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German Pages XVIII, 797 [799] Year 2020
A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.) Pathologie Leber, Gallenwege und Pankreas
Für weitere Bände des Gesamtwerks besuchen Sie www.springer.com/series/10789
Herausgegeben von G. Klöppel · H. H. Kreipe · W. Remmele
Pathologie Begründet von W. Remmele Dritte Auflage
Leber, Gallenwege und Pankreas Bandherausgeber A. Tannapfel, G. Klöppel
Werkherausgeber
Bandherausgeber
Prof. em. Dr. Günter Klöppel Institut für Pathologie Konsultationszentrum für Pankreasund endokrine Tumore Technische Universität München München [email protected]
Prof. Andrea Tannapfel Institut für Pathologie, Deutsches Mesotheliomregister Ruhr-Universität Bochum Bochum [email protected]
Prof. Dr. Hans H. Kreipe Institut für Pathologie Medizinische Hochschule Hannover Hannover [email protected] Prof. Dr. Wolfgang Remmele ehem. Direktor des Instituts für Pathologie Kliniken der Landeshauptstadt Wiesbaden [email protected]
Prof. em. Dr. Günter Klöppel Institut für Pathologie Konsultationszentrum für Pankreasund endokrine Tumore Technische Universität München München [email protected]
ISBN 978-3-642-04556-1 ISBN 978-3-642-04557-8 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Ursprünglich erschienen in 7 Bänden © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind.Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Umschlaggestaltung: deblik, Berlin Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany
Vorwort der Werk- und Bandherausgeber
Der vorliegende Band zur Pathologie der Leber, der Gallenwege und des Pankreas in der dritten Auflage des Gesamtwerkes „Pathologie“ ist in allen Kapiteln hinsichtlich Inhalt, Text und Bebilderung neu gestaltet. Seit dem Erscheinen des letzten Bandes im Jahre 1997 ist es in der Pathologie wie in allen übrigen Disziplinen der Medizin zu einem gewaltigen Wissenszuwachs gekommen. Dies betrifft vor allem die Neoplasien, jedoch ist letztlich keine Erkrankung davon ausgenommen. Die Neuerungen, die für die Diagnostik wichtig sind, stehen im Vordergrund. Neben den aktuellen Klassifikationen und der neuen Terminologie sind dies die Immunhistochemie und diagnostisch wegweisenden immunhistochemischen und molekularpathologischen Befunde. Unser Dank gilt den Autoren des vorliegenden Bandes. Wie immer bei solch einem von vielen Mitwirkenden getragenen Schriftwerk ist der Weg von der Konzeption bis zur Drucklegung langwierig und mühsam. Aneignung, sorgfältige textliche Auf- und Ausarbeitung und bildliche Präsentation des Datenmaterials zu den einzelnen Erkrankungen verlangen enorm viel Zeit, die zumeist dem normalen Tagesablauf nicht entnommen werden kann, sondern den so genannten Mußestunden entstammt. Dabei ist immer damit zu rechnen, dass Unvorhergesehenes und Dringliches sich dazwischenschiebt und alle Anstrengungen zum Stillstand bringt, die dann oft nur mit großer Mühe wieder aufgenommen werden können. Dies verlangt von den Beteiligten einen enthusiastischen und dauerhaften Willen und viel Geduld, damit am Ende alle Manuskripte in aktueller und gewünschter Form vorliegen und der Band „steht“. So lief es auch bei diesem Buch. Die ursprünglichen ehrgeizigen Terminvorgaben konnten nicht eingehalten werden und wer sie einhielt, musste erleben, dass seine Kapitel veralteten und einer Aktualisierung unterzogen werden mussten. Schließlich wurde aber in einer sehr konzentrierten letzten Arbeitsphase der Band zum Abschluss gebracht.
Zusätzlich zu den schreibenden Autoreninnen und Autoren hatten daran zwei Personen ganz wesentlichen Anteil. An erster Stelle ist Frau Martha Berg vom Springer Verlag zu nennen, die mit ihrem großen, umsichtigen, fachlich kompetenten und immer wieder stimulierenden Engagement sich der vertraglichen, inhaltlichen und zusammenführenden Organisation des Bandes angenommen hat. Ebenfalls mit großem Einsatz hat Frau Dr. Berenike Flott-Rahmel, in der Pathologie in Bochum arbeitend, die Kapitel zu den Leber- und Gallenwegerkrankungen editorisch vorbereitet und zusammengestellt. Dafür möchten wir beiden einen ganz besonderen Dank aussprechen. Ebenfalls danken möchten wir Frau Silvia Feuchter, der die einheitliche Textgestaltung und die Einrichtung des Index oblag. Im Springer Verlag danken wir Frau Ellen Blasig für ihre tatkräftige Mithilfe bei der Begleitung und Drucklegung des Bandes. Schließlich möchten wir Frau Gabriele Schröder unseren Dank aussprechen. Sie hat im Springer Verlag der Textbuchreihe „Pathologie“ eine sichere und feste Unterstützung gegeben, die solch ein langfristiges Unterfangen über die Zeit hinweg benötigt, um das gesetzte Ziel nach vielen Jahren zu erreichen. Wir hoffen nun als Werk- und Bandherausgeber, dass es gelungen ist, wieder einen diagnostisch relevanten, pathogenetisch und klinisch-pathologisch informativen Band vorzulegen, der den qualitativen Vorgaben des Gesamtwerks der „Pathologie“ in allen Belangen entspricht. Andrea Tannapfel, Bochum Günter Klöppel, München Hans-Heinrich Kreipe, Hannover Wolfgang Remmele, Wiesbaden Im Winter 2019
VI
Vorwort der Werk- und Bandherausgeber
Nachtrag zum Vorwort Mit dem Erscheinen dieses Bandes wird die Textbuchreihe „Pathologie“ beendet, obwohl noch die Bände „Lunge und Pleura“ und „Herz und Gefäße“ ausstehen. Die Entscheidung, die Textbuchreihe vorzeitig zu beenden, ist uns nicht leicht gefallen. Im zurückliegenden Jahr zeichnete sich jedoch ab, dass ein zeitnahes Erscheinen der beiden fehlenden Bände nicht möglich sein wird, da die Lücken im Manuskriptbestand zu groß sind, um diese in vorgegebener Zeit und aktueller Form schließen zu können. Daher hat der Verlag zusammen mit den Werkherausgebern beschlossen, mit dem hier vorgelegten Band die dritte Auflage der Textbuchreihe des „Remmele“ abzuschließen. Wir danken am Ende dieses großen Unterfangens allen, die über die vielen Jahre hinweg zu den Bänden des „Remmele“ als Autoren, Bandherausgeber und Editoren beigetragen und die hohe Qualität der Lehrbücher gewährleistet haben. Günter Klöppel, München Hans-Heinrich Kreipe, Hannover Wolfgang Remmele, Wiesbaden Im Winter 2019
Kurzbiografien der Band-Herausgeber
Andrea Tannapfel, Professor Dr. med., ist Direktorin des Instituts für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum und des Deutschen Mesotheliomregisters. Ihr wissenschaftliches Interesse verfolgte sie nach ihrer Dissertation „Das duktale Adenokarzinom des Pankreas. Histologie, Immunhistochemie, Prognose“ weiter und zwar als Stipendiatin der DFG, während eines einjährigen Forschungsaufenthalts am Department of Pathology der University of Hiroshima in Japan. Nach dreijähriger Weiterbildung am Pathologischen Institut der Universität Erlangen wechselte sie ans Institut für Pathologie der Universität Leipzig, wo sie sich 2000 habilitierte und als C3-Professorin tätig war. Nach einem betriebswirtschaftlichen Zusatzstudium (MBA) übernahm sie die Leitung des Instituts für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum. Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte liegen einerseits im Bereich diagnostischer Dienstleistungen und damit der Qualitätssicherung klinischer Medizin, andererseits in der Lehre und translationaler sowie Grundlagenforschung. Besondere fachliche Schwerpunkte sind hier im Bereich der Tumorpathologie, der Gastroenterologischen Pathologie und der Pathologie von Lungenund Pleuratumoren zu sehen. Frau Professor Tannapfel ist seit 2009 Sprecherin des DKG-zertifizierten Ruhr-Universität-Comprehensive Cancer Center (RUCCC).
Günter Klöppel, Professor Dr. med., ist Facharzt für Pathologie. Er ist Professor emeritus am Institut für Pathologie, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, und Konsulent für Pankreas- und endokrine Tumoren an der Technischen Universität München. Der Schwerpunkt von Günter Klöppels wissenschaftlichen Beiträgen liegt auf dem Gebiet der Pathologie des Pankreas und der neuroendokrinen Tumoren. Diese entstanden zu einem großen Teil am Institut für Pathologie der Universität Kiel, das er nach seinem Wechsel von Brüssel nach Kiel über 13 Jahre leitete. Nach seiner Emeritierung hat er seine diagnostischen und wissenschaftlichen Tätigkeiten am Institut für Pathologie der Technischen Universität München fortgesetzt. Günter Klöppel hat zahlreiche wissenschaftliche Preise gewonnen und ist Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.
Inhalt
I
Leber
1
Anatomie und Funktion der Leber . . . . . . . . 3 K. Zatloukal, M. Schwab, H. Denk
2
Fehlbildungen und Lebererkrankungen im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 I. Tischoff
3
Vaskuläre Erkrankungen und Durchblutungsstörungen . . . . . . . . . . . 43 T. Longerich, H. P. Dienes, P. Schirmacher
4
Hereditäre Lebererkrankungen . . . . . . . . . . 63 C. Lackner, A. S. Knisely
5 Medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 L. Terracciano, S. Stadlmann, L. Tornillo 6
Alkoholische Lebererkrankungen (ALD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 C. Lackner
7
Akute und chronische Hepatitis .. . . . . . . . 187 H. P. Dienes, U. Drebber
8
Autoimmunhepatitis (AIH)1 . . . . . . . . . . . . 255 L. Terracciano, M. Schlageter
9 Intrahepatische Gallenwegserkrankungen .. . . . . . . . . . . . . . 275 M. Evert 10 Leberzirrhose und deren Komplikationen . . . . . . . . . . . . . 345 C. Engelmann, A. Böhlig, T. Berg 11 Tumoren der Leber .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 A. Tannapfel 12 Leber und Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . 429 F. Lammert 13 Lebertransplantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 C. Lackner, S. G. Hübscher
II
Gallenblase, extrahepatische Gallenwege und Vater-Papille
14 Anatomie, Funktion und tumorartige Läsionen . . . . . . . . . . . . . . 501 A. M. Schlitter, W. Remmele 15 Stoffwechselstörungen, Kreislaufstörungen, Störungen der Motorik, traumatische Veränderungen und Fremdkörper . . . . . . 519 I. Tischoff, A. Tannapfel, C. Wittekind
X
Inhalt
16 Entzündungen und Cholelithiasis .. . . . . . 531 I. Tischoff, A. Tannapfel, C.Wittekind
21 Hereditäre Pankreaserkrankungen . . . . . . 651 G. Klöppel
17 Tumoren der Gallenblase und der extrahepatischen Gallengänge . . . 565 I. Tischoff, A. Tannapfel, C. Wittekind
22 Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 659 G. Klöppel, J. Lüttges, B. Sipos
18 Ampulla Vateri .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 I. Tischoff, C. Wittekind, A. Tannapfel
23 Sekundäre, tumorartige, zystische und transplantationsbedingte Pankreasveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . 691 K. Tiemann, G. Klöppel
19 Anatomie, Funktion und Diagnostik . . . . 631 A. M. Schlitter, G. Klöppel
24 Solide und zystische nichtendokrine Tumorendes Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . 707 G. Klöppel, I. Esposito, A. Kasajima, B. Konukiewitz, J. Lüttges, B. Sipos
20 Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643 A. M. Schlitter, G. Klöppel
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775
III Exokrines Pankreas
Herausgeber- und Autorenverzeichnis
Werk-Herausgeber
Prof. em. Dr. Günter Klöppel Institut für Pathologie Konsultationszentrum für Pankreasund endokrine Tumoren Technische Universität München Trogerstraße 18 81675 München [email protected] Prof. Dr. Hans H. Kreipe Institut für Pathologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover [email protected] Prof. Dr. Wolfgang Remmele Ehem. Direktor des Instituts für Pathologie Kliniken der Landeshauptstadt Ludwig-Erhard-Straße 100 65199 Wiesbaden [email protected]
Band-Herausgeber
Prof. Dr. Andrea Tannapfel Institut für Pathologie Ruhr-Universität Bochum Deutsches Mesotheliomregister Bürkle-de-la-Camp Platz 1 44789 Bochum [email protected] Prof. em. Dr. Günter Klöppel Institut für Pathologie Konsultationszentrum für Pankreasund endokrine Tumoren Technische Universität München Trogerstraße 18 81675 München [email protected]
Autoren
Prof. Dr. Thomas Berg Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie und Rheumatologie Sektion Hepatologie Universitätsmedizin Leipzig Liebigstraße 18 04103 Leipzig [email protected] Dr. Albrecht Böhlig Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie und Rheumatologie Sektion Hepatologie Universitätsmedizin Leipzig Liebigstraße 18 04103 Leipzig [email protected]
XII
Herausgeber- und Autorenverzeichnis
Univ. Prof. Dr. Helmut Denk Diagnostik & Forschungs- (D&F) Institut für Pathologie Medizinische Universität Graz MED CAMPUS Graz Neue Stiftingtalstraße 6 8010 Graz Österreich [email protected] Prof. Dr. Hans Peter Dienes Institut für klinische Pathologie der Medizinischen Universität Wien Währinger Gürtel 18–20 1090 Wien Österreich [email protected] Prof. Dr. Uta Drebber Institut für Pathologie der Universität Köln Kerpener Straße 62 50937 Köln [email protected] Dr. Cornelius Engelmann Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie und Rheumatologie Sektion Hepatologie Universitätsmedizin Leipzig Liebigstraße 18 04103 Leipzig [email protected] Univ. Prof. Dr. Irene Esposito Institut für Pathologie Heinrich-Heine-Universität und Universitätsklinikum Düsseldorf Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf [email protected] Prof. Dr. Matthias Evert Institut für Pathologie Universität Regensburg Franz-Josef-Strauß-Allee 1 93053 Regensburg [email protected] Prof. Dr. Stefan G. Huebscher Leith Professor and Professor of Hepatic Pathology University of Birmingham Department of Cellular Pathology, Level-1 Queen Elizabeth Hospital Birmingham B15 2WB United Kingdom [email protected]
Dr. Atsuko Kasajima Institut für Pathologie Technische Universität München Trogerstraße 18 81675 München [email protected] Prof. em. Dr. Günter Klöppel Institut für Pathologie Konsultationszentrum für Pankreasund endokrine Tumoren Technische Universität München Trogerstraße 18 81675 München [email protected] Dr. Alexander S. Knisely Diagnostik & Forschungs- (D&F) Institut für Pathologie Medizinische Universität Graz MED CAMPUS Graz Neue Stiftingtalstraße 6 8010 Graz Österreich [email protected] Dr. Björn Konukiewitz Institut für Pathologie Technische Universität München Trogerstraße 18 81675 München [email protected] Univ. Prof. Dr. Carolin Lackner Diagnostik & Forschungs- (D&F) Institut für Pathologie Medizinische Universität Graz MED CAMPUS Graz Neue Stiftingtalstraße 6 8010 Graz Österreich [email protected] Prof. Dr. Frank Lammert Klinik für Innere Medizin II Universitätsklinikum des Saarlandes 66421 Homburg [email protected] Prof. Dr. Thomas Longerich Abt. Allgemeine Pathologie Pathologisches Institut Universitätsklinikum Heidelberg Im Neuenheimer Feld 224 69120 Heidelberg [email protected]
Prof. Dr. Jutta Lüttges Friedrich-Voss-Ufer 10 24159 Kiel [email protected] Prof. Dr. Wolfgang Remmele Ehem. Direktor des Instituts für Pathologie Kliniken der Landeshauptstadt Ludwig-Erhard-Straße 100 65199 Wiesbaden [email protected] Prof. Dr. Peter Schirmacher Pathologisches Institut der Universität Heidelberg Im Neuenheimer Feld 224 69120 Heidelberg [email protected] Dr. Manuel Schlageter Institut für Pathologie Universitätsspital Basel Schönbeinstraße 40 4031 Basel Schweiz [email protected] Priv.-Doz. Dr. Anna Melissa Schlitter Institut für Pathologie Technische Universität München Trogerstraße 18 81675 München [email protected] Prof. Dr. Matthias Schwab Dr. Margarete Fischer-Bosch Institut für klinische Pharmakologie Auerbachstraße 112 70376 Stuttgart [email protected] Prof. Dr. Bence Sipos Institut für Allgemeine Pathologie Universitätsklinikum Tübingen Liebermeisterstraße 8 72076 Tübingen [email protected] Priv.-Doz. Dr. Sylvia Stadlmann Institut für Pathologie Kantonsspital Baden Im Ergel 1 5404 Baden Schweiz [email protected]
Herausgeber- und Autorenverzeichnis
Prof. Dr. Andrea Tannapfel Institut für Pathologie Ruhr-Universität Bochum Deutsches Mesotheliomregister Bürkle-de-la-Camp Platz 1 44789 Bochum [email protected] Prof. Dr. Luigi Terracciano Institut für Pathologie Universitätsspital Basel Schönbeinstraße 40 4003 Basel Schweiz [email protected] Prof. Dr. Katharina Tiemann Institut für Hämatopathologie Fangdieckstraße 75a 22547 Hamburg [email protected] Dr. Iris Tischoff Institut für Pathologie Ruhr-Universität Bochum Bürkle-de-la-Camp Platz 1 44789 Bochum [email protected] Prof. Dr. Luigi Tornillo Gilab AG Lettenweg 118 4123 Allschwil Schweiz [email protected] Prof. Dr. Christian Wittekind Institut für Pathologie Universitätsklinikum Leipzig Liebigstraße 26 04103 Leipzig [email protected] Univ. Prof. Dr. Kurt Zatloukal Diagnostik & Forschungs- (D&F) Institut für Pathologie Medizinische Universität Graz MED CAMPUS Graz Neue Stiftingtalstraße 6 8010 Graz Österreich [email protected]
XIII
Abkürzungsverzeichnis
AAT Alpha-Antitrypsin ABC ATP-Binding Cassette AC Azinuszellkarzinom AChE Acetylcholinesterase ACLF acute and chronic liver failure ACTH Adrenokortikotropes Hormon ADH Alkoholdehydrogenase ACP alkoholische chronische Pankreatitis AFAP Attenuierte adenomatöse Polyposis coli AFB1 Aflatoxin B1 AFD alcoholic foamy degeneration AFL alkoholische Fettleber AFP Alpha-Fetoprotein AIC Autoimmuncholangitis AIDS aquired immune deficiency syndrome AIH Autoimmunhepatitis AIP Autoimmunpankreatitis AIRE-1 autoimmunregulator type 1 AJPBD anomalous junction of the pancreatico-biliary duct AKI acute kidney injury AKIN Acute Kidney Injury Network ALD alcoholic liver disease ALDH2 Aldehyddehydrogenase ALT Alaninaminotransferase ALK anaplastic lymphoma kinase ALK-1 activin-like kinase receptor type 1 AMA antimitochondriales Antigen AML akute myeloische Leukämie AMPK AMP-aktivierte Proteinkinase ANA antinukleäre Antikörper ANCA antineutrophil cytoplasmic autoantibodies AOS autoimmune overlap syndrome APC Adenomatosis polyposis coli ARPKD autosomal-rezessive polyzystische Nierenkrankheit (kidney disease) ADPKD autosomal-dominante polyzystische Nierenkrankheit (kidney disease) APECED autoimmune Polyendokrinopathie, Candidiasis und ektodermale Dystrophie ASBT apical sodium-dependent bile acid transporter
ASH ASC
alkoholische Steatohepatitis autoimmune sclerosing cholangitis (overlap syndrome) ASGPR Asialoglycoprotein-Rezeptor AST Aspartat-Aminotransferase ATP Adenosintriphosphat BASM biliäre Atresie-Milzfehlbildungs-Syndrom BilIN biliäre intraepithelialie Neoplasie BMP bone morphogenic protein BRAF rapidly accelerated fibrosarcoma gene BRCA breast cancer gene BRIC benigne rekurrierende intrahepatische Cholestase BSEP bile salt export pump C3b complement component 3bh CA125 cancer antigen 125 CAH chronisch aktive Hepatitis CALD Caldesmon CASH Chemotherapie-assoziierte Steatohepatitis CASS Chemotherapie-assoziierte Steatose CCC cholangiozelluläres Karzinom ccc-DNA covalently closed circular-DNA CCK Cholezystokinin CCL4 Tetrachlorkohlenstoff CD cluster of differentiation CDX2 caudal type homeobox 2 gene CEA karzinoembryonales Antigen CED chronisch-entzündliche Darmerkrankung CH chronische Hepatitis CHESS clinical hepatic encephalopathy staging scale CHF kongenitale hepatische Fibrose CIMP „CpG island methylation pathway“ (Promotormethylierung) CIS Carcinoma in situ CKK Cholezystokinin CLIP cancer of the liver Italian Program CMV Zytomegalievirus (auch ZMV) COX2 Cyclooxygenase-2 CP central perivenulitis
XVI
Abkürzungsverzeichnis
CP chronische Pankreatitis CPA collagen proportionate area CK Zytokeratin CT Computertomographie CYP Cytochrom-P DAA direct antiviral agents DAIH De-novo-Autoimmunhepatitis DALYs disability-adjusted life years DAMP damage-associated molecular pattern DES Desmin DIG disseminierte intravasale Gerinnung DILI drug-induced liver injury DKZ Drüsenkörperzyste DLAC diffuse lymphoplasmazelluläre Cholezystitis DNA Desoxyribonukleinsäure DNH diffuse noduläre Hyperplasie DR Disse’scher Raum DrAIH drug-induced autoimmune hepatitis EBER EBV-encoded-RNA EBV Epstein-Barr-Virus ECD extended criteria donors E. coli Escherichia coli EGFR epidermal growth factor receptor EHBA extrahepatische biliäre Atresie EHE epitheloides Hämangioendotheliom EM Elektronenmikroskopie EMA epitheliales Membran-Antigen ENG Endoglin-Gen EpCAM epithelial cell adhesion molecule ER Östrogenrezeptor ERBB2 erythroblastic leukemia viral oncogene homolog 2 ERCP endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie ESBL extended-spectrum Beta-Lactamasen ET1 Endothelin-1 EUS-FNA endoskopische Ultraschall-gesteuerte Feinnadelaspiration FACS fluorescence activated cell sorting FADH Flavin-Adenin-Dinukleotid FAP familiäre adenomatöse Polyposis FCH fibrosierende cholestatische Hepatitis FGF fibroblast growth factor FIC familial intrahepatic cholestasis FMNH Flavinmononucleotid FNA Feinnadelaspiration FNH fokale noduläre Hyperplasie FPC familiäres Pankreaskarzinom FXR Farnesoid-X-Rezpetor GEP-NEN gastroenteropankreatische neuroendokrine Neoplasien GERD gastroesophageal reflux disease GGA Gallengangsatresie γ-GT γ-Glutamyltransferase GLUT1 Glukosetransporter-Protein
GO Gemtuzumab-Ozogamizin GSH Glutathion GST Glutathion-S-Transferase GSTT1 Glutathion-S-Transferase-T1 GvHD Graft-versus-host-Erkrankung HAT hepatic artery thrombosis HBV/HCV Hepatitis-B/C-Virus HCC hepatocellular carcinoma (hepatozellu läres Karzinom) HCC/CC kombiniertes hepatozelluläres/Cholangiokarzinom HCG humanes Choriongonadotropin HCP hereditäre chronische Pankreatitis HDL high-density lipoprotein HDS herbal and dietary supplements HELLP Hypertension + Elevated Liver enzymes + Low Platelets HEP PAR1 Hepatozyten-Antikörper HER2 human epidermal growth factor receptor 2 HESA hepatic encephalopathy scaling algorithm HET epitheloides Hämangioendotheliom HFE Hämochromatose (Gen) HGF hepatocyte growth factor HHT hereditäre hämorrhagische Tele angiektasie HHV humanes Herpesvirus HHV8 humanes Herpesvirus 8 HIV humanes Immundefizienzvirus HLA Histokompatibilitätsantigen HLA-DR HLA-gene-locus related HMB45 human melanoma black 45 HMG High-Mobility-Group-Protein HND hypoplastische neuronale Dysganglionose HNF1A hepatocyte nuclear factor 1 homeobox A HNPCC hereditäres nichtpolypöses Kolorektal karzinomsyndrom HPA hepatozelluläre Adenome HPF high power field HPP hyperplastische Polyposis (jetzt: serratierte Polyposis) HPV humanes Papillomavirus HSC hepatic stellate cells HSV Herpes-simplex-Virus HVMCP hepatische vaskuläre Malformation mit kapillärer Proliferation IAC IgG4-assoziierte Cholangitis ICAM-1 intercellular adhesion molecule-1 ICC intrahepatisches Cholangiokarzinom ICDO International Classification of Diseases for Oncology ICG-Test Indocyaningrün-Retentionstest ICP isolated central perivenulitis IEL intraepitheliale Lymphozyten
IEN intraepitheliale Neoplasie Ig Immunoglobulin IGF insulin-like growth factor IGFII Insulin-like growth factor 2 IgG4 Immunglobulin G4 IgG4-RD IgG4-Related disease (assoziierte Erkrankung) IHC Immunhistochemie IL Interleukin ISH In-situ-Hybridisierung INH idiopathische neonatale Hepatitis IOPN intraduktale onkozytäre papilläre Neoplasie IPF initial poor function IPMN intraduktaler papillärer muzinöser Tumor IPN intraduktale papilläre Neoplasie ITBL ischemic-type biliary lesion ITPN intraduktale tubulopapilläre Neoplasie JAK-STAT Januskinase-Signal Transducers and Activators of Transcription JNK Janus-Kinase-Signalweg K (Zyto)Keratin KRAS Kirsten rat sarcoma viral oncogene homolog LCA leucocyte-common antigen LDH Laktatdehydrogenase LDL low-density lipoprotein L-FABP liver-type fatty acid-binding protein LiMAx-Test maximum liver function capacity LKM Leber- und Nierenmikrosom LMA leberspezifisches Membranantigen LOH loss of hetrozygosity LPAC low phospholipid-associated cholelithiasis LPS Lipopolysaccharide LSP leberspezifisches Protein LT Lebertransplantation LXR Liver-X-Rezeptor MAP Mitogen-aktivierte Proteinkinasen MANEC mixed adenoneuroendocrine carcinoma MDB „Mallory-Denk bodies“, Mallory-DenkKörper MCN muzinös-zystische Neoplasie MDR multi-drug resistance MELD model end stage liver disease MEN multiple endocrine Neoplasie MFH malignes fibröses Histiozytom MHC major histocompatibility complex MIF macrophage migration inhibitory factor MiNEN gemischt neuroendokrine/nichtneuro endokrine Neoplasie MRCP Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie MRI magnetic resonance imaging
Abkürzungsverzeichnis
MRSA
Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus MRT Magnetresonanztomographie MSH Mismatch-Reparatur-Gene (MMR-Gene) MSI Mikrosatelliteninstabilität, hoch (MSI-H), niedrig (MSI-L) MUC Muzinprotein NADP Nicotinamidadenindinukleotidphosphat NAFLD non-alcoholic fatty liver disease (nichtalkoholische Fettlebererkrankung) NAPQI N-acetyl-p-Benzoquinonimin NAS NAFLD-Aktivitäts-Score NASH nichtalkoholische Steatohepatitis NCAM neural cell adhesion molecule NEC neuroendokrines Karzinom NEN neuroendokrine Neoplasie NET neuroendokriner Tumor NIDDK National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases NF Neurofibromatose NF-κB nuclear factor kappa-light-chainenhancer of activated B-cells NK natürliche Killerzellen NO Stickstoffmonoxid NOS not otherwise specified NRH nodulär regenerative Hyperplasie NSAR nichtsteroidale Antirheumatika NSE neuronspezifische Enolase NTCP Natrium-Taurocholate Co-transporting Polypeptide OATP Organic-anion-transporting Polypeptide PanIN pankreatische intraepitheliale Neoplasie PDAC pankreatisches duktales Adenokarzinom PAI Plasminogenaktivator-Inhibitor PAMP pathogenaktivierte molekulare Muster PanNEN pankreatische neuroendokrine Neoplasie PAS periodic-acid-Schiff (Färbung) PB Pankreatoblastom PBC primäre biliäre Cholangitis PCR polymerase chain reaction PDF primary graft dysfunction PDGF platelet derived growth factor PEI perkutane Ethanolinjektion PFIC progressive familiäre intrahepatische Cholestase PHP portale Hyperperfusion PICD Parazentese-assoziierte zirkulatorische Dysfunktion PJ Peutz-Jeghers-Syndrom PKHD polycystic kidney and hepatic disease PNET primitiver neuroendokriner Tumor POLG Polymerase-Gamma PP Pseudomyxoma peritonei PP pankreatisches Polypeptid PPAR-γ Peroxisome proliferator-activated receptor-gamma
XVII
XVIII
Abkürzungsverzeichnis
PR Progesteronrezeptor PRI preservation/reperfusion injury PSC primär sklerosierende Cholangitis PSVS kongenitale portosystemische venöse Shunts PTEN phosphatase and tensin homolog PTLD post-transplant lymphoproliferative disease PV Portalvene PVT portal vein thrombosis RAAS Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems RAI rejection activity index RA-Sinus Rokitansky-Aschoff-Sinus RFTA Radiofrequenzthermoablation RIA Radioimmunoassay RMS hepatobiliäre Rhabdomyosarkom RNA Ribonukleinsäure ROS reactive oxygen species (reaktive Sauerstoffverbindungen) SBP spontanbakterielle Peritonitis SCN serös zystische Neoplasie SEER Surveillance-Epidemiology-andEnd-Resultate SP serratierte (hyperplastische) Polyposis SEC sinusoidale endotheliale Zelle SER smooth (glattes) endoplasmatisches Retikulum SFSS Small-for-size-Syndrom SFT solitärer fibröser Tumor SIRS systemisch inflammatorisches Response-Syndrom SLA soluble liver antigen SMA serös-mikrozystisches Adenom SMA smooth muscle antibody SOD Superoxid-Dismutase
SOD Sphincter-Oddi-Dysfunktion SOS sinusoidales Obstruktionssyndrom SOV singuläre organbezogene Vaskulitis SPN solid pseudopapilläre Neoplasie SSW Schwangerschaftswoche SREP-1c sterol regulatory element binding protein 1c SV systemische Vaskulitis SYN Synaptophysin TAE transarterielle Embolisation TACE transarterielle Chemoembolisation TGF-α transforming growth factor-alpha TGF-β transformierender Wachstumsfaktor β TGF-β-R transforming growth factor-β-Rezeptor TLR toll-like receptor TP53 Tumorsuppressor-Gen P 53 TNF-α Tumornekrosefaktor-α TNM T = Tumor, N = Nodus (Lymphknoten), M = Metastasen TTF-1 thyroidaler Transkriptionsfaktor 1 UDCA Ursodesoxycholsäure UICC Union Internationale contre le Cancer UGT Uridindiphosphat-Glucuronosyl transferase VBDS vanishing bile duct syndrome VLD very-low-density VLDL very low density lipoprotein VEGF vasoendothelial growth factor VHL von-Hippel-Lindau-Syndrom VOD venookklusive Erkrankung VRE Vancomycin-resistente Enterokokken VZV Varizellen-Zoster-Virus WHO World Health Organization WT1 Wilms-Tumorsuppressor-Gen
I
I
Leber
1
Anatomie und Funktion der Leber . . . . . . . . . 3 K. Zatloukal, M. Schwab, H. Denk
7
Akute und chronische Hepatitis . . . . . . . . . 187 H. P. Dienes, U. Drebber
2
Fehlbildungen und Lebererkrankungen im Kindesalter .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 I. Tischoff
8
Autoimmunhepatitis (AIH)1 .. . . . . . . . . . . . 255 L. Terracciano, M. Schlageter
3
Vaskuläre Erkrankungen und Durchblutungsstörungen . . . . . . . . . . . . 43 T. Longerich, H. P. Dienes, P. Schirmacher
9
Intrahepatische Gallenwegserkrankungen . 275 M. Evert
4
Hereditäre Lebererkrankungen . . . . . . . . . . . 63 C. Lackner, A. S. Knisely
5 Medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI) .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 L. Terracciano, S. Stadlmann, L. Tornillo 6
Alkoholische Lebererkrankungen (ALD) . 159 C. Lackner
10 Leberzirrhose und deren Komplikationen . 345 C. Engelmann, A. Böhlig, T. Berg 11 Tumoren der Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 A. Tannapfel 12 Leber und Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . 429 F. Lammert 13 Lebertransplantation .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 C. Lackner, S. G. Hübscher
Kapitel 1 1
Anatomie und Funktion der Leber
1
K. Zatloukal, M. Schwab, H. Denk
Inhalt Anatomische und strukturelle Grundlagen . . . . . . . . . . . . . 4
Vorläuferzellen (Progenitorzellen) von Hepatozyten und Cholangiozyten . . . . . . . . . . . . . . 8
Galleableitendes System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Endothelzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Blutgefäßsystem der Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Sternzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Pfortader (Vena portae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Kupffer-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Arteria hepatica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Leberassoziierte Lymphozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Sinusoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Embryonalentwicklung der Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Lebervenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Zirkulatorisch-funktionelle Grundkonzepte . . . . . . . . . 5
Leberfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Aminosäure- und Proteinstoffwechsel . . . . . . . . . . . . . . 10
Lymphgefäße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Kohlenhydratstoffwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Innervation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Lipid- und Lipoproteinstoffwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Extrazelluläre Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Gallensäuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Zelluläre Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Galleproduktion und Gallefluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Hepatozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Biotransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Cholangiozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_1
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Anatomische und strukturelle Grundlagen Die Leber ist mit einem Gewicht zwischen 1300–1700 g (entsprechend 2–5 % des Körpergewichts) das größte viszerale Organ des Menschen. Aus klinischer Sicht bewährt sich eine Unterteilung in Segmente, die durch die variable Blutversorgung über die Pfortaderäste vorgegeben sind (Abb. 1.1). Mikroskopisch besteht das Leberparenchym aus anastomosierenden, eine Zelllage dicken Leberzellplatten mit dazwischenliegenden Sinusoiden. Die Portalfelder werden von einer aus Hepatozyten bestehenden und von Blutgefäßen durchsetzten parenchymatösen Grenzplatte umscheidet. Sie enthalten, in Bindegewebe eingebettet, je durchschnittlich zwei Arterien, einen größeren Portalvenenast und zwei Gallengänge [30].
Der Kanal von Hering entspricht der anatomischen Verbindung zwischen dem kanalikulären und dem extralobulären galleableitenden System. Er wird zum Teil von Hepatozyten, zum Teil von Cholangiozyten ausgekleidet und variiert in seiner Ausdehnung [29]. Der weitere Galleabfluss erfolgt über Duktuli (Cholangiolen), interlobuläre und septale Gallengänge (Abb. 1.2). Die größeren Gallengänge vereinigen sich zu den hilären Gal-
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Blutgefäßsystem der Leber Das Blutgefäßsystem macht ca. 22 % der Lebermasse aus. Der Blutfluss durch die Leber des erwachsenen Menschen beträgt 1500–2000 ml/min. Etwa 75 % des hepatischen Blutflusses entstammen der Pfortader, der Rest der A. hepatica [12, 30].
Pfortader (Vena portae) Das afferente Pfortaderblut (Blutdruck 6–10 mmHg) aus dem Gastrointestinaltrakt und der Milz ist sauerstoffarm, aber mit Nährstoffen, Wachstumsfaktoren, viszeral generierten Hormonen, aber auch Toxinen angereichert. Das intrahepatische Pfortadersystem besteht aus interlobären, segmentalen, interlobulären Ästen, präterminalen sowie terminalen Venolen und deren Seitenästen, die das Blut in die Sinusoide abgeben.
Vena cava inferior
Arteria hepatica
VII
VIII
IVa
I
II
III
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lengängen, die im Bereich der Leberpforte den Ductus hepaticus communis bilden. Sie werden von peribiliären Drüsen, die seromuköse Flüssigkeit und IgA sezernieren, umgeben. Im Ligamentum hepatoduodenale entsteht durch Vereinigung des Ductus hepaticus communis mit dem Ductus cysticus der Ductus choledochus, der an der Papilla Vateri in das Duodenum mündet. In der Gallenblase wird die Gallenflüssigkeit modifiziert und konzentriert.
Galleableitendes System
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VI
V
IVb Ligamentum falciforme
Die A. hepatica ist für die Sauerstoffversorgung und die Regulation des Blutflusses verantwortlich. Ihre Äste begleiten intrahepatisch die Portalvenenäste und interlobulären Gallengänge und bilden den peribiliären Plexus, der die intrahepatischen Gallengänge versorgt. Efferente Äste des peribiliären Plexus münden in Portalvenen und Sinusoide (intrahepatisches Portalsystem).
Gallenblase Abb. 1.1 Lebersegmente nach Claude Couinaud. Linker Leberlappen: Segment I – Lobus caudatus, Segment II – kranialer Teil des Segmentum laterale, Segment III – kaudaler Teil des Segmentum laterale, Segment IV – Lobus quadratus, Segment IVa – kranialer Teil, Segment IVb – kaudaler Teil. Rechter Leberlappen: Segment V – kaudaler Teil des Segmentum anterius, Segment VI – kaudaler Teil des Segmentum posterius, Segment VII – kranialer Teil des Segmentum posterius, Segment VIII – kranialer Teil des Segmentum anterius
Sinusoide Die Sinusoide zeigen variable Durchmesser von 10– 30 µm und enthalten in ihrer Wand Endothelzellen, Kupffer-Zellen, Sternzellen und leberassoziierte Lymphozyten [6, 27, 30]. Die Regulation des Blutflusses erfolgt sowohl über Einfluss und Ausfluss als auch auf der Höhe der Sinusoide.
Anatomie und Funktion der Leber
Kapitel 1
5
Acinus-Zonen
3
2
Gallengang Arterie Portalvene
1
Sinusoid Kanalikulus
Portalfeld
Zentralvene Hepatozyten in Plaenanordnung
a
Fenestriertes Endothel Disse-Raum
Sinusoid
Kanalikulus
Kanalikulus Gallengang Disse-Raum Kanal von Hering Sternzelle Hepatozyt Endothelzelle
Arterie Portalvene
b
Sinusoid Kupffer-Zelle
Zentralvene Kupffer-Zelle
c
Abb. 1.2 a–c Architektur der Leber. a Überblick über Leberläppchenarchitektur und Leberazinuszonen. b Schematische Darstellung
Die Endothelzellen verändern unter Einfluss vasoaktiver Substanzen das sinusoidale Lumen. Kupffer-Zellen und Sternzellen (in ihrer Funktion als Perizyten) sind ebenfalls an der Regulation des sinusoidalen Blutflusses beteiligt. Der Disse’sche Raum (DR) liegt zwischen der Sinusoidwand und der sinusoidalen Oberfläche der Hepatozyten. Er enthält lockere extrazelluläre Matrix, Mikrovilli der Leberzellen sowie Sternzellen. Durch das Fehlen einer Basalmembran und über endotheliale Fenestrae (150–175 nm Durchmesser) wird der Stoffaustausch zwischen Hepatozyten und Sinusoidalblut begünstigt. Lösliche Substanzen treten in den DR ein und kommen in direkten Kontakt mit Hepatozyten und Sternzellen, während größere Partikel (z. B. Chylomikronen) zurückgehalten werden. Chylomikronen gelangen erst nach Degradation durch endotheliale Lipoproteinlipase in den DR. Pathologische Prozesse können zu einer „Kapillarisierung“ der Sinusoide mit Verlust der Fenestrierung der Endothelzellen und Entwicklung einer Basalmembran führen.
Hepatozyten
Sternzelle Endothezellen
des Blut- und Galleflusses. c Detailliertere Darstellung der Sinusoidstruktur mit Sinusoidalzellen und Trennung von Blut- und Gallefluss
Lebervenen Die Lebervenen beginnen als Zentralvenen (= terminale hepatische Venen) und gehen über Sublobularvenen in dünnwandige, im Lebergewebe liegende größere Venen über, die an der hinteren Oberfläche des rechten und linken Leberlappens austreten und in die V. cava inferior münden. Die 8–10 Venen des Lobus caudatus erreichen im Bereich der Fossa venae cavae die V. cava inferior.
Zirkulatorisch-funktionelle Grundkonzepte Ausgehend von auf zirkulatorischer Basis beruhenden Einheiten gibt es zwei funktionelle Grundkonzepte für die Leber: – das Lobuluskonzept und – das Azinuskonzept.
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Lobuluskonzept. Im zweidimensionalen histologischen Leberschnitt zeigt sich der klassische hexagonale Lobulus (Leberläppchen) mit den peripher gelegenen Portalfeldern und den radiär der Zentralvene zulaufenden Leberzellplatten und Sinusoiden (s. Abb. 1.2). Das Blut fließt von den terminalen afferenten Gefäßen durch die Sinusoide zur efferenten Zentralvene. Ein Lobulus wird über unterschiedliche terminale Gefäße durchblutet und bildet daher keine funktionelle Einheit [9, 20, 26, 30]. Azinuskonzept [25, 26]. Der einfache Azinus ist um ein kleines Portalfeld angeordnet und nimmt damit Areale von zwei klassischen Lobuli ein. Die azinären Zonen 1 bis 3 entsprechen zunehmender Distanz vom Portalfeld, wobei Nährstoff- und Sauerstoffgehalt des Blutes kontinuierlich abnehmen; Zone 3 entspricht der mikrozirkulatorischen Peripherie (s. Abb. 1.2). Hepatozyten in Zone 3 sind gegenüber Sauerstoffmangel und anderen Noxen empfindlicher. Hingegen sind bei im Blut zirkulierenden Noxen (z. B. Toxinen) Hepatozyten in Zone 1, die zuerst damit in Kontakt kommen, stärker betroffen. Der komplexe Azinus besteht aus mindestens drei einfachen Azini und dem Parenchymanteil um den präterminalen Pfortaderast (mit begleitender Arterie und begleitendem Gallengang). Das Azinuskonglomerat umfasst 3–4 komplexe Azini sowie die Parenchymareale um den zuführenden Pfortaderast.
Lymphgefäße Die Lymphflüssigkeit entstammt vor allem dem DR. Im Portalfeld gelangt sie in von Fibroblasten ausgekleidete Spalten und in der Folge in die terminalen Lymphgefäße. Diese begleiten die terminalen Äste der A. hepatica. In größeren Portalfeldern finden sich Lymphgefäße auch in Assoziation mit Pfortaderästen und Gallengängen. Die die Äste der Vv. hepaticae begleitenden Lymphgefäße sind kleiner und funktionell weniger wichtig. Ein lymphatischer Plexus in der Glisson’schen Kapsel steht mit intrahepatischen Lymphgefäßen in Verbindung. Bei erhöhtem hepatischen Venendruck trägt er zum Aszites bei. Die meisten Lymphgefäße verlassen die Leber an der Leberpforte und drainieren in die Lymphknoten entlang der A. hepatica und dem Truncus coeliacus. Weitere efferente Lymphbahnen erreichen die linken gastrischen, die parasternalen und die hinteren mediastinalen Lymphknoten (Übersicht bei Roskams et al. [30]).
Innervation Die Innervation erfolgt über Nervenplexus entlang der A. hepatica und der V. portae sowie deren Äste
(Abb. 1.3). Die parasympathischen Fasern entstammen dem anterioren und posterioren N. vagus, die sympathischen den spinalen Segmenten T7 bis T10. Sympathische Nervenfasern reichen in den DR hinein. Die Freisetzung von Neurotransmittern aus intrasinusoidalen sympathischen Nervenfasern kann modulierend auf Hepatozyten, Endothelzellen und Sternzellen wirken und damit auch Stoffwechselfunktionen und den sinusoidalen Blutfluss beeinflussen. Die Tatsache, dass orthotope Lebertransplantate funktionieren, zeigt aber, dass den neuralen Regelmechanismen zumindest unter Normalbedingungen eine nur geringe Bedeutung zukommt (Übersicht bei Roskams et al. [30]).
Extrazelluläre Matrix Die extrazelluläre Matrix macht einen relativ geringen Anteil des Lebergewebes aus, ist aber für die Regulation der Leberfunktion wichtig. Es handelt sich um die Glisson’sche Kapsel mit ihren in die Tiefe reichenden septenähnlichen Fortsätzen, das perivasale und periduktale Bindegewebe der Portalfelder und das Retikulinfasernetzwerk im DR. Kollagene Typ I und Typ III überwiegen (> 90 %) in der normalen Leber. Die vorhandenen Glykoproteine sind hochvernetzt. Heparansulphat findet sich in Portalfeldern, Basalmembranen und an der Hepatozytenoberfläche. Die Matrix wird durch Matrixmetalloproteinasen ab- bzw. umgebaut [30].
Zelluläre Komponenten Zu den zellulären Bestandteilen der Leber gehören Hepatozyten, Cholangiozyten, Progenitorzellen von Hepatozyten und Cholangiozyten, Endothelzellen, Sternzellen, Kupffer-Zellen und leberassoziierte Lymphozyten.
Hepatozyten Hepatozyten machen ca. 60 % aller Zellen in der Leber und ca. 80 % des Lebervolumens aus. Die Lebensdauer liegt in der adulten Leber bei ca. 400 Tagen (Übersicht bei Arias et al. [2] und Roskams et al. [30]). Der Hepatozyt ist eine im histologischen Schnitt polygonale Epithelzelle endodermaler Herkunft mit einem Durchmesser von durchschnittlich 30 µm (s. Abb. 1.3). Etwa 25 % der Hepatozyten sind zweikernig. Mit zunehmendem Lebensalter werden Anisokaryose und tetraploide Zellkerne häufiger. Glykogenhaltige Zellkerne („Lochkerne“) finden sich im Kindesalter, bei Erwachsenen können sie auf Diabetes mellitus, chronische
Anatomie und Funktion der Leber
Kapitel 1
7
A PV PV
a
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Abb. 1.3 a–f Zellen der Leber. Lichtmikroskopische und immunhistochemische Darstellung von Hepatozyten, Gallengangepithelzellen, sinusoidalen Endothelzellen und Kupffer-Zellen. a H&E: Normale, humane Leber. Stern markiert Portalvene; Balken 100 μm. Ausschnitt: Portalfeld mit Portalvene (PV), Arterie (A) und Gallengang (Pfeil). b Immunhistochemische Darstellung von Keratin 8 und 18. Keratine 8 und 18 sind in Hepatozyten und Gallengangepithelien exprimiert und bilden ein zytoplasmatisches, filamentöses
Netzwerk (PV); Balken 50 µm. c Immunhistochemische Darstellung von Keratin 19 in Gallengangepithelien; Balken 50 µm. d Immunhistochemische Darstellung von Kupffer-Zellen mittels Antikörper gegen CD68; Balken 25 µm. e Immunhistochemische Darstellung von Desmin in Gefäßen (Sternzellen in normaler Leber sind Desminnegativ); Balken 25 µm. f Immunhistochemische Darstellung von Nerven mittels Antikörper gegen NCAM (Ausschnitt zeigt Nervenfasern entlang von Sinusoiden); Balken 50 µm
Herzinsuffizienz oder Morbus Wilson hinweisen. Mitosen und apoptotische Hepatozyten sind in der gesunden Leber selten [30, 31]. Die Zellmembran besteht aus funktionell spezialisierten Domänen, mit unterschiedlicher Protein- und Lipidzusammensetzung, Fluidität sowie Enzym‑, Rezeptor- und Transporterbestückung. Die basolaterale (sinusoidale) Membran trägt Mikrovilli. Über sie erfolgen die Aufnahme von Molekülen –
einschließlich Gallensäuren und Arzneistoffen – aus dem Blut und die Sekretion von synthetisierter oder modifizierter Produkte – einschließlich Arzneistoffmetaboliten – in das Blut. Dafür sind u. a. membrangebundene Aufnahme- bzw. Efflux-Transportproteine verantwortlich, die den Familien der SoLute-Carrier-(SLC-)Transporter bzw. der ATP-abhängigen ABC-Transporter zugeordnet werden. Die kanalikuläre (apikale) Membran ist ein für die Galleexkretion modifizierter Membranabschnitt.
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Er enthält ATP-abhängige Exportpumpen der ABCFamilie, die z. B. Gallensäuren, andere organische Anionen, konjugiertes Bilirubin und Arzneistoffmetabolite ausschleusen. Die laterale Membrandomäne reicht vom Gallekanalikulus zum Rand der sinusoidalen Zelloberfläche und ist für Zellverbindung und -kommunikation verantwortlich. Das Zytoskelett des Hepatozyten [18, 19, 41] besteht aus Aktin-Mikrofilamenten (~ 6 nm Durchmesser), Keratin-Intermediärfilamenten (8–10 nm Durchmesser) und Mikrotubuli (~ 20 nm Durchmesser). AktinMikrofilamente (F-Aktin-Polymere) spielen eine Rolle bei intrazellulärem Vesikeltransport, Endo- und Exozytose sowie kanalikulärer Peristaltik. Die Intermediärfilamente [32] sind Heteropolymere der Keratine (K) 8 (Typ II) und 18 (Typ I) und bilden ein zytoplasmatisches Netzwerk mit Verdichtung an der Zellperipherie (s. Abb. 1.3). Sie gewähren die mechanische Stabilität und tragen zur intrazellulären Organisation bei. Darüber hinaus sind sie in die Signaltransduktion (z. B. bei Apoptose) involviert und entfalten eine Schutzfunktion in diversen toxischen und metabolischen Stresssituationen [18, 36, 41]. Mikrotubuli spielen eine wichtige Rolle beim intrazellulären Vesikeltransport, bei der Sekretion von Proteinen (u. a. Lipoproteine, Albumin, Glykoproteine, Fibrinogen), Gallensäuren, biliären Lipiden und bei der kanalikulären Ausscheidung lysosomaler Produkte.
Cholangiozyten Cholangiozyten (Übersicht bei Roskams et al. [30]) sind eine heterogene Zellpopulation. Sie modulieren die Zusammensetzung der kanalikulären Galle durch Änderung des Gehalts an Wasser und an gelösten Substanzen. Ihre luminale Oberfläche ist mit Mikrovilli und Stereozilien bestückt, die Signale aus der Galle an das Zytoplasma weiterleiten. Das IntermediärfilamentZytoskelett unterscheidet sich von dem der Hepatozyten durch die zusätzliche Expression der Keratine 7 und 19 (s. Abb. 1.3).
Vorläuferzellen (Progenitorzellen) von Hepatozyten und Cholangiozyten Progenitorzellen sind kleine ovale Epithelzellen mit spärlichem Zytoplasma, die sich mutmaßlich aus Stammzellen entwickeln und bei verschiedenen Lebererkrankungen aktiviert werden. Sie exprimieren Marker fetaler Hepatozyten (AFP, Hepar-1, Albumin) sowie biliäre (K7, K19, OV-6) und hämatopoietische Marker (CD117, CD34).
Bei einer Differenzierung in die biliäre Richtung entstehen im Bereich der portoparenchymatösen Grenzzone reaktive Duktuli, die aus anastomisierenden Formationen kleiner Zellen mit ovalem Kern und schmalem Zytoplasmasaum bestehen. Der hepatozytäre Differenzierungsweg führt über intermediäre zu reifen Hepatozyten. Intermediäre Hepatozyten sind polygonale Zellen mit mehr basophilem Zytoplasma, die zwischen Progenitorzellen und reifen Hepatozyten liegen. Die Zellen der umgebenden Matrix beeinflussen ebenfalls die Differenzierung. Myofibroblasten-ähnliche Zellen, inklusive aktivierte Sternzellen, proliferieren in enger anatomischer Beziehung zu Progenitorzellen bzw. zu reaktiven Duktuli. Sie sezernieren neben Wachstumsfaktoren („hepatocyte growth factor“ [HGF], „epidermal growth factor receptor“ [EGFR] ligand), wie die Progenitorzellen, neurale und neuroendokrine Marker. Die vagale Innervation beeinflusst ebenfalls die Progenitorzellaktivierung [1a, 4, 28, 30, 34]. Ein Ursprung von Hepatozyten bzw. Cholangiozyten von zirkulierenden hämatopoietischen Stammzellen aus dem Knochenmark wird derzeit kontrovers diskutiert. Es bestehen Hinweise, dass hämatopoietische Zellen durch Zellfusion mit Hepatozyten und deren Reprogrammierung und nicht durch Transdifferenzierung einen hepatozytischen Phänotyp erlangen [13, 21, 33, 35].
Endothelzellen Die sinusoidalen Endothelzellen [6, 30] sind bezüglich Größe, Lektinbindung, Rezeptorexpression und Endozytosekapazität im Azinus heterogen. Sie können Proteine und andere Substanzen (z. B. Immunkomplexe, Proteoglykane) über Rezeptoren aus dem Blut aufnehmen und lysosomal degradieren. Sie besitzen eine antigenpräsentierende Fähigkeit und sezernieren im aktivierten Zustand Stickstoffmonoxyd (NO), Endothelin, Prostaglandine und Zytokine (IL-1, IL-6). Die sinusoidale Endothelzelllage weist zahlreiche Lücken („Fenestrae“) auf, deren Durchmesser unter Einfluss von endogenen und exogenen Stimuli (z. B. Serotonin, Alkohol) variieren und deren Zahl im perivenulären Bereich höher ist. Im Vergleich zu vaskulärem Endothel exprimieren sinusoidale Endothelzellen kein Faktor-VIII-Antigen (von Willebrand-Faktor), zeigen keine Bindung von Ulex-europaeus-Lektin und sind CD34-negativ, aber ICAM-1-positiv.
Sternzellen Die Sternzellen stehen in engem Kontakt mit Hepatozyten und umfassen im Sinne von Perizyten das Sinusoid [27]. Durch Zytokinstimulation werden sie ak-
Anatomie und Funktion der Leber
tiviert, gewinnen die Fähigkeit aktiver Migration und entwickeln einen myofibroblastischen Phänotyp mit Expression von Desmin, α-Glattmuskel-Aktin und verschiedenen neuroendokrinen Proteinen (gliales fibrilläres saures Protein [GFAP], Nestin, Fodrin, CD56, Synaptophysin, Neurotrophine und deren Rezeptoren). Die Sternzellen sind verantwortlich für die Produktion von extrazellulären Matrixproteinen, Kontrolle des Tonus der Sinusoide durch Reaktion auf vasoaktive Substanzen (Endothelin 1, NO), Speicherung von Vitamin A und spielen eine Rolle bei der Leberregeneration. In ihrer Eigenschaft als Myofibroblasten sind sie für die Entwicklung der Leberfibrose nach Gewebsschädigung verantwortlich.
Kupffer-Zellen Die Kupffer-Zellen stammen von zirkulierenden Monozyten ab und sind CD68-positiv (s. Abb. 1.3). Sie haben die Fähigkeit aktiver Migration. Ihre primären Funktionen sind Phagozytose, vermittelt über C3 und Fc-Rezeptoren, sowie Degradation von im Portalblut zirkulierendem Material, einschließlich Mikroorganismen, degenerierten Zellen (wie Erythrozyten, Hepatozyten, Tumorzellen) und Endotoxinen. Von aktivierten Kupffer-Zellen werden Zytokine und Chemokine freigesetzt, die auf Gefäße, Hepatozyten und Sternzellen einwirken. Ferner haben sie immunmodulatorische und antigenpräsentierende Eigenschaften (Übersicht bei Crawford [4] und Roskams et al. [30]).
Leberassoziierte Lymphozyten Die Population der leberassoziierten Lymphozyten ist heterogen. Sie findet sich bevorzugt im periportalen Bereich und entlang der Sinusoide. Es handelt sich um T-Lymphozyten, T-Zellen mit γ/δ-Rezeptoren, T-Zellen mit NK Molekülen (NKT-Zellen), NK-Zellen, wenige B-Zellen und dendritische Zellen. Die NK-Zellen machen ca. 50 % der leberassoziierten Lymphozyten aus. Sie sind imstande, Tumorzellen, Viren, Bakterien und Parasiten zu zerstören. Die γ/δ-T-Zellen sezernieren Zytokine und können antigentragende Zielzellen lysieren. Die NKT-Zellen produzieren ebenfalls Zytokine und sind an lokalen Immunreaktionen beteiligt. Zum Immunsystem der Leber zählen auch Makrophagen (Kupffer-Zellen) und sinusoidale Endothelzellen [4, 30, 39]. Das leberzentrierte Immunsystem ist eine wichtige Komponente der nativen Immunkapazität („innate immunity“) und spielt eine geringere Rolle bei der erworbenen (adaptiven) Immunantwort.
Kapitel 1
Embryonalentwicklung der Leber Die Entwicklung der Leber beginnt in der dritten bis vierten Schwangerschaftswoche. Sie setzt sich aus Anteilen des Endoderms und einer mesodermalen Platte, dem Septum transversum, zusammen. Die embryonale Struktur der Leber ist weit von der im Erwachsenenalter entfernt. Das Gallengangsystem und das arterielle Blutsystem sind erst um das 15. Lebensjahr ausgereift [8a]. Die „Leberknospe“ im frühen Embryonalstadium entspricht einem von Epithel der ventralen Endodermdomäne ausgekleideten Divertikel des Vor(der)darms, das in das lockere Mesenchym des Septum transversum reicht. Hepatoblasten sprossen in das Stroma aus und bilden anastomosierende Platten in enger Beziehung zu Gefäßen (Vorläufer der Sinusoide). Die Hepatoblasten entsprechen bipotenten Progenitorzellen, aus denen sich unter Einfluss diverser Transkriptionsfaktoren (u. a. gesteuert durch Notch-Signalwege) um die 8. Gestationswoche Hepatozyten und Cholangiozyten entwickeln. Für Morphogenese und Hepatozytendifferenzierung spielt das lokale Zellmilieu (Sternzellen, Endothelzellen) im Septum transversum eine wichtige Rolle. Diverse Wachstumsfaktoren („insulin-like growth factor“ [IGF], „epidermal growth factor“ [EGF], „fibroblast growth factor“ [FGF], „hepatocyte growth factor“ [HGF], „bone morphogenic protein“ [BMP], Oncostatin M) regulieren die weiteren Wachstums- und Reifungsprozesse der Leber. Hepatoblasten, die Portalvenen bzw. primitive Portalfeldern umgeben, bilden sog. Duktalplatten. Es handelt sich um aus zwei Zelllagen bestehende Zylinder, deren Zellen sowohl hepatozelluläre (AFP, Albumin) als auch cholangiozelluläre Marker (K7, K19) exprimieren. In der Folge entwickeln sich segmental zwischen den beiden Zelllagen Lumina, während andere Abschnitte obliterieren. Die tubulären Strukturen werden schließlich als interlobuläre Gallengänge in das Portalfeld inkorporiert. Das Epithel der extrahepatischen Gallengänge entstammt dem Stiel des Leberdivertikels. Hämatopoietische Zellen wandern aus dem Dottersack ein und sind physiologisch ab dem 2. Embryonalmonat bis zum 7.–8. Schwangerschaftsmonat in der Leber nachweisbar [3, 7, 8].
Leberfunktion Die Leber ist das zentrale Organ für Synthese, Speicherung und Abbau von Proteinen, Cholesterin, Lipiden, Kohlehydraten, Häm, Gallensäuren und anderen Substanzen. Weitere wichtige Funktionen sind die Galleproduktion und die Regulierung des Galleflusses sowie die Biotransformation. Für die Leberfunktion sind der Blutfluss, die Interaktion zwischen Blut und Hepato-
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zyten/Sinusoidalzellen sowie der Gallefluss essenziell (s. Abb. 1.2). Verschiedene Bereiche der Leber sind dabei funktionell unterschiedlich [37]. Hepatozyten und Sinusoidalzellen zeigen in Abhängigkeit von ihrer Position entlang der lobulären portozentralen Achse eine unterschiedliche Genexpression (z. B. für Schlüsselenzyme des Kohlehydratstoffwechsels oder der Biotransformation). Die Zonierung der Leberfunktion steht in enger Beziehung zur sinusoidalen Hämodynamik. Aus dem Konzentrationsgradienten (portozentraler Gradient) im Blut vorhandener Substanzen resultiert ein unterschiedliches Milieu für Hepatozyten und Sinusoidalzellen. Bestimmte im zuströmenden Blut vorhandene potenziell regulatorisch wirksame Komponenten werden von portalfeldnahen Hepatozyten, die zuerst mit dem Blut in Kontakt kommen, extrahiert, wodurch deren Konzentration in den mehr läppchenzentralen Bereichen vermindert wird. So ist z. B. der Sauerstoffgehalt des Blutes im afferenten Sinusoidalabschnitt höher als im efferenten. Der Sauerstoffgradient kann daher z. T. die unterschiedlichen Funktionen, aber auch Schicksale der Hepatozyten in Relation zu ihrer Position in den Leberzellplatten erklären. Andererseits werden die perizentralen (perivenulären) Hepatozyten durch die als Folge metabolischer, biosynthetischer und biotransformatorischer Prozesse im afferenten Bereich modifizierte Zusammensetzung des Blutes beeinflusst. Die zonale Heterogenität zeigt sich auch in der Sinusoidarchitektur (engeres Lumen und häufigere Anastomosen periportal), in ausgeprägterer Fenestration der Endothelzellen zentrolobulär, bei höherer Produktion von reaktiven Sauerstoffverbindungen durch Endothelzellen zentrolobulär sowie bei größerer Dichte von Kupffer-Zellen mit höherer Phagozytoseaktivität periportal, jedoch bei verstärkter Zytokinproduktion und Zytotoxizität zentrolobulär. In periportalen Regionen sind Desmin-exprimierende (aktivierte) Sternzellen häufiger. Ferner finden sich zonale Unterschiede im Kohlenhydratmetabolismus (Glukoneogenese und Glykogenspeicherung bevorzugt in periportalen, hingegen Glykolyse in zentralen Hepatozyten) und im Ammoniummetabolismus (Carbamylphosphat-Synthetase konzentriert in periportalen, Glutamin-Synthetase in zentralen Hepatozyten).
Aminosäure- und Proteinstoffwechsel Aus der Nahrung oder aus der Skelettmuskulatur stammende Aminosäuren werden von Hepatozyten aus dem Blut aufgenommen und dienen der Proteinsynthese oder der Glukoneogenese. Die Plasmaproteinsynthese erfolgt an den Ribosomen (Polyribosomen) des rauen endoplasmatischen Retikulums (RER). Die Proteinsynthese in der
Leber wird durch den Ernährungsstatus, Hormone (z. B. Steigerung durch Insulin, Hemmung durch Glukagon), Infektionen und Zytokine (z. B. IL-6) moduliert. Aminosäuren werden z. T. abgebaut, wobei Ammoniak und Harnsäure als Ausscheidungsprodukte entstehen. Andere endogene Quellen für Ammoniak sind Nukleinsäuren und biogene Amine. Die Entgiftung erfolgt über den leberspezifischen Harnstoff-(Urea‑)Zyklus. Die Harnstoffsynthese (Harnstoffzyklus) steht unter hormoneller Kontrolle (Glukagon, Glukortikoide). Ammoniak kann auch über die Bildung von Glutamin, katalysiert durch Glutaminsynthetase, eliminiert werden.
Kohlenhydratstoffwechsel Der Kohlenhydratstoffwechsel wird hormonell und nerval (Sympathikus, Parasympathikus) gesteuert. Die Regulation des Blutglukosespiegels erfolgt über – Glykogensynthese, – Glykogenolyse, – Glukoneogenese (aus Laktat, Pyruvat, Glyzerin und Aminosäuren) und – Glukolyse. Die Aufnahme von Glukose in die Leber korreliert mit der Glukosekonzentration im Sinusoidalblut und wird durch Insulin gesteuert. Glukose wird im Hepatozyten zu Glykogen umgewandelt, im Zytoplasma gespeichert, bei Bedarf abgebaut und wieder in Form von Glukose an das Blut abgegeben. Glukoseüberschuss führt zur Entstehung von Fettsäuren und Triglyzeriden. Fruktose und Galaktose werden in der Leber über Glukose in Glykogen umgewandelt.
Lipid- und Lipoproteinstoffwechsel Die Rolle der Leber im Lipidmetabolismus ergibt sich aus – Aufnahme, Oxidation und Transformation von freien Fettsäuren, – Synthese von Plasmalipoproteinen, – Abbau von LDL, VDL und Chylomikronresten und – Sekretion von Enzymen des Lipoproteinmetabolismus. HDL sind für den Transport von Cholesterin aus der Peripherie in die Leber verantwortlich. Aus dem Fettgewebe durch Lipasewirkung freigesetzte, aus der Diät und aus hydrolysierten Lipoproteinen stammende Fettsäuren werden von Hepatozyten aus dem Blut aufgenommen. Sie dienen der Produktion von Triglyzeriden, Phospholipiden sowie Cholesterinestern und können in Mitochondrien und Peroxisomen oxydiert oder
Anatomie und Funktion der Leber
als Bestandteile von Lipoproteinen exportiert werden. Ein Ungleichgewicht zwischen diesen Prozessen führt zur Steatose. Cholesterin ist eine wichtige Komponente biologischer Membranen und Ausgangsmaterial für die Biosynthese von Gallensäuren, Vitamin D3 und Steroidhormonen. Es wird größtenteils in der Leber gebildet. Durch endogenen Verbrauch, Abbau und Elimination einerseits sowie Aufnahme über die Nahrung, Synthese und enterale Rückresorption andererseits wird die Cholesterinhomeostase gewährleistet.
Gallensäuren Die primären Gallensäuren (Cholsäure, Chenodesoxycholsäure) werden in Hepatozyten aus Cholesterin durch die Aktion mikrosomaler und mitochondrialer Enzyme gebildet und hauptsächlich mit Glycin oder Taurin konjugiert und damit wasserlöslich. Der initiale und limitierende enzymatische Schritt erfolgt durch die im glatten endoplasmatischen Retikulum (SER) lokalisierte CYPabhängige Cholesterin-7-alpha-Hydroxylase. Gallensäuren gelangen mit Hilfe von Transportproteinen (v. a. Bile Salt Exporting Pump [BSEP], Multidrug Resistance-associated Protein 2 [MRP2/ABCB2]) in die Gallenkanalikuli und stimulieren osmotisch den Gallefluss. Im Dünndarm spielen sie als Detergenzien eine wichtige Rolle bei der Resorption von Lipiden. In Zellen entfalten sie auch hormonähnliche Wirkungen. Im terminalen Ileum wird ein Großteil der Gallensäuren mit Hilfe eines natriumabhängigen Transportproteins (Apical Sodium-dependent Bile acid Transporter [ASBT]) rückresorbiert. Über das Pfortaderblut gelangen sie wieder in die Leber (enterohepatische Zirkulation), wo an der basolateralen Membran lokalisierte Gallensäuretransporter, wie z. B. der natriumabhängige Gallensalztransporter NTCP (Na+-Taurocholate Co-transporting Polypeptide) bzw. OATPs, für die Aufnahme in Hepatozyten sorgen. Neuerlich ausgeschieden, werden die Gallensäuren im Kolon durch anaerobe Bakterien dekonjugiert und 7-α-hydroxyliert. Dadurch entstehen sekundäre Gallensäuren (Desoxycholsäure aus Cholsäure und Lithocholsäure aus Chenodesoxycholsäure). Desoxycholsäure wird teilweise rückresorbiert, während Lithocholsäure größtenteils im Stuhl ausgeschieden wird [5, 14].
Galleproduktion und Gallefluss Für Galleproduktion und -sekretion sind Hepatozyten und Cholangiozyten verantwortlich [38]. Die Galle besteht aus Wasser, Gallensäuren, Cholesterin, Bilirubin, Phospholipiden und Proteinen. Lysosomale saure
Kapitel 1
Hydrolasen können über die Galle unabhängig von Gallensäuren ausgeschieden werden. Biliäre Proteine entstammen auch der kanalikulären Membran (z. B. alkalische Phosphatase, 5′-Nukleotidase, γ-Glutamyltranspeptidase). Nicht abbaubare Substanzen wie Kupfer (bei M. Wilson) oder Eisen (bei Hämochromatose) werden ebenfalls über die Galle eliminiert. Phospholipide bilden gemischte Mizellen mit Gallensäuren und Cholesterin und schützen damit das Gallengangepithel vor der Detergenswirkung der Gallensäuren. Die Gallekomponenten werden mit Hilfe von Transportsystemen für organische und anorganische Anionen und Kationen im Bereich der kanalikulären (apikalen) und der sinusoidalen (basolateralen) Leberzellmembran in die Galle transportiert und bewirken einen transzellulären und parazellulären Wasserfluss. Die Gallensäuresekretion ist die wichtigste treibende Kraft des Galleflusses (gallensäureabhängige Fraktion), wobei zusammen mit der Sekretion von Glutathion und Bikarbonat (für die gallensäureunabhängige Fraktion des Galleflusses verantwortlich) ein osmotischer Gradient aufgebaut wird, der den Einstrom von Wasser durch Zonulae occludentes und spezielle Wasserkanäle (Aquaporine) bewirkt. Mutationen bestimmter Transportsysteme (BSEP, MDR3) können zu angeborenen Cholestasesyndromen verschiedenen Schweregrades (z. B. progressive familiäre intrahepatische Cholestase [PFIC]) führen. Die kanalikuläre Galle wird durch Rückresorption von Wasser, Glukose, Glutamat, Urat sowie Gallensäuren und Sekretion von organischen und anorganischen Ionen in den Duktuli und Gallengängen modifiziert, wobei in den Gallengängen bis zu 40 % des basalen Galleflusses vom Gallengangepithel beigesteuert werden. Der dafür verantwortliche Sekretionsprozess steht unter Kontrolle von Sekretin und Somatostatin.
Biotransformation Das SER des Hepatozyten ist der zentrale Ort der Biotransformation endogener und exogener Substanzen und damit auch von Arzneimitteln und anderen Fremdstoffen [40]. Diese Biotransformationsreaktionen werden durch Enzyme katalysiert und in Phase-I- und Phase-II-Reaktionen eingeteilt (Abb. 1.4). Während Phase-I-Reaktionen sog. Funktionalisierungsreaktionen (Oxidation, Reduktion, Hydrolyse und Hydratisierung) sind, handelt es sich bei Phase-II-Reaktionen um Konjugationsreaktionen (z. B. Glukuronidierung, Sulfatierung, Methylierung, Azetylierung), die eine Elimination von lipophilen Fremd- und Arzneistoffen beschleunigen. Die hepatische Biotransformation dient nicht nur der Entgiftung. Im Falle von Arzneistoffen werden unwirksame Ausgangssubstanzen (sog. ProDrugs) zu pharmakologisch wirksamen Verbindungen
11
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K. Zatloukal, M. Schwab, H. Denk
1
Biotransformaon
2 3 4 5
1.
7 a
Metabolismus von Verapamil
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b
15
Abb. 1.4 a Schema des Phase-I- und Phase-II-Arzneimetabolismus – Biotransformation. b Beteiligung multipler hepatischer CYP-450Enyzme am Metabolismus von Verapamil. (Aus Aktories et al. [1]; mit freundlicher Genehmigung von Elsevier, Amsterdam)
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zentralen Hepatozyten abspielen. Die Sulphatierung hingegen soll vorzugsweise in periportalen Hepatozyten ablaufen [37]. Eine Vielzahl von Phase-I- und Phase-II-Enzymen kann durch Fremd- bzw. Arzneistoffe induziert oder gehemmt werden, was zu klinisch relevanten Arzneimittelinteraktionen führen kann.
Literatur
6 8
aktiviert (z. B. Bioaktivierung von Codein zu dem analgetisch wirksamen Morphin; s. Abb. 1.4b). Die wichtigste Gruppe der Enzyme der Phase I sind die Cytochrom-P-450-(CYP-)abhängigen mischfunktionellen Monooxygenasen. CYP3A4 ist dabei von besonderer Bedeutung, da ca. 50 % aller Arzneistoffe darüber verstoffwechselt werden [40]. Als Phase-II-Enzyme sind die auch im ER lokalisierten Uridindiphosphat-Glucuronosyltransferasen (UGT) sowie die vornehmlich zytosolisch vorkommenden Glutathion-S-Transferasen (GST) von besonderer Bedeutung. UGT-Enzyme spielen eine zentrale Rolle bei der Entgiftung von Fremdund Arzneistoffen, da ihre Reaktionsprodukte in der Regel inaktiv sind. GST-Enzyme vermitteln einen physiologischen Schutz gegenüber möglichen toxischen, elektrophilen Metaboliten. Darüber hinaus können sie eine Vielzahl von endogenen bzw. exogenen Substraten (z. B. Bilirubin, Arzneistoffe) binden, ohne dass eine Konjugationsreaktion abläuft. Die Zonierung der Hepatozyten ist auch für den Fremdstoffmetabolismus wichtig. Man nimmt an, dass sich der CYP-vermittelte Metabolismus sowie die Glukuronidierung v. a. in peri-
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Kapitel 2
Fehlbildungen und Lebererkrankungen im Kindesalter 2
2
I. Tischoff
Inhalt Agenesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Autosomal-dominate polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Akzessorischer Leberlappen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Leberektopie und Heterotopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Lebererkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Cholestasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Lage- und Formanomalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Neonatale Hepatitis (Riesenzellhepatitis) . . . . . . . . . . 23
Gefäßanomalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Arteria hepatica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Progressive familiäre intrahepatische Cholestase (PFIC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Pfortader . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Cholestase bei totaler parenteraler Ernährung . . . . . . . 26
Lebervenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Hepatitiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (Morbus Osler-Rendu-Weber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Autoimmunerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Autoimmunhepatitis (AIH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Ataxia teleangiectasia und Von-Hippel-Lindau-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) . . . . . . . . . . 29
Gallengangsanomalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Overlap-Syndrom/Autoimmunbedingte sklerosierende Cholangitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Kongenitale bronchobiliäre und tracheobiliäre Fisteln 18 Hepatische Vorderdarmzyste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Autoimmune Polyendokrinopathie, Kandidiasis und ektodermale Dystrophie (APECED) . . . . . . . . . . . 30
Solitäre Leberzysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Chronische Virushepatitiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Kongenitale Gallengangszysten und fibropolyzystische Lebererkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Hepatitis B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Hepatitis C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Caroli-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Hepatitis D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Kongenitale Leberfibrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Immundefekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Hereditäre polyzystische Nierenerkrankungen . . . . . . . 21 Autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Stoffwechselerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_2
Alpha-1-Antitrypsinmangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
16
I. Tischoff
1
Morbus Wilson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Reye-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
2
Neonatale Hämochromatose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Leberbeteiligung bei Systemerkrankungen . . . . . . . . . . . . . 37
3
Nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) . . . . 33
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
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Fehl- oder Missbildungen der Leber sind insgesamt sehr selten. Formalpathologisch werden darunter Lageanomalien, Gestalt- und Größenvariationen der Leber sowie Entwicklungsstörungen der Gefäße und des Gallengangsystems zusammengefasst. Dies beinhaltet die Agenesie der gesamten Leber bzw. die Agenesie/Hypoplasie eines Leberlappens, akzessorische Leberlappen, heterotopes Lebergewebe bzw. eine Leberektopie, Lageund Formanomalien sowie Gefäß- und Gallenganganomalien.
Agenesie Die Agenesie der gesamten Leber ist eine sehr seltene Fehlbildung, die mit dem Leben nicht vereinbar und mit schwersten Missbildungen assoziiert ist. Häufiger zu beobachten ist dagegen die Agenesie eines Leberlappens, die meist den linken Lappen betrifft und gleichzeitig in Kombination mit Gallengangsanomalien zu finden ist. Die Hypoplasie des rechten Leberlappens ist sehr rar und geht ebenfalls mit Gallengangsanomalien oder einer supra- bzw. retrohepatischen Gallenblase einher [37, 77]. Als Komplikationen können eine Hepatolithiasis und Leberabszesse auftreten [37].
auftreten oder diese können bildmorphologisch als Tumoren missinterpretiert werden. Darüber hinaus wird angenommen, dass das pedunkulierte hepatozelluläre Karzinom in einem akzessorischen Leberlappen entstehen kann [37, 77].
Leberektopie und Heterotopie Ektopes Lebergewebe findet sich in den Haltebändern der Leber, in der Lunge, der Gallenblasenwand, der Milzkapsel, aber auch im Retroperitoneum oder im großen Netz. Ektopes Lebergewebe kann dabei eine Größe von wenigen Millimetern bis hin zu mehreren Zentimetern aufweisen. Üblicherweise zeigt ektopes Lebergewebe keine pathologischen Leberveränderungen. Weist jedoch die Leber Erkrankungen, wie z. B. eine Fettleber, eine chronische Hepatitis oder eine Zirrhose, auf, sind diese Veränderungen ebenfalls im ektopen Lebergewebe histologisch zu beobachten. Darüber hinaus wurden hepatozelluläre Karzinome in ektopem Lebergewebe beschrieben. Nur ein geringer Anteil der betroffenen Patienten wies dabei eine Leberzirrhose auf [26, 37, 77]. Heterotopien in der Leber wie Pankreas-, Milz- und Schilddrüsenheterotopien gehören zu den Seltenheiten. So genannte adrenale Heteropien stellen adrenal-hepatische Fusionen dar [95].
Akzessorischer Leberlappen Akzessorische Leberlappen wie der „Riedel-Leberlappen“ sind nicht selten. Der „Riedel-Leberlappen“ ist als eine umschriebene, meist zungenförmige Vergrößerung des rechten Leberlappens zu verstehen, der lateral des Gallenblasenbettes liegt und im rechten oberen Quadranten bzw. in der Nabelgegend tastbar sein kann [37, 77]. Akzessorische Leberlappen sind meist direkt durch Lebergewebe oder über mesenteriale Strukturen, die Äste der Portalvene, der Lebervene bzw. -arterie und eines Gallengangs führen, mit der Leber verbunden. Intrathorakale akzessorische Leberlappen sind ebenfalls beschrieben worden und können durch ihre Gefäßversorgung in seltenen Fällen das Zwerchfell perforieren. Als weitere Komplikationen können insbesondere bei sehr großen akzessorischen Leberlappen Torsionen
Lage- und Formanomalien Lageanomalien treten bei einem Situs inversus totalis bzw. abdominalis auf. Die Leber ist dann im linken Hypochondrium zu finden. Diaphragmale Defekte durch angeborene muskuläre Aplasien oder Bindegewebsschwächen können zu hepatischen Herniationen führen. Aber auch bei angeborenen Zwerchfellhernien, Bauchwandlücken und Omphalozelen kann Lebergewebe partiell oder teilweise innerhalb dieser Hernien transloziert sein. Diese Lageanomalien können je nach Ausmaß zu Funktionseinschränkungen bis hin zur Strangulation führen [37, 77]. Formanomalien, wie sog. Zahn-Furchen, finden sich z. B. bei Patienten mit chronischen Ventilationsstörungen durch hypertrophe Zwerchfellmuskulaturstränge, die tiefe
Fehlbildungen und Lebererkrankungen im Kindesalter
Furchen in der Leber in rostrokaudaler Richtung hervorrufen. Eine weitere Formanomalie stellt die Schnürleber dar, die durch Deformierungen des Thorax (z. B. bei einer Kyphoskoliose) entsteht. Die Schnürleber ist hierbei durch meist flache, quer über den rechten Leberlappen verlaufende Impressionen charakterisiert [37, 95].
Gefäßanomalien Arteria hepatica Aberrationen der Arteria hepatica sind häufig. Sie können mit einer extrahepatischen biliären Atresie oder einer kongenitalen Duplikatur der Gallenblase einhergehen [37]. Eine akzessorische rechte Leberarterie kann insbesondere bei der Transplantation von Split-Lebern zu Problemen führen [13]. Kongenitale hepatoportale arteriovenöse Malformationen können bei Kindern mit einer akuten portalen Hypertension assoziiert sein [37].
Pfortader Variationen im Gefäßverlauf der Pfortader, wie beispielsweise die präduodenale Pfortader, sind auf die komplexe Embryonalentwicklung zurückzuführen. Dabei findet die Pfortader ihren Ursprung während der Embryonalzeit aus den linken und rechten Vv. vitellinae und ihren drei Anastomosen [37]. Anomalien der Pfortader beinhalten Hypoplasien, Reduplikaturen oder Atresien mit begleitender portaler Hypertension. Eine kongenitale Aplasie ist extrem selten und mit anderen Fehlbildungen wie Anomalien der V. cava inferior und einer Polysplenie vergesellschaftet [37]. Angeborene Shuntbildungen können portokaval, portohepatisch sowie zwischen der linken Pfortader und der V. mammaria interna entstehen. Kongenitale portosystemische venöse Shunts (PSVS) sind sowohl intra- als auch extrahepatisch lokalisiert und können eine hepatische Enzephalopathie zur Folge haben. Andere seltene Pfortaderanomalien sind aneurysmatische Malformationen oder kavernöse Transformationen [37, 77].
Lebervenen Fehlbildungen der Lebervenen sind extrem selten und äußern sich in membranösen Obstruktionen, die mit
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einem angeborenen Budd-Chiari-Syndrom vergesellschaftet sein können. Diese auch als obliterative Hepatokavopathie bezeichneten Veränderungen sollten jedoch klar vom „klassischen“ Budd-Chiari-Syndrom abgegrenzt werden [37, 77].
Hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (Morbus Osler-Rendu-Weber) Epidemiologie und Ätiologie. Die hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (HHT) – Morbus OslerRendu Weber – ist eine seltene autosomal-dominante Erbkrankheit mit einer Prävalenz von 10–20/100.000. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Die Penetranz ist dabei sehr hoch und wird mit 97 % beschrieben [83]. Genetisch konnten zwei Subtypen identifiziert werden. Beim HHT-Typ 1 liegen Mutationen auf Chromosom 9 im Endoglin-Gen (ENG) vor. Beim HHTTyp 2 finden sich Mutationen von Aktivin-like Kinase Receptor Type 1 (ALK-1) auf Chromosom 12q. Beide Gene sind in den Transforming-growth-factor-beta-Rezeptor-(TGF-β-R)-Signalweg involviert [71, 83]. Charakteristisch für diese Erkrankung sind Teleangiektasien der Haut und Schleimhäute, arteriovenöse Fisteln in der Leber, der Lunge und im zentralen Nervensystem sowie Aneurysmata. Die Leber ist in 41–78 % betroffen, wobei zerebrale und pulmonale arteriovenöse Malformationen häufiger beim HHT-Typ 1 auftreten, hepatische arteriovenöse Malformationen dagegen beim HHT-Typ 2 [84]. Infolge ausgeprägter hepatischer arteriovenöser Shunts kann es zum Herzversagen kommen, aber auch eine portale Hypertension und eine Enzephalopathie können auftreten [37, 98]. Morphologie. Makroskopisch kann die Leber als Folge ausgeprägter intrahepatischer Durchblutungsstörungen nodulär, fibrotisch oder in seltenen Fällen sogar „pseudozirrhotisch“ umgebaut sein. Darüber hinaus sind spinnenartige Anordnungen kleinster Gefäße auf der Leberoberfläche zu sehen. Mikroskopisch sind drei verschiedene fibrovaskuläre Muster beschrieben worden. Das erste Muster setzt sich aus einem honigwabenartigen Netzwerk dilatierter sinusoidaler Kanäle zusammen, die von Endothelzellen ausgekleidet werden und dabei in einem subendothelialen lockeren Bindegewebsstroma liegen können. Das zweite Muster besteht aus gewundenen, dickwandigen Venen, die von zahlreichen weitkalibrigen Arterien flankiert werden und willkürlich in einem Bindegewebsstroma durch das Leberparenchym ziehen. Das dritte Muster weist vergrößerte Portalfelder auf, in denen zahlreiche dilatierte Venen, Arterien und Lymphgefäße liegen [37].
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Ataxia teleangiectasia und Von-Hippel-Lindau-Syndrom Eine Mitbeteiligung der Leber bei weiteren angeborenen Gefäßfehlbildungen wurde unter anderem für die Ataxia teleangiectasia und das Von-Hippel-Lindau-Syndrom beschrieben. Die Ataxia teleangiectasia (Louis-Bar-Syndrom) ist eine autosomal-rezessiv vererbte Krankheit, bei der die Patienten eine zerebelläre Ataxie, okulokutane Teleangiektasien, einen Immunglobulinmangel an IgA, IgG-Subklassen – insbesondere IgG-2 und IgG-4 – und IgE sowie eine IgM-Hyperglobulinämie neben einer erhöhten Infektanfälligkeit und einem erhöhten Krebsrisiko aufweisen [1, 48]. Ein 100-mal höheres Krebsrisiko ist für homozygote Träger beschrieben worden. Die Leber kann hierbei eine Hepatitis mit periportaler Fibrose, Teleangiektasien und sogar eine Zirrhose aufweisen. Hepatozelluläre Karzinome sind in Einzelfällen beschrieben worden [37]. Das Von-Hippel-Lindau-Syndrom weist selten Leberveränderungen auf. Beschrieben worden sind multiple kavernöse Hämangiome, aber auch multiple Hämangioblastome [37].
Gallengangsanomalien Fehlbildungen der Gallengangstrukturen (s. auch Kap. 9 und Teil II) finden sich in den extra- und intrahepatischen Gallengängen. Diese reichen von einer Agenesie des Ductus choledochus oder des Ductus hepaticus communis bis zur aberranten Insertion des Ductus hepaticus dexter. Akzessorische Gallengänge sind relativ häufig und entstehen vorwiegend im rechten Leberlappen. Sie können in die Gallenblase, in den Ductus cysticus, in den rechten oder linken Ductus hepaticus, in den Ductus hepaticus communis oder in den Ductus choledochus münden. Cholezystohepatische Gallengänge, also akzessorische Gänge, die in die Gallengänge münden, bringen, wenn unerkannt, im Rahmen einer Cholezystektomie die Gefahr persistierender biliärer Fisteln, einer galligen Peritonitis oder die Ausbildung von Strikturen mit sich [37, 76, 95]. Bei Duplikaturen des Ductus choledochus wird die Galle entweder über beide Gänge in das Duodenum abgeleitet oder ein Gang bleibt leer und mündet in den Pylorus. Die Patienten sind meist asymptomatisch, solange keine Steinobstruktion besteht oder Infektionen auftreten [37, 76].
Kongenitale bronchobiliäre und tracheobiliäre Fisteln Kongenitale bronchobiliäre Fisteln sind aberrante Gänge, die aus dem Gallengangsystem des linken Leberlappens durch den Hiatus oesophagicus des Zwerchfells treten und in den rechten, in seltenen Fällen auch in den linken Hauptbronchus münden. Der proximale Teil der Fistel ist von Bronchialschleimhaut ausgekleidet und besitzt Knorpelspangen in den tieferen Wandanteilen, während der distale Teil Gallengangschleimhaut oder Plattenepithel aufweist. Man geht davon aus, dass es sich hierbei um zusätzliche Evaginationen des Primitivdarms zwischen Lungenanlage und Leberdivertikel handelt, die beide Organe im Verlauf der embryonalen Entwicklung verbindet [37]. Als Symptome können Lungenatelektasen, Aspirationspneumonien oder rezidivierende pneumonische Infekte auftreten.
Hepatische Vorderdarmzyste Hepatische Vorderdarmzysten sind extrem selten. Weltweit wurden 56 Fälle beschrieben. Sie entstehen wahrscheinlich während der embryonalen Entwicklung aus dem Vorderdarm. Sie treten häufiger bei Männern als bei Frauen auf und sind meist im medialen Segment des linken Leberlappens zu finden. Der mittlere Zystendurchmesser beträgt 3,1 cm. Multilokuläre Zysten wurden bei zwei Patienten beobachtet [37]. Mikroskopisch besteht die Zystenwand aus vier Schichten: ein pseudogeschichtetes Flimmerepithel mit muzinösen Zellen, gefolgt von subepithelialem Bindegewebe mit angrenzenden Fasern glatter Muskulatur sowie einer äußeren fibrösen Kapsel. Dabei können in der Epithelschicht neuroendokrine Zellen zu finden sein. Einzelne Zellen in dieser Epithelschicht zeigen eine immunhistochemische Expression für CD10, so dass man annimmt, dass es sich hierbei um Clara-Zellen handelt [37].
Solitäre Leberzysten Solitäre Leberzysten sind selten, insbesondere bei Kindern, und gehören nicht in den Formenkreis der Duktalplattenanlagestörung. Sie können in jedem Alter auftreten, finden sich jedoch am häufigsten zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr [29]. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Je nach Größe können sie als Raumforderung im rechten Oberbauch imponieren. Rupturen, Einblutungen oder Infektionen sind in Einzelfällen beschrieben worden. Zysten, die kleiner als 8 cm
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im Durchmesser sind, bleiben meist asymptomatisch. Typischerweise finden sich solitäre Leberzysten zweimal häufiger im rechten Leberlappen als im linken. Mikroskopisch werden sie von einem einreihigen kubischen, zylindrischen oder abgeflachten Epithel ausgekleidet. Adenokarzinome, aber auch Plattenepithelkarzinome, Karzinosarkome oder neuroendokrine Tumoren wurden in solitären Leberzysten nachgewiesen [31, 77, 102] (s. Übersicht). Leberzysten [77] – Solitäre biliäre Leberzyste – Hepatische Vorderdarmzyste – Zysten bei fibropolyzystischer Lebererkrankung – Caroli-Krankheit – Kongenitale hepatische Fibrose – Autosomal-rezessive polyzystische Nieren erkrankung (ARPKD) – Autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD) – Isolierte polyzystische Lebererkrankung – Parasitäre Zysten (Echinokokkuszysten) – Peribiliäre Zysten – Pseudozysten – Infarkt – Hämatom – Abszess – „Biliom“ – Neoplasie
Kongenitale Gallengangszysten und fibropolyzystische Lebererkrankungen Kongenitale Gallengangszysten sind seltene angeborene Fehlbildungen der intrahepatischen und/oder extrahepatischen Gallengänge. Die Inzidenz variiert sehr von 1:13.000 bis zu 1:200.000 [106]. Typischerweise finden sich Gallengangszysten häufiger in Asien als in der westlichen Welt mit einer Dominanz des weiblichen Geschlechts [76]. Häufige Komplikationen der Gallengangszysten sind rezidivierende Cholangitiden, Pankreatitiden, Abszesse oder Steinbildungen sowie ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Gallengangskarzinoms. Darüber hinaus können sie mit einer portalen Fibrose der Leber einhergehen bzw. je nach Art der Fehlbildung mit einer zystischen Nierenerkrankung assoziiert sein. Gallengangszysten können solitär oder multipel auftreten. Sie werden unterteilt in rein extrahepatische, rein intrahepatische oder sowohl intra- als auch extrahepatische Zysten [76, 97, 98, 111]. Kongenitale Gallengangszysten sind als Malformation der Duktalplatte zu verstehen. Während der Ontogenese entwickeln sich die intrahepatischen Gallengänge
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aus multipotenten bzw. bipotenten Leberstammzellen, den Hepatoblasten, die im Grenzbereich der Duktalplatte zu finden sind. Durch eine Kondensation und manschettenartige Anordnung dieser Stammzellen um die Portalvenenäste in der 9. bzw. 10. Schwangerschaftswoche entstehen die Duktalplatten, aus denen sich das gesamte intrahepatische Gallengangsystem entwickelt. Im weiteren Entwicklungsprozess unterliegen die Duktalplatten einer Remodellierung, bei der die intrahepatischen Gallengänge gebildet werden. Zunächst bilden sich große perihiläre, dann segmentale, interlobuläre und letztendlich die kleinen Gallengänge aus [17, 76, 77, 95]. Eine Störung dieser Entwicklung wird auch als Malformation der Duktalplatte bezeichnet, die die Grundlage für verschiedene Zystenbildungen und hepatische Gallengangserkrankungen bildet. In Abhängigkeit des Differenzierungszeitpunkts der Gallengänge kommt es dabei zu unterschiedlichen morphologischen Veränderungen [25]. Folge dieser zystischen Gallengangsveränderungen sind meist entzündliche Reaktionen mit konsekutiver Fibrose. Daraus resultierend werden bis auf den Von-Meyenburg-Komplex die Malformationen der Duktalplatte auch unter dem Begriff der fibropolyzystischen Lebererkrankungen zusammengefasst. Zu den Malformationen gehören: – der Von-Meyenburg-Komplex (sog. biliäres Mikrohamartom; s. Kap. 11.), bei dem eine Anlagestörung der kleinen interlobulären Gallengänge vorliegt, – das Caroli-Syndrom, das mit Nierenfehlbildungen assoziiert sein kann wie der autosomal-rezessiven polyzystischen Nierenkrankheit (ARPKD) oder der autosomal-dominanten polyzystischen Nierenkrankheit (ADPKD), – die kongenitale hepatische Fibrose (CHF) und – Choledochuszysten (s. Teil II).
Caroli-Syndrom Unter dem Caroli-Syndrom ist eine Anlagestörung der Duktalplatte zu verstehen, die durch intrahepatische segmentale Gallengangszysten charakterisiert ist und erstmals 1958 von Caroli beschrieben wurde [23, 43]. Der Erbgang ist autosomal-rezessiv [37]. In Abhängigkeit der Ausprägung können zwei Typen unterteilt werden: – Caroli-Syndrom: isolierte Stenosen und Ektasien der Gallenwege mit kongenitaler hepatischer Fibrose (CHF). Malformation der Duktalplatte während Ausbildung der großen intrahepatischen Gallengänge [25]. – Caroli-Krankheit: isolierte Stenosen und Ektasien der Gallenwege ohne kongenitale hepatische Fibrose. Störung während der Remodellierung der kleinen interlobulären Gallengänge [25].
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Abb. 2.1 a–d Caroli-Syndrom. a,b Dilatierte Gallengänge mit verdickter, fibrosierter Wand, begleitet von einem lymphozytären Entzündungszellinfiltrat mit Ausbildung von Lymphfollikeln. c,d Duk-
talplattenformation mit zystisch erweitertem Gallengang neben einem Mikrohamartom (sog. Von-Meyenburg-Komplex)
Sowohl das Caroli-Syndrom als auch die Caroli-Krankheit weisen eine Assoziation zur adulten Form der polyzystischen Nierenerkrankung auf, selten auch zur juvenilen Form [46]. In 60 % aller Patienten mit einem Caroli-Syndrom findet sich eine Nierenbeteiligung [115].
begleitet werden können, neben einer unterschiedlich stark ausgeprägten Fibrose (Abb. 2.1). Die Zystenlumina beinhalten eingedickte Galle und Schleim sowie verkalktes Material oder Eiter im Rahmen einer akuten Cholangitis [37, 77].
Morphologie. Makroskopisch können die Gallengangszysten 8 mm bis 5 cm im Durchmesser groß werden. Dabei sind die Zysten teils verzweigt und meist zwischen regelrechten Gallengängen perlschnurartig aufgereiht. Diese zystischen Veränderungen treten vornehmlich diffus in der gesamten Leber auf. In seltenen Fällen findet sich eine unilobuläre Manifestation, die auf den linken Leberlappen beschränkt ist. Mikroskopisch weisen die Zysten eine kubische oder zylindrische Epithelauskleidung mit teils villösen Pseudopapillen auf. Darüber hinaus findet sich meist eine schwere chronische Entzündung mit dichten lymphozytären Infiltraten, die von einem akuten granulozytären Entzündungszellinfiltrat
Kongenitale Leberfibrose Die kongenitale Leberfibrose (CHF) wird autosomal-rezessiv vererbt und wurde erstmals 1856 beschrieben. Genaue Zahlen zu Inzidenz und Prävalenz sind unbekannt. 1988 wurden 200 Patienten mit einer kongenitalen Leberfibrose in der Literatur beschrieben [88]. Selten liegt bei den betroffenen Patienten eine alleinige hepatische Fibrose vor. Häufig findet sich eine autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD). Sie kann aber auch in Kombination mit einer autosomal-dominanten
Fehlbildungen und Lebererkrankungen im Kindesalter
polyzystischen Nierenerkrankung (ADPKD) auftreten [46, 88, 95]. Betroffene Kinder und Jugendliche zeigen meist eine abdominelle Symptomatik, die durch die zystische Transformation der befallenen Organe mit daraus resultierender portaler Hypertension und respiratorischer Insuffizienz bedingt ist. Ältere Patienten werden häufig auffällig durch eine Hepatosplenomegalie oder Ösophagusvarizenblutung als Folge der portalen Hypertension. Aber auch Cholangitiden können auftreten. Klinisch werden vier Typen unterschieden: – kongenitale Leberfibrose mit portaler Hypertension, – cholangitische Verlaufsform, – Kombination aus cholangitischer Verlaufsform und portaler Hypertension, – oligosymptomatische Verlaufsform [46, 88]. Zusätzlich können sich angeborene Herzerkrankungen, pulmonale arteriovenöse Fisteln oder eine kavernöse Transformation der Portalvene finden [46, 88]. Morphologie. Makroskopisch weist die Leber bei der kongenitalen Leberfibrose eine derbe Konsistenz auf und kann vergrößert sein. Mikroskopisch zeigt sich eine nichtzirrhotische, diffuse periportale Leberfibrose mit unterschiedlich breiten Bindegewebssepten, wobei die azinäre Läppchenarchitektur erhalten ist. In den Portalfeldern finden sich zahlreiche, irreguläre Gallengangsproliferate als Zeichen der Duktalplattenanlagestörung mit teils schmalen bis leicht oder mäßig erweiterten Gallengänge neben hypoplastischen Pfortaderästen und hypertrophen Ästen der A. hepatica. Die Gallengänge sind von einem kubischen oder flachen Zylinderepithel ausgekleidet und können Galle oder Schleim retinieren. Typischerweise sind kaum entzündliche Infiltrate in den Portalfeldern oder im Leberparenchym nachweisbar. Die Veränderungen können einen Leberlappen oder die gesamte Leber betreffen [37, 46]. Differentialdiagnose. Zahlreiche Missbildungssyndrome mit Leberveränderungen können das Bild einer kongenitalen hepatischen Fibrose nachahmen. Zu diesen gehören z. B. die tuberöse Sklerose, das vaginale Atresiesyndrom oder das Meckel-Gruber-Syndrom [37, 77, 105].
Hereditäre polyzystische Nierenerkrankungen Autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD) Die autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung zeigt eine Prävalenz von 1:10.000 bis 1:60.000. Mädchen und Jungen sind dabei gleich häufig betroffen.
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1995 wurden Mutationen des PKHD1-(„polycystic kidney and hepatic disease 1“-)Gens entdeckt, das sich auf dem kurzen Arm des Chromosoms 6 (6p21-p12) befindet. Das PKHD1-Gen kodiert für Fibrozystin/Polyductin, ein Protein, das in den primären Zilien und apikalen Oberflächenepithelzellen der Gallengänge und Nierentubuli lokalisiert ist [62, 105]. Charakteristisch für die autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung sind zystische Veränderungen der Sammelrohre der Nieren sowie Veränderungen des Gallengangsystems mit Zeichen der Duktalplattenanlagestörung. Diese manifestiert sich als Gallengangsveränderungen bis hin zum Caroli-Syndrom sowie einer kongenitalen Leberfibrose [45]. Neben den Nieren- und Leberveränderungen findet sich ebenfalls eine pulmonale Hypoplasie. In 30–50 % aller betroffenen Neugeborenen ist die pulmonale Insuffizienz so schwerstgradig ausgebildet, dass sie zum Tod führt [106]. Je nach Alter der Krankheitsmanifestation werden vier Typen mit unterschiedlicher Organmanifestation eingeteilt [37, 77]: – perinataler Typ, – neonataler Typ, – infantiler Typ, – juveniler Typ. Der perinatale Typ weist die schwerste Verlaufsform auf. Bei 50 % aller Patienten erfolgt die Diagnosestellung bereits perinatal. Viele Säuglinge versterben kurz nach der Geburt infolge einer respiratorischen Insuffizienz. Zudem besteht eine abdominale Symptomatik, die sich auf eine symmetrische Nierenvergrößerung zurückführen lässt. Leberfunktionsstörungen sind dagegen beim perinatalen Typ sehr selten. Beim neonatalen Typ findet sich eine zunehmende Niereninsuffizienz und Hypertension. Pyelonephritiden sind häufig, aber auch eine portale Fibrose und zystische Veränderungen sowie eine Cholangitis, als Komplikation, nehmen zu. Beim infantilen Typ dominiert ein chronisches Nierenversagen oder eine zunehmende portale Hypertension. Die portale Fibrose kann dabei mäßig ausgeprägt sein. Patienten mit der juvenilen Verlaufsform weisen fast immer eine portale Hypertension auf [37, 77]. Als Spätkomplikationen können sich Lebertumoren, insbesondere Gallengangskarzinome, entwickeln [105]. Morphologie. Makroskopisch kann die Leber normal oder aber auch vergrößert und verfestigt imponieren. Mikroskopisch finden sich Veränderungen, die an eine verzögerte, jedoch normale Duktalplattenentwicklung erinnern. Es finden sich aufgeweitete Portalfelder mit einer deutlichen Vermehrung der Gallengänge, die zirkulär um das Bindegewebe angeordnet sind. Die Gallengänge sind irregulär, dilatiert und können unterschiedlich weit in das Leberparenchym reichen. Dabei erscheinen sie verzweigt oder bilden Anastomosen untereinander aus und finden nach proximal oder distal im Anschluss an
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das Gallengangsystem. Vereinzelt sind größere und sogar extrahepatische Gallengänge mit einbezogen, so dass das Bild eines Caroli-Syndroms entstehen kann. Das Gangepithel besteht aus flachen zylindrischen oder kubischen Zellen. Eine Zystenbildung ist eher selten. In den dilatierten Lumina findet sich ein pink- oder orangefarbenes Material, selten Eiter [37, 77].
Autosomal-dominate polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD) Die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung ist die häufigste vererbte Nierenerkrankung und die vierthäufigste Todesursache bei End-stage-Nieren [112]. Sie stellt eine Systemerkrankung mit Zystenbildung und Bindegewebsabnormalitäten dar, von der multiple Organe betroffen sind. Die Häufigkeit beträgt 1:400 bis 1:1000 [46, 100, 105]. Hervorgerufen wird die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung in 85 % durch Mutationen des PKD1-(„polycystic kidney disease 1“-)Gens und in 15 % des PKD2-Gens [112]. Es finden sich meist gleichzeitig Leber- und Nierenzysten, wobei die Inzidenz der Lebermitbeteiligung schwankt. Als Risikofaktor für eine Leberbeteiligung gelten das weibliche Geschlecht, Alter, Schwangerschaft sowie Schweregrad der Nierenveränderungen und Nierenfunktionsstörungen. Nierenveränderungen können bereits zum Zeitpunkt der Geburt nachweisbar sein, während die Leberveränderungen selten vor dem 16. Lebensjahr auftreten. Typischerweise werden die Leberzysten erst im fortgeschrittenen Alter nachgewiesen. Die häufigste Komplikation sind rezidivierende Infektionen der Leberzysten. Weiterhin besteht ein erhöhtes Risiko für ein (intrahepatisches) Cholangiokarzinom [37, 77]. Im Gegensatz zu der autosomal-rezessiven polyzystischen Nierenerkrankung ist die autosomal-dominante Form mit anderen Fehlbildungen assoziiert. Zu ihnen gehören Herzfehler, zerebrale Aneurysmata oder Aneurysmata der Aorta, Pankreaszysten, Ovarialzysten, Kolondivertikel und Inguinalhernien [37]. Morphologie. Makroskopisch ist die Leber vergrößert, polyzystisch umgebaut und kann bis zu 7 kg schwer sein. Selten finden sich eine kongenitale hepatische Fibrose oder ein Caroli-Syndrom. In Einzelfällen kann nur ein Leberlappen betroffen sein, dies ist dann meist der linke Lappen. Die Leberzysten variieren in ihrer Größe von 25 % aller Entzündungszellen), das aber auch lobulär oder perivenular vorliegen
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kann [68]. Daneben können eine Grenzzonenhepatitis oder das Bild einer akuten Abstoßungsreaktion zu beobachten sein, in 10 % jedoch auch nur minimale unspezifische Veränderungen. In sehr seltenen Fällen besteht das Bild einer chronischen Abstoßungsreaktion oder einer Gallengangsobstruktion. Auch das Ausmaß der Fibrose variiert von einer fehlenden Fibrose, über eine geringe portale und periportale Fibrose bis hin zur brückenbildenden Fibrose. Eine Leberzirrhose ist bisher nicht beschrieben worden [68, 113]. Aufgrund der sehr variablen histologischen Veränderungen sind für die Diagnosestellung der DAIH im Gegensatz zur „klassischen Autoimmunhepatitis“, bei der die Histologie ein Positivkriterium bei der Diagnosefindung darstellt, die klinischen Aspekte in Korrelation zum Antikörpernachweis entscheidend. Bei der Mehrzahl der Patienten, bei denen eine DAIH diagnostiziert worden ist, spricht eine Therapie gut an und führt zur Verbesserung der histologischen Veränderungen. Dies betrifft vorwiegend das Ausmaß der Entzündung. Der Grad der Fibrose bleibt in den meisten Fällen gleich, kann aber in wenigen Fällen rückläufig sein [68].
Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) Epidemiologie und Pathogenese. Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) ist im Kindesalter noch seltener als die Autoimmunhepatitis. Auch hier liegen keine genauen Zahlen über die Häufigkeit vor [110]. Schätzungsweise beträgt die Inzidenz 20 % weniger als bei Erwachsenen [87]. In Einzelfällen ist eine PSC bereits im Säuglingsalter beobachtet worden [79]. Bei einem Teil der betroffenen Kinder und Jugendlichen besteht eine Assoziation zur Colitis ulcerosa, die Prävalenz hierfür kann bis zu 80–90 % betragen [61, 77]. Charakterisiert ist die PSC durch eine Cholestase und Entzündung der intra- und extrahepatischen Gallengänge. Durch die fortschreitende Entzündung kommt es zu einer zunehmenden Fibrose der Gallengänge bis hin zur Stenosierung und Obliteration [21, 77]. Folge dieser entzündlichen Veränderung ist letztendlich eine biliäre Leberzirrhose. Als Antikörper lassen sich ANCA-Antikörper nachweisen (Antikörper gegen zytoplasmatische Antigene der neutrophilen Granulozyten). Die Diagnose der PSC wird wie bei der AIH anhand klinischer und histologischer Befunde gestellt. Neben den ANCAAntikörpern, die sich in 30–80 % nachweisen lassen, finden sich eine Hypergammaglobulinämie in 30 %, ein erhöhtes IgM in 40 % und HLA-DRw52a [77]. Morphologie. Mikroskopisch zeigt sich eine Obliteration mittelgroßer und großer, aber auch kleiner Gallengänge durch eine Fibrose. Generell kann jeder Teil des Gallengangsystems betroffen sein. Als sehr frühe Ver-
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änderung kann eine akute Cholangitis mit Gallengangsproliferaten auftreten. Begleitet wird diese Cholangitis von einem portalen lymphoplasmazellulären und granulozytären Entzündungszellinfiltrat [68]. Charakteristisch für die PSC ist eine periduktale zwiebelschalenartige Fibrose, die sich jedoch nicht immer in Leberpunktionszylindern nachweisen lässt [77, 87]. Das Gallengangsepithel ist meist atroph oder völlig destruiert. Später wird der betroffene Gallengang durch Narbenstränge ersetzt. Neben einer fortschreitenden portalen Fibrose bis hin zur biliären Leberzirrhose liegt ein periduktuläres lymphoplasmazelluläres und granulozytäres Entzündungszellinfiltrat vor. Eine Grenzzonenhepatitis kann auftreten, diese ist jedoch meist nur gering ausgeprägt. Bei einer stark ausgeprägten Grenzzonenhepatitis sollte deshalb an die Möglichkeit einer Überlappung mit einer AIH (Overlap-Syndrom) gedacht werden. Wie beim Erwachsenen werden die histologischen Veränderungen in vier Stadien eingeteilt (s. Kap. 8). Verlauf und Prognose. Häufig sind Kinder mit einer PSC auch bei fortgeschrittenem Krankheitsstadium asymptomatisch, so dass die Diagnosestellung sehr schwierig sein kann [87, 110]. Neben Gallensteinen und rezidivierenden Cholangitiden kann die PSC bei progredientem Krankheitsverlauf in eine Leberzirrhose übergehen. Die Lebertransplantation stellt dabei die einzige therapeutische Option für Patienten mit einer PSC im Endstadium dar, wobei die Rezidivrate nach durchschnittlich 18 Monaten bei ca. 10 % liegt [87]. In den USA ist die PSC mittlerweile eine der häufigsten Indikationen für eine Lebertransplantation [77].
Overlap-Syndrom/Autoimmunbedingte sklerosierende Cholangitis Das Overlap-Syndrom im Kindes- und Jugendalter zeigt Charakteristika der Autoimmunhepatitis und der primär sklerosierenden Cholangitis (AIH/PSC), deshalb wird hierfür auch der Begriff der autoimmunbedingten sklerosierenden Cholangitis (ASC) verwendet. Sie wird häufiger im Kindesalter als im Erwachsenenalter beobachtet [61, 87, 103]. Morphologie. Bei der histologischen Untersuchung findet sich eine AIH-Komponente in Kombination mit einer Cholangitis meist größerer Gallengänge [73]. Überlappungen der AIH oder PSC mit der PBC finden sich nicht, da die PBC im Kindesalter nahezu gar nicht vorzufinden ist. Verlauf und Prognose. Bei suffizienter Therapie, die sich nach dem therapeutischen Vorgehen an der Autoimmunhepatitis ausrichten sollte, ist von einer guten
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Remissionsrate auszugehen. Unklar bleibt, ob das Overlap-Syndrom eine eigenständige Entität darstellt und deshalb eher als autoimmune Cholangitis bezeichnet werden sollte [77, 110].
Autoimmune Polyendokrinopathie, Kandidiasis und ektodermale Dystrophie (APECED) Die autoimmune Polyendokrinopathie, Kandidiasis und ektodermale Dystrophie (APECED) zählt ebenfalls in den Formenkreis der Autoimmunhepatitiden. Es handelt sich hierbei um eine seltene autosomal-rezessiv vererbte Krankheit mit Mutationen im AIRE-1-(„autoimmunregulator type 1“-)Gen auf dem langen Arm des Chromosoms 21 [12, 42]. Von den betroffenen Patienten weisen 10–20 % eine chronische Hepatitis auf. Typische Krankheitscharakteristika sind Hypoparathyreoidismus, Morbus Addison, eine unterschiedlich ausgeprägte mukokutane Kandidiasis und eine ektodermale Dystrophie. Laborchemisch finden sich Antikörper gegen CYP1A, die spezifisch sind, jedoch nicht sehr sensitiv für eine Lebererkrankung bei APECED [12, 42, 110].
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Chronische Virushepatitiden
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Hepatitis B
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Epidemiologie. In Deutschland sind ca. 2,5 % aller Infizierten mit dem Hepatitis-B-Virus Kinder und Jugendliche, wobei sich etwa ein Drittel bereits im Kindesalter infiziert hat [15]. Als Infektionswege gelten ungeschützter Sexualverkehr, Kontakt mit infektiösem Material und die perinatale Infektion. Bei Kindern erfolgt die HBVInfektion vorwiegend vertikal. Die perinatale Infektionsrate beträgt > 90 % bei fehlender Immunisierung der Mütter (HBeAg-positiv-Mütter), hingegen 15–25 % bei Anti-HBe-Antikörper-positiven Müttern. Besteht eine aktive oder passive Immunisierung, liegt ein Infektionsrisiko von 3–10 % vor. Bei älteren Kindern und Jugendlichen spielt eine horizontale Infektion durch Sexualverkehr eine weitere Rolle. Unbedeutend ist mittlerweile die Infektion mit Blutprodukten [15, 109]. Verlauf und Prognose. Die Hepatitis B manifestiert sich als akute und chronische Hepatitis. Die akute Hepatitis B verläuft vor allem im Kindesalter asymptomatisch oder subklinisch. Selten finden sich fulminante Verläufe, die unbehandelt eine Letalität von 80 % aufweisen [109]. Die Chronizitätsrate der Hepatitis B ist dabei stark vom Alter abhängig. Im Neugeborenenalter liegt diese bei 95 %, im
Alter von 1–5 Jahren bei etwa 25–40 % und im Schulkinderalter bei 5–10 % [15, 107, 109]. Ein geringer Prozentsatz der infizierten Kinder können als Langzeitkomplikationen eine Leberzirrhose oder selten ein hepatozelluläres Karzinom entwickeln. Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie hepatotoxische Medikamente können sich dabei negativ auf die Prognose auswirken [15].
Hepatitis C Epidemiologie. Weltweit sind ca. 11 Mio. Kinder unter 15 Jahren an einer chronischen HCV-Infektion erkrankt [66]. Genaue Daten über die Anzahl Hepatitis-C-infizierter Kinder und Jugendlicher in Deutschland existieren nicht. Schätzungsweise liegt die Prävalenz einer chronischen Hepatitis-C-Infektion zwischen 0,05 und 0,36 % in den USA und Europa [65]. In den Entwicklungsländern wird die Prävalenz auf 1,8–5,8 % geschätzt [48, 65, 108, 109]. Hauptübertragungsweg ist die vertikale Infektion, die bei 1–2 % der Kinder in den USA und Europa sowie bei bis zu 8 % der Kinder in Entwicklungsländern mit einer HCV-infizierten Mutter auftritt [65, 82, 109]. Weitere Übertragungswege vor allem bei Jugendlichen sind der intravenöse Drogenmissbrauch und Sexualkontakte. Wie für die Hepatitis B spielt auch bei der Hepatitis C die parenterale Infektion (durch Transfusionen und Blutprodukte) fast keine Rolle mehr [81, 108]. Generell geht man von einer sinkenden Prävalenz der Hepatitis C im Kindesalter aus [108]. Morphologie. Die chronische Hepatitis B und C verlaufen hinsichtlich mikroskopischer Veränderungen unter dem Bild einer chronischen Hepatitis. Mikroskopisch sind die Veränderungen ähnlich denen im Erwachsenenalter (s. Kap. 7). Die Portalfelder weisen ein betont lymphozytäres Entzündungszellinfiltrat mit untermischten Plasmazellen auf. Darüber hinaus können sich Lymphozytenaggregate bzw. Lymphfollikel finden. Greift das Entzündungszellinfiltrat auf das angrenzende Leberparenchym über, spricht man von einer Grenzzonenhepatitis (Interface-Hepatitis). Diese tritt bei höherer Hepatitisaktivität auf. Im Rahmen der Grenzzonenhepatitis kommt es zum Untergang von Hepatozyten. Die vitalen Hepatozyten können rosettenartig angeordnet sein. Bei fortschreitender Entzündung entstehen Gruppenzellnekrosen, die disseminiert, aber auch konfluierend und brückenbildend ausgeprägt sein können. Neben einer dann auch lobulär nachweisbaren Entzündung entstehen Bindegewebssepten, die ebenfalls konfluieren können bis hin zum vollständig zirrhotischen Umbau der Leber. Charakteristisch ist für die chronische Hepatitis C im Kindesalter trotz geringer entzündlicher Aktivität häufig
Fehlbildungen und Lebererkrankungen im Kindesalter
eine Fibrose oder in seltenen Fällen sogar eine Zirrhose. Eine Steatosis hepatis findet sich ebenfalls bevorzugt beim Genotyp 3 des Hepatitis-C-Virus [21]. Die histologische Beurteilung der unterschiedlichen Aktivitäten der chronischen Hepatitis B und C erfolgt in Analogie zum Erwachsenenalter unter Verwendung des HAI-Scores (s. Kap. 7). Verlauf und Prognose. Eine akute Hepatitis C im Kindesalter liegt sehr selten vor. Hierbei zeigt sich oft ein uncharakteristisches Krankheitsbild. 54–86 % der infizierten Kinder entwickeln eine chronische Hepatitis C, die jedoch meist unauffällig oder mild im Kindesalter verläuft [50]. Bei Jugendlichen, die sich mit Hepatitis C infizieren, ist der klinische Verlauf ähnlich wie bei Infizierten im Erwachsenenalter [114]. In den letzten Jahren wurde die Therapie der HCV-Infektion durch die Entwicklung potenter, direkt antiviral wirksamer Medikamente, sog. DAA (= „direct antiviral agents“), revolutioniert, indem dauerhafte HCV-Eradikationsraten bis zu 100 % erreicht werden können. Aktuell veröffentlichte Studien über die antivirale HCV-Therapie im Kindesalter beschreiben ebenfalls dauerhafte Eradikationsraten bis 100 % [66, 114, 117]. Ohne antivirale HCV-Therapie liegt das Risiko einer Leberzirrhose für HCV-infizierte Kinder bis zum Erreichen des Erwachsenenalters zwischen 5 und 10 %, in 2–5 % kann ein hepatozelluläres Karzinom auftreten [50]. In seltenen Fällen wurden progrediente Verläufe mit einer Leberzirrhose beobachtet, für die die Indikation zur Lebertransplantation gegeben war [81, 108].
Kapitel 2
Louis-Bar-Syndrom oder dem CD40-Liganden-Defekt sogar bei über 70 %. Patienten mit einer septischen Granulomatose weisen in 50 % der Fälle Leberabszesse auf. Wiederum findet sich bei einem Viertel der Kinder mit Leberabszessen eine septische Granulomatose [7]. Häufiger Erreger ist das Cryptosporidium parvum. Aber auch Adeno- oder Hepatitis-C-Viren führen zu einer Hepatitis, die häufig mit schweren Verläufen einhergeht. Darüber hinaus ist bei Erkrankungen wie dem Louis-Bar-Syndrom eine Venenverschlusskrankheit (VOD = „veno-occlusive disease“) beobachtet worden, die nicht auf eine medikamentös-toxische Schädigung zurückzuführen ist [7].
Stoffwechselerkrankungen Stoffwechselerkrankungen werden ausführlich in Kap. 4. besprochen. In diesem Abschnitt sind Stoffwechselerkrankungen wie der Apha-1-Antitrypsinmangel, der Morbus Wilson, die neonatale Hämochromatose sowie die nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) gesondert aufgeführt, da diese für die differentialdiagnostische Abgrenzung klinischer Leitsymptome – vornehmlich der neonatalen Cholestase, des Leberversagens und der Steatosis hepatis – im Säuglings- und Kindesalter von größerer Relevanz sind.
Alpha-1-Antitrypsinmangel Hepatitis D Das Hepatitis-D-Virus ist ein unvollständiges RNAVirus, das auf die Anwesenheit des Hepatitis-B-Virus angewiesen ist. Die Infektion kann als Ko- oder Superinfektion auftreten. In Deutschland findet sich im Kindesalter eine Durchseuchung von 1–2 % aller chronisch HBV-Infizierten. Die Tendenz ist rückläufig [108].
Immundefekte Unter primären Immundefektsyndromen fasst man eine Gruppe von Erkrankungen mit angeborenen Störungen der humoralen oder zellulären Abwehr zusammen. Etwa ein Drittel der betroffenen Kinder zeigen Hinweise auf eine Lebermitbeteiligung, die auf virale, bakterielle oder opportunistische Infektionen zurückzuführen sind. Als häufigste Komplikation tritt eine sekundäre sklerosierende Cholangitis auf. Je nach Art des primären Immundefizienzsyndroms liegt die Prävalenz der Leberbeteiligung bei 24–37 %, bei Erkrankungen wie dem
Der Alpha-1-Antitrypsinmangel stellt nach der extrahepatischen Gallengangsatresie die häufigste Ursache dar, die zu einer Lebererkrankung im frühen Kindesbzw. Säuglingsalter führt. Am häufigsten manifestiert sich der Alpha-1-Antitrypsinmangel dabei als neonatale Cholestase [74]. Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese. Bei 20 % aller Kinder mit einer neonatalen Cholestase ist ein Alpha-1-Antitrypsinmangel mit dem homozygoten ZZ-Phänotyp (s. Kap. 4) nachweisbar. Der Alpha-1Antitrypsinmangel wird autosomal-rezessiv vererbt. Alpha-1-Antitrypsin ist ein Proteaseinhibitor, der vorwiegend in der Leber synthetisiert wird. Dabei kommt es durch verschiedene Mutationen des Alpha-1-Antitrypsin-Gens zur Bildung eines nicht sekretionsfähigen Alpha-1-Antitrypsins in der Leber. Dieses wird wieder abgebaut bzw. im endoplasmatischen Retikulum der Hepatozyten gespeichert [44, 47, 69, 80]. Diese Akkumulation führt dabei zur Schädigung der Hepatozyten. Morphologie. Mikroskopisch kann im Zytoplasma der Hepatozyten das akkumulierte Alpha-1-Antitrypsin
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durch die Einlagerung von PAS-positiven, diastaseresistenten Einschlüssen nachgewiesen werden. Das Bild einer neonatalen Hepatitis mit Riesenzellbildung, Cholestase, Gallengangsproliferaten und Fibrose ist bei einigen Kindern mit homozygotem Phänotyp (ZZ-Typ) zu beobachten [21, 37, 77]. Verlauf und Prognose. Klinisch manifestiert sich der Alpha-1-Antitrypsinmangel im Kindesalter am häufigsten als neonatale Cholestase. Folgen der Leberschädigung können eine Gallengangshypoplasie und im späteren Lebensalter eine Leberzirrhose sein [74]. Eine Leberzirrhose entwickelt sich im Laufe der Erkrankung in bis zu 50 % der Betroffenen und ein HCC in 15 % [30].
Morbus Wilson Der Morbus Wilson ist eine Stoffwechselerkrankung, die auf eine pathologische Kupferspeicherung in der Leber und in anderen Organen zurückzuführen ist. Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese. Der Morbus Wilson ist relativ häufig mit einer Inzidenz von 1:30.000 bis 1:100.000 [74, 77]. Er stellt eine autosomalrezessiv vererbte Störung des Kupferstoffwechsels dar, die durch Mutationen des ATB7-Gens bedingt sind, das für eine membrangebundene kupfertransportierende ATPase kodiert (s. auch Kap. 4). Durch eine pathologische Speicherung von Kupfer in der Leber, im Zentralnervensystem, in den Augen, in den Nieren sowie in zahlreichen anderen Organen kommt es infolge der Kupfertoxizität zu einer Schädigung der betroffenen Organe. Morphologie. Die Kupfertoxizität äußert sich mikroskopisch zunächst als Leberzellverfettung mit vermehrtem Lipofuszin-Pigment sowie sog. Lochkernen (Glykogenkerne). Eine Entzündung fehlt meist oder ist nur gering ausgeprägt. Mit fortschreitender Erkrankung kann sich das Bild einer Steatohepatitis entwickeln mit Verfettung und Ballonierung der Hepatozyten sowie granulozytären Entzündungszellinfiltraten und einer progredienten Fibrose bis hin zur Leberzirrhose. Darüber hinaus können sich Mallory-Körperchen und eine Cholestase finden. Fulminante Verläufe mit ausgeprägten Leberzellnekrosen können in Einzelfällen auftreten [21, 37, 77]. Verlauf und Prognose. Die Schädigung der Leber entwickelt sich langsam mit unspezifischen Symptomen, die dann später in einer Leberzirrhose mit portaler Hypertension, Aszites und Ikterus enden können. Die frühesten Krankheitserscheinungen treten meist um das 3. bis
4. Lebensjahr auf. In seltenen Fällen kann sich ein akutes Leberversagen als Erstmanifestation bei vorab klinisch gesunden Patienten präsentieren [74]. Ab dem 15. Lebensjahr stehen meist neurologische Störungen (z. B. Bewegungs- und Koordinationsstörungen, Dysarthrie, Dysphagie oder Ruhe- und Intentionstremor) im Vordergrund. Darüber hinaus ist der sog. Kayser-FleischerKornealring in 90 % der Patienten zu sehen, der durch eine Kupferablagerung in der Kornea hervorgerufen wird.
Neonatale Hämochromatose Die idiopathische neonatale Hämochromatose ist eine sehr seltene und schwer verlaufende Lebererkrankung, die durch eine Eisenüberladung der Leber gekennzeichnet ist. Sie ist nicht mit der hereditären Hämochromatose gleichzusetzen und muss von dieser abgegrenzt werden. Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese. Die neonatale Hämochromatose stellt die häufigste Ursache eines Leberversagens im Neugeboren- und frühen Säuglingsalter dar [74]. Die betroffenen Kinder weisen meist schon zur Geburt einen schweren Leberschaden oder eine Leberzirrhose auf, so dass die Erkrankung bereits im späten zweiten oder frühen dritten Trimenon beginnt [74, 106]. Die Ätiologie ist im Gegensatz zur autosomal-rezessiven hereditären Hämochromatose, bei der eine Mutation des HFE-Gens auf Chromosom 6 vorliegt und eine unkontrollierte intestinale Eisenaufnahme der Enterozyten mit konsekutiver Eisenüberladung zahlreicher Organe besteht, nicht genetisch bedingt. Letzteres wurde zunächst nur vermutet, da Kinder von Müttern, die ein Kind mit einer neonatalen Hämochromatose geboren hatten, ein Risiko von 60–80 % haben, ebenfalls daran zu erkranken [106]. Bei der neonatalen Hämochromatose ist jedoch nicht die Eisenüberladung als primärer Pathomechanismus der Krankheitsauslöser. Die Siderose ist auf einen fetalen Leberschaden zurückzuführen. Angenommen wird, dass dieser durch die Bildung von Antikörpern der Mutter gegen Antigene des Kindes auf der Oberfläche der Hepatozyten hervorgerufen wird und somit einer Alloimmunhepatitis entspricht, ähnlich dem Pathomechanismus der Rhesusfaktorinkompatibilität [64, 106]. Morphologie. Die abnorme Eisenspeicherung kann mikroskopisch in Biopsien aus Leber oder Speicheldrüsen nachgewiesen werden. Die Eisenkonzentration beträgt bei der idiopathischen neonatalen Hämochromatose zwischen 240 und 38.200 µg/g trockenen Lebergewichts, der Normwert liegt bei Neugeborenen unter 100 µg/g [77, 79]. Die Leber weist histologisch eine deutlich gestörte azinäre Läppchenarchitektur mit einem Verlust
Fehlbildungen und Lebererkrankungen im Kindesalter
der Hepatozyten auf. Diese zeigen neben einer Riesenzelltransformation der Hepatozyten und Pseudoazinibildung eine Leberzellregeneration mit Vakuolisierung und rosettenartiger Anordnung. Je nach Ausmaß der Leberschädigung kann eine Fibrose oder Leberzirrhose vorliegen. Meist besteht ein nur mildes Entzündungszellinfiltrat. Die ausgeprägte Siderose im Zytoplasma der Hepatozyten lässt sich in einer Eisenfärbung (BerlinerBlau-Färbung) darstellen [21, 64]. Differentialdiagnose. Von der neonatalen Hämochromatose sollte andere Ursachen abgegrenzt werden, bei denen eine erhöhte hepatische Eisenspeicherung und ein Leberversagen im Säuglings- bzw. Kindesalter auftreten können. Dazu gehören z. B. Virushepatitiden, Tyrosinämie Typ 1, Galaktosämie und Defekte der Atmungskette sowie weitere Erkrankungen, die mit einer neonatalen Cholestase einhergehen [74] (s. Übersicht). Differentialdiagnose der Steatosis hepatis im Kindesalter [75] – Ernährungsstörungen – Nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) – Parenterale Ernährung – Unterernährung – Dehydration – Systemische Erkrankungen – Morbus Wilson – Alpha-1-Antitrypsinmangel – Hepatitis-C-Genotyp-3-Glykogenspeichererkrankungen – Diabetes mellitus – Zystische Fibrose – Pankreasinsuffizienz – Chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED) – Nephrotisches Syndrom – Lipoproteinämien – Syndrom-Erkrankungen – Turner-Syndrom – Prader-Willi-Syndrom – Lipodystrophie – Medikamentös/toxisch – Alkohol – Valproat – Steroide – Vitamin A – HAART (Medikamente zur hochaktiven antiretroviralen Therapie bei AIDS)
Kapitel 2
Nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) Die nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD = „nonalcoholic fatty liver disease“) ist eine klinisch-pathologische Diagnose, die in Analogie zur NAFLD des Erwachsenenalters auch für Kinder und Jugendliche verwendet wird, die eine nicht durch Alkoholkonsum oder durch andere Erkrankungen bedingte Leberzellverfettung aufweisen. Sie wird als hepatische Manifestation des metabolischen Syndroms verstanden und stellt die häufigste Ursache der chronischen Lebererkrankung bei Kindern und Jugendlichen dar [6, 16]. Zu unterscheiden ist eine einfache Leberzellverfettung (Steatosis hepatis oder auch NAFL = „nonalcoholic fatty liver“) von der aggressiveren Form der nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH = „non alcoholic steatohepatitis“) mit Leberzellverfettung, hepatozytärer Degeneration und Fibrose und einem damit verbundenen erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose und eines hepatozellulären Karzinoms. Die Pathogenese der NAFLD ist komplex und bisher nicht vollständig verstanden. Man geht von einer „Multi-hit“-Hypothese aus, bei der verschiedene Prozesse involviert sind wie z. B. Lipotoxizität, oxidativer Stress, eine gestörte Darmflora oder Stress des endoplasmatischen Retikulums sowie andere Faktoren [10]. Darüber hinaus zeigten Studien, dass die NAFLD eine vererbbare Erkrankung ist, bei der genetische Alterationen und Umweltfaktoren eng miteinander verflochten sind und somit den Phänotyp und den Verlauf der Erkrankung bestimmen [18]. Die Vererbbarkeit wird auf 20–70 % geschätzt [91]. Epidemiologie und Ätiologie. Die Prävalenz der NAFLD ist in den letzten beiden Jahrzehnten deutlich angestiegen und stellt mittlerweile die häufigste Ursache für eine chronische Lebererkrankung bei Kindern und Jugendlichen dar [16]. Die Inzidenz der NAFLD liegt bei ca. 9,6 % aller Kinder und ca. 40–70 % aller übergewichtigen Kinder [10, 57]. Betroffen von der NAFLD sind in 80 % Kinder und Jugendliche mit Übergewicht und Adipositas [33]. Die übrigen 20 % sind normalgewichtige Kinder oder Kinder mit einem Diabetes mellitus. Neuere Studien in den USA zeigten, dass fast 30 % aller betroffenen Kinder einen Diabetes Typ 2 oder eine prädiabetische Stoffwechsellage aufweisen [63]. Aufgrund der engen Assoziation zwischen NAFLD und Adipositas spiegelt sich die zunehmende Prävalenz der adipösen Kinder auch in der Zunahme der NAFLD im Kindesalter wider. Schätzungen in Deutschland gehen davon aus, dass mehr als 400.000 Kinder und Jugendliche von einer NAFLD betroffen sind. In Deutschland sind das etwa 30 % aller Kinder und Jugendlichen mit einer Adipositas [18]. Andere Studien in Europa, Asien und Amerika lassen annehmen,
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dass 24–77 % der übergewichtigen Kinder ein erhöhtes Risiko einer NAFLD haben oder diese bereits aufweisen [90]. In den USA geht man von ca. 7 Mio. Kindern mit einer NAFLD aus [63]. Jungen sind dabei häufiger betroffen als Mädchen. Die Prävalenz beträgt bei übergewichtigen Jungen ca. 41 % und bei übergewichtigen Mädchen ca. 17 %, wobei postpubertäre männliche Jugendliche mit ca. 51 % am stärksten betroffen sind und postpubertäre weibliche Jugendliche mit 12 % am wenigsten [22]. Darüber hinaus konnte ein Zusammenhang zwischen dem Vorliegen einer NAFLD und einem ethnischen Hintergrund beobachtet werden [10, 33]. Kinder hispanischer Herkunft weisen mit 11,8 % die höchste Prävalenz einer NAFLD auf. Dies gilt insbesondere für hispanische Kinder mit mexikanischem Ursprung. Es wird hier ein Zusammengang zwischen Adipositas und dem PNPLA3Gen vermutet, das für ein multifunktionelles Enzym kodiert, das den Lipidstoffwechsel im Leber- und Fettgewebe reguliert [78]. Im Gegensatz dazu besitzen Kinder afrikanischer Herkunft mit 1,5 % das geringste Risiko [10, 27]. Bei Asiaten wird die Prävalenz auf 10,2 % geschätzt und bei Weißen auf 8,6 % [10]. Aber nicht nur Geschlecht und ethnische Herkunft scheinen eine Rolle zu spielen. So ist bei Jugendlichen eine NAFLD wahrscheinlicher als bei Kindern. Dies ist am ehesten auf den Einfluss der Geschlechtshormone und die Insulinresistenz in der Pubertät zurückzuführen [52, 90]. Darüber hinaus kann nach einer Lebertransplantation eine Leberzellverfettung auftreten. Dies wird bei ca. 30 % aller Lebertransplantierten im Erwachsenenalter beobachtet. Im Kindesalter findet sich eine Leberzellverfettung kurz nach der Transplantation häufig; diese persistiert jedoch selten. Fälle, die Charakteristika einer NASH zeigten, waren meist Kinder mit typischen Risikofaktoren für eine NAFLD oder einen massiven Leberschaden [67].
Morphologie. Mikroskopisches Kriterium der NAFLD ist eine Leberzellverfettung von mindestens 5–10 % der Hepatozyten. In Analogie zur histopathologischen Diagnosestellung im Erwachsenenalter wird der NAFLD-Score verwendet, mit dem das Staging (Leberzellverfettung, Entzündungszellinfiltrat, Hepatozytenballonierung) und das Grading (Fibrose) vorgenommen werden (s. auch Kap. 4). Man unterscheidet eine geringgradige Steatosis (> 5 bis 33 bis 66 % Leberzellverfettung). Obwohl die Einteilung der NAFLD im Kindesalter unter Verwendung des NAFLD-Scores für Erwachsene erfolgt, sind die morphologischen Veränderungen nicht identisch. Die Leberzellverfettung ist bei Kindern und Jugendlichen stärker ausgeprägt (Abb. 2.5). Während die Leberzellverfettung im Erwachsenenalter in der azinären Zone 3 beginnt, fängt die Leberzellverfettung der pädiatrischen NAFLD vorwiegend in der azinären Zone 1 an, also periportal [34, 41]. Die entzündlichen Veränderungen im Falle einer NASH im Kindes- und Jugendalter sind eher portal als lobulär. Die Fibrose ist ebenfalls eher portal als perisinusoidal, intraazinär. Darüber hinaus fehlt meist die typische hepatozytäre Ballonierung, die sich bei Erwachsenen findet [90]. Anhand der Art der Leberzellverfettung, der Entzündung und der Fibrose sind drei verschiedene Typen identifiziert worden: – NASH-Typ 1 – NASH-Typ 2 – sog. Overlap-Typ [52, 85, 90]. Der NASH-Typ 1 tritt vorwiegend bei Jugendlichen auf und ähnelt dem histologischen Bild des Erwachsenenalters mit einer beginnenden Leberzellverfettung in Zone 3, lobulärer Entzündung, Hepatozytenballonierung
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Abb. 2.5 a,b NASH. Im Vergleich zur NASH im Erwachsenenalter steht eine makrovesikuläre Verfettung bei nur geringer portaler Entzündung und geringer portaler Fibrose im Vordergrund
Fehlbildungen und Lebererkrankungen im Kindesalter
und/oder perisinusoidaler Fibrose ohne Veränderungen der Portalfelder [42]. Dieser Typ ist in ca. 12–17 % zu beobachten und geht verstärkt mit einer Steatohepatitis einher [2, 52, 85, 97]. Beim NASH-Typ 2 findet sich eine weniger lobuläre, vermehrt portale Entzündung, die jedoch meist gering ausgeprägt ist [41]. Die Fibrose ist ebenfalls betont portal lokalisiert als perisinusoidal, intraazinär. Eine hepatozytäre Ballonierung fehlt meist, wohingegen die Leberzellverfettung stärker ausgeprägt ist [52, 73, 85, 90]. Dieser NASH-Typ ist mit einer fortgeschrittenen Fibrose assoziiert und lässt vermuten, dass dies eine eher ungünstigere Prognose des Krankheitsverlaufs darstellt als bei Erwachsenen und zur frühzeitigen Progression, d. h. zum früheren Auftreten einer Leberfibrose bzw. Leberzirrhose führt [2]. Beim sog. OverlapTyp liegen histologische Veränderungen beider NASHTypen vor. Der NASH-Typ 2 und der Overlap-Typ sind am häufigsten zu finden [2]. Ultrastrukturell weisen nicht nur die Hepatozyten Veränderungen auf. Nichtparenchymale Zellen wie die hepatischen Stellatzellen, die Kupffer-Zellen, die sinusoidalen Endothelzellen, Entzündungszellen oder Thrombozyten sind ebenfalls involviert. Veränderungen dieser Zellen führen zur Dysregulation des mikrovaskulären Blutflusses und somit zur perisinusoidalen Fibrose und Zirrhose [53, 54]. Elektronenmikroskopisch äußern sich diese Veränderungen durch den Nachweis von sog. Megamitochondrien, die einen Verlust der mitchondrialen Cristae durch vorwiegend lineare kristalline Einschlüsse in der Mitochondrienmatrix aufweisen. Begleitet werden diese mitochondrialen Veränderungen durch ein vesikuläres, teils schaumiges Zytoplasma der Hepatozyten, das Folge einer Proliferation des endoplasmatischen Retikulums und der Akkumulierung von Glykogen ist, ähnlich wie bei der NASH im Erwachsenenalter. Darüber hinaus ist der Disse-Raum dilatiert und enthält transitionale hepatische Stellatzellen neben einer Vermehrung von Kollagen. Die Sinuoside weisen geschwollene Endothelzellen auf [54]. In ihnen finden sich zahlreiche aktivierte Kupffer-Zellen, die eine erhöhte phagozytierende Aktivität besitzen und neben Lysosomen sowie veränderten Mitochondrien ebenso Fragmente von Erythrozyten enthalten. Die Phagozytose der Erythrozyten könnte dabei die Akkumulation von Eisen in der Leber und einen damit verbundenen vermehrten intrazellulären oxidativen Stress im Verlauf der NASH erklären [53]. Differentialdiagnose. Zahlreiche andere Erkrankungen können mit einer Steatosis hepatis assoziiert sind [75] (s. Übersicht oben). Differentialdiagnostisch müssen vor allem der Morbus Wilson sowie andere Stoffwechselerkrankungen (z. B. Glykogenspeichererkrankungen, Hyperlipoproteinämien), systemische Erkrankungen (z. B. CED, zystische Fibrose, Pankreasinsuffizienz), Infektionen (z. B. Hepatitis-C-Genotyp 3), Ernährungsstö-
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rungen (z. B. Unterernährung, parenterale Ernährung, Dehydration), syndromatische Erkrankungen (z. B. Prader-Willi-Syndrom, Turner-Syndrom oder Lipodystrophie) und medikamentös-toxische Schädigungen (z. B. Valproat, Steroide, Vitamin A) ausgeschlossen werden [39, 75]. Verlauf und Prognose. Bis heute existieren keine longitudinalen pädiatrischen Studien [90, 91]. Deshalb wird für das Kinder- und Jugendalter eine Unterteilung der NAFLD wie im Erwachsenenalter vorgenommen, in dem eine einfache Leberzellverfettung (NAFL) von der aggressiveren Form der nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH) mit Leberzellverfettung, hepatozytärer Degeneration und Fibrose unterschieden wird. Endstadium der NASH ist die Leberzirrhose und damit verbunden ein erhöhtes Risiko für ein hepatozelluläres Karzinom. In Deutschland besteht für ca. 4000 Kinder ein erhöhtes Risiko für eine frühzeitige Fibrose bzw. Leberzirrhose [90]. Weiterhin weist die NAFLD im Kindes- und Jugendalter wie im Erwachsenenalter eine hohe Assoziation zum metabolischen Syndrom auf. Die betroffenen Kinder besitzen z. B. ein erhöhtes Risiko für einen Diabetes mellitus Typ 2 und kardiovaskuläre Erkrankungen. Dies betrifft insbesondere Kinder mit einer einfachen Leberzellverfettung (NAFL). Es konnte gezeigt werden, dass bereits 20–80 % aller Kinder mit einer NAFLD eine Hypertriglyzerinäme und Hypercholesterinämie aufweisen. Die Prävalenz der NAFLD steigt zudem bei Patienten mit einer Hyperglykämie. Die Insulinresistenz ist dabei stärker ausgeprägt bei Patienten mit einer nachweisbaren NASH oder einer fortgeschrittenen Fibrose als bei Patienten mit einer einfachen Leberzellverfettung [33, 41].
Reye-Syndrom Erstmals wurde das Reye-Syndrom 1929 von W. R. Brain und dann später 1963 von Reye anhand pathologischer Veränderungen beschrieben, die durch das Auftreten einer Hepatopathie und Enzephalopathie charakterisiert wurden [71]. Epidemiologie, Ätiologie, und Pathogenese. Betroffen vom Reye-Syndrom sind in 98 % Kinder und Jugendliche unter 20 Jahre. Eine Geschlechtsdisposition besteht nicht. Die Ätiologie ist bis heute unklar. Die Mehrzahl der betroffenen Patienten weist jedoch vor Diagnosestellung einen viralen grippalen Infekt auf, meist durch Influenza- oder Herpesviren (Varizellen). Darüber hinaus wird eine Assoziation mit der Einnahme von Salizylaten (Azetylsalizylsäure) angenommen, die bei einem Großteil der Patienten aufgrund der grippalen Symptomatik vorlag [35, 37, 75].
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Tab. 2.2 Leberbeteiligung bei Systemerkrankungen [9]
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Klinisches Leitbild
Erkrankung
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Cholestase
– Primär sklerosierende Cholangitis (PSC)
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– Autoimmunbedingte sklerosierende Cholangitis (ASC)
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– Immundefektsyndrome
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– Juvenile rheumatoide Arthritis
7
– Systemischer Lupus erythematodes – Zystische Fibrose
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Abb. 2.6 Reye-Syndrom. Hydropische Hepatozyten und diffuse mikrovesikuläre Leberzellverfettung. Eine portale Entzündung fehlt
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Morphologie. Makroskopisch ist die Leber gelb, mikroskopisch weist sie als Hauptkriterium eine mikrovesikuläre, diffuse Leberzellverfettung auf. Die Hepatozyten sind darüber hinaus geschwollen mit reduziertem Glykogengehalt (Abb. 2.6). Herdförmige Leberzellnekrosen können auftreten, diese sind meist nur gering ausgeprägt. Eine portale Entzündung fehlt oft oder ist nur sehr mild. Eine Cholestase liegt ebenfalls nur sehr selten vor. Ultrastrukturell weisen die hepatozytären Mitochondrien die größte Schädigung auf. Diese sind vergrößert und unförmig. Das Ausmaß der Mitochondrienvergrößerung kann dabei mit der Schwere der Enzephalopathie einhergehen [37]. Differentialdiagnose. Abzugrenzen sind vererbte Stoffwechselstörungen und toxische bzw. medikamentöstoxische Lebererkrankungen, bei denen ebenfalls eine mikrovesikuläre Leberzellverfettung auftritt. Dies ist z. B. zu beobachten bei der Einnahme von Tetrazyklin, Aflatoxin, Nukleosidanalogika oder Valproinsäure. Eine Aspirinintoxikation kann das Reye-Syndrom nachahmen, wobei jedoch die ultrastrukturellen Veränderungen anders ausgeprägt sind [37, 75]. Verlauf und Prognose. Klinisch folgen dem meist fieberhaften grippalen Infekt Erbrechen, Somnolenz bis hin zum Koma. Dabei können auch zerebrale Krampfanfälle auftreten. Die Leberschädigung zeigt sich laborchemisch in einer Transaminasenerhöhung – sowohl der GOT als auch der GPT –, einer Hypoglykämie, einer Erhöhung des Ammoniakspiegels, einer metabolischen Azidose und einer Verminderung der Gerinnungsfaktoren. Zusammen ergeben der klinische und laborchemische Befund somit das vergleichbare Bild eines akuten Leberversagens [37, 75].
– Transientes myeloproliferatives Syndrom bei Down-Syndrom Akutes Leberversagen
– Neonatale Hämochromatose – Morbus Niemann-Pick Typ C – Mitochondropathien – Organoazidurien – Sepsis – Medikamentös-toxisch – Graft-versus-host disease (GvHD) – Venenverschlusskrankheit (VOD) – Familiäre hämophagozytische Lymphohistiozytose
Hepatopathie
– Neonataler Lupus erythematodes – Virushepatitis – Leukämien – Myelodysplastisches und myeloprolifera tives Syndrom – Tumoren – Langerhans-Histiozytose – Kawasaki-Syndrom – Zöliakie – Nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH) – Overlap-Syndrom
Seit der Beobachtung, dass eine Assoziation zwischen einer Einnahme von Salizylaten und dem Reye-Syndrom besteht, wurden von der US-amerikanischen „Food and Drug Administration“ und vom „Center for Disease Con-
Fehlbildungen und Lebererkrankungen im Kindesalter
trol“ die Empfehlung ausgesprochen, dass die Einnahme dieser Substanzen bei Kindern und Jugendlichen mit fieberhaften viralen Infekten, insbesondere durch Influenza und Varizellen, vermieden werden sollte. Seitdem konnte ein Rückgang des Reye-Syndroms weltweit beobachtet werden [56]. Mittlerweile ist davon auszugehen, dass alle Patienten, die ein „Reye-ähnliches Syndrom“ aufweisen, an einer vererbbaren Stoffwechselerkrankung leiden [37].
Leberbeteiligung bei Systemerkrankungen Eine Beteiligung der Leber kann bei zahlreichen Systemerkrankungen auftreten. Als Auslöser kommen iatrogene, immunologische, infektiöse, metabolische neoplastische, leberspezifische oder infektiöse Schädigungen in Frage. Die Lebermanifestation kann sich als akutes Leberversagen, Cholestasesyndrom oder Hepatopathie äußern (Tab. 2.2; [9]). Ein akutes Leberversagen findet sich z. B. bei der neonatalen Hämochromatose, beim Morbus Niemann-Pick Typ C, der familiären hämophagozytischen Lymphohistiozytose oder bei Mitochondriopathien. Die Hepatopathie ist häufig ein Zufallsbefund und fällt meist durch erhöhte Leberwerte und eine Hepatosplenomegalie auf [9].
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Kapitel 2
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Kapitel 3
Vaskuläre Erkrankungen und Durchblutungsstörungen 3
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T. Longerich, H. P. Dienes, P. Schirmacher
Inhalt Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Vaskuläre Veränderungen bei akuten und chronischen Lebererkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Anatomie und Physiologie der Leberdurchblutung . . . . . 44
Vaskuläre Veränderungen bei akuten Lebererkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Malformationen der Lebergefäße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Erworbene Erkrankungen der Lebergefäße . . . . . . . . . . . . 45
Vaskuläre Veränderungen bei chronischen Lebererkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Vena portae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Vaskuläre Veränderungen nach Transplantation . . . . 53
Portale Hypertension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Pfortaderthrombose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Beteiligung der Lebergefäße bei systemischen Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Obliterationen der portalen Endstrombahn/ obliterative portale Venopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Systemische Vaskulitiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Amyloidose und Leichtkettenkrankheit . . . . . . . . . . . . 54
Makroregenerative Knoten, partielle noduläre Transformation und makronoduläre Zirrhose . . . . . . 47
Hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (Morbus Osler-Weber-Rendu) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Arteria hepatica und ihre Äste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Erkrankungen des sinusoidalen Geflechts . . . . . . . . . . . 48
Lebergewebsschäden bei vaskulären Erkrankungen und Hypoxie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Perisinusoidale Fibrose und Vaskularisierung der Sinusoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Stauungsleber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Hypoxische Parenchymschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Sinusoidale Dilatation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Parenchymatrophie und fokale Hyperplasien . . . . . . . 55
Peliosis hepatis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Diffuse noduläre Hyperplasie (DNH; nodulär-regeneratorische Hyperplasie) . . . . . . . . . . . . 56
Sonstige Erkrankungen mit Manifestation in den Sinusoiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Segmentale/lobäre Atrophie und Hyperplasie . . . . . . . 56
Erkrankungen der ableitenden Gefäße . . . . . . . . . . . . . . 50 Sinusoidales Obstruktionssyndrom (SOS)/ venookklusive Erkrankung („veno-occlusive disease“, VOD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Fokale noduläre Hyperplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
Lebervenenthrombose (Budd-Chiari-Syndrom) . . . . . 51 Rechtsherzinsuffizienz und konstriktive Kardiomyopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_3
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T. Longerich, H. P. Dienes, P. Schirmacher
Allgemeines Vaskuläre Erkrankungen können sich an allen Gefäßstrukturen der Leber, einschließlich der Sinusoide, ausbilden und erhebliche Auswirkungen auf das Parenchym und die Gallengangstrukturen haben. Neben leberspezifischen Erkrankungen können sich auch systemische vaskuläre Erkrankungen oder Erkrankungen anderer Organsysteme an den Lebergefäßen manifestieren. Auch wenn primäre vaskuläre Erkrankungen der Leber nicht zu den häufigsten Erkrankungen zählen, sind sie oft schwerwiegend. Gefäßveränderungen spielen als Begleit- oder Teilphänomene bei vielen akuten (z. B. akute Transplantatabstoßung) und chronischen Leberveränderungen, vor allem bei zirrhotischem und präzirrhotischem Umbau, eine wesentliche Rolle; letztere Veränderungen werden in den entsprechenden Kapiteln beschrieben und hier nur kurz angesprochen. Aus diesen Gründen sind vaskuläre Veränderungen von erheblicher pathologischer Bedeutung. Leberbiopsiegewebe sollte routinemäßig auf Gefäßveränderungen hin untersucht werden und histochemische Spezialfärbungen müssen eine optimale Beurteilung der vaskulären Strukturen ermöglichen. Vaskuläre Tumoren sind die häufigsten primären benignen (Hämangiome) und malignen mesenchymalen Neoplasien (malignes Hämangioendotheliom, Angio sarkom) der Leber und werden im Kontext der übrigen Lebertumoren dargestellt.
Anatomie und Physiologie der Leberdurchblutung Die afferente Blutversorgung der Leber erfolgt über zwei grundsätzlich getrennte Gefäßsysteme, die A. hepatica und ihre Äste, die systemisches, arterielles Blut transportieren, und die V. portae, die nährstoffreiches, venöses Blut aus dem Gastrointestinaltrakt führt. Die Pfortader ist ein Niederdrucksystem (Normaldrücke: 5–10 mmHg), das normalerweise etwa 70–80 % des Blutvolumens in die Leber transportiert. Beide Gefäßsysteme erreichen die Leber über den Hilus und verzweigen sich intrahepatisch bis hin zu kleinsten arteriolären und venulären Gefäßen. Umgeben von Bindegewebe, Nerven und Lymphgefäßen bilden sie in den Portalfeldern zusammen mit den Gallengängen die portale Trias (Glisson-Trias). Über vorwiegend arteriell gespeiste Kapillaren des peribiliären Plexus erfolgt auch die Versorgung der Gallengänge, die bezüglich einer hypoxischen Schädigung besonders empfindlich sind. Neben der besonderen Blutversorgung weisen biliäre Epithelien aufgrund niedriger intrazellulärer Glutathionspiegel eine vergleichsweise geringe Toleranz gegenüber reaktiven Sauerstoffspezies auf [71]. Sowohl
arterioläre als auch venuläre Strukturen geben ihr Blut über terminale Äste, die an der Grenze des Leberläppchens verlaufen, in die Sinusoide ab. Diese Bluträume stellen keine vaskulären Strukturen im eigentlichen Sinne dar, sondern werden durch spezialisierte, fenestrierte, sinusoidale Endothelzellen vom Disse’schen Raum und den Hepatozyten abgegrenzt. Die Lebersinusoide entwickeln sich zwischen der 4. und 12. Gestationswoche aus Kapillaren des Septum transversum. Die Entwicklung zu adulten Sinusendothelzellen beinhaltet eine frühe strukturelle (Gestationswochen 5–12) und eine spätere funktionelle Differenzierung (Gestationswochen 10–20) [15]. Die Fenestrierungen messen 50–300 nm und sind daher für korpuskuläre Blutbestandteile nicht durchgängig. Sie gewährleisten den für die zentralen Synthese‑, Metabolismus- und Detoxifikationsfunktionen der Leber unverzichtbaren direkten Kontakt des sinusoidalen Blutes mit den Hepatozyten. Das Blut durchströmt die Sinusoide in portozentraler Richtung und sammelt sich wieder in den terminalen Zentralvenenästen. Die Zentralvenenäste fließen in den Lebervenen zusammen, die in die V. cava inferior münden. Dem Blutstrom der Lebervenen stehen im gesamten Verlauf normalerweise keine Klappen entgegen.
Malformationen der Lebergefäße Die Pfortader hat beim gesunden Erwachsenen einen Durchmesser von 0,6–1,2 cm [25]. Ihre Aufzweigungen definieren die acht Lebersegmente nach Coinaud [14] und zeigen nur selten Variationen. Aplasien, Hypoplasien (Durchmesser 250 µg/g) Lebertrockengewicht wird bei Menschen ab der zweiten Lebensdekade als bester biochemischer Hinweis auf Morbus Wilson angesehen; bei jüngeren Kindern existieren bislang keine Normwerte. Zusammenfassend ist aber festzuhalten, dass es keinen biochemischen oder klinischen Marker gibt, der für Morbus Wilson spezifisch ist. Von verschiedenen Fachgesellschaften wurden deshalb Scoring-Systeme entwickelt, die den manchmal schwierigen diagnostischen Prozess unterstützen [136]. Molekulargenetische Untersuchungen. In der Datenbasis der Human Genome Organisation (HUGO) sind etwa 500 verschiedene Mutationen gelistet, die über die gesamte Ausdehnung des ATP7B-Gens verteilt sind (http://www.wilsondisease.med.ualberta.ca/ database.asp). Die Prävalenz dieser Mutationen ist in verschiedenen Populationen unterschiedlich ausgeprägt (Tab. 4.6; [144, 145, 362]). Da die meisten Patienten eine Compound-Heterozygotie für zwei verschiedene der
Abb. 4.10 Bräunliche Ablagerungen von Kupfer in der DescemetMembran: Kayser-Fleischer-Kornealring
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76
1
C. Lackner, A. S. Knisely
Tab. 4.5 Diagnostische Routineuntersuchungen bei Morbus Wilson. (European Association for the Study of the Liver [136])
2
Test
Typisches Ergebnis
Falsch-negativ
Falsch-positiv
3
Coeruloplasmin Serum konzentration
Reduziert auf 50 % der Untergrenze des Normwertes
Hepatitis, Schwangerschaft, Östrogentherapie
Malabsorption, Acoeruloplasminämie, Heterozygot für ATB7B-Mutation
24-Stunden-Kupfer ausscheidung im Urin
Erwachsene: > 1,6 μmol/24 h
Fehler bei der Harnsammlung, Kinder ohne Leber manifestation
Hepatozelluläre Nekrosen, Cholestase, Kontamination
Kupfergehalt im Lebergewebe
> 4 μmol/g (> 250 μg/g) Lebertrockengewicht
Stichprobenfehlera, akute Hepatitis
Cholestase
Kayser-Fleischer-Ring
Nachweisbar
Lebermanifestation, asymptomatische Familienmitglieder
Primäre biliäre Cholangitis
4 5 6 7 8 9 10 11
a
Kinder: > 0,64 μmol/24 h
Der Stichprobenfehler ist durch die ungleichmäßige Verteilung der Kupferablagerungen in der zirrhotischen Leber bedingt
Tab. 4.6 Regionale Unterschiede der Prävalenz einiger ATP7B-Mutationen. (Ferenci [144]; Schilsky und Ala [362]) Mutation
Exon
Population
Frequenz (in %)
H1069Q
14
Zentral‑, Ost- und Nordeuropa
30–70
13
2299insCG710S
8
Zentral‑, Ost- und Nordeuropa
1000 µg/l, erhöhter Aspartaminotransferase, Hepatomegalie, oder Alter > 40 Jahre zur Bestimmung des Fibrosestadiums indiziert sein [137]. Präzirrhotisches Stadium. In der H&E-Färbung ist die Speicherung größerer Eisenmengen als dunkelbraunes Pigment im Zytoplasma der Hepatozyten nachweisbar, mit höherer Sensitivität kann es aber histochemisch (Eisenfärbungen) detektiert werden. Da Eisen bei einer großen Anzahl von Erberkrankungen vermehrt gespeichert wird, sollte eine Eisenfärbung standardmäßig bei allen Leberbiopsien durchgeführt werden. In der Routine wird dazu häufig die Berlinerblaufärbung verwendet. Die Eisenspeicherung beginnt in periportalen Hepatozyten, wobei Eisengranula in der perikanalikulären Region (biliärer Pol) des Zytoplasmas gelagert sind. Spä-
Abb. 4.23 Hochgradige parenchymatöse Siderose (H&E). Fokal hepatozelluläre Nekrosen mit herdförmig aggregierten siderinbeladenen Makrophagen (Sideronekrose)
ter nehmen auch Hepatozyten der intermediären und zentralen Läppchenabschnitte an der Eisenspeicherung teil (parenchymatöse Siderose), wobei aber die Ablagerungen in den periportalen Hepatozyten am stärksten ausgeprägt sind (Abb. 4.20). Dieser portozentrale Gradient der Eisenspeicherung ist typisch, aber nicht spezifisch für HC und kann z. B. auch bei den meisten Non-HFE-HC oder bei sekundärer Eisenüberladung auftreten [61, 114]. Eisen wird in späteren Stadien auch in interlobulären Gallengängen (Abb. 4.21) und den Zellen der duktulären Reaktion abgelagert (Abb. 4.22). Mit der Eisenspeicherung kommt es zu herdförmigen hepatozellulären Nekrosen, die von Kupffer-Zellen mit reichlich Siderin aus den zugrunde gegangenen Hepatozyten umgeben sind (Sideronekrose; Abb. 4.23). Auch portale Makrophagen können Eisen enthalten. Die Eisenspeicherung in sinusoidalen Zellen, v. a. in Kupffer-Zellen und portalen Makrophagen, wird als
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C. Lackner, A. S. Knisely
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Abb. 4.24 Portoportale Fibrose bei HFE-HC. Die Portalfelder (Stern) sind fibrosiert und nur gering verbreitert. Es zeigen sich inkomplette portoportale Septen. Die portozentralen Beziehungen sind erhalten (Chromotropanilinblau)
Abb. 4.26 Mikronoduläre Zirrhose bei HFE-HC (Chromotropanilinblau)
11 12 13 14 15 16 17
Abb. 4.27 Schwere parenchymatöse Siderose und zirrhotischer Umbau der Leber. Fokal Hepatozyten mit fehlender Eisenspeicherung (eisenfreier Fokus; Berlinerblau)
18 19 20
Abb. 4.25 Schwere Fibrose bei HFE-HC. Landartig begrenzte Parenchymareale, die von Bindegewebesepten begrenzt sind. Im Zentrum des Parenchymbezirkes ist eine Zentralvene (Stern) nachweisbar (Chromotropanilinblau)
21 22 23 24 25 26 27 28
mesenchymale Siderose bezeichnet. In der Umgebung der sideronekrotischen Foki und in den Portalfeldern können milde lymphohistiozytäre Infiltrate auftreten [118]. Möglicherweise wird durch den Verlust von periportalen Hepatozyten die Entwicklung von portoportalen Bindegewebssepten begünstigt (Abb. 4.24). Es entsteht ein Fibrosetyp, der dem bei chronischen biliären Erkrankungen ähnelt (Abb. 4.25). Portozentrale lobuläre Beziehungen bleiben lange gewahrt und sind auch im Zirrhosestadium häufig noch nachvollziehbar [61, 114]. Portale Hypertension und Leberversagen sind bei Patienten mit HC selten [159]. Es gibt Hinweise, dass die therapeutische Verringerung der Eisenspeicher zu einer Rückbildung der Fibrose beitragen kann [139, 331].
Zirrhosestadium. Die HC-assoziierte Zirrhose ist häufig mikronodulär (Abb. 4.26). Es besteht ein über 200fach erhöhtes Risiko für ein primäres Leberkarzinom (häufiger HCC; 30 % cholangiozelluläres Karzinom) [61, 114, 232, 283]. Risikofaktoren sind männliches Geschlecht, Alter über 50 Jahre, Zirrhose, Alkoholabusus, Rauchen und chronische Hepatitis-B- oder -C-Virusinfektion [56, 117, 158, 301]. Das HC-assoziierte HCC scheint sich unabhängig von therapeutischen Maßnahmen zu entwickeln. Bei 20 % der Betroffenen tritt es in einer nichtzirrhotischen Leber auf [117, 283]. Parenchymareale ohne hepatozelluläre Eisenspeicherung (eisenfreie Foki; Abb. 4.27; [116, 205]) wurden als prä- oder paraneoplastische histologische Läsionen von HC-assoziierten Leberkarzinomen beschrieben. Der Nachweis von eisenfreien Fokussen ist prognostisch sehr bedeutsam. In einer Studie entwickelten > 50 % der HC-Patienten mit eisenfreien Fokussen und A) in various racial and ethnic groups. Hepatology 58:958–965 367. Searle J, Kerr J, Halliday J, Powell L (1988) Iron storage disease. In: MacSween R, Anthony P, Scheuer P (Hrsg) Pathology of the Liver. Churchill Livingstone, London, S 181–202
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C. Lackner, A. S. Knisely
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115
116
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Kapitel 5
Medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI) 5
5
L. Terracciano, S. Stadlmann, L. Tornillo
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
Sinusoidales Obstruktionssyndrom (SOS) . . . . . . . . . 122
Schadensmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
Peliosis hepatis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
Ätiologische Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
Medikamentös-induzierte Autoimmunhepatitis (DrAIH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
Biotransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Mechanismen der Hepatozytenschäden . . . . . . . . . . . . 121 Mitochondriale Dysfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
Medikamentös-induzierte Steatose und Steatohepatitis . 128 Medikamentös-induzierte Fibrose und Zirrhose . . . . . . 137
Aktivierung des hepatischen Immunsystems . . . . . . . 122
Cholestatischer medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
Intrahepatische Cholestase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
Vaskuläre Abnormalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_5
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L. Terracciano, S. Stadlmann, L. Tornillo
Einleitung Ein medikamentös-toxischer Leberschaden („drug-induced liver injury“, DILI) ist ein breit verwendeter Terminus für einen beliebigen Leberschaden, der durch ein verordnetes/frei erhältliches Medikament, Heilkräuter oder Nahrungsmittelzusätze verursacht wird und dessen Spektrum von asymptomatischen, laborchemischen Veränderungen bis hin zum akuten Leberversagen reicht. Ein DILI kann sich sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen als klinisch signifikante akute oder chronische Leberschädigung manifestieren. In der westlichen Welt ist ein DILI die häufigste Ursache eines akuten Leberversagens und der häufigste Grund, warum ein Medikament vom Markt zurückgezogen werden muss [327]. Zur Inzidenz in der allgemeinen Bevölkerung existieren nur wenige Daten. Eine aktuelle epidemiologische Studie zeigt jedoch etwa 20 neue Fälle auf 100.000 Einwohner pro Jahr [47, 285]. Allerdings könnte die tatsächliche Inzidenz noch um einiges höher liegen, wenn man beachtet, dass viele dieser Fälle klinisch okkult verlaufen und zudem oft Schwierigkeiten bei der Detektion und Diagnose bestehen. Des Weiteren stellt der Mangel an objektiven diagnostischen Kriterien, die variable klinische Präsentation und die idiosynkratische Natur der meisten Fälle eine diagnostische Herausforderung für die praktizierenden Gastroenterologen dar. Auch die Beurteilung einer Leberbiopsie im Kontext eines DILI ist oft erschwert, da – ein medikamentös-toxischer Leberschaden jedes Muster einer anderen primären Lebererkrankung imitieren kann, – eine eindeutige Diagnosezuordnung in den meisten Fällen nicht möglich ist, – die Krankengeschichte nicht vollständig vorliegt und/oder mehrere mögliche Agenzien gleichzeitig eingenommen werden, – es häufig schwierig ist, eine vollständige Anamnese bezüglich eingenommener Heilkräuter und frei erhältlicher Medikamente sowie einer Exposition gegenüber Toxinen im Haushalt oder der Industrie zu erheben. Das amerikanische DILI-Register (U.S. Drug Induced Liver Injury Network; DILIN) zeigt, dass die initialen Zeichen eines DILI oft unspezifisch sind und sich oft lediglich als Müdigkeit, Nausea und/oder Bauchschmerzen manifestieren. Zur Beurteilung der Latenz einer möglichen Episode eines DILI ist daher der Beginn der Symptomatik von entscheidender Bedeutung. Leberspezifische Symptome werden meistens nur in schweren Fällen angegeben und umfassen unter anderem Pruritus, Ikterus, Aszites sowie eine hepatische Enzephalopathie. Ein Ikterus im Rahmen eines akuten Leberschadens ist mit einer Mortalitätsrate von 10 % assoziiert und wird oft als Hy’sches Gesetz (Hy’s Law) bezeichnet [64, 307].
