aktivitäten und ihre Organisation zum Gegenstand bildungswissenschaftlicher Forschung machen.“73 Damit wurde ihr die permanente Beschäftigung mit sich selbst als Aufgabe aller Mitglieder gestellt. Dadurch ist nach ihrer Gründung jahrelang viel Zeit und Kraft in fruchtlosen Diskussionen verschwendet worden. Unterrichtsminister Mock hat dem Druck im Herbst 1969 nachgegeben und die ÖVP-Alleinregierung dafür gewonnen, ein „Bundesgesetz über die Gründung der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt“ als Regierungsvorlage in den Nationalrat einzubringen. Es ist am 21. Jänner 1970 im Plenum beschlossen worden.74
71 Die Behauptung „Bei der Pörtschacher Konferenz wurde das Konzept für die Gründung der Hochschule … von allen Seiten beleuchtet“ (Drischel 1970, 65) ist eine beschönigende Fehl-Darstellung. Drischel hat später betont: „Von den österreichischen Pädagogikprofessoren kam kein sachliches Gegenargument“. Einzige Ausnahme seien Brezinkas Artikel aus Konstanz gewesen. Sie seien jedoch mit der Unterstellung abgewertet worden, daß sie aus Ressentiment gegen die Blockade seines eigenen Planes zum Ausbau der Erziehungswissenschaft in Innsbruck durch die dortige Fakultät hervorgegangen seien. Interview mit Brezinka am 5.3.1998. Weder Brezinka noch andere Kritiker des Klagenfurter Projektes sind zur Pörtschacher Konferenz eingeladen worden. 72 1969 „im Erscheinen“ angekündigt als Band 8 der Schriftenreihe des BMfU „Erziehung – Wissenschaft – Forschung“. 73 „Resumme“ als Beilage 11 bei Nowotny. AdR. 74 BGBl. 1970, Nr. 48. Ermacora 1972, 146ff.; Abdruck bei Drischel 1970, 67ff. – Eine letzte ablehnende Stellungnahme zum Gesetzentwurf hatte die Philosophische Fakultät der Universität Wien am 3.12.1969 beschlossen. Auszüge in ÖHZ, 1.1.1970, 1–2.
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4. GRÜNDUNGSGESETZ UND AUFBAUSTUFE: 1970–1973 Laut Gründungsgesetz oblag der Klagenfurter Hochschule „die wissenschaftliche Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Bildungswissenschaften“. Insbesondere habe sie folgende Forschungsaufgaben: „a) Lehrplanforschung, Lehrziele, Lehr- und Studienpläne, Beurteilungsverfahren; b) Organisation und Methode des Lehrens und Lernens; c) Organisation der Bildungseinrichtungen; d) Ziele, Methoden und Organisation der weiterführenden Bildung; e) Bildungsökonomie“1. Außerdem habe sie Diplomstudien anzubieten, „insbesondere auch für das Lehramt an höheren Schulen“, sowie Doktoratsstudien, Kurzstudien, Erweiterungsstudien und „Hochschulkurse und Hochschullehrgänge, insbesondere zur Fortbildung und für höhere Studien … auf den ihr … anvertrauten Gebieten der Wissenschaften“.2 Zur Bezeichnung „Hochschule für Bildungswissenschaften“ wurde in den „Erläuternden Bemerkungen“ zur Regierungsvorlage Folgendes mitgeteilt: sie „soll zum Ausdruck bringen, daß das Bildungswesen ein komplexer Gegenstandsbereich ist, der nur mit Hilfe verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen erforscht werden kann“. Dabei werde „Bildung … als Überbegriff verstanden, der die Bedeutung von Erziehung und Ausbildung umfaßt“.3 Juristisch war das Gesetz „ein Programmgesetz organisationsrechtlicher Natur“, das noch „keine Grundlage für ein Studium“ bot4. Eine „dienstrechtlich beachtenswerte Neuerung“ war, dass alle Dienstposten des wissenschaftlichen Personals öffentlich auszuschreiben sind5. Neu war auch die Einführung der Drittelparität zwischen Professoren, Assistenten und Studenten in den Studienkommissionen6. Als besonders problematisch hat sich im Gründungsausschuss die „Dualpari-
1 BGBl. Nr. 48/1970, § 1 Abs. 3. 2 § 1 Abs. 4. 3 Regierungsvorlage vom 19.12.1969, 7. Nr. 1486 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XI. GP. Zitiert auch in: BMfWF 1977, 7. 4 Ermacora 1972, 146. 5 Ebenda, 147. 6 § 3 Abs. 4 nach dem Muster des Bundesgesetzes über technische Studienrichtungen BGBl. Nr. 290/1969, § 18 und Vorwegnahme von § 59 des UOG 1975. Vgl. BMfU: Bildungsbericht 1965–1969, 70f. – Zu den negativen Auswirkungen vgl. in diesem Werk Bd. 1, 221ff.
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tät“7 zwischen Professoren einerseits und gewählten Vertretern der Assistenten und Dissertanten andererseits8 erwiesen. Die Klagenfurter Hochschule war die erste und einzige in Österreich, die in ihrem Leitungsgremium diese extreme Mitbestimmung des „Mittelbaues“ bis zum Inkrafttreten des UOG 1975 zu praktizieren verpflichtet worden ist. In den ersten Jahren nach ihrer Gründung sollte die Hochschule zunächst nur der Forschung und einem „post-graduate“-Studium dienen. Ihr organisatorischer Aufbau sollte „stufenweise während der auf das Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes folgenden zehn Jahre … erfolgen. Die Aufbaustufe dauert wenigstens drei Jahre, die Ausbaustufe den Rest des angegebenen Zeitraumes“. Die Aufbaustufe dient „a) der Erarbeitung eines Planes und der Durchführung von Entwicklungsarbeiten für die Struktur der Hochschule und für die Organisation von Lehre und Studium; b) der bildungswissenschaftlichen Forschung …; c) der Einrichtung von Doktoratsstudien auf dem Gebiete der Bildungswissenschaften. Zu diesen Studien sind Bewerber mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium zuzulassen.“9 „Die Regelung der Organisation der Hochschule“ blieb „einem besonderen Bundesgesetz vorbehalten“10. In den amtlichen Erläuterungen zu § 3 des Gründungsgesetzes hieß es dazu: „Im gegenwärtigen Zeitpunkt dürfte es nicht zweckmäßig sein, die Organisation und die Struktur der neuen Hochschule gesetzlich festzulegen. Die Diskussion über eine Reform in der Hochschulstruktur ist derzeit noch in vollem Gange“, aber „noch nicht so weit fortgeschritten, daß die gesetzliche Fixierung einer neuen Hochschulstruktur empfohlen werden könnte“11. Deshalb wurde den wissenschaftlichen Mitarbeitern in der dreijährigen Aufbaustufe „die besondere Aufgabe“ zugewiesen, „die Ziele dieser Hochschule, ihre Aktivitäten und Organisation zum Gegenstand bildungswissenschaftlicher Forschung zu machen und die Entwicklungsarbeiten für den Betrieb der Hochschule durchzuführen“12. Dieser Auftrag konnte als chancenreicher Gestaltungsspielraum betrachtet wer-
7 8 9 10 11 12
HBW 1971, 23. Gründungsgesetz 1970, § 11 Abs. 4. § 10. § 3 Abs. 1. Regierungsvorlage 1969, 17. Ebenda, 18: Erläuterungen zu § 10.
Gründungsgesetz Kolumnentitel und Aufbaustufe: 1970–1973
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den, hat sich aber tatsächlich als Überforderung und enorme Belastung des Personals und langjährige Konfliktquelle erwiesen. Die Leitung der Hochschule oblag bis zum Inkrafttreten des UOG 1975 einem Gründungsausschuß. „Er hat als Vorsitzenden einen Gründungsrektor zu wählen“. „Der Gründungsausschuß hat aus acht Mitgliedern zu bestehen. Sie werden vom Bundesminister für Unterricht … aus dem Kreis anerkannter Fachleute auf den der Hochschule anvertrauten Gebieten der Wissenschaften bestellt“. „Der Gründungsausschuß hat die Vorschläge zur Besetzung der Dienstposten für Hochschulprofessoren auf Grund der Ausschreibung … auszuarbeiten. Nach ihrer Ernennung treten die Hochschulprofessoren in den Gründungsausschuß als weitere Mitglieder ein.“ „Jeweils bei Ernennung eines Hochschulprofessors haben die anderen an der Hochschule wissenschaftlich Tätigen einschließlich der Dissertanten aus ihrer Mitte … einen Vertreter zu wählen, der auf zwei Jahre als Mitglied in den Gründungsausschuß eintritt.“13 Auf Grund dieser gesetzlichen Vorgaben wurden die Mitglieder des Gründungsausschusses am 4. Mai 1970 durch den Bundesminister für Unterricht Leopold Gratz (SPÖ)14 bestellt. Er war Alois Mock am 21. April als Mitglied der Regierung Kreisky I im Amt nachgefolgt. Bald darauf wurde das Hochschulwesen aus dem Unterrichtsministerium ausgegliedert und dem am 24. Juli 1970 neu geschaffenen Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung15 übertragen. Für die Klagenfurter Hochschule war von da an bis 1983 die sozialistische Ministerin Hertha Firnberg16 verantwortlich17. Zu Mitgliedern des Gründungsausschusses wurden auf Vorschlag von Drischel18 folgende „Fachleute“ bestellt19: Gerhart Bruckmann, o. Professor der Statistik an der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien20; Werner Clement, ao. Professor für Wirtschafts- und Sozialpolitik an der Universität Inns
§ 11. Kurzbiographie: Bruckmüller 2001, 162. 15 Zur Gründung dieses Ministeriums vgl. Frühauf 1975, 235–260. 16 (1909–1994). Kurzbiographie: Bruckmüller 2001, 123; ausführlicher Frühauf 1975, 7–13. 17 Zu den veränderten politischen Rahmenbedingungen vgl. Kleindel 1995, 438f. 18 Schulmeister 1971, 3. 19 Drischel 1970, 66. 20 Kürschner 2007, 429; Bruckmüller 2001, 60. 13 14
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bruck21; Peter Heintel, Oberassistent und Universitätsdozent für Philosophie an der Universität Wien22 (auf Verlangen der Österreichischen Hochschülerschaft23); Otto Hittmair, o. Professor für Theoretische Physik an der Technischen Hochschule Wien24; Miloš Lánský, o. Professor für Kybernetik und Kybernetische Pädagogik an der Hochschule Linz25; Walter Schöler, o. Professor für Allgemeine Pädagogik an der Hochschule für Welthandel Wien26; Rudolf Weiss, seit 1969 o. Professor für Pädagogik an der Universität Innsbruck27; Herwig Wolfram, ao. Professor für Geschichte und Historische Hilfswissenschaften an der Universität Wien28. Diese noch von Unterrichtsminister Mock benannten Personen standen politisch überwiegend der ÖVP nahe. Von diesen acht Personen konnten nur Schöler und Weiss als Fachleute für Erziehungswissenschaft gelten. Erfahrung in der Organisation und Leitung von Hochschulen hat jedoch beiden gefehlt: Schöler war erst seit eineinhalb Jahren Professor, Weiss seit einem halben Jahr. Die konstituierende Sitzung des Gründungsausschusses hat am 20. Mai 1970 stattgefunden und einstimmig Schöler zum Gründungsrektor sowie Lánský und Heintel zu seinen Stellvertretern und Drischel zum dauernden kooptierten Mitglied gewählt. Peter Posch wurde mit der provisorischen Leitung des Sekretariats betraut29. Gleich in der ersten Sitzung gab es einen grundsätzlichen Konflikt. Weiss hat nach ihr seinen Rücktritt erklärt, weil es ihm „im Rahmen dieses Gründungsauschusses nicht möglich“ sei, „eine Mitverantwortung zu übernehmen“. Er habe von einigen Mitgliedern, die laut Gesetz „aus dem Kreis anerkannter Fachleute auf den der Hochschule anvertrauten Gebieten der Wissenschaft“ zu bestellen waren, „noch nie etwas gehört“. Hauptgrund war aber, dass „außer von mir allgemein die Meinung vertreten wird, die Mitglieder des Gründungsausschusses 21 Kürschner 2003, 479. 22 Kürschner 2007, 1326; Bruckmüller 2001, 194. 23 Stellungnahme der ÖH vom 18. und 25.2.1970 in Briefen an BM. Mock. AdR, BMfU 8, Karton 620. 24 Kürschner 2003, 1327; Bruckmüller 2001, 205. 25 Über Lánský vgl. in diesem Werk Bd. 3, 498ff. 26 Über Schöler vgl. in diesem Werk Bd. 3, 518ff. und in diesem Band S. 86ff. 27 Über Weiss vgl. in diesem Werk Bd. 2, 586ff und 613ff. 28 Kürschner 2007, 4097; Bruckmüller 2001, 543. 29 Protokoll im AdR, BMfU 8 Klagenfurt, Karton 620.
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könnten sich selbst bewerben und objektiv über die Qualität von Mitbewerbern entscheiden, ja: das sei sogar zweckmäßig, weil es die Kontinuität der Hochschulführung fördere. Das widerspricht meinen grundsätzlichen Vorstellungen von einem demokratischen, ,durchsichtigen‘, für alle anderen Universitäten vorbildlichen Berufungsverfahren.“30 Tatsächlich ist später bei Besetzungsvorschlägen für Schöler, Lánský, Heintel, Clement und Wolfram in der von Weiss missbilligten Weise verfahren worden. Mit Weiss hat der Gründungsauschuß einen seiner beiden Erziehungswissenschaftler verloren. Sein Platz wurde erst 1971 mit dem Wiener Professor für Romanische Philologie Wolfgang Pollak31 neu besetzt. Er war Mitglied des Bundes Sozialistischer Akademiker (BSA) sowie Obmann der Sozialistischen Hochschullehrer und galt als Vertrauensperson von Bundesminister Firnberg32. Nach dem Ausscheiden von Lánský gehörte der Wiener Professor für Erwachsenenbildung Herbert Zdarzil33 vom 12. Juli 1972 bis 1976 zu den Mitgliedern. Zur Beratung und Kontrolle ist der Hochschule ein „Beirat“ mit fünfjähriger Funktionsperiode beigegeben worden. Laut Gründungsgesetz bestand er „aus höchstens acht international anerkannten Fachleuten der der Hochschule anvertrauten Wissenschaften. Sie werden vom Bundesminister für Unterricht (WB: ab Juli 1970 Bundesminister für Wissenschaft und Forschung) nach Anhörung der Rektorenkonferenz, der Vertreter des wissenschaftlichen Personals … und der Österreichischen Hochschülerschaft berufen und abberufen.“ „Die Aufgabe des Beirates ist die kritische Würdigung der Entwicklung und der Arbeiten der Hochschule sowie die Erstattung von Empfehlungen und Gutachten an die Hochschule und an den Bundesminister für Unterricht. Die Mitglieder des Beirates haben das Recht, die Hochschule jederzeit zu besuchen, um sich vom Stand ihrer Entwicklung persönlich zu unterrichten. Einmal jährlich ist vom Beirat dem Bundesminister für Unterricht ein Bericht vorzulegen, der zu veröffentlichen ist. Der Bundesminister für Unterricht und die Hochschule
30 Weiss am 1.6.1970 an Bundesminister Gratz. AdR, BMfU 8, Karton 620. 31 Kurzbiographie: Kürschner 1996, 1100. Zu seinen Ansichten über „sozialistische Schulreform“ vgl. Pollak 1972. 32 Schulmeister 1971, 4f. 33 BMfWF 1977, 10. Über Zdarzil (1928–2008) siehe in diesem Werk Bd. 1, 585ff.
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haben dem Beirat über dessen Anforderung die notwendige sachliche und persönliche Unterstützung zu gewähren. Der Beirat wählt aus seiner Mitte den Vorsitzenden. Der Vorsitzende beruft den Beirat mindestens zweimal jährlich sowie auf Verlangen von mindestens drei Mitgliedern ein. Die erstmalige Einberufung obliegt dem Bundesminister für Unterricht.“34 Der Gründungsausschuß hat dem Ministerium für die Berufung in den Beirat 17 „Fachleute“ zur Auswahl vorgeschlagen35. Darunter waren die Pädagogikprofessoren Gunther Eigler (Mannheim)36, KarlHeinz Flechsig (Konstanz) und Marian Heitger (Wien). „Der Gründungsausschuß hat somit beschlossen, die personelle Besetzung seines eigenen Aufsichts- und Kontrollorgans zu beeinflussen, wozu das Gesetz ihm keinerlei Legitimation gibt“37. Die konstituierende Sitzung wurde am 15. März 1971 abgehalten. Im ersten Arbeitsjahr gehörten dem Beirat folgende Personen an: Basil Bernstein, Professor für Soziologie der Erziehung an der Universität London38; Herwig Blankertz, Professor für Pädagogik und Philosophie an der Universität Münster39; Fritz Fellner, o. Professor für Allgemeine Geschichte der Neuzeit an der Universität Salzburg40; Karl-Heinz Flechsig, Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Konstanz41; Marian Heitger, o. Professor für Theoretische Pädagogik an der Universität Wien42; Johannes Kremers, Professor für Psychologie an der Universität Nijmegen (Niederlande)43; Werner Nicklis, Professor für Schulpädagogik an der Pädagogischen Hoch-
34 Gründungsgesetz § 2. Ermacora 1972, 148; Drischel 1970, 67. 35 Protokoll der 3. Sitzung vom 8. Juli 1970, 6. 36 Kurzbiographie: W. Böhm 2005, 171. 37 Schulmeister 1971, 4. 38 Kurzbiographie: W. Böhm 2005, 78. 39 (1927–1983), 1977 ausgetreten. Kurzbiographie: W. Böhm 2005, 104. 40 Kürschner 2007, 823. 41 Kürschner 2003, 792. 42 Über Heitger vgl. in diesem Werk Bd. 1, 513f. und 537ff. 43 Geboren am 10.5.1933 in Nieuwenhagen (Provinz Limburg) als Sohn eines Bergarbeiters, Doktorat an der Katholischen Universität Nijmegen 1960. Nach Forschungsaufenthalt an der University of California in Berkeley von 1961–1972 Dozent in Nijmegen. Dann wissenschaftlicher Berater der Niederländischen Regierung, 1977–1990 Regierungskommissar der Provinz Limburg (Christliche Demokratie), http://en.wikipedia.org/wiki/Johan_Kremers.
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schule Niedersachsen, Abteilung Braunschweig44; Leopold Schmetterer, o. Professor für Statistik und Mathematik an der Universität Wien45. Zum Vorsitzenden wurde Fellner gewählt. Der Beirat hat in wechselnder Zusammensetzung bis zu seiner Auflösung am 12. Feber 1981 insgesamt 41 Sitzungen abgehalten und 9 ausführliche Berichte im Umfang von insgesamt 230 Seiten veröffentlicht. Diese zeugen von sehr gründlicher kritisch-konstruktiver Arbeit. Sie dokumentieren die Leistungen wie die Unzulänglichkeiten der zehnjährigen Aufbau- und Ausbauphase ohne die Schönfärberei, die die offiziellen Selbstdarstellungen der jungen Universität durchzieht. Schon in seiner 1. Sitzung hat der Beirat einstimmig festgestellt, „daß eine Bewerbung um eine Lehrkanzel an der Hochschule mit einer Mitgliedschaft im Beirat unvereinbar sei“46. Aus verschiedenen Gründen haben Fellner, Bernstein, Flechsig und Kremers den Beirat nach dem ersten Arbeitsjahr verlassen47. Sie wurden von Wissenschaftsministerin Firnberg durch folgende Personen ersetzt: Jack S. Emb ling, Unterstaatssekretär im englischen Unterrichtsministerium48; Burkart Lutz, Honorarprofessor der Universität München und Direktor am Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V.49; Theodor Scharmann, Professor für Psychologie an der Hochschule für Sozialund Wirtschaftswissenschaften Linz50; Alois Eder, Professor für Allgemeine Pädagogik an der Hochschule für Welthandel Wien51. Als Nachfolger von Fellner wurde Heitger zum neuen Vorsitzenden gewählt. Er hat dieses Amt von 1972 bis 1981 ausgeübt und wurde von seiner Mitarbeiterin Ines Maria Breinbauer52 als Sekretärin des Beirates unterstützt53.
44 Kürschner 1992, 2597. 1976 ausgetreten. 45 Kürschner 2003, 2926. 46 BMfWF, 1. Bericht, 1972, 5. 47 BMfWF, 2. Bericht, 1973, 6. 48 (1915–2006). Autor von „Fresh Look at Higher Education: European Implications of the Carnegie Commission Reports“ (1974). 49 Kürschner 1987, 2841; 2007, 2235. Er ist im Berichtsjahr 1973/74 ausgetreten. 50 Kürschner 1987, 3952; in diesem Werk Bd. 3, 492. 51 Über Eder vgl. in diesem Werk Bd. 1, 491ff.; Bd. 2, 279ff. und in diesem Bd. S. 118ff. 52 Über Breinbauer vgl. Bd. 1, 628ff. 53 BMfWF, 2. Bericht, 1973, 7 und 9. Bericht, 1981, 21.
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Der Beirat hat sich das Verdienst erworben, auf Fehlplanungen und andere Mängel der kollektiven Universitätsleitung aufmerksam zu machen, aber auch Versäumnisse des Ministeriums zu rügen und um Abhilfe zu ersuchen. Seine gesetzliche Aufgabe, die Entwicklung und die Arbeit der Hochschule kritisch zu würdigen, konnte natürlich nicht ohne Reibungen mit Rektor und Gründungsausschuß erfüllt werden. Dabei hat auch die große fachliche Distanz zwischen Heitger und Schöler mitgespielt. Anfangs hat sich der Rektor sogar geweigert, dem Beirat die Sitzungsprotokolle des Gründungsausschusses zu übermitteln und als Begründung auf die Wahrung des Amtsgeheimnisses verwiesen. Da der Beirat ohne ungehinderten Zugang zu den nötigen Informationen seine Aufgabe nicht hätte erfüllen können, ist diese Hürde vom Ministerium bald beseitigt worden54. Bereits in seiner 1. Sitzung am 15. und 16. März 1971 kam der Beirat nicht umhin, sein „Befremden darüber“ auszudrücken, „daß der Gründungsausschuß die ersten Berufungen ohne Beiziehung anderer Gremien aus seinen eigenen Reihen rekrutiert“. „In nicht weniger als fünf Vorschlägen“ seien „Mitglieder des Gründungsausschusses an erste Stelle gereiht worden“. Das erscheine nach internationalen Usancen „ungewöhnlich“. Der Beirat empfahl „daher für die Besetzung der weiteren Lehrkanzeln einen Modus zu entwickeln, der die Mitarbeit von Fachleuten außerhalb des Gründungsausschusses ermöglicht“55. Gerügt wurde auch das von der Planungskommission der Hochschule unter Vorsitz von Schölers Assistenten Gerhard E. Ortner vorgelegte wissenschaftliche Aufbaukonzept56 als „zu weitmaschig“, „zu wenig konkret“ und „nicht ausreichend begründet“. „Es erscheint dem Beirat nicht möglich, aus einem internen Stab heraus das Curriculum, die Finanzplanung, die Organisation und die Verwaltung einer neu aufzubauenden Hochschule allein und ausschließlich vorzubereiten und durchzuführen“.57 Doch nun von dieser Charakterisierung der wichtigen Rolle des Beirates zurück zum Gründungsausschuß am Beginn der Aufbaustufe: zu den ersten Besetzungen der Dienstposten für Professoren und Assisten 54 BMfWF, 1. Bericht, 7f. 55 BMfWF, 1. Bericht, 6f. 56 Ortner 1971. Er war promovierter Betriebswirt ohne erziehungswissenschaftliche Qualifikation. Kurzbiographie: Kürschner 2007, 2647. 57 Ebenda, 7.
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ten sowie zur Struktur- und Studienplanung durch das gewonnene Personal. Für das Jahr 1970 standen 3 Lehrkanzeln zur Verfügung. Sie wurden vom Gründungsausschuß einstimmig den Gebieten „Unterrichtswissenschaft“, „Bildungsökonomie“ und „Lehrplanforschung“ gewidmet58 und öffentlich ausgeschrieben59. Um die Lehrkanzel für Unterrichtswissenschaft I hat sich am 27. Juni 1970 Schöler beworben. Er wurde bereits vor Ablauf der Bewerbungsfrist60 in geheimer Abstimmung primo et unico loco dem Ministerium mit der fragwürdigen Begründung zur Berufung vorgeschlagen, dass „wegen eines Rufes nach Paderborn akute Abwanderungsgefahr besteht“61. Schöler wurde von Bundespräsident Franz Jonas am 30. September 1970 als erster Professor der neuen Hochschule ernannt. In der gleichen Sitzung vom 8. Juli 1970 wurde einstimmig für Lánský die Verleihung der Lehrbefugnis als Honorarprofessor für Kybernetik und kybernetische Pädagogik beantragt. Dadurch sollte „einer Abwanderung Herrn Lánskýs nach Paderborn entgegengewirkt werden“. Gleichfalls beschlossen wurde, für Schölers Frau Waltraut die Verleihung der Lehrbefugnis als Honorarprofessorin für Programmierten Unterricht und eine Lehrerabordnungsstelle für Lehrer an Pädagogischen Akademien zu beantragen. Sie war seit 1968 Professorin für deutsche Sprache und Methodik des Deutschunterrichts an der Ökonomischen Hochschule Limburg (Belgien), sei „einer der erfolgreichsten Programmierer im deutschen Sprachraum“ und habe gemeinsam mit ihrem Mann einen Ruf an das Zentrum für objektivierte Lehr- und Lernverfahren nach Paderborn“.62 Die Verleihung wurde
58 Protokoll der 1. Sitzung am 25. Mai 1970, TOP 5. 59 ÖHZ 22 (1970) vom 1. Juli 1970, 7. Die Ausschreibung erfolgte für „Unterrichtsforschung“ statt „-wissenschaft“. 60 Sie endete erst am 31.8.1970. ÖHZ a.a.O. 61 Protokoll der 3. Sitzung vom 8. Juli 1970, TOP 6; Heintel als Stellvertreter Schölers am 9. Juli 1970 an das BMfU. AdR, 02, BMfU 8, Klagenfurt, Karton 620. 62 Protokoll der 3. Sitzung vom 8. Juli 1970. AdR. Über Waltraut Schöler: Kürschner 2007, 3283; Porträt: Kärntner Tageszeitung, 29.1.1971 (Nachdruck: Lechner 1980, 73f.). Das Paderborner „Zentrum“ war eine GmbH., die als Gründung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen von der in Paderborn ansässigen Computer-Firma Nixdorf mitfinanziert worden ist, deren Lehrmaschine „Bakkalaureus“ zum Preis von S 600.000 zur Anschaffung für die Klagenfurter Hochschule gefordert worden ist. Schulmeister 1971, 6f.
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bereits am 13. Juli 1970 durch Unterrichtsminister Gratz genehmigt63. Schließlich wurde auch die Einstellung der ersten fünf Assistenten beantragt. Darunter waren Schölers Dissertant Gerhard E. Ortner64, sein Wiener Assistent Karl Josef Parisot und die Wirtschaftspädagogikerin Monika Knossala (Petermandl)65. Beschlossen wurde auch die Zustimmung zur Abordnung von drei Lehrern mit Dienstposten an Pädagogischen Akademien an die Hochschule: von Dr. Josef Klingler66, Dr. Franz Völkl67 und Dr. Helmut Seel68. Als zweiter Professor neben Schöler hat am 1. März 1971 der Wiener Dozent Peter Heintel eine Lehrkanzel für Didaktik der Philosophie unter besonderer Berücksichtigung der Lehrplanforschung erhalten69. Er war vom Gründungsausschuss an die erste Stelle des Besetzungsvorschlages für die Lehrkanzel „Lehrplanforschung“ gesetzt worden. Da ihm dafür alle fachlichen Voraussetzungen gefehlt haben, hat Minister Firnberg von deutschen Spezialisten für Lehrplanforschung Gutachten über Heintels Qualifikation einholen lassen, die alle negativ ausgefallen sind. Daraufhin hat sie den Berufungsvorschlag abgelehnt. Der Gründungsausschuss hat jedoch auf der Berufung Heintels beharrt und sie mit dem Trick der Umbenennung der Lehrkanzel auch erreicht. Für diese Umwidmung des als Lehrkanzel für Lehrplanforschung ausgeschriebenen Dienstpostens und seine Bevorzugung gegenüber anerkannten wissenschaftlichen Disziplinen gab es keine vernünftige Begründung. Sie ist in der Fachwelt als unverantwortliche Begünstigung eines fachlichen Außenseiters missbilligt worden70 und hat dem Ansehen der Neugründung geschadet.71 Diese ist damit verstärkt in den Geruch der Korruption geraten. Als dritte Professur wurde am 1. Juni 1971 die Lehrkanzel für Unterrichtswissenschaft II (Hochschuldidaktik) mit Edmund Adolf van
63 AdR 02, BMfU 8A.1, Karton 620. GZ.119767-4/70. 64 Vgl. in diesem Buch S. 96 und 463ff. 65 Über sie in diesem Buch S. 182 und Bd. 3, 515. 66 Über Klingler siehe in diesem Buch S. 408ff. und 426ff. und Bd. 2, 563, 567f. – Er hat seinen Dienst am 1. September 1970 angetreten. 67 Über Völkl siehe in diesem Buch S. 477ff. 68 Über Seel siehe in diesem Buch S. 397ff. und Bd. 2, 305ff. 69 Alle folgenden Ernennungsdaten nach BMfWF 1977, 29ff. 70 Schulmeister 1971, 5. 71 Über ihr weiteres Schicksal vgl. in diesem Buch S. 331ff.
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Trotsenburg besetzt72. Als vierte folgte die Lehrkanzel für Allgemeine und Angewandte Sprachwissenschaft mit besonderer Berücksichtigung der Slawischen Sprachen am 30. Juni 1971 mit Alexander Issatschenko (1910–1978)73. Sie war die erste Professur außerhalb der „Bildungswissenschaften“ auf Seiten der regulären „Fachdisziplinen“ einer Philosophischen Fakultät. Als fünfte Professur wurde am 6. Juli 1971 die Lehrkanzel für Unterrichtstechnologie mit Adolf Melezinek besetzt.74 Ihr Name hat ursprünglich „Didaktik der naturwissenschaftlich-technischen Fächer“ gelautet. Unter dieser Benennung hat der Gründungsausschuss am 14. Jänner 1971 einstimmig einen Dreiervorschlag mit Melezinek an erster Stelle beschlossen75. In der gleichen Sitzung wurden einstimmig Besetzungsvorschläge für zwei weitere Lehrkanzeln beschlossen: für „Bildungsökonomie“ und für „Bildungsinformatik“. Für „Bildungsökonomie“ gab es einen Dreiervorschlag mit dem Mitglied des Gründungsausschusses Werner Clement76 an erster Stelle, Armin Hegelheimer, Privatdozent an der Technischen Universität Berlin77, an zweiter und Dieter Bös, Dozent an der Universität Wien78, an dritter Stelle. Clement und Hegelheimer haben Berufungen abgelehnt. Daraufhin wurde die Lehrkanzel 1974 neu ausgeschrieben und konnte erst 1975 mit Hans Joachim Boden höfer besetzt werden.79 Für „Bildungsinformatik“ wurde an erster und einziger Stelle das Mitglied des Gründungsausschusses Miloš Lánský vorgeschlagen. Er hat den Ruf am 27. September 1971 abgelehnt und ist einer Berufung an die Pädagogische Hochschule Paderborn gefolgt.80 Daraufhin ist die Lehrkanzel zugunsten der „Bildungssoziologie“ umgewidmet worden.81
72 Vgl. S. 276ff. 73 Kurzbiographie und Selbstdarstellung mit Foto: ÖHZ, 1.12.1971, 5; Porträt: Kärntner Tageszeitung, 2.10.1971 (Nachdruck: Lechner 1980, 81f.); Nachrufe: Kärntner Tageszeitung, 21.3.1978 (Nachdruck: Lechner 1980, 52); Almanach der ÖAW 128 (1978), 369-375; Hamm 1979; Hödl 1980, 151. 74 Vgl. S. 309ff. 75 Protokoll 8. Sitzung, TOP 6, 4. 76 Vgl. in diesem Buch S. 456f. 77 Kurzbiographie: Kürschner 1992, 1306. 78 Kurzbiographie: Kürschner 1992, 322. 79 Vgl. in diesem Buch S. 453 und 461ff. 80 Über Lánský vgl. in diesem Werk Bd. 3, 498-508. 81 Vgl. in diesem Buch S. 453.
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Im Jahre 1972 konnte keine weitere der insgesamt 12 im Dienst postenplan vorhandenen Lehrkanzeln besetzt werden. Im Jahre 1973 standen 15 Lehrkanzeln zur Verfügung.82 Zur Besetzung kamen bis zur Vollendung der Aufbaustufe am 30. September 1973 folgende vier: Deutsche Philologie mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik I mit Friedbert Aspetsberger83 am 26. Feber 1973; Lehrplanforschung mit Hans Rauschenberger84 am 27. Juni 1973; Bildungssoziologie mit Paul Kellermann85 am 11. September 1973; Anglistik und Amerikanistik mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik I mit William Nemser86 am 28. September 1973. Insgesamt sind also in der Aufbauphase von 15 vorhandenen Lehrkanzeln nur 9 besetzt worden: 6 in den „Bildungswissenschaften“ und 3 in sprach- und literaturwissenschaftlichen Studienrichtungen. Aus systematischer Sicht wich die Planung der Lehrkanzeln von dem in der Erziehungswissenschaft üblichen Vorrang der Kernfächer Allgemeine Pädagogik, Pädagogische Psychologie und Schulpädagogik (mit den Teilbereichen Unterrichtslehre/Didaktik und Schulorganisationslehre) ab. Diese drei Fächer waren auch für die Lehrerausbildung unentbehrlich und hätten Vorrang verdient. Schöler hatte jedoch von Anfang an betont, „daß die Kybernetische Pädagogik, die Unterrichtstechnologie (und) Programmierte Instruktion … in den Vordergrund gerückt werden müssen“87. „Unterrichtswissenschaft“ war zweifellos besonders wichtig, aber ihre von Schöler propagierten Spezialgebiete existierten wissenschaftlich erst als Programme oder Ansätze und noch längst nicht als ausgereifte Fächer. Sie hätten zur Grundlegung, Koordination und Kritik einer soliden Allgemeinen Erziehungswissenschaft auf psychologischer und historischer Basis bedurft. Darauf wurde jedoch von Schöler und seinen Mitplanern zunächst kein Wert gelegt.
82 Nach BMfWF 1973, 9. 83 Kürschner 2007, 83. 84 Siehe S. 350ff. 85 Siehe S. 469ff. 86 Kürschner 1987, 3219 (ohne nähere Angaben); Porträt: Kärntner Tageszeitung 7.11.1971 (Nachdruck: Lechner 1980, 86). 87 Brief Schölers an BM. Mock vom 2.2.1970. AdR 02, BMfU 8 A Klagenfurt, Zl. 111.359-4/70. So gleichlautend am 3.3.1970 auch an Landeshauptmann Hans Sima. AdR 02, 8, Karton 620. Ausführlich in seinem programmatischen Vortrag vor Kärntner Lehrern am 13. März 1970 in der Versuchsschule Obervellach „Gedanken zur ersten Aufbaustufe der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt“. Typoskript im AdR 02, 8 Klagenfurt, Karton 620, 11f.
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Sie waren vorwiegend an Forschung auf ihren eigenen Spezialgebieten interessiert. Als der Allgemeinen Erziehungswissenschaft mit dreijähriger Verspätung eine Lehrkanzel gewidmet wurde88, ist ihre Besetzung wiederholt gescheitert89 und erst 1981 um den Preis der Aufgabe ihrer Bestimmung erfolgt.90 Die Bevorzugung von Kybernetischer Pädagogik, Unterrichtstechnologie und Programmierter Instruktion hat Schöler politisch wie folgt begründet: „Mit diesen Aktivitäten bestünde … die effektive Möglichkeit, Wirtschaft und Industrie von Anbeginn an für die Hochschulentwicklung zu interessieren und gleichzeitig einem Nachholbedarf in Österreich Rechnung zu tragen“. „Zur Umsetzung pädagogischer Forderungen auf technologischem Gebiet“ sei eine Zusammenarbeit mit der Industrie unerläßlich. „Die Hochschule für Bildungswissenschaften würde für manche Industriezweige sicherlich Anreiz genug bieten, sich … im Kärntner Raum anzusiedeln“91. Auch die Lehrkanzeln für Pädagogische Psychologie92 und für Schulpädagogik93 sind erst 1973 benannt und ausgeschrieben worden. Sie waren wie die Allgemeine Erziehungswissenschaft für die ab Herbst 1973 beginnende Lehrerausbildung ganz unentbehrlich, aber für die realitätsferne Planungskommission unter Leitung des mit Schöler liierten Betriebswirtschaftlers Ortner94 zweitrangig. Das Hauptproblem des Gründungsausschusses bestand darin, dass er über die Benennung und Ausschreibung von Lehrkanzeln sowie Vorschläge zu ihrer Besetzung entscheiden musste, ehe ein klares Gesamtkonzept der Hochschule vorhanden war. Wegen ihrer überhasteten Gründung musste von einer wachsenden Menge unvorbereiteter Neulinge mit sehr verschiedenen eigenen Interessen eine Planung nachgeholt werden, die vorher von einem Gremium unabhängiger Fachleute hätte geleistet werden sollen. Die in der „Aufbaustufe“ ernannten Hochschulangehörigen hatten den gesetzlichen Auftrag zur „Erarbeitung eines Planes … für die Struktur der Hochschule und für die Organisation von Lehre und Stu-
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Ausschreibung: ÖHZ 25 (1973), Nr. 10,7 am 15.5.1973. Vgl. BMfWF, 9. Bericht 1981, 19f. Vgl. in diesem Buch S. 376ff. und 556ff. Schöler an Sima am 3.3.1970, a.a.O. Ausschreibung: ÖHZ am 15.7.1973. Ausschreibung: ÖHZ am 15.6.1973. Über ihn: IBE-Bulletin 9/1972, 47; Kürschner 2007, 2647.
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dium“95. Da die Hochschule ein neuartiges Mischgebilde von erziehungswissenschaftlicher Forschungsinstitution und Philosophischer Fakultät werden sollte, war dieser Auftrag besonders schwierig, konfliktgeladen und bei realistischer Betrachtung unverantwortlich. Er hat den Gründungsausschuss, seine Planungskommission und das sonstige Personal der Aufbauphase mit „Konzeptfindungskonferenzen“96 überfordert, ohne zu einem dauerhaft brauchbaren Ergebnis zu führen. Der Gründungsausschuss ist lange nicht über inhaltsarme „globale Leitsätze“ hinausgekommen.97 So haben sich in der Hochschule bald Orientierungslosigkeit und Trägheit, Unzufriedenheit und Konflikte ausgebreitet. Deshalb hat Wissenschaftsministerin Firnberg seine Mitglieder für den 13. Dezember 1971 zu einer Aussprache nach Wien eingeladen. Dort hat sie mitgeteilt, dass sie eine „Untersuchungskommission“ des Ministeriums zu Klagenfurt eingerichtet habe, nachdem der Planungsprozess seit der Heranziehung Schölers schon dreieinhalb Jahre erfolglos in Gang gewesen ist. „Das Ressort muß wissen, was in Klagenfurt los ist“.98 Es würde hier zu weit führen, die vielfältigen und widersprüchlichen Vorschläge, Entwürfe, Programme und Aktivitäten der Aufbauphase zu schildern. Der Beirat hat „eine übergroße Neigung zur Schaffung immer neuer Projekte, Projektgruppen, Konzeptfindungs- und Denkgruppen und Kommissionen für die verschiedensten Bereiche und Aufgaben“ festgestellt und vor einer Zersplitterung der Kräfte gewarnt99. Antriebe für diese Geschäftigkeit waren nicht nur wissenschaftlicher Eifer oder erziehungspraktisches Reformstreben, sondern auch
95 Gründungsgesetz § 10 Abs. 2a. Bei Ermacora 1972, 154. 96 Vgl. u.a. das Protokoll der Aussprache der Frau Bundesminister mit den Mitgliedern des Gründungsausschusses vom 13.12.1971. AdR 02, BMfU 8 Klagenfurt. Karton 621. 97 Prof. Clement ebenda, 4; ähnlich Wolfram, 2: die Sitzungen des Gründungsausschusses waren „bisher schlecht geplant und vorbereitet“; „das vorgelegte Modell“ (sog. „St. Georgener-Papier“) „ist kein Gründungskonzept“. Es enthalte „unverstandene betriebswirtschaftliche Zeichnungen ohne Aussage“; Pollak, 2: es habe wie auch „alle anderen Arbeitspapiere der Hochschule nur den Wert von Comics-Strips“. 98 Protokoll vom 13.12.1971, 1 und 5. 99 BMfWF, 1. Bericht, 1972, 15f.
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politischer Tatendrang radikaler Aktivisten, die den autoritätsarmen Freiraum zur Erringung einer möglichst egalitären („basisdemokratischen“) Hochschulverfassung nutzen wollten. „Es war eine politische, eine polarisierende Zeit. Auf der einen Seite die ,Schöler-Crew‘ (um den Gründungsrektor Schöler) – alle anderen galten als ,links‘ ausgerichtet. Eine ,Mitte‘ hat sich erst Jahre später herauskristallisiert. Politisieren, Lobbying, Administrieren und Organisieren haben damals jede wissenschaftliche Arbeit überlagert.“100 Im Gründungsausschuss, der mit jeder Berufung eines Professors und entsprechender Zuwahl eines Angehörigen des „Mittelbaues“ bis auf 35 Mitglieder (im SS 1975)101 angewachsen ist, wurde die lähmende Mitbestimmungspraxis der politisierten Fraktionen- oder Gruppenuniversität vorweggenommen, die 1975 durch das sozialistische Universitäts-Organisationsgesetz an allen österreichischen Hochschulen eingeführt worden ist102. Schöler und sein Kernteam hatten frühzeitig die zur „Systemüberwindung“ ausgegebenen hochschulpolitischen Parolen der Neuen Linken übernommen und sich für „Vollversammlungen“ aller Universitätsangehörigen und „Öffentlichkeit der Sitzungen des Gründungsausschusses“ eingesetzt. Das Wissenschaftsministerium musste sie durch einen Erlass vom 20. September 1971, der „allen Bediensteten der Hochschule nachweislich zur Kenntnis zu bringen“ war, darüber aufklären, dass die sogenannte „Vollversammlung“ keine gesetzliche Grundlage und „keine … Kompetenz bezüglich der Leitung, Gestaltung und Organisation der Hochschule“ hat. Ihren etwaigen „Beschlüssen“ komme „keine wie immer geartete rechtliche Bedeutung oder Wirkung“ zu. Für die Leitung der Hochschule sowie die Beratung und Beschlussfassung über Angelegenheiten der Hochschule sei „einzig und allein“ der Gründungsausschuss als die akademische Behörde der
100 Rückblick von Dipl.-Ing. Dr. Hildegard Enzinger in: Unisono 4/2003, 19. Geboren am 26.3.1946 in Mariahof bei Neumarkt (Steiermark), hat sie das Studium der Landwirtschaft an der Hochschule für Bodenkultur in Wien absolviert und ist nach dreijähriger Lehrtätigkeit an landwirtschaftlichen Schulen 1972 als Assistentin in die Hochschule für Bildungswissenschaften eingetreten, um sich durch ein Doktoratsstudium in der Pädagogik weiterzubilden. HBW: Personalstand WS 1972/73, 13. Sie war an der Lehrkanzel für Schulpädagogik bei Prof. Klingler tätig. UBWK: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen SS 1976, 11. 101 Verzeichnis der Lehrveranstaltungen und Personalstand SS 1975, 7f. 102 BGBl. Nr. 258/1975. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 222ff.
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Hochschule zuständig.103 Dieser hat sich auf Antrag Schölers am 4. November 1971 „zum Prinzip der Öffentlichkeit“ aller seiner Sitzungen bekannt104, aber vom Ministerium keine Zustimmung erhalten. So haben viele Faktoren zusammengewirkt, die die Planung verzögert haben. Der organisatorische Grundfehler bestand in der Illusion, die Hochschule könne in einem „Prozeß der Selbsterzeugung“ mit „Experimentiercharakter“ aufgebaut werden. Schöler hat ihre Gründung „als ein großangelegtes Experiment“ dargestellt, „in dessen Ergebnis erst die endgültige Form und Gestalt gefunden werden soll“. „Alle Mitglieder der Hochschule“ sollen sie mittels „einer permanenten Ideenfindung“ mitgestalten. „Sowohl in bezug auf die Hochschulorganisation als auch bezogen auf Forschung und Lehre werden … Entscheidungen“ erst „nach vorangegangenen Erprobungsphasen“ getroffen. Von allen Mitarbeitern wurde „aktive Teilnahme am Erzeugungs- und Gestaltungsprozeß der Hochschule und engagierte Mitwirkung bei der Entwicklung und Erprobung neuer Formen der Hochschulorganisation“ gefordert. Für diesen imaginären „Prozeß“ wurde viel Zeit und grenzenlose Freiheit beansprucht. „Die Klagenfurter Hochschule benötigt … die absolute Freiheit des Experiments. Sie hat sich ausschließlich an den aus dem Forschungs- und Lehrprozeß selbst erwachsenden Innovationen zu orientieren“.105 „Alle nach Klagenfurt berufenen wissenschaftlichen Kräfte hätten zu Beginn eine progressive Lerngemeinschaft zu bilden, sich über den neuesten Stand auf dem Gebiete der Bildungswissenschaften zu informieren und aus dem Lernprozeß heraus damit zu beginnen, Forschungsprojekte zu konzipieren und gemeinsam zu realisieren. Auf diese Weise ließe sich der Aufbau des Kernteams nach modernsten gruppendynamischen Methoden vollziehen.“ Deshalb galt „Teamverträglichkeit“ als „unabdingbare Voraussetzung“ der Personalauswahl.106 Der Vorrang dieses außerwissenschaftlichen Maßstabes hat in Verbindung mit naiven kollektivistischen Vorstellungen von „Forschung“ dazu beigetragen, dass sich Cliquenwirtschaft und banale Kameraderie ausgebreitet haben.
103 BMfWF, Zl. 177.270-4/71. AdR 02, 8 Klagenfurt, Karton 620. 104 BMfWF, GZ 184.480-4/71; Antrag Schölers vom 10.11.1971, Zl. 1985/71 dort als Beilage. 105 Schöler 1971. Ähnlich Schöler/Ortner 1971. 106 Schöler im Brief an Sima vom 3.3.1970. A.a.O., 2.
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Bei so viel Realitätsblindheit und Selbstüberschätzung unter Mißbrauch des Terminus „Experiment“107 war ein erfolgreicher und fristgerechter Abschluß der Planung kaum möglich. Behindert wurde er auch durch die Unklarheit des Terminus „Bildungswissenschaften“ und den Konflikt zwischen dem Herrschaftsanspruch ihrer Vertreter und den Interessen der anderen Wissenschaften. Einerseits wurde von den Planern zugegeben, dass der „Wissenschaftsbereich“ der „Bildungswissenschaften zum Zeitpunkt der Gründung nur in Ansätzen zu erkennen war“108. Andererseits beharrte der Gründungsausschuss auf deren Vorrang: „Der Schwerpunkt der Hochschule soll die Lehre und Forschung auf dem Gebiet der Bildungswissenschaften sein. Die Arbeiten aller anderen Wissenschaftsdisziplinen sollen sich um diesen Schwerpunkt gruppieren“. „Für alle Mitglieder der Hochschule sollen Lernprozesse zur systematischen Einarbeitung in die Bildungswissenschaften organisiert werden“.109 Die Großmannssucht der „Bildungswissenschaftler“ ging so weit, dass der Planungsausschuss nach „einem einjährigen Forschungs- und Diskussionsprozeß durch die Mitglieder der Hochschule“ im Jahre 1971 für ihren „Bereich … (Curriculumforschung, Methoden- und Organisationsforschung etc.)“ nicht weniger als 21 Lehrkanzeln gefordert hat. Die Begründung lautete: „Der Fächerbereich der Bildungswissenschaften umfaßt fast 20 Teildisziplinen“. Für den „Bereich der Fächer (für das Lehramt an höheren Schulen)“ waren insgesamt 19 Lehrkanzeln vorgesehen. Dazu kamen noch 10 weitere Lehrkanzeln „zur Errichtung von didaktischen Zentren“.110 Diese maßlosen Wünsche des Gründungsausschusses, seine unausgereiften Anträge auf die Errichtung neuer Lehrkanzeln und die Umwidmung bereits bewilligter Professuren haben im Ministerium zu Verärgerung geführt und die bundespolitische Unterstützungsbereitschaft für die Hochschule geschwächt. Als Beispiel unzulänglicher Planung sei neben der Umwidmung der Lehrkanzel für Lehrplanforschung in „Didaktik der Philosophie“ zugunsten von Heintel nur noch ein Antrag vom 25. Mai 1972 erwähnt, in dem die Umbenennung von drei
107 Zum Experiment in den Sozialwissenschaften vgl. u.a. Kaplan 1964, 126ff.; Hummell 1980; Atteslander 2008, 165ff. 108 Ortner 1971, 3. 109 Schöler/Ortner 1971. 110 Ortner 1971, 5.
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zuvor beantragten und errichteten Lehrkanzeln verlangt worden ist: von „Bildungsinformatik“ in „Bildungssoziologie“, von „Didaktik der Geschichte“ in „Sozialpsychologie“, von „Unterrichtswissenschaft III“ in „Romanische Sprachwissenschaft“. Zugleich wurden für 1973 weitere Lehrkanzeln mit fragwürdigen Benennungen wie „Arbeitsökonomik“, „Bildungsbetriebslehre“ und „Technische Physik mit Schwerpunkt Unterrichtstechnologie“ beantragt. Im Ministerium hieß es dazu: „Die beantragten Lehrkanzeln entbehren sowohl einer sachlichen Begründung im Einzelnen als auch einer Einordnung in ein Gesamtkonzept. Dies ist auch nicht möglich, da das endgültige Konzept der HBW noch nicht vorliegt. Ein Aufbaukonzept wäre jedoch eine unabdingbare Voraussetzung für jede weitere Lehrkanzelbenennung oder -errichtung“. Ohne ein solches „Lehrkanzeln zu benennen, würde nur wieder dazu führen, daß prima vista erforderlich erscheinende Lehrkanzeln errichtet werden, ohne sich über die einzurichtenden Studienrichtungen und die größeren Gesamtzusammenhänge im Klaren zu sein.“111 Im Herbst 1973 sollte die Aufbaustufe abgeschlossen werden und der im Gesetz vorgesehene ordentliche Lehrbetrieb in „etwa 14 Studienrichtungen“ beginnen. Jedoch lag dem Wissenschaftsministerium Anfang 1973 nach mehr als drei Planungsjahren noch immer kein genehmigungsfähiges Gesamtkonzept der Hochschule vor. Das „Planungskonzept“, das die Hochschule eingereicht hatte, ist vom Ministerium am 19. Februar 1973 abgelehnt worden. Es war eine bloße „Zusammenfassung verschiedener Ausarbeitungen diverser Gremien“, „sehr wenig durchdacht und nicht ausgereift“112. Deshalb hat Bundesministerin Firnberg im Ministerium eine sechsköpfige „KlagenfurtKommission“ eingesetzt113. Ihr ist die Erstellung und Redaktion der organisatorischen, wissenschaftlichen und lehrmäßigen Grundlagen der Hochschule aufgetragen worden, weil der Gründungsausschuss „bisher keine brauchbare Unterlage schaffen konnte, mit der die Auf-
111 AdR 02, BMfWF 8, Karton 621; GZ 166.444-4/72. Dort Antrag Schölers vom 12.6.1972 und Information der Abteilung I/4 des Ministeriums für die Frau Bundesminister vom 6.7.1972. 112 Drischel am 19.2.1973 im Akt BMfWF, GZ. 154.829-4/73. AdR 02, 8 Klagenfurt, Karton 622. 113 Ihr haben die Ministerialräte Drischel und Ludwig Otruba sowie die Professoren Bruckmann, Clement, Egon Matzner (Technische Universität Wien) und Schöler angehört. Ebenda.
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bauphase für Klagenfurt als beendet erklärt werden könnte“.114 Der Gründungsausschuss hat dazu erklärt, dass das Vorgehen der Frau Minister „aus prinzipiellen Gründen nicht gebilligt werden kann“, und vergeblich verlangt, dass ihm alle Beschlüsse der ministeriellen Kommission „zur Beschlußfassung vorgelegt werden müssen“115. Dank dieser ministeriellen Intervention konnte die Aufbaustufe durch Verordnung116 mit 30. September 1973 als vollendet erklärt werden. Dadurch war es möglich, am 1. Oktober 1973 mit dem regulären Studienbetrieb in den Fächern Deutsche Philologie, Anglistik/Amerikanistik, Romanistik und Slawistik (jeweils für Lehramt und Diplom) zu beginnen. Dazu kamen noch das Lehramtsstudium „Philosophie, Pädagogik und Psychologie“ und der „Studienversuch Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft.“117 Doktoratsstudien wurden schon seit Herbst 1972 angeboten118. Der „Studienversuch Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“ war dazu bestimmt, für ein in Österreich neues Berufsbild des „Erziehungsund Studienberaters“ zu qualifizieren.119 Er verband die obligatorische wissenschaftliche Berufsausbildung in einem Lehramtsfach mit der „Spezialisierung auf erziehungs- und unterrichtswissenschaftliche Disziplinen“. Dadurch sollte auf „besondere Aufgaben im gesamten Schulund Ausbildungswesen vorbereitet werden“, „vor allem bei der Lehrerausbildung für alle Schulstufen“, aber auch im außerschulischen Bereich. Die „zunehmende Verbreitung von Lehrmaschinen, Sprachlehr 114 ÖHZ, 15.4.1973, 3. Nach Firnberg war es „eine Redaktionskommission …, um das Konzept für die Klagenfurter Hochschule fertigzustellen. Das geschah im Einvernehmen mit dem Rektor, der Mitglied der Kommission ist, und dem wissenschaftlichen Beirat …. Das bisherige Konzept war nicht ausreichend.“ Kärntner Tageszeitung, 22.3.1973 (Nachdruck: Lechner 1980, 39). Vgl. auch BMfWF, 2. Bericht, 1973, 12. 115 Protokoll der 26. Gründungsausschusssitzung vom 13.4.1973, 4. – Schreiben des Rektors Schöler an das BMfWF vom 30.5.1973. AdR 02, 8 Klagenfurt, Karton 622, GZ. 166.594-4/73. 116 Verordnung des BMfWF vom 22. August 1973. BGBl. Nr. 440/1973. 117 Angabe der Rechtsvorschriften bei BMfWF 1973, 5f. – HBW: Studienprogramm WS 73/74 (mit Angabe der Prüfungsfächer). – Der „Studienversuch Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“ ist durch Verordnung des BMfWF vom 22.8.1973 eingeführt worden (BGBl. Nr. 441/1973). 118 HBW: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen und Personalstand WS 1972/73, 19ff. 119 Zu diesem Vorhaben vgl. BMfWF 1973, 22f. – Studienordnung vom 22. August 1973, BGBl. Nr. 441/1973.
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anlagen, Bildungsfunk und Bildungsfernsehen“ erfordern „eine Differenzierung der Lehrertätigkeit, beispielsweise zu Organisatoren der Unterrichtsformen und Medien und Kommunikatoren innerhalb dieser Unterrichtsformen“. Gedacht war auch an „Mitarbeit in den Planungsabteilungen von Ministerien, Gebietskörperschaften, Interessensverbänden und internationalen Organisationen“ sowie in der Erwachsenenbildung, der Vorschul- und Heimerziehung, der Berufsberatung, des Verlagswesens, der Lehr- und Lernmittelindustrie, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung.120 Der Doppelname „Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“ war aus wissenschaftssystematischer Sicht logisch verfehlt, sofern der international übliche Begriff der Erziehungswissenschaft benutzt wird, der die Didaktik oder Unterrichtstheorie als Teildisziplin einschließt121. Die irreführende Bezeichnung ging auf Schölers abwegigen und vergeblichen Versuch zurück, die Didaktik durch empirische Unterrichtsforschung zu einer autonomen Wissenschaft neben oder gar an Stelle der Erziehungswissenschaft zu erheben122. Das Berufsbild, das diesem „Studienversuch“ zugrunde lag, war zwar verlockend ausgemalt, aber wenig realistisch und noch weitgehend ungeklärt. Die Hochschule hat darauf bestanden, dass die „Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“ (Pädagogik) nach Art eines Hauptfaches nur als erste Studienrichtung eingeführt werden soll; das Lehramtsfach dagegen als zweite, also gewissermaßen als Nebenfach. Der entscheidende Unterschied bestand darin, dass Diplomarbeiten grundsätzlich nur aus dem als erste Studienrichtung gewählten Fach anzufertigen waren. Hauptziel der Einrichtung des Studienversuches war, „die Entwicklung der Bildungswissenschaften durch Anfertigung von Diplomarbeiten zu fördern“. Er galt „als das Kernstück der in Klagenfurt einzurichtenden Bildungswissenschaften …. Die Entwicklung dieser Disziplin hängt wesentlich davon ab, ob und in welchem Umfang wissenschaftliche Arbeiten, insbesondere Diplomarbeiten und Dissertationen auf diesem Gebiet angefertigt werden.“123
HBW: Studienprogramm WS 73/74, 8ff.; Bayer 1973. Vgl. die 12bändige „Enzyklopädie Erziehungswissenschaft“ von 1985 (Lenzen), die sich durchgehend an diese Konvention hält. 122 Vgl. Schöler 1967. 123 BMfWF, GZ. 165.878-5/73 über die Kontroverse mit dem BMfU bei der Begutachtung des Entwurfes der Studienordnung, 2 und 6. AdR 02, 8, Karton 622. 120 121
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Dagegen hat das Unterrichtsministerium eingewendet, „daß der Studienversuch nur dann als sinnvoll anzusehen sei, wenn das eigentliche Lehramtsstudium aus dem einzigen Lehrfach wenigstens das Schwergewicht gegenüber der ,fachfreien‘ Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft erhält. Dies insbesondere auch im Hinblick auf eine spätere Einsetzbarkeit der Absolventen“ in den Schulen. „Lehramtskandidaten mit nur einem Lehramtsfach (und Hilfsfächern der Erziehungs- und Bildungswissenschaft) sind an höheren Schulen nur beschränkt einsetzbar“.124 Tatsächlich hat sich herausgestellt, dass das Interesse angehender Lehrer am „Studienversuch“ bald zurückgegangen ist, weil ihre Anstellungschancen ohne Lehramtszeugnis für zwei Schulfächer gering geblieben sind. Außerdem wurde auch eine „ungute Stellung solcher halben Lehrer, aber jungen ,Hyperpädagogen‘ in den Lehrkörpern“ befürchtet125. Mit der Einrichtung der Studienrichtung Pädagogik ab Wintersemester 1974/75 sind zahlreiche Studierende vom Studienversuch zum Diplom-Studium der Pädagogik gewechselt. Im Studienjahr 1977/78 konnte der „Studienversuch Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“ zum letzten Mal von Studienanfängern inskribiert werden.126 Er wurde durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung „weder verlängert noch als Studienrichtung durch Bundesgesetz weitergeführt“127. Seine Anziehungskraft auf Ausländer, von der die Hochschulplaner geträumt hatten, ist besonders gering gewesen: zwischen 1973 und 1976 gab es nur einen einzigen ausländischen Hörer, danach keinen mehr128. Nach diesem Einblick in das Programm und die realen Anfänge der Hochschule ist nun die Konzentration auf die Pädagogik, ihr frühes „bildungswissenschaftliches“ Personal und seine Leistungen ange-
124 Ebenda, 1 und 5. Hervorhebung im Original. 125 Der Wiener Professor für Schulpädagogik Karl Wolf in einem ablehnenden Gutachten für das BMfWF vom Juni 1973. Über ihn vgl. Bd. 1, 563ff. – Auch BayrKlimpfinger hielt neben der mangelhaften Berücksichtigung der Psychologie im Entwurf der Studienordnung zum Studienversuch die vorgesehene Kombination mit nur einem Lehramts-Studienzweig „für bedenklich“. Gutachten vom 27.6.1973. Über sie vgl. Bd. 1, 454ff. Beide Stellungnahmen im AdR 02, 8, Karton 622. 126 BMfWF 1977, 28. 127 Erlass vom 26.1.1978, Zl. 68.650/4-15/77. Mitteilungsblatt der UBWK 1977/78, Nr. 104. 128 Ebenda, 53.
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bracht. Wenden wir uns zunächst jenen fünf Professoren zu, die als erste während der Aufbaustufe zwischen 1970 und 1973 ernannt worden sind. Vier von ihnen sind bis zum Ende ihrer Berufslaufbahn an der Hochschule geblieben und haben als deren Gründungspartner ihren Kurs wesentlich mitbestimmt: Walter Schöler, Edmund Van Trotsenburg, Adolf Melezinek und Peter Heintel. Von ihnen waren Schöler und Trotsenburg für das zentrale Fachgebiet der Pädagogik verantwortlich.
5. WALTER SCHÖLER ALS GRÜNDUNGSREKTOR (1970–1974) UND PROFESSOR FÜR UNTERRICHTSWISSENSCHAFT I: 1970–1986 Über Schölers Berufsweg bis zu seiner Bestellung zum Gründungsrektor ist bereits berichtet worden1. Er hatte seit der Einladung durch Bundesminister Piffl, an der Planung und „Gestaltung der Hochschule in Klagenfurt“ federführend mitzuwirken2, zwei Jahre Zeit zur Vorbereitung auf dieses Amt gehabt. Nun musste er versuchen, die hohen Erwartungen zu erfüllen, die sein Planungsteam durch das unrealistische Gründungskonzept geweckt hatte. Dabei zeigte sich bald, dass viel zu viel versprochen worden ist. Es hätte selbst durch „bildungswissenschaftliche“ Spitzenkräfte nicht eingelöst werden können, geschweige durch zweit- oder drittklassiges Personal. Erstens hat sich der Anspruch auf eine durchgängig „bildungswissenschaftliche“ Ausrichtung der Hochschule nicht halten lassen. Wie vorhersehbar gewesen ist, hat sich eine erstklassige Besetzung der Lehrkanzeln für Pädagogik und ihre Hilfsdisziplinen mit österreichweiter oder gar europaweiter Ausstrahlung und Anziehungskraft als unmöglich erwiesen. Die Nachfrage von Studierenden nach dem als Neuheit angebotenen Studienversuch „Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“ ist gering geblieben und zwischen 1973 und 1977 sogar von 55 auf 32
1 Vgl. S. 86ff. und Bd. 3, 518ff. 2 Brief von Piffl an Schöler vom 12. Juni 1968. Zitiert bei Hödl 1988, 27. Dieser wichtige Brief konnte vom Autor weder im AdR noch im AUK aufgefunden werden.
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Inskriptionen gesunken. Er ist 1978 ersatzlos aufgehoben worden. Die Nachfrage nach dem Spezialgebiet „Unterrichtstechnologie“ als propagiertem Schwerpunkt der Hochschule war minimal. Mehr Zugang gab es beim im Herbst 1974 eingeführten Diplom studiengang Pädagogik: er wuchs von 40 Inskriptionen auf 128 im SS 1977. Der versprochene Zulauf aus dem Ausland ist nicht erfolgt: die Pädagogik hat zwischen 1975 und 1977 nur 2 bis 8 ausländische ordentliche Hörer angezogen.3 Auch aus anderen österreichischen Bundesländern war der Zugang gering. Rund 90 Prozent der Studierenden stammten aus Kärnten4. Eine überregionale Zugkraft der Klagenfurter „Bildungswissenschaftler“ auf Gesamtösterreich, geschweige auf Studierende aus anderen deutschsprachigen Ländern ist ausgeblieben. Unter diesen Umständen konnte der Bestand der Hochschule nur durch raschen Ausbau der Fachwissenschaften für Lehramtsstudierende gesichert werden. In diesen anfangs nur schwach vertretenen Studienrichtungen ist die Zahl der Inskriptionen von 301 im WS 1973/74 auf 1.122 im SS 1977 angestiegen.5 Da jeder ordentliche Hörer in der Regel zwei Studienrichtungen zu inskribieren hatte, kann die Zahl der Lehramtsstudierenden ungefähr mit der Hälfte dieser Inskriptionszahlen angesetzt werden, im SS 1977 also mit rund 560 Personen. Der Ausbau der fachwissenschaftlichen Studienrichtungen für Lehramts- und Diplomstudien erforderte das Abgehen vom ursprünglichen Plan, die Dienstposten je zur Hälfte auf die „Bildungswissenschaften“ und die „Fachdisziplinen“6 zu verteilen. Letztere wurden überproportional gefördert, um ab Herbst 1973 den Studienbetrieb aufnehmen und ausweiten zu können. Dagegen hielt sich das Wissenschaftsministerium bei der Schaffung neuer Professuren für Pädagogik und ihre Hilfsdisziplinen zurück. Für diese Zurückhaltung war aus seiner Sicht „auch maßgebend, daß weder ein fertiges Konzept noch eine unmittelbar realisierbare Planung der Universität für den Ausbau der bildungswissenschaftlichen Grunddisziplinen vorlag“.7 Beim Ausbau der für die Lehramtsstudien benötigten Fächer sind die Professoren zunächst auf Lehrkanzeln berufen worden, die neben
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BMfWF 1977, 51f. Kellermann 1980, 208. BMfWF 1977, 51. Ebenda, 32 in der dort benutzten Terminologie. Ebenda, 29.
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der Fachbezeichnung den Zusatz enthielten „mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik“. Die Annahme des Rufes sollte also die Zustimmung zu dieser zusätzlichen Aufgabe einschließen, sich auch um die Didaktik des eigenen Faches zu kümmern und mit den Schul- und Unterrichtsspezialisten aus dem Kreis der „Bildungswissenschaftler“ zusammenzuarbeiten. Diese Verklammerung beider Teile der Hochschule durch die Fachdidaktik ist bis auf wenige Ausnahmen misslungen und bloßes Lippenbekenntnis geblieben. Erst recht hat sich das Vorhaben als undurchsetzbar erwiesen, zwecks Integration der beiden Teile „für alle Mitglieder der Hochschule … Lernprozesse zur systematischen Einarbeitung in die Bildungswissenschaften“ zu organisieren8. Der Führungsanspruch der „Bildungswissenschaftler“ hat an Zustimmung verloren, je mehr ihre wissenschaftlichen und pädagogisch-praktischen Schwächen sichtbar wurden. Im Arbeitsalltag der Aufbaustufe wurden viele programmatische Ankündigungen Schölers aus der Gründungszeit bald als verschwommene Phrasen mit wenig Realitätsbezug erkannt. Dazu gehörte die Rede von einer „dualen Definition(!) von ,Bildung‘ als Ziel und Weg“, die den „Bildungswissenschaften“ zugrunde liege. Deren erste Aufgabe sei „die Suche nach einem neuen Selbstverständnis des Menschen in unserer hochtechnisierten Zeit“9 „auf philosophischer Grundlage, um angesichts der Symbiose von Mensch und Maschine unser Menschsein zu behaupten“. Die Hochschule sei „als Sammelbecken für Reformkräfte“ auch „Stätte der Reflexion über den Sinn menschlichen Seins und menschlicher Selbstverwirklichung“. Die „Wissenschaftler von der Bildung“ hätten „die Bildung des Menschen als Einheit und als permanenten Prozeß zu erforschen sowie begründete Prognosen von Wissenschaft und Bildung zu erarbeiten“. Es gehe um ein „Infragestellen der derzeitigen Situation im Bildungswesen, der vorgefundenen Organisation und Inhalte, der praktizierten Methoden und Verfahren, der Ausgabenpolitik und Bildungsplanung“. Notwendig seien „Experimente …, die auf zukünftige Entwicklungen gerichtet sind“ usw.10. Da diesen Bildungsphantasien wenig wissenschaftliche Leistungen gefolgt sind, haben sie bei seriösen Forschern anderer Disziplinen die Skepsis gegenüber den „Bildungswissenschaftlern“ und ihren Projekten verstärkt.
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Schöler/Ortner 1971. Schöler/Ortner 1971. Schöler 1971.
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Zweitens ist auch das großsprecherische Vorhaben misslungen, in Klagenfurt „eine neue Form der Wissenschaftsorganisation“ zu schaffen11. Die Hochschule sollte ja nicht nur „eine Reformhochschule für zukünftige Entwicklungen“ des Schulwesens werden, sondern auch „hochschulorganisatorischer Erneuerung“ dienen. „Strukturmerkmal“ sollte „die Projektforschung“ werden, „die Arbeit in interdisziplinären Projektgruppen. Auf die Gründung von Instituten wurde bewußt verzichtet“. „Die vorhandenen sachlichen und personellen Mittel werden … nicht mehr Instituten oder Lehrkanzeln, sondern einzelnen Projekten zugeteilt“. Damit sollte „gewährleistet sein, daß keine Abhängigkeiten entstehen“. Zugleich komme es dadurch „zu einem höchst mobilen und ständigen Umstrukturierungsprozeß innerhalb des Wissenschaftlerteams, gleichsam zur Bildung von ,Instituten auf Zeit‘. Eine solche Maßnahme“ führe „zu erhöhter Verantwortung …“12. „Die Gesamtplanung ebenso wie die Finanzierung der Projekte“ sollte zentral über das „Management“ und eine „zentrale Planungskommission“ erfolgen13. In einer „Vollversammlung der Mitglieder der Hochschule“ sollten „die abgelaufenen Arbeitsperioden kritisch reflektiert und die Grundkonzeption weiterer Aktivitäten diskutiert“ werden14. In der Lehre hat man ganz auf das „Blocksystem“ als „eine tiefgreifende Neuerung“ gesetzt. Das Lehrangebot sollte nicht mehr in konventionellen Lehrveranstaltungen (Vorlesungen und Seminaren) organisiert werden, „sondern in aufeinander aufbauenden IntensivKursen“ von mehreren Wochen Dauer. „Ein Fachstudium setzt sich wie ein Baukasten aus einer Reihe von solchen Kursen, den sogenannten Blocks, zusammen“.15 Kurz: man wollte in Forschung wie Lehre „gegenüber den Strukturformen bestehender Hochschulen … eine experimentelle Alternative … schaffen“16.
11 Schöler/Ortner 1971 und 1972, 91. 12 Schöler 1971. 13 Posch 1970, 41. 14 Ortner 1971, 5. 15 Posch 1970, 43ff. Die Anordnung von Block-Lehrveranstaltungen durch § 3 Abs. 1 des Gründungsgesetzes von 1970 ist durch das Bundesgesetz vom 20. Jänner 1981, § 1 Abs. 2 wieder aufgehoben worden. BGBl. Nr. 58/1981. Zur empirischen Evaluation des Blocksystems und seinem begrenzten Nutzen vgl. Leitner 1982. 16 Schöler 1971.
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Den meisten dieser Ideen und Praktiken und den durch sie verursachten Streitereien wurde dadurch ein Ende bereitet, dass am 1. Oktober 1975 das neue Universitäts-Organisationsgesetz in Kraft getreten ist17. Es brachte für die Klagenfurter Hochschule nicht nur den Titel „Universität für Bildungswissenschaften“, sondern vor allem das Ende ihrer hochschulrechtlichen Sonderstellung und damit den Zwang, sich auf eine Institutsstruktur umzustellen.18 Die Hoffnung auf ein eigenes Organisationsgesetz, das die Klagenfurter Besonderheiten rechtlich absichert, hat sich nicht erfüllt, obwohl es im Gründungsgesetz vorgesehen gewesen ist19. Da der Hochschule in der Aufbaustufe kein genehmigungsreifes Gesamtkonzept gelungen war, ist der für seine Ausarbeitung gewährte dreijährige Freiraum ungenutzt verstrichen. Schöler ist am 30. September 1974 als Gründungsrektor zurückgetreten, obwohl er „bis zur Erlassung des für die Regelung der Organisation der Hochschule vorgesehenen Bundesgesetzes gewählt“ worden war20. Schon zwei Jahre zuvor hatte er den Wunsch nach Ablösung geäußert, um seine wissenschaftliche Tätigkeit nicht länger zu vernachlässigen. „Mehr als 4 Jahre Verlust (im Hochschulmanagement) könne sich ein Professor nicht leisten, wenn er den Anschluß in der Forschung wieder gewinnen wolle“21. Er hat die Hauptlast der Aufbaustufe mit ihren Notbehelfen und Krisen unverdrossen getragen und im Herbst 1973 die fristgerechte Aufnahme des Studienbetriebs mit 242 ordentlichen Hörern22 feiern können. Davon gehörten allerdings nur 55 zum Studienversuch Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft, die große Mehrzahl dagegen zu den sprachwissenschaftlichen Lehramtsfächern23. 17 UOG 1975, § 11. 18 Ebenda, § 46 Abs. 1: „An den Universitäten sind Institute als kleinste selbständige organisatorische Einheiten zur Durchführung von Lehr- und Forschungsaufgaben zu errichten“. 19 § 3 Abs. 1. – Zu den hochschulinternen Vorarbeiten dafür vgl. Hödl 1980, 76ff.; zum „Konfliktpotential“, das „der reformerische Auftrag“ der Hochschule enthalten hat, vgl. Leitner 1998, 666f. 20 Bundesministerin Firnberg am 20.11.1973 an die HBW, GZ.177-939-4/73. AdR 02, 8, Klagenfurt, Karton 622. Der Gründungsausschuss, zu dessen Vorsitzenden er gewählt worden war, hat seine Tätigkeit erst am 14. Jänner 1976 beendet. An seine Stelle ist gemäß UOG 1975 (§ 75) das Universitätskollegium getreten. Vgl. BMfWF 1977, 11. 21 Protokoll der 18. Gründungsausschußsitzung am 25.5.1972, 11. 22 Hödl 1980, 206. 23 ÖHZ, 1.11.1974, 3.
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In der Rückschau auf seine Amtszeit hat Schöler zugegeben, dass die Hochschule mit seiner ursprünglichen Vision der „Vorbereitung weiterführender bildungspolitischer Entscheidungen zur Modernisierung des gesamten Bildungswesens … bereits von vornherein überfordert“ gewesen ist. „Die Spannweite der gesetzten Aufgaben (war) so groß, daß praktisch alles erfaßt werden sollte, was die Gesellschaft mit dem Insgesamt ihrer Einrichtungen heute auf dem Bildungssektor an Innovationen zu leisten hätte“. „Weder das Kräftepotential noch die ökonomischen Voraussetzungen reichten aus, kurzfristig jene Ziele zu erreichen, die hinsichtlich der Lehrplanung, Unterrichtsforschung, bildungswissenschaftlichen Organisationsforschung sowie der Erforschung der weiterführenden Bildung der neuen Klagenfurter Hochschule … gestellt worden waren.“ Deshalb habe „das Programm der Klagenfurter Hochschulgründung … in der harten Realität vom Anbeginn an gewisse Abstriche“ erfahren. „Die Erwartungen waren … zu hoch gesteckt“.24 In seiner Emeritierungsrede vom 20. November 1986 ist er noch deutlicher geworden: es sei schon „vom Ansatz her eigentlich unerreichbar“ gewesen, „inhaltliche und strukturelle Veränderungen im Bildungswesen allein von der Leistung und den Ergebnissen einer einzigen Hochschule … zu erwarten“25. Diese späten Einsichten Schölers bestätigten die skeptische Beurteilung seiner maßlosen Pläne für ein nationales Zentrum der „Bildungswissenschaften“ in Klagenfurt, die Rohracher, Brezinka, Rassem, Dahrendorf und andere 1969 geäußert haben26. Bis zur Vollendung des ersten Teiles der Ausbaustufe im Jahre 1977 sind dafür rund 376 Millionen Schilling ausgegeben worden27. Dem Fortschritt der Pädagogik und ihrer Hilfswissenschaften hat dieses Geld wenig genützt. Aus Kärntner Sicht ist Piffls Gründung jedoch erfolgreich gewesen. Sie hat auf dem Umweg über Fehlinvestitionen in die „Bildungswissenschaften“ dem Land zu einer Universität verholfen und damit ihren ursprünglichen regionalen Zweck erfüllt. Aus dieser Sicht hat sich Schöler als Gründungrektor landespolitisch Verdienste erworben, obwohl sein „bildungswissenschaftliches“ Vorhaben gescheitert ist. „Von allen Gründungsmitgliedern hatte er
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Schöler 1977a, ohne Seitenzahl. Bei Lechner 2010, 74. Vgl. in diesem Buch S. 225ff. Genau: S 375.951.776 bis 30. Juni 1977. BMfWF 1977, 37f.
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den besten Intellekt“28. Er war sendungsbewusst, gesellig und kontaktfreudig. „In seiner jungenhaften, mitreißenden Begeisterung“29, seiner Führungskraft und seiner Vorliebe für intensives Gemeinschaftsleben scheinen frühe Erfahrungen als Schüler der elitären Nationalpolitischen Erziehungsanstalt Plön (Schleswig-Holstein) und als „Pionierleiter“ in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands nachgewirkt zu haben: „Er war immer der Erste unter Gleichen“30. Er galt seinen Lehrern und Kollegen schon in jungen Jahren als „geborener Erzieher“, als „pädagogischer Feuerkopf“31. In Klagenfurt galt er später als guter Organisator, „freundlicher Moderator“32 und gewiefter Taktiker, der sich durch „Meisterschaft des Kompromisses und der Konzilianz“33 auszeichnete, ohne von seiner Grundlinie abzuweichen. „Umgeben von vielen Abhängigen, genoß er hemmungslos und uneingeschränkt seine Autorität.“34 Dem „Kernteam“ der Aufbaustufe war er als besonders lebenslustiger und anschlussbedürftiger Mensch eng verbunden: „dem Duwort war nicht zu entkommen, … Pioniere müssen einander duzen“; „jeder mußte mitmachen, mitsingen, mittrinken“; man sollte „allseitig verbunden leben und arbeiten“35. „Ein schwerer Nachteil war von Anfang an seine Alkoholabhängigkeit“36. Sie hat ihn in Verbindung mit würdeloser Kameraderie und Kumpanei erpressbar gemacht und seinem Ansehen geschadet. „Am Anfang war die Beteiligung aller, die Kooperation mit dem In- und Ausland, die Interdisziplinarität oder das Bekenntnis dazu, das Erfassen der Probleme in ihrer ganzen Spannweite, die Ausrichtung auf ein gemeinsames Ziel. Daraus ist wenig geworden“.37 Als sich die Konflikte mehrten, konnte sich Schöler bei Abstimmungen „kaum noch auf eine sichere Mehrheit … verlassen“.38 28 Die Psychologin Prof. Linda Pelzmann in einer Kurz-Charakteristik für den Autor vom 30.1.2010.PAB. 29 Heinze 1995, 39 über seine erste Begegnung mit Schöler in Wien im Herbst 1969. 30 Günter Koppelmann bei Lechner 1989, 12f. 31 Johannes Zielinski bei Lechner 1989, 41. 32 Prof. Gerhart Bruckmann als Mitglied des Gründungsausschusses in einer schriftlichen Charakteristik Schölers vom 9.12.2009 für den Autor. PAB. 33 Hödl 1988, 28. 34 Pelzmann a.a.O. 35 Moser 1988, 616f. 36 Pelzmann a.a.O. 37 Moser 1988, 619. 38 Ebenda, 618.
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Aber „die Herzen der Schüler“ sind ihm „wie keinem anderen … zugeflogen“, weil seine „Verbindung von harter Wissenschaftlichkeit und lockerer Geselligkeit“ Sympathie geweckt hat.39 Vorlesungen hat er ungern gehalten, aber seine Seminare galten als interessant und waren bei den Studenten beliebt. Er hat in seinen guten Zeiten auf viele Leute charismatisch gewirkt und galt als der beste Mann des „Kern teams“. Nach seinem Rektorat hat sich Schöler wieder ganz der Lehre und Forschung zuwenden können. Er hatte an seiner Lehrkanzel für „Unterrichtswissenschaft I“ weitaus die meisten Mitarbeiter gesammelt. Im Wintersemester 1974 verfügte er über 4 Assistenten, von denen Günther Hartmann, Elmar Lechner und Gerhard Pongratz später die Lehrbefugnis als Dozenten erworben haben40. Dazu kamen nicht weniger als 15 Lehrer, die Schöler „zur Dienstleistung zugeteilt“ waren.41 1975 ist die Zahl seiner Assistenten mit dem Zutritt von Erik Adam auf 5 gestiegen42. Schölers Fachnachbar Trotsenburg auf der Lehrkanzel „Unterrichtswissenschaft II (Hochschuldidaktik)“ ist nie über 2 Assistenten hinausgekommen. Die Besetzung der Dienstposten für Assistenten mit erziehungswissenschaftlich hochqualifizierten Mitarbeitern war nicht weniger schwierig als die Besetzung der „bildungswissenschaftlichen“ Lehrkanzeln. Für beide Aufgabenfelder haben der Pädagogik damals an allen Universitäten die gewünschten Spitzenkräfte gefehlt. Das elitäre Programm der Klagenfurter Hochschule war schon aus diesem Grund unerfüllbar. Unzulängliche Besetzungen mit hohem Risiko waren kaum zu vermeiden. Schöler wie Trotsenburg waren weitgehend auf fachfremde Bewerber aus Philosophie, Psychologie und Geschichte angewiesen. Diese waren nicht in allen Fällen nachzuholen fähig, was ihnen erziehungswissenschaftlich gefehlt hat. Dazu hätte es intensiver Hilfe durch ihre Professoren bedurft. Sie ist ungeachtet der versprochenen Nachwuchsförderung versäumt worden. Einer von Schölers Assistenten mit philosophischer Ausbildung und primär philosophischen Interessen, der 1974 eingestellt worden ist, hat dazu Folgendes berichtet: „In Lehre 39 Hödl 1988, 29f. 40 Vgl. in diesem Buch S. 569ff., 654ff., 640ff. 41 HBW Vorlesungsverzeichnis und Personalstand WS 1974/75, 20. 42 Vorlesungsverzeichnis WS 1975/76, 19. Auch Adam hat sich später habilitiert. Vgl. S. 668ff.
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und Forschung wurde mir völlige Freiheit gewährt“. „Anwesenheitspflicht am Institut gab es nur, wenn der Chef rief – und das war selten. Wichtiger waren ihm gesellige Zusammenkünfte außerhalb der Hochschule“.43 Auf Grund des Universitätsorganisationsgesetzes 1975 mussten auch an der Klagenfurter Universität Institute errichtet werden. Die beiden Lehrkanzeln von Schöler und Trotsenburg sind deshalb 1977 zum „Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“ zusammengeschlossen worden. Es verfügte seither über 7 Assistenten. Von der Lehrkanzel Trotsenburgs sind Erich Leitner und Sieglinde Pelzmann hinzugekommen. Auch sie sind später zu Dozenten aufgestiegen44. 1981 ist die Zahl der Assistenten auf 5 zurückgegangen45. Dazu kamen 11 Lehrbeauftragte46. Die Zahl der dienstzugeteilten Lehrer ist bis 1980 auf 4 gesunken. Danach ist die Zuteilung von Lehrern ganz eingestellt worden, weil der Nutzen für die schulpädagogische Forschung, den sich Schöler davon versprochen hatte, ausgeblieben ist47. Schölers Lehrkanzel und das von ihm geleitete Institut galten ursprünglich als Kern der gesamten Hochschule. Sie haben schrittweise Selbständigkeit, Einfluss und Ansehen verloren. Das zeigt sich auch an mehrfacher Änderung des Namens. Als 1981 elf Jahre nach der Gründung der Hochschule endlich die Professur für Allgemeine Erziehungswissenschaft mit Peter Gstettner erstmals besetzt worden ist, ist sie Schölers Institut zugeordnet worden. Es hieß seit 30. Juni 1981 „Institut für Erziehungswissenschaft, Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“.48 Nach der vorzeitigen Emeritierung Schölers im Jahre 1986 wurde das Institut wiederum in „Institut für Unterrichtswissenschaft und
43 Adam 2011, 200. 44 Vgl. in diesem Buch S. 647ff.; 282f. 45 Vorlesungsverzeichnis SS 1981, 68. 46 WS 1980/81, 60. 47 „Ich habe … vom Unterrichtsministerium gefordert, Abordnungsstellen für Lehrer an der Hochschule in Klagenfurt zu schaffen, die bei der Ausarbeitung von Unterrichtsmaterialien und bei Schulversuchen mithelfen sollen“. Schöler am 13.3.1970 in seinem Vortrag vor Kärntner Lehrern in der Versuchsschule Obervellach. Typoskript im AdR 01, 8 Klagenfurt, Karton 620, 9. 48 Durch Erlass des BMfWF, GZ 71.826/4-UK/81. Mitteilungsblatt der UBWK 1980/81, Nr. 155.
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Hochschuldidaktik“ umbenannt, weil Gstettner sich in das am 29. Juli 1985 neu geschaffene „Institut für Weiterbildung“ abgesetzt hatte49. Im Jahre 1996 ist das „Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“ im neuen „Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ aufgegangen, in dem seither alle Teilgebiete der Erziehungswissenschaft vereint sind.50 So ist aus Schölers und Piffls bombastischer Vision einer Spezialhochschule für „Bildungswissenschaften“ 26 Jahre nach ihrer Gründung ein bescheidenes Institut der „Fakultät für Kulturwissenschaften“ geworden. Es ist nicht mehr als eines von insgesamt 20 Instituten der kleinen Regionaluniversität Klagenfurt51, deren Schwerpunkt sich zunehmend in die „Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Informatik“ verlagert hat. Eine Korrektur der phantastischen Überschätzung von „kybernetischer Pädagogik“, „Programmierter Instruktion“, „Lehr- und Lernmaschinen“, die 1968 Schölers Beitrag zur Gründung der Hochschule gewesen ist, hat er selbst bei der Wahl der Themen seiner Lehrveranstaltungen vorgenommen. Dabei hat mitgespielt, dass das Interesse für sein anfängliches Lieblingsthema „Programmierter Unterricht“ von Lehrern und Studierenden nicht geteilt worden ist. Er hat darüber nach 1979 keine Vorlesungen, Seminare oder Übungen mehr angeboten52, sondern sich der Didaktik in ihrem vollen Umfang und ihren historischen Erscheinungsformen gewidmet. Die Themen seiner Vorlesungen lauteten: „Didaktische Probleme der Lehrobjektivierung und Integration objektiver Lehr- und Lernverfahren“ (mit Helmut Seel), „Geschichte des Bildungsbegriffes“, „Allgemeine Didaktik“, „Allgemeine Pädagogik“, „Probleme der formalen und materialen Bildung“ (mit Elmar Lechner), „Theorien und Konzepte der Lehrobjektivierung“, „Theoretische Grundlagen des Lehrverhaltenstrainings“, „Einführung in die Didaktik“ „Methodische Probleme der Unterrichtsgestaltung“, „Didaktisches Lehrverhaltenstraining“, „Strukturen und Modelle des Unterrichts“. Dazu kamen zunehmend historische Themen: „Forschungsprobleme der Unterrichtswissenschaft und der Geschichte des Unterrichtswesens“, „Sozialgeschich 49 Mitteilungsblatt der UBWK 1984/85, Nr. 171. 50 WS 1996/97, 83. 51 Vgl. das Handbuch der Universität Klagenfurt SS 1999, 6 und 96ff. 52 Letztmals im SS 1979: „Programmierter Unterricht: Grundlagen der Lehrobjektivierung“ und „Praxis der Unterrichtsprogrammierung“.
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te des Bildungswesens“, „Geschichte des Unterrichtswesens und der Didaktik: Formalstufentheorie und arbeitsbetonte Didaktik“, „Erziehung und Unterricht aus historischer Sicht“. Mehrfach gab es auch eine „Einführung in die Pädagogik“; einmal eine Vorlesung über „Methoden und Verfahren der pädagogischen Forschung“. Schölers Seminare hatten folgende Themen: „Geschichte der Didaktik: Formalstufentheorie und arbeitsorientierte Didaktik“, „Schulreformbewegungen seit der Aufklärung“, „Die Pädagogik und ihre Nachbardisziplinen“, „Schulreformbestrebungen des Philanthropismus und Neuhumanismus“, „Gegenstand und Aufgabe der historischpädagogischen Forschung“ (mit Elmar Lechner), „Spezielle Forschungsmethoden der Unterrichtswissenschaft“ (mit Erik Adam), „Arbeitsschulbewegung“. Ab 1979 hat sich Schöler stark auf „Betriebspädagogik“, „Führungskräfteausbildung“, „Berufs- und betriebspädagogische Forschung“ konzentriert, obwohl ihm spezielle Erfahrungen und Ausbildung dafür gefehlt haben. Seine Lehrveranstaltungen fanden ab 1982 fast ausschließlich in Form von Seminaren und Übungen („Führungskräftetraining“, „Beratertraining“) statt.53 Dieser Schwerpunkt trat auch bei seinen Dissertanten in den Vordergrund. Als Betreuer und erster Gutachter hat Schöler folgende 38 Dissertationen angenommen54: Manfred Bayer: Die Netzplantechnik als Führungsinstrument im System Hochschule (1973); Reiner Leeb: Wie weit ist objektive Leistungsbeurteilung möglich und wünschenswert? (1977); Josef Hieden: Gruppenpädagogik in der Schule – Ansätze zur Theorie und Praxis (1978); Elfriede Schludermann: Schulrealität und Lehrerausbildung. Eine Studie zur praktischen Situation junger Pflichtschullehrer (1978); Hermann Odreitz: Niveauspezifische Didaktik für sprachauffällige Kinder (1979); Gunthilde Schmölzer: Die Prävention von Lernschwierigkeiten durch Ansätze einer differentiellen Didaktik (1979); Peter Slama: Bildung als Führungsaufgabe des Unternehmers (1979);
53 Chronologisch nach den Vorlesungsverzeichnissen der UBW, WS 1973/74 bis SS 1986. 54 Nach Lechner/Zielinski 1988, 654-657 (mit Angaben über die Veröffent lichung in Büchern). Teilweise abweichende Titel im Forschungsbericht der UBW 1983–1987, 24f.
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Leander Widl: Zielsetzung und Aufgabe betrieblicher Ausbildung (1979); Siegfried Zelber: Didaktische Instruktion und soziale Interaktion am Arbeitsplatz (1979); Kurt Kurnig: Schulische Integration von Lernbeeinträchtigten. Ein Vergleich mit gängigen Schulformen unter dem Aspekt der sozialen Akzeptierung (1980); Helga Duffek: Die Stellung der Allgemeinbildung in der Berufsschuldidaktik (1981); Fritz Judmaier: Psychische Phänomene und pädagogisches Prozeßgeschehen bei der Behandlung Krebskranker (1981); Walter Kraxner: Bildung, Gesellschaft und Bildungsreform in Österreich und das BORG (Bundesoberstufenrealgymnasium)55 (1981); Margarete Meyer: Kleinkindererziehung als pädagogischer Prozeß (1981); Hermann Nöll: Kommunikationsorientierte Bedarfsanalyse zur Optimierung betrieblicher Ausbildung (1981); Valentin Wulz: Der intraschulische Differenzierungstyp „Bewegliche Gruppierung“ als aktivierende Methode im Physik/Chemie-Unterricht, Sekundarstufe I (1981); Hubert Pirker: Mediendidaktik als Ausbildungsfach an Pädagogischen Akademien. Theoretische Grundlagen und Entwurf eines Curriculums (1982); Adolf Gutonik: Motivationsstrukturen im Unterricht (1983); Rupert Auernig: Die Funktion des Schulleiters bei der Durchsetzung schulischer Innovationen (1984); Horst Hafele: Wege zum autonomen Lernen. Lernen durch Arbeitsmittel (1984); Hannelore Kelz: Chancengleichheit durch Bildung am Beispiel der Mädchen- und Frauenbildung (1984); Gerhard Leitner: Öffentlichkeitsarbeit als Prozeß betrieblicher Aus- und Weiterbildung (1984); Siegfried Karl Moser: Die Ausbildung zum Industriekaufmann. Eine empirische Studie zur Situation in den Kärntner Industriebetrieben aus der Sicht der Lehrlinge (1984); Walter Prager: Erwachsenenbildung und Beruf in Freizeit und Tourismus (1984); Ulrich Freiersleben: Bildung im Strukturwandel von Unternehmen (1985); Kurt Glücksburg: Das Unternehmen als lernendes System. Pädagogische Konsequenzen für die betriebliche Bildungsarbeit (1985); Klaus Markfort: Führung im Mitarbeiterverhältnis als Ausdruck einer leistungsund humanorientierten Unternehmensgestaltung (1985); Gundula Messner: Kreatives Verhalten im Unternehmen aus pädagogisch-psychologischer Sicht (1985);
55 Durch die 5. Schulorganisationsgesetz-Novelle 1975 eingeführte Weiterentwicklung des durch das Schulorganisationsgesetz 1962 geschaffenen Musisch-pädagogischen Realgymnasiums. Jonak/Kövesi 1995, 243f. Zu dessen Entstehungs geschichte Brezinka 2008, 51-55 und VI.
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Christian Giessmann: Betriebliche Aus- und Weiterbildung im Strukturwandel. Eine ganzheitliche Standortbestimmung am Modell der Fremdenverkehrswirtschaft (1986); Gerald Grimm: Das österreichische Gymnasium zwischen Standesschule und allgemeinbildender Lehranstalt im Zeitalter der Aufklärung. Aspekte der Bildungspolitik im Spannungsfeld von Ordensschulwesen, theresianischem Re-formabsolutismus und Aufklärungspädagogik 1735–1775 (1986), Margit Heissenberger: Erziehung und Identität. Zum Problem der Identitätsfindung im pädagogischen Handlungsfeld (1986); Franz J. Hofer: Wirkungssysteme menschlichen Handelns im Unternehmen. Ein aktueller Problemaufriß zum pädagogischen Prozeßgeschehen einer dynamischen Organisationsentwicklung (1986); Christian Käfer: Pädagogische Implikationen der Sporterziehung in Arbeit, Schule und Freizeit unter besonderer Berücksichtigung ihrer strukturellen und organisatorischen Voraussetzungen (1986); Rudolf Wagner-Wehrborn: Pädagogische Implikationen zur Überwindung von Macht und Manipulation im Verkauf (1986); Melitta Küttler: Schulversagen. Ursachen und prophylaktische Maßnahmen in der schulischen Situation (1987); Alfred Merl: Bildungsmanagement in der beruflichen Weiterbildung (1987); Peter Rochovansky: Betriebliche Bildungsarbeit im Ansatz einer arbeits-orientierten Weiterbildung (1987); Stefan Lackner: Bildungsdimensionen der Werkpädagogik. Zur Theorie innovativer und kreativer Lehr- und Lernprozesse in der Werkerziehung (1988).
Ein Teil dieser Dissertationen ist in der von Schöler ab 1986 herausgegebenen Reihe „Aspekte Pädagogischer Innovation“ im Verlag Peter Lang veröffentlicht worden. Insgesamt sind in dieser Reihe bis 1994 20 Bände erschienen. Zur Habilitation ist nur einer dieser 38 Dissertanten gelangt: Gerald Grimm hat 1995 die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Historischen Pädagogik erworben56. Ein Forschungsplan gemäß dem von Schöler 1969/70 verkündeten Programm der Hochschule und ihrem gesetzlichen Auftrag57 ist aus diesem Gemisch von Dissertationsthemen nicht zu erkennen. Eine Dokumentation von 1980 über die ersten zehn Bestandsjahre der Hochschule enthielt im Unterschied zu anderen Instituten bei Schölers Institut keinen Nachweis von Forschungsleistungen58. 56 Über ihn vgl. in diesem Buch S. 706ff. 57 Vgl. BGBl. Nr. 48/1970, § 1 Abs. 3 und dessen Erläuterungen zu 1. Forschung und Entwicklung. Abdruck in: Stimulus 1, 1970, 42 und 45f. 58 Hödl 1980, 126; vgl. auch Schöler 1977b und 1980.
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Im ersten Forschungsbericht der Universität von 1987 für die Periode 1983–1987 kam das Gebiet „Moderne Unterrichtstechnologie“, dem Schöler seine Berufung nach Österreich verdankte, in seinem Institut gar nicht vor. Man erfährt daraus vielmehr Folgendes: das Institut habe „1985 eine innere Differenzierung durch die Einrichtung folgender vier Abteilungen erreicht: 1. Abteilung für Sonder- und Heilpädagogik, 2. Abteilung für Historische Pädagogik, 3. Abteilung für Hochschulpädagogik, 4. Abteilung für Berufs- und Betriebspädagogik“.59 Für die von Schöler früher propagierte Variante der Unterrichtswissenschaft ist keine Abteilung eingerichtet worden. Ohne die institutionelle Basis einer Abteilung war ihr Ende als Forschungsgebiet besiegelt. Schöler hat sich nominell mit zwei „Unterrichtswissenschaftlichen Forschungsprojekten“ begnügt, die undeutlicher kaum hätten benannt werden können: „Kreativitätserziehung“ und „Spezielle Unterrichtsund Erziehungsfragen“. Dazu kam noch ein nicht als „Forschungsprojekt“ deklariertes Projekt „Aktuelle Probleme der betriebspädagogischen Forschung und Entwicklung“60. Der Rückzug von seinem Spezialgebiet „Programmierte Instruktion“ fiel zeitlich zusammen mit der Entfremdung von seiner an der Pädagogischen Hochschule Paderborn tätigen Frau Waltraud, die seit 1963 mit ihm verheiratet war. Sie ist an seinen Aachener Studien und Materialien zum Programmierten Unterricht wesentlich beteiligt gewesen. Diese Ehe, aus der eine Tochter hervorgegangen ist, wurde 1973 geschieden. Ob die Abwendung von seinem einseitig unterrichtsapparativen Forschungsprogramm durch diese Veränderung mitbedingt gewesen oder einfach der zunehmenden Erkenntnis seiner Mängel entsprungen ist, bleibt unklar. Eine um 1973 einsetzende Änderung des wissenschaftlichen Interessenschwerpunktes von Schöler lässt sich auch aus der Liste seiner Publikationen erkennen61. Nach dem 1971 von ihm herausgegebenen Sammelband über „Pädagogische Technologie I: Apparative Lernhilfen“ und zwei Nachdrucken62 hat er zu diesem Thema nichts Neues mehr veröffentlicht. Stattdessen hat er sich auf die umfangreiche Neubearbeitung der „Geschichte der Pädagogik“ von Hermann
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HBW: Forschungsbericht 1987, 51. Ebenda, 65-68. Hödl 1980, 272f.; Lechner/Zielinski 1988, 643-653. Schöler 1973.
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Weimer (1872–1942)63 konzentriert, die 1976 als 18. Auflage erschienen ist. Darin hat er allerdings der „modernen Unterrichtstechnologie“ und seinen ingenieurwissenschaftlichen Weggefährten Lánský und Melezinek noch unverdient breiten Raum gewidmet. Sein eigenes Programm wurde jedoch viel umfassender gekennzeichnet: „Seit 1967 (hat) W. Schöler die Weiterentwicklung der Didaktik zu einer empirisch begründeten Unterrichtswissenschaft gefordert, die die komplexen Steuerungs- und Koordinierungsprozesse des unterrichtlichen Gesamtgeschehens erfaßt und systemtheoretisch-kybernetische, empirisch-statistische und didaktisch-methodische Vorgehensweisen im Hinblick auf Elemente, Struktur, Funktion und Wirkung von Unterrichtsabläufen dabei zu integrieren sucht.“64 Dieses universale Forderungsprogramm hat Schöler in seinem erziehungstheoretischen Hauptwerk „Strukturen und Modelle des Unterrichts“ näher zu erläutern versucht. Es ist 1977 als Band 1 einer von ihm herausgegebenen Reihe „Lehrbücher zur Didaktik“ im Umfang von 126 Seiten erschienen. Für ein einführendes „Lehrbuch“ war es zu unsystematisch, voraussetzungsreich und überladen, zu kompliziert und abstrakt. Vor allem fehlten klare Begriffe und das Bemühen darum. Obwohl laufend von „Bildung“ gehandelt wurde, unterblieb jede Begriffsklärung. Schöler begnügte sich zum Beispiel mit Sätzen wie „Bildung ereignet sich in Wechselwirkung zwischen dem homo educandus und der sich diesem erschließenden Welt“; „im Bildungsbegriff wird … die ursächliche Spannung zwischen weltorientierender Funktionalität als materialem Aspekt der Bildung und kräftebildender Emanzipation als formalem Bildungsprinzip begründet“. „Unterricht ist veranstaltetes Lehren und Lernen“: „damit ist das Wesen des Unterrichts definiert“; „Unterricht umfaßt Lehr- und Lernakte im Vollzug“. „Der Erziehungswissenschaft (!) obliegt es, Bildung und Erziehung als ganztägigen Prozeß zu planen …“ usw.65 Geboten wurde ein flüchtiger Überblick über die Erscheinungsformen, Voraussetzungen und Faktoren von Unterricht in Bezug zu Un-
63 Über Weimer vgl. Dolch 1955. 64 Weimer/Schöler 1976, 309ff. Hervorhebung im Original. 65 Schöler 1977, 10, 33, 18. Vgl. in diesem Buch auch S. 92f. über seine Wiener Antrittsvorlesung von 1969.
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terrichtstheorien, ihren Bestandteilen, ihren Konstruktionsproblemen und ihrem Erkenntnisgehalt. Da Schöler alle Arten einschlägiger Phänomene möglichst vollständig in ihrer ganzheitlichen Verflechtung und unaufhörlichen Veränderung zu berücksichtigen versucht hat, ist ein sehr komplexes und vieldeutiges Begriffsgerüst auf höchstem Abstraktionsniveau entstanden. Es wird auch durch 32 eingestreute Diagramme oder Schemata nicht hinreichend verständlich. Trotz wertvoller Einzelheiten wirkt diese Fülle von Gegenständen, Themen, Gesichtspunkten und ungeklärten Fachausdrücken eher verwirrend als aufklärend. Nun ging es Schöler aber nicht bloß um einen Bericht über vorhandene Unterrichtspraktiken und –theorien. Sein Ziel war vielmehr „die Entwicklung neuartiger Didaktik“, die „Modelle eines qualitativ neuen Unterrichts schafft“66 – verstanden als „unterrichtswissenschaftlich orientierte Didaktik“ und „Emanzipatorisch-kritische Didaktik“ zugleich. Ganz im Sinne seiner maßlosen Zielvorgaben bei der Planung der Klagenfurter Hochschule hat er auch weiterhin gefordert: „Unterrichtsforschung … hat die Grundstruktur des Unterrichtswesens in Frage zu stellen. Es geht darum, das überlieferte Unterrichtssystem mit den Erfordernissen unseres Zeitalters in Einklang zu setzen“.67 „In ihrem Grundcharakter“ sei „die Schule antihuman und antiindividuell“68. Die organisatorische Lösung hat er in der „klassenlosen Differenzierungsschule“69 vermutet. Sie sei aber „erst durch groß angelegte Schulversuche nach intensiven und jahrelangen Vorarbeiten möglich“70. Mehr als vage Andeutungen hat Schöler dazu nicht beigesteuert. Sein Buch blieb nebelhaft abstrakt und widersprüchlich, weil er Unvereinbares zu vereinen versucht hat: sein utopisches Programm einer streng empirischen universalen Unterrichtswissenschaft, die sämtliche Faktoren, Prozesse und Bedingungen „des unterrichtlichen Gesamtgeschehens erfaßt“, also extrem kompliziert sein müßte, einerseits und andererseits „anwendungsorientierte“71 praktische Unterrichtslehren für Lehrer, die zwangsläufig normativ, situationsbezogen, handlungs-
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Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda,
7f. und 17. 99. 109. 110. 112. 9.
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relevant und relativ einfach sein müssen. Methodologisch stand Schölers Forderung nach universaler oder totaler Erforschung „des unterrichtlichen Gesamtgeschehens“ im Widerspruch zu seinem Eingeständnis: „Allein auf der Basis von (Erhebungen und) Experimenten mit statistischen Ergebnissen die Wirksamkeit von Variablen des Unterrichtsgeschehens zu erfassen, ist angesichts des komplexen Charakters des unterrichtlichen Handlungs- und Situationsgefüges nicht möglich“72. Schölers „bildungswissenschaftliche“ Erfolgserwartungen und Versprechungen waren auch schwer vereinbar mit seiner kritisch-skeptischen Beurteilung bisheriger Anstrengungen auf didaktischem Gebiet: „Die pädagogischen Hauptprobleme“ des Schul- und Unterrichtswesens „in seiner überkommenen Gestalt … sind nach wie vor größtenteils ungelöst geblieben“. „Eine wissenschaftliche Klärung der Phänomene Lehren, Lernen und Unterrichten steht … in weiten Teilen noch aus“.73 So düster konnte der Stand unseres Wissens aber nur dem erscheinen, der ihn wie Schöler perfektionistisch an der Vision „unterrichtswissenschaftlicher“ Allwissenheit misst und diese wissenschaftsgläubig zur unerlässlichen Voraussetzung „neuartiger Didaktik“ erklärt. Nach diesem enttäuschenden und wenig beachteten unterrichtswissenschaftlichen „Lehrbuch“ hat sich Schöler publizistisch auf schulpraktische Schriften und auf die Berufs- und Betriebspädagogik zurückgezogen. Mit seinem Assistenten Pongratz und weiteren Mitarbeitern aus der Lehrerschaft hat er 1978 eine Anleitung zum „Lehrverhaltenstraining für Unterricht in Schule und Betrieb“ veröffentlicht. Ab 1979 hat er einschlägige Dissertationen seiner Schüler in der Reihe „Betriebspädagogik und berufliche Praxis“ im Verlag Peter Lang herausgegeben. Im erziehungswissenschaftlichen Schrifttum ist Schöler außerhalb des kleinen Kreises von Spezialisten für apparative Lehr- und Lernmittel74 wenig beachtet worden. Er ist nie durch Beiträge zu führenden Fachzeitschriften hervorgetreten. In der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist er zwischen 1960 und 2010 nur viermal zitiert worden.75 Das war in
72 Ebenda, 121. Ergänzender Einschub in der Klammer vom Verfasser. 73 Ebenda, 99. 74 Übersicht mit Literaturhinweisen bei Ortner 1985. 75 Erstmals als Ko-Autor in einer Rezension des Buches von Zielinski/Schöler 1964 durch Joachim Thiele, ZfP 11 (1965), 203f. – Zweimal mit seiner schulhistorischen Dissertation von 1957 in einem Aufsatz von Adalbert Rang: ZfP 14 (1968), 11 und 15.
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dieser erziehungswissenschaftlich sehr bewegten Zeit keine Bestätigung der fachlichen Bedeutung, die ihm durch seine Berufung zum Hauptplaner und Gründungsrektor der „Hochschule für Bildungswissenschaften“ zugeschrieben worden war. In der Rückschau lautete das Urteil eines Mitplaners und langjährigen Partners im Wissenschaftsministerium: „Schöler war rhetorisch gut; er hatte Visionen, aber hat geblufft“76. Mit Ablauf des 30. September 1986 hat sich Schöler krankheitshalber im Alter von 58 Jahren vorzeitig emeritieren lassen.77 Eine Nachbesetzung seines Ordinariats für Unterrichtswissenschaft ist vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung abgelehnt worden. Die Planstelle wurde dem Institut für Informatik zugewiesen.78 Das war ein spätes amtliches Eingeständnis, dass die leichtfertige Zustimmung von Regierung und Parlament zu Schölers „bildungswissenschaftlichen“ Visionen ein Fehler gewesen ist. Seine Abschiedsrede „als Gründungsrektor und dienstältester Professor der Universität für Bildungswissenschaften“ vom 20. November 1986 war resigniert, blass und verschwommen79. Durch Ernüchterung, Pessimismus und gedankliche Konfusion war auch sein Beitrag „Lehrerbildung ohne Illusionen“ charakterisiert, den er 1988 zur Festschrift „20 Jahre Pädagogische Akademie“ geliefert hat. Die Akademie Klagenfurt feiere ihr Jubiläum „in einer Zeit“, in der „die Haltlosigkeit der bisherigen pädagogischen Arbeit offensichtlich geworden ist“80. Sein nebuloser „Zielpunkt“ lautete: „Lehrerbildung hat die Dimensionen der Zukunft zu erfassen und … die Bildungs- und Sozialisationsprozesse aus der Kulturperspektive im interdisziplinären Gespräch mit Richtungsimpulsen zu durchdringen“.81 76 Sektionschef i.R. Dr. Otto Drischel im Interview mit dem Verfasser am 5. März 1998 in Wien. Protokollnotiz im PAB. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, XII. 77 Antrag Schölers vom 7.1.1986 unter Berufung auf den gesetzlich vorgesehenen Ausnahmefall, „wenn ein Hochschulprofessor zwar bleibend unfähig ist, seiner Lehrverpflichtung nachzukommen, seine Forschungsaufgaben jedoch weiter erfüllt“. AdR 02, Personalakt 1722. 78 Rektor Hans-Joachim Bodenhöfer im Forschungsbericht 1983–1987 der UBW, 23. 79 „Was einst erstritten wurde, muß … energisch auch weiterhin bestritten (sic!) werden. Notwendig ist ein Strukturkonzept und die integrative Zusammenfassung der vorhandenen Kräfte zur Lösung praxisrelevanter Bildungsfragen“. Vollständiger Text bei Lechner 2010, 72–77. 80 Schöler 1988, 15. 81 Ebenda, 17.
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Ein letzter glücklicher Höhepunkt war für Schöler die „Akademische Feier“ zur Vollendung seines 60. Lebensjahres am 20. August 198882. Die von Lechner und Zielinski herausgegebene Festschrift „Wirkungssysteme und Reformansätze in der Pädagogik“ und die ehrende Teilnahme des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung Hans Tuppy wie alter Weggefährten aus der Pionierzeit der „Apparativen Lernhilfen“ haben noch einmal an Schölers Leistungen erinnert. Seine letzten Lebensjahre waren sorgenvoll und haben elend geendet. Er war von vermeintlichen Freunden verlassen, durch Alkoholismus belastet und von Krankheit gequält. So sind die erhofften Alterswerke wie das „Handbuch der Unterrichtswissenschaft“83 und das angekündigte Buch „Ausbildung am Arbeitsplatz“ unvollendet geblieben. Am 23. Mai 1994 ist Schöler im Alter von 65 Jahren in Wien gestorben84.
6. EDMUND VAN TROTSENBURG ALS PROFESSOR FÜR UNTERRICHTSWISSENSCHAFT II (HOCHSCHULDIDAKTIK): 1971–1994 Schölers Planungsgruppe und der Gründungsausschuss haben eine Lehrkanzel für Allgemeine Erziehungswissenschaft zunächst für entbehrlich gehalten. Als sie 1973 eingerichtet wurde, konnte sie acht Jahre lang nicht besetzt werden. Unter diesen Umständen sind die beiden Lehrkanzeln für „Unterrichtswissenschaft“ zu den maßgebenden pädagogischen Professuren und ihre Inhaber zu den höchsten Repräsentanten der Pädagogik an der jungen Hochschule geworden. Für die „Lehrkanzel Unterrichtswissenschaft II (mit Schwerpunkt Hochschuldidaktik)“ hat der Gründungsausschuss am 14. Jänner 1971 folgenden Besetzungsvorschlag beschlossen:
82 Dokumentiert durch Lechner 1989 (mit Fotos). 83 Geplant als gemeinsam mit Zielinski verfasst. Schöler bei Lechner 1989, 44. 84 Todesanzeige der Universität im Personalakt 1722, AdR 02; Kleine Zeitung, 27.5.1994.
Trotsenburg als Professor für Kolumnentitel Unterrichtswissenschaft II: 1971–1994
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1. Edmund Adolf van Trotsenburg, Akademischer Rat und Leiter der Abteilung für empirisch-pädagogische Forschung am Pädagogisch-Didaktischen Institut der Universität Amsterdam; 2. gleichrangig: Karl-Heinz Flechsig, o. Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Konstanz, und Johannes Zielinski, o. Professor für Pädagogik an der Technischen Hochschule Aachen. Von diesen drei Vorgeschlagenen hatte sich auf Grund der öffentlichen Ausschreibung nur Trotsenburg beworben. Die beiden anderen hatten auf Anfrage lediglich „ihr Interesse für Klagenfurt bekundet“1. Über Zielinski ist in diesem Werk bereits berichtet worden2. Er war mit Schöler eng verbunden und gehörte wie Flechsig zu den Verfechtern einer auf Lehrgeräte bauenden „technologischen Wendung in der Didaktik“3. Karl-Heinz Flechsig wurde am 7. März 1932 in Zwickau (Sachsen) geboren4. Nach dem Abitur am Gymnasium in Bad Gandersheim (Niedersachsen) hat er von 1951 bis 1956 an der Universität Göttingen Romanistik und Anglistik studiert. Nach der Wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an Höheren Schulen und der zweijährigen praktischen Ausbildung am Studienseminar hat er 1958 die Pädagogische Prüfung bestanden und bis 1960 als Studienassessor am Gymnasium in Northeim (Hannover) die Fächer Englisch, Französisch und Gemeinschaftskunde unterrichtet. Nach vierjähriger Berufstätigkeit als Gymnasiallehrer hat er das Studium der Pädagogik und Soziologie fortgesetzt. Ab 1960 arbeitete er als Wissenschaftlicher Assistent am Pädagogischen Seminar der Universität Göttingen bei Erich Weniger5 und seinem Nachfolger Heinrich Roth6. 1963 wurde er auf Grund einer Dissertation über „Die Entwicklung des Verständnisses der neusprachlichen Bildung in Deutschland“7 in den Fächern Pädagogik, Soziologie und Romanische Philologie promoviert. Seit 1964 war er am Pädagogischen Seminar der Universität Göttingen als Akademischer Rat tätig. Er leitete dort die „Arbeitsgruppe 1 Besetzungsvorschlag von Rektor Schöler an das BMfWF vom 22.1.1971. AdR, BMfWF, Personalakt 3240 Trotsenburg. 2 Vgl. Bd. 3, 133f. 3 Otto 1985, 82ff. 4 Biographische Angaben nach „Bildungs- und Berufsweg“ von 1967, PAB; Kürschner 2003, 792. 5 Über Weniger vgl. W. Böhm 2005, 677. 6 Kurzbiographie: W. Böhm 2005, 545. 7 ZfP 10 (1964), 110.
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für Unterrichtsforschung“, die mit Unterstützung der Stiftung Volkswagenwerk Untersuchungen zum programmierten Lernen im Mathematik- und Fremdsprachenunterricht durchführte. Er hat „Quellen zur Didaktik des neusprachlichen Unterrichts“ (1965, 1970) herausgegeben und 1967 die deutsche Bearbeitung des Kapitels „Forschung im Bereich des Fremdsprachenunterrichts“ von John B. Carroll in der deutschen Ausgabe des „Handbuchs der Unterrichtsforschung“ von N.L. Gage geleistet.8 Schon früh ist er in Aufsätzen für Lehrmaschinen und die Ablösung des Lehrers durch technische Geräte eingetreten. Auf nachdrückliche Empfehlung von Roth9 ist Flechsig 1968 unhabilitiert auf den der Schulpädagogik gewidmeten Lehrstuhl an der Universität Konstanz berufen worden. Dort hat er sich auf Unterrichtstechnologie und auf Entscheidungsprozesse in der „Curriculumentwicklung“ konzentriert10. Der erste Listenplatz für Trotsenburg wurde damit begründet, dass nur er sich auch mit Hochschuldidaktik befasst hatte und ein Fachmann für dieses Spezialgebiet in der Aufbauphase der Klagenfurter Hochschule unbedingt notwendig sei. Er habe bereits in internationalen Gremien der UNESCO und der OECD mitgearbeitet, sei MitHerausgeber der Zeitschrift „Higher Education“ und verfüge neben dem Niederländischen über Sprachkenntnisse in Deutsch, Englisch, Französisch und Schwedisch. Zunächst ein Blick auf seinen beruflichen Werdegang11. Edmund Adolf van Trotsenburg wurde am 23. April 1928 in Gouda (Niederlande) als Sohn eines holländischen Vaters und einer deutschen Mutter geboren. Er war protestantisch-calvinistischer Konfession. Nach dem Besuch des Thorbecke-Lyzeums (Realgymnasium) in Utrecht hat er von 1948 bis 1955 an der Universität Amsterdam Politikwissenschaft, Philosophie, Sozialpsychologie und Sozialpädagogik studiert und mit einer „Studie over gemeenschapsvorming bi jongeren tussen 14 en 25 yaar“ abgeschlossen. 1954/55 verbrachte er zwei Semester an der
8 Gedruckt erst 1971 im Teil III, 3152–3275. 9 Gutachten Roths für Brezinka vom 13.12.1967, PAB. 10 Vgl. u.a. Flechsig 1975. 11 Nach einem Curriculum vitae im Umfang von 10 und 6 Seiten als Beilagen zur Bewerbung vom 22.8.1970. AdR, Personalakt 3240; Trotsenburg: Akademisches Profil nach der Emeritierung am 1. Oktober 1994, PAB.
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Universität Hamburg mit jugendkundlichen Studien bei Prof. Curt Bondy12. Nach Abschluss des Studiums als Doctorandus am 30. Juni 1955 war er zunächst Assistent am Sozialpädagogischen Institut der Universität Amsterdam bei Professor T.T. Ten Have. 1957 wechselte er als Assistent an das Pädagogisch-Didaktische Institut zu Frau Prof. Helena Stellwag13. Von 1961 bis 1964 arbeitete er als Wissenschaft licher Mitarbeiter am Allgemeinen Pädagogischen Zentrum der Niederländischen Lehrerorganisation und war in der Schulforschung und Lehrerfortbildung tätig. Diese Wendung von der Sozialpädagogik zur Schulpädagogik ist erfolgt, obwohl Trotsenburg kein Lehramtsstudium, keine Lehramtsprüfung und folglich auch keine Berufspraxis als Schullehrer aufzuweisen hatte. Für die Unterrichtsforschung galt das sozialpsychologische Studium als hinreichend. 1964 wurde er zum Leiter der Abteilung für empirisch-pädagogische Forschung des Pädagogisch-Didaktischen Instituts an der Universität Amsterdam im Rang eines Akademischen Rats berufen. In dieser Stellung war er mit 6 Mitarbeitern für die Ausbildung von rund 400 Studierenden der Erziehungswissenschaft in der Methodologie und Praxis der empirischen Forschung zuständig sowie für Untersuchungen zur Analyse von Unterrichtsprozessen. Er war Gründungsmitglied der deutschen „Arbeitsgruppe für Empirisch-pädagogische Forschung“ und hat zwei ihrer Fachtagungen in den Niederlanden geleitet. Besonders intensiv hat er sich um internationale Verbindungen zu Fachkollegen, Forschungseinrichtungen und wissenschaftlichen Gesellschaften bemüht. Von seinen „Arbeitsverbindungen“ hat er 28 namentlich aufgezählt. „Die Verbindungen, die durch die UNESCO entstanden sind, sind fast uferlos“14. Die von ihm angeregte „Abteilung hat er zu der am besten organisierten des Instituts entwickelt“. Er galt als ausgezeichneter und für die Studenten engagierter Lehrer.15 Trotsenburg war seit 1955 verheiratet und hatte vier Kinder.
12 Er war dort o. Professor für Psychologie und (ab 1952) Sozialpädagogik (1894–1972). Kurzbiographie: Horn 2003, 195f. 13 (1902–1996). Autobiographie: Stellwag 1993 (mit Bibliographie, 70ff.); Heyting/Dibbits 1986. 14 Trotsenburg: Curriculum vitae, 9. 15 Institutsdirektorin Prof. Stellwag in einem Gutachten über Trotsenburg vom 12.3.1971. AdR, Personalakt 3240.
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Die Fülle seiner praktischen Aufgaben, die Menge seiner Studienreisen und Kontakte und die Breite seiner Interessen haben allerdings konzentrierte Forschung und publizistische Arbeit beeinträchtigt16. Die niederländische Promotion (promotie) zum Doktor der Sozialwissenschaften, die der deutschen und österreichischen Habilitation entspricht, ist erst am 12. Mai 1972 erfolgt, als Trotsenburg schon fast ein Jahr lang Professor in Klagenfurt war.17 Zwischen seinem Studienabschluss als Doctorandus im Juni 1955 und der „Promotion“ (Habilitation) sind 17 Jahre vergangen. Die Habilitationsschrift ist 1972 im Umfang von 216 Seiten als Buch veröffentlicht worden und war folgendem Thema gewidmet: „Ontwikkelingslijnen in het empirisch onderzoek van pedagogische en didactische vraagstucken“ (Entwicklungslinien in der empirischen Erforschung von pädagogischen und didaktischen Fragen). Die im Vorwort angekündigte deutschsprachige Ausgabe ist nicht erschienen. Das Buch besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil wird eine historische Skizze der Ansätze zur empirischen Kinder-, Schüler- und Schulforschung vom späten 18. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts geboten. Danach folgt eine kurze Inhaltsanalyse der zwischen 1950 und 1970 in den USA und in Europa gebräuchlichen Lehrbücher über erziehungswissenschaftliche Forschungsmethoden ohne kritische Bewertung ihrer Qualität. Der zweite Teil enthält eine Übersicht über die Methoden der Unterrichtsbeobachtung und ihre Problematik mit besonderer Berücksichtigung der Erfahrungen im Amsterdamer Institut. Das Buch endet mit der Empfehlung, für die Forschung Computer zu nutzen, und „mit einem Plädoyer für eine härtere Ausbildung der empirischen Bildungsforscher“18. Im Ganzen handelte es sich um eine Materialsammlung mit enzyklopädisch angelegtem Literaturbericht als Anregung für weitere Studien unter Verzicht auf gründliche Analysen. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen von Trotsenburg an Publikationen erst relativ wenige Aufsätze vor – überwiegend in niederländischer Sprache.19 „Der Aufbau seiner Abteilung und die ungeheure Zunahme der Studenten und der Umfang seiner Lehrtätigkeit hat die
16 „Die publizistische Arbeit ist oftmals durch dieses Engagement verdrängt worden“. Trotsenburg im Curriculum vitae 1970, 7. 17 Trotsenburg am 14.5.1975 an das BMfWF. AdR, Personalakt 3240. 18 Trotsenburg 1972, 216. 19 Liste als Beilage B zum Bewerbungsschreiben vom 22.8.1970. AdR; Liste bis 1979 bei Hödl 1980, 276.
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letzten Jahre den größten Teil seiner Energie in Anspruch genommen. Es wurde von seiner Abteilung deswegen wenig publiziert, obwohl Ansätze zu einer größeren Publikation bereit liegen.“20 Für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Hochschuldidaktik gab es keinerlei Indizien. Trotsenburg konnte nur „ein besonderes Interesse für hochschuldidaktische Fragen“ angeben, aber „hier ergibt sich doch wohl, daß eine Analyse von didaktischen Fragen gefördert wird durch eigene konkrete Erfahrungen als Hochschuldozent“21. Diese angesichts seines Alters von 43 Jahren ungewöhnlich schmale erziehungswissenschaftliche Leistungsbilanz hat dem Gründungsausschuss und dem Wissenschaftsministerium genügt, um Trotsenburg als „einen international anerkannten Fachmann zu berufen, der auf dem Gebiet der Hochschuldidaktik tätig ist“22. Ihm wurde „deswegen der Vorzug gegeben, weil er als sein Hauptarbeitsgebiet eben die Hochschuldidaktik hat und bei verschiedenen internationalen Organisationen (OECD, UNESCO) mitarbeitet“23. Die Ernennung zum ordentlichen Hochschulprofessor ist am 1. Juni 1971 durch Bundespräsident Franz Jonas erfolgt24. Seine Antrittsvorlesung hat Trotsenburg am 20. März 1972 über folgendes Thema gehalten: „Hochschulforschung – Hochschulpolitik – Hochschulpraxis“. Es ging dabei nicht um ein wissenschaftliches Problem seines Fachgebietes, sondern um das verklärte Programm der neuen Hochschule, „die in der ganzen Welt Aufmerksamkeit und Interesse erregt“. Da Trotsenburg damals auch Prorektor gewesen ist, hat er sich zu beteuern bemüht, dass eine Spezialhochschule wie die Hochschule für Bildungswissenschaften „dem Rufe Kärntens in Europa, in der Welt … unbedingt mehr“ diene als eine Volluniversität25. Die Antrittsvorlesung war inhaltlich enttäuschend und ist auch nicht publiziert worden.
20 Gutachten von Stellwag, 12.3.1971, 2. AdR. 21 Curriculum vitae, 7. 22 Schöler im Besetzungsvorschlag der Hochschule vom 22.1.1971. AdR, BMfWF, Personalakt 3240. 23 BMfWF, Vorlage für Frau Bundesminister Firnberg, GZ. 152.386-4/71. AdR, Personalakt 3240. 24 Entschließung mit Zl. 5874; BMfWF, Zl. 163.591-4/71. AdR, Personalakt 3240. Wie für die ersten Klagenfurter Professoren üblich in der höchsten Gehaltsstufe mit Sonderzulage. 25 Kärntner Tageszeitung, 22.3.1972; Kleine Zeitung Klagenfurt, 21.3.1972.
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Schon vorher ist er in den neu gegründeten „Ständigen Ausschuß für Hochschuldidaktik der Österreichischen Rektorenkonferenz“ berufen und wegen seiner Betrauung mit der einzigen österreichischen Lehrkanzel für dieses Fach am 29. Februar 1972 zu ihrem Vorsitzenden gewählt worden. Die damit in ihn gesetzten Erwartungen konnte er jedoch nicht erfüllen und um die Einrichtung ist es nach einigen Jahren still geworden. Seine ersten Mitarbeiter hat Trotsenburg durch öffentliche Ausschreibung seiner beiden Assistentenstellen gewonnen. Am 1. März 1972 haben Dr. Erich Leitner26 und Dr. Gerhard Pongratz27 diese Dienstposten übernommen. Beide kamen von der Universität Graz. Leitner hat sich mit Trotsenburgs Hilfe in die Hochschuldidaktik eingearbeitet und 1983 für dieses Fach habilitiert. Pongratz ist 1974 zu Schöler gewechselt und durch Dr. Sieglinde Pelzmann ersetzt worden. Sie war Psychologin und hatte 1974 an der Grazer Universität bei Prof. Erich Mittenecker28 mit einer Dissertation über „Experimente zum Einfluß des psychologischen Befundes auf das psychiatrische Urteil“ promoviert. Da sie aus Kärnten stammte und ihre dort lebende Mutter betreuen wollte, hat sie sich um den Dienstposten bei Trotsenburg beworben. Dieser hat ihr viele Studienreisen ins Ausland zur Pflege internationaler Verbindungen versprochen und sie ab 1. Oktober 197429 eingestellt, obwohl ihr Erziehungswissenschaft und Hochschuldidaktik fremd gewesen sind. Sie hat sich in diese Fächer auch nicht eingearbeitet, sondern auf psychologische Forschungsmethoden spezialisiert. Nach dem Ausbau des Instituts für Psychologie durch Löschenkohl und seine Mitarbeiter30 ab 1977 konnte der Bedarf dafür von diesen gedeckt werden. Pelzmanns Lehrveranstaltungen sind jedoch weiterhin auf folgende Themen beschränkt geblieben: „Einführung in die Testpsychologie“, „Messen und Skalieren“, „Methoden der Evaluation“, „Planung und Durchführung von Umfragen“. Daneben hat sie ihr Interesse an Wirtschaftspsychologie verfolgt. 1983 hat sie für dieses Fach die Lehrbefug-
26 27 28 319f. 29 30
Über Leitner vgl. in diesem Buch S. 647ff. Über Pongratz vgl. S. 640ff. Über Mittenecker vgl. Kürschner 2007, 2419 und in diesem Werk Bd. 2, Hödl 1980, 225. Vgl. in diesem Buch S. 485ff.
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nis als Universitätsdozentin erworben.31 Dem unterrichtswissenschaftlichen Institut hat sie jedoch weiterhin bis 1992 angehört32 und ist erst dann ins Institut für Psychologie gewechselt. Durch diese Stellenbesetzung mit einer der Pädagogik fernstehenden Mitarbeiterin und deren Verlängerungen33 hat Trotsenburg die Forschungs- und Lehrkapazität seiner Lehrkanzel beeinträchtigt und eine zur Förderung des erziehungswissenschaftlichen Nachwuchses bestimmte Assistentenstelle zweckentfremdet. Welche Themen hat Trotsenburg in seinen Lehrveranstaltungen angeboten?34 In der Aufbaustufe ist am 1. Oktober 1972 mit den vorläufigen Doktoratsstudien begonnen worden.35 Immatrikuliert waren für sein Fachgebiet nur 10 Personen. An den Lehrveranstaltungen haben 5 bis 6 Hörer teilgenommen. Durchgeführt wurden im Wintersemester 1972/73 erstaunlicherweise nicht etwa Seminare, sondern Vorlesungen über „Methodologie der empirischen Bildungsforschung“, „Einführung in die Evaluation“, „Einführung in die Unterrichtsprozeßanalyse“ und
31 Über Pelzmann vgl. Hödl 1980, 266; Kürschner 1987, 3409; Who is who in Österreich 1993, 1144; Interview des Verfassers mit ihr am 11.12.2009 in Wien. 32 Im Personalstand des Instituts bis WS 1991/92 als Oberassistentin bzw. Assistenzprofessor geführt (UBW, 60), ab SS 1992 im Institut für Psychologie (UBW, 74). Die 18 Jahre dauernde Zweckentfremdung ihres Dienstpostens geht auch daraus hervor, dass im ersten Forschungsbericht der Universität für 1983– 1987 keine Forschungsprojekte oder Publikationen von Pelzmann aufscheinen. Sie wird dort im „Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“(!) lediglich als Hauptbetreuer folgender Dissertation von Gerhard Plaschka (1986) erwähnt: „Personalentscheidungsprozeß eines Geldinstitutes“ (S. 74). Im zweiten Forschungsbericht für 1987–1991 ist sie mit ihrem Buch über „Wirtschaftspsychologie: Arbeitslosenforschung, Schattenwirtschaft, Steuerpsychologie“ (1988) genannt (S. 144). 33 Trotsenburg hat sich viel zu spät erst 1980 gegen eine Weiterbestellung ausgesprochen, weil Pelzmann den „Auftrag zur Einarbeitung in Betriebspädagogik (!) nur in höchst ungenügendem Maße erfüllt“ habe. Protokoll der 29. Sitzung des Universitätskollegiums vom 18.6.1980, 10f. und Beilage 3. Die Weiterverlängerung um 2 Jahre wurde mit 38 gegen 29 Stimmen abgelehnt. Entgegen diesem eindeutigen und durch die Professoren der Pädagogik Klingler, Posch und Trotsenburg gut begründeten Beschluss hat das BMfWF das Dienstverhältnis von Pelzmann verlängert, weil Ministerin Firnberg dies angeordnet habe (Pelzmann im Interview mit dem Verfasser am 11.12.2009: „Firnberg hat mich gerettet“). 34 Nach Trotsenburg: 15 Semester Lehrtätigkeit an der UBW Klagenfurt, WS 1972/73 – WS 1979/80. Typoskript AdR, Personalakt 3240. – Ab WS 1973/74 nach den offiziellen Verzeichnissen der Lehrveranstaltungen im AUK. 35 Hödl 1980, 188.
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„Hochschuldidaktik“36. Im SS 1973 kam dazu eine „Einführung in die Hochschulforschung und Hochschuldidaktik“. Mit dem Ende der Aufbaustufe haben am 1. Oktober 1973 die Diplomstudien begonnen. Von da an hat Trotsenburg sein auftragsgemäßes Lehrgebiet „Unterrichtswissenschaft“ mit Schwerpunkt „Hochschuldidaktik“ regelmäßig um das Lehrgebiet „Vergleichende Erziehungswissenschaft“ und ab 1985 um den Themenkomplex „Weltanschauung und Erziehung“ erweitert. Anfangs dominierten methodologische Themen wie „Methodologie der Bildungsforschung“, „Aktuelle Bildungsforschungsberichte“, „Vergleichende Bildungsforschung“, „Der Forschungsprozeß“, „Methodologie der Unterrichtsprozeßforschung“, „Empirische pädagogische Forschung“, „Sozialpsychologische Unterrichtsforschung“, „Unterrichtswissenschaftliche Forschung“ und „Hochschulforschung“. Ob und wodurch sich „Bildungsforschung“, „Unterrichtsforschung“ und „pädagogische Forschung“ methodologisch unterscheiden, ist unklar geblieben. Bei den Studierenden hat sich begreiflicherweise die Meinung verbreitet, unter verschiedenen Namen werde immer wieder das Gleiche geboten. Ergänzend wurde auch „Wissenschaftstheorie“ gelehrt. „Allgemeine Hochschulpädagogik“ und „Hochschuldidaktik“ wurden regelmäßig wiederkehrend angeboten. Sie wurden ergänzt durch „Hochschulfachdidaktik“ mit den Schwerpunkten „Medizindidaktik“ und „Hochschulfachdidaktische Versuche im Bereich der Theologie“ (1977/78). Weitere Spezialthemen lauteten: „Studienberatung für den postsekundaren Bereich“, „Evaluationsforschung im Institutsbereich“, „Modelle des postgraduierten Studiums in Ost und West“, „Hochschulstatistik“, „Sozialpsychologie der Hochschule“, „Die Internationalität der Wissenschaft“, „Die Wechselwirkungen zwischen europäischer und islamischer Wissenschaft als Gegenstand der Kulturbeziehungsforschung“ (SS 1985), „Die Idee der Universität in vergleichender Sicht“ (WS 1985/86). Als terminologische Besonderheit hat Trotsenburg den veralteten Namen „Hodegetik“ wiederzubeleben versucht, mit dem früher die
36 HBW, Verzeichnis der Lehrveranstaltungen und Personalstand WS 1972/73, 20f.; Semesterbericht Trotsenburgs für das BMfWF vom 9.4.1973. AdR, Personalakt 3240.
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Anleitung zum Studium einer Wissenschaft bezeichnet worden ist37. In einer Vorlesung hat er „Die Hodegetiker des 18. Jahrhunderts“ behandelt (WS 1982/83), obwohl er nicht mit Vorwissen rechnen konnte, wer damit gemeint war. Ab 1988/89 hat er in jedem Semester „Hodegetische Übungen“ zu folgenden praktischen Themen angeboten: „Planung und Management des Studiums“, „Das Schreiben einer Diplomarbeit“, „Lernen, ein wissenschaftliches Buch zu lesen“, „Die Mitschrift bei Vorlesungen, ihre Bearbeitung und Erarbeitung“, „Arbeiten in wissenschaftlichen Bibliotheken“, „Prüfung in der Universität“, „Kritisch Studieren“, „Kreativ Studieren“, „Fachbegriffe/Fremdsprachliche Texte“, „Hodegetische Beratung: Kreativ Schreiben“. Diese Übungen fanden einmal im Semester kompakt an zwei Halbtagen (Freitagnachmittag und Samstagvormittag) statt und mussten wegen der großen Zahl der Interessenten wiederholt werden. Es ging dabei „nicht nur um eine Vermittlung von Studientechniken …, sondern ebenso sehr um Persönlichkeitsbildung im Kontext einer universitären Gemeinschaft“.38 Allmählich ist die Hochschuldidaktik zurückgetreten, weil Trotsenburgs Mitarbeiter Erich Leitner zum Spezialisten dafür herangewachsen war und 1984 die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Hochschulpädagogik und der Hochschulgeschichte“ erworben hat39. Einen Einblick in die Verteilung der studentischen Nachfrage nach Trotsenburgs Vorlesungen bieten folgende Inskriptionszahlen für das WS 1978/7940: Methoden und Verfahren der bildungswissenschaftlichen Forschung: der Forschungsprozess. 34 Hörer
37 Vom griechischen hodegetikos = zum Wegweisen geeignet, Wegführung. Kirchner/Michaelis 1911, 403; Clauberg/Dubislav 1923, 220; Esterhues 1953. – In der Pädagogik der Herbartianer jedoch als Bezeichnung für die Theorie der „erzieherischen Führung“ oder Charaktererziehungslehre: Stoy 1861, 85ff. 38 Trotsenburg: Die Hodegetischen Übungen. Februar 1992 (5seitiges Typoskript, PAB), 4. Er hat auch eine Neuausgabe des Buches „Grundlinien der Hodegetik oder Methodik des akademischen Studiums und Lebens“ vom Jenaer Professor der Philosophie Karl Hermann Scheidler (1795–1866) geplant. Dieses Vorhaben ist am Mangel von Subskribenten gescheitert. 39 Vgl. in diesem Buch S. 647ff. 40 Nach Trotsenburg: 15 Semester Lehrtätigkeit, a.a.O. 1979, 6. – Im WS 1986/87 gab es bei der Einführung in die „Vergleichende Erziehungswissenschaft“ nur 11 Teilnehmer. Programm vom 20.10.1986. PAB.
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Einführung in die Vergleichende ErziehungsWissenschaft. 46 Hörer Hochschulpädagogik. 22 Hörer Hochschulforschung. 18 Hörer Einführung in die Wissenschaftstheorie. 45 Hörer. Ab 1975 hat Trotsenburg seine Lehre zunehmend stärker auf die Vergleichende Erziehungswissenschaft verlegt. Seither ist kein Semester ohne eine Einführung in dieses Fach vergangen. Ergänzende Spezialthemen waren „Das sowjetische Bildungswesen“ und andere „Länderstudien“ sowie ab 1981 der Schwerpunkt Afrika und die islamische Welt: „Entwicklungsarbeit in Afrika. Erkenntnisse aus Praxis und Forschung“, „Hochschulkomparatistik in Afrika“, „Universitätsbildung in Afrika“, „Hochschulfallstudien in Afrika“, „Geschichte und Entwicklung des arabischen Hochschulwesens“, „Islamische Erziehung“, „Bildungsentwicklung in Afrika“. Ab 1989 sind Europa-Themen in den Vordergrund getreten: „Der behinderte Mensch in Europa“, „Das Pädagogikstudium im europäischen Vergleich“, „Der Euroingenieur als Beispiel einer zukunftsorientierten pädagogischen Ausbildung“, „Vergleich von Bildung und Erziehung in den Niederlanden und Österreich“, „Internationale Bildungsentwicklungsarbeit (Weltbank, EG u.a.)“, „Der Bildungsbegriff in den Niederlanden“, „Weltbank“, „Evaluation in der internationalen Bildungsentwicklung“, „Übungen in Internationalität“, „Transformationen im Bildungsbereich“, „Internationale Kontakte als Impulse für pädagogische Innovationsansätze in der Neuzeit“ Ab 1985 hat Trotsenburg bis zu seiner Emeritierung im Herbst 1994 in jedem Semester Vorlesungen zum Themenkreis „Weltanschauung und Erziehung“ gehalten. Dazu kamen Seminare über folgende Themen: „Katholische, Evangelische und Anthroposophische Lehrer in der Arbeit mit behinderten Mitmenschen“, „Erziehung in der christlichen Familie“, „Erziehung in der jüdischen Familie“, „Holocaust: Das Unfaßbare begreifen lernen“, „Wertorientierte Bildungsarbeit: Die neue Wende in der Pädagogik“, „J.A. Comenius“, „Was bedeutet ,Orientieren in Europa‘?“, „Nikolaus Cusanus, ein unabhängiger Kirchenmann“, „Boethius, Lehrplangestalter des Mittelalters“. Man sieht schon aus diesen Vorlesungs- und Seminarthemen, dass sich Trotsenburg durch eine enorme Breite der Interessen, erstaunliche Literaturkenntnis und ungewöhnlich vielseitige Aktivitäten ausgezeichnet hat. Er hat durch sein weltmännisch-freundliches Auftreten als internationaler Bildungsfachmann viele Einladungen erhalten und
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sich zu Vorträgen und Forschungsaufträgen, Informationsreisen, Kongressbesuchen und Beratungsdiensten verschiedenster Art gedrängt. Er unterhielt auch eine sehr umfangreiche Korrespondenz. Dadurch war er dauernd überbeschäftigt. An seiner Hochschule hat er häufig mehr Vorlesungsstunden gehalten als vorgeschrieben waren. Daneben hat er zwischen 1982 und 1989 auch noch an der Universität Graz sieben Semester „Vergleichende Erziehungswissenschaft“ gelehrt. Er hat sich auch politisch im Bund Sozialistischer Akademiker (BSA) engagiert und ist „prinzipiell für eine Gesamtschule“41 eingetreten. Mit besonderem Eifer hat sich Trotsenburg als Lehrer und Vortragsreisender der Vergleichenden Erziehungswissenschaft und allen internationalen kulturellen Angelegenheiten gewidmet. Mit der Berufung nach Klagenfurt stand für ihn „von Anfang an fest“, dass er sich „vor allem mit den internationalen Dimensionen der Bildungswissenschaften befassen würde“42. Für seine Lehre im Bereich „Internationale und Vergleichende Erziehungswissenschaft“ hat Trotsenburg besonders gründliche Programme, Vorlesungsskripten, „Erläuterungen“ und Literaturlisten ausgearbeitet. In der Studienordnung Pädagogik standen für dieses Pflichtfach nur zwei Semesterwochenstunden im Ersten Studienabschnitt zur Verfügung. Sie wurden auf eine Stunde Vorlesung und eine Stunde Proseminar verteilt. Das war damals allgemein üblich, weil Seminarstunden vom Staat besser bezahlt worden sind als Vorlesungsstunden.43 Im Durchschnitt haben pro Semester etwa 40 Studenten teilgenommen und im Laufe der Jahre rund 700 Seminararbeiten verfasst, die in einem „Dokumentationsarchiv Vergleichende Erziehungswissenschaft“ gesammelt worden sind.44 Der freiwillige Zulauf von 41 Trotsenburg 1973/74, Nr. 2, 5 (Vortrag bei der Pädagogischen Tagung des Sozialistischen Lehrervereins Österreichs, Landesgruppe Kärnten). 42 Trotsenburg: Notiz über die Lehre der Vergleichenden Erziehungswissenschaft in der Universität Klagenfurt, Februar 1994 (10seitiges Typoskript im PAB). 43 Mündliche Mitteilung von Prof. Leitner am 13.2.2010. 44 Trotsenburg: Erläuterung der Lehrveranstaltungen Vergleichende Erziehungswissenschaft 1992–1997. Februar 1992 (10seitiges Typoskript, PAB). – In der „Notiz“ zur VEW von 1994, 5 war die Rede von „etwa 1.500“ Seminararbeiten, „die themenmäßig registriert worden sind“. Nach mündlicher Auskunft seines Mitarbeiters Leitner vom 13.2.2010 hat es sich um Proseminar-Arbeiten gehandelt, die in Trotsenburgs Amtszimmer privat aufbewahrt und bei dessen Räumung auf Weisung des Rektors vernichtet worden sind. Ein „Dokumentationsarchiv“ als Einrichtung der Universität habe nicht bestanden.
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Studierenden im Zweiten Studienabschnitt als Kandidaten für die Diplomprüfung war dagegen gering. Noch mehr hat es an Doktoranden gefehlt. Trotsenburg hat dieses Fach besonders geliebt, weil es „die Herstellung transnationaler intellektueller Verbindungen“ erfordert, eine weltverbessernde („melioristische“) Aufgabe habe und „kaum disziplinäre Grenzen“ kenne45. Es sei nicht mehr wie früher „auf schulische Fragen in einem übernationalen Kontext“ eingegrenzt, sondern nun gehe es „um die Kompetenz der Pädagogen, ,Human Resources‘ für morgen zu mobilisieren und optimieren“. Seine „großen Probleme“ seien nun „Weltbürger-Mentalität, Fähigkeit, an europäischen Projekten teilzunehmen, eine multikulturelle Gesinnung, Bildungsmanagement in sich transformierenden Gesellschaften, … professionalisierte grenzenüberschreitende Nächstenliebe“.46 Da es breite pädagogische und kulturkundliche Kenntnisse voraussetzt, gehöre es in den Zweiten Studienabschnitt und in die Doktoratsstudien, müsse mindestens auf die doppelte Pflichtstundenzahl erweitert werden und brauche „eine ordinariatsmäßige Vertretung“.47 Im Rahmen seiner Vorlesungen zur Vergleichenden Erziehungswissenschaft hat sich bei den Studenten großes Interesse für Fragen der „Wertorientierung“ und „Bildung als existentielles Phänomen“ herausgestellt. Deshalb hat Trotsenburg 1985 die Vorlesungsreihe „Weltanschauung und Erziehung“ begonnen. Sie sollte es den Studenten ermöglichen, „die geistigen Konfliktherde unserer Zeit etwas aufgeklärter zu verstehen“, „die Bedeutung der Wertorientierungsfrage in der modernen internationalen Pädagogik bewußt zu machen“ und „zu einer persönlichen Standortbestimmung zu gelangen“.48 Es handelte sich dabei um eine Verbindung von religionsvergleichender Ideengeschichte und Praktischer Moralphilosophie der Erziehung. Mit ihr hat er der normativen Orientierungslosigkeit abzuhelfen versucht, die durch ein einseitig deskriptiv-wertrelativistisches Studium der Erziehungswissenschaft begünstigt wird.
45 Trotsenburg: Bericht über die Sondervorlesung „Internationale und Vergleichende Erziehungswissenschaft: Forschungspositionen am Ende des 20. Jahrhunderts“. Jänner 1996 (25seitiges Typoskript, PAB), 20,4. 46 Trotsenburg: Erläuterung 1992, a.a.O., 5. 47 Trotsenburg: Notiz 1994, a.a.O., 2. 48 Trotsenburg: Erläuterung der Vorlesung „Weltanschauung und Erziehung“, Februar 1992 (10seitiges Typoskript, PAB), 1, 9.
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Im Vergleich mit der Selbstdarstellung dieser Leistungen in der Lehre fällt die Bilanz bei den Doktoratsstudien, Promotionen und Habilitationen in Trotsenburgs Arbeitsgebiet relativ mager aus. Er hat in den 24 Jahren seiner Amtszeit insgesamt etwa 80 Absolventen in Seminaren betreut, davon 44 Diplomanden49. Als erster Gutachter hat er folgende 11 Dissertationen angenommen50: Günther H. Singer: Planung nonformaler Bildung in Entwicklungsländern. Mit Fallstudien aus dem südlichen Afrika (1985); Klaus Bierwald: Türkische Jugendliche an einer Bergberufsschule im Ruhrgebiet – ihre Konkurrenzfähigkeit und ihre beruflichen Perspektiven im Vergleich zu deutschen Auszubildenden (1988); Ernst Schaub: Rechnungswesen in der kaufmännischen Berufsausbildung im Wandel. Modell eines integrierten Computer-Einsatzes (1992); Irene Smoley: „Es hat mir niemand etwas gesagt“ – Eltern behinderter Kinder zwischen Orientierungslosigkeit und Hilfestellung. Eine Untersuchung bei Eltern behinderter Kinder über die Möglichkeiten der Hilfe und Förderung in schwierigen Lebenssituationen (1992); Wen-Jiuh Chiang: Die berufliche Ausbildung in der Republik Österreich und in der Republik China (Taiwan). Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der Berufsausbildung in Taiwan (1993); Ababacar Dieng: Die senegalesische Schulbildung. Fremdsprachendidaktik in Großgruppen. Probleme und Lösungsvorschläge (1994); Barbara Friehs: Studieren in Europa. EG-Hochschulkooperationsprogramme und ihre Realisierung im studentischen Alltag (1994); Christine Waltraud Gayer: Umwelt und Freizeit. Zentrale Felder für pädagogische Handlungskompetenz (1994); Urban Willibald Sussitz: Das Leben und Werk Karl Gaulhofers (13. November 1885 bis 18. Oktober 1941). Ein Beitrag zur Geschichte des österreichischen Schulturnens „Natürliches Turnen“ unter besonderer Berücksichtigung der Zeit von 1932 bis 1941 (1994); Helga Helene Voglhuber: Die Entwicklung des naturkundlichen Unterrichts zwischen materialer und formaler Bildungsidee unter besonderer Berücksichtigung des Unterrichtsfaches Chemie (1994); Heinz Puxbaumer: Verhaltensstörungen von Kindern und Jugendlichen im Grundschulalter. Länderstudie Kärnten – Niederlande (1995).
Auffällig ist an dieser Liste, dass erst 13 Jahre nach dem Beginn der Doktoratsstudien die erste Promotion bei Trotsenburg erfolgt ist und dass von seinen Doktoranden keiner zur Habilitation gelangt ist. Das wirft in seinen Spezialgebieten „Hochschuldidaktik“ und „Verglei-
49 Trotsenburg: Akademisches Profil nach der Emeritierung am 1. Oktober 1994, 2. PAB. 50 Nach ZfP 32 (1986), 446 bis 42 (1996), 469.
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chende Erziehungswissenschaft“ ein ungünstiges Licht auf die Realisierung des Planes der Hochschulgründer, eine erziehungswissenschaftliche Elite von internationaler oder wenigstens gesamtösterreichischer Bedeutung heranzubilden. Ein Forschungsplan, der auf Nachwuchsförderung in den von ihm vertretenen Fächern zielt, ist aus diesem Themengemisch nicht zu erkennen, obwohl er in Österreich der einzige Professor gewesen ist, der sich ihnen zur Gänze widmen konnte. Trotz vielseitigem Wissen und großem Fleiß bei der Bereitstellung von interessantem Studienmaterial ist Trotsenburg in der Forschung und bei der Gewinnung von mitforschenden Schülern wenig erfolgreich gewesen. Das scheint an seinem Arbeitsstil und an seinen Publikationen gelegen zu sein. Deren Umfang und Qualität ist durch den sprunghaften Wechsel seiner vielfältigen Interessen und Pläne beeinträchtigt worden. Er war ein zutiefst ängstlicher Mensch, der das Gefühl seines wissenschaftlichen Ungenügens verdrängt und durch Betriebsamkeit kompensiert hat. Er war zu ungeduldig51, um ein Thema lang und gründlich genug zu bearbeiten, bis ein hervorragendes Ergebnis gelungen war. Er hat sich von Thema zu Thema, von Projekt zu Projekt gejagt und zu viele Vorhaben gleichzeitig verfolgt. Er war ein enzyklopädischer Sammler von Wissensquellen und Kontaktpersonen, ohne sie schöpferisch nutzen zu können. Bezeichnend war für ihn, dass er „auch das immer wieder überprüfte Adressenmaterial von etwa 1.200 aktiven Hochschulforschern und –didaktikern sowie hochschuldidaktischen Zentren in der ganzen Welt“52 gesammelt hat. An Plänen für Buchprojekte und an Ankündigungen des Erscheinens großer Werke in nächster Zeit hat es nicht gefehlt. So hat er erstmals 1974 ein „Handbuch der akademischen Lehre“ angekündigt. Im März 1979 hat er dazu eine „Arbeitsfassung“ der „Disposition“ vorgelegt, die ein neunteiliges Werk von enzyklopädischem Umfang verhieß und mit dem Satz schloss: „Ende 1981 sollte das Handbuch in Druck gehen“.53 Es ist nie so weit gekommen. 51 Sein langjähriger Mitarbeiter Prof. Dr. Erich Leitner in Gesprächen mit dem Verfasser im Jänner 2010. 52 Trotsenburg: Über Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik in der Universität für Bildungswissenschaften in Klagenfurt. Undatiertes Typoskript mit 7 Seiten (c. 1989). PAB. 53 Trotsenburg im Antrag an das BMfWF vom März 1979 auf Bewilligung eines Forschungssemesters für das SS 1980 zwecks „konzentrierter Weiterentwicklung“ seines Handbuches. Siebenseitige detaillierte Disposition mit „Erläuterungen zum Forschungsvorhaben“ im AdR, Personalakt 3240.
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Im April 1981 wurde als „Buch im Erscheinen“ folgender Titel angekündigt: „Christianity and academic education“.54 Auch davon war später nie mehr etwas zu hören. In seinem „Forschungsbericht 1983–1987“ wurden für „die letzte Dekade“ seiner Amtszeit folgende „drei Buchprojekte“ genannt: „Erstens eine umfassende Studie über die Vergleichende Erziehungswissenschaft“, „zweitens eine Veröffentlichung über die Bildung und Ausbildung in der islamischen Welt“ und „ein drittes Buch über die Graduierung an der Universität“.55 Keines dieser Bücher ist erschienen. 1992 hat er für 1996 ein Buch über „Globale Mit-Verantwortung. International Vergleichende Erziehungswissenschaft heute“ in Aussicht gestellt sowie ein Buch über Themen aus der Vorlesung über Weltanschauung und Erziehung; für 1995 das Buch „Sponsieren und Promovieren. Hochschuldidaktische Studien zur akademischen Graduierung“56. 1994 wurden für 1996 Essays in englischer Sprache angekündigt: „Studies in International and Comparative Education“.57 1995 wurde die „Vorbereitung von drei Buchveröffentlichungen“ mitgeteilt: „Sponsieren und Promovieren, mit einem Exkurs über Hodegetik“ (1996), „Trends and Developments in International Comparative Education. Studien zur internationalen und vergleichenden kulturwissenschaftlichen Forschung“ (1997) und zu seinem Forschungsschwerpunkt „Universitätsethik“ das Buch „Ethik im globalen Vergleich. Bildung zur Verantwortung in der Universität“ (1998).58 Von diesen unter verschiedenen Titeln angekündigten Büchern scheint keines weit gediehen zu sein. Mitgespielt hat dabei, dass sich Trotsenburg zunehmend von seinen erziehungswissenschaftlichen Teildisziplinen Unterrichtswissenschaft mit Schwerpunkt Hochschuldidaktik und Vergleichende Erziehungswissenschaft entfernt hat, um sich „Kulturbeziehungsstudien“ zu widmen. Er wollte „auf interdiszipli 54 Trotsenburg: „Publikationsliste für die Periode Juli 1979 – April 1981“, 2 vom 21.4.1981. AdR, Personalakt 3240. 55 Trotsenburg: Forschungsbericht vom 30.3.1987, 4. AdR, Personalakt 3240. 56 Trotsenburg: Erläuterung der Lehrveranstaltungen 1992–1997, Februar 1992, 2. PAB. 57 Trotsenburg: Notiz über die Lehre der Vergleichenden Erziehungswissenschaft in der Universität Klagenfurt, Februar 1994, 1. PAB. 58 Trotsenburg: Akademisches Profil nach der Emeritierung am 1. Oktober 1994. Juli 1995, 5. PAB.
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närer Grundlage … internationale Beziehungsforschung“ durchführen, „deren Erkenntnisse handlungsmäßig (sozial agologisch) verwertbar sein müßten“.59 Nach Reisen, Studien und unvollendeten Projekten in Südafrika hat er sich seit 1989 ganz auf die Beziehungen zwischen Österreich und den Niederlanden konzentriert. Dazu hat er im Alleingang ein enzyklopädisches Buchprojekt mit 34 Kapiteln aufgrund von 99 „Teilstudien“ vorbereitet, das als einziges unter dem Titel „Niederlande – Österreich. Eine fünfhundertjährige Begegnung“ auch tatsächlich 1993 erschienen ist. Es war allerdings von der Erziehungswissenschaft weit entfernt. Der Wechsel seiner Themen und die Zersplitterung seiner Arbeitskraft war noch erheblich größer als die abgebrochenen Publikationspläne erkennen lassen. Von 1976 bis 1982 hat er ein Projekt „Lehrpraxen in der Allgemeinmedizin“ verfolgt. 1977 erfolgte eine „Evaluation der Touristenseelsorge in Kärnten“. 1982 wurde ein Projekt des Human Sciences Research Council in Pretoria abgeschlossen über „South African Scholars Going abroad: An Exercise in International Linkages“. Danach folgte ein Projekt über „Gemeinnützigkeit und Wohltätigkeit“: „Widmungsrücklagen und Spenden in der 150jährigen Geschichte der Kärntner Sparkasse“. „1984–1985 wurde maßgeblich an der Gründung einer Akademie für Integrale Medizin in der Schweiz mitgearbeitet“ (Academia Alpina Medicinae Integralis in Vulpera/Bad Tarasp). „1985 begann die Mitarbeit an einem Projekt über ärztliche Weiter- und Fortbildung in Wien“ (Ärztekammer).60 Trotsenburg hat sich zwischen 1985 und 1992 auch intensiv mit Militärpädagogik beschäftigt. Er war 1985 in die „Geistes- und Sozialwissenschaftliche Kommission beim Bundesministerium für Landesverteidigung“ berufen worden und hat 1986 hektographierte „Mitteilungen aus der verteidigungspädagogischen Forschungs- und Entwicklungsarbeit“ gegründet. In der ersten und vermutlich einzigen Nummer hat er ein von ihm beantragtes großes Forschungsprojekt über „Das verteidigungspädagogische Umfeld von Raumverteidigungsübungen“ vorgestellt, das aus Feldstudien und Feldexperimenten bestehen sollte und sich auf die „Zusammenarbeit von Soldaten und Bürgern aus Anlass einer Raumverteidigungsübung“ bezog. Dazu ge-
59 Trotsenburg: Niederlande – Österreich. Interim-Bericht, Januar 1992, 5, 7. (Typoskript im Umfang von 38 Seiten). PAB. 60 Trotsenburg: Forschungsbericht 1983–1987. AdR, Personalakt 3240.
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hörten auch Seminare, die als „Vorbereitung des im Wintersemester 1987/88 beginnenden Hochschulkurses Verteidigungspädagogik“ an der Universität Klagenfurt gedacht waren61. Weder das Forschungsprojekt noch der Hochschulkurs sind realisiert worden62. Es blieb dabei, dass Trotsenburg 1987 gemeinsam mit Wolfgang Royl eine Reihe „Studien zur Verteidigungspädagogik, Militärwissenschaft und Sicherheitspolitik“ gegründet hat, die nach drei Bänden wieder eingeschlafen ist.63 Er hat ab 1987 „Klagenfurter Werkstattgespräche über Verteidigungspolitik“ organisiert und dazu sogar für 1991 einen „Dialog Österreich/DDR“ über „Der Pädagoge und die Sicherheitspolitik“ geplant64. 1992 war für ihn „dieses Commitment … abgeschlossen“65. Auch bei größtem Fleiß musste unter dieser Übergeschäftigkeit die gründliche erziehungswissenschaftliche Arbeit leiden. So sind Schriften von bleibendem Wert für die Festigung der von Trotsenburg vertretenen Fächer ausgeblieben. Es überwogen die Gelegenheitsarbeiten zu Kongressthemen, Tagungen, Konferenzen und „Konsultationen“. Bezeichnend ist dafür auch, dass sein Name in der „Zeitschrift für Pädagogik“ zwischen 1970 und 2009 nur sechsmal erwähnt worden ist66. Seine wenigen Aufsätze waren bruchstückhaft und oberflächlich, seine Vorträge teilweise schlecht vorbereitet, konfus und informationsarm67. Diese erziehungstheoretische Schwäche war bei Pädagogikern nicht so ungewöhnlich, dass sie Anbietern und Abnehmern ohne weiteres auf 61 Trotsenburg 1986, 18. 62 Vgl. Forschungsbericht 1987–1991 der UKL, 86. 63 Im Verlag Peter Lang (Frankfurt am Main) ist 1989 der einzige von ihm herausgegebene Band mit dem Titel „Militärpädagogik“ erschienen. Er enthält seinen Aufsatz „Braucht die militärische Landesverteidigung die Sozialwissenschaften?“ Über Royl vgl. in diesem Werk Bd. 3, 613. 64 Trotsenburg 1989, 188 und 202. Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 615. 65 Trotsenburg: Akademisches Profil, 1995, 4. 66 Davon betrafen 3 Nennungen seine deutsche Bearbeitung des Artikels von N.L. Gage 1970 mit geringer Eigenleistung (1971, 402; 1974), 2 einen Arbeitsgruppenbericht zur Verteidigungspädagogik (1989, 321 und 350) und nur eine einen Aufsatz von 1968 (Beiheft 9/1971, 220), also keine einen substantiellen Text aus der Klagenfurter Zeit. 67 Vgl. z.B. Trotsenburg 1973/74. Ein Vortrag vom 16.11.1981 an der Universität Konstanz über „Kulturanthropologische Fragestellungen in der Vergleichenden Erziehungswissenschaft“ wurde von sachverständigen Kollegen als „informationsleeres Geschwafel auf höchster Abstraktionsebene“ beschrieben und als „Bluff“ eingeschätzt. PAB.
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gefallen wäre. Bei kultiviertem Auftreten und modischen Themen konnte man in einem Netzwerk unkritischer Kollegen und Zuhörer auch damit gut angeschrieben sein. Das galt besonders dann, wenn der Vortragende zugleich überzeugt für hohe intellektuelle und moralische Standards eintrat, denen breite Zustimmung sicher war. Das war bei Trotsenburg der Fall und hat manche Mängel zugedeckt. Er hat in seiner weltmännischen Erscheinung international auf viele Fachkollegen und Studierende sympathisch, bereichernd und anregend gewirkt, aber in seiner Universität war er als Einflussfaktor nach wenigen Jahren in einer „absoluten Minderheitsposition“. Er hat „an der Pädagogik in Klagenfurt gelitten“68 und ausführlich dargestellt, warum.69 Bis zum Sommer 1977 gab es an der Klagenfurter Hochschule als österreichisches Unikum nach dem Willen ihrer Planer und Gründer keine Institute, sondern nur ein Nebeneinander relativ selbständiger Lehrkanzeln mit den ihren Inhabern zugeordneten Mitarbeitern und Sekretärinnen.70 Das hat von vornherein Autonomieansprüche der Lehrkanzelinhaber bis zur Eigenmächtigkeit begünstigt. Auf Grund des Universitäts-Organisationsgesetzes von 1975 mussten auch an der Klagenfurter Universität Institute eingerichtet werden. So wurden 1977 die Lehrkanzeln für Unterrichtswissenschaft I und II mit den Professoren Schöler und Trotsenburg samt sieben Assistenten im neu gegründeten „Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“ zusammengelegt.71 Vorstand dieses Instituts war bis 1986 Schöler. Daneben wurde damals auch ein „Institut für Lehrplantheorie und Schulpädagogik“ errichtet72, in welchem die beiden Lehrkanzeln für „Lehrplanforschung“ und „Schulpädagogik“ mit den Professoren
68 Trotsenburg in einem Brief an den Autor vom 5.1.1996. PAB. 69 Trotsenburg: Stellungnahme zu den Schwierigkeiten im Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik, sowie Gedanken über eine Neustruktur des gesamten bildungswissenschaftlichen Bereiches in der Universität Klagenfurt. AdR, Personalakt 3240; auch PAB. 70 Letztmals im Verzeichnis der Vorlesungen und Personalstand für das SS 1977, 13. 71 Beschluss des Universitätskollegiums vom 18.6.1977; Erlass des BMfWF vom 1.7.1977. Erstmals im Verzeichnis der UBW für WS 1977/78, 46. 72 Erstmals im Verzeichnis der UBW für SS 1978, 45.
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Posch73 und Klingler74 samt 5 Assistenten zusammengeführt wurden. Das Nebeneinander dieser zwei Klein-Institute für Teilbereiche der Erziehungswissenschaft war wissenschaftssystematisch und studienpraktisch unsinnig. Es war auch gesetzwidrig, weil „die Einrichtung von zwei oder mehreren Instituten für dasselbe wissenschaftliche Fach“ oder „von Instituten für Teilgebiete eines wissenschaftlichen Faches … unzulässig“75 gewesen ist. Trotsenburg hat diese und zwei weitere erziehungswissenschaftliche Institutsgründungen später mit Recht als „Parzellierung der Universität für Bildungswissenschaften“ verurteilt, die „grundsätzlich nicht dem Gründungsauftrag“ entsprach76. Andererseits hat er zugleich wiederholt festgestellt, dass „die Zusammenlegung der zwei unterrichtswissenschaftlichen ,Lehrkanzeln‘… nicht gewollt, sondern rechtlich erzwungen worden“ sei. „Die Aufgabenstellung und nicht zuletzt der Lebensstil war und blieb verschieden“. „Die beiden ,Lehrkanzeln‘ haben sich niemals integriert“.77 Das lag nicht an einer Unvereinbarkeit der Fachgebiete, sondern an der Verschiedenheit der Charaktere, der Leistungsniveaus, der Arbeits-, Umgangs- und Führungsstile, der individuellen Wertrangordnungen und der gegenseitigen Ansprüche auf Autoritätsanerkennung und Geltung, Selbstbestimmung und Freiräume. Die Lage hat sich zugespitzt, nachdem Schöler 1986 vorzeitig emeritiert und sein Dienstposten dem Institut entzogen worden ist. Von da an musste Trotsenburg als einziger ordentlicher Professor mit 6 Assistenten zurechtkommen, von denen bereits 4 Dozenten waren und als Abteilungsleiter praktisch relativ autonom agierten. Zu Dienstleistungen für Professoren waren sie nicht mehr bereit. Außerdem war nicht er zum Nachfolger Schölers als Institutsvorstand gewählt worden, sondern der 1982 für Sonder- und Heilpädagogik habilitierte Oberassistent Günther Hartmann78. Dieser war bereits zum außerordentlichen Professor ernannt worden und damit als einziger neben Trotsenburg wählbar.
73 74 75 76 77 78
Über Posch vgl. in diesem Buch S. 438ff. Über Klingler vgl. S. 426ff. UOG 1975, § 46 Abs. 5. Trotsenburg: Stellungnahme vom 21.4.1987, 3. Ebenda, 8. Über Hartmann vgl. in diesem Buch S. 569ff.
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Trotsenburg hat zwar die Differenzierung der Erziehungswissenschaft als notwendig bejaht, aber mit Recht in der Verselbständigung ihrer Teilgebiete zu vier autonomen Instituten und Abteilungen als deren Gliedern die Gefahren der Zersplitterung, Überspezialisierung und Desintegration des Faches gesehen. „Die Leidtragenden sind die Studenten, für deren Pädagogikstudium nicht nur vier ,Pädagogik‘Institute, sondern darüber hinaus nur im Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik 5-6 Abteilungen/Arbeitsgruppen zuständig sind, sodass von einer integrierten Betreuung nicht die Rede sein kann“.79 Er habe den Eindruck „daß wir eine Pädagogik betreiben, die kaum in den grundlegenden Erkenntnissen dieses Wissenschaftsbereiches verwurzelt ist“. Es werde darauf verzichtet, „unsere Studenten gründlichst in die Systematik, die Geschichte, die Enzyklopädie und die Methodik der Erziehungswissenschaft einzuführen. Wenn ich verlange, daß sich die Pädagogik-Studenten mit Lochners ,Deutscher Erziehungswissenschaft‘ in grundlegender Weise vertraut zu machen hätten sowie lernen müßten, formal logisch und methodologisch zu denken, dann hat dies nichts mit Konservatismus zu tun, sondern ist der Versuch, jene akademische Qualifizierung zu bewirken, welche unsere Wissenschaft zu einem wirklichen Partner in der akademischen Gemeinschaft macht“. „Für mich ist der bildungswissenschaftliche Teil des Lehrangebotsverzeichnisses das Chaos schlechthin und somit die Ursache einer kompletten Desorientierung der Pädagogikstudenten, wobei ihre Fähigkeit eines ,muddling through‘ bis zur Magisterwürde eigentlich die große akademische Leistung ist“.80 Trotsenburg hat „die geistige Wüste“ beklagt, „in der unsere Studenten leben“, und gefragt, „ob die Klagenfurter Bildungswissenschaftler wohl fähig und willens zur Selbstkritik sind. Hier läge die wirkliche Aufgabe einer Studienkommission Pädagogik“. Er hat „eine systematische Prüfung der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Glaubwürdigkeit der Pädagogik-Studien verlangt“.81 Seine Schlussfolgerung lautete: „Die organisatorische Struktur des bildungswissenschaftlichen Bereiches entspricht in keiner Weise den Erfordernissen einer modernen, problemorientierten Lehre, sowie auch
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Trotsenburg: Stellungnahme vom 21.4.1987, 10f. Ebenda, 15. Ebenda, 13f.
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diese Struktur eine Optimierung der bildungswissenschaftlichen Forschungsresourcen nicht zuläßt. Das Problem des Institutes für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik … ist zugleich das Problem der bildungswissenschaftlichen Institute überhaupt. Es ist völlig irrelevant, ob die Hochschuldidaktik, die Sonder- und Heilpädagogik, die Betriebspädagogik oder die Fort- und Weiterbildung diesem oder jenem Institut zugeordnet ist. Viel wichtiger ist es, ob bestimmte Forschungs- und Lehrbereiche durch die dafür kompetentesten Wissenschaftler dieser Universität getragen werden. Das Bestreben, sich in Instituten und Abteilungen einzubunkern, wird sich als kontraproduktiv erweisen. … Ich plädiere daher für die Bildung eines allgemeinen Institutes für Pädagogik, das den gesamten bildungswissenschaftlichen Bereich umfaßt“ und für „die Aufhebung aller Abteilungen zugunsten von flexibleren Arbeitsgruppen …. Für mich persönlich gibt es nur zwei Alternativen: entweder das – viel bessere – problem- und zukunftsorientierte Vorgehen. Stichwort: ein Institut für Pädagogik mit einer Vielzahl von Arbeitsgruppen oder der Rückzug in den eigenen Lehr- und Forschungsbereich …. Es steht außer Zweifel, daß ich mich für die erste Alternative ausspreche, da sie völlig den akademischen Vorstellungen entspricht.“82 Diese realistische und mutige Stellungnahme ist von Trotsenburg schon drei Wochen später erweitert und vertieft worden durch eine „Stellungnahme zum Studium der Pädagogik an der Universität für Bildungswissenschaften in Klagenfurt“ im Umfang von 27 Seiten83. Beide Texte sind treffende kritisch-konstruktive Analysen, die überfällig gewesen, aber bis dahin von niemandem gewagt und geleistet worden sind. Trotsenburg hat ehrlich zugegeben: „Daß diese Diskussion, noch besser wäre eine kontinuierliche Evaluation, nicht stattgefunden hat, trifft uns alle. Auch ich habe bisher geschwiegen“. Durch diese Stellungnahmen hat er sich erziehungstheoretisch und berufsethisch endlich über das provinzielle selbstzufriedene und beschönigende Niveau seiner engeren Fachkollegen erhoben. „Weil der Unmut bei unseren Studenten der Pädagogik in der Tat massiv gegeben ist“, hielt er es „als dienstältester und ältester Ordinarius in dem unmittelbar bildungswissenschaftlichen Bereich“ für seine „Pflicht, ein
82 Ebenda, 16ff. 83 Stellungnahme vom 12. Mai 1987. AdR, BMfWF – GZ. 47.400/1-14/87, im Personalakt 3240; auch PAB.
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wenig zur Klärung der Studienproblematik beizutragen, damit bessere Bedingungen für ein qualifiziertes Studium der Pädagogik geschaffen werden können“.84 Trotsenburg hat das Lehrangebot der damals schon fünf „bildungswissenschaftlichen“ Institute mit ihren „11 speziellen Pädagogiken“ in Relation zum Wahlverhalten der Studierenden bei 5 möglichen Fachkombinationen mit 35 Fächern und im Schnitt 50 Lehrveranstaltungen pro Semester ab 1985 untersucht. Es war „durch ein hohes Maß an Heterogenität gekennzeichnet“ und durch die „Hobbies“ der Lehrenden bestimmt: „Ein relativ dünnes Angebot im Grundlagenbereich und ein hoch differenziertes Angebot im Bereich der speziellen Pädagogiken und den freien, ungebundenen Lehrveranstaltungen“. „Fragt man unsere Pädagogik-Studenten, was sie studieren, dann wird das Kombinationsfach genannt oder Tätigkeiten, die im Bereich der speziellen Pädagogik betrieben werden. Von Pädagogik haben nur die wenigsten eine Ahnung“.85 „In Kombination mit der institutionellen Zersplitterung im bildungswissenschaftlichen Bereich ergibt dies eine schwierige Entscheidungssituation für die Studenten, welche durchaus zu einer Desorientierung führen kann.“ Die Gefahr sei groß, „daß die Studenten ihr Studium in einer absoluten Hilflosigkeit beenden. Wofür werden sie nach 8-9 Semestern qualifiziert?“ „Mit dem völlig zersplitterten Lehrangebot“ werde „am Markt vorbei produziert“. Eine statistische Absolventen-Befragung durch Pelzmann habe ergeben, dass ein Jahr nach der Magisterprüfung 80 % der Bildungswissenschaftler keine einschlägige Berufstätigkeit ausübten. Fünf Jahre nach der Sponsion habe dieser Prozentsatz noch immer 45 % betragen. „Im nachhinein können wir uns alle nicht der Schuld entledigen, in den Diskussionen der Jahre 1972–1975“ den Bedarf an Diplom-Pädagogen überschätzt zu haben.86 „Die Planungssituation des Studenten wird auch dadurch erschwert, daß immer wieder Erwartungen geweckt werden, die sich dann später als falsch erwiesen oder halbwegs zurückgenommen werden mußten. Es gibt keine Hoffnungsbereiche: heute die Betriebspädagogik, oder morgen die Freizeitpädagogik. Es gibt nur die Möglichkeit, unseren
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Ebenda, 3. Ebenda, 16. Ebenda, 10f.
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Studenten ein solches fachliches und humanes Fundament zu vermitteln, daß sie ihre Hoffnungsbereiche selbst entdecken und ausbauen können.“ Deshalb hat Trotsenburg „für eine konkrete Mitverantwortung“ des Lehrkörpers „für die Existenz unserer studentischen Kollegen“ plädiert. „Wir können keine Jobs vermitteln, wir können aber wohl verhindern, daß Arbeitslosigkeit ein immanenter Teil der akademischen Würde ist, mit der unsere Studenten die Universität verlassen.“87 Besonders kritisiert hat Trotsenburg das Fehlen systematischer Einführung in die Allgemeine Pädagogik und in die Methoden der Forschung, die Randstellung der Proseminare und Seminare und den Verstoß gegen die Vorschrift, dass Seminare von habilitierten Hochschullehrern zu leiten sind. Die Vermittlung der Statistik für Erziehungswissenschaftler erfolge nur durch Vorlesungen, obwohl gerade in diesem Fach begleitende Übungen unerlässlich seien.88 Kurz: es habe „keinen Sinn, über Qualifikationen zu reden und Forderungen zu erheben, wenn konkrete Bedingungen für eine systematische Kompetenzvermittlung fehlen. Hier gilt es zügigst zu handeln, denn sonst könnte die Glaubwürdigkeit unserer wissenschaftlichen Berufsvorbildung eines Tages … in Frage gestellt werden“. Dafür gebe es nur den Weg „des gemeinsamen Gesprächs auf breitester Ebene“. Es brauche vor allem „mehr Integration, bessere Studieneingangsphasen, stärkere Betonung der Grundlagenfächer, … mehr individuelle Betreuung der Studenten“ und „eine organisatorische Infrastruktur, die Zusammenarbeit notwendig macht.“89 Wie sind Trotsenburgs Stellungnahmen von seinen Fachkollegen aufgenommen worden? Sie „werden, gelinde gesagt, ignoriert, beziehungsweise wegen ihrer kritischen Substanz, die nachträglich immer bestätigt worden ist, eher Gegenstand von Rügen“90. Er hat allerdings bei seinen Kollegen aus der Pädagogik selbst nichts unternommen, um aufzuklären und Beratungen darüber in Gang zu bringen. Er hat sie jedoch dem damaligen Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Prof. Hans Tuppy zugeschickt und um ein Gespräch gebeten91. 87 Ebenda, 6ff. 88 Ebenda, 18ff. 89 Ebenda, 23ff. 90 Trotsenburg: Notiz über die Lehre, Februar 1964, 3. 91 Brief vom 1.5.1987 an Tuppy. AdR, BMfWF, Personalakt 3240. Kurzbiographie Tuppy: Kürschner 2007, 3781; Minister von 1987–1989. Über ihn vgl. auch in diesem Buch S. 213, 220f., 235.
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Es hat am 17. Juli 1987 stattgefunden und mit der Anregung Tuppys geendet, eine gesamtösterreichische Studienkommission Pädagogik einzuberufen und „starke fachliche Kontakte zwischen den österreichischen Ordinarien“ zu pflegen92. Da vom Ministerium zunächst keine Hilfe zu erwarten war, hat Trotsenburg am 16. Dezember 1987 im Universitätskollegium93 den Antrag gestellt, das „Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“ aufzulösen, ist damit aber mangels entsprechender Beschlussfassung der Institutskonferenz gescheitert.94 Diesen Beschluss hat er erst 1990 erreicht. Nach dem Tod von Hartmann ist Trotsenburg 1969 als einziger im Institut verbliebener Professor „für die Dauer dieses Zustandes“ ohne Wahl sein Nachfolger als Institutsvorstand geworden95. Am 24. April 1990 ist in Anwesenheit des damaligen Rektors, des Germanisten Albert Berger96, die Lage des Instituts in einer öffentlichen Institutsversammlung97 kontrovers diskutiert und vom Rektor als „verfahren“, von Trotsenburg als „kranke Situation“ bezeichnet worden. In der anschließenden Institutskonferenz, an der fünf Personen teilgenommen haben, wurde mit 4 Stimmen98 Trotsenburgs Antrag beschlossen, das Universitätskollegium solle dem Minister die „Auflassung des Instituts … empfehlen“ – allerdings erst „nach Kenntnisnahme und Beschlußfassung der Arbeitsergebnisse der Konferenz der bildungswissenschaftlichen Institute zur Neugliederung des bildungswissenschaftlichen Bereiches“. Die habilitierten Assistenten und Abteilungsleiter Leitner und Pongratz als Mittelbauvertreter haben sich „aus Protest wegen des Fehlens eines klar formulierten Antrages der Stimme enthalten“99. 92 „Vorerst ist nichts weiter zu veranlassen“. BMfWF, GZ 47.400/1-14/87. AdR, PA 3240. 93 Dem obersten Kollegialorgan an Universitäten ohne Fakultäten, das dem Akademischen Senat an Universitäten mit Fakultätsgliederung entsprach. UOG 1975, § 13 Abs. 1 und §§ 75 und 76. 94 Trotsenburg am 26. April 1990 an die Mitglieder des Universitätskollegiums. AdR, Personalakt 3240. 95 Gemäß UOG 1975, § 50 Abs. 2. – Erstmals im Personalverzeichnis für SS 1989, 73; letztmals SS 1990, 72. 96 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 225. Er war von 1989–1993 Rektor. 97 Gemäß UOG 1975, § 51 Abs. 3. 98 Trotsenburg standen als einzigem am Institut tätigen Professor zwei Stimmen zu gemäß UOG 1995, § 50 Abs. 7. 99 Schreiben von Leitner und Pongratz an das BMfWF vom 11.12.1990. AdR, Personalakt 3240.
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Mit dem gleichen Stimmenverhältnis wurde ferner beschlossen, „für die Zwischenzeit eine räumliche Trennung zwischen den abteilungsgebundenen und nicht abteilungsgebundenen Mitgliedern des Institutes … vorzunehmen“.100 In einer „Mitteilung des Vorstandes“ vom gleichen Tage hat Trotsenburg erklärt, dass er und „die nicht abteilungsgebundenen Mitglieder, dabei maßgeblich unterstützt von den studentischen Vertretern, nicht länger willens sind, mit den Abteilungsleitern dieses Instituts zusammen zu arbeiten“.101 In einem Schreiben an die Mitglieder des Universitätskollegiums hat er mitgeteilt, dass er, „auch im Sinne eines geistigen Selbstschutzes, von jeglicher Kommunikation mit den Leitern der drei Einmannsabteilungen … Lechner, Leitner und Pongratz Abstand nehme“.102 Für die Trennung von den pragmatisierten Assistenten Lechner und Pongratz, die aus dem Umfeld von Schöler stammten, hatte Trotsenburg einleuchtende Gründe. Sie hatten ihm das Leben als Institutsvorstand103 schwer gemacht, obwohl sie an Alter, Rang und Lebenserfahrung, an Fleiß, wissenschaftlicher Breite und Urbanität hinter ihm zurückstanden. Er war mit Recht darüber besorgt, dass „bestimmte Forschungs- und Lehrbereiche“ nicht „durch die dafür kompetentesten Wissenschaftler dieser Universität getragen werden“. Er hatte erlebt, wie „kontraproduktiv“ das Bestreben der Leistungsschwächsten sein kann, „sich in … Abteilungen einzubunkern“. Lechners Rede von einem „Putsch“, weil „dem Herrn Institutsvorstand … einige seiner Leute wissenschaftlich gesehen über den Kopf gewachsen“ seien104, hat der Sachlage nicht entsprochen. Im Großen und Ganzen aber stand Trotsenburgs Aktion im Widerspruch zu seiner begrüßenswerten Werbung für Kooperation und Zusammenschluss aller für die Pädagogik tätigen Institute und Wissenschaftler. Sie zielte auf Abspaltung und Isolierung seines eigenen Einmann-Betriebes als Arbeits- und Herrschaftsbereich nach Art einer
100 Protokoll der 52. Sitzung der Institutskonferenz am 24.4.1990, 2. AdR. 101 Mitteilung des Vorstandes vom 24. April 1990/2. AdR. – Zu den Abteilungsleitern gehörte als dritter auch der habilitierte Assistent Elmar Lechner. Über ihn vgl. in diesem Buch S. 102 Schreiben vom 26.4.1990. 103 Zu den Aufgaben des Institutsvorstandes vgl. UOG 1975, §§ 50 Abs. 2 und 51; zur Funktion des Vorgesetzten für das Institutspersonal § 51 Abs. 2f. 104 Lechner in einem Interview in der Kärntner Tageszeitung vom 5.12.1990 unter dem Titel „Kampf um Institut: ´Es war ein Putsch´“.
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autonomen Lehrkanzel früherer Zeit. Sie entsprach damit der hochschulpolitischen Linie, die er schon 1976/77 mit seinem Widerstand gegen die Zusammenlegung der beiden Lehrkanzeln für Unterrichtswissenschaft in ein gemeinsames Institut verfolgt hatte.105 Sie kann als Ausdruck von Ungeduld, Verzweiflung und Trotz gedeutet werden, weil die von ihm mit guten Gründen geforderte organisatorische Neuordnung des gesamten pädagogischen Lehr- und Forschungsbereiches auf Desinteresse gestoßen und jahrelang verzögert worden ist. Näher liegt aber die Deutung, dass er an die Möglichkeit einer seinem Ideal entsprechenden Neuordnung schon längst nicht mehr geglaubt hat und einfach seinem verständlichen Interesse an einem Freiraum gefolgt ist, der gegen vermeidbaren universitären Ärger geschützt ist. Dazu könnte auch die Erkenntnis seiner Unbeliebtheit beigetragen haben, in die er durch Wichtigtuerei, wissenschaftliche Unproduktivität, Wankelmut und Unverlässlichkeit geraten war. So hat das Universitätskollegium schon am 2. Mai 1990 mit 52 Ja- zu 21 Nein-Stimmen bei 3 Enthaltungen den Antrag der Institutskonferenz vom 24. April unterstützt und beim Wissenschaftsministerium die Auflösung des Instituts für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik beantragt.106 Bundesminister Erhard Busek107 hat sie am 30. Jänner 1991 für den 30. Juni 1991 in Aussicht gestellt, „sofern bis zum 15. Mai 1991 kein schlüssiges Konzept einer Neuordnung des bildungswissenschaftlichen Bereiches der Universität erstellt wird, in welches die Arbeitsbereiche des … Instituts sinnvoll integriert werden können“108. Trotsenburg als einziger Professor des Instituts hat „am 23. Jänner 1991 unter Beibringung ärztlicher Zeugnisse die Amtsgeschäfte als Institutsvorstand niedergelegt“.109 Im Februar 1991 ist „eine räumli 105 Vgl. in diesem Buch S. 294ff. und Trotsenburgs Schreiben an das Universitätskollegium vom 26.4.1990: „für mich waren die Jahre seit der Zusammenfügung der zwei unterrichtswissenschaftlichen Lehrkanzeln Jahre der Hoffnung, der Enttäuschung, des Wieder-Versuchens und des ständigen Scheiterns, weil die Kompatibilität der Lebenskulturen einfach nicht gegeben war. Nun aber ist meine Geduld definitiv zu Ende!“ PAB. 106 Protokoll der 70. Sitzung, TOP 15. AUK. 107 Wissenschaftsminister aus der ÖVP von 1989–1994. Kurzbiographie: Bruckmüller 2001, 65. 108 BMfWF: Einlagebogen zu GZ 60.900/259-GL I/A/91. AdR, Personalakt 3240. 109 Schreiben an Rektor Berger vom 23.1.1991, das Trotsenburg am gleichen Tag in der Sitzung des Universitätskollegiums verlesen hat. AdR, BMfWF, Personalakt 3240.
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che Trennung der verfeindeten Gruppen erfolgt“. Am 7. Mai 1991 hat Rektor Berger den Minister dringend ersucht, wegen „der absolut verfahrenen Situation“ seine Absicht, das Institut mit Wirksamkeit vom 30. Juni 1991 aufzulösen, in die Tat umzusetzen“. „De facto existiert das Institut nur mehr auf dem Papier“. „Seit durch die absolute Kommunikationsverweigerung zwischen den Gruppen auch die Einberufung einer Institutskonferenz illusorisch war, habe ich als Rektor die Aufgabe übernommen, als ,interimistischer Institutsvorstand‘ der Notlage gehorchend die laufenden Geschäfte zu führen …. Aufgrund der nervenaufreibenden Erfahrungen mit der interimistischen Geschäftsführung … werde ich diese Funktion mit 30. Juni 1991 beenden.“110 Die durch die geplante Auflösung des Instituts in ihrer Selbständigkeit bedrohten Abteilungsleiter Lechner, Leitner und Pongratz haben am 13. Mai 1991 in einem gemeinsamen Brief an das Wissenschaftsministerium appelliert, den Auflösungsantrag der Universitätsleitung so lange nicht zu erfüllen, wie der Weiterbestand ihrer Abteilungen nicht gesichert ist. Ihr Erhalt sei „fachlich-systematisch“ notwendig und der „gesellschaftliche Bedarf“ gegeben. Eine Zuteilung ihrer Dienstposten zu anderen Instituten unter Verlust ihrer Abteilungen wäre keine gleichwertige Verwendung ihrer Person, sondern eine Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen, weil sie „langandauernde und umfangreiche Einarbeitungen in neue Arbeitsbereiche erforderlich machen“ würde. Auf diese Argumente sei von der Universitätsleitung bisher ebenso wenig eingegangen worden wie auf den Vorschlag des Ministers, die Fortexistenz ihrer Arbeitsbereiche (Abteilungen) „in neuem organisatorischen Zusammenhang sicherzustellen“. Zu ihren Gunsten haben die drei Abteilungsleiter abschließend ein allgemeines wissenschaftsstrategisches Argument vorgebracht: „Die Entwicklung der Wissenschaft“ könne „nur durch – sachlogisch begründete – Diversifizierung und Spezialisierung vor sich gehen …. Durch eine zum pädagogischen Generalisten führende Wissenschaftspolitik würden die bildungswissenschaftlichen Spezifika, über die die österreichische Hochschullandschaft verfügt, mittelfristig durch eine allgemeine Pädagogik, die es in Österreich ohnehin an jedem Hochschulstandort gibt, ersetzt werden.“111 110 Bericht des Rektors Berger an BUSEK vom 7.5.1991, Zahl 259/91. AdR, BMfWF, Personalakt 3240. 111 Brief mit Eingangszahl 72001/23 des BMfWF vom 14.5.1991 im AdR, Personalakt 3240.
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Minister Busek hat den Konflikt dadurch gelöst, dass er „das Wirksamwerden“ seiner Entscheidung über die Auflassung des Instituts vorläufig ausgesetzt hat, weil die Universität deren Voraussetzung nicht erfüllt habe: ein „schlüssiges Konzept einer Neuordnung des bildungswissenschaftlichen Bereiches der Universität“ zu erstellen. „Mangels eines solchen Konzeptes“ wäre „das künftige Schicksal der wissenschaftlichen Arbeitsbereiche Historische Pädagogik, Hochschulpädagogik sowie Berufs- und Betriebspädagogik völlig ungeklärt …. Es erscheint mir problematisch, diese Bereiche, die jeweils in einer Abteilung organisiert sind und dadurch eine gewisse Eigenständigkeit in ihrer wissenschaftlichen Arbeit erzielt haben und als Abteilungen auch eine Außenwirkung erreichen konnten, in Ermangelung eines Entwicklungskonzeptes einer ungewissen Zukunft auszuliefern.“ Die „personelle Problematik“ könne „leicht dadurch gelöst werden, daß Herr Professor van Trotsenburg sowie wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die das Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik zu verlassen wünschen, einem anderen Institut zugeteilt werden. Da nach einem Ausscheiden von Herrn Professor Trotsenburg aus dem Institut diesem kein Universitätsprofessor mehr angehören würde, wäre für die Dauer dieses Zustandes gemäß § 50 Abs. 2 UOG ein provisorischer Vorstand zu wählen.“ „Dies könnte auch ein Universitätsassistent sein“.112 Das Institut ist also „provisorisch“ bis auf weiteres erhalten geblieben und Trotsenburg ist mit Wirkung vom 1. Oktober 1991 wunschgemäß dem „Institut für Weiterbildung“ zugeordnet worden113, begleitet von seiner Sekretärin und dem Assistenten und Dozenten Erik Adam114. Die Assistentin Pelzmann ist in das Institut für Psychologie gewechselt. Die bestehenden drei Abteilungen wurden vorläufig im verbleibenden Institut belassen. Als provisorischer Institutsvorstand dienten von 1992 bis 1994 Dozent Lechner115 und von 1994 bis zur Auflösung im Jahre 1996 Dozent Leitner.
112 Bundesminister Busek am 7.6.1991 an Rektor Berger. BMfWF, GZ 60.900. AdR, Personalakt 3240. 113 Bescheid des BMfWF vom 17. Juli 1991. GZ 72.001/10-14/91. AdR, Personalakt 3240. 114 Über Adam vgl. in diesem Buch S. 668ff. 115 Erstmals im Institutsverzeichnis für das SS 1992, 71; letztmals WS 1993/94, 78. Vgl. auch UKL-Forschungsbericht 1987–1991, 12; Forschungsbericht 1991– 1994, 17.
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1987 hatte Trotsenburg als Alternative zur „großen Lösung“ eines integrierten Gesamtinstituts für alle pädagogischen Fächer als „zweitbeste Lösung“ ein „neues Institut“ für sich und den „Lehr- und Forschungsbereich“ der Wirtschaftspsychologin Pelzmann gewünscht, obwohl beide Arbeitsgebiete weit voneinander entfernt waren. Da für diesen Wunsch keinerlei Unterstützung zu finden war, hat er sich auf „die schlechteste Lösung“ einer Zuordnung zu einem anderen bildungswissenschaftlichen Institut zurückgezogen. Zugleich hat er aber betont: „Für mich käme weder eine Zuordnung zum Institut für Weiterbildung (ein völlig widersprechendes gesellschaftspolitisches und wissenschaftliches Selbstverständnis) noch zum Institut für Schulpädagogik (keine Nähe der Lehr- und Forschungsgebiete) infrage.“116 Da er für „Unterrichtswissenschaft“ ernannt war, hätte eine Zuordnung zum Institut für Schulpädagogik (mit den Professoren Klingler und Posch) fachlich am besten gepasst. Er hat sich jedoch trotz Kenntnis der dortigen Professoren und Probleme für das Institut für Weiterbildung entschieden. Dort hat er weiterhin für seine Projekte und Ideen geworben, insbesondere für „regelmäßige Diskussion“ „der uns alle berührenden Fragen der Lehre und Forschung“ und die Pflege einer „akademischen Gesprächskultur“ in der Institutskonferenz. Er hat auch um Unterstützung für eine geplante „Internationale Konferenz über ,Education 2000‘“ gebeten, die er zunächst durch „orientierende internationale Korrespondenz“ vorbereiten wolle. „Dahinter steckt meine feste Überzeugung, daß die Bildungswissenschaften sich in zunehmenden Maße mit der Steuerungsproblematik der globalen Human Resources zu befassen haben“. Diese „Herausforderung zum Diskurs“117 hat jedoch wenig Echo gefunden. Geendet hat diese letzte Phase vor seiner Emeritierung „in Rauchschwaden von Krach mit dem Apparat (Rektor und Institut)“. „Mit all meinen Papieren habe ich nichts erreicht und somit widme ich mich in diesen letzten Semestern nur noch meinen Doktoranden und der Herausgabe“ der geplanten Bücher. „Anders gesagt, ich habe mehr oder weniger schon von der Universität als Institution Abschied ge-
116 Trotsenburg: Stellungnahme vom 1.6.1987, 4f. zum Raumaufteilungsbeschluss der Raum-AG vom 13.5.1987. AdR, Personalakt 3240. 117 Trotsenburg: An die Kollegen des Instituts für Weiterbildung, März 1992. PAB.
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nommen …“118. Sie „war voller Blockaden, sodaß viele meiner Memoranden … in einem spannungsreichen Gefüge versickert sind“119. Schon vor dem Institutswechsel hatte sich Trotsenburg seit 1989 vorwiegend einem von ihm erdachten und benannten „NiederlandeÖsterreich Projekt“ gewidmet, das als „multidisziplinäre“ kulturhistorische „Dokumentation“ außerhalb seiner erziehungswissenschaftlichen Berufspflichten lag. Als Resultat hat er 1993 das einzige Buch seit seiner Dissertation von 1972 veröffentlicht: „Niederlande – Österreich. Eine fünfhundertjährige Begegnung“. Es handelte sich um eine mit Namen, Daten und Zitaten enzyklopädisch überladene populärwissenschaftliche Schrift über die österreichisch-niederländischen Beziehungen zum Zweck „bilateraler politischer Bildung.“120 Darauf gestützt hat sich Trotsenburg 1993 im Wissenschaftsministerium intensiv um eine Bestellung zum „Konsulenten“ für die österreichisch-niederländischen Beziehungen im kulturellen und wissenschaftlichen Bereich bemüht, um seine „Verantwortung als engagierter Niederlande-Österreich Forscher“ durch „eine Art Beziehungsdiplomatie wahrzunehmen“. „Ich … bin bereit, der Republik Österreich mein Know How und meine Arbeitsenergie während der zwei letzten Jahre meines Klagenfurter Ordinariats im Rahmen deren Beziehungen (sic!) mit dem Königreich der Niederlande zur Verfügung zu stellen“.121 Seine damit verbundenen finanziellen Forderungen waren jedoch unerfüllbar. Daraufhin hat er zwei Jahre vor dem Ende seiner Amtszeit um vorzeitige Emeritierung angesucht. Sie ist am 9. Mai 1994 mit Ablauf des 30. September 1994 gewährt worden.122 Er war damals 66 Jahre alt. Im Sommersemester hat er „12 abschließende Sondervorlesungen“ zu seinen Lieblingsthemen „Interkulturalität“, „Ethik und Universität“, „Mahner des zivilisatorischen Gewissens“ (Friedrich Heer123 und
118 Trotsenburg in einem Brief an Brezinka vom 8.7.1993. PAB. 119 Trotsenburg am 22.6.1993 an Vizekanzler und Bundesminister Busek. AdR, Personalakt 3240. 120 Trotsenburg 1993, 9f. 121 Memorandum Trotsenburgs für das BMfWF vom 5.11.1993 und Gesprächsnotiz vom 21.11.1993. AdR, Personalakt 3240; Brief an Brezinka vom 10.6.1993. PAB. 122 Durch Bundesminister Busek, GZ 47.400/2-I/A/4/94. AdR. 123 (1916–1983). Kurzbiographie: Bruckmüller 2001, 192.
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Johan Huizinga124) und „Die Didaktik des Graduiertenstudiums“ gehalten. Dazu kamen drei „Abschiedsvorlesungen“ in der Universität, im Universitätskollegium und in der Institutskonferenz des Instituts für Weiterbildung. Die große Abschiedsvorlesung für die Universität am 28. Juni 1994 trug den Titel “Reflexionen über fast ein Vierteljahrhundert akademischer Lehre und Forschung an der Universität Klagenfurt“. Sie wirft Licht auf seine ungebrochene Anhänglichkeit an die verschwommene Idee der „Bildungswissenschaften“, ihren „Generator“ Walter Schöler und seine „Vision … von einer Universität der Erforschung und Steuerung menschlicher Resourcen. Ihm ging es um eine Universität der Interund Transdisziplinarität, nicht der Monodisziplinarität. Dies aber hätte eine eigene Organisationsstruktur verlangt, nicht bestimmt durch das schon längst obsolete Modell der Instituts- und Abteilungskönigreiche, sondern durch flexible problemorientierte Projektgruppen für Forschung und Lehre. Hätte Klagenfurt diese Chance wirklich gehabt, … dann wäre sie kein Opfer einer Politik des Interessenausgleichs geworden.“ „Die Klagenfurter Idee wurde nach meiner festen Überzeugung Mitte der siebziger Jahre mit der mehr oder weniger aufoktroyierten Aufnahme des regulären Studiums der Pädagogik und der Einstellung des für das Gründungskonzept exemplarischen interdisziplinären Studienversuches Erziehungs- und Unterrichtswissenschaften aufgegeben. Es war die Konsequenz einer österreichischen Halblösung: die Klagenfurter Mission wurde pathetisch hochgejubelt, doch die dafür notwendigen praktischen Bedingungen halbherzig erfüllt. Mit dem dann begonnenen regulären Studium der Pädagogik und der auslaufenden Möglichkeit eines offenen Doktoratsstudiums (der Restbestand der postgradualen Initiative) war die Existenz einer bildungswissenschaftlichen Universität nicht länger zu legitimieren.“125 So konnte nur argumentieren, wer an einem „regulären Studium der Pädagogik“ und an der Konzentration auf deren systematischen Ausbau zu einer seriösen Wissenschaft kein Interesse hatte, sondern auch noch nach 23 Jahren trotzig an den Illusionen der Hochschulgründer festhielt. Das Versagen des Gründungsausschusses mit Schöler
124 (1872–1945). Kurzbiographie: Schmidt/Schischkoff 1969, 257. 125 Trotsenburg: Drei Abschiedsvorlesungen (21seitiges Typoskript), 1994, 8f. – PAB.
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und Trotsenburg als den führenden Pädagogikern wie als Rektor und Prorektor wurde völlig ausgeblendet. Die Schuld am Scheitern wurde unausgesprochen allzu einseitig dem Wissenschaftsministerium zugeschoben. Dieses ist zwar für die Torheit der Gründung und die Fehlbesetzungen der ersten pädagogischen Lehrkanzeln verantwortlich gewesen, aber nicht für alle Fehler der Folgezeit, die von der Universität in eigener Verantwortung begangen worden sind. Wie Schölers Lehrkanzel ist auch Trotsenburgs Professur nicht neu besetzt, sondern dem Ausbau der Wirtschaftswissenschaft gewidmet worden. Die Berufswege dieser beiden Säulen der Klagenfurter „Bildungswissenschaft“ waren hier möglichst detailliert darzustellen, weil sie die frühe Geschichte der Hochschule stärker als andere bestimmt haben. Erziehungswissenschaftlich waren sie nicht mehr als schwaches Mittelmaß mit Neigung zur Selbstüberschätzung und Schaumschlägerei. Beide waren weit entfernt vom Niveau der europäischen Elite ihres Faches und untauglich, eine österreichische pädagogische Elite heranzubilden. Das wäre schon vor ihrer Berufung erkennbar gewesen. Nach seiner Emeritierung hat sich Trotsenburg verstärkt auf das wissenschaftliche Leben in den Niederlanden konzentriert und für die Sektion „Internationale Beziehungen“ des Wiener Wissenschaftsministeriums informative Berichte und Empfehlungen ausgearbeitet. Zu erwähnen ist ein „Bericht über das Doktoratsstudium in den Niederlanden“ von 1996 mit Anregungen für die Studienreform in Österreich. Als „in Bearbeitung“ angekündigt wurde auch „eine vergleichende Selbstbildstudie der im letzten Dezennium in den Niederlanden und Österreich veröffentlichten ,Heimatkritischen Literatur‘“.126 An der Universität Klagenfurt hat er im Winter 1995/96 noch 15 Konversatoriumssitzungen gehalten mit einer „Sondervorlesung Internationale und Vergleichende Erziehungswissenschaft: Forschungspositionen am Ende des 20. Jahrhunderts“. Sie beeindruckt durch breite Kenntnis der älteren wie der jüngsten Fachliteratur. Sie beleuchtet zugleich das Problem dieses erziehungswissenschaftlichen Spezialfaches: „Das Terrain des Komparatisten kennt kaum disziplinäre Grenzen“127.
126 Trotsenburg: Bericht für das BMfWF vom Jänner 1996, 3. PAB. 127 Trotsenburg: Bericht über die Sondervorlesung (25seitiges Typoskript), Jänner 1996, 4. PAB.
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Die Grenzenlosigkeit der Themen und Interessen bei fehlender Kraft zur Wertung und Auswahl, Konzentration und Synthese ist auch das Problem seines eigenen fleißigen und ruhelosen Gelehrtenlebens gewesen. Was ihm an Glück in der Universität gefehlt hat, ist durch Glück in Familie und Freundeskreis ausgeglichen worden. Am 24. Jänner 2007 ist er im Alter von 78 Jahren in seiner Kärntner Wahlheimat in Pörtschach am Wörthersee gestorben.
7. ADOLF MELEZINEK ALS PROFESSOR FÜR UNTERRICHTSTECHNOLOGIE: 1971–2001 Am Beginn der Aufbaustufe hat zu den ersten sechs Lehrkanzeln auch eine Lehrkanzel für „Didaktik der naturwissenschaftlich-technischen Fächer“ gehört. Für sie hat der Gründungsausschuss am 14. Jänner 1971 einstimmig folgenden Besetzungsvorschlag beschlossen1: 1. Adolf Melezinek, Diplomingenieur Dr. phil., Kandidat für Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Prag; seit 1969 Lehrer an der Höheren technischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt in Wien I (Schellinggasse 13); 2. Walter Gustav Url, Dozent für Anatomie und Physiologie der Pflanzen an der Universität Wien; 3. Norbert Pucker, Dozent für Theoretische Physik an der Universität Graz. Aus pädagogisch-didaktischer Sicht war diese Liste wenig überzeugend. Melezinek hatte neben seinem Arbeitsschwerpunkt Elektrotechnik/Elektronik erst zwei Skripten der Technischen Hochschule Prag zur „Methodik elektrotechnischer Unterrichtsfächer“ (1968, 1969) und ein Lehrbuch über „Elektronik – elektronische Bauelemente“ für höhere technische Lehranstalten (1970) in tschechischer Sprache aufzuweisen2. Sie beruhten auf Schulerfahrungen als Lehrer einer elektrotechnischen Berufsschule in der Tschechoslowakei. Da diese Texte nur in tschechischer Sprache vorlagen, war der Gründungsausschuss ganz auf die Empfehlung durch sein aus Prag stammendes Mitglied Lánský angewiesen3. Auf eine unabhängige Prüfung der wissenschaftlichen 1 Protokoll der 8. Sitzung, TOP 6. AdR, BMfU 8, Klagenfurt, Karton 620. 2 Publikationsverzeichnis bei Hödl 1980, 261f. 3 Protokoll vom 14.1.1971, 4: „Lánský berichtet über den Werdegang von Dr. Melezinek“.
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Qualifikation für Fachdidaktik der technischen Fächer ist verzichtet worden. Adolf Melezinek wurde am 3. Oktober 1932 in Wien geboren und hat dort bis 1944 die Schule besucht. Er stammte aus einer einfachen Familie, die am Ende der Habsburger-Monarchie aus der böhmischen Provinz nach Wien gekommen ist. Er ist dort zweisprachig aufgewachsen: in der Familie mit Tschechisch, in der Schule (Alsergrund, Servitengasse) deutschsprachig. 1944 ist er mit seiner Mutter nach Prag gezogen und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges dort geblieben. Nach einer Lehre als Radiomechaniker besuchte er eine Höhere technische Lehranstalt für Elektrotechnik, erwarb das Maturazeugnis mit Auszeichnung und studierte dann dieses Fach an der Prager Technischen Universität bis zum Abschluss als Diplom-Ingenieur am 25. Februar 1957. Er hat früh geheiratet und wurde Vater von zwei Kindern. Nach mehrjähriger Tätigkeit in der Industrie und als externer Techniklehrer an Berufsschulen4 wurde er Mitte der Sechzigerjahre Forschungsassistent für die elektrotechnischen Fächer an der Technischen Universität Prag und mit der Einrichtung pädagogischer Kurse für Universitätslehrer der technischen Fächer betraut. Er war mit der „klassischen“ Pädagogik – soweit er sie als Techniker in der kommunistischen Diktatur hatte kennen lernen können – unzufrieden und begann nach einer „fachspezifischen“ Pädagogik für Techniker und Ingenieure zu suchen. Dabei kam er in Kontakt mit dem Mathematiker Miloš Lánský, der 1965 an der Karls-Universität Prag eine Abteilung für „Kybernetische Pädagogik“ aufzubauen begonnen und Verbindung mit Helmar Frank in Berlin hatte5. In der „Kybernetischen Pädagogik tschechischer Prägung“ nach Lánský hat Melezinek eine „theoretische Basis für die entstehende Unterrichtstechnologie“ gefunden, die seinen Vorstellungen zur Entwicklung einer „Ingenieurpädagogik“ entsprach.6 Er war Mitglied der Gesellschaft für Kybernetik der Akademie der
Kurzbiographie: Who is who in Österreich, 11. Ausgabe 1993, 1008; Kürsch2007, 2350; Lechner 1980, 77 (Porträt 8 aus der Kärntner Tageszeitung vom 3.3.1977 mit Foto); Fragebogen o.J., PAB; Kurzbiographie vom 10.2.2010 unter www.g.uni-klu.ac.at/mko/personal. Curriculum vitae selectum vom März 2010 und briefliche Mitteilungen an den Autor vom 1.3.2010. 5 Über Lánský vgl. in diesem Werk Bd. 3, 498ff.; über Frank ebenda, 575ff. 6 Melezinek: Bildungsinformatik und Ingenieurpädagogik (über seine Zusammenarbeit mit Lánský). Dreiseitiges Typoskript als Beilage zum Brief an den Verfasser vom 1.3.201. PAB. ner
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Wissenschaften der CSSR und Mitglied der Internationalen Gesellschaft für Programmierte Instruktion (GPI)7. Am 12. Juni 1968 hat Melezinek an der Karls-Universität Prag auf Grund einer Dissertation „Beitrag zur Strukturproblematik der Elektronik und Hochfrequenztechnik als Unterrichtsfächer technischer Schulen“ das Doktorat der Philosophie erworben. Mit der Schrift „Unterrichtstheorie in Bezug auf elektronische Fächer“ hat er am 23. Oktober 1969 die Lehrbefugnis als Dozent für Didaktik der Physik erlangt.8 Im „Prager Frühling“ von 1968 sind Verbindungen mit Prof. Otto Hittmair an der Technischen Universität Wien und dem Bundesministerium für Unterricht entstanden. 1969 ist Melezinek von Prag nach Wien übersiedelt und hat ab 1. September für zwei Jahre eine Lehrerstelle an der Höheren technischen Lehranstalt Wien I übernommen9 sowie in der Patentabteilung der Firma Siemens gearbeitet. Sein Prager Kollege Lánský war schon 1968 nach der militärischen Besetzung der Tschechoslowakei durch die Truppen der kommunistischen Nachbarstaaten nach Österreich emigriert und 1969 an der Linzer Hochschule zum Professor für Kybernetik und Kybernetische Pädagogik ernannt worden. Als Mitglied des Klagenfurter Gründungsausschusses und Stellvertreter des Gründungsrektors hat er sich für die Berufung von Melezinek eingesetzt10. In der dem Beschluss über den Besetzungsvorschlag folgenden 9. Sitzung des Gründungsausschusses am 8. März 1971 wurde die Lehrkanzel für „Didaktik der naturwissenschaftlich-technischen Fächer“ umbenannt in Lehrkanzel für „Unterrichtstechnologie“. Als Begründung wurde angegeben, dass „derzeit noch nicht geklärt ist, ob an der Hochschule für Bildungswissenschaft ein didaktisches Zentrum für den naturwissenschaftlichen Unterricht eingerichtet werden wird“. „Der eingereichte Ternavorschlag bleibt erhalten“.11 Dieser letzte Satz beleuchtet, dass der Vorschlag gesetzeswidrig allein auf Melezinek abgestimmt gewesen ist. Weder der Zweit- noch der Dritt-Gereihte waren
7 90 Jahre Schellinggasse. Festschrift der HTL Wien I, 1970, 98. 8 Melezinek: Curriculum vitae von 2010. PAB. 9 Jahrbuch der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen Österreichs 1971, 107; Dienstbeendigung: 31.8.1971. Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt Wien I: Bericht über das Schuljahr 1970/1971, 40. 10 Protokoll der 8. Sitzung des GA vom 14.1.1971, 4; Lánský 1995, 27. 11 Hödl 1980, 261.
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Spezialisten für apparativ-ingenieurwissenschaftliche Unterrichtstechnologie. Walter G. Url wurde am 9. Oktober 1929 in Wien geboren und hat nach dem Besuch eines Realgymnasiums an der dortigen Universität Biologie und Geographie studiert. 1952 wurde er in Botanik promoviert. 1960 hat er die Lehrbefugnis als Universitätsdozent erworben. Er war in seinem botanischen Lehrfach Zellphysiologie auf wissenschaftliche Photographie spezialisiert.12 Norbert Pucker wurde am 26. Jänner 1934 in Aflenz (Steiermark) geboren. Er hat 1959 an der Universität Graz „sub auspiciis praesidentis“ promoviert und 1970 die Lehrbefugnis als Universitätsdozent erworben. Sein Spezialgebiet waren Grundlagenprobleme der Reaktorund Neutronenphysik13. Wie geplant wurde Melezinek berufen und am 6. Juli 1971 im Alter von 38 Jahren zum ordentlichen Professor für Unterrichtstechnologie ernannt14. Er war nach Schöler, Heintel und Trotsenburg der vierte Professor der Aufbaustufe. Mit der Einrichtung dieser Lehrkanzel und seiner Ernennung ist vom Gründungsausschuss eine Grundsatzentscheidung für einen physikalisch-technischen Lehr- und Forschungsbereich getroffen worden, die voreilig gewesen ist, weil ihre studienrechtlichen und finanziellen Konsequenzen noch nicht geprüft worden waren. Im Gründungsgesetz von 1970 ist die „Unterrichtstechnologie“ unter den Forschungsaufgaben der Hochschule15 nicht genannt worden. In den „Erläuterungen zum Bundesgesetz“ wurde sie erst an letzter Stelle als Arbeitsgebiet des geplanten Forschungszentrums für „Unterrichtsforschung“ nach den Gebieten „Lehrverfahren“, „Unterrichtsführung“ und „Unterrichtsprogrammierung“ erwähnt16. Dabei blieb unklar, ob damit im weiten Sinn die pädagogische „Methodenlehre“ oder im engen Sinn die technisch-ingenieurwissenschaftliche Konstruktion von apparativen Lehr- und Lernhilfen gemeint war17. Deutlicher
12 Kurzbiographie: Who is who in Österreich, 11/1993, 1664; Kürschner 2003, 3487. 13 Kürschner 1987, 3565. 14 BMfWF 1977, 30; Hödl 1980, 224. 15 BGBl. Nr. 48/1970, § 1 Abs. 3. 16 1486 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates IX. GP, 19.12.1969, 13 (III, 3.1.2); Stimulus 1, 49; bei Hödl 1980, 201. 17 Zu diesen Bedeutungen vgl. Ortner 1985, 393 und 395f.
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war eine Stelle über „Forschung und Entwicklung“ hinsichtlich der „Mittel, die dazu beitragen sollen, die Ziele des Bildungswesens zu erreichen“. Dort wurden nach Unterrichtsformen auch „Lehr- und Arbeitsmittel“, „Lehrmaschinen, Sprachlehranlagen und ComputerLehrsysteme“ sowie „Bildungsfunk und Bildungsfernsehen“ angeführt.18 Sehr weit und entsprechend unklar war auch der Entwicklungsbegriff des Gründungsteams. In den „Erläuterungen“ hieß es dazu: „Ausgehend von dem Ziel, das Bildungswesen zu beeinflussen, soll sich die Tätigkeit der Hochschule in Klagenfurt vorwiegend auf Entwicklungsarbeiten konzentrieren. Unter Entwicklung sind alle Aktivitäten zu verstehen, deren Ergebnisse unmittelbar für die Praxis verwendbar sind.“19 Es waren Schöler und Lánský, die die „Unterrichtstechnologie … in den Vordergrund gerückt“ haben wollten20. Dabei wurde aber offen gelassen, ob mit „Entwicklung“ die technische Konstruktion von Apparaten oder Hilfen für deren Einsatz, Anwendung oder Nutzung in der Unterrichtspraxis gemeint waren. Mit der Umbenennung der Lehrkanzel von „Didaktik“ auf „Unterrichtstechnologie“ und der Berufung des Elektroingenieurs Melezinek wurde klar, dass es um das Erfinden, Konstruieren und Verbessern von Apparaten ging. Welche Konsequenzen diese Entscheidung aus ingenieurwissenschaftlicher Sicht für eine auf Pädagogische Forschung und Lehrerbildung spezialisierte Hochschule hat, scheinen ihre Gründer und Förderer nicht bedacht zu haben. Melezinek hat darüber am 26. Mai 1972 durch „eine etwas nähere Beschreibung der Inhalte der einzelnen … Lehrkanzeln“ für „unterrichtstechnologische Studien an der Hochschule für Bildungswissenschaften“ aufgeklärt.21 1. „wäre eine Lehrkanzel ,Technische Physik mit Berücksichtigung der Unterrichtstechnologie‘ zu begründen“; 2. eine für „Feinmechanik und Optik“;
18 1486 der Beilagen, 11; Stimulus 1, 48; Hödl 1980, 199. 19 1486 der Beilagen, 8; Stimulus 1, 46. 20 Schöler 1970, 28. 21 Vierseitiges Typoskript als Beilage zum Schreiben des Sekretariatsleiters Dr. Erwin Kempf an das BMfWF vom 2.6.1972, Zahl 1269/72 betreffend „Grundlagen für die Schätzung der Kosten der Ausstattung und Führung der Studienrichtung Unterrichtstechnologie“. AdR, BMfU 8 Klagenfurt 1972, Karton 621.
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eine für „Elektrotechnik und elektrotechnische Meßtechnik“; eine für „Elektronik und elektronische Meßtechnik“; eine für „Elektrische Maschinen- und Energietechnik“; eine für „Regel- und Steuertechnik“ sowie „Automatentheorie“; eine für „Datenverarbeitung und Computersysteme“; eine für „Computersysteme als didaktische Medien“; eine für „Technische Grundlagen der Ton-, Film- und Fernsehtechnik“; 10. eine für „Ton, Film und Fernsehen als didaktische Medien“; 11. eine für „Konstruktive Grundlagen von teil- sowie volladaptiven Lehrgeräten“ und „Lehrgeräte als didaktische Medien“. Die „notwendigen Lehrkanzeln sollten spätestens zu Beginn des Jahres 1975 realisiert werden“(!). Mit diesen gigantischen Forderungen hatten vermutlich weder Unterrichtsminister Piffl noch das Parlament gerechnet, als sie sich auf „Unterrichtstechnologie“ als ein von Schöler bevorzugtes Arbeitsgebiet der neuen Hochschule eingelassen haben. Das Ministerium hat für diese technische Studienrichtung aus Melezineks Wunschliste mindestens acht Lehrkanzeln als notwendig erachtet. Es hat die Technische Hochschule in Wien um „eine Kostenschätzung für die Mindestausstattung solcher Labors und Institute sowie die Kosten der Mindestbetriebsmittel pro Jahr“ ersucht. „Die Technische Hochschule hat eine sehr ausführliche Kosten- und Bedarfsschätzung erstellt“. Daraus ergab sich, dass „als Erstausstattung (Minimalausstattung) für Labor, Werkstätten und Institute 41.774.000 Schilling notwendig sind. Um diese Studienrichtung sinnvoll aufzubauen, wäre dieser Betrag etwa in drei bis höchstens vier Jahresraten seitens des Bundesministeriums aufzubringen.“ Als „Betriebskosten pro Jahr ergeben sich in Preisen Mai 1972 rund 5.750.000 Schilling. Bemerkt werden muß, daß verschiedentlich zusätzliche Bau- und hohe Installationskosten bei einem Neubau dazukommen. Noch nicht endgültig zusammengestellt und fixiert werden konnte der zusätzliche, aber wahrscheinlich sehr hohe Personalbedarf, wobei bedacht werden sollte, daß für diese acht Lehrkanzeln hochspezialisierte Techniker und Hilfskräfte, die zum Teil nur mit Sonderverträgen gefunden werden können, notwendig sein werden“.22 22 BMfWF, GZ 170.503-4/72: Studienrichtung Unterrichtstechnologie Kostenvorausschau. Amtsvortrag von Dr. Drischel für BM. Firnberg vom 8.8.1972. AdR, BMfWF 8 Klagenfurt 1972, Karton 621.
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Mit Recht hat Prof. Rupert Patzelt von der Technischen Hochschule Wien in seiner Stellungnahme ausgeführt, dass durch die Einrichtung der Studienrichtung Unterrichtstechnologie praktisch eine Technische Fakultät entstünde für unterrichtstechnologische Geräte, Systeme und Methoden. Er stellte fest, „daß gerade eine Behandlung der jeweiligen Grundlagengebiete, die mit der Unterrichtstechnologie nicht unmittelbar zu tun haben, einen hohen Aufwand an Personal und Ausrüstung erfordert. Die zahlreichen Einzelinstitute würden fast zwangsläufig ein sehr starkes Eigenleben entwickeln und die benötigte unterrichtstechnologische Hilfe für die pädagogischen Institute vernachlässigen“. Dieses naheliegende Bedenken scheint vom Gründungsausschuss gar nicht erwogen worden zu sein, als er sich für die Berufung eines Vertreters der technisch-ingenieurwissenschaftlichen Unterrichtstechnologie eingesetzt hat. Drischel als zuständiger Referent im Ministerium hat der Bundesministerin Firnberg vorgeschlagen, den Antrag auf Einrichtung der „Studienrichtung technische Unterrichtstechnologie“ wegen der hohen Kosten abzulehnen. Firnberg hat sich am 20. August 1972 einverstanden erklärt und seinen Bericht mit dem handschriftlichen Zusatz treffend ergänzt: „Nicht nur wegen der hohen Kosten!“ Der Hochschule wurde jedoch verschleiernd mitgeteilt, dass die Einführung dieser Studienrichtung wegen der hohen Kosten „zumindest in der ersten Ausbauphase nicht durchführbar“ sei. Diese Taktik des halbherzigen Aufschiebens aus finanziellen Gründen statt grundsätzlicher Ablehnung einer Technischen Fakultät hat weitere kostspielige Fehlplanungen von Personal und Sachmitteln seitens der Klagenfurter Interessenten begünstigt. Davon hat der sanfte Hinweis des Ministeriums nicht abgeschreckt, dass die im Gründungsgesetz angeführten Aufgaben der Hochschule (§ 1 Abs. 3 lit. 3 und Absatz 4), zu denen die Unterrichtstechnologie nicht gehört hat, „von vordringlicher Priorität“ seien. Empfohlen wurde „die Einbindung der Unterrichtstechnologie als Mediendidaktik als Wahlfachkombination in die Studienrichtung Unterrichtswissenschaften“ als Studienversuch.23 Wie früher berichtet24 ist dieser Studienversuch bereits 1978 wieder eingestellt worden und einige Jahre später ausgelaufen.
23 Drischel am 27.9.1972 an das Sekretariat der HBW. AdR, BMfWF 8 Klagenfurt 1972, Karton 621. Hervorhebung vom Verfasser. 24 Vgl. in diesem Buch S. 495ff.
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Nach den großen Ankündigungen waren dem Gründungsausschuss und insbesondere Schöler und Melezinek als Inhaber der Lehrkanzel für Unterrichtstechnologie daran gelegen, dass dieses technische Fach nicht einfach auf das pädagogische Fach „Mediendidaktik“ reduziert und praktisch durch dieses ersetzt wird. Deshalb hat der Gründungsausschuss am 12. Oktober 1972 beantragt, die vom Ministerium vorgesehene Benennung der bereits genehmigten Studienrichtung „Unterrichtswissenschaften (einschließlich Mediendidaktik als Wahlfachkombination)“ umzubenennen in „Unterrichtswissenschaft (einschließlich Unterrichtstechnologie als Wahlfachkombination)“25. In der gleichen Sitzung hat der Gründungsausschuss einem Antrag von Melezinek einhellig zugestimmt, „wonach künftighin die Entwicklung einer Studienrichtung ,Unterrichtstechnologie‘ an der HBW sinnvoll erscheint“. Der Gründungsausschuss nehme zur Kenntnis, dass diese Studienrichtung wegen der hohen Erstausstattungskosten „zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht eingerichtet werden kann, … wird aber die Weiterentwicklung der Unterrichtstechnologie im Rahmen der genehmigten Studienrichtung Unterrichtswissenschaft weiter im Auge behalten“ (einstimmig angenommen).26 Der vom Ministerium zur Präzisierung eingeführte Begriff „technische Unterrichtstechnologie“ ist von Melezinek und den Klagenfurter Gremien ebenso vermieden worden wie jedes Eingehen auf die von den Kosten unabhängigen grundsätzlichen Bedenken gegen Melezineks Maximalforderungen nach einem Ausbau von der Größe einer Technischen Fakultät. Das Ministerium ist vernünftigerweise bei der Verweigerung weiterer Lehrkanzeln für „technische Unterrichtstechnologie“ geblieben. Als nach 1975 auch in der Klagenfurter Universität Institute eingerichtet werden mussten27, ist für Melezinek und seine Mitarbeiter ein „Institut für Unterrichtstechnologie und Medienpädagogik“ errichtet worden. Es war 1980 mit vier Assistenten, einem Wissenschaftlichen Beamten, zwei Technikern als Vertragsbediensteten und einer Sekretärin ausgestattet28. Nominell wurde der 1971 von der Linzer Hochschule an
25 Protokoll der 20. Sitzung, 11. AUK; Schreiben des Rektors Schöler an das BMfWF vom 31.10.1972. AdR, BMfU 8 Klagenfurt 1972, Karton 621. 26 Protokoll der 20. Sitzung, 12f. AdR. 27 Vgl. in diesem Buch S. 495. 28 Hödl 1980, 134f.
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die Pädagogische Hochschule Paderborn abgewanderte Prof. Lánský, der nebenamtlich bis zum 10. April 1972 Mitglied des Gründungsausschusses und Klagenfurter Prorektor geblieben ist29, weiterhin im Personalstand dieses Instituts geführt30, obwohl er dort nie etwas geleistet hat. 1980 wurde die jahrelang erfolglos ausgeschriebene Professur für „Mediendidaktik“31 mit Klaus Boeckmann32 besetzt. Am Institut wurden drei Abteilungen geschaffen.33 Melezinek wurde Leiter der „Abteilung für Unterrichtstechnologie und Ingenieurpädagogik“; Boeckmann Leiter der „Abteilung für Mediendidaktik“ und der inzwischen habilitierte Oberassistent August Fenk34 Leiter einer „Abteilung für Kognitionsforschung“, die eigentlich besser in das Institut für Psychologie gepasst hätte. Der von Melezinek gewählte Name „Ingenieurpädagogik“ für sein neues zweites Spezialgebiet war bis dahin in Deutschland ungebräuchlich und ist es auch geblieben35. Er ist erst ab 1972 mit einem von ihm organisierten Klagenfurter Symposium und einer von ihm gegründeten „Schriftenreihe Ingenieurpädagogik“ etwas bekannter worden36. Durch das Scheitern der Ausbauwünsche für die „technische Unterrichtstechnologie“ ist dieses Fachgebiet an der Hochschule von Anfang an in einer abseitigen Lage geblieben. Sie hat seinem Personal viel Freiraum für eigene Studien, Publikationen, Tagungen und außeruniversitäre wissenschaftsorganisatorische Aktivitäten gelassen. Für die Lehre gab es wenig zu tun, weil das Fach weder als Studienrichtung noch als Studienzweig gesetzlich anerkannt worden war. Es war auch kein Pflichtfach im „Studienversuch Erziehungs- und Unterrichtswis-
29 Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 502ff., 506. 30 UK: Forschungsbericht 1991–1994, 18. 31 BMfWF 1977, 30, Ordinariat 7. 32 Kurzbiographie: Kürschner 1987, 387. 33 UK: Forschungsbericht 1983–1987, 37f. und 175ff. 34 Kurzbiographie: Kürschner 1987, 1020 und 2007, 826 – beide ohne nähere Angaben, aber mit der Fachbezeichnung „Psychologie“. 35 Er hat bisher weder in Lexika der Pädagogik (Schaub/Zenke 1995; Hierdeis/ Hug 1996; Reinhold/Pollak/Heim 1999; Böhm 2005) noch in repräsentative Handbücher (Lenzen 1985; Leo Roth 1991) Aufnahme gefunden. Zum ingenieurwissenschaftlichen Studium vgl. Wagemann 1995. 36 Autoren und Titel der ersten 12 Bände bei Hödl 1980, 240. Insgesamt sind 48 Bände erschienen: UBW Forschungsbericht 1983–1987, 200; Kürschner 2007, 2350.
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senschaft“ – ebensowenig in der ab Wintersemester 1974/75 eingeführten „Studienrichtung Pädagogik“. Es gab nur die Möglichkeit, es anstelle der zweiten Studienrichtung im Rahmen von „Fachkombinationen“ freiwillig als eines von mehreren „Kombinationsfächern“ zu wählen.37 In diesem Fall waren im ersten Studienabschnitt 36 Wochenstunden zu inskribieren, im zweiten 20 Wochenstunden.38 In der Planung des Wissenschaftsministeriums hieß es schon 1973: „Auf dem Gebiete der Unterrichtstechnologie wird der pädagogische Aspekt stärker berücksichtigt werden müssen; es sollte daher 1975 eine pädagogische Lehrkanzel mit dem besonderen Schwerpunkt der Mediendidaktik eingerichtet werden.“39 Dementsprechend wurde seither die „Mediendidaktik“ zu den „Grunddisziplinen“ gezählt und die „Unterrichtstechnologie“ nur noch in einer Klammer als ihr zugehörig genannt40. Die Verlagerung des Arbeitsschwerpunktes in pädagogischer Richtung geht auch aus dem Institutsbericht von 1980 hervor. „Die Forschung (erfolgt) im Zusammenhang mit Medien (hardware und software) im Bildungswesen (Technik als Mittel und Gegenstand der Bildung)“. Als Forschungsschwerpunkte von Melezinek wurden genannt: „Unterrichtstechnologie mit dem Schwerpunkt Bildungsfernsehen und Ingenieurpädagogik mit den Schwerpunkten Lehrstoff-Zeit-Problem, Lehrmethoden“.41 Den Gegenstand der Unterrichtstechnologie hat er weiterhin im engen technischen Sinne in allen „technischen Geräten, Einrichtungen und Systeme(n)“ gesehen, „die zur Gestaltung des Unterrichts beitragen“. „Die junge bildungswissenschaftliche Disziplin ,Ingenieurpädagogik‘ … widmet sich … Problemen der Lehre der Technik“. Im Grunde war sie nichts anderes als eine Berufspädagogik für Ingenieure mit dem Schwerpunkt Fachdidaktik der technischen Unterrichtsfächer – entsprechend der Wirtschaftspädagogik für Handelsschullehrer. Dafür hat Melezinek das unklare Schlagwort „Technik als Gegenstand der Bildung“ gebraucht, obwohl Technik als Inhalt oder Lehrgut und dessen Vermittlung durch Unterricht gemeint war. Als seine „aktuellen
37 BMfWF 1977, 28. 38 Studienplan für die Studienrichtung Pädagogik an der UBW vom 9.12.1981, § 4 Abs. 2d und § 10 Abs. 2d. Mitteilungsblatt der UBW, 1982/12 vom 10.3.1982. 39 BMfWF 1973, 21. 40 BMfWF 1977, 32. 41 Hödl 1980, 134.
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Schwerpunkte“ hat er 1987 folgende genannt: „Forschungen zur Textund Bildverständlichkeit, insbesonders im Bereich technischer und naturwissenschaftlicher Printmedien. Curriculumforschung im Bereich der Aus- und Weiterbildung von Techniklehrern. Forschungen zur Entwicklung und zum Einsatz der sogenannten ,Neuen Medien‘, insbesonders zum ,interactive video‘, etc.42 Nennenswerte größere und erfolgreich abgeschlossene Forschungsprojekte scheint es nicht gegeben zu haben. In der 1994 veröffentlichten Liste über „Sämtliche bislang durch den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung bewilligten Projekte an der Universität Klagenfurt“ wie in den Berichten über „Interne Forschungsförderung“ durch den 1976 gegründeten Forschungsfond der Universität Klagenfurt findet sich kein Projekt von Melezinek.43 Auch im Ministerium hatte man den Eindruck, dass es „keine Innovation“ gegeben hat.44 In seinen Lehrveranstaltungen hat Melezinek folgende Themen behandelt45: „Grundlagen der Unterrichtstechnologie“, „Grundlagen der Mediendidaktik“, „Methodische Grundlagen der Mediendidaktik“, „Probleme des Bildungsfernsehens“, „Medienerstellung und –beurteilung“, „Einführung in die Unterrichtstechnologie und Mediendidaktik“; „Entwicklungstendenzen der Unterrichtstechnologie“; „Elektrotechnische Grundlagen der Unterrichtstechnologie“; „Elektronische Grundlagen der Unterrichtstechnologie“; „Bildungsfernsehen: Technik und Kunst“; „Farbfernsehproduktion“; „Bildungsfilm“; „Planung und Produktion eines Super 8 single-concept Tonfilmes“; „Technische Medien im Sprachunterricht“; „Unterrichtstechnologische Ausstattung von Universitäten“; „Unterrichtsplanung und Unterrichtsgestaltung“; „Unterrichtstechnologische Planung und Projektierung von Unterrichtsräumen“; „Planung und Projektierung von Bildungsfernseheinrichtungen“; „Computer und Communication: Neue Medien und das Bildungswesen“; „Neue Informations- und Kommunikationstechnologien“; „Ingenieurpädagogik: Lehrerqualifikation im naturwissenschaftlich-technischen Bereich“; „Spezielle Probleme unterrichtstechnologischer und ingenieurpädagogischer Forschung“; „Textverstehen und Textgestaltung – Lernen mit Texten“; „Textverstehen und Text 42 UBW Forschungsbericht 1983–1987, 176. 43 UK Forschungsbericht 1991–1994, 591ff. 44 Drischel im Interview mit dem Verfasser am 5.3.1998. 45 Nach einer durch Prof. Melezinek zusammengestellten Liste vom März 2010 (PAB) und den Vorlesungsverzeichnissen der UBW ab WS 1973/74.
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gestaltung für Informatiker“; „Präsentationstechniken – leicht verständliche Vermittlung technischen Wissens“; „Präsentieren und Vortragen“; „Diplomandenseminar“; „Dissertantenseminar“; „Privatissimum“. In Relation zur geringen Zahl der Studierenden war die Menge von 35 Dissertationen, die Melezinek betreut und als erster Gutachter angenommen hat, außerordentlich hoch46: Josef Vanouček: Applikationsmöglichkeiten der Automatentheorie und der maschinellen Simulation im Bereich der Bildungswissenschaften (1975); Albert Haug: Zur Integration des Systemdenkens moderner Elektronik in die Curricula (1975); Claus D. Heinze: Aspekte der Integration des computerunterstützten Unterrichts in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung (1975); Vladimir Hubka: Beitrag zur Problematik des Konstruktionsunterrichts an Technischen Hochschulen (1977); Heinz Hoja: Zur Entwicklung von Algorithmen für den computerunterstützten Unterricht von algorithmierbaren Lehrstoffen (1977); Kurt Ulbricht: Theorie und Praxis lernzielorientierter Prüfungen in Schule und Hochschule (1977); Helmut Huber: Zum Problem der Begriffsbildung im naturwissenschaftlich-technischen Unterricht (1977); Angelika Michel: Zur Problematik der Begriffsbildung im Unterricht (1980); Martin Weissenböck: Die Integration der Informatik in das berufsbildende Schulwesen in Österreich (1980); Klaus Wente: Zur Problematik eines lehrzielorientierten Curriculums „Maschinenorientierte Programmierung“ unter besonderer Berücksichtigung didaktischer Modelle und Medien (1980); Walter Schludermann: Das Schulfernsehen im Unterrichtsprozess aus mediendidaktischer Sicht (1980); Günther Schneider: Begriffsbildung und Medieneinsatz im technischen Unterricht am Beispiel des Fachgebietes Strömungsmaschinen (1981); Walter Kerndl: Zur Problematik der algorithmischen Lehrstoffstrukturierung (1982); Günther Stotz: Die Entwicklung der pädagogischen Mediendisziplinen – eine metatheoretische Analyse (1985); Helmut Ernst Jeremias: Konzeption und Erprobung eines interaktiven Lehr-/ Lernsystems auf der Basis Bildplatte/Mikrocomputer (1986);
46 Nach Hödl 1980, 135 und 216; ZfP 27 (1981), 489 bis 52 (2006), 476. Diese Quellen ergeben insgesamt nur 23 Dissertationen. Sie sind hier durch 12 weitere ergänzt worden, die in einer von Melezinek für den Autor erstellten Liste vom März 2010 enthalten sind, sowie im Forschungsbericht 1999–2002 der UKL 163.
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Gert Böhme: Ein Ansatz zur Konzeptualisierung und Messung der Verständlichkeit von Bildern unter besonderer Berücksichtigung ingenieurwissenschaftlicher und mathematisch-informatischer Bildersprachen (1987); Lutz Hering: Computergestützte Werkstoffwahl in der Konstruktionsausbildung – CAMS in Design Education (1990); Dietmar Klier: Zur Problematik des Einsatzes des Personal-Computers im Unterricht der Hauptschule (1992); Erich Peter Druml: Hypermedia-ICAI-Systeme (1993); Heike Hering: Berufsanforderungen und Berufsausbildung technischer Redakteure (1993); Anton Kühbauer: Curriculum der Ingenieurausbildung/Elektrotechnik mit Vertiefung Wirtschaft an der TU Graz (1994); Cecylia Mitschek: Curriculare Probleme und Perspektiven der Aus- und Weiterbildung von Techniklehrern im internationalen Vergleich (1996); Gerda Nemeček: Die Entwicklung der Universität Klagenfurt und ihre Bedeutung als Keimzelle der internationalen Ingenieurpädagogik( 1997); Manfred Sellak: Die neue Telekommunikationsinfrastruktur und sozialverträgliche Technikentwicklung (1998); Jožika Bezjak: Projekt-Unterrichtsarbeit in der technischen Kreativität im schulischen Curriculum – von der Kindergarten- zur technischen Fakultätsausbildung (2000); Helmut Franz Walters: Qualitätsentwicklung und -management an berufsbildenden Schulen Österreichs (2000); Norbert Kraker: Englisch als Arbeitssprache in Naturwissenschaft und Technik. Die Entwicklung eines Curriculums für Höhere Technische Lehranstalten (2002); Harald Neudorfer: Zur Problematik von Analogien im Technikunterricht (2002); Franz Valentin Borotschnig: Telekom-Trends für die dritte Generation. Telelernen mit 14jährigen Pflichtschülern in Kärnten (2002); Mamdouh Abdelhameed Ibrahim: Die Erprobung von Computerprogrammen zur Ausbildung unterrichtstechnologischer Begriffe (2005); Matka Zorič-Venuti: Zur Problematik der ingenieurpädagogischen Ausbildung der Hochschullehrer der technischen Unterrichtsgegenstände mit besonderer Berücksichtigung der Situation in Slowenien (2005); Christian Keller: Technische Fachpublizistik – Textdesign in technischen Fachzeitschriften (2005); H. Adelhofer: Prüfbarkeit individueller studentischer Leistungen in Praxis-Phasen von Bachelor- und Master-Studiengängen an deutschen Fachhochschulen (2006); Thomas Kowarik: Qualitätsentwicklung und –management am Beispiel einer Fachhochschule in Österreich (2006); Sonja Kulmitzer: „Web Based Training“ – Zur Optimierung des zielorientierten Einsatzes der Möglichkeiten des Internets (2006).
Zu dieser Menge von Dissertanten haben auch auswärtige Interessenten für den Klagenfurter Doktortitel beigetragen. Zu Habilitationen
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sind aus diesem Schülerkreis nur zwei Diplom-Ingenieure gelangt47. Josef Vanouček48 hat sich 1982 für „Kybernetik“ habilitiert und Albert Haug 1982 für „Labordidaktik“49. Somit ist der wissenschaftliche Nachwuchs für Melezineks Spezialgebiete ausgeblieben. Wie sah es mit seinen eigenen Publikationen aus?50 In seiner frühen Prager Periode gab es nur rein elektrotechnische Schriften zur Messtechnik, Elektronik und anderen Themen. Er hat aber auch später noch technische Bücher veröffentlicht wie „Physikalische Grundlagen der Elektronenröhren“ (1971) und „Die Triode“ (1973). Ab 1968 trat die Methodik des technischen Unterrichts an technischen Schulen und Hochschulen in den Vordergrund. Ein erster deutschsprachiger Aufsatz über „Begriff und Skizze der Strukturtheorie in der Lehre technischer Unterrichtsfächer“ ist 1970 in den „Pädagogischen Mitteilungen“ des Bundesministeriums für Unterricht erschienen. Er informiert kurz und klar über die Notwendigkeit, in Lehrplänen wie im Unterricht die allgemeine Struktur der Wissensgebiete stärker herauszustellen statt nur isoliertes Faktenwissen zu bieten. Dabei konnte sich Melezinek auch auf seine eigenen Untersuchungen über tschechische Lehrpläne und fachliche Abschlussarbeiten stützen.51 Es folgten einige kurze Aufsätze zu Spezialfragen des Programmierten Unterrichts, die sich mit Schölers Studien aus dieser Zeit berührten52. 1977 ist sein Buch „Ingenieurpädagogik. Praxis der Vermittlung technischen Wissens“ erschienen. Es war als „praxisnahe Hilfe“ für die Ausbildung von Lehrern an technischen Schulen, aber auch für Ingenieure und Techniker in Betrieben gedacht. Es informiert klar und
47 UKL: Vorlesungsverzeichnis SS 2000, 73. 48 Vanouček war als Diplom-Ingenieur seit 1.9.1971 wissenschaftlicher Vertragsbediensteter mit Sondervertrag an der Lehrkanzel für Unterrichtstechnologie bei Melezinek und wurde am 14.1.1975 zum Dr. phil. promoviert. Hödl 1980, 226. 49 Haug, geboren am 19.4.1927 in Tübingen, war seit 1968 Professor für Elektronische Messtechnik an der Fachhochschule Ulm und hat 1975 nebenberuflich an der HBW das Doktorat der Philosophie erworben. Kurzbiographie: Kürschner 1987, 1625. Über seine positiven Erfahrungen mit dem 5semestrigen Aufbaustudium vgl. Haug 1995, 56f. 50 Liste bei Hödl 1980, 261f.; ab 1983 in den UBW-Forschungsberichten I bis VI (2005), 125. 51 Melezinek 1970. 52 Vgl. z.B. Melezinek 1973.
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verständlich über Lehrziele, Lehrstoff, Lehrmethoden und technische Geräte in Relation zur „Psychostruktur“ der Adressaten und zur „Soziostruktur“ ihrer Umwelt sowie über die Zusammenhänge dieser Einflussgrößen aus lernpsychologischer und systemtheoretisch-kybernetischer Sicht. Besonders informativ ist das Kapitel über Melezineks Spezialgebiet „Unterrichtstechnologie“, als deren Gegenstand hier „alle technischen Geräte, Einrichtungen und Systeme“ verstanden werden, „die zur Gestaltung des Unterrichts beitragen“53. Es behandelt auch kurz deren Leistungsfähigkeit und ihre Grenzen und ist fern von Überschätzung. Das gilt besonders auch für den „Programmierten Unterricht“, dessen Bedeutung in der Gesamtheit möglicher Lehrmethoden weit geringer eingeschätzt wird als Schöler dies in der Gründungsepoche der Hochschule verkündet hatte54. Melezineks Buch hat bis 1999 vier Auflagen erfahren und ist auch ins Tschechische, Russische, Ukrainische, Polnische, Slowenische und Ungarische übersetzt worden. Es ist keineswegs nur für Ingenieure von Nutzen, sondern gehört zu den besten Werken praktischer Unterrichtslehre auf wissenschaftlicher Grundlage. 1982 ist sein Buch „Unterrichtstechnologie. Einführung in die Medienverwendung im Bildungswesen“ im Umfang von 226 Seiten erschienen. Es bietet eine leicht verständliche Übersicht der wichtigsten technischen Geräte und Einrichtungen, die als Unterrichtsmedien eingesetzt werden können. Es erläutert, wie diese Geräte funktionieren und gibt praktische Hinweise zu ihrer Inbetriebnahme, Handhabung, Pflege und Wartung mit Übungsbeispielen. Die Verlagerung seines Interessenschwerpunktes von der technischen Unterrichtstechnologie zur Didaktik des technischen Unterrichts und der Reform des technischen Schulwesens zeigt sich auch in den von Melezinek herausgegebenen Schriftenreihen. In der „Schriftenreihe Unterrichtstechnologie“ sind 9 Bände erschienen55, in der „Schriftenreihe Ingenieurpädagogik“ 48 Bände56. Darunter überwogen die von ihm herausgegebenen Kongressberichte. Seine Stärke lag vor allem in meisterhafter Organisation und in Werbung für die Klagenfurter
53 Melezinek 1992, 84–136. 54 Ebenda, 170ff. 55 Melezinek: Kurzbiographie, last update 2001. Titel der ersten 5 Bände bei Hödl 1980, 240; UBW Forschungsbericht 1983–1987, 199; Kürschner 2007, 2350. 56 Siehe Fußnote 36.
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Hochschule als westlicher Geburtsstätte der ingenieurpädagogischen Programmatik und des entsprechenden internationalen Netzwerkes. Über diesen Interessentenkreis hinaus sind seine Schriften wenig bekannt geworden. In der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist er als Autor zwischen 1975 und 2009 niemals zitiert worden.57 Obwohl Melezineks „Ingenieurpädagogik“ von guter didaktischer Qualität war, ist seine Verbindung mit der Klagenfurter Erziehungswissenschaft und ihren Instituten nur lose gewesen. Der Name „Institut für Unterrichtstechnologie und Mediendidaktik“ hat eine größere Nähe suggeriert als tatsächlich bestanden hat, obgleich sie möglich gewesen wäre. Als ab 1993 durch das neue Universitäts-Organisationsgesetz eine Neuordnung, Umgliederung und Umbenennung der Institute erforderlich wurde58, haben beide Parteien getrennte Wege eingeschlagen. Die damals bestandenen drei Institute für „Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“, „Schul- und Sozialpädagogik“ und „Weiterbildung“ haben sich 1996 zum „Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ zusammengeschlossen59. Das „Institut für Unterrichtstechnologie und Medienpädagogik“ hat seinen Namen in „Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft“ geändert60. Aus dem Studium eines bloßen „Kombinationsfaches“ namens „Medienkommunikation“ ist ab 1999 ein eigenständiges Diplomstudium „Publizistik und Kommunikationswissenschaft“ geworden. Melezinek hat auch unter dem neuen Institutsnamen, der ohne Bezug zu „Unterricht“ und „Didaktik“ war, seine gewohnten Arbeitsgebiete beibehalten61. Da sie institutionell nicht mehr unter Erziehungs- oder Unterrichtswissenschaft firmierten, kann hier von weiterer Behandlung abgesehen werden. Er hatte sich schon ab 1978 in einem von ihm angeregten „Interuniversitären Forschungsinstitut für Unterrichtstechnologie, Mediendidaktik und Ingenieurpädagogik der österreichischen Universitäten“ mit Sitz in Klagenfurt62 ein überregionales Akti 57 Nennungen sind nur als Gutachter von Klagenfurter Dissertationen erfolgt (1981, 489; 1982, 499f.; 1983, 490f.). 58 BGBl. Nr. 805/1993, §§ 6, 7, 44. 59 UK: Forschungsbericht 1995–1998, 70. Gemäß UOG 1993, § 44 Abs. 1 waren „größere Einheiten anzustreben“. 60 UK: Forschungsbericht 1995–1998, 185. 61 Ebenda, 186, 189ff., 192ff. 62 Errichtet mit Erlass des BMfWF vom 22.5.1978, Zl. 62.600/235-UK/77. Mitteilungsblatt der UBWK 1977/78, Nr. 172.
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onsfeld zu schaffen versucht. Diese Einrichtung ist jedoch nach einem Jahrzehnt ohne bleibenden Ertrag wieder aufgelöst worden.63 Melezinek ist in seiner fachlichen Isolierung an der Klagenfurter Universität ein Opfer der ingenieurwissenschaftlich-technischen Fehlplanung der „bildungswissenschaftlichen“ Hochschule durch Schöler und Lánský geworden und der verspäteten ministeriellen Abwendung davon. Er hat diese für ihn enttäuschende Wendung konziliant durch sehr erfolgreichen internationalen organisatorischen Einsatz zugunsten der Ingenieurpädagogik ausgeglichen. Er war und blieb wissenschaftlicher Leiter und Organisator der 1972 an der Klagenfurter Universität begonnenen internationalen ingenieurpädagogischen Symposien und Kongresse sowie Präsident der „Internationalen Gesellschaft für Ingenieurpädagogik“. An den Technischen Universitäten Karlsruhe, Wien, Graz, Zürich, Prag und Budapest hat er als Gastprofessor gewirkt. Seine Leistungen haben ihm besonders in Tschechien und anderen osteuropäischen Ländern zu großem Ansehen bei Technikern und Techniklehrern verholfen. Sein ingenieurdidaktisches Arbeitsgebiet hatte in den planwirtschaftlich orientierten kommunistischen Diktaturen einen höheren Stellenwert als im marktwirtschaftlichliberalen Westen Europas. Nach ihrem Sturz hat er in Osteuropa durch Seminare zur Reform beigetragen, z.B. 1991 mit einem Seminar „Ingenieurcurricula am Übergang von Planwirtschaft zur Marktwirtschaft“. Die Technischen Universitäten in Moskau, Liberec (Reichenberg/ Tschechien), Hradec Králové (Königrätz/Tschechien), Charkow (Ukraine) und Tallin (Estland) haben ihn mit Ehrendoktoraten ausgezeichnet. Durch ihn hat die Universität Klagenfurt international unter Professoren und Lehrern der technischen Unterrichtsfächer als ingenieurpädagogisches Zentrum einen guten Namen gewonnen64, der allerdings ganz an seine Person gebunden gewesen ist. Das Aufblühen der „Ingenieurpädagogik“ ist eine ungeplante Nebenwirkung der Berufung von Melezinek auf die Lehrkanzel für Unterrichtstechnologie gewesen. In institutionalisierter Form hat sie erst ab 1986 als Zusatz zur „Abteilung für Unterrichtstechnologie“ im neuen Namen „Abteilung für Unterrichtstechnologie und Ingenieurpädagogik“ in das Institutsverzeichnis Aufnahme gefunden.65 63 Leitner 1998, 672. 64 Vgl. Haug 1995; Heinze 1995, 46ff. 65 Vorlesungsverzeichnis der UBW, SS 1986, 64; UBW: Forschungsbericht 1983–1987, 38.
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Mit Wirkung vom 1. Oktober 2001 ist Melezinek im Alter von fast 69 Jahren emeritiert worden. Seine Professur für Unterrichtstechnologie ist nicht nachbesetzt, sondern in eine Professur für „Medienwissenschaft“ im Rahmen des „Instituts für Medien- und Kommunikationswissenschaft“ umgewidmet worden66.
8. PETER HEINTEL ALS PROFESSOR FÜR DIDAKTIK DER PHILOSOPHIE UNTER BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER LEHRPLANFORSCHUNG SEIT 1971/ AB 1974 FÜR PHILOSOPHIE UND GRUPPENDYNAMIK MIT BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER DIDAKTIK DER PHILOSOPHIE: 1971–2009 Von Anfang an war unter den Klagenfurter pädagogischen Lehrkanzeln eine für das Spezialgebiet „Lehrplanforschung“ vorgesehen. Erziehungswissenschaftlich hinreichend qualifizierte Bewerber haben gefehlt. Es sind nur 4 Bewerbungen von habilitierten Personen eingegangen: Gerhard Paul Bunk, Peter Heintel, Wilfried Schneider und Marko Stettner. Keiner von ihnen konnte als Spezialist für Lehrplanforschung gelten. Heintel war Dozent für Philosophie, Bunk und Schneider waren Ökonomen und Wirtschaftspädagogiker. Stettner war ein formalwissenschaftlich-kybernetisch orientierter Allgemeinpädagogiker und außerdem zu alt1. Der Gründungsausschuss hat am 11. September 1970 in geheimer Abstimmung durch fünf Mitglieder in Abwesenheit von Heintel einstimmig folgenden Dreiervorschlag beschlossen2: 1. Peter Heintel, Dozent für Philosophie an der Universität Wien; 2. Wilfried Schneider, Dozent für Wirtschaftspädagogik an der Hochschule für Welthandel Wien; 3. Gerhard Paul Bunk, Dozent für Erziehungswissenschaft an der Technischen Hochschule Aachen.
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UKL, Protokoll der 38. Sitzung des Senats am 26.1.2000, TOP 9d, 6. Über den Grazer Dozenten Stettner vgl. in diesem Werk Bd. 2, 247–264. Protokoll der 4. Sitzung, TOP 5, 6ff. AdR 8 Klagenfurt, Karton 621.
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Wie haben die Studien- und Berufslaufbahnen dieser Kandidaten ausgesehen? Was hatten sie für den Wechsel in die Lehrplanforschung anzubieten? Peter Heintel3 wurde am 13. November 1940 in Wien als erstes von vier Kindern des Universitätsdozenten für Philosophie Erich Heintel (1912–2000)4 geboren und war evangelisch-lutherischer Konfession. Nach dem Besuch der Volksschule und des Humanistischen Gymnasiums in Wien XVIII hat er am 13. Juni 1958 mit Auszeichnung maturiert. Anschließend hat er an der Wiener Universität Mathematik, Physik, Germanistik und Philosophie studiert und 1963 das Doktorat erworben. Seine Dissertation war folgendem Thema gewidmet: „Gedanken zu einigen Aporien der Philosophie Heideggers“ (1962). Sie ist unveröffentlicht geblieben. Heintel hat auch eine volle kaufmännische Ausbildung absolviert und musste vorübergehend als Geschäftsführer ein Familienunternehmen für chirurgische Instrumente leiten. Etwas außerschulische Erziehungspraxis hat er als Leiter einer evangelischen Jugendgruppe kennen gelernt. Er hat auch Kontakt zu katholischen Organisationen gesucht und in den Zeitschriften „Blätter“ der Katholischen Hochschuljugend und „Neuland“ des Bundes Neuland publiziert.5 Seine philosophisch-theologischen Interessen haben ihn zum Eintritt in die Internationale Paulus-Gesellschaft veranlasst. Er war auch als Vorstandsmitglied des „Österreichischen College“ tätig. Lehrerausbildung und Berufserfahrung als Schullehrer haben gefehlt. Von 1963 bis 1970 war er Assistent am Philosophischen Institut der Universität Wien bei Prof. Friedrich Kainz6. Von 1968 bis 1970 wirkte er als Lehrstuhlvertreter für Religionsphilosophie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Von 1968 bis 1971 absolvierte er eine Trainerausbildung für Gruppendynamik. 1970 erfolgte auf Vorschlag der Österreichischen Hochschülerschaft7 die Berufung in den Gründungsausschuss der Klagenfurter Hochschule. 3 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 1326; Porträt in der Kärntner Tageszeitung vom 22.1.1972 mit Foto (Nachdruck bei Lechner 1980, 72f.); Hödl 1980, 249; Who is who in Österreich, 11. Ausgabe 1993, 591. 4 Kurzbiographie: Kürschner 1996, 528. 5 Zum „Bund Neuland“ vgl. in diesem Werk Bd. 1, 705f. und Bd. 2, 217f. 6 Kurzbiographie: Schmidt 1969, 307. 7 Stellungnahme der ÖH vom 18. und 25.2.1970 in Briefen an BM. Mock. AdR, BMfU 8, Karton 620. Vgl. in diesem Buch S. 240. Nach Heintel 2010, 25 wurde er von der Österreichischen Rektorenkonferenz vorgeschlagen.
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1968 hat Heintel an der Wiener Universität die Lehrbefugnis als Dozent für Philosophie erworben. Seine Habilitationsschrift behandelte „Die Bedeutung der Kritik der ästhetischen Urteilkraft für die transzendentale Systematik“. Sie ist 1970 in den „Kant-Studien“ veröffentlicht worden. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen noch zwei weitere Bücher vor: „System und Ideologie. Der Austromarxismus im Spiegel der Philosophie Max Adlers“ (1967) und „Hegel. Der letzte universelle Philosoph“ (1970). Heintel junior galt damals wie sein Vater als Spezialist für Kant und Hegel, ergänzt durch Religionsphilosophie und Geschichte des Austromarxismus. Mit Pädagogik scheint Heintel nur spärlich in Berührung gekommen zu sein. Sein Vater war eng mit Josef Derbolav8 befreundet. Der Sohn hat Derbolav später als seinen „langjährigen väterlichen Freund“ erwähnt, dem er „viel an pädagogischer Bildung verdanke“9. Diese kann bestenfalls spekulativer „bildungsphilosophischer“ Art gewesen sein. Für lehrplantheoretische Forschung haben Heintel jedenfalls damals alle schulfächer-spezifischen, erziehungshistoriographischen und empirisch-psychologischen Voraussetzungen gefehlt. Wilfried Schneider ist bereits früher dargestellt worden10. Er war Spezialist für Programmierten Unterricht an kaufmännischen Lehranstalten mit dem Schwerpunkt Betriebswirtschaft. Er hatte sich 1970 habilitiert und stand zur Zeit der Klagenfurter Beratungen bereits im Besetzungsvorschlag für die Nachfolge von Krasensky auf der Lehrkanzel für Wirtschaftspädagogik seiner Hochschule.11 Es war Schöler als seinem Freund und engsten Wiener Fachkollegen bis Herbst 1970 selbstverständlich bekannt, dass er für diesen Posten bestimmt und für Klagenfurt nicht gewinnbar war. Schneider wäre als Betriebswirt im Hauptfach mit extrem schmaler pädagogischer Ausbildung für die Klagenfurter Aufgabe auch gar nicht vorbereitet gewesen. Das gleiche galt für Bunk. Gerhard Paul Bunk12 wurde am 18. Juni 1926 in Landsberg an der Warthe (Brandenburg) geboren. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrie-
8 Über Derbolav vgl. in diesem Werk Bd. 2, 271ff. 9 P. Heintel 1976, 63. 10 Vgl. in diesem Buch S. 96ff. 11 Vgl. in diesem Buch S. 97. 12 Kurzbiographie: Kürschner 1996, 189; Who is who in der Bundesrepublik Deutschland, 3. Ausgabe 1994, 369. Lebenslauf und Bibliographie bei Lassahn/ Ofenbach 1986, 9ff. und 379–405.