Medikamente und natürliche Nahrungsmittelzusätze verursachen häufig nur einen subklinischen Leberschaden, der sich als geringe Erhöhung der Alaninaminotransferase (ALT) oder als milde Erhöhung des unkonjugierten Bilirubins im Serum manifestiert. Grundsätzlich erfordert die Diagnose eines DILI keine Leberbiopsie. Wenn dennoch die Entscheidung zur Biopsieentnahme fällt, ist dies meistens der Fall, weil die klinische Situation durch die Einnahme verschiedener möglicher Agenzien oder interkurrenter Grunderkrankungen verkompliziert wird. Bei der Evaluation eines möglichen DILI bietet die histopathologische Beurteilung einer Leberbiopsie mehrere Vorteile. Zum einen ermöglicht das vorliegende morphologische Schadensmuster, einen DILI in der Differentialdiagnose ein- oder auszuschließen und gleichzeitig kann das Schadensmuster mit bekannten Referenzen verglichen werden. Andererseits können die zugrunde liegenden Mechanismen der Schadensentstehung erforscht werden und eine Gradierung des Schadens erfolgen, wie z. B. die Evaluation der Fibrose bei einer Methotrexat-Therapie. Sobald eine Autoimmunhepatitis differentialdiagnostisch möglich ist, kann eine Biopsie sogar zwingend sein, da die diagnostischen Kriterien einer Autoimmunhepatitis eine histopathologische Beurteilung fordern. Gelegentlich kann eine Leberbiopsie auch erforderlich sein, um eine notwendige Therapie, wie eine Chemotherapie bei einem fortgeschrittenen malignen Tumor, weiterführen zu können oder einen Reexpositionsversuch zu starten. Um eine korrekte Diagnose eines DILI stellen zu können, ist es von größter Wichtigkeit, den genauen Zeitpunkt des Beginns und Endes der Medikation, des Einsetzens der Symptomatik und die laborchemischen Abnormalitäten der Leberwerte zu kennen. Dabei ist das Muster der laborchemischen Veränderungen zum Zeitpunkt der Präsentation im Vergleich zu einer korrekten Anamnese nur zweitrangig. Gewisse Rückschlüsse auf das Muster der histomorphologischen Schäden können jedoch auch aus den laborchemischen Abweichungen gezogen werden. Diese werden mit einem R-Wert kategorisiert [R = (ALT-Wert/ALT oberer Normwert) ÷ (alkalische Phosphatase-(AP-)Wert/AP oberer Normwert)]. R-Werte > 5 gelten als hepatozellulärer, 50 Jahre um das 5fache [111]. Als Ursache für das gehäufte Auftreten einer DrAIH beim weiblichen Geschlecht wird die erhöhte CYP3A-Aktivität bei Frauen angenommen [71]. Obwohl idiosynkratische Reaktionen unabhängig von der verabreichten Dosis auftreten, sind bei einigen Medikamenten Schwellenwerte beschrieben, ab denen das Risiko einer idiosynkratischen Leberschädigung ansteigt [316, 317]. Von einigen Agenzien wie Alkohol
123
124
1
L. Terracciano, S. Stadlmann, L. Tornillo
Tab. 5.2 Medikamente und Wirkstoffe, die mit einer DrAIH assoziiert sein können
2
Wirkstoff
Literatur
Typ
3
Adalimumab
[5, 203]
DrAIH-1
4
Ambrisentan
[234]
Anastrozol
[154]
DrAIH-1
5
Atomoxetin
[206]
DrAIH-1
6
Atorvastatin
[128, 203, 280, 319]
DrAIH-1
7
ANA (80–90 %), ASMA (25 %)
Benzaron
[27, 203]
DrAIH-1
ASMA
8
Benzbromaron
[300]
DrAIH-1
ANA
9
Bupropion
[151]
DrAIH-1
ANA, ASMA
Cefaclor
[300]
DrAIH-1
ANA
11
Cephalexin
[46, 203]
Chondroitinsulfat
[322]
12
Clometacin
[147, 157, 249, 254]
DrAIH-1
ANA, ASMA, anti-DNA
13
Dai-Saiko-To
[166, 203]
14
Diclofenac
[10, 141, 203, 283, 300]
DrAIH-1
ANA
Dihydralazin
[36, 51, 203]
DrAIH-2
Anti-CYP1A2
Dydrogesteron
[15]
DrAIH-1
ANA
Ecstasy (3,4-Methylenedioxymethamphetamin)
[107, 203]
DrAIH-1
ANA
Edel-Gamander (Teucrium chamaedrys)
[37, 194, 203]
DrAIH-1
ANA, ASMA
Efalizumab
[46, 263]
20
Etanercept
[105, 136]
Ethinyloestradiol
[231]
DrAIH-1
ANA
21
Etrenitat
[203]
DrAIH-3
Keine Auto-AK
22
Ezetimib
[319]
DrAIH-1
23
Fenofibrat
[40, 147, 203]
DrAIH-1
ANA
Fluvastatin
[203, 280]
DrAIH-1
ANA (80–90 %), ASMA (25 %)
25
Glucosamin
[322]
26
Goserelin
[91]
DrAIH-1
Halothan
[95, 203, 239]
DrAIH-2
10
15 16 17 18 19
24
27 28
Serologie
ANA
Anticarboxylesterase, AntiProtein-Disulfidisomerase
Medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI)
Kapitel 5
125
Tab. 5.2 (Fortsetzung) Wirkstoff
Literatur
Typ
Serologie
Hydralazin
[229]
DrAIH-2
LKM
Hydroxycut
[203]
Imatinib
[12, 14, 86, 203]
Indometacin
[2, 203]
Infliximab
[77, 99, 116, 203, 221, 246]
Interferon
[94, 203]
Iproniazid
[203]
Irbesartan
[46]
Isoniazid
[49, 203]
Liraglutid
[172]
Lisinopril
[203]
DrAIH-3
Keine Auto-AK
Loxoprofen
[300]
DrAIH-1
ANA
Ma Huang
[50, 203, 232]
Meloxicam
[46, 203, 224]
Methyldopa
[24, 123, 203, 272, 286]
DrAIH-1
ANA (16 %), ASMA (35 %)
Methylphenidat
[203, 204]
Metronidazol
[167]
Minocyclin
[1, 22, 28, 42, 110, 122, 125, 240, 306]
DrAIH-1
ANA, anti-DNA
Natalizumab
[209, 223]
DrAIH-1
ASMA
Nitrofurantoin
[17, 23, 138, 203, 287, 289, 299]
DrAIH-1
ANA (80 %), ASMA (72 %)
Ofloxacin
[300]
DrAIH-1
ANA
Ornidazol
[98, 184]
Oxiphenisatin
[147, 203, 268]
DrAIH-1
ANA (67 %), ASMA (67 %)
Papaverin
[147, 203, 262]
DrAIH-1
ANA, ASMA
Pemolin
[203, 296]
DrAIH-1
ANA, antimikrosomal
Phenprocoumon
[145, 203]
Prometrium
[46, 203]
Propylthiouracil
[106, 203, 217]
DrAIH-1
ANA
Pyrazinamid
[176]
Rosuvastatin
[203, 280, 334]
DrAIH-1
ANA (80–90 %), ASMA (25 %)
ANA, ASMA, dsDNA
DrAIH-1
ANA
DrAIH-2
Antimikrosomal Ab6 ANA
126
1
L. Terracciano, S. Stadlmann, L. Tornillo
Tab. 5.2 (Fortsetzung)
2
Wirkstoff
Literatur
Typ
Serologie
3
Simvastatin
[203, 280]
DrAIH-1
ANA (80–90 %), ASMA (25 %)
4
Sulfonamide
[203]
DrAIH-3
Keine Auto-AK
5
Terbinafin
[203, 248]
Tienilsäure
[148, 196, 203, 229]
DrAIH-2
Anti-CYP2C9 (LKM2)
Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa)
[69, 131, 203]
Trazadon
[203]
Trichloroethylen
[119, 203]
Tumornekrosefaktor-alpha
[93]
Uracil (in Kombination mit Tegafur und Tamoxifen)
[203]
6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
ist bekannt, dass sie über eine Induktion der Aktivität von Leberenzymen das Risiko einer DrAIH (z. B. bei Methotrexat, Isoniazid, Halothan, Acetaminophen) erhöhen. Die genetische Prädisposition wird als kritische Determinante für das Risiko einer DrAIH angesehen. So ist ein CYP2E1-Polymorphismus für eine Isoniazid-Toxizität verantwortlich [324]. CYP2C8 und UGT2B7*2, die die Aktivität der Uridin-Diphosphat-Glucuronosyltransferase beeinflussen, scheinen bei einer Diclofenacinduzierten DrAIH eine entscheidende Rolle zu spielen [75]. In ähnlicher Weise ist NAT2*4, die die N-Acetyltransferase-Aktivität beeinflusst, mit Sulfonamid- und Isoniazid-induzierter DrAIH assoziiert [150, 269]. Daneben wurde eine Assoziation von DrAIH mit „human leucoyte antigens“ (HLA) für Clometacin (HLA B8), Isoniazid (DRB*03), und Ximelagatran (DRB1*0701 und DQA1*02) beschrieben [72]. Pathogenese. Die genaue Pathogenese der DrAIH bleibt unklar. Das Krankheitsbild reflektiert eine komplexe Interaktion zwischen genetischer Veranlagung, Autoantigenen und immunregulierenden Mechanismen. Genetische Polymorphismen, die die Phase-I- und PhaseII-Transformation eines Medikaments beeinflussen oder vor oxidativem Stress schützen, dürften in der Pathogenese eine zentrale Rolle spielen. Reaktive Metabolite, die durch die hepatische Metabolisierung der verabreichten Medikamente entstehen, können an zelluläre Proteine wie Cytochrom-P450 binden. Diese werden durch das Immunsystem als Neoantigene erkannt [33, 270], was zu einer erhöhten Cytochrom-CYP3A-Aktivität und Substrat-Clearance beitragen kann [71]. Medikamente mit
ANA, SMA DrAIH-3
einer aromatischen funktionellen Gruppe wie Furane oder Thiophene generieren häufig reaktive Metaboliten, die durch Autoantikörper gebunden werden [78]. In der Folge werden Lymphozyten mit selektiven Antigenrezeptoren aktiviert, die die Neoantigene attackieren [270]. Minocyclin, ein halbsynthetisches Antibiotikum aus der Klasse der Tetrazykline, und Nitrofurantoin, ein synthetisches Nitrofuran-Derivat mit antibiotischer Wirkung, sind in 90 % aller Fälle einer DrAIH involviert. Von Minocyclin wird angenommen, dass es über die Produktion und Metabolisierung von 50- und 90-kd-Proteinen die Bildung von Autoantikörpern induziert [144]. Bei der Nitrofurantoin-induzierten AIH wird pathogenetisch eine Hypersensitivitätsreaktion angenommen [299]. Klinik und Diagnostik. Die DrAIH hat ein sehr heterogenes und fluktuierendes Erscheinungsbild und ähnelt in vielen Fällen einer klassischen AIH. Die Diagnose wird oft verzögert gestellt, da häufig nur leichte, unspezifische Symptome einer akuten, selbstlimitierenden Hepatitis auftreten und die Einnahme des verursachenden Medikaments Wochen bis Monate zurückliegen kann. Tab. 5.3 gibt eine Übersicht typischer Beschwerden und klinischer Befunde bei der DrAIH und der klassischen AIH [46, 73, 74, 143, 299]. Ikterus ist die häufigste klinische Manifestation bei Minozyklin- und Nitrofurantoin-induzierter AIH [46]. Häufiger als die klassische AIH ist die DrAIH durch einen akuten Beginn mit Anorexie, Lethargie, Nausea, Abdominalbeschwerden und Diarrhoe charakterisiert [11, 203, 299]. Die Latenzintervalle können
Medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI) Tab. 5.3 Klinische Charakteristika einer DrAIH und einer klassischen AIH Klinik
DrAIH
Klassische AIH
Prävalenz
Nicht bekannt
16,9 pro 100.000
Inzidenz
Nicht bekannt
1,07–1,90 pro 100.000 pro Jahr
Frauen
80–92 %
78 %
Medianes Alter
53 (24–61)
52 (37–62)
Alter ≥ 60 Jahre
18 %
–
Akuter Beginn
≤ 66 %
6–16 %
Ikterus
27–73 %
46 %
Symptomlos
≤ 39 %
–
Hypersensivität (Fieber, Ausschlag, Eosinophilie)
12–28 %
–
Autoantikörper
96 %
–
ANA
82–83 %
70 %
SMA
50–73 %
45 %
ANA und SMA
38 %
29 %
Seronegativ
4 %
12 %
Hypergammaglobulinämie
90 %
90 %
Progression zur Zirrhose
Sehr selten
Häufig
Ansprechen auf Gluko kortikoide
88–96 %
94 %
Rezidiv nach Absetzung des Medikaments
Sehr selten
50–87 %
von 1–8 Wochen bis 3–12 Monate variieren [203, 210, 328]. Serologisch zeigt sich typischerweise das Bild eines hepatozellulären Leberschadens [73]. Die Serumspiegel von Aspartat-(AST-) und Alanin-(ALT-)Aminotransferasen sind meist um das 5- bis 20fache erhöht [203], während cholestatische Parameter wie alkalische Phosphatase (AP) und γ-Glutamyl-Transferase (γ-GT) nur geringgradig erhöht sind. Hypergammaglobulinämie und erhöhte Serum-IgG-Spiegel reflektieren den chronischen und immunvermittelten Aspekt der DrAIH [203]. Ähnlich wie bei der klassischen AIH kommt auch bei einer DrAIH eine cholestatische Verlaufsform äußerst selten vor [203]. Die DrAIH unterscheidet sich von anderen Formen einer medikamentös-toxischen Hepatitis durch ihre häufige Assoziation zu Autoantikörpern. ANA und
Kapitel 5
Antikörper gegen SMA sind die häufigsten serologischen Marker, die bei der DrAIH nachgewiesen werden können [203]. Ihre Anwesenheit imitiert den Phänotyp einer klassischen AIH [73]. Hohe ANA- [96, 110, 122] und pANCA-Spiegel [97] können häufig bei einer Minocyclin-induzierten AIH nachgewiesen werden, während SMA selten beobachtet werden [122, 306]. Im Serum sind in der Regel CYP3A6 und CYP2C4 nachweisbar [144, 299]. Eine Nitrofurantoin-induzierte AIH ist häufig mit ANA (82 %) und SMA (73 %) im Serum sowie in 12–28 % der Fälle mit Fieber, Hautausschlag und Bluteosinophilie assoziiert [299]. Antikörper gegen P4502C9 („liver kidney microsome type 2“, LKM2) können bei Tielinsäure-induzierter AIH nachgewiesen werden [32, 34, 196]. Antikörper gegen P4501A2 werden typischerweise bei einer Dihydralazin-induzierten AIH exprimiert [34, 36, 52]. Antikörper gegen triFluor-acetylierte Proteine, die mit der E2-Untereinheit der Pyruvat-Dehydrogenase kreuzreagieren, können bei einer Halothan-induzierten AIH nachgewiesen werden [68]. Allerdings müssen nicht bei allen Patienten mit DrAIH Autoantikörper vorhanden sein. Etwa 20 % der Nitrofurantoin-induzierten und 40 % aller Methyldopainduzierten AIH sind seronegativ [200]. Umgekehrt können unter Medikamenteneinnahme häufig Autoantikörper nachgewiesen werden, ohne dass es zu einer Leberschädigung kommt [108, 125, 203]. Histopathologie. Die histopathologischen Veränderungen der DrAIH gleichen denen bei einer klassischen AIH, mit dem wesentlichen Unterschied, dass zirrhotische Veränderungen in den meisten Fällen einer DrAIH primär nicht nachzuweisen sind [46, 265]. Tab. 5.4 zeigt die histopathologischen Unterschiede zwischen einer DrAIH und einer klassischen AIH [46, 74]. Entzündungsinfiltrat: Bei der DrAIH finden sich überwiegend portale und periportale lymphozytäre Infiltrate (Abb. 5.1a,b) mit variabler Beimengung von Plasmazellen und eosinophilen Granulozyten (Abb. 5.1c; [87, 203, 265]). Die entzündliche Aktivität kann bei Minocyclin-induzierter AIH sehr mild ausgeprägt sein und eosinophile Granulozyten können sogar gänzlich fehlen [182, 265]. Das Dominieren von portalen und azinären Plasmazellen sowie Emperipolesis favorisieren eine klassische AIH [302]. Hepatozellulärer Parenchymschaden: Apoptosen (Abb. 5.1e) und Nekrosen stellen das histomorphologische Korrelat des hepatozellulären Parenchymschadens bei der DrAIH dar [87, 122, 203, 210, 265, 306]. Beide treten häufig zentrilobulär (Zone 3) auf und sind etwas häufiger als bei der klassischen AIH anzutreffen [46, 173]. In einem Drittel der Fälle von DrAIH können auch konfluente Nekrosen auftreten [46]. Oftmals
127
128
1 2
L. Terracciano, S. Stadlmann, L. Tornillo Tab. 5.4 Histopathologische Charakteristika einer DrAIH und einer klassischen AIH Charakteristika
DrAIH
Klassische AIH
4
Portale Entzündung
Mäßig bis schwer
Mäßig bis schwer
5
Interface-Aktivität
Mäßig bis schwer
Mäßig bis schwer
Lobuläre Aktivität
Mäßig bis schwer
Mäßig bis schwer
Lymphoplasmazelluläre Infiltrate
83 %
96 %
Eosinophile Granulozyten
Viele
Wenige
Emperipolesis
Selten
Häufig
10
Zone-3-Nekrosen
65 %
29–55 %
11
Konfluente Nekrosen
30 %
9 %
Rosettenformation
32 %
23 %
Nichtdestruktive Cholangitis (lymphozytär oder pleomorph)
Kann vorkommen
7–9 %
Destruktive Cholangitis (floride Gallengangläsion) oder fibrosierende Cholangitis
Kann vorkommen
≤ 5 %
Fibrose/Zirrhose bei Erstpräsentation
Sehr selten
16–28 %
3
6 7 8 9
12 13 14 15 16
19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
schnittlich innerhalb von 2 Jahren (3 Tage bis 12 Jahre) nach Einleitung der Arzneimitteltherapie [22, 122, 182]. Eine Nitrofurantoin-induzierte AIH ist typischerweise durch eine akute hepatozelluläre Reaktion, die sich innerhalb von 6 Wochen nach Beginn der Therapie entwickelt, charakterisiert [299]. Das sofortige Absetzen des betreffenden Medikaments ist die vordringlichste Maßnahme. Eine spontane Besserung erfolgt in der Regel innerhalb von einem Monat. Für symptomatische schwere Verlaufsformen ist eine Kortikosteroidtherapie gerechtfertigt, die fast immer wirksam ist [73, 220]. Ein Rückfall nach Absetzen der Kortikosteroide tritt äußerst selten auf. Eine chronische Hepatitis mit Progression in eine Leberzirrhose entwickelt sich meist nur, wenn die Einnahme des Medikaments fortgesetzt wird [210]. Der Nachweis einer Fibrose oder Zirrhose, eine verzögerte inflammatorische Exazerbation und Progression nach Absetzen des Medikaments bei Nitrofurantoin-induzierter AIH weisen auf eine aggressive Form mit chronischem Verlauf hin [17, 138]. In den wenigen schweren Fällen kann eine Kombinationstherapie von Prednison (30 mg/Tag) und Azathioprin (50 mg/Tag) über 2 Jahre oder seltener eine Lebertransplantation notwendig sein [98].
Medikamentös-induzierte Steatose und Steatohepatitis
17 18
lassen sich intrasinusoidale oder portale zeroidspeichernde Makrophagen als Zeichen vorangegangener Leberzelluntergänge nachweisen (Abb. 5.1d). Eine Rosettenbildung der Hepatozyten findet sich in bis zu 32 % [46]. Nicht selten zeigt sich der hepatozelluläre Leberschaden auch in Form einer hydropischen Degeneration der Hepatozyten mit oder ohne Nachweis von Mallory-Denk-Hyalin. Eine mikro- und makrovesikuläre Steatose wurde nach hochdosierter intravenöser Minocyclin-Therapie beschrieben [110]. Fibrose: Der Nachweis einer Leberfibrose (Abb. 5.1f) bei DrAIH ist ungewöhnlich [22, 79, 123, 125, 306]. Eine Ausnahme stellt die Nitrofurantoin-induziere AIH dar, bei der primär in 34 % eine Fibrose oder Zirrhose nachgewiesen werden kann [73, 101, 265]. Prognose und Therapie. Eines der auffälligsten Merkmale einer Minocyclin-induzierten AIH ist das lange Zeitintervall zwischen anfänglicher MinocyclinEinnahme und dem Auftreten der ersten klinischen Symptomatik. Ein Leberschaden entwickelt sich durch-
Definition. Die nichtalkoholische Fettlebererkrankung („non-alcoholic fatty liver disease“ = NAFLD) umfasst alle Formen von Lebererkrankungen, die durch eine übermäßige Steatose des Lebergewebes charakterisiert ist und bei denen weder Alkohol noch andere bekannte Lebererkrankungen eine Rolle spielen [58]. Bei einer Beteiligung von > 5 % der Hepatozyten spricht man von einer Verfettung, bei Beteiligung von > 50 % der Hepatozyten oder bei einem Gewichtsanteil des Fetts in der Leber > 10 % des Gesamtgewichts von einer Fettleber. Das gemeinsame Auftreten einer Steatose und eines Zellschadens bei fehlendem Alkoholabusus wird als nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH) bezeichnet [58]. Epidemiologie. Die geschätzte Prävalenz der NAFLD liegt bei 14–33 % und kommt in allen Altersgruppen vor [4, 222, 320]. Die große Streuung beruht auf der Verwendung sehr unterschiedlicher Untersuchungsmethoden wie bildgebenden Verfahren, Labordiagnostik und histopathologischen Untersuchungen. Die Inzidenz der NAFLD beträgt in westlichen Ländern 29 pro 100.000 Personen jährlich [330]. Die Prävalenz der NASH wird mit 3–5 % angegeben und ist zumeist metabolisch induziert [320]. Die medikamentös-toxisch induzierte Steatohepatitis ist vergleichsweise selten und wird in we-
Medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI)
Kapitel 5
a
b
c
d
e
f
Abb. 5.1 a–f Infliximab-induzierte Autoimmunhepatitis. a,b Portal (H&E) und periportal (H&E) betonte chronische Hepatitis mit Interface-Aktivität. c Entzündliches Infiltrat aus Lymphozyten, eosinophilen Granulozyten und gelegentlich Plasmazellen (H&E).
d Gruppen von zeroidspeichernden Makrophagen (Diastase PAS). e Nachweis einzelner apoptotischer Körper (Pfeile) (H&E). f Ausbildung portoportaler Bindegewebssepten (CAB)
niger als 2 % aller Fälle von NASH nachgewiesen [102, 298]. Allerdings kann es unter der Einnahme verschiedener Medikamente zur Exazerbation einer bereits präexistenten metabolisch bedingten NAFLD oder NASH kommen.
Ätiologie. Inzwischen ist eine Vielzahl von Medikamenten und Toxinen bekannt (Tab. 5.5), die zu einer Steatose oder Steatohepatitis führen können und oft gleichzeitig mit anderen Veränderungen wie zonaler Nekrose assoziiert sind [341].
129
130
1 2
L. Terracciano, S. Stadlmann, L. Tornillo Tab. 5.5 Medikamente und Wirkstoffe, die mit einer Steatose, Steatohepatitis oder Phospholipidose assoziiert sein können. (Mod. nach Lewis und Kleiner [200])
3
Wirkstoff
Literatur
4
2-Chloropropan
[200]
Abacavir
[200]
Makrovesikulär, mikrovesikulär
6
Acetaminophen (Paracetamol)
[200]
Makrovesikulär
7
Acetylsalicylsäure
[200]
Actinomycin D
[200]
Aflatoxin
[200]
Mikrovesikulär
10
Akeebaum (Blighia surpida)
[200]
Mikrovesikulär
11
Albendazol
[67]
Makrovesikulär
12
Amanitin
[200]
Makrovesikulär
13
Amantadin
[103]
Phospholipidose
Amineptin
[168]
Mikrovesikulär
14
Amiodaron
[200, 250]
Makrovesikulär, mikrovesikulär, Steatohepatitis, Phospholipidose
5
8 9
15
Art der Steatose
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Wirkstoff
Literatur
Art der Steatose
Bromobenzen
[200]
Cadmium
[200]
Makrovesikulär
Calciumpantothenat
[200]
Mikrovesikulär
Campher
[200]
Mikrovesikulär
Carmustin
[200]
Carbamazepin
[129]
Carbondisulfid
[129]
Carbontetrachlorid
[129]
Carmustin
[341]
Chloramphenicol
[200]
Phospholipidose
Chlordecon
[200]
Mikrovesikulär
Chloriertes Diphenyl
[200]
Chloriertes Naphtalen
[200]
Chloroform
[200, 208]
Chloropren
[200]
Chloroquin
[168, 200]
Steatohepatitis, Phospholipidose
Steatohepatitis
Makrovesikulär
Makrovesikulär, mikrovesikulär
16
Amitriptylin
[200]
17
Amsacrin
[200]
Chlorpheniramin
[103]
Phospholipidose
Antimon
[200]
Chlorpromazin
[200]
Phospholipidose
Arsenverbindungen
[200]
Chlortetrazyclin
[200, 215]
Mikrovesikulär
Asparaginase
[200]
Makrovesikulär
Chlorcyclizin
[103]
Phospholipidose
Azacosterol
[103]
Phospholipidose
Chromat
[200]
Makrovesikulär
Azacytidin
[200]
Cisplatin
[200]
Makrovesikulär
Azaserin
[200]
Clometacin
[200]
Makrovesikulär
Azauridin
[200]
Cocain
[200]
Azidothymidine (AZT)
[168]
Makrovesikulär, mikrovesikulär
24
Bacillus-cereus-Toxin
[200]
Colchicin
[200]
Mikrovesikulär
[200]
Coralgil (4,4′-Diethylaminoethoxyhexestrol)
[103]
25
Bariumsalz
Steatohepatitis, Phospholipidose
Bleomycin
[200]
Makrovesikulär
Corticosteroide
[200]
Borate
[200]
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Makrovesikulär, Steatohepatitis
Cortison
[200]
Makrovesikulär
Borsäure
[200]
Mikrovesikulär
Cotrimoxacol
[103]
Phospholipidose
18 19 20 21 22 23
26 27 28
Phospholipidose
Makrovesikulär
Medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI)
Kapitel 5
131
Tab. 5.5 (Fortsetzung) Wirkstoff
Literatur
Art der Steatose
Wirkstoff
Literatur
Cyanamid
[200]
Makrovesikulär
Ethylendibromid
[200]
Dantrolen
[200]
Makrovesikulär
Ethyldichlorid
[200]
DDT (Dichlorodiphenyltrichloroethan)
[200]
Etretinat
[200]
Makrovesikulär
Fenfluramin
[104]
Phospholipidose
Demeclocyclin
[200]
Mikrovesikulär
Fialuridin
[168, 200]
Desferoxamin
[200]
Mikrovesikulär
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Dichloroethylen
[200]
Makrovesikulär
Flectol H
[200]
Dichlorformamid
[168, 200]
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Floxuridin
[339]
Makrovesikulär
5-Fluorouracil
[265]
Dichlormethotrexat
[200]
Makrovesikulär, Steatohepatitis
Dichlorpropan
[200]
Flurazepam
[200]
Makrovesikulär
Didanosin
[191, 200]
Galactosamin
[200]
Gentamycin
[200]
Phospholipidose
Glukokortikoid
[168, 200]
Makrovesikulär, Steatohepatitis
Gold
[200]
Makrovesikulär
Halogenierte Kohlenwasserstoffe
[200]
Makrovesikulär
Halothan
[200]
Makrovesikulär
Hydralazin
[200]
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Hydrazin
[200]
Makrovesikulär
Makrovesikulär, mikrovesikulär, Steatohepatitis
Dideoxyinosine
[168]
Mikrovesikulär
Diethylstilboestrol
[200]
Steatohepatitis
Diethylaminoethoxyhexestrol
[290]
Phospholipidose
Dimethylbenzen (Xylol)
[200]
Mikrovesikulär
Dimethylformadid
[200]
Makrovesikulär (chronisch), mikrovesikulär (akut)
Art der Steatose
Dimethylhydrazin
[200]
Hypoglycin A
[200]
Mikrovesikulär
Dimethylnitrosamin
[200]
Ibuprofen
[200]
Dinitrobenzon
[200]
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Dinitrotoluen
[200]
Imatinib
[292]
Duloxetin
[200]
Imipramin
[104]
Phospholipidose
Indinavir
[200]
Mikrovesikulär
Makrovesikulär, Steatohepatitis
Emtricitabin
[66]
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Indomethacin
[200]
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Ethanol
[200]
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Interferon
[62]
Makrovesikulär
Interleukin-2
[200]
Ethinyloestradiol
[231]
Mikrovesikulär
Interleukin-6
[200]
Ethionin
[200]
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Iodoform
[200]
Ethylbromid
[200]
Makrovesikulär
Irinotecan
[200]
Ethylchlorid
[200]
Makrovesikulär
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Makrovesikulär, Steatohepatitis
132
1
L. Terracciano, S. Stadlmann, L. Tornillo
Tab. 5.5 (Fortsetzung)
2
Wirkstoff
Literatur
Art der Steatose
Wirkstoff
Literatur
Art der Steatose
3
Isoniazid
[200]
Makrovesikulär
Mushrooms
[200]
Isotretinoin
[305]
Makrovesikulär
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Jin Bu Huan
[200]
Mikrovesikulär
Naproxen
[200]
5
Mikrovesikulär, Steatohepatitis
Johanniskraut
[200]
Napthalen
[200]
6
Kava-Kava (Piper methysticum)
[200]
Steatohepatitis
Niacin
[195]
Makrovesikulär
7
Ketoconazol
[126]
Makrovesikulär, Phospholipidose
Nicardipin
[158]
Steatohepatitis
Nifedipin
[200]
Steatohepatitis
4
8
Ketoprofen
[200]
Mikrovesikulär
Nitrofurantoin
[200]
Makrovesikulär
9
Kumarinderivate
[76]
Makrovesikulär
Östrogen, synthetisch
[200]
10
L-Asparaginase
[200]
Makrovesikulär
Luteoskyrin
[200]
Makrovesikulär, Steatohepatitis, Phospholipidose
Margosa-Öl
[200]
Mikrovesikulär
Organische Lösungsmittel
[200]
Makrovesikulär
MDMA (3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin)
[200]
Mikrovesikulär
Orotsäure
[200]
Makrovesikulär
Oxacillin
[121]
Steatohepatitis
Mefloquin
[200]
Oxaliplatin
[265]
Steatohepatitis
15
Mercury
[200]
Oxyphenisatin
[200]
Methimazol
[200]
Makrovesikulär
Oxytetracyclin
[200]
Mikrovesikulär
16
Methotrexat
[200]
Makrovesikulär, Steatohepatitis
Pantothensäure
[168]
Mikrovesikulär
Parenterale Ernährung
[168]
Methylbenzol (Toluol, Phenylmethan)
[200]
Mikrovesikulär
Makrovesikulär, Phospholipidose
Pennyroyal-Öl
[168]
Mikrovesikulär
[200]
Mikrovesikulär Makrovesikulär, Steatohepatitis, Phospholipidose
11 12 13 14
17 18 19
Methylbromid
[200]
Makrovesikulär
Methylchlorid
[200]
Makrovesikulär
Pentansäure (Valeriansäure)
20
Methyldichlorid
[200]
Makrovesikulär
Perhexilinmaleat
[200]
Methylchlorobromid
[200] „Peroxisome proliferatoractivated receptorgamma“ (PPAR-γ)
[266]
Phalloidin
[200]
Mikrovesikulär
Phenylbutazon
[200]
Makrovesikulär
21 22
Methylchloroform
[200]
Methyldichlorid
[200]
Makrovesikulär
23
Methyldopa
[200]
Makrovesikulär
24
Methylsalicylat
[200]
Mikrovesikulär
Metoprolol
[265]
Makrovesikulär
[168]
Makrovesikulär
Phenylmethan (Toluol, Methylbenzol)
[200]
Mikrovesikulär
26
Microcyclin Minocyclin
[200]
Makrovesikulär
Phosphor
[200]
27
Mitomycin C
[200]
Makrovesikulär
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Monomethylformadid
[200]
Piroxicam
[200]
Mikrovesikulär
25
28
Medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI)
Kapitel 5
133
Tab. 5.5 (Fortsetzung) Wirkstoff
Literatur
Art der Steatose
Wirkstoff
Literatur
Art der Steatose
Pirprofen
[200]
Mikrovesikulär
Tetrachloroethan
[200]
Makrovesikulär
Prednisolon
[200]
Steatohepatitis
Tetrachloroethylen
[200]
Makrovesikulär
Promethazin
[200]
Phospholipidose
Tetrazyklin
[200]
Mikrovesikulär
Propanolol
[104]
Phospholipidose
Thallium
[200]
Mikrovesikulär
Puromycin
[200]
Thioridazin
[200]
Phospholipidose
Pyrrolizidin-Alkaloide
[168]
Mikrovesikulär
Thiotepa
[200]
Raloxifen
[200]
Steatohepatitis
Ticrynafen
[168]
Makrovesikulär
Rifampicin
[200]
Makrovesikulär
Tolmetin
[200]
Mikrovesikulär
Riluzol
[200]
Mikrovesikulär
[200]
Mikrovesikulär
Risperidon
[200]
Makrovesikulär, Steatohepatitis
Toluol (Methylbenzol, Phenylmethan) Toremifen
[134]
Ritonavir
[200]
Mikrovesikulär, Steatohepatitis
Rolitetrazyclin
[200]
Mikrovesikulär
Totale parenterale Ernährung
[200]
Makrovesikulär, Phospholipidose
Rosskastanien-Kapseln (Aesculus hippocastuanum)
[303]
Trichloroethylen
[200]
Makrovesikulär
[200]
Safrol
[200]
Trimethoprim-Sulphamethoxazol
Steatohepatitis, Phospholipidose
Seltene Erden
[200]
Trinitrotoluen
[200]
Spironolacton
[200]
Steatohepatitis
Triparanol
[104]
Phospholipidose
Stavudin
[200]
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Tripelennamin
[104]
Phospholipidose
Troglitazone
[200]
Steatohepatitis
Streptozotocin
[200]
Uranium
[200]
Makrovesikulär
Sulfamethoxazoletrimethoprim
[200]
Phospholipidose
Valproinsäure
[200]
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Sulfasalazin
[200]
Makrovesikulär, Steatohepatitis
Verapamil
[104]
Steatohepatitis, Phospholipidose
Sulindac
[200]
Makrovesikulär
Vinylchlorid
[250]
Mikrovesikulär, Steatohepatitis
Synthalin
[200]
Vitamin A
[200]
Mikrovesikulär
Syo-Saiko-To
[200]
Mikrovesikulär
Warfarin
[200]
Tamoxifen
[200]
Makrovesikulär, Steatohepatitis
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Zalcibatin
[66]
Tanninsäure
[200]
Makrovesikulär
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Tenofovir
[66]
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Zidovudin
[200, 279]
Makrovesikulär, mikrovesikulär
Tetrachlorkohlenstoff
[265]
Makrovesikulär
Xylol (Dimethylbenzen)
[200]
Mikrovesikulär
134
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
L. Terracciano, S. Stadlmann, L. Tornillo
Einige Medikamente, insbesondere das jodhaltige Antiarrhythmikum Amiodaron und das Zytostatikum Irinotecan, spielen dabei eine direkte ätiologische Rolle. So entwickelt sich bei beinahe jedem vierten mit Amiodaron behandelten Patienten eine symptomatische NASH, die in 1 % der Fälle zur Leberzirrhose fortschreitet [264, 298]. Unter der Einnahme von einigen Medikamenten wie Tamoxifen, Methotrexat, Kortikosteroiden, Diethylstilboestrol oder Östrogen kann es zu einer Exazerbation einer bereits zugrunde liegenden Steatohepatitis kommen [200]. Die Steatose bzw. Steatohepatitis, die bei der Therapie von HIV-infizierten Patienten auftreten kann, wird mehr durch eine medikamentöse Induktion eines Lipodystrophiesyndroms als durch einen direkten toxischen Effekt auf die Leber verursacht. Medikamente, die mit einer HIV-assoziierten Lipodystrophie assoziiert sind, umfassen Ritonavir, Amprenavir, Nelfinavir, Indinavir, Saquinavir, Atazanavir und die Kombination von Lopinavir und Ritonavir [200]. Chemotherapie-assoziierte Steatohepatitis (CASH): Bei bis zu 85 % der Patienten mit systemischer Chemotherapie kann zudem eine Chemotherapie-assoziierte Steatohepatitis (CASH) beobachtet werden [115]. Die Lebertoxizität ist dabei entscheidend vom Grad der Lebervorschädigung abhängig. Sie reicht von einer in der Regel reversiblen Chemotherapie-assoziierten Steatose (CASS) bis hin zu einer manifesten CASH mit der Gefahr der Entwicklung einer Fibrose. Nach Chemotherapie mit 5-Fluorouracil (5-FU) kann bei bis zu 4 % aller Patienten eine Steatohepatitis beobachtet werden [265]. Daneben ist eine CASH auch bei Oxaliplatin [265] und bei Irinotecan [200] beschrieben worden (s. Tab. 5.5). Histopathologisch kann eine CASH meist nicht sicher von einer NASH unterschieden werden. Eine gleichzeitige Cholestase, schwere entzündliche Veränderungen und der Nachweis von eosinophilen Granulozyten können Hinweise für eine CASH darstellen. Als zugrunde liegender Mechanismus einer CASH wird die „Two-HitHypothese“ angenommen: Im ersten Schritt kommt es zu einer reversiblen Fettakkumulation in den Hepatozyten. Die Chemotherapeutika induzieren oxidativen Stress, was den zweiten Schritt der Leberschädigung einleitet. Es wird angenommen, dass dabei eine durch das Chemotherapeutikum verursachte mitochondriale Dysfunktion zugrunde liegt. Pathogenese. Bei der Entstehung einer medikamentöstoxischen NAFLD bzw. NASH spielen die mitochondriale Schädigung und der direkte oder indirekte zytopathische Effekt von Medikamenten oder deren Metaboliten auf Hepatozyten eine zentrale Rolle. Verschiedene Medikamente, wie Perhexilinmaleat, Coralgil (4,4′-diethylaminoethoxyhexestrol), Amiodaron und Tamoxifen können in den Mitochondrien akkumulieren und die mitochondriale β-Oxidation inhibieren, was in einer Fettablagerung
in den Hepatozyten resultiert [41, 253]. Die Hemmung der β-Oxidation von Fettsäuren und der Glykolyse hat ein Energiedefizit der Zelle zur Folge, was zur Entkoppelung der oxidativen Phosphorylierung führt [41, 112, 253]. Die daraus resultierende Produktion von freien Radikalen (ROS), vermehrte Lipidperoxidation und Abnahme des zellulären ATP dürften relevante Mechanismen in der Pathogenese von medikamentös-induzierten Leberschäden darstellen. „Peroxisome proliferator-activated receptorgamma“ (PPAR-γ), ein Transkriptionsfaktor, ist ein klassisches Medikament, das über verschiedene Wege zu einer NASH führen kann [266]. So kann es unter PPAR-γ Einnahme einerseits zu mikrosomalen (via CYP4A), andererseits aber auch zu peroxismalen (β-Oxidation) Funktionsstörungen mit Produktion von freien Radikalen kommen [35]. PPAR-γ spielt auch eine zentrale Rolle in der Lipidhomöostase und ist in der Leber von adipösen und diabetischen Mäusen hochreguliert [35]. Viele Metabolite von Medikamenten, wie beispielsweise von Salicyl- oder Valproinsäure, bilden Coenzym-A-Ester, die zu einer vermehrten Sequestrierung von Coenzym A führen. Dieses steht in Folge nicht mehr für die Energiegewinnung zur Verfügung [279]. Andere Medikamente, wie antivirale Nukleosidanaloga, die in der HIV-Therapie eingesetzt werden, können in die mitochondriale DNA eingebaut werden und somit ebenfalls in mitochondriale Funktionsstörungen resultieren. Störungen der β-Oxidation imponieren histomorphologisch als mikrovesikuläre Steatose. Klinisch kann unter diesen Bedingungen oft eine Laktazidose und Hyperammoniämie nachgewiesen werden, während Transaminasen – trotz Leberversagens – nicht oder nur gering erhöht sind [279]. Medikamente, die mit einer Phospholipidose assoziiert sind, können lysosomale Phospholipasen direkt oder über Bindung zu Phospholipiden inhibieren [216]. In Abhängigkeit von der Dosis kann dies die Akkumulierung eines kationischen amphiphilen Medikaments oder dessen Metabolits in den Lysosomen und Mitochondrien von Zellen zur Folge haben [124, 155, 259]. Die Induktion von mitochondrialem Cytochrom P450 (CYP2E1) spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung einer medikamentös-induzierten NASH. Über diese werden vermehrt Sauerstoffradikale generiert, die direkt zu einer Aktivierung von Leberstern- und Kupffer-Zellen führen und die Freisetzung von Entzündungsmediatoren stimulieren können [245, 279]. Weitere Quellen für freie Radikale sind die toxische Wirkung von überschüssigem Eisen in der Leber und von Endotoxinen aus aktivierten Kupffer-Zellen [279]. Die durch Kupffer-Zellen produzierten Zytokine TNF-α und IL-6 führen ebenfalls zur Stimulierung der Lebersternzellen, die für die Produktion von extrazellulärer Matrix inklusive Kollagen und somit für die Fibrogenese in der Leber verantwortlich sind [279]. Klinik und Diagnostik. Klinisch sind die meisten Patienten mit einer medikamentös-toxisch induzierten
Medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI)
NAFLD asymptomatisch. Bei einigen Patienten treten ein Druckgefühl im Bereich des rechten Rippenbogens und/oder Müdigkeit auf. Etwa die Hälfte der Patienten weist eine Hepatomegalie auf. Eine leichte Erhöhung der Transaminasen und der γGT ( 1 bei fehlendem Alkoholkonsum weist meist auf eine bereits bestehende Leberzirrhose hin [245]. Ein Anstieg der Bilirubinkonzentration, eine verlängerte Prothrombinzeit oder eine Hypalbuminämie gehören nicht zum Bild der NASH und stellen Ausnahmen dar. Die Höhe des Enzymanstiegs ist allerdings kein verlässlicher Parameter zur Beurteilung des Schweregrads der Erkrankung. Geringe Transaminasenerhöhungen können mit ausgeprägten histopathologischen Veränderungen assoziiert sein und umgekehrt. Die Abdomensonographie kann eine Verfettung von > 30 % des Leberparenchyms nachweisen. Ultraschall, CT und MRI haben zwar eine etwas höhere Sensitivität (Nachweis von > 20 % Verfettung), vermögen jedoch nicht, eine NAFLD von einer NASH zu unterscheiden oder den Fibrosegrad zu bestimmen. Der histopathologische Biopsiebefund in Korrelation zu anamnestischen Daten und klinischen Befunden gilt daher als Goldstandard für die Diagnose einer NAFLD oder NASH und der Beurteilung des Fibrosegrades. Ein international akzeptiertes GradingSystem für die NASH besteht nicht. Am häufigsten wird der NAS (NAFLD-Aktivitäts-Score) benutzt, der es gestattet, den Grad der inflammatorischen Aktivität und das Fibrosestadium zu evaluieren [180]. Das NASScoring-System schließt im Wesentlichen folgende histopathologische Parameter ein: Steatose, azinäre Entzündungsaktivität, Ballonierung der Hepatozyten und Fibrosegrad. Die Anwesenheit von Mallory-Denk-Körpern sollte mit erfasst werden (s. Abb. 5.2c; [227]). Der NAS ist ebenfalls auf pädiatrische Fälle anwendbar [58]. Beim NASH-Scoring nach Brunt werden – ähnlich wie beim NAS-Scoring-System – das Ausmaß der Steatose, der nekroinflammatorischen Entzündungsaktivität und der Fibrose bewertet [59]. Histopathologie. Es können zwei verschiedene Formen der Steatose auftreten (Abb. 5.2): die mikrovesikuläre und die makrovesikuläre Steatose, wobei auch beide gemeinsam in unterschiedlicher Ausprägung vorkommen können [61]. Die mikrovesikuläre Steatose ist im Allgemeinen mit akuten Veränderungen assoziiert und durch das Auftreten multipler kleiner Fettvakuolen um den Zellkern charakterisiert. Der Zellkern bleibt dabei zentral lokalisiert. Eine exklusive oder prädominante diffuse mikrovesikuläre Steatose stellt das histopathologische Korrelat eines mitochondrialen Schadens dar. Bei der makrovesikulären Steatose wird der Zellkern der Hepatozyten durch die Einlagerung einer einzelnen oder mehrerer großer Fettvakuolen in die Peripherie der Zelle gedrängt. Das Zytoplasma der Zellen erscheint da-
Kapitel 5
bei im histopathologischen Schnittpräparat optisch leer, da das Fett bei der technischen Aufbereitung aus den Zellen herausgelöst wird. Nicht selten findet sich auch eine gemischte mikro- und makrovesikuläre Steatose. Verschiedene Medikamente können mit einer unterschiedlichen zonalen Verteilung der Fettakkumulation assoziiert sein. Phosphor führt beispielsweise zu einer periportal akzentuierten Steatose, während Tetrazyklin zu einer prädominant perivenulären Steatose führt [341]. Bei der medikamentös-assoziierten NASH findet sich oft zusätzlich zu einer makrovesikulären Steatose ein in der Zone 3 des Leberazinus akzentuierter Leberzellschaden in Form einer Ballonierung der Hepatozyten mit variabler lobulärer Entzündung aus neutrophilen Granulozyten und mononukleären Zellen mit oder ohne Nachweis von Mallory-Denk-Körpern. Eine portale Entzündung kann ebenfalls vorkommen. Die assoziierte Fibrose ist zunächst typischerweise perisinusoidal bzw. perizellulär und perivenulär (Maschendrahtfibrose) ausgeprägt (Abb. 5.3) und kann zu einer septalen Fibrose und Zirrhose fortschreiten. Das histopathologische Spektrum der NASH ist sehr breit. In typischen Fällen gleichen die mit NASH assoziierten Leberveränderungen denen bei einer alkoholischen Steatohepatitis [343]. Die Veränderungen bei medikamentös-assoziierter NASH ähneln dabei einer floriden alkoholischen Hepatitis stärker als bei einer NASH (s. Abb. 5.2e,f), die mit dem metabolischen Syndrom assoziiert ist. Bei der medikamentös-assoziierten NASH finden sich gehäuft periportale Mallory-Denk-Körper bei eher milder Steatose, im Unterschied zur alkoholischen Steatohepatitis, bei der Mallory-Denk-Körper eher perivenulär angeordnet sind [102]. Beispiele dafür stellen die medikamentösinduzierten Phospholipidosen, wie nach AmiodaronEinnahme, dar, bei denen es zur dosisabhängigen Akkumulation des Medikaments oder seiner Metabolite in den Lysosomen und Mitochondrien von Zellen kommt [259]. Dies ist histopathologisch durch eine feinwabige, schaumige Veränderung des Zytoplasmas von vergrößerten Hepatozyten und Kupffer-Zellen charakterisiert. Elektronenmikroskopisch finden sich hierbei lamelläre lysosomale Einschlusskörper [169]. Zumeist sind medikamentös-induzierte Phospholipidosen auch mit einer Steatohepatitis assoziiert. Eine Progression zu einer Fibrose oder Zirrhose kann bei medikamentös-assoziierter NASH bereits innerhalb von Wochen und Monaten eintreten [102, 103]. Prognose und Therapie. Das Spektrum der medikamentös-induzierten Steatose bzw. NASH reicht von asymptomatischen, nicht behandlungsbedürftigen Veränderungen bis zur Leberzirrhose. Die alleinige Steatose gilt als prinzipiell reversibel. Im Unterschied dazu, besitzt die Steatohepatitis ein signifikantes Risiko für eine Progression in eine Fibrose oder Zirrhose. Das Absetzen der Medikation führt meist zu einer raschen Besserung
135
136
L. Terracciano, S. Stadlmann, L. Tornillo
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Abb. 5.2 a–f Verschiedene Ausprägungen einer medikamentösinduzierten Steatose oder Steatohepatitis (H&E). a Leichte makrovesikuläre Steatose ohne Ballonierung von Hepatozyten in den Leberläppchen. b Ballonierung einzelner Hepatozyten, die nicht viel größer sind als die umliegenden verfetteten Leberzellen. c Aus-
geprägte Ballonierung von Hepatozyten (H&E). d Nachweis von Mallory-Denk-Körpern (Pfeil). e Megamitochondrien in hydropisch geschwollenen Hepatozyten (Pfeil). f Azinäre Entzündungsinfiltrate aus Lymphozyten und eosinophilen Granulozyten
der klinischen Symptomatik und der pathologischen Leberwerte [188]. Bei protrahiert verlaufenden Fällen kann eine Kortisonbehandlung erfolgreich sein [188]. Bei einigen Medikamenten, z. B. Amiodaron, kann sich
aufgrund der sehr langen Halbwertszeit trotz Absetzung des Medikaments ein persistierender Leberschaden mit Entwicklung einer Leberfibrose oder Zirrhose manifestieren. Patienten, die das ursächliche Arzneimittel auch
Medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI)
Abb. 5.3 Maschendrahtartige perizelluläre Fibrose (Siriusrot)
noch nach Auftreten der klinischen Symptomatik weiter einnehmen, haben eine vergleichsweise schlechte Prognose. Bei weiterbestehender Therapieindikation gibt es daher die Möglichkeit, ein alternatives Medikament aus einer anderen Substanzklasse einzusetzen. Bei einem fulminanten Verlauf mit Auftreten eines akuten Leberversagens ist die Lebertransplantation die Therapie der Wahl [188].
Medikamentös-induzierte Fibrose und Zirrhose Definition. Eine Medikamenten-assoziierte Leberfibrose bzw. Zirrhose ist ein exogen induzierter Leberschaden, der als diffuse Erkrankung mit Ausbildung bindegewebiger Septen und dem Ersatz des normalen Leberparenchyms durch strukturell abnorme Knoten charakterisiert ist. Epidemiologie. Chronisch medikamentös-induzierte Lebererkrankungen beziehen sich in der Regel auf anhaltende biochemische Anomalien von > 6 Monaten [31]. In einigen Publikationen wird ein Cut-off von 3 Monaten für eine hepatozelluläre Schädigung und 6 Monate für einen cholestatischen oder gemischten Leberschaden verwendet [38]. Eine Progression zur Chronizität findet sich in 5–17 % von unerwünschten Arzneimittelwirkungen und ist häufiger bei cholestatischen/gemischten Leberschäden als bei reinen hepatozellulären Schäden [20, 21, 64]. Das Risiko einer Methotrexat-bedingten Lebertoxizität ist bei übermäßigem Alkoholkonsum, bereits bestehenden Lebererkrankungen, täglicher Einnahme des Medikaments und hoher kumulativer Dosis verstärkt [331]. Bei Patienten mit Adipositas oder Diabetes kann es zudem zur Exazerbation einer bereits bestehenden Steatohepatitis kommen [265].
Kapitel 5
Ätiologie. Alle Medikamente und Noxen, die eine chronische Hepatitis, chronische Cholestase oder Steatohepatitis verursachen, können als Endpunkt des Erkrankungsprozesses in eine Fibrose oder Zirrhose münden [44]. Eine Fibrose kann auch nach massiven oder submassiven Nekrosen auftreten. In Tab. 5.6 sind Medikamente und Wirkstoffe, die mit einer Fibrose und/ oder Zirrhose assoziiert sein können, aufgeführt. Eine Medikamenten-induzierte Zirrhose erfolgt meist über die Induktion einer chronischen Hepatitis, subakuten Nekrose oder Steatohepatitis [156, 344]. Bei vielen der dokumentierten Beispiele liegen gleichzeitig andere chronische Leberschädigungen wie eine chronisch virale Hepatitis, chronische Cholestase, Steatohepatitis oder Stoffwechselerkrankung zugrunde. Pathogenese. Die pathogenetischen Mechanismen, die zu einer medikamentös-induzierten Fibrose oder Zirrhose [102, 342] führen, sind vielfältig. Der Methotrexat-bedingten Narbenbildung liegt wahrscheinlich eine Schädigung der Hering’schen Kanäle zugrunde [153]. Die perivenuläre Fibrose bei Hypervitaminose A wird oft von einer Hypertrophie der hepatischen Sternzellen (Ito-Zellen), venookklusiven Läsionen und sinusoidaler Dilatation begleitet [200]. CCl4 aktiviert Tumornekrosefaktor, Stickstoffmonoxid und Wachstumsfaktoren, was zur Leberzellzerstörung und Entstehung einer Fibrose beiträgt [200]. Medikamentös-induzierte Leberschäden können in eine mikronoduläre oder makronoduläre Zirrhose münden [344]. Die Zirrhose ist wahrscheinlich Ausdruck eines kontinuierlichen oder wiederholten Schadens oder das Resultat einer subakuten Nekrose oder chronischen nekroinflammatorischen Erkrankung [341]. Im Mittelpunkt einer medikamentös-induzierten hepatischen Fibrose steht die Aktivierung von Ito-Zellen (hepatische Sternzellen), die im Disse’schen Raum des Lebergewebes angesiedelt sind. Ihre Aktivierung erfolgt durch verschiedene Stimuli wie Leberzellnekrose, Entzündungsreaktion, aktivierte Kupffer-Zellen und Endothelveränderungen. Durch Entzündungsmediatoren werden die Ito-Zellen in Myofibroblasten umgewandelt, die extrazelluläre Matrix produzieren und somit die Fibrose einleiten und unterhalten. Aufgrund der Art der Leberschädigung werden folgende fibrotische Veränderungen unterschieden: – Passive Bindegewebssepten: Sie sind die Folge ausgedehnter konfluierender portozentraler Gruppennekrosen (Brückennekrosen). Morphologisch sind sie durch eine scharfe Begrenzung zum benachbarten Leberparenchym ohne nennenswertes entzündliches Infiltrat charakterisiert. Sie enthalten keine elastischen Fasern und sind prinzipiell reversibel. – Aktive Bindegewebssepten: Die von den Portalfeldern ausgehenden Septen entstehen im Rahmen einer chronischen Schädigung des Leberparenchyms und
137
138
1 2
L. Terracciano, S. Stadlmann, L. Tornillo
Tab. 5.6 Medikamente und Wirkstoffe, die mit einer Fibrose assoziiert sein können Wirkstoff
Literatur
Acetaminophen
[215]
Zirrhose
4
Acetohexamid
[215]
Zirrhose
5
Acitretin
[198, 318]
Zirrhose
Amiodaron
[11, 201, 264]
Fibrose, Zirrhose
Azathioprin
[132]
Beinwell (Symphytum officinale)
[200, 344]
Carbamazepin
[11]
Fibrose
Carbontetrachlorid (CCl4)
[200]
Fibrose
Chlornapthalin
[178, 341]
Zirrhose
Chlorothiazid
[215]
Zirrhose
Chlorpromazin
[11, 215]
Fibrose, Zirrhose
Cinchophen
[328a]
Cyanamid
[57]
Fibrose
Dantrolen
[215]
Zirrhose
Diclofenac
[29]
Zirrhose
Ebrotidin
[258]
Zirrhose
Ecstasy
[107, 175]
Eisenfumarat
[215]
Zirrhose
Etretinat
[177, 329]
Periportale Fibrose, Zirrhose
20
Fenofibrat
[9]
Halothan
21
Wirkstoff
Literatur
Kreosotbusch (Larrea tridentata)
[288, 297]
Zirrhose
Kupferverbindungen
[200]
Parenchymale und periportale Fibrose, Zirrhose
Fibrose
Lisinopril
[90, 265]
Fibrose
Perivenuläre Fibrose, zentrozentrale Fibrose, Zirrhose
Mercaptopurin
[215]
Zirrhose
Methotrexat
[26, 39, 120, 152, 190, 202, 308, 331, 336]
Portale und periportale Fibrose, perizelluläre Fibrose der Zone 3, Zirrhose
Methyldopa
[215, 282]
Periportale Fibrose, makronoduläre Zirrhose
Methyltestosteron
[215]
Zirrhose
Nitroglycerin (TNT)
[341]
Mikronoduläre Zirrhose
Nitrofurantoin
[11, 215]
Zirrhose
Oxyphenisatin
[88, 267, 268]
Zirrhose
Papaverin
[262]
Zirrhose
Perhexilin Maleat
[257]
Zirrhose
Phenylbutazon
[215]
Zirrhose
Phenytoin
[11, 276]
Fibrose
Piroxicam
[11]
Fibrose
Zirrhose
Procainamid
[11]
Fibrose
[11, 215]
Fibrose, Zirrhose
Rifampicin
[11]
Fibrose
Heroin
[81]
Rooibostee
[333]
Zirrhose
22
Perisinusoidale und venuläre Fibrose
Imatinib
[284]
Zirrhose
[297]
Fibrose
23
Schöllkraut (Chelidonium majus)
Imipramin
[149]
Fibrose
Sulfonamid
[265]
Fibrose
24
Indinavir
[54]
Fibrose
Tamoxifen
[225, 243]
Zirrhose
Isoniazid
[215]
Zirrhose
Tegafur
[265]
Fibrose
Jin Bu Huan (Lycopodium serratum)
[200, 255, 297]
Periportale Fibrose
Telithromycin
[55]
Zirrhose
Khatstrauch (Catha edulis)
[252]
Fibrose, Zirrhose
Tetracyclin
[11]
Fibrose
Thiabendazol
[277]
Mikronoduläre Zirrhose
3
6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19
25 26 27 28
Medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI) Tab. 5.6 (Fortsetzung) Wirkstoff
Literatur
Thorotrast
[200]
Periportale subkapsulär betonte Fibrose und Zirrhose
Tienilsäure
[218, 345]
Zirrhose
Totale parenterale Ernährung (TPN)
[200]
Zirrhose
Trazadon
[265]
Fibrose
Uracil
[265]
Fibrose
Valproinsäure
[215, 342]
Zirrhose
Vinylchlorid
[102, 342]
Noduläre subkapsuläre und periportale Fibrose
Vitamin A
[117, 159, 162, 187, 199]
Perisinusoidale Fibrose, Zirrhose
sind durch mononukleäre Entzündungsinfiltrate unscharf vom angrenzenden Leberparenchym abgegrenzt. Sie enthalten elastische Fasern und sind potentiell irreversibel. Klinik und Diagnostik. Die Anamnese sollte genaue Angaben (Dosis, Art der Verabreichung, Dauer) über alle eingenommenen Medikamente und Wirkstoffe beinhalten. In die Anamnese müssen auch pflanzliche Heilmittel, insbesondere chinesische Tees, eingeschlossen werden. Da die Latenzzeit der Arzneimittelnebenwirkungen sehr variabel ist, sollte die Dokumentation jeden Wirkstoff, der in den letzten 3 Monaten eingenommen wurde, umfassen. Erhöhte Aminotransaminasen (AST und ALT) nach Medikamenteneinnahme sind Hinweise für einen hepatozellulären Leberschaden [174]. Eine erhöhte alkalische Phosphatase (AP) und/oder erhöhte Gamma-GT sind ein Hinweis für eine cholestatische Genese [18, 140]. Mehr als 20 % der Patienten mit erhöhten ALT-Werten zeigen Anzeichen einer relevanten chronischen Lebererkrankung [127]. Eine leichte Erhöhung der Leberenzyme tritt in 20–50 % der Patienten mit Methotrexat-Einnahme auf, muss aber nicht zwangsläufig mit einer signifikanten Lebertoxizität assoziiert sein [265]. Ein AST/ALT-Verhältnis > 1 deutet auf eine Leberzirrhose hin. Allerdings können bei zirrhotischen Patienten die Laborwerte auch im Normbereich liegen. Histopathologie. Die histopathologischen Veränderungen sind meist nicht von einer chronischen viralen Hepatitis unterscheidbar, wobei häufig gleichzeitig auch Merkmale einer akuten Hepatitis angetroffen werden.
Kapitel 5
Ein solches histopathologisches Muster findet sich unter anderem bei dem Laxans Oxyphenisatin [88, 267, 268], dem Blutdrucksenker Lisinopril, dem Antibiotikum Sulfonamid, dem Antidepressivum Trazodon und verschiedenen Chemotherapeutika wie Uracil, Tegafur und Tamoxifen [265]. Isolierte Fallberichte existieren für verschiedene andere Medikamente wie Phenytoin [276] und dem chinesischen Kraut Jin Bu Huan [255]. Ein Methotrexat-induzierter Leberschaden ist direkt mit der Dauer der Einnahme assoziiert. Die häufigste und früheste Manifestation ist eine Steatose (Abb. 5.4a– f). Bei einigen Patienten mit einer hohen kumulativen Dosis an Methotrexat können Steatohepatitis-ähnliche histomorphologische Veränderungen auftreten, ohne dass entsprechende Risikofaktoren zugrunde liegen [192]. In etablierten Fällen kann eine portale, periportale (s. Abb. 5.4c) oder fokale lobuläre Hepatitis beobachtet werden. Das Entzündungsinfiltrat besteht aus aktivierten T-Zellen, eosinophilen Granulozyten (s. Abb. 5.4d) und selten Plasmazellen. In schwereren Fällen kann auch eine Interface-Hepatitis beobachtet werden. Eine ballonige Degeneration, apoptotische Körper, nukleäre Veränderungen, Nekrosen und der Nachweis von zeroidspeichernden Makrophagen (s. Abb. 5.4e) sind das morphologische Korrelat eines hepatozellulären Schadens. Nukleäre Veränderungen umfassen Anisonukleose, Nukleomegalie, nukleäre Pseudoinklusionen und Mehrkernigkeit der Hepatozyten. Die chronische Einnahme von Methotrexat kann schließlich in eine portale, periportale (s. Abb. 5.4f) oder perizelluläre Fibrose oder Zirrhose münden, die von einer sinusoidalen Dilatation begleitet sein kann [200]. Eine sinusoidale Dilatation und/oder Peliosis hepatis findet sich auch bei Heroin [81], Vitamin A [337], und Vinylchlorid [101, 344]. Bei einer Hypervitaminose A findet sich in 14 % eine perisinusoidale Fibrose und in 50 % eine Zirrhose, die mit einer mikrovesikulären Steatose (21 %) und/oder Peliosis hepatis (3 %) assoziiert sein kann [117]. Beim chinesischen Kraut Jin Bu Huan [252] und beim HIV-Arzneimittel Indinavir [54] kann eine Fibrose von einer lobulären Hepatitis mit Prädominanz von eosinophilen Granulozyten und einer mikrovesikulären Steatose begleitet sein. Bei einigen Wirkstoffen, wie Catha edulis [252] oder Valproinsäure [342], treten neben chronisch fibrotischen Veränderungen auch zentrolobuläre Nekrosen als Zeichen eines akuten zellulären Schadens auf. Thorotrast wird als dunkelbraune refraktile Granula (10 µm) in Kupffer-Zellen und Makrophagen gefunden und ist häufig in Clustern angeordnet [200]. Prognose und Therapie. Das Absetzen des verursachenden Medikaments kann zu einer vollständigen Restitutio ad integro führen. Bei fortgeschrittener Fibrose kann die Erkrankung aber auch ohne fortgesetzte Einnahme des Medikaments fortschreiten. Cholestatische
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Abb. 5.4 a–f Methotrexat-induzierter Leberschaden. a Makrovesikuläre Steatose (H&E). b Zentrolobuläre Hepatozyten mit gemischter mikro- und makrovesikulärer Steatose (H&E). c Chronische portale und periportale Hepatitis (H&E). d Das Entzündungsinfil-
trat besteht aus aktivierten T-Zellen und eosinophilen Granulozyten (Pfeile) (H&E). e Zeroidspeichernde Makrophagen (Pfeil) im Portalfeld als Zeichen von Zelluntergängen (DiasPAS). f Periportale Fibrose nach chronischer Einnahme von Methotrexat (Siriusrot)
Medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI)
Kapitel 5
141
Tab. 5.7 Roenigk-Klassifizierung. (Roenigk et al. [273]) Roenigk-Grad
Steatose
Nukleärer Pleomorphismus
Nekroinflammatorische Entzündung
Fibrose
I
Keine oder mild
Keine oder mild
Keine oder mild
Keine
II
Mäßig bis schwer
Mäßig bis schwer
Mäßig bis schwerer portaler Entzündung
Keine
IIIa
Ohne oder mit
Ohne oder mit
Ohne oder mit
Mild
IIIb
Ohne oder mit
Ohne oder mit
Ohne oder mit
Mäßig bis schwer
IV
Ohne oder mit
Ohne oder mit
Ohne oder mit
Zirrhose
Symptome und biochemische Veränderungen sistieren in der Regel nach Absetzen des entsprechenden Medikaments. Patienten mit langfristiger Methotrexat-Therapie benötigen eine engmaschige Überwachung. Eine Leberbiopsie ist bei Patienten, die nach einer Methotrexat-Therapie veränderte Leberfunktionsparameter entwickeln, notwendig. Ein Graduierungssystem zur Bewertung der Methotrexat-Toxizität ist in Tab. 5.7 dargestellt [39, 273, 274].
Cholestatischer medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI) Definition. Ein cholestatischer Leberschaden ist durch eine Erhöhung der alkalischen Phosphatase (AP) im Serum charakterisiert und repräsentiert die zweithäufigste Form von DILI (30 %). Meistens verschwinden die Symptome nach Absetzen der auslösenden Substanz, doch in einigen Fällen, insbesondere, wenn ein signifikanter Gallengangverlust vorliegt, kann sich daraus ein chronischer Leberschaden entwickeln. Ätiopathogenese. Wie beschrieben, können Medikamente auf direktem oder indirektem Weg die Gallenhomöostase beeinträchtigen, indem sie mit Transmembran-Transporterproteinen wie BSEP, der ABC-Familie oder MDRs interagieren [251, 295, 335]. Interessanterweise sind auch nukleäre Rezeptoren wie FXR, RXR, LRH-1 und LXR an der Regulation der Gallenganghomöostase beteiligt. Somit können auch Medikamente und deren Metabolite, die Einfluss auf diese Rezeptoren haben (z. B. Rifampicin, Dexamathason, Phenobarbital), eine cholestatische Stoffwechsellage auslösen [114, 335, 346]. Ein weiterer Mechanismus ist eine Obstruktion des Gallenabflusses nach einem cholangiozellulären oder Gallengangschaden [235, 335]. Tab. 5.8 zeigt eine Auflistung von Medikamenten, die mit einem cholestatischen Leberschaden assoziiert sind.
Histopathologie. Zusammenfassend kann der cholestatische Leberschaden wie folgt klassifiziert werden (Abb. 5.5a–f; [335]): – Akute medikamentös-induzierte Cholestase ohne Hepatitis („reine“ Cholestase). Selten; charakterisiert durch kanalikuläre Cholestase ohne hepatozellulären Schaden. – Akute medikamentös-induzierte Cholestase mit Hepatitis (cholestatische Hepatitis). Kanalikuläre und hepatozelluläre Cholestase mit lobulärer und portaler Entzündung sowie hepatozellulären Nekrosen. – Chronische medikamentös-induzierte Cholangiopathien. Variables Muster von leichten Gallengang schäden bis zum Gallengangverlust („vanishing bile duct syndrome“, VBDS) und/oder sklerosierender Cholangitis. Akute medikamentös-induzierte Cholestase ohne Hepatitis („reine“ Cholestase): Bei der „reinen“ Cholestase werden Gallepfropfen in den Hepatozyten und/oder den Kanalikuli der Zone 3 eines entzündungsfreien hepatischen Lobulus gesehen. Dies ist die typische Reaktion auf anabolische Steroide oder orale Kontrazeptiva. Weitere mögliche verursachende Agenzien sind Prochlorperazin, Thiabendazol und Warfarin [179, 265]. Die Differentialdiagnose umfasst einen septischen Schock oder einen Schock andere Genese, eine Herzinsuffizienz, eine akute Verlegung großer Gallenwege sowie die benige rekurrente intrahepatische Cholestase (BRIC) [179]. Akute medikamentös-induzierte Cholestase mit Hepatitis (cholestatische Hepatitis): Diese ist durch ein neutrophiles und eosinophiles Entzündungsinfiltrat, eine kanalikuläre und hepatozelluläre Cholestase und/oder Cholatstase charakterisiert. Viele Antibiotika können einen derartigen Schaden verursachen, z. B. Erythromicin, Tetrazykline, Ciprofloxacin und Cephalosporine. Weitere Medikamente, bei denen eine cholestatische Hepatitis beschrieben ist, sind: Chlorpromazin, Risperidon, Amitryptilin, Azathioprin [48, 235, 265]. Die Differentialdiagnose umfasst eine akute virale Hepatitis, eine
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1
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Tab. 5.8 Medikamente, die mit einem cholestatischen Leberschaden assoziiert sind
2
Wirkstoff
Literatur
Histologie
Bemerkungen
3
Amoxicillin/ Clavulansäure
[64, 213]
Blande Cholestase, cholestatische Hepatitis oder selten VBDS
Alter > 65, weiblich, repetitive Einnahme mit höherem Risiko
4
Flucloxacillin
[244]
Cholestatische Hepatitis, VBDS, biliäre Zirrhose
Alter > 65, weiblich, hohe Dosierung mit höherem Risiko
Cloxacillin
[244]
Cholestatische Hepatitis
6
Dicloxacillin
[244]
Cholestatische Hepatitis
7
Oxacillin
[244]
Cholestatische Hepatitis
Amoxicillin
[80]
Schwere cholestatische Hepatitis, VBDS
Ciprofloxacin
[139]
Cholestatische Hepatitis
9
Benzylpenicillin
[19]
Schwere Cholestase
10
Cephalosporine
[293]
Cholestatische Hepatitis
11
Erithromycin
[261]
Cholestase, cholestatische Hepatitis
Clarithromycin
[56]
Cholestatische Hepatitis
12
Azithromycin
[211]
Cholestatische Hepatitis
Clindamycin
[16]
Cholestatische Hepatitis, VBDS
Trimethoprim/ Sulfamethoxazol
[45, 64]
Cholestase, cholestatische Hepatitis mit Cholangiolitis, VBDS
Tetrazykline
[170]
Cholestatische Hepatitis
Thiabendazol
[219, 277]
Cholestatische Hepatitis
Terbinafin
[7, 338]
Schwere cholestatische Hepatitis, akutes Leberversagen
5
8
13 14 15 16 17 18
Chlorpromazin
[230]
Cholestatische Hepatitis, VBDS
Risperidon
[189]
Cholestatische Hepatitis
19
Sulpirid
[321]
VBDS
Imipramin
[48]
Cholestatische Hepatitis
20
Relativ selten; ein Fall mit Leberversagen
Cholestase durch Sulfamethoxazol ausgelöst
Fortschreiten in Zirrhose beschrieben
Fortschreiten in biliäre Zirrhose beschrieben
21
Amitryptilin
[48]
Cholestatische Hepatitis
Duloxetin
[326]
Cholestatische Hepatitis
22
Carbamazepin
[109]
VBDS
23
Zonisamid
[325]
VBDS
Komplette Heilung nach Absetzen
Amiodaron
[65]
Cholestatische Hepatitis
Chronizität beschrieben
25
5-FU
[13]
PSC-ähnlich
Azathioprin
[271, 275]
Schwere cholestatische Hepatitis
26
Diclofenac
[133]
Cholestase, cholestatische Hepatitis
Ibuprofen
[45]
Cholestatische Hepatitis
Nimesulid
[118]
Cholestatische Hepatitis
24
27 28
Dosisabhängig?
Manchmal mit NRH assoziiert [30]
VBDS in pädiatrischen Fällen [48]
Medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI)
Kapitel 5
143
Tab. 5.8 (Fortsetzung) Wirkstoff
Literatur
Histologie
Tenoxicam
[313]
VBDS
Sulindac
[332]
Cholestase, cholestatische Hepatitis
Nevirapin
[183]
Cholestatische Hepatitis
Kann zu portalvenöser Hypertension führen
Didanosin
[186]
Cholestatische Hepatitis
Kann zu portalvenöser Hypertension führen
Orale Kontrazeptiva
[207]
Kanalikuläre Cholestase
Anabolische Steroide
[97]
Kanalikuläre Cholestase
Warfarin
[6]
Kanalikuläre Cholestase
Rivaroxaban
[25]
Schwere kanalikuläre Cholestase
Autoimmunhepatitis sowie eine Obstruktion großer Gallenwege. Ein hepatischer Schaden der Zone 3 spricht jedoch eher für einen medikamentös-toxischen Schaden als für eine andere Ursache [48, 265, 314]. Chronische medikamentös-induzierte Cholangiopathien: Eine chronische, medikamentös-induzierte Cholangiopathie ist definiert als eine Cholestase, die länger als 3 Monate dauert [265]. Die Cholestase induziert hierbei eine portale und lobuläre nekroinflammatorische Reaktion, die zu einer Sklerosierung der Gallenwege bis zum kompletten Gallengangverlust führen kann. Des Weiteren zeigt sich in den periportalen Hepatozyten eine Cholestase, eine portale Fibrose und eine Kupferakkumulation (Orzein- oder Rhodanin-Färbung). Die Hepatozyten zeigen aufgrund der intrazytoplasmatischen Akkumulation von Gallensalzen oft einen klarzelligen Aspekt. Duktulusproliferationen können ebenfalls beobachtet werden. Bei einem ausgeprägten Leberschaden ist sehr selten eine Progression zu einer Fibrose bzw. Zirrhose zu beobachten. Die kontinuierliche Entzündung führt im Laufe der Zeit zum Gallengangverlust („vanishing bile duct syndrome“, VBDS; > 50 % der Portalfelder mit Gallengangverlust). Zu den Medikamenten, die eine chronische Cholestase verursachen können, gehören: Amoxicillin-Clavulansäure, Flucloxacillin, Terbinafin (antifungale Therapie) und Amiodaron. Ein Gallengangverlust kann mit der Einnahme von Carbamazepin und Zonisamid, Antipsychotika wie z. B. Chlorpromazin und Sulpirid, NSAR wie Ibuprofen und Tenoxicam sowie Antibiotika wie Amoxicillin, Flucloxacillin, Clindamycin und Trimethoprim-Sulfamethoxazol assoziiert sein [48, 235, 265].
Bemerkungen
Prognose. Wie beschrieben, geht die Symptomatik in den meisten Fällen von DILI nach Entzug des entsprechenden Medikaments zurück. Trotzdem zeigt sich in neueren Serien mit Fällen von schweren, chronischen cholestatischen Schäden eine Mortalitätsrate von 5–14 % [45, 48, 64]. Eine chronische Cholangiopathie, wie oben definiert, wurde in ca. 5 % der Fälle beschrieben. Die Ausbildung einer Zirrhose stellt jedoch eine Seltenheit dar [44]. Hepatotoxische Heilkräuter und Nahrungsergänzungsmittel. Heilkräuter und Nahrungsergänzungsmittel („herbal and dietary supplements“, HDS) stellen weltweit eine zunehmende Ursache eines DILI dar. Die Inzidenz eines HDS-bedingten DILI variiert je nach Region und verwendeten Substanzen. In den USA sind etwa 9 % der Fälle, in Asien 19–63 % eines DILI durch derartige Substanzen verursacht [236, 301, 340]. Diese Zahlen unterschätzen jedoch wahrscheinlich die wahre Inzidenz, zumal Heilkräuter und Nahrungsergänzungsmittel breit verfügbar sind und nur ein Bruchteil der Patienten mit einem HDS-assoziierten DILI einen Arzt konsultiert. Die klinische und histomorphologische Präsentation eines HDS-assoziierten DILI ist in der Regel meistens entweder prädominant hepatozellulär oder prädominant cholestatisch. Daneben wurden auch selten vaskuläre Läsionen beschrieben. Tab. 5.9 fasst die am häufigsten verwendeten HDS zusammen.
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Abb. 5.5 a Augmentin®-induzierte chronische cholestatische Hepatitis. Portale entzündliche Infiltrate aus mononukleären Zellen, Makrophagen und eosinophilen Granulozyten. Der Pfeil markiert begleitende reaktive zelluläre Atypien von interlobären Gallengangepithelien (H&E). b „Reine“ Cholestase durch anabolische Steroide. Diffuse intrakanalikuläre sowie zytoplasmatische Bilirubinostase, ohne nennenswerte lobuläre Entzündung (H&E). c Augmentin®-induzierte chronische cholestatische Hepatitis mit kleinen Galleinfarkten, die einen mechanischen Verschluss imitieren (Ultraschall- sowie
ERCP-negativ! H&E). d Massive Nekrose durch Enalapril®. Diffuser Hepatozytenuntergang. Portalfelder mit ausgeprägter Duktulusproliferation und lymphozytären Infiltraten (H&E). e Schwere cholestatische Hepatitis durch pflanzliche Arzneimittel („Teufelskralle“). Diffuse lobuläre sowie portale mononukleäre Entzündung mit zahlreichen Einzelzellnekrosen, zytoplasmatischer Bilirubinostase und umschriebenen konfluierenden Nekrosen (H&E). f Akute lobuläre Hepatitis durch Phenprocoumon mit perivenulären konfluierenden Nekrosen (H&E)
Medikamentös-toxischer Leberschaden (DILI)
Kapitel 5
145
Tab. 5.9 Ausgewählte hepatotoxische Kräuter und Nahrungsergänzungsmittel Kräuter und Nahrungsergänzungsmittel
Übliche Verwendung
Phänotyp/Leberhistopathologie
Aloe vera
Gastrointestinale Krankheiten/ topische Weichmacher
Akuter hepatozellulärer Schaden, portale/ lobuläre Entzündung mit Infiltraten eosinophiler Granulozyten und azidophilen Körperchen
Atractylis gummifera (Gummi-Spindelkraut, afrikanisches Heilmittel)
Verschiedene Anwendungen: Antipyretikum, Antiemetikum, Abtreibungsmittel
Akutes Leberversagen, diffuse hepatozelluläre Nekrosen
Ayurvedische Kräuter: Psoralea corylifolia, Acacia catechu (Gerber-Akazie), Eclipta alba, Bacopa monnieri (kleines Fettblatt)
Verschiedene Anwendungen
Akute und chronische Hepatitis, granulomatöse Hepatitis, Zirrhose
Callilepsis laureola (Südafrikanische Ox-Eye Daisy, Zulu-Heilmittel)
Gastrische Beschwerden, Bandwurmbefall, Husten
Akutes Leber- und Nierenversagen, diffuse hepatische Nekrose
Camellia sinensis (Grüner Tee)
Gewichtsabnahme
Akuter hepatozellulärer Schaden, Cholestase, Steatose
Cascara sagrada (Rhamnus purshianus)
Obstipation
Cholestatische Hepatitis, Gallengangschäden, portale Entzündung, intrakanalikuläre Cholestase
Centella asiatica (Indischer Wassernabel)
Wundheilung, psychologische Regeneration, Blutreinigung
Autoimmunmerkmale, zelluläre Nekrosen, Apoptosen und lymphoplasmazelluläre Infiltrate
Cimicifuga racemosa (Wanzenkraut)
Linderung perimenopausaler vasomotorischer Symptome
Autoimmunmerkmale
Cinnamomum camphora (Campher-Öl)
Hyperämikum, Mukolytikum
Akute Hepatitis, ähnlich Reye-Syndrom
Dai-saiko-to
Hypertonie, Schultersteife, Insomnie, Angst
Autoimmunmerkmale
Ephedra sinnica (Chinesisches Meerträubel, Ma-Huang)
Gewichtsabnahme
Hepatozellulärer Schaden mit auto immunen Merkmalen, massive Nekrosen
Herbalife; Nahrungsergänzungsmittel
Gewichtsabnahme, Nahrungsmittelzusätze
Akute und chronische lobuläre und portale Hepatitis mit Beteiligung eosinophiler Granulozyten
Larrea tridentate, Larrea divariatica (Kreosotbusch)
Bronchitis, rheumatische Schmerzen, Gewichtsabnahme, Magenschmerzen
Cholestatische Hepatitis, biliäre Veränderungen, Zirrhose, massive Nekrosen
Lycopodium serratum (Bärlappe, Schlangenmoos, Drudenfuss)
Sedation
Chronische Hepatitis, portale Fibrose, Steatose, cholestatische Hepatitis
Mentha pulegium, Hedeoma pulegoides (Polei, Flohkraut)
Abtreibungsmittel, Menstruationsauslöser
Akutes Leberversagen, zentrilobuläre Degeneration und massive Nekrosen
Piper methysticum (Kava Kava, Rauschpfeffer)
Angst, Depression
Akute cholestatische Hepatitis, Gallengangschäden, hepatische Nekrosen
Pyrrolizidinalkaloide: Crotolaria (Bush-Tee), Heliotropium Ilex paraguaiensis (Maté); T’u-san-chi (Composite spp.; Indianische Kräuter): Senecio spp. (gewöhnliches Greiskraut, Arnica) Tussilago furfara (Huflattich); Symphytum officinale (Echter Beinwell)
Kräutertee, Darmspülung
Hepatomegalie, Aszites, portale Hypertonie, vaskuläre Läsionen, venookklusive Erkrankung, Fibrose, Zirrhose
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1
L. Terracciano, S. Stadlmann, L. Tornillo
Tab. 5.9 (Fortsetzung)
2
Kräuter und Nahrungsergänzungsmittel
Übliche Verwendung
Phänotyp/Leberhistopathologie
3
Serrenoa repens, Chamaerops humilis, Sabal serrulata (Sägepalme)
Benigne Prostatahyperplasie
Autoimmunmerkmale, chronische Hepatitis, Fibrose
4
Teucrium chamaedrys (Gamander)
Gewichtsabnahme
Akute und chronische Hepatitis, massive Nekrosen, Zirrhose
Valeriana officinalis (Echter Baldrian)
Sedativum, Schlaflosigkeit, Angst
Milde Hepatitis, Fibrose
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Literatur 1.
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2.
12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24
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Kapitel 5
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Kapitel 6
Alkoholische Lebererkrankungen (ALD) 6
6
C. Lackner
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
Alkoholische Fibrose und Zirrhose . . . . . . . . . . . . . . . . 170
Natürlicher Verlauf und Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . 161
Weitere morphologische Veränderungen der ALD . . 170
Pathogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
Mallory-Denk-Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
Alkoholmetabolismus und oxidativer Stress . . . . . . . . 162
Megamitochondrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
Molekulare Mechanismen der AFL . . . . . . . . . . . . . . . . 163
Eisenspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
Molekulare Mechanismen der ASH . . . . . . . . . . . . . . . 164
Cholestase und duktuläre Reaktion . . . . . . . . . . . . . . 174
Molekulare Mechanismen der Fibrogenese bei ALD . 164
Adaptive Zellveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
Klinisches Spektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Morphologische Zeichen der Rückbildung . . . . . . . . . 174
Lebertransplantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
Differentialdiagnose ALD und NAFLD . . . . . . . . . . . . . . 174
Morphologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
Alkohol als Kofaktor für Lebererkrankungen . . . . . . . . . 176
Alkoholische Fettleber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
Alkohol und chronische Virushepatitis B und C . . . . 176
Alkoholische großtropfige und gemischttropfige Steatose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
Alkohol und NAFLD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Alkohol und hereditäre Hämochromatose . . . . . . . . . . 177
Alkoholische mikrovesikuläre Steatose . . . . . . . . . . . . 166 Alkoholische Steatohepatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
Die Bedeutung der Leberbiopsie bei ALD . . . . . . . . . . . . 177 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_6
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C. Lackner
Einleitung Alkohol ist eines der ältesten Rauschmittel der Menschheit. Funde aus der Zeit des Neolithikums weisen bereits auf die Existenz fermentierter Getränke hin. Erste schriftliche Zeugnisse des Alkoholkonsums finden sich bei den Ägyptern um ca. 5000 v. Chr. und bereits in den ersten ägyptischen Gräbern wurden mehrere Sorten Bier und Wein als Grabbeigaben gefunden [39]. Bei fast allen Bevölkerungsgruppen, die Alkohol konsumieren, sind gesundheitliche und soziale Folgen des Alkoholmissbrauchs nachweisbar [190]. Die industrielle Herstellung und globale Vermarktung von alkoholischen Getränken hat zu einer beträchtlichen Steigerung des Konsums mit negativen Folgen für die Gesundheit geführt [246]. Alkohol ist weltweit eine der wichtigsten Ursachen von Lebererkrankungen [190, 192]. Etwa 40 % aller Lebertransplantationen [6, 30] können auf eine alkoholische Lebererkrankung („alcohol-related liver disease“, ALD) zurückgeführt werden. Darüber hinaus ist Alkoholmissbrauch mit einer Reihe von extrahepatischen Erkrankungen assoziiert, deren Schweregrad in Relation zu Dauer und Ausmaß des Alkoholmissbrauchs steht. Dazu zählen u. a. die Alkoholfetopathie, perinatale Erkrankungen (wie niedriges Geburtsgewicht), Karzinome (vor allem Karzinome des Oropharynx, Ösophagus, Kolorektums und der Brustdrüse), Diabetes mellitus, neuropsychiatrische und kardiovaskuläre Erkrankungen, Gastritis, Pankreatitis sowie absichtliche und unabsichtliche Verletzungen. Global gesehen sind etwa 6,3 % aller Todesfälle bei Männern und 1,1 % der Todesfälle bei Frauen auf den Risikofaktor Alkohol zurückzuführen. Folgen des Alkoholmissbrauchs sind für 7,6 % aller verlorenen behinderungsbereinigten Lebensjahre („disability-adjusted life years“, DALYs) bei Männern und 1,4 % aller DALYs bei Frauen verantwortlich. Weltweit zählt Europa zu den Regionen mit dem höchsten Alkoholkonsum und
entsprechend hohen gesundheitlichen Belastungen, die mit beträchtlichen Kosten verbunden sind (Tab. 6.1; [190, 192]). Im Gegensatz zur nichtalkoholischen Fettlebererkrankung („non-alcoholic fatty liver disease“, NAFLD) gibt es derzeit nur wenige Daten zur Prävalenz der verschiedenen Ausprägungen der ALD, der alkoholischen Fettleber (AFL), der alkoholischen Steatohepatitis (ASH) und der alkoholischen Zirrhose. In einer kürzlich durchgeführten bevölkerungsweiten Studie konnte etwa ein Drittel der nichtinvasiv gemessenen Fälle von Leberfibrose auf Alkoholabusus zurückgeführt werden [197]. Da eine eindeutige Korrelation zwischen dem Alkoholkonsum per capita und der Inzidenz der Leberzirrhose besteht [13, 45, 46, 47], gilt die zirrhoseassoziierte Mortalität oder die leberbezogene standardisierte Todesrate als Maß für Prävalenz und Entwicklungstrends der ALD [62, 108]. Während der vergangenen 30 Jahre ist die zirrhoseassoziierte Mortalität in Europa um ca. 40 % gesunken [108]. Regional ist diese im EUDurchschnitt positive Entwicklung jedoch sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während bei den unter 65 Jahre alten Erwachsenen in den meisten westlichen europäischen Ländern ein Rückgang des Alkoholkonsums und der zirrhoseassoziierten Mortalität zu beobachten war, zeigte sich in den meisten östlichen Staaten sowie Großbritannien und Finnland ein deutlicher Anstieg. Vor allem in Italien und Frankreich führten Veränderungen des Konsum- und Kaufverhaltens zu gesteigerter Nachfrage von höherpreisigen, qualitativ besseren Weinen und einem niedrigeren Nettoverbrauch von Alkohol. In den osteuropäischen Ländern, aber vor allem auch in Großbritannien und Finnland, haben vermehrter Alkoholkonsum, begünstigt durch erfolgreiche Vermarktungsstrategien mit leichter Verfügbarkeit von Alkohol, zu relativ niedrigen Preisen zu einem Anstieg der zirrhoseassoziierten Mortalität beigetragen [108]. Im Allgemeinen ist die Inzidenz der ALD bei Männern etwa 2- bis 3-mal höher als bei Frauen [241].
Tab. 6.1 Todesfälle und verlorene behinderungsbereinigte Lebensjahre (DALYs)a durch Alkoholmissbrauch. (Rehm et al. [190]) Männer [%]
Frauen [%]
Gesamtbevölkerung [%]
Weltweit
6,3
1,1
3,8
EU
11,0
1,8
6,5
Todesfälle
b
26
DALYs
27
Weltweit
7,6
1,4
4,6
EU
17,3
4,4
11,6
28
a
Behinderungsbereinigte Lebensjahre („disability adjusted life years“, DALYs); bEuropäische Union
Alkoholische Lebererkrankungen (ALD)
Natürlicher Verlauf und Risikofaktoren ALD ist eine komplexe Erkrankung mit multifaktorieller Genese [74, 86, 88, 168], deren Spektrum von AFL über ASH zu Leberfibrose und Zirrhose reicht. Eine AFL ist bei über 90 % der Personen mit einem Alkoholkonsum von mehr als 60 g pro Tag nachweisbar [50]. Nur bei ca. 20–40 % der Fälle entwickeln sich eine ASH und in der Folge eine Leberfibrose. Bei 8–20 % der Patienten schreitet die Erkrankung zur Zirrhose fort, die bei 3–10 % der Patienten durch die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms („hepatocellular carcinoma“, HCC) kompliziert wird. Der individuell sehr unterschiedliche Verlauf der ALD wird von einer Reihe von individuellen und Umweltfaktoren bestimmt. Zu diesen Faktoren zählen u. a. Geschlecht, ethnischer Hintergrund, genetische Polymorphismen, Komorbidität, Quantität, Dauer und Art des Alkoholkonsums und Ernährung [74, 167, 223]. Frauen haben ein deutlich höheres Risiko, eine ALD zu entwickeln, als Männer [11, 128, 162, 201]. Die Ursachen dafür sind nicht im Detail bekannt. Einer der Gründe könnte jedoch die proinflammatorische Wirkung der Östrogene und der damit verbundene höhere oxidative Stress in der Leber sein [58]. Eine weitere mögliche Ursache ist das bei Frauen im Vergleich zu Männern kleinere Verteilungsvolumen im Körper, was zu vermindertem „First-pass“-Metabolismus und höherer Blutalkoholkonzentration beitragen kann [8, 69]. Der ethnische Hintergrund scheint für die Ausprägung der ALD eine wichtige Rolle zu spielen [137, 242]. Die Zirrhoseprävalenz ist bei afroamerikanischen und hispanischen Männern höher als bei kaukasischen Männern. Die Mortalität ist bei hispanischen Männern im Vergleich zu diesen anderen ethnischen Gruppen am höchsten. Diese Unterschiede scheinen nicht durch die Quantität des Alkoholkonsums begründet zu sein [242]. Es wird angenommen, dass genetische Faktoren bis zu 50 % der individuellen Prädisposition für ALD erklären können [62]. Leibliche oder adoptierte Kinder von alkoholabhängigen Personen haben im Vergleich zu Kindern von Nichtalkoholikern ein höheres Risiko, eine Alkoholabhängigkeit zu entwickeln [84]. Des Weiteren spricht auch die im Vergleich zu dizygoten Zwillingen höhere Prävalenz der alkoholischen Zirrhose als bei monozygoten Zwillingen für die Bedeutung genetischer Faktoren [102, 189]. Zahlreiche Untersuchungen wurden mit dem Ziel durchgeführt, genetische Risikofaktoren für die Entwicklung einer ALD zu definieren [214]. Derzeit sind aber Polymorphismen von nur zwei Kandidatengenen bekannt, die in mehreren Studien als genetische Risikofaktoren für ALD identifiziert und validiert wurden. Dazu zählen Polymorphismen des Tumornekrosefaktors-alpha-(TNF-α‑)Gens [138] und des PNPLA3-(„patatin-like phospholipase domain-con-
Kapitel 6
taining protein 3“-)Gens [207, 213, 214, 226, 230]. Das Risiko, eine Zirrhose zu entwickeln, ist bei Alkoholikern der weißen Rasse mit Homozygotie für das PNPLA3rs738409-G-Allel gegenüber Nichtgenträgern um das 2,8fache erhöht [213, 214]. Lang andauernder Alkoholabusus und Infektion mit Hepatitis B, C oder humanem Immundefizienz-(HI-) Virus und/oder gleichzeitig bestehende NAFLD oder Hämochromatose begünstigen und beschleunigen in synergistischer Weise die Entwicklung einer Leberzirrhose [188]. Der wichtigste Umweltfaktor für die Entwicklung der ALD ist naturgemäß übermäßiger Alkoholkonsum. Es besteht eine eindeutige Korrelation zwischen Alkoholdosis und Prävalenz der alkoholischen Leberschädigung und der alkoholischen Zirrhose (Abb. 6.1; [13, 214]). In einer bevölkerungsweiten Studie war ab einem Konsum von mehr als 30 g Alkohol pro Tag das Zirrhoserisiko bei Männern und Frauen erhöht [13]. Angaben, die Alkoholmenge betreffend, die nicht mit einem erhöhten ALD- und Zirrhoserisiko assoziiert ist, sind jedoch unterschiedlich [167]. Als „sichere“ Alkoholmenge wurde in einigen frühen Studien 14 Alkoholeinheiten pro Woche (1 Alkoholeinheit entspricht 8 g reinem Alkohol) für Männer und 7–14 Einheiten pro Woche für Frauen definiert [120]. Resultate rezenter Metaanalysen belegen ab einer Alkoholdosis von 25 g pro Tag ein exponentiell steigendes Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose oder leberzirrhosebezogener Mortalität für beide Geschlechter, wobei das Risiko für Frauen höher als für Männer ist [46, 191]. Für andere Erkrankungen, deren Risiko ebenfalls durch Alkoholkonsum beeinflusst wird, gibt es möglicherweise keine unbedenkliche Alkoholmenge. So wurde in einer rezenten Metaanalyse ein
Abb. 6.1 Prävalenz der alkoholischen Zirrhose in Relation zum Alkoholkonsum. (Bellentani et al. [13]; Stickel und Hampe [214])
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4%iger Anstieg des Brustkrebsrisikos bei Frauen ab einem Konsum von 10 g Alkohol pro Tag festgestellt [204]. Neben der Alkoholdosis sind auch Trinkgewohnheiten als Risikofaktoren für die Entwicklung der ALD bedeutsam. Wird Alkohol vor allem zwischen und nicht mit den Mahlzeiten konsumiert, erhöht sich das ALDRisiko 2,7fach [13]. Auch Konsum von verschiedenen alkoholischen Getränken versus nur einer Alkoholsorte, täglicher versus Wochenendalkoholkonsum und sog. „binge drinking“ sind mit erhöhtem ALD-Risiko assoziiert. „Binge drinking“ ist eine Änderung der Trinkgewohnheiten, die in den letzten Jahrzehnten vor allem bei jüngeren Personen festgestellt wurde, wobei über einen kurzen Zeitraum eine große Alkoholmenge getrunken wird. Als „binge drinking“ wird bei Männern der Konsum von 5 und bei Frauen von 4 alkoholischen Getränken innerhalb von zwei Stunden bezeichnet [252]. Binge-drinking-Episoden von mehreren Tagen, Wochen oder Monaten wechseln sich mit Episoden mit geringem oder gar keinem Alkoholkonsum ab [43]. Die Langzeitauswirkungen dieses Trinkverhaltens auf die Leber und andere Organe werden kontrovers beurteilt [9, 96, 238] und sind noch nicht ausreichend untersucht [62]. Jüngere Forschungsergebnisse weisen aber auf einen Zusammenhang zwischen „binge drinking“ und Leberzirrhose hin. Abgesehen von den Risiken einer chronischen Leberschädigung kann „binge drinking“ zu lebensbedrohlicher Hypoglykämie, schwerer Laktazidose und akuter schwerer ASH führen, die vor allem bei gleichzeitigem Bestehen einer chronischen Lebererkrankung mit einer 30-Tage-Mortalität von über 40 % assoziiert ist [243]. Diätfaktoren spielen bei der Entwicklung und der Prognose der ALD ebenfalls eine Rolle. Einerseits ist Adipositas mit einem höheren ALD- und Zirrhoserisiko assoziiert [157, 188], andererseits haben unterernährte ALD-Patienten eine bedeutend schlechtere Prognose als ALD-Patienten mit Normalgewicht [146]. Eine Verschlechterung der ALD könnte auch mit der Depletion der Leber an Vitamin A oder Mangel an Vitamin E zusammenhängen [118]. Ein hoher Anteil an ungesättigten Fettsäuren in der Diät ist zumindest im Tiermodell mit einer Verschlechterung der ALD verbunden, während sich eine Diät, die reich an gesättigten Fettsäuren ist, protektiv auswirkt [148].
Pathogenese Die Pathogenese der ALD ist komplex und nur zu einem Teil aufgeklärt. Die unterschiedlichen Formen der ALD, sind Auswirkungen der toxischen Metabolite des Alkohols auf die Zellen der Leber. Diese Effekte der Alkoholabbauprodukte auf Ausprägung und Progression der
ALD werden zusätzlich von Wirts- und Umweltfaktoren beeinflusst [208] (s. o.).
Alkoholmetabolismus und oxidativer Stress Ethanol wird zu ca. 90 % oxidativ in der Leber und nur zu etwa 2–10 % nichtoxidativ in extrahepatischen Geweben abgebaut. Ethanol wird in der Leber vor allem durch die Alkoholdehydrogenase (ADH) zu Acetaldehyd oxidiert. Acetaldehyd ist ein toxischer, hochreaktiver, Alkoholmetabolit, der für ein breites Spektrum von zellschädigenden Mechanismen verantwortlich ist (Abb. 6.2; [3, 208, 251]). Bei chronischem Alkoholabusus wird der Alkoholabbau durch Cytochrom-P450-Isoenzyme, vor allem von CYP2E1, verstärkt. Zu einem geringen Anteil kann Ethanol auch durch die peroxisomale Katalase abgebaut werden. Acetaldehyd wird von der mitochondrialen Aldehyddehydrogenase (ALDH2) zu Acetat und NADH metabolisiert. Die Leber verfügt wegen des Fehlens der Acetyl-CoA-Synthase 2 nur über eine eingeschränkte Kapazität, Acetat über den Zitratzyklus abzubauen [72, 251]. Acetat wird in das Blut abgegeben und hauptsächlich in extrahepatischen Geweben wie Herz, Skelettmuskel und Gehirn über den Zitratzyklus zu CO2 und H2O metabolisiert. Durch den Abbau von Ethanol entsteht NADH. Dadurch ergeben sich eine Verschiebung des Redoxstaus in der Leberzelle zugunsten der Reduktion [52, 187, 209] und ein Überangebot von NADH für die Elektronentransportkette. Als Nebenprodukt der Metabolisierung von NADH durch die oxidative Phosphorylierung wird somit die Entstehung von reaktiven Sauerstoffverbindungen („reactive oxygen species“, ROS) gefördert. ROS entstehen aber auch durch andere Ethanol-induzierte Abbauprodukte und zelluläre Mechanismen, zu denen die Induktion der CYP2E1-Aktivität, Hypoxie, Zytokinwirkung, mitochondriale Schädigung, Aktivierung von Kupffer-Zellen durch Lipopolysaccharide (LPS), verbrauchsbedingte Verminderung zellulärer Antioxydanzien (vor allem Glutathion), Oxidation von Ethanol zu 1-Hydroxy-Ethylradikalen und die Konversion der Xanthindehydrogenase in Xanthinoxidase zählen [251, 252]. Die Folgen der Erhöhung des NADH/ NAD+-Verhältnisses sind – alkoholische Hypoglykämie, durch Störung der Umwandlung von Pyruvat in Glukose und Inhibition der Glukoneogenese, – alkoholische Azidose, durch gesteigerte Bildung von Ketonkörpern [76] und die gesteigerte Umwandlung von Pyruvat in Laktat, – Hyperurikämie, durch Kompetition von Laktat und Ketonkörpern mit Urat um die Ausscheidung im distalen Nierentubulus [247] und gesteigerte Bildung von Urat,
Alkoholische Lebererkrankungen (ALD)
Kapitel 6
Abb. 6.2 Oxidativer Metabolismus von Ethanol und Leberschädigung [251]. Ethanol wird in der Leber vor allem durch die Alkoholdehydrogenase (ADH) und zu einem geringeren Anteil durch Cytochrom CYP2E1 und peroxisomale Katalase zunächst zu Acetaldehyd abgebaut. In weiteren Schritten erfolgt der Abbau von Acetaldehyd durch die mitochondriale Aldehyddehydrogenase (ALDH2) zu Acetat und NADH. Acetat wird über den Zitratzyklus zu CO2 und H2O metabolisiert. Es ergibt sich eine Verschiebung des Redoxstaus in der Leberzelle zugunsten der Reduktion. Das Überangebot von NADH begünstigt die oxidative Phosphorylierung der Atmungskette und die Entstehung von reaktiven Sauerstoffverbindungen („reactive oxygen species“, ROS). Die Entstehung von ROS wird auch durch andere ethanolinduzierte Abbauprodukte und zelluläre Mecha-
nismen begünstigt, zu dem u. a. auch die Induktion der CYP2E1Aktivität zählt. Acetaldehyd ist ein hochreaktiver Alkoholmetabolit, der bei der Pathogenese des alkoholischen Leberschadens und der alkoholassoziierten Karzinogenese eine sehr wichtige Rolle spielt. Acetaldehyd bindet kovalent an DNA und Proteine, vor allem an Proteine in der Plasmamembran der Erythrozyten, Lipoproteine, Mikrotubuli, Hämoglobin, Albumin, Kollagen und biogene Amine, beeinträchtigt deren Funktion und fördert die Bildung von Autoantikörpern und Entzündung. Acetaldehyd induziert die Fettsäuresynthese und inhibiert Enzyme und Transkriptionsfaktoren, die für den Abbau und den Export von Lipiden aus der Leberzelle verantwortlich sind. Zudem aktiviert Acetaldehyd u. a. die Sternzellen und begünstigt die Fibrogenese
– Hypertriglyzeridämie, durch Vermehrung von Glyzerolphosphat, Triglyzeriden und Inhibition der mitochondrialen β-Oxidation [125] sowie – Hypoxie vor allem läppchenzentraler Hepatozyten durch gesteigerte Aufnahme von Sauerstoff zur Metabolisierung von Ethanol.
Neben der bereits erwähnten Inhibition der mitochondrialen Fettsäureoxidation durch die gesteigerte Bildung von NADH hemmt Acetaldehyd die AMP-aktivierte Proteinkinase (AMPK), ein Enzym, das die Fettsäureoxidation fördert und die Fettsäuresynthese vermindert [211]. Des Weiteren inhibiert Acetaldehyd den Peroxisom-Proliferator-aktivierten Rezeptor α (PPARα), ein nukleäres Rezeptorprotein, das für die Transkription von Genen, die in Fettsäuretransport und β-Oxidation involviert sind, eine wichtige Rolle spielt. Die Hemmung von PPARα vermindert möglicherweise auch die Sekretion von VLDL [211]. Acetaldehyd fördert die Lipogenese durch direkte Aktivierung von „sterol regulatory element-binding protein 1-c“ (SREP-1c), einen Transkriptionsfaktor von Lipogenese-Genen. SREP-1c kann auch indirekt, über alkoholinduzierte Hyperhomozysteinämie und ER-(endoplasmatisches Retikulum‑)Stress aktiviert werden. Darüber hinaus reguliert Ethanol Aktivatoren der AMPK, Adiponektin und die Deacetylase Sirtuin.
Molekulare Mechanismen der AFL Wichtige Faktoren der nur zum Teil bekannten Pathogenese der AFL sind die verstärkte Lipolyse des peripheren Fettgewebes durch Alkohol und damit eine erhöhte Anflutung sowie Aufnahme von freien Fettsäuren in die Leber, erhöhte Lipogenese bei verminderter Lipolyse in den Hepatozyten und Verminderung der hepatozellulären Lipidsekretion über „very low density lipoprotein“ (VLDL) [211].
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Molekulare Mechanismen der ASH Chronischer Alkoholabusus erhöht die Darmpermeabilität für LPS der Darmbakterien. LPS gelangen über das Pfortaderblut in die Leber [184] und aktivieren den Toll-ähnlichen Rezeptor („toll-like receptor“, TLR) 4 der Kupffer-Zellen, die, durch oxidativen Stress und Acetatinduzierte Histonacetylierung zusätzlich sensibilisiert [111], die proinflammatorischen Zytokine Tumornekrosefaktor α (TNF-α) und Interleukin 1 (IL-1) sowie die Chemokine MCP-1, CXC und IL-8 produzieren [75, 234]. Alkohol aktiviert auch die Komplementfaktoren C3 und C5, die ebenfalls Rezeptoren von Kupffer-Zellen binden und die Bildung von TNF-α induzieren. Resultate experimenteller und klinischer Studien weisen auf TNF-α als wichtigen Mediator der Leberzellschädigung hin. Die alkoholische Leberschädigung ist bei Mäusen mit TNF-Rezeptordefizienz oder nach Behandlung mit Anti-TNF-α-Antikörpern deutlich vermindert [100, 116, 145, 158]. Die Testung von TNF-Inhibitoren in klinischen Studien zeigte jedoch eine gegenüber der Kontrollgruppe eine erhöhte Rate an infektassoziierter Mortalität [17, 156]. Diese und andere, von Kupffer-Zellen, Sternzellen („hepatic stellate cells“, HSC) und Hepatozyten gebildeten proinflammatorischen Mediatoren vermitteln die Infiltration der Leber durch Entzündungszellen der angeborenen Immunität. Sie bewirken u. a. auch die Differenzierung von TH17-Lymphozyten aus CD4+Lymphozyten. TH17-Lymphozyten produzieren IL-17 und IL-22, wodurch die HSC zur Produktion von IL-8 und „growth regulated oncogene“ (GRO) α angeregt und neutrophile Granulozyten rekrutiert werden [121]. Die Aktivierung von TLR4 und Komplementfaktoren veranlasst die Kupffer-Zellen aber auch zur Produktion der protektiven Zytokine IL-6 und IL-10, wodurch via Aktivierung von „signal transducer and activator of transcription“ (STAT) 3, hepatoprotektive antiinflammatorische und regenerationsfördernde Mechanismen in Gang gesetzt werden [101, 136, 149]. Oxidativer Stress durch vermehrte Bildung von ROS und reaktiven Stickstoffspezies („reactive nitrogen species“, RNS) als Nebenprodukte des Ethanolmetabolismus und der Aktivierung von Kupffer- und Sternzellen hat die Schädigung von Mitochondrien und anderen Organellen, Lipidperoxidation sowie oxidative Modifikationen zellulärer Proteine zur Folge. Die Anhäufung oxidativ geschädigter, missgefalteter und ubiquitinierter Proteine überfordert proteasomale und autophagosomale Degradationsmechanismen, wodurch die Bildung von Proteinaggregaten, wie der MDB (Mallory-DenkKörper, „Mallory-Denk bodies“), bestehend aus den Intermediärfilament-(IF-)Zytoskelettproteinen Keratin (K) 8 und 18, Ubiquitin und p62 (SQSM1, p62) begünstigt wird (s. Abb. 6.2; [253]).
Die Reorganisation des IF-Zytoskeletts, die oxidative Modifikation von intrazellulären Lipidtropfen und möglicherweise auch eine Ethanol-induzierte Inhibition autophagosomaler Abbaumechanismen sind neben anderen Faktoren an der Bildung von vergrößerten und abgerundeten Hepatozyten, sog. ballonierten Hepatozyten beteiligt [33, 186, 253] (s. u.). Der apoptotische Leberzelluntergang, ein weiterer wichtiger Mechanismus ALD-assoziierter Leberschädigung, wird durch verschiedene Mechanismen, u. a. durch Ethanol-mediierte Toxizität, oxidativen Stress und/oder über proapoptotische Signaltransduktion via TNF-α und Fas-Ligand begünstigt [67, 74].
Molekulare Mechanismen der Fibrogenese bei ALD Das entzündliche Milieu der ASH, oxidativer Stress und Leberzellschädigung sind Wegbereiter einer perizellulären Bindegewebsvermehrung (perizelluläre Fibrose, Fibrose vom Maschendrahttyp), die ähnlich wie bei einem Wundheilungsprozess auf der Akkumulation von Kollagen und anderen extrazellulären Matrixproteinen basiert. Aktivierung der HSC mit Transformation zu Myofibroblasten spielt dabei eine wichtige Rolle. Diese Aktivierung erfolgt zum einen durch Zelldebris, Apoptosen und oxidativen Stress als Folge der zellschädigenden Wirkungen der Ethanolmetabolite und Immunreaktionen, zum anderen sind Acetaldehyd, Leptin und LPS beteiligt. LPS können HSC direkt über die transformierende Wachstumsfaktor-(„transforming growth factor“, TGF-)β-Signaltransduktion zur Produktion von Matrixproteinen anregen. Indirekt wird dieser Mechanismus auch durch die Interaktion von Leptin mit KupfferZellen und TLR4-mediierte Produktion profibrotischer Mediatoren verstärkt [10, 70, 74, 139]. Möglicherweise sind auch portale Fibroblasten, Knochenmarkszellen und epitheliale Zellen über epithelial-mesenchymale Transition an der Fibrogenese beteiligt [41, 75].
Klinisches Spektrum AFL ist die häufigste Manifestation der ALD und entwickelt sich bei den meisten Patienten, die mehr als 60 g Alkohol pro Tag trinken [50], aber auch bei Personen mit geringem Alkoholkonsum [126]. Klinisch symptomarm, wird eine AFL manchmal im Rahmen einer Routineuntersuchung festgestellt. Typische, aber wenig spezifische laborchemische Veränderungen sind Erhöhung der γ-Glutamyltranspeptidase, Anstieg des mittleren korpuskulären Erythrozytenvolumens auf > 100 fl (Makrozytose) sowie Erhöhung der Asparta-
Alkoholische Lebererkrankungen (ALD)
taminotransferase (AST) und Alaninaminotransferase (ALT). Die AST/ALT-Ratio ist typischerweise größer als 2 [62, 168]. Ausgeprägtere Formen der AFL sind mit Hepatomegalie assoziiert. In der Ultraschalluntersuchung zeigt die Leber ein charakteristisches hyperechogenes Schallmuster. Die Prognose der unkomplizierten AFL ist gut. Sie ist bei Alkoholkarenz vollständig reversibel [147]. Die alkoholische Hepatitis (AH) ist ein klinisches Syndrom, bestehend aus Leberentzündung, Leberzellschädigung und Fibrose, das als Folge des Konsums einer größeren Menge von Alkohol auftritt [142]. Eine milde AH kann klinisch symptomarm sein. Schwere Formen manifestieren sich mit Hepatomegalie, Übelkeit, Appetitlosigkeit und Erhöhung der Leberenzyme. Typisch ist eine (2- bis 6fach) erhöhte AST, erhöhtes Bilirubin und Leukozytose. Eine AST/ALT-Ratio von > 3 gilt als guter Hinweis auf eine alkoholische Ätiologie einer Hepatitis [163]. In Abhängigkeit vom Schweregrad ist auch eine Gerinnungsstörung mit Verlängerung der Prothrombinzeit und Erhöhung der INR nachweisbar. Die 30-Tage-Mortalität von Patienten mit schweren, nicht therapierten Formen der AH wird mit 45–50 % angegeben [36, 177]. Eine der Ursachen dafür ist die erhöhte Anfälligkeit der Patienten für bakterielle Infektionen [62, 245]. Klinisch können Infektionen mit Symptomen eines systemischen inflammatorischen Response-Syndroms (SIRS) mit Fieber, Leukozytose, erhöhtem C-reaktivem Protein (CRP) und Tachypnoe [107, 153] assoziiert sein. In vielen Fällen ist die AH einer chronischen ALD mit alkoholischer Zirrhose aufgepfropft [110] und kann ein akut-auf-chronisches Leberversagen („acute on chronic liver failure“, ACLF) herbeiführen. ACLF ist ein schweres Krankheitsbild mit progredientem Ikterus, rascher Entwicklung einer hepatischen Enzephalopathie, hepatorenalem Syndrom und Multiorganversagen. Die Letalität dieser Komplikation ist mit 60 % innerhalb von 3 Monaten sehr hoch [200]. Diverse klinische, nichtinvasive Prognosemodelle (Maddrey-Score, MELD-Score, GAHS, ABICScore) erlauben die Stratifizierung von Patienten mit dekompensierter ALD in Gruppen mit niedrigem und hohem akutem Letalitätsrisiko [142]. Diese Risikostratifizierung gilt als eine wichtige Grundlage für die Therapieentscheidung [62]. Sonographische Veränderungen bei AH umfassen ein diffuses hyperechogenes Schallmuster, häufig Zeichen der Leberfibrose, Zirrhose und portaler Hypertension. Bei manifester Zirrhose sind Angiome (Spidernävi) und Palmarerytheme häufige Hautveränderungen, während Aszites, subkutane venöse Kollateralen (Caput medusae), Kachexie und hepatische Enzephalopathie Symptome einer dekompensierten Zirrhose sind [62, 168]. Häufige Komplikationen der Alkoholzirrhose sind Ösophagusvarizenblutungen und spontane bakterielle Peritonitis.
Kapitel 6
Lebertransplantation In Europa und in den USA ist die ALD eine der häufigsten Ursachen der Zirrhose und Indikation für eine Lebertransplantation [30, 62]. Vor dem Hintergrund der limitierten Verfügbarkeit von Spenderorganen werden derzeit Indikation und Selektion von ALD-Patienten für die Transplantation kontrovers diskutiert [131]. Die Auffassung der ALD als selbst verursachte Erkrankung, die mit geringer Patienten-Compliance und einer hohen Rezidivrate des Alkoholabusus von 11–49 % nach Transplantation einhergeht [135, 159], könnte dafür verantwortlich sein, dass geschätzte 95 % aller Patienten mit ALD im Endstadium erst gar nicht für eine Transplantation evaluiert werden [164]. Eine weitere derzeit umstrittene Frage betrifft Notwendigkeit und Dauer der Abstinenz vor der Transplantation. Die meisten Transplantationszentren sehen eine 6-monatige Alkoholkarenz als Voraussetzung für eine Aufnahme auf die Warteliste an. Die Sinnhaftigkeit dieser Regel wird jedoch von einigen Experten bezweifelt, da in Studien keine Unterschiede hinsichtlich einer Rezidivhäufigkeit des Alkoholabusus und des Überlebens von Patienten, die vor der Transplantation eine Alkoholkarenz einhielten, und solchen, die nicht alkoholkarent waren, gefunden wurde [172, 255]. Ebenso umstritten ist derzeit die Frage, ob eine AH eine Kontraindikation für eine Lebertransplantation darstellt [31, 81, 169, 228, 229]. Etwa 30 % der Patienten mit schwerer AH, die nicht auf eine medikamentöse Therapie ansprechen, versterben innerhalb von wenigen Monaten. Daher betrachten einige Autoren eine möglichst frühzeitige Transplantation als notwendige und gerechtfertigte Therapieoption, wobei entsprechende Studienergebnisse einen deutlichen Überlebensvorteil für die transplantierten Patienten belegen [143].
Morphologie Die Typen des ALD-Spektrums, AFL, ASH und alkoholische Zirrhose, sind histologisch definiert (s. Übersicht). Histologische Typen der ALD – Alkoholische Fettleber (AFL) Makrovesikuläre Steatose Mikrovesikuläre Steatose („alcoholic foamy degeneration“) – Alkoholische Steatohepatitis (ASH) – Alkoholische Zirrhose – Andere häufige pathologische Veränderungen – Hepatitis B oder C
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– Eisenspeicherung – Biliäre Obstruktion (als Folge einer Pankreatitis mit Papillensklerose) – Hepatozelluläres Karzinom
Alkoholische Fettleber Die Verfettung der Hepatozyten kann als groß- oder gemischttropfige sowie als mikrovesikuläre Steatose auftreten.
Alkoholische großtropfige und gemischttropfige Steatose Die Speicherung von Lipiden in Form von Fetttropfen in Hepatozyten ist bei Personen, die über einen längeren Zeitraum Alkohol konsumieren, eine sehr häufige Veränderung [2, 54] und resultiert aus der Interaktion von Alkohol mit dem Lipidmetabolismus [74, 123, 124]. Die häufigste Form, die großtropfige (makrovesikuläre) Verfettung, ist durch einen großen Lipidtropfen charakterisiert, der das Zytoplasma mit dem Zellkern und den Organellen an die Zellperipherie verdrängt. Die Fetttropfen sind von Membranen des endoplasmatischen Retikulums umhüllt und bestehen hauptsächlich aus Triglyzeriden und Cholesterinestern [141]. Sie sind dynamische Strukturen, die für die Verteilung von Lipiden in den Hepatozyten [78] und den Energiehaushalt eine wichtige Rolle spielen [239, 258]. Ethanol und Ethanolmetabolite verändern neben Bildung, Abbau und Exportmechanismen der Lipidtropfen möglicherweise auch deren Funktion [215]. Die Akkumulation von Lipiden in den Hepatozyten wird als erster sensibilisierender Schritt aufgefasst, der die Leberzellen für die Wirkungen weiterer Noxen empfindlicher macht [54]. Dabei sollen oxidativer Stress, Lipidperoxidation, oxidative Veränderung von Proteinen in den Membranen der Lipidtropfen und proapoptotische Mechanismen beteiligt sein [53]. Zunächst ist die makrovesikuläre Steatose in den läppchenzentralen Hepatozyten ausgeprägt, bei fortdauerndem Alkoholkonsum können auch Hepatozyten der intermediären und periportalen Läppchenabschnitte betroffen sein (Abb. 6.3a; [1, 59, 119, 250]). Eine gemischttropfige Steatose ist nicht ungewöhnlich, wobei neben Hepatozyten mit großen auch solche mit kleineren Lipidvakuolen und einen meist zentral im Zytoplasma gelagerten Zellkern (mikrovesikuläre Steatose) vorkommen (Abb. 6.3b; [1, 32]). Es wird angenommen, dass makrovesikuläre Lipidtropfen durch Fusion kleinerer Tropfen entstehen. Bei Ruptur verfetteter Hepatozyten führt die Freisetzung von Lipi-
den aus dem Zytoplasma zu einer fokalen Entzündungsreaktion in Form von kleinherdigen Ansammlungen von Lymphozyten, Makrophagen und gelegentlichen eosinophilen und/oder neutrophilen Granulozyten (Mikrogranulome; Abb. 6.3c), die manchmal um Fettvakuolen angeordnet sind (Lipogranulome; Abb. 6.3d) und mit diskreter perizellulärer Fibrose assoziiert sein können. Lipogranulome sind bei hochgradiger Steatose bevorzugt in perivenulären Läppchenabschnitten und seltener auch in Portalfeldern nachweisbar [1, 38]. Massive Steatose (Abb. 6.4) kann selten zu ausgeprägter Hepatomegalie mit Vergrößerung des Lebervolumens auf das 2- bis 3fache der Norm, Cholestase und plötzlichem Tod der Patienten führen, wobei die exakte Todesursache in diesen Fällen jedoch nicht bekannt ist [250].
Alkoholische mikrovesikuläre Steatose Reine mikrovesikuläre Verfettung ist selten. Sie wurde erstmals 1983 von Uchida und Kollegen bei Patienten mit chronischem Alkoholabusus als eine akute Form der Alkoholtoxizität („alcoholic foamy degeneration“, AFD) beschrieben [232]. In einer Kohorte von 398 Patienten mit chronischem Alkoholabusus wurde AFD bei 2,7 % der Fälle nachgewiesen [150]. Das klinische Spektrum reicht von asymptomatischem Verlauf bis zu akutem Leberversagen. Biochemisch manifestiert sich die AFD bei einem Teil der Patienten mit einer Erhöhung der Aminotransferase‑, Alkalische-Phosphatase‑, Bilirubin‑, Cholesterin- und Triglyzeridplasmakonzentrationen. Histologisch ist die Leberläppchenarchitektur meist erhalten, ein kleinerer Prozentsatz der Fälle ist mit Fibrose oder Zirrhose assoziiert. Die Hepatozyten im Läppchenzentrum und manchmal auch in den intermediären Läppchenabschnitten sind durch mikrovesikuläre Fetttropfen im Zytoplasma abgerundet und vergrößert, wobei der pyknotisch veränderte Zellkern im Zentrum liegt (Abb. 6.5a). Einige größere Fetttropfen können auftreten. In den Hepatozyten mit mikrovesikulärer Steatose sind häufig Megamitochondrien (Abb. 6.5b) und Gallepigment, aber in aller Regel keine MDBs nachweisbar. AFD kann mit kanalikulärer Cholestase und/oder milder perivenulärer und perizellulärer sowie perisinusoidaler Fibrose assoziiert sein. Entzündliche Veränderungen sind nicht ausgeprägt. Die AFD ist bei Alkoholkarenz reversibel [150, 232]. Die Pathogenese ist nicht geklärt. Eine Verminderung von Zellorganellen, assoziiert mit Störung der Mitochondrienfunktion und/oder der Funktionen anderer Organellen, könnte eine Rolle spielen [71, 232]. Mikrovesikuläre Verfettung ist nicht spezifisch für eine alkoholische Ursache, sondern kann auch bei einer Reihe anderer Erkrankungen, die mit mitochondrialer Dysfunktion einhergehen, auftreten [249] (s. Übersicht).
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Abb. 6.3 a–d Alkoholische Steatose (H&E). a Hochgradige vorwiegend makrovesikuläre Steatose der Hepatozyten der zentralen und intermediären Läppchenabschnitte (schwarzer Stern: Zentralvene). b Die Hepatozyten enthalten große Lipidtropfen, die den Zellkern
Differentialdiagnose der reinen mikrovesikulären Steatose [249] – Akute Schwangerschaftsfettleber – Reye-Syndrom – Medikamente/Toxine – Akute Eisentoxizität – „Jamaican vomiting disease“ – Multiple Hornissenstiche – Alkoholische mikrovesikuläre Steatose – Erbliche Störungen des Harnstoffzyklus – Erbliche Störungen des Fettsäuremetabolismus – Mitochondriale Zytopathien – Wolman-Erkrankung – Cholesterinesterspeicherkrankheit – Labreafieber – Bacillus-cereus-Toxin – Navajo-Neuropathie – Pearson-Syndrom
an die Zellperipherie verdrängen. c Fokale Ansammlung von mononukleären Entzündungszellen zwischen makrovesikulär verfetteten Hepatozyten (Mikrogranulom) und d um kleine Lipidvakuolen (Lipogranulom)
Abb. 6.4 Hepatomegalie und Gelbfärbung des Parenchyms bei alkoholischer Fettleber
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a Abb. 6.5 a,b Alkoholische mikrovesikuläre Steatose („alcoholic foamy degeneration“, AFD) (H&E). a Die Hepatozyten sind durch zahlreiche kleine und kleinste Fetttropfen abgerundet und vergrößert.
Alkoholische Steatohepatitis Die Inzidenz der ASH ist nicht genau bekannt. Dies ist vor allem auf die mangelnde Korrelation der klinischen und histologischen Diagnose (s. u) [113, 151, 183, 212]. und der limitierten Anzahl an Studien mit histologisch gesicherter ASH-Diagnose zurückzuführen. In einer großen Kohorte von Patienten mit anamnestisch bekanntem Alkoholabusus hatten 44 % der Patienten mit Zirrhose und 12 % der Patienten ohne Zirrhose histologisch eine ASH [157]. Die meisten Experten vertreten die Meinung, dass ASH morphologisch durch Steatose, hepatozelluläre Ballonierung und lobuläre Entzündung gekennzeichnet ist [1, 119, 220, 221, 250]. Sehr häufig sind diese Veränderungen mit perizellulärer Fibrose (Fibrose vom Maschendrahttyp) assoziiert. Die histologischen Kennzeichen der ASH sind typischerweise im Läppchenzentrum stärker ausgeprägt (Abb. 6.6a). Nach einer Abstinenzperiode oder bei schwerer ASH kann die Verfettung manchmal nur minimal ausgeprägt sein [55, 250]. Die degenerativen Veränderungen der Hepatozyten bei ASH umfassen Ballonierung, Apoptose und Nekrose. Hepatozelluläre Ballonierung ist ein unscharf definierter morphologischer Begriff, der eine spezielle Form der Leberzellschädigung beschreibt. In der H&EHistologie sind ballonierte Hepatozyten abgerundet und vergrößert (> 30 µm) mit hellem Zytoplasma, das Fetttropfen und/oder MDBs enthalten kann (Abb. 6.6a,b). Ballonierte Hepatozyten sind häufig in Arealen mit Maschendrahtfibrose (Abb. 6.6c) und in der Nachbarschaft verfetteter Leberzellen zu sehen [1, 26, 28, 115, 119, 250]. Die Pathogenese der Ballonierung ist nicht im Detail bekannt. Untersuchungsergeb-
b Entzündliche Veränderungen oder Fibrose sind nicht nachweisbar. b Die in der Mitte des Zytoplasmas gelagerten Zellkerne sind pyknotisch. Megamitochondrien können nachweisbar sein (Pfeil)
nisse bei Tiermodellen und beim Menschen weisen darauf hin, dass Retention von Flüssigkeit, der Gehalt und die Konformation von Organellen wie Dilatation des ER und des Zerfalls des IF-Zytoskeletts sowie Akkumulation von Lipidtropfen beteiligt sind [33, 35, 85, 115, 144, 203, 254]. Da das IF-Zytoskelett aus K8 und K18 aufgebaut ist, sind ballonierte Hepatozyten immunhistochemisch durch hochgradige Verminderung und zumeist vollständigen Verlust der zytoplasmatischen Reaktivität mit Antikörpern gegen K8/18 charakterisiert (Abb. 6.6d; [33, 115, 254]). Hepatozelluläre Ballonierung mit Verminderung oder Verlust der immunhistochemischen K8/18-Reaktivität des Zytoplasmas ist aber nicht für eine alkoholische Ursache spezifisch. Diese Form der Ballonierung ist auch bei nichtalkoholischer Steatohepatitis („non-alcoholic steatohepatitis“, NASH), chronischer Cholestase, Kupferspeicherkrankheiten, Alpha-1-Antitrypsinmangel und Ischämie-Reperfusionsschaden nachweisbar [114]. Ballonierte, K8/18-negative Hepatozyten bei ASH enthalten häufig K8/18-positive MDBs (s. u.), die durch Aggregation von K8 und 18 mit einer Reihe von weiteren Proteinen entstehen [134]. Bei anderen Lebererkrankungen, die mit vergrößerten Hepatozyten einhergehen, wie akuter Hepatitis, Riesenzellhepatitis oder Autoimmunhepatitis, besteht in den ballonierten Leberzellen kein Verlust der zytoplasmatischen K8/18-Färbung (Tab. 6.2; [115, 254]). Depletion von regelrecht gefaltetem Keratin im Zytoplasma könnte ballonierte Zellen auch gegenüber Auslösern der Apoptose (Abb. 6.7; [79, 80]) empfindlicher machen [67, 193]. Lytische Nekrosen von Hepatozyten können bei ASH ebenfalls vorkommen [28, 250]. Die entzündlichen Infiltrate bei ASH bestehen aus mononukleären Zellen, häufig mit untermischten neu-
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Abb. 6.6 a–d Alkoholische Steatohepatitis (ASH). a Die Kennzeichen der ASH, Steatose, lobuläre Entzündung und Ballonierung, sind in zentralen Läppchenabschnitt akzentuiert (H&E). Die ballonierten Hepatozyten sind abgerundet und vergrößert. Sie zeigen ein helles rarifiziertes Zytoplasma, häufig mit unregelmäßig geformten eosinophilen zytoplasmatischen Inklusionen, Mallory-Denk-Körper („Mallory–Denk bodies“, MDB) (Insert: ballonierte Leberzelle mit MDB im Zytoplasma) und können kleine Lipidtropfen enthalten (b Pfeil; H&E). c Die ballonierten Hepatozyten sind von perizellulärem Bindegewebe umgeben (perizelluläre Fibrose, Fibrose vom
Maschendrahttyp) (konsekutive Schnittstufe zu 4A; CAB). d Ballonierte Hepatozyten sind immunhistochemisch durch Verlust der zytoplasmatischen Reaktivität mit Antikörpern gegen Keratin (K) 8 und K18 charakterisiert, während in den nichtballonierten Hepatozyten die zytoplasmatische K8/18-Reaktivität erhalten bleibt. MDB in ballonierten Zellen, die u. a. aus aggregiertem K8 und K18 bestehen, sind ebenfalls K8/18-positiv (Insert: ballonierte Leberzelle mit K8/18-negativem Zytoplasma und K8/18-positivem MDB neben nichtballonierten Leberzellen mit polygonalem K8/18-positivem Zytoplasma)
trophilen Granulozyten, die manchmal ballonierte Hepatozyten umgeben (Satellitose). Das Infiltrat kann fallweise auch nur aus mononukleären Zellen bestehen. Von einigen Autoren wird das als Hinweis auf eine mögliche Autoimmunkomponente der ALD angesehen [224]. Bei milder ASH sind die Kardinalkriterien Steatose, Ballonierung und lobuläre Entzündung gering bis mäßiggradig ausgeprägt. Bei schwerer ASH sind hepatozelluläre Nekrosen ausgedehnter, hepatozelluläre Ballonierung mit MDB-Bildung und Satellitose sind prominente Merkmale, während die Verfettung der Hepatozyten gering sein kann (Abb. 6.8a,c; [55, 250]). Häufig sind auch eine duktuläre Reaktion (Abb. 6.8b)
und eine kanalikuläre Cholestase (Bilirubinostase; Abb. 6.8d) ausgeprägt, beides Veränderungen mit prognostischer Bedeutung (s. u.). Bei florider oder bei rückläufiger ASH können auch die Portalfelder und Bindegewebssepten mononukleäre Infiltrate aufweisen [25]. Diese Veränderung ist im präzirrhotischen Stadium mit höhergradigem Fibroserisiko assoziiert [42]. Eine ausgeprägte Grenzzonenhepatitis oder dichte portale bzw. lobuläre mononukleäre Infiltrate sind aber nicht typisch für eine ASH. Differentialdiagnostisch sollte in solchen Fällen eine andere (zusätzliche) Ätiologie, wie z. B. eine Virushepatitis in Betracht gezogen werden [25, 27, 40].
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C. Lackner Tab. 6.2 Immunhistochemischer Nachweis von K8/18a im Zytoplasma und von MDBs bei nichtneoplastischen Lebererkrankungen mit vergrößerten oder ballonierten Leberzellen. (Lackner et al. [115]) Zytoplasma
MDBsb
Akute Hepatitis
+
−
Neonatale Riesenzellhepatitis
+
−
Chronische Hepatitis B
+
−
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Autoimmunhepatitis
+
−
7
Ischämie/Reperfusionsschaden
−
−
ASH
−
+
NASH
−
+
Chronische Cholestase
−
+
M. Wilson
−
+
Kupfertoxikose
−
+
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a
Keratin (K) 8 und K18; bMallory-Denk-Körper
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Alkoholische Fibrose und Zirrhose Die für die ALD typische perizelluläre Fibrose entsteht als Folge von nekroinflammatorischen Prozessen, bedingt durch den vermehrten Abbau von Ethanol in zentralen Abschnitten der Leberläppchen. Häufig zeigt sich auch um die Zentralvenen eine perivenuläre Bindegewebsvermehrung (zentrilobuläre Fibrose; Abb. 6.9a; [202, 233]). Bei stärkerer Ausprägung wird diese Veränderung als zentrale hyaline Sklerose bezeichnet [60]. Dies kann auch mit einer Fibroobliteration von Zentralvenen und kleineren Lebervenen (Phlebosklerose; Abb. 6.9b) und portalem Hypertonus einhergehen [26, 55, 119, 250]. Der nekroinflammatorische Prozess der ASH ist Wegbereiter für die Entwicklung von zentrozentralen und portozentralen Bindegewebssepten (Abb. 6.10a,b) und einer kleinknotigen Zirrhose (Abb. 6.11). Vor allem bei anhaltendem Alkoholabusus sind die Zirrhoseknoten zusätzlich durch Fibrose vom Maschendrahttyp zerschichtet (Abb. 6.12a,b; [26, 55, 104, 119, 250]). Kupferspeicherung in Hepatozyten der Knotenperipherie ist eine Folge des gestörten Galleabflusses [15]. Manchmal sind auch Alpha-1-Antitrypsin-Inklusionen im Zytoplasma der Hepatozyten nachweisbar, die möglicherweise durch alkoholassoziierte Störung der Proteinsekretion bedingt sind [171]. Seltener sind sie mit Alpha-1-Antitrypsinmangel assoziiert [87]. Bei fortgeschrittener Zirrhose finden sich in den breiten Bindegewebssepten erweiterte Lymph- und Blutgefäße. Areale mit vorangegangenem Parenchymunter-
Abb. 6.7 ASH mit zahlreichen ballonierten Hepatozyten, mildem Entzündungsinfiltrat und Apoptose (untere Bildhälfte; H&E)
gang werden manchmal von herdförmig akzentuierten duktulären Proliferaten eingenommen [250]. Die alkoholische Zirrhose kann durch die Entwicklung eines HCC kompliziert werden (Abb. 6.13). Alkoholkonsum von mehr als 60 g pro Tag über einen Zeitraum von mehreren Jahren ist ein anerkannter Risikofaktor für die Entwicklung eines HCC. Die HCC-Inzidenz beträgt bei Patienten mit alkoholischer Zirrhose nach 5 Jahren 7–16 % und nach 10 Jahren 29 % [160]. Ethanol und Ethanolabbauprodukte wirken als Karzinogene. An der Pathogenese des HCC sind auch oxidativer Stress, Depletion von Vitamin A in der Leber, DNAHypomethylierung [205], Induktion von P-450-Cytochromen und Aktivierung von Prokarzinogenen aus der Nahrung oder Tabakrauch [235] beteiligt. Alkoholund Tabakkonsum sowie Adipositas sind synergistisch wirksame unabhängige Risikofaktoren [140]. Das HCCRisiko ist bei Komorbidität mit anderen chronischen (Leber)Erkrankungen wie z. B. chronischer Hepatitis C [57, 152, 161, 248], HFE-Hämochromatose (sowohl bei C282Y-Homo- [37, 179, 244] und auch bei -Heterozygotie [64, 98, 117]), wahrscheinlich auch bei chronischer Hepatitis B [12, 21, 57, 105] sowie bei Diabetes mellitus [95], erhöht.
Weitere morphologische Veränderungen der ALD Mallory-Denk-Körper Bei der noch nicht im Detail geklärten Pathogenese der MDB [106, 253] spielen chronischer oxidativer Stress und die Reorganistation des IF-Zytoskeletts eine wichtige Rolle. Das IF-Zytoskelett besteht zu äquimolaren
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Abb. 6.8 a–d Morphologische Veränderungen bei schwerer ASH (H&E). a Leberbiopsie eines 45-jährigen Mannes mit Alkoholabusus von bis zu 150 g pro Tag. Die meisten Hepatozyten enthalten große MDBs, Entzündung und Verfettung sind nur gering ausgeprägt. b Duktuläre Reaktion im Randbereich eines Bindege-
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websseptums, einige verfettete und einige ballonierte Hepatozyten (rechte Bildhälfte). c Zahlreiche Hepatozyten, z. T. mit MDBs im Zytoplasma, von dichten entzündlichen Infiltraten mit zahlreichen neutrophilen Granulozyten umgeben (Satellitose). d Kanalikuläre Cholestase (Pfeile)
b
Abb. 6.9 a,b Alkoholische Fibrose (CAB). a Zentralvene und einige zentrolobuläre Hepatozyten, die von Kollagenenfasern umgeben sind. b Partiell fibroobliterierte Lebervene (Stern) mit perivenulärer Fibrose
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a Abb. 6.10 a,b Alkoholische Fibrose (CAB). a Milde zentrolobuläre perizelluläre Fibrose (Pfeil). b Ausgeprägte zentrilobuläre perivenu-
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Abb. 6.11 Alkoholische Zirrhose. Explantierte Leber mit kleinknotiger Zirrhose eines 53-jährigen Mannes nach jahrelangem Alkoholabusus von mehr als 120 g pro Tag (Insert: Leberoberfläche mit kleinen Regeneratknoten)
b läre und perizelluläre Fibrose mit Septenbildung. Portalfeld ohne Faservermehrung (Stern)
Anteilen aus K8 und K18. Zellstress, wie z. B. chronischer oxidativer Stress, führt zu Hyperphosphorylierung und Überexpression von K8 und K18, wobei K8 im Vergleich zu K18 überwiegt. Das mengenmäßige Missverhältnis zwischen K8 und 18 sowie die Hyperphosphorylierung sind an der Reorganisation des IFZytoskeletts maßgeblich beteiligt. Oxidativ geschädigte, hyperphosphorylierte und dadurch fehlgefaltete K8- und K18-Proteine aggregieren mit dem, ebenfalls durch oxidativen Stress verstärkt gebildeten zellulären Adaptorprotein p62, „heat shock protein“ (HSP) 70 und Ubiquitin sowie anderen Proteinen zu einem MDB [216, 253, 254]. MBDs treten bei ASH typischerweise in zahlreichen ballonierten Hepatozyten auf. In der Regel sind sie in der H&E-Färbung leicht erkennbar (s. Abb. 6.6a), ein immunhistochemischer Nachweis mit Antikörpern gegen K8/18, p62 oder Ubiquitin ist nicht erforderlich
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b
Abb. 6.12 a,b Alkoholische Zirrhose. a Kleinknotige Leberzirrhose. Die Parenchymknoten sind zusätzlich durch perizelluläre Fibrose zerschichtet (CAB). b Massive perizelluläre Fibrose (CAB)
Alkoholische Lebererkrankungen (ALD)
Abb. 6.13 Explantierte Leber mit kleinknotiger alkoholischer Zirrhose und hepatozellulärem Karzinom im rechten Leberlappen
[115]. Manchmal sind sie auch in kleineren Hepatozyten mit eosinophilem Zytoplasma oder außerhalb von Hepatozyten, möglicherweise als Relikte nach Zelluntergang nachweisbar [119]. MDBs sind typische, aber nicht spezifische Veränderungen einer ASH. Sie treten auch, zumeist kleiner und zarter als bei ASH, in zentrilobulären Hepatozyten bei NASH, in periportalen Hepatozyten bei chronischer Cholestase, bei metabolischen Erkrankungen wie z. B. Kupferspeicherkrankheiten, Alpha-1-Antitrypsinmangel oder medikamentös-toxischer Leberschädigung auf [257]. Bei Abstinenz können MDBs bis zu 6 Monate in den Hepatozyten persistieren [250].
Megamitochondrien Megamitochondrien erscheinen in der H&E- und der Chromotrop-Anilinblau-Färbung als rote globuläre oder wetzstein- bis nadelförmige zytoplasmatische Inklusionen (Abb. 6.14; [24]). In der Elektronenmikroskopie zeigen sie Strukturveränderungen wie multilamelläre Membranen, intramitochondriale parakristalline Inklusionen und Verlust der Cristae [34, 250]. Bei ALDassoziierter gemischttropfiger Steatose ohne entzündliche Veränderungen sind sie mit höherem Fibroserisiko assoziiert [223]. Megamitochondrien sind als Hinweis auf eine mögliche alkoholische Ätiologie der Leberveränderungen manchmal hilfreich. Sie sind aber für eine alkoholische Ursache nicht spezifisch und bei anderen Erkrankungen, wie z. B. Diabetes mellitus oder M. Wilson nachweisbar [55].
Kapitel 6
Abb. 6.14 Hepatozyten mit makro- und mediovesikulärer Steatose und globulären roten zytoplasmatischen Inklusionen (Megamitochondrien). Insert: Hepatozyten mit wetzsteinförmigen zytoplasmatischen roten Inklusionen (Megamitochondrien, CAB)
Eisenspeicherung Eine zumeist geringgradige, nichtzonale Speicherung von Eisen in Hepatozyten (parenchymatöse Siderose) und Kupffer-Zellen (Kupffer-Zell-Siderose) ist bei Patienten mit chronischem Alkohlabusus häufig [55, 119, 227, 250]. In manchen Fällen, vor allem bei alkoholischer Zirrhose, kann sie aber auch massiv, ähnlich wie bei hereditärer Hämochromatose ausgeprägt sein [44, 55]. Eine der wichtigsten Ursachen der Eisenüberladung ist die vermehrte Aufnahme von Eisen aus dem Darm als Folge einer verminderten Hepcidinproduktion der Leber, da Alkohol die m-RNA-Konzentration und DNA-Bindung des Hepcidin-Transkriptionsfaktors CAAT/„enhancer-binding-protein-alpha“ (C/EBPa) hinunterreguliert [22, 91, 92, 93]. In Kupffer-Zellen hingegen führen alkoholinduzierter ER-Stress und Entzündung zu einer vermehrten Expression von Hepcidin und zu einer Eisenretention [109], weshalb neben der parenchymatösen häufig auch eine Kupffer-Zell-Siderose ausgeprägt ist (Abb. 6.15). Möglicherweise wird das Ausmaß der Eisenspeicherung durch das Verhältnis zwischen Hepcidinsuppression in den Hepatozyten und Hepcidinexpression in den Kupffer-Zellen, in Kombination mit anderen Parametern wie Komorbidität, genetischen Faktoren, Fibrosestadium und Entzündung, individuell moduliert [44]. Freies, nicht proteingebundenes Eisen begünstigt die Entstehung von ROS und oxidativem Stress und kann über die Aktivierung von NFκB zu einer verstärkten Produktion von proinflammatorischen Zytokinen, vor allem von TNF-α beitragen [127, 188, 231]. Die parenchymatöse Eisenspeicherung korreliert mit dem Fibrosestadium [222], Entwicklung
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C. Lackner
1
vermutet, dass die Bindegewebsneubildung im Rahmen der duktulären Reaktion zur Progression der Fibrose bei ALD beiträgt [194, 196]. Immunhistochemisch exprimieren die Zellen der duktulären Reaktion eine Reihe von Stammzellmarkern [56, 194], unter anderem K7, Prominin 1 und EpCAM.
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Adaptive Zellveränderungen
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Abb. 6.15 Parenchymatöse und Kupffer-Zell-Siderose sowie Siderose in portalen Makrophagen bei einem 65-jährigen Patienten mit Alkoholabusus und ausgeschlossener C282Y-HFE-Genmutation (BBL)
eines HCC [155] und der Prognose [73]. Bei deutlicher parenchymatöser, periportal betonter Siderose in einer nichtzirrhotischen Leber sollte eine hereditäre Hämochromatose ausgeschlossen werden.
Cholestase und duktuläre Reaktion ALD kann sich klinisch und biochemisch wie eine mechanische Cholestase manifestieren [59, 173, 176]. Schwere Cholestase kann im Rahmen der AFD (s. o.), hochgradiger Steatose [7, 82], schwerer ASH [16, 29, 89, 110, 151, 212], dekompensierter alkoholischer Zirrhose und Zieve-Syndrom (AFL, Ikterus, Hyperlipidämie und hämolytische Anämie) [256] auftreten. Klinisch ist es wichtig, eine intrahepatische Cholestase auszuschließen, da chirurgische Eingriffe bei ALD mit Cholestase mit erhöhter Letalität assoziiert sind [55]. Die duktulare Reaktion ist eine häufige histologische Veränderung bei ALD [119, 195, 227, 250]. Die duktuläre Reaktion entspricht einer Vermehrung von kleinen gallengangähnlichen Strukturen im Bereich der parenchymatösen Grenzplatte, selten auch innerhalb des Parenchyms. Sie kann Folge einer Papillensklerose bei chronischer alkoholischer Pankreatitis oder einer zirrhosebedingten Störung des Galleflusses innerhalb der Leber sein. Als weitere Ursache kommt aber auch eine Expansion des Stammzellkompartiments im Bereich der Heringkanäle bei eingeschränkter regeneratorischer Kapazität der Leber oder die Kombination mit den oben genannten Ursachen in Frage [94, 195, 210]. Die Duktuli sind von Bindegewebe umgeben, das meist von neutrophilen Granulozyten infiltriert ist (s. Abb. 6.8b). Es wird
Eosinophile Homogenisierung des Zytoplasmas mit morphologischer Ähnlichkeit zu Milchglasinklusionen bei HBV-Infektion ist eine häufige reaktive Veränderung von Hepatozyten bei ALD. Sie beruht auf einer Vermehrung des glatten ER (Abb. 6.16a; [227, 250]). Eine Vermehrung von Mitochondrien ist mit eosinophil granuliertem Zytoplasma assoziiert (Abb. 6.16b; [77]). Diese adaptiven hepatozellulären Veränderungen sind bei Zirrhose häufiger als bei früheren Stadien der ALD.
Morphologische Zeichen der Rückbildung Abstinenz ist in jedem Stadium der ALD ein wesentlicher günstiger Prognosefaktor sowohl des Kurzzeit- als auch des Langzeitüberlebens [19, 29, 130, 175], wobei der Effekt aber bei Frauen weniger deutlich ausgeprägt sein könnte [19, 170, 181]. Abstinenz ist in vielen Fällen mit Verminderung des portalen Hypertonus und Rückbildung der histologischen Leberveränderungen verbunden [170, 227, 250]. So bildet sich eine AFL bei Alkoholkarenz innerhalb von 4 Wochen vollständig zurück [250]. Lipogranulome können für einige Zeit als Residuen im Parenchym oder in den Portalfeldern bestehen bleiben. MDB sind in geringerer Anzahl als bei fortdauerndem Alkoholabusus [61], bis etwa 6 Monate nach dem Beginn der Abstinenz noch nachweisbar [250]. Die entzündlichen Infiltrate im Läppchen gehen zurück, während eine chronische Entzündung in den Portalfeldern oder Septen deutlicher ausgeprägt sein kann (Abb. 6.17; [61]). Die typische mikronoduläre Architektur der alkoholischen Zirrhose kann sich in eine gemischte makro- und mikronoduläre oder, selten, in eine makronoduläre Zirrhose wandeln [99].
Differentialdiagnose ALD und NAFLD Das morphologische Spektrum der Läsionen der NAFLD und der ALD zeigt eine breite Überlappung [26, 28, 32, 49, 133]. Groß- und gemischttropfige Steatose, Ballo-
Alkoholische Lebererkrankungen (ALD)
a Abb. 6.16 a,b Adaptive Zellveränderungen bei ALD (H&E). a Homogenisiertes eosinophiles Zytoplasma, möglicherweise als Folge der Vermehrung des glatten endoplasmatischen Retikulums (Vergrößerung einer Leberzelle im Insert). Ballonierte Leberzelle mit
nierung, lobuläre Entzündung, perizelluläre Fibrose und Zirrhose sind histologische Veränderungen, die bei ALD und NAFLD auftreten. Die Läsionen der Steatohepatitis sind aber bei NASH im Allgemeinen milder als bei ASH ausgeprägt [26, 28, 32, 49, 178]. Klinisch-anamnestische Angaben zum Alkoholkonsum der Patienten sind daher zur Klärung der Ätiologie erforderlich. Bei einem Alkoholkonsum von weniger als 10–20 g Alkohol pro Tag bei Frauen und von weniger als 20–40 g pro Tag bei Männern wird eine nichtalkoholische Ätiologie angenommen, wobei ein definitiver Grenzwert aber noch nicht festgelegt wurde [65, 66, 129, 185, 199, 220]. Die strikte Unterscheidung zwischen NAFLD und ALD ist klinisch und histologisch in vielen Fällen schwierig, da beide Erkrankungen gleichzeitig auftreten und den Leberschaden verstärken können [180]. Diagnose und Therapie einer Fettlebererkrankung mit kombinierter ALD/NAFLD-Ätiologie sind derzeit nicht geklärt [217]. Klinisch ist die NAFLD/NASH zumeist asymptomatisch, während sich die ALD/ASH mit Ikterus, Leberversagen, Fieber und Aszites manifestieren kann. Bei ALD liegt häufig ein signifikanter Alkoholkonsum über mehrere Jahre vor [132]. Neben Insulinresistenz und metabolischem Syndrom gibt es eine Anzahl anderer Ursachen der NAFLD/NASH, die als Ursachen der morphologischen Veränderungen in Frage kommen können. Dazu zählen diätassoziierte Erkrankungen (Malnutrition, schneller Gewichtsverlust, z. B. nach bariatrisch-chirurgischen Eingriffen), Dünndarmfehlbesiedlung („small bowel bacterial overgrowth syndrome“), bestimmte Medikamente und Toxine sowie erbliche metabolische Erkrankungen [4, 63, 199]. Histologische Kennzeichen der Steatohepatitis können z. B. bei M. Wilson oder selten bei Alpha-1-Antitrypsin-
Kapitel 6
b MDB in der Mitte der linken Bildhälfte. b Granuliertes eosinophiles Zytoplasma bei Mitochondriose (Vergrößerung einer Leberzelle im Insert)
Abb. 6.17 Alkoholische Zirrhose mit geringer Steatose und septal betonter Entzündung. Anamnestisch bestand eine 2-monatige Alkoholkarenz (H&E)
mangel auftreten. Allerdings sind die ballonierten Hepatozyten im Gegensatz zur ASH bevorzugt in der Läppchenperipherie zu sehen und mit anderen Kennzeichen dieser Erkrankungen wie Kupferspeicherung oder AATInklusionen assoziiert. In jedem Fall sind genaue Angaben zur Anamnese, klinische Befunde, biochemische und serologische Veränderungen für eine ätiologiebezogene Diagnose wesentlich. Einige der morphologischen Veränderungen der ALD wurden bei NAFLD und metabolischem Syndrom jedoch noch nicht beschrieben oder treten selten auf. Der Nachweis dieser Läsionen spricht somit eher für eine alkoholische als für eine nichtalkoholische Genese des Leberschadens. Diese Kennzeichen umfassen entzündliche
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1
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Tab. 6.3 Ausprägung von typischen histologischen Veränderungen bei ALD versus NAFLD (nichtzirrhotische Leber). (Brunt [25])
2
Histologisches Merkmal
ALD
NAFLD
3
Zentrolobuläre Ausprägung der Läsionen
+
+
Steatose
+
+
Ballonierung
+
+
5
Lobuläre Entzündung
+
+
6
Perizelluläre Fibrose
+
+
+
+
Häufig
Nicht typisch
Chronisch
+/−
+/−
Akut
Kann vorkommen
Nicht beschrieben
4
7 8
Wenige kleine MDBs
a
Zahlreiche große MDBs Portalfeldentzündung
9 10
Satellitose
Häufig
Nicht typisch
11
Cholestase
Kann vorkommen
Nicht typisch
Dichte perizelluläre Fibrose, Brückenbildung
Kann vorkommen
Nicht typisch
Sklerosierende hyaline Nekrose
Kann vorkommen
Nicht beschrieben
Kann vorkommen
Nicht beschrieben
12 13
Bindegewebige Obliteration von Lebervenen
14
Alkoholische mikrovesikuläre Steatose (AFD )
Kann vorkommen
Nicht beschrieben
„Kryptogene Zirrhose“
Kann vorkommen
Kann vorkommen
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b
a
Mallory-Denk-Körper; b„alcoholic foamy degeneration“
und fibrosierende Lebervenenveränderungen wie perivenuläre Fibrose oder sklerosierende hyaline Nekrose, lymphozytäre Phlebitis, bindegewebige Obliteration von Lebervenen, AFD, zahlreiche große MDBs sowie kanalikuläre Cholestase (Tab. 6.3; [25, 32, 227]).
Alkohol als Kofaktor für Lebererkrankungen Chronischer Alkoholkonsum kann den Verlauf bei einer Reihe von Lebererkrankungen negativ beeinflussen. Ethanol beeinflusst auch den Metabolismus von manchen Medikamenten und verstärkt deren Toxizität.
Alkohol und chronische Virushepatitis B und C Patienten mit chronischem Alkoholabusus haben ein erhöhte Risiko einer Hepatitis-C-Virus-(HCV-)Infektion. Als Ursache spielen u. a. die immunsuppressiven
Effekte von Alkohol eine Rolle [219]. Im Gegensatz zur Datenlage bei Hepatitis C gibt es nur wenige Daten hinsichtlich der Interaktion von Hepatitis B und Alkohol. Es wird aber angenommen, dass wie bei chronischer Hepatitis C, chronischer Alkoholkonsum auch in moderaten Mengen den Verlauf der Hepatitis B ungünstig beeinflusst und die Progression der Erkrankung sowie die Entwicklung eines HCC beschleunigt [95, 165]. In einigen Studien konnte gezeigt werden, dass Alkoholkonsum auch in geringen oder moderaten Mengen möglicherweise die Replikation des HCV begünstigt [51, 154, 174], die Fibrogenese und die Progression der chronischen Hepatitis C beschleunigt [48, 90, 182, 206, 225, 240] und das Risiko für die Entwicklung eines HCC bedeutend erhöht [95, 218].
Alkohol und NAFLD Studienergebnisse aus Tiermodellen [237] und beim Menschen belegen die negativen Effekte von Alkoholkonsum auf die Inzidenz und den Verlauf der NAFLD
Alkoholische Lebererkrankungen (ALD)
Kapitel 6
[5, 14, 157, 188]. Resultate einer großen norditalienischen Studie zeigen, dass bei Alkoholkonsum von über 60 g pro Tag die Inzidenz der Fettleber bei normalgewichtigen Personen 46 % und bei adipösen Personen über 90 % beträgt [14]. Anderen Untersuchungsergebnissen zufolge ist das Zirrhoserisiko bei adipösen im Vergleich zu normalgewichtigen Patienten bei einem Alkoholkonsum von mehr als 100 g pro Tag um das Zweifache erhöht [157, 188]. Aber auch moderater Alkoholkonsum kann bei Adipositas die Entwicklung einer Steatose oder Steatohepatitis [97] und eines HCC [5] begünstigen.
Alkohol und hereditäre Hämochromatose Eisenüberladung in der Leber kann unabhängig von der Ursache die alkoholische Leberschädigung potenzieren und ist ein negativer Prognosefaktor für die Entwicklung einer Lebererkrankung [18, 103], wobei oxidativer Stress eine wichtige Rolle bei der Pathogenese spielen dürfte [236]. Patienten mit hereditärer Hämochromatose haben bei einem Alkoholkonsum von mehr als 60 g pro Tag ein deutlich erhöhtes Zirrhoserisiko [68]. Neben der für die hereditäre Hämochromatose typischen parenchymatösen Siderose ist häufig auch eine KupfferZell-Siderose, als Folge der Deregulation der Hepcidinexpression (s. o.) und des nekroinflammatorischen Zelluntergangs, nachweisbar [250].
Die Bedeutung der Leberbiopsie bei ALD Es besteht nur eine mäßige Korrelation zwischen biochemischen und klinischen Parametern und der histologischen Ausprägung der ALD. Bei Patienten mit klinischer AH konnte diese Diagnose nur in 10–50 % der Fälle auch histologisch bestätigt werden [113, 151, 183, 212]. Die rezenten EASL-Richtlinien für das Management von Patienten mit ALD empfehlen eine histologische Absicherung vor allem bei Patienten mit klinischer ALD und/oder anderen (differentialdiagnostisch möglichen) Ursachen einer Leberschädigung und im Rahmen von klinischen Studien [62]. Neben der Bedeutung der Histologie für die Diagnose belegen zahlreiche Studien auch eine prognostische Bedeutung der histologischen Kennzeichen der ALD sowohl für das Kurzzeit- als auch für das Langzeitüberleben. Expression von bestimmten Stammzellmarkern im Lebergewebe wurde kürzlich als unabhängige Prognosefaktoren für das 90-Tage-Überleben bei Patienten mit ASH identifiziert. Anhand der Genexpression von Keratin 7 und EpCAM („epithelial cell adhesion molecule“) konnten Patienten mit ASH in Risikogruppen
Abb. 6.18 35-jährige Patientin mit schwerer ASH, duktulärer Cholestase (Cholangiolitis lenta) und Sepsis. In der Blutkultur wurden Klebsiellen nachgewiesen (H&E)
mit hoher, mittlerer und niedriger Mortalität eingeteilt werden [198]. Duktuläre und kanalikuläre Cholestase (Bilirubinostase) sind bei Patienten mit dekompensierter alkoholischer Zirrhose wichtige prognostische Parameter des Kurzzeitüberlebens (Abb. 6.18). Eine Dekompensation oder ACLF kann bei Patienten mit alkoholischer Zirrhose durch eine Überlagerung mit einer ASH, aber auch durch andere Faktoren, zumeist durch Infektionen hervorgerufen werden. Welche dieser Ursachen in einem individuellen Fall vorliegt, kann auf Basis klinischer und biochemischer Parameter häufig nicht entschieden werden. Der histologische Nachweis oder der Ausschluss einer ASH hat somit wichtige prognostische und therapeutische Konsequenzen [151]. Duktuläre Cholestase ist neben den klinischen Kennzeichen einer SIRS ein wichtiger histologischer Indikator einer Sepsis und Risikofaktor für die Entwicklung eines ACLF [110, 151]. In einer anderen Studie war bei Patienten mit alkoholischer Zirrhose und ASH ohne Sepsis kanalikuläre Cholestase mit hoher Kurzzeitmortalität assoziiert [212]. Für das Langzeitüberleben ist der histologische Nachweis einer Zirrhose ein wichtiger unabhängiger Prognosefaktor [20, 157]. Resultate früherer Studien zeigen auch ein deutlich schlechteres Überleben von Patienten mit alkoholischer Zirrhose und ASH im Vergleich zu zirrhotischen Patienten ohne ASH [166]. In rezenteren Studien konnte eine ASH jedoch nicht als unabhängiger Prognosefaktor für das Langzeitüberleben bestätigt werden [20, 157].
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C. Lackner
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Kapitel 7
Akute und chronische Hepatitis 7
7
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Inhalt Bakterielle Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
Infektionen mit Rickettsien und Chlamydien . . . . . . 222
Akute Virushepatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
Septikämie und pyogene Leberabszesse, Cholangiolitis lenta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
Chronische Virushepatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Vakzinierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
Typhus, Brucellose, Melioidose, Listeriose . . . . . . . . . 225
Nomenklatur und Scoring-Systeme der chronischen Hepatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
Infektionen durch Spirochäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Mykobakterielle Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
Beschaffenheit der Biopsie und Einschätzung konkomitierender Lebererkrankungen . . . . . . . . . . . . . 201
Hepatische Mykosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
Die unterschiedlichen Typen der Virushepatitis . . . . . . . 204
Infektionen mit Protozoen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
Virushepatitis A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
Parasitäre Erkrankungen der Leber . . . . . . . . . . . . . . . . 236
Virushepatitis B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
Nematoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
Virushepatitis C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
Zestoden, Echinococcus granulosus und multilocularis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
Hepatitis-D-Virus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
Trematoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
Virushepatitis E . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
Leberveränderungen bei HIV-Infektion und AIDS . . 242
Andere virale und infektiöse Formen der Hepatitis und HIV-induzierte Lebererkrankungen . . . . . . . . . . . 214
Koinfektion mit anderen Viruserregern . . . . . . . . . . . 242
Virale Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
Bakterielle Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
Viral bedingtes hämorrhagisches Fieber . . . . . . . . . . 214
Mykotische Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
Herpesvirusgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
HIV-assoziierte Tumoren der Leber . . . . . . . . . . . . . . 244
Adenovirusgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
Medikamentenschäden im Rahmen der HIV-Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
Enteroviren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Masern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
Parvoviren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Rabies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_7
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Vorbemerkungen In diesem Kapitel werden Formen der entzündlichen Lebererkrankung „Hepatitis“ abgehandelt, die durch die eigentlichen Hepatitisviren (hepatotrope Erreger) sowie durch nichthepatotrope Viren wie Epstein-Barr-Virus (EBV), Zytomegalievirus (CMV), Herpes-simplex-Virus (HSV) oder andere Viren hervorgerufen werden. Weiterhin kann es durch Infektion mit Bakterien, Protozoen oder Parasiten zur Hepatitis kommen. In Abhängigkeit von der Dauer der Infektion werden die akute selbstlimitierende Hepatitis (kürzer als 6 Monate) und die chronische Hepatitis (länger als 6 Monate) unterschieden, wobei sich pathologisch-anatomisch differente Schädigungsmuster zeigen [278].
Akute Virushepatitis Klinik. Die akute Virushepatitis kann bei unterschiedlichem Übertragungsmodus sporadisch oder epidemisch entstehen. Die Hepatitisviren A und E (HAV und HEV) werden enteral übertragen, während die Viren B, C und D (HBV, HCV, HDV) parenteral, also über Blutkontakte oder medizinische Manipulationen übertragen werden (Tab. 7.1; [278]). In vielen Fällen der akuten Hepatitis können die Infektionen subklinisch und anikterisch verlaufen. Treten Symptome auf, hat die klassische akute Virushepatitis für alle Typen ein gemeinsames klinisches Erscheinungsbild. Die Symptome umfassen in den frühen Stadien Erschöpfung, Anorexie und Übelkeit, oft gefolgt von dunklem Urin und Ikterus. Der Schweregrad der klinischen Manifestation kann von milder Allgemeinerscheinung bis zum tödlichen fulminanten Leberversagen erhebliche Variationen aufweisen. Das Leberversagen kann zur hepatischen Enzephalopathie mit Verlust der Lebersyntheseleistung und zum Nierenversagen führen [248]. Histopathologisch liegt dieser Klinik oft eine panlobuläre Leberzellnekrose mit Gerüstkollaps und entzündlicher Reaktion zugrunde (s. Übersicht) [256]. Klinisch-pathologische Manifestation der Virushepatitis – Akut – Subklinisch/anikterisch – Symptomatisch/ikterisch – Fulminant – Cholestatisch – Atypischer Verlauf bei immunsupprimierten Patienten
– Chronisch – Asymptomatischer Verlauf – Chronische Infektion mit Leberschädigung – Chronische Hepatitis mit kompensierter oder dekompensierter Zirrhose – Rezidiv im Lebertransplantat
Morphologie. Die akute Hepatitis vom Virustyp ist morphologisch durch eine Kombination von Entzündungsinfiltrat, Makrophagenaktivierung, Hepatozytenuntergang und Regeneration gekennzeichnet. Der Anteil dieser Komponenten kann erheblich variieren und ist vom Virustyp, der Immunantwort und dem Zeitverlauf abhängig. Der Charakter dieser Entzündung variiert wesentlich von der klassischen akuten Entzündung, da bei der akuten Virushepatitis eine Immunantwort auf virale Antigene, die von Zellen präsentiert werden, vorliegt. Die klassische akute Entzündung stellt im Gegensatz dazu eine vaskuläre und zelluläre Antwort auf eine Schädigung dar. Ähnlichkeiten zu der klassischen akuten Entzündung liegen z. B. in der Makroskopie mit einer geschwollenen und gespannten Leber mit prominenten Blutgefäßen. Außerdem können neutrophile Granulozyten als Folge von Epithelnekrosen und im Rahmen der duktulären Reaktion eine Rolle spielen [242]. Makroskopisch ist die Leber anfangs geschwollen und rötlich verfärbt mit gespannter Kapsel und Ödem (Abb. 7.1). Die Sonderform der cholestatischen Hepatitis zeigt in diesem Stadium oft eine gelblich tiefgrüne Verfärbung. Bei der fulminanten Hepatitis ist das Leberparenchym geschrumpft, was aus dem Gerüstkollaps resultiert. Zusätzlich finden sich fleckförmig eingeblutete Bezirke [31]. Bereits frühzeitig können sich je nach Virulenz der Erreger und Abwehrkraft des Organismus Abschnitte mit auch makroskopisch erkennbaren regeneratorischen Knoten zeigen [31]. Mikroskopisch geht es hier im Wesentlichen um die Mechanismen der Virusinfektion von Leberzellen und die Immunabwehr gegen das Virus, durchaus auch unter Aufopferung der virusbefallenen Leberzelle [218]. Das histologische Bild wird dementsprechend von Leberzellnekrosen und der zellvermittelten Immunantwort gegen das Virus und den Zelltod beherrscht [159]. Die Abb. 7.2a–f zeigt unterschiedlich stark ausgeprägte Formen der akuten Hepatitis. Die Zellnekrose kann als sog. lytische Zellnekrose (Abb. 7.3a,b) oder aber auch als Apoptose ablaufen (Abb. 7.3c; [137, 181]). Ein beherrschendes Merkmal der akuten Virushepatitis ist die fleckförmig über das Läppchen verteilte Leberzellnekrose (sog. „spotty necrosis“), die nicht zonal gebunden ist, sondern hier willkürlich verteilt erscheint. Die Hepatozyten zeigen dabei entweder ein eosinophil verdichtetes Zytoplasma und
Akute und chronische Hepatitis
Kapitel 7
Tab. 7.1 Charakteristika und Klinik der Hepatitisviren Viraler Erreger
Charakteristika
Hepatitis-AVirus (HAV)
– Pico-RNA-Virus
Hepatitis-BVirus (HBV)
– DNA-Hepadnavirus
– Sporadisches oder epidemisches Vorkommen mit fäkal-oraler Übertragung, akute selbst-limitierende Hepatitis
– Sporadisches oder endemisches Vorkommen, Übertragungsweise parenteral oder auch sexuell und perinatal – Chronische Erkrankung entsteht bei 5–10 % im Erwachsenenalter und bei bis zu 90 % im Kindesalter – Chronische Infektion ist verbunden mit Leberzirrhose und hepatozellulärem Karzinom
Hepatitis-CVirus (HCV)
– RNA-Flavi-Virus-ähnliches Virus – Sporadisches Vorkommen mit parenteraler Übertragung. Perinatale und sexuelle Übertragung ist weniger häufig – Entstehung einer chronischen Erkrankung bei 70–80 % der infizierten Personen – Zirrhose und hepatozelluläres Karzinom können im späten Stadium entstehen
Hepatitis-DVirus (HDV)
– Defektes RNA-Virus – Braucht zur Replikation die Hilfe von HBV und kommt als Koinfektion mit HBV oder als Superinfektion vor – Übertragung parenteral sexuell – HDV erschwert den Verlauf der chronischen Hepatitis B
Hepatitis-EVirus (HEV)
– RNA-Virus – Sporadisches oder epidemisches Vorkommen – Es gibt 4 Genotypen, von denen die Genotypen 1, 2 und 4 in tropischen Ländern vorherrschen, während Genotyp 3 auch in Zentraleuropa und USA sporadisch vorkommt – Fäkal-orale Übertragung mit akuter Hepatitis – Chronische Verläufe bei immun supprimierten Personen möglich – Bei schwangeren Frauen ist die Mortalitätsrate mit 25 % sehr hoch
Abb. 7.1 Laparaskopie bei akuter Hepatitis E. Die Leber ist deutlich geschwollen. (Quelle: Prof. Dr. A. Lohse, 1. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsklinik Hamburg Eppendorf)
geschrumpfte oder pyknotische Kerne als Vorstufe der Apoptose oder sind balloniert mit rundlich aufgeblähtem Zytoplasma, betonten zytoplasmatischen Zellgrenzen und teilweisem Verlust des Zytoskeletts [149]. Hier ist häufig das Phänomen der Emperipolese zu beobachten, d. h., die Lymphozyten (Effektorzellen) versuchen, einen möglichst breiten und intensiven Kontakt mit den Zielzellen (Targetzellen) herbeizuführen (Abb. 7.3d; [187]). Ultrastrukturell ergibt sich dabei das Bild einer sog. immunologischen Synapse zwischen Lymphozyt und Leberzelle, wobei die Mikrovilli der Leberzellmembran abgeflacht werden, teilweise verschwinden und die Plasmamembran des Lymphozyts einen sehr engen Kontakt, teilweise mit Verschmelzung der Leberzellmembran, einnimmt [12]. Die lymphozytären Effek torzellen können durchaus auch mit Einstülpung in das Zytoplasma der Hepatozyten als Zielzellen eindringen. Die fleckförmig auftretende Nekrose („spotty necrosis“) gehört zum charakteristischen Bild der klassischen akuten Virushepatitis. Bei stärkerem Ausmaß der Nekrose, sei es durch erhöhte Virulenz der Erreger oder durch verminderte Abwehrkraft des Organismus, kann es auch zu größeren Nekroseabschnitten kommen, die, wenn sie zusammenfließen und vor allem Zentralvenen zweier benachbarter Leberläppchen einschließen, als konfluierende Nekrosen bezeichnet werden [29]. Größere Nekroseabschnitte werden auch als sog. Brückennekrosen bezeichnet, die oft Portalfelder und Zentralvenen miteinander verbinden [262]. Bei stärkerem Ausmaß, wenn der gesamte Azinus erfasst wird, werden diese Nekrosen auch als panlobuläre oder panazinäre Nekrosen bezeichnet. Die Nekrosen, die am Rand der Portalfelder lokalisiert sind und die Grenzlamelle zerstören, werden als Grenzflächenhepatitis bezeichnet. Der ältere Name „Mottenfraßnekrosen“ ist nicht mehr gebräuchlich.
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Abb. 7.2 a–f Muster und Ausprägungsformen der akuten Hepatitis. a Diskreter Befund mit geringer lymphozytärer Entzündung in den Portalfeldern und Läppchen. b D-PAS-Färbung mit kleinen Gruppen Zeroid-speichernder Makrophagen in den Läppchen (Pfeile). c Akute Hepatitis mit einer Gruppennekrose im Läppchen. d Deut-
lich floride akute Hepatitis mit Einzelzellnekrosen und kleinen Gruppennekrosen im Läppchen. e Zeroid-speichernde Makrophagen in der D-PAS-Färbung als Korrelat phagozytierter Hepatozyten. f Schwere akute Hepatitis mit konfluierenden Nekrosen
Das Bild der sog. klassischen akuten Hepatitis ist durch Leberzellschaden, Zellnekrosen, Leberzellregenerationen mit Cholestase sowie Infiltration von Entzündungszellen und Aktivierung der Sinuszellen gekennzeichnet
[278]. Die histologischen Veränderungen sind am stärksten um die Zentralvene herum ausgeprägt. Größere Ausfallbereiche bei Leberzellnekrosen sind durch einen sog. Gerüstkollaps mit Verdichtung des Retikulinfasergerüsts
Akute und chronische Hepatitis
Kapitel 7
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Abb. 7.3 a–f Charakteristische Phänomene der akuten Hepatitis. a Einzelzellnekrose im Läppchen mit Pfeil markiert. b Einzelzellnekrose im Läppchen mit Demarkierung durch ein lymphozytenreiches Entzündungsinfiltrat. c Konfluierende Nekrosen im Läppchen mit pfeilmarkierten Apoptosen von Hepatozyten im Randbereich der
Nekrosen. d Das Phänomen der Emperipolese mit Lymphozyten, die den Hepatozyten umgeben und z. T. eindringen (Pfeil). e Akute Hepatitis mit ballonierten Hepatozyten (Pfeil). f Ballonierung in stärkerer Ausprägung mit hellem z. T. entmischtem Zytoplasma. Daneben ein geringes lymphozytäres Infiltrat
gekennzeichnet [279]. Die Portalfelder sind in die Entzündung miteinbezogen und Gallengänge können ebenfalls eine Mitbeteiligung erkennen lassen, werden aber nur in seltenen Fällen zerstört. Das Bild der betroffenen
Hepatozyten ist vielgestaltig und polymorph. Es reicht von blasser Schwellung und Abrundung (Ballonierung; Abb. 7.3e,f) bis hin zur eosinophilen Zytoplasmaverdichtung und Zellschrumpfung, einer Vorstufe der Apoptose,
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Abb. 7.4 a–f Nekrosen bei akuter Hepatitis. a Konfluierende Nekrose im Läppchen mit Makrophagenreaktion. b Zone-3-Nekrose mit Zeroid-speichernden Makrophagen, die in der D-PAS-Färbung rot sind (Pfeile). c Schwere akute Hepatitis mit Brückennekrosen.
d Gruppennekrosen im Läppchen mit perizentraler Betonung. e Zone-3-Nekrosen mit Gruppennekrosen in der perizentralen Läppchenzone. f Gomori-Versilberung mit Kollaps der retikulären Fasern in der Läppchenzone 3
wenn der Zellkern pyknotisch wird. Die apoptotischen Hepatozyten bilden kleine, runde, deutlich eosinophile Körper (sog. Councilman-Körperchen) und bleiben erst einmal im Sinusoid liegen, bevor sie phagozytiert werden [155].
Die Ablagerung von Gallepigment (Cholestase) erfolgt in Form von kleinen intrazellulären Galletröpfchen oder in Form von Gallezylindern in erweiterten Gallekanalikuli.
Akute und chronische Hepatitis
Die entzündliche Reaktion auf den Leberzelluntergang ist variabel, besteht in erster Linie jedoch aus lymphozytären Infiltraten in den Sinusoiden. Die Sinuszellen, vor allem Kupffer-Zellen, Endothelien und Itozellen sind deutlich vermehrt und aktiviert [207]. Das lymphozytäre Infiltrat besteht überwiegend aus T-Lymphozyten, insbesondere mit zytotoxischer Funktion, wobei sich die Lymphozyten eng an die Hepatozyten andrängen oder auch in sie einwandern im Sinn des Phänomens der Emperipolese mit Ausbildung von immunologischen Synapsen [120]. Durch den Zelluntergang von Hepatozyten kommt es zur Ablagerung von Eisen und Zeroid in den KupfferZellen, das auch noch nachweisbar ist, wenn keine aktuellen Zellnekrosen mehr ablaufen [122]. Das Zeroid wird dann mit den Kupffer-Zellen über den Lymphweg in die Portalfelder transportiert und ist auch hier als Hinweis für abgelaufene Leberzellnekrosen noch länger nachweisbar (Abb. 7.4a–e). Varianten der klassisch akuten Virushepatitis. Wenn die Galleablagerung sehr stark ausgeprägt ist, wird das Bild als cholestatische Hepatitis bezeichnet [230]. Diese Form kommt vor allem bei der Hepatitis A und E vor. Auch die akute Riesenzellhepatitis kann als besondere Variante der akuten Hepatitis gesehen werden; sie erinnert morphologisch an die neonatale Riesenzellhepatitis und wird in diesem Zusammenhang als postinfantile Riesenzellhepatitis (PIRZ) bezeichnet (Abb. 7.5). Akute Hepatitis mit konfluierenden Brückennekrosen. Hier erkennt man neben den verstreuten fleckförmigen Nekrosen Nekrosestraßen, die Zentralvenen untereinander verbinden (zentrozentrale Brückennekrosen; s. Abb. 7.4d) oder aber Zentralvenen und Portalfelder (zentroportale Brückennekrosen; s. Abb. 7.2f). Die Ausbildung von Brückennekrosen wird als früher
a Abb. 7.5 a,b PIRZ. a Ausbildung mehrkerniger hepatozellulärer Riesenzellen und einer ausgeprägten hepatozellulären Cholestase.
Kapitel 7
Indikator einer Entwicklung hin zur chronischen Hepatitis interpretiert. In den Nekroseabschnitten kann es zum Kollaps und zur Verdichtung der Retikulinfasern kommen (s. Abb. 7.4f), auch wenn noch keine Kollagenfasern nachweisbar sind. Das Bild einer Zirrhose kann imitiert werden, wobei der fehlende Nachweis von Kollagenvermehrung diese jedoch ausschließt [262]. Die nekrotischen Zonen sind oft angefüllt mit KupfferZellen und Makrophagen, die positiv für CD68 sind als Hinweis für eine ablaufende resorptive Entzündung (s. Abb. 7.2e). Akute Hepatitis mit panlobulärer Nekrose. Hierbei handelt es sich um die schwerste Form der akuten Hepatitis mit ausgedehnten Nekrosen, die dem klinischen Begriff einer fulminanten Hepatitis oder fulminantem Leberversagen mit hepatischem Koma entspricht. In der früheren Nomenklatur wurde auch der Begriff der per akuten Leberdystrophie geführt, was aber inzwischen als obsolet anzusehen ist. Histologisch erkennt man ausgedehnte Parenchymnekrosen, die bis zu 70 % der gesamten Leberzellen erfassen können. Weitere histologische Komponenten dieses Bildes sind eine ausgedehnte duktuläre Reaktion und duktuläre Metaplasie von Hepatozyten als Zeichen der Kompensierungsbestrebung. Es finden sich kleine Einblutungsherde. Die Zentralvenen können in den Prozess miteinbezogen werden und weisen eine ausgeprägte Venulitis auf. Das entzündliche Infiltrat besteht wiederum aus Lymphozyten, aktivierten Kupffer-Zellen und Makrophagen, aber auch polymorphkernigen Leukozyten [128]. Differentialdiagnose. Hier ist in erster Linie an eine akute Leberschädigung durch Toxine oder Medikamente zu denken, wobei vor allem Medikamente mit hypersensitivem Schädigungsmechanismus in Betracht zu ziehen sind. Durch die Morphologie allein ist diese
b Geringes lymphozytäres Entzündungsinfiltrat. b Mehrkernige Riesenzellen und deutliches Entzündungsinfiltrat
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c Abb. 7.6 a–c Differentialdiagnosen der akuten Hepatitis. a Medikamentös-toxische akute Hepatitis mit Zone-3-Nekrosen (ZV Zentralvenen). b Alkoholische Steatohepatitis mit ballonierten Hepatozyten und Ausbildung von Mallory-Denk Bodies sowie Steatosis. c Morbus Wilson mit deutlicher Entzündung in den Portalfeldern und ballonierten Hepatozyten
differentialdiagnostische Frage nicht zu lösen, obwohl Medikamentenschäden eher eine zonal gebundene nekroinflammatorische Läsion aufweisen (Abb. 7.6a). Eine detaillierte und gründliche serologisch-virale Analyse ist daher unabdingbar. Genauso wichtig ist natürlich eine intensive Befragung auf Medikamenteneinnahme, wobei nicht nur nach üblichen kommerziell erhältlichen Medikamenten der Roten Liste gefragt werden sollte, sondern auch nach Substanzen der sog. alternativen Me-
dizin, die ein Hepatitis-ähnliches Bild induzieren können. Auch bei einem hepatitisch-cholestatischen Bild muss an medikamenteninduzierte Leberschädigungen gedacht werden. Darüber hinaus sollte eine sorgfältige Untersuchung der Gallenwege erfolgen, da bestimmte Erkrankungen in diesem Bereich eine cholestatische Hepatitis imitieren können. Eine autoimmune Hepatitis kann das Bild einer akuten Hepatitis hervorrufen, wobei es sich jedoch dann in der Regel um den akuten Schub einer chronischen Verlaufsform handelt, was histologisch gut zu differenzieren ist. Ferner muss eine akute sog. alkoholische Hepatitis in Erwägung gezogen werden. Hier ist eine histologische Abgrenzung mit den typischen Veränderungen der alkoholischen Leberschädigung wie Verfettung, MalloryDenk-Körperchen, Ballonierung der Hepatozyten, zahlreiche granulozytäre Infiltrate, meist gut zu erfüllen (Abb. 7.6b). Ein Morbus Wilson kann sich klinisch in einem Teil der Fälle als akute Hepatitis manifestieren. Eine Abgrenzung gegen eine akute Virushepatitis lässt sich jedoch histologisch in Kombination mit einem erhöhten Kupfergehalt des Gewebes erfolgreich durchführen (Abb. 7.6c). Klinik, Verlauf und Prognose. In der Regel heilt die akute Hepatitis in einigen Wochen mit voller Rekonstitution der normalen Leberarchitektur aus. Bei schwerer akuter panlobulärer Hepatitis kann es zum akuten Versagen des Organs kommen, vor allem wenn der Parenchymverlust über 70 % beträgt. Dann kann nur eine sofortige Lebertransplantation das Leben des Patienten retten. Bei der protrahierten Form kann sich die Ausheilung über Monate hinziehen, ohne dass sich eine chronische Hepatitis anschließt. Von einer chronischen Hepatitis sollte definitionsgemäß erst nach sechs Monaten gesprochen werden, wobei die Histologie die Basis darstellt. Bei der akuten Hepatitis A kann es nach Monaten zu einem Wiederaufflackern der nekroinflammatorischen Veränderungen kommen, was aber nie eine chronische Verlaufsform zur Folge hat [230]. Nach einer akuten Hepatitis mit panazinären Nekrosen kann es zu Narbengebieten mit angrenzenden regeneratorischen Knoten kommen, einem Bild, das früher als sog. Kartoffelleber oder postnekrotische Leberzirrhose bezeichnet wurde. Wenn das schädigende Agens (im Fall der Virushepatitis die Erreger) nicht eliminiert werden kann, verläuft die Entwicklung in einen chronischen Prozess mit dem Bild einer chronischen Hepatitis und führt in späteren Stadien auch zur Zirrhose oder zu einem Leberzellkarzinom. Per definitionem wird das Stadium einer chronischen Hepatitis dann angenommen, wenn der Krankheitsprozess länger als 6 Monate dauert und sich in entsprechenden morphologischen Veränderungen der Leberstruktur niederschlägt. Die Folgen der akuten Hepatitis sind in der folgenden Übersicht zusammengefasst.
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Kapitel 7
Folgen der akuten Hepatitis – Restitutio ad integrum – Fulminante Hepatitis mit ausgedehnten Nekrosen und Leberversagen – Posthepatitische Narbenleber – Chronischer Virusträgerstatus – Chronische Hepatitis und Zirrhose – Heptozelluläres Karzinom
Chronische Virushepatitis Das klinische Erscheinungsbild einer chronischen Hepatitis liegt vor, wenn Laborwerte und Symptome der Hepatitis länger als 6 Monate anhalten, weil dann mit einer Ausheilung der akuten Hepatitis nicht mehr zu rechnen ist. Bei der Hepatitis A ist solch eine Entwicklung höchst unwahrscheinlich. Die ähnlich verlaufende Hepatitis E zeigt in der Regel ebenfalls einen selbstlimitierenden Verlauf ohne chronisch zu werden. In letzter Zeit wurden jedoch Beobachtungen publiziert, bei denen Patienten mit einer Hepatitis E dann einen chronischen Verlauf nehmen können, wenn das Immunsystem massiv supprimiert wird, vor allem in der Situation von Organtransplantationen mit länger dauernder Immunsuppression [92]. In diesem Fall kann das Virus über Jahre im Organismus repliziert werden [58]. Bei den anderen Formen der Virushepatitis B, D und C ist der Übergang in eine chronische Verlaufsform sehr viel häufiger und wird bei der Hepatitis B mit etwa 10 %, bei der Hepatitis D ebenfalls in diesem Größenbereich, bei der Hepatitis C jedoch deutlich häufiger mit 60–80 % angegeben. Der Übergang einer akuten in eine chronische Verlaufsform ist vor allem bei sog. Risikogruppen gegeben. Als Risikogruppen für Hepatitis B und C sind insbesondere Menschen mit intravenösem Drogenkonsum, HIVPatienten sowie Dialysepatienten und Patienten mit lymphoproliferativen Erkrankungen zu nennen [153, 226]. Morphologie. Der chronischen Virushepatitis kann makroskopisch bzw. laparoskopisch ein regelhaftes Organbild zugrunde liegen. Erst im weiteren Verlauf mit zunehmender Fibrose und Übergang in eine Zirrhose wird die Leberoberfläche mit der Glisson’schen Kapsel unregelmäßig. Hier zeigen sich dann weißliche Verdickungen oder Einziehungen der Oberfläche, die im laparoskopischen Bild eine Zersplitterung des Lichtreflexes hervorrufen. Der linke Leberlappen ist häufiger betroffen als der rechte Leberlappen. Das unregelmäßige Oberflächen- und Kapselbild wird durch subkapsuläre Vernarbungen und verstärkte Lymphabflüsse über die Kapsel erklärt. Bei verstärkt eingetretener Regeneration kann es in diesem Stadium auch zu Knotenbildung an der Oberfläche kommen (Abb. 7.7a–c; [31]).
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c Abb. 7.7 a Explantatleber mit feinknotiger Leberzirrhose bei chronischer Hepatitis C und hepatozellulärem Karzinom. b,c Laparoskopiebilder: b chronische Hepatitis B mit Leberzirrhose, c gemischtknotige Zirrhose bei chronischer Hepatitis mit Aszites. (Quellen: a Prof. Dr. D. Stippel, Klinik und Poliklinik für Allgemein‑, Viszeral- und Tumorchirurgie, Uniklinik Köln; b,c Prof. Dr. A. Lohse, 1. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsklinik Hamburg Eppendorf)
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Abb. 7.8 a–d Schädigungsmuster der chronischen Hepatitis. a Chronische Hepatitis B. Die Portalfelder sind verbreitert und dicht entzündlich infiltriert, die Grenzlamelle zum Parenchym ist intakt. Im Läppchen Einzelzellnekrosen mit Pfeilen markiert. b Chronische Hepatitis C mit pseudolymphofollikulärem Infiltrat intraportal.
Geringe Interphasenaktivität der Entzündung und leichtgradige Verfettung. c Chronische Hepatitis C mit septenbildender portaler Fibrose und milder Entzündung in den Portalfeldern und Läppchen. d Van-Gieson-Färbung mit portaler Fibrose und Übergang in Leberzirrhose
Die Histopathologie der chronischen Hepatitis wird im Wesentlichen durch nekroinflammatorische Prozesse, Regeneration der Hepatozyten und die Ausbildung von Fibrose bestimmt. Im Verlauf der chronischen Entzündung stehen vor allem die Portalfelder mit Entzündung und Fibrosierung im Mittelpunkt [223, 250]. Die Entzündung der Portalfelder mit lymphozytären Infiltraten und Bindegewebsvermehrung gilt als Hauptmerkmal der chronischen Hepatitis jedweder Ursache. Prinzipiell sind bei der chronischen Virushepatitis alle Portalfelder mehr oder weniger betroffen, da es sich um einen diffusen Prozess handelt. Das entzündliche Infiltrat setzt sich überwiegend aus T-Lymphozyten zusammen, wobei der CD4-positive Subtyp entsprechend einer Helferzellpopulation überwiegt [26, 47, 297]. Ferner sieht man immer wieder portale Makrophagen, die als Hinweis für Leberzellnekrosen PAS-positives Material enthalten können. Die Abbauprodukte werden über den Lymphweg in die Portalfelder transportiert. Die An-
sammlung von Lymphozyten zu Lymphfollikeln oder Pseudolymphfollikeln ist besonders typisch für die chronische Hepatitis C. Die Gallengänge können als Kollateralschaden miteinbezogen werden; sie zeigen jedoch nie eine nennenswerte Zerstörung wie bei der PBC [250]. Die portale Bindegewebsvermehrung ist unterschiedlich stark ausgeprägt und wird in erster Linie durch die portalen Fibroblasten gebildet. Typische Schädigungsmuster der chronischen Hepatitis sind in Abb. 7.8a–d dargestellt. Die Grenzflächenhepatitis oder Interphasenhepatitis bezeichnet die nekroinflammatorische Schädigung im Bereich der portalen Grenzlamelle (der früher gebräuchliche Begriff der Mottenfraßnekrosen ist obsolet). Dieses Phänomen ist ein essentielles Merkmal einer chronischen Hepatitis und wesentlicher Anteil des Aktivitätsgrades der Entzündung. Es handelt sich um Zellnekrosen der hepatozellulären Grenzplatte mit begleitender entzündlicher Infiltration (s. Abb. 7.9b). In den Hepatozyten kommt es
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Abb. 7.9 a–f Morphologische Merkmale der chronischen Hepatitis. a Milde portale Entzündung mit intakter Grenzlamelle und entzündungsfreiem Gallengang. b Beispiel einer autoimmunen Hepatitis mit ausgeprägter Interphasenaktivität der Entzündung. Plasmazellreiches Entzündungsinfiltrat. c Die Hepatozytenarchitektur mit den Zeichen der Regeneration mit kleinen Hepatozyten und verbreiter-
ten Trabekeln (Pfeile). d Deutliche Entzündung im Läppchen mit Nekrosen bei chronischer Hepatitis B. e Leichte trabekuläre Unruhe und Apoptose bei chronischer Hepatitis C. f Schwere floride chronische Hepatitis mit Gruppennekrosen und ballonierten Hepatozyten. Floride Perivenolitis
zur Apoptose oder lytischen Nekrose, die von lymphozytären Infiltraten, vorwiegend zytotoxischen CD8-positiven Lymphozyten, induziert werden (Abb. 7.9e). Man
sieht wiederum häufig das Phänomen der Emperipolese. Bei Fortschreiten der Interphasenhepatitis wird das angrenzende Läppchenparenchym zerstört und die Aus-
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breitung der Portalfelder mit entzündlichen Infiltraten nimmt zu (Abb. 7.9a–e; [178, 201]). Je nach Aktivitätsgrad der chronischen Hepatitis findet sich eine lobuläre Hepatitis, die sich histologisch mit dem Bild der fleckförmigen Nekrose und entsprechenden entzündlichen Infiltraten nicht von der akuten Hepatitis unterscheidet. Auch hier sieht man Apoptosen oder lytische Zellnekrosen mit lymphozytärer Infiltration. Konfluierende Nekrosen oder Brückennekrosen werden als schlechtes prognostisches Indiz für das Fortschreiten zu einer Zirrhose interpretiert [29, 44]. Bei der chronischen Hepatitis ist die sog. duktuläre Reaktion häufiger als bei der akuten Hepatitis zu beobachten [242]. Hierbei handelt es sich um eine Aktivierung der hepatischen Stammzellen, die im Sinne einer Regenerationsbestrebung der Leber zu interpretieren ist. Ein begleitendes Phänomen der duktulären Regeneration und der Stammzellaktivierung ist die Neubildung von extrazellulärer Matrix in Form von Bindegewebsvermehrung und Fibrose [53]. Das Fortschreiten der chronischen Hepatitis wird je nach Aktivitätsgrad von zunehmender Fibrosebildung begleitet. Die Fibrose ist somit ein Indikator für den Verlauf der chronischen Hepatitis. Das Fibroseausmaß bestimmt das Stadium. Bei der chronischen Virushepatitis bildet sich vor allem ein portoseptales Muster der Fibrose heraus. Man sieht hier eine bindegewebige Verbreiterung der Portalfelder als Folge einer Grenzflächenhepatitis. Aus diesem Vorgang heraus bilden sich Septen, die anfangs von einem dichten, meist lymphozytären entzündlichen Infiltrat besetzt werden. Mit fortschreitendem Alter zeigen fibrosierte Portalfelder und Septen eine zunehmende Verdichtung, wobei vor allem der Kollagentyp I gebildet wird. Nach einigen Monaten kommt die Entstehung von elastischen Fasern hinzu, die Rückschlüsse auf das Alter der Septen zulassen [249]. Die Bindegewebsneubildung beruht in den Portalfeldern auf der Aktivierung von portalen Myofibroblasten, in den Septen im Wesentlichen auf der Transformation von Itozellen bzw. hepatischen Sternzellen [94]. Die Bildung von Fibrose und Septen wird von zunehmender Regeneration der Hepatozyten begleitet (Abb. 7.9c). Die Leberzellregeneration zeigt ein noduläres Muster mit hellem Zytoplasma und Mehrkernigkeit der Hepatozyten. Die Lebertrabekel sind mehr als zwei Zellschichten breit, so dass eine Unruhe der trabekulären Architektur entsteht [78]. Im periportalen Bereich der Zone 1 zeigt sich eine vermehrte Rekrutierung der hepatischen Stammzellen, begleitet von duktulärer Reaktion. Die Reversibilität von Fibrose oder gar Zirrhose ist in der Literatur ausführlich diskutiert worden [10, 87, 225, 303]. Es ist festzuhalten, dass vor allem bei der chronischen Virushepatitis mit Elimination des Erregers ein Stillstand oder gar eine Rückbildung der kollagenen Fasern möglich ist. Vor allem die Abnahme
und Rückbildung von extrazellulärer Matrix inklusive Kollagenfasern ist möglich, wenn diese noch relativ jung sind und durch Metalloproteasen abgebaut werden können. Die Reversibilität einer Zirrhose im fortgeschrittenen Stadium mit reichlich elastischen Fasern sowie vaskulären Shunt-Bildungen ist mit Sicherheit auszuschließen. Ätiologie und Pathogenese. Alle Hepatitisviren (HAV, HBV, HDV, HCV und HEV) sind der Gruppe der nichtzytopathischen Viren zuzuordnen, was bedeutet, dass die Leberzellen nicht durch die Viren selbst, sondern durch gegen sie gerichtete Immunmechanismen zerstört werden. Das Ausmaß und der Schweregrad der nekroinflammatorischen Schädigung hängt im Wesentlichen von einer effizienten Immunabwehr ab [45, 67, 116]. HCV besitzt Komponenten, die die Zellnekrose und Apoptose verhindern können [67]. Natürlich ist festzustellen, dass die Leberschädigung an die Anwesenheit von Viren geknüpft ist und daher das oberste Gebot besteht, die Erreger mit entsprechender Therapie zu eliminieren. Die Immunantwort gegen das Virus wird antigen- bzw. virusspezifisch initiiert, wobei im weiteren Verlauf auch virusunspezifische Mechanismen hinzugefügt werden, die dann im Rahmen sog. Kollateralschäden andere Hepatozyten miterfassen. Bei der Immunabwehr sind alle Zellpopulationen der Leber beteiligt, zu denen noch extrahepatische eingewanderte mononukleäre Zellen wie Lymphozyten und Makrophagen hinzukommen. Bei der akuten Hepatitis ergibt sich eine effiziente Immunantwort dann, wenn die Immunreaktion sich schnell etabliert und aufgebaut ist, bevor sich das Virus repliziert und die Hepatozyten befällt [116]. In der Regel ist dies bei der Hepatitis A der Fall. Da das Virus hohe Antigeneigenschaften besitzt, wird hier schnell eine wirksame Immunantwort entwickelt, so dass fast bis zu 50 % der Lymphozyten eine virusspezifische Immunität zeigen und die Hepatitis A in der Regel einen selbstlimitierenden Verlauf nimmt. Im Gegensatz dazu zeigt HCV eine sehr effiziente Replikation mit zahlreichen Mutanten und Quasispezies, so dass die Virusabwehr nicht Schritt halten kann. Bei diesem Virus wird die Entstehung eines chronischen Verlaufs mit etwa 70 % angegeben. HBV zeigt ebenfalls eine relativ schnelle wirkungsvolle Virusreplikation, wobei die Virusbestandteile teilweise nur schwache Antigenwirkung besitzen. Es kommt vor allem dann zu chronischen Verläufen, wenn die Infektion im frühen Kindesalter oder postnatal erfolgt und auf diese Weise eine Immuntoleranz gegen das Virus erfolgt. HEV zeigt in der Regel ein ähnliches Verhalten wie HAV unter gewissen Bedingungen der Immunsuppression, so kann es vor allem bei Transplantatpatienten auch zu einem chronischen Erscheinungsbild kommen [92].
Akute und chronische Hepatitis
Vakzinierung Die humorale Immunabwehr gegen die Viren spielt eine eher untergeordnete Rolle, wobei jedoch eine Vakzinierung gegen HAV, HBV und HEV einen sicheren Schutz gegen die Infektion darstellt [85, 191]. Bei HCV existiert bislang keine Impfung, und Antikörper gegen das Virus spielen keine nennenswerte Rolle bei der Elimination. Das Virus entzieht sich durch zahlreiche Mutationen des Oberflächenantigens den Antikörpern, so dass ein HCV-infizierter Patient durchaus eine Reinfektion erleiden kann. Die gleichzeitige Infektion durch mehrere Subtypen kommt somit durchaus vor. Insgesamt zeigen also die Antikörper bei HCV gegen Oberflächenantigene keine neutralisierende Wirkung [241]. Die zellvermittelte Immunantwort dagegen bildet die Basis einer effizienten Virusabwehr, vor allem mit den zytotoxischen T-Lymphozyten [6, 45, 75, 116]. Die Aktivierung der zytotoxischen T-Lymphozyten (CTL) ist auf die wirksame Hilfe der CD4-positiven Helferlymphozyten mit einer effizienten Präsentation in Kombination mit HLA-Klasse II angewiesen. Bei der Entwicklung zum chronischen Verlauf ist dieser Mechanismus gestört und insbesondere bei der Hepatitis C kann es zur schnellen Besiedelung der überwiegenden Zahl von Hepatozyten durch das Virus kommen. Eine zusätzliche Achse der zellvermittelten Immunantwort in der Leber bildet das Reservoir der lebereigenen NK-Zellen. Eine Hemmung der effizienten zellvermittelten Immunreaktion entsteht meist im Verlauf einer chronischen Hepatitis C durch die Bildung sog. regulatorischer T-Lymphozyten, die auf der Oberfläche das PD1-Molekül exprimieren können, wobei im Kern weitere Hemmfaktoren wie FOX P3 entstehen können und zusätzliche T-Lymphozyten-Populationen wie IL-10 und TGF-β produzieren [67]. Zytokine spielen eine wichtige Rolle bei der zellvermittelten Immunreaktion, von denen einige wie Interferon-α und TNF-α direkt virostatisch wirken können [45, 67, 116]. Interferon-α wird auch therapeutisch als Substanz bei der chronischen Form von Hepatitis B und C eingesetzt. HCV hat gegen die Wirkung der Interferone viruseigene Moleküle zur Verfügung. Eine Reihe anderer Zytokine spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle. So IL-1, das zur entzündlichen Reaktion stimuliert, sowie IL-6 mit einer positiven Wirkung auf die Entstehung der humoralen Immunantwort und Aktivierung von T-Lymphozyten. IL-4 und IL-13, die im Verlauf der Entzündungsreaktion von T-Lymphozyten gebildet werden, fördern die Neubildung von extrazellulärer Matrix mit Fibrose. IL-10 und TGF-β entwickeln eher eine hemmende Wirkung auf eine adäquate T-Lymphozyten-Reaktion [6]. Im Verlauf der chronischen Entwicklung kommt es durch den Leberzelluntergang und in erster Linie durch
Kapitel 7
zytokingesteuerte Prozesse zu einer Vermehrung von extrazellulärer Matrix, die sich in Form von kollagenen Fasern manifestiert. Im Zentrum der Fibrose- und Zirrhosebildung stehen die hepatischen Sternzellen (früher auch Itozellen genannt), die sich zu Myofibroblasten transformieren. Die Entwicklung von Myofibroblasten aus hepatischen Sternzellen wird vor allem durch Zytokine induziert, mit TGF-β als Hauptfaktor. Weitere Zytokine wie IL-1 und IL-4 haben agonistische Wirkung, wobei auch zusätzliche fibrogenetische Zytokine wie CTGF eine Rolle spielen [239]. Die Bildung und Ablagerung der extrazellulären Matrix ist reversibel; der Prozess ist jedoch vor allem nach Ausschaltung des Virus in hohem Maße reversibel durch die Tätigkeit von Matrixmetalloproteasen, die auch Elastin und Kollagen abbauen können [117]. Infektion mit mehreren Viruserregern. Da es sich bei den hepatotropen Viren um Erreger unterschiedlicher Virusklassen und entsprechend unterschiedlicher Antigenität handelt, können simultane Infektionen mit mehr als einem Hepatitisvirus vorkommen. Bei einer Koinfektion von HBV mit anderen Hepatitisviren wird die HBV-Replikation supprimiert, wobei der Mechanismus bislang noch nicht eindeutig geklärt ist. Der klinische Verlauf scheint einen progredienteren Kurs zu nehmen. Die Therapie muss entsprechend dem jeweiligen Erreger ausgerichtet werden. Histopathologisch gibt es keine eindeutigen Merkmale einer Koinfektion und die Diagnose wird serologisch gestellt. Immunhistochemische Untersuchungen konnten zeigen, dass das Hepatitis-B-Core-Antigen bei simultaner HCV Infektion nicht nachzuweisen ist. So könnte das Fehlen von Core-Antigen bei serologischem Nachweis von SurfaceAntigen ein indirekter Hinweis auf eine zusätzliche Infektion sein [112]. Infektion von Hepatitisviren simultan mit HIV. Da HBV, HDV und HCV, aber auch das humane Immundefizienzvirus (HIV) parenteral und auch sexuell übertragen werden können, ist die gleichzeitige Infektion mit diesen Erregern nicht selten [167]. HIV führt zu einer erheblichen Immunsuppression, weshalb die Inzidenz einer chronischen Infektion mit HBV und HCV deutlich höher ist als beim immunkompetenten Patienten. Die entzündliche Aktivität bei gleichzeitiger Infektion von HBV oder HBV mit HDV und HIV erscheint in der Regel geringer ausgeprägt, da die Immunabwehr supprimiert wird [261]. Bei der Doppelinfektion von HCV und HIV dagegen wird ein schwererer Verlauf berichtet und das Risiko eines Leberversagens erscheint deutlich gesteigert. Die chronische Erkrankung nimmt einen progredienteren Verlauf mit deutlicher Ausprägung von Fibrose und Zirrhose. Durch die Entwicklung wirkungsvollerer Me-
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dikamente gegen HIV und HCV ergibt sich jedoch in Zukunft ein günstigeres Bild [243, 245]. Differentialdiagnose. Die chronische Virushepatitis muss gegen Formen einer chronischen Hepatitis autoimmuner oder stoffwechselbedingter Ursache abgegrenzt werden, so dass die exakte Exploration der serologisch-virologischen Daten eine besondere Rolle spielt. Sollten sich serologisch keine Hinweise auf eine chronische Virushepatitis ergeben, sind folgende Differentialdiagnosen in Erwägung zu ziehen: Die autoimmune Hepatitis ist durch autoimmune Phänomene wie das Auftreten von Autoantikörpern und durch eine serologische Erhöhung der Gammaglobuline gekennzeichnet [277]. Die Autoantikörper sind antinukleäre Antikörper (ANA), „anti-liver-kidney“mikrosomale Antikörper (Anti-LKM) sowie antiglatte Muskelantikörper (SMA). Der serologische Nachweis von Autoantikörpern und das Fehlen von Markern einer Virushepatitis machen die Diagnose wahrscheinlich. Allerdings können Autoantikörper auch bei Patienten mit chronischer Hepatitis B oder C gebildet werden, da es zum Verlust der Selbsttoleranz kommen kann und die Bildung von Autoantikörpern stimuliert wird [118]. Die Diagnose der autoimmunen Hepatitis kann Schwierigkeiten bereiten, daher sollten Scoring-Systeme eingesetzt werden, die helfen, die Diagnose abzusichern. Das histologische Erscheinungsbild kann hierbei helfen, auch wenn typische Merkmale vorliegen können, die nicht pathognomonisch sind (Abb. 7.9b). Zu den typischen Merkmalen gehören eine portoperiportale Betonung der Hepatitis mit Rosettenbildung der Hepatozyten und ein nekroinflammatorischer Gradient von portoportal hin zu lobulär und zentrovenulär. Bei der autoimmunen Hepatitis ist der Leberzelluntergang fast immer an die Anwesenheit von Lymphozyten (Peripolese) geknüpft [66]. Es gibt jedoch auch Überschneidungen von chronischer Virushepatitis und autoimmuner Hepatitis, die dann eine Rolle spielen können, wenn der Einsatz von Interferon bei der Virushepatitis gefragt ist, gleichzeitig jedoch Merkmale einer autoimmunen Hepatitis vorliegen, die durch die Interferon-Therapie verstärkt werden können. Zu den stoffwechselbedingten Formen der chronischen Hepatitis gehören differentialdiagnostisch vor allem der Alpha-1-Antitrypsinmangel und der Morbus Wilson, während die hereditäre Hämochromatose anhand von serologischen Befunden und Histologie gut differenziert werden kann. Die Alpha-1-Antitrypsin-Defizienz lässt sich auch in der Routine durch Anwendung von der PAS-DiastaseReaktion gut darstellen. Sie findet sich nicht selten als Überraschungsbefund im histologischen Präparat und ist durch PAS-Diastase-positive globuläre Einschlüsse im Zytoplasma von Hepatozyten gekennzeichnet. Die chronische Leberschädigung beim Morbus Wilson zeigt einige typische Veränderungen, vor allem zahl-
reiche Mallory-Denk-Körperchen und eine Verfettung (s. Abb. 7.6c). Die Kupferfärbung mit Rhodanin ist nicht zuverlässig. Die sichere Diagnose muss in Verbindung mit klinischen Parametern wie erhöhter Kupferausscheidung im Urin sowie Bestimmung des Coeruloplasmin-Spiegels gestellt werden [179]. In die Reihe der Differentialdiagnosen ist auch eine chronische Medikamentenschädigung der Leber mit einzubeziehen, vor allem durch Isoniazid, Nitrofurantoin und Diclofenac. Die Bestätigung der Diagnose muss durch eine sorgfältige klinische Anamnese abgesichert werden. Der Vollständigkeit halber müssen in der Differentialdiagnose auch Erkrankungen der Gallenwege wie primär biliäre Zirrhose und primär sklerosierende Cholangitis erwähnt werden. Das differentialdiagnostische Vorgehen ist hier einfacher, da sich diese Erkrankungen in der Regel histologisch sichern lassen und auch die Krankheitsbilder zwar teilweise mit einer chronischen Virushepatitis überlappen, jedoch eigene serologische und laborchemische Faktoren besitzen. Histologisch kann die Infiltration der Leber durch ein malignes Lymphom Bilder imitieren, die einer chronischen Virushepatitis ähneln, wobei jedoch eine immunhistologische Subtypisierung der infiltrierenden Lymphomzellen meist die Entscheidung bringt [174].
Nomenklatur und Scoring-Systeme der chronischen Hepatitis Das Bild der chronischen Hepatitis wurde erstmals in den 1960er Jahren von einer Gruppe bekannter Hepatologen (Kliniker und Pathologen) geprägt und erfuhr in den darauffolgenden Jahren eine genauere Bezeichnung mit dem Begriff der chronisch persistierenden Hepatitis und chronisch aggressiven oder aktiven Hepatitis. In der folgenden Zeit ergab sich jedoch, dass diese Begriffe eher als starre Einheiten betrachtet wurden und dem Krankheitsbild unter Berücksichtigung der Fortschritte in der Hepatitisforschung sowohl von der virologischen als auch molekularbiologischen Seite nicht mehr gerecht wurden. Es kamen daher Vorschläge, die eine flexiblere Betrachtungsweise zum Inhalt hatten und die Nomenklatur, die von Desmet et al. Anfang der 1990er Jahre vorgeschlagen wurde, hat sich international durchgesetzt und wurde so auch als Richtlinie von Pathologen und klinischen Hepatologen akzeptiert [65]. Die pathologische Diagnose einer chronischen Hepatitis sollte die mögliche Ursache nennen, den Grad der entzündlichen Aktivität mit den Stufen 1–4, nämlich minimal, mild, mäßig- oder schwergradig. Das Stadium der chronischen Hepatitis bemisst sich am Ausmaß der
Akute und chronische Hepatitis Tab. 7.2 Klassifikation und Nomenklatur der chronischen Hepatitis. (Nach Desmet et al. [65]; empfohlen von DGP und DGVS) Grad
Ausmaß der Entzündung
0
Aktivitätsgrad nicht vorhanden
1
Minimale entzündliche Infiltration in Portalfeld und Läppchen ohne nennenswerte Nekrose
2
Milde Entzündung portal mit einzelnen Mottenfraßnekrosen und wenigen fleckförmigen Nekrosen in den Läppchen
3
Mäßiggradige portale Entzündung mit Mottenfraßnekrosen und mehreren fleckförmigen Nekrosen in den Läppchen
4
Schwere portale und Grenzflächenhepatitis mit multiplen fleckförmigen Nekrosen und sog. Brückennekrosen
Stadium
Ausmaß der Fibrose
0
Keine Bindegewebsvermehrung vorhanden
1
Minimal bindegewebig verbreiterte Portalfelder
2
Milde Bindegewebsvermehrung mit portaler Bindegewebsvermehrung und einzelnen Septen
3
Mäßiggradige Bindegewebsvermehrung mit Septenbildung und Störungen der Trabekelarchitektur, aber keine Zirrhose
4
Zirrhose mit Läppchenumbau und ausgeprägter Bindegewebsvermehrung
Fibrose mit der Zirrhose im Endstadium. Entsprechend werden die Stadien eingeteilt: – Stadium 0 = keine Fibrose, – Stadium 1 = minimale portale Fibrose mit Verbreiterung der Portalfelder, – Stadium 2 = milde Fibrose mit zusätzlicher Septenbildung, – Stadium 3 = mit zahlreichen kompletten Septen und beginnender Architekturstörung, jedoch noch ohne Zirrhose, – Stadium 4 bezeichnet dann den Nachweis einer kompletten Zirrhose. Das Scoring-System ist tabellarisch in Tab. 7.2 dargestellt. Abb. 7.10a–g zeigt exemplarisch die chronische Hepatitis unterschiedlicher Grade und Stadien. Es hatte sich gezeigt, dass der Prozess der chronischen Hepatitis nicht linear verläuft, sondern durchaus undulieren und vor allem durch den Einsatz adäquater Therapien rückbildungsfähig sein kann. Die Nomenklatur ist Standard in der internationalen klinisch-pathologischen Gemeinschaft und für die alltägliche klinische Diag-
Kapitel 7
nostik und Praxis ausreichend. Andere Vorschläge zur Nomenklatur, wie die von Batts, Ludwig sowie Metavir, sind analog, teilweise jedoch von anderer Interpretation und nicht in sich schlüssig; sie haben sich international auch nicht klar durchgesetzt [15, 18]. Im Rahmen von Therapiestudien oder auch in der Verlaufskontrolle einzelner Patienten ist das Raster dieser Nomenklatur jedoch zu grob und es hat zahlreiche Versuche gegeben, die entzündliche Aktivität und die Fibrose in sog. Scoring-Systemen genauer zu erfassen. Der erste wichtige Versuch kam von den Autoren Knodell und Ishak Anfang der 1980er Jahre [156]. Sein Nachteil zeigte sich jedoch darin, dass hier entzündliche Aktivität und Fibroseindex zusammengefasst wurden. Eine revidierte Fassung dieses Scoring-Systems wurde Anfang der 1990er Jahre von Ishak und anderen Autoren vorgelegt. Dieses Ishak-Scoring ist inzwischen die Basis für die Beurteilung einer chronischen Hepatitis, vor allem bei Verlaufskontrollen unter bestimmter Therapie. Der sog. Hepatitis-Aktivitätsindex (HAI) umfasst vier Kategorien mit periportaler oder periseptaler Grenzflächenhepatitis, konfluierender Nekrose, fokaler Nekrose, Apoptose und Entzündung sowie portaler Entzündung mit jeweils 4–6 Punkten, so dass sich insgesamt bei einem schweren Verlauf 18 Punkte für die jeweilige nekroinflammatorische Aktivität ergeben können. Das Fibrosestadium teilt die Menge an Bindegewebsvermehrung je nach Ausbildung von Septen oder zirrhotischem Umbau in sechs Stadien ein und spiegelt somit ein exakteres Bild der Bindegewebsvermehrung der Leber wider (Tab. 7.3 und 7.4; [134]).
Beschaffenheit der Biopsie und Einschätzung konkomitierender Lebererkrankungen Eine präzise Beurteilung des Gradings und Stagings einer chronischen Hepatitis kann nur erfolgen, wenn der bei der Biopsie gewonnene Zylinder repräsentativ ist. Nach allgemeinem Konsens ist zu fordern, dass die Länge des Zylinders mindestens 2 cm betragen sollte, wobei etwa 11–15 Portalfelder beurteilbar sein sollten. Untersuchungen haben ergeben, dass bei inadäquater Größe des Zylinders vor allem das Stadium der Fibrose unterschätzt wird [19, 113, 233]. Die gründliche Beurteilung einer Leberbiopsie ist derzeit der sog. Goldstandard zur Bestimmung der Aktivität und des Stadiums der chronischen Hepatitis. Zahlreiche Versuche der klinischen Hepatologen sind bestrebt, die gleichen Daten durch sog. nichtinvasive Methoden zu erzielen. Zur Bestimmung des Aktivitätsgrades sind zahlreiche Anwendungsformeln entwickelt worden, die verschiedene Laborwerte mit einbeziehen und interpretieren [64]. Zur Bestimmung des Fibrosestadiums wer-
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Abb. 7.10 a–g Grading und Staging der chronischen Hepatitis. a Minimale entzündliche Aktivität (G1), b milde entzündliche Aktivität (G2), c mäßiggradige entzündliche Aktivität (G3). d Mini-
male Fibrose (S1), e milde Fibrose (S2), f mäßiggradige Fibrose (S3), g Leberzirrhose (S4)
Akute und chronische Hepatitis
Kapitel 7
203
Tab. 7.3 Bestimmung des histologischen Aktivitätsindex (HAI) nach Ishak A Periportale oder periseptale Interphasenhepatitis
g Abb. 7.10 (Fortsetzung)
den derzeit vor allem die Methoden der Elastographie eingesetzt, obwohl diese Technik erhebliche Einschränkungen mit sich bringt, da sie bei adipösen Patienten keine exakten Daten liefert und auch bei schwerer Leberzellnekrose im Ergebnis beeinflusst wird [88]. Darüber hinaus kann anhand der histologischen Beurteilung das Vorliegen von Komorbiditäten wie Verfettung, Steatohepatitis oder Eisenüberladung bei Hämochromatose festgestellt werden. Diese Veränderungen beeinflussen das Ansprechen der Patienten auf eine Therapie, können zu einer schlechteren Prognose führen und müssen daher in der Beurteilung des Verlaufs einer chronischen Hepatitis mitberücksichtigt werden [135]. Die beiden Hepatitisviren B und C sind als onkogene Viren zu betrachten, die nach entsprechend langer Infektion zum Leberzellkarzinom führen können. Daher sollte in jeder Leberbiopsie das Vorkommen prämaligner Veränderungen analysiert werden. Im Wesentlichen werden zwei Formen der Leberzelldysplasie unterschieden: die großzellige und die kleinzellige Leberzelldysplasie. Bei der großzelligen Dysplasie finden sich große Hepatozyten mit atypischen Zellkernen im Sinne einer Aneuploidie, oft auch Mehrkernigkeit bei insgesamt großem Zytoplasmasaum. Insgesamt bleibt hier die Kern-Plasma-Relation erhalten, so dass es sich sehr wahrscheinlich nicht um einen prämalignen Zustand der Leberzelle handelt. Da die großzellige Dysplasie jedoch oft in der Nachbarschaft von manifesten Leberzellkarzinomen zu beobachten ist, muss sie als Indikator für Malignität entsprechend gewürdigt werden [133, 154]. Die kleinzellige Dysplasie dagegen zeigt eine verschobene Kern-Plasma-Relation zugunsten des Kerns bei eher basophilem Zytoplasma. Insgesamt ergibt sich das Bild einer Kernhäufung und scheint somit eine echte Vorstufe der malignen Entartung darzustellen [132]. Das Vorkommen der kleinzelligen Dysplasie in der Biopsie sollte in die diagnostische Beurteilung mit ein-
Nicht vorhanden
0
Mild (fokal, einzelne Stellen)
1
Mild oder mäßiggradig (fokal, meistens portale Abschnitte)
2
Mäßiggradige (kontinuierlich ungefähr die Hälfte aller Portalfelder oder Septen)
3
Schwergradig (mehr als 50 % der Portalfelder oder Septen)
4
B Konfluierende Nekrose Nicht vorhanden
0
Fokale konfluierende Nekrose
1
Zone-3-Nekrosen in einzelnen Abschnitten
2
Zone-3-Nekrosen in zahlreichen Abschnitten
3
Zone-3-Nekrose + einzelne portozentrale Brücken nekrosen
4
Zone-3-Nekrosen + zahlreiche portozentrale Brücken nekrosen
5
Panazinäre oder multiazinäre Nekrosen
6
C Fokale fleckförmige lytische Nekrosen, Apoptose und fokale Entzündung Nicht vorhanden
0
1 Herd/10 Gesichtsfelder
1
2–4 Herde/10 Gesichtsfelder
2
5–10 Herde/10 Gesichtsfelder
3
> 10 Herde/10 Gesichtsfelder
4
D Portale Entzündung Nicht vorhanden
0
Mild, in einigen oder allen Portalfeldern
1
Mäßiggradig, einzelne oder alle Portalfelder
2
Mäßig ausgeprägt, in allen Portalfeldern
3
Deutlich, in allen Portalfeldern
4
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1
H. P. Dienes, U. Drebber Tab. 7.4 Stadieneinteilung der chronischen Hepatitis nach Ishak
2
Architekturstörungen, Fibrose und Zirrhose
3
Keine Fibrose
0
Bindegewebige Verbreiterung einzelner Portalfelder
1
Bindegewebige Verbreiterung der meisten Portalfelder mit einzelnen kurzen bindegewebigen Septen
2
Bindegewebige Verbreiterung in der Mehrzahl der Portalfelder mit einzelnen portoportalen Septen
3
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Bindegewebige Verbreiterung aller Portalfelder mit ausgeprägten Septen portoportal oder portozentral
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8
Ausgeprägte portoportale oder portozentrale Septenbildung mit beginnendem trabekulärem Umbau (inkomplette Zirrhose)
5
Komplette Zirrhose
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fließen und je nach Ausmaß als dysplastischer Knoten niedrig- oder hochgradige Dysplasie erwähnt werden. Die Patienten müssen einer entsprechend intensiveren Kontrolle unterzogen werden.
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Die unterschiedlichen Typen der Virushepatitis
16
Virushepatitis A
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Definition. Die Hepatitis A ist eine durch das Hepatitis-A-Virus verursachte fäkal-oral übertragene und meist selbstlimitierend verlaufende akute Hepatitis. Epidemiologie. Man rechnet jedes Jahr mit etwa 1,4 Mio. Neuerkrankungen global. Ätiologie und Pathogenese. Das Hepatitis-A-Virus wurde im Stuhl von Erkrankten Anfang der 1970er Jahre durch Feinstone entdeckt [80]. Der Erreger ist ein kleines, nicht umhülltes RNA-Virus von 27 nm im Durchmesser. Das Genom ist ein lineares einsträngiges Plus-Strang-RNA-Molekül. Das virale Antigen wird im Zytoplasma von Kupffer-Zellen und Hepatozyten nachgewiesen (Abb. 7.11a–c; [77, 257]). Die pathogenetischen Mechanismen bei der Virusabwehr sind zum Teil T-Zell-vermittelt, wobei CD8-positive HAV-spezifische zytotoxische T-Lymphozyten nachweisbar sind. Der Anteil der virusspezifischen zytotoxischen T-Lymphozyten kann bis zu 50 % betragen, was evtl. die Tatsache erklärt, dass diese Erkrankung in der Regel selbstlimitierend ist und ausheilt. Im peripheren Blut findet sich ein Anstieg von natürlichen Killerzellen (NK-Zellen),
passend zu der Annahme einer nicht MHC-restringierten zellulären Zytotoxizität. Das Virus selbst scheint somit nicht zytopathisch zu wirken [120, 197, 289]. Morphologie. Das histopathologische Bild der akuten Hepatitis A zeigt ein klassisches Muster. Es ergeben sich insofern Besonderheiten als der Schwerpunkt der nekroinflammatorischen Aktivität portal und periportal zu beobachten ist (Interphasenhepatitis), während die perizentrale Region weniger betroffen ist. Plasmazellen können deutlich vermehrt sein, was an eine AIH denken lassen könnte. In der perizentralen Region kann eine ausgeprägte Cholestase beobachtet werden [1, 210, 276]. Nur ganz selten kann es bei der akuten Hepatitis A zu panlobulären Nekrosen mit Leberversagen kommen [185]. Die Abb. 7.12a–d zeigt typische Veränderungen einer Hepatitis A. Differentialdiagnose. Differentialdiagnostisch abzu grenzen ist die akute Hepatitis durch andere hepatotrope und nichthepatotrope Viren sowie der medikamentös-toxische Leberparenchymschaden vom akut hepatitischen Typ. Klinik, Prognose und Verlauf. Das Virus wird fäkaloral übertragen mit einer Inkubationszeit von etwa 6 Wochen, wobei die Patienten schon infektiös sind, bevor der Ikterus eintritt. Der Nachweis der frischen Infektion erfolgt serologisch durch die Bestimmung von Anti-HAV-IgM, der der stattgehabten Infektion über Anti-HAV-IgG. Bei jüngeren Individuen verläuft die Erkrankung in der Regel mild, während sie im späteren Alter einen schwereren Verlauf mit cholestatischem Einschlag nehmen kann. In der Regel verläuft die Erkrankung selbstlimitierend, obwohl vor allem im Erwachsenenalter eine sog. Rekurrenz nach einigen Monaten nicht selten zu beobachten ist [185, 280, 293]. Therapie. Es handelt sich um eine akute selbstlimitierende Erkrankung, daher ist keine antivirale Therapie notwendig. Eventuell sollte symptomatisch behandelt werden und bei seltenem Auftreten von akutem Leberversagen ist eine Lebertransplantation indiziert.
Virushepatitis B Definition. Die Hepatitis B ist eine akut (etwa 90 %) oder chronisch (etwa 10 %) verlaufende infektiöse Hepatitis als Folge der Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus. Epidemiologie. Nach Angaben der WHO sind etwa 350 Mio. Menschen weltweit von dieser Erkrankung betroffen, vor allem China, Südostasien und SubsaharaAfrika. Hier sind bis zu 15 % der Bevölkerung infiziert.
Akute und chronische Hepatitis
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Kapitel 7
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b Abb. 7.11 a Kryoelektronenmikroskopie des Hepatitis-A-Virus. b Schematische Darstellung von HAV und den Genprodukten, der Prozessierung und des Assembly. c Schematische Darstellung des
HAV-Replikationszyklus. (Quellen: a Prof. H. Cheng. UC Davis College of Biological Sciences; b,c Prof. S. Feinstone, NIH, Washington)
Die chronische Hepatitis B ist somit weltweit die führende Ursache der chronischen Hepatitis und des hepatozellulären Karzinoms [189, 274].
übertragen. Aber es ist auch ein direkter Übertragungsmodus durch Körperflüssigkeiten wie Speichel, Samen oder unter der Geburt möglich. Insbesondere die vertikale Übertragung ist häufig in China und Taiwan zu beobachten, wobei die postnatale Infektion zur Virustoleranz und chronischen Verlaufsformen führt [36, 189, 274].
Ätiologie und Pathogenese. Das Virus wird parenteral durch Blutprodukte oder medizinische Manipulationen, vor allem aber durch intravenösen Drogenabusus
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Abb. 7.12 a–d Akute Hepatitis A. a Akute deutlich floride Hepatitis A mit zahlreichen Einzelzellnekrosen in den Läppchen und leichter entzündlicher Infiltration in den Portalfeldern. b Portale Ent-
zündung mit Interphasenaktivität. Leichte Regenerationszeichen. c Plasmazellreiche Entzündung (Pfeile). d Hepatozyten mit Lymphozyten, die sich im Sinn der Emperipolese annähern
Das komplette Virion, auch als Dane-Partikel bezeichnet, hat einen Durchmesser von 42 nm mit einem 27 nm großen Capsid, das das Virusgenom mit einer zirkulären, inkomplett doppelsträngigen DNA enthält. Das Virus ist von einer Hülle umgeben, dem SurfaceAntigen (S-Antigen) [61]. HBV ist der Prototyp der Hepadnaviridae. Acht verschiedene Genotypen (A-H) sind beschrieben, die ein unterschiedliches globales Vorkommen haben [173]. Das Virus wurde von Blumberg im Serum eines australischen Eingeborenen entdeckt und daher von ihm auch als Australia-Antigen benannt (Abb. 7.13a–c; [61]). Die Antikörper gegen die Oberfläche (Anti-HBs) sind neutralisierend, so dass Patienten mit diesem Antikörper, sei es durch Impfung oder nach durchgemachter Infektion, immun gegen die Erkrankung sind. Das HBV-Genom hat eine Größe von 3,2 kb und trägt vier Genregionen, zwei für nichtstrukturelle Antigene wie das Polymerase-Gen und das X-Gen sowie zwei für Strukturproteine wie HBsAg mit präS1 und präS2 und das Capsid-Antigen HBC. Die Capsid-Struktur enthält doppelsträngige DNA, wäh-
rend das Hüllantigen sich aus HBsAg präS1 und präS2 zusammensetzt. Es ist für die Ausbreitung des Virus mit Anheftung an die Zielzellen von Bedeutung. Das X-Antigen hat eine wichtige Funktion für die Replikation des Virus und kann in Tumorzellen nachweisbar sein [173]. Nach Anheften des Virus an die Zellmembranen und Eindringen in die Zelle mit Hilfe von präS1-Protein löst sich das Virus in die einzelnen Bestandteile auf und die DNA wird in den Zellkern transportiert. Hier wird sie zu einer strangförmigen „covalently closed circular“ DNA (ccc-DNA) umgelagert, von der dann über Transkription und mRNA abgelesen wird. Zuerst entsteht ein Minusstrang, dem wiederum ein kürzerer Plusstrang an DNA angelagert wird. Dabei spielt die reverse Transkriptase eine wichtige Rolle und bietet auch mögliche therapeutische Ansätze. Die Zusammensetzung des kompletten Virus mit Capsiden und Umhüllung mit HBsAg erfolgt im Golgi-Apparat, wobei das Oberflächenantigen HBsAg im Überschuss auch im glatten endoplasmatischen Retikulum gebildet werden kann.
Akute und chronische Hepatitis
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c Abb. 7.13 a–c Darstellungen des Hepatitis-B-Virus. a Elektronenmikroskopische Darstellung der drei morphologischen Formen von Viruspartikeln im Serum. Dane-Partikel links, Filamente Mitte und Sphären rechts. b Schematische Darstellung der Viruspartikel. c Genkarte des Hepatitis-B-Virus. (Quelle: Prof. Dr. em. W. Gerlich, Institut für Virologie, Universitätsklinik Gießen und Marburg)
Es kommt zu einer Induktion des endoplasmatischen Retikulums mit Ausbildung von Milchglashepatozyten [163, 254]. HBV-Mutanten können spontan entstehen oder sich unter der Therapie mit Nukleotidanaloga entwickeln. Diese Mutationen ereignen sich im Bereich von HBsAg oder den Hüllproteinen, so dass die kommerziellen Detektions-Assays das Virus nicht erkennen. Unter der Therapie entstandene Ausweichmutationen, die sich ebenfalls im Bereich der Hüllproteine abspielen, zeigen eine verstärkte Resistenz gegen die antivirale Therapie, die dann entsprechend adaptiert werden muss [49]. Das Virus weist keine direkte zytopathische Wirkung auf. Die Leberschäden im Rahmen einer Hepatitis B sind auf die Immunabwehr gegen virushaltige Leberzellen zurückzuführen. Der Schwerpunkt der Immun-
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abwehr liegt bei T-Lymphozyten mit zytotoxischer Kapazität, die virushaltige Hepatozyten eliminieren. Da das Virus im Organ jedoch eine schnelle hochreplikative Phase erreicht, der Aufbau einer antigengerichteten zellvermittelten Immunabwehr jedoch einige Zeit braucht, ist eine rasche und effektive sog. angeborene Immunität, die vor allem durch NK-Zellen und NKT-Zellen getragen wird, von besonderer Bedeutung. Patienten, die einen chronischen Verlauf entwickeln, zeigen eine nichtadäquate CD4-T-Zell-Reaktion, die sich im Wesentlichen auf Suppressionsmechanismen der regulatorischen T-Lymphozyten zurückführen lässt [114, 115]. Morphologie. Bei der akuten Hepatitis B ergibt sich das Bild der klassischen akuten Virushepatitis ohne eigene histopathologische Merkmale. Es kommt hier je nach Virulenz der Erreger und Intensitätsgrad der Immunabwehr zu fleckförmigen „Spotty“-Nekrosen ohne lobuläre Bindung (Abb. 7.14a,b). Demgegenüber zeigt sich im chronischen Verlauf das Auftreten bestimmter Merkmale, die für eine B-Hepatitis pathognomonisch sind (Abb. 7.15). Es bilden sich sog. Milchglashepatozyten mit einem homogenen, leicht eosinophilen Zytoplasma, umgeben von einem Halo und mit einem eher randständigen Kern. Die Kerne können ebenfalls Einschlüsse zeigen in Form sog. „sanded nuclei“, wenn sich abundantes Material der Viruscapside im Kern ansammelt (Abb. 7.15d; [23]). Färberisch können Milchglashepatozyten mittels Orcein-Färbung und auch immunhistochemisch mittels Anti-HBs-Antikörper dargestellt werden [51, 203]. Immunhistochemisch ist die Darstellung von Coreund Surface-Antigen gut etabliert (Abb. 7.16a–d). Der immunhistochemische Nachweis von HBcAg in der Leber zeigt eine Färbung für das Antigen in den Leberzellkernen. Bei aktiver Virusreplikation ist das CapsidAntigen jedoch auch im Zytoplasma nachweisbar. Eine diffuse Anfärbung von Leberzellkernen für HBcAg zeigt einen Immuntoleranzstatus mit ausgeprägter Replikation von HBV an [112, 186]. HBsAg ist immunhistochemisch ausschließlich im Zytoplasma nachweisbar. Bei deutlicher Aktivität der Hepatitis ist auch eine verstärkte Plasmamembranfärbung der Hepatozyten zu beobachten [35]. Die Anfärbung von HBeAg ist ähnlich wie die von HBcAg, jedoch nicht so ausgeprägt. Der Nachweis von HBeAg weist auf eine aktive Phase von Virusreplikation und Immunabwehr hin [51]. Das HBx-Antigen ist mit der Virusreplikation assoziiert. Das immunhistologische Färbemuster im Gewebe unterscheidet sich von dem der anderen HBV-assoziierten Antigene. Das Antigen spielt eine wichtige Rolle bei der Hepatokarzinogenese und kann auch dann nachweisbar sein, wenn andere HBV-assoziierte Proteine fehlen [302].
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a Abb. 7.14 a,b Akute Hepatitis B. a Muster der akuten Virushepatitis mit Vermehrung von Entzündungszellen in den Sinusoiden. Zahl-
b reiche Einzelzellnekrosen. b Kleine perizentrale Gruppennekrose mit Plasmazellen und Apoptosen im Randbereich der Nekrose
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Abb. 7.15 a–d Chronische Hepatitis B. a Milchglashepatozyten ohne wesentliche Entzündungsreaktion. b Milchglashepatozyten und mil-
de Entzündung. c Einzelzellnekrose und Milchglashepatozyten. d Die Hepatozytenkerne unter dem Bild sog. „sanded nuclei“ (Pfeile)
Akute und chronische Hepatitis
Kapitel 7
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Abb. 7.16 a–d Immunhistochemie bei chronischer Hepatitis B. a,b HBsAg mit positiver zytoplasmatischer Anfärbung. c HBcAg mit nukleärer Expression. d HBcAg mit nukleärer und zytoplamati-
scher Expression als Zeichen einer aktiven Virusreplikation. Zusätzlich eine Steatose als Korrelat eines leichten zusätzlichen toxischen Schadens
Differentialdiagnose. Die Milchglashepatozyten sind charakteristisch und pathognomonisch, wobei sich jedoch bestimmte differentialdiagnostische Überlegungen ergeben: Lafora-Körper bei myoklonischer Epilepsie, Ablagerung von Fibrin bei Hypofibrinogenämie, Einschlüsse bei Cyanamid-Behandlung sowie transitorische Proteinspeicherphänomene. Onkozytische Hepatozyten zeigen eine gewisse Ähnlichkeit und kommen auch im Verlauf der chronischen Hepatitis B vor, wobei das Zytoplasma jedoch deutlich eosinophil ist und keinen Halo am Rande erkennen lässt [23, 168].
infektion anzeigen. HBeAg ist in der Frühzeit der Erkrankung positiv, bevor es zur Serokonversion mit Auftreten von anti-HBe kommt. Mit dem Auftreten von Anti-HBs im Serum wird der Patient immun gegen diese Infektion, da es sich hier um neutralisierende Antikörper handelt. Dieser akute Verlauf ist bei etwa 80–85 % der Patienten zu beobachten, während 10–15 % in eine chronische Hepatitis B übergehen, die durch ein anderes Antigen- und Antikörperprofil gekennzeichnet ist: Serologisch zeigt sich eine kontinuierliche Anwesenheit von HBsAg im Serum und fehlendes Anti-HBs, es findet sich eine verlängerte Zirkulationszeit von HBeAg und der Nachweis von Anti-HBc vom IgM-Typ. Das klinische Bild der akuten Hepatitis B ist unterschiedlich stark ausgeprägt und reicht von milden grippeähnlichen Beschwerden bis hin zu erheblicher Übelkeit, Erbrechen und Ikterus. In etwa 1 % der Fälle kommt es zur schweren akuten Hepatitis mit panlobulären Nekrosen und Leberversagen [189]. Das Virus ist nicht als zytopathisch anzusehen. Die Elimination und Abwehr gegen das Virus hängt von der
Klinik, Verlauf und Prognose. Die Inkubationszeit nach Infektion liegt bei 8–12 Wochen; HBsAg ist jedoch schon vor Auftreten der Symptome im Serum nachweisbar. HBsAg ist bis zu 20 Wochen nach Infektion im Serum zu finden, bevor es aus der Zirkulation verschwindet [189, 254]. Etwa zwei Monate später folgt der Nachweis von Anti-HBs. Antikörper gegen das Capsid sind ebenfalls frühzeitig nachweisbar, wobei vor allem Antikörper vom IgM-Typ eine floride ablaufende Virus-
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subklinische Infektion
2 Transaminasenerhöhung
Ig-Titer
IgM-Anti-HBc
Ig-Titer
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HBsAg
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akute Erkrankung
11 HBsAg
12
HBV
b
chronische Infektion HBe-Serokonversion
GesamtAnti-HBc HBcAg
Anti-HBc
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Ig-Titer
Anti-HBe HBsAg
IgM-AntiHBc
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HBeAg
IgM-Anti-HBc
16
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0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Zeit (Monate)
HBV
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HBeAg
akute Hepatitis B chronischer Verlauf
Ig-Titer
14
Anti-HBs
Anti-HBc
IgM-Anti-HBc
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Zeit (Monate)
10
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HBsAg
Anti-HBc Anti-HBs
7 9
akute Hepatitis ausheilend
akute Erkrankung
Gesamt-Anti-HBc
3 4
HBV
c
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Zeit (Monate)
d
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Zeit (Monate)
Abb. 7.17 a–d Verläufe verschiedener HBV-Infektionsformen. a Subklinische Infektion, b akute ausheilende Hepatitis B, c chronischer
Verlauf, d chronischer Verlauf mit Habe-Serokonversion. (Aus: Doerr/ Gerlich, Medizinische Virologie, 2. Aufl. 2010, Thieme, Stuttgart)
Aktivität der Immunabwehr ab. Vor allem Individuen, die während der Kindheit infiziert wurden, entwickeln eine gewisse Immuntoleranz gegen das Virus und zeigen eine nur begrenzte Leberfunktionseinschränkung mit dem serologischen Nachweis von HBsAg. Diese Situation wurde auch als sog. gesunder Trägerstatus bezeichnet, wobei die Patienten nur minimale Transaminasenerhöhungen zeigen, ohne Einschränkung der Lebersyntheseleistung [188]. Die Verläufe verschiedener HBV-Infektionsformen sind in Abb. 7.17a–d dargestellt. Die sog. okkulte Hepatitis B ist dann zu diagnostizieren, wenn die Virusreplikation erheblich reduziert ist und im Serum die Zahl der HBV-DNA-Kopien unter 100/ml abfällt. HBsAg kann in dieser Situation negativ sein, auch wenn die Leber immer noch HBV-DNA in den Hepatozyten enthält, in Form von CCC-DNA, die
in den Leberzellen sehr lange erhalten bleiben kann. Darüber hinaus wird HBV-DNA auch in das Wirtsgenom integriert, wobei jedoch die Insertionsstellen sehr unterschiedlich sein können. Histologisch zeigen die Patienten mit einer okkulten Hepatitis B nur geringe Leberveränderungen. Es kann jedoch jederzeit durch eine Änderung der immunologischen Abwehrlage, sei es durch myeloproliferative Erkrankungen oder medikamentöse Immunsuppression, zu einem Wiederaufflackern der chronischen Hepatitis B mit all ihren Folgen kommen [282, 283]. Der Nachweis von HBV und HBV-assoziierten Antigenen oder Proteinen im Gewebe ist heutzutage für die Diagnostik nicht mehr notwendig und nur bei bestimmten wissenschaftlichen Fragestellungen angebracht. Der Nachweis von HBV-DNA im Gewebe mit Hilfe der
Akute und chronische Hepatitis
PCR kann indiziert sein, wenn es sich um Patienten mit okkulter Hepatitis B handelt und wenn die peripheren virologisch-serologischen Parameter negativ sind.
Kapitel 7
Epidemiologie. Man rechnet mit einer Trägerrate von 250 Mio. Menschen der Weltbevölkerung. Die Durchseuchungsrate schwankt zwischen 1 % in Europa und USA und 15 % (wie z. B. in Ägypten). Das Virus induziert in etwa 70 % einen chronischen Verlauf und führt damit in hohem Maße zu den Risiken einer Leberzirrhose und eines Leberzellkarzinoms [67, 116, 153, 215, 217, 272].
HCV-Infektion und Leberverfettung [204]. Das Virus bindet über verschiedene Moleküle und Rezeptoren an die Leberzellmembran, wird über Endozytose in die Leberzelle aufgenommen und im Hepatozyten zusammengebaut. Schließlich wird es über den sekretorischen Weg via Golgi-Apparat ausgeschleust [272]. Ebenso wie die anderen Hepatitisviren scheint HCV nicht über direkt zytopathische Mechanismen zum Leberzellschaden zu führen. Entscheidend ist die Immunabwehr gegen das Virus unter Zerstörung von virushaltigen Hepatozyten [46, 296]. Die Infektion mit dem Virus führt zu einer deutlichen humoralen Immunantwort, wobei die Antikörper jedoch nicht neutralisierend zu sein scheinen, da sie eine Reinfektion nicht verhindern können [24]. Im Mittelpunkt der Immunabwehr steht die zellvermittelte Immunantwort, vor allem gegen das HCV-NS3-Protein. Der Aufbau einer effektiven zytotoxischen T-Zell-Antwort hat eine kräftige CD4positive Lymphozytenreaktion zur Basis. Es haben sich zwei wesentliche Faktoren herausgestellt, die zu einem chronischen Verlauf führen können: Zum einen zeigen die Viren eine hohe Mutationsrate, so dass die Immunabwehr anscheinend der Virusreplikation mit ständig wechselndem Antigenmuster hinterherhinkt, zum anderen hat das Virus Abwehrmechanismen aufgebaut, die die Interferon-Wirkung hemmen und auch T-Zell-Suppressormechanismen induzieren können wie PD1-Expression auf zytotoxischen T-Lymphozyten. Weiterhin spielt eine hemmende Wirkung auf intrahepatische dendritische Zellen und lebereigene NK-Zellen in diesem Zusammenhang eine Rolle [27, 121, 214].
Ätiologie und Pathogenese. Der Erreger wurde erst 1989 von Houghton identifiziert und kloniert [48]. Die Geschichte der Hepatitis C dauert jedoch schon länger; lange Zeit wurde sie als „Non-A-non B-Hepatitis“ bezeichnet. Das Virus ist ein RNA-Virus mit einfachem Strang, das eine Größe von 30–38 nm im Durchmesser hat und eine Hülle trägt. Es ist inzwischen als Mitglied der Flaviviridae-Familie registriert und zeigt einen großen, offenen Leserahmen mit etwa 9400 Nukleotiden [217]. Vom Plusstrang werden zehn verschiedene Proteine transkribiert, die in strukturelle und nichtstrukturelle Bestandteile eingeordnet werden. Die strukturellen Proteine enthalten das Capsid-Protein Core sowie das Hüllprotein E1, E2, NS1 sowie p7. Die Nichtstrukturproteine sind wichtig für die Virusreplikation und werden als NS2, 3, 4a, 4b, 5a und 5b bezeichnet. Sie enthalten Proteasen und Helikasen sowie membranbindende Proteine und eine RNA-abhängige RNA-Polymerase [215]. Das Virus benötigt für seine Replikation die Anwesenheit von kleinen Lipidtröpfchen in den Leberzellen, an die sich die Virus-RNA anlagert, vervielfältigt und dann in das Viruspartikel eingebaut wird [215]. Hier zeigt sich schon eine enge Assoziation mit dem Fettstoffwechsel der Leberzelle mit einer intrinsischen Verbindung von
Morphologie. Die akute und chronische Hepatitis C zeigen das klassische Bild einer Virushepatitis mit Zellnekrosen, Apoptosen und entsprechenden entzündlichen Infiltraten (Abb. 7.18a–d; [76, 157]). Häufiger als bei den anderen Formen der Virushepatitis ergibt sich bei der Hepatitis C eine Mitbeteiligung der Gallengangepithelien, obwohl der Virusnachweis in den Gallengangepithelien nicht sicher erfolgen konnte [157]. Für die Hepatitis C ergeben sich keine pathognomonischen Merkmale. In der Literatur sind jedoch einzelne histologische Veränderungen als typisch für die Hepatitis C erwähnt, so die Ansammlung von Lymphozyten, Lymphfollikeln und Pseudolymphfollikeln in den Portalfeldern, Beteiligung der Gallengänge mit Cholangitis sowie Leberverfettung, die intrinsisch mit der Virusreplikation zusammenzuhängen scheint [13, 141, 165]. Ferner weist die Leber bei HCV-Infektion sehr oft eine auffallende Sinuszellaktivierung auf und die Veränderungen in den Hepatozyten können an Mallory-Denk-Körperchen erinnern. Die Leberzellverfettung ist vor allem bei Infektion mit Genotyp 3 von HCV bei direktem Viruseffekt zu beobachten. Die verstärkt auftretende Verfettung bei Infektion mit Genotyp 1 und 4 scheint dagegen über eine verstärkte Insulinresistenz abzulaufen [79, 196]. Bei
Therapie. Die Therapieindikation wird anhand unterschiedlicher Faktoren ermittelt. Dabei werden die Höhe der Virämie, das Ausmaß der entzündlichen Aktivität und das Fibrosestadium berücksichtigt. Als Therapieoptionen der chronischen Hepatitis B stehen Nukleosidanaloga und Nukleotidanaloga zur Verfügung sowie auch pegyliertes Interferon α. Mit den derzeitigen Therapien ist die HBV-Infektion noch nicht heilbar, eine Kontrolle der Virusreplikation ist jedoch möglich.
Virushepatitis C Definition. Die Hepatitis C wird durch das HepatitisC-Virus – ein einsträngiges RNA-Virus – hervorgerufen und führt in etwa 70 % der Fälle zu einem chronischen Verlauf.
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Abb. 7.18 a–d Hepatitis C. a Akute Hepatitis C mit Läppchenunruhe und deutlicher nekroinflammatorischer Aktivität mit zahlreichen Einzelzellnekrosen. Leberzellverfettung. b Chronische Hepatitis C mit lymphofollikulären portalen Entzündungsinfiltraten und beginnender portaler Fibrose. c Chronische Hepatitis C mit
leichter entzündlicher Gallengangalteration (Pfeile). d Chronische Hepatitis C mit Pigmentmakrophagen (Pfeile) in dem Portalfeld als sog. Drogenpigment (als möglicher Hinweis auf einen intravenösen Drogenabusus)
der chronischen Hepatitis C ist eine häufigere Eisenablagerung in der Leber zu beobachten. Bei diesen Patienten werden häufig heterozygote Formen einer genetischen Hämochromatose beschrieben. In-situ-Methoden des Färbens von HCV-Proteinen oder Nukleinsäuren sind entwickelt worden, haben aber keine Bedeutung für die Routinediagnostik.
4–5 Wochen anzusetzen. Das Virus wird am sichersten durch den direkten RNA-Nachweis dokumentiert, während der Nachweis der Antikörper im Serum erst später möglich ist und vom Immunstatus der Person abhängt [213]. Etwa 70 % der Patienten mit akuter HCV-Infektion zeigen einen chronischen Verlauf, wobei erhöhter Alkoholkonsum, höheres Lebensalter und Adipositas eine begünstigende Rolle spielen [28, 127]. Die extrahepatischen Manifestationen einer HCVInfektion werden als gemischte Kryoglobulinanämie, Glomerulonephritis, Porphyria cutanea tarda, Panarteriitis nodosa sowie Sjögren-Syndrom und Lichen planus beschrieben [34, 253]. Da das Virus anscheinend auch B-Lymphozyten infizieren kann, kommt es in einzelnen Fällen zu einer abnormen Antikörperproduktion, die auch Autoantikörper wie antiglatte Muskulaturantikörper, Anti-LKM sowie antithyreoidale Antikörper und Anti-GOR-Antikörper umfasst [291]. Über diesen
Klinik, Verlauf und Prognose. Das Virus wird parenteral übertragen, so dass vor allem Personen mit intravenösem Drogenkonsum eine Risikogruppe darstellen. Das Virus kann auch sexuell übertragen werden, wobei die Frequenz jedoch deutlich geringer ist als beim Hepatitis-B-Virus [310]. In der Regel beginnt die HCV-Infektion schleichend, ohne klinische Symptome zu verursachen, und wird in den meisten Fällen erst im chronischen Stadium diagnostiziert. Die Inkubationszeit bei der Infektion ist mit
Akute und chronische Hepatitis
Weg der B-Lymphozyten-Infektion scheint es auch zur Entwicklung von B-Zell-Lymphomen bei Patienten mit Hepatitis C zu kommen [238]. Patienten mit erhöhtem Alkoholkonsum zeigen eine verstärkte Anfälligkeit für HCV-Infektionen und eine verminderte Ansprechrate für eine antivirale Therapie. Histologisch ergeben sich insofern Überlappungen, als beide Erkrankungen zu einer Verfettung der Leber führen. Studien konnten zeigen, dass ein erhöhter Alkoholspiegel die Replikation von HCV begünstigt. Folgende Veränderungen sprechen für eine Alkoholschädigung der Leber: perizelluläre Fibrose, verstärkter Nachweis von Mallory-Denk-Körperchen, vermehrter Nachweis polymorphkerniger Granulozyten [9, 246, 251]. Therapie. Seit dem Jahr 2014 haben sich die Therapiemöglichkeiten der chronischen Hepatitis C grundlegend verändert. Während bis dahin Interferon α und Ribavirin eingesetzt wurden, stehen jetzt Interferon-freie direkt antivirale Substanzen (DAA) zur Verfügung. Seit Januar 2014 sind mehr als 10 DAAs zugelassen, die sich unterschiedlichen Gruppen zuordnen lassen. Diese umfassen HCV-Proteaseinhibitoren (wie Simeprevir), HCV-NS5AInhibitoren (wie Daclatasvir), nichtnukleosidische HCVPolymerase-(NS5B-)Inhibitoren (Dasabuvir) und nukleotidische Polymeraseinhibitoren (Sofosbuvir). Die Therapie richtet sich nach dem HCV-Genotyp und dem Schweregrad der Erkrankung. Mit einer nur 12-wöchigen Therapie werden derzeit Ausheilungsraten von über 95 % erreicht.
Hepatitis-D-Virus Definition. Das Hepatitis-D-Virus ist ein defektes Virus, das nur bei einer gleichzeitigen Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus eine Hepatitis induzieren kann; dabei kann diese Koinfektion entweder simultan oder konsekutiv bei bestehender Hepatitis B erfolgen. Epidemiologie. Man rechnet mit 15 Mio. Virusträgern weltweit, wobei im mediterranen Raum etwa 50 % der Patienten mit chronischer Hepatitis B zusätzlich dieses Virus tragen. Ätiologie und Pathogenese. HDV wurde von Rizzetto als ein nukleäres Antigen in Hepatozyten von HBVinfizierten Patienten entdeckt und als Delta-Antigen bezeichnet [235]. Im Folgenden zeigte sich, dass es sich dabei um ein defektes Virus handelt, das zur Replikation die Hilfe von HBV benötigt [16, 145, 273]. Das Viruspartikel zeigt einen Durchmesser von 36 nm mit einem negativ geladenen RNA-Strang, zwei unterschiedlichen Formen des Virusproteins und einer Hülle, die aus dem
Kapitel 7
Hepatitis-B-Virus-Oberflächenprotein besteht. Das Genom besteht aus einem 1,7 kb großen, einfachstrangigen zirkulären RNA-Molekül. Das Genom und die Transkripte enthalten autokatalytische Abschnitte, Ribozyme, die die Virusstrukturen in zirkuläre Architekturen transformieren. Das Delta-Antigen wird von der m-RNA transkribiert und hat verschiedene biologische Funktionen. Das Protein liegt in zwei Formen vor, wobei 19 Aminosäurenunterschiede bestehen. Das kleinere Delta-Antigen ist für die RNA-Replikation wichtig, während das große Delta-Antigen bei der Prozessierung und Viruszusammensetzung eine Rolle spielt. Die Infektion erfolgt (wie bei HBV) über parenterale Routen. Dabei ergibt sich die Möglichkeit einer gleichzeitigen simultanen Infektion von HBV und HDV oder aber, was häufiger zu sein scheint, ein sekundäres „Aufpfropfen“ einer Hepatitis D auf eine bestehende chronische Hepatitis B. Die Häufigkeit der Hepatitis D spielt sich in Zentraleuropa auf einem hohen Niveau ein und ist hier vor allem bei Patienten mit Migrationshintergrund zu finden [16, 89]. Morphologie. Die Histopathologie der Hepatitis D zeigt die histologischen Merkmale einer akuten bzw. chronischen Hepatitis. Im chronischen Verlauf ergibt sich durchschnittlich eine stärkere nekroinflammatorische Aktivität mit Grenzflächenhepatitis und lobulärer Hepatitis. Es kann wie bei der Hepatitis B zur Ausbildung intranukleärer Einschlüsse kommen („sanded nuclei“), wobei HD-Antigen im Kern akkumuliert [195]. Der immunhistochemische Nachweis des Hepatitis-D-Virus im Lebergewebe zeigt eine Expression des Delta-Antigens in den Kernen infizierter Hepatozyten. Die Diagnose lässt sich mit großer Zuverlässigkeit virologisch durch den RNA-Nachweis des Virus und serologisch durch die Anwesenheit von Antikörpern gegen das D-Virus stellen, so dass eine immunhistologische Untersuchung des Gewebes zur Diagnose nicht notwendig ist [16]. Klinik, Verlauf und Prognose. Der klinische Verlauf der Hepatitis D wird dadurch bestimmt, ob es sich um eine akute simultane Infektion mit HBV handelt oder ob eine akute Hepatitis D sich auf eine chronische Hepatitis B aufpfropft. Die Superinfektion mit dem D-Virus führt zu einer reduzierten Replikation des B-Virus. In der Regel verläuft die Koinfektion mit HDV schwergradiger als eine Infektion mit HBV allein [37, 236]. Der pathogenetische Mechanismus der Leberschädigung beruht auf zellvermittelter Immunreaktion gegen das Virus. Der Erreger scheint nicht direkt zytopathisch für die Hepatozyten zu sein [209]. Therapie. Die Behandlung ist identisch mit der Therapie bei Hepatitis B, also mit Interferon und Lamivudin.
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Virushepatitis E Definition. Es handelt sich um eine Virushepatitis, die durch das Hepatitis-E-Virus induziert wird, ein nicht umhülltes RNA-Virus mit einem Genstrang, das in vier Genotypen vorliegt. Epidemiologie. Jährlich werden 20 Mio. Hepatitis-EInfektionen registriert, mit etwa 60.000 Todesfällen. In tropischen Ländern und Südostasien kommt es immer wieder zu Epidemien durch den Genotyp 1 und 2, während in Europa und USA sporadische Fälle durch den Genotyp 3 hervorgerufen werden. In Deutschland werden zurzeit etwa 150 neue Fälle dem Robert KochInstitut gemeldet. Ätiologie und Pathogenese. Der Übertragungsmodus verläuft oral-fäkal. Es lassen sich vier Genotypen unterscheiden, wobei die Genotypen 1, 2 und 4 im Wesentlichen in tropischen und subtropischen Ländern auch endemisch vorkommen, während der Subtyp 3 in Mitteleuropa und USA zu sporadischen Infektionen dieser akuten Hepatitis führen kann. Das Erregerreservoir besteht hier vor allem in Schweinen, aber auch Wild und Wildschweinen. Eine Infektion kann durch Fleischverzehr entstehen, vor allem wenn das Fleisch nur unzureichend gegart ist [227]. Die Diagnose wird am sichersten mit dem direkten Virusnachweis mit Hilfe der PCR im Serum geführt. Die serologischen Testsysteme sind weniger sensitiv und spezifisch [271]. Morphologie. Die Histopathologie der Hepatitis E ist bislang nur unzureichend dargestellt. Es hat zahlreiche Berichte über fulminantes Leberversagen gegeben, vor
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Klinik, Verlauf und Prognose. Während die Mehrzahl der HEV-Infektionen einen akuten selbstlimitierenden Verlauf nimmt, wurden in letzter Zeit zahlreiche Fälle beschrieben, bei denen sich eine chronische Hepatitis E entwickelt hat. Diese Patienten stammen in erster Linie aus der Transplantationsmedizin unter immunsupprimierten Bedingungen [142]. Therapie. Bei der akuten Hepatitis E werden die Patienten symptomatisch behandelt und evtl. einer Lebertransplantation zugeführt, wenn ein akutes Leberversagen auftritt. Die seltenen Fälle von chronischer Hepatitis E werden mit Interferon und Ribavirin behandelt.
Andere virale und infektiöse Formen der Hepatitis und HIV-induzierte Lebererkrankungen Als wichtiger Bestandteil des Immunabwehrsystems wird die Leber auch bei Allgemeininfektionen mitbetroffen und zeigt entsprechende Veränderungen. Bei den Erregern handelt es sich um Viren, Bakterien, Pilze, Protozoen sowie Parasiten. Die Leberveränderungen im Rahmen einer HIV-Infektion werden in einem eigenen Abschnitt besprochen.
Hier handelt es sich vor allem um Erreger des hämorrhagischen Fiebers, die Herpesvirusgruppe und weniger häufige andere Viruserreger.
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Viral bedingtes hämorrhagisches Fieber
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allem bei schwangeren Frauen, die mit dem Subtyp 1 oder 2 infiziert waren [151]. In Zentraleuropa dagegen scheinen auch Fälle unter dem Bild einer klassischen akuten Virushepatitis, die selbstlimitiert ist, vorzukommen (Abb. 7.19). In den Beschreibungen wird immer wieder eine deutlich cholestatische Form betont [180].
Virale Infektionen
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Abb. 7.19 Hepatitis E. Akute Hepatitis mit Einzelzellnekrosen und winzigen Gruppennekrosen
In diesem Zusammenhang sind Viren der Gruppe Flaviviridae, Arenaviridae sowie Filoviridae und Bunyaviridae, die überwiegend in Afrika und Südamerika endemisch vorkommen, zu nennen. In Tab. 7.5 sind die unterschiedlichen Erkrankungen, Virusgruppen und die geographische Verteilung aufgelistet.
Akute und chronische Hepatitis Tab. 7.5 Virales hämorrhagisches Fieber Erkrankung
Virusfamilie
Geographische Virusverbreitung
Gelbfieber
Flaviviridae
Afrika, Südamerika
Dengue
Flaviviridae
Afrika, Asien, tropisches Amerika
Lassafieber
Arenaviridae
Westafrika
Argentinisches hämorrhagisches Fieber (Junin virus)
Arenvaviridae
Argentinien
Bolivianisches hämorrhagisches Fieber (Machupovirus)
Arenaviridae
Bolivien
Ebolafieber
Filoviridae
Zentralafrika
Marburgfieber
Filoviridae
Zentral- und südliches Afrika
Rift Valley Fever
Bunyaviridae
Östliches und zentrales Afrika
Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom (Hantaanvirus)
Bunyaviridae
Nördliches Europa und Asien
Kongo-Crimeahämorrhagisches Fieber
Bunyaviridae
Ehem. Sowjetunion, Zentralwestasien, Afrika
Gelbfieberhepatitis Definition. Das Gelbfieber ist eine Infektionskrankheit, die durch das Gelbfiebervirus verursacht wird, ein Erreger der Flaviviridae, der vor allem in Afrika und Südamerika vorkommt. Im Verlauf der Infektion kann es zu einer schweren, mitunter tödlichen Hepatitis mit ausgeprägter Gelbsucht kommen.
Kapitel 7
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zine, trotzdem ist diese Erkrankung in Teilen von Afrika noch endemisch. Der Erreger wird durch Moskitos übertragen. Morphologie. Histologisch ergibt sich eine Nekrose mit zonaler Bevorzugung des mittleren Läppchens. Dabei finden sich die klassischen Councilman-Bodies, die auch Viruseinschlusskörperchen tragen können. Die Nekrose kann von einer Steatose begleitet werden; die gleichzeitige entzündliche Reaktion kann spärlich sein und konzentriert sich vor allem auf die Portalfelder (Abb. 7.20). Es handelt sich um ein direkt zytopathisches Virus, wobei die Entzündung lediglich reaktiv auftritt [22, 294]. Klinik, Prognose und Verlauf. Die Krankheit äußert sich klinisch mit akutem Beginn, Fieber, Muskelschmerzen und Kopfschmerzen mit Ikterus nach einigen Tagen. Ein Abklingen der Erkrankung nach einigen Tagen ist möglich, manchmal kommt es zu tödlichen Verläufen mit schwerer Hepatitis und hämorrhagischer Diathese. In etwa 5 % stellt sich in der zweiten Woche ein akutes Leberversagen ein. Die Diagnose wird serologisch durch spezifische IgM-Antikörper oder durch den direkten Virusnachweis im Blut gestellt. Therapie. Eine spezielle antivirale Therapie liegt nicht vor. Versuche mit Immunglobulinpräparaten haben keine günstigen Ergebnisse gezeigt. Stattdessen muss symptomatisch behandelt werden. Prophylaktisch existiert eine gute Vakzine.
Dengue-Viren Definition. Es handelt sich um ein hämorrhagisches Fieber, hervorgerufen durch Dengue-Viren, einsträngige RNA-Viren mit Hülle. Epidemiologie. Weltweit neue Fälle registriert.
werden
250.000–500.000
Epidemiologie. Weltweit wird die Zahl der Fälle mit 250.000 pro Jahr angegeben, wobei fast die Hälfte der Fälle einen fatalen Verlauf nimmt.
Ätiologie und Pathogenese. Das Virus, das besonders in Afrika, in den tropischen Bereichen Asiens und Amerika vorkommt, wird durch Aedes-Moskitos übertragen [294]. Die Erkrankung beginnt mit grippeähnlichen Symptomen und einem Exanthem. Die volle Manifestation des Dengue-hämorrhagischen Fiebers und das Dengue-Schocksyndrom entstehen bei einer Reinfektion des Virus von einem anderen Serotyp.
Ätiologie und Pathogenese. Das Virus ist der wichtigste Erreger der Flaviviridae und kommt vor allem in Afrika und Südamerika vor. Zwar gibt es effektive Vak-
Morphologie. Das histologische Bild wird durch ausgedehnte hämorrhagische Nekrosen bestimmt, die durch Virusbefall kleinerer Blutgefäße entstehen [131].
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a
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Abb. 7.20 a,b Gelbfieber. a Die Leberhistologie zeigt eine schüttere entzündliche portale Entzündung und zahlreiche Councilman-Körper im Läppchen. b Ausgeprägte hepatozelluläre Nekrosen im Le-
berläppchen. (Quelle: Prof. Dr. R. A. Cooke, Queensland and Mayne Medical School Brisbane, und Prof. V. Alves, School of Medicine, Department of Pathology, Sao Paulo)
Es kommt zu ähnlichen hämorrhagischen Nekrosen in anderen Organen. Die histologischen Veränderungen sind keineswegs pathognomonisch, sondern ähneln dem Erscheinungsbild anderer Infektionen mit Flaviviren. Das Dengue-Virus kann immunhistologisch in den Kupffer-Zellen nachgewiesen werden. Auch hier handelt es sich um ein direkt zytopathisches Virus, das zu Leberzellnekrosen und Apoptosen führt [111].
wiederum primär zytopathisch und die Entzündung erfolgt sekundär. Man stößt mikroskopisch auf Gruppen oder konfluierende Areale von azidophilen nekrotischen Zellen; die Cholestase ist nur gering ausgeprägt. Auffallend ist eine massive Lipofuszin-Ablagerung. Das Virusantigen lässt sich immunhistologisch entlang der Sinusoide und Hepatozyten mit membranartigem Muster nachweisen [74].
Klinik, Prognose und Verlauf. Es kann zu einem unspezifischen Krankheitsbild kommen, das einer schweren Grippe ähnelt. Bei schweren Verläufen kommt es zu hämorrhagischem Fieber und Schock. Die Letalität liegt bei 50 %, wenn nicht entsprechend therapiert wird.
Klinik, Verlauf und Prognose. Die Symptome sind eher uncharakteristisch mit Abdominalschmerzen, Pharyngitis, Fieber, aber ohne Ikterus. Die Letalität ist mit 25 % anzunehmen.
Therapie. Eine spezifische antivirale Therapie wird nicht gegeben, stattdessen müssen symptomatisch die Blutung und der Schock behandelt werden.
Lassa-Fieber und andere Infektionen mit Arenaviren Definition. Diese Erkrankung wird durch das LassaFieber-Virus hervorgerufen. Es handelt sich um ein einsträngiges RNA-Virus, den Flaviviridiae zugehörig. Epidemiologie. Die Erkrankung Lassa-Fieber ist in weiten Teilen von Westafrika noch endemisch. Es werden weltweit etwa 20.000 neue Fälle diagnostiziert. Morphologie. Die Leber zeigt eine fleckige Beschaffenheit und histologisch finden sich ausgedehnte Nekrosen, die von einer unterschiedlich starken entzündlichen Reaktion begleitet werden. Die Erreger sind
Therapie. Die Behandlung ist symptomatisch mit Behandlung der Blutung und des Schocks. Eine Gabe von Ribavirin sollte zusätzlich erfolgen.
Ebola- und Marburg-Fieber Definition. Die Erkrankung wird durch RNA-Viren der Familie der Filoviridae verursacht. Epidemiologie. In Afrika kommt es immer wieder zu kleinen Endemien mit bis zu 350 Patienten. In Kenia, aber auch im Kongo und in Uganda traten in den letzten Jahrzehnten immer wieder größere Epidemien mit zahlreichen Todesfällen auf [150]. So kam es in Uganda im Jahre 2012 noch zu einem Ausbruch mit 50 Fällen, die in 70 % letal verliefen. Das Marburg-Virus führte in den 1960er Jahren zu einem umschriebenen Ausbruch der Erkrankung in dieser Stadt, nachdem Personen mit sog. afrikanischen Green Monkeys Kontakt hatten, die aus Uganda importiert waren [101, 169, 224, 284].
Akute und chronische Hepatitis
Kapitel 7
Ätiologie und Pathogenese. Hier handelt es sich um Erreger der Gruppe der Filoviridae. Die Erreger werden parenteral übertragen und haben Fledermäuse und bestimmte Affenspezies als natürliches Reservoir. Die Filoviren kommen in großer Zahl in der Zirkulation und im Blut vor und reichern sich vor allem in Phagozyten, Endothelien und Hepatozyten an [62].
zu Schleimhäuten, während HSV-2 vorwiegend die Anogenitalregion befällt. Eine Hepatitis kann Folge der Infektion durch beide Erreger sein.
Morphologie. Das histologische Bild der Hepatitis ähnelt dem bei anderen hämorrhagischen Fiebererkrankungen mit zahlreichen, teilweise konfluierenden Nekrosen und nur spärlicher entzündlicher Reaktion. Viruseinschlüsse lassen sich in diesen Hepatozyten elektronenmikroskopisch darstellen.
Ätiologie und Pathogenese. Beide Virustypen, HSV-1 und HSV-2, können im Rahmen einer generalisierten Herpes-simplex-Virusinfektion eine Hepatitis induzieren. Meist liegt ein immunsupprimierter Zustand vor [299]. So kommt eine generalisierte HSV-Infektion mit Hepatitis im Setting der Organtransplantation und der Therapie hämatologischer Grunderkrankungen vor. Auch mit HIV infizierte Patienten sind vermehrt betroffen.
Klinik, Verlauf und Prognose. Die Symptome umfassen Fieber, Magen-Darm-Erkrankungen, Schleimhautulzerationen, Hämorrhagien und Organversagen. Es kommt zu einem fulminanten Verlauf mit 70%iger Mortalität. Therapie. Eine spezielle antivirale Therapie ist nicht etabliert. Die Patienten werden symptomatisch mit Behandlung von Blutung und Schock behandelt.
Infektionen mit Viren der Gruppe der Bunyaviridae Die Erreger der Gruppe der Bunyaviridae führen zu unterschiedlichen Manifestationen mit unterschiedlichen Namen. Das endemische Vorkommen dieser Erreger wird im Kongo, in Ost- und Südafrika, aber auch in Ägypten, Madagaskar und teilweise auch in Osteuropa, so auf der Krim, berichtet. Das histologische Bild ist nahezu identisch mit Schäden bei anderen Erkrankungen der hämorrhagischen Fiebergruppe [33, 255].
Herpesvirusgruppe Zu dieser Gruppe zählen Erreger, die direkt die Leber befallen können wie Herpes simplex, Herpes zoster, Zytomegalovirus, Epstein-Barr-Virus sowie humanes Herpesvirus 6 (HHV6).
Herpes-simplex-Virus-Hepatitis Definition. Die Erkrankung wird durch zwei Typen des Virus – HSV-1 und HSV-2 – hervorgerufen. Bei dem Virus handelt es sich um ein Doppelstrang-DNA-Virus mit Hülle und einem Durchmesser von 150–200 nm. HSV-1 befällt vor allem die externe Haut und den Grenzbereich
Epidemiologie. Man rechnet, dass bis zu 30 % der Weltbevölkerung von diesem Erreger befallen ist. Eine hepatitische Manifestation ist sehr selten.
Morphologie. Die Leber ist im akuten Zustand vergrößert und gelb-weiß gefleckt mit randlichen Einblutungen. Da es sich bei den Erregern um direkt zytopathische Viren handelt, tritt zuerst eine ausgedehnte landkartenartig begrenzte Nekrosezone auf, die dann sekundär entzündlich begleitet wird, wobei neben Lymphozyten, Makrophagen und Kupffer-Zellen auch zahlreiche Granulozyten nachweisbar sind. Die randständigen Hepatozyten lassen oft Einschlusskörperchen vom Typ Cowdry A im Kern erkennen. Die Einschlusskörperchen enthalten elektronenmikroskopische Viruspartikel von der typischen Herpesstruktur [102]. Klinik, Prognose und Verlauf. Bei einer generalisierten HSV-Infektion mit Hepatitis sind die klinischen Symptome ähnlich wie bei einem septischen Schock. Eine Gelbsucht kann auftreten. Eine nekrotisierende Hepatitis kann einen tödlichen Verlauf nehmen. Therapie. Hier sind spezielle antivirale Medikamente wie Acyclovir und Foscarnet im Einsatz.
Herpes-Zoster-Virus-Hepatitis Definition. Der Erreger, als Varizellen-Zoster-Virus (VZV) bezeichnet, gehört zur Familie der Herpes-simplex-Viren und ist wie dieser auch strukturiert. Generalisierte Infektionen oder Reaktivierungen können zu einer Hepatitis führen. Epidemiologie. Bis zur generellen Einführung einer effektiven Impfung vor 1980 wurden in den USA etwa 4 Mio. Neuerkrankungen registriert. Von einer Hepatitis sind meist immunsupprimierte Patienten betroffen. Ätiologie und Pathogenese. Das Virus ist der Erreger der Windpocken und induziert im Rahmen einer Reak-
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pathischer Wirkung und führt primär zu fokalen oder ausgedehnten Lebernekrosen, in deren Folge das entzündliche Infiltrat unter Beimengung zahlreicher Granulozyten auftritt [71, 147]. Im Randbereich der Nekrosen finden sich nukleäre Einschlusskörper (Cowdry-Körper; Abb. 7.21a–c). Das histologische Bild ähnelt dem Bild der HSV-Hepatitis. Die Herpesviren können elektronenmikroskopisch oder auch immunhistochemisch dargestellt werden.
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Definition. Es handelt sich um eine Infektion mit einem Virus der Herpes-simplex-Virus-Gruppe, also um ein DNA-Virus mit Hülle und einem Durchmesser von etwa 150–200 nm. Epidemiologie. Die Durchseuchung der Bevölkerung mit diesem Virus wird auf etwa 50 % geschätzt. Eine signifikante Erkrankung entsteht bei Immunsupprimierten oder Neugeborenen. Im Rahmen der Nierentransplantation ist die CMV-assoziierte Hepatitis die häufigste Ursache einer Hepatitis.
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Klinik, Verlauf und Prognose. Die Viren vermehren sich nach der Infektion im Epithel des Darms, des Respirationstrakts, der Leber und der Nebenniere. Eine zweite Virämie führt zur Hautinfektion mit Exanthem. Eine relevante Leberbeteiligung kann erfolgen, wenn die Patienten immunsupprimiert sind (z. B. durch Tumortherapie oder massive Steroidbehandlung). Es handelt sich um eine nekrotisierende und hämorrhagische Hepatitis, die bis zum Leberversagen führen kann. Therapie. Die spezielle antivirale Therapie besteht wie bei HSV in der Gabe von Acyclovir und Foscarnet.
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c Abb. 7.21 a–c Fulminante VZV-Hepatitis. a Landkartenartige wahllos über das Läppchen verteilte hämorrhagische Nekrosen (PV Portalvenen, Pfeilmarkierung der Nekrosen). b,c Im Randbereich der Nekrosen intranukleäre Einschlüsse (Cowdry-Körper) (Pfeil)
tivierung einer latenten Infektion das Krankheitsbild der Gürtelrose. Die hoch infektiösen Viren werden durch Tröpfcheninfektion übertragen. Morphologie. Wie die anderen Mitglieder der Herpesgruppe ist auch dieses Virus von unmittelbar zyto-
Morphologie. Das histologische Erscheinungsbild ist sehr variabel (Abb. 7.22a–d). Während die CMV-Hepatitis der Neugeborenen charakteristischerweise mit der Bildung von Riesenzellen einhergeht, kann es bei normaler Immunabwehrlage zu einer fokalen Hepatitis mit deutlicher lymphozytärer Infiltration und epitheloidzelligen Granulomen kommen. Das Virus befällt auch die Gallengangepithelien, was zu einer erheblichen Cholangitis führen kann. Die befallenen Hepatozyten zeigen charakteristische Veränderungen, die dem Virus auch den Namen gegeben haben. Die Leberzellkerne sind deutlich vergrößert und enthalten feingranuläre eosinophile Einschlüsse. Es entstehen sog. Eulenaugenzellen, die massive Ablagerungen des Virus enthalten können. In der Transplantatleber treten diese Veränderungen nicht in diesen charakteristischen Ausprägungen auf. Mitunter sind lediglich Ansammlungen
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Abb. 7.22 a–d CMV-Hepatitis. a Eulenaugenzellen mit Pfeilmarkierung. Rechte Bildhälfte Mitte: Eulenaugenzelle in unmittelbarer Nähe zu einem Mikroabszess. Steatosis und Cholestase. b Deutliche portale entzündliche Infiltration mit Begleitcholangitis. c Vermehrung intrasinusoidaler Entzündungszellen und Endothelialitis.
von Granulozyten in Sinusoiden mit einzelnen Zellnekrosen zu beobachten, die auch als Mikroabszesse bezeichnet werden [290]. Klinik, Prognose und Verlauf. Die Primärinfektion mit klinischer Manifestation erfolgt bei immunkompetenten Erwachsenen mit einem ähnlichen Bild wie die infektiöse Mononukleose. Bei immunkompromittierten Individuen wie Neugeborenen oder Patienten in der Transplantatmedizin kommt es zu schweren Krankheitsverläufen mit Hepatitis. Im Transplantationssetting muss die Hepatitis ggf. von einer Transplantatabstoßung abgegrenzt werden [52, 258]. Therapie. Wie bei anderen Viren der Herpes-simplexVirusgruppe sind antivirale Substanzen wie Acyclovir und Foscarnet sehr wirksam.
Immunhistochemischer Nachweis von CMV. Die positiven Signale sind in den Zytomegaliezellen erkennbar und mit Pfeilen markiert. d Immunhistochemischer Nachweis von CMV. Die positiven Signale sind in den Zytomegaliezellen erkennbar und mit Pfeilen markiert
Epstein-Barr-Virus Definition. Beim Epstein-Barr-Virus handelt es sich um ein doppelsträngiges DNA-Virus der HSV-Gruppe, das vor allem oral übertragen wird und drüsige, aber auch lymphatische Organe befällt. Eine Hepatitis kann auftreten. Epidemiologie. Die Zahlen für die Durchseuchung der Bevölkerung mit diesem Erreger werden zwischen 70 und 80 % angegeben. Das Virus hat eine lange Latenzphase und induziert klinische Symptome, vor allem bei der Erstinfektion, kann jedoch auch im späteren Lebensalter bei verändertem Immunstatus zu einer reaktiven Virulenz und damit zu entsprechender Klinik führen. Ätiologie und Pathogenese. Dieser Erreger der Herpesvirusgruppe wird in tropischen Ländern recht früh
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Abb. 7.23 a–d EBV-Hepatitis. a Deutlich floride akute Hepatitis mit Leberzellverfettung. Im Läppchen angedeutet granulomartige Entzündungsherde. b Portalfeld mit dichtem Entzündungsinfiltrat, Begleitcholangitis und Endothelitis. c,d Typisches lineär sinusoidales
Entzündungszellinfiltrat mit relativ geringem korrespondierenden Untergang von Hepatozyten. Endothelitis und ein kleines Granulom (d)
im Kindesalter übertragen und dort auch mit Entstehung eines Burkitt-Lymphoms assoziiert. In Mitteleuropa erfolgt die Übertragung in der Regel erst im Adoleszentenalter und führt zum klinischen Bild einer infektiösen Mononukleose. Das Virus wird oral übertragen („kissing disease“) und führt zu einer generalisierten Lymphknotenschwellung, wobei auch drüsige Organe wie Speicheldrüsen, Pankreas und Leber miterfasst werden, was sich in einer Hepatomegalie und Transaminasenerhöhung äußern kann [229].
gen B-Lymphozyten unter Kontrolle halten. Leberzellen selbst werden nicht erfasst, da die Hepatozyten für die Virusreplikation nicht permissiv sind [69, 206]. Klinisch verläuft die EBV-Infektion im Sinne einer infektiösen Mononukleose mit einem kurzen selbstlimitierenden Erscheinungsbild. Allerdings sind in der Literatur auch Fälle von schwerer Hepatitis mit akutem Leberversagen berichtet worden [3, 221]. Der Übergang in eine chronische Hepatitis scheint möglich zu sein, wobei allerdings nur wenige Fälle dokumentiert sind [68].
Morphologie. Das histologische Bild ist sehr charakteristisch, hier fast als pathognomonisch anzusehen (Abb. 7.23a‒d). Es ist durch ein dichtes diffuses lymphozytäres Infiltrat der Sinusoide bei insgesamt nur geringer hepatozellulärer Schädigung gekennzeichnet. Das lymphozytäre Infiltrat besteht überwiegend aus B-Lymphozyten, die das Virus enthalten, beigemischt mit zytotoxischen T-Lymphozyten, die die virushalti-
Klinik, Verlauf und Prognose. Die Hepatitis im Rahmen der infektiösen Mononukleose ist meist selbstlimitierend. In der Literatur sind auch schwere Verläufe beschrieben. Eine besondere Verlaufsform ist bei Patienten mit X-Chromosom-assoziiertem lymphoproliferativem Syndrom bekannt, die besonders empfindlich für EBV-Infektionen sind. Es kann hier zu schweren panazinären
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Leberzellnekrosen kommen [228]. Das virusassoziierte hämophagozytische Syndrom stellt ein schweres Krankheitsbild mit ausgedehnten Leberzellnekrosen dar. Das EBV-assoziierte hämophagozytische Syndrom wird durch Makrophagen und Kupffer-Zellen, die Erythrozyten aufnehmen und zerstören, bestimmt [263, 287]. Therapie. Die speziellen antiviralen Substanzen wie Acyclovir und Interferon haben einen sehr guten Effekt zur Unterdrückung der Virusreplikation.
HHV6-Infektion Definition. Das Virus gehört ebenfalls zur Herpesgruppe, zeigt daher identische Virusstrukturen mit den anderen Viren dieser Gruppe und besitzt einen hohen Lymphotropismus.
Abb. 7.24 Adenovirushepatitis mit landkartenartigen Nekrosen und viralen nukleären Einschlusskörpern im Randbereich. (Quelle: Prof. Dr. T. Longerich, Institut für Pathologie, Uniklinik Heidelberg)
Epidemiologie. Die Durchseuchung der Bevölkerung mit diesem Virus beträgt nahezu 100 %.
Ätiologie und Pathogenese. Bei immunsupprimierten Individuen, und insbesondere bei Patienten mit gleichzeitiger HIV-Infektion, kann es zu einer schweren Hepatitis und zum Leberversagen kommen. Das Adenovirus ist ein direkt zytopathisches Virus.
Ätiologie und Pathogenese. Die Infektion verläuft über Tröpfchen meist im Kindesalter, das Virus befällt in erster Linie T-Lymphozyten. Morphologie. Das histopathologische Spektrum zeigt eine akute lobuläre Hepatitis von klassischer Form. Bei Individuen mit Herztransplantation kann sich eine Hepatitis mit Formation synzytialer Riesenzellen entwickeln [232]. Klinik, Prognose und Verlauf. Infektionen im Kindesalter führen zu Fieber und Exanthem (Drei-Tage-Fieber). Ein Mitbefall der inneren Organe einschließlich Hepatitis ist möglich und kann vor allem bei immunsupprimierten Patienten nach Transplantation vorkommen. Therapie. Bei chronischer Infektion empfiehlt sich die Gabe von Gancyclovir und Foscarnet.
Adenovirusgruppe Definition. Es handelt sich um humanpathogene Viren aus der Familie der Adenoviridae. In der Regel befallen die DNA-Viren der Adenovirusgruppe die Atemwege und Konjunktiven. Epidemiologie. Epidemiologische Merkmale sind bei unterschiedlichen Adenovirustypen verschieden. Wenige Adenovirustypen sind in einzelnen Zonen der Welt endemisch. Epidemische Ausbrüche kommen vor.
Morphologie. Das Adenovirus macht ähnliche Veränderungen wie die HSV-Hepatitis. Man findet große landkartenartig gestaltete Areale mit Zellnekrosen und sekundärer entzündlicher Reaktion am Rand (Abb. 7.24). Charakteristisch sind intranukleäre Einschlusskörper mit massenhaft Viruspartikeln [39, 138, 160]. Klinik, Prognose und Verlauf. Bei Immundefizienz können Adenoviren schwere Hepatitiden und Leberversagen induzieren. Therapie. Oft nur symptomatisch.
Enteroviren Definition. Hierzu gehören Coxsackie-Viren, die normalerweise den Atemapparat befallen, bei immunsupprimierten Individuen sowie Neugeborenen aber auch die Leber. Morphologie. Es kommt zu einer hämorrhagischen Nekrose mit perizentraler Cholestase und hydropischer Schwellung der Hepatozyten. Das entzündliche Infiltrat besteht überwiegend aus Makrophagen, Kupffer-Zellen und Granulozyten [109, 270].
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Masern Definition. Es handelt sich um eine Infektion mit einem RNA-Virus der Myxovirusgruppe, das Haut, aber auch andere viszerale Organe und die Leber befallen kann. Epidemiologie. Ziel der WHO ist es, die Erkrankung bis zum Jahre 2020 mit Hilfe von durchorganisierter Impfung und entsprechender Aufklärung zu eliminieren. Zurzeit rechnet man jedoch mit einer Inzidenz von etwa 170.000 Neuinfektionen global. Deutschland hat immer noch lokale Ausbrüche. Ätiologie und Pathogenese. Das Masernvirus aus der Gruppe der Myxoviren kann bei Kindern mit manifester Maserninfektion zu einer Leberbeteiligung führen. Morphologie. Die Masernhepatitis zeigt eine Steatose sowie portale Entzündung und fleckförmige fokale Nekrosen. Es kann zur Bildung von Riesenzellen kommen, da es sich bei dem Virus um einen zytopathischen Erreger handelt [50]. Klinik, Prognose und Verlauf. Ein Großteil der Erkrankungen verläuft unkompliziert, ein kleiner Teil kann mit Komplikationen einhergehen, die Masernhepatitits kann ein akutes Hepatitissyndrom bei Erwachsenen induzieren. Therapie. Eine spezielle antivirale Therapie ist bislang nicht etabliert.
Parvoviren Viren dieser Familie, wie z. B. Parvovirus B19, sind die Ursache des Erythema infectiosum in der Kindheit. Die Infektion in der Schwangerschaft kann zum Hydrops fetalis und zum Abort führen [8, 307]. Selten einmal kann der Erreger in der Kindheit zu einer fulminanten akuten Hepatitis mit Leberversagen führen [162].
Rabies Der Erreger dieser Erkrankung ist ein Mitglied der Familie der Rhabdoviridae von der Untergruppe Lyssa virus. Das Virus befällt vor allem das Nervensystem und zeigt eine nahezu 100 %ige Mortalität bei nicht geimpften Personen. Der Erreger wird in der Regel durch Speichel beim Biss von infizierten Tieren übertragen. In jüngster Zeit hat es einige Berichte im Rahmen von Transplantationen solider Organe gegeben [264].
Es handelt sich um eine systemische Erkrankung mit Befall von peripheren Nerven sowie auch von Leber und Nieren. Die Leberveränderungen sind bei der Infektion mit Rabies eher milde ausgeprägt. Man sieht fokale Zellnekrosen mit entzündlicher Reaktion und ganz vereinzelt Einschlusskörperchen, die sog. NegriKörperchen [264].
Bakterielle Infektionen Infektionen mit Rickettsien und Chlamydien Rickettsien sind obligate intrazelluläre Parasiten mit DNA- und RNA-Genomen. Es handelt sich um Kokkenbazillen, die bei einer Infektion die Endothelzellen befallen. Die Leber kann bei allen Infektionen dieser Erregergruppe wie Q-Fieber, mediterranes Zeckenbissfieber, Rocky-Mountains-Fleckfieber oder bazilläre Angiomatose mitbeteiligt sein.
Q-Fieber Definition. Es handelt sich um eine Infektion mit dem gramnegativen Bakterium Coxiella burnettii vom Stamm der Rickettsien. Epidemiologie. Als Haupterregerreservoir kommen vor allem Schafe und Ziegen in Frage, so dass in Gebieten mit Weidewirtschaft nahezu 50 % der Bevölkerung durchseucht sind. Ätiologie und Pathogenese. Die Erkrankung wird durch Coxiella burnetii hervorgerufen und kommt in Mitteleuropa vor, wobei als Erregerreservoir vor allem Haustiere und auch Schafe zu nennen sind. Es handelt sich um einen intrazellulär lebenden bakteriellen Erreger, der in Form von Sporen jahrelang überleben kann und durch Staubinhalation übertragen werden kann. Morphologie. Die typische mikroskopische Veränderung im Rahmen der Hepatitis besteht in intraazinären Granulomen mit einem Fibrinring und aktivierten Makrophagen in der Peripherie (Abb. 7.25a–d). Die Fibrinringgranulome sind aber nicht pathognomonisch für diese Erkrankung, sondern werden auch bei EBVoder CMV-Infektionen, Leishmanien und als Nebenwirkung bei Allopurinol-Medikation gefunden [172, 198]. Klinik, Verlauf und Prognose. Klinisch ergibt sich eine Pneumonie, Hepatitis und Fieber [216]. Die Leberfunktionstests sind in der Regel abnormal.
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Abb. 7.25 a–d Akute Hepatitis bei Q-Fieber. a In der Übersicht eine akute Hepatitis mit Steatosis. b Zahlreiche Granulome im Läppchen
Therapie. Die Antibiotikagabe von Tetrazyklin zeigt eine sehr gute Wirkung und ist die Therapie der Wahl.
Mediterranes Zeckenbissfieber (Boutonneuse-Fieber) Definition. Es handelt sich um eine Infektion mit Rickettsia conorii aus der Familie der Rickettsien. Epidemiologie. Der Erreger kommt in Mittelmeerländern, aber auch in Ost- und Südafrika vor und wird durch Zecken übertragen. Morphologie. In der Leber kommt es zur Bildung von Granulomen, aber auch zu fleckförmigen Nekrosen und lymphozytären Infiltraten [106, 298]. Klinik, Verlauf und Prognose. Es handelt sich um eine fieberhafte Erkrankung mit Entwicklung eines Exanthems. In seltenen Fällen kann die Erkrankung letal verlaufen.
mit zentralem Fetttropfen. c Innerhalb der Granulome ein Fibrinring. d In der Pearse-Färbung erscheint der Fibrinring orangefarben
Rocky-Mountains-Fleckfieber Definition. Es handelt sich um eine Infektion der gramnegativen Bakterien Rickettsia rickettsii, die durch Zecken übertragen werden. Epidemiologie. Die Fälle kommen – wie der Name schon andeutet – vor allem im amerikanischen Hochgebirge, den Rocky Mountains, vor. Pro Jahr werden etwa 5000 Neuinfektionen gemeldet. Ätiologie und Pathogenese. Die Erkrankung wird durch Zecken übertragen und durch den Erreger Rickettsia rickettsii hervorgerufen. Primäre Zielzelle ist die Endothelzelle. Morphologie. Die Erreger setzen sich vor allem in Endothelzellen fest und führen hier zu Nekrosen der kleinen Gefäße mit Hämorrhagien, portaler Entzündung und Nekrosen in den Läppchen. Es kommt zu massiven
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Aktivierungen der Kupffer-Zellen und zur Erythrophagozytose [2, 136]. Klinik, Verlauf und Prognose. Es handelt sich um ein Krankheitsbild mit Fieber, Schmerzen und Exanthem, das unbehandelt zum Organversagen führen kann. Therapie. Die Erreger werden durch das Antibiotikum Tetrazyklin wirkungsvoll abgetötet. Damit stellt die Behandlung mit Tetrazyklin über einen mehrwöchigen Zeitraum die Behandlung der Wahl dar.
Chlamydiainfektionen Definition. Die Chlamydien gehören zu einer eigenen Bakterienfamilie von kokkoider Morphologie, die vor allem sexuell übertragen werden. Es handelt sich um gramnegative Bakterien, die sich intrazellulär vermehren. Epidemiologie. In USA werden jährlich etwa 5 Mio. Neuinfektionen registriert. Ätiologie und Pathogenese. Häufig kommt es zu einer Infektion mit Chlamydia trachomatis. Es handelt sich um obligat intrazelluläre Parasiten mit RNA und DNA als Genom. Die Leber kann im Rahmen einer generalisierten Chlamydieninfektion mitbeteiligt sein, wobei daneben eine Pneumonie und eine systemische Erkrankung mit Hepatomegalie und Splenomegalie auftreten. Morphologie. Das histologische Bild enthält fokale Leberzellnekrosen mit massiver Kupffer-Zell-Aktivierung, wobei die Hepatozyten auch intrazelluläre Einschlusskörper aufweisen können [126]. Therapie. Die Behandlung mit Erythromycin ist die Therapie der Wahl.
Septikämie und pyogene Leberabszesse, Cholangiolitis lenta Definition. Im Rahmen einer Sepsis kann es nicht selten zur Absiedelung der Erreger in der Leber mit pyogenen Leberabszessen kommen (Abb. 7.26; [231]). In diesem Zusammenhang kommt es häufig zu einer kanalikulären Cholestase mit kleinen Gallethromben in erweiterten Gallekanalikuli und Cholangiolen. Dieses Bild wird auch als Cholangiolitis lenta bezeichnet [164]. Im Parenchym finden sich Mikroabszesse mit Ansammlungen von Bakterien.
Abb. 7.26 Bakterieller Leberabszess in der Magnetresonanztomographie in axialer Schnittebene. (Quelle: Dr. T. Persigehl, Institut und Poliklinik für Radiologische Diagnostik, Uniklinik Köln)
Ätiologie und Pathogenese. Die bakteriellen Erreger erreichen die Leber im Wesentlichen über die Portalvene, weniger über die Arteria hepatica oder das Gallengangsystem. Der Zugang über die Portalvene betrifft Patienten mit Appendizitis, Kolitis oder Pankreatitis. Klinik, Verlauf und Prognose und Morphologie. Wenn der Infektionsweg im Rahmen einer Sepsis über die Leberarterie verläuft, versterben die Patienten häufig an einem septischen Schock, bevor sich Leberabszesse entwickeln können [231]. Im Verlauf einer klassischen Pneumonie kommt es nicht selten zum Abschwemmen von Streptococcus pneumoniae in die Leber. Hier zeigt sich dann eine ausgeprägte Kupffer-Zell-Hyperplasie mit portalen und intrasinusoidalen Thromben und granulozytärer Entzündung. Auch bei Pneumonien, hervorgerufen durch andere Erreger wie Staphylococcus aureus und Staphylococcus pyogenes entwickeln sich derartige Schädigungsbilder in der Leber [110]. In Entwicklungsländern, aber auch in kleinen Endemiegebieten der USA wie Arizona oder New Mexico kann es zu einer Allgemeininfektion mit dem Erreger Yersinia pestis kommen. Die Septikopyämie zeigt in der Leber zahlreiche Fibrinthromben und verstreute nekrotische Herde mit entzündlicher Reaktion, bei der neben Lymphozyten und Kupffer-Zellen auch Granulozyten beteiligt sind [107]. Die Infektion mit Yersinia enterocolitica kommt häufiger vor als eine globale perorale Infektion, die zur Enteritis und mesenterialen Lymphadenitis mit purulenten Granulomen führt. Gelegentlich kann die Leber durch eine Bakteriämie mitbetroffen werden und zeigt Granulome und große pyogene Abszesse [267]. Eine Besonderheit dieser Infektion ist der wachstumsfördernde Einfluss von Eisen auf den Erreger, so dass die Infektion
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zu der Diagnose einer bis dahin subklinischen genetischen Hämochromatose führen kann [288]. Eine Infektion mit Tularämie kommt vor allem in den USA vor und wird durch den Erreger Francisella tularensis hervorgerufen. Bei dieser Erkrankung kommt es zu ulzerösen Hauterscheinungen und bei Septikämie auch zur Leberbeteiligung. Es kommt zu nekrotischen Granulomen mit gemischtzelligen Infiltraten, daneben findet sich eine massive Aktivierung von Kupffer-Zellen und Lymphozyten im angrenzenden Leberparenchym [55]. Bazillus anthracis ist ein grampositiver Erreger mit Endosporen, der oft von Tieren über die Haut oder kontaminierte Nahrung auf Menschen übertragen wird. Die Leber wird dann im Rahmen einer Septikopyämie mit grampositiven Bakterien einbezogen. Die Histologie ist relativ unspezifisch und wenig spektakulär. Man findet einzelne verstreute Nekroseherde mit granulozytärer Reaktion, Einblutung und eine feintropfige Verfettung [108]. Die bakterielle Infektion in der Leber über die Gallenwege tritt bei einer Obstruktion mit Cholestase auf und führt zu aszendierenden cholangiogenen Abszessen. Die Erreger kommen häufig aus dem Darm, wobei Escherichia coli am häufigsten zu nennen ist [103].
Typhus, Brucellose, Melioidose, Listeriose Typhus Definition. Es handelt sich um eine Infektion mit Salmonella Typhi, ein gramnegatives Bakterium, das über Nahrungsmittel und vor allem verseuchtes Wasser übertragen wird. Epidemiologie. Typhus kommt weltweit vor. In den USA werden etwa 300 neue Fälle pro Jahr registriert. Ätiologie und Pathogenese. Die Infektion erfolgt über den Verzehr verunreinigter Nahrungsmittel und Trinkwasser. Die klassische Erkrankung zeigt eine kurze Inkubation mit aktiver Invasion und Dissemination vor allem durch das lymphoretikuläre System. Morphologie. Während der frühen Phase der Invasion durchläuft die Leber verschiedene Veränderungen mit sinusoidaler und dichter portaler lymphozytärer Infiltration, fokal verteilten Parenchymnekrosen und ausgeprägter Kupffer-Zell-Hyperplasie. Es kommt auch zu kleinen nichtnekrotisierenden Epitheloidzellgranulomen und mikrovesikulärer Steatose der Hepatozyten. Im späteren Stadium werden die Granulome größer und können auch zentrale Nekrosen aufweisen, ähnlich wie die Lymphknoten im Magen-Darm-Trakt und mesenterial. Obwohl sich die Erreger massiv in dem Gallesekret
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und in der Gallenblase vermehren, kommt es selten zu einer aufsteigenden Cholangitis [170]. Klinik, Verlauf und Prognose. Es handelt sich um eine systemische Erkrankung unterschiedlichen Schweregrades. Unbehandelt kann die Krankheit zu einer Leberbeteiligung mit Hepatitis führen. Ein kleiner Prozentsatz der Patienten entwickelt einen chronischen Trägerstatus. Therapie. Zur Abtötung des Keims wird Cyprofloxacin eingesetzt, zusätzlich muss eine intensivmedizinische Betreuung mit Flüssigkeitsersatz durchgeführt werden.
Brucellose Definition. Es liegt eine Infektion mit den Bakterientypen Brucella melitensis und Brucella abortus, gramnegativen Bakterienstämmen, vor, die mit der Nahrung übertragen werden. Hauptreservoire sind Ziegen und Kühe. Epidemiologie. Weltweit werden etwa 500.000 Fälle pro Jahr gemeldet. Ätiologie und Pathogenese. Diese gramnegativen Erreger werden vor allem enteral über Milchprodukte übertragen. Dabei sind in erster Linie Brucella melitensis und Brucella abortus zu nennen. Die Brucellose ist durch Fieber, allgemeine Abgeschlagenheit sowie Hepatomegalie und abnorme Leberfunktionstests gekennzeichnet. Morphologie. Das histologische Bild der Hepatitis ist durch kleine Granulome oder epitheloidzellige Granulome sowie durch eine diffuse Hepatitis charakterisiert. Die Granulome zeigen fibrinoide Nekrosen und manchmal auch zentrale Nekrosen, so dass eine Tuberkulose hier abgegrenzt werden muss [40]. Klinik, Verlauf und Prognose. Die Brucellose ist durch Fieber, allgemeine Abgeschlagenheit sowie Hepatomegalie und abnorme Leberfunktionstests gekennzeichnet. Therapie. Die Erreger sprechen gut auf Antibiotika an. Die Gabe von Tetrazyklin ist die Therapie der Wahl.
Melioidose Definition. Die Melioidose ist eine Infektion mit gramnegativen Bakterien der Familie Burkholderi pseudomalleii, die enteral übertragen werden. Es handelt sich um Saprophyten in Wasser, Kloaken und Erdreich.
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Epidemiologie. Die Erkrankung wird durch die gramnegativen Bakterien Pseudomonas, pseudomallei hervorgerufen, die in Südostasien und in anderen tropischen Ländern endemisch sind [60]. Morphologie. Das histologische Bild der Leber zeigt unterschiedlich große Abszesse. Die Bakterien sind mittels Gram- oder Giemsafärbung in der Nekrose nachweisbar [219]. Klinik. Das klinische Bild manifestiert sich in erster Linie als akute Pneumonie mit Septikämie, die mit Hepatomegalie und Ikterus einhergehen kann. Therapie. Zahlreiche Antibiotika sind wirksam. Eine erfolgreiche Behandlung wird mit dem Antibiotikum Tetrazyklin durchgeführt.
Listeriose Definition. Es handelt sich um die Infektion mit dem grampositiven Bakterium Listeria monocytogenes, das saprophytisch im Wasser und Abwässern vorkommt und durch den Genuss von kontaminierten Milchprodukten übertragen wird. Epidemiologie. Die Erreger kommen weltweit vor. In den USA werden pro Jahr etwa 2000 neue Infektionsfälle bekannt und etwa 250 Todesfälle registriert. Ätiologie und Pathogenese. Die Übertragung erfolgt in erster Linie durch den Genuss von Käse. Vor allem bei Neugeborenen kommt es oft zu einer Septikopyämie in multiplen Organen. Morphologie. In der Leber finden sich miliare Mikroabszesse mit zahlreichen Bakterien und wenig definierte Granulome. Das klinische Bild kann durchaus eine virale Hepatitis nachahmen [70, 308]. Klinik, Verlauf und Prognose. Das klinische Bild ist variabel und es kann zu Entzündungen des Gehirns kommen. Schwere Krankheitsverläufe können tödlich sein. Therapie. Die Erreger sprechen sehr gut auf Antibiotika an. Die Gabe von Ampicillin ist hier die Standardtherapie.
Katzenkratzkrankheit Definition. Es handelt sich um eine Infektion mit den Bakterien Bartonella henselae, die durch Flöhe und
Milben auf die menschliche Haut übertragen werden können. Epidemiologie. Die Bakterien kommen weltweit vor, wobei als Haupterregerreservoir Katzen gelten. Der Erreger lässt sich in 10–70 % der Katzen in Deutschland nachweisen. Man schätzt, dass im letzten Weltkrieg über 2 Mio. Soldaten von diesem Erreger befallen waren. Ätiologie und Pathogenese. In erster Linie werden bei dieser Erkrankung Haut und Lymphknoten erfasst. In einem Teil der Fälle kann es jedoch zu einer viszeralen Infektion mit Einbeziehung der Leber kommen. Morphologie. Bei der klinischen Untersuchung findet sich eine Hepatosplenomegalie. Histologisch sieht man sternförmige Mikroabszesse mit Granulombildung am Rand (Abb. 7.27a,b). Die Erreger lassen sich gut mit der Versilberungstechnik darstellen [234]. Auch eine Peliosis hepatis und die bazilläre Angiomatose können Folge der Infektion sein, wobei hier häufig immunsupprimierte Patienten betroffen sind [4]. Klinik, Verlauf und Prognose. Menschen mit Immunschwäche erkranken schneller, es gibt schwere atypische Verläufe der Erkrankung mit Befall verschiedener Organsysteme. Therapie. Die Bakterien sprechen gut auf die Gabe von Chloramphenicol an, so dass dies derzeit die Therapie der Wahl bedeutet.
Aktinomykose Definition. Es handelt sich um die Infektion mit Actinomyces israelii, ein grampositives Bakterium, das in strahlenförmigen Kolonien in der Kultur wächst. Epidemiologie. Bei dem Keim handelt es sich um einen Saprophyten der Mund- und oropharyngealen Schleimhaut, der weltweit vorkommt und insbesondere im Fall einer Immunsuppression ein aggressives invasives Wachstum erreichen kann. Ätiologie und Pathogenese. Der Befall der Leber mit diesem Erreger (meist Actinomyces israelii) verläuft vorwiegend über den Darmtrakt. Morphologie. Es kommt zu einer Abszessbildung in der Leber, wobei zahlreiche Mikroabszesse zu größeren Formationen konfluieren. Es handelt sich um grampositive Bakterien von 1 µm Größe, die mit der GrocottFärbung gut darstellbar sind [148].
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Abb. 7.27 a,b Lebermitbeteiligung bei Katzenkratzkrankheit durch Bartonella henselae. a Rechte Bildhälfte: Granulom. b Bei stärkerer Vergrößerung ein Granulom mit zentral florider Entzündung
Therapie. Die Bakterien sprechen sehr gut auf Ampicillin und Cephalosporine an (in hoher Dosis intravenös). Falls möglich und notwendig, sollte eine Abszessausräumung erfolgen.
Infektionen durch Spirochäten Syphilis Definition. Es handelt sich um eine Infektionserkrankung hervorgerufen durch Treponema pallidum, ein grampositives Bakterium, das der Familie der Spirochäten angehört. Epidemiologie. In den USA werden etwa 70.000 Neuinfektionen pro Jahr angegeben. Ätiologie und Pathogenese. Die Syphilis oder Lues gehört zur Gruppe der sexuell übertragbaren Erkrankungen. Die Infektion erfolgt von Mensch zu Mensch durch Schleimhautkontakt oder während der Schwangerschaft und bei der Geburt. Morphologie. Bei der Neugeborenenerkrankung findet man in der Leber miliare Nekrosen mit portaler Entzündung und hepatogenen Riesenzellen. Die Erreger lassen sich gut mit der Warthin-Starry-Färbung nachweisen. Im weiteren Verlauf zeigt die Leber eine ausgeprägte fortschreitende, vorwiegend perizelluläre Fibrose mit Atrophie der Leberzellplatten. Am Gewebe lässt sich die Diagnose am besten mit Hilfe der Immunhistologie bestätigen [30]. Im primären Stadium der Syphilis findet sich keine bemerkenswerte Leberveränderung, aber im sekundären Stadium sieht man eine Hepatitis mit fokaler Leber-
zellnekrose und portaler Entzündung, wobei zahlreiche Granulozyten die Gallengänge umgeben und es auch zur Bildung von Granulomen kommen kann. In den portalen Gefäßen entsteht eine Vaskulitis. Im Spätstadium der Syphilis sind die Veränderungen durch Gummen charakterisiert. Diese können in der Leber einzeln oder multipel mit Konfluenz auftreten mit einem Durchmesser von Millimetern bis mehreren Zentimetern. Man findet hier Riesenzellen vom Langhans-Typ mit zentraler Nekrose, die eine käsige Nekrose imitieren kann. In der Umgebung sind zahlreiche Plasmazellen mit Endarteriitis obliterans zu beobachten. In diesen Abschnitten kommt es zur Fibrose und breiten Narbenbändern als Substrat einer sog. Hepar lobatum [240, 259]. Klinik, Prognose und Verlauf. Die Erkrankung durch Treponema pallidum zeigt verschiedene Manifestationen. Bei der kongenitalen Syphilis kommt es meistens zum intrauterinen Tod oder zu Neugeborenenerkrankungen mit Hepatosplenomegalie. Bei der Erwachseneninfektion entwickeln sich Schleimhautgeschwüre und Lymphknotenschwellungen. Ein chronischer Verlauf ist durch vielfältigen Haut- und Organbefall gekennzeichnet. Therapie. Die Behandlung mit hochdosiertem Penicillin führt zur Heilung der Erkrankung.
Borreliose Definition. Dabei handelt es sich um eine Infektion durch Spirochäten vom Typ Borrelia recurrentis, einem grampositiven spiralförmigen Erreger von 20 µm und Übertragung durch Zecken oder Läuse.
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Epidemiologie. Während des 2. Weltkriegs waren etwa 10 Mio. Soldaten von diesem Erreger befallen. Die Zahl hat sich erheblich reduziert und in den USA werden etwa 100 Fälle pro Jahr neu gemeldet. Die meisten Infektionen treten in Ostafrika auf. Ätiologie und Pathogenese. Die Erreger führen oft zu länger dauerndem, undulierendem Fieber. Die Übertragung erfolgt durch Zecken oder Läuse und ist vor allem auch in Ostafrika endemisch. Morphologie. Bei massiver Infektion kommt es zum Ikterus und zur Hepatosplenomegalie. Man sieht zahlreiche verstreute Herde von Leberzellnekrosen mit umgebender Einblutung in den azinären Zonen II und III. In den Sinusoiden finden sich massenhaft Lymphozyten und Granulozyten, begleitet von einer Kupffer-Zell-Aktivierung und Erythrophagozytose [140]. Klinik, Verlauf und Prognose. Klinisch kann es zum Rückfallfieber mit rezidivierenden Fieberschüben kommen. Fatale Verläufe sind beschrieben und gehen mit Gelbsucht und Hepatosplenomegalie einher. Therapie. Die Erreger sprechen sehr gut auf Antibiotika wie Tetrazyklin und Erythromycin mit intravenöser Applikation an.
Morbus Weil Definition. Diese Erkrankung wird durch Leptospiren verursacht, wobei das Erregerreservoir Ratten, Hunde und Schweine umfasst. Epidemiologie. In Deutschland werden etwa 100 Neuinfektionen pro Jahr gemeldet. Ätiologie und Pathogenese. Der Erreger Leptospira icterohaemorrhagiae ist allgemein und vor allem in feuchten Umgebungen verbreitet, wobei mit Tierurin kontaminierte Abwässer das Übertragungsmilieu darstellen. Hier sind besonders Kanalarbeiter betroffen. die Übertragung erfolgt parenteral über kleine Hautwunden. Morphologie. Die Leber ist deutlich vergrößert. Die ausgedehnten Blutungen sind auf einen direkten Befall von Endothelien und Gefäßen zurückzuführen. Das histologische Bild ist bunt und zeigt Ballonierung und zahlreiche Apoptosen mit dichten entzündlichen Infiltraten. Auch hier beherrschen wieder Granulozyten, Lymphozyten und aktivierte Kupffer-Zellen das entzündliche Bild [63]. Klinik, Verlauf und Prognose. Die Erkrankung geht mit deutlichem Fieber, Ikterus und oft auch Nierenver-
sagen mit ausgedehnten Einblutungen in die Konjunktiven, die Haut und die inneren Organe einher. Therapie. Die Erreger sind sehr empfindlich gegen Antibiotika, so dass eine Behandlung mit Penicillin und Doxycyclin sich als sehr effektiv erweist und als Therapie der Wahl gilt.
Lyme-Erkrankung Definition. Bei dieser durch den Erreger Borrelia burgdorferi verursachten Erkrankung sind zahlreiche Organe betroffen. Es handelt sich um eine Zeckenübertragung. Epidemiologie. Die Erkrankung ist in allen Erdteilen zu finden. In Endemiegebieten in Deutschland wird eine Durchseuchung der Bevölkerung mit 300 pro 100.000 Einwohnern angegeben. Ätiologie und Pathogenese. Nach der Infektion kann es zur Bildung von Antikörpern kommen; die Serologie kann langanhaltend positiv sein. Nach einer durchgemachten Infektion besteht keine Immunität. Morphologie. Man findet eine Hepatomegalie mit florider Hepatitis. Die Entzündung erfasst die Portalfelder und das Parenchym mit mikrovesikulärer Steatose, einer deutlichen Kupffer-Zell-Aktivierung und sinusoidalen Infiltrationen durch Lymphozyten und Granuloyzten [73, 99]. Die Erreger können in der Whartin-StarryFärbung dargestellt werden. Klinik, Prognose und Verlauf. Akute und chronische Verläufe kommen vor. In der Regel äußert sich die Lyme-Borreliose durch Symptome, die sich im Laufe der Jahre verschlimmern. Typisch ist die Beteiligung von Haut, Gelenken und Muskeln. Eine Hepatitis kann bei Rekurrenz der Erkrankung durchaus floride sein. Therapie. Antibiotika wie Tetrazyklin und Erythromycin töten die Erreger ab und sind derzeit Standard für die Behandlung der Borreliose.
Mykobakterielle Infektionen Von den etwa 50 Subspezies sind zwei besonders hervorzuheben, die für immunkompetente Individuen pathogen sein können: Mycobacterium tuberculosis und Mycobacterium leprae. Bei immunsupprimierten HIVPatienten kommt zusätzlich Mycobacterium avium als pathogener Keim hinzu.
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Tuberkulose Definition. Es handelt sich um eine weltweit verbreitete Infektionskrankheit mit unterschiedlichen Spezies von Mykobakterien. Von 50 verschiedenen Spezies sind besonders Mycobacterium tuberculosis, Mycobacterium leprae und Mycobacterium avium als humanpathogen hervorzuheben. Epidemiologie. Ein Drittel der Weltbevölkerung ist mit Mycobacterium tuberculosis infiziert, damit handelt es sich um die häufigste Infektionserkrankung überhaupt. Laut WHO kommen jährlich 8 Mio. Fälle hinzu und mit 2 Mio. Patienten, die an dieser Erkrankung versterben, handelt es sich um eine gesundheitspolitisch massive Bürde [86, 98]. Trotz verfügbarer adäquater Therapie ist die Zahl der Tuberkuloseinfektionen nicht reduziert worden, sondern sogar noch im Ansteigen begriffen, was auf etliche Faktoren wie HIV-Infektionen, ärmliche Lebensumstände sowie Migration, Anstieg der Flüchtlingszahlen und Medikamentenresistenz zurückzuführen ist.
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nicht aktivierten Makrophagen oder Kupffer-Zellen. Die Zahl der peripheren Lymphozyten ist eher gering (Abb. 7.28a–c). Die kongenitale Form der Tuberkulose ist relativ selten, die Leber wird in diesem Fall über die infizierte Plazenta und die Umbilikalvene infiziert. Das histologische Bild entspricht einer Miliartuberkulose mit zahlreichen
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Ätiologie und Pathogenese. Bei den Erregern handelt es sich um obligat intrazelluläre Keime, so dass die Leber in einem Großteil der Fälle involviert ist. Das Ausmaß der Leberschädigung ist abhängig vom Stadium und vor allem in der Postprimärphase der Tuberkulose am schwersten ausgeprägt [184]. Morphologie. Miliartuberkulose: Das klassische Muster sind portale und lobuläre Granulome aus Epitheloidzellen und Langhans-Riesenzellen. Fibrinoide Nekrosen können nachweisbar sein. Manchmal können säurefeste Stäbchen in der Ziehl-Neelsen-Färbung dargestellt werden. Selten kann sich ein Tuberkulom ausbilden, ein mehrere Zentimeter durchmessender Herd bestehend aus verkäsender Nekrose [125]. Im Stadium der Postprimärtuberkulose ist die Leber am häufigsten miterfasst. Es kommt zur disseminierten Streuung in das gesamte Leberparenchym. Man findet massenhaft zentral verkäsende Granulome mit typischem Aufbau, die auch konfluieren können. Die Zahl der Erreger ist in der Regel gering, so dass sich die Bakterien oft dem färberischen Nachweis entziehen. Zur Diagnosesicherung sollte bakterielle DNA mit Hilfe der PCR nachgewiesen werden. Die Nekrosen können ohne Folgen ausheilen oder lediglich kleine Narbenherde zurücklassen. Patienten mit Immunschwäche können eine massive Invasion des Organs mit säurefesten Stäbchen aufweisen. Histologisch sieht man zahlreiche miliare Läsionen von etwa 1 mm im Durchmesser. Diese Läsionen zeigen einen Saum von hydropisch geschwollenen,
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c Abb. 7.28 a–c Tuberkulose in der Leber. a Granulomatöse Hepatitis, daneben eine deutliche Steatose. b,c Epitheloidzellige Granulome mit Langhans-Riesenzellen
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Epidemiologie. Diese von Mykobakterien verursachte Erkrankung erfasst etwa 10 Mio. Menschen weltweit, vor allem in tropischen und subtropischen Ländern [90].
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Ätiologie und Pathogenese. Es lassen sich im Wesentlichen zwei Formen unterscheiden: die paucibazilläre oder tuberkuloide Form und die schwerere Form der lepromatösen Lepra mit hohem Erregerbestand. Die Leber wird nur in schweren Fällen mitbeteiligt, wobei sich eine Risikorelation mit dem Ausmaß der Hautveränderungen und den Leberschäden ergibt.
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Abb. 7.29 Atypische Mykobakterien intrazellulär in Makrophagen. (Quelle: Prof. Dr. T. Longerich, Institut für Pathologie, Uniklinik Heidelberg)
kleinen verkäsenden Granulomen und entsprechender Entzündungsreaktion [182]. Mycobacterium-avium-Befall der Leber: Diese Erreger werden pathogen, wenn der Wirtsorganismus immunsupprimiert ist. Das betrifft Patienten mit gleichzeitiger HIV-Infektion, Lymphom oder anderen malignen Erkrankungen bei gleichzeitiger Chemotherapie. Histologisch sieht man zahlreiche Aggregate von Makrophagen und Kupffer-Zellen mit hell eosinophilem Zytoplasma (Abb. 7.29). Säurefeste Stäbchen können in der Ziehl-Neelsen-Färbung darstellbar sein. Die entzündliche Reaktion ist nur schwach ausgeprägt oder fehlt. Das entzündliche Infiltrat hat einen hohen Anteil an Granulozyten, während Lymphozyten praktisch fehlen [177, 260]. Klinik, Verlauf und Prognose. Primärinfektion: Während einer Primärinfektion über die Lunge oder über den Darm kann die Leber bei einer hämatogenen Disseminierung mitbefallen sein, was zum Bild der Miliartuberkulose führt. Postprimärtuberkulose: Im Stadium der Postprimärtuberkulose ist die Leber am häufigsten miterfasst. Es kommt zur disseminierten Streuung in das gesamte Leberparenchym. Man findet massenhaft zentral verkäsende Granulome mit typischem Aufbau, die auch konfluieren können. Therapie. Hier ist eine Tripletherapie mit Streptomycin, Isonyacid und Rifampicin einzusetzen, in besonderen Fällen auch Ethambutol.
Morphologie. Bei der tuberkuloiden Manifestation zeigen sich tuberkulöse Granulome mit geringem Erregernachweis. Dagegen zeigen Patienten mit der lepromatösen Form zahlreiche Erreger, die vor allem in Makrophagen und Kupffer-Zellen nachweisbar sind. Die befallenen Makrophagen zeigen ein typisches Aussehen mit schaumigen Makrophagen und werden auch Virchow-Zellen genannt (Abb. 7.30). Die Herde sind über das ganze Läppchen verteilt und auch in Portalfeldern zu finden. Das entzündliche Infiltrat zeigt außerdem zahlreiche Granulozyten. Als Komplikation des Leberbefalls kann es zur Ausbildung einer Amyloidose kommen [144]. Klinik, Verlauf und Prognose. Der klinische Verlauf ist äußerst variabel. Ein Leberbefall ist ungewöhnlich und häufiger bei der lepromatösen Form als bei der tuberkuloiden Form dokumentiert. Therapie. Die geeignete Therapie hängt von dem Erscheinungsbild und Fortschritt der Erkrankung ab.
Hepatische Mykosen Organmykosen oder invasive Mykosen betreffen vor allem die Lunge, die Leber oder das Gehirn. In unseren Breiten sind Candida albicans und Aspergillus zu nennen. Die Leberbeteiligung kann im Rahmen einer aggressiven Pneumonie bei hämatogener Streuung entstehen. Meistens werden diese Krankheitsbilder bei Hochrisikopatienten gesehen.
Aspergillose Definition. Die Aspergillose ist eine Infektion durch Aspergillus fumigatus, ein Saprophyt der Haut, der bei
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Abb. 7.30 a,b Leberbeteiligung bei Lepra. a Erregerhaltige schaumzellige Makrophagen (Virchow-Zellen) bilden Granulome aus. b Immunhistochemische Darstellung der Virchow-Zellen mittels
CD68. (Quelle: Prof. Dr. D. Tiniakos, Institute of Cellular Medicine, University Hospital, Newcastle)
immunsupprimierten Personen oder hospitalisierten Menschen mit Antibiotikatherapie invasiv werden kann.
Epidemiologie. Infektionen mit Mukor kommen weltweit vor. In Industriestaaten ist die Erkrankung selten und betrifft überwiegend Immunsupprimierte.
Epidemiologie. Aspergillus ist ein weit verbreiteter Saprophyt und kommt weltweit vor. Ätiologie und Pathogenese. Aspergillus kann bei immunsupprimierten oder hospitalisierten Patienten mit Antibiotikatherapie über eine Pneumonie aspiriert werden. Kommt es zur invasiven Form der Aspergillose, kann dies zur hämatogenen Streuung mit Leberbefall führen. Morphologie. Das histologische Bild ähnelt den Veränderungen in der Lunge mit zahlreichen, z. T. konfluierenden Herden einer hämorrhagischen Nekrose. Die Erreger sind in großer Zahl darstellbar und vor allem auch in der Wand kleiner Blutgefäße zu finden. Der Gefäßbefall ist verantwortlich für Thromben und kleine Infarkte. Granulome können sich ausbilden [301]. Klinik, Verlauf und Prognose. Die angioinvasive Form der Aspergillose mit Leberbeteiligung entsteht häufig als opportunistische Infektion. Der Verlauf ist oft fatal. Therapie. Die antimykotische Behandlung besteht in der Gabe von Amphotericin und Voriconazol.
Mukormykose Definition. Die generalisierte Mukormykose ist eine seltene, hoch aggressive und häufig tödlich verlaufende Infektion, die immunsupprimierte Patienten betrifft.
Ätiologie und Pathogenese. Die Mukormykose hat viele gemeinsame klinische und pathologische Eigenschaften mit der Aspergillose. Nahezu nur Patienten mit schweren Grunderkrankungen werden betroffen. Morphologie. Histopathologisch findet sich in der Leber eine extensive parenchymatöse und intravaskuläre myzetale Besiedlung mit resultierenden hämorrhagischen Infarzierungen. Die Erreger kommen als breite, rechtwinklig verzweigte nichtseptierte Hyphen zur Darstellung (Abb. 7.31a,b). Klinik, Prognose und Verlauf. Die Mukormykose gehört zu den invasiven Mykosen, die vor allem bei immunsupprimierten Patienten aggressive und fatale Krankheitsbilder auslösen und einen wesentlicher Faktor der Mortalität und Morbidität darstellen. Therapie. Antifungale Medikamente wie Amphotericin werden eingesetzt.
Candidiasis Definition. Es handelt sich um eine Infektion mit Candida albicans, einem Saprophyt der Haut und Schleimhaut. Epidemiologie. Die Verbreitung ist ubiquitär. Invasive Erkrankungen mit Todesfolge werden in USA mit der
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Abb. 7.31 a–d Hepatische Mukormykose. a Computertomographie in axialer Schnittebene (Quelle: Dr. T. Persigehl, Institut und Poliklinik für Radiologische Diagnostik, Uniklinik Köln). b Untere Bildhälfte vitales Lebergewebe, obere Bildhälfte Nekrosen. Intravaskulär
Häufigkeit von 10 Personen auf 1 Mio. Einwohner angegeben. Ätiologie und Pathogenese. Bei Candida albicans handelt es sich um einen Saprophyten des Menschen mit Besiedelung von Haut und Schleimhäuten. Eine Leberinfektion ist selten und erfolgt bei Neugeborenen oder immunkompromittierten Individuen. Morphologie. Man findet in der Leber zahlreiche Abszesse mit Granulombildung, die sich vor allem portal und periportal absiedeln (Abb. 7.32a,b; [96]). Klinik, Verlauf und Prognose. Die Leberbeteiligung bei Candida ist schwierig zu therapieren und kann zu einer persistierenden Narbenbildung führen. Therapie. Die derzeitige Standardbehandlung besteht in der Gabe von Nystatin und Myconazol.
und intraparenchymatös Infiltration durch Mukor mit plumpen, breiten nichtseptierten Hyphen mit rechtwinkliger Verzweigung. c Stärkere Vergrößerung der Erregerstrukturen. d PAS-Färbung mit Angioinvasion
Kryptokokkose Definition. Der Erreger Cryptococcus neoformans zählt zu den bekapselten Hefe- oder Sprosspilzen, die ubiquitär vorkommen. Epidemiologie. In USA werden jährlich etwa 600 Fälle von Infektionen mit Cryptococcos neoformans angegeben. Ätiologie und Pathogenese. Die klinische Erkrankung beginnt mit einer Meningoenzephalitis oder Pneumonie und die Leber kann im Rahmen einer hämotogenen Streuung bei immunkompromittierten Patienten erfolgen. Morphologie. Der Befall der Leber ist in der Regel wenig spektakulär. Man kann zahlreiche verstreute Nekroseherde im Sinn einer Hepatitis finden. Der Erreger kann sich jedoch auch im Gallengangsystem festsetzen
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Abb. 7.32 a,b Candida-Abszess. a Abszessmembran mit entzündlicher Demarkierung und Nekrosen, innerhalb der Markierung eine
myzetale Besiedlung. b PAS-Färbung mit Candida-Mykose mit septierten Hyphen und Sporen
und zu dem Erscheinungsbild einer sklerosierenden Cholangitis führen. Die Erreger messen 5–20 µm im Durchmesser und bieten ein charakteristisches Bild. Sie sind in der PAS- oder Grocott-Färbung gut darzustellen. Die entzündliche Reaktion bildet sich mit einer Vermehrung und Aktivierung der Kupffer-Zellen, begleitet von spärlichen lymphozytären und granulozytären Infiltraten aus [244].
vor allem in Kupffer-Zellen und in portalen Makrophagen. Die infizierten Zellen werden in kleinen Granulomen sichtbar. Die Granulome haben einen aus KupfferZellen, Granulozyten und Lymphozyten bestehenden Randwall und gelegentlich zentrale fibrinoide Nekrosen [305].
Klinik, Verlauf und Prognose. Der klinische Verlauf ist bei unbehandelter generalisierter Infektion meist letal. Therapie. Amphotericin wird intravenös gegeben, genauso wirksam sind aber auch Fluconazol und Itraconazol.
Histoplasmose Definition. Es handelt sich um eine Infektion mit einem Hefepilz (Histoplasma capsulatum), von 3–4 µm Durchmesser. Epidemiologie. Der Erreger kommt weltweit, vor allem im Boden von subtropischen Ländern vor. In Mississippi Valley (USA) rechnet man mit einer 60%igen Durchseuchung der Bevölkerung. Ätiologie und Pathogenese. Histoplasmen können nach einer Primärinfektion latent im Organismus verharren und bei Störung der Immunabwehr zu einer manifesten Erkrankung führen. Morphologie. Bei einem Leberbefall im Rahmen einer hämatogenen Aussaat sieht man die Erreger von 3–4 µm
Klinik, Verlauf und Prognose. Stumme Verläufe kommen vor, entscheidend ist die Abwehrlage des Wirts. Therapie. Die Gabe von Itraconazol ist die Behandlung der Wahl.
Blastomykose Definition. Es liegt eine Infektion mit dem Schimmelpilz Blastomyces dermatitidis vor, der einen Durchmesser von 8–30 µm besitzt. Epidemiologie. In bestimmten Gegenden der USA wie im Mississippi-Becken und im Süden wird die Durchseuchung der Bevölkerung mit 40 % angegeben. Die Übertragung erfolgt in der Regel vom Hund auf den Menschen und dann über die Atemwege in die Lunge. Ätiologie und Pathogenese. Diese Erkrankung befällt die Leber im Rahmen einer hämatogenen Aussaat. Morphologie. Es finden sich in der Leber kleine nekrotisierende Abszesse, aber auch chronische Granulome mit beginnender Fibrose. Granulozyten sind bei der Abwehr beteiligt. Die befallenen Makrophagen können sich zu Riesenzellen mit zahlreichen amphophilen Einschlüssen ausbilden [275].
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Klinik, Verlauf und Prognose. Nicht selten verlaufen Blastomykosen tödlich. Therapie. Wirksam ist die Gabe von Amphotericin B und Ketoconazol.
Infektionen mit Protozoen Malaria Definition. Es handelt sich um eine Infektion durch Plasmodienarten (P. falciparum, P. vivax, P. ovalea und P. malariae), die durch Mückenstiche übertragen werden. Epidemiologie. Die WHO rechnet mit einer Infektion von 900 Mio. Menschen, vor allem in den tropischen Zonen von Afrika, Asien und Südamerika. In Afrika ist sie die häufigste Ursache von kindlichen Todesfällen [104]. Ätiologie und Pathogenese. Die Neugeborenen sind bis zu 3 Monate durch mütterliche Antikörper geschützt. Danach kommt es immer wieder zu Episoden von akuter Malaria, die mitunter tödlich sind oder zur Etablierung einer effektiven Immunabwehr in der späten Kindheit führen [130]. Im Erwachsenenalter bleibt eine Immunität durch wiederholte klinisch stumme Infektionen bestehen. Die Immunität kann bei Frauen in der Schwangerschaft oder bei Personen, die die endemischen Zonen verlassen, durchbrochen werden. Eine Form der Malariainfektion ist das tropische Splenomegaliesyndrom, von dem vor allem Kinder und schwangere Frauen sowie Immunsupprimierte betroffen sind [211]. Die Symptome bei Lebermitbeteiligung bestehen in Ikterus, Hepatomegalie, Hypoglykämie, erniedrigtem Serumalbumin sowie verlängerter Prothrombinzeit und mäßig erhöhten Transaminasen im Serum [161]. Morphologie. Die Leber ist deutlich vergrößert und hat durch vermehrte Pigmentablagerung eine dunkelbraune oder graue Farbe. Mikroskopisch reagiert die Leber auf die Erkrankung als Bestandteil des mononukleär-phagozytären Systems und zeigt vor allem eine Ablagerung von Hämozoin, dem Malariapigment. Es handelt sich um einen Pigmentkomplex, der Eisen sowie Porphyrin in bestimmter Konfiguration enthält und von den Parasiten durch den Abbau von Hämoglobin gebildet wird. Es ist in der Berliner-Blau-Färbung negativ und doppelbrechend. Eine Lösung aus Pikrinsäure, gesättigt in Alkohol, kann das Pigment herauswaschen. Kleine dunkelbraune Granula sind in befallenen Erythrozyten und größere Granula in Makrophagen zu erkennen. Bei der akuten Malariaattacke sammelt sich das Pigment in Kupffer-Zellen an, die eine deutliche Ak-
Abb. 7.33 Malaria. Hämozoinpigment ist in Kupffer-Zellen gespeichert. (Quelle: Prof. Dr. R. A. Cooke, Queensland and Mayne Medical School Brisbane)
tivierung und Zellvergrößerung aufweisen (Abb. 7.33). Nach einer Malariaattacke wird das Pigment über die Lymphwege in die portalen Makrophagen transportiert und bleibt eine gewisse Zeit dort liegen. Die Sinusoide sind erweitert und mit Erythrozyten angefüllt. Man kann die Erreger als kleine ringförmige Strukturen erkennen. Das morphologische Korrelat des Kerns ist ein dunkler Punkt, der jedoch oft von dem Pigment überlagert wird. Die Hepatozyten zeigen eine unterschiedlich ausgeprägte Steatose, in Portalfeldern und Läppchen findet sich ein entzündliches Infiltrat aus Lymphozyten und Plasmazellen [100, 194]. Klinik, Verlauf und Prognose. Das tropische Splenomegaliesyndrom ist in Malariagebieten zu beobachten, wobei die Milz ein Gewicht von bis zu 4 kg erreichen kann, während die Leber nur gering miterfasst wird, aber eine typische hepatische sinusoidale Lymphozytose aufweist. Es handelt sich dabei in erster Linie um T-Lymphozyten bei massiver Aktivierung der KupfferZellen [56]. Der Ikterus bei Malaria wird durch eine verstärke Hämolyse, nicht aber durch Gallepigmentablagerung in der Leber hervorgerufen [285]. Therapie. Hier stehen vier Medikamente zur Verfügung, wie Chloroquine, Mefloquine sowie Doxycyclin und Primaquine.
Viszerale Leishmaniose Definition. Bei den Erregern handelt es sich um Leishmania donovani und Leishmania infantum. Epidemiologie. Die viszerale Leishmaniose (Kala Azar) ist in Südeuropa, dem mittleren Osten, aber auch Asien,
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Abb. 7.34 a,b Viszerale Leishmaniose. Erregerstrukturen vermehren sich in den Makrophagen. (Quelle: Prof. Dr. P. Sakhuja, Pathology Govind Ballabh Pant Hospital, Neu Delhi)
China, Südamerika und Afrika endemisch. Weltweit wird die Zahl der Infektionen auf 350 Mio. Menschen geschätzt. Ätiologie und Pathogenese. Die Erreger werden durch Sandflöhe übertragen, wobei es sich um eine Zoonose handelt, mit Hunden als Hauptreservoir [199]. Morphologie. Die Leber ist mit einem Gewicht bis zu 4 kg deutlich vergrößert. Histologisch ergibt sich eine massive Hyperplasie und Vermehrung der Kupffer-Zellen neben entzündlicher Infiltration in Sinusoiden und Portalfeldern durch Lymphozyten und zahlreiche Plasmazellen. Die Erreger sind in Kupffer-Zellen und portalen Makrophagen nachweisbar (Abb. 7.34a,b). Nur ganz vereinzelt findet man die Erreger auch in Hepatozyten. Selten kommt es zur Bildung epitheloidzelliger Granulome mit Leberzellverfettung als unspezifischer Reaktion. Auch das Auftreten von Fibrinringgranulomen im Rahmen einer Leishmaniose ist berichtet worden [72]. Die chronische Form der Leishmaniose zeigt eine progrediente Bindegewebsvermehrung mit massiver Fibrose und Bindegewebsvermehrung in den Läppchen und Sinusoiden, wobei kleine Hepatozytengruppen von Bindegewebsfasern umfasst werden, was als sog. RogersZirrhose bezeichnet wurde [95]. Klinik, Verlauf und Prognose. Die Klinik zeigt ein sehr variables Bild, das von Unwohlsein bis zum klassischen Bild der Hepatosplenomegalie, Lymphadenopathie und Fieber reicht. Panzytopenie und Hypergammaglobulinämie können vorkommen. Die biochemischen Lebertests wie Transaminasen sind nur gering erhöht, begleitet von einem verringerten Albuminspiegel im Blut, in der Regel ist kein Ikterus vorhanden. Die viszerale Leishmaniose zeigt eine hohe Mortalität, wenn sie nicht behandelt wird, während die Mortalität bei adäquater
Therapie zwischen 2 und 10 % schwankt. Kinder zeigen oft einen schwergradigeren Verlauf als Erwachsene [14]. Therapie. Antibiotika wie Amphotericin lassen sich effektiv einsetzen.
Amöbiasis Definition. Bei der Amöbiasis handelt es sich um eine Infektion mit dem Protozoon Entamoeba histolytica. Epidemiologie. Die Infektion mit Entamoeba histolytica ist weltweit verbreitet und man nimmt an, dass etwa 10 % der Weltbevölkerung eine Infektion mit diesem Erreger aufweist. Fast 90 % der Infizierten sind asymptomatische Träger von Amöben-Trophozoiten im Darm. Ätiologie und Pathogenese. Die Übertragungsroute ist fäkal-oral bei Aufnahme von kontaminierter Nahrung. Die Erreger gelangen über das Kolon in das portale System und breiten sich in der Leber aus [265]. Morphologie. Die Leberpathologie ist durch zahlreiche Abszesse vor allem im rechten Leberlappen gekennzeichnet. Die Abszesse können bis zu 15 cm im Durchmesser einnehmen und im chronischen Stadium eine fibrotische Kapsel entwickeln [205]. Die AmöbenTrophozoiten sieht man inmitten von Nekrosen in den Sinusoiden. Die entzündliche Reaktion zeigt vor allem Granulozyten und Ödem. Die Trophozoiten haben eine Größe von 20–50 μm und ein violett granulär erscheinendes Zytoplasma. In den Erregern sieht man phagozytierte Erythrozyten. Die Amöben lassen sich gut mit der PAS-Reaktion darstellen. Der eigentliche Erreger Entamoeba histolytica ist direkt zytopathisch und zerstört
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Abb. 7.35 a,b Amöbiasis. a Ausgedehnte Nekrosen und Abszesse. b Trophozoiten sind in den Sinusoiden sichtbar. (Quelle: Prof. Dr. R. A. Cooke, Queensland and Mayne Medical School Brisbane)
das Gewebe durch saure Proteasen und Kollagenasen (Abb. 7.35a,b; [83]). Klinik, Verlauf und Prognose. Asymptomatische und invasive Verläufe werden beschrieben. Im Rahmen des invasiven Verlaufes verlässt der Erreger den Darm und dringt in das Gewebe z. B. der Leber ein, wo es zur Entstehung von Abszessen kommt. Therapie. Es stehen effektive Antibiotika zur Verfügung mit Metronidazol, Paromomycin und Tetrazyklin.
Toxoplasmose Definition. Es liegt eine Infektion mit dem Protozoen Toxoplasma gondii vor, durch eine orale Übertragung von kontaminierten Nahrungsmitteln. Epidemiologie. Es handelt sich um eine weltweit verbreitete Zoonose mit Katzen als wichtigstem Erregerreservoir. Man schätzt die Infektion der Weltbevölkerung mit 500 Mio. Menschen ein. In Frankreich und Westafrika ist eine Durchseuchung mit 80 % anzunehmen, wobei allerdings nur 10 % eine ablaufende entzündliche Abwehr gegen die Erreger aufbauen [237]. Ätiologie und Pathogenese. Der Erreger Toxoplasma gondii ist ubiquitär verbreitet. Der Übertragungsweg ist oral, vor allem bei nicht ausreichend erhitztem Fleisch. Morphologie. Bei der kongenitalen Toxoplasmose kann eine Riesenzellhepatitis ausgebildet werden, das häufige Bild besteht jedoch in multifokalen Nekrosen mit erregerhaltigen sinusoidalen Zellen in der Umgebung. Bei dem immunkompetenten Individuum verläuft
eine Infektion mit Toxoplasmose in der Regel in milder Form ohne Leberbeteiligung ab. Dagegen findet sich bei immunkomprimittierten Personen ein mitunter erhebliches Schädigungsbild in der Leber mit fokalen verstreuten Nekrosen und Cholestase. In der Leber bilden die Parasiten Zysten, die zahlreiche Zoiten oder freie Tachyzoiten enthalten. Dieses Bild wird vor allem auf dem Boden einer gleichzeitig ablaufenden HIV-Infektion gesehen [281, 304]. Klinik, Prognose und Verlauf. Die meisten Infektionen bei Erwachsenen sind asymptomatisch, Toxoplasmen können latent eine jahrzehntelange Infektion bilden, wobei die Erreger vor allem im lymphatischen System nachweisbar sind. Therapie. Gegen die Infektion sind Antibiotika wirksam wie Clindamycin und Pyritmethamin.