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ges, in dem er als Flieger in der deutschen Luftwaffe gedient hatte, hat er sich am Pädagogischen Seminar in Cottbus (SBZ = Sowjetische Besetzungszone Deutschlands) zum Volksschullehrer ausbilden lassen. Bald nach der Ersten Lehrerprüfung im Jahre 1948 hat er an der Ostberliner Humboldt-Universität mit dem Studium der Wirtschaftswissenschaften und der Wirtschaftspädagogik begonnen und es an der Freien Universität Berlin fortgesetzt. Dort hat er 1953 mit einer wissenschaftlichen Arbeit über „Beurteilung und Abgrenzung von Bilanzverschleierung und Bilanzfälschung“ den Grad des Diplom-Kaufmannes und 1954 den eines Diplom-Handelslehrers erworben.13 Während des Studiums war er als Teilzeitlehrer an einer Berliner kaufmännischen Berufsschule tätig. Ab Wintersemester 1954/55 hat er sein Studium der Wirtschaftswissenschaft an der Universität Innsbruck fortgesetzt und am 17. Jänner 1957 mit dem Doktorat abgeschlossen. Seine betriebswirtschaftliche Dissertation über „Bilanzierung und Bewertung von Anlagesicherungsmitteln nach betriebswirtschaftlichen, handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Grundsätzen“ (1955) ist vom ersten Gutachter Rudolf Stemberger als „ein reifes, tief durchdachtes und mustergültig geschriebenes Werk“ als „ausgezeichnet“ beurteilt worden, vom zweiten Gutachter Ferdinand Ulmer als „sehr gut“14. Anschließend hat er in Deutschland neun Jahre in der chemischen Industrie als Personal- und Ausbildungsleiter gearbeitet. Ab 1961 ist er durch Beiträge zum kaufmännischen Bildungswesen in wirtschaftspädagogischen Fachzeitschriften hervorgetreten. Von 1964 bis 1970 war er wie Schöler Wissenschaftlicher Assistent an der Technischen Hochschule Aachen bei Johannes Zielinski. Dort hat er am 11. Februar 1970 mit einer Habilitationsschrift über „Die Modellanalyse als Grundlage betriebs- und industriepädagogischer Theoriebildung“ die Lehrbefugnis als Privatdozent erworben15. Noch im gleichen Jahr ist er zum Wissenschaftlichen Rat und Professor ernannt und zum Leiter der Abteilung für Allgemeine Didaktik und Unterrichtsforschung am Institut für Erziehungswissenschaft bestellt worden. Seine Habilitationsschrift ist 1972 überarbeitet unter dem Titel „Erziehung und Industriearbeit“ als Buch im Umfang von 461 Seiten 13 Lassahn/Ofenbach 1986, 380. 14 UAI, Doktorenalbum Nr. 89, S. 19. Absolutorium rer.oec. Nr. 103 vom 16.1.1956. 15 AA, Personalakt Bunk.
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veröffentlicht worden. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lag nur die maschinenschriftliche Fassung mit 424 Seiten Text und 215 Seiten Anmerkungen vor. Im Habilitationsvortrag hat er über „Das Multimoment-Häufigkeits-Zählverfahren als Mittel der Unterrichtsbeobachtung“ gesprochen. Seine Antrittsvorlesung hat er über „Die Erwachsenen-Weiterbildung im Brennpunkt der Bildungspolitik“ gehalten. Seine enge Verbindung mit Schöler geht auch daraus hervor, dass er zu dem von Zielinski und Schöler herausgegebenen „Probitext-Unterrichtsprogramm“ 1970 den „Grundlehrgang der doppelten Buchführung“ beigesteuert hat. Aus dem Vergleich dieser drei Kandidaten geht hervor, dass von ihnen Heintel für „Lehrplanforschung“ am wenigsten qualifiziert gewesen ist. In der Begründung seiner Reihung an erster Stelle ist der Gründungsausschuss jedoch auf die Hauptfrage nach Heintels Eignung für dieses Fachgebiet gar nicht eingegangen. Vielmehr sind folgende fachfremde Gründe als „maßgebend“ genannt worden16: 1. „seine wissenschaftliche Qualifikation“ sei generell „durch eine vielseitige und erfolgreiche Publikations- und Lehrtätigkeit erwiesen“; 2. „weil er sich für den Aufbau der Klagenfurter Hochschule in besonderer Weise eingesetzt hat“; 3. „weil durch ein Berufungsangebot von einer amerikanischen Universität Abwanderungsgefahr besteht“17; 4. „weil seine Erfahrungen auf dem Gebiet der Gruppendynamik für den Aufbau der Hochschule (z.B. für die Gestaltung der Teamarbeit) von großer Bedeutung sind“. Wissenschaftsministerin Firnberg hat erkannt, wie fragwürdig dieser Vorschlag gewesen ist. Deshalb hat sie von vier Lehrplanforschern aus der Bundesrepublik Deutschland Gutachten über Heintels Qualifikation erbeten, die übereinstimmend negativ ausgefallen sind18. Daraufhin hat sie den Dreiervorschlag abgelehnt. Der Gründungsausschuss hat jedoch „einstimmig beschlossen, in einem Schreiben an Frau Bundesminister Firnberg den Ternavorschlag nochmals zu begründen …. Weitere Personalentscheidungen sollen verschoben werden, bis eine
16 Protokoll der 4. Sitzung des Gründungsausschusses vom 11.9.1970, 7. AdR 8 Klagenfurt, Karton 621. 17 Es hat sich um einen Ruf als Full Professor an das wenig bedeutende Pennsylvania State College gehandelt. Ortner 1971/72, Heft 4/5, 2; Neues Forum – Dokumentation 1974, 38. 18 Schulmeister 1971, 5; Neues Forum – Dokumentation 1974, 38. Vgl. in diesem Buch S. 344ff.
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Regelung in dieser Frage herbeigeführt worden ist. Der Brief wurde im Laufe der Sitzung verfaßt und von den Mitgliedern des Gründungsausschusses unterzeichnet“.19 Das war ein Ultimatum, das einem Erpressungsversuch zur Durchsetzung von Heintels Berufung gleichkam. Mit Entschließung vom 1. März 1971 ist Heintel zum ordentlichen Hochschulprofessor ernannt worden – aber nicht für die ausgeschriebene Lehrkanzel für „Lehrplanforschung“, sondern für „Didaktik der Philosophie unter besonderer Berücksichtigung der Lehrplanforschung“20. Es war die erste Lehrkanzel für diese Fachdidaktik im deutschen Sprachgebiet und ist es lange geblieben21. In den Protokollen des Gründungsausschusses als der verantwortlichen universitären Behörde findet sich kein Wort, geschweige ein Beschluss über die Umbenennung der Lehrkanzel, ihre gesetzlich vorgeschriebene öffentliche Ausschreibung und einen ihrer veränderten Widmung entsprechenden Besetzungsvorschlag. Eine Ausschreibung ist nicht erfolgt, obwohl „nach dieser Umbenennung, die eine wesentliche inhaltliche Änderung bedeutet, eine neuerliche Ausschreibung der Lehrkanzel hätte vorgenommen werden müssen“22. Ihre Umbenennung und Besetzung ist also auf ungesetzlichen Wegen erfolgt und alle Mitglieder des Gründungsausschusses haben dazu geschwiegen.23
19 Bericht des Rektors Schöler im Protokoll der 6. Sitzung des Gründungsausschusses vom 9.10.1970, 2. AdR. Der erwähnte Brief war weder im AdR noch im AUK auffindbar, obwohl er als Beilage zum Protokoll zu gelten hätte. Er war ein Täuschungsmanöver und Druckmittel Schölers, nachdem die Sache zwischen ihm und Firnberg schon am 21.9.1970 ausgehandelt worden war. Siehe S. 332. 20 HBW: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen und Personalstand WS 1972/73, 5 und 13. 21 Martens 1983, 95. 22 Bericht der 1971 von Minister Firnberg eingesetzten „Untersuchungskommission“ des Ministeriums zu Klagenfurt, zitiert in: Neues Forum – Dokumentation 1974, 38. Vgl. in diesem Buch S. 250. Der Bericht war weder im AdR noch im AUK auffindbar. Die Kommission hat ihre Arbeit in Klagenfurt am 17.1.1972 aufgenommen. Protokoll der 16. Sitzung des GA vom 13./14.1.1972, 15. AdR 8, Karton 621. 23 Die Initiatoren der Begünstigung Heintels und deren Gründe und Hintergründe sind aus den derzeit zugänglichen Quellen nicht eindeutig identifizierbar. Neben dem Prestige seines Vaters Erich als einflussreiches Mitglied von Piffls ÖVP-nahem „Rat für Hochschulfragen“ und anderen Spitzengremien dürften weitere Netzwerke mitgespielt haben.
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Tatsächlich ist es gar nicht um die Sachfrage „Lehrplanforschung“ oder „Didaktik der Philosophie“ gegangen, sondern um die Beförderung Heintels auf eine philosophienähere Klagenfurter Lehrkanzel ohne öffentliche Diskussion und Wettbewerb mit Konkurrenten. Über das dafür gewählte Verfahren geht aus den Ministerialakten Folgendes hervor: „Nach Vereinbarung der Frau Bundesminister mit dem Rektor Prof. Dr. Schöler am 21. September 1970 wurde am 22. September 1970 im Umlaufwege der Beschluß des Gründungsausschusses herbeigeführt, diese Lehrkanzel in Didaktik der Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Lehrplanforschung umzubenennen, den obzit. Besetzungsvorschlag zu übertragen und mit dem primo loco Genannten die Verhandlungen aufzunehmen. Diese Verhandlungen wurden durch die Ernennung des Genannten zum Ordentlichen Hochschulprofessor erfolgreich abgeschlossen“.24 Die „Allgemeine Lehrplanforschung“ taucht erst im Protokoll der 9. Sitzung des Gründungsausschusses vom 8. März 1971 wieder auf – also acht Tage nach Heintels Ernennung. Dort wurde für die Lehrkanzelplanung 1972 festgelegt: „Ein Hauptaugenmerk soll auf die Besetzung der Lehrkanzel für allgemeine Lehrplanforschung gelenkt werden“25. Man war also unverschämt genug, für die durch die willkürliche Besetzung mit Heintel verlorene Lehrkanzel für Lehrplanforschung sogleich eine weitere Lehrkanzel als Ersatz zu fordern26. Sie ist schon im Sommer 1971 vom Ministerium genehmigt worden27. Heintel war allerdings mit seiner Lehrkanzel für „Didaktik der Philosophie“ nicht zufrieden, sondern steuerte entgegen der ministeriellen Planung übereilt auf ein Ordinariat für Philosophie zu. Er musste auch von der Standesvertretung der Lehrer an Allgemeinbildenden Höheren Schulen die Kritik hinnehmen, dass die Besetzung einer Lehrkanzel für Didaktik der Philosophie mit einem Kandidaten ohne schulpraktische Erfahrung verfehlt sei28. 24 BMfWF, GZ. 164.949-4/72 zu: HBW Umbenennung der Lehrkanzel „Didaktik der Philosophie …“. Ablehnung. AdR, BMfU 8 Klagenfurt, Karton 621. Hervorhebung vom Verfasser. 25 Protokoll der 9. Sitzung, TOP 6: Bericht der Planungskommission. Konzept des wissenschaftlichen Aufbaues 1971–1975, 7. 26 Ebenda, 11. 27 Protokoll der 13. Sitzung vom 16.9.1971, 7. 28 Sie hatte sich bei Ministerin Firnberg darüber beschwert und diese hatte Rektor Schöler um eine Stellungnahme dazu gebeten. Protokoll der 11. Sitzung des Gründungsausschusses vom 24.6.1971, 9. AdR 8 Klagenfurt, Karton 621.
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Im Mai 1972 erfolgte der nächste Schritt, um Heintel durch eine zweite Umwidmung seiner Lehrkanzel konkurrenzlos ohne öffentliche Ausschreibung, Berufungsverfahren und Dreiervorschlag zu einer Lehrkanzel für Philosophie zu verhelfen. Der Gründungsausschuss hat mit 12 Stimmen einstimmig den Antrag von Schölers Assistenten Ortner angenommen, „die Lehrkanzel ,Didaktik der Philosophie‘ umzubenennen in ‘Philosophie mit besonderer Berücksichtigung ihrer Didaktik‘“29. Als Begründung wurde angegeben, dass „das Fach ,Philosophie‘ auf einer breiten Basis in Klagenfurt vertreten sein muß und außerdem noch heuer mit der Besetzung einer eigenen Lehrkanzel für Lehrplanforschung zu rechnen ist“. Das Ministerium hat abgelehnt, „weil die genannte Lehrkanzel seinerzeit einvernehmlich und wohl begründet so benannt wurde. Eine Prüfung des Antrages auf Umbenennung erscheint sohin vor dem Abschluss des Gesamtkonzeptes der Hochschule und der Genehmigung dieses Konzeptes durch die Frau Bundesminister nicht angezeigt“.30 Der Gründungsausschuss hat sich damit nicht abgefunden, sondern am 13. Oktober 1972 mit 10 Stimmen einstimmig einen Antrag von Heintel angenommen, „gleichzeitig mit den geplanten Studien an der HBW im Wintersemester 1973/74 auch mit der Studienrichtung ,Philosophie‘ als Diplomstudium zu beginnen“. „In diesem Zusammenhang ist es auch notwendig, die Lehrkanzel ,Didaktik der Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Lehrplanforschung‘ in ,Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik und der Lehrplanforschung‘ umzubenennen. Herr Heintel beantragt, beim Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung neuerlich um Genehmigung dieser Lehrkanzelumbenennung anzusuchen. Der Antrag wird einstimmig mit 11 Stimmen angenommen.“31 In seinem Schreiben an das Ministerium vom 30. Oktober 1972 hat Rektor Schöler ersucht, mit Studienbeginn 1973 auch eine Diplom 29 Protokoll der 18. Sitzung des Gründungsausschusses am 25./26.5.1972, 17; Antrag des Rektors Schöler vom 30.5.1972 an das BMfWF. AdR, 8 Klagenfurt, Karton 621. 30 Sektionschef Walter Brunner am 14. Juli 1972 an die HBW. Von Firnberg bestätigt am 13.7.1972. BMfWF, GZ 164.949-4/72. AdR, BMfU 8 Klagenfurt, Karton 621. Heintel hat jedoch eigenmächtig bereits 1972 seine Korrespondenz auf Briefpapier der HBW mit dem Aufdruck „Lehrkanzel für Philosophie“ geführt. Beleg vom 17.10.1972 im PAB. 31 Protokoll der 20. Sitzung des Gründungsausschusses am 12./13.10.1972, 12. AdR, BMfU 8 Klagenfurt 1972, Karton 621.
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studienrichtung „Philosophie“ einzurichten. Zum „ökonomistischen“ Einwand, dass für Diplomanden der Philosophie am Arbeitsmarkt keine Nachfrage bestehe, meinte er: „Es sollte auch darum gehen, Bedürfnisse zu schaffen oder unreflektierte Bildungsbedürfnisse zu artikulieren“. In diesem Zusammenhang wurde erneut um die Umbenennung von Heintels Lehrkanzel ersucht.32 Das Ministerium ist jedoch bei seiner Entscheidung geblieben, die Studienrichtung Philosophie „vorerst nicht einzurichten …. Vorgesehen ist vorläufig nur die Studienrichtung ,Philosophie, Pädagogik und Psychologie (Lehramt an höheren Schulen)‘“. Auch die Umbenennung der Lehrkanzel wurde erneut abgelehnt, weil „ein genehmigungsfähiges Konzept“ der Hochschule noch immer nicht vorliege. Es könne „nicht an jeder Hochschule jedes Wissenschaftsgebiet als Studienrichtung eingerichtet werden …. Es muß selektiv vorgegangen werden; dies stellt keine Wertung dar, sondern ist eine Frage des Bedarfs und der Notwendigkeiten“. An der Klagenfurter Hochschule „sind primär die Bildungswissenschaften zu pflegen. Ökonomische Überlegungen sind bei der Einrichtung von Studienrichtungen sehr wohl zu berücksichtigen, die Frage des Bedarfs kann hierbei nicht unbeachtet gelassen werden.“33 Heintel hat die Umbenennung seiner der „Didaktik der Philosophie“ gewidmeten Lehrkanzel in ein Ordinariat für „Philosophie“ jedoch weiter betrieben. Mit einstimmiger Unterstützung des Gründungsausschusses34 ist er entgegen allen fachlichen und hochschulrechtlichen Regeln zum Erfolg gelangt. Er hat in beispiellos ungewöhnlicher Weise durch zweimalige Umbenennung ohne reguläres Berufungsverfahren nicht nur die gewünschte Lehrkanzel für Philosophie erlangt, sondern zugleich auch deren fachfremde Erweiterung um das psychologische Spezialgebiet „Gruppendynamik“. Am 18. Mai 1974 hat Wissenschaftsministerin Firnberg zugestimmt, dass seine Lehrkanzel umbenannt wird in „Lehrkanzel für Philosophie und Gruppendynamik mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik der Philosophie“. Im internen Ministerialakt hieß es dazu kurz und bündig, aber sehr fragwürdig: „Die Umbenennung erscheint sinnvoll, sachlich begründet und
32 HBW, Zahl 1269-LA/72. AdR, Karton 621. 33 BMfWF, GZ. 179.126-4/72. Abgezeichnet von BM. Firnberg am 18.4.1973. AdR, Karton 621. Hervorhebungen im Original. 34 In der 37. Sitzung vom 8.3.1974, 8. Antrag Schölers vom 11.3.1974 an das BMfWF, Zl. 598/74. AdR, BMfU 8 Klagenfurt 1974, Karton 623.
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den besonderen Aufgaben der Hochschule entsprechend“35. Ab Wintersemester 1977/78 hat das Ministerium Philosophie auch als eigene Studienrichtung genehmigt.36 Der Beirat hat sich darüber im Nachhinein „befremdet“ geäußert37. 1978 ist es zur Einrichtung eines „Instituts für Philosophie“ gekommen38. 1996 ist es in „Institut für Philosophie und Gruppendynamik“ umbenannt worden39. Nach seinem Fachwechsel im Jahre 1974 müsste Heintel in diesem Werk nicht weiter behandelt werden, weil er aus dem Kreis der Pädagogiker ausgeschieden ist, in den er sich 1970 durch seine Bewerbung um die Lehrkanzel für „Lehrplanforschung“ ungerechtfertigt eingedrängt hatte. Der Zusatz zur Widmung seiner neuen Lehrkanzel „mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik“ bezog sich wie bei allen anderen bis 1976 besetzten Lehrkanzeln für Lehramtsfächer40 auf die jeweilige Fachdidaktik, die hier unberücksichtigt bleiben muss, zumal er selten ernst genommen worden ist. Heintels Zuwendung zur „Gruppendynamik“ auf Kosten von Leistungen für sein erstes Nominalfach „Philosophie“ verdient hier jedoch aus folgenden Gründen Beachtung. Erstens hat Heintel an der Klagenfurter Hochschule (ab 1975 Universität) auch nach seinem Rückzug aus Allgemeiner Didaktik und Lehrplanforschung weiterhin Interesse an Bildungsfragen, Schul- und Hochschulwesen, Lehrerbildung, Erwachsenenbildung, Manager-Training usw. gezeigt und dazu publiziert.41 Als zweiter Rektor (1974–1977) nach Schöler hat er in einer krisenreichen Periode den Aufbau seiner Hochschule wesentlich mitbestimmt. Auch später hat er sich in zahlreichen Ämtern um Bildungseinrichtungen gekümmert, zum Beispiel als Leiter des 1979 gegründeten „Interuniversitären Forschungsinstituts für Fernstudien (IFF)“ mit Sitz an der Universität Klagenfurt bis 199042. 35 BMfWF, GZ 157.804-4/74. AdR, BMfU 8, Klagenfurt 1974, Karton 623. 36 BMfWF 1977, 26; Hödl 1980, 61 und 189f. 37 7. Bericht, 1978, 17. 38 Im Vorlesungsverzeichnis der UBW erstmals SS 1978, 46. Über Personal, Aufgaben, Forschungsschwerpunkte und Leistungen vgl. Hödl 1980, 136–141 und die Forschungsberichte der UK ab 1983. 39 Erstmals im Vorlesungsverzeichnis der UK WS 1996/97, 88; Forschungsbericht 1995–1998, 196ff. 40 Vgl. BMfWF 1977, 30f. 41 Vgl. u.a. Heintel 1977 und 1986. 42 Zu diesem Institut vgl. Hödl 1980, 162. Als Nachfolgeeinrichtung wurde 1992 das „Interuniversitäre Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Universitäten Klagenfurt, Wien, Innsbruck, Graz“ gegründet. Vgl. UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 432ff.
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Schwerer wiegt jedoch hier die fachlich-erziehungswissenschaftliche Begründung, dass Heintel generell „die Bedeutung der Gruppendynamik in Lehr- und Lernprozessen sowie in allen Bildung organisierenden Institutionen“43 hervorgehoben hat. Was damit gemeint war, haben seine Mitarbeiter im Geist der linken Intellektuellen-Revolte von 1968 sehr geschwollen so formuliert: „Gruppendynamik wird an dieser Hochschule als eine Bemühung um die Identität der Einzelnen in unserer arbeitsteilig verfaßten Gesellschaft verstanden. Sie wird geleistet in der Kritik alltäglicher Sprach- und Verhaltensformen, in der Offenlegung alltäglicher Interessens- und Abhängigkeitsstrukturen, in der Einsichtnahme und Formulierung bestmöglicher Kommunikationsstrukturen …. Die Bildung einer solchen über die Infragestellung exemplarisch vermittelten und gebildeten Identität von Einzelnen und von Vergesellschaftungsformen soll als eine den demokratischen Versprechungen entsprechende Pädagogik entwickelt werden.“44 Heintels Interesse – gefördert und bestärkt durch die Wahl seiner Assistenten – galt seit seiner Ernennung zum Professor diesem verschwommenen Gegenstand. In einem programmatischen Artikel über „Philosophie an der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt“ hat er 1971 als eine ihrer drei Aufgaben nach der „Wissenschaftstheorie und Methodologie der einzelnen Fächer“ und der „Koordinations- und Kommunikationstheorie und –forschung“ die „Theoretische Grundlegung der Gruppendynamik“ genannt. „Die Gruppendynamik ist angewandte Kommunikationsforschung und Praxis. Sie ist als dauernde Kontrolle und Selbstreflexion der Gruppen- und Teamstrukturen von unbedingter Bedeutung für jede diesbezügliche Organisation. Das öffentliche Bedürfnis nach Gruppendynamik (vor allem in der Wirtschaft) ist in einem enormen Steigerungsprozeß begriffen. Klagenfurt hätte die Chance, eine öffentliche institutionelle Etablierung dieser neuen Forschungsrichtung und Praxis im Randgebiet von Philosophie, Sozialpsychologie, Soziologie, ja sogar Psychiatrie einzurichten und damit in Europa Pionierarbeit zu leisten.“45 In der gleichen Sondernummer der „Österreichischen Hochschulzeitung“ hat Heintels Assistent Kurt Buchinger einen Beitrag über
43 Heintel im Antrag vom 28.1.1974, a.a.O. 44 Heintels Assistenten Huber/Nagl 1974, 23 (Hervorhebung durch den Autor). 45 Heintel 1971, 13.
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„Die Stellung der Gruppendynamik an der Hochschule für Bildungswissenschaften“ veröffentlicht. Dieser hat mit dem Satz begonnen: „In Klagenfurt soll zum ersten Mal an einer europäischen Hochschule ein Zentrum für Gruppendynamik errichtet werden“46. Für die Erreichung dieses Zieles wurde an Heintels Lehrkanzel seit 1971 gearbeitet47, obwohl weder im Gründungsgesetz noch in seinen „Erläuterungen“ etwas davon steht. Es war das private Ziel Heintels und seiner Mitarbeiter. Aus den „Erläuterungen“ ging klar hervor, dass die „Untersuchung gruppendynamischer Prozesse im Bildungsgeschehen (zum Beispiel Lehrer-Schüler-Verhältnis)“ zu den Aufgaben der Psychologie gehört48, insbesondere zu den Aufgaben einer Lehrkanzel für Sozialpsychologie49. Heintel hat jedoch unter Berufung auf seine außeruniversitäre Ausbildung zum privaten „Gruppentrainer“ und „Lehrtrainer“ schon 1971 mit gebührenpflichtigen „Hochschulkursen“ über „Gruppendynamik“ begonnen50. Teilnehmer waren Lehrer, Erwachsenenbildner und andere Interessenten. „Im Zentrum des Kurses steht die Selbsterfahrungsgruppe, deren Aufgabe es ist, die Gruppenprozesse zu erfahren, zu beobachten und zu erkennen …. Der Kurs … soll die Grundlagen eines neuen Lehr- und Lernverhaltens vermitteln, der auf einer Basis entwickelt werden soll, die vor allem soziales Verhalten und soziale Prozesse in den Mittelpunkt stellt“.51 Der Gründungsausschuss hat die gruppendynamischen Aktivitäten seines Mitgliedes Heintel vorbehaltlos unterstützt. Auf Vorschlag der Planungskommission, in der Heintel seit ihrer Gründung eine Schlüsselstellung einnahm52, ist am 24. November 1972 die Einrichtung eines „Instituts für Gruppendynamik“ beschlossen worden53. Das geschah zu einer Zeit, in der sich die Hochschule noch nicht einmal um eine Lehrkanzel für Allgemeine Psychologie bemüht hatte, geschweige um ein
46 Buchinger 1971, 17. 47 Huber/Nagl 1974, 21. 48 HBW 1970 (Stimulus 1), 48. 49 So auch der Beirat in seinem 2. Bericht, 1973, 17. 50 BMfWF 1977, 34ff.: 3 Kurse im Studienjahr 1971/72, 4 im Jahr 1972/73, 3 im Jahr 1973/74 und je einer 1974/75 und 1976/77. 51 HBW Klagenfurt: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen, WS 1972/73, 25. 52 Beschlossen in der 4. Sitzung des Gründungsausschusses am 11.9.1970, TO 4, 4. 53 21. Sitzung des GA, TO 7b, 14.
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„Institut für Psychologie“ als möglichen institutionellen Rahmen für die Teildisziplin Sozialpsychologie und deren Spezialgebiet „Gruppendynamik“ (Kleingruppenforschung)54. Die Mahnung des Beirates ist unbeachtet geblieben, „daß vor einer Lehrkanzel Sozialpsychologie eine der Allgemeinen Psychologie errichtet und mit einem für pädagogische Fragen aufgeschlossenen Vertreter besetzt werden sollte“55. Besonders betont hat der Beirat, dass „primär die ,leistungsorientierte‘ Unterrichtsgruppe und nicht die sozio-emotional orientierte Erlebnisund Selbstbegegnungsgruppe stehen“ sollte56. Um die erstmalige „Institutionalisierung der Gruppendynamik im Hochschulbereich“ vorzubereiten, haben Heintel und seine Mitarbeiter im Frühjahr 1973 die „Österreichische Gesellschaft für Gruppendynamik und Gruppenpädagogik“ gegründet.57 Der nächste Schritt zu diesem Ziel war Heintels Antrag an den Gründungsausschuss vom 28. Jänner 1974 auf Umbenennung seiner Lehrkanzel in „Didaktik der Philosophie sowie Gruppendynamik“. Da er seinen Übergang vom Randgebiet „Didaktik der Philosophie“ zum Hauptfach „Philosophie“ nicht selbst beantragen konnte, hat Schöler dessen Antrag für die Ausschußsitzung anscheinend kommentarlos und ohne Diskussion in „Philosophie und Gruppendynamik“ umformuliert. Der Gründungsausschuss hat der Umbenennung „einstimmig zugestimmt“.58 In der Planungsabteilung des Wissenschaftsministeriums wurde Heintels Vorstoß als „ein Sonderfall“ eingeschätzt, bei dem es um zwei verschiedene Dinge gehe: erstens „um die Akademisierung einer Disziplin“ und zweitens „um den Fachwechsel eines Hochschulprofessors“ und die „damit verbundenen organisatorischen Konsequenzen“.59
54 Vgl. u.a. Hofstätter 1957; Kruse 1972; Braun 1976; Lück 1993. 55 BMfWF, 2. Bericht mit Protokoll der 4. Sitzung vom 11./12.12.1972, 1973, 10. An der HBW ist die Einrichtung einer Lehrkanzel für Allgemeine Psychologie erst in der 37. Sitzung des Gründungsausschusses am 8.3.1974 auf Antrag Heintels beschlossen worden. AUK. 56 2. Bericht 1973, 18. Über „leistungsorientierte Gruppen“ vgl. Scharmann 1972. 57 Huber/Nagl 1974, 23; Huber in Hödl 1980, 138. 58 Protokoll der 37. Sitzung, 9. AUK. – Rektor Schöler am 11.3.1974 an das BMfWF. Zahl 598/74. AdR, BMfU 8 Klagenfurt, Karton 623. 59 „Stellungnahme der Abteilung Planung und Statistik zur Begründung der Lehrkanzelumbenennung“ von Dr. Sigurd Höllinger und Mag. Walter Steinbacher vom 19.4.1974. Beilage zu BMfWF, Zl. 157.804-4/74. AdR, BMfU 8 Klagenfurt 1974, Karton 623.
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„Mit der Umbenennung der Lehrkanzel wäre praktisch eine Institutionalisierung der Gruppendynamik als akademische Disziplin verbunden. Die Lehrkanzelumbenennung muß also auch von diesem Aspekt her beurteilt werden. Die Gruppendynamik ist eine relativ junge sozialwissenschaftliche Disziplin, die sehr stark anwendungsorientiert ist: Die Schwerpunkte der Anwendung liegen in der Vermittlung von Sozialtechniken vor allem für Führungskräfte, in der Vermittlung von Selbsterfahrung in Gruppensituationen und in Therapien, wobei die Gruppendynamik schwer von der Gruppentherapie abgrenzbar ist. Vom ,Forschungs‘gegenstand her ist sie innerhalb der Sozial- und Verhaltenswissenschaften am ehesten der Sozialpsychologie (Kleingruppenforschung und Betriebspsychologie und -soziologie) zuordenbar. Sie ist allerdings insofern noch nicht eindeutig zuordenbar, da ihre theoretische Entwicklung erst am Anfang steht …. Generell spricht gegen ihre Institutionalisierung ihre ,Vorwissenschaftlichkeit‘. Andererseits ist eine Verwissenschaftlichung einer neuen Disziplin wesentlich an ihre Akademisierung gebunden. Die starke Nachfrage nach Gruppendynamik wird es für die kommenden Jahre auch geboten scheinen lassen, die Ausbildung in irgend einer Weise öffentlich zu regeln, um der neuen ,Disziplin‘ bei ihrer Abgrenzung gegen Scharlatanerie und Dilletantismus behilflich zu sein.“ Nach diesem Blick auf die allgemeine Problematik der Institutionalisierung der Gruppendynamik an Hochschulen ging die Stellungnahme auf die spezielle Frage ein, ob die Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt als möglicher Ort dafür geeignet sei. Heintel habe „die Relevanz der Gruppendynamik für die Bildungswissenschaften“ betont. „Die Bedeutung der Gruppendynamik als eine junge, noch relativ unentwickelte, sehr spezialisierte Wissenschaft für die Bildungswissenschaft wird aber vom Antragsteller zweifellos überschätzt. In einer ,Prioritätenliste für Bildungswissenschaften‘ dürfte sie keinen sehr hervorragenden Platz einnehmen.“ Es handle sich aber auch „um eine Frage von Prioritäten … im Hinblick auf die sich abzeichnende Schwerpunktverlagerung in den Aufgaben der Hochschule Klagenfurt. Weiters sprechen gegen eine Einrichtung in Klagenfurt folgende Argumente: – Der erste Schritt in der Akademisierung einer Disziplin sollte nicht mit einer Beschränkung auf einen ganz spezifischen Anwendungsbereich dieser Disziplin – wie hier das Bildungswesen – verbunden sein. – Die erstmalige ,Errichtung‘ einer Lehrkanzel für Gruppendynamik sollte auf Grund der Zugehörigkeit der Disziplin zu den
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Sozialwissenschaften an einer sozialwissenschaftlichen Fakultät erfolgen. Die Weiterentwicklung der Gruppendynamik braucht wesentliche Anregungen aus den Sozialwissenschaften. Sie bedarf aber auch der Kontrolle durch die Vertreter fachverwandter und fachübergreifender Fächer. – Im Zusammenhang mit einer Ausbauplanung der Hochschule für Bildungswissenschaften wäre die Lokalisierung der Gruppendynamik im Bereich der Sozialpsychologie denkbar.“ Zur Sonderfrage nach der von Heintel gewünschten „Kombination von Philosophie und Gruppendynamik“ haben sich die Referenten kritisch geäußert. „Die Begründung des Antragstellers für diese Kombination ist nicht überzeugend. Eine Spezialdisziplin wie die Gruppendynamik als überdisziplinär zu bezeichnen, ist auf jeden Fall problematisch. Daß die Wissenschafter, die sie betreiben, aus verschiedenen Fachdisziplinen kommen, ist hier ein Indikator für das Entwicklungsstadium der Disziplin, aber nicht für ihre Interdisziplinarität. Die Vermittlung über die Wissenschaftstheorie ist bei jedem Fach möglich ….“ „Die Argumentation legt nahe, daß die Lehrkanzel sich mit Philosophie und Wissenschaftstheorie der Gruppendynamik beschäftigen soll – die Bezeichnung also eine Spezialisierung ausdrückt. Dies würde aber heißen, daß noch vor der Installierung des eigentlichen Faches durch eine Lehrkanzel der metawissenschaftliche Bereich des Faches bereits mit einer Lehrkanzel versorgt würde, was zumindest einem sehr ungewöhnlichen Vorgehen entspräche. Sollten aber durch die Lehrkanzel die in der beantragten Bezeichnung vorkommenden Einzeldisziplinen alle in ihrer vollen Breite versorgt werden, so wäre eine Lehrkanzel damit vermutlich sehr überfordert.“ Bundesministerin Firnberg hat sich über diese klare und stichhaltige Argumentation ihrer Mitarbeiter60 hinweggesetzt mit der Anmerkung „Die angeforderten Gutachten von Experten sind positiv“61. So 60 Hauptautor Höllinger (1940– ) war von 1972-85 Leiter der Planungsabteilung und seit 1986 Sektionschef der Hochschulsektion des BMfWF, ferner Universitätsdozent für Angewandte Soziologie des Bildungswesens. Kurz-Biographie: Who is who in Österreich 11, 1993, 649; Kürschner 2007, 1456. – Steinbacher später Ministerialrat im BMfWF und Nachfolger Höllingers als Leiter der Abteilung I/16 für Hochschulplanung. Österreichischer Amtskalender 1996/97, 282. 61 Handschriftlich am 18.5.1974 auf dem Original der Stellungnahme von Höllinger/Steinbacher. Die von ihr erwähnten Gutachten fehlen im Akt. Ohne sie bleibt unklar, ob diese sich nur generell positiv über die Institutionalisierung der Gruppendynamik äußern oder auch speziell über deren Lokalisierung in Klagenfurt, die Kombination mit Philosophie und Heintels Qualifikation.
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ist es am 18. Mai 1974 zur Umbenennung von Heintels Lehrkanzel gekommen. Die Warnung der Planungsabteilung des Ministeriums vor der dadurch drohenden „Überforderung“ seiner Lehrkanzel hat sich als berechtigt erwiesen. Nennenswerte philosophische Leistungen sind ausgeblieben. Die seit 1974 hochschulrechtlich sanktionierten gruppendynamischen Aktivitäten Heintels und seiner Mitarbeiter haben die philosophischen überwuchert. Das zeigt sich auch in Heintels Selbstdarstellungen der folgenden Jahre: „Seit 1970 Tätigkeit in zahlreichen Unternehmen als Trainer und Berater, Mitglied des wissenschaftlichen Staffs des Hernstein International Management Instituts; Lehrtrainer und Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Gruppendynamik und Organisationsberatung (ÖGGO). Buchautor u.a. zum Thema Gruppendynamik (1975) und Projektmanagement (1988)“62. Bei den Motiven für diese gruppendynamischen Nebentätigkeiten ist zu berücksichtigen, dass sie eine Quelle für relativ hohe Nebeneinkünfte aus der Wirtschaft gewesen sind. Das gilt erst recht für die von Heintel und seinen Mitarbeitern betriebene Verknüpfung von „Gruppendynamik“ und „Organisationsentwicklung“. Ihr privates Interesse an diesem Arbeits- und Erwerbsfeld gipfelte 1978 in Heintels Antrag an das Wissenschaftsministerium, an der Klagenfurter Universität ein „Forschungsinstitut für Gruppendynamik und Organisationsentwicklung“ zu errichten. Das Universitätskollegium hat ihn ohne kritische Prüfung mit großer Mehrheit befürwortet63. Es war nur dem entschiedenen Widerspruch und den überzeugenden Gegenargumenten des Beirates zu verdanken, dass dieses unverantwortliche Vorhaben durch das Ministerium abgewiesen worden ist. Das Universitätskollegium hatte entgegen den Empfehlungen des Beirates am 19. April 1979 neuerlich auf der Errichtung des Instituts beharrt.64 Heintel hat seine außerphilosophischen praktischen Interessen unbeeindruckt von den Bedenken der psychologischen und betriebswissenschaftlichen Gutachter, die der Beirat aufgeboten hatte, weiter verfolgt. Im Jahre 2006 hat er sich neben der Nennung seiner Professur als „Organisationsberater, Mediator, Lehrtrainer und -supervisor“ vorgestellt und als Arbeitsplatz nicht das „Institut für Philosophie und
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Schwarz/Heintel/Weyrer/Stattler 1996, 410f. Sitzung am 19.4.1978. BMfWF: 8. Bericht des Beirates, 1979, 13ff. 9. Bericht, 1981, 32ff.
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Gruppendynamik“, sondern die „IFF-Fakultät für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Universität Klagenfurt, Abteilung Weiterbildung und systemische Interventionsforschung“ genannt65. „Ein Philosophiestudium, das diesen Namen verdient, gibt es nicht mehr“66. Die Konzentration auf Beratungspraxis ist auch aus den Themen seiner Publikationen zu erkennen wie zum Beispiel: „Das T-Gruppenmodell und seine Bedeutung für (systemisches) Organisationslernen“ (1996), „Innehalten. Gegen die Beschleunigung – für eine andere Zeitkultur“ (1999), „Das Klagenfurter prozessethische Beratungsmodell“ (2006). In diesen Rahmen gehören auch von Heintel übernommene Aufgaben wie „Die Begleitforschung zum Mediationsverfahren am Flughafen Wien“ (2001–2003)67 oder die Tätigkeit als Gründungsobmann des „Vereins zur Verzögerung der Zeit“ (1990–2000)68. So hat Heintels Berufsweg von „esoterischer“ Philosophie69 über ein vages Interesse für „Bildung“ und die Mitarbeit an der „Selbstkonstitution“70 einer „Hochschule für Bildungswissenschaften“ zur Praxis eines Gruppentrainers und Organisationsberaters geführt. Von einem Philosophen mit wissenschaftstheoretischen und bildungsphilosophischen Neigungen als Mitglied des Gründungsausschusses, Prorektor und Rektor seiner Hochschule hat man einen aufklärenden Beitrag zum „Begriffsverständnis ihres Hauptgegenstandes ,Bildung‘“71 erwarten dürfen. Zu dieser Leistung ist es nicht gekommen, obwohl Heintel bekannt gewesen ist, dass auch vier Jahre nach ihrer Gründung „die Diskussionen darüber nicht abreißen, was denn eigentlich der Name dieser Hochschule bedeutet: Hochschule für Bildungswissenschaften“72. Sein Aufsatz von 1974 „Über das Verhältnis von Wissenschaft und Bildung“ ist wenig über die Mitteilung hinausgekommen, dass mit dem Wort „Bil-
65 Heintel/Krainer/Ukowitz 2006, 274. – Zur erwähnten Abteilung der IFFFakultät (IFF = Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung) vgl. UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 650ff.; Die Forschung 2003–2004, 476ff. 66 Prof. Linda Pelzmann in einer Skizze für den Autor vom 30.1.2010. PAB. 67 UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 656. 68 Kärntner Tageszeitung, 26.9.2009, 28. 69 Heintel 1972, 238ff. 70 Heintel 1971, 143ff. 71 Heintel 1971, 153. 72 Heintel 1974, 2.
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dung“ eine „Haltung“ gemeint sei73 – also ein bestimmter (idealer oder realer) Zustand, ein Habitus oder eine Verfassung von Menschen und nicht ein Vorgang oder eine Handlung des Bildens oder Sich-Bildens. Ideengeschichtlich gesehen sei es nur ein anderer Name für das, was seit den griechischen antiken Philosophen „Weisheit“ (sophia) genannt worden ist – verstanden als „Einheit von Tugend und Wissen“74 in der Person des „gebildeten Menschen“. Von diesem Begriff der Bildung als Gebildet-Sein wechselt Heintel jedoch sogleich unangekündigt zu einem Begriff der Bildung als Tätigkeit, die die „Haltung“ des Gebildeten bzw. den Zustand des Gebildet-Seins bezweckt. Dadurch verstrickt er sich in das begriffliche Durcheinander von Zwecken und Mitteln, Bildungsidealen, Lernvorgängen und Unterrichtsmethoden, das die meisten Bildungsdiskussionen belastet. Mit der Frage, „was … Wissen zur Bildung … beitragen kann“, habe sich die Philosophie als „Prinzipienwissenschaft“ zu befassen. Dazu müsse sie jedoch unter den Bedingungen des modernen Wissenschaftsbetriebes „ihre esoterische Gestalt, ihr Fach“, auflösen „in die Exoterik der Wissenschaften zum Zweck der Gemeinschaft der Fächer in der Idee des Menschen …. Erst dann scheint mir Bildung im Wissen möglich. Alles Wissen wird nach seiner Möglichkeit, den Menschen nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch zu bilden, befragt“. Dazu müsse „die Wissenschaft“ jedoch „zu einem neuen und umfänglichen Selbstverständnis kommen“. „Die Philosophie“ könne „Geburtshelferdienste“ dabei leisten, „das Allgemeine des Wissens aufsuchen zu helfen, das dadurch aus seiner Abstraktheit ins Konkrete gelangt, indem man in ihm den Menschen als Ursprung und Ziel nachweist. In diesem konkret gewordenen Allgemeinen, das sich nun ins Einzelne spezifizieren kann, ist Bildung im Wissen möglich.“ „Bildung kann nur in diesem einen Sinn bestehen: im Wissen den einzelnen Menschen vor sich selbst zu stellen, ihn sich selbst erfahrbar, ihn als den Selbstzweck seines Wissens begreiflich zu machen, zu zeigen, wie er im allgemeinverbindlichen Begriff zusammen mit anderen in gleicher Weise frei ist und wie seine Tätigkeit darin besteht, diesen Begriff immer wieder herzustellen. Im Wissen gebildet zu werden heißt daher erst wahrhaft zu sich selbst kommen; nicht als
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Ebenda. Heintel 1972, 236f., 242, 250.
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beliebiges Individuum, das dies und jenes weiß und meint und glaubt, sondern als der Gemeinschaft eröffnetes Individuum, das im ver bindlichen Wissen sich mit der Vernünftigkeit der anderen vereint. Es eröffnet daher die Bildung im Wissen erst vernünftige Gemeinschaft …“75. Abstrakter und damit inhaltsärmer lässt sich über „Bildung“ kaum philosophieren. Im Wesentlichen ging es Heintel darum, alle Fachwissenschaftler und sonstigen Wissensvermittler aufzufordern, „die bildende Relevanz“ ihres Wissens, seine „Bildungsbedeutsamkeit“ oder seinen „Bildungssinn“ „aufzuzeigen“ und sich „an der gemeinsam zu erreichenden Bildung“ zu orientieren, wobei „das Gemeinsame der Bildung … im Speziellen der Wissensbereiche aufzusuchen und dort zu fixieren“ sei.76 Diese Aufgabe wurde als ausführbar hingestellt, obwohl das Ideal des „Gemeinsamen der Bildung“ oder verständlicher: die ideale psychophysische Verfassung der „gebildeten“ Person inhaltlich nicht bestimmt werden konnte. Diese wirklichkeitsfernen Wunschvorstellungen und Forderungen sind 1972 unter dem Titel „Didaktik der Philosophie“ veröffentlicht worden. Sie dienten als Grundlage für Heintels bildungsphilosophisches Hauptwerk. Es ist 1978 unter dem Titel „Modellbildung in der Fachdidaktik. Eine philosophisch-wissenschaftstheoretische Untersuchung“ im Umfang von 251 Seiten erschienen77. Sie versprach „nichts Geringeres als eine inhaltliche Neufassung des Didaktikbegriffs“. Entstanden ist sie aus dem Klagenfurter Gründungsprogramm, das Lehrpersonal aller Wissenschaften, Schulfächer und Fachdidaktiken mit dem der erziehungswissenschaftlichen Grund- und Spezialdisziplinen zu interdisziplinärer Zusammenarbeit zu bringen. Mit diesem Buch hat Heintel 1978 nachgeholt, was ihm 1970 bei seiner Nominierung für die Lehrkanzel „Lehrplanforschung“ noch gefehlt hatte: einen Beweis für didaktische Kenntnisse und Interessen. Es war ein erziehungsphilosophisch auf originelle Weise spekulatives Buch – hochabstrakt und schwer verständlich, aber gewürzt mit treffenden Beobachtungen und kritischen Anmerkungen zu Theorien und Praktiken des Unterrichts und der Lehrerausbildung. Als normative 75 Ebenda, 241ff. 76 Ebenda, 244f. 77 Als Heft 7/8 der Reihe „Klagenfurter Universitätsreden“. Hier zitiert nach der 2., unveränderten Auflage 1986 (bei Deuticke, Wien) mit ergänzendem Nachwort S. 246–249.
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Basis und höchste Wertideen wurden Freiheit, Emanzipation und Autonomie des Individuums vorausgesetzt. Das Buch hat einen systematischen Hauptteil, der – ohne Bezug zur pädagogischen Spezialliteratur – Heintels „eigenen Entwurf“ als „Diskussionsvorschlag“ darstellt. Ihm folgt ein ergänzender Teil über „Typische Positionen“, in dem er sich mit einigen Richtungen und Ansätzen der deutschsprachigen Didaktik nach dem Zweiten Weltkrieg kritisch auseinandersetzt. Heintels „Entwurf“ zielte nicht auf eine praktische Theorie der Bildungsziele, der Lehrinhalte und der Methoden ihrer Vermittlung als Orientierungshilfe für Lehrer ab, wie sie etwa Otto Willmann in seiner klassischen „Didaktik als Bildungslehre“78 geboten hat. Heintel war mit Recht überzeugt, dass es „Didaktik als komplette Wissenschaft noch gar nicht gibt“79, dass die vorhandenen Fachdidaktiken zu eng und zu starr sind, über der Wissensvermittlung die „Verhaltensbildung“ vernachlässigen80, mehr die „Wissensresultataneignung“ als das „Methodenverständnis“ fördern81, die Individualität der Schüler, die Einmaligkeit der Unterrichtssituationen und das „praktische Lernen“ vernachlässigen82 usw. Der Nennung dieser und anderer Mängel fehlte jedoch ein realistischer erziehungstheoretischer Rahmen, der ihre Erklärung erlauben und zweckrational Möglichkeiten der Abhilfe oder Besserung zeigen könnte. Es war nicht einmal klar, ob Heintel mit „Modellierung“ einen Beitrag zur Unterrichtstheorie meinte oder die Gestaltung von Unterrichtspraxis nach seinen Ideen analog zu seiner Arbeit „als praktisch tätiger Gruppendynamiker“.83 Seine Grundidee war es, in der Didaktik nach dem Verlust aller „früher autorisierte(n) Institutionen“ und „abgesicherte(n) Traditionen“ samt ihrer selbstverständlichen Bildungs- und Wissenskanons84 „von Inhalten und gegebenen Voraussetzungen abzugehen und sich
78 Willmann 6.1957. Über ihn vgl. in diesem Werk Bd. 2, 21-48. Zur Etymologie und Geschichte vgl. Wigger 2004. Über die neueren Richtungen vgl. Blankertz 1969 und 1970; Wigger 2004, 265ff. 79 Heintel 1986, 128. 80 Ebenda, 31. 81 Ebenda, 48. 82 Ebenda, 66ff., 59ff. 83 Ebenda, 7. 84 Ebenda, 247.
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inhaltskonstituierenden Prozessen und Organisationsformen zuzuwenden“. Statt bloß Vorgegebenes zu vermitteln, sollte auf „Selbstbildungsvorgänge … individueller und kollektiver Natur“85 unter „Systemfreiheit“ abgezielt werden. Der Begriff der „Systemfreiheit“ war für Heintels Didaktik „zentral“.86 Er sollte besagen, „daß in den jeweiligen didaktischen Situationen, in den Vermittlungszusammenhängen die ,Freiheit zur Wahrheit‘ liegt und man sie sich nicht von außen erwarten darf. Allerdings bedürfte dies einer Kenntnis und Berücksichtigung der Systembedingungen, zu der wir uns erst langsam bereitfinden, in der wir erst am Anfang stehen. Wir müssen uns anscheinend erst daran gewöhnen, daß Systeme ,selbstverantwortlich‘ sind, ihre eigene Wahrheit und ihren Irrtum selbst schaffen und wenig Hoffnung auf Hilfe von außen zu gewärtigen haben. Diese ,Selbstreferenz‘ wird in der Wissenschaft immer mehr herausgestellt, sie gilt auch für Didaktik. Aneignungs-, Lern- und Bildungsprozesse werden in Zukunft weit mehr inhaltskonstitutiven Charakter haben als bisher in der Geschichte.“87 Nach Heintel soll sich „die didaktische Situation“ „in bewußter gegenseitiger Unterstützung“ aller Beteiligten „zur Systemfreiheit“ entwickeln. „Dies heißt in erster Linie, sich gemeinsam die gesamte didaktische Situation zum Bewußtsein zu bringen und mit ihr umzugehen lernen“.88 „Erst im Vermittlungs- und Aufarbeitungsprozeß sollte sich herausstellen, was an Inhalten wichtig und unverzichtbar ist, welche Normen verbindlich gemacht werden sollen“89. „Didaktik kommt also zunächst durch konkrete Tätigkeit und Erfahrung inhaltlich zustande und ist nicht aus einer allgemeinen Theorie zu deduzieren“90. Eine neue Ordnung der Bildungsziele, der Lehrinhalte und der Unterrichtsmethoden, die zeitgemäß, individualitätsgerecht und demokratisch ist, kann also nach Heintel nur aus der „Systemfreiheit“ sich selbst bestimmender Gruppen von autonomen Lehrern in Wechselwirkung mit ihren autonomen Schülern entstehen. Vermutlich ist selten zuvor aus nihilistischer Entfremdung von Traditionen und Autoritätsträgern „systembefreiten“ Lehrern und Schü-
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Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda,
248. 7. 248. Zur Selbstreferenz vgl. Kiss 1995. 125; ähnlich 127. 247. 127f.
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lern in ihrer millionenfach verschiedenen Individualität ein solches Übermaß an lehrplan- und methodenschöpferischer Selbstbestimmungsfähigkeit angedichtet worden wie in den verschwommenen didaktischen Visionen Heintels. Die vom interdisziplinären Programm der Hochschule nahe gelegte Brücke zur Empirischen Erziehungswissenschaft und zu seriöser Historiographie des Unterrichtswesens, wie sie Schöler geleistet hatte, hat auf diese Weise nicht entstehen können. In der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist Heintels Schrift nie besprochen und bis 2009 nur dreimal erwähnt worden91. Viel konkreter und verständlicher als in seinem philosophischen Hauptwerk zur Fachdidaktik hat sich Heintel 1977 über „Politische Bildung als Prinzip aller Bildung“ geäußert. Diese Schrift im Umfang von 156 Seiten ging vom Gesellschaftsideal einer echten oder vollwertigen Demokratie aus statt „unsere(r) gegenwärtige(n) bürokratischarbeitsteilig verwaltete(n) Formaldemokratie“92 in einer „undemokratischen Wirklichkeit“93 und vom Persönlichkeitsideal des selbstbestimmten politisch handlungsfähigen Basisdemokraten im Sinne der Alternativbewegung94. Gefordert wurde „praktische Verhaltensbildung“95 statt bloße Wissensvermittlung. Sie könne nicht durch ein Einzelfach geleistet werden, sondern erfordere „praktisches Üben von sozialem, politischem und kommunikativem Verhalten“ und „praktische Selbsterfahrung der Individuen in Organisationen“, „Soziale Verhaltensschulung in Gruppen- und Organisationsseminaren“, „permanente Arbeit an der öffentlichen und institutionellen Selbstbestimmung“, „permanente Selbstüberprüfung“ und „eine Beteiligung aller“96. Selbstverständlich sind die wirklichen Menschen und ihre Einrichtungen von diesen Idealvorstellungen ziemlich weit entfernt. Heintel schildert kenntnisreich und kritisch die unvollkommene Realität der Bürger und des politischen Lebens, insbesondere des Schulwesens, der Lehrer und ihrer Bemühungen um die politische Bildung ihrer Schüler. Das Buch ist hauptsächlich ein Katalog der Mängel, Schwierigkeiten
91 ZfP 1980, 615, 619; 1983, 98. 92 Heintel 1977, 27. 93 Ebenda, 80. 94 Heintel 1977, 7 betont seinen „alternativen Ansatz“ und dessen „Eigen willigkeit“. Zur Alternativbewegung der 1970erjahre vgl. u.a. Beck 1986, 26ff. 95 Heintel 1977, 9ff., 23f. 96 Ebenda, 28f.
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und Hindernisse auf diesem Erziehungssektor und ihrer vielen vermutlichen Ursachen. Der zentrale Vorwurf lautet, dass die undemokratische Struktur und Organisation des Schulwesens im Widerspruch stehe zum idealen demokratiepolitischen Zweck des Faches „Politische Bildung“. Lehrform und Lehrorganisation stünden dieser Bildung „komplett entgegen“97. Diesen vielfach treffenden Hinweisen Heintels auf Mängel in Theorie und Praxis folgt leider keine angemessene erziehungstheoretische Analyse mit konkreten Verbesserungsvorschlägen. Vielmehr endet das Buch mit geschichtsphilosophischen und wissenschaftskritischen „Andeutungen“98 über die „verderbliche Arbeitsteilung“ zwischen Laien und Wissenschaftlern, die „Wissenschaft als Organisation des Begriffes zum letzten bisher unüberwindlichen Repräsentanten einer Herrschaft von Menschen über Menschen“ und „ihre partielle Entmündigung“ gemacht haben, statt „daß viele, vielleicht alle Menschen an der konkreten Bildung ihres Begriffes teilhaben könnten“. Es gehe jetzt bei der Aufklärung „um die Realisierung ihres ursprünglichen Prinzips, um eine Verallgemeinerung und Verwirklichung jenes Begriffes, der frei macht“, „das Dasein des Begriffes anders zu organisieren; Wissenschaft vom Menschen so zu gestalten, daß sich alle in ihr erziehen und bilden, nicht dadurch, daß sie etwas Bekanntes lernen, sondern sich ihre Wahrheit und Selbstbestimmung erst entwickeln“. Dabei könnten „gruppendynamische Seminare und Beratungen in Institutionen und Organisationen“ behilflich sein99. Gewiss hat das Bemühen Heintels, sich als Philosoph kurzfristig in zwei Teilgebiete der Pädagogik (Didaktik, Politische Bildung) einzuarbeiten, Anerkennung verdient, aber es ist ohne nennenswerten wissenschaftlichen Ertrag geblieben. Als gegen Ende der Ausbaustufe seiner Hochschule um 1980 die Abkehr von ihrer „bildungswissenschaftlichen“ Ausrichtung immer deutlicher hervortrat, hat Heintel seine Beiträge zur Pädagogik eingestellt. Er hat sich fortan einer „Kombination aus Philosophie, Gruppendynamik und Interventionsforschung“100 gewidmet und dafür im „Interuniversitären Forschungsinstitut für Fernstudien“ (IFF) ab 1979
97 98 99 100
Ebenda, 54ff., 59. Ebenda, 78ff. Ebenda, 98f. Heintel im Interview mit der Kärntner Tageszeitung, 26.9.2009, 28.
Peter Heintel Kolumnentitel als Professor: 1971–2009
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ein von ihm bis 1990 geleitetes Einflußzentrum aufgebaut. Es hat sich als wenig effizient erwiesen und ist 1992 vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung aufgelassen worden. An seiner Stelle ist ab 1. März 1992 ein „Interuniversitäres Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“ (IFF) an den Universitäten Wien, Innsbruck und Klagenfurt errichtet worden101. Es sollte nach Heintels Ideen „der Entwicklung und Erprobung neuartiger Formen von Wissenschaft in Forschung, Lehre und Organisation“ dienen. Seine Aufgabe wurde äußerst vage formuliert: „die Bearbeitung von ausgewählten gesellschaftlichen Problemfeldern durch Gestaltung geeigneter Forschungs- und Lernprozesse“102. In seiner „Abteilung Weiterbildung und systemische Interventionsforschung“ hat Heintel den Arbeitsschwerpunkt seiner letzten Dienstjahre gefunden103. Am 1. Oktober 2009 ist er in den Ruhestand getreten. Damit ist auch die sonderbare Koppelung von Philosophie und Gruppendynamik im Namen seiner Professur und des 1978 für Philosophie gegründeten Institutes zu Ende gegangen104. Die „Gruppendynamik“ ist in das „Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“ (IFF) verlegt worden. Heintels Dienstposten ist für „Philosophie“ ausgeschrieben und sein Institut in „Institut für Philosophie“ umbenannt worden.
101 „Dieses Institut ist Rechtsnachfolger des Interuniversitären Forschungsinstituts und übernimmt ab 1. März 1992 dessen Belange mit Ausnahme der Durchführung von Fernstudien. Der Wirkungsbereich des neuen Instituts umfaßt: Grundlagenforschung und angewandte Forschung zu ausgewählten gesellschaftlichen Problemen und den Möglichkeiten wissenschaftlicher Weiterbildung; Entwicklung und Erprobung wissenschaftsdidaktischer und wissenschaftsorganisatorischer Formen und Methoden für gesellschaftliches Lernen; Zusammenarbeit mit internationalen, nationalen und regionalen Einrichtungen, die im Wirkungsbereich des Instituts tätig sind; Entwicklung und Durchführung von Lehre auf den Arbeitsgebieten des Instituts – insbesonders die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.“ Erlass des BMfWF vom 11.2.1992, GZ 68.153/12-I/B/5 B/92. AUK. 102 Forschungsbericht 1995–1998 der UKL, 432 (IFF-Selbstbeschreibung, November 1997). 103 Forschungsbericht 2003–2004 der UKL, 476ff. mit seinen Forschungsvorhaben, Kooperationspartnern und Publikationsangaben (z.B. „Personalumbau: Wirtschaftsmediation am Beispiel eines Bankenkonfliktes“, 2003). 104 „Institut für Philosophie und Gruppendynamik“ letztmals im Forschungsbericht der UKL 2003/2004, 140.
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9. HANS RAUSCHENBERGER ALS PROFESSOR FÜR „LEHRPLANFORSCHUNG“: 1973–1975 Nach dem Scheitern des Besetzungsvorschlages für „Lehrplanforschung“ vom 11. September 1970 mit Heintel an erster Stelle und der Umwidmung dieser Lehrkanzel zugunsten der Didaktik der Philosophie konnte erst für 1972 als Ersatz eine neue Lehrkanzel für dieses Fach eingerichtet werden1. Bundesministerin Firnberg hat eine Vorziehung auf 1971 für möglich gehalten und am 8. März 1971 vor dem Gründungsausschuss betont, es solle „ein Hauptaugenmerk … auf die Besetzung der Lehrkanzel für allgemeine Lehrplanforschung gelenkt werden“2. Das war leichter gesagt als getan, weil nach wie vor hinreichend qualifizierte Bewerber gefehlt haben. Zunächst wurde die Lehrkanzel vorübergehend mit dem neuen Namen „Curriculumentwicklung“ versehen3. Der Berufungskommission haben Heintel als Vorsitzender, Trotsenburg, Schöler, der Romanist Pollak und als Mittelbauvertreter der der Hochschule zur Dienstleistung zugeteilte Dr. Franz Völkl angehört. Sie hatten „die Aufgabe, bis zum Herbst d.J. aus den vorliegenden Bewerbungen geeignete Wissenschaftler für einen Ternavorschlag auszuwählen bzw. bekannte Professoren (eventuell aus England, Schweden oder Amerika) aufzufordern, sich um die Stelle zu bewerben.“4 Eingegangen waren 22 Bewerbungen. Ein Dreiervorschlag war jedoch nicht möglich, „weil ein Großteil der Bewerber den Qualifikationen nicht entsprach …“. Deshalb hat die Kommission mit Zustimmung des Gründungsausschusses vorgeschlagen, „eine wissenschaftliche Konzeptfindungskonferenz“ „für die Besetzung der Lehrkanzel für Curriculum-Entwicklung (sic!) abzuhalten“.5 Schöler hat das Ministerium „um Übernahme der Kosten einer dreitägigen Konferenz“ zu Anfang des Jahres 1972 ersucht, zu der nicht weniger als 17 Professoren, Dozenten und Assistenten eingeladen werden sollten. Darunter waren mit Marian Heitger, Peter Posch und Wilfried Schneider
1 2 620. 3 4 5 620.
Vgl. in diesem Buch S. 326ff. Protokoll der 9. Sitzung des GA am 8.3.1971, 8. AdR, BMfU 8, Karton Protokoll der 12. Sitzung des GA am 16./17.7.1971, 4f. Protokoll der 13. Sitzung des GA am 16/17.9.1971, 10f. Antrag Schölers vom 29.11.1971, Zl. 2117/71 an das BMfWF, AdR, Karton
Rauschenberger als Professor Kolumnentitel für Lehrplanforschung: 1973–1975
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drei Österreicher, E. Wallin aus Göteborg (Schweden), Karl Frey aus der Schweiz und alle anderen aus Deutschland. Das Ministerium hat dieses monströse und kostspielige Vorhaben zurückgewiesen und zu begründen ersucht, „warum es zur Konzeptfindung sowie zur Besetzung einer Lehrkanzel einer solchen wohl sehr aufwendigen Konferenz bedarf und aus welchem Grunde dies nicht … im Rahmen der Hochschule selbst erfolgen kann“6. Tatsächlich hätte durch eine solche Konferenz gar nichts gewonnen werden können, weil die Rat- und Hilflosigkeit des Gründungsausschusses einfach der Realität entsprochen hat, dass Lehrplanforschung damals erst als Programm existiert hat und „der Wunsch nach Erkenntnissen verwechselt“ wurde „mit dem tatsächlichen Besitz dieser Erkennt nisse“7. Die Berufungskommission hat sich ein Jahr lang taten- und ergebnislos dahingeschleppt, weil es „nicht möglich war, die Mitglieder … zu einer gemeinsamen Arbeitssitzung zusammenzubringen“. Deshalb ist Heintel am 25. Mai 1972 als Vorsitzender zurückgetreten und durch Trotsenburg ersetzt worden8. Die Lehrkanzel war inzwischen neu ausgeschrieben worden. Von 16 eingegangenen Bewerbungen wurden 8 von vornherein ausgeschieden. Aus den verbliebenen 8 hat die Kommission am 14. Juli 1972 folgende Viererliste beschlossen und dem Gründungsausschuss zur Abstimmung vorgelegt9: 1. Hans Rauschenberger, seit 1965 Professor für Allgemeine Didaktik an der Universität Frankfurt am Main; 2. Dietrich Benner, seit 1971 außerplanmäßiger Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Bonn; Wolf Dietrich Schmied-Kowarzik, seit 1971 ordentlicher Professor für Philosophie und Pädagogik an der Gesamthochschule Kassel („gleichwertig“); 3. Christine Möller, seit 1970 ordentliche Professorin für Psycho logie an der Pädagogischen Hochschule Rheinland, Abteilung Aachen.
6 Drischel am 10.12.1971 an die HBW, BMfWF, GZ. 184.485-4/71. AdR, Karton 620. Hervorhebungen im Original. 7 Rassem in seiner Stellungnahme vom 25.1.1969. Vgl. in diesem Buch S. 226f. 8 Protokoll der 18. Sitzung des GA am 25./26.5.1972. AdR, Karton 621. 9 Protokoll der 19. Sitzung des GA am 13./14.7.1972, AdR, Karton 521.
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Werfen wir zunächst einen Blick auf diese Bewerber. Hans Rauschenberger10 wurde am 10. Mai 1928 in Eichen (Kreis Lörrach/Baden) als Sohn eines Volksschullehrers geboren und war evangelischer Konfession. Nach dem Abitur in Baden-Baden (1948) hat er 1949 an der Universität Freiburg im Breisgau das Studium der Philosophie, Psychologie und Kirchengeschichte begonnen. Nach zwei Semestern hat er es ein Jahr lang an der Augustana-Hochschule der EvangelischLutherischen Landeskirche Bayerns in Neuendettelsau (Mittelfranken) fortgesetzt, um sich auf die Ablegung des Graecums und des Hebraicums für theologische Studien vorzubereiten. 1951 wechselte er an die Universität Basel. Dort erfolgte 1956 die Promotion „magna cum laude“ im Hauptfach Philosophie (bei Heinrich Barth und Karl Jaspers) auf Grund einer Dissertation „Über das Problem der Einheit und des Sinnes von Erscheinung bei Berkeley“. Nebenfächer waren Psychologie bei Hans Kunz11 und Kirchengeschichte. Vorherrschend waren im Studium philosophische Interessen an Antiker Philosophie, Erkenntnistheorie von Descartes bis zum Deutschen Idealismus und Existenzphilosophie. Von 1956 bis 1958 absolvierte Rauschenberger die Ausbildung zum Volksschullehrer im Pädagogischen Institut Jugenheim (Hessen) mit Auszeichnung. Von 1958 bis 1961 arbeitete er als außerplanmäßiger Lehrer an einer einklassigen Dorfschule im Odenwald. „In diese Zeit“ fiel „die kritische Aufnahme neuerer Arbeiten der bildungstheoretischen Didaktik, mithin die tägliche Erfahrung ihres gebrochenen Verhältnisses zur Praxis“. Nach der mit Auszeichnung bestandenen zweiten Staatsprüfung wurde er als Dozent für Allgemeine Didaktik und Oberstudienrat im Hochschuldienst an die 1961 neu gegründete Hochschule für Erziehung an der Universität Frankfurt am Main berufen. Nach der Ablehnung eines Rufes an die Pädagogische Hochschule Heidelberg wurde er 1965 unhabilitiert zum außerordentlichen Professor ernannt. 1971 erfolgte die Ernennung zum ordentlichen Professor im Fachbereich Erziehungswissenschaften der Universität Frankfurt. Seit 1968 hat er sich erneut „mit wissenschaftstheoretischen Voraussetzun-
10 Biographische Angaben nach einem Lebenslauf vom September 1972 anlässlich seiner Bewerbung um den Lehrstuhl für Schulpädagogik an der Universität Konstanz. PAB. – Kärntner Tageszeitung, 14.9.1973. Nachdruck bei Lechner 1980, 83f. (mit Foto). Im Kürschner 1992, 2894 keine näheren Angaben. 11 (1904–1982). Selbstdarstellung bei Pongratz/Traxel/Wehner 1972, 126– 158.
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gen von Schulpädagogik und Didaktik“ beschäftigt und „Vorarbeit zu einer Stufendidaktik insbesondere der Orientierungsstufe (5. und 6. Schuljahr)“ geleistet. Daneben war er in der Hessischen CurriculumKommission tätig sowie in der Kommission der Evangelischen Kirche Deutschlands zu Fragen des Religionsunterrichts und im Arbeitskreis Bildungspolitik der Evangelischen Akademie Arnoldshain (Hessen). Rauschenberger war verheiratet und hatte fünf Kinder. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen nur relativ wenige Publikationen vor. Es gab eine originelle, aber fragmentarische „Gesamtskizze“ einer Didaktik unter dem Titel „Über das Lehren und seine Momente“ (1967), zwei gewichtige Handbuch-Beiträge über „Wissenschaft und Technik als Voraussetzungen der Erziehung“ und „Zum Verhältnis von Pädagogik und Soziologie“ sowie einige kurze Aufsätze zur Didaktik der Grundschule, zum Religionsunterricht und über „Die Spezialisierung der Lehrerausbildung auf Schularten und Schulstufen“. Sie zeichneten sich durch breite ideengeschichtliche wie schulpraktische Kenntnisse aus, ließen aber keine Spezialisierung auf Lehrplanforschung erkennen.12 Ein wichtiger methodenkritischer Aufsatz über „Funktion und Aufgabe der Orientierungsstufe“ ist erst Ende 1972 erschienen, als Rauschenberger schon nach Klagenfurt berufen worden war. Dietrich Benner13 wurde am 1. März 1941 in Neuwied am Rhein (Rheinland-Pfalz) geboren. Er hat das Staatliche Görres-Gymnasium in Koblenz besucht und am 25. Februar 1961 das Reifezeugnis erworben. Nach einem Jahr an der Universität Bonn hat er ab SS 1962 seine Studien der Fächer Philosophie, Pädagogik und Geschichte an der Universität Wien fortgesetzt. Am 28. Jänner 1965 wurde er dort auf Grund einer bei Erich Heintel angefertigten Dissertation über „Der existierende Geist als geistige Existenz“ zum Doktor der Philosophie promoviert. Anschließend arbeitete er als Assistent bei Heintels Freund Josef Derbolav14 am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Bonn. Am 30. Juni 1970 ist seine kumulative Habilitation für das Fach Erziehungswissenschaft erfolgt15. Am 1. März 1971 wurde
12 Zum Stand dieser Forschung und ihren Repräsentanten um 1970 bis 1975 vgl. Knab 1970 und 1971; Raschert 1975; Tütken 1975. 13 Kurzbiographien: Wer ist wer? Das deutsche Who´s who, 39 (2000/01), 89; W. Böhm 2005, 73; Kürschner 2007, 215. 14 Über Derbolav vgl. in diesem Werk Bd. 2, 272 ff.; Horn 2003, 210f. 15 ZfP 17 (1971), 132.
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er zum außerplanmäßigen Professor ernannt, 1973 zum ordentlichen Professor für Pädagogik an der Universität Münster. Benner war verheiratet und hatte zwei Kinder. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen folgende Publikationen vor: die überarbeitete Dissertation unter dem Titel „Theorie und Praxis. Systemtheoretische Betrachtungen zu Hegel und Marx“ im Umfang von 188 Seiten (1966) sowie zwei gemeinsam mit Wolfdietrich Schmied-Kowarzik verfasste Bände „Prolegomena zur Grundlegung der Pädagogik“ (1967, 1969). Von ihm als Alleinautor stammten die Kapitel „Herbarts Praktische Philosophie als Grundlegung seiner Pädagogik“ (11–51) und „Ansätze zu einer Erziehungsphilosophie bei den frühen Fichteanern“ (11–123)16. 1971 ist er mit einem Aufsatz über „Hauptströmungen der deutschen Didaktik- und Curriculumforschung“ im Umfang von 30 Seiten hervorgetreten, 1972 mit einer kritischen Studie über „Pädagogische Anthropologie und pädagogische Erfahrung“. Erst nach den Klagenfurter Beratungen ist 1973 Benners Buch „Hauptströmungen der Erziehungswissenschaft. Eine Systematik traditioneller und moderner Theorien“ erschienen. Bei seiner Bewerbung vom 5. Februar 1972 hat Benner darauf verweisen können, dass er bereits Lehrveranstaltungen zur „Einführung in die Lehrplantheorie und Curriculumforschung“ und über „Modelle und Ansätze der Curriculumrevision“ durchgeführt hatte. Außerdem hat er für den Fall einer Übernahme der Lehrkanzel ein detailliertes Konzept zur Situation der Lehrplanforschung und zu kurz- und langfristigen Projekten auf diesem Gebiet geliefert.17 Wolfdietrich Schmied-Kowarzik18 wurde am 11. März 1939 als Sohn eines aus Mödling stammenden Hochschulprofessors für Philosophie in Friedberg (Hessen) geboren und war evangelischer Konfession. Nach dem Abitur an der Oberrealschule in Regensburg (1959) hat er an der Universität Wien Philosophie, Psychologie und Ethnologie studiert. 1963 hat er auf Grund einer bei Erich Heintel angefertigten
16 Dort S. 69-72 auch über die Pädagogik des Salzburger Katecheten Johann Paul Harl (1773–1842). Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 39. 17 Dreiseitiges Typoskript als Beilage zum Schreiben Benners an die Personalkommission der HBW vom 14.2.1972. Für Kopien der kompletten Korrespondenz mit einem erläuternden Brief vom 19.4.2010 sei Prof. Benner auch hier gedankt. PAB. 18 Kurzbiographien: Who is who in der Bundesrepublik Deutschland, 3. Ausgabe 1994, 2049; W. Böhm 2005, 562; Kürschner 2007, 3235.
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Dissertation über „Sinn und Existenz in der Spätphilosophie Schellings“ das Doktorat der Philosophie erworben. Von 1964 bis 1971 war er Assistent am Lehrstuhl für Pädagogik und Philosophie der Universität Bonn bei Josef Derbolav. 1970 ist seine kumulative Habilitation19 für „Bildungsphilosophie“ erfolgt, 1971 die Ernennung zum ordentlichen Professor für Philosophie und Pädagogik an der neu gegründeten Gesamthochschule Kassel des Landes Hessen. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen folgende Veröffentlichungen vor: zwei gemeinsam mit Dietrich Benner verfasste Bände „Prolegomena zur Grundlegung der Pädagogik“. Der erste mit dem Titel „Herbarts praktische Philosophie und Pädagogik. Möglichkeiten und Grenzen einer Erziehungsphänomenologie“ (1967); der zweite über „Die Pädagogik der frühen Fichteaner und Hönigwalds. Möglichkeiten und Grenzen einer Erziehungsphilosophie“ (1969). Von Schmied-Kowarzik als Alleinautor stammten die Kapitel „Herbarts Begründung einer Erziehungsphänomenologie“ (I, 53-124) und „Die Erziehungsphilosophie Richard Hönigwalds“ (II, 125–250). 1972 ist ein fünfzigseitiger Aufsatz über „Die dialektische Struktur der Bildung. Überlegungen zu Josef Derbolavs Grundlegung der Pädagogik“ erschienen. Das alles waren erziehungsphilosophische Studien von hohem Rang, aber von Eignungsnachweisen für eine der „Lehrplanforschung“ gewidmete Professur weit entfernt. Christine Möller20 wurde am 12. Oktober 1934 als fünftes Kind des Eisenbahners Josef Hasenöhrl und seiner Frau Elisabeth in Wiener Neustadt (Niederösterreich) geboren. Sie hat dort von 1940 bis 1943 die Pestalozzi-Volksschule besucht. Im Rahmen der als Reaktion auf die amerikanischen Luftangriffe eingerichteten „Erweiterten Kinderlandverschickung“ (KLV)21 zur Evakuierung der Kinder aus dem Rüstungszentrum Wiener Neustadt22 erfolgte 1943/1944 der Besuch der einklassigen Volksschule in Margarethenried bei Landshut in Niederbayern. Von 1945 bis 1953 besuchte sie das Bundes-Realgymnasium für Mädchen in Wiener Neustadt bis zur Reifeprüfung mit Auszeichnung. 19 ZfP 17 (1971), 132. 20 Lebenslauf und Schriftenverzeichnis vom 24.8.2010, PAB; Kurzbiographie: Kürschner 2003, 2222. 21 Zu dieser Einrichtung mit Bezug auf Wiener Neustadt vgl. Engelbrecht 2004, 89f. 22 Zu den Luftangriffen auf Wiener Neustadt ab 13.8.1943 vgl. Rauchensteiner 1995, 67ff.
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Von 1953 bis 1957 hat sie an der Universität Wien Psychologie, Pädagogik und Zoologie studiert. Am 14. November 1957 ist die Promotion zum Doktor der Philosophie erfolgt auf Grund einer von Sylvia Bayr-Klimpfinger23 betreuten Dissertation „Zum Problem des psychischen Hospitalismus im Kleinstkindalter“24. Von 1957 bis 1959 hat sie als Stipendiatin bei Jean Piaget25 am Institut für Psychologie der Universität Genf über Intelligenzforschung und ihre Anwendungsmöglichkeiten gearbeitet und am 15. Juli 1959 das „Diplome special de psychologie appliquée à l’éducation“ erworben. Von 1959 bis 1960 war sie als Forschungsassistentin bei Leopold Rosenmayr26 an der Sozialwissenschaftlichen Forschungsstelle der Lehrkanzel für Soziologie der Universität Wien mit jugendkundlichen Erhebungen beschäftigt; von 1960 bis 1963 mit Tatsachenforschung und Unterricht am 1960 gegründeten „Institut für Heimerziehung“27 in Baden bei Wien. 1959 erfolgte die Heirat mit dem Tiroler Volksschullehrer Bernhard Möller, der nach einem Studium der Pädagogik, Psychologie und Germanistik an der Universität Wien 1961 mit einer Dissertation über das Thema „Der Wissenschaftscharakter der Pädagogik in der Forschungsliteratur der letzten dreißig Jahre“ bei Richard Schwarz promoviert hat28. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. Ihr Mann arbeitete von 1968 bis 1970 als Professor der Pädagogik an der Pädagogischen Akademie der Diözese Innsbruck in Zams (Bezirk Landeck, Tirol). Christine Möller hat sich auf Pädagogische Psychologie spezialisiert und dieses Fach in Zams als Dozentin vertreten. Am 24. September 1970 wurde sie ohne Habilitation zur Ordentlichen Professorin für Psychologie an der Pädagogischen Hochschule Rheinland in Aachen ernannt. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen folgende Publikationen vor: zwei Bücher über „Perspektiven der didaktischen Forschung“ (mit Bernhard Möller, 1966) und „Technik der Lernplanung. Methoden und Probleme der Lernzielerstellung“ (1969; 5. Auflage 1976). Dazu
23 Über sie vgl. in diesem Werk Bd. 1, 454ff. 24 Ebenda, 459. 25 (1896–1980) Kurzbiographie: W. Böhm 2005, 498. 26 Über Rosenmayr vgl. in diesem Werk Bd. 2, 736; Kürschner 2007, 3003f. 27 Engelbrecht, Bd. 5, 1988, 430. 28 Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 486; ferner Bd. 2, 307f. Kurzbiographie: Bd. 3, 619. Autobiographie in Möller 1999, 121–147.
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kamen zwischen 1963 und 1972 noch 22 Aufsätze in schulpsychologischen und –pädagogischen Zeitschriften und Handbüchern über Themen wie „Praxis der affektiven Lernorganisation“ (1964), „Ein kognitives Unterrichtsmodell für den Übergang vom traditionellen zum programmierten Unterricht“ (1966), „Hierarchisierung von Feinlernzielen“ (1968), „Forschungsprogramm zur Grundschuldidaktik in der integrierten Gesamtschule“ (1969), „Die Bedeutung der Verhaltensmodifikation für affektives schulisches Lernen“ (1970) usw. Im Unterschied zu Rauschenberger, Benner und Schmied-Kowarzik war das Ehepaar Möller damals noch im Geist der „Kybernetischen Pädagogik“ von Milos Lánský, Helmar Frank und Klaus Weltner29 von einem naiven technologischen Planungs-Rationalismus beseelt. Es hat daran geglaubt, „daß die didaktischen Prozesse wie alle technologischen Prozesse prinzipiell automatisierbar sind: Die Lernplanung als mathematisch-logische Ableitung von Teillernzielen aus einigen wenigen, von der Kultur eines Staates erstellten Gesamt-Lernzielen sowie deren psychologische Begründung wird durch logische Maschinen bewerkstelligt; die Lernorganisation als eine experimentellstatistisch gesicherte Anordnung von Lerngängen, die zu einem optimalen Lerneffekt in bezug auf die gestellten Lernziele führen, wird durch elektronisch gesteuerte Rechenmaschinen gewährleistet; und die Lernkontrolle als objektive, reliable und valide Überprüfung des erreichten Lerneffektes kann … in Verbindung mit den Verfahren der Lernorganisation automatisch geregelt werden.“30 Was ist aus diesem Besetzungsvorschlag geworden? Schöler hat im Gründungsausschuss beantragt, Karl Frey statt Möller an die dritte Stelle zu setzen31. Dafür gab es gute Gründe, weil Frey als einziger von allen Kandidaten auf Lehrplanforschung spezialisiert gewesen ist. Das zeigt folgender Blick auf seinen Berufsweg. Karl Frey32 wurde am 1. Februar 1942 in Merenschwand (Kanton Aargau, Schweiz) geboren. Nach der Ausbildung zum Volksschullehrer war er 1962/63 Lehrer an Primar- und Sekundarschulen. Danach hat er an den Universitäten Löwen (Belgien), Münster (Westfalen) und
29 Über sie vgl. in diesem Werk Bd. 3, 498ff. und 575ff. 30 Möller/Möller 1966, 10. 31 Protokoll der 19. Sitzung am 13/14.7.1972, 9. AdR, Karton 621. 32 Kurzbiographien: Kürschner 1987, 1141; Who is who in der Bundesrepublik Deutschland, 3. Ausgabe 1994, 669.
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Freiburg (Schweiz) die Fächer Psychologie, Pädagogik, Biologie und Katholische Theologie studiert. 1967 hat er in Fribourg das Diplom in Psychologie und auf Grund einer Dissertation mit dem Titel „Der Lehrplan der Real-, Sekundar- und Bezirksschulen“33 das Doktorat der Philosophie erworben. Betreuer und erster Gutachter war Prof. Ludwig Räber. Die Dissertation ist 1968 auch als Buch erschienen. Seit 1967 arbeitete er als Assistent am Pädagogischen Institut der Universität Freiburg und war Leiter der dortigen „Arbeitsgruppe für Lehrplanforschung“. Am 30. November 1970 hat Frey sein Habilitationsverfahren an der Universität Konstanz für das Fach „Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Didaktik und Curriculumtheorie“ eingeleitet34. Seine Habilitationsschrift über „Theorie des Curriculums“ ist 1971 als Buch im Umfang von 319 Seiten erschienen. Noch vor Abschluss des Verfahrens ist er 1971 zum ordentlichen Professor und Geschäftsführenden Direktor des Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften an der Universität Kiel ernannt worden. Diese einflussreiche Position, die er bis zu seiner Berufung an die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich im Jahre 1988 inne hatte, machte es von vornherein höchst unwahrscheinlich, dass er einem Ruf nach Klagenfurt folgen würde. Auch Zdarzil hat im Gründungsausschuss Einspruch gegen den Besetzungsvorschlag der Berufungskommission erhoben. Er gab „zu bedenken, daß in der jetzigen Phase der Klagenfurter Hochschule einer praktischen Entwicklungsforschung der Vorzug zu geben wäre, während seiner Meinung nach die Lehrplantheorie, wie sie Benner und Schmied-Kowarzik betreiben, zum gegenwärtigen Zeitpunkt für Klagenfurt nicht so im Vordergrund zu stehen hätte. Da die Lehrkanzel Lehrplanforschung eine zentrale Bedeutung für diese Hochschule hat, würde er der praktischen Entwicklungsforschung den Vorrang einräumen, vertreten z.B. durch Christine Möller oder Ipfling.“35
33 ZfP, 15 (1969), 115. 34 Antrag an den Vorsitzenden der Habilitationskommission. PAB. Als Themen für die mündliche Habilitationsleistung, zu der es nicht mehr gekommen ist, hat er vorgeschlagen: „Dimensionen der Curriculumtheorie“, „Funktionen des generativen Leitsystems in der Curriculumentwicklung“, „Curriculumtheoretische Aspekte des EBAC-Projektes“ (EBAC = Entwicklung und begleitende Analysen eines Curriculums – „ein Systemprojekt“ der Freiburger Arbeitsgruppe für Lehrplanforschung laut Frey 1971, 14). 35 Protokoll der 19. Sitzung des GA, 9.
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Über Heinz-Jürgen Ipfling, der seit 1971 als außerordentlicher Professor der Pädagogik an der Abteilung Koblenz der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule Rheinland-Pfalz lehrte, ist in diesem Werk bereits berichtet worden.36 Er stand damals erst am Anfang seiner Laufbahn und war publizistisch nicht im Geringsten für Lehrplanforschung ausgewiesen. Es kam zu einer Kampfabstimmung über drei Vorschläge: jenen der Berufungskommission, einen zweiten von Schöler, der sich von diesem nur durch Frey statt Möller am dritten Platz unterschied, und einen dritten von Zdarzil, der mit 8 Prostimmen bei 6 Neinstimmen und einer Stimmenthaltung knapp angenommen worden ist. Er lautete: 1. Frey; 2. Rauschenberger; 3. Christine Möller, Ipfling.37 Prof. Pollak hat gegen die Ternavorschläge II und III protestiert und in einem Votum separatum betont, „daß die an dritter Stelle genannten Personen des mehrheitlich angenommenen Antrags im wahrsten Sinne des Wortes eine dritte Garnitur darstellen“.38 Das Wissenschaftsministerium hat Rauschenberger berufen39. Seine Ernennung ist am 27. Juni 1973 erfolgt.40 Er ist mit seiner großen Familie nach Klagenfurt gezogen, aber in Österreich nicht heimisch geworden. Er hat schon bald einen Ruf an die Gesamthochschule Kassel erhalten und bereits im Wintersemester 1974/75 die dortige Lehrkanzel suppliert41. Unter diesen Umständen hat das Wissenschaftsministerium die von der Hochschule beantragten Berufungsabwehrverhandlungen nicht geführt. Nach drei Semestern hat Rauschenberger Ende Jänner 1975 seine Klagenfurter Professur wieder aufgegeben und seine Arbeit bis zur Emeritierung an der Universität Kassel fortgesetzt. In seinen Lehrveranstaltungen42 hat Rauschenberger folgende Themen behandelt: „Qualifikation und Leistung: Zur Einführung in die 36 Vgl. Bd. 1, 598f.; Kurzbiographie: Kürschner 2007, 1574. 37 Besetzungsvorschlag des Rektors Schöler an das BMfWF vom 24.7.1972. AUK. 38 Protokoll der 19. Sitzung des GA, 9/10. Separatvotum Pollak vom 14.7.1972 als Beilage. AdR, Karton 621. 39 Protokoll der 21. Sitzung des GA am 24.11.1972, 8. AdR. 40 BMfWF 1977, 30. 41 Protokoll der 41. Sitzung des GA am 11.9.1974, 5. AdR. 42 Nach den Vorlesungsverzeichnissen der HBWK, WS 1973/74 bis WS 1974/75.
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IX. Hochschule
für
Bildungswissenschaften Klagenfurt
Curriculumtheorie“, „Analyse von Lehrplänen“, „Österreichische Lehrpläne in der Schulpraxis“, „Curriculumentwicklung als Beispiel bildungsökonomischer Entwürfe“, „Einführung in die Curriculumtheorie“, „Zum Problem der antiautoritären Erziehung“, „Evaluation offener Curricula“. Auf die enge Widmung seiner Lehrkanzel für „Lehrplanforschung“ hat sich Rauschenberger nicht einlassen können. Er war und blieb pädagogisch viel weitläufiger und praktischer interessiert. Das belegen unter anderem „Fünf Thesen über Schulversuche“, die er Österreich hinterlassen hat43. Er war ein scharfsinniger Schulpädagogiker, der „die schonungslose Offenlegung dessen, was täglich in der Schule vor sich geht“, in seiner ganzen Breite als unerlässliche „Voraussetzung wissenschaftlicher Schulreform“ verlangt hat. Als Sozialdemokrat war sein schulorganisatorisches Reformziel die ideale Gesamtschule, als Schulforscher ist er methodologisch für die „Handlungsforschung (Action research)“ eingetreten. Weitere fachliche Gründe für seinen vorzeitigen Abgang lassen sich aus seinem Artikel über „Integrierte Lehrerausbildung als Aufgabe einer bildungswissenschaftlichen Hochschule“ erahnen.44 Rauschenberger war überzeugt, dass „die Trennung der Lehrerausbildungsgänge … überwunden werden“ müsste zugunsten einer gemeinsamen Ausbildung der Lehrer aller Schulformen. Das sei eine Reform, „die längst überfällig ist“ und für deren „Durchführung die Hochschule für Bildungswissenschaften … besonders geeignet erscheint“. Bei den dort „zum Teil sehr speziellen Lehrkanzeln“ bestehe jedoch die Gefahr, dass diese sich auf Kosten der schulreformatorischen Funktion der Hochschule durch umfassende Forschungspläne zu profilieren versuchen und die Integrationsaufgaben vernachlässigen. „Die starke Betonung der Forschungstätigkeit der Hochschule“ im Gründungsgesetz könnte „als deren alleiniger Auftrag missverstanden“ werden, sodass „die Bildungspraxis der jeweils gegebenen gesellschaftlichen Realität“ aus dem Blick gerate und die konkrete „Verbesserung der … gegebenen Bildungseinrichtungen“ unterbleibe. Wer seine bildungswissenschaft liche Forschung darauf beschränke, „Einzelsymptome der Bildung zu analysieren und zu beschreiben“, gewinne „niemals die Maßstäbe, die es ihm erlaubten, die politischen und administrativen Entscheidungs-
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Rauschenberger 1974. Rauschenberger 1974a.
Ausbaustufe: Kolumnentitel 1973–1980
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träger im Hinblick auf eine Reform der Bildungsinstitutionen … zu beraten“. Unter diesen bildungs- und forschungspolitischen Aspekten scheint sich Rauschenberger von der Klagenfurter Hochschule und den beiden Wiener Ministerien für Unterricht und Wissenschaft viel mehr erwartet zu haben als er vorgefunden hat. Seine Lehrkanzel ist unverzüglich wieder zur Neubesetzung ausgeschrieben worden45.
10. DIE AUSBAUSTUFE: 1973–1980 Die Darstellung der Berufswege der ersten fünf Professoren, die in der Aufbaustufe für „bildungswissenschaftliche“ Fächer ernannt worden sind, hat drei bis vier Jahrzehnte über die Frühzeit der „Hochschule für Bildungswissenschaften“ hinausgeführt. Aus den Lebensläufen ihrer Pioniere Schöler, Trotsenburg, Melezinek, Heintel und Rauschenberger ist nebenbei schon sichtbar geworden, welcher Wandel sich in ihren Aufgaben bis zur Änderung ihres Namens in „Universität Klagenfurt“ im Jahre 1993 vollzogen hat. Die Geschichte dieses Wandels ist nun für die Ausbaustufe mit Konzentration auf die pädagogischen Fächer und ihr wissenschaftliches Personal systematisch darzustellen. Dabei geht es in diesem Kapitel um die allgemeinen Rahmenbedingungen rechtlich-institutioneller und hochschulpolitischer Art. In den folgenden sechs Kapiteln wird über die weiteren „bildungswissenschaftlichen“ Lehrkanzeln, ihre Besetzung und ihre Inhaber berichtet sowie über die ersten Habilitationen. Die Aufbaustufe ist vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung planmäßig zum 30. September 1973 als vollendet erklärt worden1. Damit konnte die Ausbaustufe beginnen und der reguläre Studienbetrieb aufgenommen werden.2 Die hochschulrechtlich einschneidendste Änderung brachte das neue Bundesgesetz vom 11. April 1975 über die Organisation der Universitäten3. Es ist am 1. Oktober 1975 in
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Protokoll der 43. Sitzung des GA am 4.12.1974, 13. AdR.
1 Mit Verordnung des BMfWF vom 22.8.1973, BGBl. Nr. 440 gemäß Gründungsgesetz 1970, § 10 Abs. 3. 2 BMfWF 1977, 7ff.; Hödl 1980, 61ff.; vgl. in diesem Buch S. 254f. 3 Universitäts-Organisationsgesetz (UOG), BGBl. Nr. 258. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 222ff.
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IX. IX.H Uochschule niversitätfür fürB Bildungswissenschaften ildungswissenschaften:K1975–1993 lagenfurt
Kraft getreten und hat die Hochschule unter dem neuen Namen „Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt“ in seinen Geltungsbereich eingeschlossen.4 Damit ist der im Gründungsgesetz von 1970 vorgesehene Plan, „die Regelung der Organisation der Hochschule … einem besonderen Bundesgesetz vor(zu)behalten“5, hinfällig geworden. Die Klagenfurter Hochschule hatte sich nun wie alle anderen Universitäten auf die neue Organisationsform umzustellen. Damit ging auch die Tätigkeit des Gründungsausschusses zu Ende. Er war zuletzt auf 41 Mitglieder angewachsen6. Er hat seine 50. und letzte Sitzung am 6. November 1975 abgehalten. An seine Stelle ist am 14. Jänner 1976 das Universitätskollegium getreten7. Es hat zusammen mit dem Rektor die Leitung der Universität übernommen8. Zur Durchführung der Lehr- und Forschungsaufgaben waren nunmehr auch an der Klagenfurter Universität „Institute als kleinste selbständige organisatorische Einheiten“ zu errichten9. Für die Pädagogik (Erziehungswissenschaft) und ihre Hilfswissenschaften sind schrittweise bis zum Studienjahr 1977/78 folgende Institute gegründet worden: Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik, Institut für Lehrplantheorie und Schulpädagogik, Institut für Unterrichtstechnologie und Medienpädagogik, Institut für Bildungsökonomie und Bildungssoziologie, Institut für Psychologie.10 Dazu kam als kurzlebige Einrichtung zwischen 1978 und 1988 nach den weitgespannten Plänen von Melezinek noch ein „Interuniversitäres Forschungsinstitut für Unterrichtstechnologie, Mediendidaktik und Ingenieurpädagogik“ mit Sitz an der Universität für Bildungswissenschaf-
4 UOG 1975, § 11, Abs. 1, l; Hödl 1980, 79. Ausgenommen blieben die §§ 1, 2, 3 Abs. 3, 4 bis 9 und 10 des Gründungsgesetzes: UOG 1975, § 116 Abs. 3. Sie betrafen hauptsächlich die Aufgaben der Hochschule, den Beirat und die Ausbaustufe. 5 BGBl. Nr. 48/1970, § 3, Abs. 1. 6 Vorlesungsverzeichnis der UBW, WS 1975/76, 6ff. 7 Gemäß UOG 1975, § 75 und § 76 war es das oberste Kollegialorgan an Universitäten ohne Fakultäten und entsprach dem akademischen Senat an Universitäten mit Fakultätsgliederung. Die relativ kleine UBW war gemäß § 12, Abs. 8 UOG „nicht in Fakultäten gegliedert“. 8 BMfWF 1977, 11f. Ihm haben laut Vorlesungsverzeichnis der UBW im SS 1976, 6f. nicht weniger als 45 Mitglieder angehört. 9 Gemäß UOG 1975, § 46. 10 Vorlesungsverzeichnis der UBW, SS 1978, 45f. – Über die nach dem Ende der Ausbaustufe eingetretenen Veränderungen vgl. S. 506ff.
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ten11. Es sollte „in Abteilungen und dezentralisierte Arbeitsgruppen gegliedert werden“ und „an allen Universitäten“ die „Spezialdidaktiken“ einschließen. Es galt dem Wissenschaftsministerium „im Hinblick auf die besonderen Verpflichtungen der Universität für Bildungswissenschaften gemäß dem Gründungsgesetz und der nunmehrigen personellen und räumlichen Möglichkeiten“ als „ein besonderer Forschungsschwerpunkt“. Neben monströsen Forschungsaufgaben waren auch umfangreiche „Serviceleistungen für die österreichischen Universitäten“ vorgesehen.12 Es ist 1978 mit einem Festakt durch Wissenschaftsministerin Firnberg im Beisein der meisten Rektoren der österreichischen Universitäten eröffnet und als „pionierhafte Innovationschance für die Universität Klagenfurt“ gefeiert worden13. Alle Mitglieder des Universitätsinstituts für Unterrichtstechnologie und Medienpädagogik14 haben sich bei Verbleib auf ihren dortigen Dienstposten auch dem „Interuniversitären Forschungsinstitut“ zuordnen lassen, was das Universitätskollegium einstimmig gebilligt hat15. Dieses Institut ist jedoch eine teure Fehlinvestition geblieben. Im ersten Forschungsbericht der Universität für 1983–1987 wurde es nicht einmal erwähnt.16 Wie kostspielig es gewesen ist, geht schon daraus hervor, dass der „Interuniversitären Kommission des Instituts“, die sinngemäß die Aufgaben eines Fakultätskollegiums zu erfüllen hatte, 49 Mitglieder angehört haben. Für ihre dritte Sitzung am 19. Jänner 1981 sind zum Beispiel Reisekosten für Dienstreisen von 32 Personen beantragt und vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung bewilligt worden17. Eine nur wenig längere Lebensdauer hatte das 1979 gegründete „Interuniversitäre Forschungsinstitut für Fernstudien“ (IFF). Es hat seinen Betrieb unter der Leitung von Heintel erst 1981 aufgenommen18 11 Errichtet am 21. Juni 1978. Hödl 1980, 159ff.; BMfWF: 9. Bericht des Beirates der UBW, 1981, 25ff.; Vorlesungsverzeichnis der UBW, WS 1979/80, 49 mit Aufgabenkatalog. 12 BMfWF 1977, 19ff.; Hödl 1980, 62 und 159ff. 13 Kärntner Tageszeitung, 22.6.1978. Nachdruck bei Lechner 1980, 53. 14 Gemäß Personalstand im SS 1978, Vorlesungsverzeichnis der UBW, 46. 15 Protokoll der 16. Sitzung am 14.6.1978, TOP 7, AUK. – Antrag Melezineks an den Rektor vom 9.6.1978 mit 9 Unterschriften. AUK. 16 Im Unterschied zum 1979 gegründeten „Interuniversitären Forschungsinstitut für Fernstudien“. Vgl. UBW: Forschungsbericht 1983–1987, 27f. und 450ff. 17 BMfWF, GZ 26.700/13-14/80, am 12.12.1980 an Melezinek mit Liste der Teilnehmer. AUK. 18 UBW: Forschungsbericht 1983–1987, 27.
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IX. IX.H Uochschule niversitätfür fürB Bildungswissenschaften ildungswissenschaften:K1975–1993 lagenfurt
und braucht deshalb in diesem Kapitel über die Ausbaustufe nicht berücksichtigt zu werden19. Im Unterschied zum Gründungsausschuss ist der Beirat der Universität für Bildungswissenschaften bis zum Ende der Ausbaustufe im Amt geblieben. Er hat seine 41. und letzte Sitzung am 11. und 12. Feber 1981 in Wien gehalten und ist dann aufgelöst worden. Grundlage dafür war das Bundesgesetz vom 20. Jänner 1981, mit dem der § 2 des Gründungsgesetzes vom 21. Jänner 1970 über den Beirat und seine Aufgaben außer Kraft gesetzt worden ist.20 Der Beirat hat unter dem Vorsitz von Marian Heitger seine neuartige und schwierige Aufgabe vorbildlich taktvoll erfüllt. Er hat durch Kritik, Vorschläge und Empfehlungen wesentlich zum Aufbau der Universität und über das Ministerium auch zur Korrektur von Fehlplanungen beigetragen. In der österreichischen Universitätsgeschichte hat es nie zuvor für neu gegründete Hochschulen (Czernowitz 1875, Salzburg 1962, Linz 1962) einen Beirat als diskretes Kontrollorgan gegeben. Es ist aber auch noch nie zuvor eine Spezialhochschule für ein so schmales Bündel unterentwickelter Fächer und schwacher Fachvertreter gegründet worden wie 1970 für die sogenannten „Bildungswissenschaften“ in Klagenfurt. Deshalb war die Einrichtung eines wissenschaftlichen Beirates eine vernünftige und weitsichtige Entscheidung. Sie musste aber – sofern er seine Aufgabe ernst nahm – unvermeidlich zu Spannungen mit der Universitätsleitung führen, obwohl die Kritik meistens diplomatisch zurückhaltend formuliert worden ist. Die Spannungen erreichten ihren Höhepunkt, nachdem der Beirat 1976 seinen „Versuch einer Bewertung der ersten fünf Jahre“ veröffentlicht hatte21. Darin sind „Anspruch und Wirklichkeit“ verglichen worden. Das Ergebnis lautete: „Die Hochschule für Bildungswissenschaften trat an mit einem in mehrfacher Hinsicht überanstrengten, unter den gegebenen Bedingungen kaum einlösbaren Anspruch“. Sie sollte erstens „eine hochschuldidaktische Innovation sein“. Sie wollte zweitens „eine wissenschaftstheoretische Kreation“ wagen, „nämlich die ,Bildungswissenschaften‘ in einer nur hypothetisch antizipierbaren, nicht aber real vorhandenen Form zur Grundlage der Arbeit zu machen: Die zur Zeit der Hochschulplanung als besonders
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Vgl. in diesem Buch S. 547ff. BGBl. Nr. 58/1981. BMfWF: 5. Bericht des Beirates der UBW, 1976, 25ff.
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modern geltende, weit in die Zukunft vorgreifende, im wesentlichen aus Programmatik bestehende und in praktischer Forschung kaum bewährte technologische Pädagogik sollte einen ganz besonderen Schwerpunkt darstellen. Was in Gestalt einer Theorie des programmierten Unterrichts, einer kybernetisch-informationstheoretischen Didaktik, einer die Theorie der audiovisuellen Lehr- und Lernmittel voll einbeziehenden Unterrichtswissenschaft, einer verhaltenstheoretisch-behavioristisch oder entscheidungstheoretisch angelegten Curriculumforschung an Fragmenten vorlag, wurde apostrophiert, um anzudeuten, daß die in Klagenfurt freigesetzten Bildungswissenschaften mit ebenso erstaunlichen wie praxisrelevanten Novitäten aufwarten würden.“ Drittens sollte die Hochschule durch diese „hochschuldidaktische und wissenschaftstheoretische Neuschöpfung … zugleich eine bildungspolitische Funktion erfüllen“: sie sollte „zu einem Zentrum der Schulversuchsarbeit und der Lehrerweiterbildung werden, nicht nur für Kärnten, sondern für ganz Österreich“. „Keine der drei Aufgaben konnte die Hochschule erfüllen; es spricht auch nichts dafür, daß sie es in Zukunft als Universität könnte, jedenfalls nicht im Sinne der Gründungsperspektiven.“ Auf die Belege des Beirates für seine Diagnose und Prognose kann hier nicht eingegangen werden, zumal sie in diesem Band vielfach bestätigt werden. Auch seine Vorschläge zur „Konsolidierung“ der Hochschule können erst später behandelt werden22. Die Zwischenbilanz des Beirates von 1976 markierte mit ihrer Rüge fundamentaler Mängel den Beginn einer Periode der Ernüchterung, der Unsicherheit und des Umplanens der jungen Universität in ihren Gremien wie im Wissenschaftsministerium. Die Unzufriedenheit mit ihren Leistungen war bei den Wiener Politikern und Ministerialbeamten groß. Die Klagenfurter Gründung wurde finanziell und hochschulpolitisch als „Klotz am Bein“ angesehen. Auf Grund der Hochschulautonomie und der seit 1975 gesetzlich verankerten Drittelparität der Gremien waren jedoch die Interventionsmöglichkeiten des Ministeriums begrenzt und eine Reform von seiner Seite aus ist als ausgeschlossen erschienen23. In der Hochschule ist die Kritik des Beirates zumindest teilweise auf Bereitschaft zur Selbstkritik und zu engerer Zusammenarbeit mit
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Vgl. in diesem Buch S. 508. Ministerialrat Drischel im Interview mit dem Verfasser am 5.3.1998.
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dem Beirat gestoßen.24 „Viele der vom Beirat genannten Rückstände im Arbeitsfortschritt der Universität“ sind zugegeben worden. Sie seien aber großteils „durch die zögernde Besetzungspolitik am Beginn der Aufbauphase und die Auswirkungen der wirtschaftlichen Rezession der späteren Jahre zu erklären“. Es habe ein „komplexes Gefüge der Behinderungen“ gegeben und starke „Überlastung der … Professoren und Assistenten“. Die große „Arbeitsbelastung“ habe „eine ausgedehnte und intensive Kommunikation zwischen Fachwissenschaften und Bildungswissenschaften“ verhindert. Trotzdem sei von vielen Mitgliedern der Universität „Unvollständiges, aber durchaus Beachtenswertes geleistet“ worden. Der Kritik des Beirates an der „Gigantomanie“ der ursprünglichen Planung wurde mit dem Satz begegnet: „Die Planung einer Institution hat notwendig in manchen Teilbereichen utopischen Charakter“. „Auch teilweise utopische Vorstellungen“ hätten „für sich selbst schon innovative Funktion: sie weisen auf bestehende Mängel hin und zeigen Möglichkeiten, diese zu verbessern“. Die Ursachen der Krise wurden seitens der Universität also in den „ungemein beschränkten personellen und materiellen Voraussetzungen“ während der Aufbaustufe gesehen, insbesondere im Fehlen einer ausreichenden Zahl von „Bildungswissenschaftlern“.25 Bei dieser Schuldzuweisung an das Ministerium wurde zweierlei übersehen. Die zögerliche Widmung der Lehrkanzeln war durch die maßlosen, einseitigen, mangelhaft begründeten und wechselnden Lehrkanzelanträge der Universitätsleitung verschuldet. Die zögerliche Besetzung lag teilweise an qualitativ bedenklichen Besetzungsvorschlägen, hauptsächlich aber am durchgängigen Mangel berufbarer Spitzenkräfte, die dem anspruchsvollen Auftrag der Hochschule hätten genügen können. Es war vor allem das unzulängliche Niveau der meisten Bewerber, das den Aufbau der Hochschule verzögert hat. Im Hinblick auf den „bildungswissenschaftlichen“ Zweck der Hochschule war die Gewinnung, Widmung und Besetzung weiterer Lehrkanzeln26 die wichtigste Aufgabe der Ausbaustufe. Sie setzte Entschei-
24 Davon zeugt u.a. eine undatierte „Stellungnahme zum 5. Bericht des Beirats“ aus dem Jahre 1976 von Josef Klingler, der seit 1.9.1970 an der Hochschule tätig gewesen ist und sie von 1977 bis 1979 als dritter Rektor geleitet hat. 20seitiges Typoskript im AUK, Schachtel 260. 25 Klingler ebenda, 8, 13, 7, 8f., 6. 26 Seit Einführung des UOG 1975 (§ 26) in neuer Terminologie: der „Dienstposten für Ordentliche Universitätsprofessoren“.
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dungen über die Studienrichtungen und den Lehrkanzelbedarf der zugehörigen Wissenschaftsgebiete voraus. Am Ende der Aufbaustufe waren der Gründungsausschuss und das Wissenschaftsministerium noch überzeugt, „daß die Hochschule für Bildungswissenschaften nicht in eine Philosophische Fakultät umgewandelt werden darf“. „Der bildungswissenschaftliche Schwerpunkt der Hochschule muß deutlich durch einen ausgewogenen Auf- und Ausbau sowohl der bildungswissenschaftlichen Grunddisziplinen als auch der bildungswissenschaftlichen Fachdisziplinen gewahrt werden“.27 Mit den „Grunddisziplinen“ waren hier die erziehungswissenschaftlichen Fächer und die sie ergänzenden Teile der Nachbardisziplinen Psychologie, Soziologie und Ökonomie gemeint; mit den „Fachdisziplinen“ die Lehramtsfächer. Zahlenmäßig „ausgewogen“ konnte das Verhältnis bei der relativ großen Menge der Lehramtsfächer allerdings nur so lange bleiben, wie man sich bei ihnen damit begnügte, „zunächst nur eine Auswahl von Studienrichtungen, diese aber sogleich voll funktionsfähig“, einzurichten. Das waren seit dem Wintersemester 1973/74 „Deutsche Philologie“, „Romanistik“, „Anglistik und Amerikanistik“, „Slawistik“ und „Philosophie, Pädagogik und Psychologie (Lehramt an höheren Schulen)“.28 Neben anderen Gründen ist schon wegen der geringen Nachfrage nach der als Studienversuch eingeführten Studienrichtung „Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“29 bereits damals klar gewesen: der Fortbestand der Hochschule wird politisch und finanziell nur dann zu rechtfertigen sein, wenn die Lehramtsfächer vermehrt und zusätzlich wirtschaftsberuflich anziehende Massenfächer eingeführt werden. Damit war unvermeidlich, dass sich das Verhältnis der beiden ungleichen Teile der Hochschule stark zu Ungunsten der „bildungswissenschaftlichen Grunddisziplinen“ verschieben wird. Darüber konnte das Schwindelmanöver nicht länger hinwegtäuschen, auch alle für die Lehramtsfächer zuständigen Wissenschaften „Bildungswissenschaf-
27 BMfWF 1973, 16 (Hervorhebung im Original). 28 Ebenda, 16f. 29 Gemäß § 19 des Bundesgesetzes über die geisteswissenschaftlichen und naturwissenschaftlichen Studienrichtungen vom 30. Juni 1971, BGBl. Nr. 326/1971 in der Fassung BGBl. Nr. 280/1972 und BGBl. Nr. 467/1974. – Verordnung des BMfWF vom 22. August 1973 über die Studienordnung für den Studienversuch Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft, BGBl. Nr. 441/1973. Vgl. in diesem Buch S.
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ten“ zu nennen, um sie der Bevormundung durch großsprecherische „Unterrichtswissenschaftler“ oder Didaktiker zu unterwerfen. Am Beginn der Aufbaustufe im Herbst 1973 waren bei den „Grunddisziplinen“ noch folgende Lehrkanzeln zu besetzen: „Allgemeine Erziehungswissenschaft“, „Schulpädagogik“, „Pädagogische Psychologie“, „Bildungssoziologie“ und „Bildungsökonomie I“. Dazu kamen 1974 noch „Psychologie mit besonderer Berücksichtigung der Entwicklungspsychologie“ und 1975 „Mediendidaktik“.30 Bis zum Ende der Ausbaustufe konnten davon folgende Lehrkanzeln besetzt werden: Schulpädagogik 1974, Pädagogische Psychologie 1974, Bildungssoziologie 1973, Bildungsökonomie 1975, Psychologie 1977 und Mediendidaktik 1980. Die mit Heintel besetzte Lehrkanzel für „Didaktik der Philosophie unter besonderer Berücksichtigung der Lehrplanforschung“ wurde auch nach ihrer 1974 erfolgten Umwidmung in „Philosophie und Gruppendynamik“ vom Ministerium weiterhin zu den „bildungswissenschaftlichen Grunddisziplinen“ gezählt. Auf diese Disziplinen entfielen im Jahre 1977 von insgesamt 30 Lehrkanzeln 12, auf die „Fachdisziplinen“ 18. Der Grund für das zunehmende Ungleichgewicht lag in der Vermehrung der Fachdisziplinen und den Erfordernissen ihrer Studienordnungen. 1977 gab es bereits 15 Studienrichtungen31. Davon waren nur 2 rein erziehungswissenschaftlicher Art: „Pädagogik“ (seit 1974) und der auslaufende Studienversuch „Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“ (seit 1973). Um 1974/75 ist der Ausbau der erziehungswissenschaftlichen Spezialfächer im Gründungsausschuss noch als vordringlich angesehen worden. Geplant waren drei weitere Lehrkanzeln für Sozialpädagogik, Sonder- und Heilpädagogik und für Erwachsenenbildung32. Als besonders notwendig galt eine Lehrkanzel für Sozialpädagogik. Sie ist beim Ministerium für den Dienstpostenplan 1976 beantragt worden33 – jedoch ohne Erfolg. 1979 hat sich Schöler vergeblich für „Betriebspädagogik“ eingesetzt34.
30 BMfWF 1973, 20f.; BMfWF 1977, 30. 31 Hödl 1980, 190. 32 Protokoll der 43. Sitzung des GA am 4.12.1974, TOP 5: Lehrkanzelentwicklungsplan, 13f. 33 Protokoll der 45. Sitzung des GA am 6.3.1975, 14. 34 BMfWF: 9. Bericht des Beirates, 1981, 14f.
Ausbaustufe: Kolumnentitel 1973–1980
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Die „Zurückhaltung“ des Ministeriums bei der Schaffung neuer Dienstposten für Ordentliche Professoren im Bereich der „Grunddisziplinen“ wurde auch 1977 noch damit erklärt, „daß weder ein fertiges Konzept noch eine unmittelbar realisierbare Planung der Universität für den Ausbau der bildungswissenschaftlichen Grunddisziplinen vorlag“35. Die Verlagerung des Schwerpunktes der Klagenfurter Universität von der Erziehungswissenschaft zu den nicht-pädagogischen Wissenschaften zeigt sich auch in der Statistik der Studierenden. Die Gesamtmenge der ordentlichen Hörer (Diplom- und Doktoratsstudien) betrug im Wintersemester 1973/74 242 Personen. Sie ist bis zum Wintersemester 1979/80 auf 1.398 Personen angestiegen. Die Zahl der Inskriptionen für die beiden pädagogischen Studienrichtungen betrug im WS 1974/75: 69, im WS 1979/80: 319. Der Studienversuch „Erziehungsund Unterrichtswissenschaft“ hat im WS 1973/74 mit 55 Inskriptionen begonnen. Bis zum WS 1979/80 ist die Zahl auf 26 gesunken. Die Studienrichtung „Pädagogik“ hat im WS 1974/75 mit 40 Inskriptionen begonnen. Im WS 1979/80 wurden 293 Inskriptionen gezählt. Von der Gesamtsumme der 2.617 Inskriptionen im WS 1979/80 entfielen auf die pädagogischen Studienrichtungen nur 319 Inskriptionen.36 Von den 293 Studierenden der Studienrichtung „Pädagogik“ hatten in diesem Semester 268 an Stelle einer zweiten Studienrichtung nichtbildungswissenschaftlicher Art ein „Kombinationsfach“ aus dem Kreis der „bildungswissenschaftlichen Fachkombinationen“ Bildungssoziologie, Gruppendynamik, Schulpädagogik, Pädagogische Psychologie oder Unterrichtstechnologie gewählt.37 Sie hatten sich damit praktisch für ein „Einfachstudium“ der Pädagogik entschieden. Die Bevorzugung eines pädagogiknahen „Kombinationsfaches“ statt einer pädagogikfernen zweiten Studienrichtung im Diplom- bzw. Magisterstudium der Pädagogik zeigte sich auch bei den Sponsionen: den 19 Sponsionen in „Pädagogik“ mit Kombinationsfach bis 1979 standen nur 3 im „Studienversuch Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“ gegenüber, für den ein Lehramtsfach als zweites Fach verpflichtend war.38
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BMfWF 1977, 29ff. Hödl 1980, 206. Vgl. BMfWF 1977, 28. Hödl 1980, 217.
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Bei den 23 Promotionen der Ausbaustufe überwogen bei weitem die Fächer „Pädagogik“ mit 13 und „Unterrichtstechnologie“ mit 6 Promotionen. Die restlichen 4 Promotionen entfielen auf die Fächer „Deutsche Philologie“ (2), „Sprachwissenschaft“ (1) und „Mathematik“ (1)39. Zu diesem anfänglichen Vorsprung der Pädagogik haben zwei Umstände beigetragen: erstens die frühere Einrichtung pädagogischer Lehrkanzeln mit sofortigem Beginn der „bildungswissenschaftlichen Forschung“ in der Aufbaustufe und zweitens die frühere „Einrichtung von Doktoratsstudien auf dem Gebiete der Bildungswissenschaften“ und die sofortige Zulassung von „Bewerber(n) mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium“ durch das Gründungsgesetz40. Aus diesen Gründen lag die Pädagogik in der Ausbaustufe auch bei den Habilitationen mit 6 von 13 erfolgreich abgeschlossenen Verfahren an erster Stelle. Davon entfielen 3 auf die Lehrbefugnis in „Unterrichtswissenschaft“, 2 auf „Curriculumstheorie“ und eine auf „Schulpädagogik“41. Zur Menge und Qualität der Habilitationen hat sich der Beirat generell kritisch geäußert. Er habe „mit Sorge verfolgt, wie die Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt zum ,Mekka für Habilitationswerber‘ wird“. Insbesondere sei „aufgefallen, daß in Klagenfurt im Verhältnis zur Anzahl der Universitätsinstitute mehr Habilitationen zu verzeichnen sind als an einer großen Universität“. „Es ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, daß die neue Universität damit in den Ruf gerät, geringere Ansprüche für die Vergabe der venia docendi zu stellen als andere österreichische Universitäten“.42 Zu den allgemeinen Rahmenbedingungen der Ausbaustufe gehörten auch die für Pädagogik relevanten Studienordnungen, die in dieser Periode vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung erlassen worden sind. Das war zunächst die Studienordnung vom 22. August 1973 für den Studienversuch Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft, der auf die Hochschule für Bildungswissenschaften beschränkt gewesen ist43. Dieser Studienversuch ist erstmals für das Studienjahr 1973/74 eingerichtet worden. Er war in den folgenden Studienjahren noch drei weitere Male durchzuführen, letztmals also mit Beginn des Winter
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Hödl 1980, 216. BGBl. Nr. 48/1970, § 10, Abs. 2c. Hödl 1980, 220. Vgl. in diesem Buch S. 397ff. BMfWF: 9. Bericht des Beirates, 1981, 20. BGBl. Nr. 441/1973.
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semesters 1977/78. Mit ihm sollte erprobt werden, ob er verdient, zu einem ordentlichen Studium erhoben zu werden.44 Diese Frage ist auf Grund der mit ihm gemachten Erfahrungen negativ entschieden worden.45 Inhaltlich ist die Studienordnung dieses „Studienversuchs“ weitgehend den teilweise neuartigen Vorschlägen der Hochschule gefolgt. Es sei hier nur die differenzierte Liste der Pflicht- und Wahlfächer mit der Mindestzahl der Wochenstunden angeführt, weil sie einige „bildungswissenschaftliche“ Schwerpunkte der Hochschule erkennen lässt. Erster Studienabschnitt (4 Semester): „a) Systematische Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft einschließlich der Geschichte des Bildungswesens 7–9 Wochenstunden b) Pädagogische Psychologie 5–7 c) Pädagogische Soziologie 5–7 d) Vorprüfungsfächer: 1. Mediendidaktik 3–5 2. Grundlagen der Bildungsökonomie 3–5 3. Methoden und Verfahren der bildungswissenschaftlichen Forschung 3–5 4. Theorie der pädagogischen Institutionen 3–5“. Zweiter Studienabschnitt (5 Semester): „a) Systematische Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft 14–16 Wochenstunden b) nach Wahl des Kandidaten eines der folgenden Fächer 8–10 1. Curriculumforschung 2. Mediendidaktik 3. Theorie der pädagogischen Institutionen 4. Bildungsökonomische Theorie und Politik 5. Bildungsbetriebslehre 6. Methoden und Verfahren der bildungswissenschaftlichen Forschung 7. Pädagogische Psychologie
44 BMfWF 1973, 22f. und 1997, 28. 45 Erlass des BMfWF vom 26.1.1978, Zl. 68.650/4-15/77. Mitteilungsblatt der UBWK 1977/78, Nr. 104. Vgl. BMfWF: 7. Bericht des Beirates der UBW, 30f.
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c) ein weiteres Fach nach Wahl des Kandidaten gemäß lit. b 8–10 d) das … gewählte Vorprüfungsfach 2–4“. Größere und längere Bedeutung hat die Studienordnung für die Studienrichtung Pädagogik vom 31. August 1973 erlangt46. Sie war für alle österreichischen Universitäten gültig, erforderte aber Konkretisierung durch den von den jeweiligen akademischen Behörden zu erlassenden Studienplan, der die Bildung lokaler Studienschwerpunkte mit unterschiedlicher Gewichtung erlaubte. Zu diesem dringend erforderlichen Studienplan ist es an der Klagenfurter Universität erst mit achtjähriger Verspätung gekommen. Er konnte von der zuständigen Studienkommission erst am 9. Dezember 1981 beschlossen und durch Ministerialerlass vom 12. Jänner 1982 genehmigt werden47 – also nach dem Ende der Ausbaustufe. Diese skandalöse Verzögerung hat damit begonnen, dass „die Studentenvertreter geschlossen dagegen gestimmt haben“. Sie waren auch durch die Bedenken des Rektors Heintel nicht umzustimmen, „daß die Situation für Klagenfurt äußerst prekär ist, da hier keine andere gesetzliche Basis als die des Studienplanes für die Ablegung von Prüfungen gegeben ist“.48 Tatsächlich hat man sich aber mit einem „inoffiziellen“ vorläufigen Studienplan behelfen können.49 Der erste Teil der Ausbaustufe ist am 7. Oktober 1977 mit der Übergabe des neuen Hauptgebäudes durch Wissenschaftsministerin Firnberg an Rektor Josef Klingler abgeschlossen worden.50 Aus diesem Anlass hat das Wissenschaftsministerium einen Rechenschaftsbericht über die Jahre 1973–1977 aus der Feder der verantwortlichen Ministerialräte Otto Drischel und Herbert Paulhart im Umfang von 63 Seiten veröffentlicht. Die Universität zählte im Sommersemester 1977 760 ordentliche Hörer in Diplomstudien und 66 in den Doktoratsstudien51. Geplant war
46 BGBl. 472/1973 in der Fassung der Verordnung BGBl. 612/1974. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 184f. 47 Verlautbart im Mitteilungsblatt der UBW Klagenfurt am 10.3.1982, Nr. 80. 48 Protokoll der 44. Sitzung des Gründungsausschusses am 15.1.1975. TOP 7, Bericht der Studienkommission Bildungswissenschaften durch Trotsenburg, 8f. 49 Mündliche Auskunft von Altrektor Klingler an den Verfasser, 6.4.2010. 50 Presseberichte über den Festakt im Beisein des Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger (1915–2000) bei Lechner 1980, 48ff. 51 BMfWF 1977, 52.
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der Bau für 4.000 Studierende. Bezeichnend für das Übergewicht der Lehramtsstudenten waren die Unterschiede der Inskriptionen nach Art des Studiums52: Lehramt 1.122 nicht Lehramt 354 Studienversuch 32 zusammen 1.508. Der als wichtigstes Studienreform-Projekt eingeführte Studienversuch „Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“ hatte in den Studienjahren 1975/76 und 1976/77 nur mehr 9 Erstinskribierte aufzuweisen53. Für die konventionelle Studienrichtung „Pädagogik“ wurden im SS 1977 dagegen 128 von 1.508 Inskriptionen (davon 123 mit Kombinationsfach) gezählt.54 Die Anziehungskraft der Klagenfurter „Bildungswissenschaften“ (im engeren Sinne von Pädagogik/Erziehungswissenschaft) auf ausländische ordentliche Hörer lag nahe bei Null55: WS 1973/74 74/75 75/76 76/77 „Erziehungs- und UnterrichtsWissenschaft“: 1 1 1 – „Pädagogik“: – – 3 5. Auch der Plan, in Klagenfurt wenigstens für Österreich eine nationale „Schwerpunkthochschule“ der Erziehungswissenschaft aufzubauen, ist gescheitert. Es gab „kaum einen Zugang an Studenten, die außerhalb Kärntens aufgewachsen sind“56. Um Studierende der Pädagogik im Hauptfach (Diplom, Doktorat) aus anderen Bundesländern anziehen zu können, hätten die Klagenfurter Professoren dieses Faches und seiner Nachbarfächer Psychologie, Soziologie und Philosophie um einige Grade besser, bekannter und fachlich anziehender sein müssen als jene der älteren Universitäten. Da dies nicht zutraf, ist die Nachfrage ausgeblieben.
52 Ebenda, 51. In der Regel inskribiert jeder immatrikulierte ordentliche Hörer Lehrveranstaltungen für zwei Studienrichtungen oder Studienzweige. Die Zahl der Hörer beträgt also ungefähr die Hälfte der Zahl der Inskriptionen. 53 BMfWF: 7. Bericht des Beirates der UBW, 30. Dort auch ein Erklärungsversuch. 54 BMfWF 1977, 52. 55 Ebenda, 53. 56 Kellermann 1980, 208.
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Seit der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre ist das öffentliche Interesse am Bildungswesen und an den Klagenfurter Reformideen zurückgegangen. Gleichzeitig haben die Finanzierungsnöte den Staat zu mehr Sparsamkeit gezwungen. Die Zweifel am Nutzen einer Spezialhochschule für „Bildungswissenschaften“ und an der Qualität ihrer Produkte haben zugenommen. Es wurde zunächst im Stillen und bald auch öffentlich über ihre Auflösung nachgedacht oder zumindest ihre radikale Umwidmung unter Preisgabe des erziehungswissenschaftlichen Schwerpunktes erwogen. Der Lehrermangel, mit dessen Beseitigung Unterrichtsminister Piffl-Perčevič ein Jahrzehnt früher ihre Gründung fälschlich gerechtfertigt hatte, war in den meisten Schulfächern abgeflaut. Nun drohte ein Überangebot an Lehrern und Stellenmangel für Absolventen überlaufener Lehramtsstudiengänge. Damit war absehbar, dass der Fortbestand der Universität durch bloßen Ausbau der Lehramtsfächer nicht gerettet werden kann. In dieser Situation hat die Universitätsleitung im Jahre 1976 die Österreichische Rektorenkonferenz um Rat und Hilfe gebeten. Deren ständiger „Ausschuß für Hochschulplanung“ (später: für das Forschungsschwerpunkte-Programm) sollte „die derzeitige Lage der Universität in Klagenfurt … studieren“ und Vorschläge erstatten, wie sie „besser als bisher in das österreichische Hochschulwesen integriert werden kann“.57 Herausgekommen ist dabei zunächst die Feststellung, „daß für den Betrieb einer Universität für Bildungswissenschaften der Standort Klagenfurt zum Zeitpunkt der Gründung, jetzt und in Zukunft als ungünstig anzusehen ist“. Da er aber „gesetzlich bestimmt“ sei, sollten sich „die Bemühungen darauf richten, die Standortnachteile zu minimieren“.58 Es folgte eine energische Bekräftigung des gesetzlichen Auftrages, sich als österreichischer Schwerpunkt ganz auf die bildungswissenschaftliche Forschung zu konzentrieren und bei der Ergänzung des Personals diesen speziellen Auftrag „vorrangig“ zu berücksichtigen.
57 Österreichische Rektorenkonferenz: Memorandum zur Entwicklung der Universität für Bildungswissenschaften in Klagenfurt, beschlossen in der 3. Plenarsitzung 1976/77 am 1.2.1977, 3. 12seitiges Typoskript, gezeichnet vom Mediziner Franz Seitelberger (1916–2007) als damaligem Vorsitzenden und dem Geographen Ernest Troger (1926–2010) als Vorsitzendem des ständigen Ausschusses für das Forschungsschwerpunkte-Programm. AUK, Schachtel 438. 58 Ebenda, 4.
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„Der Ausbau des Bereiches ,Bildungswissenschaften‘ ist durch die Etablierung vor allem der Fächer Bildungsrecht, Bildungsinformatik, Bildungsverwaltung und –management, Bildungsplanung und Bildungspolitik, vergleichende Bildungswissenschaften, Sozialarbeit auf der Ebene der wissenschaftlichen Forschung und Lehre, Bildungshilfe (insbesondere für Entwicklungsländer), Sonder- und Heilpädagogik und durch geeignete organisatorische Maßnahmen (z.B. durch die Komplettierung der bestehenden Institute, durch neue Abteilungen oder Arbeitsgruppen an Instituten oder durch Neuerrichtung von Instituten) und mit Hilfe der Zusammenarbeit mit rechtswissenschaftlichen und medizinischen Fakultäten der anderen Hochschulen voranzutreiben. Es versteht sich von selbst, daß diese Vorschläge nur im Rahmen eines längerfristigen Entwicklungsplanes verwirklicht werden können; alle diese aufzubauenden Forschungsbereiche bedürfen zudem selbst der sie weiter vorantreibenden Forschung und Entwicklung sowie der Heranbildung eines wissenschaftlichen Nachwuchses.“59 Das war ein riesiges Wunschprogramm mit wenig Realitätssinn. Es lief praktisch auf die Neugründung eines nationalen Forschungszentrums für Erziehungswissenschaft hinaus, nachdem erkennbar geworden war, dass die Gründung von 1970 aus Mangel an Spitzenpersonal auf niedrigem Niveau zum Stillstand gekommen ist. „Ein weiterer Ausbau der bestehenden Lehramtsstudien (sei) weder nötig noch wünschenswert“. Erstens drohe ein „Überangebot an Lehramtskandidaten in vielen Fächern“. Zweitens bestehe „die Gefahr, daß bei einer Ausweitung der Lehramtsstudien der bildungswissenschaftliche Auftrag für die Klagenfurter Universität nicht erfüllt werden kann oder doch die bildungswissenschaftlichen Forschungen vermindern würde“.60 Diese Argumentation war ausschließlich auf einen erziehungswissenschaftlichen Forschungsschwerpunkt für den Kleinstaat Österreich mit relativ geringem Bedarf an „Bildungsforschern“ konzentriert. Sie nahm weder Rücksicht auf das Interesse des Landes Kärnten an einer breit gefächerten Hochschule noch auf die ungesicherte Zukunft des größten Teiles der Universität, der anderen Aufgaben zu dienen hatte als der erziehungswissenschaftlichen Forschung und Nachwuchspflege. Insofern war sie politisch naiv und hinsichtlich der Nutzung der bereits erfolgten Investitionen an Gebäuden, Einrichtung und Personal unverantwortlich.
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Ebenda, 8. Ebenda, 11.
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Im Memorandum war nur an die Nutzung zukünftig erhoffter „bildungswissenschaftlicher“ Forschungsergebnisse wie „Modelle der Lehrerausbildung“, „Didaktik der Fächer“ und „Unterrichtstechnologie“ durch die anderen österreichischen Universitäten gedacht.61 Woher das Spitzenpersonal, das bisher nicht gewonnen werden konnte, künftig kommen könnte, wurde offen gelassen. Wegen dieser Blindheit gegenüber der realen Situation der Universität Klagenfurt wie der wissenschaftlichen Pädagogik ist das Memorandum wirkungslos geblieben. Selbst der Beirat der Universität hat es nur am Rande mit der zutreffenden Bemerkung erwähnt: „Wenn für bildungswissenschaftliche Forschung eingetreten wird, so darf nicht übersehen werden, daß sie vor allem im Zusammenhang mit den Lehramtsstudien durchgeführt werden muß“62. Damals ging es aber schon nicht mehr um die Alternative „Ausbau der Erziehungswissenschaft oder der Lehramtsfächer“. Seit dem Ende der Ausbaustufe drohte die Alternative „Schließung der Universität oder Umbau zugunsten zugkräftiger Fächer jenseits von Bildungswissenschaften und Lehramtsstudien“.
11. BEMÜHUNGEN ZUR BESETZUNG DER LEHRKANZEL FÜR ALLGEMEINE ERZIEHUNGSWISSENSCHAFT AB 1973 Es hat zu den Geburtsfehlern der „Hochschule für Bildungswissenschaften“ gehört, dass sie ohne kompetente Vertreter der Allgemeinen Erziehungswissenschaft geplant und aufgebaut worden ist. In den „Richtlinien für den Aufbau der Hochschule“, die der Gründungsausschuss 1970 einstimmig beschlossen hat1, ist dieses Fach von Anfang an unberücksichtigt geblieben. Genannt wurden nur folgende „Disziplinen für die bildungswissenschaftlichen Grundlagen“: „Mathematik(!), Philosophie, Psychologie, Soziologie“. Als „Disziplinen für die anwendungsorientierte bildungswissenschaftliche Forschung und Lehre“ wurden nur „Unterrichtstechnologie“ und „Curriculumtheorie“
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1
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Ebenda, 9. BMfWF, 6. Bericht des Beirates der UBW, 1977, 9. Protokoll der 5. Sitzung vom 29.9.1970, TOP 4, 3ff. – AdR.
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angeführt.2 Im Plan für die bis 1973 zu schaffenden 24 Lehrkanzeln kam die „Allgemeine Erziehungswissenschaft“ nicht vor3. Auch für die Besetzung der ersten acht Assistentenposten waren nur Spezialisten für „Unterrichtswissenschaft“, „Lehrplanforschung“ und „Bildungsmanagement“ vorgesehen.4 Mit Recht hat der Beirat 1972 gerügt: „Die Zusammenstellung der für die kommenden Jahre zu planenden Lehrkanzeln ist nach wie vor ohne Konzept und System“. Es fehle dem Lehrkanzelplan „jede innere Konsistenz und Logik“5. „Diese fehlende Grundlagensystematik verführt die Hochschule … immer wieder dazu, modischen Aktualitäten unkritisch gegenüber zu stehen, Randfragen hochzustilisieren, sich von zentralen Fragen und Aufgaben ablenken zu lassen“6. Noch zwei Jahre nach ihrer Gründung wurde im Gründungsausschuss bei den Lehrkanzelbenennungen für 1973 die „Allgemeine Erziehungswissenschaft“ einstimmig „weiter hinausgeschoben“ und an ihrer Stelle „Bildungssoziologie“ beantragt7. Erst 1973 kam es zu einem positiven Beschluss – allerdings mit knapper Mehrheit: 7 Prostimmen, 4 Stimmenthaltungen und eine Gegenstimme8. Das Wissenschaftsministerium hat die Lehrkanzel umgehend bewilligt. Auf die öffentliche Ausschreibung haben sich 14 Bewerber gemeldet, von denen 12 nicht habilitiert und die meisten fachlich zu schmal oder unspezifisch qualifiziert gewesen sind. Die Berufungskommission hatte Eignung für folgende Arbeitsgebiete verlangt: „Wissenschaftstheorie, Problemgeschichte der Pädagogik, Erziehungs- und Bildungstheorie einschließlich ihrer Bezüge zu den empirisch-pädagogischen Forschungsbereichen“. Auf Grund ihrer Beratungen und einiger Gastvorträge hat der Gründungsausschuss am 21. August 1973 folgenden Besetzungsvorschlag beschlossen: 1. Wolfgang Fischer, Ordentlicher Professor für Allgemeine Pädagogik an der Gesamthochschule Duisburg (Nordrhein-Westfalen); 2. Helmut Fend, Wissenschaftlicher Rat und Professor im Sonderforschungsbereich Bildungsforschung der Universität Konstanz; 2 3 4 5 6 7 8 622.
Ebenda, 4. Ebenda, 5f. Ebenda, 6. BMfWF: 1. Bericht des Beirates der HBW, 1972, 11, 13. BMfWF: 2. Bericht des Beirates, 1973, 13. Protokoll der 18. Sitzung des GA vom 25.5.1972, 18, 20. Protokoll der 25. Sitzung des GA vom 1.3.1973, TOP 8, 11. AdR 8, Karton
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3. Gerhard Wehle, Professor für Allgemeine Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule Rheinland, Abteilung Neuss; Hans-Georg Hielscher, Professor der Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule Kiel. Wolfgang Fischer wurde am 5. Jänner 1928 in Leipzig geboren.9 Er hat an der Universität Münster (Westfalen) Philosophie, Pädagogik und Psychologie studiert und war Schüler von Alfred Petzelt (1886– 1967)10. 1953 hat er mit einer von diesem betreuten Dissertation über „Probleme des literarischen Ausdrucks in der Entwicklungspsychologie“11 das Doktorat der Philosophie erworben. 1957/58 war er Mitarbeiter im Studienbüro für Jugendfragen in Bonn. 1959 wurde er ohne Habilitation Dozent und 1962 Professor für Allgemeine Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule Wuppertal (Nordrhein-Westfalen). 1964 folgte er einem Ruf an die Pädagogische Hochschule Nürnberg der Universität Erlangen. Seit 1972 lehrte er an der Universität Duisburg mit Schwerpunkt „Geschichte und Philosophie der Pädagogik“12. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen von Fischer folgende Buchpublikationen vor: „Der junge Mensch“ (2. Auflage 1966), „Neue Tagebücher von Jugendlichen“ (2. Auflage 1967), „Was ist Erziehung?“ (1966), „Schule und kritische Pädagogik“ (1972). Erziehungsphilosophisch hat er die Kritik seines Lehrers Petzelt an der Empirischen wie an der Geisteswissenschaftlichen Pädagogik fortgeführt und verschärft. Davon zeugten bereits seine frühen Aufsätze über „Die Bedeutung erziehungswissenschaftlich-empirischer Forschungen für die Grundlegung der Pädagogik, erörtert an einer fiktiven Untersuchung über die Wirkung von Strafen“ (1968) und „Kritik der lebensphilosophischen Ansätze der Pädagogik“ (1966). Schon damals war er auf dem Weg zu einer „Skeptischen Pädagogik“ auf transzendentalkritischer neukantianischer Grundlage, den er lebenslang eingehalten hat.13 Wegen dieses Standpunktes gab es in der Berufungskommission berechtigte Zweifel, ob Fischer die beste Wahl für die Klagenfurter Lehrkanzel sei. Er hätte eher auf eine Professur für (skeptische) Philosophie der Erziehung gepasst als auf die für Allgemeine Erziehungs-
9 Kurzbiographien: Kürschner 1996, 340; W. Böhm 2005, 209. 10 Kurzbiographien: Horn 2003, 308; W. Böhm 2005, 494. 11 ZfP 4 (1958), 202. 12 Kürschner 1987, 1066. 13 Vgl. Löwisch 1989 (mit Bibliographie). Zur frühen Analyse und Kritik vgl. Benner 1973, 244ff.
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wissenschaft, von deren Inhaber Beiträge zur Integration der pädagogischen Spezialdisziplinen erwartet wurden statt Abwertung empirischtechnologischer Erziehungsforschung. Angesichts der wenigen halbwegs berufbaren Bewerber wurde trotzdem an ihm festgehalten. Uneinig waren Kommission und Gründungsausschuss jedoch über den ersten Platz auf der Liste. Die eine Hälfte trat für den Philosophen Fischer ein, die andere für den empirischen Schulforscher Fend. Im dritten Wahlgang ist Fischer mit 9 Stimmen gegenüber Fend mit 8 Stimmen auf Platz eins gelangt.14 Helmut Fend15 wurde am 26. Dezember 1940 in Hohenems (Bezirk Dornbirn/Vorarlberg) geboren und war katholischer Konfession. Nach dem Besuch der Bundes-Lehrerbildungsanstalt in Feldkirch hat er im Schuljahr 1960/61 als Lehrer an der einklassigen Volksschule in Ludescherberg (Bezirk Bludenz) gearbeitet. Von 1961 bis 1967 hat er an der Universität Innsbruck Erziehungswissenschaft, Psychologie, Philosophie und Germanistik studiert. 1965 erfolgte die Lehrbefähigungsprüfung für Volksschulen. Das Studienjahr 1965/66 verbrachte er als Forschungsstipendiat an der University of London. Am 18. Juli 1967 wurde er an der Universität Innsbruck „sub auspiciis praesidentis rei publicae“ zum Doktor der Philosophie promoviert. In seiner von Wolfgang Brezinka betreuten und als erstem Gutachter angenommenen Dissertation hat er das Thema „Sozialisierung und Erziehung“ behandelt. Sie ist 1969 als Buch erschienen und hat bis 1976 acht Auflagen erfahren. Fend ist 1968 auf Einladung Brezinkas als Assistent in den Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Konstanz eingetreten, wo schon seine Innsbrucker Studienkollegen Peter Posch16 und Rudolf Messner17 tätig gewesen sind. 1969 ist er in den Konstanzer „Sonderforschungsbereich Bildungsforschung“ übergetreten und hat sich auf empirische Schulvergleichs-Untersuchungen spezialisiert. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen an Publikationen nur die Dissertation sowie einige Aufsätze und Forschungsberichte vor. Sie wiesen
14 Protokoll der 31. Sitzung des GA am 21.8.1973, TOP 4, 4ff. – AdR 8, Karton 622. 15 Kurzbiographie: Fend 1969, 4; Kürschner 2007, 825; in diesem Werk Bd. 2, 533, 566, 568; Bd. 3, 617f. 16 Über Posch vgl. in diesem Buch S. 156ff., 438ff. und Bd. 2, 507f. 17 Über Messner vgl. Bd. 2, 512, 566, 568; Bd. 3, 619. Ausführlich: Glaser/ Krause-Vilmar 2010, 63ff.
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in die Richtungen Schulpädagogik, Pädagogische Psychologie und Jugendforschung, in denen er später auch ohne Habilitation zu hervorragenden Leistungen und großem Ansehen gelangt ist. Ein Interesse für Allgemeine Erziehungswissenschaft und habilitationsäquivalente Arbeitsergebnisse auf diesem Gebiet waren jedoch 1973 nicht erkennbar. Gerhard Wehle18 wurde am 8. September 1924 in Reichenberg (Böhmen) geboren und war katholischer Konfession. Er hat dort die Oberschule für Jungen besucht und 1942 die Reifeprüfung mit Auszeichnung bestanden. Von 1942 bis 1945 war er als Infantrist der Deutschen Wehrmacht im Kriegseinsatz in Russland und Italien, zuletzt im Rang eines Leutnants der Reserve. Nach Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft war er zunächst von 1946 bis 1948 als Schulhelfer im Kreis Rotenburg/Fulda tätig. Im Schuljahr 1948/49 absolvierte er den Pädagogischen Ausbildungslehrgang Kassel. Die Erste Prüfung für das Lehramt an Volksschulen hat er mit dem Prädikat „sehr gut“ bestanden und zugleich die Missio canonica für katholischen Religionsunterricht erworben. Von 1949 bis 1951 arbeitete er als Assistent für theoretische Pädagogik an seiner Ausbildungsstätte und von 1951 bis 1955 als Volksschullehrer in Kassel. 1952 hat er die Zweite Prüfung für das Lehramt an Volksschulen mit Auszeichnung bestanden. Neben dem Beruf hat Wehle von 1950 bis 1955 an der Universität Göttingen die Fächer Pädagogik, Psychologie, Deutsche Philologie und Geschichte studiert. Am 8. Juni 1955 erfolgte die Promotion zum Doktor der Philosophie auf Grund einer von Erich Weniger (1894–1961)19 betreuten Dissertation über „Das Verhältnis von Praxis und Theorie im Wirken und Werk Georg Kerschensteiners. Ein Beitrag zum Verständnis seiner Entwicklung und seiner Bedeutung für die Gegenwart“. Sie ist 1956 unter dem Titel „Praxis und Theorie im Lebenswerk Georg Kerschensteiners“ als Buch erschienen und hat 1964 eine zweite, neubearbeitete Auflage erfahren20. Von 1955 bis 1957 war Wehle als Wissenschaftlicher Assistent von Weniger am Pädagogischen Seminar der Universität Göttingen tätig; von 1957 bis 1961 als Dozent für Pädagogik an der Pädagogischen
18 Werk 19 20
Lebenslauf vom 8.1.1962 im PAB; Kürschner 2007, 3931. Vgl. in diesem Bd. 2, 268ff. Kurzbiographien: Horn 2003, 372f.; W. Böhm 2005, 677. ZfP 4 (1958), 61.
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Hochschule Braunschweig. Seit 1. Oktober 1961 lehrte er als Professor für Allgemeine Pädagogik in Neuss, seit 1974 an der Universität Düsseldorf. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen neben der Dissertation und soliden Aufsätzen zu Schulpädagogik und Didaktik noch folgende Buchpublikationen vor: eine Schrift über „Bildungsplanung: Begriff – Tendenzen – Methoden“ (1968), eine zweibändige Ausgabe von Kerschensteiners pädagogischen Schriften (1966/68), ein von ihm gemeinsam mit Josef Speck herausgegebenes „Handbuch pädagogischer Grundbegriffe“ von hervorragender Qualität (2 Bände, 1970) und ein von ihm herausgegebenes dreibändiges „Lexikon pädagogischer Schlagworte und Begriffe“ („Pädagogik aktuell“, 1973). Wehle war ein erziehungswissenschaftlich besonders breit gebildeter und klarer Autor, der komplizierte Zusammenhänge gut verständlich darzustellen vermochte. Er hätte unter den damaligen Bewerbern den ersten oder zweiten Listenplatz verdient. Hans-Georg Hielscher21 wurde am 3. Juli 1938 in Sorau (Niederlausitz/Brandenburg) geboren. Er hat nach längerer Berufstätigkeit als Lehrer an der Universität Kiel Pädagogik, Psychologie und Volkskunde studiert. 1970 hat er dort mit einer von Theodor Wilhelm22 (1906– 2005) betreuten Dissertation das Doktorat der Philosophie erworben. Ihr Thema lautete: „Jugend und Wirtschaftswerbung. Untersuchungen an vierzehn- und fünfzehnjährigen Schülern, durchgeführt an schleswigholsteinischen Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien“23. Sie ist 1971 unter dem Titel „Jugend und Werbung“ als Buch erschienen. Hielscher ist 1970 Dozent an der Pädagogischen Hochschule Kiel geworden und dort 1972 zum Professor aufgestiegen. Seine Arbeitsgebiete waren Medien- und Freizeitpädagogik, Didaktik und Fragen der sozialen und politischen Erziehung. Ein Qualifikationsnachweis für eine Lehrkanzel der Allgemeinen Erziehungswissenschaft lag nicht vor. Dieser Besetzungsvorschlag vom August 1973 hat trotz seiner Dringlichkeit erst im Juni 1974 zu einer Berufung geführt.24 Der Grund der Verzögerung war eine parteipolitische Intervention zugunsten des
21 Kurzbiographie: Kürschner 1996, 562. 22 Kurzbiographie: W. Böhm 2005, 679. 23 ZfP 17 (1971), 134. 24 Mit Schreiben des Sektionschefs Walter Brunner des BMfWF vom 14.6.1974, Zl. 157.050-4/74 ist der Erstplatzierte Prof. Fischer berufen worden. AdR, 02 BMfWF, Hauptreihe 1–29, 8 Klagenfurt.
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der Hochschule dienstzugeteilten Professors am Akademischen Gymnasium Wien I Norbert Schausberger, der der Sozialistischen Partei Österreichs (SPÖ) angehörte und 1973 in Klagenfurt mit einer fachdidaktischen Studie für „Unterrichtswissenschaft“ habilitiert worden war25. Vom Wissenschaftsministerium wurde in einem Schreiben an die Hochschule vom 16. Oktober 1973 gerügt, dass im Ternavorschlag für die Besetzung der Lehrkanzel für Allgemeine Erziehungswissenschaft „Schausberger nicht aufscheint“, obwohl er sich um diese Lehrkanzel beworben habe. Er sei doch „für Unterrichtswissenschaft habilitiert, ein Gebiet also, das dem der ausgeschriebenen Lehrkanzel weitestgehend entspricht“. Das Ministerium ersuchte die Hochschulleitung um „ehest mögliche Stellungnahme“.26 Rektor Heintel hat diesen Brief in der Sitzung des Gründungsausschusses am 19. Oktober 1973 verlesen. „Nach langer Diskussion“ kam es bei 19 Anwesenden zu vier Anträgen, die keine Mehrheit fanden: 1. „Der Gründungsausschuß möge sich mit diesem Schreiben nicht weiter befassen“ (9 Prostimmen); 2. „Der Vorsitzende der Ternakommission möge den Brief … unter Beibehaltung des eingereichten Ternavorschlages beantworten“ (9 Prostimmen); 3. „Zurückweisung des Besetzungsvorschlages zur nochmaligen Behandlung in eine neu zu gründende Ternakommission“ (9 Prostimmen); 4. „Schausberger mit auf die Liste … auf Platz drei zu setzen“ (8 Prostimmen, 9 Gegenstimmen, 2 Enthaltungen). Erst der fünfte Antrag erhielt eine Mehrheit von 12 Prostimmen: „Der Rektor möge … den Brief im Sinne der Beibehaltung des ursprünglichen Ternavorschlages beantworten“.27 Dazu wurden drei Separatvoten von Bruckmann, Schöler und Zdarzil angekündigt. Deshalb musste die Sache in der nächsten Sitzung nochmals behandelt werden. Bruckmann und Schöler haben in ihrem Votum Folgendes beantragt: Der Rektor solle dem Ministerium antworten, „daß bezüglich der Bewerbung des Dr. Norbert Schausberger korrekt vorgegangen worden war. Auch die vier Personen umfassende Besetzungsliste war damit auf korrekte Weise zustandegekommen. Der Gründungsausschuß beschließt jedoch, die Liste um Dr. Norbert Schausberger als 25 Hödl 1980, 220 und 225. Vgl. in diesem Buch S. 401ff. 26 BMfWF, GZ 176.414-4/73, signiert von Bundesministerin Firnberg am 3.10.1973. AdR 02, 8 Klagenfurt, Hauptreihe 1–29. 27 Protokoll der 33. Sitzung des GA am 19.10.1973, 4f. AdR 8, Karton 622. In diesem Sinne hat Schöler am 22.10.1973 an das BMfWF geschrieben. AdR.
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dritten Namen tertio loco zu erweitern. Begründung: Da Dr. Norbert Schausberger nicht aus Allgemeiner Erziehungswissenschaft, sondern aus Unterrichtswissenschaft habilitiert ist, waren ihm die anderen vier Kandidaten vorzuziehen. Eine Hinzufügung an fünfter Stelle kann jedoch sachlich gerechtfertigt werden.“28 Zdarzil hat sich Bruckmanns Votum angeschlossen „unter der Voraussetzung, daß ehebaldigst die in Aussicht genommene Lehrkanzel für Didaktik der politischen Bildung an der HBW geschaffen und somit die Möglichkeit gegeben wird, Herrn Dozenten Schausberger auf diese Lehrkanzel zu transferieren (für deren Problembereich er – auch nach Meinung der Ternakommission ,Allgemeine Erziehungswissenschaft‘ – durch seine bisherigen wissenschaftlichen Arbeiten speziell ausgewiesen erscheint); durch diese Maßnahme könnte verhindert werden, daß in der Zwischenzeit Dozent Schausberger an eine bundesdeutsche Hochschule abwandert.“29 In der Sitzung des Gründungsausschusses vom 15. November 1973 hat Rektor Schöler beantragt, das Votum von Zdarzil „zum Beschluß zu erheben und Herrn Schausberger im Nachtrag auf der Ternaliste für Allgemeine Erziehungswissenschaft auf Platz 3 ex aequo mit Wehle und Hielscher zu reihen, und zwar mit der Begründung, daß sich damit im Rahmen dieser Lehrkanzel die Studienrichtung ,Politische Bildung‘ entwickeln ließe. Der Antrag wird mit 8 Prostimmen, 8 Gegenstimmen und einer ungültigen Stimme abgelehnt.“30 Nach weiterer Debatte stellte der Soziologe Paul Kellermann31 „den Gegenantrag, in einem Schreiben an das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung die im Gründungsausschuß diskutierten Einwendungen gegen die Aufnahme von Doz. Schausberger in den Ternavorschlag darzulegen und auf der Ternaliste, wie sie zur Zeit dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung vorliegt, zu beharren.“ Dieser Antrag wurde mit 14 Prostimmen von 17 abgegebenen Stimmen angenommen. Dementsprechend hat Schöler dem Ministerium am 30. November 1973 geantwortet. Dabei wurde zu Recht argumentiert, daß das Schwergewicht der Habilitationsschrift und der son-
28 Bruckmann: Votum separatum. Undatierte Beilage zum Protokoll der 33. Sitzung, mitunterzeichnet von Schöler. 29 Zdarzil am 22.10.1973 an das Rektorat der HBW. Beilage zum Protokoll der 33. Sitzung. 30 Protokoll der 34. Sitzung des GA am 15.11.1973, 9f. – AdR 8, Karton 622. 31 Über ihn vgl. in diesem Buch S. 469ff.
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stigen Veröffentlichung Schausbergers „auf dem Gebiet der Didaktik der politischen Bildung lag. Somit hatte die Mehrzahl der Mitglieder der Ternakommission den Eindruck, daß andere Kandidaten“ ihm „vorzuziehen seien“.32 Ministerin Firnberg hat zunächst auf dem Ersuchen beharrt, „den Vorschlag insbesondere im Hinblick auf das Votum separatum neuerlich im Gründungsausschuß zu beraten“, dann aber darauf verzichtet33. Der Ruf an Wolfgang Fischer ist jedoch erst am 14. Juni 1974 ergangen.34 Er hat vier Dienstposten für Assistenten zugesichert bekommen, davon einen bei Dienstantritt und die restlichen nur vage bis zum „Endausbau der Lehrkanzel“. Auch die Dienstposten für eine Sekretärin und die Mittel für Fachliteratur wurden nur vage „im Rahmen der Möglichkeiten des jeweiligen Budgets“ versprochen.35 Daraufhin hat Fischer den Ruf am 7. Februar 1975 abgelehnt. Nun wurden im Gründungsausschuss Zweifel laut, ob Fend als Zweitgenannter noch Interesse an Klagenfurt habe, da sich die Bewerbungssituation „nach fast zwei Jahren grundlegend geändert“ habe. Falls er dies auf Anfrage nicht brieflich bekunden würde, sollte das Ministerium gebeten werden, die Liste zurückzugeben und zu gestatten, die Lehrkanzel neu auszuschreiben.36 Der an dritter Stelle vorgeschlagene Wehle hatte schon 1974 einen Lehrstuhl für Erziehungswissenschaft an der Universität Düsseldorf übernommen und war nicht mehr verfügbar. Daraufhin hat das Ministerium genehmigt, die Lehrkanzel neuerlich auszuschreiben.37 Bewerbungsschluss war der 15. Oktober 1975. Es sind 21 Bewerbungen eingegangen, von denen 5 in die engere Wahl gezogen wurden. Am 6. November 1975 hat der Gründungsaus-
32 Schöler am 30.11.1973 an das BMfWF. AdR 8, Karton 622. 33 Von Firnberg am 5.2.1974 signierter Brief an die HBW als Reaktion auf Schölers Antrag vom 30.11.1973. Er scheint jedoch nicht abgesandt worden zu sein, wurde durchgestrichen und erhielt von MR. Paulhart am 11.3.1974 den Vermerk „Einlegen“. BMfWF, GZ. 185.693-4/73. Als Nachzahl ist jene des Berufungsschreibens an Fischer vom 14.6.1974 genannt. AdR, 02, 8 Klagenfurt. 34 Schreiben von Sektionschef Walter Brunner, Zl. 157.050-4/74. AdR. 35 MR. Drischel am 27.1.1975 an Fischer, Zl. 10.803/1-14/75. AdR. 36 Protokoll der 46. Sitzung des GA am 7.5.1975, 15; Rektor Heintel am 23.5.1975 an das BMfWF. AUK. 37 HBW: Nachtrag zum Bericht des Rektors zur 49. Sitzung des GA am 14.7.1975, 1; BMfU, Zl. 71.810/1-14/75 vom 1.9.1975. AUK.
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schuss mit 33 Prostimmen und einer Enthaltung folgenden Besetzungsvorschlag beschlossen38: 1. Dietrich Benner, Ordentlicher Professor für Pädagogik an der Universität Münster (Westfalen); 2. Günther Dohmen, Ordentlicher Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Tübingen; ex aequo: Rudolf Lassahn, Ordentlicher Professor für Allgemeine Pädagogik an der Universität Gießen (Hessen); 3. Peter Heitkämper, Dozent für Erziehungswissenschaft an der Pädagogischen Hochschule Westfalen-Lippe, Abteilung Münster. Über Dietrich Benner ist bereits früher als Kandidaten für die Lehrkanzel für Lehrplanforschung im Jahre 1972 berichtet worden.39 Günther Dohmen40 wurde am 8. April 1926 in Heidelberg als Sohn eines Arztes geboren und war evangelischer Konfession. Nach Militärdienst und Kriegsgefangenschaft hat er von 1946 bis 1950 an der Universität Heidelberg Germanistik, Geschichte, Anglistik und Philosophie studiert und 1950 das Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien bestanden. 1951 erfolgte die Promotion zum Doktor der Philosophie auf Grund einer germanistischen Dissertation über „Die Bedeutung des poetischen Bildungstriebs für das Selbstverständnis Goethes“. Von 1952 bis 1954 arbeitete er als Studienassessor am Elisabeth-Gymnasium in Mannheim, von 1954 bis 1956 als Studienrat am Karls-Gymnasium in Stuttgart. Daneben war er als Lehrbeauftragter für Deutsche Literatur bei den germanistischen Ferienkursen der Universität Heidelberg tätig. Von 1956 bis 1962 wirkte er als Dozent für Didaktik am Pädagogischen Institut Karlsruhe. Mit Hilfe eines Habilitationsstipendiums der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat er sich am 21.2.1963 für Allgemeine und Historische Pädagogik an der Universität Tübingen habilitiert. Die Habilitationsschrift über „Bildung und Schule. Die Entstehung des deutschen Bildungsbegriffs und die Entwicklung seines Verhältnisses zur Schule“ ist 1964/65 in zwei Bänden gedruckt erschienen.
38 Protokoll der 50. Sitzung des GA am 6.11.1975, 10; Rektor Heintel und Schöler als Vorsitzender der Berufungskommission am 20.11.1975 an das BMfWF. AUK. 39 Vgl. S. 353ff. 40 „Angaben zur Person“ von 1967, PAB; Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 39 (2000/01), 261; Kürschner 2007, 642.
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Zwischen 1963 und 1965 hat er als Professor für Allgemeine Pädagogik an den Pädagogischen Hochschulen Reutlingen und Karlsruhe gelehrt. 1966 wurde er zum Aufbau und zur Leitung des Deutschen Instituts für Fernstudien an die Universität Tübingen berufen. Seither hatte er sich auf Fernstudium und Erwachsenenbildung spezialisiert. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen neben der Habilitationsschrift folgende Buchpublikationen vor: „Das Fernstudium. Ein neues pädagogisches Forschungs- und Entwicklungsfeld“ (1967), „Fernstudium im Medienverbund“ (1970) und „Forschungstechniken für die Hochschuldidaktik“ (1971). Für eine Profilierung auf dem Gebiet der Allgemeinen Erziehungswissenschaft gab es keine Indizien. Das war anders bei Rudolf Lassahn. Er wurde am 30. Mai 1928 in Köslin (Pommern) geboren.41 Nach Vertreibung aus seiner Heimat und Besuch einer Lehrerbildungsanstalt hat er von 1946 bis 1950 in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands als Volksschullehrer gearbeitet. Ab 1948 erfolgte das Studium der Fächer Philosophie, Geschichte, Germanistik und Psychologie an den Universitäten Halle und Leipzig. Nach deren Abschluss war er Oberschullehrer am Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin. 1953 ist er in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelt. Dort war er zunächst als Heimerzieher, später als Redakteur tätig, seit 1957 wieder Lehrer im öffentlichen Schuldienst. 1965 hat er an der Universität Münster das Doktorat der Philosophie erworben. Seine von Ernst Lichtenstein (1900–1971)42 betreute Dissertation behandelte „Das Selbstverständnis der Pädagogik Theodor Litts. Pädagogik als Geisteswissenschaft“.43 Sie ist 1968 als Buch veröffentlicht worden. 1969 hat er an der Universität Münster die Lehrbefugnis als Privatdozent für Pädagogik erhalten auf Grund einer Habilitationsschrift über „Studien zur Wirkungsgeschichte Fichtes als Pädagoge“44. Auch sie ist 1970 im Druck erschienen. Seit 1973 lehrte er an der Universität Gießen. An Publikationen lagen zur Zeit der Klagenfurter Beratungen noch Schriften über den Schulreformer Hermann Lietz (1868–1919)45
41 Curriculum vitae und Bibliographie: Menze/Bunk/Ofenbach 1993, 401–412. Kurzbiographien: W. Böhm 2005, 391; Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 39 (2000/01), 841; Kürschner 2007, 2083. 42 Kurzbiographie: Horn 2003, 281f.; W. Böhm 2005, 412. 43 ZfP 12 (1966), 91. 44 ZfP 16 (1970), 167. 45 Kurzbiographie: W. Böhm 2005, 413.
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und über Theodor Litt (beide 1970) vor sowie eine „Einführung in die Pädagogik“ (1974), die später neun Auflagen erfahren hat. Peter Heitkämper46 wurde am 2. Mai 1943 in Münster (Westfalen) geboren. Er hatte Philosophie, Theologie, Pädagogik und Soziologie studiert. Er hat 1965 am „Institut Catholique“ in Paris mit einer philosophischen Dissertation über „Der Personalitätsbegriff bei Octave Hamelin“47 das Doktorat der Philosophie erworben. Sie ist 1971 als Buch erschienen. 1973 erfolgte eine kumulative Habilitation an der Pädagogischen Hochschule Westfalen-Lippe.48 Er hat sich damals mit Friedenspädagogik beschäftigt. Für die Berufung auf die Klagenfurter Lehrkanzel fehlten alle fachlichen Voraussetzungen. Kritisch ist zum zweiten Besetzungsvorschlag von 1975 zu sagen, dass weder Dohmen noch Heitkämper für Allgemeine Erziehungswissenschaft genügend qualifiziert gewesen sind. Benner war durch sein Buch „Hauptströmungen der Erziehungswissenschaft. Eine Systematik traditioneller und moderner Theorien“ viel breiter ausgewiesen, aber nach Ausbildung und Interesse in erster Linie Erziehungsphilosoph und Interpret der pädagogischen Ideengeschichte mit wenig Verständnis für Empirische Erziehungswissenschaft. Er hat sie summarisch als „positivistisch“ verurteilt49 und damit auch die erfahrungswissenschaftliche Grundlage und den erziehungstechnologischen Zweck der Klagenfurter Spezialhochschule in Frage gezogen. Auch Lassahn hatte als Anhänger der geisteswissenschaftlich-hermeneutischen Richtung in seiner „Einführung in die Pädagogik“ Vorbehalte gegen Empirische Erziehungswissenschaft, hat diese aber positiver und differenzierter, verständlicher und wirklichkeitsnäher dargestellt. Er hätte für die Klagenfurter Hochschule vermutlich ein konstruktiv-kritischer Mitarbeiter werden können. Allerdings war es von vorn herein unwahrscheinlich, einen der drei an deutschen Universitäten unter viel besseren Arbeitsbedingungen erst frisch etablierten Ordinarien Benner, Dohmen oder Lassahn für das als fragwürdig bekannte Klagenfurter Unternehmen gewinnen zu können, von dem sich Rauschenberger gerade wieder nach Deutschland zurückgezogen hatte. 46 Kurzbiographie: Kürschner 1987, 1698. 47 Über den französischen idealistischen Philosophen Hamelin (1856–1907) vgl. Armour 1996. 48 ZfP 20 (1974), 341. 49 Benner 1973, 178ff.
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Der Ruf ist von Minister Firnberg am 3. März 1976 an Benner ergangen50. Da das Ministerium weder auf seine Gehaltsforderungen noch auf die beanspruchten Dienstposten für Assistenten und nichtwissenschaftliches Personal eingehen konnte, hat es die Berufungsverhandlungen am 27. September abgebrochen.51 Bei den Dienstposten war Benner nur eine Assistentenstelle für 1977 und eine zweite für 1978 zugesagt worden. „Eine definitive Zusage“ für die gewünschten einundeinhalb Dienstposten für Sekretärinnen war „zur Zeit jedoch nicht möglich“. Großzügig war dagegen mit einer Million Schilling, verteilt auf sechs Jahre, die Dotation für den Ausbau der Bibliothek bemessen – allerdings einschränkend „nach Maßgabe der Möglichkeiten des jeweiligen Budgets“.52 Nach den gescheiterten Verhandlungen mit Benner hat das Ministerium mehr als acht Monate verstreichen lassen, ehe am 16. Juni 1977 Lassahn berufen worden ist.53 Er hat den Ruf nach einjährigen Verhandlungen am 13. Juni 1978 abgelehnt54 und ist in Gießen geblieben. Daraufhin ist am 27. November 1978 der Ruf an Dohmen ergangen55. Auch er hat nur eine Assistentenstelle zugesagt bekommen. Die Erfüllung seines Wunsches nach einer halbbeschäftigten Schreibkraft konnte „derzeit noch nicht zugesagt werden“.56 Auch Dohmen hat schließlich abgesagt. Das Universitätskollegium hat am 20. Juni 1979 beschlossen, beim Ministerium die Neuausschreibung der Planstelle zu beantragen57. Man sieht aus diesen Berufungsvereinbarungen und Absagen, dass neben unerfüllbaren Gehaltsforderungen vor allem der Mangel an Assistentenstellen und lehrkanzelgebundenen Sekretärinnen (oder Schreibkräften) als Gründe dafür angegeben worden sind, die Professur abzulehnen, um die man sich beworben hatte. Zum Verständnis der
50 BMfWF, Zl. 71.810/2-14/75. AUK. 51 MR. Drischel an Benner. BMfWF, Zl. 71.810/3-14/76. Privatarchiv Benner. 52 Angebot durch MR. Paulhart, BMfWF, Zl. 71.810/2-14/76 vom 9.7.1976. AUK. 53 BM Firnberg, Zl. 71.810/1-14/77. AUK. 54 BMfWF, MR. Drischel an Lassahn am 10.7.1978, Zl. 71.810/4-14/78. AUK. 55 BM Firnberg, Zl. 71.810/5-14/78. AUK. 56 BMfWF, MR. Drischel am 30.3.1979 an Dohmen, GZ. 71.810/5-14/79. AUK. 57 Protokoll der 23. Sitzung, TOP 3, 5. AUK.
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Sparsamkeit des Ministeriums ist dabei zu berücksichtigen, dass der relativ hohen Zahl erziehungswissenschaftlicher Professuren in Klagenfurt eine relativ niedrige Zahl von Studierenden entsprochen hat und die Assistenten wenig ausgelastet waren. Für deutsche Ordinarien an großen Universitäten war der Anspruch auf mehrere Assistenten selbstverständlich, der dem Ministerium für die kleine Universität Klagenfurt überzogen erscheinen musste. Als ein Hauptgrund für Absagen ist aber auch zu vermuten, dass Bewerbungen an die studenten- und prestigearme Kärntner Regionaluniversität nicht immer ernst gemeint waren, sondern auf Positionsverbesserungen in Deutschland gezielt haben, die ja in der Regel auch erreicht worden sind. Das Ministerium hat rasch eingewilligt, die Professur „wegen der langen Zeit, die seit der Erstellung des Besetzungsvorschlages vergangen ist, antragsgemäß neu auszuschreiben“58. Der Text der Ausschreibung lautete: „Der Bewerber soll in Forschung und Lehre in der allgemeinen Erziehungswissenschaft ausgewiesen sein und sich in einem oder mehreren Anwendungsbereichen qualifiziert haben. Er soll in der Lage sein, eine kritische und integrierende Funktion für die an der Universität eingerichteten pädagogischen Disziplinen auszuüben.“59 Bewerbungsschluss war der 31. März 1980. Nach dem neuen Universitätsorganisationsgesetz von 1975 ist die „Entscheidungsvollmacht“ für Vorschläge zur Besetzung von Dienstposten für Ordentliche Universitätsprofessoren vom Professorenkollegium der Fakultät (in Klagenfurt: vom Gründungsausschuss bzw. ab 1975 vom Universitätskollegium) auf die Berufungskommissionen übergegangen60. Sie waren paritätisch im Verhältnis 2:1:1 mit Vertretern der Professoren, der Assistenten und der Studierenden besetzt. Die Berufungskommission für Allgemeine Erziehungswissenschaft wurde mit 8 Professoren besetzt, von denen nur 3 Erziehungswissenschaftler waren (Klingler, Posch, Schöler). Dazu kamen 4 Vertreter des Mittelbaus, darunter nur ein Erziehungswissenschaftler (Adam), und 4 Vertreter der Studierenden. Als Vorsitzender wurde der außerordentliche Professor für Philosophie Uwe Arnold gewählt.61
58 59 60 61
Drischel an den Rektor. BMfWF, GZ 71.810/7-14/79, 26.9.1979. AUK. Österreichische Hochschulzeitung, 32. Jg. (1980), 1/2, 29. UOG 1975, §§ 26–29 und § 65 Abs. 1e. Mitteilungsblatt der UBWK 1979/80, Nr. 73.
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In einer Sitzung62, bei der von den Erziehungswissenschaftlern nur einer (Klingler) anwesend gewesen ist, wurden für die Prüfung der Bewerber folgende „Auswahlkriterien“ festgelegt: „a) fundamentaltheoretische Beherrschung des Verhältnisses von Theorie und Praxis in der Erziehungswissenschaft als einer praktischen Wissenschaft – möglichst auch Fachgrenzen überschreitende Konzepte (z.B. zur Psychologie, Tiefenpsychologie, zu Sozialwissenschaften und Biologie); b) praktische Ausübung des Verhältnisses von Theorie und Praxis, verbunden mit einem Selbstverständnis des Wissenschaftlers als einer am erforschten Erziehungsprozeß beteiligten (nicht neutralen) Person; c) persönliche Kooperationsfähigkeit mit den an Erziehungswissenschaft interessierten Kollegen an dieser Universität; d) möglichst Habilitation; e) im Zweifel Österreicher (wegen schlechter Erfahrungen mit deutschen Kollegen in Berufungsverhandlungen); f) hochschuldidaktische Praxis, die die theoretischen Konzepte nicht Lügen straft; g) im Zweifel eine Frau (aus universitätsinternen und erziehungswissenschaftlichen Gründen); h) Alter: nicht zu nahe an 60, möglichst unter 55 Jahren; i) eine kritische, keine positivistisch-technokratische Forschungsrichtung.“ An diesem „Kriterienkatalog“ hat der Beirat mit Recht gerügt, er enthalte „einerseits Momente, die mit der wissenschaftlichen Qualifikation des Bewerbers nichts zu tun haben, andererseits positionelle Bestimmungen, die mögliche hochqualifizierte Wissenschafter aufgrund ihrer Lehrmeinungen ausschließen. Der Beirat hält ein solches Vorgehen für bedenklich und im Sinne des Gesetzes nicht vertretbar.“ Er sah die „Gefahr psychologischer, soziologischer oder politischer Reduktionismen des Gegenstandsgebietes“, warnte vor einer „Duplizität mit anderen schon besetzten Planstellen“ und empfahl der Universität und dem Ministerium dringend, „daß auf diese Planstelle ein Fachmann berufen werden möge, der die zentralen Fragen der allgemeinen
62 Protokoll der 2. Sitzung am 5.3.1980, AUK. Posch, Schöler und Adam hatten sich entschuldigt. Mit 8 Teilnehmern von 16 Mitgliedern war die Kommission nicht beschlussfähig, was auch vom Beirat gerügt worden ist: 9. Bericht, 1981, 19f.
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Pädagogik in methodisch umfassender und systematischer Weise vertritt“.63 Eingegangen sind 34 Bewerbungen. 5 Bewerber waren Österreicher, 29 deutsche Staatsbürger; alle waren Männer. Davon sind 7 in die engere Auswahl gekommen. Von diesen hat Helmut Fend seine Bewerbung wieder zurückgezogen. Am 13. Oktober 1980 hat die Kommission folgenden Dreier-Vorschlag beschlossen64: 1. Thomas Heinze, Akademischer Oberrat an der Fernuniversität Hagen und Privatdozent für Erziehungswissenschaft an der Universität Marburg; 2. Peter Gstettner, Oberassistent am Institut für Psychologie der Universität Innsbruck und seit 1980 Privatdozent für Erziehungswissenschaft, insbesondere Sozialisationsforschung an der Universität Marburg; 3. Josef Thonhauser, seit 1979 Außerordentlicher Professor für Pädagogik an der Universität Salzburg. Inwieweit waren diese Bewerber als Fachleute für „die zentralen Fragen der allgemeinen Pädagogik in methodisch umfassender und systematischer Weise“65 qualifiziert? Thomas Heinze66 wurde am 23. Oktober 1942 in Berlin geboren. Nach dem Abitur in Wetter (Westfalen) hat er in Münster und Berlin Soziologie, Psychologie, Publizistik, Betriebswirtschaftslehre und Bildungsökonomie studiert. Die Magisterprüfung ist 1968 an der Technischen Universität Berlin im Hauptfach Soziologie und den Nebenfächern Betriebswirtschaftslehre und Psychologie erfolgt. In den folgenden Jahren hat er sich aus soziologischer Sicht mit Theater, Kunst und Kultur befasst. Am 5. Mai 1971 hat er an der Freien Universität Berlin mit einer 1973 gedruckt erschienenen Dissertation im Umfang von 115 Seiten das Doktorat der Philosophie erworben. Ihr Thema lautete: „Theater zwischen Wirklichkeit und Möglichkeit. Theorie und Praxis sozialwissenschaftlicher Theaterforschung – dargestellt am Beispiel einer Expertenbefragung in Berlin“.
63 9. Bericht, 1981, 20. 64 UBW: Bericht des Vorsitzenden der Berufungskommission Oberassistent UWE Arnold an das BMfWF vom 31.10.1980, AUK. 65 BMfWF: 9. Bericht des Beirates, 1981, 20. 66 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 1330; www.fernuni-hagen.de/universitaet/ aktuelles/2007/10/23-ak-heinze65.
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Danach hat er sich als Mitarbeiter der Projektgruppe „Lehrerbezogenes Curriculum und emanzipatorische Mediendidaktik“ am 1971 auf Initiative der Hessischen Landesregierung gegründeten und 1975 wieder aufgelösten Bildungstechnologischen Zentrum Wiesbaden mit Curriculumentwicklung, Unterrichtsforschung und Mediendidaktik beschäftigt und methodologisch auf Aktionsforschung und sozialwissenschaftliche Hermeneutik spezialisiert67. Daraus ist 1976 ein Buch über „Unterricht als soziale Situation. Zur Interaktion von Schülern und Lehrern“ im Umfang von 179 Seiten entstanden. 1976 wurde er Akademischer Oberrat im Zentralen Institut für Fernstudienforschung der Fernuniversität Hagen. 1977 ist eine durch Prof. Wolfgang Klafki geförderte kumulative Habilitation für Erziehungswissenschaft an der Universität Marburg erfolgt.68 An Publikationen lag zur Zeit der Klagenfurter Beratungen noch ein weiteres Buch über „Schülertaktiken“ (1980) „als Versuch, Schule zu überleben“ vor. Laut Besetzungsvorschlag entsprach Heinze „durch seinen wissenschaftlichen Werdegang den Anforderungen einer allgemeinen Erziehungswissenschaft, die sich kritisch an den gesellschaftlichen Problemen der heutigen Bildungssituation, ihren Institutionen und Reformbemühungen orientiert, am besten“.69 Peter Gstettner70 wurde am 28. Februar 1945 in Pulkau (Bezirk Hollabrunn/Niederösterreich) geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Bludenz und der Bundes-Lehrerbildungsanstalt Innsbruck hat er an der Innsbrucker Universität Psychologie und Erziehungswissenschaft studiert. 1969 hat er auf Grund einer ungedruckt gebliebenen psychologischen Dissertation „Über Auffassungsweise, Verständnis und Wiedergabe von abstrakten Bilddarstellungen bei 3- bis 7jährigen Kindern“71 das Doktorat der Philosophie erworben. Nach der Promotion hat Gstettner 1970 eine Stelle als Assistent im Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck bei Professor Rudolf Weiss übernommen.72 Er hat sich dort in die Schul 67 Vgl. als Arbeitsergebnis Heinze/Müller/Stickelmann/Zinnecker 1975 mit Vorwort von Wolfgang Klafki (7–9). 68 ZfP 24 (1978), 313. 69 Kommissionsbericht von Arnold, 3. 70 Kurzbiographie: im Kürschner kontinuierlich ohne eigene Angaben; Who is who in Österreich, 11.1993, 521. 71 Kurzfassung: Gstettner 1971. 72 Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 589. – Über Weiss ebenda, 586ff., 593ff. und 613ff.
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forschung eingearbeitet und mit Weiss, Ilsedore Wieser73, Peter Seidl74 und Eva Köckeis75 das Projekt „Bildungsplanung für Südtirol“76 durchgeführt. Im Studienjahr 1971/72 verbrachte er einen Forschungsaufenthalt bei Prof. Wolfgang Klafki77 an der Universität Marburg als Mitarbeiter an hessischen Schulversuchen. 1973 wurde Gstettner zum Wortführer der radikal-egalitären Innsbrucker Institutsmitglieder gegen Weiss78. Der schwere Dauerkonflikt war 1974 nicht anders zu beenden als durch die Versetzung der drei widerspenstigsten Assistenten – darunter Gstettner – in das Institut für Psychologie. Sie haben dort eine relativ autonome „Interdisziplinäre Arbeitsgruppe für Sozialisationsforschung“ gebildet79. Gstettner hat sich publizistisch durch zahlreiche Beiträge zur Entwicklungspsychologie, Schul- und Unterrichtsreform aus Sicht der Aktions(oder Handlungs)forschung ausgezeichnet. Gegen Ende des Jahres 1980 hat er sich mit Unterstützung von Klafki an der Universität Marburg habilitiert. Die Fachbezeichnung lautete: „Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung methodischer und didaktischer Probleme der Erforschung von Entwicklungs- und Sozialisationsprozessen bei Kindern und Jugendlichen“80. Die Habilitationsschrift im Umfang von 405 Seiten hatte den Titel: „Die Eroberung des Kindes durch die Wissenschaft“. Ihr Untertitel lautete: „Überlegungen zu einer Theorie expansiver und projektiver Tendenzen in der Erwachsenenwelt sowie zu einer didaktischen Rekonstruktion entwicklungs- und sozialisationstheoretischer Vorstellungen auf der Grundlage reflexiven Alltagslebens“.81 Eine gekürzte Fassung ist 1981 als Taschenbuch erschienen. Wie schon Titel und Untertitel erkennen lassen, handelte es sich um eine wissenschaftshistorische Studie, in der die Entstehung der Kinder-
73 Über Wieser vgl. Bd. 2, 717ff. 74 Über Seidl ebenda, 743ff. 75 Über Köckeis ebenda, 735ff. 76 Vgl. Bd. 2, 609f. und 641. 77 Kurzbiographie: W. Böhm 2005, 355. 78 Vgl. Bd. 2, 592ff. 79 Ebenda, 604 und 641f. 80 Bescheinigung vom 17.12.1980 durch Dekan Prof. Dr. Wolfgang Klafki, AUK. 81 Die Angabe in der ZfP 27 (1981), 482 ist unkorrekt. Hier wurde das Original aus der Universitätsbibliothek Innsbruck benutzt (Signatur: Erziehungswissenschaft 792/6804).
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und Jugendpsychologie in ihrer angeblichen Abhängigkeit von politisch-ökonomischen Interessen der herrschenden Gesellschaftsschicht zu konstruieren versucht wird. Danach wurde „Entwicklungspsychologie“ aufgefasst als „Bestandteil einer neuen, auf wissenschaftliche Basis gestellten Technik der Erfassung von Einzelexistenzen, einer Technik der Zerlegung von körperlichen, seelisch-geistigen Kräften nach Zeiteinheiten, … die Wissen für Kontrolle nutzbar macht“.82 Als Beweis diente das psychologische Prüfungswesen (Intelligenz-Tests usw.) als Mittel der schulischen Auslese, der Zuweisung von Arbeitsplätzen usw. im Dienst einer „autoritären Gesellschaft“. Es könne kaum „in Zweifel gezogen werden, daß die entwicklungspsychologische Kinder- und Jugendtheorie in konkreten Vorstellungen über Autoritätsverhältnisse und Machtansprüche, die im sogenannten pädagogischen Bezug zu herrschen haben, ihren sozialen Ursprung hat“.83 Die Studie mündete in eine Kritik der entwicklungspsychologischen Forschungsmethoden empiristischer (Karl und Charlotte Bühler84) wie geisteswissenschaftlich-verstehender Art (Eduard Spranger). Sie endete mit einem kritischen Blick auf die genetische Kinderpsychologie von Stanley Hall (1846–1924)85 und seinen Nachfolgern bis Jean Piaget (1896–1980)86 und Hans Aebli (1923–1990)87. Dann brach sie mit der banalen „Konklusion“ ab, „daß aus der empirisch-experimentellen Kinder- und Jugendforschung keine entwicklungspsychologischen Erkenntnisse hervorgegangen sind, die als praktisches Wissen für eine neue Schule (oder auch nur einen neuen Lehrplan) konstruktionsbestimmend gewesen wären“88. Als Anhang waren dieser ziemlich einseitigen fachgeschichtlichen Studie sechs frühere Aufsätze des Verfassers beigegeben. Sie behandelten „bildungstheoretische“, „didaktische“ und „politische Aspekte“ der Entwicklungspsychologie als Beiträge zum „erziehungswissenschaftlichen Unterricht“ und sind teilweise als „Lehrerhandreichung“ 82 Gstettner 1979, 68f. 83 Ebenda, 133f. 84 Zu ihnen Rollett 2005. 85 Kurzbiographie: Degenhardt 1970. 86 Kurzbiographien: W. Böhm 2005, 498f.; Heidbrink 2005. 87 Kurzbiographie: W. Böhm 2005, 6. 88 Gstettner 1979, 207. Banal ist dieses Ergebnis, weil psychologisches Wissen für die Gestaltung von Schule und Lehrplänen niemals allein „konstruktionsbestimmend“ sein kann, aber neben kulturellen Normen wie auch zu ihrer Kritik unter dem Gesichtspunkt der Realisierbarkeit von Idealen unentbehrlich ist.
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gedacht gewesen.89 Sie konkretisierten und verdeutlichten Gstettners Kritik an der „traditionellen“ Entwicklungspsychologie und ihrem „technischen Interesse“ an der „Suche nach Gesetzmäßigkeiten“ zwecks Gewinnung von „Verfügungswissen“ zur „Herrschaftsausübung“90. Sie enthielten auch Beispiele aus der familiären und schulischen Erziehungspraxis in einseitig autoritätskritischer Interpretation91. Insgesamt ist aber diese psychologische Habilitationsschrift samt Anhang als Nachweis einer Lehrbefähigung für das Fach Erziehungswissenschaft fragwürdig gewesen. Über Josef Thonhauser ist in diesem Werk bereits berichtet worden92. 1977 in Salzburg habilitiert, war er auf Schulforschung und Lehrerbildung spezialisiert. Dieser Besetzungsvorschlag spiegelt wie schon die Liste aller Bewerber die geringe Anziehung der Klagenfurter erziehungswissenschaftlichen Professuren für Spitzenkräfte des Faches, vor allem aber die qualitativ bedenkliche Nachwuchslage, das unklare Fachverständnis vieler Interessenten und deren falsche Selbsteinschätzung. Dazu kamen noch fachliche Ahnungslosigkeit bei fachfremden Mitgliedern der mit 16 Personen viel zu großen Kommission und politische Parteilichkeit. Bei sachkundiger Prüfung der Studienschwerpunkte, Arbeitsfelder und Publikationen der drei Kandidaten wäre einsichtig gewesen, dass keiner von ihnen Leistungen auf dem Gebiet der Allgemeinen Erziehungswissenschaft aufzuweisen hatte. Das hätte allerdings klare Vorstellungen vom Aufgabenprofil dieses Faches, seiner Geschichte und seiner fundamentalen Bedeutung für pädagogische Forschung und Lehre vorausgesetzt. Es hätte auch den Willen erfordert, ihm endlich in voller Breite auf hohem Niveau in Klagenfurt Geltung zu verschaffen, statt die ihm gewidmete Professur mit einem der vielen Spezialisten für pädagogische Teilgebiete oder Randfächer zu besetzen. Die Nominierung des „Theaterforschers“, Soziologen und Fernunterrichts-Spezialisten Heinze auf dem ersten Platz ist unverantwort-
89 Ebenda, 236-405. 90 Ebenda, 378f. 91 Vgl. z.B. ebenda, 382ff. zum Innsbrucker „Fall Agnes Larcher“ (siehe in diesem Werk Bd. 2, 606ff.): „Der fragwürdige Beitrag der Entwicklungspsychologie – Überlegungen zur Demaskierung einer Wissenschaft“. 92 Vgl. Bd. 1, 499 und Bd. 3, 199ff.
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lich gewesen. Der Psychologe Gstettner hatte sich nur in pädagogischer Kinder- und Schulforschung bewährt und ansonsten als erziehungspolitischer Kritiker und hochschulpolitischer Agitator einen Namen gemacht. Der Latinist und Historiker Thonhauser hatte sich erfolgreich in die Schulpädagogik samt Theorie und Praxis der Lehrerausbildung eingearbeitet. Auf diesen Gebieten waren aber schon Klingler und Posch tätig, während er in Salzburg als empirischer Schulforscher unentbehrlich gewesen ist. Der Besetzungsvorschlag ist in der Berufungskommission mit nur einer Stimme Mehrheit (8:7) angenommen worden. Sechs der acht Professoren, darunter die drei Erziehungswissenschaftler Klingler, Posch und Schöler sowie der Psychologe Löschenkohl haben ihn abgelehnt. Die Ablehnung betraf aber nur die Reihung der Kandidaten, jedoch keine grundsätzlichen Zweifel an ihrer Eignung für die Vertretung der Allgemeinen Erziehungswissenschaft. Klingler wollte Thonhauser an die erste Stelle setzen. Posch hat mit den Professoren Schöler, Löschenkohl, Albert Berger (Germanistik) und Roland Fischer (Didaktik der Mathematik) ein Sondervotum93 zugunsten von Thonhauser statt Gstettner am zweiten Platz eingereicht. Sein „wissenschaftliches Anwendungsgebiet“ Lehrerbildung und Lehrerfortbildung sei für die Klagenfurter Universität „am relevantesten“. Für ihn spreche, dass er „einer der wenigen österreichischen Erziehungswissenschafter“ sei, „die sich mit Vertretern der Lehramtsfächer in ein interdisziplinäres Gespräch eingelassen und in Forschung und Lehre Erfahrung mit dieser Zusammenarbeit gesammelt haben“. Es sei „aus fachlichen Gründen nicht vertretbar“, Gstettner vor Thonhauser zu reihen. Das Sondervotum war rein auf die überlegenen Leistungen Thonhausers für die Lehrerbildung abgestimmt. Seine Eignung für Allgemeine Erziehungswissenschaft ist gar nicht erörtert worden. Noch erstaunlicher erscheint, dass außer Klingler niemand Heinze am ersten Platz in Frage gestellt, geschweige seine Eignung generell bestritten hat. Die unterrichtstheoretischen und methodologischen Qualitätsunterschiede zwischen Gstettner und Thonhauser sind als Nebensache behandelt worden. Die Hauptsache ist weder im Mehrheitsantrag der Kommission noch im Sondervotum der Minderheit berührt worden: die Frage nach der Eignung für diese „seit der Grün-
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Posch: Votum separatum vom 5.11.1980 an das BMfWF. AUK.
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dung der Universität vakante, den Zusammenhalt der bildungswissenschaftlichen Einzeldisziplinen stiftende Planstelle“94 für Allgemeine Erziehungswissenschaft. Damit ist die letzte Chance einer ihrer Widmung entsprechenden Besetzung dieser Professur ungenutzt geblieben. Sie ist 1981 mit Peter Gstettner besetzt und dauerhaft ihrem Zweck entfremdet worden.95
12. ERSTE HABILITATIONEN: HELMUT SEEL (1971) – NORBERT SCHAUSBERGER (1972) – JOSEF KLINGLER (1973) – ILSEDORE WIESER (1977) – IGNATIA IRENE WAGNER (1978) – DIETMAR LARCHER (1979) Dem Bundesministerium für Unterricht war sehr daran gelegen, dass die Hochschule für Bildungswissenschaften schulpraktisch hervorragend bewährte Lehrkräfte durch höhere Studien, Promotionen und Habilitationen auf akademische Lehrämter an Universitäten, Hochschulen und Pädagogischen Akademien vorbereitet. Als Mittel dazu diente die Abordnung von besonders qualifizierten Lehrpersonen für Forschungsprojekte, Aufbau- und Doktoratsstudien an die Hochschule unter Beibehaltung ihrer Bezüge. Den schnellsten Erfolg hat man sich von der Abordnung bereits promovierter Lehrer an Pädagogischen Akademien versprochen. Schon in der dritten Sitzung des Gründungsausschusses am 8. Juli 1970 ist die Zustimmung zur Abordnung folgender drei Professoren mit Dienstposten an Pädagogischen Akademien erfolgt: Dr. Josef Klingler (Feldkirch), Dr. Helmut Seel (Linz) und Dr. Franz Völkl (Baden).1 Von ihnen wurden Seel 1972 und Klingler 1973 habilitiert. a) Helmut Seel hat am 2. Dezember 1971 im Alter von 38 Jahren die Lehrbefugnis als Hochschuldozent für das Fach „Unterrichtswissenschaft“ erworben2. Die Habilitation ist 8 Jahre nach seiner Promotion
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BMfWF: 9. Bericht des Beirates, 1981, 20. Vgl. in diesem Buch S. 556ff.
1 Protokoll, TOP 7, 5. 2 Beschluss des Gründungsausschusses, genehmigt durch das BMfWF am 13.1.1972, Zl. 185.590-4/71. Schreiben des Rektors Schöler vom 21.2.1972 an Seel. AUK, Karton 677, Habilkomm. 1972–77.
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erfolgt. Über ihn ist in diesem Werk bereits berichtet worden3. Deshalb genügt hier eine kurze Ergänzung über sein Habilitationsverfahren. Es ist das erste an der Universität Klagenfurt gewesen. Seel war nach Ausbildung an der Bundes-Lehrerbildungsanstalt Linz von 1953 bis 1964 als Lehrer an Volks- und Hauptschulen in Oberösterreich tätig. Neben dem Beruf hat er an der Universität Graz Pädagogik und Psychologie studiert, 1962 die Prüfung für das Lehramt der Pädagogik an Lehrerbildungsanstalten abgelegt und 1963 das Doktorat der Philosophie mit ausgezeichnetem Erfolg erworben. Seine Dissertation über das Thema „Der Unterrichtsprozeß in gestaltpsychologischer und gestaltanalytischer Betrachtung“ ist 1965 unter dem Titel „Zeitgemäßer Unterricht und seine Vorbereitung“ als Buch erschienen. Seit 1965 war er als Lehrer der Pädagogik an der Bundes-Lehrerbildungsanstalt in Linz tätig. 1968 wurde er Professor an der neu eröffneten Pädagogischen Akademie des Bundes in Linz. Mit Beginn des Schuljahres 1970/71 erhielt er als Habilitations-Aspirant die Dienstzuteilung an die Hochschule für Bildungswissenschaften. Als die am 1. August 1969 eingesetzte Schulreformkommission4 beim Bundesministerium für Unterricht die Vorbereitung und Durchführung von Schulversuchen an Pflichtschulen angeregt hatte, ist Seel sogleich in die Zentralen Arbeitsgruppen berufen und mit Entwürfen betraut worden. Nach dem Parlamentsbeschluss der 4. Novelle des Schulorganisationsgesetzes 1962 vom 8. Juli 1971 hat Unterrichtsminister Leopold Gratz (SPÖ) ein „Zentrum für Schulversuche und Schulentwicklung“ geschaffen, seine Zentrale Abteilung I wegen der Nähe der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt eingerichtet und Seel mit ihrer Leitung betraut.5 Dieses Amt hat er bis 1976 versehen. Das Zentrum war direkt dem Unterrichtsministerium unterstellt, sollte aber eng mit der Hochschule für Bildungswissenschaften zusammenarbeiten. Deren Gründungsausschuss hat deshalb beschlossen, für 1972 eine Lehrkanzel für „Unterrichtswissenschaft III
3 Vgl. Bd. 2, 305ff. 4 Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 625 und 758, Fußnote 62. 5 Zu dieser Einrichtung vgl. BMfU 1981; darin besonders Burgstaller 1981, 29 und Seel 1981; dreiseitige undatierte „Stellungnahme“ von Ministerialrat Leo Leitner des BMfU „zur Mitarbeit von Herrn Dr. Helmut Seel bei der Ausarbeitung und Durchführung von Schulversuchen“ (1971) im Habilitationsakt Seel, AUK.
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mit besonderer Berücksichtigung der Schulversuchsarbeit“ zu beantragen6. Unabhängig von dieser Planung der Hochschule hat Seel am 15. März 1971 seine Habilitation beantragt und als Habilitationsschrift folgendes im gleichen Jahr erschienenes Buch im Umfang von 147 Seiten vorgelegt: „Lehrobjektivierung in der Bildungsschule. Überlegungen zur Lernorganisation in einer Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen“. Es zielte „auf die Entwicklung eines organisatorischen und methodischen Modells einer neuen Mittelstufenschule“7 als Gesamtschule. In erstaunlicher Angleichung an den modischen Übergang der Klagenfurter Gründer zum Terminus „Bildungswissenschaft“ wurde gegen den üblichen Begriff „Erziehungswissenschaft“ polemisiert, ohne zur nötigen Klarheit über die „Bildungs“-Terminologie zu gelangen.8 Begrifflich war die ganze Schrift ungenau. Inhaltlich folgten den „Begriffsbestimmungen“ drei Kapitel über „Die Schule als Feld des Bildungsgeschehens“, „Das Modell einer zeitgemäßen Mittelstufenschule“ und „Programmiertes Lehren als Lehrobjektivierung in der Schule“, dem mehr als ein Drittel der genannten Schrift gewidmet ist. Mit „Lehrobjektivierung“ war „die Übertragung von Lehrfunktion an technische Medien“ gemeint. Das Medium soll dabei „die gesamte Lernprozeßsteuerung übernehmen“, hat also „lehrerersetzende Aufgaben“9. „Durch Lehrobjektivierung soll in einzelnen Abschnitten des Unterrichtsprozesses eine bessere individuelle Betreuung und Leitung der Schüler bzw. Schülergruppen erreicht werden. Der personale Lehrer muss dazu durch ein technisches Medium vervielfacht werden“.10 Bei der Erläuterung dieses Programms hat sich Seel weitgehend auf Publikationen von Walter und Waltraut Schöler gestützt.11
6 Protokoll der 9. Sitzung vom 8.3.1971, 12. AdR, BMfU, 8 Klagenfurt, Karton 620. – Im Protokoll der 13. Sitzung vom 16./17.9.1971, 9 hieß es dazu: „Die Lehrkanzel für Schulversuche soll ausgeschrieben werden. Antrag einstimmig angenommen“. Sie ist auf Antrag des Gründungsausschusses vom 25.5.1972 wieder gestrichen und der Romanistik gewidmet worden, weil Seel infolge seiner Berufung an die Universität Graz nicht mehr für ihre Besetzung zur Verfügung stand und sie deshalb als (damals) unbesetzbar galt. Vgl. in diesem Buch S. 254. 7 Seel 1971, 9. 8 Ebenda, 17ff. 9 Ebenda, 73. 10 Ebenda, 78. 11 Ebenda, 99ff.
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Für eine Habilitationsschrift war der Text trotz rund 400 Titeln im Literaturverzeichnis und einer Unzahl von Zitaten relativ oberflächlich und wenig originell.12 Seels frühere Schrift „Der Unterricht in der Bildungsschule“ (1968) ist hilfreicher und ansprechender gewesen und sein Hauptwerk „Allgemeine Unterrichtslehre“ (1974) war eine reife Leistung, die den Vertrauensvorschuss gerechtfertigt hat, der ihm mit der Habilitation gegeben worden ist. Am Habilitationsverfahren waren neben Schöler, Trotsenburg und Lánský als auswärtige Mitglieder die Professoren der Pädagogik Alois Eder (Universität Graz), Marian Heitger (Wien) und Rudolf Weiss (Innsbruck) beteiligt. Im Kolloquium wurden Fragen zu folgenden Themen gestellt: Wodurch unterscheidet sich die empirische Untersuchungssituation im Bereich der Pädagogik von jener im Bereich der Psychologie?; der Wissenschaftscharakter der Pädagogik; Individualisierung im Unterricht; homogene und heterogene Leistungsgruppen; Zusammenhänge zwischen Didaktik und Methodik. Die Leistungen des Habilitanten waren „völlig zufriedenstellend und die Kenntnisse der Fachliteratur hervorragend“13. Für die Probevorlesung hatte Seel folgende Themen vorgeschlagen: „1. Grundlinien einer bildungstheoretischen Didaktik auf gestaltpsychologischer Grundlage. 2. Schulversuche und Schulreform. Aspekte der Zusammenarbeit von Bildungswissenschaft und Bildungspolitik. 3. Lehrprogramm und Schulunterricht“. Die Habilitationskommission hat das zweite Thema gewählt.14 Die Habilitation von Seel war hinsichtlich seiner langen Berufserfahrung und seiner unterrichtstheoretischen Kenntnisse und Schriften ein akzeptabler Anfang für die junge Hochschule und ihr Ringen um Ansehen. Sie hatte ihn zur Berufung auf eine Klagenfurter Lehrkanzel vorgesehen, aber die Philosophische Fakultät der Universität Graz ist ihr zuvorgekommen. Sie hat Seel schon am 11. Februar 1972 einstimmig zur Berufung als Nachfolger von Eder auf die Lehrkanzel für „Pädagogik I“ vorgeschlagen15, obwohl er mehr für Schulpädagogik als
12 Entsprechend reserviert ist die Zustimmung in den beiden Gutachten von Eder (20.10.1971) und Weiss (29.6.1971) ausgefallen. Habilitationsakt im AUK, Karton 677. 13 Protokoll der 15. Sitzung des Gründungssausschusses am 2./3.12.1971, 3ff. AdR, Karton 621. 14 Ebenda, 12. 15 Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 307ff.
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für Allgemeine Pädagogik qualifiziert gewesen ist. Die Nominierung ist an erster und einziger Stelle des Besetzungsvorschlages erfolgt – ein Zeichen für den katastrophalen Mangel an geeignetem Nachwuchs für die Erziehungswissenschaft, unter dem auch die Klagenfurter Gründung von Anfang an gelitten hat. b) Norbert Schausberger hat am 29. November 1972 im Alter von 43 Jahren die Lehrbefugnis als Hochschuldozent für das Fach „Unterrichtswissenschaft“ erworben.16 Die Habilitation ist 4 Jahre nach seiner Promotion erfolgt. Schausberger wurde am 11. Dezember 1928 in Wien als Sohn eines Angestellten geboren und war römisch-katholischer Konfession17. Er hat das Bundesrealgymnasium Wien XVII besucht, diente von 1943 bis 1945 als Luftwaffenhelfer18 der deutschen Wehrmacht und hat am 23. Juni 1947 das Reifezeugnis erworben. Ab Sommersemester 1948 hat er an der Wiener Universität zunächst Rechts- und Staatswissenschaften studiert, ist jedoch als Werkstudent 1950 zur Geschichte und Geographie gewechselt. In diesen Hauptfächern hat er am 26. Juni 1953 das Lehramtsprüfungszeugnis erworben. Nach dem Probejahr und Lehrtätigkeit an Wiener Volkshochschulen war er ab 1956 fast zehn Jahre lang als Internatserzieher am Bundeskonvikt (Staatserziehungsheim) Wien II (Josef Gall Str. 2) tätig und unterrichtete an verschiedenen Wiener Höheren Schulen. Seit 1965 gehörte er zum Lehrkörper des Akademischen Gymnasiums in Wien I und hat dort die Fächer Geschichte, Sozialkunde, Geographie, Wirtschaftskunde und Politische Bildung unterrichtet19. Am 8. Februar 1968 hat er an der Wiener Universität im Alter von 39 Jahren das Doktorat der Philosophie erworben. Seine historische Dissertation im Umfang von 398 Seiten, die von den Professoren Ludwig Jedlicka (1916–1977) und Erich Zöllner (1916–1996) als „sehr gut“ bewertet worden ist, behandelte die „Geschichte der Rüstungsindu-
16 Beschluss des Gründungsausschusses, genehmigt durch BM. Firnberg am 12.2.1973. BMfWF, GZ 184.969-4/72. AdR, BMfU, 8 Klagenfurt, Karton 621. 17 Kurzbiographie: Kürschner 1996, 1241; Who is who in Österreich, 11.1993, 1369; Curriculum vitae in der Dissertation von 1967; undatiertes Curriculum vitae (c. 1972) im Habilitationsakt des BMfWF. 18 Zur Heranziehung von Schülern zum Kriegshilfseinsatz in der deutschen Luftwaffe vgl. Engelbrecht 2004, 129–156. 19 Schausberger 1971a, 34.
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strie auf dem Gebiet der sogenannten Donau- und Alpenreichsgaue 1938– 1945. (Eine Studie über die Wechselwirkung von Wirtschaft, Politik und Kriegsführung)“20. Sie ist 1970 unter dem Titel „Rüstung in Österreich 1938–1945“ als Buch veröffentlicht worden. Im Frühjahr 1972 hat Schausberger von seinem Wiener Wohnsitz und Arbeitsplatz aus um die Habilitation an der Klagenfurter Hochschule ersucht, ohne anzugeben, für welches Fach. Schöler und Trotsenburg wurden beauftragt, mit ihm „abzuklären, welche Möglichkeiten für ein Habilitationsverfahren bestehen“21. Schausberger hat sich für eine Lehrbefugnis für das Fach „Unterrichtswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Didaktik der Politischen Bildung“ entschieden22. Für diese Fachdidaktik galt er durch ein 1970 erschienenes Buch im Umfang von 160 Seiten über „Politische Bildung als Erziehung zur Demokratie“ und mehrere Kleinschriften und Aufsätze als gut qualifiziert.23 Der einengende, aber treffende Zusatz für „Didaktik der Politischen Bildung“ in der angestrebten Lehrbefugnis ist jedoch vom Wissenschaftsministerium abgelehnt worden24, weil dieses Fachgebiet an der Hochschule nicht vertreten sei. Schausberger hat deshalb die Habilitation für „Unterrichtswissenschaft“ ohne Zusatz beantragt.25 Das Unterrichtsministerium hat ihn ab 1. September 1972 der Hochschule für Bildungswissenschaften dienstzugeteilt26 – analog zu den Dienstzuteilungen von Seel, Klingler und Völkl im Jahre 1970. Politisch gehörte er wie Seel der Sozialistischen Partei (SPÖ) an. Zu Mitgliedern der Habilitationskommission wurden die Professoren Schöler, Trotsenburg, Zdarzil (Universität Wien) und Wilfried Schneider (Hochschule für Welthandel Wien) als Pädagogiker und Ludwig Jedlicka als Vorstand des von ihm gegründeten Instituts für Zeitgeschichte der Universität Wien bestellt.27
20 AUW, Rigorosenakt 22.499. 21 Protokoll der 18. Sitzung des Gründungsausschusses am 25./26.5.1972, TOP 10, 13. 22 Antrag Schausbergers an den Gründungsausschuss vom 15.6.1972. AUK, Karton 677. 23 Schausberger 1970, 1971, 1971a, 1971b. 24 Erlass des BMfWF vom 16.10.1972, Zl. 176.867-4/72. AUK. 25 Antrag Schausbergers an den GA vom 7.11.1972, AUK. 26 Hödl 1980, 225. 27 Protokoll der 19. Sitzung des GA am 13./14.7.1972, TOP 12, 16.
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Als Habilitationsschrift wurde die Studie „Analyse und internationaler Vergleich der Curricula in den Bereichen Sozial- und Wirtschaftskunde, Geschichte und Politische Bildung“ vorgelegt. Sie hatte einen Umfang von 803 Seiten. Nach 525 Seiten Text folgten 228 Seiten mit Dokumenten und 45 Seiten mit Literaturangaben. Als Gutachter wurden Trotsenburg, Zdarzil und Jedlicka gewählt. Mit seiner Studie wollte Schausberger einen gesellschaftskritischemanzipatorischen Beitrag zur besseren Fundierung der angegebenen Schulfächer mit Konzentration auf „Gegenwartskunde“ und Zeitgeschichte leisten. Er ging davon aus, dass „wir zwar in einer Demokratie leben, aber bis jetzt ist nichts oder nur wenig geschehen, um eine entsprechende Erziehung in der Schule durchzuführen“. „Der Anspruch des Menschen auf Selbstbestimmung und Emanzipation“ werde „von den derzeitigen Lehrplänen nicht genügend erfüllt“. „Das Stoffangebot in seiner didaktischen Zielsetzung“ entspreche nicht „der pluralistischen Gesellschaft“.28 Es handelte sich also um eine schulkritische Analyse auf normativ-postulatorischer Grundlage mit reformatorischem Zweck. Im ersten Hauptteil29 hat er zunächst die Ausgangssituation beleuchtet und über Ergebnisse von Erhebungen zum sozio-politischen Wissen und Bewusstseinsstand der Bevölkerung – insbesondere der Jugend – in Österreich und im Ausland berichtet. Damit sollte die Notwendigkeit vermehrter Politischer Bildung begründet werden. Es folgte eine kritische Analyse österreichischer Schulbücher auf dem Gebiet der Gegenwartskunde (Staatsbürger- und Sozialkunde, Geschichte, Geographie und Wirtschaftskunde). Ausführlich wurden dann österreichische und ausländische Lehrpläne kritisch untersucht, soweit sie für Politische Bildung von Belang waren. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass sie hinter dem idealen Programm einer demokratischen und kritisch-emanzipatorischen Politischen Bildung zurückbleiben. Im zweiten Hauptteil30 wurde – „von emanzipatorischem Interesse getragen“31 – über die Probleme moderner Didaktik und Lehrplanforschung im In- und Ausland berichtet, ein eigenes gegenwartskundliches Unterrichtsfach gefordert und der Aufbau einer Fachdidaktik skiz-
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Schausberger 1972, 2f. Ebenda, 79–346. Ebenda, 347–491. Ebenda, 351.
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ziert. Die Leistung des Verfassers bestand vor allem „in der kritischen (und ausgiebig international vergleichenden) Dokumentation des Standes schulischer politischer Bildung in Österreich“. Er „hat mit seinem Werk eine wichtige, bislang fehlende Grundlage der notwendigen fachdidaktischen Forschung und Entwicklungsarbeit geschaffen. Er hat ein äußerst umfangreiches Material zusammengetragen, verarbeitet die einschlägige Literatur in umfassender Weise und stellt dabei sowohl seinen hohen wissenschaftlichen Informationsstand wie auch seine praktische Erfahrung unter Beweis.“32 Für seinen Probevortrag hat Schausberger folgende Themen vorgeschlagen: „Demokratie und Politische Bildung“, „Die Chancen emanzipatorischer Erziehung“, „Lehr- und Lerninhalte und ihre gesellschaftspolitische Relevanz“. Die Habilitationskommission hat das dritte Thema gewählt.33 Im Prüfungsgespräch34 über sein Habilitationsfach „Unterrichtswissenschaft“ sind Schausberger unter anderem folgende Fragen gestellt worden: „Nach welchen wissenschaftlichen Methoden wurde die Habilitationsschrift ausgearbeitet und was verstehen Sie im speziellen Sinn unter Hermeneutik?“ Schausberger antwortete, dass er als „hermeneutisches Verfahren … im engeren Sinn“ die „ideologiekritische Fragestellung“ verstehe. – „Warum haben Sie nicht mehr über die Forschungsergebnisse Bruners in Ihrer Schrift verwendet?“35 – „Wie würden Sie Ihre Position in der Tradition des didaktischen Denkens auf dem Gebiet der politischen Bildung einordnen?“ Schausberger bekannte sich zur „emanzipatorischen Haltung des kritisch-rationalen Ansatzes“ im Unterschied zum „apologetisch-affirmativen Ansatz“, der „für die gerade bestehende Staatsordnung erziehen“ und „Haltung (Gefühl) erzeugen“ wolle. – „Wie sehen Sie das Problem der Operationalisierung der Ziele im Bereich der Politischen Bildung?“ Nach dem Probevortrag ist die Lehrbefugnis einstimmig ohne Einschränkung oder Spezifizierung für das gesamte Fachgebiet „Unterrichtswissenschaft“ erteilt worden, obgleich nach Schausbergers Stu-
32 Undatiertes Gutachten von Zdarzil (1972), 2. AUK. 33 Protokoll der 20. Sitzung des GA am 12./13.10.1972, TOP 11, 15; Hödl 1980, 272. 34 Protokoll der 21. Sitzung des GA am 24.11.1972, TOP 3, 4. 35 Der US-amerikanische Lernpsychologe Jerome S. Bruner galt als Pionier der Bildungsreform der 1960er und 1970er Jahre. Kurzbiographie: W. Böhm 2005, 118 mit Schriftenverzeichnis.
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diengang, Publikationen und Unterrichtspraxis eine Spezialisierung auf „Theorie der Politischen Bildung“ sachgerechter gewesen wäre. Er hatte sich neben Beiträgen zur deutschen und österreichischen Zeitgeschichte erziehungstheoretisch ausschließlich mit dem Spezialgebiet „Theorie und Didaktik der politischen Bildung“ beschäftigt36, für das er auch 1971 am Pädagogischen Institut der Universität Wien einen Lehrauftrag übernommen hatte. Erst recht hat es ihm an Ausbildung, Forschung und Lehre auf dem Gebiet der „Allgemeinen Erziehungswissenschaft“ gefehlt, um deren Lehrkanzel er sich 1973 beworben hat. Der erstaunliche Versuch Firnbergs, ihren Parteigenossen gegen das Votum der Berufungskommission in den Besetzungsvorschlag für diese Lehrkanzel aufnehmen zu lassen, ist im Gründungsausschuss trotz Nachgiebigkeit von Schöler, Zdarzil und Bruckmann gescheitert.37 Am 25. Juni 1973 hat sich Schausberger auch um die erstmals ausgeschriebene Klagenfurter Lehrkanzel für „Schulpädagogik“ beworben, obwohl er wissenschaftlich in diesem Fach nie gearbeitet hatte. Als „Qualifikationen“ hat er seine „Habilitation aus Unterrichtswissenschaft“, „zwanzigjährige schulpraktische Erfahrung als Lehrer an allgemeinbildenden höheren Schulen (AHS) mit zahlreichen Anerkennungen“ und „Erfahrungen in der Lehrerausbildung … durch die Einführung von Probelehrern in das Lehramt an AHS“ angegeben.38 Die meisten Mitglieder der beiden pädagogischen Berufungskommissionen waren zu Recht der Meinung, dass Schausberger im Bereich der Pädagogik nur für die Didaktik der Politischen Bildung qualifiziert sei. Er hatte sich schulpolitisch dafür ausgesprochen, das Schulfach „Geschichte“ mit „Sozialkunde“ in einem neuen Integrationsfach „Politische Bildung“ oder „Gegenwartskunde“ aufgehen zu lassen39. Da damit die Gefahr verbunden war, dass es zum Mittel politischer Indoktrination wird, wäre für dieses Vorhaben die notwendige Zwei-DrittelMehrheit im Parlament kaum zu gewinnen gewesen. Ohne ein Schulfach zu sein, war aber eine eigene Lehrkanzel für die Didaktik dieses erziehungswissenschaftlich noch unausgereiften Gebietes entgegen
36 Vgl. die Liste der Publikationen und Vorträge bei Hödl 1980, 271f. 37 Vgl. in diesem Buch S. 381ff. 38 AUK, Karton 334 – 1.4.26 Berufungskommissionen/Ternavorschläge 1971– 81. 39 Schausberger 1972, 413ff., 440ff., 454ff. Vgl. auch Anlage 19 (703–707): Zur Neuordnung der Fachbereiche Sozialkunde und Wirtschaftskunde an den AHS von Dr. Norbert Schausberger, Wien (1970), 704f.
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dem Wunsch der Wissenschaftsministerin nicht zu rechtfertigen. Deshalb musste eine andere Lehrkanzel für ihren Genossen gefunden werden. Das ist im Fach Geschichte geschehen, obwohl Schausberger die Habilitation dafür gefehlt hat. Die Studienrichtung „Geschichte“ befand sich an der Klagenfurter Hochschule 1974 noch im Planungsstadium. Der Wiener Historiker Herwig Wolfram40 als Mitglied des Gründungsausschusses hatte mit einer externen Kommission die Aufgabe übernommen, ein Konzept dafür zu erarbeiten und die Benennung der benötigten Lehrkanzeln vorzubereiten.41 Die Studienrichtung „Geschichte“ ist erst ab WS 1975/76 mit den Studienzweigen a) „Geschichte“ (Diplomstudium) und b) „Geschichte und Sozialkunde (Lehramt an höheren Schulen)“ eingerichtet worden.42 Als erste historische Lehrkanzel wurde jene für „Allgemeine Geschichte der Neuzeit und Österreichische Geschichte“ beantragt und bewilligt.43 Noch bevor sie am 14. Feber 1975 mit der Benennung „Neuere und Österreichische Geschichte mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik“ durch Helmut Rumpler44 besetzt werden konnte45, wurde ohne Not in größter Eile die Besetzung einer vom Gründungsausschuss gar nicht beantragten, sondern vom Ministerium zugewiesenen Lehrkanzel für „Neueste Österreichische Geschichte“ betrieben. Die für sie zuständige Berufungskommission ist am 28. Juni 1974 eingesetzt worden und hat auf Antrag des Rektors Heintel noch am gleichen Tage nach einstündiger Unterbrechung der Sitzung zwei einstimmige Beschlüsse als Vorschläge an den Gründungsausschuss gefasst46: erstens den Antrag auf „die Umbenennung der Lehrkanzel in ,Politische Bildung‘“ und zweitens folgenden Besetzungsvorschlag:
40 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 4097. 41 Protokolle der 37. Sitzung des GA am 8.3.1974, 8; der 38. Sitzung am 26.4.1974, 3 und 5; der 39. Sitzung am 28.6.1974, 6f.; der 42. Sitzung am 17.10.1974, 5f. – AUK. 42 BMfWF 1977, 26. 43 Protokoll der 37. Sitzung des GA am 8.3.1974, 8. 44 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 3044. 45 Protokoll der 42. Sitzung des GA am 17.10.1974, 5f.; BMfWF 1977, 31. 46 Protokoll der 39. Sitzung des GA am 28.6.1974, 6f. AUK. Beide Vorschläge sind vom Gründungsausschuss mit 17 Prostimmen bei 3 Stimmenthaltungen und 2 Gegenstimmen angenommen und als Anträge an das Wissenschaftsministerium gerichtet worden mit dem Auftrag an den Rektor, sie „der Frau Bundesminister persönlich vorzutragen“.
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1. Norbert Leser, seit 1971 Ordentlicher Professor für Politikwissenschaft an der Universität Salzburg47; 2. Theo Stammen, seit 1973 Ordentlicher Professor für Politikwissenschaft an der Universität Augsburg48; 3. Norbert Schausberger, Dozent für Unterrichtswissenschaft an der Hochschule für Bildungswissenschaften Klagenfurt. Diese Liste ist gänzlich auf eine Hausberufung Schausbergers zugeschnitten gewesen. Leser und Stammen waren wohlbestallte Ordinarien der Politikwissenschaft an angesehenen Universitäten und wissenschaftlich viel zu breit qualifiziert sowie pädagogik-fremd, um eine Lehrkanzel für „Politische Bildung“ in Kärnten übernehmen zu wollen. Stammen hat publizistisch auch jeder Bezug zu Österreich gefehlt. Ihre Nennung im Besetzungsvorschlag war also rein fiktiv. Real handelte es sich um einen Einer-Vorschlag zugunsten Schausbergers. Die Umbenennung der Lehrkanzel, die seitens der Hochschule bei diesem Besetzungsvorschlag als sicher vorausgesetzt worden ist, ist vom Ministerium abgelehnt worden. Es ist bei der Lehrkanzel für „Neueste Österreichische Geschichte“ geblieben49. Auf sie wurde Schausberger berufen und mit Wirkung vom 31. Oktober 1974 ernannt. Nach der Errichtung von Instituten im Jahre 1978 hat er den Aufbau und die Leitung des „Instituts für Zeitgeschichte“ übernommen, das bis 1996 neben dem „Institut für Geschichte“ bestanden hat und dann gemäß UOG 1993 in dieses eingegliedert worden ist50. So ist ein angesehener Spezialist für die Theorie und Praxis der Politischen Bildung unter falscher Fachbezeichnung in einem rechtlich anfechtbaren Verfahren konkurrenzlos zum (zeitlich) ersten Historiker der Klagenfurter Hochschule aufgestiegen. Er hat sich danach mit großem Fleiß in vielen Publikationen51 vorwiegend der österreichischen politischen Zeitgeschichte seit dem Ende der Habsburger-Monarchie sowie der Fachdidaktik aus linker Sicht gewidmet. Deshalb ist er in
47 Kurzbiographien: Kürschner 2007, 2137; Bruckmüller 2001, 289. 48 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 3552. 49 Sie ist später unter Aufgabe der Begrenzung auf Österreich umbenannt worden in „Zeitgeschichte mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik“. UKL: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen und Personalstand WS 1993/94, 39. 50 Hödl 1980, 125 und 148f. 51 Vgl. UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 233–249; UKL: Forschungsbericht 1987–1991, 196–206; 1991–1994, 213–222; 1995–1998, 162. Laudatio anlässlich seiner Emeritierung am Ende des Studienjahres 1996/97 durch Hödl (1999).
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diesem pädagogisch-historischen Werk nicht weiter zu behandeln52. Am 3. September 2010 ist er im Alter von 81 Jahren in Klagenfurt gestorben. c) Josef Klingler hat am 1. März 1973 im Alter von 38 Jahren die Lehrbefugnis als Hochschuldozent für das Fach „Unterrichtswissenschaft“ erworben53. Die Habilitation ist 5 Jahre nach seiner Promotion erfolgt. Klingler54 wurde am 27. April 1934 als zweites von sechs Kindern eines Zimmermanns in Thierbach/Wildschönau (Bezirk Kufstein, Tirol) geboren und war katholischer Konfession. Er hat die Volksschule in Kramsach besucht und von 1948 bis 1953 die Bundes-Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt in Innsbruck. Am 22. Juni 1953 hat er dort die Reifeprüfung für das Lehramt an Volksschulen bestanden. Zwischen 1953 und 1956 war er Lehrer und Schulleiter an der einklassigen Volksschule in Hacha (Gemeinde Brandenberg) und an der zweiklassigen Volksschule in Haus (Gemeinde Breitenbach). Von 1956 bis 1968 hat er als Lehrer an der Knabenhauptschule in Innsbruck-Hötting gearbeitet und vor allem die Fächer Mathematik, Darstellende Geometrie, Werken und Stenographie unterrichtet. Die Lehrbefähigungsprüfung für Hauptschulen in diesen Fächern hat er am 19. November 1962 mit Auszeichnung abgeschlossen. Neben dem Lehrberuf ist Klingler auch in der Jugendarbeit tätig gewesen – zunächst als Mitglied der „Katholischen Arbeiterjugend“ (KAJ) und zwischen 1956 und 1960 als Tiroler Diözesanführer der „Katholischen Studierenden Jugend“ (KSJ). 1958 hat er geheiratet. Aus dieser Ehe sind acht Kinder hervorgegangen. Von 1962 bis 1967 hat Klingler neben seinem Beruf an der Universität Innsbruck Erziehungswissenschaft bei Wolfgang Brezinka
52 Im Personalstandsverzeichnis wurde er bei den Klagenfurter Habilitationen jahrzehntelang korrekt als „Dozent für Unterrichtswissenschaft“ angeführt. Vgl. z.B. UKL: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen und Personalstand SS 1996, 45. Erst nach seiner Emeritierung findet sich unter den „Habilitationen an der Universität Klagenfurt“ die falsche Angabe des Habilitationsfaches „Zeitgeschichte“. Vgl. z.B. UKL: Handbuch SS 1999, 90. 53 Genehmigt durch BM. Firnberg am 2.4.1973. BMfWF, GZ 157.159-4/73. AdR 02, Hauptreihe 1–29, 8 Klagenfurt, Klingler. 54 Kurzbiographie: Kürschner 1996, 714; Who is who in Österreich, 11. Ausgabe 1993, 781. Lebenslauf von 1972 im Habilitationsakt, AdR 8, Karton 622.
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und Psychologie bei Ivo Kohler55 und Lotte Schenk-Danzinger56 studiert. Am 25. November 1967 hat er auf Grund einer von Brezinka betreuten Dissertation über „Lebensbedingungen und soziale Rolle der Pflichtschullehrer“57 das Doktorat der Philosophie erworben. Sie ist in überarbeiteter Fassung 1971 als Buch veröffentlicht worden unter dem Titel „Soziale Probleme der Pflichtschullehrer. Ein empirischer Beitrag zur Soziologie des Lehrerberufes“. Dieses Thema hatte er sich ungeachtet seiner methodischen Schwierigkeiten selbst gewünscht, um eigene Berufserfahrungen nutzen zu können. Es handelte sich dabei um die Auswertung einer 283 Fragen enthaltenden Fragebogen-Erhebung an 1.307 Tiroler Pflichtschullehrern aus dem Jahre 1966. 57,5 Prozent aller Lehrer haben sich an der Befragung beteiligt. Sie fußte auf einer gründlichen Voruntersuchung, an der auch Brezinkas damaliger Assistent Peter Posch mitgewirkt hat58, der später in Klagenfurt Klinglers nächster Fachkollege geworden ist. Diese Studie war methodisch und inhaltlich eine frühe österreichische Pionierleistung empirischer erziehungswissenschaftlicher Forschung zur Lage der Pflichtschullehrer. Der riesige Arbeitsaufwand in der Frühzeit der Programmierung und Datenverarbeitung konnte nur geleistet werden, weil zur Förderung des erziehungswissenschaftlichen Nachwuchses aus der Pflichtschul-Lehrerschaft erstmals eine einjährige Freistellung Klinglers von allen Unterrichtsverpflichtungen durch das Unterrichtsministerium erreicht werden konnte. Mit Unterstützung des Landesschulrates für Tirol ist auch für das folgende Jahr eine halbe Freistellung gelungen.59 Untersucht wurden in fünf Hauptteilen die soziale Herkunft der Lehrer, ihre Lebensbedingungen, ihre Arbeitsbedingungen, ihre Einstellung zu ihrer sozialen Rolle und das Problem der Verweiblichung des Lehrberufes und ihrer Folgen. Die Ergebnisse wurden sehr differenziert, kenntnisreich und vorsichtig interpretiert. Sie haben im Wesentlichen bestätigt, was aus Alltagserfahrungen schon bekannt gewesen ist. Es wurden aber auch überraschende Beziehungen zwischen Variablen aufgedeckt, die von überregionaler Bedeutung waren. Unter anderem wurde nachgewiesen,
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Kurzbiographie: Who is who Österreich, 11. Ausgabe 1993, 801. Über sie vgl. in diesem Werk Bd. 2, 513ff. ZfP 14 (1968), 95. Klingler 1971, 6. Zu dieser Initiative Brezinkas siehe in diesem Werk Bd. 2, 533 und 563.
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dass die geringen Aufstiegsmöglichkeiten für Lehrer deren Berufseinstellung negativ beeinflussen. Dabei spielte nicht nur die geringe Zahl höherer Positionen eine Rolle, sondern vor allem die Unklarheit über die Kriterien, nach denen über den beruflichen Aufstieg entschieden wird. Die Lehrer ließen nur Aufstiegskriterien gelten, welche die Arbeit in der Schule betreffen. Nach ihrer Meinung war jedoch der berufliche Aufstieg tatsächlich von jenen Kriterien abhängig, die sie uneingeschränkt ablehnten, wie außerschulische, insbesondere politische Betätigung oder gutes Einvernehmen mit Eltern und Vorgesetzten.60 Von besonderer Bedeutung waren die Ergebnisse zur Verweiblichung des Lehrerberufes61. Eine aktuell gebliebene Folgerung aus ihnen lautete: „Der wirksamste Schutz gegen die Isolierung der Frauen als einer Gruppe, die allein für die Erziehung zuständig und verantwortlich ist, und die sicherste Gewähr für berufspolitische Verbesserungen besteht in einem relativ hohen Anteil der Männer in allen Berufen, die mit der Erziehung befaßt sind. Das wichtigste Ziel der Standespolitik im Lehrberuf sollte darin bestehen, möglichst viele Männer für den Beruf zu gewinnen.“62 Nach seiner Promotion wurde Klingler 1968 zum Professor für Pädagogische Psychologie und Pädagogische Soziologie an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Feldkirch (Vorarlberg) ernannt. Daneben hatte er diese Fächer auch am Berufspädagogischen Institut des Bundes in Tirol in Absam (Bezirk Innsbruck) zu unterrichten. Nachdem Peter Posch 1968 von der Konstanzer Reformuniversität nach Wien in die Planungsgruppe für die Klagenfurter Hochschule berufen worden war63, hat er neben anderen Innsbrucker Studienfreunden wie Ilsedore Wieser64 und Peter Seidl65 auch Klingler in deren Vorbereitung einbezogen. Er war wie diese mit Brezinkas Denkschrift von 1963 über ein nationales erziehungswissenschaftliches Forschungsund Ausbildungszentrum an der Innsbrucker Universität und ihren Auswirkungen66 vertraut. Auf Grund seiner Leistungen und dieser kol-
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Ebenda, 96ff., 132ff. Ebenda, 179ff. Ebenda, 197. Vgl. in diesem Band S. 159, 218f. Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 717ff. Über Seidl vgl. Bd. 2, 743ff. Vgl. Bd. 1, 895-901 und Bd. 2, 532ff.
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legialen Verbindungen wurde auch Klingler von Unterrichtsminister Piffl am 27. Jänner 1969 eingeladen, zur geplanten Errichtung einer Bildungswissenschaftlichen Hochschule in Klagenfurt Stellung zu nehmen.67 Er hat darauf mit einem sechsseitigen Schreiben grundsätzlich „ohne Einschränkung“ positiv reagiert, aber auch beachtenswerte „Wünsche und Anregungen“ vorgebracht.68 Dank dieser Umstände ist er der neuen Hochschule vom Ministerium schon bald nach ihrer Gründung dienstzugeteilt worden und am 1. September 1970 in sie eingetreten.69 Er musste jedoch mangels geeigneter Nachfolger weiterhin bis 1972 nebenamtlich noch Lehraufträge in Feldkirch und Tirol versehen. Für seine Abhandlung „Erwachsenenbildung und Beruf. Theoretische Grundlagen und Realisierungsmöglichkeiten der beruflichen Fortbildung“ hat Klingler 1971 vom Bundesministerium für Unterricht und Kunst einen Förderungspreis für Erwachsenenbildung erhalten. In Klagenfurt hat er neben der Mitwirkung am Aufbau der Hochschule an seiner Habilitationsschrift gearbeitet.70 Am 14. November 1972 hat Klingler um die Erteilung der Lehrbefugnis für das Fach „Unterrichtswissenschaft“ angesucht. Als Habilitationsschrift hat er eine ungedruckt gebliebene Studie im Umfang von 635 Seiten vorgelegt. Sie hatte den missverständlichen Titel „Vor dem Schulsystem sind alle Kinder gleich? Zur gewaltsam geschaffenen Gerechtigkeit von Leistungsmessung und Auslese“. Als Gutachter wurden die auswärtigen Erziehungswissenschaftler Alois Eder und Wilfried Schneider (beide an der Hochschule für Welthandel Wien) sowie Rudolf Weiss (Universität Innsbruck) bestellt. Es handelte sich um eine schul- und lehrerkritische Untersuchung zum angeblichen „Grundrecht auf gleiche Bildungschancen bzw. die Verpflichtung der gesellschaftlichen Instanzen, die bestehenden Hindernisse für die Realisierung dieses Grundrechtes zu beseitigen“71. Konkret ging es um eine Analyse der unterschiedlichen Aufstiegschancen von Unter-, Mittel- und Oberschichtkindern unter besonderer Berücksichtigung der Wohngegenden und Schultypen.
67 Vgl. in diesem Band S. 233; BMfU, Zl. 41.198-I/4/69. 68 Klingler am 16.2.1969 an Piffl. AUK, Karton 1. Von Piffl am 20.2.1969 gelesen und signiert. 69 Dienstantrittsmeldung des Rektors Schöler an das BMfWF vom 5.10.1970. AdR, BMfU 8 Klagenfurt 1972, Karton 621. 70 Bericht des Rektors an das BMfWF vom 29.9.1971, AdR, Karton 621. 71 Klingler 1972, 1.
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Das Thema wurde in zwei Hauptteilen behandelt. Im ersten Teil wurde ein breiter theoretischer Überblick über „Allgemeine Auswirkungen der Leistungsbeurteilung und Auslese auf die Arbeit in der Schule“ gegeben72. Das Schwergewicht lag auf einer möglichst genauen Bestimmung der Einflussfaktoren, die bei der Leistungsbeurteilung, Leistungsprognose und Auslese wirksam sind. Dabei stand der Faktor „Lehrervorurteil“ in Abhängigkeit von der „schulischen Subkultur“ und ihrer Nähe zur „gehobenen Mittelschicht“ im Zentrum73. Dieser Teil endete mit Erwägungen darüber, ob objektive Leistungstests an Stelle oder als Ergänzung der subjektiven Lehrerurteile zur „Überwindung der schichtspezifischen Diskriminierung“ beitragen können74. Im zweiten Teil wurde über „Ergebnisse einer empirischen Untersuchung zu Problemen der Leistungsfeststellung durch Lehrer und objektive Tests“ berichtet.75 Sie beruhte auf Schulleistungs- und Intelligenztests bei rund 450 zehnjährigen und rund 900 vierzehnjährigen Schülern und Schülerinnen und Befragungen ihrer Lehrer und Eltern zu Leistungsprognosen und Bildungsbestrebungen. Verglichen wurden dabei zwei verschiedene Regionen des Tiroler Bezirkes Imst: das relativ gut erschlossene Landgebiet im Inntal und das damals noch wenig erschlossene Ötztal. Diese Studie war ein Teilprojekt des größeren Projektes „Schulmodell Imst“, das 1970 vom Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck durch Weiss, Seidl und Wieser geplant worden war76. Klingler hat seine Ergebnisse so interpretiert, dass „von der Verwendung objektiver Messinstrumente keine Verbesserung der Ausbildungschancen“ von Unterschichtskindern zu erwarten sei. Als Grund wurde genannt, dass die Testanforderungen wie die Maßstäbe der Lehrerurteile am schulischen Aufgabensystem orientiert seien, das durch die „Subkultur“ der „Intellektuellen (und der Oberschicht)“ bestimmt sei und deren Kinder begünstige. Eine Verbesserung erfordere Bildungsgänge, die den Ausgleich der gruppenspezifischen kulturellen Rückstände der benachteiligten Schüler ermöglichen. Diese Feststellungen waren allerdings damals schon pädagogisches und schulpoliti-
72 Ebenda, 7–141. 73 Ebenda, 98–117. 74 Ebenda, 117–141. 75 Ebenda, 142–493. Es folgen 141 Seiten mit informativen Anmerkungen und Literaturangaben. 76 Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 606 und 719.
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sches Gemeingut. „Als flexibelste Organisationsformen, welche die Berücksichtigung subkultureller Gesichtspunkte erleichtern, dürften sich Konzeptionen erweisen, die der integrierten Gesamtschule nahestehen“. Der „utopische Charakter … solcher Überlegungen“ wurde eingestanden, aber „neue Wege“ seien nötig, um „auf lange Sicht die Diskriminierung der Bauern- und Arbeiterkinder überwinden (zu) können“.77 Die Gutachter haben die Habilitationsschrift als „eine bedeutende wissenschaftliche Leistung“ bewertet und den „unerhörten Arbeitsaufwand“ der Untersuchung hervorgehoben78. Der empirische Teil zeichne sich trotz einiger methodischer und statistischer Mängel „durch die Vielfalt der Analysen und durch die umfangreichen Interpretationsversuche des Zahlenmaterials aus“. Er bringe „eine Fülle interessanter Zusammenhänge, die an sich keine wesentlich neuen Gesichtspunkte darstellen, jedoch geschickt für das untersuchte Gebiet ausgewertet und interpretiert wurden“. In Systematik und Argumentationsniveau entspreche die Arbeit voll den Anforderungen.79 „Bereits der theoretische Teil … erweist eine gründliche Vertrautheit mit den wichtigsten Problemen einer Theorie der Schule“, sei allerdings „stark soziologisch bestimmt“.80 Für den Probevortrag hat Klingler folgende Themen vorgeschlagen: „1. Probleme der Verallgemeinerung empirischer Forschungsergebnisse. 2. Intelligenz und Schulleistung. 3. Zu den Auswirkungen von Lehrerurteilen und objektiven Testergebnissen auf die Bildungschancen von Unterschichtkindern.“ Die Kommission hat das zweite Thema gewählt. Klinglers erste Vorlesungen als Dozent haben folgende Themen behandelt81: „Einführung in ausgewählte Grundprobleme und -begriffe der Pädagogischen Soziologie“, „Soziale Aspekte der Bildungschancen“, „Merkmale und Implikationen des schulischen Leistungsbegriffes“, „Schichtspezifische Determinanten der Schulleistung“, „Soziale Stellung und Aufgabe des Lehrers“, „Probleme der Chancengleichheit
77 Ebenda, 489ff. 78 Weiss im Gutachten vom 16.1.1973, 6. AdR, BMfU 8 Klagenfurt 1972, Karton 621. 79 W. Schneider in seinem undatierten Gutachten. 80 Eder in seinem undatierten Gutachten. 81 HBW: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen, SS 1973-SS 1974.
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im Schulsystem“, „Gesellschaftsformen und Erziehungssysteme“, „Sozialisation der Lehrer“. Im Jahre 1974 ist Klingler an der Klagenfurter Hochschule zum Professor für Schulpädagogik ernannt worden82. d) Ilsedore Wieser hat am 14. November 1977 im Alter von 40 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für das Fach „Schulpädagogik“ erworben83. Die Habilitation ist 10 Jahre nach ihrer Promotion erfolgt. Über Wieser ist in diesem Werk bereits berichtet worden84. Deshalb genügt hier eine kurze Ergänzung über das Habilita tionsverfahren. Sie wurde als Ilsedore Rieder (seit 1967 verheiratete Wieser) in Klagenfurt geboren und hat dort an der Bundes-Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt 1956 maturiert. Nach einjähriger Berufstätigkeit als Kärntner Volksschullehrerin mit ausgezeichneter Dienstbeschreibung hat sie an den Universitäten Wien und Innsbruck die Fächer Englisch und Geographie studiert und 1964 mit der Lehramtsprüfung abgeschlossen. Auf Grund guter Zeugnisse wurde ihr im gleichen Jahr die zweite Assistentenstelle (neben jener von Peter Posch) am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck bei Professor Brezinka übertragen. Ende 1967 hat sie ein Zweitstudium der Erziehungswissenschaft und Psychologie mit der Promotion abgeschlossen. Ihre von Brezinka betreute und mit Auszeichnung angenommene Dissertation war einer der ersten und grundlegenden Beiträge zur empirischen Bildungsforschung in Österreich. Es handelte sich um eine aus den Akten der Lehramtsprüfungskommissionen erarbeitete Längsschnittuntersuchung an sämtlichen 3.199 Anwärtern für das Lehramt an Höheren Schulen in Österreich im Zeitraum zwischen 1950 und 1965. Sie ist vom Bundesministerium für Unterricht gefördert worden und 1968 unter dem Obertitel „Studiendauer und Studienerfolg“ als Buch erschienen. Nach Absolvierung des Probejahres als Gymnasiallehrerin mit sehr guter Beurteilung war sie bis 1974 als Assistentin am Institut für Erziehungswissenschaft der Innsbrucker Universität tätig und mit empirischer schulpädagogischer Forschung beschäftigt. Im Zentrum stand die Mitarbeit an dem von diesem Institut getragenen Projekt „Bildungsforschung in Südtirol“. Es ging dabei um „die
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Vgl. S. 426ff. Genehmigt durch das BMfWF am 2.1.1978. Vgl. Bd. 2, 717ff.
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Analyse des Bildungsdefizits der deutsch-ladinischen Volksgruppe in Südtirol. Genauer: die detaillierte Feststellung des Ausmaßes und der Ursachen dieses Defizits sowie die Entwicklung von Empfehlungen und Maßnahmen, durch die das Defizit reduziert werden kann“85. Zu diesem Themenkreis hat Wieser folgende drei Studien als Habilita tionsschrift vorgelegt: „Schulverspätung in Südtirol“ (1974), „Jugendliche Laufbahnziele als Orientierungswerte der Bildungsplanung“ (1975) und „Zur Standortbestimmung der Berufsschule“ (1976).86 Durch ihre methodologisch äußerst gründliche Arbeitsweise hat Wieser wichtige Erkenntnisse gewonnen über die umweltbedingten Gründe für den unterschiedlichen Schulerfolg von deutschsprachigen und italienischsprachigen Schülern in der minderheitenpolitisch ungeschützten Periode vor 1975.87 Er war fast zur Gänze auf hemmende sozial-kulturelle und regionale Faktoren zurückzuführen, die sich dank des verbesserten Autonomiestatuts für Südtirol in den folgenden Jahrzehnten erheblich verringert haben. An dieser kumulativen Habilitation88 haben Wiesers frühere Innsbrucker Studienkollegen Klingler und Posch als sorgfältige und kritische Gutachter der Habilitationsschrift mitgewirkt89. Gerühmt wurde die „weit überdurchschnittliche methodische Kompetenz und Genauigkeit“ Wiesers, bemängelt die damit zusammenhängende „große Vorsicht und Sparsamkeit bei der Interpretation der Daten“ und deren Einordnung in größere theoretische Zusammenhänge. Wiesers große didaktische Fähigkeiten waren in Klagenfurt schon aus einer Gast-Lehrveranstaltung in Blockform bekannt, die sie im Sommersemester 1977 über „Probleme des dualen Ausbildungssystems: Schwerpunkt österreichische Berufsschule“ gehalten hat. Auch Prof. Rudolf Weiss von der Universität Innsbruck hat bestätigt, dass „ihre
85 Wieser 1974, 1. 86 Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 720. 87 Vgl. Seberich 2000, 402ff. zur mit dem Südtiroler Landesgesetz Nr. 22 vom 29. April 1975 endlich gewonnenen (relativen) Schulautonomie. 88 Hödl 1980, 220, Nr. 6. – Gemäß § 36 Abs. 2 des UOG 1975: „Mehrere wissenschaftliche Publikationen gelten zusammen als Habilitationsschrift, wenn sie sich auf die methodische Bearbeitung eines bestimmten Problemkreises beziehen und im engen thematischen Zusammenhang stehen“. 89 Klingler war Vorsitzender der Habilitationskommission. Ihr gehörten neben Posch als Professoren noch Heintel und Bodenhöfer an. Mitteilungsblatt der UBWK 1976/77, Nr. 35. Klinglers Gutachten vom 25.5.1977 umfasst 26 Seiten, Poschs Gutachten vom 1.6.1977 23 Seiten. Beide im AUK, Karton 677.
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Lehrveranstaltungen … sachlich und methodisch ausgezeichnet vorbereitet“ waren und von den Studierenden sehr geschätzt wurden. Sie gehöre zu den besten Lehrern, die ihm auf akademischem Boden begegnet sind.90 Ihren Probevortrag hat Wieser über folgendes Thema gehalten: „Metatheorie und Forschungspraxis. Zum Dilemma des Praxisverlustes in einem Bildungsforschungsprojekt“. Nach dem dazugehörigen Kolloquium ist die Lehrbefugnis von der Habilitationskommission einstimmig erteilt worden.91 Wieser hat sie jedoch nicht an der Klagenfurter Universität ausgeübt, sondern an der Universität Innsbruck. e) Ignatia Irene Wagner hat am 7. Dezember 1978 im Alter von 32 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für das Fach „Curriculumtheorie“ erworben92. Die Habilitation ist 6 Jahre nach ihrer Promotion erfolgt. Sie wurde als Tochter des österreichischen Ehepaares Neuruhrer am 25. Mai 1946 in Bielefeld (Nordrhein-Westfalen) geboren.93 Ihr Vater war Diplomingenieur, ihre Mutter Juristin. Die Volksschule hat sie in Wien und Ehrwald (Tirol) besucht, das Realgymnasium für Mädchen in Garmisch-Partenkirchen (Bayern) und ab 1960 in EssenBredeney (Nordrhein-Westfalen), wo sie am 26. Februar 1965 das Reifezeugnis erhielt. Danach hat sie an der Universität München das Studium der Physik und Mathematik begonnen und nach drei Semestern an der Universität Wien fortgesetzt. Von 1969 bis 1971 hat sie dort am Institut für Radiumforschung und Kernphysik an ihrer Dissertation über „Berechnung von (n, p)-Wirkungsquerschnitten und Isomerenverhältnissen nach dem statistischen Modell und diesbezügliche Messungen (an 5 ausgewählten Kernen)“ gearbeitet. Ab 1970 hat ihr das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung ein „studium irregulare“ der Physik und Pädagogik bewilligt. Am 23. März 1972 hat sie nach mit Auszeich-
90 Weiss am 16.6.1977 an die UBWK. AUK, Karton 677. 91 Protokoll über den 4. Abschnitt des Habilitationsverfahrens Dr. Wieser am 14.11.1977. AUK. 92 Protokoll der 5. Sitzung der Habilitationskommission vom 7.12.1978. Genehmigt durch das BMfWF am 31.12.1978, Zl. 51.001/1-14/78. AUK, Karton 641. – Bei Hödl 1980, 220 ist irrtümlich der 22.11.1978 angegeben. 93 Personalangaben nach dem „Lebenslauf“ in ihrer Wiener Dissertation von 1971 und einem undatierten Lebenslauf im Habilitationsakt der UBWK.
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nung bestandenen Rigorosen in diesen Fächern das Doktorat der Philosophie erworben. Anschließend wurde sie Universitätsassistentin am 2. Physikalischen Institut der Universität Wien und hat sich auf Didaktik der Physik spezialisiert. Daneben arbeitete sie von 1972 bis 1974 auch als Lehrbeauftragte für Physik in der Ausbildung von Hauptschullehrern an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Wien. 1971 hat sie den damaligen Forschungsassistenten und späteren Universitätsdozenten für Volkswirtschaftstheorie Michael Wagner94 geheiratet, mit dem sie 1972 gemeinsam die Schrift „Volkswirtschaft“ in der Schriftenreihe „Politische Bildung für Erwachsene“ verfasst hat. Das Studienjahr 1977/78 hat sie als „associate“ an der Graduate School of Education der Harvard University in den USA verbracht. Von ihrem Wiener Arbeitsplatz als Assistentin aus hat sie am 13. September 1977 um die Erteilung der Lehrbefugnis für das Fach „Curriculumtheorie unter besonderer Berücksichtigung der Didaktik der Physik“ angesucht.95 Als Habilitationsschrift hat sie eine ungedruckt gebliebene Studie mit dem Titel „Gelehrte Erfahrung? Zu einer Theorie der Curriculuminnovation“ im Umfang von 411 Seiten eingereicht. Für ihre geplanten Vorlesungen hat sie folgende „Themenkreise“ genannt96: „Theorien der Curriculumentwicklung“, „Sozialisationsforschung“, „Soziologie der Schule“ und „Spezialvorlesungen zur Didaktik der Physik“. Daraus ist ersichtlich, dass sie weit über ihre Kompetenz für Physik und deren Didaktik hinaus eine breite erziehungswissenschaftliche, sozialpsychologische und soziologische Lehrtätigkeit angestrebt hat. Die Habilitationskommission97 mit Entscheidungsvollmacht bestand aus den Klagenfurter Professoren Posch (Vorsitz), Heintel und Klingler sowie den auswärtigen Mitgliedern Roman Sexl (Prof. für Theoretische Physik an der Universität Wien)98 und Josef Thonhauser (seit 1977 Dozent für Pädagogik an der Universität Salzburg)99. Sie hat
94 Habilitiert am 27.11.1979: Personalstand der Universität Wien für das Studienjahr 1998/99, 54. Kurzbiographie: Kürschner 1987, 4902. 95 Gemäß der Neuregelung für Habilitationsverfahren im UOG 1975, §§ 35 und 36. 96 AUK, Habilitationsakt Wagner. 97 Mitteilungsblatt der UBWK 1977/78, Nr. 118. 98 Kurzbiographie: Kürschner 1987, 4369. 99 Über Thonhauser vgl. Bd. 3, 199ff.
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die Professoren des „Instituts für Lehrplantheorie und Schulpädagogik“100 Posch und Klingler (damals Rektor) zu „Hauptgutachtern“ gewählt. Die Habilitationsschrift war eine engagierte Programmschrift für eine „gesellschaftsinnovatorische Schule“ und eine „Neue Pädagogik“. Sie ging von einer Kritik am „Versagen der traditionellen Schule“, der „traditionellen Sozialisation“, der „traditionellen Curricula“, „der Unterrichtsformen und des Schulwissens“, der „szientistischen Schule“ und der „technokratischen Wende in der Didaktik“ aus.101 Wagner wollte damit zur „Innovation“, also Erneuerung oder Veränderung von „Curricula“ beitragen. Dabei verwendete sie höchst unklar „den Begriff Curriculum in seiner weiten Bedeutung“ und meinte damit „den Prozeß vor, während und nach den geplanten Lernabläufen“102 – also einen extrem komplexen und verschwommenen Gegenstand.103 Wagners Studie war in drei Teile gegliedert. Der erste über „Bildungswissen und Lebenswelt“ (8–143) wendete sich gegen die „Verwissenschaftlichung der Schulfächer“ in der „szientistischen Schule“, die angeblich auf dem „Postulat von der Einheit von Lebenspraxis, Schule und Wissenschaft“ beruhe. Dagegen wurde folgende „Hauptthese“ vertreten: „Wissenschaftlich-methodisches Vorgehen erzeugt Ordnungen der Wirklichkeit, denen keine alltäglichen Probleme des Umgangs mit der Realität entsprechen. Wissenschaft läßt sich in der Schule nicht explizit unter dem Aspekt unterrichten, den Schüler mit Fähigkeiten und Wissen auszustatten, die er in außerwissenschaftlichen Handlungszusammenhängen verwenden kann“.104 „Das Ziel, den Schülern einen szientistischen Wissensvorrat zu vermitteln, steht in einem unauflösbaren Widerspruch zu den Handlungsanforderungen von Lebenssituationen und Problemen des Alltags“.105 Daran könnten auch
100 Zu diesem Institut vgl. Hödl 1980, 128f. Dort wurden zu den „spezifischen Aufgaben des Instituts“ auch die Habilitationsverfahren Wieser, Wagner und Larcher gezählt. 101 Wagner 1977, 3ff. 102 Ebenda, 6 (unter Zitierung von Karl Frey). 103 Zur Unbrauchbarkeit des in den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts aus den USA in die deutschsprachige Pädagogik übernommenen Terminus und der durch seine Vieldeutigkeit gestifteten Verwirrung vgl. u.a. Frey 1971, 30ff.; Hopmann/Riquarts 1995; Posch/Larcher/Altrichter 1996. 104 Wagner 1977, 22f. 105 Ebenda, 139.
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„die Unterrichtsmethode entdeckenden Lernens“, „genetisches Lehren“ und „lebensnahe“ Curricula nichts ändern. Der zweite Teil über „Lebenswelt und Schule“ (144-325) bildete den Hauptteil der Studie. Nach einem Blick auf die „traditionelle Sozialisation in der Schule“ und ihre „Ordnungsleistungen“ wurden ausführlich „Paradigmen zur Innovation der Schule“ und einige bereits vorhandene „Innovationsmodelle“ behandelt. Die pädagogischen Reformbestrebungen wurden abkürzend, aber missverständlich als „Neue Pädagogik“ bezeichnet, obwohl der Autorin bekannt war, dass sie schon eine lange Tradition haben. Der Name diente ihr „als Kurzformel zur Bezeichnung charakteristischer Entwicklungstendenzen“. Dazu gehörten neben anderen eine „umfassende Persönlichkeitsentwicklung“ der Schüler als Ziel, „Personalisierung der Sozialbeziehungen“, „Partizipation“ und „Öffnung der Schule“106. Zur „Persönlichkeitsentwicklung“ hieß es: „Leitbild der Neuen Pädagogik ist ein Habitus, der mit den Bildungszielen und Einprägungsweisen der traditionellen Schule in Widerspruch steht: – Die soziale Lage der Schüler, ihre Interessen, ihre individuell variierenden Lernerfahrungen gewinnen an Bedeutung gegenüber dem Bildungswissen vorwiegend szientistischer Prägung. – Der Besitz von Wissen und spezifischen Kompetenzen verliert an Bedeutung gegenüber der Verfügung über generalisierte Deutungsmuster und Handlungsfähigkeiten, die eine Orientierung in einer Vielfalt von Lebenssituationen erlauben. – Die traditionellen Symbole für Bildung und Erfolg – eine generalisierte Leistungsbereitschaft und spezifische kulturelle Qualitätsstandards – werden durch neue Symbole, beispielsweise kommunikative und interaktive Kompetenz, Fähigkeit zur selbständigen Organisation von Wissen, soziales Engagement ersetzt.“107 Zur „Partizipation“ gab Wagner folgende Erläuterung: „Schüler und Lehrer entwickeln gemeinsam ,ihr Curriculum‘ – jene Lehrinhalte und Arbeitsformen, die dem jeweiligen Bewußtseinsstand und den Problematisierungsbedürfnissen der Beteiligten entsprechen. Der Lehrer übernimmt die Funktionen der Anregung von Themen, der Materialbeschaffung und der Hilfe bei Störungen der Lern- und Kommunikationsprozesse der Schüler, ohne dabei jedoch das Prinzip der Selbstge-
106 107
Ebenda, 171ff. Ebenda, 172f.
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staltung aufzugeben. Struktur- und normbildend für den Unterricht wirken Prozesse diskursiver Auseinandersetzung, in deren Verlauf die Verbindlichkeit von Themen, Aufgabenstellungen und Interpretationen erst hergestellt wird; wobei nicht vorweg bestimmt werden kann, welche Handelnsorientierungen und Deutungssysteme von den Beteiligten im Laufe der gemeinsamen Arbeit als relevant erkannt und verbindlich gemacht werden. Das Prinzip der weitgehend selbständigen Gestaltung der Schulwelt durch die Betroffenen beruht auf der Auffassung, zumindest die Schule solle versuchen, Schüler und Lehrer als Subjekte zu begreifen. Weltbilder sollten in der Schule nicht durch Autoritäten auferlegt und über psychosoziale Mechanismen zu zwanghaft motivierenden Handelnsnormen verinnerlicht werden. Die Schule möge einen Freiraum schaffen, in dem die Formung von Motivstrukturen und Vorstellungen weitgehend in die Gewalt der Betroffenen zurückgeholt wird. Diese Motivation ist vor allem im ,offenen Curriculum‘ und in handlungsorientierten Schulforschungsprojekten lebendig.“108 Den „Innovationsanspruch der Neuen Pädagogik“ begründete Wagner im Anschluss an Habermas mit folgender These: „Es hat eine Erosion jener Weltbilder stattgefunden, in deren Zusammenhang bisher für das gesellschaftliche System bestandswichtige Einstellungen erzeugt wurden. Die Neue Pädagogik läßt sich als ein Versuch interpretieren, auf der Ebene der Schule das Fehlen überzeugender Weltbilder durch neue Motivationsstrukturen zu ersetzen.“109 Die Schwierigkeiten, Widerstände und Konflikte, die bei diesem Versuch unvermeidlich auftreten, wurden von Wagner ausführlich erörtert.110 Der „offene“ Unterricht, der den Schülern größtmöglichen Handlungsspielraum gewährt, ist viel stärker als der „traditionelle“ Unterricht von der Persönlichkeit der Lehrenden abhängig. Er zieht zwangsläufig eine Schwächung ihrer „institutionellen Autorität“ und den Verzicht auf die „Sanktionskraft institutionell abgesicherter, aber kommunikationsfeindlicher Rollenvorschriften“ nach sich. Dieser Verlust soll durch Einfühlungsvermögen, Verständigungsbereitschaft und ein Höchstmaß an Fähigkeiten zur indirekten, „unsichtbaren“ Führung und Kontrolle ausgeglichen werden. Das verstärkt die Abhängig-
108 109 110
Ebenda, 174. Ebenda, 180. Ebenda, 207ff.
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keit des Unterrichtsgeschehens von den Lehrkräften und führt bei ihnen zu einer enormen Überlastung. Dazu kommen Konflikte mit den Erwartungen der Eltern, der „Konformitätsdruck von Kollegen und Schulverwaltung“, die Leistungsforderungen, Selektionszwänge und Loyalitätsbindungen aus Arbeitswelt und vielerlei sozialkulturellen Gruppen. Im Verlauf ihrer durch schulpädagogische Spezialliteratur abgestützten Analyse hat Wagners anfänglich recht forsche Werbung für die „Neue Pädagogik“ zunehmend an Überzeugungskraft verloren. Dazu trug auch der knappe dritte Teil bei. Er enthielt die Auswertung einer Befragung von 23 Physiklehrern an Wiener allgemeinbildenden Höheren Schulen über ihre Ansichten zur Praxis des Physikunterrichts und den Möglichkeiten zu seiner Verbesserung (325–368). Daraus ergab sich ein düsteres Gegenbild zu Wagners Schulidealen und eine Bekräftigung ihrer Kritik an den Mängeln des einseitig „wissenschaftsorientierten“ Fachunterrichts und der Macht der „Innovationswiderstände“ zu Lasten der Schüler. Im Ganzen war die Habilitationsschrift eine parteiliche Studie zugunsten der „Neuen Pädagogik“, ohne die „alte“ genügend zu kennen. Es mangelte an klaren Begriffen, methodischem Vorgehen, stichhaltigen Begründungen und prüfendem Abstand zu ihren emanzipationsgläubigen gesellschafts- und schulkritischen Kronzeugen. Sie hat jedoch bei aller Einseitigkeit eine Menge wertvoller Informationen gut verständlich koordiniert und offen wie selten zuvor auch die problematischen Folge- und Nebenwirkungen der gewünschten pädagogischen „Innovationen“ dargestellt. Deshalb verwundert es nicht, dass sie trotz gewichtiger Einwände einstimmig angenommen worden ist.111 Mit dem Probevortrag zum Thema „Engagierte Forschung: Über einige methodologische Probleme der Curriculumtheorie“ ist das Verfahren erfolgreich abgeschlossen worden.112 f) Dietmar Larcher hat am 22. Mai 1979 im Alter von 38 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für das Fach „Curriculumtheorie“ erworben113. Die Habilitation ist 15 Jahre nach der Promotion erfolgt. 111 Protokoll der Habilitationskommission vom 16.10.1978. AUK. 112 Protokoll vom 7.12.1978. AUK. 113 Bescheid der Universitätsdirektion der UBWK an Larcher vom 22.5.1979. AUK. Bestätigt durch das BMfWF am 29.6.1979; GZ 23 948/1–14/79. Mitteilungsblatt UBWK 1978/79, Nr. 166.
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Er wurde am 3. Oktober 1940 in Innsbruck als erstes von vier Kindern eines Beamten und einer Lehrerin geboren.114 Er war katholischer Konfession und hat nach den ersten vier Klassen der Knabenvolksschule Hall das Öffentliche Gymnasium der Franziskaner in Hall besucht und dort 1958 die Reifeprüfung bestanden. Anschließend hat er an der Universität Innsbruck Anglistik und Germanistik studiert, ein Studiensemester an der Universität London verbracht und 1964 das Lehramtszeugnis und am 16. Mai 1964 das Doktorat der Philosophie im Hauptfach Germanistik erworben. Thema seiner Dissertation war „Die Mundart des oberen Zillertales. Dialektgeographie der Zillertaler Alpen“. Schon neben dem Studium war er 1961/62 als Lehrer für Deutsch an der Höheren technischen Bundes-Lehranstalt in Innsbruck berufstätig. Von 1964 bis 1970 arbeitete er als Lehrer für Englisch und Deutsch am privaten Aufbaugymnasium Meinhardinum des Zisterzienserstiftes Stams (Tirol). 1964 hat er seine Frau Agnes115 geheiratet. Aus der Ehe sind zwei Söhne hervorgegangen. Das Studienjahr 1968/69 verbrachte Larcher als Lehrbeauftragter für Deutsch an der Stetson University in De Land (Florida, USA). In Stams übernahm er 1970 zusätzlich die Leitung des neuen Schigymnasiums, an dessen Gründung er seit 1969 mitgearbeitet hatte. 1971 wurde er zur Mitarbeit am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck auf dem Dienstposten eines Bundeslehrers im Hochschuldienst eingeladen. Er hat sich dort bis 1980 dem Schwerpunkt Curriculumforschung und -entwicklung im Bereich Sprache gewidmet und eng mit Professor Horst Rumpf bis zu dessen Abgang im Jahre 1975 zusammengearbeitet. Über das gemeinsame kultur- und lehrplankritische Projekt „Sprache als soziales Handeln“ ist bereits früher berichtet worden116. Von diesem Projekt handelt auch seine Habilitationsschrift. Sie ist 1978 im Umfang von 292 Seiten mit folgendem Titel eingereicht worden: „Sprache als Symbolgebrauch. Theorie und Praxis des Curriculumprojekts ,Sprache als soziales Handeln‘“. 1979 ist sie leicht gekürzt als Buch veröffentlicht worden. Der Kontakt mit der Klagenfurter Universität ist seit 1976 durch Lehraufträge für „Didaktik des Deutschunterrichts“ entstanden, zu 114 Lebenslauf und Schriftenverzeichnis für den Verfasser vom 13.8.2002; Kurzbiographie: Kürschner 2007, 2081. 115 Über sie vgl. Bd. 2, 606ff. 116 Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 632ff.