Parasitäre Erkrankungen der Leber Aufgrund der zunehmenden Reisefrequenz haben parasitäre Infektionen in Deutschland eine zunehmende Relevanz. Hier sind zunächst die Nematoden (Fadenwürmer), Zestoden (Bandwürmer) und Trematoden (Saugwürmer) zu nennen.
Nematoden Die Fadenwürmer sind sehr artenreich und einige humanpathogene Arten wie Askariden, Enterobiasis, Strongyloidiasis und Filariasis sind bekannt (Abb. 7.36a).
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Askariden Definition. Es handelt sich um eine Infektion mit dem Spulwurm (Ascaris lumbricoides) über kontaminierte Nahrung. Epidemiologie. In den Tropen und angrenzenden Gebieten sind mehr als 1 Mrd. Menschen von Ascaris lumbricoides befallen. Ätiologie und Pathogenese. Diese etwa 25 cm langen Würmer befinden sich im Dünndarm, wobei der Leberbefall zum Stadium des Lebenszyklus gehört und die ausgewachsenen Würmer die ableitenden Gallenwege befallen und zur Obstruktion führen [21]. Die Infektion verläuft über den fäkal-oralen Weg durch die Aufnahme von kontaminierten Nahrungsmitteln mit Wurmeiern. Morphologie. Bei massivem Befall während der Larvenmigration kann es zur Hepatomegalie kommen. Histologisch findet sich eine ausgeprägte eosinophilgranulomatöse Reaktion um die Larven herum. Die ausgewachsenen Würmer besiedeln den Gallengangtrakt und Pankreasgang mit entsprechenden Komplikationen (Abb. 7.36b,c). Dabei kommt es zur Cholezystitis, zur akuten bakteriellen Cholangitis und nachfolgend auch zu hepatischen Abszessen [93, 152].
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Klinik, Verlauf und Prognose. Die Diagnose wird oft durch die Darstellung der ableitenden Gallenwege gestellt und durch den Nachweis von Wurmeiern im Stuhl gesichert. Begleitende bakterielle Infektionen, die zur Cholangitis führen werden von E. coli, Klebsiellen und Pseudomonas verursacht. Therapie. Die adäquate Therapie besteht in entsprechender Antibiotikabehandlung. Es stehen effektive Wurmmittel mit Mebendazol und Piperazin zur Verfügung. Beim Auftreten von Abszessen können chirurgische Eingriffe notwendig sein.
Enterobiasis Definition. Bei dem Erreger handelt es sich um Oxyuris vermicularis, der im Darm zu einer Appendizitis führen kann. Epidemiologie. Es ist die am meisten verbreitete Wurmerkrankung, wobei man mit einer Durchseuchung von 40 %, vor allem von jugendlichen Personen, rechnet. Etwa 500 Mio. Infektionen werden, unabhängig von Alter und sozialem Status des Infizierten, weltweit pro Jahr verzeichnet.
c Abb. 7.36 a–c Leberinfektion durch Filaria (Quelle: Prof. Dr. P. Sakhuja, Pathology Govind Ballabh Pant Hospital, Neu Delhi). b,c Askariasis. Wurmbefall der Gallengänge. (Quelle: Prof. Dr. Z. Goodman, Hepatic Pathology Consultation and Research at Inova Fairfax Hospital, Falls Church)
Ätiologie und Pathogenese. Das vom Wirt aufgenommene Ei wandert in den Magen; im Duodenum schlüpfen die Larven aus der Eihülle. Die Larven reifen heran und erreichen die Geschlechtsreife. Nach der Paarung sterben die Männchen und die Weibchen legen die Eier außerhalb des Darms ab. Morphologie. Bei der Wanderung durch die Leber kommt es zu multiplen Abszessen, deren Infiltrat vornehmlich aus eosinophilen Granulozyten besteht. Der Rand des Abszesses, der üblicherweise 1–2 cm im Durchmesser besitzt, zeigt eine bindegewebige Kap-
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sel und einen granulomatösen Rand. Im Zentrum des Abszesses sind häufig degenerativ veränderte Parasiten nachweisbar [59, 192]. Klinik, Verlauf und Prognose. Häufig verlaufen Infektionen unbemerkt. Eine Leberbeteiligung ist selten. Therapie. Die Erkrankung wird mit Mebendazol und Albendazol behandelt.
Strongyloidiasis Definition. Es handelt sich um die Infektion mit Strongyloides stercoralis über kontaminierte Nahrung. Epidemiologie. Weltweit rechnet man mit einer Infektion von 100–200 Mio. Menschen. Die Würmer finden sich in endemischen Gebieten des tropischen und subtropischen Raums. Ätiologie und Pathogenese. Die Parasiten befallen viszerale Organe, darunter auch die Leber, die über den Portalvenentrakt beteiligt wird. Morphologie. In der Leber sind histologisch oft die Erreger in bindegewebig verbreiterten Portalfeldern sichtbar. Wenn sie sich in den Portalfeldern festsetzen, kann es zu granulomatösen Veränderungen kommen, wobei wiederum massenhaft Eosinophile beteiligt sind [222]. Klinik, Verlauf und Prognose. Die Klinik und der Verlauf hängen von der Manifestation und der Stärke des Immunsystems ab. Bei immunsupprimierten Patienten können zahlreiche Erreger in den Mesenterialgefäßen, Gallenwegen und Lymphknoten vorkommen.
Morphologie. Die Leber ist vergrößert mit bindegewebig verdickter Kapsel und zahlreichen weißen Nekroseherden. Histologisch zeigt sich um die Würmer herum eine eosinophil granulomatöse Reaktion mit zahlreichen Wurmeiern. Die Wurmeier weisen eine charakteristische geschichtete Kapsel in ovaler Form mit stopfenartigen Verdichtungen an den Enden auf [47]. Klinik, Verlauf und Prognose. Ein Krankheitsbild mit Fieber, Hepatomegalie und Hypereosinophiliesyndrom kann auftreten, wobei die Mortalität recht hoch ist. Therapie. Die Therapie erfolgt mit Mebendazol.
Larva migrans Definition. Es handelt sich hierbei um Parasiten, Toxocara canis, deren Erregerreservoir in Hunden und Katzen liegt. Epidemiologie. In den USA werden etwa 3000 neue Fälle pro Jahr registriert. Ätiologie und Pathogenese. Es werden zunächst viszerale Organe betroffen, wenn die Larven von Hundekot übertragen werden. Bei massivem Befall kommt es zur Hepatomegalie und zum Hypereosinophiliesyndrom. Morphologie. Die Leber wird in disseminierter Form mit Mikroabszessen übersät. Die zentrale Nekrose wird von Eosinophilen und Riesenzellen abgegrenzt. Es kommt zu disseminierten eosinophilen Granulomen, wobei die Erreger oft nicht auffindbar sind (Abb. 7.37). In Folge der
Therapie. Es wird Thiabendazol oder Ivermectin gegeben.
Capillariasis Definition. Die Infektion mit dem Erreger Capillaria hepatica ist eine weltweite Zoonose bei kleinen Säugetieren. Epidemiologie. Es handelt sich um eine weltweite Zoonose bei kleinen Säugetieren mit Übertragung auf den Menschen durch kontaminierte Nahrung. Weltweit rechnet man mit 100 Mio. Infizierten. Ätiologie und Pathogenese. Die Würmer können durch kontaminierte Nahrungsmittel mit Wurmeiern auf den Menschen übertragen werden.
Abb. 7.37 Viszerale Larvamigrans. Nekroseareale sind erkennbar mit Teilen der Erreger. Charcot-Leyden-Kristalle sind erkennbar. (Quelle: Prof. Dr. S. Thung, Anatomic Pathology, Mount Sinai Hospital, New York)
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Eosinophilie kann es zur Ablagerung von Charcot-Leyden-Kristallen kommen, die bei der Degranulation von eosinophilen Granulozyten entstehen [143]. Klinik, Verlauf und Prognose. Der klinische Verlauf ist variabel. Therapie. Die Gabe von Thiabendazol und Mebendazol ist sehr effizient.
Zestoden, Echinococcus granulosus und multilocularis Definition. Bei den Bandwürmern handelt es sich um Echinokokken. Echinococcus granulosus kommt häufiger vor; das Erregerreservoir wird überwiegend von Hunden gebildet. Nicht so häufig kommt Echinococcus multilocularis vor, der ein schwereres Krankheitsbild verursacht und dessen Erregerreservoir von Füchsen gebildet wird. Epidemiologie. Die weltweite Inzidenz und Prävalenz der zystischen Echinokokkose ist in den letzten Jahrzehnten dramatisch gesunken. Die größte Prävalenz bei Menschen und Tieren wird in Ländern mit gemäßigter Klimazone beschrieben. Die zystische Echinokokkose kommt auch in Europa und Kleinasien teilweise endemisch vor [190]. Ätiologie und Pathogenese. Beim klassischen Bild entsteht eine durch Echinococcus granulosus hervorgerufene große hydatide Zyste. Über kontaminierte Nahrungsmittel gelangen die Wurmeier in das portale System und anschließend in die Leber. Die Parasiten setzen sich hier fest und führen zu Zysten unterschiedlicher Zahl [190]. Der rechte Leberlappen ist hier häufiger als der linke betroffen. Die Diagnose wird oft zufällig im Rahmen bildgebender Verfahren gestellt [124]. Morphologie. Echinococcus granularis: Die typische hydatide Zyste ist kugelartig und misst bis zu 30 cm im Durchmesser. Die umgebende bindegewebige Kapsel zeigt eine typische Schichtung mit einer äußeren bis zu 1 mm dicken geschichteten Membran. Nach zentral hin schließt sich eine sog. Keimmembran an, die deutlich PAS-positiv ist. Im Inneren der Membran finden sich zahlreiche Protoskolizes von ungefähr 100 μm und ovaler Form. Die Protoskolizes zeigen einen charakteristischen Aufbau und sind diagnostisch (Abb. 7.38a–d). Das Schicksal dieser hydatiden Zysten verläuft unterschiedlich, wobei ältere Zysten kollabiert sein können und in einem Narbenfeld aufgehen. Man findet eine eosinophile Reaktion in der Umgebung und die Anwesenheit einzelner Protoskolizes kann zur Diagnose führen. Die Diagnose sollte durch bildgebende
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Verfahren und durch den Nachweis von Wurmeiern im Stuhl geführt werden. Eine Punktion der Zyste ist kontraindiziert, da es dadurch zur Aussaat und möglicherweise zu einem anaphylaktischen Schock kommen kann. Echinicocus multilocularis: Bei der Besiedelung mit Echinococcus multilocularis kommt es in der Leber zu einer diffusen Durchsetzung mit zystischen Hydatiden, die nicht scharf abgegrenzt sind. Man findet im Parenchym der Leber zahlreiche Larven und ausgedehnte Nekrosen, nur abschnittsweise ergeben sich membranartige Gebilde mit deutlicher Anfärbung in der PASFärbung. Die Protoskolizes liegen teilweise frei im Parenchym, begleitet wird die Ausbreitung der Larven von granulomatösen Feldern mit zahlreichen polymorphkernigen Granulozyten und Eosinophilen. Klinik, Verlauf und Prognose. Die Zysten wachsen langsam und bleiben oft lange unentdeckt. Symptome können durch die Verdrängung von Organen entstehen. Es kann auch zu Zystenrupturen kommen. Die multilokuläre Form der Hydatidose hat ohne adäquate Behandlung eine hohe Mortalität [306]. Therapie. Eine adäquate Behandlung besteht z. B. in der Gabe von Albendazol. Je nach Größe und Ausmaß der Hydatiden ist ein chirurgischer Eingriff erforderlich [5].
Trematoden Diese Parasitengruppe enthält Schistosomen, Clonorchis, Opisthorchis, Fasziola. Die Leber stellt das Zielorgan dar.
Schistosomiasis Definition. Schistosomiasis ist eine der häufigen tropischen parasitären Erkrankungen. Bei den Erregern handelt es sich um Schistosoma mansoni, Schistosoma japonicum und Schistosoma mekongi. Epidemiologie. Mehr als 200 Mio. Menschen sind in den tropischen Gebieten von dieser Erkrankung betroffen. Es finden sich große Endemiegebiete in Ostasien, auf den Philippinen, in China, Indonesien und Thailand [105]. Ätiologie und Pathogenese. Nach der Infektion mit schistosomen Zerkarien setzen sich die Larven nach einer Latenzzeit in den Ästen der Portalvenen fest. Die ausgewachsenen Würmer sind etwa 1–2 cm lang und 1 mm im Durchmesser. Die Eier der weiblichen Würmer
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Abb. 7.38 a–d Echinococcus granulosus. Computertomographie (Quelle: Dr. T. Persigehl, Institut und Poliklinik für Radiologische Diagnostik, Uniklinik Köln). b Zystenresektat mit einem Durchmes-
ser von 10 cm. Die Zyste ist eröffnet und enthält zahlreiche Tochterzysten. c Fibröse Zystenwand mit einer äußeren lamellär geschichteten Membran und der inneren sog. Keimmembran. d Protoskolizes
fluten in die Leber und setzen sich dort fest, was klinisch mit einer Hepatosplenomegalie einhergeht. Morphologie. Die Leberhistologie zeigt große, z. T. konfluierende Fibrosefelder mit eingeschlossenen Granulomen (Abb. 7.39). Das Fibrosebild wird auch als Pfeifenstielfibrose bezeichnet. In den Ästen der Portalvenen sieht man zahlreiche Eier von etwa 50 μm Durchmesser, umgeben von einem dichten Mantel an eosinophilen Granulozyten mit fibrinoidem Material. Im weiteren Verlauf kommt es zur Fibrose und Ablagerung von Hämozoinpigment. Es entsteht ein buntes histologisches Bild mit charakteristischer Fibrose, zahlreichen Eiern, teils degenerativ alteriert sowie Granulomen, Fibroblasten und elastischen Fasern. Die Eier von Schistosoma mansoni sind 60 × 140 μm groß und zeigen einen lateralen Stachel. Die Fibrose ist charakteristisch für Schistosomen, und nur ganz selten kommt es zu einem Übergang in eine komplette Zirrhose. Bei massivem Befall kann sich eine portale Hypertonie mit zahlreichen Shunt-Gefäßen entwickeln. Die Schistosomiasis der Leber ist oft von einer
Abb. 7.39 Schistosomiasis. Akute Infektion mit einem intraportalen Granulom mit eosinophilen Granulozyten und Wurmei. (Quelle: Prof. Dr. S. Thung, Anatomic Pathology, Mount Sinai Hospital, New York)
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Abb. 7.40 a,b Clonorchiasis. a Intraduktaler Wurmbefall. b Der Erreger in der Kolonschleimhaut. (Quelle: Prof. Dr. R. A. Cooke, Queensland and Mayne Medical School Brisbane)
Virushepatitis, vom Typ B oder häufiger Typ C begleitet, besonders in Endemiegebieten wie Ägypten, wo eine Koinfektion in fast 70 % der Patienten besteht [123, 200]. Klinik, Verlauf und Prognose. Die Frühphase der Erkrankung wird als Katayama-Syndrom bezeichnet und manifestiert sich als systemische fieberhafte Erkrankung mit Immunkomplexbildung gegen im Körper heranreifende Schistosomen. Häufig assoziierte Symptome sind Urtikaria, Hepatomegalie. Die hepatosplenische Schistosomiasis verläuft mit Splenomegalie und gastrointestinalen Blutungen bei Ösophagusvarizen, Fieber, Myalgien, Arthralgien. Es kann zur Bildung von Aszites kommen. Selten kommt es zu einer Enzephalopathie. Nach einer Therapie können avitale Eier länger im Gewebe verbleiben und ausgeschieden werden. Therapie. Praziquantel steht als Medikament zur Verfügung.
Morphologie. Interessanterweise wird häufiger der linke Leberlappen von den Parasiten erfasst, wahrscheinlich weil der linke Ductus hepaticus eine weitere Öffnung und einen geraderen Verlauf hat. Die Leber ist vergrößert, aber es bildet sich keine Zirrhose. Es kommt bei Gallengangbefall zu Strikturen und peripher gelegenen Erweiterungen mit einer deutlichen Hyperplasie des Epithels, die einer adenomatösen Hyperplasie ähnelt. Weiter in der Peripherie sieht man Fibrose und zahlreiche Eosinophile (Abb. 7.40a,b; [129]). Klinik, Verlauf und Prognose. Die Würmer setzen sich besonders in den Gallenwegen fest und führen zu abdominellen Schmerzen, Hepatomegalie, in einem bestimmten Teil der Fälle zu Ikterus. Durch den Wurmbefall kann es zur biliären Obstruktion kommen mit vor allem eosinophiler Cholangitis und Leberabszessen. Bei chronischem Verlauf entsteht in einem hohen Prozentsatz ein cholangioläres Karzinom [247, 292]. Therapie. Praziquantel ist das Mittel der Wahl.
Infektionen mit Clonorchis und Opisthorchis Definition. Clonorchis und Opisthorchis sind eng verwandte Leberegel, die auf Zwischenwirte angewiesen sind. Epidemiologie. Die Infektionen mit den Parasiten Clonorchis und Opisthorchis sind im Fernen Osten endemisch, hier rechnet man mit 35 Mio. infizierten Personen [176]. Ätiologie und Pathogenese. Der Übertragungsweg erfolgt über die Nahrungsaufnahme von unzureichend gekochtem Fisch. Es werden die Gallengänge und das angrenzende Lebergewebe geschädigt.
Faszioliasis Definition. Der Erreger Fasciola hepatica induziert eine zoonotische Infektion mit Reservoir in Schafen, Ziegen und Rindern. Epidemiologie. Humane Infektionen sind weltweit verteilt, die meisten Fälle treten in Europa auf. Ätiologie und Pathogenese. Die Erkrankung wird durch kontaminiertes Gemüse und vor allem Wasserkresse übertragen. Die unreifen Würmer durchdringen die Leberkapsel und wandern durch das Parenchym zu
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größeren Gallengängen und zur Gallenblase, wo sie sich installieren. Der ausgewachsene Wurm ist 30 mm lang und etwa 13 mm breit; er hat eine Lebenszeit von etwa neun Jahren. Morphologie. Bei chronischem Verlauf sieht man eine aszendierende bakterielle Cholangitis mit Galleobstruktion. Die Diagnose kann durch bildgebende Verfahren und durch den Nachweis der Wurmeier im Stuhl gestellt werden. Im Parenchym findet man zahlreiche gelbliche Knoten mit Mikroabszessen, die von Eosinophilen begleitet werden. Es kann auch zu größeren nekrotischen Granulomen um die Wurmeier herum kommen [183]. Klinik, Verlauf und Prognose. Klinisch kommt es während der Phase der Invasion zu Fieber, abdominellen Schmerzen und Hepatomegalie. Komplikationen wie Gallengangobstruktion und Leberzirrhose können auftreten. Therapie. Es stehen Medikamente wie Triclabendazol zur Verfügung.
Leberveränderungen bei HIV-Infektion und AIDS Definition. Infektion mit dem humanen Immundefizienzvirus (HIV) Typ 1 und Typ 2 mit klinischer Manifestation von AIDS. Epidemiologie. Die HIV-Infektion erfasst global etwa 35 Mio. Menschen [81]. Ätiologie und Pathogenese. Durch die Einführung von effizienteren Medikamenten gegen das Virus hat sich das Krankheitsbild erheblich gewandelt und die Lebenserwartung der Patienten durchschnittlich um eine Dekade verlängert. Infolgedessen ergibt sich auch eine deutliche Veränderung der Lebererkrankung bei HIVInfektion, zum einen, da die Patienten in vermehrtem Maße zusätzlich an einer Hepatitis B und C erkranken (gleicher Übertragungsmodus), zum anderen, weil die aggressive Therapie zu medikamenteninduzierten Leberschädigungen führen kann [269]. Das zugrunde liegende Krankheitsbild umfasst die initiale HIV-Infektion mit Immunantwort und einer sukzessiven Dezimierung der CD4-positiven T-Lym phozyten. Dieser Fakt ist wiederum die Grundlage für eine vermehrte Infektion mit opportunistischen Infektionen, Entstehung von Tumoren sowie der klinischen Erkrankung von allgemeiner Schwäche und Körperabbau [171]. Bei adäquater Anwendung der antiretroviralen Therapie kann es zu einer Rekonstitution der CD4-T-Zell-
Population mit verstärkter Immunreaktion auch gegen andere Infektionen kommen [171]. Morphologie. Leber- und Gallenwege sind durch die opportunistischen Infektionen häufig betroffen, wobei dies auch für besondere Tumorentitäten gilt. HIV allein, auch bei Manifestation von AIDS, führt selten zur Leberschädigung, obwohl das Virus die einzelnen Zellpopulationen der Leber befallen kann. Die relevante Organschädigung dagegen wird durch opportunistische Koinfektionen und die eingesetzten Medikamente verursacht. Die Biopsie spielt eine wichtige Rolle in der Abklärung von Fieber unbekannter Ursache und ergibt hier eine relevante diagnostische Hilfe in 50–80 %. Vor allem bei der Diagnose von Leberbefall mit diffuser Besiedlung durch Bakterien zeigt sich eine hohe Trefferquote. Speziell bei der Frage nach Medikamentenschädigung versus opportunistische Infektion ergibt die Leberbiopsie entscheidende Hinweise [25, 57, 91]. Die direkten Veränderungen durch das HIV-Virus zeigen, dass alle Zellpopulationen der Leber, sowohl Parenchym als auch mesenchymale Elemente und Gallengangepithelien, vom Virus befallen werden können [41]. Histologisch sieht man verstreute Leberzellnekrosen und Apoptosen. Bei Kindern sind Riesenzellen zu beobachten [139]. Es kann zu einer Cholestase kommen. Die Kupffer-Zellen weisen eine Aktivierung und Hyperplasie auf. Durch den Befall der hepatischen Sternzellen oder Itozellen kommt es frühzeitig zur Fibroseausbildung [286]. Lymphfollikel im Portalfeld zeigen einen Befall mit HIV, wobei das Antigen vor allem in dendritischen Zellen nachzuweisen ist. Infektion der Galleepithelien und Gallengänge induziert eine sklerosierende Cholangitis mit Duktopenie. Im Läppchen lassen sich disseminierte Granulome ohne zentrale Verkäsung nachweisen. Wenn die HIV-Viruslast hoch ist, kann das Virus durch HIVp24-Immunhistochemie in Lymphfollikeln der Portalfelder nachgewiesen werden [193].
Koinfektion mit anderen Viruserregern Im Rahmen der HIV-Infektion kommt es häufig zur Infektion der Leber mit anderen viralen Erregern. CMV-Infektion. Durch die HIV-Infektion kann eine latente CMV-Infektion reaktiviert werden. Diese verläuft in der Regel schwächer als bei immunkompetenten Patienten, da die CD4-T-Zell-Reaktion fehlt. Eine besondere Infektion stellt die CMV-Cholangitis dar, da im Rahmen der AIDS-Erkrankung Gallengangnekrosen zu beobachten sind. Auch kann CMV in diesem Kontext zu einer sklerosierenden Cholangitis führen [166].
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Herpes-simplex-Virus-Gruppe. Bei AIDS ist eine gehäufte HSV-Infektion eher selten. Das Erscheinungsbild ist identisch mit dem bei immunkompetenten Personen. Es kann auch zu ausgedehnten landkartenartig begrenzten Nekrosen mit zahlreichen Einschlusskörpern in den Kernen angrenzender Hepatozyten kommen [309]. Epstein-Barr-Virus. Bei gleichzeitiger AIDS-Manifestation kommt es im Rahmen der EBV-Infektion gehäuft zu virusassoziierten lymphoproliferativen Bildern. Man sieht das typische EBV-Bild in verstärkter Form, zusätzlich wird über ein EBV-assoziiertes hämophagozytotisches Syndrom berichtet [20]. Adenovirusinfektion. Adenoviren können im Rahmen von AIDS vor allem Kinder und Adoleszenten erfassen. Es kommt zu Fieber und Hepatomegalie mit ausgedehnten Zone-3-Nekrosen mit reaktiver Entzündung und zahlreichen viralen Einschlusskörpern. Auch eine Cholangitis kann zusätzlich entstehen [32]. Virushepatitis. Da der Übertragungsweg von HIV, HBV und HCV nahezu identisch ist, ferner HIV-Infizierte in die Risikogruppe der viralen Hepatitis B und C gehören, ist hier eine enge auch kausale Verbindung zu sehen. Beide Hepatitistypen (B und C) verlaufen bei gleichzeitiger HIV-Infektion massiver und bezüglich des Erreichens des Zirrhosestadiums und der Entstehung von Leberzellkarzinomen progredienter. Grundsätzlich sollten alle HIV-infizierten Patienten gleichzeitig auf die Anwesenheit der Hepatitisviren getestet werden. Die Ansprechrate auf die Therapie wird durch die gleichzeitige HIV-Infektion reduziert, da diese Patienten in der Regel auch schon ein weiter fortgeschrittenes Stadium aufweisen als die HIV-freien Patienten [220, 295].
Bakterielle Infektionen Tuberkulose. Da CD4-positive T-Lymphozyten bei der Abwehr gegen Mycobacterium tuberculosis eine entscheidende Rolle spielen und diese Lymphozytenpopulationen bei AIDS massiv reduziert sind, bietet sich die Leber in diesem Zustand als günstiger Nährboden für die Besiedlung mit dieser Bakterienspezies an. Insgesamt zeigt die Prävalenz von Tuberkulose bei HIV-positiven Patienten auch in den industrialisierten Ländern eine deutliche Steigerung, so dass festzustellen ist, dass die Infektionen mit Mycobacterium tuberculosis die häufigste Koinfektion der HIV-assoziierten Leberschädigung darstellt [175]. Vor allem findet man das Bild der Miliartuberkulose mit diffuser Einbeziehung der Leber. Im Extremfall zeigt sich im Endstadium von AIDS-Patienten das histologische Bild einer nichtreaktiven anergischen Tuberkulose. Es kommt zur Ausbildung
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multipler Herde von käsiger Nekrose, umgeben von aktivierten geschwollenen Makrophagen, und es lassen sich zahlreiche säurefesten Stäbchen nachweisen [202]. Während im immunkompetenten Patienten Mycobacterium avium nicht hepatogen ist, kommt es bei AIDS-Patienten beim Befall mit diesen Erregern zu einer massiven Aussaat. Man sieht nichtnekrotisierende Granulome, die vor allem aus Kupffer-Zellen und Makrophagen bestehen, mit wenigen Lymphozyten und Granulozyten durchsetzt. Das klinische Bild kann sich lediglich mit einer erhöhten alkalischen Phosphatase und vergrößerten Lymphknoten im Hilus, die teilweise die Gallengänge komprimieren, manifestieren [300]. Infektionen mit anderen Bakterien im Rahmen von HIV. Die Bartonelleninfektion im Rahmen von AIDS zeigt charakteristische Veränderungen mit ausgeprägter Peliose und Einblutungen, während die entzündliche Reaktion eher milde verläuft. Es kann auch das Bild einer sog. bazillären Angiomatose entstehen. Dann finden sich makroskopisch auf der Leberoberfläche hämorrhagische Knoten mit teilweise grauer Verfärbung. Mikroskopisch ergeben sich Fibrose und vaskuläre Neubildung mit Proliferation und granulozytärer Begleitreaktion. Die herdförmig aufgetretenen zystischen Pelioseabschnitte enthalten massenhaft Bartonellenbakterien [266]. Patienten mit AIDS zeigen ein dreifach erhöhtes Risiko für Infektionen mit Coxiella burnetii und entsprechende Veränderungen mit Fibrinringgranulomen [252].
Mykotische Infektionen Etwa 10 % der Patienten mit HIV-Infektionen zeigen zusätzlich Besiedlungen und histopathologische Manifestationen von Candida albicans und Cryptococcus neoformans. Die Erreger befinden sich teilweise in KupfferZellen und portalen Makrophagen [119]. Histoplasmose. Histoplasmoseerreger sind bei HIVPatienten in erhöhtem Maße nachweisbar, wobei die Durchseuchung bei fast 4 % anzusetzen ist. In der Leber finden sich zahlreiche Granulome, die hin und wieder auch zentrale Nekrosen aufweisen. Die Granulome sind in den Läppchen verstreut, aber auch in den Portalfeldern nachweisbar [38]. Pneumocystis carinii. Pneumocystis-carinii-Erreger beschränken sich in der Regel auf die Lungen mit entsprechender Pneumonie. Im Rahmen einer zusätzlichen HIV-Infektion kann es jedoch zur hämatogenen Aussaat vor allem in die Leber kommen. Entscheidend ist die Zahl der CD4-positiven Lymphozyten. Es bilden sich multiple kleinzystische Areale mit Zelldebris im Inneren [54].
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Protozoeninfektionen. Hier sind vor allem Erreger wie Toxoplasmose und Leishmaniose zu nennen. Bei immunkompetenten Personen sind Toxoplasmeninfektionen der Leber eine Seltenheit. Unter immunkomprimierten Bedingungen wie HIV-Infektionen jedoch ist das Risiko stark erhöht. Die intrazytoplasmatisch liegenden Protozoen können zu kleinherdigen Nekrosen führen, die überwiegend von Lymphozyten und Granulozyten umgeben werden. Leishmaniose. Vor allem bei Personen mit intrave nösem Drogenmissbrauch findet sich eine viszerale Leishmaniose, die laut einiger Studien bis 17 % Prävalenz betrugen. Die Parasiten liegen in Kupffer-Zellen und portalen Makrophagen, teilweise jedoch auch in Endothelien und Gefäßlichtungen. Bei den immunkomprimierten HIV-Patienten kann die Leishmaniose in der Leber auch zu Zellnekrosen und nodulär regenerativer Hyperplasie führen [7]. Helmintheninfektionen. Insgesamt ist festzustellen, dass die Zahl für Befall durch Würmer bei HIV-Infektion nicht häufiger ist als bei normal immunkompetenten Personen. Auch scheint das histologische Bild des Wurmbefalls durch gleichzeitige HIV-Infektion nicht modifiziert zu werden. Eine Ausnahme bildet der Parasit Sparganum proliferum, der sich in der Leber bei AIDS ungehinderter ausbreiten kann und zu bizarren Bildern mit ausgedehnten Nekrosen führt. Es kommt zu ausgedehnten Abszessbildungen um die Larven herum mit deutlich reduzierter entzündlicher Reaktion [82].
HIV-assoziierte Tumoren der Leber Das Karposi-Sarkom (s. auch Kap. 11, Tumoren der Leber) wird durch eine Infektion mit Herpesvirus HHV8 verursacht und ist eng mit einer HIV-Koinfektion verbunden [42]. Die Leber ist nur eines von multiplen Organen, die von diesem Tumor erfasst werden können. Man findet in der Leber kleine, bis 1 cm große Knötchen auf der Glisson’schen Kapsel. Häufig sind Portalfelder und Gallengänge betroffen, mit spindelförmigen Tumorzellen um die Gallengänge. Das entzündliche Infiltrat besteht vor allem aus Plasmazellen und Granulozyten [97]. Die immunhistochemische Färbung gegen HHV8 kann bei der Diagnose hilfreich sein. Erkrankungen der Gallenwege im Rahmen einer HIVInfektion. Im Wesentlichen handelt es sich hier um drei Veränderungen: die aszendierende bakterielle Infektion, eine progrediente Duktopenie und eine sklerosierende Cholangitis [158].
Sklerosierende Cholangitis. Diese HIV-assoziierte Veränderung ist auf eine deutlich geschwächte Abwehrkraft mit einem massiven Schwund der CD4-positiven Lymphozyten zurückzuführen. In bildgebenden Verfahren zeigen sich Veränderungen, die mit einer primär sklerosierenden Cholangitis nahezu identisch sind [84]. Cholangitis durch Bakterien und Viren. Hier ist vor allem der Befall durch Cryptosporidium parvum und Zytomegalievirus zu nennen. Kryptosporidien führen zu Enteritis mit Diarrhoen und bei einem Drittel der Patienten zur sklerosierenden Cholangitis. CMV führt bei AIDS-Patienten nicht nur zur CMV-Hepatitis, sondern auch in einem großen Teil zur Cholangitis, die das extrahepatische Segment erfasst und in Gallengangepithelien zu charakteristischen intranukleären Einschlüssen führt [212]. Mikrosporidien. Die Erreger befallen das Duodenal epithel und greifen auch auf Abschnitte des Ductus choledochus über. Durch die chronische Cholangitis kann es im längeren Verlauf zu einer erheblichen Duktopenie mit entsprechenden Symptomen und Veränderungen kommen [17].
Medikamentenschäden im Rahmen der HIV-Therapie Neben den bekannten Veränderungen durch Antibiotika und Sulfonamide, die von vielen Patienten bei AIDS prophylaktisch eingenommen werden, führen die speziellen Anti-HIV-Medikamente zu eigenen Schäden [208]. Das histologische Bild weist ein breites Spektrum auf. Eine Nebenwirkung bestimmter Medikamente ist die Gefäßschädigung, die zur hepatoportalen Sklerose mit portalem Hochdruck führen kann [43, 268] (zu speziellen Leberschäden durch Medikamente s. Kap. 5, Medikamentös-toxischer Leberschaden).
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Kapitel 8
Autoimmunhepatitis (AIH)1 8
8
L. Terracciano, M. Schlageter
Inhalt Geschichte und Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Pathogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
Überlappungssyndrome (Autoimmune Overlap Syndromes – AOS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Diagnose der AOS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
Klinische, biochemische und histologische Veränderungen bei AIH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
Morphologie der hepatitischen Veränderungen . . . . 265
Serologische Klassifikation der AIH . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
Morphologie der biliären Veränderungen und Differentialdiagnose der Gallengangläsionen . . 266
AIH Typ 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
Cholestatische Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
AIH Typ 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
AIH/PBC-AOS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
AIH Typ 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
Differentialdiagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268
Pathomorphologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
Autoimmuncholangitis (AIC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268
„Kryptogene“ chronische Hepatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
AIH/PSC-AOS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
Lebertransplantation und De-novo-AIH . . . . . . . . . . . . . 265
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
1 In Memoriam von Prof. Leonardo Bianchi (1929–2011)
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_8
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L. Terracciano, M. Schlageter
Geschichte und Definition Im Jahre 1950 berichtete Waldenström über eine Serie von jungen Frauen mit schweren, wellenförmig verlaufenden persistierenden Hepatitiden, begleitet von Akne, Spidernävi, Amenorrhoe und stark erhöhten Serumglobulinen [79]. Diese Publikation gilt weltweit als Erstbeschreibung der Autoimmunhepatitis, obwohl schon früher einzelne ähnliche Fälle aus Australien, USA und Großbritannien mitgeteilt worden waren (Literatur bei Mackay [52]). Damals wurde angenommen, es handle sich um eine persistierende Virusinfektion und das Syndrom wurde mit dem Begriff „chronisch aktive Virushepatitis“ belegt. Als sich später die Evidenzen häuften, dass der Erkrankung ein Verlust der Immuntoleranz zugrunde liegen könnte, wurden bis Ende der 80er-Jahre die Bezeichnungen „lupoide“ (mit positivem LE-Zellphänomen) oder „autoimmune chronisch aktive Hepatitis“ bevorzugt. Ursprünglich wurde die Erkrankung als aggressiv, mit rascher Progression zur Zirrhose und bei unbehandelten Patienten mit einer Mortalitätsrate bis zu 80 % innerhalb von 5 Jahren nach Diagnosestellung angesehen. Klinische Verlaufsstudien in den späten 60er- und frühen 70er-Jahren ergaben jedoch in den meisten Fällen ein gutes Ansprechen auf immunsuppressive Therapie. Histologisch handelte es sich um eine chronisch aktive Hepatitis (CAH), d. h. eine portale und periportale lymphoplasmozelluläre Infiltration mit Destruktion der periportalen Grenzlamelle und dem von Popper [62] beschriebenen Leitphänomen der periportalen Piecemeal-Nekrose oder Mottenfraßnekrose [1]. Dieses histologische Befundmuster galt über Jahrzehnte als charakteristisch für das ganze Spektrum von chronisch aktiven Hepatitiden; die Bezeichnung CAH wurde je nachdem ergänzt durch die Zusätze „HBsAg-negative“, „idiopathische“, „kryptogene“ oder gelegentlich auch „Steroid-responsive non-A, non-B“-Hepatitis. Nach der Entdeckung des Hepatitis-C-Virus (HCV) 1989 wurde mit den ersten verfügbaren HCV-Antikörper-Tests bei Patienten mit vermuteter „autoimmuner“ Hepatitis eine hohe Prävalenz von HCVInfektionen festgestellt. Obwohl sich zahlreiche dieser Fälle retrospektiv als falsch-positiv erwiesen, stellt die Entdeckung der chronischen Hepatitis C einen wichtigen Meilenstein in der Klärung der Pathogenese der chronischen Hepatitis dar. Zum einen wurde die starke Heterogenität des Syndroms „chronische Hepatitis“ dargestellt, zum anderen rückte erneut das ursprüngliche Konzept eines Zusammenhangs mit einer persistierenden Virusinfektion (oder zumindest mit einem durch Virusinfekt ausgelösten Autoimmunsyndrom) in den Vordergrund. Im letzten Jahrzehnt bearbeiteten zwei spezialisierte internationale Studiengruppen die Definition der auto-
immunen, chronisch aktiven Hepatitis: Die erste Gruppe tagte 1992 in Brighton [36], die zweite 1994 anlässlich des Weltkongresses für Gastroenterologie in Los Angeles [48]. Beide Gruppen empfahlen, den Begriff „chronisch aktive Hepatitis“ zugunsten der einfachen Bezeichnung „Autoimmunhepatitis“ (AIH) fallen zu lassen, mit der Begründung, dass (a) der Erkrankung offensichtlich eine genetische Prädisposition zugrunde liege und sie demnach a priori chronisch sei, und (b) die Krankheit charakteristischerweise fluktuierend mit spontanen oder therapiebedingten Remissionen verlaufe und somit nicht immer „aktiv“ sei. Der „Brighton-Report“ [50] charakterisierte die AIH und erarbeitete ein Scoring-System von klinischen, serologischen und histologischen Kriterien, das erlauben soll, eine relativ homogene Gruppe von Patienten als definitive, als wahrscheinliche bzw. als unwahrscheinliche AIH zu selektionieren [36]. Ursprünglich als Grundlage für wissenschaftliche Arbeiten gedacht, ist dieses Scoring-System in überarbeiteter Form für die tägliche Diagnostik übernommen worden (Alvarez, s. u.). Die Los-Angeles-Gruppe definierte die AIH als „persistierende, vorwiegend periportale Hepatitis mit Hypergammaglobulinämie und positiven Autoantikörpern, die in den meisten Fällen auf immunsuppressive Therapie anspricht“ [48]. Beide Definitionen decken sich im Wesentlichen mit der Originalbeschreibung der „lupoiden“ Hepatitis, werten aber zusätzlich das gute Ansprechen auf immunsuppressive Therapie als differentialdiagnostisch wertvolles Element. Die heute geläufige Definition der AIH ist die einer „entzündlichen Lebererkrankung ohne bekannte Ätiologie, histologisch charakterisiert durch dichte mononukleäre Portalfeldinfiltration und serologisch durch positive Autoantikörper, hohe Aminotransferasen und erhöhtes SerumIgG, die in der Regel gut auf immunosuppressive Therapie anspricht“. Im Jahre 2008 wurde für die Diagnose ein vereinfachtes Scoring-System vorgeschlagen, das die folgenden vier Variablen beinhaltet: Autoantikörpertiter, SerumIgG-Werte, Leberhistologie sowie den Ausschluss einer viralen Hepatitis (Tab. 8.1). Dieses System zeigt für einen Wert von 6 Punkten, der als „wahrscheinliche AIH“ definiert ist, eine Sensitivität von 88 % und eine Spezifität von 97 %; für einen Grenzwert von 7 Punkten, der als „definitive AIH“ definiert ist, eine Sensitivität von 81 % bei einer Spezifität von 99 %. Interessanterweise erfordert dieses vereinfachte Punktesystem zwingend eine Leberhistologie. Dies liegt teilweise daran, dass erfahrungsgemäß mit der überarbeiteten Originalversion des Scoring-Systems Patienten mit einer Leberzirrhose aufgrund einer nichtalkoholischen Steatohepatitis falsch-positive Resultate zeigten. Trotzdem wäre es im klinischen Alltag sehr hilfreich, ein Screening-Werkzeug zu haben, um zu entscheiden, welche Patienten
Autoimmunhepatitis (AIH)1 Tab. 8.1 Vereinfachte diagnostische Kriterien Variable
Punkte
ANA oder SMA > 1:40
1
ANA oder SMA > 1:80
2
Kapitel 8 Tab. 8.2 Histologische Komponente der vereinfachten Kriterien zur Diagnose einer AIH Histologische Kategorie
Beschreibung
Punkte
Typisch
Grenzzonenhepatitis, lympho zytäres oder lymphoplasma zelluläres Infiltrat der Portalfelder mit Ausbreitung in die Lobuli, Emperipolese, Hepatozyten-Rosettenformation
2
Kompatibel
Chronische Hepatitis mit lymphozytärem Infiltrat ohne alle typischen Merkmale
1
Atypisch
Evidenz einer anderen Diagnose (z. B. Steatohepatitis)
0
oder LKM > 1:40 oder SLA positiv Serum-IgG – Obere Norm
1
– > 1,1fach über Normwert
2
Ausschluss einer viralen Hepatitis
2
Typische Histologie
2
Kompatible Histologie
1
Atypische Histologie
0
zur Diagnose einer AIH eine Leberbiopsie benötigen. Die histologischen Merkmale des vereinfachten Punktesystems sind in Tab. 8.2 zusammengefasst.
Pathogenese Die heute bevorzugte Hypothese sieht die AIH als eine bei genetisch prädisponierten Individuen durch exogene Faktoren (Virus? Medikamente?) ausgelöste Erkrankung. Verschiedene Gene können in einem sog. „permissiven Gen-Pool“ zusammenwirken, der sowohl das Risiko für AIH als auch den Phänotyp der AIH bestimmt. Eine Vielzahl von immunhistochemischen Studien ist dem Phänotyp der Entzündungszellen der Leber bei AIH nachgegangen: Nach Senaldi [68] überwiegen T-Lymphozyten mit Expression des α/β-T-Zell-Rezeptors. Die größere Anzahl dieser T-Zellen sind CD4+Helfer‑/Inducer-Zellen, ein kleinerer Teil CD8+-cytotoxische‑/Suppressor-Lymphozyten. Non-T-Zellen sind vergleichsweise spärlich vorhanden und bestehen – in absteigender Anzahl – aus CD16/CD56-positiven Killerzellen/Natürlichen-Killerzellen (K/NK), Makrophagen und B-Lymphozyten. Als Erklärung für den immunologischen Angriff auf die Leberzellen sind verschiedene Szenarien erarbeitet worden: Eine Störung immunregulatorischer Vorgänge im HLA-B8/DR3-Haplotyp kann zu Autoimmunität Typ 1 Anlass geben [28]; sie ist durch therapeutische Dosen von Kortikosteroiden kontrollierbar [60]. Bei AIHPatienten ist auch ein spezifischer Defekt in einer Subpopulation von T-Lymphozyten, die die Immunreaktion
257
gegenüber leberspezifischem Membranantigen (LMA) kontrolliert, nachgewiesen worden [77]. Hepatozyten von Patienten mit AIH exprimieren HLA-II-Moleküle [46] und können – obwohl selbst nicht antigenpräsentierende Zellen – mit Hilfe eines Bystander-Mechanismus [13] Peptide präsentieren. Durch die gestörte immunregulatorische Funktion im HLA-B8/DR3-Komplex und die pathologische Expression von HLA-II-Molekülen auf der Leberzellmembran kann ein Autoantigen präsentiert werden, das die T4-Lymphozyten aktiviert. Direkte Evidenzen für diese Antigenpräsentation sind zwar bis heute nicht erbracht, die Aktivierung der T4Helferzellen hingegen ist gesichert [45]. Die Anzahl der aktivierten CD4+-Lymphozyten geht parallel mit der Aktivität der AIH. Eine Typ-1-AIH ist mit dem HLA-DR3-(DRB1*0301-) und DR4-(DRB1*0401-)Haplotyp assoziiert, während Typ 2 nach neueren Arbeiten mit HLA-DR7 assoziiert ist [75]. Neulich ist gezeigt worden, dass Natürliche Killerzellen (NK), wie sie in der normalen Leber vorkommen, CD56 und gleichzeitig den T-Zell-Marker CD3 exprimieren. Es ist denkbar, dass auch sie bei pathologischen Prozessen eine Rolle spielen. Interessanterweise sind bei experimenteller Concanavalin-A-induzierter Autoimmunhepatitis bei Nagern NKT-exprimierende fas-Liganden am Leberschaden beteiligt, während deren Fehlen den Leberschaden verhindert [71]. Die Titerhöhe von Antikörpern gegen leberspezifisches Protein (LSP), einem makromolekularen Komplex auf der Leberzellmembran, sowie insbesondere gegen dessen gut charakterisierten Asialoglycoprotein-Rezeptor (ASGPR) korreliert mit der biochemischen und histologischen Aktivität der AIH [54]. Des Weiteren sind auch Antikörper gegen Alkoholdehydrogenase (ADH), ebenfalls Bestandteil des LSP-Komplexes, bei Patienten mit AIH nachgewiesen worden [49].
258
1 2 3
L. Terracciano, M. Schlageter Tab. 8.3 Serologische Typen der AIH Typ
Geographie
Antikörperprofil Immunglobuline
Häufigkeit, Alter, Geschlecht
Assoziierte Autoimmun erkrankungen
Klinischer Verlauf
1
Europa, USA
ANA (± SMA)
80 % aller AIH
IgG (97 %)
16–30 Jahre = 50 %,
Häufig: Thyreoiditis, Synovitis, Colitis ulcerosa (48 %)
Relativ benigne, fulminante Hepatitis selten, „akuter“ Beginn selten, 25 % bei Diagnose bereits Zirrhose
Häufig: Diabetes, Vitiligo, Thyreoiditis
Fulminante Verläufe und Progression zur Zirrhose häufiger als bei Typ 1. Kinder oft bei Diagnosestellung bereits Zirrhose
?
Gleicht Typ 1
4
> 50 Jahre = 50 %
5 6
70 % Frauen 2
7 8
Südeuropa > Nordeuropa, USA, Japan
LKM-1 (Cytochrom P450-2D6 = CYP 2D6); LKM-3 (Uridin-diphosphat- Glukuronyltransferase, UGT, 10 % der Typ 2); (± andere leberspezifische AK), IgG
Europa: 20 % aller AIH, USA nur 4 %
?
Lösliches Leberantigen (SLA) bzw. Leber- Pankreas-Antigen (LP) (+ SMA oder AMA = 74 %), IgG
Seltener als Typ 2; 90 % jüngere Frauen (20–40 Jahre)
9 10 11 12 13
3
vorwiegend Kinder um 10 Jahre; gelegentlich junge Erwachsene, vorwiegend Frauen
14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
Relevant sind auch Befunde über Triggering von Antikörpern (LKM) durch Viren oder Medikamente (s. u. „AIH Typ 2“ und Tab. 8.3).
Klinische, biochemische und histologische Veränderungen bei AIH Häufigkeit und Präsentation der AIH zeigen große geographische Variabilität. Nach epidemiologischen Studien beträgt die Inzidenz der Typ-1-AIH bei Kaukasiern in Europa und Nordamerika zwischen 0,1 und 1,9 pro 100.000/ Jahr; in Japan ist die Erkrankung wesentlich seltener. Die AIH zeigt keine pathognomonischen Merkmale. Die Diagnose basiert somit zum einen auf dem Ausschluss anderer Ätiologien (vor allem virale Hepatitis, primär biliäre Cholangitis, primär sklerosierende Cholangitis, Morbus Wilson, α1-Antitrypsin-Mangel, aber auch Alkohol- oder medikamentös bedingte Veränderungen, einschließlich paramedizinischer pflanzlicher Wirkstoffe bzw. Umweltgifte) und zum anderen auf dem Vorliegen einer Kombination von klinischen, biochemischen, immunologischen und histologischen Veränderungen. Es hat sich gezeigt, dass – Frauen zwar bevorzugt erkranken, jedoch zunehmend auch AIH bei Männern beobachtet wird,
– die AIH prinzipiell in allen Altersstufen auftreten kann, weltweit aber über 40-jährige Patienten überwiegen, – die AIH wellenförmig verläuft, mit Episoden von spontaner oder therapiebedingter klinisch-biochemischer Remission (bei oft histologisch weiterbestehender Aktivität!) und späteren erneuten Schüben [3]. Der Krankheitsbeginn ist in 50 % der Fälle schleichend, mit unspezifischen klinischen Symptomen wie extremer Müdigkeit; aber auch Nausea, Anorexie, Gewichtsabnahme, Abdominalbeschwerden, Hautexantheme, Arthralgien, Myalgie, wiederholte Epistaxis und Oligomenorrhoe sind nicht selten. Die Patienten präsentieren sich mit Hepatosplenomegalie, Aszites, peripheren Ödemen und gelegentlich Enzephalopathie schon im nichtzirrhotischen Stadium. Ungefähr 30 % sind bei Diagnosestellung bereits zirrhotisch, weitere 30–40 % erkranken akut, an oft stark ikterischer Hepatitis, unter Umständen mit akut-fulminantem Verlauf. Ikterus oder ikterische Episoden in der Vorgeschichte finden sich bei der Hälfte der Fälle. 40 % weisen Zeichen anderer immunologischer Störungen auf (meist rheumatische Arthritis oder Thyreoiditis). Wie frühere klinische Studien mit Plazeboarmen dargestellt haben, zeigen unbehandelte AIH-Patienten einen sehr aggressiven Verlauf. Im Seminal Royal Free Long-term Predni
Autoimmunhepatitis (AIH)1
solone Trial zeigten unbehandelte Patienten ein medianes Überleben von 3,3 Jahren im Vergleich zu 12,2 Jahren in der steroidtherapierten Gruppe [40]. Frühzeitiges Einsetzen einer immunsuppressiven Therapie ist besonders bei akut erkrankten Patienten anzustreben, um ein Leberversagen und eine notfallmäßige Lebertransplantation zu verhindern. Bei 10–20 % der Patienten ohne Lebersymptomatologie wird die Diagnose bei bioptischer Abklärung zufällig entdeckter erhöhter Aminotransferasen gestellt oder anlässlich eines Arztbesuches wegen anderweitiger, meist endokrinologischer oder rheumatischer Erkrankungen. Im Hinblick auf die Demografie, Zirrhosehäufigkeit und anderweitige immunologische Erkrankungen unterscheiden sich primär „asymptomatische“ Patienten nicht von symptomatischen mit schleichendem oder mit akutem Krankheitsbeginn. Laborchemisch zeigt sich ein typisches hepatitisches Muster mit erhöhten Aminotransferasen bei normalem oder leicht erhöhtem Bilirubin und alkalischer Phosphatase. Die γGT ist variabel und zudem von unsicherer Bedeutung. Hingegen ist eine IgG-Hypergammaglobulinämie typisch, IgM kann mäßig erhöht sein, IgA meist normal. Individuelle Schwankungen im biochemischen Profil sind erheblich, wobei verhältnismäßig gering erhöhte Aminotransferasen, Bilirubin oder IgG nicht auf eine weniger aktive Erkrankung schließen lassen oder gar die Diagnose in Frage stellen. Angesichts der großen Variabilität in der klinischen Präsentation ist das von der internationalen Studiengruppe entwickelte, revidierte Scoring-System [3] für die korrekte Diagnose von großem Wert. Es lässt je nach Score-Werten eine AIH als sicher, wahrscheinlich oder unwahrscheinlich identifizieren und eignet sich auch als Vergleichsmaßstab vor und nach Kortisontherapie. Die Histologie hat ein großes Gewicht in der Diagnostik. Interphasenhepatitis, d. h. dichte, vorwiegend lymphoplasmozelluläre portale und periportale/periseptale Infiltrate mit oft reichlich Plasmazellen und PiecemealNekrosen sind wichtige Merkmale. Bei schweren Fällen zeigen sich stärkere intralobuläre Entzündungsinfiltrate und wechselnd ausgedehnte perivenuläre konfluierende, unter Umständen brückenbildende Nekrosen bis zu panlobulären Nekrosen. Ferner sind die Bildung von Leberzellrosetten, Duktulusproliferationen und Regenerationszeichen auch in nichtzirrhotischen Lebern typisch. Keine dieser Veränderungen ist jedoch pathognomonisch für eine AIH. Gleichartige Befundmuster, aber mit zusätzlichen Granulomen oder mit Gallengangveränderungen wie bei PBC oder PSC sollten von der AIH abgegrenzt werden und als „ungewöhnliche Variante“ bzw. als „Überlappungssyndrome“ (s. u.) ausgewiesen werden.
Kapitel 8
Serologische Klassifikation der AIH Immunserologisch lassen sich drei Typen der AIH charakterisieren, die sich aber prinzipiell klinisch-morphologisch und bezüglich der Therapie nicht unterscheiden. Die Typisierung dient also vorwiegend der genaueren diagnostischen Aussage (s. Tab. 8.3)
AIH Typ 1 Charakteristisch hierfür sind antinukleäre Antikörper (ANA). Antikörper gegen glatte Muskulatur (SMA) können ebenfalls nachweisbar sein. Klinisch zeigen 97 % der Patienten eine Hypergammaglobulinämie mit stark erhöhtem IgG. Typ 1 macht 80 % aller AIH aus und ist die häufigste Variante. Sie entspricht der früher von Mackay [51] als „lupoide“, „klassische“ oder „idiopathische“ Hepatitis beschriebenen Form. 70 % sind Frauen, mit Häufung im Alter zwischen 16 und 30 Jahren; 50 % sind älter als 30 Jahre. Eine Assoziation mit anderen Immunsyndromen, besonders Autoimmunthyreoiditis, Synovialitis und/oder Colitis ulcerosa besteht in 48 %. Der klinische Verlauf ist meistens nicht fulminant. Ein akuter Krankheitsbeginn scheint selten, obwohl vereinzelt Fälle mit fulminanter Hepatitis bekannt sind. 25 % der Patienten sind bei Diagnosestellung bereits zirrhotisch.
AIH Typ 2 Diese Form ist in Südeuropa häufiger als in Nordeuropa, Japan oder den USA (in Europa 20 % der AIH, in USA nur 4 % [23]). Charakteristisch sind Antikörper gegen Leber-Nieren-Mikrosomen (LKM-1), gerichtet gegen Cytochrom P450-2D6 (CYP 2D6) [34]. Die Assoziation von LKM-1 und Typ-2-AIH ist sehr streng; CYP2D6 ist auf der Leberzellmembran nachgewiesen worden [58], so dass dem LKM-1 möglicherweise eine pathogenetische Rolle zuzuschreiben ist. 10 % der Patienten zeigen LKM-3-Antikörper, gerichtet gegen Uridin-diphosphat-Glukuronyltransferasen (UGT) [69]. Andere organspezifische Antikörper sind häufiger als beim Typ 1, ebenso zusätzliche extrahepatische Immunsyndrome, wie Diabetes, Vitiligo oder Thyreoiditis. Serumimmunglobuline sind erhöht, IgA vermindert. Eine AIH Typ 2 ist eine Erkrankung, die vorwiegend bei Kindern auftritt (mittleres Lebensalter bei Krankheitsbeginn um 10 Jahre), gelegentlich erkranken – besonders in Europa – auch Erwachsene, bevorzugt Frauen.
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Eine Progression zur Zirrhose und auch fulminante Verläufe sind häufiger als beim Typ 1. Kinder haben bei Diagnosestellung oft bereits eine etablierte Zirrhose. Interessanterweise können LKM-Antikörper nicht nur durch Autoimmunmechanismen ausgelöst werden, sondern auch durch eine Reihe von Medikamenten (Tienilsäure, Ticrynafen, Dihydralazin, Halothan, Phenytoin, Phenobarbital, Carbamazepin) sowie durch das Hepatitis-C- und -D-Virus (HCV, HDV) [69, 70]. LKM-1-Antikörper werden bei 10 % der HCV-Infektionen nachgewiesen und dies scheint mit einem schwereren Verlauf der Hepatitis C sowie Unverträglichkeitsreaktionen bei Interferontherapie zu korrelieren [78]. Weiterhin ist ein kleiner Teil der LKM-1-positiven AIH positiv für HCV, wobei die Bedeutung des HCV bei dieser Konstellation unklar ist [44].
AIH Typ 3 Serologische Marker dieses Typs sind Antikörper gegen lösliches Leberantigen (SLA) bzw. das identische LeberPankreas-Antigen (LP). Die Spezifität der SLA/LP für AIH ist sehr hoch. Sie finden sich in 10–30 % aller Patienten mit AIH [6, 31]. 74 % der Patienten haben zusätzlich weitere serologische AI-Marker, z. B. positive SMA oder AMA. Typ 3 ist seltener als Typ 2 und findet sich in 90 % bei jüngeren Frauen (Altersgipfel zwischen 20 und 40 Jahren). Klinisch gleicht Typ 3 dem Typ 1.
Pathomorphologie Pathognomonische histologische Phänomene für AIH existieren nicht; die histologische Diagnostik hat sich vorwiegend auf das Abwägen AIH-kompatibler und nicht-kompatibler Einzelphänomene zu stützen. Überdies ist der Dialog des Pathologen mit dem Kliniker über mögliche Differentialdiagnosen unerlässlich, da die histologischen Veränderungen allein nicht zuverlässig erlauben, eine AIH von viraler, medikamentös bedingter oder anderweitig immunvermittelter Hepatitis abzugrenzen. Die Leberbiopsie ist weiterhin unerlässlich für die Diagnose einer AIH und sollte bei allen Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose erfolgen, insbesondere, um Differentialdiagnosen auszuschließen und prognostische Information zu gewinnen [30, 53]. Die Leberhistologie ist derzeit der Standard, um die nekroinflammatorische Aktivität zu gradieren und den Fibrosegrad festzustellen. Zurzeit existiert spezifisch für AIH noch kein histologisches Scoring-System.
Abb. 8.1 AIH: Histologie der drei Haupttypen. Drei histologische Prototypen als Ecksteine eines kontinuierlichen histologischen Spektrums. Die drei Prototypen sind nicht scharf voneinander abgegrenzte histologische (und/oder klinisch-serologische) Einheiten, sondern gehen fließend ineinander über – ein Spektrum also wie z. B. bei Hepatitis-B-Virusinfektion. Abb. 8.1 und Tab. 8.2 haben unter anderem den Zweck, auf die beiden wenig beachteten, aber keinesfalls seltenen Typen (1) und (3) aufmerksam zu machen
Obwohl keine der histologischen Veränderungen beweisend ist, sind doch einige morphologische Phänomene als charakteristisch für AIH beschrieben [4, 14, 26, 55]. Nekroinflammatorische Veränderungen und Progression der Leberläsionen wechseln stark von Fall zu Fall, je nach initialem Befund, Krankheitsphase und Stadium. So kann sich eine AIH mit einem breiten Spektrum hepatitischer Veränderungen präsentieren, die von milder Portalhepatitis über akut-nekrotisierende Schübe bis hin zur Zirrhose reichen (Tab. 8.4 und Abb. 8.1). Leitphänomen der klassischen AIH ist eine Interphasenhepatitis: Lympho(plasma)zelluläre Infiltrate brechen vom Portalfeld her durch die periportale Grenzlamelle in das Parenchym ein und greifen periportale Hepatozyten an (Abb. 8.2a). Es entsteht das Phänomen der Peripolese/ Emperipolese, wobei die Leberzellen zunehmend apoptotisch untergehen. In der Interphase und auch intralobulär sind Plasmazellen bei AIH, verglichen mit viraler chronischer Hepatitis, häufig recht zahlreich (Abb. 8.2b). Jedoch zeigen 34 % der AIH keine Plasmazellvermehrung, was die Diagnose keineswegs ausschließt. Lymphfollikelformationen können vorkommen, sind aber weniger prominent als bei chronischer Hepatitis C. Ein weiteres, für AIH charakteristisches, aber nicht beweisendes Phänomen ist Rosettenbildung: Gruppen von großen, blassen Leberzellen formieren sich zu kleinen azinären Gebilden (Abb. 8.2c). Ultrastrukturell und immunhistochemisch zeigen diese Hepatozyten Kriterien von Duktuluszellen. Duktulusproliferationen sind wechselnd stark ausgeprägt. Außer der periportalen/periseptalen Entzündung äußert sich der Leberzellschaden intralobulär mit Kernpolymorphie, Ballonierung und hydropischer Leberzellschwellung sowie Apoptosen. Diese lobuläre Hepatitis
Autoimmunhepatitis (AIH)1
Kapitel 8
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Tab. 8.4 Histologie der Autoimmunhepatitis Typ 1
2
Portal
Periportal
Lobulär
Fibrose
Akute (fulminante) AIH
Lymphozyten +++
+ − ++
Schwer, diffus, meist konfluierende Nekrosen
0 − +
Klassische „konventionelle“ AIH
Lymphozyten ++
++ − +++
je nach „Schub“
+ − +++
Plasmazellen ++
Interphasenhepatitis
+ − +++
Plasmazellen +++
+/− konfluierende Nekrosen 3
Regressive AIH (verschiedene Aktivitätsgrade)
Lymphozyten + Plasmazellen 0 − +
Meist 0 oder „Residuen“
stellt sich besonders während Schüben ein und kann spontan oder unter Immunsuppression wieder abklingen. Ähnlich wie bei chronischer viraler Hepatitis lassen sich die entzündlichen Veränderungen mit einem Aktivitäts-Score (Grading) histologisch semiquantitativ erfassen [25]. In der Regel zeigt die AIH verglichen mit chronischer Hepatitis C (HC) ein viel breiteres Aktivitätsspektrum, von praktisch inaktiver Portalfeldentzündung bis zu massiver Nekrose reichend. Perivenuläre konfluierende Nekrosen, Brückennekrosen und auch panlobuläre Nekrosen sind häufig (Abb. 8.3a–c). Bei wenigen Patienten (9 % nach Czaja [19]) kann zusätzlich eine milde lymphozytäre Cholangitis vorliegen, mit Gallengangläsionen vom hepatitischen Typ (s. a. unter Overlap-Syndrome). Im Gegensatz zur HC ist meist keine Leberzellverfettung nachweisbar. Ähnlich wie bei einer chronischen viralen Hepatitis durchläuft die progressive Fibrosierung (Staging) die Stadien von portaler zu periportaler Fibrose und über septal-brückenbildende Fibrose zur Zirrhose. Auch bei etablierter Zirrhose kann die Interphasenhepatitis entlang der Bindegewebssepten und/oder von regenerativen Noduli weiterbestehen. Anderseits kann die entzündliche Aktivität sistieren und es kommt zu einer blanden, „inaktiven“ Zirrhose. Die differenzierte Evaluation von Grading (Entzündungsaktivität) und Staging (Fibrosierungsgrad) ist besonders wichtig [25]. Als morphologisches Äquivalent bei klinisch „akuter“ AIH beschreibt Lefkowitch [43] in der Tat eine akute lobuläre Hepatitis mit Leberzellschwellungen, azidophilen Körpern, Verfettung, Cholestase nebst Piecemeal-Nekrosen und portal vermehrten Plasmazellen. In einer Studie aus der Mayo Clinic wird aber berichtet, dass fast alle Biopsien von Patienten mit klinisch „akut“ einsetzender AIH histologisch Zeichen von Chronizität aufwiesen, die an eine vorausgegangene subklinische Krankheitsphase denken lassen, so dass diese Autoren annehmen, die AIH sei a priori als chronische Erkrankung anzusehen [10].
Meist 0 oder „Residuen“
Stark wechselnder Befund, evtl. bereits Zirrhose
Hingegen sind seltene Fälle von klinisch akutem Leberversagen mit entsprechender Histologie beschrieben. Auch eine lobuläre Hepatitis mit zentrolobulären Nekrosen, ähnlich viraler, besonders HBV-induzierter oder medikamentös bedingter Hepatitis sind beschrieben worden [57]. AIH und Riesenzellen: Gehäufte synzytiale Riesenzellen (mit mehr als 4 Kernen = postinfantile Riesenzellhepatitis) sind bei cholestatischen Lebererkrankungen mit negativer Virusserologie und ohne Hinweise auf Exposition gegenüber potentiell hepatotoxischen Substanzen beobachtet worden. 50 % dieser Fälle gingen mit positiven Autoantikörpern (meist ANA) einher oder waren kombiniert mit anderen Autoimmunphänomenen [7]. Die Ätiologie dieses Syndroms ist aber nicht geklärt. Einige Autoren vermuten eine unspezifische, ungewöhnliche Immunreaktivität aus verschiedenen Ursachen (z. B. gegen Viren, Medikamente) [42]. Andere haben Fälle mit Paramyxovirus-Infektion vorgestellt [61]. Hepatozelluläre Riesenzellen in Leberbiopsien sollten stets auch an die Möglichkeit einer PSC denken lassen (s. u.). Eine Therapie mit Prednison allein oder kombiniert mit Azathioprin führt bei AIH in 65 % der Patienten zur Remission innerhalb 18 Monaten [24]. Interessanterweise „hinkt“ die Histologie klinischen und laborchemischen Remissionen i. d. R. 3–6 Monate hinterher, so dass der klinisch-biochemische Befund einer „Remission“ nicht als solche gewertet werden darf [18]. Neulich ist postuliert worden, dass eine Kortisonbehandlung wegen der Milderung der entzündlichen Aktivität und/oder der Suppression des immunologischen Prozesses auch die Progression der Fibrosierung mitanhalten könne (Abb. 8.4a–c und 8.5a,b; [20]). Trotzdem entwickelt sich bei mindestens 40 % der Patienten innerhalb von 10 Jahren eine Zirrhose. Neuere Untersuchungen zeigen, dass progressive Krankheitsphasen mit Zunahme der
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Abb. 8.2 a–c Histologie der klassischen AIH. a Schwere Portalentzündung und kontinuierliche Interphasenhepatitis (PiecemealNekrosen [H&E]). b Interphasenhepatitis: Beachte den Reichtum an Plasmazellen (H&E). c Interphasenhepatitis mit Rosettenbildung als Ausdruck der regenerativen Aktivität (H&E)
Abb. 8.3 a–c Histologie der AIH. a Perivenuläre konfluierende Nekrosen – ein inobligates, aber vergleichsweise häufiges Phänomen (H&E). b Pan- und multilobuläre Nekrosen bei AIH (H&E). c Etablierte Zirrhose bei immer noch stark aktiver AIH: beachte Interphasenhepatitis (H&E)
histologischen Aktivität und von HLA-DR3 und DR4 einhergehen [21]. Die Zirrhose bei AIH ist vom postnekrotischen Typ, mit aktiven nekroinflammatorischen Veränderungen, deren Ausmaß und Schweregrad von Azinus zu Azinus
wechselnd stark sein kann, sodass Abschnitte von aktiver und von inaktiver Zirrhose in ein und derselben Biopsie vorliegen können (Abb. 8.6a,b). Ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) entwickelt sich in AIH-Zirrhosen nur selten [11]. Bei einigen der publi-
Autoimmunhepatitis (AIH)1
Kapitel 8
a
a
b
b Abb. 8.5 a,b Fibrose bei AIH nach immunsuppressiver Therapie. a Portalfibrose und inkomplette Septen bei klassischer AIH (Siriusrot). b Regression (?) der Fibrose nach 6-monatiger immunsuppressiver Therapie. Beachte: Gefahr von Trefferfehlern bei der Beurteilung des Fibrosestadiums (Siriusrot)
c Abb. 8.4 a–c Verlauf der AIH nach immunsuppressiver Therapie. a Stark aktive AIH vor Therapie (H&E). b Derselbe Fall nach 6 Monaten immunsuppressiver Therapie: Eindeutige, aber noch unvollständige Regression der Entzündungsaktivität. Typisch: totaler Rückgang der lobulären Entzündung bei Persistenz der PiecemealNekrosen (H&E). c Derselbe Fall nach 10 Monaten Therapie: weitere Regression der Entzündung. Interphasenhepatitis jetzt verschwunden, keine lobuläre Hepatitis. Nur noch schüttere residuelle Portalentzündung (vgl. Abb. 8.1: Typ 3) (H&E)
zierten Fällen ist eine aktive Rolle einer gleichzeitigen HCV-Infektion vermutet worden [66]. Die histologische Remission einer AIH ist definiert durch den völligen Rückgang der Interphasenhepatitis (s. Abb. 8.4a–c). In diesem Sinne kann sich eine aktive Zirrhose zur inaktiven Zirrhose umwandeln. Neben der Interphasenhepatitis gehen auch die nekroinflammatorischen (intralobulären) Infiltrate und die Portalfeldentzündung wesentlich zurück oder versiegen völlig, hingegen treten Zeichen der diffusen regenerativen Aktivität auf. Auch die in wenigen Fällen beobachteten Gallengang läsionen gehen unter Steroidtherapie zurück. Bei erneuten Schüben (z. B. nach Reduktion oder Absetzen der Steroidtherapie) kommt es wieder zum aktiven Stadium mit Aufflammen der entzündlichnekrotisierenden Veränderungen, die aber auf eine Steigerung der Immunsuppression wieder ansprechen. Unter Steroiden kann sich eine Leberzellverfettung einstellen.
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L. Terracciano, M. Schlageter
1
Tab. 8.5 Histologische Differentialdiagnose der Autoimmunhepatitis
2 3 4
Klinische Diagnose
Differentialdiagnostisch wichtige histologische Befunde
Morbus Wilson
– Normale Architektur, Interphasen hepatitis oder Zirrhose – Konfluierende Nekrosen selten
5
– Verfettung häufig (vor allem feintropfig), Glykogenkerne
6
– histologisch Kupfer nicht immer nachweisbar
7 8
– Mallory-Körper
a Äthylische/ nichtäthylische Steatohepatitis (NASH)
9 10
– Portale und lobuläre lympholeukozytäre Infiltrate
12
Virushepatitis
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– Wenig Plasmazellen, besonders bei Hepatitis C – Besondere Hepatitis-spezifische Veränderungen wie HBsAg-haltige Milchglaszellen oder Sandkerne bei Hepatitis B
14 16
– Hydropische Leberzellschwellung und Mallory-Körper, leukozytäre Satellitose – Perivenuläre und perizelluläre Fibrose
11
15
– Ausgedehnte grobtropfige Verfettung
b Abb. 8.6 a,b Leberzirrhose bei AIH. a Typische grobknotige hepatitische Zirrhose bei AIH. Beachte rote Narbenzonen (Makro). b Klein- bis mittelgrobknotige Zirrhose bei AIH (Siriusrot)
Differentialdiagnostisch sind verschiedene Krankheitsbilder von der AIH abzugrenzen, darunter vor allem Morbus Wilson, alkoholische oder nichtalkoholische Steatohepatitis (ASH, NASH), virale (Hepatitis B, C) und medikamentös bedingte chronische Hepatitiden (Tab. 8.5)
„Kryptogene“ chronische Hepatitis Über 10 % erwachsener Patienten mit nichtviraler chronischer Hepatitis und ohne nachweisbare Autoantikörper erfüllen die übrigen Kriterien einer AIH (z. B. kein Unterschied bezüglich Alter, Geschlecht, Häufigkeit anderer immunologischer Erkrankungen, HLA-Typen); sie werden als „kryptogen“ bezeichnet (Synonym: „Autoantikörper- und Virusmarker-negative chronische Hepatitis“). Die Histologie deckt sich mit der einer „klassischen AIH“; u. U. lassen sich unkonventionelle
Medikamentöse chronische Hepatitis
Hepatitische oder biliäre Muster mit zusätzlich einem oder mehreren der folgenden Phänomene: – kanalikuläre Cholestase, Portalödem, Duktulusproliferation – Steatohepatitis, Granulome, eosinophile Infiltrate, destruierende oder nichtdestruierende Cholangitis (präterminale oder terminale Gallengänge) – Portale und lobuläre Hepatitis ungleichmäßig (nicht alle Portalfelder/Azini betroffen) – Gemischte hepatitisch/cholestatische Schädigung häufig
Antikörper nachweisen [16]. Diese Patienten werden nicht selten von einer potentiell wirksamen Prednisontherapie ausgeschlossen [15]. Wichtig scheint aber, dass diese Fälle gleich gut auf Kortison ansprechen wie die klassische AIH; bei einigen dieser Patienten sind zudem im späteren Verlauf typische AIH-spezifische Autoantikörper aufgetreten.
Autoimmunhepatitis (AIH)1
Lebertransplantation und De-novo-AIH Patienten mit dekompensierter AIH sind günstige Kandidaten für eine Lebertransplantation; sie zeigen eine 5und 10-Jahres-Überlebensrate von nahezu 75 %. Es besteht allerdings das Risiko einer neu auftretenden AIH im Transplantat. Außerdem ist in Lebertransplantaten bei Kindern, die wegen nichtautoimmunen Krankheiten transplantiert wurden, eine AIH beschrieben worden [35, 39]. Diese AIH ist begleitet von positiven Autoantikörpern, hohem Serum-IgG sowie histologisch chronischer Hepatitis und spricht auf die Standardtherapie der AIH an [67]. Die Pathogenese der Posttransplantations-AIH ist ungeklärt. Als mögliche Mechanismen wurde eine Freisetzung von Autoantigenen aus geschädigtem Gewebe oder molekulare Mimikry mit infektiösen Agenzien diskutiert. Die Beobachtung, dass alle Patienten in einer Beobachtungsserie im Zusammenhang mit CMV-, EBVoder Parvovirusinfektion eine De-novo-Posttransplantations-AIH entwickelten, unterstützt die letztere Hypothese [67]. Andere Vorgänge, durch die virale Infekte zu Autoimmunität führen könnten, sind polyklonale Stimulation, Induktion bzw. Verstärkung von Membranexpression von MHC-I-und -II-Antigenen, Interferenz mit immunoregulatorischen Zellen und/oder mit dem Idiotype/anti-Idiotype-Netzwerk. Ob die De-novo-AIH nach Transplantation auf einem Autoimmunangriff beruht oder eine Form von Transplantatverwerfung darstellt, bleibt abzuklären.
Überlappungssyndrome (Autoimmune Overlap Syndromes – AOS) Die Aktivierung von autoreaktiven Zellen ist der zentrale Vorgang bei autoimmunen Prozessen. Sie läuft in mehreren Schritten ab, bei denen eine genetische Prädisposition und Umweltfaktoren (Medikamente, Chemikalien, Ernährung, Infekte) sowie das lokale Gewebemikroklima eine Rolle spielen. Die drei häufigsten derartigen immunvermittelten Lebererkrankungen sind AIH, primär biliäre Cholangitis (PBC) und primär sklerosierende Cholangitis (PSC). Sie lassen sich klinisch, biochemisch, serologisch und histologisch in der Regel gut diagnostizieren. Es gibt aber Fälle mit Zeichen einer autoimmunen Lebererkrankung, die sich nicht in die etablierten Kriterien einer dieser Krankheiten einordnen lassen. Da bei diesen Fällen normalerweise charakteristische Kriterien der einen Erkrankung mit Kriterien einer anderen Erkrankung überlappen, ist dafür der Begriff autoimmunes Überlappungssyndrom (AOS) vorgeschlagen worden.
Kapitel 8
AOS werden somit definiert als Vorliegen (gleichzeitig oder gestaffelt) von morphologischen und serologischen Zeichen von zwei verschiedenen autoimmunen Leberkrankheiten (Synonym: autoimmune „Zwei-Komponenten-Erkrankung“). Da die Ätiologie der klassischen AIH unbekannt ist, lassen sich auch die AOS nicht aufgrund der Ätiologie definieren. Die Einschätzung eines AOS kann sich demnach ausschließlich auf immunserologische und biochemische Befunde, klinische Präsentation und das histomorphologische Befundmuster abstützen. Es besteht zurzeit noch keine Einigkeit in der Frage, ob diese AOS tatsächlich eine echte nosologische Einheit mit besonderen histologischen und klinischen Veränderungen darstellen, oder ob es sich um nur ein „zufälliges“ Zusammentreffen zweier verschiedener autoimmuner Leberkrankheiten handelt. Prinzipiell sind drei verschiedene Szenarien beschrieben worden: – simultanes Auftreten von zwei dieser Autoimmunerkrankungen (z. B. AIH+PBC oder AIH+PSC, evtl. PBC+PSC), – Vorliegen einer dominanten autoimmunen Erkrankung mit zusätzlichen Eigenschaften einer zweiten und – konsekutives Auftreten von zwei der Autoimmunerkrankungen mit Wechsel des Erscheinungsbildes und somit Änderung der Diagnose (und Therapie!). Die meisten beobachteten Fälle dürften sich in das Szenarium 1 oder 2 einordnen. Es sind aber eindeutige Einzelbeobachtungen publiziert, bei denen sowohl serologisch als auch morphologisch das Muster einer der drei Krankheiten von dem einer anderen abgelöst worden ist, z. B. Wechsel von Kriterien der AIH zu PSC oder umgekehrt. Da die Therapiewahl bei AIH und bei den biliären Erkrankungen (PBC, PSC) unterschiedlich ist, ist der differenzierten Abklärung besondere Sorgfalt zu widmen.
Diagnose der AOS Bei AOS ist serologisch, immunmorphologisch und oft auch klinisch sowohl eine hepatitische als auch eine cholangitische (biliäre) Komponente erkennbar (Tab. 8.6).
Morphologie der hepatitischen Veränderungen Wie bereits erwähnt, sind eine Interphasenhepatitis mit lymphoplasmazellulärer portaler und periportaler He-
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266
1
L. Terracciano, M. Schlageter
Tab. 8.6 Überlappungssyndrome (AOS) AIH/PBC und AIH/PSC
2
Hepatitische Komponente
Cholangitische Komponente
3
AIH
PBC
PSC
Serumenzyme
ALT ++, AST ++
Alk. Phosphatase ++
γGT ++
Immunserologie
ANA +, SMA (+), (SLA/ LP), LKM1
AMA +++
(pANCA 70 %)
IgG ++
IgM ++
Ausgeprägte lobuläre (perivenuläre) Hepatitis (obligat)
Unspezifische Cholestasezeichen bei beiden: Periportale hepatozelluläre Netzdegeneration, Kupferakkumulation, cholestatische Rosetten, Mallory-Körper
Perivenuläre konfluierende Nekrosen (inobligat)
Perivenuläre kanalikuläre Bilirubinostase
Hepatozelluläre Bilirubinostase
Nur (+) in Endstadien
+++
4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
Histologie
ANA (+), SMA (+) IgG +
Diagnostische Gallengangläsionen: Nichteitrige segmentale Destruktion, Basalmembran rupturiert, Granulome, Gallengangschwund
patitis mit Piecemeal-Nekrosen und wechselnd starken lobulären nekroinflammatorischen Veränderungen mit Apoptosen, Ballonierung von Leberzellen und (fakultativ) konfluierenden Nekrosen das sine qua non der klassischen AIH. Dieselben Befunde sind denn auch die relevanten hepatitischen Veränderungen bei AOS. Allerdings dürfen diese hepatitischen Läsionen nicht als pathognomonisch für ein AOS angesehen werden [59], denn auch bei klassischer, „reiner“ PBC und bei PSC kann sich eine beträchtliche Interphasenhepatitis sowie eine gewisse lobuläre Hepatitis einstellen. Konfluierende Nekrosen jedoch gehören nicht zum Befundmuster einer PBC oder PSC; deren Vorliegen bei autoimmuner biliärer Erkrankung lässt immer an ein AOS denken. So zeigten 4 von 5 PBC-Patienten mit konfluierenden Nekrosen positive ANA, SMA und/oder hohes SerumIgG [59]. Die bei klassischer AIH häufige beobachtete Rosettenbildung von Leberzellen ist bei AOS selten. Interessanterweise sind bei PSC/AIH-AOS gleichzeitige Riesenzellhepatitiden beschrieben worden [65]. Hepatische Riesenzellen scheinen bei sonst typischer PSC nicht selten zu sein (Abb. 8.7a,b; [7, 65]).
Morphologie der biliären Veränderungen und Differentialdiagnose der Gallengangläsionen – Die Gallengangläsionen vom hepatitischen Typ betreffen meist kleinere Gallengänge ( 50 mm vor. Das Gangepithel ist einschichtig, granulär, eosinophil oder vakuolisiert. Infiltration mit Lympho- und Histiozyten ist die Regel. Die Basalmembran ist verdickt oder rupturiert. Ein Gallengangschwund ist das Resultat. Charakteristischerweise ist die PBC-Gallengangläsion oft flankiert von einem Epitheloidzellgranulom. – Bei Gallengangläsion vom PSC-Typ, ebenfalls an größeren Gallengängen von > 50 mm, zeigt sich eine schwere Degeneration und Atrophie des Gangepithels mit irregulärer Einengung des Ganglumens und oft typischer konzentrisch geschichteter, zwiebelschalenartiger periduktaler Fibrose (Perisklerose) mit nachfolgender Duktopenie.
Autoimmunhepatitis (AIH)1
Kapitel 8
Fälle vorliegen; ihr Fehlen schließt die Diagnose eines AOS nicht aus.
Cholestatische Veränderungen
a
Sie äußern sich in Cholat-bedingter Netzdegeneration von peripherolobulären Hepatozyten, intrahepatozellulärer Akkumulation von kupferbindendem Metallothionein (Abb. 8.9c) bzw. Kupfer, cholestatischen Mallory-Körpern und perivenulärer kanalikulärer und hepatozellulärer Bilirubinostase. Solche Veränderungen stellen sich bei PBC erst im späten Krankheitsverlauf, bei PSC schon relativ früh ein. Fälle von AIH mit histologischen und serologischen Cholestasezeichen sind stark verdächtig auf AOS (AIH/PBC oder AIH/PSC). Auch bei AIH mit ausgeprägt erhöhter alkalischer Phosphatase muss rigoros auf AOS abgeklärt werden.
AIH/PBC-AOS
b Abb. 8.7 a,b Primär sklerosierende Cholangitis. a Synzytiale mehrkernige Riesenzellen bei PSC. Beachte: cholestatische Mallory-Körper in und neben Riesenzellen (H&E). b ERCP bei PSC: perlschnurartiges Bild mit Strikturen, abwechselnd mit Ausweitungen
Diese drei Typen von Gallengangläsionen sind aber nicht immer klar definierbar: – Besonders bei AOS finden sich nicht selten in ein und derselben Biopsie verschiedenartige Läsionen, z. B. gleichzeitig vom PBC- und vom PSC-Typ. – Gallengangläsionen vom hepatitischen Typ finden sich in bis zu 20 % von (meist sehr stark aktiver) AIH, ohne dass ein AOS diagnostiziert werden könnte. In einer Übersicht von 84 Patienten mit AIH fand Czaja [19] Gallengangläsionen ähnlich der PBC. Die Autoren konnten in diesen Fällen ein schwach exprimiertes AOS allerdings nicht ausschließen. – Trefferfehler für Gallengangläsionen können in Nadelbiopsien nach Portmann [63] in bis zu 60 % der
Diese chronische Lebererkrankung mit morphologischen, serologischen und klinischen Phänomenen sowohl von AIH als auch von PBC ist erstmals von Klöppel [41] beschrieben worden. Nach neueren Arbeiten [12, 17, 47, 72] wird vermutet , dass 10–20 % aller PBC-Fälle, gemessen an konventionellen Kriterien oder mittels des AIH-Score-Systems, gleichzeitig Anzeichen einer AIH aufweisen. Anderseits finden sich bei ca. 5 % der Patienten mit der Primärdiagnose AIH für PBC typische Zeichen (erhöhtes Bilirubin und alkalische Phosphatase, histologisch verdächtige Elemente). Es besteht bis heute kein Konsens über die diagnostischen Kriterien des AIH/PBC-AOS. Eine zuverlässige Klassifikation und Terminologie bleibt schwierig, da sie im Wesentlichen auf dem relativen Stellenwert der einzelnen diagnostischen Befunde bezüglich ihrer relativen „Spezifität“ für die eine oder andere Krankheitskomponente beruhen. Französische Autoren [12, 64] fordern für jede der beiden Komponenten mindestens zwei der drei folgenden Kriterien: – für PBC: – alkalische Phosphatase mindestens 2fache obere Norm, – AMA positiv, – histologisch nachgewiesene floride Gallen gang läsionen; – für AIH: – ALT mindestens 5fache obere Norm, – IgG mindestens 2fache obere Norm oder positive Titer für SMA und – mäßig bis stark ausgeprägte periportale oder periseptale Piecemeal-Nekrosen (Abb. 8.8a–c).
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268
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Abb. 8.8 a–c Überlappungssyndrom AIH/PBC. a Ausgeprägte hepatitische Komponente: schwere lobuläre Entzündung (H&E). b Dieselbe Biopsie. Cholangitische Komponente: typische Gallengangläsion (Pfeil) und portales Granulom (Stern) (H&E). c Dieselbe Patientin, 1 Jahr nach Immunsuppression: totale Rückbildung der hepatitischen Komponente bei Persistenz der cholangitischen Komponente (= Nichtansprechen der cholangitischen Komponente auf Steroidtherapie) (H&E)
Diese Kriterien wurden kürzlich auch in die Leitlinien zur Behandlung cholestatischer Lebererkrankungen der European Association for the Study of the Liver (EASL) aufgenommen, wobei zur Diagnose eines PBC-AIHÜberlappungssyndroms gefordert wird, dass histologisch eine Grenzzonenhepatitis vorliegt [8, 29] a
Differentialdiagnose Die schwierigste Differentialdiagnose eines PBC/AIHAOS ist die „stark aktive PBC“ und die sog. „Autoimmuncholangitis“ (Tab. 8.7). Die stark aktive PBC zeigt neben den PBC-typischen biliären Veränderungen eine besonders stark ausgeprägte Interphasenhepatitis und oft eine deutliche lobuläre Hepatitis (Abb. 8.9a), jedoch in der Regel keine konfluierenden Nekrosen. In diesen Fällen finden sich denn auch, oft zusätzlich zu den AMA, ANA mit gesprenkeltem Muster. Bei echtem AIH/PBC-AOS hingegen sind serologisch neben AMA auch SMA und/oder ANA mit homogenem Muster positiv, und histologisch sind beide Komponenten klar erkennbar [74]. Diese Formen profitieren von einer kombinierten Therapie mit Ursodesoxycholsäure (Urso) und Kortikosteroiden [12, 47]. Nach Ansicht anderer Autoren [37] sollen die auf AIH-hinweisenden Phänomene jedoch bei PBC nur vorübergehend vorhanden sein, der Therapieeffekt von Urso sei jedenfalls vergleichbar bei PBC-Patienten mit und ohne hepatitischer Komponente.
b
Autoimmuncholangitis (AIC) 1987 haben Brunner und Klinge [9] vier AMA-negative Patienten mit histologischen Zeichen von PBC (Gallengangläsionen vom biliären Typ, Granulome, Duktopenie) und serologischen Befunden von AIH, d. h. hochtitrigen ANA beobachtet und dieses Syndrom als „Immuncholangitis“ bezeichnet. Seither sind zahlreiche ähnliche Fälle unter der Bezeichnung „primäre autoimmune Cholangitis“ oder „autoimmune Cholangiopathie“ mitgeteilt worden [56, 73]. In mehreren
c
Autoimmunhepatitis (AIH)1
Kapitel 8
269
Tab. 8.7 Zur Differentialdiagnose der AIH/PBC Histologie
Markerantikörper für
Immunoglobuline
GGL
Gran
IH
LH
AIH, Typ I–III
Anti-M2/ M9
Anti-M4/ M8
ANAa
IgG
IgM
+
+
+
0
0
+
0
0
n
↑
+
+
++
0
0
+
+
(+)
(↑)
↑↑
PBC-Syndrom
+
+
+(+)
0
0
0
0
+
n
↑
AIH/PBC
+c
+d
+
0
+
+
(+)
(+)
↑↑
↑
AIH
0
0
+++
++
+
0
0
0
↑↑
n
PBC inaktiv PBC aktiv b
PBC relevante ANA-Antikörper gegen „nuclear dots“, Kernmembran, Zentromere, Nukleoli; Synonym: „Autoimmuncholangitis“; Trefferfehler mäßig häufig; dTrefferfehler häufig GGL Gallengangläsionen, Gran Granulome, IH Interphasenhepatitis, LH lobuläre Hepatitis Beachte: Interphasenhepatitis (IH) kommt bei allen 5 Krankheiten vor und kann deshalb nicht als differentialdiagnostisches Merkmal gebraucht werden
a
b
c
retrospektiven Studien ergaben sich keine signifikanten klinischen oder histologischen Unterschiede zwischen AIC und klassischer PBC (Abb. 8.9b; [32, 74]). Heute wird die AIC von den meisten Autoren als AMA-negative PBC angesehen und entsprechend behandelt. Die Häufigkeit der AMA-negativen PBC dürfte bei 5–10 % aller PBCs liegen [5]. Czaja [22] untersuchte eine Gruppe von Patienten mit chronischer Cholestase und klinisch-serologischen Zeichen von AIH prospektiv: Die Histologie ergab eine heterogene Gruppe, darunter Fälle von isolierter „small-duct PSC“. Dies veranlasste die Autoren, die AIC nicht nur als Synonym einer AMA-negativen PBC zu betrachten, sondern eher als eine Expressionsvariante von verschiedenen etablierten AI-Erkrankungen oder als Übergangsphase von einer Autoimmunerkrankung in eine andere.
AIH/PSC-AOS Überlappungssyndrome zwischen PSC und AIH sind mehrfach beschrieben, sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern. Diese Patienten zeigen dieselbe häufige Assoziation mit gewissen HLA-Subtypen (B8DR3). Erwachsene zeigen in 1,4–8 % aller PSC eine zusätzliche AIH [38, 76]. Ungefähr bei der Hälfte der AIH/PSC-AOS liegt eine Colitis ulcerosa vor und es überwiegen Männer, wie bei einer PSC. Die Überlappung ist meistens zwischen PSC und AIH, Typ 1, und die AIH scheint oft der PSC vorauszugehen. So beschreibt Abdo [2] sechs Erwachsene, bei denen sich nach jahrelang bestehender, therapeu-
tisch gut kontrollierter AIH eine PSC einstellte, also ein sequentielles AIH/PSC-Syndrom. Anderseits haben wir eine junge Frau langzeitig beobachtet, bei der sich zuerst die PSC manifestierte und nachgeschaltet eine AIH vom Typ 3, die sich ihrerseits mit Kortison gut kontrollieren ließ [27]. Bei einer weiteren jungen Patientin mit AIH/PSC, war die AIH ebenfalls vom Typ 3, mit positiven Antikörpern gegen LP, SMA und positivem pANCA (Abb. 8.10a,b; [81]). Analog der AIH/PBC-AOS zeigt sich bei AIH/PSC histologisch die Kombination von cholangitischen und hepatitischen Phänomenen. Typische Gallengangläsionen, periduktale zwiebelschalenartige Fibrose und Gallengangverlust repräsentieren die PSC-Komponente, die hepatitische Komponente besteht in perivenulärer Hepatitis mit Leberzellnekrosen und häufig zahlreichen Plasmazellen. Da aber diese histologischen Läsionen, wie auch die serologischen Marker nicht spezifisch sind, sollten die Patienten cholangiographisch kontrolliert werden. Neuere Arbeiten [33] betonen eine Form von AIH/ PSC, die sie als „autoimmune sklerosierende Cholangitis“ bezeichnen, die bei Kindern viel häufiger sei als bei Erwachsenen (49 % der Patienten mit serologisch und klinisch bewiesener AIH). Therapeutisch sprechen sowohl Erwachsene als auch Kinder mit AIH/PSC-AOS gut auf immunosuppressive Therapie an [80]. Abb. 8.11 fasst die wichtigsten autoimmunen Überlappungssyndrome der Leber schematisch zusammen.
270
L. Terracciano, M. Schlageter
1 2 3 4 5 6 7
a a
8 9 10 11 12 13
b
14
b
15
Abb. 8.10 a,b AOS-AIH/PSC. a Hepatitische Komponente mit perivenulär betonter lobulärer Entzündung (AIH serologisch Typ 3) nebst Perisklerose des Gallenganges (vgl. b) (H&E). b Cholangitische Komponente: ausgeprägte zwiebelschalenartige Perisklerose eines Gallenganges am Rande der Biopsie (CD45R0)
16 17 18 19 20 21 22 23 24
c Abb. 8.9 a–c Zur Differentialdiagnose der AIH/PBC-Überlappung (vgl. auch Tab. 8.5). a Stark aktive PBC: schwere kontinuierliche Piecemeal-Nekrosen! Kein AOS. b PBC-Syndrom („Autoimmuncholangitis“). Zwei portale Granulome; Gallengangschwund. c PBCSyndrom („Autoimmuncholangitis“). Fälle von AIH mit periportaler Kupferakkumulation. Diese sind immer verdächtig auf ein Überlappungssyndrom, auch wenn in der Biopsie Gallengangläsionen nicht getroffen sind (Orcein)
25 26 27 28
Abb. 8.11 Überlappungssyndrome. AIC „Autoimmuncholangitis“ (Synonym: PBC-Syndrom): wird definiert als eine nichteitrige destruierende Cholangitis (wie PBC) mit einer Serologie, wie sie für AIH charakteristisch ist. ASC „Autoimmunsklerosierende Cholangitis“: wird definiert als eine sklerosierende Cholangitis mit einer Serologie, die für AIH charakteristisch ist
Autoimmunhepatitis (AIH)1
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L. Terracciano, M. Schlageter
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Kapitel 8
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Kapitel 9
Intrahepatische Gallenwegserkrankungen 9
9
M. Evert
Inhalt Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 Anatomische und physiologische Grundlagen . . . . . . . . 276
Cholangiopathien mit prädominanter Affektion der kleinen Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 Idiopathische Duktopenie des Erwachsenenalters . . . 304
Terminologie, Mikroanatomie und Embryologie . . . . 276
Cholangiopathien nach Transplantation . . . . . . . . . . . 304
Immunologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278
Medikamentös induzierte Cholangiopathie . . . . . . . . . 304
Allgemeine morphologische Schädigungsmuster . . . . . . 278
Cholangiopathie im Rahmen einer Virushepatitis . . . 305
Hämatobilie, Mukobilie und Aerobilie . . . . . . . . . . . . . 278
Cholangiopathie bei Sepsis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
Metaplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279
Primäre biliäre Cholangitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
Hyperplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Dysplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279
Cholangiopathien mit prädominanter Affektion der größeren Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315
Apoptose, Nekrose und „Seneszenz“ des Epithels . . . 280
Primäre sklerosierende Cholangitis . . . . . . . . . . . . . . . . 315
Duktale Architekturstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
IgG4-assoziierte Cholangitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319
Duktopenie und Vanishing-bile-duct-Syndrom . . . . . 281
Sekundäre sklerosierende Cholangitis . . . . . . . . . . . . . 322
Cholestase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
Sklerosierende infektiöse Cholangitis . . . . . . . . . . . . . 324
Cholestase-induzierte duktuläre Reaktion . . . . . . . . . . 287
Sklerosierende ischämische Cholangitis . . . . . . . . . . . 324
Biliäre Grenzzonenaktivität und Cholestase-induzierte Fibrose . . . . . . . . . . . . . . . . 289
Hepatolithiasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325
Morphologische Typen der Cholangiopathie/ Cholangitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
Erkrankungen der peribiliären Drüsen . . . . . . . . . . . . . . . 326 Entzündungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
Angeborene Störungen und Fehlbildungen der intrahepatischen Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292
Zysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Hyperplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Gallengangatresie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327
Mangel an intrahepatischen Gallengängen (Alagille-Syndrom und andere) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_9
276
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M. Evert
Vorbemerkungen Die intrahepatischen Gallenwege sind als Schaltstelle zwischen den Hepatozyten einerseits und den extrahepatischen Gallenwegen andererseits oft bei Krankheitsprozessen beteiligt, die von einem der anderen Gewebskompartimente übergreifen (s. Übersicht). Zudem sind viele nichtneoplastische Erkrankungen der intrahepatischen Gallenwege die unmittelbare Folge einer ontogenetischen Fehlentwicklung. Es gibt also gute Gründe dafür, einige der in diesem Kapitel besprochenen Krankheiten anderen Kapiteln zuzuordnen. Hierzu zählen insbesondere die Erkrankungen im Kindesalter und die Entitäten, die sowohl die intrahepatischen als auch die extrahepatischen Gallenwege betreffen. Erkrankungen, die nahezu ausschließlich die intrahepatischen Gallenwege betreffen und nicht Folge einer Fehlentwicklung sind, kennt man wenige. Der Prototyp hierfür ist die primäre biliäre Cholangitis (früher primäre biliäre Zirrhose). Obwohl sich die primäre sklerosierende Cholangitis mehr extrahepatisch als intrahepatisch manifestiert, wird sie dennoch, ebenso wie die IgG4-assoziierte Cholangitis, in dieses Kapitel aufgenommen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede besser darzustellen. Ebenso verhält es sich mit dem angeborenen intrahepatischen Gallengangmangel und der Gallengangatresie, die ebenfalls hier abgehandelt werden. Hingegen werden die Duktalplattenmalformationen nur kursorisch erwähnt und im Kapitel über Erkrankungen des Kindesalters vertieft, sekundäre Formen der Cholangitis entsprechend im Abschnitt über die extrahepatischen Gallenwege. In diesem Kapitel folgt den anatomischen und physiologischen Grundlagen noch vor der Besprechung der einzelnen Entitäten eine allgemeine Darstellung der verschiedenen pathomorphologischen Schädigungsmuster bei Affektion der intrahepatischen Gallenwege. Veränderungen wie die Bilirubinostase, Cholatstase, biliäre Grenzzonenaktivität, Duktopenie bis zum Vanishing-bile-duct-Syndrom, neoduktuläre Proliferation, zytopathische Veränderungen der Gallengangepithelien, Zusammensetzung und Verteilung entzündlicher Infiltrate und Typen einer Fibrose sind die morphologischen Kriterien, die der diagnostizierende Pathologe in der Leberbiopsie zu bewerten hat. Die Ausprägung oder das Fehlen dieser Charakteristika und ihr Verhältnis zueinander sind es daher, die im Kontext der klinischen Daten zu einer histologischen Diagnose führen – trotz aufwändiger klinischer Verfahren in manchen Fällen immer noch der entscheidende Baustein, der zur korrekten Diagnose führt!
Übersicht Gallenwegserkrankungen Erkrankungen der intrahepatischen und extra hepatischen Gallenwege – Gallengangatresie – Angeborener Mangel intrahepatischer Gallenwege (inklusive Alagille-Syndrom) – Idiopathischer Gallengangmangel des Erwachsenenalters – Komplex der Duktalplattenmalformation: Caroli-Krankheit – Komplex der Duktalplattenmalformation: kongenitale hepatische Fibrose – Komplex der Duktalplattenmalformation: andere fibropolyzystische Lebererkrankungen – Choledochuszyste – Alpha-1-Antitrypsinmangel – Zystische Fibrose – Primär biliäre Cholangitis – Primär biliäre Cholangitis/Overlap-Autoimmunhepatitis – Primäre sklerosierende Cholangitis – Primäre sklerosierende Cholangitis/OverlapAutoimmunhepatitis – IgG4-assoziierte Cholangitis – Infektiöse eitrige/nichteitrige Cholangitis – Sekundäre sklerosierende Cholangitis (ischämisch, toxisch) – Cholangiopathie bei Allograft-Rejektionen – Graft-versus-Host-Reaktion – Cholangiopathie bei Sepsis – Cholangiopathie bei Virushepatitis – Medikamentös induzierte Cholangiopathie – Hepatolithiasis – Choledocholithiasis – Erkrankungen der peribiliären Drüsen – Systemerkrankungen mit Beteiligung der Gallenwege (Sarkoidose, Hodgkin-Lymphom)
Anatomische und physiologische Grundlagen Terminologie, Mikroanatomie und Embryologie Die Gallenwege stellen das kanalikuläre Netzwerk eines Gangsystems der „exokrinen“ Drüse Leber dar (s. Kap. 1). Die großen intrahepatischen Gallenwege bestehen aus der ersten bis dritten Ordnung von Gallengängen, die aus dem rechten bzw. linken Ductus hepaticus entspringen (segmentale und subsegmentale Gallengänge). Die kleinen intrahepatischen Gallengänge stellen das Netzwerk der kleinen (septalen) und kleinsten (interlobulären) Verzweigungen bis auf Por-
Intrahepatische Gallenwegserkrankungen
a
Kapitel 9
b
Abb. 9.1 a,b Duktalplatte. Ausbildung der Duktalplatte mit ersten tubulären Ausknospungen, 10 Wochen alter Embryo, Serienschnitte H&E (a) und CK19 (b)
talfeldebene hin dar. Gallengänge bis auf Ebene septaler Verzweigungen (Durchmesser > 100 µm) werden von einem hochzylindrischen Epithel (Cholangiozyten) ausgekleidet, die interlobulären bzw. portalen hingegen von isoprismatischen (kubischen) Cholangiozyten. Die Verbindung zu den nicht mit Gallengangepithel ausgekleideten Gallekapillaren zwischen den Hepatozyten wird über kurze Schaltstücke von 90 %) [127, 285, 431]. Weitere typische Merkmale sind faziale Dysmorphien (breite Stirn, Hypertelorismus, Hypoplasie des Kinns) [213], Skelettanomalien (insbesondere Schmetterlingswirbel und Verkürzung der Extremitätenknochen) [127, 251, 384, 395] und Erkrankungen des Auges (u. a. posteriores Embryotoxon, Drusen im Nervus opticus, abnorme Retinapigmentation) [181, 339]. Seltener sind Erkrankungen der Niere und der großen abdominellen und intrakraniellen Gefäße [106, 128, 173, 214, 227, 429]. Bezüglich der Leber und Gallenwege tritt zum Kardinalsymptom des intrahepatischen Gallengangmangels gelegentlich auch eine Fehlentwicklung der extrahepatischen Gallenwege hinzu, z. B. eine Hypoplasie des Ductus hepaticus communis [154, 211, 279, 305, 407] oder der Gallenblase [251]. Dies kann in manchen Fällen die Abgrenzung zu einer GGA sehr schwierig machen. Kleinwuchs durch die gestörte Ernährung ist nicht ungewöhnlich [23, 270], nur wenige Patienten zeigen eine mentale Retardierung.
Intrahepatische Gallenwegserkrankungen
Kapitel 9
a
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c
d
Abb. 9.24 a–d Biliäre Atresie – Befunde in der Biopsie. Typischer Befund in einem Portalfeld bei biliärer Atresie (Serienschnitte a–d): Das Portalfeld ist locker entzündlich infiltriert (a), kräftige duktuläre
Reaktion mit Chemotaxis neutrophiler Granulozyten (b Chloracetatesterasereaktion), die partiell noch Ähnlichkeit zur Duktalplatte aufweist (c CK19). Biliäre Zirrhose (d Siriusrot)
Ätiologie und Pathogenese. Die Ursache des AlagilleSyndroms liegt in einer gestörten Signaltransduktion des Notch-Signalwegs. Mittlerweile sind zwei genetische Defekte bekannt; die meisten Fälle sind Folge einer Mutation von JAGGED1 (JAG1), einem Liganden des Notch-1-Rezeptors [50, 345]. Das Gen liegt auf dem kurzen Arm des Chromosoms 20. Viel seltener betroffen ist das Notch-2-Gen auf dem Chromosom 1 mit einem ähnlichen Phänotyp der Erkrankung wie bei JAG1-Mutationen, eine Nierenbeteiligung ist hier etwas häufiger [284]. Auch wenn die Erkrankung autosomal-dominant mit fast vollständiger Penetranz vererbt wird, sind Phänotyp und klinisches Erscheinungsbild sehr variabel und Neumutationen (bis zu 70 %) sind häufig [50, 246, 438]. Man weiß mittlerweile, dass das Notch-System im Rahmen der Embryogenese an der Differenzierung von vielen verschiedenen Zellen in unterschiedlichen Geweben beteiligt und damit für eine normale Organentwicklung grundsätzlich von hoher Bedeutung ist [47, 48]. Während der Notch-Ligand JAG1 in der Leber des Embryos und Fetus auf Portalfeldebene exprimiert wird,
finden sich die Notch-Rezeptoren auf den entscheidenden zellulären Komponenten (Endothelzellen, Epithelzellen). Diese für die Organentwicklung wichtige epithelial-mesenchymale Interaktion spielt daher für eine regelhaft ablaufende Duktalplattenentwicklung eine besondere Rolle [94, 99, 139, 241, 258, 259, 494]. Makroskopie. Auch beim intrahepatischen Mangel an Gallengängen entwickelt sich langfristig meist eine gemischt- oder kleinknotige Leberzirrhose, allerdings in der Regel Jahre später als bei der GGA. Mikroskopie. Der histomorphologische Befund in der Leber beim Alagille-Syndrom, der sich im Übrigen zu den nichtsyndromalen Formen prinzipiell nicht unterscheidet, ist natürlich vor allem geprägt von dem Mangel an intrahepatischen Gallengängen (Abb. 9.26; [13, 30, 103, 163, 176]). Bereits bei schwächerer Vergrößerung fällt auf, dass die Anzahl an Portalfeldern bis zu knapp der Hälfte reduziert ist und die vorhandenen Portalfelder hypoplastisch erscheinen. Das Bindegewebe ist
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Abb. 9.25 a–g Biliäre Atresie – Befunde im Resektat. In einem Resektat ohne zuvor erfolgter Kasai-Operation ist die cholestatische Leberschädigung meist stärker ausgebildet: Schwere Cholatstase, Bilirubinostase und duktuläre Cholestase (a,b), in (a) außerdem synzytiale hepatozelluläre Riesenzellen. Auffällig ist in der Regel eine exzessive duktuläre Reaktion (c, CK19), die im typischen Fall das wichtigste differentialdiagnostische Kriterium zum intrahepatischen Gallengangmangel darstellt. In der Regel besteht bereits nach
wenigen Monaten eine cholestatische Leberzirrhose (d Siriusrot). Nach erfolgreicher Kasai-Operation ist insbesondere die Cholestase oft milder und der Krankheitsverlauf deutlich verlangsamt; das Entstehen einer Zirrhose ist langfristig aber meist nicht aufzuhalten (e–g Siriusrot). (Die Fälle wurden freundlicherweise von Frau Priv.-Doz. Dr. Petra Ruemmele, Institut für Pathologie, Universität Regensburg, zur Verfügung gestellt)
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Kapitel 9
schon erwähnte Möglichkeit einer zusätzlichen extrahepatischen Gangmissbildung gedacht werden [103, 211]. Das Fehlen dieser neoduktulären Proliferation in typischen Fällen erklärt auch die vergleichsweise geringe bzw. hypodynamische Ausprägung einer Fibrose bzw. Zirrhose [12], insbesondere, wenn man das AlagilleSyndrom mit der rasch progredienten GGA vergleicht.
g Abb. 9.25 (Fortsetzung)
oft locker, ödematös und faserarm, was sie nach außen oft schlecht begrenzt erscheinen lässt. Die Grenzlamelle zu den Hepatozyten ist manchmal kaum demarkiert. Während die Arterienäste eher normal erscheinen, sind die Portalvenen und Lymphgefäße manchmal erweitert. Der auffälligste Befund ist jedoch der Mangel an portalen Gallengängen. Das Verhältnis von portalen Gallengängen zu Portalfeldern liegt in den meisten Fällen bei 0–0,4 (normal: 0,9–1,8). Bei einer frühen Biopsie kann man mitunter auch noch auf eine grenzwertig normale Anzahl von Gallengängen treffen, da der Mangel während des Heranwachsens in der frühen Kindheit oft progredient und damit auch morphologisch deutlicher wird [30, 103, 127, 210, 211]. Verlaufsbiopsien in unklaren Fällen können daher in schwierigen Einzelfällen weiterhelfen. Interessanterweise persistiert die in den ersten 24 Lebensmonaten physiologischerweise fehlende CD10-Expression auf der kanalikulären Membran der Hepatozyten bei Alagille-Patienten über diesen Zeitraum hinaus, offensichtlich eine spezifische Störung des Metabolimus der Hepatozyten, deren Bedeutung noch nicht hinreichend erforscht ist [62]. Gleichzeitig bestehen in den Lebern die Veränderungen der Cholestase, die mit der Lebenszeit zunehmend deutlicher werden. Es handelt sich dabei in erster Linie nicht um eine duktuläre Cholestase, sondern um eine intraazinäre Bilirubinostase und Cholatstase mit fedriger Degeneration der Hepatozyten, xanthomatöser Entzündungsreaktion mit weiterer Destruktion von Gallengängen und des Parenchyms und hepatozellulärer Kupferakkumulation (s. Abb. 9.26, 9.27; [30, 103, 211]). Das besondere im Verlauf, und ein wesentliches differentialdiagnostisches Kriterium zur GGA, ist das typische Fehlen einer signifikanten neoduktulären Proliferation, offensichtlich eine Folge des zugrunde liegenden Primärdefekts (s. Abb. 9.26 und 9.27). Wenn in sehr seltenen Fällen doch einmal eine ausgeprägtere periportale duktuläre Reaktion zu erkennen ist, sollte unbedingt auch an die
Verlauf und Prognose. Die Prognose von Patienten mit nichtsyndromalem Mangel an intrahepatischen Gallenwegen ist tendenziell etwas schlechter als beim AlagilleSyndrom. Ebenso sind Patienten mit Alagille-Syndrom bezüglich der hepatischen Komplikationen besser gestellt als diejenigen mit einer GGA. Bei einem großen Teil der Alagille-Patienten geht der Ikterus spontan zurück oder persistiert auf niedrigem Niveau. Dies ist offensichtlich eine Folge der residuellen Galledrainagekapazität und damit möglicherweise unmittelbar kausal mit der Art des genetischen Schadens, d. h. dem Typ der Mutation, verknüpft, wenn auch der letztgenannte Aspekt noch nicht hinreichend untersucht ist. Die vergleichsweise geringe Neigung zur raschen Entwicklung einer Leberzirrhose (Abb. 9.28), eine Folge der meist ausbleibenden neoduktulären Proliferation, wirkt ebenfalls begünstigend. So ist es nicht überraschend, dass zwischen 60 und 80 % der Patienten das 20. Lebensjahr erreichen [127]. Hierbei gilt es auch in Betracht zu ziehen, dass ein beträchtlicher Teil der Todesfälle auf extrahepatische Ursachen zurückzuführen ist, insbesondere auf Komplikationen, die aus den Herzfehlbildungen resultierten. Allerdings besteht bei langem Überleben, selten bei Kindern, eine grundsätzlich erhöhte Gefahr zur Entwicklung eines HCC [7, 32, 233, 370, 461]. Die Lebertransplantation gilt als einziges potentiell kuratives Verfahren, die man in der Regel für die Fälle zurückhält, die einen schlechten Krankheitsverlauf zeigen. Alagille-Patienten haben im Rahmen der Lebertransplantation wahrscheinlich eine etwas höhere Mortalität als Folge der Kombination von Komorbiditäten, nämlich der zuvor bestehenden schlechten Leberfunktion, der zusätzlichen Auswirkungen der extrahepatischen Fehlbildungen und aufgrund der Komplikationen durch die Transplantation per se [216, 226, 466]. Wichtig ist, dass Patienten, die eine Portoenterostomie (KasaiOperation) erlebt haben, nicht nur hierdurch keinen Vorteil erhielten, sondern ihre Prognose deutlich verschlechtert wurde. Dies ist auch pathophysiologisch plausibel, da – außer in den seltenen Fällen eines Alagille-Syndromes mit zusätzlicher extrahepatischer Gallenwegsmissbildung – ein möglicherweise intaktes oder zumindest kaum geschädigtes extrahepatisches Gallenwegssystem reseziert wurde, während die mangelhaft entwickelten intrahepatischen Gallenwege verblieben sind und die Verbindung außerhalb der Leber nun durch eine auf Ebene der Leberpforte angenähte Darmschlinge funktionell verschlechtert wurde. Es ist anzunehmen, dass die dokumentierten Fälle einer Kasai-Operation beim Alagille-Syndrom auf
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e Abb. 9.26 a–e Intrahepatischer Gallengangmangel – Befunde in der Biopsie. Der Cholestasebefund kann besonders in jungem Lebensalter diskret bis nicht nachweisbar sein, wie in diesem Beispiel einer Keilexzision (a), in dem nur das Fehlen des portalen Gallengangs auffällt, oder einer Leberbiopsie (b,c), die zusätzlich zum Gallengangmangel zumindest eine leichte Cholatstase erkennen
lässt. d,e Die Leber derselben Patientin in einem Alter von 7 bzw. 9 Jahren, mit morphologisch leichter Verschlechterung der Cholestase trotz Anlage eines Gallediversionsstomas. (Die Fälle wurden freundlicherweise von Frau Priv.-Doz. Dr. Petra Ruemmele, Institut für Pathologie, Universität Regensburg, zur Verfügung gestellt)
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Abb. 9.27 a–f Intrahepatischer Gallengangmangel – Befunde im Explantat. Auch im Resektat können die pathologischen Veränderungen, vor allem die Cholestase und die entzündliche Aktivität oft erstaunlich gering ausgeprägt sein (a,b), wie in diesem Fall, einige Monate nach der Biopsie, die in Abb. 9.26b,c gezeigt wurde. Oft sind die Schäden am Lebergewebe nach einigen Jahren Krankheitsdauer zum Zeitpunkt der Explantation mit einer deutlichen Bilirubino-
stase, Cholatstase und Mallory-Denk-Körperchen aber stärker ausgeprägt (c). Auffällig ist typischerweise weiterhin das Ausbleiben einer signifikanten duktulären Reaktion (d, CK7) im Gegensatz zur biliären Atresie (e, CK7). Eine Leberzirrhose besteht nach länger währendem Verlauf meist (f). (Die Fälle wurden freundlicherweise von Frau Priv.-Doz. Dr. Petra Ruemmele, Institut für Pathologie, Universität Regensburg, zur Verfügung gestellt)
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Abb. 9.28 Intrahepatischer Gallengangmangel – Makroskopie. Leberzirrhose bei Alagille-Syndrom eines 10-jährigen Jungen. (Der Fall wurde freundlicherweise von Dr. Jan Vermehren, Pädiatrische Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsklinikum Regensburg, zur Verfügung gestellt)
einer unsicheren präoperativen Diagnosestellung beruhten und in diesen Fällen wohl irrtümlich eine GGA angenommen wurde. Gerade dieser Aspekt unterstreicht noch einmal einerseits die Schwierigkeit der Diagnosefindung und andererseits die Notwendigkeit einer sicheren diagnostischen Unterscheidung dieser beiden Entitäten.
Cholangiopathien mit prädominanter Affektion der kleinen Gallenwege Die wichtigste Erkrankung in diesem Kapitel, die primäre biliäre Cholangitis (PBC), wird bewusst zuletzt besprochen, um sie den danach folgenden Entitäten, die sowohl die intrahepatischen als auch die extrahepatischen Gallenwege betreffen, aber einige Gemeinsamkeiten mit der PBC haben, nämlich der primären sklerosierenden Cholangitis und der IgG4-assoziierten Cholangitis, besser gegenüberstellen zu können.
Idiopathische Duktopenie des Erwachsenenalters Es handelt sich hierbei weniger um eine klar definierte Krankheitsentität als vielmehr um eine Ausschlussdiagnose bei Patienten im jungen Erwachsenenalter, vor allem zwischen 15 und 30 Jahren, die eine ausgeprägte Duktopenie portaler Gallengänge (Vanishing-bile-ductSyndrom) erkennen lassen und auch klinisch an einem chronischen Cholestasesyndrom leiden [55, 262, 263, 496]. Auf allen diagnostischen Ebenen, d. h. anamnestisch, klinisch, serologisch, in der Bildgebung und fein-
geweblich, lässt sich aber keine der bekannten Diagnosen stellen, die üblicherweise eine Duktopenie hervorrufen. Hierzu zählt insbesondere auch der Nachweis unauffälliger extrahepatischer Gallengänge – im gegenteiligen Fall könnte sonst eine sekundäre portale Duktopenie resultieren [58, 268]. Auch der Ausschluss systemischer Erkrankungen, die sich auch direkt am Gallenwegssystem manifestieren (z. B. eine Sarkoidose) bzw. bekanntermaßen mit solchen assoziiert sein können, ist erforderlich, ebenso der Ausschluss auffälliger Antikörperprofile und eine leere Medikamentenanamnese. Die Patienten sind etwas häufiger männlich; in manchen Fällen könnte es sich um Spätmanifestationen eines nichtsyndromalen intrahepatischen Gallengangmangels handeln [55]. Das Krankheitsbild kann unbehandelt zur biliären Zirrhose fortschreiten, eine Transplantation führt meist zur Heilung und eine UDCA-Therapie kann erfolgreich sein. Ein Teil der Fälle könnte einen hereditären Hintergrund haben. Es existieren Hypothesen zu Defekten in kanalikulären Membrantransportern und Multidrug-Resistance-Proteinen, aber entsprechende Untersuchungen mit belastbaren Ergebnissen fehlen noch [58, 351]. Zunächst ist davon auszugehen, dass es sich um einen Sammeltopf verschiedener Ursachen handelt, die noch nicht aufgedeckt sind, was aber auch die variablen klinischen Verläufe erklären kann [55, 119, 352]. Nur auf Basis der klinischen Symptome und des Grades der Duktopenie (kleiner/größer 50 % betroffene Portalfelder als Grenzwert) wird derzeit eine milder verlaufende Variante (Typ 1) von einer schneller progredienten unterschieden (Typ 2), die eine zeitnahe Lebertransplantation notwendig macht [119, 145, 231].
Cholangiopathien nach Transplantation Das Gallenwegssystem ist ein Hauptangriffspunkt für das eigene Immunsystem im Sinne akuter und chronischer Rejektionen nach allogener Lebertransplantation, ebenso für immunkompetente allogene Spenderzellen nach Knochenmarkstransplantation im Rahmen einer Graftversus-Host-Erkrankung (Abb. 9.29). Die typischen Schädigungsmuster wurden bereits zu Beginn des Kapitels kursorisch beschrieben, eine detaillierte Abhandlung findet sich im Kapitel zur Transplantationspathologie.
Medikamentös induzierte Cholangiopathie Fast alle häufig verschriebenen Medikamentengruppen können zu einer Schädigung der Gallenwege führen, darunter Antibiotika, nichtsteroidale Antirheumatika, Neuroleptika, trizyklische Antidepressiva, Antikonvulsiva und Antiarrhythmika [14, 78, 474]. Die Schä-
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Abb. 9.29 a,b Graft-versus-Host-Reaktion an den Gallengängen. Portale Gallengänge mit zytopathischen Effekten und Zeichen der Seneszenz links, während der Gang rechts noch weitgehend normal ist (a). Lymphozytär betontes portales Entzündungsinfiltrat mit ein
paar Eosinophilen. Infiltration und Destruktion des Gallengangepithels durch CD3-positive zytotoxische T-Lymphozyten (b). Das Hämosiderinpigment (in a) ist die Folge von Bluttransfusionen (sekundäre Siderose)
digungen der Leber inklusive der Gallenwege durch Medikamente sind mannigfaltig, können zugleich das hepatozelluläre Parenchym und die portalen Gänge mit einem hepatitisartigem Bild betreffen und von einer erheblichen Bilirubinostase gekennzeichnet sein oder sich primär an den größeren interlobulären Gallengängen manifestieren. Dann sieht man alle Zeichen einer zellulären Cholangiopathie (zelluläre Degeneration, Seneszenz, Apoptosen), Nekrosen, eine Cholangitis oder vordergründig ein Vanishing-bile-duct-Syndrom, meist allerdings nicht völlig ohne cholangitische oder cholangiopathische Veränderungen in den residuellen Gängen. Die Ursachen sind entweder ein direkt toxischer Effekt oder eine Überempfindlichkeitsreaktion, bei Letzterer überwiegen dann Zeichen einer immunologischen Cholangitis, auch mit Granulomentwicklung [14, 140, 262, 289]. Eosinophile sind in diesem Fall ein häufiger Bestandteil. Es ist nicht auszuschließen, dass in den seltenen Fällen, die von einer PBC – einschließlich des Antikörperprofils – nicht zu unterscheiden sind, die PBC von der Medikamenteneinnahme ausgelöst oder zumindest befördert wird, z. B. im Sinne eines idiosynkratischen Effekts. In diesen Kontext mögen auch Berichte eines Vanishing-bile-duct-Syndroms beim Stevens-JohnsonSyndrom einzuordnen sein [68, 379, 439, 486]. Auf die medikamenteninduzierte Leberschädigung wird an anderer Stelle ausführlicher eingegangen.
Overlap-Syndrom sollte oberflächlich betrachtet bei einer klassischen Virushepatitis eigentlich kein oder nur ein unwesentlicher sekundärer Schaden am Gallenwegssystem zu erwarten sein. Dennoch wird neben der Autoimmunhepatitis (ca. 30 % der Fälle) auch bei einer akuten Virushepatitis (ca. 10 % der Fälle) und bei einer chronischen Virushepatitis (bis zu 35 % der Fälle) [89, 212, 362, 400] von einer Gallengangbeteiligung ausgegangen. Von Poulsen und Christoffersen zuerst beschrieben [362], hat sich in einer jüngeren Studie bestätigt, dass sich ein Gallengangschaden im Rahmen einer Virushepatitis meist – aber nicht immer – von einer PBC-induzierten Läsion unterscheiden lässt [499]. Die beschriebenen Veränderungen bei Virushepatitis sind eine auffällige Zellschwellung und Vakuolisierung des Zytoplasmas der Epithelzellen, eher mit einer Zunahme irregulär konturierter und ungleichmäßig verteilter epithelialer Zellkerne innerhalb des Gallengangs in floriden Stadien. Das Lumen ist hingegen typischerweise eingeengt und kann obliterieren. Ein intraepitheliales und auch periduktales, lymphozytär dominiertes und manchmal lymphofollikuläres entzündliches Begleitinfiltrat ist immer nachweisbar. Die Veränderungen sind bei der Hepatitis C am deutlichsten, die Inzidenz der Gallenwegsaffektion bei diesem Hepatitistyp wird mit bis zu 90 % (!) angegeben [212, 400]. Möglicherweise liegt der Grund in der Infektion portaler Gallengangepithelien durch das Hepatitis-CVirus [138, 343], wie sie sowohl durch In-situ-Hybridisierung als auch molekularbiologisch nach Lasermikrodissektion des Gallengangepithels gezeigt wurde. Die CMV-Cholangitis, isoliert oder in Kombination mit einer CMV-Hepatitis, stellt eine weitere, aber seltene Ursache für eine Virusinfektion als Auslöser einer Cholangiopathie dar [348, 458].
Cholangiopathie im Rahmen einer Virushepatitis Außer bei einer Autoimmunhepatitis mit der schon diskutierten möglichen Nähe zu einer PBC durch das
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Cholangiopathie bei Sepsis Auch ohne Vorliegen einer eitrigen, infektiösen aszendierenden Cholangitis, zeigen sich bei einer systemischen bakteriellen Infektion gerade an den kleinen und kleinsten intrahepatischen Gallengängen charakteristische Veränderungen, die diagnostisch bedeutsam sind (Abb. 9.30). Bei Ausschluss einer aszendierenden intrahepatischen bakteriellen Cholangitis, die per se zu einer neutrophil-granulozytär geprägten Cholangitis, Cholangiolitis und ggf. sekundären Hepatitis führt, können im Blut zirkulierende Bakterien und Bakterienbestandteile eine chemotaktische Anlockung von neutrophilen Granulozyten gerade auf Ebene der Hering’schen Kanäle, neoduktulärer Proliferate und kleiner portaler Gänge hervorrufen, die dann ein guter Hinweis auf eine Sepsis sind. Dieses Bild wird von manchen auch als verlangsamte Cholangitis (Cholangitis lenta) bezeichnet [26, 249, 306]. Septale und extrahepatische Gallengänge sind hingegen unauffällig, was gegen die aszendierende Cholangitis und Gangobstruktion spricht. Manchmal finden sich kleine PAS-positive Galleausgüsse in den Cholangiolen [26, 249]. Persistiert dieses Krankheitsbild, ggf. bis zum Tode, findet man das vor allem autoptisch charakteristische Bild der septischen Cholestase. Dieses ist gekennzeichnet durch stark dilatierte Hering’sche Kanäle und grenzzonennah gelegene portale Gänge, die ausgeprägt gelb-braune Gallezylinder retinieren und das Portalfeld manchmal ringförmig umgeben. Ähnlich starke postmortale Galleretentionen finden sich aber auch in dekompensierten Leberzirrhosen und nach massiven Leberzellnekrosen unterschiedlicher Genese, möglicherweise als Indiz einer aufflammenden Sepsis.
Primäre biliäre Cholangitis Der Begriff „primäre biliäre Zirrhose“ (PBC) ist eine 1950 von Ahrens eingeführte [9], aber aus heutiger Sicht ausgesprochen unglückliche langjährig genutzte Bezeichnung für eine besondere Krankheitsentität, die, wie viele chronische Lebererkrankungen, in eine Leberzirrhose münden kann. Sie war die einzige Lebererkrankung, für die der Begriff der Zirrhose als nomenklatorisches Stigma bereits für präzirrhotische und sogar präfibrotische Stadien jahrzehntelang inkorrekt angewendet wurde Dies hat sich auch aufgrund von Initiativen von Selbsthilfegruppen und schließlich Fachverbänden in den Jahren 2014 und 2015 erfreulicherweise geändert. Die Erkrankung heißt nun treffender primär biliäre Cholangitis, die Abkürzung PBC kann somit weiterhin verwendet werden. Zugrunde liegt ihr eine autoimmunlogische, nichteitrige Destruktion der intrahepatischen kleinen (portalen) Gallengänge unbekannter Ätiologie. Daher wäre der Name chronische, nichteitrige, destruktive Cholangitis eine pathogenetisch noch bessere Bezeichnung [389], die sich aber wegen der Abkürzungsthematik nicht durchgesetzt hat. Epidemiologie und Klinik. Die Erkrankung zeigt eine bemerkenswerte Bevorzugung des weiblichen Geschlechts, 90 % der Betroffenen sind Frauen. Hierzu passt die verstärkte Expression des Östrogenrezeptors in Gallengangepithelien und Hepatozyten bei gleichzeitig oft erhöhten Östrogenwerten im Blut von PBC-Patienten [206]. Die PBC manifestiert sich üblicherweise im mittleren Lebensalter (40–60 Lebensjahre), kommt unter 30 und im Senium kaum vor und stellt eine extreme Rarität im Kindesalter dar [102, 220]. Mit einer
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a Abb. 9.30 a,b Cholangiopathie bei Sepsis. Starke duktuläre Reaktion und Granulozyteninfiltration der Hering’schen Kanäle mit ausgeprägter Cholestase und septischen Nekrosen der Hepatozyten beim Lebenden (a). Beachte auch den nicht affektierten portalen
b Gallengang. Typisches Bild starr dilatierter Gallengänge und Neoduktuli mit Gallezylindern bei der Autopsie eines infolge Sepsis des Verstorbenen (b)
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Prävalenz von 2,3/100.000 Einwohner in einer europäischen Studie aus den 80er Jahren handelt es sich um eine seltene Erkrankung [460], die durch detaillierte Untersuchungstechniken in den letzten Jahren etwas häufiger diagnostiziert wird [365, 377]. Zu den initialen Hauptsymptomen zählt neben Abgeschlagenheit vor allem ein starker Juckreiz, während ein Ikterus, außer in der Schwangerschaft oder zusätzlich getriggert durch Medikamente, meist erst später hinzutritt [336, 372]. Eine leichte Hepatomegalie mag auf die PBC aufmerksam machen; in asymptomatischen Fällen fällt die Erkrankung in der Regel aber serologisch auf, vor allem durch die (unspezifische) Erhöhung der alkalischen Phosphatase bzw. durch Serumantikörper gegen mitochondriales Antigen (AMA). Manche serologisch diagnostizierten Patienten bleiben asymptomatisch und haben dann auch eine normale Lebenserwartung [366]. In den meisten Fällen kommt es aber zu einem symptomatischen Krankheitsbild mit allmählichem Fortschreiten der PBC [25, 298]. Der übliche Krankheitsverlauf nach Diagnosestellung beträgt etwa 20 Jahre, ein Ikterus tritt als Zeichen einer klinischen Verschlechterung in den letzten 5–7 Jahren hinzu [275]. Unbehandelt führt die fortschreitende PBC zum Tod durch Komplikationen der Zirrhose oder seltener extrahepatischer Ursachen [155, 446]. Da die Lebertransplantation die einzige kausale Therapie darstellt, ist die Erfassung prognostischer Faktoren bedeutsam, um den individuellen Verlauf möglichst präzise vorhersagen und damit einen idealen Transplantationszeitpunkt festlegen zu können. Unabhängig von klinischen und serologischen Faktoren ist unter den histologischen Parametern der Grad der Fibrose/Zirrhose von größter Bedeutung [280]. Die PBC ist manchmal mit zum Teil schwerwiegenden extrahepatischen Erkrankungen vergesellschaftet. Hierzu zählen nicht überraschend vor allem andere Autoimmunkrankheiten wie das Sicca-Syndrom [467], das CREST-Syndrom [364], die Hashimoto-Thyreoiditis [100], die chronische Polyarthritis [300], der systemische Lupus erythematodes [88], die Sprue [141], verschiedene Formen einer Vaskulitis [193] und Glomerulonephritis [35, 313], die Multiple Sklerose [357] und autoimmunhämolytische Anämien [143]. Die typische laborchemische Konstellation in der frühen Krankheitsphase ist die eher geringe BilirubinErhöhung bei gleichzeitig vergleichsweise starker Erhöhung der AP bis auf das Fünffache der Norm [185]. Die Aminotransferasen können leicht erhöht sein, unter meist leicht erhöhten Immunglobulinen sticht der stark erhöhte Serumwert für IgM besonders hervor [232]. Am wichtigsten für eine Zuordnung zur PBC ist aber der Nachweis von AMA, die in 95 % der Patienten gefunden werden [475]. Zunehmende Erkenntnisse und Subtypisierungen in den letzten Jahren konnten zeigen, dass es sich hierbei vor allem um Antikörper handelt, die gegen 2-Oxo-Dehydrogenasen der Mitochondrien gerichtet
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sind [341]. Hierunter wiederum am wichtigsten, da in 95 % der AMA-positiven Patienten nachweisbar, sind Antikörper (AK), die Epitope der E2-Komponenten der Pyruvatdehydrogenase erkennen (PDC-E2) [71]. Weiterhin typisch für die PBC sind AK, die gegen nukleäre Antigene vom Zentromertyp gebildet sind (ANA) [278], ebenso wie AK gegen das 210-kd-Glykoprotein (pg210) [46]. AMA-negative Fälle zeigen ansonsten einen PBC-typischen Krankheitsverlauf und stellen wohl nur eine Variante der PBC dar und keine eigenständige Erkrankung [292, 294]. Auch wenn es Beobachtungen gibt, dass der Nachweis bestimmter AK-Profile prognostische Bedeutung haben könnte, dass z. B. der Nachweis von Anti-gp120-AK mit einem schlechteren Verlauf indiziert ist [311, 312], steht die endgültige Bewertung der AK-Konstellation für die Prognose des Krankheitsverlaufs noch aus. Ätiologie und Pathogenese. Die PBC ist keine monokausale Erkrankung und vieles in der Pathogenese ist noch unklar [60, 413]. Die folgenden Stichpunkte stellen den derzeitigen Wissenstand knapp dar. Es gibt sicher eine genetische Prädisposition, die Erkrankung zu entwickeln, wie Verwandtschafts- [194, 479] und Zwillingsstudien [8, 411, 412] gezeigt haben. Umweltfaktoren, insbesondere eine immunologische Reaktion auf mikrobielle Antigene, z. B. von Milchsäurebakterien, mit autoimmunologischen Kreuzreaktionen, sind ebenfalls seit langem im Fokus [45, 188, 463]. Insbesondere Mykobakterien sind als Auslöser seit langem im Visier, auch wegen der Granulome, die im Verlauf der PBC auftreten können. Aber auch Bestandteile von Propionibakterien [168], Chlamydien [4] und virale Nukleinsäuren sowie Proteinpartikel sind im Lebergewebe von PBC-Erkrankten nachgewiesen worden [490]. Die Bedeutung für die Pathogenese ist bisher aber in allen Fällen unklar. Auch steht bis heute der Beweis aus, dass Xenobiotika nach Metabolisierung in der Leber immunogen werden und die Erkrankung auslösen können [239]. Immerhin erscheint eine molekulare Mimikry von bakteriellen und Auto-Epitopen der in der Evolution hochkonservierten mitochondrialen Enzyme wie PDC-E2 derzeit einer der interessanten Ansätze zur Aufklärung der molekularen Pathogenese der PBC zu sein [18]. Hierzu passen immerhin auch interessante klinische Aspekte, die eine solche These untermauern können, z. B. der Nachweis von Strukturhomologien der Epitope für PDC-E2 von E. coli und Autoepitopen für PDC-E2, die Entwicklung von AMA in Patientinnen mit rezidivierenden Harnwegsinfekten auch ohne PBC [46] und das Auftreten einer PBC mit passenden AMA-Subtypen nach Vakzinierung mit Milchsäurebakterienantigenen wegen schwerer Vaginalentzündungen in einem Fallbericht [45]. Auch das gehäufte Auftreten bei Frauen mittleren Lebensalters könnte hierdurch (Vaginalflora, Harnwegsinfekte) eventuell erklärt werden.
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Interessanterweise wird PDC-E2, Bestandteil eines mitochondrialen (!) Enzymkomplexes, als das wesentliche AMA-assoziierte Autoantigen der PBC von portalen Gallengangepithelien aberrant an der luminalen Membran exprimiert [296, 329, 462], was die Antigenpräsentation und damit die autoimmunologische Destruktion erleichtert. Der fehlende Nachweis PDC-E2-kodierender mRNA in Gallenwegsepithelien [165], im Gegensatz zu Hepatozyten, könnte zudem als Indiz einer Aufnahme des Moleküls über die Galle und nachfolgender luminaler Expression gewertet werden [164]. Nicht nur das Blut, sondern auch die Galleflüssigkeit von PBCPatienten beinhaltet zudem IgG- und IgA-anti-PDCE2-Antikörper, die an der Auslösung und dem Progress der Krankheit beteiligt sein können [243, 282, 310, 340]. Auch CD4-positive und CD8-positive T-Lymphozyten können Bestandteile des PDC-E2 erkennen und über Zytokinproduktion (Interferon-γ) und Zytolyse eine Rolle in der Gallenwegsdestruktion spielen [36, 217]. Makroskopie. In frühen und asymptomatischen Stadien sind die Lebern entweder normal oder vergrößert. Im Zuge der chronischen Entzündung tritt eine allmähliche Fibrose hinzu, wobei die Lebern durch die Cholestase in späteren Stadien oft braungrün gefärbt sind. Das Endstadium ist eine meist kleinknotige Leberzirrhose mit oft persistierendem braungrünem Kolorit, aber mit meist noch beträchtlicher Größe des Organs. Ausgeprägte Schrumpflebern und makronoduläre Zirrhosen sind selten [60]. Mikroskopie. Die PBC ist zwar die Cholangitisform, für die die Schädigung der kleinen (portalen) Gallengänge kennzeichnend ist; dennoch sei bereits einleitend erwähnt, dass auch eine erhebliche Schädigung der portalfeldnahen Hepatozyten (Azinuszone 1) hinzutritt,
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Abb. 9.31 Primär biliäre Cholangitis – portale Entzündung. Typisches, bei schwacher Vergrößerung auffällig monotones, portales lymphozytäres Infiltrat bei der primären biliären Zirrhose
die nicht nur durch die Cholestase, sondern auch durch eine immunologische Destruktion begründet ist. Die Alternativbezeichnung „primäre Cholangiohepatitis“ wurde daher 2003 vorgeschlagen [331], hat sich aber nicht durchgesetzt. Die Schädigung der portalen Gallengänge steht immer im Vordergrund und ist diagnostisch wegweisend (Abb. 9.31). Die Destruktion beginnt an den kleinsten Einheiten (Durchmesser ca. 50 µm), septale Gänge werden mitbetroffen, stehen aber nicht im Fokus der Entzündung [491]. Die Gallengangepithelien zeigen eine vakuolige Degeneration mit intrazellulärem Ödem und gehen schließlich über das Stadium der Seneszenz in eine vollständige Apoptose mit eosinophilem Zytoplasma, pyknotischen Kernen und Kernverlust über (Abb. 9.32). Gleichzeitig kann man eine limitierte kompensatorische Gegenreaktion mit gesteigerter Proliferation und Kernaufreihung beobachten (Abb. 9.32b). Hierdurch und durch die Ruptur der Basalmembran kann eine irregulär konturierte Gangektasie entstehen, die vortäuscht, dass größere Gänge (> 100 µm) betroffen wären [326]. Das inflammatorische zelluläre Infiltrat besteht charakteristischerweise aus Lymphozyten, die das Bild deutlich dominieren (s. Abb. 9.31, 9.33). Es handelt sich um überwiegend um CD4+- (Th1-Zellen) und CD8+T-Lymphozyten, weniger um B-Lymphozyten, die gelegentlich auch ein Lymphfollikel ausbilden [217, 243, 325]. In frühen Phasen der Erkrankung können auch Eosinophile und Plasmazellen auffallen. Wichtig ist, dass die Entzündung keineswegs gleichmäßig in der Leber verteilt sein muss (Abb. 9.33) und durchaus die Gefahr eines falsch-negativen Stichprobenfehlers in der Biopsie besteht. Selten liegt in diesen Fällen gar keine portale Entzündung vor, häufiger sind die Veränderungen in den bioptisch erfassten Portalfeldern aber uncharakteristisch und daher nicht diagnostisch wegweisend. Ein weiteres typisches Merkmal der PBC, insbesondere in frühen Stadien, im Unterschied zu anderen Cholangiopathien ist das Auftreten von Epitheloidzellen, entweder in lockeren Aggregaten (Abb. 9.34a) oder – diagnostisch sehr hilfreich – in frühen Phasen auch in klar definierten Granulomen (Abb. 9.34b; [316]). Große mehrkernige Riesenzellen sind in den Granulomen der PBC nicht vordergründig und viel seltener anzutreffen als bei der Sarkoidose. Wichtig ist auch, dass die Granulome typischerweise einen engen topographischen Bezug zu den geschädigten Gallengängen haben. Granulome sind aber weder pathognomonisch noch diagnostisch entscheidend; in vielen Fällen fehlen sie auch völlig. Zu den weniger charakteristischen Veränderungen zählen dann auch solche, die sich durch Resorption von Gallelecks der destruierten Gänge erklären lassen und auch bei anderen Erkrankungen auftreten, z. B. eine xanthogranulomatöse schaumzellige Makrophagenreaktion [316]. Insgesamt bietet sich somit das Bild der chronischen nichteitrigen destruierenden Cholangitis
Intrahepatische Gallenwegserkrankungen
a Abb. 9.32 a,b Primär biliäre Cholangitis – Gangdestruktion. Destruktion der Gallengänge durch Lymphozyten (a,b). Beachte die zytopathischen Effekte des Epithels, die Versuche der Regeneration
Kapitel 9
b (Mitose in b), die intraepithelialen Lymphozyten und die in (b) zahlreichen diffus beigemischten, aber nicht zu Granulomen organisierten Epitheloidzellen
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Abb. 9.33 a–d Primär biliäre Cholangitis – Variabilität der Entzündung. Auch bei geringer entzündlicher Aktivität sind die intraepithelialen Lymphozyten ein wichtiges diagnostisches Hilfsmit-
tel (a,b). Bei starker Entzündung sind die Gallengänge manchmal schwer zu erkennen (c). In diesem Beispiel ist die Entzündung auch relativ granulozytenreich. Kräftige biliäre Grenzzonenaktivität (d)
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Abb. 9.34 a,b Primär biliäre Cholangitis – Granulome. Nicht ganz konzentrische Ansammlung von Epitheloidzellen um einen in De-
struktion befindlichen portalen Gallengang (a). Klassisches Epitheloidzellgranulom (b)
auf Ebene der portalen Gallengänge, ein Begriff, der von Rubin und Popper geprägt wurde [389]. Bei Fortschreiten der Erkrankung dominiert zunehmend das Stadium der Duktopenie (Abb. 9.35). CK7-positive Epithelgrüppchen bleiben manchmal längere Zeit bestehen. Verschwinden auch sie, verbleiben oft nur lymphatische Restinfiltrate, ein Granulom oder kleinfokal verdichtetes kollagenes Bindegewebe als Hinweis auf den ehemaligen Ort des nun destruierten Ganges. Auch die Hering’schen Kanäle sind früh in die Destruktion miteinbezogen und in späten Stadien nicht mehr nachweisbar [398]. Septale Gallengänge sind nicht nur seltener, sondern oft auch nur segmental beteiligt, was manchmal erst in Serienschnitten erkennbar wird. Zudem werden sie in Leberblindbiopsien nicht regelmäßig miterfasst. Auch hier kann man eine typische lymphozytäre (Abb. 9.36) und/oder granulomatöse Entzündung finden; manchmal dominieren aber auch die uncharakteristischen resorbierenden Veränderungen durch den stärkeren Galleaustritt bei Destruktion der größeren Gänge. Ein schwerwiegender Verlust von septalen Gallengängen besteht hingegen auch in späteren Stadien meist nicht [60]. Bestandteil der PBC ist ebenfalls die hepatozelluläre Schädigung. Hier gilt es zunächst, die Cholestase-induzierten sekundären Schäden zu erkennen, die bereits besprochen wurden und bei allen Formen der Cholestase auftreten können (Cholatstase und Bilirubinostase). Sie sind also nicht charakteristisch für die PBC. In der Regel sind sie von einer erheblichen biliären Grenzzonenaktivität gekennzeichnet (Abb. 9.33d), eingeschlossen eine ausgeprägte duktuläre Reaktion in der floriden Krankheitsphase und einem Dominieren der Cholatstase gegenüber der Bilirubinostase bezüglich der hepatozellulären Schädigung [314]. Manchmal dominiert aber auch eine lymphozytäre Grenzzonenaktivität, die der im Rahmen einer Autoimmunhepatitis identisch ist. Nur diese Schädigung
impliziert tatsächlich die Mitbeteiligung der Hepatozyten im Rahmen der autoimmunologischen Grunderkrankung [361]. Auch ein periportales (intraazinäres) Granulom kann auftreten. Gerade hier ist es wichtig, die Stigmata an den kleinen Gallengängen für eine korrekte Diagnose zu erfassen. Erschwerend kommt hinzu, dass bei gleichzeitigem Vorliegen der lymphozytären und biliären Schädigung die lymphozytäre oft maskiert ist. Eine stark dominierende oder fast ausschließlich lymphozytäre Grenzzonenaktivität ist selten und betrifft weniger als 10 % der Fälle. Dominiert gar diese Schädigung gegenüber der Destruktion der portalen Gallengänge, liegen meist auch klinische und serologische Merkmale einer Autoimmunhepatitis (AIH) zusätzlich zu denen einer PBC vor [79]. Dann spricht man von einem Overlap-Syndrom von PBC und AIH (Abb. 9.37). Eine gewisse diagnostische Hilfe mag hier der Typ von Immunglobulinen in Plasmazellen bieten, da IgM-positive Plasmazellen (und erhöhte IgM-Spiegel im Serum) in den Portalfeldern typischer für die PBC sind und IgG+Plasmazellen mit einer IgG-Erhöhung im Serum besser zur AIH passen [104]. Das Overlap-Syndrom wird im Rahmen der AIH ausführlicher besprochen. Hier soll nur festgehalten sein, dass die Prognose beim echten Overlap-Syndrom wegen der zusätzlichen hepatitischen Komponente der Erkrankung und der höheren Rate an Komplikationen durch die portale Hypertension, schlechter ist als bei der klassischen PBC. Für die PBC ist weiterhin nicht ungewöhnlich, dass die Hepatozyten vor der Manifestation der Zirrhose oft eine kompensatorische Proliferation zeigen, die zur Entstehung einer nodulären Hyperplasie führen kann [91, 320, 422, 448]. In diesen Fällen sieht man mikroskopisch das Auftreten von bizellulär verbreiterten Leberzellplatten, besonders gut sichtbar in Versilberungsreaktionen, und pseudoglandulären Hepatozytenformationen. Die Knotenbildung kann so erheblich sein, dass das dazwi-
Intrahepatische Gallenwegserkrankungen
Kapitel 9
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Abb. 9.35 a–c Primär biliäre Cholangitis – Duktopenie. Serienschnitte desselben Portalfelds. In der H&E-Färbung (a) sieht man ein kleines Granulom im Bereich des ehemaligen Gallengangs als Hinweis auf die PBC als Grunderkrankung. Spärliche Gallengangepithelreste in der CK19-Darstellung (b), in der CK7-Immunreaktion (c) sieht man zusätzlich die biliäre Metaplasie der Hepatozyten
Abb. 9.36 a–c Primär biliäre Cholangitis – Beteiligung septaler Gallengänge. Serienschnitte (a H&E, b CD3, c Siriusrot) desselben septalen Gallengangs mit dem Befund einer lymphozytär-destruierenden Cholangitis, die zu einer periduktalen Fibrose führt. Eine Beteiligung dieses Gangkalibers kann vorkommen und insbesondere bei Vorliegen der konzentrischen Fibrose differentialdiagnostische Probleme zu einer sklerosierenden Cholangitis, vor allem einer PSC, aufwerfen
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e Abb. 9.37 a–e Primär biliäre Cholangitis – Overlap-Syndrom zur Autoimmunhepatitis. Typische Beteiligung der Interfacezone bei einer aktiven PBC (a). Beim Overlap-Syndrom (b–e, d Chloracetatesterase) kann der histologische Befund an der portalen Grenzzone nicht unterscheidbar sein. Beachte auch den sehr unterschiedlichen
Gehalt an eosinophilen Granulozyten, der keine diagnostische Hilfe darstellt. Außer den klinischen Parametern (insbesondere Antikörperprofil) hilft histologisch der Nachweis einer echten intraazinären Hepatitis zur Diagnose eines Overlaps-Syndroms weiter (e)
schen liegende, nicht verstärkt proliferierende Lebergewebe, komprimiert wird und so das Vollbild einer nodulären regenerativen Hyperplasie imitiert werden kann [91, 320]. Diese Formen der Leberzellhyperplasie
mögen sowohl die Hepatomegalie, die für die PBC in präzirrhotischen Stadien nicht ungewöhnlich ist, als auch das Auftreten einer portalen Hypertension vor der Manifestation einer Leberzirrhose erklären [336].
Intrahepatische Gallenwegserkrankungen
Mit Fortschreiten der Erkrankung tritt allmählich eine biliäre Fibrose hinzu (Abb. 9.38; [95, 323, 361]), die im typischen Fall, dem Ablauf folgt, wie er bei der zuvor im allgemeinen Teil des Kapitels besprochen wurde (portoportale Septen mit „Halo“-Effekt und duktulärer Reaktion bei Schwund der originären Gallengänge). Zu beachten ist aber, dass in Fällen einer signifikanten lymphozytären Grenzzonenaktivität zusätzlich die Stigmata der AIH-assoziierten Fibrose (intraazinäre Fibrose und portovenuläre Septen) hinzutreten können. Im Endstadium gelingt es zwar oft, die Zirrhose als cholestatischen Ursprungs zu definieren – die PBC als Grunderkrankung zu erkennen wird aber schwerfallen. Den besten Hinweis liefert sicher eine hinreichende Gewebeeinbettung, wenn dies möglich ist, um auf diese Weise doch noch die eine oder andere charakteristische Gangläsion zu finden. Ansonsten können fokale Lymphozytenaggregate oder ein residuelles Granulom ggf. bei der Zuordnung weiterhelfen. Bei der Graduierung der entzündlichen Aktivität und der Stadieneinteilung (Grading und Staging) kommt es naturgemäß in erster Linie auf die Schädigung der Gallengänge und die Fibrose an. Auch der Grad der hepatozellulären Schädigung sollte angegeben werden, sei er rein cholestatisch oder (auch) immunologisch bedingt. Auch wenn in Deutschland nicht weit verbreitet, können hier verschiedene Schemata eine Hilfe sein [260, 399, 401]. Hiramatsu et al. haben 2006 ein gut anwendbares Staging-Schema erarbeitet (Tab. 9.1). Es basiert in der Urform auf der Erfassung von drei Parametern in vier Ausprägungsgraden, denen Punktwerte zugeordnet werden, die nach Addition einen Summen-Score ergeben [183]. Die Parameter sind die Fibrose, die Duktopenie und die Cholestase in Form der Kupferspeicherung, die anhand der Dichte abgelagerter Orcein-positiver Granula in den Hepatozyten erfasst werden soll. Mit der Orceinfärbung wird ein Kupfer-Protein-Komplex in den Lysosomen von Hepatozyten nachgewiesen [394], der durch die Cholestase-induzierten typischen Kupferakkumulationen als Surrogatmarker für eine Cholestase dienen kann, vorausgesetzt, ein Morbus Wilson ist ausgeschlossen. In Deutschland ist die Orceinfärbung nicht sonderlich verbreitet, oft wird die Rhodanin-Reaktion zum Kupfernachweis durchgeführt. Wenn auch formal in dieser Studie nicht überprüft, sollte die RhodaninReaktion zur Orceinfärbung vergleichbare Ergebnisse liefern können. Alternativ kann auch auf die Orceinfärbung komplett verzichtet werden, indem man einen adaptierten Score nur aus den beiden übrigen Summanden ohne Erfassung der Cholestase-induzierten Kupferablagerungen bildet (s. Tab. 9.1; [183]). Neben diesem Staging-Score, haben Autoren auch ein vierstufiges Grading, getrennt für die chronische Aktivität der Cholangitis und der Hepatitis, entwickelt (Tab. 9.2; [334]). Ob man ein solches Schema braucht oder auch mit üblichen Deskriptoren auskommt, sei
Kapitel 9
Abb. 9.38 Primär biliäre Cholangitis – Fibrose. Septenbildende portale Fibrose im Rahmen einer PBC (AFOG)
dahingestellt. Entscheidender dürfte sein, dass man durchgängig die gleichen Graduierungsprinzipien anhand von geeigneten histologischen Parametern anwendet und Kliniker und Pathologe sich über die Bedeutung der Parameterauswahl und der Nomenklatur bei der Graduierung im Pathologiebericht verständigt haben. Verlauf, Prognose und Therapie. Die Spätkomplikationen der PBC sind die Folgen der portalen Hypertension, nicht notwendigerweise, aber meist in Kombination mit einer bereits manifesten Leberzirrhose. Eine weitere typische Komplikation ist die Entwicklung des HCC, üblicherweise nach bereits Jahre bestehender Leberzirrhose [69, 204, 424]. Der prognostische Verlauf des HCC variiert dann nicht wesentlich von dem in Zirrhosen anderer Ätiologie. Die Inzidenz des HCC betrug knapp 6 % in einer Studie an über 600 Patienten mit einem fortgeschrittenen Stadium (Stadium 3 oder 4), wobei interessanterweise die HCC-Inzidenz bei Männern etwa fünfmal so hoch war wie bei Frauen [204]. Ob dies tatsächlich auf eine erhöhte DNA-Syntheseaktivität zurückzuführen ist, bleibt unklar [449]. Eine Autopsiestudie legt nahe, dass in frühen Tumorstadien zytologische Besonderheiten der geschädigten nichtneoplastischen Hepatozyten im Rahmen der Grunderkrankung, z. B. ein erhöhter Kupfergehalt und Mallory-Denk-Körperchen, auch in den neoplastisch transformierten Hepatozyten noch Bestand hatten [324]. Die beste symptomatische Therapie der PBC ist die lebenslange Gabe von hydrophiler Ursodeoxycholsäure (UDCA) [64, 208, 493]. Ihr Effekt ist die Reduktion von toxischen intrahepatischen hydrophoben Gallesäuren, auch durch kompetitive Hemmung ihrer Reabsorption im Darm. Neben dieser bewiesenen biochemischen Wirkung werden auch zusätzliche immunologische Effekte, z. B. die Reduktion der Expression von HLA-
313
314
1 2 3
M. Evert Tab. 9.1 Stadium (Staging) der PBC. (Mod. nach Nakanuma et al. [334]) Ermittlung der Punktwerte Punktwert
1. Grad der Fibrose
0
Keine oder leichte portale Fibrose
1
Überschreiten der Portalfeldgrenzen, inkomplette Septen
2
Komplette Septen, Brückenbildende Fibrosen, keine komplette Zirrhose
3
Leberzirrhose
Punktwert
2. Grad der Duktopenie
0
Kein Verlust portaler Gallengänge
1
Verlust portaler Gallengänge in 2/3 der Portalfelder
13
Punktwert
14
3. Cholestase (Ablagerung Orcein-positiver Granula)
0
Keine Ablagerungen
15
1
Ablagerung in der Umgebung wenigstens eines Portalfeldes, aber in weniger als 1/3 der periportalen Hepatozyten
4 5 6 7 8 9 10 11
16 17
2
18
Schweregrad der Ablagerungen zwischen Punktwert 1 und 3
3
Ablagerung in mehr als 2/3 der periportalen Hepatozyten entlang sämtlicher Portalfelder
19 20 21 22 23
Dreistufiger Summenscore bei Verwendung der Cholestase Summe 1.–3.
Stadium der PBC
0
Stadium 1
1–3
Stadium 2
4–6
Stadium 3
7–9
Stadium 4
24
Zweistufiger Summenscore ohne Verwendung der Cholestase
25
Summe 1.–2.
Stadium der PBC
0
Stadium 1
1–2
Stadium 2
27
3–4
Stadium 3
28
5–6
Stadium 4
26
Tab. 9.2 Graduierung (Grading) der entzündlichen Aktivität der PBC. (Mod. nach Nakanuma et al. [334]) Grad (Cholangitis = CA)
Morphologie der Cholangitis
CA 0 (keine Aktivität der Cholangitis)
Keine Cholangitis; eventuell minimale Epithelschäden
CA 1 (leichte Aktivität der Cholangitis)
Ein Herd einer eindeutigen chronischen Cholangitis
CA 2 (mittelgradige Aktivität der Cholangitis)
Mindestens zwei Herde einer eindeutigen chronischen Cholangitis
CA 3 (hohe Aktivität der Cholangitis)
Wenigstens ein Herd einer destruierenden Cholangitis, eventuell mit Nachweis von Epitheloidzellgranulomen
Grad (Hepatitis = HA)
Morphologie der Hepatitis
HA 0 (keine Aktivität der Hepatitis)
Keine Grenzzonenhepatitis; eventuell minimale intraazinäre Hepatitis (Einzelzellausfälle)
HA 1 (leichte Aktivität der Hepatitis)
Fokale Grenzzonenhepatitis, d. h. 5 und < 10mmHg
Hochrisiko for Komplikationen HVPG ≥ 12mmHg
CSPH HVPG ≥ 10mmHg
zunehmende bakterielle Translokation/Inflammation minimale SAV normale CO
moderate SAV kompensiert durch erhöhte CO
signifikante SAV keine weitere CO Kompensation
schwere SAV CO erniedrigt
schwere hämodynamische Dekompensation
zunehmender klinischer Schweregrad kompensierte Zirrhose keine Varizen milde PH CSPH
Varizen (CSPH)
dekompensierte Zirrhose Butung
Dekompensation ≥2 Events, die zur ohne Blutung Dekompensation führen
schwere Dekompensation refraktärer Aszites; Ikterus HE, HRS, ACLF mit Organversagen
ACLF
Regeneration
Abb. 10.2 Schematische Darstellung der Progression pathophysiologischer Mechanismen und hämodynamischer sowie klinischer Manifestationen im Verlauf der Zirrhose (nach [20]). PH portale Hypertension, MPH moderate portale Hypertension, CSPH klinisch
Kompensiertes Stadium der Zirrhose Im kompensierten Stadium der Zirrhose können drei Subpopulationen unterschieden werden, Zirrhose basierend auf dem Fehlen oder Vorhandensein von Varizen Subpopulationen. Im Stadium 0–1 (der kompensierten Zirrhose) haben ca. 50 % aller Patienten nur
signifikante portale Hypertension, SAV splanchnische Vasodilatation, CO kardiale Auswurffraktion, HE hepatische Enzephalopathie, HRS hepatorenales Syndrom
eine milde, klinisch nicht signifikante, portale Hypertension mit einem HVPG > 5 mmHg, aber 6,9 = Scheuer 2–4
APRI
AST, Plt
([AST/ULN] / plt [· 109/L]) · 100
> 1,5 = Ishak 3–6
Fibroindex
Plt, AST, GGT
1,738 − 0,064 (plt [· 10 /mm ]) + 0,005 (AST [IU/L]) + 0,463 · (γGT [g/dl])
≤ 1,25 = F0–F1
> 1750 = Ishak ≤ 2
10 11 12
≤ 0,5 = Ishak 0–2 4/
3
15 16 17 18 19 20
Plt, Milzdiameter
Plättchenzahl/Milzdiameter
Fibrosewahrscheinlichkeitsindex
AST, Cholesterol, zurückliegender Alkoholkonsum, HOMA, Alter
E /1 + e , wobei = −10,929 + (1,827 · ln [AST]) + (0,081 · Alter) + (0,768 · [zurückliegender Alkoholkonsum eingestuft als 0–2]) + (0,385 · HOMA)
3,25 = Ishak ≥ 4–6
21 23
≥ 2,25 = F2–F3
Testa
13 14
8 Pkte = Knodell 3–4
Leberzirrhose und deren Komplikationen
Kapitel 10
351
Tab. 10.1 (Fortsetzung) Index
Parameter
Berechnung
Interpretation
Pohl
ALT, AST, Plt
Positiv wenn: AST/ALT ≥ 1 und Plättchenzahl 0,8 = Ishak ≥ 3
+3,28 (1 wenn HA > 85 ng/ml, sonst 0)
500 mg/Tag) – keine Mikrohämaturie (> 50 Erythrozyten pro „high power field“, HPF), – keine Pathologien im Nierenultraschall. Die sich zur chronischen Niereninsuffizienz entwickelnde Komplikation bei therapierefraktärem Aszites
und verminderter Nierenperfusion entspricht dem vormals verwendeten Begriff des HRS Typ 2 [2]. Die hämodynamischen Veränderungen können durch Maßnahmen wie Parazentesen aggraviert werden. Die parazenteseassoziierte zirkulatorische Dysfunktion (PICD) kennzeichnet die Aktivierung neurohumoraler Mechanismen hauptsächlich durch splanchnische Vasodilatation und Verminderung des effektiven arteriellen Blutvolumens nach großvolumiger Parazentese. Definiert wird das Krankheitsbild alleine durch den Anstieg der Plasma-Renin-Aktivität innerhalb von 7 Tagen nach Parazentese um mehr als 50 %. Typischerweise entsteht im Verlauf das Bild einer Niereninsuffizienz, einer Hyponatriämie sowie einer zunehmenden Aszitesbildung.
Infektionen Prävalenz und Folgen von Infektionen bei Zirrhose. Bakterielle Infektionen sind eine der häufigsten Komplikationen bei Patienten mit Leberzirrhose. Mehr als 30 % aller stationären Aufnahmen von Patienten mit Leberzirrhose sind auf Infektionen zurückzuführen. Die häufigsten Infektionen bei Leberzirrhose sind die spontanbakterielle Peritonitis (SBP) und Harnwegsinfektionen, gefolgt von Pneumonien, Weichteilinfektionen und Bakteriämien mit unklarem Fokus. In mehr als 60 % der Fälle werden die Infektionen durch gramnegative Erreger, insbesondere E. coli und Klebsiella hervorgerufen. Allerdings steigt die Rate der Infektionen mit grampositiven Erregern (Enterokokken, Staphylokokken) in den letzten Jahren, gerade auch, weil nosokomiale Infektionen häufiger werden. Zudem werden in den letzten Jahren vermehrt multiresistente Erreger wie ESBL (Extended-Spectrum-Beta-Lactamasen), MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) oder Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) nachgewiesen. Da die Prognose der Patienten mit Zirrhose und Infektionen jedoch ganz wesentlich von einer bereits zu Beginn adäquaten Therapie abhängt, spielt die Änderung des bakteriellen Spektrums hin zu grampositiven und multiresistenten Infektionen in Zukunft für das Patientenmanagement und die Auswahl der kalkulierten Primärtherapie eine entscheidende Rolle. Bakterielle Infektionen sind ein wichtiger Grund für das Fortschreiten einer Leberzirrhose und führen in der Regel zur einer transienten Verschlechterung der Leberfunktion sowie zur Entwicklung von zirrhoseassoziierten Komplikationen bis hin zum akut-auf-chronischen Leberversagen. Das führt zu einer hohen Sterblichkeit im Rahmen der Infektion. Nach 30 Tagen liegt die Letalität bei mehr als 30 % und ist damit 3,75fach höher als bei vergleichbaren Patienten ohne Lebererkrankung.
Leberzirrhose und deren Komplikationen
Kapitel 10
Abb. 10.6 Invadierende Bakterien lösen eine überschießende Inflammationsreaktion aus. Diese führt zu Endorganschäden und Organversagen bis hin zum akut-auf-chronisches Leberversagen. Die
Entstehung sekundärer Infektionen wird durch eine mit der Schwere der Lebererkrankung zunehmende Immundysfunktion erleichtert. (Nach Jalan et al. [39])
Das Risiko, im Rahmen einer Infektion einen foudroyanten Verlauf zu entwickeln, ist zudem um den Faktor 2,6 gesteigert. Somit beeinflusst das Vorliegen einer Leberzirrhose einerseits die Suszeptibilität für bakterielle Infektionen und andererseits den Verlauf dieser Komplikation. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass die Leberzirrhose mit einer Dysfunktion des Immunsystems assoziiert ist. Phagozytierende Zellen wie Makrophagen und neutrophile Granulozyten zeigen eine Anergie mit verminderter Phagozytoserate und respiratorischem Burst, was zu einer reduzierten Clearance von Pathogenen führt. Im Gegensatz dazu führt die Konfrontation des Immunsystems mit Bakterien oder bakteriellen Produkten wie z. B. Lipopolysacchariden zu einer überschießenden Immunantwort, typischerweise mit Zytokinsturm und systemischer Inflammationsreaktion, die wesentlich zu den Endorganschäden beiträgt. Da dadurch Organfunktionen verschlechtert werden, perpetuiert sich die Immundysfunktion, führt zu sekundären Infektionen und endet in einem Circulus vitiosus (Abb. 10.6). Eine adäquate und frühzeitige Therapie der Infektion kann den Eintritt in diesen deletären Kreislauf verhindern und ist daher für Patienten mit Leberzirrhose essentiell. Selbst bei adäquater und frühzeitiger Therapie bleibt aber das Auftreten einer Infektion bei Patienten mit Zirrhose (insbesondere die SBP) ein ganz wesentlicher Faktor für eine ungünstige Prognose. Große Metaanalysen zeigen, dass 3 bzw. 12 Monate nach Infektion 44 bzw. 63 % der Patienten verstorben sind. Infektionen haben demnach einen nachhaltigen Effekt auf den Verlauf der Lebererkrankung. Ein wesentlicher Erklärungsansatz dafür ist, dass die Leber eine zentrale Clearance-Funk-
tion für Bakterien und bakterielle Bestandteile (insbesondere Lipopolysaccharide) besitzt und damit wesentliche Funktionen des natürlichen Immunsystems erfüllt. Die damit verbundene intrahepatische Inflammationsreaktion induziert jedoch in der chronisch vorgeschädigten Leber einen weiteren Schaden. Eine durch TLR (Toll-like-Rezeptoren) vermittelte Aktivierung von Stellatzellen scheint wesentlich zur Progression der Organfibrose beizutragen. Infektionen haben daher das Potential, ein Fortschreiten der Lebererkrankung zu induzieren und somit auch nachhaltig die Prognose des Patienten zu verschlechtern. Infektionen bei Patienten mit Leberzirrhose können im Allgemeinen über zwei Wege entstehen. Wie im Falle der SBP ist die bakterielle intestinale Translokation Ausgangspunkt der Infektion. Die Migration von Erregern aus dem Gastrointestinaltrakt in das lokale Lymphsystem findet physiologisch auch bei Gesunden statt. Allerdings ist diese bei der Leberzirrhose deutlich gesteigert. Die Kombination aus einer bakteriellen Überwucherung (quantitative Dysbiose) und veränderten Zusammensetzung des Mikrobioms (qualitative Dysbiose) mit zunehmender Prävalenz von gramnegativen Enterobakterien (E. coli, Klebsiellen) und grampositiven Enterokokken, gesteigerter Permeabilität der Darmmukosa sowie einer Prädisposition durch genetische Varianten von Immunrezeptoren wie TLR4 und NOD2, erleichtert den Übertritt von intestinalen Erregern in das angrenzende Lymphsystem. Die Immundysfunktion des angeborenen und adaptiven Immunsystems als Folge der Zirrhose bedingt, dass translozierende Pathogene – insbesondere über die Leber – nicht ausreichend eliminiert werden, sondern die Blutstrombahn erreichen und von dort in
357
358
1 2
C. Engelmann, A. Böhlig, T. Berg
andere Kompartimente, insbesondere ins Peritoneum, streuen [26, 39, 57].
3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Hepatische Enzephalopathie Definition. Die hepatische Enzephalopathie (HE) ist ein potentiell reversibles neuropsychiatrisches Krankheitsbild, das durch eine zerebrale Dysfunktion infolge insuffizienter Leberfunktion und/oder portosystemischer Shunts definiert ist. Ätiologie und Pathogenese. Zur Entstehung der HE tragen verschiedene pathophysiologische Faktoren additiv bei. Durch den Darmtrakt wird ein Großteil der Aminosäure Glutamin aufgenommen und durch die Glutaminase zu Glutamat und Ammoniak abgebaut. Ammoniak ist ein Neurotoxin, das sowohl bei akutem als auch chronischem Leberversagen in erhöhter Konzentration im Blut gemessen wird. Jedoch ist die Produktion im Darm häufig nicht der entscheidende Faktor. So konnte nachgewiesen werden, dass im Rahmen von Blutungen die Niere die Ammoniakproduktion um das Sechsfache steigert [60]. Die Niere scheint somit eine zentrale Rolle in der Generierung von Ammoniak zu spielen. Doch ist auch der Einfluss genetischer Veränderungen nicht unerheblich. Für Polymorphismen in der Promotorregion der Glutaminase-Gens, die zu einer
gesteigerten Aktivität des ammoniakproduzierenden Enzyms führen, konnte ein signifikant erhöhter Ammoniakspiegel sowie ein erhöhtes Risiko für eine manifeste HE nachgewiesen werden. Es gibt eine Reihe von Mechanismen, über die Ammoniak in weniger toxische Produkte überführt werden kann. Unter normalen Bedingungen erfolgt dies in der Leber durch die Synthese von Harnstoff, insbesondere in den periportalen Hepatozyten. Ammoniak, das diesen Abbauweg umgeht, gelangt in die perivenösen Hepatozyten, in denen ein weiterer Abbauweg über die Glutaminsynthese angeregt wird. Der Metabolismus von Ammoniak, Harnstoff und Glutamin ist somit intrahepatisch zonal verteilt. Die Glutaminsynthetaseaktivität ist begrenzt auf perivenös gelegene Hepatozyten und der Abbau zu Harnstoff auf periportale Hepatozyten. Die Glutaminsynthetase kommt zudem in großer Zahl in Astrozyten vor und kann durch Amidierung von Glutamat zu Glutamin Ammoniak metabolisieren. Glutamin ist ein Osmolyt, das eine Schwellung der Astrozyten und damit ein Hirnödem verursachen kann. Gerade bei Ammoniakspiegeln > 200 µMol/l steigt das Risiko für die Ausbildung eines Hirnödems signifikant an [88]. Da bei Patienten mit akutem Leberversagen Kompensationsmechanismen fehlen, korreliert der Grad der HE bei diesen Patienten gut mit dem Ammoniakspiegel im Blut. Diese Assoziation konnte für Patienten mit Zirrhose jedoch bisher nicht nachgewiesen werden. Hier spielen weitere Faktoren wie Entzündungsreaktionen
16 Typ
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A
HE bei akutem Leberversagen
B
HE bei portosystemischem Bypass ohne intrinsische Lebererkrankung
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C
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Beschreibung
HE bei Zirrhose, portaler Hypertension und/oder portosystemischem Shunt
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Untergruppe
induzierta Episodische HE
spontanb rezidivierend
Persistierende HE
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Unterkategorie
leicht schwer
a b
Vorhandensein von auslösenden Faktoren keine auslösenden Faktoren
Minimale HE
therapieabhängig
Abb. 10.7 Einteilung der hepatischen Enzephalopathie anhand der zugrunde liegenden Mechanismen. (Mod. nach Ferenci et al. [25])
Leberzirrhose und deren Komplikationen
sowie oxidativer Stress eine entscheidende Rolle. Sterile systemische inflammatorische Reaktionen (SIRS), die regelhaft bei akutem und chronischem Leberversagen auftreten, aber auch bakterielle Infektionen können über intrazerebral und peripher sezernierte Zytokine (TNF-α, IL-1β) und Lipopolysaccharide eine Entzündungsreaktion im Gehirn induzieren, die hauptsächlich durch Aktivierung von Mikroglia und Astrozyten vermittelt wird. Zusätzlich reagieren Astrozyten auf Exposition von Ammoniak mit Produktion von reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffspezies, wodurch oxidativer Stress induziert und die Inflammation verstärkt wird [19]. Klinische Präsentation. Eine HE kann mit Vigilanzstörungen (Somnolenz, Konfusion, Koma) sowie charakteristischen neurologischen Symptomen (Asterixis = grobschlägiger Tremor der oberen Extremitäten, extrapyramidal-motorische Symptome, Krampfanfälle) einhergehen. Nach Ferenci et al. (1998) [24a] werden unter Berücksichtigung der Pathophysiologie drei Formen unterschieden (s. Abb. 10.7). Die klinische Ausprägung kann durch einfache Tests nach den West-Haven-Kriterien in 5 Schweregrade unterteilt werden: – Grad 0 (minimale HE): Störung nur durch psychometrische Tests erfassbar – Grad 1: geringe Bewusstseinseinschränkung, Dysphorie (Reizbarkeit, Angst), reduzierte Aufmerksamkeit, gestörte Feinmotorik – Grad 2: verstärkte Müdigkeit, Apathie, Lethargie, leichte Persönlichkeitsstörung, Desorientiertheit, Flapping-Tremor, Ataxie, verwaschene Sprache – Grad 3: Somnolenz, Aggressivität, ausgeprägte Desorientiertheit, Rigor, Krämpfe, Asterixis – Grad 4: Koma, Hirndruckzeichen [91] Außerdem kann eine weitere Klassifikation anhand des zeitlichen Verlaufs (episodisch, rekurrierend, persistierend) sowie möglicher auslösender Faktoren getroffen werden. Obwohl die hepatische Enzephalopathie meist nicht das erste Zeichen einer fortschreitenden Leberzirrhose mit Dekompensation ist, tritt es im Verlauf der Erkrankung bei insgesamt 30 % der Patienten mit Zirrhose auf [73]. Allerdings muss man davon ausgehen, dass die minimale HE eine Prävalenz von bis zu 80 % hat, jedoch durch die üblichen klinischen Kriterien nicht erfasst wird [10]. Das erstmalige Auftreten der hepatischen Enzephalopathie ist ein prognostisch ungünstiger Faktor mit einer deutlich eingeschränkten Überlebensrate (1-Jahres-Überleben 42 %). Während die chronischen Verlaufsformen meist Folge portokavaler Shunts bzw. einer TIPS-Anlage sind, liegen der episodischen Form häufig auslösende Faktoren zu Grunde (s. Übersicht).
Kapitel 10
Auslösende Faktoren der hepatischen Enzephalopathie – Bakterielle Infektionen – Exsikkose – Obstipation – Niereninsuffizienz – Hyponatriämie – Hypokaliämie – Metabolische Alkalose – Exzessive Eiweißaufnahme – Narkotika – Sedativa (Benzodiazepine) – Diuretika – Obstipation – Chirurgische Interventionen – TIPS-Implantation – Pfortaderthrombose – Gastrointestinale Blutung
Diagnose. Um die Diagnose einer hepatischen Enzephalopathie stellen zu können, müssen zwei grundlegende Dinge erfüllt sein: – Der Patient hat einen schwere Lebererkrankung bzw. portosystemischen Shunt. – Andere neurologische bzw. psychiatrische Differenzialdiagnosen konnten ausgeschlossen werden. Obwohl die Höhe des Ammoniakspiegels nicht mit der Schwere der Erkrankung bei Patienten mit Zirrhose korreliert, kann die Bestimmung im Einzelfall zur Differentialdiagnose eines unklaren Bewusstseinszustands Sinn machen, da bei normwertigem Ammoniakspiegel eine höhergradige HE unwahrscheinlich ist. Die Ursachen der HE können anhand des klinischen Bilds häufig nicht sicher voneinander getrennt werden. In der Praxis wird daher anfangs meist ein multimodales Behandlungskonzept begonnen. An erster Stelle sollte, wenn möglich, die auslösende Ursache identifiziert werden. Hierzu können eine detaillierte klinische Untersuchung sowie die Laboranalyse hilfreich sein, um Entzündungen, Elektrolytverschiebungen, Nierenfunktionsstörungen sowie metabolische Störungen zu erfassen. Neben der hepatischen Enzephalopathie kann bei Patienten mit Zirrhose eine große Zahl anderer Erkrankungen Bewusstseinsveränderungen hervorrufen. Diese sind in Tab. 10.4 aufgeführt. Zur weiteren Objektivierung und Quantifizierung des Krankheitsbildes dienen neuropsychologische Methoden, die allerdings in der Praxis einigen Limitationen unterliegen. Die West-Haven-Kriterien sind bettseitig schnell und einfach anwendbar, zeigen jedoch angesichts hoher Subjektivität eine hohe intra- und interindividuelle Schwankungsbreite. Es gibt einige kom-
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1 2 3
C. Engelmann, A. Böhlig, T. Berg Tab. 10.4 Differentialdiagnosen der Bewusstseinseinschränkung bei Patienten mit Leberzirrhose. (Mod. nach Bismuth et al. [10]) Organsystem
Erkrankung
Neurologisch
– Hirnblutung
4
– Apoplex
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– Hirntumor – Meningitis/Enzephalitis
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– Epilepsie
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– Wernicke-Syndrom
8
– Intoxikation
9 10
Medikamente
Metabolische Störungen
– Psychotrope Substanzen (Sedativa, Opiate, Narkotika, Drogen) – Hypo- oder Hyperglykämie
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– Ketoazidose
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– Hyponatriämie
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– Exsikkose – Hyperkapnie
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plexere diagnostische Tools wie den „heptic encephalopathy scaling algorithm“ (HESA) sowie die „clinical hepatic encephalopathy staging scale“ (CHESS), die klinische und neuropsychologische Tests kombinieren, aber noch nicht ausreichend validiert sind und daher im Wesentlichen in klinischen Studien eingesetzt werden. Einfachere psychometrische Tests wie der Zahlenverbindungstest sind simpel und erlauben häufig die Diagnose einer hepatischen Enzephalopathie bereits im frühen Stadium. Jedoch sind diese angesichts eines Lerneffekts zur Verlaufsbeurteilung nur wenig geeignet. Allen psychometrischen Tests ist gemeinsam, dass sie aufgrund der notwendigen aktiven Mitarbeit des Patienten nur bis maximal in den Stadien I und II der HE sicher anwendbar sind. In der Regel wird jedoch die Diagnose einer manifesten HE klinisch gestellt. Die latente HE kann hingegen nur durch psychometrische Tests erfasst werden. Zu den bekanntesten gehört die Bestimmung der kritischen Flimmerfrequenz. Diese Methode hat den Vorteil, dass sie nicht vom Bildungsstand oder Alter abhängig ist und keinem Lerneffekt unterliegt. Patienten erhalten eine Brille, in der ihnen ein flimmerndes Bild mit abnehmender Frequenz gezeigt wird. Die Frequenz, ab der das Flimmern nicht mehr als solches wahrgenommen wird, gilt als die kritische Flimmerfrequenz. Diese ist bei Patienten bereits mit minimaler hepatischer Enzephalopathie erhöht. Außerdem ist es möglich, den Patienten innerhalb einer Minute so viele Tiere wie möglich ohne
Wiederholung eines Tiernamens aufzählen zu lassen, was als Animal-Naming-Test bezeichnet wird. Ein Cutoff-Wert von 15 genannten Tieren hat sich bewährt, um Patienten mit Zirrhose ohne HE von solchen mit minimaler HE abzugrenzen [16]. Über neuere bildmorphologische Methoden können begleitende funktionelle und strukturelle Veränderungen des Gehirns dargestellt werden. So ist es durch die MRSpektroskopie möglich, Osmolyte und Ammoniakabbauprodukte darzustellen (Glutamin, Myo-inositol, Cholin). Die Schwere der HE korreliert gut mit den Veränderungen dieser Methode. Allerdings fehlen bisher Cut-offWerte, so dass die diagnostische Wertigkeit dieser Methode zurzeit nicht sicher eingeschätzt werden kann.
Sarkopenie Epidemiologie und Pathogenese. Der Verlust der Skelettmuskulatur ist eine bei Leberzirrhose häufig beobachtete Komplikation. Mehr als 70 % aller Patienten, vor allem im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium, sind davon betroffen und haben ein deutlich schlechteres Überleben als Patienten ohne Sarkopenie [21] Die Letalität bei Nachweis einer Sarkopenie ist unabhängig von der Leberfunktion um den Faktor 2,3 bis 5,4 gesteigert. Darüber hinaus haben diese Patienten ein erhöhtes Risiko für Infektionen und eine reduzierte Lebensqualität. Kommt es zu einer Lebertransplantation, erholen sich Patienten mit reduzierter Muskelmasse langsamer und haben ein erhöhtes postoperatives Sterblichkeitsrisiko als Patienten ohne Sarkopenie [83]. Die Mechanismen, die den Verlust der Skelettmuskulatur verursachen, sind bisher nicht vollständig verstanden. Bisherige Ergebnisse weisen jedoch auf ein multifaktorielles Geschehen hin (Abb. 10.8; [52, 86]): – Generell haben Patienten mit Leberzirrhose eine dem Hungerzustand ähnliche katabole Stoffwechsellage, da die Absorption der Nahrung gestört ist und somit eine kalorische Negativbilanz vorliegt. Diese ist auch dann nachweisbar, wenn ausreichend Kalorien verabreicht werden. Die Proteolyse wird dann dazu benutzt, Aminosäuren zu mobilisieren und damit die Glukoneogenese aufrecht zu erhalten [31] – Patienten mit Leberzirrhose haben erhöhte Myostatin-Spiegel. Dieses Hormon ist ein wichtiger Inhibitor der Proteinsynthese und begünstigt die Autophagie. – Ammoniak, das im Rahmen der Leberzirrhose vermehrt anfällt, wird in den Muskel aufgenommen und akkumuliert dort. Durch Aktivierung von Kinasen [„transforming growth factor beta activated kinase 1“ (TAK1), TRAF6, „inhibitor of kappa B kinase“ (IKK)] kommt es über die Phosphorylierung des Transkriptionsfaktors „nuclear factor beta“ zur vermehrten Transkription von Myostatin und somit zur Hemmung der
Leberzirrhose und deren Komplikationen
Kapitel 10
Abb. 10.8 Pathophysiologische Faktoren, die bei dem Verlust der Skelettmuskulatur im Rahmen der Leberzirrhose eine Rolle spielen
Proteinsynthese. Zudem hat Ammoniak einen direkt zytotoxischen Effekt [46]. – Testosteron und Wachstumshormone sind Mediatoren, die im physiologischen Zustand die Myostatin-Expression inhibieren und über IGF-1 eine mTOR-Aktivierung sowie letztendlich Muskelproteinsynthese bewirken. Die Blutspiegel beider Hormone sind bei Patienten mit Leberzirrhose deutlich erniedrigt [80]. – Zudem besteht ein Zusammenhang zwischen zirrhoseassoziierter Inflammation, insbesondere dem erhöhten Nachweis von TNF-α und IL-6, und Sarkopenie. Der myotoxische Effekt ist am ehesten auf oxidativen Stress im Rahmen der systemischen inflammatorischen Reaktion zurückzuführen. Diagnose. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Ausmaß des Skelettmuskelverlusts abzuschätzen. Untersucht wurden die Bioimpedanzanalyse, Sonographie, Kontraktionsstärke, Muskelbiopsie sowie die bildgebenden Verfahren Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT), wovon die CT bisher die verlässlichste Methode ist. Diese Diagnostik ist einfach und flächendeckend verfügbar und erlaubt eine standardisierte Analyse von Daten. Da die CT zur Standarddiagnostik vor geplanter Lebertransplantation gehört, wurden in den bisherigen Studien vor allem Patienten auf der Transplantationswarteliste untersucht. Insbesondere der Psoasmuskel bzw. die paraspinale Muskulatur zeigen eine Korrelation mit klinischen Endpunkten und dem Überleben. Durch die topographische Lage zur Wirbelsäule ist eine standardisierte Messung in Höhe L3/4 möglich und der Muskel ist im Vergleich zu anderen Muskelgruppen relativ unabhängig von der körperlichen Aktivität und dem Trainingsstatus.
Alle anderen diagnostischen Verfahren benötigen eine nicht überall verfügbare Ausstattung (z. B. Bioimpedanzmessung, MRT), zeigen eine untersucherund/oder patientenabhängige Variabilität (Sonographie, Kontraktionsstärke) oder sind invasiv (Muskelbiopsie) und somit weniger gut zur Diagnostik der Sarkopenie evaluiert. Valide Biomarker für die Muskelmasse, die auch die Durchführung einer Computertomographie überflüssig machen könnten, sind bisher noch nicht etabliert [30, 87]. Obwohl eine Quantifizierung der Muskelmasse verlässlich möglich ist, gibt es in der Patientengruppe der Leberzirrhose bisher keine allgemein gültige Definition für die Sarkopenie. Für die Allgemeinbevölkerung gilt, dass bei einem Muskelverlust von 0,5–1 % pro Jahr eine Sarkopenie vorliegt. Aufgrund der schlechten Prognose von Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose sind diese langen Beobachtungszeiträume zur Diagnosestellung meist nicht anwendbar. Unterschiedliche Gruppen haben daher versucht, in Querschnittsanalysen Grenzwerte, entweder unter Berücksichtigung der Prognose oder im Vergleich zu einer gesunden Vergleichspopulation, zu ermitteln [23, 53, 90]. Allerdings sind die zugrunde liegenden Methoden zur Quantifizierung der Muskelmasse vielfältig und die untersuchten Gruppen klein. Daher können diese Definitionen bisher nicht in die Praxis übertragen werden. Therapie. Obgleich die Relevanz der Sarkopenie als Risikofaktor für Patienten mit Zirrhose gut belegt ist, fehlt die direkte Evidenz, dass eine Steigerung der Muskelmasse das Überleben von Patienten mit Zirrhose verbessert [56]. Bisherige Studien konnten zwar zeigen, dass nach Implantation eines transjugulären, portosystemischen Shunts (TIPS) eine Verbesserung
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der Skelettmuskelmasse mit einem signifikant besseren Überleben assoziiert war [65, 84]. Unklar bleibt jedoch, ob dieser Effekt primär das Resultat der ansteigenden Muskelmasse ist oder Folge der Reduktion der portalen Hypertension. Mittlerweile werden unterschiedliche Strategien zur Therapie der Sarkopenie bei Zirrhose eingesetzt und teilweise in Studien evaluiert [61]: – Ernährung und körperliche Aktivität: Eine hochkalorische (35–40 kcal/kg pro Tag) und proteinreiche (1–1,5 g/kg pro Tag) Ernährung sowie die Supplementation von verzweigtkettigen Aminosäuren hemmen den Muskelabbau. Körperliche Aktivität soll zudem, insbesondere durch Aktivierung von IGF-1, den Muskelaufbau fördern. – Testosteron: Die Behandlung von männlichen Patienten mit zirrhoseassoziierter Sarkopenie und niedrigen Testosteronspiegeln mit Testosteron konnte die Muskelmasse signifikant steigern [81]. Ob dies zusätzlich einen Effekt auf das Patientenüberleben hat, ist bisher unbekannt. – Ammoniaksenkende Therapien: Aufgrund der sarkopenen Wirkung von Ammoniak nimmt man zudem an, dass die Senkung des Ammoniakspiegels sich positiv auf die Muskelmasse auswirkt. Diese Strategie wird aktuelle in präklinischen Modellen/Studien untersucht. – Myostatin-Blocker: Es gibt bereits erste klinische Ergebnisse, die eine Zunahme der Skelettmuskulatur nach Therapie mit Myostatin-Inhibitoren zeigen konnten. Allerdings wurden diese Substanzen bisher noch nicht bei Patienten mit Leberzirrhose untersucht. Zudem bleibt abzuwarten, welche zusätzlichen und gegebenenfalls unerwünschten Effekte, beispielsweise am Herzen, diese Therapiestrategie besitzt.
Zirkulatorische Dysfunktion Das hepatopulmonale Syndrom (HPS) und die portopulmonale Hypertonie (PPH) werden zu den pulmonalen Komplikationen der Leberzirrhose gezählt, die sich klinisch im Wesentlichen durch Dyspnoe äußern. Trotzdem liegen bei diesen Entitäten zwei unterschiedliche Pathomechanismen zugrunde, die im Folgenden näher erläutert werden.
Hepatopulmonales Syndrom Das hepatopulmonale Syndrom wird durch das Vorliegen einer Lebererkrankung, einen arteriellen Oxy-
genierungsdefekt und eine intrapulmonale kapilläre Vasodilatation definiert. Zusätzlich werden häufig intrapulmonale arteriovenöse Shunts nachgewiesen. Es ist ein relativ häufiges Krankheitsbild, das bei 5–30 % der Patienten mit Zirrhose in unterschiedlicher Ausprägung nachgewiesen werden kann. Die arterielle Hypoxämie ist Folge eines funktionellen Rechts-LinksShunts durch Vasodilatation im kapillar-alveolären Stromgebiet mit Entwicklung eines erhöhten alveoloarteriellen Sauerstoffgradienten und damit insuffizienten Gasaustauschs (Abb. 10.9). Bestimmte Mediatoren wie beispielsweise bakterielle Endotoxine, aber auch erhöhte NO-Konzentration sind wahrscheinlich ursächlich für die Vasodilatation und Shunt-Bildung verantwortlich. Die bei Zirrhose gesteigerte intestinale bakterielle Translokation führt über eine Aktivierung von pulmonalen Makrophagen und TNF-α-Freisetzung zu einer vermehrten Expression der induzierbaren NO-Synthase. Eine Verbesserung der Hypoxämie ließ sich im Tiermodell unter Antibiotikagabe und damit der Reduktion der bakteriellen Translokation nachweisen [33]. Klinische Zeichen sind die Dyspnoe, die typischerweise im Liegen geringer ausgeprägt ist (Platypnoe) und sich beim Stehen verstärkt (Orthodeoxie), sowie eine Zyanose und Trommelschlägelfinger. Die Diagnosesicherung erfolgt vor allem mit der kontrastverstärkten transthorakalen Echokardiographie. Hierbei wird intravenös Kontrastmittel, das Mikrobläschen enthält, injiziert, wodurch es zunächst im rechten Vorhof und Ventrikel sichtbar wird. Normalerweise passieren die Bläschen nicht die Lungenkapillaren. Tauchen Anteile des Kontrastmittels jedoch nach über 3 Herzaktionen im linken Ventrikel auf, spricht dies für das Vorhandensein eines Rechts-Links-Shunts mit einem abnorm dilatierten kapillären Gefäßbett. Zudem besteht nuklearmedizinisch die Möglichkeit eines „Technetium macroaggregated albumin lung perfusion scans“ („99mTc MAA scan“). Durch diese Methodik ist es möglich, die zugrunde liegenden intrapulmonalen oder intrakardialen Shunt-Volumina abzuschätzen, da die Makroalbuminaggregate über die bestehenden Shunts in die systemische Zirkulation übergehen und dort detektiert werden können. In einigen Fällen wird zudem die Pulmonalisangiographie angewendet. Der Vorteil dieser Methode ist, dass im Rahmen der Angiographie gleichzeitig ein interventioneller Verschluss größerer Shunts durchgeführt werden kann. Patienten mit mildem bis moderatem hepatopulmonalem Syndrom (Tab. 10.5) sollten im Abstand von 6 Monaten mittels arterieller Blutgasanalyse kontrolliert werden. Werden die Kriterien eines schweren HPS erfüllt, können Patienten mit einer MELD-Exzeption zur Lebertransplantation gelistet werden.
Leberzirrhose und deren Komplikationen
Kapitel 10
a
b Abb. 10.9 a,b Pathophysiologie der arteriellen Hypoxämie beim hepatopulmonalen Syndrom. Das Vorhandensein von Rechts-LinksShunts sowie pulmonaler Vasodilatation führen zu einem Ventilations-Perfusions-Mismatch mit unzureichender Oxygenierung des
gemischtvenösen Blutes und konsekutiv zu einer arteriellen Hypoxämie (nach [72]). Die Stadieneinteilung richtet sich nach der alveoloarteriellen Sauerstoffdifferenz bzw. nach dem arteriellen Sauerstoffpartialdruck (s. hierzu Tab. 10.5)
Kriterien der MELD-Exzeption des hepatopulmonalen Syndroms – Vorbestehende Lebererkrankung – PaO2 64 Jahren AaDO2-Wert ≥ 20 mmHg, bbei Patienten > 64 Jahren paO2-Wert ≥ 70 mmHg
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DO2 ≥ 15a mmHg, paO2 ≥ 80b mmHg
DO2 ≥ 15a mmHg, paO2 ≥ 60 bis 45 mmHg wird allgemein eine Lebertransplantation als kontraindiziert angesehen. Kann der Druck durch eine medikamentöse Therapie auf ≤ 35 mmHg gesenkt werden, liegt die perioperative Mortalität bei 8,7 %. Insbesondere in den ersten 6 Monaten nach Transplantation besteht ein höheres Risiko für eine Verschlechterung der pulmonalen Hypertonie, vor allem bei bisher bezüglich des pulmonalen Hypertonus unvorbehandelten Patienten. Im Langzeitverlauf kann mit einer Besserung der PPH mit Möglichkeit der Deeskalation der vasodi-
Leberzirrhose und deren Komplikationen
Kapitel 10
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Tab. 10.6 Stadieneinteilung der portopulmonalen Hypertonie Normal
Mild
Moderat
Schwer
WHO-FC
–
I, II
II, III
III, IV
PAPm (mmHg)
45
HI (l × min−1 × m2)
2,5–4,0
> 2,5
> 2,5
8
WHO-FC World Health Organisation Functional Class, PAPm mittlerer pulmonalarterieller Druck, HI Herzindex, PVR pulmonalvaskulärer Widerstand, RAP rechtsatrialer Druck
latatorischen Therapie gerechnet werden [75]. Aufgrund der ungünstigen Prognose der PPH unabhängig von der Leberfunktion erhalten diese Patienten eine MELD-Exzeption, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind. Kriterien der MELD-Exzeption der portopulmonalen Hypertonie – Vorbestehende Lebererkrankung – mPAP 25–35 mmHg (mit oder ohne Therapie) – Pulmonaler Gefäßwiderstand (PVR) ≥ 240 dyn.s.cm−5 – Pulmonalkapillärer Wedge-Druck (PCPW) ≤ 15 mmHg – Nachweis aller Parameter durch Rechtsherzkatheter
Zirrhoseassoziierte Kardiomyopathie Die „zirrhotische Kardiomyopathie“ ist definiert als eine kardiale Dysfunktion mit verminderter kardialer Ejektionsfraktion unter Stress und/oder einer veränderten diastolischen Relaxation mit elektrophysiologischen Veränderungen ohne eine zugrunde liegende kardiale Erkrankung [55]. Die Ursachen der Entwicklung der zirrhoseassoziierten Kardiomyopathie sind nicht vollständig geklärt. Es wird postuliert, dass die fortgesetzte hyperdyname Kreislaufsituation, als kompensatorische Antwort auf die periphere und splanchnische Vasodilatation im Rahmen der portalen Hypertension, zu einem kardialen „Erschöpfungssyndrom“ führt. Neben den Hormonen des RAAS und Katecholaminen werden weitere vasoaktive und kardiotrope Mediatoren wie Glukagon, TNF-α, Prostazyklin, NO und Endothelin 1 aktiviert. Hierdurch können typische strukturelle Veränderungen des Herzens mit unterschiedlich stark ausgeprägter Einschränkung der kardialen Funktion ent-
stehen (ventrikuläre Hypertrophie und Dilatation der Herzkammern, Zellödem, Fibrose). Phänotypisch lassen sich drei Formen der zirrhoseassoziierten Kardiomyopathie unterscheiden: – elektrophysiologische Veränderungen (QT-IntervallVerlängerungen), – strukturelle ventrikuläre Veränderungen, – abnorme kardiale Reaktion auf pharmakologische, physiologische oder chirurgische Stimuli. Die meisten Patienten mit zirrhoseassoziierter Kardiomyopathie zeigen unter normalen Bedingungen keine erfassbaren Veränderungen. Manifest wird die Erkrankung oft erst unter Stressoren wie TIPS-Implantation oder Lebertransplantation, die zu einer signifikanten Erhöhung der Vorlast und darüber zu einer kardialen Dekompensation führen können [18].
Akute Dekompensation und akut-auf-chronisches Leberversagen (ACLF) Akute Dekompensation Definition und Epidemiologie. Patienten mit Leberzirrhose im fortgeschrittenen Stadium zeigen in der Regel einen langsam progredienten Verlauf und entwickeln im Rahmen dessen typische zirrhoseassoziierte Komplikationen, die auch mit adäquater Therapie nicht immer vollständig kontrollierbar sind [34]. Ein klassisches Beispiel sind Patienten mit refraktärem Aszites, d. h. ohne Ansprechen auf die übliche medikamentöse Therapie, die in regelmäßigen Abständen zur Parazentese einbestellt werden müssen. Man spricht in diesem Stadium der Erkrankung von einer chronischen Dekompensation, die primär auf die portale Hypertension und die eingeschränkte Funktionsreserve des Organs zurückzuführen sind. Definiert wird die akute Dekom-
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Akute Dekompensation ACLF
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Leber Funktion
3
Chronisch dekompensierte Zirrhose
Vollständige Regeneration
Partielle Regeneration
Organversagen
keine Regeneration
Tod
Abb. 10.10 Patienten mit progredienter Leberzirrhose (blaue Linie) zeigen eine langsame, aber kontinuierliche Verschlechterung der Leberfunktion, entwickeln zirrhoseassoziierte Komplikationen und versterben an den Komplikationen ihrer Erkrankung. Darüber hinaus kann es in jedem Stadium der Lebererkrankung als Antwort auf ein auslösendes Ereignis, wie z. B. einer Varizenblutung oder bak-
teriellen Infektionen, zu einer akuten Verschlechterung der Leberfunktion mit Organversagen, dem sog. akut-auf-chronischen Leberversagen, kommen (rote Linie). Trotz der hohen Letalität kann bei diesen Patienten mit adäquater Therapie mitunter eine vollständige oder zumindest partielle Regeneration erreicht werden. (Mod. nach Jalan et al. [40])
pensation durch festgelegte Ereignisse wie die portalhypertensive Blutung, eine bakterielle Infektion und/ oder die akute Entwicklung oder Verschlechterung von Aszites bzw. einer hepatischen Enzephalopathie. Im Gegensatz zur chronischen Dekompensation wird die akute Dekompensation in der Regel durch einen Auslöser hervorgerufen und kann in jedem Stadium der Lebererkrankung, z. B. auch im Stadium der Steatohepatitis, auftreten. Zu den häufigsten Auslösern gehören die Infektionen und der Alkoholkonsum. Bei schweren Dekompensationsereignissen und verzögerter Behandlung besteht immer ein hohes Sterblichkeitsrisiko. Eine frühzeitige sichere Prädiktion über den Ausgang einer Dekompensation ist bisher nicht möglich. Es kann sowohl zu einer vollständigen Rekompensation zum Ausgangszustand kommen als auch zu einer persistierenden Leberfunktionseinschränkung mit chronischen Komplikationen (Abb. 10.10). Für die Beurteilung der hepatischen Regenerationskapazität ist oft eine Verlaufsbeobachtung von > 6 Monaten nach Sistieren des auslösenden Agens (z. B. Alkoholkarenz bzw. Therapie der Virushepatitis) notwendig.
durch den CLIF-C-OF-Score definiert (s. Tab. 10.4). Der Schweregrad 1 (ACLF-Grad 1) liegt entweder bei einem isolierten Nierenversagen oder bei einem anderen Organversagen, dann in Kombination mit einer Nierenfunktionsstörung (Kreatinin 1,5–2 mg/dl) oder einer hepatischen Enzephalopathie im Stadium 1–2, vor. Bei zwei weiteren Organversagen liegt ein ACLF-Grad 2 und bei drei oder Mehrorganversagen ein ACLF-Grad 3 vor. Während die 28-Tage-Sterblichkeit im Rahmen einer reinen akuten Dekompensation mit ca. 10 % relativ niedrig ist, steigert sich diese auf > 40 % mit der Entwicklung eines ACLF. Innerhalb der ACLF-Schweregrade erhöht sich die Letalität weiter auf 55 % (ACLF-Grad 2) und 78,5 % (ACLF-Grad 3; Abb. 10.11).
Akut-auf-chronisches Leberversagen (ACLF) Patienten, die im Rahmen der akuten Dekompensation ein zusätzliches Organversagen entwickeln, haben eine signifikant schlechtere Prognose [34]. Die für das sog. akut-auf-chronische Leberversagen (ACLF) notwendigen Kriterien für das Vorliegen eines Organversagens (Leber, Niere, Gerinnung, Lunge, Zirkulation, Gehirn) werden
Pathophysiologie. In der Ätiopathogenese dieses Syndroms spielen inflammatorische Reaktionen eine zentrale Rolle. Die aktuelle Hypothese zur Pathogenese des ACLF besteht aus einer immunologischen Dysregulation, gleichzeitig bestehend aus einer proinflammatorischen systemischen Immunreaktion auf der einen Seite und einer Immunparalyse auf der anderen Seite. Dieser Veränderungen beginnen bereits im Stadium der Dekompensation und nehmen an Schwere bis hin zum ACLF-Grad 3 zu.
Zirrhoseinduzierte Immunaktivierung Eine systemische Immunaktivierung ist in allen immunologischen Zellreihen nachweisbar. Neutrophile Granulozyten und Monozyten exprimieren Aktivie-
Leberzirrhose und deren Komplikationen
Kapitel 10
Sterblichkeit (%)
100 78,5
80 55,2
60 40,8
40 20 0
9,8 DZ
ACLF Grad 1
ACLF Grad 2
Abb. 10.11 Das akut-auf-chronische Leberversagen zeichnet sich durch eine hohe Letalität aus. Während die 28-Tage-Sterblichkeit bei der alleinigen akuten Dekompensation (DZ) bei 10 % liegt, steigt
rungsmarker wie CD11b (neutrophile Granulozyten) sowie HLA-DR, CD80 und CD86 (Monozyten). T- und B-Lymphozyten befinden sich ebenfalls im aktivierten Zustand (Expression von HLA-DR, CD86) und zeigen eine verstärkte Antwort auf die Stimulation mit Zytokinen. Zudem werden vermehrt proinflammatorische Zytokine wie TNF-α, IL-1β, IL-6, IL-17, IL-18, IFNγ sowie deren lösliche Rezeptoren wie sTNFRI, IL-1sRI, IL-1Ra, sCD14 und Fas-R sezerniert und sind vermehrt in der Zirkulation nachweisbar. Erhöhte Blutspiegel von ICAM-1, VCAM-1 sowie VEGF sprechen zudem für eine Aktivierung von Endothelzellen. Ausgelöst wird diese systemische Immunaktivierung im Wesentlichen über zwei Wege. Patienten mit Zirrhose zeigen eine zunehmende Translokation von Endotoxinen (Lipopolysaccharide, Lipopeptide, Glykopolymere, Flagellin, bakterielle DNA) aus dem Intestinum in das intestinale lymphatische Gewebe und in die systemische Zirkulation. Diese bakteriellen Immunstimulatoren werden als „pathogen-associated molecular patterns“ (PAMPs), bezeichnet. Ein zweiter Mechanismus entsteht durch die durch Apoptose und Nekrose, insbesondere von Hepatozyten, freigesetzten Proteine wie Histone und Nukleosome aber auch DNA, die als „damage-associated molecular patterns“ (DAMPs), bezeichnet werden. Beide Arten von Molekülen sind gleichermaßen in der Lage, von Rezeptoren („pathogen recognition receptors“, PRRs) erkannt und gebunden zu werden. Von der PRRs hat der „toll-like receptor 4“ (TLR4) eine zentrale Bedeutung. Der Rezeptor ist auf nahezu allen Zellen exprimiert und vermittelt eine über NF-κB gesteuerte Clearance von Endotoxinen sowie Produktion von pround antiinflammatorischen Zytokinen (Abb. 10.12). Die dadurch ausgelöste systemische Inflammationsreaktion kann zu einem Zytokinsturm und in dessen Folge zu Endorganschaden führen.
ACLF Grad 3 diese bei Vorliegen eines akut-auf-chronischen Leberversagens im ACLF-Stadium 1 auf 40 und 80 % im ACLF-Stadium 3
Zirrhoseassoziierte Immunparalyse Die Funktionen der Leber als Immunorgan werden im Rahmen der Zirrhoseentwicklung beeinträchtigt. So nimmt die physiologische Clearance-Funktion der aus dem Gastrointestinaltrakt stammenden translozierten Pathogene mit zunehmender Leberinsuffizienz ab. Auch die Funktion von phagozytierenden Zellen, vor allem der neutrophilen Granulozyten, ist reduziert mit verminderter Kapazität der Phagozytose und des oxidativen „Burst“. Zudem werden durch die funktionelle Einschränkung der Hepatozyten weniger Komplementfaktoren und Akute-Phase-Proteine sezerniert, wodurch die Opsonierung von Bakterien weiter gestört wird. Hinzu kommt, dass in der systemischen Zirkulation nahezu alle immunologischen Zellsubtypen in ihrer Zahl reduziert sind. Diese Veränderungen führen in ihrer Summe zu einer schweren Immundysfunktion, die das Risiko für infektiöse Komplikationen signifikant steigert.
Dynamik der zirrhoseinduzierten Immundysfunktion Die Summe der immunologischen Veränderungen ist dynamisch und ändert sich mit der Schwere der Lebererkrankung. Beginnend im Stadium der Kompensation dominiert bis zu den frühen Stadien des ACLF die proinflammatorische Reaktion [58]. Mit zunehmender Zirrhoseprogression verschiebt sich das Verhältnis zwischen Proinflammation und Paralyse hin zu einer Anergie des Immunsystems gegenüber Stimulatoren wie DAMPs und PAMPs. Es entwickelt sich das Stadium der Immunparalyse (Abb. 10.13). Bisher ist noch nicht vollständig geklärt, welche Faktoren die akute Dekompensation bzw. das ACLF triggern. Man muss jedoch annehmen, dass im Falle einer schweren Alkoholhepatitis oder bei einem Schub einer
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368
C. Engelmann, A. Böhlig, T. Berg
1
Intestinal Translokation
Apoptotic cells
2 Heat shock proteins (HSP60, HSP70, GB96)
3 4
extracellular
5
intracellular
TRIF
6 7
TRAF3
8
IRF3
9
Type 1 IFN
10 11 12
HMGB1
TRAM
ECM
Lipopolysaccharid (LPS)
TLR4 (TLR2/TLR6)
Plasma Membrane
TIRAP
MyD88 TRAF6
NF-ĸB
AP-1
TNF, IL1B, IL6, IL12, IL8, CXCL1
Abb. 10.12 „Damage-associated molecular patterns“ (DAMPs), die von apoptotischen Zellen ausgehen, sowie „pathogen-associated molecular patterns“ (PAMPs), die durch die Translokation aus dem Gastrointestinaltrakt generiert werden, sind effektive Stimulatoren
13
IRF5
von TLR-Subtypen, insbesondere TLR4, jedoch auch TLR2 und TLR6. Die dadurch ausgelöste intrazelluläre Signalkaskade verstärkt die Translation von Genen, die hauptsächlich für proinflammatorische Zytokine kodieren
Systemische Inflammationsreaktion
14 16 17 18
PAMP/DAMP Stimulation
Immuneresponse
15
ACLF Überleben
19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
ACLF Tod
Immunparalyse
Kompensierte Zirrhose
Dekompensierte Zirrhose
ACLF
Abb. 10.13 Mit zunehmender Schwere der Lebererkrankung zirkulieren zunehmend „damage-associated molecular patterns“ (DAMPS) und „pathogen-associated molecular patterns“ (PAMPS), die sowohl eine schwere Immunreaktion als auch eine Immun-
paralyse auslösen können. In ihrer Summe dominiert vor allem im Stadium der Dekompensation und frühen ACLF-Stadien die Proinflammation, während bei zunehmender Erkrankungsschwere das gesamte Immunsystem in eine Anergie übergeht
autoimmunen Hepatitis die Freisetzung von DAMPs und bei bakterieller Infektion zirkulierende PAMPs primär die Immunreaktionskaskade triggern. Im Stadium der Immunparalyse erhöht sich das Risiko für weitere infektiologische Komplikationen, die dann zu einer sog. ACLF-Spirale führen, in der sich die immunologischen Mechanismen perpetuieren (Abb. 10.14; [57]).
Therapie. Bisher hatte sich die Therapie der akuten Dekompensation sowie des ACLF auf die Behandlung der Komplikationen wie Aszites, Blutungen und Infektionen sowie die Organunterstützung (Nierenersatztherapie, Katecholamine, maschinelle Beatmung) im Falle eines Organversagens fokussiert. Aufgrund der schlechten Prognose sollte zudem für alle Patienten mit Dekompensation die Option einer Lebertransplantation
Leberzirrhose und deren Komplikationen Cirrhosis Event (e.g. infections) Organ failure
Hepatic Inflammation
Apoptotic cell death DAMPs (gDNA)
Bacterial Translocation PAMPs
Pattern recognition receptors (PRR) e.g. TLR4 NFkB /Cytokine release
Immunparalysis
Systemic inflammatory reaction (SIRS)
Abb. 10.14 ACLF-Spirale
evaluiert werden. Die „Notfall“-Transplantation kann auch in der akuten Phase der Dekompensation bzw. des ACLF sinnvoll sein, da Patienten mit drei oder mehr Organversagen bzw. hohem CLIF-C-ACLF-Score (> 64) trotz Intensivtherapie eine fast 100 %ige Sterblichkeit haben. Die Ergebnisse zum postoperativen Überleben nach einer Transplantation im ACLF-Stadium 3 sind mit einem 1-Jahres-Überleben von 83,9 % dem Überleben nach Transplantation ohne ACLF nicht signifikant unterlegen (90 %) und zeigen eine wesentliche Verbesserung im Vergleich zur alleinigen Intensivtherapie ohne Transplantation (8 %). Aufgrund der Schwere des Erkrankungsbildes und der signifikant erhöhten postoperativen Komplikationsrate muss in jedem Einzelfall eine individuelle Entscheidung bezüglich der Lebertransplantationsoption getroffen werden. Durch das bessere Verständnis der pathomechanistischen Hintergründe der Dekompensation einer Leber-
Kapitel 10
369
zirrhose ist die Entwicklung neuer Therapiekonzepte insbesondere mit dem Ziel der Immunmodulation, Bestandteil aktueller Forschung. Unterschiedliche Verfahren zur Plasmaseparation (v. a. Plasmaaustausch, Albumin-Dialyse) werden eingesetzt, um zirkulierende inflammatorische Mediatoren und Endotoxine zu entfernen. Darüber hinaus werden neue maschinelle Verfahren, die die Entfernung von Endotoxinen mit der AlbuminDialyse kombinieren, im Rahmen klinischer Studien evaluiert. Über die Mobilisation von Immun- sowie Stammzellen mit G-CSF und der damit verbundenen Immunmodulation bzw. -stabilisierung wurde in einigen Studien eine signifikante Verbesserung des Überlebens erreicht. Bevor diese Therapie als Standardtherapie eingesetzt werden kann, müssen die Ergebnisse in einer großen multizentrischen Studie bestätigt werden. Weitere Verfahren, insbesondere zur Bindung und Entfernung von LPS, sind aktuell in der tierexperimentellen Erprobung.
Prognose-Scores Child-Pugh-Score Der Child-Score ist der älteste Prognose-Score und wurde vor 40 Jahren ursprünglich zur Abschätzung des Überlebens nach Operationen von Patienten mit portal-hypertensiven Komplikationen (portokavaler Shunt, Transsektion des Ösophagus) entwickelt. Zehn Jahre später entstand daraus, nachdem der Faktor Ernährungsstatus durch die Prothrombinzeit ersetzt wurde, der Child-Pugh-Score [66]. Der Score kombiniert klinische und laborchemische Parameter (Tab. 10.7) und erlaubt damit die Prädiktion des 1-Jahres-Überlebens.
Tab. 10.7 Kriterien des Child-Pugh-Scores Kriterium
1 Punkt
2 Punkte
3 Punkte
Albumin
> 3,5 g/dl
2,8–3,5 g/dl
70 % ( 1,7 mg/dl) – Koagulopathie: PT > 14 s oder PTT > 34 s – Abdomensonographie: Steatosis hepatis oder Aszites – Leberbiopsie: mikrovesikuläre Steatose
Die Leberbiopsie (cave: Koagulopathie) dient in unklaren Fällen der Sicherung der Diagnose. Hierbei sollten auch Gefrierschnitte erfolgen, um Fettfärbungen anfertigen zu können. Histopathologisch zeigt sich eine ausgeprägte zentrilobuläre mikrovesikuläre Steatosis mit zentral lokalisierten Zellkernen ohne ausgeprägte Entzündungszeichen oder Nekrosen (Abb. 12.7). Schwer erkrankte Patientinnen sind intensivmedizinisch zu überwachen, und die Schwangerschaftsbeendigung ist die Therapie der Wahl. Hierunter liegen maternale und fetale Mortalität heute unter 10 %. Homozygote HADHA-Mutationen können beim Neugeborenen zu schweren Hypoglykämien mit Leberversagen und plötzlichem Tod führen. Die genetische Diagnostik
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435
436
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
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Kapitel 13
13
Lebertransplantation 13
C. Lackner, S. G. Hübscher
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438
Opportunistische virale Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . 453
Allgemeine Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438
Zytomegalievirus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453
Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438
Epstein-Barr-Virus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454
Bedeutung der pathologischen Untersuchung . . . . . . 438
Seltene opportunistische Viren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455
Untersuchung der nativen explantierten Leber . . . . . . . . 439
Infektionen mit Bakterien und Pilzen . . . . . . . . . . . . . . 456
Pathologische Veränderungen der Spenderleber und Präservations‑/Reperfusionsschaden . . . . . . . . . . . . 440
Gefäßkomplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456
Prätransplantationelle Veränderungen der Spenderleber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440
Biliäre Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 Anastomosenkomplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457
Verfettung der Spenderleber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440
Nichtanastomosenassoziierte Komplikationen . . . . . . 457
Portales Hyperperfusionssyndrom . . . . . . . . . . . . . . . 441
Rezidiv der Grunderkrankung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458
Präservations‑/Reperfusionsschaden . . . . . . . . . . . . . . 441
Allgemeine Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458
Transplantatabstoßung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442
Hepatitis B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458
Antikörpermediierte (humorale) Abstoßung . . . . . . . 442
Hepatitis C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460
Akute zelluläre Abstoßung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444
Bedeutung der Leberbiopsie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460
Chronische Abstoßung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447
Koinfektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462
Grading und Staging der Lebertransplantatabstoßung 450
Weitere Hepatitisviren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462
Immunpathogenese der akuten und chronischen Abstoßung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451
Rezidive autoimmuner Lebererkrankungen . . . . . . . . 462
Stadien der Abstoßung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 Transplantattoleranz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 Allgemeine Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_13
Autoimmunhepatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 Primäre biliäre Cholangitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 Primäre sklerosierende Cholangitis . . . . . . . . . . . . . . 464 Alkoholische Lebererkrankung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465
438
C. Lackner, S. G. Hübscher
1
Nichtalkoholische Fettlebererkrankung . . . . . . . . . . . 465
De-novo-Autoimmunhepatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467
2
Rezidive neoplastischer Lebererkrankungen . . . . . . . . 465
De-novo-NAFLD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467
3
Hepatozelluläres Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465
De-novo-Neoplasien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468
Cholangiozelluläres Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465
Histologische Veränderungen in Biopsien der späten Posttransplantationsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468
4 5 6
Andere primäre und metastatische Neoplasien . . . . 466 Hämochromatose und andere Ursachen der Eisenüberladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466
Idiopathische chronische Hepatitis . . . . . . . . . . . . . . . . 468
7
Weitere Rezidiverkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466
Noduläre regenerative Hyperplasie und andere Befunde in späten posttransplantationellen Leberbiopsien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469
8
De-novo-Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469
9
Virushepatitis B, C und E . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467
10 11
Einleitung
12
Allgemeine Aspekte
13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
Die erste erfolgreiche Lebertransplantation (LT) wurde 1967 durchgeführt [631]. Das erste Jahrzehnt der kli‑ nischen LT war von schlechten Ergebnissen mit 1-Jah‑ res-Überlebensraten von weniger als 30 % geprägt [45, 632, 633]. Fortschritte bei der Konservierung der Spenderorgane, der chirurgischen Technik und immun‑ suppressiven Therapie sowie bei der Behandlung von Komplikationen, haben zu einer eindrucksvollen Ver‑ besserung der Überlebensraten beigetragen, die jetzt bei 80 % nach einem Jahr und bei 70 % nach 5 Jahren liegen [141, 435, 521]. Weltweit werden derzeit etwa 20.000 LT pro Jahr durchgeführt [632]. Eine Steigerung ist aber durch die relativ kleine Anzahl an verfügbaren Spenderorganen li‑ mitiert. Es wird deshalb versucht, diesen Mangel durch die Verwendung sogenannter marginaler Organe zu mildern [9, 180], wobei aber im Vergleich zu Standard‑ spenderorganen höhere Komplikationsraten auftreten können [270, 423, 518]. Auch Transplantationen von Lebersegmenten (Split-Lebertransplantat) von Lebend‑ spendern tragen zu einer Erweiterung des Spenderpools bei [104, 119].
Indikationen Ungefähr 70 % aller LT werden wegen einer chronischen Lebererkrankung im Endstadium durchgeführt, wobei bei Erwachsenen die chronische Hepatitis-C-Virus(HCV-)Infektion und alkoholische Lebererkrankung
[10] und bei Kindern die extrahepatische Gallengangs atresie und metabolische Erkrankungen die häufigsten Indikationen sind. Bei Patienten mit Leberzirrhose ist die Entwicklung eines kleinen hepatozellulären Kar‑ zinoms („hepatocellular carcinoma“, HCC) eine wich‑ tige Indikation für eine LT. Etwa 10 % der LT werden wegen akutem oder subakutem Leberversagens durch‑ geführt. Häufige Ursachen dafür sind Infektionen mit klassischen Hepatitisviren (Hepatitis-A- oder -B-Virus) oder Medikamente. Bei einem Teil der Fälle bleibt die Ursache letztlich ungeklärt („fulminante seronegative Hepatitis“) [489]. Komplikationen der LT erfordern bei ca. 10–20 % der Patienten eine Retransplantation [192, 332, 515, 711]. Die häufigsten Indikationen innerhalb des ersten Monats nach LT sind mangelhafte Organpräservation, Transplantatischämie und selten eine schwere humo‑ rale (hyperakute) Abstoßung. Zwischen dem zweiten Monat und einem Jahr nach LT sind chronische Ab‑ stoßung oder ischämische Schädigung der Gallenwege die häufigsten Indikationen. Danach nehmen Rezidive der Grundkrankheit, besonders der viralen Hepatitis an Bedeutung zu [192]. Da Abstoßungen und ischämische Komplikationen seltener geworden sind, hat auch die Häufigkeit der Retransplantation abgenommen [332].
Bedeutung der pathologischen Untersuchung Histopathologische Untersuchungen spielen in jedem Stadium des Patientenmanagements bei LT eine wichtige Rolle. Besonders bei Verwendung marginaler Organe kommt der histologischen Untersuchung von Biopsien der Spenderleber vor der Transplantation Bedeutung zu
Lebertransplantation
(s. u.) [174, 543]. Eine Leberbiopsie unmittelbar nach Reperfusion der Spenderleber („Nullbiopsie“) dient zur Dokumentation bereits bestehender pathologischer Ver‑ änderungen und der Erfassung von Präservations- und Reperfusionsschäden [174]. So genannte Protokoll‑ biopsien zu festgelegten Zeitpunkten nach der LT, ohne dass eine Veränderung der Leberfunktion dies erfordert, werden derzeit von den meisten Zentren nicht durch‑ geführt, da die klinische Relevanz der eventuell fest‑ gestellten pathologischen Veränderungen nicht erwie‑ sen ist [444]. Für einige Fragestellungen, wie z. B. Verdacht auf Transplantatabstoßung ist die histologische Unter‑ suchung der Goldstandard. Andere Fragestellungen, wie z. B. Rezidiv der Grunderkrankung, können meist auch mit anderen Untersuchungsmethoden beantwortet wer‑ den. Die histologische Untersuchung liefert aber häufig zusätzliche Informationen, wie z. B. das Ausmaß der ne‑ kroinflammatorischen Aktivität und das Fibrosestadium bei Hepatitis-C-Rezidiv oder kann auf alternative oder zusätzliche Ursachen einer Transplantatdysfunktion hinweisen. In Tab. 13.1 sind die wichtigsten histopa‑ thologischen Veränderungen in Relation zum Zeitpunkt des Auftretens nach LT zusammengefasst.
Untersuchung der nativen explantierten Leber In den meisten Fällen können die vor der Transplanta‑ tion gestellten Diagnosen an der explantierten Leber be‑ stätigt werden. Radiologische Untersuchungsmethoden spielen bei der Differentialdiagnose von Lebertumoren eine wichtige Rolle. Bei vielen Patienten können Leber‑ tumoren deshalb nichtinvasiv klassifiziert werden [26, 73, 102]. Allerdings scheinen radiologische Methoden die Anzahl von kleinen HCCs ( 12 Monate
Rezidiv der Grunderkrankung „Idiopathische“ chronische Hepatitis Abstoßung Biliäre Komplikationen
und gutes [20, 113, 394] als auch schlechtes Langzeit‑ überleben [108, 112, 348] wurden berichtet. Inzidentelle cholangiozelluläre Karzinome („cholangiocellular carci‑ noma“, CCC) wurden vor allem in hilärer Lokalisation [24, 422] bei Patienten mit primär sklerosierender Cho‑ langitis (PSC) beschrieben [24, 50, 231, 238, 449]. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei 20–35 % und ist mit der Prognose von Patienten, die wegen eines bekannten CCC transplantiert wurden, vergleichbar [24, 50, 76, 231, 461, 548]. Selten kommt es bei akuten oder chronischen Leber‑ erkrankungen, vor allem in Fällen, die vor der LT nicht biopsiert wurden, durch die Untersuchung der explan‑ tierten Leber zu einer Änderung der Diagnose [69, 358]. Eine ausgeprägte parenchymatöse Siderose oder der Nachweis von Alpha-1-Antitrypsininklusionen in den Hepatozyten der explantierten Leber kann auch eine zu‑ vor nicht erkannte metabolische Lebererkrankung auf‑ decken.
440
C. Lackner, S. G. Hübscher
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Abb. 13.1 Inzidentelles, 0,9 cm großes hepatozelluläres Karzinom in einer explantierten Leber eines Patienten mit alkoholischer Zir‑ rhose (H&E)
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
Pathologische Veränderungen der Spenderleber und Präservations‑/ Reperfusionsschaden Prätransplantationelle Veränderungen der Spenderleber Der Erfolg der LT als Therapieoption für Patienten mit Lebererkrankung im Endstadium hat zu einem An‑ stieg der Patientenzahlen auf den Wartelisten für eine LT und zu einer Verlängerung der Wartezeit trotz welt‑ weiter Steigerung der Transplantationen geführt. Die Mortalität auf der Warteliste konnte dadurch aber nicht vermindert werden. Sie liegt konstant bei 5–10 % [92, 224]. Verwendung von marginalen Organen sog. „ex‑ tended criteria donors“ (ECD) ist eine Möglichkeit, den Spenderlebermangel zu vermindern [525]. Zu den Fak‑ toren, die potentiell mit einer schlechteren Transplantat‑ funktion und/oder der Übertragung einer Infektion auf den Empfänger assoziiert sind, zählen höheres Lebens‑ alter des Spenders, histologisch verifizierte hochgradige Steatose der Spenderleber, lange kalte Ischämiezeit, herztoter Spender, Split-Leber-Transplantat und HCVpositiver oder Hepatitis B-core (HBc) antikörperpositi‑ ver Spender [224, 525]. Da das Mortalitätsrisiko des in‑ dividuellen Empfängers einer marginalen Spenderleber nicht exakt vorhersehbar ist, stellt die Verwendung von ECD-Spenderlebern ein ethisches Problem dar, dem durch Vermeidung von ungünstigen Spender-Emp‑ fänger-Konstellationen zumindest teilweise Rechnung getragen werden kann. So können HCV- oder HBc-po‑ sitive Spenderlebern in bereits HCV- oder HepatitisB-Virus-(HBV-)infizierte Empfänger transplantiert werden. Da sehr effiziente antivirale Therapieoptionen
[89] zur Verfügung stehen, werden in manchen Zentren solche Spenderorgane auch für HBV-naive Empfänger verwendet [224]. Die Transplantation von marginalen Organen mit drei oder mehr ECD-Variablen in Emp‑ fängern mit hohem Model-of-end-stage-liver-disease(MELD-)Score scheint mit höherer Sterblichkeit ver‑ bunden zu sein [79, 224]. Derzeit werden Richtlinien zur Optimierung geeigneter Spender-Empfänger-Kon‑ stellationen diskutiert [79, 224, 224, 525, 573]. Auch wegen der zunehmenden Verwendung von ECD-Organen gewinnt die histologische Untersuchung der Spenderleber vor allem für die optimierte Verwer‑ tung von Spenderorganen an Bedeutung [174]. Die häu‑ figsten Veränderungen in prätransplantationellen Spen‑ derleberbiopsien sind die makro- und mikrovesikuläre Steatose und eine meist milde portale/periportale und/ oder lobuläre Entzündung unbekannter Ursache, die einer chronischen Hepatitis ähneln kann. Unerkannte primäre Lebererkrankungen werden nur selten entdeckt [132, 174, 207, 268, 451, 465, 574, 617].
Verfettung der Spenderleber Bei 10–50 % der Spenderleberbiopsien ist eine makro‑ vesikuläre Steatose nachweisbar [207, 350, 420, 438, 665, 689]. Als Ursachen der Verfettung kommen höheres Le‑ bensalter, Übergewicht oder Alkoholkonsum des Spen‑ ders in Frage, bei einem Teil der Fälle bleibt die Ursache ungeklärt. Die makroskopische Einschätzung des Stea‑ tosegrads ist nicht zuverlässig. Bei entsprechendem kli‑ nischem Verdacht sollte der Steatosegrad histologisch, am besten mit zwei Biopsien aus unterschiedlichen Lebersegmenten im Gefrierschnitt untersucht werden [174, 350]. Bei einer Verfettung von weniger als 30 % be‑ steht eine geringe Steatose, bei Verfettung von 30–60 % oder von über 60 % der Hepatozyten wird der Steato‑ segrad als mäßiggradig bzw. schwer eingestuft [174]. Es besteht jedoch manchmal eine Diskrepanz zwischen dem Verfettungsgrad im Gefrierschnittmaterial und dem Paraffinmaterial. Diese Diskrepanz scheint jedoch nicht von großer klinischer Bedeutung zu sein [392]. In einigen, aber nicht in allen Studien ist die schwere makrovesikuläre Steatose ein wichtiger Risikofaktor für das Auftreten einer primären Transplantatdysfunktion [438, 520, 660]. In einer kürzlich publizierten Studie mit etwas mehr als 5000 Patienten wurde ein Steato‑ segrad von > 30 % als unabhängiger Risikofaktor für ein schlechteres 1-Jahres-Überleben identifiziert [626]. Spenderlebern mit mäßiggradiger Steatose können aber mit guten Resultaten für Empfänger mit niedrigem MELD-Score verwendet werden [80, 485]. An der Pathogenese der Leberschädigung sind die großen Lipidtropfen in den Hepatozyten und Aggregate
Lebertransplantation
von Lipidtropfen, die durch ischämische oder mecha‑ nische Schädigung in den Extrazellularraum gelangen, beteiligt. Sie behindern die sinusoidale Durchblutung, vor allem während der Reperfusion [307, 350, 594]. Ex‑ trazelluläre Lipide sind auch ein Substrat für die Lipid‑ peroxidation während der Reoxygenierung der Leber. In schweren Fällen kommt es dadurch zur Schädigung der sinusoidalen Endothelzellen, zu Leberzellnekrosen und Einblutungen [66, 660]. Durch das Freiwerden von Fett‑ tropfen entstehen im Parenchym pelioseähnliche Lä‑ sionen (Lipopeliose). Weitere Folgen der Spenderleber‑ verfettung sind erhöhte Sensitivität der Endothelzellen gegenüber kalter oder warmer Ischämie und verstärkte Glykogendepletion, mitochondriale Veränderungen [97, 213, 273, 514], verminderte Regenerationskapazität nach Präservations‑/Reperfusionsschaden [595]. Bei mikrovesikulärer Steatose ist das gesamte oder ein Teil des Zytoplasmas der Hepatozyten von winzigen Fetttropfen, die nicht zu einer Verlagerung des Zell‑ kerns führen, eingenommen. Histochemische Fettfär‑ bungen, wie z. B. die Sudanschwarzfärbung, sind bei der Unterscheidung von Fetttropfen und hypoxischer Va‑ kuolisierung des Zytoplasmas im Rahmen der warmen Ischämie hilfreich [456]. Mikrovesikuläre Verfettung der Spenderleber ist aber nicht notwendigerweise mit einer schlechten Transplantatfunktion assoziiert [129, 310, 497, 675].
Portales Hyperperfusionssyndrom Das portale Hyperperfusions- (PHP-) oder „Small-forsize“-Syndrom (SFSS) tritt bei der Transplantation von Lebersegmenten (Split-Leber-Transplantat) oder von Kadaverlebern auf, die kleiner als 30 % des erwarteten Lebervolumens oder leichter als 0,8 % des Körper‑ gewichts des Empfängers sind [154, 346, 391, 484]. Die Pathogenese dieser Komplikation ist nicht im Detail be‑ kannt. Eine Störung der Balance der aus A. hepatica und V. portae gespeisten Leberdurchblutung, die zu einem Teil durch das vasodilatorische Molekül Adenosin re‑ guliert wird, scheint eine wichtige Rolle zu spielen [154, 378]. Die portale Hyperperfusion des kleinen Trans‑ plantats führt zu einem „wash-out“ von Adenosin, zu reflektorischem arteriellem Vasospasmus, verminderter arterieller Perfusion und zum Parenchymschaden. Kli‑ nisch kommt es innerhalb einer Woche nach LT zur Entwicklung eines Ikterus, zu Gerinnungsstörungen und Aszites, assoziiert mit einer hohen Rate an Trans‑ plantatdysfunktion oder -versagen [91]. Frühe his‑ tologische Veränderungen sind fokale Denudation des Endothels der Pfortaderäste und periportalen Sinusoide sowie fokale Einblutungen in das Mesenchym der Por‑ talfelder, die sich in schweren Fällen bis in das peripor‑
Kapitel 13
tale Parenchym erstrecken. Spätere Veränderungen sind Folgen der arteriellen Hypoperfusion und manifestieren sich als ischämische Cholangitis und/oder Parenchym‑ nekrosen. Des Weiteren können Thrombosen kleiner Pfortaderäste, noduläre regenerative Hyperplasie und Gallengangstrikturen auftreten [154].
Präservations‑/Reperfusionsschaden Präservationsschäden entstehen während der initialen Phase der Kaltischämie, die einige Stunden andauern kann, und während der kürzeren Phase der Warmischä‑ mie unmittelbar vor der Implantation des Transplantats. Die sinusiodalen Endothelzellen sind anfälliger für Schädigung durch kalte Ischämie, während Hepatozyten eher durch warme Ischämie beeinträchtigt werden [308, 583]. Der Präservationsschaden wird durch die Trans‑ plantatreperfusion („preservation/reperfusion injury“, PRI) und präexistente Veränderungen der Spenderleber, beispielsweise makrovesikuläre Steatose, weiter ver‑ stärkt. Die Schädigung der Spenderleber erfolgt aber hauptsächlich durch die Reperfusion, die zuerst über die Pfortader und später über die A. hepatica erfolgt [65, 118, 313, 315]. Zusätzlich zu der bereits bestehenden ischämischen Schädigung der sinusoidalen Zellen und Hepatozyten triggert die Reperfusion eine inflamma‑ torische Kaskade, an der sowohl angeborene als auch erworbene Immunität beteiligt sind. Am Anfang dieser Kaskade stehen die Kupffer-Zell-Aktivierung via „tolllike-receptor“-4-(TLR-4-)Signaltransduktion, die Re‑ krutierung neutrophiler Granulozyten und die Bildung reaktiver Sauerstoffverbindungen („reactive oxygen species“, ROS) [314, 367, 412, 682, 715]. ROS-mediierte Schädigung sinusoidaler Endothelzellen verstärkt die Aktivierung neutrophiler Granulozyten, Lymphozyten, Thrombozyten und prokoagulatorischer Mechanismen [41, 53, 313, 618, 636]. Die Rekrutierung von Entzün‑ dungszellen führt zur Hinaufregulation der Zytokin‑, Adhäsionsmolekül- und Chemokinproduktion, die an der Induktion von kostimulatorischen Molekülen auf antigenpräsentierenden Zellen involviert sind [57, 65, 94, 379, 381, 616, 682]. Leberzellschädigung, -apoptose und -nekrose werden durch Mikrozirkulationsstörung und inflammatorische Infiltrate mediiert [313, 315, 510]. Klinisch manifestiert sich PRI typischerweise mit einer zeitlichen Verzögerung von 12–48 h nach Re‑ perfusion [110]. Primäre Transplantatdysfunktion („primary graft dysfunction“, PDF), initiale Trans‑ plantatinsuffizienz („initial poor function“, IPF) und primäres Transplantatversagen („primary non-func‑ tion“, PNF) entsprechen klinisch und histologisch unterschiedlichen Schweregraden der Einschränkung der Transplantatfunktion während der frühen Post‑
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a Abb. 13.2 a,b Präservations‑/Reperfusionsschaden. a Ballonierte Leberzellen im Läppchenzentrum mit verbreitertem, abgerundetem hellem Zytoplasma (H&E) und b Verminderung der zytoplasmati‑
transplantationsphase, deren Ursache hauptsächlich PRI ist. IPF ist potentiell reversibel, PNF ist jedoch eine schwere Form der Schädigung, die mit dem Verlust des Transplantats einhergeht [520, 637]. Weitere klinische Veränderungen sind eine massive Erhöhung der Trans‑ aminasen (typischerweise mit Werten > 2000 U/l), Hypoglykämie, gestörte Hämostase, Hyperkaliämie, metabolische Azidose und Nierenversagen. PRI trägt in vielen Fällen wesentlich zur Entwicklung von anderen Komplikationen nach LT wie z. B. von ischämischen Gallengangläsionen bei. Histologisch ist PRI durch zentrolobulär betonte hepatozelluläre Ballonierung (Abb. 13.2), disseminierte Nekrosen, Apoptosen, Aggregate neutrophiler Granulo‑ zyten und Cholestase charakterisiert [4, 110, 214, 657]. Die läppchenzentrale Akzentuierung hängt wahrschein‑ lich mit der erhöhten Anfälligkeit dieser Region für ischämische Schädigung zusammen. Die Veränderungen sind in der Nullbiopsie meist nur gering ausgeprägt, sie nehmen jedoch im Laufe der darauffolgenden Tage zu. Bei schweren Fällen sind auch eine Ballonierung peri‑ portaler Hepatozyten [299, 341, 470, 476, 623] und eine duktulare Cholestase vorhanden [56, 125, 341]. Ohne den Nachweis einer deutlichen Abstoßung oder anderer ätiologischer Faktoren sind Ballonierung und Chole‑ stase in der frühen Posttransplantationsphase in aller Regel PRI-assoziiert [56, 341, 476]. Während der frühen Posttransplantationsphase könnte PRI möglicherweise zur Entwicklung einer Leberverfettung beitragen [129, 324, 476].
b schen immunhistochemischen Reaktivität mit Antikörpern gegen Keratin 8 und 18
Transplantatabstoßung Nach dem zeitlichen Auftreten können drei Formen der Transplantatabstoßung unterschieden werden [2]: – hyperakute/humorale Abstoßung: perioperative Ma‑ nifestation, – akute Abstoßung: frühe Manifestation, – chronische Abstoßung: späte Manifestation. Die Formen der Transplantatabstoßung werden vor allem anhand pathophysiologischer Mechanismen und klinisch-pathologischer Veränderungen definiert. Morphologische Veränderungen ohne gleichzeitig bestehende klinische oder biochemische Abnormitäten werden als „biologische“ oder „subklinische“ Abstoßung bezeichnet. Im Gegensatz dazu gehen bei „klinischer“ Abstoßung klinische Zeichen der Transplantatdysfunk‑ tion mit morphologischen Veränderungen einher [47, 294, 578, 658].
Antikörpermediierte (humorale) Abstoßung Definition. Primäre antikörpermediierte Abstoßung ist eine seltene Form der Abstoßung, die bei Empfängern mit präformierten, gegen Spenderantigene gerichteten Antikörpern, meist in Zusammenhang mit AB0-Inkom‑ patibilität von Spenderorgan und Empfänger auftritt und sich frühzeitig, innerhalb der ersten Tage nach LT als Transplantatversagen manifestiert (hyperakute humo‑ rale Abstoßung) [152, 153, 247]. In letzter Zeit wurden aber auch AB0-inkompatible Spenderorgane transplan‑ tiert, wobei die histologischen Veränderungen durch in‑ tensivierte immunsuppressive Maßnahmen beeinflusst
Lebertransplantation
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Abb. 13.3 a,b Hyperakute Abstoßung (H&E). a Koagulations‑ nekrose der Hepatozyten und hämorrhagischen Nekrosen. b Lym‑
phozytäre Infiltrate oder Kennzeichen der zellulären akuten Ab‑ stoßung sind nicht nachweisbar. (Bilder: Prof. H.-P. Dienes, Wien)
werden [183, 259, 676]. Im Fall von präformierten lym‑ phozytotoxischen Antikörpern sind die histologischen Veränderungen etwas weniger schwerwiegend, ähnlich wie bei einer akuten Abstoßung ausgeprägt (akute hu‑ morale Abstoßung) [157, 158]. Sekundäre antikörpermediierte Abstoßung wird von Antikörpern, die gegen Spenderantigene gerichtet sind und sich im Empfänger nach LT „de novo“ bilden, vermittelt [157, 226, 365, 427]. Antikörpervermittelte Mechanismen spielen wahrscheinlich auch bei der Pa‑ thogenese ischämischer Gallengangschäden und ande‑ ren Spätkomplikationen der transplantierten Leber eine Rolle [649].
Histologie. Hyperakute humorale Abstoßung: Die his‑ topathologischen Veränderungen sind von der Intensität der humoralen Abstoßung und dem Zeitpunkt der Biop‑ sie abhängig. Wegen der meist schweren Gerinnungsstö‑ rung kann eine Leberbiopsie häufig nicht durchgeführt werden. Die ersten Veränderungen sind bereits einige Stunden nach der Implantation als Fibrin‑, Plättchen‑, Neutrophilen- und Erythrozytenablagerungen in klei‑ nen Blutgefäßen und Sinusoiden nachweisbar. Immun‑ histochemisch sind zu dieser Zeit auch Immunglobulin (Ig) G und IgM, Komplementfaktordepositionen (C1q, C3, C4) und Fibrinogen in Endothelzellen detektierbar. Durch den Endothelzellschaden kommt es 1–2 Tage nach der LT zu ausgeprägter Neutrophileninfiltration, Stauung sowie Koagulationsnekrose der Hepatozyten und schließlich zu hämorrhagischen Nekrosen [152, 153, 247]. Typischerweise fehlen lymphozytäre Infiltrate oder Kennzeichen der zellulären akuten Abstoßung (Abb. 13.3).
Inzidenz und Klinik. Eine hyperakute Abstoßung wird typischerweise bei Empfängern eines AB0-in‑ kompatiblen Transplantats und selten auch bei AB0Kompatibiliät von Spender und Empfänger beobachtet. Präformierte, gegen AB0-Antigene der Endothelzellen in der Spenderleber gerichtete Antikörper verursachen innerhalb der ersten zwei Wochen nach LT eine schwere Transplantatdysfunktion, die durch schwere Endo‑ thelzellschädigung und mikrovaskuläre Thrombosen charakterisiert ist [152, 157, 246, 247, 696]. Klinische Manifestationen, massive Erhöhung der Transaminasen, verlängerte Prothrombinzeit, Abfall der Thrombozy‑ tenzahl und Komplement sowie Leberversagen, treten typischerweise nach einer Phase stabiler Transplantat‑ funktion ein. Das Überleben AB0-inkompatibler Trans‑ plantate konnte durch die intensivierte immunsup‑ pressive Therapie verbessert werden. Möglicherweise kommt es aber dadurch in der Folge häufiger zu abge‑ schwächten milderen Formen von antikörpermediierter Abstoßung, akuter Abstoßung und Spätkomplikationen in Form von Gallengangstrikturen [183, 260, 264]. Bei schweren Fällen von hyperakuter Abstoßung ist eine rasche Retransplantation erforderlich.
Akute humorale Abstoßung: In den Portalfeldern kön‑ nen ödematöse Auflockerung, Einblutungen und Infil‑ tration durch neutrophile Granulozyten sowie eine duktulare Reaktion auftreten – morphologische Be‑ funde, die Veränderungen bei mechanischer Cholestase ähneln [157, 158, 259, 260, 459, 676]. Ein mechanisches Galleabflusshindernis sollte differentialdiagnostisch bedacht werden [293, 356, 463]. Morphologische Kenn‑ zeichen der akuten humoralen Abstoßung können auch gemeinsam mit Veränderungen der akuten Abstoßung auftreten [260]. Im Läppchen können Ballonierung von läppchenzentralen Hepatozyten, Bilirubinostase, und disseminierte Nekrosen, Veränderungen ähnlich einer PRI, zu sehen sein [23, 158, 293, 356, 696]. Die Bedeu‑ tung der C4d-Immunhistochemie für die Diagnose der humoralen Abstoßung wird kontrovers beurteilt [52, 474, 480].
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Differentialdiagnose. Transplantatversagen in der frü‑ hen Posttransplantationsphase mit hämorrhagischer Ne‑ krose wurde auch bei Fehlen von antikörpervermittelten Mechanismen beschrieben [85, 300, 434, 718]. Als Ursa‑ chen kommen Ischämie durch Knickung der A. hepatica, gramnegative Sepsis, opportunistische Infektionen sowie eine Schwartzmann-Reaktion in Frage. Milde Formen der humoralen Abstoßung zeigen eine morphologische Ähnlichkeit mit Veränderungen bei Gallengangobstruktion. Für die Diagnose einer humo‑ ralen Abstoßung sprechen hämorrhagische Nekrosen, neutrophile Granulozyten im Stroma und der immun‑ histochemische Nachweis von C4d-Ablagerungen im Portalfeldstroma. Pathogenese. Die hyperakute Abstoßung von AB0-in‑ kompatiblen Transplantaten wird von präformierten Antikörpern des Empfängers gegen AB0-Antigene auf den Endothelzellen des Spenderorgans vermittelt. Ähnliche Effekte werden durch präformierte Emp‑ fängerantikörper gegen andere Spenderantigene auf Endothelzellen, wie z. B. dem Haupthistokompatibili‑ tätskomplex- („major histocompatibility complex“, MHC)-Klasse-I-Antigen hervorgerufen. Im Vergleich zu anderen soliden Organen, wie z. B. der Niere ist die Leber gegenüber antikörpervermittelter Absto‑ ßung sehr resistent. Als Ursachen gelten die doppelte Blutversorgung der Leber, die Ausschüttung löslicher Klasse-I-MHC-Moleküle in das Blut und die große Kapazität der Kupffer-Zellen, Immunkomplexe oder präformierte Antikörper zu binden und aufzunehmen [31, 157, 649].
Akute zelluläre Abstoßung Definition und Inzidenz. Akute Abstoßung, auch als zelluläre Abstoßung bezeichnet, ist eine immunolo‑ gisch mediierte oder T Zell-mediierte Schädigung der transplantierten Leber, zumeist während der frühen Posttransplantationsphase, die auf immunsuppressive Therapie anspricht. Charakteristische Veränderungen umfassen Entzündungszellinfiltrate in den Portalfeldern, assoziiert mit Gallengang- und Endothelzellschädigung sowie zentrolobulär akzentuierte Entzündung. Die akute Abstoßung ist die häufigste Form der Lebertransplantat‑ abstoßung. Etwa 20–40 % der Patienten machen zu‑ mindest eine Episode mit klinischen Symptomen durch, die eine zusätzliche Immunsuppression erfordert. Die Inzidenz der klinisch manifesten akuten Abstoßung ist aufgrund verbesserter Immunsuppression rückläufig [482, 607, 611, 700]. Histologisch sind morphologische Kennzeichen einer akuten Abstoßung aber häufig und bei ca. 80 % der Protokollbiopsien eine Woche nach LT zu sehen [47, 294, 578, 654, 658].
Abb. 13.4 Portalfeldentzündung bei akuter Abstoßung. Die Portal‑ felder enthalten ein gemischtes Infiltrat, bestehend aus Lymphozyten (zumeist T-Zellen), großen aktivierten „blastären“ Zellen, Makro‑ phagen, neutrophilen und eosinophilen Granulozyten und unter‑ mischten Mastzellen (H&E)
Klinik. Der Großteil der akuten Abstoßungen ereignet sich während des ersten Monats nach LT. Klinische Manifestationen sind Fieber, Hepatomegalie, Druck‑ schmerzhaftigkeit der Leber und Cholestase [13, 478]. Biochemische Veränderungen haben ein cholestatisches Muster. Im Blut sind Leukozytose und Eosinophilie nachweisbar. Ein plötzlicher Anstieg der Transaminasen kann auf eine zusätzliche Beteiligung des Läppchenpa‑ renchyms hinweisen [272, 475]. Klinische Symptomatik und biochemische Veränderungen sind für die akute Abstoßung nicht spezifisch. Häufig ist deshalb eine his‑ tologische Untersuchung zur Differentialdiagnose er‑ forderlich. Histologie. Veränderungen im Portalfeld: Die diag‑ nostischen Läsionen im Portalfeld umfassen die Trias Portalfeldentzündung, Gallengangläsion und venuläre Endothelitis (Synonyme: Endothelialitis, Endotheli itis). Für die Diagnose einer akuten Abstoßung ist der Nachweis von zumindest zwei der drei Merkmale er‑ forderlich. Die entzündlichen Veränderungen können jedoch in verschiedenen Anteilen des Biopsiezylinders unterschiedlich ausgeprägt sein. Repräsentatives Bi opsiematerial sollte zumindest 5 Portalfelder enthalten und es sollten mehrere Schnittstufen untersucht wer‑ den [1]. Die Portalfeldentzündung beginnt als lymphozytäre Infiltration [159]. Bei klinisch manifester Abstoßung ist typischerweise ein gemischtes Infiltrat aus Lymphozy‑ ten (zumeist T-Zellen), großen aktivierten „blastären“ Zellen, Makrophagen, neutrophilen und eosinophilen Granulozyten und untermischten Mastzellen zu sehen (Abb. 13.4). Die entzündlichen Infiltrate sind auch an der Vermittlung des Gallengang- und Endothelschadens
Lebertransplantation
a Abb. 13.5 a,b Gallengangsveränderungen bei akuter Abstoßung (H&E). a Zahlreiche eosinophile Granulozyten und Infiltration der parenchymatösen Grenzplatte sind Hinweise auf eine schwere zel‑
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Kapitel 13
b luläre Abstoßung. b Die Gallengänge sind von Entzündungszellen umgeben und fokal infiltriert. Die interlobulären Gallengänge zeigen degenerative Veränderungen
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Abb. 13.6 a,b Gallengangsveränderungen bei akuter Abstoßung (H&E). a Die entzündlichen Infiltrate können zahlreiche, um die interlobulären Gänge gelagerte neutrophile Granulozyten enthalten.
b Lymphozytäre Infiltration eines interlobulären Gallengangs mit degenerativen Veränderungen der Cholangiozyten
beteiligt [28, 185]. Prominente Grenzzonenhepatitis ist ein Hinweis auf eine schwere zelluläre Abstoßung (Abb. 13.5a; [1, 161]). Dies trifft auch auf den Nach‑ weis zahlreicher eosinophiler Granulozyten zu, was mit einem schlechteren Ansprechen auf Immunsuppression assoziiert ist (Abb. 13.5b; [55, 466]). Granulomatöse Veränderungen sind nicht typisch [202]. An der entzündlichen Infiltration um die Gallen‑ gänge sind häufig zahlreiche neutrophile Granulozyten beteiligt (Abb. 13.6a; [302]), wobei eine eitrige aszen‑ dierende Cholangitis durch neutrophile Granulozyten im Lumen der Gallengänge imitiert werden kann. Die Gallengänge werden typischerweise von dicht gelager‑ ten Entzündungszellen umgeben und fokal meist von Lymphozyten infiltriert. Die Cholangiozyten zeigen degenerative Veränderungen mit Vakuolisierung des
Zytoplasmas, Pyknose und Unterbrechung der Basal‑ membran (Abb. 13.6b). Intensive entzündliche Infiltrate können die Gallengänge überlagern. In diesen Fällen sind immunhistochemische Untersuchungen mit Anti‑ körpern gegen Keratin 7 zur Detektion der interlobulä‑ ren Gänge hilfreich [267]. Eine duktulare Reaktion [679] ist häufig zu sehen. Endothelitische Veränderungen können sich in Pfort‑ aderästen und Lebervenen manifestieren, mit einem Spektrum von Veränderungen, das von der Anlagerung einzelner Lymphozyten an der luminalen Seite des Endothels (Abb. 13.7a) bis hin zu subendothelialer lym‑ phozytärer Infiltration und Abhebung des Endothels (Abb. 13.7b) sowie fokaler Zerstörung der Endothel‑ kontinuität reicht (Abb. 13.7c). Dabei können Segmente oder die gesamte Zirkumferenz des Gefäßes betroffen
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a Abb. 13.8 Parenchymatöse Veränderungen bei akuter Abstoßung. Zentrolobuläre Leberzellnekrosen und Entzündungszellinfiltrate mit Endothelitis der Zentralvene (zentrale Perivenulitis; H&E)
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Abb. 13.9 Parenchymatöse Veränderungen bei akuter Abstoßung. Nekroinflammatorische Veränderungen in einem intermediären und zentralen Läppchenabschnitt ohne Zentralvenenentzündung (isolierte zentrale Perivenulitis; H&E)
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c Abb. 13.7 a–c Endothelitis bei akuter Abstoßung (H&E). a Milde Endothelitis eines Pfortaderastes mit Anlagerung einzelner Lym‑ phozyten an der luminalen Seite des Endothels. b Endothelitis mit subendothelialer lymphozytärer Infiltration und Abhebung des Endothels. c Schwere Endothelitis mit fokaler Zerstörung der Endo‑ thelkontinuität
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sein. Arterielle Läsionen mit Endothelitis und fibrinoi‑ den Nekrosen wurden zwar beschrieben, sind aber in der Biopsie nur selten zu sehen. Sie sind ein Zeichen einer schweren Abstoßung [202, 210, 210].
Veränderungen im Leberläppchen: Während der letzten Jahre wurden auch lobuläre Veränderungen, vor allem an Zentralvenen und im umgebenden Läppchenparen‑ chym [241, 272, 322, 399, 475, 641] in Assoziation mit lobulärer Hepatitis beschrieben [526, 586] und als zen‑ trale Perivenulitis („central perivenulitis“, CP) bezeich‑ net (Abb. 13.8; [44]). Bei Biopsien der frühen Posttrans‑ plantationsphase sind die typischen Portalfeldläsionen der akuten Abstoßung und eine deutlich ausgeprägte Entzündung der Zentralvenen nachweisbar. Zu späteren Zeitpunkten herrschen hingegen oft nekroinflammatori‑ sche Veränderungen in läppchenzentralen Abschnitten mit lymphozytären Infiltraten und untermischten Plas‑ mazellen ohne Zentralvenenentzündung bei nur milder Portalfeldentzündung vor. Dieser Befund entspricht ei‑ ner sog. isolierten zentralen Perivenulitis („isolated cen‑
Lebertransplantation
tral perivenulitis“, ICP; Abb. 13.9; [1, 5, 360, 361, 641]). Obwohl häufig auf eine Abstoßungsreaktion zurück‑ zuführen, sind auch andere Ursachen zentrolobulärer Schädigung differentialdiagnostisch zu berücksichtigen (Tab. 13.2; [44, 297]). CP und ICP können mit Stauung, okklusiven Venenveränderungen und Entwicklung einer zentrolobulären Fibrose einhergehen [167, 404, 587]. Gleichzeitiges Auftreten von Portalfeldläsionen der akuten Abstoßung und nekroinflammatorischer Läsio‑ nen in zentrolobulären Läppchenabschnitten während der ersten Monate nach LT sind Hinweise auf eine schwerere Abstoßung, die schlechter auf Immunsup‑ pression anspricht und ein höheres Risiko hat, zu einer chronischen Abstoßung fortzuschreiten [5, 272]. ICP ohne Portalfeldläsionen scheint mit guter Prognose as‑ soziiert zu sein [360]. Kürzlich wurde ein Banff-System zur Graduierung der CP vorgeschlagen [44]. Weitere Parenchymveränderungen bei akuter Abstoßung sind Cholestase, hepatozelluläre Ballonierung, Verfettung und fokale Apoptosen. Bei Biopsien der frühen Post‑ transplantationsphase entsprechen die meisten dieser Läsionen aber einem PRI [167, 297]. Späte akute Abstoßung zeigt im Vergleich zur frühen Form manchmal morphologische Ähnlichkeiten mit chronischer viraler oder autoimmuner Hepatitis. Gal‑ lengangläsionen sind weniger prominent, Grenzzonen‑ hepatitis sowie CP nachweisbar [399, 404, 474, 587, 641]. Eine späte akute Abstoßung kann sich auch mit vor allem lobulären entzündlichen Veränderungen und/ oder als ICP manifestieren. Fälle mit lobulärer Mani‑ festation sind mit einer schlechteren Prognose assoziiert [5, 137, 163, 272, 360, 399, 475, 545]. Differentialdiagnose. Rezidive einer HCV-Infektion, Autoimmunhepatitis (Rezidiv oder neu aufgetreten) und Epstein-Barr-Virus-(EBV-)assoziierte lymphopro‑ liferative Erkrankung („post-transplant lymphoprolife‑ rative disease“, PTLD) gehen ebenfalls mit Portalfeldent‑ zündung einher. Im Gegensatz zu diesen Erkrankungen sind bei der akuten Abstoßung Gallengangläsionen, Endothelitis und vor allem ein gemischtes entzündliches Infiltrat in den Portalfeldern typisch. Die meisten Epi‑ soden akuter Abstoßung treten außerdem während des ersten Monats nach LT auf, wohingegen sich die meisten anderen Erkrankungen später manifestieren. Die Diffe‑ rentialdiagnose der späten akuten Abstoßung, die sich mit dem Bild einer chronischen Hepatitis manifestiert, kann mitunter schwierig sein [399, 404]. Eine Endothelitis gilt als sehr spezifisch für akute Ab‑ stoßung. Sie ist aber in der Biopsie nicht immer nach‑ weisbar und kann auch bei anderen Erkrankungen, wie z. B. viraler oder autoimmuner Hepatitis, PBC und lymphoproliferativen Erkrankungen zu sehen sein [398, 486, 708]. Eine prädominant zentrolobuläre Nekroinflamma‑ tion ohne Nachweis weiterer typischer morphologischer
Kapitel 13
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Tab. 13.2 Ursachen zentrolobulärer Nekrosen in der transplantier‑ ten Leber Ischämie
Präservations‑/Reperfusions‑ schaden Gefäßverschluss (A. hepatica, Portalvenen‑, Lebervenenäste)
Abstoßung
Akut Chronisch
Virushepatitis (erwor‑ ben oder Rezidiv)
Hepatitis B Hepatitis C
Autoimmunhepatitis (de novo oder Rezidiv) Medikamente
Azathioprin
Andere Ursachen
Idiopathische chronische Hepatitis
Veränderungen kann auf eine akute Abstoßung zu‑ rückzuführen sein. Andere Ursachen sollten aber aus‑ geschlossen werden (s. Tab. 13.2; [234, 297, 404, 671]). Eine ausgeprägte duktulare Reaktion hat drei Diffe‑ rentialdiagnosen: Ein Portalfeldödem und zahlreiche neutrophile Granulozyten können auf eine mechanische Obstruktion größerer Gallengänge hinweisen; andere Ursachen sind eine ischämische Gallengangschädigung oder die Teilmanifestation einer antikörpermediierten Abstoßung.
Chronische Abstoßung Definition. Die chronische Abstoßung ist eine immu‑ nologisch mediierte Schädigung der transplantierten Leber mit potentiell irreversibler Schädigung der Gal‑ lengänge, Arterien und Venen [145]. Verlust von Gal‑ lengängen gilt als die charakteristischste histologische Veränderung. Deshalb wird der Begriff „duktopenische Abstoßung“ häufig synonym für chronische Abstoßung verwendet. Inzidenz und Klinik. Die chronische ist seltener als die akute Abstoßung. In Studien aus den 1980er und frühen 1990er Jahren trat der Gipfel der Häufigkeit der chronischen Abstoßung innerhalb von 2–6 Monaten nach der LT auf [400]. Heute manifestiert sie sich meist später [469]. Transplantatversagen wegen chronischer Abstoßung wird derzeit nur noch bei 2–3 % der Fälle beobachtet [318, 405, 700]. Die niedrigere Inzidenz ist wahrscheinlich eine Folge der verbesserten Immun‑ suppression. Risikofaktoren für die Entwicklung einer chronischen Abstoßung sind sog. Spender‑/Empfänger‑
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faktoren (Transplantation wegen autoimmuner Leber‑ erkrankung, Geschlechtsdiskrepanz zwischen Spender und Empfänger, älterer Spender und nichteuropäischer und/oder junger Empfänger) und Posttransplantatfak‑ toren (Schweregrad und Anzahl akuter Abstoßungsepi‑ soden, Zytomegalievirus-(CMV-), HBV-, HCV-Infek‑ tion, Cyclosporin- oder Interferonbehandlung). Weitere Risikofaktoren sind späte akute Abstoßung (> 1 Monat nach LT) und Retransplantation wegen chronischer Ab‑ stoßung [400, 681]. Eine chronische Abstoßung entwickelt sich als Folge wiederholter Episoden akuter Abstoßung, die auf Im‑ munsuppression nicht ansprechen. Klinische Manifes‑ tationen sind zunehmender Ikterus und Erhöhung der Cholestaseparameter [478, 700]. Der Übergang von aku‑ ter zu chronischer Abstoßung kann mit einer Erhöhung der Aspartat-Aminotransferase (AST) als Ausdruck ei‑ ner CP einhergehen [241, 475]. Die klinischen und bio‑ chemischen Veränderungen sind für die chronische Ab‑ stoßung nicht spezifisch. Die histologische Abklärung ist deshalb meist erforderlich. Chronische Abstoßungen, die sich später als ein Jahr nach LT entwickeln, können einen schwer einschätzbaren langsamen Verlauf zeigen. Histologie. Veränderungen im Portalfeld: Die wich‑ tigsten histologischen Kennzeichen der chronischen Abstoßung sind sog. dystrophe oder dysplasieähnliche Veränderungen der Cholangiozyten oder Duktopenie (Verlust von > 50 % der interlobulären Gallengänge) und eine Schaumzellarteriopathie mittelgroßer und gro‑ ßer Arterien [145]. Charakteristische, aber weniger spe‑ zifische Veränderungen sind auch im Läppchenparen‑ chym nachweisbar. Einige Fälle von später chronischer Abstoßung können auch einer chronischen Hepatitis ähneln [149, 336, 337]. Im Frühstadium sind die interlobulären Gallengänge lymphozytär infiltriert. Die Cholangiozyten zeigen dysplasieähnliche Veränderungen mit nukleärer Poly‑ morphie, gestörter Polarität und/oder eine atrophe Morphologie (Abb. 13.10), assoziiert mit Merkmalen replikativer Seneszenz (z. B. Expression von p21) [408], beides Hinweise auf einen drohenden Gallengangverlust [145]. Mit Fortschreiten des Prozesses kommt es zu ei‑ nem Verschwinden der interlobulären Gallengänge und typischerweise zu einer Rückbildung des entzündlichen Infiltrats. Das Endstadium ist durch „ausgebrannte“ Por‑ talfelder ohne Entzündung und ohne Gallengänge cha‑ rakterisiert (Abb. 13.11). Der Gallengangverlust betrifft vor allem kleine interlobuläre Gänge. Für die Diagnose einer chronischen Abstoßung ist ein Gallengangver‑ lust in über 50 % der Portalfelder in einer ausreichend großen Biopsie (≥ 20 Portalfelder) [406] und/oder der Nachweis einer Duktopenie in mehreren (kleineren) Biopsien erforderlich. Im Gegensatz zu anderen Erkran‑ kungen mit Gallengangverlust ist bei chronischer Ab‑ stoßung eine duktulare Reaktion oder Fibrosierung der
Abb. 13.10 Gallengangveränderungen bei früher chronischer Ab‑ stoßung. Im Frühstadium zeigen die interlobulären Gallengänge dysplasie- und atrophieähnliche Veränderungen mit nukleärer Poly‑ morphie, gestörter Polarität und/oder fokalem Verlust des Gallen‑ gangepithels (H&E)
Portalfelder nicht typisch. Als Ursachen gelten Verlust der vagalen Innervation [101], vermehrte Apoptosen [355], Reduktion der proliferativen Aktivität innerhalb des duktularen Kompartiments [679] und verminderte Neubildung von Gefäßen [240, 678, 680]. Immunhis‑ tochemische Färbungen mit Antikörpern gegen Kera‑ tin 7 sind zum Nachweis des Gallengangverlusts hilf‑ reich. Häufig zeigen dann periportale Parenchymzellen mit hepatobiliärem Phänotyp eine zytoplasmatische Ex‑ pression von Keratin 7. Eine duktulare Reaktion kann aber bei Fällen von später chronischer Abstoßung (> 1 Jahr nach LT) auftreten [469]. Die charakteristischen arteriellen Läsionen betreffen mittelgroße und große Arterien in Form von intimalen Aggregaten lipidbeladener Schaumzellen. Bei eher aku‑ ter Manifestation können, möglicherweise als Ausdruck einer Überlagerung mit der akuten Abstoßung, dichte entzündliche Infiltrate, hauptsächlich bestehend aus T-Lymphozyten, nachweisbar sein [389]. Im Gegensatz dazu sind bei prolongiertem Verlauf eine Vermehrung myofibroblastärer Zellen, Intimafibrose sowie Fragmen‑ tation der Lamina elastica interna vorherrschende Ver‑ änderungen [524]. Da nur selten kleinere Arterien be‑ troffen sind, können die typischen Arterienläsionen der chronischen Abstoßung in Biopsien meist nicht nach‑ gewiesen werden. Bei einigen Fällen chronischer Abstoßung mit eher akuter Manifestation sind auch Pfortaderäste oder Le‑ bervenen von Entzündung oder Schaumzellansamm‑ lungen betroffen [319, 389]. Manchmal zeigen die Läsio‑ nen Ähnlichkeiten mit einer Venenverschlusskrankheit [167, 404, 468, 587] und könnten an der Pathogenese der Parenchymfibrose bei chronischer Abstoßung betei‑ ligt sein [469].
Lebertransplantation
Abb. 13.11 Gallengangverlust bei chronischer Abstoßung. Portal‑ feld mit schütterer lymphozytärer Infiltration und Verlust des inter‑ lobulären Gallengangs (H&E)
Lobuläre Läsionen: Perivenuläre Cholestase ist häufig und wahrscheinlich eine Folge des Gallengangverlusts. Möglicherweise spielt auch Ischämie eine pathogeneti‑ sche Rolle, da Cholestase auch bei der rein vaskulären Form der chronischen Abstoßung auftritt. Eine wei‑ tere häufige Veränderung sind perivenuläre Nekrosen. Die Nekrosen zeigen ein lytisches Muster, wobei ein Äquilibrium zwischen hepatozellulärer Nekrose und Regeneration bestehen dürfte, da in diesen Arealen ein Retikulinfaserkollaps und unreife, aber keine reifen Kollagenfasern nachweisbar sind. Brückenbildende Ne‑ krosen und Parenchymknotenbildung können auftreten. Nur selten kommt es zur Bildung von reiferem Bindege‑ webe und Fibrosierung, die zirrhoseähnliche Ausmaße annehmen kann [428, 469, 646]. Bei später Manifestation (> 12 Monate nach LT) ist ein langsamer Verlauf über mehrere Jahre mit progredien‑ tem Gallengangverlust möglich [590]. Im Gegensatz zu Frühformen während des ersten Jahres nach LT, können Spätformen der chronischen Abstoßung mit duktularer Reaktion, bindegewebiger Expansion der Portalfelder und Entwicklung einer Zirrhose vom biliären Typ ein‑ hergehen [469]. Viele Biopsien, die später als 12 Monate nach LT entnommen werden, zeigen histologische Ver‑ änderungen einer chronischen Hepatitis, für die keine Ursache gefunden werden kann und die zur Zirrhose fortschreitet [188, 474]. Bei Ausschluss anderer Ur‑ sachen sind diese Fälle einer Spätform der chronischen Abstoßung zuzurechnen. Differentialdiagnose. Erkrankungen mit Portalfeld‑ entzündung, Gallengangschaden und eventuell mit Gal‑ lengangverlust können die Läsionen der chronischen Abstoßung imitieren. Zu diesen Erkrankungen zählen das Virushepatitisrezidiv (besonders ein Rezidiv der
Kapitel 13
chronischen Hepatitis C, s. u.), die rezidivierte primäre biliäre Zirrhose („primary biliary cirrhosis“, PBC) oder die primäre sklerosierende Cholangitis („primary scle‑ rosing cholangitis“, PSC) sowie die ischämische Cho‑ langiopathie. Während des ersten Jahres nach LT sind das Fehlen von duktularer Reaktion, periportaler Fi‑ brose und Kupferspeicherung in periportalen Hepato‑ zyten die wichtigsten morphologischen Merkmale, die für eine chronische Abstoßung sprechen [469]. Auch sind granulomatöse oder sklerosierende Gangläsionen der PBC oder PSC bei chronischer Abstoßung nicht nachweisbar. Die Differentialdiagnose zentrilobulärer Nekrosen bei akuter und bei chronischer Abstoßung umfasst vaskuläre Ursachen, virale oder autoimmune Hepatitis (Rezidive oder de novo) und Medikamententoxizität. Nur in der frühen Posttransplantationsphase sind läpp‑ chenzentrale Nekrosen durch PRI bedingt [476]. Jeder‑ zeit danach weisen vor allem ein Gallengangschaden und -verlust sowie eine venöse Endothelitis eher auf eine abstoßungsbedingte Ätiologie hin [25, 167, 587, 668]. Umgekehrt sprechen fehlende abstoßungstypische Merkmale, LT wegen autoimmuner Lebererkrankung, virale Infektionen oder Autoantikörper und histologi‑ sche Kennzeichen einer chronischen Hepatitis für eine virale oder autoimmune Ursache [470]. Darüber hinaus können läppchenzentrale Nekrosen und okklusive Le‑ bervenenveränderungen auch mit Azathioprintherapie assoziiert oder eine Komponente der sog. „idiopathi‑ schen“ chronischen Posttransplantationshepatitis sein. Therapieansprechen und Prognose. Während das Spät‑ stadium der chronischen Abstoßung mit Duktopenie und schwerer biochemischer Cholestase generell auf eine Im‑ munsuppression nicht anspricht und eine Retransplan‑ tation erforderlich macht, können frühere Stadien mit Atypien des Gallengangepithels (dysplasieähnliche oder atrophe Veränderungen) und geringem oder fehlendem Gallengangverlust auf eine Intensivierung der Immun‑ suppression ansprechen [71, 419, 473, 515, 612, 700]. Die Wirksamkeit der Immunsuppression ist aber durch his‑ tologische Veränderungen nicht vorhersagbar [145, 475]. Klinische und biochemische Parameter sind deshalb bei der Frage einer Retransplantation zu berücksichtigen. Beziehungen zwischen akuter und chronischer Abstoßung. Eine Unterscheidung in akute und chronische Abstoßung ist klinisch hilfreich. Es besteht aber eine beträchtliche Überlappung zwischen beiden Formen in Bezug zum Zeitpunkt des Auftretens, des Verlaufs und der histologischen Veränderungen. Deshalb sollten akute und chronische Abstoßung als Enden eines Spek‑ trums immunologisch bedingter Leberschädigung auf‑ gefasst werden. Bei vielen Fällen gehen Episoden akuter Abstoßung der Entwicklung einer chronischen Absto‑ ßung voran, und morphologische Kennzeichen einer
449
450
1 2
C. Lackner, S. G. Hübscher Tab. 13.3 Banff-Schema für das Grading der Lebertransplantat‑ abstoßung. Globale Einschätzung des Schweregrades der Absto‑ ßungsreaktion. (Banff schema for grading liver allograft rejection [1])
3
Globale Abschätzung
Kriterien
4
Unbestimmt
Entzündliche Infiltrate im Portalfeld, die die Kriterien für eine akute Abstoßung nicht erfüllen
Mild
Ein für eine Abstoßung typisches, aber gering ausgeprägtes und auf die Portalfelder be‑ schränktes Infiltrat in wenigen Portalfeldern
8
Mäßig
Die meisten oder alle Portalfelder sind durch die abstoßungsbedingten Infiltrate verbreitert
9
Schwer
5 6 7
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
Wie oben für die mäßige Abstoßung be‑ schrieben und zusätzlich mit „spill over“ in das periportale Leberparenchym und mäßiggradiger bis schwerer perivenulärer Entzündung, die sich in das Leberparenchym erstreckt und mit perivenulären Leberzell‑ nekrosen assoziiert ist
Anmerkung: Eine globale Abschätzung des Schweregrades der Abstoßung erfolgt erst, nachdem die Diagnose einer Abstoßung erstellt wurde. Verbale Beschreibung einer milden, moderaten oder schweren akuten Abstoßung kann auch als Grad I, II oder III erfolgen
Tab. 13.4 Banff-Schema für das Grading der Lebertransplantat‑ abstoßung – „rejection activity index“ (RAI). (Banff schema for grading liver allograft rejection [1]) Kategorie
Kriterien
Score
Portale Entzün‑ dung
Hauptsächlich lymphozytäre Infil‑ trate, die einige wenige Portalfelder betrifft und diese verbreitert
1
Expansion der meisten oder aller Portalfelder durch ein gemischtes Infiltrat das aus Lymphozyten, einigen blastären Zellen, neutrophilen und eosinophilen Granulozyten besteht
2
Deutliche Expansion der meisten oder aller Portalfelder durch ein gemischtes Infiltrat mit zahlreichen blastären Zellen und eosinophilen Granulozy‑ ten und „spill over“ in das periportale Leberparenchym
3
Einige wenige interlobuläre Gallengänge sind von Entzündungs‑ zellen umgeben und infiltriert. Die Epithelzellen zeigen nur geringe reaktive Veränderungen wie erhöhte Kern-Plasma-Relation
1
Die meisten oder alle interlobulären Gallengänge sind von Entzündungs‑ zellen infiltriert. Einige Gänge zeigen degenerative Veränderungen der Epi‑ thelzellen wie Pleomorphismus und gestörte Polarität der Zellkerne und zytoplasmatische Vakuolisierung
2
Wie für 2 beschrieben und mit dege‑ nerativen Veränderungen der meisten oder aller Gänge oder luminaler Diskontinuität
3
Subendotheliale lymphozytäre Infiltration betrifft einige, aber nicht die Mehrzahl der portalen oder hepatischen Venolen
1
Subendotheliale Infiltration betrifft die meisten oder alle portale oder hepatische Venolen
2
Wie für 2 beschrieben und mit moderater oder schwerer peri‑ nukleärer Entzündung, die sich in das perivenuläre Parenchym erstreckt und mit perivenulären Leberzellnekrosen assoziiert ist
3
Gallen gangent zündung/‑ -schaden
akuten Abstoßung können auch während der Evolution einer chronischen Abstoßung auftreten.
Grading und Staging der Lebertransplantatabstoßung Für das Grading der entzündlichen Veränderungen bei akuter Abstoßung stehen zwei Scoring-Systeme zur Verfügung. Die globale Einschätzung des Abstoßungs‑ grades (Tab. 13.3) erfolgt nach einem Banff-Schema, das eine Modifikation des National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases (NIDDK) Systems zum Grading der Lebertransplantatabstoßung darstellt [1, 161]. Der Abstoßungs-Aktivitäts-Index („rejection ac‑ tivity index“, RAI) wird durch semiquantitatives Scoring der morphologischen Hauptkomponenten der akuten Abstoßung auf einer Skala zwischen 0 (nicht nachweis‑ bar) bis 3 (schwer) ermittelt (Tab. 13.4; [1]). Für das Staging der chronischen Lebertransplantat‑ abstoßung wurde das Banff-Schema von einem interna‑ tionalen Expertenkomitee modifiziert. Morphologische Veränderungen, die auf eine Progression der chro‑ nischen Abstoßung hinweisen, wurden in das Schema
Venöse endothe‑ liale Ent‑ zündung
Anmerkung: Gesamtscore = Summe der Komponenten
Lebertransplantation
Kapitel 13
451
Tab. 13.5 Histopathologische Kennzeichen des frühen und späten Stadiums der chronischen Lebertransplantatabstoßung. (Demetris et al. [145]) Struktur
Frühe chronische Abstoßung
Späte chronische Abstoßung
Kleine Gallengänge ( 90 %, Typ 3), bei einem Typ 1 (5 %) ist der D. choledochus betroffen, bei Typ 2 (~ 2 %) der D. cysticus [42]. Morphologie. In Gewebeentnahmen aus der Leberpforte findet man histologisch eine Atresie oder Stenose der Gallengänge, rundzellige Entzündungsinfiltrate und interstitielle Fibrose [107]. Auch die betroffenen distalen extrahepatischen Gallenwege (Gallenblase und D. choledochus) imponieren als bindegewebige Stränge mit entzündlicher Reaktion. Eine diagnostische Leberbiopsie, wie sie im Rahmen der Erstdiagnose gelegentlich durchgeführt wird, zeigt typischerweise die Folgen einer extrahepatischen Gallengangobstruktion mit portaler Fibrose, Ödem, periportalen Gallengangproliferaten und Cholestase mit Ausbildung von Gallethromben [42]. Hepatische Riesenzellen können ebenfalls vorkommen. Insbesondere in frühen Biopsien kann das histologische Bild noch relativ uncharakteristisch sein.
Anatomie, Funktion und tumorartige Läsionen
Kapitel 14
505
Tab. 14.1 Zusammenfassung der Fehlbildungen der Gallenblase (weitere Details s. [77a]) Fehlbildung
Häufigkeit
Morphologie
Klinik
Phrygische Mützea (gefaltete Gallenblase) [99]
Häufigste Formvariante der Gallenblase (Inzidenz 1:25)
Knick im Gallenblasenfundus
Formvariante, keine pathologische Bedeutung. Differentialdiagnostische Abgrenzung (Gallenblasenduplikatur, Leber‑/Gallenblasentumor) mittels differenzierter Bildgebung (Multiphasen-MRT/CT) [99]
Korpus- und Fundusknickungen
Relativ häufiger Befund in der Bildgebung (Ultraschall)
Knick in der Gallenblasenlängsachse mit Abwinkelung des proximalen Teils gegen den distalen Teil (Korpus gegen Kollum oder Fundus gegen Korpus)
Sanduhrgallenblase (Gallenblasen striktur)
Selten
Längsteilung der Gallenblase durch ein Septum in einen proximalen und distalen Teil. Pathogenese wie bei der septierten Gallenblase, selten erworben [76]
Septierte Gallenblase [101]
Selten ( 14 Tage), acholischem Stuhl und dunklem Urin. Der Diagnosealgorithmus umfasst laborchemische Untersuchungen, Bildgebung [Ultraschall, ERCP, MRCP, perkutanes transhepatisches Cholangiogramm (PTC)] und Leberbiospien. Bei unklaren Befunden wird eine operative Cholangiographie durchgeführt, die als diagnostischer Goldstandard gilt [42]. Verlauf und Therapie. Unbehandelt führt die destruktive Obliteration der extra- und intrahepatischen Gallengänge zur sekundären biliären Zirrhose, die bereits nach dem 2. Lebensmonat voll entwickelt sein kann. Ziel der Therapie ist daher eine schnellstmögliche Wiederherstellung des Galleflusses, um eine irreversible Schädigung der Leber zu vermeiden. Zur Auswahl stehen eine (palliative) hepatische Portoenterostomie nach Kasai und eine (kurative) Lebertransplantation. Die Portoenterostomie nach Kasai ist die Therapie der Wahl. Sie wurde erstmals 1959 beschrieben und seither weiterentwickelt und optimiert [19]. Im Rahmen dieser Operation werden die extrahepatischen Gallengänge entfernt und die verbleibenden Gallengänge freigelegt. Anschließend wird eine jejunale Y-Roux-Schlinge mit den freigelegten Gallengängen in der Leberpforte anastomosiert, so dass die Gallenflüssigkeit direkt in den Darm abtropfen kann [42]. Durch die direkte Verbindung zwischen Darm und den intrahepatischen Gallen-
wegen und aufgrund eines eingeschränkten Galleflusses können die Patienten eine aufsteigende Cholangitis (insbesondere in den ersten Monaten nach der Operation) entwickeln [42]. Eine Lebertransplantation ist sekundär bei Patienten mit Persistenz des Ikterus nach Kasai-Operation und primär bei älteren Kindern sowie Kindern mit vergrößerter und indurierter Leber indiziert. Der Stellenwert einer adjuvanten medikamentösen Therapie (postoperative Steroide, prophylaktische Antibiose, Ursodeoxycholsäure-Gabe) ist unklar [19]. Prognose. Die Langzeitresultate der Kasai-Operation haben sich im Laufe der Jahrzehnte erheblich verbessert. Während der Anteil von ikterusfreien überlebenden Patienten 1967–1971 bei nur 19 % lag, werden mittlerweile in spezialisierten Zentren Resultate von 50–60 % erreicht [18, 20]. So zeigen aktuelle Daten aus England und Wales (Zeitraum 1999–2009; 443 Patienten) nach einer Zentralisation der Behandlung in ausgewählten Zentren eine Normalisierung des Ikterus nach Portoenterostomie bei 57 % der Patienten und ein Gesamtüberleben von 89 % [18]. Eine initiale Portoenterostomie wurde bei 95 % der 443 Patienten durchgeführt, nur 4 % erhielten eine primäre Lebertransplantation. Eine sekundäre Transplantation nach der Kasai-Operation wurde bei 42 % der Patienten erforderlich [18]. Die heterogene Ätiologie der Erkrankung (s. o.) spiegelt sich auch in der Prognose wider. So haben Pa-
508
1
A. M. Schlitter, W. Remmele Formanomalien
D. pancreaticus
2 3
normal
Hypoplasie
Agenesie
4 5 6
Phrygische Mütze
Divertikel
A Choledochuszyste im engeren Sinn
Sanduhr Gallenblase
Septum-Bildungen
9
Numerische Anomalien
C Diffuse oder zylindrische Erweiterung
I Choledochuszyste
7 8
B Segmentale Erweiterung
10 II Divertikel
11 12 13
III Choledochozele
H-Typ/ Trabekulärer Duktulärer Typ** Typ** Gallenblasenduplikatur (Vesica fellea duplex) Y-Typ*
V-Typ*
14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
IV B Multiple Zysten
IV A Multiple Zysten
(intra- und extrahepatisch)
Vesica fellea triplex
(rein extrahepatisch)
*Typ 1 nach Harlaftis **Typ 2 nach Harlaftis
Abb. 14.2 Variationen der Gallenblase. (Mod. nach Stolte [91] mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Verlages und in Anlehnung an Causey et al. [11])
tienten mit einem BASM (s. o.) eine schlechtere Prognose als Patienten mit isolierter Gallengangatresie [19]. Die schlechteste Prognose haben Patienten mit Gallen gangatresie und CMV-IgM-positiver Infektion [19]. Komplikationen. Hauptkomplikation der Kasai-Operation ist eine aufsteigende Cholangitis, die sich bei 43 % der Patienten entwickelt und mit intravenöser Antibiose behandelt wird [39]. Als weitere Komplikation können die Patienten eine manifeste Leberzirrhose (etwa 40 % der ikterusfreien Patienten) mit dem Risiko einer akuten Leberdekompensation, portaler Hypertension und erhöhtem Malignitätsrisiko entwickeln (hepatozelluläres Karzinom schon im Kindesalter möglich) [39, 40, 73]. Differentialdiagnose. Klinisch und morphologisch muss eine Gallengangatresie von folgenden Entitäten abgegrenzt werden:
V Solitäre oder multiple Zysten (rein intrahepatisch)
Abb. 14.3 Klassifikation der Gallengangzysten. (Nach Todani et al. [96], umgezeichnet nach Lu [62])
– neonatale Hepatitis (im Gegensatz zur Gallengang atresie keine/geringe Proliferation der Duktuli) [2], – konnatale Hypoplasie der extrahepatischen Gallengänge (Nachweis lumenhaltiger Gallengänge zwischen Leberpforte und Duodenum), – Syndrom der eingedickten Galle. Möglicherweise sind Gallengangatresie-, -hypoplasie und neonatale Hepatitis miteinander verwandt.
Idiopathische Gallengangzysten Definition. Idiopathische Gallengangzysten sind konzentrische Erweiterungen des intra- und/oder extra-
Anatomie, Funktion und tumorartige Läsionen
Kapitel 14
509
Tab. 14.2 Zusammenfassung der Fehlbildungen der Gallengänge (weitere Details s. [77a]) Fehlbildung
Häufigkeit
Morphologie
Klinik
Konnatale Gallengangzysten
Einteilung nach Todani (1977) in 5 Subtypen [96] (Details s. Text, Tab. 14.3 und Abb. 14.3)
Abdominelle Schmerzen, Ikterus und Raumforderung im rechten Unterbauch (Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen siehe Text). Zahlreiche Komplikationen und erhöhtes Malignitätsrisiko im pankreatobiliären Gangsystem (Details siehe Text)
Choledochozele [58]
Zystische Dilatation des intraduodenalen Gallengangs, (Typ III nach Todani)
Pankreatitis, Gallengangobstruktion, unspezifische Beschwerden
Choledochus divertikel
Meist im Endabschnitt, können Steine enthalten
Formanomalien
Lageanomalien Abnorm langer oder kurzer D. choledochus als Resultat einer abnorm tiefen oder abnorm hohen Vereinigung von D. cysticus und D. hepaticus communis Vereinigung von Gallen- und Pankreasgang proximal der Duodenalwand (1,5–5,3 cm vor der Papille; regulär etwa 0,3–0,8 cm) [105]
ExtendedCommonChannel-Syndrom (Synonym: „anomalous junction of the pancreaticobiliary duct“, AJPBD)
Reflux von Pankreassekret in den Gallengang führt zu Pankreatitis, Gallengang strikturen, Gallengangzysten/-dilatation, erhöhtes Malignitätsrisiko (Gallenblasenund Gallengangkarzinome; insbesondere bei relativ jungen Frauen ohne Steinanamnese) [51, 52, 81]
Lage-(Verlaufs‑)Anomalien Ductus cysticus
Zahlreiche Varianten, z. B. Mündung in den D. hepaticus communis links anstatt rechts mit Kreuzung des D. choledochus vorn oder hinten
Ductus hepaticus
Mündung des D. hepaticus dexter/communis in den D. cysticus
Ductus choledochus
Abnorme Mündung in Magen, oberes und unteres Duodenum, Ileum, Kolon, Duodenaldivertikel oder Choledochozele
Unterbrechung des D. cysticus bei Cholezystektomie unterbricht Galle abfluss aus rechter/gesamter Leber
Numerische Anomalien Akzessorische Gallengänge
Häufig (15–28 %) [91]
Vorkommen meist rechts. Akzessorische Gänge zwischen Leber und Gallenblase (hepatovesikale Gänge) oder in die Gallengänge (hepatokanalikuläre Gänge). Extrem seltene Varianten: Choledochusduplikatur mit Mündung in den Magen [8], Duplikatur des D. cysticus [61] und Gang zwischen Leber und Magen (D. hepatoentericus) [28]
Risiko einer postoperativen Gallengang leckage nach Cholezystektomie und Leberoperationen [74]
510
1
A. M. Schlitter, W. Remmele
Tab. 14.2 (Fortsetzung)
2
Fehlbildung
Häufigkeit
Morphologie
Klinik
3
Agenesie
Sehr selten
Partielle (fehlende proximale Gallengänge, 80 %) oder komplette Agenesie von Gallengängen und Gallenblase (20 %) [83]
Bei partieller Agenesie interponiert Gallenblase mit langem D. cysticus zwischen D. hepaticus und Duodenum. Cholezystektomie unterbricht die Kontinuität des Galleflusses und bedarf daher sofortige Revision [65]
Inzidenz bei Neugeborenen 1:15.000–19.000 (USA und Europa), 1:5000 in Taiwan
Progressive fibroobliterative Cholangiopathie der Gallengänge bei Atrophie der Gallenwege, fehlende Anlage oder entzündliche Obliteration intakter Gallenwege (Details s. Text)
Nach der Geburt: persistierender Ikterus (> 14 Tage), acholischer Stuhl und dunkler Urin. Unbehandelt sekundäre biliäre Leberzirrhose und Tod
Unterscheidet sich von der Atresie durch das Vorkommen englumiger Gallengänge mit erhaltener Lichtung
Cholestase
4 5 6
Sonstige Anomalien
7
Gallengang atresie
8 9 10 11 12 13
Gallenganghypoplasie (Konnatale) bronchobiliäre Fisteln
Angeboren selten, Einzelfallbeschreibungen [79]. Etwas häufiger erworben (Leberhydatide bei parasitärer Infektion, Trauma, postoperativ) [29]
Verbindung zwischen Bronchien und Gallengängen
Respiratorische Symptome
Heterotopes Gewebe
Einzelfallbeschreibungen
Magenschleimhautinseln in der Gallengangwand (intra- und extrahepatisch) [34, 35]
Abgrenzung zum Gallengangkarzinom in der Bildgebung ggf. schwierig
14 15 16 17 18 19 20 21 22
Störungen/Variationen der Arterienversorgung [43, 67] Sehr häufig
Abnorm kurze oder lange A. cystica (20 %) oder abnormer Verlauf der A. hepatica
Klinisch relevant bei operativen Eingriffen
Häufig
Aberrierende Leberarterienäste aus der A. mesenterica superior oder A. gastrica. Meist nur als akzessorische Gefäße, manchmal aber auch Hauptgefäß zu einem oder mehreren Lebersegmenten (Ligatur gefährlich)
Klinisch relevant bei operativen Eingriffen
23 24 25 26 27 28
hepatischen Gallengangsystems, die sowohl solitär als auch multiple vorkommen können (Klassifikation siehe Tab. 14.2 und Abb. 14.3).
Patienten mit Gallengangzysten können in jedem Alter klinische Symptome entwickeln, die Mehrheit (80 %) ist allerdings jünger als 10 Jahre [88].
Epidemiologie. Gallengangzysten sind insgesamt selten, die Inzidenz beträgt 1:100.000–150.000. Höhere Raten werden für die Nordamerika (1:13.500), Australien (1:15.000) und insbesondere für Japan (1:1000) angegeben. Frauen sind häufiger betroffen (3–4:1) [88].
Assoziierte Fehlbildungen. Gallengangzysten sind häufig mit einem Extended-Common-Channel-Syndrom/„anomalous junction of the pancreatico-biliary duct“ (AJPBD) assoziiert (15–80 %; siehe Tab. 14.2; [36, 88]). Auch weitere Fehlbildungen (Herzfehler, Ge-
Anatomie, Funktion und tumorartige Läsionen
fäßmalformationen, gastrointestinale Fehlbildungen), insbesondere pankreatobiliäre Fehlbildungen wurden bei Patienten mit Zysten beschrieben [55, 88]. Ätiologie und Pathogenese. Die genaue Ätiologie der Gallengangzysten ist unklar, verschiedene Hypothesen werden diskutiert [88]. Vieles spricht dafür, dass es verschiedene Ursachen gibt (erworben, angeboren oder kombiniert), die zur Entstehung von Gallengangzysten führen. – Erworbene Dilatation nach Gangschädigung: Nach der Babbitt-Theorie [6] entstehen Gallengangzysten sekundär nach Gangschädigung bei pankreatobiliärem Reflux im Rahmen eines Extended-Common-Channel-Syndroms/„anomalous junction of the pancreatico-biliary duct“ (AJPBD). Gestützt wird diese Theorie durch erhöhte Amylasewerte im Zysteninhalt [6]. Gegen diese Hypothese spricht jedoch insbesondere, dass nur 15–80 % der Patienten mit Gallengangzysten ein AJPBD aufweisen [36, 88]. – Fetale Entwicklungsstörung: Gallengangzysten als angeborene Fehlbildungen (genetische Ursache oder intrauterine Schädigung). In diese Kategorie scheint zumindest ein Teil der Zysten zu fallen (1/3), insbesondere bei antenatal/postnatal diagnostizierten Zysten, die jeweils keinen Amylasereflux aufweisen [22, 104]. – Auch eine distale Gallengangstenose (z. B. bei Sphinkter-Oddi-Dysfunktion oder Steinbildung bei AJPBD) wird als Ursache diskutiert [16]. Klassifikation. Gallengangzysten werden nach Todani in 5 Typen eingeteilt (1977; Tab. 14.3; [96]). Diese weitverbreitete und klinisch etablierte Klassifikation knüpft an die ursprüngliche Einteilung nach Alonso-Lej an und richtet sich nach der vorliegenden Morphologie: – Typ I (Zystenbildung ausschließlich im Bereich des D. choledochus oder mit Beteiligung des D. hepaticus communis; 3 Subtypen), – Typ II (seitliche Divertikelbildung des D. choledochus; 2 Subtypen), – Typ III (Choledochozele), – Typ IV (multiple Zysten im System) und – Typ V (Caroli-Erkrankung/-Syndrom, s. Kap. 2, Lebererkrankungen im Kindesalter). Komplikationen, Prognose und Therapie. Gallengangzysten können zu verschiedenen Komplikationen führen: – rezidivierte Cholangitis, – Pankreatitis, – Leberabszesse und Sepsis,
Kapitel 14
– sekundäre biliäre Zirrhose als Folge der Gallengangobstruktion, – Gallensteine in der Zyste (8–30 %), – portale Hypertension infolge einer Pfortaderkompression durch die Zyste oder infolge der sekundären biliären Zirrhose, – Zystenruptur (meist spontan, seltener traumatisch, auch unter der Schwangerschaft beschrieben [71]), – erhöhtes Malignitätsrisiko: Die Inzidenz des Zystenkarzinoms liegt 5- bis 35-mal über der Inzidenz des Gallengangkarzinoms in der Gesamtbevölkerung [78] und das Zystenkarzinom entsteht etwa 15 Jahre früher als herkömmliche Gallengangkarzinome [89]. Das Risiko einer Karzinomentstehung beträgt 10–15 % und steigt mit dem Alter (2,3 % bei 20- bis 30-Jährigen, 75 % bei 70- bis 80-Jährigen) [53, 88]. Das Karzinom kann dabei auch viele Jahre nach der Operation und im gesamten pankreatobiliären Gangsystem auftreten [31]. Die Mehrzahl der Karzinome sind Adenokarzinome (73–84 %). Undifferenzierte Karzinome und Plattenepithelkarzinome sind deutlich seltener [88]. Metaplastische Veränderungen (Pylorusdrüsenmetaplasie, intestinale Metaplasie und Plattenepithelmetaplasie; 40 %) und Vorläuferläsionen (BilIN; 28,5 %) sind ebenfalls häufige histologische Befunde in Gallengangzysten [53]. Klinik. Die meisten Patienten zeigen mindestens zwei von drei Symptomen der typischen Trias: abdomineller Schmerz, Ikterus und Raumforderung im rechten Oberbauch [79]. Neonatale Patienten fallen insbesondere mit obstruktivem Ikterus und abdomineller Raumforderung auf, während sich Gallengangzysten bei Erwachsenen mit Schmerzen, Fieber, Erbrechen, Übelkeit und Ikterus manifestieren [37]. Gallengangzysten können in der Bildgebung, heutzutage meist durch MRCP, gut dargestellt werden [13, 78]. Das klinische Management der Gallengangzysten umfasst die medizinische Behandlung der Komplikationen, die operative Zystenentfernung und eine lebenslange Nachsorge [61]. Eine frühe Operation schon bei Neugeborenen wird empfohlen [59], da die Komplikationsrate mit dem Alter der Patienten steigt [59, 89]. Die Therapie richtet sich nach dem vorliegenden Zystentyp und sollte interdisziplinär auf den Patienten ausgerichtet werden [12, 64, 89]: Therapie der Wahl bei Zysten Typ I und IV (insbesondere Typ IVB) ist die radikale Zystenentfernung (Hepatikojejunostomie mit Roux-Y-Schlinge oder Leberresektion) mit Cholezystektomie und ggf. Schnellschnittuntersuchung der Absetzungsränder bei Malignitätsverdacht. Aufgrund der deutlich niedrigeren Malignitätsrate bei Typ-II- und -III-Zysten ist eine einfache Zystenresektion möglich, bei kleinen Typ-III-Zysten kann auch eine endoskopische Sphinkterotomie via ERCP durchgeführt werden. Die Therapie diffuser Formen (insbesondere
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Tab. 14.3 Klassifikation der Gallengangzysten. (Nach Singham et al. [88]; Todani et al. [96]; s. auch Abb. 14.3)
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Typ/ Lokalisation
Definition
3
Solitär, rein extrahepatisch
4
I
5
Subtypen:
Häufigkeit [88]
Zystenbildung ausschließlich im Bereich des D. choledochus oder mit Beteiligung des D. hepaticus communis
6
IA
Diffuse Erweiterung des D. choledochus
7
IB
Segmentale Erweiterung des D. choledochus
IC
Diffuse oder zylindrische Erweiterung des D. choledochus + D. hepaticus communis
8
Häufigste Form (50–80 %)
II
Seitliche Divertikelbildung des D. choledochus
Sehr selten (2–5 %)
III
Choledochozele (zystische Dilatation des intraduodenalen Gallengangs)
Sehr selten (1,4–5,6 %)
10
Subtypen (IIIA, IIIB)
Weitere morphologische Einteilung in Subtypen klinisch nicht relevant [88]
11
Multiple, intra-/extrahepatisch bzw. rein extrahepatisch
12
IV
9
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Relativ häufig (15–35 %)
Subtypen:
14 15
Multiple Zysten im Gallengangsystem
IVA
Multiple extra- und intrahepatische Gallengangzysten
IVB
Multiple Gangzysten, nur extrahepatisch
Solitär oder multiple, rein intrahepatisch V
Solitäre oder multiple, rein intrahepatische Gangzysten (Caroli-Krankheit/-Syndrom)
Typ V und IVA) ist schwierig; eine Lebertransplantation kann z. T. der einzige kurative Ansatz sein.
Tumorartige Läsionen Die wichtigsten tumorartigen Läsionen sind Rokitansky-Aschoff-Sinus der Gallenblase sowie die Adenomyomatose, die insbesondere in der Gallenblase und selten in der Papille und den extrahepatischen Gallenwegen vorkommt.
Rokitansky-Aschoff-Sinus Als Rokitansky-Aschoff-Sinus (RA-Sinus) werden pseudodivertikelartige Schleimhautausstülpungen der Gallenblasenmukosa bezeichnet, die bis in die Lamina propria, Muscularis propria oder Subserosa reichen können. RA-Sinus kommen insbesondere bei chronischer Cholezystitis häufig vor (bis zu 65 %) und enthalten in
Bis 20 %
30 % der Fälle eingelagerte kleine Gallepigmentsteine (Abb. 14.4; [95]). RA-Sinus haben keine pathologische Bedeutung. Im Einzelfall kann jedoch eine Unterscheidung von gut differenzierten Adenokarzinomen schwierig sein, da RA-Sinus auch reaktive Atypien und eine erhöhte Proliferation aufweisen können [26, 95].
Adenomyomatose Als Adenomyomatose der Gallenblase (Synonyme: Cholecystitis glandularis proliferans, Adenomyom, intramurale Divertikulose, adenomyomatöse Hyperplasie der Gallenblase) wird eine Schleimhauthyperplasie und Hypertrophie der glatten Muskulatur mit Ausbildung intramuraler Divertikel, Krypten und hyperplastische Drüsengruppen bezeichnet, die sowohl lokalisiert (meist im Fundus), segmental (annulär mit Ausbildung einer sog. „phrygischen Mütze“) als auch diffus vorkommen kann. Die geschätzte Inzidenz beträgt 5–8,7 %. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um Zufallsbefunde bei asymptomatischen Patienten.
Anatomie, Funktion und tumorartige Läsionen
Kapitel 14
Abb. 14.4 Querschnitt durch die Gallenblasenwand mit ausgedehntem Rokitansky-Aschoff-Sinus, der eingelagertes Gallepigment enthält. (Präparat und Aufnahme: Prof. G. Klöppel. München) Abb. 14.6 Adenomyomatose der Papille. Hyperplastische periampulläre Drüsenkomplexe, umgeben von Bündeln glatter Muskulatur. (Präparat und Aufnahme: Prof. G. Klöppel. München)
prominente Hypertrophie von glatten Muskelzellen; die Übergänge können jedoch fließend sein [93, 106]. Eine Adenomyomatose der Papille sowie der distalen extrahepatischen Gallenwege ist extrem selten. Auch hier handelt es sich oft um einen Zufallsbefund. Gelegentlich kann eine Adenomyomatose symptomatisch werden und dann adominelle Schmerzen und/oder einen kommenden und gehenden Ikterus hervorrufen. Makroskopisch imponiert die Adenomyomatose der Papille als stenosierender Tumor, bzw. stenosierende Wandverdickung (Abb. 14.5). Histologisch sieht man periampullär organoid gelagerte Drüsenkomplexe, die von prominenten glatten Muskelsträngen umgeben und durchflochten werden und das Ausmaß der normalen periampullären Drüsen deutlich überschreiten (Abb. 14.6). Klinisch kann die Abgrenzung zu malignen Tumoren sehr schwierig sein. Die Diagnose wird daher meist erst am Resektat gestellt [15, 50].
Literatur Abb. 14.5 Adenomyomatose der Papille. Resektionspräparat mit eröffnetem D. choledochus. Im Ampullenbereich der Vater-Papille eine stenosierende Wandverdickung. (Präparat und Aufnahme: Dr. E. Dankoweit-Timpe, Hannover)
Makroskopisch imponiert die Adenomyomatose als Wandverdickung mit gelegentlicher Ausbildung von mikrozystischen Strukturen; in der Bildgebung kann eine Abgrenzung zum Gallenblasenkarzinom schwierig sein. Histologisch unterscheidet sich die Adenomyomatose von einfachen Rokitansky-Aschoff-Sinus durch eine
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Kapitel 14
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Kapitel 15
Stoffwechselstörungen, Kreislaufstörungen, Störungen der Motorik, traumatische Veränderungen und Fremdkörper 15
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I. Tischoff, A. Tannapfel, C. Wittekind Inhalt Varizen und Aneurysmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 520
Hämocholezyste („Gallenblasenapoplexie“) . . . . . . . . 523
Stoffwechselstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 520
Hämobilie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524
Primäre Stoffwechselstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 520
Vaskulitiden der Gallenblasengefäße . . . . . . . . . . . . . . 524
Cholesterose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 520
Nekrosen der Gallenblase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525
Sekundäre Stoffwechselstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 522
Gallenblasentorsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526
Metachromatische Leukodystrophie . . . . . . . . . . . . . . 522 Zystische Fibrose (Mukoviszidose) . . . . . . . . . . . . . . . 523 Amyloidose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 Hyperlipoproteinämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 Kreislaufstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 Stauungshyperämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523
Störungen der Motorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526 Gallenblasenperforation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526 Traumatische Gallenblasenruptur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 Fremdkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_15
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I. Tischoff, A. Tannapfel, C. Wittekind
Einleitung Die hier aufgeführten pathologischen Veränderungen und Erkrankungen der Gallenblase zählen bis auf die Cholesterose zu den selteneren Krankheitsbildern. Zum Teil besteht der Krankheitswert „nur“ in einer erhöhten Steininzidenz und ihren Folgen. Selten können mit einigen dieser pathologischen Veränderungen auch lebensbedrohliche klinische Erkrankungen verbunden sein.
Stoffwechselstörungen Stoffwechselstörungen der Gallenblase können unterteilt werden in primäre lokale Stoffwechselstörungen der Gallenblase und in sekundäre, bei denen die Gallenblase im Rahmen einer generalisierten Stoffwechselerkrankung mitbetroffen ist.
Primäre Stoffwechselstörungen Cholesterose Definition. Die Cholesterose ist charakterisiert durch die Ansammlung von lipidhaltigen Makrophagen (sog. Schaumzellen) überwiegend in der Lamina propria der Gallenblase. Die Makrophagen beinhalten akkumuliertes freies und verestertes Cholesterol und Triglyzeride [26]. Es existieren zahlreiche Synonyme: Stippchengallenblase, Erdbeer- oder Fischschuppen-Gallenblase, Cholesterolose, Cholesteatose, Lipidcholezystitis, Lipoidcholezystitis. Im Sinne der Vereinheitlichung der Nomenklatur sollte jedoch nur der Begriff „Cholesterose“ verwendet werden. Inzidenz. Eine exakte Häufigkeit der Cholesterose ist nicht bekannt, die Angaben schwanken teils erheblich. In verschiedenen Studien wird die Prävalenz zwischen 3 und 34 % beschrieben [26, 47, 52]. Man findet sie vorwiegend bei Patienten zwischen dem 20. und 70. Lebensjahr. In Einzelfällen tritt sie aber bereits schon bei jüngeren Patienten auf [38]. Bei Frauen ist die Cholesterose häufiger als bei Männern. Darüber hinaus scheint sie bei übergewichtigen Menschen öfters aufzutreten als bei normalgewichtigen [37]. Eine Assoziation zu einem Diabetes mellitus konnte nicht nachgewiesen werden. Ätiologie und Pathogenese. Obwohl die Cholesterose einen häufigen Befund darstellt, ist sie in ihrer Ätiologie und Pathogenese bis heute nicht vollständig geklärt [2].
Patienten mit einer Cholesterose sowie solche mit Cholesterinsteinen haben eine cholesterinübersättigte Galle. Die normale Gallenblase kann üblicherweise freies und nichtverestertes Cholesterin aus der Galle absorbieren. Cholesterin wird im endoplasmatischen Retikulum verestert und bildet Lipidtropfen, die in den Interzellularraum abgegeben werden, wo sie von Makrophagen phagozytiert werden [2]. Ätiologisch beruht die Cholesterose offenbar auf einer pathologisch vermehrten Resorption von Fettsubstanzen, wobei ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren diskutiert wird: – eine Dyscholie, also ein erhöhter Cholesteringehalt der Gallenblase, – eine Gallestauung in der Gallenblase selbst, z. B. bei Abflusshindernissen verschiedener Ursachen, – eine Funktionsstörung von Makrophagen mit dem Unvermögen, das Cholesterin zu verstoffwechseln oder zu sezernieren, – eine Lymphabflussstörung aus der Gallenblasenwand, z. B. bei einer Rechtsherzinsuffizienz, einer lokalen Entzündung und ihren Folgen [47]. Morphologie. Typischerweise ist die Cholesterose mikroskopisch wesentlich häufiger nachweisbar als makroskopisch. Makroskopisch variiert der Schweregrad der Lipidablagerungen von sog. „Formes frustes“ mit einzelnen gelblichen Stippchen in der Schleimhaut bis hin zur Ausbildung von sog. Cholesterolpolypen (Abb. 15.1). Häufig ist die typische Stippchengallenblase, bei der prominente Schleimhautfalten mit einem gelben Netzwerk und stecknadelkopfgroßen knötchenförmigen Punkten zu sehen sind. Es können makroskopisch vier Muster unterschieden werden: – diffuser oder granulärer Verteilungstyp (80 %), – eine oder mehrere kleinen Polypen (10 %), – Kombination der beiden erstgenannten mit Cholesterolpolypen auf dem Hintergrund einer diffusen Cholesterose, – Cholesterose auf ein kleines Areal der Gallenblase beschränkt (Abb. 15.2). Die Ausdehnung der Cholesterose endet normalerweise abrupt vor dem Beginn des Ductus cysticus. Sie kann aber auch in der Schleimhaut des D. cysticus nachweisbar sein (Abb. 15.3). Dies ist allerdings zehnfach seltener als in der Gallenblase. In weniger als 1 % lässt sich auch im D. choledochus, noch viel seltener im D. pancreaticus, eine Cholesterose nachweisen [47]. Mikroskopisch enthält die Lamina propria der Gallenblasenschleimhaut schaumzellig transformierte Makrophagen, die sog. Schaumzellen, mit einem mittleren Durchmesser von 40–50 µm und einem feinvakuolären Zytoplasma sowie einer positiven Reaktion auf Sudan III oder Sudanschwarz [47]. Chemische Untersuchungen haben ergeben, dass das gespeicherte Material aus Cho-
Stoffwechselstörungen, Kreislaufstörungen
Abb. 15.1 Gallenblase mit Schleimhautcholesterose. Samtartige Gallenblasenschleimhaut mit gelben Cholesterinstippchen und polypösen Arealen durch Cholesterolpolypen
a
Kapitel 15
Abb. 15.2 Lokale Cholesterose. Feinpapilläre Gallenblasenschleimhaut neben einem verplumptem Schleimhautareal (Mitte) mit Aufweitung der Lamina propria durch schaumzellige transformierte Makrophagen
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Abb. 15.3 a,b Cholesterose im Ductus cysticus. Schaumzellig transformierte Makrophagen (Pfeile) in der Schleimhaut des D. cysticus (a). Ausschnitt vergrößert (b)
lesterin, Cholesterinestern, anderen Lipiden und freien Fettsäuren besteht [20]. Immunhistochemisch sind die Schaumzellen positiv für CD68. Typischerweise liegen die Schaumzellen in einer meistens hyperplastischen Schleimhaut mit einer villösen oder einer schwammartigen Hyperplasie. Bei einer nur gering ausgeprägten Cholesterose sind sie nur in den Spitzen der Schleimhautfalten nachweisbar, später können sie dann die ganze Schleimhautfalte ausfüllen (s. Abb. 15.2). Die Schaumzellen können aber auch in der Muskulatur, in Lymphgefäßen oder auch in kleinen Venen vorkommen (Abb. 15.4). Elektronenmikroskopisch enthalten die Schaumzellen im Vergleich zu Schaumzellen in arterioskleroti-
schen Beeten und in Lipidinseln der Magenschleimhaut keine Myofilamente. Darüber hinaus können Veränderungen des Zelluntergangs, wie degenerierte Mitochondrien, Auflösungen der Zellmembran, Myelinfiguren und eine Karyolyse, nachweisbar sein [47]. Cholesterolpolypen. Cholesterolpolypen sind nichtneoplastische, kleine gestielte, meist hellgelbe Polypen der Gallenblasenschleimhaut von etwa 0,4–1,0 cm im Durchmesser (Abb. 15.5). Größere Polypen können die Farbe der Galle aufweisen oder ein mehr fleischiges Aussehen besitzen. Sie sind durch einen Bindegewebsstiel mit der Schleimhaut verbunden. In bis zu 20 % treten die Polypen einzeln auf. Es können aber auch in Einzel-
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Abb. 15.4 Diffuse Cholesterose. Schaumzellig transformierte Makrophagen bis in die muskuläre Wandschicht reichend
Abb. 15.5 Cholesterolpolyp
fällen bis zu 30 und mehr Polypen in einer Gallenblase vorzufinden sein. Sie machen etwa 60–90 % der intraluminalen Polypen der Gallenblase aus [43]. Häufig findet man neben diesen Polypen auch eine Cholesterose, in wenigen Fällen ist diese diffus ausgeprägt [7]. Differentialdiagnostisch müssen von Cholesterolpolypen insbesondere bei einer Polypengröße von über 10 mm Heterotopien, Adenome und in Einzelfällen auch Karzinome abgegrenzt werden [46].
Leukodystrophie, die zystische Fibrose, die Amyloidose und Hyperlipoproteinämie.
Klinik, Verlauf und Prognose. Die klinische Relevanz der Cholesterose ist seit ihrer Entdeckung vor knapp 100 Jahren immer noch unklar. Ob eine Cholesterose ohne Cholesterolpolypen und ohne gleichzeitige Cholezystolithiasis oder Entzündungen Symptome zeigt, ist unklar. Beschrieben wurden eine Assoziation der Cholesterose mit einer biliären Dyskinesie und ein Verschwinden der Symptome nach Entfernen der Gallenblase, wobei die Symptome auf die biliäre Dyskinesie zurückgeführt wurden. Eine Häufung der Cholesterose findet man bei Patienten mit einer Cholezystolithiasis. Die Gallenblase kann ein oder mehrere Steine enthalten, gewöhnlich sind das Cholesterinsteine. Meist ist sie bei kleinen Steinen stärker ausgeprägt. Die Häufigkeit von Cholesterinsteinen bei gleichzeitiger Cholesterose variiert jedoch zwischen 10 und 50 % [47].
Sekundäre Stoffwechselstörungen Pathologische Veränderungen der Gallenblase im Rahmen systemischer Stoffwechselerkrankungen sind selten. Zu den häufigsten gehören die metachromatische
Metachromatische Leukodystrophie Die metachromatische Leukodystrophie (= Sulfatlipidose) ist eine Lipidspeichererkrankung, bei der es durch den Mangel an Arylsulfatase A zu einer Akkumulation von metachromatischen Sulfatiden im zentralen Nervensystem kommt. Diese Ablagerungen können aber auch in vielen anderen Organen, darunter auch in der Gallenblase, nachweisbar sein [36, 48]. Typischerweise finden sich bei Patienten mit einer metachromatischen Leukodystrophie vermehrt hyperplastische polypöse Schleimhautveränderungen der Gallenblase und eine Hämobilie der Gallenblase [17, 60, 61, 62]. Makroskopisch kann die Schleimhaut zahlreiche, teils diffus verteilte, kleine bis mittelgroße papilläre Hyperplasien aufweisen. Die Gallenblasenwand zeigt unterschiedlich große schleimgefüllte Rokitansky-AschoffSinus [36, 48]. Mikroskopisch finden sich vorwiegend in den Arealen der papillären Veränderungen metachromatische Granula im Zylinderepithel der Gallenblase und in den Makrophagen der darunterliegenden Lamina propria [36, 48]. Zusätzlich zu den Schleimhautveränderungen können metachromatische Ablagerungen in den tieferen Wandschichten der Gallenblase vorkommen, besonders in kleinen Nerven [23]. Ultrastrukturell weisen die Epithelzellen und Makrophagen lysosomale prismatische Körper auf, die pseudokristallinen Sulfatidablagerungen entsprechen und ein Fischgräten- oder Tuffsteinmuster bilden können [36, 48].
Stoffwechselstörungen, Kreislaufstörungen
Zystische Fibrose (Mukoviszidose) Die zystische Fibrose führt normalerweise zu Veränderungen des intrahepatischen Gallengangsystems [42]. Aber auch pathologische Veränderungen der Gallenblase und der extrahepatischen Gallengänge wurden beschrieben [55, 63, 65]. Makroskopisch ist die Gallenblase bei Patienten mit einer zystischen Fibrose meist klein und mit einem farblosen viskösen Schleim ausgefüllt [15]. Als Ursache wird eine erhöhte Viskosität der Galle, eine gestörte Motilität und eine Stenose des D. choledochus vermutet, die durch eine Pankreasfibrose die Bildung von Gallenblasensteinen, die in 8–33 % der betroffenen Patienten vorliegen können, begünstigt [3]. Mikroskopisch finden sich zahlreiche von Epithel ausgekleidete Zysten. Starke entzündliche Veränderungen fehlen meist. Die Gallengänge können durch Galle-Sludge obstruiert sein. In Einzelfällen können bindegewebige Stenosen des D. choledochus auftreten mit einem herdförmigen Verlust des Oberflächenepithels [4, 9]
Kapitel 15
Hyperlipoproteinämie. Während 42 % aller betroffenen Männer erkranken, sind es bei den Frauen 72 %. Für die Hyperlipoproteinämie vom Typ IIa konnte dagegen keine erhöhte Prävalenz im Vergleich zu Patienten mit Normolipidämie beschrieben werden [14]. Darüber hinaus ist in den Gallensteinen und der Galleflüssigkeit bei Patienten mit einer Hyperlipoproteinämie Typ IV eine veränderte Zusammensetzung der Gallensäuren beobachtet worden, die in der Entstehung von Cholesterolpolypen involviert sind [18].
Kreislaufstörungen Kreislaufstörungen der Gallenblase können sowohl auf lokale als auch systemische Durchblutungsstörungen zurückgeführt werden. Am häufigsten zu beobachten sind eine Stauungshyperämie, vaskuläre Veränderungen wie Varizen und Aneurysmen, aber auch Vaskulitiden.
Stauungshyperämie Amyloidose Eine Amyloidose der Gallenblase ist in der Literatur bisher nur in neun Fällen beschrieben worden [59]. Sie findet sich in gleicher Häufigkeit bei einer primären als auch bei einer sekundären Amyloidose, wohingegen bisher nur ein Fall im Rahmen einer familiären Amyloidose beobachtet worden ist [58]. Klinisch zeigt eine Amyloidose in Abhängigkeit der Grunderkrankung eine breite Varianz. Während manche Patienten symptomlos sind, weisen andere dyspeptische Beschwerden oder eine akute Cholezystitis auf. Makroskopisch kann die Gallenblasenwand nodulär oder diffus verdickt sein. Aber auch intraluminale Hämatome sind beobachtet worden. Gallensteine sind dagegen eine Rarität [58]. Mikroskopisch variieren die Veränderungen von symptomlosen Amyloidablagerungen mit Wandverdickung, chronischer Cholezystitis bis hin zur schweren akuten hämorrhagischen Cholezystitis [58, 59].
Stauungshyperämien der Gallenblase finden sich vorwiegend bei Patienten mit einer Stauungsleber. Auch im Rahmen einer portalen Hypertension können Zeichen der Stauungshyperämie auftreten.
Varizen und Aneurysmen Varizen der Gallenblasen- und Gallenganggefäße treten in der Regel als Folge einer portalen Hypertension oder eines Pfortaderverschlusses auf [6]. Aneurysmen der Gefäße der ableitenden Gallenwege finden sich in ca. 25 % in Gefäßen der Gallenblase. Sie treten vorwiegend bei Männern mit einem Durchschnittsalter von 40 Jahren auf. Die häufigsten Ursachen von Aneurysmen sind mit jeweils 30 % Entzündungen und die Arteriosklerose, gefolgt von Cholezystitis und Cholelithiasis mit etwa 20 % und Traumen mit 15 % [21]. Andere sehr seltene Ursachen sind eine Syphilis, eine Tuberkulose oder Leberabszesse.
Hyperlipoproteinämie Patienten mit einer Hyperlipoproteinämie vom Typ IV haben sowohl im Vergleich zu Patienten mit einem anderen Typ der Hyperlipoproteinämie als auch zu Patienten ohne Hyperlipoproteinämie ein erhöhtes Risiko, an einer Cholezystitis und einer Cholelithiasis zu erkranken [1]. Dies gilt besonders für Frauen mit einer Typ-IV-
Hämocholezyste („Gallenblasenapoplexie“) Die Hämocholezyste ist eine Blutung in das Gallenblasenlumen, die in der Gallenblase entsteht und auf diese beschränkt bleibt [9]. Synonym wird auch der Begriff der Hämatozele der Gallenblase verwendet. Als
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I. Tischoff, A. Tannapfel, C. Wittekind
wichtigste Ursachen gelten Schleimhautulzera, Aneurysmarupturen der A. cystica, Varizen der Gallenblase bei Leberzirrhose, Magenschleimhaut- oder Pankreasheterotopien, Adenome und Karzinome, Angiosarkome und Metastasen von malignen Melanomen. Blutungen können auch als Folge von Medikamentenschäden wie z. B. Antikoagulanzien und Steroiden oder im Rahmen einer hämorrhagischen Diathese auftreten [47].
Hämobilie Eine Blutung oder das Vorkommen von Blut in den Gallengängen und der Gallenblase wird als Hämobilie bezeichnet. Das Blut kann von dort über die Papille in das Duodenum gelangen [47] Die Blutungsquelle ist in ca. 53 % der Fälle in der Leber (intrahepatische Form) sowie als extrahepatische Form bei 22 % der Fälle in den Gallengängen, bei 23 % in der Gallenblase und bei 2 % im Pankreas lokalisiert [4, 47]. Die Hämobilie ist ein Symptom verschiedener Erkrankungen (s. folgende Übersicht). Dazu gehören Traumata, iatrogen verursachte Blutungen wie z. B. nach perkutaner Leberbiopsie, Entzündungen, Leberzirrhose, vaskuläre Veränderungen wie Aneurysmata der A. cystica, pseudoaneurysmatische Veränderungen der A. cystica bei Cholezystolithiasis, Vaskulitiden, Gallenblasenkarzinome und tumorartige Läsionen wie z. B. hyperplastische Polypen [1, 29, 30]. Selten können aber auch Fehlbildungen der Gallengänge, die Einnahme von Antikoagulanzien und Stoffwechselerkrankungen wie die metachromatische Leukodystrophie, die mit Gallenblasenpolypen einhergeht, ursächlich sein [17, 29, 61, 62]. Nicht selten ruft eine Hämobilie der Gallenblase vor allem bei älteren Patienten den klinischen Verdacht eines Gallenblasenkarzinoms hervor. Makroskopisch findet sich in Abhängigkeit der Ursache häufig eine Wandverdickung mit einem intraluminalen Hämatom, die sich meist mikroskopisch mit Ausnahme eines Gallenblasenkarzinoms aus einer Kombination aus Blutung, Wandfibrose, Entzündung und polypöser Schleimhautveränderung erklären lassen. Klinisch äußert sich eine massive Hämobilie in einer Trias aus gastrointestinaler Blutung (90 %), Gallekolik durch Blutkoagel (70 %) und einem Ikterus (60 %) [47]. Ätiologie der Hämobilie der Gallenblase (mod. nach [49]) – Traumatisch – Stumpfes Bauchtrauma – Vaskulär – Aneurysma der A. hepatica – Aneurysma der A. lienalis
– Pseudoaneurysma der A. cystica – Pseudoaneurysma der A. pancreaticoduodenalis – Vaskulitis – Pfortaderthrombose- und -ruptur – Angiodysplasie der Gallenblase – Iatrogen – Leberbiopsie – Gallengangdrainage – Cholezystektomie – Gallenwegsoperationen – Antikoagulation – Infektionen – Ascaris lumbricoides – Bakterieller Leberabszess – Leberabszess durch Entamoeba histolytica – Echinokokkus – Mycobakterium tuberkulosis – Tumoren – Gallenblasenkarzinom – Gallenblasenadenom – Gallenblasenpolyp – Angiosarkom der Gallenblase – Metastasen der Gallenblase/-wege (z. B. malignes Melanom, Nierenzellkarzinom) – Extrahepatisches Gallengangkarzinom – Hepatozelluläres Karzinom – Intrahepatisches Cholangiokarzinom – Lebermetastasen – Hämangiom der Leber – Pankreaskarzinom – Sonstiges – Cholelithiasis – Pankreaspseudozyste – Choledochuszyste – Magen- oder Pankreasheterotopie
Vaskulitiden der Gallenblasengefäße Eine Vaskulitis der Gallenblase ist sehr selten und kann durchschnittlich in 0,04–0,29 % aller Patienten, die sich einer Cholezystektomie aufgrund einer Cholezystitis oder komplikativen Cholezystolithiasis unterzogen haben, beobachtet werden [24]. Betroffen sind fast immer mittelgroße Gefäße. Abzugrenzen von einer Vaskulitis der Gallenblase im Rahmen einer systemischen Vaskulitis (SV) ist eine lokale, singuläre organbezogene Vaskulitis (SOV). Dabei sollte bei einer SOV der Gallenblase in Analogie zu den Richtlinien der Chapel-Hill Konsensus-Vaskulitis-Konferenz 2012 zur Benennung der Vaskulitis das Organ und der betroffene Gefäßtyp benannt und nicht die für systemische Vaskulitiden verwendete Nomenklatur angewandt werden (z. B. Riesenzellarteri
Stoffwechselstörungen, Kreislaufstörungen
itis oder Panarteriitis nodosa), da die SOV keiner systemischem Vaskulitiserkrankung entspricht [24, 28]. Am häufigsten findet sich eine Vaskulitis der Gallenblase bei Panarteriitis nodosa. 8–40 % der betroffenen Patienten weisen eine Vaskulitis der A. cystica und anderer Gefäße der Gallenblase auf [24]. Sehr viel seltener ist die alleinige Manifestation der Panarteriitis in der Gallenblase, wobei die lokale Manifestation der systemischen Erkrankung um mehr als ein Jahr vorausgehen kann [5, 10]. In weniger als 2 % aller Patienten mit anderen Formen der systemischen Vaskulitis (SV) zeigt sich eine Beteiligung der Gallenblase (s. folgende Übersicht; [24]). Zu diesen Erkrankungen gehören die riesenzellige Arteriitis temporalis, eine Vaskulitis im Rahmen von Autoimmunerkrankungen, langdauernder rheumatoider Arthritis oder bei Hepatitis B und Hepatitis C, aber auch beim Churg-Strauss-Syndrom, der Henoch-Schönlein-Vaskulitis (IgA-Vaskulitis) oder bei der Wegener-Granulomatose ist diese zu beobachten [8, 14, 25, 41, 50]. In sehr seltenen findet sich eine Gallenblasenvaskulitis in Assoziation zu einer kutanen leukozytoklastischen Vaskulitis [35]. Übersicht über Formen der systemischen Vaskulitis mit Gallenblasenbeteiligung [8, 24, 35, 50, 51, 64] – Panateriitis nodosa – Riesenzellarteriitis – IgA-Vaskulitis Henoch-Schönlein – Kutane leukozytoklastische Vaskulitis – Mikroskopische Polyangiitis – Churg-Strauss-Syndrom – Kawasaki-Syndrom – Rheumatoide Arthritis – Lupus erythematodes – Juvenile Dermatomyositis – HBV-assoziierte Vaskulitis – Kryoglobulinämische Vaskulitis – essentiell – sekundär (z. B. HCV-assoziiert)
Bei einer rheumatoiden Arthritis manifestiert sich eine Gallenblasenvaskulitis bei ca. 1 % der betroffenen Patienten und tritt meist als Spätfolge nach durchschnittlich 13,6 Jahren auf [51]. Der Krankheitsverlauf kann zwischen 3 und 30 Jahren betragen. Eine vaskulitisassoziierte akute Cholezystitis bei rheumatoider Arthritis findet sich nahezu ausschließlich bei einer systemisch verlaufenden Vaskulitis. Extrem selten sind sowohl eine Vaskulitis im Frühstadium der Erkrankung als auch eine lokalisierte Vaskulitis der Gallenblase mit den charakteristischen „Rheumaknötchen“ [51]. Bei dem in der Kindheit auftretenden KawasakiSyndrom (mukokutanes Lymphknotensyndrom) fin-
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den sich Veränderungen der Gallenblase in 15 % der Fälle in den ersten beiden Wochen der Erkrankung [64]. Typischerweise liegt eine intramurale Angiitis vor. Seltener sind eine akute Cholezystitis mit Wandverdickung und in ca. 5 % der Fälle als Komplikation ein Gallenblasenhydrops zu beobachten [19, 64]. Ursächlich neben der Vaskulitis wird aber auch eine Lymphadenopathie der regionären Lymphknoten des D. cysticus angenommen, die zu einer Obstruktion des D. cysticus und somit sekundär zu entzündlichen Veränderungen führen kann [64]. Makroskopisch finden sich unspezifische Veränderungen wie eine Wandverdickung oder Hämobilie. Mikroskopisch liegt bei der SOV nahezu ausschließlich eine nichtgranulomatöse Entzündung mittelgroßer Gefäße mit fibrinoider Nekrose vor [24]. Bei der systemischen Vaskulitis finden sich dabei jeweils die für die Grunderkrankung typischen vaskulitischen Veränderungen. Anhand der Art der entzündlichen Gefäßveränderungen lassen sich jedoch keine Rückschlüsse auf das Ausmaß der Grunderkrankung ziehen [24]. Bei dem Verdacht auf eine vaskulitisassoziierte Cholezystitis sollte neben der Gallenblase auch angrenzendes Bindegewebe und Lebergewebe histologisch untersucht werden, um dort entzündliche Veränderungen der Gefäße nachzuweisen [44]. Klinisch äußert sich eine Vaskulitis der Gallenblase mit Oberbauchschmerzen, akuter und seltener chronischer Cholezystitis oder Gallenblasenhydrops. Darüber hinaus können Wandverdickungen oder eine Hämobilie bei älteren Patienten den Verdacht eines Gallenblasentumors hervorrufen. Die akute Cholezystitis kann mit oder ohne Cholezystolithiasis auftreten. Etwas häufiger zu beobachten, ist eine akute Cholezystitis mit Cholezystolithiasis bei SOV, wohingegen die akalkulöse Cholezystitis öfters bei Patienten mit systemischer Vaskulitis vorliegt [24]. Die SOV der Gallenblase ist meist ein Zufallsbefund nach Cholezystektomie infolge Cholezystolithiasis-assoziierter oder lokaler Beschwerden. Da diese Patienten keine systemischen Manifestationen aufweisen, sind nachfolgend keine weiteren therapeutischen Interventionen wie eine medikamentöse Therapie oder weitere chirurgische Eingriffe notwendig [24]. Die Mortalität der Gallenblasenvaskulitis ist bei systemischer Vaskulitis mit ca. 35 % gegenüber der bei einer SOV der Gallenblase mit ca. 10 % höher ausgeprägt [24].
Nekrosen der Gallenblase Nekrosen der Gallenblase werden formalpathologisch in eine hämorrhagische Infarzierung und in ischämische Nekrosen unterteilt. Die hämorrhagische Infarzierung der Gallenblase ist in der Regel auf eine Gallenblasentorsion zurückzuführen.
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Ischämische Nekrosen treten als Folge arterieller Embolien (z. B. nach Myokardinfarkt oder Myokarditis) oder stenosierender Gefäßerkrankungen auf. Ischämische Nekrosen der Gallenblase können auch nach systemischen Blutdruckabfällen mit nachfolgender Minderdurchblutung vorkommen, wie z. B. nach Herzoperationen oder abdominellen Eingriffen. Transarterielle Leberembolisationen im Rahmen eines hepatozellulären Karzinoms können ebenfalls durch eine Okklusion der A. cystica zu Nekrosen der Gallenblase führen [27].
Gallenblasentorsion Die Gallenblasentorsion führt in der Regel zu einer hämorrhagischen Infarzierung der Gallenblase. Sie wurde erstmals von Wendel 1898 beschrieben [16, 57, 63]. Die Altersspanne liegt zwischen dem 5. und 96. Lebensjahr und findet sich in 85 % am häufigsten bei Patienten jenseits des 60. Lebensjahrs [16, 57]. Weiße Frauen sind 3-mal häufiger betroffen als Männer [57]. Bei jüngeren Patienten in der Altersgruppe unter 21 Jahren ist allerdings das männliche Geschlecht häufiger vertreten. Ein gemeinsamer ätiologischer Faktor der Gallenblasentorsion ist die abnorme Mobilität der Gallenblase, die auf verschiedene, vorwiegend anatomische Ursachen zurückzuführen ist. Die Gallenblase kann komplett von Peritoneum überzogen sein und frei in der Abdominalhöhle liegen. Der D. cysticus und die A. cystica bilden mit dem umgebenden Bindegewebe einen kurzen Verbindungsstiel. Die Gallenblase kann aber auch ein eigenes Mesenterium haben, das sie in der Regel über einen schmalen Stiel mit der Leber verbindet. Daneben sind Einzelfälle beschrieben worden, in denen es zu einer Torsion der Gallenblase kam, obwohl diese breitflächig mit der Leber verbunden war [49]. Eine zunehmende Mobilität der Gallenblase zusammen mit einer Verlagerung der Eingeweide nach kaudal kann auch durch die Erschlaffung der Versorgungs- und Haltestrukturen und einer Atrophie des Fettgewebes beim älteren Menschen zustande kommen [31]. Eine Torsion wird weiterhin begünstigt durch den fehlenden Bandapparat bei einer Pendel- oder Wandergallenblase, bei einer lockeren Fixierung im Leberbett (sog. „floating gallbladder“), bei Lageanomalien, bei einer erheblich gesteigerten Magen-Darm-Peristaltik und bei abrupten Körperbewegungen [56]. Als Komplikationen können eine Gallenblasengangrän, eine Perforation der Gallenblasenwand, eine biliäre Peritonitis und eine Septikopyämie auftreten. Die Mortalität liegt bei 5 % [16, 57].
Störungen der Motorik Die Störungen der Gallenblasen- und Gallengangmotorik lassen sich wie folgt unterteilen und definieren [47]: – Dyskinesien sind Störungen der Entleerungsgeschwindigkeit der Gallengänge; – Dystonien sind Störungen des Gallenblasentonus; – Dyssynergien sind Störungen im Zusammenspiel der verschiedenen Gangsegmente. Als häufigste Ursache einer Dyskinesie und Dystonie liegt eine hypertonische Gallenblase mit ca. 30 % vor. Es wird hier eine Übererregbarkeit des Parasympathikus angenommen [47]. Eine Hypertonie des Musculus sphincter Oddi, ebenfalls in Folge einer Übererregbarkeit des Parasympathikus, ist die häufigste Form einer Dyssynergie und tritt meist als Folge eines Postcholezystektomiesyndroms auf [47]. Morphologisch finden sich als Ursache der motorischen Störungen gelegentlich angeborene Ganganomalien oder entzündliche Veränderungen mit Narbengewebe. Die Gallenblase kann hypertrophiert oder atroph sein. Möglicherweise begünstigen die verschiedenen Formen der motorischen Störungen das Entstehen von Gallensteinen [47].
Gallenblasenperforation Die häufigste Ursache der Gallenblasenperforation ist eine akute Cholezystitis mit oder ohne Cholelithiasis [53]. Die Gallenblasenperforation geht mit einer hohen Morbidität und Mortalität einher. Die Inzidenz bei akuter Cholezystitis wird auf 2–18 % geschätzt [54]. Bei einer akuten Perforation sind Männer häufiger betroffen als Frauen, oft haben die Patienten schwere Begleiterkrankungen [47]. Als prädisponierende Faktoren gelten eine Cholelithiasis, Infektionen, Tumoren, eine Steroidtherapie, Diabetes mellitus und eine Arteriosklerose [53]. Formal können Gallenblasenperforationen in drei Gruppen eingeteilt werden: – spontane Perforationen, – traumatische Perforationen, – iatrogene Perforationen. Spontane Perforationen lassen sich wiederum in eine idiopathische und sekundäre Form unterteilen, die akute Entzündungen, Infektionen, eine Cholezystolithiasis, kongenitale Obstruktionen und auch eine Therapie mit Antikoagulanzien beinhalten [53]. Bei einer akuten Cholezystitis findet sich zum einen eine Stase der Gallenflüssigkeit, die zurückgeführt werden
Stoffwechselstörungen, Kreislaufstörungen
kann auf eine Obstruktion des D. cysticus, Fasten, Dehydrierung und totale parenterale Ernährung, die eine Veränderung der Zusammensetzung und Konzentration der Gallenflüssigkeit nach sich zieht. Als Folge kann ein pathologischer Füllungszustand der Gallenblase zu einer Überdehnung der Wand und Kompression der Gefäße mit Beeinträchtigung des venösen und lymphatischen Abflusses führen [9, 54]. Zum anderen können vaskuläre Veränderungen bei ischämischer Nekrose, Arteriosklerose, Sepsis oder Schock ursächlich sein [53]. Spontane Perforationen der Gallenblase bei älteren Patienten sind meist durch eine (relative) Ischämie bei Arteriosklerose, fokalen Vasospasmus oder lokalisierte Vaskulitis bedingt [53]. Am häufigsten tritt eine Gallenblasenperforation mit ca. 60 % im Gallenblasenfundus aufgrund der schlechteren vaskulären Versorgung auf [22, 53, 54]. Klinisch können drei Formen der Gallenblasenperforation unterschieden werden: – akute freie Perforation in die Bauchhöhle, – subakute Perforation mit pericholezystischem Abszess, – chronische Perforation mit cholezystoenteritischer Fistel [40, 54]. Bei Patienten unter 50 Jahren finden sich häufiger akute und subakute Perforationen, wohingegen chronische Perforationen mit Fistelbildung bei älteren Patienten mit langjähriger Steinanamnese auftreten [54].
Traumatische Gallenblasenruptur Eine traumatische Ruptur der Gallenblase erfolgt am häufigsten im Gallenblasenfundus. Die Gallenblase kann dabei in seltenen Fällen komplett aus dem Gallenblasenbett oder am D. choledochus abgerissen werden. Neben iatrogenen Ursachen kommen penetrierende Traumen wie Schuss- und Stichverletzungen und seltener stumpfe Gewalteinwirkungen wie stumpfe Bauchtraumen in Frage [9, 13, 22, 47]. Bei ca. 2 % aller stumpfen abdominalen Traumen findet sich eine Verletzung der Gallenblase [39]. Die Diagnosestellung kann nach stumpfem Bauchtrauma durch die anatomische Lage erschwert sein, da die Gallenblasenläsionen meist klein sind und partiell von der Leber, dem Omentum und des Dünndarms umgeben werden und zusätzlich durch die Projektion auf den Brustkorb verdeckt werden können [39]. Als Risikofaktor für eine traumatische Gallenblasenruptur wird auch eine Leberzirrhose angenommen, da sich infolge der durch die Verhärtung der Leber bedingten verminderten Mobilität im Gallenblasenbett Scherkräfte verstärken können [45].