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denen Larcher eingeladen worden ist. Über diese nebenamtliche Tätigkeit als dortiger Lektor117 hat er den Wechsel von seinem Dienstort in Innsbruck nach Klagenfurt vorbereitet. Der Habilitationskommission118 haben folgende Professoren an gehört: der Erziehungswissenschaftler und Lehrplanforscher Peter Posch als Vorsitzender, der Psychologe Erich Löschenkohl119, der Philosoph Peter Heintel und der Germanist Alois Brandstetter120. Zu Hauptgutachtern wurden Posch und Brandstetter bestellt. Zusätz liche Gutachten sind von Heintel zu den philosophischen Aspekten und vom Wiener Psychiater Hans Strotzka121 zu den psychoanalytischen eingeholt worden. Die Kommission kam einstimmig zum Urteil, dass die Habilitationsschrift „ein beachtliches theoretisches Produkt“ sei.122 In ihr wurde das sprachdidaktische Reformprojekt geschildert, das sich Rumpf, Larcher und Bernhard Rathmayr123 ausgedacht hatten. Es sollte der angeblichen „Gesellschaftsneutralität und Kommunikationslosigkeit des traditionellen Sprachunterrichts entgegensteuern“. „Die forschungsleitende Frage der Arbeitsgruppe“ lautete: „Wie sollte ein Deutschunterricht aussehen, der über das Einüben von Sprach fertigkeit hinausgeht, der Sprache und Lebensgeschichte, der Sprache und gesellschaftliches Leben in Beziehung zueinander setzt?“124 Die Antwort wurde auf einem weiten Umweg über psychoanalytische und interaktionistische125 Theorien der Sprache in kritiklosem An-
117 Im „Verzeichnis der Lehrveranstaltungen und Personalstand“ der UBWK erstmals im WS 1977/78, 49 als dortiger Universitätslektor mit Dienstort Innsbruck. 118 Mitteilungsblatt der UBWK 1978/79, Nr. 24. 119 Über ihn vgl. in diesem Buch S. 485ff. 120 Kurzbiographie: Bruckmüller 2001, 55; wissenschaftliche Publikationen: Hödl 1980, 244. 121 (1917–1994). Kurzbiographien: Kürschner 1987, 4611; Bruckmüller 2001, 482. 122 Protokoll der 2. Sitzung am 7.3.1979. 123 Über Rathmayr vgl. Bd. 2, 786ff. – Die Namen der weiteren Mitarbeiter des „inneren Teams“ an der Innsbrucker Universität bei Larcher 1979, 129. Von ihnen ist Susanne Dermutz später Assistentin am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Klagenfurt geworden und dort als Assistenzprofessorin verblieben. Erstmals im Personalstand SS 1982, 62. 124 Larcher 1979, 5f. 125 Zum „symbolischen Interaktionismus“ vgl. Lindesmith/Strauss 1974, 27ff.
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schluss an die „materialistische Sozialisationstheorie“ von Alfred Lorenzer126 und die Kommunikationstheorie von Jürgen Habermas127 gesucht. Larchers Interesse an einer „psychoanalytisch orientierten Sprachdidaktik“ beruhte auf der Hoffnung, sie könnte „den Niederschlag gesellschaftlicher Herrschaft in der psychischen Struktur des einzelnen, der sich gerade im Sprachverhalten manifestiert, für den Betroffenen wahrnehmbar und bearbeitbar … machen. Dadurch könnte sie erreichen, daß blinde psychische Mechanismen durchschaubar und nicht mehr ohne weiteres für politische Zwecke verwertbar würden“128. Dieses emanzipatorische Ziel sei durch „zweckrationale Didaktik“ und „geschlossene Curricula“ nicht erreichbar. Es erfordere vielmehr eine „problemorientierte Didaktik“ und „offene Curricula“, die den Schülern „das Einbringen von Selbsterfahrenem“ erlauben. Der von Larcher empfohlene „sozial-kommunikative Sprachunterricht“ zielte „auf symbolisches Probehandeln im Umgang mit der eigenen Erfahrung hin“129. Um dieses zu erreichen, hat seine Projektgruppe Lese- und Arbeitsbücher für die fünfte bis achte Schulstufe geschaffen, „die zu Gesprächen über (individuelle) Erfahrung, Lebensgeschichte, Identität und gesellschaftliches Schicksal anregen … sollten“.130 In der zweiten Hälfte der Habilitationsschrift wurde als ihre unterrichtsspezifische Leistung anhand der Protokolle von drei mittels der Arbeitsbücher angeregten beispielhaften Unterrichtsverläufen deren qualitativ orientierte „Evaluation“ und ihre Problematik geschildert131. Die methodischen Schwierigkeiten waren groß und mit dem „Kanon approbierter Methoden der Unterrichtsforschung“ nicht zu bewältigen132.
Lorenzer 1970 und 1972. Bei Larcher 1979, 47ff.; Kurzbiographie: Kürsch1987, 2800. 127 Über Habermas vgl. Schröter 2007. 128 Larcher 1979, 12. 129 Ebenda, 76ff. 130 Ebenda, 6 (erläuternder Einschub in der Klammer vom Verfasser). Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 632ff. 131 Ebenda, 79ff. 132 Ebenda, 124ff. 126
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Da dem ganzen Unternehmen realistische Wissensgrundlagen133, klare Begriffe und bewährte methodische Standards gefehlt haben, ist für die Didaktik wie für die Schulreform wenig dabei herausgekommen: „Es wäre falsch, aus diesen Unterrichtsberichten nachträglich Kriterien für erfolgreichen Sprachunterricht herauszudestillieren“. Larcher hat selbstkritisch nicht nur die Grenzen einer objektiven Evaluation des Projektes dargestellt, sondern es geradezu als „unverantwortlich“ eingeschätzt, den von ihm beschriebenen „sozial-kommunikativen Sprachunterricht … als Patentrezept für verbesserten Deutschunterricht zu verkaufen“134. Er hat neben den Chancen dieses die subjektiven Schüleräußerungen herausfordernden Unterrichtsstils auch seine Gefahren gezeigt, weil „ziemlich viel direkte Aggression … die Interaktion bedroht“ und die Lehrer bei den notwendigen Eingriffen die Grenzen ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten erleben lässt.135 Er hat zugeben müssen, dass Lehrer, die den Anforderungen seines Unterrichtsideals genügen können, selten sind und es auch bleiben werden.136 Deshalb kann man dem Urteil Brandstetters kaum widersprechen: Larcher habe zwar „pädagogische Phantasie“ und „eine besondere Sensibilität für gesellschaftliche Zwänge und implizierte Herrschaft“, aber „Das ganze Unternehmen hat etwas Utopisches“. „Dieses ,Unterrichten‘ ist sicher nicht standardisierbar, auch curricular kaum dekretier- und praktizierbar“137. Nach seiner Habilitation hat Larcher in Klagenfurt zwischen 1981 und 1983 dreimal Seminare zu folgenden Themen angeboten: „Das Berghofprojekt“138, „Curriculum,Medienerziehung‘“, „Sprachunter-
133 So hat u.a. Strotzka vom psychoanalytischen Standpunkt aus festgestellt, dass die Arbeit „nicht genügend wissenschaftlich unterbaut ist“. Larcher stütze sich fast ausschließlich auf den Versuch von A. Lorenzer, „die Psychoanalyse linguistisch als Sprachwiederherstellung nach Sprachstörung aufzufassen“. Das sei zwar legitim, aber „wissenschaftlich problematisch ist jedoch die unkritische Übernahme von Lorenzers Ansichten, die in der Psychoanalyse ja keineswegs unbestritten sind. Die große Literatur dazu wird überhaupt nicht berücksichtigt“. Gutachterliche Stellungnahme vom 15.1.1979. 134 Larcher 1979, 128. 135 Ebenda, 119ff. 136 Ebenda, 122. 137 Brandstetter im Gutachten vom 20.2.1979. 138 Gemeint war das in seiner Habilitationsschrift behandelte Projekt „Sprache als soziales Handeln“, das von der „Berghof-Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung“ in München finanziert worden ist. Vgl. Bd. 2, 632.
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richt und politische Bildung“.139 1984 ist seine Hausberufung auf eine neu geschaffene Professur für „Lehrerfortbildung“ erfolgt.140
13. JOSEF KLINGLER ALS PROFESSOR FÜR SCHULPÄDAGOGIK: 1974–2002 Seit der Gründung der Hochschule für Bildungswissenschaften sind drei Jahre vergangen, ehe eine Lehrkanzel für Schulpädagogik eingerichtet worden ist. Unausgereifte „modernere“ Lehrgebiete wie „Bildungsökonomie“, „Bildungsbetriebslehre und -management“, „Bildungsinformatik“, „Unterrichtstechnologie“, „Bildungssoziologie“ oder „Gruppendynamik“ sind dem Gründungsausschuss wichtiger erschienen als diese für die Lehrerausbildung grundlegende Teildisziplin der Erziehungswissenschaft1. Es bedurfte erst einer brieflichen An regung von Wissenschaftsministerin Firnberg, um den Gründungs ausschuss am 1. Feber 1973 dazu zu bewegen, eine Lehrkanzel für „Schulpädagogik“ zu beantragen.2 Sie wurde vom Ministerium an Stelle einer Lehrkanzel für Mathematik I umgehend bewilligt3, nachdem es zuvor das aufgeblähte Planungskonzept der Hochschule abgelehnt hatte4. Die Lehrkanzel wurde sogleich mit Bewerbungsfrist bis 30. Juni 1973 öffentlich ausgeschrieben. Es sind 11 Bewerbungen eingegangen, darunter aus der eigenen Hochschule jene der Dozenten Klingler und Schausberger. Der Berufungskommission haben als Erziehungswissenschafter die Professoren Zdarzil (Vorsitzender) und Trotsenburg angehört sowie die fachfremden Professoren Clement, Heintel, Pol lak und Wolfram. Auf Vorschlag dieser Kommission hat der Grün-
139 140
UBWK, Vorlesungsverzeichnisse SS 1981, WS 1981/82, WS 1982/83. Vgl. in diesem Buch S. 597ff.
1 Liste der bis 1973 geplanten Lehrkanzeln: Protokoll der 5. Sitzung des Gründungsausschusses vom 29.9.1970, 5f.; Protokoll der 12. Sitzung vom 17.7.1971, 4; Protokoll der 18. Sitzung vom 25.5.1972, 18f. 2 Protokoll der 24. Sitzung vom 1.2.1973, 9. 3 Erlass des BMfWF, Zl. 161.603-4/73 vom 18.4.1973. Protokoll der 27. Sitzung vom 24./25.5.1973, 7. 4 Durch Brief des BMfWF vom 19.2.1973, Zl. 179.128-4/72. Protokoll der 26. Sitzung vom 13.4.1973, 4f.
Josef Klingler als Professor Kolumnentitel für Schulpädagogik: 1974–2002
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dungsausschuss mit 15 Prostimmen und einer Gegenstimme folgenden Besetzungsvorschlag beschlossen5: 1. Josef Klingler, Dozent für Unterrichtswissenschaft an der Hochschule für Bildungswissenschaften Klagenfurt; 2. Aloysius Regenbrecht, Ordentlicher Professor für Schulpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Westfalen-Lippe, Abteilung Münster; 3. ex aequo Helmut Zöpfl, Ordentlicher Professor für Schulpädagogik an der Pädagogischen Hochschule München; Johannes Franz, Ordentlicher Professor für Schulpädagogik an der Gesamthochschule Paderborn (Nordrhein-Westfalen). Über Klingler6, Regenbrecht7 und Zöpfl8 ist in diesem Werk bereits berichtet worden. Johannes Franz9 ist am 5. Februar 1921 in Edersdorf bei Römerstadt (Nordmähren) geboren worden und war katholischer Konfession. Er hat in Bayern das Lehramt an Volksschulen ausgeübt und war daneben von 1952 bis 1959 auch Lehrbeauftragter am Institut für Lehrerbildung in Freising (Bayern). 1957 hat er an der Universität München ein Studium der Pädagogik mit der Promotion zum Doktor der Philosophie abgeschlossen. Seine von Friedrich Schneider10 betreute Dissertation war folgendem Thema gewidmet: „Selbsterziehung, Selbsterkenntnis und Selbstbildung bei Friedrich Hebbel“11. Von 1959 bis 1962 hat er als Dozent an der Pädagogischen Hochschule in Vechta (Oldenburg) gearbeitet. Seit 1962 war er Professor an der Pädagogischen Hochschule Paderborn, die 1972 in eine Gesamthochschule mit Universitätsrang überführt worden ist. Sein Arbeitsschwerpunkt lag in der beruflichen Bildung. Publizistisch ist er wenig hervorgetreten. Neben einem Buch über „Die Arbeitslehre im Unterricht der Hauptschule“ (mit H. Meya, 1968/70) hat sein Aufsatz „Der Programmierte Unterricht als Mobilitätsfaktor in der industriellen Aus- und Weiterbildung“ (1971) zur
5 Protokoll der 31. Sitzung vom 21.8.1973, 6f.; Schreiben des Rektors Schöler an das BMfWF vom 31.8.1973. AUK, Karton 334. 6 Vgl. in diesem Buch S. 408ff. 7 Bd. 1, 570f. und 600. 8 Bd. 3, 291ff. 9 Kürschner 1992, 882. 10 Über F. Schneider vgl. in diesem Werk Bd. 3, 64ff. 11 ZfP 4 (1958), 202.
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Verbindung mit Walter Schöler beigetragen. Dieser hat ihn im Studienjahr 1972/73 als Gastvortragenden für die an seiner Lehrkanzel geplanten Doktoratsstudien gewonnen. Als Blockveranstaltungen waren eine Vorlesung mit Übung über „Didaktische Systemversuche“ und die Mitarbeit an den Allgemeinen Hochschulkursen „Programmierter Unterricht“ und „Training des Lehrverhaltens“ angekündigt.12 Der Besetzungsvorschlag war eindeutig auf die Berufung von Klingler ausgerichtet. Er habe sich als langjähriger Lehrer und in der Lehrerausbildung wie als Forscher „in der empirischen Bearbeitung wichtiger Fragen des Bildungswesens und aktueller Bildungsprobleme unserer Gesellschaft bewährt“, kenne „die Probleme des österreichischen Bildungswesens“ und habe „seine Qualifikation auch durch seine Mitarbeit am Aufbau der Klagenfurter Hochschule unter Beweis gestellt“. Über den Mitbewerber Schausberger wurde festgestellt, dass er „für das Fach Schulpädagogik zu wenig ausgewiesen“ und deshalb im Vorschlag „nicht berücksichtigt“ worden sei.13 Der Beschluss des Gründungsausschusses über diesen Besetzungsvorschlag ist in der gleichen Sitzung am 21. August 1973 erfolgt wie jener für die Besetzung der Lehrkanzel für Allgemeine Erziehungswissenschaft. Auf beide Lehrkanzeln sind die Berufungen jedoch erst sieben bzw. zehn Monate später erfolgt. So ist Klingler erst im März 1974 berufen worden. Als Grund der Verzögerung ist die bereits früher erwähnte14 Intervention der sozialistischen Wissenschaftsministerin Firnberg zugunsten des sozialistischen Bewerbers Schausberger anzusehen, der sich um beide Lehrkanzeln beworben hatte. Das Ministerium hat gegenüber der Hochschule gerügt, „daß bei den Bewerbungen Klagenfurter Dozenten um Lehrkanzeln an der dortigen Hochschule offensichtlich zweierlei Maß angelegt wurde“. Während Klingler im Vorschlag für Schulpädagogik an erster Stelle gereiht worden sei, scheine Schausberger im Vorschlag für Allgemeine Erziehungswissenschaft nicht auf. Eine „nähere Prüfung“ habe ergeben, dass „Klingler zu einem Probevortrag eingeladen worden war, während dies bei … Schausberger jedoch unterblieb“. „Nach diesem Vorgang“ scheine
12 HBW: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen WS 1972/73, 19, 26, 29. 13 Schöler am 31.8.1973 in der Begründung des Ternavorschlages für das BMfWF. AUK. 14 Vgl. in diesem Buch S. 405f.
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„die Chancengleichheit nicht für alle Bewerber gleichmäßig gewahrt worden zu sein“15. Rektor Schöler hat darauf geantwortet, dass Schausbergers „Schwergewicht auf dem Gebiet der Didaktik der politischen Bildung“ liege und sein Fehlen im Ternavorschlag „sachlich begründet“ sei. Der Verdacht, dass keine Chancengleichheit bestanden habe, wurde durch folgenden Hinweis entkräftet. Beide Berufungskommissionen hätten es „ursprünglich nicht für erforderlich“ gehalten, „daß Klingler und Schausberger zu Probevorträgen einzuladen seien, zumal sie beide erst kurze Zeit vorher ihre wissenschaftliche Qualifikation durch die Habilitation an der Hochschule erwiesen hatten und dies allen Beteiligten bekannt war. Daß Dr. Klingler für ,Schulpädagogik‘ dennoch gesprochen hat, ist darauf zurückzuführen, daß durch kurzfristige Absage eines auswärtigen Bewerbers ein Vortragstermin frei wurde und nunmehr bot Dr. Klingler von sich aus an, hier einzuspringen. Von einer unterschiedlichen Behandlung der Berufungswerber kann aufgrund der gegebenen Sachlage nicht gesprochen werden.“16 Erst als sich für Schausberger die Berufung auf eine historische Lehrkanzel abzeichnete, ist die Intervention zugunsten einer pädagogischen Lehrkanzel für ihn abgebrochen worden.17 Am 22. März 1974 ist der Ruf an Klingler ergangen18 und am 12. Juni 1974 ist seine Ernennung zum Ordentlichen Hochschulprofessor für Schulpädagogik erfolgt19. Da er der Hochschule schon seit 1970 angehört und sich bereits 1973 anlässlich seiner Habilitation mit einem Vortrag öffentlich vorgestellt hatte, hat er auf eine Antrittsvorlesung verzichtet. Klingler hat sein Lehramt 28 Jahre lang ausgeübt. Gemeinsam mit seinem ein Jahr später berufenen Innsbrucker Studienkollegen Peter Posch hat er im „Institut für Lehrplantheorie und Schulpädagogik“ wesentlich dazu beigetragen, den ursprünglich unterrichtswissenschaftlich-maschinentechnologischen Schwerpunkt der Hochschule
15
16
BMfWF, Zl. 176.414-4/73 an die HBW am 3.10.1973 (signiert von BM. FirnADR 02, Hauptreihe 1–29, 8 Klagenfurt. Schöler am 30.11.1973 an das BMfWF. AdR, 02, 8 Klagenfurt. Vgl. in diesem Buch S. 405ff. Durch Sektionschef Walter Brunner, Zl. 175.969-4/73. AUK, Karton 334. BM. Firnberg an Klingler am 16.7.1974, BMfWF, Zl. 161.747-4/74. AUK.
berg). 17 18 19
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durch eine praxisnahe Schulpädagogik und Lehrerausbildung zu ergänzen. Als Arbeitsgebiete hat er neben der Schultheorie auch Erwachsenenbildung und Jugendforschung gewählt20. In der Schulpädagogik kam es ihm besonders darauf an, „die Verbindung zur Praxis der schulischen Arbeit zu betonen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Entwicklung im Bereich der Schulreformbestrebungen aufmerksam zu verfolgen und nach Möglichkeit daran mitzuarbeiten. Natürlich erzwingen die beschränkten personellen Voraussetzungen eine Auswahl von Arbeitsschwerpunkten. Sie liegen gegenwärtig im Bereich der Schultheorie (Organisationsformen, Ziele und Möglichkeiten der Schulreform, gesellschaftliche Bedeutung des Schulwesens), der Fragen schulischer Leistung und deren Beurteilung, der Lehreraus- und Weiterbildung sowie der Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern. Geplant ist eine Schwerpunktsetzung im Zusammenhang mit Problemen der Schullaufbahn- und Erziehungsberatung sowie eine stärkere Beachtung neuer Unterweisungsverfahren.“21 Diesem Programm aus dem Jahre 1977, in dem er als Rektor die Leitung der in ihrem Bestand gefährdeten Universität übernommen hat, sind Leistungen gefolgt, die später mit dem Satz gewürdigt worden sind, „daß unter seiner Leitung das Studium der Pädagogik ein österreichweit einzigartiges Profil erhielt“.22 Bei seinen Lehrveranstaltungen hat Klingler in Vorlesungen folgende Themen behandelt23: „Probleme der Bildungschancen im gegenwärtigen Schulsystem“, „Belastungsschwerpunkte im Lehrerberuf“, „Probleme der Leistungsmessung und Leistungsbeurteilung im Bereich der Schule“, „Öffentliche Erziehungs- und Bildungsinstitutionen“, „Erziehungs- und Führungsstile“, „Merkmale und sozialpsychologische Implikationen des schulischen Leistungsbegriffs“, „Schule als soziales Interaktionsfeld“, „Qualifikations- und Sozialisationsschwerpunkte im Aufbau des österreichischen Schulwesens“, „Einführung in die Theorie der Erziehung und Bildung“, „Theorie der Schule“, „Theorie schulischer Bildungsprozesse“, „Schulische und gesellschaftliche Bedingungen des Lehrens und Lernens“, „Einführung in die Wissenschaftstheo-
20 Hödl 1980, 128f; Klingler 2002, 196, 227. 21 Klingler 1977a. 22 Unisono plus, 1/2008, 18 anlässlich der Verleihung des Ehrenringes der Universität Klagenfurt an Klingler. 23 Chronologisch nach den Vorlesungsverzeichnissen der UBWK bzw. UKL vom SS 1975 bis WS 2005/06.
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rie der Erziehungswissenschaft und der Sozialwissenschaften“, „Erziehungslehre“, „Erziehung, Schule und Gesellschaft“, „Aufbau und Organisationsprinzipien der österreichischen Schule als staatliche Institution“, „Schulischer Leistungsbegriff und Prüfungsverfahren“, „Erziehungs- und Unterrichtsstile“, „Schulische Sozialisation und Bildungschancen“, „Soziale Beziehungen in der Schulklasse“, „Beziehungen zwischen Eltern, Lehrern und Schülern“, „Theorie der politischen Bildung“, „Geschlechtsspezifische Erziehung und Sozialisation“, „Beziehung und Leistung“, „Das Studium als pädagogisches Handlungsfeld“, „Erfolgsüberprüfung in pädagogischen Prozessen“, „Bildung und Entwicklung im Erwachsenenalter“, „Einführung in die Pädagogik“. Klinglers Seminare hatten folgende Themen: „Probleme der schulischen Sozialisation“, „Bildungs- und Erziehungsberatung“, „Probleme einer Schulreform (Wie Schule sein könnte)“, „Sprachliche Sozialisation in der Schule“, „Beziehungen zwischen Eltern und Lehrern“, „Bedingungen und Konsequenzen des Pädagogikstudiums“, „Methodische Konzepte der Elternbildung“, „Leistungsbeurteilung in Schule und Universität“, „Arbeitsmethoden in der Erwachsenenbildung“, „Qualifikation und Leistungsbeurteilung“, „Zwischenmenschliche Beziehung und Leistung“. Die Veranstaltung über „Beziehungen zwischen Eltern, Lehrern und Schülern“ ist als „Modell-“ und „Projektseminar“ zwecks Beratung von Erziehungspraktikern wie aus Forschungsinteresse seit 1977 in jedem Semester durchgeführt worden. Sie ist von mehrjährigen Teilnehmern, die dort im Rahmen von Gruppengesprächen „die äußerst fruchtbaren Arbeits- und Forschungsverfahren kennenzulernen“ Gelegenheit hatten, als besonders gute Ausbildung geschätzt worden.24 Vor allem aber hat sie sich als praktische Verständigungshilfe für Angehörige der drei Gruppen bewährt. Wegen der großen Nachfrage ist sie von Klingler auch noch nach seiner Emeritierung im Jahre 2002 als „Konversatorium“ mit dem Titel „Beziehungsprobleme Eltern, Lehrer, Schüler“ fortgeführt worden.25
ler
Knapp 2008, 32. Als protokolliertes Beispiel der Arbeitsmethode vgl. Kling1998. 25 Kurzbericht in: Unisono, 1/2008, 18. 24
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Vergleicht man diese Themen mit den Lehrgebieten seiner Fachkollegen Schöler und Trotsenburg26, dann dürfte Klinglers Lehrangebot den schulpraktischen Interessen von Lehramtsstudenten und an Fortbildung interessierten Lehrern mehr entsprochen haben. Das zeigt sich auch an den vorwiegend schulpädagogischen Themen der 44 von ihm betreuten Diplomarbeiten, deren Nennung hier aus Platzmangel unterbleiben muss27. Bei der Zahl und den Themen der Dissertationen ist dieser Arbeitsschwerpunkt weniger deutlich. Ein langfristiges schulpädagogisches Forschungsprogramm ist aus ihnen nicht erkennbar. Klingler hat folgende 10 Dissertationen als erster Gutachter angenommen28: Gerald Knapp: Erziehung unter den institutionellen Bedingungen der österreichischen Internate, Schüler- und Lehrlingsheime aus der Sicht der Heimleiter und Erzieher (1984); Karl Pirker: Einstellung Jugendlicher zum Religionsunterricht (1989); Petra-Eva Oberrauner: Frei-sein – Individuell-sein – Glücklich-sein (1990); Arnulf Ramusch: Schüler- und Lehrlingsheime aus der Sicht der Eltern. Eine auf Kärntner Heime der Anstaltsart „Internat für Schüler“ bezogene schul- und sozialpädagogische Erkundungsstudie (1990); Sonja Wutte: Die Weiterbildung im Erwachsenenalter unter besonderer Berücksichtigung der außerbetrieblichen Berufsfortbildung am Beispiel Kärntens (1992); Gerhild Thuller-Arneitz: Der Betreuungslehrer als Konfliktlösungsstratege. Die Bearbeitung von Konflikten im schulischen Alltag (1995); Elfriede Offner: Betreuung verhaltensauffälliger Schüler/innen auf kreativen Wegen (1996); Margot-Klaudia Wallner-Burgstaller: Erfahrung von Kindheit in 21 Jahrhunderten. Soziologische, pädagogische und psychologische Aspekte (1996); Kornelia Tischler: Die Entwicklung der Hauptschule aus der Sicht der Lehrerinnen und Lehrer (1997); Ehrfried Stocker: Berufsethik in der Sicherheitsexekutive. Der Mensch in der Uniform (2000).
Von diesen Dissertanten ist einer zur Habilitation gelangt: Gerald Knapp hat 1989 an der Klagenfurter Universität die Lehrbefugnis als Dozent für Erziehungswissenschaft erworben.29
26 27 PAB. 28 29
Vgl. in diesem Buch S. 267f. und S. 283ff. Liste aus der Studien- und Prüfungsabteilung der UKL vom Juni 2010 im Nach ZfP 27(1981), 489 bis 47(2001), 430. Vgl. in diesem Buch S. 677ff.
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Klinglers eigene Publikationen waren wie die Themen seiner Lehrveranstaltungen praxisnah, vielseitig und gehaltvoll. Sie sind jedoch überwiegend in Zeitschriften, Tagungsberichten, Sammelbänden und Festschriften erschienen, die über kleine Leserkreise hinaus wenig Beachtung gefunden haben. In der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist er bis 2009 nur einmal zitiert worden. An Buchveröffentlichungen ist neben der Dissertation (1971) und einem Forschungsbericht über die Einstellungen Tiroler Jugendlicher unter dem Titel „Ausgangspunkte der Zukunft“ (1977) nur ein weiterer Band erschienen: „Wissenschaft und Menschlichkeit. Eine Einführung in wissenschaftstheoretische Probleme an der Hand von Ignac Fülöp Semmelweis“30 (2002). Er bietet eine gut verständliche Erläuterung der persönlichen, gesellschaftlichen und ethischen Seiten wissenschaftlicher Arbeit im Zusammenhang mit den jeweils geltenden Regeln, Methoden und Resultaten von Forschung im Allgemeinen am Beispiel einer gründlichen Fallstudie aus der Geschichte der Medizin. Besonders betont wurde die unausweichliche Abhängigkeit von weltanschaulichen Voraussetzungen, subjektiven Erfahrungen und Wertungen bei Themenwahl, Theorienbildung und Interpretation der Ergebnisse. Die Verbindung mit Klinglers Arbeitsgebiet Erziehungswissenschaft wurde allerdings nur flüchtig angedeutet. Da sein Buch eine Art Schlussbilanz seiner wissenschaftsphilosophischen Überlegungen war, verwundert es, dass er diese nicht an Beispielen aus dem eigenen Fach dargestellt hat. Die Bevorzugung der Medizingeschichte könnte als Enttäuschung über das bisher erreichte wissenschaftliche Niveau der Pädagogik gedeutet werden. Zur Kritik dieses Niveaus und zu seiner Verbesserung hat Klingler durch konkrete Situationsbeschreibungen und Vorschläge publizistisch in rund 50 Aufsätzen beigetragen. Erwähnung verdient vor allem jener aus dem Jahre 1979 über „Probleme der Pädagogik als wissenschaftlicher Disziplin“. Darin wurden nicht nur ihre Mängel im Allgemeinen dargestellt, sondern auch ihre besonderen Schwächen an den österreichischen Universitäten. Bemängelt wurden die Unklarheit der Begriffe, die Nachlässigkeit bei der Abgrenzung ihres Gegenstandsbereiches gegenüber den Nachbardisziplinen und „die Distanz zur erzieherischen Praxis“. Diese zeige sich auch „in der auffallenden Zurückhaltung bei
30 Über Ignaz Philipp Semmelweis (1818–1865), den Entdecker der Ursache des „Kindbettfiebers“, vgl. Bruckmüller 2001, 456; ÖBL, Bd. XII, 2005, 168f.
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der Formulierung konkreter Beschreibungen, aus denen sich Handlungsvorschläge ableiten ließen, deren Zweckmäßigkeit in der Praxis sofort überprüft werden könnte“.31 „Die theoretische Strukturierung des Faches ist unzureichend geblieben, die Fachliteratur ist weithin für Praktiker unverständlich oder irrelevant“.32 „Die notwendige fachimmanente Kritik“ werde „entweder überhaupt vernachlässigt“ oder verharre „überwiegend in negativen Stellungnahmen“, statt zur „Überprüfung der gegenseitigen Vorurteile“ beizutragen.33 „Die Kommunikation zwischen den Erziehungswissenschaftern kommt bereits innerhalb derselben Universität zu kurz; zwischen den verschiedenen Universitäten besteht sie überhaupt nur in sporadischen Ansätzen“.34 Die „Unfähigkeit zur umfassenden Arbeitsplanung innerhalb des eigenen Gegenstandsbereichs“ habe dazu geführt, sich „nach Art von Modeströmungen immer neuen Schwerpunkten“ aus Nachbarwissenschaften zuzuwenden, „als ob man darauf angewiesen wäre“.35 Die „Auswahl der Arbeitsthemen“ berücksichtige viel zu wenig die Bedeutung aktueller Probleme, die die Erziehungspraktiker bedrücken. „Entsprechend der Distanz zur Realität erzieherischen Handelns sind zahlreiche Forschungsansätze, die Methoden und die aus den Ergebnissen abgeleiteten Interpretationen und Handlungsanleitungen vielfach zu einseitig. Sie ziehen die Voraussetzungen erzieherischen Handelns, dessen Rahmenbedingungen und die davon beeinflußte Erfolgswahrscheinlichkeit oft nicht in Betracht. Praktiker müssen solche Aussagen als böswillige Unterstellungen realitätsfremder ,Theoretiker‘ empfinden; Analysen, die alle wichtigen Aspekte berücksichtigen, werden ihnen ja kaum geboten, sondern vielfach nur Appelle an ihren guten Willen und ihre Anstrengungsbereitschaft, nachdem man ihnen vorher ihre Unfähigkeit bescheinigt hat. Beispiele für solche Tendenzen in der Fachliteratur lassen sich in fast beliebigem Umfang beibringen; ich nenne die Diskussion der Autoritätsfrage, der ,Erziehungsstile‘ und des Einflusses persönlicher Voreinstellungen von Lehrern auf die Leistungsbeurteilung. Die Behandlung solcher Fragen wird zeigen müssen, daß die schwierigen Bedingungen erzieherischen Handelns gewürdigt werden und welche realen Möglichkeiten einer Verbesserung
31 32 33 34 35
Klingler 1979, 50. Ebenda, 56. Ebenda, 53, 47. Ebenda, 51. Ebenda, 46.
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trotzdem zur Verfügung stehen, sonst erweckt man nur unwillige Ablehnung.“36 Eine einführende Beschreibung der realen „institutionellen Voraussetzungen schulischer Arbeit“37 hat Klingler in einer für Lehrer an höheren Schulen bestimmten Lehrschrift im Umfang von 94 Seiten geboten. Sie ist 1980 unter dem Titel „Erziehung und Unterricht unter den Bedingungen der Institution Schule“ erschienen. Ein Muster klarer und kritisch ausgewogener Darstellung ist die 58seitige Schrift über „Objektivität und Gerechtigkeit bei der Beurteilung von Schülerleistungen“ (1982). Aus der Menge der Aufsätze seien hier nur folgende Titel genannt: „Der Blick durch die Augen des Fremden oder Eltern und Lehrer sehen einander im Spiegel“ (1978), „Universität und Öffentlichkeit“ (1980), „Fortbildung durch Universitäten“ (1982), „Zusammenarbeit zwischen Familie, Kindergarten und Schule“ (1982), „Bildungswissenschaft und Bildungspolitik“ (1983), „Verrechtlichung und Freiheit in der Schule“ (1985), „Erscheinungsformen von Autorität (1985), „Studienwahl: Eine problematische Entscheidung“ (1989), „Angst und schulisches Lernen“ (1990), „Erwachsenenbildung als Spannungsfeld“ (1992), „Spiel und musisches Verhalten im Kindergarten und in der Schule“ (1995), „Didaktische Aspekte wissenschaftlicher Weiterbildung“ (2002). Klinglers Schriften zeichnen sich durch Lebensnähe, klare Systematik, Verständlichkeit und möglichst engen Bezug zur Erziehungspraxis aus. Sie sind auf der Grundlage einer breiten Kenntnis der Fachliteratur weitgehend aus den eigenen Erfahrungen als Lehrer, Gruppenleiter und Berater hervorgegangen. Ihm war „bei erziehungswissenschaftlichen Problemen die genaue Analyse der bestehenden Verhältnisse und deren sorgsame Kritik sehr wichtig, jedoch vorwiegend als Ausgangspunkt für sinnvolle und realistische Verbesserungsversuche“, an denen er sich nach Möglichkeit selbst beteiligte. In der pädagogischen Ausbildung folgte er dem methodischen „Grundsatz, daß erzieherisch tätigen Menschen die verallgemeinernden Deutungen der ,Theorie‘ nicht ,von oben‘ aufgedrängt werden, sondern daß sie selbst lernen sollten, die Erfahrungen in ihrer ,Praxis‘ angemessen zu reflektieren – oder eben ,Theorie‘ zu bilden. Dies gelingt am ehesten,
36 37
Ebenda, 49. Klingler 1980a, 6.
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wenn ihnen Verständnis entgegengebracht und allenfalls nötige Kritik an Fehlern selbst überantwortet wird“.38 Bei grundsätzlich empirischer Orientierung im Sinne seines Lehrers Brezinka39 hat sich Klingler in Forschung, Lehre und Veröffentlichungen zunehmend „auf Aspekte der Kommunikation und der Beziehung“ in Erziehungsfeldern konzentriert. Es ging ihm von Familien, Kindergärten und Schulen bis zur Erwachsenenbildung um die „Frage, unter welchen konkreten Bedingungen ganzheitliche Erfahrungen (in enger Verbindung kognitiver, emotionaler und ethischer Lernprozesse) begünstigt werden und wie solche Zusammenhänge erforscht, theoretisch begründet und in der Praxis realisiert werden können“.40 Die Bedeutung eigener Erfahrungen und „emotionaler Voraussetzungen, Begleiterscheinungen und Folgen von (sozialen) Beziehungen, die letzten Endes die Grundlage auch kognitiver Lernprozesse darstellen, wird zwar selten explizit geleugnet, aber in der Praxis der Ausbildung (für pädagogische Berufe) weitgehend vernachlässigt“41. Deshalb hat sich Klingler mit den üblichen Vorlesungen, Vorträgen und Publikationen nicht begnügt, sondern – ähnlich wie Volker Krumm an der Salzburger Universität42 – auch in offenen Seminaren mit Studierenden, Lehrern, Eltern und Schülern deren erziehungspraktische Fragen zu bearbeiten versucht. Er hat über 30 Jahre lang in jedem Semester öffentlich zugängliche Abendkurse, themenorientierte Nachmittagsveranstaltungen und mehrtägige Wochenendseminare zur Praktischen Pädagogik angeboten, die viel Zuspruch gefunden haben. Diese breite volksbildnerische Gruppenarbeit im regionalen Kärntner und Tiroler43 Umfeld hat zunehmend auch seine wissenschaftlichen Interessen sowie Inhalte und Stil seiner Publikationen bestimmt.
38 Klingler 1998, 345. 39 Klingler 2010a, 1. 40 Klingler 2009, 1. 41 Ebenda, 18 (erläuternde Einschübe in den Klammern vom Verfasser). 42 Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 222. 43 Zu diesen Aktivitäten gehörten u.a. Seminare für Familienhelferinnen im Tiroler Volksbildungsheim Grillhof, Seminare mit Langzeit-Arbeitssuchenden und die Leitung zweijähriger Lehrgänge für Erziehungsberatung am Innsbrucker „Zentrum für Ehe- und Familienfragen“ in Zusammenarbeit mit seiner Frau Marianne. Insgesamt sind fünf Lehrgänge mit jeweils etwa 20 Teilnehmerinnen durchgeführt und mit Prüfungen abgeschlossen worden. Klingler 2010b, 9.
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Klingler hat auch auf diese Weise wesentlich dazu beigetragen, seine von der Bevölkerung zunächst mit Skepsis betrachtete Hochschule in Kärnten zu verwurzeln und das Vertrauen in sie zu fördern. Er ist 1976 für die Studienjahre 1977/78 und 1978/79 zu ihrem Rektor gewählt worden44. Mit gutem Grund hat er in seiner Inaugurationsrede am 21. November 1977 das Thema „Die Universität zwischen Isolierung und Engagement“ behandelt und in einer kritischen Analyse um Verständigung zwischen „Universität und Öffentlichkeit“ geworben45. Er hat Verständnis für die bestehenden Vorbehalte gezeigt und zu ihrem Abbau folgende „Schwerpunkte der wissenschaftlichen Arbeit“ empfohlen: „1. die besondere Betonung von Problembereichen, die für die geistige Bewältigung des Alltagslebens, der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Probleme relevant sind; 2. größte Sorgfalt bei der sprachlichen Mitteilung bzw. die Suche nach Sprachformen, die wissenschaftliche Fragen und Ergebnisse auf verständliche Weise zutreffend charakterisieren; 3. die Entwicklung bzw. Verstärkung von Verhaltensmustern, die dem jeweiligen Partner nicht nur die Möglichkeit des Mitdenkens lassen, sondern ihn dazu herausfordern. Gewiß bleibt ein dauerhafter Unterschied: Es läßt sich nicht vermeiden, daß jene, die sich hauptberuflich mit bestimmten Fragen auseinandersetzen, auf diesem engen Gebiet einen gewichtigen Vorsprung aufweisen und fast notwendig in die Position des Lehrmeisters geraten. Aber auch mit Lehrmeistern läßt sich reden, wenn sie mit sich auf eine Weise reden lassen, welche die Vertretung eigener Standpunkte nötig und interessant macht, und wenn ausreichend Gelegenheit besteht, den eigenen Erfahrungsschatz zur Geltung zu bringen.“46 Klingler hat seine Arbeit als Rektor, als Professor und als langjähriger Vorsitzender der „Studienkommission für die Studienrichtung Pädagogik“ selbst beispielhaft auf diese „Schwerpunkte“ konzentriert. Dadurch ist es ihm gelungen, auch bei vielen Menschen, die der Universität fernstanden, Interesse und Verständnis für die Humanwissenschaften und ihre Anwendungen zu wecken. Neben der Fortbildung
44 Mit 18 Stimmen für den Pädagogiker Klingler gegen 16 für den Elektrotechniker Melezinek als Gegenkandidaten und einer Enthaltung. Beilage zum Protokoll der 3. Sitzung des Universitätskollegiums vom 9.6.1976. AUK; BMfWF 1977, 11. 45 „Weitgehend“ publiziert bei Klingler 1980, 93–101. 46 Klingler 1980, 96.
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von Lehrern, Eltern und Sozialarbeitern hat er sich auch viele Jahre lang in der pädagogischen Ausbildung des Lehrpersonals von Gendarmerie- und Polizeischulen sowie in Universitätslehrgängen für Lehrende in Gesundheitsberufen47 engagiert. Klingler ist am 20. August 2010 im Alter von 76 Jahren in Innsbruck gestorben48.
14. PETER POSCH ALS PROFESSOR FÜR LEHRPLANFORSCHUNG: 1975–2000 Mit dem Abgang von Hans Rauschenberger1 war die Lehrkanzel für Lehrplanforschung am 1. Februar 1975 vakant geworden. Sie wurde vom Gründungsausschuss mit folgendem Text zur Neubesetzung ausgeschrieben: „Bewerber sollten das Gebiet der Curriculumtheorie und Curriculumentwicklung im Zusammenhang mit pädagogischen, didaktischen und schulpädagogischen Fragestellungen in Lehre und Forschung vertreten und die dazu notwendigen Methoden beherrschen. Wünschenswert wäre weiters, daß eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit solchen Gebieten wie Bildungsplanung und Bildungspolitik erfolgt ist.“2 Der Berufungskommission haben neben Schöler als Vorsitzendem die Professoren Zdarzil, Klingler, Heintel, Schausberger und Melezinek angehört.3 Die Kommission hat sich auf folgende vier Bewerber geeinigt: Dietrich Benner, ordentlicher Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Münster; Dieter Lenzen, Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Münster; Peter Posch, Dozent für Allgemeine Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik an der Wirtschaftsuniversität Wien; Wolfgang P. Teschner, ordentlicher Professor für Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule Kiel.4 Über Ben-
47 Vgl. Klingler 1996; Klingler/Knapp/Tischler 2002. 48 Nachruf: Alpen-Adria-Universität Klagenfurt: UNI News, 2010 (In Memoriam Josef Klingler, 1934–2010).
1 2 3 4
Vgl. in diesem Buch S. 350ff. ÖHZ, 1.2.1975, 24. Protokoll der 43. Sitzung des GA vom 4.12.1974, 13. AUK. Besetzungsvorschlag der HBW an das BMfWF vom 18.6.1975. AUK.
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und Posch ist bereits früher berichtet worden.5 Darum genügt hier ein Blick auf die Bewerber Teschner und Lenzen. Wolfgang P. Teschner wurde am 1. November 1942 als Sohn eines Buchhalters in Berlin geboren.6 Er besuchte die St. Marien-Grundschule in Berlin-Neukölln und das Canisius-Kolleg der Jesuiten im altsprachlichen Zug des Gymnasiums bis zur Reifeprüfung im Jahre 1963. Anschließend studierte er an der Pädagogischen Hochschule Berlin und schloss 1966 mit der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt ab. Er arbeitete als Grundschullehrer in Berlin und wurde dort schon 1968 Didaktischer Leiter der Gesamtschule Britz-Buckow-Rudow (später Walter-Gropius-Schule). Neben Aufgaben in der Curriculum- und Testentwicklungsarbeit für verschiedene Unterrichtsfächer begann er ein Doktoratsstudium der Pädagogik, Bildungsökonomie und Germanistik an der Philosophischen Fakultät der Technischen Universität Berlin, das er am 14. September 1970 mit der Promotion abschloss. Seine Dissertation war folgendem Thema gewidmet7: „Interdifferenzierter Unterricht an integrierten Sekundarstufen. Eine theoretische und empirische Bestandsaufnahme zum Unterricht in Fachleistungskursen unter Verwendung von Daten aus der Walter-Gropius-Schule (Gesamtschule) in Berlin“. Gutachter waren die Professoren Gerhard Priesemann und Friedrich Edding. 1969 verbrachte Teschner ein Studiensemester in Schweden an der Lehrerhochschule in Malmö und der Universität Lund. Nach der Promotion arbeitete er als Stipendiat der Stiftung Volkswagenwerk am Pädagogisch-Psychologischen Institut der Lehrerhochschule Malmö an Projekten der Curriculum-Entwicklung und der Unterrichtsdifferenzierung. Daraus ist sein Buch „Pädagogische Innovation in Schweden. Eine Fallstudie über die Region Malmö“ (1972) hervorgegangen. 1971 wurde er Dozent für Allgemeine Didaktik und Schulpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, 1972 Professor für Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule Kiel. 1973 erfolgte an der Technischen Universität Berlin die Habilitation für Erziehungswissenschaft auf Grund einer ungedruckt gebliebenen Habilitationsschrift über „Möglichkeiten und Grenzen des erziehungswissenner
5 Zu Benner vgl. S. 353f., 385ff.; zu Posch S. 156ff. 6 Tabellarischer Lebenslauf und „Bildungsgang“ von 1972, PAB; Kürschner 1996, 1457. 7 Mitteilung des Archivs der Technischen Universität Berlin vom 25.8.2010 an den Verfasser. PAB. Im GVH und in der ZfP nicht enthalten.
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schaftlichen Experiments im Rahmen von Innovationsstrategien“8. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen Schriften über „Wissenschaftliche Zielanalyse als Kern der Curriculumentwicklung“ (1971), „Unterrichtstechnologie und Didaktik“ (1973) und „Evaluation und Revision der Differenzierungsmodelle an den Gesamtschulversuchen SchleswigHolsteins“ (1974) vor. Dieter Lenzen9 wurde am 27. November 1947 in Münster (Westfalen) geboren. Er hat an der dortigen Universität Erziehungswissenschaft, Philosophie, Deutsche Philologie, Anglistik und Niederlandistik studiert und 1970 mit einer Arbeit über „Methodologieprobleme gegenwärtiger Curriculumforschung“ den Magistergrad „mit Auszeichnung“ erworben. Anschließend wurde er Assistent von Herwig Blankertz10 im „Pädagogischen Seminar“ (ab 1972 „Institut für Erziehungswissenschaft“). 1973 erfolgte die Promotion zum Doktor der Philosophie „summa cum laude“ auf Grund einer von Blankertz betreuten Dissertation über „Studien zur strukturalen Didaktik und Curriculumforschung“. Sie ist 1973 als Buch unter dem Titel „Didaktik und Kommunikation“ erschienen.11 Blankertz hatte sich in einer Arbeitsgruppe für Curriculumforschung engagiert und ist 1972 vom Kultusministerium des Landes Nordrhein-Westfalen zur Leitung der Begleitforschung zum Modellversuch der „Kollegschule“ freigestellt worden12. Das war ein Reformprojekt der gymnasialen Oberstufe, das eine Integration allgemeinbildender und berufsbildender Lehrgänge leisten sollte13. Lenzen war seit 1973 sein Mitarbeiter bei der Planung und Evaluation dieses Schulversuches. Er stand zur Zeit der Klagenfurter Beratungen im Alter von 27 Jahren erst am Anfang seiner wissenschaftlichen Laufbahn und hatte publizistisch noch nicht mehr als seine Dissertation aufzuweisen. Unter diesen Umständen scheint bei seiner Nominierung eine Empfehlung durch Blankertz als Mitglied des Klagenfurter Beirates (bis 1977) unter Hinweis auf eine geplante Habilitationsschrift über „Probleme
8 ZfP 20 (1974), 331. 9 Kurzbiographien: Wer ist wer? Das deutsche Who´s who, XXXIX, 2000/01, 859; Kürschner 2007, 2129. 10 (1927–1983). Kurzbiographien: Horn 2003, 192; W. Böhm 2005, 104. 11 ZfP 20 (1974), 339. 12 Bokelmann 1984, 8. 13 W. Böhm 2005, 363f.
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der Curriculumkonstruktion in der Kollegschule“14 mitgespielt zu haben. Alle vier Bewerber sind der Kommission zwar als „listenreif“ erschienen, aber es konnte keine Einigung über ihre Reihung erzielt werden. Sie hat dem Gründungsausschuss deshalb zwei Listen vorgelegt. Die erste lautete: primo loco: Benner secundo loco: Lenzen tertio loco: Posch, Teschner. Die zweite Liste lautete: primo loco: Posch secundo loco: Lenzen, Benner tertio loco: Teschner. Nach eingehender Diskussion wurde die „Rückverweisung der Vorschläge in die Kommission” beschlossen und die Ternakommission durch die Zuwahl Trotsenburgs und des Soziologen Paul Kellermann15 erweitert16. Im Wesentlichen ist es um eine Richtungsentscheidung am ersten Platz zwischen philosophisch-wissenschaftstheoretischer oder empirisch-pragmatischer Grundorientierung gegangen: Benner oder Posch. Auch die erweiterte Kommission konnte keinen Konsens erreichen, sondern hat dem Gründungsausschuss am 11. Juni 1975 folgende Alternativen vorgeschlagen: I) 1. Benner II) 1. Benner, Posch 2. Posch, Teschner 2. Teschner 3. Lenzen 3. Lenzen. Die Abstimmung ergab 13 Stimmen für Liste I, 9 Stimmen für Liste II und 2 Enthaltungen.17
14 Ternavorschlag der HBW vom 18.6.1975, 6: Lenzen sei „gegenüber den anderen Bewerbern noch sehr jung … und gerade erst im Begriff, seine Habilitationsschrift abzuschließen“. Tatsächlich ist diese nicht erschienen, sondern Lenzen ist am 1.7.1975 ohne Habilitation zum Wissenschaftlichen Rat und Professor am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Münster ernannt worden. 1977 wurde er als ordentlicher Professor für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt „Philosophie der Erziehung“ an die Freie Universität Berlin berufen. 15 Über Kellermann vgl. in diesem Buch S. 469ff. 16 Protokoll der 46. Sitzung des Gründungsausschusses am 7.5.1975, 15f. 17 Protokoll der 47. Sitzung des GA am 11.6.1975, 10.
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Wissenschaftsministerin Firnberg hat am 15. August 1975 Posch berufen18. Über ihn hieß es im Besetzungsvorschlag: „Seine Aktivitäten bei der Entwicklung eines wissenschaftlichen Konzeptes für die Klagenfurter Hochschulgründung in den Jahren 1968–1970 sind allgemein anerkannt“. Er betreue seit 1971 ein Entwicklungsprojekt des Unterrichtsministeriums „Lehrzielbank für berufsbildende höhere Schulen“ und „seine wissenschaftliche Eignung für Projektarbeit auf Entwicklungsgebieten mit interdisziplinärer Ausrichtung sticht besonders hervor“.19 Er ist von Bundespräsident Rudolf Kirchschläger am 11. Dezember 1975 zum Ordentlichen Universitätsprofessor für Lehrplanforschung ernannt worden20. Von 1976 bis zum vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand im Jahre 2000 hat er das Erscheinungsbild der Schulpädagogik an der Klagenfurter Universität und österreichweit wesentlich mitbestimmt21. Eine Antrittsvorlesung, die einen Blick auf sein Fachverständnis und seine Forschungsvorhaben ermöglicht hätte, ist ausgeblieben. Posch hat jedoch von Anfang an erkennen lassen, dass er sich darauf konzentrieren wolle, die pädagogische und fachdidaktische Ausbildung und Fortbildung von Lehrern in enger Zusammenarbeit mit den Fachwissenschaftlern zu verbessern, wie es den Hochschulplanern um Schöler vorgeschwebt hatte.22 Die relativ enge Widmung seiner Professur hat ihm schon am Beginn der Differenzierungsphase der wissenschaftlichen Pädagogik eine in Österreich einmalige Spezialisierung auf dieses Arbeitsfeld ermöglicht. Dabei konnte er sich auf drei Assistenten und eine Sekretärin stützen.23 Die Unterrichtswissenschaftler Schöler und Trotsenburg sowie der Schulpädagogiker Klingler mit ihren Mitarbeitern haben Posch von den üblichen Lehrpflichten eines Professors der Pädagogik weitgehend entlastet. Im 1978 errichteten „Institut für Lehrplantheo 18 BMfWF, Zl. 71.818/2-14/75. AUK, Terna 75. Benner, der viel mehr an Allgemeiner Pädagogik als an Lehrplanforschung interessiert gewesen ist, ist am 3.3.1976 auf die Klagenfurter Professur für Allgemeine Erziehungswissenschaft berufen worden, hat das Angebot jedoch nicht angenommen. Vgl. in diesem Buch S. 385, 388. 19 Ternavorschlag der HBW vom 18.6.1975, 5. 20 Entschließung Zl. 62.628/1. BMfWF, Zl. 33.305/3-14/75. 21 Zur Biographie: Thonhauser 1998; Kürschner 2007, 2789. 22 Posch am 13.4.1976 an Hans Aebli. AUK, Karton 260, Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung 1973–1976. 23 Personalstand laut Vorlesungsverzeichnis SS 1976, 10.
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rie und Schulpädagogik“24 konnte er die in den Innsbrucker Studienjahren begonnene Zusammenarbeit mit Klingler fortsetzen, die im Bemühen um größere Praxisnähe pädagogischer Forschung und Lehre eine gemeinsame Grundlage hatte. Die Lehrveranstaltungen Poschs25 haben überwiegend aus Seminaren und Proseminaren bestanden. Seine ein- bis zweistündigen Vorlesungen waren folgenden Themen gewidmet: „Einführung in die Curriculum entwicklung“, „Einführung in die Didaktik“, „Einführung in die Curriculumtheorie“, „Theorie offener Curricula“, „Theoriebildung in der Didaktik“, „Lehrplanreform und Unterricht“, „Theoretische Ansätze in der Lehrerfortbildung“, „Evaluation von Unterricht“, „Theoretische Grundlagen der Didaktik“, „Didaktik und Unterrichtsplanung“, „Lehren und Lernen“, „Qualitative Forschungsmethoden“, „Theoretische Grundlagen der Aktionsforschung“ (ab SS 1993), „Kontroversielle Problembereiche im österreichischen Bildungswesen“, „Bildung in Österreich“, „Theorie und Praxis der Aktionsforschung“, „Qualitätsevaluation im Schulwesen“, „Qualitätsmanagement im Bildungsbereich“. Seine Seminare hatten folgende Themen: „Entwicklung von Unterrichtsmaterialien“, „Unterrichtsplanung an höheren Schulen“, „Analyse fachübergreifender Curricula“, „Entwurf eines fachübergreifenden Curriculums“, „Curriculum Politische Bildung“, „Praxis der Lehrplanentwicklung“ „Lehrplananalyse“, „Lehrplan und Unterricht“, „Lehrerfortbildung“, „Aktionsforschung im Unterricht“, „Evaluation im Unterricht“, „Schulentwicklung“, „Unterrichtsinnovation“, „Kontroversielle Bereiche im Bildungswesen“, „Qualitätssicherung in der Schule.“ In Proseminaren wurden behandelt: „Grundlagen der Unterrichtsplanung“, „Lehr- und Lernevaluation: Analyse von Forschungsberichten“, „Schulische Sozialisation“, „Einführung in die Didaktik“, „Didaktik und Unterrichtsplanung“, „Lehren und Lernen“, „Qualitative Forschungsmethoden“, „Einführung in die Praxis der Aktionsforschung“, „Einführung in die Technik des wissenschaftlichen Arbeitens“. Nach seiner Pensionierung hat Posch noch in nahezu jedem Semester eine dreistündige Arbeitsgemeinschaft „Reflexionswerkstatt zur 24 Erstmals im Vorlesungsverzeichnis SS 1978, 45. 25 Nach den Vorlesungsverzeichnissen der UKL, SS 1976 – WS 2005/06 in chronologischer Reihenfolge.
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Schulentwicklung“ (gemeinsam mit Konrad Krainer, seit 2001 Professor für „Weiterbildung unter besonderer Berücksichtigung von Schulentwicklung“) durchgeführt. Als Betreuer und erster Gutachter hat Posch folgende 5 Dissertationen angenommen26: Gunhild Sagmeister: Lernen an Universitäten – Sackgasse oder Wegweiser für die Zukunft? (1985); Kurt Jäger: Landschulen. Trends – Schulportraits – Perspektiven. Ergebnisse der Schulversuchstätigkeit an wenig gegliederten Grundschulen in Oberösterreich (1990); Marlies Krainz-Dürr: Wie Schulen lernen. Zur Lernfähigkeit der Schule als Organisation (1997); Elias Nasir Mustefa: The Role of Schools in Promoting Environmental Protection and Conservation in Ethiopia: The Case of Illubabor Zone in Oromia Regional State (2001); Bozana Knezevic: Foundations for change prompted by the evaluation (Evaluation of the Department of Navigation and Maritime Studies Programmes, Faculty of Maritime Studies, University of Rijeka) (2004).
Von diesen Dissertanten ist niemand zur Habilitation gelangt. Poschs öffentlich sichtbarer Beitrag zur Förderung des erziehungswissenschaftlichen Nachwuchses bestand darin, dass er Karl Wolfs Wiener Dissertanten und Assistenten Herbert Altrichter27 1980 als Mitarbeiter gewonnen und auf dem Weg zur Habilitation (1988) unterstützt hat28. Neben den genannten Dissertationen hat Posch zwischen 1983 und 2002 auch 15 Diplomarbeiten betreut und als Gutachter angenommen. Ihre Themen gehörten überwiegend zur Fachdidaktik verschiedener Schulfächer.29 Poschs eigene Publikationen30 entsprachen den „Arbeitsschwerpunkten“, die er 1998 rückschauend auf sein Berufsleben genannt hat: „Schulentwicklung, Aktionsforschung, Umwelterziehung, Lehrplan entwicklung, Lernkultur, Lehrerfortbildung, Qualitätssicherung (Methoden, internationale Tendenzen).“31 Sie reichen thematisch von kon-
26 Nach ZfP 32 (1986), 446 bis 49 (2003), 475. 27 Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 567 und 569. 28 Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 562ff. und in diesem Buch S. 677. 29 Liste der „Begutachtungen von Peter Posch“, Rektorat der UKL, September 2010. PAB. 30 Schriftenverzeichnis bei Altrichter/Krainer/Thonhauser 1998, 371–388. 31 Bei Altrichter/Posch 1998, 259.
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kreter Unterrichtsplanung für einzelne Fächer über die Lehrerbildung bis zur Schulorganisationslehre und den Möglichkeiten der Evaluation und Reform nationaler Schul- und Hochschulsysteme. Als alleiniger Autor von Büchern ist Posch jedoch nach seiner Innsbrucker Dissertation („Der Lehrermangel“) von 1967 nicht mehr hervorgetreten. Er hat Publikationen als Koautor von Mitarbeitern und Kollegen bevorzugt, aus denen sein eigener Anteil meistens nicht erkennbar ist. Dazu gehören folgende Bände: „Unterrichtsplanung mit Beispielen für den betriebswirtschaftlichen Unterricht“ mit Wilfried Schneider und Waltraud Mann (1977); „Lehrer erforschen ihren Unterricht. Eine Einführung in die Methoden der Aktionsforschung“ mit Herbert Altrichter (1990)32; „Schulautonomie in Österreich“ mit Altrichter (1992); „Bildung in Österreich. Analysen und Entwicklungsperspektiven“ mit Altrichter (1992); „Möglichkeiten und Grenzen der Qualitätsevaluation und Qualitätsentwicklung im Schulwesen“ mit Altrichter (1997). Von den zahlreichen Aufsätzen seien hier folgende genannt, die Poschs Spezialgebiete kennzeichnen: „Das Pädagogische Begleitstudium“ (1979), „Lehrplanbedingte Erosion affektiver Ziele“ (mit Josef Thonhauser, 1982), „Fachdidaktik in der Lehrerbildung“ (1983), „Lehrplanreform“ (mit Thonhauser, 1987), „Das Projekt ,Umwelt und Schulinitiativen‘“ (1989), „Einige Thesen zur Schulautonomie-Diskussion“ (mit Altrichter, 1991), „Entwicklungstendenzen der Kultur des Lehrens und Lernens“ (1996), „Theorie-Praxis-Bezug am Beispiel der Konzeption der Fachhochschulstudien (1996), „Lehrerfortbildung als Schulentwicklung“ (1996), „Schulen am Weg zu Schulprogramm und Qualitätsevaluation“ (mit Altrichter 1998), „Einige Orientierungspunkte für ,nachhaltige Lehrerfortbildung‘“ (mit Altrichter, 1998), „Umwelt als Anlaß für Schulentwicklung (1998), „Lehrplan und gesellschaftlicher Wandel“ (1998), „Qualitätsevaluation und Qualitätsentwicklung im Schulwesen“ (1999). In der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist Posch bis zum Jahre 2010 21mal zitiert worden. Er hat also in der deutschsprachigen Fachwelt außerhalb Österreichs mehr Beachtung gefunden als die übrigen Pädagogiker aus der Gründungsphase der Klagenfurter Universität (Schöler: 4 Nennungen, Trotsenburg: 6, Melezinek: 0, Klingler: 1). Poschs gemeinsam mit Altrichter verfasstes Buch „Lehrer erforschen
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Zu diesem Buch vgl. in diesem Werk Bd. 3, 565f.
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ihren Unterricht“ ist mit 4 Auflagen und Übersetzungen ins Englische, Chinesische und Griechische33 die erfolgreichste Veröffentlichung aus diesem Personenkreis geworden. Posch war auch der einzige Klagenfurter Pädagogiker der ersten Generation, der nennenswerte Aufsätze in englischen Zeitschriften und Sammelbänden publiziert hat. Sein Wirkungsfeld hat aber nicht nur publizistisch über seine Klagenfurter Lehrtätigkeit hinausgereicht. Seit seiner Planungsarbeit als „Mitautor des wissenschaftlichen Konzeptes der Hochschule für Bildungswissenschaften“34 im Jahre 1969 ist er auch als Berater von Spitzenbeamten der Bundesministerien für Unterricht und für Wissenschaft und Forschung tätig gewesen. Dank seiner Sachkenntnis und Formulierungskunst, Beherrschung der englischen Sprache, gefälligen Umgangsformen und Fleiß ist er häufig als österreichischer Vertreter zu internationalen Konferenzen gesandt und an der Leitung bildungspolitischer Seminare und Kongresse beteiligt worden35. 1985 hat er drei Monate als Gastwissenschaftler in England am „Cambridge Institute of Education“ verbracht; 1992 ein halbes Jahr als Gastprofessor an der School of Education der Universität Stanford (USA). In der OECD hat er von 1976 bis 1989 den Österreich zustehenden Platz im Lenkungsausschuss des „Centre for Educational Research and Innovation“ (CERI) eingenommen. Dadurch hat er breite Kenntnisse des ausländischen Schulwesens, der international gängigen Reformideen und kulturpolitischen Trends gewinnen können. Sie haben allerdings auch zum Gebrauch neumodischer Termini und Slogans verleitet, die allzu abstrakt und ungenau sind und das Verständnis des Gemeinten erschweren („Generierung des Wissens“, „dynamische Lernkultur“, „Bildungsaspiration“, „Qualitäts entwicklung“, „Personalentwicklung“, „Output-Standards“, „Evaluationsspirale“, „Kultur des Lehrens und Lernens“, „Intervention unter der Perspektive ,reflektiver Rationalität‘“ usw.36). Im Ganzen aber hat das Autorenpaar Posch/Altrichter durch seine Rezeption angloamerikanischer Fachliteratur viel dazu beigetra-
33 Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 627. 34 Posch: Schriftenverzeichnis in Altrichter/Krainer/Thonhauser 1998, 371, (Nr. 6). Vgl. in diesem Buch S. 216ff. 35 Vgl. u.a. seine Beiträge zu den OECD/CERI Seminaren in den „Arbeits- und Forschungsberichten des Zentrums für Schulversuche und Schulentwicklung“. Bd. 2 (1980), 217–233 und Bd. 23 (1990), 172–176. 36 Vgl. z.B. Posch/Altrichter 1992, 1997; Posch 1996, 1999.
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gen, die Diskussion über Schulreform und Lehrerbildung in Österreich zu beflügeln. Es hat sich im Anschluss an Donald R. Schöns „Epistemologie der Praxis“37 darum bemüht, durch „Handlungsforschung“ zu einer möglichst wirklichkeitsnahen (oder situationsgerechten) Praktischen Schulpädagogik für die Lehrerausbildung und –fortbildung zu gelangen.38 Sie kann auch als „Postulatorische Pädagogik“ im Sinne von Willmann39 charakterisiert werden, weil „Postulate“, Forderungen, Anweisungen oder Empfehlungen für sie wesentlich sind. Sie ist notwendig an eine bestimmte Situation, an „einen bestimmt gegebenen Kreis“ gebunden, weil „die Anweisungen umso besser sind“, je mehr dieser „Kreis eingehalten wird“40. Das bedeutet, dass ihre technologischen Empfehlungen aus empirischer Sicht umso unzulänglicher werden, je größer der Kreis gezogen wird, für den sie Geltung beanspruchen, weil mit der Menge der einbezogenen Personen und Situationen Ungleichartigkeit und Komplexität zunehmen. Diese Schwäche zeigt sich auch in Poschs makropädagogischen Schriften. Mit „Makropädagogik“ ist analog zur Makrosoziologie41 und Makroökonomik42 eine Theorie der Erziehung in großen sozialen Systemen, Organisationen oder auf „Makroebene“43 gemeint. Analog zur Mikrosoziologie ist dagegen „Mikropädagogik“ auf die Theorie der Erziehung in Zweierbeziehungen und kleinen Gruppen gerichtet (ohne jedoch die Einflüsse größerer Systeme auf sie zu ignorieren). Posch hat sich nach langjähriger Konzentration auf Lehrplanforschung als widmungsgemäßer Aufgabe seiner Professur seit den Neunzigerjahren der Makroanalyse des gesamten österreichischen Bildungssystems zugewendet. Daraus ist unter anderem 1992 die gemeinsam mit Altrichter verfasste Studie über „Bildung in Österreich“ hervorgegangen. Sie war über eine knappe Beschreibung des nationalen
Posch/Altrichter 1992, 34ff. nach SCHÖN 1983 und 1987; vgl. auch Argy1974 und 1978; Argyris 1976 und 1982. 38 Ähnlich den ungefähr zeitgleichen Bemühungen ihres Linzer Kollegen Georg Neuweg um eine „am Können orientierte Didaktik“ im Anschluss an Michael Polanyi. Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 591ff. 39 Vgl. Willmann 1875, 18f.; 1876, 263f.; Brezinka 1978, 237. 40 Willmann 1875, 19. 41 Hillmann 1994, 553 und 507. 42 Recktenwald 1987, 374 und 391. 43 Zur Gliederung der Erziehungswirklichkeit in Mikro-, Meso- und Makro systeme vgl. Kleber 1995, 88ff. – Als frühes Beispiel systemtheoretischer Makroanalysen vgl. Coombs 1968. 37
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Schulsystems hinaus ganz auf „neue Anforderungen an die Schule“, „Neuorientierung der Kultur des Lehrens und Lernens“, normative „Leitideen“ und „Brennpunkte künftiger Bildungsreform“ ausgerichtet und als Makropädagogik zwangsläufig sehr abstrakt. Deshalb konnte sie keine Orientierungshilfe für erzieherisches Handeln sein, sondern nur eine Argumentationshilfe für zeitgeistkonforme bildungspolitische Visionen ohne Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit der Betroffenen und die Kosten. Beim Vergleich mit der realen psychischen Verfassung von Kindern und Eltern, Schülern und Lehrern, Studierenden und Professoren (einschließlich jener der Pädagogik) bestätigte sie die bisherige Erfahrung: „In der pädagogischen Praxis ist … die Kenntnis der Persönlichkeitsstruktur“ der individuellen Schüler und Lehrer „für didaktische und methodische Überlegungen betreffs Unterricht von höchster Bedeutung“. „Organisationstheoretische Analysen der Erziehungswirklichkeit“ kommen dagegen „nicht über Makroanalysen hinaus und bleiben somit normative Ansätze, die sich an den institutionalisierten Bedingungen des Erziehungswesens und seinen Beziehungsstrukturen festbeißen“.44 Neben diesem makroanalytisch bedingten Mangel an psychologischer Lebensnähe bestand in Poschs und Altrichters Studie auch ein Missverhältnis zwischen ihrem Anspruch, „Orientierungen für eine Bildungsreform“45 zu bieten, und der Unklarheit ihrer Grundbegriffe. Obwohl sie großen Wert auf einen internationalen Horizont und angloamerikanische Quellen gelegt haben, die ohne verworrene deutsche Bildungsterminologie auskommen, haben sie „Bildung“ als Grundbegriff in durchwegs verschwommenen und wechselnden Bedeutungen verwendet.46 Dadurch wurde die Verständlichkeit ihrer verdienstvollen Schriften erschwert. Diese gemeinsam verfassten Schriften aus Poschs letzter Berufsphase waren überwiegend Auftragsarbeiten: einmal der Vereinigung österreichischer Industrieller („Bildung in Österreich“) und mehrfach Forschungsberichte für das Bundesministerium für Unterricht. Sie zeugen von der öffentlichen Anerkennung, die sich Posch in Österreich als Schulexperte erworben hat. Der Weg dazu hat mangels zur Forschung
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Kleber 1995, 86f. Posch/Altrichter 1992, 9. Vgl. z.B. ebenda, 26ff.
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befähigter Doktorats-Studierender institutionell mehr über zusätzliches außeruniversitäres Engagement als über die mit seiner Lehrkanzel verbundenen Ausbildungsaufgaben geführt. Er begann mit Poschs Beteiligung am 1979 gegründeten „Interuniversitären Forschungsinstitut für Fernstudien“ (IFF)47, das viel Freiheit für Sonderaktivitäten ermöglicht hat. Posch hat dort 1981 die viersemestrigen Fortbildungslehrgänge „Pädagogik und Fachdidaktik für Lehrer“ an höheren Schulen (PFL) angeregt und mit dem Mathematiker Roland Fischer48 aufgebaut49. 1982 wurde er mit der Leitung der für sie zuständigen Arbeitsgruppe des IFF betraut. Seine dortige Aufgabe wurde erschwert „durch das starke Mißtrauen von seiten vieler Mitarbeiter/innen der Universität (vor allem auch des eigenen Instituts) gegenüber dem IFF“. Es gründete darin, dass das IFF-Programm sowohl vom Wissenschaftsministerium als auch vom Unterrichtsministerium großzügiger und flexibler finanziert worden ist als die Klagenfurter Universität. Dazu kam „die (damals noch) sehr geringe Belastung der Mitarbeiter/innen des IFF mit dem Diplomstudienprogramm …. Die Folge waren erhebliche Spannungen, in deren Mittelpunkt“ sich Posch öfter befunden hat.50 Ab 1982 hat er neben Seel und dessen Nachfolger Karlheinz Gruber51 auch als Wissenschaftlicher Konsulent des vom Unterrichtsministerium betriebenen „Zentrums für Schulversuche und Schulentwicklung“ gedient52. Als 1992 das „Forschungsinstitut für Fernstudien“ durch das Wissenschaftsministerium aufgelassen und durch ein „Interuniversitäres Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“ (IFF) der Uni-
47 Arnold/Dressel 2009; UBW: Forschungsbericht 1983–1987, 27 und 450ff.; vgl. in diesem Buch S. 545ff. 48 Über ihn vgl. Kürschner 2007, 859; Lechner 1980, 92f. 49 Forschungsbericht 1983–1987, 85f, 92ff., 111. 50 Posch: Wissenschaftlicher Entwicklungsprozeß am IFF seit der Berufung nach Klagenfurt. 4seitiges unveröffentlichtes Typoskript vom 4.12.2010, das der Verfasser von Posch erbeten hatte (S. 2f.). PAB. Für diese Erläuterung der verwickelten Beziehungen zwischen der Pädagogik an der Universität und am IFF und weitere „Hintergrundtexte“ sei Prof. Posch auch an dieser Stelle gedankt. 51 Ab 1983: ÖAK 1984/85, 154. Über Gruber vgl. in diesem Werk Bd. 1, 578ff. 52 ÖAK 1983/84, 146.
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versitäten Klagenfurt, Wien und Innsbruck ersetzt worden ist53, hat Posch bis 1996 die Leitung seiner „Abteilung Schule und gesellschaftliches Lernen“ übernommen, die aus der „Arbeitsgruppe Pädagogik und Fachdidaktik für Lehrer“ hervorgegangen ist.54 Die vage Aufgabe des Instituts war es, „gesellschaftliches Lernen in ausgewählten Problemfeldern zu gestalten“. „Gesellschaftliches Lernen“ galt dort als „die gängige Kurzbezeichnung“ für ein „umfassende(s) Verständnis von Veränderungsprozessen“. Gemeint war ein „Lernen, welches zu gemeinschaftlichem Handeln befähigt und letztlich zu problemorientierter Selbstveränderung in Organisationen führt“. So nebulos ist die Aufgabe einer kostspieligen Einrichtung, die aus 16 Professoren, 24 wissenschaftlichen Mitarbeitern und 17 Verwaltungsbediensteten bestand55, selten formuliert worden. Posch konnte ihr als „teilzugeordneter“ Professor auf Kosten seiner regulären Pflichten im „Institut für Schulpädagogik und Sozialpädagogik“ der eigenen Universität zwei Drittel seiner Arbeitszeit widmen56. Er hat diese Zeit für Forschungsprojekte des Unterrichtsministeriums und für das internationale Projekt „Environment and School Initiatives“ der OECD/CERI57 gut genutzt. Für sein österreichisches Projekt „Umweltbildung in der Lehrerausbildung“ hat er 1996 neben Subventionen aus anderen Quellen (IFEB, IFF) vom Fond zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung die erstaunlich hohe Summe von 1.128.990 Schillingen bewilligt bekommen58. Dieses Projekt hatte folgenden Zweck: „In Zusammenarbeit mit sechs Institutionen der 53 Gemäß Erlass des BMfWF vom 11.2.1992, GZ. 68.153/12-I/B/5 B/92. AUK. Vgl. in diesem Buch S. 550ff. Zur weiteren Entwicklung des IFF vgl. Arnold 2009; UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 432ff. und 1999–2002, 506f. – Im Forschungsbericht 2003–2004 ist daraus ohne Erläuterung eine „Fakultät für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“ (IFF) geworden und aus der „Abteilung Schule und gesellschaftliches Lernen“ ein „Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung“ (409ff., 565ff.). Genaueres zur Geschichte bei Arnold 2009, 50ff. 54 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 31f.; Verzeichnis der Lehrveranstaltungen und Personalstand SS 1996, 78. Nachfolger als Abteilungsleiter wurde 1996 Konrad Krainer, der 1995 für „Didaktik der Mathematik“ habilitiert worden ist. Über ihn vgl. S. 712ff., 793ff. 55 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 485f. 56 Mündliche Mitteilung von Prof. Posch an den Verfasser vom 2.8.2010. 57 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 135f. und 529ff.; Forschungsbericht 1995–1998, 476ff. mit Poschs Publikationen 488ff. 58 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 571; FWF: Jahresbericht 1996, Anhang 45.
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Lehrerinnenbildung (drei Pädagogischen Akademien und drei Universitätsinstituten) werden innovative Konzepte der Integration von Umweltbildung in die Lehrerbildung entwickelt und begleitend erprobt“.59 Daneben hat sich Posch bemüht, „innovative Aktivitäten von einzelnen LehrerInnen und LehrerInnengruppen gezielt zu unterstützen und ihre Tätigkeit öffentlich sichtbar zu machen“ durch „die Betreuung selbst initiierter Forschungs- und Entwicklungsarbeiten“. Dazu kam zunehmend die „Arbeit mit ganzen Schulen, um Entwicklungsprozesse wissenschaftlich zu begleiten und zu unterstützen“. Das „langfristige Ziel“ bestand darin, den Anteil „bildungspolitisch aktiver Schulen zu erhöhen“.60 1998 hat die Abteilung „eine neue Programmplattform“ erarbeitet. Sie wurde nun in folgende drei „Programmbereiche“ gegliedert: 1. „Unterrichtsentwicklung und LehrerInnenbildung“, 2. „Organisationsentwicklung im Bildungsbereich“, 3. „Systementwicklung im Schulwesen“. Unter anderem wurde ein Aufbaulehrgang „Professionalisierung im Lehrberuf“ geschaffen für Lehrpersonen, „die innerhalb der Schule Entwicklungsprozesse initiieren und stützen“.61 Diese zahlreichen nebenamtlichen nationalen und internationalen Aktivitäten Poschs mit Forschungsbeiträgen, Vorträgen, Kongressen, Beratungen und Projekt-Evaluationen haben schließlich ein Ausmaß angenommen, das mit den Pflichten als Klagenfurter Professor nicht mehr zu vereinbaren gewesen ist62. Posch ist deshalb zum Herbst des Jahres 2000 vorzeitig in den Ruhestand getreten, um sich ohne die Last der Professur ganz der lieb gewonnenen außeruniversitären Auftragsforschung widmen zu können. Er hat sich dabei vorwiegend auf das ministerielle Projekt „Regionale Bildungsplanung im Rahmen eines gesamtösterreichischen Konzepts von Qualitätsentwicklung“ konzentriert.63 Seine Professur für „Lehrplanforschung“ ist vom Senat der Universität Klagenfurt in eine Planstelle für „Erwachsenenbildung und Berufsbildung“ umgewidmet und 2002 mit Elke Gruber besetzt wor-
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UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 476f. UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 529f. UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 472ff. Mündliche Mitteilung Poschs an den Verfasser vom 2.8.2010. UKL: Die Forschung 2003–2004, 571 und 579.
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den64. Damit ist der letzte Überrest der „bildungswissenschaftlichen“ Lehrkanzeln aus der Gründungsphase der Klagenfurter Hochschule untergegangen, an deren visionärer Planung Posch rund drei Jahrzehnte zuvor beteiligt gewesen ist.65 Mit Zukunftsvisionen ist er jedoch auch noch im Ruhestand hervorgetreten. Im Jahre 2009 hat er (mit Altrichter) eine Skizze über „Schulen 2020 – Projektionen aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungstendenzen“ veröffentlicht. 2010 ist (gemeinsam mit Rudolf Messner66) eine Empfehlung zur universitären Lehrerbildung in Österreich erschienen mit der zentralen Forderung „Gleiches wissenschaftliches Niveau für die Ausbildung aller LehrerInnen“!67
15. BEMÜHUNGEN UM DIE BESETZUNG DER DIE PÄDAGOGIK ERGÄNZENDEN FÄCHER Bildungsökonomie, Soziologie und Psychologie Bei der Widmung der Lehrkanzeln, der Reihenfolge ihrer Errichtung und der Ausschreibung zur Besetzung ist der Gründungsausschuss der Hochschule für Bildungswissenschaften nicht wissenschaftssystematisch vorgegangen, sondern teils nach den Interessen und Vorlieben seiner tonangebenden Mitglieder, teils auf Grund vager Einschätzung des Vorrates an berufbaren möglichen Bewerbern. Systematisch hätten Lehrkanzeln für Allgemeine Erziehungswissenschaft, Schulpädagogik (Theorie der Schule und des Unterrichts) und Pädagogische Psychologie von Anfang an zur notwendigen Grundausstattung gehört. Diese sind jedoch an den Universitäten Wien, Graz, Innsbruck und Salzburg bereits vorhanden oder geplant gewesen. Deshalb hat man geglaubt, in Klagenfurt auf sie verzichten und gleich mit neuartigen Spezialfächern beginnen zu können.
64 In der 38. Sitzung am 26.1.2000. Vorsitzender Bodenhöfer am 2.2.2000 an das BMfWV. AUK. Vgl. in diesem Buch S. 768ff. und Bd. 2, 369f. 65 Vgl. in diesem Buch S. 216ff. 66 Mit ihm war Posch seit gemeinsamen Innsbrucker Studien- und Konstanzer Assistentenjahren verbunden. Kurzbiographie von Messner in diesem Werk Bd. 3, 619. 67 Messner/Posch 2010, 187.
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So hat der Gründungsausschuss schon in der ersten Sitzung einstimmig beschlossen, die drei für das Jahr 1970 zur Verfügung stehenden Lehrkanzeln folgenden Fächern zu widmen: Bildungsökonomie, Unterrichtswissenschaft und Lehrplanforschung.1 Aus dem Kreis der die Pädagogik ergänzenden Fächer wurde also als erstes die „Bildungsökonomie“ gewählt. Für sie war das Mitglied des Gründungsausschusses Werner Clement vorgesehen. Sie konnte jedoch erst 1975 mit HansJoachim Bodenhöfer besetzt werden2. 1972 ist die „Bildungsinformatik“ mit einem primo et unico-Vorschlag für den Stellvertreter des Gründungsrektors Lansky gefolgt.3 Nach seiner Absage wollte der Gründungsausschuss diese Lehrkanzel in eine für „Soziologie“ umwidmen4. Das Ministerium hat sie jedoch der Aufgabe und dem Bedarf der Hochschule entsprechend auf „Bildungssoziologie“ beschränkt. Sie ist 1973 mit Paul Kellermann besetzt worden.5 Auf der Wunschliste des Gründungsausschusses für 1972 stand auch noch eine zweite ökonomische Lehrkanzel für „Bildungsbetriebslehre und –management (Bildungsökonomie II)“6. Für Psychologie war zunächst weder dort noch im Plan der Hochschule für die ersten 14 Lehrkanzeln7 bis 1973 eine Lehrkanzel vorgesehen. Dieses Fach taucht erstmals 1972 versteckt in einem Antrag Heintels auf eine Lehrkanzel für „Gruppendynamik (Sozialpsychologie)“ auf8. Rektor Schöler hat 1972 das Ministerium ersucht, eine andere bereits bewilligte Lehrkanzel (für „Didaktik der Geschichte“) in eine für „Sozialpsychologie“ umzuwidmen.9 Das Ministerium hat 1 Protokoll der 1. (konstituierenden) Sitzung des GA am 25. Mai 1970, 3. AdR, BMfU 8, Karton 620. – „Erste Ausschreibung“ u.a. ÖHZ vom 1.7.1970, 7. 2 BMfWF 1977, 30. Vgl. in diesem Buch S. 247, 455ff. 3 Protokoll der 8. Sitzung des GA am 14.1.1971, 4; Protokoll der 13. Sitzung am 17.9.1971. AdR. Nach seiner Absage zunächst neuerlich ausgeschrieben: ÖHZ, 1.1.1972, 4. Antrag des Rektors Schöler an das BMfWF auf Umbenennung in „Soziologie“ erst am 31.5.1972. AdR, BMfU 8, Karton 621. Vgl. in diesem Buch S. 247. 4 Schöler am 21.7.1971 an das BMfWF. AdR, BMfU 8, Karton 620; Protokoll der 18. Sitzung des GA am 25./26.5.1972, 18; Schöler an das BMfWF am 31.5.1972. AdR. 5 BMFWF 1977, 30. Vgl. in diesem Buch S. 469ff. 6 Protokoll der 9. Sitzung des GA am 8.3.1971, 11; Protokoll der 12. Sitzung des GA am 16.7.1971, 4. AdR, Karton 620. 7 Protokoll der 5. Sitzung des GA am 29.9.1970. AdR, Karton 620. 8 Protokoll der 13. Sitzung des GA am 16./17.9.1971, 9f. 9 Protokoll der 18. Sitzung des GA am 25./26.5.1972, 18; SCHÖLER am 31.5.1972 an das BMfWF. AdR.
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jedoch abgelehnt und „anstatt Sozialpsychologie“ eine Lehrkanzel für „Pädagogische Psychologie mit besonderer Berücksichtigung der Lern- und Motivationspsychologie“ errichtet.10 Sie ist am 9. Dezember 1974 mit Franz Völkl besetzt worden. Der Gründungsausschuss hatte vergeblich darum gebeten, „den Ternavorschlag Sozialpsychologie ebenfalls zu realisieren“11. Das Wissenschaftsministerium hat darauf geantwortet, dass „im Hinblick auf die Notwendigkeit der Einrichtung der Diplomstudien für das Lehramt an höheren Schulen … die Errichtung der Lehrkanzel ,Pädagogische Psychologie‘ Priorität genießen muss“12. Zur Beharrung der Hochschule auf dem Vorschlag für Sozialpsychologie hat das Ministerium am 23. August 1973 mitgeteilt, dass diese Lehrkanzel „zur Zeit nicht eingerichtet werden soll“. Der Gründungsausschuss hat jedoch beschlossen, weiterhin auf ihr zu beharren, weil „es gerade in der Ausbauphase der HBW nicht vertretbar erscheint, auf eine Lehrkanzel für Sozialpsychologie zu verzichten“.13 Grundsätzlich sind beide Anträge für die Spezialgebiete „Sozialpsychologie“ und „Pädagogische Psychologie“ aus studien- wie forschungsorganisatorischer Sicht bedenklich gewesen, solange es keine Lehrkanzel für „Allgemeine Psychologie“ gab, die für die Fundamente des Faches zuständig ist. Sie wurde für das Pädagogik-Studium14 ebenso gebraucht wie für die Studienrichtung „Philosophie, Pädagogik und Psychologie (Lehramt an höheren Schulen)“15. Da die Studienordnungen für diese Fächer erst 1973 erlassen worden sind, ist dieser Mangel vorher zu wenig beachtet worden. Der Gründungsausschuss hat eine Lehrkanzel für „Allgemeine Psychologie“ erst für 1974 als dringlich erachtet16. Das Ministerium hatte sie jedoch schon 1973 mit einem für die Pädagogik wichtigen Zusatz
10 Nach einem Vorschlag der Hochschule in der 18. Sitzung des GA am 25./26.5. 1972, 19. Durch Erlass Zl. 161.603-4/73 vom 18.4.1973. Protokoll der 27. Sitzung des GA am 24./25.5.1973, 7. AdR 8, Karton 622. 11 Protokoll der 29. Sitzung des GA am 29.6.1973, 6. AdR. 12 BM. Firnberg am 30.6.1973 an die HBW, Zl. 166.284-4/73. Beilage zum Protokoll der 30. Sitzung des GA am 13.7.1973. AdR 8, Karton 622. 13 Protokoll der 33.Sitzung des GA am 19.10.1973, 5. AdR. 14 Vgl. die Studienordnung im BGBl. Nr. 472/1973 sowie jene für den Studienversuch „Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“ im BGBl. NR. 441/1973. 15 Vgl. die Studienordnung im BGBl. Nr. 474/1973. 16 Protokoll der 37. Sitzung am 8.3.1974, 7f.
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eingeplant: „Psychologie mit besonderer Berücksichtigung der Entwicklungspsychologie“17. Dabei wurde ausdrücklich betont: „Mit der Errichtung dieser Lehrkanzel ist die Einrichtung der Studienrichtung ,Psychologie‘ … nicht verbunden“18. Sie konnte erst am 31. März 1977 mit Erich Löschenkohl besetzt werden.19 Damit waren die wichtigsten Ergänzungsfächer der Pädagogik aus ihren „Hilfswissenschaften“20 Psychologie, Soziologie und Ökonomie zwischen 1973 und 1977 durch Lehrkanzeln (ab UOG 1975: Dienstposten für Ordentliche Universitätsprofessoren) fest etabliert. Wie ist die Geschichte ihrer Besetzung verlaufen? Was haben ihre Inhaber zur Erfüllung des „bildungswissenschaftlichen“ Auftrages der Hochschule und zur Bereicherung des pädagogisch relevanten Wissens beigetragen? Die Darstellung erfolgt chronologisch nach dem Datum der Einrichtung der Lehrkanzeln.
1 5 a . D i e L e h r k a n z e l f ü r „ B i l d u n g s ö ko n o m i e “ m i t H a n s - J oa c h i m B o d e n h ö f e r : 1 9 7 5 – 2 0 0 9 Diese Lehrkanzel gehörte zu den drei ersten, die schon im Jahre 1970 zur Verfügung standen. Sie ist öffentlich ausgeschrieben worden mit einer Bewerbungsfrist bis zum 31. August 1970. Gesucht wurden ohne nähere Angaben „Interessenten mit fachlicher Kompetenz, Initiative und Bereitschaft zur Teamarbeit“21. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Interesse an bildungsökonomischen Studien erst in den 1960er Jahren aufgekommen und durch die OECD gefördert worden ist.22 Von einer universitär etablierten Spezialdisziplin der Wirtschaftswissenschaften war das Gebiet noch weit entfernt und anerkannte Fachvertreter waren äußerst rar. Es war unwahrscheinlich, einen davon für eine Hochschule gewinnen zu können, an der es keine Fakultät für Wirt-
17 Für 1974 „vorzusehen“: BMfWF 1973, 21. 18 Ebenda, Anmerkung 17. Ebenso BMfWF 1977, 32, Anmerkung 13 mit dem Zusatz: „es ist derzeit auch nicht beabsichtigt, diese Studienrichtung an der Universität für Bildungswissenschaften einzurichten“. 19 BMfWF 1977, 30; Hödl 1980, 191. Vgl. in diesem Buch S. 485ff. 20 Zu diesem Begriff Spieler I, 1930; Stähler 1953; Scarbath 1970. 21 ÖHZ, 1.7.1970, 7. 22 Edding 1995; W. Böhm 2005, 96f.
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schaftswissenschaften gab und nach der Gesetzeslage und der ministeriellen Planung auch künftig nicht gehen sollte. Unter diesen Umständen war es nicht verwunderlich, dass die Ausschreibung „nur zwei Bewerbungen von Kandidaten“ erbracht hat, „die sich bisher spezifisch mit bildungsökonomischen Fragen beschäftigt hatten“.23 Der Besetzungsvorschlag lautete: 1. Werner Clement, außerordentlicher Professor für Wirtschaftsund Sozialpolitik an der Universität Innsbruck; 2. Armin Hegelheimer, Privatdozent für Bildungsökonomie an der Technischen Universität Berlin; 3. Dieter Bös, Privatdozent für Finanzwissenschaften und Wirtschaftspolitik an der Universität Wien. Zunächst ein Blick auf die drei Bewerber. Werner Clement wurde am 19. April 1941 in Innsbruck geboren.24 Er hat dort das 2. Bundesrealgymnasium besucht und am 8. Juni 1959 das Reifezeugnis erworben. Anschließend hat er an der Wiener Hochschule für Welthandel Wirtschaftswissenschaften studiert und wurde 1962 zum DiplomKaufmann graduiert. Am 9. April 1965 hat er auf Grund einer Dissertation über „Die Entwicklungsproblematik aus strukturanalytischer Sicht“ das Doktorat der Handelswissenschaften erworben. Von 1965 bis 1968 hat er als Assistent von Prof. Stephan Koren25 am Institut für Wirtschafts- und Sozialpolitik der Universität Innsbruck gearbeitet. Am 8. Juni 1969 hat er dort mit einer Habilitationsschrift über „Angewandte Bildungsökonomik. Das Beispiel Senegal“ im Umfang von 98 Blatt die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Wirtschaftspolitik“ erworben. Er ist Koren als Dozent nach Wien an die Hochschule für Welthandel gefolgt. Nebenberuflich war Clement am Wiener „Institut für Bildungsund Beratungsforschung“26 als Vorsitzender des „Arbeitskreises Entwicklungshilfe“ tätig. Auf diese Weise ist er mit Schöler und seinem Planungsteam für die Klagenfurter Hochschule in Verbindung gekom 23 Rektor Schöler an das BMfWF im Besetzungsvorschlag vom 21.1.1971. AdR 8, Karton 622. 24 Kurzbiographien: Kürschner 2003, 479; Who is who in Österreich, 11.1993, 244; Lechner 1980, 74f.; UAI. 25 Über Koren (1919–1988), ab 1968 Professor an der Hochschule für Welthandel und Bundesminister für Finanzen (ÖVP) unter Bundeskanzler Klaus bis 1970, siehe Kürschner 1987, 2415; Bruckmüller 2001, 260. 26 Zu diesem ÖVP-nahen Institut und seiner Rolle bei der Planung der HBW Klagenfurt vgl. in diesem Buch S. 158ff.
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men. In seinem eigenen Arbeitskreis hat er an der Erstellung von Plänen und Gutachten für das Erziehungswesen in Senegal, Obervolta und Iran mitgewirkt. Am 26. Februar 1970 hat er unter Beibehaltung seines Wiener Wohnsitzes im Alter von 28 Jahren das Extraordinariat an der Innsbrucker Universität übernommen. Mit Dekret vom 4. Mai 1970 ist er durch den Bundesminister für Unterricht zum Mitglied des Gründungsausschusses für die Klagenfurter Hochschule bestellt worden.27 Zur Zeit seiner Bewerbung hatte er an nennenswerten Publikationen nur die Buchhandelsausgabe der Habilitationsschrift28 aufzuweisen. Armin Hegelheimer wurde am 6. September 1937 in Berlin geboren.29 Nach dem Abitur an der Oberrealschule Augsburg hat er 1957 das Studium der Volkswirtschaft an der Universität München begonnen und von 1958 bis 1962 an der Freien Universität Berlin fortgesetzt. 1963 hat er dort das Diplom für Volkswirte erworben und ist als Wissenschaftlicher Hilfsassistent in das Institut für Theorie der Wirtschaftspolitik eingetreten. Ab 1965 hat er als Assistent am Lehrstuhl für Bildungsökonomie der Technischen Universität Berlin und in der Abteilung Bildungsökonomie im Berliner Institut für Bildungsforschung in der Max-PlanckGesellschaft gearbeitet. Am 11. Juli 1968 ist seine Promotion zum Doktor der Staatswissenschaften (Dr.rer.pol.) an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Freien Universität Berlin erfolgt. Seine Dissertation im Umfang von 312 Seiten hat folgendes Thema behandelt: „Ziele und Probleme der staatlichen Preispolitik in einer gelenkten Wirtschaft“30. Am 13. Juli 1970 hat Hegelheimer mit einer Habilitationsschrift über „Bildungs- und Arbeitskräfteplanung“ an der Philosophischen Fakultät der Technischen Universität Berlin die Lehrbefugnis als Privatdozent für „Bildungsökonomie“ erworben. Mit Wirkung vom 1. April 1971 ist er dort Ordentlicher Professor geworden. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen Schriften zur Arbeitsmarkt- und Berufsbildungsforschung vor.
27 BMfWF 1977, 10. 28 GVH 1966–1980, 4, 1984, 90. 29 Nach Lebenslauf und Schriftenverzeichnis vom August 1970 im Berufungsakt des BMfWF, GZ 153.913-4/73. AdR, BMfU 8, Karton 622. Kurzbiographie: Kürschner 1987, 1658. 30 GVH 1966–1980, 8, 355.
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Dieter Bös31 wurde am 4. August 1940 in Prag als Sohn des Professors Josef Bös geboren. Er hat von 1946 bis 1958 die Volksschule und das Realgymnasium in Salzburg besucht, wo sein Vater als Chefredakteur der Zeitschrift „Berichte und Informationen“ tätig gewesen ist. Nach der Matura mit Auszeichnung hat er von 1958 bis 1963 an der Universität Wien Rechtswissenschaft studiert und am 13. Juli 1963 das juridische Doktorat mit Auszeichnung erworben. Nach dem Einjährig-Freiwilligen-Jahr beim Bundesheer wurde er 1965 Assistent am Institut für Wirtschaftswissenschaften der Universität Wien und hat Staatswissenschaften studiert. Dieses Studium wurde am 20. Juni 1968 mit der Promotion zum Dr. rerum politicarum mit Auszeichnung abgeschlossen. Seine Dissertation war folgendem Thema gewidmet: „Öffentliche Aufträge in Österreich“. Sie ist im Umfang von 581 Seiten als Buch erschienen. Am 17. Februar 1971 hat er auf Grund einer Habilitationsschrift über „Eine ökonomische Theorie des Finanzausgleichs. Eine finanzwissenschaftliche Untersuchung am österreichischen Beispiel“ die Lehrbefugnis als Privatdozent für „Finanzwissenschaften und Wirtschaftspolitik“ erworben. Noch im gleichen Jahr wurde er ordentlicher Professor für Volkswirtschaftspolitik an der Universität Graz. Im Besetzungsvorschlag wurde zugegeben, dass Bös „zwar nicht als Bildungsökonom bezeichnet werden“ könne, jedoch wegen seiner hervorragenden wissenschaftlichen Qualifikation „mangels eines anderen ausgewiesenen Bildungsökonomen“ in den Vorschlag aufgenommen worden sei.32 Das Wissenschaftsministerium hat mehr als ein Jahr gezögert, die Besetzung der Lehrkanzel in Gang zu bringen. Erst am 24. März 1972 sind auf Weisung von Ministerin Firnberg die Verhandlungen mit Clement aufgenommen worden. Er hat 5 Dienstposten für Hochschulassistenten zugesichert bekommen. Für den „Ausbau der Studienrichtung … und ihre Zweige“ wurde „die Errichtung von etwa acht Lehrkanzeln bis ungefähr 1976 in Aussicht genommen“.33 Für das noch ungefestigte Spezialfach „Bildungsökonomie“ wäre diese Ausstattung ganz unverantwortlich gewesen. Sie scheint nur erklärlich als frühes
31 Lebenslauf und Schriftenverzeichnis von 1970 als Beilage zum Besetzungsvorschlag der HfB. Kurzbiographie: Kürschner 2003, 308. Angaben zur Habilitation: AUW, Schreiben vom 18.8.2010 an den Verfasser. PAB. 32 Schöler am 21.1.1971. 33 MR. Drischel vom BMfWF am 12.9.1972 an Clement, Zl. 174.201-4/72. AdR.
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Signal für einen möglichen Umbau der Hochschule durch Einführung einer wirtschaftswissenschaftlichen Studienrichtung, wie sie das Land Kärnten stets gefordert hatte. Clement war damals schon Ordinarius an der Universität Innsbruck und hat den Ruf am 29. November 1972 abgelehnt.34 1973 ist er zum Ordentlichen Professor für Volkswirtschaftslehre IV an der Hochschule für Welthandel in Wien ernannt worden. Es dauerte bis zum 11. April 1973, ehe Hegelheimer berufen wurde35. Im Antrag an den Ministerrat36 wurde mitgeteilt, seine Berufung werde für den weiteren Ausbau der Klagenfurter Hochschule „von großer Bedeutung sein und einen Fachmann ersten Ranges … verfügbar machen“. Hegelheimer hatte damals schon einen Ruf auf den Lehrstuhl für „Bildungs- und Hochschulplanung“ an der 1969 eröffneten Universität Bielefeld37. Er hat diesen angenommen und den Ruf nach Klagenfurt trotz eines sehr großzügigen Angebotes abgelehnt38. Daraufhin hat der Gründungsausschuss die Neuausschreibung der Lehrkanzel beantragt, weil der an dritter Stelle gereihte Bewerber Bös schon 1971 eine Lehrkanzel an der Universität Graz übernommen und „sich inzwischen anderen Schwerpunkten zugewendet“ habe. Außerdem seien seit der Erstellung der Vorschlagsliste bereits nahezu drei Jahre vergangen.39 Es verdient Beachtung, dass der Gründungsausschuss ernstlich geplant hatte, das schmale Spezialfach „Bildungsökonomie“ als eine Studienrichtung einzuführen. Rektor Schöler hat am 3. Jänner 1973 beim Ministerium beantragt, „mit der Studienrichtung für Bildungsökonomie nach Möglichkeit … schon ab Herbst 1973 beginnen zu können“40. „Da sich die Berufungsverhandlungen mit … Clement zerschlagen haben, beantragt der Gründungsausschuss die Supplierung der be-
34 BMfWF, GZ 153.913-4/73, Hegelheimer. AdR, BMfU 8, Karton 622. 35 Sektionschef Walter Brunner am 11.4.1973 an ihn. AdR. 36 BMfWF, GZ 171.533-473. AdR. 37 Johannes Rau als Minister für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen am 27.2.1973 an Hegelheimer. AdR. 38 Hegelheimer am 3.12.1973 an Drischel. AdR. 39 Protokoll der 34. Sitzung des GA am 15.11.1973, 9; Schöler am 22.11.1973 an das BMfWF; BMfWF, GZ 184.724-4/73 mit Zustimmung Firnbergs vom 19.12.1973. AdR. 40 Schöler am 3.1.1973 an das BMfWF, GZ. 150.338-4/73. AdR 02/8, Karton 622.
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nannten Lehrkanzel für Bildungsökonomie“. Das Ministerium solle bei Clement anfragen, ob er dazu bereit sei, „auf diesem Wege die Einrichtung der geplanten Studienrichtung einrichten zu helfen“. Sollte Clement ablehnen, dann solle Hegelheimer gebeten werden. Sollte auch dessen Berufung scheitern, dann sei mit der Bitte um Supplierung an den Linzer Professor für „Statistik und Ökonometrie“ Adolf Adam heranzutreten. Dieser hatte seine Lehrkanzel 1971/72 in „Informatik und Bildungsökonomie“ umwidmen lassen, ohne etwas zu letzterer beigetragen zu haben41. Wie wichtig dem Gründungsausschuss die „Bildungsökonomie“ gewesen ist, geht auch daraus hervor, dass er schon am 8. März 1971 für 1972 eine weitere bildungsökonomische Lehrkanzel für das Fach „Bildungsbetriebslehre und –management“ beantragt hat42. Schöler hatte für ihre Besetzung seinen Assistenten und engsten Planungsmitarbeiter Gerhard E. Ortner43 vorgesehen. Ortner hat für das Sommersemester 1973 einen Lehrauftrag für zwei Wochenstunden „Betriebswirtschaftslehre“ erhalten mit der Begründung: „Bildungs-Betriebslehre und Schuladministration ist für Doktoranden der Lehrkanzel Unterrichtswissenschaft I (Schöler) eine wesentliche Vorlesung“.44 Der Antrag auf Supplierung der Lehrkanzel für „Bildungsökonomie I“ ist vom Ministerium jedoch abgelehnt worden. Offiziell lautete die Begründung, es sei „nicht sinnvoll und zweckmäßig, eine Studienrichtung einzurichten, über deren Gestaltung der neue Lehrkanzelinhaber auch befragt werden sollte“. Intern hat Drischel empfohlen, „die Einrichtung einer Studienrichtung Bildungsökonomie nicht vor der Behandlung dieses Fragenkomplexes durch den Ausschuß für die Ausarbeitung eines Konzeptes für die Hochschule in Klagenfurt zu entscheiden“. „Möglicherweise würde die Supplierung einer Präjudifizierung gleichkommen“.45
41 Über Adolf Adam (1918–2004) als Förderer und Kollege von Lansky vgl. in diesem Werk Bd. 3, 500 und 507f. 42 Protokoll der 9. Sitzung des GA am 8.3.1971, 11; Schöler am 9.3.1971 an das BMfWF; neuerlicher Antrag Schölers am 21.7.1971. AdR, BMfU 8, Karton 620. 43 Über Ortner vgl. in diesem Buch S. 463f. 44 Antrag 25 der Lehrkanzel Unterrichtswissenschaft I vom 1.2.1973 an das BMfWF. Genehmigt am 22.2.1973 durch Drischel, Zl. 154.824-4/73. AdR, BMfU 8, Karton 622. 45 BMfWF, GZ 150.338-4/73. AdR. Über die erwähnte (von BM. Firnberg eingesetzte) Kommission des Ministeriums vgl. in diesem Buch S. 250.
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Nun zurück zur Lehrkanzel für Bildungsökonomie I. Sie ist mit Bewerbungsfrist vom 28. Februar 1974 zum zweitenmal ausgeschrieben worden. Insgesamt sind 19 Bewerbungen eingegangen, von denen die Berufungskommission unter dem Vorsitz von Prof. Gerhart Bruckmann 6 in die engere Wahl gezogen und zu Vorstellungsgesprächen eingeladen hat.46 Am 26. April 1974 hat der Gründungsausschuss folgenden Besetzungsvorschlag beschlossen47: 1. Hans Peter Widmaier, Ordentlicher Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Regensburg; 2. aequo loco: Hans-Joachim Bodenhöfer, Assistenzprofessor an der Technischen Universität Berlin; Gerhard F. Ortner, Privatdozent für Bildungsorganisationslehre an der Gesamthochschule Paderborn; 3. Dieter Lukesch, Assistent am Institut für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik der Universität Innsbruck (bis 1973 bei Prof. Clement). Zunächst ein Blick auf die vier Kandidaten. Hans Peter Widmaier wurde am 6. März 1934 in Lörrach (Baden) geboren.48 Nach der Reifeprüfung an der Oberschule in Gera hat er ab 1952 in Hamburg die Ausbildung zum Schriftsetzer absolviert und diesen Beruf ab 1956 in Basel ausgeübt. Von 1957 bis 1961 hat er an der dortigen Universität Staatswissenschaften, Soziologie und Psychologie studiert. Am 13. Juli 1961 hat er mit einer Dissertation über „Die Rentenmark. Ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte der Weimarer Republik“ das Doktorat der Philosophie erworben. Von 1962 bis 1964 hat er als Wissenschaftlicher Berater für Arbeitsmarktfragen, Bildungsökonomie und Bildungsplanung bei der OECD in Paris gearbeitet und postuniversitäre ökonomische Studien an der Universität Paris betrieben. Anschließend hat er die Leitung der „Arbeitsgruppe für Bildungs- und Arbeitsmarktforschung“ im „Institut für angewandte Wirtschaftsforschung“ bei Prof. Gottfried Bombach49 46 Protokoll der 37. Sitzung des GA am 8.3.1974, 9. 47 Protokoll der 38. Sitzung des GA am 26.4.1974, 9–12; Ternavorschlag der HfB (Schöler) an das BMfWF vom 16.5.1974. AdR, BMfU, 8 Klagenfurt, Karton 623. 48 „Entwicklungsdaten“, Verzeichnis der Lehrveranstaltungen bis 1974 und „Kommentiertes Schriftenverzeichnis“ als Beilagen zur Bewerbung vom 17.2.1974. AdR, BMfU 8, Klagenfurt, Karton 623. Kurzbiographien: Kürschner 2007, 4007; Wer ist wer? 2000/01, 1521 (mit Foto). 49 (1919–2010), Kurzbiographie: Kürschner 1987, 427.
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übernommen. Das Kultusministerium des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg hat ihn mit einer Grundlagenstudie für die Bildungsplanung dieses Landes betraut. Sie ist 1966 unter dem Titel „Bildung und Wirtschaftswachstum“ erschienen und gehörte zu den Pionierarbeiten auf diesem Gebiet.50 Am 9. Juni 1966 hat Widmaier an der Universität Basel die Lehrbefugnis als Privatdozent für „ökonomische und soziologische Probleme des Bildungswesens“ erhalten. Seine Habilitationsschrift war folgendem Thema gewidmet: „Bildungsökonomik und Bildungsplanung“.51 Seit 1968 lehrte er als Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Regensburg die Fachgebiete Allgemeine Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Arbeitsökonomik (mit Bildungsökonomie), Infrastrukturplanung (mit Bildungsplanung), Wirtschaft sozialistischer Länder und Wettbewerbspolitik. 1974 war er als Visiting Scholar an der School of Education der Stanford Universität (USA) tätig. Widmaier war ohne Zweifel von allen Bewerbern „der angesehenste Wissenschaftler im deutschem Sprachraum“.52 Hans-Joachim Bodenhöfer wurde am 30. Juli 1941 in Stuttgart als Sohn eines Spediteurs geboren.53 Nach der Reifeprüfung am dortigen Wirtschaftsgymnasium hat er von 1960 bis 1965 an den Universitäten Tübingen und Frankfurt am Main Volkswirtschaftslehre studiert. 1965 hat er in Tübingen mit einer Diplomarbeit über „Investitionen in Bildung und Erziehung und wirtschaftliches Wachstum“ die Diplomprüfung für Volkswirte bestanden. Als Stipendiat der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften hat er an der Technischen Universität Berlin 1968 das Doktorat der Staatswissenschaften erworben. Seine von Prof. Friedrich Edding betreute Dissertation hat folgendes Thema behandelt: „Arbeitsmobilität, wirtschaftliches Wachstum und Integration. Ein Beitrag zur Strukturanalyse von Wachstumsprozessen“. Sie ist 1969 unter dem Titel „Arbeitsmobilität und regionales Wachstum“ als Buch veröffentlicht worden.
50 Vgl. Widmaier 1966, 24. 51 Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Universitätsarchiv 4f 1. 52 Rektor Schöler am 16.5.1974 an das BMfWF. 53 Lebenslauf als Beilage zur Bewerbung vom 24.2.1974. AdR, BMfU 8, Karton 623; Kurzbiographien: Kürschner 2007, 312; Who is who in Österreich, 1993, 173. Publikationsliste bei Hödl 1980, 243f.; Festschrift, herausgegeben von Wohlgemuth 2006, 5f. (mit Foto).
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Von 1967 bis 1970 war Bodenhöfer Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Ökonomie und Statistik des Berliner Max-PlanckInstituts für Bildungsforschung bei Edding. Im Studienjahr 1968/69 wurde er dort beurlaubt für einen Studienaufenthalt als Post-doctoral fellow am Department of Economics der Universität Chicago (USA) bei Prof. Th. W. Schultz. Ab 1970 arbeitete er als Assistenzprofessor für Volkswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Wirtschafts- und Sozialpolitik im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Berlin. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen neben der gedruckten Dissertation rund 10 Aufsätze über Bildungsinvestitionen, Arbeitskräftebedarfsschätzung, Berufsbildungsforschung und ähnliches vor. Eine kumulative Habilitation mit thematisch verbundenen Aufsätzen war geplant, aber noch nicht realisiert. Gerhard F. Ortner war an der Klagenfurter Hochschule als Assistent von Schöler, ehemaliger Vorsitzender der Planungskommission54 und Lehrbeauftragter für „Bildungs-Betriebslehre“ bekannt. Er wurde am 18. September 1940 in Graz als Sohn eines Diplom-Ingenieurs und späteren Ministerialrates geboren.55 Er hat nach der Übungsvolksschule in Wien III (Kundmanngasse) das Bundesrealgymnasium in Wien I (Stubenbastei) besucht und am 2. Juni 1958 mit Auszeichnung maturiert. Nach dem Präsenzdienst als Einjährig-Freiwilliger beim Bundesheer hat er von 1959 bis 1962 die Militärakademie Wiener Neustadt absolviert. Von 1962 bis 1964 diente er als Ausbildungsoffizier bei der Luftraumüberwachung. Von 1964 bis 1970 folgte ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Wiener Hochschule für Welthandel, das 1967 mit der Prüfung als Diplom-Kaufmann und 1970 mit dem Doktorat der Handelswissenschaften (Dr.rer.comm.) abgeschlossen wurde. Parallel dazu hat er von 1967 bis 1971 an der Universität Wien Rechtswissenschaften studiert und 1971 mit dem Absolutorium abgeschlossen. Daneben erfolgte von 1969 bis 1971 ein Studium der Pädagogik an der Hochschule für Welthandel bei Schöler. Es wurde 1971 mit dem Doktorat der Wirtschaftswissenschaften beendet. Die von Schöler angenommene Dissertation war folgendem Thema gewidmet: „Die Ausbildung von Führungskräften und Nachwuchsführungskräften wirtschaftlicher Unternehmen. Theoreti-
54 Protokoll der 6. Sitzung des GA am 9.10.1970, 5. 55 Lebenslauf als Beilage der Bewerbung vom 26.2.1974. AdR; Kurzbiographien: Kürschner 2007, 2647; Who is who in Österreich, 1993, 1115.
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sche und empirische Untersuchung zu einem gesamtösterreichischen Ausbildungskonzept“. Sie ist 1971 im Druck erschienen. Seit 15. Juli 1970 war Ortner an der Hochschule für Bildungswissenschaften als Vertragsassistent bei Schöler tätig. 1971 wurde er Hochschulassistent und Mitglied des Gründungsausschusses. Beides ist er bis zum 28. Februar 1973 geblieben.56 Dann ist er nach Paderborn gewechselt. An der dortigen Gesamthochschule hat er am 25. Oktober 1973 die Lehrbefugnis als Privatdozent für „Bildungsorganisationslehre“ erworben. Als Habilitationsschrift hat ein „Paderborner Arbeitspapier“ mit folgendem Titel gedient: „Bildungs-Betriebslehre. Problemaufriß zu einer Theorie der Bildungsorganisation im Spannungsfeld zwischen Leitungs- und Verwaltungsfunktionen“. Am 15. Februar 1974 wurde er kommissarischer Direktor des „Instituts für Bildungs-Betriebslehre“ im „Forschungs- und Entwicklungszentrum für objektivierte Lehrund Lernverfahren“ in Paderborn. Dieter Lukesch wurde am 3. Mai 1943 in Linz (Oberösterreich) geboren.57 Nach der Matura in Salzburg und Präsenzdienst als Einjährig-Freiwilliger beim Bundesheer hat er von 1963 bis 1967 an der Universität Innsbruck Wirtschaftswissenschaften studiert und mit der Graduierung zum Diplom-Volkswirt abgeschlossen. Seine Diplomarbeit behandelte das Thema „Liquidität – Ein Problem der geltenden Währungsordnung“. 1972 erfolgte die Promotion zum Doktor der Wirtschaftswissenschaften mit einer von den Professoren Stephan Koren58 und Clemens August Andreae59 angenommenen Dissertation über „Theorie und Praxis der Bildungsplanung“. Lukesch hatte gemeinsam mit Clement unter anderem am „Österreichischen Hochschulbericht 1969“ mitgearbeitet und 1972 „Ökonomische Aspekte einer Bildungsplanung für Südtirol“ behandelt. Größere Publikationen lagen zur Zeit der Klagenfurter Beratungen noch nicht vor. Eine gemeinsam mit Stefan Titscher veröffentlichte „Methodenstudie zur funktionsorientierten Bildungsplanung“ (Untertitel) über „Verwaltungstätigkeiten in der Industrie“ ist erst 1975 erschienen. Die Habilitation ist erst 1980 erfolgt.
56 57 AdR. 949. 58 59
Hödl 1980, 235. „Lebenslauf und Tätigkeiten“ als Beilage zur Bewerbung vom 31.1.1974. Kurzbiographien: Kürschner 1987, 2835; Who is who in Österreich, 1993, Kurzbiographien: Kürschner 1987, 2415; Bruckmüller 2001, 260. Kurzbiographien: Kürschner 1987, 59; Bruckmüller 2001, 19.
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Man sieht aus den Besetzungsvorschlägen von 1971 und 1974, dass es zu wenige Ökonomen gegeben hat, die hinreichend auf Bildungsökonomie spezialisiert waren, um eine ganz diesem Fach gewidmete isolierte Lehrkanzel erfolgreich betreiben zu können. Das Ministerium hat unverzüglich die Verhandlungen mit Widmaier aufgenommen und am 12. Juli 1974 erfolgreich beendet60. Er hat jedoch am 11. November 1974 abgesagt. Daraufhin hat Ministerin Firnberg schon am 28. November Bodenhöfer berufen61. Er ist am 18. Juli 1975 zum Ordentlichen Professor ernannt worden62 und hat sein Amt am 1. August angetreten63. Eine Antrittsvorlesung ist nicht erfolgt. Nach der Einführung der Institutsgliederung64 ab dem Studienjahr 1977/7865 ist sein Fach zunächst dem neuen „Institut für Bildungsökonomie und Bildungssoziologie“ zugeordnet worden66. Wie vorherzusehen gewesen ist, waren die Arbeitsmöglichkeiten ohne Einbindung der „Bildungsökonomie“ in ein größeres wirtschaftswissenschaftliches Institut mit entsprechenden Studienrichtungen, Lehraufgaben und Studentenzahlen sehr beschränkt und unbefriedigend. In den pädagogischen Studienordnungen hatte das Fach nur eine Randstellung. Die „Studienordnung für den Studienversuch Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“ von 1973 hat es im ersten Studienabschnitt als bloßes „Vorprüfungsfach“ mit 3–5 Wochenstunden („Grundlagen der Bildungsökonomie“) bedacht. Im zweiten Studienabschnitt kam es nur unter den sieben Wahlfächern mit 8–10 Wochenstunden vor: entweder als „Bildungsökonomische Theorie und Politik“ oder als „Bildungsbetriebslehre“67. Der Studienversuch ist im Herbst 1977 zum letzten Mal begonnen und dann eingestellt worden.68 Im „Studienplan für die Studienrichtung Pädagogik“ von 1982 kam „Bildungsökonomie“ nur im Rahmen des Wahlfaches „Bildungspla-
60 Antrag BM. Firnbergs an den Ministerrat vom 12.7.1974. AdR, BMfU 8, Karton 623. 61 BMfWF, Zl. 175.602-4/74. 62 BMfWF 1977, 30. 63 HÖDL 1980, 222. 64 Gemäß UOG 1975, § 46. Vgl. Hödl 1980, 83. 65 Hödl 1980, 69. 66 Hödl 1980, 130f. 67 Verordnung vom 22.8.1973, BGBl. 441/1973, § 5 Abs. 2 d 2 und § 8 Abs. 3 b 4/5. 68 Vgl. in diesem Buch S. 255ff., 259.
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nung“ mit insgesamt 4 Wochenstunden vor: 2 für „Wirtschaftswissenschaften für Pädagogen“ und 2 für „Bildungsökonomische Theorie“.69 Die Randstellung der „Bildungsökonomie“ zeigt sich auch bei der Korrektur der ursprünglichen Fehlplanung der Lehrkanzeln. In der ministeriellen Planung der „als notwendig erachteten Dienstposten Ordentlicher Professoren“ von 1973 sind unter dem Einfluss der OECD70 drei Lehrkanzeln für „Bildungsökonomie“ vorgesehen gewesen. Bis 1977 ist nur eine Lehrkanzel für dieses Fach besetzt worden und dabei ist es geblieben.71 Unter diesen Umständen gab es für Bodenhöfer bis zur Einrichtung des „Instituts für Wirtschaftswissenschaften“ am 30. April 198572 in der Lehre zunächst relativ wenig zu tun. Seine Vorlesungen waren folgenden Themen gewidmet73: „Einführung in die Bildungsökonomie“, „Bildungsplanung“, „Bildungsplanung in Entwicklungsländern“, „Einführung in die Wirtschaftswissenschaften“, „Mikroökonomie des Bildungswesens (ökonomische Aspekte der Unterrichtstechnologie)“, „Entwicklungstheorie und -politik: Ökonomische Probleme der ,Dritten Welt‘“, „Grundprobleme der Ökonomie“, „Grundlagen der Bildungsökonomie“, „Hauptansätze quantitativer Bildungsplanung“, „Betriebswirtschaftliche Probleme der Bildungsplanung“, „Der öffentliche Sektor“, „Theorie und Politik des Arbeitsmarkts“, „Technischer Wandel, Qualifikationsentwicklung und Bildungssystem“, „Berufsbildung“, „Statistische Methoden und Verfahren der Bildungsplanung“, „Technischer Fortschritt – Auswirkungen auf Wirtschaft, Arbeitswelt und Bildungssystem“, „Berufsbildung in Unternehmen und technischer Wandel“, „Bildung, Beschäftigung, Arbeitsmarkt“, „Makroökonomie“. Dazu kamen Seminare zu den Themen der Vorlesungen sowie zu folgenden Spezialgebieten: „Jugendarbeitslosigkeit“, „Arbeitslosigkeit und Bildungsplanung“, „Finanzierung der Hochschulexpansion“, 69 Mitteilungsblatt der UBWK 80/1982, § 6 Abs. 2 und § 8 Abs. 2c. 70 Bodenhöfer am 30.8.2010 an den Verfasser: „Im von der OECD wesentlich mitbestimmten Konzept einer Reformuniversität waren nicht weniger als 6 Lehrkanzeln für Bildungsökonomie vorgesehen – ein Reflex des in der Ökonomie wiederentdeckten und von der OECD propagierten Zusammenhangs von ´Humankapital´ und Wirtschaftswachstum“. 71 BMfWF 1977, 32. 72 UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 422. 73 Nach den Verzeichnissen der Lehrveranstaltungen der UBWK vom WS 1975/76 bis zum WS 1985/86.
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„Akademische Bildung und Beschäftigungssystem“, „Internationales System und neue internationale Wirtschaftsordnung“, „Bildungsökonomische Ansätze zu Qualifikation und Sozialisation“, „Hochschulexpansion und Beschäftigung“, „Beschäftigungspolitik und Arbeitslosigkeit“, „Bildung, Beschäftigung, Arbeitsmarkt“. Entgegen den ursprünglichen Plänen aus der Gründungszeit der Hochschule, die auch für dieses Fach maßlos übertrieben gewesen ist, ist die Bildungsökonomie aus Mangel an Studierenden ein Randgebiet geblieben und bald „verwaist“: „in schwach besuchten Lehrveranstaltungen fanden sich vor allem Lehramtsstudierende ein“. Es hat „keine bildungsökonomischen Diplomarbeiten, Dissertationen oder Habilitationen“ gegeben74. Bodenhöfer hat sich auf den Forschungsschwerpunkt „Universitäre Bildung und Beschäftigungssystem“ konzentriert75. Er hat bald erkannt, dass „die vom ursprünglichen Gründungskonzept abweichende Entwicklung der Universität zu einer den traditionellen philosophischen Fakultäten vergleichbaren Ausbildungsstätte“ für Lehramtskandidaten „rasch an die Grenze der Aufnahmefähigkeit der höheren Schulen in Kärnten stößt“. Er hat statistisch nachgewiesen, dass „mindestens drei Viertel der stellensuchenden UBW-Absolventen keine Anstellung im Kärntner Schuldienst finden werden“. Auch die künftigen Berufsaussichten für Absolventen des PädagogikStudiums in den bisherigen Hauptabnehmer-Bereichen Hochschule und Lehrerbildung seien „sehr ungünstig zu beurteilen“. Jedenfalls sei an eine erziehungswissenschaftliche „Forschungsuniversität“ als „ein identitätsstiftendes Planungskonzept für die Zukunft“ nicht mehr zu denken.76 Damit hat er 1978 Brezinkas Argumente gegen die Gründung einer „Hochschule für Bildungswissenschaften“77 aus dem Jahre 1969 bestätigt. Als Konsequenz dieser Lagebeschreibung wurden ab 1979/80 für die junge Universität „zusätzliche Studienrichtungen“ gesucht, „die stark ansteigende Studentenzahlen aufweisen und für die zugleich relativ günstige Voraussetzungen der Integration eines wachsenden Akademikerangebotes in das Beschäftigungssystem gegeben sind“78. Als Lösung
74 75 76 77 78
Bodenhöfer am 30.8.2010 im Brief an den Autor. PAB. Lechner 1980, 92; Hödl 1980, 130 und 243f. (Forschungsberichte). Bodenhöfer/Ötsch 1978, 4, 20, 28, 34. Brezinka 1969 und 1969a; Nachdruck 2008, 84ff. und 93. Hödl 1980, 71 unter Hinweis auf Bodenhöfer/Ötsch 1979.
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wurde auf den alten Plan des Jahres 1966 zurückgegriffen79, das Studium der Betriebswirtschaftslehre einzuführen80. Ab 1982 wurden „für die Universitätsentwicklung … die neuen Studienrichtungen ,Angewandte Betriebswirtschaft‘ und ,Angewandte Informatik‘ bestimmend“. Sie brachten einen „starken Zustrom“ Studierender als Ausgleich für „zum Teil deutlich rückläufige Zahlen der Studienanfänger im Bereich der Lehramtsstudiengänge“.81 Der Studienversuch „Angewandte Betriebswirtschaft“ ist mit dem Wintersemester 1984/85 eingerichtet worden und hat bis zum Sommersemester 1987 bereits rund 700 inskribierte ordentliche Hörer angezogen82. Das „Institut für Bildungsökonomie und Bildungssoziologie“ ist aufgelöst worden. An seine Stelle sind ein „Institut für Wirtschaftswissenschaften“ und ein „Institut für Soziologie“ getreten, die diese Disziplinen in ihrer ganzen Breite zu pflegen hatten. Damit ist Bodenhöfers Dienstposten von der Einengung auf „Bildungsökonomie“ befreit worden und zum Ausgangspunkt autonomer betriebswirtschaftlicher Studien und Forschungen geworden. Bodenhöfer hat im „Institut für Wirtschaftswissenschaften“ den „Bereich Volkswirtschaftstheorie und Volkswirtschaftspolitik“ übernommen, der später im größeren Rahmen der „Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Informatik“ die Rechtsform einer „Abteilung“ erhalten hat.83 Durch diese Erweiterung der Aufgaben seiner Professur und deren Zuordnung zu einer anderen Fakultät ist der ursprüngliche Plan einer engen Verbindung der „Bildungsökonomie“ mit den erziehungswissenschaftlichen Studien- und Forschungsgebieten gescheitert. Bodenhöfer hat zwar weiterhin Beiträge zur Ökonomie des Schul-, Hochschulund Berufsbildungswesens in Relation zum „Beschäftigungssystem“ geleistet84, aber zu dem geplanten Ausbildungszentrum für erziehungs-
79 Vgl. in diesem Buch S. 212ff. 80 Bodenhöfer/Ötsch 1979, 29f. haben darüber hinaus mit dem fragwürdigen Argument einer „Entlastung anderer Universitäten“ nicht weniger als die generelle „Einrichtung von sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Studienrichtungen“ vorgeschlagen, darunter auch eines „fremdenverkehrswirtschaftlichen Studiengangs“. 81 Bodenhöfer am Ende seines vierjährigen Rektorats (1983-87) im ersten „Forschungsbericht 1983–1987“ der UBWK, 18f. 82 Forschungsbericht 1983–1987, 18. 83 Ebenda, 45 und 429ff.; Forschungsbericht 1991–1994, 25f. und 373ff. 84 Vgl. die Forschungsberichte 1983–1987, 429ff.; 1987–1991, 359ff.; 1995–1998, 423ff.; 1999–2002, 481ff.; 2003–2004, 387 und 396ff.
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wissenschaftlich kompetente Bildungsökonomen und ökonomisch gebildete Erziehungswissenschaftler konnte es unter den gegebenen Umständen in Klagenfurt nicht kommen. Bodenhöfer ist bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2009 über die Bildungsökonomie hinaus auch für folgende Fachgebiete zuständig gewesen: Arbeitsmarktforschung, Arbeitsmarktpolitik, Außenhandel, Wirtschaftsanalysen, Wirtschaftspolitik und Wirtschaftstheorie.85 In seinen Forschungen ist er jedoch vorrangig der Bildungsökonomie mit dem Schwerpunkt „Bildungssystem und Beschäftigungssystem“ verbunden geblieben. Dabei standen Probleme der Akademikerausbildung, Akademikerbeschäftigung und des Akademikerarbeitsmarktes im Vordergrund86. Von 1983 bis 1987 hat er der Universität als Rektor gedient und wesentlich zu ihrer Erhaltung durch eine Korrektur ihrer Widmung zugunsten von Betriebswirtschaftslehre und Informatik beigetragen.
1 5 b . D i e L e h r k a n z e l f ü r „ B i l d u n g ss o z i o l o g i e “ m i t P au l K e l l e r m a n n : 1 9 7 3 – 2 0 0 5 Der Gründungsausschuss hat am 1. März 1973 folgenden Besetzungsvorschlag der unter dem Vorsitz von Trotsenburg beratenden Ternakommission mit 11 Ja-Stimmen und einer Stimmenthaltung angenommen87: 1. Paul Kellermann, Privatdozent für Soziologie an der Universität Konstanz; 2. Hanns-Albert Steger, Wissenschaftlicher Rat und Professor für Soziologie an der Universität Bielefeld; 3. Josef Klingler, Hochschuldozent für Unterrichtswissenschaft an der Hochschule für Bildungswissenschaften Klagenfurt. Es hat 16 Bewerber gegeben, von denen 6 in die engere Wahl gezogen und zu Probevorträgen eingeladen worden sind.
85 http://www.uni-klu.ac.at/vwl/; 7.8.2010. 86 Vgl. Bodenhöfer 1978; 1988, 9–23 und seinen Inaugurationsvortrag als Rektor vom 16.9.1983: Bodenhöfer 1985, 19ff. 87 Protokoll der 25. Sitzung des GA, 7f. AdR, BMfU 8, Karton 622.
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Paul Kellermann wurde am 16. August 1937 in Stettin an der Oder (Pommern) geboren.88 Er hat an den Universitäten Frankfurt am Main und München Soziologie, Psychologie, Volkswirtschaftslehre, Staatslehre und Politikwissenschaft studiert. 1963 wurde in Frankfurt die Prüfung für Diplom-Soziologen mit dem Schwerpunkt „Industriesoziologie“ bestanden. Die empirische Diplomarbeit hatte den Titel „Zum Verhältnis von Berufsausbildung und Fluktuation im Industriebetrieb“. Am 18. Februar 1966 hat er an der Universität München mit einer Dissertation über „Organizistische Vorstellungen in soziologischen Konzeptionen bei Comte, Spencer und Parsons“ das Doktorat der Volkswirtschaftslehre erworben. Sie ist 1967 unter dem Titel „Kritik einer Soziologie der Ordnung. Organismus und System bei Comte, Spencer und Parsons“ als Buch erschienen. Nach der Promotion wurde Kellermann Wissenschaftlicher Assistent am Zentrum für Bildungsforschung der Universität Konstanz. Von 1968 bis 1970 hat er als Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Wien am multinationalen Projekt „Bildungsbiographien und Daseinsvorstellungen von Akademikern“ mitgearbeitet. Dort ist er auch in Kontakt mit dem „Institut für Bildungs- und Beratungsforschung“ (IBB) gekommen, das an der Planung der Klagenfurter Hochschule beteiligt gewesen ist89. Am 9. Mai 1972 hat er an der Universität Konstanz die Lehrbefugnis als Privatdozent für Soziologie erworben. Als Habilitationsschrift hat er unter dem Titel „Theoretische, methodologische und empirische Beiträge zur Hochschulsozialisationsforschung“ mehrere lose zusammenhängende Texte vorgelegt. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen im Druck neben der Dissertation erst sechs kleinere Aufsätze in Zeitschriften und einige Forschungsberichte vor90. Drei der Aufsätze in den fach-unspezifischen „Konstanzer Blätter(n) für Hochschulfragen“ waren dem Bildungsbegriff, der Bildungspolitik und der „Bildungswissenschaft“ gewidmet91. Auffällig war an ihnen der Anspruch, abseits aller pädagogischen Bei-
88 Biographische Angaben nach: Konstanzer Blätter für Hochschulfragen, Nr. 23 (1969), 100; Lechner 1980, 83; Curriculum vitae vom Mai 2007. Kurzbiographie: Kürschner 2007, 1723. Publikationen bei Hödl 1980, 255; Schriftenverzeichnis 1962–2010, PK (1) doc. 89 Vgl. in diesem Buch S. 158ff. 90 Fünf davon sind als „Aufsätze zur Bildungssoziologie“ (Untertitel) in Kellermann 1976 unverändert nachgedruckt worden. 91 Kellermann 1969, 1971, 1973.
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träge zur Begriffsklärung92 einen selbst ersonnenen „sozialwissenschaftlichen Bildungsbegriff“ einzuführen. Für Kellermann konnte „als allgemeine Definition für Bildung“ Folgendes gelten: „Bildung ist der soziale Prozeß, in dem Personen in gegenseitiger Beeinflussung Verhaltensweisen und Fertigkeiten übernehmen und übermitteln“93. Zum Gegenstand der „Bildungssoziologie“ hieß es: „Sie untersucht den Aufbau der Persönlichkeit unter dem Einfluß gesellschaftlicher Verhältnisse und Vorgänge“94. Ihre „wesentliche Sozialisationsaufgabe … innerhalb eines bildungswissenschaftlichen Studiums“ wurde darin gesehen, „auf eine generelle gesellschaftskritische Haltung … hinzuwirken“95. In Kellermanns Bildungsbegriff wurden also ganz verschiedene Phänomene wie das Werden der Persönlichkeit und die sozialen Einflüsse darauf, Sozialisation und Erziehung, Lernen und Unterrichten, Person und Kultur96 zusammengeworfen, deren genaue Unterscheidung und begriffliche Klärung für die wissenschaftliche Verständigung und Forschung unerlässlich gewesen wären.97 Während Kellermann Erfahrungen in der empirischen soziologischen Schul- und Hochschulforschung aufweisen konnte98, war dies beim Zweitgereihten des Besetzungsvorschlages weniger erkennbar. Hanns-Albert Steger wurde am 30. März 1923 in Brunndöbra/Vogtland (Sachsen) geboren99. Er hat Rechtswissenschaften, Philosophie, Anglistik, Romanistik, Germanistik und Soziologie an den Universitäten Halle-Wittenberg, Heidelberg, Tübingen, Aix-en-Provence und Madrid studiert und 1954 das Staatsexamen für das wissenschaftliche Lehramt an Gymnasien in den Fächern Spanisch, Französisch und Deutsch bestanden. Im gleichen Jahr wurde er an der Universität
92 Vgl. u.a. Dolch 1963; 1965, 36–42; 1966. 93 Kellermann 1969, 68. 94 Kellermann 1973, 83. 95 Ebenda, 76. 96 Kellermann 1969, 72: „Der Umfang und die Interdependenz des mit den Begriffen Person und Kultur gemeinten Sachverhaltes sind identisch mit dem Sachverhalt, der Bildung genannt und als sozialer Komplex in permanentem, prozeßartigem Verlauf gesehen wird“. 97 Sie ist auch später im Kontakt mit den Klagenfurter Erziehungswissenschaftlern nicht nachgeholt worden. 98 Vgl. u.a. Kellermann 1973a und 1971a. 99 Kürschner 1987, 4507; Bericht Trotsenburgs als Vorsitzender der Ternakommission Bildungssoziologie vom 1.3.1973. AUK.
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Heidelberg „magna cum laude“ zum Doktor der Philosophie promoviert. Seine vom Romanisten Gerhard Hess angenommene Dissertation hatte den Titel „Askese und ,amour courtois‘. Ein Beitrag zur Ortsbestimmung der altprovenzialischen Literatur“. Sie ist 1971 im Umfang von 468 Seiten als Buch erschienen. Steger ist jedoch nicht in den Schuldienst getreten, sondern von 1954 bis 1963 in deutschen und internationalen Wissenschaftsorganisationen tätig gewesen. 1963 wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter der Sozialforschungsstelle der Universität Münster. Aus Forschungsund Studienreisen in alle Länder Südamerikas ist seine Habilitationsschrift über „Die Universitäten in der gesellschaftlichen Entwicklung Lateinamerikas“ entstanden. Mit ihr hat er 1968 an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster die Lehrbefugnis als Privatdozent für Soziologie erworben. Sie ist 1967 im Umfang von 305 Seiten als Buch erschienen. Seit 1969 war er an der Universität Bielefeld für den Aufbau des Schwerpunktes Lateinamerika-Forschung zuständig. 1969/70 hat er als Gastprofessor an der Universidad Nacional Autónoma de Mexico gelehrt. Sein Arbeitsfeld war die Länderkunde Lateinamerikas mit Spezialisierung auf internationale Hochschulberatung und -planung. Über den an dritter Stelle vorgeschlagenen Bewerber Josef Klingler ist schon berichtet worden100. Er hatte sich durch seine Dissertation zur Soziologie des Lehrerberufes wie durch seine soziologisch einschlägige Habilitationsschrift als Forscher ausgezeichnet. Als Professor an der Pädagogischen Akademie Feldkirch hatte er sich auch als Lehrer für Pädagogische Soziologie bewährt. Der Ruf ist an Kellermann ergangen. Er hat ihn angenommen und ist am 11. September 1973 zum Ordentlichen Professor für Bildungssoziologie ernannt worden101. Seine Lehrkanzel ist mit vier Dienstposten für Assistenten und einer Sekretärin ausgestattet worden. „Auf lange Sicht gesehen“ hat er damals gehofft, dass in Klagenfurt „eine Studienrichtung für Bildungsplaner, Bildungsberater und Bildungsforscher eingerichtet werden würde“, die „bisher im deutschsprachigen Gebiet fehlt“.102
100 Vgl. in diesem Buch S. 408ff. 101 BMfWF 1977, 30; Hödl 1980, 223. 102 Kärntner Tageszeitung, 12.9.1973 (mit Foto). Nachdruck bei Lechner 1980, 83.
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Seine Antrittsvorlesung hat er am 28. Oktober 1974 „Über den Wandel von Status und Funktion der Universität“ gehalten.103 Sie mündete nach einer historischen Skizze in eine Kritik der zeitgenössischen Hochschulpolitik, die „im Interesse eines Staates des konsolidierten Kapitalismus“104 stehe. Sie bot jedoch weder Einblicke in sein Spezialfach noch in seine Forschungsvorhaben. Da an der Klagenfurter Hochschule keine Studienrichtung „Soziologie“ bestanden hat und auch später nicht eingerichtet worden ist105, hatten Kellermanns Lehrveranstaltungen vorwiegend der Ergänzung nicht-soziologischer Studiengänge zu dienen. Dazu gehörten anfangs – bis zu seiner Einstellung – nur der Studienversuch „Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“ und die Studienrichtung „Pädagogik“106. Ab 1975 kam dazu der Studienzweig „Geschichte und Sozialkunde (Lehramt an höheren Schulen)“107, ab 1984 der Studienversuch „Angewandte Betriebswirtschaft“ und ab 1986 der Studienversuch „Angewandte Informatik“ mit soziologischen Pflichtfächern.108 Das Spezialfach „Bildungssoziologie“ konnte von Studierenden der Studienrichtung „Pädagogik“ als „Kombinationsfach“ gewählt werden. Diese Fachkombination wurde jedoch „über die Jahre nur von relativ wenigen Studierenden gewählt“109. Das geringe Interesse der Pädagogik-Studierenden war verständlich, weil ihnen die Fachkombination „Bildungswissenschaftliche Psychologie“ mit Recht fachlich wichtiger, reichhaltiger und beruflich nützlicher erschienen ist. Gleiches galt bei Lehrern und Lehramtsanwärtern für die Fachkombination „Schulpädagogik“. Nach Ansicht der Klagenfurter Soziologen scheint an dieser „provinziellen“ „Randlagenuniversität“ jedoch auch mitgespielt zu haben, dass die von Kellermann und seinen Mitarbeitern vertretene „gesellschaftskritische Soziologie“ bei der großen Mehrheit der Studenten auf Abwehr und „Aufklärungsunwilligkeit“ gestoßen ist. „Es existiert eine passive und eine aktive ,Ablehnungsfront‘ der studentischen Mehrheit, die mit gesell-
103 Kellermann 1975. 104 Ebenda, 12. 105 Zu den bis WS 1977/78 eingerichteten Studienrichtungen vgl. BMfWF 1977, 26ff. und 33. 106 Vgl. dazu in diesem Buch S. 255ff., 258f. 107 BMfWF 1977, 26. 108 Institut für Soziologie 2000, 5 und 16. 109 Ebenda, 16. Vgl. auch Holzinger u.a. 1984, 243.
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schaftskritischen (,linkslastigen‘) Lehrveranstaltungen nichts zu tun haben will“. Infolge des in Kärnten vorherrschenden „kleinbürgerlichen Bewußtseinshorizonts und Sozialcharakters“ zeige sich nur eine kleine Minderheit „gegenüber kritischer Soziologie aufgeschlossen“.110 In seinen Vorlesungen hat Kellermann folgende Themen angebo111 ten : „Einführung in die Bildungssoziologie“, „Einführung in die sozialwissenschaftlichen Methoden“, „Einführung in die allgemeine Soziologie“, „Soziologische Grundbegriffe“, „Qualifikation und Sozialisation: theoretische, empirische und politische Aspekte“, „Hochschulsozialisation“, „Hochschulsoziologie“, „Geschichte der sozialen Ideen und Theorien“, „Soziologie des postsekundären Bildungssystems: Selektion, Sozialisation und Statuserwerb“, „Soziologie und Gesellschaft Frankreichs im 18. und 19. Jahrhundert“, „Erziehung und Gesellschaft: Persönliche und gesellschaftliche Interessen an Erziehung und Bildung“, „Lehrer, Schule und Gesellschaft“, „Probleme des Studienanfangs: Der Übergang von Höherer Schule zur Hochschule“, „Umfrageforschung in den Erziehungs- und Sozialwissenschaften“, „Gesellschaft und Soziologie Englands im 18. und 19. Jahrhundert“, „Theorie der Hochschulbildung“, „Lebensvorstellungen Jugendlicher in Klagenfurt und Ljubljana“, „Sozialisationstheorie: Einführung und Kritik“, „Soziologische Grundbegriffe: Arbeit/Bildung/Gesellschaft“, „Einführung in die Wissenschaftstheorie“, „Soziologische Einführung: Arbeit und gesellschaftliche Institution (Schule und Betrieb)“. „Soziologische Seminare“ und „Forschungsseminare“ sind meistens ohne Themen angekündigt worden. Ausgenommen waren folgende Fälle: „Hochschulsozialisation“, „Geschichte der sozialen Ideen und Theorien“, „Politik und Bildung“, „Sozialisation und Qualifikation“, „Einführung in die Soziologie: Talcott Parsons: The Social System“, „Studieneingangsphase“, „Der Begriff der Vernunft in der Sozialphilosophie Max Horkheimers“, „Entwicklung des Hochschulzugangs“, „Entwicklung von Status und Sozialbewußtsein“, „Arbeit und Bildung“, „Qualifikation und Sozialisation durch Studium“, „Erforschung der Universität als Lebensbereich“. Kellermanns Lehrveranstaltungen sind hier nur bis 1985 angegeben, weil in diesem Jahr das „Institut für Bildungsökonomie und Bil-
110 Holzinger u.a. 1984, 240f. 111 Chronologisch nach den Verzeichnissen der Lehrveranstaltungen der HBW (ab 1975 UBWK): WS 1973/74 bis WS 1985/86.
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dungssoziologie“ mit seinem namentlichen Bezug zur „Bildungswissenschaft“ (und damit zur Pädagogik) aufgelöst worden ist. An seiner Stelle ist für Kellermann und seine Mitarbeiter 1985 ein „Institut für Soziologie“ errichtet worden, das 1993 der „Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Informatik“ zugeordnet worden ist. Damit ist seine Spezialisierung auf das Gebiet „Bildungssoziologie“ aufgehoben worden, um dessenwillen die Lehrkanzel ursprünglich zur Ergänzung der pädagogischen Fächer geschaffen worden ist. In personeller Hinsicht hat diese Entwicklung erst 2005 mit Kellermanns Emeritierung geendet. Seine Lehrkanzel für „Bildungssoziologie“ ist in eine Professur für „Wirtschaftssoziologie“ umgewidmet worden. Im Rückblick hat er für seine Amtszeit folgende Lehrgebiete angegeben: „Soziologische Ideengeschichte, Arbeits- und Bildungssoziologie, Betriebs- und Wirtschaftssoziologie, Soziologie des Geldes und der Globalen Gesellschaft“. Als Forschungsgebiete hat er folgende genannt: „Universitätsentwicklung/Studierende/Graduierte, Konzepte und Bilder von Geld“.112 Da in Klagenfurt ein reguläres Studium der Soziologie als Hauptfach nicht möglich gewesen ist, sind auch keine Diplom- bzw. Magisterprüfungen in diesem Fach erfolgt. Dadurch hat Kellermann einen relativ großen Freiraum für eigene Forschungen, Editionen und hochschulpolitische Aktivitäten gewonnen. Die Liste seiner Publikationen (einschließlich vieler Zeitungsartikel) zwischen 1962 und 2010 enthält rund 400 Titel. Die von ihm begründete und herausgegebene Reihe „Klagenfurter Beiträge zur Bildungswissenschaftlichen Forschung“ (in seinem nicht-pädagogischen Verständnis von „Bildung“) umfasst 30 Bände. Schwerpunkt seiner Studien und Publikationen in empirischer wie theoretischer Hinsicht war die Hochschulforschung, ergänzt durch Hochschulplanung und Hochschulpolitik auf der Linie des linken Flügels der Sozialdemokratie. Kellermann hat diese Mischung „gesellschaftspolitisch engagierte Bildungssoziologie“ genannt113. Dazu gehörten Forschungsberichte zur Studienwahl Kärntner Maturanten, zur Studieneingangsphase, zu „Bildungsexpansion, Universitätsentwicklung und Hochschulzugang“ am Beispiel der Universität Klagenfurt114, „Berufsorientierungen und Beschäftigungserwartungen
112 113 114
Kellermann/Boni/Meyer-Renschhausen 2009, 236. Untertitel von Kellermann 1977. Kellermann 1981. Zur Entwicklung in Österreich: Kellermann 1984.
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von Studenten“, „Langzeitstudenten“, „Studienmotive und Arbeitsperspektiven von Erstimmatrikulierten“, „Studium und Erwerbstätigkeit“, „Universitäre Weiterbildung“. Was von Anfang an weitgehend fehlte, waren Beiträge zur „Pädagogischen Soziologie“ oder „Soziologie der Erziehung“ als Mikrosoziologie der Erziehungspraxis in Familien, Schulen, Betrieben und anderen Einrichtungen unterhalb der Hochschulen. Kellermann hat die Verbindung mit dieser Richtung soziologischer Forschung115 – wie generell mit der Erziehungswissenschaft – nicht gesucht, sondern ausdrücklich gemieden116. Deshalb hat er nur sehr schmale Ausschnitte des Schul- und Hochschulwesens aus makrosoziologischer Sichtweise bearbeitet. Seit den Neunzigerjahren des 20. Jahrhunderts hat er sich zunehmend wirtschaftssoziologischen und sozialpolitischen Themen wie Arbeit, Arbeitsorganisation und Erwerbslosigkeit, Geld und Geldideologie („Moneyismus“) zugewandt.117 Auf diesen Gebieten ist er auch als Kritiker „segmentierter Wahrnehmung“, „vordergründigen Denkens“ und ungenauen Sprachgebrauchs aufgetreten118. Bei Konzentration auf die Erziehungssoziologie und ähnlich kritische analytisch-konstruktive Arbeit an ihr hätte Kellermann mehr aus ihr machen und den Verlust der ihr gewidmeten Professur vielleicht verhindern können. Diese Professur ist an den österreichischen Universitäten die erste und bisher einzige Lehrkanzel für dieses Spezialfach geblieben. Das Bundesministerium für Unterricht hatte den Universitäten Wien, Graz, Innsbruck und Salzburg schon 1964 zugunsten der Lehrerausbildung vergeblich je eine Lehrkanzel für Pädagogische Soziologie angeboten119. Die spätere einmalige Chance in Klagenfurt ist durch Fehlbesetzung für hochschulstatistische Erhebungen vertan worden und erziehungswissenschaftlich ungenutzt geblieben. Der
115 Vgl. zu ihr u.a. Whang 1963 (insbesondere S. 35–48 über Aloys Fischer); Götz/Kaltschmid 1977; Brinkmann 1986; Saha 1997. 116 Mündliche Mitteilungen an den Verfasser 2010: er habe das Wort „Bildung“ in der Widmung seiner Lehrkanzel nicht im engen Sinne der Pädagogiker als erzieherisches Handeln verstanden, sondern als Namen für sämtliche „gesellschaftlichen Verhältnisse und Vorgänge, soweit sie den Aufbau der Persönlichkeit (personale Bildungsstruktur) beeinflussen“. Kellermann 1973, 79, ähnlich 83. Das hinderte ihn nicht, sein Arbeitsfeld in englischer Sprache treffender mit dem Begriff „education“ zu kennzeichnen (englisches curriculum vitae, Mai 2007). 117 Vgl. u.a. Kellermann 1991, 1994. 118 Vgl. u.a. Kellermann 2006 und 2009. 119 Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 207ff. und 902.
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Zweck der Hochschule, in den mit Lehrkanzeln ausgestatteten Disziplinen für wissenschaftlichen Nachwuchs zu sorgen, ist auch auf diesem Gebiet nicht erfüllt worden – weder durch Promotionen noch durch Habilitationen. Es ist allerdings einmal der Anschein einer Habilitation für das Teilgebiet „Bildungssoziologie“ erweckt worden. Am 9. Juni 1976 hat das Universitätskollegium beschlossen, Hermann Strasser die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Bildungssoziologie mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen theoretischen Soziologie“ zu verleihen120. Tatsächlich hat es sich um eine kumulative Habilitation eines auswärtigen Bewerbers121 ohne bildungssoziologisch einschlägige Habilitationsschrift gehandelt. Für das Gesamtfach Soziologie war sie zweifellos verdient, aber in Klagenfurt hochschulrechtlich ausgeschlossen, weil dieses nicht „zum Wirkungsbereich der … Universität“ gehört122 hat. Dort ist nur eine Habilitation für „Bildungssoziologie“ zulässig gewesen, für die jedoch die spezialfachspezifische „Habilitationsschrift oder die als Habilitationsschrift geltenden wissenschaftlichen Arbeiten“123 gefehlt haben. So ist es zu der logisch verkehrten Bezeichnung der Lehrbefugnis gekommen, ohne welche die Habilitation unmöglich gewesen wäre. Zur Pädagogischen Soziologie hat Strasser weder damals noch später in seinem vielseitigen Gesamtwerk etwas beigetragen.
1 5 c. D i e L e h r k a n z e l f ü r „ P ä da g o g i s c h e Psychologie mit besonderer Berücksichtigung d e r L e r n - u n d M o t i v a t i o n sps y c h o l o g i e “ mit Franz Völkl: 1974–2000 Wie in der Pädagogik, Bildungsökonomie und Erziehungssoziologie gab es in den Siebzigerjahren auch bei der Psychologie großen Mangel an berufbaren Fachleuten mit überdurchschnittlicher Qualität. Davon wa 120 Protokoll der 3. Sitzung des UKK am 9.6.1976, 7; Hödl 1980, 220 (dort „unter besonderer Berücksichtigung …); bestätigt durch das BMfWF am 15.7.1976. Vgl. BMfWF 1977, 21 und 63. 121 Über Hermann Strasser, geboren am 28.11.1941 in Altenmarkt im Pongau (Salzburg), damals Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Höhere Studien in Wien, seit 1977 Ordentlicher Professor für Soziologie an der Universität Duisburg (später: Duisburg-Essen), vgl. Kürschner 2007, 3634. 122 UOG 1975, § 36 Abs. 1e. 123 Ebenda, § 36, Abs. 2.
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ren besonders die Teildisziplinen Pädagogische Psychologie und Entwicklungspsychologie betroffen, die für eine „bildungswissenschaftliche“ Spezialhochschule mit hohen Ansprüchen dringend gebraucht wurden. Die Lehrkanzel für Pädagogische Psychologie ist im Juni 1973 öffentlich ausgeschrieben worden.124 Der Berufungskommission haben Trotsenburg (Vorsitz), Zdarzil, Heintel, Klingler und als auswärtiger Gutachter Richard Olechowski125 angehört126. Es sind nur sechs Bewerbungen eingegangen. Am 21. August 1973 hat der Gründungsausschuss folgenden Besetzungsvorschlag beschlossen127: 1. Emil Schmalohr, o. Professor für Psychologie an der Pädagogischen Hochschule Rheinland, Abteilung Köln; 2. Franz Völkl, Professor an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Baden (Niederösterreich), seit 1970 der Hochschule für Bildungswissenschaften Klagenfurt dienstzugeteilt; 3. Gerd Mietzel, o. Professor für Pädagogische Psychologie an der Gesamthochschule Duisburg (Nordrhein-Westfalen). Zunächst ein Blick auf die Studien- und Berufslaufbahn der drei Kandidaten. Emil Schmalohr128 wurde am 21. Mai 1927 in Walsum am Rhein (Regierungsbezirk Düsseldorf) als erstes von drei Kindern eines Sonderschullehrers geboren und ist in Oberhausen im Ruhrgebiet aufgewachsen. Nach Dienst als Luftwaffenhelfer, Fronteinsatz als Soldat und amerikanischer Kriegsgefangenschaft hat er 1946 am Gymnasium in Kempen am Niederrhein das Reifezeugnis erworben. Von 1946 bis 1948 folgte die Ausbildung zum Volksschullehrer an der katholischen Pädagogischen Akademie Oberhausen. Seit 1948 war er zunächst als Lehrer an Volksschulen und nach zusätzlicher Ausbildung als Sonderschullehrer und Schulleiter tätig. Daneben hat er an der Universität Köln bei Prof. Udo Undeutsch129 Psychologie studiert. Am 21. März 124 U.a. in der ÖHZ, 25 (1973), Nr. 14, IV. 125 Damals o. Professor für Pädagogik I an der Universität Salzburg. Über ihn vgl. in diesem Werk Bd. 1, 601ff. und Bd. 3, 155ff. 126 Protokoll der 27. Sitzung des GA am 24./25.5.1973, 11. AdR 8, Karton 622. 127 Protokoll der 31. Sitzung am 21.8.1973, 7ff. AdR 8, Karton 622; Antrag des Rektors der HBW an das BMfWF vom 28.8.1973. AUK, Schachtel 334. 128 Kurzbiographien: Wer ist wer? 39 (2000/01), 1230; Kürschner 2007, 3194; Ternavorschlag der HBW, 4; Autobiographie: Schmalohr 1992 mit Liste der Veröffentlichungen (50–56). 129 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 3799, Autobiographie bei Wehner 1992, 401ff.
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1960 erfolgte seine Promotion zum Doktor der Naturwissenschaften „summa cum laude“ auf Grund einer Dissertation über „Die Auswirkungen des ganzheitlichen und lautsynthetischen Schreiblese-Unterrichts auf den späteren Schulerfolg“. Es handelte sich dabei um eine empirische Untersuchung an 400 Schulkindern mit dem Ergebnis, dass sich beide Methoden zur Vermittlung der Lese- und Schreibfähigkeit hinsichtlich des späteren Schulerfolgs der Kinder nicht signifikant unterscheiden. Nach 12jähriger Schulpraxis wurde Schmalohr 1960 Dozent für Psychologie an der Pädagogischen Akademie Essen und 1961 Professor an der Pädagogischen Akademie Neuss. 1970 erfolgte die Berufung an die Pädagogische Hochschule Rheinland, Abteilung Aachen, und 1971 an die Abteilung Köln mit Forschungsauftrag zu Vergleichsuntersuchungen über die kognitive Entwicklung von Kindergarten- und Vorklassenkindern. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen neben rund 40 Aufsätzen folgende Buchveröffentlichungen vor: „Psychologie des Erstleseund Schreibunterrichts“ (1961), „Frühe Mutterentbehrung bei Mensch und Tier“ (1968), „Den Kindern eine Chance. Aufgaben der Vorschulerziehung“ (1971) und „Frühes Lesenlernen“ (1973). Franz Völkl130 wurde am 16. November 1933 als Sohn eines Speditionsangestellten in Wien geboren. Er hat die Volksschule in Wien XIX und die Hauptschule in Edlitz (Bezirk Neunkirchen/Niederösterreich) besucht. Anschließend folgte der Besuch der Bundeslehrerbildungsanstalt in Wien I (Hegelgasse) bis zur Matura im Juli 1953. Wegen des damals großen Lehrerüberschusses hat Völkl seine ersten Berufsjahre als Religionslehrer, Berufsschullehrer und Erzieher verbracht. Seit 1958 in Wien als Volks- und seit 1962 als Hauptschullehrer fest angestellt hat er die Lehrbefähigungszeugnisse für beide Schul typen erworben. Aus seiner 1955 geschlossenen Ehe sind fünf Kinder hervorgegangen. Von 1962 bis 1968 hat er an der Universität Wien neben dem Lehrberuf Psychologie im Hauptfach und Anthropologie als Nebenfach studiert. Am 11. Februar 1969 ist die Promotion zum Doktor der Philosophie erfolgt. Seine experimentalpsychologische Dissertation mit dem Titel „Programmiertes Lernen: Der Einfluß von Reaktionsformen
130 Curriculum vitae in der Dissertation von 1968; AUW: Rigorosenakt Nr. 22.760; Hödl 1980, 278; Lechner 1980, 75f. (mit Foto).
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auf den Lerngewinn und das Behalten“ ist von den Professoren Hubert Rohracher und Sylvia Bayr-Klimpfinger begutachtet und angenommen worden. 1970 ist – herausgegeben von der Wissenschaftlichen Abteilung des Bundesministeriums für Unterricht – eine gedruckte Ausgabe unter dem Titel „Lerngewinn und Behalten bei verschiedenen Formen des Programmierten Lernens“ erschienen mit einem Vorwort des Ministers Alois Mock – ein Zeichen für das weit überschätzte Gewicht, das damals der „programmierten Instruktion“ gegeben worden ist. Völkl hat darin durch Messungen an 906 Versuchspersonen in 36 Schulklassen nachgewiesen, dass im Pflichtschulalter bei einem Lernprogramm in Buchform das Lernen nach dem Prinzip des Reproduzierens (Konstruktionsantworten) wirksamer ist als das Lernen nach dem Prinzip des Wiedererkennens (Auswahlantworten).131 Schöler hat ihn bei einer Schulreformkonferenz in Wien kennen gelernt und aufgefordert, nach Klagenfurt zu kommen, um sich zu habilitieren132. Als christlicher Lehrergewerkschafter konnte er auf Unterstützung durch die ÖVP bauen. Auf Grund seiner Promotion wurde Völkl vom Unterrichtsministerium mit Wirkung vom 1. September 1970 der neuen Hochschule für Bildungswissenschaften dienstzugeteilt.133 Dort hat er sich unter der Leitung von Schöler an Allgemeinen Hochschulkursen über „Programmierten Unterricht“, „Training des Lehrverhaltens“ und „Lernmotivation in der pädagogischen Praxis“ beteiligt134. Als „Forschungsvorhaben“ hat er nicht näher bestimmte „lernpsychologische Untersuchungen in Bezug auf neue Formen des Lehrens und Lernens“ mit Lehrern als Mitarbeitern geplant135. Zur Zeit der Beratungen der Berufungskommission lagen neben der Dissertation keine weiteren wissenschaftlichen Publikationen vor. Es war nur bekannt, dass Völkl seit 1971 an zwei lernpsychologischen Projekten arbeite, deren wissenschaftliche Qualität auf Empfehlung Zdarzils vom externen Begutachter Olechowski ohne nähere Prüfung positiv bewertet worden ist136.
131 132 133 134 135 136
Völkl 1968, 184. Lechner 1980, 76. Hödl 1980, 226. HBW: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen WS 1972/73, 26, 29, 31. Protokoll der 10. Sitzung des GA am 30.4.1971, 9f. Ternavorschlag vom 28.8.1973, 5.
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Gerd Mietzel137 wurde am 19. Februar 1936 in Lübeck als Sohn eines Kaufmannes geboren. Er hat an den Universitäten Hamburg und Kiel Psychologie und Erziehungswissenschaft studiert. Die erste Lehrerprüfung ist 1960 in Hamburg erfolgt, der Grad eines Diplompsychologen wurde 1962 in Kiel erworben. Am 18. Dezember 1965 ist dort die Promotion zum Doktor der Naturwissenschaften erfolgt. Seine Dissertation behandelte „Die Einstellung von Abiturienten zum Volksschullehrerberuf. Eine psychologische Untersuchung zum Problem des Volksschullehrermangels“. Sie ist 1968 gedruckt erschienen. Von 1964 bis 1968 war Mietzel als Pädagogischer Assistent an der Pädagogischen Hochschule Braunschweig tätig. 1968 wurde er zum Dozenten an die Abteilung Duisburg der Pädagogischen Hochschule Ruhr berufen und am 26.8.1970 zum Professor ernannt. An Publikationen hatte er neben der gedruckten Dissertation die deutsche Bearbeitung der „Iowa-tests of basic skills“ („Kombinierter Schultest“, 1973) und das Lehrbuch „Pädagogische Psychologie“ (1973) aufzuweisen – also erheblich mehr als Völkl. Die Reihung wurde von der Kommission damit begründet, dass nach Olechowskis Urteil Mietzel und Völkl „als gleichwertig betrachtet werden müssten“, „daß in diesem Falle aber die spezifische Ausrichtung“ von Völkl „auf die Praxis der Hochschule für Bildungswissenschaften“ berücksichtigt worden sei.138 Diese nebulose Begründung war angesichts der Leistungsunterschiede zwischen den beiden Kandidaten kein stichhaltiges Argument. Tatsächlich war Völkls Nominierung wissenschaftlich ungerechtfertigt und nur durch politische Protektion in Verbindung mit Kumpanei des Klagenfurter „Kern teams“ um Schöler139 erklärbar. Ihm hatten auch nach dreijähriger Freistellung vom Schuldienst zwecks Habilitation – im Unterschied zu seinen Kollegen Seel und Klingler140 – noch immer wesentliche Voraussetzungen dafür gefehlt. Zu einer Berufung von Schmalohr konnte es nicht kommen, weil dieser inzwischen zwei Rufe auf Lehrstühle an den Universitäten Tübingen und Würzburg erhalten und der Klagenfurter Hochschule mit-
137 138 139 140
Kurzbiographien: Wer ist wer? 39 (2000/01), 955; Kürschner 2007, 2408. Ternavorschlag vom 28.8.1973, 4. Vgl. in diesem Buch S. 251f. Vgl. in diesem Buch S. 397, 408.
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geteilt hatte, dass er nicht mehr zur Verfügung stehe.141 Auch dieser Umstand beleuchtet, wie knapp und begehrt hervorragende Fachvertreter der Pädagogischen Psychologie damals gewesen sind und wie gering die Anziehungskraft der Klagenfurter Neugründung im Vergleich mit jener von angesehenen alten Universitäten war. Das Wissenschaftsministerium hat nach einjährigem Zögern Völkl abweichend von den geltenden Regeln unhabilitiert berufen142. Er ist am 9. Dezember 1974 zum Ordentlichen Hochschulprofessor ernannt worden143. Eine Antrittsvorlesung ist nicht gehalten worden. Bei den Themen seiner Lehrveranstaltungen ist zu berücksichtigen, dass vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung weder mit seinem Dienstposten noch mit jenem für „Psychologie mit besonderer Berücksichtigung der Entwicklungspsychologie“ (1977 mit Löschenkohl besetzt) die Einrichtung der Studienrichtung „Psychologie“ verbunden gewesen ist. Im amtlichen Bericht des Ministeriums anlässlich der Vollendung des ersten Teiles der Ausbaustufe von 1977 hieß es dazu: „Es ist derzeit auch nicht beabsichtigt, diese Studienrichtung an der Universität für Bildungswissenschaften einzurichten. Eine Studienrichtung oder ein Studienzweig ,Pädagogische Psychologie‘ ist im Bundesgesetz über geisteswissenschaftliche und naturwissenschaftliche Studienrichtungen überhaupt nicht vorgesehen.“144 Vielmehr sollte die Universität verstärkt dem „Auftrag der bildungswissenschaftlichen Forschung“ nachkommen und „jene spezifischen Aufgaben in Forschung und Lehre … erfüllen, um deretwillen sie im Jahre 1970 gegründet worden ist“145. Dabei wurde „Bildung“ als „Überbegriff verstanden, der die Bedeutung von Erziehung und Ausbildung umfaßt“.146 Die Psychologie-Professoren sollten also Beiträge zur Forschung und Berufsvorbereitung für diesen pädagogischen Kulturbereich leisten. 141 Mündliche Auskunft von Prof. Schmalohr am 30.9.2010 an den Verfasser. Er hat 1974 den Ruf auf das Ordinariat für Pädagogische Psychologie an der Universität Tübingen angenommen. Vgl. AG Institutsgeschichte 2010, 78ff. Von 1977 bis 1992 war er Professor für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie an der Bergischen Universität/Gesamthochschule Wuppertal (Nordrhein-Westfalen). 142 BMfWF, Zl. 175.693-4/74 vom 9.9.1974. AUK, Schachtel 334. 143 BMfWF 1977, 30, Nr. 10; Hödl 1980, 226. 144 BMfWF 1977, 32. 145 Bundesministerin Firnberg im Vorwort ebenda, 5. 146 Ebenda, 7.
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Dieser an die Widmung der beiden Professuren gebundene und für Völkl relativ spezielle Auftrag galt auch nach der Errichtung des „Instituts für Psychologie“147 im Jahre 1977 weiter148. „Pädagogische Psychologie“ hatte nur im pädagogischen Begleitstudium für Lehramtsstudierende, im auslaufenden Studienversuch „Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“ und in der Studienrichtung „Pädagogik“ einen bescheidenen Platz. In größerem Umfang wurde sie nur von jenen Studierenden dieser Studienrichtung gebraucht, die sie an Stelle einer zweiten Studienrichtung als „Kombinationsfach“ gewählt hatten149. Erst im Jahre 1999 ist auch an der Universität Klagenfurt die „Studienrichtung Psychologie“ als eigenständiger Diplom-Studiengang eingeführt worden.150 Die alten Spezialgebiete der beiden ersten Professuren sind seither in einer „Abteilung für Entwicklungs- und Pädagogische Psychologie“ konzentriert, neben der Abteilungen für „Psychologische Grundlagenforschung“ und für „Psychotherapie und Psychoanalyse“ geschaffen worden sind151. In seinen Vorlesungen hat Völkl folgende Themen behandelt: „Einführung in die Pädagogische Psychologie“, „Hauptprobleme der Pädagogischen Psychologie“ (in 3 Teilen: „Lernpsychologie“, „Motivationspsychologie“, „Sozialpsychologie“), „Biologische Grundlagen des Lernens“, „Systeme der Psychologie der Gegenwart, insbesondere Pädagogische Psychologie, und ihre wissenschaftstheoretisch-methodische Problematik“, „Sozialpsychologische Aspekte der Pädagogischen Psychologie“, „Systeme und Theorien der Psychologie in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung“. Themen der Seminare waren neben den Inhalten der Vorlesungen auch folgende: „Theoretische Hintergründe der therapeutischen Gesprächsführung“, „Therapeutische Gesprächsführung in der schulischen und betrieblichen Berufspraxis“, „Coaching“. In Proseminaren wurden behandelt: „Einführung in die bildungswissenschaftliche(!) Psychologie“, „Lernpsychologische Grundlagen zur Betriebspädagogik“, „Sozialpsychologische Hintergründe der betrieblichen Ausbil-
147 Gemäß UOG 1975, § 46. 148 Vgl. Hödl 1980, 83 und 132f. 149 Janig 1976, XV. 150 UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 192. 151 UKL: Vorlesungsverzeichnis SS 2000, 86f. Später sind noch weitere Abteilungen hinzugekommen und Umbenennungen erfolgt. Vgl. UKL: Forschungsbericht 2003–2004, 147ff. mit 6 Abteilungen.
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dung“, „Sozialpsychologische Hintergründe der Familienerziehung“, „Lernen in Schule und Betrieb“, „Der Liebe auf der Spur“ und „Motivation zur Arbeit“.152 An diesen Themen fällt ein gelegentliches Interesse an betrieblicher Ausbildung und Betriebspsychologie auf. Zwischen 1993 und 1995 ist am Institut für Psychologie auch eine „Abteilung für Betriebs- und Wirtschaftspsychologie“ mit Völkl als Leiter angeführt worden. Sie hat jedoch keine Spuren hinterlassen und ist bald wieder verschwunden.153 Als Betreuer und erster Gutachter hat Völkl folgende 9 Dissertationen angenommen154: Hans Prijatelj: Nichtteilnahme am Turnunterricht aus Schülersicht. Eine literaturanalytische und empirisch deskriptive Studie im Bereich Kärnten (1991); Verena Hofer: Das Phänomen der Angst im Bereich der Onkologie (1994); Elfriede Hofer-Kapelari: Unternehmenskulturgestaltung aus pädagogischer Sicht (1995); eva-maria lichtenfeld-matiasek: Lebenslaufplanung von Ingenieurinnen in einem männerdominierten Unternehmen der Automobilindustrie (1996); Ingeborg Hassler: Optimale Betreuung chronisch psychisch Kranker durch multidisziplinäre Teamarbeit (1998); Annemarie Höfferer: Copingstrategien bei Patientinnen mit Mammakarzinom (1998); Birgit Wolte-Memmer: Erstellung und Einsatz des Stressbewältigungstrainings für Pädagogen (St-P) (1999); Birgit Huber: „Team-Teaching“ – Bilanz und Perspektiven. Eine empirische Untersuchung im Kärntner Volksschulbereich/Integrationsklassen (Schuljahr 1998/99) zur Thematik/Problematik der Zusammenarbeit im Zweierteam (2000); Paul Paproth: Auswirkungen von Stressoren und Ressourcen in Pflegeberufen (2000).
Die Menge der von Völkl zwischen 1991 und 2001 angenommenen Diplomarbeiten betrug 23. An deren Betreuung und Begutachtung ist
152 Chronologisch ab SS 1975 bis WS 1992/93 nach den Verzeichnissen der Lehrveranstaltungen der UBW bzw. UKL. 153 In den Personalstandsverzeichnissen seit SS 1993 unter Beibehaltung der Zugehörigkeit von Völkl zur Abteilung für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie (unter Leitung von Löschenkohl). In den Forschungsberichten der UKL nur einmal in jenem für 1991–1994 (S. 15) als Ein-Personen-Abteilung ohne Leistungsangaben erwähnt. 154 Forschungsberichte der UBW/UKL: 1991-94, 95; 1995-98, 209; 1999–2002, 193f.
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weitgehend sein Mitarbeiter Dr. Josef Schofnegger beteiligt gewesen. Mit eigenen Publikationen ist Völkl wenig hervorgetreten. Er hat sich mit der Herausgabe dreier „Seminartexte“ begnügt, von denen zwei zur Gänze von Mitarbeitern bearbeitet worden sind: „Entwicklungspsychologie“ (1980) und „Lehrplanung“ (1980). Ein dritter Band über „Empirische Methoden der Erziehungs- und Unterrichtsforschung“ (1980) weist zwar auch ihn neben drei anderen Autoren als Bearbeiter aus, lässt jedoch nicht erkennen, welcher Beitrag von ihm stammt. Es handelt sich in allen drei Bänden um kurze, aus der Fachliteratur gewonnene Studientexte für den Unterricht mit detaillierten Arbeitsaufgaben für die Teilnehmer wie zum Selbststudium. Zur angekündigten Fortsetzung dieser Lehr- und Lernbehelfe in zwei von Völkl herausgegebenen Reihen „Pädagogische Psychologie. Seminartexte zur Lehrerbildung und zur Ausbildung in Sozialberufen“ und „Unterrichtswissenschaft. Seminartexte zur Lehrerbildung“ (Verlag Schöningh, Paderborn) ist es nicht gekommen. In den Forschungsberichten der Universität Klagenfurt für die Jahre 1983 bis 2002 sind keine Veröffentlichungen von ihm angeführt. Das Gleiche gilt für Forschungsprojekte. In den Listen der durch den Fond zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FFW) bewilligten Klagenfurter Forschungsprojekte wie in jenen des UBW- bzw. UKL-Forschungsfonds findet sich kein einziges Projekt von Völkl.155 Völkl ist mit Wirkung vom 1. Oktober 2000 im Alter von 66 Jahren emeritiert worden.
15 d. Die Lehrkanzel für „Psychologie mit besonderer Berücksichtigung d e r E n t w i c k l u n g sps y c h o l o g i e “ m i t E r i c h L ö s c h e n ko h l : 1 9 7 7 – 2 0 0 6 Die Bemühungen um Besetzung dieser 1974 eingerichteten Lehrkanzel haben sich drei Jahre lang hingezogen. Sie beleuchten den Mangel an geeigneten Kandidaten, „die höheren Ansprüchen genügen“, auf den Rohracher schon 1969 hingewiesen hatte156. 155 UBW: Forschungsbericht 1983–1987, 462/63; 1987–1991, 396–402; 1991– 1994, 591–597; 1995–1998, 564-572. 156 Vgl. in diesem Buch S. 227.
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Der Terna-Kommission haben die Professoren Trotsenburg (Vorsitzender), Heintel, Kellermann, Zdarzil und Völkl angehört. Als auswärtige Auskunftspersonen dienten Prof. Erwin Roth (Universität Salzburg)157 und Prof. Lotte Schenk-Danzinger (Wien/Graz)158. Eine erste Ausschreibung159 im Frühjahr 1974 hat 13 Bewerber erbracht, von denen 6 zu Probevorträgen eingeladen worden sind. Wegen allzu enger Spezialisierung der Interessenten ist eine zweite Ausschreibung erfolgt.160 Sie hat zwar zu weiteren Bewerbungen geführt, aber überzeugende Kandidaten sind ausgeblieben. Es hat sich jedoch in dem Moment, in dem die Kommission eine dritte Ausschreibung beschließen wollte, „eine völlig neue Lage“ dadurch ergeben, dass der Augsburger Professor Rolf Oerter Interesse an einem Wechsel nach Klagenfurt gezeigt hatte. Daraufhin hat ihn die Kommission am 11. Dezember 1974 einstimmig „primo et unico loco“ für die Besetzung der Lehrkanzel vorgeschlagen161. Der Gründungsausschuss hat am 15. Jänner 1975 mit 26 Prostimmen, einer Gegenstimme und einer Stimmenthaltung zugestimmt162. Rolf Oerter163 wurde am 27. Juni 1931 in Würzburg als Sohn eines Lehrers geboren und war katholischer Konfession. Nach dem Abitur im Juni 1950 absolvierte er den damals in Bayern 18 Monate dauernden „Pädagogischen Lehrgang“, der zur Ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen führte. Von 1952 bis 1955 und von 1958 bis 1963 arbeitete er als Volksschullehrer. Nach der Zweiten Lehramtsprüfung im Jahre 1955 hat er an der Universität Würzburg bei Prof. Wilhelm Arnold164 das Studium der Psychologie aufgenommen und 1960 mit dem Diplom abgeschlossen. 1963 ist die Promotion zum Doktor der
157 (1926–1998). Kurzbiographie: Kürschner 1987, 3821; Selbstdarstellung: Wehner 1992, 245ff. 158 Kurzbiographie: Kürschner 1987, 3977. Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 513ff. und 281f. 159 HBW, Zl. 846-Pers./74 vom 5.4.1974; ÖHZ, 26 (1974), Nr. 9, 8. Bewerbungsfrist bis 20.5.1974. 160 Protokolle Trotsenburgs vom 1.7.1974 und 13.11.1974; Protokoll der 39. Sitzung des GA am 28.6.1974, 11. 161 Protokoll Trotsenburgs vom 11.12.1974. 162 Protokoll der 44. Sitzung des GA, 6; Ternavorschlag der HBW vom 21.1.1975 an das BMfWF. AUK, Karton 334. 163 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 2627; Dreher 1999, 191 mit Werkverzeichnis 192–206. „Angaben zum Lebenslauf“ und Schriftenverzeichnis von 1975. 164 Kurzbiographie: Hehlmann 1974, 30.
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Philosophie erfolgt auf Grund einer Dissertation über „Die Entwicklung von Werthaltungen während der Reifezeit“. Sie ist 1966 als Buch erschienen. Von 1963 bis 1968 war Oerter Wissenschaftlicher Assistent an der Pädagogischen Hochschule Würzburg der Universität Würzburg. 1969 hat er an der Universität Würzburg die Lehrbefugnis als Privatdozent für Psychologie erworben. Seine Habilitationsschrift war folgendem Thema gewidmet: „Struktur und Wandlung von Werthaltungen“ (als Buch 1970). Noch im gleichen Jahr wurde Oerter zum Ordentlichen Professor für Psychologie an der Pädagogischen Hochschule Augsburg der Universität München ernannt. Durch die Eingliederung der Pädagogischen Hochschule in die Universität Augsburg im Jahre 1972 wurde er Mitglied des Fachbereiches Erziehungswissenschaft dieser Universität. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen von Oerter neben 12 Aufsätzen folgende Bücher vor: „Die Entwicklung von Werthaltungen während der Reifezeit“ (1966), „Moderne Entwicklungspsychologie“ (1967; 13. Auflage 1974), „Psychologie des Denkens“ (1971; 4. Auflage 1974), „Struktur und Wandlung von Werthaltungen“ (1970), „Erkennen“ (1973). Oerter ist der einzige Bewerber gewesen, der den Anforderungen der Lehrkanzel in jeder Hinsicht entsprochen hat. Die übrigen „eventuell in Betracht kommenden Bewerber weisen eine solche Diversität von Forschungs- und Lehrinteressen auf, daß mit der Vorlage eines Ternavorschlages implizit eine Umbenennung der ausgeschriebenen Lehrkanzel“ erfolgen würde.165 Nur von Oerter sei zu erwarten gewesen, dass er die Psychologie „theoretisch und praktisch auf die spezifischen Bedürfnisse der Bildungs- und Erziehungswissenschaften hin zu konzipieren vermöge“. Das war wichtig, weil „für Klagenfurt die Psychologie zunächst in ihrer Funktion für die bildungswissenschaftlichen Studien geschaffen werden muß“166. Das Wissenschaftsministerium hat den Besetzungsvorschlag trotz seiner stichhaltigen Begründung und der Gefahr, Oerter durch Zeitverlust zu verlieren, zurückgeschickt, weil er nur einen Kandidaten statt der vorgeschriebenen drei enthalten hat. Die Hochschule wurde 165 Rektor Heintel an das BMfWF im Ternavorschlag vom 21.1.1975, 3. 166 Erklärung des Beirates der HBW in seiner 15. Sitzung vom 14.–16.1.1975. BMfWF, 4. Bericht, 1975, 15.
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„um Ergänzung und neuerliche Vorlage nach Beschlußfassung“ ersucht.167 Der Gründungsausschuss hat einstimmig „mit aller Dringlichkeit“ auf dem primo et unico loco-Vorschlag beharrt, „weil für einen Ternavorschlag keine geeigneten Bewerber gefunden werden konnten und Herr Oerter sein ernsthaftes Interesse an Klagenfurt bekundet hat“.168 „Er sähe sich sonst genötigt, die Lehrkanzel neu auszuschreiben, wobei allerdings der Verlust einer Mitarbeit Professor Oerters in Klagenfurt die Qualität dieser Hochschule nicht unerheblich berührt.“ Es wäre für sie „eine Auszeichnung …, wenn der international anerkannte Entwicklungspsychologe Prof. Dr. Rolf Oerter einem Ruf nach Klagenfurt Folge leisen würde“.169 Das Ministerium hat dennoch keine Verhandlungen mit Oerter aufgenommen170. Hinsichtlich der Gründe kann nur vermutet werden, dass die häufigen Absagen deutscher Professoren nach langwierigen Berufungsverhandlungen eine Rolle gespielt haben, verbunden mit nachlassender Bereitschaft des Finanzministeriums, die nach österreichischen Maßstäben überhöhten Gehaltsforderungen zu erfüllen. Das Wissenschaftsministerium hat jedenfalls die Dringlichkeit des Sonderfalles Oerter nicht eingesehen und auf den Beharrungsbeschluss der Universität vom 7. Mai 1975 erst am 20. November 1975 mit dem Auftrag reagiert, „nach neuerlicher Ausschreibung und Beschlussfassung einen Vorschlag zur Besetzung des Dienstpostens“ vorzulegen171. Auf die dritte Ausschreibung mit einer Bewerbungsfrist bis zum 10. Jänner 1976 sind 16 Bewerbungen eingegangen. Auch Oerter hat sich neuerlich beworben.172 6 Bewerber sind zu Gastvorträgen eingeladen worden. Die Berufungskommission hat am 10. Juni 1976 einstimmig folgenden Besetzungsvorschlag beschlossen173: 1. Karl-Josef Groffmann, o. Professor für Psychologie an der Universität Mannheim; 167 BMfWF, Zl. 71.831/1–14/75 vom 26.2.1975. AUK. 168 Protokoll der 46. Sitzung am 7.5.1975, 15. 169 Rektor Heintel und Trotsenburg als Vorsitzender der Ternakommission am 12.5.1975 an das BMfWF. AUK. 170 Bericht des Rektors Heintel: Beilage zum Protokoll der 50. Sitzung des GA am 6.11.1975, TOP 1. 171 BMfWF, Zl. 71.831/3-14/75 vom 20.11.1975. AUK. 172 Protokoll der 1. Sitzung der Ternakommission am 25.3.1976. AUK. 173 Nunmehr gemäß § 28 UOG 1975. Schreiben des Vorsitzenden Trotsenburg an das BMfWF vom 30.6.1976. AUK.
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2. in alphabetischer Reihenfolge: Günther Bittner, o. Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Bielefeld; Rolf Oerter, o. Professor für Psychologie an der Universität Augsburg; 3. Erich Löschenkohl, Assistent am Psychologischen Institut der Universität Wien, seit 1976 Universitätsdozent für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie. Zunächst ein Blick auf diese Kandidaten. Karl-Josef Groffmann174 wurde am 27. Mai 1926 in Saarbrücken als Sohn eines Lehrers geboren. Er hat dort die Volksschule und das Gymnasium besucht. Nach Kriegseinsatz als Luftwaffenhelfer ab 1943, Reichsarbeitsdienst, Militärdienst in der Kriegsmarine und Kriegsgefangenschaft in Norwegen hat er den Schulbesuch in Saarbrücken fortgesetzt und 1946 das Reifezeugnis erworben. Anschließend hat er an der Universität Freiburg im Breisgau zunächst Philosophie, Geschichte und Germanistik studiert, sich aber bald der Psychologie zugewendet. 1950 hat er die Diplomprüfung für Psychologen mit „sehr gut“ bestanden. Am 2. Februar 1953 wurde er mit einer von Robert Heiss175 angenommenen Dissertation „magna cum laude“ promoviert. Ihr Titel lautete: „Aufforderungscharakter und Aufforderungswirkung der RorschachTafeln. Versuch ihrer experimentellen Erfassung und psychodiagnostischen Auswertung. Ein Beitrag zur Verlaufsanalyse im RorschachTest“.176 1960 hat Groffmann in Freiburg die Lehrbefugnis als Privatdozent erworben auf Grund einer Habilitationsschrift über „Bedingungen der sozialen Kommunikation junger Mädchen mit Sittlichkeitsverbrechern“. 1963 hat er den Lehrstuhl für Psychologie I in Mannheim übernommen. Publizistisch ist er durch Beiträge zur Psychodiagnostik, Entwicklungspsychologie und Klinischen Psychologie hervorgetreten sowie durch psychologische Beiträge zu pädagogischen Lexika. Von Groffmann wurde im Besetzungsvorschlag gesagt, er weise „deutlich die breitesten Qualifikationen auf. Mit seiner Berufung würde man sowohl die allgemeine Psychologie in dieser Universität abdecken können als auch Schwerpunktstellungen im Bereich der Entwick-
174 Kürschner 1976, 982; UM, Mitteilung vom 28.10.2010 mit „Lebenslauf bis 1963“. 175 Kurzbiographie: Hehlmann 1974, 197f. 176 GV 1911–1965, Bd. 47, 1977, 241.
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lungspsychologie, wobei sein Erfahrungsbereich für gute Querverbindungen mit der Lehrerausbildung bürgt“. Günther Bittner177 wurde am 17. Februar 1937 in Prag geboren. Nach dem Abitur in Bochum (1956) hat er an den Universitäten Tübingen und Wien Psychologie und Pädagogik studiert. 1960 erfolgte die Diplomprüfung für Psychologen in Tübingen, 1962 dort auch die Promotion in den Fächern Pädagogik, Psychologie und Psychopathologie. Seine Dissertation war folgendem Thema gewidmet: „Zur Psychologie und Pädagogik der Leitbilder. Eine Auseinandersetzung mit der idealischen Position“.178 Sie ist 1964 als Buch im Umfang von 154 Seiten erschienen unter dem Titel „Für und wider die Leitbilder. Idealische Lebensformen in pädagogisch-psychologischer Kritik“. Betreuer und erster Gutachter der Dissertation war Andreas Flitner179. Nach praktischer Tätigkeit in Erziehungs- und schulpsychologischen Beratungsstellen arbeitete Bittner von 1962 bis 1966 als Assistent, später als Akademischer Rat am Pädagogischen Seminar der Universität Tübingen bei Flitner. Daneben hat er ab 1962 die psychoanalytische Ausbildung am Institut für Psychotherapie und Tiefenpsychologie in Stuttgart durchlaufen und 1966 abgeschlossen. Seither hat er nebenberuflich eine psychotherapeutische Praxis betrieben. Von 1968 bis 1973 war er Dozent, später Professor für Psychologie und Pädagogik der Verhaltensgestörten an der Pädagogischen Hochschule Reutlingen (Baden-Württemberg). 1969 hat er an der Universität Tübingen die Lehrbefugnis als Privatdozent für „Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Sozialpädagogik“ erworben. Als Habilitationsschrift hat ein 45seitiger Text über „Sprache und affektive Entwicklung“ in Verbindung mit anderen Veröffentlichungen gedient180 (kumulative Habilitation). Seit 1973 war er an der Universität Bielefeld tätig. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen an Publikationen ein weiteres Buch über „Psychoanalyse und soziale Erziehung“ (1968), einige Bände mit Ko-Autoren und rund 40 Aufsätze vor zur Sozial- und
177 Kurzbiographien: W. Böhm 2005, 104; Kürschner 2007, 286; AG Institutsgeschichte 2010, 53. „Lebenslauf“ und „Schriftenverzeichnis 1974“ als Beilage 2 zum Besetzungsvorschlag, AUK. 178 ZfP 10 (1964), 112. 179 Über ihn vgl. in diesem Werk Bd. 1, 506f.; Kurzbiographien: W. Böhm 2005, 209; Kürschner 2007, 873f. 180 ZfP 16 (1970), 167 und 171.
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Heilpädagogik, „Pädagogischen Psychoanalyse“, Erziehungsberatung, sowie zu „Erziehung aus der Sicht der Medizin“ und „Erziehung aus der Sicht der Psychoanalyse und Tiefenpsychologie“181. Die Gewinnung von Bittner wäre für die Klagenfurter Hochschule auf einer seinem Spezialgebiet gemäßen Lehrkanzel sicher ein Gewinn gewesen. Aber der Ausschreibung für Allgemeine Psychologie und Entwicklungspsychologie hat seine Nominierung nicht entsprochen. Sie war eine Fehlentscheidung182, die Zweifel an der Kompetenz der Berufungskommission wecken musste. Über Oerter ist bereits früher berichtet worden. Dass er 1976 im Unterschied zu 1975 bloß an zweiter Stelle vorgeschlagen worden ist, könnte damit erklärt werden, dass der Kommission die „Allgemeine Psychologie“ inzwischen wichtiger geworden ist als ein angesehener Spezialist für „Entwicklungspsychologie“ mit Nähe zu den pädagogischen Fächern. Diese Deutung vertrüge sich jedoch nicht mit der Nominierung von Bittner, der weder für Allgemeine Psychologie noch für Entwicklungspsychologie genügend qualifiziert gewesen ist. Erich Löschenkohl183 wurde am 10. Dezember 1939 in Bad Hall (Oberösterreich) geboren. Er hat dort die Volksschule und von 1950 bis 1954 die Unterstufe des Realgymnasiums in Steyr besucht. 1954 ist er in die Höhere Abteilung für Elektrotechnik der Bundesgewerbeschule in Linz übergetreten und hat dort am 15. Juni 1959 das Reifezeugnis erworben. Nach dem Präsenzdienst beim Bundesheer hat er 1960/61 und von 1962 bis 1964 als Regieassistent gearbeitet. Dazwischen hat er 1961/62 in Paris an der Cinémathéque Filmgeschichte studiert. Nach den Zusatzprüfungen zur Erlangung der Studienberechtigung an Philosophischen Fakultäten hat er von 1965 bis 1970 an der Universität Wien Psychologie studiert und am 10. November 1970 mit der Promotion zum Doktor der Philosophie abgeschlossen. Seine empirische Dissertation über „Persönlichkeitsveränderung bei Jugendlichen durch Drogen“ ist von Sylvia Bayr-Klimpfinger als Betreuerin und erste Begutachterin als „ausgezeichnet“ beurteilt worden.184 Sie hat Löschenkohl als Assistenten an der Wiener Lehrkanzel für Pädagogi-
181 Bittner 1970. 182 Prof. Völkl hat sich nachträglich durch ein Sondervotum vom 14.6.1976 davon distanziert. AUK. 183 Biographische Angaben nach dem Lebenslauf am Ende der Dissertation 1970; Who is who in Österreich, 1993, 941. Publikationsliste bei Hödl 1980, 259f. 184 ZfP 17 (1971), 141; AUW, Rigorosenakt 23.659.
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sche Psychologie gewonnen. Seine Dissertation ist 1971 unter dem Titel „Jugend und Rauschmittel“ als Buch erschienen. Am 19. Mai 1976 hat Löschenkohl an der Universität Wien die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie“ erworben185. Seine Habilitationsschrift war folgendem Thema gewidmet: „Was läßt sich anhand von Schulreifeuntersuchungen über Schulreife und Schulerfolg aussagen?“ Sie ist 1975 unter dem Titel „Über den prognostischen Wert von Schulreifetests“ als Buch erschienen. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen neben den beiden Büchern noch 14 Aufsätze über „Ziele und Ergebnisse der kognitiven Vorschulerziehung durch das Frühlesen“, „Einfluß des Kindergartens auf die Schulreife“, „Wirkung geschlechtsspezifischer Rolleneinstellungen“, „Abhängigkeit der Stufen- oder Stadientheorie der Entwicklung vom angewandten Meß- bzw. Interpretationsmodell“ und ähnliche Themen vor.186 Das Thema des öffentlichen Probevortrages an der Universität Klagenfurt am 25. Mai 1976 lautete: „Über den Gütemaßstab bei psychologischen Untersuchungen“.187 Das Wissenschaftsministerium hat sich nicht an die Reihenfolge des Besetzungsvorschlages gehalten, sondern sogleich Löschenkohl berufen. Er ist mit Wirkung vom 31. März 1977 zum Ordentlichen Professor ernannt worden.188 Bei dieser Bevorzugung dürften drei Überlegungen mitgespielt haben: 1. er war der einzige Österreicher im Vorschlag und hat seine Forschungen an österreichischen Kindern und Jugendlichen betrieben; 2. er hatte sich nach hervorragender methodischer Ausbildung bei Bayr-Klimpfinger auf Entwicklungspsychologie im Dienst erziehungspraktischer Aufgaben spezialisiert; 3. er war als soeben erst habilitierter Bewerber weitaus billiger zu gewinnen als seine deutschen Konkurrenten. Mit Löschenkohls Ernennung ist im gleichen Jahr die Gründung des „Instituts für Psychologie“ erfolgt, dem er mehrfach als Vorstand gedient hat189. In seinen Lehrveranstaltungen190 hat er sich kontinuier-
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Genehmigt durch das BMfWF am 24.6.1976 mit Erlass Zl. 25.116/1-14/76. Hödl 1980, 260. Einladung zu den Vorträgen von 5 Bewerbern durch Trotsenburg. AUK. BMfWF 1977, 30; Hödl 1980, 191 und 224. Institut für Psychologie: Geschichte. http://wwwg.uni-klu.ac.at/psy. Nach den Vorlesungsverzeichnissen WS 1977/78 bis SS 2006.
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lich beiden Aufgabefeldern seiner Professur gewidmet: der Einführung in die Allgemeine Psychologie und der Entwicklungspsychologie. Da ein Hauptfachstudiengang Psychologie bis 1999 gefehlt hat, konnte Psychologie bis dahin nur als Nebenfach oder im Rahmen der Studienrichtung Philosophie, Pädagogik und Psychologie (Lehramt an höheren Schulen)191 oder als Fachkombination „Pädagogik mit Schwerpunkt bildungswissenschaftliche (!) Psychologie“ studiert werden. Diese dritte Möglichkeit hatten 1987 rund 220 von 450 Pädagogikstudenten gewählt. Sie waren jedoch selten bereit, „Diplomarbeiten und Dissertationen zu verfassen, die die Forschung im Fach Psychologie vorantreiben; die Fachkombination gilt vielen als ungeliebte Notlösung angesichts des Fehlens einer ,ordentlichen‘ Studienrichtung Psychologie“.192 Unter diesen Umständen hat Löschenkohl Vorlesungen und Seminare über folgende Themen gehalten: „Einführung in die Allgemeine Psychologie“, „Einführung in die Entwicklungspsychologie“, „Einführung in die Methoden der Psychologie“, „Diagnostische Verfahren in der schulpsychologischen Praxis“, „Diagnostik im Kindes- und Jugendalter“, „Einführung in die bildungswissenschaftliche(!) Psychologie“ (ab WS 1981/82), „Demonstration psychologischer Methoden anhand psychologischer Untersuchungen“, „Die psychische und soziale Situation im Schulalter: Entwicklungspsychologische Probleme für Lehramtsstudierende“, „Einführung in die umweltorientierte Entwicklungspsychologie: Sozialisation und Modifikation, Streß, Coping und Life-events“, „Einführung in die bildungswissenschaftliche(!) Allgemeine Psychologie: Grundlagen für Theorien zur differenziellen und integrativen Beratung bei psychischen Störungen und Verhaltensschwierigkeiten“, „Beziehung und Interaktion in der Gesprächstherapie“, „Grundlagen für besseres Verständnis menschlicher Probleme im beruflichen und privaten Alltag“ (nur für Studierende der Betriebswirtschaftslehre), „Traum als Phantasie und Lebenswirklichkeit“, „Die Auswirkungen der frühen Jahre“, „Selbstdarstellung und Selbstfindung im Traum“, „Psychosomatik: Der psychoanalytische Symbolbegriff und die Traumsymbolik“, „Gesprächsgruppen zur Traumanalyse im Alltag“, „Computerkinder“. Daneben hat Löschenkohl auch zwei- bis dreitägige Workshops („Werkkreise“) zu folgenden Themen angeboten: „Von der Psychothe
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Studienordnung: BGBl. Nr. 474/1973. UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 155.
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rapie für den Alltag lernen“, „Angewandte Psychologie im Kindergartenalltag“, „Erneuerung der Theorien über die Traumdeutung und neue Möglichkeiten der Traumdeutung, vor allem der Selbst-Zustandsund Selbst-Entwicklungsträume“, „Computerspiele“ usw.193 Löschenkohls Forschungsprojekte waren unter anderem folgenden Themen gewidmet: „Entwicklungspsychologische Traumforschung“, „Spielzeugforschung: Computer als Spielzeug“, „Gefährlichkeit und Faszination von Computerspielen“, „Selbsterfahrung und Selbsterkenntnis im Traum“194, „Das Problem der Vorschulkinder bei Computerspielen“, „Psychologisch-pädagogische Beurteilung und Empfehlung von Computerspielen“ 195, „Motive der Einstellungsänderung zu Computerspielen bei Erziehern durch Selbsterprobung“196, „Entwicklungsdiagnostik“, „Intervention in kritischen Übergangsphasen“197. Vorwiegend auf diesen Gebieten lagen auch Löschenkohls Publikationen. Dazu gehörten zwei Bücher über „Leistung, Lernprozeß und Motivation im Kinderspiel. Untersuchungen zum Spielerfolg von Kindern im technischen und verbalen Bereich“ (1981) und „Träume wirklich verstehen. Selbsterfahrung und Selbsterkenntnis im Traum“ (1988). Sie wurden ergänzt durch Aufsätze zu diesen und verwandten Themenkreisen wie „Lebenshilfe bei seelisch beeinträchtigten und kranken Kindern durch Spiele“ (1985) usw. Man sieht aus diesen Arbeitsgebieten, dass Löschenkohl über die um 1980 endende Vorherrschaft der „Bildungswissenschaften“ hinaus dem Auftrag der Hochschulgründer treu geblieben ist, psychologisches Wissen zu gewinnen und zu verbreiten, das für die Erziehungspraxis wie für Erziehungstheorien nützlich ist. Seine und seiner Mitarbeiter Forschung war „primär angewandt und auf gegenwartsbezogene aktuelle Probleme gerichtet“. In der „Abteilung für Entwicklungs- und Pädagogische Psychologie“ ist seinem Fach folgende Aufgabe gesetzt und konsequent beibehalten worden: „Entwicklungspsychologie erforscht primär günstige und ungünstige Bedingungen der menschlichen Entwicklung in verschiedenen Lebensphasen. Sie erstellt damit wesentliche Grundlagen für psychotherapeutisches Handeln, Erzie-
193 UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 165f.; UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 212f. 194 UKL: Forschungsbericht 1987–1991, 132f., 135f. 195 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 94. 196 UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 193. 197 UKL: Forschungsbericht 2003–2004, 163.
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hung und Lernen“.198 Später hat Löschenkohl sein Arbeitsprogramm noch durch „Umweltpsychologie“ und „Psychologie in der Medizin“ ergänzt199. Im Herbst 2006 ist er emeritiert worden.
16. KLAUS BOECKMANN ALS PROFESSOR FÜR „MEDIENDIDAKTIK“: 1980–1999 Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung hat schon 1972 eine Lehrkanzel für „Mediendidaktik“ geplant1 und sie 1973 eingerichtet2. Das Fach war zunächst als Wahlfach im „Studienversuch Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“ gedacht, der 1978 wieder eingestellt worden ist. Es sollte aber darüber hinaus neben der „Unterrichtstechnologie“ einen „besonderen Forschungsschwerpunkt“ der Hochschule bilden und auch in das „Interuniversitäre Forschungsinstitut für Unterrichtstechnologie, Mediendidaktik und Ingenieurpädagogik der österreichischen Universitäten (IUI)“ eingebaut werden. Dieses ist 1978 auf Betreiben von Melezinek errichtet3, aber wegen mangelnder Leistung und hoher Kosten 1988 wieder aufgelöst worden. Als auf Grund des Universitätsorganisationsgesetzes 1975 auch an der Universität für Bildungswissenschaften Institute einzurichten waren, ist das Fachgebiet unter leicht verändertem Namen („Medienpädagogik“) Teil des „Instituts für Unterrichtstechnologie und Medienpädagogik“ geworden4. Die ihm gewidmete Professur ist aber erst durch Ministerialerlass vom 29. Juli 1977 freigegeben worden.5 Die einschlägigen Lehrveranstaltungen sind bis zu ihrer Besetzung von Melezinek und seinen Assistenten angeboten worden. An der Universität bestanden damals allerdings schon weitergehende Wünsche nach der Einführung von „Kommunikationswissenschaft“ als Studienrichtung oder Studienzweig. Um eine Zweckentfremdung
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UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 93. Kürschner 2007, 2188. Vgl. in diesem Werk S. 315ff. BMfWF 1977, 30, Nr. 7. Ebenda, 19 und Hödl 1980, 159ff. Hödl 1980, 134f. Zl. 71.794/2-14/77.
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der neuen Professur zugunsten dieser Bestrebungen abzuwehren, hat Wissenschaftsministerin Firnberg in einem ergänzenden Erlass vom 12. November 1977 zu deren Aufgaben Folgendes festgestellt: „Die Mediendidaktik … ist eine bildungswissenschaftliche Grunddisziplin und nicht eine kommunikationswissenschaftliche Disziplin. Sie hat die pädagogischen Aspekte der Unterrichtstechnologie als Schwerpunkt. Der Inhaber dieses Dienstpostens wird somit neben den medienpädagogischen Aufgaben auch empirische Forschungen im Bereiche der Medienwirkung in Bezug auf Unterricht und Lehre, sowie Forschungsund Entwicklungsarbeiten im Hinblick auf den Einsatz der wesentlichen Medien im Bildungsbereich durchzuführen haben. … Jedenfalls ist aus der Errichtung des Ordinariates für die Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt weder eine Aufgabe auf dem Gebiet der Kommunikationswissenschaften, noch die Absicht des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung abzuleiten, die Kommunikationswissenschaft an der Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt einzurichten.“6 Die Berufungskommission bestand aus 8 Professoren, 4 Assistenten und 4 Studenten. Sie wählte einstimmig Prof. Schöler zum Vorsitzenden. Auf eine erste Ausschreibung des Dienstpostens sind 31 Bewerbungen eingegangen. Da das Ergebnis qualitativ unbefriedigend erschien, ist im Juli 1978 eine zweite Ausschreibung erfolgt mit Bewerbungsfrist bis zum 15. Oktober 1978. Verlangt wurden: „Habilitation oder gleichwertige Qualifikation. Der Bewerber soll ausgewiesen sein in der theoretischen Fundierung des Faches, in der Forschung im Zusammenhang mit der Wirkung von Medien und auf dem Gebiet ihrer praktischen Anwendung in Bildungsprozessen.“7 Eingegangen sind 43 Bewerbungen. Mit 8 von 14 Stimmen ist am 11. Dezember 1978 folgender Besetzungsvorschlag beschlossen worden8: 1. Klaus Boeckmann, Professor für Allgemeine Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Reutlingen (Baden-Württemberg); 2. gleichrangig: Dieter Baacke, Ordentlicher Professor für Pädagogik an der Universität Bielefeld (Nordrhein-Westfalen) und Horst
6 ZL. 71.794/3-14/77. AUK, Karton 335. 7 UBW, Zl. 1037/78 vom 7.7.1978. AUK, Karton 335. 8 Zl. 1417-Terna/78 vom 12.12.1978 an das BMfWF. AUK, Karton 335; Protokoll der 18. Sitzung des Universitätskollegiums am 13.12.1978, 7.
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Ruprecht, Ordentlicher Professor für Bildungsforschung und Bildungsplanung an der Universität Hannover (Niedersachsen); 3. Richard Kriesche, Bundeslehrer für Bildnerische Erziehung und Leiter des Experimentalteiles des Audio-visuellen Zentrums in Graz. Zunächst ein Blick auf Ausbildung und Berufsweg dieser vier Kandidaten. Klaus Boeckmann9 wurde am 3.Juli 1937 in Königsberg (Ostpreußen) als Sohn eines höheren Verwaltungsbeamten und einer Volksschullehrerin geboren und hatte fünf Geschwister. Sein Vater ist 1943 in Russland gefallen. Nach Flucht der Familie nach Schleswig-Holstein ist er ab 1947 bei den Großeltern in Hamburg aufgewachsen. Dort hat er die Oberrealschule St. Georg besucht und am 1. Februar 1956 die Reifeprüfung bestanden. Von 1956 bis 1959 hat er an der Universität Hamburg für das Lehramt die Fächer Deutsche Sprache und Literaturgeschichte und Pädagogik studiert. Am 12. Dezember 1959 hat er das Erste Staatsexamen für das Lehramt an Haupt- und Realschulen bestanden. Im Studienjahr 1960/61 war er als Teaching Assistent an der Brown University in Providence (Rhode Island /USA) tätig, wo er auch den Grad eines Masters of Arts in Germanistik erwarb. Von 1962 bis 1969 hat er als Hauptschullehrer in Westberlin gearbeitet und daneben an der Freien Universität seine germanistischen Studien fortgesetzt. Er war seit 1962 verheiratet und hatte zwei Kinder. Am 18. Juni 1970 erfolgte an der Universität Hamburg die Promotion zum Doktor der Philosophie auf Grund einer ungedruckt gebliebenen germanistischen Dissertation über „Untersuchungen zu den Elementen des Komischen im Werk Nestroys. Ein Beitrag zur Phänomenologie der literarischen Komik und zur Poetik der Komödie“10 im Umfang von 345 Seiten. Im Studienjahr 1969/70 war Boeckmann Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kybernetik der Pädagogischen Hochschule Berlin-Lankwitz, das von Helmar Frank geleitet wurde11. Damit trat er in den Kreis der Spezialisten für Programmierte Lehrverfahren, „Lehr-
9 Kurzbiographie: Kürschner 2003, 293; Curriculum vitae und Schriftenverzeichnis vom 16.10.2010, PAB. 10 GVH, 3, 1984, 28. 11 Vgl. in diesem Werk Bd. 3, 577.
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maschinen“ und „Bildungstechnologie“, dem auch Klaus Weltner12, Walter Schöler, Adolf Melezinek und Miloš Lánský13 angehörten. Boeckmanns frühe Aufsätze zwischen 1970 und 1976 waren hauptsächlich praktischen Fragen der „Programmierten Instruktion“, der „operationalen Lernzieldefinitionen“, der „Lehrautomaten“, der „Herstellung Programmierter Lehrmaterialien“ und der „Validierung audiovisueller Programme“ gewidmet. Wie engagiert er sich in die Probleme der Unterrichtstechnologie eingearbeitet und das Vertrauen ihrer Wortführer gewonnen hat, ist auch daraus erkennbar, dass er als Herausgeber der Referate des 12. Symposiums 1974 der „Gesellschaft für Programmierte Instruktion“ unter ihrem damaligen Vorsitzenden Lánský gedient hat14. Nach seiner Promotion wurde Boeckmann 1970 als Dozent an die Pädagogische Hochschule Reutlingen berufen und 1972 zum Professor ernannt. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen gab es unter seinen Publikationen noch keine Monographie. Gemeinsam mit Norbert Heymen hat er 1973 einen Band über „Die Herstellung programmierter Lehrmaterialien“ und 1976 eine „Einführung in die Allgemeine Mediendidaktik“ für das „Forschungs- und Entwicklungszentrum für objektivierte Lehr- und Lernverfahren GmbH“ (FEOLL) in Paderborn veröffentlicht. Als Herausgeber war er für Quellentexte über „Lernziele und Erfolgskontrolle“ (1974) und einen Band über „Analyse von Unterricht in Beispielen“ (1980) tätig. An Aufsätzen lagen von ihm als Alleinautor nur drei vor, die etwas mehr als 5 bis 10 Seiten umfassten. Dieter Baacke15 wurde als Sohn eines Diplom-Landwirtes am 2. Dezember 1935 in Hannover geboren. Er hat dort ab 1946 das Ratsgymnasium besucht und am 1. März 1955 die Reifeprüfung bestanden. Er hat anschließend Germanistik, Lateinische Philologie und Evangelische Theologie an den Universitäten Marburg und Göttingen studiert, 1959 das Staatsexamen bestanden und am 28. März 1963 in Göttingen das Doktorat der Philosophie „maxima cum laude“ erworben. Der Titel seiner ungedruckten germanistischen Dissertation im
12 Über ihn ebenda, 580ff. 13 Über Lánský ebenda, 498ff. und in diesem Buch S. 245, 247. 14 Boeckmann/Lehnert 1975 (mit Geleitwort von Lánský). 15 Nach den Personalakten (PA) 5 im UAB. Kurzbiographien: Kürschner 1987, 109; Glaser 1971, 263; Who is who in der Bundesrepublik Deutschland, 3.1994, 88 (dort irrtümlich als Geburtsjahr 1936); W. Böhm 2005, 56.
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Umfang von 387 Seiten lautete: „Das romantisch-allegorische Drama und Immermanns ,Merlin‘“16. Nach einer Assistententätigkeit im Fachbereich Germanistik wechselte er 1964 in das Fach Pädagogik. Durch längere Mitarbeit in der Evangelischen Jugend hat er sich auch mit Jugendarbeit, Freizeitproblemen und „Neuer Ästhetik“ beschäftigt. Daraus entstand sein Buch „Beat – die sprachlose Opposition“ (1968). Von 1964 bis 1969 arbeitete er als Assistent bei Hartmut von Hentig17 am Pädagogischen Seminar der Universität Göttingen auf den Gebieten Didaktik des Deutschunterrichts, Jugendkunde, Sozialpädagogik und Medienpädagogik. Am 1. März 1969 folgte er Hentig als wissenschaftlicher Assistent an die Universität Bielefeld. Dort konnte er sich als Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft dreijährigen Studien für sein als Habilitationsschrift geplantes Buch zuwenden, das 1973 im Umfang von 408 Seiten erschienen ist: „Kommunikation und Kompetenz. Grundlegung einer Didaktik der Kommunikation und ihrer Medien“. Es handelte sich dabei um eine breit angelegte systematische Grundlegung interdisziplinärer Kommunikationsforschung, verstanden als „kritische Gesellschaftswissenschaft“ auf hohem Abstraktionsniveau. Sie hatte nur geringen Bezug zur „Didaktik“. Mit diesem „Stichwort“ wollte Baacke nur die „Absicht dieser Veröffentlichung“ bezeichnen: „Strategien der Realisierung von nicht-gestörten Kommunikationsprozessen vorzuschlagen“.18 Neben diesem Hauptwerk lagen auch Schriften zur Jugendkunde und Aufsätze über „Kommunikation zwischen Zwang und Freiheit. Ansätze einer pädagogischen Kommunikationstheorie“ (1971) und „Aspekte einer Vermittlung von Kommunikations- und Erziehungswissenschaft“ (1972) vor. Praxisnäher waren die von ihm herausgegebenen „mediendidaktischen Modelle“ zum Umgang mit dem Fernsehen19. Eine Habilitation ist nicht erfolgt, weil Baacke schon vorher einen Lehrstuhl erhalten hat. Seit 1972 wirkte er an der Universität Bielefeld als Professor für Pädagogik mit dem Schwerpunkt „Außerschulische Einflüsse auf die Erziehung“.
16 GV 1911–1965, Bd. 7, 1. 17 Kurzbiographien: W. Böhm 2005, 281; Horn 2003, 247. 18 Baacke 1973, 12. 19 Baacke 1975 mit seiner Einleitung „Neue Ansätze einer Kommunikationsdidaktik“ (7–14).
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Horst Ruprecht20 wurde am 18. Februar 1923 in Liptingen (Württemberg) geboren. Er war nach Ausbildung zum Volksschullehrer und langer Schulpraxis seit 1954 als Lehrerbildner in Heidelberg tätig und hat daneben an der Universität München Pädagogik studiert. 1959 hat er dort auf Grund einer von Martin Keilhacker21 angenommenen Dissertation über „Die Phasenentwicklung der Schulfilmbewegung in Deutschland“ das Doktorat der Philosophie erworben22. Eine Habilitation ist nicht erfolgt. Von 1964 bis 1970 wirkte er als Professor für Allgemeine Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Hannover. Von 1970 bis 1972 war er Leiter der Schulabteilung im Kultusministerium des Bundeslandes Niedersachsen, von 1973 bis 1975 Mitglied des Deutschen Bildungsrats23. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen von ihm neben zahlreichen Aufsätzen folgende Bücher vor: „Lehren und Lernen mit Filmen“ (1970) und „Theorien des Lernens in erziehungswissenschaftlicher Sicht“ (1974). Richard Kriesche24 wurde am 28. Oktober 1940 in Wien geboren. Er hat am 14. September 1963 die Lehrbefähigung für Zeichnen und Malen (Bildnerische Erziehung) und 1964 das Diplom für Malerei und Grafik erworben. Anschließend hat er als Assistent an der Akademie für angewandte Kunst in Wien und danach als Bundeslehrer (L 1) an der Höheren Technischen Bundeslehranstalt in Graz gearbeitet. Dort hat er als Schulversuch eine medientechnische Abteilung aufgebaut. 1969 ist seine Pragmatisierung erfolgt. 1977 wurde er Leiter des Experimentalteiles des Audio-Visuellen Zentrums in Graz. Er galt als Spezialist für „Videokunst“ und als Praktiker der Verwendung von Foto, Video und Film im Unterricht. Promotion und Habilitation oder eine gleichwertige Qualifikation haben gefehlt. Beiträge zur Medienforschung lagen nicht vor. Dieser Besetzungsvorschlag war typisch für die verfrühte Errichtung von Lehrstühlen für Spezialgebiete, deren Gegenstand erst unzu-
20 Kurzbiographien: Kürschner 1987, 3868; Who is who in der Bundesrepublik Deutschland, 3.1994, 1995; 21 Kurzbiographie: Horn 2003, 263. 22 ZfP 6 (1960), 107. 23 Zu dieser von 1965 bis 1975 bestandenen Einrichtung vgl. Führ 1997, 66ff; W. Böhm 2005, 151. 24 Biographische Angaben nach: Jahrbuch der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen Österreichs 1965, 117 und 1971, 70; Besetzungsvorschlag.
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länglich geklärt war und für die wissenschaftliche Lehrinhalte und bewährte Spezialisten noch gefehlt haben.25 Die „Mediendidaktik“ bzw. „Medienpädagogik“ ist damals noch „eine umstrittene Disziplin“26 gewesen. Deshalb war es verständlich, dass auch der Besetzungsvorschlag für die erste Professur, die dieser „Disziplin“ in Österreich gewidmet worden ist, mit 8 Ja- und 6 NeinStimmen umstritten geblieben ist. Ihm waren zwei gegensätzliche Sondervoten beigegeben, die den Streitpunkt beleuchten: kommt es mehr auf abstrakt-theoretische Reflexionen über „Medien“ und Erforschung ihrer Wirkungen an oder auf konkret-praktisches Können bei ihrer Nutzung und der technischen Anleitung dazu? Vom idealen Fachvertreter wurde beides erwartet. Tatsächlich hat kein Kandidat dieser gewünschten Kombination entsprochen. Im Sondervotum von Melezinek und zwei seiner Mitarbeiter wurde an Kriesche gerügt, dass er weder „in der theoretischen Fundierung des Faches Mediendidaktik als bildungswissenschaftlicher Grunddisziplin(!) … ausgewiesen“ sei noch „in der Forschung im Zusammenhang mit der Wirkung von Medien“. Er sei „daher ungerechtfertigter Weise in den Ternavorschlag aufgenommen“ worden. Im Sondervotum von Kellermann wurde Kriesche „als ausgesprochener Könner, ja Künstler der Medientechnik“ gerühmt, der als einziger in seinem Vortrag „faszinierend“ gezeigt habe, wie „eine Mediendidaktik an der UBW praktisch aussehen könnte“. Es komme „bei dieser Besetzung … eher auf die Fähigkeit im Umgang mit Medien als auf die differenzierte Weiterentwicklung der Medientheorie an“.27 Kellermann hat allerdings zweierlei übersehen: 1. dass für die praktische Anleitung zum Gebrauch der Medientechnik durch einen „Könner“ eine wissenschaftliche Professur zu teuer ist, und 2. dass die noch ausständige theoretische Festigung des Faches vorrangig war und von einem „Medienkünstler“ ohne wissenschaftliche Ausbildung nicht geleistet werden kann.
25 Vgl. die breite „Diskussion: Medienpädagogik“ im Jahrgang 1976 der Zeitschrift „Medien und Erziehung“, herausgegeben vom „Arbeitszentrum Jugend, Film, Fernsehen“ in München, Heft 2, 79–100 und Heft 3, 157–175: „Medienpädagogik“ – was ist das? 26 Ebenda, 79. 27 Beilagen zum Besetzungsvorschlag vom 12.12.1978. AUK, Karton 335.
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Das Wissenschaftsministerium hat Boeckmann berufen. Er hat die Professur am 1. August 1980 übernommen28 und bis zu seiner vorzeitigen Pensionierung im Jahre 1999 innegehabt. Sie stammte zwar noch aus der ursprünglichen Planung einer „Hochschule für Bildungswissenschaften“, „aber die Institution ging längst andere Wege. Und das sollte ich nolens volens auch tun. Mein Weg führte mich über eine Fächerkombination ,Medienkommunikation‘ bis zur Errichtung eines Studienganges ,Publizistik und Kommunikationswissenschaften‘, die … 1999 erfolgte. Meine Lehre und auch meine professionellen Kontakte spielten sich also im Bereich der Medien- und Kommunikationswissenschaften ab“. An „Dissertationen und Habilitationen … kann ich keine wirklich pädagogischen Titel vermelden“.29 Es ist also mit Verzögerung gerade das eingetreten, was das Ministerium noch 1977 verhindern wollte: die Entfremdung der Professur von ihrer gesetzlichen Aufgabe als Teil einer Spezialhochschule für erziehungswissenschaftliche Forschung und Ausbildung30. Formell ist die Medienpädagogik im Namen und in der Aufgabenbeschreibung des „Instituts für Unterrichtstechnologie und Medienpädagogik“ zunächst erhalten geblieben. Boeckmann hat in ihm die „Abteilung für Mediendidaktik“ geleitet31. Er hat sich anfangs noch um eine „Arbeitsgruppe Medienerziehung“ bemüht und Weiterbildungsseminare für Lehrer zur Förderung von „Medienkompetenz“ und „Medienmündigkeit“ angeboten. Das mediendidaktische Studium war zunächst nur in der Fachkombination32 „Unterrichtstechnologie“ möglich, die nur von Studierenden
28 Protokoll der 30. Sitzung des Universitätskollegiums am 15.10.1980, Bericht des Rektors, 1. 29 Briefliche Mitteilung Boeckmanns vom 16.10.2010 an den Autor. PAB (Hervorhebung vom Verfasser). 30 Vgl. in diesem Buch S. 495f. 31 Forschungsbericht der UBWK 1987, 38 und 175ff.; Forschungsbericht 1992, 17; Forschungsbericht 1995, 19. 32 „Fachkombinationen“ galten als inoffizielle „zweite Studienrichtungen“, durch welche die durch ministerielle „Studienordnungen“ als Diplomstudien anerkannten regulären „Studienrichtungen“ mittels universitärer „Studienpläne“ ergänzt werden konnten. 1983 waren an der Universität Klagenfurt folgende „Fachkombinationen“ zugelassen: Bildungssoziologie, Bildungswissenschaftliche Psychologie, Unterrichtstechnologie, Schulpädagogik, Gruppendynamik, Medienkommunikation. UBWK: Bericht des Rektors über die Studienjahre 1979/80 bis 1982/83, 7. – Liste der Diplomstudien als Anlage 1 des UniStG, BGBl I Nr. 131/1998. BM: BWK, UniStG (Österreichisches Hochschulrecht, Heft 2, 2001, 127ff.).
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der Pädagogik gewählt werden konnte. Sie wurde 1983 durch die Fachkombination „Medienkommunikation“ ersetzt, die mit allen Diplomstudien kombinierbar war. Erst 1996 ist die Zweckangabe „Unterricht“ und „Pädagogik“ im Namen des Instituts gefallen: das „Institut für Unterrichtstechnologie und Medienpädagogik“ ist in „Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft“ umbenannt worden. Es hat seit 1999 ein vollwertiges Diplomstudium „Publizistik und Kommunikationswissenschaft“ angeboten.33 Nach der Pensionierung von Boeckmann ist dessen Dienstposten umgewidmet worden: von „Mediendidaktik“ in „Medienwissenschaft mit Ausrichtung auf Neue Medien“.34 Unter diesen Umständen sind in Boeckmanns Lehrveranstaltungen die mediendidaktischen und –pädagogischen Themen mehr und mehr zurückgetreten35. Anfangs dominierten Vorlesungen über „Unterrichtstheorie und Mediendidaktik“, „Einführung in die Didaktik der Medien“, „Kommunikation und Medien unter didaktischem Aspekt“, „Didaktik der Massenmedien“. Dazu kamen Seminare über „Unterrichtsplanung und selbsterstellte Medien“, „Medien und offener Unterricht“, „Massenmedien – wie sie wirken; wie sie Schule beeinflussen“, „Pädagogik und Kommunikation“, „Interpretation pädagogischer Situationen“, „Massenmedien, Medienerfahrung und Bildung“, „Die Bedeutung der Kommunikation in Theorien der Bildung und Erziehung“, „Neuere mediendidaktische und medienpädagogische Literatur“. Später traten folgende Vorlesungsthemen in den Vordergrund: „Einführung in die Kommunikationswissenschaft“, „Einführung in das Studium der menschlichen Kommunikation“, „Theorien der Kommunikation“, „Medieneinfluß, Meinungsbildung und Manipulation“, „Grundlagen der Mediengestaltung, Wahrnehmung und Ästhetik“, „Theorien und Befunde zur interkulturellen Kommunikation“, „Grundlagen der Medienanalyse“, „Filmtheorie“. In Seminaren wurden behandelt: „Lehrmaterial für Selbst- und Fernstudien“, „Spezielle Probleme der Medienforschung“, „Literatur zur Bild- und Filmgestaltung“, „Filmanalyse und Filmwirkung“, „Analyse von Medienverbundsystemen“, „Methodische Anlage interdisziplinärer Medienstudi-
33 Ausführlich hierzu: Forschungsbericht 1999, 185. 34 Quelle: http://www.uni-klu.ac.at/mk/inhalt/582.htm 35 Nach den Verzeichnissen der Lehrveranstaltungen der UBWK, SS 1980 bis SS 1999.
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en“, „Wissenschaft in den Medien: Probleme der Wissenschaftspublizistik“, „Film und Literatur“, „Mündiger Umgang mit Massenmedien“, „Analysen zum Trivialfilm“, „Film und Kultur“, „Film und Kinotheorie“, „Medien und Ideologie“, „Meinungseinfluß durch Massenmedien“. In der Forschung hatte Boeckmanns Abteilung folgende Schwerpunkte angegeben: Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen; Curriculumforschung im Bereich der Medienerziehung, Lehrfilmforschung; Evaluation von Medienverbundprogrammen.36 Später kamen hinzu: „Filmverständlichkeitsforschung“, „Einfluß von Hintergrundmusik in Bildungsfilmen auf die Behaltensleistung und Beurteilung“, „Wahrnehmung von Kommunikator-Interessen und Darstellungssubjektivität in Medienprodukten“ (im Rahmen eines Gesamtprojektes „Medienmündigkeit“)37; „Medienerfahrungen von Jugendlichen“, „Analyse von Filmwirkungen in didaktischer und persuasiver Hinsicht“38. Soweit diese Vorhaben verwirklicht worden sind, oblag ihre Durchführung teilweise oder ganz Assistenten und Studierenden. Die Themen der von Boeckmann betreuten und begutachteten Diplomarbeiten und Dissertationen39 waren fast ausnahmslos nicht-pädagogischer Art. An eigenen größeren Veröffentlichungen aus seiner Klagenfurter Periode sind drei Schriften zu erwähnen. 1981 ist als Beitrag zu den hektographierten Studienbriefen über „Medien im Unterricht“ des Deutschen Instituts für Fernstudien an der Universität Tübingen ein „Grundbaustein Unterrichtstheorie und Mediendidaktik“ im Umfang von 164 Seiten erschienen. 1989 hat Boeckmann gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Brigitte Hipfl und Günther Stotz folgenden Forschungsbericht im Umfang von 149 Seiten veröffentlicht: „Fernsehen: Sucht oder Bereicherung? Untersuchungen zum kindlichen Fernsehverhalten im Kabelzeitalter“. Sein wichtigstes Ergebnis war der empirische Nachweis, „daß Programmausweitungen wie beim Kabelfernsehen eine verschwindend geringe, die Familienbedingungen dagegen eine überragende Bedeutung für das Sehverhalten von Kindern und Jugendlichen haben“40. 36 UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 177 und 180ff. 37 UBWK: Forschungsbericht 1987–1991, 150ff. 38 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 176ff. 39 Namen der Betreuer und Gutachter erst ab Forschungsbericht 1991–1994, 183f.; 1995–1998, 188f. 40 Boeckmann/Hipfl 1989, 146.
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1994 ist Boeckmanns medientheoretisches Hauptwerk erschienen: „Unser Weltbild aus Zeichen. Zur Theorie der Kommunikationsmedien“ im Umfang von 218 Seiten. Darin wurde „versucht, die Wirkungsweisen der Medien im kommunikativen Prozeß systematisch zu analysieren“. Es sollte „ein konzeptioneller Rahmen … entwickelt werden, innerhalb dessen wir geordnet darüber nachdenken und debattieren können, wie Medien innerhalb der Kommunikation wirksam werden und was das für uns bedeuten mag. Wie funktionieren Medien und wie wirken sie bei der Konstruktion von Bedeutungen mit? Das sind die Grundfragen dieses Textes“.41 Da er kein Beitrag zur Medienpädagogik ist, braucht er hier nicht behandelt werden. Ertragreicher für die Praktische Pädagogik waren Aufsätze zu Themen wie „Bildschirm und Lehrbuch: ein mediendidaktischer Leistungsvergleich“ (1984), „Funktionen des Films bei der Veranschaulichung von (insbesondere abstrakten) Lehrinhalten“ (1984), „Zur didaktischen Nutzung der filmischen Montage“ (1987). Hierher gehören auch zwei gemeinsam mit Norbert Heymen – Professor für Didaktik der Leibeserziehung an der Freien Universität Berlin – verfasste Bände: „Unterrichtsmedien selbst gestalten. Handbuch für Schule und Ausbildungspraxis“ (1990) und „Fachwissen vermitteln – aber ohne Schulmeisterei. Hinweise für Anfänger und Fortgeschrittene“ (1996). Sein beruflicher Einsatz für die Erforschung und Nutzung moderner Massenmedien hat Boeckmann nicht gehindert, auch ihre schädlichen Auswirkungen und die illusionäre Fortschrittsgläubigkeit ihrer Lobredner anzuprangern. Davon zeugt sein kritischer Beitrag „Fragen zur Rolle der Universität in der Informationsgesellschaft“ zum 25JahrJubiläum der Klagenfurter Hochschule42. Darin hat er folgende Thesen erläutert: 1. „Die Informationsgesellschaft bringt Gefährdungen für die Identitätsbildung und die personale Orientierung mit sich“. 2. „Das Wissenswachstum gefährdet den sozialen Diskurs über die grundlegenden Ordnungen des Zusammenlebens“. „Ein Wissenswachstum heutigen Ausmaßes“ tue weder dem Individuum noch der Gesellschaft gut. Es stehe im Zusammenhang „mit dem Mythos des wissenschaftlichtechnischen Fortschritts“. „Die Aufgabe der Universität in der sich formierenden Informationsgesellschaft“ sei es nicht, „die Akkumulation von Wissen noch wei-
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Boeckmann 1994, 9. Boeckmann 1996.
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ter über die Kapazitätsgrenzen der Menschen hinauszutreiben, sondern die Analyse der Kontexte und die Bewertung und Aneignung des Wissens durch die Gesellschaft zu unterstützen“.43 „Die Universität … muß Menschen heranbilden, die Wissen bewerten und Wissenskontexte analysieren können“. „Unter den Bedingungen der Informationsgesellschaft wird die Lehre wichtiger als die Forschung, wird die Funktion der universitären Bildung wichtiger denn je zuvor – wenn es eine Bildung ist, die Orientierung vermittelt, und auch die Fähigkeit, Orientierung in einer informationellen Umwelt zu gewinnen und im sozialen Kontext auszuhandeln“. „In einer Welt, in der rundum Information produziert wird, ist die Universität die einzige Institution, die nicht direkt in Interessens- und Verwertungszusammenhänge eingezwängt ist. Wer denn, wenn nicht sie, sollte diese notwendige Aufgabe übernehmen …?“ Hinderlich sei dabei allerdings, dass die Universität „die Informationsgesellschaft mit auf den Weg gebracht“ hat und „tief verstrickt“ ist „in deren Denkweisen, Rituale und Mythen“. Wie sie unter diesen Umständen ihre Bildungsaufgabe erfüllen kann, wurde allerdings von Boeckmann nur punktuell angedeutet. Am 1. Oktober 1999 hat er sich im Alter von 62 Jahren vorzeitig in den Ruhestand zurückgezogen.
17. KRISEN UND UMBAU DER UNIVERSITÄT/REDUZIERUNG DER „BILDUNGSWISSENSCHAFTEN“: 1980–2000 Zehn Jahre nach Inkrafttreten des Gründungsgesetzes vom 21. Jänner 1970 ist die Ausbaustufe der Universität für Bildungswissenschaften am 6. Feber 1980 zu Ende gegangen1. Sie galt zu diesem Zeitpunkt offiziell noch immer „als eine anerkannte Schwerpunkthochschule“2 für „die wissenschaftliche Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Bildungswissenschaften“3. Für die „bildungswissenschaftlichen“ Grunddisziplinen waren vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung 1973 insgesamt
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Ebenda, 170ff. BMfWF 1977, 7. Hödl 1980, 14. Bundesgesetz vom 21. Jänner 1970, § 1 Abs. 2.
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23 Lehrkanzeln geplant4. Davon entfielen zwei auf „Systematische Bildungs- beziehungsweise Unterrichtswissenschaft“, sieben auf „Theorie der Institutionen (einschließlich der zugehörigen Curricula)“, drei auf „Mediendidaktik (Unterrichtstechnologie)“, eine auf „Pädagogische Psychologie“, eine auf „Bildungssoziologie“, vier(!) auf „Bildungsökonomie“ und eine auf „Bildungsinformatik“; der Rest auf je eine für Philosophie, Psychologie, Sozialpsychologie und Soziologie zur Ergänzung der pädagogischen Disziplinen. Für die „Fachdisziplinen“ von damals acht Lehramtsfächern waren 1973 18 Lehrkanzeln vorgesehen.5 Die Hochschule war also zunächst widmungsgemäß auf „bildungswissenschaftliche“ Forschung und die Ausbildung von erstklassigen Erziehungswissenschaftlern einerseits und Lehrern Höherer Schulen andererseits konzentriert. Ihr Grundprinzip lautete: „Die bildungswissenschaftliche Schwerpunktsetzung gilt für alle an der Hochschule vertretenen Wissenschaftsdisziplinen“6. „Die Arbeiten aller anderen Wissenschaftsdisziplinen sollen sich um diesen Schwerpunkt gruppieren“7. Es hat sich jedoch bald gezeigt, dass die hochfliegenden Wunschziele ihrer Planer und Gründer unerreichbar waren. Gewünscht und als realisierbar versprochen worden war „ein europäisches Zentrum der Bildungsreform“ – kurz „Europäisches Bildungszentrum“ genannt -, für das „international anerkannte Kapazitäten gewonnen werden müßten“8. Tatsächlich hat es damals in Österreich wie im Ausland überall an solchen Personen gemangelt. Die Gewinnung erstklassiger „Bildungswissenschaftler“ für die Klagenfurter Lehrkanzeln ist – wie vorhersehbar war – vollkommen gescheitert. Von Anfang an hatte die Hochschule in den pädagogischen Fächern „unter dem Mangel an einschlägig qualifizierten Bewerbern zu leiden“9. Man hat sich in der Erziehungswissenschaft und ihren „Hilfswissenschaften“ wie an den meisten anderen Hochschulen bei Professoren und Assistenten mit zweit- und drittklas-
4 BMfWF 1977, 32. 5 Ebenda, 33. 6 Gründungsrektor Schöler über „grundlegende Aspekte für den Aufbau der Hochschule“ 1971–1975. Protokoll der 9. Sitzung des GA am 8.3.1971, 5. 7 Einstimmiger Beschluss des GA. Protokoll der 5. Sitzung am 29.9.1970, 4. 8 Rede Schölers am 17.5.1971 anlässlich des einjährigen Bestehens des Gründungsausschusses. In: Hochschule für Bildungswissenschaften 71, 87f. 9 Klingler 2010, 3.
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sigem Personal begnügen müssen. Damit war der elitäre Anspruch und die ausstattungsmäßige Sonderstellung der Neugründung unter den österreichischen erziehungswissenschaftlichen Instituten von vornherein unhaltbar geworden. Zu den versprochenen herausragenden Forschungsleistungen ist es nicht gekommen. In seiner Rückschau auf das erste Jahrzehnt der Hochschule hat der Vorsitzende ihres Beirates das Missverhältnis zwischen „Anspruch und Wirklichkeit“ so erklärt: „Schon mit dem Gesetzesauftrag ist der Universität für Bildungswissenschaften eine Fülle von Aufgaben zugedacht worden, die nur mit übermenschlichen Anstrengungen einigermaßen aufgegriffen werden können. Das ist Zeichen jener Zeit einer ausgeprägten Euphorie in Bildungsfragen. Die Mitglieder der Klagenfurter Universität haben sich vielfach davon verleiten lassen, ihre eigenen Möglichkeiten zu überschätzen, so daß der Beirat immer wieder vor der Zersplitterung der Kräfte warnen mußte. Die Gefahr oberflächlicher ,Gschaftlhuberei‘ war nicht zu übersehen, zumal der Auftrag, gleichzeitig auch Reformen und neue Ideen zu entwickeln, manchmal dazu verführte, egoistische Wünsche schon für Innovationen zu halten.“10 Unter diesen Umständen und den Folgen der geschilderten Fehlbesetzungen und Konflikte11 haben die „bildungswissenschaftlichen“ Fächer als Schwerpunkt der neuen Hochschule wenig Ansehen gewinnen können – weder intern bei den Vertretern der Lehramtsfächer noch in der Öffentlichkeit. Ihre erhoffte Anziehungskraft auf Studierende aus anderen Bundesländern und den Nachbarstaaten ist ausgeblieben. Rund 90 Prozent der Studierenden stammten aus dem Kärntner Umfeld.12 Wie haben sich die Studierenden auf die Pädagogik einerseits und die Lehramtsfächer andererseits verteilt? Im Wintersemester 1980/81 waren für die Studienrichtung Pädagogik 314 Personen inskribiert; davon waren 176 Frauen13. Im auslaufenden Studienversuch „Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“ – anfangs als Kernstück der Reformhochschule und größte Errungenschaft propagiert – gab es im
10 Heitger 1980, 116. Vgl. auch den Abschlussbericht des Beirates über die erste Funktionsperiode 1971–1976: BMfWF, 5. Bericht, 1976, 26ff. 11 Vgl. u.a. S. 258ff., 294ff., 309ff. 12 Kellermann 1980, 208f. 13 Jobst 1986, 12 (nach ÖHS).
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Wintersemester 1979/80 nur noch 25 Studierende, darunter keinen einzigen Ausländer.14 Insgesamt waren im Wintersemester 1980/81 an der Klagenfurter Universität 1.599 ordentliche Hörer inskribiert15. Den 314 Studierenden im Diplomstudium Pädagogik standen also damals bereits 1.285 Studierende anderer Fächer gegenüber. Pädagogik (Erziehungswissenschaft) als Haupt- oder Zweitfach wurde somit nur von einem Fünftel aller Studierenden betrieben. Im Wintersemester 1983/84 hat sich der Unterschied weiter vergrößert: gezählt nach der Zahl der ordentlichen Studien (nicht der Studierenden!) gab es in der Pädagogik 363 Inskriptionen, in allen anderen Fächern zusammen 2.115 Inskriptionen. Diese verteilten sich auf damals 11 Studienfächer mit Spitzenwerten für Anglistik (495), Germanistik (410), Geschichte (359), Italienisch (279), Lehramt Philosophie/ Pädagogik/Psychologie (244) und Französisch (214)16. Die Inskriptionszahlen sagen allerdings wenig bis nichts über den tatsächlichen Besuch der Lehrveranstaltungen aus. Der große Abstand zwischen ihnen und den wirklichen Teilnehmerzahlen ist auch vom Rechnungshof gerügt worden. In seinen Prüfungsergebnissen aus dem Jahre 1981 hieß es dazu: „Bei zahlreichen Lehrveranstaltungen lag der Besuch weit unter den Inskriptionszahlen. Beispielsweise waren bei einem von 45 Studenten inskribierten Proseminar nur vier Hörer anwesend; eine von 102 Hörern belegte Vorlesung besuchten lediglich zwei Studenten.“17 Auch bei den Studierenden der Pädagogik hat es „viele Sozialinskriptionen“ gegeben „bzw. Inskriptionen von Studenten, die sich selten oder gar nicht im Lehr- und Forschungsbetrieb“ einfanden18. Dadurch ist teilweise auch das starke Missverhältnis zwischen der Menge der Studierenden und der geringen Zahl der Absolventen zu erklären. Mitgespielt hat dabei in den Anfängen der Hochschule vermutlich auch ihr geringes Angebot an Studienfächern. Mangels anderer Möglichkei 14 BMfWF: Hochschulbericht 1984, 348. 15 UBWK: Bericht des Rektors 1983, 28. 16 BMfWF: Hochschulbericht 1984, 343. 17 Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes, Verwaltungsjahr 1982, III-24 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVI. GP, 75 (Ziffer 29.34.1). 18 Jobst 1986, 17. Mit „Sozialinskriptionen“ waren solche gemeint, die ohne Studienabsicht nur um steuerlicher Vorteile, Sozialversicherung, Studentenermäßigung usw. erfolgt sind.
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ten scheint das Pädagogik-Studium nicht selten ohne fachspezifische Motivation aus Verlegenheit, als Notlösung oder als besonders leicht eingeschätztes Fach gewählt worden zu sein. Hochqualifizierte Studierende und Absolventen, wie sie der Zweck der Hochschule gebraucht hätte, waren unter solchen Umständen kaum zu gewinnen. Die Gesamtzahl der ordentlichen Hörer der „Universität für Bildungswissenschaften“ hat im Sommersemester 1983 1.734 Personen erreicht. Für sie standen 227,5 Planstellen zur Verfügung, davon 45 Dienstposten für Professoren, 66 für Assistenten, 67,5 für Nichtwissenschaftliches Personal und 25 für die Universitätsbibliothek.19 In den damals drei erziehungswissenschaftlichen Instituten gab es 7 Ordentliche Professoren, 19 Assistenten und 34 Lehrbeauftragte20. Die Zahlen zeigen, dass sich der Schwerpunkt der Klagenfurter Universität bereits ab Mitte der Siebzigerjahre sehr schnell von der erziehungswissenschaftlichen Forschung und Spezialausbildung auf Lehramtsfächer der sprachlich-historisch-philosophischen Gruppe und deren Professoren, Mitarbeiter und Studenten verlagert hat. Diese Verlagerung ist vorherzusehen und unausweichlich gewesen. Sie wäre auch bei bester Besetzung der pädagogischen Lehrkanzeln eingetreten. Sie hat jedoch nicht genügt, um auf Dauer eine derart kleine und kostspielige Universität mit einseitiger Ausrichtung auf Schulforschung und Lehrberufe zu rechtfertigen. Sie wurde von Politikern außerhalb Kärntens wie auch im Wissenschaftsministerium angesichts zunehmender Sparzwänge „als überflüssige Belastung empfunden“21. Mit dem starken Geburtenrückgang war auch der Lehrerbedarf zurückgegangen, den zu erfüllen Unterrichtsminister Piffl Ende der Sechzigerjahre fälschlich als Gründungsmotiv in den Vordergrund gestellt hatte22. Nun drohten Lehrerüberschuss, fehlende Anstellungsmöglichkeiten, Rückgang der Nachfrage nach den Lehramtsstudiengängen und Stagnation der Hochschule. Hier und da wurde begonnen, über ihre Auflösung nachzudenken. Das war jedoch dem Land Kärnten nicht zuzumuten und wäre auch bundespolitisch als Eingeständnis skandalöser Fehlplanung und verschleuderter Steuergelder unerträglich gewesen. Es blieb nur der Ausweg, das Gründungskonzept einer „bildungswissenschaftlichen“ Spezial
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UBWK: Bericht des Rektors 1983, 27f. Personalstände im Verzeichnis der Lehrveranstaltungen SS 1983, 62ff. Klingler 2010, 4. Vgl. in diesem Buch S. 215, 217.
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hochschule aufzugeben und einen radikalen Umbau des Lehrangebotes zugunsten zugkräftiger und „arbeitsmarktorientierter“ Massenfächer ökonomisch-technischer Richtung vorzunehmen. Das musste aber zur Schonung der Beteiligten in einer Form geschehen, die vorläufig den Anschein kontinuierlicher Fortentwicklung bei Erhaltung des vorhandenen Bestandes an Studienrichtungen, Fächern und Lehrpersonal erweckte. Die Unsicherheit über die Zukunft der Universität hat sich lange hingezogen. Ab 1978 haben sich Vorschläge, Empfehlungen und Pläne für neue wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge wie Betriebswirtschaft, „Fremdenverkehrswirtschaft“, „Humanökologie“, Informatik usw. gehäuft23. Die Pädagogiker wollten vermehrten Zulauf gewinnen durch Erschließung außerschulischer Arbeitsplätze ihrer Absolventen über Studiengänge für Betriebspädagogik, Freizeitpädagogik, Erwachsenenbildung, Sozialpädagogik und Erziehungsberatung.24 Diesen Wünschen wurde in der Universität wie im Wissenschaftsministerium mit Skepsis begegnet. Die Abkehr vom vorrangig erziehungswissenschaftlichen Zweck der Hochschulgründung war nicht mehr aufzuhalten. Dazu hat auch das Prüfungsergebnis des Rechnungshofes aus dem Jahre 1981 beigetragen: die Klagenfurter Universität habe „eine Entwicklung in Richtung jener Ausbildungsinhalte hin“ genommen, „die auch an anderen österreichischen Universitäten vermittelt werden. Der im Gründungsgesetz vorgesehene Modellcharakter für Bildungswissenschaften konnte nach Auffassung des Rechnungshofes an der Universität für Bildungswissenschaften bisher nicht verwirklicht werden“.25 „Laut Stellungnahme des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung hätte die Universität für Bildungswissenschaften die ihr gebotenen Möglichkeiten mangels Initiative und teilweise fehlender Anziehungskraft nicht ausreichend genützt. Die Entwicklung zu einem verstärkten Angebot an Lehramtsstudien stelle eine Anpassung des ursprünglichen Konzeptes an die Wirklichkeit dar“.26 23 Bodenhöfer/Ötsch 1978; Grundsatzdiskussion „Zur Entwicklung der UBW“, Protokoll der 21. Sitzung des UK am 30.5.1979, 3f.; Empfehlung der Kommission für Haushalt, Planung und Organisation: Protokoll der 24. Sitzung des UK am 17.10.1979, 10f.; BMfWF: 9. Bericht des Beirates der UBWK 1981, 13f.; Hödl 1980, 72f; Leitner 1998, 668. Vgl. in diesem Buch S. 365–376. 24 Hödl 1980, 71; Klingler 2010, 3. 25 Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes, 1982, 67. 26 Ebenda, 74 (Ziffer 29.25.3).
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Damit sind die „Bildungswissenschaftler“ auch in den gemeinsamen universitären Gremien (Universitätskollegium, Kommissionen) vom Zentrum an den Rand geraten. Ihr Einfluss ist auf die pädagogischen Fächer im engen Sinne zurückgegangen. Die Mitarbeiter der den „Bildungswissenschaften“ im weiten Sinne zugeordneten Spezialdisziplinen „Bildungsökonomie“, „Bildungssoziologie“, „Pädagogische Psychologie“ und „Entwicklungspsychologie“ hatten von vornherein wenig Arbeitsverbindungen mit den Pädagogikern. Sie haben sich aus dem anfänglichen „bildungswissenschaftlichen“ Verbund, zu dem sie durch ihre Berufung verpflichtet worden sind, gelöst und zugunsten ihrer Mutterdisziplinen und deren Ausbau verselbständigt. Die Mehrheit des Personals der Lehramtsfächer, das zur „besonderen Berücksichtigung der Fachdidaktik“ berufen worden ist, hat sich dieser Aufgabe entzogen27. Dabei hat mitgespielt, dass sie sich an wissenschaft lichem wie praxiskundigem Können den „Unterrichts-“ und „Lehrplanforschern“ überlegen gefühlt haben. In dieser Phase fortschreitender Abkehr vom Gründungszweck der Hochschule und zunehmender Orientierungslosigkeit hat Wissenschaftsministerin Firnberg Ende 1981 unter ihrem Vorsitz ein „Kontaktkomitee zur Weiterentwicklung der Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt“ eingesetzt.28 Es hat aus hochrangigen Mitgliedern bestanden: dem Landeshauptmann des Bundeslandes Kärnten, dem Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt, Kärntner Abgeordneten zum Nationalrat, Vertretern der Österreichischen Rektorenkonferenz, des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung sowie der Universität für Bildungswissenschaften. Zu den Beratungen wurden Experten zugezogen. Nach deren Abschluss wurde am 16. Februar 1983 ein „Ausbaupaket“ beschlossen, das ab sofort schrittweise verwirklicht werden sollte. Wie sahen die Vorhaben für den „bildungswissenschaftlichen“ Sektor der Universität aus? Am bildungswissenschaftlichen Auftrag des Gründungsgesetzes wurde festgehalten, aber statt des Vorranges der Forschung und Forscherausbildung eine stärkere Konzentration auf berufsbezogene Ausbildungs- und Fortbildungsangebote mit größerer Praxisorientierung gefordert. Die Absolventen sollten „durch Vermitt 27 Über verdienstvolle Ausnahmen bei Mathematikern, Germanisten und Anglisten vgl. in diesem Buch S. 712ff., 739ff., 742ff., 737ff. 28 BMfWF: Hochschulbericht 1984, 99f.; UBWK: Bericht des Rektors 1979/80 bis 1982/83, 33ff.
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lung von Mehrfachqualifikationen“ besser auf den Bedarf und die Anstellungsmöglichkeiten am Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Unter der Parole „Vervollständigung und Neuakzentuierung der bildungswissenschaftlichen Grunddisziplinen“ sollten durch zusätzliche Professuren neue „pädagogische Berufsfelder“ in den Bereichen der Lebens- und Erziehungsberatung, der Erwachsenenbildung und der Freizeitpädagogik erschlossen werden. Auch die Lehrerausbildung sollte neben der Vorbereitung auf den Schuldienst zusätzliche Qualifikationen für außerschulische Berufe vermitteln. Zwischen den bildungswissenschaftlichen Grunddisziplinen und der Lehrerausbildung wurde verstärkte Zusammenarbeit gefordert. Besonderes Gewicht wurde auf die Fortbildung der Lehrer an höheren Schulen und die Weiterbildung von Lehrerfortbildnern gelegt. Dabei wurden große Hoffnungen in das 1979 vom Wissenschaftsministerium an der Universität für Bildungswissenschaften errichtete „Interuniversitäre Institut für Fernstudien“ (IFF)29 gesetzt, obwohl die anhaltend geringe Nachfrage nach dessen Nutzung schon erkennbar gewesen ist. Auch vom 1978 errichteten „Interuniversitären Forschungsinstitut für Unterrichtstechnologie, Mediendidaktik und Ingenieurpädagogik“ (IUI)30 wurde viel erwartet, obwohl es der Rechnungshof für „entbehrlich“ gehalten hat31 und seine Auflösung (1988) absehbar war. Die „entscheidende Weichenstellung für die künftige Entwicklung“32 der Universität bestand in der Empfehlung, ab 1984/85 Studiengänge für „Angewandte Betriebswirtschaft“ und „Angewandte Informatik“ einzurichten – zunächst als „Studienversuche“ außerhalb des Rahmens der bestehenden Studiengesetze. Diese „neuen Schwerpunkte“33 sollten „zu einer besseren Abstimmung des Studienangebotes … auf den regionalen Arbeitsmarkt“ beitragen34. Für sie wurden bis 1987 22 neue Planstellen zugewiesen, davon 9 für Professoren und 10,5 für Assistenten. Für Lehraufträge wurden pro Studienjahr 323 Semester-
29 30 31 32 33 159f. 34
Vgl. in diesem Buch S. 348f., 545ff. Vgl. in diesem Buch S. 324f., 545ff. Tätigkeitsbericht 1982, 68f. Vgl. in diesem Buch S. 545ff. UBWK: Bericht des Rektors 1983, 5. BMfWF: Hochschulbericht 1984, 100f.; Hochschulbericht 1987, I, 155 und Hochschulbericht 1987, I, 159.
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wochenstunden bewilligt. „Weitere Planstellen werden erforderlich sein“.35 Der Studienversuch Angewandte Betriebswirtschaft ist ab dem Studienjahr 1984/85 angelaufen36, jener für Angewandte Informatik ab dem Studienjahr 1986/8737. Beide haben schnell Zulauf gefunden: die Betriebswirtschaft hatte im Wintersemester 1989/90 bereits 779 ordentliche Hörer, die Informatik 240 ordentliche Hörer38. Zusammen waren das rund ein Drittel der 3.078 ordentlichen Hörer der Klagenfurter Universität im Wintersemester 1989/9039. Nach der Zahl der Studien war die Pädagogik mit 537 ordentlichen Studien an die zweite Stelle gerückt, gefolgt von Deutscher Philologie (342), Anglistik (324), Geschichte (266) Informatik (240), Italienisch (205), Philosophie/Pädagogik/Psychologie Lehramt (145), Französisch (145) und Mathematik (115)40. Auf Grund dieser Veränderungen war es angebracht, auch den unpassenden Namen „Universität für Bildungswissenschaften“ endlich zu ändern. Sie ist 1993 in „Universität Klagenfurt“ umbenannt worden. Zugleich ist ihre Gliederung in eine „Fakultät für Kulturwissenschaften“ und eine „Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Informatik“ erfolgt. Letztere wurde 2007 in die „Fakultät für Wirtschaftswissenschaften“ und die „Fakultät für Technische Wissenschaften“ geteilt. Wie haben sich Umbau und Ausbau auf die pädagogischen Fächer ausgewirkt? Für sie hatte das Kontaktkomitee im Stufenplan von 1983 nur eine neue Professur vorgesehen. Es wurde dem Universitätskollegium freigestellt, sie einem der zusätzlich gewünschten „bildungswissenschaftlichen Schwerpunktbereiche“ zu widmen: „Erwachsenenbildung oder Lebens- und Erziehungsberatung oder Freizeitpädagogik“.41 Die Entscheidung ist zugunsten der „Lebens- und Erziehungsberatung“
35 Ebenda, 160. 36 Studienordnung: BGBl. Nr. 252/1984. 37 Studienordnung: BGBl. Nr. 340/1985. 38 BMfWF: Hochschulbericht 1990, I, 145; II, Tabelle 6.25. 39 Ebenda II, Tabelle 6.18. 40 Ebenda II, Tabelle 6.27. 41 Bodenhöfer als Vorsitzender der Kommission für Haushalt, Planung und Organisation (HPO) und Mitglied des Kontaktkomitees am 17.2.1983 an die Mitglieder des UKK. AUK.
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gefallen. Dieser Dienstposten ist am 1. Oktober 1984 mit der Psychologin Jutta Menschik-Bendele besetzt worden42. Zur Erweiterung des bisher vorwiegend auf Schulforschung konzentrierten Programms hat das Kontaktkomitee den Ausbau der „Weiterbildung“ und der „Lehrerfortbildung“ durch Einrichtung von zwei zusätzlichen Professoren-Planstellen empfohlen. Unter dem vagen Terminus „Weiterbildung“43 wurde damals ein nachschulischer Bildungsbereich verstanden, der alles umfasst, was die Ausbildung in Schulen und Hochschulen ergänzt und fortsetzt. „Weiterbildung umfasst Fortbildung, Umschulung und Erwachsenenbildung“44. Sie galt als vierter Sektor des Bildungswesens neben Primar-, Sekundar- und dem „tertiären“ Hochschulwesen. Der neue Name „Weiterbildung“ wurde teils in gleicher Bedeutung wie „Erwachsenenbildung“ gebraucht, teils auf „berufliche Fortbildung“ eingeengt. Diese terminologische Unklarheit hat dazu geführt, dass seither für den „Quartärbereich“45 beide Termini meistens in gleicher Bedeutung und/ oder als „Erwachsenenbildung/Weiterbildung“ gekoppelt zugleich verwendet werden46. Die begriffliche Unsicherheit hat sich auch an der Klagenfurter Universität gezeigt: was 1986 „Institut für Weiterbildung“ hieß47, wurde 2002 „Abteilung für Erwachsenenbildung“ genannt48. Ein Ordinariat für „Didaktik der Lehrerfortbildung mit besonderer Berücksichtigung der Fernstudienentwicklung“ ist am 1. November 1984 mit Dietmar Larcher49 besetzt worden. Ein Ordinariat für „Didaktik der Weiterbildung mit besonderer Berücksichtigung der Fernstudienentwicklung“ hat am 1. Februar 1985 Arno Bammé50 übernommen. Für sie wurde 1986 ein neues „Institut für Weiterbildung“ eingerichtet51. Beide Dienstposten waren auch als Unterstützung für das „Interuniversitäre
42 Forschungsbericht 1987, 25. Über sie vgl. S. 579ff. 43 In Anlehnung an den amerikanischen Ausdruck „further education“ (im Unterschied zum British English „adult education“). Dictionary 1978, 463. 44 Deutscher Bildungsrat 1970, 51. 45 Köck 2008, 402 und 551f. 46 Vgl. z.B. Tippelt 1999; Dewe 2006. 47 UBWK: Forschungsbericht 1987, 35. 48 UKL: Forschungsbericht 2003, 80. 49 UBWK. Forschungsbericht 1987, 21 und 25. Über Larcher vgl. S. 50 Forschungsbericht 1987, 25. Über ihn vgl. S. 51 Erstmals im Veranstaltungsverzeichnis SS 1986, 63.
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Forschungsinstitut für Fernstudien“ (IFF) der österreichischen Universitäten gedacht, das am 2. Mai 1979 mit Sitz an der Universität für Bildungswissenschaften in Klagenfurt errichtet worden war52. Eine weitere für lange Zeit letzte Ergänzung bei den Professoren der „bildungswissenschaftlichen“ Fächer ist 1983 zugunsten der „Sonder- und Heilpädagogik“ erfolgt. Sie kam ohne fachspezifische Stellenzuweisung, Ausschreibung und Dreiervorschlag dadurch zustande, dass der 1982 in Klagenfurt für „Pädagogik unter besonderer Berücksichtigung der Sonder- und Heilpädagogik“ habilitierte Assistent Günther Hartmann nach eigener Bewerbung zum Außerordentlichen Professor53 ernannt worden ist.54 1985 konnte im Rahmen des Instituts für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik unter seiner Leitung erstmals eine „Abteilung für Sonder- und Heilpädagogik“ eingerichtet werden.55 So ist 1985 der historisch höchste Stand an Professoren der pädagogischen Fächer erreicht worden: 10 ordentliche Professoren und ein außerordentlicher Professor. Sie waren auf damals vier Institute verteilt. Dabei ist es jedoch nicht lange geblieben. Sechs Professuren sind ab 1986 nach der Emeritierung oder Pensionierung ihrer Inhaber nicht nachbesetzt, sondern zugunsten der neuen Fächer Betriebswirtschaft, Informatik und Medienwissenschaft umgewidmet worden.56 Dazu gehörten die bei ihrer Gründung als tragende Säulen der Hochschule gefeierten Lehrkanzeln Unterrichtswissenschaft I (Schöler 1986), Unterrichtswissenschaft II (Trotsenburg 1994) und Unterrichtstechnologie (Melezinek 2001); ferner die Ordinariate für Mediendidaktik (Boeckmann 1999) und Didaktik der Lehrerfortbildung (Larcher 2000). Das Ordinariat für Lebens- und Erziehungsberatung ist 1992 durch den Wechsel von Menschik-Bendele in die Abteilung für Psychotherapie und Psychoanalyse des Instituts für Psychologie dem Institut für Erziehungswissenschaft verloren gegangen.57 52 Vgl. in diesem Buch S. 545. 53 Gemäß UOG 1975, § 31. 54 Über ihn vgl. S. 568ff. 55 UBWK: Forschungsbericht 1987, 51. Der Doppelname war wissenschafts systematisch unklar. Er ist später durch den noch fragwürdigeren Namen „Integrationspädagogik“ ersetzt worden. Vgl. UKL: Forschungsbericht 2005, 26 und 48. 56 Vgl. S. 759. 57 Vgl. S. 594f.
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Diese sechs ersatzlosen Umwidmungen markieren das Ende des überspannten „bildungswissenschaftlichen“ Programms der Gründungs-, Aufbau- und Ausbaustufen. Damit ist das Fach Pädagogik in Klagenfurt auf jenen Personalstand geschrumpft, den es – relativ zur Menge der Studierenden – an den anderen österreichischen Universitäten hatte, die diese Studienrichtung angeboten haben58. Es musste im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts unter gänzlich veränderten Umständen mit neuem Personal bedarfsorientiert und kostensparend neu aufgebaut werden.59 Doch zunächst noch einmal zurück zu den Krisen im Fachgebiet Pädagogik zwischen 1980 und 2000. Sie waren – wie bei den Berichten über seine zwischen 1970 und 1980 ernannten Professoren bereits erwähnt – vorwiegend fachintern durch Planungsmängel, Fehlbesetzungen, wissenschaftliche Unproduktivität, moralische Defekte und Dauerkonflikte bedingt. Diese und weitere ungünstige Faktoren haben eine Menge kleinerer Krisen verursacht, aber in Summe auch eine große: die Gefahr, dass die Studienrichtung Pädagogik und ihre Institute aufgelöst werden. Der am 24. April 1989 neu ins Amt gekommene Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Erhard Busek (ÖVP)60 hat eine Evaluation61 der Klagenfurter Universität in Auftrag gegeben. Als erster Schritt ist eine „Vorstudie“ erfolgt, die eine „Problemanalyse der derzeitigen Situation der Universität für Bildungswissenschaften“ versprochen hat. Sie ging von der Vermutung aus, „daß das Konzept einer bildungswissenschaftlichen Spezialuniversität keine Grundlage für eine Weiterentwicklung der Universität abgeben würde“62. Ihr Ergebnis ist 1990 vom Ministerium mit einem Vorwort des Ministers veröffentlicht
58 Die Universitäten Wien, Graz, Innsbruck und Salzburg. 59 Vgl. 758ff. 60 Kurzbiographie: Bruckmüller 2001, 65. 61 Zu der durch Bundesminister Busek eingeleiteten Wende der Hochschulpolitik mit „einem erhöhtem Stellenwert von Evaluation“ vgl. die vorbildlich klare Darstellung im Hochschulbericht 1993 des BMfWF, Bd. 1, 125–179. Die gesetzliche Grundlage wurde erstmals 1990 durch Einfügung von § 95a über „gezielte Begutachtungen“ in das UOG 1975 geschaffen: BGBl. Nr. 364/1990. Ausführlicher geregelt im UOG 1993, § 18. BGBl. Nr. 805/1993. – Ersetzt durch UG 2002, § 14. BGBl. Nr. 120/2002. 62 Ministerialrat Walter Steinbacher von der Abteilung I/16 Hochschulplanung des BMfWF, BMfWF 1992, 1.
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worden. Darin hat Busek Folgendes mitgeteilt: „Die Zielsetzung einer bildungswissenschaftlichen Einrichtung wurde nur partiell realisiert. Mangelnde Tradition und studentische Kultur, die periphere Lage der Universität und ein Akademikeroutput, hauptsächlich LehramtsabsolventInnen, der in der klein- und mittelbetrieblich strukturierten Wirtschaft kaum Aufnahme findet, kennzeichnen die Situation. Mit der Installierung der Studienversuche ,Angewandte Betriebswirtschaft‘ und ,Angewandte Informatik‘ Mitte der 80er Jahre wurden erste Zeichen gesetzt, das Profil der Universität zu ändern.“63 Diese von zwei Wirtschaftsforscherinnen erarbeitete „Vorstudie“ hat sich auf 42 Interviews mit Auskunftspersonen gestützt, von denen 18 aus der Universität und 24 aus der Kärntner Verwaltung und Wirtschaft stammten. Sie hat einige Fehler enthalten und den naheliegenden Verdacht aufkommen lassen: „Vielleicht sollte es gar nicht um eine ,Evaluierung und Weiterentwicklung‘ der gesamten Universität gehen, sondern um den Anschein einer Legitimierung der Reduzierung der Bildungswissenschaften.“64 Nach Abschluss der inhaltlich dürftigen „Vorstudie“ hat das Wissenschaftsministerium die Vergabe des Hauptprojektes „Evaluierung und Weiterentwicklung der Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt“ öffentlich ausgeschrieben und sich im Februar 1991 für das Angebot des internationalen Beratungsunternehmens Arthur D. Little (ADL) entschieden.65 „Gegenstand dieser Evaluierung waren … nicht die Lehr- und Forschungsleistungen der in Klagenfurt tätigen Universitätslehrer, sondern die Konzeption der Universität und deren Realisierung in den letzten zwei Jahrzehnten66. Aus rückschauender Sicht des Wissenschaftsministeriums ist die Kärntner Hochschule seinerzeit ohne Rücksicht auf die spezielle Bedarfslage der Region gegründet worden. Sie war „von ihrer Zielsetzung her ausschließlich auf das Bildungssystem selbst bezogen“ und nicht „auf den regionalen Bedarf an universitären Leistungen“. Deshalb sei nicht nur die Integration in die Region misslungen, sondern
63 BMfWF 1990, Vorwort. 64 Kellermann 1992, 186; zu den Hauptfehlern vgl. Kellermann 1991 und 1992, 185. 65 Alles Folgende nach: Gutachten/Projektdokumentation, BMfWF 1992. Zugänglich u.a. in der Administrativen Bibliothek des Bundeskanzleramts, Signatur B 145.962. 66 Steinbacher 1992, 1.