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Fremdkörper Das Vorkommen von Fremdkörpern in der Gallenblase und den extrahepatischen Gallengängen ist sehr selten. Exogene Fremdkörper lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen: – Operationsresiduen, – Fremdkörper nach penetrierenden Verletzungen, – verdautes Material bzw. verschluckte Fremdkörper, – Parasiten des biliären Systems [47]. Residuen nach vorausgegangenen Operationen stellten fast die Hälfte der Fremdkörper dar. Dabei handelt es sich meistens um nichtabsorbierbares Nahtmaterial des Ductus-cysticus-Stumpfes oder des Stumpfes der A. cystica. Weitere häufigere Fremdkörper können verdaute Nahrungsmittelbestandteile wie Wassermelonenkerne, Kirschstiele, Fischknochen, Hühnerknochen oder inkorporierte Fremdkörper wie Holzspäne, Nadeln oder Löffelstiele sein [33, 34, 48]. Aber auch Fremdkörper in Form von Geschützfragmenten, Kugeln oder Schrapnellen von Feuerwerkskörpern wurden beschrieben [11]. Zwischen der initialen Verletzung und dem Auftreten erster Symptome liegt dabei meist ein längeres Intervall [12, 32].
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Entzündungen und Cholelithiasis 16
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Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532
Erregerbedingte Cholezystitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544
Cholezystitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532
Cholezystitis bei AIDS-Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . 546
Akute Cholezystitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532
Begleitpathologie bei chronischer Cholezystitis . . . . . 547
Komplikationen der akuten Cholezystitis . . . . . . . . . 536
Cholelithiasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549
Sonderformen der akuten Cholezystitis . . . . . . . . . . . 536
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559
Chronische Cholezystitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537 Sonderformen der chronischen Cholezystitis . . . . . . 539
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Einleitung Gallenblasen zählen zu den häufigsten histopathologisch untersuchten Operationspräparaten. Die meisten Gallenblasen weisen entzündliche Veränderungen auf, die in Assoziation zu Gallenblasensteinen stehen. Diese können in unterschiedlicher Zahl, Form und chemischer Zusammensetzung vorliegen. Neben der mit einer Cholezystolithiasis vergesellschafteten Cholezystitis gibt es weitere Formen der Cholezystitis, bei denen keine Gallenblasensteine nachweisbar sind.
Cholezystitis Definition. Die Cholezystitis ist eine Entzündung der Gallenblase, die akut oder chronisch verlaufen kann und durch unterschiedliche Ursachen hervorgerufen wird. Es gibt dabei verschiedene morphologische Erscheinungsformen (s. folgende Übersicht). Sie kommt besonders häufig in den westlichen Industrieländern vor. In über 90 % der Fälle ist sie mit einer Cholezystolithiasis vergesellschaftet. Gegenüber der akuten Cholezystitis ist die chronische Cholezystitis mit 90–95 % die häufigste Form aller Cholezystitiden [144]. Bei chronischen Cholezystitiden können zusätzlich Zeichen einer akuten Entzündung auftreten. Klassifikation der Cholezystitis [117, 144] Akute Cholezystitis – Steinhaltig – Steinfrei – Emphysematöse Cholezystitis – Gangränöse Cholezystitis Chronische Cholezystitis – Steinhaltig – Steinfrei – Porzellangallenblase – Xanthogranulomatöse Cholezystitis – Eosinophile Cholezystitis – Lymphoeosinophile Cholezystitis – Diffuse lymphoplasmazelluläre Cholezystitis (DLAC) – IgG4-assoziierte Cholezystitis – Lymphozytäre Cholezystitis – Erregerbedingte Cholezystitis – Bakterien: Salmonella Typhi, Tuberkulose, Aktinomykose – Pilze: Candida albicans – Viren: EBV, HAV, HBV, HCV, HEV, HHV6, CMV – Protozoen: Giardia lamblia
– Würmer: Ascaris lumbricoides, Schistosomen, Clonorchis sinensis, Opisthorchis und Fasciola hepatica – Amöben: Entamoeba histolytica – Hydatiden: Echinococcus granulosus, Echinokokkus – Cholezystitis bei AIDS-Patienten – Kryptosporidien, CMV, Mikrosporidien (Enterozytozoon bieneusi und Isospora belli), Mycobacterium avium, Campylobacter fetus, Klebsiella pneumonia, Candida albicans, Adenoviren
Akute Cholezystitis Epidemiologie. Die Inzidenz der akuten Cholezystitis wird auf 60/100.000/Jahr geschätzt [144]. Sie findet sich bei 10–20 % aller unbehandelten Patienten mit einer Cholezystitis. 5 % dieser Patienten sind asymptomatisch, während in 15–20 % die Cholezystolithiasis mit Symptomen einhergeht [11]. Die akute Cholezystitis kann prinzipiell in jedem Lebensalter auftreten. Man findet sie jedoch bevorzugt bei älteren Patienten aufgrund des häufigeren Auftretens von Gallenblasensteinen im fortgeschrittenen Alter. Das Durchschnittsalter liegt bei 60 Jahren, Frauen erkranken ca. 1,5-mal häufiger als Männer [144]. Bezogen auf das Verhältnis der Patienten mit einer Cholezystolithiasis, bei dem Frauen mit 2:1 überwiegen, erkranken Männer jedoch relativ häufiger an einer akuten Cholezystitis ohne Cholezystolithiasis. In den letzten Jahrzehnten ist die Inzidenz der Cholezystitis gestiegen. Während bis ca. 1980 in etwa 5–10 % aller entfernten Gallenblasen eine akute Cholezystitis beschrieben wurde, liegt diese mittlerweile bei 40 % [144]. Dies gilt besonders für die akute akalkulöse Cholezystitis. Die ansteigende Inzidenz erklärt sich zum einen durch eine verbesserte Früherkennung, insbesondere durch modernere bildgebende Verfahren. Zum anderen ist die Indikation zur Cholezystektomie in den letzten Jahrzehnten gestiegen. In Deutschland werden jährlich ca. 190.000 Cholezystektomien durchgeführt [82]. Darüber hinaus besteht eine Tendenz zur früheren Operation als bisher in dem empfohlenen Zeitfenster zwischen 36 und 72 h [126]. Neben Gallenblasenentzündungen, die mit einer Cholezystolithiasis assoziiert sind, liegen in ca. 5–10 % aller entfernten Gallenblasen keine Gallenblasensteine vor. Besonders häufig sind Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand und fortgeschrittenem Alter davon betroffen. Prinzipiell kann eine akute Cholezystitis ohne Gallenblasensteine in jedem Alter, auch im Kindesalter, auftreten. Sie findet sich bei Männern doppelt so häufig wie bei Frauen. Als prädisponierende Faktoren gelten vo-
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rausgegangene Operationen, Traumata, Verbrennungen, Geburten, kardiovaskuläre oder andere Erkrankungen. Ätiologie und Pathogenese. Akute Cholezystitis: Die akute Cholezystitis kann formalpathologisch in eine akute kalkulöse Cholezystitis, also eine Gallenblasenentzündung, die mit einer Cholezystolithiasis einhergeht, und in eine akute akalkulöse, also steinfreie, Cholezystitis eingeteilt werden. Als auslösende Faktoren einer akuten Cholezystitis gelten (s. Übersicht): – Galleabflussstörungen, – Durchblutungsstörungen der Gallenblasenschleimhaut, – Ausschüttung von Entzündungsmediatoren, – Infektionen [75, 110, 112, 117]. Ätiologische Faktoren der akuten Cholezystitis Galleabflussstörung – Verschluss des D. cysticus oder des Gallenblasenhalses – Gallenblasensteine (90 %) – Fehlbildungen des D. cysticus – Periduktale narbige Verwachsungen – Intraluminale Tumore – Gangkompression von außen (z. B. bei Tumoren) – Parasitäre Gangobliteration (z. B. Ascaris lumbricoides) – Stase der Gallenflüssigkeit bei veränderter Viskosität – Fasten – Dehydration – Narkotika – Anästhesie Ausschüttung von Entzündungsmediatoren – Gallensäuren – Lysolecithin – Prostaglandine Durchblutungsstörungen – Postoperativ – Posttraumatisch – Hypovolämischer Schock – Kardiovaskuläre Erkrankungen – Hypertonie – Koronararteriensklerose – Zerebrale und periphere Durchblutungsstörungen – Herzinsuffizienz – Diabetes mellitus – Thrombosen – Vaskulitis – Aneurysmata – Pseudoaneurysmata – Septischer Schock
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Infektionen – Primär – Sekundär
Akute kalkulöse (lithogene) Cholezystitis: Eine wesentliche Rolle bei der Entstehung einer akuten kalkulösen Cholezystitis spielt der Verschluss des Gallenblasenhalses durch einen Gallenstein, in selteneren Fällen durch Tumoren oder eine Gangobstruktion von außen. Die daraus nachfolgende intraluminale Druckerhöhung wird durch eine Dilatation der Wand und einem Ödem verursacht. Andere Faktoren, die die Entstehung einer akuten Cholezystitis begünstigen, sind eine Schleimhautischämie, resultierend aus einer Dehnung der Gallenblase oder einer Kompression der A. cystica durch einen eingeklemmten Gallenstein [117]. Die Bildung von Entzündungsmediatoren wie Lysolecithin und Prostaglandinen, einhergehend mit Schleimhautläsionen durch konzentrierte Galle, Cholesterin oder Gallensteine, kann ebenfalls zu einer Schleimhautschädigung führen [13, 117, 126]. Prostaglandine sind dabei an verschiedenen Prozessen der Gallenblase beteiligt, wie der Kontraktion, der Wasserabsorption, der Entzündung sowie bei Schmerzereignissen, die mit einer Gallenblasenerkrankung einhergehen [112]. Verschiedenen Prostaglandinen kommen unterschiedliche Rollen bei der Entstehung einer akuten Cholezystitis zu. Prostaglandin E steigt an, wenn die Entzündung zunimmt. Der Prostaglandin-E-Spiegel ist bei Patienten mit einer akuten kalkulösen Cholezystitis im Vergleich zu Patienten mit einer akuten steinlosen Cholezystitis um das 7fache erhöht [69, 100]. Darüber hinaus lassen sich aus innerhalb von 48 h gewonnenen Bakterienkulturen einer Gallenblase mit akuter Cholezystitis in 42–72 % Keime isolieren. Die Keimbesiedlung nimmt bei einem Großteil der Patienten im Krankheitsverlauf ab [117]. Es überwiegen Keime der Darmflora, wobei sich nicht selten Mischinfektionen bilden. Zu den typischen nachweisbaren Bakterien gehören Escherichia coli, Klebsiellen, Enterobacter, Salmonellen, aber auch Proteus, Staphylokokken, Streptokokken, Pneumokokken, Pseudomonas, Bruzellen, andere gramnegative Stämme und in 20 % Anaerobier [117, 126]. Ein entscheidender Faktor, der zu einer Besiedlung der Gallenblase mit Erregern führt, ist auch hier eine Abflussbehinderung der Galleflüssigkeit. Je stärker die Galleabflussbehinderung ausgeprägt ist, desto höher ist die bakterielle Besiedlung in der Gallenblase. Folgen der Galleabflussbehinderung sind eine Minderung der antibakteriellen Wirkung der Galleflüssigkeit sowie erhöhte Endotoxin-Konzentrationen und eine gestörte Funktion der neutrophilen Granulozyten [145]. Gallensteinbedingte Infektionen bei asymptomatischen Patienten sind mit 0,1–0,2 % sehr gering. Dagegen kann bei symp-
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tomatischen Patienten in bis zu 2 % eine Cholezystitis oder Cholangitis entstehen. Während bei einer akuten Cholezystitis mit Cholezystolithiasis in ca. 50 % Erreger nachgewiesen werden können, sind es bei einer chronischen Cholezystitis nur ca. 15 % [145]. Akute akalkulöse Cholezystitis: Während bei der akuten kalkulösen Cholezystitis, die durch eine Cholezystoli thiasis bedingte Entzündung im Vordergrund steht, sind bei der akuten akalkulösen Cholezystitis systemische oder lokale Durchblutungsstörungen und eine schwere Allgemeininfektion die wichtigsten ätiologischen Faktoren [117]. Eine akute Cholezystitis ohne Steinnachweis kann im Rahmen zahlreicher Erkrankungen vorkommen, wie zum Beispiel als Folge eines schweren Traumas oder operativer Eingriffe, nach der Geburt, nach schweren Verbrennungen, im Rahmen bakterieller Septikopyämien, bei Alkoholismus bzw. äthyltoxischer Leberzirrhose oder bei systemischen Erkrankungen wie Sarkoidose und dem systemischem Lupus erythematodes [144]. Postoperativ nach tumorchirurgischen Eingriffen an Magen und Kolon findet sich eine akute akalkulöse Cholezystitis öfter als im Vergleich zu anderen Operationen. Traumata, Verbrennungen oder chirurgische Eingriffe gehen der akuten Cholezystitis im Durchschnitt um zwei Wochen voraus. Die Zeitspanne kann dabei zwischen 3 und bis zu 165 Tagen betragen [144]. Eine Ischämie der Mukosa findet sich insbesondere bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen oder solchen, die eine akute akalkulöse Cholezystitis nach einem Trauma, einer Sepsis oder vorausgegangenen chirurgischen Eingriffen entwickeln. Eine Ischämie als Folge multipler, subseröser, venöser und arterieller Thrombosen verschiedener Ursachen kann ebenfalls zu einer akuten akalkulösen Cholezystitis führen [42]. Eine akute akalkulöse Cholezystitis kann aber auch bei Patienten ohne prädisponierende Faktoren auftreten. Die Ätiologie und Pathogenese sind hier noch nicht vollständig verstanden und scheinen multifaktoriell zu sein [42]. Bei der akuten Cholezystitis ohne Lithiasis, die in Assoziation mit einer Fastenanamnese, Verwendung von Narkotika, einer Dehydratation oder einer Anästhesie stehen, nimmt man an, dass eine verstärkte Viskosität der Galle eine Stase mit daraus resultierender Obstruktion des D. cysticus verursacht. Akute Cholezystitis bei Kindern: Bei Kindern ist die akute akalkulöse Cholezystitis mit 50–70 % die häufigste Ursache einer akuten Cholezystitis. Auslöser sind meist infektiöse Erkrankungen [107]. Sie tritt aber auch bei Kindern nach großen operativen Eingriffen wie Herzoperationen, Polytraumata oder im Rahmen größerer Verbrennungen auf. Daneben können auch systemische Erkrankungen, wie Leukämien oder die zystische Fibrose, Auslöser einer akuten akalkulösen Cholezystitis sein. Die Mortalität wird auf mehr als ca. 30 % geschätzt [107].
Als pathogenetisch initiierende Faktoren für die akute Cholezystitis gelten in Analogie zum Erwachsenenalter auch hier eine Stase der Galleflüssigkeit, eine Hypoperfusion, eine Sepsis und die erhöhte Ausschüttung von proinflammatorischen und vasoaktiven Mediatoren [107]. Bei immunsupprimierten Kindern, z. B. durch AIDS oder die Therapie mit Immunsuppressiva nach Organtransplantation, tritt als Komplikation häufiger eine durch eine Infektion bedingte Cholezystitis auf. Dazu gehören Infektionen z. B. durch Leptospiren, Mykobakterien, Salmonellen, Bruzellose, aber auch Viren, Malaria, Askarien oder Echinokokkus [107]. Virusinfektionen scheinen dabei generell einen größeren Stellenwert einzunehmen. Dies gilt vor allem für Hepatitis A und EBV. Darüber hinaus geht die virusbedingte Cholezystitis mit einer vergleichsweise besseren Prognose einher [107]. In seltenen Fällen kann eine akute akalkulöse Cholezystitis nach vorausgegangenem stumpfen Bauchtrauma oder Operation oder bei Kindern mit Pneumonie, akuter Gastroenteritis oder Otitis media auftreten [107]. Morphologie. Prinzipiell unterscheiden sich die makroskopischen und mikroskopischen Veränderungen einer akuten kalkulösen Cholezystitis nicht von denen einer Cholezystitis ohne Steinnachweis [144]. Nicht selten findet sich histopathologisch eine weitaus geringere Entzündung als der Chirurg intraoperativ vermutet hat. Bei ca. 10 % aller Patienten, bei denen präoperativ keine Cholezystolithiasis bekannt war, sind intraoperativ Gallenblasensteine nachweisbar [117]. Eine reine akute Entzündung ohne Zeichen der chronischen Cholezystitis liegt sehr selten vor. Häufiger treten akute Entzündungen auf, die sich auf dem Boden einer chronischen Cholezystitis entwickelt haben [144]. Makroskopisch ist die akut entzündete Gallenblase vergrößert mit deutlich erweitertem Lumen. Die Serosa zeigt eine Hyperämie und Blutungen, aber auch Eiter und Fibrinbeläge können vorhanden sein. Die Gallenblasenwand ist durch ein Ödem oder durch eine Fibrose unregelmäßig verdickt und kann bis zu 2 cm oder mehr messen. In Abhängigkeit des Ausmaßes der akuten Entzündung kann die Schleimhaut ulzeriert sein, wobei sich dies makroskopisch jedoch nicht immer eindeutig erheben lässt. Nekrosen können flächenhaft auftreten und dabei eine die Gallenblase auskleidende weißliche Membran bilden. Man spricht dann auch von einer pseudomembranösen Cholezystitis. Im Lumen kann eine wechselnde Mischung aus Galle, Eiter und blutiger Flüssigkeit, abhängig von der Schwere des entzündlichen Prozesses, vorliegen. Bei der akuten Cholezystitis werden häufiger Solitärsteine größer als 3 cm im Durchmesser oder im D. cysticus eingeklemmte Konkremente gefunden [144]. In etwa 10–15 % der Fälle kommen gleichzeitig Steine im D. choledochus vor [117, 144]. Mikroskopisch liegt ein unterschiedlich dichtes Infiltrat neutrophiler Granulozyten vor, das sehr variabel ist.
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Abb. 16.1 a–d Akute Cholezystitis: a erosiv, b hämorrhagisch-ulzerös, c ulzerophlegmonös, d gangränös
Neutrophile Granulozyten treten in der Regel 24 h nach Beginn der Symptome auf, das Infiltrat ist am dichtesten zwischen dem 3. und 5. Tag. In Abhängigkeit des Schweregrades der Entzündung finden sich: – eine erosive Cholezystitis, – eine ulzeröse Cholezystitis, – eine hämorrhagisch-ulzeröse Cholezystitis mit Schleimhautulzerationen und Blutungen, – eine ulzerophlegmonöse Cholezystitis, – eine gangränöse Cholezystitis (Abb. 16.1; [117]). Neben neutrophilen Granulozyten können pigmentspeichernde Makrophagen untermischt sein, die in einigen Fällen erst nach 10 Tagen zu beobachten sind. Das Pigment setzt sich meist aus phagozytiertem Hämosiderin, Zeroid oder verwandten Pigmenten zusammen. Die kleinen Gefäße können thrombosiert sein; besonders in Fällen mit einer schweren Entzündung können Wandnekrosen hinzukommen. Zeichen einer chronischen Entzündung sind eine Fibrose und Atrophie der Schleimhaut.
Beim akuten Gallenblasenhydrops, der durch die Einklemmung eines Steins im D. cysticus oder des Gallenblasenhalses entsteht, findet sich intraluminal eine seröse schleimige Flüssigkeit, die Bestandteile der Galleflüssigkeit wie Bilirubin, Gallensäuren, Cholesterin, Phospholipide und Proteine meist nur in geringster Konzentration aufweist. Die entzündlichen Veränderungen sind nur sehr gering ausgeprägt [117]. Klinik, Verlauf und Prognose. Zwischen einer akuten kalkulösen und einer akuten steinfreien Cholezystitis gibt es klinisch keine spezifischen Unterschiede. Die akute steinfreie Cholezystitis kommt jedoch häufiger bei Männern als bei Frauen vor. Symptome einer akuten Cholezystitis sind kolikartige Abdominalschmerzen, im weiteren Verlauf meist verbunden mit Fieber und einer Leukozytose [82]. Die Patienten klagen häufig über Übelkeit, Erbrechen und Blähungen. Klinisch ist die akute kalkulöse Cholezystitis definiert durch biliäre Schmerzen, die länger als 6 h anhalten, Fieber bzw. eine Leukozytose und ein sonographisch nachweisbares Gallenblasen-
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wandödem in Kombination mit lokalem Druckschmerz, dem sog. Murphy-Zeichen [82]. Bei einem Drittel der Patienten sind ein Ikterus oder ein erhöhter Bilirubinspiegel feststellbar. Die Dauer der Symptome vor einer Einweisung variiert von nur wenigen Stunden bis zu 12 Tagen oder mehr. Bei einigen Patienten finden sich anamnestisch Hinweise auf abgelaufene Episoden einer akuten oder chronischen Cholezystitis. Zu den Komplikationen einer akuten Cholezystitis zählen ein Gallenblasenempyem (bis zu 40 %), eine Gallenblasengangrän (2–6 %) und eine Gallenblasenperforation (bis 12 %). Infolge einer Gallenblasenperforation können sich als sekundäre Ereignisse ein subhepatisches Empyem, eine Peritonitis, cholezystoenteritische Fisteln, ein Hämoperitoneum oder eine Hämobilie entwickeln [117]. Darüber hinaus können ein Ikterus, eine biliäre Pankreatitis, eine Pylephlebitis und in sehr seltenen Fällen eine pulmonale Gallenembolie entstehen [117]. Bei Patienten mit einer akuten akalkulösen Cholezystitis treten Komplikationen weitaus häufiger auf. Dies gilt insbesondere für das Auftreten eines Empyems, einer Gangrän und einer Perforation. Die Zahlen dafür liegen bei 40–100 % [117]. Die Mortalität der akuten Cholezystitis liegt zwischen 0 und 10 % [75]. Sie ist abhängig vom Alter, von Vorerkrankungen und dem auslösenden Faktor der Cholezystitis. Insbesondere bei Patienten mit einer postoperativen Cholezystitis und einer akalkulösen Cholezystitis ist die Mortalität erhöht und liegt zwischen 23 und 40 %. Dies gilt ebenfalls für ein Patientenalter von über 75 Jahren und Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus [75].
Komplikationen der akuten Cholezystitis Empyem Unter einem Empyem der Gallenblase versteht man das Vorhandensein von Eiter im Lumen [117]. Es kommt durch eine Infektion der Gallenblase zustande mit einer zusätzlichen Obstruktion des D. cysticus, die in der Regel durch einen Stein verursacht wird. Nicht mit einem Empyem verwechselt werden darf die Anreicherung von milchartiger oder sehr kalkhaltiger Galle im Lumen der Gallenblase. Ein Empyem wird durchschnittlich in 5–10 % aller Fälle einer akuten Cholezystitis gefunden [18].
Perforation Die häufigste Ursache einer Gallenblasenperforation ist die akute Cholezystitis. Eine Perforation tritt in 5–10 % aller akuten Cholezystitiden auf, insbesondere bei einer gangränösen Cholezystitis. Die Angaben einer Gallen-
blasenperforation bei akuter Cholezystitis schwanken zwischen 5 und 55 %. Eine freie Perforation macht ca. 25 % aller Perforationen aus und geht mit einer galligen Peritonitis einher. Perforationen können aber auch in die Leber, in die Bauchwand oder als alleinige Perforation der Schleimhaut mit einer intracholezystischen Abszessbildung vorliegen. Die Häufigkeit der lokal begrenzten Perforationen beträgt ca. 50 % [130]. Üblicherweise treten Perforationen in der Regel innerhalb der ersten 8 Tage nach Beginn einer akuten Cholezystitis auf, mit einem Häufigkeitsgipfel am 3. Tag. Das Durchschnittsalter beträgt 56 Jahre, typischerweise sind jedoch ältere Menschen häufiger von einer Perforation betroffen. Auch hier findet sich eine erhöhte Prävalenz für Frauen gegenüber Männern. Die Perforation ist meistens am Fundus der Gallenblase lokalisiert; sie kann von Blutungen begleitet sein oder ein sog. Hämatope ritoneum nach sich ziehen [143].
Gallige Peritonitis Die gallige Peritonitis ist eine wichtige Komplikation bei einer freien Perforation der Gallenblase. Eine gallige Peritonitis kann aber auch bei Fällen mit einer akuten Cholezystitis ohne eindeutige Perforation auftreten. Die Letalität der galligen Peritonitis war zumindest in der Vergangenheit größer als 50 %, eine verbesserte Prognose wurde jedoch mit einer früheren Diagnose und einer Behandlung der zugrunde liegenden Ursachen erreicht [29].
Sonderformen der akuten Cholezystitis Akute emphysematöse Cholezystitis Die akute emphysematöse Cholezystitis ist mit 1–3 % aller Cholezystitiden eine sehr seltene, schwere und potentiell letale Variante der akuten Cholezystitis [86]. Sie wird auch als Pneumocholezystitis, Cholecystitis emphysematosa oder Gallenblasengasgangrän bezeichnet. Charakteristisch ist eine Ansammlung von Gasen im Lumen und in der Wand der Gallenblase, was durch gasbildende Bakterien wie z. B. durch Clostridien-Spezies oder koliforme Keime hervorgerufen wird [146]. In 50 % der Fälle konnte Clostridium perfringens isoliert werden, in den anderen Fällen wurden gasbildende Escherichia coli, Klebsiellen, Salmonellen, Aerobacter aerogens und auch Bakteriengemische nachgewiesen [146]. Prädisponierende Faktoren sind in über 50 % aller Fälle ein Diabetes mellitus und ein Patientenalter über 50 Jahre mit Überwiegen des männlichen Geschlechts. Die akute emphysematöse Cholezystitis tritt 3-mal häu-
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figer bei Männern als bei Frauen auf [146]. Eine akute emphysematöse Cholezystitis kann aber auch Komplikation einer ERCP sein [14]. Makroskopisch findet man eine erweiterte und verfestigte Gallenblase, bei der sich in 20 % eine Perforation nachweisen lässt [94]. Die Wandung ist meist hämorrhagisch nekrotisch zerfallen. Palpatiert man die Gallenblasenwand, lässt sich ein Krepitus als Ausdruck des Luftknisterns auslösen. Das Lumen enthält ein faulig riechendes Gemisch aus unter Druck stehendem Gas und Eiter. Gallenblasensteine finden sich bei ca. 73 % aller betroffenen Patienten [94]. Mikroskopisch besteht eine Gangrän sowohl der Schleimhaut als auch der Wand mit einem dichten Infiltrat neutrophiler Granulozyten. Mitunter kann es zur Ausbildung von Wandabszessen kommen. Thromben sind in vielen kleinen und mittelgroßen Gefäßen sichtbar. Ist Clostridium perfringens beteiligt, können mikroskopisch grampositive Bakterien in der Schleimhaut nachweisbar sein [117]. Der klinische Beginn dieser Erkrankung wird zumeist als schlagartig beschrieben mit einem Schmerz im Epigastrium oder im rechten oberen Quadranten, gefolgt von Übelkeit und Erbrechen. Als Komplikationen können eine Gangrän und eine Perforation der Gallenblase sowie pericholezystische Abszesse auftreten. In sehr seltenen Fällen kann ein Pneumoperitoneum und Pneumoretroperitoneum entstehen. Die Mortalität wird mit 15–25 % beschrieben und ist somit 4 % höher als die anderer Varianten der akuten Cholezystitis [86, 146].
Gangränöse Cholezystitis Die gangränöse Cholezystitis ist eine Komplikation der schweren akuten Cholezystitis, die mit einer entzündlich bedingten Nekrose der Gallenblase einhergeht. Sie kann Teile der Gallenblasenwand betreffen oder die gesamte Gallenblasenwand einnehmen (s. Abb. 16.1d). Die Inzidenz der gangränösen Cholezystitis variiert. Sie kommt häufiger bei älteren Patienten vor ohne Bevorzugung eines Geschlechts. Die Anamnese ist ähnlich der einer akuten Cholezystitis. Die Letalität der gangränösen Cholezystitis ist in den letzten Jahren aufgrund der verbesserten Diagnostik und Therapie gesunken. Während diese noch vor mehr als 20 Jahren 10–15 % betrug, liegt sie jetzt bei ca. 4 % [86]. Am höchsten ist sie nach wie vor bei einer Perforation der Gallenblasenwand.
Chronische Cholezystitis Epidemiologie. Die chronische Cholezystitis ist 3- bis 8-mal häufiger als die akute Cholezystitis [117]. Frauen
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sind 3- bis 5-mal häufiger betroffen als Männer. Der Altersgipfel liegt um das 60. Lebensjahr [117, 144]. Ätiologie und Pathogenese. Die ätiologischen Faktoren, die zu einer chronischen Cholezystitis führen, unterscheiden sich prinzipiell nicht von denen einer akuten Cholezystitis. Chronische kalkulöse Cholezystitis: Die chronische Cholezystitis ist fast immer mit Gallensteinen assoziiert. Es wird angenommen, dass sich eine chronische Cholezystitis als Ergebnis aus rekurrierenden Episoden einer akuten Cholezystitis entwickeln kann. Die inflammatorischen und reparativen Veränderungen können teilweise durch wiederholte Schleimhautverletzungen auf dem Boden von Gallensteinen erklärt werden. Darüber hinaus gibt es primär chronische Cholezystitiden ohne vorausgegangenes akutes Initialstadium [117]. Im Gegensatz zum hohen Prozentsatz von positiven Gallekulturen bei Patienten mit einer akuten Cholezystitis spielt eine bakterielle Besiedlung bei der chronischen Cholezystitis eine untergeordnete Rolle, da sich nur in weniger als einem Drittel der Fälle einer chronischen Cholezystitis Bakterien nachweisen lassen [17]. Chronische akalkulöse Cholezystitis: Die chronische Cholezystitis ohne Gallenblasensteine findet sich bei 5–8 % aller betroffenen Patienten [117, 144]. In der Pathogenese der chronischen steinlosen Cholezystitis spielen zahlreiche Faktoren eine wichtige Rolle. Zu ihnen gehören: – eine Thrombose der Gefäße als Sekundärfolge einer Aktivierung Faktor-XII-abhängiger Gerinnungswege, – eine Stase oder eine schockbedingte Ischämie, – eine nichtsteinbedingte Obstruktion des D. cysticus, – Reflux von Pankreassaft, – Begleiterkrankungen wie Pemphigus und eine Hepatitis. Als weitere Ursachen wurden Stenosen des D. cysticus diskutiert, die angeboren oder als Folge entzündlicher Prozesse entstanden sein könnten. Morphologie. Makroskopisch sind die Veränderungen der Gallenblase sehr variabel. Dies spiegelt sich vor allem im Ausmaß der Entzündung und der Fibrose wider. Die Gallenblase ist dabei selten normal groß. Sie kann ektatisch ausgeweitet, vergrößert oder geschrumpft sein. Die Wand ist in der Regel deutlich verdickt. Der D. cysticus kann vor allem bei einer chronischen steinfreien Cholezystitis zusätzlich eine Stenose aufweisen. Die Serosa zeigt, je nach Ausprägung der chronischen Cholezystitis, eine chronische Pericholezystitis. Fibröse Serosaadhäsionen sind als Hinweis auf vorausgegangene Episoden einer akuten Cholezystitis zu werten. Die Schleimhaut kann glatt sein oder netzförmige Schleimhautstrukturen aufweisen, die leistenartig hervortreten. Bei gleich-
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Abb. 16.2 a,b Rokitansky-Aschoff-Sinus; mit Konkrementen (b)
zeitigem Vorhandensein akuter Entzündungsprozesse findet man Ulzera und Granulationsgewebe. RokitanskyAschoff-Sinus lassen sich in den meisten Fällen nachweisen (Abb. 16.2). Diese können insbesondere im Gallenblasenfundus in Kombination mit einer Wandfibrose klinisch das Bild eines Gallenblasentumors hervorrufen. Mikroskopisch besteht das Entzündungszellinfiltrat aus Lymphozyten, Plasmazellen, Makrophagen und Mastzellen. Das Entzündungszellinfiltrat kann praktisch nur in der Mukosa lokalisiert sein, während es sich in anderen Fällen in die Muskularis oder in die Serosa ausbreitet. Die Verteilung des entzündlichen Infiltrats variiert von ganz fokal über herdförmig bis diffus. Üblicherweise dominieren Lymphozyten gegenüber Plasmazellen und Makrophagen. Fokal verteilte spärliche lymphozytäre Infiltrate können auch in normalen Gallenblasen vorkommen und sind nicht immer Ausdruck einer chronischen Cholezystitis [25]. Zusätzlich können Lymphfollikel vor dem Hintergrund einer chronischen Entzündung auftreten. Sie sind meist in der Lamina propria lokalisiert, können aber auch in allen Wandschichten der Gallenblase oder diffus nachweisbar sein. Letzteres wird unter dem Terminus „lymphofollikuläre Cholezystitis“ zusammengefasst (s. Abb. 16.14; [13]). In Nachbarschaft zu Rokitansky-Aschoff-Sinus können herdförmige granulomatöse Entzündungsherde, im Sinne sog. Cholegranulome, nachweisbar sein. Sie bestehen aus großen, meist schaumzellig transformierten Makrophagen. Zusätzlich treten auch spaltförmige Hohlräume durch herausgelöste Cholesterinkristalle und Gallepigment auf. Ein braunes zeroidähnliches Pigment kann in der Peripherie dieser Granulome vorliegen, was zu dem Namen „Zeroidgranulom“ geführt hat (s. Abb. 16.7). Bei der chronischen steinhaltigen Cholezystitis kann eine zusätzliche floride Komponente durch ein granulozytäres Entzündungszellinfiltrat auftreten. Im Gegensatz dazu findet sich bei der chronischen Cholezystitis
ohne Gallenblasensteine meist ein nur sehr spärliches Infiltrat aus wenigen Lymphozyten und Plasmazellen, aber auch Eosinophile in unterschiedlicher Ausprägung können auftreten. Als Ausdruck einer Gallenblasenentleerung können eine Verdickung der Wandmuskulatur und das Vorhandensein von Rokitansky-Aschoff-Sinus beobachtet werden. Unabhängig vom Ausmaß der Entzündung können anhand der Schleimhaut- und Wandveränderungen zwei Hauptformen unterschieden werden, die jedoch eher als Funktionsstörung einzuordnen sind: Chronisch-hypertrophe Form: Bei dieser Form liegt eine Vermehrung verschiedener Schleimhaut- und Wandstrukturen vor. Die Schleimhaut selbst oder die ortsständigen Drüsen der Schleimhaut können hyperplastisch sein. Daneben kann eine Adenomyomatose entstehen, bei der die hyperplastische Schleimhaut in eine meist hypertrophe Muskularis verlagert wird mit Bildung intramuraler Divertikel und Krypten aus den Rokitansky-Aschoff-Sinus (Abb. 16.3). Darüber hinaus findet sich eine Hyperplasie von elastischen Fasern in der Muskularis oder in der Subserosa oder eine Hyperplasie von Nerven. Chronisch-atrophe Form: Im Vordergrund steht eine Wandfibrose bzw. Wandsklerose kombiniert mit einer Schleimhautatrophie (Abb. 16.4). Diese Veränderungen sind Folge einer fortschreitenden Vernarbung und führen zu einer Verminderung der Wandstrukturen. Endstadium sind die Schrumpf- oder Porzellangallenblase (Abb. 16.5). Neben einer Hyalinisierung der Gallenblasenwand finden sich Verkalkungen bis hin zu metaplastischen Verknöcherungen [117]. Klinik, Verlauf und Prognose. Die klinischen Symptome der chronischen Cholezystitis sind rezidivierende
Entzündungen und Cholelithiasis
Abb. 16.3 Chronische Cholezystitis vom chronisch-hypertrophen Typ. Papilläre Schleimhauthyperplasie mit Hypertrophie der muskulären Wandschicht und Rokitansky-Aschoff-Sinus
a Abb. 16.5 a,b Porzellangallenblase. a Makroskopisch fibrös verdickte Wand mit Verkalkungen, bröckeliger Schnittfläche und Schleimhautatrophie. b Mikroskopisch hochgradige Wandfibrose
rechtsseitige Oberbauchbeschwerden, gelegentlich auftretende Übelkeit, subfebrile Temperaturen, mäßige Leukozytose und eine Erhöhung der Entzündungsparameter. Die Komplikationen ähneln denen der akuten Cholezystitis mit Gefahr der Gallenblasenperforation und daraus folgender Peritonitis und Fistelbildung oder einer biliäre Pankreatitis. Bei der Porzellangallenblase wird immer wieder die Assoziation zu einem Gallenblasenkarzinom diskutiert.
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Abb. 16.4 Chronische Cholezystitis vom chronisch-atrophen Typ. Atrophie der Schleimhaut mit Hypertrophie der Tunica muscularis
b und -sklerose mit Kalzifikationen in den tiefen Wandanteilen. Die Schleimhaut ist nicht mehr abgrenzbar
Sonderformen der chronischen Cholezystitis Porzellangallenblase Die Porzellangallenblase ist charakterisiert durch eine ausgeprägte Verkalkung der Gallenblasenwand. Als Synonyme werden auch „kalzifizierte Gallenblase“, „kalzifizierende Cholezystitis“ oder „Cholecystopathia chronica calcarea“ verwendet. Der Begriff der Porzellangallenblase stammt aus dem Jahr 1929 und beschrieb die „bläuliche“ Verfärbung und veränderte Konsistenz der Gallenblase durch eine abnorme Verkalkung der Gallenblasenwand [114]. Sie gilt als Endstadium einer
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a
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Abb. 16.6 a,b Xanthogranulomatöse Cholezystitis. Gemischtes Infiltrat aus Epitheloidzellen, Makrophagen, Lymphozyten und Granu-
lozyten (a), neben schaumzellig transformierten Makrophagen und Riesenzellen (b)
chronischen Cholezystitis und wird in bis zu 1,1 % aller Cholezystektomiepräparate beobachtet [72]. In 90 % ist sie mit einer Cholezystolithiasis assoziiert [114]. Die Patienten haben gewöhnlich keine charakteristischen Krankheitszeichen, sondern präsentieren sich mit unspezifischen Symptomen wie unklaren Oberbauchschmerzen. Porzellangallenblasen treten bei Frauen 5-mal häufiger als bei Männern auf. Das Alter der Patienten variiert zwischen 32 und 70 Jahren, wobei das Durchschnittsalter bei 54 Jahren liegt [72, 114]. Die Ätiologie der Porzellangallenblase ist nach wie vor nicht geklärt. Man vermutet zum einen, dass die Kombination aus chronischer Entzündung, intramuraler Blutung und einem Ungleichgewicht des Kalziummetabolismus zu einer Verkalkung der Gallenblasenwand führt. Zum anderen könnten eine chronische Irritation der Gallenblasenschleimhaut durch Gallenblasensteine und eine Obstruktion der D. cysticus mit nachfolgender Stase der Galleflüssigkeit zu Veränderungen der Kalziumkonzentration führen, was wiederum eine Präzipitation von Kalziumkarbonat in der Schleimhaut verursacht. Makroskopisch ist die Gallenblase selten vergrößert. Dies findet sich meist dann, wenn ein Stein den D. cysticus obstruiert. In der Regel ist die Gallenblase jedoch kontrahiert und weist typischerweise eine bläuliche Verfärbung, eine fibrös verdickte Wand mit unterschiedlicher Kalzifizierung und eine bröcklige Konsistenz auf. Das Lumen enthält häufig ein eingedicktes kalkiges Material. Die Schleimhaut ist stark atroph (s. Abb. 16.5). Mikroskopisch stehen eine Fibrose und eine Hyalinisierung der Tunica mucosa sowie der Tunica muscularis im Vordergrund. Untermischt ist ein spärliches Infiltrat aus Lymphozyten. Die Mukosa ist meistens nicht mehr nachweisbar. Nur fokal findet man ein Restepithel, das manchmal Metaplasien erkennen lässt. Die Kalzifi-
kationen können als kleine intramurale Ablagerungen in die Gallenblasenwand inkorporiert sein oder in breiten Bändern auftreten (s. Abb. 16.5). In der Literatur wurde immer wieder eine Assoziation der Porzellangallenblase zum Gallenblasenkarzinom beschrieben. Die Zahlen schwanken dabei zwischen 4 und 22 % [26, 72, 114]. Die meisten Gallenblasenkarzinome, die sich in Assoziation zu einer Porzellangallenblase finden, sind diffus infiltrierende Adenokarzinome. Aber auch Plattenepithelkarzinome sind beschrieben worden [114].
Xanthogranulomatöse Cholezystitis Die xanthogranulomatöse Cholezystitis ist eine seltene Variante der chronischen Cholezystitis, die erstmals 1970 von Christensen et al. beschrieben wurde [129]. Sie wird auch als „fibroxanthogranulomatöse Entzündung“, „Zeroidgranulom“ und „Zeroid-like histiozytäres Granulom“ bezeichnet (Abb. 16.6 und 16.7). Die Inzidenz beträgt 0,7–10 % [129]. Männer sind in der Regel 2-mal häufiger betroffen als Frauen, wobei es anscheinend eine ethnische Prädisposition gibt, da in einer indianischen Studie bei Frauen 1,9-mal häufiger eine xanthogranulomatöse Cholezystitis beobachtet wurde als bei Männern [129]. Bevorzugt ist, unabhängig vom Geschlecht, das 6. und 7. Lebensjahrzehnt [52, 129]. Die Pathogenese ist unklar. Offenbar treffen Abflussstörungen aus den Rokitansky-Aschoff-Sinus oder aus der Gallenblase mit sekundären entzündlichen Vorgängen zusammen. Man nimmt an, dass durch Schleimhaut ulzerationen oder Rupturen der Rokitansky-AschoffSinus infolge eines erhöhten Drucks in der Gallenblase oder einer Obstruktion des D. cysticus Galle in die Gal-
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Abb. 16.7 „Zeroidgranulom“. Granulom mit Epitheloidzellen, schaumzellig transformierten Makrophagen und Riesenzellen mit spaltförmigen Hohlräumen durch herausgelöste Cholesterinkristalle
Abb. 16.8 Eosinophile Cholezystitis. Dichte Infiltrate eosinophiler Granulozyten, typischer in der Tunica muscularis mit Aufweitung der Muskelfasern
lenblasenwand eintritt, die wiederum von Makrophagen partiell phagozytiert wird und somit eine chronische granulomatöse Entzündung hervorruft [129]. Makroskopisch zeigt etwa jeder zweite Fall eine knotige Verdickung der Gallenblasenwand. Die Knoten weisen auf der Schnittfläche eine gelbe bis rotbraune oder auch dunkelbraune Färbung auf. Mikroskopisch bestehen die wechselnd dichten Entzündungsherde aus Infiltraten von Galle‑, Lipid- und Lipofuszin-haltigen schaumzellig transformierten Makrophagen, mehrkernigen Riesenzellen und untermischten Lymphozyten und Plasmazellen (s. Abb. 16.6 und 16.7). Aber auch unterschiedlich dichte granulozytäre Entzündungszellinfiltrate als Ausdruck einer akuten Entzündung bis hin zur Ausbildung von Mikroabszessen können vorliegen. Eine abklingende oder abgelaufene xanthogranulomatöse Cholezystitis ist meist charakterisiert durch eine unterschiedlich stark ausgeprägte Fibroblastenproliferation und eine zunehmende Wandfibrose im Sinne narbiger Veränderungen. Eine Assoziation der xanthogranulomatösen Cholezystitis zum Gallenblasenkarzinom wird mit 8,5–30,5 % beschrieben. Interessanterweise konnte eine Erhöhung von Tumormarkern bei Patienten mit einer xanthogranulomatösen Cholezystitis beobachtet werden, so dass unter Berücksichtigung der makroskopischen Veränderungen die klinische Abgrenzung zu einem Gallenblasenkarzinom erschwert sein kann [129].
beschränkt bleiben, bei denen die entzündliche Wand infiltration nahezu ausschließlich aus eosinophilen Granulozyten besteht. Sie tritt am häufigsten bei Frauen jüngeren und mittleren Alters auf und macht ca. 0,25– 6,4 % aller Cholezystitiden aus [91]. Die Ätiologie ist nach wie vor unklar. Zum einen wird sie in Assoziation mit Gallenblasensteinen, einer akalkulösen Cholezystitis, Infektionen mit Parasiten (z. B. Ascaris lumbricoides, Clonorchis sinensis, Echinokokken mit Lebermanifestation), Kryptosporidien oder CMV, Allergien bzw. einer allergischen Hypersensitivitätsreaktion gegenüber Phenytoin, Erythromycin, Cephalosporinen oder Phytotherapeutika beobachtet [38, 68, 123]. Sie findet sich bei Patienten ohne Gallenblasensteine 3-mal häufiger als bei Patienten mit Cholezystolithiasis [105]. Zum anderen kann sie aber auch im Rahmen von Erkrankungen wie der eosinophilen Gastroenteritis, der eosinophilen Pankreatitis, dem Hypereosinophiliesyndrom, der Sarkoidose, bei Lupus erythematodes, Sjögren-Syndrom oder Morbus Crohn auftreten [4, 38, 68]. In wenigen Fällen ist eine idiopathische eosinophile Cholezystitis beschrieben worden [123]. Makroskopisch ist das Erscheinungsbild unspezifisch. Mikroskopisch ist die eosinophile Cholezystitis charakterisiert durch ein transmurales Entzündungszellinfiltrat, das in über 90 % aus Eosinophilen besteht [123]. Diese sind betont in der Muskularis zu finden, wobei die Muskelbündel durch das Infiltrat regelrecht aufspalten werden (Abb. 16.8). Zusätzlich können eosinophile Granulozyten zahlreich in den Sinusoiden des Ductuscysticus-Lymphknoten gefunden werden [85]. Darüber hinaus liegt meist ein Ödem der Submukosa vor, aber auch Nekrosen, Granulationsgewebe und Fibroblastenproliferate bis hin zu einer hochgradigen Wandfibrose können vorzufinden sein [128].
Eosinophile Cholezystitis Beschrieben wurde die eosinophile Cholezystitis erstmals von Albot im Jahre 1949 [68]. Die Bezeichnung „eosinophile Cholezystitis“ sollte dabei auf die Fälle
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a Abb. 16.9 Lymphoeosinophile Cholezystitis. Gemischtes Infiltrat aus Lymphozyten und eosinophilen Granulozyten
Klinisch weisen die Patienten neben den typischen Zeichen der akuten Cholezystitis nicht selten eine negative Allergieanamnese in der Vorgeschichte auf [68]. Eine periphere Hypereosinophilie ist zwar häufig zu beobachten, diese kann aber auch fehlen und schließt eine eosinophile Cholezystitis nicht aus. Differentialdiagnostisch von der eosinophilen Cholezystitis abzugrenzen ist die häufigere lymphoeosinophile Cholezystitis, bei der die Eosinophilen zwischen 50 und maximal 75 % des Entzündungszellinfiltrats ausmachen [149].
b
Lymphoeosinophile Cholezystitis Eosinophile Granulozyten finden sich häufiger in einer akalkulösen Cholezystitis als bei einer Cholezystolithiasis-assoziierten Cholezystitis. Die lymphoeosinophile Cholezystitis sollte dann diagnostiziert werden, wenn 50–75 % der Entzündungszellen aus eosinophilen Granulozyten bestehen (Abb. 16.9). Ätiologisch könnten bestimmte Substanzen der Galleflüssigkeit eine Hypersensitivitätsreaktion auslösen, die die Vermehrung von eosinophilen Granulozyten im Entzündungszellinfiltrat erklären würde. Folgen sind eine Schädigung der Gallenblasenschleimhaut und eine Motilitätsstörung [27].
Diffuse lymphoplasmazelluläre Cholezystitis Die diffuse lymphoplasmazelluläre Cholezystitis (DLAC) tritt bei Patienten mit einer primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) auf. Sie kann aber auch im Rahmen sekundärer sklerosierender Cholangitiden wie
c Abb. 16.10 a–c IgG4-assoziierte Cholezystitis. a,b bandartiges dichtes lymphoplasmazelluläres Infiltrat, bis in die Tunica muscularis und das perimuskuläre Bindegewebe reichend, mit ausgeprägter Fibrose. c Immunhistochemischer Nachweis IgG4-positiver Plasmazellen
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z. B. bei Patienten nach partieller Pankreatikoduodenektomie infolge eines Karzinoms beobachtet werden [1]. Mikroskopisch charakteristisch für die diffuse lymphoplasmazelluläre Cholezystitis ist die Trias aus einem diffusen (i), auf die Lamina propria beschränkten (ii), dichten lymphoplasmazellulären (iii) Entzündungszell infiltrat [1, 64, 65]. Die Plasmazellen sind dabei IgG4negativ. Häufig finden sich Lymphfollikel. Die Gallenblasenveränderungen können in ähnlicher Ausprägung sowohl bei Patienten mit primärer als auch bei Patienten mit sekundärer sklerosierender Cholangitis vorzufinden sein [1]. Bei PSC-Patienten treten dagegen häufiger fokale oder ausgedehnte epitheliale Metaplasien der Gallenblasenschleimhaut auf [1].
IgG4-assoziierte Cholezystitis Bei Patienten mit einer IgG4-assoziierten Autoimmunpankreatitis Typ I (AIP Typ I) zeigt sich eine Manifestation in zahlreichen anderen Organen [63, 70, 139]. In 35–60 % aller betroffenen Patienten liegt eine IgG4assoziierte Cholezystitis vor [63]. Diese ist dabei fast immer mit einer IgG4-sklerosierenden Cholangitis assoziiert [63]. Makroskopisch ist die Gallenblase oft vergrößert und weist eine diffuse, zirkumferenzielle Wandverdickung auf, die das umgebende Bindegewebe miteinbezieht [136]. Mikroskopisch findet sich neben einem bandartigen dichten lymphoplasmazellulären Entzündungszellinfiltrat, das sich bis in die Muscularis propria und in das perimuskuläre Bindegewebe sowie bis in die Subserosa ausbreitet, typischerweise eine, teils herdförmige, storiforme Fibrose und eine obliterative Phlebitis (Abb. 16.10). Neben Lymphozyten und neutrophilen Granulozyten können Eosinophile untermischt sein oder eine nichtobliterative Phlebitis vorliegen [136]. Charakteristisch ist der immunhistochemische Nachweis IgG4-positiver Plasmazellen (Abb. 16.10). Als spezifisch gelten eine hohe IgG4/ IgG-Ratio von mehr als 40 % sowie mehr als 10–50 IgG4positive Plasmazellen/HPF [66, 136]. Der Nachweis IgG4-positiver Plasmazellen ist jedoch alleine nicht ausreichend für eine Beteiligung der
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Gallenblase im Rahmen einer Autoimmunpankreatitis. Die Differentialdiagnose zwischen einer diffusen lymphoplasmazellulären Cholezystitis (DLAC) und einer sklerosierenden lymphoplasmazellulären Cholezystitis in Assoziation mit einer Autoimmunpankreatitis (SLC) ist in Tab. 16.1 aufgeführt [19, 45]. Ebenfalls differentialdiagnostisch abgeklärt werden muss in seltenen Fällen ein Gallenblasenkarzinom. Dies gilt insbesondere für die seltene Variante der lokalen IgG4-Cholezystitis, bei der die Wandverdickung herdförmig und umschrieben ist. Besonders in Kombination mit anderen Wandveränderungen der Gallenblase wie z. B. einer Adenomyomatose kann klinisch der Verdacht eines Gallenblasenkarzinoms entstehen. Nicht selten fehlen jedoch bei der lokalen Variante zusätzlich die typischen Gallengangsveränderungen und ein erhöhter Serum-IgG4-Spiegel, so dass präoperativ die Abgrenzung zwischen einem Gallenblasenkarzinom und einer Entzündung deutlich erschwert ist [63, 84, 136].
Lymphozytäre Cholezystitis Die lymphozytäre Cholezystitis ist eine seltene Variante der chronischen akalkulösen Cholezystitis. Wie bei der lymphozytären Kolitis, Ösophagitis oder Gastritis ist sie durch eine Vermehrung intraepithelialer Lymphozyten charakterisiert. Normalerweise finden sich in der Gallenblase drei bis vier intraepitheliale Lymphozyten/100 Epithelzellen [64, 65]. Diese können bei einer chronischen Cholezystitis leicht ansteigen, wohingegen bei der lymphozytären Cholezystitis mehr als 30 intraepitheliale Lymphozyten/100 Epithelzellen vorliegen. Die Mukosa ist meist verdickt durch das dominierende lymphozytäre Entzündungszellinfiltrat mit dazwischen liegenden wenigen Plasmazellen und Makrophagen. Das lymphozytäre Entzündungszellinfiltrat kann diffus oder herdförmig sein. Meist ist es im Infundibulum und im D. cysticus stärker ausgeprägt als im Gallenblasenkorpus [64, 65]. Schleimhautveränderungen wie pseudopapilläre Epithelhyperplasien oder gastrale Metaplasien vom Pylorustyp können auftreten oder die Muskularis hypertrophiert sein. Intestinale Metaplasien, eine
Tab. 16.1 Differentialdiagnose zwischen diffuser lymphoplasmazelullärer Cholezystitis (DLAC) und IgG4-assoziierter Cholezystitis Assoziierte Erkrankungen
Makroskopie
Mikroskopie
DLAC
PSC, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn
Unspezifisch, Pigmentsteine in 10 %
Dichte lymphoplasmazelluläre Infiltrate, IgG4-negative Plasmazellen
IgG4-Cholezystitis
Autoimmunpankreatitis, andere IgG4-assoziierte Erkrankungen
Wandverdickung, Gallensteine in 15 %
Transmurale dichte lymphoplasmazelluläre Infiltrate, Fibrose, Phlebitis, IgG4-positive Plasmazellen
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Schleimhautcholesterose oder ein Rokitansky-AschoffSinus sind hingegen nicht zu beobachten [64, 65]. Generell ist die lymphozytäre Cholezystitis eine Ausschlussdiagnose. Abgegrenzt werden sollten immer andere Varianten der chronischen akalkulösen Cholezystitis wie die diffuse lymphoplasmazelluläre Cholezystitis oder die IgG4-assoziierte Cholezystitis.
Erregerbedingte Cholezystitis Bakterien Salmonella Typhi. Eine akute Cholezystitis infolge einer Salmonella-Typhi-Infektion liegt meistens bei Kindern in Endemiegebieten wie Südzentralasien, Südostasien, Lateinamerika und Südafrika oder bei Immunsupprimierten vor. Bei Erwachsenen ist sie dagegen seltener [51, 108]. Die Cholezystitis tritt meist zwei bis drei Wochen nach Infektionsbeginn oder zusammen mit den ersten Fiebersymptomen der Typhuserkrankung auf. Die Salmonellenbakterien lassen sich dann in der Gallenblase nachweisen. In Tiermodellen konnte gezeigt werden, dass SalmonellaTyphi-Bakterien 48 h nach Infektion in der Gallenblase nachweisbar sind mit einem Maximum nach 120 h sowohl im Gallenblasenlumen als auch in den Epithelzellen der Gallenblasenschleimhaut. Entzündungsauslösend scheinen dabei aber nur die „invasiven“ intrazellulären Salmonellenbakterien zu sein, während die im Lumen nachweisbaren Salmonellen sich zwar teilen können, aber keine Entzündungsreaktion hervorrufen [51]. Die Salmonellenbakterien können im Sinne eines chronischen Carrier-Status persistieren. Ein Drittel der Betroffenen weist dabei keine Typhussymptome auf [144]. Etwa 3–5 % aller Menschen mit einer Salmonella-Typhi-Infektion entwickeln eine chronische Cholezystitis. Davon weisen 90 % eine Cholezystolithiasis auf [51]. Tuberkulose. Die Tuberkulose der Gallenblase ist sehr selten und tritt nur Einzelfällen isoliert dort auf [88]. Man nimmt an, dass die Konzentration der Gallensalze das Wachstum der Mykobakterien hemmt [88]. Häufiger findet sie sich bei einer Manifestation der Tuberkulose im Abdomen, wobei die Infektion dann über den lymphatischen oder hämatogenen Weg geschieht, seltener über eine peritoneale Verbreitung. Betroffen sind meist Frauen, die älter als 30 Jahre sind. Als prädisponierende Faktoren, die die Entstehung eine Gallenblasentuberkulose unterstützen, gelten eine Cholelithiasis und eine Obstruktion des D. cysticus. In über 70 % der betroffenen Patienten können Gallenblasensteine nachweisbar sein [88]. Makroskopisch können Verwachsungen der Gallenblase mit benachbarten Strukturen, aber auch Fisteln
zwischen Gallenblase und dem D. choledochus bzw. dem Duodenum auftreten [133]. Die Gallenblase ist meistens fibrotisch geschrumpft und weist eine verdickte Wand auf. Mikroskopisch finden sich die charakteristischen verkäsenden Granulome unterschiedlicher Größe. Die Tunica muscularis ist oft ersetzt durch ein tuberkulöses Granulationsgewebe oder ausgeprägte Fibrosebänder. Säurefeste Stäbchen lassen sich nicht in allen Fällen nachweisen [98]. Wie bei der xanthogranulomatösen Cholezystitis kann der Serum-CA19-9-Wert erhöht sein, so dass in Kombination mit dem radiologischen Bild differentialdiagnostisch der Verdacht eines Gallenblasenkarzinoms entstehen kann [88]. Differentialdiagnostisch sollte von einer Gallenblasentuberkulose eine Sarkoidose der Gallenblase abgegrenzt werden, obwohl diese bisher nur in Einzelfällen beschrieben worden ist und nur in seltenen Fällen nekrotisierende Epitheloidzellgranulome aufweisen kann. Die Sarkoidose der Gallenblase kann sich als subakute oder chronische Cholezystitis manifestieren. Mikroskopisch können die Sarkoidosegranulome in der Gallenblasenwand, perivaskulär, aber auch perineural vorzufinden sein, was zu einer Motilitätsstörung der Gallenblase führen kann. Häufiger ist jedoch der Nachweis von Sarkoidosegranulomen in den lokoregionären Lymphknoten [54]. Aktinomykose. Eine Aktinomykose der Gallenblase ist selten. Sie kann sich als chronische und meist häufiger als akute Cholezystitis präsentieren [3]. Klinisch kann eine Aktinomycesinfektion länger verlaufen mit Fieber, Gewichtsverlust und intermittierenden Abdominalschmerzen. Makroskopisch kann die Gallenblase tumorartig vergrößert sein mit Übergreifen der Entzündung auf umgebende Strukturen wie Leber oder Omentum bis hin zu entzündlichen Verwachsungen. Die Gallenblasenwand ist meist verdickt und die Schleimhaut weist flächenhafte Ulzerationen und Blutungen auf. Mikroskopisch liegt eine mäßiggradige bis schwere Entzündung vor mit Ausbildung von Granulationsgewebe und Mikroabszessen. In den Mikroabszessen können sich zum Teil zahlreiche Bakterienkolonien finden mit Ausbildung des Splendore-Hoeppli-Phänomens [55].
Pilze Pilzinfektionen der Gallenblase und der Gallengänge werden meist bei Candida-albicans-Infektionen beobachtet [56]. Sie treten bei Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand, Immunsuppression, Antibiotikatherapie, postoperativ nach Operationen des hepato-
Entzündungen und Cholelithiasis
biliären Systems oder bei schwerkranken Patienten auf. Nur in Einzelfällen liegen keine Risikofaktoren vor [120]. Mikroskopisch kann bei ausgedehnten Befunden eine akute gangränöse Cholezystitis mit im Lumen liegenden amorphen Massen, die sich aus Hyphen und Sporen zusammensetzen, vorliegen und den D. cysticus obstruieren [56]. In Einzelfällen kann eine schwere xanthogranulomatöse Cholezystitis nachweisbar sein.
Viren Akute systemische Virusinfektionen können seltene Auslöser einer akuten akalkulösen Cholezystitis sein. Etwas häufiger davon betroffen sind jüngere Patienten mit einer Prädominanz für das weibliche Geschlecht [5, 16]. Die häufigsten Viren sind hepatotrope Viren wie EBV, das Hepatitis-A- und Hepatitis-B-Virus, seltener CMV, das eher bei immunsupprimmierten Patienten eine akute Cholezystitis auslösen kann [16, 33]. In Einzelfallbeschreibungen wurden eine akute HCV-, eine HEV- und eine HHV-6-Infektion beschrieben [44, 49, 104]. Der akuten Cholezystitis geht meist eine virusinduzierte cholestatische Hepatitis voraus, die z. B. durch einer daraus resultierenden Hypoalbuminämie und einem erhöhten Portaldruck zu einer Stase der Gallenflüssigkeit führen kann [71]. Ein anderer auslösender Faktor ist eine ischämische Schädigung der Gallenblase durch zirkulierende Virusantigen‑/Antikörperimmunkomplexablagerungen wie sie z. B. bei einer akuten Hepatitis-B-Virusinfektion auftreten, bei der 20 % aller betroffenen Patienten extrahepatische Komplikationen infolge dieser Immunkomplexbildungen aufweisen [104]. Bei Hepatitis-A-Infektionen geht man von einer direkten Invasion der Gallenblase aus, da sich Virusantigene in den Epithelzellen der Gallenblasenschleimhaut nachweisen lassen [16]. Ebenso liegen bei einer akuten CMV-assoziierten Cholezystitis mikroskopisch die typischen Eulenaugenzellen sowie immunhistochemisch CMV-Antigene in einer teils nekrotisierenden Cholezystitis vor [32].
Protozoen Protozoeninfektionen in Europa werden hauptsächlich durch Giardia lamblia verursacht [141]. Im Gegensatz zu Westeuropa finden sich Giardia-Infektionen häufiger in Russland und Osteuropa [20, 34]. Sie treten häufiger bei Patienten mit einer Achlorhydrie, einer Malabsorption oder einer IgA-Defizienz auf. Eine Infektion mit Giardia lamblia kann dabei in bis zu 11 % der Fälle zu hepatobiliären Störungen führen [48]. Nur selten entsteht eine akute Cholezystitis. In den meisten Fällen liegt
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eine chronische Cholezystitis mit einer Verdickung der Gallenblasenwand vor [132].
Parasiten Verschiedene Parasiten befallen die Leber und die ableitenden Gallenwege entweder während ihrer Reifungsstadien oder als adulte Tiere. Infolge solcher Infektionen können eine Pankreatitis, eine Cholezystitis, eine Cholelithiasis, eine Obstruktion oder Strikturen der Gallenwege, eine rekurrente Cholangitis oder ein Gallengangskarzinom entstehen. Die häufigsten Parasiten, die die Gallenwege mit einbeziehen und mit einer Lithiasis assoziiert sind, sind Ascaris lumbricoides, Clonorchis sinensis und Schistosomen. Die Infektion mit Ascaris lumbricoides wird auf ein Viertel der Bevölkerung der Dritten Welt geschätzt. Mehr als 200 Mio. Menschen sind mit Schistosomen infiziert, während ca. 500–600 Mio. Menschen ein Expositionsrisiko aufweisen [101]. In den letzten Jahren ist die Inzidenz der parasitären Gallenwegserkrankungen auch in den Industrieländern gestiegen. Zurückzuführen ist dies zum einen auf die in den letzten Jahren ansteigende weltweit stattfindende Migration und zum anderen auf die Zunahme der Langzeitweltreisenden aus den westlichen Ländern [89].
Wurmerkrankungen (Helminthen) Fadenwürmer (Nematoden). Ascaris lumbricoides: Askariden sind neben Oxyuren die am häufigsten beim Menschen vorkommenden Würmer. Ascaris lumbricoides kommt weltweit vor. Adulte Würmer sind typischerweise 15–30 cm lang und 3–6 mm dick [87]. Sie leben normalerweise im Dünndarm, können aber auch die Appendix oder die Gallenwege befallen. Im Gallengangsystem können sie einen Monat oder länger überleben. Ein Einbezug der Gallenblase ist sehr selten und tritt bei 2,1 % aller Gallengangsinfektionen durch Ascaris lumbricoides auf [99]. Frauen sind dreimal häufiger betroffen als Männer [75]. Neben einer parasitären Obstruktion des D. cysticus können die Würmer direkt in die Gallenblase einwandern, was zu einer akuten Cholezystitis führen kann. Der D. cysticus ist häufig dilatiert und die Gallenblase vergrößert. Verweilen die Askariden länger, sterben sie und können über eine Nidusformation zu Pigmentsteinen führen [73, 75]. Schwere Komplikationen, die in der Folge auftreten können, sind eine gangränöse Cholezystitis, ein Gallenblasenempyem, ein pericholezystischer Abszess und eine Sepsis [73]. Saugwürmer (Trematoden). Schistosomen: Ein Wurmbefall der Gallenblase durch Schistosoma mansoni ist
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selten [113]. Es können Cholezystitis-ähnliche Symptome auftreten, die jedoch nach einer Cholezystektomie verschwinden. Häufiger sind Gallenblasenveränderungen bei Patienten mit fortgeschrittener portaler Fibrose der Leber zu beobachten. Es gibt jedoch weder makroskopisch noch mikroskopisch spezifische Gallenblasenveränderungen. Eier lassen sich fast immer nachweisen, die von einer fibrösen Stromareaktion und eosinophilen Granulozyten umgeben werden. Die Fibrose der Gallenblasenwand kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein, wobei Gallengangsobstruktionen infolge einer Schistosoma-mansoni-Infektion nicht entstehen [87]. Leberegel. Sie gehören wie Schistosomen zu den Saugwürmern (Trematoden). Die häufigsten Vertreter, die Leber und Gallenwege befallen, sind Clonorchis sinensis, Opisthorchis und Fasciola hepatica. Clonorchis sinensis kommt in Südostasien endemisch vor und weist einen sehr langen Lebenszyklus auf [119]. Sie können in vivo bis zu 15–20 Jahre persistieren [87]. Ihre Größe variiert zwischen 8 und 15 mm Länge und bis zu 1 mm Dicke [87]. In ca. 10 % finden sich bei betroffenen Patienten lebende oder mumifizierte Würmer. Die Würmer können bei einer ausgeprägten Infektion nicht nur in der Leber, sondern auch in den Gallengängen oder der Gallenblase vorkommen und den D. choledochus obstruieren. Infolgedessen kann eine Dilatation der Gallenblase, der intrahepatischen oder auch der extrahepatischen Gallengänge auftreten, wobei Letzteres nicht immer vorliegt [78]. Besonders häufig weisen betroffene Patienten eine Pigmentsteincholelithiasis auf. Mikroskopisch können sich in der Gallenblase unspezifische entzündliche Veränderungen finden oder Zeichen der chronischen Cholezystitis mit unterschiedlich stark ausgeprägter Wandfibrose. Selten bestehen kleine Granulome in der Wand, die in der Peripherie von Parasiteneiern liegen. In wenigen Fällen kann eine eosinophile Cholezystitis nachweisbar sein [78]. Fasciola hepatica kommt weltweit vor, lebt gewöhnlich in den Gallengängen pflanzenfressender Tiere und weist eine Länge von 20–40 mm auf [87]. Neben einer akuten Phase wird klinisch eine chronische Phase unterschieden, in der es zu einer Obstruktion des D. choledochus durch erwachsene Würmer kommt [15]. Makroskopisch ist die Gallenblase bei betroffenen Patienten normal bis wandverdickt oder ektatisch als Folge der Obstruktion des D. choledochus. Mikroskopisch liegt in der Regel eine unspezifische oder chronische Cholezystitis mit geringer Eosiniphilie vor. Fremdkörperreaktionen durch Parasitenreste oder Larveneier werden demgegenüber jedoch kaum beobachtet. Amöben. Amöbenabszesse in der Leber sind eine der wichtigsten Komplikationen der intestinalen Infektion
Abb. 16.11 Fibröser Polyp bei chronischer Cholezystitis
mit Entamoeba histolytica [77]. Die Abszesse können rupturieren. In seltenen Fällen erfolgt die Ruptur in die Gallengänge oder in die Gallenblase. Nur sehr selten liegt eine direkte Ausbreitung eines hepatischen Amöbenabszesses in die Gallenblase vor. In diesen Fällen findet sich eine extensive Nekrose mit einem spärlichen entzündlichen Infiltrat [144]. Hydatiden. Primäre Hydatidenzysten der Gallenblase bei Echinokokkus-Infektionen sind sehr selten, viel häufiger finden sich diese im D. choledochus [50]. Die Zysten sind Folge rupturierter Leberhydatiden. Die Hydatidenzyste ist die Larvenform des Wurmes Echinococcus granulosus, der den Hund als definitiven Wirt hat. Die Erkrankung ist häufig in Australien, Neuseeland, Teilen von Afrika und in Europa, besonders in Griechenland [122]. Der Gallengang kann bis auf das 5fache vergrößert sein. Verwachsungen sind im Bereich der Gallenblase oder des Ligamentum hepatoduodenale nachweisbar. Bei Eröffnung des Gangs oder der Gallenblase finden sich als Inhalt eine oder mehrere Tochterzysten mit Galle, Eiter, dünneren Membranen und Pigmentsteinen [134].
Cholezystitis bei AIDS-Patienten Die akalkulöse Cholezystitis kann als Komplikation bei AIDS-Patienten auftreten [75, 103]. Die betroffenen Patienten sind durchschnittlich jünger als Nichtinfizierte [75]. Kryptosporidien sind dabei die häufigsten Erreger. Sie kommen in 20–62 % aller Patienten mit Symptomen einer AIDS-verursachten Cholangitis in den Gallengängen oder im Stuhl vor. Kryptosporidien besiedeln dabei die Epithelzellen der Gallengänge und der Gallenblase
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Abb. 16.12 a,b Pylorusdrüsenmetaplasie. Metaplastische Drüsen vom Pylorustyp in lobulärer Anordnung
und lösen eine unterschiedlich stark ausgeprägte Immunantwort aus. Die Zytomegalievirusinfektion ist die zweithäufigste AIDS-assoziierte Entzündung der Gallenblase. Etwa 10 % der AIDS-Patienten weisen bei einer CMV-Infektion eine biliäre Beteiligung auf [40]. Andere, meist seltene Erreger sind Mikrosporidien (speziell Enterozytozoon bieneusi und Isospora belli), Mycobacterium avium, Campylobacter fetus, Klebsiella pneumonia sowie Candida albicans und Adenoviren [36, 75, 103].
Begleitpathologie bei chronischer Cholezystitis Häufige Veränderungen, die im Rahmen einer chronischen Cholezystitis auftreten können, sind eine Schleimhautcholesterose mit Cholesterolpolypen, Schleimhautmetaplasien, inflammatorische Polypen, fibröse Polypen (Abb. 16.11), eine lymphofollikuläre Hyperplasie oder eine Adenomyomatosis [10].
Metaplasien Metaplasien der Gallenblasenschleimhaut treten in bis zu 51 % der Gallenblasen mit chronischer Cholezystitis auf. In 10 % sind diese stark ausgeprägt [48]. Am häufigsten ist eine antrale Metaplasie oder Pylorusdrüsenmetaplasie, die sich fast immer in Assoziation zu einer Cholezystolithiasis findet (Abb. 16.12). Intestinale Metaplasien sind die zweithäufigsten Schleimhautmetaplasien (Abb. 16.13). Sie sind in 10–30 % aller Patienten mit einer Cholezystolithiasis nachweisbar [10]. Selten
Abb. 16.13 Intestinale Metaplasie. Metaplastische Gallenblasenschleimhaut mit Paneth’schen Körnerzellen und Becherzellbesatz
dagegen sind Plattenepithelmetaplasien. Das Ausmaß der betroffenen Schleimhautfläche kann sehr variabel sein. In wenigen Fällen ist die Schleimhaut so irregulär verändert, dass dies mit einem neoplastischen Prozess verwechselt werden kann [79, 80]. Magenschleimhautmetaplasien sind häufig in der Nachbarschaft von Gallenblasenkarzinomen nachweisbar [81]. Ähnliches gilt für Plattenepithelmetaplasien, die sowohl bei den seltenen Plattenepithelkarzinomen und adenosquamösen Karzinomen der Gallenblase als auch bei Adenokarzinomen der Gallenblase vorgefunden werden können. Metaplastische Ossifikationen in der Wand einer chronisch entzündlich veränderten Gallenblase sind extrem selten. Zum Teil findet sich in den Ossifikationen Fettmark mit Hämatopoiese [144].
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Lymphofollikuläre Hyperplasie und lymphofollikuläre Cholezystitis Eine lymphofollikuläre Hyperplasie kann häufig im Rahmen einer chronischen Cholezystitis beobachtet werden (Abb. 16.14). Am häufigsten findet sich diese bei Frauen mit Cholezystolithiasis, wobei Klebsiella pneumoniae und Escherichia coli in der Galle nachgewiesen werden konnten. Makroskopisch kann die Schleimhaut granuliert oder polypös imponieren mit 2–9 mm großen Noduli, die in Einzelfällen sessile oder gestielte Polypen ausbilden können sein. Die Schnittfläche ist meist grauweiß. Die darunter liegende Gallenblasenwand ist häufig verdickt oder fibrosiert [10]. Mikroskopisch finden sich in der Schleimhaut unterschiedlich große und unterschiedlich dicht stehende Lymphfollikel mit Keimzentren mit dem typischen „bunten“ lymphoiden Zellbild, wobei die Lymphfollikel, meist in geringerem Ausmaß, auch in der muskulären Wandschicht und sogar in der Serosa vorliegen können [10]. Ist die lymphofollikuläre Hyperplasie stark ausgeprägt, wird auch von einer lymphofollikulären Cholezystitis gesprochen (Abb. 16.14). Differentialdiagnostisch davon abzugrenzen sind Lymphominfiltrate, insbesondere MALT-Lymphome.
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Adenomyomatose Die Adenomyomatose ist gekennzeichnet durch eine Schleimhauthyperplasie, verbunden mit Proliferation, Verzweigung und tiefem Eindringen der RokitanskyAschoff-Sinus in die muskulären und perimuskulären Wandschichten. Es können aufgrund der unterschiedlichen Ausprägung drei Formen unterschieden werden: – ein generalisierter (diffuser) Befall der gesamten Gallenblasenwand, – ein segmentaler Befall, der zu Strikturen des Organs führen kann und – eine Adenomyomatose, die auf den Fundusbereich begrenzt/lokalisiert ist. Die lokalisierte Form ist am häufigsten und findet sich im Gallenblasenfundus. Makroskopisch imponiert sie als scharf begrenzter Knoten, der sich in die Serosa oder in das Lumen der Gallenblase vorwölben kann. Auf der Schnittfläche sieht der Knoten gummiartig aus, mit kleineren Zysten. Am zweithäufigsten ist die segmentale Form, am seltensten die diffuse. Mikroskopisch besteht die Adenomyomatose aus vielfältigen verzweigten Rokitansky-Aschoff-Sinus mit einer Hyperplasie der umgebenden glatten Muskelzellen. Häufig zeigt sich eine papilläre Hyperplasie des Oberflächenepithels (Abb. 16.15). Selten sind muzinöse, foveoläre oder intestinale Epithelauskleidungen. Eine perineurale oder intraneurale Ausbrei-
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c Abb. 16.14 a–c Lymphofollikuläre Hyperplasie und lymphofollikuläre Cholezystitis. a Einzelner hyperplastischer Lymphfollikel; b,c lymphofollikuläre Cholezystitis mit unterschiedlich großen Lymphfollikeln bis in die Tunica muscularis reichend
tung kann aufgrund des pseudoinvasiven Musters mit einem Adenokarzinom verwechselt werden [7, 8]. Die Rokitansky-Aschoff-Sinus können eingedickte Galle,
Entzündungen und Cholelithiasis
Kapitel 16
der unmittelbaren Nachbarschaft, beobachtet. Sie können zudem mit einer Reihe funktioneller Störungen, z. B. des Herz-Kreislauf-Systems oder der Nieren verbunden sein.
Abb. 16.15 Adenomyomatose. Schleimhauthyperplasie mit Proliferation und Verzweigung von Rokitansky-Aschoff-Sinus in eine hypertrophe Tunica muscularis und in das perimuskuläre Bindegewebe
Schleim oder Steine enthalten (s. Abb. 16.2b). Infiltrate von Entzündungszellen und Fibroseareale können die Sinus umgeben. Bei entzündlicher Infiltration des Epithels kann eine regeneratorische Epithelhyperplasie auftreten. Die retinierten Schleimbestandteile können zu einer Ruptur der Sinus führen und der Schleim kann in das benachbarte Stroma austreten und eine riesenzellige Fremdkörperreaktion hervorrufen. Dies sollte jedoch differentialdiagnostisch nicht mit einem muzinösen Adenokarzinom verwechselt werden [9].
Cholelithiasis Definition. Unter der Cholelithiasis versteht man das Vorkommen von Gallensteinen in der Gallenblase sowie in den Gallenwegen. Gallensteine sind ein kristallisiertes Ausfallprodukt der Galleflüssigkeit. Sie werden anhand ihrer chemischen Zusammensetzung in zwei Gruppen unterteilt: Cholesterinsteine und Nichtcholesterinsteine, die Pigmentsteine. Gallensteine in der Gallenblase werden als Cholezystolithiasis bezeichnet und in den extra-/ intrahepatischen Gallengängen als Cholangiolithiasis. Die häufigste Form der Cholangiolithiasis ist die Choledocholithiasis, also der Nachweis von Konkrementen im D. choledochus. Im praktischen Sprachgebrauch wird Cholelithiasis meist synonym mit Cholezystolithiasis verwendet. Als Folge des Steinleidens kann eine Reihe pathologischer Erscheinungen, die mit unterschiedlicher Häufigkeit und Intensität sowie in unterschiedlichen Kombinationsformen auftreten, vorkommen. Folgen der Cholelithiasis werden an der Gallenblase, den Gallengängen, der Leber und anderen Organen, besonders
Epidemiologie. Gallensteine wurden bereits bei den alten Ägyptern beschrieben [53]. Die Cholelithiasis ist die häufigste Erkrankung der Gallenwege und die zweithäufigste kostenverursachende Erkrankung des Verdauungstrakts [21]. Die Cholezystektomie infolge einer Cholelithiasis ist neben der Appendektomie eine der häufigsten Operationen in der Abdominalchirurgie. Die erste Cholezystektomie wurde 1882 in Berlin durchgeführt [53]. Epidemiologisch bestehen große Unterschiede zwischen den westlichen Industrieländern und den Entwicklungsländern, aber auch geographische und ethnische Faktoren spielen eine Rolle [11, 117]. Während das Auftreten von Gallensteinen in Skandinavien, USA, Deutschland, Österreich, Großbritannien, Südafrika, Schweiz, Israel und Australien hoch ist, ist es geringer ausgeprägt in Japan und der schwarzen Bevölkerung in den USA und niedrig in Griechenland, Ägypten oder Sambia [117]. Nach den amerikanischen Pima-Indianern und Chilenen mit amerikoindianischen Wurzeln weist die schwedische Bevölkerung die höchste Prävalenz einer Cholelithiasis auf [96, 117]. Die Inzidenz hat in den letzten Jahren in den asiatischen Ländern aufgrund der veränderten Ernährung ebenfalls zugenommen [116, 140]. In den westlichen Industrieländern haben 10–20 % aller Erwachsenen Gallensteine [11, 82]. Die Prävalenz ist bei Frauen doppelt so hoch wie bei Männern [11]. Frauen haben bis zum Alter von 50 Jahren etwa 3-mal häufiger Gallensteine als Männer [39]. Sie steigt ebenfalls mit zunehmendem Alter. Jenseits des 20. Lebensjahres kommt es besonders bei Frauen zu einer Zunahme der Gallensteininzidenz. Dies gilt vor allen Dingen für Frauen, die eine oder mehrere Geburten hatten. Bei Männern tritt eine erhöhte Gallensteinprävalenz nach dem 50. Lebensjahr auf. Die absolute Häufigkeit ist ab dem 70. Lebensjahr dann größer als bei Frauen. Die Prävalenz für beide Geschlechter beträgt ab dem Alter von 70 Jahren ca. 30 % [124]. Bei Kindern sind Gallensteine dagegen selten. Sie entstehen meistens auf dem Boden prädisponierender Erkrankungen wie z. B. aufgrund einer chronischen Hämolyse bei Kugelzellanämie, unbehandelter Zöliakie, bei Mukoviszidose, bei ausgedehnter Ileumresektion oder bei Hypercholesterinämien [117]. Bei Kindern mit malignen Erkrankungen ist das Gallensteinrisiko durch eine Stammzelltransplantation, Ileumkonduit, parenterale Ernährung, abdominale Operationen und abdominale Bestrahlung erhöht [58]. Mit zunehmendem Lebensjahr steigt auch bei Kindern die Prävalenz der Gallensteine. Bei Kindern und Jugendlichen liegt diese zwischen 0,5 und 6,8 % [117].
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Ätiologie. Die Bildung von Gallensteinen wird durch genetische Faktoren und Umweltfaktoren beeinflusst. Prädisponierende Faktoren einer Cholelithiasis, insbesondere für Cholesterinsteine, werden häufig im Angloamerikanischen unter den sechs „F“ zusammengefasst: „female, fat, fertile, forty, fair, family“ (weiblich, übergewichtig, fruchtbar, vierzig Jahre alt, blond, familiäre Häufung). Es gibt jedoch eine Reihe anderer Faktoren, die die Bildung von Gallensteinen beeinflussen bzw. begünstigen (s. auch Übersicht). Zu ihnen gehören unter anderem: – totale parenterale Ernährung, – schnelle Gewichtsabnahme bei sehr fettarmer Ernährung, – hämolytische Erkrankungen (z. B. Sichelzellanämie, Thalassämie oder Sphärozytose), – Leberzirrhose, – Ileumresektion, – Gastrektomie, – chronische Infektion (Morbus Crohn, HCV), – hohe Rückenmarksverletzung, – Medikamente, – Hyperparathyreoidismus, – parasitäre Infektionen [111, 117]. Risikofaktoren der Cholezystolithiasis [111, 117] – Übergewicht und metabolisches Syndrom – Weibliches Geschlecht und Multiparität – Alter – Familiäre Disposition – Genetische Faktoren – Totale parenterale Ernährung – Schnelle Gewichtsabnahme bei sehr fettarmer Ernährung – Hämolytische Erkrankungen (z. B. Sichelzellanämie, Thalassämie oder Sphärozytose) – Leberzirrhose – Ileumresektion – Gastrektomie – Chronische Infektion (z. B. Morbus Crohn, HCV) – Hohe Rückenmarksverletzung – Medikamente (z. B. Ceftriaxon, Cholestyramin, Clofibrat, orale Kontrazeptiva, Octeotrid) – Hyperparathyreoidismus – Parasitäre Infektionen (z. B. Leberegel, Ascaris lumbricoides, Schistosoma mansoni)
Übergewicht und metabolische Faktoren: Die Hauptrisikofaktoren für Cholesteringallensteine finden sich im metabolischen Syndrom wieder. Dazu gehören Übergewicht, Diabetes mellitus (Typ 2), Dyslipidämie und Hyperinsulinämie [111]. Gallensteine kommen häufiger
bei Übergewichtigen als bei Normalgewichtigen vor. Ein erhöhter BMI (Body Mass Index) ist ein Risikofaktor für die Bildung und das Wachstum von Gallensteinen. Prolithogene Faktoren, die mit Übergewicht einhergehen, wie Gallestase, Insulinresistenz und ein vermindertes HDL-Cholesterin, begünstigen ebenfalls eine Steinbildung [111]. Ein schneller Gewichtsverlust (> 1,5 kg/Woche) bei Übergewichtigen z. B. durch eine sehr kalorienarme Diät ( 1 auf. Der CSI gibt das Verhältnis von gelöstem zu maximal löslichem Cholesterin an. Bei einem CSI > 1 besteht eine erhöhte Neigung, Cholesterinkristalle und Gallensteine zu bilden. Die häufigste Ursache einer unphysiologisch hohen Übersättigung der Galle ist eine verstärkte hepatische Sekretion von Cholesterin durch eine erhöhte Cholesterinbiosynthese. Der verstärkte Transfer von Cholesterin in die Galle erfolgt durch eine erhöhte 3-Hydroxy-3-Methyl-Glutaryl-CoA-Reduktaseaktivität (HMG-CoA). Die wurde besonders bei Übergewichtigen beobachtet [53]. Die Lithogenität einer Galle hängt aber nicht nur von der absoluten Cholesterinkonzentration ab, sondern auch von der Konzentration der Gallensäuren und der Phospholipide. Eine reduzierte Aktivität der 7-α-Hydoxylase kann dabei die Konzentration der Gallensäuren und eine geringere MD3-Aktivität die Konzentration von Phospholipiden verringern und somit ebenfalls zu einem erhöhten CSI führen [53]. Entscheidend für die Steinbildung ist, dass die Kapazität des mizellären Systems zur Lösung des Cholesterins in der Galle durch eine zu hohe Cholesterinkonzentration überfordert ist. Eine primäre Hyposekretion von Gallensäuren als Ursache ist sehr selten. Eine sekundäre Hyposekretion kommt dann vor, wenn die Funktion des Ileums als rückresorbierendes Organ gestört ist. Als Ursache kommt ein angeborener Rezeptormangel oder die Resektion des Ileums in Frage (z. B. bei Morbus Crohn). Die damit einhergehenden Verluste von Gallensäuren können dann nicht durch eine De-novo-Synthese in der Leber kompensiert werden [59]. Nukleation oder Initiation der Steinbildung: Cholesteringallensteine bilden sich nur in einer Gallenblasengalle, die mit Cholesterin übersättigt ist. Die Nukleation der Cholesterinsteine beginnt mit der Bildung von Cholesterin-Monohydrat-Kristallen [117]. Dabei ist die alleinige Übersättigung bzw. das Auftreten dieser Cholesterin-Monohydrat-Kristalle nicht ausreichend. Ein weiterer begünstigender Faktor ist die Nukleationszeit. Während bei Normalpersonen die Nukleationszeit zwischen 5 und 15 Tagen beträgt, liegt diese bei Gallensteinträgern unter 4 Tagen [60]. Der Cholesterinsättigungsindex unterscheidet sich jedoch meist nicht, so dass man annimmt, dass die beschleunigte Nukleation bei Gallensteinträgern durch Nukleationspromotoren gefördert wird, hingegen bei normalen Patienten durch
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Nukleationsinhibitoren unterdrückt wird. Möglichweise handelt es sich jedoch um die Kombination beider Mechanismen. Bei der Nukleation wird zwischen einer homogenen und heterogenen Form unterschieden. Die homogene Nukleation tritt ab einer 300%igen Übersättigung von Cholesterin in der Galle auf, die heterogene bereits bei einer Übersättigung von 100–200 % [148]. Die heterogene Form beobachtet man bei der menschlichen Gallensteinbildung. Eine Reihe von Faktoren können die Nukleation fördern. Dazu gehören Kalziumbilirubinat, Kalziumkarbonat und Mikroorganismen. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von Proteinen, die eine fördernde und inhibierende Wirkung auf die Nukleation haben. Zu den Promotoren gehören Muzine, Immunglobulin G und M, Aminopeptidase-N, α1-Antitrypsin, Haptoglobin und α1-Acid Glykoprotein [53]. Nukleationsinhibitoren sind die Apolipoproteine A1 und A1 sowie biliäre Glykoproteine [53, 117]. Die nukleationsfördernden Muzine (MUCs) sind zum einen membrangebundene Muzine (MUC1, MUC3A, MUC3B, MUC4, MUPCDH) und Muzine, die eine Art „Fanggel“ bilden (MUC2, MUC5AC, MUC5B, MUC6). Letztere sind die ideale Voraussetzung für die Gallensteinbildung, da sie die Nukleation von Cholesterin-Monohydrat-Kristallen aus einer übersättigten Galle fördern. Membrangebunde Muzine führen zu einer vermehrten Cholesterinabsorption und zu einer verminderten Gallenblasenmotilität [23, 93]. Die verstärkte Muzinsekretion erfolgt durch eine verstärkt hydrophobe Zusammensetzung der Gallensäuren, aber auch andere Faktoren wie inflammatorische Zytokine, bakterielle Bestandteile oder Wachstumsfaktoren können die Muzinproduktion erhöhen [23, 93]. Das biliäre Apolipoprotein A1, das die Nukleationsphase der Gallensteinbildung hemmt, liegt bei Patienten mit Gallensteinen in verminderter Konzentration vor [23]. Es verlängert normalerweise die Nukleationszeit und reduziert die Wachstumsrate von Cholesterinkristallen [23]. Hypomotilität und biliäre Stase: Um große makroskopisch sichtbare Steine zu bilden, muss nicht nur die Galle mit Cholesterin übersättigt sein, sondern es muss für die Mikrokristalle genug Zeit in der Gallenblase verbleiben, um zu aggregieren und zu wachsen. Die notwendige Stase, die diesen Ablauf der Ereignisse begünstigt, kann auf drei Arten erreicht werden: – eine Hypomotilität der Gallenblase mit daraus resultierender verlängerter Verweildauer der Galle in der Gallenblase, – eine unvollständige Entleerung der Gallenblase mit daraus resultierender biliärer Stase, – eine exzessive Bildung von Schleim, das als „Fanggel“ dient, um Kristalle zu binden und zu verhindern, dass sie von der Gallenblase in den D. cysticus gelangen.
Normalerweise entleert die Gallenblase 20–30 % ihres Volumens innerhalb von 2–3 h während der Fastenphase und 70–80 % nach einer Stimulation durch Cholezystokinin (CCK) während der Nahrungsaufnahme [23]. Die Interaktion zwischen Kontraktion und Relaxierung hat entscheidenden Einfluss auf die Zirkulation der Gallensäuren im enterohepatischen Kreislauf und auf die Absorption von Fetten und fettlöslichen Vitaminen. Bei Patienten mit Cholesterinsteinen konnte ein erhöhtes Residualvolumen der Gallenblase während der Fastenphase und eine verminderte Kontraktion infolge einer CCK-Ausschüttung beobachtet werden. Diese Dysmotilität der Gallenblase tritt früh in der Entstehung von Cholesterinsteinen auf. Man nimmt an, dass eine verminderte Kontraktion der glatten Muskulatur nach CCK-Stimulation bei Patienten mit Cholesterinsteinen vorliegt, wahrscheinlich durch eine geringere Anzahl von membranständigen CCK-Rezeptoren [23]. Die eingeschränkte Gallenblasenentleerung führt dabei zu einer vermehrten Stase lithogener Galle, die wiederum eine erhöhte Konzentration im Gallenblasenepithel hervorruft. Das in der lithogenen Galle vermehrt enthaltene Cholesterin sowie die Gallensäuren haben wiederum einen hemmenden Effekt auf die Gallenblasenkontraktion. Darüber hinaus scheinen interstitielle Cajal-Zellen in der Muscularis propria ebenfalls einen Einfluss auf die Motilität der Gallenblase zu haben. Bei Patienten mit Gallensteinen konnte eine verminderte Anzahl von Cajal-Zellen im Vergleich zu gallensteinfreien Patienten beobachtet werden [23]. Dass eine Gallenblasenhypomotilität der Steinbildung vorausgeht und damit eine wichtige Rolle in der Pathogenese der Gallensteine spielt, lässt sich bei Akromegaliepatienten beobachten, die mit Octreotidacetat (Sandostatin), einem Somatostatin-Analogon, behandelt wurden. Bis zu 50 % dieser Patienten entwickelten Gallensteine innerhalb von 6–12 Monaten nach Therapie. Somatostatin verhindert die durch Nahrungsmittelzufuhr stimulierte CCK-Sekretion im Dünndarm und behindert somit die Kontraktion der Gallenblase. Das Gallenblasenepithel, das in der Gallenblase der höchsten Konzentration der Gallelipide am längsten ausgesetzt ist, sezerniert normalerweise verschiedene Proteine, die vor hohen Gallesalz- und Cholesterinkonzentrationen schützen. Liegt eine lithogene Galle vor, kommt es zu einer veränderten Sekretion dieser Proteine, was zu einem Ungleichgewicht nukleationsfördernder und -hemmender Faktoren führt [23]. Ein wichtiger Faktor ist dabei die vermehrte Schleimbildung der Gallenblase, die durch eine vermehrte Muzinsekretion beeinflusst und durch Muzingene reguliert wird. Der kolloidale Schleim wird dabei in einen Gelzustand überführt, der es ermöglicht, Kristalle zu binden und somit den Nukleationsprozess zu beeinflussen. Die damit erhöhte Viskosität der Galle hat neben der Hypomotilität der Gallenblase ebenfalls Einfluss auf die biliäre Stase
Entzündungen und Cholelithiasis
und ist somit bei der Entstehung von Sludge und Gallensteinen beteiligt. Die biliäre Viskosität wird jedoch nicht nur von Muzinen, sondern auch von Phospholipiden bestimmt [67]. Pathogenese der Pigmentsteine. Pigmentsteine können als schwarze oder braune Pigmentsteine vorliegen. Schwarze Pigmentsteine finden sich vermehrt bei Hämolysen, einer ineffektiven Erythropoiese, abnormer enterohepatischer Zirkulation von unkonjugiertem Bilirubin oder einer Leberzirrhose. Braune Pigmentsteine sind dagegen mit einer biliären Infektion assoziiert [22, 117]. Unabhängig der Art des Pigmentsteins konnte gezeigt werden, dass in über 70 % aller Pigmentsteine Bakterien nachweisbar sind [135]. Grundvoraussetzung für die Entstehung von Pigmentsteinen ist eine Hyperbilirubinämie. Diese entsteht durch die Dekonjugation von Bilirubin-Glukuronid in unkonjugiertes Bilirubin und Glukuronsäure, was entweder durch eine endogene oder durch eine bakterielle β-Glukuronidase erfolgt. Unterstützt wird dies durch eine Stase der Galleflüssigkeit. Pigmentsteine enthalten zu über 90 % unkonjugiertes Bilirubin, während 98 % des Bilirubins in der Galle normalerweise konjugiert ist [117]. Es ist schwierig, unkonjugiertes Bilirubin in der Galle genau zu messen. Man nimmt jedoch an, dass die hepatische Bilirubinkonjugation unvollständig ist und deshalb 2–5 % des totalen Bilirubins, das in die Galle abgegeben wird, unkonjugiert ist. Normalerweise spielt dies keine Rolle, da das konjugierte (wasserlösliche) und das unkonjugierte (wasserunlösliche) Bilirubin in Mizellen transportiert wird. Bei chronischen Leberschäden und bei hämolytischen Erkrankungen wie der Sichelzellanämie, der Thalassämie oder der Sphärozytose ist die Kapazität der Leber, Bilirubin zu konjugieren, herabgesetzt. Das resultierende unkonjugierte Bilirubin wird in die Galle sezerniert, wo es mit Kalziumionen lösliche Salze binden kann. Bei erhöhter Kalziumkonzentration können jedoch Präzipitate entstehen, so dass Erkrankungen, die mit einer erhöhten Plasma-Kalzium-Ionen-Konzentrationen einhergehen, wie zum Beispiel ein Hyperparathyreoidismus, und somit einen Risikofaktor, insbesondere die Entstehung für schwarze Pigmentsteine, darstellen. Schwarze Pigmentsteine: Erhöhte Konzentrationen von konjugiertem Bilirubin finden sich bei Patienten mit schwarzen Pigmentsteinen. Die Dekonjugation des konjugierten Bilirubins erfolgt zum einen durch eine endogene β-Glukuronidase, die von den Hepatozyten sezerniert wird oder in geringerer Ausprägung biliärer Epithelzellen entstammt und zum anderen durch eine nichtenzymatische Hydrolyse entsteht. Neben einem Anstieg der absoluten Konzentration von biliären unkonjugiertem Bilirubin findet sich bei Patienten mit
Kapitel 16
schwarzen Pigmentsteinen ebenso eine Vermehrung von Kalziumbilirubinatpräzipitaten, die Voraussetzung für einen Nidus bei der Gallensteinformation sind [22, 53, 117]. Als prälithogener Zustand von schwarzen Pigmentsteinen gilt biliärer Sludge. Dieser besteht aus Kalzium, mono- und unkonjugiertem Bilirubin sowie Muzinglykoproteinen und dient als Matrix für Pigment- und Cholesterinsteine. Pigmentsteine enthalten eine MuzinGlykoprotein-Matrix, so dass möglicherweise eine Muzinhypersekretion der Gallenblase zu einer Interaktion zwischen der Muzingelschicht und dem Kalziumbilirubinat führt [117]. Eine ähnliche Assoziation der Pigmentsteine ist für Osteopontin, einem lithogenen kalziumbindenden Glykoprotein, das von der Gallenblasenschleimhaut sezerniert wird, beobachtet worden [62, 148]. Braune Pigmentsteine: Voraussetzung für die Bildung brauner Pigmentsteine ist eine Infektion der Gallenwege durch anaerobe Bakterien, die β-Glukuronidase sezernieren und Bilirubin-Glukuronid in unkonjugiertes Bilirubin und Glukuronsäure hydrolisieren, aber auch den pH-Wert der Galle senken und somit die Löslichkeitseigenschaften ändern [117]. Eine Stase der ableitenden Gallenwege infolge einer Dysfunktion des Sphincter Oddi, Strikturen der Gallenwege z. B. infolge chirurgischer Eingriffe oder Fremdkörper wie abgegangene Gallenblasensteine, Parasiten und ihre Eier bzw. parasitäre Überreste von Leberegeln und Nematoden führen zu einer Infektion und einem Überwachsen der Gallenwege mit anaeroben Bakterien. Neben einer Stase rufen aber auch Infektionen und lithogene Bedingungen eine vermehrte Bildung von gelartigem Sekret in den Gallenwegen durch eine verstärkte Sekretion von Muzinen hervor. Darüber hinaus ändert sich die chemische Zusammensetzung der Gallenflüssigkeit durch die Aktivitäten endogener Enzyme oder Enzyme anaerober Bakterien. Die darin enthaltenen biliären Lipide werden nicht nur in unkonjugiertes Bilirubin, sondern auch in Kalziumfettsäuren wie Kalziumpalmitat und Kalziumstearat abgebaut. Andere Bestandteile der Pigmentsteine wie unkonjugierte Gallensäuren, Bakterienbestandteile, Muzin und verschiedene Glykoproteine entstammen dabei aus den Bakterien selbst oder aus den Wänden der Gallengänge [117]. Die durch die Anwesenheit von Kalzium gebildeten unlöslichen Präzipitate können sich als eine Art Nukleus in den Gallenwegen ablagern. Darüber hinaus können bei Infektionen mit Leberegeln oder Würmern wie Ascaris lumbricoides die Bestandteile der Parasiten ebenfalls eine Art Nukleus bzw. Nidus des braunen Pigmentsteins bilden [137]. Die Kombination aus Kalziumsalzen, Cholesterin und einer muzinösen Gelschicht fördert dabei nicht nur das Anwachsen anaerober Bakterien, sondern hemmt auch deren Eliminierung, da sie wie eine Art Schutzschild wirken. Der Verschluss der Gallengänge durch braune
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Pigmentsteine ruft dabei wiederum einen Circulus vitiosus hervor, da durch den Verschluss ebenfalls eine Stase und eine chronische anaerobe bakterielle Infektion hervorgerufen bzw. unterhalten wird. In seltenen Fällen können unter vermeintlich sterilen Bedingungen innerhalb des Gallengangs bei Patienten mit Caroli-Syndrom oder solitärer Choledochuszyste ebenfalls braune Pigmentsteine auftreten, die als Folge einer vermehrten Stase einzuordnen sind [137]. Sludge: Gallenblasen-Sludge ist viskös eingedickte Galle und besitzt eine ähnliche Zusammensetzung wie Gallensteine. Es gilt als potentielle Vorstufe von Gallensteinen [43]. Sludge besteht aus eingedicktem Muzin, Cholesterinflüssigkristallen, Cholesterinmonohydratkristallen, Kalziumbilirubinat und ggf. Kalziumkarbonat und -phosphat, das sich auf der Oberfläche der Gallenblasenschleimhaut befindet. Die zentrale Matrix von Cholesterinsteinen, die aus einem Komplex aus Muzin und Bilirubin besteht, ist dem Sludge sehr ähnlich. Die Bildung von Sludge kann experimentell durch eine Ligatur des D. cysticus oder durch totale parenterale Ernährung erzeugt werden. Sludge ist meist asymptomatisch und 1 cm im Durchmesser besitzen dabei ein höheres malignes Potential [1, 73]. Mikroskopisch können drei Hauptwachstumsmuster unterschieden werden: tubuläre, papilläre (villöse) und tubulopapilläre (tubulovillöse) Adenome. Das tubuläre Adenom ist dabei am häufigsten zu finden. Mischformen wie tubulopapilläre Adenome liegen dann vor, wenn mindestens 20 % der Läsion jeweils aus tubulären bzw. papillären Strukturen bestehen. Zytologisch können sie unabhängig ihres Wachstumsmusters in Adenome vom Pylorusdrüsentyp, vom intestinalen Typ, vom foveolären Typ und vom biliären Typ eingeteilt werden [10, 11, 13]. Selten können auch onkozytäre Varianten auftreten [11]. Adenome vom Pylorusdrüsentyp und intestinalen Typ finden sich in der Gallenblase häufiger als in den extrahepatischen Gallengängen. Adenom vom Pylorusdrüsentyp: Das Adenom vom Pylorusdrüsentyp weist meist ein tubuläres Wachstumsmuster auf. In 3 % der Fälle lässt sich eine papilläre Form nachweisen [13]. Das tubuläre Adenom vom Pylorusdrüsentyp ist mit 82 % das häufigste Gallenblasen adenom. Es besteht aus Läppchen, die sich aus dicht gepackten pylorusähnlichen Drüsen zusammensetzen. Einige von ihnen sind zystisch dilatiert und von einem normalen Gallenblasenepithel überkleidet (Abb. 17.1). Häufig sind Paneth’sche Körnerzellen und neuroendokrine Zellen nachweisbar, ebenso wie kleine plattenepitheliale Nester ohne Verhornungen. Per definitionem
Tumoren der Gallenblase Tab. 17.1 WHO-Klassifikation von Tumoren der Gallenblase und der extrahepatischen Gallengänge. (modifiziert nach [26, 94, 160]) Tumortyp
ICD-O-CodeNummer
Epitheliale Tumoren
Kapitel 17
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Tab. 17.1 (Fortsetzung) Tumortyp
ICD-O-CodeNummer
Neuroendokrine Neoplasien (NEN) Neuroendokriner Tumor (NET)
Prämaligne Läsionen Adenom
8140/0 Tubulär
8211/0
Papillär
8260/0
Tubulopapillär
8263/0
Niedriggradige biliäre intraepitheliale Neoplasie (BilIN-1/2)
8240/3
NET G2
8249/3
NET G3 Neuroendokrines Karzinom (NEC)
8148/0
Hochgradige biliäre intraepitheliale Neoplasie (BilIN-3)
NET G1 (Karzinoid)
Großzellig neuroendokrines Karzinom
8013/3
Kleinzellig neuroendokrines Karzinom
8041/3
Intrazystische (Gallenblase) oder intraduktale (Gallengänge) papilläre Neoplasie mit niedriggradiger intraepithelialer Neoplasie
8503/0
Gemischte neuroendokrine-nichtneuroendokrine Neoplasien (MiNEN) 8244/3
Intrazystische (Gallenblase) oder intraduktale (Gallengänge) papilläre Neoplasie mit hochgradiger intraepithelialer Neoplasie
8503/2
Gemischtes neuroendokrines Adenokarzinom Becherzellkarzinoid
8243/3
Muzinös zystische Neoplasie mit niedriggradiger intraepithelialer Neoplasie
8470/0
Muzinös zystische Neoplasie mit hochgradiger intraepithelialer Neoplasie
8470/2
8245/1
Mesenchymale Tumoren
Karzinom Adenokarzinom
Tubuläres Karzinoid
8140/3 vom biliären Typ
8140/3
gastrisch-foveolärer Typ
8140/3
vom intestinalen Typ
8144/3
klarzelliges
8310/3
muzinöses
8480/3
siegelringzelliges
8490/3
Adenosquamöses Karzinom
8560/3
Intrazystische (Gallenblase) oder intraduktale (Gallengänge) papilläre Neoplasie, assoziiert mit einem invasiven Karzinom
8503/3
Muzinös zystische Neoplasie, assoziiert mit einem invasiven Karzinom
8470/3
Plattenepithelkarzinom
8070/3
Undifferenziertes Karzinom
8020/3
Granularzelltumor
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Leiomyom
8890/0
Kaposisarkom
9140/3
Leiomyosarkom
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Rhabdomyosarkom
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Lymphome Sekundäre Tumoren ICD-O International Classification of Diseases – Oncology
haben diese Adenome niedriggradige Dysplasien. Hingegen können größere Adenome (> 1 oder > 2 cm) eine hochgradige Dysplasie aufweisen oder mit Herden eines invasiven Karzinoms assoziiert sein. Wenn Adenome eine Größenprogredienz aufweisen, findet sich in einigen ein Stiel, der sich ins Lumen vorwölben kann. Selten breiten sie sich in Rokitansky-Aschoff-Sinus aus, was mit einem Karzinom verwechselt werden kann [10]. Immunhistochemisch weisen diese Adenome eine Expression für MUC6 auf [10, 11].
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a Abb. 17.1 a,b Adenom vom Pylorusdrüsentyp. a,b Dicht stehende Tubuli vom Pylorusdrüsentyp in Läppchen angeordnet und teils zystischer Dilatation der Tubuli. Das einreihige Epithel besteht aus
b kubischen, teils zylindrischen Zellen mit hellem bzw. schwach eosinophilem Zytoplasma
Adenom vom gastrisch-foveolären Typ: Dieser seltene Typ des Gallenblasenadenoms vom gastrisch-foveolären Typ zeigt meist einen tubulopapillären Aufbau und besteht aus schmalen Zylinderepithelien mit kleinen basalen hyperchromatischen Zellkernen und stark muzinhaltigem Zytoplasma (Abb. 17.2). Einige dieser Tumoren entstehen in den Aschoff-Rokitansky-Sinus im Rahmen einer Adenomyose. Immunhistochemisch lässt sich in diesen Adenomen eine Expression für MUC5AC, aber auch für MUC6 nachweisen [1]. Adenom vom intestinalen Typ: Gallenblasenadenome vom intestinalen Typ sind selten und in der Regel größer als tubuläre Adenome vom Pylorusdrüsentyp. Mikroskopisch bestehen sie aus dysplastischen tubulären Drüsen, die von intestinalen Epithelien ausgekleidet werden und sehr stark den tubulären Adenomen der kolorektalen Schleimhaut ähneln (Abb. 17.3 und 17.4). In den neoplastischen Epithelzellen lassen sich immunhistochemisch Zellen mit einer Expression für CK20 und CDX2 nachweisen sowie in einem geringen Anteil für MUC2 [1]. Adenom vom biliären Typ: Adenome mit einem biliären Phänotyp sind sehr selten und werden in papilläre und tubuläre Formen unterteilt. Sie zeigen zytologisch ein regelrecht erscheinendes biliäres Epithel. Immunhistochemisch weisen diese Adenomzellen eine Expression für MUC1 auf [1, 10]. Differentialdiagnose. Gallenblasenpolypen finden sich in ca. 5 % aller Erwachsenen. Nur ca. 4 % aller Gallenblasenpolypen sind Adenome [79]. Die Mehrheit bilden Pseudopolypen, die kein neoplastisches Potential aufweisen. Zu den Pseudopolypen gehören
Abb. 17.2 Adenom vom gastrisch-foveolären Typ. Tubulärer, teils tubulopapillärer Aufbau mit einreihiger Epithelauskleidung durch Zylinderepithelzellen mit muzinösem Zytoplasma
die Cholesterose der Gallenblasenschleimhaut bzw. Cholesterolpolypen, die ungefähr 60 % aller Gallenblasenpolypen ausmachen. Weiterhin liegen in 25 % eine Adenomyomatosis und in ca. 10 % inflammatorische Polypen neben fibrösen Polypen, Schleimhautmetaplasien oder Heterotopien vor. Die häufigsten Heterotopien sind gastrale Heterotopien und Pankreasheterotopien (Abb. 17.5). In Einzelfällen wurde aber auch heterotopes Leber- und Schilddrüsengewebe beschrieben sowie Nebennierenrindegewebe [13]. Zu den nichtadenomatösen neoplastischen Polypen zählen beninge mesenchymale Tumoren wie Leiomyome oder Lipome, die jedoch insgesamt sehr selten sind [79].
Tumoren der Gallenblase
a Abb. 17.3 a,b Tubuläres Adenom vom intestinalen Typ mit niedriggradiger Dysplasie und Schleimhautcholesterose. a,b Tubuli mit intestinalem Epithel, die eine gleiche Morphologie wie kolorektale Adenome besitzen. Die Dysplasien sind gering ausgeprägt. Zusätz-
a Abb. 17.4 a,b Tubuläres Adenom vom intestinalen Typ mit hochgradiger Dysplasie. a,b Dos-à-dos stehende Tubuli mit intestinalem
Biliäre intraepitheliale Neoplasien Definition. Biliäre intraepitheliale Neoplasien (BilIN) sind meist makroskopisch nicht abgrenzbare epitheliale prämaligne Läsionen der Gallenblasenschleimhaut, die mikroskopisch durch atypische epitheliale Zellen mit viellagigen Kernen und mikropapillären Projektionen in das Gallenblasenlumen charakterisiert sind [173, 174]. Sie sind auf die Schleimhaut begrenzt und weisen kein infiltratives Wachstum auf. Je nach Grad der Atypien können eine niedriggradige (BilIN1/2) und eine hochgradige biliäre intraepitheliale Neoplasie (BIlIN-3)
Kapitel 17
b lich ist die Lamina propria aufgeweitet durch schaumzellig transformierte Makrophagen bei Schleimhautcholesterose
b Epithel und hochgradiger Zell- und Kernpolymorphie mit Ähnlichkeit zu kolorektalen Adenomen
unterschieden werden. Für die BilIN-3 wird, wie auch im übrigen Gastrointestinaltrakt, empfohlen, diese dem Carcinoma in situ gleichzusetzen [10]. Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese. Die Inzidenz der BilIN-3-Läsionen geht parallel mit der der Gallenblasenkarzinome einher. Ihre Prävalenz ist höher in Ländern, in denen Gallenblasenkarzinome endemisch vorkommen. Die Inzidenz der BilIN-3-Läsionen in Gallenblasen, die eine Lithiasis aufweisen, variiert demnach von 0,5–3 % [14]. Zusätzlich zur Cholezystolithiasis kommen BilIN-3-Läsionen in der Nachbarschaft von invasiven Karzinomen vor. Sie können auch bei Patienten
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Abb. 17.5 Pankreasheterotopie. Ektopes Pankreasgewebe im perimuskulären Fett‑/Bindegewebe der Gallenblasenwand mit azinären Läppchen und Gangstrukturen
mit einer FAP gefunden werden, ebenso bei Patienten mit einer sklerosierenden Cholangitis und einem pankreatikobiliären Reflux [10, 24, 81, 113]. Morphologie. Makroskopisch sind BilIN im Gegensatz zu Gallenblasenadenomen üblicherweise nicht abgrenzbar, da sie meist in Assoziation zu einer chronischen Cholezystitis auftreten. Die Schleimhaut kann dabei granulär, nodulär, plaqueartig oder trabekulär verändert sein. Mikroskopisch weisen biliäre intraepitheliale Neoplasien eine verschobene Kern-Plasma-Relation, einen partiellen Verlust der Kernpolarität und eine nukleäre Hyperchromasie auf. Die biliären intraepithelialen Neoplasien werden je nach Ausmaß der Atypien in zwei Subtypen eingeteilt. Die BilIN-1 und BilIN-2 entsprechen niedriggradigen Läsionen und die BilIN-3 einer hochgradigen Läsion bzw. dem Carcinoma in situ [174]. Die BilIN-1 und BilIN-2 der Gallenblase sind mikroskopisch durch geringe Atypien der Zytoarchitektur gekennzeichnet Dazu gehören eine Vergrößerung der Zellen, eine Pseudostratifikation der Kerne und eine Hyperchromasie. Sie werden typischerweise inzidentell entdeckt und haben keine klinische Signifikanz. Die BilIN-3 tritt üblicherweise vor dem Hintergrund einer Metaplasie vom Pylorustyp oder vom intestinalen Typ auf [10, 68]. Becherzellen lassen sich ca. in einem Drittel der Fälle nachweisen. Ein abrupter Übergang zwischen regelrecht imponierenden Zellen und dysplastischen Zellen lässt sich bei praktisch allen Fällen beobachten. Fünf verschiedene zytologische Phänotypen sind abgegrenzt worden: biliäre, intestinale, onkozytäre, plattenepitheliale und siegelringzellige (Abb. 17.6, 17.7 und 17.8; [3, 43]). Findet sich eine BilIN-3 in Nachbarschaft eines Karzinoms, korreliert der Phänotyp der BilIN-3 nicht im-
Abb. 17.6 Biliäre intraepitheliale Neoplasie mit niedriggradiger intraepithelialer Neoplasie (BilIN 1) vom intestinalen Typ
mer mit dem des Karzinoms. Das Vorliegen plattenepithelialer intraepithelialer Neoplasien wird jedoch eher in der Nachbarschaft eines Plattenepithelkarzinoms beobachtet. Ähnliches wird für intestinale intraepitheliale Neoplasien und dem Auffinden von Gallenblasenkarzinomen vom intestinalen Typ beschrieben [10]. In der Nachbarschaft von Gallenblasenkarzinomen sind zwei Wachstumsformen der BilIN beobachtet worden. Zum einen eine flache intraepitheliale Neoplasie sowie zum anderen eine papilläre intraepitheliale Neoplasie. BilIN können aus Rokitansky-Aschoff-Sinus hervorgehen oder sich in diese ausbreiten (s. Abb. 17.7). Letzteres sollte nicht mit einer Stromainvasion und somit nicht mit einem Karzinom verwechselt werden [4, 10]. Da die BilIN-3 eine höhere Assoziation zu einem invasiven Karzinom aufweist, sollte eine ausgedehntere Aufarbeitung der Gallenblase erfolgen, um ein invasives Karzinom sicher auszuschließen. Differentialdiagnose. BilIN kommen häufig zusammen mit einer chronischen Cholezystitis vor und können auch gemeinsam mit reaktiven epithelialen Veränderungen auftreten. Im Gegensatz zur BilIN-3 zeigen diese reaktiven Veränderungen als eine Art „Atypie der Reparatur“ eine heterogene Zellpopulation. Sie enthält Kolumnarzellen, die Schleim sezernieren und weist flache kuboidale, atroph erscheinende oder bleistiftartige Zellen auf. Zusätzlich können reaktive Veränderungen einen graduellen Übergang zwischen zellulären Abnormitäten aufweisen. Ein abrupter Übergang zwischen regelrechten Epithelzellen und dysplastischen Zellen wie bei der BilIN liegt jedoch nicht vor. Darüber hinaus lässt sich in der BilIN eine verstärkte Expression von TP53 nachweisen [3].
Tumoren der Gallenblase
a Abb. 17.7 a,b Biliäre intraepitheliale Neoplasie mit niedriggradiger intraepithelialer Neoplasie (BilIN 1) vom intestinalen Typ in Rokitansky-Aschoff-Sinus. a,b Vollständige Auskleidung der Rokitan-
Abb. 17.8 Biliäre intraepitheliale Neoplasie mit hochgradiger intraepithelialer Neoplasie (BilIN 3) vom biliären Typ
Intrazystische papilläre Neoplasien (ICN) Intraluminäre papilläre Neoplasien werden in der Gallenblase als intrazystische papilläre Neoplasie (IPN) bezeichnet. Ihr Pendant sowohl in den intra- als auch in den extrahepatischen Gallengängen sind die intraduktalen papillären Neoplasien [10]. Ähnlich den intraduktalen papillären Neoplasien können die intrazystischen papillären Neoplasien der Gallenblase mit einem intestinalen oder einem pankreatikobiliären Phänotyp auftreten (Abb. 17.9 und 17.10). Der intestinale Phänotyp ist charakterisiert durch Becherzellen, Paneth-Zellen und/oder Serotonin-enthaltende Zellen.
Kapitel 17
b sky-Aschoff-Sinus durch ein nichtinvasives neoplastisches (dysplastisches) Epithel intestinaler Differenzierung mit geringen Zell- und Kernpolymorphien
Intrazystische papilläre Neoplasien der Gallenblase werden je nach Grad der Atypien in niedriggradige und hochgradige Läsionen unterteilt. Die niedriggradigen Läsionen werden denen des papillären Adenoms gleichgesetzt, während die hochgradigen intrazystischen papillären Neoplasien einem „nichtinvasiven papillären Karzinom“, also einem Carcinoma in situ, entsprechen. Häufig treten diese Neoplasien vor dem Hintergrund einer Pylorusdrüsenmetaplasie auf. Intrazystische papilläre Neoplasien der Gallenblase können mit einem invasiven Adenokarzinom assoziiert sein. Letzteres sollte separat beschrieben und gestaged werden. Wenn ein invasives Karzinom in Assoziation mit einer intrazystischen papillären Neoplasie auftritt, ist Letztere üblicherweise durch eine hochgradige intraepitheliale Neoplasie gekennzeichnet. Die hochgradigen intraepithelialen Neoplasien sind durch komplexe papilläre Strukturen charakterisiert, die von kubischen, teils flachen biliären Zylinderzellen überkleidet werden (Abb. 17.11) oder Zylinderepithelien vom intestinalen Typ mit unterschiedlichem Muzingehalt aufweisen. Das invasive Karzinom zeigt meistens den Aufbau eines tubulären Adenokarzinoms (s. Abb. 17.11 und 17.12). Aber auch muzinöse Karzinome, undifferenzierte Karzinome, kleinzellige Karzinome und großzellige neuroendokrine Karzinome sind beschrieben worden [69]. Es kann schwierig sein, intrazystische papilläre Neoplasien von papillären Adenomen zu unterscheiden bzw. abzugrenzen. In der großen Mehrzahl intrazystischer papillärer Neoplasien liegt ein biliärer Phänotyp vor, wohingegen papilläre Adenome einen intestinalen Typ aufweisen. Darüber hinaus zeigen hochgradige intrazystische papilläre Neoplasien eine größere architektonische Komplexität und mehr zytologische Atypien als
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Abb. 17.10 Intrazystische papilläre Neoplasie (ICN) der Gallenblase vom biliären Typ mit hochgradiger intraepithelialer Neoplasie. Biliär differenziertes Epithel mit papillärem (villösem) Wachstumsmuster und hochgradiger Zell- und Kernpolymorphie. Kein infiltratives Wachstum
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Abb. 17.11 Intrazystische papilläre Neoplasie (ICN) der Gallenblase vom intestinalen Typ assoziiert mit einem invasiven Karzinom. ICN vom intestinalen Typ mit papillärem Wachstum und hochgradiger intraepithelialer Neoplasie. Das assoziierte invasive Adenokarzinom bildet Tubuli vom intestinalen Typ und weist eine mäßiggradige Differenzierung auf
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c Abb. 17.9 a–c Intrazystische papilläre Neoplasie (ICN) der Gallenblase vom intestinalen Typ mit niedriggradiger intraepithelialer Neoplasie. Die Gallenblasenschleimhaut ist ausgekleidet durch ein unterschiedlich hochaufgebautes, vorwiegend flaches papilläres Epithel mit geringen Atypien und eingestreuten Becherzellen (c)
Tumoren der Gallenblase
Kapitel 17
Da sowohl intrazystische/intraduktale papilläre Neoplasien als auch muzinöse zystische Neoplasien mit Schleim gefüllte Zysten aufweisen können, die von kubischen Epithelien oder Zylinderepithelien ausgekleidet sind, sollte bei Fehlen des ovariellen Stromas immer die Diagnose einer intrazystischen/intraduktalen papillären Neoplasie gestellt werden.
Klinik, Verlauf und Prognose von Adenomen und prämaligner Läsionen der Gallenblase
Abb. 17.12 Intrazystische papilläre Neoplasie (ICN) der Gallenblase vom biliären Typ assoziiert mit einem invasiven Karzinom. ICN mit biliärem Epithel mit hochgradiger intraepithelialer Neoplasie und papillärem Wachstum. Das assoziierte invasive Adenokarzinom weist ebenfalls einen biliären Typ auf mit tubulärem Wachstum und mäßiggradiger Differenzierung
papilläre Adenome. Auch sind Mitosen häufiger zu beobachten [3, 5, 69].
Muzinöse zystische Neoplasien Muzinöse zystische Neoplasien (MCN) ähneln denen der intrahepatischen Gallengänge. Sie kommen häufiger in den extrahepatischen Gallengängen vor als in der Gallenblase. MCN werden hauptsächlich bei erwachsenen Frauen beobachtet und sind häufig symptomatisch. Sie können bis zu 20 cm im Durchmesser groß werden und einen Verschlussikterus oder Cholezystitis-ähnliche Symptome verursachen [10]. Typischerweise sind MCN multilokuläre Neoplasien, die Muzin oder eine seröse Flüssigkeit enthalten. Die Zysten werden meist von einem Zylinderepithel ausgekleidet, das an das Epithel der Gallengänge oder ein foveoläres gastrisches Epithel denken lässt [10, 37]. Neuroendokrine Zellen, aber auch polypoide oder papilläre Projektionen sind gelegentlich nachweisbar. Per definitionem ähnelt das subepitheliale Stroma dem der Ovarien und ist immunhistochemisch positiv für Östrogen- und Progesteronrezeptoren. Das Stroma ist unterschiedlich dicht fibrosiert. Invasive Karzinome, die in Assoziation mit MCN der Gallenblase auftreten, sollten als MCN assoziiert mit einem invasiven Karzinom bezeichnet werden und klar hinsichtlich ihres Differenzierungsgrades und ihrer anatomischen Ausbreitung beschrieben werden, wobei das Staging nur für die invasive Komponente relevant ist [10].
Da benigne epitheliale Tumoren und prämaligne Läsionen der Gallenblase oft ohne eine spezifische Symptomatik einhergehen, sind sie häufig Zufallsbefunde bei der klinischen Untersuchung oder in Cholezystektomiepräparaten. Ausnahme stellen hier, obwohl in ihrer Prävalenz eher seltener, in Abhängigkeit ihrer Größe muzinöse zystische Neoplasien (MCN) oder intrazystische papilläre Neoplasien (IPN) dar, die durch eine Lumenverlegung bzw. durch einen Einbezug des Ductus cysticus zu einer Beeinträchtigung des Galleabflusses führen können und dadurch symptomatisch werden. Für polypoide Läsionen der Gallenblase sind ein schnelles Wachstum, eine Größe > 1 cm und solitäre/ sessile Polypen bei Patienten älter als 50 Jahre mit Gallensteinen eine Indikation zur Cholezystektomie, da diese Veränderungen mit einem erhöhten malignen Potential einhergehen [73, 79]. Dies gilt insbesondere für Läsionen, die größer als 1 cm sind [130]. Neuere Studien empfehlen dagegen, Polypen, die größer als 2 cm im Durchmesser sind, durch eine Cholezystektomie zu entfernen, da diese ein weitaus höheres Potential besitzen, eine hochgradige intraepitheliale Neoplasie oder ein Karzinom aufzuweisen als kleinere Polypen. Bei Gallenblasenpolypen, die kleiner 2 cm sind, sollte deshalb eine 3- bis 6-monatige sonographische Kontrolle erfolgen [39, 79]. Im Vergleich dazu beschreiben jedoch wiederum andere Studien ein erhöhtes malignes Potential bereits für Polypen zwischen 0,5 und 1 cm im Durchmesser [79, 102]. Aufgrund der sehr divergenten Prognosen werden zwei Optionen empfohlen. Zum einen sollte bei symptomatischen Gallenblasenpolypen unabhängig ihrer Größe eine Cholezystektomie durchgeführt werden. Zum anderen sollten asymptomatische Gallenblasenpolypen bis zu einer Größe von 1 cm im Durchmesser regelmäßig kontrolliert werden und erst bei zunehmender Tumorgröße eine Entfernung der Läsion durch eine Cholezystektomie erfolgen [79, 161]. Bei nichtadenomatösen intraepithelialen Neoplasien, unabhängig von ihrem Subtyp (BilIN, IPN, MCN), empfiehlt es sich, insbesondere bei Nachweis hochgradiger intraepithelialer Neoplasien eine ausgedehnte Aufarbeitung des Präparats durchzuführen, um ein invasives Wachstum und somit ein Karzinom sicher auszuschließen [66].
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Maligne epitheliale Tumoren der Gallenblase Definition. Laut Definition der WHO ist das Karzinom der Gallenblase ein maligner epithelialer Tumor, der von der Gallenblasenschleimhaut ausgeht [10]. In 98 % liegt ein Adenokarzinom mit einer biliären, intestinalen oder foveolären Differenzierung vor. Aber auch Plattenepithelkarzinome, adenosquamöse Karzinome oder Karzinosarkome können auftreten. Epidemiologie. Das Gallenblasenkarzinom ist mit 80–95 % aller Karzinome des Gallengangsystems das häufigste Karzinom der Gallenwege [73]. Es stellt dabei das fünft- bis sechsthäufigste Karzinom des Gastrointestinaltrakts dar, obwohl es in seiner jährlichen Inzidenz weltweit von 1–2:100.000 eher selten ist [73, 125]. Jedes Jahr sind 140.000 Menschen von einem Gallenblasenkarzinom betroffen, und über 100.000 sterben daran. Die Inzidenz ist zwischen 1973 und 2006 dabei etwas rückläufig [71, 125]. Frauen sind 3- bis 6-mal häufiger von einem Gallenblasenkarzinom betroffen als Männer. Als Risikofaktor bei Frauen gelten häufige Schwangerschaften und Geburten [73]. Der Altersgipfel liegt im 7. bis 8. Lebensjahrzehnt. Im Kindesalter stellen Gallenblasenkarzinome eine absolute Rarität dar, die über wenige Einzelfallbeschreibungen nicht hinausgehen [34]. Mit einem inzidentellen Gallenblasenkarzinom ist durchschnittlich in 1–2 % der durchgeführten Cholezystektomien zu rechnen [70]. Neben Niedriginzidenzgebieten wie den westlichen Ländern sind davon Hochinzidenzgebiete wie Lateinamerika und Asien abzugrenzen. In Asien sind besonders Frauen Nordindiens sowie Männer Pakistans und Koreas betroffen [73, 124]. In Asien haben Koreaner die höchste Inzidenzrate. Bei Männern liegt diese bei 8:100.000 und bei Frauen bei 5,6:100.000 pro Jahr. Interessanterweise haben auch in den USA lebende Koreaner eine deutlich erhöhte Inzidenz von 5,9:100.000 pro Jahr [61]. Ein weiteres Inzidenzmaximum wurde in Lateinamerika beschrieben [57, 73, 79]. In Neu-Mexico wurden für Frauen indianischer Abstammung Inzidenzen von 22:100.000 pro Jahr berichtet, im Vergleich zu 0,9:100.000 für weiße Männer und 1,6:100.000 für weiße Frauen [10, 57, 73]. In bestimmten Ländern Ost- und Zentraleuropas wie Ungarn, Polen und Deutschland tritt das Gallenblasenkarzinom ebenfalls verstärkt auf [57, 73]. Aber auch in den Niedriginzidenzländern liegt eine Varianz des Auftretens eines Gallenblasenkarzinoms durch eine ethnische Disposition vor. Dazu gehören z. B. in den USA die hispanische Bevölkerung oder die Ureinwohner Alaskas [73]. In der schwarzen Bevölkerung der USA ist das Gallenblasenkarzinom dagegen selten anzutreffen [22].
Ätiologie und Pathogenese. Die wichtigsten Risikofaktoren für die Entstehung eines Gallenblasenkarzinoms können in vier große Gruppen unterteilt werden. Dazu gehören demographische Faktoren, pathologische Veränderungen der Gallenblase und des hepatobiliären Systems, Expositionen mit Fremdstoffen sowie Infektionen (s. Übersicht) [79]. Risikofaktoren des Gallenblasenkarzinoms [79] Demographische Faktoren – Alter – Weibliches Geschlecht – Fettsucht – Geographische Varianz – Südamerika – Indien – Pakistan – Japan – Korea – Ethnische Herkunft – Kaukasier – Mexikaner – Amerikaner – Ureinwohner Südwestamerikas – Genetische Disposition Gallenblasenveränderungen/Abnormalitäten – Cholelithiasis – Porzellangallenblase – Gallenblasenadenome – Anlagestörungen des hepatobiliären Systems – Kongenitale biliäre Zysten – Abnorme Vereinigung von D. choledochus und D. pancreaticus Expositionen – Schwermetalle – Medikamente (z. B. Methyldopa, OCP, Isoniazid, Östrogen) – Rauchen Infektionen – Salmonellen – Helicobacter pylori
Demographische Faktoren, die mit einem erhöhten Risiko eines Gallenblasenkarzinoms einhergehen, sind ein fortgeschrittenes Alter, das weibliche Geschlecht, Übergewicht, geografische und ethnische Hintergründe sowie eine genetische Prädisposition. Das Risiko eines Gallenblasenkarzinoms liegt am höchsten für Patienten über 75 Jahre mit jährlichen Inzidenzraten von 8,69:100.000 im Vergleich zu Patienten unter 50 Jahren mit einer Inzidenz von 0,16:100.000 [73]. Übergewichtige Menschen haben ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entstehung eines Gallenblasenkarzinoms. Für jede Erhöhung des BMI (Body Mass Index)
Tumoren der Gallenblase
um 5 Punkte erhöht sich das relative Risiko für Frauen um das 1,59fache und für Männer um das 1,09fache [73, 164]. Auch bei Patienten mit einem Diabetes mellitus im Rahmen eines metabolischen Syndroms erhöht sich das Risiko. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass diese Patienten aufgrund ihrer Grunderkrankung häufiger Gallensteine entwickeln. Zum anderen finden sich jedoch bei Diabetikern häufiger Gallenblasenkarzinome im Vergleich zu Nichterkrankten auch ohne das Vorliegen einer Cholezystolithiasis [73, 86]. Karzinome der Gallenblase kommen ebenso häufiger in bestimmten Rassen und ethnischen Gruppen vor. Familiäre Häufungen wurden in den USA und in anderen Ländern beschrieben [64]. Eine hohe Prävalenz der Gallensteinerkrankung wurde in Zusammenhang mit bestimmten HLA-Allelen beschrieben, die zahlreicher bei Patienten mit indigener Abstammung vorkommen [103]. Obwohl der genetische Hintergrund eines Menschen das Risiko, Gallensteine zu bekommen, erhöhen und damit indirekt die Suszeptibilität für Gallenblasenkarzinome beeinflussen kann, sind bisher keine genetischen Veränderungen identifiziert worden, die spezifisch für die Krebsentstehung von Gallenblasenkarzinomen sind. Ein wichtiger und sehr gut untersuchter prädisponierender Faktor in der Entwicklung eines Gallenblasenkarzinoms ist die Chole(zysto)lithiasis. Gallensteine sind bei über 80 % der Menschen mit Gallenblasenkarzinomen nachweisbar. Allerdings beträgt die Inzidenz von Karzinomen bei Gallenblasensteinen weniger als 0,2 % [3]. Eine besondere Karzinomdisposition sollen Patienten mit einer Porzellangallenblase besitzen, die in 0,8 % aller Cholezystektomien zu finden ist [57, 79, 125]. Ebenso wie in den USA ist die Tatsache, dass in Deutschland etwa 9 Mio. Menschen Gallensteinträger sind, ein Hinweis darauf, dass Gallensteine allenfalls eine begünstigende Rolle in der Entwicklung eines Karzinoms spielen, jedoch nicht als alleiniges auslösendes Agens gelten [51]. Das Risiko eines Gallensteinträgers, an einem Gallenblasenkarzinom zu erkranken, ist dabei um das Dreifache erhöht. Bestimmte Untergruppen der Gallensteinträger scheinen einem besonders hohen Karzinomrisiko ausgesetzt zu sein. So soll das Risiko signifikant bei großen Steinen mit einem geringen Restlumen der Gallenblase und histologisch nachweisbaren schweren chronischen Entzündungen der Gallenblasenwand sein. Steine ab einer Größe von 3 cm gehen mit einer Verzehnfachung des Risikos der Entstehung von Gallenblasenkarzinomen einher, während bei Steinen zwischen 2 und 2,9 cm im Durchmesser das relative Risiko um das 2,4fache erhöht ist [73]. Aber nicht nur die Größe der Steine spielt eine Rolle, sondern auch die Zusammensetzung der Steine und die Dauer der Cholelithiasis. Das Risiko ist erhöht bei Cholesterolsteinen und bei einer Dauer der Cholelithiasis von über 20 Jahren [73]. Empfehlungen einer frühzeitigen Cholezystek-
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tomie bei symptomatischen Gallensteinträgern können vor diesem Hintergrund somit als Karzinomprophylaxe verstanden werden. Allerdings zeigte das Gallenblasenkarzinom trotz der seit Jahren sehr häufig durchgeführten Cholezystektomien keine wesentliche Abnahme der Inzidenz. Eine sehr seltene Komplikation einer Cholelithiasis ist das Mirizzi-Syndrom, das ebenfalls gehäuft mit Gallenblasenkarzinomen einhergeht [127]. Es wird angenommen, dass durch die Einklemmung eines Gallensteins im Halsbereich der Gallenblase ein obstruktives Galleabflusshindernis entsteht. Die daraus resultierende chronische Entzündung der Schleimhaut prädisponiert zur Karzinomentstehung. Weitere mögliche prädisponierende Faktoren, die durch eine Behinderung des Galleflusses zu Entzündungen der Schleimhaut führen können, sind die mit einer Inzidenz von 1:100.000 bis 1:200.000 sehr seltenen kongenitalen Gallengangzysten. Die Karzinominzidenz bei den meist asymptomatisch verlaufenden Duktalplattenanlagestörungen wird in der Literatur mit 2,4–28 % angegeben und steigt mit dem Alter der Patienten [166]. Histologisch findet sich in den Zysten und ihren Wandungen eine stärkergradige Entzündung; das Zystenepithel ist in der Regel regeneratorisch hyperplastisch. Auch Metaplasien können vorkommen. Weitere Anlagestörungen des hepatobiliären Systems, wie die abnorme Vereinigung von D. choledochus und D. pancreaticus scheinen durch den dann auftretenden Reflux von alkalischem Pankreassaft in die Galle und/oder den D. choledochus eine Karzinomentwicklung zu begünstigen [62, 82, 148]. Unklar ist, welche Rolle die bei einer Cholezystoli thiasis zumeist vorkommende chronische Entzündung für die Karzinomentstehung spielt. Im Tierversuch bewirkten in die Gallenblase eingebrachte Fremdkörper zwar eine Entzündung, aber keine Karzinomentstehung. Aus der allgemeinen Pathologie lässt sich ableiten, dass wahrscheinlich weniger die Art des entzündlichen Infiltrats für die Karzinomentstehung eine Rolle spielen wird, als vielmehr das Ausmaß der Epithelproliferation während der Entzündungsprozesse. Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen sind ebenfalls mit einer erhöhten Inzidenz von malignen Tumoren des galleableitenden Systems assoziiert. Während beim Morbus Crohn lediglich Einzelfälle in der Literatur dokumentiert sind, beträgt die Inzidenz von Karzinomen der Gallengänge bei Colitis ulcerosa etwa 0,5–1,5 % [25, 42]. Im Zusammenhang mit der primärsklerosierenden Cholangitis (PSC) handelt es sich hierbei allerdings eher um extrahepatische Gallengangskarzinome der Hepatikusgabel, die sog. Klatskin-Tumoren. Viel seltener sind Gallenblasenkarzinome, wobei die genaue Prävalenz immer noch unklar ist. Man nimmt an, dass die Prävalenz für das Gallenblasenkarzinom bei Patienten mit primär sklerosierender Cholangitis und Colitis ulcerosa bei ca. 14 % liegt [91]. Darüber hinaus zeigten größere Studien, dass bei etwa 57 % aller PSC-
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Abb. 17.13 a,b Gut differenziertes tubuläres Adenokarzinom der Gallenblase vom biliären Typ. Zystisch dilatierte neoplastische Drüsen mit geringen Zell- und Kernpolymorphien und Infiltration der
Tunica muscularis der Gallenblasenwand. Die neoplastischen Tubuli besitzen ein flaches kubisches einreihiges Epithel
Patienten mit einer Raumforderung in der Gallenblase ein Gallenblasenkarzinom vorlag [25, 41]. Wie auch beim extrahepatischen Gallengangskarzinom tritt das Gallenblasenkarzinom bei PSC-Patienten früher auf. Das Patientenalter liegt meist unter 60 Jahren [25, 42]. Eine vorausgegangene Magenoperation soll das Risiko, an einem Gallenblasenkarzinom zu erkranken, nach einem Zeitraum von 20 Jahren verzehnfachen [29]. Dabei findet sich eine 15fache Risikoerhöhung nach Magenulkus- und eine 5fache nach Duodenalulkusoperation [29]. Expositionen mit bestimmten chemischen Substanzen wie Toluole, Dimethylnitrosamine und Benzidine wurden als mögliche Karzinogene für die Entstehung eines Gallenblasenkarzinoms beobachtet. Aber auch Radon oder erhöhte Schwermetallkonzentrationen in der Galle konnten bei Patienten mit einem Gallenblasenkarzinom nachgewiesen werden, die diesen Stoffen im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Automobilindustrie ausgesetzt waren [142]. Weiterhin gilt Rauchen als ein erhöhter Risikofaktor. Für Medikamente wie Methyldopa oder Isoniazid ist ebenfalls ein erhöhtes Risiko beschrieben worden. Die Einnahme von oralen Kontrazeptiva wird kontrovers diskutiert [79, 134]. Bei Frauen wurde jedoch eine erhöhte Koexpression des Östrogenund Progesteronrezeptors in Gallenblasenkarzinomen beobachtet als bei Männern mit einem Gallenblasenkarzinom [61, 73]. Infektionen mit Helicobacter pylori und Salmonellen (Sallmonella typhi und Salmonella paratyphi) sollen ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für die Entstehung eines Gallenblasenkarzinoms einhergehen. Dies gilt vor allem für chronisch bakterielle Cholangitiden durch Salmonellen und Helicobacter. Die bakterielle Besiedlung soll dabei zu Veränderungen der Zusammensetzung der
Galleflüssigkeit führen, die die Bildung von Karzinogenen hervorruft. Für Salmonellen-Dauerausscheider ist ein 12fach erhöhtes Risiko für die Entstehung eines Gallenblasenkarzinoms beschrieben worden; 6 % dieser Dauerausscheider entwickeln ein solches [30, 73, 79]. Morphologie. Makroskopisch entstehen Gallenblasenkarzinome zu 60 % im Fundus, zu 30 % im Korpus sowie zu 10 % im Gallenblasenhals [73]. In der Regel liegt ein diffus infiltrierendes Wachstum vor, wobei die Ausdehnung der Karzinome makroskopisch meistens schwierig einzuschätzen ist. Einige Karzinome weisen eine diffuse Wandverdickung und Induration der gesamten Gallenblase auf. Unter Umständen ist es schwierig, ein diffus die Gallenblasenwand infiltrierendes Karzinom von einer lokalen oder diffusen Wandverdickung bei Cholezystitis zu unterscheiden. Daher sollten alle Areale in Cholezystektomiepräparaten, die makroskopisch eine Auftreibung der Wand zeigen, immer histologisch untersucht werden. Karzinome, die in Assoziation mit einer intrazystischen papillären Neoplasie auftreten, sind üblicherweise sessil und zeigen ein polypoides oder blumenkohlartiges Aussehen. Polypös wachsende Karzinome können das Lumen der Gallenblase vollständig ausfüllen; durch die daraus resultierende Galleabflussbehinderung kann sich unter Umständen frühzeitig ein Empyem ausbilden. Muzinöse oder siegelringzellige Karzinome haben meist eine schleimige oder gelatinöse Schnittfläche. Gallenblasenkarzinome wie auch ihre Vorstufen können primär multizentrisch vorkommen. Aufgrund der zumeist recht ausgedehnten Karzinome ist der genaue Ausgangspunkt jedoch oft nicht mehr genau erkennbar. Mikroskopisch sind 98 % aller Gallenblasenkarzinome Adenokarzinome, die in gut differenzierte, mä-
Tumoren der Gallenblase
a Abb. 17.14 a,b Mäßig differenziertes papilläres Adenokarzinom der Gallenblase. In den oberflächlichen Tumoranteilen zeigt sich ein papilläres Wachstumsmuster, während in den tiefer infiltrierenden
ßig differenzierte und schlecht differenzierte Adenokarzinome eingeteilt werden. In zwei Drittel weisen Adenokarzinome der Gallenblase eine mäßige bis schlechte Differenzierung auf [58]. Die gut bis mäßig differenzierten Adenokarzinome bestehen aus gut abgrenzbaren, unterschiedlich dicht gelagerten, teilweise zystisch aufgeweiteten tubulären oder papillären Strukturen, die von einem deutlich basophilen, teilweise muzinösen Epithel ausgekleidet sind (Abb. 17.13 und 17.14). Papilläre Strukturen finden sich meist in den oberflächlichen apikalen, auf die Schleimhaut begrenzten Anteile mit einem geringeren Muzinanteil, während die tubulären Strukturen mit unterschiedlichem Muzingehalt in die einzelnen Wandschichten infiltrativ einwachsen (Abb. 17.14). Häufig liegen die Karzinomzellen in einem kollagenfaserreichen Stroma, entsprechend einer desmoplastischen Stromareaktion, die häufig beim duktalen Adenokarzinom des Pankreas zu sehen ist. Eine peritumoröse Entzündung kann vorkommen, ist aber meistens nur gering ausgeprägt. Bei etwa einem Drittel aller gut differenzierten Karzinome finden sich zusätzlich neuroendokrine Zellen oder intestinale Metaplasien mit Paneth-Zellen. Schlecht differenzierte Adenokarzinome zeichnen sich durch ein solides Wachstum aus. Die Tumorzellen liegen dabei in plattenartiger Anordnung. Neben deutlich ausgeprägten polymorphen Kernstrukturen mit prominenten Nukleolen können sich aber auch hier PAS-positive intrazytoplasmatische Ablagerungen im vakuolisierten Zytoplasma finden. Die desmoplastische Stromareaktion ist im Vergleich zu gut oder mäßig differenzierten Adenokarzinomen stärker ausgeprägt. Da Gallenblasenkarzinome nicht selten ein heterogenes histologisches Differenzierungsmuster aufweisen können, sollte die Einteilung des Tumordifferenzierungs-
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b Anteilen tubuläre Tumordrüsen dominieren. Eine papilläre Vorläuferläsion ist nicht abgrenzbar
Abb. 17.15 Schlecht differenziertes Adenokarzinom der Gallenblase vom biliären Typ. Solide, teils kleine tubuläre Tumornester mit deutlichen Zell- und Kernpolymorphien, eingebettet in ein fibrosiertes Stroma
grades, also des Gradings, immer nach dem schlecht differenziertesten Anteil erfolgen. Adenokarzinom vom biliären Typ: Die häufigsten malignen Tumoren der Gallenblase sind Adenokarzinome vom biliären Typ, die meist eine gute bis mäßige Differenzierung aufweisen (s. Abb. 17.13 und 17.14, Abb. 17.15). Sie sind zusammengesetzt aus kurzen oder langen tubulären Drüsen, die von einem kubischen Epithel bis hin zum schlanken Zylinderepithel ausgekleidet werden und oberflächlich einem biliären Epithel ähneln. Eine intrazytoplasmatische und luminale Schleimbildung ist häufig nachweisbar. Selten kann die extrazelluläre
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Schleimbildung kalzifizieren. Etwa ein Drittel der gut differenzierten Adenokarzinome zeigt eine fokale intestinale Differenzierung und enthält Becherzellen und neuroendokrine Zellen [10]. Diese neuroendokrinen Zellen können in wenigen Fällen zahlreich auftreten und zeigen eine immunhistochemische Expression für Serotonin und Peptidhormone. Letzteres rechtfertigt jedoch nicht die Diagnose eines neuroendokrinen Tumors. Selten können Paneth-Zellen nachweisbar sein oder auch osteoklastenartige Riesenzellen sowie zyto- und synzytiotrophoblastäre Zellen. Neben herdförmigen kribriformen Mustern sind ebenfalls Angiosarkom-ähnliche Muster beschrieben worden [2, 3]. Tendenziell sind Adenokarzinome der Gallenblase schlechter differenziert und zeigen eine geringere Desmoplasie als ihre Korrelate der extrahepatischen Gallengänge. Die meisten Adenokarzinome der Gallenblase weisen eine immunhistochemische Expression für karzinoembryonales Antigen (CEA), MUC1, MUC2, p53 und Zytokeratin 7 auf [10, 41, 145]. Adenokarzinom vom gastrisch-foveolären Typ: Diese ungewöhnliche, aber charakteristisch gut differenzierte Variante des Gallenblasenkarzinoms ist aufgebaut aus großen Zylinderzellen mit basalen Kernen und einem reichlich Muzin enthaltendem Zytoplasma. Das Zytoplasma zeigt eine immunhistochemische Expression für MUC5a. Kombinierte Formen (Adenokarzinom oder adenosquamöses Karzinom mit foveolärer Differenzierung) sind ebenfalls in der Gallenblase beschrieben worden [10]. Adenokarzinom vom intestinalen Typ: Laut WHO wurden zwei morphologische Varianten des Adenokarzinoms vom intestinalen Typ in der Gallenblase beschrieben [10]. Die häufigere ist aus tubulären Drüsen aufgebaut, die sehr denen der kolorektalen Adenokarzinome ähneln (Abb. 17.16). Die Drüsen werden überwiegend von einem Zylinderepithel mit pseudostratifizierten ovalen oder elongierten Kernen ausgekleidet. Die zweite Variante besteht aus Drüsen, die überwiegend mit Becherzellen ausgekleidet sind mit einer variablen Anzahl von neuroendokrinen und Paneth-Zellen [3]. Beide Varianten zeigen eine immunhistochemische Expression für CDX2, MUC2, CEA und Keratin 20 [10]. Klarzelliges Adenokarzinom: Das klarzellige Adenokarzinom der Gallenblase ist sehr selten und findet sich häufig mit anderen Karzinomkomponenten wie Adenokarzinomen, adenosquamösen Karzinomen oder muzinösen Karzinomen. Mikroskopisch weist es ein vorwiegend infiltratives Wachstumsmuster auf mit pseudoglandulärer, gelegentlich auch papillärer Anordnung der Tumorzellen. Die Tumorzellen besitzen ein glykogenreiches Zytoplasma mit exzentrisch gelegenen hyperchromatischen Zellkernen [10, 156]. Einzelne
Abb. 17.16 Gut differenziertes tubuläres Adenokarzinom der Gallenblase vom intestinalen Typ in einem tubulovillösen Adenom vom intestinalen Typ mit hochgradiger Dysplasie. Sowohl das invasive Karzinom als auch das Adenom weisen eine intestinale Differenzierung auf mit Ähnlichkeit zum kolorektalen Adenokarzinom bzw. Adenom
Zellen können ein eosinophil-granuliertes Zytoplasma aufweisen. In wenigen klarzelligen Adenokarzinomen enthalten die Zylinderzellen subnukleäre und supranukleäre Vakuolen, ähnlich denen, die im sekretorisch transformierten Endometrium nachweisbar sind. Das Vorhandensein von Schleimseen, die einzelne Tumorzellnester umschließen, kann in der differentialdiagnostischen Abgrenzung zu Metastasen eines Nierenzellkarzinoms hilfreich sein [156]. Differentialdiagnostisch sicher ausschließen lässt sich ein Nierenzellkarzinom durch eine fehlende immunhistochemische Expression von PAX8 in Gallenblasenkarzinomen. Darüber hinaus kann eine immunhistochemische Expression von α-Fetoprotein in klarzelligen Karzinomen mit oder ohne hepatoide Differenzierung nachgewiesen werden [10, 107]. Muzinöses Adenokarzinom: Ein muzinöses Adenokarzinom der Gallenblase liegt dann vor, wenn die extrazelluläre Schleimbildung mehr als 50 % des Tumors ausmacht. Sie stellen etwa 5 % aller Gallenblasenkarzinome dar, finden sich häufiger in der Gallenblase als in den extrahepatischen Gallengängen und ähneln den muzinösen Adenokarzinomen anderer Lokalisationen (Abb. 17.17 und 17.18; [10]). Bei Frauen kommen muzinöse Adenokarzinome etwas häufiger vor als bei Männern. Typischerweise äußern sie sich als akute Cholezystitis bei Erstdiagnose. Darüber hinaus sind sie durchschnittlich größer als andere Adenokarzinome der Gallenblase mit einer Tumorgröße von 4,8 cm im Vergleich zu 2,9 cm. Da muzinöse Adenokarzinome ein eher infiltratives Wachstum aufweisen, gehen sie meist mit einer schlechteren Prognose einher [79].
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Abb. 17.17 a,b Schlecht differenziertes muzinöses Adenokarzinom. Wenige Tumorzellen, eingebettet in größere extrazelluläre Muzinseen
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Abb. 17.18 a,b Schlecht differenziertes muzinöses Adenokarzinom mit bizarren Tumorriesenzellen. Die Tumorriesenzellen weisen hochgradige Atypien mit Mitosen auf (b)
Muzinöse Adenokarzinome sollten von einem Pseudomyxoma peritonei und von benignen Mukozelen abgegrenzt werden. Das reichliche extrazelluläre Muzin in einer Mukozele der Gallenblase kann als Knötchen von unterschiedlicher Größe wahrgenommen werden. Das Muzin kann sich dabei in die Serosa über Aschoff ’sche Sinus ausbreiten und von einer histiozytären Reaktion begleitet sein. Die Makrophagen können Muzin phagozytieren und dann mit Siegelringzellen verwechselt werden. Eine immunhistochemische Reaktion mit Antikörpern gegen Keratin und CEA zeigt in den muzinösen Karzinomen eine Immunreaktion und ist negativ in einer Mukozele. Rupturierte, Schleim enthaltende Rokitansky-Aschoff-Sinus mit reichlich extrazellulärem Muzin, die kleine glanduläre und papilläre Strukturen aufweisen, sollten ebenfalls nicht mit einem muzinösen Adenokarzinom verwechselt werden [8, 10].
Siegelringzellkarzinom: Siegelringzellkarzinome sind sehr selten und können nur dann diagnostiziert werden, wenn der Tumor in mehr als 50 % aus Siegelringzellen besteht [104]. Typischerweise enthalten die Tumorzellen eines Siegelringzellkarzinoms intrazytoplasmatisches Muzin, wodurch der Zellkern in die Zellperipherie verlagert wird (Abb. 17.19). Ein unterschiedlicher Anteil von extrazellulärem Muzin ist gewöhnlich nachweisbar. In Analogie zum Magenkarzinom besitzen sie eine diffuse Ausbreitung in der Gallenblasenwand ähnlich der Linitis plastica im Magen. In Einzelfällen finden sich Gallenblasenkarzinome, die aus Siegelringzellen, neuroendokrinen Zellen und Arealen drüsiger Differenzierung zu etwa gleichen Anteilen bestehen [120]. Hepatoides Adenokarzinom: Hepatoide Adenokarzinome sind sehr seltene Karzinome der Gallenblase,
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Abb. 17.19 a,b Schlecht differenziertes Siegelringzellkarzinom mit Lymphgefäßinvasion (b)
die histologisch dem hepatozellulären Karzinom sehr ähneln [136, 155]. Für die Diagnose sollten mehr als 50 % des Karzinoms aus hepatoiden Zellen bestehen, die üblicherweise ein trabekuläres Wachstumsmuster aufweisen. Die neoplastischen hepatoiden Zellen zeigen eine immunhistochemische Expression für Hepar1 und selten für α-Fetoprotein. Nicht selten findet sich in hepatoiden Adenokarzinomen immer wieder eine kleinere Tumorkomponente eines konventionellen Adenokarzinoms. Das biologische Verhalten ist ähnlich den konventionellen Adenokarzinomen [10]. Kribriformes Karzinom: Das kribriforme Karzinom der Gallenblase wurde als neue Tumorentität in die WHO Klassifikation 2010 aufgenommen, wird jedoch nicht in der Tabelle der Morphologieklassifikation aufgeführt (s. Tab. 17.1). Mikroskopisch ähnelt es dem kribriformen Mammakarzinom, zeigt jedoch keine immunhistochemische Expression für Östrogen- und Progesteronrezeptoren. Es macht weniger als 1 % aller Gallenblasenkarzinome aus. Die Patienten sind meist jünger und sollen eine schlechtere Prognose haben [7, 10]. Adenosquamöses Karzinom: Adenosquamöse Gallenblasenkarzinome sind sehr selten. Zusammen mit den Plattenepithelkarzinomen machen sie 5 % aller Gallenblasenkarzinome aus. Sie finden sich meist bei älteren Patienten mit Cholezystolithiasis [57]. Sie weisen meist ein rasches und aggressives Tumorwachstum auf. Mikroskopisch bestehen sie aus zwei unterschiedlichen Komponenten, einem adenoid und einem plattenepithelial differenzierten Anteil (Abb. 17.20). Innerhalb der Plattenepithelkomponente treten nicht selten Hornperlen auf. Die adenoid differenzierten Tumorabschnitte zeigen zumeist eine Schleimproduktion, aber auch Komedonekrosen mit Tumorriesenzellen finden sich [10]. In einem Teil der Tumoren können neuroendokrine
Zellkomplexe nachweisbar sein [117]. Der Grad der Tumordifferenzierung kann in beiden Tumoranteilen unterschiedlich sein; es liegt jedoch meist eine mäßige Differenzierung vor. Plattenepithelkarzinom: Plattenepithelkarzinome treten wie adenosquamöse Karzinome häufiger bei älteren Patienten und bei Patienten mit großen Gallensteinen auf, wobei sich bei fast allen Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom Gallenblasensteine finden [28]. Diese sind meist über 1,5 cm im Durchmesser groß und entweder reine Cholesterolsteine oder gemischte Steine [57]. Mikroskopisch bestehen sie ausschließlich aus plattenepithelial differenzierten Tumorzellen mit variablen Differenzierungsgraden. Es können sowohl verhornende als auch nichtverhorndende Subtypen auftreten [10, 54]. Neben hoch differenzierten Tumorabschnitten können auch spindelzellige Areale vorkommen, in denen einzelne Nester schlecht differenzierter polymorpher Tumorzellen liegen. Bei Vorherrschen eines spindelzelligen histologischen Musters muss differentialdiagnostisch eine Abgrenzung gegenüber eines Sarkoms erfolgen [10]. Im Randbereich der Plattenepithelkarzinome oder auch in den übrigen Abschnitten der Gallenblase können immer wieder Plattenepithelmetaplasien oder intraepitheliale Plattenepithelneoplasien nachgewiesen werden. Letztere sind meist hochgradig [10]. Von den reinen Plattenepithelkarzinomen der Gallenblase müssen adenosquamöse Karzinome abgegrenzt werden, da die meisten Plattenepithelkarzinome eigentlich adenosquamösen Karzinomen entsprechen. Die glanduläre Komponente bei adenosquamösen Karzinomen kann dabei nur sehr herdförmig ausgeprägt sein, so dass hier eine ausgedehnte histologische Untersuchung erfolgen sollte, um die Diagnose eines Plattenepithelkarzinoms der Gallenblase zu stellen.
Tumoren der Gallenblase
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Abb. 17.20 a,b Schlecht differenziertes adenosquamöses Karzinom. Neben drüsigen Strukturen finden sich solide Plattenepithelkarzinomanteile mit Verhornungen
Karzinosarkom: Karzinosarkome sind sehr seltene Tumoren der Gallenblase, die aus zwei unterschiedlichen Tumorkomponenten bestehen: einem Karzinom- und einem Sarkomanteil. Sie werden in Analogie zu anderer Tumorlokalisationen auch als „maligne Mischtumoren“ bezeichnet. Weniger als 100 berichtete Fälle über Karzinosarkome der Gallenblase existieren bis heute [53]. Der erste Fallbericht eines Karzinosarkoms der Gallenblase stammt aus dem Jahr 1907 von Dr. Landsteiner [87]. In der Literatur existieren überwiegend Fallberichte von Karzinosarkomen der Gallenblase; Tumoren mit Lokalisation innerhalb der Gallengänge sind Raritäten [53]. Meist sind Frauen im mittleren bzw. hohen Lebensalter betroffen [53]. Die Tumoren unterscheiden sich in ihrer klinischen Präsentation und der Behandlung nicht von den Adenokarzinomen der Gallenblase [135]. Makroskopisch sind Karzinosarkome polypoide Tumoren, die zwischen wenigen Zentimetern und bis zu 25 cm groß sind. Sie füllen oft das Lumen der Gallenblase aus oder erstrecken sich gelegentlich in den D. cysticus oder D. choledochus. Die Karzinosarkome sind häufig an der Serosaoberfläche der Gallenblase sichtbar oder wachsen in die Leber ein. In der Mehrzahl der berichteten Fälle waren Gallensteine nachweisbar. Die Schnittfläche ist grau-weiß mit teilweise ausgedehnten Nekrosen, Zysten und Blutungen. Verkalkte, verknöcherte oder knorpelige Areale können vorkommen [10]. Mikroskopisch können Karzinosarkome eine erhebliche Vielfalt im Aufbau zeigen. Die Karzinomkomponente ist meist adenoid differenziert, in ca. 9–10 % lässt sich ein Platteneptihelkarzinom nachweisen [175]. In manchen Fällen überwiegt der Karzinomanteil, der dann aus schlecht differenzierten Zellsträngen aufgebaut ist. Eine noch größere Variabilität zeigen die Sarkom-
komponenten, wobei spindelzellige Areale gelegentlich mit Riesenzellen und Chondrosarkomanteile am häufigsten beschrieben werden. Dazwischen können Herde von Osteosarkomen, Fibrosarkomen, Liposarkomen, Leiomyosarkomen und Angiosarkomen auftreten. Osteoid findet sich mit 5,4 % am seltensten [53]. Die karzinomatöse und die sarkomatöse Komponente sind dabei fast immer miteinander eng verflochten. Differentialdiagnostisch bedeutsam ist die Abgrenzung zu spindelzelligen Plattenepithelkarzinomen bzw. undifferenzierten Karzinomen der Gallenblase. Karzinome weisen typischerweise in den sarkomatoiden Anteilen eine immunhistochemische Expression von Vimentin auf, die in spindelzelligen bzw. undifferenzierten Karzinomen fehlt. Metastasen finden sich üblicherweise in den regionären Lymphknoten, der Leber, seltener im Omentum majus, dem Pankreas oder der Wirbelsäule. Das biologische Verhalten wird am ehesten durch die mesenchymale Komponente bestimmt. Tumoren mit einem überwiegend sarkomatösen Aufbau mit knorpeligen oder knöchernen Arealen scheinen lokal ausgedehnt infiltrativ zu wachsen und weisen ein höheres malignes Potential auf als überwiegend drüsig aufgebaute Mischtumoren [135]. Nicht selten findet sich in den Lymphknotenmetastasen ein sarkomatoides Wachstumsmuster. Undifferenziertes Karzinom: Undifferenzierte Gallenblasenkarzinome sind sehr selten und gehen mit einer sehr schlechten Prognose einher. Sie finden sich häufiger in der Gallenblase als in den extrahepatischen Gallengängen. Charakteristischerweise lassen sie weder eine glanduläre noch eine plattenepitheliale Differenzierung erkennen und bestehen aus vollständig undifferenzierten Tumorzellen, so dass das Spektrum der differentialdiagnostischen Überlegungen (wie z. B. Sarkome,
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Abb. 17.21 a,b Undifferenziertes Karzinom mit hochgradiger biliärer intraepithelialer Neoplasie (BilIN 3). a Das Karzinom besteht aus konfluierenden kleineren basophilen Tumorzellen ohne abgrenz-
bare Liniendifferenzierung. b In Assoziation zum Karzinom weist die Gallenblasenschleimhaut als Präkanzerose eine BilIN-3 vom biliären Typ auf
Lymphome oder Melanome) sehr groß ist und meist nur anhand immunhistochemischer Untersuchung der Tumor richtig eingeordnet werden kann. Hilfreich dabei ist der Nachweis prämaligner Vorläuferläsionen der Gallenblasenschleimhaut. Am häufigsten finden sich biliäre intraepitheliale Neoplasien (BilIN) in Assoziation zu undifferenzierten Karzinomen (Abb. 17.21). Es gibt vier verschiedene histologische Varianten des undifferenzierten Karzinoms: der spindelzellige und riesenzellige Typ, der osteoklastenähnliche riesenzellige Typ, der kleinzellige Typ (nicht neuroendokrin) und ein nodulärer/lobulärer Typ, der dem des Mammakarzinoms ähnelt (s. Abb. 17.21, 17.22; [3, 4, 10, 113]). Darüber hinaus kann in seltenen Fällen eine partielle melanozytäre Differenzierung auftreten (Abb. 17.23).
Adenomen nicht nachweisbar sind [57, 73]. Die Angabe über die Häufigkeit der K-ras-Mutationen beim Gallenblasenkarzinom ist sehr unterschiedlich. Sie variiert dabei zwischen 10 und 67 % [57, 79]. K-Ras-Mutationen finden sich häufiger bei Adenokarzinomen als bei Plattenepithelkarzinomen [28, 57]. Eine EGFR-Überexpression liegt in ca. 63,4 % aller Karzinome vor sowie in 71,4 % aller intraepithelialer Neoplasien und 15,4 % aller Hyperplasien [101]. Eine Her-2/neu-Überexpression findet sich in 13–64 % der Gallenblasenkarzinome und gilt sowohl als Indikator für ein fortgeschrittenes, metastasiertes Tumorstadium als auch für eine schlechte Prognose mit einer 10-mal höheren Mortalitätsrate [73, 78, 84, 92, 101]. Zu den frühen molekularen Veränderungen zählen p53-Mutationen, eine Überexpression von COX2 (Cyclooxygenase-2), Mutationen in der mitochondrialen DNA und aberrante Promotormethylierungen in Tumorsuppressorgenen, ebenso wie chromosomale Veränderungen wie z. B. Verlust der Heterogenizität (LOH) auf Chromosom 8, 9, 18 und 22 [99]. Eine Suppression von p16 findet sich in nahezu allen chronischen Cholezystitiden und in bis zu 100 % aller Adenome, beim Gallenblasenkarzinom in ca. 48 % [96]. Die Inaktivierung von p16 soll dabei mit einer schlechteren Prognose der betroffenen Patienten einhergehen und zeigt häufig Assoziationen zu K-Ras-Mutationen [123, 141]. Ähnlich wie für p16 lässt sich eine Suppression des Retinoblastom-Tumorsuppressorgens in nahezu allen Cholezystitiden und Adenomen nachweisen. Im Gallenblasenkarzinom liegt diese bei ca. 58 %. p53 ist neben K-Ras auch beim Gallenblasenkarzinom das mit am besten untersuchte Gen. Mutationen des Gens p53 finden sich früh und häufen sich in späteren Stadien. Die Prävalenz schwankt zwischen 27 und 100 % [22, 100, 123].