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auch „die Integration in das gesamtösterreichische Universitätssystem“. Die anderen österreichischen Universitäten hätten sie als Spezialuniversität für Bildungsfragen als eine Art „Überuniversität“ akzeptieren müssen, „die nicht nur über sie urteilend befindet, sondern auch noch belehrend und/oder in Vorbildmanier an sie herantritt“. Es sei daher nicht verwunderlich gewesen, „daß die Universität in dieser Funktion weitgehend nicht akzeptiert wurde“. Außerdem sei zur Gründungszeit „die Nachfrage nach bildungswissenschaftlicher Expertise“ und der Bedarf von Politik und Verwaltung dafür „bei weitem überschätzt“ worden. „Im nachhinein gesehen“ sei „die Realisierung des bildungswissenschaftlichen Konzepts vom Anfang an problematisch gewesen“. „Die Vorstellung, in Klagenfurt einen neuen Typ von Bildungsexperten auszubilden, konnte in kein überzeugendes Ausbildungsprogramm übergeführt werden. Nachdem mit Beginn des Wintersemesters 1974/75 eine konventionelle Pädagogikausbildung eingerichtet wurde, lief der Studienversuch Erziehungs- und Unterrichtswissenschaften 1977/78 ohne Verlängerung aus. Das ursprünglich breite Angebot an bildungswissenschaftlich orientierten Kursen und Lehrgängen wurde bald sehr schmal. Die Universität entwickelte sich daher in Richtung einer geisteswissenschaftlichen Kleinuniversität mit dem Schwerpunkt bei der Lehrerausbildung für eine letztlich schwer zu begründende Auswahl an Lehramtsstudien. Dazu wurden einige wenig kostenaufwendige naturwissenschaftliche Studien eingerichtet. Als Restbestand der Universitätskonzeption hat die Universität einen – gemessen an der Gründungsintention – relativ rudimentär wahrgenommenen Forschungsschwerpunkt Bildungswissenschaften … . Angesichts der Arbeitsmarktsituation für Lehrer und der begrenzten Nachfrage nach bildungswissenschaftlicher Forschung entwickelte sich die Universität daher zunehmend in einen verwertungsfreien Leerraum“. „Als diese Probleme Anfang der 80er Jahre unübersehbar waren“, habe das „Kontaktkomitee“ durch Einführung der beiden Studienversuche „Angewandte Betriebswirtschaftslehre“ und „Angewandte Informatik“ eine „Kurskorrektur“ vorgenommen. Sie habe rasch zu einer Erhöhung der Studentenzahlen geführt, „sodaß die beiden Studienversuche heute 58 % der Anfänger der Universität rekrutieren, während auf die 28 anderen Studienrichtungen 42 % der Neuzugänge entfallen“. Das Kontaktkomitee habe sich jedoch als „ungeeignet“ erwiesen, „eine konzeptionelle Neuorientierung der Universität in die Wege zu leiten“. Die eigenen „Entwicklungskonzepte“ der Universität seien aus
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Mangel an Problembewusstsein in der Bedarfsfrage über eine Fortschreibung des Bestehenden nicht hinausgekommen. In dieser allgemeinen Ratlosigkeit haben das Land Kärnten, die Bundesbehörden und Universitätsvertreter vereinbart, eine Beratungsfirma zu engagieren.67 Dabei war zunächst auf eine Zusammenarbeit zwischen den Beratern, dem vom Ministerium eingesetzten „Projektbeirat“ und der Universität gebaut worden. Es hat sich jedoch in Beirat bald ein unüberbrückbarer Gegensatz „zwischen dem Projektziel und den Erwartungen der Universitätsvertreter“ gezeigt, die vom Berater Unterstützung für ihre vom Ministerium bislang unerfüllten Ausbauwünsche gefordert haben. Deshalb hat das Ministerium die Firma Little „von der Verpflichtung zu einer kooperativen Vorgehensweise entbunden und ersucht, unter den Auflagen der Erhaltung des Standorts, der Kostenneutralität und der Bedarfsorientierung des Studienangebots ein Entwicklungskonzept vorzuschlagen“.68 Auf der Basis dieser Vorgaben ist im Mai 1992 der „Endbericht“ im Umfang von 56 Seiten erschienen. Er ging von vier Lösungsmöglichkeiten aus69: 1. Beibehaltung des bestehenden Zustandes mit Hinzufügen einzelner neuer Studienrichtungen gemäß den Vorstellungen der UBWK. Diese beträfen großteils Bereiche, in denen keine entsprechende Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt besteht. 2. Entwicklung zur Volluniversität mit hoher Attraktivität durch Aufbau einer Vielzahl neuer Studienrichtungen. Die dafür erforderlichen Mittel wären jedoch nicht verfügbar. 3. Auflassung der Universität. Sie würde sich empfehlen, wenn allein Kosten-Nutzen-Gesichtspunkte ausschlaggebend wären. „In Absprache mit dem Auftraggeber wurde diese Option aufgrund bildungspolitischer Überlegungen ausgeschlossen.“ 4. „Langfristige Refokussierung“ und „Redimensionierung“. „Eine langfristige inhaltliche Neuorientierung“ stelle „die einzige Möglichkeit dar, die Gründungskonzeption zu korrigieren und die UBW in eine Universität umzuformen, wo Studierende den Arbeitsmarkterfordernissen entsprechend ausgebildet werden, wo praxisnahe Forschung betrieben wird und wo somit eine entsprechende Nutzenwirkung für das Land Kärnten gewährleistet ist“.
67 68 69
Steinbacher 1992, 3ff. Ebenda, 8. BMfWF 1992, Endbericht, 1f.
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Dieser Einschätzung entsprechend wurde „die Realisierung von zwei Zielsetzungen empfohlen“: 1. „Ausbau … zu einer Universität mit den Schwerpunkten Wirtschaftswissenschaften und Informatik“; 2. „Auflassung der verbleibenden geistes- und naturwissenschaftlichen Studienrichtungen“. Als Zeitplan wurde empfohlen: „Auflassung kleiner Studienrichtungen“ und der Studienrichtung Pädagogik mittelfristig bis 2005; „Auflassung aller weiteren Lehramts-/Diplomstudien … langfristig bis nach 2010“.70 Nach diesem Blick auf den größeren Zusammenhang des Problems kann hier nur auf die Ausführungen der Evaluatoren zur Pädagogik näher eingegangen werden. Deren Bewertung ist unter zwei Gesichtspunkten vorgenommen worden. Erstens: ist die ihr im Gründungsgesetz von 1970 zugewiesene Aufgabe erfüllt worden, „eine nationale Führungsrolle im Bereich der bildungswissenschaftlichen Forschung aufzubauen“71? Zweitens: besteht angesichts des „Überangebots an Absolventen“ der Studienrichtung Pädagogik auf dem Arbeitsmarkt aus gesamtösterreichischer Sicht Bedarf danach, das Klagenfurter Studienangebot beizubehalten?72 Diese Frage hätte sich nur dann bejahen lassen, wenn die Klagenfurter pädagogische Ausbildung durch einzigartige Qualität jene der anderen Universitäten uneinholbar überragt hätte. Beide Fragen sind von den Evaluatoren nach Auswertung der ihnen zugänglichen Quellen verneint worden. Zur ersten Frage wurde festgestellt, „daß die UBW die ihr gesetzte Aufgabe, nämlich interdisziplinäre und integrierte Forschungsleistungen auf dem Gebiet der Bildungswissenschaften zu erbringen und dadurch zu einer Forschungsstätte von nationaler und internationaler Bedeutung zu werden, nicht erfüllt hat“. „Die Potentiale, die sich durch die grundsätzlich breite fachliche Ausstattung der UBW eröffnen, werden nicht genutzt“.73 Das Missverhältnis zwischen relativ reicher Ausstattung und spärlicher Nutzung wurde durch Vergleich mit den Instituten für Erziehungswissenschaften der anderen österreichischen Universitäten beleuchtet. „Der bildungswissenschaftliche Bereich an der UBW hat mit 13 Professoren die bei weitem höchste Anzahl, während die anderen Universitäten nur jeweils zwischen 3 und 5 Professoren, insgesamt
70 71 72 73
Endbericht 1992, 8 und 10. Hervorhebung vom Autor. Ebenda, 28. Ebenda, 5f. Ebenda, 31.
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15, aufweisen. Mit 25 Assistenten ist die UBW im Vergleich zu den anderen Instituten ebenfalls am besten ausgestattet, die jeweils zwischen 6 und 14 Assistenten, insgesamt 39, zu verzeichnen haben. In Summe sind an der UBW im bildungswissenschaftlichen Bereich 38 wissenschaftliche Mitarbeiter tätig, während an den Instituten für Erziehungswissenschaften der Universität Wien 19, der Universität Graz 15, der Universität Innsbruck 10 und der Universität Salzburg ebenfalls 10 wissenschaftliche Mitarbeiter tätig sind. Gemessen an der Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter ist der bildungswissenschaftliche Bereich der UBW folglich doppelt so groß wie jener der Universität Wien, 2,5-mal größer als jener der Universität Graz und knapp 4-mal größer als jener der Universitäten Innsbruck und Salzburg.“74 Der Vergleich aller Institute nach Leistungsindikatoren wie „Betreuungsfälle wissenschaftlicher Arbeiten pro Habilitiertem“, Erstauf lagen von Büchern, Originalbeiträgen in Fachzeitschriften usw. hat ergeben, dass „die UBW den personell bei weitem bestausgestatteten bildungswissenschaftlichen Bereich aufweist, die Arbeitsbedingungen der wissenschaftlichen Mitarbeiter der UBW die weitaus besten in Österreich sind aufgrund der geringen Studentenzahlen, dieser Umstand überdurchschnittlich hohe Verfügbarkeit der wissenschaftlichen Mitarbeiter für Forschungsarbeiten ermöglicht, sich diese hervorragenden Bedingungen für wissenschaftliche Arbeiten im wissenschaftlichen Output (gemessen an der Zahl der Publikationen pro Professor/Assistent) nicht in entsprechendem Maße niederschlagen, ja die UBW vielmehr im Verhältnis zu ihrem personellen Potential teilweise deutlich unterdurchschnittlichen Output aufweist (gemessen an der absoluten Zahl der Erstauflage von Büchern und der Bücher und Monographien).“75 Als weiterer Indikator diente die in Gesprächen mit Fachleuten des österreichischen Unterrichtswesens erfragte generelle Eignung der
74 Ebenda, 33. Bei dieser Zählung der Professoren und Assistenten ist zu beachten, dass – entsprechend ihrem „bildungswissenschaftlichen“ Auftrag und des Fehlens eigener Studienrichtungen – die Dienstposten für Psychologie, Soziologie und Bildungsökonomie mitgezählt worden sind. Dadurch überschreitet diese Gesamtzahl jene der erziehungswissenschaftlichen Dienstposten. 75 Ebenda, 34f.
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Universität für Bildungswissenschaften als Forschungsstätte zur Bearbeitung wichtiger aktueller pädagogischer Forschungsthemen. Die Einschätzung der Eignung war „aus Qualitätsgründen“ in der Regel „wenig positiv“.76 Ausgenommen war von diesen skeptischen Urteilen nur das „Institut für Schulpädagogik und Sozialpädagogik“77. Es umfasse „ein breites Spektrum“ von Forschungsbereichen und habe „durch seine qualitativ hochwertige Tätigkeit eine eigene Identität aufgebaut“.78 Unter anderem habe es für das Bundesministerium für Unterricht „mit dem Ansatz der Handlungsforschung wichtige Beiträge“ geleistet79. Hauptsächlich mit Hinweis auf dieses Institut wurde von den Evaluatoren festgestellt, dass an einigen Instituten des bildungswissenschaftlichen Bereichs „bedeutendes wissenschaftliches Potential“ vorhanden sei. „Es wird daher empfohlen, Überlegungen anzustellen, dieses Forschungspotential durch Schaffung von universitären Forschungsinstituten zu konzentrieren und besser zu nutzen“80. Als Begründung wurde genannt, dass in Österreich nach wie vor „eine bedeutende Nachfrage nach Forschungsleistungen im Bereich der Bildungswissenschaften“81 bestehe. So viel zur Evaluation der Klagenfurter Spezialhochschule unter dem Gesichtspunkt ihres elitären gesamtösterreichischen „bildungswissenschaftlichen“ Forschungsauftrages. Was hat die Evaluation zur zweiten Grundfrage nach dem österreichischen Bedarf an pädagogischen Studienangeboten und Absolventen ergeben? Es ist rasch klar geworden, dass es in dieser Hinsicht keine spezifischen Klagenfurter Probleme gibt, sondern auch alle anderen österreichischen Universitäten betroffen sind, die Lehrerausbildung und Diplomstudien der Pädagogik anbieten. Eine Lösung dieser Probleme könne also „nur im
76 Ebenda, 36 und 38. 77 Mit den Professoren Klingler, Posch und Hovorka sowie dem Dozenten Gerald Knapp. Vollständiger Personalstand im Forschungsbericht 1991–1994 der UBWK, 17. 78 Endbericht 1992, 29. Ähnlich auch 22, 36, 51 („einzige Ausnahme in der Beurteilung hinsichtlich der Forschungsqualität“). 79 Ebenda, 36. 80 Ebenda, 22. 81 Ebenda, 22. Ausführlich zur „Nachfrage nach Leistungen im Bereich der Schulforschung/Bildungsforschung“ (Bedarfsanalyse): 35ff.
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Rahmen einer Strukturreform aller österreichischen Universitäten erfolgen“82. Die Misere in Klagenfurt hat nur neuerlich beleuchtet, was seit Jahrzehnten bekannt gewesen und resigniert hingenommen worden ist: dass dem Wissenschaftsministerium – und somit auch Regierung und Parlament – eine solide gesamtösterreichische Hochschulplanung gefehlt hat. Die Probleme der Universität für Bildungswissenschaften von ihrer Gründung bis zur Gegenwart wurzelten letztlich in „gesamt österreichischen Fehlentwicklungen. Im Rückblick zeigt sich, daß die Ausweitung und Regionalisierung des Studienangebotes der letzten Jahrzehnte viel mehr von der Eigendynamik und den Eigeninteressen der Institution Universität bestimmt waren, als vom gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedarf an Forschungs- und Lehrleistungen. Die Universitäten haben wie alle bürokratischen Einrichtungen einen Hang zu einer bedarfsneutralen Expansion, der nicht ausreichend durch universitätsübergreifende Schwerpunktsetzungen der Hochschulpolitik korrigiert wurde. Die die ,Landesuniversität‘ wohlwollend fördernde Landespolitik hat in vielen Fällen diesen Trend verstärkt und damit diesen Aspekt des Bürokratisierungsprozesses des Universitätssystems beschleunigt. Mit allen anderen Universitäten teilt die Universität Klagenfurt auch die Schwierigkeit, überzeugende universitätseigene Entwicklungskonzepte zu erstellen. Wie die bisherigen Überlegungen im Rahmen der Hochschulplanungskommission des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung gezeigt haben, ist universitätseigene Planung in der bestehenden Universitätsorganisation und Universitätskultur und angesichts fehlender universitätsübergreifender Planungen fast nicht möglich. Es ist daher nicht weiter überraschend, daß die hochschuleigenen Entwicklungskonzepte der UBW Klagenfurt im wesentlichen auf einer Fortschreibung des status quo beruhen.“83 Dieser Lagebericht aus dem Wissenschaftsministerium macht verständlich, warum die Evaluatoren der Firma Little ihre Empfehlungen mit folgendem Kapitel begonnen haben: „Allgemeine hochschulpolitische Voraussetzungen für die Durchführung der Maßnahmen zur Umsetzung der Redimensionierung des Studienangebots an der UBW“84. Darin wurde empfohlen, „eine gesamtösterreichische Studi
82 83 84
Ebenda, 5. Steinbacher 1992, 4f. Endbericht 1992, 7.
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enangebotsplanung einzuführen, mit dem Ziel der bedarfsorientierten Reorganisation des Studienangebots. Die Notwendigkeit der Konzentration von geistes- und naturwissenschaftlichen Studienrichtungen einerseits zur Eindämmung der Studiennachfrage, andererseits zur besseren Ausnutzung von qualitativen Synergiepotentialen sowie Kosteneinsparungspotentialen besteht österreichweit, sodaß alle Universitäten in entsprechende Maßnahmen einzubeziehen sind. Alle Einzelmaßnahmen die Auflassung bzw. Konzentration von Studienrichtungen betreffend sollten im Rahmen gesamtösterreichischer Konzepte geplant werden. Alle derartigen Maßnahmen sind sorgfältig zu planen und sollten nur mit Einverständnis aller Beteiligten umgesetzt werden, wobei das BMWF für jene Universitätsangehörigen bzw. Institute, deren Studienrichtung aufgelassen werden sollen, attraktive Alternativen überlegen bzw. initiieren sollte. … Für die gesamtösterreichische Reorganisation des Studienangebots ebenso wie für die Maßnahmen an der UBW ist es notwendig, Universitätsinstitute aufzulassen, zu verlagern bzw. mit neuen Aufgaben zu versehen. Der damit verbundene Personaltransfer ist jedoch rechtlich kaum bzw. gar nicht möglich. Es wird daher empfohlen, als Begleitmaßnahme zu einer Reorganisation des Studienangebots rechtliche Regelungen zu schaffen, die den inner- und interuniversitären Personaltransfer erleichtern bzw. ermöglichen.“ Speziell zur Auflassung der Studienrichtung Pädagogik wurde mitgeteilt, dass sie in Österreich (im WS 1989/90) rund 5.000 Inskriptionen aufweise85, von denen knapp 540 auf die UBW entfallen. „Angesichts der sehr eingeschränkten Verwendungsmöglichkeiten für Pädagogen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor wird empfohlen, das Studienangebot in Österreich einzuschränken und mittelfristig bis ca. 2005 die Studienrichtung auch an der UBW aufzulassen.“86 Zur Lehrerausbildung für höhere Schulen wurde daran erinnert, dass es „trotz eines auf Jahre hinaus gesättigten Arbeitsmarktes … in Österreich derzeit (WS 89/90) insgesamt über 17.000 Lehramtsstudenten“ gebe, von denen jedoch nur rund 3,2 % an der UBW studieren. Das bedeute, dass eine Lösung des Problems des Arbeitskräfteüberhan-
85 Genau: 4.944, davon an der Universität Klagenfurt 537 ordentliche Studien. BMfWF: Hochschulbericht 1990, Bd. 2, Anhang, Tabelle 6.27. 86 Ebenda, 22; ähnlich 5.
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ges bei den Lehramtsabsolventen durch österreichweite Maßnahmen zu einer Reduzierung der Studiennachfrage erfolgen müsse. Die Maßnahmen zur Angebotsreduzierung an der UBW könnten aber „einen wichtigen Anstoß für die Einleitung derartiger Strukturreformen darstellen“.87 So viel zum Inhalt des Evaluationsberichtes der Firma Little vom Mai 1992. Wie hat die Universität für Bildungswissenschaften auf ihn reagiert? Noch vor dem Abschluss der Endfassung hat das Universitätskollegium ihn am 22. Jänner 1992 in schärfster Form als „unseriöse, inkompetente und deshalb unbrauchbare Studie“ pauschal abgelehnt. Er würdige nicht „die tatsächliche Bedeutung der Universität für den Zugang zur wissenschaftlichen Berufsvorbildung, für die wissenschaftliche Bildung studierender Erwerbstätiger sowie für das kulturelle Leben in der Region“ und ziele darauf ab, „aus der vielfältigen Universität eine einfältige Schulungsstätte zu machen“.88 Aus Sicht des Wissenschaftsministeriums sah die Sache anders aus. Das Little-Gutachten müsse im „gesamtösterreichischen Kontext“ gesehen werden. Es bestehe bei den Klagenfurter Ausbauwünschen „die Gefahr …, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen“. „Mit einem Großteil ihres Studienangebotes“ trage die Universität Klagenfurt gesamtösterreichisch zu einer „partielle(n) Überversorgung“ bei. Deshalb müsse „auch die Auflassung bestehender Studienrichtungen“ „in den Planungs- und Entscheidungsprozeß“ einbezogen werden.89 Statt einer realistischen Analyse der Lage habe die Universität jedoch „in der Regionalpresse eine Medienkampagne in Gang gesetzt, indem sie den noch nicht vorliegenden Bericht als völlig unqualifiziert attackierte“. Die Stellungnahmen des Universitätskollegiums zum Rohbericht vom 22. Jänner und zum Endbericht vom 3. Juli 199290 gingen „allen Aussagen zur Problemsituation der Universität und ihrer zukünftigen Entwicklung aus dem Weg“ und begnügten sich damit, „dem Beraterbericht grundsätzlich und im Detail jede Sachkompetenz abzusprechen“. „Unter diesen Umständen war es aussichtslos, in der
87 Ebenda, 5. 88 Stellungnahme zum Rohbericht vom Dezember 1991. BMfWF 1992, Beilage 1. 89 Wissenschaftsminister Busek im Vorwort zum Endbericht 1992. 90 Unterschrieben vom Rektor Albert Berger „für das Universitätskollegium“. Ebenda, Beilage 2.
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Abschlussphase des Projekts auf einvernehmliche Lösungsvorschläge hinzuarbeiten“.91 Die Universität hat sich durch öffentliche Protestaktionen die politische Unterstützung des Landes Kärnten gegen den vom Wissenschaftsministerium geplanten „Rückbau“ der Pädagogik und der geisteswissenschaftlichen Fächer gesichert. Das Universitätskollegium hat am 24. Juni 1992 eine Resolution über „Aufgaben und Ziele der Universität Klagenfurt“ beschlossen, die ein geschöntes Bild ihrer Bedeutung und Leistungen gezeichnet hat, ohne auf berechtigte Kritik und die begründeten Sorgen über ihre Zukunft einzugehen. Die Kärntner Landesregierung hat sich am 30. Juni 1992 diesem vagen Programm zum Weitermachen wie bisher angeschlossen. „Universität und Land bekennen sich zu Pflege und Förderung universitärer Vielfalt. In diesem Sinne soll die Universität längerfristig gesehen zu einer Universität mit breitem wissenschaftlichem Spektrum ausgebaut werden.“92 Zuvor hatte der Kärntner Landtag am 7. Mai 1992 beschlossen, „die Kärntner Landesregierung zu Verhandlungen mit der österreichischen Bundesregierung um Sicherung von Bestand und Ausbau der Universität aufzufordern“. „Zur Gewährleistung der weiteren Kooperation zwischen Universität und Land“ wurde „eine ständige Arbeitsgruppe eingerichtet“.93 Aus der Abteilung für Hochschulplanung des Wissenschaftsministeriums kam dazu folgender Kommentar: „Das Beispiel Klagenfurt zeigt, es wird nicht mehr verantwortbar sein, neue Studienangebote, universitäre oder auch hochschulische Einrichtungen in die Welt zu setzen, ohne die Bedarfsfrage so eingehend und seriös, wie das möglich ist, zu klären. Die Erwartung, die sogenannten hochqualifizierten Arbeitskräfte und innovativen Forschungsergebnisse würden sich unter jeden Bedingungen selbst einen ,Markt‘ schaffen, dürfte wohl nicht zutreffen, auch wenn man Markt sehr allgemein und nicht nur im wirtschaftlichen Sinn versteht. Ebenso unhaltbar dürfte die Vorstellung sein, Universitäten würden auf eine nicht näher zu definierende mirakulöse Art und Weise die sogenannte wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung ihrer Umwelt positiv beeinflussen. Erwartungen, die wohl auf einer Art ,Wissenschaftsaberglauben‘ beruhen. Universitäten wir-
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Steinbacher 1992, 8f.; ähnlich Minister Busek im Vorwort, 2. BMfWF, Beilage 3. Ebenda, 1 und 3.
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ken aber nur ganz profan über ihre Produkte: Absolventen, Forschungsergebnisse, Expertisen usw., und das auch nur im Verwertungsfall. Gesellschaftliche Integration und soziale Anerkennung einer Universität hängen von einem solchen Leistungsverhältnis zu ihrer relevanten Umwelt ab und langfristig wohl auch deren Bereitschaft, kostspielige Einrichtungen dieser Art relativ unbefragt zu finanzieren.“94 Diese skeptische Einschätzung der Klagenfurter Universitäts-Visionen hat nichts daran geändert, dass sie sich politisch weitgehend durchsetzen konnten und Wissenschaftsminister Busek zum Nachgeben gebracht haben. Im Herbst 1992 ist das 1981 von Firnberg eingesetzte „Kontaktkomitee“ (Bund, Land Kärnten, Stadt Klagenfurt und Universität)95 wiederbelebt worden96. In „mühevollen Verhandlungen“ wurde „den Empfehlungen der Beratungsfirma und dem Reduktionismus des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung ein konstruktives ,Kärntner Konzept‘ entgegengehalten“97. Auf dieser Grundlage hat Minister Busek im Februar 1993 die Umbenennung der „Universität für Bildungswissenschaften“ in „Universität Klagenfurt“ verfügt, ihre Aufgliederung in zwei Fakultäten und die Weiterführung aller bisherigen Studien mit minimalen Ausnahmen (Lehramt Philosophie/Pädagogik/Psychologie/; Lehramt Serbokroatisch; Lehramt Russisch; Diplomstudium Allgemeine Sprachwissenschaft). Das „Kärntner Konzept“ wurde angekündigt als „Antwort der Universität auf den Versuch, sie aus kurzsichtigen Kosten- oder Effizienzgründen zu einer bloßen Fachhochschule für Wirtschaftswissenschaften und Informatik zu degradieren“. Statt um „Demolierung“ gehe es nun „vor allem um die Optimierung des Vorhandenen durch Restrukturierung, um Innovation und effiziente Verzahnungen zwischen Vorhandenem und Neuem“. An Stelle des überholten einzigen Schwerpunktes „Bildungswissenschaften“ wurde der Ausbau folgender „Schwerpunkte“ gefordert:
94 Steinbacher 1992, 9f. 95 Vgl. in diesem Buch S. 512ff. 96 Vgl. Universität Klagenfurt 1996, 228 (Altrektor Günther Hödl); 267f. (Ehrensenator Herbert Götz, Industriellenvereinigung). 97 Hödl ebenda, 228. Wortlaut des „Kärntner Konzepts“ ebenda, 198f. – Planungsvorlage „Das Kärnter Konzept zur Universität Klagenfurt“, Stand 30.11.1992, erstellt im Auftrag des Universitätskollegiums vom 7.10.1992, Moderator: Peter Heintel. AUK.
Krisen und Umbau Kolumnentitel der Universität: 1980–2000
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„1. der Bereich Bildung, Beratung und Psychotherapie 2. der Bereich Sprachen und interkulturelle Studien 3. der Bereich Wirtschaftswissenschaften 4. der Bereich Informatik 5. die Querschnittdisziplinen ,Neue Medien‘ und ,Weiterbildung‘“. Mit der Abschaffung des Namens „Universität für Bildungswissenschaften“ im Jahre 1993 ist die gesetzliche Sonderstellung der Klagenfurter Universität als nationale Spezialhochschule für erziehungswissenschaftliche Forschung und Ausbildung beendet worden. Deshalb ist in diesem Buch aus den fünf „Schwerpunkten“ der umgebauten Universität nur noch über die Teilbereiche „Bildung“ und „Weiterbildung“ zu berichten. Im Teilbereich „Bildung“ sollte „im Sinne der bisherigen Leistungen der Universität für die Region … vor allem das hier entwickelte, international anerkannte Konzept der ,Interkulturellen Pädagogik‘“ gestärkt werden, „mit dem den besonderen Aufgaben der Universität im Dreiländereck Kärnten, Slowenien, Friaul/Julisch Venetien entsprochen wird“.98 Damit wurde ein praktisches erzieherisches Aktionsfeld, für das es noch keine wissenschaftlich ausgereifte Spezialdisziplin gab, ins Zentrum der Kärntner Erziehungswissenschaft gerückt99. Im Teilbereich „Weiterbildung“ wurde an „LehrerInnenfortbildung im In- und Ausland, SeniorInnenstudium, Vorbereitungslehrgänge etc.“100 gedacht, also ebenfalls an ein wissenschaftlich relativ peripheres Praxisfeld. Hier konnte an die Arbeit des „Instituts für Weiterbildung“101 angeknüpft werden. Vom zentralen schul- und unterrichtswissenschaftlichen Forschungsschwerpunkt der 1970 gegründeten „Hochschule für Bildungswissenschaften“ ist nach deren Umbau zur „Universität Klagenfurt“ wenig übrig geblieben. Die Stufen des institutionellen Wandels von den universalen Visionen der Hochschulgründer zu den unverbundenen Resten ihres Unternehmens werden im folgenden Kapitel geschildert.
98 Ebenda, 199. Hervorhebung vom Verfasser. 99 Gefördert von den Professoren Gstettner und Larcher. Vgl. in diesem Buch S. 565ff., 603ff. 100 Universität Klagenfurt 1996, 199. 101 Letztmals als solches im Forschungsbericht 1991–1994 der UKL, 15.
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18. LEHRKANZELN, INSTITUTE, ABTEILUNGEN, „INTERDISZIPLINÄRE“ PARALLELEINRICHTUNGEN (IFF) Zur Zeit der Gründung der Hochschule im Jahre 1970 bis zum Inkrafttreten des Universitäts-Organisationsgesetzes 1975 mit Beginn des Studienjahres 1975/76 haben die „Lehr- und Forschungseinrichtungen“ der wissenschaftlichen Hochschulen in Österreich aus „Lehrkanzeln“ und „Instituten“ bestanden.1 Für die Klagenfurter Neugründung waren bis zum Inkrafttreten eines „besonderen Bundesgesetzes“, das ursprünglich zur „Regelung der Organisation“ dieser Spezialhochschule vorgesehen gewesen ist, „die Bestimmungen des Hochschul-Organisationsgesetzes … 1955 sinngemäß anzuwenden“2. Die „Lehrkanzeln“ galten gesetzlich auch für die Klagenfurter Hochschule als organisatorische Grundelemente. Ihre Errichtung, Benennung und Auflassung „nach Anhörung der zuständigen akademischen Behörde“ war Sache des Ministeriums.3 Die Stellung von Anträgen dafür oblag bis zum Ende des Jahres 1975 dem Gründungsausschuss4, ab 14. Jänner 1976 gemäß dem UOG 1975 dem Universitätskollegium5. So hat auch der Aufbau der „Hochschule für Bildungswissenschaften“ mit der Planung und Errichtung von Lehrkanzeln begonnen.6 Der Name „Lehrkanzel“ ist allerdings im UOG 1975 abgeschafft und durch „Dienstposten für Ordentliche Universitätsprofessoren“ ersetzt worden.7 An der fundamentalen Bedeutung dieser Dienstposten („Ordinariate“) hat sich jedoch wenig geändert.8 Neuartig war dagegen, dass in den Plänen von Schöler/Posch wie in den amtlichen Erläuterungen zum Gründungsgesetz abweichend von den hochschulrechtlichen Vorschriften und der Organisationspraxis
1 67ff. 2 3 4 1955, 5 6 7 8
HOG vom 13. Juli 1955, BGBl. Nr. 154/1955, §§ 58, 59. Bei Ermacora 1956, BGBl. Nr. 48/1970, § 3 Abs. 1. HOG 1955, § 58 Abs. 2. Analog dem „autonomen Wirkungsbereich der Professorenkollegien“: HOG § 26 Abs. 2, Buchstabe o. Bei Ermacora 1956, 45. Vgl. BMfWF 1977, 11f. BMfWF 1973, 9f. und 18ff. UOG 1975, § 26. Vgl. BMfWF: Hochschulbericht 1990, Bd. 1, 242f.
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aller anderen österreichischen Hochschulen keine Institute vorgesehen waren. Diese waren damals ganz überwiegend noch sogenannte „EinMann-Institute“ mit einem Ordinariat und einem Assistentenposten. An ihrer Stelle sind für die „Bildungswissenschaften“ (im Unterschied zu den „Fachbereichen“ für die Lehrerausbildung) flexible „Forschungszentren“ mit wechselndem Personal geplant gewesen. Im „Konzept der Hochschule“9 von 1969/70 waren folgende fünf Forschungszentren vorgesehen: 1. Zentrum für Lehrplanentwicklung; 2. Zentrum für Unterrichtsforschung; 3. Zentrum für bildungswissenschaftliche Organisationsforschung; 4. Zentrum für Erforschung der weiterführenden Bildung; 5. Zentrum für bildungswissenschaftliche Grundlagenforschung. „Dieses Zentrum … hat kein ständiges wissenschaftliches Personal, sondern steht mit seinen räumlichen und sachlichen Einrichtungen allen Mitarbeitern der Hochschule zur Verfügung, die an Grund lagenproblemen arbeiten. Es soll dadurch verhindert werden, daß dieses Zentrum den Entwicklungsaufgaben der Hochschule nicht gerecht wird. Zu den Grundlagenproblemen, die in diesem Zentrum untersucht werden, gehören: – Methodologische Probleme, – Probleme der erfahrungswissenschaftlichen Theoriebildung, – Psychologische Probleme (Lern- und Motivationspsychologie, Testund Sozialpsychologie usw.), – Soziologische Probleme, – Bildungsökonomische Probleme, – Probleme der historischen, systematischen und vergleichenden Pädagogik, – Philosophische Probleme.“10 Gründungsrektor Schöler und sein Planungsassistent Peter Posch haben dieses Programm so interpretiert, dass als erstes das „Zentrum für Unterrichtsforschung“ zu errichten sei, „das vorerst auch die Mitglieder der später entstehenden Fachbereiche und weiteren Zentren
9 Regierungsvorlage vom 19.12.1969. Nr. 1486 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XI. GP, 11ff. Nachdruck auch in HBW: Stimulus 1, 1970, 48ff. 10 Regierungsvorlage, 13f.
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aufnimmt“11. Sie haben betont, dass es „die Keimzelle der Hochschule bildet. In dieses Zentrum hinein werden auch Vertreter der künftigen Fachbereiche und der anderen Forschungszentren berufen, die so von Anbeginn an mit der Lehrplanforschung und mit didaktischen Problemen ihrer Fächer konfrontiert würden“.12 Schöler hat sich vorgestellt, dass von ihm „ausgehend dann im Verlaufe der weiteren Entwicklung durch stufenweise Ausgliederung, vergleichbar einer Zellteilung, andere Forschungszentren und die Fachbereiche entstehen. Im Hinblick auf die Schaffung des ersten Forschungszentrum gehe ich von der Voraussetzung aus, daß Gebiete wie Kybernetische Pädagogik, Unterrichtstechnologie, Programmierte Instruktion sowie die unterrichtswissenschaftliche Klärung der in diesem Zusammenhang entstehenden Probleme in den Vordergrund gerückt werden sollten, weil von hier aus die größten Impulse für die Bildungswissenschaften und für das Bildungswesen einschneidende Veränderungen zu erwarten sind. Die Praxis bekäme auf diese Weise auch am schnellsten konkrete Hilfe.“13 Dieses „Konzept“ war erstaunlich großsprecherisch und wirklichkeitsfremd. Hier geht es aber nicht um die modische Überschätzung der Unterrichtstechnologie und den fragwürdigen Führungsanspruch der Schöler-Mannschaft, sondern um die Unvernunft des Konzeptes in institutioneller oder hochschulorganisatorischer Hinsicht. Sie bestand darin, dass der Aufbau der Hochschule nicht in Instituten für relativ gefestigte Fächer und anerkannte Studiengänge erfolgen sollte, sondern mittels verschwommener „Projekt-Teams“14 in erträumten „Forschungszentren“ ohne solides fachliches Fundament. Die einzigen halbwegs konsolidierten Fächer wie Historische Pädagogik, Systematische Pädagogik und Pädagogische Psychologie waren in das fünfte und letzte „Zentrum für bildungswissenschaftliche Grund-
11 Posch 1970, 40 (Funktionsmodell für die Aufbaustufe). 12 Schöler 1970, 35. 13 Ebenda, 32. 14 Posch 1970, 41. Im 1. Leistungsbericht des „Aufbauteams Klagenfurt“ (HBW 71, 89) vom Juni 1971: „Die wissenschaftliche Arbeit vollzieht sich im Bereich der Forschung in Projektgruppen“. Sie hatten viel zu allgemeine SammelBezeichnungen programmatischer Art wie „Curriculumforschung, Wissenschaftstheorie, Hochschuldidaktik, Programmierter Unterricht, Unterrichtstechnologie“ usw. ohne Angabe spezifischer konkreter Forschungsprojekte.
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lagenforschung“ verbannt, für das als einziges „kein ständiges wissenschaftliches Personal“ geplant gewesen ist. Das Wissen, das in den dort vorgesehenen Disziplinen verfügbar war, wurde als potentiell nachteilig für die Erfüllung der prahlerischen „Entwicklungsaufgaben der Hochschule“ eingeschätzt, die freilich über bloße Ankündigungen nie hinausgekommen ist. Lehrkanzeln waren für diese Fächer seitens des Planungsteams gar nicht vorgesehen.15 Im Wissenschaftsministerium war man klug genug, die nebulosen „Forschungszentren“ nicht zu realisieren, sondern auch für die Hochschule für Bildungswissenschaften auf „Instituten“ als „kleinste selbständige organisatorische Einheiten zur Durchführung von Lehr- und Forschungsaufgaben“16 zu beharren. Zunächst ist es aber in Klagenfurt bei der Errichtung von Lehrkanzeln geblieben. Zu Instituten ist es hier erst ab 1977 auf Grund des Universitäts-Organisationsgesetzes 1975 gekommen17, das auch für die Universität für Bildungswissenschaften gültig war und ihre hochschulrechtliche Ausnahmestellung beendet hat. Bei der Errichtung und Benennung von Lehrkanzeln haben vielerlei Interessenten und Interessengruppen innerhalb wie außerhalb der Hochschule mitgespielt. Über einige interne Wunschvorstellungen wie beispielsweise die Visionen Melezineks von einer unterrichtstechnischen Fakultät18, Heintels Werbung für Gruppendynamik19 oder Klinglers Ringen um Professuren für Erziehungsberatung und Freizeitpädagogik20 ist bereits berichtet worden. Auch die in der Aufbaustufe häufigen Anträge auf Umwidmungen früher beantragter und bewilligter Lehrkanzeln wurden schon erwähnt21. Das Wissenschaftsministerium hat die Hochschule mehrfach „um neuerliche Beratung“ ersuchen müssen, da ihm „die Planung der zukünftigen Lehrkanzeln
15 Die fachlich wichtigsten Lehrkanzeln für Schulpädagogik, Pädagogische Psychologie und Allgemeine Erziehungswissenschaft wurden erst mit dreijähriger Verspätung auf Initiative des Ministeriums (BMfWF, GZ 161603-4/73. AdR 8, Karton 622) an 13., 14. und 15. Stelle benannt. Vgl. die Liste in: BMfWF 1973, 20 und in diesem Buch S. 248f., 368, 426. 16 UOG 1975, § 46. 17 Erstmals im Verzeichnis der Lehrveranstaltungen WS 1977/78, 46ff. 18 Vgl. in diesem Buch S. 313ff. 19 Vgl. S. 335ff. 20 Vgl. S. 511, 514f., 580, 594. 21 Vgl. S. 246f., 253f., 311, 331ff., 406f.
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und ihrer Benennungen nicht hinreichend ausgereift und durchdiskutiert“ erschienen ist22. Neben den internen Interessenten haben auch Außenstehende Einfluss zu nehmen versucht. Es sei hier nur an den parteipolitischen Druck zur Schaffung einer Lehrkanzel für das SPÖ-Mitglied Schausberger erinnert23. Im Unterschied zu diesem unrechtmäßigen politischen Eingriff war die Intervention der Katholischen Kirche legitim. Sie hat 1971/72 durch den Kärntner Diözesanbischof Josef Köstner24 und Kardinal Franz König im Namen der Österreichischen Bischofskonferenz um „die Errichtung einer Lehrkanzel“ ersucht, „die sich in Lehre und Forschung mit den Problemen des Religiösen im Bereich der Bildung befaßt“25. Da „der Religionsunterricht Pflichtgegenstand und integrierender Bestandteil des österreichischen Schulwesens ist, … erscheint es notwendig, daß auch dieser Fachbereich auf der HBW präsent ist“. Da die „Lehrplanentwicklung“, die Fachdidaktiken der Lehramtsfächer an höheren Schulen und die Lehrerfortbildung zu den Aufgaben der Hochschule gehörten, lag es nahe, nicht bloß „ausgewählte Studienrichtungen“26 zuzulassen, sondern die Didaktik aller Schulfächer zu berücksichtigen. Das hat 1971 auch die Planungskommission des Gründungsausschusses so gesehen. Sie hat neben den „Fächerbereichen“ für „Sprachen“, „Formalwissenschaften“ und „Gesellschaft“ auch einen vierten „Fächerbereich Selbstreflexion und Selbstverwirklichung“ („S-Be-
22 Drischel am 6.12.1971 an die HBW. GZ. 182.126-4/71. AdR 8, Karton 620. 23 Vgl. in diesem Buch S. 381ff., 428f. 24 Köstner (1906–1982) an Sektionschef Walter Brunner im BMfWF am 8.10.1971. AdR 8, Karton 620. 25 König (1905–2004) am 30.8.1972 an BM. Firnberg, BK 447/72. BMfWF, GZ. 174.325-4/72. AdR 8, Karton 621. – Erste Vorgespräche mit Rektor Schöler haben im Sekretariat der Hochschule bereits am 10.7. und am 23.10.1970 stattgefunden. Seitens der Katholischen Kirche waren daran der Regens des Priesterseminars der Diözese Gurk-Klagenfurt Dr. Karl Kranner, der Professor für Katechetik und Religionspädagogik an der Universität Graz Georg Hansemann (1913–1990) und der damalige Leiter des Katechetischen Instituts der Erzdiözese Wien Professor Edgar Josef Korherr beteiligt. W. Arnold 1995, 64ff. – Einschlägige Akten im Privatarchiv Korherr (Graz). Kurzbiographie von Hansemann: Kürschner 1987, 1577; ausführlich: W. Arnold 1995. – Korherr: Kürschner 2007, 1903. 26 Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage vom 19.12.1969, a.a.O., 12.
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reich“; „philosophisch-musischer Bereich“) einzurichten vorgesehen. Er sollte „nach wissenschaftstheoretischen Gesichtspunkten“ folgende Fächer enthalten: „Philosophie, Religion, Musikerziehung, Bildnerische Erziehung, Leibeserziehung“27. Zur Vorbereitung war unter anderem an eine „Wissenschaftliche Denkgruppe Religionsdidaktik zur postgraduate Ausbildung von Religionslehrern etc.“28 gedacht. Einschränkend hat man gemeint, „daß jene Fächer, die aus Geldmangel oder anderen Gründen keinen Platz an der Hochschule bekommen würden“, statt durch Lehrkanzeln „wenigstens durch didaktische Zentren vertreten sein sollten“29. Aus den Plänen für den „Fächerbereich Selbstreflexion und Selbstverwirklichung“ ist mit Ausnahme des Faches Philosophie nichts geworden, weil diese Fächer an anderen Hochschulen bereits hinreichend vertreten gewesen sind. Die Arbeit an ihren Fachdidaktiken konnte sinnvoll nur dort geleistet werden, wo die Fächer gelehrt und studiert wurden. Da an der Klagenfurter Hochschule Institute in der Hoffnung auf die geplanten „Forschungszentren“ zunächst verpönt gewesen sind, haben die Lehrkanzeln und ihre Inhaber anfangs ein Maß an Unabhängigkeit und Selbstbestimmung erlangt, das normalerweise nur einem Institut zukam. Die geforderte Zusammenarbeit zwischen ihnen ist selten verwirklicht worden. Als 1977 auch an der Universität für Bildungswissenschaften Institute errichtet werden mussten, hat man die vom UOG 1975 gebotene Zusammenführung aller erziehungswissenschaftlichen Teilgebiete in ein gemeinsames Institut ebenso unterlassen wie die Eingliederung ihrer „Hilfs- und Ergänzungsfächer“ Pädagogische Psychologie, Pädagogische Soziologie und Bildungsökonomie. Gesetzlich war Folgendes vorgeschrieben30: „Die Errichtung von zwei oder mehreren Instituten für dasselbe wissenschaftliche Fach, von Instituten für Teilgebiete eines wissenschaftlichen Faches oder für Fächer, die nach dem Wirkungsbereich der betreffenden Universität und den ihr zur Durchführung zugewiesenen Studienrichtungen nur die Funktion von Hilfs- und Ergänzungsfächern haben, ist unzulässig.“
27 28 29 30
HBW 71, 21 und 29. Ebenda, 24. Ebenda, 29. UOG 1975, § 46 Abs. 5.
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Statt diese Vorschrift zu befolgen, sind für die sogenannten „Bildungswissenschaften“ nebeneinander folgende fünf Institute errichtet worden: Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik, Institut für Lehrplantheorie und Schulpädagogik, Institut für Unterrichtstechnologie und Mediendidaktik, Institut für Psychologie, Institut für Bildungsökonomie und Bildungssoziologie.31 Keines dieser Institute besaß mehr als zwei Lehrkanzeln bzw. Dienstposten für Ordentliche Universitätsprofessoren. Zumindest die an erster bis dritter Stelle genannten Institute vertraten kein „wissenschaftliches Fach in seinem ganzen Umfang“, sondern nur „Teilgebiete eines wissenschaftlichen Faches“32. Ihre Verselbständigung zu Instituten war also unzulässig und hat auf Kosten der Zusammenarbeit die Eigenbrötelei ihres Personals begünstigt. Der Instituts-Status für die drei „Hilfs- und Ergänzungsfächer“ hat sich praktisch als Entlassung aus der Pflicht zur Dienstleistung für die erziehungswissenschaftliche Forschung und Ausbildung gemäß Gründungsgesetz ausgewirkt. Bis 1996 ist es bei diesem Nebeneinander der erziehungswissenschaftlichen Institute geblieben. Im Jahre 1985 ist als viertes ein „Institut für Weiterbildung“ hinzugekommen33. Außerdem sind infolge von Personal- und Widmungsänderungen auch zwei Institutsnamen geändert worden. Durch die Ernennung von Gstettner zum Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft und seine unangebrachte Zuordnung zum „Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“ ist dieses 1981 in „Institut für Erziehungswissenschaft, Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“ umbenannt worden.34 Das war ein unsinniger Name, weil der Begriff Erziehungswissenschaft als allgemeinste Bezeichnung des Faches die Teilfächer Unterrichtstheorie und Hochschuldidaktik einschloss. Nach 31 BMfWF 1977, 12f.; UBWK: Verzeichnisse der Lehrveranstaltungen WS 1977/78, 46f. und SS 1978, 45f. 32 UOG 1975, § 46, Abs. 3a und Abs. 5. 33 Erlass des BMfWF vom 29.7.1985, GZ 71 794/1-UK/85. Mitteilungsblatt der UBWK 1984/85, Nr. 171. Erstmals im Verzeichnis für WS 1986/87, 65. Zum Programm vgl. UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 118ff.; zum Personal ebenda, 35 (3 Professoren: Bammé, Gstettner, Larcher; ab 1991 auch Trotsenburg). 34 Aufgrund des Antrages des Universitätskollegiums, Beschluss vom 18.3.1981, durch Erlass des BMfWF vom 30.6.1981, GZ 71 826/4-UK/81 gemäß § 46 Abs. 2 UOG 1975. Mitteilungsblatt der UBWK 1980/81, Nr. 155.
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dem Wechsel von Gstettner in das für seinen Lehrauftrag ganz unpassende „Institut für Weiterbildung“ ist sein vorheriges Institut 1986 wieder zum ursprünglichen Namen zurückgekehrt.35 Auf genaue Fachbezeichnungen und logische Gliederung der Teilfächer ist schon seit der Planung der Hochschule für „Bildungswissenschaften“ wenig Wert gelegt worden. Davon war auch das „Institut für Lehrplantheorie und Schulpädagogik“ betroffen, weil „Lehrplantheorie“ allgemein als Teilgebiet der „Schulpädagogik“ (oder „Theorie der Schule und des Unterrichts“) galt. Dieses Institut ist 1985 zum „Institut für Schulpädagogik und Sozialpädagogik“ erweitert und entsprechend umbenannt worden.36 Das Nebeneinander der erziehungswissenschaftlichen Institute ist erst 1996 unter dem Zwang des neuen „Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäten“ von 1993 beseitigt worden. Darin wurde Folgendes vorgeschrieben: „Institute sind Organisationseinheiten der Universität zur Durchführung von Forschungs- und Lehraufgaben, wobei größere Einheiten anzustreben sind“. „Ein Institut hat zumindest ein wissenschaftliches Fach in seinem ganzen Umfang zu umfassen und den rationellen Einsatz von Räumen, Mitteln und Personal zu gewährleisten“.37 Durch das neue Gesetz ist den Universitäten „im Rahmen der Gesetze und Verordnungen das Recht zur weisungsfreien (autonomen) Besorgung ihrer Angelegenheiten eingeräumt“ worden. „Auf den bisherigen staatlichen Wirkungsbereich, in dem die Universitätsorgane den Weisungen des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung unterliegen, wird im Interesse einer Autonomiestärkung verzichtet“. Die Universitäten erhielten das Satzungsrecht und damit auch das Recht, „die interne Gliederung selbst vorzunehmen“.38 In der Satzung, die „vom Senat mit Zweidrittelmehrheit zu erlassen und abzuändern“ ist, war unter anderem die „Errichtung, Benennung und Auflösung von Instituten auf Vorschlag oder nach Anhörung des Fakultätskollegiums“ zu regeln39.
35 Erstmals im Vorlesungsverzeichnis WS 1986/87, 64. 36 Durch Erlass des BMfWF vom 29.7.1985, GT 71 794/1-UK/85. Mitteilungsblatt der UBWK 1984/85, Nr. 171. 37 UOG 1993, § 44. 38 BMfWF: Hochschulbericht 1993, Bd. 1, 30f. 39 UOG 1993, § 7 Abs. 3 und Abs. 2, Ziffer 2.
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Auf Grund dieser Vorschriften sind 1996 in der „Satzung der Universität Klagenfurt“ hinsichtlich der früheren „bildungswissenschaftlichen“ Institute zwei einschneidende Änderungen erfolgt: erstens die Errichtung eines „Instituts für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ als nunmehr einzigem Institut dieses Faches; zweitens die Errichtung eines „Instituts für Medien- und Kommunikationswissenschaft“ an Stelle des früheren „Instituts für Unterrichtstechnologie und Medienpädagogik“.40 Über die Aufgaben der neuen Institute wurde in der Satzung Folgendes bestimmt. „Die Aufgabe des Instituts für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung besteht in der Durchführung von Forschung, Lehre und Wissenschaftsorganisation auf dem Gebiet der Erziehungswissenschaft und in der pädagogischen Ausbildung für das Lehramt. Die wissenschaftlichen Teildisziplinen sind Behinderten- und Integrationspädagogik, Berufs- und Betriebspädagogik, Erwachsenenpädagogik, His torische Pädagogik, Hochschulpädagogik, Interkulturelle Pädagogik, Schulpädagogik, Sozialpädagogik, Vergleichende Erziehungswissenschaft. Schwerpunkte von Forschung und Entwicklung sind: Alltagskultur, Alternsforschung, Behinderten- und Integrationsforschung, Erziehung im Kindergarten, Evaluationsforschung, Familienforschung, Frauenforschung, Heimerziehung, Interkulturelle Bildung, Institutionelle und soziale Bedingungen schulischen Lernens, Lehren und Lernen im technologischen Zeitalter, Lehrer/innen/aus- und -fortbildung, Organisationsberatung und -entwicklung im Sozialbereich, Schulentwicklungsforschung, Sozialisationsforschung, Weiterbildungsforschung, Wissenschaftsforschung.“ Die Nennung der Aufgaben und Schwerpunkte ist einzig und allein an diesem Institut in alphabetischer statt systematischer Ordnung erfolgt. Das war eine Torheit, die nur aus dem Institut selbst gekommen sein konnte und dem Ansehen seines wissenschaftlichen Personals nicht gedient hat. Möglicherweise sollte dadurch von dem expansiven Anspruch abgelenkt werden, Forschungsschwerpunkte zu setzen, die gar nicht oder nur sehr beschränkt zur Erziehungswissenschaft gehören wie „Alltagskultur“, „Alternsforschung“, „Behindertenforschung“,
40 Satzung gemäß § 7 UOG 1993: Institute (Bezeichnungen und Aufgabenbereiche). Beschluss des Senates vom 24. April 1996. Mitteilungsblatt der UKL Nr. 193/1996. Erstmals im Verzeichnis der Lehrveranstaltungen WS 1996/97, 83 und 87.
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„Familienforschung“, „Frauenforschung“ oder „Wissenschaftsforschung“. Dem neuen Institut waren zu diesem Zeitpunkt folgende Dienstposten zugeordnet: 5 für ordentliche Professoren (besetzt mit Bammé41, Gstettner42, Klingler43, Larcher44 und Posch45; einer für den außerordentlichen Professor Hovorka46; 11 für Assistenten und einer für einen Bundeslehrer im Hochschuldienst. Dazu kamen damals noch 5 Gastprofessoren und 25 Lektoren47. Der Doppelname des Instituts war fragwürdig, weil er ein international anerkanntes wissenschaftliches Fach mit einer modischen deutschen Bezeichnung für eine Forschungsaufgabe verknüpfte, die für dieses Fach zentral ist. Sie brauchte also bei klarer Vorstellung von moderner Erziehungswissenschaft nicht besonders benannt werden. Zweifellos können auch Psychologie, Soziologie und Ökonomie Teilbeiträge zu dieser Forschung leisten, aber diese Fächer hatten sich ja dem Gründungsauftrag der Hochschule zu gemeinsamer Arbeit im Dienst des Bildungswesens erfolgreich entzogen und waren im Institut nicht vertreten. Als Vorzug des Institutsnamens kann immerhin gelten, dass die verschwommene Rede von den „Bildungswissenschaften“ vermieden und Schölers Anspruch auf ein Fach „Unterrichtswissenschaft“ an Stelle von „Erziehungswissenschaft“ ignoriert worden ist. Dem „Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft“ waren in der Satzung neben den fachspezifischen Aufgaben nominell noch „spezifische Schwerpunktsetzungen mit inhaltlicher Ausrichtung auf benachbarte Disziplinen“ zugewiesen, wie „Medienerziehung und Medienpädagogik; Bildung und Kommunikation; Mediendidaktik, Unterrichtstechnologie, Ingenieurpädagogik“. Das geschah mit Rücksicht auf die Widmungen der Professuren von Melezinek und Boeckmann, deren früheres „Institut für Unterrichtstechnologie und Medienpädagogik“ im neuen Institut aufgegangen ist, ohne die ursprüngliche
41 42 43 44 45 46 47
Über ihn vgl. S. 611ff. Vgl. S. 556ff. Vgl. S. 426ff. Vgl. S. 597ff. Vgl. S. 448ff. Vgl. S. 625ff. Verzeichnis für das WS 1996/97, 83f.
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Benennung für „Unterricht“ und „Pädagogik“ im Institutsnamen festzuhalten. Praktisch ist der seinerzeit mit der Errichtung dieser Professuren intendierte Bezug zur Erziehungswissenschaft schon lange vor der Pensionierung ihrer Inhaber und der Umwidmung ihrer Ordinariate erloschen. Verloren gegangen ist im Zuge der Satzungsautonomie der Universität auch die Nennung der für die Pädagogik so wichtigen Hilfs-Disziplinen „Entwicklungspsychologie“ und „Pädagogische Psychologie“ im Abschnitt über das „Institut für Psychologie“. Noch genannt wurde dagegen im „Institut für Soziologie“ neben vielen anderen Schwerpunkten die „Bildungssoziologie“ – allerdings nunmehr in der „Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Informatik“ beheimatet und praktisch für die Pädagogik noch weniger nützlich als zuvor. Kurz: die Satzung von 1996 dokumentiert die endgültige Abkehr von der Vision eines starken nationalen Zentrums integrierter „Bildungswissenschaften“. Die „Implementierung“ (Vollwirksamkeit) des Universitätsorganisationsgesetzes 1993 ist an der Universität Klagenfurt am 19. Juni 1996 erfolgt48. Damals wurden dort 1.158 ordentliche Studien von inländischen Hörern in der Studienrichtung Pädagogik gezählt. Damit lag Klagenfurt an dritter Stelle nach den Universitäten Wien (2.922) und Graz (1.427) vor Innsbruck (908) und Salzburg (333).49 Durch die Konzentration der erziehungswissenschaftlichen Teilfächer in einem einzigen Institut wurde die Einrichtung von Abteilungen50 unerlässlich. Begonnen hatte man damit bereits 1985 im dama ligen „Institut für Schulpädagogik und Sozialpädagogik“ mit einer „Abteilung für Lebens- und Erziehungsberatung“. Sie wurde für die Professorin Jutta Menschik errichtet51. Sie ging dem Institut 1992 mit deren Übertritt in das „Institut für Psychologie“ an dieses ver loren52.
48 BMfWV: Hochschulbericht 1999, Bd. 1, 20. 49 BMfWV: Hochschulbericht 1996, Bd. 2, 143 (WS 1995/96). 50 Gemäß UOG 1993, § 46 Abs. 6. 51 Gemäß UOG 1975, § 48. Erstmals im WS 1985/86, 66. Über Menschik vgl. in diesem Buch S. 579ff. 52 Vgl. Personalstand im WS 1992/93, 76 und 79.
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Seit 1985 bestanden im damaligen „Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“ bis zu seiner Auflösung im Jahre 1996 folgende vier Abteilungen53: „Abteilung für Sonder- und Heilpädagogik“ (Leiter: Ao. Professor Günther Hartmann54); „Abteilung für Historische Pädagogik“ (Leiter: Dozent Elmar Lechner55); „Abteilung für Hochschulpädagogik“ (Leiter: Dozent Erich Leitner56); „Abteilung für Berufs- und Betriebspädagogik“ (Leiter: Dozent Gerhard Pongratz57). Der Institutsname hat allerdings für drei dieser Abteilungen nicht gepasst. Das lag daran, dass diese erst lange nach der Gründung des Instituts für dessen pragmatisierte Assistenten geschaffen worden sind, die sich inzwischen habilitiert und auf Gebiete spezialisiert hatten, die nicht zur „Unterrichtswissenschaft“ gehören. Im damaligen „Institut für Unterrichtstechnologie und Medienpädagogik“ bestanden seit 1986 folgende drei Abteilungen58: „Abteilung für Unterrichtstechnologie und Ingenieurpädagogik“ (Leiter: O. Professor Melezinek59; „Abteilung für Mediendidaktik“ (Leiter: O. Professor Boeckmann60; „Abteilung für Kognitionsforschung“ (Leiter: Dozent August Fenk61). Die Einrichtung von Abteilungen bedurfte bis zum Inkrafttreten des Universitätsorganisationsgesetzes 1993 der Genehmigung durch den Bundesminister für Unterricht. Die Abteilungsleiter wurden von ihm nach Anhörung der Institutskonferenz bestellt.62 Seit 1996 konnten Abteilungen „auf Vorschlag des Institutsvorstandes durch Beschluß des Senats“ eingerichtet werden. Der Abteilungsleiter wurde vom Institutsvorstand nach „Anhörung der Institutskonferenz“ bestellt. Die der Abteilung zugewiesenen Bediensteten waren an die Weisungen des Abteilungsleiters gebunden.63
53 Personalstand im WS 1986/87, 64. 54 Über ihn vgl. S. 568ff. 55 Über ihn vgl. S. 654ff. 56 Über ihn vgl. S. 647ff. 57 Über ihn vgl. S. 640ff. 58 Personalstand SS 1986, 64; WS 1986/87, 68. 59 Über ihn vgl. S. 309ff. 60 Über ihn vgl. S. 495ff. 61 Assistent seit 1.4.1973; Dissertation: „Langsame Hirnpotentiale bei verschieden strukturierten Aufgaben“ (Wien 1971): Hödl 1980, 222 und 248. 62 UOG 1975, § 53 und § 48 Abs. 5. 63 UOG 1993, § 46 Abs. 6 und 7.
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Auf dieser neuen Rechtsgrundlage sind im „Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ 1997 folgende fünf Abteilungen eingerichtet worden64: „Abteilung für Historische und Vergleichende Pädagogik“ Leiter: Dozent Elmar Lechner. Assistenten: Dozent Erik Adam65. Dozent Gerald Grimm66. Dozent Erich Leitner. „Abteilung für Integrationspädagogik und Soziales Umfeld“ Leiter: Prof. Hans Hovorka67. Assistentin: Dr. Marion Sigot. 2 Gastprofessoren. „Abteilung für Interkulturelle Bildung“ Leiter: Assistent Dr. Georg Gombos68. Prof. Peter Gstettner. Prof. Dietmar Larcher. Ein Gastprofessor. „Abteilung für Schulpädagogik“ Leiter: Assistent Dr. Hannes Krall69. Prof. Josef Klingler. Prof. Peter Posch. Assistentin: Dr. Kornelia Tischler. Ein Gastprofessor. „Abteilung für Sozialpädagogik“ Leiter: Dozent Gerald Knapp70. Assistenten: Dr. Susanne Dermutz. Dr. Walter Tietze. Dr. Vladimir Wakounig71. Bundeslehrerin: Dr. Hildegard Enzinger. Eine Gastprofessorin. 20 Lehrbeauftragte. 64 Erstmals im Personalstand WS 1997/98, 82f.; auch in UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 14ff. 65 Über Adam vgl. S. 668ff. 66 Über Grimm vgl. S. 706ff. 67 Über Hovorka vgl. S. 625ff. 68 Über Gombos vgl. S. 744ff. 69 Über Krall vgl. S. 746ff. 70 Über Knapp vgl. S. 677ff. 71 Über Wakounig vgl. S. 750ff.
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Man sieht aus dieser Liste der Abteilungen, dass das frühere „Institut für Weiterbildung“72 keine Fortführung als Abteilung gefunden hat. Für seine ehemaligen Mitglieder Gstettner, Larcher und Gombos ist im neuen „Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ eine „Abteilung für Interkulturelle Bildung“ eingerichtet worden. Dieser Arbeitsschwerpunkt hatte sich im alten Institut schon länger abgezeichnet, als dort mit einer „kulturwissenschaftlichen Erforschung des Alltagslebens“ und „komparatistischer Sozialisationsforschung“ über „Identität, Ethnizität, Religion, Ideologie, Geschlecht, Sprache und Arbeit“ begonnen wurde. Man wollte sich verstärkt „der Gestaltung des Zusammenlebens in multikulturellen Gesellschaften“ und der „Erforschung wissenschaftlicher Grundlagen der Mensch-Maschinen-Interaktion“, „der feministischen Wissenschaft“, dem Minderheitenschutz „unter besonderer Berücksichtigung der gesellschaftlich ,schwachen‘ Gruppen“ usw. widmen73. Ausgeschieden sind aus diesem Interessentenkreis von den Mitgliedern des alten Instituts Prof. Bammé und Dozent Adam. Bammé hat sich im „Interuniversitären Institut für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“ (IFF) als Leiter der Abteilung „Technik- und Wissenschaftsforschung“ ein neues Arbeitsfeld gesucht74. Adam ist in die „Abteilung für Historische und Vergleichende Pädagogik“ eingetreten75. Bemerkenswert ist an der Liste der Abteilungen des neuen Instituts von 1997 ferner, dass die frühere „Abteilung für Sonder- und Heilpädagogik“ in „Abteilung für Integrationspädagogik und Soziales Umfeld“ umbenannt worden ist76. Im Jahre 2002 ist sie mit der „Abteilung für Sozialpädagogik“ zusammengelegt und in „Abteilung für Sozial- und Integrationspädagogik“ umbenannt worden77. Begründet wurde diese Zusammenlegung damit, dass am Institut mit dem neuen Studienplan von 1999 ein Studienzweig „Sozialpädagogik und Integrationspädagogik“78 eingeführt
72 Vgl. UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 35 und 118ff.; Forschungsbericht 1987–1991, 13f. und 83ff.; Forschungsbericht 1991–1994, 15 und 53ff. 73 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 54f. 74 Ebenda, 31, 53, 501ff.; Forschungsbericht 1995–1998, 14, 40, 447ff. 75 Forschungsbericht 1995–1998, 15, 72ff. 76 Vgl. hierzu in diesem Buch S. 631. 77 UKL: Personalstand SS 2003, 64; Knapp 2008, 262ff. 78 UKL: Neuer Studienplan der Studienrichtung Pädagogik vom 1.6.1999, § 9.
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worden war und für beide Fachgebiete nur eine einzige Professorenstelle verfügbar gewesen ist.79 Fachlich war die Zusammenlegung jedoch nachteilig, weil die Sonder- und Heilpädagogik wie die Sozialpädagogik relativ hochentwickelte Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft mit verschiedenen Aufgaben und Wissensbeständen waren, für die zwei selbständige Abteilungen mit je einer Professur als Mindestausstattung angebracht gewesen wären. Eine weitere Umbenennung ist 2003 bei der „Abteilung für Historische und Vergleichende Pädagogik“ erfolgt. Sie erhielt den Namen „Abteilung für Systematische und Historische Pädagogik“80 mit Grimm als Abteilungsleiter. Sie musste weiterhin ohne Professorenstelle mit den vier Dozenten Adam, Grimm, Lechner und Leitner auf MittelbauStellen auskommen. Der Terminus „Systematische Pädagogik“ statt des synonymen und gebräuchlicheren Terminus „Allgemeine Pädagogik“81 war allerdings problematisch. Er ist mit der Vieldeutigkeit des Wortes „System“82 belastet und suggeriert fälschlich, dass die anderen Teildisziplinen der Pädagogik (Spezialpädagogiken) ohne Systembildung oder Systematisierung im Sinne von methodischem Ordnen auskommen können. Neu hinzugekommen ist 2002 als nunmehr fünfte Abteilung eine „Abteilung für Erwachsenen- und Berufsbildung“ mit der Professorin Elke Gruber als Leiterin.83 Bei diesen fünf Abteilungen ist es seither geblieben. Ihr Personal ist jedoch bei den Professoren und den beamteten Wissenschaftlichen Mitarbeitern zwischen 2000 und 2010 als Folge von Pensionierungen weitgehend erneuert worden. Die Generation der Beteiligten am Aufbau und Ausbau der „Hochschule für Bildungswissenschaften“ ist abgetreten. Geblieben ist aus der Frühzeit der Universität Klagenfurt jedoch bis jetzt eine institutionelle Besonderheit, die sie von allen anderen österreichischen Universitäten unterscheidet: das Festhalten an inter universitären Sondereinrichtungen mit „interdisziplinären“ Forschungsund Lehraufgaben. Sie sind ursprünglich aus dem Bedürfnis entstan
79 80 81 82 83
Knapp 2008, 267ff. Erstmals im Personalstand SS 2003, 64. Vgl. u.a. Benner 1991; Köck 2008, 362f. Vgl. u.a. Strub 1998. Erstmals im Personalstand SS 2003, 66.
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den, die Mauer des Misstrauens und der Geringschätzung zu durchbrechen, die die junge Hochschule anfangs umgeben hat. Es sollte den anderen Universitäten und der skeptischen Öffentlichkeit bewiesen werden, dass in Klagenfurt auf dem Spezialgebiet der „Bildungswissenschaften“ ein neuartiges Forschungszentrum entsteht, von dem die Schulen und Hochschulen des ganzen Landes schon in nächster Zukunft profitieren könnten. Als „eine zukunftweisende Besonderheit“84 wurden zwei „Interuniversitäre Forschungsinstitute“85 mit Sitz an der Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt errichtet: am 22. Mai 1978 ein „Inter universitäres Forschungsinstitut für Unterrichtstechnologie, Mediendidaktik und Ingenieurpädagogik der österreichischen Universitäten“ (IUI)86 und am 2. Mai 1979 ein „Interuniversitäres Forschungsinstitut für Fernstudien“ (IFF) mit acht Trägeruniversitäten87. Das erste, von Melezinek geleitete88 Institut hatte einen Aufgabenbereich, der größer, anspruchsvoller und schwieriger kaum gedacht werden konnte: „a) Forschungen auf dem Gebiete der Unterrichtstechnologie und der Mediendidaktik. Erarbeitung und Aufbau theoretischer Grundlagen für den Einsatz technischer Geräte, Einrichtungen und Systeme in den Bildungsprozeß. b) Ingenieurpädagogik. Ausarbeitung und Aufbau theoretischer Grundlagen der Ingenieurpädagogik, wissenschaftliche Fundierung der diesbezüglichen Lehreraus- und Fortbildung. c) Lehr- und Lernforschung mit inhaltlich abgegrenzten Schwerpunkten, Untersuchung der Ursachen und Wirkungen von Vermittlungsproblemen im Bereiche der Mediendidaktik und der Ingenieurpädagogik, Untersuchungen des Prozesses, in dem der Lehrstoff durch bestimmte Medien unter dem Einfluß einer bestimmten soziokulturellen Umwelt mit Hilfe bestimmter Methoden in Wissen und Einstellungen bestimmter Adressaten umgewandelt wird.
84 Hödl im Bericht des Rektors 1983, 15; vgl. auch Hödl 1980, 159ff. 85 Gemäß UOG 1975, § 83 in Verbindung mit § 20 Abs. 3. 86 Durch Erlass des BMfWF, Zl. 62.600/235-UK/77. Mitteilungsblatt der UBWK 1977/78, Nr. 172. Vgl. auch BMfWF 1977, 19ff.; Hödl 1983, 16. 87 Gründungserlass vom 27.4.1979. M. Arnold 2009, 22. 88 Gemäß Erlass des BMfWF vom 25.1.1979, Zl. 62.600/67-UK/78. Mitteilungsblatt der UBWK 1978/79, Nr. 81.
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d) Ausarbeitung und Redaktion von Richtlinien über Anforderungen an unterrichtstechnologische Einrichtungen und Ausstattungen für die einzelnen Wissenschaftsgebiete unter besonderer Berücksichtigung der konkreten Bedürfnisse dieser Wissenschaftsgebiete und Beteiligung der in Betracht kommenden Universitäts- bzw. Hochschuleinrichtungen aller österreichischen Universitäten und Hochschulen. e) Serviceleistungen für die österreichischen Universitäten und Hochschulen: – Aufbau einer Dokumentation und Mediathek für die dem IUI übertragenen Aufgaben; – Dokumentation sowie firmenunabhängige Bewertung von unterrichtstechnologischen Geräten, Einrichtungen und Systemen, Ausarbeitung diesbezüglicher objektiver Informationen und Empfehlungen für zentrale Institutionen sowie für Universitäten, Hochschulen u.a. (Kompatibilitätsproblematik u.a.) in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Wissenschaftsbereichen und unter Berücksichtigung der konkreten Anforderungen. – Beratung bei der Planung und Realisierung unterrichtstechnologischer Einrichtungen und Ausstattung für den Universitätsund Hochschulbereich: in diesem Zusammenhang Errichtung einer ständigen Ausstellung moderner unterrichtstechnologischer Geräte, Einrichtungen und Systeme unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung, einschließlich des Betriebes der ausgestellten Geräte. – Beratung, Hilfestellung und direkte Erstellung von Bildungsprodukten, insbesondere von Fernsehproduktionen und MultimediaPaketen für den Universitätsbereich, sowohl für das Direkt- als auch für das Fernstudium. – Dokumentation in- und ausländischer Bildungsproduktionen, Vermittlung dieser Produktionen sowie einschlägiger Informationen. – Überspielung von Filmen auf Videoband, Dia- und Filmeinblendungen in TV-Produktionen, Überspielungen zwischen Geräten verschiedener Normen etc. – Zusammenarbeit mit anderen Forschern, Forschergruppen und Institutionen auf nationalen und internationalen Niveau im Bereich der Unterrichtstechnologie, Mediendidaktik und Ingenieurpädagogik sowie Kooperation mit relevanten anderen Wissenschaftern.
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– Anbieten von Arbeitsmöglichkeiten in den Großstudios und an den Großgeräten. Gastaufenthalte im Zusammenhang mit Medienproduktionen. f) Kooperation im Rahmen der dem IUI übertragenen Aufgaben mit Instituten der Universitäten und sonstigen Forschungsinstituten, Herstellung von Querverbindungen. Zusammenfassungen, Durchführung einschlägiger Symposien und Informationsveranstaltungen. g) Zusammenarbeit mit den Zentren für Hochschuldidaktik. h) Erstellung und laufende Ergänzung eines Kataloges der im Universitäts- und Hochschulbereich vorhandenen unterrichtsrelevanten Medien und Geräte.“89 Dieses bombastisch angekündigte und kostspielige Institut hat die Erwartungen in keiner Weise erfüllen können und ist nach rund zehn Jahren unauffällig aufgelöst worden90. Das zweite, von Heintel initiierte und bis 1990 geleitete Institut (IFF) hat sich zu einer vielseitig tätigen Einrichtung entwickelt, aber so weit vom Gründungszweck entfernt, dass es 1992 aufgelöst werden musste.91 Nach langem Ringen mit dem Ministerium konnten jedoch sein Personal und dessen Aktivitäten in eine Neugründung ohne Bezug zu den Fernstudien gerettet werden. Sie erhielt den Namen „Interuniversitäres Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“ (IFF) der Universitäten Klagenfurt, Innsbruck und Wien.92 Es verdient in diesem Werk behandelt zu werden, weil es – wie schon sein Vorläufer – auch Teilgebiete der Pädagogik bearbeitet hat. Dadurch ist es in diesem Bereich zu einer Paralleleinrichtung des „Instituts für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ und seiner pädagogischen Vorgänger geworden. Taktisch hat Heintel damit angefangen, die Unterstützung des Wissenschaftsministeriums für die Idee zu gewinnen, österreichweit auf die Bildungsmöglichkeiten des Fernstudiums für „bildungsferne“ Schichten aufmerksam zu machen und berufstätige Fernstudenten individuell zu betreuen. Bei diesen war zunächst an jene österreichischen
89 Erlass vom 22.5.1978, a.a.O., 2. 90 Vgl. in diesem Buch S. 324f. BMfWF: Hochschulbericht 1990: S. 242 noch erwähnt; dagegen fehlt es im „Bestand“ auf S. 53. – In den Forschungsberichten der UBWK für 1983–1987 und 1987–1991 nie erwähnt. 91 Zur Institutsgeschichte vgl. M. Arnold 2009, 19ff. 92 Vgl. in diesem Buch S. 348f., insbesondere Anmerkung 100.
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Studierenden gedacht, die an der deutschen Fernuniversität Hagen (Westfalen)93 eingeschrieben waren. Für ihre fachliche und soziale Betreuung wurden zwei regionale „Studienzentren“ in Bregenz (1981) und Wien (1982) eingerichtet. Dabei wurde vorausgesetzt, dass die Zusammenarbeit mit der Fernuniversität Hagen zu verstärken ist, weil eine eigene Fernuniversität für Österreich wegen des relativ kleinen potentiellen Adressatenkreises aus Kostengründen ausgeschlossen sei94. Im Studienjahr 1983/84 waren den beiden Studienzentren des IFF rund 900 Studierende der Fernuniversität Hagen zugeordnet.95 Dieses allgemeine bildungspolitische Motiv stand bei Wissenschaftsministerin Firnberg im Vordergrund. Dazu kam das Interesse der Klagenfurter Professoren Peter Posch (Schulpädagogik) und Roland Fischer (Mathematik), die Fortbildung der Lehrer durch Hochschullehrgänge für „Pädagogik und Fachdidaktik“ österreichweit zu verbessern. Dieses Vorhaben wurde vom Unterrichtsministerium wie vom Wissenschaftsministerium unterstützt. Demgegenüber gingen die Pläne von „Heintel als Hauptproponenten der Idee“ von Anfang an viel weiter: er wollte mit seinen Anhängern „außerhalb der universitären Disziplinen einen Ort für ,gesellschaftsrelevante‘ Forschung und Fortbildung“ interdisziplinärer Art gründen.96 Von dieser Gruppe wurde „Interdisziplinarität“ als Forderung nach „gesellschaftlichem Lernen“ oder „partizipativen Lernprozessen“ in „interdisziplinären Projektgruppen“ gemäß den Ideen der „Gruppendynamik“ verstanden, in denen „Wissen gemeinsam mit Nicht-Wissenschaftlern produziert werden soll“97. Als Ziel wurde an „Beratungswissen für Gesellschaft, Institutionen und Staaten“98 gedacht. Als Nebenzweck scheint auch die Unterbringung von nahestehenden Jung-Akademikern, die im regulären Universitätsbetrieb geringe Chancen hatten, auf Assis tenten- und Dozentenposten verfolgt worden zu sein. Aus diesem Zusammenspiel verschiedenster Interessenten und Zwecke ist ein in Österreich einzigartiges Institut entstanden, das sich ohne Evaluierung bald ziemlich unkontrolliert vom üblichen Begriff 93 Über diese 1974 gegründete Universität vgl. Boehm/Müller 1983, 172f. 94 BMfWF: Hochschulbericht 1987, Bd. 1, 176. 95 BMfWF: Hochschulbericht 1984, 105. 96 M. Arnold 2009, 22f. 97 Ebenda, 23; ausführlicher 69ff. 98 Ebenda, 85ff. – Zu Heintels Programm von 1979 als Teilaspekt visionärer Universitätsreform vgl. Hellmer 2009, 153f.
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„Fernstudien“ und der internationalen „Fernstudienforschung“99 gelöst hat. Das konnte geschehen, obwohl ihm vom Ministerium 1983 zur Förderung der Fernstudien zwei Ordinariate für „Didaktik der Weiterbildung mit besonderer Berücksichtigung der Fernstudienentwicklung“ und „Didaktik der Lehrerfortbildung mit besonderer Berücksichtigung der Fernstudienentwicklung“ zugewiesen worden sind100. So ist es zum Konflikt mit den Vertretern der Fernuniversität Hagen gekommen: „Die Hagener haben uns immer vorgeworfen, wir machen keine Wissenschaft, wir machen Gruppendynamik“101. Dieser Vorwurf war nicht unbegründet, wie unter anderem ein Bericht über die „informelle Hierarchie innerhalb des IFF“ zeigt. „Die führenden Kräfte hatten alle etwas mit der Gruppendynamik zu tun“, insbesondere der „innere Kreis“ um Heintel. Dagegen hatte der große Bereich Lehrer und Fortbildung relativ wenig Ansehen und Einfluss. „Ganz unten in der Hierarchie waren die Fernstudienmenschen, dann kamen vielleicht die reinen Lehrerfortbildner, aber eine Etage höher waren die Gruppendynamiker“.102 Das Institut ist durch Stellenzuweisungen des Wissenschaftsministeriums rasch gewachsen und hat sich bis 1988 in drei Studienzentren und zehn Arbeitsgruppen bzw. Abteilungen differenziert103, von denen jedoch keine einzige jene Fernstudienforschung betrieben hat, die der Name „Forschungsinstitut für Fernstudien“ versprochen hatte. Davon waren folgende zwei ausdrücklich mit Pädagogik befasst: „Arbeitsgruppe Pädagogik und Fachdidaktik für Lehrer“ (Leitung: Peter Posch, Klagenfurt) und „Arbeitsgruppe Museumspädagogik“ (Leitung: Dietmar Larcher, Klagenfurt). Fünf weitere hatten „Bildung“, „Erziehung“ oder „Lernen“ im Namen und Programm: „Arbeitsgruppe Arbeit und Bildung“ (Leitung: Werner Lenz104, Graz) 99 Vgl. u.a. Dohmen 1967; Holmberg 1983 (Er war Direktor des Zentralen Instituts für Fernstudienforschung der Fernuniversität Hagen). 100 BMfWF: Hochschulbericht 1984, 47f. 101 Bammè bei M. Arnold 2009, 33. Zum Hintergrund des Konfliktes ebenda, 30ff. 102 Roland Fischer im Interview bei M. Arnold 2009, 24. Zum Einfluss der Gruppendynamik vgl. ebenda auch 70ff. 103 Organigramm 1988 bei M. Arnold 2009, 26. 104 Über Lenz vgl. in diesem Werk Bd. 2, 333–345.
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„Arbeitsgruppe Sexualität in Erziehung und Gesellschaft“ (Leitung: Josef Christian Aigner105, Bregenz) „Hochschullehrgang Politische Bildung“ (Leitung: Gertraud DiemWille106, Wien) „Abteilung Gesellschaftliches Lernen“ (Leitung: Ralph Grossmann107, Linz) „Abteilung Bildung und regionale Entwicklung“ (Leitung: Roland Fischer, St. Pölten). Die der Pädagogik fernstehenden Arbeitsgruppen und Abteilungen waren mit folgenden Themen befasst: „Technik- und Wissenschaftsforschung“ (Leitung: Arno Bammé, Klagenfurt), „Friedensforschung“ (Leitung: Thomas Macho, Stadtschlaining/Burgenland) und „Umwelt“ (Leitung: Marina Fischer-Kowalski, Wien). Nach der eingetretenen Abwendung von den Fernstudien wurde dieser ursprüngliche Aufgabenbereich des Instituts 1992 an die Universität Linz abgetreten, die sich als einzige österreichische Universität dafür interessiert hatte. Damit war „die Hauptlegitimation für die Existenz des IFF“ weggefallen108. „Die Frage war: ist das IFF ohne die Fernstudien lebensfähig?“109 Das Institut war jedoch durch Personalfestlegungen, Leistungen bei der Lehrerfortbildung, politische Sympathisanten und Heintels geschickte Propaganda schon relativ stark etabliert. Deshalb hat Wissenschaftsminister Busek die beabsichtigte Auflösung unterlassen und einer Neugründung mit äußerst vager Zweckbestimmung zugestimmt. So ist 1992 das weit kostspieligere „Interuniversitäre Institut für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Universitäten Innsbruck, Klagenfurt und Wien“ entstanden. Das geschah erstaunlicherweise zu einer Zeit, in der die Bundesregierung und das Land Niederösterreich schon mit der Gründung der „Donau-Universität Krems“ als „Universitäres Zentrum für postgraduale Aus- und Weiterbildung“ beschäftigt gewesen sind110. 105 Über Aigner vgl. in diesem Werk Bd. 2, 864–868. 106 Über Diem-Wille vgl. in diesem Buch S. 686ff. 107 Kürschner 2007, 1145 (ohne nähere Angaben). 108 M. Arnold 2009, 33. 109 Hellmer 2009, 163. 110 BMfWF: Hochschulbericht 1993, Bd. 1, 38. Gegründet 1994 (BGBl. Nr. 501/1994). Bis 1999 wurde „ein zufriedenstellender Auf- und Ausbau des Lehrangebotes nach den Kriterien der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit … nicht erreicht“. BMfWV: Hochschulbericht 1999, Bd. 1, 35.
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Das fachspezifisch inhaltslose Programm des Klagenfurter Nachfolge-Instituts lautete wie folgt111: „Aufgabe des Institutes ist die wissenschaftliche Fundierung und exemplarische Gestaltung von Lernprozessen in ausgewählten gesellschaftlichen Problemfeldern. Dabei ist die Verbindung von individueller Qualifizierung, organisationsbezogenem Lernen und bereichsübergreifender Kooperation anzustreben. Das Institut erfüllt diese Aufgabe durch interdisziplinäre Forschung, wissenschaftliche Weiterbildung, Beratung und Öffentlichkeitsarbeit. Der Wirkungsbereich des Instituts umfaßt demnach: – Grundlagenforschung und angewandte Forschung zu ausgewählten gesellschaftlichen Problemen und den Möglichkeiten wissenschaftlicher Weiterbildung; – Entwicklung und Erprobung wissenschaftsdidaktischer und wissenschaftsorganisatorischer Formen und Methoden für gesellschaftliches Lernen; – Zusammenarbeit mit internationalen, nationalen und regionalen Einrichtungen, die im Wirkungsbereich des Instituts tätig sind; – Entwicklung und Durchführung von Lehre auf den Arbeitsgebieten des Instituts – insbesondere die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.“ Als Institutsvorstand wurde der Mathematiker Roland Fischer bestellt. Das Institut gliederte sich in fünf Abteilungen: „Technik- und Wissenschaftsforschung“ (Leiter: Bammé), „Schule und gesellschaftliches Lernen“ (Leiter: Posch), „Gesundheit und Organisationsentwicklung“ (Leiter: Grossmann), „Theorie, Organisation und Didaktik von Wissenschaft“ (Leiter: Fischer), „Soziale Ökologie“ (Leiterin: Dozentin Marina Fischer-Kowalski). In diesem Buch braucht nur auf die einzige pädagogische Abteilung „Schule und gesellschaftliches Lernen“ eingegangen zu werden. Mit dem Schlagwort „gesellschaftliches Lernen“ waren missverständlich im Unterschied zum „klassischen individuellen Lernprozeß … Lernprozesse in gesellschaftlichen Organisationen“ gemeint, genauer: ein (erwünschtes individuelles) „Lernen, welches zu gemeinschaftlichem Handeln befähigt und letztlich zu problemorientierter Selbstveränderung in Organisationen führt“.112 „Ein für das IFF typisches Reflexionssetting ver-
111 112
UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 30. Ebenda, 485. Erläuternder Einschub in der Klammer vom Verfasser.
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bindet inhaltliche Inputs mit Rückmeldeschleifen, die kollektives und individuelles Lernen möglich machen sollen“113. Als Aufgabe der Abteilung galt „das Bemühen, innovative Aktivitäten von einzelnen LehrerInnen und LehrerInnengruppen gezielt zu unterstützen und ihre Tätigkeit öffentlich sichtbar zu machen. Diese Unterstützung bezieht sich sowohl auf die Betreuung selbst initiierter Forschungs- und Entwicklungsarbeiten als auch auf Studienprozesse im Rahmen von Seminaren und Lehrgängen zur Lehrerfortbildung, wobei die Hochschullehrgänge ,Pädagogik und Fachdidaktik für LehrerInnen‘ (PFL) und der Hochschullehrgang ,Politische Bildung für LehrerInnen‘ besonders hervorzuheben sind.“ Ferner „befaßt sich die Abteilung zunehmend auch mit der Arbeit mit ganzen Schulen, um Entwicklungsprozesse wissenschaftlich zu begleiten und zu unterstützen. Das langfristige Ziel besteht darin, den Anteil ,bildungspolitisch aktiver Schulen zu erhöhen‘“. Durch Förderung von Individuen und Organisationen mittels Erfahrungsaustausch soll „zu einer neuen Kultur des Lehrens und Lernens“ beigetragen werden.114 Die Abteilung war in drei „Programmbereiche“ gegliedert: „Politische Bildung“, „Schulinnovationen und Schulentwicklung“, „Bildungspolitische Implikationen von Schulentwicklung“. Im Jahre 1994 hat ihr Personalstand vier teilzugeordnete Universitätsprofessoren, zwei Assistenten, fünf (teil-)zugeordnete LehrerInnen, zwei teilzeitliche Sekretärinnen und rund 50 GastprofessorInnen, Lehrbeauftragte und WerkvertragsnehmerInnen umfasst.115 1996 hat Posch die Leitung der Abteilung an Dozent Konrad Krainer übergeben, der sich 1995 habilitiert hatte116. 1998 ist der Universitätslehrgang „Politische Bildung“ an die Universität Innsbruck übersiedelt und unter Leitung der Politologen Prof. Peter Pelinka und Peter Filzmaier ein selbständiger Arbeitsbereich des IFF geworden117. Zugleich hat sich die Abteilung ein neues Programm und eine neue Gliederung in folgende drei Programmbereiche gegeben: I. Unterrichtsentwicklung und LehrerInnenbildung, II. Or-
113 Hellmer 2009, 162. 114 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 529f. 115 Ebenda, 530ff. – Über ihre Forschungsprojekte, Veranstaltungen und Veröffentlichungen ebenda, 532–543. 116 Vgl. in diesem Buch S. 449f., 712ff. 117 M. Arnold 2009, 62.
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ganisationsentwicklung im Bildungsbereich, III. Systementwicklung im Schulwesen.118 Im Jahre 1997 zählte das Institut – inzwischen auch von der Universität Graz getragen – 34 festangestellte Mitarbeiter und über hundert freie Mitarbeiter und Lehrbeauftragte. Der Mitarbeiterstab bestand teilweise aus Wissenschaftlern, die dem IFF von den Trägeruniversitäten zugeordnet wurden, teilweise aus Personen, die einen Dienstposten direkt am Institut hatten.119 Die häufigen Doppelzuordnungen von Mitarbeitern, insbesondere von Professoren, an das IFF wurden in ihren regulären Stamminstituten als Entzug von Lehr- und Forschungspotential erlebt, durch den das verbleibende Personal überlastet wurde. Darunter hatte in Klagenfurt besonders das Institut (später die Abteilung) für Schulpädagogik und Sozialpädagogik in seinem sehr kleinen schulpädagogischen Teil zu leiden, seit Posch sich 1992 zur Hälfte in den Forschungsfreiraum IFF abgesetzt hatte120. Auf der anderen Seite hatte auch Posch darunter zu leiden. Seine dortige Arbeit ist erschwert worden „durch das starke Misstrauen von Seiten vieler Mitarbeiter/innen der Universität (vor allem auch des eigenen Instituts) gegenüber dem IFF. Dieses Misstrauen hatte vor allem zwei Gründe: Die Finanzierung des IFF erfolgte zum großen Teil über Drittmittelprojekte, die eine Flexibilität gestatteten, die an der Universität nicht möglich erschien. Das PFL-Programm (=„Pädagogik und Fachdidaktik für Lehrer“) wurde direkt vom BMWF und vom BMUK und aus Teilnehmerbeiträgen finanziert. Ein zweiter Grund war die (damals noch) sehr geringe Belastung der Mitarbeiter/innen des IFF mit dem Diplomstudienprogramm, sodass dem IFF der Vorwurf einer unfairen Konkurrenz gemacht wurde, vor allem im Zusammenhang mit seiner beachtlichen wissenschaftlichen Produktion. Die Folge waren erhebliche Spannungen, in deren Mittelpunkt ich mich öfter befunden habe, obwohl Mitglieder mehrerer Universitätsinstitute, auch des (damaligen) Instituts für Schulpädagogik und Sozialpädagogik sich an einzelnen PFL-Lehrgängen beteiligt haben.“121
118 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 472ff. mit imponierenden Leistungsnachweisen 475-493. 119 Ebenda, 432ff. (IFF-Selbstbeschreibung vom November 1997). 120 Mündliche Mitteilung seines Kollegen Klingler an den Verfasser am 8.12.2009. 121 Posch 2010, 2f.
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Aus der „Abteilung Schule und gesellschaftliches Lernen“ ist im Jahre 2002 über eine neuerliche Umgliederung in folgende vier Arbeitsbereiche berichtet worden122: I. „Professionalisierung und Weiterbildung von LehrerInnen“, II. „IMST – Innovations in Mathematics, Science and Technology Teaching“, III. „Psychoanalytische Pädagogik“, IV. „Schulprogramm und Regionale Bildungsplanung“. Im Zusammenhang mit der Universitätsreform 2002123 ist geplant worden, alle in Österreich bestehenden interuniversitären Institute aufzulösen. Für das IFF stand zur Wahl, entweder „seine Standorte mit ihren Abteilungen auf die örtlichen Trägeruniversitäten aufzuteilen oder aber die Einheit des IFF zu erhalten und als Ganzes – mit allen Standorten – an eine Universität zu gehen“. Die Institutsversammlung hat sich gegen die Aufteilung ausgesprochen und ab 1. Jänner 2004 seine Eingliederung in die Universität Klagenfurt als „Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (Klagenfurt – Graz – Wien)“ erreicht124. So ist aus dem IFF die IFF als dritte Fakultät geworden.125 Sie hat im Jahre 2008 einen Personalstand von insgesamt 85 wissenschaftlichen Bediensteten erreicht, von denen 11 Professoren, 14 Dozenten und 22 nicht-habilitierte Wissenschaftler auf Planstellen waren sowie 38 aus Drittmitteln finanzierte Projektmitarbeiter. Bei einem Personalanteil von 12 Prozent der Universität betrug der Drittmittelanteil der IFF-Fakultät im Jahre 2007 52 Prozent der Drittmittel-Einnahmen der Gesamtuniversität und 63 Prozent am Gesamtbudget der Fakultät.126 Für die Erziehungswissenschaft von Bedeutung wurde als Nachfolgeeinrichtung der Abteilung „Schule und gesellschaftliches Lernen“ das „Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung“ (IUS) unter Leitung von Prof. Konrad Krainer127. Es „verfolgt das Ziel, auf allen drei Ebenen des Schulwesens – dem Unterricht, der Einzelschule als Orga-
122 UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 525ff. mit Leistungsnachweisen. 123 Vgl. UG 2002, BGBl. Nr. 120/2002. 124 UKL: Protokoll der 61. Sitzung des Senats vom 29.10.2003: „Der Gründungskonvent hat beschlossen, das IFF in seiner derzeitigen Struktur in den Status einer Fakultät zu erheben.“ Zum Gründungskonvent, der zur Implementierung des UG 2002 eingesetzt worden ist, vgl. UG 2002, §§ 120, 121. 125 M. Arnold 2009, 50. 126 Ebenda, 51. Vgl. auch Winiwarter 2010. 127 Ebenda, 52. Über Krainer vgl. S.
Lehrkanzeln, Institute,Kolumnentitel Abteilungen, Paralleleinrichtungen
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nisation und dem Bildungssystem – forschend, entwickelnd und beratend tätig zu sein“, wobei man „vor allem auf Aktionsforschung aufbaut“. Als „Forschungsschwerpunkte und Arbeitsgebiete“ wurden folgende angegeben128: Unterrichtsentwicklung: Didaktik der Mathematik; Aktionsforschung. Schulentwicklung: regionale Bildungsplanung; Schulprogramme (insbesondere Mathematik und Naturwissenschaften). LehrerInnenbildung: Professionalitätsentwicklung (insbesondere Mathematik und Naturwissenschaften). Psychoanalytische Pädagogik. Umweltbildung. Zumindest teilweise erziehungswissenschaftlich relevant scheinen auch drei weitere Abteilungen gewesen zu sein129: die „Abteilung Weiterbildung und systemische Interventionsforschung“, an der sich unter anderem auch Heintel betätigt hat130; die „Abteilung Hochschulforschung – Higher Education Research“ unter Leitung von Hans Pechar131 und die „Abteilung für Politische Bildung“ unter Leitung des Politologen Peter Filzmaier132. Letztere ist 2006 aufgelöst worden. Der seit 1983 vom IFF betriebene Universitätslehrgang „Politische Bildung“ ist in das 2005 gegründete interdisziplinäre „Zentrum für Friedensforschung und Friedenspädagogik“133 an der Kulturwissenschaftlichen Fakultät verlegt worden134. Es gilt als „Kompetenzzentrum für friedens- und gesellschaftspolitische Bildung“ und plant die Einrichtung eines MasterStudiums „Friedensforschung und Friedenspädagogik“135. Dieser Vorgang verdeutlicht, dass „Interdisziplinarität“ oder zumindest ihre Vorspiegelung längst zur Selbstdarstellung vieler Fächer und Pseudo-Fächer gehört. Sie ist als Unterscheidungsmerkmal für 128 UKL: Forschungsbericht 2003–2004, 565f. 129 M. Arnold 2009, 52 (Organigramm 2004). 130 UKL: Forschungsbericht 2003–2004, 476ff. 131 Ebenda, 500ff. 132 Ebenda, 514ff. 133 Protokoll der 11. Sitzung des Senats vom 29.6.2005, 4. Es wird vom Germanisten Werner Wintersteiner geleitet. Über ihn vgl. S. 134 M. Arnold 2009, 52. 135 Zentrum für Friedensforschung und Friedenspädagogik der UKL: Friedensstudien WS 2009/2010, 56.
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wissenschaftliche Einrichtungen, die wie das IFF und seine Nachfolgerin primär der Forschung statt der Grundausbildung dienen wollen, nicht mehr überzeugend. Die Aktivitäten der IFF-Institute und Abteilungen könnten unter hinreichenden Bedingungen grundsätzlich auch in fachlich einschlägigen Instituten der beiden älteren Fakultäten betrieben werden, statt in Paralleleinrichtungen, die nur elitäre Doktoratsstudien und Weiterbildungs-Lehrgänge anbieten. Für die Erziehungswissenschaft einschließlich der Unterrichts- und Schulforschung dürfte jedenfalls die Existenz von je für sich relativ dürftig ausgestatteten Paralleleinrichtungen in zwei Fakultäten auf Dauer kaum zu rechtfertigen sein.136 In anderen Forschungsbereichen der IFF, für die es (noch) keine disziplinären Paralleleinrichtungen in einer der anderen Fakultäten gibt, könnte es näher liegen, den bisherigen Zustand zu erhalten.137
19. PETER GSTETTNER ALS PROFESSOR FÜR ALLGEMEINE ERZIEHUNGSWISSENSCHAFT: 1981–2003 Gstettner hat sein Amt am 1. Juli 1981 im Alter von 36 Jahren angetreten. Über seinen beruflichen Werdegang ist bereits früher berichtet worden1. Er ist schon vor Abschluss seines Marburger Habilitationsverfahrens im Wintersemester 1980/81 als Lehrbeauftragter mit einer Vorlesung über „Theorien zur Kindheit“ an der Klagenfurter Universität tätig gewesen.2 Sie entsprach seinem langjährigen Arbeitsschwerpunkt Entwicklungspsychologie und Sozialisationsforschung. Mit der Übernahme der für das Fach zentralen Professur war eine Umstellung von den psychologischen Voraussetzungen auf die Kernthemen der Erziehungswissenschaft erforderlich. Wie weit ist diese Umstellung in Lehre und Forschung erfolgt? 136 Da in diesem Kapitel nur Institutionen der UKL zu behandeln gewesen sind, werden die Leistungen der in ihnen tätig gewesenen Pädagogiker in den Kapiteln über Professoren und Habilitationen dargestellt. 137 Vgl. die abwägende Bilanz der jüngsten Übergangsphase des Generationenwechsels und der Eingliederung des IFF als Fakultät in die Universität bei Hellmer 2009, 193ff.
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Vgl. in diesem Buch S. 392ff. und Bd. 2, 589, 600ff., 757ff. UBWK: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen WS 1980/81, 61.
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Darüber ist einiges aus den Themen seiner Lehrveranstaltungen zu erfahren. In den Vorlesungen wurde Folgendes behandelt3: „Das Kind – Erziehungsobjekt und Forschungsgegenstand“, „Einführung in Theorien und Konzepte kritischer Erziehungswissenschaft“, „,Schwarze Pädagogik‘4 – ein Beitrag zur Sozialgeschichte der Kindheit“, „Bildung und Wissen, Erziehung und Erfahrung – eine praktische Einführung“, „Die psychische und soziale Situation im Schulalltag: sozialisationstheoretische Aspekte von Kindheit und Jugend“, „Pädagogik als Wissenschaft: lernen – studieren – forschen“, „Pädagogik studieren: eine praktische Einführung in die Erziehungswissenschaft“, „Erziehung – nein danke? Eine praktische Einführung in die Konzepte der Pädagogik und Antipädagogik“, „Einführung in die Erziehungs- und Bildungspraxis von Institutionen“, „Einführung in die Theorie und Praxis von alltäglichen Erziehungsprozessen“, „Interkulturelles Lernen. Vermittlung zwischen Erziehung und Gesellschaft“ (mit Larcher), „Feldforschung in der Region: Biographie und Lebenswelt“ (mit Larcher), „Was heißt ,pädagogische Kolonialisierung‘?“, „Erziehung und Gesellschaft: ,Schwarze Pädagogik‘“, „Pädagogik und Alltagsbewußtsein“, „Interkulturelles Lernen und Forschung: Wie leben ,Minderheiten‘?“, „Erziehung und Gesellschaft I: Erfindung der Kindheit“, „Erziehung und Gesellschaft II: Erziehung zum ,autoritären Charakter‘“, „Interkulturelles Lernen und Forschen: Unbekannte Nachbarn“ (mit Exkursion und Fallstudie), „Erziehung zur Disziplin: Anfänge und Traditionen ,Schwarzer Pädagogik‘“, „Wie funktionieren Kinder? Anfänge wissenschaftlicher Pädagogik“, „Verstehen und Deuten sozialwissenschaftlich relevanter Texte“, „Produktion wissenschaftlicher Texte: Inhalts-, Form- und Sprachprobleme“, „Sozialforschung vor Ort: Das Fremde verstehen“, „Sozialisationsbedingungen unter postkolonialen Verhältnissen. Antirassistische (Erziehungs-)Arbeit in multikultureller Gesellschaft“ (mit Wakounig), „Theorie der Erziehung und Bildung in multikulturellen Gesellschaften“, „Michel Foucault: Disziplin und Erziehung“, „Ansätze einer alternativen Wissenschafts-
3 Chronologisch nach den Verzeichnissen der Lehrveranstaltungen der UBWK bzw. UKL vom WS 1981/82 bis SS 2005. 4 „Schwarze Pädagogik. Bezeichnet den tendenziösen Versuch, in der Geschichte von Pädagogik und Erziehung als vorherrschende Triebkräfte die Unterdrückung und Unterwerfung des Kindes, die Herrschaftswillkür der Erwachsenen, die frühe Disziplinierung und die narzisstische Selbstüberheblichkeit der Erzieher aufzuweisen.“ W. Böhm 2005, 577.
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theorie“, „Das Subjekt in der Wissenschaft: Störungsanalyse“ (mit Adam und Buchmayr), „Bild und Bildung: Praxis der Pädagogischen Ikonologie“ (mit Adam), „Die Konstruktion von Erinnerung: Denkmäler und Gedenkstätten“, „Erinnern und Gedenken als kulturpädagogische Aufgabe“, „Gedenken und Erinnern“ (mit Larcher), „Subjektive Zugänge in der Kultur- und Geschichtsvermittlung (am Beispiel Holocaust)“, „Qualitative Verfahren in der empirischen Sozialforschung“, „Theorien der Erziehung und Bildung“. Die Themen der Seminare lauteten: „Biographie und Lebenswelt“, „Der pädagogische Alltag – theoretische Praxis“, „Antipädagogik und Jugendrevolte“, „Erziehung in totalen Institutionen“, „Alltagstheorien und Alltagsbewußtsein“, „Theorie/Praxis – Konflikt und Kooperation“, „Nichtreaktive und interpretative Methoden“, „Kindheitstheorien“, „Jugendtheorien“, „Sozialisation, Resozialisation und Beratung im regionalen Bereich“ (mit Ottomeyer), „Projekt Sozialarbeit“ (mit Ottomeyer), „Gesellschaftliche Deutungsmuster: Vorurteile und Feindbilder“, „Gesellschaftsgeschichte und Lebensgeschichte: die Biographie“, „Die Vergangenheitsbewältigung“, „Interkulturelles Lernen: Feldforschung in der Region Südkärnten“ (mit Larcher), „Aus der Erfahrung mit dem Faschismus lernen. Zum Umgang mit der Vergangenheit in der Region“, „Spuren der Vergangenheit. Umgang mit dem Faschismus im Vergleich Deutschland – Österreich“, „Bildungstheoretisch orientierte Biographieforschung“ (mit Adam), „Fremdheit erleben – erforschen – verstehen: Analyse von Reiseberichten und Forschungstagebüchern“, „Sensibilisierung und Qualifizierung für interkulturelle Wahrnehmung und Kontaktnahme“, „Pädagogische Ikonologie: Bildungstheoretisch orientierte Bildinterpretation“ (mit Adam), „Unbekannte Nachbarn: Forschen in der Fremde“, „Antisemitismus und Judenverfolgung“, „Feldforschung in Albanien“, „Auf den Spuren jüdischer Kultur: Interkulturelle Forschung (mit Exkursionen)“, „Internationalität versus regionale Kultur“, „Auf den Spuren jüdischer Kultur und deren Vernichtung“ (Exkursion mit Larcher), „Pädagogik, Kultur und Tradition: Erinnerungsarbeit“, „Konstruktion von Feindbildern am Beispiel des Antisemitismus“, „Erkundung jüdischer Lebenswelten“, „Krieg – Erleben, Erinnern, Gedenken“, „Auf den Spuren verborgener Kulturen in Kärnten“ (mit Exkursion), „Kulturelles Gedächtnis und Orte der Erinnerung“ , „Feldforschung in Theorie und Praxis“ (mit Exkursion), „Spezielle Theorien der Erziehung und Bildung unter besonderer Berücksichtigung der NS-Zeit“, „Bilder und Spuren erloschener Kulturen. Feldforschung als Spurensuche mit Ex-
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kursion“, „Interkulturelle Feldforschung: Lebens- und Todeszeichen jüdischer Kultur“ (mit Exkursion), „Spezielle Methoden der pädagogischen Forschung: Interkulturelle Spurensuche“. In Proseminaren hat Gstettner folgende Themen behandelt: „Der pädagogische Alltag: zur Theorie und Praxis erzieherischen Handelns“, „Die Lebensweltanalyse als ein Verfahren zur empirischen Erforschung des Alltags“, „Feldforschung und Fallstudien“, „Das narrative Interview und seine Auswertung“, „Fallbeobachtung und Fallstudie“, „Qualitative Methoden der Gesprächs- und Inhaltsanalyse“, „Fallstudien und biographische Methoden in der Erziehungswissenschaft“, „Einführung in die Theorie und Praxis von alltäglichen Erziehungsprozessen“, „Die teilnehmende Beobachtung in der interkulturellen Feldforschung“ (mit Exkursionen), „Unruhige Regionen Europas: Erziehung und Gesellschaft im Umbruch“, „Kritisches Textlesen und Textverstehen“, „Biographie und Lebenswelt“, „Wissenschaftliche Reflexion pädagogischer Alltagstexte“, „Der pädagogische Alltag und seine wissenschaftliche Darstellung“, „Die Universität als pädagogische Institution“, „Technik des wissenschaftlichen Arbeitens“, „Einführung in die Methoden qualitativer Sozialforschung“. Schon aus dieser Liste seiner vielseitigen Lehrveranstaltungen ist ersichtlich, dass Gstettner sich den Aufgaben eines Professors der Allgemeinen Erziehungswissenschaft5 weitgehend entzogen hat. Er hat sich vielmehr auf sehr spezielle pädagogische und kulturpolitische Themen konzentriert. Deshalb hat er auch die geforderte „integrierende Funktion für die an der Universität eingerichteten pädagogischen Disziplinen“6 nicht erfüllen können, sondern eher polarisierend als integrierend gewirkt. Aus der Vielfalt erzieherischer Phänomene und pädagogischer Ideen wurden ziemlich einseitig „Schwarze Pädagogik“, Gesellschaftskritische und Emanzipatorische Pädagogik sowie Minderheiten-Pädagogik im Interesse von Benachteiligten bevorzugt. Seine fachliche Stärke lag in der Beschreibung und Deutung alltäglicher Erziehungssituationen in ihrer Abhängigkeit von konkreten Milieus oder „Lebenswelten“. Methodisch hat er sich auf Fallstudien und partizipative Feldforschung, teilnehmende Beobachtung, qualitative und interpretative
5 Zu deren Aufgaben und Richtungen vgl. Brinkmann/Petersen 1998; zu Inhalten und Problematik UHL 1998. 6 Vgl. den Text der Ausschreibung der Professur S. 389.
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Verfahren der „Lebenswelt“- und „Biographieforschung“7 konzentriert. Er hat sich für „Aktionsforschung“ als einen „bewußt nicht technokratischen Forschungsansatz“ entschieden.8 Die Bevorzugung „Besonderer“ statt „Allgemeiner Erziehungswissenschaft“ zeigt sich auch darin, dass Gstettner zweimal seine Institutszuordnung gewechselt hat. Anfangs hat er – wie es dem Namen seiner Professur entsprach – dem „Institut für Erziehungswissenschaft, Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“ angehört. Von dort aus hat er die Gründung des „Instituts für Weiterbildung“ betrieben und ist 1985 in dieses übergetreten, obwohl sein Fach nicht hingepasst hat9. Er hat dort auch dreimal die Vorstandschaft übernommen10 und daran mitgewirkt, dass „weit über den Bereich des ursprünglich enger gefaßten Begriffs von Weiterbildung hinaus … Beiträge zu einer kulturwissenschaftlichen Erforschung des Alltagslebens zu liefern“11 beschlossen worden ist. In dieser „Ethnographie des Alltags“ wollte man „die Kultur des Zusammenlebens von Menschen aus unterschiedlichen sprachlichen und/oder nationalen Gruppen untersuchen, schulische und gesellschaftliche Integration in Mehrheits-/Minderheitssituationen erforschen, die Geschlechterproblematik in patriarchalischen Institutionen kritisch analysieren, aber auch Gegenentwürfe entwickeln und alternative Formen friedlichen Zusammenlebens wissenschaftlich begründen.“12 Vor allem sollte verstärkt eingegangen werden „auf die regionalen Anforderungen hinsichtlich der Gestaltung des Zusammenlebens in multikulturellen Gesellschaften und der Frage des multilingualen Sprachkontaktes, insbesondere unter Einbeziehung der aktuellen Migrations- und Flüchtlingsproblematik.“13 Konkret ging es Gstettner, Larcher und ihren Assistenten damals in erster Linie um den Schutz der slowenischsprachigen Minderheit in Unterkärnten beim schulpolitischen Ringen der Achtzigerjahre um eine Reform des Schulwesens als Beitrag zur „Volksgruppenverständigung“14. 7 Vgl. Gstettner 1996. 8 Vgl. Gstettner 1984. 9 Im Verzeichnis der Institute erstmals SS 1986, 63 neben den Professoren Bammé und Larcher als Spezialisten für Didaktik der Weiterbildung bzw. Lehrerfortbildung; UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 21 und 35. 10 1985–1987, 1989–1991 und 1993–1995. 11 UBWK: Forschungsbericht 1991–1994, 53f. 12 Ebenda, 55. 13 Ebenda, 54. 14 Vgl. Gstettner/Larcher 1985.
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Das jahrelange Engagement für dieses schul- und kulturpolitische Spezialgebiet hat dazu geführt, dass beim Zusammenschluss der drei getrennten pädagogischen Institute zum „Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ im Jahre 1996 dort eine „Abteilung für Interkulturelle Bildung“ eingerichtet wurde. Darin hat Gstettner bis zur Frühpensionierung die seinem Arbeitsschwerpunkt gemäße Wirkungsstätte gefunden – gemeinsam mit Larcher und dem Assistenten Georg Gombos15. Auch in der Forschung ist Gstettner den Themen der Allgemeinen Erziehungswissenschaft ausgewichen. Sein erstes Klagenfurter Forschungsprojekt ist noch im Rahmen seiner Innsbrucker sozialisationstheoretischen Studien geblieben: „Gesellschaftlicher Wandel von Kindheit und Jugend seit dem Zweiten Weltkrieg“. Er hat es 1983/84 gemeinsam mit der Wiener Soziologin Marina Fischer-Kowalski geleitet. Ab 1985 sind folgende Projekte betrieben worden: „Slowenen in Klagenfurt/Slovenci v Celovcu“, „Minderheitenkonflikte und Friedensforschung“, „Interkulturelles Lernen“16, „Engpässe der Toleranz. Ethnizitätskonzepte und Handlungsstrategien nationalistischer Organisationen“17, „Interkulturelles Lernen und Sozialarbeit an Brennpunkten Europas“18, „Bildungsforschung und Menschenrechte in Ex-Jugoslawien“, „Internationales Curriculum ,Antirassistische interkulturelle Sozialarbeit‘“, „Pädagogik und Vergangenheitsbewältigung: Vergessen und verdrängen, erinnern und gedenken“, „Spurensuche in der Region: Innen- und Außenansichten eines KZ-Nebenlagers“, „Von der Solidarität zur Abweisung. Ein Vergleich der Lebenssituation von Flüchtlingen und der Villacher Bevölkerung 1945–1995“19, „Die pädagogische und kulturwissenschaftliche Rekonstruktion des jüdischen Lebens in Vilnius/Litauen“, „Zur psychischen und sozialen Situation albanischer Jugendlicher“, „Kulturkontakte Albanien-Kärnten“, „Evaluation der Bildungs- und Entwicklungspartnerschaft Albanien-Österreich“, „Herausforderung Grenze. Umgang mit Ausgrenzung und Rassismus“, „Didaktik des Lernortes öffentliches Denkmal und Museum Mauthausen“, „Mauthausen Süd. Die Außenlager des KZ Mauthausen in Kärnten und in der Steiermark“, „1938/1998. Entwicklung einer didakti-
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UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 15 und 88ff. UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 124f. Über dieses Forschungsprogramm vgl. Gstettner 1991a. UBWK: Forschungsbericht 1987–1991, 90. UBWK: Forschungsbericht 1991–1994, 62ff.
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schen Handreichung zur Ausstellung ,NS-Herrschaft in Österreich‘“, „Integrationskultur: Die Praxis in Bologna“20, „Education for CoExistence with Differences in Montenegro“, „Pädagogisches Konzept für die Europäische Jugendbegegnungsstätte Mauthausen“21. Die Lücken, die Gstettner auf dem Gebiet der Allgemeinen Erziehungswissenschaft in Lehre und Forschung gelassen hat, zeigen sich auch bei den Themen der Dissertationen und Diplomarbeiten, die er betreut hat. Ihre Menge deutet darauf hin, dass er ein gesuchter Lehrer, Betreuer und Prüfer gewesen ist. Er hat zwischen 1983 und 2007 insgesamt 28 Dissertationen als erster Gutachter angenommen. Davon stammten drei aus dem Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck und behandelten Themen aus seinem früheren Arbeitsfeld Pädagogische Psychologie22: Monika Bekemeier: Raum, Zeit und Öffentlichkeit in der kindlichen Entwicklung (1983); Judith Kessler: Gemeinsam leben lernen. Integration behinderter und nichtbehinderter Kinder als gemeinsamer Lernprozeß im Kindergarten Sonnenburgstraße in Innsbruck (1984); Lidia Pfitscher-Amorth: Soziale Dimensionen der Lese-Rechtschreibschwäche. Zur Konstruktion des Mythos Legasthenie (1986);
Die Liste der 25 abgeschlossenen Klagenfurter Dissertationen lautete23: Isabella Sankl: Sozialpädagogische und sozialpolitische Probleme der Nichtseßhaftigkeit, aufgezeigt am Beispiel Klagenfurt-Stadt (1987); Sylvia Krassnig: Geschlechtsspezifische Sozialisation und diskriminierende Lebensinhalte als Parameter des Frauenalkoholismus (1989); Günther Nagele: Von der Pädagogik. Eine Entstehungsgeschichte des frühneuzeitlichen Unterrichts (1989); Madamu Diop: Das senegalische Schulwesen: Probleme, Krisen und Lösungsversuche (1990); Gerhard Gäbler: Menschen mit einer geistigen Behinderung in einer Institution. Eine Studie zur Lebenssituation von geistig behinderten Menschen im Evangelischen Diakoniewerk Gallneukirchen (1990); Heidemarie Nalis: Normalisierung und Integration in einem Wiener Modell für gemeinwesenorientiertes Wohnen geistig behinderter Erwachsener (1990); Erik Frank: Die schulische Integration behinderter Kinder (1992);
20 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 88ff. 21 UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 55. 22 UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 127. 23 Nach ZfP 34 (1988), 437 bis 54 (2008), 476; ergänzt durch UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 94; 1999–2002, 56f.; 2003–2004, 31.
Gstettner, Professor für Allgemeine Kolumnentitel Erziehungswissenschaft: 1981–2003 563 Lilli Jaroschka: Abends zur Schule. Zum Stellenwert des Abendgymnasiums im österreichischen Bildungswesen (1992); Franz-Joseph Huainigg: Die Behindertenthematik im österreichischen Fernsehen (1993); Monika Müller-Kazianka: Ökonomische, psychosoziale und biographische Aspekte des Vaterseins (1995); Ingeborg Unterleitner: Montessori-Pädagogik als Therapie für hyperaktive Kinder (1995); Dagmar Elisabeth Zöhrer: Die Neuordnung der sonderpädagogischen Förderung im Kärntner Schulwesen seit Inkrafttreten der 15. SchOG-Novelle 1993 (1996); Adnan Aslan: Die religiöse Erziehung der muslimischen Kinder in Österreich und Deutschland (1997); Elisabeth Jaksche: Pädagogische Reflexe auf die multikulturelle Gesellschaft in Österreich. „Interkulturelle Pädagogik“ zwischen Anspruch und Wirklichkeit (1997); Ingrid Gasser: Kreativitätserziehung und Schule. Bedeutung der individuellen Kreativität im Zusammenhang mit Lehren und Lernen (1998); Nadja Kauermann: Der lange Weg zur Integration. Theorie und Praxis der Integrationspädagogik an Beispielen aus Bologna/Italien (1998); Silvia Guggenbichler: Für das Erinnern – gegen das Vergessen. Eine „Spurensicherung“. Rekonstruktion von Fremd-, „Zwangs-“ und Kriegsgefangenenarbeit zwischen 1938 und 1945, am Beispiel von NS-Wirtschaftsprojekten im „südlichsten Gau“ des Deutschen Reiches (1999); Josef Valentin Zausnig: Für das Erinnern – gegen das Vergessen. Eine „Spurensicherung“. Rekonstruktion von Fremd-, „Zwangs-“ und Kriegsgefangenenarbeit zwischen 1938–1945, am Beispiel von NS-Wirtschaftsprojekten im „südlichsten Gau“ des Deutschen Reiches (1999); Pauline Gabriele Huber: Suggestopädie auf dem Prüfstand: Erfahrungen und Kritik einer Sprachlehrmethode (2001); Karl Isak: Die öffentliche Dimension von Rache und Vergeltung. Der Rachediskurs in den Printmedien mit Schwerpunkt Fremdenfeindlichkeit. Ein Beitrag zur Logistik der Medien (2001); Doris Josefine Brunner: Der Etablierungsprozess der integrativen Erwachsenenbildung für eine Bildungskultur der Vielfalt (2003); Anita Farkas: Geschichte(n) ins Leben holen. Die Bibelforscherinnen des Frauenkonzentrationslagers St. Lambrecht (2003); Michaela Slamanig: Die latente Seite des Krieges. Eine Analyse anhand von Feldpostbriefen aus dem Zweiten Weltkrieg (2004); Irmtraud Margret Macek: Jugendliche im Spannungsfeld von Ausbildung und Berufswunsch am Beispiel der neuen IT-Lehrberufe (2005); Nadja Danglmaier: „Seine erste Liebe vergißt man nicht …“. Vom Heimatgefühl aus Österreich vertriebener Jüdinnen und Juden und deren Nachkommen in Israel (2007).
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Unter den 79 von Gstettner angenommenen Diplomarbeiten24 dominierten die Themenkreise Behindertenhilfe, Frauenforschung, Integrationspädagogik, Schulpädagogik, Jugendhilfe und Interkulturelle Pädagogik. Daneben gab es aber auch Studien zu pädagogikfremden Themen, die Zweifel an ihrer Relevanz als Prüfungsnachweis für das Diplomfach Pädagogik wecken. Als Beispiele seien genannt: „Der lange Weg zur Gleichstellung der Frau in der Politik: Gegenwärtige Situation und mögliche Weiterentwicklung“ (Ingrid Gasser, 1990); „Die Bäuerinnen als aktives Potential für Veränderungen in der Landwirtschaft“ (Christa Zettinig, 1990); „Das Ende der atomaren Gelassenheit nach Tschernobyl. Mein Versuch der Bewältigung dieser Katastrophe“ (Irene M. Greiner-Kusc0hej, 1992); „,Es dürfte sich um einen Ausländer handeln‘. Eine Untersuchung der Kriminalberichterstattung der ,Kärntner Krone‘ unter besonderer Berücksichtigung ausländischer Täter und Tatverdächtiger“ (Ingeborg Eder, 1993); „Der Loibltunnel und seine Entstehungsgeschichte. Eine Arbeit, die mit Hilfe von Zeitzeugen mit dem Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten eines NS-Projektes dem Vergessen und Verdrängen entgegenarbeiten will“ (Josef Valentin Zausnig, 1994)25; „Frauenforschung auf der Insel Tobago“ (Martina Grünninger, 1995); „Hausarbeit im wissenschaftlichen Diskurs der Frauenforschung“ (Andrea Rasinger, 1998)26; „Soziokulturelle Dimensionen der Denkmalkultur am Beispiel der ,Heimkehrergedenkstätte‘ am Ulrichsberg“ (Wilhelm Seidl, 2000); „Kollektives Gedächtnis und Erinnerungsbedarf in der Steiermark. Auf den Spuren der Erinnerung an die Konzentrationslager Aflenz, Peggau und Schloß Lind“ (Anita Farkas, 2001).27 Diese Themen beleuchten die Neigung zu fachlichen Grenzüberschreitungen statt Konzentration auf eindeutig erziehungswissenschaftliche Forschung. Zur Rechtfertigung konnte auf den neuen Studienplan der Studienrichtung Pädagogik von 1999 verwiesen werden, der „Berücksichtigung der Interdisziplinarität des Faches“ forderte und „fachspezifische Kompetenzen zur trans- und interdisziplinären Arbeit“ zu vermitteln versprach28. Dagegen sprach allerdings die Be 24 Für eine vollständige Liste vom 14.2.2011 im PAB sei Prof. Gstettner auch an dieser Stelle gedankt. 25 UBWK: Forschungsbericht 1991–1994, 69ff. 26 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 95. 27 UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 57. 28 Studienplan 1999, § 2 Übergreifende Bildungsprinzipien, Ziffer 4; § 1 Qualifikationsprofil, Ziffer 2.
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stimmung über „das Thema der Diplomarbeit“: es „ist einem Pflichtfach oder aus dem gewählten Schwerpunkt zu entnehmen“29. Der Studienplan 1999 war wesentlich von Gstettner und seinem Freund Larcher als damaligem Institutsvorstand inspiriert. Gstettners eigene Publikationen zwischen 1981 und 2003 waren anfangs vorwiegend Themen der Kinderforschung, der Schulkritik und Schulreform, der Behinderten-Integration, den Methoden der Aktionsforschung sowie der Planung und Praxis Interkultureller Erziehung gewidmet. Schon bald rückten jedoch schul- und gesellschaftspolitische Stellungnahmen zur Kärntner Minderheitenpolitik, Kampf gegen Nationalismus, „Rechtspopulismus“ und „Ausländerfeindlichkeit“ in den Vordergrund. Als wichtigster Text ist folgende 1985 gemeinsam mit Larcher veröffentlichte Studie zu nennen: „Zwei Kulturen, zwei Sprachen, eine Schule. Interkulturelles Lernen und Volksgruppenverständigung in Kärnten. Zur wissenschaftlichen Grundlegung umfassender Reformen im Minderheitenschulwesen“. Darin wurde die Forderung vertreten und begründet, im deutsch-slowenisch gemischtsprachigen Südkärnten die für beide Sprachgruppen gemeinsame Volksschule beizubehalten. Die vom Landtag und der Landesregierung geplante Einführung nach Muttersprachen getrennter Volksschulen – wie sie zum Beispiel in Südtirol bestehen – wurde abgelehnt, weil sie die kleine slowenischsprachige Minderheit (von 2,7 Prozent der Gesamtbevölkerung Kärntens30) diskriminiere und zur Ghettobildung führe, statt für alle Schüler gemeinsames „soziales Lernen“ in einer „multikulturellen Gesellschaft“ zu fördern.31 Diese nach Art eines Gutachtens argumentierende Schrift ist vom „Slowenischen wissenschaftlichen Institut“ in Klagenfurt herausgegeben worden und hat die Zustimmung der an der Universität eingerichteten „Arbeitsgemeinschaft Volkstumsfragen“ gefunden32. Kulturpolitisches Fernziel war es, durch „die Förderung der zweisprachigen Kompetenz aller Kinder“ die „allgemeine Zweisprachigkeit“ in Südkärnten
29 Studienplan 1999, § 13. 30 Nach amtlicher Volkszählung von 1981. Unkart 1988, 204. 31 Gstettner/Larcher 1985, 20ff.; vgl. auch ihr „Strukturkonzept für Reforminitiativen im Kärntner Minderheitenschulwesen“ (139ff.). 32 Gstettner 1988, 70 und 111ff. – Bei Wakounig 2008, 300: „Arbeitsgemeinschaft für Volksgruppenfragen“; 304: „Arbeitsgemeinschaft Volksgruppenfrage“.
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durchzusetzen33. „Pädagogik und Schule müssen die Gemeinsamkeit als Schutzraum garantieren und die Kinder vor den Trennungszumutungen und Spaltungsversuchen der Erwachsenen bewahren“34. Deshalb „müßten auf allen Ebenen der formalen Bildung Einrichtungen geschaffen werden, die zweisprachige Erziehung sicherstellen – also auch zweisprachige Kindergärten, allgemeinbildende, berufsbildende und weiterführende Schulen, besonders aber auch zweisprachige Institutionen der Lehrerausbildung und -fortbildung“35. Nachdem im Kärntner Landtag eine Einigung mit den Slowenenverbänden über eine gesetzliche Neuregelung auf dieser Basis nicht erreicht werden konnte36, hat Gstettner seine seit 1984 in zahlreichen Aufsätzen, Reden und Interviews vorgetragenen Argumente in einem „friedenspädagogischen Handbuch für interkulturelle Praxis im ,Grenzland‘“ (Untertitel) auf 233 Seiten gesammelt veröffentlicht. Es ist 1988 unter folgendem Titel erschienen: „Zwanghaft Deutsch? Über falschen Abwehrkampf und verkehrten Heimatdienst“. Schon dem Titel nach war es mehr eine parteiische Streitschrift als ein pädagogisches „Handbuch“. In den folgenden Jahren hat Gstettner sein kulturpolitisches Engagement über Kärnten und Österreich hinaus europaweit auf ideologiekritische Aufklärung über gegnerische Ansichten und ihre Vertreter ausgedehnt. Er hat sich dem allumfassenden Kampf gegen konservatives, nationales, „rechtes“ Gedankengut gewidmet. Dabei wurde warnend, aber wenig differenzierend an die Schrecken der nationalsozialistischen Diktatur erinnert und antifaschistische „Vergangenheitsbewältigung“, „Erinnerungsarbeit“ und „Gedenkstättenpädagogik“ als Mittel zum Gesinnungswandel empfohlen. Daraus sind allerdings auch radikale Übertreibungen entsprungen wie jene, „daß eine Erziehung
33 Ebenda, 71. Hervorhebung vom Verfasser. 34 Ebenda, 78. Zu den vermuteten nachteiligen Folgen einer „Demontage der zweisprachigen Schule“ für die Minderheit von 16.400 Kärntner Slowenen (1981) ebenda 68ff. Da schon um 1984 ein Drittel der Kinder von Kärntner Slowenen das Slowenische nicht mehr als Muttersprache erfahren hat (157), war zu befürchten, dass die Anmeldungen in eine getrennte Schule für slowenische Schüler gering sein würden. – Zu den Ursachen der spontanen Assimilation an die deutschsprachige Mehrheit vgl. Suppan 1991. 35 Gstettner 1988, 43. 36 Vgl. die amtlichen Dokumente bei Unkart 1988.
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nach dem Inferno von Auschwitz in keinem Punkt einer Erziehung vor Auschwitz ähnlich sein darf“.37 Der Aufsatzsammlung von 1988 ist 1993 noch eine weitere Schrift als Alleinautor gefolgt: „Die multikulturelle Gesellschaft – ein neues Feindbild? Pädagogische Herausforderungen durch Rechtsextremismus, Deutschnationalismus und Ausländerfeindlichkeit“. Als Mitherausgeber und Autor war Gstettner an folgenden Sammelbänden beteiligt: Gero Fischer/Gstettner: „,Am Kärntner Wesen könnte diese Republik genesen‘. An den rechten Rand Europas: Jörg Haiders ,Erneuerungspolitik‘“ (1990); Gstettner/Vladimir Wakounig: „Mut zur Vielfalt. Strategien gegen das Verschwinden ethnischer Minderheiten“ (1991); Anna Aluffi-Pentini/Gstettner/Walter Lorenz/Wakounig: „Antirassistische Pädagogik in Europa. Theorie und Praxis“ (1999). Diese politischen Aktivitäten, insbesondere sein Engagement für die slowenische Minderheit, sind „in den hiesigen Verhältnissen als eine ungewöhnliche und anstößige Sache empfunden“ worden. Sie hatten für ihn und seine Familie (zwei Kinder) „Konsequenzen, die nicht immer erfreulich waren“38. Er hat dadurch unter Gleichgesinnten aber auch überregional Ansehen als Spezialist für „interkulturelle Verständigung“ und die ihr dienenden Netzwerke gewonnen. Es ist ihm ferner im Jahre 1999 gelungen, außerhalb der Universität ein „Ludwig Boltz mann Institut für Interkulturelle Bildungsforschung“ mit Standort in Villach zu gründen und im Nebenamt gemeinsam mit Larcher zu leiten39. Es hat jedoch „mangels Interesse bzw. finanzieller Förderung nach fünf Jahren ein stilles Ende“ gefunden40. An der eigenen Universität hat Gstettner mehr als zehn Jahre lang folgendes „Arbeitsprogramm“ methodisch und inhaltlich zu verwirklichen versucht: „Es geht uns um den Umgang mit der eigenen Geschichte, um Fragen der nationalen Identität im Zusammenhang mit gesellschaftlichem Ausschluß, um Probleme von Vergangenheitsverdrängung und Feindbildprojektion, um Strategien der Aufklärung und antirassistischen Erziehung.“41
37 Gstettner 1988, 83. 38 Gstettner: Interview in: Unisono 4/2003, 12. 39 Vgl. Ludwig Boltzmann Institut für Interkulturelle Bildungsforschung: Jahresberichte 1999–2004. 40 Briefliche Mitteilung Gstettners an den Verfasser vom 27.1.2011. PAB. 41 Vgl. Gstettner 1983, 1986, 1991, 1992. Schriftenverzeichnis 1981–2003 mit 201 Aufsatztiteln in Gstettner 2003; Forschungsberichte der UKL.
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Für größere Beiträge zur Erziehungswissenschaft haben unter diesen Umständen Interesse und Zeit gefehlt. Es ist nur zu einigen kurzen schulkritischen Aufsätzen gekommen42. Die Entfremdung vom Auftrag seiner Professur ist auch aus dem krassen Rückgang der Zitierungen in der „Zeitschrift für Pädagogik“ erkennbar43. Gstettners Name ist dort 54mal genannt worden, aber davon lagen 48 Nennungen vor dem Jahr 1985, 5 zwischen 1985 und 1989 und nur eine danach (1996). Ab 1997 ist er nie mehr zitiert worden. Zum Jahresende 2003 ist Gstettner im Alter von 58 Jahren vorzeitig in den Ruhestand getreten. Mit dem „Rückbau der Demokratie an den Universitäten“ durch das Universitätsgesetz 2002 konnte er sich „nicht identifizieren“. Er wollte ohne „den bisherigen Dauerstress … im interkulturellen Bereich und in der Gedenkstättenpädagogik weiter arbeiten“ und für sein „langjähriges Hobby, die Malerei, endlich mehr Zeit finden“44.
20. GÜNTHER HANS HARTMANN ALS AUSSERORDENTLICHER PROFESSOR FÜR PÄDAGOGIK UNTER BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER SONDER- UND HEILPÄDAGOGIK: 1983–1988 Für das Spezialgebiet der „Heilpädagogik“ – auch „Sonderpädagogik“ oder „Behindertenpädagogik“ genannt – hat es bis 1996 an keiner österreichischen Universität eine Ordentliche Professur gegeben1. So war auch bei der Planung der Hochschule für Bildungswissenschaften keine Lehrkanzel dafür vorgesehen. Außer der erstmals 1959 an der Universität Innsbruck erfolgten Habilitation von Maria Vogl2 ist in Österreich bis 1982 keine weitere Habilitation für „Heilpädagogik“ erfolgt. Dem wachsenden Bedarf an hochqualifiziertem Personal im 42 ZfP 22 (1976)–55 (2010). 43 Interview in: Unisono 4/2003, 12. 44 Gstettner 1999, 183. Dort eine Schilderung der „interkulturellen Feldforschung“ mit Studierenden. 1 Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 767ff. – Die erste Professur ist 1996 an der Universität Wien errichtet und 1999 mit Mathilde Niehaus besetzt worden. Vgl. Bd. 1, 815ff. 2 Vgl. Bd. 2, 487ff.
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Sonderschulwesen, in der Erziehungsberatung, in der Kinder- und Jugendhilfe und in den zugehörigen beruflichen Ausbildungsstätten sind die Universitäten lange nicht gerecht geworden. An der Klagenfurter Hochschule entsprangen Pflege und Ausbau der Heilpädagogik nicht einem weitsichtigen Gründungsplan, sondern dem Interesse und der Initiative des 1972 eingestellten Assistenten Günter Hartmann. Er hat 1982 die Lehrbefugnis als Universitätsdozent erworben und ist mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1983 im Alter von 43 Jahren zum Außerordentlichen Professor ernannt worden3. Wie ist sein Studien- und Berufsweg verlaufen? Günther Hans Hartmann wurde am 31. Mai 1939 in Wien als Sohn eines Magazineurs und einer Oberschwester geboren und war römisch-katholischer Konfession.4 Nach vier Jahren Volksschule hat er ab 1949 das BundesRealgymnasium in Wien XXI (Franklinstr. 21) besucht und am 18. Juni 1958 die Reifeprüfung bestanden. Anschließend hat er an der Universität Wien Psychologie im Hauptfach und Anthropologie im Nebenfach studiert. Dieses Studium hat er nach 19 Semestern am 26. Jänner 1968 mit der Promotion zum Doktor der Philosophie abgeschlossen. Zwischen 1961 und 1965 hat er als vollbeschäftigte Wissenschaftliche Hilfskraft in der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychologie am Psychologischen Institut der Universität Wien im Rahmen des Kinderpsychologischen Begutachtungspraktikums bei Professor Sylvia Bayr-Klimpfinger gearbeitet und sich „bestens bewährt“5. Als Dissertation hat er „Untersuchungen zur Erstellung einer Rechentestserie für Kinder“ im Umfang von 260 Seiten vorgelegt. Sie wurde von Bayr-Klimpfinger und Professor Rohracher als „genügend“ bewertet6. Nach der Promotion erfolgte die Eheschließung mit der Wiener Psychologin Dr. Anna Hedwig Brantner, die von 1962 bis 1964 neben Hartmann als Wissenschaftliche Hilfskraft bei Bayr-Klimpfinger tätig gewesen ist7. Die Ehe ist kinderlos geblieben, wurde aber durch ein adoptiertes Kind bereichert. 3 AdR, BMfWF, Personalakt 4710. – Mitteilungsblatt der UBWK 1982/83, Nr. 70 vom 25.1.1983, 3. 4 Biographische Angaben nach Lebensläufen vom 16.6.1961, 15.7.1972 und 4.6.1981 im Personalakt 4710, AdR. 5 Undatierter Antrag von Rohracher auf Weiterbestellung 1963. AdR, Personalakt 4710. 6 AUW, Rigorosenakt Nr. 22.257. ZfP 14 (1968), 97. 7 Personalstand der Universität Wien für das Studienjahr 1962/63, 82; 1963/64, 80.
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Von 1968 bis 1972 hat Hartmann als Klinischer Psychologe an der Heilpädagogischen Abteilung des Landeskrankenhauses Klagenfurt bei Primar Dr. Franz Wurst8 gearbeitet. Seine Frau übernahm 1972 die Leitung der Bundes-Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen in Klagenfurt und wurde 1973 zur Direktorin ernannt9. 1971 haben Günther und Anna Hartmann gemeinsam mit Wurst ein Lehrbuch über „Biologische Grundlagen der Entwicklung und der Erziehung“ veröffentlicht, das in drei Auflagen breite Verwendung an Pädagogischen Akademien, Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen und Erzieher gefunden hat. Die Autoren hatten sich darin die Aufgabe gestellt, „das biologische Wissen des Lehrers auf den heutigen Stand zu bringen“10. Nebenamtlich war Hartmann von 1970 bis 1972 als Vertragslehrer an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Klagenfurt tätig mit Lehraufträgen für Geschlechtserziehung und Sonderpädagogik. Daneben hat er auch an der Krankenpflegeschule Klagenfurt „Allgemeine Psychologie“ und „Psychologie des Kranken“ unterrichtet. Am 1. Oktober 1972 hat Hartmann eine Stelle als Hochschulassistent an der Lehrkanzel für Unterrichtswissenschaft I der Hochschule für Bildungswissenschaften bei Prof. Schöler angetreten. Dieser hatte den Dienstposten mit dem Schwerpunkt „Entwicklungspsychologie für das Gebiet Heilpädagogik und Sonderschulerziehung“ beantragt11. Schon im Studienjahr 1972/73 hat Hartmann mit selbständigen Lehrveranstaltungen über „Entwicklungspsychologie“ begonnen12. Es folgten Vorlesungen über „Biologische Grundlagen der Psychologie“, „Defekte und Störungen des Leistungsverhaltens“, „Die Funktion der Sozialpädagogik für die Gesellschaft“, „Psychohygienische Aspekte im Erziehungs- und Unterrichtsprozeß“ und „Leistungsstörungen in der Schule“. Im Studienjahr 1975/76 wurde erstmals eine Vorlesung über „Sonderpädagogik“ gehalten. Seither gab es regelmäßig zwei bis drei Lehrveranstaltungen über „Allgemeine Sonder- und Heilpädagogik“, „Pädagogische Diagnose, Beratung und Therapie“, „Verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche“, „Das leistungsgestörte Kind in der
8 Über Wurst vgl. in diesem Werk Bd. 1, 793f. 9 Kuchar/Niegl/H. Wurst 1997, 140 (mit Foto). 10 Wurst/Hartmann 1976, 11. 11 Antrag von Rektor Schöler an das BMfWF vom 17.7.1972. AdR, Personalakt Hartmann. 12 HBWK: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen WS 1972/73, 19.
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Schule“, „Schulorganisations- und Schulentwicklungsfragen im sonderpädagogischen Bereich“13 usw. Von 1974 bis 1979 hat Hartmann nebenberuflich eine Arbeitsgruppe am „Zentrum für Schulversuche und Schulentwicklung“ des Bundesministeriums für Unterricht geleitet, die mit der Betreuung von Schulversuchen im sonderpädagogischen Bereich beauftragt war. In diesem Rahmen war er 1976 auch mit der Leitung einer Projektgruppe des Ministeriums zur Planung eines zweisemestrigen „Lehrgangs zur Ausbildung von Kindergärtnerinnen zu Sonderkindergärtnerinnen“ betraut14. 1981 hat er einen Forschungsauftrag des Wissenschaftsministeriums über „Bildungspolitische Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation behinderter Menschen in Österreich“ erhalten15. An seiner Universität wurde Hartmann 1978 Leiter einer „Arbeitsgruppe Sonder- und Heilpädagogik“16 am Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik, dem er als Assistent zugeordnet war. Daneben hat er sich als Mitglied der Sozialistischen Partei Österreichs (SPÖ) auch hochschulpolitisch und gewerkschaftlich engagiert. 1975 wurde er für die Wählergruppe „Sozialistische Initiative Universität“ in den Dienststellenausschuss der Hochschullehrer seiner Universität gewählt17. Später ist er zum Vorsitzenden der Landessektion Hochschullehrer der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst Kärntens aufgestiegen und Mitglied der Bundessektion geworden. Am 4. Juni 1981 hat Hartmann um die Verleihung der Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Sonder- und Heilpädagogik“ angesucht. Der Habilitationskommission unter dem Vorsitz von Schöler haben der Psychologe Löschenkohl, der Pädagogiker Posch, der Philosoph Uwe Arnold, der Romanist Josef Mayerthaler, der Pädiater Wurst als Professoren und der Grazer Dozent für Pädagogik Gunter Iberer18 angehört.19 Hartmanns Habilitationsschrift hatte den Titel „Zur Bildungsproblematik schulisch auffälliger Kinder“. Sie umfasste 298 Seiten und ist 13 Hartmann: Verzeichnis selbständig abgehaltener Lehrveranstaltungen an der UBWK (bis SS 1982). AdR, Personalakt 4710. 14 Kuchar/Niegl/H. Wurst 1997, 148. 15 BMfWF, AZ. 20.028/2-22/81. 16 Gemäß UOG 1975, § 48. 17 Mitteilungsblatt der UBWK 1975/76, Nr. 15 vom 4.12.1975. 18 Über Iberer vgl. Bd. 2, 352ff. 19 AUKL, Karton 643, Habilitationskommission Hartmann, 25.1.1982. Mitteilungsblatt der UBWK 1982, Nr. 49.
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ungedruckt geblieben. Im Vorwort wurde mitgeteilt, dass sie „einem ständig stärker werdenden persönlichen Unbehagen über gesellschaftspolitische Unzulänglichkeiten gegenüber beeinträchtigten Menschen“ entsprungen sei. Der Verfasser versuche, „ein wissenschaftlich widerspruchsfreies, in sich geschlossenes und gesellschaftspolitisch relevantes Konzept für Bildungsstrategien und –maßnahmen an beeinträchtigten Kindern und Jugendlichen zu finden, wobei schwerpunktmäßig auf das schulauffällige Kind eingegangen wird“.20 Dieses Vorhaben zielte also auf Verbesserung „der schulischen Betreuung bildungsdevianter Kinder“21 ab. Dazu ist Hartmann von den „Schwierigkeiten“ ausgegangen, die bei der „Betreuung“ auftreten. Um sie zu „durchleuchten“, hat er damit begonnen, „zunächst alle Ursachen, Einflüsse und Abhängigkeiten besonderer Bildungsnotwendigkeiten kategorial und inhaltlich aufzuzeigen“ und in ein System zu bringen. „Mit Hilfe einer solchen komplexen Beziehungsanalyse“ wollte er „Grundlagen für eine theoretische Grundlegung der Bewältigungsmöglichkeiten von Bildungserschwernissen“ schaffen.22 Deshalb hat er über zahlreiche organische und psychische „Determinanten des Verhaltens bildungsauffälliger Menschen“23 und deren Bedeutung für ihre „Bildbarkeit“, „Modifizierbarkeit“ oder „erzieherische Beeinflußbarkeit“ berichtet, zugleich aber auch an deren Komplexität, individuelle Variabilität und Undurchschaubarkeit erinnert. Dieser Bericht war biologisch kenntnisreich, ohne jedoch seinen gewünschten Zweck einer Systematisierung des speziell für die Sonderpädagogik erforderlichen anthropologischen Wissens erfüllen zu können. Ihm folgte ein Kapitel über die „soziale Benachteiligung und Abhängigkeit“ der „beeinträchtigten“ Kinder und Jugendlichen. Dann wurde auf 15 Seiten ein „Versuch einer Theorie der Sonderpädagogik“ vorgestellt. Ihr Gegenstand seien „deviante Bildungsprozesse“ oder „Devianzen im Bildungsgeschehen“, d.h. „Pädagogische Prozesse, die sich an Menschen vollziehen, deren Bildbarkeit als von der gesellschaftlichen Norm abweichend („deviant“) eingestuft wird“24. Diesen vorbereitenden Überlegungen ist allerdings keine systematische Theorie der Erziehung „schulisch auffälliger“ oder „bildungsde
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Hartmann 1981, V. Ebenda, 257. Ebenda, 21. Ebenda, 53ff. Ebenda, 110f.
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vianter Kinder“ gefolgt. Sie hätte eine Klassifikation oder Typologie der „Auffälligkeiten“ und ihrer Ursachen sowie eine behinderungsspezifische, persönlichkeits- und situationsadäquate Methodologie erfordert, die für die Gesamtmenge der betroffenen Schüler mit der für die Erziehungspraxis notwendigen Konkretisierung kaum zu leisten möglich ist. Tatsächlich hat Hartmann sein angekündigtes Thema sehr eingeengt und sich in der zweiten Hälfte der Schrift auf eine gründliche „Kritische Diskussion der sonder- und heilpädagogischen Betreuung von Kindern in österreichischen Schulen“25 beschränkt. Sie bildete den Hauptteil des Bandes und mündete in „Grundlegende Thesen“ zu notwendigen „Veränderungen im praktischen Bereich“26. Die Kritik richtete sich einerseits gegen „die pädagogische Ineffektivität der bestehenden Gliederung in Sonderschulsparten“27 nach Klassen von Behinderungen. In Österreich sind nach und nach folgende neun Formen von Sonderschulen entstanden: 1. Allgemeine Sonderschulen (für leistungsbehinderte oder lernschwache Kinder); 2. für körperbehinderte, 3. für sprachgestörte, 4. für schwerhörige, 5. für gehörlose, 6. für sehbehinderte, 7. für blinde, 8. für erziehungsschwierige, 9. für schwerstbehinderte Kinder28. Rund 75 Prozent aller Sonderschüler besuchten im Schuljahr 1982/83 die Allgemeine Sonderschule. Sie stammten „häufig aus einem benachteiligten Milieu“ und haben „keine entsprechende Förderung im Elternhaus erfahren“.29 Hartmann hat die Notwendigkeit verschiedener Sonderschulformen nicht prinzipiell angezweifelt, sondern die Fortschritte anerkannt, die durch die gemeinsame Beschulung gleichartig beeinträchtigter Kinder in auf sie spezialisierten Schulen ermöglicht worden sind30. Er hat aber vermeidbare soziale Isolierung gegenüber normalen Kindern abgelehnt und sich auch gegen „das Bestehen einer eigenen Sonderschulsparte“ ausgesprochen, wenn zwar „die Diagnose über das Zustandsbild des Schülers eindeutig ist, aber keine ausreichende eigenständige sonder- und heilpädagogische Betreuung mit entsprechenden
25 Ebenda, 121ff. bis 258. 26 Ebenda, 235ff. 27 Ebenda, 152ff. 28 Schulorganisationsgesetz 1962 in der Fassung der 16. Novelle von 1994, § 25 Ziffer 2. Bei Jonak/Kövesi 6.1995, 237. Beschreibung dieser Schulformen bei Hartmann 1987, 139ff. 29 Schnell 1993, 147f. 30 Hartmann 1981, 141f.
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spezialisierten didaktischen und methodischen Vorgangsweisen möglich ist“31. Er hat auch daran erinnert, dass sich einzelne Behinderungsarten überschneiden und je für sich unterschiedlicher Erziehungsmethoden bedürfen32. Andererseits sei klar, dass „die gleichen sonderpädagogischen Methoden bei verschiedenen Syndromen anzuwenden sind und es keine Einfachzuordnungen zwischen Syndrom und sonderpädagogischer Methodik gibt“33. Das waren Argumente gegen das „Spartenwesen in der Sonderschule“ und ihre übermäßige Aufgliederung34. Über diese Kritik an der bestehenden Gliederung des Sonderschulwesens hinaus ist Hartmann weitergegangen zur Kritik an der „Überbewertung der Eigenständigkeit der Sonderschule“ als eines geschlossenen Bereichs schulischer Organisation und Tätigkeit35. Die gesamte Argumentation seiner Habilitationsschrift läuft auf folgende Forderung hinaus: „Die Betonung der Besonderung der Sonderschule und die weitgehende organisatorische Trennung des Sonderschul- vom Regelschulwesen sollte zugunsten integrativer Schulformen abgebaut werden“36. Für behinderte Kinder „muß eine Beschulungsform gewählt werden, die eine weitestgehende mögliche Zusammenführung mit normalen Kindern im schulischen Bereich ergibt“. „Möglich wäre dies durch die Einbeziehung sonderpädagogischer Aufgabenbereiche in die Regelschulen, um in einer integrierten Grundschule beziehungsweise integrierten Gesamtschulform die ,Grenzfälle‘ bezüglich Sonderschulbedürftigkeit aufnehmen zu können unter Beibehaltung einer rein sonderpädagogisch geführten Schulform für Kinder mit höhergradigen Devianzen“. Für diese hochgradig „devianten“ Kinder wurde ein „Sonderschulwesen ohne bisherige Spartengliederung“ gefordert, das sich „durch innere Differenzierung und – unterrichtszeitlich gesehen – teilweise Separierung kognitiv hochgradig beeinträchtigter Schüler“ auszeichnet.37 Diese schulpolitische Linie entsprach der in den Siebzigerjahren aufgekommenen Werbung von Behindertenverbänden für volle Inte-
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Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda,
161. 146ff. 248. 135ff. 169ff. 248f. 249ff.
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gration behinderter Kinder in die Volks-, Haupt- und Höheren Schulen nach dem Vorbild der italienischen Einheitsschule für Elf- bis Vierzehnjährige (scuola media), deren Einführung mit der Abschaffung der Sonderschulen verbunden war38. So weit ist Hartmann nicht gegangen. Er hat die unaufhebbare Spannung zwischen erwünschter Integration der behinderten Schüler und notwendiger Differenzierung bis zur Individualisierung der angemessenen Erziehungsmethoden nicht unrealistisch ignoriert. Er hat jedoch an die Vision eines komplizierten Systems diagnostischer, therapeutischer und erzieherischer Mittel zugunsten größtmöglicher Individualitätsberücksichtigung geglaubt, durch welches diese Spannung gemildert werden könnte. Dieses System ist freilich ein abstrakt-formales Idealprogramm geblieben, weil das für seine Konkretisierung bis zu überprüfbarer realer Einzelfallhilfe erforderliche Zweck-MittelWissen fehlte39. Zu derartigem Wissen hat Hartmanns Studie nichts beigetragen. Dafür mangelte es schon an wesentlichen Voraussetzungen: klaren Grundbegriffen und genauen Vorstellungen vom realen Faktorengefüge in Erziehungssituationen. Einem derart komplexen Bedingungsfeld kommt man mit so vagen und vieldeutigen Begriffen wie „Bildung“, „Bildungsprozeß“, „Bildungsgeschehen“, „Bildungsnotwendigkeiten“, „Bildungsdevianz“, „Bildungsstörung“, „Bildungserschwernis“, „Bildungsauffälligkeit“, „Bildungsbehinderung“, „Bildungsbeeinträchtigung“ nicht näher. Hartmanns einleitende „Reflexionen“ über das „Wesen der Bildung“40 haben mehr zur Vernebelung als zur Klärung dieses Begriffsfeldes beigetragen. So wurde der unpräzisierte Terminus „Bildung“ für ganz verschiedene Phänomene verwendet: sowohl für das (reale oder ideale) Dispositionsgefüge (also einen Zustand) der zu „erziehenden Personen“ („Bildung wird wesentlich über Lernprozesse erreicht“) als auch für Vorgänge wie „bildnerische Akte“ oder Handlungen von Erziehern oder Lehrern („Angebot einer institutionalisierten und systematisierten Bildung“)41. Daneben war häufig auch der Vorgang des Lernens oder – noch umfassender – des Werdens der Persönlichkeit gemeint, der zum Zustand der Bildung führt oder führen soll.
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Schnell 1993, 149. Hartmann 1981, 202ff. und 210ff. Ebenda, 1ff. Ebenda, 83.
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Diese Bedeutung findet man etwa in folgendem Satz, der als Beispiel für die begrifflichen und erziehungstheoretisch-systematischen Mängel des Textes dienen kann: „Die Bildung des Menschen, die sich im Spannungsfeld von erzieherischer Beeinflussung und Formung des Selbst vollzieht, hängt ab von der in der jeweiligen Personstruktur gegebenen Bildsamkeit und wird bei auftretenden Bildungsdevianzen im Bereich der Formierung selbständiger Eigenschaften, besonders bezogen auf die Selbststeuerungsmechanismen, immer gestört.“42 Hier wurde also „Bildung“ als innerer Vorgang des Sich-Bildens verstanden, aber was soll man sich unter der „Aufgabe der Sonderpädagogik“ vorstellen, Auskunft zu geben „über subjektive Modelle der Verarbeitung von Lernangeboten zu Bildungsprozessen“?43 Diesem Bildungs-Vokabular fehlte es an Informationsgehalt und Realitätsbezug. Die Fachsprache der Schrift „Zur Bildungsproblematik“ (Titel) ist leider unproblematisiert geblieben. Als Gutachter der Habilitationsschrift haben Schöler und der Mediziner Wurst gedient und sie uneingeschränkt zur Annahme empfohlen.44 Am 24. März 1982 hat die Habilitationskommission einstimmig die Lehrbefugnis als Universitätsdozent erteilt.45 Die Habilitation ist 14 Jahre nach der Promotion erfolgt. Am 4. Juni hat Hartmann um die Ernennung zum Außerordentlichen Universitätsprofessor angesucht46. Das Universitätskollegium hat diese Bewerbung am 16. Juni 1982 befürwortet und einen Ernennungsvorschlag an das Ministerium gerichtet. Am 20. Dezember 1982 ist die Ernennung mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1983 durch Bundespräsident Kirchschläger erfolgt.47 Auf diese Weise ist die Universität dank der Leistungen Hartmanns auf außerordentlichem Wege erstmals zu einer Professur für Sonderund Heilpädagogik gelangt. Es war die erste und bis 1996 einzige an Österreichs Universitäten. Im Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik ist für dieses Gebiet im Jahre 1985 eine „Ab-
42 Ebenda, 52. 43 Ebenda, 73. 44 Gutachten im AdR, Personalakt 4710; AUK, Karton 643. 45 Genehmigt vom BMfWF mit Erlass vom 15.4.1982. Mitteilungsblatt der UBWK 1982, Nr. 108. 46 Gemäß UOG 1965, § 31 Abs. 2. 47 Mitteilungsblatt der UBWK 1982/83, Nr. 70.
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teilung für Sonder- und Heilpädagogik“ unter seiner Leitung eingerichtet worden48. Der sonderbare Doppelname dieser erziehungswissenschaftlichen Spezialdisziplin ist also beibehalten und von der Bezeichnung der Lehrbefugnis Hartmanns auf die Widmung seiner Professur und den Namen seiner Abteilung übertragen worden. Das ist geschehen, obwohl Hartmann selbst ein überzeugendes Kapitel seiner Habilitationsschrift der „Theorie der Sonderpädagogik“49 gewidmet hatte. Allerdings sprach er in der gleichen Schrift – mit Ausnahme dieses Kapitels – auch häufig von „Sonder- und Heilpädagogik“, „sonder- und heilpädagogisch relevanten Kenntnissen“, „sonder- und heilpädagogischer Betreuung“. Er hielt „die synonyme Verwendung beider Begriffe, wie sie … für die Bundesrepublik Deutschland bereits als praktisch vollzogen angesehen werden kann, … derzeit nicht“ für angebracht, weil „die Eigenart österreichischer Heilpädagogik zu betonen“ sei, die „interdisziplinär“ und „stark von Medizinern“ bestimmt gewesen ist.50 In Zukunft könne es aber zu einer Anerkennung der Identität beider Wissens- und Praxisgebiete und zur Einigung darüber kommen, den Namen „Sonderpädagogik“ zu bevorzugen. Diese zögerliche Stellungnahme Hartmanns ist aus Rücksichtnahme auf die für Österreich maßgebenden Wiener Verhältnisse zu erklären. An der Universität Wien ist 1980 ohne wissenschaftssystematischterminologische Bedenken ein „Interfakultäres Institut für Sonderund Heilpädagogik“ eingerichtet worden, dem 1996 eine erste ordentliche Professur mit diesem Doppelnamen gefolgt ist51. Auch im Klagenfurter Studienplan für die Studienrichtung Pädagogik von 1982 lautete der Name des als „spezielle Pädagogik“ wählbaren Faches „Sonderund Heilpädagogik“.52 Als Professor hat Hartmann seine schon als Assistent durchgeführten Lehrveranstaltungen fortgesetzt und durch folgende weitere Themen ergänzt. Es waren Vorlesungen über „Verhaltensstörungen als Erziehungsproblem“, „Erziehungs- und Bildungstheorien als Ergebnis von Kulturentwicklung“, „Lern- und Geistigbehindertenpädagogik“, „Pädagogische Institutionen als Spiegel gesellschaftlicher Sozialhal
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UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 51ff. mit Aufgabenbeschreibung. Hartmann 1981, 105–120. Ebenda, 16f. – Vgl. hierzu in diesem Werk Bd. 1, 767ff. Vgl. Bd. 1, 806ff. Mitteilungsblatt der UBWK 1982, Nr. 80, § 6.
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tungen“, „Heilpädagogische Syndrome“, „Verhaltensauffälligenpädagogik“, „Einführung in die Techniken der sonder- und heilpädagogischen Diagnose und Intervention“. Die Seminare waren vorwiegend den Themen der Vorlesungen gewidmet. Dazu kamen noch folgende Themen: „Interventionsstrategie für lern- und geistigbehinderte Kinder“, „Aktuelle Problemstellungen in der Verhaltensauffälligenpädagogik“, „Interventionsstrategien für verhaltensauffällige Kinder“, „Theorieprobleme der sonder- und heilpädagogischen Diagnose und Intervention“, „Praxisprobleme der sonder- und heilpädagogischen Arbeit“. Übungen gab es über „Sonder- und heilpädagogische Diagnose, Beratung und Therapie“ (später statt „Therapie“ = „Interven tion“).53 Als Professor hat Hartmann folgende Forschungsprojekte geleitet: „Modellerstellung Burschenwohngruppe“ (Erarbeitung der baulichen, organisatorischen und sonderpädagogischen Konzeption einer Wohngruppe für 6-8 Burschen als Ergänzung zur Einrichtung „Landesjugendheim Rosental“); „Bildungspolitische Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation behinderter Menschen in Österreich“ (Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung); „Die schulische Situation sehbehinderter Kinder in Österreich“ (Bundesministerium für Unterricht); „Erstellung von Vorschlägen bezüglich Neuaufnahme und Überarbeitung von Deskriptoren für den Subthesaurus ,Sonderschulerziehung‘ des EUDISED-Thesaurus“ (Bundesministerium für Unterricht).54 Als Hauptbetreuer und erster Gutachter hat Hartmann folgende 2 Dissertationen angenommen: Josef Keler: Offene Jugendarbeit in Weiterführung der pädagogischen Konzep tion von Johannes Bosco (1986)55; Alicia Herrera-Vazquez: Soziale Lernbehinderung als sonderpädagogisches Problem am Beispiel von Mexiko-Stadt (1987).56
Über bedeutende eigene Veröffentlichungen von Hartmann kann nur wenig berichtet werden. Das gemeinsam mit seiner Frau und Wurst geschriebene Lehrbuch von 1971 ist bereits erwähnt worden. Als einzige Monographie ist 1976 ein „Handbuch für Lehrer und Erzieher“ (Vorwort) über „Geschlechtserziehung in der Grundschule“ im Umfang
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Verzeichnisse der Lehrveranstaltungen WS 1982/83 bis SS 1988. UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 57ff. Ebenda, 74. Promotion in der ZfP nicht verzeichnet. ZfP 34 (1988), 437. Zweiter Gutachter war Schöler.
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von 164 Seiten erschienen. Es war eine gut verständliche realistische und zugleich behutsame Darstellung nach dem didaktischen „Prinzip der Emotionsneutralisierung und der Affektvermeidung“ bei Lehrern wie Schülern57 mit Betonung der sozialethischen Gewissensbildung58. Im übrigen dominierten Arbeitsberichte über „Schulversuchsmodelle“ zur „Integrierten Grundschule“, „Differenzierten Sonderschule“59, „Vorschulklasse an einer internatsmäßig geführten Schule für körperbehinderte Kinder“ und die Ausbildung von Sonderkindergärtnerinnen. Sie sind in der Schriftenreihe des Zentrums für Schulversuche und Schulentwicklung des Unterrichtsministeriums erschienen und wenig bekannt geworden. Zum „Handbuch der Sonderpädagogik“ hat Hartmann den Länderbericht über Österreich beigesteuert60. In der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist Hartmann zwischen 1970 und 2000 als Autor nur einmal erwähnt worden61. Sein Interesse galt mehr der Lehre und Beratung, der Planungs-, Organisations- und Öffentlichkeitsarbeit zugunsten Behinderter als der erziehungswissenschaftlichen Forschung. Aus dieser verdienstvollen und fruchtbaren Arbeit ist er am 6. August 1988 durch den Tod im Alter von 49 Jahren allzu früh herausgerissen worden.
21. JUTTA MENSCHIK-BENDELE ALS PROFESSORIN FÜR LEBENS- UND ERZIEHUNGSBERATUNG: 1984–1992 (danach im Institut für Psychologie) Die 1981 eingeleitete Abkehr der Hochschule von ihrem elitären Gründungszweck eines nationalen Zentrums „bildungswissenschaftlicher“ Forschung hat zur Suche nach neuen „pädagogischen Berufsfeldern“ außerhalb des Schulwesens geführt1. Sie entsprang dem Wunsch, durch praxisorientierte akademische Ausbildungsangebote für noch zu schaffende außerschulische pädagogische Spezialberufe genügend Studie-
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Hartmann 1976, 91. Ebenda, 56ff. und 100. Hartmann u.a. 1976. Hartmann 1987. ZfP 43 (1997), 410 als Ko-Autor bei Wurst/Hartmann/Hartmann 1971. Vgl. in diesem Buch S. 511ff.
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rende anzuziehen, um die Studienrichtung Pädagogik erhalten und ausbauen zu können. Dazu war schon seit 1978 an Schwerpunkte für „Sozialpädagogik“, „Erziehungs- und Familienberatung“, „Erwachsenenbildung“ und „Freizeitpädagogik“ gedacht worden2. Das Kontaktkomitee hat 1983 für diese Arbeitsfelder jedoch nur eine neue Professur vorgesehen und deren Widmung der Universität überlassen. Auf Betreiben von Klingler ist sie der „Lebens- und Erziehungsberatung“ gewidmet worden. Ihre Benennung zeigt, dass es dabei um die Theorie eines weiten Praxisfeldes sozialer Hilfen ging, aber nicht um eine anerkannte Teildisziplin der Pädagogik oder der Psychologie. Wissenschaftssystematisch wie berufspraktisch handelte es sich um ein Grenzgebiet der Angewandten Psychologie, das überwiegend psychodiagnostisches und –therapeutisches Wissen und Können in der Anwendung auf Erziehung und Erwachsenenbildung, Sozialarbeit, Seelsorge und Menschenführung erforderte3. Die vorhandenen Professoren für Pädagogische Psychologie (Völkl) und für Sonder- und Heilpädagogik (Hartmann/ Hovorka) hätten es mitbetreuen können, taten es aber gar nicht oder nur spärlich. Es setzte jedenfalls in der Regel eine psychologische Ausbildung voraus und gehörte vorrangig in einen Studiengang der Psychologie. Es bestand also das Risiko, dass die neue Professur der Pädagogik und den „pädagogischen Berufsfeldern“ für ihre Absolventen weniger Dienste leisten würde als geplant war. Es musste mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass sie bei nächster Gelegenheit aus dem Verband der erziehungswissenschaftlichen Institute in das Institut für Psychologie verlegt wird und dort ihre Bindung an die für die Pädagogik spezifischen Lehr- und Forschungsaufgaben verliert. Diese für den pädagogischen Zweck der neuen Professur nachteilige Wirkung ist wie in anderen ähnlichen Fällen4 auch in Klagenfurt eingetreten. Doch zunächst zurück zur Ausschreibung und zum Besetzungsvorschlag. Die erste österreichische Planstelle eines ordentlichen Professors für Lebens- und Erziehungsberatung wurde der Universität am 26. März 1983 vom Wissenschaftsministerium zugewiesen5. Die Beru2 Hödl 1980, 69ff. 3 Vgl. u.a. Kastner-Koller/Deimann 1993. 4 Vgl. u.a. in diesem Werk Band 2, 317ff. zur Entfremdung der Grazer Lehrkanzel für Pädagogische Psychologie 1971–1997 von ihrem pädagogischen Zweck. 5 BMfWF Zl. 357/7-110/83.
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fungskommission wurde am 27. April 1983 eingesetzt6 und hat Klingler zum Vorsitzenden gewählt. Als weitere Professoren der Pädagogik gehörten ihr Boeckmann, Hartmann, Posch und Schöler an, ferner die Psychologieprofessoren Löschenkohl und Klaus Ottomeyer7 sowie der Wiener Professor für Psychiatrie Hans Strotzka8. In der Ausschreibung wurden über die Planstelle folgende Angaben gemacht9: sie diene als erster Schritt „eines Ausbauprogramms, das neue Qualifikationen im Bereich … der Bildungswissenschaften … betont“. „Voraussetzungen: Nachweis von Forschung, Lehrerfahrung und umfangreicher Praxis auf dem Gebiet der Lebens- und Erziehungsberatung. Aufgabenschwerpunkte: a) Lehre und Forschung auf folgenden Gebieten: – Wissenschaftliche Grundlagen verschiedener Konzepte der Lebens- und Erziehungsberatung; – Integrative Konzepte der Beratungspraxis mit Rücksicht auf den Zusammenhang zwischen individueller, institutioneller und gesellschaftlicher Entwicklung. b) Wissenschaftliche und institutionelle Vorbereitung und Einrichtung eines Studiums ,Lebens- und Erziehungsberatung‘ einschließlich der praktischen Ausbildung und der Entwicklung von Supervisionsmodellen …“. Der Besetzungsvorschlag vom 30. Jänner 1984 lautete: 1. Jutta Menschik, Privatdozentin für Psychologie an der Freien Universität Berlin; 2. Kurt Buchinger, Oberassistent am Institut für Tiefenpsychologie und Psychotherapie der Universität Wien und daneben seit 1983 Universitätsdozent für Tiefenpsychologie und Gruppen 6 Mitteilungsblatt der UBWK 1982/83, Nr. 138.5. 7 Geboren 1949 in Frankfurt am Main, studierte Soziologie, Ethnologie und Psychologie in Frankfurt, Freiburg und Bremen. Promotion in Bremen. 1975–1981 Assistent am Psychologischen Institut der Freien Universität Berlin, Sektion Sozialisation. 1982 arbeitslos. Seit 1. Jänner 1983 Ordentlicher Professor für Sozialpsychologie mit Arbeitsschwerpunkten Friedens- und Konfliktforschung, Gruppentherapie und Probleme der Sozialarbeit. Mitteilungsblatt der UBWK vom 4.1.1983, 1; Ottomeyer 1976, 5; 1987; 1988, 140f. 8 (1917–1994). Kurzbiographie: Kürschner 1992, 3686; Bruckmüller 2001, 482. 9 Die Presse vom 7.5.1983.
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dynamik an der Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt; 3. Christiane Hofmann, Dr. phil. Sonderschullehrerin und Lehrbeauftragte im Fachbereich Psychologie der Universität Gießen. Wie ist der Berufsweg dieser drei Kandidaten verlaufen, die für den Aufbau der neuartigen Studienrichtung vorgeschlagen worden sind? Jutta Menschik wurde am 11. April 1944 in Obernigk (Regierungsbezirk Breslau/Schlesien) geboren10 und war katholischer Konfession. Nach der Flucht der Familie aus ihrer Heimat gegen Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 ist sie in der niedersächsischen Kreisstadt Nienburg an der Weser aufgewachsen und hat dort die Schule bis zum Abitur besucht. Ihr kritischer Geist und ihr Wille zur Emanzipation haben sich schon früh gezeigt. Als Beispiel wurde berichtet, dass sie im Alter von 13 Jahren beim Bischof von Hildesheim, der für ihren Wohnort zuständig war, brieflich angefragt hat, „welche Bücher auf dem Index der katholischen Kirche stünden. Die Werke auf der Liste, die ihr zur Warnung geschickt wurde, hat sie systematisch durchgelesen“11. Nach dem Abitur hat Menschik eine Ausbildung zur Bibliothekarin durchlaufen und sich danach zum Studium der Politologie am OttoSuhr-Institut der Freien Universität Berlin entschlossen. 1966 wurde sie Mitbegründerin des „Aktionsrates zur Befreiung der Frauen“ an der Freien Universität Berlin12. Das Jahr 1968 hat sie im Zentrum der Studentenrevolte der Neuen Linken erlebt und an den Demonstrationen teilgenommen13. „Als Studentenvertreterin der Freien Universität Berlin“ hat sie auch die Straßenschlachten des Pariser Mai-Aufstandes erlebt. Er „verursachte in uns ein Gefühl unbändigen Triumphes und zwei Wochen lang schien es, als könnten die Studenten mit ihrer Bewegung den Staat lahm legen“14.
10 Kürschner 1987, 2991; 2007, 2358. 11 Jochen Bendele in Krefting 2009, 195. 12 Oliver Vitouch in Krefting 2009, 24; zum SDS-kritischen Programm des Aktionsrates vgl. seine Resolution für die 23.o.DK des SDS bei Seibold 1988, 315f. 13 Zur Rolle der Freien Universität Berlin als Stützpunkt der „Außerparlamentarischen Opposition“ (APO) vgl. Tent 1988, 343ff.; zum Otto-Suhr-Institut (OSI) 377ff. und 422ff.; vgl. ferner den Bericht des damaligen APO-Aktivisten Götz Aly 2008, 129ff., der dort seit 1968 studiert hat. – „Innerhalb des Tollhauses FU“ bildete das OSI „eine Sonderabteilung für die unheilbaren Fälle“: der dort tätige jüdische Prof. Ernst Fraenkel (1998–1975), zitiert bei Aly 2008, 132. 14 Menschik-Bendele 2002, 271.
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Später hat sie folgende „Orte“, „die Vorreiter von Kulturinitiativen waren“, angegeben, an denen sie in der „gelungenen Einheit“ von „Kämpfen, Lieben und Arbeiten“ „soziale Kompetenz erlernen und erwerben konnte“: die linke „Studentenbewegung an der Freien Universität Berlin“; als Mitgründerin einer „Gruppe des Sozialistischen Frauenbundes Westberlin“ die sozialistische „Frauenbewegung“, wo alle drei Bände des „Kapitals“ von Karl Marx gelesen wurden; die „Kinderladenbewegung“, „für deren Finanzierung“ sie sich „als Studentenvertreterin einsetzen konnte“.15 1970 hat Menschik ihr Studium als Diplom-Politologin abgeschlossen16. Ihre Diplomarbeit behandelte „Die Bedeutung der Erwerbstätigkeit für die gesellschaftliche Emanzipation der Frauen in der Bundesrepublik Deutschland“17. Sie diente als Grundlage für ihr erstes Buch über „Gleichberechtigung oder Emanzipation? Die Frau im Erwerbsleben der Bundesrepublik“ (1971). Es ist auch ins Spanische, Holländische und Dänische übersetzt worden18. In dieser Schrift hat Menschik eine klare theoretische Analyse der Problematik des „Emanzipationskampfes“ der Frauen aus der antikapitalistischen Sichtweise eines utopischen Sozialismus geboten. Sie hat dabei auch seine Auswirkungen auf Ehe, Familie und Kindererziehung gestreift19. Als Basis diente die marxistische These, „daß die Emanzipation der Frau nur innerhalb der Emanzipation der kapitalistischen Gesellschaft zum Sozialismus erfolgen kann“20. Die Frauenfrage lasse sich „nicht geschlechtsspezifisch lösen, sondern letztlich nur durch die Umgestaltung der kapitalistischen Klassengesellschaft in eine sozialistische, klassenlose“. Der Weg führe über die Einbeziehung der Frauen in das Erwerbsleben und die damit einhergehende „Änderung der Familienstruktur“. Diese mache „entlastende Einrichtungen“ für die Familie durch die Gesellschaft nötig. Dem stehe jedoch „als Hemmnis das traditionelle Leitbild der Frau … entgegen“, „das durch die geschlechts 15 Menschik-Bendele 1996, 206ff. 16 Im Kürschner 1987, 2991 wird sie bis zur jüngsten Ausgabe konstant als Diplom-Politologin bezeichnet; in den Namens- und Vorlesungsverzeichnissen der Freien Universität Berlin zwischen 1972 und 1975 konstant als Diplom-Soziologin. Da Menschik alle Auskünfte an den Verfasser verweigert hat, können diese und andere aufklärungsbedürftige Widersprüche vorläufig nur registriert werden. 17 Menschik 1971, 1. 18 Kürschner 1987, 2991. 19 Menschik 1971, 136ff. und 149ff. 20 Ebenda, 10.
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spezifische Rollenerziehung reproduziert wird“. „Der Bruch mit diesen Vorstellungen wird erforderlich“.21 Grundsätzlich müsse „die Unterdrückung der Frau durch den Mann als Bestandteil der allgemeinen Unterdrückung gesehen werden und muß das Ziel jeglicher Emanzipation die Aufhebung jeder Art von Herrschaftsausübung sein“. Deshalb seien „vor allem auch agitatorische Modelle zu erarbeiten, wie der Kampf gegen das Kapital aufzunehmen ist, ohne den eine Befreiung der Frau undenkbar ist.“22 Nach ihren politikwissenschaftlichen Studien hat Menschik das Studium der Psychologie aufgenommen und es 1979 als Diplom-Psychologin abgeschlossen23. Seither hat sie nebenberuflich auch als Psychotherapeutin gearbeitet24. Schon acht Jahre früher wurde sie 1971 auf Grund ihres politikwissenschaftlichen Diploms als Assistentin im Psychologischen Institut der Freien Universität Berlin eingestellt25. Es stand seit 1967 unter der Leitung von Klaus Holzkamp (1927–1995), der unter marxistischem Einfluss eine gegen die „bürgerliche Psychologie“ gerichtete „kritisch-emanzipatorische Psychologie“ propagiert hat26. „Frauenbefreiung“, Emanzipation und „feministische Wissenschaft“ waren auch die Inhalte von Menschiks Dissertation, mit der sie 1976 im Fachbereich „Philosophie und Sozialwissenschaften“ der Freien Universität Berlin das Doktorat der Philosophie erworben hat. Ihr Titel lautete „Feminismus. Darstellung und Analyse des Entstehungs-, Begründungs- und Wirkungszusammenhangs eines sozialen Problems“27. Betreuer und Gutachter der Dissertation waren die Professoren der Psychologie Siegfried Schubenz (Spezialgebiet: Sozialisation) und Holzkamp.28 Sie wurde Menschik als Leistungsnachweis für Psycholo 21 Ebenda, 80. 22 Ebenda, 156. 23 Über eine psychologische Diplomarbeit von Menschik ist nichts bekannt. Sie ist in der Zentralstelle für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID) an der Universität Trier ebenso wenig verzeichnet wie ihre Habilitationsschrift von 1978. 24 Menschik in: Kulturverein Schloß Goldegg 1974, 138. 25 Erstmals im Vorlesungsverzeichnis der Freien Universität Berlin vom WS 1971/72, S. 81 genannt. 26 Holzkamp 1972, 99ff. – Zur „Roten Zelle Psychologie“, der Krise am Institut, seiner Teilung und der Neugründung eines zweiten Instituts 1970 ebenda, 238ff. und 265ff.; siehe auch Holzkamp 1973, 9 über „die Notwendigkeit einer Wendung … zu einer marxistisch fundierten kritischen Psychologie“; Tent 1988, 401ff. 27 GVH, 15, 1986, 100. 28 PSYNDEX, Accession Number 5002137.
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gie angerechnet, obwohl es sich primär um eine politologische Studie mit feministisch-anthropologischem Schwerpunkt handelte. Sie ist 1977 als Buch im Umfang von 282 Seiten unter folgendem Titel erschienen: „Feminismus. Geschichte, Theorie, Praxis“. Darin wurde eine materialreiche und kritische Darstellung der feministischen Bewegungen und der Ergebnisse feministisch relevanter Forschungen zu weiblichen Lebensproblemen geboten. Das „Ergebnis“ lautete: „Der Feminismus hat die Belege für die scheinbare weibliche Inferiorität und die daraus resultierende tatsächliche Unterlegenheit bis ins Unermeßliche angehäuft. Der Marxismus dagegen hat den Weg aus der Unterlegenheit vorgezeichnet. Nur wenn die Frau in die gesellschaftliche Arbeit eintritt und wenn es dadurch gelingt, alle sie an die Privatsphäre fesselnden Faktoren, im Sinn einer allgemeinen Humanisierung der menschlichen Lebensweise, auszuschalten, wird sich sexuelle, ökonomische und politische Unterdrückung überhaupt aufheben lassen. Das heißt konkret, daß eine feministische Wissenschaft sich nicht als Konkurrenz zu einer materialistischen etablieren darf, sondern neben der gewissenhaften Prüfung aller Erklärungsansätze des weiblichen Schicksals den kritischen und selbstbewußten Weg zur materialistischen Wissenschaft zurückfinden muß.“29 Nach ihrer Promotion ist Menschik ab 1977 als Mitherausgeberin der „Blätter für deutsche und internationale Politik“ in Erscheinung getreten30. Zu ihrem frauenpolitischen Forschungsfeld gehörte auch das informative Buch „Gretchens rote Schwestern. Frauen in der DDR“, das sie 1974 gemeinsam mit Evelyn Leopold veröffentlicht hat. 1977 hat Menschik „Grundlagentexte zur Emanzipation der Frau“ herausgegeben. Sie sind wie ihre im gleichen Jahr publizierte Dissertation im Kölner Verlag Pahl-Rugenstein erschienen, der der auf Initiative der „Deutschen Kommunistischen Partei“ (DKP) gegründeten und von ihr gesteuerten „Arbeitsgemeinschaft sozialistischer und demokratischer Verleger und Buchhändler“ angehörte31.
29 Menschik 1977, 237f. 30 Nach ihren Angaben im Kürschner 1987, 2991 und 2007, 2358 bereits seit 1975 und unbegrenzt. Tatsächlich dauerte die Herausgeberschaft nur vom 22. Jg. (1977) bis zum 31. Jg. (1986). Im Kürschner auch kontinuierlich falsch zitiert als „Zeitschrift für Deutsche und Internationale Politik“. 31 Verfassungsschutzbericht 1976 des Bundesministers des Innern, Bonn 1977, 88. Dieser Verlag hat auch die „Blätter für deutsche und internationale Politik“ verlegt, die monatlich in einer Auflage von ca. 16.000 Exemplaren erschienen sind.
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Im marxistisch orientierten Psychologischen Institut I war sie zunächst der „Sektion Produktion“ zugeordnet. Dort hat sie folgende Lehrveranstaltungen angeboten: Proseminare und Übungen zur „Frau im Erwerbsleben der BRD“, zur „Lage der Frau in Beruf, Familie und Gesellschaft in der DDR“, „Auswirkungen der Erwerbstätigkeit von Müttern auf deren Kinder“, „Marxsche Textinterpretation (Kapital, Bd. 3)“, „Psychologische Mechanismen des Antikommunismus“, „Entstehung und Wirkung sozialer Vorurteile“, „Entwicklung und Entstehen sozialer Vorurteile“.32 Ab 1978 war Menschik in der Sektion „Sozialisation“ tätig. Angeboten wurden Übungen über „Pädagogisch-therapeutischer Prozeß bei A.S. Makarenko“, „Makarenko heute – praktische Anwendung des päd. therap. Konzepts von A.S. Makarenko“33, „Institutionsanalyse familialer, vorschulischer und schulischer Sozialisation“, „Lektürekurs zur frühkindlichen Entwicklung“, „Narziss: Auseinandersetzung mit Theorien des ,neuen‘ Sozialisationstyps“, „Institutionsanalyse päd.therapeutischer Tätigkeit: Schwerpunkt Kindertagesstätte“, „Frühkindliche Entwicklung: Symbiose und Individuation“, „Alternativschulen“, „,Die Schule der Ungeliebten‘. Therapie von Kindern und Jugendlichen nach Ch. Bettelheim“34 (mit Dieter Baumann), „Pubertät“ (mit Baumann), „Grundformen der Angst“ (mit Baumann), „Kinder und Mädchen“ (mit Baumann), „Einführung in die PSE Kindertherapie“ (mit Baumann), „,Schwarze Pädagogik‘. Anfänge der Erziehung“, „Geschwisterliebe – Geschwisterhaß“ (mit Baumann), „Der Helfer und der Scharlatan. Macht als Gefahr in helfenden Berufen“, „Selbsterfahrung in der Gruppe“, „Grundlagen der systemischen Familientherapie“.35
Verfassungsschutzbericht 1983, 70. „Zu seinen Autoren zählen zahlreiche Kommunisten und Funktionäre kommunistisch beeinflußter Organisationen“: Verfassungsschutzbericht 1980, 83. 32 Namens- und Vorlesungsverzeichnis der Freien Universität Berlin, SS 1972, 223 und 225; WS 1972/73, 276; SS 1973, 268; WS 1973/74, 305; SS 1974, 336; WS 1974/75, 301. 33 Kurzbiographie des sowjetischen Pädagogen Anton Semjonowitsch Makarenko (1888–1939) bei W. Böhm 2005, 422f. 34 Gemeint war Bruno Bettelheim (1903–1990). Über ihn in diesem Werk Bd. 3, 617. 35 Ebenda, WS 1978/79, 270 und 278; SS 1979, 287 und 289; WS 1979/80, 290; SS 1980, 297f.; WS 1980/81, 302; WS 1981/82, 233; SS 1982, 231; WS 1983/84, 251; SS 1984, 257.
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Schon zwei Jahre nach ihrer Promotion hat Menschik 1978 im Alter von 34 Jahren an der Freien Universität Berlin die Lehrbefugnis als Privatdozentin für Psychologie erworben.36 Über eine Habilitationsschrift und deren Thema ist ebenso wenig bekannt wie über ihre Diplomarbeit in Psychologie37. In den folgenden Jahren hat sich Menschik von verallgemeinernden feministischen Studien mit politischer Stoßrichtung abgewendet und auf lebensgeschichtliche Fallstudien im Dienst psychologischer Beratung und Einzelfallhilfe konzentriert. Beigetragen hat dazu nach einer früheren gescheiterten Ehe seit 1981 eine glücklichere zweite Ehe, aus der zwei Töchter hervorgegangen sind.38 Seither arbeitete sie als Spezialistin für konkrete Frauen-, Kinder- und Jugendprobleme, Paarund Familientherapie auf psychoanalytischer Basis mit eigener psychotherapeutischer Praxis. Dabei kam ihr ein hohes Maß an Kontaktund Einfühlungsfähigkeit, Selbstbewusstsein und Sprachgewandtheit zugute. Ein frühes literarisches Zeugnis dafür war eine unkommentierte Sammlung von 18 Lebensgeschichten im Buch „Ein Stück von mir. Mütter erzählen“ (1985). Es war gut geschrieben, aber weder repräsentativ noch beratungspraktisch relevant. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen im Jahre 1983 lagen noch keine wissenschaftlichen Veröffentlichungen vor, die die Wandlung von einer bekannten sozialistischen Politologin und Frauenforscherin zur Praktischen Psychologin und Lebensberaterin erkennen ließen, geschweige zu einer pädagogisch kompetenten Erziehungsberaterin. Ihre Ausbildung zur Psychoanalytikerin hat sie im „Salzburger Arbeitskreis für Psychoanalyse“ nachgeholt39. Dieser ist von Igor Caruso (1914–1981) gegründet worden, der „eine katholische Tiefenpsychologie mit ausgeprägt marxistischen Zügen“ vertrat, nachdem er 1972 ohne psychoanalytische Ausbildung, ohne Habilitation und ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens durch Wissenschaftsministe-
36 Menschik im Kürschner 1987, 2991. Im Namens- und Vorlesungsverzeichnis der Freien Universität Berlin als Privatdozentin erstmals im SS 1981, 223 und 225 genannt. 37 Im Archiv der Freien Universität Berlin liegt nur Menschiks Prüfungsakt über ihr am 11.12.1970 erworbenes Diplom in Politologie vor. Mitteilung des Archivs vom 9.5.2011 an den Verfasser. PAB. Vgl. auch Fußnote 23. 38 Menschik 1985, 10f. 39 Menschik 1994, 175 ohne Zeitangabe.
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rin Firnberg zum Professor für Klinische Psychologie und Sozialpsychologie an der Salzburger Universität ernannt worden war.40 Kurt Buchinger41 wurde am 27. November 1943 in Wien geboren. Nach dem Besuch des Realgymnasiums in Wien XIX (Krottenbachgasse) und der Reifeprüfung mit Auszeichnung im Jahre 1961 hat er zunächst zwei Semester an der Hochschule für Welthandel studiert und ist dann zum Studium der Theologie an die Universität Wien gewechselt. Ab 1963 hat er sich an der Philosophischen Fakultät der Philosophie im Hauptfach und der Germanistik im Nebenfach gewidmet. Von 1968 bis 1970 hat er als Assistant-Professor am Millersville State College in Pensylvania (USA) Philosophie unterrichtet mit den Schwerpunkten Erkenntnistheorie, Ethik und Ästhetik. Auf Grund einer von Erich Heintel betreuten Dissertation über „Der Gedanke der Selbstbestimmung in den drei ,Kritiken‘ Kants“ hat er am 9. Dezember 1970 „sub auspicíis praesidentis rei publicae“ promoviert. Die Dissertation ist ungedruckt geblieben, wozu ihr Mangel an Verständlichkeit beigetragen haben dürfte. Ab 1. Dezember 1970 war Buchinger als Assistent an der Lehrkanzel für Didaktik der Philosophie der Hochschule für Bildungswissenschaften bei Erich Heintels Sohn Peter Heintel tätig. In der Aufbaustufe hat er dort Lehraufträge für Philosophie und für Gruppendynamik versehen42. Mit Wirksamkeit vom 1. März 1973 wurde er an das Institut für Tiefenpsychologie und Psychotherapie der Universität Wien versetzt43, das damals von Prof. Hans Strotzka geleitet wurde. Dort hat er Proseminare über folgende Themen gehalten: „Theorie der Gruppendynamik“, „Psychoanalytische Literatur“, „Wissenschaftstheorie der Psychoanalyse“, „Psychoanalyse und Religion“, „Psychoanalytische Gruppentherapie“, „Theorie und Praxis der Randgruppenarbeit“ und „Themenzentrierte Selbsterfahrung für Medizinstudenten“. 1981/82 hat er nebenberuflich auch an der Klagenfurter Universität Lehraufträge zur „Einführung in die Tiefenpsychologie“ ausgeübt.44
http://de.wikipedia.org/wiki/IgorAlexanderCaruso (2010 bearbeitet von HelLukesch). 41 Lebenslauf am Ende seiner Dissertation von 1968, 223; Who is who in Österreich, 6.1985, 163. Kurzbiographie: Kürschner 2007, 450; HÖDL 1980, 234. 42 HBW: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen WS 1972/73, 20, 25, 27. 43 Hödl 1980, 234. 44 Buchinger: Liste der selbständig abgehaltenen Lehrveranstaltungen 1968– 1982, AUK. 40
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Am 4. Juni 1982 hat er dort die Lehrbefugnis für das Gebiet „Tiefenpsychologie und Gruppendynamik“ beantragt, obwohl das Fach „Tiefenpsychologie“ nicht zum Wirkungsbereich der Universität Klagenfurt gehört45 hatte. Er hat eine Habilitationsschrift „Zur Erweiterung des therapeutischen Horizonts (von der Psychoanalyse zur Selbsthilfe)“ im Umfang von 541 Seiten vorgelegt, die ungedruckt geblieben ist. Es handelte sich um eine gründliche, klare und sehr differenzierte Studie, in der die Ergänzung der psychoanalytischen „Ein-PersonenTherapie“ in der Zweier-Situation Arzt-Patient bzw. PsychotherapeutKlient durch „Mehr-Personen-Therapie“, „Gruppentherapie“ und „Institutionsberatung“ empfohlen und begründet wurde. „Es soll illustriert werden, daß der Psychotherapie in der Entwicklung ihrer Theorien und Techniken eine Tendenz eignet, über ihren primären Gegenstand, das individuelle Verhalten bzw. seine Beeinflussung in einer therapeutischen Zweierbeziehung hinauszugehen und sich der Erfassung und Beeinflussung immer größerer sozialer Einheiten, soweit sie noch durch gezielte therapeutische Interventionen als ganze beeinflußbar sind, zuzuwenden“.46 Diese Tendenz führe zu Interventionsformen, die „nicht mehr als Therapie, sondern als Organisations- und Institutionsberatung“ bezeichnet werden. Auch für diese und alle Formen der Hilfe zur „Selbsthilfe“ sei „die Psychoanalyse von grundlegender Bedeutung“47. Das wird anhand von Theorien über die sozialen Bedingungen von Persönlichkeitsstörungen und über gruppenbezogene Beratungs- und Interventionsmethoden erläutert. Betont wird dabei „der emanzipatorische Charakter der Psychoanalyse“48 und ihr Beitrag zur Anerkennung der „Subjektivität“ und zur „Aufhebung der Arzt-Patient-Beziehung“ durch „Selbsthilfe“ in Selbsthilfegruppen.49 Die besondere Leistung Buchingers lag in der Kritik und Überwindung der Widersprüche, die in der Psychoanalyse durch ihre enge Bindung an medizinische Krankheitsvorstellungen und Behandlungskonzepte entstanden sind, obwohl es sich bei ihr um eine psychologische Theorie und Methode handelt.50 Die Habilitation ist am 26. Mai 1983 erfolgt und vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung am 29. November 1983 ge
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Verstoß gegen UOG 1975, § 38 Abs. 1 e. Buchinger 1982, 7f. Ebenda, 14. Ebenda, 374ff. Ebenda, 286ff. Ebenda, 368ff.
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nehmigt worden51. Für die Nominierung zur Berufung auf eine Professur mit dem Schwerpunkt Erziehungsberatung haben Buchinger allerdings die erziehungswissenschaftlichen Voraussetzungen wie die kinderpsychologische und sonderpädagogische Praxis gefehlt. Die an dritter Stelle vorgeschlagene Christiane Hofmann52 wurde am 1. November 1945 in Wiesbaden als Tochter eines Bauingenieurs geboren, war evangelischer Konfession und hatte drei Geschwister. Sie hat die Grundschule (Goethe-Schule) in Düsseldorf und das Humanistische Gymnasium (Dilthey-Schule) in Wiesbaden besucht und am 15. Feber 1965 die Reifeprüfung bestanden. Von 1966 bis 1969 hat sie sich an der Universität Gießen den Lehramtsstudien in den Fächern Deutsch, Kunst und Musik an Grund- und Hauptschulen gewidmet und am 26. Mai 1969 das Erste Staatsexamen bestanden. Die Staatsexamenarbeit über die Entwicklung des Kinderspiels wurde von Prof. Hildegard Hetzer53 angenommen. Von 1969 bis 1972 war Hofmann Lehrerin an der privaten Heimsonderschule des Heilpädagogischen Kinderheimes „Leppermühle“ bei Gießen für verhaltensauffällige, praktisch bildbare Kinder. Für die Zweite Staatsprüfung (1972) hat sie eine von Prof. Edmund H. Funke54 betreute Arbeit geschrieben über „Die Bedeutung der unterschiedlichen Intelligenzund Persönlichkeitsstruktur zwischen Schülern einer Heimsonderschule und Schülern einer öffentlichen Lernbehindertenschule für die Didaktik der Sonderschule“. Von 1972 bis 1974 folgte ein Zusatzstudium der Heil- und Sonderpädagogik an der Universität Marburg, das mit der Staatsprüfung für das Lehramt an Sonderschulen abgeschlossen wurde. Die Staatsexamensarbeit behandelte Berufswünsche der Eltern von Sonderschülern für ihre Kinder. Am 21. November 1974 hat Hofmann mit der Diplomhauptprüfung (Schwerpunkt Sonderpädagogik) den akademischen Grad Diplompädagogin erworben.
51 BMfWF, GZ 5 865/1-14/83. Mitteilungsblatt der UBWK 1983/84, Nr. 65 vom 19.1.1984. 52 Biographische Angaben nach Lebenslauf und Schriftenverzeichnis vom 25.2.2011, für die Frau Kollegin Hofmann – bis 2011 Ordentliche Professorin für Lernbehinderten- und Verhaltensgestörten-Pädagogik der Universität Gießen – auch an dieser Stelle gedankt sei. 53 Über Hetzer vgl. in diesem Werk Bd. 1, 392f. 54 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 958.
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Von 1974 bis 1977 arbeitet sie als Sonderschullehrerin an der Schule für Lernbehinderte in Butzbach (Hessen). Von 1977 bis 1983 war sie Pädagogische Mitarbeiterin bei der Ausbildung von Sonderschullehrern im Fachbereich Psychologie der Universität Gießen. Am 23. Juni 1981 erfolgte die Promotion an der Universität Frankfurt am Main mit einer von Prof. Ernest Jouhy55 betreuten Dissertation über „Differentielle Aspekte der sozialen Herkunft in ihrer Bedeutung für schulische Dequalifizierung. Eine vergleichende Studie“56. Sie ist 1982 im Umfang von 412 Seiten als Buch unter folgendem Titel erschienen: „Familienalltag. Vergleichende Untersuchungen mikrostruktureller Sozialisationsprozesse in Familien von Gesamt-, Grund- und Sonderschülern“. Zur Zeit ihrer Bewerbung um die Klagenfurter Professur lagen an Publikationen neben der Dissertation erst 4 Aufsätze über lernbehinderte Sonderschüler und ihre Eltern vor. Aus den Berufswegen und Veröffentlichungen dieser drei Bewerber war leicht zu erkennen, dass es ihnen an gründlicher wissenschaftlicher und praktischer Vorbereitung auf das weitläufige Spezialgebiet „Lebens- und Erziehungsberatung“ gefehlt hat. Wissenschaftsminister Heinz Fischer (SPÖ) hat sich an den Besetzungsvorschlag der Universität gehalten und Menschik berufen. Sie ist durch Entschließung des Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger vom 4. September 1984 mit Wirksamkeit vom 1. Oktober 1984 zur Ordentlichen Universitätsprofessorin für Lebens- und Erziehungsberatung ernannt57 und dem „Institut für Lehrplantheorie und Schulpädagogik“ zugeordnet worden. Das Institut wurde daraufhin 1985 in „Institut für Schulpädagogik und Sozialpädagogik“ umbenannt58 und erhielt für Menschiks Arbeitsfeld eine „Abteilung für Lebens- und Erziehungsberatung“59. Dieses für die Klagenfurter Interessenten erfundene „Fach“ galt als „neuer Schwerpunkt“ (bzw. „spezielle Pädagogik“) im Bereich der Studienrichtung Pädagogik, „der auf ein besonderes Interesse der Studierenden, vor allem jedoch auch auf eine hohe Nachfrage nach Weiterbildungsmöglichkeiten durch in vielerlei sozialen Aufgabenfeldern Berufstätige gestoßen ist“. Die Universität hat sich bemüht, „die der
55 56 57 58 59
Kurzbiographie: Kürschner 1987, 2088. ZfP 28 (1982), 489. Zl. 204.652/1. Mitteilungsblatt der UBWK 1984/85, Nr. 2.1 vom 9.10.1984. Mitteilungsblatt der UBWK, 1984/85, Nr. 171. Vorlesungsverzeichnis der UBWK, WS 1985/86, 66.
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Einrichtung des geplanten Aufbaustudiums ,Lebens- und Erziehungsberatung‘ noch entgegenstehenden studienrechtlichen Schwierigkeiten möglichst bald zu überwinden“.60 Die Abteilung galt als „einzige … universitäre Einrichtung in Österreich“, die diesem Gebiet gewidmet war und „Konzepte und Verfahren der Lebens-, Familien- und Erziehungsberatung“ „zu überprüfen und durch neue Möglichkeiten zu ergänzen“ versprach61. Als erste Exkursion organisierte Menschik im Sommersemester 1986 eine Studienreise nach Triest, um dort Einrichtungen der „offenen Psychiatrie“ zu besuchen.62 An Lehrveranstaltungen hat Menschik regelmäßig in jedem Semester eine zweistündige Vorlesung und drei zweistündige Seminare durchgeführt.63 Die Vorlesungen waren folgenden Themen gewidmet: „Einführung in die Familientherapie“, „Leben zu zweit: zur Dynamik von Paarbeziehungen“, „Eßstörungen“, „Sucht“, „Träume und Traumdeutung“, „Gleichberechtigung oder Emanzipation“, „Psychoanalytische Neurosenlehre“, „Technik der Psychoanalyse“, „Grundlagen der Psychotherapie“. In ihren Seminaren wurden folgende Themen behandelt: „Pubertät: Analyse eines Lebensabschnittes“, „Selbsterfahrung in der Gruppe“, „Psychosomatische Krankheiten und Familie“, „Der Helfer und der Scharlatan: Macht als Gefahr in sozialen Berufen“, „Das Video-Interview in der Beratung“, „Familie und seelische Krankheit: Das Werk von Helm Stierlin“, „Das pädagogisch-therapeutische Konzept von A.S. Makarenko“, „Beratung im Kontext der Schule: Ablösungsprobleme von Kindern und Jugendlichen“, „Helfen als Beruf“, „Familienkonstellationen und ihre Störungen“, „Kreativität und Krankheit“, „Die Ängste der Kinder“, „Das Phänomen Homosexualität“, „Theorie und Praxis der Kindertherapie“, „Psychoanalytische Pädagogik“, „Die zweite Haut: Mode – Körper – Psyche“, „Beratung in der Schule: Fallkolloquium“, „Geschlechterbeziehungen. Zur Ästhetik von Paarbeziehungen im Spielfilm“, „Freud-Lektüre“, „Projektseminar: Rea-
60 UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 20f.; ebenda 117: als „spezielle Pädagogik“. 61 Ebenda, 87. 62 Ebenda, 117. In Triest war der Psychiater Franco Basaglia (1924–1980) seit 1971 Leiter der psychiatrischen Dienste und Begründer des antiinstitutionellen Zweiges der Antipsychiatrie, der das italienische Gesetz 180 zur Reform des Anstaltswesens durchgesetzt hat. 63 Vorlesungsverzeichnisse der UBWK: SS 1985 bis SS 1992.
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der für Kinderärzte“, „Projektseminar: Tourismus und Familienkommunikation“. Aus diesen Themen ist erkennbar, dass von dieser der Pädagogik gewidmeten Professur weder Beiträge zur Erziehungswissenschaft noch zu neuen „pädagogischen Berufsfeldern“ für Absolventen des Diplomstudiums Pädagogik geliefert worden sind. Statt eine neue vom Institut angekündigte „spezielle Pädagogik“ aufzubauen, hat Menschik-Bendele die „Projektplanung“ ihrer Abteilung auf ein Aufbaustudium „Beratungspsychologie“ konzentriert.64 Ihr Forschungsschwerpunkt wurde in „Psychotherapie und Beratung“ geändert65 und unter der Überschrift „Psychotherapie und Psychoanalyse“ wie folgt beschrieben: „Die Arbeit in diesem Forschungsbereich konzentriert sich auf die Entwicklung universitärer Lehrkonzepte zum Bereich der Psychotherapie und Psychoanalyse sowie auf die Vorbereitung eines Hochschullehrgangs zum Propädeutikum Psychotherapie“. Der Doppelname dieses „Projektes“ war logisch unkorrekt, missverständlich und provozierend, weil er die Psychoanalyse als eine von vielen „tiefenpsychologischen Schulen“, Therapiemethoden oder –techniken66 dem Gattungsbegriff „Psychotherapie“ nebengeordnet statt als Klassen- oder Artbegriff untergeordnet hat. Diese einseitige Konzentration auf Psychoanalyse konnte als Bekenntnis zur Vorherrschaft einer „psychotherapeutischen Glaubensgemeinschaft“67 an der Klagenfurter Universität verstanden werden. Sie war mit wissenschaftlicher Objektivität unvereinbar, wie sie zum Beispiel im Namen des „Instituts für Tiefenpsychologie und Psychotherapie der Universität Wien“ zum Ausdruck kam, das 1971 seine Arbeit aufgenommen hatte68. Menschiks Forschungsertrag zwischen 1984 und 1992 bestand aus folgenden Publikationen: dem erwähnten literarisch-belletristischen Taschenbuch „Ein Stück von mir. Mütter erzählen“ (1986) und sechs kurzen Aufsätzen: „Bindungsprobleme von Kindern und Jugendlichen im Heim“ (1986, 7 Seiten), „Make me strong, keep me weak. Die Frau als Intellektuelle“ (1987, 11 Seiten)69, „Der innere Raum. Anmerkungen zur weiblichen Identität“ (1988, 7 Seiten), „Psychische Probleme
64 65 66 67 68 69
UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 95. UBWK: Forschungsbericht 1987–1991, 55. Vgl. u.a. Strotzka 1978, 149ff.; Grawe/Donati/Bernauer 1995, 87ff. Grawe u.a. 1995, VI. Strotzka 1978, V. Forschungsbericht 1983–1987, 111, 115, 116.
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in der Pubertät“ (1990, 11 Seiten), „Krisen im Lebenszyklus“ (1990, 11 Seiten)70, „Anna Freud. Ihr Werk, eine Brücke zur Seele des Kindes“ (1991, 29 Seiten)71. Bis 1992 hat Menschik folgende 6 Dissertationen als Betreuerin und erste Gutachterin angenommen: Margarete Gerngross: Das Konzept der Androgynität und seine Relevanz für eine neue Beziehung zwischen den Geschlechtern (1988); Hermine Kleewein: Tiefenpsychologische Aspekte zum Volkslied und volkstüm lichen Lied in Kärnten (1990); Ines Lackner: „Tumor – Kampf – Tod – Hilfe“. Gedanken einer betroffenen Mutter (1991); Ingrid Berger: Der Umgang mit Angst am Beispiel von Umweltängsten der Sechsbis Zehnjährigen in der Schule (1991); Gertrude Gahleithner-Senger: Vom Umgehen mit dem Prinzip des Helfens in der Sonder- und Heilpädagogik (1992); Elisabeth Watzlawick: Das Phänomen weiblicher Hysterie am Beispiel von Frauen in der Literatur (1992).72
Menschik hat durch anziehende Lehrveranstaltungen auf ihren Spezialgebieten Beratungspsychologie und Psychotherapie rasch viele Studierende und Ansehen bei ihren Kollegen gewonnen. Sie war 15 Jahre lang die einzige Frau unter den Professoren73. Von 1988 bis 1990 hat sie dem Institut für Schulpädagogik und Sozialpädagogik auch als engagierter Vorstand gedient. Es war jedoch naheliegend, dass Menschiks Interpretation der Widmung ihrer Professur fachlich weniger zu diesem Institut als zum Institut für Psychologie passte. Dieses hat schon seit 1977 bestanden, durfte aber erst ab 1999 einen Diplomstudiengang anbieten. Dort waren bereits die für das Pädagogikstudium fundamentalen Teilgebiete „Entwicklungspsychologie“ und „Pädagogische Psychologie“ angesiedelt, die unter anderem der Ergänzung durch Praktische und Klinische Psychologie bedurften. Der von Klingler verfolgte Plan war von vorn herein unrealistisch, unter der vagen Widmung „Lebens- und Erziehungsberatung“ dauerhaft eine weitere Professur für die Pädagogik und ein neues Berufsfeld für Pädagogen gewinnen zu können74. Menschik ist nach acht Jahren 70 71 72 542. 73 74
Forschungsbericht 1987–1991, 75, 80. Forschungsbericht 1991–1994, 110. UKL: Forschungsbericht 1987–1991, 65; 1991–1994, 101. – ZfP, 39 (1993), Susanne Dermutz in Krefting 2009, 9. Vgl. in diesem Band S. 511, 533.
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pädagogischer Institutsgemeinschaft mit Klingler und Posch 1992 ins „Institut für Psychologie“ gewechselt und hat dort eine „Abteilung für Psychotherapie und Psychoanalyse“ aufgebaut. Diese hat bis zum März 1995 einen Personalstand von 3 Assistenten, einem Honorarprofessor, 5 Gastprofessoren, 12 Lektoren und 2 Sekretärinnen erreicht75. Sie ist 2002 in „Abteilung für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Psychoanalyse“ umbenannt worden76. Mitgespielt hat bei diesem Wechsel das inhaltlich begrenzte Aufgabenfeld, das im Studienplan der Studienrichtung Pädagogik für Menschiks Interessengebiet vorgesehen gewesen ist. Die als „spezielle Pädagogik“ bezeichnete „Lebens- und Erziehungsberatung“ war beim Studium der Pädagogik als erste Studienrichtung nur eines von 11 Wahlfächern, das eng auf „Beratung“ beschränkt war. Wurde – wie in den meisten Fällen – an Stelle der zweiten Studienrichtung eine der möglichen Fachkombinationen gewählt, dann kam nur die sogenannte „Bildungswissenschaftliche Psychologie“ in Betracht, in der „Lebensund Erziehungsberatung“ nur relativ schwach vertreten war und Psychoanalyse gar nicht vorkam77. Im geänderten Studienplan vom 18. August 1992 ist der törichte Klagenfurter Sondername „Bildungswissenschaftliche Psychologie“ abgeschafft und durch die Fachkombination „Grundlagen der Psychologie und der psychologischen Praxis“ ersetzt worden78. Auch das Wahlfach „Lebens- und Erziehungsberatung“ als „spezielle Pädagogik“ ist gestrichen und durch „Psychotherapie“ als Teil der Psychologie ersetzt worden. Das war das Ende der von Klingler propagierten und erkämpften Professur als eines der Pädagogik gewidmeten Dienstpostens. Es ist mit ihrer Abtretung an das Institut für Psychologie besiegelt worden. Die von ihm später allgemein beklagte „Tendenz zur Verselbständigung bzw. Herauslösung der Arbeitsbereiche und Dienstposten aus dem Pädagogischen Arbeitsbereich, den sie durch spezielle Schwer-
75 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 16. 76 UKL: Forschungsbericht 2003–2004, 147, 164ff. 77 Studienplan vom 8.10.1985, Mitteilungsblatt der UBWK, 1985/86, Nr. 10, §§ 4, 6, 8, 10. als „Teilgebiete“ waren vorgeschrieben: „1. Beratungskonzepte und theoretische Erklärungsmodelle; 2. Probleme und Arbeitsfelder der Beratung; 3. Spezielle Diagnostik, Beratung, Therapie; 4. Selbsterfahrung, Supervision“ (§ 6, 2b); „Beratungspsychologie; Diagnostik und Beratung“ (§ 10, 2b). 78 Mitteilungsblatt der UBWK, 1991/92, Nr. 196, § 4, 2b.
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punkte bereichern sollten und dem sie deshalb zugeteilt worden sind“79, wäre gerade in diesem Fall vorherzusehen gewesen. Menschik-Bendele hat von nun an durch enormen Eifer dazu beigetragen, dass die Universität Klagenfurt 1999 einen eigenständigen Diplomstudiengang Psychologie einrichten durfte und die Psychologie „nach Betriebswirtschaftslehre die hörerInnenreichste Studienrichtung“80 geworden ist. Dank ihrer Initiative und Ausstrahlung wurde Psychoanalyse damals an keiner österreichischen Universität „so stark in der Ausbildung verankert wie in Klagenfurt“81. In diesem Buch kann über Menschiks weiteren Berufsweg nach dem Verlassen des der Pädagogik gewidmeten Instituts im Jahre 1992 nicht mehr berichtet werden. Es verdient aber Beachtung, dass sie auch im Institut für Psychologie häufig zu Erziehungsproblemen Stellung genommen hat. Mit Fallgeschichten aus dem familiären und schulischen Alltag wurde versucht, vom Nutzen der psychoanalytischen Lehren für ihre Klärung und Lösung zu überzeugen.82 Für eine selbstkritische wissenschaftliche Verarbeitung dieser Erfahrungen und ihre Publikation blieb neben dem Lehrbetrieb, „20 Stunden Praxis in der Woche“, Supervisionsaufgaben83 usw. wenig Zeit. Als jugendpsychologisch und pädagogisch bedeutsame Studie kann nur ein Aufsatz über „Größenphantasie und Schuldgefühl bei männlichen und weiblichen Jugendlichen“ (1998) genannt werden. Da andere einflussreiche Publikationen ausgeblieben sind, ist Menschik in der „Zeitschrift für Pädagogik“ bis zum Jahre 2010 nur dreimal zitiert worden84. Davon betrafen zwei Nennungen ihre frühen feministischen Schriften von 1971 und 1977. Als drittes wurde der Titel jener psychoanalytisch orientierten „Sozialpsychologie des Rechtsextremismus“ genannt, der den eben erwähnten Beitrag enthält85.
79 Klingler 2010, 3. 80 UKL: Forschungsbericht 2003–2004, 147. 81 Ebenda, 164. Vgl. auch die im Jahr 2000 erfolgte Habilitation des Assistenten am Innsbrucker Institut für Erziehungswissenschaft Josef Christian Aigner für „Psychologie mit besonderer Berücksichtigung der Psychoanalyse“ an der Universität Klagenfurt: in diesem Werk Bd. 2, 864ff. 82 Vgl. u.a. Menschik 1994; Kulturverein Schloss Goldegg 1994, 138ff. 83 Menschik in: Kulturverein 1994, 140, 150. 84 ZfP 28 (1982), 735; 43 (1997), 923; 49 (203), 793. 85 Dieser Forschungsbericht ist gemeinsam mit ihrem früheren Berliner Assistentenkollegen und späteren Klagenfurter Professor Klaus Ottomeyer veröffentlicht worden. Er ist erstmals 1977 hervorgetreten durch sein marxistisch inspirier-
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Im Hang zur einseitigen Überhöhung der Psychoanalyse und zu ihrer politischen Nutzung hat Menschiks frühere Werbung für Befreiung durch Sozialismus ihre Fortsetzung gefunden: „Die psychoanalytische Behandlung hat die Aufgabe, bei einzelnen neurotisches Elend in gesellschaftliches Leid zu verwandeln. Das so arbeits-, liebes- und kampffähig gestärkte Ich wird Wege finden, das gesellschaftliche Leid nicht nur zu ertragen, sondern zu bekämpfen.“86 Am 30. September 2012 ist Menschik-Bendele emeritiert worden.
22. DIETMAR LARCHER ALS PROFESSOR FÜR DIDAKTIK DER LEHRERBILDUNG MIT BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER FERNSTUDIENENTWICKLUNG: 1984–2000 Diese Professur ist der Universität am 26. März 1983 als Beitrag zur „Vervollständigung und Neuakzentuierung der bildungswissenschaftlichen Grunddisziplinen“ zugewiesen worden1. Sie sollte – zusammen mit den neuen Professuren für „Didaktik der Weiterbildung“ und für „Lebens- und Erziehungsberatung“ – die Reduzierung der erziehungswissenschaftlichen Forschung durch praxisnahe Arbeitsschwerpunkte ausgleichen, die an den österreichischen Universitäten noch nicht vorhanden gewesen sind, und die Sonderstellung Klagenfurts auf dem Gebiet der Pädagogik weiterhin sichern und rechtfertigen. Der Berufungskommission haben unter dem Vorsitz des Mathematikers Roland Fischer die Pädagogikprofessoren Klingler, Posch und Schöler, der Germanist Albert Berger, der Philosoph Peter Heintel und die auswärtigen Professoren Heinz Engl (Mathematik, Universität Linz) und Peter Gerlich (Politikwissenschaft, Universität Wien) angehört.2
tes Buch „Ökonomische Zwänge und menschliche Beziehungen. Soziales Verhalten im Kapitalismus“. Seit 1983 an der Universität Klagenfurt, war er Mitglied der Berufungskommission „Lebens- und Erziehungsberatung“. 86 Menschik 1997, 255. 1 Vgl. in diesem Buch S. 513, 515f. 2 Konstituierung am 27.4.1983. Mitteilungsblatt der UBWK, 1982/83, Nr. 138.6 vom 5.5.1983.
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In der von Schöler formulierten Ausschreibung wurde über die Planstelle Folgendes mitgeteilt3: „Aufgabenbereich: Forschung, Lehre und Entwicklung auf dem Gebiet der Didaktik der Lehrerfortbildung, insbesondere – Bedarfsforschung im Hinblick auf die Bedürfnisse und Aufgaben der Schule; – Entwicklung von Konzepten zur Lehrerfortbildung unter Berücksichtigung von Fernstudien; – Begleitforschung zu Lehrerfortbildungsveranstaltungen; – Durchführung von Lehrerfortbildung in bezug auf Schulfächer oder allgemeinpädagogische oder sonstige Bereiche. Der Stelleninhaber soll schwerpunktmäßig am Interuniversitären Forschungsinstitut für Fernstudien tätig sein und mit den anderen Instituten der Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt in der Lehrerfortbildung zusammenarbeiten. Weiters soll er seine Tätigkeit in Verbindung mit einschlägigen Institutionen der Schulbehörde durchführen. Voraussetzungen: Von den Bewerbern wird eine erfolgreiche Tätigkeit in der Lehrerfortbildung in bezug auf Schulfächer, auf allgemeinpädagogische, sozialpsychologische, institutionelle, rechtliche oder andere Fragen der Schule erwartet. Außerdem soll die Habilitation oder eine gleichzuhaltende Eignung in einem einschlägigen Fach gegeben sein.“ Auf diese Ausschreibung sind 65 Bewerbungen eingegangen. Davon wurden in einem ersten Schritt 37 Bewerber ausgeschieden, weil sie den Kriterien nicht oder nur minimal entsprochen haben. Die verbleibenden 28 Bewerber wurden gebeten, eine Auswahl ihrer im Hinblick auf die Bewerbung relevanten Schriften zu senden. Nach deren Prüfung wurden weitere 20 Bewerber ausgeschieden. 8 Bewerber wurden zu Vorträgen und Gesprächen eingeladen. Am 30. Jänner 1984 hat die Berufungskommission folgenden Besetzungsvorschlag mit 14 gegen 3 Stimmen beschlossen: 1. Dietmar Larcher, Dozent für „Curriculumtheorie“ an der Universität Klagenfurt und Gymnasiallehrer für Deutsch und Englisch am Bundesgymnasium und –realgymnasium III in Klagenfurt; Ru-
3
Die Presse, 7.5.1983.
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Wimmer, Dr. juris, Mitarbeiter am Studienzentrum Wien des Interuniversitären Forschungsinstituts für Fernstudien; 2. Gunter Iberer, Dozent für Pädagogik und Oberassistent am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Graz; 3. Josef Thonhauser, Außerordentlicher Professor für Pädagogik und Leiter der Abteilung für Schulpädagogik im Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Salzburg. Über Larcher ist in diesem Buch bereits berichtet worden4. Er war von 1971 bis 1980 als Bundeslehrer im Hochschuldienst am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck tätig. Nach seiner 1979 in Klagenfurt erfolgten Habilitation hat er diese Stelle aufgegeben und ist 1980 in den Schuldienst zurückgekehrt und nach Kärnten übersiedelt. Von dort aus war er nebenberuflich in mehreren Bundesländern und Südtirol in der Lehrerfortbildung für Deutschlehrer tätig. Wissenschaftlich hat er an einer pädagogischen Kasuistik gearbeitet, um durch „anschauliche, genaue Schilderung und Deutung“ einzelner konkreter Phänomene „die Dialektik von Besonderem und Allgemeinem bewußt (zu) machen“5. Rudolf Wimmer6 wurde am 11. April 1946 als zehntes von elf Kindern eines Bauern in Kirchberg bei Mattighofen (Oberösterreich) geboren. Er hat das Privatgymnasium der Herz-Jesu-Missionare in Salzburg besucht und 1965 die Reifeprüfung mit Auszeichnung bestanden. Nach dem Präsenzdienst im Bundesheer hat er ab 1966 an der Universität Wien Rechts- und Staatswissenschaften studiert und wurde 1970 zum Doktor juris promoviert. Anschließend hat er bis 1974 als Assistent am Institut für Staatsund Verwaltungsrecht gearbeitet. Daneben hat er ein Zweitstudium der Politikwissenschaft und Philosophie betrieben und 1972 eine Ausbildung zum Trainer für Gruppendynamik und themenzentrierte Interaktion erfolgreich abgeschlossen. 1975 war er maßgeblich an der Gründung der „Österreichischen Gesellschaft für Gruppenpädagogik und Politische Bildung“ beteiligt. Von 1975 bis 1977 hat er sich als Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung am Institut für Politikwissenschaft der Universität Tübingen der Korporatismusforschung am Beispiel der österreichischen Sozialpartnerschaft gewidmet. dolf
4 5 6
Vgl. S. 421ff. Larcher: Verzeichnis der bisherigen Forschungsschwerpunkte (1983). PAB. Lebenslauf von 1983, PAB; Kurzbiographie: Kürschner 2007, 4041.
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Seit 1977 war Wimmer freiberuflich in der Angewandten Sozialwissenschaft tätig. Er hat zahlreiche Seminare für Lehrer über „Politische Bildung in der Schule“, „Soziales Lernen für Lehrer“ und „Organisationsentwicklung im Schulbereich“ durchgeführt und von 1979 bis 1981 in Wien eine Lehrer-Balintgruppe7 zur Förderung der Selbsterfahrung geleitet. Er stand in enger Verbindung mit den Klagenfurter Gruppendynamikern Peter Heintel, Kurt Buchinger und Ralph Grossmann8 sowie mit Gertraud Diem-Wille als Leiterin des Hochschullehrgangs „Politische Bildung“ für Lehrer/innen im IFF9. An einschlägigen Publikationen lagen ein Buch über „Die historische Entwicklung der politischen Bildung in Österreich“ (1979), ein Sammelband über „Soziales Lernen und politische Bildung“ (1982) und einige Aufsätze vor. Lehramtsstudien in Schulfächern, pädagogische Ausbildung und Lehramtsprüfungen, Schulpraxis und Habilitation haben Wimmer gefehlt. Schon deshalb war eine Nominierung auf dem ersten Platz neben einem erfahrenen Lehrer und Lehrerbildner wie Larcher kaum zu rechtfertigen. Über die auf den Plätzen zwei und drei vorgeschlagenen Bewerber Iberer und Thonhauser ist in diesem Werk bereits berichtet worden10. Der damalige Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Heinz Fischer hat Larcher berufen. Er ist am 28.11.1984 ernannt11 und zur Hälfte dem „Institut für Lehrplantheorie und Schulpädagogik“, zur anderen Hälfte dem „Interuniversitären Forschungsinstitut für Fernstudien“ (IFF)12 zugeordnet worden (Doppelzuordnung). Dem Institut für Lehrplantheorie und Schulpädagogik ist für ihn 1985 zusätzlich eine Assistentenplanstelle und eine halbe Planstelle für nichtwissenschaftliches Personal zugewiesen worden13.
7 Benannt nach dem ungarischen Psychoanalytiker Michael Balint (1896– 1970). Peters 1990, 62. 8 Mitarbeiter am Interuniversitären Forschungsinstitut für Fernstudien (IFF) und seit 1984 Leiter von dessen „Abteilung Gesellschaftliches Lernen“ in Linz; in Klagenfurt am 29.5.1996 für „Gruppendynamik und Organisationsentwicklung“ habilitiert (Mitteilungsblatt der UBWK 1995/96, Nr. 236 vom 26.6.1996) und 2001 im IFF zum a.o. Professor aufgestiegen. Arnold 2009, 23f., 26f., 35, 43, 59. 9 Über Diem-Wille vgl. in diesem Buch S. 686ff. und Arnold 2009, 25f. 10 Zu Iberer vgl. Bd. 2, 352ff.; zu Thonhauser Bd. 3, 199ff. 11 BMfWF Zl. 23.948/1-14/84. 12 Arnold 2009, 25ff. 13 BM. Fischer am 27.3.1985 an die UKL, GZ 357/20-110/84.
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Parallel zu Larchers Berufung ist 1984 auch die Berufung von Arno Bammé auf die Professur für „Weiterbildung mit besonderer Berücksichtigung der Fernstudienentwicklung“ erfolgt.14 Er ist am 1. Feber 1985 ernannt und zunächst wie Larcher je zur Hälfte dem „Institut für Lehrplantheorie und Schulpädagogik“ und dem „Inter universitären Forschungsinstitut für Fernstudien“ zugeordnet worden. Bammé und Larcher haben auf Grund der gemeinsamen Widmung ihrer Dienstposten für „Weiterbildung“ bzw. „Fortbildung“ die Gründung eines eigenen „Instituts für Weiterbildung“ betrieben. Das entsprach dem Ausbauprogramm der Universität vom November 1982, das die Stärkung von „Erwachsenenbildung (bzw. Weiterbildung)“ vorgesehen hat.15 Ihnen hat sich Gstettner aus dem „Institut für Erziehungswissenschaft, Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“ angeschlossen, obgleich gemäß der Widmung seiner Professur für „Allgemeine Erziehungswissenschaft“ dieser Wechsel fachlich verfehlt und rechtlich fragwürdig gewesen ist. Mitgespielt hat dabei die enge Beziehung, die seit den gemeinsamen Innsbrucker Assistentenjahren zwischen Larcher und Gstettner bestanden hat.16 Somit war Larcher seit 1985 mit Bammé zur Hälfte dem neuen „Institut für Weiterbildung“ zugeordnet, dem auch Gstettner angehörte17. Es ist 1996 im großen „Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ aufgegangen.18 Larchers Zweitzuordnung zum „Inter universitären Institut für Fernstudien“, an dem er die Arbeitsgruppe „Museumspädagogik“ geleitet hatte, hat schon 1992 geendet19. In seinen Lehrveranstaltungen hat Larcher als Professor folgende Themen behandelt20. Vorlesungen: „Lehrerfortbildung als didaktische Entwicklungsarbeit“; „Interkulturelles Lernen. Vermittlung zwischen Erziehung und Gesellschaft“ (mit Gstettner); „Lehrerfortbildung als Handeln des Lehrers“; „Die psychische und soziale Situation im Schulalter“; „Feldforschung in der Region: Biographie und Lebenswelt“
14 Über Bammé vgl. in diesem Buch S. 611ff. 15 Vgl. UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 18. 16 Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 589, 606ff., 632. 17 Erlass des BMfWF vom 29.7.1985, GZ 71794/1-UK/85. Mitteilungsblatt der UBWK 1984/85, Nr. 171. 18 Vgl. in diesem Buch S. 538f., 542. 19 Arnold 2009, 26f. 20 Nach den Vorlesungsverzeichnissen WS 1985/86 bis SS 2000.
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(mit Gstettner); „Curriculumentwicklung im Bereich der zweisprachigen Erziehung“; „Curriculumentwicklung am Beispiel des Bilingualismus: Ziele, Inhalte, Verfahrensweisen, Implementation und Evaluation“; „Musealisierung als Identitätsstiftung“; „Fachdidaktik des Deutschunterrichts“; „Wissenschaftstheorie der Sozialwissenschaft“; „Didaktik der Lehrerfortbildung“; „Alltagstheorien über Fremdheit“; „Theorie und Praxis der Lehrerfortbildung“; „Die Konstruktion von Fremdheit“; „Curriculum Lehrerfortbildung“; „Juden in Österreich. Identitätstheoretische und bildungspolitische Grundfragen“; „Wissenschaftstheoretische Grundlagen qualitativer Forschung“; „Jüdische Identität“ (mit Exkursionen, mit Gstettner); „Zur psychischen und sozialen Situation der jüdischen Bevölkerung in Österreich“ (mit Exkursionen, mit Gstettner); „Sozialisationsmuster in verschiedenen Kulturen“; „Evaluation of Educational Institutions“; „Curriculumtheorie“; „Einführung in die Erziehung und Sozialisation in informellen Lebenszusammenhängen“; „Forschungsprozesse und -methoden“; „Geschlechterrollen und Sozialisationsmuster“; „Auf den Spuren verborgener Kulturen am Beispiel des Judentums“ (mit Exkursionen, mit Gstettner); „Die Konstruktion des Eigenen und Fremden am Beispiel des Judentums“ (mit Exkursionen, mit Gstettner). Larchers Seminare waren folgenden Themen gewidmet: „Pädagogisches Handeln im Schulalltag“, „Didaktik des Zweitsprachunterrichts“; „Praxis der kommunikativen Didaktik“; „Interkulturelles Lernen: Feldforschung in der Region Südkärnten“ (mit Exkursionen, mit Gstettner); „Alternativen zum verschulten Lernen“; „Vermittlungsarbeit und Didaktik im Museum“; „Museumsdidaktik und Schuldidaktik: ein kritischer Vergleich“; „Didaktik der schriftlichen Kommunikation“; „Heimat, Museum, Ideologie“; „Museumspädagogik“; „Evaluation von Bildungseinrichtungen und Bildungsprojekten“; „Probleme der Lehrerfortbildung“; „Die psychische und soziale Situation von Jugendlichen in Albanien“ (mit Gstettner); „Evaluation und Quality Control in Education“; „Zwischen Assimilation und Selbstbehauptung: interkulturelle Bildung am Beispiel jüdischer Kultur in Zentraleuropa“ (mit Exkursionen, mit Gstettner); „Sozialisation und Identität am Beispiel des Judentums“ (mit Gstettner). Daneben hat Larcher am IFF mehrere viersemestrige Universitätslehrgänge über „Pädagogik und Fachdidaktik für Lehrer“ und für „Museumspädagogik“ konzipiert und durchgeführt21.
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Um den Zweck seiner Professur zu erläutern, hat er folgende Gründe genannt, „warum die Universität ihre im Lehrberuf stehenden Absolventen weiter betreuen muß“22: „Das Individuum betreffende Gründe: – durch Praxis bewirkte Desensibilisierung im psychosozialen Bereich – institutionell bewirkte Isolation – Erosion und Verdinglichung des Wissens Die Institution betreffende Gründe: – das institutionelle Unbewußte (= der blinde Fleck der Institution): der heimliche Lehrplan, der Lernen erschwert – die Inkongruenz von institutioneller Organisation und gesellschaftlicher Verfaßtheit – die Geschlossenheit Die Gesellschaft betreffende Gründe: – der rasche gesellschaftliche Wandel, der von den Gesellschaftsmitgliedern nur dann nicht als Naturschicksal erlebt wird, wenn sie ihn im Lernen und in der Organisation der Lernprozesse kritisch mitvollziehen – der gesellschaftliche Anpassungsdruck, der dann am größten ist und am meisten auf Kosten des Individuums geht, wenn er undurchschaut bleibt.“ In seiner theoretischen und praktischen Arbeit hat sich Larcher allerdings von den zentralen Aufgaben seiner Professur für Lehrerfortbildung zunehmend entfernt. Einerseits hat er sich seinen philologischen Interessen folgend allzu eng auf Spezialfragen einer Didaktik der zweisprachigen Erziehung konzentriert. Andererseits hat er seine Tätigkeit in enger Zusammenarbeit mit Gstettner riesig ausgeweitet auf „interkulturelles Lernen“ und Erkundung von kulturspezifischen Lebenswelten in Geschichte und Gegenwart mit Konzentration auf sprachliche Minderheiten. Das zeigt sich auch in seinen Forschungsprojekten, den von ihm betreuten Dissertationen und den Themen seiner Publikationen. Ein erstes 1982 mit Gstettner begonnenes Forschungsprojekt betraf die „Fortbildung von Grundschullehrern und Multiplikatoren für die 2. Sprache: Deutsch an italienischen Grundschulen“. Es wurde durch das Assessorat für öffentlichen Unterricht in italienischer Sprache in
22
UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 118f.
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Bozen (Südtirol) gefördert23. Es wurde zwischen 1988 und 1992 ergänzt durch das Projekt „Curriculumentwicklung Zweitsprache Deutsch“ und ein Projekt „Kulturen in Kontakt/Culture in contatto“ zur „Entwicklung einer interkulturellen Sprachkultur für die Provinz Bozen/ Bolzano“.24 Mit der slowenisch-deutschen Zweisprachigkeit in Südkärnten befasst waren die Projekte „Zweisprachigkeit und Identität“ und „Interkulturelles Lernen und zweisprachige Erziehung“ (1985– 1989).25 Daraus entstand schließlich ein Projekt über „Interethnische Konfliktformen und interkulturelle Friedenserziehung“26 – anfangs auf Kärnten beschränkt und später auf den Balkan ausgeweitet. Dazu kam 1989 ein Evaluationsprojekt in Nicaragua zur Überprüfung der mit österreichischer Finanzhilfe geförderten Bildungsprojekte. Im Dienst von SOS-Kinderdorf International erfolgte 1993/94 eine „Evaluation von SOS-Kinderdörfern im Nahen Osten und in SüdostAsien“.27 Ab 1995 folgten die Projekte „Evaluation des kroatischsprachigen Schulwesens im Burgenland“; „Ethnische Zuspitzung in Südtirol? Zur Evaluation der Implementation des Südtirolpaketes“; „Curriculumentwicklung in Madagaskar“28; „Interkulturelle Partnerschaften“ und „Wissenschaftliche Betreuung der Entwicklung interkultureller Curriculummaterialien für den Kanton Sarajewo (Bosnien)“29. 1999 hat Larcher gemeinsam mit Gstettner in Villach ein „Ludwig Boltzmann Institut für Interkulturelle Bildungsforschung“ gegründet, das allerdings schon nach fünf Jahren wieder geschlossen worden ist30. Als nächstes ein Blick auf die von Larcher betreuten und als erster Gutachter angenommenen 23 Dissertationen31:
23 Ebenda, 124 und 119. 24 UBWK: Forschungsbericht 1987–1991, 88f. und 1991–1994, 65. 25 Ebenda, 87. 26 Hierzu Larcher 1988. 27 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 66. 28 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 92f. 29 UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 52. 30 Vgl. in diesem Buch S. 567; Jahresberichte 1999–2004. Homepage: http://ludwigboltzmann.at/institute/ 31 UKL: Forschungsbericht 1987, 127; 1992, 92f.; 1995, 67f.; 1999, 94; 2003, 56f. – ZfP, 38 (1992), 516; 41 (1995), 498; 45 (1999), 451; 47 (2001), 430; 48 (2002), 484. Über weitere 4 als Klagenfurter Dozent und Professor betreute und angenommene Dissertationen von Studierenden der Universität Innsbruck siehe in diesem Werk Bd. 2, 613.
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Ute Hietsch: Ganzheitliches Fremdsprachenlernen. Entgrenzungsarbeit am Mythos geschlechtsneutralen Fremdsprachenlernens mit Studentinnen und Studenten der Anglistik und Amerikanistik (1984); Bilhan Doyuran: Türkische Migrantenkinder in Österreich. Soziokulturelle Hintergründe ihrer Sprachlernschwierigkeiten (1988); Georg Gombos: Lehrerweiterbildung und Zweisprachdidaktik. Theoretische Begründungszusammenhänge und kritische Einschätzung eines Lehrerweiterbildungsprojektes (1991); Mario Nachtigall: Subjektive Verarbeitung von Widerstandskampf. Zur subjektiven Situation ehemaliger slowenischer Widerstandskämpfer in Südkärnten (1991); Gerhard Rabensteiner: Zwischen Unterwerfung und Durchmogeln. Zum Verhalten von Lehrern unter wechselnden politischen Systemen (1991); Ingrid Reschenberg: Erwachsenenbildner zwischen wissenschaftlich-professionellem Selbstverständnis und institutionellen Anpassungsanforderungen (1991); Andreas Roth: Die dynamische Disziplin der Jugendherbergen (1991); Klaus-Börge Boeckmann: Zweisprachigkeit und Schule. Schullaufbahn von Zweisprachigen im Burgenland (1994); Renate Matiasek: „Vom Himmel auf die Erden falln sich die Engel tot“. Berufsorientierung an der Wende der Arbeitsgesellschaft. Ein Innovationskonzept auf dem Prüfstand (1995); Nuran Dönmez: Die schulische und soziale Situation der Kinder und Jugendlichen von ArbeitsmigrantInnen aus der Türkei im deutschsprachigen Raum (Österreich – Schweiz – Deutschland). Ein Beitrag zur interkulturellen Verständigung (1996); Andrea Kaiser: Zweisprachige Volksschulen im Burgenland. Darstellung des zweisprachigen Unterrichts (Burgenländischkroatisch – Deutsch) anhand von Fallbeispielen und ein Exkurs auf die multikulturelle Bildungspolitik in Australien (1996); Bakendire Kazonza: Impasses du systeme educatif en Afrique. Le cas de la crise de l’enseignement au Zaire (1996); Alexander Klinar: Bildung in einem neuen Europa (1998); Werner Wintersteiner: Pädagogik des Anderen. Bausteine für eine Friedenspädagogik in der Postmoderne (1998); Sonja Kuri: Entflechtungen. Spracherziehung und Fremdsprachendidaktik in Italien 1948–1979 mit einem Ausblick auf heute (1998); Gabriele Egger: „i muß, wenn i will, daß i leben kann, a Hoffnung haben“: Zukunftsvorstellungen Vierzehnjähriger in einer ländlichen Region (1999); Helmut Krainer: Die Entwicklung der Erwachsenenbildung im Rahmen öffentlich-rechtlicher Institutionen am Beispiel der Volkshochschulen (1999); Susanne Claudia Ogris: Eine Reise in die Vergangenheit. Lebenserinnerungen von BewohnerInnen des jüdischen Elternheimes in Wien (1999); Siegmund Erich Reisenzein: Andorra kann überall sein: Antisemitismus ohne Juden (1999); Harald Pessentheiner: Erziehung in der Sprache (2000); Saad Avad Salwa: Street Children in the Sudan: Working Towards Socio-Educational Solution (2001);
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Alfred Reumüller: Auf den Wegen neuer Lernkulturen (2004); Ute Twrdy: Bildung auf Umwegen. Mittels Narrativer Empirie auf der Suche nach Bildungschancen während eines Auslandsjahres (2009).
Außerdem hat Larcher zwischen 1987 und 2003 insgesamt 25 Diplomarbeiten betreut und angenommen.32 Thematisch überwogen zunächst schulpädagogische Themen mit sprachunterrichtlichem Schwerpunkt. Später nahmen außerpädagogische Themen zu, die mit der Widmung der Professur für „Didaktik der Lehrerbildung“ wenig zu tun hatten. Als Beispiele seien genannt: „Autobiographien. Erlebtes Arbeitsleid im Gastgewerbe“ (Gertraud Fercher 1991), „Multikulturelles England dargestellt am Beispiel der mittelenglischen Stadt Leicester. Eine Fallstudie“ (Helga Fasching 1997), „,Judensau und schwule Sau‘: Parallelen der Stigmatisierung zwischen Juden und Homosexuellen“ (Kornelia Fritz 1997), „,Der erfundene Indio‘. Eine De-Konstruktion des Diskurses über Indios in Peru“ (Roland Rene Pogrielz 1999), „Jenische. Eine Annäherung an eine verborgene Ethnie“ (Simone Katholnig 1999), „Ewig Mädel – ewig Mutter. Die nationalsozialistische Konstruktion der deutschen Frau“ (Silvia Feistritzer 2001), „Kärnten – Ein Roadmovie. Transdisziplinäre Begegnungen zum Begriff des ,Anderen‘ und der Theorie des Subjektes“ (Wolfgang Schautzer 2002). Larchers eigene Publikationen waren zahlreich und weit gestreut. Ihre Liste erstreckt sich über zwölf Seiten. Nach seinem eigenen Urteil ist „das Allermeiste … am Weg entstanden, eher ein Produkt der Stunde als der mühsamen Kasteiung in der strengen Kammer der Wissenschaft“33. Für ihr Verständnis ist es notwendig, ihre wissenschaftstheoretischen und methodologischen Voraussetzungen zu kennen. Larcher hat sie gemeinsam mit seinem Innsbrucker Kollegen Bernhard Rathmayr34 1984 in einem Handbuch-Beitrag über „Pädagogisch-analytische Bildungsforschung“ dargestellt. Unter diesem vieldeutigen und vagen Namen, bei dem mit „analytisch“ „psychoanalytisch“ gemeint ist, wurde für folgenden Typ von pädagogischer Forschung geworben: „Eine radikal am Subjekt orientierte, (selbst)reflexive Archäologie der Gene 32 Nach einem von Larcher vermittelten „Überblick Begutachtungen Larcher Dietmar“ aus dem Jahre 2010. PAB. 33 Larcher in einem Begleitbrief zu seiner Liste an den Autor vom 13.8.2002. PAB. 34 Über Rathmayr vgl. in diesem Werk Bd. 2, 786ff.
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se des je eigenen Hier und Jetzt mit dem Ziel, die Brüche dieser Genese in den Blick zu bekommen; das heißt, eine Rekonstruktion lebensgeschichtlich bedeutsamer Interaktionszusammenhänge vorzunehmen, in denen das Subjekt seine ureigensten Deutungen der Wirklichkeit in den Kommunikationsprozeß einholen und dadurch Leidensdruck vermindern kann, der durch die Exkommunikation eben dieser eigenen Deutungen entstanden ist. Das zentrale Verfahren pädagogisch-analytischer Forschung“ sei „die Rekonstruktion unterdrückter Interak tionszusammenhänge in Prozessen diskursiver Reflexion in pädagogischen Gruppen.“35 Erläuternd heißt es weiter: „Das eigentliche Anliegen einer solchen selbstreflexiven Forschung ist es, dem Subjekt einen geeigneten Rahmen für die Erfahrung und Selbstdokumentation seiner Austauschprozesse zwischen Ego und Sozietät zu verschaffen. Dazu kommt, daß es Aufgabe pädagogischer Forschung ist, die Kompetenz des Subjekts zur Teilnahme an der Konstruktion sozialer Wirklichkeit zu stärken, das heißt Partei zu ergreifen für die Möglichkeit des einzelnen, seine Wirklichkeit im Diskurs mit den anderen, in Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Wirklichkeitskonstruktionen selbst zu strukturieren.“ Die „Erkenntnisabsichten hinter“ diesem „Forschungstyp … zielen nicht auf die Wirklichkeit des Subjekts schlechthin, sondern auf jene Handlungen und Interaktionen, die geprägt sind von ohne Bewußtsein bleibenden, als anthropogen erlebten institutionellen und gesellschaftlichen Determinanten. Unter der Oberfläche des alltäglichen Routinehandelns wird Fremdbestimmung, wie vage auch immer, erfahren. Pädagogische Wissenschaft hat die Aufgabe, diese Erfahrung abzuwehren und solche Abwehr durch ihre Forschungsarbeit durchlässiger zu machen mit dem Ziel, die aus dem Erfahrungs- und Kommunikationszusammenhang des Subjekts verdrängten sozialen Determinanten individuellen Leides in diesen Zusammenhang zurückzuholen, sprachlich einzuholen und der Reflexion zugänglich zu machen. Leidensdruck wird als aus dem Bewußtsein abgedrängter sozialer Zwang zur Einordnung in vorgegebene Deutungsmuster der Wirklichkeit verstanden, der individuelle Erwartungen und Interpretationen stört. Vorannahme ist also, daß die Deutung des Alltagslebens durch die Gesellschaftsmitglieder unangemessen ist, insofern sie dieses Leiden als naturwüchsig versteht. Das Anliegen einer pädagogisch analytischen
35
Larcher/Rathmayr 1984, 253.
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Bildungsforschung besteht darin, diese unangemessenen Deutungen durch angemessenere zu ersetzen, die soziale Wirklichkeit unter größtmöglicher Beteiligung des Subjekts zu interpretieren beziehungsweise zu erzeugen und verschüttete Interaktionsprozesse freizulegen.“ Mit Recht wurde betont, dass bei dieser Art von Forschung „keine beliebig wiederholbare Experimente, Tests oder Messungen möglich sind, ohne den Forschungsgegenstand zu zerstören“, und „daß angemessene Wirklichkeitsinterpretationen, die durch solche Forschungsprozesse entdeckt, freigelegt, initiiert oder mitkonstruiert werden, nicht generalisierbar und transportierbar sind, sondern an die Interpreten gebunden bleiben. Selbstreflexion liefert keine generalisierbaren Ergebnisse.“36 Dieses Programm war nach gesellschaftskritisch-psychoanalytischer Manier einseitig auf die Entdeckung von Fremdbestimmung, Unterdrückung und sozialem „Zwang zur Einordnung in vorgegebene Deutungsmuster der Wirklichkeit“ als Ursachen der Leiden von „Subjekten“ und auf Abhilfe durch das vage Mittel „diskursive Reflexion“ und Interpretation in Gruppen fixiert. Es passte bestenfalls für die Behandlung von Einzelfällen psychoanalytischer Praxis, aber es war keine Forschungsmethode zur Gewinnung von erziehungstechnologischem Handlungswissen für die Lösung von zielklaren Erziehungsaufgaben. Soweit es um die Erkundung der Vorgeschichte von Patienten oder Klienten und ihrer Beschwerden geht, gehört die Anamnese zur Voraussetzung jeder medizinischen, psychotherapeutischen, pädagogischen oder beratenden Hilfe. Larchers lebensgeschichtliche Erkundungen mit psychoanalytischer Interpretation sind nur eine problematische Variante davon. Seine Vorliebe für Psychoanalyse hat in Verbindung mit seinen poetisch-literaturkundlichen und sprachwissenschaftlichen Interessen dazu geführt, sich auf die Schilderung von Fallgeschichten zu konzentrieren. Er hat sich dem „pädagogischen Erzählen mit wissenschaftlichem Anspruch“37, der „narrativen Empirie“38, der „narrativen“ oder „erzählenden Pädagogik“39 nach dem Vorbild der Ethnopsychoanalyse gewidmet. In einem lesenswerten „Essay über Fallgeschichten“ mit
36 37 38 39
Ebenda, 256f. Larcher 1996, 13. Ebenda, 37. Ebenda, 33.
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dem Titel „Sheherazade als Sozialforscherin“40 hat er autobiographisch den Weg vom „schwammigen Gefasel der Nachkriegs-Pädagogik“ über die Verdienste und Mängel der quantitativ verengten empirischen pädagogischen Forschung und ihre „Fetischierung der sozialwissenschaftlichen Statistik“ zur qualitativen „Alltags“-, „Handlungs“- und „Betroffenheitsforschung“ geschildert. Ihr gilt das „Subjekt“ in seiner „kontrollierten Subjektivität“ des „Spürens“ „an Stelle der vom Positivismus geforderten Objektivität“ als „Träger der Erkenntnis“.41 In dieser auf konkrete Individuen und die subjektive Deutung ihres Innen- und Außenlebens gerichteten Einstellung sind viele überwiegend kurze Texte zur Sprachdidaktik, „interkulturellen Erziehung“, Museumspädagogik, Lehrplantheorie, Nationalismus-Kritik, Fremdenfeindlichkeit und Ausländerintegration erschienen. Es fehlen jedoch Monographien zur Pädagogik. Am nächsten kam einer solchen seine 75seitige Studie über „Sprachunterricht als interkulturelle Verständigung. Plädoyer für die Verbesserung des Sprachunterrichts beider Volksgruppen“. Sie war Teil des gemeinsam mit Gstettner veröffentlichten Buches „Zwei Kulturen, zwei Sprachen, eine Schule. Interkulturelles Lernen und Volksgruppenverständigung in Kärnten“ (1985).42 Auch größere Aufsätze in führenden erziehungswissenschaftlichen Fachzeitschriften sind ausgeblieben. Larchers Stärke lag mehr in originellen Beobachtungen, kritischen Kommentaren und ironischer Formulierungskunst43 als in systematischer Bearbeitung zentraler erziehungswissenschaftlicher Themen. Daran dürfte es liegen, dass er in der „Zeitschrift für Pädagogik“ bis 2010 nur dreimal zitiert worden ist. Für Larcher waren unmittelbare Einflussnahmen auf Erzieher durch Besprechung praktischer Lebens- und Erziehungsfragen wichtiger als theoretische Beiträge zur Verbesserung der Erziehungswissenschaft. Er hat angesichts zunehmender Migrantenströme aus fremden Kulturen den „Umbau der nationalstaatlichen in eine multikulturelle Gesellschaft“ als unausweichlich eingeschätzt und sich der Förderung
40 Larcher 1996 (nach dem Namen der Erzählerin der Märchen in „Tausendundeine Nacht“). 41 Ebenda, 20f., 26, 48, 53. 42 Vgl. in diesem Buch S. 565f. 43 Vgl. z.B. seine realistisch-ironische Selbstbeschreibung als Gymnasiallehrer und Mitarbeiter am Innsbrucker Institut für Erziehungswissenschaft bei Larcher 1992, 141ff. oder die meisterhafte Satire über Faust und die universitäre Weiterbildung im Geist der new economy: Larcher 2002.
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von „Interkulturalität“ und „interkulturellem Lernen“ gewidmet. Er hat sich vorrangig für „interkulturelle Pädagogik“ eingesetzt, um „das Aggressionspotential der Fremdenfeindlichkeit – untrennbar mit der Fremdenangst verbunden – zu entschärfen“44. Darüber unterrichtet am besten sein Aufsatzband „Fremde in der Nähe. Interkulturelle Bildung und Erziehung – im zweisprachigen Kärnten, im dreisprachigen Südtirol, im vielsprachigen Österreich“ (1991). Als Ergänzung kann zur Ambivalenz zweisprachiger Schulsysteme in Abhängigkeit vom außerschulischen Umfeld folgender Aufsatz dienen: „Wie man durch Zweitsprachlernen einsprachig wird. Die unheimliche Macht des heimlichen Lehrplans“ (2001). Im Laufe der Jahre hat sich Larchers Interesse zunehmend von Erziehungs- und Schulfragen zur Kulturanthropologie mit dem Schwerpunkt auf der Praxis der interkulturellen Verständigung verschoben. Davon zeugen seine unter dem Titel „Kulturschock“ veröffentlichten „Fallgeschichten aus dem sozialen Dschungel“ (Untertitel), die er seinem früheren Innsbrucker Mentor Horst Rumpf gewidmet hat45. Davon zeugt auch sein letzter Forschungsbericht über „Die Liebe in den Zeiten der Globalisierung. Konstruktion und Dekonstruktion von Fremdheit in interkulturellen Paarbeziehungen“ (2000). Er stützte sich auf Interviews mit 27 Paaren, von denen ein Partner Österreicher und der andere Ausländer war. Gewichtige pädagogische Veröffentlichungen sind dagegen ausgeblieben, die sich als Nachweis hätten nutzen lassen, dass seine Professur für die Erziehungswissenschaft unentbehrlich ist und es verdient, dem Institut erhalten zu bleiben. Larcher hat sich bereits im Alter von 60 Jahren am 31. Oktober 2000 vorzeitig in den Ruhestand zurückgezogen. Seine Planstelle ist nicht wiederbesetzt, sondern dem Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung entzogen worden – ohne Rücksicht auf dessen Umbau- und Entwicklungspläne. Sie wurde einer neuen Studienrichtung „Publizistik und Kommunikationswissenschaft“ zugewiesen und in eine Vertragsprofessur für „Medien- und Kulturtheorie“ am „Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft“ umgewidmet.46
44 Larcher 1991, 8f. 45 Larcher 1992. Über Rumpf vgl. in diesem Werk Bd. 2, 628ff. 46 Senatsbeschluss vom 26.1.2000 (38. Sitzung). Bodenhöfer als Vorsitzender des Senats am 2.2.2000 an das BMfWV.
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23. ARNO BAMMÉ ALS PROFESSOR FÜR DIDAKTIK DER WEITERBILDUNG MIT BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER FERNSTUDIENENTWICKLUNG: 1985–2012 Diese Planstelle ist der Universität am 26. März 1983 zugewiesen worden1. Sie gehörte wie jene für „Lehrerfortbildung“ und „Lebens- und Erziehungsberatung“ zu den drei Professuren, mit denen 1983 vom „Kontaktkomitee“ versucht worden ist, der drohenden Einstellung der erziehungswissenschaftlichen Studien entgegenzuwirken. Die Frage ist, ob und was ihre Inhaber zu einer dauerhaften Stärkung der Erziehungswissenschaft beigetragen haben. Die Berufungskommission ist am 27. April 1983 gebildet worden und war ähnlich zusammengesetzt wie jene für das gleichzeitig zugewiesene Ordinariat für „Didaktik der Lehrerfortbildung“. Wie dort gehörten ihr als Pädagogikprofessoren Klingler, Posch und Schöler an. Als Vorsitzender wurde Heintel gewählt.2 In der Ausschreibung wurde über die Planstelle Folgendes mitgeteilt3: „Aufgabenbereich: Forschung, Entwicklung und Lehre auf dem Gebiet der Didaktik der Weiterbildung, insbesondere – Bedarfsforschung; – Entwicklung von Konzepten der wissenschaftlichen Weiterbildung unter besonderer Berücksichtigung von Fernstudien; – Begleitforschung zu Weiterbildungsveranstaltungen; – Lehraufgaben im Bereich der Weiterbildung. Der Schwerpunkt der Tätigkeit wird am Interuniversitären Forschungsinstitut für Fernstudien liegen. Voraussetzungen: Von den Bewerbern wird Erfahrung in der Weiterbildung erwartet. Außerdem soll die Habilitation oder eine gleichzuhaltende Eignung in einem einschlägigen Fachgebiet gegeben sein.“ Es sind 44 Bewerbungen eingegangen. 10 Bewerber sind in die engere Wahl gezogen und zu Vorträgen und Gesprächen eingeladen wor
1 2 3
BMfWF Zl. 357/7-110/83. Mitteilungsblatt der UBWK 1982/83, Nr. 138, vom 5.5.1983. Die Presse, 7.5.1983.
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den. Von ihnen sind 4 einstimmig in den Besetzungsvorschlag aufgenommen worden. Differenzen gab es nur über die Reihung. Mit 9 zu 6 Stimmen ist am 5. März 1984 folgende Liste beschlossen worden: 1. Arno Bammé, Diplom-Handelslehrer, Diplom-Soziologe, Dr.phil., Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hamburg; 2. (gleichrangig in alphabetischer Reihenfolge) Bernd Dewe, Dr.rer. pol., Wissenschaftlicher Angestellter an der Universität Osnabrück; Werner Lenz, Assistent am Interuniversitären Institut für Fernstudien (IFF) der Universität Klagenfurt und seit 1982 Dozent für Erziehungswissenschaft mit besonderer Berücksichtigung der Erwachsenenbildung an der Universität Graz; 3. Wolfgang Schmidl, Assistent am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Wien und seit 1983 Dozent für Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Pädagogischen Anthropologie und Erwachsenenbildung. Über Lenz und Schmidl ist in diesem Werk bereits berichtet worden4. Deshalb genügt hier ein Blick auf Bammé und Dewe. Arno Bammé wurde am 28. Mai 1944 in Mährisch-Schönberg (Sudetenland) als Sohn eines Schneidermeisters evangelischer Konfession geboren.5 Auch die Mutter war als Schneidermeisterin und Modellmacherin tätig. Er hat seine Kindheit in Stendal (Bezirk Magdeburg) verbracht und von 1951 bis 1960 eine Realschule in Hamburg besucht. Von 1961 bis 1964 erfolgte die Ausbildung zum Industriekaufmann bei der Firma Siemens. Anschließend war er in diesem Beruf bis 1968 zunächst in Kiel und dann in West-Berlin tätig. Dort hat er von 1968 bis 1970 das Berlin-Kolleg besucht und am 15. Jänner 1970 die Reifeprüfung bestanden. Schon ab 1968 hat er daneben an der Freien Universität Berlin Ökonomie und Pädagogik studiert. Ab 1970 kamen als Nebenfächer Rechtswissenschaften und Politikwissenschaft hinzu. Am 16. Juli 1973 hat er die Prüfung als Diplom-Handelslehrer für das Lehramt an berufsbildenden Schulen (kaufmännischer Zweig) bestanden. Bammé ist jedoch nicht in den Schuldienst eingetreten, sondern hat von 1973 bis 1976 mit einem Stipendium der Graduiertenförderung ein 4 Über Lenz vgl. Bd. 1, 545, 588 und Bd. 2, 337ff.; über Schmidl Bd. 1, 632ff. 5 Personalangaben nach Lebenslauf und Fragebogen vom 11.1.2011. PAB. Für wertvolle ergänzende Informationen zur Fachgeschichte an der UKL sei Herrn Prof. Bammé auch an dieser Stelle herzlich gedankt. Kurzbiographie: Kürschner 2007, 124.
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Aufbaustudium der Soziologie mit dem Nebenfach Psychologie betrieben und am 13. Februar 1976 als Diplom-Soziologe abgeschlossen. Seine Diplomarbeit behandelte eine gemeinsam mit Eggert Holling durchgeführte qualitativ-empirische Untersuchung zur beruflichen Sozialisation von Hauptschullehrern in der zweiten Phase ihrer Ausbildung. Sie ist 1976 unter dem Titel „Lehrer zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ als Buch erschienen6. Von 1976 bis 1980 hat er sich mit Hilfe eines Stipendiums der Frankfurter Max-Traeger-Stiftung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) dem Doktoratsstudium an der Technischen Universität Berlin gewidmet. Es wurde am 4. Februar 1980 mit der Promotion zum Doktor der Philosophie abgeschlossen. Die von Professor Wolfgang Lempert7 angenommene Dissertation war folgendem Thema gewidmet: „Analyse des Berufsfeldes von Lehrern an berufsbildenden Schulen am Beispiel des kaufmännisch-verwaltenden Bereichs in Berlin (West)“8. Auch sie fußte auf einer gemeinsam mit Eggert Holling durchgeführten Untersuchung und ist 1982 als Buch erschienen mit dem Titel „Die Alltagswirklichkeit des Berufsschullehrers. Unterrichtssituationen und Handlungsmöglichkeiten am Beispiel des Handelslehrers. Eine Einführung in das berufsbildende Schulwesen“. Wie beim ersten gemeinsamen Buch galt Holling als erster Autor. Beruflich war Bammé von 1978 bis 1983 als Wissenschaftlicher Assistent am Fachbereich für Erziehungs- und Unterrichtswissenschaften der Technischen Universität Berlin tätig. Eine Habilitation ist nicht erfolgt. Im Studienjahr 1983/84 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hamburg im Rahmen eines Projekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über Berufsverläufe von Naturwissenschaftlern und Ingenieuren im Forschungs- und Entwicklungsbereich norddeutscher Industriebetriebe. An Publikationen lagen zur Zeit der Klagenfurter Beratungen sechs weitere Bücher mit Ko-Autoren und kürzere Aufsätze zur Curriculumforschung, Berufsschuldidaktik und Arbeitslehre (meist mit Ko-Autoren) vor. Arbeitsschwerpunkt war die „berufliche Sozialisation“9.
6 7 8 9
Holling/Bammé 1976. Über Lempert vgl. Kürschner 2007, 2120. In der ZfP nicht verzeichnet. Vgl. Bammé/Holling/Lempert 1983.
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Bernd Dewe10 wurde am 27. November 1950 in Herford (Westfalen) geboren. Er hat sich von 1970 bis 1973 an der Fachhochschule Bielefeld zum Sozialpädagogen ausgebildet. Von 1973 bis 1978 folgte ein Studium der Soziologie und der Erziehungswissenschaft an den Universitäten Berlin, Bielefeld und Osnabrück, das er als Diplom-Pädagoge abgeschlossen hat. Nach kurzer Berufstätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sozialpädagogik (ISS) in Frankfurt am Main hat er an der Universität Osnabrück ein Doktoratsstudium der Staatswissenschaften begonnen und 1982 mit der Promotion zum Dr.rer.pol. abgeschlossen. Zwischen 1979 und 1981 war er als Stipendiat am Max-PlanckInstitut für Bildungsforschung in Berlin bei Prof. Wolfgang Lempert im Forschungsschwerpunkt „Bildung und Sozialisation“ tätig. Ab 1981 hat er als Wissenschaftlicher Angestellter im Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität Osnabrück im Bereich „Erwachsenenbildung/Bildung und Sozialisation“ gearbeitet. Seine Dissertation war dem Thema „Wissensstrukturen im Handlungsfeld der Erwachsenenbildung“ gewidmet11. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen hat Dewe ein Forschungsprojekt über „Experten wider Willen. Zur Verwendung sozialwissenschaftlichen Wissens in Beratungszusammenhängen“ durchgeführt. Seine Habilitation ist erst drei Jahre später (1987) erfolgt mit einer Habilitationsschrift über „Wissenschaftstheoretische, erkenntnistheoretische und methodologische Probleme bei der Erforschung von Kommunikationsstrukturen in pädagogischen Beratungsprozessen“.12 Wissenschaftsminister Heinz Fischer hat am 20. Juli 1984 den erstgereihten Bewerber Bammé berufen.13 Er hat sein Amt am 1. Februar 1985 angetreten. Das Ministerium hat für ihn dem Institut für Lehrplantheorie und Schulpädagogik zusätzlich eine Assistentenplanstelle und eine halbe nichtwissenschaftliche Planstelle neu zugewiesen14. Am 2. März 1985 hat Bammé seine Antrittsvorlesung über folgendes Thema gehalten: „Qualifikation und Sozialisation im Beruf: an der Schwelle einer neuen Arbeitsmoral?“15. 10 Kurzbiographie: Kürschner 1992, 575; http://www.bernddewe.de/ vom 12.4.2011. 11 Kürschner 1992; in der ZfP nicht verzeichnet. 12 In der ZfP nicht verzeichnet. 13 BMfWF, GZ 71.846/3-14/84. 14 BMfWF, GZ 357/4-110A/85 vom 27.3.1985. 15 Bammé im Fragebogen des Verfassers vom 11.1.2011.
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Was hat Bammé unter „Weiterbildung“ verstanden und welche Aufgaben hat er sich als Professor für „Didaktik der Weiterbildung“ vorgenommen? Er hat das Wort „in einem umfassenden Sinn“ als Sammelname für „Weiterbildung, Erwachsenenbildung, Umschulung, Fortbildung“ gebraucht. Während „institutionalisierte Weiterbildung“ als Praxis schon lange betrieben wird, gebe es erst „zaghafte Ansätze einer Wissenschaft der Weiterbildung als eigenständige Disziplin“. „Der inhaltliche Themenbereich, den sie zu bearbeiten und zu vermitteln hätte“, sei „alles andere als eindeutig“. Dementsprechend müsse sie in Konkurrenz oder Kooperation mit neueren pädagogischen Disziplinen eintreten, „die verwandte Fragestellungen zu ihrem Gegenstandsbereich gemacht haben: Hochschuldidaktik, Gesundheitserziehung, Umweltpädagogik, Freizeitpädagogik, Geragogik“ usw. Wissenschaft und Technik seien in einer „Umbruchssituation“ und „das Aufgabenfeld wissenschaftlich begründeter Weiterbildung ist vielfältig. Von daher erscheint es nahezu beliebig, wo im einzelnen anzusetzen ist“.16 Grundsätzlich sei es „notwendig, daß die wissenschaftlichtechnische Tätigkeit sich auf allen ihren Stufen außer-technischen Kriterien stellen muß, weil die innertechnischen und innerwissenschaftlichen Kriterien keine Gewähr für sozial und ökologisch verträgliche Resultate sind.“ Deshalb hat er sich die Aufgabe gestellt, für „eine hochschuldidaktische Verschränkung sozial- und naturwissenschaftlicher Kompetenzen“ zu arbeiten und die Ingenieure als „bevorzugte Zielgruppe“ gewählt.17 Über diesen Ansatz hinaus hat Bammé als „eigenes Profil“ des zu gründenden Klagenfurter Instituts betont: „Eine Didaktik der Weiterbildung hat ihren Ausgangspunkt in der Lebenswelt der Betroffenen und in den dort erfahrenen Problemen“ und nicht in den Fachwissenschaften. „Zwar leben wir in einer wissenschaftlich geprägten Welt, aber nicht in einer Welt der Fachwissenschaften. Fachwissenschaften sind Sprachgemeinschaften, ihre Theorien sind selektiv konstruierte Modelle der Realität. Die Fachwissenschaften erweisen sich nach großen Anfangserfolgen immer weniger als fähig, die Probleme dieser Welt zu lösen, einmal weil sie nur ein Moment im Bemühen des Menschen zur Bewältigung individueller und gesellschaftlicher Aufgaben sind, zum anderen weil sie aufgrund ihrer Zersplitterung das
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Bammé/Maschat 1965, 18. Ebenda, 20.
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komplexe Niveau der realen Probleme überhaupt nicht erreichen können.“18 Diese originelle Sichtweise Bammés war für sein neuartiges Fachgebiet so bedeutsam, dass auch die damit verbundenen visionären Erwartungen zitiert zu werden verdienen. Sie lauten: „Die didaktische Relevanz fachwissenschaftlicher Aussagen ergibt sich aus dem adressaten- und situationsspezifisch formulierten Problemkomplex heraus. Es besteht kein zwingender raum- und zeitlos gültiger Ableitungszusammenhang etwa im Sinne des Reduktionsproblems. Ein solches Verständnis führt zu einer erweiterten Kompetenz von Didaktik. Kurzfristig fällt der Didaktik die Aufgabe zu, fachwissenschaftliche Aussagen zu relativieren, ihre begrenzte Aussagenreichweite deutlich zu machen und Vorschläge für eine Integration einzelner Aussagen zu Aussagensystemen zu machen, die dem zugrunde liegenden komplexen Problem angemessener sind. Mittelfristig nimmt sie Einfluß auf die Fachwissenschaften selbst. Das bedeutet eine völlige Umkehrung traditioneller didaktischer Ableitungszusammenhänge. Machte bislang der Fachwissenschaftler Vorgaben, die der Didaktiker zu transformieren suchte, so macht jetzt der Didaktiker den Fachwissenschaftler auf Defizite seiner Theorie aufmerksam. Die Funktion des Fachwissenschaftlers und des Didaktikers können sich zwar in einer Person vereinen, aber in der Regel werden verschiedene Fachwissenschaften beteiligt sein, so daß sich interdisziplinäre und kooperative Lösungsformen eher anbieten. Ein solches Vorgehen ist geeignet, fachwissenschaftliche Aussagen, nun zu interdisziplinären Aussagensystemen verdichtet, wirklichkeitsnäher zu machen. Es wäre zugleich ein Beitrag, um die zunehmende Wissenschaftsfeindlichkeit abzubauen …“19 Von diesen Vorstellungen geleitet hat Bammé die Errichtung eines separaten „Instituts für Weiterbildung“ betrieben und mit Ministerialerlass vom 29. Juli 1985 erreicht20. Neben Bammé wurden ihm auch die Professoren Gstettner und Larcher mit je einer Assistentenstelle zugeordnet. Gleichzeitig ist für Bammé und Larcher die Doppel-Zuordnung zum Interuniversitären Forschungsinstitut für Fernstudien (IFF) erfolgt.21 18 Bammé: Schwerpunkte einer Klagenfurter Didaktik der Weiterbildung. Unveröffentlichtes Typoskript vom 5.9.1984, 5f. PAB. 19 Ebenda, 6. 20 BMfWF, GZ 71.794/1-UK/85. Mitteilungsblatt der UBWK 1984/85, Nr. 171 vom 29.8.1985. 21 Zu diesen „Doppelzuordnungen“ vgl. Arnold 2009, 25f.
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Vorstand des Instituts für Weiterbildung wurde nicht der für dieses Fachgebiet berufene Bammé, sondern der dort fehlplatzierte Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft Peter Gstettner22. Als erster „Forschungsschwerpunkt“ galt die „Lehrerfortbildung“ unter Leitung von Larcher. Als zweiter Schwerpunkt wurde – ohne Bezug zur Weiterbildung – „Technik und Wissenschaft“ genannt.23 Zu dieser aus erziehungswissenschaftlicher Sicht erstaunlichen Fehlplanung ist es durch den Umstand gekommen, dass Bammé die für lange Zeit erste und einzige Professoren-Planstelle am „Interuniversitären Forschungsinstitut für Fernstudien“ (IFF) erhalten hat24. Zur Zeit seiner Ernennung (1985) war die „Leitungsgruppe“ des von Heintel als Vorstand geleiteten IFF aber bereits von dessen Gründungszweck „Fernstudienforschung“ abgerückt und auf der Suche nach prestigeträchtigeren Aufgaben25, um der verdienten Auflösung des IFF zu entgehen. Am 27. November 1986 wurde auf Bammés Antrag durch Beschluss der „Interuniversitären Institutskommission“ (IUK) des „Interuniversitären Forschungsinstituts für Fernstudien“ (IFF) die interuniversitäre Arbeitsgruppe „Technik- und Wissenschaftsforschung“ unter der Leitung von Bammé am IFF Klagenfurt eingerichtet.26 Damit hat eine schnelle Entfernung Bammés von seinem vorgeschriebenen Lehr- und Forschungsauftrag „Didaktik der Weiterbildung“ eingesetzt27. Sie hat 1996 auch institutionell mit der Auflösung des „Instituts für Weiterbildung“ im Zuge der Errichtung des zentralen „Instituts für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ ihren Höhepunkt er-
22 UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 35. 23 Ebenda, 119. 24 Arnold 2009, 25. 25 Ebenda, 22ff. – Vgl. in diesem Buch S. 547ff. 26 Protokoll der 14. Sitzung der IUK am 27./28.11.1986 in Salzburg, TOP 8, S. 4; UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 119f. 27 Klar erkennbar schon aus den von Bammé am 14.7.1986 dem BMfWF vorgelegten „Überlegungen zu einem Arbeits- und Forschungsschwerpunkt Technik und Wissenschaftsforschung“, die durch maßlose Ankündigungen, Verschwommenheit und Wichtigtuerei gekennzeichnet waren. („Langfristiges Forschungsziel wäre die interdisziplinäre und überregionale Entwicklung einer Zivilisationstheorie …, die der gegenwärtigen Umbruchsituation gerecht wird“. „Im Zentrum der Bemühungen“ müsste „der Mensch als denkendes und handelndes Gattungswesen stehen“. „Welche neue Begrifflichkeit muß geschaffen werden, um die Krise in der Wissenschaft zu lösen?“ usw.). PAB.
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reicht.28 Am Ende ist auch Bammés erziehungswissenschaftliche Professur wie jene von Larcher der Erziehungswissenschaft verloren gegangen. Durch die doppelte Zuordnung Bammés sowohl zum interuniversitären IFF als auch zum universitären Institut für Weiterbildung haben sich nachteilige „Überschneidungen sowohl inhaltlicher als auch institutioneller Art“ ergeben. „Aufgabe der Arbeitsgruppe“ war es, „einen sozialwissenschaftlichen Zugang zum Problem der neuen Technologien zu erarbeiten, Technik als soziales Projekt begreifbar zu machen in seinen psychosozialen und sozioökonomischen Voraussetzungen und Folgen, die erarbeiteten Ergebnisse in didaktische Lernmodelle umzusetzen und in Weiterbildungsveranstaltungen fruchtbar zu machen.“ Tatsächlich war das Interesse an „Didaktik der Weiterbildung“ gering. Als vorrangiger „Arbeitsschwerpunkt“ galt nicht sie, sondern der bombastische Themenkreis „Einheit der Wissenschaft“. Dazu zählten: „Verhältnis von Technik-/Naturwissenschaften und Sozial-/Geisteswissenschaften zueinander; Verhältnis von Wissenschaft und Nichtwissenschaft (Alltagswissen, New Age usw.); Technologie als Synthese von Technik und Wissenschaft; Verständliche Wissenschaft“. Als zweiter Schwerpunkt wurde ein „Arbeitskreis Technik“ genannt, als dritter „Didaktische Modelle reflektierter Technikaneignung“.29 Die Distanz zur Erziehungswissenschaft wurde in den geförderten Forschungsprojekten von Bammé besonders deutlich: „Technologie-Entwicklung und Weiterbildung“, „Soziale und psychische Implikationen humanmedizinischer Reproduktionstechnologien“, „Technologische Zivilisation und transklassische Logik“, „Literatur und Soziologie“30. Als Spezialgebiet wurde „die Erforschung wissenschaftlicher Grundlagen der Mensch-Maschinen-Interaktion“ hervorgehoben31. In diesem Zusammenhang wurde berichtet, dass „Bammé seine Forschungsaktivitäten über das IFF organisiert, sein Lehrangebot dagegen über das Institut (für Weiterbildung) in den Studienplan Pädagogik integriert ist“32. Nach der 1996 erfolgten Auflösung des „Instituts für Weiterbildung“ hat sich Bammé keiner der fünf Abteilungen des neuen „Instituts
28 29 30 31 32
Vgl. in diesem Buch S. 543. UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 120. UBWK: Forschungsbericht 1991–1994, 56f. Ebenda, 54. Ebenda, 53 (erläuternder Zusatz in der Klammer vom Verfasser).
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für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ angeschlossen, sondern ganz auf die Leitung der „Abteilung Technik- und Wissenschaftsforschung“ des 1992 neu gegründeten IFF zurückgezogen33. Seine dortigen geförderten Forschungsprojekte lauteten: „Ökonomie oder Technologie? Syntheseprinzipien (post-)moderner Gesellschaften“, „Beschreibungsversuche der Moderne: Literatur und Soziologie“, „Band 7 der Tönnies-Edition“34. Als Lehrveranstaltungen hat Bammé keine Vorlesungen, sondern ausschließlich Proseminare und Seminare angeboten. Sie hatten folgende Themen35: „Mensch und Maschine. Neue Technologien und Identität des Menschen“, „Die Zukunft der Arbeit: Struktur und Entwicklung der Arbeitsanforderung als Herausforderung für die Weiterbildung“, „Bildung und Weiterbildung in technisierten Lebenswelten“, „Was heißt Wissenschaft heute? Verändern die Naturwissenschaften unser Weltbild?“, „New Age – ,Sanfte Verschwörung‘ oder ,sanfte Verblödung‘“, „Berufliche Sozialisation“, „Die Zukunft der Wissenschaft von der Erziehung. Zwischen Igel- und Antipädagogik“, „Berufspädagogische Alternativen im Zeitalter struktureller Arbeitslosigkeit“, „Die Auflösung der Subjekt-Objekt-Dichotomie. Gotthard Günthers Grundlegung einer Metaphysik der Informatik“, „Virtuelle Maschinen und implementierte Theorien. Grundbegriffe einer sozialwissenschaftlichen Maschinentheorie“, „Wissenschaftliche Weiterbildung. Science oder Fiction?“, „Soziale Implikationen der Gen- und Reproduktionstechnologien“, „Computersabotage, Startbahnbesetzung, AKW-Umzingelung. Gibt es ein Naturrecht des Menschen auf Gewaltanwendung gegen Technologie?“, „Ökologie und Faschismus: Gemeinsame Wurzeln der Technikkritik?“, „Lehr- und Lernformen in der Weiterbildung. Eine Einführung in die Erwachsenenpädagogik“, „Männer-Maschinen- Natur-Frauen. Die Instrumentalisierung der Geschlechter“, „Telematik und Gesellschaft. Psychosoziale Voraussetzungen und Folgen der Informations- und Kommunikationstechnologien“, „Protosozialismus, asiatische Produktionsweise, technologische Formation – Was war der ,real existierende‘ Sozialismus?“, „Personalwirtschaft im Umbruch?“, „Erziehung und Sozialisation im technologischen Zeitalter“, „Schicht, Geschlecht und Habitus. Determinanten beruflichen 33 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 14ff. und 447ff. 34 Ebenda, 449f. – Zum Staatswissenschaftler und Mitbegründer der Soziologie Ferdinand Tönnies (1855–1936) vgl. u.a. Hillmann 1994, 875f.; Deichsel 1995. 35 Nach Bammé: Lehrverzeichnis 1976–2011. PAB.
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Erfolgs und Mißerfolgs“, „Aufstieg und Fall des Michail Gorbatschow. Analyse und Interpretation einer Soziogenese der Macht und des Machtverfalls“, „Berufliche Mobilität: Schritt in die Arbeitslosigkeit oder Stufe auf der Karriereleiter?“, „Realität und Ideologie universitärer Weiterbildung“, „Delphin-Strategien. Weiterbildungsrealität und –ideologie im Managementbereich“, „Der Mensch in der Technologischen Zivilisation. Prozesse der Zurichtung: Erziehung, Sozialisation und andere Eingriffe“, „Geisteswissenschaftler in der Wirtschaft? Voraussetzungen, Möglichkeiten, Probleme“, „Einführung in die empirische Sozialforschung“, „Technik und Geschlecht“, „Erziehung, Sozialisation, Technologie. Die Neukonstruktion des Menschen I: Der mentale Zugriff. II: Der biologische Zugriff“, „Die Verbrechen der Ökonomie“, „Sozialökonomische Rahmenbedingungen menschlicher Identität: Marx, Lenin, Stalin“, „Einführung in die Wissenschaftstheorie auf geschichtlicher Grundlage“, „Konservative Wege in die Moderne: Nietzsche, Rosenberg, Hitler, von Schirach“, „Erkenntnistheorie und Wissenschaftstheorie. Eine vergleichende Einführung“, „Bildung, Arbeit und Ökonomie“, „Bildung und Entwicklung im Erwachsenenalter“, „Der Mensch und die Technik“, „Schicht- und geschlechtsspezifische Sozialisation am Ende der Erwerbsgesellschaft“, „Soziologische Grundlagen pädagogischen Handelns“, „Theorien, Geschichte und Institutionen der Erwachsenen- und Berufsbildung“, „Bildungs- und Kulturarbeit in der Technologischen Zivilisation“, „Erziehung und Sozialisation in der Spät- bzw. Postmoderne“, „Arbeiten, Leben, Lernen: Individuum und Gesellschaft“, „Liebe, Ehe und Beruf: ist das alles heute noch vereinbar?“, „Welche Zukunft erwartet uns? Gesellschaftliche Rahmenbedingungen individuellen Handelns“, „Gehirn, Hormone, Erziehung. Was prägt unsere Persönlichkeit?“, „Formen selbstgesteuerten Lernens“, „Emotionale Intelligenz. Theorie und Praxis eines Gegenkonzepts“, „Soziologie im Überblick: eine Einführung“, „Identitätsarbeit. Leben und Arbeiten im 21. Jahrhundert“. Die Vielfalt und Aktualität dieser Themen ist erstaunlich. Allerdings hatte rund die Hälfte wenig oder keinen Bezug zur Didaktik der Weiterbildung oder anderen Teilgebieten der Erziehungswissenschaft. Ohne Kenntnis darüber, welche der angebotenen Lehrveranstaltungen tatsächlich von wie vielen Teilnehmern mit welchem Berufsziel, welcher Vorbildung und welchem Prüfungsergebnis besucht worden sind, ist ihr Nutzen für pädagogische Studien kaum zu beurteilen. Bammé galt als „milder Prüfer“.
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Auffällig ist jedenfalls, dass zwischen den pädagogischen Themen dieses Seminar-Angebotes und den Themen der 13 Dissertationen, die Bammé betreut und als erster Gutachter angenommen hat, kaum Verbindungen erkennbar sind. Die folgende Liste36 zeigt, wie wenig die Gegenstände der Dissertationen mit der pädagogischen Gedankenwelt zusammenhängen: Franz Edlinger: Arbeit und Gesundheit. Zum Verständnis zwischen beruflicher Belastung, Krankheit und Arbeitnehmerschutz (1987); Bettina Brohmann: Nichttechnische Rahmenbedingungen einer dienstleistungsorientierten Energiewirtschaft (1991); Ute Inge Winkler: Die „individualisierte“ Unfruchtbarkeit der Frauen. Zur Vernetzung von ungewollter Kinderlosigkeit und humanmedizinischen Reproduktionstechnologien (1992); Liebgart Schober: Genomanalyse an Stellenbewerbern. Schutz oder soziale Waffe? (1995); Iris Ferjan: „Computer im Journalismus“. Die Computerisierung verändert die Arbeitsbedingungen des Journalisten: Sein Berufsbild wechselt: Vom „klassischen Journalisten“ zum „Informationsbroker“ (1997); Hans Alfred Fortmüller: Bürgerbeteiligung in der Raumplanung. Partizipation im kommunalen und regionalen Bereich (1999); Irmgard Lechner-Pirker: Evaluation der Arbeit der BerufsorientierungspädagogInnen an Kärntner Schulen (1999); Kristina Maria Unterweger: Der Einfluß von ganzheitlich-kreativer Erziehung in Form von Projektunterricht auf die Persönlichkeitsentwicklung von Jugendlichen (2000); Peter Jaritz: Ein mitarbeiterorientiertes Motivationsmanagementkonzept zur Sicherstellung ganzheitlicher Qualität (2000); Simon Marin: Die Finanzierung von Nonprofit-Organisationen am Beispiel ambulanter und stationärer Betreuungseinrichtungen für hilfs- und pflegebedürftige ältere Menschen (2001); Walter Engelbert Pirzl: Führungskräfte-Coaching: Verbreitung – Nutzen – Barrieren (2004); Karin Kornprath: E-Learning. Interpersonale Weiterbildung unter dem Einfluss von informationstechnologischen Kommunikationsmedien (2005); Gerhard Thomas Gfrerer: Die wirksame Organisation. Eine empirische Begleitstudie zur Implementierung eines Systemmodells im Bereich Wissensmanagement (2006).
Die meisten dieser Dissertationsthemen haben aber auch mit „Wissenschaftsforschung“ als Auftrag der IFF-Abteilung nichts zu tun, sofern ein strenger Begriff dieses Forschungsgebietes zugrunde gelegt 36 Bammé: Liste der von mir betreuten und als Erstgutachter beurteilten Dissertationen (2011). PAB. – In der ZfP sind nur die Dissertationen von Winkler, Lechner-Pirker, Jaritz und Unterweger verzeichnet.
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und nicht ein bloßes Sammelsurium unzusammenhängender Studien angehäuft wird. Auf die bunte Liste der von Bammé am „Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ angenommenen Diplomarbeiten, die „aus Arbeitszusammenhängen und Lehrveranstaltungen des IFF entstanden sind“, kann hier nicht eingegangen werden. Es waren allein zwischen 1995 und 1998 nicht weniger als 28. Darunter waren so pädagogikferne Themen wie „Öffentlichkeitsarbeit für Nonprofit-Organisationen. Dargestellt und erläutert am Beispiel der Landeskrankenhäuser Kärntens“ (R. Koncilia 1985), „Der Verlust der Menschlichkeit oder wie der Mensch zu seiner Nahrung steht“ (H.B. Repnig 1995), „Quo vadis, homo sapiens. Gentechnik – Der Sprung in eine neue Dimension“ (K.M. Unterweger 1997), „Jäger und Jagd. Vom Heldenmythos der Gesellschaft zum Feindbild der Gesellschaft“ (W. Hrast 1998).37 Das alles wäre für die Pädagogik weniger problematisch, wenn diese akademischen Leistungsnachweise nicht über Graduierungen für „Weiterbildung“ als Spezialgebiet der Erziehungswissenschaft deren Ansehen und der fachspezifischen Ausbildung ihrer Absolventen geschadet hätten. Das gilt erst recht für außerpädagogische Themen von Habilitationsschriften, mit denen pädagogische Außenseiter die Lehrbefugnis für Erziehungswissenschaft erschlichen haben. Aus Bammés Forschungsprojekten wie aus den Themen der Dissertationen und vieler Diplomarbeiten geht hervor, dass er schon bald nach seiner Ernennung praktisch einen Fachwechsel von der Erziehungswissenschaft zu einer verschwommenen außer- und überdisziplinären „Wissenschaftsforschung“ vollzogen hat, ohne jedoch – mangels einer hochschulrechtlichen Alternative – seine Lehrverpflichtung, Prüfungs- und Graduierungsrechte für Pädagogik im Institut für Erziehungswissenschaft aufgegeben zu haben. In diesem Institut ist der Schwerpunkt „Weiterbildung“ erst ab 2002 durch eine neue „Abteilung für Erwachsenenbildung“ (ab 2003 „für Erwachsenen- und Berufsbildung“) unter Leitung der Professorin Elke Gruber institutionell verankert worden38. Im IFF hat Bammé den Bereich „Theorie der Weiterbildung“ schon viel früher an die „Abteilung Theorie, Organisation und Didaktik von 37 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 461f. 38 UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 80 und 2003–2004, 42. Über Gruber vgl. in diesem Buch S. 768ff.
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Wissenschaft“ unter Leitung des Mathematikers Roland Fischer39 und an ein separates „Studienzentrum für Weiterbildung“ unter Leitung von Heintel40 verloren. Dieser Fachwechsel auf Kosten der erziehungswissenschaftlichen Nutzung einer für die Erziehungswissenschaft bestimmten Professur wird auch durch das Ende der Zitierungen von Bammé in der „Zeitschrift für Pädagogik“ erkennbar. Während er bis zum Dienstantritt in Klagenfurt im Jahre 1985 insgesamt 16mal zitiert worden ist, sind danach keine weiteren Zitierungen verzeichnet. Wie hat sich der Fachwechsel, den Bammé im Einklang mit einem allgemeinen „Trend zur Entgrenzung des Pädagogischen“ verstanden hat41, auf seine Veröffentlichungen ausgewirkt? Zwischen 1985 und 2010 sind 180 „Wissenschaftliche Aufsätze und Essays“ erschienen, davon 47 mit Ko-Autoren42 und häufig im Umfang von wenigen Seiten. Inhaltlich sind es einerseits Beiträge zur Technikforschung, Soziologie, Ökonomie und Betriebswirtschaftslehre, zur Wissenschaftstheorie, Philosophischer Anthropologie, Politischer Theorie und Sozialethik, andererseits 58 Texte zur Heimatdichtung und Landeskunde Schleswig-Holsteins. Nennenswerte erziehungswissenschaftliche Beiträge fehlen. Das gilt auch für die sieben Monographien, die Bammé unter folgenden Titeln publiziert hat: „… sub specie machinae“ (1994), „Wissenschaft und Belletristik. Zum Verhältnis von Inhalt und Form“ (2000), „Wissenschaft und Wissenschaftsdidaktik. Gesellschaft und Wissenschaft in der Technologischen Zivilisation“ (2 Bände, 2003), „Gesellschaft (re-)interpretieren“ (2004), „Science Wars. Von der akademischen zur postakademischen Wissenschaft“ (2004), „Die Neuordnung des Sozialen durch Technologie“ (2007), „Science and Technology Studies. Ein Überblick“ (2009). Daneben hat sich Bammé auch als Heraus 39 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 32 und 562ff. 40 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 43 und 541ff.; Vorlesungsverzeichnis SS 2001, 115. – Sie wurde später in „Abteilung Weiterbildung und systemische Interventionsforschung“ umbenannt: UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 650ff.; UKL: Forschungsbericht 2003–2004, 476ff. 41 Bammé: Briefliche Mitteilung und Typoskript „Wechsel vom Institut für Weiterbildung in das interuniversitäre Institut“, 2. Zweiseitige Darstellung für den Verfasser vom 11.1.2011. PAB. 42 Bammé: „Schriftenverzeichnis“ vom 11.1.2011. PAB. – UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 129f.; 1987–1991, 98ff; 1991–1994, 517ff.; 1995–1998, 465ff.; 1999–2002, 518ff., 2003–2004, 462ff.
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geber und Mit-Herausgeber mehrerer Sammelbände und Schriftenreihen zur Technik- und Wissenschaftsforschung betätigt. Auf diese imposante Menge seiner außerpädagogischen Texte kann hier nicht eingegangen werden. Sie haben dazu beigetragen, dass die von ihm im Dienst „postakademischer Wissenschaft“ geleitete „Abteilung Technik- und Wissenschaftsforschung“ (seit 2004 „Institut“) der Klagenfurter „Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“ (IFF)43 internationale Beachtung gefunden hat. Es verfügte im Jahre 2011 „über mehr als 25 Mitarbeiter im Drittmittelbereich mit einem eingeworbenen Budgetvolumen von etwa zwei Millionen Euro. Wir geben eine Buch- und drei Zeitschriften- bzw. Forschungsreihen heraus“. Als „Vorsitzender mehrerer Habilitationskommissionen“ hat Bammé „neun Habilitationsverfahren im Bereich wissenschaftlicher Weiterbildung erfolgreich zum Abschluß gebracht“44. Über diese wird noch berichtet werden45. Hier kam es nur darauf an, ohne Schmälerung der Leistungen Bammés außerhalb der Erziehungswissenschaft46 zu zeigen, wie es an der Klagenfurter Universität möglich gewesen ist, eine pädagogische Professur dauerhaft ihrem Zweck zu entziehen: durch unseriöse Planung, durch Zuordnung zum privilegierten Sondergebilde IFF, durch terminologische Täuschung (grenzenlos beliebige „Wissenschaftsforschung“ unter dem Schein der „Didaktik der Weiterbildung“) und durch mangelnde Kontrolle seitens der zuständigen Instanzen. Auf diese Weise ist auch die dritte der neuen Professuren, die 1983 zur Stärkung der Erziehungswissenschaft eingerichtet worden sind, dem Fach verloren gegangen. Am 30. September 2012 ist Bammé emeritiert worden.
43 Vgl. UKL: Forschungsbericht 2003–2004, 434ff. 44 Bammé: Wechsel vom Institut für Weiterbildung in das Interuniversitäre Institut (2011). PAB. – Vgl. auch Bammés Prolog „Science, Technology, Society“ und die anderen Beiträge zum „Yearbook 2005 of the Institute for Advanced Studies on Science, Technology and Society“ (München 2005, Profil). 45 Vgl. S. 694, 698, 703, 717, 720ff., 734. 46 Vgl. IFF: Programmplattform des Instituts für Technik- und Wissenschaftsforschung. Stand April 2011. „Das Institut wird geleitet von Arno Bammé. Es verteilt sich auf zwei Standorte: Graz und Klagenfurt“. „Der Standort Graz umfaßt vier Bundesdienststellen …, ferner ca. 22 wissenschaftliche Angestellte über Drittmittelprojekte und zwei Angestellte im administrativen Bereich“. „Der Standort Klagenfurt umfaßt vier Bundesdienststellen …“. Ebenda, 3ff.
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24. HANS HOVORKA ALS AUSSERORDENTLICHER PROFESSOR FÜR SONDER- UND HEILPÄDAGOGIK: 1993–2002 Durch den Tod von ao. Professor Hartmann am 6. August 1988 ist seine Planstelle im „Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“ und damit auch die Leitung der dort 1985 eingerichteten „Abteilung für Sonder- und Heilpädagogik“ frei geworden1. Da sein Fach als wesentlicher Teil der pädagogischen Studiengänge galt, hat Rektor Günther Hödl das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung schon am 15. August 1988 gebeten, „so rasch wie möglich Zustimmung“ zur Nachbesetzung und „zu einer Neuausschreibung dieser Planstelle zu erteilen“2. Das Ministerium hat sich wegen der damaligen Unsicherheit über den Fortbestand der Studienrichtung Pädagogik3 jedoch erst am 15. März 1990 „mit einer Beibehaltung des Arbeitsschwerpunktes Sonder- und Heilpädagogik einverstanden“ erklärt und deshalb „die Planstelle für diesen Zweck zur Nachbesetzung“ freigegeben. Mit Recht wurde gleichzeitig die längst fällig gewesene „Transferierung dieser Planstelle vom Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik zum Institut für Schulpädagogik und Sozialpädagogik“ gefordert.4 Der Berufungskommission haben als Vertreter der Pädagogik die Professoren Gstettner, Klingler, Larcher, Menschik-Bendele, Posch und Dozent Gerald Knapp angehört; als Vertreter der Psychologie Professor Ottomeyer. Zur Vorsitzenden wurde Menschik gewählt. Die Ausschreibung enthielt folgende „Ernennungserfordernisse“, die fachlich sehr vage waren: „das Doktorat einer der Verwendung entsprechenden Fachrichtung, die Lehrbefugnis als Universitätsdozent und eine Tätigkeit durch mindestens drei Jahre, die den Bewerber zur Ausübung dieser Funktion im Sinne des § 31 Abs. 3–6 UOG geeignet erscheinen läßt, sowie die österreichische Staatsbürgerschaft. Zusätzlich erwünscht ist eine Ausbildung in einem für die Pädagogik, insbesonde
1 2 3 4
Vgl. in diesem Buch S. 579. UBWK, Zl. 1265/88. Vgl. in diesem Buch S. 517ff. BMfWF, GZ 357/13-110A/90.
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re Heilpädagogik, relevanten psychotherapeutischen Verfahren“.5 Ende der Bewerbungsfrist war der 6. September 1990. Auf diese Ausschreibung ist als einzige Bewerbung jene des Wiener Dozenten für „Medizinische Heilpädagogik“ Toni Reinelt6 eingegangen. Die Berufungskommission hat es deshalb für notwendig gehalten, „eine neue Ausschreibung zu veranlassen, um einen Vergleich mit anderen Bewerbern zu ermöglichen“. Sie ist am 20. November 1990 mit einer Bewerbungsfrist bis zum 15. Jänner 1991 erfolgt.7 Diesmal sind einschließlich Reinelt 9 Bewerbungen eingegangen. Davon sind 4 in die engere Wahl gezogen worden: Hans Hovorka, seit 1990 Privatdozent für „Sozialpädagogik“ an der Technischen Universität Berlin8; Reinhold Popp, seit 1990 Privatdozent für „Erziehungswissenschaft mit besonderer Berücksichtigung von Sozial- und Freizeitpädagogik“ an der Universität Innsbruck9; Toni Reinelt, seit 1988 Universitätsdozent für „Medizinische Heilpädagogik und Klinische Kinder- und Jugendpsychologie“ an der Universität Wien; Elisabeth Wurst, seit 1982 Universitätsdozentin für „Heilpädagogische Psychologie“ an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Wien.
Über die Bewerber Hovorka, Popp und Reinelt ist in diesem Werk bereits berichtet worden. Elisabeth Wurst ist am 13. August 1946 in Wien geboren worden und hat dort nach der Matura von 1964 bis 1970 Psychologie und im Nebenfach Anthropologie studiert10. Am 7. Juli 1970 hat sie mit einer Dissertation über „Das EEG bei intellektuell unterschiedlich begabten 9–14jährigen Kindern“ (EEG = Abkürzung für Elektroenzephalogramm11) promoviert, die von den Professoren BayrKlimpfinger12 und Giselher Guttmann13 angenommen und als „ausgezeichnet“ bewertet worden ist14. Von 1970 bis 1980 hat sie als Assi5 Der zitierte Paragraph bezog sich auf Stellung und Aufgaben der Außer ordentlichen Professoren gemäß UOG 1975. 6 Über Reinelt vgl. Bd. 1, 666f. und 802ff. 7 Wiener Zeitung, Nr. 278, 1.12.1990. 8 Über Hovorka vgl. Bd. 2, 359–361. 9 Über Popp vgl. Bd. 2, 781–786. 10 Biographische Angaben nach brieflicher Mitteilung, Lebenslauf und Publikationsliste vom 17.5.2011, PAB. Kurzbiographie: Kürschner 1992, 4175; Personalstand der Universität Wien für das Studienjahr 1998/99, 102 und 380. 11 Vgl. Pschyrembel 1990, 418f. 12 Über Bayr-Klimpfinger vgl. in diesem Werk Bd. 1, 454ff. 13 Über Guttmann vgl. Kürschner 2007, 1180. 14 Kurzfassung in: Helv. Paed. Acta 27 (1972), 109–122.
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stentin an der Heilpädagogischen Station der Wiener UniversitätsKinderklinik bei Professor Asperger15 gearbeitet. Es folgten zwei Jahre an der heilpädagogischen Station des Landes Niederösterreich in Hinterbrühl als Konsiliarpsychologin für Jugendämter und Heime. Am 30. September 1982 hat sie an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien die Lehrbefugnis als Dozentin für „Heilpädagogische Psychologie“ erworben mit einer Habilitationsschrift über „Autismus“. Sie ist 1976 als Buch erschienen und hat 1981 eine 2. ergänzte und erweiterte Auflage sowie 1984 eine spanische Übersetzung erfahren. Seit 1982 war Wurst als Assistenz-Professorin an der Wiener Uni versitäts-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde in der Heilpädagogischen Station tätig, von 1987 bis 1990 als Supplierende Leiterin.16 Ihre Publikationen waren überwiegend psychologischer Art mit den Schwerpunkten Intelligenzdiagnostik, Neuropsychologie und Verhaltenstherapie. Da es sich um einen Dienstposten für einen Außerordentlichen Universitätsprofessor gehandelt hat, war im Unterschied zu Vorschlägen für die Besetzung von Dienstposten für Ordentliche Universitätsprofessoren keine Liste mit mindestens drei Kandidaten (Ternavorschlag)17 zu erstatten. Es hat ein Ernennungsvorschlag an das Ministerium mit einem einzigen Bewerber genügt. Neben der Begründung des Vorschlages waren im Bericht allerdings auch „die Gründe für die Nichtberücksichtigung der nicht in den Ernennungsvorschlag aufgenommenen Bewerber“ zu nennen18. Aus den Angaben über die Lehrbefugnis und das berufliche Arbeitsfeld der vier Bewerber ist klar erkennbar gewesen, dass weder Hovorka noch Popp eine Ausbildung, eine Berufspraxis und einen wissenschaftlichen Leistungsnachweis für das Spezialgebiet „Sonder- und Heilpädagogik“ aufzuweisen hatten, das zu den empirisch wie theoretisch am besten bearbeiteten Teildisziplinen der Pädagogik gehört.19 Beiden hat das dafür neben der Pädagogik unerlässliche psychologische Studium gefehlt. Ihre Berufserfahrung und Lehrbefugnis war auf das Fachgebiet „Sozialpädagogik“ beschränkt. Auf diesem Gebiet war
15 Über Asperger vgl. in diesem Werk Bd. 1, 777ff. 16 Wurst ist bis zum Pensionsantritt 2006 auf diesem Posten verblieben, ab 1997 als Ao. Universitätsprofessorin. 17 Gemäß UOG 1975, § 28. 18 Gemäß UOG 1975, § 31 Abs. 2. 19 Vgl. Bach/Bleidick 1977ff.
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jedoch an der Universität Klagenfurt schon der 1989 habilitierte Dozent Gerald Knapp erfolgreich tätig20. Was für die Nachfolge von Hartmann und für die von ihm aufgebaute Lehr- und Forschungsrichtung gebraucht wurde, waren kompetente Fachleute für Heilpädagogik bzw. Sonderpädagogik. Für dieses Fach haben nur die Bewerber Reinelt und Wurst psychologische Ausbildung, klinische Berufserfahrung und Lehrbefugnis aufzuweisen gehabt. Sie waren allerdings mit einer medizinisch dominierten Art von Heilpädagogik aufgewachsen, wie sie vom Kinderarzt Hans Asperger und vom Jugendpsychiater Walter Spiel an Abteilungen der Wiener Universitäts-Kinderklinik bzw. der Universitätsklinik für Psychiatrie und Neurologie gelehrt und praktiziert worden ist21. Von ihr hatte Hartmann 1987 mit Recht festgestellt: „Eine derartige Konzeption ermöglicht im stationären und ambulanten Krankenhausbetrieb eine notwendige und passende Form heilpädagogischer Arbeit; als alleiniger … Ansatz in der Heilpädagogik verstanden ergibt dies eine nicht vertretbare Hintanstellung pädagogischer Anliegen“. Deshalb ist es ihm wichtig erschienen, „in Klagenfurt eine pädagogische Heilpädagogik, im Sinne der sonderpädagogischen Ansätze in der Bundesrepublik Deutschland und der Heilpädagogik, als Pädagogik verstanden, in der Schweiz, zu etablieren und zugleich eine fachliche Verbindung zur traditionellen österreichischen medizinischen Heilpädagogik zu suchen.“22 Dementsprechend hat sich Hartmann vor allem um das Sonderschulwesen und die Ausbildung und Fortbildung von Sonderschullehrern und Sonderkindergärtnerinnen gekümmert. Für dieses Arbeitsfeld der „Verhaltensauffälligenpädagogik“, der „Lern- und Geistigbehindertenpädagogik“ und der „Sonderdidaktik“ sind auch die Klagenfurter Studierenden der Speziellen Pädagogik „Sonder- und Heilpädagogik“ ausgebildet worden, wobei „im Sinne der international üblichen synonymen Verwendung“23 mit beiden Namen dasselbe Fach gemeint gewesen ist. 20 Über Knapp vgl. in diesem Buch S. 677ff. Vgl. auch Knapp 2008, 62ff. 21 Über „Heilpädagogik“ an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien vgl. in diesem Werk Bd. 1, 767-806. Dort zu Asperger 777ff.; zu W. Spiel 770, 802ff., 807ff; zu Reinelt 802ff. 22 Hartmann 1987, 89f. Hervorhebung vom Verfasser. 23 Ebenda, 93 und 90. Zur Bestätigung des synonymen Gebrauchs dieser Termini in Deutschland vgl. Reinartz/Kluge 1971. Zur anhaltenden Bevorzugung des Terminus „Heilpädagogik“ und ihrer Begründung vgl. H. Lenzen 1996. Zur Dominanz dieses Terminus in der Schweiz vgl. die „Vierteljahresschrift für Heilpädago-
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Unter diesen Gesichtspunkten wurde in Klagenfurt für die Nachfolge Hartmanns eher ein habilitierter Spezialist für echte „pädagogische“ Heilpädagogik als für „Medizinische Heilpädagogik“ oder bloße „Heilpädagogische Psychologie“ gebraucht. Die schwache Bewerbungslage spiegelt den Personalmangel, der in Österreich auch um 1990 noch in diesem Fach bestanden hat. Insofern ist es ein Fehler gewesen, die Ausschreibung auf österreichische Staatsbürger zu beschränken. Ganz unverantwortlich aber war es, für diese hochdifferenzierte und psychodiagnostisch wie -therapeutisch anforderungsreiche Spezialdisziplin fachfremde Sozialpädagogen zuzulassen, die sich auf soziale Stadtteilarbeit (Hovorka) bzw. lokale Freizeitplanung (Popp) spezialisiert hatten. Das ist mit folgendem terminologischen Trick geschehen. Der nebensächliche und entbehrliche Doppelname24 dieser Disziplin, dessen beide Teile allgemein als gleichbedeutend angesehen worden sind, ist in der Berufungskommission dazu benutzt worden, abweichend vom Sprachgebrauch und von der internationalen Wissenschaftsklassifikation die Existenz von zwei Disziplinen statt einer einzigen vorzutäuschen: „Heilpädagogik“ und „Sonderpädagogik“. Dieser unsinnigen Voraussetzung gemäß wurde behauptet: von den vier verbliebenen Bewerbern decken zwei „den Bereich Heilpädagogik“ ab (Reinelt, Wurst) und zwei „den Bereich Sonderpädagogik“ (Hovorka, Popp). „Im Einvernehmen mit dem Wissenschaftsministerium (Gespräch Ministerialrat Dr. Matzenauer) faßte die Kommission einen Grundsatzbeschluß, den Dienstposten auf den Bereich Sonderpädagogik zu konzentrieren. Von den beiden dann noch in Frage kommenden Bewerbern entschied sich die Kommission mit großer Mehrheit, Herrn Doz. Hovorka für die Besetzung der a.o. Professur vorzuschlagen.“ 25 Diese Irreführung der Universitätsleitung, des Universitätskollegiums und des Ministeriums durch die Kommission ist zunächst erfolglos geblieben, weil das Ministerium die Berliner Habilitationsschrift von Hovorka nicht anerkannt hat.26 Es hat sich um eine kumulative Habi ik und ihre Nachbargebiete“ (VHN), herausgegeben vom Heilpädagogischen Ing stitut der Universität Freiburg (Schweiz), die 2006 ihr 75-jähriges Bestehen feiern konnte. 24 Vgl. in diesem Buch S. 577. 25 Kommissionsbericht Menschik vom 20.6.1991 an das BMfWF. 26 Protokoll der Beratungssitzung der Berufungskommission a.o. Prof. „Sonderund Heilpädagogik“ vom 17.10.1991.
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litation gehandelt. Die eingereichten Texte waren unter dem zusammenfassenden Titel seines Habilitationsvortrages über „Sozialpädagogische Handlungsfelder bevölkerungsaktivierender Stadtteilforschung“ vorgelegt worden27 und von einem Leistungsnachweis für „Heil- und Sonderpädagogik“ weit entfernt. Diese ministerielle Hürde konnte Hovorka erst am 5. Mai 1992 durch Um-Habilitation an die Universität Graz überwinden. Als Gutachter hat der dortige ao. Professor für Sozialpädagogik Josef Scheipl28 gedient. Die damit erworbene österreichische Lehrbefugnis lautete wie die an der Technischen Universität Berlin am 5. Juni 1990 erlangte auf „Sozialpädagogik“. Sie hat nach Ansicht der Klagenfurter Pädagogiker – aus politisch-ideologischen Gründen vor allem auf Betreiben von Gstettner – dafür genügt, dass Hovorka schließlich mit Wirksamkeit vom 1. September 1993 „zum Außerordentlichen Universitätsprofessor für Sonder- und Heilpädagogik an der Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt“ ernannt und dem „Institut für Schulpädagogik und Sozialpädagogik“ zugeteilt worden ist29. Hovorka war bei seiner Ernennung 47 Jahre alt. Wie hat er sich in sein künftiges Aufgabenfeld eingearbeitet? Seine bis dahin erschienenen Veröffentlichungen30 waren fast ausschließlich Themen der Sozialarbeit und Kommunalpolitik mit den Schwerpunkten „Gemeinwesenarbeit“ und „bevölkerungsaktivierende Stadterneuerung“ zugunsten der Integration behinderter, insbesondere alter Menschen und ihrer Wohnbedürfnisse gewidmet. Forschungsprojekte betrafen unter anderem „Wohnstätten für erwachsene geistig Behinderte“ (1978–81), „Soziale Rehabilitation“ (1984–87), „Kommunale Sozial-, Gesundheits- und Kulturpolitik der Zwischenkriegszeit in Wien am Beispiel des Kongreßbades und seines lokalen Umfelds“ (1986–88). 27 Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 359f. – Tatsächlich handelte es sich bei diesem Titel nicht um eine Sammlung von Publikationen, sondern nur um die „Erläuternde Unterlage zum Habilitationsvortrag“ am 24. Jänner 1990 im Umfang von 7 hektografierten Seiten. Beilage 2 zum Bewerbungsschreiben Hovorkas an die UBWK vom 27.12.1990. 28 Über Scheipl vgl. Bd. 2, 328ff. und 360. 29 BMfWF, GZ 16.341/4-I/A/4/93, gezeichnet am 26.8.1993 durch Bundesminister Erhard Busek. 30 Hovorka: Projekt- und Literaturdokumentation. Beilage 1 zum Bewerbungsschreiben an die UBWK vom 27.12.1990. Vgl. auch in diesem Werk Bd. 2, 359ff.
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Hovorka war auf „Alten- und Behindertenarbeit“ spezialisiert und hat dafür „Sozial-Planung“, „Sozial-Management“, „Sozial-Marketing“ und „Öffentlichkeitsarbeit“ geleistet. Beiträge zur „Sonder- und Heilpädagogik“ haben gänzlich gefehlt. Selbst Texte zum Habilitationsfach Sozialpädagogik sind selten und thematisch nebensächlich geblieben, weil das Hauptinteresse der Planung und Organisation von Sozialarbeit und Sozialpolitik galt. So hat auch der Berliner Habilitationsvortrag das Wort „sozialpädagogisch“ nur im Titel enthalten, um einen Bezug zum Habilitationsfach „Sozialpädagogik“ zu suggerieren, der tatsächlich im Text über „bevölkerungsaktivierende Stadtteilforschung“ völlig gefehlt hat. Im Grunde war seine Selbstdarstellung als „habilitierter Erziehungswissenschaftler“31 unseriös. Mit dieser mangelhaften erziehungstheoretischen Ausrüstung hat Hovorka schon in seinem Bewerbungsschreiben geraten, die Eigenständigkeit der „Sonderpädagogik“ als „einer Spezialdisziplin ernsthaft zu überdenken und eine Rückführung in die Allgemeine Erziehungswissenschaft anzustreben“. Er hat sich ziemlich verschwommen für „eine im interdisziplinären Diskurs zu entwickelnde Integrative Pädagogik“ ausgesprochen, die die Aufgabe habe, die „didaktischen Elemente der Allgemeinen und der Sonderpädagogik auf einer höheren Qualitätsstufe miteinander zu verschmelzen, um sowohl Schwachen wie Begabten vermehrte Bildungschancen zu eröffnen“.32 Tatsächlich ging es Hovorka bei diesem vagen Programm aber nicht um die Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplin „Sonder- und Heilpädagogik“, sondern um eine Änderung der Erziehungspraxis zugunsten der Integration oder „Nichtaussonderung“ Behinderter, die damals schulpolitisch propagiert worden ist. Um diesem politischen Programm Gewicht zu verschaffen, ist es seinen Anhängern nützlich erschienen, die allgemein anerkannte erziehungswissenschaftliche Disziplin „Sonder-“ bzw. „Heilpädagogik“ umzubenennen und durch eine neu zu schaffende Disziplin „Integrationspädagogik“ zu ersetzen. Nach dem Zusammenschluss der bisherigen drei der Pädagogik gewidmeten Institute zum „Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ im Jahre 1996 ist es Hovorka 1997 gelungen, dort eine „Abteilung für Integrationspädagogik und Soziales Umfeld“ einzurichten33. 31 Hovorka: Bewerbungsschreiben vom 27.12.1990, 1. 32 Ebenda, 2. 33 Erstmals im Verzeichnis der Lehrveranstaltungen WS 1997/98, 82; UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 15, 70f. und 82ff.; Knapp 2008, 262ff.
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Schon vorher hatte er eine „Arbeitsgemeinschaft für Interdisziplinäre Behindertenforschung und Integrationspädagogik“ gegründet. Im Forschungsbericht 1995 der Universität Klagenfurt war bereits der neue Name „Integrationspädagogik“ etabliert: „Dieser Bereich hat sich aus dem früheren Schwerpunkt ,Sonder- und Heilpädagogik‘ entwickelt und tritt für eine ,Pädagogik der Nicht-Aussonderung und Vielfalt‘ ein. Durch die Verabschiedung der 15. SchOG-Novelle (Schulische Integration) hat dieser Arbeitsschwerpunkt eine besondere bildungs- und schulpolitische Bedeutung erhalten. Im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Aktivitäten steht eine problemorientierte und umfeldbezogene Forschung mit fachübergreifenden Maßnahmen zur Integration und Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Darüber hinaus sollen Hilfestellungen zur Verbesserung der Lebensbedingungen sozial ausgegrenzter Menschen (z.B. Obdachlose, Arbeitslose) entwickelt und umgesetzt werden“.34 Auch die Liste von Hovorkas Lehrveranstaltungen zeigt, dass es nicht nur um eine Änderung des Namens „Sonder- und Heilpädagogik“ gegangen ist, für deren Pflege er ernannt worden war, sondern um eine Änderung der Inhalte von Forschung und Lehre. Seine Vorlesungen waren folgenden Themen gewidmet: „Konfliktfeld Sonderpädagogik: von der Sonder- zur Förderpädagogik oder zu einer lebensweltbezogenen Sozialpädagogik“, „Sonderpädagogik im Wandel. Theorie und Praxis einer lebensweltbezogenen Integrationspädagogik“, „Sonderpädagogische Zentren und netzwerkorientierte Gemeinwesenarbeit“, „Theorie und Praxis einer umfeldbezogenen Integrationspädagogik“, „Alte und neue Zielsetzungen in der Sonderpädagogik“, „Sonderpädagogik als lebensweltbezogene Sozialpolitik“, „Sonderpädagogik als umweltbezogene Sozialpädagogik“.35 Die Themen der Seminare lauteten: „Sozialmanagement und -marketing“, „Geschichte der Professionalisierung sozialer Arbeit“, „Soziale Arbeit: gestern, heute, morgen?“, „Behindertenarbeit und Integration anderswo“, „Sonder- und sozialpädagogische Projektexkursionen“, „Projektmanagement in sozialen Non-Profit-Organisationen“, „Soziale Arbeit und Integration als Profession“, „Grundsätze und Per 34 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 126f. – Zur 15. Schulorganisationsgesetz-Novelle 1993 vgl. BGBl. 1993, Nr. 512, bes. §§ 9–19 und § 27a; Seel/Scheipl 2004, 94ff. 35 Chronologisch vom WS 1992/93 bis SS 1998. Danach hat Hovorka keine Vorlesungen mehr gehalten, sondern nur noch Seminare angeboten.
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spektiven der Integration im Schulalter“, „Handlungsfelder einer umfeldbezogenen Integrationspädagogik“, „Integrationspädagogik und Sozialmanagement in sozialen Non-Profit-Organisationen“.36 Seit 1993 hat Hovorka folgende geförderte Forschungsprojekte geleitet: „Die soziale Lage behinderter Jugendlicher“ (1993), „Sonderpädagogische Zentren als Kooperationsbeispiele netzwerkorientierter Gemeinwesenarbeit“ (1993/94), „Familienpolitische Begleitstudie zum Bundespflegegeldgesetz“ (1994–96), „Integration lernen und lehren – interdisziplinäre Aus-, Fort- und Weiterbildungskonzepte schulischer und außerschulischer Integrationspädagogik“ (1994–96)37, „Gemeindenahe schulübergreifende Integrationspädagogik“ (1995–99), „From social exclusion to social integration – Expertenbericht Österreich“ (1998/99), „Integration durch regionale Arbeitsassistenz in Niederösterreich (2000–01), „Arbeit und Beschäftigung für Menschen mit Behinderungen im Kontext des NÖ-Beschäftigungspaketes“ (2000–03)38. Als Betreuer und erster Gutachter hat Hovorka folgende 5 Dissertationen angenommen39: Marion Sigot: Die Integrationspädagogik als Wegbereiterin einer allgemeinen integrativen Pädagogik? Eine wissenschaftliche Analyse der Integrationspädagogik im Rahmen der Pädagogik (1998); Andrea Birgit De Astis: Zur Lebenssituation von Frauen mit Behinderungen in Kärnten. Unterstützungsinitiativen für ein selbstbestimmtes Leben (2001); Dagmar Staubmann: Zur Lebenssituation von Frauen mit Behinderungen in Kärnten. Unterstützungsinitiativen für ein selbstbestimmtes Leben (2001); Alexandra Sendlhofer: „Sorgenkinder“ Hyperaktive Kinder (2001); Agatha Uschnig: Lebenswege schwierig gewordener Kinder und Jugendlicher bis hin zum Erwachsenensein – Suche nach möglichen Ursachen, die ein Schwierigwerden auslösen (2001);
Zwischen 1994 und 2000 hat Hovorka 20 Diplomarbeiten angenommen40. Auch in ihnen dominieren thematisch die Hilfen für Behinderte aller Erscheinungsformen und Altersstufen, die integrative Förderung verhaltensauffälliger Kinder und Jugendlicher in Schule und Berufswelt sowie Qualitätsmanagement im Sozialbereich.
36 Chronologisch nach den Verzeichnissen der Lehrveranstaltungen der UBWK, WS 1994/95 bis SS 2002. 37 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 130ff. 38 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 83f.; 1999–2002, 44ff.; 2003–2004, 48. 39 ZfP 45 (1999), 451; 48 (2002), 484f. – UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 84; 1999–2002, 47. 40 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 141; 1995–1998, 84f.; 1999–2002, 48f.
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Hovorkas eigene Publikationen41 waren weiterhin bis zu seinem allzu frühen Tod nicht der erziehungswissenschaftlichen Forschung im Spezialgebiet „Sonder“- oder „Heilpädagogik“ gewidmet. Sie galten hauptsächlich der gesellschaftskritischen und moralpolitischen Werbung für „Integration als zentrales Element von Sozial- und Bildungspolitik“ im Interesse „der sozial Schwachen, Behinderten und Unangepaßten“ aller Art und dem ihnen dienenden „gemeinwesenorientierten Sozialmanagement“42. In der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist Hovorka zwischen 1990 und 2010 nur ein einzigesmal mit sozialpolitischen „Anmerkungen“ im Umfang von 7 Seiten zitiert worden43. Als theoretische Grundlage diente das gemeinsam mit dem auf „Devianzforschung“ spezialisierten Soziologen Jeffe Bernard veröffentlichte Buch „Behinderung: ein gesellschaftliches Phänomen. Befunde, Strukturen, Probleme“ (1992). Es enthält die Ergebnisse einer nichtrepräsentativen Befragung von behinderten Menschen und ihren Interessenvertretern sowie Praktikern der Behindertenarbeit, die im Rahmen des Forschungsprojektes „Alltag, Behinderung, Umwelt“ von Bernard 1985 durchgeführt worden ist. Ihr Zweck war es, integrationsfördernde und –hemmende „Umstände im Alltagsleben behinderter Menschen zu erfassen, zu analysieren und zu bewerten“. „Es galt, Behinderung als genuin gesellschaftliches Phänomen … zu erkunden“. Gemeint war damit, „daß der behinderte Mensch nicht in erster Linie behindert ist, sondern in den und durch die Lebenszusammenhänge, so wie sie sich derzeit darstellen, behindert wird“44. Dementsprechend wurde für „emanzipatorische Behindertenarbeit“ als „konfliktorientierte Gemeinwesenarbeit“ geworben, die „im Sinne kritisch-konstruktiver Futurologie … der Umsetzung von Gegenutopien“ einer „wünschbaren Zukunft“ dient45. Die ganze Studie litt unter dem „grundsätzlichen Fehler aller wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema ,Behinderte‘ …, daß in ihren medizinischen, sozialen und psychologischen Implikationen völlig unterschiedliche Behinderungen unter einem Oberbegriff zusammengefaßt werden“46.
41 Listen im Forschungsbericht 1991–1994 der UKL, 144ff.; 1995–1998, 86ff.; 1999–2002, 50f. 42 Hovorka 1996, 1402, 1406f. 43 Hovorka 1981. 44 Bernard/Hovorka 1992, 11ff. 45 Ebenda, 347. 46 Ebenda, 291 als treffende kritische Stellungnahme eines Beteiligten.
Habilitationen Kolumnentitel seit 1980
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Über Hovorkas vages sozialpolitisch-pädagogisches Programm, das „eine gemeinsame andere Pädagogik“ der „Nichtaussonderung in allen Lebensbereichen zum Ziel hat“47, informiert der Taschenbuchbeitrag „Sozialpädagogik/Sozialarbeit/Psychosoziale Arbeit“ (1996). Er kam mit dem Wunsch nach „Realisierung einer Pädagogik …, die gleiche Partizipationsrechte ohne den Preis der Assimilation und die Entfaltung von Differenz ohne Verzicht auf demokratische Gleichheit zugesteht“48, über abstrakte Schlagworte kaum hinaus. Die notwendige Hilfe zur Integration von Behinderten in den Grenzen des Möglichen kann jedenfalls auch ohne Umbenennung der „Sonderpädagogik“ bzw. „Heilpädagogik“ in „Integrationspädagogik“ gelehrt und geleistet werden49. Die Verwirrung stiftende Namensänderung mit ihrer inhaltlichen Umorientierung war ein sozialpolitischer Propagandatrick zur Bewusstseinsänderung durch Wecken von Schuldgefühlen gemäß der Parole „Gesellschaft behindert“50. Hovorka ist am 26. Juni 2002 in Wien im Alter von 56 Jahren gestorben. Seine Planstelle für „Sonder- und Heilpädagogik“ ist nach heftigen Auseinandersetzungen im Institut vom Senat in eine Vertragsprofessur für „Sozial- und Integrationspädagogik“ umgewidmet worden51. Sie konnte erst am 1. März 2005 mit dem Berliner Privatdozenten Stephan Sting52 besetzt werden.
25. HABILITATIONEN SEIT 1980 An der Universität Klagenfurt sind in den vier Jahrzehnten seit ihrer Gründung als „Hochschule für Bildungswissenschaften“ im Jahre 1970 bis zum Jahre 2010 insgesamt 36 Habilitationen für Erziehungswissenschaft oder deren Teil- und Randfächer erfolgt. Sie sind für das Verständnis der Fachgeschichte von besonderer Bedeutung, weil sie den Blick über das Wirken der relativ wenigen ordentlichen Professoren
47 Hovorka 1996, 1406. 48 Ebenda, 1408. 49 Auch im angloamerikanischen Sprachraum werden die Probleme von „inclusion and justice“ selbstverständlich im Rahmen der Theorie der „Special Education“ behandelt. Vgl. u.a. Ladenson 2003. 50 Hovorka 1981. 51 Vgl. Knapp 2008, 271ff. 52 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 3611f. – Vgl. in diesem Buch S. 775ff.
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hinaus erweitern. Sie beleuchten erstens die Unterschiede der sozialen, wissenschaftlichen und beruflichen Herkunft des akademischen Nachwuchses der Pädagogik in ganzer Breite. Zweitens verdeutlichen sie die enorme Differenzierung des Faches und die Ausweitung der thematischen Interessen, Schwerpunkte und Arbeitsfelder, die seit 1970 unter den Klagenfurter Bedingungen für modern, wünschenswert und zulässig gehalten worden sind. Über die ersten 6 Habilitationen in der Aufbau- und Ausbaustufe bis 1979 ist bereits berichtet worden.1 Hier folgen die 30 Habilitationen aus den Jahren 1982 bis 2010. 25.1 Am 24. März 1982 hat Günther Hans Hartmann im Alter von 42 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Pädagogik unter besonderer Berücksichtigung der Sonder- und Heilpädagogik“ erworben. Die Habilitation ist 14 Jahre nach der Promotion erfolgt. Sein Lebenswerk ist bereits im Kapitel 20 dargestellt worden1. 25.2 Albert Haug hat am 10. Mai 1982 im Alter von 55 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Labordidaktik“ erworben1 und ist dem Institut für Unterrichtstechnologie und Mediendidaktik zugeordnet worden. Er wurde am 19. April 1927 in Tübingen (Württemberg) als Sohn eines Studienrates geboren2. Nach Wehrdienst als Luftwaffenhelfer und in der Deutschen Wehrmacht bis zum Kriegsende 1945 hat er am 10. Juli 1946 die Reifeprüfung am Gymnasium in Ellwangen an der Jagst (Württemberg) bestanden. Es folgte eine Lehrzeit als Rundfunk instandsetzer mit ausgezeichneter Abschlussprüfung. Ab 1948 hat er an der Technischen Hochschule Stuttgart Elektrotechnik/Nachrichtentechnik studiert und am 31. März 1953 als Diplom-Ingenieur mit der Gesamtnote „sehr gut“ abgeschlossen. Nach vierjähriger Tätigkeit als Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Theorie der Elektrotechnik der TU Stuttgart und zwei Jahren als Entwicklungsingenieur in einem Stuttgarter Elektrotechni-
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Vgl. S. 397ff.
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Vgl. in diesem Buch S. 568ff.
Genehmigt durch das BMfWF am 31.7.1982, GZ 14 179/1-14/82. Mitteilungsblatt der UBWK 1982/83, Nr. 1. 2 Lebenslauf von 1980, AUK; Kürschner 2003, 1175. 1
Habilitationen: Kolumnentitel Albert Haug 1982
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schen Laboratorium wurde er 1960 Dozent und 1968 Professor an der Staatlichen Ingenieurschule Ulm, die 1971 zur Fachhochschule ausgebaut worden ist. Nebenberuflich hat er ab 1973 ein Aufbaustudium der Unterrichtstechnologie an der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt betrieben und am 18. Dezember 1975 mit der Promotion zum Doktor der Philosophie abgeschlossen. Seine Dissertation war dem Thema „Zur Integration des Systemdenkens moderner Elektronik in die Curricula“ gewidmet und ist mit „sehr gut“ bewertet worden3. Sie ist 1977 als Buch veröffentlicht worden. Die Habilitationskommission ist am 18. März 1981 konstituiert worden und hat Boeckmann4 zum Vorsitzenden gewählt. Neben ihm haben ihr als weitere Erziehungswissenschaftler die Professoren Melezinek, Posch und Schöler angehört sowie die Professoren Willibald Dörfler (Mathematik), Martin Seger (Geographie) und von der Technischen Universität Wien Fritz Paschke (Elektrotechnik)5. Als Habilitationsschrift hat Haug eine historisch-systematische Darstellung der „Labordidaktik in der Ingenieurausbildung“ vorgelegt, die als praktischer Überblick für Lehrer technischer Fächer mit geringen pädagogischen Vorkenntnissen gedacht war. Sie ist im Umfang von 331 Seiten auch als Buch erschienen. Es wurde durch fünf elektrotechnische Lehrbücher und zahlreiche Fachaufsätze ergänzt. Haugs schmales Habilitationsfach „Labordidaktik“ konnte schwerlich als „ein größeres selbständiges Teilgebiet eines wissenschaftlichen Faches“6 gelten. Immerhin gehörte es zur Didaktik. In den Gutachten der Didaktiker über die Habilitationsschrift wurde aber gerade „die stärkere Einbindung in … didaktische Theorie“ und „eine klare Exposition der Fragestellung“ vermisst sowie auf „begriffliche Schwächen“ in der didaktischen Argumentation hingewiesen. Die Qualität des Textes war in den ingenieurwissenschaftlich-technischen Teilen besser als in den didaktischen. Das entsprach generell dem damaligen Stand der sogenannten „Ingenieurpädagogik“, der Melezinek auch durch Habilitationen zur Anerkennung zu verhelfen bemüht gewesen ist. Haugs Habilitation ist sechs Jahre nach seiner Promotion erfolgt. Als Beiträge zur Lehre an der Universität Klagenfurt hat er folgende
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Hödl 1980, 221. Über Boeckmann vgl. in diesem Buch S. 495ff. Mitteilungsblatt der UBWK 1980/81, Nr. 109. UOG 1975, § 35 Abs. 1.
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Lehrveranstaltungen angeboten: „Das naturwissenschaftliche Experiment im Unterricht und seine didaktischen Aspekte“ (SS 1984), „Popular Science – zur anschaulichen Darstellung wissenschaftlicher Inhalte“ (WS 1985/86).7 25.3 Am 1. Juli 1982 hat Siegfried Hermann im Alter von 42 Jahren durch Beschluss einer besonderen Habilitationskommission beim Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung1 die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Ingenieurpädagogik (Didaktik der Architektur)“ erworben.2 Er wurde dem Institut für Unterrichtstechnologie und Medienpädagogik sowie dem Interuniversitären Forschungsinstitut für Unterrichtstechnologie, Mediendidaktik und Ingenieurpädagogik der österreichischen Universitäten zugeordnet. Hermann wurde am 7. Mai 1940 in Prebl (Gemeinde Bad Sankt Leonhard im Lavanttal, Bezirk Wolfsberg/Kärnten) als Sohn eines Volksschullehrers und einer Lehrerin geboren.3 Er hat die Volksschule in Reichenfels-St. Peter besucht und die höhere Schule als Mitglied der Wiener Sängerknaben in Wien. 1959 hat er am Realgymnasium Wien II das Reifezeugnis erworben und an der Technischen Hochschule Wien das Studium der Architektur begonnen, das am 28. Juni 1967 als Diplom-Ingenieur abgeschlossen worden ist. Nach dem Präsenzdienst im Bundesheer war er von 1968 bis 1983 als Assistent am Institut für Gebäudelehre und Entwerfen der Technischen Universität Wien tätig. Am 28. Juli 1974 ist die Promotion zum Doktor der technischen Wissenschaften (Dr. techn.) auf Grund einer Dissertation über „Methoden der analytischen Planungskinematographie“ erfolgt. In den Studienjahren 1978/79 und 1983 hat Hermann als Research Fellow an der Harvard Universität (USA) im Carpenter Center for the Visual Arts über Bauplanung von Krankenhäusern gearbeitet.
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UBWK: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen SS 1984, 91; WS 1985/86, 95.
1 Gemäß UOG 1975, § 37 Abs. 2. 2 Genehmigt durch das BMfWF am 26.11.1982, GZ 14 792/8-14/82. Mitteilungsblatt der UBWK, 1982/83, Nr. 50. 3 Alle Angaben nach Lebenslauf, Schriften- und Vorlesungsliste vom 15.6.2011 (PAB) und Interviews, für die Herrn Ministerialrat im BMfWF Hermann – von 1983–98 Direktor des Österreichischen Bundesinstituts für den Wissenschaftlichen Film – auch an dieser Stelle gedankt sei; ebenso wie für die Erlaubnis zur Einsichtnahme in den Habilitationsakt im AUK.
Habilitationen: Kolumnentitel Siegfried Hermann 1982
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Nach einem Gespräch mit Melezinek und durch ihn ermutigt hat er am 23. August 1979 die Verleihung der Lehrbefugnis für das Fach „Unterrichtstechnologie und Mediendidaktik mit besonderer Berücksichtigung der Analytischen Planungskinematographie“ beantragt. Der Titel seiner ungedruckt gebliebenen Habilitationsschrift im Umfang von 196 Seiten lautete: „Optische Lexiconographie der Planung. Ein Hilfsmittel der Medienpädagogik (Ingenieurpädagogik), angewandt am Thema ,Schulbau‘“ (1978). Vorausgegangen waren drei kurze Beiträge zu von Melezinek herausgegebenen Schriften: „Zur Methodik der Planungskinematographie. Ergebnisse und Perspektiven des Bildungsfernsehens“ (1974, 4 Seiten), „Lehren lernen, Lernen lernen. Lernen lernen im Bereich der Technik“ (1977, 4 Seiten) und „Optische Lexikonographie und Medienpädagogik an der TU-Wien“ (1978, 12 Seiten). Didaktische Publikationen in größerem unterrichtstheoretischen Zusammenhang haben gefehlt. Sein technisches Spezialgebiet war selbst für eine Habilitation in Spezieller Didaktik allzu schmal. Die Habilitationskommission ist am 9. Jänner 1980 konstituiert worden und hat Melezinek einstimmig zum Vorsitzenden gewählt. Neben ihm haben ihr als weitere Erziehungswissenschaftler die Professoren Posch und Schöler angehört, ferner der Philosoph Heintel und die auswärtigen Professoren Herbert Muck (Kunstwissenschaft, Akademie der bildenden Künste Wien) und Anton Schweighofer (Gebäudelehre/Entwerfen, Technische Universität Wien).4 In der Sitzung am 26. Jänner 1981 wurden die Habilitationsschrift und die sonstigen vorgelegten wissenschaftlichen Arbeiten auf Grund der erstellten Gutachten mehrheitlich negativ beurteilt und Hermanns Ansuchen abgewiesen. Dieser hat dagegen beim Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung als Aufsichtsinstanz Berufung eingelegt5 mit dem Argument, dass seine Schriften unzureichend und unrichtig beurteilt und einige der vorgelegten positiven Gutachten überhaupt nicht gewürdigt worden seien. Daraufhin wurde der ablehnende Bescheid aufgehoben und vom Ministerium eine „besondere Habilitationskommission“ eingesetzt, um das Verfahren neu durchzuführen6. Ihr haben auf Vorschlag der Öster4 Mitteilungsblatt der UBWK 1979/80, Nr. 74. 5 Gemäß UOG 1975, § 37. 6 Gemäß UOG 1975, § 37 Abs. 2. Vgl. analog an der Universität Innsbruck den Fall Peter Seidl (1976-79). In diesem Werk Bd. 2, 752ff.
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reichischen Akademie der Wissenschaften als Fachvertreter die Professoren der Pädagogik Marian Heitger (Wien)7 und Helmut Seel (Graz)8 angehört sowie die Professoren für Architektur Günther Feuerstein (Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz) und Hans Koepf (Baukunst und Bauaufnahmen, Technische Universität Wien). Diese Kommission hat am 1. Juli 1982 die Verleihung der Lehrbefugnis mit der geänderten Fachangabe „Ingenieurpädagogik (Didaktik der Architektur)“ beschlossen.9 Die Habilitation ist acht Jahre nach der Promotion erfolgt. Als Dozent hat Hermann an der Klagenfurter Universität Lehrveranstaltungen zu folgenden Themen angeboten: „Schulbau“ (WS 1983/84); „Der wissenschaftliche Film“ (SS 1986). 25.4 Gerhard Pongratz hat am 14. April 1983 im Alter von 37 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Unterrichtswissenschaft mit besonderer Berücksichtigung der Berufs- und Betriebspädagogik“ erworben1. Er wurde am 20. Februar 1946 in Wolfsberg (Kärnten) geboren2. Nach der Volks- und Hauptschule hat er von 1960 bis 1965 die Bundeslehrerbildungsanstalt in Klagenfurt besucht und am 22.6.1965 die Reifeprüfung bestanden. Nach kurzer Lehrtätigkeit an Kärntner Schulen und Präsenzdienst beim Bundesheer hat er von 1966 bis 1971 an der Universität Graz Pädagogik und Psychologie sowie Allgemeine Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit studiert. 1969 hat er eine Lehrerin geheiratet. Aus der Ehe sind zwei Söhne hervorgegangen. Am 25. November 1971 ist im Alter von 25 Jahren an der Universität Graz die Promotion zum Doktor der Philosophie erfolgt auf Grund einer Dissertation im Umfang von 178 Seiten über „Die neue Schule als Problem und Aufgabe im Ganzen der Schulreform“3. Sie ist von Alois Eder betreut und angenommen worden. Zweite Gutachterin war
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Über Heitger vgl. in diesem Werk Bd. 1, 513f. und 537ff. Über Seel vgl. Bd. 2, 305ff. Genehmigt durch das BMfWF am 26.11.1982.
1 Genehmigt durch den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Fischer mit Erlass vom 25.5.1983, GZ 33 331/1-14/83. Mitteilungsblatt der UBWK 1982/83, Nr. 160. 2 Biographische Angaben nach Curriculum vitae vom 17.10.2010. PAB. 3 Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 290.
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Schenk-Danzinger.4 Die Dissertation ist 1978 unverändert als Buch veröffentlicht worden mit dem Titel „Gesamtschule in Österreich jenseits von Ideologie“. Es handelte sich um eine kritische, aber oberflächliche und argumentativ unausgereifte Literaturstudie über „eine neue Konzeption der Gesamtschule“ als eines „vollintegrierten Stufensystems“ mit der „Vorschulstufe“ als ihrem „wesentlichsten Teil“.5 Begründet wurde diese Idee mit entwicklungspsychologischen Forschungsergebnissen von Benjamin Bloom und anderen, nach denen das größte „Intelligenzpotential“ der Menschen zwischen dem vierten und achten Lebensjahr liege.6 Deshalb sei die Konzentration der Gesamtschul-Anhänger auf die Sekundarstufe I als erstem Ort der Differenzierung des Unterrichts verfehlt. Die individualitätsgerechte Förderung der Kinder durch differenzierten Unterricht müsse – statt Zeit zu vergeuden – viel früher einsetzen, um milieubedingte Benachteiligungen zu verhindern.7 Pongratz hat allerdings keine umfassende Einführung von Gesamtschulen seiner „neuen Konzeption“ propagiert. Er ist nur für eine „Gesamtschule als eigenständige Modell- und Versuchsschule neben den traditionellen Formen“ der Schulorganisation eingetreten, „deren zentrales Anliegen nicht die Sekundarstufe I, sondern ein vollintegriertes Stufenmodell ist, das von der Vorschule bis zur Oberstufe reicht“8. Von einer soliden Analyse der schulorganisatorischen und didaktischen Problematik dieses „Modells“ war die Dissertation weit entfernt. Von 1969 bis 1971 hat Pongratz als Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Pädagogik der Universität Graz bei Prof. Alois Eder gearbeitet – nach seiner Promotion bis Ende 1972 als Assistent. Am 1. März 1973 ist er in die Klagenfurter Hochschule eingetreten9 und Assistent bei Trotsenburg an der Lehrkanzel für Unterrichtswissenschaft II geworden. 1974 ist er zu Schöler gewechselt. Gemeinsam mit ihm hat er 1978 ein praktisches Lehrbuch zur Didaktik über „Lehrverhal4 Promotions-Matrikel 2880 der Universität Graz. Über A. Eder vgl. in diesem Werk Bd. 2, 279ff.; über Schenk-Danzinger ebenda, 513ff. und 281f. 5 Pongratz 1971, Anhang: Summarium. 6 Bloom 1964; deutsch 1971, 61ff. 7 Pongratz 1971, 108ff. unter Berufung auf Basil Bernstein (Kurzbiographie: Böhm 2005, 78), Heinz-Rolf Lückert (Kurzbiographie: Kürschner 1992, 2241), Schenk-Danzinger und andere Autoren. Zur Kritik vgl. u.a. Schmalohr 1970; Deissler 1973, 20ff. 8 Pongratz 1978, 11. 9 Hödl 1980, 225.
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tenstraining für Unterricht in Schule und Betrieb“ veröffentlicht. Von Schölers Rückzug in die Berufs- und Betriebspädagogik10 angeregt, hat sich auch Pongratz diesem Arbeitsschwerpunkt zugewendet und 1985 als Leiter einer „Abteilung für Berufs- und Betriebspädagogik“ im „Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“ verselbständigt11. Seine Habilitation hat Pongratz am 2. November 1982 für das Nominalfach „Unterrichtswissenschaft“ beantragt. Die Habilitationsschrift im Umfang von 249 Seiten trug den Titel „Didaktik und Beruf. Zum Ansatz einer situationsorientierten Didaktik am Beispiel der Weiterbildung“. Sie ist 1987 geringfügig verändert mit einem Geleitwort von Schöler in dessen Reihe „Aspekte pädagogischer Innovation“ unter folgendem Titel als Buch erschienen: „Unterricht mit Erwachsenen. Zur situationsorientierten Weiterbildung in Wirtschaft und Beruf“. An weiteren Publikationen lagen damals noch zwei populäre Lehrbehelfe über „Lehren und Lernen in der beruflichen Erwachsenenbildung“ (1982) vor sowie das gemeinsam mit Schöler verfasste Lehrbuch über „Lehrverhaltenstraining“. Dazu kamen Arbeitsbücher für „Rhetorik, Kommunikation und Verhaltenstechnik im betrieblichen Ausbildungswesen“ (1975) und „Führungskräfte-Training“ (1982). Der Habilitationskommission haben die Pädagogikprofessoren Boeckmann, Klingler, Schöler und Seel (Graz) sowie der Grazer Dozent für „Erziehungswissenschaft mit besonderer Berücksichtigung der Erwachsenenbildung“ Werner Lenz angehört; ferner der Ökonom Bodenhöfer und der Historiker Hödl. Zum Vorsitzenden wurde in der konstituierenden Sitzung am 12. Jänner 1983 Schöler gewählt.12 Aus dem Untertitel und dem Inhalt der Habilitationsschrift geht hervor, dass Pongratz am Beispiel der beruflichen Weiterbildung die zentrale Bedeutung des Merkmals „Situationsorientierung“ für die didaktische Theorie und die praktische Gestaltung von Unterricht beleuchten wollte. Tatsächlich ist eine klare Bestimmung des Situationsbegriffes ebenso ausgeblieben wie seine Nutzung für die Didaktik der beruflichen Weiterbildung. Pongratz hat sich mit einem abstrakten „Lernortvergleich“ zwischen Schule und Betrieb begnügt, ohne auf „Situationen“, ihre unterscheidenden Merkmale und deren jeweilige 10 Vgl. in diesem Buch S. 268. 11 UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 51 und 56. Vgl. in diesem Buch S. 541. 12 Mitteilungsblatt der UBWK 1982/83, Nr. 68.
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Konsequenzen für die Differenzierung und Spezifizierung von Unterricht einzugehen. So ist sein leitender Begriff „situationsorientierte Didaktik“ eine inhaltsleere Parole geblieben. In der Hauptsache ging es Pongratz gar nicht um spezifische „Situationen“, sondern ganz allgemein „um eine Durchdringung der didaktischen Problematik in der Weiterbildung“13 mit dem Schwerpunkt des betrieblichen Unterrichts als Teil der beruflichen Erwachsenenbildung. Das geschah mit einer verschwommenen hermeneutisch-phänomenologischen Methodik in assoziativem Denkstil unter Heranziehung einer Menge entbehrlicher Zitate aus der ideengeschichtlichen und zeitgenössischen didaktischen Literatur. Als Ertrag wurden bekannte Anforderungen an die Unterrichtenden („Kompetenzen“) und „didaktische Prinzipien“ vorgestellt14, ohne empirische Belege mitzuteilen. Zur Habilitationsschrift sind sieben Gutachten aus der Kommission eingegangen. Zwei davon waren mit ausführlicher Begründung negativ (Klingler, Lenz). Drei weitere waren nach Kritik erheblicher Mängel „zwiespältig“, aber letztendlich positiv (Boeckmann, Hödl, Seel). Bezeichnend dafür war folgendes Argument von Hödl: obwohl ihm „Methode und Entfaltung der wissenschaftlichen Ergebnisse zu sehr im dunklen (ge)blieben“ seien, habe Pongratz „eine Arbeit geliefert, die den Vergleich mit anderen ebenfalls positiv abgeschlossenen Habilitationsverfahren im Bereich der Bildungswissenschaften der Universität Klagenfurt ohne weiteres aushält“.15 Boeckmann hat die Mängel durch folgenden Hinweis verständlich zu machen versucht: „Neue wissenschaftliche Ergebnisse springen in dieser Arbeit nicht direkt ins Auge. Dies ist aber zweifellos ein Charakteristikum des Faches, in dem sich der wissenschaftliche Fortschritt nicht so sehr in neuen Resultaten als vielmehr in neuartigen Assoziationen und Synthesen darstellt“16. Lenz hat an Schölers Adresse gerügt, „daß hier die Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses … in unzureichendem Maße wahrgenommen wurde“.17 Seel hat eine Einschränkung der Lehrbefugnis auf „Berufsund Betriebspädagogik“ statt der beantragten „Unterrichtswissenschaft“ vorgeschlagen. Schöler hat die Habilitationsschrift zwar „methodisch und vom Erkenntnisgewinn her als ausreichend“ bewertet,
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Pongratz 1987, 21; ähnlich 13 und 30. Ebenda, 152ff. Mitgeteilt nach Aktennotizen von Klingler 2010. Ebenda. Ebenda.
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aber „eine positive Gesamteinschätzung“ lasse sich „erst im Zusammenhang mit den sonstigen wissenschaftlichen Leistungen des Habilitationsbewerbers vornehmen“. Gemeint waren damit neben dessen zehn Jahre zurückliegender Dissertation „praktische Unterrichtsmodelle“ und „Trainingsblöcke“ als Beiträge zu der gemeinsam mit Schöler veröffentlichten Schrift über „Lehrverhaltenstraining“ (1978).18 Bodenhöfer hat „eine präzise Formulierung von Ziel, Aufbau und Methode der Studie“ vermisst. „Eine Systematik und Struktur ist ebenso schwer zu erkennen wie der Stand der fachwissenschaftlichen Diskussion bzw. die Rahmenbedingungen des untersuchten Problembereichs, von denen die Arbeit ihren Ausgang nimmt“. Seine endgültige Beurteilung der Arbeit „müsse daher von der Ausräumung von Einwänden bzw. vom Aufweis der Vorzüge und der Erkenntnisfortschritte durch die Arbeit in der Diskussion mit den Vertretern der Fachdisziplin in der Kommission abhängen“19. In der entscheidenden Sitzung hat jedoch „aufgrund der detaillierten Begutachtung niemand das Wort“ gewünscht. Sie wurde nach 15 Minuten mit 7 Pro-Stimmen bei 5 Gegenstimmen geschlossen.20 Die Habilitation ist 11 Jahre nach der Promotion erfolgt. Am 1. April 1989 ist Pongratz zum Assistenzprofessor ernannt worden. Ab 1985 hat er im Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik eine „Abteilung für Berufs- und Betriebspädagogik“ aufgebaut.21 Sie hat personell allerdings nur aus seinem eigenen Dienstposten und wechselnden studentischen Helfern bestanden. Zu ihrem „Selbstverständnis“ gehörte „eine wissenschaftstheoretische Grundlegung“, die „von einem Bildungsverständnis auszugehen (hat), welches die Möglichkeiten zur Befreiung von Zwängen aufzeigt und welches dort Widerstand zu leisten hat, wo möglicherweise nicht mehr weiter hinterfragt werden darf“.22 Als Forschungsprojekte wurden sehr allgemeine Themen angegeben wie „Lehren und Lernen in der beruflichen Erwachsenenbildung“ und „Moderne Wirtschaftspraxis“. Tatsächlich handelte es sich dabei um die Erstellung von Medienprogrammen wie Lehrschriften, Informationsbroschüren, Folienpaketen, Videofilmen und PC-Programmen für
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Ebenda. Ebenda. Protokoll der Sitzung vom 23.3.1983. AUK. UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 34 und 56. Ebenda, 56 (ergänzende Einfügung vom Verfasser).
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Ausbildungsveranstaltungen von Handelskammern, Wirtschaftsförderungsinstituten, Betrieben usw.23 Es folgten eine Evaluation der Qualität und Effizienz dieser „Schulungsmaßnahmen“ und die Planung für „Ein integriertes Management-Programm für Unternehmer und Führungskräfte“24. Um 1991 war die „Berufs- und Betriebspädagogik … der einzige Wachstumsbereich des pädagogischen Studienangebotes an der Universität Klagenfurt, was durch ständig steigende Studentenzahlen dokumentiert wird. Weiters zeichnet sich eine immer stärker werdende Kooperation mit der Wirtschaftswissenschaften im Hause ab“. Im Zentrum standen Projekte über „Personalentwicklung und Personalförderung aus didaktischer Sicht“, „Organisationsentwicklung“, „Ausbildung der Ausbildner“ und „Computerunterstützter Unterricht“25. Diese positiv geschilderte Entwicklung der von Pongratz geleiteten Abteilung war jedoch nicht von Dauer. Die Abteilung ist anlässlich des Zusammenschlusses der getrennten erziehungswissenschaftlichen Institute zum neuen „Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ im Studienjahr 1996/9726 aufgelöst worden, weil Pongratz 1996 auf eigenen Wunsch in das „Institut für Wirtschaftswissenschaften“ der „Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Informatik“ übergetreten ist. Er ist der „Abteilung für Organisations-, Personalund Managemententwicklung“ zugeordnet worden27, die unter Leitung von Prof. Heinrich-Johannes Rieckmann28 stand. Dort hat er sich vorwiegend mit „Personalmanagement“ und „Unternehmenspädagogik“ beschäftigt29, aber für die Förderung der Berufs- und Betriebspädagogik im Rahmen erziehungswissenschaftlicher Studiengänge nichts mehr tun können. 1997 ist er zum Außerordentlichen Professor ernannt worden. Seine Lehrveranstaltungen zwischen 1978 und 2005 waren folgenden Themen gewidmet30. Vorlesungen: „Betriebspädagogik“, „Didaktisches Lehrverhaltenstraining“, „Methodik und Didaktik der beruflichen Er 23 Ebenda, 64f., 76. 24 UBWK: Forschungsbericht 1987–1991, 44f. 25 Ebenda, 39; ähnlich Forschungsbericht 1991–1994, 159. 26 Vgl. in diesem Buch S. 541f. 27 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 37. 28 Kurzbiographie: Who is who in Österreich, 11.1993, 1294. 29 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 414ff. 30 Nach UBWK/UKL: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen WS 1978/79 – WS 2004/05.
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wachsenenbildung“, „Berufsbildungstheorien nach Fischer, Kerschensteiner, Litt und Spranger“, „Berufliche Qualifikation als didaktisches Problem“, „Berufs- und Betriebspädagogik“, „Theorie und Praxis der Wirtschaftspädagogik“, „Elemente einer Unterrichtstheorie“, „Berufsbildungssysteme und -Organisationsformen in Österreich“, „Aus- und Weiterbildung in der Wirtschaft“, „Bildung und Beruf“, „Reformansätze in der Berufsbildung“, „Berufsbildungstheorien“, „Einführung in die Wirtschaftspädagogik“, „Personalentwicklung und Personalförderung“, „Wirtschaftspädagogik und Personalwirtschaft“, „Personalentwicklung als didaktisches Problem“, „Personalsuche und Personalauswahl“, „Integrierte Personal- und Organisationsentwicklung“, „Personalmanagement – Management Development“, „Unternehmensentwicklung“. Seminare: „Training des Lehrverhaltens“, „Strukturen und Modelle in der beruflichen Erwachsenenbildung“, „Didaktische Prinzipien der Arbeitsschule“, „Dozentenqualifizierung in der beruflichen Erwachsenenbildung“, „Partizipations- und Erfahrungslernen in der beruflichen Erwachsenenbildung“, „Gesprächsführung im Unterricht“, „Soziale Innovation im Betrieb“, „Theorie des Unterrichts“, „Grundlagen der Unterrichtswissenschaft“, „Theorie und Praxis der Betriebserkundung“, „Aus- und Weiterbildung im Medienverbund“, „Schule und Betrieb: ein Lernortvergleich aus didaktischer Sicht“, „Präsentation und Kommunikation im Betrieb“, „Unterricht mit Berufstätigen“, „Trainer in der Aus- und Weiterbildung“, „Personalführung“. Pongratz hat folgende 7 Dissertationen betreut und als erster Gutachter angenommen31: Werner Mlekusch: Weiterbildung von Führungskräften. Ansatz eines betriebspädagogischen Modells (1986); Kurt Schöffmann: Wirkungssystem Mitarbeiterführung. Pädagogische Grundlegung menschlichen Denkens und Handelns im soziotechnischen Systembetrieb (1993); Diethard Otti: Personalentwicklung im Österreichischen Bundesheer am Beispiel der Unteroffiziersaus- und -weiterbildung (1996); Robert Mandl: Die Grundwehrausbildung im Österreichischen Bundesheer als betriebspädagogisches Problem (1996); Horst Jungmann: Computerunterstützter Unterricht in der Aus- und Weiterbildung (1997);
31 UKL: Forschungsbericht 1983–1987, 74; 1991–1994, 166; 1995–1998, 418f.; 1999–2002, 470. In der ZfP lückenhafte Angaben.
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Helga Tanos: Berufsbezogener Fremdsprachenunterricht an der Berufsschule (1998); Franz Fellinger: Personalauswahl durch Assessmentverfahren. Evaluierung des Assessmentverfahrens zur Aufnahme in den Fachhochschulstudiengang „Militärische Führung“ hinsichtlich Konstruktvalidität (2002).
Publizistisch lag die Stärke von Pongratz nicht in Beiträgen zur erziehungswissenschaftlichen Forschung, sondern in Lehrbehelfen, Arbeitsbüchern, Unterrichtsfilmen und „Folienpaketen“ zur Praxis der beruflichen Ausbildung und Weiterbildung. Sie wurden vorwiegend von Wirtschaftsförderungsinstituten oder Firmen verlegt. Als Beispiel kann ein „Teilprogrammiertes Lehrbuch für Vermögensberater und Führungskräfte im Bankbetrieb“ mit dem Titel „Vermögensbildung“ dienen, das 1996 im Eigenverlag der Kärntner Sparkassen Klagenfurt publiziert worden ist. Darüber hinausgehende nennenswerte Veröffentlichungen sind nicht erschienen. In der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist Pongratz nie zitiert worden. Er ist am 30. September 2011 in den Ruhestand getreten. 25.5 Erich Leitner hat am 5. April 1984 im Alter von 37 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Hochschulpädagogik und der Hochschulgeschichte“ erworben.1 Zwischen Promotion und Habilitation sind 12 Jahre vergangen. Leitner ist am 1. Juli 1946 als Sohn eines Justizbeamten in Klagenfurt geboren worden2 und katholischer Konfession. Nach Besuch der Volksschule und des Bundes-Realgymnasiums in Klagenfurt bis zum Erwerb des Reifezeugnisses am 7. Juli 1964 hat er an der Universität Graz das Lehramtsstudium der Fächer Deutsch und Geschichte begonnen. Er hat sich dort der Katholischen Studentenverbindung Traungau angeschlossen3. Am 14. Juli 1971 erfolgte im Alter von 25 Jahren die Promotion zum Doktor der Philosophie auf Grund einer wissenschaftsgeschichtlichen Dissertation über „Hundert Jahre neuere deutsche Philologie an der Universität Graz 1851–1954“. Sie war inhalt-
1 Genehmigt durch das BMfWF mit Erlass vom 30.4.1984, GZ 24 324/1-14/84. Mitteilungsblatt der UBWK 1983/84, Nr. 125. 2 Biographische Angaben nach Lebensläufen im PAB. Kurzbiographie: Kürschner 2007, 2117. Schriftenverzeichnis: Hödl 1980, 259; unveröffentlichte Liste bis 2008 (10 Seiten), PAB. 3 Gesamtverzeichnis ÖCV 1983, 333.
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lich und stilistisch von hervorragender Qualität und ist 1973 als Buch im Umfang von 301 Seiten erschienen. Der Promotion folgte am 10. Februar 1972 der Erwerb des Lehramtsprüfungs-Zeugnisses für die Hauptfächer Deutsch und Geschichte.4 Leitner ist jedoch nicht in den Schuldienst eingetreten, sondern hat am 1. März 1972 eine Assistentenstelle an der Klagenfurter Hochschule bei Prof. Trotsenburg angenommen5. Dieser hat ihm ermöglicht, sich auf Hochschulpädagogik zu spezialisieren. Durch selbständige Lehrveranstaltungen seit dem Wintersemester 1972/73 konnte Leitner ihn von Pflichten auf diesem Gebiet zunehmend entlasten. Unter diesen günstigen Voraussetzungen ist eine materialreiche historische Habilitationsschrift entstanden, in der erstmals die Bemühungen um die Verbesserung des akademischen Unterrichts seit Beginn des 19. Jahrhunderts zusammenhängend beschrieben worden sind. Ihr Titel lautete: „Hochschul-Pädagogik. Zur Genese und Funktion der Hochschul-Pädagogik im Rahmen der Entwicklung der deutschen Universität 1800–1968“. Sie ist 1984 als Buch im Umfang von 371 Seiten erschienen. Die Habilitationskommission ist am 19. Dezember 1983 gebildet worden6. Ihr haben die Pädagogik-Professoren Boeckmann, Posch, Schöler und Trotsenburg sowie die Historiker Helmut Rumpler7 und Schausberger8 angehört. Zum Vorsitzenden wurde Trotsenburg gewählt. Neben der Habilitationsschrift waren auch die sonstigen wissenschaftlichen Arbeiten des Bewerbers zu begutachten9. Sie bestanden aus 20 Aufsätzen in Sammelwerken und Zeitschriften, darunter 6 in englischer Sprache, sowie einem weiteren Buch über „Politik und Hochschule. Der CV in der Steiermark 1918–1938“ (1978). In seiner Habilitationsschrift hat Leitner versucht, „die hochschulpädagogischen Bestrebungen im Rahmen und als Teil der Entwicklung der deutschen Universität vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis 1968 darzustellen“10. Dabei wurden drei Perioden unterschieden, in denen 4 Sponsion zum Magister phil. am 20.4.1972. 5 Hödl 1980, 224. Vgl. in diesem Buch S. 282, 285. 6 Mitteilungsblatt der UBWK 1983/84, Nr. 68. 7 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 3044. Ausführlich Burz/Derndarsky/ Drobesch 2000, 15ff. mit Werkverzeichnis 25-40. 8 Über ihn vgl. in diesem Buch S. 401ff. 9 Gemäß UOG 1975, § 36 Abs. 2. 10 Leitner 1984, 51.
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diese Bestrebungen publizistisch verstärkt in Erscheinung getreten sind: 1. als Anweisung zum akademischen Studium, zur studentischen Lebensführung und Selbsterziehung unter dem Namen „Hodegetik“11 in Anknüpfung an die Aufklärung zwischen 1800 und 1850, 2. als „Hochschulpädagogik“ in universitätskritischer und -reformerischer Absicht zwischen 1897 und 1933 und 3. als „Hochschuldidaktik“ zwischen 1960 und 1968. Zur Ergänzung dieser drei Phasen sind auch die „politisch-erzieherischen Maßnahmen des Nationalsozialismus“ an den Universitäten und die Reformbemühungen der Nachkriegszeit zwischen 1945 und 1965 (Studium Generale usw.) behandelt worden. Diese verdienstvolle historische Studie hat allerdings zur begriff lichen und systematischen Klärung ihres Gegenstandes wenig beigetragen. Leitner hat seinen „Arbeitsbegriff“12 von „Hochschul-Pädagogik“ so definiert: er „steht hier für alle pädagogischen Reflexionen universitärer Bildungs-, Erziehungs-, Lehr- und Lernvorgänge, unabhängig davon, ob sie wissenschaftsgeschichtlich unter der Bezeichnung Hodegetik, Hochschulpädagogik oder Hochschuldidaktik abgelaufen sind bzw. auftreten“13. Unter dem nebulosen Sammelnamen „pädagogischer Prozeß“14 (bzw. „hochschul-pädagogischer Prozeß“15) sind jedoch alle pädagogischen Schlüsselbegriffe undefiniert geblieben. So zieht sich ein begriffliches Durcheinander von „Pädagogik“ und „Bildungswissenschaft“, „Bildung“, „Ausbildung“, „Erziehung“, „Lehren“ und „Lernen“ durch das ganze Buch, das der Unklarheit der referierten Quellen und der Lage des Faches entsprach16 und sie fortsetzte statt sie kritisch zu beleuchten und zu mehr Klarheit beizutragen. Kritische Analysen hätten freilich die historische Beschreibung gesprengt, deren Inhaltsreichtum und Gediegenheit den Wert der Habilitationsschrift ausgemacht haben. Schon bald nach seiner Habilitation wurde 1985 für Leitners Spezialgebiet im Rahmen des „Instituts für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“ eine „Abteilung für Hochschulpädagogik“ einge 11 Zu diesem Begriff Clauberg/Dubislav 1923, 220: „Die Anleitung zum Studium einer Wissenschaft heißt ,Hodegetik‘“; Esterhues 1953; Leitner 1984, 86ff. 12 Leitner 1984, 2 zur Schreibweise mit Bindestrich als dessen Besonderheit. 13 Ebenda, 51. 14 Ebenda, 2ff. 15 Ebenda, 169. 16 Ebenda, 269: „Die Vielfalt wissenschaftstheoretischer und methodischer Ausrichtungen führte zu großer Interpretationsbreite, ja zur Vieldeutigkeit der Begriffe“.
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richtet17. Sie galt als „die einzige ihrer Art in Österreich“18. Trotsenburg als für „Hochschuldidaktik“ ernannter Professor hatte sich in das Institut für Weiterbildung zurückgezogen und anderen Interessen gewidmet.19 Leitner hat diese auf ihn zugeschnittene Abteilung bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1996 als Ein-Personen-Betrieb geleitet und ist dann der „Abteilung für Historische und Vergleichende Pädagogik“ beigetreten. Dort hat er – wiederum ohne Mitarbeiter – folgende drei „Arbeitsschwerpunkte“ zu betreuen übernommen: „Vergleichende Hochschulforschung, Hochschulplanung und -entwicklung, Hochschulpädagogik/Hochschuldidaktik“20. Für größere vom „Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung“ (FWF) bewilligte Forschungsprojekte haben die Voraussetzungen gefehlt.21 Was vor allem gefehlt hat, war die Koordination und interdisziplinäre Zusammenarbeit der mit Hochschulforschung befassten Einrichtungen und Personen an der Klagenfurter Universität. Die Leistungen der seit 1971 bestehenden Lehrkanzel für Hochschuldidaktik (Trotsenburg, Leitner) und des 1977 gegründeten „Instituts für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“ mit der 1985 eingerichteten „Abteilung für Hochschulpädagogik“ sind im benachbarten „Institut für Soziologie“ gänzlich ignoriert worden22, obwohl dessen Vorstand Kellermann23 sich auf „Hochschulforschung“ spezialisiert hatte24. Auf Seiten der Hochschuldidaktiker bzw. -pädagogiker war die Distanz nicht geringer. Das gleiche galt für die Beziehungen zu Bammé mit seinem Aufgabenfeld „Didaktik der Weiterbildung“25 und seiner Wendung zur „Wissenschaftsforschung“ im „Interuniversitären Institut für Fernstudien“26 wie für dessen Verhältnis zu Leitner. In der Neugründung des „Interuniversitären Instituts für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“ (IFF)27 ist eine von Hans
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Vgl. in diesem Buch S. 541. UKL: Forschungsbericht 1987–1991, 38. Vgl. S. 304. UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 70ff. UKL: Forschungsbericht I-IV, 1983–1998 (Anhang FWF-Förderung). Leitner 1994, 7f. Über Kellermann als Professor für „Bildungssoziologie“ vgl. S. 469ff. Forschungsbericht 1983–1987, 139ff.; 1987–1991, 111ff.; 1991–1994, 407ff. Vgl. in diesem Buch S. 611ff. Vgl. M. Arnold 2009, 24ff. Vgl. in diesem Buch S. 550.
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Pechar28 geleitete „Abteilung für Hochschulforschung“29 überregional dominant geworden, während Leitner als Hochschulforscher nahezu verstummt ist. Als Dozent hat Leitner Lehrveranstaltungen zu folgenden Themen angeboten30. Vorlesungen: „Hochschuldidaktik und Wissenschaftsdidaktik“, „Entwicklung und Reform der englischen Universität“, „Reformkonzeptionen der deutschen Universität“, „Die Idee der Universität – ein europäischer Vergleich“, „Zum Verhältnis von Bildung und Ausbildung an den europäischen Universitäten“, „Die Reform der französischen Universität im internationalen Vergleich“, „Die Entwicklung der österreichischen Universität“, „Das Wissen und die Macht“, „Die Universitäten in der Europäischen Gemeinschaft“, „Hochschulpädagogik und Hochschulreform“, „Hochschulpädagogik“, „Lernen und Gedächtnis im Erwachsenenalter“, „Die Hochschulen in der EG: Internationalisierung und Regionalisierung“, „Die Universität als Ort moderner Elitenbildung“, „Das studentische Lernen“, „Bildungspolitik in der Europäischen Union“, „Einführung in die Vergleichende Erziehungswissenschaft“, „Theorien des Lehrens und Lernens mit besonderer Berücksichtigung des Erwachsenenalters“. Seminare: „Hochschuldidaktische Fallstudien“, „Neuere Modelle wissenschaftlicher Lehre“, „Idee und Entwicklung der deutschen Universität“, „Lehren und Lernen an der Hochschule“, „Das Lehren der Wissenschaft“, „Lehren, Lernen, Prüfen“, „Lernen im Erwachsenenalter“, „Interdisziplinäre Bildungsforschung“, „Regionale Bildungsforschung“, „Hochschulforschung“, „Perspektiven der österreichischen Universitätsentwicklung im internationalen Vergleich“, „Lehren für Erwachsene“, „Das studentische Lernen“, „Elitenbildung“, „Das Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten“, „Bildungsforschung“, „Internationale Bildungsforschung“, „Bildung im internationalen Vergleich“, „Der Vergleich in der Bildungsforschung“, „Methoden des Qualitätsmanagements in Hochschulen“, „Methoden der Hochschulforschung“.
28 IFF Wien. M. Arnold 2009, 52. Im Kürschner 2007, 2695 ohne nähere Angaben. 29 UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 592ff.; 2003–2004, 500ff. 30 Nach den Verzeichnissen der UKL, chronologisch SS 1984–2006.
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Als Betreuer und Erstgutachter hat Leitner folgende 12 Dissertationen angenommen31: Peter Schellander: Vom Problem zur Erkenntnis. Über die Beratung zur Entscheidungsfähigkeit. Ein Beitrag über Beratungstheorien, Beratungsformen und Möglichkeiten zur Beraterausbildung (1990); Elisabeth Henderson-Pillgrab: Die Musikausbildung der Volksschullehrer in Österreich. Institutionskritische und historische Analyse einer Schulform (1991); Elisabeth Steger: Zur Interdependenz von Karriere- und Lebensplanung. Sozialwissenschaftliche Synopse interferierender Themen im weiblichen Lebenszusammenhang (1995); Ingrid Brigitte Markowitz: Wissenschaft, Universität und Gesellschaft. Zur Problematik ihrer Konvergenzen und Divergenzen (1997); Erich Paul Sporis: Das pädagogische Anliegen Franz Werfels. Eine Vision vom „neuen Menschen“ (1999); Ingomar Robier: Die Wortkultur und ihre Widersacher. Kritik der Medientheorie Neil Postmans (1999); Birgit Issak: Führungspersönlichkeit und Führungsverhalten. Zur Qualität der Interaktion von Schulleiter(n) und Lehrern an Volksschulen (2002); Vanessa Daniela Dugulin: Schlüsselqualifikationen von Führungskräften unter besonderer Berücksichtigung der Kompetenzen Motivationsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit und Empathie (2003); Silke Treven: Die Idee der Elite und deren Realisierung durch die Institution Hochschule. Dargestellt am Beispiel der Selektion der Studierenden im englischen und französischen Hochschulsystem (2005); Cornelia Klepp: Qualitätssicherung durch Akkreditierung. Dargestellt am Beispiel der Fachhochschulen in Österreich, Bayern und der Schweiz (2005); Angelika Bacher: Potenziale des Erziehungs- und Bildungsmittels Musik. Musikalische Bildung in der Lehrer/innenbildung als Beitrag zur Entwicklung personaler und sozialer Kompetenzen (2007); Armin Otti: Wirkfaktoren verkehrspsychologischer Nachschulungskurse. Evaluierung eines Kursmodells für alkoholauffällige Kraftfahrer (2010).
Für Leitners Beliebtheit als Lehrer und Prüfer spricht die relativ große Menge von 44 Diplomarbeiten, die er zwischen 1984 und 2010 betreut und angenommen hat. Ihre Themen entstammten neben der Hochschulpädagogik auch der Schul- und Berufspädagogik, der Medienpädagogik und der Vergleichenden Erziehungswissenschaft32.
31 Nach einer von Prof. Leitner gelieferten Liste des Rektorats der UKL von 2010. PAB. In der ZfP sind nur 7 dieser 12 Dissertationen registriert: Zuletzt 57 (2011), 629. 32 Vollständige Liste des Rektorats der UKL von 2010. PAB. Beispiele im Forschungsbericht 1995–1998 der UKL, 76f.; 1999–2002, 36ff.
Habilitationen: Kolumnentitel Erich Leitner 1984
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In seinen eigenen Publikationen33 dominierte das Spezialgebiet Hochschulforschung in interdisziplinärer Breite, international vergleichender Einstellung und historischer Abstützung. Den methodisch soliden Zugang als Historiker hat Leitner lebenslang durchgehalten. Davon zeugen Aufsätze über „Die Bildungstheorie Wilhelm von Humboldts und ihre Bedeutung für die Genese einer neuen Idee der Universität“ (1984), „Akademische und Studentische Verbindungen und Vereine in Kärnten“ (1985), „Der Anteil Österreichs an der hochschulpädagogischen Bewegung 1910–1934. Ein Beitrag zur Geschichte der Wissenschaften in Österreich“ (1990), „Richard Meister als Universitätshistoriker“ (1992), „The power of the professoriate. Politics and higher education reform in Austria“ (1998), „Die österreichischen Fachhochschulen. Entwicklung und Strukturen eines marktorientierten Hochschulsektors“ (2004), „Die österreichischen Universitäten zur Zeit Vincenz Eduard Mildes“ (2006) sowie zwei Beiträge zur Vorgeschichte der Gründung der Klagenfurter Hochschule: „Ringen um eine Landesuniversität“ (1998) und „Was ist eine Bildungswissenschaft? Zu den Gründungskonzepten der Universität Klagenfurt“ (2000). Von interdisziplinärer Breite zeugen unter anderem empirische Beiträge über „Die Bedeutung des Studienverhaltens für den Studienerfolg“ (1978), „Der Block in der Wissenschaftlichen Lehre“ (1982), „Studierfähigkeit und Hochschulreife“ (1990), „Die Betreuung von Diplomarbeiten“ (2002), „Hochschule und Regionalentwicklung“ (1993) und „Unequal competition: Access to universities and Fachhochschulen in Austria between open policy and selectivity“ (1996). Über international-vergleichende Programmatik informiert der Aufsatz „Die Forschung über die Hochschule. Reflexionen zum ,Field of Study‘ und das Konzept eines Institutes für vergleichende Bildungsund Hochschulforschung in Wien“ (1995)34. 33 Leitner: Liste der wissenschaftlichen Veröffentlichungen (undatiert, c. 2009). PAB; Forschungsberichte der UKL 1983 bis 2004. 34 Dieses Institut (IBH) ist im September 1994 auf Initiative der Bundesminister Erhard Busek (Wissenschaft und Forschung, bis 29.11.1994) und Alois Mock (Auswärtige Angelegenheiten) als Einrichtung des Vereins „Österreichische Gesellschaft für Bildungsforschung“ (ÖGBF) gegründet worden, um Forschungs-, Entwicklungsund Beratungsaufgaben für die vom Kommunismus befreiten Länder Mittel- und Osteuropas zu leisten. Es wurde von Leitner im Nebenamt bis 1996 geleitet (UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 73) und ist 1998 still aufgelöst worden. Zum Programm: ÖGBF-Informationsbulletin 1/1995, 1. In den Bänden 1994, 1995 und 1996 des offiziellen „Österreichischen Jahrbuches“ wurde es nie erwähnt.
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Monographien sind nach der Habilitationsschrift von 1984 nicht mehr erschienen. In der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist Leitner bis 2010 nur einmal zitiert worden. Bemerkenswert sind seine Publikationen in englischer Sprache und die Mitarbeit als Autor des Artikels „Austria“ im „Handbook of World Education“ (1991). Leitner hat auch politisch-administrative Erfahrungen als langjähriger Personalvertreter in der Fraktion christlicher Gewerkschafter der „Gewerkschaft Öffentlicher Dienst“ sammeln können. Er hat von 1993 bis 2001 als österreichischer Delegierter in der UNESCO-Kommission und in hochschulpolitischen Gremien Deutschlands als Konsulent für die Genehmigung von Studienplänen mitgearbeitet. Besonders hat er sich um den Aufbau der Fachhochschulen35 in Kärnten verdient gemacht. Seit 2005 ist er Mitglied des Vorstandes und seit 2007 als Vorstandsvorsitzender der Fachhochschule Kärnten tätig. An seiner Universität ist er am 1. Oktober 2009 im Alter von 63 Jahren vorzeitig in den Ruhestand getreten, um sich dieser Aufgabe ungeteilt widmen zu können. 25.6 Elmar Lechner hat am 27. März 1985 im Alter von 40 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Historischen Pädagogik“ erworben1. Die Habilitation ist 13 Jahre nach der Promotion erfolgt. Lechner ist am 10. Dezember 1944 in Imst (Tirol) als zweites von acht Kindern eines Mittelschulprofessors geboren worden2 und katholischer Konfession. Er hat von 1951 bis 1955 die Volksschule in Salzburg-Nonntal besucht und anschließend das Erzbischöfliche Privatgymnasium Borromäum in Salzburg-Parsch bis zur Reifeprüfung im Jahre 1963. Nach dem Militärdienst beim Österreichischen Bundesheer hat er von 1964 bis 1971 an der Universität Innsbruck Geschichte und Klassische Philologie studiert. Er ist 1964 der Katholischen Hochschulverbindung „Alpinia Innsbruck“ beigetreten3. Am 12. Oktober 35 Zu Fachhochschulen und ihrem Verhältnis zu den Universitäten vgl. Österreichischer Wissenschaftsrat 2010, 40ff. 1 Bescheid des Rektors der UBWK vom 29.3.1985, Zl. 020-Habil/85; Genehmigung durch das BMfWF vom 25.4.1985, GZ 24 358/1-14/85. Mitteilungsblatt der UBWK 1984/85, Nr. 129. 2 Curriculum vitae am Ende der Dissertation 1969; Hödl 1980, 259; Kurzbiographie: Kürschner 2007, 2095; „Lebenslauf“ und „Schriftenverzeichnis“ vom April 2011, PAB. 3 Gesamtverzeichnis ÖCV 1983, 331.
Habilitationen: Kolumnentitel Elmar Lechner 1985
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1970 hat er die Lehramtsprüfung für die Fächer Latein und Geschichte bestanden, am 3. Februar 1971 die Lehramtserweiterungsprüfung für das Fach Griechisch.4 Im Schuljahr 1971/72 hat er am Akademischen Gymnasium Innsbruck die Einführung in das praktische Lehramt (früher „Probejahr“) absolviert. Am 19. Juni 1971 ist die Promotion zum Doktor der Philosophie im Hauptfach Geschichte erfolgt5. Seine Dissertation im Umfang von 463 Seiten über „Die Vita Notkeri Balbuli“6 ist vom Honorarprofessor Johannes Duft7, Direktor der Stiftsbibliothek St. Gallen, betreut und von den Innsbrucker Historikern Karl Pivec und Hans Kramer als „ausgezeichnet“ bewertet worden. Sie ist 1972 unter folgendem Titel als Buch erschienen: „Vita Notkeri Balbuli. Geistesgeschichtlicher Standort und historische Kritik. Ein Beitrag zur Erforschung der mittelalterlichen Hagiographie“. Lechner ist nicht in den Schuldienst eingetreten, sondern hat am 1. September 1972 eine öffentlich ausgeschriebene Assistentenstelle in der Klagenfurter Hochschule an der Lehrkanzel für Unterrichtswissenschaft I bei Schöler übernommen8. Mit ihm hat die Hochschule einen der ganz wenigen Mitarbeiter gewonnen, die die lateinische Sprache beherrscht haben. In der Erziehungswissenschaft hat ihm jedoch wie seinem Kollegen Leitner und anderen Klagenfurter Assistenten und Habilitationsbewerbern für dieses Fach eine gründliche Ausbildung gefehlt. Schöler hat von Lechner gewünscht, dass er sich in die Historische Pädagogik einarbeitet, in der er selbst wissenschaftlich gearbeitet hatte, bevor er sich auf Lehrmaschinen spezialisiert hat. Beiden lag die Historische Pädagogik näher als die Systematische. Lechner hat Schöler zunächst bei gemeinsamen Proseminaren über „Staat und Schule“9 und „Autorität und Erziehung“10 unterstützt. Ab 1974 hat er als Lehrbeauftragter auch eigene Veranstaltungen durchgeführt. Am Anfang standen Proseminare über „Pädagogi4 Auskunft des UAI vom 22.6.2011. 5 Nachrichtenblatt der Universität Innsbruck, 1969-71, 113 und 131. 6 Zu Notker Balbulus (der Stammler), c. 840-912, selig gesprochener gelehrter Benediktiner des Klosters St. Gallen, vgl. u.a. Joseph Hermann Beckmann, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 7, Freiburg 1935 (Herder), 633f.; H.F. Haefele, ebenda, 2. Auflage 1962, Bd. 7, 1052. 7 Kurzbiographie: Kürschner 2003, 620. 8 Hödl 1980, 224; HBWK: Personalstand WS 1972/73, 13. 9 SS 1974. 10 WS 1974/75, 42.
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sche Antinomien im Erziehungsroman“ und „Utopien in der Pädagogik“11. 1975 hat er seine erste Vorlesung über „Geschichte der Pädagogik“ gehalten und ein Proseminar über „Geschichte der Bildungseinrichtungen“ angeboten12. Es folgten Vorlesungen über „Sozialgeschichte des Lehrerstandes und der Lehrerbildung“, „Schule und Politik in Österreich seit dem 18. Jahrhundert“ und „Methodologische Grund lagen der historisch-pädagogischen Forschung“13. Damit hatte er das Arbeitsfeld gefunden, auf dem er als Dozent, Gründer und Leiter der „Abteilung für Historische Pädagogik“ (seit 1985) bis zur Pensionierung tätig geblieben ist. Im Herbst 1984 hat er folgende Habilitationsschrift im Umfang von 228 Seiten vorgelegt: „Radikaler Humanismus in der deutschen Frühaufklärung. Politische Bedingungen, pädagogische Konzepte, diachrone Perspektiven“. Beigegeben war ein Anhang von 105 Seiten mit „Ausgewählten Quellen“ von Christian Thomasius (1655–1728)14, Johann Gottfried Zeidler (1655–1711)15, Joachim Christian Lange (1670–1744)16 und anonymen gesellschafts- und schulkritischen Autoren ihrer Zeit. Die Habilitationskommission wurde vom Universitätskollegium am 14. November 1984 eingesetzt17. Ihr haben die Pädagogiker Posch, Schöler und Trotsenburg, die Historiker Helmut Rumpler18 und Schausberger19 sowie der Philosoph Uwe Arnold20 angehört. Zum Vorsitzenden wurde Schöler gewählt. Zu Gutachtern wurden Rumpler und Schöler bestellt. Lechners Habilitationsschrift hatte einen allzu weit gefassten und missverständlichen Titel, der ihren tatsächlichen Inhalt nicht erkennen ließ. Sie litt an begrifflicher Unklarheit und unsystematischem Aufbau. So blieb unbeachtet, dass es längst „zu einer Vielzahl von Humanismus“Begriffen gekommen war, „die mit der ursprünglichen Bedeutung kaum noch Ähnlichkeit haben“21. Auf die Epoche der Frühaufklärung
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WS 1974/75, 60 bzw. SS 1975, 32. SS 1975, 32; WS 1975/76, 50. SS 1976, 32; WS 1976/77, 52. Kurzbiographie: Schröder 1995. Über ihn ausführlich Lechner 2008. Kurzbiographie: Beyreuther 1986. Mitteilungsblatt der UBWK, 1984/85, Nr. 32. Über Rumpler vgl. in diesem Buch S. 406. Über Schausberger vgl. S. 401ff. Über Arnold vgl. Hödl 1980 222 und 241. Menze 1974, 1217.
Habilitationen: Kolumnentitel Elmar Lechner 1985
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um 1700 bezogen, die Lechner behandelte, ist anzunehmen, dass mit „Humanismus“ ein „innerweltliches“, antiklerikales oder „säkularisiertes“ Ideal der Persönlichkeitsbildung im Geist der Renaissance gemeint war, das sich noch an antiken Leitbildern orientierte22. Unklar bleibt aber, was sein Schlagwort „radikaler Humanismus“ bedeutet. Aus den von ihm besprochenen Texten lässt sich nur entnehmen, dass Anhänger einer gesellschafts- und kulturkritischen Denkweise gemeint waren, die unter Berufung auf Vernunft und Naturrecht aggressiv für totale Emanzipation und Autonomie des Individuums eintraten und die vorhandenen Autoritätsträger, Institutionen und Erziehungspraktiken bekämpften. Lechner verwendete dafür auch die Ausdrücke „radikale Humanität“23 und „radikaler Nonkonformismus“24. Da jedoch in diesem für Befreiung und Fortschritt werbenden Personenkreis das humanistische Buchwissen, die lateinische Sprache und der darauf konzentrierte Schulbetrieb als überholt galten, handelte es sich eher um eine antihumanistische Strömung25 als um eine „radikale“ Form von „Humanismus“ im Sinne des vorherrschenden Sprachgebrauches. Ebenso unpassend wie der Obertitel war auch der Untertitel der Habilitationsschrift. Über die „politischen Bedingungen“ im Deutschen Reich zur Zeit der Frühaufklärung26 wurde nichts geboten. Die „pädagogischen Konzepte“ blieben begrifflich verschwommen und ohne systematische Ordnung. Die „diachronischen“ (d.h. entwicklungsgeschichtlichen) „Perspektiven“ erschöpften sich in fragwürdigen Spekulationen über Ähnlichkeiten mit der Propaganda für „Entschulung der Schule“ und „Entschulung der Gesellschaft“ in den Siebzigerund Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts (Paul Goodman27, Ivan Illich28, Everett Reimer29)30. 22 Buck 1987, 9f. Zum deutschen Renaissance-Humanismus vgl. Trillitzsch 1981. 23 Lechner 1984, 100. 24 Ebenda, 167. 25 Vgl. Buck 1987, 289ff. 26 Vgl. u.a. Oestreich 1968. 27 Goodman: Compulsory Mis-Education (1964); deutsch: Das Verhängnis der Schule (1975). 28 Illich: Deschooling Society (1970); deutsch: Entschulung der Gesellschaft. Mit Vorwort von Hartmut von Hentig (1973). 29 Reimer: School is dead (1971); deutsch: Schafft die Schule ab (1972). 30 Lechner 1984, 107ff. und 125ff. Dabei wurden sogar die Schreckensvisionen aus George Orwells utopischem Roman „1984“ aus dem Jahre 1949 einbezogen: Lechner 1984, 8f., 130ff.
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Was Lechner unter dem irreführenden Titel seiner Habilitationsschrift tatsächlich geliefert hat, war eine auf vernachlässigte literarische Quellen gestützte Variante der Interpretation des Streits zwischen Aufklärern, Pietisten und orthodox-protestantischer Geistlichkeit in Brandenburg-Preußen um 1700 mit regionalem Schwerpunkt an der 1694 gegründeten preußischen Universität Halle31. Sein Interesse galt dabei den gegensätzlichen Menschenbildern, Gesellschafts- und Bildungsidealen als ideeller Basis für Schulkritik und Programme zur Schulreform. Als Ergebnis wurden fragliche Thesen über „Die Gründung der Realschule als historischer Kompromiss zwischen radikalem Humanismus und frühmoderner Staatsschule“32 durch Christoph Semler (1669–1740)33 und Johann Julius Hecker (1707–1768)34 samt „Konsequenzen für die Diskussion der historischen Grundlegung und die aktuelle Begründung der Realschule“ angeboten35. Die Forschungsleistung Lechners bestand vor allem in der Erschließung zusätzlicher literarischer Quellen zum bekannten Wissen, dass viele Ideen der deutschen Aufklärung zur Gesellschafts- und Bildungsreform nicht erst auf ihrem Höhepunkt seit der Mitte des 18. Jahrhunderts Verbreitung gefunden haben, sondern schon seit dem Ende des 17. Jahrhunderts propagiert worden sind.36 Die von Lechner ausgewerteten Quellen waren hauptsächlich anonyme und pseudonyme Schriften dieser Epoche37. Er hat sie als „Garanten für maximale Authentizität“ eingeschätzt, weil sie den Autoren unter dem Schutz der Anonymität „eine freimütige und rücksichtslose Meinungskundgebung ohne jegliche Reserve“ erlaubt haben. Dank dieser Quellen sei es für Bildungshistoriker „nun möglich, das sozusagen hinter dem Rücken der tonangebenden und diktierend-diktatorischen realen politischen Mächte der Zeit entworfene Bild der bildungspoliti-
31 Lechner 1984, 4, 49, 80, 91, 104ff., 133ff. – Zum politischen und ideengeschichtlichen Rahmen vgl. Oestreich 1968, 419ff.; zu den tragenden Ideen der Aufklärung vgl. Hinske 1995. 32 Lechner 1984, 156–189. 33 Über ihn Roloff, Bd. 4, 1915, 1026ff.; Lechner 2010. 34 Über ihn W. Kahl bei Roloff, Bd. 2, 1913, 671ff. 35 Lechner 1984, 184–189. 36 Zur Datierung des Beginns der Aufklärung und deren Abhängigkeit von ihrem Begriff vgl. Schneider 1995, 16ff. 37 Ausgewählt aus dem Verzeichnis von Mylius (1740) mit insgesamt 4.217 Titeln. Lechner 1984, 113 und 211; Liste der getroffenen Auswahl 206ff.
Habilitationen: Kolumnentitel Elmar Lechner 1985
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schen und bildungstheoretischen Vorstellungen der zeitgenössischen oppositionell-subversiven Alternative zu zeichnen“.38 Kritischen Geistern sei zu damaliger Zeit „nur die Flucht ins Exil oder … in den Untergrund und damit die verdeckte Artikulation und Information“ geblieben39. Lechners Schrift war weitgehend den forschungsmethodischen Problemen gewidmet, die generell bei der Interpretation von Texten bestehen, deren Autoren durch den „Einfluß von Systemzwängen“ zur Verbergung ihrer wirklichen Meinung und zur „Verzerrung der Information“ veranlasst worden sein könnten40. Es müsse „die an Wahrscheinlichkeit grenzende Möglichkeit“ berücksichtigt werden, dass „,offizielle‘, mit vollem Namen und damit im vollen Bewußtsein möglicher Konsequenzen gezeichnete Schriften durch einen Prozeß der Selbstzensierung gegangen sind und deshalb keine Garantie für die Übereinstimmung von Denken und Schreiben geben. Anonyme oder pseudonyme oder sonstwie abgesicherte Texte dagegen … machen umgekehrt eine weitestgehende Koinzidenz von Gedachtem und Geschriebenem wahrscheinlich und verdienen deshalb vor und in Zweifelsfällen auf Kosten der durch Kompromisse deformierten Gedankengänge der deklarierten Literatur berücksichtigt zu werden.“41 Gestützt auf dieses methodische Argument hat Lechner aus den anonymen Texten das „Konzept eines Radikalen Humanismus“ konstruiert, „der den vollständigen Umsturz und die radikale Umkehr“ des Menschenbildes und der politischen Ordnung vorgesehen habe. Er wurde von ihm verallgemeinernd als „die Bildungstheorie des frühen Bürgertums identifiziert“42, deren „Stichwort und Kampfparole … der Begriff ,Mensch‘“ und deren Prinzip „Egalität“ gewesen sei43. Auf die Problematik dieses Konstrukts und seine Gültigkeit kann hier nicht eingegangen werden. Wesentlich aus erziehungshistorischer Sicht ist jedoch, dass Lechners Anspruch, eine „Bildungstheorie“ der deutschen Frühaufklärung darzustellen, nicht erfüllt worden ist. Es ist bei einem unklaren ideengeschichtlichen Fragment geblieben. Der Versuch, durch provokante Kapitelüberschriften („Pädagogischer Avant-
38 39 40 41 42 43
Ebenda, 113f. – Ähnlich Lechner 2008, 19ff. Lechner 1984, 96. Ebenda, 159ff. und 49ff. Ebenda, 96f. Ebenda, 98. Ebenda, 135f.
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gardismus versus Entmündigung durch Entmündigte“44, „Logbücher statt Schulbücher oder Die Geschichte als Partisan der Gegenwart“45) Bezüge zur antiautoritären Pädagogik des späten 20. Jahrhunderts herzustellen, konnte den Mangel an erziehungstheoretischer Substanz nicht ausgleichen. Es hat also gute Gründe gegeben, vom Druck der Habilitationsschrift abzusehen. Ihr Thema ist von Lechner in Buchform erst 24 Jahre später behandelt worden: nun ausgereift, auf einen einzigen Autor konzentriert, auf 50 Seiten gekürzt und mit zutreffendem Titel in folgender Text-Edition: „Pädagogik und Kulturkritik in der deutschen Frühaufklärung: Johann Gottfried Zeidler (1655–1711). Zehn Thesen und Edition einiger seiner autobiographischen, pädagogischen und historischen sowie aphoristischen Schriften“46. An Lehrveranstaltungen hat Lechner nach seiner Habilitation mit Ausnahme zweier Vorlesungen47 ausschließlich Seminare und Proseminare angeboten48. Die Seminare waren folgenden Themen gewidmet: „Geschichte des österreichischen Bildungswesens: Historiographie, Methodologie, Forschungstendenzen“ (mit Grimm), „Die historische Wurzel der Diskussion um die Abschaffung der Schule“, „Die Geschichte der Schule. Fallbeispiel: Die Stadt Klagenfurt“, „Die Geschichte des Bildungswesens in Kärnten aus Anlaß der Konstruktion eines Schulmuseums der Region“, „Traditionen, Methoden und Perspektiven der österreichischen Pädagogischen Historiographie“ (mit Grimm), „Geschichte, Gegenstand und Vorgangsweise der historisch-pädagogischen Forschung“, „Innovationen in der Bildungsgeschichte europäischer Länder“, „Pioniere und Klassiker des pädagogischen Denkens in der österreichischen Geschichte“, „Wissenschaftstheoretische und methodische Grundlagen der historisch-pädagogischen Forschung“ (mit Grimm), „Erziehung in der Alten und in der Neuen Welt: Die österreichungarische Monarchie und der US-amerikanische Bundesstaat im Vergleich“, „Wieviel Bildung braucht die Frau? Antworten aus älterer und neuerer Zeit“, „Politische und pädagogische Aspekte der geschichtli 44 Ebenda, 132ff. 45 Ebenda, 150ff. 46 Lechner 2008. 47 Über „Das Phänomen der Reformpädagogik im internationalen Vergleich“, zweistündig im WS 1999/2000; „Bildung und Politik in der Ersten österreichischen Republik“, zweistündig im SS 2000. 48 Chronologisch nach den Vorlesungsverzeichnissen der UBWK bzw. UKL vom WS 1984/85 bis WS 2005/2006. AUK.
Habilitationen: Kolumnentitel Elmar Lechner 1985
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chen Entwicklung des naturwissenschaftlich-technischen Unterrichts“, „Theoretische Konzeptionen und Innovationen in der österreichischen Schule“, „Das Verhältnis von Allgemeinbildung und Berufsbildung in der Neuzeit“, „Die Reformpädagogische Bewegung im internationalen Vergleich“, „Erwachsenen- und Berufsbildung in Österreich: Traditionen, Probleme, Perspektiven“, „Deutsche Pädagogen und Pädagoginnen der Gegenwart“, „Museumspädagogik“, „Grundzüge der Geschichte der Erwachsenenbildung und Berufsbildung“, „Möglichkeiten der Verknüpfung von Theorien systematischer und historischer Pädagogik“. Die Proseminare hatten folgende Themen: „Allgemeinbildung“, „Klassische Kontroversen in der Problemgeschichte der Pädagogik“, „Hervorragende Personen, Programme und Probleme in der Geschichte der Bildung und des Bildungswesens“, „Schlüsselquellen und Schlüsselstellen der Problemgeschichte der Pädagogik“, „Problemgeschichte der Pädagogik“, „Das Problem der Allgemeinbildung in historischer und systematischer Sicht“, „Vergleichende europäische Bildungsgeschichte“, „Klassiker des pädagogischen Denkens in Geschichte und Gegenwart“, „Tausend Jahre österreichische Bildungsgeschichte als Ausdruck europäischen Erziehungsdenkens in Geschichte und Gegenwart“, „Erziehung und Unterricht in der Alten und in der Neuen Welt“, „Prozesse der Komparation und der Rezeption in der neueren europäischen Bildungsgeschichte“, „Einführung in Forschungsprozesse und –methoden im Kontext des Forschungsfeldes“, „Grundlinien der Geschichte des österreichischen Bildungswesens“, „Die Pädagogik des 20. Jahrhunderts“, „Theorie der Erziehung und Bildung in der Moderne“. Dieses vielseitige Lehrangebot hat jedoch nur relativ wenige Studierende anziehen können, die sich an historisch-pädagogischer Forschung beteiligen und auf dieses Gebiet spezialisieren wollten. Schöler als Gründungsrektor, der durch seine Greifswalder Dissertation (1957) und seine Aachener Habilitationsschrift (1970) als Schulhistoriker ausgewiesen war, und Lechner als engster Mitarbeiter für erziehungshistorische Studien hatten geplant, an der Klagenfurter Hochschule für Bildungswissenschaften auch ein österreichisches Zentrum für Historische Pädagogik zu schaffen49. Da die Einrichtung einer Lehrkanzel für dieses Spezialfach einstweilen aussichtslos erschien, war die von
49
Lechner 2007, 265ff.
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Schöler geförderte Habilitation Lechners eine notwendige Voraussetzung, um auch ohne Professur eine „Abteilung für Historische Pädagogik“ gründen zu können50. Das ist 1985 unmittelbar nach Lechners Habilitation erfolgt. Bis dahin hatte man sich mit einer 1978 von Schöler als Institutsvorstand eingesetzten „Arbeitsgruppe für Historische Pädagogik“51 begnügen müssen52. Die von Lechner bis 2000 und erneut von 2004 bis 2008 geleitete Abteilung hat mit einer ziemlich verschwommenen „Philosophie“ begonnen: „Verkoppelungen von Vergangenheit und Gegenwart aufzuspüren und das als aktuell für die Gegenwart auszumachen, was aus der Vergangenheit in die Gegenwart hineinreicht und damit streng genommen und genau besehen eben nicht vergangen ist, ist zentraler Ansatzpunkt und erstes Anliegen der wissenschaftlichen Bemühungen der Abteilung für Historische Pädagogik.“53 Obwohl die Abteilung nur aus Lechner und dem Assistenten Gerald Grimm54 bestand, wurden in ihrem Rahmen gleich großspurig fünf unbefristete „Forschungsstellen“55 angekündigt. 1. „Richard Meister-Forschungsstelle für österreichische Pädagogische Historiographie und Didaktik der Geschichte der Pädagogik“56; 2. „Walter Schöler-Forschungsstelle für Geschichte des naturwissenschaftlichen und technischen Unterrichts“57; 3. „Friedrich Schneider-Forschungsstelle für Europäische Bildungsgeschichte“58; 4. „Karl Wotke-Forschungsstelle für Geschichte des österreichischen Gymnasiums“59;
50 Vgl. UOG 1975, § 48 Abs. 5: Abteilungen mussten von „Universitätslehrern“, d.h. Professoren oder Universitätsdozenten geleitet werden. 51 UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 53; UKL: Forschungsbericht 1987– 1991, 33. 52 Zu Arbeitsgruppen vgl. UOG 1975, § 48 Abs. 3. 53 UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 54: „Zur ,Philosophie‘ der Abteilung für Historische Pädagogik“. Gleichlautend im Forschungsbericht 1987–1991, 34. 54 Über Grimm vgl. S. 706ff. 55 Forschungsbericht 1983–1987, 54f.; 1987–1991, 34ff.; 1991–1994, 156f. 56 Über Meister vgl. Bd. 1, 372ff. und 425ff. 57 Über Schöler vgl. in diesem Band 83ff., 258ff. 58 Über Schneider vgl. Bd. 3, 64ff. 59 Über Wotke vgl. Bd. 1, 352ff.
Habilitationen: Kolumnentitel Elmar Lechner 1985
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5. „Forschungsstelle Europäisches Bildungsgeschichtliches Museum – Konzeptentwicklung und wissenschaftliche Betreuung (inklusive Aufbau eines ,Europäischen Schulgeschichtlichen Minimundus‘)“60. Im Jahre 1995 wurden „die Aufgabe und der Auftrag der … ein österreichisches Unikat darstellenden Abteilung … in Forschung und Lehre“ etwas weniger verschroben als 1987 formuliert: „Durch Rückblick soll Überblick und Durchblick in Sachen Bildung gewonnen werden“.61 1999 begann die Beschreibung der Abteilung mit dem „Motto: Zu Einsicht und Durchsicht durch Übersicht“. „Aufgabe der Historischen Pädagogik ist es …, das Phänomen Erziehung betreffende Denken und Tun früherer Zeiten systematisch zu analysieren, für die heutige Zeit als Kriterium zu nutzen und damit Entwicklungsperspektiven für kommende Zeiten zu eröffnen“. An Stelle der inzwischen verschwundenen „Forschungsstellen“ wurden nun folgende „Arbeitsschwerpunkte“ genannt62: „Bildungsgeschichte als Indikator europäischer Identität, Wissenschaftsgeschichte der Pädagogik in Österreich/Europa, Das österreichische Bildungswesen in seiner historischen Entwicklung, Die Entwicklung der Bildungslandschaft in Kärnten“. 2005 wurde neuerlich betont, „daß die Abteilung ein Unikat darstellt, da sie die einzige wissenschaftliche Organisationseinheit mit bildungsgeschichtlichem Schwerpunkt in Österreich ist“. „Zukünftige Arbeitsvorhaben sind insbesondere: Bildungswissenschaftliche Ikonologie, Curriculumentwicklung zum Thema ,Bildungsgeschichte‘ für Primar- und Sekundarschullehrer“.63 Im Kontrast zu Lechners hochfliegendem Programm der Abteilung für Historische Pädagogik ist bei den Studierenden das Interesse gering geblieben, sich dort unter seiner Betreuung Diplomarbeiten oder Dissertationen zu widmen. Bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im
60 „Minimundus“ heißt ein am Wörthersee nahe der Universität Klagenfurt gelegenes Freilichtmuseum, das Modelle von Gebäuden aus aller Welt im Maßstab 1:25 zeigt. Kärntner Museumsschätze. Klagenfurt 2008, 12. Vgl. Lechner 1992. 61 Forschungsbericht 1991–1994, 156. 62 Forschungsbericht 1995–1998, 72. 63 Forschungsbericht 2003–2004, 24. Zur „Pädagogischen Ikonologie“ vgl. Pöggeler 1992.
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Jahre 2010 hat er nur folgende 2 Dissertationen betreut und als erster Gutachter angenommen: Peter Schöffmann: Klagenfurt als Schulstadt zwischen Revolution und Republik. Rezeption und Innovation 1848–1918 (1990) – als Buch erschienen: Klagenfurt 1994; Notburg Zimmermann: Die Entwicklung des elementaren Schulwesens im Lavanttal (Kärnten) in der Zeit zwischen der Erklärung des Schulwesens zum „Politicum“ (1770) und dem Reichsvolksschulgesetz (1869) (2000).
Dazu kamen 6 Diplomarbeiten über folgende Themen: Kurt Günther Schönfelder: Standeserziehung zwischen Separation und Scolarisation. Das Phänomen Rittererziehung im 17. und 18. Jahrhundert in Deutschland (1988); Michael Müller: Medien- und Kommunikationserziehung im Werk Franz Zöchbauers (1924–1975) (1997)64; Gero Stuller: Hans Angerer (1871–1944). Ein deutschnationaler Kärntner Bildungspolitiker (1999); Barbara Graber: Aladar Pfniss (1919–1992). Leben und Wirken eines Grazer Erwachsenenbildners (2004)65; Ursula Rotter: Emil Reich (1864–1940). Leben und Wirken eines Wiener Erwachsenenbildners (2005); Manuel Gerhard Bacher: „Alkoholismus“ in pädagogischen Fachlexika von der Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts (2008).66
Lechners eigene Veröffentlichungen waren vielseitig und quellenmäßig wie durch breite Literaturkenntnis solide begründet. Er war ein guter Kenner der Aufklärungspädagogik und der österreichischen Schulgeschichte wie der Fachgeschichte der Pädagogik. Der ungünstige Eindruck, den seine Habilitationsschrift und deren ausgebliebene Umarbeitung zu einem schätzenswerten Buch gemacht haben, kann teilweise auch mit fehlender Kontrolle, Kritik und Beratung durch seinen Vorgesetzten und Mentor Schöler im egalitär-permissiven Mitarbeiter-Milieu der jungen Hochschule erklärt werden67. Zu Monographien ist es allerdings auch später nicht gekommen, aber zu rund 30 größeren Aufsätzen mit bleibend wertvollen erziehungshistorischen Informationen in Sammelbänden und Zeitschrif-
64 Über Zöchbauer vgl. in diesem Werk Band 3, 275ff. 65 Über Pfniss vgl. Band 2, 333f. 66 Briefliche Mitteilung Lechners an den Autor vom April 2011; Forschungsbericht 1987–1991, 46f.; 1991–1994, 166; 1995–1998, 76; 1999–2002, 36. 67 Vgl. in diesem Buch S. 264ff.
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ten68. Dazu gehören unter anderem folgende Texte: „Leiden an der Kirche. Zur Rolle des Lehrers in der politischen Kirchengeschichte“ (1979), „Österreichische Bildungspolitik im Zeitalter der Französischen Revolution im Kontext der zeitgenössischen Diskussion der Aufklärungspädagogik“ (1980), „Vom Befehl zum Beweis. Der mathematisch-naturwissenschaftlich-technische Unterricht als Phänomen und Instrument der ,kopernikanischen Wende‘ der Pädagogik im Zeitalter der Frühaufklärung“ (1988), „Salzburg als Entstehungsort der österreichischen Pädagogischen Historiographie“ (1988), „Pädagogische Lehrveranstaltungen des Staates. Die Verwissenschaftlichung und Verfachlichung der Pädagogik als Symptom und Instrument der Modernisierung des Bildungssystems in Österreich in den Jahrzehnten um 1800“ (1989), „Innovation durch Restauration. Die österreichische Pädagogische Historiographie in den ersten Jahren der Zweiten Republik“ (1990), „Die Klassiker der österreichischen Pädagogischen Historiographie: Karl Wotke und Gustav Strakosch-Grassmann“ (1992), „Pädagogik an der ehemaligen Franz-Josefs-Universität zu Czernowitz“ (1999), „Hermann Braumüller als Historiograph des Kärntner Bildungswesens“ (2000), „Der Bezug zwischen Allgemeinbildung und Berufsbildung in Österreich im 20. Jahrhundert“ (2004). Vermutlich hat auch diese stark auf Österreich bezogene Thematik dazu beigetragen, dass er in der „Zeitschrift für Pädagogik“ bis 2010 nur zweimal zitiert worden ist. Lechners Stärke lag mehr in eifriger Suche, Sammlung und Publikation „übersehener Quellen“69 als in theoretischer Verarbeitung der Stoffmassen. Er hat seit 1992 unter dem seltsamen Titel „Retrospektiven in Sachen Bildung“ eine Schriftenreihe herausgegeben, in der bis zum Jahre 2011 insgesamt 183 Nummern erschienen sind70. Sie waren in folgende 10 „Reihen“ gegliedert: 1. Bibliographien. 2. Studien. 3. Einleitungen in die Geschichte der Pädagogik. 4. Klassische Kontroversen in der Geschichte der Pädagogik. 5. Historico-Paedagogica Europaea. 68 Lechner: „Liste der Publikationen“ (c. 1996) und „Schriftenverzeichnis“ (April 2011) im PAB; Grimm 2011. 69 „Übersehene Quellen“ war der Titel der Reihe 10 seiner Schriftenreihe „Retrospektiven in Sachen Bildung“ mit insgesamt 42 Nummern bis 2010. 70 Vollständige Liste bei Lechner 2011 (Anhang); Grimm 2011.
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6. Zur Bildungsgeschichte diesseits und jenseits der Leitha. 7. Zur Bildungsgeschichte diesseits und jenseits des Loibl. 8. Aus dem „Europäischen Schulgeschichtlichen Minimundus“. (Sammlung von Texten aus Jahresberichten und Schulchroniken). 9. Zum Thema Schulmuseum. 10. Übersehene Quellen. Diese Schriften wurden „im Auftrag der Abteilung für Historische Pädagogik … und der Österreichischen Gesellschaft für Historische Pädagogik und Schulgeschichte“71 herausgegeben und sind in kleinen Auflagen von 30 bis 70 Exemplaren – aber mit ISSN-Nummern versehen – in Eigenregie hergestellt worden. Sie wurden an Mitglieder, die Österreichische Nationalbibliothek, die österreichischen Universitätsbibliotheken und ausgewählte Fachleute verschickt und waren im Buchhandel nicht erhältlich. Ungeachtet der geringen Verbreitungsmöglichkeiten für diese Schriften hat sich Lechner durch seine gemeinnützige Publikations-, Sammel- und Herausgebertätigkeit große Verdienste um die Pädagogik in Österreich und weit darüber hinaus erworben. Er hat als Forscher viele Wissenslücken entdeckt und mit Informationsquellen gefüllt, die ohne ihn unbearbeitet geblieben wären. Dazu gehören zum Beispiel die Herausgabe von 17 Teilbänden „Deutschsprachige Quellen zur Geschichte des Bildungswesens der Bukowina um 1900“ (1994– 2002), „Ältere Texte und neuere Literatur zur krainisch-slowenischen Bildungsgeschichte“ (1993), „Das Ende der ,Deutschen Universität Dorpat‘. Deutschsprachige Quellen zum Prozeß der Nationalisierung bzw. Russifizierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts“ (2000), „Ungarische Pädagogik in deutscher Sprache“ (1997), „Deutsche Pädagogik im amerikanischen Mittelwesten um 1900“ (2000) usw. Lechner hat vor allem vergessenen österreichischen Leistungen ans Licht verholfen und in einer Periode geringer Publikationsmöglichkeiten für pädagogische Literatur vielen Autoren wenigstens ein kleines Forum geboten. Dazu gehörten unter anderem Helmut Engelbrechts späte Schriften „Von der Prügelstrafe bis zur Anwendung angemessener persönlichkeits- und gemeinschaftsbildender Erziehungsmittel“ (2006, 104 Seiten), „Zwischen Scylla und Charybdis. Drimmels hindernisreicher Weg zu den Schulgesetzen 1962“ (2006, 88 Seiten), „Die 71 Lechner 1992 b. – Später „im Auftrag der Abteilung für Historische und Systematische Pädagogik (Universität Klagenfurt)“: Lechner 2011, Impressum. Ab 2011 wurde Gerald Grimm Mitherausgeber.
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schulische Leistungsbeurteilung. Historische Entwicklung einer sensiblen Materie“ (2007, 116 Seiten), „Streitfrage unserer Zeit: Besteht ein Zusammenhang von Klassengröße und Schulleistung? Blick in die Vergangenheit und gegenwärtige Situation“ (2009, 127 Seiten), „Schulformen/Schulreformen – Auf der Suche nach besseren Lösungen. Die Institution Schule und die Entwicklung ihrer Organisation auf heute österreichischem Boden“ (2010, 210 Seiten)72. Dank dieser Schriftenreihe und mehrerer von Lechner angeregter und betreuter Sammelbände mit prominenten ausländischen Autoren und internationaler Verbreitung73, ist es ihm gelungen, der Abteilung für Historische Pädagogik überregionale Anerkennung zu verschaffen. Dazu hat wesentlich die Habilitation seines Mitarbeiters Gerald Grimm beigetragen, der das Ansehen der Abteilung vermehren und ihren Fortbestand nach Lechners Pensionierung im Herbst 2010 sichern konnte.74 Besonders zu danken ist ihm auch dafür, dass er an seiner Universität beantragt hat, dem Begründer der modernen Historischen Pädagogik Österreichs Helmut Engelbrecht das Ehrendoktorat zu verleihen. Er hat damit die jüngste österreichische Universität zur Auszeichnung eines hervorragenden Gelehrten bewegt, die schon zu ihrer eigenen Ehre längst Sache der Wiener Universität gewesen wäre, an der er jahrzehntelang gewirkt hat. Diese Ehrung hat am 5. November 1998 stattgefunden und Lechner hat dabei die Laudatio gehalten.75 Lechner ist am 30. September 2010 pensioniert worden. Er hat aber auch im Ruhestand neben der Mitarbeit an den seither von Grimm herausgegebenen „Retrospektiven in Sachen Bildung“ sein 1985 begonnenes Wirken für ein „Kärntner Schulmuseum“ als „Schulgeschichtlicher Minimundus“ fortgesetzt, um „Bildungsgeschichte augenscheinlich und handgreiflich zu machen“. Diesem Vereinsziel hat die 1988 von ihm gegründete „Österreichische Gesellschaft für Historische Pädagogik
72 Über Engelbrecht (1924– ) vgl. in diesem Werk Band 1, 612ff.; Schriftenverzeichnis in: Retrospektiven R. 1, Nr. 2, 1992; bis 2006 in: Retrospektiven R. 1, Nr. 8, 2006, 20 Seiten. 73 Vgl. die hauptsächlich durch ihn vorbereitete Festschrift für Schöler im Umfang von 665 Seiten (Lechner/Zielinski 1988) und die von ihm herausgegebene Buchreihe „Bildungsgeschichte und Europäische Identität“ (Verlag Peter Lang) mit dem Sammelband „Pädagogische Grenzgänger in Europa“ (Lechner 1997). 74 Über Grimm vgl. S. 706ff. 75 Lechner 1998; Laudatio: Lechner 1999a.
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und Schulgeschichte“ gedient76. Wie manches andere ist auch dieses weitgespannte Vorhaben bis jetzt unvollendet geblieben. 25.7 Erik Adam hat am 16. Dezember 1987 im Alter von 39 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Erziehungswissenschaft“ erworben.1 Die Habilitation ist 13 Jahre nach der Promotion erfolgt. Adam wurde am 17. Juli 1948 in Hollabrunn (Niederösterreich) als Sohn des Ingenieurs und späteren Universitätsprofessors für Statistik und Ökonometrie an den Universitäten Wien, Köln und Linz Adolf Adam2 geboren3. Er hat die Volksschule und das Bundesgymnasium in Hollabrunn besucht und 1966 das Reifezeugnis erworben. Anschließend hat er an der im gleichen Jahr eröffneten Hochschule für Sozialund Wirtschaftswissenschaften in Linz das Studium der Soziologie begonnen. Nach dem Präsenzdienst beim Bundesheer (1968) ist er an die Universität Salzburg gewechselt und hat dort von 1968 bis 1974 Germanistik, Philosophie und Pädagogik studiert. Seine Liebe aber galt dem Theater, der Musik und der Kulturpublizistik. Sein Berufswunsch war eine Assistentenstelle für Philosophie an der Wiener Universität bei Erich Heintel. Zur Pädagogik ist er zufällig gelangt.4 Am 14. November 1974 wurde Adam auf Grund einer vom Philosophieprofessor Ottokar Blaha5 betreuten Dissertation im Umfang von 269 Seiten über das Thema „Ein Beitrag zur philosophischen Kritik der kybernetischen Grundlegung der Pädagogik“ im Hauptfach Philosophie mit Pädagogik als Nebenfach „summa cum laude“ promoviert. Seine Dissertation ist 1978 in gekürzter Fassung (124 Seiten) mit dem Titel „Kritik der kybernetischen Pädagogik“ als Buch erschienen. Adam hat darin ein damals besonders aktuell gewesenes Thema aus kulturphilosophisch-anthropologischer und wissenschaftstheoretischer Sicht auf hohem Niveau kompetent behandelt. Zentraler Gegenstand seiner Kritik waren unhaltbare Vorstellungen von einer „Kyberneti-
76
Zu Gründungsgeschichte und Leistungen vgl. Lechner 1992c.
1 Genehmigt durch BMfWF am 11.7.1988, GZ 1069/4-14/88. Mitteilungsblatt UBWK 1987/88, Nr. 134. 2 (1928–2004). Kurzbiographie: Kürschner 1987, 13. Vgl. in diesem Werk Bd.3, 500, 507f., 579. 3 Biographische Angaben nach „Lebenslauf“ vom Mai 1974 in der Dissertation; Hödl 1980, 241; „Lebenslauf“ vom 9.3.2011, PAB; Adam in Girtler 2011. 4 Adam 2011, 193f., 198ff. 5 Kurzbiographie: Kürschner 1987, 345.
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schen Pädagogik“, für die Helmar Frank um 1970 als „Demonstration eines radikalen Nonkonformismus gegenüber der traditionellen Pädagogik“6 geworben hatte. Adams Vater Adolf Adam (1918–2004) hatte sich als Professor für Statistik und Datenverarbeitung an der Linzer Hochschule kräftig, aber pädagogisch ahnungslos für dieses neue Programm eingesetzt und es durch die Berufung von Lansky nach Linz und die Habilitation von Frank erstmals vorübergehend in Österreich universitär verankern können.7 An dieser kritiklosen Förderung „Kybernetischer Pädagogik“ und ihrer Anpreiser war um 1970 auch Schöler beteiligt8. Fünf Jahre später hat er mit Erik Adam einen ihrer schärfsten Kritiker als Assistenten angestellt, 1978 dessen Dissertation in seiner „Reihe Unterrichtswissenschaft“ veröffentlicht und im Vorwort dessen „schlüssig bewiesene Kritik“ gelobt9. Diese Anerkennung war verdient, soweit sie die philosophische Kritik am einseitigen Menschenbild der Kybernetiker und ihrer rationalistisch auf „programmierte Instruktion“ verkürzten Didaktik betraf10. Sie war fragwürdig, wo Adam als „Gegenbegriff zu jeder reduktionistischen Pädagogik“ äußerst vage eine „personale Pädagogik“ zu beschreiben versucht hat, die „um die ,Idee der Erziehung‘“ „zentriert ist“11. Dabei ist sein Erziehungsbegriff ungeklärt geblieben. So ist Adam über eine als „kulturphilosophische Analyse“ bezeichnete Kulturkritik12 und abstrakte Reflexionen über die „Personalität des Menschen“ und ihre „fortschreitende Aktualisierung“ wenig hinausgekommen. „Personalität“ wurde von ihm folgendermaßen „kurz umschrieben“: „sie ist eine Wirklichkeit, die einerseits von der Philosophie im philosophischen Horizont ausgelegt wird und andererseits im Erziehungsraume aufspringt“13. Da ihm eine am Zweck-Mittel-Schema orientierte Pädagogik14, „welche die Bedingungen für die Realisierung vorgegebener Zwecke zu erforschen hat“ als negativ bewertete „positivistische Pädagogik“ galt15, hat er sich in seiner Dissertation mit phi
6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Frank 1969, Band I, VII. Vgl. in diesem Werk Band 3, 575ff. Vgl. Band 3, 500ff. und 575ff. Vgl. ebenda, 498, 502ff. und in diesem Band S. 89ff., 248f. Adam 1978, 8. Ebenda, 26ff., 81ff., 89ff. Ebenda, 76ff. und 102ff. Ebenda, 49ff. Ebenda, 102f. Vgl. Brezinka 1995, 23ff. und 218ff. Ebenda, 101.
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losophischen Spekulationen über Erziehung begnügt, die von Schölers Wissenschaftsprogramm und dem Auftrag der Hochschule weit entfernt gewesen sind. Neben seiner betonten Distanz zur empirischen Erziehungswissenschaft waren bei ihm aber auch beachtliche kritisch-analytische Qualitäten erkennbar, die dafür genügt haben, dass Adam am 30. Dezember 1974 zum Universitätsassistenten bei Schöler an der Klagenfurter Lehrkanzel für Unterrichtswissenschaft I ernannt worden ist16. Er hat sich rasch eingearbeitet und Schöler in seinen Seminaren über „Spezielle Forschungsmethoden der Unterrichtswissenschaft“ und „Die Pädagogik und ihre Nachbardisziplinen“ unterstützt. Ab 1975 hat er auch selbständig Vorlesungen und Seminare über folgende Themen gehalten: „Reformpädagogik“, „Konzepte der Unterrichtsbeurteilung“, „Wissenschaftstheoretische Aspekte der Pädagogik“, „Perspektiven der Pädagogischen Anthropologie“, „Aspekte der ,inneren Schulreform‘ in Kärnten“, „Ansätze zur theoretischen Grundlegung der Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft“, „Österreichische Reformpädagogik“, „Die Reformpädagogik und ihre Erziehungstheorien“, „Einführung in die Wissenschaftstheorie der Erziehungs- und Sozialwissenschaften“, „Unterrichtsanalyse“, „Empirische und hermeneutische Konzepte der Unterrichtsforschung“, „Neue Tendenzen in der Didaktik. Der Griff nach dem Subjekt“17. Am 27. Mai 1987 hat Adam die Verleihung der Lehrbefugnis für das Fach „Erziehungswissenschaft“ beantragt und folgende Habilitationsschrift im Umfang von 296 Seiten vorgelegt: „Das Subjekt in der Didaktik. Ein Beitrag zur kritischen Reflexion von Paradigmen der Thematisierung von Unterricht“. Sie ist 1988 als Kopie des Typoskriptes in Buchform erschienen. Daneben lagen damals noch folgende beachtenswerte Publikationen vor: ein Vortrag über „Das pädagogische Experiment August Aichhorns. Die Psychoanalytische Pädagogik und ihre Entwicklung bis zur Gegenwart“ (1977), eine von Adam herausgegebene Symposiumsdokumentation über „Die österreichische Reformpädagogik 1918– 1938“ (1981), ein Beitrag über „Austromarxismus und Schulreform“ (1983) und ein Aufsatz über „Das Schicksal der ,Schulgemeinde‘ in der Glöckelschen Reform“ (1986).
16 17
Hödl 1980, 222; im Personalstands-Verzeichnis erstmals WS 1975/76, 19. UBWK, WS 1975/76 – SS 1987.
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Der Habilitationskommission haben die Pädagogikprofessoren Gstettner, Hartmann, Larcher, Posch und Trotsenburg angehört sowie der Psychologieprofessor Ottomeyer. Zum Vorsitzenden wurde Larcher gewählt.18 Wie aus dem Untertitel hervorgeht, war die Habilitationsschrift kein Beitrag zur Unterrichtslehre (oder Didaktik), sondern eine kritische Analyse von philosophischen Voraussetzungen oder Grundlagen verschiedener Unterrichtslehren, die seit der Mitte des 20. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum vertreten worden sind. Sie beschränkte sich auf die Frage, welche Annahmen darin über die „Subjekte“, „das Subjektsein“ oder die „Subjektivität“ und die „Subjektwerdung“ der Schüler gemacht werden. Es ging Adam um eine „radikale Grundlagenreflexion“ durch „distanzierende Betrachtung“ „im Horizont einer kritischen Theorie des Subjekts“19. Dabei hat er sich von seiner Überzeugung leiten lassen, das alte „pädagogische Problem der Bestimmung des Verhältnisses von Selbstund Fremdbestimmung“ sei noch immer „ungelöst“20. Es bestehe darin, „daß Mündigkeit mit entmündigenden Methoden erzeugt werden soll“21. Die Lösung sei „nur auf der Grundlage einer radikalen Umformulierung der Stellung des Schülers im Bildungsprozeß möglich“22. Dazu sei Abkehr vom „technologischen Paradigma“ des Zweck-Mittel-Denkens und „zweckrationalen“ Unterrichtsbildern notwendig, weil diese die Schüler angeblich zu „Objekten“ machen, „die es im Hinblick auf vorausgesetzte Ziele zu manipulieren gilt“23. Es komme auf „Emanzipation“ an, auf „die Befreiung der Subjekte“ aus der „Verdinglichung … im Dienste der Verfügbarkeit für heteronome Zwecke“24, auf Selbst- und Mitbestimmung der Schüler bei der Organisation von Unterricht. In der ersten Hälfte seines Buches schilderte Adam referierend die „Austreibung des Subjekts“ und „Ansätze zu einer Wiederaneignung des Subjekts“ in der deutschen Didaktik zwischen 1945 und 1986. Um letztere habe sich am meisten Horst Rumpf verdient gemacht25. 18 Mitteilungsblatt der UBWK 1987/88, Nr. 10. 19 Adam 1988, 12. 20 Ebenda, 60; ähnlich 63. 21 Ebenda, 15. 22 Ebenda, 21. 23 Ebenda, 54 im Anschluss an Klaus Mollenhauer. 24 Ebenda, 52. 25 Ebenda, 43ff. und 227–258. Über Rumpf vgl. in diesem Werk Band 2, 550f., 582ff., 628–640.
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Nach kritischer Interpretation der Autoren beider Richtungen mit Sympathie für die „Subjektivitäts“-Verfechter erfolgte in der zweiten Hälfte eine radikale „Dekonstruktion der didaktischen Thematisierung des Subjekts aus der Perspektive einer Historischen Anthropologie“. „Wie die Rekonstruktion der didaktischen Theorieentwicklung zeigen konnte, wurde der Subjektbegriff dort zunehmend als kritische Kategorie gegen verfügungsorientierte, technologisch geprägte, den Menschen auf ein Objekt reduzierende Didaktikkonzepte gebraucht, um in ihrem Namen auf der Freiheit, Autonomie, Mündigkeit etc. (bei Klafki im Bildungsbegriff als Zentralkategorie zusammengefaßt) zu beharren und Didaktik von dieser Maßgabe her zu entwerfen. Das Subjektsein wurde dabei einfach als scheinbar vertraute Gegebenheit vorausgesetzt, die in einem Fall verhindert oder gar zerstört wird, die es im anderen Fall zu fördern gilt.“26 Dagegen hielt Adam das „Subjektsein“ für einen Ausdruck der „Dauerkrise“ der „Moderne“, zu der es „seit dem Zusammenbruch der mittelalterlichen Ordnung“ gekommen sei.27 Der Subjektbegriff sei ein „in sich ambivalenter Begriff“, der dazu beitrage, Technologie und Macht zu reproduzieren, statt einen „Gegendiskurs“ zu ermöglichen. Diese herrschafts-, technologie- und kulturkritische Argumentation kann und braucht hier nicht berücksichtigt werden, weil sie allzu weit von der Didaktik weggeführt hat. Sie erwies Adam weniger als um Verständlichkeit bemühten Erziehungswissenschaftler in einem „enorm erweiterten Kontext, in dem Didaktik und Unterricht thematisiert werden“28, denn als philosophischen Grübler, der „sich einen Ausweg aus der Krise der Moderne ins Ungewisse erst tastend bahnen muß“29. Das geschah in vagen und mehrdeutigen Begriffen auf höchstem Abstraktionsniveau einer inhaltsleeren Metatheorie des „Subjekts“ mit minimalem Bezug zum Zweck des Unterrichts wie zur Unterrichtsrealität und den praktischen Problemen der Lehrer-Schüler-Lehrgut-Beziehungen. Zur Zeit seiner Habilitation war Adam durch seine „Liebe zur Sangeskunst und vor allem für die Operette“ schon zur Nebenbeschäftigung als Operettenforscher, Operettensänger, Theater- und Musikkritiker gelangt. Das hat sich auch beim Thema seines Habilitationsvor
26 27 28 29
Adam 1988, 120. Ebenda, 121. Ebenda 255 (dort bezogen auf seinen Gewährsmann Rumpf). Ebenda, 258.
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trages gezeigt: „Was hat die Zauberflöte mit dem pädagogischen Diskurs der Moderne zu tun?“ Nach der Ernennung zum unkündbaren Dozenten hat er eine „Nebenkarriere im Bereich der Operette in Theorie und Praxis“ begonnen und in Klagenfurt ein privates „Institut für Operettenforschung“ gegründet und geleitet. 1994 ist es mit einem Symposium über „Das Land des Glücks – Österreich und seine Operetten“ hervorgetreten, bei dem Adam über „Brüchiges Glück. Die dunkle Seite der Operette“ gesprochen hat30. In seinen Vorlesungen und Seminaren war Adam von Paul Feyerabend (1924–1994)31 „inspiriert und ermutigt“, in dem er „einen Seelenverwandten, was die Einstellung zu Wissenschaft und Leben betrifft“, erkannt hat32. Er hat dessen „anarchische“ Erkenntnistheorie33 übernommen, die sich gegen die Überschätzung methodologischer Regeln und gegen Abstraktionen, die den Blick auf das Konkrete verstellen, gerichtet hat. Adam hat sie auch als Prüfer befolgt, insbesondere bei der Annahme von Dissertationen mit pädagogikfernen Themen nach dem saloppen Spruch „anything goes“. Nach der vorzeitigen Emeritierung Schölers (1986), der vom Ministerium abgelehnten Wiederbesetzung seiner Professur und im Zusammenhang mit der eigenen Verselbständigung nach erfolgter Habilitation hat Adam schon vor deren Abschluss beantragt, aus dem „Institut für Unterrichtswissenschaft“ entlassen und dem 1985 gegründeten „Institut für Weiterbildung“ zugeteilt zu werden, dem die Professoren Bammé, Gstettner und Larcher angehörten. Der unausgesprochene Grund war das disharmonische Gruppenklima am bisherigen Wirkungsort.34 Da Adam auf Unterrichtwissenschaft spezialisiert war und sein Dienstposten diesem Fach nicht verloren gehen sollte, gab es dort Widerstand. Der Streit ist vom Wissenschaftsministerium erst am 21. Jänner 1989 damit „gelöst“ worden, dass Adam „als Universitätsdozent dem Institut für Weiterbildung … zugeordnet wird. Seine Zuordnung als Oberassistent an das Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik bleibt hievon unberührt“35.
30 Adam/Rainer 1997. 31 Über ihn und sein sensationelles Buch „Against Method. Outline of an Anarchistic Theory of Knowledge“ (1975) vgl. Hoyningen-Huene 2007. 32 Adam 2011, 205. 33 Feyerabend 1989. 34 Vgl. in diesem Buch S. 300ff. 35 BMfWF: Erlass GZ 71 826/2-14/88.
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Als Dozent hat Adam Lehrveranstaltungen zu folgenden Themen gehalten36. In Vorlesungen erfolgten regelmäßig Einführungen in die „Wissenschaftstheorie der Erziehungs- und Sozialwissenschaften“ und in die „Pädagogische Anthropologie“. Weitere Themen waren: „Die didaktische Maschine. Genealogie eines Paradigmas“, „Unterricht und Zivilisation“, „Wie kultiviere ich die Freiheit bei dem Zwange? Zur Krise der Moderne und ihrer Pädagogik“, „Der pädagogische Diskurs der Moderne. Geschichte einer Erfindung“, „Der pädagogische Zugriff auf die Sinnlichkeit. Erziehungstheorie und Ästhetik“, „Postmodern? Bildungstheorien angesichts der Krise der Moderne“, „Unterricht gesehen mit dem fremden Blick des Michel Foucault“, „Geschichte der Reformpädagogik mit besonderer Berücksichtigung Österreichs“, „Wilhelm Meisters Lehr- und Wanderjahre: Bildungsmodelle im Erprobungsraum der Dichtung“, „Theorie und Praxis bildungstheoretisch orientierter Biographieforschung (auf Grundlage von Jean-Paul Sartres Existenzialhermeneutik)“, „Die Bildungstheorie Wilhelm von Humboldts“, „Theorien und Modelle der Didaktik“, „Michel Foucault: Selbstsorge und Bildung“, „Einführung in die Vergleichende Erziehungswissenschaft“, „Ansätze einer alternativen Wissenschaftstheorie: Die Erfindung des Subjekts“ (mit Buchmayr und Gstettner), „Das Subjekt in der Diskussion: Diskursanalyse“ (mit Buchmayr und Gstettner), „Bild und Bildung: Theoretische Ansätze zur Pädagogischen Ikonologie“ (mit Gstettner). In Adams Seminaren wurden überwiegend die Themen seiner Vorlesungen behandelt. Weitere Themen waren: „Die ästhetische Dimension der Bildungstheorie“, „Einbildung – Entbildung – Umbildung (Ansätze zu einer Pädagogischen Ikonologie)“, „Bildungstheoretisch orientierte Bildinterpretation“ (mit Gstettner), „Bildung in der Risikogesellschaft“, „Konstitution und Personalisation. Bildungstheorie am Beispiel Jean-Paul Sartres ,Der Idiot der Familie‘“, „Kultur als Symbolsystem: Die Kulturtheorien von Ernst Cassirer und Alfred Lorenzer“, „Bildungstheorie und Bildungsroman: von ,Wilhelm Meister‘ zum ,Mann ohne Eigenschaften‘“, „Grundlagentexte zur Kulturtheorie“, „Die Bedeutung der Dialogphilosophie Martin Bubers für die Gegenwartspädagogik“, „Bild und Bildung: Theorie und Praxis der Pädagogischen Ikonologie“.
36 Chronologisch nach den Vorlesungsverzeichnissen SS 1987 bis WS 2005/2006.
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Die weitgespannten philosophischen und kulturwissenschaftlichen Interessen, die aus diesen Themen sichtbar werden, kennzeichnen auch viele der 16 Dissertationen, die Adam als Betreuer und erster Gutachter angenommen hat: Renate Buchmayr: Erzogene Natur. Über die Symbiose von Natur- und Humanwissenschaft (1992)37 – als Buch 1993; Daniela Franziska Mayr: Madonna oder Der Riss der Geschlechter im ontologischen Abhang (1994); Georg Rainer: Die Mensch-Tier-Beziehung als Thema einer ökologischen Pädagogik (1994); Erhard Zauner: Die offene Bildungsgesellschaft und ihre Feinde. Eine kritische Betrachtung von Karl Raimund Poppers Theorien und ihre Bedeutung für Bildung und Schule (1998); Ingeborg Eder: Lehar und die Frauen. Versuch eines Vergleiches der Frauen im Leben und in den Werken Franz Lehars mit zeitgenössischen Idealfrauenbildern (1998); Gertraud Langer: Neue Umweltliteratur für Kinder. Darstellung und Interpretation unter Berücksichtigung des pädagogischen Aspekts eines gewandelten Naturbegriffs (1999); Elvira Sematon: Frauen in der Volkshochschulbildung. „Wird doch unsere Sach alle Tage klarer und das Volk alle Tage klüger“ (1999); Rudolf Willmann: Der Arbeitslose im Zwiespalt zwischen Politik und Gesellschaft. Die Ignorierung eines gesellschaftlichen Problems (2003); Peter Weisz: Beziehungserfahrung und Bildungstheorie. Die klassische Bildungstheorie im Licht der Briefe Caroline und Wilhelm von Humboldts (2004); Imre Márton Reményi: Zeit und Musik – die Suche nach dem richtigen Tempo. Ein Beitrag zur Tempodiskussion (2007); Kornelija Mrnjaus: Werterziehung in Kroatien. Ein Beitrag zur Geschichte und Theorie der Moralentwicklung mit einer empirischen Untersuchung zum Thema „Studenten und Werte in Österreich und Kroatien“ (2007); Dietmar Koplenig: Armut im Alter. Eine empirische Untersuchung zur Lebens situation alter Menschen in Radenthein (2007); Erich Stieger: Kärntner ReligionslehrerInnen und der katholische Religions unterricht. Eine historische und empirische Untersuchung (2007); Kurt Cervenka: Psychologische Aspekte im Spannungsfeld zwischen Künstler, Material und Rezipienten (2008); Franz Hermann Schessl: Schule und Existenz. Existenzanalytische Untersuchung des Zusammenhangs schulischer Erfahrungen mit Burnout-Erkrankungen (2009); Arthur Radl: Das österreichische Schulsystem im Spannungsfeld gesellschaft lichen, soziokulturellen und wirtschaftlichen Strukturwandels (2009).
37 Zur Untauglichkeit dieser fachfremden „postmodernen“ Dissertation als Qualifikationsnachweis für Erziehungswissenschaft vgl. in diesem Buch S. 719f.
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Noch viel weiter erweist sich Adams kulturwissenschaftlicher Horizont bei den Themen der 51 Dissertationen, die er als zweiter Begutachter bewertet und angenommen hat, wie bei den Themen der von ihm angenommenen 71 Diplomarbeiten. Deren bunte Vielfalt von „Film und Postmoderne“ bis „Architektur als Disziplinierungsapparat“ oder „Gott ist tot. Über das Ende der Utopien und die Geburt der Information“ kann hier nicht ausgebreitet werden.38 Adams eigene Veröffentlichungen sind relativ spärlich geblieben. Nach der Buchfassung der Habilitationsschrift von 1988 ist keine Monographie mehr erschienen. Er hat sich in rund 15 Aufsätzen vorwiegend der pädagogischen Ideengeschichte mit dem Schwerpunkt „Reformpädagogik“ in Österreich gewidmet. Dazu gehören neben Texten über August Aichhorn (1878–1949), Siegfried Bernfeld (1892–1953), Eugenie Schwarzwald (1872–1940) und Martin Buber (1878–1965) folgende Beiträge: „Die Bedeutung des Herbartianismus für die Lehrer- und Lehrerinnenbildung in der österreichischen Reichshälfte der Habsburgermonarchie mit besonderer Berücksichtigung des Wirkens Gustav Adolf Lindners“ (2002)39, „Herbartianismus in Österreich – seine Bedeutung für eine transnationale LehrerInnenbildung“ (2003), „Die Erziehungsphilosophie Vincenz Eduard Mildes im Kontext zeitgenössischer Strömungen“ (2006)40, „Reformpädagogische Ansätze in Österreich vor 1918“ (2008), „Kindheitsforschung und österreichische Reformpädagogik“ (2009) und „Zur Geschichte der Jugendforschung in Österreich während des Ersten Weltkrieges und der Ersten Republik“ (2012). Gemeinsam mit Gerald Grimm hat Adam den Sammelband „Die Pädagogik des Herbartianismus in der Österreich-Ungarischen Monarchie“ (2009) herausgegeben. In der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist er bis 2010 sechsmal zitiert worden. Adam wurde 1997 zum „außerordentlichen Universitätsprofessor“ ernannt (Berufstitel seit UG 2002: Universitätsprofessor). Er hat an der Klagenfurter Universität auch über sein Fach hinaus Ansehen erworben. Von 1997 bis 2011 war er Leiter des Doktoratskollegs der Fakultät für Kulturwissenschaften und am „Transdisziplinären Kolloquium“ beteiligt. Von 2000 bis 2004 diente er als Vorstand des Instituts für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung in jener Periode, in 38 Rektorat der UKL: Wissenschaftliche Arbeiten. Begutachter: Adam (1989– 2011). PAB. 39 Über Lindner vgl. in diesem Werk Bd. 2, 51–67. 40 Über Milde vgl. Bd. 1, 233–248.
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der das Institut an das Universitätsgesetz 200241 angepasst werden musste und alle vier Professorenstellen nachzubesetzen waren. Von 2008 bis 2009 war er Vorsitzender der Interfakultären Curricularkommission für das Doktoratsstudium zur Erstellung des Curriculums für das DoktoratNEU gemäß UG 2002.42 Am 1. März 2012 ist Adam im Alter von 63 Jahren vorzeitig in den Ruhestand getreten. 25.8 Herbert Altrichter hat am 16. Mai 1988 im Alter von 34 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Erziehungswissenschaft“ erworben.1 Die Habilitation ist 10 Jahre nach der Promotion erfolgt. Mitglieder der Habilitationskommission waren die Pädagogikprofessoren Bammé, Boeckmann, Klingler, Larcher, Menschik-Bendele und Posch. Zum Vorsitzenden wurde Posch gewählt2. Über Altrichter ist bereits früher berichtet worden3. Er hat zu den wenigen in Klagenfurt für Pädagogik habilitierten Dozenten gehört, die Rufe auf Professuren an auswärtigen Universitäten erhalten haben: 1991 nach Innsbruck, 1996 nach Linz und 2002 nach Bielefeld. 25.9 Gerald Knapp hat am 15. November 1989 im Alter von 33 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Erziehungswissenschaft“ erworben.1 Die Habilitation ist 5 Jahre nach der Promotion erfolgt. Knapp ist am 29. November 1956 als Sohn eines Arbeiters und einer kaufmännischen Angestellten in Wolfsberg (Kärnten) geboren worden und katholischer Konfession.2 Er hat die Volksschule in seinem Heimatort und das öffentliche Stiftsgymnasium der Benediktiner in St. Paul im Lavanttal besucht, wo am 24. Juni 1976 die Reifeprüfung erfolgt ist. Von 1976 bis 1980 hat er an der Universität für Bildungs
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Bundesgesetzblatt Nr. 120/2002 (UG 2002). Adam: Lebenslauf vom 9.3.2011. PAB.
1 Genehmigt am 29. Juni 1988 durch Bundesminister Hans Tuppy. BMfWF, GZ 1 181/1-14/88. AUK, Karton 648. UBWK: Forschungsbericht 1987–1991, 64. 2 Mitteilungsblatt der UBWK 1987/88, Nr. 86. 3 Vgl. Bd. 3, 561ff. 1 Genehmigt durch das BMfWF am 29.12.1989, GZ 19 079/1-14a/89. Mitteilungsblatt der UBWK 1989/90, Nr. 69. Dort fälschlich mit dem Plural „Erziehungswissenschaften“. 2 Biographische Angaben und Publikationen nach Knapp 2008, 512ff.
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wissenschaften Pädagogik in Kombination mit Pädagogischer Psychologie studiert und am 3. Juli 1980 mit der Sponsion zum Magister der Philosophie abgeschlossen. Das Thema der Diplomarbeit im Umfang von 522 Seiten lautete: „Soziale Strukturen und Prozesse der Institution Schule. Zur Demokratisierung des österreichischen Schulsystems“. Im Schuljahr 1981/82 hat er als Erzieher im Lehrlings- und Studentenheim „Hilda Schärf“ der Volkshilfe Klagenfurt gearbeitet. Am 1. November 1982 wurde er Assistent am damaligen „Institut für Lehrplantheorie und Schulpädagogik“ der Klagenfurter Universität bei Professor Klingler. Seit dieser Zeit hat sich Knapp darum bemüht, neben dem schulpädagogischen Schwerpunkt des Instituts eine Arbeitsgruppe für „außerschulische Erziehung“ und „Heimerziehung“ als Elementen sozialpädagogischer Arbeit aufzubauen. Ein erster öffentlicher Anstoß dazu war eine von ihm mit Unterstützung der Professoren Klingler und Ottomeyer organisierte Fachtagung über „Heimerziehung und Alternativen in Kärnten“ im März 1984.3 Das für die Institutionalisierung der Sozialpädagogik erforderliche Spezialwissen hat Knapp durch die Arbeit an seiner Dissertation und seiner Habilitationsschrift gewonnen. Am 15. November 1984 erfolgte die Promotion zum Doktor der Philosophie auf Grund einer Dissertation über „Erziehung unter den institutionellen Bedingungen österreichischer Internate, Schüler- und Lehrlingsheime. Eine empirische Studie aus der Sicht der Heimleiter und Erzieher“4. Sie ist 1987 als Buch im Umfang von 360 Seiten veröffentlicht worden. Gutachter waren Klingler und Ottomeyer. Knapp ist damit eine differenzierte Studie gelungen, die erstmals in Österreich alle wichtigen Faktoren der Lebensbedingungen in Heimen berücksichtigt: Heimleiter und Erzieher mit ihren Erwartungen gegenüber den Jugendlichen, Wohnverhältnisse, Regeln der Heimordnungen, Soziale Beziehungen, Freizeitgestaltung, Heimgemeinschaft und emotionales Wohlbefinden. Auf diese realistische Beschreibung folgen solide begründete „Verbesserungsvorschläge für die Erziehungspraxis im Heim“. Eine Schlüsselstellung nehmen dabei ein die „Verbesserung der Handlungskompetenzen der Erzieher durch eine praxisorientierte Ausbildung“, die „Entwicklung einer problemorientierten Erzieher- und Heimleiterfortbildung“ sowie die „Entwicklung kommunikativer Ko
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Knapp 2008, 22ff. UBWK: Forschungsbericht 1983–1987, 103.
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operationsformen“ auf der Basis „beziehungsfördernder Heimorganisationsstrukturen“.5 Von 1980 bis 1986 war Knapp als Mitarbeiter von Klingler an dessen Forschungsprojekt „Beziehungsprobleme zwischen Eltern, Lehrern und Schülern“ beteiligt; ebenso ab 1986 an dessen Projekt „Arbeit mit Arbeitslosen“6. Daneben arbeitete er ab 1983 selbständig an Studien „Zur sozialen Situation der österreichischen Heime und Erzieher“ und an einem „Modellversuch zur Entwicklung einer „problemorientierten und heimnahen Erzieherfortbildung“7. Knapp war verheiratet und hatte zwei Kinder. Als erster Erfolg auf dem Weg zur Einführung des neuen Spezialfaches ist die Umbenennung des bisherigen „Instituts für Lehrplantheorie und Schulpädagogik“ in „Institut für Schulpädagogik und Sozialpädagogik“ im Jahre 1985 anzusehen8. Sie hing mit der von Klingler betriebenen Einrichtung einer Professur für „Lebens- und Erziehungsberatung“ und deren Besetzung mit Menschik zusammen. Diese kam jedoch – wie vorhersehbar – nicht der Sozialpädagogik zugute, sondern einseitig der Einführung von Psychoanalyse und Psychotherapie auf Kosten der Pädagogik. Menschik hat sich mit ihrem Dienstposten 1992 in das „Institut für Psychologie“ abgesetzt9. Diese Fehlplanung „hat den Weiteraufbau der Sozialpädagogik kurzfristig geschwächt“10. Am 31. März 1989 hat Knapp die Verleihung der Lehrbefugnis als Dozent für Erziehungswissenschaft beantragt und folgende Habilitationsschrift vorgelegt: „Soziale Probleme im österreichischen Erzieherberuf. Eine empirische Untersuchung zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen“. Sie ist 1990 als Buch im Umfang von 680 Seiten erschienen. Die Habilitationskommission wurde am 24. Mai 1989 konstituiert. Ihr haben die Pädagogikprofessoren Klingler, Larcher, MenschikBendele, Posch und Trotsenburg sowie der Psychologe Ottomeyer angehört. Zum Vorsitzenden wurde Klingler gewählt11. Der Beschluss über die Habilitation ist einstimmig erfolgt. Seinen Habilitationsvortrag
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Knapp 1987, 296ff. Forschungsbericht 1983–1987, 95f.; vgl. in diesem Buch S. 431. Ebenda, 100f. Vgl. in diesem Buch S. 537. Vgl. in diesem Buch S. 540, 594f.; Knapp 2008, 62, 65. Knapp 2008, 473. Mitteilungsblatt der UBWK 1988/89, Nr. 159; 1989/1990, Nr. 22.
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hat Knapp über folgendes Thema gehalten: „Vergleichende Analyse quantitativer und qualitativer Forschungsmethoden anhand einzelner Beispiele zum Thema: Soziale Probleme im österreichischen Erzieherberuf“. In seiner außerordentlich breit angelegten Habilitationsschrift hat Knapp fortgeführt und vertieft, was er in seiner Dissertation begonnen hat – methodisch gestützt auf Fragebogen von 695 Erziehern aus ganz Österreich, 15 Einzelinterviews und mehrere themenzentrierte Interaktionsseminare mit Collagen und Rollenspielen. In klarer Sprache wurden die allgemeinen Voraussetzungen der Erzieherarbeit und die bürokratischen Organisationsprinzipien der Heime, die Ausbildungsstätten, die soziale Herkunft, die Berufswahlmotive und die Anpassungsprobleme der Erzieher in ihren Arbeitsfeldern beschrieben. Unter den vagen normativen Leitideen „Humanisierung und Demokratisierung“ der Heiminstitutionen und der Erzieherarbeit, „innovative Erzieherpersönlichkeit“ und Umgestaltung der Organisation nach dem „Human-Relations-Modell“ wurden am Ende Verbesserungsvorschläge gemacht. Knapps Studie war methodisch und inhaltlich eine sorgfältige und verdienstvolle Leistung. Sie hat nach den Vorarbeiten von Johann Wurzwallner und den Aktivitäten von Josef Scheipl an der Universität Graz12 wesentlich dazu beigetragen, dass die Sozialpädagogik in Österreich ein zweites universitäres Forschungs- und Ausbildungszentrum mit überregionaler Ausstrahlung in Klagenfurt gewonnen hat. In seinen Lehrveranstaltungen13 hat Knapp – bedingt durch seine Zuordnung zu Klinglers Professur für Schulpädagogik – zunächst schulpädagogische Themen behandelt. Dazu gehörten Vorlesungen über „Innere Schulreform: Möglichkeiten und Grenzen“, „Schule als bürokratische Institution“, „ Empirische Methoden der schulischen Sozialisationsforschung“, „Schulbürokratie und der Handlungsspielraum des Lehrers“, „Umgang mit Autorität: Der Schulleiter als Vorgesetzter“, „Modelle der Elternbildung“, „Gestaltung sozialer Beziehungen“, „Beziehungsstrukturen im Lehrerkollegium“, „Beziehungs- und Kooperationsprobleme in Erziehungsinstitutionen“, „Konflikte in Erziehungsinstitutionen“, „Schul- und Unterrichtsklima“, „Gesellschaftliche und institutionelle Bedingungen der Lehrer- und Erzieherarbeit“. Die Seminare waren folgenden Themen gewidmet: „Beziehungen zwi
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Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 323ff. Chronologisch von 1983 bis 2009 bei Knapp 2008, 526ff.
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schen Lehrern, Eltern und Schülern“, „Gestaltung von Elternabenden“, „Lehrer-Schüler-Interaktion“, „Beziehungen zwischen Schulleitern und Lehrern“. Nach seiner Habilitation sind ab 1990 sozialpädagogische und forschungsmethodische Themen bevorzugt worden. Vorlesungen: „Einführung in die Statistik für Erziehungs- und Sozialwissenschaften“, „Empirische Forschungsmethoden der Erziehungswissenschaft“, „Forschungsprozesse und -methoden in der Sozialpädagogik“, „Erziehung und Sozialisation in der Familie“, „Statistik für PädagogInnen“, „Einführung in die Erziehung und Sozialisation in erzieherischen Institutionen“. Seminare: „Erzieherarbeit, Gesellschaft und Sozialpolitik in Österreich“, „Problemfelder und Perspektiven der Sozialpädagogik in Österreich“, „Der Kindergarten als Erziehungsinstitution“, „Die Familie als Erziehungsinstitution“, „Erziehung und Sozialisation im Kindergarten“, „Kindergarten als Lebens- und Erfahrungsraum“, „Familie als Lebens- und Erfahrungsraum“, „Außerschulische Erziehungsinstitutionen“, „Einführung in die Erziehung und Sozialisation durch sozialpädagogische Institutionen“, „Jugendwohlfahrt in Österreich“, „Vorschulische Integration in Österreich“, „Sozialpädagogische Erziehungs- und Familienhilfe“, „Sozialpädagogik in Theorie und Praxis“, „Arbeits- und Handlungsfelder der Sozialpädagogik“, „Sozialpädagogik in Österreich“, „Soziale Arbeit und Gesellschaft“, „Veränderte Erziehungs- und Sozialisationsbedingungen“, „Schule und Soziale Arbeit“. In die Klagenfurter Studienpläne für die Studienrichtung Pädagogik hat das Fach Sozialpädagogik lange keine Aufnahme gefunden. Selbst drei Jahre nach Knapps Habilitation hat es im Studienplan 1992 unter „den zur Wahl stehenden Speziellen Pädagogiken“ noch gefehlt. Stattdessen wurden dort so seltsame fachliche Erfindungen wie „Pädagogik und Frieden“, „Pädagogik und Kultur“, „Pädagogik und Feminismus“, „Pädagogik und Technik/Natur“ usw. als „Spezielle Pädagogiken“ ausgegeben und zur Wahl zugelassen.14 Erst im Studienplan 1999 sind diese wunderlichen sechs „Speziellen Pädagogiken“ wieder abgeschafft worden. Sie sind durch folgende drei „Studienzweige“ ersetzt worden: „Schulentwicklung und Beratung“, „Sozialpädagogik und Integrationspädagogik“, „Erwachsenen- und Berufsbildung“15.
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Mitteilungsblatt der UBWK 1991/92, Nr. 196, § 6 Abs. 2b. Beschlossen am 1.6.1999. Mitteilungsblatt der UKL 1998/99, Nr. 350, § 9, 2.
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Unter diesen Umständen war es beachtlich, dass Knapp zwischen 1993 und 2008 nicht weniger als 57 Diplomarbeiten betreut und angenommen hat.16 Ihre Themen waren weit gestreut von Kinderbetreuung in Familien, Horten, Kindergärten und Heimen über Jugendkriminalität, Arbeitslosigkeit und Sozialarbeit bis Hospiz und Sterbebegleitung. Als Betreuer und erster Gutachter hat Knapp folgende 4 Dissertationen angenommen: Gerald Salzmann: Internate, Schüler- und Lehrlingsheime aus der Sicht der Jugendlichen (1997); Gisela Strebenitzer: Lebenslagen, Bedürfnisse und Interessen zur Bildungsmotivation im Dritten Alter (2000); Susanne Schell: Die Lebenssituation der Geschwister von Menschen mit Behinderungen: Unterstützungsmaßnahmen im länderübergreifenden Bereich (2002); Dietmar Koplenig: Armut im Alter. Eine empirische Untersuchung zur Lebenssituation alter Menschen in Radenthein (2007).17
Knapps „geförderte Forschungsprojekte“ waren folgenden Themen gewidmet: „Lebensbedingungen und Konfliktlagen von Kindern und Jugendlichen in Kärntner Heimen“18, „Teamentwicklung und Fortbildung des Erzieher- und Lehrerkollegiums im Landesjugendheim Görtschach“, „Institutionelle Voraussetzungen und Entwicklungslinien im österreichischen Kindergartenwesen“, „Kinderkrippen in Österreich“, „Zur Entwicklung und gegenwärtigen Situation der Kindergärtnerinnenausbildung in Österreich“, „Geschlechtsrollenbilder und Identitäts entwicklung im Kindergarten und in der Familie“, „Entwicklung, Durchführung und Evaluation des Hochschullehrgangs für Lehrkräfte in Gesundheitsberufen“ (mit Klingler und Dr. Kornelia Tischler), „Sozial- und Gesundheitssprengel in Kärnten“, „Stationsklima und Arbeitszufriedenheit in Pflegeberufen“, „Prä- und Postpartale Betreuung durch Institutionshebammen“, „Erforschung der Herkunftsfamilie“, „Integration im Kindergarten“19, „Sozialisationsbedingungen und Konfliktlagen von Jugendlichen in Institutionen der Heimerziehung“, „Entwicklung, Durchführung und Evaluation des Universitätslehrganges ,Soziale Arbeit‘“, „Wissenschaftliche Weiterbildung im Aufbruch?“, „Institut für Bildung und Beratung“, „Sozialpädagogik in
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Vollständige Liste bei Knapp 2008, 531ff. Ebenda, 534; UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 127; 1999–2002, 76. UKL: Forschungsbericht 1987–1991, 61. UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 122ff.
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Österreich – Ihre Zukunft in Praxis und Ausbildung“ (mit Gerald Salzmann und Josef Scheipl)20, „Soziale Arbeit und Gesellschaft (mit Reinhold Popp21, Josef Scheipl u.a.), „Armut und Armutsgefährdung“22. Die meisten dieser Projekte sind durch das Land Kärnten gefördert worden; vereinzelt auch durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und den Forschungsrat der Universität Klagenfurt. Bei der Menge dieser vorwiegend praxisorientierten Aktivitäten ist es erstaunlich, wie umfangreich die Liste der eigenen Publikationen von Knapp ist: 3 Monographien, 13 Sammelbände als Herausgeber oder Mitherausgeber, 99 Aufsätze in Sammelwerken und Fachzeitschriften23. Dissertation und Habilitationsschrift sind bereits besprochen worden. Die dritte Monographie ist 2008 im Umfang von 547 Seiten mit folgendem Titel erschienen: „Sozialpädagogik zwischen Wissenschaft und Praxis. Zur Entwicklungsgeschichte der Sozialpädagogik an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt 1982 bis 2008“. Dieses Buch verbindet eine ungewöhnlich breit angelegte Regionalgeschichte seines Faches mit einer sehr detaillierten Leistungsbilanz des Autors. Es vermittelt gründlich belegte Einblicke in die mühevolle Praxis des Aufbaues einer pädagogischen Spezialdisziplin aus dem Nichts, der aufs engste mit den sozialen Notfällen eines Bundeslandes und der Unterstützung seiner Sozialhelfer verbunden gewesen ist. Es beleuchtet aber über dieses Spezialgebiet hinaus auch manche Schwachstellen der Klagenfurter „Bildungswissenschaften“ insgesamt, deren Ursachen und Folgen. Es liegt vermutlich am fachbedingten starken Regionalbezug seiner Schriften und am schnellen Veralten empirischer Zustandsbeschreibungen, dass Knapp in der „Zeitschrift für Pädagogik“ nie zitiert worden ist. Als 1996 die drei erziehungswissenschaftlichen Klein-Institute für „Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“, „Schul- und Sozialpädagogik“ und „Weiterbildung“ zum neuen „Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ zusammengeschlossen wurden24, ist als eine von fünf Abteilungen auch eine „Abteilung für
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UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 74f. Über R. Popp vgl. in diesem Werk Bd. 2, 781–786. UKL: Forschungsbericht 2003–2004, 49f. Knapp 2008, 517–526. Vgl. UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 70ff. und in diesem Buch S. 542.
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Sozialpädagogik“ eingerichtet und Knapp zum Leiter gewählt worden25. Er musste für sein Fach mit einem einzigen Mitarbeiter auskommen (Assistent Dr. Walter Tietze). Die gewählten „Forschungsschwerpunkte“ waren wenig realistisch, viel zu vage und begrifflich unklar: 1. „Entwicklung, Erziehung und Sozialisation in sozialpädagogischen Institutionen“ (vom Kindergarten bis zum Altersheim); 2. „Berufliche Sozialisation (Aus- und Weiterbildung in Erziehungs-, Sozial- und Gesundheitsberufen)“; 3. „Sozialpolitik“26. Das Aufgabenfeld wurde also programmatisch maßlos ausgeweitet: von der Sozialpädagogik zum riesigen Gesamtgebiet „Sozialarbeit“. Dazu kam noch der vermessene Anspruch, auch über „Gesundheitsberufe“ und „Sozialpolitik“ forschen zu wollen und zu können. Als erstes konkretes Forschungsprojekt wurde zwischen 1996 und 1998 „Integration im Kindergarten“ durchgeführt27. Zur Stärkung der Abteilung hat Knapp mit guten Gründen die Einrichtung einer Professur für Sozialpädagogik angestrebt, ist aber im Konflikt mit dem damaligen Institutsvorstand Gstettner zunächst unterlegen28. Nach dem Tod des Professors Hovorka29 als Leiter der „Abteilung für Integrationspädagogik und Soziales Umfeld“ im Jahre 2002 ist dessen Abteilung mit der „Abteilung für Sozialpädagogik“ zusammengelegt worden. Vorausgegangen war schon 1999 im neuen Studienplan die Vereinigung beider Fächer zu einem Studienzweig „Sozialpädagogik und Integrationspädagogik“30. So ist es 2002 zur „Abteilung für Sozialpädagogik und Integrationspädagogik“ gekommen. Sie wurde von Knapp geleitet. Die zuletzt mit Hovorka besetzte Professur mit der Bezeichnung „Sonder- und Heilpädagogik“ wurde in eine unbefristete Vertragsprofessur für „Sozial- und Integrationspädagogik“ umgewidmet und am 1. März 2005 mit dem Privatdozenten der Freien Universität Berlin Stephan Sting31 besetzt. Eine verspätete Bewerbung von Knapp ist nicht berücksichtigt worden32.
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Knapp 2008, 139ff. Ebenda, 145ff. Ebenda, 150ff.; Forschungsergebnisse bei Knapp/Salzmann 1998, 365–474. Knapp 2008, 253ff. Vgl. in diesem Buch S. 625ff. Mitteilungsblatt der UKL 1998/99, Nr. 350, § 5 Abs. 4. Vgl. in diesem Buch S. 775ff. Zu diesem Vorgang vgl. Knapp 2008, 293ff.
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Er hat sich weiterhin unbekümmert und konstruktiv-kritisch für den Ausbau des Instituts unter den radikal veränderten Bedingungen des Universitätsgesetzes 2002 und der sogenannten Bologna-Erklärung33 der europäischen Bildungsminister von 1999 eingesetzt. Dabei ging es vor allem um die Gestaltung des sechssemestrigen Bakkalaureatsstudiums „Erziehungs- und Bildungswissenschaft“ und eines Masterstudiums „Soziale Arbeit: Sozial- und Integrationspädagogik“.34 Zur Einschätzung dieser Planungsaufgaben ist zu berücksichtigen, dass sich die Pädagogik zwischen 1994 und 1999 innerhalb der Fakultät für Kulturwissenschaften zur stärksten Studienrichtung und in der gesamten Universität zur zweitstärksten entwickelt hat. Zu ihr haben im Wintersemester 1999/2000 insgesamt 1.251 Studierende gehört.35 Von den früher elf zur Wahl gestandenen „speziellen Pädagogiken“36, die 1992 auf sechs verringert worden sind, sind 1999 als Spezialisierungsmöglichkeiten nur drei „Studienzweige“ übrig geblieben: „Schulentwicklung und Beratung“, „Sozial- und Integrationspädagogik“ und „Erwachsenen- und Berufsbildung“37. In der Belegung stand die „Sozial- und Integrationspädagogik“ mit 64 Prozent aller Studierenden (WS 2004/05) an der Spitze, gefolgt von „Erwachsenen- und Berufsbildung“ mit 26 Prozent und „Schulentwicklung und Beratung“ mit 10 Prozent38. In absoluten Zahlen gab es im Wintersemester 2005/2006 in der Pädagogik insgesamt 795 Studien. Davon entfielen 182 auf den Studienzweig „Sozial- und Integrationspädagogik“, nur 22 auf den Studienzweig „Schulentwicklung und Beratung“ und 55 auf den Zweig „Erwachsenen- und Berufsbildung“.39 Im Wintersemester 2010/11 wurden in der Pädagogik insgesamt 1.293 Studien gezählt. Davon entfielen auf den Studienzweig „Sozial- und Integrationspädagogik“ (Diplom) 346 Studien gegenüber 73 bei „Schulentwicklung und Beratung“ und 145 bei „Erwachsenen- und Berufsbildung“40. 33 W. Böhm 2005, 110. 34 Vgl. Knapp 2008, 320ff. 35 Knapp 2008, 198. Im Jahre 2008 zurückgegangen auf 990 Studierende (plus über 400 Lehramtskandidaten). Ebenda, 468. 36 Studienplan 1988, Mitteilungsblatt 1987/88, Nr. 103, § 6. 37 Studienplan 1999, Mitteilungsblatt 1998/99, Nr. 350, § 5. 38 Knapp 2008, 330. 39 Rektorat der UKL: WS 2005, Belegte und unterbrochene Studien, Tabelle 1A. 40 Rektorat der UKL: WS 2010, Tabelle 1A.
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Knapp hatte somit in seinem Spezialfach die Hauptlast der Studierenden zu tragen, ohne weitere Dienstposten zur Entlastung zu erhalten. Bei der Menge der praktischen Lehr-, Prüfungs- und Organisationsaufgaben ist für Forschung zum Zweck der wissenschaftlichen Fes tigung der Sozialpädagogik keine Zeit geblieben. Er hat sich vor allem organisatorischen und fachpolitischen Aufgaben gewidmet wie Studienplanung, Fortbildung von Praktikern der Sozialarbeit, Veranstaltung von Tagungen und Konferenzen zu aktuellen Problemen der Sozialarbeit, Jugendwohlfahrt und Weiterbildung samt vielen Publikationen und Editionen als Herausgeber.41 Als Beispiele seien hier nur die Leitung zweier Universitätslehrgänge für „Soziale Arbeit“ und „Systemische Pädagogik“ sowie die Gründung und Obmannschaft des „Kärntner Netzwerkes gegen Armut und Soziale Ausgrenzung“ genannt. Vieles davon ist auf schwachem theoretischem Fundament Wunschbild, Programm und Ankündigung geblieben. Vor allem im „Graduiertenprofil“ des Bachelor- und Masterstudiums42 ist an Wissen und Können weit mehr versprochen worden als gehalten werden kann. 25.10 Gertraud Diem-Wille hat am 15. Dezember 1989 im Alter von 44 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für „Erziehungswissenschaft“ erworben. Ihre Habilitation ist 13 Jahre nach der Promotion erfolgt.1 Gertraud Wille ist am 2. November 1945 in Wien als viertes Kind eines Rechtsanwalts geboren worden2 und hatte fünf Geschwister. Sie hat die St. Ursula-Schule in Wien I und das Private Mädchen-Realgymnasium „Maria Regina“ der Schwestern vom armen Kinde Jesus in Wien XIX besucht und dort 1963 die Reifeprüfung bestanden. Anschließend hat sie einen Maturanten-Lehrgang an der Privaten Handelsakademie der Töchter der göttlichen Liebe in Wien III (Fasangasse 4) absolviert und 1964 mit Auszeichnung abgeschlossen. „Schon während der Mittelschule übte die Psychoanalyse eine starke Faszina-
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1 1991, 2 2011.
Vollständige Nachweise bei Knapp 2008, 514–547. Knapp 2008, 336ff. und 356ff. Genehmigt durch das BMfWF am 22.6.1990. UKL: Forschungsbericht 1987– 64. Lebenslauf am Ende der Dissertation 1976; Lebenslauf und Publikationen, PAB.
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tion“ auf sie aus.3 Durch frühe Heirat (1964) und Sorge für zwei 1965 und 1966 geborene Töchter hat sich der Studienbeginn verzögert. Das Doktorats-Studium der Pädagogik mit Soziologie als Nebenfach an der Universität Wien ist erst ab 1970 erfolgt. Am 3. Juni 1976 hat Diem das Doktorat der Philosophie mit einer von Marian Heitger und Karl Wolf angenommenen Dissertation erworben. Sie war im Umfang von 166 Seiten folgendem Thema gewidmet: „Didaktik und Politik. Zur Theorie des Politischen nach Theodor Litt“4. Geboten wurde eine sorgfältige werkimmanente Interpretation der zwischen 1918 und 1962 erschienenen staats- und erziehungsphilosophischen Schriften Litts (1880–1962) ohne kritische Distanz5. Im Zentrum standen seine an Hegel orientierten philosophischen Grundgedanken über die Antinomien des sozialen und politischen Lebens der Menschen (Wirklichkeit und Wert, Freiheit und Gebundenheit, Recht und Macht, humanistisches Bildungsideal und moderne Arbeitswelt, Führen und Wachsenlassen). Sie waren sehr abstrakt, systematisch wenig geordnet und für eine normative Theorie der Erziehungsziele wie für die Methodik des erzieherischen Handelns relativ unergiebig. Dementsprechend lag die Dissertation der Philosophie näher als der Pädagogik. Von 1978 bis 1984 hat Diem als Assistentin am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Wien bei Heitger gearbeitet. Daneben ist eine Ausbildung bei der „Wiener Psychoanalytischen Vereinigung“ mit abgeschlossener Lehranalyse im Jahre 1979 erfolgt. In Übungen, Proseminaren und Seminaren hat sie sich der Fachdidaktik des Geographie- und Wirtschaftskunde-Unterrichts, der Einführung in das Schulpraktikum, der „Einführung in die Sozialpädagogik und Sozialarbeit“, den „Geschlechterrollen“, der „Theorie und Praxis des Projektunterrichts“ und den „Problemen der Politischen Bildung“ gewidmet. Eine erste Veröffentlichung galt dem Thema „Verkehr und Voraussicht. Vorschläge zur didaktischen Neuorientierung der Verkehrserziehung“ (1979), ein erstes Forschungsprojekt der „Organisationsentwicklung in Schulen“ (1981/82). Diem hat sich auch früh
3 Diem-Wille 1996, 3. 4 Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 545. Gekürzte Fassung veröffentlicht im Wiener Jahrbuch für Philosophie, Bd. XIV (1981). 5 Viel weiter führt die souveräne kritische Analyse von Derbolav 1981, der jedoch anerkennt, dass Diem-Wille „die Intentionen ihres Gewährsmannes sonst recht angemessen“ wiedergegeben hat (S. 36).
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der 1973 von Peter Heintel gegründeten „Österreichischen Gesellschaft für Gruppendynamik und Gruppenpädagogik“6 angeschlossen, die Ausbildung zur „Gruppendynamik-Trainerin“ durchlaufen und darüber publiziert7. Zwischen 1983 und 1985 hat sie ein Forschungsprojekt zur Organisationsberatung an einer Allgemeinbildenden Höheren Schule in Linz durchgeführt, das vom Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung (FWF) bewilligt worden ist. Darüber ist 1986 in ihrem Buch „Zusammenarbeit im Lehrkörper“ berichtet worden. 1984 ist Diem-Wille als Universitätsassistentin in das von Heintel geleitete „Interuniversitäre Institut für Fernstudien“ (IFF) gewechselt. Dort hat sie am Standort Wien bis 1996 als Koordinatorin des „Hochschullehrgangs Politische Bildung für LehrerInnen“ organisationspraktisch gearbeitet. Dabei wurde „auf die Gruppendynamik zurückgegriffen …, um unter dem Stichwort ,erfahrungsgeleitetes Lernen‘ politische Theorie mit der eigenen Lebenserfahrung der Teilnehmer zu verknüpfen“8. Erster Anstoß für diese Initiative war der 1978 in Kraft getretene „Grundsatzerlaß zur Politischen Bildung“ des Bundesministeriums für Unterricht9. Einige engagierte Hochschullehrer um den Linzer Organisationsberater Rudolf Wimmer10, den Innsbrucker Politologen Anton Pelinka11 und den Wiener Wirtschafts- und Sozialhistoriker Michael Mitterauer12 haben die Inhalte erarbeitet und die wissenschaftliche Leitung übernommen. Diem-Wille hat den organisatorischen und didaktischen Aufbau des Lehrganges unter enormer Arbeitsbelastung erfolgreich betrieben, aber ihr wissenschaftliches Interesse hauptsächlich der Psychoanalyse und Gruppendynamik zugewendet. Es war ihr auch ohne vorausgegangenes Studium der Psychologie „ein Anliegen, psychoanalytisches Denken in die Pädagogik und Sozialpädagogik zu integrieren“13. Als Baustein dazu war auch ihre Habilitationsschrift 6 Vgl. in diesem Werk S. 338. 7 Diem-Wille 1981a. 8 M. Arnold 2009, 25. 9 GZ. 33.464/6-19a/78. Abdruck bei Klepp/Rippitsch 2008, 375–378. Zur Vorgeschichte vgl. Wimmer 1979 und 2008; zum Aufbau des Lehrganges Diem-Wille 1996, 20ff. und 2008. 10 Geb. 1946. Kurzbiographie: Kürschner 2007, 4041. 11 Geb. 1941. Kürschner 2007, 2699. 12 Geb. 1937. Kürschner 2007, 2420. 13 Diem-Wille 1996, 2
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gedacht. Sie hatte folgenden Titel: „Karrierefrauen und Karrieremänner. Eine psychoanalytisch orientierte Untersuchung ihrer Lebensgeschichte und Familiendynamik“. 1996 ist sie in überarbeiteter Form als Buch mit 226 Seiten erschienen. Wie schon der Titel zeigt, handelte es sich um einen Beitrag zur psychoanalytischen Deutung von Lebensgeschichten, Geschlechtsunterschieden und Familienbeziehungen. Er bestand aus Fallstudien über 30 Personen in hohen beruflichen Stellungen, die nach familiärer Herkunft, Geschlecht, Beziehungen zu ihren Eltern, Berufsweg und vermutlichen „inneren“ Bedingungen ihres Erfolgs verglichen worden sind, um typische „Karrieremuster“ zu entdecken. Die Befragten arbeiteten je zur Hälfte in der Wirtschaft und in der Wissenschaft. Das Projekt ist vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) gefördert worden. Peter Heintel hat es unterstützt und Jutta Menschik hat als „wissenschaftliche Beraterin“ gedient14. Die Schrift ist klar geschrieben und spannend zu lesen. Sie bleibt aber in der Interpretation des Materials persönlichkeitstheoretisch und begrifflich ganz einseitig den psychoanalytischen Lehren verhaftet. Alle Deutungen von Erlebnissen, Verhaltensweisen und Testleistungen (Zeichentest „Die verzauberte Familie“ und Rorschach-Test) wurden deren Dogmen gemäß in apodiktischem Stil geäußert, statt ihren hypothetischen Charakter einzuräumen. Welcher Wert der Habilitationsschrift für die vergleichende Geschlechter-, Familien- und Berufsforschung zukommt, ist hier nicht zu beurteilen. Als Leistungsnachweis für das Fach Erziehungswissenschaft war sie ungeeignet. In den Lebensgeschichten wurden natürlich auch Erziehungsstile der Eltern und Schullaufbahnen gestreift. Der Studie lagen jedoch keine pädagogischen Fragen zugrunde und in der herangezogenen Literatur hat die pädagogische gefehlt. Geboten wurden anschauliche, aber wenig verallgemeinerbare Einblicke in die „innere Realität der Interviewten“15 in stark vereinfachender psychoanalytischer Konstruktion. Auf Grund der Habilitationsschrift wäre eine Habilitation allenfalls für das Fach „Tiefenpsychologie aus psychoanalytischer Sicht“ zulässig gewesen. Der Habilitationskommission haben die Psychologieprofessoren Menschik (Vorsitzende) und Ottomeyer, der Gruppendynamiker Heintel und die Pädagogikprofessoren Bammé, Gstettner und Ilsedore
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Ebenda, 6. Ebenda, 204f.
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Wieser (Universität Innsbruck16) sowie Dozent Adam angehört.17 Das Habilitationsverfahren ist mit Stimmenmehrheit positiv abgeschlossen worden. Als Dozentin ist Diem-Wille formell zunächst dem Institut für Schulpädagogik und Sozialpädagogik zugeordnet worden. Sie hat jedoch dort nie gelehrt, sondern ihren Dienstposten am Projektzentrum Wien des IFF als Koordinatorin des Hochschullehrgangs „Politische Bildung für Lehrer“ behalten und sich dort mit einer Übung „Pädagogische Probleme der Politischen Bildung“18 begnügt. Seit der Neugründung des IFF als „Interuniversitäres Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“19 im Jahre 1992 hat sie am Standort Wien zu dessen Arbeitsbereich „Schule und gesellschaftliches Lernen“ gehört, der von Posch und ab 1996 von Konrad Krainer20 geleitet worden ist. In diesem Rahmen hat Diem-Wille in Wien unter anderem als Lehrveranstaltungen Seminare über folgende Themen angeboten: „Geschlecht und Karriere“, „Jugendkultur. Identitätsentwicklung in Auseinandersetzung mit der Elterngeneration“, „Interaktion in Gruppen“, „Pädagogische Psychologie: Beiträge der Lerntheorie – Psychoanalyse – Systemtheorie – Gruppendynamik“ und „Psychoanalytische Pädagogik“21. Kurz nach ihrer Habilitation ist Diem-Wille 1990 Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung (WPV) geworden. Mit einem Erwin-Schrödinger-Auslandsstipendium des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung konnte sie im Studienjahr 1992/93 einen Forschungsaufenthalt über „Mutter-Kind-Interaktion“ an der Tavistock Clinic in London durchführen. Diese ist 1920 gegründet worden und hat sich zu einer der international angesehensten Ausbildungsstätten für Kinder- und Jugendforschung, seelische Gesundheit und Erziehung auf psychoanalytischer Basis entwickelt. Seither hat sich Diem-Wille hauptsächlich auf psychoanalytische Forschung und Ausbildung mit dem Schwerpunkt Kinderpsychologie und Kinderana-
16 Über Wieser vgl. in diesem Werk Bd. 2, 717ff. 17 Mitteilungsblatt der UBWK 1988/89, Nr. 26. 18 UBWK: Lehrveranstaltungen WS 1990/91, 197. 19 Vgl. M. Arnold 2009, 39ff.; UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 31; UBWK: Personalstand WS 1993/94, 72. 20 Über Krainer vgl. in diesem Buch S. 712ff., 793ff. 21 Vorlesungsverzeichnis der UKL, 1993ff.
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lyse spezialisiert. Sie wurde 1997 ordentliches Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung und ist seit 2001 Lehranalytikerin für Kinder-, Jugend- und Erwachsenenanalysen. Seit 1997 leitet sie als Außerordentliche Professorin im IFF einen Arbeitsschwerpunkt „Psychoanalytische Pädagogik“. Dazu gehörten auch die Leitung eines Universitätslehrganges „Psychoanalytic Observational Studies“, der mit dem Magistergrad abschließt; ferner das „Projektstudium: Erfahrungsorientierte Lernformen in der Allgemeinen Pädagogischen Ausbildung im Lehramtsstudium“, das vom IFF in Zusammenarbeit mit dem Institut für Erziehungswissenschaften der Universität angeboten worden ist22, ein sechssemestriger Masterlehrgang „Persönlichkeitsentwicklung und Lernen“ sowie ein gefördertes Forschungsprojekt „Psychologische Hilfe für junge Leute“ durch PsychoanalytikerInnen (2000–2008)23. Ihre Veröffentlichungen sind seit 1996 vorwiegend der Psychoanalyse und ihrer Pädagogik gewidmet. Dazu gehören neben rund 20 Aufsätzen mit mehr als zehn Seiten Länge auch folgende zwei Bücher: „Das Kleinkind und seine Eltern. Perspektiven psychoanalytischer Babybeobachtung“ (2003) und „Die frühen Lebensjahre. Psychoanalytische Entwicklungstheorie nach Freud, Klein und Bion“ (2007), das auch in englischer Übersetzung erschienen ist. In der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist Diem-Wille jedoch bis zum Jahre 2010 noch nie zitiert worden. Ihr weites Arbeitsfeld wird auch aus den Themen der 8 Dissertationen deutlich, die sie am Institut für Bildungswissenschaften der Universität Wien in Zusammenarbeit mit dem IFF bzw. dem IUS der Klagenfurter Nachfolge-Fakultät betreut und als erste Gutachterin angenommen hat: Judith Ziegler: „Weil die Familie ein enormer Prellbock ist …“. Zum Spannungsverhältnis zwischen beruflichem und privatem Leben aus der Sicht von österreichischen Führungskräften in Wirtschaft und Politik (1998)24; Agnes Turner geb. Neumüller: Die Unterstützung der Gruppe bei der Arbeitssuche. Eine Analyse gruppendynamischer Prozesse am Beispiel einer Gruppe Jugendlicher in einem Berufsorientierungskurs (2003); Anita Christa Schaub: Frauen in Führungspositionen. Weiterbildung am Beispiel eines Mentoringprojektes (2003); 22 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 481. Zur Begleitforschung vgl. UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 536f. 23 UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 531. 24 Ebenda, 480.
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Melanie Zeller: Frauen, Reise, Bildung. Eine kritische Analyse von Bildung auf Reisen am Beispiel (allein)reisender Frauen (2003); Wiltrud Weidinger: Hierarchien in der Organisation Schule. Eine qualitative Untersuchung zu unbewussten Vorgängen bei SchulaufsichtsbeamtInnen und SchulleiterInnen der Wiener Pflichtschule (2003); Maria Schickamüller: Rechtsextremismus in Österreich – ein vermeintliches Jugendproblem (2004); Elisabeth Auer: Familienaufstellung für Pädagogen. Eine Möglichkeit, unbewusste Haltungen zu erkennen, zu verändern und systemisches Denken in der pädagogischen Arbeit umzusetzen. Möglichkeiten, Grenzen, Gefahren (2005); Ilse Bartosch: Entwicklung weiblicher Geschlechtsidentität und Lernen von Physik – ein Widerspruch? (2011 am IUS Klagenfurt promoviert).
Außerdem hat Diem-Wille zwischen 1997 und 2011 insgesamt 63 Diplomarbeiten über Jugend-, Familien-, Frauen- und Schulprobleme angenommen – von Themen wie Teenager-Mütter, Pränataldiagnostik, Schwangerschaftsabbruch und Jugendstrafvollzug bis zu Förderklassen, Theaterpädagogik und Vaterbild.25 Nach der im Jahre 2004 erfolgten Eingliederung des früheren IFF in die Universität Klagenfurt als „Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (Klagenfurt-Graz-Wien)“26 wurde DiemWille in deren „Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung“ (IUS) übernommen, das durch Umbenennung aus der „Abteilung Schule und gesellschaftliches Lernen“ des alten IFF hervorgegangen ist. Sie hat auch als Mitglied dieser Fakultät ihren Dienstort in Wien behalten können, ist aber unter dem neuen Institutsrahmen zumindest programmatisch stärker der LehrerInnenbildung und damit der Praktischen Pädagogik verpflichtet als zuvor. 25.11 Jürgen Maasz hat am 5. April 1991 im Alter von 35 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Didaktik der Weiterbildung“ erworben1. Die Habilitation ist 6 Jahre nach der Promotion erfolgt. Er wurde am 2. September 1955 als Sohn eines Eisenbahners in Gütersloh (Nordrhein-Westfalen) geboren.2 Er hat dort die Paul Ger-
25 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 480f.; Forschungsbericht 1999–2002, 533; für 2000–2011 nach der Beilage zu Diem-Willes Lebenslauf von 2011, PAB. 26 Vgl. in diesem Buch S. 554. 1 Genehmigt durch das BMfWF am 7.5.1991, GZ 26.132/1-14/91. Mitteilungsblatt der UBWK 1990/91, Nr. 153. 2 Nach Maasz: Tabellarischer Lebenslauf (September 2011). PAB.
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hard-Schule und von 1966 bis 1974 das Evangelisch-Stiftische Gymnasium besucht. Nach Erwerb des Reifezeugnisses hat er an den Universitäten Münster und Essen Mathematik, Philosophie, Pädagogik und Soziologie studiert. Am 26. November 1980 hat er die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien in den Fächern Mathematik und Philosophie bestanden. Am 11. April 1985 ist an der Universität-Gesamthochschule Essen im Fachbereich Erziehungswissenschaften(!) die Promotion zum Doktor der Philosophie erfolgt. Das Thema der Dissertation lautete: „Mathematik als soziales System. Eine Analyse der Entwicklung der Mathematik zu einem relativ autonomen Teilsystem des Wissenschaftssystems als Grundlage einer Hochschuldidaktik der Mathematik“3. Gutachter waren die Professoren für Mathematische Soziologie und Theorie komplexer Systeme Jürgen Klüver, damals Leiter des Hochschuldidaktischen Zentrums der Universität Essen4, und Heinz Hülsmann, Professor für Philosophie an der Universität Münster5. Studium und Promotion wurden von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung gefördert. Die Dissertation ist 1988 in überarbeiteter Fassung und mit dem veränderten Untertitel „Geschichte und Perspektiven der Mathematik aus systemtheoretischer Sicht“ als Buch im Umfang von 117 Seiten erschienen. Es handelte sich um eine wissenschaftsgeschichtliche und –soziologische Studie über Mathematik von beachtlicher Qualität, der zur „Mathematikdidaktik“ nicht mehr als eine Seite als „Schlussbemerkung“ angehängt worden war6. Sie war also kein Leistungsnachweis für eine Fachdidaktik, geschweige für das Fach Pädagogik. Maasz hat sich noch im Jahr seiner Promotion seinen in Essen erworbenen philosophischen Doktorgrad durch das Universitätskollegium der Klagenfurter Universität für Bildungswissenschaften als gleichwertig mit dem akademischen Grad „Doktor der Naturwissenschaften“ (Dr. rer. nat.) nostrifizieren lassen7. Ab 1. November 1985 hat er einen Dienstposten als Vertragsassistent mit halbem Beschäftigungsausmaß am Institut für Mathematik der Universität Linz übernommen, der 2003 auf das volle Beschäftigungsausmaß erhöht worden ist. 1990 hat er die österreichische Staatsbürgerschaft erworben.
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ZfP 32 (1986), 435. Kürschner 2007, 1817; Pädagogen-Handbuch 1986/87 der DGfE, 132. Kürschner 1987, 1969. Maasz 1988, 96f. Am 13.11.1985.
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Als im Jänner 1986 von der durch Ralph Grossmann8 geleiteten Linzer Abteilung des „Interuniversitären Forschungsinstituts für Fernstudien“ (IFF) nach den Ideen von Arno Bammé9 und Peter Baumgartner10 ein „Arbeitskreis zur sozialen Verantwortung von Technik und Wissenschaft“ gegründet wurde11, hat Maasz dessen Organisation und Betreuung übernommen. Dieser Arbeitskreis wurde von 1987 bis 1989 im IFF als Projekt „Implementierung, Erprobung und Evaluation eines didaktischen Modells wissenschaftlicher Weiterbildung“ geführt12. Es haben sich dort „durchschnittlich etwa 10 Personen aus einem Kreis von ca. 30 bis 40 RundbriefempfängerInnen eingefunden“13. Der theoretischen Begründung, der Beschreibung der Praxis und der Evaluation dieses Arbeitskreises hat Maasz seine Habilitationsschrift gewidmet. Sie hatte folgenden Titel: „Wissenschaftliche Weiterbildung in der Technologischen Formation. Der Linzer Arbeitskreis zur sozialen Verantwortung von Technik und Wissenschaft als pädagogische Innovation“. Sie ist 1990 als Buch im Umfang von 245 Seiten erschienen. Maasz hat sein Habilitationsgesuch am 22. Mai 1990 gestellt. Die Habilitationskommission hat ihre Arbeit am 28. September 1990 aufgenommen. Ihr haben als Professoren die Pädagogiker Bammé, Larcher und Lenz (Universität Graz) angehört, ferner der Mathematiker Roland Fischer, der Philosoph Peter Heintel und der Informatiker Roland Mittermeir. Zum Vorsitzenden wurde Bammé gewählt14. Die Habilitationsschrift bestand aus folgenden drei Teilen: I. Theoretische Hintergründe und Ausgangspunkte, II. Berichte aus der Praxis, III. Evaluation und Reflexion. Im ersten Teil wurde auf höchstem Abstraktionsniveau unter dem verschrobenen Terminus „technologische Formation“15 eine gesellschaftstheoretische Skizze der technisch 8 Vgl. in diesem Buch S. 550; ferner M. Arnold 2009, 23ff. 9 Über Bammé vgl. S. 611ff.; siehe auch sein Vorwort zu Maasz 1990, I–V. 10 Über Baumgartner vgl. S. 697ff. 11 Maasz 1990, 2, 58ff. 12 Ebenda, 2, 63. 13 Ebenda, 85. 14 Mangels Verlautbarung im Mitteilungsblatt der UKL nach Auskunft des AUK, September 2011. 15 Zu den üblichen Bedeutungen des Wortes „Formation“, von denen keine für den von Maasz im Anschluss an Hülsmann gemeinten Begriffsinhalt passt, vgl. Duden, Bd. 2, 1976, 879.
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am weitesten fortgeschrittenen Länder geboten, die sich einseitig auf den philosophischen Lehrer des Autors Heinz Hülsmann (1916–1992)16 stützte. Dabei wurden solche Schlüsselsätze Hülsmanns wie der folgende für verständlich und zitierenswert gehalten: „Die Technologie als gesellschaftliche Formation realisiert eine soziale Form aus naturwissenschaftlicher Forschung und Entwicklung, die zugleich das Verhältnis von Materie und Form als soziale Herrschaft verwirklicht“17. Zum pseudo-gelehrten Aufputz dieser „gesellschaftstheoretischen Überlegungen für die Zielsetzung und Konzeption des Linzer Arbeitskreises“ gehörte angeblich als „ein zentraler Punkt … das Verständnis der Metonymie“18. Mit diesem Spezialterminus wird in der Rhetorik, Ästhetik und Sprachwissenschaft eine „Umbenennung“ oder „Namensvertauschung“19 als „Abweichung von der gewöhnlichen Ausdrucksweise“20 bezeichnet. Bei Hülsmann und Maasz ist damit „das Verständnis … der ständigen Verschiebung und Veränderung von Bedeutungen“ gemeint. „Das Wissen über die Existenz metonymischer Prozesse ist zugleich die Aufforderung, ihnen auf die Spur zu kommen, also auch ein Weiterbildungsziel“21. Für einen „selbstorganisierten“ Arbeitskreis „über die Neuen Technologien und ihre Auswirkungen“ war die Einführung dieses fremdbestimmten Terminus als „zentraler Punkt“ kein Beitrag zur „sozialen Verantwortung“, sondern wie manche andere Ausführungen über „Modelle gesellschaftlichen bzw. gesellschaftsbezogenen Lernens“22 unverantwortliche Angeberei.
16 Über Hülsmann vgl. Kürschner 1992, 1553. Er hat sich am 4.5.1965 an der Theologischen Fakultät der Universität Salzburg für „Christliche Philosophie“ habilitiert. Die von Bammé geleitete Abteilung Technik und Wissenschaftsforschung des IFF war ihm „vielfältig verbunden“ und hat ab 1997 ein vom Land Kärnten und dem Bundesministerium für Wissenschaft gefördertes Forschungsprojekt zu seinen Ideen durchgeführt: „Technologische Formierung der Gesellschaft: Genese der Basistheorien (zum Beispiel: Heinz Hülsmann)“. UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 455f. 17 Hülsmann bei Maasz 1990, 12. 18 Maasz 1990, 55. 19 Vgl. A. Pronay/H. Schwarz, Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 5, 1980, 1386–88: eine „Übertragung“ ähnlich der Metapher. 20 Clauberg/Dubislav 1923, 300 und 170: Form, Figur, bildliche Redewendung. 21 Maasz 1990, 55. 22 Ebenda, 58ff. über „Das pädagogische Konzept des Arbeitskreises“.
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Der relative Wert der Habilitationsschrift lag nicht in ihren gesellschaftstheoretischen Grundlagen, sondern in den Berichten des Autors als „Handlungsforscher“ aus der Praxis eines Spezialfalles von Gruppenarbeit, ihrer Themen, ihrer Organisation und ihrer Schwierigkeiten. Als Quellen dienten Protokolle und Rundbriefe.23 Die sogenannte „Evaluation“ des Unternehmens auf Grund von 11 Fragebögen der Teilnehmer, 3 Interviews und Reflexionen des Autors hat nur spärliche Ergebnisse gebracht24. Eine erziehungswissenschaftliche Schlussbilanz des als „pädagogische Innovation“ ausgegebenen Projektes fehlt. Es als vorbildliches „Linzer Modell“ und als „neue Form der wissenschaftlichen Weiterbildung“ vorzustellen25, war eine Übertreibung. Erst recht wurde über die Beschreibung der Praxis dieser Weiterbildung hinaus keine wissenschaftliche Behandlung von Weiterbildung geleistet. Seinen Habilitationsvortrag hat Maasz über folgendes Thema gehalten: „Verantworten lernen. Zur Reflexivität von Verantwortung im pädagogischen Prozeß“. Darin wurde zur Pädagogik nichts gesagt, sondern nur im Anschluss an Hülsmann „als Fazit festgehalten“, dass es auch in der Ethik „keine absolute Wahrheit gibt“. Zum Linzer Arbeitskreis wurde freimütig mitgeteilt, dass „die pädagogische Dimension … für die überwiegende Mehrheit der Beteiligten weitgehend bedeutungslos“ gewesen sei. „Leider ist es mir nicht gelungen, den Kreis mehr für die pädagogische Dimension seiner Arbeit zu interessieren“. Deshalb habe er sich veranlasst gesehen, „die Evaluation des pädagogischen Prozesses einzuschränken“.26 Was mit dem „pädagogischen Prozeß“ gemeint war, wurde nicht mitgeteilt. Die Habilitation ist mit Stimmenmehrheit beschlossen worden. Sie zeugt bei den beteiligten Professoren (mit rühmlicher Ausnahme des Informatikers Mittermeir) von niedrigen Prüfungsanforderungen und geringer erziehungswissenschaftlicher Kompetenz. Maasz ist als Dozent dem Institut für Weiterbildung an der Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt zugeordnet worden, aber als Assistent auf seinem Posten am Institut für Mathematik der Universität Linz verblieben. Dort hat es „für einen Dozenten für die Didaktik der Weiter-
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Ebenda, 114–170. Ebenda, 171–218. Ebenda, 218, 2. Maasz: Verantworten lernen. Typoskript vom 5.4.1991 im AUK, 14f.
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bildung, dessen Habilitationsschrift nicht mit mathematischen Problemen in Zusammenhang steht“, „keine Lehraufgaben“ gegeben.27 Maasz hat sich zunehmend mit vielen Publikationen erfolgreich auf die Fachdidaktik des Mathematikunterrichts konzentriert.28 1998 hat er an der Universität Linz mit einer Habilitationsschrift über „Mathematik lernen und Neue Technologien“ die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Didaktik der Mathematik“ erworben. Zu einer Nennung in der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist es bis 2010 nicht gekommen. 25.12 Peter Baumgartner hat am 18. November 1992 im Alter von 39 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Weiterbildung“ erworben.1 Die Habilitation ist 12 Jahre nach der Promotion erfolgt. Er ist am 1. Juli 1953 in Wien als Sohn eines Kaufmannes und einer Sekretärin geboren worden. Nach der Volks- und Hauptschule in Wien II (Wittelsbachstr. 6) hat er ab 1967 die Höhere Technische Lehranstalt, Fachrichtung Elektrotechnik, in Wien I (Schellinggasse 12) besucht und am 31. Mai 1972 das Reifezeugnis mit Auszeichnung erworben. Anschließend hat er von 1972 bis 1980 an der Universität Wien Soziologie studiert. Am 17. Dezember 1980 erfolgte die Promotion zum Doktor der Philosophie auf Grund einer Dissertation über „Entwicklung der Erdbevölkerung: Methodische Probleme einer demographischen Analyse“.2 Von 1981 bis 1985 hat Baumgartner als freiberuflicher Sozialwissenschaftler gearbeitet mit dem Schwerpunkt „Soziale Folgen neuer Technologien“. Eine psychologische Spezialausbildung hat ihm ebenso gefehlt wie eine erziehungswissenschaftliche. Sein Hauptinteresse galt der Informatik und den Computern als möglichen „Lernmedien“. Am 1. Juli 1984 hat er das „Wissenschaftskollektiv Wien“ gegründet, eine „Arbeitsgemeinschaft für interdisziplinäre Forschung, Beratung und Bildung“. Ein Arbeitsergebnis aus dieser Zeit war das „Handbuch zur Organisationsgestaltung“, das er 1986 mit zwei anderen Autoren unter dem Titel „Managementstrategien. Humanisierung oder Manipula 27 Prof. Heinz Engl als Vorsitzender der Studienkommission Technische Mathematik der Universität Linz am 27.6.1990 an Prof. Bammé vom Fernstudieninstitut der Universität Klagenfurt. 28 Liste der Publikationen vom 21.9.2011, Institut für Didaktik der Mathematik der Universität Linz: http://www.jku.at/idm.
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http://www.peter.baumgartner.name/ Lebenslauf vom 9.6.2008, PAB; Kürschner 2007, 166.
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tion“ für den Ausschuss für Automation und Arbeitsgestaltung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes herausgegeben hat. Am 1. Februar 1986 wurde er Assistent am Institut für Weiterbildung der Klagenfurter Universität unter gleichzeitiger Zuweisung zum „Interuniversitären Forschungsinstitut für Fernstudien“ (IFF). Im Studienjahr 1988/89 konnte er sich dank eines Fulbright-Stipendiums dem Studium der „Social Impacts of Artificial Intelligence“ widmen. Es erfolgte am Department of Philosophy und am Institute of Cognitive Studies der University of California in Berkeley (USA) bei den Professoren Hubert L. Dreyfus und John R. Searle. Seit dem Sommer 1991 arbeitete er im IFF (alt) am Aufbau eines Forschungsschwerpunktes „Lernen und Neue Medien“. Am 1. März 1992 wurde seine Planstelle dem „Interuniversitären Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF neu) als Rechtsnachfolger des „Inter universitären Forschungsinstituts für Fernstudien“ (IFF alt) zugeordnet3. Er gehörte dort zur Abteilung „Technik- und Wissenschaftsforschung“ unter der Leitung von Bammé und war mit dem „Programmbereich Lernen und Medien“ befasst.4 Im April 1992 hat Baumgartner die Verleihung der Lehrbefugnis für das Nominalfach „Weiterbildung“ beantragt. Als Habilitationsschrift hat er eine Studie über „Kritik der programmierbaren Vernunft“ im Umfang von 285 Seiten vorgelegt. Sie ist 1993 in überarbeiteter Fassung unter folgendem Titel als Buch im Umfang von 348 Seiten erschienen: „Der Hintergrund des Wissens. Vorarbeiten zu einer Kritik der programmierbaren Vernunft“. Der Habilitationskommission haben folgende Professoren angehört: die Erziehungswissenschaftler Herbert Altrichter (damals Universität Innsbruck), Arno Bammé und Dietmar Larcher, der Philosoph Peter Heintel, der Soziologe Paul Kellermann und der Informatiker László Böszörményi. Zum Vorsitzenden wurde Bammé gewählt.5 Die Habilitationsschrift war ein kenntnisreicher und origineller Beitrag zur Philosophie des Wissens. Baumgartners „zentrale These“ lautete: es gibt „zwei prinzipiell unterschiedliche Arten des Wissens …: ein propositional formulierbares Wissen und einen Hintergrund des Wissens. Beide Wissenstypen haben unterschiedliche Struktur und
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Vgl. M. Arnold 2009, 60f. und in diesem Buch S. 547. UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 31, 503, 512f., 518. Mitteilungsblatt der UBWK 1991/92, Nr. 183.
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Funktionsweise“. „Während propositionales Wissen sich sprachlich formulieren und formal repräsentieren läßt, widersetzt sich der Hintergrund des Wissens einer analytischen Vorgangsweise“. „Über den Hintergrund läßt sich nämlich nicht sprechen, er muß sich in der Lebenspraxis, im Handeln zeigen“. In seiner Studie wollte er „zu zeigen versuchen, daß diese Unterscheidung für den Lernprozeß und unser alltägliches Handeln ganz entscheidend ist“.6 Bei diesem Versuch stützte er sich auf eine breite Kenntnis sprachphilosophischer und linguistischer Analysen, wahrnehmungspsychologischer, soziologischer und informationstechnologischer Forschungsergebnisse, Theorien und Hypothesen. Mit Rücksicht auf die angestrebte erziehungswissenschaftliche Lehrbefugnis glaubte er, seine interdisziplinären Untersuchungen „am ehesten … unter der Überschrift ,Educational Philosophy‘ einordnen“ zu können7. Dagegen spricht allerdings, dass er pädagogische und erziehungsphilosophische Literatur mit Ausnahme eines einzigen Buches8 total ignoriert hat. Tatsächlich kam Baumgartner in seiner Habilitationsschrift über sprach- und lernpsychologische Erörterungen im Anschluss an Michael Polanyis Lehre vom „stummen“ oder „impliziten Wissen“9, Donald Schöns Lernmodell10 des „reflektierenden Praktikers“ und das Stufenschema der Brüder Dreyfus11 zum Erwerb von Fertigkeiten nicht hinaus.12 Seine Studie brach ohne erziehungstheoretische Ausblicke dort ab, wo der Übergang von Grundlagenforschung über „Philosophy of Knowledge“ in die Didaktik hätte erfolgen müssen. Seinen Vortrag im Habilitationskolloquium hat Baumgartner über folgendes Thema gehalten: „Computer in Aus- und Weiterbildung. Eine pädagogische Herausforderung“. Darin wurde „am Beispiel der Evaluierung interaktiver Bildungssoftware … gezeigt, wie notwendig lerntheoretische Forschungen auf diesem Gebiet sind“.13 Die Habilitation
6 Baumgartner 1993, 11. 7 Ebenda, 1. 8 Schön 1987. 9 Polanyi 1985. Vgl. zu ihm auch Neuweg 1999 und in diesem Werk Bd. 3, 591ff. 10 Zu seiner didaktischen Nutzung durch Altrichter/Posch vgl. in diesem Band S. 447. 11 Dreyfus 1987. 12 Baumgartner 1993, 281ff. 13 Text der Einladung zum Vortrag am 18.11.1992. PAB.
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ist einstimmig erfolgt und Baumgartner wurde als Dozent dem Institut für Weiterbildung zugeordnet. Dort und ab 1992 als Lektor am IFF hat er zwischen 1990 und 1998 folgende Lehrveranstaltungen angeboten. Vorlesungen: „Theorie des kommunikativen Handelns. Handlungsrationalität und gesellschaftliche Rationalisierung“; „Kritik der funktionalistischen Vernunft“; „Reflektierendes Handeln. Aus- und Weiterbildung von Praktikern“; „Alltagswissen. Zur logischen Struktur des Hintergrundwissens“; „Implizites Wissen“; „Soziologie des Alltagshandelns“; „Interaktives Video“; „Individuum, Kommunikation und Gesellschaft – Das Vermächtnis von Gregory Bateson“; „Symbolischer Interaktionismus und Ethnomethodologie“; „Praxisfelder der Erwachsenenbildung: Wege zur wissenschaftlich reflektierten Berufspraxis“; „Einführung in die Soziologie und ihre Ideengeschichte“. Seminare: „Soziales Handeln und Rationalität: Weber, Searle, Kritische Theorie“; „Kommunikatives Handeln und Rationalität (Mead, Durkheim, Parsons)“; „Didaktik von Bildungssoftware“; „Evaluierung von Bildungssoftware“; „Computer in Aus- und Weiterbildung“; „Didaktik des computerunterstützten Unterrichts“; „Computer und Erkenntnis: Der Computer als Werkzeug und Objekt der Wissenschaft“; „Wissenssoziologie und I+KTechnologien“. Am IFF hat Baumgartner folgende geförderte Forschungsprojekte geleitet: „Mediendidaktik und Gebärdensprache“ (mit Sabine Payr), „Software in der universitären Lehre“, „Einsatz, Didaktik und Evaluation von Multimedia-Anwendungen und Entwicklungswerkzeugen in der Erwachsenenbildung“, „Didaktik von Bildungssoftware“.14 Auch die eigenen Publikationen waren der Mediendidaktik mit dem Schwerpunkt „multimediales“ und „computerunterstütztes Lernen“ gewidmet. In einem mit Sabine Payr verfassten Buch über „Lernen mit Software“ (1994) hat er eine „sozialwissenschaftliche Lerntheorie“ vorgelegt, die „eine Brücke zwischen Theorie und Praxis und zwischen Pädagogik und Technik schlagen“ wollte und unterrichtstheoretisch ergänzt, was seiner Habilitationsschrift gefehlt hat. In der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist Baumgartner erstmals im Jahre 2000 und bis 2010 viermal zitiert worden.
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UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 512f.; 1995–1998, 450f.
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An der Klagenfurter Universität hat er als Betreuer und erster Gutachter folgende Dissertation angenommen: Winfried Süssenbacher: Bildung durch Software. Ein Diskurs aus sozial- und geisteswissenschaftlicher Sicht (1995). Zweiter Gutachter war Bammé15.
1998 ist Baumgartner als Nachfolger von Altrichter16 an die Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Innsbruck berufen worden. Er hat dort am 1. Oktober 1998 eine ordentliche Professur für „Wirtschaftspädagogik“ im „Institut für Wirtschaftspädagogik und Personalwirtschaft“ übernommen.17 In dieser Periode ist er unter anderem auch als Herausgeber eines Sammelbandes über „Reflektierendes Lernen. Beiträge zur Wirtschaftspädagogik“ (2002) hervorgetreten. 2003 ist er einem Ruf an die Fernuniversität Hagen (Westfalen) auf eine Professur für „Bildungstechnologie“ im Institut für Bildungswissenschaft und Medienforschung gefolgt.18 Seit 1. Mai 2006 lehrt er als Professor für „Technologieunterstütztes Lernen und Multimedia“ an der Donau-Universität Krems (Nieder österreich) und ist Leiter ihres „Departments für Interaktive Medien und Bildungstechnologien“. 25.13 Klaus Götz hat am 25. Jänner 1995 im Alter von 37 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Weiterbildung“ erworben und ist dem Institut für Weiterbildung zugeordnet worden.1 Die Habilitation ist 6 Jahre nach der Promotion erfolgt. Er wurde am 17. Dezember 1957 in Oberndorf (Kreis Donau-Ries/ Bayern) als Sohn eines Elektromeisters und einer Krankenschwester geboren. Nach der Grund- und Hauptschule hat er die Realschule in Rain (Kreis Donau-Ries) und von 1974 bis 1976 die Fachoberschule in Donauwörth (Bayern) besucht. Anschließend hat er an der Katholischen Fachhochschule Eichstätt (Bayern) ein Jahr lang Religionspädagogik studiert und damit die Berechtigung zum Universitätsstudium erworben. Es folgte der Zivildienst in England und in einem deutschen Seniorenheim.
15 ZfP 42 (1996), 469. 16 Über Altrichter vgl. in diesem Werk Bd. 3, 558ff. 17 Universität Innsbruck: Vorlesungsverzeichnis und Personalstand WS 2002/2003, 299 und 309. 18 Kürschner 2007, 166.
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Bescheid des Rektors der UKL vom 17.2.1995, Zl. 228-Habil/95. PAB.
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Von 1979 bis 1984 hat er an der Katholischen Universität Eichstätt Pädagogik, Psychologie und Philosophie studiert und als Diplom-Pädagoge „mit Auszeichnung“ abgeschlossen. Das Sommersemester 1982 verbrachte er an der Universität Wien. 1985 arbeitete er als Promotionsstipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) ein Jahr lang in Dhaka (Bangladesh) und versah einen Lehrauftrag an der dortigen Universität für „Methodology of Social Research“. Es folgten zwei Jahre als Unternehmensberater in München bei der HypoBank, verbunden mit der Tätigkeit als Wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl Pädagogik I der Universität Regensburg bei Prof. Ernst Prokop im Jahre 1986. Am 1.12.1987 erfolgte der Eintritt in die Mercedes-Benz Konzern-Zentrale Stuttgart als Schulungsleiter für „Mediendidaktik/Lehr- und Lerntechnologien“. 1992 wurde er Schulungsleiter „Bereichsbetreuung der Organisations- und Datenverarbeitungsbereiche“ und ab 1993 Schulungsleiter „Führungskräfteförderung“.2 Am 31. Jänner 1989 wurde er an der Universität Regensburg zum Doktor der Philosophie promoviert. Seine Dissertation war folgendem Thema gewidmet3: „Non-formale Bildung und integrierte ländliche Entwicklung in Bangladesh“. Sie wurde von Prokop betreut und angenommen und ist 1989 unter dem Titel „Erwachsenenbildung in Bangladesh. Zum Verhältnis von Bildung und Entwicklung“ im Umfang von 403 Seiten als Buch erschienen. Am 3. März 1994 hat Götz von seinem Wohnort in SchwäbischGmünd aus die Habilitation für das Fach Weiterbildung beantragt, „weil die Klagenfurter Pädagogik dem von mir vertretenen Ansatz sehr nahe kommt“. Er sei seit Herbst 1993 formell wissenschaftlicher Mitarbeiter am IFF4 nach § 23 (7) UOG und führe dort in Bammés Abteilung das Projekt „Interaktive Medien im Betrieb“ durch5. Die Habilitationskommission ist am 30. Juni 1994 konstituiert worden. Ihr haben als Professoren die Pädagogiker Bammé, Larcher, Alt richter (Universität Innsbruck) und Lenz (Universität Graz) angehört; ferner der Philosoph Heintel, der Soziologe Kellermann, der Klagenfurter Professor für Betriebliche Organisationsentwicklung,
Lebenslauf vom 10.10.2011, PAB. 3 In der ZfP nicht verzeichnet. 4 Im Forschungsbericht 1991-1994 der UKL, 31 als Projektmitarbeiter verzeichnet. 5 Dieses Projekt ist weder im Forschungsbericht für 1991–1994 noch für 1995– 1998 verzeichnet (ebenso wenig wie seine Habilitation).
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Personalwirtschaft und Ausbildung Heinrich-Johannes Rieckmann und der Professor für Biologie Dr.rer.nat. Peter Häfner von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, der gemeinsam mit Götz das Buch „Computerunterstütztes Lernen in der Aus- und Weiterbildung“ (1990) verfasst hatte. Als Vorsitzender wurde Bammé gewählt. Mit Gutachten beauftragt wurden Bammé, Häfner und Prokop. Der Titel der Habilitationsschrift lautete: „Zur Evaluierung beruflicher Weiterbildung. Eine theoretische und empirische Studie zur Wirksamkeit beruflicher Weiterbildung“6. Sie ist 1993 als Buch in zwei Bänden erschienen: „Band 1: Theoretische Grundlagen“, „Band 2: Empirische Untersuchungen“7. Der erste Band bietet einen Literaturbericht zur pädagogischen Evaluationsforschung, ihrer Vorgeschichte, Erscheinungsformen, Methoden, bisherigen Ergebnisse und Verbesserungsmöglichkeiten. Von der die Pädagogik als Ganzes betreffenden Problematik wird zu den Besonderheiten der „Weiterbildung bzw. Erwachsenenbildung als Teildisziplin der Pädagogik“8 übergeleitet und speziell die Evaluierung der betrieblichen Weiterbildung methodologisch beleuchtet. Ihr Ziel sei die „Qualitätsverbesserung der Bildungsarbeit“. „Durch die Analyse des Wirkungsgeflechts in einem pädagogisch-didaktischen Feld sollen die Segmente in der Bildungsmaßnahme bestimmt werden, in denen eine Verbesserung der Bildungsarbeit notwendig erscheint“9. Dabei stützte sich Götz vor allem auf die Feldtheorie von Kurt Lewin (1890–1947)10 und ihre pädagogische Nutzung durch Friedrich Winnefeld (1911–1968)11. Er hat der Parole „Von der Person zum System“ folgend seine empirischen Studien auf betriebliche „Rahmenbedingungen“, „Feldkräfte“ oder „Systemkomponenten“ auszuweiten versucht, die bisher vernachlässigt und als Wirkfaktoren unterschätzt worden sind. Dabei standen nicht wie in den Schulen Lernerfolgsmessungen des Wissenszuwachses im Mittelpunkt, sondern „der Lerntransfer auf den Arbeitsplatz“ und „die Bedingungen innerhalb und
6 ZfP 42 (1996), 469. 7 4. verbesserte Auflage unter dem Titel „Zur Evaluierung betrieblicher Weiterbildung“ 2001 im Verlag Rainer Hampp, München und Mering. 8 Götz 2001, I, 13ff. 9 Ebenda, 142. 10 Ebenda, 143ff. Vgl. Lewin 1963. 11 Winnefeld 1957. Vgl. sein Vorwort zur 4. Auflage, 1967, 9f. Ferner in diesem Werk Bd. 2, 547ff. und 569ff.
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außerhalb einer Bildungsmaßnahme, die den Lerntransfer fördern oder hemmen“12. Eine kritische Prüfung dieses Programms und seiner Grenzen ist nicht erfolgt. Vieldeutige und vage erziehungstheoretische Grundbegriffe wie „Bildung“, „Erziehung“, „Weiterbildung“, „Bildungsziel“, „Bildungsmaßnahme“, „Bildungsarbeit“, „Bildungsleistung“, „Lernen“ sind ungeklärt geblieben. Im zweiten Band wurde über drei eigene empirische Untersuchungen, deren Methodik und Ergebnisse vergleichend berichtet. Bei den Methoden sei zu berücksichtigen, dass strenge „distanzierte Kontrollforschung“ „aufgrund ihrer Komplexität für die Evaluierung betrieblicher Bildung … nicht praktikabel“ ist. Deshalb müssten „Abstriche an wissenschaftlicher Exaktheit in Kauf“ genommen werden, wie es mit dem Ziel der Praxisveränderung bei der „engagierten Handlungsforschung“ der Fall ist.13 Als Erhebungsinstrumente wurden Fragebögen verwendet, die auf die Überprüfung von jeweils 20 bis 27 Hypothesen mittels der subjektiven Einschätzungen der WeiterbildungsTeilnehmer abgestimmt waren. Die statistisch-faktorenanalytisch gewonnenen Ergebnisse liefen auf Empfehlungen hinaus, die auch ohne diesen riesigen rechnerischen Aufwand einleuchten: die Komplexität des „didaktischen Feldes“, den „Bildungsbedarf“, das „Weiterbildungsinteresse“ der Teilnehmer und alle wichtigen „Elemente des Bildungscontrolling“ „ganzheitlich“ berücksichtigen („alles bedingt alles“)14, „praxisorientierte Vermittlung der Lerninhalte“, „Einbeziehung des Lernenden“, „Anregung durch Trainer und Arbeitsmaterialien“, „Verständlichkeit der Lerninhalte“ usw.15 Das relative Gewicht, das einzelnen dieser sehr allgemeinen Variablen in verschiedenen konkreten Lehrsituationen für den Lerntransfer in die Berufspraxis zukommt, konnte verständlicherweise nicht nachgewiesen werden. Seinen Habilitationsvortrag hat Götz über folgendes Thema gehalten: „Die Positionierung der betrieblichen Weiterbildung im Gesamtkontext der Weiterbildung“16. Er war begrifflich und inhaltlich verworren und informationsarm. Er begann mit dem Satz: „Ich verstehe unter Wei-
12 Götz 2001, I, 156ff. 13 Götz 2001, II, 156. 14 Ebenda, 144. 15 Ebenda, 159ff. 16 Veröffentlicht in: Klagenfurter Beiträge zur Technikdiskussion. Heft 74. (Schriftenreihe des IFF, Arbeitsbereich Technik und Wissenschaftsforschung, herausgegeben von Arnó Bammé u.a.), 24 Seiten, o.J. (1995). AUK.
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terbildung einen permanent stattfindenden Prozess der ,Anregung von außen‘ und der ,Umsetzung von Innen‘ bei Menschen und Organisationen“. Wenig später wurde von „Weiterbildung“ als einer „Disziplin“ und „Wissenschaft“ gesprochen. Als ihr „Ziel“ wurde „definiert“, „die kritisch-reflexive Schaffung und Gestaltung von (Handlungs-) Bedingungen, die ,Weiter-Bildung‘ ermöglichen“. Zu seinem „Bildungsbegriff“ wurde mitgeteilt: „Bildung geschieht … dann, wenn individuelle Erfahrungen (Erlebnisse/Besonderes/,Ich‘), die sich als Fähigkeiten, Einstellungen und Verhaltensweisen manifestieren (Ausdruck/Allgemeines/,Du‘) intraindividuell oder kollektiv mit dem Ziel sozialer Urteils-, Handlungs-, Kritik- und Reflexionsfähigkeit (Verstehen/besonderes Allgemeine/,Selbst‘) angeboten werden. Bildung läßt sich damit als eine Vision, im Sinne eines idealtypischen Ziels, Lernen als ein Weg dorthin kennzeichnen“.17 Kritisch ist dazu unter anderem zu sagen, dass demnach auch unter „Weiterbildung“ eine „Vision“ verstanden werden müsste, also ein „in jemandes Vorstellung … entworfenes Bild“18 und jedenfalls kein Vorgang, keine Handlung. Das Verhältnis von „Weiterbildung“ zu „betrieblicher Weiterbildung“ wurde seitenlang nebelhaft anhand der Metapher von Adam und Eva behandelt (Adam „operationalisiert(!) als ,Weiterbildung überhaupt‘“; Eva „operationalisiert(!) als ,betriebliche Weiterbildung‘“), ohne zu einer Klärung zu gelangen19. Als „ein ,finding‘ zur Terminologie“, wurde mitgeteilt, dass „der Terminus ,Erwachsenenbildung‘ für den Gegenstand nicht mehr angemessen (sei), da dieser begrifflich beim Erwachsenen ansetzt, nicht aber organisationales Lernen mit einschließt. Ich schlage deshalb vor, den Begriff ,Weiterbildung‘ zu verwenden, der sowohl für (erwachsene) Menschen und für (noch nicht erwachsene?) Organisationen offen ist.“20 Dieser verworrene Imponierjargon21 ohne Bezug zu seriöser Erziehungstheorie hat die Habilitationskommission nicht abgehalten, die Lehrbefugnis für das Fach „Weiterbildung“ einstimmig zu beschließen. 17 Ebenda, 2. Hervorhebungen durch Götz. 18 Duden, Bd. 6, 1981, 2799. 19 Götz 1995, 3–7, 19. 20 Ebenda, 19. 21 Ebenda, 21. Schlusssatz: „Sie wissen jetzt nicht mehr ,Wahres‘ über die tatsächliche Positionierung der betrieblichen Weiterbildung im Gesamtkontext der Weiterbildung, aber Sie haben erfahren, wie ich darüber denke, und Sie wissen nun etwas mehr über mich.“ Hervorhebungen im Original.
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Als Dozent hat Götz an der Universität Klagenfurt neben einem Vortrag über „Organisationen zwischen Steinzeit und Endzeit“ (12.5.1995) eine Vorlesung über „Lernende und vergessende Organisationen“ sowie vier Seminare über folgende Themen angeboten: „Kann man Organisationen beraten?“, „Vertiefte Individualberatung“, „Die Bedeutung der Chaostheorie für die Bildung“ und „Veränderungsmanagement“ (SS 1996 – WS 2000/2001). Beruflich ist er bis 2002 bei der Mercedes-Benz AG bzw. Daimler-Chrysler AG (ab 1995) geblieben – ab 2000 als „Leiter Training and Development Human Resources (Personal-, Arbeits- und Bildungspolitik Konzern, weltweit)“22. Ab 1. September 2002 hat er im Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Koblenz-Landau einen C4-Lehrstuhl für „Weiterbildungs forschung und -management“ („Adult Education/Human Resource Management“) übernommen. An der Klagenfurter Universität hat Götz als Betreuer und erster Gutachter folgende Dissertation angenommen: Jana Leidenfrost: Kritischer Erfolgsfaktor: Körper? Eine Analyse individueller Muster im Umgang mit dem Körper bei Führungskräften der DaimlerChrysler AG und deren Konsequenzen für eine zukünftige Führungskräfteentwicklung (2002)23.
Zweiter Gutachter war Heintel. Ein Bezug zum Lehrgebiet „Weiterbildung“ als „Teildisziplin der Pädagogik“24 erscheint zweifelhaft. 25.14 Gerald Grimm hat am 22. Juni 1995 im Alter von 38 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Historischen Pädagogik“ erworben1. Die Habilitation ist 9 Jahre nach der Promotion erfolgt. Grimm ist am 12. August 1956 in Klagenfurt als Sohn eines Landesbeamten geboren worden.2 Er hat in seiner Heimatstadt die Volksschule 12 und das 2. Bundesgymnasium im humanistischen Zweig besucht und am 25. Mai 1974 die Reifeprüfung mit Auszeichnung bestanden. Von 1974 bis 1980 hat er sich an der Hochschule (ab 1975 Universität) für Bildungswissenschaften dem Lehramtsstudium der Geschichte und Sozialkunde sowie der Mathematik gewidmet. Es wurde am 25. Juni
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Lebenslauf vom 10.10.2011. PAB. ZfP 49 (2003), 475. Götz 2001, I, 13. Mitteilungsblatt der UKL 1994/95, Nr. 204. Lebenslauf vom 3.3.2011, PAB.
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1980 mit ausgezeichnetem Erfolg abgeschlossen. Der Titel seiner Diplomarbeit lautete: „Vaterländische Erziehung im Rahmen der Thunschen Bildungsreform und des neoabsolutistischen Systems 1848–1860“. Gutachter war der Historiker Helmut Rumpler. 1980/81 hat er den ordentlichen Präsenzdienst beim Landwehrstammregiment 72 des Österreichischen Bundesheeres in Klagenfurt absolviert. Anschließend ist er teilbeschäftigt als Studienassistent3 in das von Schöler geleitete Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik eingetreten und hat am 2. Bundesgymnasium Klagenfurt das Schulpraktikum absolviert. Am 25. März 1982 ist die Sponsion zum Magister der Philosophie erfolgt und am 1. Juni 1982 die Ernennung zum Hochschulassistenten. Auf diesem Dienstposten konnte er sich von 1982 bis 1986 dem Doktoratsstudium der Pädagogik widmen. 1985 wurde er Mitglied der am Institut eingerichteten „Abteilung für Historische Pädagogik“. Seit 1984 ist er mit einer Volksschullehrerin verheiratet. Aus der Ehe ist eine Tochter hervorgegangen. Am 3. Juli 1986 ist Grimm zum Doktor der Philosophie promoviert worden. Der Titel seiner Dissertation lautete: „Das österreichische Gymnasium zwischen Standesschule und allgemeinbildender Lehranstalt im Zeitalter der Aufklärung. Aspekte der Bildungspolitik im Spannungsfeld von Ordensschulwesen, theresianischem Reformabsolutismus und Aufklärungspädagogik 1735–1775“. Sie ist 1987 unter dem Obertitel „Die Schulreform Maria Theresias 1747–1775“ als Buch im Umfang von 671 Seiten erschienen. Gutachter waren Schöler und Rumpler4. Grimm hat damit erstmals eine auf sehr breites Quellenstudium gestützte „kritische Analyse“5 der österreichischen Schulpolitik im Zeitalter der Aufklärung mit dem Schwerpunkt Gymnasialreform6 geboten. Dabei wurden auch die politischen, ökonomischen und ideellen Rahmenbedingungen dargestellt sowie ausländische Anregungen aus Frankreich, Deutschland und Italien berücksichtigt (Französische „Nationalerziehung“, Jansenismus, deutsche Philanthropisten, Ludovico Antonio Muratoris Konzeption eines „aufgeklärten Christentums“7). 3 Gemäß UOG 1975, § 23 Ziffer 2 (früher „Wissenschaftliche Hilfskraft“ genannt). 4 ZfP 33 (1987), 447. 5 Grimm 1987, 2, 37. 6 Zur damaligen „Krise des Gymnasiums“ vgl. Engelbrecht, Bd. 3, 1984, 34ff. und 146ff.; in diesem Werk Bd. 1, 2000, 13ff. 7 Grimm 1987, 135ff.
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Sein „primäres Interesse“ galt dabei dem Reformplan des jungen, aus Würzburg stammenden Professors Ignaz Mathias Hess (1746– 1776)8 und den „Hintergründen“, die für seine Nichtverwirklichung maßgebend waren. Er verfolgte damit das Ziel, den „dunklen Punkt“ der Theresianischen Schulreform zu beleuchten und „das landläufige positive Image, das Maria Theresia als erfolgreiche Bildungspolitikerin … hat, zu relativieren“.9 Sie habe mit ihrer Entscheidung gegen „Hess’ weitblickenden Entwurf“ „kurzsichtig-opportunistisch“ auf „eine zeitgemäße Neuordnung des höheren Schulwesens“ verzichtet und „im gymnasialen Bereich … eine große Chance versäumt“10. Engelbrechts Argument, dass Hess’ Plan „in vielem unrealistisch“ war, weil einstweilen weder das Lehrpersonal noch die Finanzierungsmöglichkeit vorhanden gewesen seien11, hat er als „legitimistisch“ verworfen12. Grimms Eifer, beim „Entlarven“ vermuteter „Motive“ und „Hintergründe“ eher apodiktisch statt mutmaßlich zu urteilen, schmälert aber den Wert seiner gründlichen Studie nur unwesentlich. In den seiner Promotion folgenden Jahren hat sich Grimm darauf konzentriert, seine Studien zur Geschichte der österreichischen Gymnasien bis zum Jahre 1819 fortzuführen. Im Oktober 1994 hat er der Fakultät für Kulturwissenschaften deren Ergebnis als Habilitationsschrift vorgelegt. Sie hatte folgenden Titel: „Elitäre Bildungsinstitution oder ,Bürgerschule‘? Das österreichische Gymnasium zwischen Tradition und Innovation 1773–1819“. Sie ist 1995 als Buch im Umfang von 607 Seiten erschienen13. Die Habilitationskommission ist am 9. November 1994 eingesetzt worden.14 Ihr haben als Professoren die Pädagogiker Helmwart Hierdeis (Universität Innsbruck15), Dietmar Larcher und Peter
8 Ebenda, 380–413 und 606ff. (Anmerkungen 126–256). 9 Ebenda, 2. 10 Ebenda, 430ff.; als Überblick über die Beratungen in der SHK und die alternativen Pläne zur Gymnasialreform zwischen 1770 und 1775 vgl. in diesem Werk Bd. 1, 13–18. 11 Engelbrecht, Bd. 3, 1984, 154. 12 Grimm 1987, 35. 13 ZfP 42 (1996), 469. 14 Mitteilungsblatt der UKL 1994/95, Nr. 71. 15 Über Hierdeis vgl. in diesem Werk Bd. 2, 2003, 697ff.