Molekularpathologische Veränderungen bei Gallenblasenkarzinomen. Die genauen genetischen und molekularpathologischen Veränderungen, die bei der Entstehung eines Gallenblasenkarzinoms involviert sind, sind bisher wenig verstanden. Wie bei anderen Tumoren entstehen auch Gallenblasenkarzinome als Folge einer Akkumulation multipler genetischer und epigenetischer Veränderungen wie z. B. durch die Aktivierung von Onkogenen, Ausschaltung von Tumorsuppressorgenen und DNA-Reparaturgenen, aber auch eine Mikrosatelliteninstabilität und epigenetische Veränderungen sind in der Karzinogenese des Gallenblasenkarzinoms beteiligt [88, 126, 131, 132, 139, 162, 163]. Zu den häufigsten aktivierten Onkogenen zählen K-Ras, EGFR und HER-2/neu. Punktmutationen im K-Ras-Gen sollen in der Entstehung von der Hyperplasie zum Gallenblasenkarzinom involviert sein, insbesondere bei Patienten mit Anlagestörungen im pankreatikohepatobiliären Abfluss, während K-Ras-Mutationen in
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c Abb. 17.22 a–c Undifferenziertes Karzinom mit spindelzelligem Wachstumsmuster. a,b Spindelzellige Morphologie der Tumorzellen mit sarkomatoidem Wachstumsmuster. c Immunhistochemische Expression der Tumorzellen für das Panzytokeration MNF116
Welche Rolle die Mikrosatelliteninstabilität (MSI) in der Karzinogenese des Gallenblasenkarzinoms spielt, ist noch nicht ausreichend geklärt. Die Angaben über
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die Häufigkeit beim Gallenblasenkarzinom variieren zwischen 0 und 40 % [73]. Neuere Daten geben diese mit 7,8 % an [73]. Auch in intestinalen Metaplasien der Gallenblase und intraepithelialen Neoplasie können Mikrosatelliteninstabilitäten nachgewiesen werden. Diese treten in 33 % intestinaler Metaplasien und in 84 % intraepithelialer Neoplasien auf. Darüber hinaus wurde eine hohe Assoziation zwischen einer globalen DNAMethylierung und dem Verlust der DNA-Reparaturgene beschrieben. Diese soll vor allem bei Patienten mit anatomischen Varianzen des pankreatikohepatobiliären Abflusses auftreten. Eine Assoziation zu einem Lynch-Syndrom besteht jedoch nicht. Das Vorliegen bzw. Fehlen von Mikrosatelliteninstabilitäten ist dabei unabhängig von Tumordifferenzierung, Tumorstadium und Gesamtüberleben [73]. Die Untersuchung verschiedener Adhäsionsmoleküle zeigte, dass bei Gallenblasenkarzinomen, die eine Invasion in die Subserosa aufweisen, die Expression von den α-, β- und γ-Cateninen sowie von E-Cadherin abnahm bzw. in 30 % der Fälle nicht mehr nachweisbar war [78, 169]. Der zytoplasmatische und nukleäre Nachweis von β-Catenin in Gallenblasenkarzinomen soll mit einer besseren Prognose der Patienten einhergehen [31, 169]. β-Catenin-Mutationen wurden in 57–63 % aller tubulären Adenome, vorwiegend vom Pylorustyp, gefunden und in 0–9 % aller Adenokarzinome [126]. Eine Überexpression der Adhäsionsmoleküle N-Cadherin und P-Cadherin wird in 55–53 % aller Gallenblasenkarzinome beschrieben und weist eine Assoziation zu einem größeren Primärtumor, fortgeschrittener Karzinominvasion und Lymphknotenmetastasen auf [170]. Die Überexpression von MUC1 geht in Gallenblasenkarzinomen ebenfalls mit einem fortgeschrittenen Tumorstadium und schlechterem Überleben einher. Während in 78 % der Gallenblasenkarzinome eine MUC1-Überexpression nachweisbar ist, findet sich diese in normaler Gallenblasenschleimhaut nicht [56]. Gene der Angiogenese wie Thrombospondin 1, Cyclooxygenase-2 oder VEGF-A sowie Zellzyklusregulatoren wie Cyclin E und Cyclin D1 sind nicht nur in Gallenblasenkarzinomen überexprimiert, sondern ebenfalls in intraepithelialen Neoplasien oder Adenomen. In Karzinomen geht diese Überexpression meist mit dem erhöhten Risiko einer Gefäßinvasion, dem Vorliegen von Lymphknotenmetastasen und somit einem fortgeschrittenen Tumorstadium sowie einer schlechteren Prognose einher [58, 101]. Für VEGF-A wird darüber hinaus auch eine Assoziation zum histologischen Grading beschrieben [59, 90, 101]. Epigenetische Veränderungen wie aberrante DNAPromotorhypermethylierung finden sich nicht nur in Gallenblasenkarzinomen, sondern zeigen ebenfalls eine Akkumulation in der Entstehung von Metaplasien der Gallenblasenschleimhaut auf dem Boden einer chronischen Cholezystitis [149]. Zu den häufigsten durch
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Abb. 17.23 a–d Undifferenziertes Karzinom mit melanozytären Eigenschaften. a,b Kleinere basophile Tumorzellen ohne erkennbare Liniendifferenzierung mit untermischten melanomähnlichen pig-
mentierten Tumorzellen. c Immunhistochemische Expression der Tumorzellen für das Panzytokeratin MNF116. d Immunhistochemische Expression der Tumorzellen für S100
eine DNA-Hypermethylierung inaktivierten Tumorsuppressorgenen in der Karzinogenese der Gallenblase gehören p16, APC, MGMT, hMLH1, RARbeta 2 und p73. Sie treten in ca. 72 % aller Gallenblasenkarzinome und in 28 % aller chronischen Cholezystiden auf [72, 149].
invasion, bei der sich die Gefahr von Lungenmetastasen erhöht. Eine Portalveneninvasion hingegen begünstigt die Ausschwemmung von Tumorzellen in verschiedene Leberlappen. Ähnlich wie duktale Adenokarzinome des Pankreas zeigen auch Adenokarzinome der Gallenblase sehr häufig eine Perineuralscheideninvasion. Ob über diesen Weg eine weitere Ausbreitung in zahlreiche regionäre Nervenplexus und schließlich in Nervenplexus entlang der Aorta möglich ist, konnte noch nicht eindeutig geklärt werden. Die regionären Lymphknoten sind die hilären Lymphknoten entlang des D. choledochus, der A. hepatica, der Vv. portae und des D. cysticus sowie die zöliakalen Lymphknoten und Lymphknoten entlang der A. mesenterica superior (s. Tab. 17.2; [27]). In ca. 50 % aller Patienten mit einem Gallenblasenkarzinom sind in diesen Lymphknoten schon bei Erstdiagnose des primären Karzinoms Lymphknotenmetastasen nachweisbar. Eine Untersuchung von 111 Gallenblasenkarzinomen
TNM-Klassifikation. Gallenblasenkarzinome wachsen nach Invasion der Schleimhaut und der muskulären Wandschicht in das perimuskuläre Bindegewebe ein (Tab. 17.2; [27]). Je nach primärem Entstehungsort in der Gallenblase, leberabgewandte oder leberzugewandte Seite, perforieren sie die Lamina serosa oder infiltrieren die Leber. Erst in späterem Stadium kommt es zu einer Invasion von Nachbarorganen wie den extrahepatischen Gallengängen, Magen, Duodenum, Pankreas oder Kolon. Nach einem Serosadurchbruch kommt es häufig zu Peritonealmetastasen, die sich bei jedem 4. Obduktionsfall nachweisen lassen [40]. Bei einer Infiltration der Leber besteht das Risiko einer Venen-
Tumoren der Gallenblase
Kapitel 17
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Tab. 17.2 TNM-Klassifikation von Tumoren der Gallenblase [27]. Die Klassifikation gilt nur für Karzinome der Gallenblase (ICD-O C23.9) und des Ductus cysticus (ICD-O C24.0). Histologische Diagnosesicherung und Unterscheidung nach Lokalisation ist erforderlich TNM: Klinische Klassifikation T – Primärtumor TX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
Kein Anhalt für Primärtumor
Tis
Carcinoma in situ
T1
Tumor infiltriert Schleimhaut oder muskuläre Wandschicht
T1a
Tumor infiltriert Schleimhaut
T1b
Tumor infiltriert muskuläre
T2
Tumor infiltriert perimuskuläres Bindegewebe, aber keine Ausbreitung jenseits der Serosa oder in die Leber T2a
Tumor infiltriert perimuskuläres Bindegewebe auf der peritonealen Seite, aber keine Ausbreitung jenseits der Serosa
T2b
Tumor infiltriert perimuskuläres Bindegewebe auf der Leberseite, aber keine Ausbreitung in die Leber
T3
Tumor perforiert Serosa (viszerales Peritoneum) und/oder infiltriert direkt die Leber und/oder ein(e) Nachbarorgan/-struktur, z. B. Magen, Duodenum, Kolon, Pankreas, Netz, extrahepatische Gallengänge
T4
Tumor infiltriert Stamm der V. portae oder der A. hepatica oder infiltriert zwei oder mehr Nachbarorgane/-strukturen
N – Regionäre Lymphknoten NX
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
N1
Metastasen in 1 bis 3 regionären Lymphknoten
N2
Metastasen in 4 oder mehr regionären Lymphknoten
M – Fernmetastasen M0
Keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
pTNM: Pathologische Klassifikation Die pT- und pN-Kategorien entsprechen den T- und N-Kategorien pN0
Regionäre Lymphadenektomie und histologische Untersuchung üblicherweise von 6 oder mehr Lymphknoten
Stadiengruppierung Stadium 0
Tis
N0
M0
Stadium IA
T1a
N0
M0
Stadium IB
T1b
N0
M0
Stadium IIA
T2a
N0
M0
Stadium IIB
T2b
Stadium IIIA
T3
N0
M0
Stadium IIIB
T1, T2, T3
N1
M0
Stadium IVA
T4
N0, N1
M0
Stadium IVB
Jedes T
N2
Stadium IVB
Jedes T
Jedes N
M1
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konnte die Lymphknoten entlang des D. choledochus als die am häufigsten befallenen identifizieren [151]. Lymphknotenmetastasen in den peripankreatischen, periduodenalen und um die A. mesenterica superior lokalisierten Lymphknoten wurden in pT3/pT4-Tumoren signifikant häufiger gefunden als in pT1/pT2-Tumoren. Bei der Obduktion von Patienten mit Gallenblasenkarzinomen liegt die Rate von Lymphknotenmetastasen bei mehr als 80 % [40]. Hämatogene Metastasen finden sich am häufigsten in Leber und in der Lunge. Seltener betroffen sind Skelettsystem, Nieren und Nebennieren. Sehr selten lassen sich Metastasen in Haut, Herz, Milz und Zentralnervensystem nachweisen [40]. Klinik, Verlauf und Prognose. Etwa 50 % der Gallenblasenkarzinome werden als Zufallsbefund in einem Cholezystektomiepräparat gefunden. Die betroffenen Patienten weisen oft unspezifische Symptome auf, die der chronischen Cholezystitis bei Cholezystolithiasis ähneln. Sonografische Auffälligkeiten wie eine Wandverdickung von > 3 mm, eine vermehrte Vaskularisierung oder eine Porzellangallenblase sind Veränderungen, die als malignomsuspekt gelten. Weniger als 1 % der Patienten mit einem Gallenblasenkarzinom können paraneoplastische Syndrome aufweisen, die sich als erste Symptome eines Gallenblasenkarzinoms äußern können [154]. Zu diesen paraneoplastischen Syndromen gehören die Acanthosis nigricans, das bullöse Pemphigoid, das Leser-Trélat-Zeichen, eine Dermatomyositis und das Guillain-Barré-Syndrom [154]. Unter allen Karzinomen des Gallengangsystems weist das Gallenblasenkarzinom die schlechteste Prognose mit dem geringsten medianen Überleben auf. Die mittlere Überlebensrate beträgt 6 Monate und die 5-JahresÜberlebensrate 5 % [73]. Dies ist zum einen auf ein aggressives biologisches Verhalten zurückzuführen, zum anderen auf fehlende sensitive Screening-Methoden zur Früherkennung, so dass die meisten Patienten bei Diagnosestellung bereits ein fortgeschrittenes Tumorstadium aufweisen. Nur bei 10 % aller Patienten mit einem Gallenblasenkarzinom ist die Cholezystektomie als kurativer Eingriff anzusehen [79]. Dies gilt insbesondere für Patienten mit einem frühen Tumorstadium. Die 5-Jahres-Überlebensrate bei einem T1-Karzinom beträgt über 95 %. Bei T2-Karzinomen liegt diese bei 70 % und bei T3-Karzinomen, also Karzinomen, die das viszerale Peritoneum perforieren und andere Organe infiltrieren, bei 0 % [73]. Auch die Wahrscheinlichkeit der Metastasierung erhöht sich wie bei jedem anderen Tumor mit der Zunahme des Tumorwachstums und der Tumorausdehnung. Die Progression eines T2-Karzinoms zu einem T4-Karzinom geht mit einem erhöhten Risiko einer Fernmetastasierung von 16–79 % einher, das Risiko von Lymphknotenmetastasen beträgt 33– 69 % [73].
Tumoren der extrahepatischen Gallengänge Tumoren bzw. prämaligne Läsionen der extrahepatischen Gallengänge gehen vom auskleidenden Epithel des rechten und linken D. hepaticus, des D. hepaticus communis oder des D. choledochus aus. Tumoren des D. cysticus werden den Tumoren der Gallenblase zugeordnet.
Benigne epitheliale Tumoren und prämaligne Läsionen der extrahepatischen Gallengänge In Analogie zur Gallenblase und zu den intrahepatischen Gallengängen zählen zu den benignen epithelialen Neoplasien und prämalignen Läsionen der extrahepatischen Gallengänge Adenome, biliäre intraepitheliale Neoplasien (BilIN), intraduktale papilläre Neoplasien (IPN) und muzinöse zystische Neoplasien (MCN), die sich in ihrer Prävalenz, jedoch nicht in ihrer Morphologie von denen anderer Lokalisationen unterscheiden. Während biliäre intraepitheliale Neoplasien (BilIN) und intraduktale papilläre Neoplasien (IPN) häufig in Assoziation zu einem Karzinom stehen, sind im Vergleich dazu Adenome der extrahepatischen Gallengänge extrem selten. Auch sie werden wie in der Gallenblase in fünf Subtypen unterteilt (Adenom vom Pylorustyp, vom intestinalen Typ, vom foveolären Typ, vom biliären Typ und vom onkozytären Typ).
Biliäre intraepitheliale Neoplasien Die biliären intraepithelialen Neoplasien (BilIN) des extrahepatischen Gallengangs sind klinisch, morphologisch und immunhistochemisch denen der intrahepatischen Gallengänge und der Gallenblase gleich.
Intraduktale papilläre Neoplasien Intraduktale papilläre Neoplasien (IPN) der Gallengänge, die früher auch als biliäre Papillomatose bezeichnet wurden, gelten derzeit als das biliäre Gegenstück zu den intraduktalen papillär-muzinösen Neoplasien (IPMN) des Pankreas. Das Erkrankungsalter für intraduktale papilläre Neoplasien (IPN) liegt zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr, sie können aber auch in jüngeren Jahren auftreten. Zu finden sind sie meistens in Ländern Ostasiens wie Korea, Taiwan und Japan. In
Tumoren der Gallenblase
a
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b
Abb. 17.24 a,b Intraduktale papilläre Neoplasie (IPN) vom intestinalen Typ mit hochgradiger intraepithelialer Neoplasie. Exophytisches Wachstum papillärer Strukturen mit intestinaler Dif-
ferenzierung und hochgradigen intraepithelialen Neoplasien. Der Tumor bleibt auf die Mukosa beschränkt, keine Wandinfiltration des Gallengangs
Abb. 17.25 Intraduktale papilläre Neoplasie (IPN) vom biliären Typ mit hochgradiger intraepithelialer Neoplasie. Exophytisches Wachstum durch ein papillär (villös) proliferiertes Epithel mit hochgradigen Zell- und Kernpolymorphien. Kein infiltratives Wachstum
Abb. 17.26 Intraduktale papilläre Neoplasie (IPN) vom biliären Typ assoziiert mit einem Karzinom. IPN vom biliären Typ mit Übergang in ein schlecht differenziertes Adenokarzinom vom biliären Typ mit Infiltration des Gallengangs
diesen Ländern sind sie in 30 % mit einer Cholelithiasis und in 25 % mit einem Gallereflux vergesellschaftet. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen [147]. Makroskopisch sind IPN meist solitär, können aber auch multifokal auftreten und sich expansiv ausbreiten, wobei die Gallenblase und die intrahepatischen Gallengänge mit einbezogen werden können. Oft zeigt sich eine teils massive Dilatation der extrahepatischen Gallengänge durch ein exophytisches, in das Lumen gerichtetes Wachstum mit papillären intraduktalen Tumormassen, die zu Schleimansammlungen in den Lumina führen können. Diese Schleimansammlungen sind im Vergleich zu den intraduktalen papillär-
muzinösen Neoplasien des Pankreas (IPMN) jedoch seltener. Nach der aktuellen WHO-Klassifikation werden die IPN eingeteilt in: IPN mit niedriggradiger intraepithelialer Neoplasie, IPN mit hochgradiger intraepithelialer Neoplasie und IPN mit hochgradiger intraepithelialer Neoplasie assoziiert mit einem invasiven Karzinom (Abb. 17.24, 17.25 und 17.26; [160]). In Analogie zu den intraduktalen papillär-muzinösen Neoplasien des Pankreas werden ebenfalls vier histologische Subtypen unterschieden: ein biliärer Typ, der am häufigsten ist, ein intestinaler, ein gastrischer und ein onkozytärer Typ (s. Abb. 17.24 und 17.25). Sowohl der gastrische als auch der onkozytäre Typ sind sehr selten.
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Letzteres soll einem Subtyp des biliären Typs entsprechen. Im Gegensatz zu den IPMN des Pankreas sind IPN häufiger mit einem Karzinom vergesellschaftet. Dies gilt besonders für den biliären und onkozytären IPN-Subtyp [10]. Ein Großteil der IPN entsteht aus dem Gallengangepithel. Ein zweiter Typ des IPN soll aus den peribiliären Drüsen, die in der Wand oder im umgebenden Bindegewebe liegen, entstehen. Diese IPN-Variante weist eine zystische Dilatation, teils aneurysmatische oder divertikelartige Aussackung des Gallengangs auf. Es wird angenommen, dass dies dem pankreatischen SeitengangsIPMN entspricht. Mikroskopisch weist dieser IPN-Typ zystische und mikropapilläre Veränderungen der Epithelzellen der peribiliären Drüsen auf [119].
Maligne epitheliale Tumoren der extrahepatischen Gallengänge Definition. Nach der aktuellen TNM-Klassifikation werden Gallengangskarzinome in drei Gruppen unterteilt [27]. Zu ihnen gehören die intrahepatischen Gallengangskarzinome (intrahepatisches Cholangiokarzinom), die perihilären Gallengangskarzinome (sog. Klatskin-Tumoren) und die distalen Gallengangskarzinome. Für alle drei Tumorentitäten wurde in der aktuell gültigen TNM-Klassifikation eine eigenständige Tumorklassifikation erstellt. Perihiläre Karzinome sind definiert als Karzinome, die zwischen der Mündung des D. cysticus und den Ästen des rechten und linken Gallengangs auftreten, also im Bereich der Hepatikusgabel entstehen. Diese Tumoren wurden erstmals 1957 von Altemeier und dann 1965 von Klatskin, einem amerikanischen Internisten, als eigenständige Tumorentität beschrieben. Der Begriff des Klatskin-Tumors ist ausschließlich durch die anatomische Lokalisation an der Hepatikusgabel am Leberhilus definiert. Klinisch und makroskopisch werden sie nach der Klassifikation der französischen Chirurgen Bismuth und Corlette eingeteilt, die sich nur an der anatomischen Lage in Bezug auf die Hepatikusgabel bezieht und keine Infiltration in Nachbarstrukturen oder das Vorliegen von Lymphknoten- bzw. Fernmetastasen berücksichtigt [23]: – Typ I: Der Tumor betrifft den D. hepaticus communis distal der Bifurkation, jedoch nicht die Hepatikusgabel. – Typ II: Der Tumor betrifft die Bifurkation der Hepatikusgabel ohne Befall des rechten oder linken Gallengangs. – Typ III: Der Tumor betrifft die Bifurkation der Hepatikusgabel mit Befall des rechten (IIIa) oder des linken (IIIb) Gallengangs bis an die Segmentabgänge heran.
– Typ IV: Der Tumor betrifft die Bifurkation mit Befall sowohl des rechten als auch des linken Gallengangs mit Einbeziehung der Segmentabgänge oder diskontinuierlicher Tumorausbreitung. Anzumerken ist, dass der Typ I streng genommen kein Klatskin-Tumor ist, da die Hepatikusgabel nicht betroffen ist. Er wird aber von Chirurgen und Endoskopikern im Allgemeinen dazugerechnet. Distale Gallengangskarzinome sind Karzinome, die distal der Mündung des D. cysticus entstehen. Karzinome des D. cysticus werden den Gallenblasenkarzinomen zugeordnet. In etwa 15 % aller extrahepatischen Gallengänge treten diffuse, d. h. alle Abschnitte der Gallengänge infiltrierende Karzinome auf [18]. Epidemiologie. Gallengangskarzinome machen 3 % aller Tumoren des Gastrointestinaltrakts aus [109, 129]. Sie sind ca. 2- bis 9-mal seltener als die der Gallenblase und geht mit einer hohen Mortalität einher [18, 47]. Unter den Gallengangskarzinomen ist das perihiläre Karzinom (Klatskin-Tumor) das häufigste Karzinom der extrahepatischen Gallengänge. Es findet sich in 50 %. Das intrahepatische Cholangiokarzinom macht 8 % aus und das distale Gallengangskarzinom 42 % [129]. Die Inzidenz ist dabei seit über 30 Jahren nahezu gleich geblieben [98]. Bekannt ist eine ethnische Disposition für Menschen mit jüdischer und indigener Herkunft sowie für Koreaner und Japaner [10, 65, 129]. Die Inzidenz liegt in diesen ethnischen Gruppen bei etwa 7,5/100.000 Einwohner [75]. Männer sind von Karzinomen der extrahepatischen Gallengänge etwas häufiger betroffen als Frauen [146]. Das extrahepatische Gallengangskarzinom weist eine große Altersspanne zwischen 20 und 80 Jahren auf, was auf die unterschiedlichen ätiologischen Faktoren zuzuführen ist. Der Altersgipfel liegt jedoch um das 60. bis 70. Lebensjahr. Bei Patienten mit einer primär sklerosierenden Cholangitis findet sich das extrahepatische Gallengangskarzinom durchschnittlich wesentlich früher mit einem Erkrankungsalter um das 2. bis 3. Lebensjahrzehnt [129]. Ätiologie und Pathogenese. Die meisten Gallengangskarzinome treten sporadisch auf [129]. Gallensteine (Cholezystolithiasis) scheinen mit diesem Karzinomtyp weniger häufig assoziiert zu sein als mit Gallenblasenkarzinomen. Je jünger das beschriebene Kollektiv ist, desto geringer die Koinzidenz eines Gallensteinleidens [17]. Die starken geographischen Inzidenzschwankungen mit einem Maximum in Südostasien erklären sich durch die parasitäre Infektion mit den Leberegeln Clonorchis sinensis und Opisthorchis viverrini et felineus [10, 109, 129]. Die Larven des Leberegels reifen in den Gallenwegen aus und führen zu zystenartigen schleimgefüllten Erweiterungen der Gallengänge und über se-
Tumoren der Gallenblase
kundäre Infektionen zu Leberabszessen. Dies führt über die einfache regeneratorische Epithelhyperplasie zu intraepithelialen Neoplasien des Gallengangepithels und schließlich zur Ausbildung eines Karzinoms. Ein weiterer prädisponierender Faktor ist die primärsklerosierende Cholangitis (PSC), die in den westlichen Ländern den häufigsten Risikofaktor darstellt [10, 25, 42]. Die PSC ist eine progrediente Gallenwegserkrankung, die sich segmental oder diffus in den extra- und intrahepatischen Gallenwegen ausbreitet und durch Sklerosierung und Fibrose zu einer obliterierenden Gallengangsatrophie führt. In bis zu 70–100 % ist die PSC mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung assoziiert, wobei die meisten Patienten eine Colitis ulcerosa aufweisen. Die Lebererkrankung kann dabei der Darmerkrankung vorausgehen. Eine Korrelation zur Schwere der Darmerkrankung scheint nicht zu bestehen [95, 114]. In 10–20 % aller Patienten mit einer PSC finden sich Karzinome der extrahepatischen Gallenwege [20]. Das relative Risiko eines Patienten mit Colitis ulcerosa, ein Gallengangskarzinom zu entwickeln, ist im Vergleich zur Normalbevölkerung um das 31fache erhöht. Der Zeitraum zwischen Erstdiagnose der chronischentzündlichen Darmerkrankung und der Manifestation eines Gallengangskarzinoms liegt durchschnittlich zwischen 12 und 15 Jahren [17]. Gallenblasenkarzinome als Folge einer PSC sind dagegen sehr viel seltener [25, 42]. Als weitere Risikofaktoren gelten abnormale Mündungen der Gallengänge oder konnatale extrahepatische Gallengangszysten, von denen sich die häufigsten als spindelig-zystische Dilatationen des D. choledochus oder als Divertikel bzw. Choledochozelen darstellen. Bei ca. 2,5–15 % aller Erwachsenen mit Gallengangszysten treten Gallengangskarzinome auf [109]. Infolge des Refluxes von Pankreassäften kommt es zu ausgeprägten Entzündungen im Bereich der Zystenwand, die eine Lumenstenose bewirken und somit rezidivierende Cholangitiden mit rezidivierender Cholestase hervorrufen. Diese Entzündungsprozesse führen über eine regeneratorische Epithelhyperplasie zu Epithelatypien und schließlich zum Karzinom. Alkohol- und Nikotinabusus gelten als weitere Risikofaktoren, wobei die genauen Mechanismen nicht bekannt sind [17]. Einzelne Berichte konnten eine Assoziation mit der Einnahme oraler Kontrazeptiva zeigen. Ebenfalls prädisponierend scheint eine vorausgegangene Strahlentherapie zu sein [21]. Morphologie. Makroskopisch können Gallengangskarzinome in Tumoren mit solidem Wachstum, intraduktalem polypösen Wachstum, diffus infiltrierendem Wachstum und periduktalem nodulär, teils szirrhösem und Lumen verlegendem Wachstum unterschieden werden. Am häufigsten sind mit 65 % solide wachsende Karzinome. Ein intraduktales polypöses Wachstum findet sich in ca. 4 %. Ebenso weisen ca. 4 % aller Gallengangs-
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karzinome ein periduktales szirrhöses, Lumen verlegendes Wachstum auf. Eine Mischform aus intraluminalem polypösen und soliden Wachstum findet sich in ca. 25 % aller extrahepatischen Gallengangskarzinome [26]. Vor allen bei Karzinomen mit einem periduktalen szirrhösen Wachstum ist meist nur eine geringe Verdickung des Gallengangs sichtbar, wobei die oberflächliche Mukosa intakt erscheint. Andere Tumoren können als langstreckige, mehr oder weniger stark ausgeprägte Stenosen des Gallengangs imponieren, so dass die Abgrenzung von einer chronisch-fibrosierenden Entzündung des Gallengangs sowie die Einschätzung hinsichtlich Tumorgröße und Tumorausdehnung außerordentlich schwierig sein kann. Diffus infitrierende oder periduktal wachsende Karzinome breiten sich schnell in das Bindegewebe des Lig. hepatoduodenale aus und infiltrieren entlang der Gangstrukturen in die Leber. Bei vermeintlich kleinen Karzinomen findet sich deshalb bereits in über 50 % eine Leberinvasion. Nicht selten weisen Gallengangskarzinome eine diskontinuierliche Ausbreitung auf, die nicht nur nach proximal, also Richtung Leber ausgerichtet ist, sondern ebenfalls Richtung distal mit einer Invasion von Duodenum, Magen oder Pankreas. Mikroskopisch unterscheidet sich das Bild der Karzinome der extrahepatischen Gallengänge nicht von dem der Gallenblasenkarzinome (s. Tab. 17.1; [26]). In mehr als 80 % der Fälle handelt es sich um gut bis mäßig differenzierte Adenokarzinome [10, 109]. Am häufigsten liegen tubuläre oder papilläre Wachstumsmuster vor (Abb. 17.27). Typisch ist eine teilweise ausgeprägte desmoplastische Stromareaktion und schienenartige Ausbreitung entlang der Gallengänge. Schlecht differenzierte
Abb. 17.27 Gut differenziertes tubuläres Adenokarzinom des extrahepatischen Gallengangs. Das invasive Karzinom bildet Tubuli aus mit geringen Zell- und Kernpolymorphien. Die Gallengangsschleimhaut weist eine hochgradige biliäre intraepitheliale Neoplasie (BilIN-3) auf mit papillärem Wachstum
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Abb. 17.28 Schlecht differenziertes Adenokarzinom des extrahepatischen Gallengangs vom biliären Typ. Neoplastische tubuläre Drüsen mit hochgradiger Zell- und Kernpolymorphie
Karzinome weisen dagegen nicht selten ein mikropapilläres, strangförmiges oder trabekuläres Muster oder auch eine spindelzellige oder sarkomatoide Differenzierung auf (Abb. 17.28). Muzinöse Adenokarzinome kommen ebenfalls vor, insbesondere im Zusammenhang mit der Infektion durch Clonorchis sinensis (Abb. 17.29). Sehr seltene Subtypen sind Plattenepithelkarzinome, adenosquamöse Karzinome oder Siegelringzellkarzinome. In über 100 Jahren wurden in der Literatur nur 10 Fälle eines primären Plattenepithelkarzinoms der extrahepatischen Gallengänge beschrieben [59]. Ähnliches gilt für Siegelringzellkarzinome. Während die meisten Siegelringzellkarzinome der Gallenwege in der Gallenblase vorkommen, ist bisher nur über zwei Fälle eines Siegelringzellkarzinoms der extrahepatischen Gallengänge berichtet worden [89]. Weitere seltene Karzinome sind hellzellige, lymphoepitheliale und kleinzellige Karzinome oder Mukoepidermoidkarzinome. Darüber hinaus können auch Doppelkarzinome des ableitenden Gallengangsystems vorkommen. Die meisten Doppelkarzinome finden sich gemeinsam in der Gallenblase sowie in den extrahepatischen Gallengängen und nur vereinzelt synchron in unterschiedlichen Abschnitten der extrahepatischen Gallengänge. Diese Doppelkarzinome sind nahezu ausschließlich Adenokarzinome, aber auch Adenokarzinome mit einem synchronen Plattenepithelkarzinom können auftreten [171]. In Abhängigkeit der T-Kategorie weisen etwa 50 % der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits regionäre Lymphknotenmetastasen auf, die auf eine relativ häufige Lymphgefäßinvasion zurückzuführen ist. Eine Invasion in Perineuralscheiden findet sich wie bei Pankreaskarzinomen und Gallenblasenkarzinomen mit über 80 % ebenfalls sehr häufig, womit sich eine fortschreitende Ausdehnung des Karzinoms entlang nach-
Abb. 17.29 Schlecht differenziertes muzinöses Adenokarzinom des extrahepatischen Gallengangs mit Perineuralscheideninfiltration
geordneter Strukturen wie dem Plexus pancreaticus capitalis und weiterer paraaortaler Nervenplexus erhöht. Die nicht seltene Infiltration der Pfortader führt dabei zu Lebermetastasen. Molekularpathologische Veränderungen bei Karzinomen der extrahepatischen Gallengänge. Wie für andere Karzinome des Gastrointestinaltrakts wird für die Entstehung von Karzinomen der extrahepatischen Gallengänge eine Adenom-Karzinom-Sequenz angenommen. Am Anfang der Karzinogenese stehen chronisch entzündliche Prozesse, die über die Bildung von intraepithelialen Neoplasien zum Karzinom führen. Nicht selten sind mehrere oder langstreckige Bereiche der Gallengänge im Sinne einer Feldkanzerisierung mit involviert [109]. Verschiedene molekulare Signalwege, wie der MAP/ERK-Signalweg mit K-Ras, N-Ras, EGFR und B-Raf, oder der mTOR-Signalweg mit PIK3CA oder PTEN sind in die Karzinogenese von Tumoren der extrahepatischen Gallenwege involviert. Aber auch Gene der DNA-Reparatur und der Chromatinmodifkation wie BAP1 weisen aberrante Expressionen in extrahepatischen Gallengangskarzinomen und ihren Vorläuferläsionen auf [33, 99, 108, 171]. Frühe molekulare Veränderungen, die bereits in biliären intraepithelialen Neoplasien nachweisbar sind, betreffen p53, Cyclin D1 und p16 [109, 159]. Überexpressionen von iNOs und Cyclooxygenase-2 (COX2) finden sich als Folge eines chronisch-entzündlichen Prozesses [99]. K-Ras-Mutationen, die in bis zu 40 % auftreten können, und ein Verlust von SMAD4 liegen häufiger in distalen Gallengangskarzinomen als in Klatskin-Tumoren vor [10, 33, 99]. Eine Überexpression von Her2/neu ist im Vergleich zu Gallenblasenkarzinomen geringer und findet sich nur in 5–8 % [97, 109].
Tumoren der Gallenblase
Im Vergleich dazu scheinen Alterationen in den bisher bekanntesten und am häufigsten untersuchten Signalwegen der Tumorentstehung des Gastrointestinaltrakts in der Karzinogenese der intraduktalen papillären Neoplasien (IPN) der extrahepatischen Gallengänge eine eher untergeordnete Rolle zu spielen [140]. Dies gilt für K-Ras-Mutationen, ebenso wie für PIK3CA-Mutationen und den Verlust für SMAD4/DPC4 [10, 108, 140]. Eine Mikrosatelliteninstabilität liegt in ca. 10 % der IPN vor [10]. Keine Mutationen oder nur vereinzelte finden sich für IDH1/2, B-RAF und EGFR [140]. Die Prävalenz der beschriebenen genetischen Veränderungen scheint dabei in den IPN etwas häufiger zu sein als in den mit ihnen assoziierten Karzinomen [140]. TNM-Klassifikation. Die TNM-Klassifikation 2017 (Tab. 17.3 und 17.4) unterteilt die extrahepatischen Gallengangskarzinome in perihiläre und distale Formen [27]. Als Grenze zwischen beiden Tumoren gilt die Einmündung des D. cysticus. Das heißt, perihiläre Gallengangskarzinome sind in den extrahepatischen Gallengängen proximal bis zur Einmündung des D. cysticus lokalisiert, während distale Gallengangskarzinome distal der Einmündung des D. cysticus liegen [27]. In der T-Kategorie wurden anatomische Unterschiede in Bezug auf die Umgebungsstrukturen und die unterschiedliche Ausbreitung beider Tumorentitäten sowie der Tumorgröße bei den distalen Gallengangskarzinomen und der damit verbundenen Prognose berücksichtigt. Ein weiterer Unterschied zwischen den Tumorklassifikationen beider Gallengangskarzinome ist die Zuordnung lokoregionärer Lymphknoten und die Mindestanzahl der zu untersuchenden Lymphknoten (s. Tab. 17.3 und 17.4; [27]). Beim perihilären Gallengangskarzinom sind die lokoregionären Lymphknoten die hilären Lymphknoten entlang des D. choledochus, der A. hepatica communis, der V. portae und des D. cysticus sowie die pericholedochalen Lymphknoten im Lig. hepatoduodenale. Es wird empfohlen, mindestens 15 Lymphknoten zu untersuchen. Der Befall von mindestens einem Lymphknoten entspricht bereits einem fortgeschrittenen Tumorstadium, entsprechend eines UICC-Stadiums IIIC. Extrahepatische distale Gallengangskarzinome weisen als lokoregionäre Lymphknoten solche des D. choledochus, der A. hepatica, Lymphknoten des Truncus coeliacus, anteriore und posteriore pankreatikoduodenale Lymphknoten sowie Lymphknoten entlang der V. mesenterica superior und an der rechten lateralen Wand der A. mesenterica superior auf. Es sollten mindestens 12 Lymphknoten oder mehr histologisch untersucht werden. Ähnlich wie beim Pankreaskarzinom entspricht der Befall eines Lymphknotens bis drei Lymphknoten bei fehlenden Fernmetastasen einem UICC-Stadium IIB, wohingegen der Befall von vier oder mehr regionären Lymphknoten als fortgeschrittenes Tumorstadium mit einem UICC-Stadium mindestens IIIA eingeteilt wird [27].
Kapitel 17
Differentialdiagnose. Da extrahepatische Gallengangskarzinome als Leitsymptom eine Gallengangstenose aufweisen, müssen andere Erkrankungen, die mit einer benignen oder malignen Gallengangstenose einhergehen, differentialdiagnostisch abgeklärt werden. Benigne Erkrankungen, die mit einer Gallengangstenose einhergehen können, sind eine Pankreatitis, eine Cholangitis z. B. IgG4-assoziiert oder bei Choledocholithiasis, eine Papillenstenose, die meist funktionell nach Cholezystektomien auftreten kann, postoperative Gallengangstenosen oder eine primär-sklerosierende Cholangitis (PSC). Aber auch primäre benigne Tumoren des Gallengangs oder Kompressionen des Gallengangs von außen durch benigne Tumoren oder Entzündungsprozesse können zu einer Lumenverlegenung führen. Maligne Gallengangstenosen werden durch Karzinome des Pankreas, der Papille, der Gallenblase oder durch Metastasen und andere Tumoren wie z. B. Lymphome hervorgerufen. Da extrahepatische Gallengangskarzinome meist zum Zeitpunkt der Diagnose ein fortgeschrittenes Tumorwachstum mit Infiltration in Leber, Pankreas oder Ampulle aufweisen, kann die Abgrenzung bezüglich des Primärtumors erschwert sein. Hilfreich ist hier meist eine ausgedehnte Aufarbeitung des histologischen Präparats und/oder der Nachweis intraepithelialer Neoplasie in der tumorumgebenden Schleimhaut. In der Schnellschnittdiagnostik kann die Abgrenzung zwischen einer benignen Gallengangstenose und einem Gallengangskarzinom schwierig sein, insbesondere dann, wenn das Gallengangskarzinom eine ausgeprägte Desmoplasie aufweist oder eine entzündlich bedingte Wandverdickung des Gallengangs durch eine hochgradige Fibrose vorliegt, wie dies häufig bei einer PSC vorliegen kann. Richtungsweisend für die Karzinomdiagnose ist in solchen Fällen oftmals der Nachweis von Perineuralscheideninvasionen oder Karzinominfiltraten im umgebenden perimuskulären Fett‑/Bindegewebe. Klinik, Verlauf und Prognose. Anders als bei Patienten mit Gallenblasenkarzinomen tritt bei Patienten mit Karzinomen der extrahepatischen Gallengänge relativ früh ein meist schmerzloser Verschlussikterus auf, der schnell zunehmen kann und in 90 % das am häufigsten beobachtete Symptom ist [10, 23]. Ein solcher Ikterus tritt bereits auf, wenn der Tumor noch relativ klein ist. Andere Symptome bestehen aus Schmerzen im rechten oberen Quadranten, Übelkeit, Gewichtsverlust, Juckreiz, Anorexie und Erbrechen. Wenn zusätzlich eine Cholangitis auftritt, stehen Fieberschübe im Vordergrund [98]. Patienten mit einem Karzinom des D. choledochus oder des D. cysticus haben eine erweiterte und tastbare Gallenblase und auch ein deutlich erweitertes proximales Gallengangsystem. Präoperativ kann versucht werden, eine zytologische bzw. histopathologische Sicherung des Tumors durch eine Bürstenzytologie oder eine Biopsie bzw. die Kom-
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Tab. 17.3 TNM-Klassifikation der Tumoren der perihilären Gallengänge [27]. Die Klassifikation gilt für Karzinome der extrahepatischen Gallengänge in perihilärer Lokalisation (sog. Klatskin-Tumoren) eingeschlossen Tumoren des Ductus hepaticus dexter, sinister und communis. Perihiläre Cholangiokarzinome sind in den extrahepatischen Gallengängen proximal bis zur Einmündung des Ductus cysticus lokalisiert TNM: Klinische Klassifikation T – Primärtumor TX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
Kein Anhalt für Primärtumor
Tis
Carcinoma in situ
T1
Tumor auf Gallengang beschränkt mit Ausdehnung bis in die muskuläre Schicht oder die fibröse Schicht
T2a
Tumor infiltriert jenseits des Gallenganges in das benachbarte Weichgewebe
T2b
Tumor infiltriert das benachbarte Leberparenchym
T3
Tumor infiltriert unilaterale Äste der V. portae oder A. hepatica
T4
Tumor infiltriert den Hauptast der V. portae oder bilaterale Äste oder die A. hepatica communis oder Äste 2. Ordnung bilateral oder unilaterale Äste 2. Ordnung des Gallengangs mit Infiltration von kontralateralen Ästen der V. portae oder A. hepatica
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N – Regionäre Lymphknoten
12
NX
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
13
N0
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
N1
Metastasen in 1 bis 3 regionären Lymphknoten
N2
Metastasen in 4 oder mehr regionären Lymphknoten
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M – Fernmetastasen M0
Keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
pTNM: Pathologische Klassifikation Die pT- und pN-Kategorien entsprechen den T- und N-Kategorien pN0
Regionäre Lymphadenektomie und histologische Untersuchung üblicherweise von 15 oder mehr Lymphknoten
Stadiengruppierung
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Stadium 0
Tis
N0
M0
Stadium I
T1
N0
M0
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Stadium II
T2a, T2b
N0
M0
23
Stadium IIIA
T3
N0
M0
Stadium IIIB
T4
N0
M0
Stadium IIIC
Jedes T
N1
M0
25
Stadium IVA
Jedes T
N2
M0
26
Stadium IVB
Jedes T
Jedes N
M1
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27 28
Tumoren der Gallenblase
Kapitel 17
593
Tab. 17.4 TNM-Klassifikation der Tumoren der distalen extrahepatischen Gallengänge [27]. Die Klassifikation gilt für Karzinome der extrahepatischen Gallengänge, die distal der Einmündung des Ductus cysticus lokalisiert sind. Karzinome des Ductus cysticus werden unter den Gallenblasenkarzinomen klassifiziert TNM: Klinische Klassifikation T – Primärtumor TX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
Kein Anhalt für Primärtumor
Tis
Carcinoma in situ
T1
Tumor infiltriert die Wand des Gallengangs bis 5 mm oder weniger
T2
Tumor infiltriert die Wand des Gallengangs mehr als 5 mm aber nicht mehr als 12 mm
T3
Tumor infiltriert die Wand des Gallengangs mehr als 12 mm
T4
Tumor infiltriert den Truncus coeliacus, die A. mesenterica superior und/oder die A. hepatica communis
N – Regionäre Lymphknoten NX
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
N1
Metastasen in 1 bis 3 regionäre Lymphknoten
N2
Metastasen in 4 oder mehr regionäre Lymphknoten
M – Fernmetastasen M0
Keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
pTNM: Pathologische Klassifikation Die pT- und pN-Kategorien entsprechen den T- und N-Kategorien pN0
Regionäre Lymphadenektomie und histologische Untersuchung üblicherweise von 12 oder mehr Lymphknoten
Stadiengruppierung Stadium 0
Tis
N0
M0
Stadium I
T1
N0
M0
Stadium IIA
T1
N1
M0
T2
N0
M0
T2
N1
M0
T3
N0, N1
M0
Stadium IIIA
T1, T2, T3
N2
M0
Stadium IIIB
T4
Jedes N
M0
Stadium IV
Jedes T
Jedes N
M1
Stadium IIB
bination aus beiden zu erreichen. Die Sensitivität der Bürstenzytologie für die Diagnose eines Gallengangskarzinoms beträgt durchschnittlich zwischen 30 und 72 %, wohingegen die Spezifität mit fast 100 % deutlich höher ist [25, 115, 150, 153]. Ähnlich wie bei Karzino-
men der Gallenblase zeigen Patienten mit Karzinomen der extrahepatischen Gallengänge selten paraneoplastische Syndrome. Die Diagnose eines Gallengangskarzinoms wird wie beim Gallenblasenkarzinom in der Regel in einem
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I. Tischoff, A. Tannapfel, C. Wittekind
fortgeschrittenen Tumorstadium (UICC-Stadium III oder IV) gestellt. Nur ca. 25–50 % aller Patienten können kurativ einer Operation unterzogen werden. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt für diese Patienten 20–45 % [23, 98]. Ist ein Karzinom allein auf die Gallengangwand beschränkt, liegt die 10-Jahres-Überlebensrate durchschnittlich 21 % [10, 36]. Karzinome mit papillärem Wachstumsmuster haben eine bessere Prognose als zum Beispiel Karzinome, die mit einer intraduktalen papillären Neoplasie assoziiert sind, da Letztere häufiger metastasieren [10, 98]. Aber auch gut differenzierte Karzinome oder Tumoren mit einem umschriebenen, in das Lumen gerichteten Wachstum haben eine bessere Prognose als diffus infiltrierende Karzinome [109, 144]. Lymphgefäß- und Perineuralscheideninvasionen, die häufig auftreten, gelten als signifikante prognostische Faktoren [10]. Den größten prognostischen Wert hat jedoch das Vorliegen von Lymphknotenmetastasen, die sich in 50 % aller resektablen extrahepatischen Gallengangskarzinome finden, zusammen mit dem R-Status [19, 27, 107]. Der Nachweis von Karzinominfiltraten am Resektionsrand geht mit einer deutlich schlechteren Prognose einher als bei R0-resezierten Karzinomen, so dass eine intraoperative Schnelldiagnostik angestrebt werden sollte, um eine R0-Situation zu erreichen. Das mediane Überleben und die 5-Jahres-Überlebensrate liegen für Patienten mit R0-reseziertem Karzinom durchschnittlich zwischen 27 und 58 Monaten bzw. zwischen 27 und 45 % [98]. Im Vergleich dazu sinkt die mediane Überlebensrate bzw. die 5-Jahres-Überlebensrate bei Nachweis von Karzinominfiltraten an den Resektionsrändern auf 12–21 Monate bzw. auf 0–23 % [98]. Das Vorliegen biliärer intraepithelialer Neoplasien (BilIN) am Gallengangresektionsrand entspricht zwar per definitionem einem R0-Status, dennoch geht der histologische Nachweis von BilIN am Resektionsrand in Abhängigkeit des Primärtumors mit einer unterschiedlichen Prognose einher. Niedriggradige (BilIN-1/2) biliäre intraepitheliale Neoplasien am Gallengangresektionsrand scheinen dabei von keiner prognostischen Relevanz zu sein. Beim Vorliegen hochgradiger biliärer intraepithelialer Neoplasien (BilIN-3), hat sich bei fortgeschrittenen Gallengangskarzinomen gezeigt, dass sie keinen Einfluss auf das postoperative Überleben des Patienten haben. Anders wurde dies für BilIN-3 am Gallengangresektionsrand bei Gallengangskarzinomen im Frühstadium (nodal-negative, auf den Gallengang begrenzte Karzinome) beschrieben. Dies soll mit einem erhöhten Risiko eines Lokalrezidivs einhergehen und das postoperative Überleben der Patienten verkürzen [85, 152].
Andere seltene Tumoren der Gallenblase und der extrahepatischen Gallengänge Neuroendokrine Neoplasien (NEN) Neuroendokrine Neoplasien (NEN) können sowohl in der Gallenblase als auch in den extrahepatischen Gallengängen vorkommen, sind aber insgesamt in diesen Lokalisationen selten [9, 26, 83]. Sie finden sich häufiger in der Gallenblase als in den extrahepatischen Gallengängen. Sie werden in Analogie zu neuroendokrin differenzierten Neoplasien anderer Lokalisationen ebenfalls in gut, mäßig und schlecht differenzierte neuroendokrine Tumore (NET G1 vs. NET G2 vs. NET G3) und schlecht differenzierte neuroendokrine Karzinome (NEC, G3) vom großzelligen oder kleinzelligen Subtyp eingeteilt [26, 94]. Davon abzugrenzen sind die gemischten neuroendokrinen-nichtneuroendokrinen Neoplasien, sog. MiNEN („mixed neuroendocrine-nonneuroendocrine neoplasias“), die auch als MANEC („mixed adeno-neuroendocrine carcinoma“) bezeichnet werden. Da sich aber nicht nur Adenokarzinomanteile finden können, sondern z. B. auch Adenome, Anteile von Plattenepithelkarzinomen oder undifferenzierten Karzinomen, empfiehlt es sich, den Begriff MiNEN zu verwenden (s. Tab. 17.1; [26, 94]). Die Kriterien des Gradings unterscheiden sich dabei nicht von denen anderer neuroendokrin differenzierter Tumoren des Gastrointestinaltrakts. Neuroendokrin differenzierte Tumoren der Gallenblase und Gallengänge können im Rahmen eines vonHippel-Lindau-(VHL-)Syndroms und multipler neuroendokriner Neoplasien Typ 1 (MEN1) vorkommen [111, 143].
Neuroendokrine Tumoren Neuroendokrine Tumoren (NET) der Gallenblase und der extrahepatischen Gallengänge entstammen den diffusen neuroendokrinen Zellen der Schleimhaut der Gallengänge. Sie werden in Abhängigkeit von ihrer Mitoserate/Proliferationsrate in gut differenzierte neuroendokrine Tumoren (NET G1; Karzinoid), mäßig differenzierte neuroendokrine Tumoren (NET G2) und schlecht differenzierte neuroendokrine Tumoren (NET G3) eingeteilt [27, 94]. Im Vergleich zu neuroendokrinen Tumoren der Appendix oder des Ileums sind neuroendokrine Tumoren dieser Lokalisation extrem selten. Sie machen weniger als 1 % aller NET des Gastrointestinaltrakts aus [83]. Typischerweise entstehen sie subepithelial und infiltrieren später die Lamina muscularis propria [67, 83]. Die oberflächliche Schleimhaut kann dabei intakt bleiben, so dass der Tumor zumeist als Zufallsbefund bei der histologischen Untersuchung von
Tumoren der Gallenblase
Cholezystektomiepräparaten entdeckt wird [122, 128]. Wie in anderen Lokalisationen sind sie makroskopisch kleine, derbe, umschriebene Tumoren, die meistens kleiner als 2 cm im Durchmesser sind und eine grau-weiße oder gelbe Schnittfläche aufweisen [83, 116]. Multifokale Tumoren sind eher selten. In den extrahepatischen Gallengängen können neuroendokrine Tumoren ein infiltratives Wachstum aufweisen, so dass sie mit einem invasiven Karzinom verwechselt werden können [83]. Mikroskopisch sind sie aus kleinen Zellen mit einem vorwiegend eosinophilen Zytoplasma und gleichförmigen runden Kernen aufgebaut. Die Tumorzellen werden von einem fibrösen, teilweise hyalinen Stroma umgeben, das für die feste Konsistenz der Tumoren verantwortlich ist. Die Zellen sind in Nestern, Strängen oder Trabekeln angeordnet und können tubuläre oder pseudoglanduläre Strukturen ausbilden. Bei den NET der Gallengänge kann man häufig eine Perineuralscheideninvasion beobachten. Die meisten NET sind argentaffin und bilden Serotonin, so dass es im Falle von Lebermetastasen häufig zu einem Karzinoidsyndrom kommen kann. NET können auch andere Peptidhormone bilden, die sich immunhistochemisch funktionell klassifizieren lassen. Man kann Gastrinome, Somatostatinome, Insulinome und andere unterteilen. NET besitzen als langsam wachsende, allerdings relativ frühzeitig metastasierende Tumoren eine bessere Prognose als Adenokarzinome der Gallenblase und der Gallengänge [83, 133]. Metastasen finden sich dabei in den regionären Lymphknoten und in der Leber. Das Risiko eines aggressiveren Verhaltens bzw. einer Metastasierung ist meist abhängig von der Tumorgröße. Während kleine NET zwischen 0,3 und 0,5 cm im Durchmesser fast nie metastasieren, findet sich bei NET, die größer als 2 cm im Durchmesser sind, ein höheres Risiko für eine Ausbreitung in die Leber oder für Metastasen [83]. Bei NET der Gallenblase ist in ca. 44 % der Fälle mit regionalen Metastasen zu rechnen und in ca. 11 % mit Fernmetastasen. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt durchschnittlich 41 %. Bei etwa einem Drittel aller Patienten mit einem NET der extrahepatischen Gallengänge liegen bereits Metastasen zum Zeitpunkt der Diagnose vor [83]. Differentialdiagnostisch müssen die gut, mäßig und schlecht differenzierten neuroendokrinen Tumoren von schlecht differenzierten neuroendokrinen Karzinomen (NEC, G3) abgegrenzt werden. Die Unterscheidung zwischen einem primären neuroendokrinen Tumor der Gallenblase und der Gallengänge von Metastasen eines neuroendokrinen Tumors anderer Lokalisation kann Schwierigkeiten bereiten, da sich neuroendokrin differenzierte Tumoren der Gallenblase und der Gallenwege vom histologischen Bild her nicht von denen anderer Lokalisation unterscheiden. Dabei sollte immer das klinische Bild mit herangezogen werden. Hilfreich für die Zuordnung eines Primärtumors der Lunge, des Pan-
Kapitel 17
kreas oder des Kolorektums kann eine immunhistochemische Untersuchung unter Verwendung von TTF1 (Lunge), ISLET1 (Pankreas) bzw. CDX2 (Kolorektum) und SATB2 (Kolorektum) sein, wobei jedoch ca. 40 % aller nichtpulmonalen neuroendokrin differenzierten Tumoren eine TTF1-Expression aufweisen können oder der für die Lokalisation spezifische Marker nicht nachweisbar sein kann.
Neuroendokrine Karzinome (NEC, G3) Neuroendokrine Karzinome (NEC) der Gallenblase und der extrahepatischen Gallengänge werden ebenfalls in schlecht differenzierte neuroendokrine Karzinome vom großzelligen bzw. kleinzelligen Subtyp eingeteilt [26, 160]. Sie sind in diesen Lokalisationen sehr selten. In den extrahepatischen Gallengängen wurden bisher etwas mehr als 20 Fälle in der Literatur beschrieben. Die Mehrheit bilden dabei neuroendokrine Karzinome vom kleinzelligen Subtyp [139]. Diese finden sich ebenfalls in der Gallenblase häufiger als in den extrahepatischen Gallengängen [83]. Darüber hinaus sind Männer häufiger betroffen als Frauen. Das mittlere Patientenalter liegt bei 67,2 Jahren [139]. Mikroskopisch unterscheiden sich weder der kleinzellige noch der großzellige Typ von denen anderer Lokalisationen. Nicht selten können in der tumorumgebenden Schleimhaut hochgradige biliäre intraepitheliale Neoplasien (BilIN-3) vom intestinalen Typ auftreten. Beim großzelligen Subtyp können sich auch Anteile eines gut differenzierten Adenokarzinoms finden, wobei dieses aber meist nicht mehr 10–20 % des Gesamttumors einnimmt [83, 139]. Die Prognose für neuroendokrine Karzinome der Gallenblase und der extrahepatischen Gallengänge ist sehr schlecht. Etwa 40–50 % aller Patienten weisen zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits ein fortgeschrittenes Tumorstadium auf [83, 139].
Gemischte neuroendokrine-nichtneuroendokrine Neoplasien (MiNEN) Tumoren, die gleichzeitig eine neuroendokrine und nichtneuroendokrine Differenzierung aufweisen, werden als gemischte neuroendokrine-nichtneuroendokrine Neoplasien, sog. MiNEN bezeichnet [26, 94, 160]. Am häufigsten finden sich Adenokarzinome in Kombination mit einem neuroendokrinen Tumoranteil, die auch als MANEC bekannt ist, wie beim Becherzellkarzinoid (Abb. 17.30 und 17.31). Sie unterscheiden sich dabei weder vom klinischen Verlauf noch durch die Symptomatik
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a
b
Abb. 17.30 a,b Becherzellkarzinoid des extrahepatischen Gallengangs. Konzentrische Ausbreitung der Tumorzellen bis in die Mukosa der Gallengangsschleimhaut. Das Lumen des Gallengangs ist erhalten
von Adenokarzinomen [83]. Neben Adenokarzinomanteilen können mitunter auch Plattenepithelkarzinomformationen nachweisbar sein. Der neuroendokrine und nicht neuroendokrine Anteil sollte für die Diagnose eines MiNEN mindestens 30 % ausmachen [83]. Zu beachten ist jedoch, dass in nicht wenigen Adenokarzinomen immer wieder neuroendokrin differenzierte Zellen vorkommen, so dass die Diagnose eines gemischten neuroendokrinen Adenokarzinoms sehr zurückhaltend gestellt werden sollte. In Einzelfällen sind in der Gallenblase auch tubuläre Adenome vom Pylorusdrüsentyp in Kombination mit gut differenzierten neuroendokrinen Tumoren beschrieben worden [13].
Mesenchymale Tumoren Mesenchymale Tumoren der Gallenblase und der extrahepatischen Gallengänge sind sehr selten. Sie können sowohl benigne als maligne sein und sind häufig Zufallsbefunde, z. B. bei einer Cholezystektomie. Prinzipiell können benigne oder maligne Tumoren aller vom Mesenchym stammenden Zellkompartimente in der Gallenblase und den Gallenwegen auftreten. Zu ihnen gehören z. B. Leiomyome oder Leiomyosarkome ebenso wie Hämangiome oder Lymphangiome [105, 158]. Lipome sollten von lipomatösen Hyperplasien, die in der Wand von Gallenblasen als Zufallsbefund häufiger zu beobachten sind, abgegrenzt werden. Einzelfallberichte beschreiben Osteome, Angiosarkome oder undifferenzierte pleomorphe Sarkome (frühere Bezeichnung: malignes fibröses Histiozytom) und primäre gastrointestinale Stromatumoren (GIST) [13, 105]. Das Leiomyosarkom ist das häufigste Sarkom der Gallenblase [15].
Sarkome treten vorwiegend bei Frauen im höheren Älter auf und haben eine schlechte Prognose [15]. Bei jüngeren Patienten und Kindern finden sich vorwiegend Rhabdomyosarkome oder im Rahmen einer multiplen endokrinen Neoplasie (MEN) vom Typ 2b eine diffuse Ganglioneuromatose [15, 105]. Bei Patienten mit einer Neurofibromatose Typ 1 können diffuse oder plexiforme Neurofibrome auftreten [105]. Differentialdiagnostisch müssen vor allem Sarkome mit spindelzelligem Wachstumsmuster von undifferenzierten Karzinomen bzw. Karzinosarkomen, spindelzelligen Plattenepithelkarzinomen und malignen Melanomen abgegrenzt werden.
Granularzelltumor Der Granularzelltumor ist ein gutartiger mesenchymaler Tumor, der zwar überall im Körper vorkommen kann, am häufigsten jedoch im Mund-Kiefer-Bereich gefunden wird. Nach heutiger Auffassung leitet er sich von Schwann-Zellen ab und gilt somit als neurogener Tumor. Weniger als 1 % aller bisher beschriebenen Granularzelltumoren fanden sich im Bereich der extrahepatischen Gallengänge. Allerdings ist dieser Tumor der häufigste benigne, nichtepitheliale Tumor des galleableitenden Systems [105, 167]. In den bisher etwa 55 beschriebenen Fällen fand sich eine Lokalisation am häufigsten im D. choledochus (50 %), im D. cysticus (37 %), D. hepaticus (15 %) und schließlich in der Gallenblase (4 %) [44, 137]. Granularzelltumoren im Bereich der extrahepatischen Gallengänge können dabei auch multipel auftreten [105]. Am häufigsten kommt der Granularzelltumor bei älteren farbigen Frauen vor [44].
Tumoren der Gallenblase
a
b
Kapitel 17
Die klinische Symptomatik ist abhängig von der Lage des Tumors im Bereich der Gallengänge. Neben einem Verschlussikterus oder einer Hepatomegalie können rechtsseitige Oberbauchbeschwerden auftreten [77]. Ein Tumor im Bereich der Gallenblase oder des D. cysticus kann zu einer Mukozele bzw. einem Gallenblasenempyem führen [168]. Präoperativ gelingt die Abgrenzung gegenüber malignen Tumoren der extrahepatischen Gallengänge nur schwer [48]. Granularzelltumoren der Gallenblase sind daher zumeist Zufallsbefunde nach histologischer Untersuchung von Cholezystektomiepräparaten [168]. Makroskopisch handelt es sich um feste, meistens schlecht abgrenzbare Tumoren oder Knötchen mit gelblicher Schnittfläche, zumeist kleiner als 2 cm im Durchmesser [167]. Mikroskopisch ist der Tumor aus großen, ovalären oder runden hellen Zellen mit einem feingranulären, eosinophilen, PAS-positiven, diastaseresistenten Zytoplasma aufgebaut. Die Tumorzellen sind in Clustern angeordnet und von einem zarten bindegewebigen Stroma umgeben. Granularzelltumoren des Gallengangs können zu einer proliferativen Mitreaktion des Oberflächenepithels im Sinne einer papillären „pseudokarzinomatösen“ Hyperplasie führen [167]. Elektronenmikroskopisch besitzen die Tumorzellen dichte Lysosomen, in denen Myelinvorstufen nachgewiesen werden können [167]. Immunhistochemisch zeigen die Tumorzellen zumeist eine deutliche Positivität gegenüber S-100 und α-Inhibin auf [105, 110]. Eine histologische Besonderheit der Granularzelltumoren ist das Wachstum um kleine Nervenscheiden herum und das lokoregionäre „pseudoinvasive“ Vordringen in Lymphknoten. Es handelt sich dabei um ein lokal verdrängendes und nichtinfiltratives Wachstum [137]. Maligne Granularzelltumoren sind extrem selten; weniger als 2 % aller Granularzelltumoren sind maligne. Sie weisen ein sehr aggressives Verhalten und eine schlechte Prognose auf [160].
Paragangliom
c Abb. 17.31 a–c Becherzellkarzinoid des extrahepatischen Gallengangs. a Submuköses Wachstum ohne Infiltration der Mukosa. Die Mukosa weist eine hochgradige biliäre intraepitheliale Neoplasie (BilIN-3) auf. b Neoplastische Becherzellen mit Paneth’schen Körnerzellen und nur geringen Atypien. c Immunhistochemische Expression der Tumorzellen für Synaptophysin
Paragangliome, früher auch als Chemodektome bezeichnet, sind Tumoren, die von den Chemorezeptoren innerhalb der Schleimhaut der Gallengänge ausgehen. Sie werden dem sympathischen Nervensystem zugeordnet und nach topographischen Gesichtspunkten klassifiziert. Paragangliome der Gallenblase bzw. Gallenwege sind sehr selten und können vereinzelt im Rahmen eines MEN-Syndroms auftreten [50, 105]. Am häufigsten findet man Paragangliome normalerweise im Bereich der Karotisgabel. Obwohl histologisch bis heute keine eindeutigen Malignitätskriterien festgelegt wurden, metastasieren sie bis zu 10 %.
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I. Tischoff, A. Tannapfel, C. Wittekind
Makroskopisch handelt es sich um kleine, weiche, scharf begrenzte Tumoren mit bräunlicher Schnittfläche in der Subserosa oder der Muscularis propria. In wenigen Fällen können sie eine Tumorgröße von 3–4,5 cm im Durchmesser erreichen und pedunkuliert an der Serosa der Gallenblase anhaften oder als schwammartige Verdickung der Gallenblasenwand imponieren [106, 165]. Mikroskopisch zeigen sich lobulär angeordnete hyperplastische Hauptzellen, die argyrophil sind. Die Zellen liegen dabei häufig dicht benachbart von kleinen Blutgefäßen und Nerven [46]. Immunhistochemisch zeigt sich eine Expression für Chromogranin und Synaptophysin. Außerdem findet man dazwischenliegende, immunhistochemisch S-100-positive Sustentakularzellen. Eine Zytokeratinexpression fehlt [45, 105].
Rhabdomyosarkom Rhabdomyosarkome der Gallengänge sind bei Erwachsenen extrem seltene Tumoren. In der Literatur sind weniger als 30 Fälle dokumentiert [16]. Dabei findet sich meist ein undifferenzierter, pleomorpher Subtyp. Im Kindesalter sind embryonale (botryoide) Rhabdomyosarkome die häufigsten malignen Tumoren der Gallengänge, auch wenn sie in dieser Lokalisation insgesamt sehr selten sind [16, 105]. Sie haben im Vergleich zu Rhabdomyosarkomen des Erwachsenenalters eine bessere Prognose [15]. Makroskopisch handelt es sich um unscharfe Tumoren von weicher Konsistenz und grau-roter Schnittfläche. Mikroskopisch bestehen sie neben mäßig zellreichen mesenchymalen Anteilen aus myxoiden Arealen. Innerhalb der undifferenzierten, myxoid-mesenchymalen Grundsubstanz befinden sich retikulär, teilweise synzytial angeordnete Tumorzellen. Diese besitzen einen spindelförmigen, manchmal rundlichen, eosinophilen, PAS-positiven Zytoplasmaleib [15]. Diagnostisch richtungsweisend für ein Rhabdomyosarkom ist der Nachweis von Rhabdomyoblasten, die als bipolare Spindelzellen mit gelegentlicher zytoplasmatischer myofilamentärer Querstreifung auftreten. Immunhistochemisch zeigt sich eine starke Expression von Markern muskulärer Differenzierung wie Desmin oder Myo-D.
Lymphome Primäre Lymphome der Gallenblase und der extrahepatischen Gallengänge sind eine absolute Rarität. 0,1– 0,2 % aller Gallenblasentumoren sind Lymphome [80]. Der Beweis, dass es sich um ein primäres Lymphom der Gallenblase oder des extrahepatischen Gallengangs
handelt, ist allerdings schwierig, wenn nicht gar unmöglich, insofern es sich nicht um einen isolierten Herd dieser Lokalisation handelt. Alle bisher beschriebenen Lymphome der Gallenblase und der extrahepatischen Gallengänge sind nahezu ausschließlich Non-HodgkinLymphome der B-Zell-Reihe, die vornehmlich als Zufallsbefunde bei einer Cholezystektomie vorzufinden waren oder sich als Gallengangstenose präsentierten [51, 121]. Es handelt sich dabei meist um diffus großzellige B-Zell-Lymphome oder um sog. MALT-Lymphome, also extranodale Marginalzonenlymphome, die als niedrigmalignes B-Non-Hodgkin-Lymphom ihren Ursprung im mukosaassoziierten lymphatischen Gewebe finden [35, 76, 80, 121]. Prinzipiell kann aber auch jede andere indolente oder aggressive Lymphomentität sowohl der B-Zell-Reihe als auch der T-Zell-Reihe auftreten. Klinisch präsentieren sich Patienten mit einem Gallenblasenlymphom meist mit Zeichen der Cholezystitis, diese kann teilweise einer akuten Cholezystitis ähneln. Es kann aber auch ein Gallenblasenempyem nachweisbar sein. Nicht selten finden sich vor allem bei MALTLymphomen Gallenblasensteine. Darüber hinaus liegt eine erhöhte Prävalenz bei Frauen vor [80, 97]. Bei Lymphomen der Gallengänge weisen die Patienten Symptome einer Gallengangstenose auf. Aufgrund des häufigeren (sekundären) Befalls des Gallengangsystems im Rahmen einer Generalisierung sollte ein Lymphom dieser Lokalisation erst dann als primäres Lymphom gelten, wenn andere Lokalisationen klinisch sicher ausgeschlossen sind. Bei einem sekundären Befall von Gallenblase und der extrahepatischen Gallengänge finden sich die Lymphominfiltrate meist in den lokoregionären Lymphknoten und eher seltener in den Wandabschnitten des Gallengangsystems. Sind die Gallengänge betroffen, liegt meist eine diffuse Infiltration der Schleimhaut bzw. der Gallenblasenwand vor, was bildmorphologisch und makroskopisch als unregelmäßige Wandverdickung imponieren kann (Abb. 17.32). Des Weiteren kann es insbesondere bei Lymphomen mit „Angiotropismus“ oder im Rahmen der Generalisierung durch Lymphominfiltrate zu einer „Verstopfung“ kleiner arterieller Gefäße der Gallengänge mit Auftreten konsekutiver Nekrosen der Schleimhaut und Wandung kommen.
Maligne Melanome Melanozyten kommen als Zellen des diffusen neuroendokrinen Systems prinzipiell überall im Körper in unterschiedlicher Anzahl vor. Daher ist die Entstehung maligner Melanome grundsätzlich auch in den Schleimhäuten des Gastrointestinaltrakts inklusive der Gallen-
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Abb. 17.32 a,b Infiltrate eines Marginalzonenlymphoms in der Gallenblasenwand. a Lymphominfiltrate in der Tunica muscularis und
im perimuskulären Fett‑/Bindegewebe. b Monomorphe kleinere neoplastische lymphoide Infiltrate
blase möglich. In der Literatur wurden etwa 20 Fälle von primären malignen Melanomen der Gallenblase beschrieben [157]. Maligne Melanome können sowohl solitär als auch multipel in der Gallenblase auftreten. Da aber auch Metastasen in der Gallenblase in Einzelfällen als solitärer polypöser Tumor in Erscheinung treten können, ist die Abgrenzung zu einem primären malignen Melanom schwierig. Hilfreich kann dabei der Nachweis einer junktionalen Aktivität des malignen Melanoms in der Gallenblasenschleimhaut sein, was eher für einen Primärbefall spricht [63, 74]. Darüber hinaus sollte anamnestisch ein malignes Melanom anderer Lokalisation wie z. B. der Haut oder der Uvea sicher ausgeschlossen sein. Klinisch ist eine präoperative Diagnosestellung nahezu unmöglich [93]. Zum Zeitpunkt der Primärdiagnose ist in der überwiegenden Zahl der Fälle bereits mit Metastasen zu rechnen [63]. Makroskopisch imponieren maligne Melanome als große polypöse Raumforderungen innerhalb des Gallenblasenlumens. Die Tumoren können bis 7 cm groß werden und sowohl im Fundus als auch im Halsbereich der Gallenblase auftreten [93]. Die Schnittfläche ist meist bunt in Abhängigkeit von Pigmentierung, Nekrosen und Einblutungen. Mikroskopisch unterscheiden sich primäre maligne Melanome der Gallenblase nicht von denen anderer Lokalisation. Es zeigen sich noduläre Infiltrate aus polymorphen und hyperchromatischen epitheloiden und globoiden Zellformationen. Aber auch spindelige Tumorzellen können auftreten. Der Pigmentgehalt ist unterschiedlich. Zeichen der Regression können vorkommen [157]. Eine junktionale Aktivität kann nur in etwa 30 % der Fälle beobachtet werden, wobei aufgrund der nicht seltenen starken entzündlichen Reaktion und
der dadurch bedingten oberflächlichen Schleimhautulzeration eine junktionale Aktivität schwer abgrenzbar sein kann [63].
Sekundäre Tumoren in der Gallenblase und der extrahepatischen Gallengänge Sekundäre Tumoren der Gallenblase und der Gallengänge sind selten, in der Regel asymptomatisch und werden meistens als Zufallsbefund bei einer Obduktion festgestellt. Dabei können die Tumoren direkt in die Gallenblase oder -gänge einwachsen oder im Rahmen einer peritonealen Metastasierung auftreten. Die Primärtumoren sind meistens im Abdominalbereich lokalisiert, am häufigsten im Magen, Pankreas, Ovar und Kolorektum. Peritonealmetastasen von Mammakarzinomen mit sekundärer Beteiligung der Gallenblase oder -gänge sind seltener [49, 74]. Primärtumoren, die häufig in die Gallenblase bzw. in die extrahepatischen Gallengänge direkt einwachsen sind hepatozelluläre Karzinome und intrahepatische Cholangiokarzinome, eher seltener Pankreaskarzinome, Magenkarzinome oder Kolonkarzinome. Besonders hepatozelluläre Karzinome können breitflächig die Gallenblasenschleimhaut infiltrieren, so dass makroskopisch nicht immer eindeutig entschieden werden kann, von welchen Strukturen der Primärtumor ausgeht. Im Falle schlecht differenzierter Adenokarzinome oder undifferenzierter Karzinome kann mitunter auch mikroskopisch der Ausgangspunkt nicht immer festgelegt werden. Hepatozelluläre Karzinome können als weitere Form zapfenförmig in den extrahepatischen Anteil des D. hepaticus dexter oder sinister einwach-
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a Abb. 17.33 a,b Solitäre Metastase eines Nierenzellkarzinoms in der Gallenblasenschleimhaut. a Die Metastase ist scharf auf die Gallenblasenschleimhaut begrenzt und wölbt sich polypös in das Gallen-
b blasenlumen vor. b Charakteristisches hellzelliges Zytoplasma mit geringen Zell- und Kernpolymorphien und Einblutungen
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Abb. 17.34 a,b Metastase eines Mammakarzinoms in der Gallenblasenwand. a Diffuse Infiltration eines Mammakarzinoms in der
Gallenblasenwand. b Immunhistochemischer Nachweis einer nukleären GATA3-Expression der Karzinomzellen
sen. Diese Art der Ausbreitung hepatozellulärer Karzinome ist jedoch wesentlich seltener als eine Invasion der Pfortader. Hämatogene Metastasen in den Schleimhäuten der Gallenblase sind extrem selten und wurden bei malignen Melanomen, Lungen‑, Ösophagus‑, Nierenzellund Mammakarzinomen beschrieben (Abb. 17.33, 17.34, 17.35; [60, 74, 112]). Derartige hämatogene Metastasen kommen einzeln oder multipel vor. Sie wachsen zunächst als kleine Knötchen z. B. in der Submukosa, ulzerieren bei Größenzunahme die Schleimhaut und bilden manchmal polypöse Strukturen aus, die makroskopisch an ein primäres Gallenblasenkarzinom denken lassen.
Am häufigsten finden sich Metastasen von malignen Melanomen in der Gallenblase. Sie machen 50–66 % aller dort vorkommenden Metastasen aus [32, 38, 74]. Das Intervall zwischen der Diagnose des Primärtumors und dem Auftreten von Metastasen in der Gallenblase kann zwischen 3 und 13 Jahren variieren. Der Durchschnittswert liegt bei 5,8 Jahren, aber auch eine Spätmetastasierung nach über 19 Jahren kann vorkommen [55]. Metastasen in der Gallenblase sind in der Regel mit Lebermetastasen vergesellschaftet.
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Abb. 17.35 a,b Lymphangiomatosis carcinomatosa eines Mammakarzinoms in der Gallenblasenwand. a Zellkomplexe eines Mamma-
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I. Tischoff, A. Tannapfel, C. Wittekind
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Ampulla Vateri 18
I. Tischoff, C. Wittekind, A. Tannapfel
Inhalt Fehlbildungen und Zysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610
Nichtinvasive pankreatikobiliäre papilläre Neoplasie 614
Funktionsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610
Flache Dysplasien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615
Traumen und Blutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610
Maligne epitheliale Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615
Entzündungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610
Karzinome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615
Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611
Neuroendokrine Neoplasien (NEN) . . . . . . . . . . . . . . 621
Benigne epitheliale Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612
Andere seltene Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627
Intestinal-differenziertes Adenom . . . . . . . . . . . . . . . . 612
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_18
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I. Tischoff, C. Wittekind, A. Tannapfel
Definition. Die Ampulla Vateri (benannt nach ihrem Erstbeschreiber, dem Wittenberger Anatomen Abraham Vater, im 18. Jahrhundert) oder auch Vater’sche Papille, Papilla duodeni Vateri oder Papilla duodeni major stellt eine prominente Schleimhautfalte dar, in die der gemeinsame Ausführungsgang des Galle- und Pankreasgangs mit einem Schließmuskel, dem Sphincter Oddi, mündet. Sie ist definiert als die gesamte Pars intestinalis der Ductus-choledochus-Ductus-pancreaticus-Mündung, die in der hinteren seitlichen Wand der Pars descendens des Duodenums liegt. Über den Sphincter Oddi wird die Abgabe von Galle bzw. Sekret aus dem Pankreas in das Duodenum reguliert.
Fehlbildungen und Zysten Fehlbildungen der Vater’schen Papille sind sehr selten. Das Fehlen des Papillendachs (Tektumaplasie) ist lediglich in Einzelfällen beschrieben worden. Die dystope Lage der Papille in der Pars horizontalis caudalis des Duodenums oder das Vorhandensein von drei statt einer Öffnung auf Höhe der Papilleneinmündung ist ebenfalls sehr selten [12, 35]. Kombinierte Fehlbildungen betreffen nicht nur die Papille, sondern zumeist auch weitere Abschnitte des Gallengangsystems, wie z. B. eine abnorme Lage, eine Atresie bei Choledochuszysten oder abknickende Verläufe des terminalen Gangstücks [35]. Periampulläre Zysten schließen angeborene und erworbene Zysten ein. Angeboren sind enterogene Zysten der Duodenalwand, Duplikaturen oder Divertikel [12]. Nicht selten sind demgegenüber erworbene Pseudozysten nach Pankreatitis. Choledochoduodenale Fisteln sind zumeist iatrogen als Folge einer Choledochusrevision bei Cholezystektomien oder Papillotomien zu beobachten [12, 35].
Funktionsstörungen Funktionsstörungen der Vater’schen Papille treten durch eine Dysfunktion des Musculus sphincter Oddi auf, die als Sphincter-Oddi-Dysfunktion (SOD) bezeichnet wird [7]. Sie entsteht durch eine Dyskinesie des Spincter Oddi, bei der es zu spastischen Verkrampfungen des Muskels bis hin zur Sphinkterstenose kommt. Folge der Dysfunktion ist die Retention von Galle im Gallengang bzw. von Pankreasflüssigkeit innerhalb des Pankreasgangs mit einem erhöhten Risiko für eine akute Pankreatitis [2]. Ursächlich für die Dysfunktion sind ein erhöhter Sphinkterdruck im biliären oder pankreatischen Teil im Sinne einer funktionellen Dyskinesie oder chronisch-entzündliche Prozesse an der Papille [2, 7, 20]. Die SOD kann in jedem Alter beobachtet werden, am häufigsten findet sie sich jedoch bei Frauen zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr [2].
Sie tritt beim Postcholezystektomiesyndrom oder nach endoskopischer Sphinkterotomie auf [2]. Sie wird ebenfalls bei Patienten mit Reizdarm beobachtet [8, 13]. Weiterhin geht man davon aus, dass die SOD in ca. 72 % Ursache der bisher als idiopathisch bezeichneten akuten Pankreatitis ist [2, 20, 39] Darüber hinaus soll eine Assoziation zur Gallenblasenagenesie, präoperativer Cholelithiasis, Gallensteinlithotripsie, Lebertransplantation und Alkoholabusus bestehen [2].
Traumen und Blutungen Relevante, d. h. transfusionsbedürftige Blutungen sind in etwa 1 % nach endoskopischer Papillotomie zu beobachten und damit 5- bis 10-mal seltener als die PostERCP-Pankreatitis oder die aszendierende Cholangitis. Die Vater’sche Papille wird aus Gefäßabgängen der A. retroduodenalis versorgt, die in seltensten Fällen Blutungsquelle sein kann [12, 35]. Ein Papillenausriss nach stumpfem Bauchtrauma ist in Einzelfällen beobachtet worden.
Entzündungen Die akute und chronische Entzündung der Papillenschleimhaut tritt in aller Regel als eine sekundäre Mitbeteiligung bei papillennahen Duodenalulzerationen, bei Choledocholithiasis oder bei akuter und chronischer Pankreatitis auf [12, 35]. Eine Beteiligung des oberen Gastrointestinaltrakts bei Morbus Crohn oder eine primär sklerosierende Cholangitis (PSC) können ebenfalls zu einer Papillitis führen. In Endemiegebieten können Würmer und Parasiten wie Askarien eine Inflammation der Papille auslösen. Eine Mitbeteiligung der Papille im Rahmen von Autoimmunerkrankungen des Pankreas oder der Gallengänge ist ebenfalls möglich. Dies kann z. B. bei der Diagnosestellung einer IgG4-assoziierten Pankreatitis oder IgG4-assoziierten Cholangiopathie hilfreich sein. Die akute Papillitis, z. B. nach Steinabgang, kann in eine chronische Form übergehen, die schließlich zu einer Papillensklerose führt. Eine Papillitis stenosans liegt dann vor, wenn die Entzündung die letzten 1–1,5 cm des D. choledochus betrifft und letztendlich zur narbigen Stenose des Papillenostiums führt [35]. Genaue Häufigkeitsangaben zur Papillitis sind schwer zu erheben [35]. In Autopsiestudien finden sich bei etwa 1 % aller Obduzierten „schwere Formen“ einer Papillitis. Werden Patienten wiederum aufgrund eines Verschlussikterus bioptiert, können in etwa 60 % der Fälle relevante Entzündungen beobachtet werden. Generell besitzt die geringe akute oder auch chronische Papillitis jedoch keinen eigenständigen Krankheitswert [12].
Ampulla Vateri Tab. 18.1 WHO-Klassifikation der Tumoren der Ampulla Vateri. (modifiziert nach [9, 30, 43]) Tumorentität
Kapitel 18 Tab. 18.1 (Fortsetzung) Tumorentität
ICD-O-M Code
Epitheliale Tumoren Prämaligne Neoplasien
611
ICD-O-M Code
Großzelliger Subtyp
8013/3
Kleinzelliger Subtyp
8041/3
8144/0
Gemischte neuroendokrine-nichtneuro endokrine
Tubuläres Adenom
8211/0
Neoplasien (MiNEN)
Tubulovillöses Adenom
8263/0
EC-Zell, Serotonin-produzierender NET
8241/3
Villöses Adenom
8261/0
Somatostatin-produzierender NET
8156/3
Gangliozytische Paragangliom
8683/0
Intestinal differenziertes Adenom
Nichtinvasive pankreatikobiliäre papilläre Neoplasie mit niedriggradiger Dysplasie
8163/0
mit hochgradiger Dysplasie
8163/2
Sessile Dysplasie, niedriggradig
8213/0
Sessile Dysplasie, hochgradig
8213/2
Karzinome Adenokarzinom
8140/3
intestinaler Typ
8144/3
pankreatikobiliärer Typ
8163/3
Adenosquamöses Karzinom
8560/3
Hellzelliges Karzinom
8310/3
Hepatoides Adenokarzinom
8576/3
Invasives papilläres Adenokarzinom
8260/3
Muzinöses Adenokarzinom
8480/3
Siegelringzellkarzinom
8490/3
Plattenepithelkarzinom
8070/3
Undifferenziertes Karzinom
8020/3
Undifferenziertes Karzinom mit Osteoklasten-ähnlichen Riesenzellen
8035/3
Neuroendokrine Neoplasien Gut differenzierte neuroendokrine Neoplasien
8154/3
Mesenchymale Tumoren Sekundäre Tumoren
Mikroskopisch findet sich bei endoskopisch vorliegender moderater bis schwerer Papillitis ein lymphozytäres und granulozytäres Entzündungszellinfiltrat der Papillenschleimhaut mit Ödem, Hyperämie, Erosion bis hin zur Ulzeration [35]. Dem stadienhaften Entzündungsverlauf folgen dann Granulationsgewebsbildung und Vernarbung mit mehr oder weniger ausgeprägter regeneratorischer Epithelhyperplasie. Es kann zu Zottenverklebungen, Synechien mit Retentionszystenbildung kommen. Als Folge der chronischen Entzündung und der damit verbundenen möglichen intraluminären Druckerhöhung können muskuläre Proliferationen entstehen sowie regenerierende Drüsen, die von glattmuskulären Proliferaten umschlossen werden und eine adenomyomatöse Hyperplasie hervorrufen [12, 35]. Schließlich führt die Fibrose sowohl der Schleimhaut als auch der Muskulatur zur Papillensklerose mit einem unterschiedlich ausgeprägten klinischen Korrelat [12, 35]. Mit zunehmendem Lebensalter können eine Schleimhauthyperplasie bzw. eine Adenomyose ohne ein relevantes Entzündungszellinfiltrat auftreten [35]. Die Adenomyose mit Entzündung und regeneratorischer Schleimhauthyperplasie kann mikroskopisch Schwierigkeiten bei der Abgrenzung eines Adenoms bzw. einer intraepithelialen Neoplasie bereiten.
Neuroendokriner Tumor (NET) NET G1
8240/3
NET G2
8249/3
NET G3
8249/3
Schlecht differenzierte neuroendokrine Neoplasien Neuroendokrines Karzinom (NEC)
Tumoren Die Tumoren der ampullären Region werden seit der WHO-Klassifikation des Jahres 2019 mit den Neoplasien des Dünndarms in einem Kapitel gemeinsam abgehandelt (Tab. 18.1; [43]). Es wird empfohlen, die Ade nomterminologie der WHO 2019 zu übernehmen, den
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Begriff der „intraepithelialen Neoplasie“ zu verlassen und durch den der „Dysplasie“ zu ersetzen.
Benigne epitheliale Tumoren Benigne epitheliale Tumoren der ampullären Region sind selten und machen weniger als 10 % aller ampullären Tumoren aus [26]. Zu den benignen epithelialen Tumoren zählen die intestinal differenzierten Adenome, die die häufigsten benignen Tumoren der ampullären Region mit 95 % darstellen, sowie nichtinvasive pankreatikobiliäre papilläre Neoplasien mit niedrig- bzw. hochgradiger und flache intraepitheliale Neoplasie neben niedrig- und hochgradigen sessilen Dysplasien (s. Tab. 18.1; [4, 5, 9, 43]). Darüber hinaus empfiehlt die WHO-Klassifikation 2019 Dysplasien, die in Assoziation mit einer chronischentzündlichen Darmerkrankung im Dünndarm und damit potentiell auch in der Ampulla Vateri vorkommen, in niedrig- und hochgradige Dysplasien einzuteilen.
Intestinal-differenziertes Adenom Epidemiologie. Adenome des Dünndarms sind relativ selten. 45 % der Adenome entstehen im Ileum, 35 % im Jejunum, die übrigen 20 % im Duodenum, hier überwiegend mit bis ca. 80 % in der Ampulla Vateri [5]. Etwa 10 % aller „Duodenalpolypen“ sind echte Adenome. Sie machen etwa 0,1–0,2 % aller Tumoren des Gastrointestinaltrakts aus [31]. Die Inzidenz in Autopsiestudien
beträgt 0,04–0,12 % [5, 35]. Frauen sind im Verhältnis 2,6:1 häufiger betroffen als Männer. Der Altersdurchschnitt liegt bei 61 Jahren mit einer Spannbreite von 33 bis 87 Jahren [9, 35]. Patienten mit einer familiären Polyposis (FAP) oder anderen hereditären Polyposissyndromen (z. B. Lynch-Syndrom) sind generell früher betroffen [4, 5, 9, 35]. Ätiologie und Pathogenese. Sichere ätiologische Faktoren, die zur Entstehung von Adenomen der Ampulla Vateri führen, sind bisher nicht identifiziert worden. Eine genetische Suszeptibilität bei Patienten mit FAP und Lynch-Syndrom ist jedoch gegeben [4, 5, 9, 34, 35, 41]. Die Prävalenz von Adenomen der Ampulla Vateri bei Patienten mit FAP liegt zwischen 50 und 95 %, das lebenslange Risiko nahezu bei 100 % [9, 34]. Adenome der Ampulla Vateri werden bei FAP-Patienten generell später symptomatisch, durchschnittlich 10–15 Jahre nach Kolektomie [4, 5]. Screening-Untersuchungen zeigen jedoch, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt asymptomatische Adenome vorhanden sind [4, 5, 34, 35]. Das Duodenum kann bei FAP-Patienten in Analogie zum Kolorektum multiple Adenome aufweisen [4, 5, 41]. Die Blindbiopsie der Ampulla Vateri bei FAPPatienten ohne sichtbares Adenom zeigt nicht selten bereits „Vorläuferläsionen“ im Sinne von hyperplastischen Krypten. Daher empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten in ihren Leitlinien bei FAP das endoskopische Screening der Papille in 3-jährigem Abstand, bei Nachweis eines Adenoms Polypektomie und Kontrolluntersuchungen in jährlichem Abstand. Wie die Adenom-Karzinom-Sequenz des kolorektalen Karzinoms gilt auch die Adenom-Karzinom-Se-
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a Abb. 18.1 a,b Intestinal-differenziertes tubuläres Adenom mit niedriggradiger Dysplasie: Tubuläre Architektur der neoplastischen Drüsen mit geringen Zell- und Kernpolymorphien. Das Vorliegen
b von Becherzellen und Paneth’schen Körnerzellen zeigt eine ähnliche Morphologie auf wie die Krypten des Dünndarms bzw. des Kolorektums
Ampulla Vateri
Kapitel 18
quenz der Ampulla Vateri heute als gesichert. Nahezu alle Adenokarzinome der ampullären Region zeigen residuelle Adenomanteile [9, 12, 34, 35]. Die Sequenz der malignen Transformation der Ampulla Vateri wird durch eine Akkumulation genetischer Alterationen begleitet. Während in Adenomen bereits K-ras- oder APCGenmutationen beschrieben werden, fehlen bei sporadischen Fällen offensichtlich Alterationen von p53 oder Mikrosatelliteninstabilitäten [4, 11, 18, 21, 37]. Morphologie. Makroskopisch sind sporadische intestinal-differenzierte Adenome 1–3 cm groß und von weicher Konsistenz. Sie entstehen aus dem intestinalen Epithel, das die Papille auskleidet, so dass sie sich in das Duodenallumen vorwölben [4, 5]. Seltener sind intraampulläre Adenome, die lediglich eine Papillenprotrusion verursachen [9, 12, 35]. Die Schleimhaut ist bei diesen Adenomen meist intakt, die bioptische Abklärung kann daher sehr schwierig sein kann. Selbst intraoperativ kann ihre Auffindung Probleme bereiten, da eine palpatorische Abgrenzung zur Duodenalwand aufgrund ihrer weichen Konsistenz erschwert ist. Adenome können in jedem Abschnitt der papillären Region entstehen. Dazu gehören die Oberfläche der Papille, die von Duodenalschleimhaut bedeckt ist, die Transitionalschleimhaut innerhalb der Papille und die terminalen Abschnitte des Gallen- und des Pankreasgangs. Mikroskopisch werden in Analogie zu Adenomen des Kolorektums tubuläre, villöse und tubulovillöse Adenome voneinander unterschieden. Die Graduierung des Dysplasiegrades erfolgt in niedrig- und hochgradig [9, 43]. Tubuläre Adenome weisen ein polypoides Wachstum auf und besitzen tubulär konfigurierte, verzweigte Drüsen, die die basalen Abschnitte der Krypten imitieren. Das auskleidende atypische Zylinderepithel zeigt ovaloide, basal angeordnete hyperchromatische Zellkerne (Abb. 18.1 und 18.2). Villöse Adenome (frühere Bezeichnung: papilläre Adenome) sind sessil, größer als tubuläre Adenome, villös aufgebaut und können kleinere pseudopapilläre Strukturen ausbilden (Abb. 18.3). Die Zylinderepithelverbände erstrecken sich zottenartig zur Oberfläche. Je nach Differenzierungsgrad ist eine Schleimbildung möglich. Sie weisen vermehrt hochgradige Dysplasien auf und sind häufiger mit invasiven Karzinomen vergesellschaftet als tubuläre Adenome [9]. Tubulovillöse Adenome sind sowohl aus tubulären als auch aus villösen Anteilen aufgebaut, wobei jede Struktur etwa 25 % des gesamten Adenoms einnehmen sollte (Abb. 18.4). Die Wahrscheinlichkeit der malignen Transformation der Adenome zu Karzinomen liegt zwischen 45 und 63 % und ist bei tubulovillösen Adenomen am größten (Abb. 18.5; [4, 5]).
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c Abb. 18.2 a–c Intestinal-differenziertes tubuläres Adenom mit niedriggradiger Dysplasie (a), immunhistochemische Expression für CK20 (b), immunhistochemische Expression für CDX2 (c)
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Cholezystitis, Oberbauchbeschwerden oder Anämie aufgrund (okkulten) Blutverlusts sind ebenfalls beschrieben. Eine Erhöhung der Leberwerte bei Galleabflussstörung ist möglich [4]. Alle Adenome weisen ein erhöhtes Risiko für eine maligne Transformation in ein invasives Karzinom auf [44]. Dies ist bei villösen Adenomen höher als bei tubulären Adenomen. Das höchste Risiko weisen tubulovillöse Adenome auf. Etwa 30–50 % aller in der Biopsie als Adenom diagnostizierten ampullären Neoplasien sind in Resektaten invasive Karzinome [4, 44]. Unklar ist jedoch, wie lange der Transformationsprozess dauert [9].
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Abb. 18.3 Intestinal-differenziertes tubulovillöses Adenom mit niedriggradiger Dysplasie: tubuläre und villöse (papilläre) Architektur der neoplastischen Drüsen mit geringen Atypien. Das Adenom ist auf die Schleimhaut begrenzt ohne infiltratives Wachstum
Immunhistochemisch zeigt sich eine positive Reaktion gegenüber CK7 und CK20 sowie für MUC2 und CDX2, wobei MUC1 negativ ist (Abb. 18.2; [4, 5, 9]). Mit Markern neuroendokriner Differenzierung wie Chromogranin oder Synaptophysin lassen sich wenige eingestreute neuroendokrine Zellen nachweisen, obwohl dies nicht die Diagnose eines neuroendokrinen Tumors erlaubt. Differentialdiagnose. Die differentialdiagnostische Abgrenzung eines Adenoms zum Karzinom kann in Biopsien oder Zytologiepräparaten große Schwierigkeiten bereiten. Zu den Karzinomen gehören neben Karzinomen der Ampulla Vateri auch Karzinome des Pankreas oder der extrahepatischen Gallengänge, die die ampulläre Region mit einbeziehen. Adenome können besonders dann als Karzinom fehlinterpretiert werden, wenn sich das Adenom in den periampullären Duktuli innerhalb der glatten Muskulatur des Sphincter Oddi ausbreitet [9]. Weitere Differentialdiagnosen des ampullären Adenoms sind entzündliche Veränderungen mit reaktiven Atypien oder Peutz-Jeghers-Polypen [4, 5, 9, 14]. Darüber hinaus können intraduktale papilläre Neoplasien (IPN) der Gallengänge oder intraduktale papillär-muzinöse Neoplasien (IPMN) des Pankreas die Ampulla Vateri sekundär involvieren. Eine Unterscheidung zu einem primären ampullären Adenom ist in solchen Fällen in Biopsien meist unmöglich [9]. Klinik, Verlauf und Prognose. Patienten mit Adenomen der Ampulla Vateri werden zumeist mit einem Verschlussikterus aufgrund der mechanischen Obstruktion der Gallenwege auffällig [4, 5, 35]. Eine Pankreatitis,
Nichtinvasive pankreatikobiliäre papilläre Neoplasie Nichtinvasive pankreatikobiliäre papilläre Neoplasien der Ampulla Vateri ähneln den intraduktalen papillären Neoplasien der Gallengänge bzw. des Pankreas. Im Vergleich zu den intestinal differenzierten Adenomen sind sie seltener und treten fast immer in Assoziation zu einem invasiven Adenokarzinom auf, wobei jedoch nur ca. 12 % aller Adenokarzinome der Ampulla Vateri, die mit einer Vorläuferläsion vergesellschaftet sind, in ihrer Umgebung eine nichtinvasive pankreatikobiliäre papilläre Neoplasie aufweisen [4, 5, 9]. Makroskopisch besitzen sie ein exophytisches Wachstum. Mikroskopisch weisen sie eine ähnliche Architektur und zytologische Atypien auf wie die nichtinvasiven pankreatikobiliären intraduktalen papillären Neoplasien der Gallengänge und des Pankreas. Charakteristisch dabei sind sich komplex verzweigende papilläre Strukturen mit Ausbildung von Mikropapillen. Die Tumorzellen bestehen aus kubischen und zylindrischen Zellen mit muzinösem Zytoplasma. Dazwischen eingestreut können Becherzellen nachweisbar sein. Der Grad der Dysplasien kann sowohl niedrig- als auch hochgradig sein, wobei sich jedoch häufig fokal hochgradige Dysplasien finden (Abb. 18.6 und 18.8). Ampullenkarzinome, die mit einer nichtinvasiven pankreatikobiliären papillären Neoplasie assoziiert sind, sind meist Adenokarzinome vom pankreatikobiliären Typ mit einem tubulären Wachstumsmuster. Es können aber auch intestinal differenzierte Adenokarzinome beobachtet werden [9]. Immunhistochemisch weisen nichtinvasive pankreatikobiliäre papilläre Neoplasien eine Expression für CK7 und MUC1 auf sowie die dazwischenliegenden Becherzellen eine Expression für MUC2 (Abb. 18.7). Darüber hinaus sind CK20 und CDX2 negativ [4, 5, 9].
Ampulla Vateri
a
Kapitel 18
b
Abb. 18.4 a,b Intestinal-differenziertes villöses Adenom. a Niedriggradige Dysplasie. b Hochgradige Dysplasie
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Abb. 18.5 Intestinal-differenziertes tubulovillöses Adenom mit Übergang in ein schlecht differenziertes Adenokarzinom
Flache Dysplasien Flache Dysplasien sind seltene, flach wachsende nichtinvasive „High-grade“-Läsionen der Ampulla Vateri, die in der Schleimhaut der intraampullären Region oder des Gallengangs entstehen und fast immer mit einem invasiven Karzinom assoziiert sind [9]. Makroskopisch weisen sie im Gegensatz zu den intestinal differenzierten Adenomen oder den nichtinvasiven pankreatikobiliären Neoplasien der Papille kein exophytisches Wachstum auf, sondern liegen auf Höhe des Schleimhautniveaus mit einer granulierten Oberfläche. Mikroskopisch sind in Analogie zum makroskopischen Wachstum die dysplastischen Veränderungen ebenfalls flach ausgebildet mit einer horizontalen Ausbreitung innerhalb der Mukosa. Daneben finden sich
auch mikropapilläre Projektionen (Albores). Die zytologischen Veränderungen entsprechen hochgradiger Dysplasien. Dabei sind die Zellen kubisch oder länglich ausgezogen und weisen nur eine geringe Pseudostratifizierung auf. Die Zellkerne sind rund bis ovalär mit nukleären Atypien und Mitosen [9].
Maligne epitheliale Tumoren Karzinome Definition. Zu den Karzinomen der ampullären Region, gleich welchen Subtyps, gehören alle Karzinome der Papilla Vateri, der Ampulle (ampullären Erweiterung) und der Mukosa zwischen Ampulle und Papille
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Abb. 18.6 a,b Nichtinvasive pankreatikobiliäre papilläre Neoplasie mit niedriggradiger Dysplasie. Im Vordergrund steht eine komplexe Architektur mit sich verzweigenden Papillen und Ausbildung von
Mikropapillen. Die Tumorzellen sind kubisch bis zylindrisch mit muzinösem Zytoplasma und dazwischen liegenden wenigen Becherzellen. Die Atypien sind gering ausgeprägt
[9]. Sie werden als eigenständige Tumorentität in Analogie zur aktuell gültigen WHO-Klassifikation und TNM-Klassifikation diagnostiziert, verschlüsselt und eingeteilt [9, 10, 43]. Der Begriff des periampullären Karzinoms, der neben dem Karzinom der Ampulla Vateri auch das des distalen D. choledochus (jetzt als extrahepatisches Gallengangkarzinom klassifiziert), des Endstücks des D. Wirsungianus (jetzt Pankreaskopfkarzinom) und des an die Papille angrenzenden Duodenums (jetzt Duodenalkarzinom) einschloss, ist nicht mehr gebräuchlich. Inzwischen wurden für die genannten Tumoren unterschiedliche TNM-Klassifikationen eingeführt, so dass sie getrennt zu diagnostizieren und zu klassifizieren sind.
matose sind meist jünger als Patienten mit einem sporadischen Karzinom dieser Lokalisation [4, 9].
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Adenokarzinom Epidemiologie. Karzinome der ampullären Region machen 0,5 % aller Tumoren des Gastrointestinaltrakts aus und sind somit in ihrer Häufigkeit seltener zu beobachten als Pankreaskarzinome, Gallenblasenkarzinome oder Karzinome der extrahepatischen Gallengänge [9, 16, 34]. In Relation zu Pankreaskarzinomen sind ampulläre Karzinome 5- bis 10-mal seltener. Die Inzidenz beträgt 0,5/100.000 Einwohner pro Jahr [34]. Sie treten häufiger bei Männern als bei Frauen auf. Das Manifestationsalter liegt in meist im 6. bzw. 7. Lebensjahrzehnt, wobei die Altersspanne zwischen 29 und 85 Jahren beträgt [4, 5, 9, 34]. Patienten mit Ampullenkarzinomen bei bekannter FAP, Gardner-Syndrom oder Neurofibro-
Ätiologie und Pathogenese. Risikofaktoren, die zur Entstehung von sporadischen Karzinomen der ampullären Region führen, sind nach wie vor ungeklärt. Lediglich Tabakkonsum konnte als Risikofaktor eruiert werden. Biliäre Askariasis und eine Infektion der Gallenwege durch Leberegel (Clonorchis) stellen weitere prädisponierende Faktoren dar, insbesondere in Endemiegebieten [4]. Darüber hinaus besteht für Patienten mit einem sporadischen kolorektalen Karzinom ein generell erhöhtes Risiko, ein metachrones Karzinom der ampullären Region zu entwickeln. Ein erhöhtes Risiko wurde ebenfalls für Patienten nach Cholezystektomie beschrieben [4]. Als gesichert gilt die Prädisposition von FAP- und Lynch-Syndrom-Genträgern für ampulläre Karzinome [4, 9, 12, 14, 34, 35]. Patienten mit einer familiären Polyposis, einschließlich Gardner Syndrom, besitzen ein bis 200- bis 300fach erhöhtes Risiko, an einem Adenom bzw. Karzinom der Ampulla Vateri zu erkranken, was einem lebenslangen Risiko von 12 % entspricht [4, 32]. Karzinome der Ampulla Vateri treten durchschnittlich 15–20 Jahre nach prophylaktischer Kolektomie auf und betreffen Patienten zwischen dem 45. und 50. Lebensjahr [4, 14]. Aus Langzeituntersuchungen ist bekannt, dass bei FAP-Patienten nicht alle Adenome zu Karzinomen transformieren und dass der Transformationsprozess etwa 5–10 Jahre dauern kann. Auch bei attenuierten FAP-Formen können ampulläre Adenome bzw. Karzinome auftreten [4, 5].
Ampulla Vateri
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Abb. 18.7 a–c Nichtinvasive pankreatikobiliäre papilläre Neoplasie mit niedriggradiger Dysplasie. a Geringe Atypien der Tumorzellen mit einem unterschiedlichen Gehalt an eingestreuten Becherzellen. b Immunhistochemische Expression für MUC1 mit Aussparung der dazwischen liegenden Becherzellen. c Immunhistochemische Expression für MUC2 in den dazwischen liegenden Becherzellen; die anderen Tumorzellen sind negativ
Abb. 18.8 a–c Nichtinvasive pankreatikobiliäre papilläre Neoplasie mit hochgradiger Dysplasie. Komplexe Architektur mit sich verzweigenden Papillen sowie dazwischen liegenden Becherzellen und erhöhter Zell- und Kernpolymorphie. Kein infiltratives Wachstum
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Patienten mit einem Lynch-Syndrom besitzen ebenfalls ein erhöhtes Risiko, an einem Ampullenkarzinom zu erkranken, wobei genaue Daten zur Quantifizierung des Risikos nicht bekannt sind [4, 9, 34]. Auch Patienten mit einer Neurofibromatosis (M. Recklinghausen) besitzen eine erhöhte Prävalenz zur Entstehung von ampullären Neoplasien, die nicht nur Karzinome, sondern auch andere Tumorentitäten wie Neurofibrome, Paragangliome und Karzinoide einschließen [4, 9]. Bei Patienten mit Peutz-Jeghers-Syndrom, bei denen sich neben Dünndarmpolypen auch Polypen in der Ampulla Vateri finden, weisen ebenfalls ein erhöhtes Risiko der Dünndarmkarzinomentstehung, inklusive der Ampulla Vateri, mit 2–3 % auf. Ätiologisch folgt die Entstehung von Adenokarzinomen der ampullären Region der Adenom-KarzinomSequenz in Analogie zum kolorektalen Karzinom. In über 90 % der Karzinome finden sich bei histologischer Aufarbeitung residuelle Adenomanteile bzw. andere Vorläuferläsionen wie nichtinvasive pankreatikobiliäre papilläre Neoplasien oder flache Dysplasien. Für die Adenom-Karzinom-Sequenz spricht auch, dass das Manifestationsalter von Adenomen der Ampulla Vateri um etwa 10 Jahre vor dem der ampullären Karzinome liegt [4]. Morphologie. Makroskopie: Durch ihre Lokalisation werden Adenokarzinome der Ampulla Vateri früh symptomatisch. Die biliäre Obstruktion führt dazu, dass drei Viertel aller Karzinome bei Erstmanifestation kleiner als 4 cm im Durchmesser sind [3]. Etwa 17 % sind kleiner als 1 cm und ca. 23 % größer als 2 cm [3, 4, 5]. Die durchschnittliche Tumorgröße beträgt 2,5–2,8 cm im Durchmesser [1, 15]. Makroskopisch können Karzinome der ampullären Region je nach Wachstumsmuster in intraampulläre Tumore (24 %), periampulläre Tumore (6 %) sowie in Tumore mit gemischt-exophytischem (31 %) oder gemischt-ulzeriertem Wachstum (39 %) eingeteilt werden [4, 5]. – Intraampulläre Tumoren sind prominent, liegen unterhalb der Ampullenöffnung und werden von intakter Duodenalschleimhaut bedeckt. Sie infiltrieren in das Pankreas oder die Gallengänge. – Periampulläre Tumoren involvieren die Mukosa und Duodenalwand der ampullären Region und Gallengänge, wachsen aber nicht in die Lumina ein. – Gemischt-exophytische Tumore sind polypoide Tumoren, die sich in das Duodenallumen vorwölben und die Duodenalschleimhaut und -wand sowie die Ampulla Vateri und auch die Gallengänge infiltrieren. – Gemischt-ulzerierte Tumoren sind flacher als gemischt-exophytische Tumoren und besitzen eine zentrale Ulzeration mit erhabenem Randwall. Die Ampullenöffnung liegt meist in der Mitte der Ulzeration. Sie sind oft größer und wachsen infiltrativer
als intraampulläre Karzinome oder Karzinome vom gemischt-exophytischen Typ [4, 5]. Die makroskopische Zuordnung, insbesondere bei lokal ausgedehnten Tumoren, ist oft schwierig bis unmöglich, insbesondere dann, wenn Pankreaskopfkarzinome, Duodenalkarzinome oder Karzinome des distalen Gallengangs die Ampulla Vateri infiltrieren [5]. Zur genauen mikroskopischen Bestimmung der Tumorlokalisation empfiehlt sich eine ausgedehnte Aufarbeitung des Tumors mit Bezug zu allen umgebenden Strukturen (ampulläre Region, distaler Gallengang, Pankreas und Duodenum). Darüber hinaus kann der Nachweis von Adenomanteilen oder von Dysplasien in der unmittelbar tumorumgebenden Schleimhaut richtungsweisend sein [19]. Ein primäres Karzinom der Ampulla Vateri sollte dann diagnostiziert werden, wenn die Haupttumormasse in der ampullären Region liegt. Die richtige Zuordnung der Tumorlokalisation ist wichtig, da sowohl die Zuordnung der regionären Lymphknoten als auch die Stadieneinteilung und schließlich die Prognose für die verschiedenen Tumoren unterschiedlich sind [9, 10]. Mikroskopie: 90 % aller malignen Tumoren der ampullären Region sind Adenokarzinome mit einem tubulären Wachstumsmuster in 85–95 % [4, 5, 9]. Da in der ampullären Region das intestinale Epithel in die Schleimhaut der ableitenden Gallenwege übergeht, finden sich zwei unterschiedliche Adenokarzinomtypen: – der intestinale Typ und – der pankreatikobiliäre Typ [27, 28]. In seltenen Fällen, insbesondere bei tief infiltrierenden Karzinomen, kann ein gemischter intestinaler und pankreatikobiliärer Typ vorliegen.
Adenokarzinom vom intestinalen Typ Adenokarzinome vom intestinalen Typ liegen in 50– 80 % aller ampullären Adenokarzinome vor [4, 5, 9, 34]. Die meisten Karzinome zeigen einen intestinalen, d. h. kolorektalen Phänotyp mit basophilen, tubulären oder kribriformen, dichtstehenden Drüsen, die von einem hochprismatischen Epithel ausgekleidet sind (Abb. 18.9 und 18.10). Zwischen den hochprismatischen Zellen können eingestreut wenige Becherzellen liegen. Seltener finden sich Paneth’sche Körnerzellen oder neuroendokrine Zellen. Der Nachweis einzelner neuroendokriner Zellen darf jedoch nicht mit einem neuroendokrinen Karzinom oder einem gemischten adenoneuroendokrinen Karzinom (sog. MANEC = „mixed adenoneuroendocrine carcinoma“) verwechselt werden. Im Gegensatz zum kolorektalen Karzinom treten Komedonekrosen
Ampulla Vateri
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Kapitel 18
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Abb. 18.9 a,b Adenokarzinom vom intestinalen Typ. Mäßig differenziertes Adenokarzinom vom intestinalen Typ mit kribriformen und tubulären Drüsen
Abb. 18.10 Adenokarzinom vom intestinalen Typ. Schlecht differenziertes Adenokarzinom vom intestinales Typ mit kleinen tubulären Drüsen neben soliden Tumoranteilen mit hochgradiger Zellund Kernpolymorphie, eingebettet in ein fibrosiertes Stroma
nur wenigen Fällen auf. Typischerweise entstehen Adenokarzinome vom intestinalen Typ in Adenomen. Sie sind meist kleiner und weisen eine bessere Prognose auf als Karzinome, die nicht mit Adenomen assoziiert sind. Immunhistochemisch weist der Großteil eine Expression für CK20, CDX2 und MUC2 auf. CK7 ist nur in ca. 50 % nachweisbar [9].
Adenokarzinom vom pankreatikobiliären Typ Adenokarzinome vom pankreatikobiliären Typ machen 15–20 % aller Adenokarzinome der Ampulla Vateri
aus [9, 34]. Sie zeigen ein tubuläres Wachstumsmuster, das an Karzinome des Pankreas oder der extrahepatischen Gallengänge erinnert. Sie weisen weniger dicht stehende, vereinzelte, z. T. sich verzweigende Drüsen mit einer deutlichen desmoplastischen Stromareaktion auf. Die Tumordrüsen sind von einem atypischen, im Gegensatz zu intestinalen Karzinomen eher kubischen Epithel ausgekleidet (Abb. 18.11). Der Grad der Atypien und der Mitosen ist höher als im intestinalen Typ. Selten findet sich ein mikropapilläres Wachstumsmuster, das mit einem aggressiveren biologischen Verhalten einhergeht. In Analogie zu Pankreaskarzinomen besitzen sie häufig eine schlechte Differenzierung, Lymphknotenmetastasen oder ausgedehnte Perineuralscheideninfiltrationen [4, 5, 21, 27, 28, 42]. Als Vorläuferläsionen finden sich sowohl intestinal-differenzierte Adenome als auch nichtinvasive pankreatikobiliäre papilläre Neoplasien [34]. Immunhistochemisch sind pankreatikobiliäre Adenokarzinome CK7- und MUC1-positiv und CK20-negativ [4, 5, 9].
Andere histologische Subtypen Neben den beschriebenen Adenokarzinom vom intestinalen und pankreatikobiliären Typ gibt es in Analogie zu anderen Tumoren des Gastrointestinaltrakts eine Reihe weiterer histologischer Subtypen, die in der Ampulla Vateri auftreten können (s. Tab. 18.1). Zu ihnen gehören muzinöse Adenokarzinome, siegelringzellige Karzinome, invasive papilläre Adenokarzinome, hepatoide Adenokarzinome, aber auch adenosquamöse Karzinome, Plattenepithelkarzinome, hellzellige Karzinome, medulläre Karzinome, undifferenzierte Karzinome und
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Abb. 18.11 a,b Adenokarzinom vom pankreatikobiliären Typ. a Mäßig differenziertes Adenokarzinom mit unterschiedlich großen Tumordrüsen eingebettet in ein fibrosiertes Stroma. b Schlecht diffe-
renziertes Adenokarzinom mit erhöhter Zell- und Kernpolymorphie und ausgeprägter desmoplastischer Stromareaktion
undifferenzierte Karzinome mit Osteoklasten-ähnlichen Riesenzellen. Ebenso können gemischte Tumoren, die eine neuroendokrine und nichtneuroendokrine Differenzierung (sog. MiNEN = „mixed neuroendocrinenonneuroendocrine neoplasm“) besitzen, auftreten [30]. Muzinöse Adenokarzinome liegen dann vor, wenn mehr als 50 % des Tumors aus extrazellulärem Schleim besteht. Sie machen etwa 5 % aller Karzinome der Ampulla Vateri aus. Damit sind sie etwa 10-mal häufiger als Siegelringzellkarzinome der Ampulle, die zu mehr als 50 % aus einzelnen oder in kleinen Gruppen liegenden Zellen mit intrazytoplasmatischem Muzin und einem randständigen Zellkern bestehen [9, 40]. Siegelringzellkarzinome gehören definitionsgemäß zu den „Highgrade“-(G3-)Karzinomen. Hepatoide Adenokarzinome sind eine absolute Seltenheit in der Ampulla Vateri, die nur in Einzelfällen beschrieben worden sind. Sie entsprechen Adenokarzinomen vom intestinalen Typ, die an Hepatozyten erinnern und eine immunhistochemische Expression für AFP (α-Fetoprotein) sowie intrazelluläres Gallepigment aufweisen können [9]. Hellzellige Karzinome besitzen ein ähnliches histologisches Wachstumsmuster wie ihr Pendant in der Niere, was schnell dazu führen kann, dass von einer Metastase eines Nierenzellkarzinoms ausgegangen wird. Hilfreich für die differentialdiagnostische Abgrenzung ist der Nachweis von zytoplasmatischem Muzin oder einer immunhistochemischen Expression von CEA, die sich nicht in hellzelligen Nierenzellkarzinomen finden. Darüber hinaus weisen hellzellige Ampullenkarzinome keine Expression von CD10 auf [9]. Mit ca. 1 % aller Ampullenkarzinome sind adenosquamöse Karzinome dieser Lokalisation ebenfalls sehr
selten [9, 29]. Sie weisen eine Kombination aus Adenokarzinom- und Plattenepithelkarzinomanteilen auf, wobei der Adenokarzinomanteil häufig gut bis mäßig differenziert ist (G1- oder G2-Adenokarzinom) und meist einem pankreatikobiliären Typ entspricht (Abb. 18.12; [9]). Die Plattenepithelkarzinomkomponente muss dabei mindestens 25 % des Gesamttumors einnehmen. Nicht selten finden sich Adenomanteile. Von den adenosquamösen Karzinomen müssen Adenokarzinome abgegrenzt werden, die (nichtneoplastische) plattenepitheliale Metaplasien aufweisen. Reine Plattenepithelkarzinome sind ebenfalls sehr selten und unterscheiden sich nicht von Plattenepithelkarzinomen anderer Lokalisation [6]. Bei vollständiger histologischer Aufarbeitung kommen allerdings in den meisten Fällen kleinere Herde von Adenokarzinomanteilen zur Ansicht. Die Prävalenz undifferenzierter Karzinome der Ampulla Vateri ist sehr gering. Neben einer kleinzelligen Variante, die jedoch keine neuroendokrine Differenzierung aufweist und nicht mit einem neuroendokrinen Karzinom vom kleinzelligen Typ verwechselt werden sollte, wird ein spindelzelliger Typ unterschieden, der ein sarkomatoides Wachstumsmuster besitzt (Abb. 18.13). Es empfiehlt sich hier zur differentialdiagnostischen Abgrenzung eines Sarkoms eine intensive Aufarbeitung, da nicht selten in der spindelzelligen Komponente einzelne Drüsen oder eindeutige Karzinomnester zu finden sind [9, 45]. Neben den reinen undifferenzierten Karzinomen können auch in der Ampulla Vateri undifferenzierte Karzinome mit Osteoklasten-ähnlichen Riesenzellen zu finden sein wie sie in der Gallenblase, in den extrahepatischen Gallengängen oder im Pankreas auftreten [9, 25]. Charakteristisch für diese Karzinome sind his-
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Ampulla Vateri
a
Kapitel 18
b
Abb. 18.12 a,b Adenosquamöses Karzinom. Nebeneinander von tubulären Drüsen und soliden Plattenepithelkarzinomanteilen mit Hornperlen als Zeichen der Verhornung
a
b
Abb. 18.13 a,b Undifferenziertes Karzinom. a Verbände konfluierender kleinerer basophiler Tumorzellen mit kleinzelliger Morphologie ohne abgrenzbare glanduläre Strukturen. b In den ober-
flächlichen Tumoranteilen zeigt sich ein intestinal-differenziertes tubulovillöses Adenom mit hochgradiger Dysplasie
tiozytär differenzierte nichtneoplastische Riesenzellen, die eine Expression für den Makrophagenmarker CD68 aufweisen. Die echten Karzinomzellen sind dagegen positiv für Zytokeratin und nicht selten für p53 [9].
sind in der ampullären Region nachweisbar [24]. Dabei umfasst das Spektrum der neuroendokrinen Neoplasien, wie auch in anderen Lokalisationen, gut differenzierte neuroendokrine Tumore (NET-G1), mäßig differenzierte neuroendokrine Tumoren (NET-G2), schlecht differenzierte neuroendokrine Tumoren (NET-G3) sowie schlecht differenzierte neuroendokrine Karzinome (NEC-G3) vom kleinzelligen bzw. großzelligen Subtyp (Tab. 18.2; [9, 30]). NET machen 2–8 % aller Neoplasien der Ampulle aus (Abb. 18.14). Ampulläre NET-G1 finden sich in 0,05 % aller NET-G1 [17]. NEC sind in ihrer Häufigkeit noch seltener, insbesondere vom großzelligen Typ, die nur in ca. 4 % aller ampullären neuroendokrinen Neoplasien auftreten [24].
Neuroendokrine Neoplasien (NEN) Neuroendokrine Tumoren (NET) und neuroendokrine Karzinome (NEC) Neuroendokrine Neoplasien (NEN) sind in der Ampulla Vateri sehr selten anzutreffen. Weniger als 0,3 % aller neuroendokrinen Neoplasien des Gastrointestinaltrakts
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Tab. 18.2 Grading neuroendokriner Neoplasien (NEN) der Ampulla Vateri. (mod. [10]) Tumorentität
7
NET
Mitosezahl/10 HPFa
Ki-67-Index (%)b
G1
20
G3
> 20
> 20
Schlecht differenzierte NEN NEC Kleinzelliger Subtyp
8 9
Grading
Gut differenzierte NEN
5 6
Großzelliger Subtyp 10 HPF „high power field“ = 2 mm2, wenigstens 40 Felder (bei 40-maliger Vergrößerung), ausgewertet in der Region höchster Mitose dichte; bMIB-1-Antikörper: Prozentangabe von 500–2000 Tumorzellen in der Region höchster Kernanfärbung
a
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b
Abb. 18.14 a,b Gut differenzierter neuroendokriner Tumor („typisches Karzinoid“) der Ampulla Vateri. a Kribriformes Muster mit monomorphem Zellbild. b Infiltration des Pankreas (linker Bildabschnitt)
Ätiologisch besteht für Patienten mit einem MEN-1Syndrom und einer Neurofibromatose Typ 1 (M. Recklinghausen) ein signifikant erhöhtes Risiko für neuroendokrine Neoplasien der Ampulla Vateri. Bei der Neurofibromatose Typ 1 gilt dies insbesondere für Somatostatin-produzierende NET und für gangliozytische Paragangliome [9]. Somatostatin-produzierende NET weisen ein erhöhtes Metastasierungsrisiko von über 50 % auf bei einer Tumorgröße von mehr als 2 cm, bei einer Infiltration der Muscularis propria und einer erhöhten Proliferationsrate. Aber auch kleinere Tumoren können bereits in paraduodenale Lymphknoten metastasieren. Lebermetastasen sind zwar die häufigsten hämatogenen Metastasen bei Somatostatin-produzierenden NET, sie sind jedoch generell sehr selten anzutreffen [9].
Makroskopisch sind die meisten NET 1–2 cm im Durchmesser groß. Die darüber liegende Schleimhaut ist häufig intakt und weist keine Ulzeration auf. Im Gegensatz dazu bilden NEC 0,4–2,5 cm große polypoide Tumoren, die meist ulzeriert sind, eine Wandinfiltration sowie eine Blutgefäß- und Perineuralscheideninvasion aufweisen [9]. Häufig liegt zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits ein fortgeschrittenes Tumorstadium vor mit Lymphknoten- und Lebermetastasen oder weiteren hämatogenen Metastasen [9]. Mikroskopisch unterscheiden sich neuroendokrine Neoplasien der Ampulla Vateri nicht von denen anderer Lokalisationen. Somatostatinproduzierende NET weisen in ca. 30 % als Besonderheit Psammon-Körperchen auf [9].
Ampulla Vateri
Kapitel 18
Gemischte neuroendokrine-nichtneuroendokrine Neoplasien (MiNEN) Ein Teil der neuroendokrinen Neoplasien weist eine Mischdifferenzierung auf, bei denen sich neben einem neuroendokrin differenzierten Tumoranteil eine nichtneuroendokrin differenzierte Tumorkomponente findet. Jede Tumorkomponente sollte dabei mindestens 30 % des Tumors ausmachen [9, 33]. Letztere kann aus einem Adenom, meist vom intestinal-differenzierten Subtyp, bestehen oder aus einem Karzinom. Der neuroendokrine Tumoranteil ist meist ein schlecht differenziertes neuroendokrines Karzinom vom klein- oder großzelligen Subtyp. Die nichtneuroendokrine Karzinomkomponente entspricht dabei häufig einem Adenokarzinom, das auch unter dem Begriff MANEC („mixed adenoneuroendocrine carcinoma“) bekannt ist. Da in seltenen Fällen Plattenepithelkarzinome, adenosquamöse oder undifferenzierte Karzinome in Kombination mit neuroendokrinen Neoplasien vorliegen können, empfiehlt es sich für solche Tumoren, den Begriff der gemischten neuroendokrinen-nichtneuroendokrinen Neoplasie (MiNEN = „mixed neuroendocrine-nonneuroendocrine neoplasm“) zu verwenden, in Analogie zu MiNEN des Pankreas, die in der aktuellen WHO-Klassifikation für endokrine Neoplasien 2017 neu definiert wurden [30]. Dabei werden immer beide Tumorkomponenten graduiert. Für das weitere therapeutische Vorgehen sollte der prozentuale Anteil beider Tumorkomponenten angegeben werden. Nicht selten überwiegt dabei der neuroendokrine Anteil, der dann auch in Lymphknotenmetastasen oder hämatogenen Metastasen als alleinige Tumorkomponente vorliegt.
a
b
Gangliozytisches Paragangliom Das gangliozytische Paragangliom wird den neuroendokrinen Neoplasien zugerechnet [9]. In der Ampulla Vateri entspricht es wahrscheinlich einem Hamartom der Pankreasanlage [9]. Es ist meist solitär, kann jedoch selten multipel vorliegen. Makroskopisch sind die meisten Tumoren 1–3 cm im Durchmesser groß und die darüber liegende Schleimhaut ulzeriert. In Einzelfällen sind Tumorgrößen bis zu 10 cm im Durchmesser beschrieben worden [5]. Mikroskopisch besteht das gangliozytische Paragangliom aus drei verschiedenen Zelltypen. Zu ihnen gehören neuroendokrine Zellen, ganglienähnliche Zellen und spindelige Zellen, die Schwann’schen Zellen oder Sustentakularzellen entsprechen, also Elementen der Nervenscheiden (Abb. 18.15; [5]). Der Anteil jedes Zelltyps kann dabei variieren oder ein Zelltyp dominieren [5]. Die neuroendokrinen Zellen können eine epi-
c Abb. 18.15 a–c Gangliozytisches Paragangliom. a Gangliozytisches Paragangliom mit periampullären Drüsen. b,c Bandartige Anordnung monomorpher neuroendokriner Tumorzellen mit länglichem Zellkern und dazwischen liegenden einzelnen epitheloiden neuroendokrinen Zellen und ganglienähnlichen Zellen
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theloide Morphologie aufweisen und liegen in Bändern, Trabekeln, soliden Nestern oder pseudoglandulären Strukturen vor [5, 9]. Immunhistochemisch besitzen sie typischerweise eine Expression für Panzytokeratine und neuroendokrine Marker wie Synaptophysin und Chromogranin. Die ganglienähnlichen Zellen sind ebenfalls Synaptophysin positiv. Die Schwann’schen Zellen bzw. Sustentakularzellen lassen sich mit S100 darstellen (Abb. 18.16; [5, 9]). Das gangliozytische Paragangliom weist fast immer einen benignen Verlauf auf. Bei Tumoren, die jedoch größer als 2 cm im Durchmesser sind, kann in seltenen Fällen eine Ausbreitung in Lymphknoten beobachtet werden oder eine Fernmetastasierung, wobei sich dann meist nur die neuroendokrine Komponente nachweisen lässt [5, 9].
Tumorausbreitung
11
16
c Abb. 18.16 a–c Gangliozytisches Paragangliom. a Immunhistochemische Expression der Tumorzellen für Synaptophysin. b Immunhistochemische Expression der Sustentakularzellen für S100. c Immunhistochemische Expression der neuroendokrinen Tumorzellen für das Panzytokeration MNF116 mit Darstellung einer größeren epitheloiden neuroendokrinen Zelle (Bildmitte)
Die Einteilung der Tumorausbreitung für Karzinome der ampullären Region erfolgt nach der aktuell gültigen TNM-Klassifikation 2017 (Tab. 18.3; [10]). Sie gilt nur für Karzinome, nicht für neuroendokrine Tumoren, mesenchymale Tumoren, Lymphome oder Melanome. Für neuroendokrine Tumoren gibt es eine eigenständige Tumorklassifikation, die in Tab. 18.4 aufgeführt ist [10]. Karzinome der ampullären Region zeigen typischerweise eine Infiltration der Duodenalwand, zunächst der Submukosa, später auch der Muscularis propria. Bei Primärdiagnose haben 45 % der Karzinome bereits den Pankreaskopf oder das peripankreatische Fettgewebe infiltriert [4]. In 28–60 % sind regionäre Lymphknotenmetastasen nachweisbar, wobei Lymphknotenmetastasen häufiger sind bei ampullären Karzinomen vom pankreatikobiliären Typ [34]. Einzelstudien beschreiben, dass eine Lymphknotenratio (LR, entspricht der Anzahl regionären Lymphknotenmetastasen in Relation zu allen untersuchten regionären Lymphknoten) mit einer LR > 0,56 bei resektablen Karzinomen der ampullären Region mit einer schlechteren medianen Überlebenszeit und einer schlechteren tumorfreien Überlebenszeit einhergeht [23]. Invasionen in Lymphgefäße finden sich stadiumabhängig in bis zu 80 % [4, 9]. Perineuralscheideninfiltrationen kommen insbesondere beim pankreatikobiliären Typ vor und werden daher lediglich in etwa 30 % der Fälle beobachtet [4, 34]. pT1-Tumoren, die auf die Ampulla Vateri bzw. auf den Sphincter Oddi und die Mukosa beschränkt sind, zeigen in 0–28 % Lymphknotenmetastasen [4, 34]. Infiltrieren sie jedoch die Submukosa finden sich in 42 % Metastasen [4, 9, 34]. Am häufigsten sind Lymphknotenmetastasen in den peripankreatischen Lymphknoten, gefolgt von Metastasen in Leber und Peritoneum sowie selten in Lunge und Pleura [9, 34]. Nach chirurgischer Resektion kommt es
Ampulla Vateri
Kapitel 18
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Tab. 18.3 TNM-Klassifikation für Karzinome der Ampulla Vateri. [10] T – Primärtumor TX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
Kein Anhalt für Primärtumor
Tis
Carcinoma in situ
T1a
Tumor begrenzt auf die Ampulla Vateri oder den Oddi-Sphinkter
T1b
Tumor infiltriert jenseits des Oddi-Sphinkters (perisphinkterische Invasion) und/oder in die Submukosa des Duodenums
T2
Tumor infiltriert in die Muscularis propria des Duodenums
T3
Tumor infiltriert in Pankreas T3a
Tumor infiltriert bis zu 0,5 cm in das Pankreas
T3b
Tumor infiltriert mehr als 0,5 cm in das Pankreas oder infiltriert das peripankreatische Weichgewebe ohne Beteiligung des Truncus coeliacus oder der A. mesenterica superior
T4
Tumor mit einer Beteiligung der Gefäßwände des Truncus coeliacus oder der A. mesenterica superior oder A. hepatica
N – Regionäre Lymphknotena,b NX
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
N1
Metastasen in 1 bis 2 regionären Lymphknoten
N2
Metastasen in 3 oder mehr regionären Lymphknoten
M – Fernmetastasen M0
Keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
UICC-Stadieneinteilung Stadium 0
Tis
N0
M0
Stadium IA
T1a
N0
M0
Stadium IB
T1b, T2
N0
M0
Stadium IIA
T3a
N0
M0
Stadium IIB
T3b
N0
M0
Stadium IIIA
T1a, T1b, T2, T3a, T3b
N1
M0
Stadium IIIB
Jedes T
N2
M0
T4
Jedes N
M0
Jedes T
Jedes N
M1
Stadium IV
a Regionäre Lymphknoten entsprechen denen des Pankreaskopfes und sind die Lymphknoten des Ductus choledochus, der Arteria hepatica communis, der Portalvene sowie die pylorischen, infrapylorischen und subpylorischen, proximal mesenterialen, zöliakalen, posterioren und anterioren pankreatikoduodenalen Lymphknoten und die Lymphknoten entlang der Vena mesenterica superior sowie die Lymphknoten entlang der rechten lateralen Wand der Arteria mesenterica superior. Lymphknoten des Milzhilus und am Pankreasschwanz sind nicht regionär. Lymphknotenmetastasen werden als Fernmetastasen (M1) klassifiziert. bRegionäre Lymphadenektomie und histologische Untersuchung sollte üblicherweise von 12 oder mehr Lymphknoten erfolgen
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Tab. 18.4 Tumorklassifikation neuroendokriner Neoplasien der Ampulla Vateri. [10] T – Primärtumor TX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
Kein Anhalt für Primärtumor
T1
Tumor 1 cm oder weniger in größter Ausbreitung und auf den Oddi-Sphinkter begrenzt
T2
Tumor infiltriert durch den Sphincter Oddi in die Submukosa oder die Muscularis propria des Duodenums oder mehr als 1 cm in größter Ausdehnung
T3
Tumor infiltriert das Pankreas oder das peripankreatische Weichgewebe
T4
Tumor perforiert viszerales Peritoneum (Serosa) oder infiltriert andere Organe
N – Regionäre Lymphknoten NX
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
9
N0
Keine Lymphknotenmetastasen
10
N1
Regionäre Lymphknotenmetastasen
11 12 13 14
M – Fernmetastasen M0
Keine Fernmetastasen
M1
Vorhandensein von Fernmetastasen M1a
Metastase(n) auf Leber beschränkt
M1b
Nur extrahepatische Metastasen
M1c
Hepatische und extrahepatische Metastasen
15
UICC-Stadieneinteilung
16
UICC-Stadium I
T1
N0
M0
UICC-Stadium II
T2, T3
N0
M0
UICC-Stadium III
T4
N0
M0
Jedes T
N1
M0
Jedes T
Jedes N
M1a, M1b, M1c
17 18 19
UICC-Stadium IV
20 21 22 23 24 25 26 27 28
in 5–30 % zu lokoregionären Rezidiven, hier zumeist im retropankreatischen Tumorbett.
Klinik, Verlauf und Prognose Zu den klinischen Symptomen gehören Ikterus, abdominelle Schmerzen, Pankreatitis und Gewichtsverlust infolge des gestörten Abflusses von Galle- und Pankreassekret. Eine Anämie, die meist Folge einer okkulten Gastrointestinalblutung ist, oder das klassische CourvoisierZeichen sind selten [4, 5]. Aufgrund ihrer Lokalisation werden Patienten mit einem Ampullenkarzinom aufgrund der obstruktiven Syndrome eher symptomatisch als z. B. Patienten mit einem Pankreaskarzinom, so dass
die Diagnose häufiger in einem früheren Tumorstadium gestellt wird. Die Prognose ist dabei mit einer 5-JahresÜberlebensrate von 33 % und einer medianen Überlebenszeit von ca. 24 Monaten deutlich besser als die von Patienten mit einem Pankreaskarzinom [4, 5, 35]. Etwa 70–90 % aller Tumoren der Ampulla Vateri und nur 30 % aller Pankreaskarzinome sind bei Erstmanifestation resektabel [4, 5, 34, 38]. Die verbesserte Resektabilität von ampullären Karzinomen erklärt jedoch ihre im Vergleich zum Pankreaskarzinom – sogar bei Stadiengleichheit – deutlich günstigere Prognose nicht allein. Selbst Patienten mit nodal-positiven Ampullenkarzinomen haben eine bessere Überlebenswahrscheinlichkeit als nodal-negative Pankreaskarzinome [4, 34]. Ampullenkarzinome scheinen insgesamt eine geringere Tumoraggressivität als Pankreaskarzinome zu besitzen.
Ampulla Vateri
Generell ist die Prognose von Patienten mit ampullären Karzinomen abhängig von der R-Klassifikation, von der Tumorgröße, vom Tumorstadium, dem Differenzierungsgrad, dem histologischen Subtyp, der Invasion von Blut- und Lymphgefäßen oder Perineuralscheiden sowie der lymphogenen und hämatogenen Metastasierung. Auch weisen Karzinome mit einer hochgradigen Mikrosatelliteninstabilität eine schlechtere Prognose auf [9]. Der Nachweis von Adenomanteilen ist mit einer besseren Prognose assoziiert ebenso wie Adenokarzinome vom intestinalen Typ [9].
Andere seltene Tumoren Mesenchymale Tumoren der ampullären Region stellen eine extreme Rarität dar [9]. Gastrointestinale Stroma tumoren (GIST), Lipome, Leiomyome, Leiomyosarkome oder Kaposi-Sarkome kommen lediglich in Einzelfallbeschreibungen vor [5, 35]. Rhabdomyosarkome sind im Kindesalter möglich [5, 35]. Primäre Lymphome der ampullären Region treten in seltenen Fällen auf [5, 12]. Es handelt sich dabei nahezu ausschließlich um MALT-Lymphome [5, 12]. Mikroskopisch und immunhistochemisch sind die Lymphome der Ampulla Vateri identisch mit denen übriger extranodaler Lokalisationen [12]. Metastasen in der Ampulla Vateri sind ebenfalls selten. Dabei handelt es sich um Metastasen maligner Melanome oder von Mamma- und Nierenzellkarzinomen bzw. von gynäkologischen Tumoren [12, 35, 46].
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19 Anatomie, Funktion und Diagnostik . . . . . 631 A. M. Schlitter, G. Klöppel 20 Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643 A. M. Schlitter, G. Klöppel 21 Hereditäre Pankreaserkrankungen . . . . . . . 651 G. Klöppel 22 Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 659 G. Klöppel, J. Lüttges, B. Sipos
III 23 Sekundäre, tumorartige, zystische und transplantationsbedingte Pankreasveränderungen .. . . . . . . . . . . . . . . . 691 K. Tiemann, G. Klöppel 24 Solide und zystische nichtendokrine Tumorendes Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . 707 G. Klöppel, I. Esposito, A. Kasajima, B. Konukiewitz, J. Lüttges, B. Sipos
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Exokrines Pankreas
III
Kapitel 19
Anatomie, Funktion und Diagnostik 19
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Inhalt Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632
Altersbedingte Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637
Parenchymorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632
Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637
Embryologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632
Bioptische Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 638
Parenchymstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633
Postoperative Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 638
Blutgefäße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636
Resektionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 638
Lymphgefäße und Lymphknoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636
Pankreasdissektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 638
Innervation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_19
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Anatomie
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Parenchymorganisation
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Das Pankreas ist eine Drüse mit exokriner und endokriner Funktion. Beide Funktionen sind von essentieller Bedeutung für Verdauung und Stoffwechsel. Für die exokrine Funktion sind die Azinuszellen verantwortlich. Sie produzieren die für die Verdauung notwendigen Enzyme, die zusammen mit dem aus den Gangzellen stammendem schleim- und kalziumhaltigen Sekret über das Pankreasgangsystem und die Vater’sche Papille in das Duodenum geleitet werden, wo sie eine Aktivierung durch die Gallensäuren erfahren. Die endokrine Funktion ist mit den Zellen der Langerhans-Inseln verbunden (s. Band Pathologie der Urogenital- und Endokrinen Organe, des Gelenk- und Skelettsystems). Sie sezernieren hauptsächlich Insulin und Glukagon und steuern damit den Glukosestoffwechsel. Außer den Langerhans-Inseln, die zu 70–80 % aus Insulinzellen aufgebaut und weitgehend gleichmäßig verteilt im Pankreasparenchym, mit Ausnahme des Pankreaskopfes, anzutreffen sind, gibt es im dorsalen Pankreaskopf Inseln, die zu 80–90 % aus pankreatischen Polypeptid(PP-)Zellen bestehen und aus der ventralen Pankreasanlage hervorgehen [1, 15].
pancreaticus major (D. Wirsungianus). Der Gang der dorsalen Anlage wird im Kopfbereich zum D. pancreaticus minor (accessorius, D. Santorini) und im Körperund Schwanzbereich zum Hauptgang. Die Verschmelzung der beiden Anlagen zu einem Organ erfolgt in der 7. Gestationswoche. Die währenddessen und anschließend stattfindende Morphogenese des Pankreas, die zur Aussprossung von primitiven epithelialen Strängen (Abb. 19.1) bis hin zu Differenzierung in Gänge, Azini und Inseln führt, wird von Transkriptionsfaktoren gesteuert [2]. Eine zentrale Rolle in diesem Prozess spielt der Transkriptionsfaktor PDX-1, der von dem pankreatischen und duodenalen Homeobox-Gen 1 (PDX1) kodiert wird [4]. Fehlt PDX-1, kommt es zur Pankreasagenesie (s. Kap. 20, Fehlbildungen). Der frühe zelluläre Proliferationsprozess wird durch Notch- und Hedgehog-Signalwege gelenkt. Die Entwicklung der spezialisierten Pankreaszellen, insbesondere der Insulinzellen, wird über Faktoren wie PDX-1, NGN3 und MAFA gesteuert [29].
Embryologie Das Pankreas entwickelt sich in der 5. Gestationswoche aus Invaginationen des duodenalen Entoderms, die die ventrale und dorsale Anlage ausbilden [8, 23]. Nach Rotation der ventralen Anlage um das Duodenum wird der Ausführungsgang der ventralen Anlage zum Ductus
Abb. 19.1 Fötales Pankreasgewebe (9. Gestationswoche) mit primitiven Gang- und Azinusstrukturen
a
b
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Abb. 19.2 a,b Makroskopie des normalen Pankreas (Autopsiepräparate). a Neonatales Pankreas (4. Woche) mit prominentem Pankreaskopfanteil, der der dorsalen Pankreasanlage zugehörig ist. b Adultes Pankreas
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Kapitel 19
a
b Abb. 19.3 a,b Oberbauchsitus mit Pankreas: Ventrale (a) und dorsale (b) Ansicht des retroperitoneal gelegenen Pankreas. (Aus: Hafferl [11a]; Tillmann [27a] (a) und Schultze und Lubosch [26a] (b))
Parenchymstruktur Makroskopie. Das Pankreasgewicht, das dem Pankreasvolumen weitgehend entspricht, liegt beim Erwachsenen zwischen 50 und 120 g (beim Neugeborenen etwa 5 g). Das Pankreas variiert in seiner Länge zwischen 10 und 15 cm, ist 5 cm breit und 2–3 cm dick (Abb. 19.2). Es liegt retroperitoneal und erstreckt
sich vom Duodenum bis zur Milz (Abb. 19.3). Man unterscheidet eine Kopf‑, Körper- und Schwanzregion des Pankreas. Der Pankreaskopf liegt in der Duodenalschlinge und damit in direkter räumlicher und funktioneller Beziehung zum distalen extrahepatischen Gallengang, der von dorsal kommend auf einer Länge zwischen 5 und 10 mm das Pankreasgewebe bis zur Einmündung in die Ampulle durchzieht und von Kollagenfasern und lockeren Bündeln glatter Muskulatur ummantelt ist. Die ventrale Oberfläche des Pankreas
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Abb. 19.4 Der koronare, dem CT vergleichbare Längsschnitt durch den Oberbauch in Höhe der Nieren demonstriert vor allem die Anheftung des dorsalen Pankreas an das retroperitoneale Fettgewebe und die V. mesenterica superior und nach vorn an das Magenantrum, sowie die unmittelbare Nachbarschaft des Pankreasschwanzes zur linken Niere und Kolonflexur. (Präparat und Bild mit freundlicher Genehmigung von Prof. B. Tillmann, Kiel; Lanz und Wachsmuth [15a])
wird vom Peritoneum und teilweise vom Antrum und der großen Kurvatur des Magens sowie vom Colon transversum bedeckt (s. Abb. 19.3). Die dorsale Oberfläche grenzt direkt an das retroperitoneale Fettgewebe mit seinen zahlreichen Gefäß- und Nervenstrukturen (Abb. 19.4; [3, 12]). In direkter Nachbarschaft des Pankreasschwanzbereichs finden sich die linke Kolonflexur sowie die linke Niere und Nebenniere mit ihren Gefäßen (s. Abb. 19.4). Die Lymphabflusswege sind in Abb. 19.5 dargestellt. Die Kopfregion reicht bis zum Gefäßband der A. und V. mesenterica superior, das hinter dem Pankreas von kranial nach kaudal verläuft und die Resektionsgrenze bei einer Pankreaskopfresektion (nach „Whipple“) markiert (s. Abb. 19.3). Der darüber liegende Pankreasgewebsstreifen wird auch als Pankreashals bezeichnet. Der variabel hackenartig ausgebildete Processus uncinatus stellt das untere Ende des Pankreaskopfes dar und reicht gelegentlich bis hinter das supramesenterische Gefäßband (s. Abb. 19.3). Die Abgrenzung des Pankreaskörpers vom -schwanz ist nicht deutlich festzulegen und entspricht etwa dem rechten Rand der Aorta, über die das Pankreas in Höhe des 2. Lendenwirbels zieht. Das Pankreas wird von der großen Papillenampulle (zur Anatomie s. Kap. 14 in Teil II: Gallenblase, Gallenwege und Vater’sche Papille) bis zum Milzhilus vom Hauptgang (D. Wirsungianus) durchzogen, der
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Abb. 19.5 Lymphabfluss des Pankreas. (Aus Lanz und Wachsmuth [15a])
Anatomie, Funktion und Diagnostik
Kapitel 19
Duodenum, die etwa 2 cm vor der großen Papilla in der Duodenalschleimhaut als kleine unscheinbare Vorwölbung zu Tage tritt. In etwa 70 % kommuniziert der D. Santorini sowohl mit dem Hauptgang als auch mit der kleinen Papille, wobei er in ca. 10 % der Fälle zum Hauptausführungsgang der Drüse wird. In 30 % ist keine Papilla minoris angelegt, und das Sekret wird aus dem D. Santorini über den D. Wirsungianus abgeleitet (Abb. 19.6; [3, 7, 11]).
a
b Abb. 19.6 a,b Mündungsvarianten des Gallengangs und der Pankreasgänge. (Aus Lanz und Wachsmuth [15a])
im Kopfbereich zwischen 3 und 8 mm weit ist (über 10 mm ist abnormal). In den Pankreasgang münden alle Seitengänge. Im Kopfbereich zweigt der akzessorische D. Santorini (s. Abschnitt Embryologie) vom Hauptgang ab und mündet in der kleinen Papille im
a Abb. 19.7 a,b Adultes Pankreasgewebe. a Die Histologie zeigt azinäre Zellen, interlobuläre Gänge (oben rechts mit PanIN1-Läsion),
Mikroskopie. Das Pankreasgewebe besteht im Wesentlichen aus Azinuszellen (Abb. 19.7). Diese machen etwa 70 % aller epithelialen Pankreaszellen aus. Die azinären Zellen bilden in kranzartiger Anordnung Azini, die wiederum in Lobuli zusammengefasst werden. Die Azini gehen in Tubuli aus zentroazinären Zellen über, die in das definitive Gangsystem münden, das die Lobuli über intra- und interlobuläre Gänge drainiert. Die zentroazinären Zellen zusammen mit den Gangzellen machen etwa 25 % der Pankreaszellen aus. Etwa 3 % aller Pankreaszellen entfallen auf die neuroendokrinen Zellen, die in Inseln organisiert sind. Die Inseln liegen zwischen den Azini und gelegentlich auch angelehnt an Gänge (s. auch Band Pathologie der Urogenitalorgane, der endokrinen Organe, der Gelenke und des Skeletts). Die Azinuszellen produzieren die Verdauungsenzyme und speichern sie in den Zymogengranula, die durch Exozytose am apikalen Zellpol freigesetzt werden (Abb. 19.8). Bei den Zymogengranula handelt es sich um große (500–1000 nm) elektronendichte Vesikel mit eng anliegender Membran. Das übrige Zytoplasma der Azinuszellen enthält prominentes raues endoplasmatisches Retikulum und Ribosomen. Der apikale Saum besteht aus Mikrovilli. Die zentroazinären sowie die intralobulären Gangzellen sind kleiner und heller als die Azinuszellen. Elektronenmikroskopisch fehlen
b eine Insel und Fettzellen. b Die zentroazinären Zellen werden in der MUC1-Immunfärbung deutlich markiert
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Abb. 19.8 Elektronenmikroskopie der Azinuszellen. Im apikalen Zytoplasma elektronendichte Zymogengranula
ihnen Zymogengranula, auffälliges endoplasmatisches Retikulum und apikale Mikrovilli. Das Epithel der kleinen und vor allem der großen Gänge zeigt apikal Mikrovilli. Es produziert wässriges Sekret und Schleim (s. Abschnitt Funktion). Der Schleim wird im apikalen Zellbereich in unterschiedlich elektronendichten Schleimgranula (200–500 nm) gespeichert (Abb. 19.9). Beim Eintritt ins Interstitium werden die Gänge von einer mehr oder weniger ausgeprägten bindegewebigen Manschette umgeben. Außer Gängen enthält das Interstitium Fettzellen, Gefäße, Nervenfasern, einzelne Ganglienzellgruppen und ganz gelegentlich Pazini’sche Körperchen. Pankreatische Sternzellen sind im nichtaktivierten (Vitamin-A-haltigen Zustand) kaum zu identifizieren, treten aber bei Entzündungsprozessen nach Zytokinstimulierung als SMA-positive, kollagenbildende Myofibroblasten in Erscheinung [6, 9]. Immunhistochemisch exprimieren alle Gangepithelien CK7, 8, 18 und 19, die Azinuszellen (ebenso wie die neuroendokrinen Zellen) dagegen nur CK8 und 18. Trypsin (u. a. Pankreasenzyme) markieren die Azinuszellen, Synaptophysin und Chromogranin A sowie Progesteronrezeptor und ISLET1 die neuroendokrinen Zellen (Abb. 19.10; [3, 21, 27]). Das Pankreasgewebe ist normalerweise gut abgegrenzt vom peripankreatischen Fettbindegewebe, allerdings ohne eine bindegewebige Kapsel. Das im Pankreas vorhandene interstitielle Fettgewebe ist unterschiedlich stark ausgebildet, nimmt aber generell mit dem Körpergewicht zu [20, 26]. Bei atrophischen Veränderungen des peripheren Pankreasgewebes mit Verlust von Azinuszellen und Ersatz durch Fettgewebe (z. B. bei obstruktiver chronischer Pankreatitis oder lange bestehender zystischer Fibrose, s. dort) kann die Abgrenzung zum peripankreatischen Gewebe so undeutlich sein, dass nur noch die im Fettgewebe zurückgebliebenen, oft in Gruppen beieinander liegenden Inseln die Ausdehnung des ursprünglichen Pankreasparenchyms ahnen lassen (Abb. 19.11).
Abb. 19.9 Elektronenmikroskopie der Gangzellen. Apikal ein Saum aus Mikrovilli. Darunter Schleimgranula. Im übrigen Zytoplasma Mitochondrien. Die Kerne sind basal angeordnet. Die Zellen liegen auf einer Basalmembran
Blutgefäße Der Pankreaskopf wird arteriell versorgt von der aus der A. hepatica communis hervorgehenden A. gastroduodenalis sowie ihren anterioren und posterioren Ästen der pankreatikoduodenalen Arterie, die sich über Arkaden mit der A. mesenterica superior verbinden. Pankreaskörper und -schwanz erhalten ihr Blut über die aus dem Truncus coeliacus stammenden A. lienalis und ihren Ästen. Das gesamte venöse Blut des Pankreas gelangt in die Pfortader (s. Abb. 19.5a).
Lymphgefäße und Lymphknoten Der Lymphabfluss geht zum einen in die Lymphknoten am oberen Rand von Pankreasschwanz und -körper, zum anderen in die Lymphknoten ober- und unterhalb des Pankreaskörpers und -kopfes. Die 2. Station des Lymphabflusses aus dem Pankreas sind die zöliakalen und die paraaortalen Lymphknoten (s. Abb. 19.5).
Innervation Das Pankreas ist sowohl vagal als auch sympathisch innerviert. Der Pankreaskopf wird vom Plexus coeliacus dexter, vom Pl. hepaticus und vom Pl. mesentericus superior versorgt, während Körper und Schwanz von den Pl. coeliaci und den Nn. splanchnici versorgt werden.
Anatomie, Funktion und Diagnostik
Kapitel 19
637 Immunhistochemische Marker
Neuroendokrine Zellen – 4
>
< Zentroazinäre Zellen – 2
< Duktale Zellen - 1 < Azinäre Zellen - 3
Zytokerane CK 7 CK 8 CK 18 CK 19 CK 20
Zelltyp 1, 2 1, 2, 3, 4 1, 2, 3, 4 1 negav
Muzigene Marker MUC1 MUC2
2 negav
Azinäre Marker Trypsin BCL10 Chymotrypsin Lipase Elastase Amylase
3 3 3 3 3 3
Neuroendokrine Marker Synaptophysin Chromogranin A Progesteronrezeptor ISLET1
4 4 4 4
Abb. 19.10 Immunhistologisches Markerprofil des Pankreasgewebes
Altersbedingte Veränderungen Morphologische, sonographische und radiologische (CT-)Untersuchungen haben gezeigt, dass das Pankreasvolumen bei gesunden (nichtadipösen, nichtdiabetischen) Probanden bis zum 20. Lebensjahr zunimmt, vom 20. bis etwa 60. Lebensjahr gleich bleibt, um dann wieder abzunehmen [17, 19, 24]. Die Abnahme des Volumens ist verbunden mit einer verstärkten Lobulierung des Pankreasparenchyms, die meist mit einer Zunahme des interstitiellen Fettgewebes und einer verstärkten interlobulären Fibrose einhergeht. Das Fibrosemuster ist fokal akzentuiert in Form von sog. mikroskopischen lobulozentrischen Fibroseherden (s. auch Kap. 23, Sekundäre Pankreasveränderungen) [5, 14]. Gleichzeitig kommt es zu einer Pankreasgangerweiterung [25] und vermehrtem Auftreten von kleinen Zysten und, bei Männern, Kalzifikationen [13, 18]. Als Ursachen für diese altersbedingten Veränderungen, die sich auch funktionell niederschlagen, werden vaskuläre Minderperfusion, wahrscheinlich arteriosklerotisch bedingt [17], eine reduzierte Regeneration der azinären Zellen und/oder eine generelle verminderte Nahrungsaufnahme im Alter diskutiert werden.
Funktion Pankreassekretion. Zur Verdauung der Nahrung produziert das Pankreas täglich etwa 1,5–2 l Sekret, dessen Viskosität vom Enzymgehalt abhängt [22]. Das Sekret
Abb. 19.11 Pankreasgewebe bei obstruktiver chronischer Pankreatitis. In der Umgebung eines dilatierten Ganges sind die azinären Zellen durch Fettgewebe ersetzt, in dem Inselaggregate liegen
enthält etwa 20 verschiedene Verdauungsenzyme (Amylase, Lipase, Kolipase, Cholesterinesterhydrolase, Phospholecithinase A, Trypsinogen, Chymotrypsinogen, Pro elastase, Procarboxipeptidase, Leucinaminopeptidase, Kollagenasen, Ribonuklease und Desoxyribonuklease), Wasser, Natriumbikarbonat (dessen reichlicher Gehalt den hohen pH-Wert von 8,0–8,3 bedingt), bestimmte Kationen (K+, Ca++, Mg++) und Anionen (CI−, SO−4 , HPO−4 ) sowie Muzine. Die Steuerung der Pankreassekretion umfasst – eine neurale kephale Phase: 1–3 min nach Anblick der Nahrung, Dauer 10–20 min;
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– eine neurale gastrische Phase: Beginn mit Eintritt der Nahrung in den Magen (bei teilweiser Überschneidung mit der kephalen Phase) und – eine hormonale intestinale Phase: Beginn mit Übertritt von Magensäure sowie von Aminosäuren und Fettsubstanzen in das Duodenum. In der hormonalen Phase werden Sekretin und Cholezystokinin freigesetzt. Sekretin stimuliert – wahrscheinlich mit vornehmlichem Angriffspunkt an den Epithelien der intralobulären Gänge – die Sekretion eines enzymarmen, bikarbonatreichen, chlorid- und kalziumhaltigen sowie wässrigen Pankreassaftes („Hydrochylus“) und regt zugleich die Gallesekretion an. Cholezystokinin (CCK) fördert dagegen die Bildung eines enzymreichen Pankreassaftes („Proteochylus“) durch die Azinuszellen. Mit Ausnahme von Amylase und Lipase werden die Verdauungsenzyme in inaktiver Form in das Gangsystem sezerniert und erst im Duodenum durch Enterokinasen und Gallensäuren aktiviert. Im Alter vermindert sich die sekretorische Kapazität des exokrinen Pankreas [17].
Bioptische Diagnostik Die bioptische Diagnostik von tumorösen und speziellen entzündlichen Pankreasprozessen mit Hilfe von ultrasonographisch, computertomographisch oder endosonographisch gesteuerten Feinnadel-(Trucut‑)Biopsien aus dem Pankreas war selten, ist aber zunehmend häufiger geworden, da die bioptischen Methoden treffsicherer und komplikationsärmer wurden [16]. Außerdem ist vor dem Hintergrund einer generell reduzierten Operationsletalität die Zahl der resezierenden Pankreaseingriffe gestiegen, und diese gesteigerte operative Aktivität hat auch dazu geführt, dass in besonderen Fällen (z. B. zystische Läsionen) bereits eine möglichst genaue präoperative Diagnose gewünscht wird, um die operative Strategie festzulegen. Eine weitere Biopsieindikation ist die Sicherung der Tumordiagnose vor Durchführung einer präoperativen neoadjuvanten Therapie oder einer alleinigen Chemotherapie bei inoperablen Tumoren. Schließlich kann bei der Therapie der autoimmunen Pankreatitis mit Steroiden eine Absicherung der Diagnose erforderlich sein.
Postoperative Diagnostik Resektionsverfahren – Duodenopankreatektomie nach Kausch-Whipple mit Entfernung des Pankreaskopfes, Duodenum, distalen Gallengangs, der Gallenblase und eines Drittel des Magens sowie regionaler und (bei radikaler Resek-
– – – –
tion) juxtaregionaler Lymphknotendissektion. Danach werden der Gallengang sowie der Pankreaskörper und -schwanz und der Magen an verschiedenen Stellen mit dem Duodenum anastomosiert. Pyloruserhaltende Duodenopankreatektomie (wie Whipple-Resektion aber ohne Entfernung des Magens) mit Lymphknotendissektion. Totale Pankreatektomie mit Lymphknotendissektion. Pankreaslinksresektion mit Entfernung von Pankreaskörper und -schwanz sowie meistens mit Splenektomie. Besondere Pankreasresektionen: Bei der duo de numerhaltenden Resektion bleibt ein kleiner Rest des Pankreaskopfgewebes am Duodenum zurück. Bei der Operation nach Beger (ähnlich auch bei Frey) wird nur der distale Teil des Pankreaskopfes entfernt, während der proximale Anteil mit dem intrapankreatischen Gallengang erhalten bleibt. Es folgen Anastomosen der beiden Pankreasresektionsränder mit einer hochgezogenen Jejunumschlinge. Bei einer zentralen Pankreasresektion wird ein Segment des Körper-Schwanz-Bereichs entfernt und die beiden Resektionsflächen anastomosiert. Bei einer Enukleation wird ein Tumor oder ein zystischer Pankreasprozess isoliert entfernt.
Pankreasdissektion Das Präparat sollte im frischen Zustand beurteilt werden. Zuerst erfolgt die Tuschemarkierung der retroperitonealen Seite des Pankreas [10, 28]. Danach sollten zur Einsichtnahme und später besseren Fixation das Duodenum und der Magen eröffnet werden. Für die weitere Beurteilung ist von großer Bedeutung, den D. choledochus und/oder den Pankreasgang von den Absetzungsrändern her bis in das Duodenum hinein zu sondieren. Bei richtiger Sondierung ist es möglich, das Pankreas entlang der Sonde(n) horizontal vom D. choledochus und/oder vom pankreatischen Absetzungsrand zum Duodenum hin aufzuschneiden und damit beide Gänge oder einen Gang eröffnet auf der Schnittfläche vorzufinden. Diese Präparation ermöglicht in den meisten Fällen eine schnelle Identifizierung von tumorösen oder entzündlichen Prozessen im Pankreas, da zur Lokalisation und damit Erkennung der Erkrankung die häufig vorliegende Stenose im pankreatischen Teil des D. choledochus oder im Pankreasgang wegweisend ist. Ein unorientierter Anschnitt des Pankreas sollte vermieden werden. Nach dieser ersten Beurteilung des Pankreasgewebes sind die Ausmaße der resezierten Organe, insbesondere des Pankreas, zu bestimmen. Nach eventueller Entnahme von Frischgewebe wird das Präparat dann zur adäquaten Fixierung in anatomisch korrekter Lage auf eine Korkplatte für 12–24 h aufgespannt. An-
Anatomie, Funktion und Diagnostik
schließend erfolgt die endgültige Gewebsentnahme für die Histologie. Eine alternative Aufarbeitungsprozedur des WhipplePräparats sieht einen axialen bzw. horizontalen Zuschnitt des Pankreaskopfes von kranial nach kaudal senkrecht zum Duodenum in 8–10 mm dicken Gewebsscheiben vor. Bei dieser Zuschnittstechnik, die mit den Bildern im CT mehr oder weniger deckungsgleich ist, verlangt die Zuordnung der anatomischen Strukturen und pathologischen Veränderungen ein hohes Maß an dreidimensionaler Orientierung. Eine weitere Pankreasdissektionstechnik ist die Lamellierung in 5–10 mm dicke Scheiben des ungeöffneten Pankreasgewebes nach Art eines Brotschnittes, wobei die Schnittführung senkrecht zum Pankreasgang erfolgt. Beim Whipple-Präparat beginnt der Anschnitt am Pankreasresektionsrand und endet am Duodenum. Beim Pankreaskörper- und -schwanzresektat beginnt der Anschnitt ebenfalls am Pankreasresektionsrand und endet am Milzhilus. Makroskopische Beurteilung. Bei Tumoren oder tumorartigen Prozessen muss eine dreidimensionale Größenangabe erfolgen, zumindest aber ein maximaler Durchmesser angegeben werden. Alle Veränderungen, die beschrieben werden, müssen zudem hinsichtlich ihrer Lage und Ausdehnung im Pankreas möglichst genau angegeben werden. Tumoren oder tumorartige Prozesse müssen dreidimensional in ihrer Größe ausgemessen werden, mindestens aber ein maximaler Durchmesser angegeben werden. Resektionsränder: Die Resektionsränder umfassen den pankreatischen Resektionsrand (in dessen Mitte der Pankreasgang liegt), den retroperitonealen Resektionsrand (definiert als das retroperitoneale an das Pankreasgewebe angrenzende peripankreatische Fettgewebe, s. auch Kap. 24 zu den soliden Tumoren, PDAC) und der Absetzungsrand des Gallengangs. Die Entfernung zum pankreatischen Resektionsrand kann makroskopisch bestimmt werden, die Entfernung zur prognostisch wichtigen retroperitonealen Resektionsfläche ist dagegen erst histologisch festzulegen. Gewebe zur Beurteilung des pankreatischen und biliären Resektionsrandes wird oft vom Chirurgen separat eingeschickt. Gewebsentnahme zur histologischen Beurteilung: Generell wird Gewebe vom Tumor, von nichttumorösem Gewebe, von den Resektionsrändern (zusätzlich zum Schnellschnittgewebe), und, wenn mitreseziert, von den mesenterialen Gefäßen entnommen. Alle präparierten Lymphknoten werden eingeblockt. Pankreatektomiepräparat nach Whipple: Zur Beurteilung des Tumors muss die Gewebsentnahme so erfolgen, dass die Beziehungen zum intrapankreatischen
Kapitel 19
Teil des Gallengangs, zum Pankreasgang und zur Papilla Vateri zu beurteilen sind. Dies bedeutet, dass das tumorenthaltende Gewebe senkrecht zum Gallengang und Pankreasgang nach retroperitoneal lamelliert und dann entnommen wird (s. Abb. 19.1). Dabei wird auch der retroperitoneale Resektionsrand (oder besser die retroperitoneale Resektionsfläche) erfasst und kann somit beurteilt werden (s. Kap. 24, Pankreastumoren). Bei einer Tumorausbreitung in die Wand eines mitresezierten mesenterialen Gefäßes müssen die Gefäße bei der Gewebsentnahme mit einbezogen werden. Lymphknoten, die am Pankreasgewebe hängen, können separat oder anhängend an das Pankreasgewebe entnommen werden. Bei einer radikalen Lymphadenektomie werden die juxtaregionalen Lymphknoten durch den Chirurgen isoliert und unter Angabe der Lokalisation entfernt und zur Untersuchung gegeben. Pankreaslinksresektat: Nach Lamellierung (maximale Scheibendicke 5 mm) des Pankreasgewebes senkrecht zum Pankreasgang erfolgt die Entnahme von Pankreasquerschnitten. Dabei müssen der Resektionsrand sowie die Anwesenheit von peripankreatischen Lymphknoten beachtet werden. Mikroskopische Beurteilung. Die mikroskopische Beurteilung von entzündlichen Veränderungen betrifft ihre Ausdehnung (fokal, segmental, diffus), die Art der Gewebszerstörung (autodigestive Nekrose, hämorrhagische Nekrose, Apoptose), den Ersatz des normalen Gewebes durch Bindegewebe (interlobulär/ perilobulär/interstitiell, intralobulär), die Veränderungen der Gänge (Obstruktion, Dilatation) und der Inhalt der Gänge (Sekretpräzipitat, Kalkulus). Bei neoplastischen Veränderungen muss die mikroskopische Beurteilung zu folgenden Aussagen führen: Typisierung und Klassifizierung des Tumors, Einschätzung der Differenzierung und mitotischen Aktivität, Ausdehnung intra- und extrapankreatisch unter Berücksichtigung der makroskopischen Beurteilung, Resektionsränder, Lymphknotenbefall sowie vaskuläre Invasion. Immunhistologische Beurteilung. Immunhistologische Marker werden für die Differentialdiagnose und – besonders im Falle der neuroendokrinen Tumoren – für die Funktionsdiagnose eingesetzt. Die wichtigsten wegweisenden Marker sind in Abb. 19.10 zusammengefasst. Zur genauen Erfassung der proliferativen Aktivität der Tumoren ist der Einsatz von Proliferationsmarkern notwendig.
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Kapitel 20
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Fehlbildungen 20
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Inhalt Pancreas divisum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 644
Pankreashyperplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648
Pankreasheterotopie (ektopes Pankreas) . . . . . . . . . . . . . . 645
Angeborene Pankreaszysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648
Pancreas anulare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649
Pankreasagenesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_20
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Das Pankreas entsteht während der Embryonalent wicklung aus der ventralen und dorsalen Pankreas anlage [39]. Störungen der Fusion dieser Anlagen können zu Fehlbildungen und Anomalien führen. Viele dieser Fehlbildungen konnten in den letzten Jahren genetischen Defekten zugeordnet werden, so dass die Abgrenzung zu hereditären Erkrankungen (s. Kap. 21, Hereditäre Erkrankungen) unscharf geworden ist. Fehlbildungen des Pankreas (Übersicht s. Tab. 20.1) sind oftmals asymptomatisch und werden erst als Zu fallsbefund in der Bildgebung (z. B. Endoskopie), bei der pathologischen Aufarbeitung von Operationspräparaten oder im Rahmen einer Autopsie diagnostiziert. Werden sie symptomatisch (insbesondere durch eine Pankreati tis), kann dies in jedem Lebensalter geschehen und in
Einzelfällen klinisch eine differentialdiagnostische He rausforderung zu Tumoren darstellen.
Pancreas divisum Die häufigste Fehlbildung des Pankreas ist das Pancreas divisum mit einer sehr schwankenden Inzidenz, die je nach Untersuchungsmethode – von der Bildgebung (ERCP) bis zur Autopsie – zwischen 2 und 22 % (Durch schnitt etwa 15 %) liegt [4, 6, 25, 34]. Das Pancreas divisum entsteht während der embryonalen Entwick lung durch eine fehlende vollständige Verschmelzung der ursprünglich ventralen mit der dorsalen Pankreas
Tab. 20.1 Übersicht über die Fehlbildungen des Pankreas Fehlbildung
Häufigkeit
Morphologie
Klinik
11
Häufig
12
Pancreas divisum
Häufig (2–22 %)
Getrennt mündende Pankreasgänge mit Hauptabfluss durch den Neben gang in die Papilla minor
Meist asymptomatisch. Erhöhtes Pankreatitisrisiko?
Pankreasheterotopie
Häufig (1 bis > 13 %)
Versprengtes Pankreasgewebe in Magen, Dünndarm oder Jejunum; selten in anderen intestinalen und extraintestinalen Lokalisationen
Meist asymptomatisch. Selten Schleimhautulzeration, gastro intestinale Blutungen, Obstruktion (z. B. Magenausgangsstenose)
Selten (~ 1:20.000), asso ziiert mit Trisomie 21 und embryonalen Fehlbildungen
Komplette oder inkomplette ringför mige Lage von Pankreasgewebe um das Duodenum
Säuglinge: Erbrechen und Gedeih störungen
Pankreasagenesie, total
Extrem selten, häufig mit anderen Fehlbildungen kom biniert, Gendefekt in Einzel fällen bekannt (PDX-1 u. a.)