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Posch angehört sowie die Historiker Ernst Bruckmüller (Universität Wien16), Günther Hödl17 und Helmut Rumpler18. Zum Vorsitzenden wurde Larcher gewählt. Grimm hat in seiner Habilitationsschrift bei der Auflösung des Jesuitenordens im Jahre 1773 und ihren Folgen für die staatliche Neuordnung des höheren Schulwesens eingesetzt. Er hat für die Übergangsepoche vom aufgeklärten Absolutismus zum Vormärz die Vielfalt widersprüchlicher Reformpläne, wechselnder Vorschriften und realer Veränderungen von Verwaltung und Lehrpersonal bis zu Lehrplänen und Schulbüchern so detailliert, quellenmäßig gründlich belegt und interpretiert dargestellt wie niemand vor ihm. Dabei wurden auch Vergleiche mit den deutschen Nachbarländern gezogen und insbesondere der Einfluss der Schulreformen im katholischen Bayern auf Österreich nachgewiesen, der größer als das Beispiel Preußens gewesen ist19. Wie vor ihm schon Engelbrecht20 hat Grimm durch seine Studie wesentlich dazu beigetragen, die „undifferenziert negative Sicht“ zu überwinden, die über die österreichischen Bemühungen zur Gymnasialreform dieser Epoche „in der einschlägigen pädagogischen Historiographie lange Zeit“ geherrscht hat21. In diesem Sinne hat Grimm auch seinen Habilitationsvortrag folgendem Thema gewidmet: „Modernisierung und Expansion. Die pädagogische Epoche der Spätaufklärung (1790–1819) als innovative Phase in der Geschichte des höheren Schulwesens in Österreich im Vergleich mit den kontemporären Entwicklungen im Sekundarschulsektor in Bayern und Preußen“. Die Habilitation ist einstimmig beschlossen worden. Ein Jahr später ist Grimm als erster und bisher einziger der Klagenfurter Pädagogiker für seine hervorragenden wissenschaftlichen Leistungen mit dem Kardinal-Innitzer-Förderungspreis ausgezeichnet worden22. Als Dozent hat Grimm folgende Lehrveranstaltungen angeboten23. Vorlesungen haben erst 1999 eingesetzt und waren folgenden Themen gewidmet: „Einführung in die Vergleichende Erziehungswissenschaft: 16 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 429. 17 Kurzbiographie: Kürschner 1996, 573. 18 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 3044. 19 Grimm 1995, 29, 159ff. und 442ff. 20 Engelbrecht, Bd. 3, 1984, 244 und 259. 21 Grimm 1995, 10. 22 Am 14.12.1996. 23 Nach den Verzeichnissen der Lehrveranstaltungen der UKL, WS 1995/96 – SS 2011.
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Bildung in Europa“, „Theorie der Erziehung und Bildung in ihrer geschichtlichen Entwicklung“ (I. Von der Antike bis zur Aufklärung, II. Von der Aufklärung bis zur Gegenwart), „Europäische Bildungssysteme im Vergleich“, „Grundzüge der Geschichte des österreichischen Bildungswesens“, „Theorie der Erziehung und Bildung in ihrer neuzeitlichen Entwicklung“, „Theorien der Bildung und Erziehung in der Moderne“. Die Zahl der für die Vorlesungen angemeldeten Hörer betrug je nach Thema und Semester zwischen 22 (WS 2004) und 274 (SS 2006).24 Seminare: „Epochen und Repräsentanten der Pädagogik in Österreich“, „Das Gymnasium in Geschichte und Gegenwart“, „Berufsbildungstheorien nach Kerschensteiner, Fischer, Litt und Spranger“, „Zwischen Schule und Hochschule: die gymnasiale Oberstufe“, „Europäische Bildungssysteme im Vergleich“, „Die reformpädagogische Bewegung im internationalen Vergleich“, „Berufsbildungstheorien in historisch-systematischer Sicht“, „Bildungsgeschichte als Kulturgeschichte“, „Der Europäische Hochschulraum von seinen Anfängen im Mittelalter bis zum Bologna-Prozess“, „Klassiker der Berufsbildungstheorie“. Die Zahl der für die Seminare angemeldeten Teilnehmer betrug je nach Thema zwischen 11 (SS 2006) und 82 (SS 2011). Proseminare: „Technik des wissenschaftlichen Arbeitens“, „Theorie der Erziehung und Bildung in historisch-systematischer Sicht“, „Die reformpädagogische Bewegung im internationalen Vergleich“. Als Betreuer und erster Gutachter hat Grimm folgende 9 Dissertationen angenommen25, die durchwegs von Frauen stammten: Michaela Jonach: Geschichte der Mädchen- und Frauenbildung in Kärnten. Von den Anfängen bis zum Ersten Weltkrieg (1999); Alexandra Hildegard Zalka: Ganzheitliches Lernen: Grundlagen und Anwendungen der Suggestopädie im Volksschulbereich (2003); Margarete Annemarie Salbrechter: Montessori-Pädagogik und Religionspädagogik. Möglichkeiten und Grenzen einer Verknüpfung im Religionsunterricht an Volksschulen (2004); Aurelia Salloker: Aufgabenprofil und Image des Erzieherberufes (2005); Margit Buchleitner: Aufgabenprofil und Image des Erzieherberufes (2005); Tanja Ugovsek: Die Entwicklung der modernen Fremdsprachen Englisch und Französisch als Unterrichtsfächer während der Weimarer Republik (1919–33) und der nationalsozialistischen Herrschaft (1933–45) unter besonderer Berücksichtigung der Höheren Mädchenschulen (Mädchenlyzeum) (2005); 24 Lehrveranstaltungsliste der UKL (Zentraler Informationsdienst, ZID): Grimm 2001–2011. 25 Nach ZfP und Liste der Studien- und Prüfungsabteilung der UKL von 2011.
Habilitationen: Kolumnentitel Gerald Grimm 1995
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Pia-Maria Rabensteiner: Politische Bildung. Eine Studie über das DemokratieLernen in der Schule mit einem Anhang zur „Grundschule Harmonie“ in Eitorf (NRW) (2007); Sonja Stark: Trainings- und Gesundheitsverhalten in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht (2008); Maria Rainer: Einflussfaktoren bei „RisikoschülerInnen“ beim Erwerb eines positiven Hauptschulabschlusszeugnisses. Mit einer empirischen Untersuchung an Hauptschulabschlussklassen und Vorbereitungslehrgängen der Volkshochschulen (2010).
Die Menge der von Grimm zwischen 1996 und 2011 betreuten Diplom arbeiten26 betrug 96. Davon stammten 77 von Frauen. Die Themen waren vorwiegend schulgeschichtlicher und schulpädagogischer Art. Nur selten gab es fachfremde Themen wie „Das Frauenbild im ,Dritten Reich‘“ (Tanja Ugovsek, 2002), „Toleranz – Miteinander, Vorurteil – Gegeneinander. Gesellschaftliche Aspekte der slowenischen Volksgruppe in Kärnten“ (Rudolf Willmann, 2001) und „Hexen, Zauberer und Protestanten. Integrationsproblematik und Verfolgung von Bevölkerungsgruppen im frühneuzeitlichen Kärnten“ (Christina Kollmann, 2008). Ein Vergleich der Menge und der vielseitigen historisch-pädagogischen Themen der von Grimm betreuten Dissertationen und Diplomarbeiten mit den 2 Dissertationen und 6 Diplomarbeiten, die Lechner zwischen 1985 und 2010 betreut hat, beleuchtet den Aufschwung, den die Pflege der Historischen Pädagogik an der Klagenfurter Universität durch Grimm genommen hat. Zu weiteren Habilitationen für dieses Gebiet ist es allerdings nach denen von Lechner (1985) und Grimm (1995) nicht gekommen, obwohl deren Abteilung in Österreich die einzige universitäre Einrichtung mit einem historisch-pädagogischen Schwerpunkt geblieben ist. Grimms eigene Veröffentlichungen umfassen neben den beiden grundlegenden Bänden zur Geschichte der österreichischen Gymnasien zwischen 1747 und 1819 rund 20 größere Aufsätze zur Schul- und Bildungsgeschichte des 18. und 19. Jahrhunderts und zur Kritik der Pädagogischen Historiographie in Österreich. Die wichtigsten Titel lauten: „Stabilisierung versus Mobilisierung. Zum sozio-politischen Funktionswandel höherer Bildung in Österreich im 18. Jahrhundert“ (1989), „Von der Reform der Schule zur Reform der Forschung. Die Entwick-
26 Nach Liste des Prüfungsreferates der UKL von 2011 und UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 75ff.; 1999–2002, 36ff.
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IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
lung der pädagogischen Historiographie in Österreich im Kontext der Schulreformdiskussion seit dem Schulgesetzwerk 1962“ (1990), „Expansion, Uniformierung, Disziplinierung. Zur Sozialgeschichte der Schulerziehung in Österreich im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus“ (1991), „Wege und Wendepunkte der Erforschung der Geschichte des österreichischen Gymnasiums“ (1992), „Staatliche und individuelle Glückseligkeit durch Erziehung und Unterricht. Die eudämonistisch akzentuierte Bildungsphilosophie des böhmischen Gelehrten und Aufklärers Karl Heinrich Seibt und ihr pädagogisch-geistesgeschichtlicher Kontext“ (1997), „Neuhumanismus versus Realismus. Zur Gymnasialreformdiskussion in Österreich 1838–1848 und deren pädagogisch-geistesgeschichtlichen Kontext“ (2000), „Vincenz Eduard Milde als Pionier der Sozialpädagogik in Österreich im frühen 19. Jahrhundert“ (2003), „Vincenz Eduard Milde – ein vergessener Pädagoge? Zur Milde-Rezeption im deutschen Sprachraum“ (2006). Gemeinsam mit Erik Adam hat Grimm 2009 den Sammelband über „Die Pädagogik des Herbartianismus in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie“ herausgegeben. Mit seinen soliden bildungshistorischen Studien hat Grimm in der Nachfolge von Engelbrecht wesentlich dazu beigetragen, dass Österreichs Historische Pädagogik wenigstens von Spezialisten dieses Faches international als beachtenswert wahrgenommen wird. Das gilt besonders für Deutschland und für die Nachfolge-Staaten der Habsburger-Monarchie, in denen Grimm als Referent Ansehen gewonnen hat. Dass er in der Zeitschrift für Pädagogik bis 2010 noch nie zitiert worden ist, liegt vermutlich an der allgemeinen Vernachlässigung historischer Studien in den erziehungswissenschaftlichen Ausbildungsgängen. 25.15 Konrad Krainer hat am 30. Juni 1995 im Alter von 36 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Didaktik der Mathematik“ erworben. Er wurde „sowohl dem Institut für Mathematik, Statistik und Didaktik der Mathematik als auch dem Interuniversitären Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF) zugeteilt“1. Die Habilitation ist 6 Jahre nach der Promotion erfolgt. Diese Habilitation ist die erste für eine Fachdidaktik gewesen. Die Pflege der besonderen Didaktik der Schulfächer hat zwar schon in der 1 Mitteilungsblatt der UKL 1994/95, Nr. 224; UKL: Forschungsbericht 1995– 1998, 479.
Habilitationen: Kolumnentitel Konrad Krainer 1995
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Aufbaustufe zum Programm der Hochschule gehört2, ist aber tatsächlich vernachlässigt worden. Intensive Forschung mit nennenswerten Ergebnissen hat es nur für die Fächer Mathematik3, Englisch4 und Deutsch5 gegeben. Krainer wurde am 22. Juli 1958 als viertes Kind eines Tischlers in Klagenfurt geboren6. Er hat das Mathematische Realgymnasium Lerchenfeldstraße in Klagenfurt besucht und 1977 das Reifezeugnis mit Auszeichnung erworben. Von 1977 bis 1982 hat er an der dortigen Universität für Bildungswissenschaften die Lehramtsfächer Mathematik und Geographie/Wirtschaftskunde studiert. In den Sommermonaten hat er als Erzieher in Ferienlagern für benachteiligte Kinder gearbeitet. Nach dem Präsenzdienst im Österreichischen Bundesheer war er von 1983 bis 1987 parallel zur Hälfte als Mathematiklehrer an einer Berufsbildenden Höheren Schule und als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Mathematik der Universität Klagenfurt und am Inter universitären Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF) beschäftigt. Seit 1987 ist er zur Gänze an der Klagenfurter Universität tätig. 1989 hat er auf Grund einer mathematischen Dissertation über „Lebendige Geometrie. Überlegungen zu einem integrativen Verständnis von Geometrieunterricht anhand des Winkelbegriffes“ das Doktorat der Naturwissenschaften erworben. Die Dissertation ist 1990 als Buch erschienen. 1994 bis 1996 erfolgte nebenberuflich die Ausbildung zum „Akademischen Organisationsberater im Bildungsbereich“. Krainers kumulative Habilitationsschrift von 1994 vereint acht Aufsätze zum Mathematikunterricht und zur Lehrerfortbildung auf 167 Seiten unter dem Titel „Mathematikunterricht: Lehren, Lernen und Forschen. Aktion, Reflexion, Autonomie und Vernetzung als konstituierende Elemente professioneller Praxis“. Der Habilitationskommission haben vier Mathematiker und die Pädagogiker Larcher und Posch angehört7. 2 Hödl 1980, 63f. und 70. 3 Vgl. neben Krainer auch die Habilitation von Gert Kadunz für „Didaktik der Mathematik“ (2002), S. 739. 4 Vgl. die Habilitation von Gertraud Havranek für „Fachdidaktik des Englischen“ (2002), S. 737. 5 Vgl. die Habilitation von Werner Wintersteiner für „Didaktik der deutschen Sprache und Literatur“ (2003), S. 742. 6 Curriculum Vitae in Krainer 1994, 166f.; briefliche Mitteilung an den Verfasser vom 30.4.2013. 7 UKL, Mitteilungsblatt 1994/95, Nr. 88.
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IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
Im Interuniversitären Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Universitäten Innsbruck, Klagenfurt und Wien (IFF) war Krainer zunächst als Assistent in der von Prof. Peter Posch geleiteten „Abteilung Schule und gesellschaftliches Lernen“ tätig und mit der Durchführung der Hochschullehrgänge „Pädagogik und Fachdidaktik für LehrerInnen“ (PFL) im Fach Mathematik betraut8. Über die Fortbildung von Mathematiklehrern hinaus hat er sich zunehmend auf „Schulentwicklung“, „Schulkultur“ und „Vernetzung von Innovationen an Schulen“ spezialisiert9. 1996 verbrachte er Forschungsaufenthalte an den Universitäten von Georgia und Iowa (USA). 2001 wurde Krainer nach öffentlicher Ausschreibung als Erstgereihter des Besetzungsvorschlages zum Professor für „Didaktik der Weiterbildung mit besonderer Berücksichtigung von Schulentwicklung“ an der Universität Klagenfurt ernannt. Seine Antrittsvorlesung hat er über folgendes Thema gehalten: „Professionalität im Lehrberuf: Reflexion und Vernetzung als zentrale Interventionsstrategien“.10 2004 wurde das IFF als „Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“ in die Universität Klagenfurt eingegliedert. Krainer wurde zum Vorstand ihres „Instituts für Unterrichts- und Schulentwicklung (IUS)“ bestellt11. Sein Forschungsschwerpunkt lag beim Projekt „Innovations in Mathematics, Science and Technology Teaching“ (IMST)12. 2011 wurde er Sonderbeauftragter des Rektorats zur Einrichtung einer „School of Education“ an seiner Universität. Seine zahlreichen Aufsätze und Handbuch-Beiträge sind hauptsächlich der Didaktik des Mathematikunterrichts und der Lehrerfortbildung gewidmet.13 25.16 Ada Pellert hat am 22. Oktober 1998 im Alter von 36 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für „Organisationsentwicklung unter besonderer Berücksichtigung von Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen“ erworben. Sie wurde zu je 50 Prozent dem Institut für 8 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 31 und 529ff. 9 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 41, 478ff. und 485ff. (Publikationen); UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 525ff. und 535f. (Publikationen). Vgl. in diesem Buch S. 450f., 552, 792ff. 10 UKL: Unisono 1/2003, 32. 11 Arnold 2009, 50ff.; S. 793ff. 12 UKL: Die Forschung 2003-2004, 570 und 574f. (Publikationen). 13 http://de.wikipedia.org/wiki/konradkrainer,26.2.2011; http://ius.uni-klu.ac.at/konradkrainer
Habilitationen: Kolumnentitel Ada Pellert 1998
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Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung bzw. dem Institut für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung zugeteilt1. Die Habilitation ist 11 Jahre nach der Promotion erfolgt. Geboren als Ada Pirker am 18. März 1962 in Bruck an der Mur (Steiermark)2, hat sie das Bundesgymnasium für Mädchen in Wien VI besucht und 1980 das Maturazeugnis erhalten. Anschließend hat sie bis 1985 an der Universität Wien Betriebswirtschaft studiert und 1987 an der Wirtschaftsuniversität Wien im Fachgebiet Wirtschafts- und Verwaltungsführung das Doktorat der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften erworben. Ihre Dissertation war folgendem Thema gewidmet: „Der Wandel in den Vorstellungen eines Entwicklungsmanagements, dargestellt anhand der für die Dritte Welt entwickelten Entwicklungsstrategien unter besonderer Berücksichtigung der Wirtschaftswissenschaften“. Beruflich begann sie von 1987 bis 1992 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der vom Mathematiker Roland Fischer geleiteten „Abteilung Bildung und regionale Entwicklung“ des „Interuniversitären Forschungsinstituts für Fernstudien“ (IFF) am Standort St. Pölten3. Nach der Neugründung des IFF als „Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“ war Pellert von 1992 bis 1999 in der unter Fischers Leitung entstandenen Abteilung „Theorie, Organisation und Didaktik von Wissenschaft“ am Standort Wien tätig4. Dort hat sie sich auf Hochschulforschung spezialisiert mit dem Schwerpunkt auf organisatorischen Besonderheiten des Hochschul- und Wissenschaftsbetriebes. Ihr Ziel war es, die Professionalisierung des Hochschulmanagements durch Weiterbildungsprogramme für Angehörige der Universitätsverwaltung zu unterstützen.5 Pellerts Habilitationsschrift war folgendem Thema gewidmet: „Die Universität als Organisation. Die Kunst, Experten zu managen“. Sie ist 1999 als Buch im Umfang von 341 Seiten erschienen. Es behandelt klar und realistisch in fünf Kapiteln die neuen Anforderungen an die Uni-
1 Mitteilungsblatt der UKL 1998/99, Nr. 51; Forschungsbericht der UKL 1995–1998, 518; ZfP 46 (2000) 502. 2 Biographie: Kürschner 2009, 3086; briefliche Mitteilungen an den Verfasser vom 10.4.2013 3 http://www.donau-uni.ac.at/print/?/de/universitaet/whois. 28.7.2012. Zum IFF vgl. Arnold 2009 (mit St. Pölten im Organigramm 1988 auf S. 26) und in diesem Band S. 550. 4 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 32 und 562ff. 5 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 515ff.
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IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
versität, Organisationstheoretische Betrachtungen der Universität, Dimensionen und Aspekte des Universitätsmanagements (einschließlich einer Universitätsmanagertypologie), Personalentwicklung als Managementaufgabe und Evaluation als Organisationsentwicklung. Nach ihrer Habilitation hat Pellert von 1999 bis 2003 als Vizerektorin der Universität Graz für Lehre, Personalentwicklung und Frauenförderung gearbeitet, gehörte aber bis 2005 als außerordentliche Professorin zur Abteilung Hochschulforschung des IFF an der Universität Klagenfurt6. 2005 wurde sie als Professorin für Weiterbildungsforschung an die Donau-Universität Krems (Niederösterreich) berufen. 2009 ist sie der Berufung zur Gründungsrektorin der Deutschen Universität für Weiterbildung in Berlin gefolgt7. 25.17 Johann Dvořák hat am 12. Oktober 1999 im Alter von 53 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Weiterbildung (mit besonderer Berücksichtigung von Bildungspolitik)“ erworben. Er wurde dem Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF) zugeteilt1. Dvořák wurde am 17. April 1946 in Wien geboren2. Nach dem Besuch der Realschule, Externistenreifeprüfung 1968 und Präsenzdienst beim Bundesheer hat er an der Wiener Universität Politologie und Geschichte studiert. 1976 erfolgte die Promotion zum Doktor der Philosophie auf Grund einer Dissertation über „Stadt, Recht und Agrar politik während der englischen Revolution 1642–1653“. Zwischen Promotion und Habilitation sind 23 Jahre vergangen, in denen sich Dvořák publizistisch mit Literatur, Philosophie, Politik und Kultur der Moderne beschäftigt hat. Hauptberuflich hat er zunächst als Lektor, später als wissenschaftlicher Beamter in der Abteilung für Erwachsenenbildung des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst gearbeitet3.
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UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 592ff.; Arnold 2009, 47. Arnold 2009, 47.
1 UKL: Mitteilungsblatt 1999/2000, Nr. 26; UKL: Forschungsbericht 1999– 2002, 515; ZfP 46 (2000), 502. 2 Lebenslauf in der Dissertation von 1976; Kürschner 2007, 682. 3 Erstmals im ÖAK 1978/79, 138 * als Mitarbeiter der Abteilung V, 1 (51) Erwachsenenbildung; im ÖAK 1992/93, 184 (Abteilung Präs. 23); im ÖAK 1997/98, 269 * als Ministerialrat; Filla 2001, 11.
Habilitationen: Kolumnentitel Johann Dvorák 1999
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Seine Habilitationsschrift im Umfang von 277 Seiten behandelte das Thema „Selbstbildung, Volksbildung und staatliches Erziehungswesen. Auf den Spuren von Aufklärung und Bildung, von Weiterbildung und Politik im neuzeitlichen England“. Sie ist 2001 unter dem Titel „Selbstorganisierter Intellekt“ als Buch erschienen. Berichtet wurde darin über die große Bedeutung, die die Selbstbildung oder Selbstunterrichtung für die englische Unterschicht, insbesondere die frühe Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert, gehabt hat. Durch privates Lesen und „Kommunikation über das Gelesene“ konnte die bis zum ersten staatlichen Schulgesetz von 1870 schändliche Vernachlässigung des Elementarschulwesens durch den Staat wenigstens ein bisschen ausgeglichen werden. Dvořák wollte dazu beitragen, „Literatur als wichtige (und die längste Zeit wichtigste) Erziehungsinstitution der europäischen Neuzeit angemessen wahrzunehmen“4. Dementsprechend stehen philosophische, politische und poetische Texte, die der politischen Bildung und „Selbstaufklärung“ des Volkes nutzen konnten, samt ästhetischer Theorie und ästhetischer Bildung im Mittelpunkt seiner Studie. Sie handelt nicht vom Schulwesen, sondern von „Theorie und Praxis selbstorganisierter Bildung“ durch Lektüre. Es sollte am englischen Beispiel gezeigt werden, „daß der Kampf um eine tatsächlich politisch befähigende Massenbildung ein andauernder (wenn auch zunehmend verdeckter und versteckter) Kampf ist“5. Unterstützung hat er für diese primär politikwissenschaftliche Arbeit durch die Professoren Arno Bammé und Werner Lenz gefunden6. Begrifflich war sie verschwommen und erziehungswissenschaftlich ohne Belang. Das Habilitationskolloquium war dem Thema „Wissenschaft, Selbstunterrichtung und politische Bildung“ gewidmet7. In Lehraufträgen an den Universitäten Klagenfurt, Graz und Wien hat Dvořák unter anderem folgende Themen angeboten: „Universitäten und Weiterbildung in Europa“, „Theorie und Praxis staatlicher Weiterbildungspolitik in Österreich“, „Literatur, Autodidaktik und Politik in der Bildungsarbeit mit Erwachsenen“, „Politik und die Kultur der Moderne in Österreich im 19. und 20. Jahrhundert“. Institu-
4 Dvořák 1999, 219. 5 Ebenda, 220. 6 Ebenda, 8. Über Bammé vgl. in diesem Band S. 611ff.; über Lenz vgl. Bd. 2, 337ff. 7 UKL: Mitteilungsblatt 1999/2000, Nr. 2.
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IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
tionell hat er sich als Dozent dem Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien angeschlossen.8 Zur Pädagogik/Andragogik hat Dvořák publizistisch außer einem 2001 erschienenen Aufsatz über die Wiener Schulreformerin Eugenie Schwarzwald (1872–1940)9 nichts beigetragen. Sein Interesse galt der Kulturgeschichte aus sozialistischer Sicht. Davon zeugt auch seine einzige Monographie aus neuerer Zeit: „Theodor W. Adorno und die Wiener Moderne. Ästhetische Theorie, Politik und Gesellschaft“ (2005). 25.18 Renate Buchmayr hat am 14. Oktober 1999 im Alter von 49 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für „Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung ihrer wissenschaftstheoretischen Grundlagen“ erworben und ist dem Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung zugeteilt worden.1 Die Habilitation ist 8 Jahre nach der Promotion erfolgt. Sie wurde am 11. November 1949 in St. Margareten im Rosental (Bezirk Klagenfurt) geboren2. Nach der Volks- und Hauptschule in Ferlach hat sie von 1964–1969 die Bundes-Handelsakademie in Klagenfurt und anschließend bis 1971 die dortige Pädagogische Akademie des Bundes besucht. Seit Herbst 1971 ist sie als Lehrerin für Warenkunde und Deutsch an der Bundes-Handelsakademie II in Klagenfurt tätig. Die Lehramtsprüfung für Kaufmännische Berufsschulen und berufsbildende mittlere Schulen in den Fächern Biologie-Warenkunde und Deutsch ist am 28. Juni 1973 an der Berufspädagogischen Akademie des Bundes in Graz erfolgt. Sie ist seit 1972 verheiratet und hat zwei Söhne. Neben ihrem Beruf hat Buchmayr an der Universität Klagenfurt Pädagogik und Schulpädagogik studiert und an der Wirtschaftsuniversität Wien „Warenlehre, Ökologie und Technologie“. Die Sponsion ist am 15. März 1990 in Klagenfurt erfolgt. Ihre Diplomarbeit über „Die Entwicklung des Unterrichtsgegenstandes Biologie-Warenkunde an Handelsakademien unter dem Einfluß sich verändernder gesellschaftlicher und
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Kürschner 2007, 682; Wikipedia.org. Kurzbiographie: Bruckmüller 2001, 451.
1 Mitteilungsblatt der UKL 1999/2000, Nr. 27; UKL: Forschungsbericht 1999– 2002, 515; ZfP 46 (2000), 502. 2 Lebenslauf vom August 2011 (PAB).
Habilitationen: Kolumnentitel Renate Buchmayr 1999
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wissenschaftlicher Gegebenheiten“3 ist von Posch betreut und 1988 angenommen worden. 1990 ist sie in der Schriftenreihe des Instituts für Technologie und Warenwirtschaftslehre der Wirtschaftsuniversität Wien veröffentlicht worden. An diesem Institut ist Buchmayr von 1990 bis 1999 nebenberuflich auch als Lehrbeauftragte für „Didaktik der Warenlehre“ tätig gewesen. Dem Diplomstudium der Pädagogik an der Universität Klagenfurt folgte ein „Doktoratsstudium Philosophie, Wissenschaftstheorie“4. Es wurde allerdings nicht im dafür zuständigen „Institut für Philosophie“ durchgeführt, sondern im „Institut für Weiterbildung“ bei den für Erziehungswissenschaft bestellten Professoren Gstettner und Bammé sowie Dozent Adam. Es wurde am 19. November 1992 mit der Promotion abgeschlossen. Als Dissertation diente eine Studie mit dem Titel „Erzogene Natur. Über die Symbiose von Natur- und Humanwissenschaft“5. Sie ist 1993 auch als Buch im Umfang von 211 Seiten erschienen. Betreuer und erster Gutachter war Adam6, zweiter Gutachter Gstettner7. Schon der Buchtitel zeigt, dass es darin nicht um ein erziehungswissenschaftliches Thema ging, sondern um „einen Beitrag zur Wiederannäherung von Natur- und Humanwissenschaft“8. Dabei hat sich Buchmayr an das „Plädoyer für Subjektivität“, den „subjektiven Blick“ und die „philosophische Wühlarbeit“ von Michel Foucault (1926–1984) angeschlossen9. Dementsprechend „wird bewußt und häufig eine metaphernreiche Sprache geführt, denn eine ,wissenschaftlich gereinigte‘ Sprache kann dem Unaussprechlichen … nicht gerecht werden“10. Das fing mit dem seltsamen Buchtitel an und wurde in den Hauptkapiteln mit Überschriften wie „Ein magisches Theater – nur für Verrückte“, „Das Verschwinden des Körpers“, „Schrödingers Katze“ und „Katzenjammer der Moderne“ fortgesetzt. Gestützt auf vorwiegend postmoderne Literatur zur Kultur-, Wissenschafts- und Technikkritik wurde vor den katastrophalen Folgen
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UKL: Forschungsbericht 1987–1991, 66. Lebenslauf von 2011, PAB. UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 68; ZfP, 39 (1993), 541. Über Adam vgl. in diesem Buch S. 668ff. Über Gstettner vgl. S. 556ff. Buchmayr 1993, 9. Ebenda, 7f., 14ff. Zu Foucault vgl. Birkelbach 2007. Buchmayr 1993, 12.
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der naturwissenschaftlich-technischen Denkweise, ihrem „mechanistischen Natur- und Menschenbild“ und der „Maschinenideologie“ im gesellschaftlichen Leben und seiner Organisation gewarnt. Ein kurzes Horror-Kapitel war der „Erziehungsmaschine“ gewidmet11, den „Kontroll-“, „Ordnungs- und Disziplinierungsmechanismen“ nach „mechanistischen“ Vorstellungen, die in der „Idee des unbeschränkt Machbaren“12 wurzeln. Es lässt seriöse pädagogische Kenntnisse und Argumentation gänzlich vermissen13. Diese provokante ideengeschichtliche Studie endete im Eingeständnis, „daß das Hauptprojekt der Moderne, nämlich die Emanzipation des Subjekts, gescheitert ist“14, und mit der vagen Empfehlung von „nachdenklichem Innehalten“, „kritischem Selbstbewußtsein“ und „universalem Denken“15. Sie war hier nur deswegen zu erwähnen, weil sie von Klagenfurter Pädagogikern fälschlich als Leistungsnachweis für ihr Fach anerkannt worden ist. Ab 1994 war Buchmayr nebenberuflich als Lehrbeauftragte am Institut für Weiterbildung der Universität Klagenfurt tätig und hat sowohl am Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung als auch in der Abteilung „Technik- und Wissenschaftsforschung“ des IFF bei Bammé Vorlesungen und Seminare über folgende Themen angeboten16: „Michel Foucault: Diskurs und Wissenschaft“, „Ansätze einer alternativen Wissenschaftstheorie: Frauen – Forschung – Feminismus“ (beide im Lehrveranstaltungs-Verbund mit Adam und Gstettner), „Grundlagen ökologischen Denkens“, „Ökonomie, Ökologie, Technologie“, „Das Subjekt in der Wissenschaft: Kulturanalyse“, „Ökologie und Management“, „Technik des Mißlingens“ (SS 1999). Obwohl ihre wenigen Publikationen auf pauschale Kulturkritik und Ökologie beschränkt waren, hat Buchmayr 1999 die Habilitation für das Fach Erziehungswissenschaft beantragt. Die Habilitationskommission hat sich am 17. Mai 1999 konstituiert und Bammé zum Vorsitzenden gewählt. Als weitere Professoren der Pädagogik gehörten ihr 11 Ebenda, 123–132. 12 Ebenda, 152. 13 Vgl. auch ebenda, 13 über die „inzwischen zur Pädagogik institutionalisierte und zur Didaktik mechanisierte Erziehung“, der angeblich „die Trennung vom mechanistischen Paradigma … bis heute“ nur unvollkommen gelungen sei. 14 Ebenda, 170. 15 Ebenda, 194ff. 16 Nach den Vorlesungsverzeichnissen der UKL vom WS 1994/95 bis WS 1999/2000.
Habilitationen: Kolumnentitel Renate Buchmayr 1999
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Gstettner und Larcher sowie Werner Lenz von der Universität Graz und Christina Schachtner von der Universität Marburg an; ferner der Psychologe Ottomeyer17. Die Habilitationsschrift hatte folgenden Titel: „Dem Logos zum Trotz. Identitätskonstruktion im Spannungsfeld von Wissenschaft, Mythos und Marketing“. Sie ist 1999 als Buch im Umfang von 564 Seiten in der von Bammé herausgegebenen Reihe „Technik- und Wissenschaftsforschung“ als Band 33 erschienen. „Das zentrale Thema“ dieser Studie war „das Machtspiel zwischen Mythos und Rationalität, zwischen Ent- und Verzauberung, das dem Subjekt der Postmoderne nahezu chamäleonhafte Anpassungsstrategien abverlangt“. „Wesentlichen Anteil“ an ihrem Zustandekommen hatten die Professoren Erik Adam und Arno Bammé18. In salopper Sprachspielerei mit dem Wort „Macht“ wurde in vier Kapiteln unter den Überschriften „Ver-mächtnisse“, „Be-mächtigungen“, „Ohn-machten“ und „Machenschaften“ sehr abstrakt und maßlos übertrieben ein völlig undifferenziertes Bild „des“ Menschen der „Moderne“, der „Postmoderne“ und der „Nachmoderne“ in seiner „generellen Desorientierung“ gezeichnet. Er werde „von der Postmoderne zur Selbstinszenierung aufgefordert“, „zum Individualismus verpflichtet“ und sei eine „narzistische Persönlichkeit“, die nach Marketingkonzepten „zum Trendtyp gemixt wird“. „Der Trend ist der machtvolle Götze, dem jedes Opfer gebracht werden muß, denn von ihm verstoßen zu werden bedeutet das Herausfallen aus allem ins Nichts einer Gesellschaft, die aufgehört hat als solche Geschichte zu schreiben“. So lautet Buchmayrs „Resümee“19. Am Ende werden „wir aufgerufen“ zur „Knochenarbeit“ mit der „Wolfsfrau“, „will frau nicht unter der dicken Schicht von Zivilisation, Angepaßtheit und Bravsein ersticken“. Wenn wir sie „wieder finden und dazubitten mit ihren mythischen Gesängen, könnte es möglich werden, daß in der Versöhnung von Wissenschaft und Mythos das Subjekt befreit wird vom Szientismus der Moderne und den Verwirrungen der Postmoderne, von Marketinggeschrei und Augenblicksgöttern und frei wird für eine Vernunft, die sich erhebt, um neue Aus-Wege zu suchen.“20
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Mitteilungsblatt der UKL 1998/99, Nr. 293. Buchmayr 1999, 8. Ebenda, 536f. Ebenda, 541f.
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Wie immer man diese kulturkritisch-esoterische Bekenntnisschrift sonst bewerten mag – sie war kein Beitrag zur Erziehungswissenschaft und kein Leistungsnachweis zum Erwerb einer Dozentur für dieses Fach21. Dass sie gesetzeswidrig als solcher angenommen worden ist, zeugt von katastrophalem Fehlen wissenschaftlicher Qualitätsstandards bei den beteiligten „Erziehungswissenschaftlern“ und dem leitenden „Wissenschaftsforscher“ des IFF.22 Dieser Vorgang beleuchtet auch das Versagen der Organe des Instituts für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung (Institutsvorstand, Institutskonferenz) und des Dekans der Fakultät für Kulturwissenschaften bei der Qualitätskontrolle von Habilitationsverfahren und ihren Vorstufen. In qualitativ fragwürdigen Fächern und Instituten reichen „professionelle Selbstkontrolle“ oder „Selbstevaluierung“ durch ihre Mitglieder23 offensichtlich nicht aus. Nach ihrer Habilitation war Buchmayr bis 2002 nebenberuflich als Projektmitarbeiterin an der „Abteilung Technik- und Wissenschaftsforschung“ (Bammé) des IFF tätig24. Neben ihren schulischen und universitären Pflichten hat sie auch noch politische Aufgaben als Gemeinderätin der Sozialdemokratischen Partei (SPÖ) in Ferlach (seit 1991) und als Stadträtin für Soziales, Schulen und Kindergärten (seit 1997) übernommen. Als Universitätsdozentin hat Buchmayr ab 2000 Lehrveranstaltungen zu folgenden Themen angeboten25: „Naturauffassungen im Spiegel der Kulturepochen“, „Ökologie und Management“, „Mutter Natur und ihre Töchter. Natur und Frauenbilder im wissenschaftlich-gesellschaftlichen Kontext“, „Natur in den Wissenschaften: Ausgewählte Aspekte der Wissenschaftstheorie“, „Wissenschaftstheorie: Paradigmen – Modelle – Methoden“, „Produktkulturen: Identität zwischen Schein und Design“, „Nach der Natur: Natur als Vor- und Abbild. Gesellschaft liche und wissenschaftliche Konstrukte“, „Abschied vom Absoluten:
21 Vgl. UOG 1993, § 28. 22 Dieser Fall von Fach-Täuschung ähnelt in seiner Krassheit der 1996 an der Universität Innsbruck erfolgten Habilitation von Helga Peskoller für das Fach „Erziehungswissenschaft“ mit einer Habilitationsschrift über „Bergdenken. Kulturschichten der Höhe“. Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 839ff. 23 Vgl. Pellert 1999, 173 und 281ff. 24 UKL: Handbuch 1999, 131; Personalstand SS 2000, 106; WS 2001/2002, 116. 25 UKL: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen SS 2000 – WS 2005/06.
Habilitationen: Kolumnentitel Siegfried Baur 2000
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Das Ende von Determinismus in Wissenschaft und Gesellschaft“, „Göttinnendämmerung. Versuch zur Überwindung patriarchalischer Strukturen in den Wissenschaften“, „Diskurse der Wissenschaft zwischen anything goes und rien ne va plus“, „Anthropologische Grundlagen der Erziehungswissenschaft“, „Pädagogische Anthropologie“. Als Betreuerin und Gutachterin hat Buchmayr folgende Diplomarbeiten angenommen26: Hans-Jürgen Gutsche: Der Einfluss der Umweltpolitik und der Umweltökonomie auf die betriebliche Unternehmensentwicklung und ihre Auswirkung auf eine nachteilige Entwicklung (2001); Hilda Maria Schaumberger: In den Wind gesät. Die Wirkung der landwirtschaftlichen Förderungen auf den Boden (2001).
Eigene Publikationen sind nach der Habilitationsschrift von 1999 sehr spärlich geblieben. Beiträge zu erziehungswissenschaftlichen Fachzeitschriften fehlen. In der „Zeitschrift für Pädagogik“ ist Buchmayr bis 2010 nie zitiert worden. Neben ihrer Lehrtätigkeit in Klagenfurt hat Buchmayr ab 2002 auch am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaften der Universität Graz einen ständigen Lehrauftrag ausgeübt. Ihr ist dort unter anderem im Bakkalaureatsstudium Pädagogik die zweistündige Pflichtvorlesung „Allgemeine Pädagogik II: Pädagogische Anthropologie“ anvertraut worden27, obwohl sie publizistisch nur als belesene Kennerin von Mythen-, Wissenschafts- und Esoterikgeschichte ausgewiesen war. Zwischen 2005 und 2011 hat sie in Graz 24 Bachelorarbeiten betreut und als Gutachterin angenommen28. Deren Themen lassen besonderes Interesse für Lernen aus neurobiologischer Sicht und „Erziehungsmodelle von der Antike bis zur Postmoderne“ erkennen. 25.19 Siegfried Baur hat am 16. Juni 2000 im Alter von 57 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Erziehungswissenschaft mit besonderer Berücksichtigung der Interkulturellen Pädagogik“ erworben1. Die Habilitation ist 31 Jahre nach seiner Promotion erfolgt. 26 UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 516. 27 Universität Graz: Personalstand WS 2003/04, 103; Verzeichnis der Lehrveranstaltungen SS 2004, 161; Buchmayr: Lehrveranstaltungen an der Universität Graz WS 2002/2003 – SS 2011. PAB. 28 Autoren und Titel unter http://www.uni-graz.at/paeddzwww abschlussarbeiten/paedzwww bachelorarbeiten.htm 1 UKL: Mitteilungsblatt 1999/2000, Nr. 270; UKL: Forschungsbericht 1999– 2002, 56; ZfP 47 (2001), 430.
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IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
Baur wurde am 24. April 1943 in Wels (Oberösterreich) als Sohn eines Molkereiangestellten geboren und hat vier Geschwister.2 Die Familie stammte aus dem Südtiroler Pustertal, hatte 1939 für Deutschland optiert und ist 1951 nach Bruneck zurückgekehrt. Er hat die Volksschule in Wörgl, die Lateinmittelschule in Bruneck und die Lehrerbildungsanstalt in Meran besucht und dort 1961 die Lehrbefähigung erworben. Von 1961 bis 1969 hat er als Grundschullehrer in Ahornach, Ridnaun und Oberolang (Südtirol) gearbeitet. Nebenberuflich hat er von 1962 bis 1964 an der Universität Innsbruck Pädagogik und Psychologie bei den Professoren Brezinka und Kohler studiert. 1964 ist er an die italienische Universität Urbino gewechselt und hat dort 1969 das Doktorat in Pädagogik mit Auszeichnung erworben. Seine Dissertation behandelte „Die Begriffe Theorie und Praxis in der Erziehungswissenschaft und in der transzendentalen Philosophie von Schelling“. 1969 wurde Baur Lehrer für Methodik und Didaktik an der Lehrerbildungsanstalt Meran, 1970 Lehrer an der Mittelschule in Bruneck, von 1972 bis 1982 Grundschuldirektor in Sarnthein und Bozen, dann Schulreferent am Italienischen Generalkonsulat in München und ab 1985 bis 1992 Inspektor für die Zweitsprache Deutsch an den Schulen mit italienischer Unterrichtssprache der Autonomen Provinz Bozen. Seit 1974 war er an der Ausarbeitung und Evaluation von Lehrplänen, der Förderung der Zweisprachigkeit und der Ausbildung und Fortbildung von Zweitsprach-Lehrern der italienischen Sprachgruppe beteiligt. Aus den Erfahrungen in diesem sprachpolitischen und -didaktischen Arbeitsfeld ist seine 267 Seiten umfassende Habilitationsschrift entstanden: „Die Tücken der Nähe. Kontextstudie zur Kommunikation und Kooperation in Mehrheits-/Minderheitssituationen am Beispiel Südtirol“. Sie ist im Jahre 2000 mit einem Vorwort von Dietmar Larcher3 als Buch in einer deutschen und einer italienischen Ausgabe erschienen. Geboten wurde eine kritische Analyse der Südtiroler Kultur-, Sprach- und Schulpolitik seit dem Erlass des Zweiten Autonomie-Statuts4 von 1972 unter dem Gesichtspunkt, die Rahmenbedingungen für
2 Ausführliches Curriculum vitae vom 13.1.2012 und briefliche Ergänzungen vom 18.3.2012, für die Prof. Baur (Bozen) auch an dieser Stelle gedankt sei. PAB. 3 Über Larcher vgl. in diesem Band S. 597ff. 4 Zur Vorgeschichte seit der 1918 erfolgten Annexion des deutschsprachigen Südtirols durch Italien vgl. Steininger 2003.
Habilitationen: Kolumnentitel Siegfried Baur 2000
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Kommunikation und Kooperation zwischen den Sprachgruppen zu verbessern. Baur stützte sich dabei auf ein Forschungsprojekt über „Motivation und Kontakte“, das er von 1994 bis 1996 im Auftrag der Südtiroler Landesregierung zur Situation der Zweisprachigkeit und mögliche Maßnahmen ihrer Verbesserung durchgeführt hat5. Er wollte sich jedoch ausdrücklich „nicht mit den didaktisch-methodischen Aspekten des Zweitsprachlernens“ beschäftigen, sondern mit den Ursachen „des ethnischen Auseinanderklaffens der Gesellschaft in Südtirol“, das sich nach der Phase des „Gegeneinander“ jetzt im bloßen „Nebeneinander“ und „Ohneeinander“ statt „Miteinander“ der Sprachgruppen zeige. Sein „Forschungsziel“ war „die Dekonstruktion von Herrschaftsund Beziehungsstrukturen in System und Lebenswelt des Landes“. Es war mehr politologischer, soziologischer und sozialpsychologischer Art als pädagogischer. Baur setzte fort, was er 1998 in einem gemeinsam mit Irma von Guggenberg und Dietmar Larcher veröffentlichten zeitgeschichtlichen politisch-normativen „Forschungsbericht“ über „Südtirol im Spannungsfeld zwischen ethnischer und postnationaler Gesellschaftsstruktur“6 ausgeführt hatte. In beiden Büchern wurde von postmodernen linksliberalen Wunschvorstellungen aus für „Interkulturalität“ in einer übernationalen „Zivilgesellschaft“ geworben und gegen (deutsche) „volkstumspolitische“ und (italienische) „nationale Agitation“ angeschrieben, ohne die völlig verschiedenen Machtverhältnisse zwischen zentralistischem Nationalstaat und lange drangsalierter deutsch-österreichischer Minderheit zu berücksichtigen. Mit Recht wurde auf „die Grenzen der Didaktik“ als Mittel zur Überwindung von angeblich „vormodernem falschem Bewußtsein“ wie vormoderner „verinnerlichter Sozialstrukturen“ hingewiesen7 und die Bedeutung der Kommunikation und Kooperation zwischen den Sprachgruppen im privaten und öffentlichen außerschulischen Erfahrungsraum betont. Dank der Verbindung mit Larcher, der sich seit 1982 auch mit der Fortbildung von Deutschlehrern an italienischen Grundschulen in Südtirol beschäftigt hatte8, war Baur schon vor seiner Habilitation seit 1994 als Vertragsdozent an der Universität Klagenfurt tätig. Nach
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Baur 2000, 33ff. Untertitel. Der vage Obertitel lautet: „Zwischen Herkunft und Zukunft“. Baur 2000, 235ff. und 303ff. Vgl. in diesem Band S. 603f.
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gelungener Habilitation wurde er ab 2001 Vertragsdozent an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Freien Universität Bozen in Brixen. 2006 ist er dort zum Professor für Allgemeine Pädagogik und Sozialpädagogik ernannt worden. An der Universität Klagenfurt hat Baur 2001 und 2002 noch zwei Seminare zu folgenden Themen angeboten: „Die Auswirkungen von Sprachpolitik auf Schulentwicklung und interkulturelles Lernen im mitteleuropäischen Raum“ und „Bildung durch Selbstorganisation. Möglichkeiten, Notwendigkeiten und Modalitäten der Erwachsenenund Berufsbildung in Zeiten der Globalisierung“.9 In der Forschung hat sich Baur weiterhin als Experte der Evaluation von Initiativen für „Begegnungspädagogik“ (Klassenpartnerschaften, SchülerInnenaustausch usw.), der Förderung von Mehrsprachigkeit und der Erhebung von Sprachbiographien Südtiroler Maturanten gewidmet. Seine Veröffentlichungen sind auf ZweitsprachenDidaktik, Sprachen- und Schulpolitik in Südtirol beschränkt. Beiträge zur Allgemeinen Pädagogik oder Sozialpädagogik liegen nicht vor. 25.20 Maria Nicolini (Zenkl) hat am 31. Oktober 2000 im Alter von 64 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für „Erziehungswissenschaft“ erworben1. Sie wurde nicht dem Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung zugeteilt, sondern dem Interuniversitären Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF), dem sie seit seiner Gründung angehört hat. Die Habilitation ist 28 Jahre nach der Promotion erfolgt. Nicolini ist als Maria Rebasso am 29. Oktober 1936 im Markt Griffen (Bezirk Völkermarkt, Kärnten) geboren worden.2 Nach Besuch der Volksschule in Griffen, der Hauptschule in Völkermarkt und der Bundes-Lehrerinnenbildungsanstalt in Klagenfurt hat sie 1955 die Reifeprüfung für das Lehramt an Volksschulen mit Auszeichnung bestanden. Anschließend hat sie an der Universität Wien das Lehramtsstudium der Mathematik, Philosophie und Leibeserziehung begonnen, aber nach sechs Semestern unterbrochen. Sie ist vorübergehend nach Deutschland übersiedelt, hat als Lehrerin an Mittelschulen in Ulm und
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UKL: SS 2001 und WS 2002/03.
UKL: Mitteilungsblatt 2000/2001, Nr. 74; ZfP 47 (2001), 430. 2 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 2571; http://www.fjum-wien.at/wp/lehrperson/maria-nicolini/ 1
Habilitationen: Kolumnentitel Maria Nicolini 2000
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München gearbeitet und 1960 durch Heirat den Namen Zenkl angenommen. 1965 hat sie ihr Studium an der Universität Graz fortgesetzt, 1966 mit der Lehramtsprüfung für die Fächer Mathematik und Leibeserziehung beendet und den Grad einer Magistra der Naturwissenschaften erworben. Das Probejahr wurde 1967 an der Privaten Frauenoberschule der Ordensfrauen vom Heiligsten Herzen Jesu in Graz abgelegt. Nach einem nochmaligen Aufenthalt in Deutschland ist im Alter von 35 Jahren an der Grazer Universität am 28. Jänner 1972 die Promotion sub auspiciis praesidentis zur Doktorin der Philosophie erfolgt. Zugrunde lag eine unveröffentlicht gebliebene Dissertation im Umfang von 179 Seiten über „Problem und Aufgabe der bildnerischen Erziehung an der Pädagogischen Akademie“3. Erster Gutachter war Professor Alois Eder4, zweiter der Professor für Systematische Philosophie Amadeo Silva-Tarouca5. Mit der Dissertation wurde versucht, „den geistigen Hintergrund“ des Unterrichtsfaches Bildnerische Erziehung an Volksschulen „pädagogisch-anthropologisch zu erhellen. Fragen der Unterrichtsmethode stehen jenseits des vorliegenden Themas“.6 Der Versuch erfolgte in drei Teilen. Der mittlere und größte Teil (S. 32–105) beschrieb mit Bildern veranschaulicht die „Bildende Kunst in Vergangenheit und Gegenwart“ von der griechischen Antike bis zum 20. Jahrhundert ohne irgendeinen Bezug zu Erziehungsfragen. Der erste Teil über „Fragen aus der Pädagogik und Anthropologie“ beschränkte sich „unter der Voraussetzung des christlich-abendländischen Gedankengutes“ mit Dietrich von Hildebrand7 und Romano Guardini8 als Kronzeugen9 auf eine begrifflich verworrene und äußerst informationsarme Skizze der Aufgabe des Schulfaches, „dem Menschen durch bildnerische Erziehung Wirklichkeiten zu erschließen“. Am wichtigsten sei dafür „die Kategorie des in sich Bedeutsamsten“: sie „normiert das Primärfeld der Bildung, welche sich ihrerseits als escha3 ZfP 17 (1971), 138; in diesem Werk Bd. 2, 290. 4 Über Eder vgl. Bd. 1, 491ff.; Bd. 2, 279–295; in diesem Bd. 118ff. 5 (1898–1971). Kurzbiographie: Bruckmüller 2001, 460. 6 Zenkl 1970, 6. 7 (1889–1977). Kurzbiographie: Schischkoff 1978, 278. 8 (1885–1968). Kurzbiographie: Schischkoff 1978, 251. 9 Neben ihnen war es der ehemalige Wiener Pädagogikprofessor Richard Schwarz, der ihrem „Denken Richtung gab“. Über ihn in diesem Werk Bd. 1, 479ff. Zenkl 1970, Vorwort.
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tologische Kategorie auf die Entfaltung der Persönlichkeit des Menschen richtet. Voraussetzung dafür ist das dem Menschen innewohnende Personalitätsprinzip. Der Person eignet a priori der ontische Wert des Menschen. Die Selbstzerstörung des Geistes ist ihre eigentliche Gefahr. Persönlichkeit hingegen wird erst durch qualitative Werte. Ihre Gefahr besteht in der Untergrabung der Wahrheit, im Wertrelativismus …. Das Bild vom Menschen erhält seine typische Prägung durch dessen Transzendenz, das heißt, durch die Fähigkeit, über sich hinauszuschreiten in Richtung auf die Heiligkeit. Hier gelangen wir allerdings an die Grenze erziehungswissenschaftlicher Aussage.“10 Tatsächlich findet sich in der ganzen Schrift keine Spur von Erziehungswissenschaft. Der dritte Teil (S. 106–167) über „Bildnerische Erziehung für die Zukunft“ bot abstrakte Reflexionen über „Kreativität als anthropologisches Phänomen“ und „Erziehung zum bildnerischen Denken“ an Hand von Beispielen für „Grundtypen kindlichen Gestaltens“ aus Schülerzeichnungen auf verschiedenen Altersstufen. Der Wert der von Zenkl gegebenen ästhetischen Interpretationen hätte nur von Spezialisten für Kunstwissenschaft und Kunstpädagogik beurteilt werden können, zu denen beide Gutachter nicht gehört haben. Philosophisch und erziehungswissenschaftlich war der Gehalt der Dissertation so dürftig, dass ihre Annahme als Leistungsnachweis für das Fach Pädagogik schwer verständlich ist. Die Verfasserin, die sich auf ausgezeichnete Zeugnisse und achtjährige Erfahrung als Lehrerin berufen konnte, hätte konstruktive Kritik und solide erziehungstheoretische Beratung durch Eder verdient gehabt. Nach ihrer ehrenvollen Promotion ist Zenkl in Österreich in den öffentlichen Dienst aufgenommen worden. Von 1972 bis 1976 war sie Direktorin der 1970 gegründeten Bundes-Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen in St. Pölten und mit dem Aufbau der Bundesakademie für Sozialarbeit St. Pölten betraut11. Dadurch hat sie den Dienstposten und Berufstitel einer Professorin an Pädagogischer Akademie (LPA) erworben. Sie galt als ausgezeichnete Lehrerin und tatkräftige Direktorin12. Als ihre Bestellung zur definitiven Direktorin der neuen Akademie gescheitert war, ist sie auf eigenen Wunsch mit ihrem Dienstpo 10 Zenkl 1970, 30f. 11 Nicolini 2000, 11; Brückner 1991, 273 und 290f. 12 Mündliche Mitteilung ihrer ehemaligen Schülerin und ab 1976 Leiterin der Akademie für Sozialarbeit St. Pölten Dr. Angela Ringel-Fernandy an Prof. Helmut Engelbrecht (April 2013).
Habilitationen: Kolumnentitel Maria Nicolini 2000
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sten einer LPA-Professorin durch Intervention von Wissenschaftsministerin Firnberg an die Universität Klagenfurt versetzt worden. Am 30. Dezember 1976 ist sie dort der Professur für Lehrplanforschung13 von Peter Posch (ab 1978 „Institut für Lehrplanforschung und Schultheorie“14) zur Dienstleistung zugeteilt worden. 1982 ist sie in das Interuniversitäre Forschungsinstitut für Fernstudien (IFF) gewechselt, das 1992 aufgelöst worden ist15. Zenkl (1995 erstmals als Nicolini) wurde in das 1992 neu gegründete „Interuniversitäre Institut für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Universitäten Innsbruck, Klagenfurt und Wien“ (IFF neu) übernommen. Dort wurde sie der Abteilung „Soziale Ökologie“ zugeteilt, die unter Leitung der in Wien stationierten Soziologin Marina FischerKowalski16 stand. Sie konnte am Dienstort Klagenfurt verbleiben und hat von da an Lehrveranstaltungen zu folgenden Themen angeboten: „Bürgerbeteiligung und Planungsrealität“, „belästigt, gefährdet, geschädigt. Umweltbedingte Beeinträchtigung des menschlichen Wohlbefindens“, „Künstlerische Ausdrucksformen in der Wissenschaft. Polyästhetische Entgrenzungsversuche“, „Die Rolle der Sachverständigen in Entscheidungsprozessen“, „Umweltkonfliktmanagement“, „Lärm – alte Last, neue Lust. Konflikt und Lösung?“, „Bürgerbeteiligung. Modelle und Probleme (ein Beitrag zum Umweltkonflikt-Management)“, „Raumplanung umwelt- und sozialverträglich?“, „Umweltmediation“17. Dazu kam die Leitung zweier „Wissenschaftlicher Veranstaltungen“ über „Markt der Chancen“ als „Baustein zur Bürgerbeteiligung im Kulturlandschaftsprojekt Bergbaufolgelandschaften Eisenerz“ und „Raumplanung und neue Verträglichkeiten. Aushandeln von Widersprüchen im Umgang mit dem Erschöpflichen“18. An Publikationen sind Aufsätze zwischen 3 und 30 Seiten Länge über folgende Themen erschienen: „Vom Dezibel und andern Herzensdingen. Ein Versuch, missachtete Sehnsucht zur Sprache zu bringen“, „Schreiben ein Name für Unterwegssein“, „Bürgerbeteiligung. Ein-
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UBWK: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen SS 1977, 11 und 13; Hödl 227 und 278 (LPA = Lehrer an Pädagogischer Akademie). Über Posch und das Institut vgl. in diesem Band S. 438ff. Zu diesem Institut vgl. S. 547. Arnold 2009, 43. UKL: Vorlesungsverzeichnisse SS 1992 bis WS 1999/2000. UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 503f.
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griff in Eingriffe?“, „Konfrontation, Konflikt, Konsens“, „Sprache, Helldunkler Ort“, „Umwelt-Streiflichter aus Österreich, alphabetische Zuspitzungen“, „Mediation. Versuch gegen die Enge“19. 1997 hat Nicolini einen Tagungsbericht über „Raumplanung und neue Verträglichkeiten. Aushandeln von Widersprüchen im Umgang mit dem Erschöpflichen“ herausgegeben. Auf dieser Basis ist ihr am 13. April 1999 die Lehrbefugnis als Honorarprofessorin für das Fach „Soziale Ökologie“ verliehen und ihre Zuteilung zum IFF bestätigt worden20. Im gleichen Jahr sind folgende zwei von ihr geleitete und durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kunst geförderte „Forschungsprojekte“ begonnen worden: „Konturen inter- und transdisziplinärer Forschung. Qualitätskriterien, Forschungsmethoden und Arbeitsverfahren“ mit zwei Mitarbeitern und „Sprache und Schreiben in inter- und transdisziplinärer Wissenschaft“ (beide vom 1.12.1999 – 1.7.2002). Als Sachgebiete wurden angegeben: „Sozialwissenschaften interdisziplinär“, „Sprache und Gesellschaft“, „Kulturlandschaftsforschung“.21 Diese Arbeitsfelder waren weit entfernt von der Erziehungswissenschaft. Seit Zenkl-Nicolinis Grazer Dissertation von 1970 sind von ihr keine wissenschaftlichen Beiträge zu diesem Fach mehr erschienen. Deshalb ist unbegreiflich, dass sie dreißig Jahre später die Lehrbefugnis für das Nominalfach Erziehungswissenschaft beantragt und erhalten hat. Verantwortlich war dafür eine Habilitationskommission, der die Klagenfurter Professoren Bammé, Gstettner, Larcher und Menschik-Bendele angehört haben sowie als auswärtige vom Dekan bestellte Mitglieder der Professor für Raumplanung, Bodenpolitik und Vermessungswesen an der Universität Dortmund Benjamin Davy und die Wiener Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak. Zum Vorsitzenden wurde Gstettner gewählt22. Es hat keine Habilitationsschrift gegeben, sondern eine „kumulative Habilitation“23. Nicolini hat unter dem Titel „Sozialökologische Bildung. Themen, Thesen, Texte“ eine Aufsatzsammlung im Umfang von 305 Seiten vorgelegt. Sie bestand aus zwei Teilen und einem Nachwort. Der erste Teil enthielt folgende Texte: „Bürgerbeteiligung“; „Mediati
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Ebenda, 505, 509f., 513. UKL: Mitteilungsblatt 1998/99, Nr. 247. UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 610f. Am 23.6.2000. UKL: Mitteilungsblatt 1999/2000, Nr. 290. ZfP 47 (2001), 430.
Habilitationen: Kolumnentitel Maria Nicolini 2000
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on“; „vom Dezibel und andern Herzensdingen“; „Lärm. Widersacher des Klanges“; „Amtssachverständige: Macht, Mythos und Malaise. Die (Ohn)Macht geht vom Volk aus?“; „Sprache, Helldunkler Ort“. Der zweite Teil unter dem Titel „didaktischer Kommentar“ bestand aus folgenden Texten: „mit unterschiedlichem Blick erkunden“; „drei Beispiele interdisziplinären Publizierens“, „Qualitätskriterien, Forschungsmethoden, Arbeitsverfahren inter- und transdisziplinärer Wissenschaft“. Das Nachwort hatte den Titel „Sozialökologische Bildung. Versuch zur öffentlichen Verständigung“24, trug aber nichts zum Thema Bildung oder anderen pädagogischen Fragen bei. Das Ganze wurde von Nicolini als „interdisziplinäre Publikation“ verstanden. „Nichts Gesichertes ist hier entworfen, eher die Möglichkeit des Umkippens in einen neuen Sinn“ (Vorwort). Von wem diese Textsammlung begutachtet worden ist25, ist nicht bekannt. Fest steht nur, dass gesetzlich eines der beiden Gutachten „von einem der vom Dekan bestellten Mitglieder zu erstellen“ gewesen ist26. Da beide keine Erziehungswissenschafter gewesen sind, sondern Raumplaner bzw. Sprachwissenschaftlerin, scheint das Habilitationsverfahren schon aus diesem Grunde den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprochen zu haben. Weder vom einen noch vom anderen konnte beurteilt werden, ob Nicolinis Texte „neue (erziehungs)wissenschaftliche Ergebnisse enthalten und die wissenschaftliche Beherrschung des Habilitationsfaches (Erziehungswissenschaft) und die Fähigkeit zu seiner Förderung beweisen“27. Sie selbst hat „die Fragen der Partizipation und der Mediation“ „im Kontext der Erwachsenenbildung“28 gesehen, ohne den Unterschied zwischen Praxis und wissenschaftlicher Theorie der Erwachsenenbildung zu beachten. Mit der Verleihung der Lehrbefugnis als Universitätsdozentin hat Nicolini den Amtstitel „Außerordentliche Universitätsprofessorin“ erworben29. Seit 2001 im Ruhestand hat sie sich als externe Lehrbeauftragte im IFF auf Seminare über „Sprache und Schreiben in der Wissenschaft“ beschränkt30. Als ihre „Arbeitsgebiete“ wurden folgende 24 Nicolini 2000, 281–305. 25 Gemäß UOG 1993, § 28 Abs. 5. 26 Ebenda, § 28 Abs. 6. 27 Ebenda, § 28 Abs. 5 Ziffer 2 und 3. Ergänzender Einschub vom Verfasser. 28 Nicolini in einem Brief an den Verfasser vom 1.5.2013. PAB. 29 Beamten-Dienstrechtsgesetz (BDG) 1979, § 172 b. Jahrbuch 2010 der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, 208. 30 UKL: Vorlesungsverzeichnis 2001/02, 200.
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IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
angegeben: „Kulturlandschaftsforschung, Nachhaltigkeitsforschung, Klangökologie, Soziale Ökologie, Umwelt und Sprache, Sprache in der Wissenschaft“.31 Als erste und einzige Monographie ist 2001 ein „Leitfaden“ im Umfang von 141 Seiten erschienen: „Sprache, Wissenschaft, Wirklichkeit. Zum Sprachgebrauch in inter- und transdisziplinärer Forschung“.32 Jüngste Aufsätze behandelten „Nachrichten aus der österreichischen Kulturlandschaftsforschung“ (2003, 10 Seiten)33, „Notate zum phallischen Hochzug im geschlechtergerechten Schreiben“ (2008, 8 Seiten) und „Und du setzt den Fuß ins Helle, du Wort“ (2008, 5 Seiten)34. Nicolini hat als erste Gutachterin folgende Dissertation angenommen: Gabriele Adelinde Inzinger: Die Dorfschule und ihr soziales Umfeld. Eine erziehungswissenschaftliche Recherche zum Anlass ,1000 Jahre Pojern‘“ (2004).
Zweiter Gutachter war Bammé35. Unter den 36 Klagenfurter Habilitationen für Erziehungswissenschaft oder deren Teildisziplinen hat es hinsichtlich der Qualität der schriftlichen Habilitationsleistungen und/oder deren Zugehörigkeit zur Erziehungswissenschaft relativ viele fragwürdige Fälle gegeben.36 Nicht bloß fragwürdig, sondern schon allein wegen der fachfremden Inhalte eindeutig unzulässig waren 1999 und 2000 die Habilitationen von Buchmayr37 und Nicolini. Beide sind am IFF durch den „Wissenschaftsforscher“ Bammé und am Institut durch Gstettner unterstützt worden. Das war nur möglich, weil es den beteiligten Pädagogikern und sonstigen Professoren an wissenschaftlicher Urteilsfähigkeit und Beachtung der gesetzlichen Vorschriften gefehlt hat. Nicolinis Textsammlung war aber nicht nur fachfremd konzentriert auf „sozialökologische Spurensuche“ wie „umweltbezogene Verteilungskonflikte, Widersprüche von Interessen und das Aushandeln dieser Widersprüche, verträgliche Lasten-Nutzen-Verteilung, Demo 31 www.uni-klu.ac.at/sc/inhalt/385.htm 32 Eigentümer, Herausgeber, Verleger: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Wien 2001 (Forschungsschwerpunkt Kulturlandschaftsforschung, 12). 33 UKL: Die Forschung 2003–2004, 619. 34 https://campus.aau.at/fodokug/ctl/uebersicht/publicationen/person/4758 vom 29.7.2011 35 ZfP 51 (2005), 457. 36 Vgl. die Übersicht in diesem Band S. 397ff. und 635–758. 37 Vgl. S. 718ff.
Habilitationen: Kolumnentitel Christine Wächter 2001
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kratieentwicklung … im Schnittfeld zwischen Natur und Gesellschaft, … Zivilgesellschaft und Staat“38. Sie war auch methodisch unsolide und verworren39. Stilistisch war sie sprunghaft assoziativ, bilderreich und aphoristisch um eine „poetische Sprache“ bemüht40. Sie wollte im Anschluss an die literarischen Moden der Postmoderne um jeden Preis originell sein. Das ging auf Kosten von Logik, Klarheit, Einfachheit und Verständlichkeit41. Ihr „interdisziplinäres“ und sprachschöpferisches Sendungsbewusstsein war größer als das Vermögen zu gründlicher Beschreibung der Phänomene und selbstkritischer Prüfung ihrer Sätze und theoretischen „Bruchstücke“. Dem Ansehen der Erziehungswissenschaft hat ihre Habilitation auch aus diesen Gründen geschadet. Sie war ein weiteres Beispiel dafür, dass in Klagenfurt in diesem Fach „alles möglich“ zu sein schien. 25.21 Christine Wächter hat am 5.Juli 2001 im Alter von 39 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für „Weiterbildung“ erworben1. Die Habilitation ist 12 Jahre nach der Promotion erfolgt. Wächter ist am 29. Oktober 1961 als Tochter eines Arbeiters in Graz geboren worden2 und hat einen jüngeren Bruder. Nach der Volksund Hauptschule in Gratwein hat sie die fünfjährige Höhere Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe in Graz besucht und 1980 mit dem Reifezeugnis abgeschlossen. Danach hat sie an der Universität Graz Anglistik/Amerikanistik im Hauptfach und Kunstgeschichte im Nebenfach studiert. Das Studienjahr 1982/83 hat sie als Assistent Teacher in Bristol (Großbritannien) verbracht. 1989 hat sie mit folgender Dissertation im Umfang von 341 Seiten das Doktorat der Philosophie erworben: „Elemente politischen Diskurses in den USA. Linguistische Analyse ausgewählter Redebeispiele aus dem Jahre 1984 mit besonderer Berücksichtigung der Reden Ronald Reagans“. Ab 1990 folgte an der Technischen Universität Graz ein nebenberufliches Aufbaustudium
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Nicolini 2000, 17. Ebenda, 15f. Ebenda, 10. Vgl. ebenda 213ff.
1 UKL: Mitteilungsblatt 2000/2001, Nr. 238; UKL: Forschungsbericht 1999– 2002, 515; ZfP 48 (2002, 484). 2 Lebenslauf vom 19.7.2010 mit Ergänzungen vom 12.4.2013 für den Verfasser, PAB.
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IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
„Technischer Umweltschutz“, das 1995 mit der Graduierung zur Diplom-Umwelttechnikerin abgeschlossen worden ist. Hauptberuflich war Wächter seit 1990 als Projektmitarbeiterin und Vertragsassistentin in der von Prof. Arno Bammé geleiteten Abteilung „Technik- und Wissenschaftsforschung“ des „Interuniversitären Instituts für interdisziplinäre Forschung“ (IFF) am Grazer Standort beschäftigt3. Von 1991 bis 1999 war sie dort Leiterin des „Interuniversitären Forschungszentrums für Technik, Arbeit und Kultur (IFZ)“, hat bis 2008 dessen Forschungsbereich „Frauen – Technik – Umwelt“ geleitet und sich auf Feministische Umwelt- und Technikforschung spezialisiert.4 1998/99 hat sie ein Forschungsprojekt zur Erhöhung des Frauenanteils in hochqualifizierten technischen Berufen in Villach durchgeführt. Die aus Interviews gewonnenen empirischen Daten bildeten die Grundlage ihrer Habilitationsschrift über „Technik-Bildung und Geschlecht. Ursachen für die Unterrepräsentanz von Frauen in hochqualifizierten Technikberufen und Ansätze zur Veränderung“. Sie ist 2003 im Umfang von 283 Seiten als Buch erschienen.5 Der Habilitationskommission haben die Professoren Bammé und Gstettner als Erziehungswissenschaftler, die Wiener Curriculumtheoretikerin Ina Wagner6, der Philosoph Heintel, der Psychologe Klaus Ottomeyer und die Soziologin Fischer-Kowalski angehört7. Seit ihrer Habilitation ist Wächter als Außerordentliche Professorin für Weiterbildung am IFF und Leiterin des Zentrums für Frauenund Geschlechterstudien der Universität Klagenfurt am Dienstort Graz tätig.8 Sie hat als Gastprofessorin Lehraufträge an der Technischen Universität Graz, der Technischen Universität Berlin, der Universität Hildesheim und der University of Ottawa (Kanada) ausgeübt über „Technikfolgenabschätzung und Technikbewertung, Technologie und Politik, Nachhaltige Technikgestaltung sowie zu Technik und Ge3 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 31, 520, 523; UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 40, 453, 465, Publikationen: 466, 468, 471f.; UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 513, Publikationen: 519, 521, 523, 524. 4 http://www.ifz.tugraz.at/layout/set/print/team/waechter-christine vom 29.7. 2011. 5 Wächter 2003. 6 Über Wagner vgl. in diesem Band, S. 416ff. 7 UKL: Mitteilungsblatt 2000/01, Nr. 239.2. 8 Forschungsdokumentation: https://campus.aau.at/fodokug/ctl/uebersicht/ publikationen/person/1840?page=all vom 29.7.2011.
Habilitationen: Kolumnentitel Franz Rauch 2002
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schlecht“. Ihre Forschungsschwerpunkte lauten: „Technik-Bildung und Geschlecht, Feministische Perspektiven nachhaltiger Technikgestaltung, Konzepte zur quantitativen und qualitativen Verbesserung der Situation von Frauen in technischen Ausbildungs- und Berufwegen.“9 Zur erziehungswissenschaftlichen Theorie der Weiterbildung sind bisher keine Beiträge erfolgt. Wie bei anderen Klagenfurter Habilitationen für „Weiterbildung“ hat dieser pädagogische Begriff auch Personen ohne erziehungswissenschaftliche Ausbildung und Leistung als Mittel gedient, um in pädagogikferne universitäre Positionen aufzusteigen. Es bedeutet keine Schmälerung ihrer Leistung auf außerpädagogischen Gebieten, wenn dieser täuschende Umweg als nachteilig für Qualität und Ansehen der Erziehungswissenschaft bewertet wird und seine Schließung als überfällig erscheint. 25.22 Franz Rauch hat am 22. August 2002 im Alter von 41 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Schulpädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Umweltbildung“ erworben1. Die Habilitation ist 11 Jahre nach der Promotion erfolgt. Rauch ist am 3. März 1961 in Feldbach (Steiermark) geboren worden.2 Er hat dort die Bundeshandelsakademie besucht und 1980 das Reifezeugnis erworben. Anschließend hat er an der Universität Graz Biologie und Umweltkunde studiert und 1985 die Lehramtsprüfung für das Fach Naturgeschichte mit Erweiterung für Physik und Chemie bestanden. Nach einem halbjährigen Studienaufenthalt in den USA hat er im Schuljahr 1986/87 das Probejahr am Bundesrealgymnasium Keplerstraße in Graz absolviert. Von 1987 bis 1991 war er als Lehrer an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen tätig. Nebenberuflich hat er ab 1988 an der Universität Graz ein Doktoratsstudium in Pädagogik mit Schulpädagogik als Hauptfach und Erwachsenenbildung als Nebenfach durchgeführt. Die Promotion ist am 5. März 1991 erfolgt auf Grund einer von Helmut Seel betreuten Dissertation über „Die Situation der Umwelter-
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Lebenslauf 2010, PAB.
1 UKL: Mitteilungsblatt 2002/2003, Nr. 21; UKL: Forschungsbericht 1999– 2002, 533; ZfP 50 (2004), 464. 2 Rauch 1992, 215; Profil von Franz Rauch: http://ius.uni-klu.ac.at/mitarbeiterinnen/profil vom 28.7.2012.
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IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
ziehung an Oberstufenschulen. Mit einer Einschätzung aus der Sicht der Lehrer in der Steiermark“3. Sie ist 1992 unter dem Titel „Umwelterziehung an österreichischen Oberstufenschulen“ im Umfang von 215 Seiten gedruckt erschienen. Geboten wurden eine Analyse der Lehrpläne, Lehrbücher und Lehrerfortbildungsangebote sowie Ergebnisse aus der Befragung von Lehrern an acht steierischen Oberstufenschulen und darauf gestützte Anregungen zur Verbesserung des Unterrichts. Nach der Promotion wurde Rauch von 1991 bis 1993 teilbeschäftigter Vertragsassistent an der Universität Klagenfurt „im Rahmen eines Aktionsforschungsprojektes über förderliche und hemmende Bedingungen für Innovationen an steirischen Schulen“4. Von 1993 bis 1995 arbeitete er als teilbeschäftigter Assistent in der Abteilung „Soziale Ökologie“ des IFF5. Dort hat er im „Universitätslehrgang für ökologische Beratungsberufe“ unter anderem Seminare über „Praxis ökologischer Beratung“, „Wasserökologie“ und „technischen Umweltschutz: Wasser“ angeboten6. Seit 1994 war er auch Lehrer an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Graz. Nach einem Forschungsaufenthalt an der University of Northumbria at Newcastle upon Tyne in England wurde er 1996 als teilzugeordneter Vertragslehrer im IFF Mitarbeiter der Abteilung „Schule und gesellschaftliches Lernen“ bei dem von Prof. Peter Posch geleiteten Forschungsprojekt „Umweltbildung in der Lehrerbildung“7. Seit 2000 war er an dieser Abteilung des IFF als Universitätsassistent tätig. Die Habilitationsschrift war folgendem Thema gewidmet: „Schulentwicklung im Spiegel von Umweltbildung, externer Unterstützung und Schulleitung“8. Der „besonderen Habilitationskommission“ haben neben einem Mathematiker folgende Pädagogikprofessoren angehört9: Herbert Altrichter (Linz)10, Gerhard De Haan (Freie Universität
3 Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 312. 4 Rauch 1992, 215. 5 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 33. 6 UKL: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen SS 1995, 77, 54, 254. 7 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 41, 476. 8 UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 533. 9 UKL: Mitteilungsblatt 2001/02, Nr. 124. Einsetzung gemäß § 28 Abs. 9 UOG 1993 nach Anhörung des Senates am 31.10.2001 durch den Rektor. UKL: Mitteilungsblatt 2001/02, Nr. 54 und Nr. 157. Vorausgegangen war ein Habilitationskolloquium zum Thema „Aspekte der Umweltbildung“ am 22.6.2001 mit negativem Ausgang. UKL: Mitteilungsblatt 2000/01, Nr. 238. 10 Über ihn vgl. Bd. 3, 561ff.
Habilitationen:Kolumnentitel Gertraude Havranek 2002
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Berlin)11, Konrad Krainer12, Rudolf Messner (Kassel)13, Michael Schratz (Innsbruck)14. Seit 2003 ist Rauch Außerordentlicher Professor an der Universität Klagenfurt mit zahlreichen internationalen Aktivitäten und Publikationen in den Arbeitsbereichen „Netzwerke, Bildung für Nachhaltige Entwicklung, Schulentwicklung, Weiterbildung, Science Education“15. 25.23 Gertraude Havranek hat am 30. September 2002 im Alter von 60 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für „Anglistische Sprachwissenschaft und Fachdidaktik des Englischen“ erworben1. Es war nach Konrad Krainers Habilitation für „Didaktik der Mathematik“ (1995)2 die zweite Habilitation für eine Fachdidaktik. Sie ist 15 Jahre nach der Promotion erfolgt. Havranek wurde am 6. August 1942 in Klagenfurt geboren.3 Sie hat dort nach der Unterstufe des Gymnasiums die Bundes-Lehrerinnenbildungsanstalt besucht und 1961 die Reifeprüfung mit Auszeichnung bestanden. Von 1961 bis 1964 war sie als Volksschullehrerin tätig, von 1964 bis 1978 als Hauptschullehrerin für Mathematik, Englisch und Leibesübungen. Das Schuljahr 1969/70 hat sie mit einem Ful bright-Stipendium als „special graduate“ am Wayne State College in Nebraska (USA) verbracht. Nebenberuflich hat sie von 1973 bis 1978 an der Klagenfurter Universität für Bildungswissenschaften Anglistik für das Lehramt an Höheren Schulen und „Erziehungs- und Unterrichtswissenschaften“ im damaligen „Studienversuch“ studiert4. Nach der Lehramtsprüfung war sie von 1978 bis 1980 Lehrerin an einer Allgemeinbildenden Höheren Schule.
11 2007, 12 13 14 15
Spezialist für „Erziehungswissenschaftliche Zukunftsforschung“: Kürschner 1183. Vgl. in diesem Band S. 712ff., 793ff. Kurzbiographie: Kürschner 2007, 2373. Vgl. Bd. 2, 767ff. Profil, 2 (Fußnote 2).
1 2002, 2 3 4
UKL: Verordnungsblatt 2002/2003, Nr. 22; UKL: Forschungsbericht 1999– 19; ZfP 50 (2004), 464. Vgl. in diesem Werk S. 712ff. Briefliche Mitteilungen an den Verfasser vom 11.4.2013, PAB. Über diesen vgl. S. 370ff.
738
IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
Im Studienjahr 1976/77 hat sie als Studienassistentin5 am Institut für Anglistik und Amerikanistik der Universität für Bildungswissenschaften zu arbeiten begonnen6 und folgenden „Forschungsschwerpunkt“ gewählt: „Kontrastive und angewandte Linguistik, Untersuchung verschiedener Unterrichtsformen hinsichtlich ihrer Effizienz bei der Erreichung verschiedener Lehrziele“7. Von 1980 bis 2003 war sie hauptberuflich als Bundeslehrerin im Hochschuldienst am Institut für Anglistik und Amerikanistik tätig. Zwischen 1982 und 1984 war sie gemeinsam mit Professor Peter Posch Leiterin eines von den Ministerien für Unterricht und Wissenschaft geförderten Forschungsprojektes „Pädagogik und Fachdidaktik für AHS-Lehrer: Englisch“8. 1987 hat sie sub auspiciis praesidentis das Doktorat der Philosophie erworben mit einer Dissertation über „Das Verbalsystem in der englischen Lernersprache österreichischer Schüler“9. Sie ist 1988 als Buch erschienen. Zwischen 1994 und 1996 hat Havranek ein vom „Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung“ gefördertes Projekt „Zur Effizienz der Korrektur beim Fremdsprachenlernen“ durchgeführt. Ziel war „die Erfassung von Kriterien, die zum Erfolg oder Misserfolg einer mündlichen Korrektur im Englischunterricht beitragen. Durch Unterrichtsaufnahmen, Fragebögen und Tests soll erhoben werden, wie weit Korrekturen von Lernenden überhaupt wahrgenommen und aufgenommen werden und ob sie zu einer (möglicherweise nur kurzfristigen) Verbesserung der Sprachkompetenz führen. Das Forschungsprojekt soll darüber hinaus Aufschluß geben, ob ein Zusammenhang zwischen dem Erfolg oder Mißerfolg einer Korrektur und der Art des Fehlers oder der Art, dem Zeitpunkt und der Häufigkeit der Korrektur besteht. Neben dem Einfluß dieser fachlichen und didaktischen Kriterien wird auch untersucht, wie weit persönliche Merkmale der Lernenden zur Effizienz der Korrektur beitragen“.10
5 „Studienassistenten … sind Studierende, welche die für die Verwendung in Betracht kommenden Prüfungen oder wesentliche Teile derselben schon abgelegt haben …“. UOG 1975, § 42 Abs. 1. 6 Hödl 1980, 157; erstmals im Verzeichnis der Lehrveranstaltungen WS 1976/77, 21 und 86; SS 1977, 11, 15, 60. 7 Ebenda, 158. 8 UKL: Forschungsbericht 1983–1987, 391. 9 Ebenda, 399. 10 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 275.
Habilitationen: Kolumnentitel Gert Kadunz 2002
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Aus diesen Studien ist die Habilitationsschrift über „Die Rolle der Korrektur beim Fremdsprachenlernen“ hervorgegangen11. Sie ist 2002 im Umfang von 234 Seiten als Buch erschienen. Am 1. Oktober 2007 ist Havranek in den Ruhestand getreten. 25.24 Gert Kadunz hat am 23. Oktober 2002 im Alter von 44 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Didaktik der Mathematik“ erworben1. Es war an der Universität Klagenfurt die zweite Habilitation für dieses Fach nach jener von Konrad Krainer im Jahre 19952. Ihr „Institut für Mathematik“ ist 1977 aus drei Lehrkanzeln für „Mathematik mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik“ entstanden, die dem ursprünglichen Programm der „Hochschule für Bildungswissenschaften“ entsprochen haben3. Es ist diesem Auftrag treu geblieben und hat in Forschung und Lehrerfortbildung den österreichischen Spitzenplatz auf diesem Gebiet mit internationaler Ausstrahlung erreicht. 1996 wurde eine eigene „Abteilung für Didaktik der Mathematik“ eingerichtet4, die 2007 ein selbständiges Institut geworden ist. Es ist seither zum „Österreichischen Kompetenzzentrum für Mathematikdidaktik“ ausgebaut worden5. Gert Kadunz wurde am 9. Juli 1958 in Klagenfurt geboren6. Er hat dort das 2. Bundesgymnasium besucht und an der Klagenfurter Universität die Fächer Mathematik und Philosophie/Psychologie/Pädagogik studiert und 1984 mit der Lehramtsprüfung abgeschlossen. Von 1984 bis 1991 hat er am Bundesrealgymnasium Klagenfurt-Viktring unterrichtet und nebenberuflich als Lektor am „Institut für Mathematik“ über Methoden der Visualisierung im Geometrieunterricht gearbeitet7. 1991 ist er als Assistent in das „Institut für Mathematik, Statistik und Didaktik der Mathematik“ der Universität eingetreten.8
11
UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 19.
UKL: Mitteilungsblatt 2002/2003, Nr. 42; UKL: Forschungsbericht 1999– 2002, 401; ZfP 50 (2004), 464. 2 Vgl. in diesem Band S. 712ff. 3 Vgl. UKL: Forschungsbericht 1983–1987, 250ff. 4 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 339ff. und 355ff.; 1999–2002, 397ff. 5 http://www.uni-klu.ac.at/idm/inhalt/379.htm vom 27.3.2013. 6 Mündliche Mitteilung vom 27.3.2013. http://wwwg.uni-klu.ac.at/ifeb/ifeb_ scp/tc2001/fckurse01.htm 7 UKL: Forschungsbericht 1987–1991, 19, 209, 215. 8 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 29, 455, 459, 471, 475, 478, 480. 1
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IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
1996 ist die Promotion erfolgt auf Grund einer Dissertation über „Experimentelle Geometrie. Entwicklung und Bewertung von Software für den Geometrieunterricht“.9 Der Titel der Habilitationsschrift lautete: „Visualisierung. Die Verwendung von Bildern beim Lernen von Mathematik“.10 Sie ist im Jahre 2002 als Buch erschienen. Die Habilitation ist 6 Jahre nach der Promotion erfolgt. 25.25 Wilhelm Filla hat am 23. Oktober 2003 im Alter von 55 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Weiterbildung“ erworben und ist dem IFF zugeordnet worden1. Die Habilitation ist 22 Jahre nach der Promotion erfolgt. Er ist am 31. Mai 1947 in Villach geboren worden2. Nach Besuch der Volks- und Hauptschule in Velden am Wörthersee hat er die Handelsakademie in Villach absolviert und 1966 das Reifezeugnis erworben. Nach dem Präsenzdienst im Bundesheer hat er ab 1967 an der Juridischen Fakultät der Universität Wien Soziologie studiert und 1972 mit der Sponsion zum Magister abgeschlossen. 1973 wurde er Pädagogischer Assistent im Verband Wiener Volksbildung. Von 1974 bis 1979 arbeitete er als Direktor der Volkshochschule Wien-Hietzing, von 1979 bis 1983 im Landesjugendreferat der Stadt Wien. 1981 erfolgte an der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien die Promotion auf Grund einer von Prof. Robert Rei chardt (1927–1994)3 betreuten Dissertation über die „Sozialgeschichte der betrieblichen Mitbestimmung in Österreich“ im Umfang von 622 Seiten. Beruflich ist Filla 1984 zur Erwachsenenbildung übergegangen: er wurde Generalsekretär des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen4. 1990 hat er dort eine Pädagogische Arbeits- und Forschungsstelle gegründet und seither geleitet. Er war auch Redakteur der Zeitschrift „Die Österreichische Volkshochschule“ und seit 1992 Vorsitzender der „Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung“.
9 10
UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 349. UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 401.
1 UKL: Mitteilungsblatt 2003/2004, Nr. 33; UKL: Die Forschung 2003–2004, 435; ZfP 50 (2004), 464. 2 Lebenslauf am Ende der Dissertation von 1980; Filla/Leichtenmüller/ Pfniss 1985, 228; Filla 2001, 887; Unisono 4/2003, 25. 3 Kurzbiographie: Kürschner 1992, 2911. 4 Filla 1985.
Habilitationen: Kolumnentitel Wilhelm Filla 2003
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Als Habilitationsschrift hat er ein 2001 erschienenes Buch im Umfang von 887 Seiten vorgelegt. Sein Titel lautete: „Wissenschaft für alle – ein Widerspruch? Bevölkerungsnaher Wissenstransfer in der Wiener Moderne. Ein historisches Volkshochschulmodell“. Unter diesem verschwommenen Titel wurde eine kultur- und sozialgeschichtliche Studie über die „Bildungsform Fachgruppe“ als Einrichtung der Wiener Volkshochschulen zwischen 1902 und 1934 geboten, die als empirischer „Baustein“ von hoher Qualität zu einer „Theorie der Volks- und Erwachsenenbildung“5 gelten kann. Es ging um elitäre Gruppen von wissenschaftlich lernbegierigen Teilnehmern oder Hörern, „die sich auf der Basis eines gemeinsamen fachspezifischen Interesses mit Lehrenden für ihre gemeinsame Bildungstätigkeit zusammenfanden und sich dazu eine dauerhafte Struktur gaben“6, statt sich mit einzelnen Vorträgen oder Kursen zu begnügen. Sie haben ihre Blütezeit in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre erreicht. Ihre weltanschauliche Orientierung war „bürgerlich-liberal“ im Geist der Aufklärung und unterschied sich „grundlegend von konservativen und katholischen Bildungstraditionen“7. Filla hat die Praxis dieser Fachgruppen aus bisher unerschlossenen Quellen und die Biographien ihrer Lehrenden im Rahmen des gesamten Volkshochschulwesens und der politischen Geschichte Österreichs bis 1938 genau beschrieben und vom sozialdemokratischen Standpunkt moderner „pluraler Aufklärung“8 ausgewogen interpretiert. Sein Buch überragte durch methodische Sorgfalt, Inhaltsreichtum und Verständlichkeit das meiste, was in Österreich bisher zur Geschichte der Erwachsenenbildung publiziert worden ist. Für die Geschichte der österreichischen Pädagogik bemerkenswert war daraus die Tatsache, dass zwischen 1900 und 1938 bei den Fachgruppen im Unterschied zur Philosophie und Psychologie keine Nachfrage nach wissenschaftlicher Pädagogik bestanden hat. Es ist in der Millionenstadt Wien nur zu einer einzigen „Fachgruppe für Erziehungswesen“ gekommen, die ohne Verbindung zur universitären Pädagogik geblieben ist. Sie wurde 1921 im „Volksheim“ von Alfred Adler (1870–1937) für 70 Mitglieder gegründet und war überwiegend
5 6 7 8
Filla 2001, 14. Ebenda, 25. Ebenda, 701. Ebenda, 729.
742
IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
individualpsychologisch, erziehungspraktisch und schulpolitisch orientiert9. 25.26 Werner Wintersteiner hat am 24. Oktober 2003 im Alter von 52 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Didaktik der deutschen Sprache und Literatur“ erworben1. Es war an der Universität Klagenfurt die erste Habilitation für diese Fachdidaktik. Sie ist 5 Jahre nach der Promotion erfolgt. Wintersteiner ist am 24. Juni 1951 in Wien geboren worden.2 Er hat dort im VIII. Bezirk die Volksschule und das Humanistische Gymnasium bis zur Reifeprüfung im Jahre 1969 besucht. Nach dem Präsenzdienst beim Bundesheer hat er ab 1970 an der Universität Wien Romanistik und Germanistik studiert und 1976 mit dem Lehramtsprüfungszeugnis den Magistergrad erworben. Von 1976 bis 1987 war er als Lehrer für Deutsch und Französisch an der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe in Klagenfurt tätig. Seit 1978 ist er verheiratet. Aus der Ehe sind zwei Töchter hervorgegangen. 1987 wechselte Wintersteiner als Bundeslehrer im Hochschuldienst an das Institut für Germanistik der Universität Klagenfurt3. Dort hat er sich auf „Deutschdidaktik als wissenschaftliche Teildisziplin der Germanistik“ spezialisiert. Dazu gehörte auch die Herausgabe der „Informationen zur Deutschdidaktik“, der einzigen deutschdidaktischen Zeitschrift in Österreich, die seit 1988 als themenbezogene Vierteljahrsschrift erscheint; ferner die Organisation von Tagungen zur „Deutschdidaktik in Österreich“, die seit 1989 im 2-Jahres-Rhythmus für Lehrkräfte aller Schultypen, Universitäten und Pädagogischen Akademien durchgeführt werden. Zunehmend hat er sich dem Arbeitsschwerpunkt „Interkulturelles Lernen – Friedenserziehung“ zugewendet. 1998 hat er im Alter von 47 Jahren das Doktorat der Philosophie erworben auf Grund einer von Professor Larcher betreuten Dissertation im Umfang von 339 Seiten über „Pädagogik des Anderen. Baustei-
9
Ebenda, 390ff., 403, 510.
1 UKL: Mitteilungsblatt 2003/2004, Nr. 34; ZfP 50 (2004), 464. 2 Kürschner 2007, 4057; Lebenslauf in der Dissertation von 1997, 339; Curriculum vitae und wissenschaftliches Profil von 2011. PAB. 3 Zu diesem Institut und seinen Leistungen für die Fachdidaktik Deutsch vgl. UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 223ff.; 1995–1998, 136.
Habilitationen: Kolumnentitel Werner Wintersteiner 2003
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ne für eine Friedenspädagogik in der Postmoderne“4. Sie ist 1999 als Buch erschienen. Es handelte sich um eine breit angelegte originelle Interpretation und Kritik der üppigen Literatur zur Theorie der Friedenserziehung und ihres philosophischen und politologischen Umfeldes aus dem Blickwinkel skeptischer „postmoderner“ Autoren. „Kerngedanke ist, dass ,Lernen‘, ,Kultur‘ und ,Frieden‘ in einem Umgang mit dem Anderen, der sein radikales Anderssein respektiert, einen gemeinsamen Bezugspunkt finden“. Als „zentrale friedenspädagogische Kategorie“ wurde „in Zeiten der Globalisierung“ die „Globale Bildung“ zu beleuchten versucht. Geboten wurde eine vom „Zweifel“ begleitete „Gratwanderung … zwischen dem Abgrund eines utopischen Weltverbesserungsglaubens, wie er in allen Friedensprogrammen steckt, und dessen Resultat der ideale, also der totale Staat ist, und dem nicht minder gefährlichen Abgrund des aufgeklärten Nihilismus , der aus der Einsicht in Aussichtslosigkeit des Menschen ein Lebensprogramm macht“.5 „Aufgabe einer wissenschaftlichen Friedenspädagogik“ sei „die kritische Prüfung der Voraussetzungen, Implikationen und Zielsetzungen der Friedenserziehung, die Reflexion und (Selbst-)Aufklärung der erzieherischen Praxis“. Dabei wurde pauschal „mitzudenken“ aufgefordert, dass Friedenspädagogik „strukturell … selbst Bestandteil eines gewalttätigen Systems ist“.6 Wintersteiner hat betont, dass er „nur Bausteine einer Friedenspädagogik liefern könne“ und seine Studie „ein Torso bleiben werde“7. Tatsächlich ist er über allgemeine außerpädagogische Vorüberlegungen wenig hinausgekommen und in vagen Zielvorstellungen über „Konfliktfähigkeit“ als „das wesentliche Lehrziel der Friedenserziehung“8 und „Globale Bildung“ stecken geblieben. Den schwierigen Fragen nach bewährtem Zweck-Mittel-Wissen als Kern jeder Pädagogik ist ausgewichen worden. Das gilt auch für die Habilitationsschrift über „Poetik der Verschiedenheit. Literarische-kulturelle Bildung und Globalisierung. Umrisse einer interkulturellen Literaturdidaktik“9. Sie ist 2006 unter dem Titel „Poetik 4 5 6 7 8 1989, 9
UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 142. Wintersteiner 1997, 8f. der Dissertation. Ebenda, 12. Ebenda, 315. Ebenda, 316. Zur Analyse und Kritik dieses Erziehungszieles vgl. Brezinka 303-320. Ukl: Die Forschung 2003–2004, 54.
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IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
der Verschiedenheit. Literatur, Bildung, Globalisierung“ als Buch im Umfang von 322 Seiten erschienen. Es trat unter der Parole „Globale Bildung für eine plurale Welt“ für „das Ende der nationalen Bildung“ und „Kosmopolitismus als pädagogische Leitlinie“10, für „Diversität“, „Interkulturalität“ und „weltliterarische Bildung“ ein, ohne psychologische Gegenargumente wie die Grenzen der Lernfähigkeit, Interessen und Belastbarkeit der Schüler oder realpolitische Einwände zu berücksichtigen. Das Wintersemester 2005/2006 hat Wintersteiner als Fulbright Visiting Scholar am Teachers College der Columbia University in New York verbracht. Seit 2005 ist er als Leiter eines interdisziplinären „Zentrums für Friedensforschung und Friedenspädagogik“ an der Fakultät für Kulturwissenschaften der Universität Klagenfurt tätig. Seit 2006 ist er auch Leiter des „Österreichischen Kompetenzzentrums für Deutschdidaktik“. 2007 wurde er zum Universitätsprofessor für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur berufen. Zwischen 1995 und 2011 hat er mehr als 50 Fortbildungsseminare für Deutschlehrer aller Schultypen in allen österreichischen Bundesländern über österreichische Literatur, Kinder- und Jugendliteratur, Methoden der Literaturdidaktik, Literatur und interkulturelles Lernen, Literatur und Gewalt sowie Friedenspädagogik durchgeführt.11 Die Liste seiner Publikationen zwischen 1983 und 2011 umfasst neben 4 Monographien 267 Aufsätze in Zeitschriften und Sammelbänden12. 25.27 Georg Gombos hat am 17. Mai 2004 im Alter von 46 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Interkulturellen Pädagogik“ erworben.1 Die Habilitation ist 13 Jahre nach der Promotion erfolgt. Er wurde am 7. Oktober 1957 als Sohn ungarischer Flüchtlinge des Jahres 1956 in Wien geboren und hat zwei ältere Geschwister.2 Nach dem Besuch des Gymnasiums Wien I Stubenbastei hat er ab 1976 an der Universität Wien das Studium der Anglistik und Romanistik für das Lehramt begonnen und 1984 an der Universität für Bildungswis
10 11 12
Wintersteiner 2006, 101ff. Curriculum vitae 2011. PAB. Publikationsliste, März 2011. PAB.
1 UKL: Mitteilungsblatt 2003/2004, Nr. 224; UKL: Die Forschung 2003–2004, 31; ZfP 51 (2005), 457. 2 Lebenslauf: Dissertation, 283.
Habilitationen: Kolumnentitel Georg Gombos 2004
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senschaften in Klagenfurt mit der Sponsion abgeschlossen. Nach dem Probejahr war er ein Jahr als Englischlehrer am Bundesgymnasium in Völkermarkt tätig. 1985 wurde er Assistent am Institut für Weiterbildung bei den Professoren Gstettner, Larcher und Bammé.3 1991 ist die Promotion zum Doktor der Philosophie erfolgt auf Grund einer von Larcher betreuten Dissertation im Umfang von 283 Seiten über „Lehrerweiterbildung und Zweitsprachdidaktik. Theoretische Begründungszusammenhänge und kritische Einschätzungen eines Lehrerweiterbildungsprojektes“.4 Mit „Lehrerweiterbildung“ war hier im Unterschied zur „Lehrerfortbildung“ gemeint „eine ,weitere‘ Bildung von Lehrerinnen und Lehrern, die über die Grenzen des jeweiligen Schulfaches hinausgeht und insbesondere den Bezug zu gesellschaftlichen Phänomenen herzustellen sucht“.5 Die Dissertation enthielt einleitend allgemeine Reflexionen zu „kooperativen“ Lehrerweiterbildungsseminaren. Im Hauptteil erfolgte eine kritische Darstellung des von Gstettner, Larcher und ihren Mitarbeitern von 1984 bis 1986 in Südtirol durchgeführten Projektes „Multiplikatorenausbildung für Lehrerinnen und Lehrer der zweiten Sprache Deutsch an italienischen Grundschulen“6. Nach seiner Promotion hat sich Gombos weiter auf Lehrgänge für „Interkulturelles Lernen“ und Förderung von Zweisprachigkeit in Kärntner, Südtiroler und Burgenländischen Schulen spezialisiert.7 Im 1996 entstandenen Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung ist eine „Abteilung für Interkulturelle Bildung“ eingerichtet worden, in der er als Assistent mit den Professoren Gstettner und Larcher eng zusammengearbeitet hat8. Seine teilkumulative Habilitationsschrift war folgendem Thema gewidmet: „Babylon in der Postmoderne. Interkulturelle Mehrsprachigkeit als neues Paradigma der Bildungsarbeit“. Ihr Rahmenkapitel ist geringfügig überarbeitet 2007 als Buch im Umfang von 149 Seiten unter dem Titel „Mit Babylon leben lernen. Aspekte einer interkulturellen Mehrsprachigkeit“ erschienen.
3 4 5 6 Band 7 8
UKL: Forschungsbericht 1983–1987, 35; 1987–1991, 14 UKL: Forschungsbericht 1987–1991, 93. Gombos 1991, 1. Gombos 1991, 95ff.; UKL: Forschungsbericht 1983–1987, 124. – Vgl. in diesem auch S. 603ff. UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 59ff., 82f., 86, 90. UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 15, 88ff., 100f.; 1999–2002, 53, 63f.
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IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
Es bietet einen realistischen und klaren Überblick über „postnationale Sprachenpolitik“ in der „globalisierten Welt“ mit Schwerpunkt auf der Mehrsprachigkeit in Europa und der Lage der Minderheitensprachen am Beispiel der Slowenischen in Kärnten und der deutschsprachigen Südtiroler in Italien. Gombos trat für den Erhalt der Sprachenvielfalt und für mehrsprachige Schulerziehung ein, ohne „die Vermittlung der Sprache … mit der Zugehörigkeit zur Ethnie“ zu verknüpfen9. Gestützt auf internationale Forschungsergebnisse wurden die Vorteile der Zwei- und Mehrsprachigkeit für „interkulturelle Handlungskompetenz“ dargestellt, aber schulpolitisch auch Berücksichtigung der jeweils gegebenen historischen Bedingungen gefordert. Außer dem Programm „Erziehung zur Mehrsprachigkeit vom Kleinkind- bis zum Erwachsenenalter“ und seiner Begründung trägt das Buch allerdings zur Pädagogik wenig bei. Gombos hat folgende 2 Dissertationen als Betreuer und erster Gutachter angenommen10: Barbara Edmonds: Maori – Pakeha. Interkulturelle Lebenswelten zwischen Idealisierung und Ausgrenzung (2012); Eva Schebach: Von Verwandten und anderen Fremden. Anerkennen und sich selbst anerkennen. Über aktuelle Wirklichkeitskonstruktionen in den Nachfolgegenerationen ehemals slowenischsprachiger Kärntnerinnen und Kärntner (2012).
25.28 Johannes Krall hat am 21. April 2004 im Alter von 41 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Erziehungswissenschaft“ erworben.1 Die Habilitation ist 11 Jahre nach der Promotion erfolgt. Krall wurde am 10. Januar 1963 in Wolfsberg (Kärnten) als Sohn eines Elektrikers geboren, hat vier Geschwister und ist in einer von der SPÖ dominierten Arbeitersiedlung aufgewachsen2. Nach vier Jahren Volksschule in Jakling und Hauptschule in St. Andrä im Lavanttal (Bezirk Wolfsberg) hat er die Fachrichtung Elektrotechnik an der Höheren technischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt in Klagenfurt
9 10
Gombos 2007, 61ff. ZfP 59 (2013), 635f.
1 UKL: Mitteilungsblatt 2003/2004, Nr. 204; UKL: Die Forschung 2003–2004, 36; UKL: Unisono 2/2004, 14/15 mit Foto; ZfP 51 (2005), 457. 2 Lebenslauf vom 28.9.1992 am Ende der Dissertation (dort auch S. 14ff.: Persönlicher Zugang); Fragebogen, Lebenslauf und briefliche Mitteilungen vom 5.9.2011. PAB.
Habilitationen: Kolumnentitel Johannes Krall 2004
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besucht und 1982 das Reifezeugnis erworben. Anschließend hat er an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Klagenfurt bis 1986 die Ausbildung zum Hauptschullehrer für die Fächer Mathematik und Leibeserziehung samt Zusatzfach Informatik absolviert. Zwischen 1987 und 1991 hat er mit Unterbrechungen an einem Polytechnischen Lehrgang in Klagenfurt und an Hauptschulen in Bleiburg und Friesach unterrichtet. Parallel dazu hat er zunächst im Studienjahr 1986/87 an der Universität Graz und ab 1987 in Klagenfurt „Pädagogik in Kombination mit bildungswissenschaftlicher Psychologie“ studiert und am 28. Juni 1990 mit dem Diplom in Pädagogik abgeschlossen. Seine Diplomarbeit von 1989 war folgendem Thema gewidmet: „Die Rache des kleinen Mannes. Eine ethnopsychologische Untersuchung verborgener Bedeutungen des 8. Internationalen GTI-Treffens in Maria Wörth 1989“.3 Sie ist 1991 unter dem Titel „Das Automobil oder ,Die Rache des kleinen Mannes‘“ als Buch im Umfang von 168 Seiten erschienen. Es handelte sich um eine „Untersuchung jugendkultureller Phänomene im Rahmen eines Freizeit-Events von Jugendlichen (und jungen Erwachsenen)“. Diese Studie galt als Diplomarbeit in Pädagogik. Später wurde sie „auch als Diplomarbeit für die Psychologie angerechnet“.4 Im Herbst 1990 hat Krall an der Universität Klagenfurt das Doktoratsstudium begonnen. Am 18. März 1993 erfolgte in der Abteilung für Psychotherapie die Promotion zum Doktor der Philosophie auf Grund einer psychologischen Dissertation über „Die Inszenierung des Politischen. Eine sozialpsychologische Analyse am Beispiel des Jörg Haider“5. Betreuer war Prof. Klaus Ottomeyer, zweiter Gutachter Prof. Larcher. Sie ist im Rahmen eines Forschungsprojektes von Ottomeyer über „Die Inszenierung des Jörg Haider“ entstanden, das 1990/91 vom Dr. Karl Renner Institut Wien und der SPÖ Kärnten gefördert worden ist6. Kralls Interpretation von Haiders Redetexten und Aktionen folgte theoretisch und methodisch der psychoanalytischen Sozialforschung mit „dichter Beschreibung“, „tiefenhermeneutischem“ und „szenischem Verstehen“ von „präsentativen Symbolisierungen“ einschließlich einer „starken subjektiven Involviertheit des Forschenden“7.
3 4 5 6 7
UKL: Forschungsbericht 1987–1991, 141. Briefliche Mitteilung von Krall an den Verfasser vom 10.4.2013. PAB. UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 102. UKL: Forschungsbericht 1987–1991, 136. Krall: Dissertation 1992, 21–32.
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IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
1992 ist Krall als Assistent bei Prof. Peter Posch in das damalige Institut für Schulpädagogik und Sozialpädagogik der Fakultät für Kulturwissenschaften eingetreten.8 Dort hat er sich an Forschungsprojekten über „Schule als Lerngemeinschaft“, „Soziales Lernen an einer AHS“ und „Schulentwicklung“ beteiligt9. Als Vater von drei Kindern in Partnerschaft mit einer Volksschullehrerin hat er Erziehungs- und Schulpraxis auch aus Sicht der eigenen Familie erlebt. Nach der Zusammenlegung der drei bis dahin selbständigen pädagogischen Institute zum neuen „Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ hat er von 1997 bis 2002 dessen „Abteilung für Schulpädagogik“ geleitet10. Sein Interesse hat sich jedoch zunehmend auf sozialpädagogische Arbeitsfelder mit Risikogruppen von Kindern und Jugendlichen verlagert11. Darauf hat er sich unter anderem durch Ausbildung zum Psychotherapeuten und Lehrtrainer für PsychodramaMethoden12 und Fortbildung in „Systemischer Therapie“ vorbereitet. Als Habilitationsschrift in „teilkumulativer“13 Form hat Krall rund zehn lose zusammenhängende Aufsätze, die bereits publiziert waren, unter folgendem Titel eingereicht: „Gewalt und Trauma bei Kindern und Jugendlichen. Herausforderungen für Schule, Soziale Arbeit und Psychotherapie“. Methodisch hat er sich auf „teilnehmende Beobachtung“, „ethnografische ,dichte‘ Beschreibung“, „qualitative Interviews“, „Szenisches Verstehen“, psychoanalytische Fallstudien und „Aktionsforschung“ berufen. Inhaltlich reichen die Texte auf 450 Seiten vom Psychodrama über Gewalt von Berufsschülern gegen Ausländer, „Handlungsmöglichkeiten gegen Rechtsextremismus“, „Sozialpädagogische Betreuung bei jugendlichem Rechtsextremismus“, „Szenisches Arbeiten in der Psychotherapie nach sexuellem Mißbrauch“, „Trauma und Männlichkeit bei Kindern und Jugendlichen“ bis zu „Gewalt als Impuls für Schulentwicklung“. Sie zeugen von reicher Praxiserfahrung als Lehrer, Psychotherapeut, sozialpädagogischer Berater, Supervisor, Trainer und „Qualitätsevaluator“. Was fehlt, ist ein erziehungstheoretischer Rahmen mit klaren Begriffen.
8 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 17. 9 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 107f., 114f. 10 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 16; UKL: Vorlesungsverzeichnis WS 2001/2002, 88. 11 Krall am 5.9.2011 in einem Brief an den Verfasser. PAB. 12 Hierzu vgl. u.a. Schneider-Düker 1993. 13 Krall 2003, 14.
Habilitationen: Kolumnentitel Johannes Krall 2004
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Die Texte betreffen den Mischbereich relativ unpräziser psychotherapeutischer und sozialpädagogischer Praxis. Eine Verbindung zur erziehungswissenschaftlichen Systematik und Historik wird gar nicht versucht. Deshalb waren sie als Nachweis der „wissenschaftlichen Beherrschung des Habilitationsfaches“ Erziehungswissenschaft14 wenig geeignet und hätten einer Revision und Ergänzung bedurft. Auf seinem Spezialgebiet der Jugendsozialarbeit und Psychotherapie traumatisierter Kinder und Jugendlicher hat Krall viel Ansehen gewonnen. Dazu haben neben zahlreichen Aufsätzen zwei Bücher beigetragen, die auf der Habilitationsschrift fußen: „Jugend und Gewalt. Herausforderungen für Schule und Soziale Arbeit“ (2004) und „Trauma bei Kindern und Jugendlichen. Szenische Arbeit in Psychotherapie und Pädagogik“ (2007). In seinen Lehrveranstaltungen dominierten folgende Themen: „Selbsterfahrung: Psychodrama“, „Gruppenselbsterfahrung: Psychodrama“, „Youth at Risk: Intervention zwischen Pädagogik, Beratung und Psychotherapie“, „Gefährdete Jugendliche“, „Gewalt und verhaltensbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche“, „Jugend- und Männer arbeit: Bildung, Beratung und Begegnung“, „Supervision und Coaching: Praxisberatung und Praxisforschung“, „Schule und Gewalt: Sozialisationsrisiken und Prävention“, „Szenische Verfahren im Sozial- und Bildungsbereich“, „Psychodrama und Soziometrie in der interkul turellen Bildungsarbeit“, „Psychosoziale Entwicklung in Kindheit und Jugend: Biografische Belastung, Trauma und Intervention“15. Zwischen 2003 und 2011 hat er aus dem Universitätslehrgang „Soziale Arbeit“ 27 Diplom-Abschlussarbeiten betreut16. Seit 2002 hat Krall unter anderem folgende Forschungs- und Entwicklungsprojekte geleitet: „Qualitätssicherung durch professionelle Supervision in der Heimerziehung“, „Sozialarbeit an der Schnittstelle von ,Straße‘, Schule und Familie. Chancen und Risiken einer möglichen Re-Integration“, „Supervision und Coaching. Pädagogische Forschung und Praxisentwicklung“, „Soziale Situation und berufliche Lebensplanung von Teenager-Müttern“, „Streetwork – Mobile Jugendarbeit in Kärnten“17. 14 15 16 PAB. 17
Gemäß UOG 1993, § 28 Abs. 5, 3. Lehrveranstaltungen Krall 2004–2011. PAB. Krall: Betreute Diplomarbeiten und Diplomabschlussarbeiten (2011). Briefliche Mitteilung an den Verfasser vom 5.9.2011. PAB.
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25.29 Vladimir Wakounig hat am 19. Mai 2007 im Alter von 60 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozent für „Erziehungswissenschaft“ erworben1. Die Habilitation ist 27 Jahre nach der Promotion erfolgt. Wakounig wurde am 10. April 1947 als viertes Kind seiner Eltern in Müllnern (Gemeinde Sittersdorf, Bezirk Völkermarkt, Kärnten) geboren.2 Nach dem Besuch der zweisprachigen Volksschule St. Primus im Jauntal (Bezirk Völkermarkt) hat er ab 1958 das Bundesgymnasium für Slowenen in Klagenfurt besucht und am 13. Juni 1966 die Reifeprüfung bestanden. Anschließend ist er in das Bischöfliche Priesterseminar Klagenfurt eingetreten. Nach der Priesterweihe 1971 hat er 1971/72 seine Studien an der Theologischen Fakultät in Salzburg abgeschlossen. Von 1972 bis 1973 war er als Kooperator und Religionslehrer in der zweisprachigen Pfarre St. Jakob im Rosental (Bezirk Villach-Land) tätig. Von 1973 bis 1980 hat er nebenberuflich an der Universität Salzburg Erziehungswissenschaft und Publizistik studiert. Hauptberuflich war er von 1974 bis 1981 Vertragslehrer für den Förderunterricht fremdsprachiger Kinder in der Stadt Salzburg. Am 12. Juni 1980 hat er das Doktorat der Philosophie erworben auf Grund einer von Professor Josef Thonhauser3 betreuten Dissertation im Umfang von 368 Seiten über folgendes Thema: „Der Einfluß der Schule auf die Entwicklung von Berufswünschen. Ein empirischer Vergleich von Berufspräferenzen der Schüler des Bundesgymnasiums für Slowenen und der Schüler des 1. Bundesgymnasiums in Klagenfurt. Eine Pilot-Study“.4 Von 1981 bis 1984 war er Projektassistent an der Lehrkanzel für Bildungssoziologie der Universität Klagenfurt bei Professor Paul Kellermann5. 1984 ist er als Assistent in das Institut für Schulpädagogik und Sozialpädagogik (Vorstand: Peter Posch) der Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt eingetreten. 1999 ist er der „Abteilung für Sozialpädagogik“ des Instituts für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung zugeteilt worden6. Seit 2000 gehörte er zur
1 2 2013. 3 4 5 6
UKL: Mitteilungsblatt 2006/2007, Nr. 79.4; ZfP 54 (2008), 476. Lebenslauf am Ende der Dissertation von 1979, 368; Curriculum vitae von PAB. Über ihn vgl. Bd. 3, 199–211. ZfP 27 (1981), 489; in diesem Werk Bd. 3, 207. Über Kellermann vgl. in diesem Band S. 469ff. UKL: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen SS 1999, 98.
Habilitationen: Kolumnentitel Vladimir Wakounig 2007
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„Abteilung für Interkulturelle Bildung“ unter Leitung von Prof. Dietmar Larcher7, den er 2001 als Abteilungsleiter abgelöst hat8. Seine Habilitationsschrift vom Oktober 2006 behandelte auf 273 Seiten „Das Dilemma der zweisprachigen Schule in einer ethnisierten Gesellschaft“. Sie ist 2008 unverändert als Buch im Umfang von 379 Seiten unter folgendem Titel erschienen: „Der heimliche Lehrplan der Minderheitenbildung. Die zweisprachige Schule in Kärnten 1945-2007“. Es ist eine politologische Studie zu einem Spezialthema der Kärntner Zeitgeschichte aus der Sicht eines Kärntners mit slowenischer Muttersprache, der sowohl gegen das österreichische Volksgruppengesetz von 19769 und das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten10 als auch gegen den als „konservativ“ abgewerteten „Rat der Kärntner Slowenen“ agierte11. Beide seien in überholtem „kollektivem Stammesdenken“12 oder „Ethnizität“ befangen, das die Gesellschaft spalte. Er unterstellte der österreichischen Schulpolitik einen „heimlichen Lehrplan“, der „die Dominanzkultur der deutschen Sprache permanent verwirklicht“ und „auf der Seite der slowenischen Minderheit zu einer Selbstethnisierung führt“13. Wakounig widmete sich einem „Gegendiskurs zur Politik der Herrschenden als auch zum politischen Agieren der slowenischen Funktionäre“14. Das geschah schulhistorisch detailliert abgestützt und moralisch engagiert für „Entethnisierende Bildungsarbeit“ zum Zweck der „Entwicklung einer offenen, demokratischen und multikulturellen Gesellschaft“15. Konkret ging es um die „Vision“, im gemischtsprachigen Gebiet die „Koedukation aller“ durch „zweisprachige Ausbildung“ sämtlicher Kinder unabhängig von den Wünschen der Eltern („Anmeldeprinzip“)16 durchzusetzen.
7 UKL: Verzeichnis SS 2000, 78. 8 UKL: Verzeichnis SS 2001, 84; WS 2001/2002, 88. 9 BGBl. Nr. 575/1976. Bei Klecatsky/Morscher 1982, 1705ff. 10 BGBl. Nr. 246/1959. Bei Klecatsky/Morscher 1982, 1693ff. Novelliert am 8. Juni 1988. 11 Wakounig 2008, 82ff., 306ff. 12 Ebenda, 87ff. 13 Ebenda, 17, 19. 14 Ebenda, 157. 15 Ebenda, 337ff. 16 Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, BGBl. 246/1959, § 7: „Ein Schüler kann nur mit Willen seines gesetzlichen Vertreters verhalten werden, die slowenische Sprache als Unterrichtssprache zu gebrauchen oder als Pflichtgegenstand zu erlernen“. Klecatsky/Morscher 1982, 1695.
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Die Propaganda für dieses schulpolitische Ziel und seine Begründung durch postmoderne Ideen hat die Klagenfurter Pädagogikprofessoren Gstettner, Larcher und Mitarbeiter wie Wakounig jahrelang beschäftigt und von ihren zentralen Forschungs- und Lehraufgaben abgelenkt17. Sie sahen sich in Übereinstimmung mit „feministischer Pädagogik“ und „Integrationspädagogik“, die sich auch „an konsequenter Subjektwerdung und Selbstbestimmung des Einzelnen“ orientieren und „auf die Vorstellung homogener und kollektivierender Lerngruppen … verzichten“. Es ginge ihnen allgemein um ein „Bildungskonzept, das koedukativ für alle Kinder mit unterschiedlichsten und multiplen Differenzen ist“18. Ein kritisches Abwägen dieser „Visionen“ nach dem Für und Wider ihrer Konsequenzen im Lichte alternativer Grundnormen und empirischer Forschungsergebnisse ist nicht erfolgt. Wakounig hat folgende 2 Dissertationen als Betreuer und erster Gutachter angenommen19: Liljana Djurdjevic: Häusliche Versorgung Pflegebedürftiger Menschen in Slowenien und Österreich. Pflegesituation aus der Sicht der pflegenden Angehörigen (2012); Melitta Fuchs: Persönlichkeitsbildung als besondere Herausforderung der Lehrer/ innenbildung NEU (2012).
25.30 Monika Kastner hat am 26. Juni 2010 im Alter von 35 Jahren die Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für „Erziehungswissenschaft“ erworben1. Die Habilitation ist 6 Jahre nach der Promotion erfolgt. Sie wurde am 21. Mai 1975 in Bern (Schweiz) geboren.2 Sie hat die Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe in Graz besucht und 1994 die Reifeprüfung bestanden. Anschließend folgte an der Universität Graz das Studium der Psychologie mit Wahlfach Pädagogik. 1996 hat sie zum Studium der Pädagogik und Fächerkombination gewechselt mit den Schwerpunkten Erwachsenenbildung, Frauen- und Geschlechterforschung, Soziologie. Im Jänner 2001 hat sie das Diplomstudium der Pädagogik mit dem Magistergrad abgeschlossen.
17 18 19
Vgl. in diesem Band S. 565ff., 603f. Wakounig 2008, 342, 348, 351. ZfP 59 (2013), 635.
1 Liste des Rektorats der UKL über die Habilitationen von 2003–2013. AUK. 2 Lebenslauf vom 13.6.2012 mit Ergänzungen vom 16.4.2013. PAB; Biographie: http://www.ifeb.uni-klu.ac.at/index.php?id=214 vom 1.8.2011.
Habilitationen: Kolumnentitel Monika Kastner 2010
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Ihre von Frau Prof. Ilse Brehmer3 betreute Diplomarbeit im Umfang von 107 Seiten hatte folgendes Thema: „Grundlagen, Bezugspunkte und Effekte feministischer Bildung am Beispiel des 1. Diplomlehrganges ,Feministisches Grundstudium‘“. Geboten wurden eine historische Übersicht über Frauen an Universitäten, berufliche Weiterbildung, Frauenbildung an Volkshochschulen und neuere Frauenstudiengänge an deutschen Universitäten. Der Hauptteil über die „qualitative Untersuchung“ der Effekte des Grazer Lehrganges beruhte auf „Interviews mit fünf Absolventinnen“. Durch den Lehrgang konnte das Zertifikat „Akademische Referentin für feministische Bildung und Politik“ erworben werden. Nach dem dreijährigen Doktoratsstudium erfolgte im Februar 2004 an der Universität Graz die Promotion zur Doktorin der Philosophie auf Grund einer Dissertation im Umfang von 252 Seiten über „Wissenschaft als Beruf? Situation, Aus- und Weiterbildung von Wissenschafterinnen. Frauenförderung und Gender Mainstreaming an Universitäten“. Sie ist 2004 auch als Buch erschienen. Erstbegutachter war Prof. Werner Lenz4, Zweitbegutachterin die seit 2002 in Klagenfurt tätige Professorin Elke Gruber5. Die Dissertation schilderte im ersten Teil die bekannte „Unterrepräsentation“ von Wissenschafterinnen an Universitäten in höheren Positionen, ihre Gründe und die gesetzlichen und politischen „Maßnahmen zur Beseitigung der asymmetrischen Präsenz der Geschlechter“. Im zweiten Teil wurde über die Evaluation eines frauenfördernden „Pilotprojekts“ der drei Grazer Universitäten berichtet: den ersten von 2001 bis 2003 durchgeführten „Lehrgang für das weibliche wissenschaftliche Personal und insbesondere für den weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchs (Dissertation6 bis Habilitation)“ im Programm „Potentiale, Barrieren und Chancen. Frauen an der Universität“.7 Während ihrer Mitarbeit an der Evaluation des Grazer Frauenförderungsprojektes und danach war Kastner im Grazer „Institut für praxisorientierte Genderforschung“ tätig. Nach ihrer Promotion wurde sie 2004 Assistentin am Institut für Erziehungswissenschaft und 3 Über Brehmer vgl. in diesem Werk Bd. 2, 346ff. 4 Über ihn Bd. 2, 333–345. 5 Über sie ebenda, 369–371 und in diesem Band S. 768ff. 6 Korrekt: Promotion. 7 „Entwickelt“ u.a. von der a.o. Professorin Ada Pellert als damaliger Vizerektorin der Universität Graz für Personalentwicklung, Lehre und Frauenförderung. Über sie vgl. in diesem Band S. 714ff.
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Bildungsforschung der Universität Klagenfurt in der Abteilung Erwachsenen- und Berufsbildung bei Prof. Elke Gruber. Kastners Diplomarbeit und Dissertation zeugten von historischen, politologischen und organisationssoziologischen Kenntnissen über Frauenförderung an Universitäten und die Methoden ihrer Erkundung und Bewertung. Sie waren jedoch kein Nachweis der „Fähigkeit, durch selbständige Forschung zur Entwicklung der (Erziehungs)wissenschaft beizutragen“8. Dieser ist erst 16 Jahre nach Studienbeginn durch die Habilitationsschrift wenigstens für deren Teilgebiet „Theorie der Erwachsenenbildung“ erfolgt. Sie war im Umfang von 348 Seiten folgendem Thema gewidmet: „Bildungsbenachteiligte Erwachsene – Basisbildung und das Potenzial der vitalen Teilhabe“. Betreuerin und erste Gutachterin war Elke Gruber. Diese Studie handelte von der „Bildungsarbeit mit bildungsbenachteiligten Erwachsenen“, wie sie seit 2004 in Lehrgängen zur Vorbereitung auf den Hauptschulabschluss geleistet und von der Autorin begleitend evaluiert worden ist9. Sie stützte sich methodisch auf die Analyse von Literatur über „lebenslanges Lernen“, „Basisbildung“ als Teil der Erwachsenenbildung, Erwerbsarbeitslosigkeit und Bildungsbenachteiligung in Österreich einerseits und andererseits auf die Befragung von 24 Kursteilnehmern, 9 Kursleitern und einer Sozialarbeiterin in qualitativen Interviews.10 Erkundet wurden die Zugänge zum Basisbildungskurs, das Kursgeschehen aus der Perspektive der Kursleitenden („Lehrhandeln“) und der Teilnehmenden („Lernprozesse“) sowie die „Effekte der Teilnahme und Bedingungen des Gelingens“. Bei großem sprachlichem Aufwand mit wenig Information und vielen Wiederholungen ist an Erkenntnissen nicht mehr herausgekommen als seit langem bekannt gewesen ist: „gelingende Lehr-Lernprozesse zu ermöglichen … ist ohne Beachtung der individuellen Voraussetzungen der Teilnehmenden nicht möglich“11; „Lernen hat eine emotionale Dimension“; „Lehr-Lern-Prozesse in … Basisbildungskursen beruhen auf tragfähigen Beziehungen“12; Bildung braucht Zeit, „um einen tragfähigen Lernsinn entwickeln zu können“13.
8 9 10 11 12 13
UniSt.G 1997, § 2 As. 2, 2. Spezifizierender Einschub durch den Verfasser. Kastner 2010, 7. Ebenda, 15. Ebenda, 318. Ebenda, 319. Ebenda, 320.
Vergleich der 36Kolumnentitel Habilitationen 1972 bis 2012
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Das von Kastner als „Fazit“ ihrer Untersuchung eingeführte „Konzept der vitalen Teilhabe“ als „die wünschenswerte Folge einer Teilnahme“ ist zu verschwommen, um erziehungstheoretisch nützlich zu sein: „Vitale Teilhabe bezeichnet die gefühlsbetonte Reaktion von Teilnehmenden auf ihren Basisbildungskurs und bezieht sich auf den Gewinn, der sich auf der persönlichen Ebene einstellt. Dieser Gewinn liegt in der Bewältigung von erfahrener Bildungsbenachteiligung und in der darauf beruhenden Erhöhung der subjektiven Lebenszufriedenheit“14.
26. VERGLEICHENDE ÜBERSICHT DER 36 HABILITATIONEN 1972 BIS 2012 Die Universität Klagenfurt weist trotz ihrer späten Gründung und relativ geringen Größe unter den österreichischen Universitäten mit Abstand die meisten Habilitationen für das Fach Pädagogik/Erziehungswissenschaft auf. Das Durchschnittsalter der 36 habilitierten Personen zum Zeitpunkt der Habilitation betrug 43 Jahre. Nur 3 Personen waren jünger als 35 Jahre: Wagner (32), Altrichter (34), Knapp (33). 14 waren zwischen 35 und 39 Jahre alt; 11 zwischen 40 und 50 Jahre; 8 noch älter. Zwischen Promotion und Habilitation lagen im Durchschnitt 11,3 Jahre. Weniger als 6 Jahre waren es nur in 4 Fällen; mehr als 15 Jahre in 4 Fällen. Der Anteil der Frauen betrug 9 Personen. Vier der Habilitierten waren Ausländer, die ihre Studien und Berufsausbildung in Nachbarländern betrieben hatten: drei in Deutschland und ein Südtiroler in Italien. Einer hat die anderswo kaum verliehene Lehrbefugnis für „Labordidaktik“ erlangt (Haug), einer jene für „Didaktik der Weiterbildung“ (Maasz), der dritte jene für „Weiterbildung“ (Götz). Von diesen 36 Dozenten hatten 15 mindestens ein Jahr lang reguläre Berufserfahrungen als Lehrer mit voller Lehrverpflichtung. Darunter waren Baur mit 21 Jahren, Klingler mit 15 Jahren und Seel mit 9 Jahren an Pflichtschulen; Schausberger mit 9 Jahren, Kadunz mit 7 Jahren, Larcher mit 4 Jahren an Gymnasien; Buchmayr mit rund
14
Ebenda, 317ff.
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40 Jahren, Wintersteiner mit 12 und Krainer mit 4 Jahren an Berufsbildenden Höheren Schulen. Von den 11 habilitierten Assistenten des „Instituts für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ und seiner Vorgänger seit 1970, die an der Lehrerausbildung beteiligt waren, sind nur 3 zwischen einem Jahr und vier Jahren im Lehrberuf an Gymnasien (Gombos) oder Pflichtschulen (Krall, Wakounig) tätig gewesen. In 31 von 36 Fällen lagen Habilitationsschriften in der Form von Monographien vor. In fünf Fällen ist die schriftliche Habilitationsleistung kumulativ erbracht worden (Wieser, Krainer, Nicolini, Gombos, Krall). Studiensemester an ausländischen Hochschulen sind – abgesehen von den vier habilitierten Ausländern – bei den 31 österreichischen Habilitierten nur in 5 Fällen erfolgt. Darunter waren 3 Studierende für das Lehramt Englisch, für die wenigstens ein Studiensemester in England oder USA zur normalen Ausbildung gehört hat (Larcher, Havranek, Wächter). Wagner hat als Auslandsösterreicherin ihr Physik-Studium in München begonnen. Rauch hat einen halbjährigen Aufenthalt in den USA mit „Besuch von Universitäten“ angegeben. Von den später für die Kerngebiete der Pädagogik habilitierten Assistenten hat keiner Studiensemester im Ausland verbracht. Forschungsaufenthalte im Ausland zwischen Promotion und Habilitation von mindestens halbjähriger Dauer haben nur 5 von 36 Habilitierten aufzuweisen. 4 von ihnen waren Spezialisten für Randfächer: Hermann für Ingenieurpädagogik (Harvard/USA), Baumgartner für Weiterbildung mit neuen Medien (Berkeley/California), Rauch für Umweltbildung (Northumbria/England), Wintersteiner für Deutschdidaktik (Teachers College, Columbia University New York). Von den Habilitierten für die Kerngebiete der Pädagogik hat nur Altrichter diese Chance genutzt (Cambridge/England). Die meisten sind universitär über Klagenfurt nie hinausgekommen. Buchübersetzungen in fremde Sprachen sind mit Ausnahme von Alt richter1 nicht erschienen. Nennenswerte Publikationen in führenden ausländischen Fachzeitschriften sind ausgeblieben. Jedoch waren wenigstens Lechner, Grimm und Adam in ausländischen Sammelbänden zur Historischen Pädagogik gut vertreten. Berufungen auf Professuren an anderen Universitäten haben nur 6 von 36 Dozenten erhalten: Seel 1972 als Ordentlicher Professor für
1
Vgl. Band 3, 561ff. und 627.
Vergleich der 36Kolumnentitel Habilitationen 1972 bis 2012
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„Pädagogik I“ nach Graz; Wieser 1983 als Außerordentliche Professorin für „Schulpädagogik“ nach Innsbruck; Altrichter 1991 als Außerordentlicher Professor für „Wirtschaftspädagogik“ nach Innsbruck und 1996 als Ordentlicher Professor für „Pädagogik und Pädagogische Psychologie“ nach Linz; Baumgartner 1998 als Ordentlicher Professor für „Wirtschaftspädagogik“ nach Innsbruck und 2003 für „Bildungstechnologie“ an die deutsche Fernuniversität Hagen. Die Bildungsökonomin Pellert wurde 2005 als Professorin für „Weiterbildungsforschung“ an die Donau-Universität Krems berufen; Baur 2006 als Professor für „Allgemeine Pädagogik“ an die Freie Universität Bozen. Ferner sind 5 Hausberufungen erfolgt: von Klingler 1974 zum Ordentlichen Professor für „Schulpädagogik“; von Schausberger 1974 zum Ordentlichen Professor für „Neueste Österreichische Geschichte“; von Hartmann 1983 zum Außerordentlichen Professor für „Pädagogik unter besonderer Berücksichtigung der Sonder- und Heilpädagogik“; von Larcher 1984 zum „Ordentlichen Professor für Didaktik der Leh rerfortbildung“; von Krainer 2001 zum Professor für „Didaktik der Weiterbildung mit besonderer Berücksichtigung der Schulentwicklung“. Somit sind insgesamt 11 der 36 Klagenfurter Dozenten des Faches Erziehungswissenschaft (einschließlich „Weiterbildung“) zu Professoren aufgestiegen. Darunter waren allerdings nur 2 der relativ vielen an den pädagogischen Instituten tätigen habilitierten Assistenten: Alt richter und Hartmann. Beim Blick auf die Forschungsgebiete zeigt sich größte Verschiedenartigkeit und Zusammenhanglosigkeit. Dazu hat vor allem die enorme Menge von 36 Habilitationen beigetragen in einer Periode fachinterner Spezialisierungen auf neue Teil- und Pseudo-Teildisziplinen sowie verschwimmender Fachgrenzen nach außen. Die Spannweite reichte von Unterrichts-, Lehrplan-, Schulorganisationsforschung und „Hochschulpädagogik“, Historischer Pädagogik, Sozial- und Heilpädagogik bis zur „Labordidaktik“ in der „Ingenieurpädagogik“ und dem diffusen Gebiet der „Weiterbildung“. Einen regionalen Schwerpunkt bildete die „Interkulturelle Pädagogik“ mit Ausblicken in Kärntner Minderheiten-, Kultur- und Sprachpolitik (Gombos, Wakounig). Bei der Qualität der Habilitationsschriften hat es große Unterschiede zwischen wenigen inhaltlich und formal ausgezeichneten Texten, viel schwacher Mittelmäßigkeit und einigen unannehmbaren Fehlleistungen gegeben, die dennoch positiv bewertet worden sind.
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Besonders problematisch war die Verleihung von Lehrbefugnissen für das gesamte Fach „Erziehungswissenschaft“ an Personen, die sich lediglich mit Randbereichen oder fachfremden Gebieten beschäftigt hatten wie Frauenforschung (Kastner), Psychoanalytische Biographieforschung (Diem-Wille), „Identitätskonstruktion im Spannungsfeld von Wissenschaft, Mythos und Marketing“ (Buchmayr) oder „Sozialer Ökologie“ (Nicolini). Beiträge zur Grundlagenforschung in Allgemeiner Erziehungswissenschaft und Philosophie der Erziehung fehlen gänzlich. Generell wurde die Historik bevorzugt und die Systematik völlig vernachlässigt. In wissenschaftstheoretisch-methodologischer Hinsicht wurde von strenger Empirie bis zu reinem Subjektivismus und Impressionismus vielerlei vertreten, aber selten klar benannt und begründet. Forschungsmethodisch dominierte das von Altrichter und Posch verfolgte kasuistische Programm der Handlungs- oder Aktionsforschung. Generell war die Erhebung und Deutung von Meinungen durch Fragebogen und Interviews häufiger als die genaue Beobachtung und Beschreibung von Phänomenen in klaren Begriffen zu kausalanalytischtechnologischen Zwecken.
27. NEUERUNGEN SEIT 2000 Der überregionale erziehungswissenschaftliche Gründungszweck der 1970 eröffneten „Hochschule für Bildungswissenschaften“ ist symbolisch erst im Jahre 1993 mit der Namensänderung in „Universität Klagenfurt“1 aufgegeben worden. Tatsächlich hat ihre radikale Umwidmung in eine Spezialhochschule mit den Schwerpunkten „Angewandte Betriebswirtschaft und Informatik“ schon 13 Jahre nach der Gründung begonnen. Anders hätte ihre Auflösung kaum verhindert werden können.2 Das viel zu groß geplante nationale Forschungs- und elitäre Ausbildungszentrum für Erziehungswissenschaft ist an der Unzulänglichkeit seines Personals und der geringen Nachfrage von Studierenden gescheitert. Die vom Bundesland Kärnten lange gewünschte Universität war nur durch schnelle Umstellung auf Massenfächer zu retten, für deren Absolventen in der Arbeitswelt großer und anhaltender Bedarf bestand.
1 2
Gemäß UOG 1993, § 5 Ziffer 12. Vgl. S. 514 und 528f.
Neuerungen Kolumnentitel seit 2000
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Seit 1983 sind die pädagogischen Fächer, ihre Professoren und Mitarbeiter vom Zentrum der Universität an den Rand verwiesen worden. Nach und nach sind sechs ihrer Professuren durch Umwidmungen verloren gegangen. Das Platzen der „bildungswissenschaftlichen“ Illusionen hat sich auch auf Stimmung und Arbeitsfreude ungünstig ausgewirkt. Sechs der ordentlichen Professoren haben sich vorzeitig in den Ruhestand zurückgezogen: Schöler 1986 im Alter von 58 Jahren, Trotsenburg 1994 mit 66 Jahren, Boeckmann 1999 mit 62 Jahren, Posch 2000 mit 62 Jahren, Larcher 2000 mit 60 Jahren, Gstettner 2003 mit 58 Jahren. Nur Melezinek (2001) und Klingler (2002) haben bis zur regulären Emeritierung im Alter von 68 Jahren durchgehalten. Infolge dieser ungewöhnlichen Häufung vorzeitiger Pensionierungen bei den Professoren und dem regulären Abgang der habilitierten Mitarbeiter aus der Gründungsperiode (Pongratz, Lechner, Leitner, Adam) im Alter von 65 Jahren ist es ab 2000 zu einem Generationswechsel mit neuen Professoren und Schwerpunkten in Forschung und Lehre gekommen. Vorausgegangen war 1996 die Neugründung eines „Instituts für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ (IFEB) im Rahmen der neuen „Fakultät für Kulturwissenschaften“3. Sie erfolgte durch Zusammenschluss der bis dahin bestandenen drei kleinen Institute für „Schulpädagogik und Sozialpädagogik“, „Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik“ und „Weiterbildung“4. Das vierte der alten pädagogischen Institute, das „Institut für Unterrichtstechnologie und Medienpädagogik“ (mit den Professoren Melezinek und Boeckmann)5 ist 1996 in ein pädagogik-fernes „Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft“ umgewandelt worden6. Laut Satzung der Universität Klagenfurt vom 22. Mai 1996 ist das neue Institut eines von 12 Instituten der „Fakultät für Kulturwissenschaften“. Ihm sind folgende Aufgaben und Schwerpunkte zugewiesen worden: „Die Aufgabe des Instituts für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung besteht in der Durchführung von Forschung, Leh3 Satzung der Universität Klagenfurt gemäß UOG 1993, § 7. Institute (Bezeichnungen und Aufgabenbereiche). Beschluss des Senates vom 24. April 1996. Beilage 1 zum Mitteilungsblatt der UKL 1995/96 vom 22. Mai 1996, Nr. 193. 4 Knapp 2008, 122ff. 5 UKL: Forschungsbericht 1991–1994, 18 und 175ff. 6 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 21 und 185ff.
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IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
re und Wissenschaftsorganisation auf dem Gebiet der Erziehungswissenschaft und in der pädagogischen Ausbildung für das Lehramt. Die wissenschaftlichen Teildisziplinen sind Behinderten- und Integrationspädagogik, Berufs- und Betriebspädagogik, Erwachsenenpädagogik, Historische Pädagogik, Hochschulpädagogik, Interkulturelle Pädagogik, Schulpädagogik, Sozialpädagogik, Vergleichende Erziehungswissenschaft. Schwerpunkte von Forschung und Entwicklung sind: Alltagskultur, Alternsforschung, Behindertenund Integrationsforschung, Erziehung im Kindergarten, Evaluationsforschung, Familienforschung, Frauenforschung, Heimerziehung, Interkulturelle Bildung, Institutionelle und soziale Bedingungen schulischen Lernens, Lehren und Lernen im technologischen Zeitalter, Lehrer/innen/aus- und -fortbildung, Organisationsberatung und -entwicklung im Sozialbereich, Schulentwicklungsforschung, Sozialisationsforschung, Weiterbildungsforschung, Wissenschaftsforschung.“ Die nicht systematisch, sondern alphabetisch aufgezählten Forschungsschwerpunkte gehen mit der Nennung folgender Gebiete weit über die Grenzen der Erziehungswissenschaft hinaus: Alltagskultur, Alternsforschung, Behinderten- und Integrationsforschung, Evaluationsforschung, Familienforschung, Frauenforschung, Organisationsberatung und -entwicklung im Sozialbereich, Sozialisationsforschung und Wissenschaftsforschung. Es scheint im Senat niemandem aufgefallen zu sein, dass dieses Programm uneinlösbar ist, aber unter dem täuschenden Namen „Erziehungswissenschaft“ Halbbildung und Scheinwissen begünstigt. Das neue Institut ist zunächst in folgende fünf Abteilungen gegliedert worden, auf die sich die Mitglieder der alten Kleininstitute durch „Selbstzuordnung“ verteilt haben: „Abteilung für Historische und Vergleichende Pädagogik“ mit vier Mittelbaustellen, die alle von Dozenten besetzt gewesen sind (Adam, Grimm, Lechner, Leitner); „Abteilung für Integrationspädagogik und Soziales Umfeld“7 mit Hovorka als Pro-
7 Der unklare Name „Integrationspädagogik“ ist erst in jüngster Zeit unter dem Druck egalitaristischer Schul- und Sozialpolitik als missverständlicher Ersatz für die alten Namen „Heilpädagogik“ und/oder „Sonderpädagogik“ sowie „Behindertenpädagogik“ in Mode gekommen. Er ist inzwischen teilweise schon wieder durch „Inklusionspädagogik“ verdrängt worden. Gemeint ist eine „Pädagogik der Nichtaussonderung“. Vgl. Knapp 2008, 262ff. – Über Gleichheit und Kritik des Egalitarismus vgl. u.a. Hayek 1976, Schoeck 1979, Bühl/Dürig 1995.
Neuerungen Kolumnentitel seit 2000
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fessor und einer Assistentenstelle; „Abteilung für Interkulturelle Bildung“ mit Gstettner und Larcher als Professoren und einer Assistentenstelle; „Abteilung für Schulpädagogik“ mit Klingler und Posch als Professoren und zwei Assistentenstellen; „Abteilung für Sozialpädagogik“ mit vier Mittelbaustellen, darunter einer mit einem Dozenten besetzten (Knapp).8 Um Kosten einzusparen, ist im Jahre 2002 die „Abteilung für Sozialpädagogik“ mit der „Abteilung für Integrationspädagogik und Soziales Umfeld“ zusammengelegt worden. Sie heißt seither „Abteilung für Sozialpädagogik und Integrationspädagogik“9. Neu hinzugekommen ist 2002 eine „Abteilung für Erwachsenen- und Berufsbildung“ unter Leitung der Professorin Elke Gruber10. Als programmatische Grundlage für die Arbeit des Instituts hat die Institutskonferenz ein „Planungspapier vom 17.1.2000“ beschlossen11. Es begann mit Ausführungen über „Identität und Profil des Instituts“. Als „Leitbild“ wurde nicht weniger gefordert als „einen Beitrag zum Wohle der Menschheit zu leisten“. Das Institut sollte „in der Tradition der kritisch-konstruktiven Sozialwissenschaft … an der Gestaltung der Gesellschaft und der Kultur mitwirken“ mit dem Ziel der „Humanisierung, d.h. des Respektierens bzw. Einlösens von Menschenrechten“, um „das Zusammenleben von Menschen … aufgeklärter, gewaltfreier und humaner zu gestalten“. Dazu müsse „weit über den Bereich eines eng gefaßten Begriffs von ,Pädagogik‘ hinaus“ gegangen werden zur „Erforschung der Grundlagen und Bedingungen des Alltagslebens in den sozialen Institutionen unserer Gesellschaft“. Statt die theoretischen Grundlagen der von Zersplitterung und Selbstzerstörung bedrohten Erziehungswissenschaft zu festigen, wurde hier wie schon früher am Innsbrucker „Institut für Erziehungswissenschaften“12 die grenzenlose Ausweitung des Faches zu einer deskriptiv8 UKL: Forschungsbericht 1995–1998, 14ff. 9 UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 32; UKL: Forschungsbericht 2003– 2004, 48; Knapp 2008, 272ff. 10 UKL. Forschungsbericht 2003–2004, 26 und 42ff. 11 Im AUK im Umfang von 16 Seiten und 3 Beilagen: 1. Zur beantragten Umwidmung einer Professorinnenstelle Erwachsenenbildung und Berufsbildung (13 Seiten); 2. Zur beantragten Umwidmung einer ProfessorenInnenstelle Sozialpädagogik (12 Seiten); 3. Lehre und Forschung (Veränderungen bei den ProfessorInnenplanstellen und künftige Minimalausstattung) (eine Seite). 12 Vgl. Band 2, 645ff. und 667ff.
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normativ gemischten Pseudo-Universalwissenschaft von den Menschen und ihren Kulturen propagiert: „Forschung und Lehre des Instituts bauen auf einem verstehenden Zugang zu allen Phänomenen der Kultur und ihrer Gesellschaftsgeschichte auf. Die Inhalte ergeben sich sowohl aufgrund der Reflexion auf die politischen und ökonomischen Bedingungen des sozialen Handelns als auch aufgrund des systematischen Nachdenkens über die eigene Rolle, die eigenen Absichten, Einflussnahmen und Normsetzungen im gesellschaftlichen Alltag“13. „Forschung leistet damit zweierlei: Einmal einen Beitrag zur Lösung sozialer Fragen im gesellschaftlichen Zusammenhang, zum anderen einen Beitrag zur Aufklärung des eigenen persönlichen Werdens“14. Zu diesen überspannten Zielen haben die realen Arbeitsbedingungen schlecht gepasst: die „notwendig gewordene Straffung des Studienangebots in nur drei Studienzweigen im neuen Studienplan Pädagogik“ und „die in den letzten Jahren erzwungene personalpolitische und inhaltliche ,Redimensionierung‘ der Pädagogik“ auf fünf Professuren – verbunden mit der Einsicht, dass „die Aufstockung der Professorenstellen über den gegenwärtigen Stand hinaus auf absehbare Zeit ein illusionäres Ziel bleiben dürfte“15. Die drei für das Diplomstudium Pädagogik im zweiten Studienabschnitt angebotenen Studienzweige lauteten: „Schulentwicklung und Beratung“, „Sozialpädagogik und Integrationspädagogik“ und „Erwachsenen- und Berufsbildung“16. „Von einer Vielzahl von ,Speziellen Pädagogiken‘ wurde Abschied genommen“17. Beachtenswert ist daran, dass der gebräuchliche Name „Schulpädagogik“ für die älteste, theoretisch am besten ausgebaute und praktisch wichtigste Teildisziplin des Faches vermieden worden ist. Sie hätte bei ihren Dozenten und Studierenden breite Schulerfahrung, schulsystematisches und -historisches Wissen und hohes Unterrichtskönnen vorausgesetzt, wie sie Klingler als letzter Professor für „Schulpädagogik“ besessen hat. Die programmatische Einengung auf „Schulentwicklung und Beratung“ verlagerte die Lehr- und Studieninhalte wie das Berufsbild der Absolventen weg vom Beruf des Lehrers und Leh-
13 Planungspapier 2000, 1f. Ähnlich UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 30. 14 UKL. Forschungsbericht 1999–2002, 30. 15 Planungspapier 2000, 3, 12, 16. 16 Studienplan für die Studienrichtung Pädagogik. Mitteilungsblatt der UKL, Nr. 350 vom 18.8.1999, A 2. 17 Ebenda, 12; Knapp 2008, 194.
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rerbildners zum akademischen „Schulentwickler“ und „Lehrerberater“ als vorgetäuschter neuer pädagogischer Berufsgruppe zur Beeinflussung des Schulwesens und Kontrolle der Lehrerschaft unter dem Deckmantel „wissenschaftlicher“ Beratung. Es ging ja in diesem Studienzweig nicht um Lehrerausbildung, sondern primär um das Diplombzw. Magisterstudium von Nicht-Lehrern im Hauptfach Pädagogik/ Erziehungswissenschaft mit dem Berufsziel „Schulverbesserungs- und Unterrichtsforscher“. Das Interesse für Pädagogik als erste Studienrichtung ist trotz aller Institutskrisen groß geblieben. Zwischen WS 1994/95 und WS 1999/2000 hat die Menge der Studierenden kontinuierlich zugenommen: von 1.032 auf 1.230 Personen. In der Fakultät für Kulturwissenschaften war „Pädagogik“ die stärkste Studienrichtung; in der gesamten Universität Klagenfurt die zweitstärkste. Die Zahl der Absolventen mit Diplom in Pädagogik betrug im Studienjahr 1998/99 insgesamt 86 Personen, davon 62 weibliche.18 Im Studienjahr 2003/2004 sind 91 Studienabschlüsse erfolgt. Von den Absolventen waren 18 Männer und 73 Frauen. Die meisten Absolventen gab es mit 192 in der Angewandten Betriebswirtschaft, gefolgt von 95 in der Psychologie, 91 in der Pädagogik und 70 in der Publizistik und Kommunikationswissenschaft.19 Die personelle Ausstattung des Instituts hat lange unter einem „Dauerkonflikt“20 mit dem 1979 gegründeten „Interuniversitären Forschungsinstitut für Fernstudien“ (IFF alt: 1979–1992), seit 1992 „Inter universitären Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“ (IFF neu) gelitten, das 2004 als „Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (Klagenfurt – Graz – Wien)“ (FFF) in die Universität eingegliedert worden ist21. In diesen autonomen Forschungsfreiraum hat sich Bammé schon 1985 zur Hälfte von dem der Pädagogik gewidmeten Institut abgesetzt und eine „Arbeitsgruppe Technik- und Wissenschaftsforschung“ übernommen, der er sich bald zu 100 Prozent gewidmet hat22. Larcher wurde dem IFF schon 1984 bei seiner Ernennung zur Hälfte zugeordnet und hat dort eine „Arbeitsgruppe Museumspädagogik“ geleitet, das IFF aber 1992 wieder verlassen. Posch
18 Planungspapier 2000, 8f.; Knapp 2008, 198f. 19 Unisono 1/2005, 6. 20 Planungspapier 2000, 15; Knapp 2008, 232f. 21 Auf Grund des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. 2002, Nr. 120. Arnold 2009, 50ff.; vgl. in diesem Band S. 554. 22 Arnold 2009, 25ff.
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war nebenamtlich schon seit 1980 in der von ihm geleiteten „Arbeitsgruppe Pädagogik und Fachdidaktik für Lehrer“ am alten IFF tätig und hat 1992 am neuen IFF eine „Doppelzuordnung“ erreicht. Er hat dort eine Abteilung „Schule und gesellschaftliches Lernen“ eingerichtet, der er bis zur Pensionierung im Jahr 2000 die Hälfte seiner Arbeitszeit widmen konnte23. Der Dienstposten von Bammé ist dem Institut also ganz verloren gegangen, der von Larcher bis 1992 zur Hälfte und der von Posch zwischen 1992 und 2000 zur Hälfte.24 Unter diesen Umständen waren die Umwidmungen und Nachbesetzungen der Dienstposten von Posch, Larcher, Klingler, Hovorka (auf der Planstelle für „Sonder- und Heilpädagogik“ 2002 verstorben)25 und Gstettner für das Institut von größter Bedeutung. Problematisch war und blieb weiterhin die Doppelgleisigkeit erziehungswissenschaftlicher Forschung und Ausbildung in der „Fakultät für Kulturwissenschaften“ einerseits und in einem 2004 eingerichteten „Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung“ (IUS) an der neuen „Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“ (IFF) der Universität Klagenfurt andererseits. Dieses Institut ist aus der von Posch gegründeten und seit 1996 von Krainer geleiteten Abteilung „Schule und gesellschaftliches Lernen“ hervorgegangen. Poschs Professur für „Lehrplanforschung“ ist vom Senat der Universität Klagenfurt in eine Planstelle für „Erwachsenenbildung und Berufsbildung“ umgewidmet und 2002 mit Elke Gruber besetzt worden26. Das geschah, obwohl an der Universität Graz durch Professor Werner Lenz bereits ein nationaler Schwerpunkt für Erwachsenenbildung geschaffen worden ist27. Wie leider üblich, hat es auch in diesem Fall an gesamtösterreichischer Wissenschaftsplanung und -koordination gefehlt. Larchers Professur für „Didaktik der Lehrerbildung“ ist nicht wiederbesetzt, sondern umgewidmet und dem „Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft“28 zugeteilt worden. 23 Arnold 2009, 21, 26, 43; Krainer/Müller: Chronologie des Instituts für Unterrichts- und Schulentwicklung (mit Ergänzungen von Peter Posch). 2010. 24 Planungspapier 2000, 15. 25 Vgl. S. 635. 26 Zur Begründung (u.a. „Verberuflichung der Erwachsenenbildung“), Forschungsaufgaben und Lehrinhalten vgl. Planungspapier 2000, Beilage 1. Vgl. S. 768ff. 27 Vgl. Band 2, 333ff. 28 Zu diesem Institut UKL: Forschungsbericht 1999–2002, 159ff.; 2003–2004, 110ff.
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Klinglers Professur für „Schulpädagogik“ wurde 2003 mit Ulrike Popp besetzt. Ihre Abteilung sah sich „dem wissenschaftlich fundierten Leitbild einer demokratiefördernden, Differenzen und Ungleichheiten berücksichtigenden, geschlechterbewußten Qualitätsentwicklung an Schulen in Lehre, Forschung und Fortbildung verpflichtet“29. Hovorkas Außerordentliche Professur für „Sonder- und Heilpädagogik“ wurde nach einem langen und schweren Konflikt über ihre weitere Widmung als „Professur für Sozial- und Integrationspädagogik“ ausgeschrieben, in eine Vertragsprofessur verwandelt und 2005 mit Stephan Sting besetzt30. Gstettners Professur für „Allgemeine Erziehungswissenschaft“ wurde für „Allgemeine Pädagogik unter Berücksichtigung der interkulturellen Bildung“ ausgeschrieben und 2006 mit Norbert Wenning besetzt.31 Er ist schon ein Jahr später auf eine Professur für Interkulturelle Bildung an der Universität Koblenz-Landau (Rheinland-Pfalz) abgewandert. Sein Nachfolger auf der Professur für „Allgemeine Erziehungswissenschaft und Interkulturelle Bildung“ wurde 2008 der Soziologe Erol Yildiz. Damit wurde die seit der Hochschulgründung im Jahre 1970 betriebene Vernachlässigung der einheitstiftenden wissenschaftlichen Grundlagen des Faches verstärkt fortgesetzt. Durch das Universitätsgesetz 2002 sind auch für das Fach Pädagogik/Erziehungswissenschaft die Diplomstudien durch mindestens dreijährige Bakkalaureatsstudien und eventuell anschließende Magisterstudien ersetzt worden32. Diese Regelung wurde mit dem Zwang verbunden, die Studien gemäß der Bologna-Deklaration vom 19. Juni 1999 zweistufig (undergraduate/graduate) „im Sinne des Europäischen Systems zur Anrechnung von Studienleistungen (European Credit Transfer System – ECTS, 253/2000/EG, Amtsblatt Nr. L 28 vom 3. Februar 2000) nach „Modulen“ zu organisieren33. Dieses Maßnahmenbündel war die größte Neuerung der kontinentaleuropäischen Hochschulgeschichte und ist den Universitäten ohne Abstimmung mit ihren Fachvertretern politisch aufgezwungen worden. Sie hat am Klagenfurter
29 UKL: Forschungsbericht 2003–2004, 25; Knapp 2008, 269. 30 Ausführlich dazu Knapp 2008, 272–309. 31 Kürschner 2007, 3976; Unisono 1/2006, 31. 32 UG 2002, §§ 51 und 54. 33 Ebenda, § 51 Ziffer 26. Diese EU-Regelung ist „besonders auch in Deutschland außerordentlich umstritten“: W. Böhm 2005, 110. Zur Kritik aus österreichischer Sicht vgl. u.a. Knapp 2008, 317ff.
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Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung ab 2004 ein „konfliktreiches Ringen um ein gemeinsames Bakkalaureatsstudium und drei Magisterstudien“ ausgelöst34. Einigkeit bestand nur darüber, ein gemeinsames Bakkalaureatsstudium einzuführen. Umstritten war, ob zwei oder drei Magisterstudien eingeführt werden sollen und welcher Maßstab dabei Vorrang haben soll: das System der drei pädagogischen Spezialdisziplinen, die durch Professuren sowie die bisherigen Spezialabteilungen und Studienzweige vertreten sind, oder angeblicher „gesellschaftlicher Bedarf“, Nachfrage von Studierenden und deren erhoffte berufliche Chancen am Arbeitsmarkt. Nach dem zweiten, praktischen Maßstab wäre es nahe gelegen, sich auf Grund der Belegzahlen des Wintersemesters 2004/05 für die Studienzweige „Sozial- und Integrationspädagogik“ (64 %) und „Erwachsenen- und Berufsbildung“ (26 %) mit zwei Magisterstudiengängen für diese Fächer zu begnügen. Der Studienzweig „Schulentwicklung und Beratung“ hatte nur 10 % aller Studierenden der Studienrichtung Pädagogik angezogen. Das lag vor allem daran, „daß es im österreichischen Schulsystem keine institutionalisierten Planstellen für universitär ausgebildete ,SchulpädagogInnen‘ gibt“35 und solche auch in Zukunft nicht zu erwarten sind. Trotz dieses Arguments und großer inhaltlicher Mängel des Entwurfes für einen Magisterstudiengang „Schulpädagogik und Soziale Arbeit in Schule und Umfeld“ ist das vorgeschlagene Dreier-Paket von den Professoren und Mitarbeitern des Instituts am 28. November 2005 mit Zwei-Drittel-Mehrheit angenommen worden36. Viel problematischer als die Entscheidung über zwei oder drei Magisterstudiengänge für eher berufspraktische als wissenschaftliche Teildisziplinen war und ist weiterhin der Ausfall eines dem früheren Diplomstudiengang entsprechenden breiten erziehungswissenschaftlichen Studienganges auf der Magisterstufe. Mit der derzeitigen Regelung 34 Knapp 2008, 323ff. 35 Ebenda, 330. 36 Ebenda, 334. Rechtlich war diese Abstimmung belanglos, weil es schon gemäß UOG 1993, § 45 kein über die Institutskonferenz hinausgehendes Gremium aller Mitarbeiter gegeben hat. Allerdings sind „die Bestimmungen des UOG 1993 mit Ausnahme der Verfassungsbestimmungen … mit Ablauf des 31. Dezember 2003 außer Kraft“ getreten. UG 2002, § 143, Ziffer 4. – Für die „Erlassung der Curricula für ordentliche Studien und Lehrgänge“ ist gemäß UG 2002, § 25 Abs. 1 Ziffer 10 der Senat zuständig.
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gewinnen praktisch erforderliche Nebengebiete in derzeit noch unzulänglicher wissenschaftlicher Verfassung zum Nachteil der Konzentration auf den theoretischen Kern der Erziehungswissenschaft ein unverdient großes Gewicht. Sie begünstigt die Zersplitterung des Faches und schwächt die Überlieferung der gemeinsamen Grundlagen wie die ihnen gewidmete Forschung. Wie sehr es begrifflich und systematisch an erziehungswissenschaftlichem Kernwissen fehlt, zeigt das „Curriculum für das Bachelorstudium Erziehungs- und Bildungswissenschaft“ von 200837 in für die Selbstdarstellung des Faches beschämender Weise. Seine unsinnige Doppelbezeichnung als „Erziehungs- und Bildungswissenschaft“ und die Liste der „Kompetenzen“, die durch das Studium zu vermitteln versprochen werden, verraten einen durchgehenden Mangel an klaren Begriffen, präziser Analyse der Phänomene und Kritikfähigkeit gegenüber Scheinwissen und modischem Geschwätz ohne Informationsgehalt38. Das Curriculum für das „Bachelorstudium“ ist mit dem Studienjahr 2008/09 am 1. Oktober 2008 in Kraft getreten39. 2009 sind die Curricula für das „Magisterstudium Erwachsenen- und Berufsbildung“, „Schulpädagogik“ und „Sozial- und Integrationspädagogik“ gefolgt40. Sie leiden unter den gleichen Mängeln wie das „Curriculum für das Bachelorstudium Erziehungs- und Bildungswissenschaft“. Gemeinsam ist ihnen die Überbetonung von „sozialer Ungleichheit“, „gesellschaftlicher Benachteiligung“ und „Diskriminierung“, „Diversität“, „sozialen Disparitäten“, „Heterogenität“, „Interkulturalität“ und „geschlechtsspezifischer Differenzen“ als Lehrinhalten, Forschungsthemen und Aktionsfeldern. Die Mitteilungen über das „Qualifikationsprofil“ der Absolventen41 oder die Fähigkeiten, die die Studiengänge angeblich „vermitteln“ können, sind teilweise reine Schaumschlägerei. So wurde zum Beispiel im Curriculum „Erwachsenen- und Berufsbil 37 Hier zitiert in der ab 1.10.2011 gültigen Fassung. UKL: Mitteilungsblatt, Beilage 10, 20. Stück, Nr. 120.5, 2010/2011. 38 Vollständiger Nachdruck auch bei Knapp 2008, 336-351. 39 Vorausgegangen waren „drei Jahre Planungsarbeit“, „satzungsmäßige Begutachtung“ und „dadurch notwendig gewordene Änderungen“. Knapp 2008, 351f. 40 UKL: Mitteilungsblatt 2008/09, 28. Stück, Beilagen 1-3. Zu den Vorarbeiten für das Masterstudium „Sozial- und Integrationspädagogik“ vgl. Knapp 2008, 352ff. 41 UniStG 1997, § 11 Absatz 1; § 12 Absatz 5. – Satzung der UKL, Teil B: Studienrechtliche Bestimmungen, § 5 Absatz 1, Ziffer 1.
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dung“ behauptet: „Folgende Kompetenzen werden ausgebildet: … Erforschung und Gestaltung des Zusammenhangs von Arbeit – Bildung – Lebenswelt – Lebenslauf. Analyse und Gestaltung erwachsenengerechter Lernwelten und -kulturen“. Welche konkreten Vorstellungen und Aufgaben für Lehre und Forschung im Institut und in der Paralleleinrichtung an der Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (ehemals IFF, seit 2004 FFF) am Anfang des 21. Jahrhunderts verbreitet gewesen sind, zeigt ein Blick auf die Besetzung der einschlägigen sechs Klagenfurter Professuren.
28. ELKE GRUBER ALS PROFESSORIN FÜR ERWACHSENEN- UND BERUFSBILDUNG SEIT 2002 Die neue Planstelle einer Universitätsprofessur für (Theorie der) „Erwachsenen- und Berufsbildung“1 ist durch ihre doppelte Widmung für zwei Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft, die bisher in verschiedenen Fakultäten gelehrt worden sind2, „einzigartig in Österreich“3 gewesen. Zu ihrer Besetzung ist vom Dekan im Jahre 2000 eine Berufungskommission mit einer 8:4:4 Parität eingesetzt worden.4 Ihr haben die Pädagogiker Bammé, Gstettner, Hovorka und Klingler, der Philosoph Heintel und der Historiker Karl Stuhlpfarrer angehört. Vom Dekan entsandte auswärtige Mitglieder waren der auf Erwachsenenbildung spezialisierte Pädagogiker Ernst Prokop5 von der Universität Regensburg und die Professorin für Betriebswirtschaftslehre Ursula Schneider von der Universität Graz. In der konstituierenden Sitzung am 27. Juni 2000 wurde Klingler zum Vorsitzenden gewählt.
1 Ausgeschrieben im Mitteilungsblatt der UKL vom 2. August 2000. 2 Gruber 2010, 90. 3 Berufs- und Betriebspädagogik im Rahmen der „Wirtschaftspädagogik“ nur an Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten. 4 Gemäß UOG 1993, § 23 Abs. 1 waren es 8 Vertreter der Professorenkurie, 4 der Mittelbaukurie und 4 der Studentenkurie. UKL: Mitteilungsblatt 2000/2001, Nr. 75 vom 20.12.2000. 5 Über Prokop vgl. Bd. 2, 691; Kürschner 2007, 2812.
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Es wurde folgender Berufungsvorschlag beschlossen: 1. Rolf Arnold, Ordentlicher Professor für Berufs- und Erwachsenenpädagogik an der Universität Kaiserslautern (RheinlandPfalz); 2. Elke Gruber, Dozentin für Pädagogik an der Universität Graz; 3. Kirsten Lehmkuhl, Privatdozent für Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Erwachsenenbildung an der Universität Hamburg und Edgar Forster, Dozent für Erziehungswissenschaft an den Universitäten Innsbruck und Salzburg. Rolf Arnold wurde am 15. November 1952 in Freyung (Niederbayern) geboren6. Er hat nach Studien an der Freien Universität Berlin und der Universität Mannheim an der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule Rheinland-Pfalz in Landau 1977 das Erste Staatsexamen für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen und 1979 die Diplomprüfung in „Berufs- und Betriebspädagogik“ samt Zusatzfach „Erwachsenenbildung“ mit Auszeichnung bestanden. 1983 hat er an der Universität Heidelberg das Doktorat der Philosophie erworben mit einer Dissertation über „Pädagogische Professionalisierung betrieblicher Bildungsarbeit. Explorative Studie zur Ermittlung weiterbildungsrelevanter Deutungsmuster des betrieblichen Bildungspersonals“.7 Sie ist 1983 auch als Buch erschienen. Erster Gutachter war Jochen Kaltschmid8, zweiter Micha Brumlik9. 1987 ist an der Fernuniversität Hagen eine kumulative Habilitation erfolgt10. Beruflich ist er nicht in den Schuldienst eingetreten, sondern war von 1979 bis 1982 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule in Landau tätig und von 1983 bis 1989 als Pädagogischer Referent bei der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung. 1990 wurde er zum Professor in Kaiserslautern ernannt. Forschungsaufträge haben ihn in zahlreiche Länder der Dritten Welt geführt. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen 13 Bücher von ihm vor, darunter „Erwachsenenbildung“ (1988), „Betriebspädagogik“ (1990), „Berufspädagogik“ (1990) und „Betriebliche Weiterbildung“ (1991).
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Lebenslauf vom 29.8.2011, PAB; Kurzbiographie: Kürschner 2007, 76. ZfP 30 (1984), 424. Kurzbiographie: Kürschner 2007, 1676. Kurzbiographie: Kürschner 2007, 437. ZfP 34 (1988), 426.
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Über Elke Gruber, deren Habilitation 2001 an der Universität Graz erfolgt ist, ist bereits berichtet worden11, ebenso über Edgar Forster12. Der Ruf des Rektors ist an Gruber ergangen. Sie hat ihr Amt am 1. September 2002 angetreten.13 Ihre Antrittsvorlesung hat sie erst am 2. Dezember 2004 über folgendes Thema gehalten: „Information? Wissen? Bildung? Vergessen? Über Mythen und Möglichkeiten der Bildung Erwachsener“.14 Ihre Lehrveranstaltungen15 bestanden hauptsächlich aus Seminaren. Die Vorlesungen waren auf folgende Themen beschränkt: „Einführung in die Bildungsarbeit mit Erwachsenen“ (WS 2002/03); „Einführung in die Studienzweige“ (3mal); „Bildung und Entwicklung im Erwachsenenalter im Rahmen von Modernisierungsprozessen“ (8mal zwischen WS 2003/04 und WS 2012/13); „Theorien und Methoden der Frauenund Geschlechterforschung“ (WS 2005/06). Die Themen der Seminare lauteten: „Bildungsziel: flexibler Mensch? Theorieansätze, Konzepte und Methoden einer Weiterbildung im Wandel“ (9mal zwischen WS 2002/03 und WS 2012/13); „Arbeit, Bildung, Beruf im internationalen Modernisierungsprozeß“; „Erwachsenenund Berufsbildung in der autonomen Provinz Südtirol (mit Exkursion)“; „Studienprojekt: Berufsverläufe von Absolventinnen des Pädagogikstudiums an der Universität Klagenfurt“ (5mal zwischen SS 2006 und SS 2010); „Lokal? Global? Internationale Entwicklung von Arbeit, Bildung und Beruf“; „Neue Lernkulturen – neue Lernwelten“ (8mal zwischen SS 2004 und SS 2013 als Proseminar, Arbeitsgemeinschaft, Seminar, teils „mit Exkursion“). Die vielfachen Wiederholungen lassen vermuten, dass es dem Studienzweig an lehrenswerten Inhalten fehlt, die seine Betreibung rechtfertigen würden. Die Hauptarbeit scheint sich in den thematisch variablen „Begleitungs- und Beratungsseminaren“ für Diplomanden, Masteranwärter und Dissertanten abgespielt zu haben16. 11 Band 2, 369ff.; ferner http://wwwg.uni-klu.ac.at/ifeb/eb/elkegruber.htm (26.2.2011). 12 Band 2, 843–847 und Band 3, 344–346. 13 Unisono 3/2002, 11. 14 Unisono 1/2005, 19. 15 Nach den Verzeichnissen im AUK von 2002 bis 2013. 16 Themen von 16 Diplomarbeiten der Jahre 2005/06 im Forschungsbericht des Instituts für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung der UKL 2005–2006, 7f.
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Gruber hat als Betreuerin und erste Gutachterin folgende 14 Dissertationen angenommen17: Irene Maria Greiner-Kuschej: Zwischen Beruf und Berufung. Psychosoziale Arbeit in Nonprofitorganisationen als ehrenamtliche Tätigkeit von Frauen (2004); Heide Steinwidder: Erwachsene lehren und lernen. Die Didaktisierung von Schlüsselqualifikationen im Spannungsverhältnis zwischen Alltagsbewusstsein, heimlichem Lehrplan und der Erziehung zu Mündigkeit und Autonomie (2005); Anita Thaler: Berufsziel Technikerin? Der Faktor Geschlecht in technischen Fachhochschulstudiengängen (2005); Günter Zechner: Lernen Erwachsene anders? Didaktische Überlegungen für den Lehr- und Lernprozess in der Abendschule für Berufstätige (HTL) (2006); Brigitte Köck: Verantwortung und sinnvolles Tun in der Erwerbsarbeit? (2006); Reinhard Kogler: Das Prinzip der Nachhaltigkeit in der landwirtschaftlichen Erwachsenenbildung (2006); Maria Gutknecht-Gmeiner: Chancen und Grenzen von Peer Review als Instrument der Qualitätssicherung und Qualitätsbildung im Bildungsbereich (2006); Adalbert Jordan: Lebensbegleitendes Lernen – auch nach dem Erwerbsleben? Seniorenstudium als Quelle für Bildung, Lebensqualität und Wohlbefinden älterer Menschen (2006); Karin Genser-Stocker: Berufsorientierung als Brücke für Jugendliche mit schlechten Startchancen. Anforderungen, Möglichkeiten und Risiken auf dem Weg in die Erwerbstätigkeit (2007); Susanne Huss: Von der Bildungsexpansion zur Ware Bildung. Bildung im Netz von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (2007); Wolfgang Moch: Konzepte der differenzierten Methodik bei der Personalentwicklung und –auswahl von Führungskräften (2007); Christina Auer: Fremdsprachenerwerb Erwachsener in der Weiterbildung. Entwicklung eines teilnehmerorientierten Unterrichtskonzepts für erwachsene Fremdsprachenlernende am Beispiel Englisch (2012); Andrea Anne Birgmayer: Aspekte der Nachqualifizierung von Geringqualifizierten (2012); Manuela Garaus: (Weiter)Bildungsverhalten „Älterer“ (2012).
17 ZfP 51 (2005), 457; 52 (2006), 476; 54 (2008), 476; 59 (2013), 635. UKL: Forschungsbericht 2003–2004, 42; Forschungsbericht des Instituts für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung 1.1.2005 – 30.9.2006, 7.
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29. ULRIKE POPP ALS PROFESSORIN FÜR SCHULPÄDAGOGIK SEIT 2003 Die Schulpädagogik ist 28 Jahre lang durch Josef Klingler bis zu seiner Emeritierung im Herbst 2002 vertreten worden1. Für seine Nachfolge wurde in der Ausschreibung der Professur betont, dass eine „geschlechterbewusste, demokratiefördernde, Differenzen berücksichtigende“ Ausrichtung des Faches2 erwünscht sei. Der Berufungskommission haben mit einer 8:4:4 Parität folgende Professoren angehört3: die Pädagogiker Bammé, Gstettner und Klingler, die Psychologin Jutta Menschik-Bendele, der Historiker Günther Hödl, der Anglist Allan R. James und als vom Dekan entsandte auswärtige Mitglieder die Pädagogikerinnen Ines Maria Breinbauer (Wien)4 und Hannelore Faulstich-Wieland (Hamburg)5. Zum Vorsitzenden wurde Gstettner gewählt. Der Berufungsvorschlag lautete: 1. Ulrike Popp, seit 2001 Dozentin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Sozialisation an der Universität Bielefeld; 2. Una Dirks, seit 1999 Professorin für Pragmalinguistik: Bildungs-, Kommunikations- und Konfliktforschung an der Universität Hildesheim; 3. Ferdinand Eder, Dozent für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie an der Universität Salzburg. Ulrike Popp wurde am 22. Januar 1959 als Tochter eines Lehrers und einer Musikerin in Schleswig geboren6. Nach der Grundschule und der Unterstufe des Neusprachlichen Gymnasiums hat sie von 1976 bis 1979 am Allgemeinen Krankenhaus Schleswig die Ausbildung als Krankenschwester absolviert. Anschließend war sie bis 1981 in Hamburg in diesem Beruf tätig. Nach Erlangung der Fachhochschulreife hat sie an der Fachhochschule Hamburg Sozialpädagogik studiert. Nach der Zwischenprüfung hat sie 1984 an der Universität Hamburg das Studium der Soziologie mit den Nebenfächern Psychologie und
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Vgl. in diesem Band S. 426ff. Unisono 1/2003, 13. UKL: Mitteilungsblatt 2000/2001, Nr. 271 vom 18. Juli 2001. Über sie vgl. Band 1, 628–632 und 555f.; Kürschner 2007, 402. Kurzbiographie: Kürschner 2007, 807. Lebenslauf 2002; Unisono 1/2003, 13; Kürschner 2007, 2786.
Ulrike Popp als Professorin Kolumnentitel für Schulpädagogik
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Erziehungswissenschaft begonnen und 1990 als Diplom-Soziologin mit sehr gutem Erfolg abgeschlossen. Danach folgte ein Studium der Erziehungswissenschaft im Hauptfach. Sie hat an einem Forschungsprojekt über „Bilinguale Kinder an monolingualen Schulen“ mitgearbeitet und daraus das Thema ihrer Dissertation gewählt. 1994 hat sie das Doktorat der Philosophie erworben mit einer Dissertation über „Lebensentwürfe deutscher und türkischer Jugendlicher. Eine Untersuchung über Sozialisationsprozesse unter geschlechtsspezifischer Perspektive“. Erste Gutachterin war die Professorin für Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Probleme ausländischer Mitbürger Ursula Neumann von der Arbeitsstelle Interkulturelle Bildung7. Die Dissertation ist 1994 als Buch erschienen mit dem Titel: „Geteilte Zukunft. Lebensentwürfe von deutschen und türkischen Schülerinnen und Schülern“. Nach der Promotion war Popp ab 1994 als Wissenschaftliche Assistentin an der Fakultät für Pädagogik der Universität Bielefeld tätig. Dort hat sie ein Forschungsprojekt über „Geschlechtersozialisation und Gewalt an Schulen“ geleitet, bei dem es besonders um die Frage ging, welche spezifischen Ausdrucksformen von Gewalt bei Mädchen auftreten. Auf dieser Grundlage hat sie 2001 im Alter von 42 Jahren die Lehrbefugnis als Privatdozentin für „Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Sozialisation“ erworben. Ihre Habilitationsschrift behandelte „Geschlechtersozialisation im Kontext schulischer Gewalthandlungen und konflikthafter Interaktionen“8. Sie ist 2002 als Buch erschienen unter dem Titel „Geschlechtersozialisation und schulische Gewalt. Geschlechtstypische Ausdrucksformen und konflikthafte Interaktionen von Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I“. Una Dirks wurde am 29. April 1961 in Eckernförde (SchleswigHolstein) geboren9. Sie hat an der Universität Marburg die Fächer Englisch und Sport für das Lehramt an Höheren Schulen studiert und 1991 das zweite Staatsexamen und die Erweiterungsprüfung in Erziehungswissenschaft bestanden. Im gleichen Jahr ist die Promotion auf Grund einer Dissertation über „Persuasive Darstellungsmittel im StarWars-Diskurs“ erfolgt. Nach mehrjährigem Schuldienst war sie von
7 ZfP 41 (1995), 483. DGfE: Adressbuch Erziehungswissenschaft 1997/1998, 194; Kürschner 2003, 2342. 8 ZfP 48 (2002), 455. 9 Kurzbiographie: Kürschner 2003, 568.
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1993 bis 1999 Wissenschaftliche Assistentin am Institut für Pädagogik der Universität Halle. 1998 hat sie an der Universität Magdeburg die Lehrbefugnis als Privatdozentin für Englische Sprache und ihre Didaktik erworben auf Grund einer Habilitationsschrift über „Englisch wird erste Fremdsprache. Berufsbiographische Chancen und Hindernisse im Professionalisierungsprozess ostdeutscher Englischlehrerinnen“10. Sie ist 2000 unter dem Titel „Wie werden EnglischlehrerInnen professionell?“ als Buch erschienen. 1999 wurde sie Professorin für Sprachlehrforschung in der Abteilung für Englische Sprache und Kultur der Universität Hildesheim11. Zur Zeit der Klagenfurter Beratungen lagen neben Dissertation und Habilitationsschrift noch Aufsätze zu folgenden Themen vor: „Mit Metaphern deuten lernen“ (1993), „Handlungsorientierung im Englischunterricht“ (1993), „Die geschlossene Welt der Sprachschatz- und Grammatikarbeit“ (1997), „Neue Wege in der Lehreraus- und Lehrerfortbildung. StudentInnen und LehrerInnen werden Selbstforscherinnen“ (1999), „Mehrsprachigkeit im Spannungsfeld berufsbiographischer und schulstruktureller Implikationen“ (2000), „Lehrerprofessionalisierung: Ein ,wilder Wandlungsprozess‘“ (2000). Über Ferdinand Eder ist in diesem Werk bereits berichtet worden12. Aus diesem Berufungsvorschlag hat der Rektor sich für die an erster Stelle genannte Dozentin Popp entschieden. Sie hat im Winter semester 2002/03 als Gastprofessorin begonnen und ist seit 1. Februar 2003 als Universitätsprofessorin für Schulpädagogik tätig. Ihre Antrittsvorlesung hat sie am 18. Jänner 2005 über das Thema „Ganztagsschule als Schule der Zukunft?“ gehalten. Popps Lehrveranstaltungen waren folgenden Themen gewidmet13. Vorlesungen über „Einführung in die Grundbegriffe der Erziehungswissenschaft“; „Einführung in die Methodologie und Methoden der empirischen Erziehungswissenschaft“ (7mal zwischen SS 2003 und WS 2012/13); „Bildung und Entwicklung in Kindheit und Jugend vor dem Hintergrund sozialen Wandels“; „Kindheit und Jugend im Wandel“.
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ZfP 45 (1999), 444. Kürschner 2001, 542; 2007, 623. Vgl. Bd. 3, 2008, 317–322. Nach den Verzeichnissen im AUK von 2000 bis 2013.
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Seminare: „Projektseminar Schulentwicklung“; „Geschlecht und Schule“; „Lebensphasen und geschlechtstypische Disparitäten“; „Schulentwicklung und soziale Integration“; „Konflikte im Geschlechterverhältnis“; „Geschlechtsspezifische Sozialisationsprozesse in Schule und Umfeld“; „Geschlechterverhältnisse in Schule und Umfeld“; „Geschlechterverhältnisse an Schulen“; „Heterogenität und soziale Ungleichheit“. Popp hat bisher folgende 4 Dissertationen betreut und als erste Gutachterin angenommen14: Ingrid Stüfler: Schulentwicklungsprozesse an der Bundes-Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik in Klagenfurt. Fallstudie zur gegenwärtigen Situation und Entwicklung einer Schule (2005); Helmut Kleindienst: Einflüsse auf die Schulwahl an der ersten Nahtstelle des österreichischen Bildungssystems mit einer empirischen Untersuchung im Stadt-Land-Vergleich (2006); Birgit Leitner: Qualitätsmanagement in der Lehrerbildung. Der Organisationsentwicklungsprozess an der Religionspädagogischen Akademie der Diözese Gurk auf dem Weg zur Katholischen Pädagogischen Hochschuleinrichtung Kärnten (2008); Anneliese Theuermann: Kompetenz als Konstruktion. Perspektiven zur Entwicklung konstruktiver Handlungskompetenzen von Lehrerinnen und Lehrern (2008).
30. STEPHAN STING ALS PROFESSOR FÜR SOZIAL- UND INTEGRATIONSPÄDAGOGIK SEIT 2005 Die erziehungswissenschaftlichen Spezialdisziplinen Sozialpädagogik und Heil- oder Sonderpädagogik sind seit ihren Anfängen gemäß ihren berufsspezifischen Ausbildungsaufgaben wie auch wissenschaftlich relativ selbständige Arbeits- und Forschungsgebiete. Sie werden fast überall in getrennten Instituten oder Abteilungen durch verschieden spezialisiertes Personal gelehrt.1 Die in Klagenfurt erfolgte Zusammen-
14 Forschungsbericht des Instituts 2005/2006, 41; ZfP 55 (2009), 499 (Leitner und Theuermann dort irrtümlich als Habilitationsschriften gemeldet). 1 Vgl. zu den separaten Studiengängen DGfE: Kerncurriculum Erziehungswissenschaft (2008), 65ff. und 73ff. – Vgl. auch die Differenzierung der erziehungswissenschaftlichen Teilfächer im Kürschner 2007, 4358ff.: Nr. 240 Sonderpädagogik; Nr. 241 Sozialpädagogik (samt Personal).
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legung verkennt den wissenschaftlichen Umfang und die große praktische Bedeutung, die beide Teilfächer inzwischen erreicht haben. Ihre Kombination überfordert das Lehrpersonal wie die Studierenden und schmälert durch doppelte Beanspruchung deren optimale fachspezifische Kompetenz auf jedem der beiden Gebiete. Das ist besonders dann zu befürchten, wenn wie in Klagenfurt das Spezialfach Sozialpädagogik zur Universaldisziplin „Soziale Arbeit“2 im Sinne einer „Sozial arbeitswissenschaft“3 auszuweiten geplant wird. In diesen erziehungs- und sozialpolitisch zunehmend wichtigeren Disziplinen ist eine Arbeitsteilung zwischen den österreichischen Universitäten mit wenigen Schwerpunkten für deren zeitgemäße Vertretung unausweichlich. Der kleinen Klagenfurter Universität wäre mit der Beschränkung auf den vorhandenen Studienzweig „Sozialpädagogik“ und dessen Ausbau besser gedient gewesen. Für eine seriöse sonderpädagogische Forschung und Ausbildung fehlen hier alle Voraussetzungen, die der Hochschulraum Wien leicht bieten könnte. Wegen der Verschiedenheit der zusammengelegten Fächer ist die Besetzung der ihnen gewidmeten Professur mangels geeigneter Bewerber auf große Schwierigkeiten gestoßen.4 Der Berufungskommission haben mit einer Parität von 8:4:4 folgende Professoren angehört: die Pädagogiker Gstettner, Gruber und Popp, die Psychologen MenschikBendele, Ottomeyer und Philipp Mayring5; als vom Dekan entsandte auswärtige Mitglieder der Psychologe Heiner Keupp (München)6 und der Spezialist für Sozialarbeit und Erwachsenenbildung Christian von Wolffersdorff (Leipzig)7. Es sind 14 Bewerbungen eingegangen. Nach deren Prüfung ist beschlossen worden, die Ausschreibung zu wiederholen. Sie führte zu 6 weiteren Bewerbungen. Nach sieben Sitzungen ist am 14. Juni 2004 folgender Berufungsvorschlag einstimmig beschlossen worden8: 1. Stephan Sting, Privatdozent für Erziehungswissenschaft an der Freien Universität Berlin; 2 Vgl. Knapp 2008, 352ff. zum Masterstudium „Soziale Arbeit“ und dessen „Entwicklungsperspektiven“ (454ff.). 3 Vgl. u.a. Rössner 1973. 4 Ausführliche Angaben bei Knapp 2008, 279-309. 5 Seit 2002 für Entwicklungspsychologie an der Universität Klagenfurt. Kurzbiographie: Kürschner 2007, 2328. 6 Kürschner 2007, 1743. 7 Kürschner 2007, 4096. 8 Knapp 2008, 301.
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2. Susanne Maurer, Habilitationsbewerberin für Sozialpädagogik an der Technischen Universität Dresden; 3. Eva Breitenbach, Privatdozentin für Allgemeine Pädagogik und Frauenforschung an der Universität Osnabrück / Christian Niemeyer, Professor für Sozialpädagogik an der Technischen Universität Dresden. Alle vier Kandidaten hatten also ihren Arbeitsschwerpunkt in der Sozialpädagogik. Wissenschaftliche Kompetenz und Berufserfahrungen in der Sonderpädagogik hatte niemand aufzuweisen. Damit hat sich bereits abgezeichnet, dass dieses Fach von ihnen nicht ausreichend versorgt werden kann, um eine vollwertige Ausbildung zu ermöglichen. Stephan Sting ist am 8. Oktober 1958 in Balingen (Württemberg) geboren worden9. 1979 hat er an der Freien Universität Berlin das Diplom-Studium der Pädagogik mit den Nebenfächern Psychologie und Soziologie begonnen. Nach dessen Abschluss mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik/Sozialarbeit im Jahre 1984 war er fünf Jahre in der außerschulischen Jugendarbeit tätig. 1990 ist die Promotion erfolgt auf Grund einer philosophisch-ideengeschichtlichen Dissertation zum Thema „Der Mythos des Fortschreitens. Zur Geschichte der Subjektbildung“10. Sie ist 1991 als Buch im Umfang von 284 Seiten erschienen. Von 1990 bis 1995 war Sting Wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Christoph Wulf11 im Arbeitsbereich Anthropologie und Erziehung des Instituts für allgemeine und vergleichende Erziehungswissenschaft der Freien Universität Berlin. 1996 hat er an der Freien Universität Berlin im Alter von 38 Jahren die Lehrbefugnis als Privatdozent für „Allgemeine Erziehungswissenschaft“ erworben. Seine kulturhistorische Habilitationsschrift war folgendem Thema gewidmet: „Schrift, Bildung und Selbst. Eine pädagogische Geschichte der Schriftlichkeit“12. Sie ist 1998 als Buch im Umfang von 408 Seiten in der von Dieter Lenzen und Christoph Wulf herausgegebenen Reihe „Pädagogische Anthropologie“ erschienen.
9 Kürschner 2009, 4125; Unisono 2/2005, 11; http://wwwg.uni-klu.ac.at/ifeb/ sip/sting.htm (26.2.2011); Lebenslauf (Juni 2013), PAB. 10 In der ZfP nicht verzeichnet. 11 Kürschner 2007, 4116. 12 ZfP 43 (1997), 502.
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Nach seiner Habilitation ist Sting als Dozent für „Gesundheit und Soziale Arbeit“ in das Institut für Sozialpädagogik und Sozialarbeit der Technischen Universität Dresden eingetreten13, das von Prof. Lothar Böhnisch14 geleitet wurde. Seither hat er sich auf Sozialpädagogik und Sozialarbeit spezialisiert. In der Forschung war er zwischen 1998 und 2003 mit Ländervergleichen der Verbreitung illegaler Drogen unter Jugendlichen in Deutschland, Russland, Ukraine und Spanien als Voraussetzung besserer Suchtprävention beschäftigt. Für das Sächsische Sozialministerium hat er zwischen 2004 und 2006 einen „Bildungsleitfaden für pädagogische Fachkräfte in sächsischen Kinderkrippen und Kindergärten“ ausgearbeitet. Gemeinsam mit Cornelia Blum hat er 2003 ein Buch über „Soziale Arbeit in der Suchtprävention“ veröffentlicht. Sting ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Er hat sich der Berufungskommission mit einem Vortrag über „Soziale Bildung als Zugang zur Sozial- und Integrationspädagogik“ vorgestellt, der inhaltlich und didaktisch „sehr überzeugt“ habe15. Susannne Maurer16 wurde am 29. September 1958 in Göppingen (Württemberg) geboren und hat dort das Freihofgymnasium bis zum Abitur im Jahre 1977 besucht. Anschließend hat sie von 1977 bis 1984 an der Universität Tübingen Erziehungswissenschaft studiert und mit dem Diplom in der Studienrichtung Sozialpädagogik abgeschlossen. Ihr Studienschwerpunkt lag bei der Jugendarbeit/Gemeinwesenarbeit. Von 1989 bis 2002 war sie als Wissenschaftliche Angestellte, ab 1995 als Assistentin in der Abteilung Sozialpädagogik des Instituts für Erziehungswissenschaft der Universität Tübingen tätig. 1995 hat sie im Alter von 37 Jahren das Doktorat der Sozialwissenschaften erworben mit einer Dissertation über das Thema „Zwischen Zuschreibung und Selbstgestaltung. Feministische Identitätspolitiken im Kräftefeld von Kritik, Norm und Utopie“17. Gutachter waren Doris Knab18 und Hans Thiersch19. Im Studienjahr 2003/2004 war Maurer mit der Vertretung der Professur für Sozialpädagogik an der Universität Jena beauftragt. 2004 13 DGfE: Adressbuch Erziehungswissenschaft 1997/1998, 139. 14 Kurzbiographie Kürschner: 2007, 326. 15 Knapp 2008, 297, 299. 16 Lebenslauf: www.uni-marburg.de (12.6.2013); briefliche Mitteilung an den Verfasser vom 4.6.2013; telefonische Auskunft vom 13.6.2013. 17 ZfP 42 (1996), 467. 18 Kürschner 2007, 1820. 19 Kürschner 2003, 3401.
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hat sie ihre Habilitationsschrift „Zum Verhältnis von Frauenbewegung und sozialer Arbeit um 1900“ an der Universität Hildesheim eingereicht20. Noch vor Abschluss des Verfahrens wurde Maurer zum Wintersemester 2004/05 auf eine Professur für Sozialpädagogik an der Universität Marburg berufen. Eva Breitenbach war als Assistentin an der Universität Osnabrück tätig und hat dort 1999 die Lehrbefugnis als Privatdozentin für Allgemeine Pädagogik erworben. Ihre Habilitationsschrift hatte den Titel „Mädchenfreundschaften in der Adoleszenz. Eine empirische Studie“21. Sie hat sich in Klagenfurt mit einem Vortrag über „(Re)konstruktion von Differenzen als Thema der Sozialpädagogik“ vorgestellt22. Christian Niemeyer wurde am 1. März 1952 in Hameln (Niedersachsen) geboren23. Er hat nach Diplomstudien der Psychologie und Pädagogik an der Freien Universität Berlin 1987 die Lehrbefugnis als Privatdozent für Pädagogik erworben. Seine Habilitationsschrift war folgendem Thema gewidmet: „Der epistemologische Professionelle. Auf dem Weg zu einer Theorie sozialisatorischer Interaktion für sozialpädagogische Handlungsfelder – konkretisiert am Beispiel Heimerziehung“24. Seit 1993 war er Professor für Sozialpädagogik an der Technischen Universität Dresden25. Er hat sich in Klagenfurt mit einem Vortrag über „Sozialpädagogik zwischen sexueller und sozialer Frage“ vorgestellt26. Der Ruf des Rektors ist an Sting ergangen. Er hat sein Amt am 1. März 2005 angetreten27. Als „Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte“ hat er folgende angegeben: „Sozialpädagogik und Bildung“, „Soziale Arbeit und Gesundheit“, „Suchtprävention“, „Theorie der Sozialpädagogik“28. Es gehe vor allem um den „Versuch, eine übergreifende sozialpädagogische Bildungstheorie zu entwickeln, die Bildung außerhalb der Schule betrachtet und soziale Fragen in den Kontext von
20 ZfP 52 (2006), 461: als Dissertation angenommen 2004 von Kirsten Scheiwe, Burghard Müller, E. Karls. 21 ZfP 46 (2000), 497; DGfE: Handbuch Erziehungswissenschaft 1994/95, 336. 22 Knapp 2008, 287. 23 Kürschner 2009, 2947. 24 ZfP 34 (1988), 418. 25 DGfE: Adressbuch Erziehungswissenschaft 1997/1998, 138. 26 Knapp 2008, 297f. 27 Ebenda, 309. 28 http://www.uni-klu.ac.at/ifeb/sip/sting.htm (26.2.2011).
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Bildungsfragen bringt“29. Seine Antrittsvorlesung hat er am 11. Mai 2006 über „Freundschaft als Bildungsideal“ gehalten. Sting hat Lehrveranstaltungen über folgende Themen angeboten.30 Vorlesungen: „Bildung und Entwicklung in Kindheit und Jugend“ (9mal zwischen 2005 und 2013); „Pädagogische Grundvorgänge“; „Berufs- und Handlungsfelder der Sozial- und Integrationspädagogik“. Seminare: „Individuum und Gesellschaft in klassischen Bildungstheorien“; „Suchtprävention“; „Sozialpädagogik des Kindergartens“; „Soziale Arbeit und Gesundheit“; „Pierre Bourdieus Habitustheorie“; „Sozialpädagogik im Kontext Schule“; „Cliquen, Gruppen, Freunde: Informelle Bildung im Jugendalter“; „Ausgewählte Theorien der Sozialpädagogik“; „Sozialpädagogik des Kindes- und Jugendalters“; „Aktuelle Herausforderungen an die Sozial- und Integrationspädagogik“; „Zur sozialpädagogischen Bedeutung von Geschwisterlichkeit“; „Jugend und Jugendarbeit in Österreich“. Seit 2008 hat Sting folgende 10 Dissertationen als Betreuer und erster Gutachter angenommen31: Anna Baar: Wozu nein sagen? Kritik der normativen Beeinflussung in der primären Suchtprävention (2008); Haris Bilajbegovic: Persönlichkeitsentwicklung von Kindern in der chinesischen Kampfkunst „Wing Tsun“ (2008); Adolf Reiter: Jugendliches Risikoverhalten im Straßenverkehr (2009); Karin B. Taurer: Wirtschaftliche und soziale Integration eines Betriebes und seiner Mitarbeiter aus dem ehemaligen Ostdeutschland in ein marktwirtschaftlich geführtes Unternehmen des Westens (Eine Fallstudie) (2010); Sylvia Leitner: Kommunale Suchtprävention in der Altersgruppe der Elf- bis Vierzehnjährigen (2010); Bettina Ankerst: TGHP – Tiergestützte Heilpädagogik. Die Wirkung der heilpädagogischen Arbeit mit Pferden auf Menschen, die unter Verhaltensauffälligkeiten leiden (2011); Ursula Huber: Soziale Netzwerke und Freundschaften sehgeschädigter Kinder und Jugendlicher (2011); Sigrid Götzhaber: Der lange Weg zum gemeinsamen Lernen. Die Zeitreise behinderter Volksschulkinder von der Isolation über die Integration zur Inklusion (2012); Martina Rulofs: Inklusion gleich Illusion? Die gesellschaftliche Einstellung und deren besondere Relevanz für die Realisierung des Inklusionskonzeptes (2012);
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Unisono 2/2005, 11. Nach den Verzeichnissen im AUK von 2005 bis 2013. ZfP 55 (2009), 499; 59 (2013), 635f.
Wenning, Professor für Allgemeine Kolumnentitel Pädagogik/Interkulturelle Bildung 781 Maria Windisch: Erziehung bildet. Pädagogische Beziehung als konstitutives Element im Bildungsgeschehen (2012).
Stings eigene Publikationen seit 2005 bestanden aus einer gemeinsam mit Hans Günther Homfeldt32 verfassten Einführungsschrift über „Soziale Arbeit und Gesundheit“ (2006) und rund 30 Aufsätzen zu folgenden Themen: Sucht und Suchtprävention, Gesundheit im Jugendalter, Gesundheitliche Ungleichheit, „Peergroup-Kultur und soziale Bildung“, „Migration, transkulturelle Räume und kollektive Identitäten“, „Der Körper als Bildungsthema“, „,Bildungsgerechtigkeit‘ als sozialpädagogische Aufgabe? Soziale Bildung im Kontext schulischer Ausgrenzungserfahrungen“, „Zum Wandel der Jugendphase“, „Aneignung der Alkoholkultur als Bildungsaufgabe“, „Empirische Forschung zur Sozialen Arbeit in Österreich“ (mit Arno Heimgartner, 2012).33
31. NORBERT WENNING ALS PROFESSOR FÜR ALLGEMEINE PÄDAGOGIK UNTER BERÜCKSICHTIGUNG DER INTERKULTURELLEN BILDUNG: 2006 BIS 2007 Als größter und folgenreichster Fehler bei der Planung und dem Aufbau der „Hochschule für Bildungswissenschaften“ hat sich die vollständige Vernachlässigung der Allgemeinen (oder Systematischen) Pädagogik in fachlicher und personeller Hinsicht erwiesen. In den ersten elf Jahren ist dieses Kerngebiet des Faches ohne Professor geblieben1. Zwischen 1981 und 2003 ist es durch Gstettner nur dem Namen nach vorhanden gewesen. Statt der Lehre und Forschung über die Grundlagen zu dienen und zur Integration der pädagogischen Spezialfächer und Randgebiete beizutragen, hat er sich diesen Aufgaben entzogen und vielerlei Sonderthemen und kulturpolitische Aktionen bevorzugt2. Er hat sich ohne Rücksichtnahme auf die Widmung und den
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Kürschner 2007, 1505. Sting: Publikationen (Juni 2013). PAB. Vgl. S. 376ff. Vgl. S. 556ff.
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Zweck der Professur vorwiegend seinem Interesse an „interkultureller Bildung“ und Minderheitenpolitik gewidmet. Der Name „Allgemeine Pädagogik“ wurde nicht wie bisher als „Systematische“ oder Grundlagen behandelnde Pädagogik („Fundamentalpädagogik“) verstanden, sondern als Sammelsurium für alles, was irgendwie mit Erziehung oder „Bildung“ zusammenhängt. Nur so war es möglich, das wissenschaftlich unausgereifte Randgebiet „Interkulturelle Bildung“ in die Kerndisziplin der Pädagogik einzuschleusen und parasitär zur Hauptsache zu machen. Das ist praktisch durch die Berufung von Personen geschehen, die sich auf „Interkulturelle Bildung“ oder „Ausländerpädagogik“ spezialisiert hatten, aber weder Ausbildung noch Leistungen für die „Allgemeine Pädagogik“ nachweisen konnten. Während Gstettners Professur ohne Zusatz der „Allgemeinen Erziehungswissenschaft“ gewidmet war, ist unter seinem Einfluss für seine Nachfolge die Widmung für „Allgemeine Pädagogik unter Berücksichtigung der Interkulturellen Bildung“ gewählt worden. Laut Ausschreibung3 sollte sie inhaltlich „folgende Kernbereiche abdecken: – Grundlegende Begriffe, Konzepte und Theorien der Gegenwartspädagogik – Forschungsmethoden der Erziehungswissenschaft – Auseinandersetzung mit der Pluralität der Kulturen und den Prozessen der Kulturvermittlung – Arbeit in den Anwendungsbereichen der Interkulturellen Pädagogik“. Der Berufungskommission4 haben folgende Professoren angehört: die Pädagogikerinnen Gruber und Popp, der Philosoph Heintel und der Historiker Karl Stuhlpfarrer aus Klagenfurt sowie als auswärtige Mitglieder der Schulpädagogiker Bernhard Hackl5 von der Universität Graz und der Sozialpädagogiker Franz Hamburger6 von der Universität Mainz. Dazu kamen die Wissenschaftlichen Mitarbeiter Grimm, Gombos und Wakounig. Zur Vorsitzenden wurde Elke Gruber gewählt. Kein Mitglied war für Allgemeine Pädagogik ausgewiesen, aber Hamburger, Gombos und Wakounig waren auf „Interkulturelle Bildung“ spezialisiert.
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UKL: Mitteilungsblatt 2003/2004, Nr. 193.1 vom 5.5.2004. UKL: Mitteilungsblatt 2003/2004, Nr. 140 vom 17.3.2004. Über Hackl Bd. 1, 673ff. und Bd. 2, 380. Kürschner 2007, 1231.
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Zu Gutachtern wurden vom Senat folgende Personen bestellt7: Ingrid Gogolin, Professorin für Interkulturelle Bildung und Erziehungswissenschaftliche Migrationsforschung an der Universität Hamburg8, Ursula Neumann, Professorin für Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Probleme ausländischer Mitbürger an der Universität Hamburg9, Marianne Krüger-Potratz, Professorin für Interkulturell-Vergleichende Erziehungswissenschaft an der Universität Münster10 und Christina Allemann-Ghionda, Professorin für Interkulturelle Pädagogik an der Universität Köln11. Keine der vier Gutachterinnen war für Allgemeine Pädagogik qualifiziert. Es sind einseitig nur Spezialistinnen für „Interkulturelle Bildung“ vorgeschlagen und gewählt worden. Auch in der Berufungskommission waren einseitig drei Vertreter dieser Arbeitsrichtung vertreten, jedoch kein einziger aus der Allgemeinen oder Systematischen Pädagogik, der die zu besetzende Professur in erster Linie zu dienen hatte. Der Berufungsvorschlag lautete: 1. Norbert Wenning, außerplanmäßiger Professor für Interkulturelle Erziehungswissenschaft und Ausländerpädagogik an der Fernuniversität Hagen; 2. Paul Mecheril, Dozent für Psychologie in der Universität Bielefeld; 3. Edgar Weiss, Privatdozent für Erziehungswissenschaft an der Universität Siegen / Isabell Diehm, Privatdozentin für Pädagogik der Elementar- und Primarstufe an der Universität Frankfurt am Main. Norbert Wenning wurde am 17. Dezember 1957 in Horstmar (Westfalen) geboren12. Er hat nach dem Abitur am Gymnasium Arnoldinum in Steinfurt von 1977 bis 1984 an der Universität Münster die Fächer Geographie und Sozialwissenschaften für das Lehramt an Gymnasien studiert und 1984 die Erste Staatsprüfung für die Sekundarstufen I und II bestanden. Nach dem Referendariat im Studienseminar Recklinghausen (1985/86) ist er nicht in den Schuldienst einge-
7 UKL: Protokoll der 2. Sitzung des Senats, 28.1.2004, TOP 12. 8 Kürschner 2007, 1082. 9 Kürschner 2007, 2561. 10 Kürschner 2007, 1987. 11 Kürschner 2007, 37. 12 Kürschner 2009, 4541; Unisono 1/2006, 31; Lebenslauf und Schriftenverzeichnis vom 7.6.2013, PAB.
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treten, sondern hat von 1986 bis 1990 bei den Stadtwerken Münster die innerbetriebliche Weiterbildung aufgebaut. Von 1990 bis 1997 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter im „Lehrgebiet Interkulturelle Erziehungswissenschaft und Ausländerpädagogik“ der Fernuniversität Hagen13. 1993 hat er an der Universität Münster in den Fächern Erziehungswissenschaft, Geographie und Soziologie das Doktorat der Philosophie erworben mit einer Dissertation über „Migration und Ethnizität in pädagogischen Theorien“14. Sie ist 1993 als Buch erschienen. Erster Gutachter war Professor Georg Hansen15. 1997 ist an der Fernuniversität Hagen die Habilitation für das Fach Erziehungswissenschaft erfolgt auf Grund einer Schrift über „Homogenisierung und Heterogenisierung. Zu Wirkungen des Bildungswesens im Prozeß gesellschaftlicher Modernisierung im Hinblick auf Gleichheit und Verschiedenheit“16. Sie ist 1999 im Umfang von 408 Seiten als Buch unter folgendem Titel erschienen: „Vereinheitlichung und Differenzierung. Zu den ,wirklichen‘ gesellschaftlichen Funktionen des Bildungswesens im Umgang mit Gleichheit und Verschiedenheit“. Weitere Buchveröffentlichungen waren „Die nationale Schule. Öffentliche Erziehung im Nationalstaat“ (1996), „Migration in Deutschland. Ein Überblick“ (1996) und „Schulpolitik für andere Ethnien in Deutschland. Zwischen Autonomie und Unterdrückung“ (gemeinsam mit Georg Hansen 2003). Paul Mecheril wurde am 14. Juni 1962 in Freiburg im Breisgau geboren17. Er hat von 1981 bis 1987 an den Universitäten Trier, Bielefeld, Wien und Münster Psychologie studiert, die Diplomprüfung bestanden und 1991 in Münster promoviert mit einer Dissertation über das Thema „Wie und worüber gesprochen wird. Entwicklung und Anwendung einer Beschreibungssprache zur Untersuchung psychotherapeutischer Gespräche auf der Ebene thematischer Gesprächseinheiten“. Die Dissertation ist 1992 als Buch veröffentlicht worden. Von 1990 bis 1994 war Mecheril Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Psychologische Diagnostik und Klinische Psychologie der Universität Münster. 13 DGfE: Adressbuch Erziehungswissenschaft 1997/98, 179. 14 ZfP 40 (1994), 515. 15 Arbeitsgebiet: Interkulturelle Erziehungswissenschaft. U.a. Autor von „Die exekutierte Einheit. Vom deutschen Reich zur Nation Europa“ (1991). Kürschner 2001, 1095. 16 ZfP 44 (1998), 462. 17 Kürschner 2009, 2661; Lebenslauf und Schriftenverzeichnis vom Juni 2013, PAB.
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Von 1994 bis 2000 hat er als Assistent an der Universität Bielefeld in der Arbeitsgruppe „Diagnose und Beratung“ der Fakultät für Pädagogik gearbeitet18. 2001 hat er auf Grund einer Habilitationsschrift über „Prekäre Verhältnisse. Über natio-ethno-kulturelle (Mehrfach-)Zugehörigkeit“ die Lehrbefugnis als Hochschuldozent für „Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Interkulturelle Pädagogik“ erworben. Die Habilitationsschrift ist 2003 als Buch erschienen. Weitere Buchpublikationen waren „Politik der Unreinheit. Über die Anerkennung von Hybridität“ (2003) und „Einführung in die Migrationspädagogik“ (2004). Edgar Weiss wurde am 30. März 1957 in Wuppertal geboren19. Er hat an der Universität Kiel Pädagogik studiert und 1986 das Doktorat der Philosophie erworben. Seine von Werner Loch20 betreute und begutachtete Dissertation war folgendem Thema gewidmet: „Ethik, Psychoanalyse und Pädagogik. Studien zu einer mündigkeitsorientierten Moralerziehung“21. Von 1987 bis 1994 war er in Kiel als Assistent tätig. 1994 ist die Habilitation für Erziehungswissenschaft erfolgt auf Grund einer Schrift über „Friedrich Paulsen und seine volksmonarchistischorganizistische Pädagogik im zeitgenössischen Kontext“22. Danach hat er an der Universität Siegen gelehrt. Isabell Diehm hat an der Universität Frankfurt studiert und 1993 das Doktorat der Philosophie mit folgender Dissertation erworben: „Erziehung in der Einwanderungsgesellschaft. Konzeptionelle Überlegungen für den Elementarbereich“23. Betreuer und erster Gutachter war der Professor für Heil- und Sonderpädagogik Gerhard Iben. Die Habilitation ist 2000 erfolgt mit einer Schrift über „Erziehung und Toleranz. Prämissen und Implikationen Interkultureller Pädagogik“24. Der Ruf des Rektors ist an den erstgereihten Bewerber Wenning ergangen. Er hat sein Amt zum Sommersemester 2006 angetreten, aber schon nach dem Wintersemester 2006/07 wieder verlassen. In diesem Jahr hat er folgende Lehrveranstaltungen angeboten: eine Vorlesung über „Einführung in die Methoden empirischer Sozialforschung“; zwei
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DGfE: Adressbuch Erziehungswissenschaft 1997/1998, 113. Kürschner 2001, 3488. Kurzbiographie: W. Böhm 2005, 417. ZfP 33 (1987), 441. ZfP 42 (1996), 460. ZfP 40 (1994), 504. ZfP 47 (2001), 411.
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IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
Seminare über „Vereinheitlichung und Differenzierung. Bildungswesen im Umgang mit Gleichheit und Verschiedenheit“ und „Umgang mit Minderheiten im Bildungswesen – ein internationaler Vergleich“; vier Proseminare über „Theorien des Lehrens und Lernens“, „Berücksichtigung von Fragen der interkulturellen Bildung“, „Theorien der Erziehung und Bildung unter Berücksichtigung von Fragen interkultureller Bildung“, „Theorien des Lehrens und Lernens unter Berücksichtigung des Einsatzes neuer Medien“.25 Durch Wennings Abgang war nochmals eine Chance gegeben, nach 37 Jahren des Mangels endlich für eine kompetente Vertretung der Allgemeinen Pädagogik zu sorgen. Dafür wäre notwendig gewesen, deren unsinnige Verknüpfung mit der Sorge für das verschwommene erziehungspraktisch-politische Randthema „interkulturelle Bildung“ zu lösen und die Professur ausschließlich der Allgemeinen Pädagogik (oder Erziehungswissenschaft) zu widmen. Es hätte genügt, Fragen der „interkulturellen Bildung“ im Rahmen der Schul-, Sozial- und Integrationspädagogik sowie der Erwachsenen- und Berufsbildung zu behandeln. Tatsächlich wurde jedoch wissenschafts- und realitätsblind dem luftigen „Kärntner Konzept“ von 1992 gefolgt, das die „hier entwickelte“ und angeblich „international anerkannte“ „interkulturelle Pädagogik“ zu „den besonderen Aufgaben der Universität im Dreiländereck“ erklärt hatte26.
32. EROL YILDIZ ALS PROFESSOR FÜR ALLGEMEINE ERZIEHUNGSWISSENSCHAFT UND INTERKULTURELLE BILDUNG: 2008–2014 Die Widmung der Professur und der Text der Ausschreibung sind im Jahre 2007 gegenüber 2004 verändert worden.1 Das Fach wurde nun statt „Pädagogik“ wiederum „Erziehungswissenschaft“ genannt. Es wurde nicht mehr suggeriert, dass „Interkulturelle Bildung“ ein Teil der „Allgemeinen Pädagogik“ ist, sondern eine doppelte Widmung der Professur vorgeschrieben: erstens und vorrangig für das Fach „Allgemeine Erziehungswissenschaft“, zweitens zusätzlich, aber nachrangig 25 Mitteilung des AUK vom 31.5.2013. 26 Vgl. 25 Jahre Universität Klagenfurt, UKL 1996, 199; in diesem Band S. 528f.
1
UKL: Mitteilungsblatt 2006/2007, Nr. 171.1 vom 6.6.2007.
Yildiz: Allgemeine Erziehungswissenschaft/Interkulturelle Kolumnentitel Bildung
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für jenes pädagogische Praxisfeld, das einstweilen verschwommen „Interkulturelle Bildung“ genannt wird. Dabei wurde naiv vorausgesetzt, dass es Erziehungswissenschaftler gibt, die nach Ausbildung, Forschungsleistung, Interesse und pädagogischer Berufserfahrung beide Aufgaben zu erfüllen imstande und gewillt sind. Der Stelleninhaber sollte beide „Bereiche“ „in Forschung und Lehre vertreten“. Da „Wissenschaft“ als Theorie und „Bildung“ – also auch „interkulturelle Bildung“ – als Praxis völlig verschiedene Phänomene oder Gegenstände sind, war ihre Kennzeichnung als „Bereiche“ von Forschung und Lehre ein grober logischer Kategorienfehler. Logisch akzeptabel wäre nur eine Verbindung zwischen Allgemeiner Erziehungswissenschaft und „Interkultureller Pädagogik“ als „Theorie der interkulturellen Bildung“. Diese ist aber als ausgearbeitete und anerkannte Teildisziplin noch gar nicht vorhanden. Vermutlich wurde deshalb auf das praktische Programm „interkulturelle Bildung“ ausgewichen. „Inhaltlich soll die Professur folgende Kernbereiche abdecken: – Allgemeine Erziehungswissenschaft: Grundbegriffe, Theorien und Praxisfelder – Forschungsmethoden der Erziehungswissenschaft – Pluralität der Kulturen und Prozesse der Kulturvermittlung – Anwendungsbereiche der Interkulturellen Bildung“. Angesichts der seltsamen Doppelwidmung der Professur war die Zusammensetzung der Berufungskommission von größter Bedeutung. Der Senat ist dabei am 20. Juni 2007 einstimmig einem Vorschlag der Vorständin des Instituts für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung Popp gefolgt. Dieser Vorschlag ist ohne Kenntnis und beratende Mitwirkung der am Institut als Universitätsdozenten tätigen Assistenten zustande gekommen2, die unter anderem „an Evaluierungsmaßnahmen mitzuwirken“ verpflichtet sind3. Vom Senat gewählt4 wurden die am Institut tätigen drei Professoren Gruber, Popp und Sting sowie die Wissenschaftlichen Mitarbeiter Georg Gombos5 und Vladimir Wakounig6; als auswärtige Professoren
2 PAB. 3 4 5 6
Briefliche Mitteilung von Prof. Erik Adam an den Verfasser vom 31.8.2011. Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333, § 179 Abs. 2 Ziffer 4. UKL: Protokoll Senat II/5 vom 20.6.2007, TOP 6.2.1. Vgl. in diesem Band S. 744ff. Vgl. in diesem Band S. 750ff.
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Franz Hamburger (Universität Mainz)7 und Walter Lorenz (Freie Universität Bozen)8. Keine dieser Personen war für Allgemeine Erziehungswissenschaft zuständig, aber Gombos, Wakounig und Hamburger galten als Spezialisten für „Interkulturelle Bildung“, „Minderheitenbildung“ und „Pädagogik der Einwanderungsgesellschaft“ (Hamburger). Als Gutachter wurden bestellt: Prof. Georg Auernheimer (Köln), Spezialist für „Interkulturelle Pädagogik“, Herausgeber des „Handwörterbuchs zur Ausländerarbeit“ (1984) usw.9; Professorin Inci Dirim (Hannover), Spezialistin für „Schüler mit Migrationshintergrund“10; Junior-Professorin Martina Weber (Flensburg) mit dem Fachgebiet „Geschlechterforschung“11; Yasemin Karaksoglu, Privatdozentin für „Interkulturelle Bildung“ an der Universität Bremen12. Diese Wahl der Gutachter zeigt eine extrem einseitige Ausrichtung zugunsten der Nebensache „Interkulturelle Bildung“ auf Kosten der Hauptsache „Allgemeine Erziehungswissenschaft“. Sie wurde verstärkt durch die einseitige Wahl von Gombos und Wakounig zum Nachteil der Allgemeinen Erziehungswissenschaft, welcher die Professoren Adam, Grimm, Lechner und Leitner viel näher standen. Gemessen an der Widmung der Professur mit eindeutiger Priorität für „Allgemeine Erziehungswissenschaft“ war die Auswahl der Gutachter wie der Vertreter der Wissenschaftlichen Mitarbeiter des Instituts ein Täuschungsunternehmen. Verantwortlich war dafür in erster Linie die Institutsvorständin, aber auch der Senat, der diese offensichtliche Zweckentfremdung der Professur wissenschaftlich blind oder gleichgültig unterstützt hat.
7 Kürschner 2007, 1231. 8 Seit 2001 Professor für angewandte Sozialwissenschaften an der Fakultät für Bildungswissenschaften, wo er Soziologie, Sozialarbeit und Ethik lehrt. http://www. unibz.it/de/public/press/pr/newsoverview (1.6.2013). 9 Kürschner 2007, 87. 10 Kürschner 2007, 623. Promoviert 1997 an der Universität Hamburg mit einer Dissertation über „Var mi Lan Marmelade? Türkisch-deutscher Sprachkontakt in einer Grundschulklasse“. ZfP 44 (1998), 463. 11 Kürschner 2007, 3921. 12 Kürschner 2007, 1689. Promoviert 2000 an der Universität Essen mit einer Dissertation über „Religiöse Orientierungen und Erziehungsvorstellungen. Eine empirische Untersuchung an türkischen Lehramts- und Pädagogik-Studentinnen im Ruhrgebiet. ZfP 47 (2001), 410.
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Aus diesem Unternehmen ist folgender Besetzungsvorschlag hervorgegangen: 1. Erol Yildiz, Studienrat im Hochschuldienst und Privatdozent für Soziologie an der Universität Köln; 2. Krassimir Stojanov, Privatdozent für Erziehungswissenschaft an der Universität Magdeburg und Vertretungsprofessor am Institut für Allgemeine Pädagogik und Erwachsenenbildung der Universität Flensburg; 3. Mechtild Gomolla, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich Interkulturelle und International Vergleichende Bildungsforschung der Universität Münster. Erol Yildiz wurde 1960 in Samsun (Türkei) geboren und hat dort 1978 die Reifeprüfung bestanden. Ab 1979 hat er an der Universität Köln Philosophie, Pädagogik, Soziologie und Psychologie studiert. Ab 1990 war er in der interkulturellen Jugendarbeit beim Deutschen Familienverband tätig, ab 1992 am Seminar für Sozialwissenschaft der Universität Köln. 1996 erfolgte die Promotion im Fach Soziologie mit einer Dissertation über „Halbierte Postmoderne. Probleme des Minderheitendiskurses unter Berücksichtigung alternativer Ansätze in den Niederlanden“. Sie ist 1997 unter dem Titel „Die halbierte Gesellschaft der Postmoderne“ als Buch erschienen. Es folgten Forschungen über „Städtischen Multikulturalismus“. 2005 hat er an der Universität Köln die Lehrbefugnis als Privatdozent für Soziologie erworben. Seine Habilitationsschrift behandelte das „Leben in der kosmopolitanen Moderne. Die Öffnung der Orte zur Welt“. Danach hat er sich folgendem stadtsoziologischen Forschungsprojekt gewidmet: „Der Wandel von Quartieren in der metropolitanen Gesellschaft am Beispiel Keupstraße in Köln: Ghetto oder eine Erfolgsgeschichte?“13 Krassimir Stojanov wurde am 26. September 1965 in Goce Delcher (Bulgarien) geboren und hat dort 1983 das Zeugnis der Hochschulreife erhalten14. Von 1985 bis 1990 hat er an der Universität Sofia Philosophie und Pädagogik studiert und 1990 das Diplom in Philosophie und das Lehramtsprüfungszeugnis für Sekundarschullehrer erworben. Von 1992 bis 1994 hat er seine Studien der Philosophie, Soziologie und Pädagogik an der Universität Hannover fortgesetzt und mit dem Ma-
13 14
http://de.wikipedia.org./wiki/Erol (26.2.2011). http://www.ku.de/newsletter/report/einzelansicht-archiv.
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gistergrad abgeschlossen. 1997 ist die Promotion zum Doktor der Philosophie erfolgt mit einer Dissertation über „Gesellschaftliche Modernisierung und lebensweltorientierte Bildung“. Betreuer und erster Gutachter war der Professor für Pädagogische Sozialisationsforschung Albert Ilien15, zweiter Gutachter der Pädagogiker Thomas Ziehe16. Von 2002 bis 2005 hat Stojanov an einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanzierten Projekt über die „Konzeptuelle Entwicklung eines anerkennungstheoretischen Bildungsbegriffes vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Multikulturalisierungsprozesse“ gearbeitet, aus dem seine Habilitationsschrift hervorgegangen ist. Das Studienjahr 2004/05 hat er als Visiting Scholar an der New School for Social Research in New York verbracht. 2005 hat er an der Universität Magdeburg die Lehrbefugnis als Privatdozent für Erziehungswissenschaft erworben. Seine Habilitationsschrift war folgendem Thema gewidmet: „Bildung und Anerkennung. Ein intersubjektivitätstheoretischer Ansatz zum pädagogischen Handeln unter Bedingungen soziokultureller Pluralität“17. Mechtild Gomolla hat an den Universitäten Bielefeld und Münster Psychologie, Soziologie und Pädagogik studiert18. 1994 hat sie den Grad einer Diplom-Psychologin erworben. Ihre Diplomarbeit ist 1997 unter dem Titel „Zwischen Aufbruch und Stagnation. Frauen und Aikido“19 im Druck erschienen. Von 1995 bis 1997 war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Lehrerbildung der Universität Bielefeld im Projekt „Institutionalisierte Diskriminierung“; von 1998–2001 Stipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung, des Studienförderungswerkes des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Mit dessen Hilfe hat sie im Promotionskolleg „Europäische Integration“ an der Universität Osnabrück das Projekt „Schulentwicklung in der Einwanderungsgesellschaft. Strategien gegen institutionelle Diskriminierung in England, Deutschland und in der Schweiz“ bearbeitet, aus dem ihr unter diesem Titel veröffentlichtes Buch von 2005 hervorgegangen ist. Eine Kompetenz für Allgemeine Erziehungswissenschaft war nicht erkennbar.
15 Kürschner 2003, 1439. 16 Kürschner 2003, 3815. 17 ZfP 52 (2006), 466. 18 http://www.hsu-hh.de/ikrb/index. Dort: Wissenschaftliche Schriften und Vorträge (Stand 6.2.2013). 19 Das „Aikido“ (japanisch) ist „eine humane und elegante Form der Selbstverteidigung“. Dtv-Brockhaus-Lexikon 1984, Bd. 1, 82.
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Der Ruf des Rektors ist an Yildiz ergangen. Er hat sein Amt im Sommer 2008 angetreten. Seine Antrittsvorlesung hat er am 23. Juni 2010 über folgendes Thema gehalten: „Vielfalt auf den zweiten Blick. Diversität als Bildungsressource“. Seine Lehrveranstaltungen waren folgenden Themen gewidmet.20 Vorlesungen: „Einführung in das Studium der Erziehungswissenschaft“; „Einführung in die Pädagogik“. Seminare: „Qualitative Verfahren der Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“; „Erziehung und Bildung aus internationaler Perspektive“; „Migration, Diversität, Bildung“; „Interkulturelle Bildung“; „Ethnographische Bildungsforschung“; „Migration, Transkulturalität und Bildung“; „Fremdheitskonzepte in der Interkulturellen Bildung“; „Pädagogische Forschung im Kontext der Migrationsforschung“; „Macht, Kultur, Bildung im Zeichen der Globalisierung – theoretische und methodische Zugänge“ (mit Gombos und Wakounig); „Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“; „Interkulturelle Bildungskonzepte: Theorien und Perspektiven“; „Bildung – Herausforderung für Menschenrechtserziehung und Bildung“; „Interkulturalität und Mehrsprachigkeit – transdisziplinäre theoretisch-methodische Ansätze; „Ökonomisches Handeln unter Berücksichtigung migrantischer Ökonomie“. Aus seinen Veröffentlichungen nach der Bestellung zum Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft ist nicht erkennbar, dass Yildiz sich die fehlenden Voraussetzungen für dessen Vertretung nachträglich erarbeitet hat. Im Gegenteil: als erstes und einziges Buch nach seiner Ernennung ist 2013 eine Studie über „Die weltoffene Stadt. Wie Migration Globalisierung zum urbanen Alltag macht“ erschienen. Darin wurde Yildiz als Lehrer für „interkulturelle Bildung und Migration an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt“ vorgestellt: „Seine Schwerpunkte sind Migrationsforschung, Interkulturelle Bildung und Urbanität“21. Gegen derartige Studien ist nichts zu sagen, wenn sie universitär am richtigen Platz betrieben werden. An der Klagenfurter Universität gehen sie jedoch auf Kosten der Allgemeinen Erziehungswissenschaft als zentraler fachlicher Grundlage pädagogischer Studiengänge. Die doppelte Widmung der Professur war unverantwortlich. Sie zeugt von Inkompetenz der autonomen Gremien der Universität Klagenfurt bei der „Qualitäts- und Leistungssicherung“22.
20 21 22
Nach den Verzeichnissen im AUK von 2009 bis 2013. Yildiz 2013, 2. UG 2002, § 14.
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Sie verrät aber auch etwas über den derzeitigen Zustand der Pädagogik/Erziehungswissenschaft und ihr Ansehen in der wissenschaftlichen Welt. Wie war es möglich, dass sich fachfremde Bewerber um die Doppelprofessur zutrauen, Allgemeine Erziehungswissenschaft in Forschung und Lehre vertreten zu können? Wie war es möglich, dass die Kommissionsmitglieder aus den pädagogischen Spezialfächern Schulpädagogik, Sozialpädagogik und Theorie der Erwachsenen- und Berufsbildung sie unterstützt haben? Ein wesentlicher Grund lag vermutlich darin, dass sie in ihrer eigenen Ausbildung nicht erfahren haben, was solide Allgemeine Erziehungswissenschaft ist. Als Studierende der Pädagogik oder ihrer Nachbarfächer haben sie keine wissenschaftlich überzeugenden Repräsentanten dieses Faches erlebt. Daraus ergab sich die Vorstellung, es sei nur der Name für ein Sammelsurium, das alles Mögliche umfasst und dessen Inhalt beliebig ausgelegt werden kann. Überspezialisierung, Zersplitterung und Inhaltsarmut der Pädagogik scheinen das Verständnis für ihren Kerngehalt verhindert zu haben. Yildiz ist am 1. März 2014 einem Ruf an die Universität Innsbruck gefolgt und hat dort eine Professur für „Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Migranten und Bildung“ übernommen.
33. ERZIEHUNGSWISSENSCHAFTLICHE PROFESSUREN ABSEITS DES „INSTITUTS FÜR ERZIEHUNGSWISSENSCHAFT UND BILDUNGSFORSCHUNG“: DAS „INSTITUT FÜR UNTERRICHTSUND SCHULENTWICKLUNG“ (IUS) IN DER „FAKULTÄT FÜR INTERDISZIPLINÄRE FORSCHUNG UND FORTBILDUNG“ (FFF) UND DIE „SCHOOL OF EDUCATION“ Wie früher berichtet1, hat im „Interuniversitären Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF)“ am Standort Klagenfurt auch eine Abteilung „Schule und gesellschaftliches Lernen“ bestanden, deren Leitung 1996 von Peter Posch2 an seinen 1995 habilitierten
1 2
Vgl. S. 550ff. Über Posch vgl. S. 156ff. und 438ff.
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Mitarbeiter Konrad Krainer3 übergegangen ist. Dieses ehemals autonome Institut wurde 2004 als „Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“ in die Universität Klagenfurt eingegliedert. Schon drei Jahre vorher ist Krainer am IFF zum Professor ernannt worden. Am 1. Oktober 2004 wurde die von ihm geleitete Abteilung an der neuen Fakultät in ein „Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung“ (IUS) umgewandelt. Es war das erste Institut der neu etablierten dritten Fakultät der Universität4. „Das IUS dient der Planung, Durchführung und Evaluation von österreichweiten und internationalen Projekten und Qualifizierungsprogrammen“. Es „verfolgt das Ziel, auf allen drei Ebenen des Schulwesens – dem Unterricht, der Einzelschule als Organisation und dem Bildungssystem – forschend, entwickelnd und beratend sowie durch Lehre und Weiterbildung tätig zu sein“.5 Krainer hat also nie dem „Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ angehört, sondern stets der erziehungswissenschaftlichen Paralleleinrichtung im IFF. Im Zuge ihres Ausbaues an der neuen Fakultät ist dort 2006 eine zweite erziehungswissenschaftliche Professur für „Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung im Bildungswesen“ eingerichtet und mit Johannes Mayr besetzt worden. Seither sind am IUS zwei Professoren tätig, die sich überwiegend schulpädagogischen Universitätslehrgängen und Forschungsprojekten gewidmet haben. Seit 2009 nahm das IUS nach eigener Darstellung in der österreichischen Bildungsforschung eine Sonderstellung als „Austrian Educational Competence Centre (AECC)“ ein6. Sein Personal ist interdisziplinär zusammengesetzt und hat die Möglichkeit, sich an der IFF-Fakultät zu habilitieren. 3 3 a . Ko n r a d K r a i n e r i m I U S a l s P r o f e s s o r f ü r We i t e r b i l d u n g u n t e r b e s o n d e r e r B e r ü c k s i c h t i g u n g vo n S c h u l e n t w i c k l u n g s e i t 2 0 0 1 Über den Lebenslauf und die Habilitation von Krainer für „Didaktik der Mathematik“ ist bereits berichtet worden1. 2003 hat er mit Fort3 Über Krainer vgl. S. 712ff. 4 IUS Jahresbericht 2005. Herausgegeben von Konrad Krainer, Marlies Krainz-Dürr und Josef Hödl-Weissenhofer (2006). 5 Unisono 4/2004, 32. 6 IUS Jahresbericht 2009.
1
Vgl. S. 712ff.
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bildungs-Tagungen zu „Innovationen im Mathematik-, Naturwissenschafts- und Informatikunterricht“ (IMST = Innovationen Machen Schulen Top!)2 begonnen. Er war auch Gründer und Vorstandsmitglied der „European Society for Mathematics Education“ (ERME) und von 1998 bis 2009 Mitherausgeber des „Journal of Mathematics Teacher Education“ (JMTE). 2008 hat er ein Forschungs-Freisemester an der Monash University in Melbourne (Australien) verbracht. Sein Forschungsschwerpunkt und seine Publikationen liegen nach wie vor in der Didaktik des Mathematikunterrichts und der Ausbildung von Mathematiklehrern.3 Die Aufgaben des IUS haben zunächst in der Lehrerfortbildung, insbesondere auf dem Gebiet der Fachdidaktiken bestanden. Schon 2004 hat das Institut acht postgraduate Lehrgänge angeboten mit den Abschlüssen „Master of Art in Education“ und „Master of Art in Psychoanalytical Observational Studies“4. Durchgeführt wurden Lehrgänge für „Pädagogik und Fachdidaktik für Lehrer/innen (PLL) – ArtHist, Englisch und Naturwissenschaften“, „Fachbezogenes Bildungsmanagement“, „Professionalität im Lehrberuf“, „Psychoanalytical Observational Studies: Persönlichkeitsentwicklung und Lernen“, „Bildung für nachhaltige Entwicklung – Innovationen in der Lehrer/ innenbildung“, „Geschlechtersymmetrie in der Schule“ und „Innere Differenzierung und Individualisierung“5. Neben Lehrgängen und Tagungen fanden auch fachliche und organisatorische Beratungen reformwilliger Lehrer und Lehrergruppen statt. „Mit Hilfe der Aktionsforschung – also einer systematischen Reflexion des eigenen Handelns – bzw. ähnlicher reflexiver Prozesse wird die Lehrperson unterstützt, den eigenen Unterricht weiterzuentwickeln“.6 Aus diesen durch Posch geleisteten schulpraktisch orientierten Anfängen7 sind Bemühungen um „Begleitforschung“ zu didaktischen Neuerungen im Unterrichten, im Prüfungswesen, bei der Klassenführung usw. hervorgegangen. Sie haben sich schließlich über Beiträge zur 2 Krainer 2009, 5. 3 Vgl. Krainers Beitrag zum 12th International Congress on Mathematical Education, July 2012 (Seoul, Korea) mit 3 Seiten References. ICME – 12, 2012. PAB. 4 Unisono 4/2004, 32. 5 IUS Jahresberichte 2007, 2008, 2009. 6 IUS Jahresbericht 2009. 7 Vgl. Krainer/Posch 1996.
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Lehrerprofessionalitäts-Forschung zum Anspruch ausgewachsen, auch zur „Schul- und Bildungssystementwicklung“ im großen österreichischen und europäischen Rahmen beizutragen. Mit dem Schlagwort, das Bildungssystem sei ein „Lernendes System“ (oder solle es jedenfalls werden), wurde von Krainer propagiert, dass „alle Akteurinnen und Akteure ,lernen‘“ sollen, „nicht nur die Schülerinnen und Schüler. Natürlich auch die Lehrkräfte, die Schulleitungen, die Schulbehörden und nicht zuletzt auch die Bildungspolitik und die Gesellschaft als Ganzes“. „Das Credo des immerwährenden und omnipräsenten Lernens“ laute: „Das ,Neue Lernen‘ findet immer und überall – auch unabhängig von Bildungsinstitutionen – statt. Alle Akteurinnen und Akteure – insbesondere jene im Bildungssystem – sind Lernende und damit Teil eines lernenden Systems“.8 Diese Selbstdarstellung des Instituts in wissenschaftlich bedeutungslosen Phrasen ist wenig geeignet, Vertrauen in das erziehungstheoretische Wissen und Können der „Bildungssystementwickler“ zu wecken. So bleibt abzuwarten, was aus der im Jahre 2009 erfolgten „Sonderbeauftragung“ Krainers „für die Etablierung eines bildungswissenschaftlichen Schwerpunkts an der Universität (School of Education)“9 durch den Rektor herauskommt. Offiziell ist die „School of Education“ am 24. September 2012 im Beisein des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung Prof. Dr. Karlheinz Töchterle als „erster Schritt in eine neue Zeit der Lehrer Innenausbildung vorgestellt worden“10. Sie wurde als ein „Universitätszentrum mit den Standorten Klagenfurt und Wien“ geplant, dem vorerst vier Institute angehören: Institut für Deutschdidaktik, Institut für Didaktik der Mathematik, Institut für Informatikdidaktik und das Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung. „Die School of Education bildet eine Plattform, in der die bestehenden Kompetenzen der LehrerInnenbildung sowie der Fachdidaktik gebündelt und ausgebaut werden“. Sie „verbindet dabei die wissenschaftliche und die professionsorientierte Ausrichtung der Aus-, Fortund Weiterbildung und setzt entsprechende Forschungsschwerpunk-
8 Krainer 2009, unter dem saloppen Titel „Disco ergo sum – Ich lerne, also bin ich“. 9 Chronologie des Instituts für Unterrichts- und Schulentwicklung (mit Ergänzungen von Peter Posch) aus: Krainer/Müller 2010. 10 IUS-Neuigkeiten Archiv. http://ius.aau.at (7.5.2013).
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te“.11 Als Personalstand wurden 2013 nicht weniger als 34 Wissenschaftliche Mitarbeiter und 24 Allgemeine Bedienstete angegeben. Diese hohe Zahl ergibt sich aus der Summe des Personals, das an den beteiligten Instituten bereits tätig ist, sagt also nichts über etwaige neue Dienstposten. Zum Direktor wurde der Mathematikdidaktiker Krainer bestellt.
3 3 b. J o h a n n e s M a y r i m I U S a l s P r o f e s s o r f ü r Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung im Bildungsbereich: 2006–2014 Die Professur ist 2004 mit folgendem „Stellenprofil“ ausgeschrieben worden1: „Eigenständige Forschung, Entwicklung, Beratung, Lehre und Weiterbildung im Bereich Qualitätsentwicklung und -sicherung im Bildungsbereich, insbesondere im Hinblick auf die Qualität von Unterricht und Schule, Evaluation, Lehrer/innen/bildung und Professionalisierung. Mitarbeit an ausgewählten Projekten und Programmen des IUS, insbesondere im Hinblick auf die sinnvolle Verknüpfung qualitativer und quantitativer Forschungsmethoden. Beiträge zur Vernetzung zwischen den Fachdidaktiken in enger Verbindung mit den zukünftigen Fachdidaktikzentren bzw. weiteren relevanten Kooperationspartner/inne/n, insbesondere im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Qualität der Lehrer/innen/ aus- und -fortbildung und deren fachübergreifende Abstimmung (z.B. bezüglich der Curricula). Mitarbeit an der Weiterentwicklung des IUS als nationalem Kompetenzzentrum (Austrian Educational Competence Centre) und dessen Verankerung in der Internationalen Wissenschaftsgemeinschaft/scientific community“. Das Qualifikationsprofil lautete: „Habilitation, vorzugsweise bezogen auf Themen im Bereich der Unterrichts- und Schulentwicklung, der Lehrer/innen/bildung, der
11 https://campus.aau.at/org/oe?orgkey=1319 (7.5.2013); Unisono, Oktober 2012, 18 (dort Kurzinterview mit Krainer).
1
UKL: Mitteilungsblatt 2004/2005, Nr. 55.2 vom 1.12.2004.
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schulbezogenen Evaluation oder gleichzuhaltende wissenschaftliche Leistungen. Einschlägige Expertise im Bereich empirisch-quantitativer Forschung, mit hohem Interesse an und Kompetenz in der Verknüpfung von qualitativen und quantitativen Methoden. Bereitschaft zu Kooperation und Teamarbeit, Wertschätzung von Praxisarbeit an den Schulen und Interesse an deren Weiterentwicklung, Kontakte und Kooperationsbeziehungen mit Schulen. Erfahrungen in der Planung, Durchführung und Evaluation größerer (Inter)nationaler Forschungs-, Entwicklungs- und Qualifizierungsprogramme“. Die konstituierende Sitzung der Berufungskommission hat am 2. Mai 2005 stattgefunden. Ihr haben die Professoren Bammé, Krainer und Popp sowie die Außerordentlichen Professoren Franz Rauch2 und Gertraud Diem-Wille3 angehört. Mit Ausnahme von Popp waren alle in der Fakultät für interdisziplinäre Forschung und Entwicklung (FFF) tätig. Auswärtige Mitglieder waren Prof. Herbert Altrichter (Linz) und der Prof. für Didaktik der Physik Horst Schecker (Bremen). Zum Vorsitzenden wurde Krainer gewählt. Zu Gutachtern4 bestellt wurden Ferdinand Eder (Salzburg), Manfred Prenzel5 (Direktor des Instituts für Pädagogik der Naturwissenschaften der Universität Kiel) sowie Philipp Mayring6 und Peter Posch von der Universität Klagenfurt. Der Ruf ist an Johannes Mayr ergangen.7 Er wurde am 28. November 1948 in Steyr (Oberösterreich) geboren8. Am dortigen Bundesrealgymnasium hat er von 1959 bis 1963 die Unterstufe besucht, am Bischöflichen musisch-pädagogischen Realgymnasium in Linz die Oberstufe bis zur Reifeprüfung im Jahre 1968. Anschließend folgte an der 1967 eröffneten Pädagogischen Akademie der Diözese Linz das damals zweijährige Studium für das Lehramt an Volksschulen. Nach der Lehr2 Vgl. in diesem Bd. S. 735ff. 3 Ebenda, S. 686ff. 4 UKL: Protokoll der 6. Sitzung des Senats vom 6.10.2004, TOP 7.2.2. 5 Kürschner 2007, 2800. 6 Kürschner 2007, 2328. 7 Über die Bewerbungen und den Besetzungsvorschlag konnten keine verlässlichen Informationen gewonnen werden. 8 Lebenslauf in der Dissertation 1976, 130; Unisono 1/2006, 32; http:// de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Mayr (26.2.2011); Lebenslauf vom Juni 2013, PAB.
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amtsprüfung hat er 1970 an der Universität Wien das Studium der Psychologie im Hauptfach und der Pädagogik als Nebenfach aufgenommen. Beruflich war er von 1970 bis 1973 als Lehrer in Volks- und Hauptschulklassen der privaten Albertus Magnus-Schule des Ordens der Gesellschaft Mariä (Marianisten) im 18. Bezirk (Sempergasse 45) beschäftigt9. Am 2. Februar 1977 hat Mayr mit einer von Professor Giselher Guttmann10 angenommenen Dissertation über „Einige berufsbezogene Einstellungen als Determinanten des Lehrerverhaltens“ das Doktorat erworben11. Sie umfasst 130 Blatt und ist ungedruckt geblieben. Von 1975 bis 2005 war Mayr an der Pädagogischen Akademie der Diözese Linz tätig: zunächst als Übungsschullehrer, ab 1976 als Lehrbeauftragter für Pädagogische Psychologie und Unterrichtswissenschaft, ab 1979 als Professor. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sein Studien- und Berufsweg war wie bei seinen Linzer Vorgängern Rudolf Weiss12, Helmut Seel13 und Rupert Vierlinger14 durch mehrjährige Praxis als Pflichtschullehrer und Lehrerbildner für Pflichtschullehrer gekennzeichnet, die einen realistischen Zugang zur wissenschaftlichen Pädagogik begünstigt hat. 2002 hat Mayr im Alter von 53 Jahren an der Universität Lüneburg (Niedersachsen) die Lehrbefugnis als Privatdozent für Pädagogische Psychologie erworben. Als kumulative Habilitationsschrift diente eine Sammlung empirischer Publikationen über „Persönlichkeitsmerkmale und Interessen als Korrelate der Entwicklung, der Kompetenz und des Befindens im Lehrberuf“. Seine Antrittsvorlesung an der Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung hat er am 8. Mai 2006 über „Wege der Klassenführung“ gehalten. Sie ist in erweiterter Form unter folgendem Titel im Druck erschienen: „Forschungen zum Führungshandeln von Lehr-
9 Diesem katholischen Orden war die Leitung des Bischöflichen Lehrerseminars in Linz und des zugehörigen Konvikts („Salesianum“) anvertraut, aus dem auf Grund des Schulgesetzwerkes 1962 die Pädagogische Akademie der Diözese Linz hervorgegangen ist. Vgl. Engelbrecht 2000, 94ff.; in diesem Werk Bd. 2, 478, 689f. und Bd. 3, 84, 87 über den ähnlichen Studien- und Berufsweg von Rupert Vierlinger. 10 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 1180. 11 GVH, Bd. 15, 19. 12 Vgl. Bd. 2, 586ff. 13 Bd. 2, 305f. 14 Bd. 2, 689ff. und Bd. 3, 572ff.
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kräften: Wie qualitative und quantitative Zugänge einander ergänzen können“15. In Forschung und Publikationen hat Mayr eng mit den Kollegen der Linzer Universität Ferdinand Eder16, Herbert Altrichter17 und Georg Neuweg18 zusammengearbeitet. Arbeitsschwerpunkte waren Untersuchungen über Schulklima, Klassenmanagement, Differenzierungsformen und Leistungsbeurteilung. Im Laufe der Jahre ist er zum Spezialisten für Lehrer- und Lehrerbildungsforschung geworden. Fachlich hat er sich stärker an der Angewandten Psychologie mit den Schwerpunkten Psychodiagnostik und Beratung orientiert als an der Erziehungswissenschaft. Nach zusätzlicher Ausbildung in Kommunikationspsychologie, Verhaltenstherapie, Gestalttherapie, Transaktionsanalyse, Bioenergetik, systemischer Familientherapie und klientzentrierter Spieltherapie hat er von 1978 bis 1993 nebenberuflich auch psychologisch in einer fachärztlichen Praxis für Neurologie und Psychiatrie gearbeitet. 1993 ist die amtliche Anerkennung als Klinischer Psychologe erfolgt. Da Mayrs Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung in erster Linie in der Lehrerfortbildung tätig ist, hat er an der Universität nur wenige Lehrveranstaltungen über folgende Themen angeboten: „Orientierung im Studien- und Berufsfeld“, „Quantitative Datenanalyse“, „Klassenführung“, „Professionalität im Lehrberuf: Modul ,Schulrecherche‘“.19 Zwischen 2008 und 2013 hat Mayr folgende 4 Dissertationen betreut und als erster Gutachter angenommen20: Emmerich Boxhofer: Persönlichkeit und Belastungserleben von Lehramtsstudierenden. Eine Studie im Kontext der schulpraktischen Ausbildung (2013); Barbara Margarete Hopf: Pädagogische Handlungskompetenz ohne pädagogische Ausbildung? Berufsschullehrer/innen am Beginn ihrer Lehrtätigkeit (2009); Harald Reibnegger: Klassenführung an der Ganztagsschule. Empirische Untersuchung in einer städtischen Hauptschule (2008); Ernst Nausner: Klassenführung lernen. Praxislehrer/-innen als Ressource für den Kompetenzerwerb im Schulpraktikum (2008).
15 16 17 18 19 20
Mayr 2008. Vgl. Bd. 3, 317ff. und 611. Bd. 3, 559ff. Bd. 3, 589ff. Briefliche Mitteilung vom 24.6.2013 an den Autor. Ebenda.
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IX. Universität IX. Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt
Mayrs eigene Publikationen bestehen aus zahlreichen Aufsätzen in Handbüchern und Fachzeitschriften seines Forschungsgebietes, die sich durch praxisnahe Themen wie durch hohe empirische und theoretische Qualität auszeichnen21.
3 3 c. Fl o r i a n M ü l l e r i m I U S a l s ausserordentlicher Professor für Empirische Bildungsforschung seit 2010 Er wurde am 4. Juli 1966 in Kempten (Allgäu) geboren1. 1987 hat er am dortigen Allgäu-Gymnasium das Reifezeugnis erhalten. Von 1990 bis 1995 hat er an der Universität München Pädagogik mit den Nebenfächern Psychologie und Soziologie studiert. 1992 hat er sich bei einem Studienaufenthalt an der niederländischen Universität Twente in Enschede dem Fach „Educational Technology“ gewidmet. 1993/94 war er Mitarbeiter beim Projekt „Fächerübergreifender Unterricht in der Berufsschule“ am Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung in München. Seine Diplomarbeit ist 1995 gedruckt erschienen: „Motivationale Aspekte eines handlungsorientierten und fächerübergreifenden Unterrichts in der Berufsschule. Empirische Untersuchung in zwei Berufsschulklassen des Modellversuchs ,Fächerübergreifender Unterricht in der Berufsschule‘ im Schuljahr 1993/1994“. Seit 1995 war er Projektmitarbeiter und von 2000 bis 2005 Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Fakultät für Pädagogik der Universität der Bundeswehr München. 2000 hat er dort das Doktorat der Philosophie mit folgender Dissertation erworben: „Studium und Interesse. Eine empirische Untersuchung bei Studierenden“.2 Sie ist 2001 als Buch erschienen. Gutachter waren die Professoren Alfred Hoffmann3 und Andreas Krapp4. Im Studienjahr 2002 verbrachte er einen neunmonatigen Forschungsaufenthalt zum Thema „Soziale Ungleichheit und tertiäre Bildung“ am Department of Psychology der University of Cape Town (Südafrika).
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Vgl. u.a. Mayr 1994, 1996, 2006, 2009 und 2011.
1 Unisono 2/2006, 21; http://ius.uni-klu.ac.at/florianmueller vom 1.8.2011; briefliche Mitteilungen an den Verfasser vom 15.4., 15.5. und 6.6.2013. PAB. 2 ZfP 47 (2001), 424. 3 DGfE: Adressbuch Erziehungswissenschaft 1997/1998, 258 u. 49. 4 Kurzbiographie: Kürschner 2003, 1771.
Institut für UnterrichtsKolumnentitel und Schulentwicklung
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Seit 2006 hat Müller als Assistenzprofessor im „Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung“ (IUS) der FFF der Universität Klagenfurt gearbeitet. Seine Forschungsschwerpunkte waren unter anderem „die Gestaltung und Evaluierung von Lehr-Lernumwelten, die Motivations- und Interessenforschung und die Berufs- und Studienwahlforschung“.5 Mit Johannes Mayr arbeitete er an einem Projekt „Prozesse und Wirkungen von Lehrerfortbildung“6. Am 25. November 2009 hat Müller durch kumulative Habilitation die Lehrbefugnis als Privatdozent für Erziehungswissenschaft an seiner früheren Arbeitsstätte, der Hochschule der Bundeswehr München erworben. Die erforderlichen Schriften sind unter dem Titel „Selbstbestimmt-motiviertes und interessiertes Lernen. Auf dem Weg zu einer umfassenden Sicht der Lernmotivation“ vorgelegt worden. Auf Grund der Habilitation wurde er im Januar 2010 am IUS der „Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung“ ohne Berufungsverfahren zum Assoziierten Professor ernannt7.
5 Unisono 2/2006, 21. 6 IUS-Profil vom 1.8.2011, 1. 7 Gemäß Kollektivvertrag für die ArbeitnehmerInnen der Universitäten (Endfassung 14.9.2007), § 27 Abs. 5. In Abänderung des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 (VBG) führt er die Funktionsbezeichnung „Außerordentlicher Universitätsprofessor“: § 55a. Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), Jahrbuch 2010, 1270.
X. Abschliessender Überblick
und
Bilanz
Zwei Jahrhunderte Pädagogik an Österreichs Universitäten
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X. Abschliessender Überblick
und
Bilanz
Kolumnentitel
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Dieses Werk besteht aus zehn Hauptteilen, die auch getrennt als Monographien hätten erscheinen können. In der Einleitung sind die Beziehungen zwischen Schulwesen, Universitäten und Pädagogik im gesamten Staat des Habsburger-Reiches und der Republik Österreich dargestellt worden. In den folgenden neun Hauptteilen ist monographisch in zeitlicher Reihenfolge der Universitätsgründungen über die Geschichte des Faches Pädagogik an den Universitäten Wien, Prag, Graz, Innsbruck, Czernowitz, Salzburg, Linz, Klagenfurt und der Wirtschaftsuniversität Wien berichtet worden. Im folgenden Schluss kapitel wird ein zusammenfassender Überblick gegeben, der das Gemeinsame hervorhebt, das bei allen Unterschieden zwischen den Universitäten, Fakultäten und Instituten, den Fachvertretern und ihrem Wirken Beachtung verdient. Österreich war der erste Staat der Welt, der schon ab 1805 an allen Universitäten, Lyzeen und Philosophischen Lehranstalten Lehrkanzeln für „Erziehungskunde“ eingerichtet hat. Als Vielvölkerstaat hat er damit Pionierarbeit für Südosteuropa geleistet. Vorausgegangen waren bereits unter der Regierung Maria Theresias ab 1771 erste Überlegungen im Staatsrat, Pädagogik als Lehrfach einzuführen.1 Es ist jedoch nur an der Universität Prag zu vereinzelten „Vorlesungen über die Erziehungskunst“ und über „Philosophie der Erziehung“ gekommen. Sie wurden vom Professor der „schönen Wissenschaften“ und der „Moral“ Karl Heinrich Seibt (1735–1806) gehalten und 1771 mit seiner Antrittsrede „Vom Einflusse der Erziehung auf die Glückseligkeit der Staaten“ eröffnet. Er hatte sich bei seiner Ernennung zum ordentlichen Professor verpflichten müssen, in jedem dritten Jahr auch „Erziehungskunde“ zu lehren.2 Mit ihm hat also die Lehre der Pädagogik an den österreichischen Universitäten begonnen.
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Vgl. Bd. 1, 2000, 15ff. Bd. 2, 2003, 5ff.
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X. Abschliessender Überblick
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Bilanz
Außer der erwähnten Rede im Geist christlich-humanistisch-patriotischer Aufklärung hat er zu diesem Fach publizistisch nichts beigetragen. Sein schmaler Lehrauftrag für Erziehungskunde ist fachgeschichtlich ein unbedeutendes Vorspiel geblieben3.
1. INSTITUTIONALISIERUNG VON LEHRKANZELN IN DREI SCHÜBEN Ernsthaft angefangen wurde mit dem Fach erst im Jahre 1805 durch einen neuen Philosophischen Studienplan4, die Einrichtung der ersten Lehrkanzel für „Erziehungskunde“ an der Universität Wien und deren Besetzung durch Vincenz Eduard Milde5. Mit diesen Ereignissen begann die erste Periode der Fachgeschichte. Sie dauerte bis zum Revolutionsjahr 1848. Inhaltlich kann sie als Periode der „Praktischen Erziehungskunde“ gekennzeichnet werden6. Bei der 1848 einsetzenden Reform des österreichischen Studienwesens wurden mit den veralteten Philosophischen Fakultäten und ihrem Studienplan auch die Vorlesungen über „Erziehungskunde“ und die ihr gewidmeten Lehrkanzeln abgeschafft. Es folgte eine Zwischenphase von 23 Jahren, bis es ab 1871 wenigstens an den Universitäten Wien, Lemberg und Prag wiederum zu Lehrkanzeln gekommen ist7. Allerdings war anfangs nur die Wiener Lehrkanzel ganz der Pädagogik gewidmet. Für Lemberg und Prag ist die Verbindung der Fächer „Philosophie und Pädagogik“ vorgeschrieben worden. In der diesen Neugründungen vorausgegangenen Übergangszeit gab es zwischen den Universitäten große Unterschiede bei der Sorge für pädagogische Lehrveranstaltungen und beim Interesse für die Wiedergewinnung einer pädagogischen Lehrkanzel. In der Schulverwaltung einiger Kronländer und im Unterrichtsministerium wurde zunehmend der Bedarf dafür geäußert. Er wurde mit der Notwendigkeit
3 Ihn zum „Pionier und Wegbereiter der Pädagogik als akademischer Disziplin in der Habsburgermonarchie“ zu verklären (Grimm 1997, 27), geht an der Realität vorbei. 4 Bd. 1, 20f., 25f., 36ff. 5 Bd. 1, 233ff. 6 Bd. 1, VIf. 7 Bd. 1, 94f.
Institutionalisierung Kolumnentitel von Lehrkanzeln
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begründet, den Lehramtsstudenten eine gymnasialpädagogisch-didaktische Vorbereitung auf ihren Beruf zu bieten.8 Unabhängig davon ist 1865 an der Universität Wien die erste österreichische Habilitation für „Pädagogik“ erfolgt. Mit Theodor Vogt (1835–1906) wurde dort ein Privatdozent gewonnen, der das Fach im Hauptamt auf „wissenschaftlichem“ Niveau zu vertreten imstande war.9 1868 hat das Professorenkollegium der Philosophischen Fakultät Graz einstimmig erstmals in Österreich beim Unterrichtsministerium beantragt, an der Grazer Universität eine „ordentliche Professur der Pädagogik“ einzurichten und die Berufung des Heidelberger Professors Karl Volkmar Stoy (1815–1885) vorgeschlagen10. 1870 folgte die Philosophische Fakultät der Universität Wien „fast einstimmig“ mit dem Antrag auf eine selbständige Lehrkanzel der Pädagogik für Vogt.11 Auf Grund dieser Tatsachen erscheint es zweckmäßig, den Beginn der zweiten Periode der Fachgeschichte bei der ersten Habilitation für Pädagogik im Jahre 1865 anzusetzen und nicht erst bei der Ernennung der ersten Professoren im Jahre 1871. Das Jahr 1865 wird den Leistungen in der ideellen und wissenschaftspolitischen Vorbereitungsphase besser gerecht. Inhaltlich kann die zweite Periode nach ihrem dominierenden Merkmal als die der (vorwiegend) „Philosophischen Pädagogik“ oder „Erziehungsphilosophie“ gekennzeichnet werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bis weit in das 20. Jahrhundert hinein die Psychologie als Teil der Philosophie gegolten hat12. Die Periode der „Philosophischen Pädagogik“ erstreckt sich über einhundert Jahre bis 1964. Damals ist der Erlass des Bundesministers für Unterricht Theodor Piffl-Percevic (1911–1994) erschienen, der den „Ausbau der Lehrkanzeln für Erziehungswissenschaft und ihre Hilfswissenschaften an den österreichischen Universitäten“ angekündigt hat13. Damit wurde ab 1965 die dritte Periode der Fachgeschichte eingeleitet. Sie ist institutionell und personell durch rasche Expansion ge-
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Bd. 1, 84ff. Bd. 1, 271ff. Bd. 2, 136ff. Bd. 1, 89, 276ff. Vgl. u.a. Benetka 2002 und 1995, 14ff.; Benetka/Guttmann 2001. Bd. 1, 206ff. und 902.
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X. Abschliessender Überblick
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Bilanz
kennzeichnet, fachlich durch Verwissenschaftlichung, Differenzierung und Spezialisierung. Programmatisch kann sie als Periode der (empirischen) „Erziehungswissenschaft“ bezeichnet werden, wie es auch Piffls Erlass nahelegt. Faktisch wurde neben nur mäßig vermehrter erfahrungswissenschaftlicher Forschung die vorhandene „Sammelsuriumspädagogik“14 unter dem verbalen Schutz von „Wissenschaftlichkeit“ stark ausgedehnt. Da sich die drei Perioden in vieler Hinsicht voneinander unterscheiden, ist es angebracht, zunächst sie mit ihren Besonderheiten darzustellen.
1 a. Praktische „Erziehungskunde“: 1805–1848 Die Einrichtung der Lehrkanzeln für Erziehungskunde in der Notzeit der Napoleonischen Kriege und der katastrophalen Lage der Staatsfinanzen war eine erstaunliche Entscheidung. Sie hat aber nur relativ geringe Kosten verursacht. Das Wort „Lehrkanzel“ bedeutete in diesem Fall keinen Dienstposten, von dessen Einkünften ein Professor leben konnte. Es betraf ein Nebenfach, für dessen Vortrag im Studienplan nur zwei Wochenstunden durch zwei Semester vorgesehen gewesen sind. Für mehr Stunden fehlte der Bedarf. Der größere Teil des Lebensunterhaltes seiner Professoren musste aus einer Lehrkanzel für ein Hauptfach oder einer sonstigen Quelle gewonnen werden. Da die Lehrverpflichtung eines Professors damals im Allgemeinen acht Semesterwochenstunden betragen hat, waren die „Lehrkanzeln“ für Erziehungskunde keine vollen Professuren, sondern entsprachen nach Arbeitszeit und Einkommen nur einem Viertel einer solchen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Philosophischen Fakultäten und Lehranstalten in Österreich bis 1848 noch keine wissenschaftlichen Anstalten gewesen sind. Sie dienten zur Vorbereitung auf die eigentlichen akademischen Berufsstudien an den Theologischen, Juristischen oder Medizinischen Fakultäten. Diese erfolgte in einem allgemeinbildenden dreijährigen (ab 1824 zweijährigen) Studiengang im Anschluss an die damals bloß sechsjährigen Gymnasialstudien.15
14 15
Zu ihrer Charakterisierung vgl. Brezinka 2003, 177ff. und Brezinka 2012. Engelbrecht, Bd. 3, 1984, 277ff.; Stachel 1999, 123ff.
Praktische „Erziehungskunde“: Kolumnentitel 1805–1848
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Die „Erziehungskunde“ gehörte zu den „Freifächern“ im dritten Jahrgang und war nur für Theologiestudenten obligatorisch sowie ab 1808 auch für jene Studenten, die ein öffentliches Lehramt an Gymnasien oder Philosophischen Lehranstalten anstrebten. Ursprünglich war das neue Fach – von den Theologen abgesehen – lediglich für angehende „Hofmeister“ und höhere Privat-Erzieher verpflichtend. Es sollte den Hörern „eine zweckmäßige Anleitung zur Ausübung“ ihres künftigen „Berufs-Geschäftes“ bieten.16 Als Professoren kamen nur Personen in Betracht, die sich längere Zeit als Lehrer, Privaterzieher oder Seelsorger bewährt hatten. Sie mussten einen die Schüler gewinnenden Charakter haben und die zeitgenössische Erziehungskunde beherrschen. Die Verpflichtung der Theologiestudenten zum Studium der „Erziehungskunde“ an den Philosophischen Fakultäten war deswegen notwendig, weil die Staatsverwaltung für den Ausbau und die Kontrolle des Schulwesens aus Mangel an Geld und eigenem weltlichem Personal damals organisatorisch noch auf den katholischen Klerus angewiesen gewesen ist. Deshalb wurde in der „Politischen Schulverfassung“ von 1805 vom aufklärerischen Programm der durchgängigen Verweltlichung des Schulwesens abgewichen und die Schulaufsicht auf der unteren und mittleren Ebene kirchlichen Amtsinhabern übertragen: den Pfarrern als Orts-Aufsehern und den Dechanten als „Schul-DistrictsAufsehern“17. Die „Erziehungskunde“ war also ein praktisches Fach, das vom Alltagswissen und von Entlehnungen aus „wirklichen“ Wissenschaften zehren musste. Zum Verständnis ihrer damaligen Lage ist daran zu erinnern, dass erzieherisches Handeln stets Mittel zu Zwecken ist18. Praktische Erziehungslehren sind im Wesentlichen Zweck-MittelTheorien. Ihre Zweck-Komponenten und deren Rangordnung sind abhängig von Wertungen, Glaubensüberzeugungen und Weltanschauungen, also zeit- und kulturgebunden statt allgemeingültig. Sie wurden damals theologischen und philosophischen Morallehren entnommen, die durch Studienpläne, kirchliche wie staatliche Zensur und vorgeschriebene Lehrbücher zu stützen versucht wurden. Der Bedarf an
16 Bd. 1, 36ff. 17 Engelbrecht, Bd. 3, 1984, 226ff. 18 Zur Erziehung im Lichte des Zweck-Mittel-Schemas vgl. Brezinka 1995, 218–258.
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X. Abschliessender Überblick
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Bilanz
Mittel-Wissen konnte am Anfang des 19. Jahrhunderts durch die Psychologie noch bei weitem nicht gedeckt werden. So blieben die Pädagogiker methodologisch beschränkt auf die Interpretation subjektiver Erfahrungen im Lichte ihres religiösen oder philosophischen Welt- und Menschenbildes – ergänzt durch die Auswertung pädagogischer Texte älterer Autoren, die ebenso zustande gekommen sind. Die Pädagogik wurde als eine normativ-technologische Lehre von der Kunst des Erziehens betrachtet. Für sie genügten Hausverstand, Beobachtungen und Erfahrungen aus eigener Erziehungspraxis und die Kenntnis der pädagogischen Klassiker von Platon bis Niemeyer19. Häufig schwankte sie jedoch zwischen einer praktischen Kunstlehre und philosophischen Spekulationen, die sich in die Weiten der Natur-, Moral- und Religionsphilosophie verloren. Eine besondere akademische Ausbildung gab es für das neue Lehramt noch nicht. Es genügte das Selbststudium pädagogischer Schriften. Eigene pädagogische Forschung wurde nicht erwartet. Alle Professuren wurden in Konkursverfahren besetzt. Ihre Inhaber waren durchwegs katholische Geistliche. Laien wurden nur vorübergehend als Supplenten bestellt.20 In keinem Fall war die Lehre der Erziehungskunde ein Hauptberuf. Weil es ihr an wissenschaftlicher Ausgereiftheit wie an vollwertigen universitären Arbeitsplätzen gefehlt hat, ist die Gewinnung und Pflege von wissenschaftlichem Nachwuchs ausgeblieben. Sie zu lehren war keine Lebensaufgabe, sondern eine Nebenbeschäftigung, die im Durchschnitt nur dreieinhalb Jahre ausgeübt worden ist.21 Bei dieser nach wissenschaftlichen Maßstäben dürftigen Ausgangslage gab es große Unterschiede im Niveau der Pädagogiker und ihrer Texte. Österreich war damals arm an geeigneten Bewerbern für die neuen Lehrkanzeln. So war es ein Glück, dass auf die erste Professur an der Wiener Universität 1806 ein junger katholischer Priester berufen worden ist, der ihren Aufgaben hervorragend gewachsen war: Vincenz Eduard Milde (1777–1853). Er hat sie jedoch schon 1810 wieder verlassen, um sich als Pfarrer der Seelsorge zu widmen und sein „Lehrbuch der allgemeinen Erziehungskunde zum Gebrauche der öffentlichen Vorlesungen“ (1811/13) zu vollenden.
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August Hermann Niemeyer (1754–1828). Biographie: Rein 1907. Bd. 1, 124ff. Bd. 1, 268.
Praktische „Erziehungskunde“: Kolumnentitel 1805–1848
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Dieses Werk wurde dringend benötigt, um dem jungen Fach im Kaisertum Österreich eine solide systematische Grundlage zu geben. Es ist von der Studien-Hofkommission im Jahre 1814 allen deutschsprachigen Hochschulen der Habsburger-Monarchie als offizielles „Vorlesebuch“ für das Fach „Erziehungskunde“ vorgeschrieben worden. Bis 1848 wurde die Pädagogik im ganzen Reich „nach Milde“ gelehrt.22 Das erscheint uns heute als Verstoß gegen die Freiheit der Wissenschaft. Damals war es das sicherste Mittel, überall ein relativ hohes Niveau durchzusetzen und leeres Gerede zu verhindern. Neben dem zweibändigen Original wurde eine 1821 erschienene gekürzte Ausgabe benutzt, der 1827 auch eine italienische Übersetzung für die Lombardei und Venetien folgte. Mildes Lehrbuch war ein Werk von klassischem Rang. Es beruhte auf breiter Kenntnis der Literatur, genauer Beobachtung und eigener Erfahrung als Religionslehrer. Auf empirisch-psychologischer Grundlage wurde im besten Aufklärungsgeist ein lebensnahes realistisches System Praktischer Pädagogik geboten, das sich positiv von philosophisch-spekulativen Systemen abhob. Durch seine vom zentralistischen Staat durchgesetzte universale Verbreitung hat es der universitären Pädagogik in Österreich den Beginn mit einem Meisterwerk von hoher Qualität ermöglicht. Seine Wirkung war vergleichbar dem Einfluss des damals besten deutschen Lehrbuches „Grundsätze der Erziehung und des Unterrichts für Eltern, Hauslehrer und Schulmänner“ von August Hermann Niemeyer23 auf die protestantischen Länder. Milde hat Niemeyer allen anderen Quellen vorgezogen und ihn mehr als 50mal zitiert.24 Er war jedoch durch die kaiserlichen Instruktionen von 1805 zu einem stärker psychologisch orientierten Aufbau seines Systems veranlasst worden. Es ging von den zu fördernden physischen, intellektuellen und Gefühlsanlagen sowie dem Begehrungsvermögen der Zöglinge aus. Bei jedem dieser vier Aspekte der Persönlichkeit wurde deren Gesundheitspflege (Diätetik), Bildungskunde, Heilkunde und Anleitung zur Selbstbildung behandelt. Dabei war Milde vorwiegend auf die Methodik formaler Kräftebildung konzentriert, während Niemeyer stärker die Inhalte des Unterrichts und die Schulorganisation berücksichtigt hatte.
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Bd. 1, 233ff. Niemeyer 5.1805. Wotke 1902, 177, 248.
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X. Abschliessender Überblick
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Bilanz
In normativer Hinsicht vertrat Milde in seinem Lehrbuch, das ausdrücklich für Hörer und Leser aller Konfessionen bestimmt war, einen aufgeklärten überkonfessionellen Humanismus österreichisch-josephinistischer Prägung25. Grundlage seiner Anthropologie war die „Perfektibilität des Menschen“: seine Entwicklungs-, Lern- und Verbesserungsfähigkeit. Als zentrale Kraft galt die „freie Selbsttätigkeit“ der Educanden; als wichtigste erzieherische Aufgabe „die innere Kultur der Geisteskräfte“, die „Anleitung zur Selbstbildung“. „Das Kind muß … sich selbst bestimmen lernen, wenn es einen Charakter bekommen soll“.26 Forschungsmethodisch war Mildes Standpunkt wie der seines Vorgängers Niemeyer ein „auf dem Boden der Erfahrung sich haltender Eklekticismus“27 im positiven Sinne der systematischen Zusammenfassung des einschlägigen Wissens aus vielerlei Quellen. Während aber Niemeyer sein Hauptwerk zwischen 1796 und 1824 mehrfach erweitert und verbessert hat, ist Mildes Lehrbuch bis zur letzten Auflage im Jahre 1843 unverändert geblieben, weil er sich ganz seinen kirchlichen Ämtern widmen musste. Dadurch hat Milde versäumt, seine im ganzen Kaiserreich gelehrten pädagogischen Ansichten über deren Fassung von 1811/13 hinaus fortzubilden und zu vertiefen. Dieser Umstand hat bewirkt, dass sein Werk in Deutschland wenig bekannt geworden und in Österreich nach 1848 schnell in Vergessenheit geraten ist. Beigetragen hat dazu, dass Milde die Philosophie und Pädagogik Herbarts unberücksichtigt gelassen hat, die in Österreich nach 1848 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zur Vorherrschaft gelangt ist28. Von liberaler Seite ist an Mildes Pädagogik jedoch auch in dieser Epoche ihr aufgeklärt-fortschrittlicher Grundzug gerühmt worden. „Milde hat das große Verdienst, durch seine Erziehungslehre dafür gesorgt zu haben, daß der Geist der josefinischen Tradition des 18. Jahrhunderts weit in die Zeit der Reaktion des beginnenden 19. Jahrhunderts hinübergerettet wurde“29. Im ganzen Buch zeige sich 25 Zum Josephinismus vgl. Winter 1943; dagegen aus Sicht der katholischen Restauration Rieser 1963 (Aufklärung als „geistige Mode“, „katholische Kirche als vollständige Gesellschaft“ usw.), 19, 109f. 26 Milde 1965, 17ff. 27 Gustav Adolf Lindner in der Einleitung zu Niemeyer 1877, XXII. 28 Wotke 1902, 175, 251; Adam 2003; Adam/Grimm 2009. Zum Einfluss des Herbartianismus auf die ungarische Pädagogik vgl. Nemeth 2003, 2009 und 2012. 29 Beyer 1903, 203.
Praktische „Erziehungskunde“: Kolumnentitel 1805–1848
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„eine reiche pädagogische Einsicht und Erfahrung. Nirgends ist Überspanntheit, Einseitigkeit und Vorurteil zu erblicken. Die Sprache ist natürlich, der Gedanke licht und klar, überall gibt sich neben dem erleuchteten Verstande ein warmes Gefühl zu erkennen. Diese Eigenschaften machen es erklärlich, daß dasselbe zu einer Zeit, wo in Österreich jedes höhere … pädagogische Streben unter der Herrschaft der ,politischen Schulverfassung‘ völlig daniederlag, als eine Fundgrube pädagogischer Weisheit angesehen wurde“.30 „Hätte man im Geiste Mildes das österreichische Bildungswesen gestaltet, so würde man ein halbes Jahrhundert für den Fortschritt gewonnen haben“31. Mildes Lehrbuch von 1811/13 ist leider in Österreich bis zu Otto Willmanns „Didaktik als Bildungslehre“ von 1882 der einzige hervorragende Beitrag zur Systematischen Pädagogik geblieben. Die österreichischen Universitäten, das Schulwesen und die Lehrerbildung haben erst nach der Revolution von 1848 durch die Reformen des Unterrichtsministers Leo Thun-Hohenstein32 und die liberalen Regierungen ab 1868 ihren Rückstand gegenüber Deutschland aufholen können. Die wissenschaftliche Rechtfertigung der Pädagogik als Universitätsfach ist ohne österreichische Hilfe durch deutsche Professoren geleistet worden: insbesondere durch die Vorlesungen von Friedrich Schleiermacher (1768–1834) in Berlin33 und Johann Friedrich Herbart (1776–1841) in Göttingen34 sowie die „Allgemeine Pädagogik“ von Theodor Waitz (1821–1864) aus dem Jahre 1852 und die „Encyclopädie der Pädagogik“ von Karl Volkmar Stoy (1815–1885) aus dem Jahre 1861.35
30 Lindner 1884, 531. Zur Kritik der „politischen Schulverfassung“ von 1805 ebenda, 643ff. und Engelbrecht, Bd. 3, 1984, 226ff. 31 Dittes 1878, 995. Dieses Lob aus freisinnigem und kirchenkritischem Mund hat die Distanzierung katholischer Kreise von Mildes Pädagogik begünstigt. Über Milde als Priester und Religionspädagogen vgl. Engelbrecht 1977, 72ff. und 79f. (mit sämtlichen Quellen, 93ff.). 32 Bd. 1, 61ff. 33 Vgl. die Vorlesungen aus dem Jahre 1826, bei Weniger/Schulze Bd. 1, 1957. 34 Vgl. Umriss pädagogischer Vorlesungen (1835 und 1841), 2. Ausgabe, Willmann/Fritzsch 1914, Bd. 2. 35 Aus Österreich ragt in dieser Periode nur der Dichter Adalbert Stifter (1805–1868) mit pädagogischen Gedanken hervor, die Kurt Gerhard Fischer 1962 in ein System zu bringen versucht hat, das aber bei allen poetischen und erziehungs praktischen Qualitäten mit wissenschaftlicher Pädagogik wenig zu tun hat. Vgl. auch Gassert 1932.
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X. Abschliessender Überblick
1 b. V o r w i e g e n d
und
ph i l o s o ph i s c h e
1865–1964
Bilanz
„Pädagogik“:
Schul- und hochschulpolitische Fortschritte in liberalem Geist sind in Österreich erst nach der Revolution von 1848 in Gang gekommen36. Die Universitäten und Gymnasien wurden nach deutschem Muster reformiert. Am folgenden Aufschwung der Wissenschaften in den erneuerten Philosophischen Fakultäten hat das Fach Pädagogik jedoch nicht teilgenommen37, weil es keine autonome Forschungsdisziplin war, sondern nur als eine Kunstlehre galt, die von Praktischer Philosophie und Psychologie abhängig war. Es hat seit der Aufhebung der Lehrkanzeln für „Erziehungskunde“ um 1848/49 rund zwanzig Jahre gedauert, bis Bemühungen in Gang gekommen sind, das Fach unter dem Namen „Pädagogik“ wiederum in die Philosophischen Fakultäten einzuführen. Ausschlaggebend war dafür nicht seine Anerkennung als selbständige Wissenschaft mit eigenem Studiengang, sondern als notwendiges Nebenfach in der Berufsausbildung von Gymnasiallehrern. Es war unbestritten, dass Studierende für das Lehramt neben fachwissenschaftlichen auch pädagogische Kenntnisse erwerben und in der Lehramtsprüfung nachweisen sollen. Wie sie erworben werden, blieb jedoch ihnen überlassen. Es gab nach 1848 zunächst weder Pflichtvorlesungen aus Pädagogik noch Pädagogik als Prüfungsfach.38 Erst 1897 wurde der Besuch pädagogischer Lehrveranstaltungen verpflichtend. Die Lehramtsanwärter mussten ein „Colloquiumszeugnis“ über „ein mindestens dreistündiges … pädagogisches Colleg“ oder ein Zeugnis über die aktive Beteiligung an einem „pädagogischen Seminar“ erwerben. Damit wurden die Universitäten erstmals seit 1848 wieder hinreichend deutlich verpflichtet, Vorlesungen über „Pädagogik (namentlich Geschichte derselben seit dem 16. Jahrhundert)“ einzurichten. Erst durch die „Prüfungsvorschrift für das Lehramt an Mittelschulen“ vom Jahre 1928 wurde eine mündliche „Pädagogische Prüfung“ als Teil der Lehramtsprüfung eingeführt. Sie umfasste je halbstündig die getrennt zu prüfenden Fächer „Pädagogik“ und „Psychologie und Ju 36 Lentze 1962; Meister 1963, I, 69ff. und II, 228–261 mit den grundlegenden Reformprogrammen von Franz Exner (1848); Engelbrecht, Bd. 4, 1986, mit Quellentexten 515ff. 37 Vgl. Bd. 1, 27f. und 61ff. 38 Vgl. Bd. 1, 141ff.
Vorwiegend philosophische Kolumnentitel „Pädagogik“: 1865–1964
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gendkunde“. Die Pflichtvorlesungen wurden auf insgesamt 18 Semesterwochenstunden erhöht und die Lehrinhalte stark vermehrt (einschließlich „Besondere Unterrichtslehre“ der studierten Lehramtsfächer sowie „Körperliche Erziehung und Schulhygiene“). Bei dieser Regelung ist es bis 1977 geblieben. Durch sie wurde die Pädagogik als notwendiges Studienelement für Lehramtskandidaten an den Universitäten rechtlich fest verankert, ohne jedoch über das geringe Gewicht und Ansehen eines Nebenfaches hinauszukommen. Der Weg bis dahin war lang und hindernisreich. Bevor er beschrieben wird ist daran zu erinnern, dass die Pädagogik durch den Erlass des Reichsvolksschulgesetzes im Jahre 1869 an den damals neu geschaffenen Lehrerbildungsanstalten eine zentrale Stellung in der Ausbildung der Volksschullehrer und -lehrerinnen erhalten hat. Sie bildete dort den Lehrgegenstand „Erziehungs- und Unterrichtslehre; deren Geschichte und Hilfswissenschaften“39. Gelehrt wurde diese außeruniversitäre Pädagogik von einer Elite bewährter Schulpraktiker aus dem Personal des niederen Schulwesens, die sich aus eigener Initiative pädagogisch fortgebildet hatten. Es hat mehr als 60 Jahre gedauert, bis 1933 eine „Prüfungsvorschrift für das Lehramt der Pädagogik an den Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten“ erlassen worden ist40. Erst durch sie ist die Pädagogik an den Universitäten als wissenschaftliches Hauptfach legitimiert und gleichrangig unter die anderen Fachwissenschaften aufgenommen worden, die einen vollständigen Studiengang für Lehramtsstudierende anzubieten hatten.41 Mit diesen inhaltlich anspruchsvollen und differenzierten Studienanforderungen war erstmals auch eine Rechtsbasis für den institutionellen und personellen Ausbau des Faches Pädagogik geschaffen worden, denn ein Professor allein konnte auf Dauer unmöglich leisten, was nun an Lehre und Forschung als nötig erachtet wurde. Doch jetzt zurück zu den Anfängen der universitären Pädagogik in der liberalen Ära ab 1868. Der Anstoß zur Errichtung von Lehrkanzeln für „Pädagogik“ ist zunächst nicht von den Universitäten ausgegangen. Vielmehr waren es Lehrer, die als Schulverwaltungsbeamte der Länder und des Unter 39 RVG vom 14. Mai 1869, § 29. Ausführlich hierzu Gönner 1967, 147ff. und 157ff. 40 Ministerialerlass vom 16. Mai 1933, Z. 2662. Verordnungsblatt des BMfU Nr. 30/1933. 41 Bd. 1, 157ff.
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X. Abschliessender Überblick
und
Bilanz
richtsministeriums sowie als politische Abgeordnete im Reichsrat dafür geworben haben42. Eine erste gesetzliche Handhabe bot ein Satz im 1869 erlassenen Reichsvolksschulgesetz43. Er wurde 1870 durch eine Resolution des Abgeordnetenhauses des Reichsrates ergänzt, in der die Regierung zur „Errichtung von pädagogischen Seminaren … an den Universitäten“ „zur pädagogischen Ausbildung der Lehrer an Mittelschulen“ aufgefordert worden ist. 1871 hat eine vom Unterrichtsminister geleitete „Enquete-Kommission“ über „pädagogische Universitätsseminare“ einstimmig jene Beschlüsse geliefert, auf die sich das Ministerium bei der Wiedererrichtung von Lehrkanzeln für Pädagogik an den österreichischen Universitäten stützen konnte. Dazu gehörten die Anerkennung der Existenz einer „pädagogischen Wissenschaft“ und der Auftrag an die Universitäten, den „Lehramtskandidaten der Mittelschulen“ ihre „theoretische Kenntnis“ zu vermitteln44. Die Regierung hat schnell gehandelt und noch im gleichen Jahr 1871 zwei Lehrkanzeln für „Pädagogik“ geschaffen. Eine außerordentliche Professur an der Universität Wien wurde mit dem dortigen Privatdozenten Theodor Vogt besetzt.45 Eine ordentliche Professur für „Philosophie und Pädagogik“ an der Universität Lemberg erhielt der polnische Landesschulinspektor für Galizien Eusebius Czerkawski (1822–1896). Er war schon seit 1862 für Professuren für „Gymnasialpädagogik“ und „Pädagogische Seminare“ nach deutschem Vorbild eingetreten46. Als dritte Universität bekam 1872 die Universität Prag eine außerordentliche Professur für „Philosophie und Pädagogik“. Auf sie wurde Otto Willmann (1839–1920) berufen47. Er hat dort 1876 das erste „Pädagogische Seminar“ an einer österreichischen Universität gegründet. 1877 erfolgte durch Vogt die Gründung des Pädagogischen Seminars an der Universität Wien. Als die Universität Prag 1882 nach den Landessprachen geteilt wurde, ist auch an der neuen Tschechischen Universität Prag sogleich
42 Vgl. Bd. 1, 82ff. 43 § 42 über „Pädagogische Seminare“, die „an den Universitäten oder technischen Hochschulen eingerichtet werden“ sollen. Vgl. Bd. 1, 73ff. und 88ff. 44 Bd. 1, 93f. – Vgl. auch die Würdigung bei Paul Feyerabend 1954, 58f. 45 Bd. 1, 94 und 271–288. 46 Bd. 1, 84ff., 94, 99f. 47 Bd. 1, 94f.; Bd.2, 21–48.
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eine Lehrkanzel für „Philosophie und Pädagogik“ eingerichtet und mit Gustav Adolf Lindner (1828–1887) besetzt worden.48 Bei diesen vier Lehrkanzeln ist es in der österreichischen Reichshälfte49 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts geblieben. Mit diesen Gründungen hat die österreichische Unterrichtsverwaltung – wie schon am Anfang des 19. Jahrhunderts mit den Lehrkanzeln für „Erziehungskunde“ – alle deutschen Länder mit Ausnahme von Sachsen (Leipzig) und Thüringen (Jena) überflügelt. Zum Vergleich: in Preußen hat das Kultusministerium erst im Jahre 1917 eine „Pädagogische Konferenz“ über die Schaffung pädagogischer Lehrstühle an seinen Universitäten durchgeführt, ohne dass viel dabei herausgekommen ist50 – 46 Jahre nach der Wiener Enquete von 1871. Zu dieser Zeit gab es in Preußen erst ein einziges Ordinariat für Pädagogik in Frankfurt am Main und ein Extraordinariat in Berlin51. Auch in der ungarischen Reichshälfte war das dortige Unterrichtsministerium Preußen weit voraus. Ungarn war bis 1867 in alle Reformen einbezogen, die ab 1848 im österreichischen Gymnasial- und Hochschulwesen durchgeführt worden sind. An der Universität Budapest wurde schon 1870 eine ordentliche Professur der Pädagogik neuer Art eingerichtet und mit August Lubrich (1825–1900) besetzt. Die 1872 gegründete Universität Klausenburg (Kolozsvar) hat eine derar-
48 Bd. 2, 51–67. 49 Durch das 1867 abgeschlossene Vertragswerk zum „Österreich-Ungarischen Ausgleich“ ist aus dem österreichischen Kaiserstaat die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie entstanden. Die beiden Reichshälften durften aber nicht als solche bezeichnet werden, weil es ein „Reich“ offiziell nicht gab. Rumpler 2005, 403ff. – Ungarn wurde in den Grenzen von „Transleithanien“ (Ungarn, Siebenbürgen, Kroatien, Slawonien) ein selbständiger Staat mit eigener Regierung. Nur Äußeres, Heer und Finanzen blieben „gemeinsame Angelegenheiten“. Zu Österreich gehörten die Länder diesseits der Leitha (Cisleithanien): neben den bekannten Bundesländern der 1918 ausgerufenen Republik „Deutschösterreich“ Böhmen, Mähren, Schlesien, Galizien, Bukowina, Krain, Görz, Gradiska, Istrien und Dalmatien. 50 Pädagogische Konferenz im Ministerium der geistlichen und UnterrichtsAngelegenheiten am 24. und 25. Mai 1917. Thesen und Verhandlungsbericht. Original auf 27 Seiten ohne Ort und Jahr. Nachdruck bei Schwenk 1977/78, 133–157. Zur Analyse und Kritik vgl. Tenorth 2002, 196ff. 51 Kultusminister August von Trott zu Solz ebenda 27. – Die Professur in Frankfurt war eine private Stiftungsprofessur und mit dem Schulverwaltungsbeamten Julius Ziehen (1864–1925) besetzt (über ihn Dolch 1955), das Berliner Extraordinariat mit dem wissenschaftlich bedeutungslosen Ferdinand Jakob Schmidt. Vgl. Tenorth 2010, 5, 244f.
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tige Professur von Anfang an erhalten. Die 1874 gegründete Universität in Agram (Zagreb) mit kroatischer Unterrichtssprache musste bis 1894 auf eine Professur warten und sich mit der Kombination „Philosophie und Pädagogik“ begnügen. Die ungarischen Universitäts-Pädagogiker waren stärker als die österreichischen in der pädagogischen Berufsausbildung der Mittelschullehrer engagiert. Sie haben sich dabei am deutschen Vorbild von Jena (Stoy) und Leipzig (Ziller) orientiert.52 Nach diesem Blick auf die Institutionalisierung der Pädagogik in der ungarischen Reichshälfte zurück zur österreichischen und ihren Universitäten mit deutscher Unterrichtssprache. An den kleinen Universitäten Graz, Innsbruck und Czernowitz behalf sich das Ministerium zwecks Einsparung von Kosten zunächst mit Notlösungen, die sich dann als sehr dauerhaft erwiesen haben. Neu auf Lehrkanzeln für Philosophie berufene Professoren wurden verpflichtet, regelmäßig auch Pädagogik zu lehren. Diese waren jedoch fachlich darauf nicht vorbereitet und selten für eine solche Nebenaufgabe genügend motiviert. Deshalb wurde der pädagogische Teil ihres Lehrauftrages in den meisten Fällen nur unzulänglich, unregelmäßig oder gar nicht erfüllt53. Eine Besserung trat zuerst an der Universität Graz ein. Dort wurde 1904 eine außerordentliche Professur der „Philosophie und Pädagogik“ für Eduard Martinak (1859–1943) eingerichtet. Sie wurde 1909 in eine ordentliche Professur der „Pädagogik“ umgewandelt.54 Schon 1903 war die Prager Lehrkanzel für „Philosophie und Pädagogik“ nach dem Abgang von Willmann in eine Lehrkanzel der „Pädagogik“ verselbständigt und mit Alois Höfler (1853–1922) besetzt worden.55 Bis dahin war nur die Wiener Lehrkanzel seit ihrer Errichtung im Jahre 1871 zur Gänze der Pädagogik gewidmet gewesen. Somit hat am Anfang des 20. Jahrhunderts an den österreichischen Universitäten für das Fach eine neue Ära begonnen: die Entkoppelung von der Philosophie und die regierungsamtliche Anerkennung als selbständige wissenschaftliche Disziplin. Nach Wien und Prag ist sie 1909 auch an der Grazer Universität erreicht worden. An der Universität Innsbruck ist dies erst 1959 gelungen: 88 Jahre nach Wien, 56 Jahre nach Prag und 50 Jahre nach Graz. Bis dahin gab
52 53 54 55
Bd. Bd. Bd. Bd.
1, 2, 2, 2,
60, 105ff.; Nemeth 2001, 2003 und 2012; Pukanszky 2001. 140ff., 403ff.; Bd. 3, 6ff. 154, 158. 79ff.
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es in Innsbruck nur eine 1930 eingerichtete Professur für „Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Pädagogik“. Sie war bis 1938 und von 1945 bis 1959 mit Richard Strohal (1888–1976) besetzt. Während der Zugehörigkeit Österreichs zum Deutschen Reich war sie von 1939 bis 1945 als ordentliche Professur der „Philosophie und Pädagogik“ geführt56. Nach der Auflösung der Habsburger-Monarchie im Jahre 1918 und der Schrumpfung des Vielvölkerstaates zur Republik Österreich gab es dort durch Verlust der Deutschen Universität Prag und der Universität Czernowitz bis zur Neugründung der Universität Salzburg im Jahre 1962 nur noch die drei Universitäten Wien, Graz und Innsbruck. Von diesen waren nur Wien und Graz (bis 1945) mit je einer Lehrkanzel für Pädagogik ausgestattet. Die Universität Innsbruck musste mit einer Übergangslösung auskommen, bis 1960 Wolfgang Brezinka zum ersten Professor dieses Faches ernannt wurde57. An der neuen Salzburger Universität war eine Lehrkanzel für Pädagogik von Anfang an vorgesehen. Sie wurde 1964 mit Karl Wolf (1910–1995) besetzt.58 Im gleichen Jahr ist auch an der Universität Graz neuerlich eine selbständige Lehrkanzel für Pädagogik eingerichtet und mit Alois Eder (1919–2006) besetzt worden. Damit hat das Fach gegen Ende der hundertjährigen Periode der „Philosophischen Pädagogik“ an den damals vier österreichischen Universitäten einen Bestand von je einer, insgesamt also vier Lehrkanzeln erreicht. Die Errichtung von Lehrkanzeln für Pädagogik war allerdings leichter als ihre Besetzung. Erstens war unklar und umstritten, welche Anforderungen an einen Pädagogiker59 gestellt werden müssen. Zweitens hat es in Österreich wie in den Nachbarländern Deutschland und Schweiz völlig an akademischem Nachwuchs gefehlt.60 Die Sonderstellung der Pädagogik unter den Wissenschaften hing vor allem damit zusammen, dass bei der Zweckbestimmung ihrer 56 Bd. 2, 425ff., 442f. 57 Bd. 2, 493ff. 58 Bd. 3, 101ff. 59 Mit diesem Begriff ist der Erziehungstheoretiker gemeint im Unterschied zu den Erziehungspraktikern (Pädagogen), also Lehrern und anderen Erziehern. Diese fundamentale Unterscheidung schon bei Niemeyer 1805, 18. Vgl. auch Göttler 1948, 13; Brezinka 2012, 133f. 60 Für Deutschland Rehm 1910, 16 und in diesem Band S. 876ff.; Nachweise für Österreich in diesem Werk; für die Schweiz S. 894ff.
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Lehrinhalte und der Auswahl ihrer Professoren zwei Berufsbilder mit verschiedenen Anforderungsprofilen im Widerstreit standen: der praktisch bewährte Lehrmeister der Unterrichtskunst und der erziehungswissenschaftliche Forscher. Unter den Fächern der Philosophischen Fakultäten war die Pädagogik ein Spät-Ankömmling mit geringem Ansehen. Sie galt in den Professorenkollegien als atypisches Nebenfach mit dürftigem Inhalt ohne eigenständigen Studiengang. Wer es zu lehren hatte, musste gegen das Vorurteil ankämpfen „Pädagogik ist keine Wissenschaft und kann auch keine werden“. Deshalb konnten ihre Professoren und Privatdozenten in dieser Epoche ihr wissenschaftliches Ansehen zunächst nur aus Publikationen in etablierten anderen Fächern beziehen. Am nächsten lag die Philosophie, zu der damals auch noch die Psychologie gehörte. Aus der Pädagogik galten am ehesten historische und fachdidaktische Studien als wissenschaftlich anerkennenswürdig. Im Unterrichtsministerium wie in den Philosophischen Fakultäten hatte man bei den Fachvertretern der Pädagogik fast ausschließlich deren Lehr- und Prüfungsaufgaben im Rahmen der schmalen pädagogischen Ausbildung der Mittelschullehrer im Auge. Deshalb wurden für Besetzungsvorschläge möglichst Personen mit langjähriger Erfahrung als Lehrer an Gymnasien ausgewählt. Gegen die Berufung von Ausländern wurde eingewendet, dass ihnen die Kenntnis des österreichischen Schulwesens fehle. Grundsätzlich wurde die Habilitation gefordert. Bei bewährten Schulpraktikern wurden jedoch auch Ausnahmen gemacht61. Erwünscht war die Habilitation für Pädagogik, aber vielfach genügte auch die Habilitation für Philosophie62. Das wissenschaftliche Auswahlkriterium der Habilitation und das berufspraktische Kriterium langjähriger Unterrichtstätigkeit an Gymnasien waren von den Kandidaten nur selten gleichwertig voll zu erfüllen. In den Fakultäten wurden beide von Fall zu Fall verschieden gewichtet. Offene Fragen waren: Kommt es vorwiegend auf praktische Fähigkeiten für mustergültigen Unterricht und vorbildliche Menschenführung an oder auf wissenschaftliche Leistungen? Wenn Letzteres: auf welchen Gebieten? Genügen rein philosophische oder psychologi 61 An der Prager Universität 1872 bei Otto Willmann (Bd. 2, 25); an der Wiener Universität 1923 bei Richard Meister und 1956 bei Josef Lehrl. Bd. 1, 372ff. und 462ff. 62 Bei Eduard Martinak (Graz) 1904; Friedrich Wilhelm Foerster (Wien) 1913; Richard Schwarz (Wien) 1958; Ulrich Schöndorfer (Wien) 1965.
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sche Studien? Genügen kinder- und jugendkundliche Publikationen oder Beiträge zu einer Fachdidaktik als Eignungsnachweis für eine Lehrkanzel, die dem Gesamtgebiet der Pädagogik dienen soll? Diese Fragen wurden unterschiedlich beantwortet. Faktisch gab es aber wegen des Mangels an Kandidaten wenig Auswahl. Die Professorenkollegien neigten mehrheitlich dazu, wissenschaftliche Schwächen hinzunehmen, wenn Vorzüge im schulpraktischen Können vorhanden zu sein schienen und umgekehrt. Es fehlte für beide Bereiche häufig an Urteilsfähigkeit und sorgfältiger Prüfung der tatsächlichen Leistungen. Am Ausbau der Pädagogik zu einer gleichrangigen wissenschaftlichen Disziplin bestand in den Philosophischen Fakultäten wenig Interesse. Für pädagogische Forschung, Doktoratsstudien, Habilitationen und Nachwuchspflege fehlte das Verständnis und jede Planung auf weite Sicht. Von den Vertretern der Lehramtsfächer wurden die Pädagogiker als Konkurrenten um Studienpflichten und Arbeitszeit der Lehramts-Studierenden betrachtet. Eine Erweiterung des geringen Anteils der Pädagogik an den verpflichtenden Lehrveranstaltungen durch Studiengesetze, Ministerialerlässe, Studienordnungen und -pläne wurde mehrheitlich abgelehnt63. Zum Rückstand der Pädagogik beim Ausbau zu einer vollwertigen Wissenschaft hat neben dem unklaren Berufsbild des Pädagogikers auch die ungewöhnlich lange anhaltende Schwierigkeit beigetragen, Lehrkanzeln fachspezifisch zu besetzen. Von den 11 habilitierten Personen, die in Österreich bis 1960 zu Pädagogik-Professoren ernannt worden sind, hat keiner seine Dissertation in Pädagogik geschrieben. Nur zwei haben als Habilitationsschrift rein pädagogische Studien vorgelegt64. Zwei weitere haben in ihren Habilitationsschriften Themen bearbeitet, die der Pädagogik wenigstens nahe standen65. Das bedeutet: gemessen an erziehungswissenschaftlichen Maßstäben wurden die Lehrkanzeln der Pädagogik rund ein Jahrhundert lang
63 Aus seiner Wiener Erfahrung hat Richard Meister am 27.1.1964 in einem Brief an den Verfasser mitgeteilt, dass „man immer mit Widerständen in der Fakultät rechnen muß, wenn etwas für die Pädagogik geschehen soll“. PAB. 64 Vogt 1865 in Wien („Platons Pädagogik nach ihren Hauptpunkten“); Toi scher 1896 in Prag („Theoretische Pädagogik und allgemeine Didaktik“). Bd. 2, 49. 65 Höfler in Wien 1895 („Zur Propädeutikfrage“); Brezinka in Innsbruck 1954 („Jugendkundliche Beiträge zu einer Revision der Erziehung“).
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mit Personen besetzt, die sich wissenschaftlich zunächst in anderen Fächern qualifiziert hatten. Sie wurden von den Fakultäten hauptsächlich wegen ihrer Berufserfahrung als Schulpraktiker ausgewählt und nicht auf Grund von Leistungen in der pädagogischen Forschung und Theoriebildung im strengen Sinne. Das hätte ein Professorenkollegium in keinem anderen Fach zugelassen. Es zeigt, dass man sich einseitig am Berufsbild des erfahrenen Mittelschullehrers orientiert hat. Er sollte Kenntnis des österreichischen Schulwesens und didaktisch-methodisches Können mitbringen, angenehme Charaktereigenschaften haben und bei Bedarf zu schulpolitischen Stellungnahmen (der erwünschten Art) fähig sein.66 Unter diesen Umständen konnte die Pädagogik als Wissenschaft nur langsam vorankommen. Im Wettbewerb der Fächer um Nachwuchs aus den leistungsfähigsten jungen Leuten lag sie weit zurück. Die Lage wurde dadurch erschwert, dass die für Pädagogik ernannten Professoren in Forschung und Publikationen häufig in andere Fächer ausgewichen sind, statt ihr Nominalfach ungeteilt mit voller Arbeitskraft zu pflegen.67 Es zeigte sich bei manchen teilweiser Rückzug aus dem Fach, das ihr Einkommen sicherte, oder – in milderer Form – Minimalismus bis zur Vernachlässigung aus Mangel an Interesse68. Der Ausbildungsverlauf und die durch ihn bedingte Interessenlage der Pädagogik-Professoren der zweiten fachgeschichtlichen Periode zwischen 1865 und 1964 hat das Fach Pädagogik länger, als nötig gewesen wäre, in seiner universitären Randstellung zurückgehalten. Es blieb hauptsächlich auf Unterrichtslehre, angewandte Jugendpsychologie und Geschichte der pädagogischen Ideen und des Schulwesens fixiert. Zu strenger realwissenschaftlicher Theoriebildung, Differenzierung und Spezialisierung ist es nur ansatzweise gekommen. Andererseits hatte diese fachfremde Herkunft und Ausbildung der frühen Fachvertreter auch Vorzüge. Sie waren mit wenigen Ausnahmen in mindestens zwei soliden Wissenschaften gründlich gebildet. Sie waren bei ihren Fakultätskollegen als Philologen, Mathematiker, Naturwissenschaftler oder Philosophen geschätzt und dadurch fiel auch etwas Glanz auf ihr pädagogisches Amt. Sie kannten die Schulpraxis aus eigener langer Erfahrung und haben sich wenig Illusionen gemacht – 66 Vgl. z.B. Bd. 1, 363ff. 67 Vgl. in Prag Willmann (Bd. 2, 38ff.); in Wien Höfler (Bd. 1, 315), Meister (Bd. 1, 427ff.), Schwarz (Bd. 1, 483ff.); in Graz Tumlirz (Bd. 2, 180ff.). 68 Brezinka 2004, 265.
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weder über die Grenzen der Erziehung noch über die Möglichkeiten, zu wissenschaftlichen Erziehungstheorien zu gelangen.69
1 c . „ E r z i e h u n g sw i ss e n s c h a f t “
seit
1965
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hat es an den drei Universitäten der wiederhergestellten Republik Österreich nur noch eine einzige Lehrkanzel für Pädagogik gegeben: in Wien. Sie war bis 1956 mit Richard Meister70 besetzt. Erst 1964 ist es dort zu einer zweiten Lehrkanzel gekommen. Sie wurde als frühester Beitrag zur institutionellen Differenzierung des Faches der „Schulpädagogik“ gewidmet und war von 1965 bis 1970 mit dem pensionierten Gymnasialdirektor und Philosophen Ulrich Schöndorfer (1899–1984) besetzt.71 Die Grazer Lehrkanzel ist dem Fach nach der politisch begründeten Entlassung von Otto Tumlirz durch Umwidmung verloren gegangen72. Es gab in ganz Österreich keinen einzigen habilitierten Pädagogiker, der ihm hätte nachfolgen können. Die Fakultät musste sich mit einem pensionierten Landesschulinspektor als Lehrbeauftragtem behelfen. Als Übergangslösung wurde 1950 ein neues Extraordinariat für Psychologie und Pädagogik geschaffen und 1952 mit dem Philosophen Ferdinand Weinhandl (1896–1973) besetzt, der sich vorrangig der Psychologie gewidmet hat73. Erst 1964 ist die Wieder-Errichtung einer selbständigen Lehrkanzel für Pädagogik erfolgt. Auf ihr hat bis 1972 Alois Eder (1919–2006) gewirkt.74 An der Innsbrucker Universität ist Richard Strohal 1945 auf seine Lehrkanzel für „Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Pädagogik“ zurückgekehrt. Er hat 1954 den Fakultätsbeschluss erreicht, dass diese nach seiner 1958 bevorstehenden Emeritierung in eine Lehrkanzel für Pädagogik umgewandelt wird. 1957 hat er die Ausgliederung der Pädagogik aus dem „Philosophisch-Pädagogischen Seminar“ und die Errichtung eines selbständigen „Pädagogischen In-
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Bd. Bd. Bd. Bd. Bd. Bd.
1, 1, 1, 2, 2, 2,
128ff. 197 und 435ff. 510ff. und 556ff. 194ff. und 202ff. 226ff. 279ff. und in diesem Band, 118ff.
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stituts“ durchgesetzt75. Die erste Innsbrucker Professur für Pädagogik wurde 1960 mit Wolfgang Brezinka besetzt und ist 1963 in „Lehrkanzel für Erziehungswissenschaft“ umbenannt worden. Das „Pädagogische Institut“ erhielt den Namen „Institut für Erziehungswissenschaft“.76 In der Zweiten Republik ist die Pädagogik also weiterhin rund zwanzig Jahre lang an den Universitäten ein unterentwickeltes und notleidendes Fach geblieben. In ganz Österreich hat es bis 1960 nur an der Wiener Universität eine ihm zur Gänze gewidmete ordentliche Professur gegeben. Diese von 1923 bis 1956 von Meister eingenommene Schlüsselstelle ist vierzig Jahre lang für die Gewinnung von erziehungswissenschaftlichem Nachwuchs durch Habilitationen ungenutzt geblieben. Als Meisters Nachfolger wurde mit Josef Lehrl ein Schulpraktiker aus dem Unterrichtsministerium berufen. Er war jedoch gesundheitlich der Last des Amtes nicht gewachsen und ist schon 1957 gestorben.77 Nach ihm kam es 1958 mit dem deutschen Philosophen Richard Schwarz zu einer katastrophalen Fehlbesetzung, die dank dessen Rückkehr nach Deutschland 1963 ein vorzeitiges Ende fand78. Seine Lehrkanzel konnte erst 1967 nach vierjähriger Vakanz mit Marian Heitger (1927–2012) wiederbesetzt werden. Er ist auf dieser österreichischen Leit-Professur für Allgemeine („Theoretische“) Pädagogik 28 Jahre lang bis zur 1995 erfolgten Emeritierung tätig gewesen79. Die Professorenkollegien der Philosophischen Fakultäten haben die kümmerliche Lage des Faches Pädagogik gleichgültig hingenommen, weil in der Not der Nachkriegszeit alle Fächer unter Personalmangel gelitten haben und die Pädagogik das geringste wissenschaftliche Ansehen hatte. Man war gewohnt, sie als Nebensache einzustufen. Es hat jede Kenntnis der Reformmaßnahmen gefehlt, die zugunsten einer Akademisierung der Pflichtschullehrer-Ausbildung und des Ausbaues der Mittelschulen samt erhöhtem Lehrerbedarf und vermehrter pädagogischer Studienelemente schulpolitisch bevorstanden. Der Horizont blieb auf das gewohnte schmale pädagogische Begleitstudium der
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Bd. Bd. Bd. Bd. Bd.
2, 2, 1, 1, 1,
445ff. 501ff. 462ff. 477ff. 513ff. und 537ff.
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Lehramtskandidaten beschränkt. Für den Aufbau eines HauptfachStudienganges der Pädagogik, wie er seit 1933 durch die Prüfungsvorschrift für das Lehramt der Pädagogik an den Lehrerbildungsanstalten geboten erschien, haben in den Fakultäten Interesse und Unterstützung gefehlt. Tatsächlich war schon seit 1947 erkennbar, dass die Regierung der „Großen Koalition“ von Österreichischer Volkspartei (ÖVP) und Sozialistischer Partei Österreichs (SPÖ) die Schulgesetzgebung in Angriff nehmen musste, bei der die Reform der Lehrerbildung als ein zentraler Streitpunkt galt.80 Dabei hat sich bald gezeigt, dass an die Stelle der Lehrerbildungsanstalten81 Pädagogische Akademien oder Hochschulen nach dem Beispiel der deutschen Länder treten werden82. Dafür wurde Lehrpersonal mit voller erziehungswissenschaftlicher Ausbildung gebraucht, für die damals aber keine Universität gerüstet war. Das wurde auch in der für Lehrerbildung zuständigen Pädagogischen Sektion des Unterrichtsministeriums so gesehen83. Ihr Einfluss auf den Minister und die Hochschulsektion war jedoch zu schwach, um die völlig unzulängliche Ausstattung des Faches Pädagogik an den Universitäten überwinden zu können. In dieser misslichen Situation hat der Innsbrucker Professor Strohal mit Unterstützung von Meisters Nachfolger Lehrl im Jahre 1957 erstmals eine „Konferenz der österreichischen Universitätspädagogen“ organisiert, um einen wissenschaftspolitischen Anstoß zum Ausbau des Faches zu geben. Dazu diente eine einstimmig beschlossene „Empfehlung zur Neuordnung der Pflichtschullehrer-Ausbildung“. Sie war an den Bundesminister für Unterricht Heinrich Drimmel (1912–1991) gerichtet, der seit 1954 im Amt war und die schwierigen Schulgesetzverhandlungen der Koalitionsparteien tatkräftig bis zum erfolgreichen Abschluss im Jahre 1962 vorangetrieben hat84. Kern der Empfehlung war, dass an eine Akademisierung der Lehrerbildung „nicht zu denken“ sei, „so lange keine entsprechenden Ausbildungsmöglichkeiten“ für „qualifizierte Lehrerbildner … in Form selbständiger pädagogischer
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Engelbrecht, Bd. 5, 1988, 11ff. und 465ff. Kittel 1957 und 1965. Engelbrecht 2006, Bd. 5, 13, 23, 42ff. Bd. 1, 198ff. Vgl. Engelbrecht 2006.
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Universitätsinstitute vorhanden sind, denen eine hinreichende personelle und materielle Ausstattung zur Verfügung steht“.85 Als Nachfolger Strohals auf der neuen Innsbrucker Lehrkanzel ab 1960 hat Brezinka die Aufgabe übernommen, zur Realisierung dieses Programmes beizutragen.86 Politisch hilfreich war dabei das breite öffentliche Interesse an Erziehungsproblemen und Schulreform, das im Zusammenhang mit den langjährigen Vorarbeiten zum Schulgesetzwerk 1962 entstanden war.87 Es hat allerdings in den Universitäten wenig Beachtung gefunden. Das Schulorganisationsgesetz vom 25. Juli 1962 brachte mit der Errichtung Pädagogischer Akademien zur Ausbildung der Pflichtschullehrer neue schulrechtliche Argumente für den Ausbau des Faches Pädagogik an den Universitäten.88 Durch den Abgang von Schwarz war die Wiener Lehrkanzel seit 1963 unbesetzt und eine Nutzung dieser Chance nur von Innsbruck aus durch Brezinka als damals landesweit einzigem Fachvertreter möglich. Als das Unterrichtsministerium alle Hochschulen aufforderte, Vorschläge für die Aufnahme von Diplom-Studien in das kommende Hochschul-Studiengesetz zu machen, hat er am 7. Oktober 1963 die „Einführung des Diplom-Studiums der Erziehungswissenschaft“ beantragt.89 Für Unterrichtsminister Drimmel hat er eine „Denkschrift über Maßnahmen zur Förderung der Erziehungswissenschaft in Österreich“ vom 27. November 1963 verfasst90. Darin wurde vorgeschlagen, „wenigstens an einer Stelle ein erziehungswissenschaftliches Forschungs-, Dokumentations- und Ausbildungszentrum im Range … eines Universitätsinstituts“ zu errichten. Als Standort kam damals nur die Innsbrucker Universität in Betracht, weil die personellen Voraussetzungen anderswo gänzlich gefehlt haben. Der Inhalt der Denkschrift war mit Strohal und Meister abgesprochen und dem Minister von Meister empfohlen worden.
85 Bd. 1, 200ff. 86 Bd. 2, 501ff. 87 Engelbrecht, Bd. 5, 1988, 465ff.; Brezinka 2008. 88 BGBl. Nr. 242/1962. Vgl. BMfU 1962; in diesem Werk Bd. 1, 2002f.; Bd. 2, 527f.; Brezinka 2008, 40ff. (Wer bildet die Lehrerbildner? Österreichische Hochschulzeitung, 15.4.1962). 89 Bd. 1, 204; Bd. 2, 530ff. mit Text der Begründung. 90 Veröffentlicht in Bd. 1, 895–901.
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Drimmel hat sich überzeugen lassen, aber mit Widerständen aus der Innsbrucker Philosophischen Fakultät gerechnet und von seinem Weisungsrecht als Minister keinen Gebrauch machen wollen. Sein 1964 ernannter Nachfolger Theodor Piffl-Percevic (1911–1994) war mutiger. Er hat mit einem Ministerialerlass vom 22. Dezember 1964 über den „Ausbau der Lehrkanzeln für Erziehungswissenschaft und ihre Hilfswissenschaften an den österreichischen Universitäten“91 der universitären Pädagogik zu einer starken Expansion verholfen. Sie hat die Lage des Faches in wenigen Jahren völlig verändert. Im Erlass wurde den Philosophischen Fakultäten der Universitäten Wien, Graz, Innsbruck und Salzburg angekündigt, dass das Ministerium beabsichtige, im Dienstpostenplan 1966 zehn neue Lehrkanzeln für Pädagogik zu errichten. Bezweckt wurde der Ausbau des Faches auf vier Lehrkanzeln an jeder Universität. Die vorhandenen Professuren für Allgemeine Pädagogik sollten durch folgende Spezialfächer ergänzt werden: „Schulpädagogik (angewandte Pädagogik)“, „Pädagogische Psychologie“ und „Pädagogische Soziologie“. An der Wiener Universität hat es damals schon drei der vier vorgesehenen Lehrkanzeln gegeben. Ihr hat nur noch jene für „Pädagogische Soziologie“ gefehlt. Die vom Unterrichtsministerium geplanten zehn zusätzlichen Lehrkanzeln verteilten sich also auf die vier Universitäten wie folgt: Wien eine, Graz, Innsbruck und Salzburg je drei. Die Professorenkollegien als zuständige akademische Behörden wurden im Sinne einer Anhörung zur Stellungnahme oder zur Stellung eigener Anträge aufgefordert92. Dieser Erlass war zwar hochschulrechtlich gedeckt, aber inhaltlich unbesonnen und mangelhaft begründet. Er hat die Universitäten unvorbereitet getroffen und zu vielen Konflikten geführt. Da in Österreich wie in seinen Nachbarländern ein katastrophaler Mangel an Erziehungswissenschaftlern bestand, war es unwahrscheinlich, die allzu großzügig bereitgestellten Lehrkanzeln in nächster Zeit gut besetzen zu können. Schon aus diesem Grund hätte der Ausbau der universitären Pädagogik vorsichtiger betrieben werden müssen. Andererseits war die kulturpolitische Situation nach dem Schulgesetzwerk von 1962 unter der Regierung des Bundeskanzlers Josef Klaus (1964–70) günstig
91 Bd. 1, 205ff.; Bd. 2, 544ff. – Abdruck des Erlasses und seiner folgenden Interpretationen durch Piffl in Bd. 1, 902–908. 92 Gemäß HOG 1955, § 58 Abs. 2 bzw. § 26 Abs. 2 lit a. BGBl. NR. 154/1955.
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und
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wie nie zuvor, um die Professorenkollegien zu zwingen, zum Nutzen des Schulwesens die ständige Zurücksetzung der Pädagogik aufzugeben. Das ist allerdings wegen aktivem und passivem Widerstand der Universitäten nicht in einem Zug gelungen. Unterrichtsminister Piffl musste sich zunächst mit vier statt zehn neuen Lehrkanzeln begnügen93. Das hat jedoch den Übergang vom vernachlässigten Nebenfach zu einem viel studierten Hauptfach nur kurz verzögert. Die Zahl der Lehrkanzeln für Pädagogik ist von 5 im Jahre 1965 bis zum Jahre 1997 auf 28 Professuren gestiegen. Dazu kamen noch 13 weitere Professuren für die Spezialfächer Religions-, Sport- und Wirtschaftspädagogik. Das ergab eine Gesamtmenge von 41 pädagogischen Professuren, also eine Vermehrung der Dienstposten um das Achtfache.94 Die Stellen für Assistenten wurden in diesen drei Jahrzehnten rund zwanzigfach vermehrt. Parallel dazu hat die Menge der Studierenden der Pädagogik im Hauptfach (Diplom- und Doktoratsstudien) von 117 Personen im Studienjahr 1964/65 auf 7.986 Personen im Studienjahr 1997/98 zugenommen.95 Dazu kamen noch mehrere Tausend Lehramtsstudierende mit pädagogischen Studienpflichten. Für beide pädagogischen Studienrichtungen (Lehramts- und Diplomstudium) war dank der im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts erreichten Personalausstattung der erziehungswissenschaftlichen Institute relativ gut gesorgt. Ungelöst geblieben ist jedoch die Aufgabe, in Österreich wenigstens einen leistungsfähigen Forschungsschwerpunkt für Erziehungswissenschaft zu schaffen. Unterrichtsminister Drimmel hat sich ab 1963 für die österreichischen erziehungswissenschaftlichen Beiträge zum Forschungsprojekt der OECD „Planung und Investition auf dem Gebiet des Erziehungswesens“ (EIP-Projekt) ganz auf Brezinka und das im Aufbau befindliche Pädagogische Institut der Universität Innsbruck gestützt96, zu dem es damals keine Alternative gegeben hat. Er hat dessen von Meister empfohlenen Plan für ein nationales erziehungswissenschaftliches Forschungszentrum bejaht, aber Einwände aus der Fakultät gescheut. Deshalb hätte er eine von der Universität unabhängige „Bundesanstalt für Erziehungswissenschaft“ vorgezogen, die direkt
93 94 95 96
Bd. Bd. Bd. Bd.
1, 1, 1, 2,
208ff.; Bd. 2, 544ff., 555ff., 561. 213f. 216. 528ff.
„Erziehungswissenschaft“ Kolumnentitel seit 1965
829
dem Unterrichtsministerium untersteht und ohne inneruniversitäre Konflikte rasch großzügig ausgestattet werden könnte. Sie wäre nur durch die Person des Leiters mit der Universität verbunden gewesen. Brezinka hat diesen relativ groß konzipierten Lösungsvorschlag vor allem deswegen abgelehnt, weil derzeit ausreichend qualifiziertes Forschungspersonal fehle und erst nach und nach durch jahrelange Ausbildung gewonnen werden könne97. Drimmels Nachfolger Piffl-Percevic hat die Bemühungen um die schrittweise Einrichtung eines erziehungswissenschaftlichen Forschungsschwerpunktes an der Innsbrucker Universität unterstützt. Er hat jedoch bei der Mehrheit der Philosophischen Fakultät kein Verständnis dafür gewinnen können und jahrelang vergeblich auf Besetzungsvorschläge für eine zugewiesene pädagogische Lehrkanzel warten müssen.98 Diese Erfahrungen haben wesentlich dazu beigetragen, dass er sich ab 1968 für das bombastische Projekt einer speziellen „Hochschule für Bildungswissenschaften“ in Klagenfurt eingesetzt hat. Sie sollte unter dem Namen „Bildungsforschung“ der hochrangigen erziehungswissenschaftlichen Forschung und Ausbildung dienen und ist 1970 gegründet worden99. Mit ihr hat die Institutionalisierung des Faches Pädagogik an den österreichischen Universitäten vorübergehend einen fragwürdigen Höhepunkt erreicht. An der neuen „Schwerpunkthochschule“ waren vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung im Jahre 1973 für die „bildungswissenschaftlichen Grunddisziplinen“ insgesamt 23 Lehrkanzeln geplant100. Propagiert wurde „ein europäisches Zentrum für Bildungsreform“, das auf Unterrichts- und Schulforschung konzentriert ist. Tatsächlich erreicht wurde bis 1985 nur ein Höchststand von 11 pädagogischen Professuren101. Da weder die Anziehungskraft für erziehungswissenschaftliches Personal bester Qualität erreicht noch der elitäre gesamtösterreichische Forschungsauftrag erfüllt werden konnte, ist das kostspielige Unternehmen in den folgenden Jahren auf ein „Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“ durchschnittlicher Größe und Qualität reduziert worden.
97 98 99 100 101
Bd. 2, 535ff. Bd. 2, 555ff. Bd. 1, 212; Bd. 2, 557; Bd. 4, 237ff. Vgl. in diesem Band, 506f. Vgl. S. 516.
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X. Abschliessender Überblick
und
Bilanz
Nachdem die Klagenfurter Hochschule mit ihrem überspannten „bildungswissenschaftlichen“ Gründungszweck gescheitert war, ist zunächst ihre Auflösung erwogen worden. Dieser Schritt konnte nur dadurch verhindert werden, dass es gelungen ist, sie ab 1983 erfolgreich auf die Studienrichtungen „Angewandte Betriebswirtschaft“ und „Angewandte Informatik“ umzustellen. Diese Entwicklung ist 1993 durch eine Namensänderung abgeschlossen worden: aus der „Hochschule (seit 1975 „Universität“) für Bildungswissenschaften“ ist 23 Jahre nach ihrer Gründung die „Universität Klagenfurt“ geworden. Im Jahre 2004 hat sie sich den sonderbaren Namen „Alpen-Adria-Universität“ gegeben.102
2. LEHRINHALTE UND FORSCHUNG 2 a. In
der
Periode
der
„Erziehungskunde“
Zwischen 1805 und 1848 hatten ihre Professoren lediglich die Aufgabe, in die Allgemeine Pädagogik einzuführen. Dabei mussten sie sich inhaltlich in Vortrag und Prüfung an das Lehrbuch von Milde halten. Eigene Forschung wurde nicht erwartet. Eine vertiefte Behandlung von Spezialthemen war in den Vorlesungen nur begrenzt möglich. 2 a 1. Unter diesen Umständen waren die Lehrinhalte des Faches an den Hochschulen des österreichischen Kaiserstaates im Vormärz viel gleichförmiger als in anderen Ländern deutscher Sprache. Um sich von ihren Themen ein Bild zu machen, genügt Mildes „Lehrbuch der allgemeinen Erziehungskunde“. 2 a 2. Als Ergebnis pädagogischer Forschung nach damaligem Verständnis war dieses Werk eine enorme Leistung. Es war das erste System einer Praktischen Pädagogik auf breiter psychologischer Grundlage. Nach dem Zweck-Mittel-Schema1 aufgebaut hat es in klarer Spra 102 Als Relikt früherer Fehlplanungen verfügt sie noch immer auch über Standorte in Wien und Graz. Amtsblatt der „Wiener Zeitung“, 18.5.2012, Nr. 96, S. 33: Ausschreibung der Funktion des Rektors an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. 1 Über Erziehung im Lichte des Zweck-Mittel-Schemas vgl. Brezinka 1995, 218–258.
831
Lehrinhalte Kolumnentitel und Forschung
che wesentlich dazu beigetragen, in den pädagogischen Studien eine praxisnahe, kritische und realistische Sichtweise zu verbreiten. „Der Erzieher muß nicht bloß wissen, was er leisten soll, sondern er muß auch wissen, wie er es leisten kann“2. Durch sein Lehrbuch, seinen vorbildlichen Unterricht und seine wegweisenden Re formvorschläge als Gutachter ist Milde zum bedeutendsten Professor der Pädagogik geworden, den Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufzuweisen hatte.
2 b. L e h r i n h a l t e
und
Forschung
Periode „Pädagogik“
in der
d e r v o r w i e g e n d ph i l o s o ph i s c h e n
In dieser Periode zwischen 1865 und 1964 ist aus der praktischen Lehre von der Erziehungskunst schrittweise ein halbwissenschaftliches Nebenfach am Rande des fachwissenschaftlichen Studiums für das Lehramt an Mittelschulen geworden. Wie langsam die Verwissenschaftlichung der Pädagogik erfolgt ist, wird unter anderem durch das späte Einsetzen und die geringe Zahl von Habilitationen für dieses Fach beleuchtet. Die Habilitierung von Privatdozenten ist in Österreich 1848 eingeführt worden3. In den 70 Jahren bis zum Ende der Monarchie sind an den deutschsprachigen Universitäten nur vier Habilitationen für Pädagogik erfolgt. Davon entfielen drei auf Wien (1865 Theodor Vogt, 1895 Alois Höfler, 1903 Wilhelm Jerusalem) und eine auf Prag (1896 Wendelin Toischer). An der polnischsprachigen Universität Krakau sind zwei zu verzeichnen (1880 Leon Kulczyinski, 1905 Anton Karbowiak), an der Universität Lemberg ebenfalls zwei (1895 Anton Danysz, 1903 Boleslaw Mánkowski). An der Tschechischen Universität Prag waren es gleichfalls zwei (1887 Peter Durdik, 1898 Franz Drtina). Das sind in der österreichischen Hälfte der Doppelmonarchie insgesamt nur zehn Habilitationen. In der ungarischen Reichshälfte waren es sechs4.
2 Milde 1965, 32. 3 Ministerialerlass vom 19. Dezember 1848, Z.8175. RGB Nr. 37/1849; Habilitationsnorm vom 11. Februar 1888, Z.2390. RGB Nr. 19/1888. Kelle 1906, 169ff. 4 Bd. 1, 110.
832
X. Abschliessender Überblick
und
Bilanz
Von diesen 16 Privatdozenten haben 14 den Beruf des Mittelschullehrers ausgeübt.5 Relativ häufig war die Verbindung mit der Lehrbefugnis für Philosophie. Vogt hat seine 1865 erworbene Lehrbefugnis für Pädagogik 1868 um das Fach Philosophie erweitert. Moriz Kármán hat 1872 an der Universität Budapest eine Lehrbefugnis für „Pädagogik, Psychologie und Ethik“ erhalten. Höfler hat sich 1895 für „Philosophie und Pädagogik“ habilitiert. Drtina und Jerusalem hatten 1891 zunächst die Lehrbefugnis für Philosophie erworben. Der spätere Grazer Professor für Pädagogik Eduard Martinak hatte sich 1894 für Philosophie habilitiert. An der Tschechischen Universität Prag hat Ottokar Kadner 1907 die Lehrbefugnis für „Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Pädagogik“ erworben. Bei einigen dieser frühen Habilitationen ist eine Benennung der Lehrbefugnis erfolgt, die bereits auf eine Differenzierung des Faches Pädagogik in Teildisziplinen verweist: „Pädagogik und Didaktik“ (Kulczyinski 1880, Danysz 1895), „Gymnasialpädagogik“ (Durdik 1887, Mánkowski 1903), „Geschichte der Erziehung und Pädagogik“ (Karbowiak 1905), „Hygienische Pädagogik“ (Leo Burgerstein 1906 in Wien). Nach dem Untergang der Habsburger-Monarchie sind an den Philosophischen Fakultäten der Republik Österreich zwischen 1919 und 1964 in 45 Jahren insgesamt fünfzehn Habilitationen für Pädagogik und ihre Teildisziplinen erfolgt. Davon entfielen jedoch nur sechs auf das Gesamtgebiet der Pädagogik: zwei in Wien (1923 Otto Pommer, 1963 Alois Eder), zwei in Graz (1919 Otto Tumlirz, 1958 Marko Stettner) und zwei in Innsbruck (1954 Wolfgang Brezinka, 1960 Alfons Plankensteiner). Die übrigen neun verteilten sich auf folgende Spezialfächer: „Experimentelle Pädagogik und Pädagogische Psychologie“ (Wien 1919: Willibald Kammel), „Geschichte der Pädagogik“ (Wien 1921: Karl Wotke), „Pädagogik und Geschichte der Leibesübungen“ (Wien 1940: Erwin Mehl), „Pädagogik der Leibesübungen“ (Wien 1957: Hans Groll), „Philosophie und Pädagogik“ (Graz 1950: Karl Wolf), „Theorie und Geschichte der Leibeserziehung“ (Graz 1957: Josef Recla), „Philosophie mit Einschluss der Pädagogik“ (Innsbruck 1924: Richard Strohal), „Heilpädagogik“ (Innsbruck 1959: Maria Vogl), „Theorie der Leibeserziehung“ (Innsbruck 1959: Friedrich Fetz). 5 In der österreichischen Reichshälfte alle mit Ausnahme von Vogt, dem als Hauslehrer eigene Lehramtserfahrung an Schulen gefehlt hat.
Lehrinhalte Kolumnentitel und Forschung
833
Die Universitäten Wien und Graz sind also 40 Jahre ohne Habilitation für Pädagogik geblieben. An der Universität Innsbruck gab es bis 1954 keine einzige. Besser stand es nur an der für Österreich verlorenen Deutschen Universität Prag mit drei Habilitationen für das Gesamtgebiet der Pädagogik zwischen 1927 und 1934. Darunter war 1927 auch jene von Rudolf Lochner, die als erste im deutsch-österreichischen Hochschulwesen für „Erziehungswissenschaft“ erfolgt ist.6 Obwohl die personelle Versorgung des Faches Pädagogik mit Professoren und Privatdozenten in der zweiten Periode ihrer universitären Geschichte armselig geblieben ist, hat es in Lehre und Forschung gegenüber der ersten Periode relativ große Fortschritte gegeben. Die durch die Revolution von 1848 gewonnene und durch das Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867 gewährleistete akademische Lehrfreiheit7 hat von den engen Vorgaben staatlich verordneter Studienpläne und Lehrbücher befreit. 2 b 1. Pädagogische Lehrveranstaltungen an Philosophischen Fakultäten wurden bis zu den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts vorwiegend von Studierenden besucht (oder wenigstens belegt), die Mittelschullehrer werden wollten. In den Prüfungsvorschriften für das Lehramt an Mittelschulen von 1897, 1911 und 1928 sind die Studien-, Lehr- und Prüfungsanforderungen in „Pädagogik“ sehr unbestimmt gelassen worden8. Den Professoren blieb für die beiden mindestens je dreistündigen Pflichtvorlesungen über „Allgemeine Pädagogik“ („Allgemeine Erziehungs- und Unterrichtslehre“) und „Geschichte der Erziehung und der Erziehungswissenschaft“9 inhaltlich ein großer Spielraum. Diese Vorlesungen samt Prüfungen waren ihre zentrale Berufspflicht. An der Wiener Universität ist Vogt (bis 1906) thematisch nie darüber hinausgegangen.10 Auch sein Nachfolger Höfler (bis 1922) hat sich mit „Mittelschulpädagogik“ begnügt11. Erst Meister hat ab 1923
6 Bd. 2, 107ff. 7 RGB Nr. 142/1867, Artikel 17. Kommentiert bei Klecatsky/Morscher 1982, 905ff. 8 Bd. 1, 148ff. 9 Prüfungsvorschrift 1927. 10 Bd. 1, 284f. 11 Bd. 1, 324.
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X. Abschliessender Überblick
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neben den regelmäßig wiederkehrenden Standardvorlesungen auch Spezialvorlesungen über pädagogische Ideengeschichte, Schulgeschichte, Didaktik, Schulreform, ausländisches Schulwesen und Pädagogische Psychologie angeboten12. An der Grazer Universität hat Martinak bereits seit 1904 auch Spezialvorlesungen gehalten über „Didaktik des Sprachunterrichts“, „Theorie der Schülerbeurteilung“, „Leitgedanken der Schulreformbestrebungen“, „Die Aufgaben einer pädagogischen Wertlehre“ usw.13 Sein Nachfolger Tumlirz (1930–1945) hat jedoch eine Spezialisierung auf „Jugendkunde“ als Teilgebiet der Psychologie statt auf pädagogische Themen vorgezogen14. Ein relativ reichhaltiges pädagogisches Lehrangebot für ein philosophisches Doktoratsstudium mit dem Schwerpunkt Pädagogik hat es nur an der Universität Wien gegeben15. Dabei waren neben Meisters thematisch vielfältigen Seminaren16 die kinder- und jugendpsychologischen Impulse hilfreich, die bis 1938 vom benachbarten Psychologischen Institut von Karl und Charlotte Bühler und deren Schülerinnen ausgegangen sind17. 2 b 2. Wie stand es in der zweiten Periode der Fachgeschichte mit der pädagogischen Forschung? Schon der Blick auf das späte Einsetzen und die geringe Menge von Habilitationen hat gezeigt, dass die Verwissenschaftlichung der universitären Pädagogik relativ langsam und glanzlos begonnen hat. Das erweist sich auch bei den Promotionen. Die Menge, die Themen und die Qualität der Dissertationen werfen in jedem Fach Licht auf die Forschung und deren Beiträge zum Erkenntnisfortschritt. Unter diesem Gesichtspunkt verwundert es, dass seit der Einrichtung von Lehrkanzeln der Pädagogik 35 Jahre vergangen sind, ehe 1906 an der Universität Prag die erste österreichische Promotion auf Grund einer pädagogischen Dissertation erfolgt ist. An der Wiener
12 Bd. 1, 378f. und 434f. 13 Bd. 2, 160. 14 Bd. 2, 177ff. 15 Eine Ausnahme waren die vielseitigen Vorlesungsthemen des Honorarprofessors Friedrich Schneider an der Theologischen Fakultät Salzburg (1946–1953). Dort gab es jedoch weder Lehramtsstudien noch Promotionsmöglichkeit. Bd. 3, 75. 16 Bd. 1, 379f. 17 Bd. 1, 389ff.
Lehrinhalte Kolumnentitel und Forschung
835
Universität kam es dazu erst 1910, an der Grazer 1915 und an der Innsbrucker 193118. Weder Vogt in Wien noch Willmann in Prag haben in ihrer mehr als dreißigjährigen Amtszeit die neue Disziplin durch Dissertationen ihrer Studenten bereichert. Die Einbeziehung von Studierenden in die Forschung durch Bearbeitung von Dissertationsthemen kam in Wien erst ab 1910 durch Höfler in Gang. Er hat innerhalb von elf Jahren 21 Dissertationen angenommen. Ihm ist Meister gefolgt mit 75 Dissertationen zwischen 1923 und 1938 sowie weiteren 46 zwischen 1946 und 1956, insgesamt also der enorm hohen Menge von 121 pädagogischen Dissertationen. Die in der Pädagogik führende Stellung der Universitäten Wien und Graz kommt auch in den Summen der bis 1964 angenommenen pädagogischen Dissertationen je Universität zum Ausdruck: Wien: 176 Graz: 101 Innsbruck: 38 Prag (bis 1945): 13. In Österreich insgesamt sind also in der zweiten Periode der Fachgeschichte 328 Dissertationen angenommen worden. Gemessen an dieser Menge und an der Reichhaltigkeit und Praxisnähe der Themen war es eine fruchtbare Periode. Diese relativ hohe Zahl verweist auf ein fachgeschichtlich neues Phänomen. Ungefähr seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts ist neben die große Masse der Lehramtsstudenten, die sich mit dem durch die Prüfungsvorschriften für das Mittelschullehramt erzwungenen pädagogischen Minimalstudium begnügt haben, eine anfangs kleine Gruppe von Studierenden getreten, die ein vertieftes Studium der Pädagogik betreiben und mit dem Doktorat abschließen wollten. Ihr haben einige Studenten für das Lehramt an Mittelschulen im Fach „Philosophische Propädeutik“19 und ab 1933 für das Lehramt der Pädagogik an Lehrerbildungsanstalten20 angehört. Hauptsächlich aber gehörten dazu Pflichtschullehrer, Mitarbeiterinnen aus dem Fürsorgeund Sozialhilfebereich sowie Interessenten aus der Erwachsenenbildung. Sie waren großteils Abgänger von Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten, die sich erst durch eine Ergänzungsprüfung die Be-
18 Bd. 1, 135ff. – Themen und Autoren in Bd. 2, 90; Bd. 1, 321; Bd. 2, 161 und 428. 19 MCU, Erlaß vom 23. Februar 1900, Z. 5146: Lehrplan und Instructionen für den Unterricht an den Gymnasien in Österreich. Wien 1900, 18 und 267ff. 20 BMfU, Erlaß vom 16. Mai 1933, Z. 2662. Mosser/Reitterer 1934, 42f. Vgl. Bd. 1, 158ff.
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rechtigung zum Hochschulstudium erwerben mussten21. Erst durch das Auftreten dieser zumeist schon berufstätigen Personen und ihren auf Pädagogik und Psychologie konzentrierten Lerneifer ist der Aufstieg zu einem anerkannten wissenschaftlichen Studienfach möglich geworden. Neben den Inhalten der Lehrveranstaltungen spiegeln die Themen und Inhalte der Dissertationen und Habilitationsschriften am besten den jeweils erreichten Erkenntnisstand eines Faches. Ihr Studium ermöglicht konkrete Einblicke in die gelösten und ungelösten Probleme, in theoretischen Fortschritt, Stillstand oder Rückschritt einer Disziplin im Ablauf der Zeit. Im Vergleich mit dem pädagogischen Schrifttum aus der Epoche der „Erziehungskunde“ ist durch die Mitarbeit von Dissertanten bei den Pädagogikprofessoren und ihren Studierenden, in den Lehrberufen und in der pädagogisch interessierten Öffentlichkeit eine beachtliche Horizonterweiterung erfolgt. Sie betraf vor allem die Inhalte des Faches, aber auch die Forschungsmethoden. Inhaltlich ist eine Ausdehnung des Faches und seine Differenzierung in Spezialgebiete eingetreten. Was früher als „Erziehungskunde“, „Allgemeine Pädagogik“ oder „Erziehungs- und Unterrichtslehre“ vereint war, ist nach Praxisfeldern als Familienpädagogik, Kindergartenpädagogik, Schulpädagogik, Berufs-, Betriebs- und Wirtschaftspädagogik, Sozialpädagogik, Heil- oder Sonderpädagogik, Andragogik (Theorie der Erwachsenenbildung) usw. aufgegliedert worden. Historische Pädagogik, Philosophie der Erziehung, Auslandspädagogik, Vergleichende Erziehungswissenschaft, Grundschuldidaktik, Fachdidaktiken usw. haben sich relativ verselbständigt. Alle diese Teilgebiete und viele weitere sind in Dissertationen mehr oder weniger detailliert bearbeitet worden. Unter dem Sammelnamen „Gegenwartspädagogik“ sind auch die Werke zeitgenössischer Pädagogiker von Willmann und Montessori bis zu Kerschensteiner und Petersen dargestellt und bewertet worden. Forschungsmethodisch sind in dieser Periode die bis dahin vorherrschenden literaturvergleichenden und textanalytisch interpretierenden Verfahren zunehmend durch deskriptive empirische Methoden ergänzt und ersetzt worden. Dank der Vertrautheit von Höfler, Marti 21 Verordnung des Bundesministeriums für Inneres und Unterricht vom 11. April 1921, BGBl. Nr. 224, betreffend die Zulassung von Volks- und Bürgerschullehrern zu den Hochschulstudien. Bei Ermacora 1956, 164ff.
Lehrinhalte Kolumnentitel und Forschung
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nak,
Tumlirz, Meister und Strohal mit der empirischen Psychologie von Franz Brentano (1838–1917)22 überwog in den Dissertationen ihrer Schüler ein nüchterner, kritischer, realistischer Grundzug. Das durch die Dissertationen gewonnene pädagogische Wissen war reichhaltig, aber es ging mehr in die Breite als in die Tiefe. Die meisten Untersuchungen dienten einer möglichst vollständigen Sammlung und Beschreibung von pädagogischen Ideen und erziehungsrelevanten Phänomenen23, trugen jedoch wenig zu Kausalwissen bei, das erziehungspraktisch nutzbar ist. Kausalanalytische Grundlagenforschung zur Gewinnung einer „Technologie der Erziehung“ ist nur vereinzelt als Programm einer „deskriptiv-analytischen Erziehungswissenschaft“ vorgestellt, aber nicht verwirklicht worden24. Tatsächlich standen „der Entwicklung einer Erziehungswissenschaft … starke Kräfte entgegen. Es fehlt(e) noch beinahe ihr Begriff, gewiß die allgemeine Bereitschaft, in Erziehungsfragen wissenschaftlich zu denken“25. „Die Rationalisierung der Erziehung“ wurde „gerade durch die Pädagogik gefährdet“26. Beigetragen haben dazu die überwiegend fachfremde wissenschaftliche Herkunft der meisten Pädagogikprofessoren erster Generation und ihre anhaltende Neigung zu Studien in anderen Fächern statt zur Konzentration auf die wissenschaftliche Fundierung der Pädagogik. Willmann hat sich nach wegweisenden Entwürfen zu einem System der Pädagogik als empirischer Sozialwissenschaft auf Didaktik beschränkt und schließlich in die Philosophie zurückgezogen27. Auch Höfler hat Philosophie, Psychologie und die Didaktik des physikali-
22 Psychologie vom empirischen Standpunkt (1874). Zur Interpretation vgl. Benetka 2002, 191ff. Zur hohen Wertschätzung Brentanos in der Elite der österreichischen Lehrerbildner und Lehrer vgl. anlässlich seines Todes das Sonderheft der „Monatshefte für pädagogische Reform. Des Österr. Schulboten 68. Jahr“, 1918, 440–522 mit dessen Foto und Schriftenverzeichnis. 23 Vgl. als Beispiel die von Meister 1937 angenommene Dissertation von Ferdinand Birnbaum, die das Ziel hatte, „die erdrückende Fülle der heute vorliegenden Kunstgriffe der Erziehung systematisch zu inventarisieren“. Birnbaum 1950, 11. – Bd. 1, 388, 395f. 24 Martinak 1928. Vgl. Bd. 2, 167ff. 25 Bernfeld 1928, 8. Als Beleg für die begriffliche, systematische und programmatische Konfusion in dieser Epoche vgl. Meister 1946 und 1965, 42ff. Zur Kritik Bd. 1, 443ff. 26 Bernfeld 1928, 11. 27 Bd. 2, 21–48.
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X. Abschliessender Überblick
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schen Unterrichts seinem Nominalfach Pädagogik vorgezogen und sich mit schulpolitischen Stellungnahmen begnügt28. Sein Nachfolger Meister hat sich sehr um die Stärkung des Faches durch eine kulturphilosophische Begründung bemüht, ist aber infolge allzu vieler fachfremder Interessen und Nebentätigkeiten zu keinem ausgereiften Ergebnis gelangt.29 Tumlirz und Strohal haben sich mehr der Psychologie gewidmet als der pädagogischen Grundlagenforschung. Für sie alle scheint eine Konzentration auf die Pädagogik unbefriedigend gewesen zu sein. Unter diesen Umständen ist die erziehungstheoretische Qualität der Dissertationen selten über das Niveau hinausgelangt, das die begutachtenden Professoren erreicht hatten. Begünstigt durch deren geringe Zahl (ab 1918 nur je einer in Wien und Graz)30, ihr lokales Monopol und das Gebot der „Kollegialität“ hat es an Förderung durch gegenseitige Kritik und Anstöße zur Selbstkritik gefehlt. Die Vielfalt der Dissertationsthemen hätte zur Qualitätssicherung spezialisiertes Personal für Lehre und Forschung, Beratung und Prüfung erfordert. Eine Unterstützung der Lehrkanzelinhaber durch Assistenten hat jedoch damals noch gänzlich gefehlt. Der Mangel an diesen Dienstposten hat neben der zwischen praktischer Erziehungslehre und Wissenschaft schwankenden Ausrichtung des Faches wesentlich dazu beigetragen, dass Habilitationen für Pädagogik selten erfolgt sind. Dadurch ist hochqualifizierter wissenschaftlicher Nachwuchs für die Besetzung pädagogischer Lehrkanzeln jahrzehntelang ausgeblieben. Das hat sich auf Fortschritt und Ansehen des Faches nachteilig ausgewirkt. Bei derart ungünstigen Voraussetzungen war es schwer, aus der praktischen „Erziehungskunde“ des 19. Jahrhunderts eine wissenschaftliche Disziplin zu machen. Wie sah es bei den wenigen Professoren und Privatdozenten mit Forschungsbeiträgen zur Erreichung dieses Zieles aus? Welchen Wert hatten ihre Habilitationsschriften und/oder Bücher für den Aufbau und Ausbau der wissenschaftlichen Pädagogik in Österreich? Was haben sie
28 Bd. 1, 310–328; Bd. 2, 84ff. 29 Bd. 1, 372–401, 425–453. 30 Bezeichnend für deren öffentliche Bedeutung ist unter anderem, dass die seit 1930 vom BMfU als Beilage zum „Verordnungsblatt“ herausgegebene Fachzeitschrift „Österreichische Vierteljahrshefte für Erziehung und Unterricht“ „unter Mitwirkung von Eduard Martinak und Richard Meister“ erschienen ist.
Lehrinhalte Kolumnentitel und Forschung
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für „die Erhebung der Pädagogik zur Wissenschaft“31 geleistet? Trifft es zu, was Josef Lehrl 1931 behauptet hat: „Wer nach Österreich schaut, dem fällt auf, dass es keine berühmten ,Charakterköpfe‘ der Pädagogik besitzt“32? An erster Stelle ragt nach Qualität, Vielseitigkeit, Einfluss und internationalem Ansehen der Prager Professor Otto Willmann heraus.33 Sein monumentales Hauptwerk „Didaktik als Bildungslehre nach ihren Beziehungen zur Sozialforschung und zur Geschichte der Bildung“ (1882 und 1888/89) hat sechs Auflagen erreicht und ist in acht Sprachen (einschließlich Russisch und Japanisch) übersetzt worden34. Es hat einseitige individualistische und rationalistische Auffassungen vom Zweck und den Möglichkeiten der Erziehung durch den sozialen und historischen Gesichtspunkt berichtigt. Über die Didaktik hinaus war Willmann auch ein Vorläufer der Pädagogischen Soziologie, der Sozialisationsforschung und der Sozialpädagogik in der ursprünglichen weiten Bedeutung des Wortes35. Leider hat er sein Vorhaben eines Systems der empirischen Pädagogik auf sozialwissenschaftlicher Grundlage nach verheißungsvollen Ansätzen abgebrochen und sich überwiegend der christlichen Philosophie und einer „glaubensförmigen“ katholischen Pädagogik gewidmet. Diese offene Konfessionalisierung eines gerade erst mit vielen Vorbehalten eingeführten Universitätsfaches hat in akademischen Kreisen Zweifel an seiner Wissenschaftlichkeit begünstigt und trotz Willmanns verdienstvoller Beiträge zu ihm seinen Ausbau zu einer empirischen Wissenschaft gehemmt. Ähnlich wie Willmann in seinen jüngeren Jahren hat auch sein Prager Kollege an der Tschechischen Universität Gustav Adolph Lindner das Programm einer empirisch-sozialwissenschaftlichen Pädagogik verfolgt. Er hat im Anschluss an Herbart und die positivistische Soziologie von Auguste Comte (1798–1857) und Herbert Spencer (1820–1903) lebenslang daran festgehalten, ohne jedoch über das Sammeln, Ordnen und Popularisieren von vorhandenen Informationen hin-
31 Titel eines Aufsatzes von Willmann aus dem Jahre 1898. In: Willmann 1910, 67–92. 32 Lehrl 1931, 577. Über ihn Bd. 1, 462ff. 33 Bd. 2, 21–48; Brezinka 2001, 477ff. 34 Bibliographie von Bitterlich-Willmann 1967; in diesem Werk Bd. 3, 644ff. 35 Vgl. Willmann 1876 (Sämtliche Werke, Bd. 4, 1980, 248ff.) und 1912, 309ff.
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X. Abschliessender Überblick
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auszukommen.36 Durch Lehrbücher der Psychologie, Logik, Unterrichtslehre und Erziehungslehre in vielen Auflagen und neun Sprachen37 hat er viel zur internationalen Verbreitung von Herbarts Lehren beigetragen. Er war wie Willmann außerordentlich breit gebildet und ein glänzender Schriftsteller. Unter anderem hat er als Alleinautor 1882 ein „Encyklopädisches Handbuch der Erziehungskunde“ im Umfang von 1039 Seiten veröffentlicht, das ausgezeichnet orientiert hat und in vier Auflagen verbreitet worden ist. Durch seine Professur und seine tschechischen Schriften ist Lindner zum Begründer der tschechischen Pädagogik geworden. Wissenschaftstheoretisch hat er die gesamte „systematische“ Pädagogik einschließlich Pädagogischer Psychologie und Didaktik noch konventionell im Geist seiner Zeit als „Philosophische Pädagogik“ bezeichnet und von der „Praktischen“ oder „Angewandten Pädagogik“ unterschieden38. Blickt man vom Ende der Habsburger-Monarchie im Jahre 1918 zurück, dann sind in dieser kaiserlichen Epoche die relativ bedeutendsten Leistungen für die Pädagogik als Universitätsfach in Österreich von Milde, Willmann und Lindner vollbracht worden. Danach sind im republikanischen Kleinstaat auf zentralem pädagogischem Gebiet nur geringe wissenschaftliche Fortschritte und wenige international beachtete publizistische Leistungen erfolgt. Eine Ausnahme bildete nur, was Friedrich Schneider (1881–1974) zwischen 1946 und 1953 als Honorarprofessor für Pädagogik an der Theologischen Fakultät Salzburg geleistet hat.39 Sein „Institut für Vergleichende Erziehungswissenschaft“ war nach dem Zweiten Weltkrieg dank vielseitiger Lehrveranstaltungen und Publikationen das aktivste Zentrum der Pädagogik in Österreich. Dort ist 1947 sein Buch „Triebkräfte der Pädagogik der Völker“ erschienen, das als bedeutendstes Werk aus der letzten Phase der zweiten Periode der Fachgeschichte in Österreich gelten kann. Schneider war als Autor von damals schon 17 Monographien in zehn Sprachen sowie Gründer und Herausgeber der dreisprachigen „Internationalen Zeitschrift für Erziehungswissenschaft“ weltweit ge 36 37 38 1861. 39
Bd. 2, 51–67. Bd. 3, 639ff. Encyklopädie der Pädagogik. In: Lindner 1884, 225ff. im Anschluss an Stoy Bd. 3, 64–79.
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schätzt40. Er sollte in Salzburg – wie bereits Willmann zwischen 1901 und 1910 – dem Aufbau einer privaten Katholischen Universität dienen. Nach dem Scheitern dieses Vorhabens ist er als Ordinarius an die Universität München gewechselt. Das Bundesministerium für Unterricht war schon wegen seines Alters nicht imstande, ihn der österreichischen Pädagogik durch eine Lehrkanzel dauerhaft zu erhalten. Hier galt nach wie vor Richard Meister als „Altmeister der Pädagogik in Österreich“41. Er hat sich jedoch zu deren Nachteil neben der Wiener Leitprofessur seines Faches mit ihren riesigen Aufgaben und Belastungen noch einen zusätzlichen „Pflichtenkreis mit größtem Durchmesser“42 als Polyhistor, Wissenschaftsmanager und Politikberater aufgebürdet. Dadurch ist sein System einer „kulturphilosophisch fundierten Pädagogik“43 im Anschluss an die deutsche „geisteswissenschaftliche“ Erziehungsphilosophie von Theodor Litt (1880–1962) und Eduard Spranger (1882–1963) über relativ abstrakte Fragmente wenig hinausgekommen.44 Seine „Beiträge zur Theorie der Erziehung“45 machen nur etwa ein Fünftel seiner Publikationen aus und haben weder im Inland noch im Ausland zu kritischer Nutzung angeregt. Erziehungswissenschaftliche Fortschritte sind seit dem Ende der Monarchie am ehesten bei einigen Privatdozenten und bei Absolventen von Doktorats- und Lehramtsstudien in Randgebieten festzustellen. Auf dem Feld der Allgemeinen Pädagogik am bedeutendsten war der Privatdozent der Deutschen Universität Prag Rudolf Lochner (1895–1978), der dort 1927 mit dem Buch „Deskriptive Pädagogik“ als erster eine Lehrbefugnis für „Erziehungswissenschaft (theoretische Pädagogik)“ erworben hat.46 Dieses Werk war ein auf die Psychologie Franz Brentanos und breite Kenntnis der soziologischen Spezialliteratur gestützter erster Versuch, „einen deskriptiven Unterbau für ein System der Pädagogik zu geben“47. Es hat ihm 1929 den zweiten Platz 40 Davon zeugt u.a. auch die Festschrift zu seinem 80. Geburtstag mit Beiträgen prominenter Pädagogiker aus Deutschland (Spranger), Österreich (Meister, Strohal, Asperger), England (Nicholas Hans, Joseph A. Lauwerys) und den USA (George Bereday, Robert Ulich). Brezinka 1961; Brezinka 2003a. 41 Unterrichtsminister Heinrich Drimmel im Vorwort zur Festschrift zum 80. Geburtstag von Meister: Erkenntnis und Erziehung 1961, 3. 42 Drimmel a.a.O. 43 Meister 1965, 75. 44 Bd. 1, 443ff. 45 Titel zweier Aufsatzsammlungen von 1946 und 1965. 46 Bd. 1, 416ff.; Bd. 2, 107. 47 Lochner 1967, XI.
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im Berufungsvorschlag der Grazer Universität für die Nachfolge von Martinak beschert.48 1934 ist Lochner aus der Tschechoslowakei nach Deutschland abgewandert und dort zu einem Wegbereiter der Empirischen Erziehungswissenschaft geworden49, der auch internationale Beachtung gefunden hat50. Für das bis dahin vernachlässigte Spezialgebiet „Geschichte der Pädagogik“ wurde an der Wiener Universität 1921 der pensionierte Gymnasialdirektor Karl Wotke (1861–1929) habilitiert51. Er war ein klassischer Philologe, der sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ganz auf die Geschichte des österreichischen Schulwesens und der pädagogischen Ideen zwischen 1740 und 1848 konzentriert hat. Er hat unter anderem 1902 eine Monographie über „Vincenz Eduard Milde als Pädagoge“ und 1905 die erste kommentierte Quellen-Sammlung über „Das Oesterreichische Gymnasium im Zeitalter Maria Theresias“ veröffentlicht. Besondere Verdienste hat er sich als Schriftführer der „Österreichischen Gruppe“ der 1890 in Berlin gegründeten „Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte“ und als Redakteur der von ihr seit 1897 herausgegebenen „Beiträge zur Österreichischen Erziehungs- und Schulgeschichte“ erworben. Zur Teildisziplin Sonder- und Heilpädagogik hat an der Wiener Medizinischen Fakultät der 1927 für Psychiatrie habilitierte jüdische Privatdozent Rudolf Allers (1883–1963) hervorragende Beiträge geleistet. Sie haben durch Übersetzungen ins Englische und weitere fünf Fremdsprachen auch international Beachtung gefunden.52 Sein Buch „Heilerziehung bei Abwegigkeit des Charakters. Einführung, Grundlagen, Probleme und Methoden“ (1937) war ein erfahrungsgesättigtes und theoretisch scharfsinniges Meisterwerk, das sich auf die Individualpsychologie von Alfred Adler (1870–1937) sowie auf die Wiener kinderpsychologischen Forschungsergebnisse von Charlotte Bühler (1893–1974) und Hildegard Hetzer (1899–1991)53 gestützt hat. Zum Kreis jüdischer Absolventen der Wiener Universität, die wie Allers in die USA emigriert sind und ohne Habilitation als Autoren auf pädagogisch-psychologischem Gebiet Ansehen erworben haben,
48 49 50 51 52 53
Bd. 1, 417. Brezinka 1989, 41–76. Vgl. u.a. in Italien Laeng 1989, 7029–7033. Bd. 1, 352–356; Engelbrecht, Bd. 1, 1982, 40ff.; Lechner 1992, 120ff. Bd. 1, 795–802; Bd. 3, 626f. Bd. 1, 389ff.
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gehören auch Siegfried Bernfeld, Bruno Bettelheim und Fritz Redl. Siegfried Bernfeld (1892–1953) war ein Schüler von Höfler und hat 1915 mit einer Dissertation „Über den Begriff der Jugend“ promoviert54. Er ist 1925 mit dem Buch „Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung“ als scharfer Kritiker der empirisch „ahnungslosen“ „Dichtungen über Erziehung“ aufgetreten. Darin wurde statt der bisher ganz „unwissenschaftlichen Pädagogik“ eine „wissenschaftliche“ als „Tatsachenwissenschaft“ gefordert. In seiner eigenen konstruktiven Arbeit für eine „sozialistische Erziehungswissenschaft“55 durch Verbindung von Psychoanalyse und Marxismus ist Bernfeld jedoch weit hinter diesem Ideal zurückgeblieben. Bruno Bettelheim (1903–1990)56 hat 1937 mit einer Dissertation über „Das Problem des Naturschönen und die moderne Ästhetik“ promoviert, ist 1939 in die USA emigriert und hat ab 1944 als Professor für Kinder- und Jugendpsychologie und Pädagogik an der Universität Chicago gelehrt. Auf die psychotherapeutische Arbeit hatte er sich in Wien durch jahrelange Pflege eines autistischen Kindes und eine psychoanalytische Lehranalyse vorbereitet. In den USA hat er drei Jahrzehnte lang ein Heim für schwerstbehinderte Kinder und Jugendliche geleitet und Methoden der psychoanalytischen Milieutherapie erprobt und detailliert beschrieben. Seine Bücher haben ihm breite Anerkennung als psychoanalytischer Praktiker und Theoretiker der Heim- und Heilerziehung verschafft57. Fritz Redl (1902–1988)58 hat 1925 mit einer Dissertation über „Die erkenntnistheoretischen Grundlagen in der Ethik Kants“ promoviert und war Mittelschullehrer für Deutsch, Englisch und Philosophie. Daneben hat er sich nach Ausbildung zum Psychoanalytiker als Erziehungsberater betätigt und von 1934 bis 1936 die Erziehungsberatungsstellen des Wiener Volksbildungsreferates geleitet.59 Mit einem For-
54 Bd. 1, 322f.; Bruckmüller 2001, 42; W. Böhm 2005, 77f.; B. Müller 1995; ausführlich Dudek 2012 und Adam 2012. 55 Bernfeld 1925, 159ff. 56 Bd. 2, 203; Bd. 3, 617; Göppel 1995; Bruckmüller 2001, 44. 57 Siehe u.a. Liebe allein genügt nicht. Die Erziehung emotional gestörter Kinder(1970); So können sie nicht leben. Die Rehabilitation emotional gestörter Kinder (1973); Der Weg aus dem Labyrinth. Leben lernen als Therapie (1975). 58 Bd. 2, 230; Bd. 3, 620; Fatke 1995. 59 Fatke in Redl 1978, 12.
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schungsstipendium gelangte er 1936 in die USA und ist dort zum Professor für Sozialarbeit und Verhaltenswissenschaften an der Wayne State University in Detroit (Michigan) aufgestiegen. Ähnlich wie Bettelheim hat er sich auf die milieutherapeutische Arbeit mit emotional schwer gestörten Kindern spezialisiert und durch Forschungsberichte internationales Ansehen gewonnen60. Zu den Absolventen der Wiener Philosophischen Fakultät gehörten auch drei weitere in Wien geborene Gelehrte, die erst in höherem Alter zur Pädagogik gefunden haben und Professoren dieses Faches im Ausland geworden sind: Hans Schmidkunz, Stephan Strasser und Josef Derbolav. Hans Schmidkunz (1863–1934) hat in Wien Germanistik, Geschichte und bei Robert Zimmermann (1824–1898)61 und Franz Brentano (1838–1917) Philosophie studiert. 1885 ist die Promotion mit einer Dissertation über „Das Formschöne“ erfolgt. Er hat sich 1889 an der Universität München mit einer Schrift „Über die Abstraktion“ für Philosophie habilitiert, erst spät als Privatgelehrter in die Pädagogik eingearbeitet und 1920 für dieses Fach an der Universität Greifswald habilitiert. Er hat sich besonders um die „Hochschulpädagogik“ verdient gemacht62. Stephan Strasser (1905–1991) hat Germanistik und Romanistik studiert, 1933 mit einer Dissertation über „Eichendorff als Dramatiker: Versuch einer Ergänzung der bisherigen Forschung“ promoviert und bis zur Emigration im Jahre 1938 als Gymnasiallehrer gearbeitet. Seine Hauptwerke galten der Phänomenologischen Philosophie und Psychologie und sind in niederländischer, französischer, deutscher und englischer Sprache erschienen. Seit 1947 war er Professor für Philosophische Psychologie und Anthropologie an der Katholischen Universität Nijmegen (Niederlande), seit 1949 auch für Normative Pädagogik und Geschichte der Pädagogik.63 Josef Derbolav (1912–1987) hat Germanistik und Klassische Philologie studiert, 1935 mit einer Dissertation über „Die erste Faustkonzeption Goethes und die Paralipomena“ promoviert und als Mittel-
60 Redl/Wineman 1951 und 1952. 61 Bd. 1, 270f. 62 Bd. 3, 620f.; Spieler 1932, 780f.; Verzeichnis über die seit dem Jahre 1872 … approbierten Dissertationen, Bd. I, Wien 1935, Nr. 27; ausführlich Schumak 2005, Teil 1, 301–316 sowie Teil 2, 70ff. mit Quellen. 63 Bd. 2, 203 und Bd. 3, 621; Bibliografie: Monshouwer 1994.
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schullehrer für Deutsch und Latein gearbeitet. 1953 hat er sich an der Wiener Universität mit einer Schrift über „Erkenntnis und Entscheidung. Philosophie der geistigen Aneignung in ihrem Ursprung bei Platon“ für das Fach „Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Wertlehre und Ethik“ habilitiert. Von 1955 bis 1980 hat er als Professor für Pädagogik und Philosophie an der Universität Bonn gelehrt.64 Die meisten Gelehrten aus der zweiten Periode der Fachgeschichte sind erst mit Verspätung aus verschiedenen anderen wissenschaftlichen Disziplinen zu zusätzlichen pädagogischen Studien gelangt. Sie haben ihre frühen Jahre größter Lernfähigkeit mit der Vertiefung in andere Fächer verbracht und dadurch auch philosophisch, anthropologisch und wissenschaftstheoretisch unterschiedliche Ausgangspunkte gewonnen. Diese Differenzen haben in der Pädagogik das übermäßige Nebeneinander von Richtungen dauerhaft begünstigt und die Einigung über die Aufgaben des Faches und sein gemeinsames Grundwissen erschwert. Im Rückblick auf die Inhalte von Lehre und Forschung trifft auch für Österreich zu, was 1930 generell für die deutsche Pädagogik festgestellt worden ist: „Verglichen mit der Pädagogik des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die hauptsächlich unter dem Einfluß von Herbart und Ziller stand, zeigt die Gegenwartspädagogik eine viel größere Mannigfaltigkeit der Auffassungen in den grundlegenden Fragen und eine weit größere Zahl von praktischen Vorschlägen“. Ihr Anspruch auf Autonomie darf aber „nicht darüber hinwegtäuschen“, dass sie „teils in ihren Voraussetzungen und Fragestellungen, teils in ihrer Abgrenzung und Gliederung, aber auch in ihren Lösungsversuchen und Entscheidungen in starkem Maße abhängig ist von dem Zustand anderer Wissenschaften, insbesondere von philosophischen Richtungen und Disziplinen“.65 Angesichts der in dieser Periode sehr geringen Zahl von Professoren und Privatdozenten für Pädagogik an den Universitäten ist daran zu erinnern, dass die Lehre und der Fortschritt des Faches auch in Österreich keineswegs allein von ihnen abhängig gewesen ist. Es hat schon lange vor ihnen und immer neben ihnen auch eine „Pädagogik
64 65
Bd. 2, 272ff.; Bd. 3, 617 und 647. Grunwald 1930, 882f.
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der Schulmänner“66 (oder ein pädagogisches „Ämterwissen“67)gegeben. In der österreichischen Hälfte der Monarchie gab es (im Schuljahr 1903/04) 55 deutschsprachige Lehrerbildungsanstalten, 18 mit tschechischer Unterrichtssprache, 8 mit polnischer, 2 mit slowenischer, 4 mit italienischer, 4 mit serbokroatischer und 14 gemischtsprachige, insgesamt also 105 Lehrerbildungsanstalten68. In der Zweiten Republik waren es 28 Anstalten69. Es gab somit Hunderte Professoren und Lehrer der außeruniversitären Pädagogik im mittleren und niederen Schulwesen und pädagogische Spezialisten in der Schulverwaltung70. Es gab Lehrervereine mit pädagogischen Bibliotheken und Fortbildungsveranstaltungen, eine Fülle pädagogischer Zeitschriften71 und Bücher. Das pädagogische Denken, Reden und Schreiben hat sich in unzähligen Varianten bei den Unterrichts- und Erziehungspraktikern und ihren Ausbildnern abgespielt. Der spärlichen universitären Pädagogik an wenigen Universitäten stand eine unübersehbare Masse gedruckter Beiträge zur Praktischen Pädagogik von ganz verschiedenem Wert gegenüber. Die Unmenge der Themen und Ansichten, ihr Widerstreit und ihr fortwährender Wandel mussten auf Dauer lähmend und abschreckend wirken. Nur Kritik hätte helfen können, Aufklärung, Bewertung, Auswahl des Wesentlichen, Ordnung und Systematisierung des relativ wohlbegründeten Wissens. Das wäre eine Aufgabe der wenigen Professoren gewesen, die an den Universitäten für die Arbeit an der wissenschaftlichen Pädagogik freigestellt worden sind. Da sie ihre Kräfte wie ihre Kompetenz überfordert hat, ist sie unerledigt geblieben.
66 Tenorth 2004, 351ff. 67 Tenorth 2003, 123. 68 Hintner 1908, 191. Zum Pädagogikunterricht an den Lehrerbildungsanstalten vgl. Gönner 1967, 199ff. und 245ff. 69 Peter 1954, 744. 70 Hervorragend differenzierte Übersicht für das 19. Jahrhundert in Deutschland, Österreich und der Schweiz bei Beyer 1903, 375ff.; für das frühe 20. Jahrhundert neben Professoren viele Schulmänner bei Saupe 1927 und Hahn 1926/27. 71 Frankfurter 1908; Pfeffer 1954.
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2 c. L e h r i n h a l t e u n d F o r s c h u n g i n d e r P e r i o d e d e r „ E r z i e h u n g sw i ss e n s c h a f t “ Die Versäumnisse und Fehler in Lehre und Forschung, Nachwuchspflege und Stellenbesetzungen während der zweiten Periode der Fachgeschichte haben sich auf die Anfänge der um 1965 begonnenen dritten nachteilig ausgewirkt. Es haben für einen breiten und rasanten Ausbau der Pädagogik zu seriöser Erziehungswissenschaft die wichtigsten Voraussetzungen gefehlt: gefestigte erziehungstheoretische Grundlagen und kompetentes Personal für die vermehrten Dienstposten. Unter diesen Umständen ist die Periode der „Erziehungswissenschaft“ bisher weniger erfolgreich verlaufen als erhofft worden war. Das gilt für die wissenschaftliche Qualität des Faches wie für seinen erziehungspraktischen Nutzen. Der Wunsch des Unterrichtsministeriums nach „pädagogischer Tatsachenforschung durch die Universitäten“ statt bloßer „Erziehungsphilosophie“72 war lange unerfüllbar, weil die Universitäten in allen deutschsprachigen Ländern versäumt hatten, erziehungswissenschaftliche Experten auszubilden. Als nun ab 1965 die Professoren- und Assistentenstellen vermehrt wurden, war es meistens unmöglich, sie mit Spitzenkräften zu besetzen, die zum gewünschten Fortschritt von der reformbedürftigen „Pädagogik“ zur empirischen „Erziehungswissenschaft“ beitragen konnten73. Besonders nachteilig war der Mangel an fachspezifisch gut ausgebildeten promovierten Anwärtern für die Assistentenstellen. Vielfach waren die überforderten Professoren auf mäßig geeignete oder sogar fachfremde Mitarbeiter angewiesen, die sich erst in die Pädagogik einarbeiten mussten – mit dem Risiko, dass mancher nur schwache Leistungen erbringt, dennoch zur Habilitation gelangt und das Fach auf niedrigem Niveau lehrt. Im Vergleich mit gefestigten Wissenschaften sind Stellenbesetzungen in der Pädagogik mangels besserer Kandidaten häufig nur Notlösungen gewesen. Zu den Indizien für das Fehlen einer Elite im erziehungswissenschaftlichen Nachwuchs gehört unter anderem folgende Tatsache: bei den vielen Stipendiaten der seit 1993 laufenden Nachwuchsförderungspro 72 Vgl. Bd. 1, 198f. 73 Vgl. die enormen Schwierigkeiten bei der Besetzung der Lehrkanzeln in Wien (Bd. 1, 494ff.), Graz (Bd. 2, 264ff.), Innsbruck (Bd. 2, 569ff., 688ff.), Salzburg (Bd. 3, 101ff.) und Klagenfurt (Bd. 4, 237ff., 276ff., 376ff., 438ff.) zwischen 1963 und 1985.
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gramme der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sind Erziehungswissenschaftler nicht vertreten74. Angesichts der großen Menge von Studierenden, Doktoranden und Wissenschaftlichen Mitarbeitern der Pädagogik seit den Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts75 ist das ein auffallend negatives Zeichen für Qualität und Ansehen des Faches. Es beleuchtet, was in diesem Werk auch aus Berichten über leichtfertige Lehr- und Prüfungspraxis76 und aus der Analyse der Habilitationsschriften und sonstiger Publikationen des Lehrkörpers hervorgeht: die enorme Zunahme der Studierenden, die Vermehrung des Lehrpersonals und die Pläne zur „Verwissenschaftlichung“ der Pädagogik haben quantitativ viel verändert. Qualitativ haben sie jedoch weniger wirkliche Fortschritte gebracht als die Menge der universitären Pädagogiker und ihrer Aktivitäten vermuten lässt. Deren Bewertung ist allerdings viel schwieriger als die ihrer Vorgänger, weil die Lage durch hochgradige Differenzierung und Spezialisierung der Lehrgebiete, Arbeitsfelder und Fachsprachen77 sehr unübersichtlich geworden ist. 2 c 1. Bei den Lehrveranstaltungen ist eine starke Vermehrung der Menge und der Themen erfolgt. Beispielsweise hat sich an der Universität Wien die Menge von 9 pädagogischen Lehrveranstaltungen im Jahre 1965 auf 204 im Jahre 2000 erhöht78. Dazu haben überwiegend Assistenten und Lehrbeauftragte beigetragen, während der Anteil seitens der Professoren stark zurückgegangen ist. Die Großvorlesungen haben abgenommen, Kleingruppen-Veranstaltungen wie Proseminare, Seminare und Übungen erheblich zugenommen. Die auffälligste Veränderung in den erziehungswissenschaftlichen Instituten war die Spaltung der organisatorischen Zuständigkeit und des Lehrangebotes nach den unterschiedlichen Adressatengruppen der
74 Bd. 1, 220f.; Stipendien und Preise. Jahresberichte der ÖAW bis 2011 (2012); ÖAW (Hg.): 20 Jahre APART. Wien 2013 (ÖAW), 13ff. – (APART = Austrian Programme for Advanced Research and Technology). 75 Vgl. Bd. 1, 216ff. 76 Vgl. Bd. 2, 673ff.; Bd. 4, 290, 296ff., 721ff., 730ff. 77 Zur ähnlichen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1945 und 1985 vgl. Macke 1990, der sich ganz auf die Inhaltsanalyse der Dissertationen und Habilitationsschriften dieser Periode stützt. 78 Bd. 1, 529.
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Lehramts-Studierenden einerseits und der Diplom-Studierenden andererseits. Früher hat die berufliche Aufgabe aller Pädagogik-Professoren hauptsächlich in der erziehungs- und unterrichtstheoretischen Berufsvorbildung der künftigen Mittelschullehrer bestanden.79 Maßgebend für die Lehrinhalte war die „Prüfungsvorschrift für das Lehramt an Mittelschulen“80. Mit der gesetzlichen Einführung einer selbständigen Studienrichtung „Pädagogik“ als Diplomstudium im Jahre 197181 haben die Professoren, Dozenten und Assistenten der Pädagogik ein riesiges zusätzliches Arbeitsfeld gewonnen. Es war schon wegen der Beschäftigung mit Studierenden, die sich freiwillig der Pädagogik als Hauptfach widmeten, anziehender als die Arbeit mit Lehramts-Studierenden, die neben ihren frei gewählten Hauptfächern auch ein aufgezwungenes Minimum an Pädagogik studieren mussten. Dazu kam, dass den meisten jungen universitären Pädagogikern eigene Berufserfahrung in Schulen gefehlt hat.82 Generell war bei Professoren und Mitarbeitern das Interesse an „Forschung“ größer als an dem Einerlei elementarer Beiträge zur Lehrerausbildung. „Forschung“ wurde im weiten Sinne als Sammlung, Ordnung und Reflexion von Wissen verstanden, das für Erziehung wichtig sein könnte, wo immer es zu finden war. Wegen der anschwellenden Menge von Diplom-Studierenden und Doktoranden haben sich Professoren und Mitarbeiter mehrheitlich auf diese Kunden konzentriert. Die Betreuung der Lehramts-Studierenden galt als zweitrangig und wurde zunehmend einigen Spezialisten überlassen. Für die Pflege (oder Ausgliederung) der pädagogischen Seite der Lehrerausbildung wurden je nach Universität verschiedene Organisationsformen zwischen Integration und Separation eingeführt: einerseits „Abteilungen für Schulpädagogik und Lehrerbildung“ innerhalb
79 Gemäß Universitätsgesetz 2002, § 51 Abs. 2, Ziffer 4 und 5; § 54. BGBl. 2002/I, Nr. 120. 80 Zuletzt vom 17. März 1928; für die Pädagogik unverändert vom 6. August 1937. Vgl. Bd. 1, 154ff. und 165ff. 81 Bd. 1, 182ff. 82 Vgl. die Nachweise bei den habilitierten Wissenschaftlichen Mitarbeitern Bd. 1, 678; Bd. 2, 371 und 862; Bd. 3, 342 und 609; Bd. 4, 755. Von 107 für Pädagogik/ Erziehungswissenschaft Habilitierten an den Universitäten Wien, Graz, Innsbruck, Salzburg und Linz hatten nur 29 eine mindestens einjährige Berufserfahrung als Lehrer mit voller Lehrverpflichtung, dagegen 78 keine. Als Kontrast dazu Willmann 1913, 11: „So darf der Vertreter der Pädagogik auch kein Fremdling in der Praxis sein, … didaktisches Können wird“ ihm „nicht zu erlassen sein“.
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der Institute für Erziehungswissenschaft, andererseits selbständige „Institute für Lehrerinnen- und Lehrerbildung“, oder „Schools of Education“, die diese Institute von der Lehrerbildung entlastet und selbst Schulpädagogik und Schulforschung in vollem Umfang übernommen haben83. Ungeachtet verschiedener Organisationsformen der Lehrerausbildung hat das allgemeine Streben nach Verwissenschaftlichung der Pädagogik auch die Inhalte und die Fachsprache dieses Bereiches komplizierter und schwerer verständlich als notwendig gemacht. Die Ausbildung liegt nun weitgehend in den Händen von schulfremden oder der Schulpraxis entflohenen Dozenten, die als Lebensberuf nicht das Schullehramt, sondern die erziehungswissenschaftliche Arbeit gewählt haben. Sie stehen damit unter dem Leistungszwang, als spezialisierte Forscher an den Grenzen des vorhandenen Wissens Neues entdecken und im modischen Jargon ihrer Zunft publizieren zu müssen. Das verträgt sich schwer mit der Aufgabe, sich auf Praktische Schulpädagogik als Einführung in bekanntes pädagogisches Elementarwissen zu konzentrieren, das für Lehrer verständlich und nützlich ist. Wo zwischen Ausbildung zum Erziehungs- oder Schulforscher und der Lehrerausbildung nicht klar unterschieden wird, werden die Lehramts-Studierenden mit viel zu viel nutzlosem Wissen überlastet auf Kosten der Einübung von erziehungspraktischem Können.84 Im Lehramtsstudium bleibt für die Pädagogik unter dem Druck der Fachwissenschaften relativ wenig Zeit. Das zwingt bei ihrer Lehre zu strenger Auswahl, Konzentration und Vereinfachung. Im Diplom-, Magister- und Doktoratsstudium gab es dagegen für Lehrende wie Studierende viel mehr Spielraum für thematische Ausweitung wie für Vertiefung und Verengung bis zur Überspezialisierung. Bei der Einrichtung und fachlichen Widmung zusätzlicher pädagogischer Lehrkanzeln ist man in Österreich – abgesehen vom Sonderfall der Klagenfurter „Hochschule für Bildungswissenschaften“ zwischen 1970 und 198085 – sehr sparsam vorgegangen. An allen Philosophischen Fakultäten wurde zur Grundausstattung der Lehrkanzel für „Allge-
83 Seit 1997 an der Universität Innsbruck als „Institut für Lehrer/innenbildung und Schulforschung“ (Bd. 2, 868ff.); seit 1999 an der Universität Salzburg als „Institut für Lehrerinnen- und Lehrerbildung“ in einem „Interfakultären Fachbereich Fachdidaktik-Lehrerinnenbildung“ (Bd. 3, 346ff.). 84 Vgl. Brezinka 2003, 170ff. und 2012. 85 Bd. 4, 237ff.
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meine Pädagogik“ nur eine Lehrkanzel für „Schulpädagogik“ hinzugefügt. Weitere Spezialdisziplinen haben nur vereinzelt Lehrkanzeln erhalten: „Erwachsenenbildung und Außerschulische Erziehung“ 1968 in Wien, „Erwachsenenbildung“ 1982 in Graz, „Allgemeine Didaktik und Unterrichtsforschung“ 1972 in Wien, „Sonder- und Heilpädagogik“ 1996 in Wien, „Feministische Pädagogik“ 1996 in Innsbruck. Diese im internationalen Vergleich auffällige Zurückhaltung bei der Versorgung der Universitäten mit Lehrkanzeln für pädagogische Spezialdisziplinen hing zunächst mit dem kostspieligen Aufbau der „bildungswissenschaftlichen“ Spezialhochschule in Klagenfurt zusammen. Von ihr wurde erwartet, dass sie in allen wesentlichen Teildisziplinen der Pädagogik zu einem elitären gesamtösterreichischen Zentrum wird, das übermäßigen Ausbau des Faches an anderen Universitätsstandorten unnötig macht. Tatsächlich ist es dort jedoch bis 1985 (neben der normalen Ausstattung mit „Allgemeiner Erziehungswissenschaft“ und „Schulpädagogik“) nur zu speziellen Lehrkanzeln für „Unterrichtswissenschaft“, „Unterrichtstechnologie“, „Hochschuldidaktik“, „Lehrplanforschung“, „Didaktik der Philosophie“, „Bildungsökonomie“, „Bildungssoziologie“, „Pädagogische Psychologie“, „Lebens- und Erziehungsberatung“, „Mediendidaktik“, „Didaktik der Lehrerfortbildung“ und „Didaktik der Weiterbildung“ gekommen. Gefehlt haben Lehrkanzeln für Philosophie der Erziehung, Historische Pädagogik, Sozialpädagogik, Heilpädagogik und Berufspädagogik. Generell haben sich die Teildisziplinen der Pädagogik als Lehrgebiete schneller vermehrt als spezielle Professuren für sie zu errichten in jedem Fall und an jeder Universität ratsam und möglich gewesen ist. Manche sind vorläufig oder dauerhaft durch Dozenten oder Assistenten betreut worden. Deren Aufwertung zu Leitern von Abteilungen oder Arbeitsgruppen hat die Einsparung von Professuren ermöglicht. So ging die Menge der mehr oder weniger kompetent gelehrten Spezialfächer zunehmend häufiger über die Zahl und Widmung der Lehrkanzeln hinaus. Ohne Bindung einer Teildisziplin an eine „Lehrkanzel“ oder „Professur“ ist allerdings ihr wissenschaftliches Gewicht schwerer erkennbar geworden. Mit dem Bedeutungsrückgang des pädagogischen Begleitstudiums der Lehramts-Studierenden, das eng begrenzt und relativ eindeutig normiert war, und der Zunahme der Diplom- und Doktoratsstudien haben auch die Unterschiede zwischen den erziehungswissenschaftlichen Instituten der Universitäten zugenommen.
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Beispielsweise gab es in Salzburg ab 2004 weder ein Institut noch Abteilungen, sondern nur noch einen „Fachbereich Erziehungswissenschaft und Kultursoziologie“ mit einer „Abteilung Erziehungswissenschaft“ ohne fachliche Untergliederung mit vier Professuren ohne spezifische Fachangabe86. In Graz dagegen bestand ein „Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaften“ mit fünf Abteilungen (Allgemeine Pädagogik; Schulpädagogik und Lehrerinnenbildung; Sozialpädagogik; Weiterbildung; Integrationspädagogik und Heilpädagogische Psychologie)87. In Klagenfurt gab es zur gleichen Zeit ein „Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung“88 mit fünf Abteilungen für „Historische und Vergleichende Pädagogik“, „Integrationspädagogik und soziales Umfeld“, „Interkulturelle Bildung“, „Schulpädagogik“ und „Sozialpädagogik“, jedoch keine für „Allgemeine Pädagogik“89. An der Universität Wien ist das „Institut für Erziehungswissenschaften“ 2005 in „Institut für Bildungswissenschaft“ umbenannt worden90. Es wurde in folgende fünf Abteilungen gegliedert: „Theorie und Empirie der Bildung und Erziehung“, „Schule, Bildung und Gesellschaft“, „Bildung, Biographie und Medien“, „Lehren und Lernen im schulischen Kontext“, „Bildung und Entwicklung“91. Das waren nicht mehr als vage Hinweise statt eindeutige Begriffe zur Kennzeichnung und Unterscheidung von Teildisziplinen. An der Innsbrucker Universität ist das „Institut für Erziehungswissenschaft“ in folgende „Lehr- und Forschungsbereiche“ gegliedert worden: „Allgemeine Erziehungswissenschaft“, „Erziehungswissenschaft der Generationen“, „Inklusive Pädagogik und Disability Studies“, „Kritische Geschlechterwissenschaft“, „Migration und Bildung“92. Im „Mission Statement“ des Instituts wurde mitgeteilt, dass
86 Universität Salzburg: Handbuch WS 2006/07, 69f.; Bd. 3, 358. 87 Universität Graz: Personalstand WS 2003/04, 102f.; Bd. 2, 376f. 88 Zur „Bildungsforschung“ als Programm vgl. H. Roth/Friedrich 1975, 23ff.; zur Bilanz Fend 1990 und 2010; kritisch zu diesem unklaren „Ausgleichterminus“ Saldern 2010, 311ff. 89 Universität Klagenfurt: Lehrangebot, Personalstand WS 2001/02, 86f.; Bd. 4, 90 Ohne Veröffentlichung dieses Beschlusses im Mitteilungsblatt der Universität. 91 http://bildungswissenschaft.univie.ac.at/biwi/institut/abteilungen-und-arbeitsbereiche/ (5.7.2012). 92 http://www.uibk.ac.at/iezw/institut/ (5.7.2012).
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die Erziehungswissenschaft in den Bildungswissenschaften „verortet“ sei. „Dabei wird die Historizität des Menschlichen, des Imaginären und des Körpers bewusst, der als sinnlichleibliches Fundament alles Wahrnehmen, Begreifen, Erinnern und Denken begründet. Darüber hinaus wird deutlich, dass Bildung einen Vermittlungs- und Übersetzungsprozess darstellt …“93. Diese Beispiele beleuchten, wie sehr die terminologische Verwirrung und die systematische Unordnung in der Pädagogik zugenommen haben. Ein Fach, das in der Selbstdarstellung seiner universitären Repräsentanten im gleichen Kleinstaat zu gleicher Zeit hier „Erziehungswissenschaft“, dort „Bildungswissenschaft“ und anderswo „Erziehungs- und Bildungswissenschaften“ (im Plural!) genannt wird und die Gegenstände seiner Teilfächer im Unklaren lässt, weckt Zweifel an seiner wissenschaftlichen Qualität in Forschung wie Lehre. Für die Lehre waren die Studienpläne maßgebend, die die Studienkommission jedes Instituts auf der Basis der ministeriellen „Studienordnung für die Studienrichtung Pädagogik“ von 1973 nach örtlichem Interesse und Bedarf auszuarbeiten hatte94. Sie haben Spielraum für „Studienschwerpunkte“ gelassen und sind von Universität zu Universität verschieden ausgefallen.95 Dabei haben die ideologischen und kulturpolitischen Leitideen der Mitglieder der beschließenden Gremien ebenso mitgespielt wie der egalitäre „Zeitgeist“ und die rasch wechselnden fachlichen Moden. So hat sich jener hochfliegend verschwommene und deutsch-englisch gemischte Sprachstil eingebürgert, der viele Texte zu krassen Beispielen sprachlicher Unbildung macht. Eines von vielen ist folgender Satz aus dem „Mission Statement“ über „das inhaltliche Profil“ des Innsbrucker Instituts. Im Zusammenhang mit dem Bildungsziel, „in einer würdevollen Weise handlungsfähig zu sein“, heißt es dort: „Der Begriff der Handlungsfähigkeit wird als offener Begriff auf Verhältnisse bezogen, für die Konzepte und Diskurse über disability, gender, generation, culture, aber auch race, class und body konstitutiv sind.“96 Die Studienpläne und erst recht die Themen der Lehrveranstaltungen und Prüfungsarbeiten zeigen im interuniversitären Vergleich so große
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Ebenda, institut.html Bd. 1, 182ff. Beispiele in Bd. 1, 185ff., Bd. 2, 658ff.; Bd. 3, 184ff. und 352ff. Siehe Fußnote 92.
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inhaltliche Unterschiede im Erscheinungsbild der Pädagogik, dass Zweifel aufkommen, ob es sich in den verschiedenen Instituten für Erziehungswissenschaft und/oder „Bildungswissenschaft“ um ein und dasselbe Fach handelt. Die Konzentration auf die Kernthemen der Erziehungs- und Unterrichtstheorie scheint am meisten in Salzburg und am wenigsten in Innsbruck erfolgt zu sein. Generell ist eine starke Ausweitung des Lehrbetriebs über den traditionellen Lehrkanon der Pädagogik hinaus festzustellen. Diese Horizonterweiterung war in vieler Hinsicht ein Gewinn. Sie hat aber auch die Unsicherheit über die eigentümlichen Aufgaben und Inhalte des Faches gesteigert. Im Extremfall wurde behauptet, dass es einen Kanon von Grundkenntnissen der Pädagogik oder eine „Systematik“ des Faches gar nicht gebe. Deshalb wurde eine „(post)moderne Erziehungswissenschaft“ angeboten. 1997 hieß es darüber im Programm der Innsbrucker Studienkommission Pädagogik: „Die Erziehungswissenschaften an der Universität Innsbruck präsentieren sich heute mehr als ein sozial- und kulturwissenschaftliches Studium mit pädagogischen Bezügen denn als reines Pädagogikstudium“97. Damit ist die Konzentration auf den Gegenstand der Erziehungswissenschaft, der nur ihr zukommt, verloren gegangen. Statt dessen ist sie unter dem Schlagwort „Interdisziplinarität“ kritiklos für vielerlei Inhalte anderer Fächer geöffnet worden, ohne sie erziehungstheoretisch integrieren zu können. Sie ist von vielen ihrer Vertreter zu einer Universalwissenschaft von der Ontogenese (d.h. vom Werden bzw. der persönlichen Entwicklung) der Menschen unter den Einflüssen von Gesellschaft und Kultur aufgeblasen und umdefiniert worden. Als solche hat sie mehr mit Historischer Anthropologie, Sozialisation und Enkulturation, Generationen- und Geschlechterverhältnissen zu tun als mit Erziehung. Im Innsbrucker Studienplan von 2001 ist die Erziehungswissenschaft direkt zur „Generationswissenschaft“ umdefiniert worden. In den Lehrveranstaltungen „sollen neben einer grundsätzlich gesellschaftskritischen Orientierung die Perspektiven historischer Bedingtheit und Entwicklung, der Geschlechterverhältnisse und des kulturell wie individuell Unbewußten besonders herausgearbeitet werden“.98 Weniger einseitig sind „Kritische Geschlechter- und Sozialforschung“, feministische Studien sowie die psychoanalytische Interpretation von
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Bd. 2, 659ff. Bd. 2, 662.
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Mensch, Gesellschaft und Kultur auch in anderen erziehungswissenschaftlichen Instituten bevorzugte Lehrgebiete geworden. Neben der grenzenlos beliebigen Ausweitung der Inhalte des Faches zu einer „Hermeneutik des Menschen Möglichen“99 wurde in einigen Instituten auch forschungsmethodisch die Regellosigkeit auf die Spitze getrieben. Als Beispiel aus der „Eigendarstellung“ der einflussreichen Wiener „Abteilung für Theoretische und Systematische Pädagogik“100 von 1999 sei folgende Mitteilung über deren „Selbstverständnis“ zitiert: „In der ihr eigenen Praxis“ verstehe sie „sich als Theorieproduktion wie auch als Theoriedestruktion …. Ihr Medium ist zumeist das Experiment, das Gedankenexperiment: Es könnte alles auch ganz anders sein als der pädagogische Common sense es sich vorstellt. Ihre Methode ist meist contraintuitiv. Dadurch eröffnet sie Spiel- und Einzugsräume für das Neue und Kreative. Das Leitbild und Motto für die ,Theoretische Pädagogik‘ ist demnach das von Th. W. Adorno ,Ohne Leitbild‘! Die theoretische Arbeit wie die Lehre der Abteilung kann daher nur in Form der Paradoxie beschrieben werden: Als Kritik, Destruktion von Leitbildern der pädagogischen Praxis, des pädagogischen Zeitgeistes wie auch als versuchsweise Konstruktion neuer pädagogischer Denkbilder“. 2 c 2. Aus dem vorstehenden Bericht über Lehrkanzeln, Studienpläne und Thematik der Lehrveranstaltungen sind auch Hinweise auf Veränderungen bei den Programmen und Themen der Forschung zu entnehmen. Wie bei der Lehre ist auch hier die starke Differenzierung des Faches in relativ selbständige Teilfächer erkennbar. Sie ist verbunden mit hoher Spezialisierung der Themen und häufigen Streifzügen in Nachbarfächer. Wie in der zweiten Periode der Fachgeschichte hat sich die pädagogische Forschung auch in der dritten ab 1965 hauptsächlich bei der Arbeit an Dissertationen vollzogen. Deren Gesamtmenge hat sich im Vergleich zur zweiten Periode (mit 328 Dissertationen) vervielfacht. Sie ist bis zum Jahre 2010 auf 1.623 Exemplare angestiegen (ohne die Sonderfälle Religions-, Sport- und Wirtschaftspädagogik)101. Bei ihrer Verteilung auf die Universitäten ergibt sich folgende Reihung: 99 Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Innsbruck 1997, 26. 100 Leitung: Prof. Ines Breinbauer. Bd. 1, 536. 101 Die folgenden Zahlen wurden vom Verfasser nach den jährlich in der ZfP veröffentlichten Meldungen der universitären Institute des Faches errechnet. In den wenigen Fällen unterlassener Meldungen wurden sie aus Forschungsberichten
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Wien: 592 Innsbruck: 314 Graz: 260 Klagenfurt: 230 Salzburg: 192 Linz: 19 Wirtschaftsuniversität Wien (nur Allgemeine Pädagogik): 16 Gesamtösterreichisch gab es folgende Verteilung auf jene Professoren, die mindestens 20 Dissertationen angenommen haben und erste Gutachter sowie (nominell) Betreuer waren: Marian Heitger (Wien) 124 Karl Wolf (Graz, Salzburg, Wien) 95 Helmwart Hierdeis (Innsbruck) 75 Richard Olechowski (Salzburg, Wien) 69 Rudolf Gönner (Salzburg) 61 Ulrich Schöndorfer (Wien) 57 Rudolf Weiss (Innsbruck) 54 Alois Eder (Wien, Graz, WU Wien) 53 Helmut Seel (Graz) 51 Karl Garnitschnig (Wien) 51 Friedrich Oswald (Wien) 49 Walter Schöler (WU Wien, Klagenfurt) 39 Adolf Melezinek (Klagenfurt) 39 Ilsedore Wieser (Innsbruck) 35 Werner Schwendenwein (Wien) 31 Günter Hanisch (Wien) 31 Peter Gstettner (Innsbruck, Klagenfurt) 29 Bernhard Rathmayr (Innsbruck) 29 Michael Schratz (Innsbruck) 28 Werner Lenz (Graz) 28 Dietmar Larcher (Innsbruck, Klagenfurt) 26 Alfred Schirlbauer (Wien) 23. Rein quantitativ scheint die Menge von 1.623 Dissertationen aus 47 Jahren zu belegen, dass die wissenschaftliche Pädagogik an den österreichischen Universitäten große Fortschritte gemacht hat. Nach Qualitäts-Maßstäben lässt sich das jedoch nicht generell bestätigen, son-
und Archivmaterial ergänzt oder korrigiert. Unberücksichtigt blieben fachfremde Titel in Fällen, in denen der Hauptgutachter kein Pädagogiker war. Als Folge ungenauer Meldungen und unklarer fachlicher Zuordnungen kann es zu geringfügig abweichenden Angaben kommen. Vgl. hierzu Kauder 2012. Nach seinen Berechnungen sind in Österreich zwischen 1945 und 2009 „netto“ 2.004 Promotionen in Pädagogik erfolgt, in Deutschland 11.228 und in der Schweiz 856 (S. 735).
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dern höchstens bezogen auf relativ wenige hervorragende Leistungen. Tatsächlich haben pädagogische Dissertationen nur selten zu Ergebnissen geführt, die bedeutend genug waren, den wissenschaftlichen Kernbestand des Faches durch Erkenntnisfortschritte zu bereichern. Vieles, was „Forschung“ genannt wurde, ist für den theoretischen Fortschritt unfruchtbar oder belanglos geblieben. Es hat nur dem Erwerb des Doktorgrades gedient, aber nicht der Förderung des Faches. Dabei hat mitgespielt, dass „die Pädagogik … als das leichteste Fach galt“ und das Doktorat „bei den Pädagogen mit dem geringsten Aufwand zu haben sei“102. So wie es strenge und verschwommene Begriffe von „Wissenschaft“ gibt, trifft das auch für „Forschung“ zu. In verschwommener oder vager Bedeutung gilt alles, was an Universitäten gelehrt wird, als „Wissenschaft“ und jede Arbeit an Publikationen als „Forschung“. Ihr Wert kann nur von Fall zu Fall geprüft werden. Da niemand alle oder wenigstens genügend viele Dissertationen prüfen kann und verschiedene Wertmaßstäbe angelegt werden können, sind verallgemeinernden Aussagen enge Grenzen gesetzt. Es sind nur Stichproben in geringer Menge durchführbar, die möglichst repräsentativ oder typisch für bestimmte Institute, Abteilungen, Teilfächer und Gutachter einer Epoche sein sollten. Unter diesem Vorbehalt fällt auf, dass bei den Gutachtern relativ häufig ein umgekehrtes Verhältnis zwischen einer großen Menge angenommener Dissertationen und geringer eigener wissenschaftlicher Produktivität bestanden hat. Das scheint nicht immer nur an Überlastung durch Lehre, Prüfungen und Verwaltung gelegen zu haben. Längerfristige Programme thematisch koordinierter Forschung durch Dissertanten sind nicht bekannt. Ansätze dazu gab es am ehesten in der Schul- und Unterrichtsforschung bei Olechowski in Wien103 und bei Thonhauser in Salzburg104, in der Berufspädagogik bei Schwendenwein in Wien105, in der Theorie der Erwachsenenbildung/Weiterbildung bei Lenz in Graz106, in der Unterrichtstechnologie bei Melezinek
102 Adam 2011, 194 über die Verhältnisse an der Universität Salzburg unter Professor Rudolf Gönner um 1970/75. Vgl. Bd. 3, 139ff. 103 Bd. 1, 607ff.; Olechowski 2010, 310ff. 104 Bd. 3, 207f.; Olechowski 2010, 312ff. 105 Bd. 1, 625f. 106 Bd. 2, 340f.
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in Klagenfurt107 und in der „Zweitsprach-Didaktik“ bei Larcher in Innsbruck und Klagenfurt108. Im Ganzen haben die Arbeitsbereiche der Dissertanten, die Vielfalt der Themen und deren Spezialisierung stark zugenommen. Sie haben sich mehrheitlich vom Kern der Allgemeinen Pädagogik in Teildisziplinen oder Randgebiete des Faches verlagert. Wie in manchen Forschungsschwerpunkten109, Studienplänen und Lehrveranstaltungen sind auch bei einigen Dissertationen die Grenzen zu fremden Fächern weit überschritten worden. Die trügerische Annahme und Veröffentlichung derartiger Studien als Beiträge zur Pädagogik oder Erziehungswissenschaft hat nicht nur deren Ansehen geschadet, sondern auch potentiellen Arbeitgebern des Autors, wenn sie fälschlich als Nachweis erziehungswissenschaftlicher Qualifikation eingeschätzt worden sind. Dazu folgende Beispiele für wissenschaftlichen Etikettenschwindel: Innsbruck 1988: „Vom Klettern zum Schreiben – ein Versuch, sich zur Gänze zu verwenden. Monographie einer Dissertationsgeschichte als erzählte Wissenschaft“. Gutachterin: Ilsedore Wieser; Innsbruck 2001: „Die Brüste der Frauen – ein Symbol des Lebens oder des Todes?“ Gutachter: Hans Jörg Walter; Innsbruck 2002: „Eine Frage des Geschmacks. Essen als existentielle Erfahrung menschlichen Weltbezugs“. Gutachter: Bernhard Rathmayr; Innsbruck 2002: „Spätantike Traumdeutung unter besonderer Berücksichtigung der Symbolauslegung“. Gutachter: Helmwart Hierdeis; Innsbruck 2004: „Tourismus und Gastfreundschaft. Die Bedeutung immaterieller Dienstleistungen für den Tourismus“. Gutachter: Peter Stöger; Klagenfurt 1992: „Erzogene Natur. Über die Symbiose von Natur- und Humanwissenschaft“. Gutachter: Erik Adam; Klagenfurt 1994: „Madonna oder Der Riss der Geschlechter im ontologischen Abhang“. Gutachter: Erik Adam;
107 Bd. 4, 320f. 108 Bd. 4, 605f. 109 Vgl. die gesamtösterreichische Übersicht schwerpunktmäßiger Forschungsbereiche 1998–2003 bei Thonhauser 2004, 195ff.
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Klagenfurt 1998: „Lehar und die Frauen. Versuch eines Vergleiches der Frauen im Leben und in den Werken Franz Lehars mit zeitgenössischen Idealfrauenbildern“. Gutachter: Erik Adam; Salzburg 2008: „Hiphop als subversive Kraft. Hiphop in Deutschland und Österreich zwischen Aufbegehren gegen die Definitionsgewalt der dominierenden Gesellschaftsfraktion und Mainstream-Kultur. Zur Dynamik von Machtverhältnissen“. Gutachter: Edgar Forster. Vom Sonderfall des Innsbrucker Instituts110 seit etwa 1980 abgesehen sind derartige Dissertations-Themen Ausnahmen gewesen. Sie zeugen jedoch von fachlicher Desorientierung, mangelnder Selbstkontrolle der Fachvertreter und Konfliktscheu der Aufsichtsorgane. Noch mehr Gewicht für das Leistungsniveau des Faches als den Dissertationen kommt den Habilitationsschriften zu. Insgesamt sind in Österreich in den 45 Jahren zwischen 1965 und 2010 im Fach Pädagogik/Erziehungswissenschaft 120 Habilitationen erfolgt. Dabei sind die Spezialfächer Religions-, Sport- und Wirtschaftspädagogik nicht berücksichtigt. Das ist eine rund neunfache Steigerung gegenüber der hundertjährigen Periode zwischen 1865 und 1964 mit insgesamt 14 Habilitationen.111 Bei der Verteilung auf die Universitäten ergibt sich folgende Reihung: Klagenfurt: 36 Innsbruck: 24 Wien: 22 Graz: 15 Salzburg: 15 Linz (nur Allgemeine Pädagogik): 5 Wirtschaftsuniversität Wien (nur Allgemeine Pädagogik): 3 Ähnlich wie bei den Dissertationen gab es auch bei den pädagogischen Habilitationsschriften einige erstaunlich fachfremde Themen. Diese Fälle wiegen besonders schwer, weil mit der Habilitation die Lehrbefugnis für Erziehungswissenschaft erworben und der berufliche Aufstieg zum Professor dieses Faches ermöglicht wurde, ohne die fachspezifische wissenschaftliche Eignung nachgewiesen zu haben. Dazu folgende Beispiele: Peter Stöger: „Personalisation bei Igor Caruso unter besonderer Berücksichtigung der Aspekte Entfremdung und Kultur“. Universität Innsbruck 1985112; 110 Weitere Beispiele in Bd. 2, 671f. 111 Ohne das Spezialfach „Hygienische Pädagogik“ (Wien 1906) und ohne drei Habilitationen an der Deutschen Universität Prag zwischen 1919 und 1934. 112 Bd. 2, 777f.
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Helga Peskoller: „BergDenken. Kulturschichten der fremden Höhe“. Universität Innsbruck 1996113; Edgar J. Forster: „Melancholie, ,Geschlecht‘, Verausgabung“. Universität Innsbruck 1997114; Edith Seifert: „Der rätselhafte Sprung. Körper und Psyche in der Freudschen Metapsychologie im Verhältnis zur aktuellen Neurowissenschaft“. Universität Innsbruck 2006115; Gertraud Diem-Wille: „Karrierefrauen und Karrieremänner. Eine psychoanalytisch orientierte Untersuchung ihrer Lebensgeschichte und Familiendynamik“. Universität Klagenfurt 1989116; Renate Buchmayr: „Dem Logos zum Trotz. Identitätskonstruktion im Spannungsfeld von Wissenschaft, Mythos und Marketing“. Universität Klagenfurt 1999117. Nach den Hinweisen auf Forschung im Spiegel von Dissertationen und Habilitationsschriften noch ein Blick auf die Publikationen der Professoren in der um 1965 begonnenen dritten Periode der Fachgeschichte. Sie betreffen fast ausschließlich Spezialgebiete, wie es der Differenzierung des Faches entspricht und sich auch in den Schriften ihrer Mitarbeiter und Studierenden zeigt. Sogar auf Dienstposten, die nominell der Allgemeinen oder Systematischen Pädagogik gewidmet waren und sind, ist wenig zu den Grundlagen des Faches veröffentlicht worden. Die begriffliche und inhaltliche Systematisierung des erziehungstheoretisch bedeutsamen Wissens nach logischen und erziehungspraktischen Gesichtspunkten ist ausgeblieben und wurde als Berufsaufgabe der Pädagogiker kaum mehr gesehen. Das ist für ein Fach, das inhaltlich seit jeher stark auf Wissen aus anderen Fächern angewiesen ist, ein fundamentaler Mangel. Die traditionelle Nutzung von Philosophie, Psychologie, Historiographie, Physiologie, Hygiene und Psychiatrie ist durch eine weite Öffnung für Wissenselemente aus den Sozial- und Kulturwissenschaften, aus Ökonomie und Statistik ergänzt worden. Da die Subjekte und Objekte jeder Erziehung Menschen sind, die in Gruppen leben und auf Kulturgüter angewiesen sind, gibt es natürlich zahllose Bestandteile der Welt, die Einflüsse ausüben und für Praxis und Theorie der Erzie
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Bd. 2, 839ff. Bd. 2, 845f. ZfP 53 (2007), 431. Bd. 4, 689f. Bd. 4, 721.
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hung bedenkenswert erscheinen können118. Beflügelt durch das Ideal interdisziplinärer Forschung hat das Interesse für Grenz- und Randfragen auf Kosten der Arbeit an den zentralen deskriptiven, normativen und erziehungstechnischen Problemen der Pädagogik zugenommen. So ist international in der pädagogischen Fachliteratur eine riesige Menge sehr spezieller Texte von Spezialisten für Spezialisten in vielerlei Spezialterminologien entstanden, die kein Mensch mehr als Ganzes überblicken, verstehen, kompetent bewerten und ordnen kann. Folglich hat sich seither auch in Österreich niemand mehr an eine Auswahl und Integration des wesentlichen Wissens zu einem System der Erziehungswissenschaft gewagt. Es sind höchstens begrenzte „Beiträge“119 dazu erschienen, die veralten, bevor das angesteuerte Ganze sichtbar wird. So hat die Zerstückelung des Wissens auch in Studienplänen, Lehre und Forschung immer mehr zugenommen120 und die Orientierung über die Inhalte der Pädagogik in ihrer Gesamtheit gelitten. Statt übersichtlicher „Systeme“ gibt es nur umfangreiche „Handbücher“, in denen Spezialistengruppen das Spezialwissen aus pädagogischen Teildisziplinen in erdrückender Menge mehr oder weniger durchstrukturiert zusammengetragen haben. Österreicher waren an diesen verdienstvollen Sammelwerken allerdings kaum beteiligt.121 Das hat sich erst in jüngster Zeit gebessert122.
118 Vgl. z.B. F. Schneider 1947 über Volkscharakter, geographischen Raum, Kultur, Geschichte, Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, soziale Schichtung usw. als „gestaltende Faktoren der Pädagogik der Völker“ (39), wobei mit „Pädagogik“ hier verworren das Erziehungswesen und/oder Erziehungstheorien gemeint waren. 119 Vgl. u.a. Brezinka 1995. 120 Bd. 1, 182ff.; Bd. 2, 658ff.; Bd. 3, 184ff. 121 Am repräsentativen Band von Leo Roth „Pädagogik. Handbuch für Studium und Praxis“ (1991) im Umfang von 1157 Seiten hat unter 88 Autoren als einziger österreichischer Pädagogiker Volker Krumm mitgearbeitet. Als Psychologen aus Österreich waren Brigitte Rollett (Wien) und Erwin Roth (Salzburg) beteiligt. Beim „Historischen Wörterbuch der Pädagogik“ von Benner/Oelkers 2004 im Umfang von 1127 Seiten fehlen österreichische Autoren gänzlich. 122 Am 2011 von Terhart/Bennewitz/Rothland herausgegebenen „Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf“ im Umfang von 825 Seiten waren von 56 Autoren 4 Österreicher beteiligt: Herbert Altrichter (Linz), Tina Hascher (Salzburg), Johannes Mayr (Klagenfurt) und Georg Hans Neuweg (Linz). Für den Fortschritt empirischer pädagogischer Forschung an den Universitäten der deutschen Schweiz ist die Mitarbeit von 11 Schweizer Autoren ein Indiz.
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Vermutlich ist bei dieser Sachlage ein theoretisch homogenes enzyklopädisches System der Erziehungswissenschaft als rein erfahrungswissenschaftlicher Disziplin unmöglich. Das liegt vor allem an der Überfülle erziehungsrelevanter Informationen mit unterschiedlichem Erkenntniswert in speziellen Fachsprachen aus vielerlei Forschungsbereichen. Es liegt aber auch daran, dass aus beschreibenden Sätzen über real Seiendes keine Wertungsgrundsätze und Sollensnormen gewonnen werden können123, auf die pädagogische Systembildung angewiesen ist. „Die Beschränkung des Kompetenzbereiches der Wissenschaft auf deskriptive Aussagen ist der Preis, der für ihre Objektivität im Sinne der intersubjektiven Überprüfbarkeit und Prüfung zu bezahlen ist“124. Ein wirklichkeitsnahes System der Pädagogik, das Lehrern und anderen Erziehern zur Kenntnis ihrer Aufgaben und zu einer klaren Übersicht ihres Arbeitsfeldes verhelfen soll, ist aber nur möglich, wenn es auf Wertungen, Entscheidungen und Normen beruht, die Auswahl und Ordnung des für die Erziehungspraxis wesentlichen Wissens aus der Unmenge des Wissbaren erlauben. Es kann nur ein System der Praktischen Pädagogik sein125, das auf einen bestimmten historischen Lebensraum, „Kulturraum“ oder eine bestimmte „Sozialwelt“ zugeschnitten und begrenzt ist126. „In ihrer Tendenz geht sie nicht auf Forschung, sondern auf Hilfe für das praktische Handeln“127. Diese Hilfe setzt jedoch in den komplizierten modernen Lebensverhältnissen Kenntnis und Verwertung jener Forschungsergebnisse voraus, die sich unter den gegebenen Umständen als nützlich bewährt haben. Deshalb ist die Arbeit von „Generalisten“ an solider Praktischer Pädagogik zwar eine andere Art von Forschung als jene der „Spezialisten“ für empirische Erziehungswissenschaft, aber nicht bloße „Reflexion“ vor- oder außerwissenschaftlicher Art.128 Die Qualität beider Typen von Forschung sollte nicht nach ihren programmatischen Versprechungen, sondern nach dem Wert ihrer Ergebnisse 123 Vgl. Freytag 1924, 98ff.; Brezinka 1978, 92ff. 124 Radnitzky 1989, 385f. 125 Brezinka 1978, 236ff. und 273ff. 126 Zum „Kulturraum“ als „Synthese von Raum und Zeit“ in ständigem Werden vgl. Kainz 1977, 164f; zur „Sozialwelt“ Luckmann 1980, 56ff. 127 Lochner 1963, 511. 128 Vgl. Tenorth 1983, 354: „Eine ,praktische Wissenschaft‘ ist nicht per se unmöglich, sie läßt sich nur nicht mehr mit den Denkmitteln bauen, die der pädagogischen Tradition zur Verfügung standen“.
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für ihre unterschiedlichen Zwecke beurteilt werden. Prinzipiell kann auch eine seriöse Praktische Pädagogik in den Grenzen ihrer Aufgabe eine „forschungsverwertende Disziplin“ mit „methodisch kontrollierter Argumentation“ sein129. Aus dieser Sichtweise ist in Österreich an der Schwelle des Übergangs von der traditionellen philosophischen Pädagogik zur Erziehungswissenschaft zwischen 1955 und 1965 das einzige Werk hervorgegangen, in dem eine praxisorientierte Zusammenschau von erziehungsrelevantem Wissen aus mehreren Fächern angeboten worden ist: „Erziehung als Lebenshilfe. Eine Einführung in die pädagogische Situation“ von Wolfgang Brezinka130. Es sollte „von der historischen Situationsanalyse her einen einfachen Zugang zur systematischen Pädagogik bieten, der auch für die Erziehungspraktiker interessant ist“. Es enthielt auf 400 Seiten „unter anderem auch die Grundlinien eines Systems der Erziehungswissenschaft“, ging aber „über wissenschaftlich bewährte oder zumindest überprüfbare Sätze weit hinaus. Es stellt nicht bloß dar, was ist und warum es so ist, sondern es enthält auch moralische Forderungen, was sein und geschehen soll. Es interpretiert aus erzieherischer Verantwortung wertend unsere geschichtliche Situation und ist deshalb notwendig weltanschaulich bestimmt. Es ist wie jede Erziehungslehre unvollkommen, weil die großen Lücken in unserem Wissen bis auf weiteres nur durch Vermutungen ausgefüllt werden können und weil die Entscheidungen, die getroffen werden müssen, zwar der rationalen Argumentation zugänglich, aber wissenschaftlich nicht begründbar sind.“131 Wie groß damals der Bedarf nach einem solchen System Praktischer Pädagogik weit über Österreich hinaus gewesen ist, beweisen acht Auflagen mit einer Gesamtmenge von 37.000 Exemplaren. Dennoch hat es keine Nachfolge gefunden, weil verfrühte Hoffnungen auf die Früchte einer allzu eng verstandenen „Verwissenschaftlichung“ des Faches die Praktische Pädagogik als veraltet und entbehrlich erscheinen ließen. Tatsächlich ist jedoch brauchbarer Ersatz durch rein empirische Erziehungswissenschaft ausgeblieben. Brezinka hat Österreich 1967 verlassen132 und seine späteren Werke (bis zur Emeritierung im Jahre 1996) an der Universität Konstanz
129 130 131 132
Tenorth 1986, 56ff. Brezinka 1957; 8. Auflage 1971. Ebenda, Vorwort zur 6. Auflage, 1968, 3 und 5. Vgl. Bd. 2, 564f. Bd. 2, 536ff., 563ff.
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geschaffen. Deshalb können diese wie die der anderen Auslandsösterreicher133 hier unberücksichtigt bleiben134. Wenden wir uns nun von den Defiziten bei der Allgemeinen Pädagogik den pädagogischen Teildisziplinen zu. Hervorragend und von bleibendem Wert ist dort nur, was in der Historischen Pädagogik geleistet worden ist. Das ist vor allem Helmut Engelbrecht zu verdanken135. Er hat zwischen 1982 und 1988 mit seiner fünfbändigen „Geschichte des österreichischen Bildungswesens“ die erste zusammenfassende wissenschaftliche Darstellung dieses bis dahin vernachlässigten Gebietes geschaffen: ein „Standardwerk von internationalem Rang“, das „höchste Kompetenz und Genauigkeit im Detail“136 mit klarer Darstellung vereint. Es ist bis 2011 durch sechs weitere Bücher und viele Aufsätze ergänzt worden.137 Engelbrechts Schriften gelten bei den Bildungshistorikern Europas und insbesondere der Nachfolgestaaten der Habsburger-Monarchie als großartige Leistung und unentbehrliche Grundlage für künftige Forschungen. Wissenschaftspolitisch ist allerdings anzumerken, dass diese Leistungen von einem Wiener Honorarprofessor neben seinem Beruf als Gymnasialdirektor erbracht worden sind – ohne den universitären Rückhalt einer Professur, geschweige eines Instituts für Historische Pädagogik. Ein solches Institut im ehemaligen Zentrum der Donaumonarchie mit ihrem reichen Bildungswesen ist diesem für die österreichische Staats- und Kulturgeschichte so wichtigen Spezialfach versagt geblieben. Eine bescheidene Beheimatung hat es dank der Habilitationen der Historiker Elmar Lechner (1985)138 und Gerald Grimm (1995)139 mit dem Schwerpunkt „Historische Pädagogik“ nur an der Universität Klagenfurt gefunden. Dort besteht seit 1985 eine „Abteilung für Historische Pädagogik“ mit zwei Dienstposten. Lechner hat ihr durch Erschließung vergessener Quellen und als Herausgeber einer bildungshistorischen Schriftenreihe zu überregionalem Ansehen verholfen. Sein
133 Vgl. deren Auflistung in Bd. 3, 617ff. 134 Bibliographie bei Uhl 1997; seither jährlich im Almanach der ÖAW; fremdsprachige Buchveröffentlichungen: Bd. 3, 628–631. 135 Bd. 1, 612ff. 136 Rezension in Paedagogica historica, 27, 1991, 285ff. 137 Schriftenverzeichnis: Lechner 2006. 138 Bd. 4, 654ff. 139 Bd. 4, 706ff.
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Mitarbeiter und Nachfolger Grimm hat es durch fundamentale Studien zur Geschichte der österreichischen Gymnasien zwischen 1735 und 1848 und andere Schriften auch international verstärkt. Auf dem Gebiet der Philosophie der Erziehung hat es zwar Ansätze, aber keine ausgereiften Buchveröffentlichungen gegeben. Dabei hat mitgespielt, dass im Unterschied zu angloamerikanischen Universitäten in Österreich eigene Lehrstühle für diese Teildisziplin fehlen. Die philosophischen Fragen werden hier teils im Rahmen der Allgemeinen Pädagogik, teils in der Historiographie der pädagogischen Ideen behandelt oder wenigstens gestreift. Als für die pädagogische Berufsausbildung wichtigste Teildisziplinen haben sich die Schulpädagogik und die Sozialpädagogik weitgehend verselbständigt. In der Schulpädagogik (einschließlich der Didaktik/Unterrichtslehre und Schulorganisationstheorie) sind besonders Richard Olechowski140, Horst Rumpf141, Rudolf Weiss142, Josef Thonhauser143, Ferdinand Eder144, Herbert Altrichter145 und Peter Posch146 hervorgetreten. Ihre Forschungsergebnisse sind überwiegend in Fachzeitschriften und Sammelbänden veröffentlicht worden. Monographien mit weitgespannter Thematik sind selten geblieben. Das gilt noch mehr für die Sozialpädagogik. Sie hat ihre österreichischen Schwerpunkte durch Josef Scheipl an der Universität Graz147 und Gerald Knapp an der Universität Klagenfurt in ihr gewidmeten Abteilungen erhalten148. Zur Berufspädagogik haben in Wien Wilfried Schneider149 und Werner Schwendenwein150, in Linz Bruno Schurer151 beigetragen.
140 Bd. 1, 601ff. 141 Bd. 2, 628ff. 142 Bd. 2, 623ff. 143 Bd. 3, 199ff. 144 Bd. 3, 317ff; 363. 145 Bd. 3, 558ff. 146 Bd. 4, 438ff. 147 Bd. 2, 323ff.; Mikula/Kittl-Satran 2011. 148 Bd. 4, 677ff. – Ihre Geschichte zwischen 1982 und 2008 ist von Knapp (2008) in einer lehrreichen Monographie dargestellt worden. Über die Forschungsleistungen informieren 11 Sammelbände (Stand von 2011) der von ihm herausgegebenen Reihe „Studien zur Sozialpädagogik“. 149 Bd. 4, 96ff. 150 Bd. 1, 623ff. 151 Bd. 3, 545ff.
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Mehrere Bücher zur Geschichte des berufsbildenden Schulwesens in Österreich sind Josef Schermaier (Salzburg)152 zu verdanken. Die Heil- oder Sonderpädagogik ist in Graz und Klagenfurt modisch verkürzt und missverständlich in „Integrationspädagogik“ umbenannt worden. In Innsbruck hat sie den denglischen Namen „Inklusive Pädagogik und Disability Studies“ erhalten. Durch herausragende Schriften ihrer Professoren ist diese Spezialdisziplin bisher nicht aufgefallen. Für Studien über Erwachsenenbildung oder Weiterbildung hat Werner Lenz ab 1984 an der Universität Graz eine Abteilung aufgebaut, die durch seine zahlreichen Publikationen153 überregionale Bedeutung gewonnen hat. In dieser Reihe der Spezial-Pädagogiken fehlt die Pädagogische Psychologie, weil sie wissenschaftssystematisch nicht zur Pädagogik gehört, sondern zur Psychologie. Seit langem war jedoch selbstverständlich, dass „Pädagogik als Wissenschaft“ von der Psychologie abhängt154. Als deren Spezialdisziplin hat sich die Pädagogische Psychologie allerdings erst Anfang des 20. Jahrhunderts herausgebildet. Dabei ist sie in der Periode der vorwiegend philosophischen Pädagogik als deren realwissenschaftliche Ergänzung und empirische Basis in Erscheinung getreten155. Sie hat inhaltlich weitgehend Aufgaben Empirischer Pädagogik erfüllt. Sie war von dieser so wenig zu unterscheiden, dass sie sogar für identisch mit ihr gehalten worden ist, zumal ihr Personal auch normativ-beratende Dienste übernommen hat. Im Ministerial-Erlass des Unterrichtsministeriums über den „Ausbau der Lehrkanzeln für Erziehungswissenschaft und ihre Hilfswissenschaften“ von 1964 wurden an allen Philosophischen Fakultäten Lehrkanzeln für Pädagogische Psychologie neben denen für Schulpädagogik als dringendstes Erfordernis genannt156. An der Wiener Universität wurde 1967 eine dritte pädagogische Lehrkanzel mit der Widmung „Pädagogik III (Pädagogische Psychologie)“ eingerichtet und mit der
152 Bd. 3, 305ff. 153 Bd. 2, 337ff. 154 Herbart, Bd. 2, 10 (Umriß pädagogischer Vorlesungen 2.1841, § 2); Milde 1811, XIV: „Psychologie … ist die einzige Grundlage, auf welche eine Erziehungskunde sich bauen läßt“. 155 Vgl. Sturm 1930, 11ff.; Aloys Fischer 1932. 156 Bd. 1, 207ff. und 902.
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Kinderpsychologin Sylvia Bayr-Klimpfinger besetzt, aber dem Institut für Psychologie zugeordnet.157 An der Grazer Universität wurde die neu geschaffene Lehrkanzel für „Pädagogik II“ 1967 in „Lehrkanzel für Pädagogische Psychologie“ umbenannt. Sie ist aber im „Institut für Erziehungswissenschaften“ verblieben158 und 1971 mit der Klinischen Psychologin Lilian Blöschl besetzt worden159. Da ihr die berufliche Beziehung zur Schule ebenso gefehlt hat wie die wissenschaftliche Beziehung zur Pädagogik, hat sie 1979 ihre Eingliederung in das Institut für Psychologie beantragt, ist aber damit erfolglos geblieben. Nach ihrem 1997 erfolgten Übertritt in den Ruhestand hat das Ministerium darauf beharrt, dass ihre jahrzehntelang zweckentfremdete Planstelle weiterhin als „Pädagogik II“ bezeichnet wird. Sie wurde mit dem Zusatz „Integrationspädagogik und Heilpädagogische Psychologie“ der Heilpädagogik gewidmet.160 An der Innsbrucker Universität wurde die 1966 zugewiesene Lehrkanzel „Pädagogik II“ der „praktischen Schulpädagogik und der empirischen Forschung“ gewidmet. Sie konnte erst 1969 mit Rudolf Weiss besetzt werden161. Er hat sich jedoch seiner Ausbildung als Psychologe entsprechend auch der Entwicklungspsychologie und Pädagogischen Psychologie gewidmet. Dadurch ist dieses Gebiet bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2000 schul-, schüler- und praxisnäher als anderswo von ihm versorgt worden. Zu einem Lehrangebot von seriöser Pädagogischer Psychologie ist es nach Weiss nicht mehr gekommen. Statt dessen gab es unter anderem die Studienzweige „Erziehung – Generation – Lebenslauf“, „Psychoanalytische Erziehungswissenschaft“, „Kritische Geschlechter- und Sozialforschung“, „Beratung und Grundlagen der Psychotherapie“162. An der Salzburger Universität wurde die 1966 zugewiesene Lehrkanzel „Pädagogik II“ durchgehend unter diesem Namen geführt und keiner Spezialdisziplin dauerhaft gewidmet. Mit Rudolf Gönner hat sie 1968 ein Spezialist für „Historische Pädagogik und Allgemeine
157 158 159 160 161 162
Bd. 1, 461f. Bd. 2, 284. Bd. 2, 317ff. Bd. 2, 322. Bd. 2, 580, 586ff., 613ff. Universität Innsbruck: Vorlesungsverzeichnis und Personalstand, SS 2004.
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Didaktik“ übernommen163. Zwischen 1972 und 1977 war der 1970 in Wien für „Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Pädagogischen Psychologie“ habilitierte Richard Olechowski164 auf der Lehrkanzel „Pädagogik I“ tätig. Er hat sich als ausgebildeter Psychologe neben seinem Arbeitsschwerpunkt „empirische Schulforschung“ auch der „Pädagogischen Psychologie“ gewidmet. Zu der vom Unterrichtsministerium seit 1964 gewünschten Lehrkanzel für „Pädagogische Psychologie“ ist es nie gekommen. In den Salzburger Studienplänen hat die „Pädagogische Psychologie einschließlich Entwicklungspsychologie“ nur eine unzureichende Randstellung eingenommen.165 In diesem terminologischen und organisatorischen Durcheinander zeigt sich ein ungelöstes Kernproblem der erziehungswissenschaftlichen Ausbildung, Forschung und Theorienproduktion. Oberflächlich scheint es nur um Kompetenzstreit und Revierabgrenzung zwischen den Instituten für Psychologie und jenen für Pädagogik/Erziehungswissenschaft zu gehen. Tatsächlich hat jedoch eine grundsätzliche Entfremdung zwischen beiden Disziplinen eingesetzt, seit sich die überwiegend philosophisch-geisteswissenschaftliche „Pädagogik“ zur „Erziehungswissenschaft“ gewandelt hat. Nach ihrem nun verstärkt „empirischen“ Programm haben sich ihre Vertreter bemüht, selbst zu leisten, was früher von zumeist aus dem Lehrerstand hervorgegangenen Psychologen für die Pädagogik geleistet worden ist. Die Pädagogik ist wenigstens teilweise empirisch autonomer geworden. Das war vor allem zur beruflichen Qualifizierung der wachsenden Menge von Studierenden im Diplom-Studiengang Pädagogik notwendig, die nicht Lehrer werden wollten. Sie haben außerschulische Arbeitsplätze im Bereich psychosozialer Beratung, Hilfe und Therapie gesucht, in dem die Psychologen Konkurrenten waren. Daher rührt die Zunahme laienhafter Studienangebote von Psychoanalyse und anderen psychotherapeutischen Lehren in erziehungswissenschaftlichen Instituten. Diese esoterische Laienpsychologie wird hauptsächlich von Pädagogikern mit fehlender oder geringer wissenschaftlicher psychologischer Ausbildung betrieben. Sofern nicht im Diplom-Studium der Pädagogik als zweite Studienrichtung „Psychologie“ gewählt worden ist, sind die
163 164 165
Bd. 3, 132ff. Bd. 1, 601ff.; Bd. 3, 155ff. Bd. 3, 187ff., 231ff.
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fundamentalen psychologischen Lehrgebiete im Studium der Pädagogik bisher zu kurz gekommen. Umgekehrt ist den meisten Psychologen, die an der Ausbildung von Pädagogen beteiligt sind, die wissenschaftliche Pädagogik ebenso fremd geblieben wie die Praxis der Lehr- und Erziehungsberufe. Der Brückenschlag zwischen den Fächern durch Lehrer-Psychologen, die Schulen und Schüler durch eigene Unterrichtstätigkeit kennen gelernt haben, bevor sie ein Studium der Psychologie absolviert oder sich habilitiert haben, ist selten geworden166. Dieser Psychologen-Typ ist nahezu ausgestorben. Ihm sind praxisferne Forschungsspezialisten nachgefolgt. Sie bleiben um ihrer Karriere willen den fachinternen inhaltlichen und methodischen Trends der Psychologie verhaftet, statt Anschluss an die Systematische Erziehungswissenschaft zu suchen und zu ihrer notwendigen psychologischen Fundierung beizutragen. Dieser Anschluss ist allerdings angesichts des in diesem Werk geschilderten Niveaus der Pädagogik wenig anziehend. Deshalb liegt das beziehungslose Nebeneinander näher167. Diese gegenseitige Entfremdung hat sich zum Nachteil der Erziehungswissenschaft ausgewirkt. Ihre Vertreter waren im Streit der Richtungen zu sehr mit sich selbst und ihren speziellen Interessensgebieten beschäftigt, statt mit der „Sicherung eines im engeren Sinne erziehungswissenschaftlichen Theoriekorpus“. Es wurde versäumt, fachintern wie für die Außenwelt „genauer zu bestimmen, was in Themenfeldern sowie Formen der Praxis der Gegenstand der Erziehungswissenschaft ist“168. Dadurch ist unter dem politischen Einfluss von OECD, Weltbank und Europäischer Union auf die nationalen Wissenschafts- und Schulbehörden den Pädagogikern zunehmend Vertrauen entzogen worden zugunsten von Psychologen und Ökonomen. Als Mittel hat die Propaganda für die sogenannte „Lerngesellschaft“ gedient, in der die Erziehungswissenschaft durch „Lernwissenschaft“ („Learning Science“) im Dienste universeller Ökonomisierung und Technologisierung des menschlichen Lebens zu ersetzen versucht wird169.
Aus früherer Zeit vgl. Jerusalem, Bd. 1, 288ff.; Höfler, Bd. 1, 313ff.; MarBd. 2, 154ff.; Tumlirz, Bd. 2, 169ff.; Strohal, Bd. 2, 419ff.; Friedrich Schneider, Bd. 3, 64; Weiss, Bd. 2, 586ff. 167 Vgl. Bd. 2, 320f. 168 Merkens 2004, 21. 169 Vgl. Radtke 2003; Casale/Röhner/Scharschuch/Sünker 2010, 50ff. 166
tinak,
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3. VERGLEICHENDER BLICK INS DEUTSCHSPRACHIGE AUSLAND Österreich war bis zum Zusammenbruch des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im Jahre 1806 dessen Führungsmacht und ist es zunächst auch im 1815 gegründeten Deutschen Bund bis zu dessen Auflösung im Jahre 1866 geblieben. Ungeachtet der politischen Ereignisse, die zu staatlicher Trennung geführt haben, bilden aber auch heute noch „die Sprachgemeinschaft und die aus ihr hervorgegangenen kulturellen Verbindungen zwischen den deutschen und österreichischen Gebietsgemeinschaften ein Verhältnis besonderer Art, das völlig verschieden von der Geschichte der Beziehungen Österreichs zu seinen sonstigen Nachbarn ist“.1 Deshalb zunächst ein Blick auf die Institutionalisierung von Lehrstühlen der Pädagogik in Deutschland. Er ist notwendig, weil Deutschland auch im Schul- und Hochschulwesen den stärksten Einfluss auf Österreich ausgeübt hat. Die Habsburger-Monarchie war zwar mit rund 51 Millionen Einwohnern (1910) bis zu ihrem Untergang im Jahre 1918 eine europäische Großmacht, die nach der Menge ihrer Bürger nicht weit hinter dem Deutschen Reich mit rund 65 Millionen zurückstand. Sie war jedoch kein Nationalstaat, sondern ein Vielvölkerstaat, in dem die Deutschen nur eine Minderheit von rund 10 Millionen gebildet haben2. Sie waren ein eigenständiger Teil des gesamten deutschen Sprach- und Kulturraumes und haben sich als deutschösterreichische Minderheit an ihm orientiert. Dabei ist es auch nach der Schrumpfung zum Kleinstaat in der Republik Österreich geblieben. Es war für die Bildungspolitiker aller Parteien selbstverständlich, dass „die kulturelle Einheit mit Deutschland aufrechterhalten bleiben“ soll. Dazu gehörte nach deutschen gesetzlichen Vorentscheidungen zumindest für die österreichische Sozialdemokratie ab 1922 auch die Ausbildung aller Lehrer an den Universitäten Wien, Graz und Innsbruck durch Ausbau der Pädagogik auf „mindestens je drei Lehrkanzeln“.3 1 Kann/Prinz 1980, 9. 2 In der österreichischen Reichshälfte (ohne Ungarn) nur 36 Prozent der Gesamtbevölkerung gegenüber 60 Prozent Slawen, 3 Prozent Italiener und ein Prozent Rumänen (Volkszählung 1910). Imendörffer 1914, 121. 3 Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 189ff. zum Gesetzentwurf des Abgeordneten Otto Glöckel von 1922.
Pädagogik an Kolumnentitel Deutschlands Universitäten
3a. Pädagogik
an
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Deutschlands Universitäten
Die deutschen Schulen und Universitäten haben seit dem frühen 19. Jahrhundert international großes Ansehen gewonnen4. Österreich ist lange dahinter zurückgeblieben und hat diesen Rückstand erst in der Periode des Neoabsolutismus unter dem Unterrichtsminister Graf Leo Thun-Hohenstein (1849–1860) nach deutschen Vorbildern aufzuholen begonnen5. Bei der Einrichtung von Lehrstühlen für Pädagogik war es Deutschland – von Ausnahmen abgesehen – jedoch zeitlich weit voraus. Dieser Vorsprung war allerdings in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geringer als er erscheint. Für die Periode der „Erziehungskunde“ in Österreich zwischen 1805 und 1848 ist zu berücksichtigen, dass die Lehrkanzeln dieses Faches keine vollen Professuren gewesen sind, von denen ihr Inhaber hätte leben können. Deshalb war ihre Verbindung mit einem anderen Fach notwendig. Das war ab 1824 ausnahmslos die katholische „Religionswissenschaft“. Sie war im Unterschied zu den Fächern der Theologischen Fakultät keine wissenschaftliche Disziplin, sondern ein höherer Religionsunterricht für Laien. Die Aufgaben und Leistungen der Inhaber österreichischer Lehrkanzeln für Erziehungskunde haben sich also nach Umfang und Inhalt wenig von Lehraufträgen unterschieden. Vereinzelte Lehraufträge für Pädagogik an Professoren der Theologie, Philosophie oder Klassischen Philologie hat es an einigen deutschen Universitäten schon seit dem späten 18. Jahrhundert gegeben, also Jahrzehnte früher als in Österreich. Sie waren jedoch – abgesehen von einer kurzen Ausnahme in Halle6 – nicht als selbständige Lehrstühle institutionalisiert. Infolge der Zersplitterung Deutschlands in viele Einzelstaaten mit autonomer Gesetzgebung hat eine einheitliche Regelung des Bildungswesens durch eine zentrale Behörde gefehlt. Da Österreich in dieser Hinsicht durch eine zentralistische Regierung mit der seit 1760 tätigen Studien-Hofkommission organisatorisch im Vorteil gewesen ist, hat es die Einführung der Pädagogik als Lehrfach an allen höheren Studienanstalten früher durchsetzen können. Das galt auch für die zweite Periode der „Pädagogik“ ab 1865 mit dem
4 5 6
Vgl. Paulsen 1906, 111; ausführlich F. Schneider 1943, 168–325. Frankfurter 1893; Lentze 1962. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 61ff. Vgl. S. 872.
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administrativen Vorteil eines zentralen Unterrichtsministeriums für alle österreichischen Länder. Die erste Professur für Pädagogik (und Philosophie) in den deutschen Ländern ist im Jahre 1779 an der preußischen Universität Halle geschaffen und mit Ernst Christian Trapp (1745–1818) besetzt worden. Er war von der Regierung ohne vorherige Befragung der Fakultät berufen worden, ist deswegen auf Ablehnung gestoßen und hat nach drei Jahren resigniert. Sein Lehrstuhl ist dem Fach durch Umwidmung zugunsten der klassischen Philologie wieder verloren gegangen.7 Die pädagogischen Vorlesungen wurden vom Professor der Theologie August Hermann Niemeyer8 übernommen. Zu einem Lehrstuhl für „Philosophie und Pädagogik“ ist es in Halle erst wieder im Jahre 1915 gekommen9. Auch an anderen Universitäten sind schon seit dem späten 18. Jahrhundert pädagogische Lehrveranstaltungen im Nebenamt durch Professoren der Philosophie oder der Theologie durchgeführt worden. Sie waren wie in Österreich vorwiegend als Teil der Berufsausbildung von Theologen zu Seelsorgern, Religionslehrern und künftigen Schulaufsehern und von Philologen zu Gymnasiallehrern gedacht. Bekannteste Beispiele waren Immanuel Kant (1724–1804) zwischen 1776 und 1780 in Königsberg10, Friedrich Herbart (1776–1841) seit 1802 in Göttingen und Königsberg11 und Friedrich Schleiermacher (1768– 1834) in Berlin zwischen 1813 und 182612. Zur praktischen Ergänzung der Vorlesungen sind auch „Pädagogische Seminare“ gefordert und eingerichtet worden, die über ihre Leiter mit der Universität in Verbindung standen13. Herbart ist 1809 für Königsberg nicht nur als Professor der Philosophie, sondern der „Philosophie und Pädagogik“ bestellt worden.14 Er hat 1810 auf Wunsch 7 Herrmann 1977; Schmitt 1996; Lochner 1963, 81ff. 8 Rein, Bd. 6, 1907, 273–281. Vgl. in diesem Werk Bd. 4, 811f. 9 Horn 2003, 232. Besetzt mit dem Philosophen Max Frischeisen-Köhler (1878–1923). 10 Kant 1960. Er hat dieses Kolleg in den 80er Jahren noch weitere zweimal angekündigt, aber nicht gelesen, sondern seinem Kollegen Samuel G. Wald überlassen. Vorländer 2003, 227. 11 Herbart, Bd. 1, 1913 (Ed. Willmann), 113ff. 12 Schleiermacher 1957; Sünkel 1964. – Weitere Beispiele von theologischer „ars paedagogica“ und philologischer „Schulwissenschaft“ aus der Universität Kiel bei Herrlitz 2001, 141ff. 13 Rein 1907; Loos 1908; Willmann 1914. 14 Text der königlichen „Bestellung“ vom 27.1.1809 bei Asmus 1968, 274f.
Pädagogik an Kolumnentitel Deutschlands Universitäten
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der preußischen Regierung als unterrichtspraktische Übungsstätte auch ein Pädagogisches Seminar eingerichtet, das 1833 nach seinem Abgang nach Göttingen aufgelöst worden ist15. Einer seiner Schüler, der „als erster Lehrer und beständiger Aufseher des pädagogischen Seminars zu Königsberg“16 gearbeitet hatte, war Heinrich Gustav Brzoska (1807–1839)17. Er hat ab 1832 als außerordentlicher Professor der Philosophie an der Universität Jena auch Pädagogik gelehrt und 1836 ein Buch mit 350 Seiten über „Die Nothwendigkeit pädagogischer Seminare auf der Universität und ihre zweckmäßige Einrichtung“ veröffentlicht. Das war die erste gründliche Studie zu diesem Thema in der deutschsprachigen akademischen Welt. Sie hat sich auf viele Zeugnisse von Vorgängern und Zeitgenossen über Mängel und notwendige Reformen der pädagogischen Ausbildung von Gymnasiallehrern gestützt18. Der relativ geringe Beitrag der Pädagogik zur Berufsausbildung der Gymnasiallehrer hätte allein aber nie genügt, um sie zu einer wissenschaftlichen Disziplin auszubauen. Die volle Anerkennung eines Lehrgebietes als Wissenschaft durch die Universitäten erforderte ein eigenständiges theoretisches System statt bloße Entlehnung von Wissen aus vorhandenen Fächern wie Ethik und Psychologie. Erst dann galt es bei genügend Bedarf als berechtigt, dafür einen planmäßigen Lehrstuhl – auch Professur oder Ordinariat genannt – einzurichten. Der erste Schritt zur Verselbständigung der Pädagogik war in den meisten Fällen die Widmung für „Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Pädagogik“. Als nächster Schritt folgte die Kombination „Professur für Philosophie und Pädagogik“. Die volle Selbständigkeit ist erst mit einer allein der Pädagogik gewidmeten planmäßigen ordentlichen Professur und einem ihr dienenden Universitätsseminar oder -institut gewonnen worden. Eine Honorarprofessur, eine außerordentliche Professur (Extraordinariat) oder ein außerplanmäßiges persönliches Ordinariat (ad personam) waren dafür kein vollwertiger dau-
15 Quellen bei Herbart 1919 (Ed. Willmann), Bd. 3, 20–48; Herbart 1965 (Ed. Asmus), Bd. 3, 13–40; Asmus 1970, 48ff., 92ff., 133ff., 215ff.; Protner 2009. 16 Brzoska 1836, V. 17 Kurzbiographie: Rein 1903; Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage, Bd. 3, 1904, 519; Coriand 2000, 56. 18 Brzoska 1836. Neu herausgegeben durch Wilhelm Rein, Leipzig 21887. Kritische Rezension mit Warnung vor Projekten, die „gar sehr ins Große gehen“, bei Herbart (Ed. Willmann), Bd. 3, 1919, 490–492.
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erhafter Ersatz. Eine in diesem Sinne vollständige Institutionalisierung der Pädagogik als Universitätsdisziplin ist in Deutschland wie in Österreich und der Schweiz erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch reguläre Diplom-, Magister-, Lizenziats-(Schweiz) und Doktoratsstudiengänge der Pädagogik/Erziehungswissenschaft als Hauptfach erreicht worden.
a 1. Wegbereiter in Jena (St oy, Rein) und L e i p z i g ( Z i l l e r , S t r ü mp e l l ) s e i t 1 8 4 3 Dank der Anstöße von Herbart und Brzoska19 ist es an der Thüringer Universität Jena ab 1843 durch Herbarts Schüler Karl Volkmar Stoy (1815–1885) und dessen Schüler und Nachfolger Wilhelm Rein (1847– 1929)20 relativ früh zur Verselbständigung der Pädagogik gegenüber Theologie und Philosophie gekommen sowie zu einem Pädagogischen Seminar samt Seminarschule mit nationaler und internationaler Ausstrahlung.21 Ein zweiter Schwerpunkt der Pädagogik mit privatem Seminar und Übungsschule „im Geiste Herbarts und unter Benützung der Vorschläge von Brzoska und Stoy“22 ist ab 1862 an der sächsischen Universität Leipzig durch den vorherigen Gymnasiallehrer und seit 1853 Privatdozenten der Philosophie Tuiskon Ziller (1817–1882) geschaffen worden23. 1867 ist ihm die Frage gestellt worden: „Wie ist auf den deutschen Universitäten für die Pädagogik gesorgt worden?“ Er hat darauf geantwortet, daß „die äußeren Verhältnisse der Pädagogik auf unseren Universitäten … kaum trauriger sein könnten, als sie wirklich sind.“24 1868 hat Ziller den „Verein für wissenschaftliche Pädagogik“ gegründet, der durch seine Jahrbücher und Versammlungen den Fortschritt der Pädagogik im Geiste Herbarts jahrzehntelang gefördert hat25. 19 Coriand 2000, 203. 20 Saupe 1927, 171–180; Selbstdarstellung in E. Hahn 1926, 179–224. 21 CorianD 2000, 128ff.; Coriand 2003a. 22 Rein, Bd. 6, 1907, 532. 23 Rein 1907, 505ff.; Beyer 1910. 24 Ziller 1867. 25 Franke 1909. Zur Geschichte des Vereins H. Maier 1940. Nach Zillers Tod (1882) hat der Wiener Pädagogiker Theodor Vogt bis zu seinem Tod (1906) als Vorsitzender gedient und die Jahrbücher redigiert. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 281. Vogts Nachfolger wurde Wilhelm Rein.
Pädagogik an Kolumnentitel Deutschlands Universitäten
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Neben ihm war in Leipzig seit 1862 der vorherige Gymnasialdirektor Hermann Masius (1818–1893) als Professor der Pädagogik tätig26. 1871 ist der hervorragende empirische Pädagogiker und Kinderpsychologe Ludwig Strümpell (1812–1899) als ordentlicher Honorarprofessor gewonnen worden27. Es war kein Zufall, dass zur maßgebenden Wiener Enquete des österreichischen Unterrichtsministeriums über pädagogische Universitätsseminare im Jahre 1871 als beste Fachleute aus Deutschland die Professoren Stoy, Ziller und Masius eingeladen worden sind. Ihre Seminare an den Universitäten Jena und Leipzig galten europaweit als vorbildlich.28 Stoy und Ziller sind jedoch seltene Ausnahmen geblieben und haben in ihren Fakultäten die Anerkennung der Pädagogik als gleichberechtigter Wissenschaft mit eigenem ordentlichem Lehrstuhl nicht durchsetzen können. Sie galt trotz großer theoretischer und praktischer Leistungen ihrer Vertreter nur als eine „geduldete Disciplin“ der Schulmänner, die im Grunde „entbehrlich“ ist.29 Ziller brachte es 1864 bloß zum außerordentlichen Professor der Philosophie und seine private Übungsschule ist nach seinem Tod aufgelöst worden.30 Stoy ist in Jena lebenslang Honorarprofessor geblieben und hatte ein geringeres Gehalt als ein an seiner Seminarschule angestellter Elementarlehrer31. Auch sein Nachfolger Wilhelm Rein, ein „Pädagoge von Weltruf“32, wurde 1886 nur zum außerordentlichen Professor ernannt und hat erst 1920 eine ordentliche Professur erhalten33. Unter ihm ist das Pädagogische Seminar der Universität Jena mit angeschlossener Universitäts 26 Meyers Lexikon, 6. Auflage, Bd. 13, 1906, 393; Beyer 1903, 195. 27 Spitzner 1909. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 278. 28 Roloff 1917. Der spätere Prager Professor Otto Willmann hat von 1863 bis 1868 als Praktikant, Instruktor und Lehrer an Zillers Seminar und der privaten Leipziger „Erziehungsschule“ gearbeitet und Zillers Leistungen dankbar gewürdigt: Willmann 1869 (4. Auflage, 1905, VIIIf.). Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 22ff.; ferner 137ff. zu Stoy und seiner Würdigung durch die Grazer Universität im Jahre 1868. 29 Stoy am 18.1.1882 in einer Eingabe an das Curatorium der Universität Jena. Abdruck bei Corand 2000, 349. 30 Rein, Bd. 10, 1910, 505. 31 Coriand 2000, 207, 346. 32 E. Schneider 1952; Sturm 1930, 2: „der angesehenste deutsche Pädagogiker am Ende des 19. Jahrhunderts“. 33 Opahle 1932, 698; Saupe 1927, 171; Horn 2003, 67. Vorausgegangen war 1912 die Ernennung zum persönlichen Ordinarius. Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 80ff.
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Übungsschule und den seit 1889 durchgeführten pädagogischen „Ferienkursen“ zum international einflussreichsten Zentrum deutscher Pädagogik geworden. Auf dieser Grundlage hat sein Nachfolger Peter Petersen (1884– 1952) 1923 die Umbenennung des Pädagogik-Lehrstuhls in „Lehrstuhl für Erziehungswissenschaft“ und die Umwandlung des Pädagogischen Universitätsseminars in die „Erziehungswissenschaftliche Anstalt der Thüringischen Landesuniversität“ sowie die Auflösung der Reinschen Übungsschule durchgesetzt. An deren Stelle ist die nach seinen Reform ideen organisierte „Universitätsschule“ getreten, die bald als „Schule nach dem Jena-Plan“ international berühmt geworden ist.34 Der Wechsel der Fach- und Lehrstuhlbezeichnung von „Pädagogik“ zu „Erziehungswissenschaft“ hat bei Petersen aber noch keineswegs eine Abkehr von der Philosophie der Erziehung zur Erfahrungswissenschaft bedeutet, sondern nur „die Wendung … vom südlich bestimmten, rational gerichteten Denken zum nordisch-realistischen, auf die Wirklichkeit eingestellten Philosophieren“35. Seine Leistungen als überschwänglicher Praktiker und Propagandist der Schulreform waren bedeutender als seine kultur- und moralphilosophischen Schriften36 unter dem irreführenden Namen „neue Erziehungswissenschaft“37. Die frühe Institutionalisierung der Pädagogik samt Universitätsschule an der Jenaer Universität ist ein einmaliger Sonderfall gewesen. Bis zum Jahre 1913 hat es im gesamten Deutschen Reich noch keinen einzigen selbständigen ordentlichen Lehrstuhl für Pädagogik gege-
34 Zu Petersen vgl. Retter 2007. – Für die österreichische Fachgeschichte ist beachtenswert, dass die Jenaer Fakultät für die Wiederbesetzung der Professur von Rein 1923 an erster Stelle den Wiener Professor Richard Meister vorgeschlagen hat. Petersen ist durch den sozialistischen Thüringer Volksbildungsminister (USPD) gegen ihren Willen berufen worden. Für ein Extraordinariat für Praktische Pädagogik war vom Ministerium der sozialdemokratische Wiener Landesschulinspektor Eduard Burger vorgesehen, der jedoch als Mitarbeiter von Otto Glöckel in Wien bleiben wollte. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 377 und Bd. 2, 417f.; Fadrus 1926, 8ff., 16, 32. 35 Petersen 1943, 19. Hervorhebung vom Verfasser. Seine „Erziehungswissenschaft“ ist „in Wahrheit keine konkrete, spezielle wissenschaftliche Disziplin, sondern ein weit ausgreifendes … metaphysisch verankertes philosophisches Sondersystem“: Lochner 1963, 334. Zu seinen Leistungen für die „Pädagogische Tatsachenforschung“ vgl. Hopf 2004, 293ff. 36 Petersen 1924 und 1931. 37 Petersen 1937.
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Pädagogik an Kolumnentitel Deutschlands Universitäten
ben38. An den meisten deutschen Universitäten ist die Pädagogik bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts an Lehrstühle für Philosophie gebunden geblieben, deren Inhaber sie überwiegend als zweitrangig bewertet und betrieben haben. Hier können nur als Beispiele der Entwicklung vier deutsche Länder angeführt werden39.
a 2 . P r e u ss e n , B a y e r n , W ü r t t e mb e r g H a mb u r g v o n 1 8 7 8 b i s 1 9 4 5
und
In Preußen hat die Universität Berlin ihre erste Professur für „Philosophie und Pädagogik“ im Jahre 1878 erhalten. Auf ihr hat Friedrich Paulsen (1846–1908) zunächst als außerordentlicher und ab 1894 als ordentlicher Professor gelehrt40. Er hatte weder Lehramtsstudien noch regulären Schuldienst aufzuweisen, sondern war zunächst ganz auf Philosophie mit dem Schwerpunkt Erkenntnistheorie spezialisiert. Die Pädagogik hatte ihm „völlig ferngelegen“. Es war die Berliner Fakultät, die ihn nach seiner Habilitation für Philosophie gedrängt hat, sich mit der Aussicht auf eine Professur auch der bis dahin vernachlässigten Pädagogik zu widmen41. Er hat sie durch sein monumentales Hauptwerk „Geschichte des gelehrten Unterrichts auf den deutschen Schulen und Universitäten vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart“42 und andere Beiträge zur Historischen, Philosophischen und Praktischen Pädagogik wesentlich bereichert. Er hat sich allerdings noch 1906 „auf das entschiedenste“ gegen „die Auflösung der herkömmlichen Personalunion von Philosophie und Pädagogik“ erklärt: „die Personalunion der Lehrstühle beruht auf einer unaufhebbaren Realunion der Wissenschaften selbst. Die Pädagogik kann nicht von der Philosophie losgelöst werden, ohne wurzellos zu werden und zu verdorren“43. 38 Hans Schmidkunz (1863–1934) 1911 beim 2. Kongress des Vereins für Hochschulpädagogik in München mit rühmendem Hinweis auf „das deutschsprachige Österreich“. Schumak 2005, 311. Zum Wiener Schmidkunz vgl. Horn 2003, 332f. und in diesem Werk Bd. 3, 620f. – Verzeichnis der an den deutschen Universitäten im SS 1913 und im WS 1913/14 angebotenen pädagogischen Lehrveranstaltungen mit den Namen der Dozenten bei Guthmann 1964, 52–62. 39 Vollständige Belege bei Horn 2003. 40 Roloff, Bd. 3, 1914, 1114–1120; Horn 2002, 12; Drewek 2002. 41 Paulsen 1909, 209; Drewek 2002, 104ff. 42 Paulsen 1884; 2.1895; 3.1919/1921. 43 Paulsen 1906, 455.
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X. Abschliessender Überblick
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Für das Gebiet der Schulpädagogik war neben Paulsen von 1897 bis 1911 der Neu-Philologe, frühere Gymnasialdirektor und ProvinzialSchulrat Wilhelm Münch (1843–1912) als ordentlicher Honorarprofessor und späterer außerordentlicher Professor tätig44. Als Nachfolger hat das Ministerium 1913 gegen den Willen der Fakultät erneut einen „praktischen Schulmann“ auf das Extraordinariat für (Praktische Schul-)Pädagogik berufen: Jakob Schmidt (1860–1939)45. Er ist wissenschaftlich unauffällig bis 1927 in diesem Amt geblieben. Für das preußische Kultusministerium gab es 1917 keinen Zweifel mehr daran, dass die Pädagogik „Heimatrecht“ an den Universitäten verdient und „ein solcher Lehrstuhl wohl von keiner Fakultät mit Recht abgelehnt werden kann“46. Ihre Vertretung in Personalunion mit der Philosophie werde bei der „Größe der rein philosophischen Aufgabe … selten den Raum übrig lassen für eine genügend breite Entfaltung der Pädagogik“. Deshalb gehe es jetzt „um die Schaffung einer selbständigen, neuen und umfassenden Wissenschaft …, für die man erst ein paar begabte Vertreter haben müßte, um durch sie Tradition, Grundriß und Nachwuchs dieser Forschung ausbilden zu lassen“. „Die Schaffung pädagogischer Lehrstühle“ sei „zunächst und zuerst eine Personenfrage“.47 Zu einem selbständigen „Pädagogischen Seminar“ ist es an der für Preußen maßgebenden Universität Berlin erst im Jahre 1920 gekommen – 43 Jahre nach der Gründung eines solchen an der Universität Wien. Anlass war die Berufung von Eduard Spranger (1882–1963) zum ordentlichen Professor für Philosophie und Pädagogik. Er ist in diesem Amt der bedeutendste deutsche Vertreter kulturphilosophischer Pädagogik auf historisch-politologisch-religiöser Grundlage geworden48. Bis 1945 hat der Berliner Universität ein Lehrstuhl gefehlt, der ausschließlich der Pädagogik oder Erziehungswissenschaft gewidmet war.49 44 Horn 2002, 13; Roloff, Bd. 3, 1914, 757–759; Prondczynsky 2002. 45 Prondczynsky 2002, 188ff.; Horn 2002, 13 und 2002a, 228f.; Horn 2003, 36 und 333; Tenorth 2002, 193ff. 46 Kultusminister Trott 1917 bei der Berliner Konferenz über die Aufgaben der Lehrstühle für Pädagogik an den Universitäten. Pädagogische Konferenz 1917, 8 und 27. Zu ihr vgl. Tenorth 2010, 244ff. 47 Der Berliner Theologe, Philosoph und Historiker Ernst Troeltsch (1865– 1923) in seinen „Leitsätzen“. Pädagogische Konferenz 1917, 6. 48 Vgl. Löffelholz 1985; Meyer-Willner 2001; Tenorth 2002, 212ff.; SacherSchraut 2004. 49 Horn 2002, 10.
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Zum Vergleich: in Österreich hat die maßgebende Universität Wien ihre erste ganz der Pädagogik gewidmete Lehrkanzel 1871 erhalten50. In Bayern ist die Pädagogik an den Universitäten Erlangen und München am Ende des 19. Jahrhunderts zunächst als Gymnasialpädagogik eingeführt und als Nebenamt mit den Lehrstühlen für Klassische Philologie verbunden worden.51 Der erste ganz der Pädagogik gewidmete Lehrstuhl wurde 1913 in München geschaffen und war von 1914 bis 1920 mit Friedrich Wilhelm Foerster (1869–1966) besetzt52. Anstöße dazu kamen aus dem Bayerischen Lehrerverein und der Abgeordnetenkammer des Landtages. Dort ist am 26. März 1906 ein Antrag auf Errichtung von Professuren für Pädagogik an den drei Landesuniversitäten beschlossen worden53. Ein Hauptmotiv war die Reform der Lehrerausbildung für Volksschullehrer. Das Lehrerbild nergesetz von 1908 hatte den besten von ihnen ein Universitätsstudium zur Vorbereitung auf das Lehramt an Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten ermöglicht54. Als Prüfungsfächer waren neben „Psychologie einschließlich Jugendkunde“ und Ethik „Allgemeine Pädagogik und Didaktik“ sowie „Geschichte der Pädagogik“ vorgeschrieben. Die Universität hat dafür zunächst Lehraufträge an außerordentliche Professoren der Philosophie erteilt. Der zuständige Minister hat den geforderten Lehrstuhl befürwortet, aber bei seiner Besetzung die Universität umgangen. Er hat sich 1910 in Salzburg mit dem pensionierten österreichischen Professor Otto Willmann beraten, dessen Prager Universitätsseminar als Vorbild für München galt, und auch dessen Nachfolger Alois Höfler als Gutachter herangezogen. Ausschlaggebend wurden jedoch weder wis-
50 Zunächst als persönliches Extraordinariat und noch nicht als „systemisierte“ Lehrkanzel. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 94 und 277ff. 51 Rehm 1910, 13f.; Schumak 1980 und 2005, 45ff.; Horn 2003, 26f. 52 Schumak 2005, 344ff. – Foerster wurde aus Wien berufen. Vgl. Bd. 1, 328– 338; Hoschek 2002, 86ff. und 97ff. 53 Schumak 2005, 163ff. – Antragsteller war der liberale Abgeordnete Carl Andreae (1841–1913), Direktor der bayerischen Lehrerbildungsanstalt in Kaiserslautern, der 1869 bei Ziller in Leipzig hospitiert hatte und sich 1911 in München als erster mit der Schrift „Die Entwicklung der theoretischen Pädagogik“ für dieses Fach habilitiert hat. Guthmann 1964, 16; Schumak 2005, 339ff. Biographie: Beyer 1903, 6. Vgl. auch Andreae 1909. 54 Schumak 2005, 214ff. Zur Rekrutierung und Ausbildung der Seminarlehrer in den anderen deutschen Ländern vgl. Roloff, Bd. 3, 1914, 236ff.
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senschaftliche noch gymnasialpädagogisch-praktische Gesichtspunkte, sondern weltanschaulich-kulturpolitische zum Zweck der moralischen Erneuerung des Bildungswesens auf christlicher Grundlage. Dafür schien dem Ministerium der Zürcher Privatdozent für Philosophie Foerster am besten geeignet zu sein. Er war damals der am meisten diskutierte und publizistisch erfolgreichste moralpädagogische Schriftsteller deutscher Sprache. Dem Ministerium hat er als Hauptgutachter zu den Aufgaben der geplanten Professur gedient. So wie er 1913 vom österreichischen Unterrichtsminister der Wiener Universität gegen ihren Willen aufgezwungen worden ist, geschah es 1914 auch der Universität München. Er hat sich dort so tief in politische Auseinandersetzungen verstrickt, dass ihm trotz verdienstvoller sozialpädagogischer Aktivitäten 1920 nur der Verzicht auf seinen Lehrstuhl als Ausweg erschienen ist.55 Zur Verwissenschaftlichung ist die Pädagogik an der Universität München methodisch und inhaltlich erst durch Aloys Fischer (1880– 1937) gelangt.56 Er hatte nach dem Staatsexamen in Klassischer Philologie 1904 mit einer philosophischen Dissertation promoviert und sich 1907 mit einer Schrift „Zur Bestimmung des ästhetischen Gegenstandes“ für Philosophie habilitiert. Zwischen 1903 und 1920 war er als Privaterzieher und Lehrer tätig. Als Gründer und Leiter des Pädagogisch-Psychologischen Instituts des Münchener Lehrervereins von 1910 bis 1933 hat er sich früh für empirische pädagogische Forschung und akademische Ausbildung der Volksschullehrer eingesetzt.57 1920 wurde er Foersters Nachfolger als „ordentlicher Professor der Pädagogik einschließlich der einschlägigen Teile der Philosophie“. Philosophisch, psychologisch und soziologisch, literarisch und künstlerisch universal gebildet hat er der Pädagogik zur Anerkennung als wissenschaftliche Disziplin verholfen und wesentlich zu ihrer empirischen Grundlegung beigetragen. Leider ist Fischers Einfluss auf die Studierenden für das Lehramt an Gymnasien gering geblieben, weil diese wie in anderen deutschen Ländern im Unterschied zu Österreich weder zum Besuch pädagogischer Lehrveranstaltungen noch zu einer Prüfung aus Pädagogik, Psychologie und Jugendkunde verpflichtet worden sind. Durch die Prü 55 Schumak 2005, 264ff., 344ff., 425ff.; in diesem Werk Bd. 1, 328–338. 56 Horn 2003, 226f.; Kreitmair 1950–1971; RÖHRS 1967; Hopf 2004, 286ff.; Schumak 2005, 445ff. 57 Strehler 1959, 39ff.; Schumak 2005, 477ff.; Hopf 2004, 92f.
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fungsordnung für das Lehramt an den höheren Lehranstalten in Bayern vom 4. September 1912 ist „den künftigen Lehrern im Gegensatz zu früher jeder Anlaß genommen worden, sich während der Studienzeit mit pädagogischen Fragen zu beschäftigen oder nur eine einzige pädagogische Vorlesung zu hören“58. Bei dieser pädagogikfreien einseitig fachwissenschaftlichen universitären Ausbildung zu Gelehrten statt Lehrern ist es in Bayern Jahrzehnte lang geblieben.59 Dadurch war es für die Ministerialbürokratie leicht, den Bedarf an Lehrstühlen der Pädagogik und deren Differenzierung so lange zu bestreiten, bis es ab 1958 schrittweise zur Eingliederung der Pflichtschullehrer-Ausbildung in die Universitäten gekommen ist. Neben den erwähnten ordentlichen Professuren in Jena und München hat es bis zur Jahrhundertmitte nur noch vier weitere Lehrstühle gegeben, die ausschließlich der Pädagogik gewidmet gewesen sind. An der 1914 gegründeten Universität Frankfurt am Main bestand seit 1916 als damals einziger in Preußen eine ordentliche Professur für Pädagogik, die bis 1925 mit dem Altphilologen, vormaligen Gymnasialdirektor und Leiter der städtischen Schulverwaltung Julius Ziehen (1864–1925) besetzt war60. Zeitweise gab es einen ordentlichen Lehrstuhl in Tübingen und dauerhaft zwei Ordinariate in Hamburg. Ihre Errichtung hat in Tübingen wie in München der Gewinnung von Lehrerbildnern gedient. In Hamburg war sie wie früher in Jena der Verlegung der Ausbildung aller Lehrer an die Universität zu verdanken. An der Württembergischen Landesuniversität Tübingen kam es 1910 zur Gründung eines Pädagogischen Seminars, das eine kleine Elite ausgezeichneter Lehrer durch fünfsemestrige Studien für leitende Posten in Lehrerseminaren und Schulverwaltung ausbilden sollte.61 Zugleich sollte dort auch die damals vielversprechende „Experimentelle Pädagogik“ im Sinne von Ernst Meumann (1862–1915)62 gefördert werden.
58 Schreiben der Philosophischen Fakultät der Universität Erlangen an das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus vom 15.3.1929. Abdruck bei Bungardt 1964, 27. 59 Vgl. Ausbildung der Lehrer an Gymnasien 1963, 81ff. 60 Horn 2002, 42 und 378. 61 AG Institutsgeschichte 2010, 16ff. 62 Meumann 1905, 1912, 1920; A. Fischer 1915; Saupe 1927, 117–127; P. Müller 1942; Hopf 2004, 141ff.
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Personell wurde der Anfang mit dem 1909 in Leipzig bei Wilhelm Wundt (1832–1920)63 promovierten Psychologen Gustav Deuchler (1883–1955) als Dozenten gemacht, der 1923 als Ordinarius nach Hamburg gewechselt ist64. Nach seinem Abgang wurde 1923 eine ordentliche Professur für Erziehungswissenschaft eingerichtet und bis 1938 mit dem ehemaligen Lehrer und habilitierten Psychologen Oswald Kroh (1887–1955) besetzt.65 Mit der Ernennung seines Nachfolgers Gerhard Pfahler (1897–1971) zum „ordentlichen Professor für Psychologie und Pädagogik“ im Jahre 1939 war es jedoch mit der institutionellen Selbstständigkeit des Faches Pädagogik vorbei66. Das ihr gewidmete Seminar wurde in ein „Institut für Psychologie und Erziehungswissenschaft“ umgewandelt. Schon Kroh hatte sich in Lehre und Forschung stärker der Psychologie als der Pädagogik gewidmet.67 Erst 1950 wurde das gemeinsame Institut in ein „Psychologisches Institut“ und ein „Pädagogisches Seminar“ getrennt. Zu einer allein der Pädagogik gewidmeten ordentlichen Professur ist es erst wieder 1958 gekommen. Sie ist mit dem Historiker und einstigen Gymnasiallehrer Andreas Flitner (1922– ) besetzt worden68. An der 1919 gegründeten Universität Hamburg sind als einziger Institution neben Jena der Erziehungswissenschaft schon in den Zwanzigerjahren zwei ordentliche Lehrstühle gewidmet worden. Neben das von 1923 bis 1945 mit Gustav Deuchler besetzte Ordinariat mit empirisch-psychologischer Orientierung ist 1929 ein zweites mit philosophisch-historischem (oder „geisteswissenschaftlichem“) Schwerpunkt getreten. Auf ihm hat bis 1958 Wilhelm Flitner (1889–1990) gelehrt69. Anlass für diese Verdoppelung war, dass der Stadtstaat Hamburg 1927 die Ausbildung seiner Volksschullehrer an die Universität verlegt hatte70 und den dadurch gestiegenen Bedarf an pädagogischen Lehrveranstaltungen decken musste. 63 Saupe 1927, 279–287; Hopf 2004, 45ff. 64 Horn 2003, 211f.; Hopf 2004, 281ff.; AG Institutsgeschichte 2010, 21ff. 65 Horn 2003, 273f.; Retter 1969, 9 und Bibliographie 224–236; Liste seiner Lehrveranstaltungen 1923–1938 bei Retter 2001, 250–253. 66 Zu Pfahler vgl. Horn 2003, 309; Kersting 2008, 251ff.; AG Institutsgeschichte 2010, 31ff. 67 Vergleichbar mit dem Fachwechsel von Otto Tumlirz in Graz. Bd. 2, 187ff. 68 Horn 2003, 228f.; AG Institutsgeschichte 2010, 47ff.; in diesem Werk Bd. 1, 506f. 69 Horn 2003, 229f. 70 Geissler 1973.
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Die volle Hochschulausbildung aller Lehrer an den Universitäten der Länder Thüringen (Jena), Sachsen (Leipzig, Dresden) und Hamburg ist in den Zwanzigerjahren für die Sozialdemokratische Partei Österreichs zum Vorbild geworden. In der von ihr regierten Bundeshauptstadt Wien hat sie ab 1925 „bis zur gesetzlichen Neuregelung der Lehrerbildung mindestens viersemestrige hochschulmäßige Lehrerbildungskurse“ am „Pädagogischen Institut der Stadt Wien“ eingerichtet, die jedoch keine institutionelle Verbindung mit der Universität, geschweige die Eingliederung in sie erlangen konnten71. Nach diesen Hinweisen auf die relativ wenigen Ordinariate, die in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ganz der Pädagogik gewidmet waren72, noch ein Blick auf die Rekrutierung der Professoren, die in dieser Periode für Pädagogik oder deren Kombination mit Philosophie oder Psychologie ernannt worden sind. Als Nachweis der wissenschaftlichen Herkunft können die Themen ihrer Dissertationen dienen. Von den im Jahre 1919 vorhandenen 30 promovierten Professoren hatte nur ein einziger seine Dissertation über ein pädagogisches Thema geschrieben. 19 Dissertationen verteilten sich auf die Nachbarfächer Philosophie, Psychologie und Soziologie; die übrigen 10 auf andere Fächer wie Germanistik, Klassische Philologie, Geschichte und Naturwissenschaften. Von den 21 Habilitationsschriften waren nur 8 thematisch der Pädagogik zuzuordnen.73 Der wissenschaftliche Abstand von der Pädagogik war jedoch keineswegs immer mit Unkenntnis der Erziehungspraxis verbunden. Von den 77 Professoren, die in der Weimarer Republik zwischen 1919 und 1932 ernannt worden sind, „waren 46 (59,7 Prozent) als Lehrer ausgebildet und/oder als Lehrer tätig gewesen“. Allerdings kamen noch 41 (53,9 Prozent) aus den Nachbardisziplinen und 16 (21,1 Prozent) aus ganz anderen Fächern.74
71 Fadrus 1926, 12ff.; Fischl 1929, 42ff., 64ff. und 77f. 72 Daneben gab es auch noch von 1923 bis 1933 an der Universität Jena ein zweites Ordinariat für Erziehungswissenschaft, das mit Mathilde Vaerting (1884– 1977) besetzt war, und von 1922 bis 1929 ein „persönliches Ordinariat“ der Pädagogik ohne planmäßigen ordentlichen Lehrstuhl an der Universität Köln für Wilhelm Kahl (1864–1929). Horn 2000, 57 und 363; 49 und 260f. 73 Horn 2003, 68ff. Vgl. auch Lichtenstein 1964, 21ff. über die relativ späte „pädagogische Wendung“ in den Lebensläufen der meisten Pädagogiker aus der Generation vor dem Ersten Weltkrieg. 74 Horn 2003, 69f.
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Zwischen 1920 und 1932 hat es eine starke Erhöhung der Pädagogikprofessuren von 31 auf 79 gegeben. Das war zum Teil eine Folge der Einbindung der Volksschullehrer-Ausbildung in die Universitäten Jena, Leipzig, Dresden, Braunschweig und Hamburg. Von den 79 im Jahre 1932 bestehenden Professuren waren 31 zur Gänze der Pädagogik oder Erziehungswissenschaft gewidmet. Ungefähr die Hälfte der 79 Dienstposten (35) waren Ordinariate, 25 Extraordinariate (davon 16 außerplanmäßige) und 16 Honorarprofessuren für „Praktische Pädagogik“ oder „Erziehungswissenschaft“ im Dienst der Lehrerausbildung. In 39 Fällen war die Pädagogik noch mit der Philosophie verbunden.75 Die Vermehrung der Pädagogikprofessuren und die begonnene Akademisierung der Ausbildung der Volksschullehrer haben in der Weimarer Republik nach Vorarbeiten seit der Jahrhundertwende zu einer Hochflut pädagogischer Schriften mit wissenschaftlichem Anspruch geführt. Sie hing mit dem großen öffentlichen Interesse an Gesellschaftsund Lebensreform, Erziehungs- und Schulwesen als Mitteln zur Überwindung der Kulturkrise zusammen. Die pädagogische Vielgestaltigkeit und Fruchtbarkeit dieser Epoche lässt sich am besten aus dem „Lexikon der Pädagogik der Gegenwart“ von 1930/32 und den zeitgenössischen Darstellungen von Josef Dolch erkennen76. Darin wurde durchwegs auch über die österreichischen Verhältnisse berichtet. Unter den rund 200 Mitarbeitern des Lexikons waren jedoch nur 12 Österreicher: vorwiegend Lehrer, Theologen, ein Ministerialbeamter und ein Psychiater (Allers), aber kein Universitätsprofessor der Pädagogik. Von ähnlich repräsentativer Bedeutung für den deutschen Kulturraum, aber anders angelegt war das fünfbändige „Handbuch der Pädagogik“ von Herman Nohl und Ludwig Pallat (1928–1933). Von seinen 77 Autoren stammten nur 6 aus Österreich. Davon waren zwei Lehrer (Ludwig Erik Tesar77: „Die Schulreform in Österreich“, Bd. 4, 1928; Margarete Streicher78: „Das Schulturnen“, Bd. 3, 1930), zwei Heilpädagogiker (Emil Fröschel: „Sprachgestörte“, Bd. 2, 1929;
Regionale Verteilung bei Horn 2003, 70f. Spieler 1930/32; Dolch 1933/1968, 1929/1966. Vgl. auch Sturm 1930, Grunwald 1930. 77 Über Tesar vgl. Bamberger/Maier-Bruck 1966, 1140. 78 Über Streicher vgl. in diesem Werk Bd. 1, 834ff.; Bruckmüller 2001, 480. 75 76
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Theodor Heller79: „Schwachsinnige“, Bd. 2, 1929) und zwei Psychologen (Theodor Erismann80: „Die gegenwärtigen Richtungen in der Psychologie und ihre Bedeutung für die Pädagogik“, Bd. 2, 1929; Charlotte Bühler81: „Die seelische Entwicklung des Kindes und Jugendlichen“, Bd. 2, 1929). Es war bezeichnend für den damaligen Rückstand der österreichischen gegenüber der deutschen universitären Pädagogik, dass aus Österreich nur Schulpraktiker, Heilpädagogen und Psychologen, aber keine Pädagogiker an diesem Standardwerk beteiligt gewesen sind. Mit dem begonnenen Aufstieg des Faches an den Universitäten war es jedoch auch in Deutschland bald vorbei. In der nationalsozialistischen Diktatur zwischen 1933 und 1945 ist die Gesamtzahl der Professoren durch Entlassungen, vorzeitige Versetzung in den Ruhestand, Emigration und Todesfälle auf am Ende 38 Personen zurückgegangen. Gleichzeitig hat sich die Verknüpfung mit der Philosophie verringert, dagegen die Kombination mit der Psychologie verstärkt.82 Deren Ausbau im Interesse der Heerespsychologie83 ist teilweise auf Kosten der Pädagogik erfolgt. Er hat aber langfristig auch eine stärkere empirische Orientierung der Pädagogik begünstigt. Im Jahre 1942 hat von den 22 deutschen Universitäten nur noch eine einzige einen ordentlichen Lehrstuhl besessen, der ausschließlich der Pädagogik gewidmet war (Jena). „Soweit Pädagogik damals überhaupt noch als Lehrfach der Universität erschien, fristete sie in der Verbindung mit Philosophie oder Psychologie ein recht bescheidenes Randdasein“84. Zu dieser katastrophalen Schrumpfung des Faches hat nicht erst der Zweite Weltkrieg beigetragen, sondern schon früher das Desinteresse der nationalsozialistischen Regierung wie der Universitäten an wissenschaftlicher Pädagogik als Grundlage der Lehrerausbildung. Den Partei- und Regierungsfunktionären kam es im totalitären Staat bei der pädagogischen Aus- und Fortbildung von Lehrern und anderen
79 Über Heller vgl. Bd. 1, 794f. 80 Über Erismann vgl. Bd. 2, 425ff.; Bruckmüller 2001, 107. 81 Über Bühler vgl. Bd. 1, 389ff. 82 Horn 2003, 73ff., 84ff. 83 So wurde Kroh 1938 als Nachfolger von Aloys Fischer nach München auf den umbenannten „Lehrstuhl für Pädagogik und Psychologie (unter besonderer Berücksichtigung der Heerespsychologie)“ berufen: Schumak 2005, 608ff. 84 Kroh 1952, 40.
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Erziehern nicht auf breite und kritische wissenschaftliche Aufklärung an, sondern auf eine praktische Erziehungs- und Unterrichtslehre im Geist der nationalsozialistischen Weltanschauung. Den Universitäten war der Gedanke vom „reinen Wissenschaftswert der Pädagogik“ als „Wissenschaft von der Kulturtatsache Erziehung“85 neben anderen um ihrer selbst willen studierenswerten Kulturwissenschaften noch fremd. Es hätte für Absolventen eines Studiums der Pädagogik im Hauptfach über die Mitarbeit in der Lehrerbildung hinaus auch nur wenige angemessene Arbeitsplätze gegeben. In der universitären Ausbildung für das Lehramt an höheren Schulen war die Nachfrage nach promovierten Pädagogikern gering. In den ab 1937 geltenden Richtlinien des Reichserziehungsministers war weder ein wissenschaftliches Studium noch eine wissenschaftliche Prüfung in Pädagogik vorgesehen. Stattdessen war den Studierenden vor Beginn ihrer fachwissenschaftlichen Studien an der Universität vorgeschrieben, eine „einjährige gemeinsame Ausbildung … mit den Volksschullehrern“ durchzumachen. Sie hatte „in erster Linie den Zweck der Ausrichtung der gesamten Erzieherschaft auf ein einheitliches politisch-weltanschauliches Ziel“86. Diese Regelung war jedoch nur von kurzer Dauer, weil die aus den Pädagogischen Akademien hervorgegangenen „Hochschulen für Lehrerbildung“ 1941 geschlossen worden sind. An ihre Stelle sind nach österreichischem Vorbild fünfjährige Lehrerbildungsanstalten getreten, die auf der Hauptschule aufbauten.87 Für wissenschaftliche Pädagogik oder „Erziehungswissenschaft“ – wie das Fach noch in der „Ordnung der ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen“ geheißen hat88 – war damit „infolge der durch den Führer angeordneten Umstellung der Lehrerbildung“89 bis zum Ende der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland kein Bedarf mehr. 85 A. Fischer 1921, 284. Nachdruck bei Nicolin 1969, 259f. 86 Richtlinien für die Ausbildung für das Lehramt an höheren Schulen vom 16. Juli 1937 – E III c 1275. Amtsblatt des RMW, 3. Jg. (1937), 363–365. Vgl. in diesem Werk Bd. 1, 161ff. 87 Amtsblatt des RMW, 7. Jg. (1941), Nr. 254, 178; Schmidt-Bodenstedt 1942; Hehlmann 1942, 257. 88 Amtsblatt des RMW, 3. Jg. (1937), Nr. 522, 461–465. 89 Amtsblatt des RMW, 7. Jg. (1941), Nr. 254, 178. Ausführlich programmatisch zur „typenbildenden Kraft der nationalsozialistischen Lehrerbildung“ durch „Gemeinschaftserziehung“ in den „Gemeinschaftsheimen der Lehrerbildungsanstalten“ Schmidt-Bodenstedt 1944, 2ff.
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a 3 . A u f s t i e g d e r E r z i e h u n g sw i ss e n s c h a f t in der Bundesrepublik Deutschland seit 1965 und Rückschläge Nach dem Untergang der Hitler-Diktatur und dem Elend der Nachkriegszeit hat es auch im Schul- und Hochschulwesen rund zwei Jahrzehnte des Wiederaufbaues gebraucht. Durch Versäumnisse in der Nachwuchspflege und Kriegsverluste wie durch „Entnazifizierung“ und „Umerziehung“ („Re-education“) ist der niedrige Personalstand an Lehrern und Pädagogikern zunächst weiter geschrumpft.90 In den westlichen Besatzungszonen, aus denen 1949 die Bundesrepublik Deutschland hervorgegangen ist, ist es nur sehr langsam zur Errichtung ganz der Pädagogik gewidmeter Lehrstühle gekommen91. Für ihre Besetzung hat geeignetes Personal lange gefehlt. Im Jahre 1954 gab es an den damals 31 wissenschaftlichen Hochschulen erst 18 ordentliche Professuren für Pädagogik, die teilweise erneut mit Philosophie und/oder Psychologie verbunden waren92. Daneben gehörten zum Personalstand für das Fach Pädagogik noch 4 außerordentliche und 11 außerplanmäßige Professoren sowie 5 Privatdozenten93. Noch 1960 bestand der habilitierte Nachwuchs nur aus sieben Personen. Zwischen 1960 und 1965 sind kaum mehr als 20 Pädagogen promoviert worden94. Der Wiederaufbau des Faches war in erster Linie der schulpolitischen Rückkehr zur akademischen Ausbildung der Volksschullehrer zu verdanken95. Die fachschulmäßige Ausbildung an Lehrerbildungsan 90 Vgl. Froese 1969; Heinemann 1981; Füssl 1995. 91 Kersting 2008. 92 So in München für Psychologie und Pädagogik (Martin Keilhacker), Kiel für Pädagogik und Psychologie (Fritz Blättner), Freiburg für Philosophie und Erziehungswissenschaft (Eugen Fink), Tübingen für Philosophie und Pädagogik (Otto F. Bollnow), Mainz für Philosophie, Psychologie und Pädagogik (Karl Holzamer), Würzburg für Philosophie und Pädagogik (Hans Meyer), Frankfurt für Philosophie und Pädagogik (Heinrich Weinstock), Bonn für Pädagogik und Philosophie (Josef Derbolav) usw. Kurzbiographien bei Horn 2003, 191ff.; Böhm 2005. 93 Guthmann 1964, 36f. 94 Baumert/Roeder 1990, 93. 95 Vgl. das „Gutachten über die Ausbildung der Lehrer an Volksschulen“ des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen vom 5. September 1955 und das „Gutachten zur Ausbildung von Lehrern“ vom 2. Mai 1965. Bohnenkamp/Dirks/Knab 1966, 739–751 und 757–824.
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stalten wurde in allen Bundesländern schrittweise durch Studiengänge an Pädagogischen Akademien, Pädagogischen Hochschulen oder Universitäten ersetzt, für die das Zeugnis der Hochschulreife erforderlich war. Die wissenschaftliche Berechtigung und Grundlage dazu wurde in der Pädagogik als der Berufswissenschaft der Lehrer (an Volks- und Hauptschulen) gesehen. Das Argument lautete: „Ein wissenschaftliches Studium aller Fächer und Bereiche, die im Unterricht der Volksschule vertreten sind, ist unmöglich. … Gegenstand der wissenschaftlichen Bemühungen der künftigen Volksschullehrer ist die Pädagogik, in welcher philosophisches Denken und die erzieherisch bedeutsamen Probleme der Psychologie und der Soziologie inbegriffen sind“96. Diese schulpolitische Entscheidung war programmatisch schon 1919 im Artikel 143 der Weimarer „Verfassung des Deutschen Reichs“ getroffen worden97. Für ihre Durchführung hat es auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch lange an Geld und an erziehungswissenschaftlich ausgebildetem Personal auf Habilitations-Niveau gefehlt98. Erst reiches Steueraufkommen, starke Geburtenjahrgänge, erhöhte Schülerzahlen, größerer Lehrerbedarf, Universitätsneugründungen, erweiterte Lehrerausbildung und deren Eingliederung in die wissenschaftlichen Hochschulen haben zwischen 1965 und 1980 zu einer enormen Vermehrung der Professuren für Pädagogik geführt: von 14 im Jahre 195399 über 23 im Jahre 1960100 und 196 im Jahre 1966 auf 1.054 im Jahre 1983 (davon 209 an Pädagogischen Hochschulen)101. Rund die Hälfte dieser Dienstposten waren ordentliche Professuren. Aus Mangel an habilitiertem Nachwuchs hat diese Expansion „zu einer planlosen Besetzungspolitik zahlreicher Lebenszeit-Professuren mit jungen, zum Teil fachfremden Wissenschaftlern geführt“102. Durch Fehlbesetzungen sind in Lehre und Forschung vielfach Qualitätsmän-
96 Deutscher Ausschuss, Gutachten vom 5.9.1955. Bohnenkamp u.a. 1966, 743. 97 „Die Lehrerbildung ist nach den Grundsätzen, die für die höhere Bildung allgemein gelten, für das Reich einheitlich zu regeln“. Schuster 1985, 124. 98 F. Schneider 1957, 36ff. 99 Lenzen 1991, 1086. 100 Baumert/Roeder 1990, 86; Rauschenbach/Christ 1994, 76f. 101 Baumert/Roeder 1990, 85f. (ohne Fachdidaktik). Die Zahl der Lehramtsstudenten hat sich binnen 10 Jahren mehr als verdoppelt: von 118.189 im Jahre 1966 auf 251.066 im Jahre 1975. 102 Lenzen 1991, 1088.
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gel eingetreten, deren nachteilige Folgen für das wissenschaftliche Niveau und Ansehen des Faches wie für die berufliche Kompetenz von Absolventen noch immer fortwirken. Noch wesentlicher als die Akademisierung der PflichtschullehrerAusbildung war für den Ausbau und die Differenzierung der Pädagogik als Universitätsdisziplin die Einführung von Magister-, Diplom- und Promotionsstudiengängen der Pädagogik bzw. Erziehungswissenschaft. Sie hat um 1969/70 begonnen103. Die Menge der Studierenden der Pädagogik als Hauptfach betrug 1966 erst 1.024 Personen. Bis 1983 ist sie auf 36.719 Personen angestiegen104. Das war also eine Vermehrung um das 36fache innerhalb von 17 Jahren. Der weitaus größte Teil der Studierenden steckte im Diplomstudiengang. Dieser ist auf Anregung der „Konferenz der westdeutschen Universitätspädagogen“ und der 1963 gegründeten „Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft“ in der damaligen Periode bildungspolitischer Euphorie erstaunlich schnell eingeführt worden, ohne zu prüfen, „ob das dazugehörige Fach die nötigen inhaltlichen und organisatorischen Ressourcen aufbieten kann, und ohne Rücksicht darauf, ob Berufsfeld und Berufsbild klar konturiert sind“105. Zu verdanken war das der einmalig „günstigen Konstellation, dass die politisch-gesellschaftliche Nachfrage nach pädagogischem Expertenwissen und nach pädagogischen Experten im Rahmen der Bildungsreform und der Entwicklung des Sozial- und Wohlfahrtsstaates auf ein Angebot und Versprechen der akademischen Pädagogik traf, diese Nachfrage befriedigen zu können. Dabei wurde von der Seite der akademischen Pädagogik zugleich das Interesse verfolgt, die Pädagogik endgültig als anerkanntes Fach an der Universität zu etablieren. Für die Abnehmer wie für die Anbieter schien der Königsweg in der Verwissenschaftlichung der Ausbildung zu bestehen, die wiederum der Professionalisierung der pädagogischen Arbeit zugute kommen sollte. Der daraufhin entwickelte Diplom-Studiengang stand daher von Beginn an in der Spannung, tragendes Element einer eigenständigen akademischen Disziplin sein und zugleich durch wissenschaftliche Ausbildung auf eine Vielfalt pädagogischer Berufe vorbereiten zu sollen.“106 Beide Erwartungen haben sich bald als trügerisch erwiesen. Die Diszi
103 104 105 106
W. Böhm 2005, 162f.; Horn 1999. Baumert/Roeder 1990, 85. Horn 1999, 302. Horn 1999, 297f.
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plin war viel zu unausgereift und verworren, um das Versprochene bieten zu können. Das hat am starken Zulauf Studierender aber wenig geändert. Nach dem Beitritt der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone und späteren „Deutschen Demokratischen Republik“ zur Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1990 hat die Menge der Hauptfach-Studierenden im wiedervereinigten Deutschland 1996 den bisherigen Höchststand von 52.475 Personen erreicht107. Da das erziehungswissenschaftliche Begleitstudium inzwischen ein obligatorischer Bestandteil aller Lehramtsstudien geworden ist, haben die Lehr- und Prüfungspflichten des erziehungswissenschaftlichen Personals für die Studierenden der Lehramtsstudiengänge stark zugenommen. Deren Zahl hat 1996 den Stand von 220.970 Personen erreicht108. Zählt man diese mit den Hauptfach-Studierenden des gleichen Jahres zusammen, dann ergibt das die Gesamtmenge von 273.445 Studierenden. Damit gehörte die Erziehungswissenschaft zu den größten Ausbildungsfächern. Allerdings war ihr Beitrag zu den Lehramtsstudien mengenmäßig relativ gering und zunehmend wieder rückläufig109. Die Expansion der Pädagogik als Haupt-Studienfach war vor allem auf die Studienwahl von Frauen zurückzuführen. Der Frauenanteil bei den Studierenden betrug im Jahre 2002 bereits rund 75 Prozent. Er ist seither auf über 80 Prozent angestiegen. „Die Hälfte aller Mittelbaustellen und mehr als ein Viertel aller Hochschullehrerstellen werden inzwischen von Frauen besetzt.“110 Die rasante Vermehrung der Dienstposten für hauptberufliche Hochschullehrer und Wissenschaftliche Mitarbeiter der Pädagogik ist um 1980 zu Ende gegangen. Sie war zum Teil auf die Integration der Pädagogischen Hochschulen in die Universitäten zurückzuführen. Zwischen 1982 und 1997 hat die Erziehungswissenschaft ein Viertel ihrer Professuren wieder verloren111. Im Jahre 2006 gab es nur noch 843 Professuren und 2.296 Stellen für Wissenschaftliche Mitarbeiter, die sehr unterschiedlich auf Bundesländer und Universitäten verteilt
107 Tippelt/Rauschenbach/Weishaupt 2004, 42. In dieser Gesamtmenge sind 40.505 Diplom- und 11.970 Magister-Studiengänge enthalten. 108 Ebenda, 55. 109 Ebenda, 43. – „In den Lehramtsstudiengängen verschwindet die Erziehungswissenschaft“: ebenda, 78. 110 Tippelt u.a. 2004, 12. 111 Tippelt/Rauschenbach/Weishaupt 2004, 64.
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waren112. Zieht man die verselbständigten Teildisziplinen Sonderpädagogik und Sozialpädagogik ab, dann verfügte die Erziehungswissenschaft im Jahre 2006 nur noch über 616 Professuren und hat im Vergleich zu 1995 346 Professuren (–36 %) verloren. Im gleichen Zeitraum ist die Menge der sonderpädagogischen Professuren um 30 auf 144 Professuren (+26 %) angestiegen, die der Sozialpädagogik von 57 auf 83 (+46 %) gewachsen.113 Für die Zukunft wird weiterer Stellenabbau befürchtet. In jüngster Zeit hat sich das Erscheinungsbild der Pädagogik auch an den deutschen Universitäten durch die Auswirkungen der BolognaBeschlüsse der Bildungsminister der Europäischen Union vom 19. Juni 1999 zur Vereinheitlichung des Hochschulwesens114 radikal verändert. Die langfristigen Folgen der Umstellung von Diplom- auf Bachelorund Masterstudiengänge im Hauptfach Erziehungswissenschaft wie in der Lehrerausbildung für Studien, Lehre und Forschung sind noch nicht erkennbar115. Da es in diesem Werk vorwiegend um die Qualität der Lehrinhalte des Faches geht, können die neuesten organisatorischen Veränderungen hier unberücksichtigt bleiben. Diese Angaben zur quantitativen Entwicklung des Faches in Deutschland müssten nun ergänzt werden durch Informationen über die qualitativen Veränderungen beim Lehrpersonal und den Studierenden wie bei Lehrinhalten und Forschung und deren Erkenntniswert und erziehungspraktischen Nutzen. Eine ähnlich konkrete Darstellung und kritische Bewertung („Evaluation“), wie sie in diesem Werk für Österreich versucht worden ist, ist hier unmöglich. Sie ist aber auch nicht nötig, weil sich die Entwicklungstendenzen in Deutschland kaum von jenen in Österreich unterscheiden116. Deshalb genügen wenige Hinweise. Die durch die Akademisierung der Ausbildung von Lehrern und anderen Erziehern erzwungene „Verwissenschaftlichung“ der Pädagogik und ihres universitären Personals117 hat einen Wandel der Lehrinhalte 112 Rauschenbach u.a. 2008, 81. 113 Tillmann u.a. 2008, 89. 114 Boerma 2007; Balzer/Rusconi 2007; Grunert 2012. 115 Über die Widersprüche und Nachteile der leichtsinnig eingeführten BolognaStudien-„Reform“ für die erziehungswissenschaftlichen Studiengänge sowie Qualität und Ansehen der Erziehungswissenschaft in Deutschland vgl. u.a. Horn 2005. 116 Vgl. u.a. Müller/Tenorth 1979; Tenorth 2006 und 2010, 335ff.; Kersting 2008; Horn 2011. 117 Vgl. Neumann/Oelkers 1984.
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und ihrer Vermittlung nach sich gezogen, der plakativ als „stille Revolution“118 bezeichnet worden ist. Das Fach ist kompliziert, zersplittert, unübersichtlich, grenzenlos verschwommen und praktisch unbrauchbar geworden. „Die Erziehungswissenschaft wurde für ihre Abnehmer in dem Augenblick dubios, als sie sich ernsthaft verwissenschaftlichte, also voraussetzungsreich und schwierig wurde. Eine solche Wissenschaft arbeitet für Spezialisten, aber nicht für die Praxis“.119 Sie hat „nur noch wenig mit der Lehrerbildung zu tun“. „Sie ist, wie viele Universitätsdisziplinen, primär eine Berufswissenschaft für Wissenschaftler geworden“. Sie hat sich entgegen allen Visionen der Lehrerverbände und Bildungspolitiker „nicht als kompetenzvermittelnde Berufsdisziplin der Lehrer … ausbilden können“.120 Bei der Rekrutierung des Nachwuchses für Assistenten-, Dozentenund Professorenstellen hat die Besetzung mit fachfremden Personen – gemessen am Promotionsfach bzw. den Themen von Dissertation und Habilitationsschrift – zugenommen. Dabei spielt die Vorstellung mit, Erziehungswissenschaft sei ein multidisziplinäres Fachgebiet. Die damit verbundene Übernahme fachfremder Sichtweisen und Begriffe, Theorien und Methoden hat wesentlich zur Zersplitterung, Richtungsvielfalt und Unübersichtlichkeit der Pädagogik beigetragen. Generell „hat die lebensgeschichtliche Bindung an die Pädagogische Praxis abgenommen“. „Mit der Akademisierung der Hochschullehrerkarriere wurde praktische Berufserfahrung durch die theoretische Idee einer unmittelbar praktischen Wissenschaft ersetzt“.121 Diese vage Idee ist allerdings unklar geblieben. Zurückgegangen ist auch die „theoretischhistorische Orientierung“ geisteswissenschaftlicher Tradition, ohne dass eine breite „empirische Orientierung“ an ihre Stelle getreten wäre122. Zum „disziplinären Wandel“ gehört auch die Vernachlässigung der Allgemeinen Pädagogik zugunsten verselbständigter Teildisziplinen wie Schul-, Sozial-, Berufs-, Wirtschafts- und Heilpädagogik sowie zahlreicher neu erfundener Spezialpädagogiken123. Der Konsens über
118 Baumert/Roeder 1990, 114ff. und 1994. 119 Neumann/Oelkers 1984, 241. 120 Ebenda, 246. 121 Baumert/Roeder 1990, 119 und 1994, 45. 122 Baumert/Roeder 1990, 119. 123 Macke 1994; Winkler 1994; Brinkmann/Petersen 1998. Zu Aufgaben, Inhalt und Problematik der Allgemeinen Pädagogik vgl. Uhl 1998.
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den Zweck und die Kernfragen der Pädagogik ist verloren gegangen. Ihr Gegenstand ist „so weit ausgeufert, daß er wissenschaftlich nicht mehr zusammenhängend bearbeitet werden kann“.124 Im „Datenreport Erziehungswissenschaft 2004“ der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft war dazu Folgendes zu lesen: „Eine Orientierung an Vorstellungen eines Kerncurriculums … ist kaum auszumachen; die Erziehungswissenschaft bleibt bzw. wird in den Studiengängen amorph“. Das „gilt fast gleichermaßen für die Hauptfachstudiengänge wie für die Lehramtsstudiengänge“.125 Auch in den ihr gewidmeten Lehrbüchern und Einführungswerken ist die Erziehungswissenschaft in den letzten Jahrzehnten einer „disziplinären Homogenisierung“ nicht näher gekommen126. Im Hauptfachstudium ist es durch den von der Bologna-Deklaration erzwungenen Wegfall des Diplomstudiums und seiner bundesweit gültigen Rahmenordnung in den 16 Bundesländern zu einer weiteren Vervielfältigung beliebig zusammengesetzter Studiengänge gekommen. „Es stellt sich daher die Frage, ob es die Erziehungswissenschaft als erkennbares selbständiges Fach noch geben wird, wenn die Entwicklung so weiter verläuft wie bisher. Die Entwicklungen in der Lehrerbildung scheinen ebenfalls eher die (unterschiedlich deutlichen) Konturen der Erziehungswissenschaft weiter zu verwischen und den prekären Status der Disziplin fortzuschreiben als sie auf einem einheitlich definierten Niveau … zu stabilisieren“.127 Diese und andere hier unerwähnte Veränderungen der universitären Pädagogik sind in Deutschland und Österreich ähnlich verlaufen. Unterschiede sind hauptsächlich verfassungs- und schulrechtlich bedingt: einheitliche zentrale Universitäts- und Schulgesetzgebung in Österreich, föderalistische Gesetzgebung in den deutschen Bundesländern; Ausbildung der Pflichtschullehrer an schulpraktisch orientierten Päd 124 Brezinka 2003, 138. 125 Tippelt/Rauschenbach/Weishaupt 2004, 38. 126 Erziehungswissenschaft, 19 (2008), Heft 36, 115. 127 Horn/Wigger/Züchner 2008, 38f. (im Auftrag der DGfE). Über die „Reduzierung und zum Teil auch Marginalisierung erziehungswissenschaftlicher Grundlagenausbildung“ in den erziehungswissenschaftlichen Hauptfachstudiengängen im „Bologna-Prozeß“ vgl. auch Grunert 2012. Es falle bereits schwer, „Studiengänge als erziehungswissenschaftliche zu fassen“ (40, 42). Das sei auch eine Folge der „bereits im Vorfeld zu Bologna vorhandene(n) Unbestimmtheiten im disziplinären Selbstverständnis“ (43). Erziehungswissenschaft sei noch immer eine „identitätssuchende Disziplin“ (Grunert 2012a, 573) und befinde sich „auf dem Rückzug“.
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agogischen Akademien bzw. Hochschulen in Österreich, an stärker wissenschaftlich orientierten Hochschulen bzw. Universitäten in Deutschland. Außerdem weist Deutschland schon wegen seiner zehnmal größeren Bevölkerungsmenge und kulturellen Vielfalt mehr Besonderheiten und reichere personelle Reserven für innovative Leistungen und potentielle Eliten auf. 3 b. P ä d a g o g i k
an
S c hw e i z e r U n i v e r s i t ä t e n
Der Vergleich mit der Schweiz liegt nahe, weil sie überwiegend zum deutschen Sprach- und Kulturraum gehört. Ihre Hochschulen, Gymnasien und Lehrerseminare sind nach deutschen Mustern eingerichtet worden. Viele Universitätsprofessoren sind aus Deutschland gewonnen worden und viele Schweizer Akademiker haben zeitweise in Deutschland studiert und gearbeitet. Die philosophische, psychologische und pädagogische Gedankenwelt war überwiegend an deutschen Autoren orientiert. Umgekehrt wurde der Zürcher Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1827) in Deutschland und Österreich überschwänglich als „der einflußreichste aller deutschen Pädagogen“ gerühmt1, obwohl er kein Universitätspädagogiker gewesen ist. Für Österreich ist die Geschichte der Pädagogik an den Schweizer Universitäten vor allem seit seinem Wandel zum Kleinstaat nach dem Ersten Weltkrieg von Interesse. Wie ist im benachbarten Kleinstaat Schweiz unter ähnlichen Bedingungen begrenzter Geldmittel und Mangel an erziehungswissenschaftlichem Personal die doppelte Aufgabe zu lösen versucht worden, praxisnahe Lehrerausbildung und Verwissenschaftlichung des Faches durch empirische Forschung und Theoriebildung zu leisten? Wie in Deutschland und Österreich ist das Fach Pädagogik auch an den Schweizer Universitäten zunächst als berufskundliches Nebenfach der akademischen Ausbildung künftiger „Gymnasiallehrer“ (Deutschland/Schweiz) oder „Mittelschullehrer“ (Österreich/Schweiz) und „Sekundarlehrer“ (Schweiz2) eingeführt worden. Das geschah in 1 Dittes 1878, 977. Ziegler 1917, 302 nannte ihn noch übertriebener das „größte pädagogische Genie, das je gelebt hat“. Zur Wirkungsgeschichte in der Schweiz vgl. Osterwalder 1996, zu Diesterwegs Beitrag zum „pädagogischen Kult“ um Pestalozzi in Deutschland ebenda, 300ff. 2 Zur Sekundarschule und der Ausbildung ihrer Lehrer vgl. Simmen 1951; Kleinert 1951; Ziegler 1983 (an der Universität Zürich); Lussi-Borer/Criblez 2011.
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der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zuerst durch Lehraufträge an Professoren der Philosophie. Das Angebot an pädagogischen Lehrveranstaltungen war anfangs noch „spärlich und undifferenziert“3. Es hat erst nach 1870 zugenommen, ist aber jahrzehntelang ein bloßes Angebot ohne Verpflichtung der Lehramtsstudierenden zur Teilnahme und Prüfung gewesen4. Dabei gab es zwischen den drei kantonalen Universitäten der deutschen Schweiz in Basel, Bern und Zürich sowie der doppelsprachigen Universität Freiburg erhebliche Unterschiede. Gemeinsam war ihnen jedoch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, dass das Fach Pädagogik der Philosophie untergeordnet geblieben ist5. Zunächst ein Blick auf diese frühe Periode, die etwa zwischen 1950 und 1965/1970 zu Ende gegangen ist.
b 1. Basel, Bern, Zürich, Freiburg, G e n f b i s e t wa 1 9 5 0 Am stärksten und längsten hat die Abhängigkeit von der Philosophie an der Universität Basel bestanden6. Von 1875 bis 1883 war dort der deutsche neuidealistische Religionsphilosoph Hermann Siebeck (1842– 1920) als „ordentlicher Professor für Philosophie und Pädagogik“ tätig7. Geboren in Eisleben (Provinz Sachsen), zunächst Gymnasiallehrer, 1872 in Halle für Philosophie habilitiert, hat er publizistisch zur Pädagogik nichts beigetragen und ist bald nach Gießen abgewandert. Von 1883 bis 1889 ist ihm der in Galizien geborene Österreicher Johannes Volkelt (1848–1930) gefolgt, der über Geschichte der Pädagogik und Allgemeine Pädagogik gelesen hat, aber bald nach Würzburg berufen worden ist8.
3 Nur die Theologischen Fakultäten haben ihren Studenten „mit einer gewissen Regelmäßigkeit“ im Rahmen der „Praktischen Theologie“ Veranstaltungen über Pädagogik angeboten. Späni 2002, 82f. 4 Zollinger 1936, 128ff. 5 Späni 2002, 93; Herzog 2002, 268ff. 6 Zum Bildungswesen im Kanton Basel-Stadt vgl. Wenk 1936; zur Pädagogik an der Universität Campana/Criblez 2011. 7 Siebert 1905, 493–502. Kurzbiographie: Meyer, Bd. 18, 1908, 430; Campana/ Criblez 2011, 96, 534. 8 Campana/Criblez 2011, 97, 537; Kurzbiographie: Schmidt/Schischkoff 1978, 731.
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Von 1889 bis 1916 hat der aus Deutschland stammende Theologe Carl Friedrich Heman (1839–1919) als „außerordentlicher Professor mit Vertretung einzelner philosophischer Fächer, insbesondere der Pädagogik“ gelehrt9. Jahrelange Bemühungen um ein volles selbständiges Ordinariat für Pädagogik sind an der Fakultät gescheitert. Von 1920 bis 1922 war der aus Dorpat (Estland) stammende Deutsche Otto Braun (1885–1922), ein Anhänger des Neuidealismus im Anschluss an Schelling mit Erfahrung als Gymnasiallehrer in Hamburg, „ordentlicher Professor für Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Psychologie und der Pädagogik“10. Etwas mehr Bedeutung hat die Pädagogik an der Universität Basel erst zwischen 1922 und 1944 durch Paul Häberlin (1878–1960) gewonnen. Die Kantonsregierung wollte eine vorwiegend diesem Fach dienende Besetzung und hat die Professur umbenannt in „Lehrstuhl für Pädagogik und allgemein philosophische Disziplinen“11. Davon abweichend hat Häberlin jedoch seine Lebensarbeit einem eigenen System der Philosophie gewidmet und zwar in ihrer spekulativsten Form als Metaphysik „auf rein apriorischer Basis unter vollkommenem Verzicht auf Verwendung empirischer Daten und empirischer Generalisationen“12. Er hat sich daneben aber auch der normativen Philosophie der Erziehung gewidmet und die Praktische Pädagogik bereichert. Häberlin13 hatte sich nach abgeschlossenem theologischem Studium und Ordination zum evangelischen Pfarrer der Philosophie, Psychologie und Biologie zugewendet und 1903 mit einer Dissertation „Über den Einfluß der spekulativen Gotteslehre auf die Religionslehre bei Schleiermacher“ in Basel das Doktorat der Philosophie und das Lehramtsdiplom in den Fächern Zoologie und Botanik, Geographie und Mathematik erworben. Er hat als Realschullehrer in Basel und von 1904 bis 1909 als Lehrer für Pädagogik und Psychologie sowie Direktor des Thurgauischen Lehrerseminars in Kreuzlingen gearbeitet. 1908 hat er mit einer kritischen Habilitationsschrift über „Herbert Spencers ,Grundlagen der Philosophie‘“ an der Universität Basel die Lehrbefug-
9 Späni 2002, 84; Campana/Criblez 2011, 97, 101, 525. 10 Späni 2002, 84; Campana/Criblez 2011, 104; Meyer, Bd. 2, 1925, 801. 11 Kamm 1977, 419. Ausführliche Darstellung der Besetzungsvorschläge mit den Deutschen Aloys Fischer und Friedrich Wilhelm Foerster als Konkurrenten ebenda 412ff. 12 Stegmüller 1969, 342f.; zur Kritik vgl. auch Lehmann 1943, 377–388. 13 Kamm 1952, 1966 und 1977/1981; Kurzbiographie: W. Böhm 2005, 269.
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nis als Privatdozent für Philosophie erlangt. Von 1914 bis 1922 war er „ordentlicher Professor für Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Psychologie und der Pädagogik“ an der Universität Bern. Begünstigt durch die Erfahrungen als Lehrer, Lehrerbildner, Psychologe und Vater dreier Töchter hat er sich in seiner Philosophie der Erziehung nicht auf eine abstrakte religiös-moralische Wesensschau des Erziehungszieles beschränkt14, sondern auch praxisnahe „Grundzüge einer allgemeinen Erziehungslehre“ als Methodenlehre15 und anschauliche Schriften über Kinderfehler und Elternaufgaben veröffentlicht. Als „pädagogisches ,Testament‘“16 ist 1953 eine „Allgemeine Pädagogik in Kürze“ erschienen. Sie sollte „der Praxis zur Orientierung dienen“. „Pädagogik ist Anwendung philosophischer Einsicht auf eine besondere Situation des menschlichen Lebens“. „Ohne philosophische Begründung stände Pädagogik in der Luft“.17 Bei Häberlin erfolgte die „philosophische Begründung“ jedoch nicht aus empirischen und rationalen Erkenntnissen, sondern aus einem mystischen „Glauben an das wahrhaft Seiende als Eines und ewiges“: „Ohne innere Offenbarung im Glauben keine wirkliche Erkenntnis“18. So sind viele treffende pädagogische Beobachtungen, Reflexionen und Ratschläge mit seinem privaten System einer universalen „religiösen Philosophie“ vermengt worden, das mit Wissenschaft und rationaler Philosophie unvereinbar war. Unter diesen Bedingungen hat sich wissenschaftliche Pädagogik an der Universität Basel schlecht entwickeln können. Dazu hat beigetragen, dass „der professionsorientierte Teil der Lehrerbildung für die Lehrkräfte der Sekundarstufe I und II mit dem Lehrerbildungsgesetz von 1922 aus der Universität ausgegliedert“ und in das 1925 eröffnete Kantonale Lehrerseminar verlegt worden ist19, das der Ausbildung der Lehrer aller Stufen und Fächer zu dienen hatte20. Häberlins Professur ist nicht nachbesetzt worden und ein eigenes Ordinariat für Pädagogik
14 Häberlin 1925. 15 Häberlin 1920. 16 Häberlin 1959, 136. Zum Inhalt und zur Entstehungsgeschichte vgl. Kamm, Bd. 2, 1981, 466ff. 17 Häberlin 1953, 7. 18 Häberlin 1936, 85, 89. Zur grundsätzlichen Kritik an der Tarnung des Mythos als „Philosophie“ vgl. Topitsch 1988, 124ff. 19 Criblez 2002, 432. 20 Campana/Criblez 2011, 105ff.
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hat bis zum Jahre 2008 gefehlt. Institutionell ist das Fach bis dahin nur als „Abteilung Pädagogik“ im „Philosophischen Seminar“ vertreten gewesen21. Die Pädagogik an der Universität Bern22 hat 1870 mit dem Schulmann Hans Rudolf Rüegg (1824–1893) begonnen. Nach dem Besuch des Zürcher Lehrerseminars in Küsnacht war er als Volksschullehrer, später als Übungsschullehrer am Seminar tätig und hat daneben Vorlesungen an der Universität Zürich besucht. 1856 wurde er Direktor des Lehrerseminars in St. Gallen und 1860 des bernischen Lehrerseminars in Münchenbuchsee. 1870 ernannte ihn die Berner Regierung zum ersten Professor der „Pädagogik“ auf einem darauf spezialisierten Extraordinariat, das 1885 in ein Ordinariat umgewandelt, aber 1893 nach dem Tod des Inhabers wieder abgeschafft wurde.23 Parallel dazu wurde am Lehrstuhl für klassische Philologie zwischen 1876 und 1914 das Fach „Gymnasialpädagogik“ gelehrt. Aber „die Pädagogik lag an der Fakultät darnieder“24. Zur wissenschaftlichen Vertretung der Pädagogik kam es erst 1906 durch die Berufung des Würzburger Psychologen Ernst Dürr (1878– 1913) zum außerordentlichen „Professor für Pädagogik und Psychologie“. Sein Dienstposten wurde schon 1908 umbenannt in eine „ordentliche Professur für Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Psychologie und der Pädagogik“25. Bei dieser Widmung ist es bis 1946 geblieben. Dürr war Schüler und Assistent des Philosophen und Experimentalpsychologen Oswald Külpe (1862–1915)26. Er hat in Bern sogleich ein „pädagogisch-psychologisches Seminar“ gegründet. Seine „Einführung in die Pädagogik“ (1908) war überwiegend der „Psychologie der Erziehung“ und der „Pädagogischen Wertlehre“ auf empirischer Grundlage gewidmet.27 „Die Pädagogik muß in die Tiefe, nicht
21 Hascher 2004, 206. 22 Zum Bildungswesen im Kanton Bern vgl. Kleinert 1936. 23 Kurzbiographie: Beyer 1903, 259f.; Scandola 1984; bei SPÄNI 2002, 87 irrtümlich mit dem Vornamen Heinrich erwähnt; Hofstetter/Schneuwly 2011, 532. 24 Feller 1935, 480. 25 Späni 2002, 87 und 2011, 76ff. 26 Kurzbiographie: Schischkoff 1969, 341. 27 Kurzbiographien: Meyer, Bd. 3, 1925, 1122; Grunwald 1930; Busemann 1952.
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in die Breite weiter ausgebaut werden“. Den Pädagogen tue „vor allem grundlegende Einsicht in die Gesetzmäßigkeit des Seelenlebens not“28. Nach Dürrs frühem Tod ist sein Lehrstuhl von 1914 bis 1923 mit Paul Häberlin besetzt worden29. Dieser las in jedem Semester zwei Wochenstunden über „Systematische Pädagogik“, von 1917 an „Erziehungslehre“ genannt. Sie war auch für die Studierenden der der Universität angegliederten „Lehramtsschule“ bestimmt. Im ersten Teil wurde die ethische (oder philosophische) Grundlegung behandelt, im zweiten Teil „Methodik und Kinderpsychologie“. Bis zu seinem Wechsel nach Basel hat Häberlin in Bern 25 psychologische, 17 pädagogische und 15 philosophische Vorlesungen gehalten.30 Seine Lehrtätigkeit war also vorwiegend psychologisch-pädagogisch ausgerichtet. In dieser Lebensperiode sind auch drei pädagogische Schriften entstanden31. Auf Häberlin ist mit der gleichen Lehrstuhl-Widmung von 1923 bis 1946 Carlo Sganzini (1881–1948) gefolgt32. Es lagen damals 52 Bewerbungen vor. „Das Gutachten der Fakultät ging von der Ansicht aus, daß im Lande Pestalozzis ein Lehrstuhl für Pädagogik, wenn möglich, mit einem Schweizer besetzt werden sollte.“ Deshalb hat die Regierung Sganzini gewählt.33 Er hatte nach kaufmännischer Ausbildung als Lehrer an der Handelsakademie St. Gallen begonnen und über die Mathematik zur Philosophie gefunden. 1912 hat er in Bern mit einer Dissertation über „Mengen und Mächtigkeiten“ promoviert und sich 1915 mit einer Arbeit über die mathematischen und epistemologischen Antinomien für Philosophie und Psychologie habilitiert. Vor der Ernennung zum Ordinarius für Philosophie in Bern war er als Direktor des Tessiner Lehrerseminars in Locarno tätig. Der Pädagogik hat Sganzini durch eine fundamentalontologische Kategorien- und Strukturlehre auf höchstem Abstraktionsniveau eine „rein wissenschaftlich-philosophische Grundlage“ zu geben versucht. Seine „Lehre sagt in ihren Kernbegriffen, dass sich alles Sein und Geschehen einem Rhythmus unterordnet, der sich fortbewegt zwischen den kategorisch gefaßten Phasen Antizipation (Vorwegnahme, Bereit-
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Dürr 1908, V, VIII. Kamm, Bd. 1, 1977, 317ff. Ebenda, 335f. Ebenda, 350ff. Späni 2002, 88; Kurzbiographie: G. Fankhauser 1952. Feller 1935, 481.
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schaft usw.) und Verwirklichung“34. Diese sterile „Philosophie der Pädagogik“ ist im Fach ebenso unbeachtet geblieben wie ihr Autor. Nach seiner Pensionierung wurde die Pädagogik zunächst auf zwei Lehrstühle verteilt. Der langjährige Gymnasiallehrer Arthur Stein (1888–1978), der sich 1920 in Bern für Philosophie habilitiert hatte, wurde 1946 zum ordentlichen Professor für „Philosophie, theoretische Pädagogik und Geschichte der Pädagogik“ ernannt und war bis 1955 tätig35. Sein Hauptwerk war dem Thema „Pestalozzi und die Kantische Philosophie“ gewidmet (1927). Der Primarlehrer und Direktor des Staatlichen Lehrerinnenseminars in Thun Jakob Robert Schmid (1909–1977) erhielt 1949 eine halbe(!) außerordentliche Professur für „praktische Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der psychologischen und pädagogischen Problematik der Schule“36. Nach der Pensionierung von Stein wurde erstmals eine spezialisierte ordentliche Professur für „Pädagogik mit Einschluß ihrer philosophischen und psychologischen Grundlagen“ geschaffen und ab 1955 mit Schmid besetzt. Im Unterschied zu Basel und Bern hatte die Universität Zürich37 zwischen 1870 und 1950 als Professoren der Philosophie mit einem Lehrauftrag für Pädagogik relativ viele berühmte Namen aufzuweisen. Die meisten stammten aus Deutschland und haben die Schweiz nach kurzem Aufenthalt wieder verlassen – häufig ohne ein Lehrangebot in Pädagogik gemacht zu haben. Dazu gehörte Friedrich Albert Lange (1828–1875), der von 1870 bis 1872 ordentlicher Professor für „systematische Philosophie, Pädagogik und Psychologie“ war, bevor er einem Ruf nach Marburg gefolgt ist. Er hatte nach seinem Studium unter anderem sechs Jahre lang als Gymnasiallehrer in Köln und Duisburg gearbeitet.38
34 Fankhauser 1952, 426; 1950, 65f. 35 Späni 2002, 87f.; Kurzbiographie: Ziegenfuss/Jung 1950, 627; Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, Bern 1952, 440; Morando 1957; Hofstetter/Schneuwly 2011, 535. 36 Späni 2002, 87f.; Kurzbiographie: Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, Bern 1952, 417f.; Hofstetter/Schneuwly 2011, 533. 37 Zum Bildungswesen im Kanton Zürich vgl. Hunziker 1936; zur Pädagogik an der Universität ab 1833 vgl. Criblez 2011. 38 Späni 2002, 86. Meyer, Bd. 12, 1905, 164; Gagliardi 1938, 700ff.; Schischkoff 1969, 350.
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Ihm ist von 1874 bis 1875 Wilhelm Wundt (1832–1920) als Professor für die gleiche Fächerkombination gefolgt39. Er ist an die Universität Leipzig abgewandert, wo er das erste Institut für experimentelle Psychologie gegründet und bis 1917 geleitet hat. Er hat zwar zur Pädagogik nichts beigetragen40, aber durch seine zahlreichen Schüler indirekt die Nutzung experimenteller Methoden in der Empirischen Pädagogik angeregt. Ebenso kurz und ohne Ertrag für die Pädagogik war als Nachfolger von 1876 bis 1877 der Philosophiehistoriker Wilhelm Windelband (1848–1915) auf der Drei-Fächer-Professur in Zürich tätig.41 Er ist einem Ruf nach Freiburg im Breisgau gefolgt. Von 1877 bis 1896 war der Lehrstuhl mit unveränderter Widmung vom Anhänger des frühen Positivismus und Begründer des „Empiriokritizismus“42 Richard Avenarius (1843–1896) besetzt43, ohne publizistische Beiträge zur Pädagogik zu bieten. Einen bescheidenen Ausgleich dieses Mangels hat von 1890 bis 1902 der evangelische Theologe Otto Hunziker (1841–1909) als außerordentlicher Professor für „Geschichte der Pädagogik und schweizerische Schulgeschichte“ geleistet44. Geboren in Zürich, war er dort zunächst als Pfarrer und ab 1879 als Lehrer für Pädagogik und Religionsgeschichte am Lehrerseminar in Küsnacht tätig. 1878 hat er sich mit einer Studie über „Pestalozzi und Fellenberg“ habilitiert. Neben Quellen zu Pestalozzi hat er auch eine „Geschichte der schweizerischen Volksschule mit Lebensabrissen der bedeutenderen Schulmänner“ in drei Bänden (1881–83, 2. Ausgabe 1887) veröffentlicht und von 1880–
39
Späni 2002, 86; Meyer, Bd. 12, 1930, 1593f.; Gagliardi 1938, 702ff.; Stett1952. Ausführlich zur Bedeutung für die Pädagogik Hopf 2004, 45ff. und
bacher
261ff. 40 „In der Philosophie sind Ästhetik und Pädagogik die einzigen Gebiete, mit denen er sich nicht eingehend beschäftigt hat“. Hansen 1932, 1320. – Auch die Beobachtung der „Entwicklung des Kindes“ hat er unterschätzt: sie bringe „nur spärliche und zum Teil zweifelhafte Ergebnisse“: Wundt 1920, 94f.; pauschal überschätzt hat er Pestalozzi: „der genialste unter den auf der Grundlage der Geistesbildung schöpferisch tätigen deutschen Erziehern …“. Wundt 1920a, 364. 41 Späni 2002, 86. Meyer, Bd. 12, 1930, 1442; Gagliardi 1938, 705f. 42 König 1972. 43 Meyer, Bd. 2, 1904, 198; Siebert 1905, 358ff.; Gagliardi 1938, 706ff. 44 Späni 2002, 86; Meyer, Bd. 9, 1905, 663; Stettbacher 1952a; Gagliardi 1938, 866f. und 984; Osterwalder 1996, 383, 398ff., 408, 446ff.; Hofstetter/Schneuwly 2011, 526.
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90 das „Schweizerische Schularchiv“ sowie die „Pestalozziblätter“ redigiert. Auf den philosophisch-pädagogischen Lehrstuhl ist nach Avenarius 1897 auf Empfehlung von Wundt dessen Leipziger Schüler und Mitarbeiter Ernst Meumann (1862–1915) als außerordentlicher Professor für „induktive Philosophie und allgemeine Pädagogik“ berufen worden45. Diese Benennung wurde 1900 geändert in „systematische Philosophie, Geschichte der Philosophie und allgemeine Pädagogik“. Meumann hat hier unter sehr beengten Verhältnissen mit Untersuchungen an Zürcher Schulkindern und in enger Verbindung mit den Volksschullehrern jene empirisch-pädagogische Forschung begonnen, die er in seinen berühmten „Vorlesungen zur Einführung in die experimentelle Pädagogik und ihre psychologischen Grundlagen“ (1907) systematisch dargestellt hat. Er ist in Zürich zum Pionier der „psychologischen Pädagogik“ auf der Grundlage von Kinderpsychologie und Jugendkunde geworden46. „Da Zürich seinem Schaffensdrang nur bescheidene Möglichkeiten empirischer Forschung bot, ging er 1905 nach Königsberg“.47 Ihm ist von 1905 bis 1910 der aus Hildesheim stammende Wahrnehmungspsychologe Friedrich Schumann (1863–1940) als ordentlicher Professor für „systematische Philosophie, allgemeine Pädagogik und experimentelle Psychologie“ gefolgt48. Er war Schüler des Göttinger Psychologen Georg Elias Müller (1850–1934) und für die Pädagogik ohne Gewinn. Parallel zum Lehrstuhl für systematische Philosophie in Kombination mit allgemeiner Pädagogik von Meumann und Schumann ist die Geschichte der Pädagogik ab 1901 einem neuen Ordinariat zugeordnet worden, das der „Geschichte der Philosophie in Verbindung mit Geschichte der Pädagogik, Logik, Metaphysik und Erkenntnistheorie“ gewidmet gewesen ist. Es war bis 1902 mit dem aus Württemberg stammenden Heinrich Georg Maier (1867–1933)49 besetzt. Sein Nachfolger war von 1902 bis 1911 mit der veränderten Lehrstuhlbezeichnung „Geschichte der Philosophie, Logik, Erkenntnistheo 45 Späni 2002, 86; Gagliardi 1938, 844f.; Müller 1942, 1952; Busemann 1954; Probst 2005. 46 Vgl. A. Fischer 1915; Hopf 2004, 141ff. 47 Müller 1952. 48 Späni 2002, 86; Gagliardi 1938, 846f.; Anschütz 1953, 128ff., 570. 49 Späni 2002, 86; Meyer, Bd. 7, 1927, 1522f.; Gagliardi 1938, 847f.; Lehmann 1943, 275–283; Schmidt/Schischkoff 1969, 378.
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rie und Geschichte der Pädagogik“ der deutsche Psychiater und Wundt-Schüler Gustav Störring (1860–1946)50. Er hat auch noch die Leitung des Psychologischen Laboratoriums übernommen. Für die Geschichte der Pädagogik konnte in beiden Fällen schon wegen des riesigen philosophiegeschichtlichen Aufgabenfeldes nichts geschehen. Ihre Trennung von der Allgemeinen Pädagogik ist nach Störrings Abgang wieder aufgegeben worden. Von 1911 bis 1931 war Gotthold Friedrich Lipps (1865–1931) als ordentlicher Professor für „systematische Philosophie, allgemeine Pädagogik und experimentelle Psychologie“ tätig. Er stammte aus Bayern, hatte in Leipzig und München Mathematik, Astronomie und Philosophie studiert und 1888 bei Wundt mit einer Dissertation über „Die logischen Grundlagen des mathematischen Funktionsbegriffes“ promoviert.51 Nach rund zwanzig Jahren als Gymnasiallehrer im Schuldienst erfolgte 1904 die Habilitation an der Universität Leipzig. Seine psychologischen Arbeiten waren der Psychophysik und den „Maßmethoden der experimentellen Psychologie“ (Habilitationsschrift) gewidmet. Er hat entwicklungspsychologische Beobachtungen an Schulkindern und ihre statistische Auswertung angeregt. In der Pädagogik wollte er den „Zwiespalt zwischen der aufklärerischen und idealistischen Betrachtungsweise“ überwinden und hat „die Gestaltung des Bildungswesens als eine Aufgabe der Philosophie angesehen“. Diesen Anspruch hat er damit begründet, dass das Bildungswesen ein „Bildungsideal“ voraussetzt, das von der Weltanschauung einer Epoche abhänge. Eine „befriedigende Antwort auf die … Fragen der Erziehung und des Unterrichts“ könne nur gefunden werden, wenn wir „die unsere Zeit beherrschende Weltanschauung zu entwickeln und das aus ihr sich ergebende Bildungsideal aufzustellen vermögen“52. Dies zu leisten und „das moderne Bildungsideal“ zu begründen, war der Zweck seines einzigen pädagogischen Buches: „Weltanschauung und Bildungsideal. Untersuchungen zur Begründung der Unterrichtslehre“ (1911). Lipps versprach, „bis zu der Wurzel des bewußten geistigen Lebens im unbewußten Geschehen der unbelebten Natur vorzudringen“53. Herausgekommen ist nicht mehr, als dass „das Ziel aller
50 51 52 53
Gagliardi 1938, 846; Stettbacher 1952b; Schmidt/Schischkoff 1969, 592. Honegger 1932; Gagliardi 1938, 846f.; Witzig 1952. Lipps 1911, IIIff., 201ff. Ebenda, 207.
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Bildung nur in der Entwicklung des geistigen Lebens bestehen“ könne54. Das Buch war in seiner abstrakten Verschwommenheit und Informationsleere ein krasses Beispiel wertloser pädagogischer Literatur, die die Anerkennung der Pädagogik als Wissenschaft lange erschwert und hervorragenden wissenschaftlichen Nachwuchs abgeschreckt hat.55 Neben Lipps war von 1911 bis 1933 auch der aus Jüterbog (Brandenburg) stammende Willy Freytag (1873–1944) als ordentlicher Professor für „Philosophie und Pädagogik“ tätig56. Er hatte sich 1900 in Bonn beim Kant-Forscher und Denkpsychologen Benno Erdmann (1851–1921) habilitiert und hat neben philosophischen Schriften 1924 auch ein lehrreiches Buch über „Die methodischen Probleme der Pädagogik allgemein untersucht und mit Beispielen aus ihrer Geschichte erläutert“ veröffentlicht. Es behandelte die Problematik der Pädagogik als „psychologische“ und „technische Wissenschaft“ vorbildlich klar und realistisch vom empirischen Standpunkt. Das geschah mit viel Verständnis für Ziel-, Wertungs- und Normfragen wie für die Schwierigkeit, angesichts der Unvollständigkeit unserer Kausalerkenntnisse die „Schlagwörterpädagogik“ durch wissenschaftliches Wissen über die Wirkungen pädagogischer Methoden ersetzen zu können.57 Von 1931 bis 1945 ist Lipps der aus Jena berufene evangelische Existenzphilosoph Eberhard Grisebach (1880–1945) gefolgt58. Er war durch sein Buch über „Die Grenzen des Erziehers und seine Verantwortung“ (1924) und sein Hauptwerk „Gegenwart. Eine kritische Ethik“ (1928), das auch zwei Kapitel zur Pädagogik enthielt59, als radikaler Kritiker von Gesellschaft und Kultur seiner Zeit einschließlich ihres Bildungswesens bekannt geworden. Sie seien samt der Pädagogik „dem erinnerten Reich der Vergangenheit“ und damit „der Traumsphäre“ verhaftet, „während die Gegenwart als Erfahrung alle prinzipiellen Ansichten des Menschen in Frage stellt“. „Die theoretische und 54 Ebenda, 204. 55 Als positives kritisch-analytisches Gegenbeispiel zum gleichen Thema vgl. Frischeisen-Köhler 1921. 56 Späni 2002, 86; Gagliardi 1938, 847. Er wurde 1933 wegen aktiver Mitarbeit in der Schweizer Landesgruppe der NSDAP entlassen: Tilitzki 2002, Teil 1, 261f. 57 Freytag 1924, 119ff., 163ff. 58 Dolch 1929/1966, 1930 und 1953. Meyer 1952; Schmidt/Schischkoff 1978, 249; März 1998, 712–715; W. Böhm 2005, 262. Grisebach und Paul Häberlin können als Hauptvertreter der „Pädagogischen Existenzphilosophie“ gelten: W. Brugger 1986, 540. Vgl. Lehmann 1943, 355ff. 59 Grisebach 1928, 220–264, 413–458.
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praktische Geschäftigkeit des Pädagogen ist zu erklären aus der Überschätzung seiner historischen Bildung und Weltanschauung“. Aber dieses „Maximum einer Reflexion bedeutet ein Minimum an wirklicher Erziehung“60. Für besonders „verhängnisvoll“ hat Grisebach „die Personalunion des Philosophen und Pädagogen“ gehalten. „Fast alle modernen Pädagogen … haben in ihrer verzweifelten kritischen Lage auf die verschiedensten Metaphysiker zurückgegriffen, um ihre Autorität zu halten. Sie sind damit zu unkritischen Theologen geworden“. „Die Personalunion hat … den Wirklichkeitsschwund beschleunigt“ und „Anmaßung und Selbsttäuschung“ begünstigt. „In dieser autonomen philosophischen Pädagogik und pädagogischen Philosophie“ seien alle Mythen und Mystik wieder aufgelebt. Dieses „Bündnis von Philosophie und Pädagogik“ sei „aus durchaus eigennützigen Gründen zustande gekommen“ und schließe „die ungeheuerlichste Anmaßung in sich“. Es verhindere „den Nachweis des Versagens aller pädagogischen Wissenschaft und Kunst, die auf Weltanschauungen sich gründen. Nichts hält eine Zeit in ihrer eigenen Erziehung mehr auf als eine Vertuschung der Schwierigkeiten und Krisen, wie sie durch die Identifizierung der Philosophie und Pädagogik begünstigt wird.“61 Nach Grisebach ist „die Pädagogik … zunächst immer Seinswissenschaft“, aber noch fehle ihr „die Kraft, falsche Ansprüche aufzugeben und sich auf die technische Welt zu beschränken“. Sie leide an der „Selbsttäuschung …, als sei aus der theoretischen Welt die praktische Wirklichkeit abzuleiten“. „Die eigentliche Erziehungswirklichkeit ist aber ein ethisches Werden, das nicht vorausgesetzt und nicht analysiert werden kann, da es durch keine Erkenntniskategorie bestimmt ist“62. Dieser Satz spiegelt die begriffliche Unklarheit, das empirische Desinteresse und die tatsächliche Praxisferne der pädagogischen Gedankenwelt Grisebachs. Er war weder Pädagoge noch Pädagogiker, sondern ein radikaler quasi-christlicher Existenzphilosoph mit Verachtung für den „Ausbau der technisch-humanistischen Welt“ durch „die grenzenlosen Ichwesen“ und für „die Tugenden der Gestrigen“, die „ausschließlich der Zivilisation“ dienen.63 Seine Anthropologie, Geschichtsphiloso
60 61 62 63
Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda,
419f. 451f. 432. 546ff.
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phie und Erkenntnislehre wie seine ethischen Zukunftsvisionen von „Liebestätigkeit als unendlicher Aufgabe“ waren in ihrer Abstraktheit schwer verständlich und trotz der beanspruchten Nähe zur „Gegenwart“ lebensfern. Für das Fach Pädagogik war er wie die meisten seiner Zürcher Vorgänger auch nach seinem eigenen Urteil über die Personalunion von Philosophie und Pädagogik eine Fehlbesetzung. Diese praxisferne Allgemeine Pädagogik in Kombination mit Philosophie ist von der Kantonsregierung schon ab 1925 durch drei Lehrstühle für pädagogische Spezialdisziplinen ergänzt worden, die konkreten Aufgaben gedient haben. Die ersten zwei wurden erprobten Schulmännern anvertraut. Von 1925 bis 1946 war der vorherige Sekundarlehrer Hans Stettbacher (1878–1966) als außerordentlicher Professor für „Methodik und Didaktik der Unterrichtsfächer der Volksschule“ tätig64. Nach dem unerwarteten Tod von Grisebach wurde er 1946 zum Ordinarius ad personam für Pädagogik ernannt, trat aber schon 1948 zurück. In Zürich geboren, hatte er nach Besuch des Kantonalen Lehrerseminars in Küsnacht und Schuldienst in Primar- und Sekundarschulen an der Universität Zürich bei Meumann und Störring Psychologie und Pädagogik studiert. 1912 ist die Promotion auf Grund einer Dissertation über „Beiträge zur Kenntnis der Moralpädagogik Pestalozzis“ erfolgt. Einem Studienaufenthalt bei Rein in Jena sind Studienreisen zu Zentren der Schulreform in Leipzig, Bremen, Hamburg, Mannheim und Berlin sowie in England gefolgt. 1917 hat er sich mit einer 72seitigen Schrift über „Die Eigenart des didaktischen Gestaltens“ in Zürich habilitiert. Von 1909 bis 1939 war er Leiter des Lehramtskurses für Primar- und Sekundarlehrer an der Universität Zürich. Publizistisch ist er vor allem durch Beiträge zur Pestalozzi-Forschung und als Mitherausgeber der Kritischen Ausgabe sämtlicher Werke und Briefe Pestalozzis (1927ff.) hervorgetreten. Von 1930 bis 1954 hat Max Zollinger (1886–1967) als außerordentlicher Professor „Allgemeine Didaktik des Mittelschulunterrichts“ gelehrt.65 Es war der erste Lehrstuhl dieser Art in der Schweiz. Geboren in Zürich, war er nach dem Studium der Germanistik und Promotion 64 Späni 2002, 86; Gagliardi 1938, 985; Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, 1952, 443f; F. Schneider 1955; Ziegler 1983, 655; Hofstetter/Schneuwly 2011, 535; Criblez 2011, 63f. 65 Späni 2002, 86; Gagliardi 1938, 985; Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, 1952, 492f.; Egger 1955; Woodtli 1983, 653; Meyer 1983, 483; Criblez 2011, 64f.
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ab 1913 als Professor am kantonalen Gymnasium Zürich tätig. Mit der akademischen Pädagogik ist er erst 1916 als Leiter eines Kurses zur speziellen Didaktik des Deutschunterrichts in Berührung gekommen. 1926 erfolgte die Habilitation mit einer Schrift über „Das literarische Verständnis des Jugendlichen und der Bildungswert der Poesie“. Seine der Mittelschulpädagogik gewidmete Professur war mit einer halben Lehrstelle an der Kantonsschule verbunden, um den Bezug zur Schulpraxis zu stärken66. Als wichtigste Veröffentlichung galt sein Buch „Hochschulreife. Bestimmung und Verantwortung der schweizerischen Gymnasien“ (1939). Der dritte praxisorientierte Lehrstuhl war als erster in der Schweiz der „Heilpädagogik“ gewidmet. Er war von 1931 bis 1950 mit Heinrich Hanselmann (1885–1960) als außerordentlichem Professor ad personam besetzt67. Geboren im Kanton St. Gallen, hat er das Evangelische Lehrerseminar in Schiers (Graubünden) besucht und zunächst als Taubstummenlehrer in St. Gallen gearbeitet. Nach dem Studium der Psychologie, Pädagogik, Anatomie und Physiologie an den Universitäten Zürich, Berlin und München wurde er Leiter einer Beobachtungsanstalt für jugendliche Psychopathen in Hessen und von 1916 bis 1923 Zentralsekretär der Schweizer Stiftung für Jugendhilfe „Pro Juventute“68. Es folgten fünf Jahre als Leiter des Landerziehungsheimes für entwicklungsgehemmte Kinder in Albisbrunn (Zürich) und 1924 die Habilitation für Heilpädagogik an der Universität Zürich sowie die Gründung eines autonomen „Heilpädagogischen Seminars“ in Personalunion mit der Universitätsprofessur für dieses Fach69. Hanselmann hat durch eine für Erziehungspraktiker bestimmte „Einführung in die Heilpädagogik“ (1930), die es zu neun Auflagen gebracht hat, wie durch den Versuch einer wissenschaftlichen „Theorie der Sondererziehung“ (1941) „Marksteine in der Entwicklung“ dieses Faches gesetzt70 und ihm in der Schweiz und über sie hinaus durch besondere organisatorische und publizistische Leistungen zur Selbständigkeit und Anerkennung verholfen.
66 67 1952, 68 69 70
Zollinger 1936, 130. Hanselmann 1946, 5; Gagliardi 1938, 985; Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, 197f.; Spieler 1953; Klink 197; Späni 2002, 86; Zur 1912 gegründeten Pro-Juventute-Stiftung Siegfried 1952. Hanselmann 1954, 169; Lussi-Borer 2011, 279ff. Bracken 1971, 5f.
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Auf Hanselmann ist von 1950 bis 1968 sein Schüler Paul Moor (1899–1977) als außerordentlicher Professor für Heilpädagogik ad personam gefolgt.71 Geboren in Basel, hat er dort Mathematik, Physik und Astronomie studiert, 1924 in Mathematik promoviert und bis 1928 als Sekundarlehrer gearbeitet. Unter dem Einfluss von Paul Häberlin72 hat er sich philosophischen, religionsgeschichtlichen und pädagogischen Themen zugewendet und ab 1929 in Zürich bei Hanselmann ein weiteres Doktoratsstudium begonnen. 1935 erfolgte dort die zweite Promotion auf Grund einer Dissertation über „Die Verantwortung im heilpädagogischen Helfen“. 1930 übernahm er die Leitung eines Kinderheimes bei Berlin. Von 1931 bis 1933 war er Leiter der Beobachtungsstation im Landerziehungsheim Albisbrunn bei Zürich. Von 1933 bis 1940 war er Assistent von Hanselmann am Heilpädagogischen Seminar Zürich. 1942 hat er an der Philosophischen Fakultät I der Universität Zürich mit einer Habilitationsschrift über die „Theoretische Grundlegung einer Heilpädagogischen Psychologie“ die Lehrbefugnis als Privatdozent für Heilpädagogik erworben. Moor hat für Erzieher in der heilpädagogischen Praxis auf breiter psychologischer und ethisch-religiöser Grundlage ein umfassendes System der praktischen Erziehungsaufgaben ausgearbeitet, das in seinem Reichtum an Gesichtspunkten, Erfahrungswissen, Beispielen und anthropologisch-moralphilosophischen Betrachtungen einmalig ist. Es ist durch ein zweibändiges Werk über „Heilpädagogische Psychologie“ (1951, 1958) im Umfang von 772 Seiten vorbereitet und 1965 mit der Monographie „Heilpädagogik“ im Umfang von 524 Seiten abgeschlossen worden. Sein „Kernstück“ war die Lehre vom „inneren Halt“73 als Gegenpol zur „Haltlosigkeit“. Sie enthielt viel Treffendes über Willensstärke, Tüchtigkeit, Gemütstiefe usw., blieb aber begrifflich ähnlich verschwommen wie Moors Entwicklungsbegriff, der für sein ganzes System von zentraler Bedeutung war: „In der Pädagogik heißt dasjenige Werden Entwicklung, das pädagogisch bedeutsam ist“74. „Entwicklung ist für den Erzieher dasjenige Werden, das auf ein erfülltes Leben, auf eine Erfülltheit des Lebens hinführt“75. „In der Pädagogik“ meinen
71
72
Späni 2002, 86; Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, 1952, 316; Josef 1972; Hof2011, 530. Über Häberlin vgl. in diesem Band S. 896f. Moor 1951, 194ff.; 1958, 11. Moor 1951, 177. Ebenda, 194.
stetter/Schneuwly 73 74 75
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wir mit Entwicklung „jenes menschliche Werden, das unter den Bedingungen des ihm Gegebenen den Anruf des Verheißenen vernimmt und den Aufbruch dazu wagt. Entsprechend verstehen wir unter einer ,Entwicklungshemmung‘ eine Beeinträchtigung dieses Menschwerdens“76. Mit esoterischen Vorstellungen und Begriffen dieser Art im Anschluss an Paul Häberlin, Carl Gustav Jung, Ludwig Klages, Martin Heidegger usw. hat Moor leider einer klaren Vermittlung seiner vielen wertvollen Einsichten geschadet und seinen Schülern die Unterscheidung zwischen Wissenschaft und weltanschaulichen Bekenntnissen erschwert.77 Nach Moors Pensionierung war es schwierig, die vakante Professur zu besetzen. Erst nach sechs Jahren konnte 1974 in dem aus Erfurt stammenden und in der DDR ausgebildeten Spezialisten für Gehörlosen- und Sprachbehindertenpädagogik Gerhard Heese (1926–2011) ein Nachfolger bis 1993 gefunden werden78. Zugleich wurde der Name des Faches und des neu gegründeten Instituts in „Sonderpädagogik“ geändert. Nach den deutsch-schweizerischen Universitäten Basel, Bern und Zürich ist hier noch die 1889 gegründete kantonale Universität Freiburg/Fribourg zu behandeln, die mit deutscher und französischer Unterrichtssprache als katholische Alternative zu den protestantisch-liberal ausgerichteten Schweizer Universitäten entstanden ist.79 Erster außerordentlicher Professor für Pädagogik war von 1910 bis 1942 der katholische Priester Eugéne Dévaud (1876–1942).80 Er hat von 1906 bis 1910 als Inspektor der Freiburger Volksschulen gearbeitet, 1909 promoviert und ab 1910 zugleich als Pädagogiker am Lehrerseminar und an der Universität gedient. Von 1923 bis 1931 war er Direktor des Lehrerseminars. Anfänglich Herbart-Anhänger hat er sich im katholischen Schulwesen für die Reform der Primarschulen nach den Genfer Ideen der „neuen Erziehung“ und der „Ecole active“ nach Pierre Bovet81 eingesetzt.
76 Moor 1965, 11. Hervorhebungen im Original. 77 Moor 1951, 113ff. 78 Kurzbiographie: Kürschner 2007, 1301; Heese 1983. 79 L. Boehm/Müller 1983, 148ff.; Ruffieux 1991; Lussi-Borer/Cicchini 2011. 80 Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, 1952, 105; F. Schneider 1952, 752; Oser 1991, 759; Hofstetter/Schneuwly 2011, 521; Lussi-Borer/Cicchini 2011, 178ff. 81 Zu Bovet vgl. in diesem Band S. 915.
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1942 ist ihm bis 1965 die Mathematik-Lehrerin Laure Dupraz (1896–1967) gefolgt – zunächst als Dozentin, ab 1944 als Professorin für Allgemeine Pädagogik. Sie war vorher von 1933 bis 1943 Leiterin der weiblichen Mittelschulen von Fribourg.82 Als erster deutschsprachiger Pädagogiker war von 1932 bis 1945 Josef Karl Spieler (1900–1987) tätig.83 Geboren in Walldürn (Baden), hat er an den Universitäten Freiburg im Breisgau und Würzburg Philosophie, Psychologie, Pädagogik und Geschichte studiert und mit einer Dissertation über „Politik und Moral bei Kant. Staatsbürgerliche Erziehung“ 1925 in Würzburg promoviert. Für das Deutsche Institut für Wissenschaftliche Pädagogik in Münster hat er die Leitung der Herausgabe des katholischen „Lexikons der Pädagogik der Gegenwart“ (zwei Bände, 1930/1932) übernommen. Neben der mustergültigen Redaktion dieses hervorragenden Werkes hat er auch 140 eigene Beiträge geliefert. Auf Empfehlung des Professors für Pastoraltheologie, Katechetik und Pädagogik der Universität Freiburg im Breisgau Linus Bopp (1887–1971)84, Autor einer „Allgemeinen Heilpädagogik“ (1930) und Leiter des Caritaswissenschaftlichen Instituts seiner Fakultät, ist Spieler zum Direktor des vom Schweizerischen-Caritas-Verband für die katholische Schweiz neu gegründeten „Instituts für Heilpädagogik“ in Luzern bestellt worden. Verbunden war damit die Ernennung zum Privatdozenten an der Universität Fribourg und 1935 die Beförderung zum außerordentlichen Professor für Pädagogik und Heilpädagogik. 1936 wurde Spieler Leiter des neu geschaffenen „Heilpädagogischen Seminars“ der Universität und 1943 ordentlicher Professor für Psychologie, Pädagogik und Heilpädagogik. Bis 1944 hat er 20 Bände der „Arbeiten zur Psychologie, Erziehungswissenschaft und Sondererziehungswissenschaft“ herausgegeben – als letztes ein Sammelwerk über „Die Erziehungsmittel“ mit prominenten Mitarbeitern wie seiner Kollegin Dupraz und seines Nachfolgers Montalta85. Mit Bundesratsbeschluss vom 20. Juli 1945 wurde Spieler im Alter von 44 Jahren
82 Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, 1952, 114; Ruffieux 1991, Bd. 3, 940f.; zu ihrer christlichen Erziehungslehre vgl. Dupraz 1950. 83 Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, 1952, 434; Dolch 1955; Ruffieux 1991, Bd. 3, 992; Oser 1991, 760f.; U. Haeberlin 1991, 762f. 84 Kurzbiographie: Spieler 1952; Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, 1952, 62; Kersting 2008, 290ff. 85 Vollständige Liste der Titel der Reihe bei Spieler 1944, 489f.
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wegen „Gefährdung der inneren und äußeren Sicherheit“ mit seiner Familie aus der Schweiz ausgewiesen86. Der „unerwartet frei gewordene Lehrstuhl“87 wurde 1946 mit Eduard Montalta (1907–1986) besetzt88. Geboren in Zizers (Graubünden), hat er an den Universitäten Löwen, London und Zürich Philosophie und Psychologie studiert. 1929 hat er in Löwen bei Professor Albert Michotte (1881–1965)89 mit der Dissertation „Experimentalpsychologische Untersuchung über die Reproduktion von kinästhetisch eingeprägten Bewegungen im Reaktionsgebiet der beiden Arme“ promoviert und als Assistent an der „École de Pédagogie et de Psychologie apliquée a l’Education“ gearbeitet. Nach weiteren Studien der Geschichte, modernen Sprachen, Psychologie und Heilpädagogik in Zürich war er bis 1946 als Professor für Latein und Deutsch am Gymnasium in Zug tätig. Die Habilitation hat ihm gefehlt. Sein einziges Buch war der „Jugendverwahrlosung mit besonderer Berücksichtigung schweizerischer Verhältnisse, Eidgenössischer und Kantonaler Erlasse“ (1939) gewidmet und wurde von Spieler herausgegeben. Als dessen Nachfolger hat er das bescheidene „Heilpädagogische Seminar“ zu einem als Ausbildungszentrum mustergültigen „Heilpädagogischen Institut“ ausgebaut, „das im Wettstreit mit dem Heilpädagogischen Seminar Zürich immer mehr an Bedeutung insbesondere für die deutsche Schweiz und das deutschsprachige Ausland gewann“.90 Wie Spieler war er gleichzeitig Leiter des „Instituts für Heilpädagogik“ der Caritas in Luzern und bis 1979 Professor an der Universität Freiburg. Besonders verdienstvoll waren die vom Luzerner Institut seit seiner Gründung herausgegebenen „Heilpädagogischen Werkblätter“, die im ganzen deutschen Sprachraum Verbreitung gefunden haben und unter Montalta zur „Vierteljahresschrift
86 U. Haeberlin 1991, Bd. 2, 763. Als Gründe für die Ausweisung wurden „Spionageverdacht, Verbindung mit schweizerischen Rechtsextremisten und abschätzige Bemerkungen über die Schweiz“ angegeben. Ruffieux 1991, Bd. 1, 304. 87 Ebenda. 88 Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, 1952, 314; Brezinka 1954; U. Haeberlin 1991, 763f.; Ruffieux 1991, Bd. 3, 973. 89 Kurzbiographie: Wittling 1976. Zur Katholischen Universität Löwen (Louvain) vgl. Lüdtke/Beugel 1911, 308f.; Moreau 1934, 665f. 90 U. Haeberlin 1991, 763f.; vgl. auch in diesem Werk Bd. 2, 479.
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für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete“ ausgebaut worden sind91. Der Weg zu einem selbständigen Institut für Pädagogik ist auch an der Freiburger Universität lang und umständlich gewesen. Zunächst ist es 1949 zu einem „Institut für Pädagogik und angewandte Psychologie“ gekommen, das von Dupraz und Montalta gemeinsam geleitet worden ist und etwa 60 Vorlesungsbesucher aufzuweisen hatte. Bis 1954 hat sich die Hörerzahl auf 133 Studierende erhöht.92 Erst 1965 ist es nach dem Rücktritt von Dupraz zur Verselbständigung der Pädagogik und der Heilpädagogik in je eigenen Instituten gekommen. 1973 ist das Psychologische Institut gegründet worden93. Als Nachfolger von Dupraz und erster Leiter des selbständigen „Pädagogischen Instituts der Universität Freiburg/Schweiz“ ist 1966 der Benediktinermönch und vorherige Rektor der Stiftsschule Einsiedeln Ludwig Räber (1912–1976) ernannt worden – zunächst als außerordentlicher und 1971 als ordentlicher Professor der Pädagogik94. Geboren in Küssnacht (Schwyz), hat er von 1932 bis 1936 an der Universität Wien und an der Katholischen Universität Löwen (Belgien) Philosophie und Soziologie studiert und 1936 in Löwen promoviert. Im gleichen Jahr ist er ins Kloster Einsiedeln eingetreten. Nach weiteren Studien an der Universität Zürich wurde er Fachlehrer für Geschichte und Philosophie am Lyzeum und 1951 Rektor der Stiftsschule. Er war auch als Obmann des „Vereins Schweizerischer Gymnasiallehrer“ und Mitglied der „Eidgenössischen Maturitätskommission“ des Schweizer Bundesrates tätig. Ab 1968 hat er die Reihe „Studien und Forschungsberichte aus dem Pädagogischen Institut der Universität Freiburg/Schweiz“ herausgegeben. Als Band 3 ist als sein einziges pädagogisches Buch 1969 eine gymnasialpädagogisch wertvolle Aufsatzsammlung über „Bildung und Gymnasium. Besinnung und Verantwortung aus schweizerischer Sicht“
91 Zur Geschichte des Instituts von 1932 bis 1982, das bis zur Demission von Montalta (1979) als Professor und Direktor des Heilpädagogischen Instituts der Universität Freiburg in Personalunion mit ihr verbunden gewesen ist, vgl. Hegi 1982. Die Zeitschrift wird seit 1983 von diesem Universitätsinstitut durch Montaltas Nachfolger Prof. Urs Haeberlin herausgegeben. Vgl. 52 (1983), 1, 1. 92 Jahresbericht 1954 von Dupraz und Montalta. Heilpädagogische Werkblätter 24 (1955), 1, 29–33. 93 U. Haeberlin 1991, 764; Perrez/Meister 1991, 773. 94 Ruffieux 1991, Bd. 3, 983; Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, 1952, 372.
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erschienen. Er hat vor allem indirekt durch Förderung seiner jungen Mitarbeiter auf schulpädagogisch-didaktischem Gebiet zum wissenschaftlichen Aufstieg des Instituts beigetragen95. Dieser Blick auf das Fach Pädagogik an den Universitäten Basel, Bern, Zürich und Freiburg in der Anfangsepoche seiner Geschichte zwischen 1870 und 1965/1970 hat folgende Eigenarten erkennen lassen. Erstens standen die Schweizer Universitäten unter sehr starkem Zwang zur Sparsamkeit, weil sie finanziell von relativ kleinen Staatswesen ohne irgendwelche Unterstützung durch die Eidgenossenschaft oder andere Kantone aufgebaut und erhalten werden mussten96. Die bescheidene Dotierung hat die Einrichtung und Verselbständigung von Lehrstühlen für neue Fächer wie der Pädagogik verzögert und provisorische Lösungen durch bloße Lehraufträge, Privatdozenturen, halbbesoldete außerordentliche Professuren oder eine lange anhaltende Randstellung in der Fächerkombination mit Philosophie und Psychologie begünstigt. Zweitens ist aus Mangel an einheimischen Kandidaten für die ordentlichen Drei-Fächer-Professuren ein starker Zugang von Gelehrten aus Deutschland erfolgt, die – mit Ausnahme von Meumann – das Teilgebiet Pädagogik vernachlässigt und die Schweiz nach kurzer Zeit wieder verlassen haben. Deshalb hat es an Kontinuität, Nachwuchspflege und Habilitationen für Pädagogik gefehlt. Drittens hat bei den langfristig tätigen Philosophieprofessoren mit Lehrauftrag für Pädagogik wie Lipps, Häberlin, Sganzini und Grisebach ein spekulatives Interesse am eigenen philosophischen System auf Kosten empirischer und praxisnaher Erziehungstheorien dominiert. Viertens haben die kantonalen Erziehungsdirektoren als Ergänzung und/oder Gegengewicht zur philosophischen Pädagogik Professuren für Praktische Pädagogik, Gymnasialpädagogik oder Didaktik und Methodik der Schulfächer eingerichtet, die für die Lehrerausbildung mit bewährten Praktikern aus Schulen, Lehrerseminaren oder Schul-
95 Vgl. die frühen Veröffentlichungen von Karl Frey (1942– ) zur Lehrplan- und Lehrerbildungsforschung in den Bänden 1, 2, 4 und 5 der von Räber herausgegebenen „Studien und Forschungsberichte“ (u.a. Frey 1968). Zu Frey (ab 1971 Professor in Kiel, 1988 ETH Zürich): Kürschner 2001, 801 und in diesem Buch 357f. 96 Howald 1936, 132f.; 1951, 811.
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verwaltung besetzt worden sind. Erziehungswissenschaftlicher Nachwuchs ist jedoch von den professoralen Schulmännern ebenso wenig hervorgebracht worden wie von den Erziehungsphilosophen. Fünftens hat die universitäre Pädagogik der deutschsprachigen Schweiz in ihrer frühen Periode eine übernationale Bedeutung nur auf dem Spezialgebiet der Heilpädagogik (oder Sonderpädagogik) erlangt. Sie lag jedoch weniger in der Forschung und Theoriebildung als in solider praktischer Ausbildung an außeruniversitären Instituten (Seminaren), die nur durch ihre Leiter und einige Mitarbeiter mit den Universitäten Zürich und Freiburg verbunden gewesen sind. Die fachlichen Voraussetzungen dafür waren der Psychologie, der empirischen Pädagogik und dem Sozialwesen97 sowie der Psychiatrie und Kinderheilkunde zu verdanken. Wendet man den Blick von den deutschsprachigen auf die französischsprachigen Universitäten der Schweiz, dann ragt die Universität Genf hervor98. Sie hat schon 1890 einen selbständigen auf „Pädagogik“ spezialisierten Lehrstuhl eingerichtet und daneben 1920 einen zweiten für „Experimentelle Pädagogik“ gegründet. Sie war damit den Universitäten der deutschen Schweiz um 60 Jahre voraus. Genf sticht auch „durch die lange Präsenz der Lehrstuhlinhaber hervor“.99 Insbesondere aber durch die frühe Konzentration von Psychologen und Pädagogikern mit internationalem Ansehen und deren Einsatz für die Schulreform.100 In der Psychologie ist Édouard Claparéde (1873–1940) international bekannt geworden durch sein Buch „Kinderpsychologie und experimentelle Pädagogik“ (1905, deutsch: 1911) und als Gründer des „Institut J.J. Rousseau“ im Jahre 1912. Dieses war zunächst ein der gehobenen Lehrerausbildung gewidmetes privates „Institut für Erziehungswissenschaften“101, das erst 1948 in die Genfer Universität eingegliedert worden ist102. 97 Fatke 1991. 98 Hofstetter 2011. 99 Späni 2002, 85 und 88. 100 Zur Geschichte der Pädagogik in der französischsprachigen Schweiz (Romandie) im 20. Jahrhundert vgl. Grunder 1986. Zur Bedeutung der Genfer Gruppe für die internationale Reformpädagogik vgl. Röhrs 1980, 53ff. 101 Dottrens 1952; Busemann 1952; Schubert 1976; W. Böhm 2005, 136; Hofstetter/Schneuwly 2011. 102 Piaget 1972, 26.
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Der erste Lehrstuhl für Pädagogik war von 1890 bis 1912 von Paul Duproix (1851–1912) besetzt103. Ihm ist von 1912 bis 1951 der ehemalige Primarschul-Lehrer und Schulverwaltungsbeamte Albert Malche (1876–1957) gefolgt104. Er war daneben politisch als Genfer Erziehungsdirektor (1927–1930) und sozialdemokratischer Kantonsrat (1930– 1951) tätig und hat die von Claparéde und Bovet angeregte Gründung des „Bureau international d’Education“ in Genf105 im Jahre 1925 gefördert. Der zweite Lehrstuhl für „Erziehungswissenschaften und Experimentelle Pädagogik“ war von 1920 bis 1944 mit Pierre Bovet (1878– 1965) besetzt106. Er hat die reformpädagogischen Ideen der auf Kinderpsychologie basierenden „neuen Erziehung“ (Education nouvelle) propagiert und war von 1925 bis 1929 auch erster Direktor des „Internationalen Erziehungsbüros“. Sein Lehrauftrag ist zwischen 1944 und 1952 vom ehemaligen Primarlehrer, Schulleiter und –inspektor Robert Dottrens (1893–1984) übernommen worden, der 1931 in Soziologie promoviert hatte107. Er war als Unterrichtsforscher Experte für Primarerziehung und hat unter anderem ein Buch über „Die neue Erziehung in Österreich“ geschrieben, das auch ins Englische und Spanische übersetzt worden ist108. Nach der Pensionierung von Malche wurde der erste Genfer Lehrstuhl für Pädagogik umgewidmet für „Allgemeine Pädagogik und Geschichte der Pädagogik“. Auf ihn ist Dottrens 1952 als ordentlicher Professor berufen worden. Sein früherer Lehrauftrag wurde wiederum einem Lehrbeauftragten übertragen. Damit ist endgültig klar geworden, dass das Ordinariat für „Experimentelle Pädagogik“ schon mit dem Abgang von Bovet im Jahre 1944 ausgelaufen war. Berühmter als durch die frühen Bemühungen um eine „Experimentelle Pädagogik“ ist die Genfer Universität durch den Psychologen
103 Hofstetter/Schneuwly 2011, 522. 104 Späni 2002, 85; Dottrens 1952; Hofstetter/Schneuwly 2011, 528. 105 Rossello 1950; Brezinka 1952. 106 Späni 2002, 85; Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, 1952, 66f.; F. Schneider 1952 (mit falschem Todesjahr); Süssmuth 1970; W. Böhm 2005, 112; Hofstetter/Schneuwly 2011, 518. 107 Späni 2002, 85; Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, 1952, 111; F. Schneider 1952; Süssmuth 1970; Hofstetter/Schneuwly 2011, 521. 108 L’education nouvelle en Autriche. Neuchâtel 1928.
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Jean Piaget (1896–1980) geworden als Schüler und Nachfolger von Claparéde auf dem Gebiet der experimentellen Kinderpsychologie und ihrer Nutzung für die Pädagogik.109 „Piaget hat sich selbst nie mit Pädagogik im engeren Sinne befaßt“, sondern sich ganz bewusst darauf beschränkt, „sein Forschungsmaterial dem Erzieher zur Umsetzung in die pädagogische Tat zur Verfügung zu stellen“.110 Er hat es seinem Schüler Hans Aebli (1923–1990) überlassen, aus seinen „Forschungen über die Entwicklung der Denkoperationen beim Kinde die pädagogischen Anwendungen abzuleiten“. Das sei „nicht Sache der Psychologen selbst …, denn wenn sie auch das Kind kennen, so fehlt ihnen doch die Schulerfahrung“111. Piaget ist immer Psychologe, Philosoph und Erkenntnistheoretiker geblieben112 und deshalb auch kein „Klassiker der Pädagogik“113. Unbestreitbar aber ist, dass die Pädagogiker der französischsprachigen „Genfer Schule“114 in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch ihre enge Verbindung mit der kinderpsychologischen Forschung und ihren enormen publizistischen Einsatz für Schulreform international größere Beachtung gewonnen haben als ihre Kollegen an den deutschsprachigen Universitäten. Ihre Leistungen waren allerdings mehr erziehungspolitischer und schulpraktischer Art als Beiträge zum wissenschaftlichen Fortschritt der Pädagogik.
109 Inhelder 1952; Hansen 1954; Fatke 2003; Heidbrink 2005. 110 Inhelder 1952, 360. Bärbel Inhelder (1913–1997) war seine engste Mitarbeiterin, Ko-Autorin und Kollegin als Professorin für Kinderpsychologie: Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, 1952, 232. 111 Piaget im Vorwort zur deutschen Ausgabe der Dissertation von Aebli 1966, 8. Zu diesem W. Böhm 2005, 6 und in diesem Band S. 112 Schmidt/Schischkoff 1978, 538. 113 Nach Fatke 2003, 183 „gebührt ihm ein fester Platz unter den Klassikern der Pädagogik“, weil er „unser Wissen von der geistigen Entwicklung des Menschen … geradezu revolutioniert“ habe und „eine biologisch und psychologisch begründete Erkenntnistheorie entwickelt hat“. Erkenntnistheorie ist jedoch nicht Pädagogik und aus den Entwicklungsstufen Piagets (Piaget/Inhelder 1977) konnte nach Aebli (1992, 12) „keine Didaktik entwickelt werden“. 114 Grunder 1986, 35 und 110ff.
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b 2 . V e r s e l bs t ä n d i g u n g d e s F a c h e s a b 1 9 5 0 u n d A u sb a u b i s z u r G e g e n w a r t An den deutschsprachigen Universitäten der Schweiz hat die Verselbständigung der Pädagogik durch eigene Professuren und Institute ungefähr ab 1950 eingesetzt und ist – mit Ausnahme von Basel – um 1970 in bescheidenem Umfang vollendet worden. Auf dieser Ausgangsbasis von einem oder zwei Lehrstühlen ist dann um weiteren Ausbau, Differenzierung und wissenschaftliche Fortschritte des Faches gerungen worden. Wie hat sich die Lage in der Übergangszeit zwischen 1950 und 1970 verändert? Der Übergang ist weniger stürmisch als in Deutschland und Österreich erfolgt. Der weitere institutionelle und personelle Ausbau von 1970 bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts ist ebenso bedächtig und sparsam verlaufen. Erst danach ist es zu einer verstärkten Differenzierung und Spezialisierung gekommen. Hier können als Beispiele nur die Veränderungen an den Universitäten Bern und Zürich skizziert werden. An der Universität Bern ist der als Lehrerbildner bewährte Schulmann Jakob Robert Schmid bis 1977 als ordentlicher Professor für Pädagogik tätig geblieben. Er hat rund 15 Dissertationen betreut, die fast ausschließlich der Schweizer pädagogischen Ideen- und Schulgeschichte gewidmet waren.115 Zu empirischen Studien ist es erst ab 1971 durch die Einrichtung einer zweiten Professur gekommen. Sie wurde der Pädagogischen Psychologie gewidmet und mit Hans Aebli (1923–1990) besetzt116. Er hat am kantonalen Oberseminar in Zürich bei Walter Guyer (1892– 1980)117 die Ausbildung zum Primarlehrer durchlaufen und ist dann an die Universität Genf gegangen, um bei Piaget Psychologie zu studieren. Nach der Promotion war er von 1950 bis 1962 am Oberseminar Zürich in der Lehrerausbildung als Dozent für Geschichte der Pädagogik, Allgemeine Didaktik und Psychologie tätig. 1961 hat er sich an der Universität Zürich mit einer experimentalpsychologischen Studie „Über die geistige Entwicklung des Kindes“ habilitiert. Von 1962 bis
115 ZfP 14 (1968), 98; 15 (1969), 115; 16 (1970), 170 usw. bis 1977. 116 Kurzbiographien: Aebli 1967, 27; Kürschner 1987, 19; W. Böhm 2005, 6. Selbstdarstellung: Aebli 1992; kritische Monographie von Fuchs 2002. 117 Über ihn vgl. H. Roth 1978.
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1966 war er Professor für Psychologie an der Freien Universität Berlin und danach bis 1971 an der Universität Konstanz. Aebli ist mit der Absicht nach Bern gekommen, dort erstmals in den deutschsprachigen Ländern – abgesehen von Leipzig (DDR) – einen vierjährigen universitären Hauptfach-Studiengang für „Lehrerbildner“ in Psychologie, Pädagogik und Didaktik einzurichten118. Das „Pädagogische Seminar“ wurde nun in folgende drei Abteilungen gegliedert: „Systematische und Historische Pädagogik“, „Pädagogische Psychologie“ und „Abteilung für das Höhere Lehramt“. In Aeblis „Abteilung Pädagogische Psychologie“ wurde ab Herbst 1979 ein „Staatsexamensprogramm für Lehrer und Sachverständige der Erziehungs- und Bildungswissenschaften“ angeboten. Zu ihm hatten sich 25 „Seminarlehrer-Studenten“ eingefunden, die mindestens zwei Jahre Lehrerfahrung nachweisen mussten, aber im Durchschnitt etwa 5 Jahre Praxiserfahrung mitbrachten.119 Es wurde später auf einen „Zusatzstudiengang“ reduziert120. Das „Pädagogische Seminar“ wurde in „Institut für Pädagogik“ umbenannt. Aebli hat als „ein Psychologe mit pädagogischen Träumen“121 etwas Bewegung in den traditionellen philosophisch-historischen Betrieb des Berner „Pädagogischen Seminars“ unter Schmid und seinem Nachfolger Traugott Weisskopf (1921–2007)122 gebracht. Dieser hat sein Amt zwischen 1976 und 1988 ausgeübt. Auch er war ein Schulmann und hatte erst 1970 mit einer philosophischen Dissertation über „Immanuel Kant und die Pädagogik. Beiträge zu einer Monographie“ im Umfang von 704 Seiten an der Universität Basel promoviert123. Er hat in seiner zwölfjährigen Amtszeit 7 Dissertationen angenommen, die neben historischen auch aktuellen Themen gewidmet gewesen sind. Aebli hat in siebzehnjähriger Amtszeit 8 Dissertationen mit überwiegend kognitionspsychologischen Themen betreut124. Für den Aufbau eines nationalen Schwerpunktes der Erziehungswissenschaft war die personelle Basis der beiden Professoren zu schmal und die fachliche Kompetenz zu eng. 118 Aebli 1970 und 1992, 25f.; Fuchs 2002, 34ff. 119 Aebli 1992, 26; DGfE 1988, 68. 120 DGfE 1998, 308. 121 Aebli 1992, 28f. 122 Kurzbiographie: Kürschner 1992, 4013. 123 GVH, 23, 1987, 242. 124 Nach ZfP. Als Beispiel: „Zerlegung oder Ganzheit in der mentalen Repräsentation von Bedeutung“ (Matthias Baer, 1987).
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Aeblis Berner gesamtschweizerisches Ausbildungsprogramm für erziehungswissenschaftlichen Nachwuchs entsprach in der damaligen Expansionsphase des Schul- und Hochschulwesens national und international einem dringenden Bedarf. Es war jedoch weder mit den anderen Universitäten noch mit der Bildungsplanung der Kantone und Bundesbehörden koordiniert. Außerdem schien sein zügiger Aufbau zwischen 1970 und 1976 zeitweise durch das großspurige Projekt einer „Hochschule für Bildungswissenschaften“ im Kanton Aargau beeinträchtigt zu werden, das die dortige Kantonsregierung mit Anspruch auf dessen gesamtschweizerische Bedeutung betrieben hat. In der Aargauer Regierungsvorlage des Hochschulgesetzes vom 19. Januar 1976 lautete § 6 wie folgt: „Die Hochschule dient der wissenschaftlichen Ausbildung und Weiterbildung sowie der Forschung im Bereich der Bildungswissenschaften. Sie berücksichtigt insbesondere die Bedürfnisse der Schule sowie der Berufs- und Erwachsenenbildung“. Geplant war ein Aufbaustudium als Vollzeit- oder Kontaktstudium mit folgenden „Ausbildungszielen“: „Die Hochschule bereitet vor auf Lehrberufe, Beratung und Verwaltungstätigkeit im pädagogischen und sozialen Bereich. Insbesondere bildet sie aus: a) Lehrer an Lehrerbildungsanstalten und Schulen für soziale Arbeit, b) Lehrer in der allgemeinen und beruflichen Weiterbildung von Erwachsenen, c) Fachleute der Schulberatung und Schulaufsicht sowie der Bildungsplanung und Bildungsverwaltung. Sie fördert den akademischen Nachwuchs auf dem Gebiet der Bildungswissenschaften“.125 An der Planung dieses Projektes waren keine Erziehungswissenschaftler beteiligt, sondern Soziologen, Psychologen und Ökonomen. Sie konnten sich auf die dringende Empfehlung des Schweizerischen Wissenschaftsrates berufen, die sogenannte „Bildungsforschung“ zu fördern126. Wie in Österreich an der 1970 gegründeten Klagenfurter „Hochschule für Bildungswissenschaften“ wurde dieser unklare Name benutzt, um das Monopol der Pädagogiker für das Arbeitsfeld „Erziehungs- und Unterrichtswesen“ zu brechen. Das Aargauer Hochschulprojekt konnte – abgesehen von regionalpolitischen Interessen – auch als ein Protestsignal verstanden werden gegen die damalige Rückständigkeit und Eigenbrötlerei der erziehungswissenschaftlichen Forschung 125 Botschaft des Regierungsrates des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 19. Januar 1976, Nr. 1233. 126 Schweizerischer Wissenschaftsrat 1973, Bd. 2, 222; Botschaft des Regierungsrates 1976, 23ff.
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und Ausbildung an den Schweizer Universitäten. Ihm haben jedoch alle fachlichen und personellen Voraussetzungen gefehlt, um die Schwächen der universitären Pädagogik beheben zu können. Der Große Rat des Kantons Aargau hat das Projekt am 20. Oktober 1976 mit 79 gegen 70 Stimmen abgelehnt. 1978 hat die Regierung die 1972 errichtete „Vorbereitungsstufe“ der aargauischen „Hochschule für Bildungswissenschaften“ aufgelöst.127 Das Berner erziehungswissenschaftliche Ausbildungsprogramm von Aebli, das für die gesamte Schweiz gedacht war, ist also durch Konkurrenz aus dem Aargau kaum gestört worden. Es hat jedoch im Wettbewerb mit den Pädagogischen Instituten Zürich und Freiburg nicht jene führende Stellung erlangt, die angestrebt worden ist, weil auch dort durch Personalwechsel und höhere Leistungsstandards pädagogische Forschung und Berufsausbildung vorangetrieben worden sind. Auf dem Berner Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik ist nach Weisskopf von 1987 bis 1999 Jürgen Oelkers mit fünf Mitarbeitern tätig gewesen. Geboren 1947 in Buxtehude, hat er nach dem Studium der Germanistik, Geschichte und Erziehungswissenschaft an der Universität Hamburg 1975 mit einer Dissertation über „Die Vermittlung zwischen Theorie und Praxis in der deutschen Pädagogik von Kant bis Nohl“ promoviert. 1979 bis 1987 hat er als Professor an der aus einer Pädagogischen Hochschule hervorgegangenen Universität Lüneburg gearbeitet128. In Bern hat er zwischen 1990 und 2000 insgesamt 19 Dissertationen über vorwiegend historische Themen angenommen129. Als Nachfolger von Aebli in der Abteilung Pädagogische Psychologie ist 1991 Walter Herzog130 als Ordinarius für Pädagogik, Pädagogische Psychologie, Didaktik und Schulforschung ernannt worden. Geboren 1949 in Homburg (Thurgau), hat er nach dem Studium der 127 Fricker 2001, 38ff., 45ff. – Über die Mitglieder des Gründungsausschusses und der Vorbereitungsstufe und ihre Leistungen vgl. das Bulletin 8 der Hochschule Aargau vom 31.5.1976, 27ff. Für Frickers Urteil, der ablehnende Großratsbeschluss vom Oktober 1976 stelle „ohne Zweifel einen historischen Fehlentscheid dar“ (2001, 119) gibt es aus erziehungswissenschaftlicher Sicht keine plausible Begründung. 128 Kurzbiographie: W. Böhm 2005, 472; Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. XLVIII (2009/10), 870; ZfP 22 (1976), 306. 129 ZfP 37 (1991), 503 bis 47 (2001), 433. 130 Kürschner 2003, 1286; 2007, 1399; http://edu.unibe.ch/content/index.ger. html
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Psychologie, Soziologie, Pädagogik und Philosophie 1980 an der Universität Zürich mit einer von Konrad Widmer angenommenen Dissertation promoviert, die folgendem Thema gewidmet war: „Modell und Methode in der Psychologie. Wissenschaftstheoretische Vorarbeiten zu einer reflexiven pädagogischen Psychologie“131. Die Habilitation für „Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Pädagogischen Psychologie“ ist 1986 in Zürich erfolgt mit einer Schrift über „Metatheorie der Pädagogischen Psychologie. Eine Integration von Psychologie und Pädagogik auf erkenntnistheoretischer und organismischer Grundlage“132. Zwischen 1992 und 2011 hat Herzog 30 Dissertationen angenommen133. Der Ausbau des Faches Pädagogik an der Berner Universität zeigt sich nicht nur an der Menge von insgesamt 92 Dissertationen zwischen 1968 und 2011. Von seiner Verselbständigung und Differenzierung zeugen auch die 9 Habilitationen, die zwischen 1989 und 2011 erfolgt sind. Die thematische Spannweite der Habilitationsschriften reicht von „Negative Pädagogik: Sokrates und die Geschichte des Lernens“ (Patrick Bühler, 2011) bis zu „Internationaler Bezug als Anlaß und Kriterium von Bildungsreformen“ (Philipp Gonon, 1997). Im 21. Jahrhundert ist aus dem „Institut für Pädagogik“ ein „Institut für Erziehungswissenschaft“ mit „einer modernen, sozialwissenschaftlich ausgerichteten Erziehungswissenschaft“134 geworden, das aus vier Abteilungen besteht. Die „Abteilung Allgemeine und Historische Pädagogik“ wird in der Nachfolge von Oelkers seit 2000 vom ordentlichen Professor Fritz Osterwalder geleitet. Geboren 1947, hat er an der Universität Zürich Germanistik und Geschichte studiert und 1971 mit einer Dissertation über „Die Überwindung des Sturm und Drang im Werk Friedrich Maximilian Klingers: die Entwicklung der republikanischen Dichtung in der Zeit der Französischen Revolution“ promoviert.135 1994 hat er als Assistent an der Universität Bern die Lehrbefugnis als Privatdozent für Pädagogik mit einer Habilitationsschrift über „Pestalozzi – ein pädagogischer Kult. Pestalozzis Wirkungsgeschichte in der Herausbildung der modernen Pädagogik“ erwor-
131 132 133 134 135
ZfP 27 (1981), 492. ZfP 33 (1987), 451. ZfP 39 (1993), 544 bis 58 (2012), 603. Webseite 2012. GVH, 16, 1986, 313.
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ben.136 Von 1996 bis 2000 war er in Deutschland als Professor für Allgemeine Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe tätig. Die „Abteilung für Pädagogische Psychologie“ wurde von Herzog geleitet. Neu hinzugekommen ist eine „Abteilung Bildungssoziologie“, seit 2004 geleitet von Rolf Becker als ordentlicher Professor für Bildungssoziologie und Schulforschung.137 Geboren 1960 in Dillingen (Bayern), hat er an der Universität Mannheim Soziologie, Sozialpsychologie, Politikwissenschaft und Zeitgeschichte studiert, als Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung 1991 an der Freien Universität Berlin promoviert und sich 1999 an der Technischen Universität Dresden habilitiert. Die vierte „Abteilung für Schul- und Unterrichtsforschung“ wird seit 2011 von Marianne Schüpbach geleitet. Sie hat nach siebenjähriger Berufstätigkeit als Primarlehrerin an den Universitäten Zürich und Freiburg Pädagogik und Sonderpädagogik studiert. 2004 hat sie in Freiburg mit einer Dissertation über „Effizienz der Klassenrepetition auf der Primarschulstufe als Maßnahme zur Begegnung von Lernschwierigkeiten in den schulischen Kernfächern“ promoviert138. Seit 2008 Oberassistentin an der Universität Bern, ist dort 2009 die Habilitation mit einer Schrift über „Ganztägige Bildung und Betreuung im Primarschulalter“ erfolgt139. Fragt man nach der Menge der Studierenden, denen der Ausbau der Institute für Erziehungswissenschaft zugute kommt, dann zeigen sich zwischen den Schweizer Universitäten große Unterschiede. Im Wintersemester 2002/2003 lauteten die Zahlen der Studierenden im Hauptfach Pädagogik so140: Genf (französisch): 985 Zürich: 399 Freiburg (deutsch): 271 Bern 107. Besonders groß waren die Unterschiede beim Hauptfach Heil- oder Sonderpädagogik: Freiburg (deutsch und französisch): 717 Zürich: 134 Basel: 90.
136 137 138 139 140
ZfP 41 (1995), 500. Als Buch veröffentlicht 1996. Kürschner 2007, 187; Webseite 2012. ZfP 51 (2005), 460. ZfP 56 (2010), 489. Hascher 2004, 210.
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Bei der Menge der zwischen 1945 und 2011 an den deutschschweizerischen Universitäten angenommenen 651 Dissertationen aus Pädagogik gab es folgende Unterschiede: Zürich 396 Freiburg 106 Bern 92 St. Gallen (Wirtschaftspädagogik): 56 Basel: 1141. Die Habilitationen für Pädagogik in der deutschen Schweiz erreichten zwischen 1945 und 2011 die Menge von 31, die sich auf die Universitäten wie folgt verteilt142: Zürich: 12 Bern: 9 St. Gallen (Wirtschaftspädagogik): 5 Freiburg: 4 Basel: 1. Aus diesen Angaben geht hervor, dass die Universität Freiburg in der Heil- oder Sonderpädagogik an der Spitze der Schweizer Universitäten steht. „Im Wintersemester 2002/2003 waren 72 % der Studierenden der Heilpädagogik in Fribourg immatrikuliert, 11 % in Zürich, 9 % in Basel, 6 % in Neuenburg und 3 % in Genf“.143 Dem entspricht auch, dass die führende „Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete“144 vom Heilpädagogischen Institut dieser Universität herausgegeben wird. Von diesem Spezialfach abgesehen hat jedoch die Pädagogik an der Universität Zürich ihre bedeutendste Forschungs- und Ausbildungsstätte. An der Universität Zürich hat die Verselbständigung der Pädagogik 1949 mit der Berufung des unhabilitierten Schulmannes und Lehrerbildners Leo Weber (1909–2000) zum außerordentlichen Professor für
141 Berechnet mit erheblichem Fehlerrisiko (Lücken, unklare Fachzuordnungen) vom Verfasser nach den Meldungen der ZfP 14 (1968) bis 58 (2012) und einzelnen Mitteilungen von Lehrstuhlinhabern und Pädagogischen Seminaren. Bei Kauder 2012, 735 nach anderen Kriterien dagegen 856 Promotionen „an schweizerischen Hochschulen“ (d.h. einschließlich jener der französischen Schweiz). 142 Berechnet nach ZfP; bei Kauder 2012, 735 dagegen 39 (einschließlich französischer Habilitationsschriften). 143 Hascher 2004, 211. 144 2006 bereits im 75. Jahrgang. Vgl. auch die informativen zweisprachigen Jahresberichte des Freiburger „Departements für Heil- und Sonderpädagogik“.
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„Allgemeine Pädagogik und Geschichte der Pädagogik“ begonnen145. Er ist 1955 zum ordentlichen Professor aufgestiegen und hat sein Amt bis 1975 ausgeübt. 1956 hat er die Gründung eines von der Philosophie unabhängigen eigenen „Pädagogischen Seminars“ erreicht. Es ist ab 1968 zum „Pädagogischen Institut“ ausgebaut worden. Webers Laufbahn war typisch für die damals noch überwiegende Rekrutierung der Pädagogik-Professoren aus der Lehrerschaft. Geboren in Basel, Lehramtsstudium aus Deutsch und Latein in Zürich, 1935 Promotion bei Grisebach mit einer Dissertation über „Schichtung und Vermittlung im pädagogischen Denken Georg Kerschensteiners“, Gymnasiallehrer in Solothurn, 1938–1946 Seminarprofessor für Pädagogik, Deutsch und Latein am Lehrerseminar des Kantons St. Gallen in Rorschach, 1946–1949 Direktor der kantonalen Lehrerbildungsanstalt in Solothurn. Als Professor in Zürich war er auch Leiter der Sekundarlehramtskurse an der Universität mit etwa 400 Studierenden im Jahre 1969.146 Für Weber war „Pädagogik in erster Linie Auslegung von Klassikern“147. Er war ein guter Kenner von Pestalozzi und Theodor Litt (1880–1962)148. Zwischen 1952 und 1978 hat er insgesamt 36 Dissertationen angenommen. Sie waren wie bei Schmid in Bern hauptsächlich schul- und ideengeschichtlichen Themen gewidmet und sind teilweise in der von Weber seit 1963 herausgegebenen Reihe „Zürcher Beiträge zur Pädagogik“ veröffentlicht worden149. 1968 ist als zweite Professur ein Extraordinariat für Pädagogische Psychologie eingerichtet und mit dem ehemaligen Volksschul- und Seminarlehrer Konrad Widmer (1919–1986)150 besetzt worden. Er hat 1952 im Heilpädagogischen Institut bei Moor mit einer Dissertation über „Die sondererzieherische Situation der Schule beim schwererziehbaren Kind“ promoviert. Sie ist 1953 unter dem Titel „Schule und Schwererziehbarkeit. Grenzen, Aufgaben, Möglichkeiten“ als Buch erschienen. Eine Habilitation ist nicht erfolgt. Widmer ist 1970 zum ordentlichen Professor für „Pädagogik mit besonderer Berücksichti-
145 4953; 146 147 148 149 150
Kurzbiographien: Lexikon der Pädagogik, Bd. 3, 1952, 474; Kürschner 1987, Herzog 2002, 268f. Briefliche Mitteilung von Prof. Weber vom 24.7.1969 an den Autor. PAB. Herzog 2002, 270. Kurzbiographie: W. Böhm 2005, 416. Autoren und Titel der Bände 1-6 in ZfP 14 (1968), 101f. Kürschner 1987, 5070; Herzog 2002, 269.
Pädagogik an Kolumnentitel Schweizer Universitäten
925
gung der Lern-, Unterrichts- und Entwicklungspsychologie“ aufgestiegen. Er hat viel zur Praktischen Pädagogik und Jugendkunde publiziert und ist auch durch seine „Sportpädagogik“ (1974) bekannt geworden. Er hat zwischen 1971 und 1986 nicht weniger als 62 thematisch breit gestreute Dissertationen angenommen – die größte Menge, die im Fach Pädagogik an der Universität Zürich bisher von einem Professor erreicht worden ist151. Als dritte Professur ist 1972 ein Extraordinariat für „Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Sozialpädagogik“ geschaffen und mit Heinrich Tuggener (1924– ) besetzt worden. Es war der erste Schweizer Lehrstuhl für dieses Spezialfach. Auch er hat ab 1945 als Primarund Seminarlehrer begonnen und von 1950 bis 1954 an der Zürcher Universität Pädagogik, Heilpädagogik, Soziologie und Volkskunde studiert. 1959 hat er bei Weber mit der Dissertation „Untersuchungen über den Volksschullehrer und seine Bildung“ promoviert. Sie ist 1962 unter dem Titel „Der Lehrer. Studien über Stand, Beruf und Bildung des Volksschullehrers“ als Buch erschienen.152 Er hat an der Schule für Soziale Arbeit unterrichtet und sich 1971 mit einer Schrift über „Social Work. Versuch einer Darstellung und Deutung im Hinblick auf das Verhältnis von Sozialarbeit und Sozialpädagogik“ habilitiert. 1976 wurde er zum ordentlichen Professor befördert und hat sich bis zu seinem Rücktritt im Jahre 1989 um die Festigung seines Faches verdient gemacht. Ihm ist von 1993 bis 2009 Reinhard Fatke (1943– ) als ordentlicher Professor für „Allgemeine Erziehungswissenschaft mit besonderer Berücksichtigung der Sozialpädagogik“ gefolgt. Geboren 1943 in Kiel, hat er 1974 in Tübingen bei Andreas Flitner (1922– )153 mit einer Dissertation über „Adaptationsprozesse in der Schule. Theoretische und empirische Studien“ promoviert154 und 1983 mit einer Habilitationsschrift über „Die Phantasie beim Kinde. Theoretische Studien und eine Pilot-Untersuchung“ die Lehrbefugnis als Privatdozent erworben155. 1984 wurde er auf den neugeschaffenen Lehrstuhl für Sozialarbeit an der Schweizer Universität Freiburg berufen156. In Zürich hat er 151 ZfP 18 (1972), 149 bis 33 (1987), 451. 152 Quelle: www.hls.-dhs-dss.ch/textes/d/D34200.php; Herzog 2002, 269f.; ZfP 14 (1968), 101. 153 Über ihn vgl. in diesem Werk Bd. 1, 506f. 154 ZfP 21(1975), 318. 155 ZfP 30 (1984), 431. 156 Fatke 1991, 768/69.
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zwischen 1993 und 2012 in seinem Fach 17 Dissertationen betreut und angenommen.157 In den neunziger Jahren wurde am Pädagogischen Institut ein vierter Lehrstuhl mit dem Schwerpunkt „Allgemeine Didaktik“ eingerichtet und 1993 mit Kurt Reusser (1950– ) besetzt.158 Er war nach zehnjähriger Tätigkeit als Lehrer und nebenberuflichem Studium an der Universität Bern von 1980 bis 1990 Assistent bei Aebli. 1984 hat er das Doktorat erworben mit einer Dissertation über „Problemlösen in wissenstheoretischer Sicht. Problematisches Wissen, Problemformulierung und Problemverständnis“.159 1989 ist in Bern die Habilitation mit folgender Schrift erfolgt: „Vom Text zur Situation zur Gleichung. Kognitive Simulation von Sprachverständnis und Mathematisierung beim Lösen von Textaufgaben“160. Zur Ergänzung kam zeitweise noch eine Professur für „Medienpädagogik“ mit Christian Doelker hinzu. Mit diesen fünf Lehrstühlen und 24 wissenschaftlichen Mitarbeitern hat das „Pädagogische Institut“ der Universität Zürich gegen Ende des 20. Jahrhunderts den vorläufigen Höhepunkt der Differenzierung erreicht.161 Daneben gab es auch noch das „Institut für Sonderpädagogik“ mit drei Lehrstühlen und 10 Mitarbeitern162. Nachfolger von Weber auf dem Lehrstuhl für Historische und Systematische Pädagogik wurde 1978 Fritz-Peter Hager (1939– 1997)163. Geboren in Adelboden (Kanton Bern), hat er an der Universität Bern Philosophie, Altphilologie und Pädagogik studiert. 1961 erfolgte die Promotion mit einer Dissertation über „Die Vernunft und das Problem des Bösen im Rahmen der platonischen Ethik und Metaphysik“. Nach Forschungsaufenthalten am Thomas-Institut der Universität Köln und am Institute for Advanced Studies in Princeton (USA) hat er sich 1969 in Bern mit der Schrift „Der Geist und das Eine. Untersuchung zum Problem der Wesensbestimmung des höchsten Prinzips in der griechischen Philosophie“ für Philosophie, besonders Geschichte der Philosophie und Geschichte der Pädagogik habilitiert.
157 158 159 160 161 162 163
ZfP 39 (1993), 545 bis 58 (2012), 604. Herzog 2002, 270. ZfP 31 (1985), 435. ZfP 36 (1990), 459. DGfE 1998, 326f. DGfE 1994, 381f. Hager 1989, 223ff.; Kürschner 1996, 484; Fatke 1997; W. Böhm 2005, 269.
Pädagogik an Kolumnentitel Schweizer Universitäten
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Seit 1968 hat er als Assistent von Prof. Schmid am Pädagogischen Seminar gearbeitet. Er ist durch Bücher über „Pestalozzi und Rousseau“ (1974), „Plato Paedagogus. Aufsätze zur Geschichte und Aktualität des pädagogischen Platonismus“ (1981), „Aufklärung, Platonismus und Bildung bei Shaftesbury“ (1993), 24 Beiträge im „Historischen Wörterbuch der Philosophie“ (1971–1998) und 16 von ihm herausgegebene Bände der „Studien zur Geschichte der Pädagogik und Philosophie der Erziehung“ (1981–1995) als bedeutendster Schweizer Vertreter dieser Fächer hervorgetreten. Als Professor in Zürich mit sieben Mitarbeitern hat er zwischen 1983 und 1996 insgesamt 36 Dissertationen betreut164. Als Hagers Nachfolger ist 1999 aus Bern Jürgen Oelkers auf den Lehrstuhl für „Allgemeine Pädagogik“ berufen worden. In diesem Fach hat er sich bis zum Rücktritt im Jahre 2012 „mit der Analyse von öffentlichen Reflexionen über Erziehung und Bildung“165 befasst. Zwischen 2000 und 2011 hat er 44 Dissertationen angenommen. Zusammen mit den 19 aus seiner Berner Amtszeit ergibt das unter den Schweizer Pädagogikern den vorläufigen Spitzenwert von 63 Dissertationen in 21 Jahren.166 Nachfolger von Widmer auf dem Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie war von 1987 bis 2006 der Österreicher Helmut Fend167 mit sieben Mitarbeitern168. Geboren 1940 in Hohenems (Vorarlberg), hat er nach Besuch der Bundes-Lehrerbildungsanstalt Feldkirch und einjähriger Praxis als Volksschullehrer ab 1961 an der Universität Innsbruck Erziehungswissenschaft, Psychologie, Philosophie und Germanistik studiert. 1967 hat er mit einer von Brezinka betreuten Dissertation über „Sozialisierung und Erziehung“ promoviert und von 1968 bis 1987 als Assistent, Wissenschaftlicher Rat und Professor am Sonderforschungsbereich Bildungsforschung der Universität Konstanz gearbeitet. Er ist durch bedeutende Beiträge zur Entwicklungspsychologie des Jugendalters, Erziehungspsychologie und Schulforschung hervorgetreten. An der Universität Zürich hat er 27 Dissertationen betreut.
164 ZfP 30 (1984), 436 bis 43 (1997), 529; DGfE 1998, 328 (Mitarbeiter). 165 http://www.ife.uzh.ch/ueberuns/institut.html. – Vgl. in diesem Band S. 920. 166 ZfP 47 (2001), 434 bis 58 (2012), 603f. 167 Kürschner 2007, 825. Vgl. in diesem Werk Bd. 2, 566ff. und 692; Bd. 3, 272, 617f.; Bd. 4, 379. 168 DGfE 1998, 328.
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X. Abschliessender Überblick
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Neben Fends „Fachbereich Pädagogische Psychologie I“ ist für Reusser vorübergehend ein „Fachbereich Pädagogische Psychologie II“ mit didaktischem Schwerpunkt und vier Mitarbeitern eingerichtet worden169. In jüngster Zeit ist das Zürcher „Pädagogische Institut“ in „Institut für Erziehungswissenschaft“ umbenannt worden. 2012 ist es mit dem „Institut für Gymnasial- und Berufspädagogik“ zusammengeschlossen worden. Es besteht seither aus zwei Teilen: dem „Fachbereich Erziehungswissenschaft“ für die Bachelor-, Master- und Doktoratsstudien einerseits und der „Abteilung Lehrerinnen- und Lehrerbildung Maturitätsschulen“ andererseits. Die ältere Gliederung in Abteilungen wurde durch die Gliederung in „Lehrstühle (Fachrichtungen)“ ersetzt. Die Sonderpädagogik wurde schon früher ins Institut eingegliedert. Die Zahl der Professoren ist auf zwölf angewachsen. Sie verteilen sich auf folgende Lehrstühle: Allgemeine Pädagogik. Außerschulische Bildung und Erziehung. Historische Bildungsforschung und Steuerung des Bildungs systems. Pädagogische Psychologie und Didaktik. Pädagogik – Sozialpädagogik. Sonderpädagogik: Bildung und Integration. Sonderpädagogik: Gesellschaft, Partizipation und Behinderung. Theorie und Empirie schulischer Bildungsprozesse. Berufsbildung. Gymnasialpädagogik (2 Lehrstühle). Gymnasialpädagogik sowie Lehr- und Lernforschung.170 Als Ergänzung zu diesem Blick auf die Fachgeschichte an den Universitäten Bern und Zürich ist der Hinweis angebracht, dass das Spezialfach Wirtschaftspädagogik nicht wie in Österreich an vier Universitäten, sondern nur an der Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften St. Gallen im „Institut für Wirtschaftspädagogik“ vertreten ist. Es ist 1972 durch Rolf Dubs171 gegründet worden und hat in Lehre und Forschung eine internationale Spitzenstellung gewonnen.
169 170 171
DGfE 1998, 329. Quelle: http://www.ife.uzh.ch/ueberuns/institut.html (November 2012). Kürschner 2007, 668.
Pädagogik an Kolumnentitel Schweizer Universitäten
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Dubs wurde 1935 in Affoltern (Kanton Zürich) geboren und hat sich nach der Handelsmatura an der Kantonsschule St. Gallen an der dortigen Hochschule zum Diplom-Handelslehrer ausgebildet. Von 1954 bis 1972 war er in verschiedenen Schulen als Lehrer für Wirtschafts fächer tätig. Neben diesem Beruf hat er 1965 das Doktorat der Wirtschaftswissenschaften auf Grund einer Dissertation über „Das Sozialkreditgeschäft der schweizerischen Kantonalbanken“ erworben. 1967 erfolgte als erste Schweizer Habilitation für das Fach Wirtschaftspädagogik mit einer Schrift über „Das Wirtschaftsgymnasium“ der Erwerb der Lehrbefugnis als Privatdozent, 1969 die Ernennung zum außerordentlichen Professor und 1971 die Berufung zum ordentlichen Professor dieses Faches an der Hochschule St. Gallen. Dort ist er im Jahre 2000 kurz nach ihrer Erhebung zur Universität emeritiert worden. Neben der fachdidaktischen und pädagogischen Ausbildung der Lehrer für das kaufmännische Schulwesen der Schweiz und der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses hat er durch seine klaren Schriften, Vorträge und Gutachten über den wirtschaftskundlichen Unterricht hinaus die gesamte Schulpädagogik bereichert und zur Reform von Lehrerbildung, Schulverwaltung und Schulpolitik beigetragen. Von 1965 bis 2000 war er auch Redakteur der „Schweizerischen Zeitschrift für das kaufmännische Bildungswesen“ und von 1992 bis 2003 Mitherausgeber der deutschen „Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik“. Er hat in Afrika und Ostasien Entwicklungshilfe durch Beratung von Regierungen und Schulung von Lehrpersonal geleistet. In Deutschland und Österreich hat er Behörden und Unternehmen als Gutachter und Universitäten als Referent in Lehrplan- und Organisationsfragen gedient. Die Wirtschaftsuniversitäten Wien und Budapest sowie die Technische Universität Dresden haben ihn mit Ehrendoktoraten ausgezeichnet. Eine weitere Ergänzung betrifft die Universität Basel. Dort gab es bis 2008 keinen Lehrstuhl für Pädagogik, sondern nur ein dem Lehramt Sonderpädagogik dienendes „Institut für Spezielle Pädagogik und Psychologie“. 2008 wurde von der Kantonsregierung erstmals ein Ordinariat für Pädagogik eingerichtet, das zugleich der PhilosophischHistorischen Fakultät der Universität Basel und dem „Institut für Sekundarstufe II und Pädagogik“ der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwest-Schweiz angegliedert ist. Statt eines Instituts gibt es seither ein „Forschungs- und Studienzentrum für Pädagogik“, das sowohl zur Universität als auch zur Pädagogischen Hochschu-
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le gehört. Es wird von Roland Reichenbach geleitet und bietet seit 2009 einen Studiengang an, der zum „Master of Educational Studies“ führt.172 Diese Hinweise auf den Ausbau des Faches Pädagogik an den deutschen und Schweizer Universitäten ab 1970 zeigen, dass es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede im Vergleich mit den österreichischen gegeben hat. Dazu hat auch die Öffnung für gesamteuropäische Strömungen, Regeln und Pläne beigetragen. Hauptunterschied zu Deutschland war und blieb bis zur Gegenwart, dass die Ausbildung der Pflichtschullehrer in Österreich wie in der Deutsch-Schweiz abseits der Universitäten in praxisorientierten Lehrerbildungsanstalten, Lehrerseminaren, Pädagogischen Akademien (in Österreich ab 1968)173 oder Pädagogischen Hochschulen (in Österreich ab 2007)174 ohne wissenschaftliche Autonomie erfolgt ist. Den autonomen Universitäten ist dort nur das schmale Pädagogische Begleitstudium der Studierenden für das Gymnasiallehramt anvertraut worden. Dadurch hat sich unter dem Druck zur Verwissenschaftlichung des Faches das Interesse der Professoren und Mitarbeiter zunehmend auf die forschungsorientierte Ausbildung von Studierenden der Pädagogik im Haupt- und Nebenfach (Diplom-, Lizentiats-, Magister-, Doktoratsstudium) verlagert. Eine österreichische Besonderheit war die frühe Säkularisierung (Verweltlichung, Entkonfessionalisierung, Entkirchlichung) der Schulen und der Schulaufsicht durch das Schule-Kirche-Gesetz vom 25. Mai 1868175 und das Reichsvolksschulgesetz vom 14. Mai 1869176. Damit wurde die interkonfessionelle Simultanschule (Gemeinschaftsschule) samt Lehrerbildungsanstalten rund einhundert Jahre früher als zum Beispiel in deutschen Bundesländern177 wie Bayern (1968) und Baden 172 Quelle: http://paedagogik-unibas.ch/ (November 2012). 173 SchOrgG 1962, BGBl Nr. 242/1962, §§ 118–124. 174 Bundesgesetz über die Organisation der Pädagogischen Hochschulen und ihre Studien (Hochschulgesetz 2005). BGBl Nr. 30/2006. 175 RGBl. 1868, Nr. 48. Bei Schedlbauer 1911, 6ff.; Klecatsky/Morscher 1982, 963ff. – Abgesehen vom Religionsunterricht ist „der Unterricht in den übrigen Lehrgegenständen … unabhängig von dem Einflusse jeder Kirche oder Religionsgemeinschaft“: § 2. 176 RGBl. 1869, Nr. 62. Bei Schedlbauer 1911, 427ff. – Vgl. Engelbrecht, Bd. 4, 1986, 111ff. 177 Vgl. Erlinghagen 1972, 79ff.
Pädagogik an Kolumnentitel Schweizer Universitäten
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Württemberg (1969) als Regelschule eingeführt. Während dort um der Erhaltung der Bekenntnisschulen willen selbst an Pädagogischen Akademien und Hochschulen eine konfessionelle Lehrerausbildung gesetzlich verankert war178, hat in Österreich der Liberalismus den Einfluss der Katholischen Kirche auf das Schulwesen und die Inhalte der Lehrerausbildung179 schon seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts radikal verringert. Das hat sich auch auf die Lehrinhalte der Pädagogik an den Philosophischen Fakultäten der Universitäten und das Studium der künftigen Lehrerbildner ausgewirkt. Abgesehen von den sieben Jahren der Hitler-Diktatur ist das Fach in Österreich meistens etwas aufgeklärter und wissenschaftsnäher gelehrt worden als anderswo – auf psychologisch-wertphilosophischen Grundlagen zwischen Empirismus, deutschnationalem Humanismus und einem vagen Kulturchristentum. Mangels bindender inhaltlicher Richtlinien hing es weitgehend von den Interessen der Professoren und Dozenten ab, was angeboten und geprüft wurde. Wegen der relativ wenigen pädagogischen Professuren in Österreich und der Schweiz waren die Unterschiede und Eigenarten der dort gelehrten Pädagogik geringer als in Deutschland. Beim Blick auf die Forschungsgebiete der Dozenten und Professoren fällt auf, dass bei Schweizer Pädagogikern mehr Interesse für historische Studien bestanden hat als in Österreich. Auch in jüngster Zeit dominieren hochspezialisierte Beiträge zur pädagogischen Ideen- und Sozialgeschichte (Hager, Oelkers, Osterwalder, Reichenbach), während die systematische Grundlagenforschung ebenso vernachlässigt wurde wie in Österreich. Unter diesen Umständen sind hier wie dort Pädagogiker mit internationaler Ausstrahlung durch Übersetzungen ihrer Schriften selten geblieben180. 178 Erlinghagen 1972, 60ff.; Zur Verteidigung und Kritik der konfessionellen Pädagogik in Deutschland zwischen 1915 und 1967 vgl. die Textsammlung von Erlinghagen 1971, 51–145; zur Kritik Brezinka 1989, 77–159. 179 Vgl. Gönner 1967. 180 Vgl. die Buchveröffentlichungen österreichischer Pädagogik-Professoren in fremden Sprachen im Bd. 3 dieses Werkes (626–646). Otto Willmann, Friedrich Wilhelm Foerster, Friedrich Schneider und Wolfgang Brezinka stammten aus Preußen. Foerster ist schon nach einem Jahr von Wien nach München abgewandert, Schneider nach sieben Jahren von Salzburg nach München, Brezinka nach sieben Jahren von Innsbruck nach Konstanz. Vgl. Engelbrecht, Bd. 4, 1986, 39: Österreich hat im Zeitalter Franz Josephs „keine Pädagogen von europäischem
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Inhaltlich haben sich die österreichischen wie die Deutsch-Schweizer Pädagogiker in der pädagogischen Forschung, Lehre und Publizistik bis zur Gegenwart fast ausschließlich an deutschen Autoren orientiert.181 Erst seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts hat unter den Einflüssen aus Psychologie, Soziologie und Philosophie die Nutzung angloamerikanischer Texte zugenommen.
Rang hervorgebracht“. – Lehrl 1931, 577: „Wer nach Österreich schaut, dem fällt auf, daß es keine berühmten ,Charakterköpfe‘ der Pädagogik besitzt“. Das geht auch aus der Darstellung der österreichischen Geistesgeschichte von 1848–1938 durch Johnston 1974 hervor. Dort wird als Pädagogiker nur Herbart behandelt in einem Kapitel über „Österreichische Triumphe eines deutschen Denkers“ (285– 291). 181 Vgl. z.B. die Quellenangaben und Hinweise bei Meister 1947, 193–203. Als österreichische pädagogische Autoren wurden nur Willmann, Höfler, Martinak, Jerusalem, Tumlirz, Simonic und Eduard Burger genannt, als Psychologen Meinong, Witasek, Karl und Charlotte Bühler, Klimpfinger. Ähnlich bei Meister 1965, ergänzt durch Lochner und Schneider als Pädagogiker.
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Kolumnentitel
4. RÜCKBLICK UND AUSBLICK „Pädagogik, als v o l l e n d e t e Wissenschaft, könnte nur gebaut werden auf die Vollendung aller übrigen Wissenschaften. Wo sie leicht erscheint, verrät sie die Kindheit, worin sie in der Tat gegenwärtig noch liegt“. Friedrich Herbart1
„Die Pädagogik muß in die T i e f e , nicht in die B r e i t e weiter ausgebaut werden“.
Ernst Dürr2
„Nur der Vergötzung von Wissenschaft ist es zuzuschreiben, wenn wir mit der Redeweise, etwas sei ,nicht wissenschaftlich‘, eine vage pejorative Bedeutung verbinden (wie in aller Welt sollte denn alles ,wissenschaftlich‘ sein können!).“ Leszek Kolakowski3
Im Rückblick zeigt sich die Pädagogik nach ihrer Einführung an den österreichischen wie an den deutschen und Schweizer Universitäten rund 150 Jahre lang als ein vernachlässigtes Nebenfach, das schwach vertreten war und geringes wissenschaftliches Ansehen hatte. Das verwundert in einem Zeitalter, in dem das Schulwesen, die Universitäten und die Wissenschaften quantitativ wie qualitativ den größten Aufschwung ihrer Geschichte erlebt haben. Es entspricht auch nicht dem großen Interesse für Erziehungs- und Schulfragen, das in dieser Epoche der Modernisierung privat und öffentlich, politisch und publizistisch geäußert worden ist. Zur Zeit der größten Vermehrung des Lehr- und Erziehungspersonals wie der maßlosen Verbreitung pädagogischer Schriften sind die universitären Pädagogiker eine winzige Minderheit geblieben, die auf ihre Aufgaben schlecht vorbereitet und völlig überfordert war. Pädagogik
a l s v o r w i ss e n s c h a f t l i c h e
praktische
Disziplin
Unter diesen Umständen ist die Pädagogik als rückständige vorwissenschaftliche Disziplin erschienen, in der mehr Wissen vorgespiegelt wur
1 2 3
Herbart 1913, Bd. 1, 126. Dürr 1908, V. Über ihn in diesem Bd., 898f. Kolakowski 1977, 54.
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de als vorhanden war und von der größerer Nutzen versprochen wurde als tatsächlich eintreten konnte. Ein solches Studienfach konnte schwerlich hervorragenden wissenschaftlichen Nachwuchs anziehen. Die Pädagogik war im 19. und frühen 20. Jahrhundert erst „eine werdende Wissenschaft“4, die noch für ihre „Erhebung … zur Wissenschaft“5 und ihren „Anspruch … auf akademisches Bürgerrecht“6 kämpfen musste. „Populäre, schlechte Schriften haben der Ansicht vielfach Vorschub geleistet, als sei in der Pädagogik nicht besonders viel zu lernen: teils selbstverständliche, teils unerweisliche Dinge“7. Die Pädagogik war „nur zu oft zu einer Form utopischer Literatur“ geworden und „die Wissenschaft der Erziehung existiert(e) noch kaum anders als in projekthaftem Zustand“, „erst in der Entwicklung“ befindlich.8 Dieser Eindruck von der frühen Fachgeschichte der Pädagogik ist schwer widerlegbar, wenn ihr Verlauf am Ideal fortgeschrittener empirischer Wissenschaften gemessen wird. Dann drängt sich die fragwürdige Ansicht auf, ihr relativ geringer Erkenntnisstand sei hauptsächlich auf menschliches Versagen zurückzuführen wie mangelnde Weitsicht politischer und administrativer Entscheidungsinstanzen, ministerielle oder universitäre Planungsfehler, falsche Personalauswahl, Sparsamkeit am falschen Platz, Ausbildungsdefizite, unterlassene Leistungskontrolle, Trägheit, fehlende Kritik und versäumte Selbstkritik der Stelleninhaber usw. Derartige Faktoren haben sicher in relativ hohem Maße mitgespielt, wie in diesem Werk vielfach belegt worden ist. Ausschlaggebend für die wissenschaftliche Rückständigkeit der Pädagogik war jedoch nicht die Häufung solcher zufälligen Mängel, sondern eine grundsätzliche Schwierigkeit: die Unvereinbarkeit ihrer praktischen Aufgabe, berufliche Orientierungshilfe für Lehrer und andere Erzieher in einer konkreten geschichtlichen Lage zu geben, mit der wissenschaftlichen Aufgabe empirischer Forschung und Theorienbildung. Der Rückblick hat gezeigt, dass mit der Einführung der Pädagogik als Lehrfach der Universitäten ein vernünftiger praktischer Zweck verfolgt worden ist. Den künftigen Seelsorgern, Gymnasiallehrern und Privaterziehern sollte Erziehungswissen vermittelt werden, um sie
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Willmann 1876, 291. Hervorhebung vom Verfasser. Willmann 1898. Willmann 1913/14. Willmann 1876, 294. Durkheim 1911. Deutsch in: Durkheim 1972, 69, 61f.
Rückblick Kolumnentitel und Ausblick
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theoretisch auf die Erziehungskunst vorzubereiten. Dazu musste aus der Gesamtmenge des Wissens jene Teilmenge vereint werden, deren Kenntnis für die Erfüllung erzieherischer Aufgaben als nützlich galt. Die Auswahl erfolgte nach dem Zweck-Mittel-Schema9. Die Zwecke bildeten den Ausgangspunkt der Erziehungslehren, die Mittel ihr zentrales Thema. Ihrem praktischen Zweck entsprechend hatte die Pädagogik einen gemischten Charakter. Sie bestand aus der Verbindung von normativem Wissen und empirischem Wissen. Zum Normen-Wissen gehörte in erster Linie Wissen über die Erziehungsziele, d.h. über Persönlichkeits ideale auf weltanschaulicher Grundlage10. Es wurde aus den Morallehren der Kirchen, aus der Ethik als Teildisziplin der Philosophie, aus staatlichen Vorschriften oder aus privaten Reflexionen zu gewinnen gesucht. An empirischem Wissen (Erfahrungs- oder Tatsachenwissen) wurde zweierlei gebraucht: erstens Wissen über Menschen als Erziehungsobjekte (Zöglinge, Schüler, Educanden, Adressaten des erzieherischen Handelns). Es ging um möglichst konkretes Wissen über die Natur und die individuellen oder typischen Eigenarten der zu erziehenden Personen und ihrer Lebensräume. Dafür war man auf Anthropologie im weiten Sinne angewiesen: auf Menschen-, Kultur- und Milieukunde, Kinder-, Jugend-, Schülerkunde. Zweitens war Kausalwissen nötig über geeignete Erziehungsmittel, also über die Wirkungen von Maßnahmen oder Techniken zur Beeinflussung der Zu-Erziehenden in verschiedenen Situationen gemäß den Zwecken oder Zielen ihrer Erziehung. Dieses allgemeine Programm der erforderlichen Lehrinhalte einer Praktischen Pädagogik ließ von vornherein erwarten, dass es nur sehr unvollkommen, bruchstückweise und schwierig zu erfüllen sein wird. Als abstraktes Denkschema war das Programm einleuchtend. Wie konnte man aber vom formalen Zweck-Mittel-Schema zu konkretem pädagogischem Orientierungswissen gelangen, das für Lehrer und andere Erzieher in der vielgestaltigen realen Welt praktisch brauchbar ist? Üblicherweise nicht durch komplizierte empirische Forschung mit zweifelhaftem Nutzen, sondern durch das Studium von Schriften, in denen angesehene Vorgänger ihre Erfahrungen und Einsichten mitgeteilt haben. Diese beruhten auf Beobachtungen und Überlegungen
9 10
Brezinka 1995, 218ff. Brezinka 1990, 100–155; 1992, 13–44.
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früherer Seelsorger, Lehrer, Erzieher und pädagogischer Denker, die sich zu traditionellen Lehrmeinungen verdichtet hatten. Sie enthielten in vielen Variationen ein Gemisch von mehr oder weniger wahren Behauptungen über Tatsachen einerseits und andererseits Wunschvorstellungen samt Wertungen und Sollensforderungen mit mehr oder weniger überzeugenden Begründungen. Das Lehrgut der Pädagogik bestand aus Erläuterungen von Alltagswissen und Entlehnungen aus anderen Fächern, insbesondere aus Ethik, Psychologie, Ideen- und Schulgeschichte. Personell zehrte sie vorwiegend von den Leistungen einiger Theologen und ehemaliger Gymnasial-, Seminar- und Volksschullehrer, die zu Universitätsprofessoren der Philosophie und Pädagogik aufgestiegen sind. Wegen ihrer praktischen Aufgabe und ihres unselbständigen Charakters hat die Pädagogik mit den Fortschritten der Erfahrungswissenschaften und der methodenkritischen Philosophie des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts nicht Schritt halten können. Deshalb wurde lange bestritten, dass sie eine vollwertige Wissenschaft mit eigenen Forschungsaufgaben sei oder werden könne.
„ V e r w i ss e n s c h a f t l i c h u n g “ a l s u n k l a r e s P r o g r a mm In dieser Lage mussten ihre wenigen Universitätslehrer als anfangs sehr kleine erziehungstheoretische Spitze der riesigen Pyramide von Lehrern und anderen Erziehungspraktikern versuchen, durch „Verwissenschaftlichung“ der Pädagogik das Gegenteil zu beweisen. Das ist – beurteilt nach dem Wandel ihres äußeren Erscheinungsbildes – im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts überraschend schnell gelungen. Aus einem dürftigen Nebenfach ist ein Hauptfach geworden, das massenhaft Studierende anzieht. Von außen gesehen besitzt es seither alle Merkmale eines normalen Universitätsfaches: gesetzlich anerkannte Studiengänge mit Studien- und Prüfungsordnungen, Lehrstühle und Institute mit Dienstposten für wissenschaftliche Mitarbeiter, Promotionsrecht, Habilitationsförderung, Forschungsmittel, Spezialbibliotheken, Fachzeitschriften, wissenschaftlichen Gesellschaften, internationaler Vernetzung. Gemessen an ihrer Lage bis zur Zeit um 1965/70 hat die Pädagogik an den Universitäten quantitativ einen großartigen Aufstieg erreicht.
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Qualitativ hat sich ihr Zustand jedoch weniger günstig entwickelt. Mit dem überhasteten äußeren Aufstieg haben die inneren Krisen zugenommen11. Aus den in diesem Werk untersuchten Quellen sind vor allem zwei Hauptmängel sichtbar geworden: erstens geringe Erkenntnisfortschritte in der Grundlagenforschung, zweitens geringer Nutzen für die Berufstüchtigkeit der Lehrer und sonstigen Erziehungspraktiker. Das ist nach rund 50 Jahren sogenannter „Verwissenschaftlichung“ der Pädagogik ein unbefriedigendes Ergebnis. Es hängt damit zusammen, dass „Verwissenschaftlichung“ ein unklares Programm gewesen und geblieben ist. Es bedeutet im allgemeinsten Sinne: „etwas auf ein wissenschaftliches Niveau heben“12. Da Wissenschaft als ein hohes Gut gilt, ist damit bei naivem Verständnis meistens pauschal eine positive Wertung wissenschaftlicher Arbeit und ihrer Ergebnisse verbunden. Auf die Pädagogik bezogen wird dann ohne nähere Differenzierung an eine Verbesserung der Qualität des pädagogischen Wissens gedacht. Es wird angenommen, dass wissenschaftliche Maßstäbe in dieses Wissensgebiet eingeführt werden, das bisher hauptsächlich aus Alltagswissen, praktischem, lebensweltlichem oder vorwissenschaftlichem Wissen bestanden hat. Durch kritische Prüfung der vorhandenen Lehren und systematische Forschung werde versucht, Unwissen zu verringern, Irrtümer zu beseitigen und neue besser bestätigte Erkenntnisse zu gewinnen. „Verwissenschaftlichung“ in diesem theoriebezogenen Sinne ist ein ideales Programm, das nur stückweise und vorläufig je nach dem Forschungsgegenstand mehr oder weniger gelingen kann. Diese Idealvorstellungen sind politisch genutzt worden, um der großen Berufsgruppe der Volksschullehrer zu jenen Einkommens- und Prestigevorteilen zu verhelfen, die die Hochschul-Ausbildung den Gymnasiallehrern und anderen Akademikern verschafft hat. In der berufspolitischen Bedeutung des Wortes ist mit „Verwissenschaftlichung“ meistens nicht mehr gemeint als ein Verwaltungsakt samt seinen Folgen: die Verlegung beruflicher Ausbildungsgänge von Fachschulen an wissenschaftliche Hochschulen oder Universitäten, also vom sekundären Sektor des Bildungswesens zum tertiären. Mit ihr verbunden sind höhere theoretische Anforderungen, verlängerte Ausbildungszeit und vermehrte Kosten. Von den betroffenen Berufsgrup-
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Brezinka 1966; 1994; 2003, 126ff.; 2012. Duden 1981, Bd. 6, 2790.
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pen bezweckt und meistens auch erreicht ist die Erhöhung von Einkommen und sozialem Rang. Der Aufstieg und die Expansion des Faches Pädagogik an den Universitäten ist weitgehend dem durch „Verwissenschaftlichung“ in diesem berufspolitischen Sinne erzeugten Unterrichtsbedarf bei der Ausbildung von Lehrern und außerschulischen Erziehern (Heil-, Sozial-, Betriebspädagogen usw.) zu verdanken. Dieser Begriffsinhalt wird auch als „Akademisierung“13 oder – in der Schweiz – als „Tertiarisierung“14 bezeichnet. Im berufspolitischen Sinne ist die „Verwissenschaftlichung“ der pädagogischen Ausbildung in den deutschsprachigen Ländern und den meisten Mitgliedsstaaten der Europäischen Union überwiegend gelungen oder dem Abschluss näher gekommen. Im theoriebezogenen Sinne ist das Fach Pädagogik jedoch hinter dem Ideal weit zurückgeblieben. Daran hat auch der Wechsel des Namens zu „Erziehungswissenschaft“ nichts geändert. Da heutzutage aus berufs- und standespolitischen Interessen Unterschiede eingeebnet werden und egalisierend alles als „Wissenschaft“ Anerkennung findet, was an Hochschulen gelehrt wird, fallen ihre Mängel wenig auf. Legt man aber einen strengen Begriff von Wissenschaft an mit Erfahrung15, intersubjektiver Prüfbarkeit, begrifflicher Klarheit und logischer Systematik als Mindestmerkmalen, dann wirkt sie derzeit noch verworrener, zusammenhangloser und unausgereifter als früher. Es ist bisher nicht gelungen, wenigstens über die Grundlagen der Pädagogik zu einem allgemein anerkannten Kanon von Erkenntnissen zu gelangen, die ihre wissenschaftliche Selbständigkeit beweisen und als Richtschnur für Lehre, Studium und Forschung dienen können16. Zu diesem Mangel hat beigetragen, dass generell über die Kriterien der „Wissenschaftlichkeit“ und die Abgrenzung der „Wissenschaft“ von „Nicht-Wissenschaft“ keine Einigkeit besteht17. Da es sehr verschiedene Wissenschaftsbegriffe gibt, kann auch unter „Verwissenschaftli 13 Vgl. z.B. Brezinka 1988, 226ff. über „Die Akademisierung der Ausbildung von Volksschullehrern als Problem“ (1968); Müller/Tenorth 1995, 162f. 14 Horn 2012. 15 Vgl. Röd 1991. 16 Vgl. die unzulänglichen Beiträge der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) zum „Kernstudium“ (1968) bzw. „Kerncurriculum Erziehungswissenschaft“ (2008). 17 Vgl. u.a. Wohlgenannt 1969; Diemer 1970; Brezinka 1978, 31ff.; Radnitzky 1989a; Diemer-Seiffert 1989; Meier-Oeser/Hühn/Pulte 2004.
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chung im theoriebezogenen Sinne“ sehr Verschiedenes verstanden werden. Schon deswegen ist sie ein Programm ohne Informationswert. Noch mehrdeutiger, ungenauer und informationsleerer wird sein Inhalt, wenn an „die umfassende Verwissenschaftlichung unseres Daseins“ in der „wissenschaftlichen Zivilisation“ der Gegenwart18 gedacht wird. Dazu gehört auch „die Verwissenschaftlichung aller Praxis“19 als Programm und Realität. Die Pädagogik ist von dieser besonders betroffen, weil sie ihr den Aufstieg zum Massenfach verdankt. Die berufspolitische „Verwissenschaftlichung“ oder „Akademisierung“ der Ausbildung von Lehrern und anderen professionellen Erziehern mit ihren standespolitischen Vorteilen ist durch das Programm der „Verwissenschaftlichung“ pädagogischer Theorien und Praktiken legitimiert worden20. In den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts haben ihre Wortführer versprochen, dass es durch mehr „Wissenschaftlichkeit“ und Forschungsnähe des Faches zu besseren Lehrern und Schülern kommen werde.
G r e n z e n l o s e s S a mm e l s u r i u m
als
Ergebnis
Der rasante Ausbau des Faches Pädagogik an den Universitäten ab 1965/70 ist in den Spuren seiner Tradition als gemischte normativdeskriptive, philosophisch-empirische Disziplin erfolgt, ohne die damit verbundenen Schwierigkeiten zu klären und zu überwinden. Sie hat auch unter dem eine Revision vortäuschenden Namen „Erziehungswissenschaft“ ihre Sonderstellung unter den Wissenschaften beibehalten: als „Soll- oder Wert-Wissenschaft“ einerseits und „Seins- oder Tatsachen-Wissenschaft“21 andererseits. Auf Grund ihrer Sonderstellung als praktische Disziplin mit zugleich normativen und erfahrungswissenschaftlichen Aufgaben standen sachlogisch wie politisch von jeher die Erziehungsziele, gesellschaftlich-kulturellen Ideale, Wertungen und Normen im Vordergrund des Interesses – aber nicht hypothetisch, historisch und kritisch ver-
18 Schelsky 1961/1965; Pohlmann 2001. 19 Schelsky 1963, 204ff. und 296 über „Erziehung zur Wissenschaftlichkeit“. Zur „Verwissenschaftlichung des Curriculums“ und „der Lehrertätigkeit“ vgl. Lisop 1995; speziell der kulturkundlichen Fächer: Brezinka 2003, 111ff. 20 Tenorth 1990a; Müller/Tenorth 1995, 161ff.; Brezinka 2003, 152ff. 21 Göttler 1948, 13.
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gleichend, sondern dogmatisch. Da die normgebenden Grundlagen des Faches letztlich Glaubensbekenntnisse waren und sind, ist die Pädagogik auch offen eine „Weltanschauungswissenschaft“ genannt worden22. Nach neuzeitlichem Verständnis konnte aber ein Fach nicht als Wissenschaft anerkannt werden, in dem die praktisch notwendige Parteinahme für religiöse, weltanschauungsphilosophische, rechtliche oder politische Dogmen als zentrales Element galt. Ein mit dem universitären Fächerkanon verträglicher Ausweg wurde darin gefunden, dass „Pädagogik auf philosophischer Grundlage“23 oder als „philosophische Pädagogik“24 gelehrt wurde. Sie sei „im wesentlichen eine Theorie des Seinsollenden und zwar vom Menschen und von der menschlichen Gesellschaft, wie sie sein sollen. Als normative Disziplin nimmt sie somit eine Sonderstellung ein“.25 Dieses Fachverständnis wird von vielen Pädagogikern noch heute in allerlei Varianten, aber zunehmend verschwommener vertreten – teils rein philosophisch, teils normativ-deskriptiv gemischt mit Betonung des normativ-philosophischen Anteils26. Diese normative Sonderstellung der Pädagogik hat sich aus der überragenden praktischen Bedeutung ergeben, die die Erziehung, ihre Ziele und deren Rangordnung für das Leben und die Zukunft von Personen, Sozialgebilden und Kulturen haben. Ihre Wichtigkeit hat in den modernen pluralistischen Großgesellschaften durch soziale Mobilität, Rationalisierung, Traditionsverlust, Wertwandel, Individualisierung, Reizüberflutung, Orientierungsunsicherheit usw. stark zugenommen. Gute Erziehung (oder „Bildung“) galt als Schutz- und Heilmittel gegen zahllose Übel, Gefahren und Missstände; versäumte oder schlechte Erziehung als Ursache von Not und Unheil. Deshalb wurde mehr als je zuvor Aufklärung, Rat und Hilfe von professionellen Erziehern und Lehrern aller Art (Pädagogen) und von Erziehungstheoretikern (Pädagogikern) als ihren Ausbildnern erwartet. 22 Ebenda, 19. Selbstverständlich nicht im wissenschaftlichen Sinne einer kritischen Analyse von Weltanschauungen als Gegenstand wie zum Beispiel bei Gomperz 1905/1908, Busemann 1967, Lemberg 1974, Topitsch 1988. 23 Untertitel des hervorragenden und zu Unrecht vernachlässigten Werkes von Cohn 1919. 24 Spranger 1933. 25 Otto 1928, V. 26 Vgl. z.B. die zentrale Stellung der auf vage „Humanität“ ausgerichteten erziehungsphilosophischen „Prinzipien“ bei Benner 2012, 58ff.
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Diese gesteigerte Nachfrage traf aber an den Universitäten auf ein Lehrfach, dessen Personal sich überwiegend anderen Themen gewidmet hatte als der schwierigen Gewinnung von bewährtem Zweck-Mittel-Wissen zur Lösung konkreter Erziehungsprobleme.27 Es hat bei vielen Pädagogikern sogar die Einsicht in diesen Mangel, seine Ursachen und seine nachteiligen Folgen für die Qualität, die Nützlichkeit und das Ansehen der Pädagogik gefehlt. Die Klärung der begrifflichen, methodischen und systematischen Grundlagen des Faches ist unterblieben.28 Statt der Konzentration auf seine Kernfragen wurde zunehmend in Randfragen und Belanglosigkeiten ausgewichen. Wie ist es dazu gerade in einer Periode der Fachgeschichte gekommen, in der die universitäre Pädagogik „verwissenschaftlicht“ worden ist und als „forschende Erziehungswissenschaft“29 ihren höchsten Personalstand erreicht hat? In aller Kürze lautet die Antwort: durch Abkehr vom praktischen Zweck der Pädagogik und Preisgabe der Vereinfachungen, die er erfordert. Ihr Zweck war: Orientierungswissen für Erzieher bieten zur Erfüllung ihrer erzieherischen Aufgaben unter den besonderen Bedingungen, die in ihrem Arbeitsfeld jetzt und in naher Zukunft gegeben sind. Das erforderte Beschränkung auf das dafür nützlich erscheinende Wissen in einer Ordnung, die dem vereinfachenden Zweck-Mittel-Schema folgt. Die „Verwissenschaftlichung“ der Pädagogik ist aber im Großen und Ganzen nicht diesem für alle technischen Wissenschaften und Künste geltenden Ordnungsprinzip gefolgt. Ihr Personal hat mehrheitlich die neu gewonnene Freiheit der Forschung und Lehre genutzt, um einem enzyklopädischen Interesse nachzugeben an allen Phänomenen aus Natur, Kultur und deren Geschichte, die irgendwie näher oder ferner mit Erziehung (oder/und „Bildung“) und ihren Voraussetzungen zusammenhängen. Aus einem kleinen berufskundlichen Nebenfach für künftige Seelsorger und Schullehrer sollte nun eine zugleich beschreibende und normgebende Universalwissenschaft von der „Humanontogenese“ werden, also vom „Lebenslauf“ der Menschen und der „profes-
Eine klare forschungslogische Analyse der Schwierigkeiten schon bei Frey1924, die leider unbeachtet geblieben ist. Vgl. in diesem Band S. 904; ferner Brezinka 1995, 218ff. 28 Tenorth 2006, 147: „Offen geblieben … sind … die systematischen Fragen. Das Bild der Pädagogik als Wissenschaft ist nach wie vor kontrovers“. 29 Tenorth 1990, 271, 281. Hervorhebung vom Verfasser. tag
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sionellen Lebensbegleitung“ durch Pflege- und Erziehungspersonal bis zum Tode30. Vorbereitet wurde dieser Übergang von mehr oder weniger naiven Zweck-Mittel-Lehren zum Programm einer universalen Humanwissenschaft durch zunehmende Beachtung der Grenzen intentionaler Erziehung vor dem Hintergrund des Wandels von traditionsgebundenen Lebensformen zu mobilen individualistischen Konsumgesellschaften. Um die notwendigen und hinreichenden Bedingungen für den Erfolg von Erziehung erkennen zu können, schien es unerlässlich zu sein, sämtliche Einflüsse und Einflussquellen in die pädagogische Forschung einzubeziehen, die neben erzieherischen Handlungen wirksam sind.31 Das hat dank der „Pädagogischen Milieukunde“ der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts32 zu einer notwendigen Horizonterweiterung geführt, aber ungewollt auch zum Verlust der Konzentration auf den praktischen Zweck der Pädagogik und den sie begründenden und begrenzenden Gegenstand, der ihre Besonderheit ausmacht. Er besteht im sachlichen Zusammenhang und in der logischen Verbindung von Erziehungsobjekten, Erziehungszielen, Erziehungsmitteln (einschließlich der Erzieher als wichtigsten Mitteln) und Erziehungswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Bedingungen von erfolgreicher Erziehung und der Ursachen von Misserfolgen33. Die Vernachlässigung dieses fachlichen Kernbereiches zugunsten der Spezialisierung auf einzelne seiner Ausschnitte und deren Anreicherung durch pädagogisch weniger wichtiges Wissen aus anderen Disziplinen hat den Ausbau des Kernwissens geschwächt und die Zerstückelung der Pädagogik begünstigt. So hat sich zum Beispiel die Forschung über die Persönlichkeiten und Lebensräume der Erziehungsobjekte als Basis der Mittelwahl ver-
30 Lenzen 1997. Der Autor, geboren 1947, war von 1977 bis 2010 ordentlicher Professor für Philosophie der Erziehung an der Freien Universität Berlin, Herausgeber der 12bändigen „Enzyklopädie Erziehungswissenschaft“ (1983–86) und von 1994–1998 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Böhm 2005, 405; Kürschner 2007, 2129. Zu seinem Einfluss auf das die Disziplin sprengende „Innsbrucker Modell“ der Pädagogik vgl. in diesem Werk Bd. 2, 2003, 897. 31 Zur Problematik der daraus stammenden verworrenen Vorstellungen über „funktionale Erziehung“ vgl. Brezinka 1990, 64ff.; zur um 1950 einsetzenden Verwechslung von Erziehung und „Sozialisation“ vgl. Brezinka 1989, 192–270. 32 Vgl. Busemann 1927 und 1932; Hetzer 1929; Zaniewski 1952; Dupraz/Montalta 1954. 33 Brezinka 1995, 5f., 23ff.
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selbständigt und über die Zwischenstation „Pädagogische Anthropologie“ in den Weiten empirisch-philosophisch gemischter universaler „kulturwissenschaftlicher Anthropologie“ verloren. Sie widmet sich so vagen „Themen wie Körper und Sinne, Seele und Liebe, das Schöne und das Heilige, Zeit und Welt, Gewalt und Schweigen, für die keine Wissenschaftsdisziplin allein zuständig ist“34. Ähnliche „Ausdifferenzierungen“ und die „inflationär“ zugenommenen „Binnendifferenzierungen“35 haben zu einer „Vielfalt von Strömungen und Richtungen von Erziehungswissenschaft bzw. diverser ,Pädagogiken‘“ geführt, die „wenig konsolidiert, ohne eigene Forschung und infiziert durch den Praxisanspruch“36 sind. Mit ihnen haben sich vor allem jene Professoren, Dozenten und Mitarbeiter zu profilieren versucht, die erziehungswissenschaftlich schlecht ausgebildet waren oder als Quereinsteiger aus anderen Wissenschaften ohne solide erziehungstheoretische Grundkenntnisse systematisch-fachgeschichtlicher Art auf pädagogische Dienstposten gelangt sind. Infolge dieser Entgrenzung und Aufsplitterung des Gegenstandes der Pädagogik unter der beschönigenden Parole „Interdisziplinarität“ hat sie ihre Systematik und historische Kontinuität verloren. Sie ist inhaltlich wie methodisch ein kunterbuntes Gemisch, ein unübersichtliches Sammelsurium von Alltagswissen, historischen Elementen, philosophischen Gedanken und unverbundenen erfahrungswissenschaftlichen Teilstücken aus verschiedenen Fächern. Ihr Kernwissen ist vor lauter Randwissen nicht mehr erkennbar. Dieses Randwissen ist jedoch für künftige Erziehungspraktiker zum größten Teil totes Wissen. Sie erleben die Pädagogik häufig als unseriöses „Palaver-„ oder „Schwatzfach“, dem wissenschaftlich hervorragende Repräsentanten ebenso fehlen wie erstklassige Erziehungspraktiker.
Entfremdung zwischen Pädagogen und Pädagogikern In der frühen und der mittleren Periode der universitären Pädagogik hat zwischen ihren Professoren und den Studierenden beruflich eine enge Verbindung bestanden. Die Professoren sind mit ganz wenigen
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Wulf 2004, 43. Tenorth 2004, 366ff., 374, 379f. Ebenda, 371.
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Ausnahmen aus dem Lehrerstand hervorgegangen37. Sie hatten Lehramtsstudien und Lehramtsprüfungen absolviert und viele Jahre bis Jahrzehnte Schulpraxis hinter sich, bevor sie auf Lehrstühle der Pädagogik berufen worden sind. Die Studierenden waren zum größten Teil Anwärter für das Lehramt an Mittelschulen mit mehr Interesse und Arbeitszeit für ihre Hauptfächer als für die Pädagogik. Nur wenige waren Volksschullehrer, die sich nebenberuflich auf ein philosophisches Doktorat mit dem Schwerpunkt Pädagogik und Psychologie vorbereiten wollten. Für diesen Hörerkreis mussten sich die Professoren auf das für künftige Lehrer notwendige philosophische und pädagogisch-psychologische Grundwissen konzentrieren. Dabei konnten sie eigene Erfahrungen im Schul- und Unterrichtsbetrieb nutzen. Der Lehr- und Prüfungsstoff war in der Regel auf berufskundliches Wissen über Schüler, Schulwesen und Methoden der Erziehung und des Unterrichts bezogen38. Die Pädagogikprofessoren und die studierenden Lehramtsanwärter begegneten einander als Berufskollegen. Sie waren nicht auf pädagogische Forschung eingestellt, sondern lehrten und studierten zur theoretischen Vorbereitung auf schulpädagogische Praxis. Das hat sich in der dritten Periode der Fachgeschichte durch den Aufstieg der Pädagogik zu einem umfangreichen und weit verzweigten Massenfach radikal geändert. Er hat in kurzer Zeit eine enorme Vermehrung des erziehungswissenschaftlichen Personals mit sich gebracht. Um Dienstposten als Mitarbeiter oder Professoren zu erlangen und dauerhaft zu behalten, mussten annehmbare Forschungsleistungen erbracht und veröffentlicht werden. Dafür wurden viel mehr Themen gebraucht, die in relativ kurzer Zeit bearbeitbar waren, als im Kernbereich der Pädagogik zu finden waren. Schon aus diesem Grunde hat die Beschäftigung mit Spezialgebieten, Nebenfragen und fachübergreifenden Themen stark zugenommen. Sie wurde auch durch die Vermehrung außerschulischer Berufsfelder mit pädagogischer Beimischung im Rahmen von Sozialhilfe, Erwachsenenbildung, Kultur- und Medienarbeit erleichtert. In allen Fällen mussten „Wissenschaftlichkeit“ und die Zugehörigkeit zum schützenden Nominalfach Pädagogik, Erziehungs-
37 In Österreich von Milde (1806) über Willmann, Lindner, Höfler, Toischer, Jerusalem, Martinak, Tumlirz, Meister, Wichmann, Lehrl bis Strohal (1960). 38 Als Beispiele vgl. Willmann 1957 und 1912; Toischer 1912; Jerusalem 1912; Meister 1946.
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oder „Bildungswissenschaft“ im weitesten Sinne demonstriert werden. Auf diese Weise ist eine Überproduktion von Schriften und Lehrinhalten erfolgt, die mehr dem privaten Interesse der Autoren an ausreichenden Leistungsnachweisen und origineller Selbstdarstellung gedient haben als dem koordinierten Ausbau des Faches durch solides wissenswertes Wissen. Das Erscheinungsbild der Pädagogik hat an Bestimmtheit verloren. Das Verlangen, als fortschrittlich zu gelten, hat auch eine oberflächliche Zuwendung zu benachbarten Disziplinen, philosophischen Modeströmungen und metatheoretischen Reflexionen begünstigt, die häufig ohne Bezug zur Erziehungswirklichkeit und ohne Anschluss an frühere erziehungstheoretische Leistungen verlaufen ist. Das wachsende Durcheinander der Forschungs- und Lehrinhalte ging mit einer Wucherung unklarer, schwer verständlicher und weitgehend überflüssiger Fachausdrücke einher. Vielfach hat ein inhaltsarmer hochabstrakter Imponierjargon zur Selbst- und Fremdtäuschung über das tatsächlich vorhandene Wissen und seinen Erkenntniswert verführt. Seine Mängel und Grenzen sind mehr verschleiert als beleuchtet worden. So hat die „Verwissenschaftlichung“ der Pädagogik die ungewollte Nebenwirkung gehabt, die Interessengruppe der universitären Erziehungstheoretiker oder Pädagogiker von den Erziehungs- und Unterrichtspraktikern oder Pädagogen zu isolieren. Die Zusammengehörigkeit im gemeinsamen Berufsstand „Lehrer und Erzieher“ ging verloren, weil sich die berufliche Aufgabe der Pädagogiker geändert hat: vom Vorrang fachlich breiter und praxisnaher Ausbildung von Lehrern zum Vorrang spezialisierter pädagogischer Forschung und der Ausbildung von Erziehungsforschern. Das alte Berufsbild des Pädagogikers ist durch ein modernes ersetzt worden: der praktisch bewährte Lehrmeister der Erziehungskunst durch den erziehungswissenschaftlichen Spezialisten. Die Eignung zum Gelehrten gilt seither als erstes Auswahlkriterium für Pädagogiker39. Dadurch ist schon wegen der langen Vorbereitungszeit (Lehramtsstudium, mehrjähriger Schuldienst, Ergänzungs- oder Zweitstudium der Erziehungswissenschaft) die Rekrutierung der universitären Pädagogiker aus der Lehrerschaft selten geworden. In ihre Stelle sind zunehmend Nicht-Lehrer aus dem Kreis der promovierten Diplom-Päd 39 Vgl. Brezinka 2003, 142 und 150ff.; Brezinka 2012; Czerwenka/Nölle 2011, 370.
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agogen und Absolventen von Nachbardisziplinen getreten. Bei ihnen scheint jedoch infolge jahrelanger Spezialisierung auf theoretische Arbeit, Forschung und Karriereplanung als Forscher das Interesse an Lehrerausbildung, die Eignung dafür und die zugehörige Berufsfreude gering zu bleiben. Aus diesen und anderen Gründen hat sich der Abstand zwischen Erziehungspraktikern und Erziehungstheoretikern – von Ausnahmen abgesehen – bis zu gegenseitiger Entfremdung vergrößert. Sie leben in verschiedenen Berufswelten, haben verschiedene Interessen und sprechen verschiedene Sprachen. Durch die in jüngster Zeit entstandene Praxis, Lehrstühle, Institute, Fakultäten und Studiengänge mit dem Namen „Bildungswissenschaften“ zu versehen, hat die Verwirrung über Aufgaben, Gegenstand und Grenzen der Pädagogik (oder Erziehungswissenschaft) weiter zugenommen40. „Bildungswissenschaftliches Wissen“ wird neuerdings „als übergeordneter Begriff für erziehungswissenschaftliches, pädagogisch-psychologisches und soziologisches Wissen innerhalb der Lehrerbildung verwendet“41. Das könnte als Versuch interpretiert werden, der Entfremdung zwischen Lehrern und Erziehungswissenschaftlern durch Begrenzung der im Rahmen der Lehrerbildung gelehrten Pädagogik auf berufs- oder „professionsbezogenes Wissen“42 abzuhelfen. Es leuchtet ein, dass dies notwendig wäre. Ob es im Zeitalter totaler „Verwissenschaftlichung aller Praxis“43 einschließlich Pseudo-Verwissenschaftlichungen gelingen kann, ist ungewiss. Es würde viel mehr gründliche Analyse, Kritik und Verbesserung des gegenwärtigen Zustandes der Pädagogik und ihrer Nachbarwissenschaften erfordern als willkommen ist. Mit bloßer Umbenennung von Fächern, Ausbildungsstätten und Studiengängen bei anhaltender „Verwissenschaftlichung“ im Stil der zur „Sammelsuriums-Bildungswissenschaft“ entarteten „Sammelsuriums-Pädagogik“ ist weder der Erziehungswissenschaft noch den Erziehungspraktikern geholfen.
40 41 42 43
Vgl. Casale/Röhner/Schaarschuch/Sünker 2010; Terhart 2012. Kunina-Habenicht u.a. 2013, 2ff. Ebenda, 1. Schelsky 1963, 204.
Rückblick Kolumnentitel und Ausblick
Ordnung
Arbeitsteilung z w i s c h e n pä da g o g i s c h e r F o r s c h u n g u n d A u sb i l d u n g f ü r p ä d a g o g i s c h e B e r u f e des
W i ss e n s
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und
Die kritische Untersuchung der Fachgeschichte hat verständlich gemacht, warum die Pädagogik noch immer als eine ungefestigte und „schwer zu fassende Wissenschaft“44 eingeschätzt wird. Ihr gemischter Charakter als Forschungsdisziplin und berufspraktisches Lehrfach hat ihr Theoriengebäude doppelt beeinträchtigt. Es war durch normativweltanschauliche Grundlagen und praktische Einschübe nicht rein wissenschaftlich. Es war aber auch durch Überladung mit entbehrlichen Bruchstücken aus Wissenschaften und Philosophie wenig brauchbar als praktische Erziehungslehre. Da der eigene Wissensschatz der Pädagogik gering war und die Erziehung als ihr Gegenstand unzählige Bezüge zu vielen Human-, Kultur- und Sozialwissenschaften hat, ist sie zu einem enzyklopädischen Sammelfach angewachsen, dessen Inhaltsmenge undurchschaubar und wissenschaftlich nicht integrierbar ist. Dadurch standen die Pädagogiker vor der Wahl, entweder Halb- und Scheinwisser zu bleiben oder Spezialisten für mehr oder weniger kleine Ausschnitte dieses Universums. So lässt sich die Häufung von Scheinwissen in pädagogischen Texten ebenso erklären wie die Häufung jener Spezialisten, die „mehr und mehr über weniger und weniger wissen, bis sie alles über fast nichts wissen“45. Auswege aus dieser Zwangslage scheint es nur durch Ordnen des Wissens und Arbeitsteilung zu geben. Als allgemeinste Ordnungsmaßnahme empfiehlt sich an Stelle eines verschwommenen Sammelfaches die Unterscheidung zwischen drei Klassen, Grundformen oder Typen von Erziehungstheorien nach ihren verschiedenen Grundlagen und Zwecken: Empirische Erziehungswissenschaft, Philosophie der Erziehung, Praktische Pädagogik46. Jede von ihnen ist unentbehrlich. Aber ihre Aufgaben sind verschieden und können nur dann bestmöglich erfüllt werden, wenn sie von Vermischung mit unzugehörigen Elementen 44 „an elusive science“: Lagemann 2000 über ihre US-amerikanische Erscheinungsform. 45 „A specialist is a person who knows more and more about less and less, until he knows everything about practically nothing“. Frei nach dem englischen Lustspieldichter William S. Gilbert (1836–1911) und seinem Komponisten-Partner Arthur Sullivan (1842–1900). 46 Brezinka 1978, 25ff.
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frei bleiben. Deshalb war und ist die vorherrschende Sammelsuriums pädagogik vergleichsweise unfruchtbar. Sie hat die Entfaltung der Empirischen Erziehungswissenschaft ebenso behindert wie jene einer selbständigen und beachtenswerten Erziehungsphilosophie. Durch ihre allgegenwärtige Vorherrschaft hat sie für beide Arbeitsfelder manche potentiell erstklassige Nachwuchskräfte abgeschreckt und weniger gute angezogen. Ihr wissenschaftlich anspruchsloser Mischmasch hat theoretische Erkenntnisfortschritte erschwert und wenig zum Erwerb von erziehungspraktischem Können beigetragen. Am nachteiligsten hat sich die pauschal als „Wissenschaft“ ausgegebene, aber nie voll anerkannte Sammelsuriumspädagogik auf die Praktische Pädagogik ausgewirkt, die für die pädagogische Berufsausbildung unentbehrlich war und bleiben wird. Durch die Entwicklung der praxisnahen Erziehungskunde und Unterrichtslehre des 19. und frühen 20. Jahrhunderts zur „wissenschaftlichen Pädagogik“ und „Erziehungswissenschaft“ ist im Gegensatz zu den standespolitischen Erwartungen der Pflichtschullehrer keine „Berufswissenschaft der Lehrer“ entstanden, die ungefähr dem Gewicht der Medizin für den ärztlichen Beruf entspricht. Entstanden ist vielmehr eine lehrberuf- und schulpraxisferne Kultur- und Sozialwissenschaft, deren Personal sich auf pädagogische Forschung und die Ausbildung von Hauptfachstudierenden der Pädagogik zu Erziehungstheoretikern zu konzentrieren bestrebt ist. Zum Erreichen der Gleichrangigkeit mit älteren Wissenschaften waren in Lehre und Publikationen Forschungsniveau, Spezialisierung und sich abgrenzende Fachsprache nötig. Die universitäre Lehrerausbildung wurde aus Zeitmangel nach Inhalt und Stil zu einer verkürzten Ausgabe des üppigen Angebots für Hauptfächler: überladen mit kompliziertem und unkoordiniertem Spezialwissen und ohne Rücksicht auf Brauchbarkeit für den Lehrberuf. Als Ausblick kann abschließend festgestellt werden, dass die in diesem Werk beschriebenen Mängel teilweise als solche erkannt werden. Das Verständnis für die Notwendigkeit von Kritik und Neuordnung des pädagogischen Wissens nach seinen Zwecken hat zugenommen. Die Grenzen des Nutzens unterschiedsloser „Verwissenschaftlichung“ von Erziehungstheorien und Erzieherausbildung sind deutlich geworden. Die Loslösung der Lehrerbildung von der forschungsorientierten Erziehungswissenschaft ist weitgehend vollzogen47. Die Qualitätsstandards 47 Vgl. Terhart 2001, 165ff., 202ff.; Casale/Röhner/Schaarschuch/Sünker 2010.
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für Empirische Erziehungswissenschaft sind strenger geworden, aber mehr durch Angleichung an die Psychologie als im Dienst der eigenen Aufgaben in Forschung und pädagogischer Theorienbildung. Was derzeit aber noch mehr als je zuvor fehlt, ist gute Praktische Pädagogik für Pädagogen, die nicht Erziehungsforschung oder „Bildungsforschung“ als Beruf anstreben, sondern Erziehung, Unterricht oder psycho-soziale Dienste. Sie ist eine auf Erziehung vorbereitende und zum Handeln anleitende normative Theorie der Erziehung, die lehrt, wie die Erziehung bestimmter Educanden unter konkreten historischen Umständen gestaltet werden soll48. Dazu braucht es Wertungen, Normen und Regeln, Anweisungen und Empfehlungen, die über wissenschaftliches Wissen hinausgehen und weltanschauliche wie ethische Grundlagen haben. Sie enthält also viel am Zweck-MittelSchema orientiertes Alltagswissen und ist notwendig normativ-wertender Art. Für die Wahl ihrer Inhalte und deren Ordnung sind die Erziehungsaufgaben maßgebend, auf die sie vorbereiten soll. Weil es viele Aufgabenfelder gibt, gibt es auch viele Arten Praktischer Pädagogik. Soweit wissenschaftliche Erkenntnisse vorhanden sind, die für die Erfüllung der jeweiligen Aufgaben nützlich sein können, sollen sie einbezogen werden. Ihre Auswahl verlangt jedoch kritisches Urteilsvermögen, Sinn für das Wesentliche und Mut zur Vereinfachung, um Überschwemmung mit nebensächlichen Informationen abzuwehren. Sie erfordert also im Zeitalter wissenschaftlicher und pseudo-wissenschaftlicher Reizüberflutung auch Mut zur Entwissenschaftlichung. Der Glaube, die erzieherische Berufstüchtigkeit durch Verwissenschaftlichung der Ausbildung in Pädagogik (oder „Bildungswissenschaft“) fördern zu können, hat sich längst als Illusion erwiesen. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn es gelänge, die wissenschaftliche Sammelsuriums-Pädagogik durch Empirische Erziehungswissenschaft oder multidisziplinäre forschungsorientierte Ausbildung zu ersetzen. Nur durch moderne Praktische Pädagogiken könnte es gelingen, in der Wüste des Überflüssigen fruchtbare Oasen geordneten pädagogischen Wissens zu schaffen, um den Pädagogen „auf eine (möglichst) leichte Art nützlich zu werden“.49
48 Hierzu ausführlich Brezinka 1978, 236ff.; 2003, 150ff. und 180ff. 49 Milde 1811, XII; Ausgabe von K.G. Fischer 1965, 10. Ergänzender Einschub vom Verfasser.
Anhang
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ANHANG NACHTRÄGE ZUM ANHANG DES DRITTEN BANDES (2008, 617ff.) 1. Österreicher
als
P ä d a g o g i k - P r o f e ss o r e n Universitäten
a n au s l ä n d i s c h e n
Aff, Josef Karl (1950– ): geboren in Mautern (Bezirk Krems, Niederösterreich); Studium der Betriebswirtschaft und Wirtschaftspädagogik an der Hochschule für Welthandel in Wien; Lehrer an der Handelsakademie in Retz (Niederösterreich); Promotion zum Dr. der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien 1979; Habilitation für Wirtschaftspädagogik an der Universität Innsbruck 1995. 1997–2002 Professor für Wirtschaftspädagogik an der Universität Köln, 2002–2005 an der Universität Erlangen-Nürnberg.1
4. Buchveröffentlichungen österreichischer Pädagogiker in fremden Sprachen Wolfgang Brezinka 5. Erziehungsziele, Erziehungsmittel, Erziehungserfolg. Beiträge zu einem System der Erziehungswissenschaft. – München, 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage 1995 (Reinhardt). 5.3 Chinesisch: JiaoYuMuDi, JiaoYuShouDuan He JiaoYuChengGong: Jiao YuKeXueTiXi YinLun. Shanghai 2006 (East China Normal University Press), 302 Seiten. 5.4 Japanisch: Kyōiku mokuhyō, kyōiku shudan, kyōiku seika. Tokyo 2009 (Tamagawa University Press), 400 Seiten.
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Siehe in diesem Band 141ff.
952
Anhang
8. Glaube, Moral und Erziehung. München 1992 (Reinhardt). 8.6 Chinesisch: XinYang, DaoDe He Jiao Yu: GuiFanZheXue De KaoCha. Shanghai 2008 (East China Normal University Press), 235 Seiten. 9. Erziehung und Pädagogik im Kulturwandel. München 2003 (Reinhardt). 9.3 Italienisch: Educazione e pedagogia in tempi di cambiamento culturale. Milano 2011 (Vita e Pensiero), 189 Seiten. 10. Tüchtigkeit. Analyse und Bewertung eines Erziehungszieles. München 1987 (Reinhardt), 124 Seiten. 10.1 Italienisch: Capacità. Analisi e valutazione di un fine educativo. Milano 2013 (Vita e Pensiero), 143 Seiten. Adolf Melezinek 1. Ingenieurpädagogik. Grundlagen einer Didaktik des Technik-Unterrichtes. Wien 1977 (Springer), 152 Seiten. – 2., neu bearbeitete Auflage: Ingenieurpädagogik. Praxis der Vermittlung technischen Wissens. 1986, 172 Seiten. – 3., neu bearbeitete Auflage, 1992, 199 Seiten. – 4., neu bearbeitete Auflage 1999, 239 Seiten. 1.1 Ungarisch: Mérnökpedagógia. Budapest 1989. 1.2 Tschechisch: Inzenýrská Pedagogika. Prag 1991 (CVUT). – 2. Auflage 1994. 1.3 Slowenisch: Inzenirska Pedagogika. Ljubljana 1997 (Center Republike Slovenije za poklicno izobrazenije). 1.4 Russisch: Inzenernaja Pedagogika. Moskau 1997 (Izdatelstvo MGTU im. N.E. Baumana). – 2. Auflage Moskau 1998 (MADI). 1.5 Ukrainisch: Inzenerna Pedagogika. Charkov 2001 (Charkivska Drukarnja 16). 1.6 Polnisch: Pedagogika Inzynierska. Gliwice 2004 (Wydawnictvo Politechniki Slaskiej).
953
Anhang
Rangliste
Pädagogiker na c h d e r H äu f i g k e i t i h r e r Z i t i e ru n g in den Jahrgängen 1 (1955) bis 46 (2000) d e r „ Z e i t s c h r i f t f ü r P ä d a g o g i k “1 österreichischer
(einschließlich der Beihefte 1 bis 42) (erstellt von Dr. Florian Zimmermann, Konstanz, bis 1995; ergänzt bis 2000 von Margit Permoser, Telfes) 1. Brezinka, Wolfgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rumpf, Horst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Lochner, Rudolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Willmann, Otto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Schneider, Friedrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Gstettner, Peter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Krumm, Volker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Heitger, Marian . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Meister, Richard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Brehmer, Ilse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiss, Rudolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Foerster, Friedrich Wilhelm . . . . . . . . . . . . 12. Seidl, Peter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tumlirz, Otto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Bucher, Anton A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Altrichter, Herbert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bammé, Arno . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Henz, Hubert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Patry, Jean-Luc . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Posch, Peter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16. Czycholl, Reinhard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17. Hierdeis, Helmwart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lindner, Gustav Adolf . . . . . . . . . . . . . . . . . Rathmayr, Bernhard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zdarzil, Herbert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
437 Nennungen 224 105 100 61 54 50 46 45 41 41 40 24 24 18 16 16 16 14 14 12 11 11 11 11
Auf dieser Liste sind auch die Professoren und Dozenten der Spezialgebiete Religions-, Sport- und Wirtschaftspädagogik an den Universitäten Graz und Innsbruck genannt, die in diesem Werk nicht mehr behandelt werden konnten. Vgl. S. X.
1
954
Anhang
18. Köckeis, Eva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stettner, Marko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19. Milde, Vincenz Eduard . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwarz, Richard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolf, Karl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20. Strohal, Richard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21. Astleitner, Herrmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . Toischer, Wendelin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wichmann, Ottomar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22. Adam, Erik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allers, Rudolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Breinbauer, Ines-Maria . . . . . . . . . . . . . . . . . Burgerstein, Leo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gönner, Rudolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hastenteufel, Paul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lazar, Erwin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schirlbauer, Alfred . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schratz, Michael . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thonhauser, Josef . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23. Asperger, Hans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Höfler, Alois . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maier, Karl Ernst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martinak, Eduard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olechowski, Richard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24. Blöschl, Lilian . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Datler, Wilfried . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eder, Ferdinand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Engelbrecht, Helmut . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gruber, Karl-Heinz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krug, Josef . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Larcher, Dietmar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Menschik-Bendele, Jutta . . . . . . . . . . . . . . . Neubauer, Elfriede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto, Ernst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prohaska, Leopold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwendenwein, Werner . . . . . . . . . . . . . . . . Vogt, Theodor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wurst, Franz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25. Biesinger, Albert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Figdor, Helmut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10 10 8 8 8 7 6 6 6 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 4 4 4 4 4 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 2 2
955
Anhang
Garnitschnig, Karl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Groll, Hans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gruntz-Stoll, Johannes . . . . . . . . . . . . . . . . Hauser, Kornelia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hovorka, Hans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerusalem, Wilhelm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krasensky, Hans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lechner, Elmar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leitner, Erich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pohl, Wenzel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Severinski, Nikolaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trotsenburg, Edmund van . . . . . . . . . . . . . . . Walk, Leopold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weigel, Wenzel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26. Adam, Gottfried . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dreher, Bruno . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Egger, Rudolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grube, Kurt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hanisch, Günter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmann, Günther Hans . . . . . . . . . . . . . . . Hug, Theo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klingler, Josef . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Langer, Wolfgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lenz, Werner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nemitz, Rolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pfliegler, Michael . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Popp, Reinhold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schermaier, Josef . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seel, Helmut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seifert, Eduard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Urban, Wilhelm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weinhandl, Ferdinand . . . . . . . . . . . . . . . . . Zöpfl, Helmut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
956
Anhang
Keine Nennung: Angel, Hans-Ferdinand Bayr-Klimpfinger, Sylvia Bernhard, Günter Bramberger, Andrea Maria Braun, Christina von Buchmayr, Renate Croce, Walter Eder, Alois Egger, Rudolf Fetz, Friedrich Fleiss, Otto Forster, Edgar Gatterer, Michael Gerber, Gisela Grimm, Gerald Grimmich, Virgil Grössing, Stefan Gruber, Alois Hahn, Georg Haider, Franz Heine, Susanne Herber, Hans-Jörg Höfer, Albert Hrubi, Franz Hungs, Franz-Josef Hutterer, Robert Iberer, Günter Jungmann, Josef Andreas Kammel, Willibald Kleiner, Konrad Knapp, Gerald Köchl, Karl Korherr, Edgar Josef Kratochwil, Leopold Krebs, Leopold Kroath, Franz Krus, Franz Kurzreiter, Josef Läpple, Alfred Lehrl, Josef Lentner, Leopold Mehl, Erwin
Mittelstedt, Friedrich Mokrosch, Reinhold Müller, Josef Müllner, Laurenz Oswald, Friedrich Peskoller, Helga Peyker, Ingo Pfeiffle, Horst Pissarek-Hudelist, Herlinde Plankensteiner, Alfons Pommer, Otto Pongratz, Gerhard Rauscher, Erwin Reinelt, Toni Ribolits, Erich Sageder, Josef Scharer, Matthias Scheipl, Josef Schelander, Robert Schmidl, Wolfgang Schneider, Wilfried Schnider, Andreas Schöndorfer, Ulrich Schönwiese, Volker Schulze-Soelde, Walter Schurer, Bruno Simon, Gertrud Sobotka, Raimund Steinhardt, Gerald Steinlechner, Manfred Stipsits, Reinhold Stöger, Peter Strohmeyer, Johannes Thauren, Johannes Timp, Otto Vogl, Maria Walter, Hans Jörg Weyermüller, Friedrich Wieser, Ilsedore Wotke, Karl Wurzwallner, Hans Zöchbauer, Franz
Abbildungen
Hochschule
für
Welthandel / Wirtschaftsuniversität Wien
Anton Schmid 1870–1931
Franz Dörfel 1879–1959
Hans Krasensky 1903–2006
Walter Schöler 1928–1994
959
960
Hochschule
für
Welthandel / Wirtschaftsuniversität Wien
Wilfried Schneider 1936–
Horst Pfeiffle 1940–
Alois Eder 1919–2006
Josef Karl Aff 1950–
Hochschule
für
Bildungswissenschaften / Universität Klagenfurt
Walter Schöler 1928–1994
Edmund Van Trotsenburg 1928–2007
Adolf Melezinek 1932–
Peter Heintel 1940–
961
962
Hochschule
für
Bildungswissenschaften / Universität Klagenfurt
Josef Klingler 1934–2010
Klaus Boeckmann 1937–
Peter Posch 1938–
Peter Gstettner 1945–
Hochschule
für
Bildungswissenschaften / Universität Klagenfurt
Dietmar Larcher 1940–
Arno Bammé 1944–
Hans Hovorka 1946–2002
Erich Leitner 1946–
963
964
Hochschule
für
Bildungswissenschaften / Universität Klagenfurt
Elmar Lechner 1944–
Erik Adam 1948–
Gerald Knapp 1956–
Gerald Grimm 1956–
Hochschule
für
Bildungswissenschaften / Universität Klagenfurt
Norbert Wenning 1957–
Elke Gruber 1959–
Stefan Sting 1958–
965
966
Hochschule
für
Bildungswissenschaften / Universität Klagenfurt
Konrad Krainer 1958–
Erol Yildiz 1960–
Johannes Mayr 1948–
ABBILDUNGSNACHWEIS Aff, Josef Karl: Prof. Aff, Wirtschaftspädagogik, WU Wien. Adam, Erik: Privatbesitz. Bammé, Arno: Privatbesitz. Boeckmann, Klaus: k-boeckmann@ aon.at Dörfel, Franz: Hermine Dörfel (Hg.): Wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse jüngster Zeit. Festgabe für Franz Dörfel. Wien 1949 (Paul Kaltschmid). Eder, Alois: Franz Rupert Hrubi (Hg.): Universität – Bildung – Humanität. Festschrift für Alois Eder zum 70. Geburtstag. Wien 1989 (Universitätsverlag). Grimm, Gerald: Fotostudio Furgler, Klagenfurt. Gruber, Elke: Foto Georg Alfare. Gstettner, Peter: Privatbesitz. Heintel, Peter: Foto_PHeintel_Sammer.jpg. Hovorka, Hans: Privatbesitz. Klingler, Josef: Aus Josef Klingler: Wissenschaft und Menschlichkeit. Klagenfurt 2002 (Hermagoras), S. 227. Knapp, Gerald: Privatbesitz. Krainer, Konrad: Privatbesitz. Krasensky, Hans: Wilfried Schneider (Hg.): Wirtschaftspädagogik in Österreich. Festschrift für Hans Krasensky zum 80. Geburtstag. Wien 1983 (Manz).
Larcher, Dietmar: Privatbesitz. Lechner, Elmar: Fotoatelier Tollinger, Klagenfurt. Leitner, Erich: Fotoatelier Tollinger, Klagenfurt. Mayr, Johannes: Privatbesitz. Melezinek, Adolf: Privatbesitz. Pfeiffle, Horst: Privatbesitz. Posch, Peter: Privatbesitz. Schmid, Anton: Porträt aus der Rektoren-Galerie der Wirtschaftsuniversität Wien. Schneider, Wilfried: Richard Fortmüller/Josef Aff (Hg.): Wissenschaftsorientierung und Praxisbezug in der Didaktik der Ökonomie. Festschrift Wilfried Schneider zum 60. Geburtstag. Wien 1996 (Manz), S. 5. Schöler, Walter: Elmar Lechner/Johannes Zielinski (Hg.): Wirkungs systeme und Reformansätze in der Pädagogik. Frankfurt am Main 1988 (Lang). Sting, Stefan: Privatbesitz. Trotsenburg, Edmund: Privatbesitz von Frau Nelleke van Trotsenburg, Pörtschach. Wenning, Norbert: Privatbesitz. Yildiz, Erol: Foto Furgler, Klagenfurt.
LITERATURVERZEICHNIS Acham, Karl (Hg.): Geschichte der österreichischen Humanwissenschaften. Bd. 1, Wien 1999 (Passagen). – Bd. 3.1, Wien 2001 (Passagen). – Bd. 3.2: Menschliches Verhalten und gesellschaftliche Institutionen: Wirtschaft. Politik und Recht. Wien 2000 (Passagen). Adam, Erik: Bildungstechnologie: Erziehung zur Mündigkeit? Anregung zur Diskussion. In: Erziehung und Unterricht, 126, 8 (1976), 525–530. – Das pädagogische Experiment August Aichhorns. Die Psychoanalytische Pädagogik und ihre Entwicklung bis zur Gegenwart. (Klagenfurter Universitäts reden 5) Klagenfurt 1977 (Carinthia). – Kritik der kybernetischen Pädagogik. Paderborn 1978 (Schöningh). – (Hg.): Die Österreichische Reformpädagogik 1918–1938. Symposiumsdokumentation. Wien 1981 (Böhlau). – Die „Österreichische Reformpädagogik“ als historischer Ort des Werkes von August Aichhorn. In: Adam 1981, 53–67. – Austromarxismus und Schulreform. In: Adam/Kucher/Reitmann/Weidenholzer 1983, 271–314. – Das Subjekt in der Didaktik. Ein Beitrag zur kritischen Reflexion von Paradigmen der Thematisierung von Unterricht. Weinheim 1988 (Deutscher Studien Verlag). – Pädagogik und Faschismus: Grundlinien einer Geschichte der österreichischen Schule auf dem Weg zum Nationalsozialismus. Eine fragmentarische Skizze. In: Lechner/Zielinski 1988, 45–54. Hier zitiert als 1988a. – Brüchiges Glück. Die dunkle Seite der Operette. In: Adam/Rainer 1997, 75– 101. – Herbartianismus in Österreich – seine Bedeutung für eine transnationale LehrerInnenbildung. In: Coriand 2003, 181–203. – Merkwürdigkeiten der Erziehungsphilosophie Vincenz Eduard Mildes im Kontext zeitgenössischer Strömungen. In: Breinbauer/Grimm/Jäggle 2006, 35–54. – Reformpädagogische Ansätze in Österreich vor 1918. In: Hopfner/Németh 2008, 169–183. – Kindheitsforschung und österreichische Reformpädagogik. In: Knapp/Salzmann 2009, 48–69. – Die Pädagogik des Herbartianismus in der Österreich-Ungarischen Monarchie. Eine Forschungsskizze. In: Adam/Grimm 2009, 5–20. – Professor Erik Adam – Operettenforscher und Klubpräsident. In: Girtler 2011, 171–207. – Zur Geschichte der Jugendforschung in Österreich während des Ersten Weltkrieges und der Ersten Republik. In: Knapp 2012, 1–23.
970
Literaturverzeichnis
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PERSONENREGISTER Adam, Adolf 460, 669 Adam, Erik X, 265, 266, 268, 304, 389, 390, 542, 543, 558, 668ff., 690, 712, 721, 756, 759, 760, 787, 788, 812, 843, 857, 858, 859, 954, 964 (Bild) Adam, Gottfried 955 Adamovich, Ludwig 54 Adelhofer, H. 321 Adler, Alfred 741, 842 Adler, Max 328 Adorno, Theodor W. 718, 855 Aebli, Hans 394, 442, 916, 918, 918, 919, 920, 926 Aff, Josef 105, 108, 109, 112, 113, 115, 116, 133, 142ff., 171, 189, 189, 951, 960 (Bild) Aichhorn, August 670, 676 Aigner, Josef Christian 550, 596 Allemann-Ghionda, Christina 783 Allers, Rudolf 842, 884, 954 Altrichter, Herbert 147, 181, 418, 44, 445, 446, 447, 448, 452, 677, 698, 699, 701, 702, 736, 755, 756, 757, 758, 797, 799, 861, 865, 953 Aluffi-Pentini, Anna 567 Aly, Götz 582 Anderwald, Eva 133 Andreae, Carl 879 Andreae, Clemens August 464 Androsch, Hannes 71, 86 Andruchowitz, Ingo X, 14 Angel, Hans-Ferdinand 955 Ankerst, Bettina 780 Anschütz, Georg 902 Anweiler, Oskar 198 Argyris, Chris 447 Arnold, Markus 449, 450, 547, 548, 549, 550, 554, 555, 600, 601, 616, 617, 650, 651, 688, 690, 698, 714, 716, 729, 763, 764
Arnold, Rolf 769 Arnold, Uwe 391, 392, 571, 656 Arnold, Wilhelm 486 Arnold, Wolfgang 534 Aslan, Adnan 563 Asmus, Walter 872, 873 Asperger, Hans 627, 628, 841, 954 Aspetsberger, Friedbert 248 Astleitner, Herrmann 954 Atteslander, Peter 253 Auer, Christina 771 Auer, Elisabeth 692 Auernheimer, Georg 788 Auernig, Rupert 269 Ausserwinkler, Hans 216 Ausubel, David P. 161 Avenarius, Richard 901, 902 Baacke, Dieter 496, 498, 499 Baar, Anna 780 Baatz, Klaus-Uwe 15, 168 Bach, Heinz 627 Bacher, Angelika 652 Bacher, Manuel Gerhard 664 Badelt, Georg Christoph 152 Baer, Matthias 918 Balint, Michael 600 Balzer, Carolin 891 Bamberger, Richard 884 Bammé, Arno 515, 536, 539, 543, 551, 560, 601, 611ff., 650, 673, 682, 689, 694, 695, 697, 698, 702, 703, 704, 717, 719, 720, 722, 730 ,732, 734, 745, 763, 772, 797, 953, 963 (Bild) Barth, Heinrich 352 Bartosch, Ilse 692 Basglia, Franco 592 Baum, Wilhelm 205 Baumann, Dieter 586
550, 677, 701, 721, 766,
1040
Personenregister
Baumert, Jürgen 887, 888, 889, 892 Baumgartner, Peter 694, 697ff., 756, 757 Baur, Siegfried 723ff., 755, 757 Bayer, Manfred 256, 268 Bayr-Klimpfinger, Sylvia 221, 257, 356, 480, 491, 292, 569, 626, 867, 955 Beck, Leo 12, 14 Becker, Anton 56 Becker, Rolf 922 Beckmann, Joseph Hermann 655 Bekemeier, Monika 562 Bendele, Jochen 582 Beneke, Friedrich Eduard 162 Benetka, Gerhard 807, 837 Benner, Dietrich 351, 353, 354, 355, 357, 358, 378, 385, 387, 388, 438, 439, 441, 442, 544, 861, 940 Bennewitz, Hedda 861 Bereday, George 841 Berger, Albert 300, 302, 303, 304, 329, 396, 526, 597 Berger, Ingrid 594 Berka, Walter 185, 186 Bernauer, Friederike 593 Bernard, Jeffe 634 Bernfeld, Siegfried 676, 837, 843 Bernhard, Günter 955 Bernstein, Basil 242, 243, 641 Bettelheim, Bruno 586, 843, 844 Beugel, J. 911 Beyer, Otto Wilhelm 812, 846, 874, 875, 879, 898 Beyreuther, E. 656 Bezjak, Jozika 321 Bierwald, Klaus 289 Biesinger, Albert 954 Bilajbegovic, Haris 780 Birgmayer, Andrea Anne 771 Birnbaum, Ferdinand 837 Bitterlich-Willmann, Heinrich 839 Bittner, Günther VI, 489, 490, 491 Blättner, Fritz 887 Blaha, Ottokar 668 Blankertz, Herwig 242, 345, 440 Bleidick, Ulrich 627 Blöschl, Lilian 867, 954
Bloom, Benjamin 641 Blum, Cornelia 778 Bodenhöfer, Hans-Joachim 247, 275, 415, 452, 453, 455, 461, 462, 463, 465, 466, 467, 468, 469, 511, 515, 610, 642, 644 Boeckmann, Klaus 317, 495ff., 516, 539, 539, 541, 581, 605, 637, 642, 648, 677, 759, 962 Boeckmann, Walther von 47 Boehm, Laetitia 158, 211, 548, 909 Böhm, Winfried 39, 144, 157, 179, 184, 198, 224, 225, 230, 242, 277, 317, 353, 354, 356, 378, 380, 381, 386, 393, 394, 404, 440, 455, 490, 498, 499, 500, 557, 586, 641, 685, 765, 785, 843, 887, 889, 896, 904, 914, 915, 916, 917, 920, 924, 926, 942 Böhme, Gert 321 Boerma, Edzard J. 891 Bös, Dieter, 247, 456, 458, 459 Böszörmenyl, Laszlo 698 Bohnenkamp, Hans 887, 888 Bokelmann, Hans 440 Bollnow, Otto Friedrich 224, 225, 887 Bombach, Gottfried 461 Bondy, Curt 279 Boni, Manfred 475 Bopp, Linus 910 Borotschnig, Franz Valentin 321 Bosco, Johannes 578 Bouffier, Wilhelm 62, 86, 159 Bourdieu, Pierre 175, 176, 177, 178, 179, 780 Bovet, Pierre 909. 915 Boyer, Ludwig 57 Boxhofer, Emmerich 799 Bracken, Helmut von 908 Bramberger, Andrea Maria 955 Brandfellner, Franz Josef 121 Brandstetter, Alois 423, 425 Brantner, Anna Hedwig 569 Bratschitsch, Rudolf 213 Braumüller, Hermann 211, 665 Braun, Christina von 955 Braun, Otto 896 Braun, Peter 338
Personenregister Brehmer, Ilse 753, 953 Breinbauer, Ines Maria 243, 772, 855, 954 Breitenbach, Eva 777, 778 Brentano, Franz 837, 841, 844 Brezinka, Erika XI Brezinka, Wolfgang V, VI, VII, 65, 74, 76, 92, 131, 157, 158, 159, 177, 178, 198, 200, 201, 202, 203, 215, 216, 231, 232, 233, 234, 236, 263, 269, 278, 306, 379, 408, 409, 410, 414, 436, 447, 467, 669, 724, 743, 808, 809, 819, 821, 822, 824, 826, 828, 829, 830, 832, 839, 841, 842, 850, 861, 862, 863, 893, 911, 915, 927, 931, 935, 937, 938, 939, 941, 942, 945, 947, 949, 951f., 953 Brinkmann, Wilhelm 476, 559, 892 Brohmann, Bettina 621 Bruckmann, Gerhart 239, 254, 264, 382, 383, 405, 461 Bruckmüller, Ernst 47, 136, 211, 216, 231, 234, 239, 240, 302, 306, 407, 423, 433, 456, 464, 517, 581, 709, 718, 727, 843, 884, 885 Brugger, Walter 904 Brumlik, Micha 769 Bruner, Jerome S. 404 Brunner, Doris Josefine 563 Brunner, Walter 85, 86, 198, 213, 220, 235, 333, 381, 384,, 429, 459, 534, 463 Brusatti, Alois 14, 46, 54, 84, 125 Brzoska, Heinrich Gustav 873, 874 Buber, Martin 674, 676 Bucher, Anton A. 953 Buchinger, Kurt 336, 337, 581, 588, 589, 590, 600 Buchleitner, Margit 710 Buchmayr, Renate 558, 674, 675, 718ff., 755, 758 Bühl, Walter L. 760 Bühler, Charlotte 60, 394, 834, 842, 885, 932 Bühler, Karl 58, 60, 394 Bühler, Patrick 921 Bungardt, Karl 881
1041
Bunk, Gerhard Paul 326, 328, 329, 386 Burger, Eduard 876 Burgerstein, Leo 832, 954 Burghardt, Anton 118, 155 Burgstaller, Franz 398 Burz, Ulfried 648 Busek, Erhard 128, 131, 186, 302, 303, 304, 306, 517, 518, 526, 527, 528, 550, 630, 653 Busemann, Adolf 179, 898, 902, 914, 940, 942 Campana, Sabine 895, 896, 897 Carroll, John B. 278 Casale, Rita 869, 946, 948 Cassirer, Ernst 674 Cervenka, Kurt 675 Chiang, Wen-Jiuh 289 Christ, Bettina 888 Ciccini, Marco 909 Cillia, Rudolf De 151 Claparede, Edouard 914, 915, 916 Clauberg, K.W. 285, 649, 695 Clement, Werner 130, 239, 241, 247, 250, 254, 426, 453, 456, 458, 459, 460, 461, 464 Cloetta, Bernhard 173 Comte, Auguste 839 Cooley, Charles Horton 64 Coombs, Phillip H. 199, 447 Coriand, Rotraud 873, 874, 875 Correll, Werner 224 Criblez, Lucien 894, 895, 895, 897, 900, 906 Croce, Walter 955 Czerkawski, Eusebius 816 Czerwenka, Kurt 945 Czycholl, Reinhard 953 Dahrendorf, Ralf 198, 202, 228, 229, 263 Danglmaier, Nadja 563 Dann, Hanns-Dietrich 173 Danysz, Anton 831, 832 Datler, Winfried 954 Dauenhauer, Erich 102, 103
1042
Personenregister
Davis, Kingsley 64 De Astis, Andrea Birgit 633 Debelak, Elke 133 Degenhardt, Annette 394 De Haan, Gerhard 736 Deimann, Pia 580 Deissler, Hans Herbert 641 Derbolav, Josef 328, 353, 355, 687, 844, 887 Dermutz, Sussane 423, 542, 594 Derndarsky, Michael 648 Deuchler, Gustav 882 Devaud, Eugene 909 Dewe, Bernd 515, 612, 614 Dibbits, J.E.G.C. 279 Diehm, Isabelle 783, 785 Diem-Wille, Gertraud 550, 600, 686ff. Diemer, Alwin 938 Dieng, Ababacar 289 Diop, Madamu 562 Dirim, Inci 788 Dirks, Una 772, 773 Dirks, Walter 887 Dittes, Friedrich 813, 894 Djurdjevic, Liljana 752 Doelker, Christian 926 Dönmez, Nuran 605 Döpp-Vorwald, Heinrich 74 Dörfel, Franz 4, 13, 15, 20, 21, 24, 25, 26, 29, 30, 33, 34, 35, 36, 39, 40, 42, 43, 47, 48, 49, 50, 51, 53, 54, 55, 56, 57, 61, 62, 78, 125, 959 (Bild) Dörfler, Willibald 38, 637 Dörschel, Alfons 34, 97, 98, 103 Dohmen, Günther 385, 387, 388, 549 Dolch, Josef 3, 178, 198, 272, 471, 817, 884, 904, 910 Dollfuss, Engelbert 32 Dollinger, Alphons 209 Donati, Ruth 593 Dottrens, Robert 914, 915 Doyuran, Bilhan 605 Dreher, Bruno 955 Dressel, Gert 449 Drewek, Peter 877 Dreyfus, Hubert L. 698, 699
Drimmel, Heinrich 200, 666, 825, 827, 828, 829, 841 Drischel, Otto 159, 160, 202, 213, 214, 215, 216, 217, 218, 219, 220, 233, 235, 239, 240, 242, 254, 275, 314, 315, 319, 351, 365, 372, 384, 388, 389, 458, 459, 460, 534 Drobesch, Werner 648 Drtina, Franz 831, 832 Druml, Erich Peter 321 Dubislav, W. 285, 649, 695 Dubs, Rolf 117, 150, 928, 929 Dudek, Peter 843 Dürig, Günter 760 Dürr, Ernst 898, 899 Duffek, Helga 269 Dugulin, Vanessa Daniela 652 Dupraz, Laure 910, 912, 942 Duproix, Paul 915 Durdik, Peter 831, 832 Durkheim, Emile 178, 179, 700, 934 Dvorak, Johann 716ff. Eberle, Franz 150 Eberwein, Konstantin 38 Edding, Friedrich 224, 226, 439, 455, 462, 463 Eder, Alois 96, 118ff., 155, 160, 161, 221, 235, 411, 413, 640, 641, 727, 819, 832, 856, 955, 960 (Bild) Eder, Ferdinand 774, 797, 799, 954 Eder, Ingeborg 564, 675 Eder, Josef 115 Eder, Klaus Johann 114 Eder-Lindinger, Gabriele 120, 121, 129 Edlinger, Franz 621 Edmonds, Barbara 746 Egger, Eugen 906 Egger, Gabriele 605 Egger, Rudolf 955 Ehalt, Christian 140 Eigler, Gunther 242 Embling, Jack S. 243 Embling, John F. 220 Engelbrecht, Helmut X, 7, 8, 9, 10, 15, 122, 136, 205, 234, 355, 356, 401, 666, 667, 707, 708, 709, 712, 728,
Personenregister 798, 808, 809, 813, 814, 825, 826, 842, 864, 930, 931, 954 Engl, Heinz 597, 697 Enzinger, Hildegard 251, 542 Erdmann, Benno 904 Erismann, Theodor 885 Erlinghagen, Karl 930, 931 Ermacora, Felix 3, 22, 94, 96, 160, 202, 213, 236, 237, 242, 250, 530, 836 Esterhues, Josef 285, 649 Exner, Franz 814 Fadrus, Viktor 876, 883 Fankhauser, Gotthard 899, 900 Farkas, Anita 563, 564 Fasching, Helga 606 Fatke, Reinhard 843, 914, 916, 925, 926 Faulstich-Wieland, Hannelore 772 Feistritzer, Silvia 605 Feld, Friedrich 39 Feldmann, Klaus 138, 139, 140 Feller, Richard 898, 899 Fellinger, Franz 647 Fellner, Fritz 235, 242, 243 Fend, Helmut 158, 159, 201, 377, 379, 384, 391 Fenk, August 541 Fercher, Gertraud 606 Ferjan, Iris 621 Fetz, Friedrich 832, 955 Feuchtersleben, Ernst von 134, 135 Feuerstein, Günther 640 Feyerabend, Paul 673, 816 Ficker, Adolf 8 Figdor, Helmut 954 Filla, Wilhelm 716, 740, 741 Filzmaier, Peter 552, 555 Fink, Eugen 133, 887 Firnberg, Hertha 86, 104, 119, 239, 241, 243, 246, 250, 254, 255, 262, 281, 283, 314, 315, 330, 331, 332, 333, 334, 340, 350, 363, 372, 382, 384, 388, 401, 405, 408, 426, 428, 429, 442, 454, 458, 459, 460, 465, 482, 496, 512, 528, 534, 548, 588, 729
1043
Fischer, Aloys 66, 179, 476, 866, 880, 881, 885, 886, 896, 902 Fischer, Ernst 136 Fischer, Heinz 591 Fischer, Kurt Gerhard 813, 949 Fischer, Roland 396, 449, 549, 550, 551, 623, 694, 715 Fischer, Sabine 114 Fischer, Wolfgang 63, 377, 378, 379, 381, 384 Fischer-Kowalski, Marianne 550, 551, 561, 729, 734 Fischl, Hans 883 Flechsig, Karl-Heinz 242, 243, 277, 278 Fleisch, August 235 Fleiss, Otto 955 Flitner, Andreas 490, 882, 925 Flitner, Wilhelm 52, 882 Fluck, Ingomar 76 Föhls, Maria Christine 121 Foerster, Friedrich Wilhelm 820, 879, 880, 896, 931, 953 Fordham, Signithia 133 Forster, Edgar 769, 770, 859, 860, 955 Fortmüller, Hans Alfred 621 Fortmüller, Richard 108, 112, 114, 115 116, 163ff., 181, Foucault, Michel 557, 674, 719, 720 Fraenkel, Ernst 582 Frank, Erik 562 Frank, Helmar 217, 224, 310, 357,497, 669 Franke, Friedrich 874 Frankfurter, Salomon 846, 871 Franz, Johannes 427 Freiersleben, Ulrich 269 Freire, Paulo 114, 143, 144, 145, 146 Freud, Anna 594, 691 Freud, Siegmund 592, 860 Frey, Alexandra 121 Frey, Karl 351, 357, 358, 359, 418, 913 Freytag, Willy 862, 904, 941 Fricker, Martin 920 Friedrich, Dagmar 201 Friehs, Barbara 289 Frischeisen-Köhler, Max 872, 904
1044
Personenregister
Fritz, Kornelia 606 Fritzsch, Theodor 813 Fröschel, Emil 884 Froese, Leonhard 199, 887 Frühauf, Wolf 239 Fuchs, Konrad 70, 71 Fuchs, Melitta 752 Fuchs, Michael 917, 918 Führ, Christoph 198, 500 Füssl, Karl-Heinz 887 Funke, Edmund H. 590 Gabriel, Leo 127 Gäbler, Gerhard 562 Gage, N.J. 278, 293 Gagliardi, Ernst 900, 901, 902, 903, 904, 906, 907 Gahlleitner-Senger, Gertrude 594 Gamm, Hans-Jochen 86 Gamsjäger, Wolfgang 121 Garnitschnig, Karl 856, 954 Garaus, Manuela 771 Gasser, Ingrid 564 Gassert, Karl-Georg 813 Gatterer, Michael 955 Gaulhofer, Karl 289 Gayer, Christine Waltraud 289 Geismayr, Christian 133 Geissler, Georg 882 Genser-Stocker, Karin 771 Gerber, Gisela 955 Gerlich, Peter 597 Gerngross, Margarete 594 Gfrerer, Gerhard Thomas 621 Giessmann, Christian 270 Gilbert, William S. 947 Glaser, Edith 379 Glaser, Rudolf 498 Glöckel, Otto 135, 136, 670, 870, 876 Glücksburg, Kurt 269 Gönner, Rudolf 122, 221, 222, 235, 815, 846, 856, 857, 867, 931, 954 Göppel, Rolf 843 Goethe, Johann Wolfgang von 52, 385, 844 Göttler, Joseph 819, 939 Götz, Bernd 476
Götz, Herbert 528 Götz, Klaus 701ff., 721, 755, 780 Götzhaber, Sigrid 780 Gollob, Hedwig 7 Gombos, Georg 542, 543, 561, 605, 744ff., 782, 788 Gomolla, Mechtild 789, 890 Gomperz, Heinrich 58, 940 Gonon, Philipp 921 Goodman, Paul 657 Gorbatschow, Michail 620 Graber, Barbara 664 Grandl, Hermann 121, 123 Gratz, Leopold 94, 95, 102, 239, 241, 246, 398 Grawe, Klaus 593 Greimel-Fuhrmann, Bettina 198, 114, 167ff., 181, 182 Greiner, Antonius 133 Greiner-Kuschej, Irene Maria 564, 771 Grimm, Gerald 270, 542, 544, 660, 662, 665, 666, 667, 676, 706ff., 756, 760, 782, 788, 806, 812, 864, 865, 955, 964 (Bild) Grimmich, Virgil 955 Grisebach, Eberhard 904, 905, 906, 913, 924 Grössing, Stefan 955 Groffmann, Karl-Josef 488, 489 Grohmann, Susanne 105 Groll, Hans 832, 954 Grossmann, Ralph 550, 551, 600, 694 Großschopf, Friedrich 32 Grube, Kurt 955 Gruber, Alois 955 Gruber, Elke 451, 544, 622, 753, 754, 761, 764, 768ff., 776, 782, 965 (Bild) Gruber, Karlheinz 449, 954 Grün, Oskar 109 Grünninger, Martina 564 Grunder, Hans-Ulrich 914, 916 Grunert, Cathleen 891, 893 Gruntz-Stoll, Johannes 954 Grunwald, Georg 845, 884, 898 Gstettner, Peter, 266, 267, 391, 392, 393, 394, 395, 396, 397, 529, 536,
Personenregister 537, 539, 542, 543, 556ff., 601, 602, 603, 604, 609, 616, 617, 625, 630, 671, 673, 674, 684, 689, 719,, 721, 730, 732, 734, 745, 752, 759, 761, 764, 765, 768, 772, 776, 781, 782, 856, 953, 962 (Bild) Guardini, Romano 727 Günther, Anton 208 Günther, Gotthard 619 Guggenberg, Irma von 725 Guggenbichler, Silvia 563 Guthmann, Johannes 877, 879, 887 Gutknecht-Gmeiner, Maria 771 Gutonik, Adolf 269 Gutsche, Hans-Jürgen 723 Guttmann, Giselher 626, 798, 807 Guyer, Walter 917 Haberl, Barbara 824 Habermas, Jürgen 420, 424 Hackl, Bernhard 782 Häberlin, Paul 896, 897, 899, 904, 908, 909, 913 Haeberlin, Urs 910, 911, 912 Haefele, H.F. 655 Häfke-Schönthaler, Johanna 114 Häfner, Peter 703 Hafele, Horst 269 Haffner, Brigitte XI Hager, Fritz-Peter 926, 927, 931 Hahn, Angela 153 Hahn, Erich 846, 874 Hahn, Georg 955 Hahn, Wilhelm 198 Haider, Franz 955 Haider, Jörg 567, 747 Haider, Manfred 82 Hall, Stanley 394 Halma, Adalbert 8 Hamburger, Franz 782, 788 Hamm, Josef 247 Hanisch, Günter 856, 955 Hanke, Gustav 113 Hans, Nicholas 841 Hanselmann, Heinrich 907, 908 Hansemann, Georg 534 Hansen, Georg 784
1045
Hansen, Wilhelm 901, 916 Hartmann, Anna 570, 579 Hartmann, Günther Hans 265, 295, 300, 516, 541, 568ff., 625, 628, 629, 636, 671, 757, 955 Hascher, Tina 861, 898, 922, 923 Hasenbichler, Elisabeth X Hasenöhrl, Elisabeth 355 Hasenöhrl, Josef 355 Haslinger, Hannelore 76 Hassak, Karl 8 Hassler, Ingeborg 484 Hastenteufel, Paul 954 Hauer, Erich 115 Haug, Albert 320, 322, 325, 636, 637, 755 Hauser, Kornelia 954 Hausser, Karl 130, 131 Have, Ten 279 Havel, Wolfgang 121 Havranek, Gertraud 713, 737ff., 756 Hayek, Friedrich August 760 Hecker, Johann Julius 658 Heer, Friedrich 306 Heese, Gerhard 909 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 138, 328, 354, 687 Hegelheimer, Armin 247, 456, 457, 459, 460 Hegi, Stephanie 912 Hehlmann, Wilhelm 86, 97, 168, 486, 489, 886 Heidegger, Martin 131, 136, 327, 909 Heilmann, Norbert 207 Heim, Helmut 318 Heimgartner, Arno 781 Heine, Susanne 955 Heinemann, Manfred VII, 887 Heintel, Erich 138, 213, 331, 353, 354 Heintel, Peter 95, 240, 241, 245, 246, 253, 258, 312, 326ff., 361, 363, 368, 372, 382, 384, 385, 406, 415, 417, 423, 426, 438, 453, 478, 488, 528, 533, 547, 548, 549, 550, 555, 588, 597, 600, 611, 617, 623, 639, 668, 688, 689, 694, 698, 702, 706, 734, 768, 782, 961 (Bild)
1046
Personenregister
Heinze, Claus 264, 320, 325 Heinze, Thomas 391, 392, 395, 396 Heiss, Robert 489 Heissenberger, Margit 270 Heissmeyer, August 86 Heitger, Marian 110, 118, 119, 122, 221, 222, 235, 242, 243, 244, 350, 364, 400, 508, 640, 687, 824, 856, 953 Heitkämper, Peter 385, 387 Heller, Theodor 885 Hellmer, Silvia 548, 550, 552, 556 Heman, Friedrich 896 Henderson-Pillgrab, Elisabeth 652 Hentig, Hartmut von 229, 230, 499, 657 Henz, Hubert 953 Herbart, Johann Friedrich 135, 285, 354, 355, 676, 712, 812, 813, 839, 845, 866, 872, 873, 874, 909, 931, 933 Herber, Hans-Jörg 130, 955 Hering, Heike 321 Hering, Lutz 321 Hermann, Siegfried 638ff. Herrera-Vazquez, Alicia 578 Herrmann, Ulrich VI, 872 Herrlitz, Hans-Georg 872 Herz, Hanns-Peter 87 Herzog, Walter 895, 920, 921, 922, 924, 925, 926 Hess, Gerhard 159, 217, 472 Heß, Ignaz Matthias 708 Hetzer, Hildegard 590, 842, 942 Heymen, Norbert 498, 505 Heyting, G.F. 279 Hieden, Josef 268 Hielscher, Hans-Georg 378, 381, 383 Hierdeis, Helmwart 317, 708 856, 858, 953 Hietsch, Ute 605 Hildebrand, Dietrich von 727 Hillmann, Karl-Heinz 447, 619 Hintner, Florian 846 Hipfl, Brigitte 504 Hitler, Adolf 47, 620, 887, 931 Hittmair, Otto 240, 311 Hödl, Günther 214, 247, 258, 262, 264,
265, 270, 271, 280, 282, 283, 309, 311, 312, 313, 316, 317, 320, 322, 323, 327, 335, 338, 361, 362, 363, 368, 369, 370, 382, 402, 404, 405, 407, 415, 416, 418, 423, 430, 455, 462, 464, 465, 467, 470, 472, 477, 479, 480, 482, 483, 491, 492, 495, 506, 511, 528, 541, 545, 580, 588, 625, 637, 641, 642, 647, 648, 654, 655, 656, 668, 670, 709, 713, 729, 738, 772, 793 Hödl-Weissenhofer, Josef 793 Höfer, Albert 955 Höfferer, Annemarie 484, Höfler, Alois 199, 818, 821, 822, 831, 832, 833, 835, 836, 837, 843, 869, 879, 932, 944, 954 Höllinger, Sigurd 186, 338, 340 Hönigwald, Richard 355 Hofer, Franz J. 270 Hofer, Verena 484 Hofer-Kapelari, Elfriede 484 Hoffmann, Alfred 800 Hofmann, Christiane 582, 590 Hofmann, Michael 144 Hofstätter, Peter 338 Hofstetter, Rita 898, 900, 901, 906, 908, 909, 914, 915 Hoja. Heinz 320 Holling, Egert 613 Holmberg, Borje 549 Holzamer, Karl 887 Holzer, Adalbert 159, 218, 219, 220 Holzkamp, Klaus 584 Homfeldt, Hans Günther 781 Honegger, R. 903 Hopf, Barbara Margarete 799 Hopf, Caroline 876, 880, 881, 882, 901, 902 Hopmann, Stefan 418 Horkheimer, Max 474 Horlebein, Manfred 3 Horn, Klaus-Peter 39, 40, 41, 67, 87, 88, 97, 99, 279, 353, 378, 380, 386, 440, 499, 500, 872, 875, 877, 878, 879, 880, 881, 882, 883, 884, 885, 887, 889, 891, 893, 938
Personenregister Horwitz, Viktor 21 Hoschek, Maria 879 Hosp, Hermann 113 Hovorka, Hans 523, 539, 542, 580, 625ff., 684, 760, 764, 765, 768, 954, 963 (Bild) Howald, Ernst 913 Hoyer, Franz 68 Hoyningen-Huene, Paul 673 Hranek, Isabella 167 Hrast, W. 622 Hrubi, Franz Rupert 126, 127, 128, 129, 956 Huainigg, Franz-Joseph 563 Huber, Birgit 484 Huber, Helmut 320 Huber, Jakob 336, 337, 338 Huber, Pauline Gabriele 563 Huber, Ursula 780 Hubka, Vladimir 320 Hühn, Helmut 213 Hühn, Stephan 938 Hülsmann, Heinz, 693, 694, 695, 696 Hug, Theo 317, 955 Huizinga, Johan 307 Humboldt, Wilhelm von 653, 674, 675 Hummell, Hans J. 253 Hunger, Herbert 225, 230 Hungs, Franz-Josef 956 Hunziker, Fritz 900 Hunziker, Otto 901 Hurdes, Felix 68, 136 Huss, Susanne 771 Hutterer, Robert 956 Iberer, Gunter 571, 599, 600, 956 Ibrahim, Mamdouh Abdelhameed 321 Illetschko, Leopold 51, 52, 53 Illich, Ivan 657 Imendörffer, Benno 870 Inhelder, Bärbel 916 Inzinger, Gabriele Adelinde 732 Inzinger, Rudolf 213 Ipfling, Heinz-Jürgen 358, 359 Isak, Karl 563 Isele, Hellmut Georg 47
1047
Issak, Birgit 652 Issatschenko, Alexander 247 Jäger, Kurt 444 Jaksche, Elisabeth 563 James, Allan R. 772 Janig, Herbert 483 Jarausch, Konrad H. 3 Jaritz, Peter 621 Jaroschka, Lilli 563 Jaspers, Karl 352 Jedlicka, Ludwig 401, 402, 403 Jenkins, Richard 133 Jeremias, Helmut Ernst 320 Jerusalem, Wilhelm 831, 832, 869, 932, 944, 954 Jobst, Bernadette 508, 509 Johnston, William M. 931 Jonach, Michaela 710 Jonak, Felix 9, 80, 269, 573 Jonas, Franz 86, 95, 119, 245, 281 Jordan, Adalbert 771 Josef, Konrad 908 Jouhy, Ernest 591 Judmaier, Fritz 269 Jung, Carl Gustav 909 Jung, Gertrud 900 Jungmann, Horst 646 Jungmann, Josef Andreas 956 Kadner, Ottokar, 832 Kadunz, Gert 713, 739, 755 Käfer, Christian 270 Kahl, Wilhelm 658, 883 Kainz, Friedrich 225, 327, 862 Kaiser, Andrea 605 Kaiser, Rainer 167 Kaltschmid, Jochen 476, 769 Kalussis, Demetre 66, 67 Kamm, Peter 896, 897, 899 Kammel, Willibald 60, 832, 956 Kann, Robert 870 Kant, Immanuel 135, 328, 588, 843, 872, 900, 910, 918 Kanzian, Oskar 56 Kaplan, Abraham 253 Karaksoglu, Yasemin 788
1048
Personenregister
Karbowiak, Anton 831, 832 Karman, Moritz 832 Kastler, Ulrike 114 Kastner, Monika 752ff., 758 Kastner-Koller, Ursula 580 Kauder, Peter 855, 923 Kauermann, Nadja 563 Katholnig, Simone 606 Kazonza, Bakendire 605 Keilhacker, Martin 500, 887 Keler, Josef 578 Kelle, Carl von 12, 14, 831 Keller, Christian 321 Keller, Hana X Kellermann, Paul 248, 259, 373, 383, 441, 453, 469ff., 486, 501, 508, 518, 650, 698, 702, 750 Kelz, Hannelore 269 Keppler, Cölestin 206, 208 Kerndl, Walter 320 Kerschagl, Richard 66 Kerschensteiner, Georg 280, 381, 646, 710, 836, 924 Kersting, Christa 882, 887, 891, 910 Kessler, Judith 562 Keupp, Heiner 776 Kirchschläger, Rudolf 372, 442, 576, 591 Kittel, Helmuth 825 Kittl-Satran, Helga 865 Klafki, Wolfgang 392, 393, 672 Klages, Ludwig 909 Klaus, Josef 231, 234, 456, 827 Kleber, Eduard Werner 447, 448 Klecatsky, Hans R. 34, 231, 751, 833, 930 Kleewein, Hermine 594 Klein, Hans-Dieter 213 Klein-Blenkers, Fritz 15, 21, 25, 51 Kleindel, Walter 239 Kleindienst, Helmut 775 Kleiner, Konrad 956 Kleinert, Heinrich 894, 898 Klenner, Fritz 213 Klepp, Cornelia 652, 688 Klier, Dietmar 321 Klinar, Alexander 605
Klinger, Friedrich Maximilian 921 Klingler, Josef X, 201, 233, 246, 251, 283, 295, 305, 366, 372, 389, 390, 396, 397, 402, 408ff., 442, 443, 445, 469, 472, 481, 506, 510, 511, 523, 533, 539, 542, 553, 580, 581, 594, 595, 596, 597, 611, 625, 642, 643, 677, 678, 679, 680, 682, 755, 757, 759, 761, 762, 764, 768, 772, 955, 962 (Bild) Klingler, Marianne 436 Klink, Job-Günther 907 Klose, Werner 86 Klüver, Jürgen 693 Kluge, Karl-Josef 628 Knab, Doris 353, 778, 887 Knapp, Gerald X, 432, 438, 542, 543, 544, 625, 628, 631, 635, 677ff., 755, 759, 760, 761, 762, 763, 765, 766, 767, 776, 778, 779, 956, 964 (Bild) Knasmüller, Ernst 114 Knezevic, Bozana 444 Knoll, Kurt 30, 35, 36, 38, 39, 42, 43, 44, 45, 46, 47 Köb, Franz 121 Köchl, Karl 956 Köck, Brigitte 771 Köckeis, Eva 393, 953 Kögler, Gottfried 147 König, Franz 534 König, Gert 901 Koepf, Hans 640 Köstner, Josef 534 Kövesi, Leo 9, 80, 269, 573 Kogler, Reinhard 771 Kohlberg, Lawrence 132 Kohler, Ivo 409, 724, Kolakowski, Leszek 933 Kolb, Ernst 69 Kollmann, Christina 711 Koncilia, R. 622 Koplenig, Dietmar 675, 682 Koppelmann, Günter 87, 264 Koppers, Wilhelm 60 Koren, Stephan 71, 85, 456, 464 Korherr, Edgar Josef 534, 956 Korninger, Siegfried 230 Kornprath, Karin 621
Personenregister Kotrnoch, Alexandra Sonja 114 Kowarik, Thomas 321 Krainer, Helmut 605 Krainer, Konrad 342, 444, 446, 450, 552, 554, 605, 690, 712ff., 737, 739, 756, 757, 764, 792, 793, 794, 795, 796, 796, 966 (Bild) Krainz, Ewald 235 Krainz-Dürr, Marlies, 444, 793 Kraker, Norbert 321 Krall, Johannes 542, 746ff., 756 Kramer, Hans 655 Kranzmayer, Eberhard 211 Krapp, Andreas 800 Krasensky, Hans 4, 13, 31, 32, 33, 34, 35, 50, 54, 55, 56, 59, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 68ff., 84, 96, 98 99, 101, 102, 105, 110, 111, 118, 119, 125, 154, 155, 181, 182, 197, 212, 328, 955, 959 (Bild) Krassnig, Sylvia 562 Kratochwil, Leopold 956 Kratschmer, Christl 160 Krause-Vilmar, Dietfried 379 Krauskopf, Peter 114 Kraxner, Walter 269 Krebs, Leopold 956 Krefting, Axel 582, 594 Kreitmair, Karl 880 Kremer, Hugo 142, 143, 152 Kremers, Johannes 242, 243 Krencioch, Rudolf 35, 56 Krieck, Ernst 65 Kriegler-Lenz, 114 Kriesche, Richard 497, 500, 501 Kroath, Franz 956 Kroh, Oswald 882, 885 Krones, Franz von 210 Kroy, Michaela 115 Krüger-Potratz, Marianne 783 Krug, Josef 954 Krumm, Volker 436, 861, 953 Krus, Franz 956 Kruse, Lenelis, 338 Kuchar, Hanna 570, 571 Kübauer, Anton 321 Kührer, Robert H. 121
1049
Külpe, Oswald 898 Küttler, Melitta 270 Kuhnle-Schadn, Alexandra Maria 114 Kulczyinski, Leon 831, 832 Kulmitzer, Sonja 321 Kunina-Habenicht, Olga 946 Kunz, Hans 352 Kuri, Sonja 605 Kurnig, Kurt 269 Kurzreiter, Josef 956 Lackner, Ines 594 Lackner, Stefan 270 Ladstätter, Georg-Jakob 207, 208, 209 Laeng, Mauro 842 Läpple, Alfred 956 Lagemann, Ellen Condliffe 947 Lange, Friedrich Albert 900 Lange, Joachim Christian 656 Langer, Gertraud 675 Langer, Herbert 114 Langer, Wolfgang 955 Langhoff, Lukas 34 Lánský, Miloš 159, 224, 240, 245, 247, 310, 357, 498 Larcher, Agnes 395, 422 Larcher, Dietmar 397, 418, 421, 422, 423, 424, 425, 515, 516, 529, 536, 539, 542, 543, 549, 557, 558, 560, 561, 565, 567, 597ff., 6161, 617, 618, 625, 671, 673, 677, 679, 694, 698, 702, 708, 709, 721, 724, 725, 730, 742, 745, 747, 751, 752, 755, 756, 757, 759, 761, 763, 764, 856, 858, 954, 963 (Bild) Lassahn, Rudolf 328, 329, 385, 386, 397, 388 Lauwerys, Joseph A. 841 Lazar, Erwin 954 Lazarsfeld, Paul 138 Lechner, Elmar 87, 199, 202, 204, 213, 215, 217, 245, 247, 248, 255, 263, 264, 265, 267, 268, 271, 275, 276, 301, 303, 304, 310, 327, 352, 363, 372, 449, 456, 467, 472, 479, 480, 541, 542, 544, 621, 654ff., 711, 756, 759, 760, 788, 842, 864, 955, 964 (Bild)
1050
Personenregister
Lechner, Gerhard 121 Lechner, Karl 213 Lechner-Pirker, Irmgard 621 Ledwinka, Walter 57, 58, 59, 82 Leeb, Manfred 213 Leeb, Reiner 268 Lefebre, Henri 172 Lehmann, Gerhard 896, 902, 904 Lehmkuhl, Kirsten 769 Lehnert, Uwe 498 Lehrl, Josef 820, 824, 825, 839, 931, 944, 956 Leichtenmüller, Erich 740 Leidenfrost, Jan 706 Leitenberger, Ilse 231 Leitner, Birgit 775 Leitner, Erich X, 73, 204, 211, 218, 230, 261, 262, 266, 282, 285, 287, 290, 300, 301, 303, 304, 325, 511, 541, 542, 544, 647ff., 759, 760, 955, 963 (Bild) Leitner, Gerhard 269 Leitner, Leo 398 Leitner, Sylvia 780 Lempert, Wolfgang 613, 614 Lenin, Wladimir Iljitsch 620 Lentner, Leopold 956 Lentze, Hans 814, 871 Lenz, Werner 549, 642, 694, 702, 717, 721, 753, 764, 765, 856, 857, 866, 955 Lenzen, Dieter 256, 317, 438, 439, 440, 441, 777, 888, 942 Lenzen, Heinrich 628 Leopold, Evelyn 585 Leser, Norbert 407 Lewin, Kurt 703 Lichtenfeld-Matiasek, Eva-Maria 484 Lichtenfels, Eduard Peithner von 208 Lichtenstein, Ernst 386, 883 Liebau, Eckart 175 Lietz, Hermann 386 Lindesmith, Alfred R. 423 Lindner, Gustav Adolf 199, 767, 812, 813, 817, 839, 840, 944, 953 Lipps, Georg Friedrich 903, 904, 913 Lissovoy, Noah de 144
Litt, Theodor 386, 387, 646, 687, 710, 841, 924 Loch, Werner 785 Lochner, Rudolf 178, 199, 203, 296, 833, 841, 842, 862, 872, 876, 932, 953 Löbner, Walther 38, 39, 40, 42, 66, 67 Löffelholz, Michael 878 Löschenkohl, Erich 282, 396, 423, 455, 282, 484, 485, 489, 491, 492, 493, 495, 571, 581 Loewenberg, Jakob 178 Loicht, Franz 213 Loos, Günter 76 Loos, Joseph 872 Lorenz, Walter 567, 788 Lorenzer, Alfred 424, 425, 674 Lubrich, August 817 Luciak, Mikael Carl 133 Luckmann, Thomas 862 Lück, Helmut 338 Lückert, Heinz-Rolf 641 Lüdtke, G. 911 Lugmayer, Karl 55 Lukesch, Dieter 461, 464 Lukesch, Helmut 588 Lussi-Borer, Valerie 894, 907, 909 Lutz, Burkart 243 Maasz, Jürgen 692ff., 755 Mabhooti, Gholamreza 114 Macek, Irmtraud Margret 563 Macho, Thomas 550 Macke, Gerd 848, 892 Macleod, Jay 133 Mader, Johann 126, 127 März, Fritz 904 Maier, Hannes 120 Maier, Heinrich Georg 902 Maier, Hermine 874 Maier, Karl-Ernst 954 Maier-Bruck, Franz 884 Makarenko, Anton Semjonowitsch 586, 592 Malche, Albert 915 Malinowski, Bronislaw 172 Malteur, Richard 38, 39, 40, 41, 42
Personenregister Mandl, Dieter 189 Mandl, Robert 646 Mankowski, Boleslaw 831, 832 Mann, Waltraud 115, 445 Marcuse, Herbert 172 Markfort, Klaus 269 Markowitz, Ingrid Brigitte 652 Marin, Simon 621 Martens, Ekkehard 331 Martin, Berthold 198 Martinak, Eduard V, 818, 820, 832, 834, 836, 837, 838, 842 869, 932, 944, 954 Marx, Karl 354, 583, 620 Maschat, Herbert 615 Masius, Hermann 875 Maslow, Harold 172 Matiasek, Renate 605 Matzner, Egon 254 Maurer, Susanne 777, 778, 779 Mayer, Leopold 38, 46, 47, 51, 54 Mayerthaler, Josef 571 Mayr, Daniela Franziska 675 Mayr, Johannes 796ff., 861, 966 (Bild) Mayring, Philipp 776, 797 McLaren, Peter 144 Mead, George Herbert 700 Mecheril, Paul 783, 784 Mehl, Erwin 832, 956 Meier-Oeser, Stephan 938 Meister, Peter 912 Meister, Richard 24, 29, 57, 58, 59, 60, 62, 66, 75, 162, 653, 662, 814, 821, 822, 823, 824, 825, 826, 828, 833, 834, 835, 837, 838, 841, 876, 932, 944, 953 Melezinek, Adolf 247, 258, 272, 309ff., 361, 362, 363, 437, 438, 445, 498, 501, 516, 533, 539, 541, 545, 637, 639, 759, 856, 857, 952, 961 (Bild) Merkens, Hans VI, 869 Merl, Alfred 270 Menschik-Bendele, Jutta 515, 516, 540, 579ff., 625, 629, 679, 730, 772, 954 Menze, Clemens 119, 386, 656 Messner, Gundula, 269
1051
Messner, Rudolf 158, 159, 201, 379, 452, 727 Metlitzky, Franz 35, 50 Metzger, Christoph 150 Meumann, Ernst 881, 902, 906, 913 Meya, H. 427 Meyer, Hans 887 Meyer, Margarete 269 Meyer, Rudolf 906 Meyer-Renschhausen, Elisabeth 475 Meyer-Willner, Gerhard 878 Mical, Hulda 199 Michalicek, Hans 218 Michel, Angelika 320 Michotte, Albert 911 Mietzel, Gerd 478, 481 Mikl, Josef 123 Mikula, Regina 865 Milde, Vinzenz Eduard 162, 205, 653, 676, 712, 806, 810, 811, 812, 813, 830, 831, 840, 842, 866, 944, 949, 953 Mitschek, Cecylia 321 Mittelstedt, Friedrich 956 Mittenecker, Erich 82, 228, 282 Mitterauer, Michael 688 Mittermeir, Roland 694, 696 Mlekusch, Werner 646 Moch, Wolfgang 771 Mock, Alois 100, 158, 160, 234, 236, 239, 240, 248, 327, 480, 653 Möller, Bernhard 356, 357 Möller, Christine 351, 355, 356, 357, 358, 359 Mokrosch, Reinhold 956 Mollenhauer, Klaus 671 Molzer, Walter 7 Monshouwer, Anton 844 Montalta, Eduard 910, 911, 912, 942 Moor, Paul 908, 909, 924 Morando, Dante 900 Moreau, Edouard De 911 Morgenstern, Oskar 138 Moro, Gotbert 211 Morscher, Siegbert 34, 751, 833, 930 Moser, Manfred 264 Moser, Siegfried Karl 269
1052
Personenregister
Mosser, Peter 22, 835 Mrnjaus, Kornelia 675 Muck, Herbert 639 Müller, Burkhard 843 Müller, Florian 800, 801, Müller, Fritz 87, 88 Müller, Georg Elias 902 Müller, Josef 956 Müller, Michael 664 Müller, Paul 881, 902 Müller, Rainer A. 158, 211, 548, 909 Müller, Valentin 209, 210 Müller-Fohrbrodt, Gisela 173 Müller-Kazianka, Monika 563 Müllner, Laurenz 956 Münch, Wilhelm 878 Muratori, Ludovico Antonio 707 Mustefa, Elias Nasir 444 Nachtigall, Mario 605 Nagele, Günther 562 Nagl, Ludwig 336, 337, 338 Nairz-Wirth, Erna 131, 134, 135, 141, 171ff., 181, Nalis, Heidemarie 562 Nausner, Ernst 799 Nemecek, Gerda 321 Nemitz, Rolf 955 Nemser, William 248 Neubauer, Elfriede 954 Neudorfer, Harald 321 Neumann, Dieter 891, 892 Neumann, Ursula 773, 783 Neuweg, Georg 141, 142, 143, 152, 165, 447, 699, 799, 861 Nicklis, Werner 242 Nicklisch, Heinrich 15, 21, 25 Nicolin, Friedhelm Nicolini, Maria 726, 728, 729, 730, 731, 732, 733, 756, 758 Niegl, Agnes 570, 571 Niemeyer, August Hermann 810, 811, 812, 819, 872 Niemeyer, Christian 777, 779 Nietzsche, Friedrich 620 Nöll, Hermann 269 Nölle, Karin 945
Nohl, Herman 884, 920 Nowotny, Hans 214, 220, 235, 236 Oberegger, Franz 44, 45, 46 Oberhummer, Friedrich 30 Oberparleitner, Karl 38 Oberreiter, Ute-Maria 114 Odreitz, Hermann 268 Oelkers, Jürgen VI, 861 891, 892, 920, 921, 927, 931 Oerter, Rolf 486, 487, 488, 489, 491 Oeser, Erhard 213 Oestreich, Gerhard 657, 658 Ötsch, Walter 467, 468, 511 Ofenbach, Birgit 328, 329, 386 Offner, Elfriede 432 Ogris, Susanne Claudia 605 Olechowski, Richard 84, 85, 110, 119, 190, 478, 480, 481, 856, 857, 865, 868 Ortner, Gerhard Erich 96, 244, 246, 249, 252, 253, 260, 261, 274, 312, 330, 333, 460, 461, 463, 464 Oser, Fritz 909, 910 Osterwalder, Fritz 894, 901, 921, 931 Oswald, Friedrich Otruba, Ludwig 220, 254 Otti, Armin 652 Otti, Diethard 646 Ottel, Klemens 19, 25, 26, 33, 51, 78 Otto, Ernst 940, 954 Ottomeyer, Klaus 558, 581, 596, 625, 671, 678, 679, 689, 721, 734, 747 Pachlinger, Ilse 115, 116 Painz, Gabriele 114 Pallat, Ludwig 884 Paproth, Paul 484 Parisot, Karl Josef 91, 160, 246 Parsons, Talcott 470, 474, 700 Paschke, Fritz 637 Patry, Jean-Luc 953 Paulhart, Herbert 372, 384, 388 Paulsen, Friedrich 785, 871, 877, 878 Pechar, Hans 555, 651 Pekarek, August 50 Pelinka, Peter 552, 688
Personenregister Pellert, Ada 714, 715, 716, 722, 753, 757 Pelzmann, Linda 264, 342 Pelzmann, Sieglinde 266, 283, 298, 304, 305 Penndorf, Balduin 3 Permoser, Margit XI, 953 Perrez, Meinrad 912 Peskoller, Helga 722, 860, 956 Pessentheiner, Harald 605 Pestalozzi, Johann Heinrich 894, 899, 900, 901, 902, 906, 921, 924, 927 Petermandl, Monika 182ff., 246 Petersen, Peter 97, 559, 836, 876, 892 Peyker, Ingo 956 Pfahler, Gerhard 882 Pfeffer, Fritz 846 Pfeiffle, Horst X, 120, 130ff., 153, 172, 175, 180, 956, 960 (Bild) Pfliegler, Michael 955 Pfniss, Aladar 664, 740 Piaget, Jean 132, 134, 135, 172, 356, 394, 914, 916, 917 Piffl-Perčevic, Theodor 5, 81, 82, 85, 86, 88, 94, 122, 158, 159, 198, 200, 202, 204, 212, 213, 214, 215, 216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 224, 225, 230, 231, 232, 234, 235, 258, 263, 267, 314, 331, 374, 411, 510, 807, 808, 827, 828, 829 Pirker, Ada 715 Pirker, Hubert 269 Pirker, Karl 432 Pirzl, Walter Engelbert 621 Pissarek-Hudelist, Herlinde 956 Pitscher-Armorth, Lidia 562 Plaschka, Gerhard 283 Plankensteiner, Alfons 832, 956 Pleiss, Ulrich 3, 10, 15, 24, 27, 38, 39, 40, 41, 65, 73, 81, 97, 98, 102 Pliem, Peter 158, 159, 214, 218, 219, 220 Pöggeler, Franz 663 Pohl, Wenzel 955 Pohlmann, Rosemarie 939 Polany, Michael 447, 699 Pollak, Guido 317, 350
1053
Pollak, Wolfgang 250 Pommer, Otto 30, 31, 34, 54, 55, 832, 956 Pongratz, Gerhard 265, 274, 282, 300, 301, 303, 352, 541, 640ff., 759, 956 Popp, Reinhold 626, 627, 629, 683, 955 Popp, Ulrike 765, 772ff., 782, 787, 797 Posch, Peter X, 91, 94, 115, 120, 121, 123, 154, 156, 157, 158, 159 ,160, 161, 162, 163, 181, 182, 183, 201, 216, 217, 220, 232, 240, 261, 283, 295, 305, 350, 379, 389, 390, 396, 409, 410, 414, 415, 417, 418, 423, 429, 438ff., 523, 530, 531, 532, 539, 542, 548, 551, 552, 553, 571, 581, 595, 597, 625, 637, 639, 648, 656, 671, 677, 679, 690, 699, 708, 713, 714, 719, 729, 736, 738, 748, 750, 758, 759, 761, 763, 764, 792, 794, 795, 797, 865, 953, 962 (Bild) Prenzel, Manfred 797 Priesmann, Gerhard 439 Prijatelj, Hans 484 Prinz, Friedrich E. 870 Prohaska, Leopold 954 Prokop, Ernst 702, 703, 768 Prondczynsky, Andreas von 878 Pschyrembel, Willibald 626 Pucker, Norbert 309, 312 Puxbaumer, Heinz 289 Rabensteiner, Gerhard, 605 Rabensteiner, Pia-Maria 711 Radl, Arthur 675 Radnitzky, Gerard 862, 938 Räber, Ludwig 358, 912, 913 Rainer, Georg 673, 675 Rainer, Maria 711 Rainer, Roland 214 Ramusch, Arnulf 432 Rang, Adalbert 274 Rang, Martin 88 Raschert, Jürgen 353 Rasinger, Andrea 564 Rassem, Mohammed 226, 227, 228, 263, 351
1054
Personenregister
Rathmayr, Bernhard 423, 606, 607, 656, 658, 953 Rauch, Franz 735, 797 Rauchenberger, Josef 234 Rauchensteiner, Manfred 54, 355 Rauschenbach, Thomas 888, 890, 891, 893 Rauschenberger, Hans 248, 350ff., 387, 438 Rauscher, Erwin 956 Raydt, H. 3 Reagan, Ronald 733 Recktenwald, Horst Claus 447 Recla, Josef 832 Redl, Fritz 843, 844 Regenbrecht, Aloysius 427 Reibnegger, Harald 799 Reichenbach, Roland 930, 931 Reichmann, Linde 205 Reimer, Everett 657 Rein, Wilhelm 810, 872, 873, 874ff., 906 Reinartz, Anton 628 Reinelt, Toni 626, 628, 629, 956 Reinhold, Gerd 317 Reininger, Robert 58 Reisenzein, Siegmund Erich 605 Reiter, Adolf 780 Reitterer, Theodor 22, 835 Rembold, Leopold 206 Reményi, Imre Márton 675 Renner, Karl 53 Reschenberg, Ingrid 605 Reumüller, Alfred 606 Reusser, Kurt 926, 928 Ribolits, Erich 956 Rieckmann, Heinrich-Johannes 645, 703 Rieder-Wieser, Ilsedore 201, 414 Ringel-Fernandy, Angela 728 Riquarts, Kurt 418 Robier, Ingomar 652 Robinsohn, Saul B. 230 Rochovansky, Peter 270 Röd, Wolfgang VIII f. Roeder, Peter Martin 887, 888, 889, 892 Röhner, Charlotte 869, 946, 948
Röhrs, Hermann 24, 880, 914 Rohracher, Hubert 62, 225, 227, 263, 480, 385, 569 Rollett, Brigitte 349, 861 Roloff, Ernst 658, 875, 877, 878, 879 Romanik, Felix 14, 60, 78, 82, 111 Romauch, Hans 197, 211, 212 Rosenmayr, Leopold 356 Rosin, Ulrich 113 Roth, Andreas 605 Roth, Erwin 486 Roth, Heinrich 87, 201, 277, 278, 852, 917 Roth, Leo 317, 861 Rothland, Martin 139 Rottenhan, Heinrich Franz von 7 Rotter, Alfred Adolf 78 Rotter, Ursula 664 Rulofs, Martina 780 Rumpf, Horst 226, 422, 423, 610, 671, 672, 865, 953 Rumpler, Helmut 406, 648, 656, 707, 709, 817 Rupperth, Joseph 205, 206 Ruprecht, Horst 469, 500 Rusconi, Alessandra 891 Sageder, Josef 956 Sagmeister, Gunhild 444 Salbrechter, Margarete Annemarie 710 Saldern, Matthias von 852 Salloker, Aurelia 710 Salwa, Saad Avad 605 Salzmann, Gerald 682, 683, 684 Sander, Friedrich 97 Sankl, Isabella 562 Saupe, Emil 846, 874, 875, 881, 882 Schack, Jürgen 113 Scharer, Matthias 956 Scharitzer, Karl 47 Scharmann, Theodor 243, 338 Schaub, Anita Christa 691 Schaub, Ernst 289, 317 Schaumberger, Hilda Maria 723 Schausberger, Norbert 382, 383, 384, 397ff., 426, 428, 429, 438, 534, 648, 656, 755, 757
Personenregister Schautzer, Wolfgang 606 Schebach, Eva 746 Schecker, Horst 797 Schedlbauer, Leo 930 Scheichenberger, Leopold 206, 207 Scheidl, Leopold 84, 96 Scheidler, Karl Hermann 285 Scheipl, Josef 122, 234, 630, 632, 680, 683, 865, 956 Scheithauer, Max 71 Scheiwe, Kirsten 779 Schelander, Robert 956 Schell, Susanne 682, Schellander, Peter 652 Schelsky, Helmut 939, 946 Schenk-Danzinger, Lotte 409, 486, 641 Schermaier, Josef 8, 10, 866, 955 Scheßl, Franz Hermann 675 Schickamüller, Maria 692 Schiefele, Hans 130, 190 Schilling, Gustav 8 Schirach, Baldur von 48, 620 Schirlbauer, Alfred 856, 954 Schischkoff, Georgi 307, 727, 895, 898, 900, 902, 903, 904, 916 Schleiermacher, Friedrich 813, 872, 896 Schlieper, Friedrich 15, 39, 41, 42, 45 Schludermann, Elfriede 268, 320 Schmalohr, Emil 478, 497, 481, 482, 641 Schmetterer, Leopold 243 Schmid, Anton 3, 8, 9, 11, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 25, 959 Schmid, Jakob Robert 917, 918, 924, 927 Schmidkunz, Hans 163, 844, 877 Schmidl, Wolfgang 956 Schmidt, Ferdinand Jakob 817, 878 Schmidt, Heinrich 307, 327, 895, 902, 903, 904, 916 Schmidt, Wilhelm 60 Schmidt-Bodenstedt, Adolf 886 Schmied-Kowarzik, Wolf Dietrich 351, 354, 355, 357, 358 Schmölzer, Gunthilde 268 Schneemann, Leonhard 114
1055
Schneider, Ernst 875 Schneider, Friedrich 65, 68, 178, 427, 834, 840, 869, 871,, 888, 906, 909, 915, 931, 932, 953 Schneider, Gerhard 76 Schneider, Ursula 768 Schneider, Wilfried X, 4, 70, 71, 73, 75, 78, 81, 82, 83, 96ff., 125, 141, 143, 154, 155, 160, 161, 168, 171, 181, 182, 183, 197, 212, 326, 328, 350, 402, 411, 413, 445, 658, 865, 956, 960 (Bild), 1062 Schnell, Hermann 57, 122, 573, 575 Schneuwly, Bernard 898, 900, 901, 906, 908, 909, 914, 915 Schnider, Andreas 956 Schober, Liebgart 621 Schöffmann, Kurt 646 Schöffmann, Peter 664 Schöler, Walter 59, 83ff., 99, 118, 159, 160, 183, 204, 215, 217, 219, 220, 222, 224, 232, 240, 241, 244, 245, 246, 248, 249, 250, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 258, 260, 261, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 268, 270, 271, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 281, 282, 294, 295, 301, 307, 308, 312, 313, 314, 316, 322, 323, 325, 328, 329, 330, 331, 332, 333, 335, 338, 347, 350, 357, 359, 361, 368, 382, 383, 384, 385, 389, 390, 396, 397, 399, 400, 402, 405, 411, 427, 428, 429, 432, 438, 442, 445, 453, 456, 459, 460, 461, 462, 463, 464, 480, 481, 496, 498, 507, 516, 530, 531, 532, 534, 539, 570, 571, 576, 578, 581, 597, 598, 611, 637, 639, 641, 642, 643, 644, 648, 655, 656, 661, 662, 664, 667, 669, 670, 673, 707, 759, 856, 959 (Bild) Schöler, Waltraut 88, 99, 399 Schön, Donald R. 447, 699 Schöndorfer, Ulrich 221, 820, 823, 856, 956 Schönfelder, Kurt Günther 664 Schönwiese, Volker 956 Schratz, Michael 737, 856, 954
1056
Personenregister
Schriewer, Jürgen VI Schubenz, Siegfried 584 Schubert, Franz 914 Schuberth, Karl 35 Schuckert, Brigitte 115 Schüpbach, Marianne 922 Schulmeister, Otto 231, 234 Schulmeister, Stefan 235, 236, 239, 241, 242, 245, 246, 330 Schulze-Soelde, Walter 956 Schumak, Richard 844, 877, 879, 880, 885 Schurer, Bruno 865, 956 Schuschnigg, Kurt 32 Schuster, Franz 111 Schuster, Rudolf 111 Schwarz, Gerhard 341, 695, Schwarz, Richard 727, 820, 822, 824, 826, 953 Schwarzwald, Eugenie 676, 718 Schweidler, Egon 58 Schweighofer, Anton 639 Schwendenwein, Werner 856, 857, 865, 954 Schwind, Fritz 216 Searle, John R. 698, 700 Seberich, Rainer 415 Sedlak, Vinzenz 9, 10, 25, 56, 60, 78 Seel, Helmut V, 122, 130, 155, 156, 161, 234, 246, 267, 397ff., 449, 481, 632, 640, 642, 643, 673, 735, 756, 856, 955 Seger, Martin 637 Seibt, Karl Heinrich 712, 805 Seidel, Karl 51 Seidl, Peter 953 Seifert, Edith 860 Seifert, Eduard 235, 955 Seiler, Karl 38 Seitelberger, Franz 374 Seitz, Hans 117, 150 Sellak, Manfred 321 Sematon, Elvira 675 Semler, Christoph 658 Semmelweis, Ignaz Phillip 433 Sendlhofer, Alexandra 633 Severinski, Nikolaus 139, 140, 955
Sexl, Roman 417 Sganzini, Carlo 899, 913 Sigot, Marion 542, 633 Šik, Ota 172 Sima, Hans 197, 216, 218, 248, 249, 252 Simon, Gertrud 956 Singer, Günther 289 Skowronnek, Karl 83, 101, 102 Slama, Peter 268 Slamaning, Michaela 563 Smoley, Irene 289 Sobotka, Raimund 956 Späni, Martina 895, 896, 898, 899, 900, 901, 902, 904, 906, 907, 908, 914, 915 Spencer, Herbert 470, 839, 896 Spieler, Josef Karl 203, 455, 494, 721, 844, 884, 907, 910, 911 Spitzner, Alfred 875 Sporis, Erich Paul 652 Spranger, Eduard 394, 646, 710, 841, 878, 940 Stähler, Wilhelm 74, 203, 455 Stärz, Wilhelm 60 Stammen, Theo 407 Stark, Sonja 711 Stattler, Helga 341 Staubmann, Dagmar 633 Steger, Elisabeth 652 Steger, Hanns-Albert 469, 471, 472 Steiger-Grohmann, Christine 113, 117 Steinbacher, Walter 338, 340, 517, 518, 520, 524, 527, 528 Steindl, Josef 214, 215, 226, 228 Steinhardt, Gerald 956 Steinlechner, Manfred 956 Steinringer, Ferdinand 208 Steinwidder, Heide 771 Stellwag, Helena 297, 281 Stettner, Marko 832, 953 Stickelmann, Bernd 392 Stiefel, Rolf 76 Stieger, Erich 675 Stieger, Johann 113 Sting, Stephan 635, 684, 765, 775ff. 787, 965
Personenregister Stipsits, Reinhold 956 Stocker, Ehrfried 432 Stöger, Peter 858, 859, 956 Stotz, Günther 320 Stoy, Karl Volkmar 285, 807, 813, 818, 840, 874ff. Strasser, Hermann 477 Strasser, Rudolf 213 Strasser, Stephan 844 Strebel, Eduard 150, 151 Strebenitzer, Gisela 682 Strehler, Adolf 880 Streicher, Margarete 884 Strelli, Richard 205, 207, 208, 209 Strohal, Richard 5, 29, 819, 823, 825, 826, 832, 837, 838, 841, 869, 944, 954 Strohmeyer, Johannes 956 Strohschneider, Gottfried 59, 60, 82 Strotzka, Hans 423, 425, 581, 588, 593 Strümpel, Ludwig 874ff. Stüfler, Ingrid 775 Stuhlpfarrer, Karl 768, 782 Stuller, Gero 664 Sturm, Karl Friedrich 866, 875, 884 Südhof, Hermann 38, 39, 42, 45, 46, 47 Sünkel, Wolfgang 872 Sünker, Heinz 869, 946, 948 Süssmuth, Rita 915 Sullivan, Arthur 947 Sussitz, Urban Willibald 289 Tanos, Helga 647 Taurer, Karin B. 780 Tenorth, Heinz-Elmar VI, 144, 817, 846, 862, 863, 878, 891, 938, 939, 941, 943 Tent, James F. 582 Terhart, Ewald 191, 861, 946, 948 Tesar, Ludwig Erik 884 Teschner, Wolfgang P. 438, 439, 441 Thaler, Anita 771 Thauren, Johannes 956 Theuermann, Anneliese 775 Thiele, Joachim 274 Thiersch, Hans 778
1057
Tholler, Franz 114 Thomasius, Christian 656 Thonhauser, Josef 391, 395, 396, 417, 442, 444, 445, 446, 599, 600, 750, 857, 858, 865, 954 Thuller-Arneitz, Gerhild 432 Thun-Hohenstein, Leo 813, 871 Tietze, Walter 542, 684 Timp, Otto 956 Tindl, Fritz 55 Tippelt, Rudolf 515, 890, 893 Tischler, Kornelia 432, 438, 542, 682, 713 Töchterle, Karlheinz 795 Tönnies, Ferdinand 64, 619 Toischer, Wendelin 821, 831, 944, 954 Topitsch, Ernst 897, 940 Traxel, Werner 352 Treiber, Ulrike 115 Treven, Silke 652 Troeltsch, Ernst 878 Trotsenburg, Edmund van 205, 247, 258, 265, 266, 276ff., 312, 350, 351, 361, 372, 400, 402, 403, 426, 432, 441, 442, 445, 469, 471, 478, 486, 488, 492, 516, 536, 641, 648, 650, 656, 671, 679, 759, 955, 961 (Bild) Tschernigg, Vincenz 208 Tütken, Hans 353 Tuggener, Heinrich 925 Tumlirz, Otto 822, 823, 832, 834, 837, 838, 869, 882, 932, 944, 953 Tuppy, Hans 127, 213, 220, 235, 276, 299, 300, 677 Turner, Agnes 691 Ugovsek, Tanja 710, 711 Ukowitz, Martina 342 Ulbricht, Kurt 320 Ulich, Robert 841 Ulmer, Ferdinand 329 Unger, Margot 114 Unterleitner, Ingeborg 563 Unterweger, Kristina Maria 621, 622 Urban, Wilhelm, 955 Urbschat, Fritz 38, 39 Url, Walter Gustav 309
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Personenregister
Uschnig, Agatha 633 Utschig-Dittrich, Josef 30, 35 Vaerting, Mathilde 883 Vanouček, Josef 320, 322 Vering, Fritz 60 Viehauser, Adalbert 210 Vierlinger, Ewald 235, 798 Vitouch, Oliver 582 Vodrazka, Karl 15, 25, 53 Völkl, Franz 246, 350, 397, 402, 454, 477ff. 580 Vogel, Otto 60, 198 Vogelhuber, Helga Helene 289 Vogelsinger, Ernst 112 Vogl, Maria 568, 832, 956 Voglmayr, Herbert 113 Vogt, Theodor 807, 816, 831, 832, 833, 835, 874, 954 Vranitzky, Franz 71 Wächter, Christine 733, 734, 756 Wagner, Ignatia Irene 397ff., 416 Wagner, Ina 734, 755, 756 Wagner, Michael 417 Wagner-Wehborn, Rudolf 270 Waitz, Theodor, 178, 813 Wakounig, Vladimir 542, 557, 565, 567, 750, 751, 752, 756, 757, 782, 787, 788, 791 Walk, Leopold 955 Wallner-Burgstaller, Margot-Klaudia 432 Walter, Hans Jörg 858, 956 Walters, Helmut Franz 321 Watzlawik, Elisabeth 594 Weber, Erich 119, 924, 925, 926 Weber, Martina 788 Weber, Max 700 Wedenig, Ferdinand 211 Wehle, Gerhard 378, 380, 381, 383, 384 Wehner, Ernst 352, 478, 486 Weidinger, Wiltrud 692 Weigel, Wenzel 955 Weimar, Hermann 272 Weinhandl, Ferdinand 155, 823, 955 Weinmann, Beatrice 231
Weinstock, Heinrich 887 Weis, Erich 95, 119 Weishaupt, Horst 890, 893 Weiss, Anton 7 Weiß, Edgar 783, 785 Weiss, Rudolf 84, 85, 240, 241, 392, 393, 400, 411, 412, 413, 416, 798, 856, 865, 867, 869, 953 Weissenböck, Martin 320 Weisskopf, Traugott 918, 920 Weisz, Peter 675 Weltner, Klaus 224, 357, 498 Welzig, Werner V Wende, Frank 32 Weniger, Erich 277, 380 Weninger, Josef 60 Wenning, Norbert 765, 781ff., 965 (Bild) Wente, Klaus 320 Wenzel, Hartmut 191, 208 Weyermüller, Friedrich 956 Weyrer, Mathias 341 Wichmann, Ottomar 54, 944, 954 Widl, Leander 269 Widmaier, Hans Peter 461, 462, 465 Widmer, Konrad 921, 924, 927 Wieser, Ilsedore 233, 235, 393, 397ff., 690, 756, 757, 856, 858, 956 Wigger, Lothar 345, 893 Wikosch, Martin 206 Willis, Paul 133 Willmann, Otto 345, 447, 813, 816, 818, 820, 822, 835, 836, 837, 839, 840, 841, 849, 872, 873, 875, 879, 931, 932, 934, 944, 953 Willmann, Rudolf 178, 675, 711 Wimmer, Rudolf 598, 599, 600, 688 Windisch, Maria 781 Winiwarter, Verena 554 Winkler, Arnold 66 Winkler, Michael 892 Winkler, Ute Inge 621 Winnefeld, Friedrich 703 Wintersteiner, Werner 555, 605, 713, 742, 743, 744, 756 Wirl, Julius 71 Wirth, Friedrich 111
Personenregister Witt, Werner 121 Witzig, Jean 903 Wohlgenannt, Rudolf 938 Wolf, Alfred 111 Wolf, Karl 32, 235, 257, 444, 687, 819, 832, 856, 953 Wolffersdorff, Christian von 776 Wolfram, Herwig 240, 241, 250, 406, 426 Wolte-Memmer 484 Woodtli, Otto 906 Wotke, Karl 662, 665, 811, 812, 832, 842, 956 Wulf, Christoph 777, 943 Wulz, Valentin 269 Wurst, Elisabeth 626, 627, 628, 629 Wurst, Franz 570, 571, 576, 578, 579, 954 Wurzbach, Constantin von 206, 208 Wurzwallner, Johann 121, 154, 155, 156, 181, 182, 680, 956 Wutte, Sonja 432 Yildiz, Erol 765, 786ff., 966 (Bild) Zabeck, Jürgen 63, 98, 102 Zalka, Alexandra Hildegard 710 Zaniewski, Romuald 942 Zauner, Erhard 675 Zausnig, Josef Valentin 563, 564
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Zdarzil, Herbert 110, 241, 358, 359, 382, 383, 402, 403, 404, 405, 426, 438, 478, 480, 486, 953 Zechner, Günter 771 Zeidler, Johann Gottfried 656, 660 Zelder, Siegfried 269 Zeller, Melanie 692 Zenke, Karl G. 317 Zenkel, Maria 726, 727, 728, 729, 730 Zetting, Christa 564 Zieger, Bruno 8 Ziegler, Judith 691 Ziegler, Julius 15, 21, 33 Ziegler, Theobald 163 Ziehen, Julius 817, 881 Zielinski, Johannes 87, 88, 89, 99, 100, 224, 264, 268, 271, 274, 276, 277, 329, 330, 667 Ziller, Tuiskon 818, 845, 874ff., 879 Zimmermann, Florian 953 Zimmermann, Notburg 664 Zimmermann, Robert 135, 844 Zinnecker, Jürgen 392 Zöchbauer, Franz 956 Zöhrer, Dagmar Elisabeth 563 Zöpfl, Helmut 427, 955 Zollinger, Max 895, 906, 907 Zorič-Venuti, Matka 321 Zschokke, Hermann 206 Züchner, Ivo 893
1060
Sachregister
SACHREGISTER Abiturientenkurs 12 Abordnung bewährter Lehrer zum Studium 397ff. Absolutismus, aufgeklärter 709 Abteilungen 540 ff. Abteilung für Berufs- und Betriebs pädagogik der UKL 644f. Abteilung für Historische Pädagogik der UKL 656ff., 662, 707, 864f. Abteilung für Hochschulpädagogik der UKL 649ff. Abteilung Schule und gesellschaftliches Lernen im IFF 450f., 714, 764, 792 Abteilung Soziale Ökologie des IFF 729 Abteilung für Sozialpädagogik der UKL 683ff. Akademischer Rat 213, 215f. Akademisierung der kaufmännischen Ausbildung 6ff. Akademisierung der VolksschullehrerAusbildung 882f.,887ff., 938f. Aktionsforschung 147ff., 560 Allgemeine Pädagogik/Erziehungswissenschaft 83ff., 248, 556ff, 892 Alltagsdidaktik 115 Anamnese 608f. Anglistik 248 Anthropologie, kulturwissenschaftliche 943 Anthropologie, Pädagogische 943 Antrittsvorlesung 90, 92, 131, 153, 281, 330, 473, 770, 780, 798 Arbeitsgemeinschaft für Hochschulentwicklung 213ff., 216, 226 Arbeitsgruppe für Empirisch-pädagogische Forschung 279 Arbeitsmarkt für Pädagogik-Absolventen 521, 525 Arbeitsökonomik 254
Aspirantur für Habilitation 223f., 397ff. Assistenten 123, 246, 265f., 282f., 295, 388f., 847f. Aufklärung 656ff. Aufklärungspädagogik 707ff. Auflassung pädagogischer Studien 524ff. Ausbauplan 1983 für UBW 512ff. Ausgleich 1867, Österreichisch-Ungarischer 817 Ausländerpädagogik 785 Auslandsstudium 756 Ausschreibung von Dienstposten 237, 239, 331, 333 Bachelor-Studien/Bakkalaureats-Studien 184f., 765ff. Bedarfsanalyse 525ff. Begleitforschung 150 Behindertenarbeit 634 Behindertenpädagogik 568, 574 Behinderung 634 Beirat der HBW 241ff., 341, 364ff., 390 Benediktiner 205ff. Beratungspsychologie 593f. Berufsbilder für Pädagogiker 820, 822, 945 Berufsbildung 768ff. Berufserfahrung der Lehrer 755f. Berufsfelder, neue pädagogische 513, 570f., 593, 944 Berufspädagogik 865f. Berufs- und Betriebspädagogik 271, 274, 640ff., 644f. Berufs- und Wirtschaftspädagogik 28 Berufsschulen 9 Berufsschullehrer 612f. Besetzungsschwierigkeit 265f. Besetzungsvorschläge 241, 245ff., 277ff.
Sachregister Betriebspädagogik 62ff., 101, 183, 268, 368 Betriebspsychologie 484 Betriebswirtschaft, Angewandte 513f. Betriebswirtschaftslehre 4f., 70, 468f. Betriebswissenschaftlich-pädagogisches Institut 3f., 19ff. Bikulturelle Wirtschaftspädagogik 148f. Bikulturelles Lernen 150f. Bildnerische Erziehung 727f. Bildung/Bildungsbegriff 92ff., 131, 136f., 198f., 230, 233, 237, 260, 272, 385, 448, 471, 575f., 705, 787 Bildung als Teilbereich der UKL ab 1993 Bildung, Philosophie der 136f., 342ff. Bildungsbenachteiligung 754f. Bildungsbetriebslehre 254, 453, 460, 464 Bildungsforschung 92ff., 201, 222f., 229, 793ff., 800f., 829 Bildungsforschung in Südtirol 414f. Bildungsinformatik 247, 453, 507 Bildungsökonomie 247, 453ff., 507 Bildungsplanung 157f., 201, 462, 464 Bildungspolitik 184f., 716ff. Bildungssoziologie 247f., 377, 453, 469ff. Bildungssystementwicklung 795 Bildungstechnologie 498 Bildungswilligkeit 155 Bildungswissenschaft 5, 6, 123, 198, 214, 217f., 228f., 237, 253, 853, 946 Blocksystem der Lehre 261 Bologna-Deklaration 184, 189, 685, 765, 891, 893 Bundesanstalt für Erziehungswissenschaft 200, 828f. Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung 239, 366f. Bund Sozialistischer Akademiker (BSA) 241 Chancengleichheit 155f. Curriculumentwicklung 350 Curriculumtheorie 416ff., 421ff.
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Dauerkonflikte zwischen Instituten UKL 763 Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft 889 Deutsche Philologie 248 Deutscher Studienplan für HandelsLehramt 27ff. Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung 201 Didaktik 202, 616, 670ff. Didaktik der Architektur 638 Didaktik der Lehrerfortbildung 515, 549, 597ff., 764 Didaktik der Mathematik 697, 712ff., 739ff., 793ff. Didaktik der naturwissenschaftlichtechnischen Fächer 247, 309, 311 Didaktik der Philosophie 246, 326ff. Didaktik der Weiterbildung 515, 549, 611ff., 618, 692ff. Didaktik der zweisprachigen Erziehung 603f. Dienstposten für Ordentliche Universitätsprofessoren 530 Dienstpostenmenge 510 Differenzierung der Pädagogik 848, 855, 860, 943 Diplomarbeiten (Menge und Themen) 121, 256, 564, 606, 622, 633, 652, 664, 676, 682, 692, 711, 723 Diplom-Handelslehrer 27, 30 Diplomstudiengang Pädagogik 180, 257, 765, 849, 868 Diplom-Studium der Erziehungswissenschaft 826, 849, 889f. Diplomstudium Publizistik und Kommunikationswissenschaft 324, 503 Diplomstudium Wirtschaftspädagogik 186ff. Diplomstudium Wirtschaftspädagogik, Studienplan 2003 186ff. Dissertationen, pädagogische 51, 75f., 96, 113ff., 120f., 133, 143ff., 168, 268ff., 289, 432, 444, 562f., 578, 594, 604ff., 621f., 633, 646f., 652, 664, 675f., 682, 691f., 706, 710f., 732, 752, 771, 775, 780, 799, 834ff., 855f.
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Sachregister
Dissertationen aus Pädagogischer Psychologie 484 Dissertationen, unterrrichtstechnologische 320f. Doktor der Handelswissenschaften 3 Doppelqualifikation für Schule und Wirtschaft 105ff. Doppelzuordnung 600f., 616, 618, 764 Drittelparität 237 Dualparität 237f. Ehrendoktorat 325, 667 Einwanderungsgesellschaft 785, 790 Eklektizismus 812 Emanzipation 671, 720 Empirie, narrative 608f. Enquete – Kommission 1871 des MCU 816, 876 Entnazifizierung 54, 56, 67, 887 Entschulung 657 Entwicklungsbegriff 313 Entwicklungspsychologie 293ff., 455, 485ff. Entwissenschaftlichung 949 Erkenntnistheorie, anarchische 673 Erwachsenenbildung 143ff., 368, 513, 514f., 580, 622, 705, 731, 740f., 761, 764, 768ff., 866 Erzieherberuf 678ff. Erziehung, funktionale 65, 74, 178f., 942 Erziehungsbegriff 176ff., 198f., 669 Erziehungsberatung 513, 580ff. Erziehungsforscher 850, 945 Erziehungsgemeinschaft 64 Erziehungskrise 199 Erziehungskunde 204ff., 805ff. Erziehungs- und Studienberater 255f. Erziehungswissenschaft 93, 171, 202, 823ff., 847ff. Erziehungswissenschaft, Allgemeine 248f., 276, 376ff., 765, 786 Erziehungswissenschaft, Empirische 670, 868, 947 Erziehungswissenschaft, Selbstzerstörung der 761f.
Erziehungswissenschaft, Zersplitterung der 760ff., 767 Esoterik 721f. Ethnographie des Alltags 560 Ethnopsychologie 608f. Etikettenschwindel, wissenschaftlicher 858ff. Europäische Union (EU) 184f., 869, 938 Europäisches Bildungszentrum Klagenfurt 507f. European Credit Transfer System (ECTS) 184, 765 Evaluation der Universität Klagenfurt 517ff. Evaluationsforschung, pädagogische 703f. Expansion der Pädagogik 889ff., 938 Experiment nach Schöler 252f., 260f. Exportakademie Wien 3, 14 Fachbereiche 223 Fachdidaktik 260, 335, 344ff., 512, 534f., 548ff., 712f. Fachdidaktik des Englischen 737f. Fachhochschule 654 Fachsprache, pädagogische 853, 862, 945 Fachwechsel von Professoren aus der Erziehungswissenschaft 539, 543, 547ff., 593ff., 617ff., 622ff. Fachwissenschaften 615f. Fächerbereich Selbstreflexion und Selbstverwirklichung 534f. Fakultät für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF) Klagenfurt 450, 554ff., 624, 714, 763 Fakultät für Kulturwissenschaften, Universität Klagenfurt 267, 514, 759 Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Informatik, Universität Klagenfurt 514 Fallgeschichten 608ff. Familienberatung 580, 592 Feldtheorie 703 Feminismus 583ff.
Sachregister Feministische Bildung 753 Fernsehen 504 Fernstudien 515f., 547ff., 597ff., 611ff. Fernuniversität Hagen 548ff. Fortbildungsschulen 9 Forschung 849f., 855ff., 862f., 948 Forschung, fehlende 75f. Forschung, selbstreflexive 606ff. Forschungsaufenthalte im Ausland 756 Forschungsaufgaben der HBW 227ff. Forschungsleistungen 523, 944f. Forschungsmethoden 608ff. Forschungsplan 270, 290 Forschungsprojekte 271ff., 290ff., 450f. 485, 494, 504, 578, 633, 682f., 700, 749f. Forschungsschwerpunkte 200f., 538f., 684, 738, 757, 760, 828, 830ff. Forschungsstellen für Historische Pädagogik der UBW 662f. Forschungszentren 223, 531ff. Fortschrittsillusion 505 Frauenemanzipation 583f. Frauenstudien 734, 753 Freie Universität Berlin 581ff. Freizeitpädagogik 513, 514, 580 Fremdsprachenlernen 739 Friedenspädagogik 555, 604, 742f. Frühaufklärung 656ff., 660 Fundamentalpädagogik 782 Genderforschung 753f. Geschichte, Professor für 406f. Gesamtschule 360, 413, 439, 641 Geschlechtersozialisation 773 Gesellschaftliches Lernen, Abteilung des IFF für 551ff. Grenzüberschreitungen bei Dissertationen und Habilitationsschriften 858ff. Großmannssucht 253, 508 Gründungsausschuß der HBW 239ff., 362 Gründungsgesetz der HBW 237ff. Gründungsrektor 240f. Grundlagenforschung 837ff., 931, 937
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Gruppendynamik 252, 326ff., 334ff., 453, 549, 588f., 599f., 688 Gruppenpädagogik 599, 688 Gruppenuniversität 251 Gymnasium, österreichisches 707ff. Habilitation, kumulative 353, 355, 630, 756, 769, 801 Habilitationen 4, 99, 121, 123, 133f., 154ff., 180f., 270, 280, 321f., 370, 432, 456f., 635-758, 831ff., 859f. Habilitationen für „Weiterbildung“, fachfremde 622 Habilitationen für Wirtschaftspädagogik, Mangel an 76ff., 81f., 99, 108 Habilitationskommission, besondere 639f. Halbbildung 760 Handelsakademie 9f. Handelshochschule 3ff., 16f. Handelslehrer-Ausbildung 3, 16f. Handelslehrerkurs 3, 18f. Handelslehrerseminar 16f. Handelsschule 9f. Handlungsforschung 153, 360, 447, 523 Handlungsorientierte Fachdidaktik 148ff. Hausberufung 68, 104, 234, 757 Heilpädagogik 223, 543f., 568ff., 775f., 866, 907f., 910f. Heimerziehung 678f. Hilfswissenschaften der Pädagogik 203 Historische Pädagogik 135f., 271 Hochschuldidaktik 120, 161ff., 246, 270ff., 278, 281 Hochschule für Bildungswissenschaften Aargau (Schweiz) 919f. Hochschule für Bildungswissenschaften Klagenfurt 84ff., 94f., 158f., 197ff. 202, 507ff., 829, 850f. Hochschule für Bildungswissenschaften Klagenfurt: Ablehnungsgründe 225ff. Hochschule der Erziehungswissenschaft und Erziehungskunst (Lindner 1874) 199
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Sachregister
Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften Linz 197 Hochschule für Welthandel 3ff., 212, 463 Hochschulexpansion Vf. Hochschulforschung 475f., 650f., 653, 716 Hochschulgeschichte 647ff. Hochschulkurs für Gruppendynamik 337 Hochschul-Organisationsgesetz 1955 530 Hochschulpädagogik 271, 647ff. Hochschulpolitik, österreichische 184ff., 524ff. Hodegetik 284f., 649 Humanisierung als Ziel 761 Humanismus 656ff., 812 Informatik, Angewandte 513f. Informationsgesellschaft, Gefahren 505f. Ingenieurausbildung 637 Ingenieurpädagogik 317ff., 545, 637f. Institut 124f., 294ff., 362f., 530ff. Institut für Allgemeine Pädagogik 5 Institut für Bildungs- und Beratungsforschung Wien 158ff., 183, 218f., 232, 456, 470 Institut für Bildungsforschung in der Max-Planck-Gesellschaft Berlin 201, 457, 463 Institut für Bildungsökonomie und Bildungssoziologie Klagenfurt 465, 474 Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung Klagenfurt 204, 324, 538f., 542ff., 601, 759ff., 829 Institut für Gruppendynamik 337 Institut für Interkulturelle Bildungsforschung Villach 567, 604 Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft Klagenfurt 324, 326, 503, 539 Institut für Philosophie der UBW 335
Institut für Philosophie und Gruppendynamik der UBW 335 Institut für Psychologie der UKL 595 Institut für Schulpädagogik und Sozialpädagogik der UBW 523 Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung (IUS) der UKL 554ff., 692, 764, 792ff. Institut für Weiterbildung der UBW 513, 543, 601, 616ff., 673 Institut für Wirtschaftspädagogik 4 Institutsnamen, Änderungen 266f., 324f. Integrationspädagogik 543, 631f., 760f. Interdisziplinarität 548, 551, 555, 854, 864, 943 Interkulturalität 609f., 725 Interkulturelle Bildung 542f., 561, 610, 745, 765, 781ff., 786ff. Interkulturelle Pädagogik 529, 723ff., 744ff. Interkulturelles Lernen 603ff. Internationale Gesellschaft für Ingenieurpädagogik 325 Interuniversitäres Forschungsinstitut für Fernstudien (IFF) 335, 348, 363f., 449, 513, 515f., 545f., 598, 611, 694, 729, 763 Interuniversitäres Forschungsinstitut für Unterrichtstechnologie, Mediendidaktik und Ingenieurpädagogik der österreichischen Universitäten 324f., 362f., 495, 513, 545f. Interuniversitäres Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF) 349, 449f., 544ff., 547ff., 729, 734, 763 Intervention, parteipolitische 381ff., 428f. Interventionsforschung 348f. Josephinismus 812 Jugendgewalt 748f., 773 Kärntner Konzept 528f., 786 Kärntner Universitätsbund 197, 211f., 216, 220
Sachregister Kasuistik 599 Katholische Kirche 534, 931 Katholische Pädagogische Hochschule Kärnten 210 Kausalwissen 837, 935 Kernwissen, erziehungswissenschaft liches 767f., 893, 942 Klagenfurt-Kommission des BMfWF 254f. Kollegschule 440 Kommunikationswissenschaft 496, 499, 502 Konferenz der österreichischen Universitätspädagogen 825 Konferenz der westdeutschen Universitätspädagogen 884 Konflikte 294ff. Konstanzer Fragebogen für Schul- und Erziehungsfragen 173f. Kontaktkomitee zur Weiterentwicklung der UBW 1981 512ff., 519, 580, 611 Kontorpraxis 12 Konzeptfindungskonferenz 350f. Korrektur 738f. Kosten der HBW 263, 510 Kritik 838, 846, 934, 946 Kritik des Beirates an der HBW 1976 364ff. Kritik an der Konzeption und Leistung der UBW 1991/92 518ff. Kritik der Pädagogik VIff., 139, 296ff., 433f. Kritische Fachdidaktik 148ff. Kulturgeschichte 140 Kulturkritik 660, 669, 719ff. Kunstpädagogik 727f. Kybernetik 245, 310f. 497 Kybernetische Pädagogik 90f., 224, 245, 248f., 267, 310f., 357, 668ff. Labordidaktik 636ff. Lebensberatung 513f. Lebens- und Erziehungsberatung 513f., 579ff. Lebenswelt 615 Lehramt der Handelsfächer 6ff.
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Lehramt der Pädagogik 815f. Lehramtsfach 256, 367 Lehramtskandidaten 3, 467, 525f., 849f. Lehramtsprüfung 12f., 814f. Lehramtsstudium 257, 467, 510, 525f., 849f. Lehramtszeugnis 257 Lehrbeauftragte 30ff., 57ff., 137ff. Lehrerausbildung 10ff., 15, 222, 360, 442ff., 513, 525f., 849ff. Lehrerbedarf 510 Lehrer, dienstzugeteilte 265, 480 Lehrerberater 763 Lehrerbildungsanstalten 815, 846 Lehrerevaluation 169ff. Lehrereinstellungs-Forschung 172ff. Lehrerfortbildung 513, 515, 529 Lehrermangel 157, 481 Lehrerweiterbildung 745 Lehrkanon der Pädagogik 854 Lehrkanzeln (Professuren) 223, 253f., 368, 452ff., 466, 507, 513, 516, 530ff., 808 Lehrkanzeln für Erziehungswissenschaft, Ausbau ab 1964 827ff. Lehrkanzeln für Unterrichtstechnologie 313ff. Lehrkanzel-Personal 265 Lehrkanzel-Umbenennung 246, 247, 253f., 311, 313, 331ff., 339, 406f., 533f. Lehr- und Lernmaschinen 267, 313, 498 Lehrplanforschung 246, 248, 326f., 350ff., 438ff., 729, 764 Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik 36f., 42f. Lehrveranstaltungen, pädagogische 833, 848ff. Lehrveranstaltungsbesuch 509f. Lehrveranstaltungsthemen 16f. 21ff., 68, 91, 109ff., 120, 131f., 160f., 166f., 171, 179, 267f., 283ff., 319f., 359f. 413, 430f., 443f., 466f., 474, 483, 493, 503f., 557ff., 577f., 592f., 601f., 674f. 680f. 700,
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Sachregister
709f. 722f. 729, 770, 774f. 780, 791 Lehrverhaltenstraining 274, 641 Leistungsbeurteilung 411ff. Leitbild 2000 der Pädagogik UKL 761f. Lernpsychologie 164f. Lernwissenschaft 869 Leseunterricht 479 Liberalismus 931 Literaturdidaktik 743f. Lyzeum 204ff. Magisterstudien/Masterstudien 184ff., 765ff. Makropädagogik 448 Marxismus 583ff. Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin 614 Mediendidaktik 315ff., 495ff., 507 Mehrsprachigkeit 746 Methodik des Kaufmännischen Unterrichts 13, 21 Milieukunde, pädagogische 942 Militärpädagogik 292f. Minderheiten – Schulwesen 565 Mitbestimmung 238f., 251ff. Museumspädagogik 549, 601, 603, 763 Nachfrage Studierender 258f. Nachwuchs, erziehungswissenschaft licher 847f. Nachwuchsförderung, fehlende 75f., 81, 85, 96 Namensänderung Universität Klagenfurt 1993 514, 528f., 758, 830 Nationalsozialistische Diktatur 885f. Neue Linke 251, 336, 582 OECD 157, 201, 220, 230, 234f., 278, 281, 446, 450, 461, 466, 828, 864 Öffentlichkeit 251f. Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) V, 848 Österreichische Gesellschaft für Bildungsforschung (ÖGBF) 653 Österreichische Gesellschaft für Grup-
pendynamik und Gruppenpädagogik 338 Österreichische Gesellschaft für Historische Pädagogik und Schulgeschichte 666f. Österreichische Rektorenkonferenz 200, 216, 221, 282, 374ff., 512 Österreichische Tradition im Handelsschulwesen 36f., 42f., 47ff. Österreichische Volkspartei (ÖVP) 124, 137, 158, 216, 236, 240, 480, 517, 825 Ordinariat 530 Organisation der HBW 238ff. Organisationsausschuß des BMfU für Universität Klagenfurt 220ff. Organisationsentwicklung 341, 714f. Otto-Suhr-Institut (OSI) der Freien Universität Berlin 582 Pädagoge 819, 940, 943ff. Pädagogik 176 Pädagogik, Allgemeine 544, 781ff., 827, 860 Pädagogik, antiautoritäre 660 Pädagogik, außeruniversitäre 846 Pädagogik, Differenzierung der 636ff., 823, 823, 832, 836 Pädagogik, erzählende 608f. Pädagogik: Grundtypen 947ff. Pädagogik: Hauptmängel 937, 948 Pädagogik, Historische 542, 654ff., 706ff., 842, 864f. Pädagogik, Lehrinhalte der 830ff. Pädagogik, Personale 669 Pädagogik, Philosophische 807ff., 814ff., 940 Pädagogik, positivistische 669 Pädagogik, skeptische 378 Pädagogik, Sonderstellung der 939f. Pädagogik, stille 175ff. Pädagogik als Prüfungsfach 12f., 16, 23 Pädagogik, systematische 544, 781ff., 931 Pädagogik als Studienfach 27f., 296ff. 525f.
Sachregister Pädagogik der Schulmänner 845f. Pädagogik, Teildisziplinen der 760 Pädagogiker 819, 940, 943ff. Pädagogische Akademie 397, 410, 472, 798, 825ff. Pädagogische Prüfung 23f., 814f. Pädagogische Psychologie 248f., 454, 477ff., 827, 866ff. Pädagogische Soziologie 476, 827 Pädagogische Technologie 90ff., 271 Pädagogisches Seminar 816f., 872f. Parallellehreinrichtungen (IFF) 530ff., 554ff. Pensionierungen der Professoren, vorzeitige 759 Personalität 669, 728 Personalmanagement 645 Personalmangel bei Professoren, Dozenten und Assistenten für Pädagogik 38ff., 61 Personalstände der Institute 107f., 554 (IFF), 796 Personalstand Pädagogik 517, 521f. Pflichtschullehrer 409ff. Philantropismus 88ff. Philosophie 125ff., 326ff., 820, 832 Philosophie der Erziehung 865, 947f. Philosophie des Wissens 698f. Philosophiehistorie, kritische VIII Planungsfehler 249ff., 254, 325, 466, 510, 517, 679, 781, 788, 791f., 830 Planungskommission HBW 244, 253, 261, 337, 463 Planungspapier 2000 des Instituts für Erziehungswissenschaft der UKL 761ff. Politische Bildung 347f., 383, 402ff., 552, 555, 600, 688 Politische Verfassung der deutschen Schulen 8, 809, 813 Polytechnisches Institut 7, 14 Postmoderne 719f., 745, 789, 854 Praktische Pädagogik 811, 846, 862ff., 947ff. Privatdozenten 831f. Privatstudium 17f. Probedienst 22
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Probelection 11 Probevorlesung, Themen 62, 102, 156, 163, 400, 404, 413, 416 Professuren (Ordinariate, Lehrkanzeln): Aufhebung/Umwidmung 516 Programmiertes Lernen 479f. Programmierter Unterricht 89ff., 94, 100, 224, 245, 248f. 267, 271, 278, 497f. Projektforschung 261 Promotionen in Pädagogik 370, 834ff. Promotionsrecht 3, 14 Prüfungskommission 12 Prüfungsordnung für Lehramt 10ff., 21ff. Pseudo-Universalwissenschaft 762 Pseudo-Verwissenschaftlichung 946 Psychoanalyse 490f., 587ff., 593ff., 689ff. Psychoanalytische Pädagogik 554f., 606f., 691 Psychologie 118f., 227, 337f., 453ff., 485ff., 580, 820, 866ff. Psychologie, angewandte 580 Psychologie, bildungswissenschaftliche 493, 595 Psychotherapie 593ff. Publikationen der Professoren und Dozenten 280f., 290f., 322ff., 433ff., 444f., 485, 522, 593f., 623f., 634, 653, 664f., 676, 683, 711f., 729f., 781, 791, 860ff. Qualitätsentwicklung im Bildungswesen 793, 796ff. Qualitätskontrolle bei Habilitationen, fehlende 722, 730ff., 735, 757 Rat für Hochschulfragen 122, 213 Real-Handlungs-Akademie 7 Realschulen 7f., 658 Rechnungshof 511, 513 Redimensionierung der Pädagogik 762 Reichsanstalt für Erziehungswissenschaft und Kinderforschung 199 Reichsvolksschulgesetz (1869) 815f., 930
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Sachregister
Reifeprüfung 9 Rekonstruktion VIII Religionspädagogik 534f. Retrospektiven in Sachen Bildung 665ff. Rückstand der Pädagogik als Universitätsfach 821f. Säkularisierung 930 Sammelsurium 622, 782, 792, 939ff., 943 Sammelsuriumspädagogik 808, 946, 948 Scheinwissen 760, 947 School of Education 792ff., 850 Schriften, pädagogische 884, 933f., 945 Schule als Betrieb 157f. Schulen, kaufmännische 7ff. Schulentwickler 763 Schulentwicklung und Beratung 762f., 793ff. Schulgesetzgebung 825f. Schulkritik 418ff., 658ff. Schulmuseum 666f. Schulorganisationsgesetz (1962) 9, 826 Schulpädagogik 542, 553, 735ff., 762f. 765, 772ff., 823, 865 Schulpolitik, Kärntner 751 Schulpolitik, Österreichische 707ff., 825ff. Schulpolitik, Südtiroler 724f. Schulpraxis 479 Schulreform 418ff., 430ff. Schulreformkommission 122 Schulpädagogik 248f., 414ff., 426ff., 748f., 827 Schulreife 492 Schulversuch Retz 150ff. Schul-Volksbegehren (1969) 234 Schulwesen, berufsbildendes 7ff. Schwerpunkte der Uni Klagenfurt ab 1993 529 Selbstbildung 717ff. Selbsterzeugung der HBW als „Experiment“ 252 Selbstreflexive Forschung 607f. Situationsorientierung 642
Sonderpädagogik 569ff., 590f., 625ff. Sonder- und Heilpädagogik 271, 368, 516, 568ff., 576f., 625ff., 775f., 842, 866 Sonderschulen 572ff., 590f. Sowjetische Besatzungszone Deutschlands (SBZ) 386 Sozialarbeit 580, 631, 776 Sozialarbeitswissenschaft 776f. Soziale Ökologie 730 Sozialisationsforschung 543, 556f., 773 Sozialismus 583ff. Sozialistische (sei 1991: Sozialdemokratische) Partei Österreichs (SPÖ) 124, 239, 382, 402, 571, 825, 883 Sozialökologische Bildung 730f. Sozialpädagogik 368, 542ff., 580, 627, 629f., 679ff., 775ff., 865 Sozial- und Integrationspädagogik 775ff. Sozialpolitik 631f. Sozialpsychologie 337f., 453f. Soziologie 473ff. Spezialisierung der Pädagogik 848, 850f., 855, 858, 892, 947 Spiel 494 Sprachdidaktik 422ff. Sprachkritik 137 Sprachunterricht 609ff. Sprachwissenschaft 247 Statistik der Absolventen des Pädagogikstudiums 763 Statistik der Kaufmännischen Schulen 9f., 80 Statistik der pädagogischen Dissertationen 835, 855f. Statistik der Habilitationen 859f. Statistik der Professuren für Pädagogik 828 Statistik der Prüfungen 132, 369f., 763 Statistik der Studierenden der Pädagogik 104, 120, 132, 283, 285, 369, 372f., 493, 508ff., 540, 685, 763, 828 Studiendauer 414 Studienfächer 514 Studienordnungen 370ff., 465f.
Sachregister Studienordnung Pädagogik 372, 465f. Studienordnung für Pädagogik (1973) 853 Studienordnung Wirtschaftspädagogik 5, 79ff., 185 Studienplan Pädagogik 465f., 681f., 853 Studienrichtung 254, 467f. Studienrichtung Bildungsökonomie 459f. Studienrichtung Pädagogik 257, 517ff. Studienrichtung Pädagogik: Auflösung 517ff. Studienrichtung Philosophie 333ff. Studienrichtung Philosophie, Pädagogik, Psychologie (Lehramt) 334, 493 Studienrichtung Psychologie 482f. Studienrichtung technische Unterrichtstechnologie 315ff. Studienrichtung, wirtschaftspädagogische 77, 79ff., 180, 185 Studienschwerpunkte 853 Studienversuche 513 Studienversuch Angewandte Betriebswirtschaft 514 Studienversuch Angewandte Informatik 514 Studienversuch Erziehungs- und Unterrichtswissenschaft 255ff., 258f., 262, 367, 369ff., 373, 465, 508f. Studienzweige der Pädagogik UKL ab 1996 762 Subjekt 670ff. Suchtprävention 778 System 544 System der Pädagogik/Erziehungswissenschaft 862ff., 873 Systematisierung des pädagogischen Wissens 860ff. Teamverträglichkeit 252 Technik 617ff. Technik- und Wissenschaftsforschung 617ff., 763 Technische Hochschule Wien 7, 13f., 314f.
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Technologie der Erziehung 837 Theologen 809, 872 Theologische-Diözesan-Lehranstalt Klagenfurt 210 Tiefenpsychologie 581, 587ff. Überspezialisierung 486f., 850 Übungsfirma 168f. Umweltbildung 735f. Umwelterziehung 735f. Umwidmung der UKL 758f. Universität, Aufgaben der 437, 505 Universität Basel 352, 461f., 845ff., 929 Universität Berlin 872, 877f. Universität Bern 898ff., 917ff. Universität Bielefeld 499 Universität Bochum Universität Dresden 883f. Universität Eichstätt 702 Universität Frankfurt am Main 881 Universität Freiburg im Breisgau 489 Universität Fribourg/Schweiz 909ff., 923 Universität Genf 914ff. Universität Göttingen 277f., 380, 499, 872 Universität Graz V, 80, 81, 120, 155, 164, 180, 189, 210, 723 Universität Halle 658, 871f. Universität Hamburg 881f. Universität Innsbruck 80, 81, 157f., 180, 189, 379, 392f., 408f., 414f., 422, 456f., 550, 761, 854 Universität Jena 873, 874ff. Universität Klagenfurt 73, 84, 85f., 94, 118, 122, 158, 163, 204, 550, 683, 758ff., 864f. Universität Königsberg 872f. Universität Konstanz 142, 158, 172f., 201, 217, 220, 228, 231, 277f., 358, 379f., 469f., 863 Universität Krems 550 Universität Leipzig 874f. Universität Linz 79, 81, 91, 141, 180, 182, 189, 460, 550, 693ff. Universität Marburg 391, 393
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Sachregister
Universität München 171, 427, 470, 878ff. Universität Regensburg 220, 702 Universität Salzburg 180, 391, 750 Universität St. Gallen 928f. Universität Tübingen 385f., 490, 881f. Universität Wien 13, 81, 327ff., 353, 354, 356, 401, 416f., 479, 489, 491, 667, 855, 864 Universität Würzburg 486f. Universität Zürich 900ff., 923ff. Universität für Bildungswissenschaften: Namensgebung 1975 262 Universität für Bildungswissenschaften: Krise/Umbau 506ff. Universitätsgesetz 2002 765 Universitätsinstitute für Erziehungswissenschaft in Österreich: Vergleich 521ff. Universitätskollegium 362 Universitätsmanagement 715f. Universitäts-Organisationsgesetz 1975 124, 251, 262, 361f., 530, 533 Universitäts-Organisationsgesetz 1993 324, 537, 540 Unternehmenspädagogik 645 Unterricht, naturwissenschaftlicher 84 Unterrichtsministerium 8, 25f. Unterrichtstechnologie 94f., 183, 247, 248f., 271, 278, 309ff., 498, 545f., 639 Unterrichtswissenschaft 94f., 245f., 272ff., 276ff., 408ff., 539, 640ff. Untersuchungskommission des BMfWF zur HBW 1971 250 Verein für wissenschaftliche Pädagogik 874 Vergleichende Erziehungswissenschaft 284ff. Verwissenschaftlichung der Pädagogik 808, 831ff., 834ff., 848, 850, 863, 880, 891f., 894, 930, 936ff., 945f. Verwissenschaftlichung der Schulfächer 418f.
Volksgruppenverständigung 565ff. Volkshochschule 740f. Volksschullehrer 815 Vollversammlung 251, 261 Weiterbildung 515, 529, 560, 615ff., 622, 697ff., 701ff., 716ff., 733ff., 740ff., 793ff., 866 Weltanschauung und Erziehung 284ff., 863, 940 Weltanschauungswissenschaft 940 Werthaltungen 487 Wertorientierung 288 Wirtschaftshochschule Klagenfurt 197, 212 Wirtschaftspädagogik 31, 33ff., 73f. Wirtschaftspädagogik, Qualifikationsprofil 2008 191ff. Wirtschaftsuniversität Wien 6, 14, 154, 189 Wissenschaft, Einheit der 618ff. Wissenschaftlichkeit 938, 944 Wissenschaftsbegriffe 857, 938f. Wissenschaftsorganisation, neue 261 Wissenschaftsplanung, fehlende 764 Wissenschaftlicher Beirat der HBW Klagenfurt 122 Wissenschaftstheorie 433, 718f. Wissenspsychologie 165f. Zeitschrift für Pädagogik 74f., 123, 153, 274, 445, 568, 579, 596, 609, 623, 634, 647, 665, 953ff. Zentrum für Bildungsforschung der Universität Konstanz 470 Zentrum für Schulversuche und Schulentwicklung des BMfU 398, 449, 571 Zerstückelung der Pädagogik 942f. Zweck-Mittel-Wissen 575, 669, 671, 743, 809, 830f., 935, 941ff. Zweisprachige Erziehung 565f., 604f., 725, 745f., 751, 773
LÄNDER- UND ORTSREGISTER Aachen 88, 91, 99, 217, 277, 329 Agram (Zagreb) 818 Amsterdam 277ff. Anhalt-Dessau 88 Aussig (Böhmen) 15, 20 Baden-Württemberg 201, 462 Bayern 877ff. Bayreuth 119 Berlin 39, 71, 97, 103, 217, 813, 877 Böhmen 15 Brandenburg 658 Braunschweig 884 Brody 8 Brünn 8 Budapest 817, 832 Bukowina 666 Bulgarien 789 Cape Town 800 Czernowitz 819 Deutschland 27ff., 158, 220, 812f., 819, 870ff. Dornbirn 172 Dorpat 666 England 717 Erlangen 119, 142 Flensburg 130 Frankfurt am Main 39, 40, 88, 163, 817 Gablonz (Böhmen) 15 Galizien 816 Görz 210 Göttingen 813 Graz V, 44, 199, 197, 265, 818f., 823, 842, 852 Greifswald 844
Halle 658, 872 Hannover 138 Heidelberg 38, 40 Innsbruck 8, 157, 200, 205, 818f., 823f., 852 Jena 97, 817, 818 Kärnten 197ff., 210 ff., 234, 263, 459, 474, 512, 529, 560ff. Karlsruhe 41 Klagenfurt 73, 84, 85f., 94, 103, 118, 197, 204, 216f., 852 Klausenburg 817 Köln 39, 41, 98, 118, 119, 142, 151 Königsberg 38 Komotau (Böhmen) 20 Konstanz 201, 218 Krain 207, 210, 666 Krakau 831 Krems 143, 168 Laibach 207 Leipzig 20, 38, 39, 97, 817, 818 Lemberg 8, 205, 806, 816, 831 Lienz 156 Leuven (Belgien) 90, 91 Linz 8, 197, 204, 797f. Lombardei 811 Mähren 15 Mannheim 40, 71, 103 München 98, 130f., 142, 841, 844 New York 790 Niederlande 278ff., 292, 306, 789, 800, 844 Niederösterreich 550 Nürnberg 38, 119, 142
1072
Länder-
und
Oberösterreich 197 Österreich VII, 185, 292, 870ff. Olmütz 20, 26 Paderborn 95, 142, 152, 245, 247, 464, 298 Pforzheim 40 Pilsen (Böhmen) 15 Prag 8, 12f., 309ff., 458, 490, 806, 816, 818, 831, 832, 841 Preußen 658, 817, 872, 877ff. Protektorat Böhmen und Mähren 37
Ortsregister Slowakei 37 Slowenien 529, 666 Steiermark 210f., 736 Sudetenland 37 Südtirol 414f., 464, 603f., 723ff. Triest 8 Tschechoslowakei 146, 150f., 209ff., 325, 840, 842 Thüringen 817 Tübingen 20 Türkei 789
Reichenberg (Böhmen) 20, 380 Retz 143, 150f.
Ungarn 666, 817f., 831 USA 172, 666, 843f.
Sachsen 817, 883 Salzburg 57, 88, 130, 197, 819, 840f., 852 St. Gallen 118 St. Paul im Lavanttal 205ff., 677 Schlesien 15 Schweden 439 Schweiz 357f., 819, 874, 894ff.
Vechta 138 Venetien 811 Waldviertel 143ff. Württemberg 881 Wien 3ff., 8, 12f., 818f., 823, 831, 842ff., 852
Wolfgang BREZINKA
Pädagogik in Österreich Die Geschichte des Faches an den Universitäten vom 18. bis zum 21. Jahrhundert Pressestimmen
Wien 2000 Band 1: Wien XXIV + 1.060 Seiten, 52 Abbildungen. ISBN 3-7001-2908-4 ISBN 978-3-7001-2908-4 € 123,40 Wien 2003 Band 2: Prag, Graz, Innsbruck XIV + 1.023 Seiten, 37 Abbildungen. ISBN 3-7001-3218-2 ISBN 978-3-7001-3218-9 € 99,– Wien 2008 Band 3: Czernowitz, Salzburg, Linz XV + 758 Seiten, 41 Abbildungen. ISBN 978-3-7001-4004-7 € 55,–
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften/ Austrian Academy of Sciences Press A-1011 Wien, Postfach 471, Postgasse 7/4, Tel. +43-1-515 81/DW 3402-3406, +43-1-512 9050, Fax +43-1-515 81-3400, http://verlag.oeaw.ac.at, e-mail: [email protected]
Österreichische Akademie der Wissenschaften
„Ein bislang einzigartiges Werk: eine detaillierte, systematisch umfassende und durchwegs aus den Quellen gearbeitete Geschichte des Faches Pädagogik an den österreichischen Universitäten. Solches liegt derzeit für kein anderes Fach vor. Was an Brezinkas Werk besticht, ist die Ausgewogenheit hinsichtlich der Berücksichtigung der unterschiedlichen, die Entwicklung bestimmenden Faktoren. Ein weiteres Verdienst des Werkes ist, dass Brezinka sich nicht der Wertung enthält. Was so entstanden ist, ist auch eine Enzyklopädie der Päda gogik in Österreich – biographisches Lexikon und kritisches Räsonnement der wissenschaftlichen Leistungen in einem. Vielleicht vermag Brezinkas Gesamtdarstellung über die auf rüttelnde Kritik an Einzelnen und an Richtungen hinaus doch eine fachliche Reflexion zu bewirken, die die Erziehungs wissenschaft aus der Beliebigkeit und nebulösen Unschärfe wieder auf festeren Boden zurückführt.“ Wiener Geschichtsblätter „Der Verfasser führt die Leser mit grandiosem Quellenmaterial und einer noch nie da gewesenen Gründlichkeit in die nahezu zweihundertjährige Geschichte der österreichischen universi tären Erziehungswissenschaft ein. Sein Buch ist ein unerläss liches Grundlagenwerk der mitteleuropäischen Erziehungs wissenschaft und auch für die ungarischen Forscher sehr wichtig. Besonders interessant ist der letzte Teil, in dem die Pädagogik der jüngsten Vergangenheit behandelt wird.“ Magyar Pedagógia, Budapest (Ungarn) „Ein grandioses Monument von einem Alterswerk! Es wird für Dezennien des 21. Jahrhunderts richtungsweisend sein. Brezinka besticht durch seine analytische Kraft, Stoffbeherr schung, logische Schärfe und seinen elegant-präzisen Stil, die breite und tiefe Bildung, die Unerschrockenheit im Kampf gegen Jargon und Geschwätz.“ Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Wien „Auch die erziehungswissenschaftlichen Fehlentwicklungen seit den Siebzigerjahren werden mit bewundernswert objek tiver Sachkenntnis beschrieben.“ Tiroler Heimat. Jahrbuch für Geschichte und Volkskunde “The richness of the sources collected, the number of books consulted, and the impressive results make it quite astonish ing that one man alone could write such an important work. These volumes fill an evident gap in Austrian history of educa tion.” History of Education and Children’s Literature, Macerata (Italien)
„Brezinka hat ein großes Werk geschaffen. Als Handbuch wird es für viele Jahre Maßstäbe setzen. Es bietet eine Fülle von bislang unbekannten Informationen und ist in einer glän zenden Historikerprosa geschrieben. Man kann nur wünschen, dass es Nachahmer findet und wir vielleicht irgendwann einmal auch für die universitäre Pädagogik in Deutschland ein Kompendium von ähnlicher Qualität besitzen. Bildung und Erziehung, Köln „Eine hervorragende Pionierleistung für die Geschichte der Pädagogik in Österreich; … ein faktenreiches Handbuch, verfaßt von einem international renommierten Erziehungswissen schaftler, das einen tiefen Einblick in die facettenreiche Geschichte der Etablierung und Differenzierung seines Faches gibt.“ Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte, Wien „Ein Standardwerk der Geschichte der Humanwissenschaften, zumal der Autor ausgehend vom Fach Pädagogik auch eine allgemeine österreichische Kultur- und Philosophie geschichte bietet!“ Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Wien „Kritisch gegenüber dem wissenschaftlichen Status des Faches und materialmäßig impo nierend abgestützt“, wäre „diese Art der quellengesättigten und offenen, ja schonungs losen Analyse auch für die Erziehungswissenschaft in Deutschland dringend zu wünschen.“ Zeitschrift für Pädagogik, Weinheim „Wer über den Stand der Erziehungswissenschaft im deutschen Sprachbereich bis zum Ende des 20. Jahrhunderts Wesentliches zu erfahren wünscht und Auskunft erhalten möchte über Lehrende, ihre Lehrmeinungen und ihre Art, tätig zu sein, wird zu Brezinkas ,Pädago gik in Österreich‘ greifen müssen. Aus der Bildungsgeschichtsschreibung ist bereits dieser erste Band nicht mehr fortzudenken.“ Studia Comeniana et historica, Uherský Brod, Tschechien „Von enormem Inhaltsreichtum, klar gegliedert, verständlich geschrieben: ein Standard werk europäischer Erziehungsgeschichte wie es derzeit kein zweites auf dem Buchmarkt gibt. Es wird über Jahre hinaus das Nachschlag- und Quellenwerk schlechthin bleiben. An ihm wird keiner, der sich theoretisch (Wissenschaftsgeschichte, Forschung) oder praktisch (Planung, Hochschulentwicklung, Hochschulpolitik u.ä.) mit einschlägigen Fragen befaßt, vorbeigehen können.“ „Das Buch ist in nicht wenigen Teilen auch für die österreichische Theologiegeschichte von großem Wert.“ Christlich-pädagogische Blätter, Wien „Das Buch ist ein studierenswertes, anregendes, nahezu übermächtiges Beispiel einer Art ,Vollerhebung‘. Empirisch, nüchtern, kritisch, polemisch ohne unsachlich zu werden, hält es der Disziplin einen Spiegel vor. Eine Grundsatzdiskussion zur Zukunft des Faches bedarf solcher ,Spiegel‘. Bislang ist die Malaise im Fach Erziehungswissenschaft in keinem Buch besser beschrieben worden, und dies endlich auf ,empirischer‘ Basis.“ Paedagogica historica, Gent (Belgien) „In jahrelanger Archivforschung ist eine mit höchster Akribie verfaßte Dokumentation ent standen, ein Standardwerk – eindringlich, ja spannend geschrieben ...“ Erziehung und Unterricht, Wien „Eine sehr gut lesbare Geschichte des Faches, die durch Akribie und Detailreichtum eben so besticht wie durch die großen Argumentationslinien. Das Werk sollte als Handbuch wie als streckenweise durchaus amüsante Lektüre in die Bibliotheken aller Pädagogen Eingang finden.“ Pädagogische Rundschau, Frankfurt a.M.