Vollständiges Fehlen des Pankreas
Intrauterine Wachstumsretar dierung, Diabetes mellitus und Malabsorption von Geburt an
Pankreasagenesie, partiell
Selten
Meist fehlende dorsale Pankreas anlage, verkürztes Pankreas
Hyperglykämie, Pankreatitis
Pankreashyperplasie
Selten, assoziiert mit dem Beckwith-Wiedemann-Syn drom
Hyperplasie von exokrinem und endokrinem Pankreas
Entwicklung einer tumorartigen Hyperplasie möglich
Angeborene Pan kreaszysten
Selten
Meist unilokulär. Multilokuläre Zys ten bei Patienten mit von-HippelLindau-Syndrom (VHL-Syndrom, VHL-Gen) und autosomal-dominant vererbter, polyzystischer Nieren erkrankung (ADPKD)
Meist asymptomatisch
13 14 15
(Synonym: ektopes Pankreasgewebe)
16
Selten
17
Pancreas anulare
18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
(Synonym: Ring pankreas)
Erwachsene: Schmerzen, Er brechen, Pankreatitis
(Pankreashypoplasie)
(Synonym: kon genitale Pankreas zysten)
Fehlbildungen
a
Kapitel 20
b
Abb. 20.1 Pancreas divisum und chronische Pankreatitis. a Pan kreaskopfresektat mit offenem D. Santorini und offener Papilla mi
nor. Die Papilla majoris ist durch eine Sonde markiert. b Eröffneter D. choledochus mit Mündung in der Papilla major
anlage, so dass der Pankreassaft des dorsalen Segments durch den Ductus Santorini in die kleine Papille abfließt [6]. Die Diagnose erfolgt klinisch durch eine ERCP, morphologisch durch Sondierung der Pankreasgänge (Abb. 20.1). Die klinische Relevanz dieser Anlageva riation ist umstritten. Ein erhöhtes Pankreatitisrisiko, insbesondere für eine idiopathische Pankreatitis bei feh lendem oder nur geringem Alkoholkonsum, konnte in einigen Studien gezeigt werden, wird jedoch kontrovers diskutiert [4, 6, 33, 40] (s. Kap. 22, Pankreatitis).
len im Gastrointestinaltrakt wie Gallenblase und Me ckel’sches Divertikel. Vereinzelt wurde es sogar extra intestinal nachgewiesen. Das heterotope Pankreasgewebe ist makroskopisch selten größer als 2 cm. Im Magen und Darm liegt es zumeist submukös und führt zu einer Schleimhautvor wölbung (75 %) (Abb. 20.2), dagegen nur selten in der M. propria oder der Subserosa. Mikroskopisch findet man entweder typisches azinäres Pankreasgewebe mit Langer hans-Inseln und Gängen oder kleinere und größere Pan kreasgänge mit oder ohne Inseln. Heterotopes Pankreas gewebe verursacht meistens keine Symptome und wird oft zufällig im Rahmen einer Endoskopie oder Resektion [16] oder während einer Autopsie entdeckt. In der Bild gebung kann, insbesondere bei submuköser Lage, die differentialdiagnostische Abgrenzung zu einem mesen chymalen Tumor (GIST, Leiomyom) schwierig sein [24]. In der Biopsie wird gelegentlich ein gut differenziertes Adenokarzinom vorgetäuscht, wenn die Heterotopie nur aus Pankreasgängen besteht [16]. Die praktisch fehlende Proliferation des heterotopen Gangepithels ist hier ein guter Wegweiser. Seltene Komplikationen von hetero
Pankreasheterotopie (ektopes Pankreas) Versprengtes Pankreasgewebe ohne direkte Verbindung zum Organ wird als Pankreasheterotopie (Synonym: ek topes Pankreasgewebe) bezeichnet. Die Häufigkeit wird nach Autopsiestudien mit 1 bis über 13 % angegeben [6]. Heterotopes Pankreasgewebe kommt hauptsächlich im Magen (insbesondere im Antrum, 90 %), Duodenum und Jejunum vor, nur selten dagegen an anderen Stel
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1
topem Pankreasparenchym sind Magenausgangsstenose (bei Säuglingen, selten auch bei Erwachsenen), Schleim hautulzeration mit gastrointestinalen Blutungen und Obstruktion der Ampulla Vateri mit Ikterus und even tueller Pankreatitis (auch schon bei Kindern) [10, 18, 22, 23, 32, 41]. Die Entwicklung von Pankreastumoren, vornehmlich PDAC, in heterotopem Pankreasgewebe ist vereinzelt beschrieben worden [17, 31]. Pankreasgewebe (gelegentlich mit einer Inselhyper plasie und Hypoglykämie) kann in reifen Teratomen, insbesondere mit mediastinaler Lokalisation, beobach tet werden (Abb. 20.3; [15, 38]).
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Abb. 20.2 Heterotopes Pankreasgewebe mit polypöser, etwa 15 mm breiter Vorwölbung der Antrumschleimhaut des Magens
9 10 11 12 13 14 15 16 17
a
b
Abb. 20.3 a,b Pankreasgewebe in Nachbarschaft von Zysten in einem reifen mediastinalen Teratom. a Lobuliertes Pankreasparenchym. b Insel- und Insulinzellhyperplasie
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a Abb. 20.4 a,b Pancreas anulare. a Ringförmige Ummantelung des Duodenums durch Pankreasgewebe bei einem Neugeborenen (Au topsiepräparat). b Pankreaskopfresektat bei einem Erwachsenen mit
b eröffnetem Duodenum, durchgeschnittenem periduodenalem Pan kreasring und Sonden in der Papilla major
Fehlbildungen
Kapitel 20
Pancreas anulare Pancreas anulare (Synonym: Ringpankreas) bezeichnet eine seltene Fehlbildung, die durch eine (partiell oder komplett) ringförmige Lage von Pankreasgewebe um das Duodenum gekennzeichnet ist. Die genaue Pathogenese ist unklar. Als mögliche Mechanismen der Ringbildung werden Rotationsstörungen, eine Hypertrophie/fehlende Rückbildung des linken Anteils bei doppelter ventraler Pankreasknospe (sog. Baldwin-Hypothese aus dem Jahr 1910) und eine Anheftung des freien Endes der ventra len Pankreasanlage an die Duodenalwand (sog. LeccoHypothese, ebenfalls aus dem Jahr 1910) diskutiert [6, 30]. Mikroskopisch enthält das Gewebe des Ringpankreas Inseln, die immunhistochemisch reich an pankreati schem Polypeptid (PP) sind und damit dem PP-Lappen des Pankreaskopfes entsprechen [37]. Die geschätzte Inzidenz liegt bei 1:20.000 und ist somit insgesamt selten [6]. Klinisch manifestiert sich das Pancreas anulare zum einen im Säuglingsalter zum anderen bei Erwachsenen (3.–6. Lebensdekade; Durchschnittsalter 47 Jahre) [44]. Aufgrund der Einengung des Darmlumens kommt es bei Säuglingen schon kurz nach der Geburt zu Erbrechen und Gedeihstörungen, so dass ein schnelles chirurgisches Vorgehen (duodenaler Bypass) indiziert ist (Abb. 20.4a). Bei einer Erstmanifestation im Erwachsenenalter stehen Schmerzen, Erbrechen und Pankreatitis im Vordergrund (Abb. 20.4b; [20, 44]). Ein Pancreas anulare ist insbeson dere bei einer Manifestation im Säuglingsalter häufig (71 %) mit anderen Fehlbildungen (z. B. intestinale Atresie, Malrotation, Herzanomalien) assoziiert [6, 44]. Patienten mit Pancreas anulare haben vermehrt Chro mosomenstörungen, insbesondere ein Down-Syndrom (Trisomie 21; 11–16 %) [6]. Häufig kann die Diagnose schon pränatal gestellt werden [44].
Pankreasagenesie Eine Pankreasagenesie ist gekennzeichnet durch ein an geborenes vollständiges (extrem selten; Abb. 20.5a) oder partielles Fehlen des Pankreas. Eine partielle Agenesie (Pankreashypoplasie) resultiert meist aus einer Unter entwicklung der dorsalen Pankreasanlage (Abb. 20.5b). Die Klinik ist vom Schweregrad der Agenesie abhängig. Bei totaler Agenesie kommt es intrauterin aufgrund der fehlenden Insulinproduktion zu einer Wachstumsretar dierung; postnatal bestehen ein Diabetes mellitus und eine Malabsorption [3, 6]. Bei partieller Agenesie ist die Klinik abhängig von der Menge des fehlenden Pankreas gewebes [3]. Meist steht der Diabetes im Vordergrund; abdominelle Schmerzen und Pankreatitis wurden je doch auch mitgeteilt [19, 35]. Ursache der Agenesie sind
a
b Abb. 20.5 a,b Pankreasagenesie. a Ausschnitt aus einem Autopsie präparat der Leber und des Pankreas. Totales Fehlen von Pankreas gewebe im eröffneten duodenalen Bogen bei erhaltener Papille und erhaltenem D. choledochus am Leberhilus. b Gastroduodenales Au topsiepräparat mit eröffnetem Magen und Duodenum sowie anhän gendem Pankreas mit Milz und Mesenterium. Der zum Milzhilus hinziehende Pankreaskörper und -schwanz ist im Vergleich zum Pankreaskopf deutlich hypoplastisch
Mutationen im PDX-1 (IPF1)-Gen auf dem Chromoso menabschnitt 13q12.1 [36]. Das PDX-1-Gen kodiert für den Insulin-Promoter-Faktor 1 (IPF-1). Die Erkrankung wird autosomal-rezessiv vererbt und kann mit einer Kleinhirnagenesie und anderen Fehlbildungen (z. B. des Gallengangsystems) verbunden sein. Bei einzelnen Patienten/Feten mit Pankreasagenesie konnten Muta tionen im GATA6-Gen und im TCF2/HNF1B-Gen iden tifiziert werden, wobei die GATA6-Mutationen mit Fehl bildungen des Herzens assoziiert waren [5, 9].
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a Abb. 20.6 a,b Pankreasgewebe bei Beckwith-Wiedemann-Syn drom: a Fokale Inselhyperplasie im Pankreas mit azinärer Atrophie.
b b Regelrechte Ausbildung von insulinpositiven Zellen in den Inseln. (Präparate und Aufnahmen Prof. Hruban, Baltimore, USA)
Pankreashyperplasie Eine Hyperplasie des Pankreas mit tumorförmiger Ver mehrung von Inselzellen (Abb. 20.6) wird im Rahmen des Beckwith-Wiedemann-Syndroms (ExomphalosMakroglossie-Gigantismus-Syndrom; genetisch be dingtes Großwuchssyndrom) beobachtet, bei dem die Patienten zusätzlich auch Pankreatoblastome entwickeln können [29]. Eine isolierte Inselzellhyperplasie wurde auch im Rahmen anderer Syndrome und Gendefekte (Costello-Syndrom, Sotos-Syndrom und weitere) be schrieben [2, 13].
Angeborene Pankreaszysten Angeborene (kongenitale) Pankreaszysten sind extrem selten. Sie werden insbesondere bei Feten, Neugebore nen und Kleinkindern diagnostiziert [7, 11, 12, 14, 28]. Kongenitale Pankreaszysten kommen uni- und multi lokulär vor; eine Verbindung zum Gang besteht nicht. Mikroskopisch sind die Zysten von einem atrophischen, nichtmuzinösen Epithel ausgekleidet und enthalten se röse Flüssigkeit [21]. Angeborene Pankreaszysten sind zumeist asymptomatisch, können jedoch in Einzelfällen bei Säuglingen/Kleinkindern als abdominelle Raumfor derung imponieren [7, 11, 12, 14]. Multilokulär können kongenitale Pankreaszysten beim von-Hippel-LindauSyndrom (VHL-Syndrom; s. Kap. 24, Pankreastumoren) und sehr selten bei der autosomal-dominant vererbten, polyzystischen Nierenerkrankung (ADPKD; PDK1und PDK2-Gen; s. auch Kap. 21, Hereditäre Pankreas erkrankungen) beobachtet werden (Abb. 20.7) – zwei genetische Erkrankungen, die wahrscheinlich auf einer Ziliendysfunktion beruhen [6, 42, 43]. Die Pathogenese
Abb. 20.7 Pankreasgewebe bei autosomal-dominant vererbter, polyzystischer Nierenerkrankung. Multiple kleine seröse Zysten, die die normalen Gänge und azinären Lobuli verdrängen
der nicht VHL- und ADPKD-assoziierten kongenitalen Pankreaszysten ist unklar; eine Assoziation mit dem Ivemark-Symptomenkomplex (Ivemark-Syndrom II) wurde in einem Einzelfall beschrieben [8]. Eine seltene Sonderform angeborener Pankreaszys ten sind enterogene Zysten (Vorderdarmzyste), die aus einer gastrointestinalen Duplikatur entstehen und meist nur in oder an der Duodenalwand zu finden [21, 26] so wie gelegentlich mit einer Pankreatitis assoziiert sind [1, 27] (s. Kap. 23, Sekundäre, tumorartige, zystische und transplantationsbedingte Pankreasveränderungen).
Fehlbildungen
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G. Klöppel
Inhalt Zystische Fibrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652
Hereditäre Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656
Shwachman-Diamond-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 655
Hereditäres Pankreaskarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656
Johanson-Blizzard-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 655
Hereditäre zystische Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656
Pankreasagenesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 655
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656
Hämochromatose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 655
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_21
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G. Klöppel
Zystische Fibrose Definition. Die zystische Fibrose (Synonym: Mukoviszidose) ist eine autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung verursacht durch eine Mutation des „cystic fibrosis transmembrane conductance regulator“-(CFTR-)Gens, die sich postnatal in einer Sekretionsstörung der serösen und muzinösen Drüsen manifestiert und vor allem im Pankreas und der Lunge durch eine hypervisköse Schleimbildung zu schweren morphologischen und funktionellen Veränderungen der betroffenen Organe führt. Epidemiologie und Diagnose. Die zystische Fibrose ist die häufigste genetische Erkrankung der weißen Bevölkerung und tritt bei etwa 1:2000 (1:1800–2500) Neugeborenen in Europa auf [1, 13, 27]. Beide Geschlechter sind gleich häufig betroffen. In Deutschland werden jährlich etwa 300 Kinder mit zystischer Fibrose geboren. Bei Afrikanern ist sie selten (1:17.000), bei Pakistani und Indern dagegen häufig. Die Diagnose beruht im Wesentlichen auf dem Schweißtest (S2-Konsensus-Leitlinie „Diagnose der Mukoviszidose“ (AWMF 026-023; http://www.awmf. org/uploads/tx_szleitlinien/026-23lS_2k_Diagnose_ der_Mukoviszidose_2013-07.pdf)). Etwa 98 % der homozygoten Genträger zeigen einen abnorm hohen Gehalt des Schweißes an Natriumchlorid (über 80, normal unter 60 mmol/l). Nach der Pubertät schwanken die Werte stärker, und selbst solche über 100 mmol/l sind nicht beweisend. Ein pränataler Nachweis anhand von DNA aus einer Chorionzottenbiopsie oder Fruchtwasser nach Amniozentese wird in der Regel nur bei Familien mit einem Indexpatienten, dessen Mutationstyp bekannt ist, durchgeführt. Ätiologie und Pathogenese. Das CFTR-Gen, dessen Mutation zur zystischen Fibrose führt, liegt auf dem Chromosomsegment 7q31 [6, 29]. Mutationen finden sich bei 3–5 % der Gesamtbevölkerung. 75 % der Betroffenen haben eine Delta-F508-Mutation; darüber hinaus sind jedoch zahlreiche weitere Mutationen (> 1500) bekannt geworden. Das CFTR-Gen kodiert ein Protein des Chloridionenkanals, das vermutlich über eine Störung der Chloridionensekretion zu einer veränderten Zusammensetzung der Elektrolyte im serösen und muzinösen Sekret führt. Warum der Schleim hyperviskös wird, ist noch unklar. Dies ist jedoch die Ursache aller Organveränderungen bei der zystischen Fibrose, wobei sich gezeigt hat, dass die verschiedenen CFTR-Mutationen den Phänotyp der zystischen Fibrose bestimmen, insbesondere im Hinblick auf den Schweregrad der Lungenerkrankung, der Beteiligung des exokrinen Pankreas und der männlichen Infertilität [12]. Eine enge Korrela-
tion besteht zwischen bestimmten seltenen CFTR-Mutationen und der Art der Pankreasbeteiligung in Form einer Pankreatitis [19] (s. Kap. 22, Pankreatitis). Die Krankheit wird autosomal-rezessiv übertragen. Beide Elternteile sind als heterozygote Genträger klinisch gesund, müssen jedoch damit rechnen, dass 25 % ihrer Kinder homozygot erkrankt sind. Homozygote Genträger geben das Merkmal an alle ihre Kinder weiter, jedoch sind diese bei gesundem Ehepartner heterozygot und somit symptomlos. Ist auch der Ehepartner heterozygoter Merkmalsträger, so sind 50 % der Kinder homozygot und damit klinisch manifest erkrankt. Morphologie und Klinik. Bei den meisten Patienten manifestiert sich die zystische Fibrose entweder direkt postnatal durch einen Mekoniumileus oder in den ersten Lebensmonaten durch schwere Gedeihstörungen und/oder rezidivierende Bronchitiden. Bis zum zweiten Lebensjahr ist bei 90 % der Erkrankten die Diagnose gesichert. Selten wird die Diagnose erst im Erwachsenenalter gestellt. In einer Studie über 75 Fälle [4], die mit einer aus der Kindheit bekannten zystischen Fibrose nach dem 18. Lebensjahr, teilweise bis zum 47. Lebensjahr, beobachtet wurden, standen chronische obstruktive Lungenerkrankung (97 %) mit rezidivierenden Bronchitiden, pulmonaler Insuffizienz, Cor pulmonale und Tod im Rechtsherzversagen ganz im Vordergrund. Folgende Symptome und morphologische Befunde sind häufig: – Pankreas und Kopfspeicheldrüsen: In beiden Organen entwickeln sich gleichartige fibrozystische Veränderungen. Klinisch zeigen 80–90 % der Patienten eine exkretorische Pankreasinsuffizienz mit Maldigestion und Steatorrhö [13]. Morphologisch ist das Pankreas kurz nach der Geburt – z. B. bei Kindern, die an einem Mekoniumileus versterben – zumeist noch unauffällig. Gelegentlich finden sich jedoch bereits durch PAS-positives Material ausgeweitete Azini [25]. In den folgenden Lebensmonaten und Jahren entwickelt sich eine immer stärker werdende Ektasie der interlobulären Gänge, bedingt durch eine Obstruktion mit hyperviskösem Schleim. Als Folge davon kommt es zu einer Atrophie des azinären Parenchyms, das schließlich nach 5–15 Jahren nahezu vollständig durch Binde- und Fettgewebe ersetzt ist (Abb. 21.1a). In diesem fibrolipomatösen Gewebe, das mit zunehmender Überlebensdauer immer mehr lipomatös wird, finden sich stark dilatierte Gänge mit teilweise zystischer Erweiterung durch intensiv PAS-positiven Schleim und Gruppen unterschiedlich großer Langerhans-Inseln (Abb. 21.1b–d; [10, 15]). Ein Diabetes mellitus ist bei steigender Lebenserwartung der CF-Patienten eine häufige Komplikation (bis zu 40 % der CF-Patienten) geworden [20]. Die Pathophysiologie dieses Diabetes ist durch die Inselveränderungen nur schwer zu erklären. In den Langer-
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Abb. 21.1 a–d Zystische Fibrose bei 39 Jahre altem Patienten (Autopsiepräparat). a Pankreas mit unregelmäßiger Fibrose und Lipomatose bei Verschmälerung des Organs. b Schnittfläche des Pankreasparenchyms mit unregelmäßig dilatierten und mit glasigem
a
Schleim gefüllten Gängen in Fibrosezonen. c Dilatierter Pankreasgang, umgeben von lipomatösem Gewebe ohne Azini, jedoch mit in fibröses Stroma eingebetteten Inseln. d PAS-positive Pankreasgänge
b
Abb. 21.2 a,b Zystische Fibrose des Pankreas im Endstadium. a Fibrolipomatöses Pankreasgewebe mit unterschiedlich großen Inseln und geringer lymphozytärer Infiltration. b Lipomatöses Pankreas
gewebe mit aggregierten Inseln, deren Insulinzellen zahlenmäßig stark vermindert sind
hans-Inseln kann es zu einer relativen Verminderung der insulinproduzierenden Zellen kommen, wie sie auch bei der chronischen Pankreatitis beobachtet wird (Abb. 21.2; [15]). Da diese Veränderung wahrscheinlich nicht ausreicht, um die zu beobachtende
Insulininsuffizienz herbeizuführen, muss zusätzlich angenommen werden, dass das Gesamtvolumen der Inseln insgesamt durch die fibrolipomatöse Umwandlung der Drüse so weit abnimmt, dass dadurch die Insulinsekretion entscheidend reduziert wird.
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Abb. 21.3 Zystische Fibrose. Ileumsegment bei Mekoniumileus
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Bei einem kleinen Teil der CF-Patienten tritt keine Steatorrhö auf, sondern es kommt zuerst zu einer akute Pankreatitis [9, 16, 21] (s. Kap. 22, Hereditäre Pankreatitis). Klinisch haben diese Patienten auch hinsichtlich ihrer anderen Organmanifestationen eine bessere Prognose. – Darm: Bei 10–15 % der Patienten tritt unmittelbar post partum ein Mekoniumileus auf (Abb. 21.3). Er beruht auf der abnormen Viskosität des Darminhalts. Morphologisch findet sich eine maximale Dilatation des proximalen Dünndarms, der zähes grünschwarzes Mekonium enthält, das die Darmlichtung verlegt. Im Kolon ist hingegen wenig oder kein Mekonium. Der dilatierte Dünndarm kann perforieren, was eine Mekoniumperitonitis zur Folge hat. Bei noch offenem Processus vaginalis peritonei kann dabei das Mekonium in das Skrotum gelangen und dort verkalken, wenn das Kind überlebt. Bei Perforation des Kolons und offenem Bochdalek’schem Dreieck kann sich als große Rarität ein Mekoniumthorax entwickeln [7]. Auch noch im späteren Lebensalter können sich „Mekoniumileus-ähnliche“ Zustände als Komplikation der zystischen Fibrose entwickeln [2, 23]. Dabei kommt es zu einer Ansammlung zäher gummiartiger Kot- und Schleimmassen im Zökum bzw. im terminalen Ileum, seltener mit Ausdehnung auf weite Teile des Dünn- und/oder Dickdarms. Die dadurch hervorgerufene klinische Trias umfasst Bauchkrämpfe, Darmobstruktion und einen durch die Bauchdecken palpablen „Tumor“ im rechten unteren Bauchquadranten. Es kann zum Subileus, Ileus und über eine Darmwandischämie zur Perforation kommen. Die Entstehung wird begünstigt durch ungenügende Pankreasenzymsubstitution und durch Dehydratation (febrile Infekte, Durchfall, Einnahme von Anticholinergika). Mikroskopisch sieht man im Darm dieser Patienten eine hochgradige Erweiterung der schleimgefüllten Krypten der Dünn- und Dickdarmschleimhaut sowie der Brunner’schen Drüsen
Abb. 21.4 Zystische Fibrose. Großes Portalfeld der Leber mit eingedickter Galle in kleinen Gallengängen an der Peripherie von Lobuli
des Duodenums. Die Appendix zeigt in 20 % der Fälle eine Mukozele. Bei Kleinkindern kann es zu einem Rektumprolaps kommen [32]. – Gallenblase und Leber: Bei Neugeborenen führt der Verschluss des D. cysticus durch zähen Schleim zu einer Atrophie der Gallenblase („Mikrogallenblase“). Multifokale Verschlüsse der intrahepatischen Gallengänge durch eingedickte Galle führen zur Gallestauung (Abb. 21.4) und können schließlich eine sekundäre biliäre multinoduläre Zirrhose mit portaler Hypertension zur Folge haben [11, 30, 31]. – Atemwege, Lunge, Pleura: Der Nasenrachenraum, die Nasenhöhle und die Nasennebenhöhlen sind häufig von katarrhalisch-eitrigen Entzündungen in Verbindung mit Nasenschleimhautpolypen betroffen [25]. Der Bronchialbaum enthält zähen Schleim und die Lunge zeigt fokale Atelektasen [3]. Später folgt eine bakterielle eitrige Bronchitis mit allmählicher Destruktion und Vernarbung der Bronchialwände sowie Entwicklung von Bronchiektasen in allen Lungenlappen. Klinisch stehen am Anfang eine Tachypnoe und ein trockener Reizhusten. Später folgen die Zeichen einer chronischen Bronchitis mit voluminösem und eitrigem Sputum und schließlich ein chronisches obstruktives Lungenemphysem. Das Endbild ist eine partiell überblähte Lunge mit herdförmigen Atelektasen und grauweißen Fibrosebezirken als Zeichen organisierter Bronchopneumonien. Es kommt zur pulmonalen Hypertonie und damit zum Cor pulmonale. Als Komplikationen können sich ein Pneumothorax (mit Verödung des Pleuraspalts) und eine Hämoptoe entwickeln [17, 22]. – Genitalorgane: Über 90 % der männlichen Patienten zeigen eine Azoospermie, bedingt durch Hypoplasien oder Atrophien im Bereich der Samenblasen, Vasa
Hereditäre Pankreaserkrankungen
deferentia, Ductuli efferentes und Nebenhoden [33]. Die Samenleiter sind gewöhnlich weitgehend atretisch. Die Fehlbildungen des männlichen Genitale sind hochcharakteristisch und daher diagnostisch [24]. Infertilität bei jungen Erwachsenen mit chronischer Bronchitis sollte stets an das Vorliegen einer zystischen Fibrose denken lassen [33]. – Sonstige Organe: Die Schweißdrüsen sind trotz ihrer tiefgreifenden Funktionsstörung zumindest lichtmikroskopisch unauffällig [1]. Gelegentlich werden arthritische Erscheinungen beobachtet [26]. Prognose. Bei konsequenter Physiotherapie erreichen 80 % der Erkrankten das Erwachsenenalter. Gegenwärtig beträgt die Lebenserwartung etwa 40 Jahre [6].
Shwachman-Diamond-Syndrom Definition. Das Shwachman-Diamond-Syndrom (SDS) („primäre lipomatöse Atrophie des Pankreas“) ist eine autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung, verursacht durch Mutationen im SBDS-Gen, die eine exokrine Pankreasinsuffizienz, Skelettdeformitäten mit Minderwuchs und Knochenmarkserkrankungen wie intermittierende Neutropenie und eine Prädisposition zu Leukämien und Infekten zur Folge haben [18]. Morphologie und Klinik. Das SDS ist die zweithäufigste Ursache einer exokrinen Pankreasinsuffizienz bei Kindern, jedoch insgesamt viel seltener als die CF. Im Pankreas kommt es zu einem Verschwinden der Azinuszellen [14, 28]. Sie werden durch Fettgewebe ersetzt, wodurch die äußere Gestalt und Größe der Drüse erhalten bleibt. Gelegentlich führt der Ersatz des azinären Parenchyms durch Fettgewebe zu einer Pseudohypertrophie der Drüse. Mikroskopisch liegen innerhalb des Fettgewebes normal gestaltete Gänge und regelrecht verteilte und strukturierte Inseln. Außer der exokrinen Pankreasinsuffizienz entwickeln sich Skelettdeformierungen (metaphysäre Dysostosen) mit Wachstumsverlangsamung und Minderwuchs, begleitet von Knochenmarkserkrankungen wie intermittierende Neutropenie, Thrombopenie und Anämie, die zu einem myelodysplastischen Syndrom und akuter myeloischer Leukämie sowie Infekten prädisponieren. Ätiologie und Pathogenese. Das SDS wird autosomalrezessiv vererbt. Das verursachende SBDS-Gen liegt auf Chromosom 7q11 und weist die Besonderheit einer Duplikation auf. Die Mutationen betreffen das duplizierte Gen und werden wirksam, wenn in der Meiose mutierte Sequenzen des duplizierten Gens in das intakte Gen integriert werden und es inaktivieren. Die Funktion des
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vom SBDS-Gen kodierten Proteins ist bislang nicht bekannt; es wird jedoch eine Beziehung zum Ribosomenaufbau vermutet [18].
Johanson-Blizzard-Syndrom Das Johanson-Blizzard-Syndrom (JBS) ist eine extrem seltene autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung, verursacht durch Mutationen im UBR1-Gen auf Chromosom 15q14-21.1, das für eine Ubiquitinligase kodiert [34]. Die Folge, die individuell sehr unterschiedlich stark ausfällt, ist eine exokrine Pankreasinsuffizienz, bedingt durch eine pankreatitisartige, pränatal beginnende lockere interlobuläre Fibrose des Pankreas mit Verlust von unreif erscheinenden Azinuszellen und deren Ersatz durch Fettgewebe bei erhaltenen Gängen und Inseln [8]. Weitere Entwicklungsstörungen können die Hypophyse, die Nase, das Nervensystem, das Gehör und das Skelettsystem betreffen.
Pankreasagenesie Die totale Pankreasagenesie hat eine exokrine und endokrine Insuffizienz (neonataler Diabetes) zur Folge und ist in den meisten Fällen durch eine Mutation im PDX1Gen verursacht (s. Kap. 20, Fehlbildungen).
Hämochromatose Definition. Die primäre Hämochromatose ist eine autosomal-rezessive Erkrankung mit Mutationen im HFEGen auf Chromosom 6p21.3, die zu einer ungeregelten Aufnahme von Eisen aus dem Dünndarm und damit zur einen Eisenüberladung des Körpers führen. Es sind vor allem die Leber, das Pankreas, das Herz, die endokrinen Organe und die Gelenke betroffen (s. auch Kap. 4, Metabolische Erkrankungen, Hämochromatose und Morbus Wilson der Leber) [5]. Morphologie. Im Pankreas kommt es bei primärer sowie bei exzessiver sekundärer Hämochromatose (s. Hämosiderose) zur Hämosiderinablagerung in den Azinuszellen, Gangzellen und den Insulinzellen der Inseln (Abb. 21.5; [14, 27]). Die spezifischen Veränderungen im Bereich der Langerhans-Inseln und der damit verbundene Diabetes („Bronzediabetes“) werden im Kapitel „Endokrines Pankreas“ des Bandes Pathologie der urogenitalen und endokrinen Organe sowie des Gelenkund Skelettsystems behandelt. Im exokrinen Pankreas
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Abb. 21.6 Hämochromatose des Pankreas (Autopsiepräparat). Dunkelbraun verfärbtes Pankreasparenchym Abb. 21.5 Hämochromatose des Pankreas: Insel mit stark eisenpositiven Azinuszellen und schwach eisenpositiven Inselzellen
Hereditäre zystische Erkrankungen führt die Eisenablagerung zu einer rostbraunen Verfärbung des Organs und einer geringen diffusen, aber sehr unterschiedlich stark ausgeprägten interlobulären Fibrose (Abb. 21.6). Ein exokriner Funktionsverlust tritt nicht ein. Auf die Leberveränderungen der Hämochromatose wird im entsprechenden Organkapitel des Bandes eingegangen.
Hereditäre Pankreatitis Die hereditäre/familiäre Pankreatitis manifestiert sich in den meisten Fällen als akute Pankreatitis im Kindesalter, die über rezidivierende Schübe in eine chronische Pankreatitis übergeht. Das morphologische Bild und der genetische Hintergrund werden in Kap. 22, Pankreatitis, dargestellt.
Zystische Erkrankungen basierend auf einem hereditären Gendefekt kommen beim von-Hippel-Lindau-Syndrom (VHL) und der adulten polyzystischen Nierenerkrankung (ADPKD; Mutationen im PDK1- und PDK2-Gen) vor. Sie werden in Kap. 24, Solide und zystische Pankreastumoren, bzw. in Kap. 20, Fehlbildungen, besprochen.
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Hereditäres Pankreaskarzinom Pankreaskarzinome haben in 5 bis maximal 10 % einen familiären Hintergrund, wobei in den meisten Fällen eine autosomal-dominante Vererbung zu beobachten ist. Bei etwa 20 % der Patienten mit familiärem Pankreaskarzinom ist der Gendefekt bekannt (z. B. eine Mutation im BRCA2-Gen). In allen übrigen Fällen ist die Molekulargenetik noch nicht entschlüsselt. Eine detaillierte Diskussion zum familiären Pankreaskarzinom und seine Beziehung zum PDAC findet sich im Kap. 24, Solide und zystische Tumoren.
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Hereditäre Pankreaserkrankungen
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Kapitel 22
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Pankreatitis 22
G. Klöppel, J. Lüttges, B. Sipos
Inhalt Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 660
Eosinophile Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682
Akute Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 661
Follikuläre Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682
Chronische Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 668
Tropische Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682
Alkoholische chronische Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . 669
Idiopathische Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682
Paraduodenale chronische Pankreatitis („Rinnenpankreatitis“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673
Obstruktive chronische Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . 682
Divisumpankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675 Hereditäre Pankreatitis und Pankreatitis mit prädisponierender Genveränderung . . . . . . . . . . . . . 676 Autoimmune Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677
Sarkoidose und andere seltene Pankreatitisformen . . . . 684 Pankreatitis im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 684 Differentialdiagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 684 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 684
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_22
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G. Klöppel, J. Lüttges, B. Sipos
Klassifikation Keiner der zahlreichen Vorschläge zur Klassifizierung der Pankreatitis befriedigt bislang in vollem Umfang. Dies beruht hauptsächlich darauf, dass das klinische Bild nicht immer der Pathologie entspricht (z. B. eine rezidivierte akute Pankreatitis zeigt morphologisch bereits eine chronische Pankreatitis), eine ätiologische Zuordnung des morphologischen Erscheinungsbilds der Pankreatitis nur indirekt möglich ist, die Ätiologie für eine Reihe von Fällen unbekannt ist (z. B. Autoimmunoder Tropenpankreatitis) und selbst bei bekannten ätiologischen Faktoren (z. B. Alkoholabusus, Gallensteineinklemmung, Hyperkalzämie) die Pathogenese der resultierenden Pankreatitis unbekannt ist. An einer generellen Einteilung in eine akute und eine chronische Pankreatitis kann jedoch trotz klinischer Überschneidungen nach wie vor festgehalten werden [60]. Die akute Pankreatitis wird nach der revidierten Atlanta-Klassifikation von 2012 nach klinischen sowie CT-radiologischen Kriterien in eine interstitielle ödematöse Pankreatitis, die mild oder mäßig schwer verlaufen kann, und eine nekrotisierende Pankreatitis mit schwerem Verlauf unterteilt [9]. Tab. 22.1 versucht, die entscheidenden klinischen Befunde und CT-Kriterien [9, 97] mit den histopathologischen Merkmalen der Erkrankung zu korrelieren, um der Klassifikation auch
einen morphologischen Bezug zu geben. Die Morphologie der dargestellten Pankreatitis erlaubt keinen Rückschluss auf die verschiedenen Pankreatitis-auslösenden Ursachen (s. u.). Allein die infektiöse Pankreatitis und die Pankreatitis mit vorherrschender Gangnekrose können histopathologisch erkannt werden [79]. Die chronische Pankreatitis wird im Wesentlichen nach klinischen, funktionellen und radiologischen Schweregraden klassifiziert, doch die Vielzahl der Klassifikationsvorschläge über 30 Jahre hinweg (Cambridge 1983, Marseille 1984 [58], Rom 1988, Zürich 1996, Manchester 2006, Mannheim 2007 und Büchler et al. 2009 [20]) zeigt, dass der natürliche Verlauf der Erkrankung im Hinblick auf Diagnose, Prognose und Therapie schwierig zu erfassen ist. Dies beruht vor allem auf der Schwierigkeit, das Anfangsstadium der chronischen Pankreatitis klinisch-funktionell zu erkennen und auf der Basis eines ERCP- oder CT-Befundes zu definieren, um daraus ein adäquate Therapie abzuleiten (s. hierzu Diskussion in [20]). Tab. 22.2 gibt eine ätiologische Einteilung der chronischen Pankreatitis wieder und korreliert sie mit klinischen Kriterien und dem morphologischen Befund. Sie versucht, auf dem gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse, Ätiologie, Klinik und Pathologie in einem einfachstmöglichen Rahmen miteinander zu verbinden.
Tab. 22.1 Akute Pankreatitis: Korrelation der wichtigsten klinischen und radiologischen (CT-)Kriterien der Atlanta-Klassifikation 2012 mit den histopathologischen Befunden
18
Typ und Schweregrad
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Interstitielle ödematöse Pankreatitis
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Mild
Keine Komplikationen. Pankreas mit leicht heterogener Struktur
Parenchymales Ödem mit winzigen Fettnekrosen, vor allem peripankreatisch
Mäßig schwer
Vorübergehendes Organversagen und/oder akute peripankreatische Flüssigkeitsansammlung (APFC)
Konfluierende liquifizierte Fettnekrosen
Pseudozyste (hervorgegangen aus nichtresorbierter APFC)
Pseudozyste (ohne Debris)
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Komplikationen und CT-Befunde
Histopathologische Befunde
Nekrotisierende Pankreatitis Schwer
Persistierendes Organversagen, systemische Komplikationen
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Akute nekrotische Veränderung (ANC)
Pankreatische und peripankreatische Parenchymund/oder Fettnekrose mit oder ohne Hämorrhagie
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Demarkierte Nekrose (hervorgegangen aus ANC)
Pankreatische und peripankreatische Nekrose, gut abgegrenzt durch Granulationsgewebe und Fibrose, entsprechend einer Pseudozyste mit assoziierter Nekrose
28
Pankreatitis
Kapitel 22
661
Tab. 22.2 Häufige Formen der chronischen Pankreatitis charakterisiert durch Klinik, Ätiologie und Histopathologiea Klinische Präsentation
Ätiologie und Diagnose
Histopathologie
Alkoholische chronische Pankreatitis im frühen Stadium
Fokal akzentuierte perilobuläre Fibrose, mit oder ohne Pseudozyste
Alkoholische chronische Pankreatitis im fortgeschrittenen Stadium
Diffuse Fibrose, Kalkuli, mit oder ohne Pseudozyste(n)
Pankreatitis bei chronischem Alkoholabusus Rezidivierende Episoden einer akuten Pankreatitis mit intermittierendem Schmerz Permanenter Schmerz oder Schmerzlosigkeit mit Maldigestion und Diabetes
Pankreatitis im Kindesalter mit familiärer Pankreatitisanamnese Rezidivierende Episoden einer akuten Pankreatitis
Hereditäre chronische Pankreatitisb
Periduktale und perilobuläre Fibrose, starke Gangdilatation, Kalkuli, später lipomatöse Atrophie
Pankreatitis mit rezidivierendem Erbrechen und starkem Gewichtsverlust Erbrechen, Übelkeit, Schmerzen, Gewichtsabnahme, häufig Alkoholismus
Paraduodenale Pankreatitis („Rinnenpankreatitis“)
Nekrotisch-zystische und entzündlichfibröse Veränderungen in und unter der Duodenalwand an der kleinen Papille
Autoimmune Pankreatitis Typ 1
Periduktale lymphoplasmazytische, IgG4positive Infiltration mit multifokaler Fibrose und Venulitis
Autoimmune Pankreatitis Typ 2
Periduktale lymphoplasmazytische Infiltration mit granulozytären epithelialen Läsionen, IgG4-negativ
IgG4-assoziierte Pankreatitis Ikterus, selten Schmerzen
Nicht-IgG4-assoziierte Pankreatitis Ikterus, Schmerzen
Da die idiopathische Pankreatitis per definitionem nicht mit einer speziellen Ätiologie assoziiert ist, wird sie in dieser Klassifikation nicht berücksichtigt. bDie Diagnose der hereditären chronischen Pankreatitis ist an den Nachweis einer Mutation im PRSS1-Gen (meist R221H oder N29l) oder SPINK1-Gen gebunden a
Akute Pankreatitis Definition. Die akute Pankreatitis ist eine zumeist milde und nur selten schwer verlaufende nekroinflammatorische Gewebsreaktion auf eine funktionelle oder strukturelle Schädigung der Azinuszellen oder gelegentlich der Gangzellen, in der Mehrheit der Fälle verursacht durch nichtinfektiöse Faktoren wie Alkoholabusus oder Gallensteineinklemmung in der Papilla Vateri. Die Morphologie der akuten Pankreatitis ist in den allermeisten Fällen unspezifisch. Ausnahmen sind infektiös verursachte Pankreatitiden oder Pankreatitisfälle mit vorherrschender Gangnekrose (s. Pathogenese). Epidemiologie. Autoptisch liegt die Häufigkeit zwischen 0,18 und 1,65 % [61, 130], wobei zumeist nur die schweren zum Tode führenden Pankreatitisfälle in diese Häufigkeitsangaben eingehen. Klinisch liegt jedoch
der Anteil der schweren Verlaufsform der akuten Pankreatitis (nekrotisierende Pankreatitis) bei etwa 10 % aller Pankreatitisfälle [17]. Die jährliche Inzidenz für alle Pankreatitisfälle zusammen lag früher zwischen 4 und 22 Fällen/100.000 Einwohner [81, 107], hat aber in den letzten Jahrzehnten zugenommen, so dass sie jetzt bei etwa 40–70 Fällen/100.000 Einwohner liegt [17]. Die Mortalität ist bei etwa 1,5/100.000 Einwohner anzusetzen. Männer und Frauen sind gleich betroffen, wenn auch in verschiedeneren Altersgruppen (Männer zwischen 30 und 50, Frauen zwischen 50 und 70 Jahren). Dies ist auf die unterschiedliche Präsenz der wichtigsten ursächlichen Faktoren, Alkohol bei Männern und Gallensteine bei Frauen, zurückzuführen. Bei Kindern ist die Krankheit selten. Rassenzugehörigkeit scheint keine Rolle zu spielen. Ätiologie. Die akute Pankreatitis wird bei etwa 70– 80 % aller Patienten entweder durch einen chronischen
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G. Klöppel, J. Lüttges, B. Sipos
Alkoholabusus („alkoholische“ Pankreatitis) oder einen die Papille obstruierenden Gallenstein („biliäre“ Pankreatitis) verursacht [123]. Bei 10 % spielen Medikamente, Toxine, Hyperlipidämie, Hyperkalzämie, Schock, Trauma, eine Behinderung des Sekretabflusses, genetische Faktoren oder Infektionen eine Rolle. Bei den restlichen 10 % der Patienten bleibt die Ursache unklar („idiopathische“ Pankreatitis). Alkoholabusus: 9–69 % (im Mittel: 27 %) der akuten Pankreatitiden treten bei schweren Trinkern auf. Lange Zeit wurde angenommen, dass sich eine akute alkoholische Pankreatitis nur auf dem Boden eines morphologisch bereits vorgeschädigten Pankreas entwickeln kann. Autopsiestudien haben jedoch gezeigt, dass bei langzeitigem Alkoholabusus eine akute Pankreatitis offensichtlich auch ohne jede morphologische Vorschädigung auftreten kann [67, 76, 109, 127]. Als gefährlich gilt ein Konsum von mehr als 120 g Alkohol pro Tag über 2–8 Jahre, wobei das Risiko, eine alkoholische Leberzirrhose zu entwickeln, höher ist als das Risiko für eine alkoholische Pankreatitis. Auf welche Weise Alkohol die exokrine Pankreasfunktion und speziell die Azinuszellen schädigt, ist unbekannt (s. hierzu Pathogenese). Eine Azinuszellverfettung in Analogie zur Leberzellverfettung tritt nicht auf. Gallenwegserkrankungen („biliäre Pankreatitis“): 6–67 % (im Mittel 38 %) der akuten Pankreatitiden sind mit Gallenwegserkrankungen, am häufigsten mit einer Cholelithiasis, vergesellschaftet. Umgekehrt zeigen ca. 5 % aller Gallensteinpatienten eine Pankreatitis [30, 106]. 75 % der Patienten, die binnen 48 h nach Einsetzen einer akuten Pankreatitis operiert werden, haben einen eingeklemmten Papillenstein; 85–95 % der Kranken, die eine akute Pankreatitisattacke durchgemacht haben, weisen im Stuhl Gallensteine auf [106]. Als „Opie-Syndrom“ wird die Kombination von eingeklemmtem Papillenstein und gemeinsamer Endstrecke von D. choledochus und pancreaticus bei Pankreatitis bezeichnet [131]. Auch Aggregate aus Gallepigmentgranula und Cholesterinkristallen können auf ihrem Weg von der Gallenblase zum Duodenum eine Pankreatitis auslösen. Die Frage, ob die biliäre Pankreatitis durch einen Reflux von Galle und/oder Duodenalsaft oder lediglich durch eine Druckerhöhung, und sei sie auch nur temporär, im Pankreasgang verursacht wird, ist bislang unbeantwortet geblieben. Tierexperimentell ist seit langem bekannt, dass durch Injektion von Galle oder Duodenalsaft in den D. Wirsungianus eine Pankreatitis hervorgerufen werden kann [131]. Dieses experimentelle Modell führt jedoch zu morphologischen Veränderungen (massiven Gangrupturen, Azinusnekrosen, Hämorrhagien), die nicht das initiale Bild der menschlichen Pankreatitis bestimmen. Weiterhin ist zu bedenken, dass der Druck
im Pankreasgang normalerweise deutlich höher liegt als der Druck im Gallengang, so dass ein Reflux von Galle oder Duodenalinhalt nur gegen einen erheblichen physiologischen Druckgradienten möglich ist. Schließlich kann es auch nur dann zu einem Reflux kommen, wenn die entsprechenden anatomischen Voraussetzungen wie eine lange gemeinsame Endstrecke von Pankreas- und Gallengang oder eine offene Papille erfüllt sind – Gegebenheiten, die nur für einen kleinen Teil der Patienten zutreffen. Aus diesen Überlegungen heraus spielt daher der Reflux von Galle oder Duodenalinhalt wahrscheinlich eine geringere Rolle als ein plötzlicher Druckanstieg im Pankreasgang (s. u.). Behinderung des Sekretabflusses: Stenosen der Pankreasausführungsgänge im Bereich der großen und kleinen Papille, die nicht durch Gallensteine bedingt sind (z. B. durch ampulläre, periampulläre und pankreatische Tumoren, Divertikel, penetrierende Ulcera duodeni, Pancreas anulare, Pancreas divisum), sind in Assoziation mit einer akuten Pankreatitis beschrieben worden. Ebenso scheinen Parasiten (Ascaris) oder Tumormetastasen mit Obstruktion des Gangsystems (z. B. eines malignen Melanoms oder eines kleinzelligen Bronchialkarzinoms) [95] und eine übermäßige Füllung des Gangsystems bei einer ERCP [53] eine akute Pankreatitis auslösen zu können. Schließlich wurde auch experimentell beim Opossum gezeigt, dass die alleinige Pankreasgangligatur ohne Gallereflux eine akute Pankreatitis zur Folge hat [84]. Diese Beobachtungen, die einen Druckanstieg im Pankreasgang als einen ursächlichen Faktor für die Entwicklung einer akuten Pankreatitis wahrscheinlich machen, müssen allerdings mit dem Befund kontrastiert werden, dass eine Pankreasgangligatur beim Menschen und bei vielen anderen Spezies (Ausnahme: Opposum) normalerweise nicht zu einer akuten Pankreatitis führt. Durchblutungsstörungen: Ohne Einwirkung zusätzlicher Faktoren führen akute lokale Ischämien selten zu einer Pankreatitis, da die Drüse einen gut entwickelten Kollateralkreislauf besitzt. Allerdings können im Verlauf segmentale pankreatitisartige Veränderungen bei hypertoner Vaskulopathie, Vaskulitis oder Cholesterolembolien aus einem abdominalem Aneurysma [111] auftreten (s. Kap. 23, Sekundäre Pankreasveränderungen). Bei schweren Schockzuständen oder protrahierten Kreislaufdepressionen (z. B. Trauma, Endotoxinschock, kardiogener Schock, Coma diabeticum, Coma hepaticum, Urämie), oft kombiniert mit signifikanten arteriosklerotischen und hypertensiven Veränderungen, kann eine akute Pankreatitis auftreten, die sich allerdings durch ihre Entwicklung in Rahmen einer das Leben terminierenden extrapankreatischen Erkrankung klinisch meist nicht mehr bemerkbar macht. Immerhin lässt sich jedoch aus diesen Beobachtungen ablesen, dass sich offenbar im Pankreas unter hypoxischen Bedingungen Veränderun-
Pankreatitis
gen im Azinus- und/oder Gangzellsystem einstellen, die eine akute Pankreatitis auslösen können [48]. Traumatische Pankreasschädigung: Eine posttraumatische Pankreatitis kann nach stumpfen oder scharfen Bauchtraumen infolge der Freisetzung proteolytischer Enzyme in dem geschädigten Areal und Sekundärinfektion von Nekrosen entstehen (s. traumatische Pankreasveränderungen). Die Pankreatitis als Folge einer ERCP ist auf einen zu hohen Druckanstieg nach Kontrastmittelapplikation zurückzuführen [120] (s. auch Sekretabflussstörung). Sie ist gelegentlich in Resektionspräparaten bei Pankreaskopftumoren nach vorangegangener ERCP zu beobachten. Bei der postoperativen Pankreatitis, die am häufigsten nach Eingriffen am Magen und an den Gallenwegen beobachtet wird, spielt wahrscheinlich das mechanische Trauma des Pankreas, der Gallengänge und/oder der Papille unter der Operation eine bedeutende Rolle. Eine Posttransplantationspankreatitis als Komplikation einer Nierentransplantation ist wahrscheinlich auf mehrere Ursachen zurückzuführen: Behandlung mit Steroiden bzw. mit Immunsuppressiva, Urämie und Allgemeininfektion [119]. Medikamente: Akute Pankreatitiden wurden beschrieben im Zusammenhang mit Medikamenten wie Aza thioprin, Mercaptopurin, Valproinsäure, Thiazide, Sulfonamide, Furosemid, Östrogene und Tetrazyklin [8]. Weniger überzeugend ist ein solcher Zusammenhang bei L-Asparaginase, iatrogener Hyperkalzämie, Chlor thalidin, Athacrynsäure, Phenformin und Procainamid sowie bei Kortikosteroiden. Toxine: Bekannt ist das Auftreten einer akuten Pankreatitis im Zusammenhang mit dem Gift des Skorpions Tityus trinitatis [10]. Hyperkalzämie: 6–8 % der Fälle von primärem Hyperparathyroidismus werden von einer akuten oder chronischen Pankreatitis begleitet [18]. Die Pathogenese dieser Pankreatitis ist ungeklärt. Wahrscheinlich ist aber der Schweregrad der Hyperkalzämie entscheidend. Dafür sprechen auch Einzelbeobachtungen von Pankreatitis bei Plasmozytom, metastasierenden Karzinomen und Vitamin-D-Überdosierung [53]. Hyperlipidämie: Familiäre Hyperlipoproteinämien, aber auch andere Formen der Hyperlipidämie, können durch eine Pankreatitis kompliziert werden [85]. Gestationspankreatitis: Ein akute Pankreatitis im letzten Schwangerschaftsdrittel bzw. im Wochenbett ist selten (0,002–0,026 % aller Geburten) [53]. Eine gleichzeitig vorhandene Cholezystolithiasis und eine Behinderung des Sekretabflusses durch den graviden Uterus bzw. durch das Progesteron werden als Ursachen diskutiert.
Kapitel 22
Genetisch bedingte Pankreatitis: Am wichtigsten sind Mutationen des kationischen Trypsinogen-Gens PRSS1 [27, 134]. Sie führen zur autosomal-dominant vererbten hereditären Pankreatitis (s. auch Kap. 21, Hereditäre Pankreatitis), da sie eine frühzeitige und anhaltende Aktivierung des Trypsinogens zu Trypsin im Gangsystem begünstigen. Weitere Genmutationen in Verbindung mit einer Pankreatitis betreffen den Serinproteasenhemmer SPINK1 (ungenügende Degradierung von autoaktiviertem Trypsin) und das CFTR-Gen der zystischen Fibrose (zäher Schleim verhindert Auswaschen des Trypsins aus dem Gangsystems). Infektiöse Pankreatitis: Sie beruht auf einer Infektion der Azinuszellen durch Viren (Mumps, Coxsackie B, Masern, Zytomegalie, Röteln, Hepatitisvirus B) oder Bakterien (Leptospiren, Spirochäten, Mykobakterien, Strepto- und Staphylokokken, Mycoplasma pneumoniae u. a.) mit nachfolgender lytischer Nekrose. Eigenartigerweise scheinen die dabei freigesetzten Pankreasenzyme keine (oder nur sehr geringfügige) autodigestive Nekrosen der umgebenden Zellen zu induzieren. Eine spezifische infektiöse Pankreatitis stellt die Pankreatitis bei Tuberkulose dar [12, 13], die im Rahmen einer Organtuberkulose auftreten kann. Nach einer Sektionsstatistik an 526 Fällen von Miliartuberkulose ist das Pankreas nur in 2 % der Fälle beteiligt [124]. Weiterhin kann das Pankreas im Rahmen einer Sarkoidose oder Malakoplakie beteiligt sein (s. Abschnitt zur Sarkoidose und anderen besonderen Pankreatitisformen). Bei HIVbegünstigten Infektionen kann es ebenfalls zu Pankreatitiden kommen. Pathogenese. Die akute Pankreatitis ist eine primär nekrotisierende und erst sekundär entzündliche Erkrankung als Reaktion auf eine fokale Autodigestion von Gewebe innerhalb und außerhalb des Pankreas. Als histologische Initialveränderungen finden sich in den allermeisten Fällen Fettnekrosen (Nekrosetyp 1). Primäre Gangnekrosen (Nekrosetyp 2) oder Azinuszellnekrosen (Nekrosetyp 3) sind sehr selten [68]. Fettnekrose: Die interstitielle autodigestive Fettgewebsnekrose ist die häufigste und wichtigste Erstveränderung im oder am Pankreas. Sie wird meist von einem interstitiellen Ödem begleitet, das als initiale und für die meisten Fälle einzige Veränderung einer akuten Pankreatitis („ödematöse“ Pankreatitis) über viele Jahre hinweg angesehen wurde (Abb. 22.1). Im CT imponiert nur das Ödem, da die sich die disseminierten mikroskopisch kleinen Fettnekrosen radiologisch nicht abbilden [68, 79, 80]. Voraussetzung für die Fettnekrose ist eine abrupte Freisetzung von azinären Enzymen in das Interstitium. Welche molekularen Mechanismen dieser unkontrollierten Zymogengranulaeffusion zugrunde liegen und welche Faktoren den Schweregrad dieser
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G. Klöppel, J. Lüttges, B. Sipos
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a Abb. 22.1 a,b Akute interstitielle Pankreatitis mit milder klinischer Verlaufsform. a Pankreaskopf mit eröffnetem Gallen- und Pankreasgang. Im Parenchym zwischen den Lobuli kleine, weiße, fokal auch
b konfluierende Fettgewebsnekrosen. b Fettgewebsnekrose im interstitiellen Fettgewebe
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Abb. 22.2 Pathogenetisches Modell des Ablaufs der akuten Pankreatitis. (Mit freundlicher Genehmigung des Georg Thieme Verlags, Stuttgart)
Effusion bestimmen, ist bislang unbekannt. Unklar ist auch, ob die Enzyme der Zymogengranula bei der Freisetzung bereits aktiviert sind (z. B. Trypsin, Phospholipase A, Elastase u. a.) oder erst durch die bereits aktive Lipase (oder andere extrazelluläre Mechanismen) aktiviert werden. Die viel diskutierte Möglichkeit einer intrazellulären Aktivierung der Pankreasenzyme in den Zymogengranula durch lysosomale Enzyme wie Carbo-
xypeptidase B ist nicht so wahrscheinlich, nachdem gezeigt wurde, dass Carboxypeptidase B nicht nur in den Zymogengranula alterierter, sondern auch normaler Azinuszellen anwesend ist [51]. Dagegen ist die Beobachtung von Bedeutung, dass die Azinuszellen neben den Fettnekrosen initial histologisch intakt bleiben und nicht durch intrazellulär aktivierte Enzyme lytisch geschädigt erscheinen. Dies könnte dafür sprechen, dass
Pankreatitis
Abb. 22.3 Akute Pankreatitis mit fokaler Gangepithelnekrose sowie intraduktaler und periduktaler granulozytischer Infiltration
Lipase, das einzige Enzym, das bereits aktiviert in den Zymogengranula liegt, die Fettnekrose einleitet [118]. Wahrscheinlich kommt es dabei sehr auf die lokale Konzentration der Lipase (oder anderer lokaler Faktoren wie den pH-Wert) im Interstitium an, da die Fettnekrosen nicht diffus, sondern sehr unregelmäßig verteilt am Rande der Pankreaslobuli auftreten. Mit der Fettnekrose kommt es im weiteren Verlauf zur Freisetzung von Fettsäuren, die die Aktivierung von Trypsinogen, Prophospholipase A2 [99], Proelastase und anderen Proenzymen einleiten können (Abb. 22.2). Gangnekrose: Für den zweiten Nekrosetyp, die seltene initiale Nekrose des Epithels eines interlobulären Gangs oder des Hauptgangs (Abb. 22.3), wie sie beim protrahierten Schockgeschehen zu beobachten ist [48] und auch in der akuten Phase der hereditären Pankreatitis aufzutreten scheint [68], ist als Entstehungsmechanismus eine intraduktale enzymatische Zerstörung des Gangepithels zu vermuten. Diese könnte durch Autoaktivierung von Trypsinogen im Gangsystem eingeleitet werden. Beim protrahierten Schock – ausgelöst durch eine extrapankreatische Erkrankung – werden wahrscheinlich alle sauerstoffabhängigen Sekretionsprozesse im Pankreas reduziert. Dies könnte eine Stagnation des Sekretflusses in den Pankreasgängen zur Folge haben und damit die intraduktale Verweildauer von autoaktiviertem Trypsin begünstigen. Bei der hereditären Pankreatitis könnte durch die Mutation des Trypsinogen-Gens PRSSI Trypsin frühzeitig und verstärkt aktiviert werden und den Nekroseprozess im Gangsystem auslösen. Azinuszellnekrose: Eine Nekrose von Azinuszellen als initiale Veränderung eine akuten Pankreatitis (Nekrosetyp 3; Abb. 22.4) wurde bislang nur bei der infektiösen Pankreatitis beobachtet [68]. Es gibt bisher kein Modell einer experimentellen Pankreatitis, das der akuten Pankreatitis des Menschen
Kapitel 22
Abb. 22.4 Akute Pankreatitis mit azinärer Nekrose (linke Bildhälfte)
in Ablauf und Morphologie entspricht und den Mechanismus der Enzymeffusion und -aktivierung erklärt. Die Analyse der Pathologie der menschlichen Pankreatitis ist daher bislang die einzige Möglichkeit, die Pathogenese dieser Erkrankung zu studieren [141]. Morphologie. Makroskopisch zeigt die akute interstitielle Pankreatitis als milde verlaufende Form millimetergroße weiß-gelbe Fettnekrosen („Kalkspritzernekrosen“), verstreut auf der Oberfläche des Pankreas und in geringerem Maße auch im Inneren der Drüse (s. Abb. 22.1). Diese Nekrosen sind oft, aber nicht immer, von einem Ödem begleitet, das die Drüse vergrößert. Sie werden innerhalb von 7–14 Tagen komplikationslos resorbiert. Die akute nekrotisierende Pankreatitis als schwere Verlaufsform zeigt große konfluierende peripankreatische Fettnekrosen, durchsetzt von Blutungen (Abb. 22.5). Das Pankreasparenchym wird meistens ebenfalls von segmentartigen hämorrhagischen Nekrosen erfasst, die jedoch oft wesentlich kleiner sind als die peripankreatischen Nekrosefelder (Abb. 22.6). Diese können sich über das Mesenterium des Querkolons, das große Netz und das retroperitoneale Fettgewebe bis in die perirenalen Regionen ausbreiten, wobei ein hämorrhagisches Exsudat entstehen kann. Im weiteren Verlauf werden die großen Nekrosen innerhalb weniger Tage verflüssigt. Werden sie infiziert, kommt es zur Eiteransammlung und Abszessbildung. Bleiben sie steril und werden auch nicht resorbiert, entwickelt sich durch bindegewebige Abkapselung zur Umgebung hin eine Pseudozyste (s. später). Mikroskopisch ist die autodigestive Fettnekrose eine Liquifikationsnekrose (Abb. 22.7). Als Reaktion folgt eine kragenartige Abgrenzung der sich auflösenden Fettzellen durch Granulozyten und Makrophagen. Die angrenzenden Azinuszellen sind morphologisch intakt, zeigen jedoch oft immunzytochemisch (mit Antiseren gegen Pankreasenzyme) und ultrastrukturell einen Verlust an Enzymen bzw. Zymogengranula [76].
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Abb. 22.5 Akute nekrotisierende Pankreatitis mit schwerer klinischer Verlaufsform bei paraneoplastischer Hyperkalzämie: Pankreas mit anhängendem mesenterialen Fettgewebe. Weiße (kalkspritzerartige) Nekrosen, zum Teil konfluierend am und über dem Pankreas sowie im anhängenden Fettgewebe
Die nekrosenahen Azini sind oftmals tubulär dilatiert. Wenn Fettnekrosen auf Venen übergreifen, kommt es zur Gefäßwandruptur mit Blutungen in die Umgebung. Sind auch Arterien betroffen, kommt es weniger zur Ruptur, sondern eher zu einem thrombotischen Verschluss mit ischämisch-hämorrhagischen Nekrosen des umgebenden azinären Parenchyms (Abb. 22.8). Werden interlobuläre Pankreasgänge erfasst, ist eine Gangruptur die Folge, die zur Effusion von Pankreassekret in das umgebende Parenchym führt. Im Verlauf werden die Fettnekrosen durch Makrophagen resorbiert, die sich dabei zu Schaumzellen umwandeln (s. Abb. 22.7). Bei der interstitiellen (milden) Pankreatitis werden die mikroskopisch kleinen liquifizierten Nekrosen innerhalb von 7–14 Tagen komplikationslos resorbiert (s. Tab. 22.1). Selten findet man größere liquifizierte Nekrosen, die aller Wahrscheinlichkeit nach mit den radiologisch als „akute peripankreatische Flüssigkeitsansammlungen“ („acute peripancreatic fluid collection“, APFC) bezeichneten Veränderungen übereinstimmen (s. Tab. 22.1; [9, 97]). Liegen APFC vor, wird die interstitielle Pankreatitis mit dem Schweregrad „moderately mild“ belegt. Wenn solch eine Läsion nicht resorbiert wird, grenzt sie sich durch einen Granulationsgewebsring ab und wird nach der Atlanta-2012-Klassifikation (von den Radiologen) als Pseudozyste bezeichnet. Bei der nekrotisierenden Pankreatitis werden die Nekroseherde als „akute nekrotische Ansammlungen“ („acute necrotic collection“, ANC) bezeichnet (s. Tab. 22.1). In Nekroseherden über 4–5 cm im Durchmesser, die nicht vollständig resorbiert werden können, wird das nekrotisch-hämorrhagische Material durch sklerosiertes Granulationsgewebe von der Umgebung
Abb. 22.6 Akute nekrotisierende Pankreatitis mit schwerer klinischer Verlaufsform bei Alkoholismus. Das Pankreas wird durchsetzt von großen hämorrhagischen Nekrosen und kleineren Fettgewebsnekrosen
abgegrenzt und es entwickelt sich eine Pseudozyste (Abb. 22.9), die radiologisch als „wandbegrenzte Nekrose“ („walled-off necrosis“, WON) bezeichnet wird. Diese WON/Pseudozysten entwickeln sich zumeist peripankreatisch. Sie enthalten nekrotisch-hämorrhagischen Debris und zeigen in der Wand hämoside rinhaltige Makrophagen. Da sie auch Amylase enthalten, muss angenommen werden, dass sie mit dem Gangsystem über ein Gangleck kommunizieren (Abb. 22.10). So ist auch zu erklären, dass manche Pseudozysten mit der Zeit an Größe zunehmen (s. auch Komplikationen). Kommt eine bakterielle (oder selten mykotische) Infektion (nach meist 4–20 Tagen) hinzu, sind Bakterienkolonien, begleitet von einem granulozytären Infiltrat, nachweisbar. Auf die Entwicklung einer Nekrose-Fibrose-Sequenz mit Ausbildung einer chronischen Pankreatitis wird unter den Komplikationen eingegangen. Das makroskopische Bild der infektiösen Pankreatitis ohne granulomatöse Veränderungen ist uncharakteristisch und zeigt allenfalls ein Ödem. Mikroskopisch finden sich disseminierte Azinuszellnekrosen mit begleitender Infiltration des umgebenden Parenchyms durch Granulozyten, Makrophagen und Lymphozyten (s. Abb. 22.4). Autodigestive Fettnekrosen fehlen. Bei einer sehr seltenen Beteiligung des Pankreas im Rahmen einer Tuberkulose oder Sarkoidose treten typische Granulome auf und es können sich tumoröse Schwellungen entwickeln (s. Pankreatitis bei Sarkoidose). Lokale Komplikationen. Pseudozysten findet man bezogen auf alle akuten Pankreatitiden bei 2–8 % der Patienten. Die meisten Pseudozysten entwickeln sich bei alkoholischen Pankreatitiden (Abb. 22.11), die Männer häufiger betrifft als Frauen. Bei Kindern geht es überwiegend um posttraumatische Pseudozysten. Pseudozysten entstehen aus einer liquifizierten nichtresorbierten Gewebsnekrose (s. o. und Kap. 23 zu den
Pankreatitis
Abb. 22.7 Akute interstitielle Pankreatitis mit milder klinischer Verlaufsform. Fettgewebsnekrose im Interstitium des Pankreasparenchyms mit Resorption durch Makrophagen, die sich zu Schaumzellen umwandeln
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Abb. 22.9 Pseudozyste am Rande des Pankreasgewebes (linke obere Bildecke) mit hämorrhagisch-nekrotischem Gewebe, gefolgt von makrophagenreichem entzündlichen Infiltrat und beginnender Fibrose. Am rechten Bildrand noch intaktes Pankreasgewebe
Abb. 22.8 Akute nekrotisierende Pankreatitis mit schwerer klinischer Verlaufsform. Konfluierende Nekrosefelder mit Hämorrhagie. In der oberen Bildhälfte noch intaktes azinäres Gewebe
Abb. 22.10 Rand einer Pseudozyste (untere rechte Bildhälfte), kommunizierend mit einem mittelgroßen Pankreasgang
tumorartigen zystischen Pankreasveränderungen), deren enzymhaltiger hämorrhagisch-nekrotischer Inhalt durch Granulationsgewebe abgegrenzt wird (s. Abb. 22.9). Pseudozysten, die radiologisch auch als WON (s. o.) bezeichnet werden, entwickeln sich meist innerhalb von 2–3 Wochen nach akuter Pankreatitis intrapankreatisch oder – häufiger noch – extrapankreatisch [9, 16, 117]. Viele von ihnen, vor allem wenn sie kleiner als 5 cm im Durchmesser sind, können sich spontan zurückbilden [117]. Vergrößern sie sich, besteht wahrscheinlich eine Kommunikation mit dem Gangsystem. Die Wand extrapankreatischer Pseudozysten kann aus untereinander verklebten Nachbarorganen (Magen, Duodenum, Colon transversum, Dünndarmschlingen, Mesocolon transversum, Lig. gastrohepaticum, Milz, Le-
ber, Gallenwege) bestehen. Durch weitere Ausdehnung, z. B. in das Mediastinum, kann es zu Ruptur, Blutung und Kompression von angrenzenden Hohlorganen und Gefäßen (mit portaler Hypertension) kommen. Rupturen [62] erfolgen etwa je zur Hälfte in die Bauchhöhle oder in den Magen-Darm-Trakt (Ösophagus, Duodenum, Magen, Querkolon), selten in die Pleurahöhle und andere Lokalisationen. Blutungen aus dem Pankreasgang oder arrodierten Gefäßen werden in 5–13 % der Fälle beobachtet [54]. Als „Hämosuccus pancreaticus“ oder „hämoduktale Pankreatitis“ wird die Blutung aus dem Pankreasgang bezeichnet [96]. Sie kann auf der Ruptur eines arteriellen Aneurysmas (meist der A. lienalis, seltener der hepatischen oder gastroduodenalen Arterien) oder auf der Arrosion einer Vene beruhen.
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nähe, aber auch im Knochenmark, im subepikardialen Fettgewebe und im subkutanen Fettgewebe auftreten.
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Übergang in chronische Pankreatitis. In ca. 10 % geht eine erstmalige und in 36 % eine rezidivierte akute Pankreatitis in eine chronische Pankreatitis über [5, 78, 112].
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Abb. 22.11 Pankreaskopfresektionspräparat. Multiple Pseudozysten, teilweise mit hämorrhagisch nekrotischem Inhalt bei schwerer alkoholischer Pankreatitis. Verdrängung und Stenosierung des präampullären Gallengangs (obere Bildhälfte)
Blutungen aus arrodierten Gefäßen im Randbereich von Pseudozysten haben eine hohe Letalität. Infizierte Nekrosen/Abszesse entstehen durch die bakterielle Besiedlung von Nekrosefeldern, gelegentlich auch von bereits entwickelten Pseudozysten. Sie sind prognostisch ungünstig, da sie auf die Umgebung (subphrenischer Abszess, perinephritischer Abszess) übergreifen oder zur Sepsis (s. u.) führen können. Meistens handelt es sich um gramnegative Darmbakterien, die, begünstigt durch eine sich sehr häufig entwickelnde paralytische Subileus-/Ileussituation, in das geschädigte Gewebe einwandern. Darmnekrosen, die offenbar durch Gefäßthrombosen hervorgerufen werden [83], sind selten. Ein pankreatogener Pleuraerguss tritt in 2,5–39 % auf und ist zumeist linksseitig lokalisiert. Der Erguss entwickelt sich wahrscheinlich durch eine Fistelbildung oder eine Pleurareizung durch Substanzen, die über die Lymphgefäße des Zwerchfells aus dem Bauchraum in die Brusthöhle übertreten. Dies würde auch die Bevorzugung der linken Pleurahöhle erklären. Systemische Komplikationen. Der Kreislaufschock mit Nierenversagen und Schocklunge sowie die sich oft zusätzlich entwickelnde Sepsis als Sekundärkomplikation bakteriell infizierter Nekrosen [64, 102] kennzeichnen klinisch die schwere nekrotisierende Pankreatitis. Der pankreatogene Schock ist vor allem bedingt durch die Freisetzung von vasoaktivem Kallikrein, das die Bradykinin-Zytokin-Kaskade aktiviert. Hinzu kommt der Flüssigkeitsverlust in das Retroperitoneum und in den Bauchraum (Aszites) sowie die Freisetzung toxischer Stoffwechselprodukte [52]. Unter diesen Bedingungen wird in mehr als 50 % der Fälle auch eine Hyperglykämie beobachtet. Selten kommt es zu pankreasfernen enzymatischen Gewebsnekrosen, die am häufigsten in Gelenk
Klinik, Prognose, Letalität, Todesursachen. Klinisch manifestiert sich die akute Pankreatitis mit heftigem, plötzlich einsetzendem gürtelförmigen Abdominalschmerz [107], so dass der Patient sich nach vorne krümmt („Position pancréatique“). Weitere Symptome in abnehmender Häufigkeit sind: Anorexie (83 %), Übelkeit und Erbrechen (37–92 %), Ikterus (37 %), Kreislaufschock (20 %), Bluterbrechen, Fieber, Schüttelfrost (je 12 %), Glykosurie (10 %). In Serum und Urin sind dabei erhöhte Amylase- und Lipasewerte festzustellen. Ist der Verlauf milde, so kommt es zu einer Restitutio ad integrum innerhalb von einer Woche. Der schwere Verlauf ist durch lokale (Pankreasnekrosen, Pseudozysten) oder systemische Komplikationen (permanentes Organversagen) gekennzeichnet, die durch die Zytokinkaskade, die zum „sytemic inflammatory response syndrome“ (SIRS) führt, ausgelöst wird [22]. Prognostisch verläuft die nekrotisierende akute Pankreatitis, die überwiegend alkoholischer Natur ist, bei etwa 9 % der Patienten letal. Die interstitielle (milde) akute Pankreatitis, die zumeist biliär bedingt ist, führt zur Restitutio ad integrum [29]. Bei Kindern steigt die Mortalität auf 20–25 % und bei adipösen Patienten auf 36 % [123]. Ätiologisch gesehen nimmt die Letalität in der Reihenfolge idiopathische (29 %), alkoholische (23 %) und biliäre Pankreatitis (13 %) ab [31]. Häufigste Todesursache ist gegenwärtig eine Infektion mit Sepsis, ausgehend von einer Abszessbildung. Pseudozysten werden operativ oder durch endoskopische Verfahren behandelt.
Chronische Pankreatitis Definition. Die chronische Pankreatitis ist eine entzündlich-fibrosierende Gewebsreaktion als Folge wiederholter Schädigungen der Azinuszellen und der Gänge. Die Ätiologie ist multifaktoriell, jedoch in den westlichen Ländern vor allem durch Alkohol und Rauchen bedingt. Die sog. chronisch-kalzifizierende Pankreatitis (chronische Pankreatitis mit intraduktaler Steinbildung) [115] stellt keine Sonderform der chronischen Pankreatitis dar, sondern repräsentiert nur einen Endzustand der Erkrankung. Asymptomatische lobuläre Fibrosen, wie sie autoptisch häufig im Pankreas alter Menschen beobachtet werden [39], sollten nicht zur chronischen Pankreatitis gerechnet werden (s. Kap. 23, Sekundäre tumorartige und zystische Pankreaserkrankungen).
Pankreatitis
Kapitel 22
Abb. 22.12 Pathogenetisches Modell des Verlaufs der rezidivierten akuten Pankreatitis bis hin zur Entwicklung einer chronischen Pankreatitis. 1 Die leichte akute Pankreatitis heilt aus (Restitutio ad integrum). 2 Die schwere rezidivierte akute Pankreatitis führt zu multiplen extrahepatischen Fettgewebsnekrosen oder zusätzlich zu intrapankreatischen Nekrosen. 3 Große Nekrosen können sich bei fehlender Resorption zu Pseudozysten umwandeln. 4 Über neue Rezidive können weitere Nekrosefelder und Pseudozysten entstehen.
5 Das Anfangsstadium der chronischen Pankreatitis wird durch die Resorption der Nekrosen eingeleitet, die zu einer perifokalen Fibrose mit Entwicklung einer perilobulären und intralobulären Fibrose führt, das Ganglumen unregelmäßig dilatiert und die Bildung von Kalkuli einleitet. 6 Im Endstadium der chronischen Pankreatitis liegt eine unregelmäßige diffuse bis fokal akzentuierte Fibrose mit multiplen Kalkuli im Gangsystem vor. (Mit freundlicher Genehmigung des Georg Thieme Verlags, Stuttgart)
Epidemiologie. Die chronische Pankreatitis ist eine seltene Erkrankung (Inzidenz: 4 Fälle (3–13) pro 100.000 Einwohner pro Jahr; Prävalenz: 42 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr) [94]. Autoptisch findet sich eine chronische Pankreatitis in 0,43 % der Fälle [13, 116]. Überwiegend sind Männer (bis zu 90 %) im Alter zwischen 30 und 60 Jahren betroffen, die zumeist Alkoholiker und Raucher sind.
geführt, dass Alkoholabusus die Proteinkonzentration im Pankreassekret erhöht und es damit zur Proteinpräzipitation in den Gängen kommt [114]. Gleichzeitig wurde angenommen, dass die Azinuszellen vermindert „pancreatic stone protein“ sezernieren, ein Protein, von dem behauptet wurde, das es in normaler Konzentration die Ausfällung des im Sekret reichlich vorhandenen Kalziums im Gangsystem verhindern soll [113]. Damit verkalken die duktalen Proteinpräzipitate und werden zu Kalziumkarbonat Steinen, die die kleinen Gänge verlegen und so Atrophie und Fibrose des drainierten azinären Gewebes herbeiführen. Untersuchungen an Pankreasresektionspräparaten mit einer beginnenden chronischen Pankreatitis in der Nachbarschaft von Pseudozysten zeigten jedoch, dass die in und an den Fibrosefeldern liegenden Gänge noch keine Kalkuli enthalten [77]. Duktale obstruierende Kalkuli konnten somit nicht die Ursache der bereits vorhandenen Fibrose sein. Weiterhin fanden sich neben den Pseudozysten auch in Resorption stehende autodigestive Nekrosen als Beleg für eine kürzlich abgelaufene akute Pankreatitis. Aus diesen Beobachtungen ließ sich ableiten, dass die chronische Pankreatitis über eine Nekrose-Fibrose-Sequenz aus einer akuten, wahrscheinlich rezidivierend verlaufenden Pankreatitis hervorgeht [5, 78], die primär unabhängig von einer Kalkulibildung ist (Abb. 22.12). Kalkuli treten erst in einer fortgeschrittenen chronischen Pankreatitis auf. Ihre Entstehung ist eng an die sich interstitiell entwickelnde
Ätiologie. Bei mehr als 70 % der Patienten finden sich als exogene Risikofaktoren dosisabhängig chronischer Alkoholkonsum und Zigarettenrauchen. Zur Empfänglichkeit scheint eine genetische Komponente beizutragen [32]. Bei den übrigen Patienten finden sich Mutationen in den Genen PSSR1, SPINK1, CFTR oder CTRC (hereditäre Pankreatitis) [27, 133], eine immunologische Genese (autoimmune Pankreatitis) [94] oder anatomische Besonderheiten (paraduodenale Pankreatitis). Etwa jeder 4. Fall bleibt ätiologisch „unklar“ (idiopathische Pankreatitis, tropische Pankreatitis) [94].
Alkoholische chronische Pankreatitis Pathogenese. Unregelmäßige Fibrose, Pseudozysten, Gangveränderungen und intraduktale Kalkuli prägen das Bild der alkoholischen chronischen Pankreatitis. Die Bildung der Kalkuli wurde lange Zeit darauf zurück-
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Abb. 22.13 a,b Alkoholische chronische Pankreatitis im Stadium 1. Die Nekroseresorption durch CD68-positive Makrophagen (a)
wird begleitet durch das Auftreten von SMA-positiven Myofibroblasten (b)
Fibrose gebunden, die die Gänge umgibt und sie durch Narbenzug so verändert, dass große unregelmäßige Dilatationen auftreten. Dies führt wahrscheinlich zu einer Stagnation des Pankreassekrets, wodurch Bedingungen gegeben sind, die eine spontane Präzipitation des Kalziums im Pankreassaft zur Folge haben und die Kalkulibildung einleiten. Damit entwickelt sich eine Gangobstruktion, die eine Atrophie und Fibrose des prästenotischen Azinusgewebes nach sich zieht. Da die Nekrosen der akuten Pankreatitis unregelmäßig verteilt sind und die Fibrosen sich nur in der Umgebung der Nekrosefelder entwickeln, ist die chronische Pankreatitis im Frühstadium eine multifokale, aber noch keine diffuse Erkrankung. Die Fibrose entsteht im Randbereich der in Resorption befindlichen Nekrosen, wobei vier Stadien der Entwicklung unterschieden werden können (s. Abb. 22.12; [40, 75]). – Im Stadium 1 werden die resorbierenden Makrophagen zur Abgabe von Zytokinen (TGF-β, PDGF) „aktiviert“, die die pankreatischen Sternzellen (PSC) über entsprechende Rezeptoren zu kollagenbildenden Myofibroblasten bzw. zu aktiven PSC transformieren (Abb. 22.13 und 22.14). – Im Stadium 2 breitet sich die Fibrose durch neu hinzugekommene Nekrosen interlobulär/perilobulär aus (s. Abb. 22.14). – Kommen keine weiteren Nekrosen hinzu, so nimmt im Stadium 3 die Zellularität (Makrophagen, Myofibroblasten und Lymphozyten) der interlobulären Fibrose ab und die Kollagenisierung zu, wobei es zu Gangdilatationen mit Kalkulibildung kommt (s. Abb. 22.14). – Im Stadium 4 entwickelt sich allmählich eine diffuse Fibrose, wobei wahrscheinlich die immer mehr zunehmenden okkludierenden Kalkuli in den Gängen eine wichtige Rolle spielen (s. Abb. 22.14).
Morphologie. Makroskopisch zeigt das Pankreas fokale oder multifokale/diffuse fibrosierende Veränderungen des Parenchyms. Fokale Veränderungen mit Pseudozysten sind vor allem in Pankreasresektionspräparaten von Patienten mit chronischer Pankreatitis im Frühstadium zu beobachten. Diffuse Veränderungen, die das Spätstadium der chronischen Pankreatitis charakterisieren, finden sich häufiger in autoptischen Präparaten. In einer großen Serie von Resektionspräparaten waren in zwei Drittel der Fälle der Pankreasschwanz und in einem Drittel Körper und Schwanz oder der Kopf allein von einer Fibrose betroffen [125]. Auf der Schnittfläche stellt sich der Fibroseherd als unscharf abgegrenzte grauweiße Parenchyminduration dar, in der die auffindbaren Gänge ein unregelmäßiges Kaliber aufweisen (Abb. 22.15). In einzelnen Fällen (20 %) enthalten sie Kalziumkarbonatkonkremente (Kalkuli). Weiterhin liegt in der Nachbarschaft einer solchen Fibrose oft eine extrapankreatische (seltener auch eine intrapankreatische) Pseudozyste (s. Abb. 22.11). Gelegentlich sieht man auch Fettnekrosen in Nachbarschaft der Fibrose. Bei fortgeschrittener Erkrankung hat die Fibrose ausgedehnte Parenchymanteile erfasst, wobei sie jedoch noch immer sehr unregelmäßig stark entwickelt ist. Konzentriert sich die Fibrose auf den Kopfbereich, kann der intrapankreatische Teil des Gallengangs röhrenförmig stenosiert sein (Abb. 22.16). Im Endzustand einer chronischen Pankreatitis ist das Drüsenparenchym um den unregelmäßig dilatierten, korkenzieherartig gestalteten Pankreasgang, der zumeist mitsamt seinen Seitenästen mit Kalkuli angefüllt ist (Abb. 22.17), narbig geschrumpft und nicht mehr scharf vom umgebenden Fettgewebe abzugrenzen. Die Kalkuli sind unterschiedlich groß, können einen Durchmesser von 1 cm und mehr erreichen und sind rundlich-oval bis korallenförmig gestaltet. Sie scheinen sich zurückbilden zu können [6].
Pankreatitis
Stadium 1
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Stadium 2
Nekrose
a
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Stadium 3
Stadium 4
Calculus
c
d
Abb. 22.14 a–d Stadien der Fibroseentwicklung bei alkoholischer chronischer Pankreatitis. a Stadium 1 mit Nekroseresorption durch Makrophagen und Entwicklung einer perifokalen zellreichen Fibrose im Interstitium. b Stadium 2 mit zellulärer peri(inter)lobulärer
Fibrose. c Stadium 3 mit perilobulärer und intralobulärer (Pfeil) Fibrose. d Stadium 4 mit ausgedehnter Fibrose und einem Kalkulus in einem dilatierten, teilweise erodierten Gang
Mikroskopisch sieht man im Frühstadium der chronischen Pankreatitis in den makroskopisch veränderten Parenchymarealen eine inter(peri)lobuläre lockere und sehr zellreiche Fibrose mit Fibrozyten, Makrophagen und Lymphozyten (s. Abb. 22.14). Diese interlobuläre Fibrose verbindet sich oft mit der Wand einer extrapankreatischen Pseudozyste. Weiterhin finden sich in etwa der Hälfte der Fälle in Resorption stehende autodigestive Fettnekrosen mit lebhafter Bindegewebsentwicklung in der Umgebung (s. Abb. 22.14; [5, 77, 78]). Im fortgeschrittenen Stadium der chronischen Pankreatitis dehnt sich die interlobuläre Fibrose aus und wird zellarm. Die in das fibrotische Gewebe eingebetteten interlobulären Gänge zeigen unregelmäßige Lumina mit eosinophilem Sekret und gelegentlichen Kalkuli. Das Gangepithel ist unregelmäßig hoch und exprimiert häufig HLA-DR (MHC II). Das umgebende entzündliche Infiltrat enthält vor allem
T-Lymphozyten [14]. Dabei werden die azinären Zellen mehr und mehr durch Bindegewebe ersetzt. Im Endzustand einer chronischen Pankreatitis liegen in den größeren Gängen Kalkuli. Sie bestehen aus Kalziumkarbonat sowie etwas Natrium, Magnesium und Phosphor und können in vitro durch Zitrat aufgelöst werden. Ulzerieren sie das angrenzende Gangepithel, dann findet sich eine Gangzellregeneration und eine granulozytäre entzündliche Reaktion im umgebenden Gewebe (s. Abb. 22.14). Mit den Gängen, die durch Kalkuli okkludiert werden, entwickelt sich zur interlobulären Fibrose eine intralobuläre Fibrose mit Verlust der Azinuszellen. Die in der Fibrose zurückgebliebenen kleineren Gänge sowie vor allem die Inseln bilden Aggregate, die die ursprüngliche lobuläre Anordnung des Parenchyms widerspiegeln. Unregelmäßig verteilt finden sich zusätzlich auffallend breite Nervenfasern, dick-
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b Abb. 22.15 a,b Chronische Pankreatitis. a Unregelmäßig verteilte Fibroseherde im Parenchym und geringe Gangdilatationen (Autopsiepräparat). b Querschnitt durch Pankreasgewebe mit unregelmäßig verteilter, vornehmlich nur perilobulärer Fibrose. In den mittleren Gängen zahlreiche Kalkuli
Abb. 22.16 Pankreaskopfresektat mit ausgeprägter Fibrose bei alkoholischer chronischer Pankreatitis. Der Pankreasgang enthält Kalkuli und der Gallengang (oben) ist schlauchartig stenosiert
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wandige Arterien und Lymphozytenaggregate. Vereinzelt liegen die Inseln so dicht an Nervenfasern, dass eine perineurale Invasion vorgetäuscht wird (Abb. 22.18a). Immunhistochemisch ist in den restierenden Azinuszellen ein normale Expression von Trypsin nachweisbar. Die Nervenfasern wurden ultrastrukturell als regressiv verändert beschrieben [15, 19] und immunhistochemisch durch eine verstärkte Expression von „calcitonin gene related peptide“ (CGRP) und Substanz P charakterisiert [19]. In den in der Fibrose eingebetteten Inseln wurde eine relative Vermehrung der Glukagonzellen festgestellt (Abb. 22.18; [72]). In den mittelgroßen Gängen, die nicht von Kalkuli betroffen sind, können gelegentlich PanIN1- und Pan IN2-Läsionen beobachtet werden, wobei zum Teil ihre Abgrenzung von Epithelregenraten (nach Beschädigung des Gangepithels durch Kalkuli) schwierig sein kann (Abb. 22.19a). Der Nachweis von PanIN-Läsionen spielt im Hinblick auf das erhöhte Pankreaskarzinomrisiko bei langlaufender chronischer Pankreatitis eine Rolle [88], da in solchen PanIN-Läsionen KRAS-Mutationen, die das PDAC auszeichnen, nachgewiesen werden konnten [87, 92]. Lokale Komplikationen. Pseudozysten werden in etwa 50 % der Fälle beobachtet [73, 125]. In ihrer Lokalisa-
Abb. 22.17 Endstadium einer alkoholischen chronischen Pankreatitis mit diffuser Fibrose und massiv dilatiertem Pankreasgang, der mehrere Kalkuli enthält (Autopsiepräparat)
tion, Morphologie und Sekundärkomplikationen sind sie identisch mit jenen bei akuter Pankreatitis (s. dort). Ein Ikterus tritt in etwa 25 % der chronischen Pankreatitiden auf. Er wird durch eine mechanische Obstruktion des D. choledochus bei Vernarbung des oberen Pankreaskopfes (s. Abb. 22.16) oder durch Druck einer Pseudozyste (s. Abb. 22.11) in diesem Bereich verursacht. Typischerweise kommt es zu einer „Röhrenstenose“ und keinem abrupten Gangabbruch wie beim Karzinom.
Pankreatitis
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b
c Abb. 22.18 a–c Chronische Pankreatitis mit Inselaggregat. a Unregelmäßig große und gestaltete Inseln, fokal unmittelbar einer Nervenfaser anliegend (oben). Leichte Verminderung der insulinpositiven Zellen (b) zugunsten der glukagonpositiven Zellen (c)
Das Risiko für ein duktales Pankreaskarzinom ist bei langzeitigem Verlauf einer chronischen Pankreatitis, wie er vor allem bei der im Kindesalter beginnenden hereditären Pankreatitis beobachtet wird, gegenüber der Normalbevölkerung erhöht [89] (s. auch Kap. 24, Pankreastumoren).
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Systemische Komplikationen. Stoffwechselstörungen: Mit zunehmender Vernarbung des Pankreas kommt es zur exokrinen Pankreasinsuffizienz mit Maldigestion und deren Folgen, z. B. einer Osteoporose. Allerdings ist eine exokrine Pankreasinsuffizienz erst nach einem Funktionsverlust von 80–90 % des Drüsenparenchyms zu erwarten. 20–60 % der Patienten haben einen Diabetes mellitus, dessen Häufigkeit und Schwere generell mit der Dauer der Erkrankung und dem Ausmaß der Fibrose zunimmt [4]. Die (immunhistologischen und ultrastrukturellen) Inselveränderungen bei chronischer Pankreatitis werden im Kapitel über das Endokrine Pankreas im Band zur Pathologie der Urogenital- und endokrinen Organe behandelt. Klinik, Verlauf und Prognose. Im Vordergrund steht der gürtelförmige oder mehr rechts oder links im Oberbauch lokalisierte intermittierende oder persistierende Schmerz (80–90 %). Später treten Nahrungsintoleranz mit Steatorrhö (75 %), Gewichtsverlust (60–90 %), Übelkeit und Erbrechen (43–70 %), Obstipation (20 %) und Diarrhö (20–80 %) hinzu [4]. Zur nichtmedikamentösen Behandlung des Schmerzes wird gelegentlich ein Stenting des Hauptgangs durchgeführt. Dies kann bei langer Verweildauer des Stents zu erheblichen Plattenepithelmetaplasien des Gangepithels führen (Abb. 22.19b). Im Endstadium besteht neben der exokrinen Insuffizienz auch ein initial nichtinsulinpflichtiger Diabetes mellitus. Bei etwa 10 % der Patienten verläuft die Pankreatitis offensichtlich schmerzlos. Dies kann vor allem nach langjährigem Krankheitsverlauf (> 5 Jahre) beobachtet werden ( „Ausbrennen“ der Entzündung) [4]. Etwa 20–30 % der Patienten versterben nach 6- bis 8-jährigem Verlauf [4]. In etwa einem Drittel der Fälle sind die Pankreatitis und ihre Komplikationen die Ursache, in zwei Drittel der Fälle Marasmus, extrapankreatische Alkohol- und Zigarettenrauch-assoziierte Karzinome (Mund, Larynx, Ösophagus, Lunge) und alkoholische Leberzirrhose. In einem sehr kleinen Prozentsatz der Patienten können sich PDAC entwickeln (s. hierzu auch Abschnitt Hereditäre Pankreatitis) [88].
Paraduodenale chronische Pankreatitis („Rinnenpankreatitis“) Die seltene paraduodenale chronische Pankreatitis ist die „Pankreatitis der kleinen Papille“ [3, 137]. Diese Pankreatitis erhielt verschiedene Namen, die ihr unterschiedliches morphologisches Erscheinungsbild widerspiegeln. Aus Frankreich stammt der Begriff der „zystischen Dystrophie des heterotopen Pankreas“ [47], aus Deutschland der Terminus „Rinnenpankreatitis“ [126]. Hier wird dem Begriff der paraduodenalen Pankreatitis der Vorzug gegeben [70], weil er die spezielle
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a Abb. 22.19 a,b Chronische Pankreatitis mit Gangepithelveränderungen. a Epithelregeneration eines durch einen Kalkulus erodierten
b Epithels. b Reife Plattenepithelmetaplasie im Hauptgang nach langfristigem Stenting
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
a
b
Abb. 22.20 a,b Paraduodenale chronische Pankreatitis („Rinnenpankreatitis“). Pankreaskopfresektate mit paraduodenaler Fibrose (a und b), paraduodenaler Nekrose (a Mitte links) und paraduodenaler Pseudozyste (b Mitte)
Lokalisation der Entzündung anatomisch am besten bezeichnet. Makroskopisch sieht man einen bandartigen Fibroseprozess mit mehr oder weniger stark ausgeprägten Ne-
krosen und pseudozystischen Veränderungen in und an der Duodenalwand mit nur geringem Übergreifen auf das Pankreasparenchym (Abb. 22.20). Klinisch handelt es sich bei 80 % der Patienten um Männer im Alter
Pankreatitis
Kapitel 22
Abb. 22.21 Paraduodenale chronische Pankreatitis: Duodenalwand mit „offener“ Papilla minor, die etwas dilatiert ist, Sekret enthält und in einem unterschiedlich zelldichtem fibrotischem Gewebe liegt. Die stark PAS-positiven von Brunner’schen Drüsen sind hyperplastisch
von 40–60 Jahren mit Alkoholabusus. Als Symptome dominieren schwere Oberbauchschmerzen, rezidivierendes Erbrechen und starker Gewichtsverlust – Symptome, die an ein Pankreaskarzinom denken lassen. Mikroskopisch finden sich rezidiviert abgelaufene autodigestive Nekrosen, die sich im Hauptgang und den sekundären Gängen der kleinen Papille in der Duodenalwand und im angrenzenden Gewebe abspielen (Abb. 22.21). Erfasst werden jene dilatierten Gänge, die eine oft schollige Sekretretention zeigen und damit wahrscheinlich eine Aktivierung von Trypsinogen begünstigen (Abb. 22.22). In der Umgebung dieser hämorrhagischen Zysten und Pseudozysten bildet sich eine anfangs zellreiche, lockere und von Lymphozyten und Plasmazellen durchsetzte Fibrose, die später sklerosiert oder sich durch eine myofibroblastäre Proliferation auszeichnen kann, die ein Low-grade-Leiomyosarkom vorzutäuschen vermag (Abb. 22.23). Gelegentlich sieht man kleine und größere rupturierte Gänge, deren azidophiles scholliges Sekret in fibrotisches Gewebe eingebaut wird, wobei man Eosinophile, Fremdkörperriesenzellen und (einzelne IgG4-positive) Plasmazellen beobachten kann. Die Fibrose erfasst die „Rinne“ zwischen Duodenalwand und Pankreasgewebe. Diese Beobachtung führte zu dem Begriff „Rinnenpankreatitis“ [126]. Auf eine Dominanz von Zysten im Bereich von Pankreasgewebe an der Papilla minor bezieht sich der Begriff „zystische Dystrophie des heterotopen Pankreas“ [47]. Neben nekrotisch-zystischen Veränderungen und den fibrosierenden Reaktionen sieht man charakteristischerweise eine prominente Hyperplasie der Brunner’schen Drüsen (s. Abb. 22.22) und hypertrophierte Nervenstränge. Das angrenzende Gewebe des Pankreaskopfes ist dagegen meist unauffällig. Durch zystische oder fibrotische Vorwölbung der Duodenalwand und/oder allein der Mukosa kann sich
Abb. 22.22 Paraduodenale chronische Pankreatitis. Im Bereich der Submukosa und der angrenzenden Muskularis eine zystisch hämorrhagische Nekrose, die von einem Gang ausgeht. Das umliegende fibrotische Gewebe zeigt myofibroblastäre Differenzierungen und lymphozytäre Infiltrate. Die von Brunner’schen Drüsen sind hyperplastisch
als Komplikation eine Duodenalstenose entwickeln und an ein duodenuminfiltrierendes Pankreaskarzinom denken lassen. Biliäre Gangstenosen mit Ikterus sind selten. Pathogenetisch könnte die paraduodenale Pankreatitis, ausgehend von ihrer speziellen Lokalisation im Bereich der kleinen Papille, auf einem Reflux von Duodenalinhalt über die Papille in das darunter liegende Gangsystem mit Aktivierung des Pankreassekrets beruhen. Unklar bleibt dabei, warum dies vor allem bei Alkoholikern auftritt. Nach Pankreaskopfresektion sind die meisten Patienten beschwerdefrei [23].
Divisumpankreatitis Bei etwa 15 % aller Erwachsenen finden sich zwei nichtfusionierte Pankreasanlagen. Diese Fehlbildung (s. auch dort) wird als Pancreas divisum bezeichnet und wurde als prädisponierender Faktor für eine Pankreatitis diskutiert. Heutzutage wird eine eigenständige Divisumpankreatitis zumeist abgelehnt. Interessant ist, dass in den mitgeteilten Fällen einer Divisumpankreatitis vornehmlich die dorsale Anlage betroffen ist, die durch den D. Santorini
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Abb. 22.23 Paraduodenale chronische Pankreatitis. Myofibroblastäre leiomyomartige Proliferationen in der Umgebung von zystischen Nekroseherden, die scholliges Sekret und Granulozyten enthalten
Abb. 22.24 Hereditäre chronische Pankreatitis. Massiv dilatierter Hauptgang mit scholligem Sekret gefüllt, teilweisem Gangepithelverlust und umgebender perilobulärer Fibrose
drainiert wird. Die Entstehungsursachen sind im Einzelfall schwer zu definieren. Nach einer Untersuchung an 40 Fällen scheinen Veränderungen wie Stenosen der Papilla minoris der entscheidende Faktor zu sein [132]. Dies lässt daran denken, dass es sich in diesen Fällen um eine paraduodenale Pankreatitis (s. dort) gehandelt hat.
krosetyp 2 der akuten Pankreatitis finden (s. dort und Abb. 22.3; [69]). Welches Resultat diese gangbezogene Autodigestion hat, ist bislang unklar, sie könnte jedoch einen dilatierten Pankreasgang, wie er bei der hereditären Pankreatitis zu beobachten ist, zur Folge haben. Als prädisponierende Genveränderungen gelten die Mutationen des Gens des pankreatischen sekretorischen Trypsininhibitors SPINK1, das im Zusammenwirken mit einem exogenen Faktor (z. B. bei tropischer Pankreatitis) eine Pankreatitis hinsichtlich Entstehung und Schwere zu modifizieren vermag. Möglicherweise steht dabei eine ungenügende Inaktivierung des intraduktalen Trypsins im Mittelpunkt des Geschehens [27]. Dies gilt auch für das Gen des Chymotrypsinogens (CTRC). Schließlich treten auch Pankreatitisfälle mit Mutationen des Gens der zystischen Fibrose (CFTR) auf [7, 122]. Diese Patienten haben keine Pankreasinsuffizienz vor der Pankreatitis und sind von sog. milden Mutationen (im Gegensatz zu den schweren Mutationen wie Delta F508) betroffen [7, 55]. Morphologisch findet sich entweder ein nahezu normales oder nur gering entzündlich alteriertes Pankreas [103]. Klinisch haben die Patienten auch hinsichtlich ihrer anderen Organmanifestationen eine bessere Prognose (s. auch Kap. 21, Hereditäre Pankreaserkrankungen). Makroskopisch und mikroskopisch ist der Pankreasgang unregelmäßig und zum Teil extrem dilatiert (5–20 mm). Er enthält große Kalkuli, die in ihrer Entstehung wahrscheinlich auf einen verlangsamten, die Kalziumpräzipitation fördernden Sekretfluss zurückzuführen sind (Abb. 22.24). Das azinäre Gewebe ist anfangs (bei Kindern und Adoleszenten) wenig betroffen, und Pseudozysten sind selten [122]. Das azinäre Gewebe bleibt lobuliert und ist lediglich mit einer lockeren interlobulären und einer deutlichen periduktalen Fibrose assoziiert (s. Abb. 22.24).
Hereditäre Pankreatitis und Pankreatitis mit prädisponierender Genveränderung Bei Patienten mit der sehr seltenen hereditären (familiären) Pankreatitis findet sich typischerweise eine rezidivierte akute Pankreatitis, die in eine chronische Pankreatitis übergeht. Sie beginnt in den meisten Fällen in der Kindheit und hat oft einen familiären Hintergrund [27]. Bei maximal 50 % dieser Patienten wird eine Keimbahnmutation im Gen des kationischen Trypsinogens, PRSS1, auf dem Chromosom 7q35 identifiziert. Die Erkrankung wird autosomal-dominant mit einer Penetranz von 80 % vererbt. Dies bedeutet, dass nicht alle Mutationsträger eine Pankreatitis entwickeln. Als häufigste PRSS1-Mutationen finden sich „Gain-of-function“-Mutationen im R122H oder N29I. Der R122H-Mutationstyp scheint zu einer frühen und schweren Manifestation der Erkrankung zu führen. Pathogenetisch beruht die Pankreatitis wahrscheinlich auf einer frühzeitigen Aktivierung des Trypsinogens, die bereits im Pankreasgangsystems stattfindet. Man nimmt dabei an, dass das PRSS1-Gen als Folge seiner Gain-of-function-Mutationen die latente Autoaktivierung des Trypsinogens im Hauptgang begünstigt. Dies könnte eine autodigestive Nekrose des Epithels und des periduktalen Gewebes zur Folge haben und ihren morphologischen Ausdruck in dem Ne-
Pankreatitis
Abb. 22.25 Hereditäre chronische Pankreatitis. Pankreasgewebe mit partieller lipomatöser Atrophie und dilatierten mit Sekret gefüllten mittelgroßen Gängen
Später (im Erwachsenenalter) kann eine lipomatöse Atrophie des Parenchyms eintreten (Abb. 22.25). Innerhalb des Fettgewebes liegen dann nur noch restierende Inselgruppen, vergleichbar den Veränderungen im Endstadium einer zystischen Fibrose (s. dort). Pathogenetisch kann, wie bei der zystischen Fibrose, davon ausgegangen werden, dass die Gangobstruktion – bei der zystischen Fibrose durch zähen Mukus, bei der hereditären chronischen Pankreatitis durch Kalkuli bedingt – den Verlust der Azini herbeiführt. Unabhängig von diesen Veränderungen wurden in den Spätstadien PanIN 1 sowie 2 und einzelne PanIN-3-Läsionen beschrieben, die darauf hinweisen könnten, dass sich bei frühzeitigem Beginn und jahrelangem Verlauf der hereditären Pankreatitis ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms verbindet [90, 108, 122].
Autoimmune Pankreatitis Die autoimmune Pankreatitis (AIP) ist eine klinisch und morphologisch heterogene Erkrankung und wird daher in eine AIP Typ 1 und eine AIP Typ 2 unterschieden [74, 100, 138]. Beide AIP-Typen sprechen exzellent auf Kortikoide an. Gemeinsam ist ihnen auch die bevorzugte Lokalisation im Pankreaskopf und das lymphoplasmazelluläre periduktal betonte Entzündungsinfiltrat mit Fibrose. Betroffen sind bei beiden AIP-Typen adulte Patienten; bei Kindern und Adoleszenten ist die Erkrankung extrem selten [91]. Eine autoimmune Pathogenese ist bislang weder für die AIP Typ 1 noch Typ 2 bewiesen, wird jedoch aufgrund des morphologischen Bildes, des Nachweises von Autoantikörpern gegen azinäre und duktale Antigene [86] sowie der Kortikoidsensitivität für wahrscheinlich gehalten. Die pathogenetische
Kapitel 22
Bedeutung der IgG4-Antikörper für die AIP Typ 1 ist unbekannt; eine Ablagerung in die Basalmembran der Pankreasgänge wurde mitgeteilt [33, 35]. Die AIP Typ 1 ist Teil einer kortikoidsensitiven Systemerkrankung mit Beteiligung zahlreicher Organe [34, 36]. Diese entzündliche Multisystemerkrankung hat den Namen IgG4-assoziierte Erkrankung („IgG4-related disease“) erhalten, da sie generell mit einer Erhöhung der IgG4-Spiegel im Serum und einer Vermehrung der IgG4-positiven Plasmazellen im Entzündungsinfiltrat einhergeht [66]. Die Ursache ist unbekannt. Betroffen sind im Verhältnis 3:1 vor allem Männer zwischen 40 und 60 Jahren. Der Organbefall tritt synchron oder metachron auf und betrifft vor allem das Pankreas, den hilusnahen extrapankreatischen Gallengang, die Speicheldrüsen, die Schilddrüse, das Retroperitoneum und die Niere [42]. Darüber hinaus finden sich inzwischen Mitteilungen über IgG4-assoziierte Erkrankungen in nahezu jedem Organ [37]. Hauptsymptome der AIP Typ 1 sind abdominale Schmerzen und Ikterus. Makroskopisch manifestiert sich die Entzündung als tumorartige Schwellung mit Bevorzugung des Pankreaskopfbereichs unter Einschluss des distalen Gallengangs. Dies führt zu einer Gallengangstenose mit Ikterus, die ein Pankreaskarzinom vortäuscht (Abb. 22.26). Ein isolierter Befall des Gallengangs („IgG4-assoziierte sklerosierende Cholangitis“) im Leberhilusbereich ist möglich und kann zur Fehldiagnose eines Klatskin-Karzinoms führen [1, 43, 139]. Mikroskopisch gelten folgende drei Merkmale als diagnostisch entscheidend: – lymphoplasmazelluläre periduktale Infiltrate, bestehend aus Lymphozyten (CD3 > CD4 > CD8), Plasmazellen, Makrophagen und auch einigen Eosinophilen (gelegentlich auch so gehäuft, dass von eosinophiler Pankreatitis gesprochen wurde [2]). Typischerweise induziert die periduktale Entzündung eine kragenartige Fibrose (Abb. 22.27); – obliterierende überwiegend lymphozytäre Venulitis (Abb. 22.28): – storiforme und „ondulierende“ Fibrose (Abb. 22.29; [25, 34, 36]). Die lymphoplasmazellulären periduktalen Infiltrate und die sie begleitende kragenartige Fibrose betreffen die mittelgroßen Gänge, die dadurch eingeengt werden (Abb. 22.30). Im Verlauf wird auch das azinäre Gewebe lymphoplasmazellulär infiltriert und die azinären Zellen mehr und mehr durch eine intralobuläre diffuse Fibrose ersetzt, in der Gänge und Inseln, Nerven und Gefäße zurückbleiben. Viele kleine und mittelgroße Venen zeigen eine lymphozytäre Venulitis, wobei das Infiltrat das Gefäß vollkommen ausfüllen kann, so dass die ursprünglichen Gefäßstrukturen nur noch in der Elastica-Färbung sichtbar sind (Abb. 22.31). Die Arterien können auch in Form einer lumeneinengenden
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Abb. 22.28 Autoimmune Pankreatitis Typ 1. Venulitis mit obliterierender lymphoplasmazellulärer Infiltration des gesamten Gefäßes
9 10 11 12 13 14 15 16
Abb. 22.26 Autoimmune Pankreatitis Typ 1. Pankreaskopfresektat bei Ikterus mit tumorartiger entzündlicher Infiltration des Parenchyms. Stenosierung des distalen Gallengangs
17
Abb. 22.29 Autoimmune Pankreatitis Typ 1. Storiforme und ondulierende Fibrose mit infiltrierenden Lymphozyten und Plasmazellen
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Abb. 22.27 Autoimmune Pankreatitis Typ 1. Periduktales lymphoplasmazelluläres Infiltrat mit begleitender ondulierender Fibrose
lockeren Intimafibrose betroffen sein, was aber selten ist (Abb. 22.31). Die Fibrose zeigt eine storiforme und ondulierende Anordnung der Kollagenfasern, zwischen denen Lymphozyten und andere Entzündungszellen sowie Myofibroblasten liegen [41]. In einzelnen Fällen ist
diese Fibrose so ausgeprägt, dass sie einen inflammatorischen Pseudotumor imitiert (Abb. 22.31; [2]). Zusätzlich zu den lymphoplasmazellulären Infiltraten können einzelne Lymphfollikel und auch granulomatöse Infiltrate beobachtet werden. Autodigestive Nekrosen und Pseudozysten fehlen. Kalzifikationen in den Gängen oder im Parenchym gehören ebenfalls nicht zum Bild der AIP Typ 1, können sich aber im langfristigen Verlauf in etwa 10 % der Fälle einstellen. Die Grenze zwischen Pankreasparenchym ist unregelmäßig, aber erhalten. Anliegend im Fettgewebe liegen oft aktivierte Lymphknoten. Immunhistologisch ist die AIP Typ 1 durch den Nachweis von IgG4-positiven Plasmazellen charakterisiert. Im Resektat werden 50 IgG4-positive Plasmazellen pro HPF gefordert; in der Biopsie sind es > 10 pro HPF (Abb. 22.32; [34, 38]). Der IgG4-Befund muss jedoch immer mit den übrigen diagnostischen – klinischen wie morphologischen – Kriterien der AIP Typ 1 korreliert werden, denn
Pankreatitis
Abb. 22.30 Autoimmune Pankreatitis Typ 1. Ausgeprägte interlobuläre und mäßiggradige intralobuläre Fibrose. Drei mittelgroße Gänge hervorgehoben durch eine kragenartige Fibrose. Außerdem mehrere kleine Lymphfollikel
es finden sich gelegentlich auch bei anderen chronischen Entzündungen (s. obstruktive chronische Pankreatitis oder paraduodenale chronische Pankreatitis) fokal vermehrt IgG4-positive Plasmazellen. Im Einzelfall kann auch die Zahl der IgG4-positiven Zellen nicht die geforderten Werte erreichen. Dies muss jedoch nicht bedeuten, dass eine AIP Typ 1 ausgeschlossen ist. Wichtig ist, dass in solch einer Situation die übrigen morphologischen Befunde mit den klinischen Kriterien, insbesondere mit einem erhöhten IgG4-Serumspiegel, kompatibel sind und damit die Diagnose einer AIP Typ 1 stützen [37]. Nach Kortikosteroidgabe geht bei etwa 90 % der Patienten innerhalb weniger Tage die Organschwellung deutlich zurück, was wahrscheinlich auf eine abnehmende und möglicherweise vollkommen verschwindende entzündliche Infiltration des Pankreas zurückzuführen ist. Dies hat eine rasche Besserung der Symptome zur Folge. Nach Absetzen der Korti-
a
Kapitel 22
Abb. 22.31 Autoimmune Pankreatitis Typ 1. Durch die Elasticavan-Gieson-Färbung werden die nahezu obliterierte Arterie (links) und die große, bis auf ein Restlumen verschlossene Vene (Mitte oben) innerhalb der dichten entzündungszellreichen Fibrose markiert
kosteroide treten bei etwa 30 % der Patienten Rezidive auf, die erneut behandelt werden müssen [59]. Eine spontane Verbesserung der Veränderungen wurde bei 3 von 12 Patienten bei einer Nachbeobachtungszeit von mindestens 6 Monaten registriert [65]. Da die Kortikoidsensitivität der AIP Typ 1 Pankreasresektionen unnötig macht, spielt die bioptische Abklärung zur Sicherung der Diagnose eine große Rolle. Bei adäquater EUS-gesteuerter Biopsie aus dem betroffenen Pankreasgewebe ist eine definitive Diagnose unter Berücksichtigung der dargestellten und in Tab. 22.3 aufgelisteten histologischen Kriterien und dem IgG4-Nachweis in etwa 70 % der Fälle möglich [37, 38]. Biopsien aus der großen Papille sind dagegen nur bedingt aussagefähig, da zum einen nicht in allen Fällen von AIP
b
Abb. 22.32 a,b Autoimmune Pankreatitis Typ 1. a IgG4-positives lymphoplasmazelluläres periduktales Infiltrat. b AIP Typ 2 mit nur einzelnen IgG4-positiven Plasmazellen
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1 2 3
G. Klöppel, J. Lüttges, B. Sipos Tab. 22.3 Häufigkeit der wichtigsten diagnostischen Kriterien der AIP Typ 1 und 2 in Nadelbiopsien vom Pankreas im Vergleich mit der Häufigkeit derselben Kriterien in Pankreasbiopsien von Non-AIPPatienten mit chronischer Pankreatitis. (Nach Detlefsen et al. [38]) Histologischer Befund
AIP (n = 29)
Non-AIP CP (n = 15)
5
Granulozytäre epitheliale Läsion (GEL)a
48 % (14/29)
0 % (0/15)
6
> 10 IgG4-positive Plasmazellen/HPFb
41 % (12/29)
13 % (2/15)c
> 10 eosinophile Granulozyten/HPF
62 % (18/29)
33 % (5/15)
Ondulierende Fibrose mit Entzündungszellen
96 % (28/29)
40 % (6/15)
Lymphoplasmazytische Infiltration
93 % (27/29)
33 % (5/15)
65 % (19/29)
26 % (4/15)
4
7 8 9 10 11
Venulitis
12
Spezifisch für AIP Typ 2, charakteristisch für AIP Typ 1, IgG4-positive Plasmazellen finden sich gelegentlich vermehrt bei obstruktiver chronischer Pankreatitis
13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
a
Abb. 22.33 Autoimmune Pankreatitis Typ 2. Pankreaskopfresektat bei Ikterus mit Einengung des Gallengangs durch eine manschettenartige Fibrose. Einzelne kleine Fibroseherde im Parenchym
b
c
Typ 1 die Papille mitbeteiligt ist und zum anderen in den Papillenregionen auch ohne AIP vermehrt IgG4positive Plasmazellen vorkommen können [28]. Die AIP-Typ 2 ist eine eigenständige, aber ebenfalls kortikoidsensitive Erkrankung [25, 74, 121]. In etwa 10–20 % der Fälle tritt sie zusammen mit einer Colitis ulcerosa auf [105]. Männer und Frauen, meist im Alter zwischen 30 und 40 Jahren, sind gleich häufig betroffen. Die Symptome und die Makroskopie sind ähnlich wie bei der AIP Typ 1 (Abb. 22.33). Mikroskopisch findet sich jedoch als diagnostisch führende Veränderung in Verbindung mit einer periduktalen lymphoplasmazellulären Entzündungsreaktion eine granulozytäre epitheliale Läsion (GEL), d. h. intraduktale neutrophile Granulozyten, die in das Gangepithel eindringen und zur Gangruptur führen (Abb. 22.34). Zusätzlich kann eine Neutrophileninfiltration auch zwischen und in den Azini auftreten (Abb. 22.35). Eine obliterative Venulitis ist meist nur gering ausgeprägt oder überhaupt nicht nachweisbar. Die storiforme Fibrose ist oft geringer entwickelt als bei der AIP Typ 1. Periduktale Lymphfollikel, zum Teil sehr ausgeprägt, können vorkommen. Immunhistologisch fehlen IgG4-positive Plasmazellen oder sind nur vereinzelt nachweisbar (Abb. 22.32b), ein Befund, der mit einem normalen IgG4-Serumwert korreliert. Rezidive nach Kortikoidbehandlung oder auch nach Resektion treten nur selten auf [42]. Zur diagnostischen Absicherung ist eine Biopsie von noch größerer Bedeutung als beim AIP-Typ 1 [37, 38].
Abb. 22.34 Autoimmune Pankreatitis Typ 2. Mittelgroßer Gang mit periduktaler lymphoplasmazellulärer und fokal granulozytärer Infiltration. Neutrophile Granulozyten durchdringen und zerstören auch das Epithel und versammeln sich intraduktal („granulozytische epitheliale Läsion“)
Besonderheiten und Differentialdiagnose: AIP-Fälle mit den Merkmalen von AIP Typ 1 und Typ 2 sind extrem selten, können jedoch vorkommen [63]. Ein Vorkommen von AIP zusammen mit IPMN wurde mitgeteilt [129]. Die Entwicklung oder das gleichzeitige Vorkommen von duktalen Adenokarzinomen wurde in Einzelfällen beobachtet [56]. Die Differentialdiagnose der AIP umfasst die obstruktive (vor allem peritumoröse) CP, die paraduodenale CP, die alkoholische CP, die follikuläre Pankreatitis und den inflammatorischen myofibroblastischen Pseudotumor (Tab. 22.4).
Pankreatitis
Kapitel 22
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Tab. 22.4 Differentialdiagnostische Kriterien bei der Abgrenzung von AIP Typ 1 oder Typ 2 von anderen Formen der chronischen Pankreatitis und vom inflammatorischen myofibroblastären Tumor Kriterien
AIP-Typ1
AIP-Typ2
OCP
ACP
PP
FP
IMT
Bevorzugte Lokalisation im Pankreas
Kopfbereich
Kopfbereich
Prästenotisch peritumorös
Keine
Paraduodenal an der kleinen Papille
Keine
Keine
Fibrosemuster
Perilobulär/ diffus
Oft nur perilobulär
Peri- und intralobulär
Perilobulär, fokal, später diffus periund intralobulär
Diffus zwischen Duodenum und Pankreas, oft zellreich
Perilobulär
Diffus zellreich
Periduktale lymphoplasmazelluläre Infiltration
Ausgeprägt, zellulär mit Fibrose
Ausgeprägt, zellulär mit Fibrose
Gering oder fehlend
Gering oder fehlend
Gering oder fehlend
Aktivierte Lymphfollikel intra- und extrapankreatisch
Ausgeprägt
Diffuse lymphoplasmazelluläre Infiltration
Ausgeprägt
Meist gering
Meist gering
Fehlt
Fehlt
Fehlt
Ausgeprägt
IgG4-positive Plasmazellen
Vielea, diffus verteilt
Keine oder einzelne
Einzelne, fokal verteilt
Keine
Einzelne, fokal verteilt
Einzelne
Keine
Granulozytäre epitheliale Läsionen
Keine
Immer nachweisbar
Keine
Keine
Keine
Keine
Keine
Nekrosen
Keine
Keine
Keine
Fokal, gelegentlich
Oft vorhanden
Keine
Keine
Pseudozysten
Keine
Keine
Keine
Häufig
Einzelne kleine
Keine
Keine
Obliterative Venulitis
Häufig
Selten
Fehlt
Fehlt
Fehlt
Fehlt
Fehlt
Kalkuli
Keine
Keine
Keine
Häufig
Keine
Keine
Keine
ALK1/p53
Negativ
Negativ
Negativ
Negativ
Negativ
Negativ
Positiv
Assoziierte Erkrankungen
IgG4-RDSyndrom
Kolitis
Pankreastumor
Alkoholassoziierte Erkrankungen
Alkoholassoziierte Erkrankungen
Keine
Keine
a In Resektionspräparaten > 50 HPF; in Biopsien > 10 HPF. AIP Autoimmune Pankreatitis, OCP obstruktive chronische Pankreatitis, ACP alkoholische chronische Pankreatitis, PP paraduodenale Pankreatitis, FP follikuläre Pankreatitis, IMT inflammatorischer myofibroblastärer Tumor
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allem Lymphozyten und Plasmazellen [57, 140]. Typische Kriterien der AIP wie obliterative Venulitis oder storiforme Fibrose fehlen. IgG4-positive Plasmazellen können vorhanden sein, treten jedoch sehr unregelmäßig verteilt auf. Differentialdiagnostisch ist es schwierig, die follikuläre Pankreatitis von einer AIP mit starker Lymphfollikelbildung abzugrenzen (s. Tab. 22.4; [57]).
2 3 4 5
Tropische Pankreatitis
6 7 8 9
Abb. 22.35 Autoimmune Pankreatitis Typ 2. Intraazinäres granulozytäres Infiltrat und umgebende lockere Fibrose mit lymphoplasmazellulärer Infiltration
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
Eosinophile Pankreatitis Diese sehr seltene Form einer Pankreatitis kann sich als eine Variante der AIP präsentieren (s. dort) oder sich im Zusammenhang mit einer eosinophilen Gastroenteritis, eosinophilen Cholangitis oder einem hypereosinophilen Syndrom entwickeln [2]. Die Patienten haben erhöhte IgE-Serumwerte und präsentieren sich mit Schmerz oder einem Ikterus als Folge einer tumorartigen Vergrößerung des Pankreaskopfes mit Stenosierung des distalen Gallengangs [24, 45, 128]. Das Pankreasgewebe zeigt eine diffuse interstitielle Infiltration durch eosinophile Granulozyten und Lymphozyten sowie einzelne Plasmazellen [11, 44, 46]. Eine Kortikoidtherapie ist die Behandlung der Wahl.
Follikuläre Pankreatitis Die sog. „follikuläre“ chronische Pankreatitis, die teilweise verbunden mit einer hilären Cholangitis auftritt, wurde insbesondere bei männlichen Patienten, die älter als 40 Jahre waren, beschrieben [57, 140]. Auch eine isolierte follikuläre Cholangitis kann vorkommen. Vornehmliches klinisches Symptom ist der Ikterus. Die Pankreatitis zeichnet sich durch einen oft tumorösen Befall des Pankreaskopfes, eine massive Lymphfollikelbildung um dilatierte Gänge, eine nur schmale periduktale Fibrose sowie eine diskrete perilobuläre fibröse Septierung des umgebenden Parenchyms aus (Abb. 22.36a). Die Lymphfollikel, die auch im peripankreatischen Fettgewebe liegen können, besitzen große aktive Keimzentren (Abb. 22.36b). Das entzündliche Infiltrat außerhalb der Lymphfollikel ist relativ spärlich und enthält vor
Diese Form der Pankreatitis spielt in fernöstlichen (Indonesien, Indien, dort insbesondere Kerala) und afrikanischen (Uganda, Nigeria) Ländern eine wichtige Rolle [104]. Ätiologisch sind für diese Pankreatitisform wahrscheinlich genetische Veränderungen (wie eine Mutation im Serin-Protease-Inhibitor Gen SPINK1) wichtiger als die früher diskutierten nutritiv-toxischen Effekten in frühen Lebensjahren [135]. Klinisch manifestiert sie sich im Adoleszentenalter, wobei ein Diabetes („fibrocalculous pancreatic diabetes“) zur Entdeckung der Pankreatitis führen kann. Morphologisch ist bislang nur das Endstadium der Erkrankung beschrieben worden, das sich durch eine diffuse Fibrose des Parenchyms mit entsprechenden dilatativen Gangveränderungen und Kalkulibildung auszeichnet [69]. Damit ist diese Form der Pankreatitis schwer von einer alkoholischen chronischen Pankreatitis zu unterscheiden.
Idiopathische Pankreatitis Für die sog. idiopathische chronische Pankreatitis ist ein untypisches Befundbild mit ausgedehnten Fibrosierungen und gelegentlich auch Kalkulibildung beschrieben worden. Eine Beziehung zu CFTR-Mutationen wurde diskutiert. Eine retrospektive Studie an idiopathischen chronischen Pankreatitiden reklassifizierte 40 % der Fälle als AIP [98].
Obstruktive chronische Pankreatitis Die obstruktive chronische Pankreatitis ist keine klinische, sondern eine morphologisch definierte Erkrankung. Sie entsteht sekundär als Folge einer Stenose eines Pankreasgangs. Häufigste Ursache ist ein PDAC oder eine IPMN im Pankreaskopf mit tumoröser oder schleimbedingter Einengung bis hin zum Verschluss des Hauptgangs (Abb. 22.37). Seltene Ursachen sind große, nahe der Papille eingeklemmte Gangkonkremente (Kalkuli) (Abb. 22.38). Dadurch kommt es (wie bei experimenteller Gangunterbindung) zur prästenotischen
Pankreatitis
a Abb. 22.36 a,b Follikuläre chronische Pankreatitis. a Reseziertes Pankreasgewebe mit chronischer lymphofollikulärer Entzündung in der Umgebung von dilatierten Gängen. Peripankreatisch Lymph-
Abb. 22.37 Obstruktive chronische Pankreatitis mit massiver Dilatation des Hauptgangs und Parenchymatrophie bei großem stenosierendem Karzinom im Pankreaskopf (Autopsiepräparat)
Gangdilatation (ohne sekundäre Kalkulibildung) und zur apoptotischen Resorption aller vor der Obstruktion liegenden Azinuszellen. Es entsteht eine gleichmäßig die Lobuli erfassende peri- und später auch intralobuläre Fibrose (Abb. 22.39). In der Anfangsphase dieser Entzündung sind neben Lymphozyten vor allem Makrophagen und Myofibroblasten zu sehen. Gelegentlich treten auch fokale IgG4-positive Plasmazellinfiltrate auf. Der Endzustand ist durch eine zellarme Fibrose geprägt, die in angedeuteter lobulärer Verteilung kleine unregelmäßig gestaltete Pankreasgänge und unterschiedlich große Inselaggregate enthält (Abb. 22.40). Die Abgrenzung der kleinen Pankreasgänge von neoplastischen Gang strukturen kann schwierig sein (s. Differentialdiagnose des PDAC). Die Inselaggregate können einen neuroendokrinen Tumor vortäuschen, sind jedoch durch den immunhistologischen Nachweis von Insulin und Glukagon eindeutig als nichtneoplastisch zu identifizieren (s. Abb. 22.17 und 22.18). Die Abgrenzung von anderen Formen der chronischen Pankreatitis ist in Tab. 22.4 wiedergegeben.
Kapitel 22
b koten mit aktivierten Keimzentren. b Periduktales lymphatisches Infiltrat mit Keimzentren, geringer Fibrose und azinärer Atrophie. (Präparat: Dr. Detlefsen, Aarhus, Dänemark)
Abb. 22.38 Obstruktive chronische Pankreatitis. Massive Gangdilatation und Parenchymatrophie durch einen präpapillär im Gang eingeklemmten Kalkulus bei idiopathischer chronischer Pankreatitis. Präpapilläre Gallengangstenose mit prästenotischer Dilatation
Abb. 22.39 Obstruktive chronische Pankreatitis. Pankreasgewebe mit gleichförmiger perilobulär betonter Fibrose und gering dilatierten Pankreasgängen
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G. Klöppel, J. Lüttges, B. Sipos
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kussion der differentialdiagnostischen Kriterien findet sich im Kap. 24 der Pankreastumoren. Die Tab. 22.4 informiert über die differentialdiagnostischen Kriterien zur Abgrenzung der häufigsten Formen der chronischen Pankreatitis.
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Abb. 22.40 Obstruktive chronische Pankreatitis. Diffuse Fibrose mit Verlust der azinären Zellen und angedeuteter lobulärer Verteilung der zurückgebliebenen kleinen Pankreasgänge und Inseln. Geringe lymphozytäre Infiltration und Follikelbildung
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Sarkoidose und andere seltene Pankreatitisformen Eine histologisch gesicherte Pankreassarkoidose, manchmal tumorartig, wurde vereinzelt mitgeteilt [26, 93, 110, 136]. Differentialdiagnostisch müssen alle anderen Formen einer epitheloidzelligen Granulomatose ausgeschlossen werden. Ausgeprägte Gangveränderungen mit lymphozytärer Infiltration, Gangulzeration und intraluminaler Hämorrhagie wurden auch bei akuter Graft-versus-host-Erkrankung beschrieben [49]. Eine Malakoplakie wurde vereinzelt mitgeteilt [82, 101, 142].
Pankreatitis im Kindesalter
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Im Kindesalter ist die Pankreatitis extrem selten. Die meisten Fälle sind familiärer/hereditärer Natur (s. hereditäre chronische Pankreatitis) bzw. traumatisch, viral (Mumpsvirus) oder medikamentös bedingt [21, 50]. 8.
Differentialdiagnose Die wichtigste Differentialdiagnose der chronischen Pankreatitis ist das duktale Adenokarzinom (PDAC) [71]. Klinisch und makroskopisch, nicht aber histologisch, sind es die autoimmune und die paraduodenale Pankreatitis, die schwierig vom PDAC abzugrenzen sind. Histologisch stellt vor allem die obstruktive peritumoröse chronische Pankreatitis in Biopsien und Gefrierschnitten ein Problem dar. Eine ausführliche Dis-
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Kapitel 22
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Kapitel 23
Sekundäre, tumorartige, zystische und transplantationsbedingte Pankreasveränderungen 23
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Inhalt Traumatische Pankreasschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 692
Duktale und azinäre Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 697
Kreislaufstörungen und Gefäßerkrankungen . . . . . . . . . . 692
Squamöse Metaplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697
Kreislaufschock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 692
Azinäre Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 698
Hypoxisch-ischämische Nekrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . 692
Lipomatose und Fibrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 699
Arteriosklerose und Arteriolosklerose . . . . . . . . . . . . . 693
Lipomatose, lipomatöse Pseudohypertrophie . . . . . . . 699
Arteriitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 693
Fibrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 699
Blutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694
Hamartom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 700
Zystische nichtneoplastische Veränderungen . . . . . . . . . 694
Pseudolymphom und inflammatorischer Pseudotumor 700
Pseudozyste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694
Nebenmilz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 700
Retentionszyste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695
Ablagerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701
Echinokokkuszyste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695
Amyloidose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701
Lymphoepitheliale Zyste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695
Hämochromatose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701
Epidermoide Zyste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695
Kupferspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701
Squamoide Zyste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695
Pankreastransplantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701
Enteroendogene Zyste („forgut cyst“) . . . . . . . . . . . . . . 696
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 702
Muzinöse nichtneoplastische zystische Läsion . . . . . . 696 Duodenalwandzyste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697 Endometriale Zyste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8_23
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K. Tiemann, G. Klöppel
Traumatische Pankreasschäden Epidemiologie. Je nach Lokalisation und Schwere des Traumas ist das Pankreas an 1–10 % (Durchschnitt 3–4 %) aller Bauchverletzungen beteiligt [64, 86]. Stumpfe Bauchtraumen stehen in den europäischen Ländern im Vordergrund [35, 46, 65]. Die übrigen Fälle sind iatrogen bedingt (s. postoperative Pankreatitis). Da Kinder bei Bauchtraumen wegen ihrer dünnen, fettarmen Bauchdecken stärker gefährdet sind als Erwachsene [64], ist die traumatisch verursachte Pankreatitis bei Kindern relativ häufig (10–30 % aller Pankreatitiden im Kindesalter) [12, 81]. Ätiologie, Pathogenese. Stumpfe Pankreastraumen entstehen am häufigsten bei Verkehrsunfällen aufgrund einer Oberbauchkontusion durch Lenkrad oder Lenkradsäule [34]. Penetrierende (scharfe) Pankreasverletzungen werden durch Schuss- oder Stichverletzungen verursacht. Spontanzerreißungen des Pankreas können bei brüsker Rumpfbeugung nach vorn zustande kommen. Dabei wird das durch Faszie und Peritoneum an der unteren Thoraxapertur fixierte Pankreas stark überdehnt, der Kopf nach rechts, der Schwanz nach links gezogen, so dass der Körper zumeist links von der Mittellinie zerreißt [34]. Morphologie. Die Gewalteinwirkung auf das Pankreas kann zur Kompression, Kontusion oder Ruptur führen. Die Kompression ist durch umschriebene Nekrosen und Blutungen, die Kontusion (klinisches Stadium I) durch Hämatom, Ödem, Zerreißungen und ggf. Gangläsionen gekennzeichnet. Die Parenchymruptur führt zur Blutung (Abb. 23.1), dabei kann der Hauptgang noch erhalten sein oder es zu einer vollständigen Organdurchtrennung kommen. Eine Transsektion ist allerdings selten [90]. Verlauf. Je nach Schweregrad kann das Pankreastrauma entweder weitgehend symptomlos, mit uncharakteristischen Bauchbeschwerden oder unter dem Krankheitsbild einer schweren akuten Pankreatitis verlaufen (s. Abb. 23.1). Wird – auch in Anbetracht der Begleitverletzungen – das Trauma überlebt, so können folgende Komplikationen auftreten: Blutungen, Pseudozysten, innere Pankreasfisteln, Abszesse oder eine chronische Pankreatitis (durch eine Narbenstenose des Ausführungsganges mit distalem Sekretstau). Bei Verlust von mehr als 80 % (dies entspricht etwa 12 cm Länge) des Parenchyms ist mit einer exokrinen Pankreasinsuffizienz und/oder einem Diabetes mellitus zu rechnen [64]. Bei schwerem Pankreastrauma und in Abhängigkeit von der Art des Traumas und den mitbeteiligten Organen liegt die Letalität bei 6–10 %. Im Kindesalter ist
die Prognose günstiger [30]. Häufigste Todesursachen sind Blutungen, Nierenversagen und Peritonitis.
Kreislaufstörungen und Gefäßerkrankungen Kreislaufschock Ein Kreislaufschock kann zu unspezifischen Veränderungen führen [36], kann aber auch Ursache einer akuten Pankreatitis sein. Wahrscheinlich spielt die gestörte Mikrozirkulation bei Hypoxie eine entscheidende Rolle in der Entwicklung einer Pankreatitis, die in den meisten Fällen sich als milde interstitielle Pankreatitis manifestiert und nur selten zur nekrotisierenden Pankreatitis fortschreitet [28, 58, 79] (s. hierzu Kap. 22, Pankreatitis). Autoptisch wurde eine Pankreatitis bei 29 % aller Patienten mit hypovolämischem Schock und bei 19 % mit nichthypovolämischem Schock diagnostiziert, wenn der Exitus mehr als 24 h nach dem auslösenden Ereignis eingetreten war [96]. Mikrothrombosen fanden sich in 48 % aller Schockfälle im Vergleich zu 9 % der Kontrollgruppe [29].
Hypoxisch-ischämische Nekrose Ischämische Infarkte des Pankreas sind selbst unter Einbeziehung kleinster Infarkte von Lobulusgröße selten. Sie finden sich bei Embolien (z. B. bei Endokarditis oder Cholesterolembolien aus Bauchaortenaneurysmen), Panarteriitis nodosa (s. Arteriitis) oder maligner Hypertonie (z. B. als Komplikation eines Phäochromozytoms) [5, 57, 72]. Extrem selten führen diese Ereignisse zu einer klinisch relevanten akuten Pankreatitis [79]. Bei Hypoxie/ Ischämie im Zusammenhang mit einer hypertensiven
Abb. 23.1 Intraoperativer Situs bei Pankreasruptur mit peripankreatischen Nekrosen. (Mit freundlicher Genehmigung von Dr. M. Fard-Aghaie, Asklepios-Klinik Barmbek, Hamburg)
Sekundäre Pankreasveränderungen
a Abb. 23.2 a,b Pankreasgewebe bei hypertensiver Angiopathie. a Mittelgroße Arterie mit Verbreiterung der Media, Intimaödem und deutlicher Lumeneinengung. Das umgebende Pankreasgewebe zeigt eine hypoxämische Schädigung der peripheren Azinuszellen
a
Kapitel 23
b der Lobuli mit Ersatz durch ein resorptives entzündliches Infiltrat, das in eine zellreiche perilobuläre Fibrose übergeht. b Arterie mit hypertensiver Angiopathie in einem hypoxisch geschädigten Pankreasgewebe, das eine deutliche perilobuläre Fibrose zeigt
b
Abb. 23.3 a,b Arterio‑/Arteriolosklerose des Pankreas. a Hochgradige Arteriosklerose der A. lienalis bei langjährigem Typ-1-Diabetes. Die Atrophie des Pankreas beruht auf einer Atrophie der azinären Zellen, die typisch ist für einen chronischen Typ-I-Diabetes. b Pan-
kreasgewebe bei chronischem Typ-1-Diabetes mit atrophischen Azinuszellen und ausgeprägter Arteriolosklerose. Die Insel ist unauffällig
Angiopathie mittelgroßer und kleiner Pankreasarterien kann es zu chronischen pankreatitisartigen Veränderungen in Form von fokalen Parenchymnekrosen kommen, die resorbiert und durch fibrotisches zellreiches Gewebe ersetzt werden (Abb. 23.2).
Typ I im Rahmen einer generalisierten diabetischen Mikroangiopathie zu sehen. Sie scheint nicht die Ursache der gleichzeitig beim langjährigen Typ-1-Diabetes zu beobachtenden azinären Atrophie zu sein (Abb. 23.3). Diese wird auf den fehlenden trophischen Effekt von Insulin im Pankreas zurückgeführt, der eintritt, wenn im Verlauf eines Typ-1-Diabetes die Inseln ihre β-Zellen verlieren [49].
Arteriosklerose und Arteriolosklerose Der Schweregrad der Arteriosklerose im Pankreas korreliert mit dem der Koronararterien. Ob die Arteriosklerose Ursache einer Parenchymatrophie des Pankreas mit Lipomatose und Fibrose sein kann, ist unbekannt. Die Arteriolosklerose ist häufig im Pankreas von Patienten mit chronischem insulinabhängigem Diabetes
Arteriitis Die Pankreasarterien können im Rahmen einer Vaskulitis wie der Panarteriitis nodosa oder im Rahmen einer rheumatoiden Arthritis miterkranken [11]. Das klinische Bild kann dabei einer akuten Pankreatitis ent-
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Abb. 23.4 Rand einer älteren Pseudozyste, aufgebaut aus Granulationsgewebe mit Cholesterinkristallen und eisenpigmenthaltigen Makrophagen sowie Verkalkungen als Ausdruck resorbierter Blutungen. Zur Peripherie hin hat sich eine Fibrose entwickelt, in der Inseln liegen
sprechen [11]. Auch die Entwicklung von Pseudozysten auf dem Boden einer vaskulitischen akuten Pankreatitis ist möglich. Eine Rarität sind arteriovenöse Malformationen im Bereich des Pankreas [59].
Blutungen Blutungen können nach Traumen (s. dort), bei schwerer akuter Pankreatitis, bei Arrosion von Gefäßen in der Wand von Pseudozysten [14, 84, 95, 97], bei arteriellen Aneurysmen und bei arteriovenösen Fehlbildungen [60] sowie postoperativ nach Pankreatektomie innerhalb und außerhalb des Pankreas auftreten. Selten ist eine Blutung bei Tumoren.
Zystische nichtneoplastische Veränderungen Eine Einteilung der Zysten des Pankreas ist in folgender Übersicht wiedergegeben. Sie unterscheidet zwischen neoplastischen und nichtneoplastischen sowie epithelialen und nichtepithelialen Zysten. Die neoplastischen Zysten werden im Kapitel zu den Pankreastumoren besprochen. Hier werden allein die verschiedenen nichtneoplastischen Zysten behandelt. Von den kongenitalen Zysten kommt nur die enteroendogene Zyste zur Sprache. Die anderen kongenitalen Zysten werden gesondert unter den Fehlbildungen und den hereditären Erkrankungen aufgeführt.
Einteilung und Zusammenstellung der neoplastischen und nichtneoplastischen epithelialen und nichtepithelialen Pankreaszysten [9] Neoplastische Pankreaszysten – Epithelial – IPMN – MCN – SCN – SPN – Duktales Adenokarzinom, mikrozystisch – Azinuszellzystadenom – Zystisches Azinuszellkarzinom – Zystischer neuroendokriner Tumor – Zystisches Teratom – Dermoidzyste – Nichtepithelial – Lymphangiom – Hämangiom – Zystische Sarkome Nichtneoplastische Pankreaszysten – Epithelial – Kongenitale Zyste – Lymphoepitheliale Zyste – Muzinöse nichtneoplastische Zyste – Enterogene Zyste – Duodenalwandzyste – Retentionszyste – Endometriale Zyste – Enterogene Zyste – Zystisches Hamartom – Nichtepithelial – Pseudozyste – Parasitäre Zyste
Pseudozyste Die Pseudozyste ist die häufigste zystische Läsion des Pankreas mit einer geschätzten relativen Frequenz zwischen 20 und 75 % [20]. Sie ist eine Folgeveränderung bzw. Komplikation im Ablauf einer schweren akuten autodigestiven Pankreatitis (s. Kap. 22, Pankreatitis) [24]. Sie findet sich überwiegend im extrapankreatischen Fettgewebe und besteht aus einer gut abgrenzbaren Kavität mit nekrotisch-hämorrhagischem Inhalt und einer hohen Konzentration an Amylase und Lipase. CEA und CA19-9 liegen dagegen im Normbereich [4]. Die Zyste wird von Granulations- und Narbengewebe, nicht aber von Epithel ausgekleidet (Abb. 23.4). Im Granulationsgewebe lassen sich häufig eisenpositive Makrophagen nachweisen. Viele Pseudozysten werden, so haben CT-Folgeuntersuchungen gezeigt, innerhalb von 4–6 Wochen resorbiert. Differentialdiagnostisch (s. hierzu Kap. 22, Pankreatitis) müs-
Sekundäre Pankreasveränderungen
Kapitel 23
sen Pseudozysten von intraduktalen papillär-muzinösen Neoplasien (IPMN), muzinös zystischen Neoplasien (MCN) und solid-pseudopapillären muzinös-zystischen Neoplasien (SPN) abgegrenzt werden, da die Makroskopie der genannten Tumoren in der Bildgebung eine Pseudozyste vortäuschen kann.
Retentionszyste Retentionszysten sind zystisch dilatierte Gangsegmente innerhalb des Pankreas als Folge einer Gangobstruktion durch viskösen Schleim (s. Kap. 21, Abschnitt Zystische Fibrose), Narbenzug bei chronischer Pankreatitis oder Tumorgewebe. Bei zystischer Fibrose können sich multiple Retentionszysten in perlschnurartiger Anordnung entwickeln. Im Zusammenhang mit einer Fibrose bei chronischer Pankreatitis sind oft nur einzelne Retentionszysten entwickelt, die von abgeflachtem Zylinderepithel ausgekleidet werden. Ein Wechsel zwischen Retentionszysten und kleinen neoplastischen Zysten kann oft im Zusammenhang mit einer ausgedehnten IPMN vom gastrischen Typ (Seitengangtyp) beobachtet werden.
a
Echinokokkuszyste Die Echinokokkose ist eine, weltweit gesehen, häufige Erkrankung, allerdings mit starken regionalen Unterschieden in der Inzidenz. Eine Echinokokkuszyste (hydatide Zyste) im Pankreas ist eine Rarität, selbst in Ländern mit endemischer Echinokokkose (Abb. 23.5; [13, 37, 99]).
Lymphoepitheliale Zyste Lymphoepitheliale Zysten sind viermal häufiger bei Männern als bei Frauen. Das mittlere Alter beträgt zum Zeitpunkt der Diagnose 56 Jahre mit einer Altersverteilung von 35–74 Jahren. In 40 % handelt es sich um eine unilokuläre Zyste [2, 52]. Der Durchmesser schwankt zwischen 3 und 5 cm. Die dünnwandigen Zysten liegen oft am Pankreasrand und sind gut vom Pankreasgewebe abgegrenzt (Abb. 23.6a; [78]). Der Zysteninhalt ist grauweiß und käsig-grützig, Hornmaterial entsprechend. Die Auskleidung der Zyste besteht aus einem reifen verhornenden Plattenepithel, das auf einem dichten lymphoiden Gewebe mit Lymphfollikeln aufliegt. Insgesamt ähnelt die Läsion einer branchiogenen Zyste (Abb. 23.6b). Die Ätiologie ist unbekannt.
b Abb. 23.5 a,b Echinokokkus. a Pankreasresektat mit Einschluss einer durch hyaline Bänder glatt begrenzten Zyste. b Zystenquerschnitt mit intrazystischen Protoskolizes und einem lamellierten hyalinen Zystenwandaufbau
Epidermoide Zyste Diese zystische Läsion tritt im Zusammenhang mit einer intrapankreatischen akzessorischen Milz auf und liegt im Pankreasschwanz. Das reife Plattenepithel, das die Zyste auskleidet, muss von einer Dermoidzyste (s. Kap. 24, Pankreastumoren) und einer lymphoepithelialen Zyste (s. o.) abgegrenzt werden, wobei der Nachweis von Milzgewebe eine entscheidende Rolle spielt [61].
Squamoide Zyste Dies ist eine zystische Läsion, die mit dem Gangsystem verbunden ist. Sie tritt gehäuft im Pankreaskopfbereich auf und erreicht bis zu 3 cm im Durchmesser [3, 69]. Sie betrifft in gleichem Maße Männer und Frauen im Alter um 60 Jahren. Die Zysten werden von reifem nicht
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Abb. 23.6 a,b Lymphoepitheliale Zyste. a Anteile einer dünnwandigen Zyste, die auf der Innenseite mit käsigem Hornmaterial belegt ist (Präparat und Aufnahme: Dr. Dankoweit-Timpe, Hannover). b Die
Zystenwand besteht aus einem reifen Plattenepithel, das gelegentlich Lymphfollikel enthält. Angrenzend peripankreatisches Fettgewebe
verhornendem Plattenepithel/transitorischem Epithel ausgekleidet. Dieses nichtatypische Epithel ist CK5/6und p63-positiv. Die Ursache der Läsion ist unbekannt, jedoch könnte sie durch retentionsbedingte Dilatation eines Gangs mit squamöser Metaplasie (s. auch dort) entstanden sein (Abb. 23.7). Klinisch wird ein großer Teil inzidentell entdeckt, die anderen Patienten haben Oberbauchschmerzen.
unilokuläre und mit duodenal-intestinalem Epithel über einer glatten Muskulatur ausgekleideten Zyste in der Kopf-Körper-Region. Der Zysteninhalt ist schleimig und oft rot-braun. Klinisch haben die Patienten Übelkeit und Erbrechen als Folge einer duodenalen Obstruktion; manchmal kommt es zur Pankreatitis oder es ist ein Tumor tastbar [47]. Als Ursprung der enterogenen Zysten wird eine Persistenz von embryonalem multipotentem Vorderdarmgewebe in und an der dorsalen Pankreasanlage diskutiert.
Enteroendogene Zyste („forgut cyst“) Unter dem Namen enteroendogene oder enterogene Zyste werden die zilientragende Vorderdarmzyste („ciliated foregut cyst“) sowie die enterische Duplikationszyste zusammengefasst. Bei diesen Zysten handelt es sich um kongenitale Zysten (s. Kap. 20, Fehlbildungen). Da sie sich jedoch gelegentlich erst im Erwachsenenalter manifestieren, werden sie hier besprochen. Die „ciliated forgut cyst“ tritt typischerweise im tracheobronchialen sowie ösophagealen Bereich und nur sehr selten am Pankreas auf, wo der Körper-SchwanzBereich bevorzugt wird, der Kopfbereich jedoch auch betroffen sein kann [42, 71, 76]. Sie wird ausgekleidet von zilientragendem Zylinderepithel (Abb. 23.8), wie es im fetalen Ösophagus zwischen der 10. und 20. Schwangerschaftswoche zu beobachten ist. Enterische Duplikationszysten sind häufiger als die „ciliated foregut cysts“ und treten meistens bei kleinen Kindern auf. Sie kommen überall im Gastrointestinaltrakt vor, einschließlich des Duodenums, und liegen entweder in der Darmwand oder hängen ihr an [48, 53, 54]. Im Pankreas finden sie sich als 2–7 cm große,
Muzinöse nichtneoplastische zystische Läsion Muzinöse nichtneoplastische Zysten (MNC) des Pankreas machen etwa 2–3 % aller zystischen pankreatischen Läsionen aus [44]. Synonym werden sie auch als „simple cyst“ im AFIP-Faszikel bezeichnet. Sie kommen bei Frauen häufiger als bei Männern vor (Durchschnittsalter 60 Jahre; Altersspanne 20–70 Jahre), liegen in über 70 % im Kopfbereich, und manifestieren sich entweder als unilokuläre oder multilokuläre, dünnseptige zystische Läsion ohne Kommunikation mit dem Gangsystem (Abb. 23.9a). Der Gesamtdurchmesser der MNC variiert zwischen F (40–85)
Solide, 70 % im Pankreaskopf
85
Hochmaligne, sporadisch oder familiär
Ungünstig
KRAS-mutiert
Intraduktale papillärmuzinöse Neoplasie M = F (60–80)
Zystisch, 80 % im Pankreaskopf
2
Adenom-Karzinom-Sequenz, sporadisch (selten hereditär)
Gutb
KRAS-mutiert
Muzinös-zystische Neoplasie F > M (40–60)
Zystisch, 95 % im Pankreasschwanz
1
Adenom-KarzinomSequenz
Gutb
KRAS-mutiert
Serös-zystische Neoplasie F > M (60–85)
Zystisch, gesamtes Pankreas
1
Benignee, sporadisch oder hereditär
Gut
KRAS-negativ
Azinuszellkarzinom M > F (55–65)
Solidd, gesamtes Pankreas
1
Hochmaligne, sporadisch
Ungünstiga
KRAS-negativ
Pankreatoblastom M > F (1–6)
Solidd
M (10–30)
Solid-zystisch, gesamtes Pankreas
0,5
Maligne
Gut
KRAS-negativ
Sarkome M = F (15–80)
Solidd, gesamtes Pankreas
65 Jahre) wird das Risiko erhöht durch Rauchen, Adipositas, diätetische Faktoren wie ausgeprägter Fleischkonsum, chronische Pankreatitis, die Blutgruppen A, B und AB, Typ-2-Diabetes und möglicherweise eine Helicobacter-pylori-Infektion, nicht aber durch Kaffee oder Alkohol [36, 105, 162, 171, 172, 229]:
Solide und zystische nichtendokrine Tumoren
Kapitel 24
711
Tab. 24.4 Die wichtigsten zystischen Pankreasneoplasien und ihre Charakteristika Typ der zystischen Läsion
Geschlecht und Alter (Jahre)
Lokalisation und Gangverbindung
Zysteninhalt, Zystenform
Häufige Symptome oder weitere Erkrankungen
Histologie/ Immunhistochemie
IPMN
Männer = Frauen
80 % im Hauptgang oder einem Seitengang des Pankreaskopf und -korpus
Schleim und/oder Tumor, unilokulär
Symptome wie bei chronischer Pankreatitis und Diabetes mellitus möglich
PAS-positives Zylinderepithel mit Low- bis Highgrade-Dysplasie; MUC-positiv (s. Tab. 24.10)
90 % im Hauptgang des Pankreaskopfs und -korpus
Tumor, selten zystisch
Unspezifische Oberbauchsymptome
Tubuli, meist mit Highgrade-Dysplasie; MUC1/6positiv
> 90 % im Pankreasschwanz ohne Gangverbindung
Schleim, unilokulär oder multilokulär
Unspezifische Oberbauchschmerzen
PAS-positives Zylinderepithel mit Low- bis Highgrade-Dysplasie; ovarielles Stroma, Inhibin positiv
Oft Pankreaskorpus oder -schwanz ohne Gangverbindung; beim VHL-Syndrom multipel im gesamten Pankreas
Seröse Flüssigkeit, multilokulär
Unspezifische Oberbauchsymptome, 2 % sind Teil des VHLSyndroms
Kubisches Epithel, Inhibin positiv
(50–70) ITPN
Männer = Frauen (50–70)
MCN
Frauen (40–60)
SCN
Oft Frauen (60–80)
SPN
Meist junge Frauen (10–30)
Gesamtes Pankreas ohne Gangverbindung
Nekrotisch- hämorrhagisch, unilokulär
Unspezifische Oberbauchsymptome
Solides oder pseudopapilläres Epithel, nukleär β-Catenin positiv
CPNET
Männer = Frauen
Gesamtes Pankreas ohne Gangverbindung
Seröse Flüssigkeit, unilokulär
Unspezifische Oberbauchsymptome
Trabekuläres Epithel, Synaptophysin positiv
IPMN Intraduktale papillär-muzinöse Neoplasie mit Hauptgangtyp (intestinal, pankreatobiliär, onkozytär) und Seitengangtyp (gastrisch), ITPN intraduktale tubulopapilläre Neoplasie, MCN muzinös-zystische Neoplasie, SCN serös-zystische Neoplasie, SPN solidpseudopapilläre Neoplasie, CPNET zystischer pankreatischer neuroendokriner Tumor
Tab. 24.5 Morphologische Parameter zum Grading duktaler Adenokarzinome Grada
Drüsenstruktur
Mitosezahlb
Kernstruktur
1
Hochdifferenziert duktal-tubulär
10
Zumeist ausgeprägte Pleomorphie mit deutlichem Nukleolus
Bei intratumoraler Heterogenität sollte der höchste Tumorgrad zuerkannt werden. bAnzahl der Mitosen in 10 zufällig ausgewählten Gesichtsfeldern bei starker Vergrößerung (40er Objektiv) a
– Rauchen ist der stärkste exogene Risikofaktor. Die Karzinominzidenz ist auf das Zwei- bis Achtfache erhöht.
– Nahrungsfaktoren: Eine lipid- und fleischreiche Diät mit gesteigerter Körperfetteinlagerung erhöht das Risiko für ein Pankreaskarzinom, eine gemüsereiche Diät senkt das Risiko.
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b
Abb. 24.1 a–c Duktales Pankreaskarzinom. a Pankreaskopfresektat (Schnittebene definiert durch eröffneten Pankreas- und distalen Gallengang) mit unscharf begrenztem grauweißem Tumor, der den Gallengang und Pankreasgang stenosiert. b Pankreaskopfresektat (axiale Schnittebenen von kranial nach kaudal) mit unscharf be-
grenztem grauweißen Tumor, der den dorsalen Pankreasrand erreicht. c Pankreaskopfresektat (Schnittebene definiert durch eröffneten distalen Gallengang) mit kleinem Tumor, der den Gallengang stenosiert. (Präparat und Aufnahme: Frau Dr. Dankoweit-Timpe, Hannover)
– Chronische Pankreatitis: Eine lange bestehende alkoholische chronische Pankreatitis scheint das Risiko für ein Pankreaskarzinom gering zu erhöhen. Bei hereditärer chronischer Pankreatitis mit autosomaldominanter Vererbung wird mit einer Karzinominzidenz bis zu 6 % gerechnet [171]. – Diabetes mellitus: Das Risiko eines Diabetikers, an einem Pankreaskarzinom zu erkranken, ist bis auf das 1,5- bis 3fache erhöht. Möglicherweise ist diese erhöhte Inzidenz durch das Karzinom selbst zu erklären, da der Diabetes in mehr als 50 % der Fälle in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Diagnose des Karzinoms auftritt. Die Frage nach der pathogenetischen Beziehung zwischen Pankreaskarzinom und Diabetes ist jedoch noch unbeantwortet. Als verantwortliche Faktoren wurden eine durch das Karzinom induzierte obstruktive chronische Pankreatitis [133]
oder ein hormonaler Faktor, der eine Insulinresistenz begünstigt, diskutiert [203] – Chemische Kanzerogene: Obwohl verschiedenste chemische Industrieprodukte wie Naphthylamin und Benzidin, Methylnitrourethan, Paradimethylaminoazobenzol und Methylcholanthren im Hinblick auf die Entstehung des Pankreaskarzinoms diskutiert wurden, ergab eine landesweite Statistik in den USA weder für eine bestimmte Berufsnoxe noch für einen speziellen Industriezweig ein statistisch signifikant erhöhtes Karzinomrisiko [39]. Im Tierversuch kann eine ganze Reihe chemischer Substanzen, insbesondere N-nitroso-bis-oxypropylamin und Azaserin, Pankreaskarzinome erzeugen [160]. Morphologie. Makroskopie: Das PDAC ist typischerweise ein solider, derber Tumor mit unscharfer Begren-
Solide und zystische nichtendokrine Tumoren
Kapitel 24
Abb. 24.2 Duktales Pankreaskarzinom. Pankreaslinksresektat mit großem, die Pankreasgrenzen überschreitendem Tumor
zung (Abb. 24.1). Hämorrhagisch-nekrotische oder makrozystische Veränderungen sind selten (s. auch Varianten) [147, 148]. Die meisten der PDAC (60–70 %) treten im Pankreaskopf auf, der Rest von 20–30 % findet sich im Pankreaskörper oder -schwanz (Abb. 24.2). Eine multizentrische bis diffuse Ausbreitung im gesamten Organ ist sehr selten. PDAC in heterotopem Pankreasgewebe (Magen, Jejunum) wurden vereinzelt mitgeteilt [156]. Im Pankreaskopfbereich liegt der Tumor am häufigsten zwischen Gallengang und Pankreasgang, wodurch es zur Stenose beider Gänge kommt. Der Processus uncinatus als Ausgangspunkt des Tumors ist selten. Bei resezierten Tumoren liegt der maximale Durchmesser zwischen 2 und 4 cm. Tumoren unter 1,5 cm sind bislang Raritäten. In Autopsieserien liegt die Tumorgröße zwischen 3 und 5 cm. Tumoren im Körper-Schwanz-Bereich sind meist noch größer [133]. Beim Pankreaskopfkarzinom zeigt das Restpankreas als Folge einer Stenosierung des Hauptgangs eine gleichmäßige Gangdilatation und eine Fibrose des umgebenden Parenchyms. Im Pankreaskopf greifen die Tumoren häufig auf das Duodenum und besonders auf die Papille über, im Pankreasschwanz dagegen auf den Magen, die Milz und das Querkolon. Mikroskopie: Die meisten Tumoren sind gut bis mäßig differenziert (Abb. 24.3). Niedrig differenzierte Tumoren treten nur in 10–20 % der Fälle auf. Eine Heterogenität des Tumorgewebes mit einem Nebeneinander unterschiedlich differenzierter Komponenten und verschiedener histologischer Muster (s. u.) ist relativ häufig. Gut differenzierte PDAC bestehen aus tubulären Drüsenstrukturen, die die normalen Pankreasgänge imitieren, aber meist konzentrisch von sklerösem Bindegewebe umgeben sind (Desmoplasie). Sie infiltrieren das Pankreasgewebe unregelmäßig und sprunghaft entlang der interlobulären Septen. An der Peripherie des
Abb. 24.3 Gut differenziertes duktales Pankreaskarzinom. Duktaltubuläre neoplastische Drüsenformationen eingebettet in desmoplastisches Stroma
Tumors können sie von sehr pleomorphen Zellvereinzelungen begleitet sein (Abb. 24.4a). Die neoplastischen Tubuli werden komplett oder inkomplett („rupturiert“, Abb. 24.4b) von einreihigem und fokal kribriformem hochzylindrischem bis kubischem Zylinderepithel ausgekleidet, das sauren (sulphatierten) und fokal auch neutralen Schleim (PAS; Alcianblau pH 2,5) produziert. Das Zytoplasma ist eosinophil und enthält einen oft polarisiert liegenden, runden, nur gering polymorphen Kern mit zumeist deutlich erkennbarem Nukleolus. Die Mitosezahl, bezogen auf 10 HPF, bewegt sich zwischen 5–10 (s. Grading). Intraduktale Tumorausläufer sind häufig (s. Vorläuferläsionen; Abb. 24.4c). In etwa der Hälfte der insgesamt gut differenzierten PDAC finden sich zusätzlich zu den tubulären eosinophilen Strukturen (Abb. 24.5a) Tubuli mit hellen („foamy glands“) Zellen (Abb. 24.5b) oder mit ausgeprägter kribriformer Epithelauskleidung (Abb. 24.5d,e; s. auch Varianten). Ferner können muzinöse (Abb. 24.5c), papilläre und großkalibrig-duktale (Abb. 24.5f) („large duct type PDAC“; s. Varianten), adenosquamöse oder mikropapilläre Formationen auftreten (Abb. 24.5g,h). Diese Komponenten sollten eine Erwähnung in der Beschreibung der einzelnen PDAC erfahren, wenn sie mehr als 30 % des Tumors in repräsentativen Schnitten ausmachen [223]. Bestimmen sie das Tumorbild (> 50 %), können sie unter die Varianten des PDAC fallen (s. histologische Varianten). Das kollagenfaserreiche Stroma enthält verstreut liegend Lymphozyten, Fibromyoblasten und Makrophagen. Als nichtneoplastische Zellkomplexe im Zusammenhang mit gut differenzierten neoplastischen Tubuli sind neuroendokrine Zellen zu nennen. Diese liegen als einzelne Zellen der Basalmembran der Tubuli an, häufig
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positiv für Glukagon oder Insulin, oder sie formen inselartige Komplexe (Abb. 24.6; [196]). Niedrig differenzierte PDAC zeigen ein mitosereiches komplexes Muster, das sich zusammensetzt aus relativ kleinen und unregelmäßig geformten Drüsenstrukturen (Abb. 24.7) gemischt mit solid-kribriformen (Abb. 24.5e) und/oder adenosquamoiden Zellgruppen (Abb. 24.5g) sowie individuellen pleomorphen Zellen (Abb. 24.5i). Diese Karzinomstrukturen, die in einem lockeren Stroma liegen, zerstören in breiter Front das Pankreasgewebe. Eine Desmoplasie ist in geringerem Maße entwickelt als bei den gut differenzierten Karzinomen. Intraduktale Tumorausläufer sowie assoziierte neuroendokrine Zellen kommen bei wenig differenzierten PDAC selten vor.
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c Abb. 24.4 a–c Gut differenziertes duktales Pankreaskarzinom. a Duktale atypische Drüsenformation, begleitet von infiltrierenden Tumorzellen (Pfeile), die sich im desmoplastischen Stroma vereinzeln. b Kleiner neoplastischer Tubulus mit Epithelverlust auf der linken Seite. c Intraduktaler Tumorausläufer („duct cancerization“)
Immunhistochemie: Es gibt keinen PDAC/PanIN-3spezifischen Marker (Abb. 24.8). Alle bislang getesteten Marker werden auch von anderen schleimproduzierenden Adenokarzinomen (vor allem von cholangiozellulären Karzinomen) und zum Teil auch von nichtneoplastischen Pankreasgängen exprimiert. Daher ist mit ihrer Hilfe weder eine sichere differentialdiagnostische Abgrenzung gegenüber einer chronischen Pankreatitis noch gegenüber anderen Adenokarzinomen möglich (s. auch Differentialdiagnose) [133, 227, 237]. PDAC exprimieren wie die normalen Pankreas- und Gallengänge CK7, 8, 18 und 19 (azinäre und neuroendokrine Zellen nur CK8 und 18) und sehr häufig auch CK4 und CK20 [106, 225]. Deutlich positiv sind CEA (zytoplasmatisch; Abb. 24.8; [35]), MUC1 (meist apikal; Abb. 24.8), MUC5AC (meist zytoplasmatisch) [188], CA19-9 (zytoplasmatisch) [22] sowie Claudin 4 und 18 [192, 275]. Außerdem ist ein nukleärer Expressionsverlust im Fall von mutiertem Smad4/DPC4 (bei etwa 40 % der PDAC) und eine starke nukleäre p53-Expression (Abb. 24.8; selten ein kompletter Verlust) bei mutiertem TP53 (bei 60–80 % der PDAC) zu beobachten. Die Zahl der Ki67-positiven Zellen ist deutlich erhöht (Abb. 24.8). Exprimiert werden wichtige Wachstumsfaktoren mit ihren Rezeptoren und Adhäsionsmoleküle wie c-erbB-2, TGF-α und -β, PDGF A und B, VEGF, Metallothionein, CD44v6 und membranäres E-Cadherin sowie β-Catenin. Negativ sind Vimentin, Trypsin, Synaptophysin und Chromogranin A. Ultrastruktur: Die Zellen gut differenzierter PDAC imitieren die normalen Gangzellen des Pankreas. Sie tragen Mikrovilli an der luminalen Oberfläche, Muzingranula im apikalen Zytoplasma und basale Zellkerne. Eine abnehmende Tumorzelldifferenzierung manifestiert sich durch einen Verlust der typischen Muzingranula und der Zellpolarität sowie einer unregelmäßigen bis fehlenden Ausbildung der Basalmembran [123, 238]. Vorläuferveränderungen. Invasive PDAC gehen in über 95 % der Fälle aus pankreatischen intraepithelialen
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Abb. 24.5 a–i Duktales Pankreaskarzinom. Histologische und zytologische Muster: a tubulär eosinophil, b hellzellig tubulär, c muzinös, d kribriform-tublär, e kribriform-solid, f großkalibrig-tubulär und
papillär, g adenosquamös, h mikropapillär und i komplexes solid und pleomorphes Muster
Neoplasien (PanIN) hervor, möglicherweise in Verbindung mit sog. atypischen flachen Läsionen (AFL). Intraduktale papillär-muzinöse Neoplasien (IPMN), muzinös-zystische Neoplasien (MCN) und intraduktale tubulopapilläre Neoplasien (ITPN) sind nur selten die Vorläufer von PDAC.
von mikrodissezierten PanIN-Läsionen konnte eine Akkumulation der beim PDAC am häufigsten vorkommenden Genmutationen (KRAS, CDKN2A/p16, TP53, SMAD4/DPC4) mit der Zunahme des PanINGrades nachgewiesen werden [103, 116, 164, 173]. Für die Entstehung des duktalen Pankreaskarzinoms ist nach diesem Modell eine stufenweise Entwicklung anzunehmen (s. auch Genetik), wobei für eine PanIN-1- und -2-Läsion („low grade dysplasia“) noch kein nennenswertes malignes Potential besteht, da solche Läsionen häufig (bis zu 30 %) auch in Kontrollpankreata auftreten und zudem nur Mutationen des KRAS-Gens (vor dem Hintergrund nahezu genereller Telomerverkürzungen und vereinzelter isolierter oder additioneller GNAS, CDKN2A/p16- bzw. BRAF-Mutationen [265]) aufweisen, die für sich genommen offen-
– PanIN sind nur mikroskopisch erkennbare hyperplastisch-papilläre Proliferationen des Gangepithels, die gehäuft im Zusammenhang mit PDAC auftreten [102, 138, 241]. Es werden drei Dysplasiegrade unterschieden (PanIN 1–3; Abb. 24.9; [102]), die nach der Baltimore-Konsensus-Konferenz von 2014 in eine niedriggradige (PanIN 1 und 2) und eine hochgradige Dysplasie (PanIN 3) überführt wurden [32]. Anhand molekulargenetischer Untersuchungen
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Abb. 24.6 Duktales Pankreaskarzinom. Gut differenzierter neoplastischer Tubulus, umgeben von eng assoziierten nichtneoplastischen neuroendokrinen Zellen, positiv für Synaptophysin
sichtlich nur schwach tumorigen sind [116, 167]. Für eine PanIN 3 („high grade dysplasia“) muss dagegen von einem hohen Malignitätspotential ausgegangen werden, da hier bereits in bis zu 80–90 % Mutationen wie bei einem invasiven Karzinom gefunden werden [116, 164]. Außer im Zusammenhang mit invasiven PDAC wurden PanIN-3-Läsionen in Pankreata von Patienten mit einer positiven Familienanamnese für Pankreaskarzinome und in Pankreata von Patienten mit hereditärer Pankreatitis beschrieben [15, 78, 207]. – AFL: Neben PanIN-Läsionen wurden bei Patienten mit familiärem Pankreaskarzinomrisiko sog. atypische flache Läsionen (AFL) beschrieben (s. auch im Abschnitt tumorartige Pankreasveränderungen), die bei transgenen KRAS-Mäusen als Ausgangspunkte für PDAC identifiziert wurden und möglicherweise
Abb. 24.7 Schlecht differenziertes duktales Pankreaskarzinom. Kleine unregelmäßige neoplastische Tubuli mit pleomorpher Epithelauskleidung
auch in der Entwicklung der sporadischen PDAC des Menschen eine Rolle spielen [15, 78]. AFL bestehen aus Aggregaten kleiner Gänge und einzelner Azini, eingebettet in ein von einzelnen Lymphozyten durchsetztem Stroma. Das Ganglumen und das Gangepithel sind oft unregelmäßig und atypisch gestaltet (Abb. 24.10). – IPMN sind primär nichtinvasive Tumoren, die intraduktal in den Haupt- oder Seitengängen des Pankreas entstehen, in vier Subtypen unterteilt werden und etwa in einem Drittel aller Fälle in ein invasives Pankreaskarzinom, meist vom Typ des PDAC, seltener vom Typ des muzinösen (kolloiden) Karzinoms, übergehen (s. intraduktale papillär-muzinöse Neoplasien).
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Abb. 24.8 a–d Immunhistochemische Marker beim duktalen Pankreaskarzinom im Vergleich zu normalen Gängen: a CEA, b p53, c MUC1 und d MIB1 (Ki67)
– MCN sind zystische Neoplasien, die außerhalb des Gangsystems entstehen und in etwa 15 % in ein PDAC, gelegentlich in ein undifferenziertes Karzinom, übergehen (s. muzinös-zystische Neoplasien). – ITPN sind intraduktale Neoplasien, die sich zellulär und genetisch von den IPMN abgrenzen und in bis zu 70 % in invasive tubuläre Adenokarzinome übergehen, die den gewöhnlichen PDAC weitgehend gleichen (s. intraduktale tubulopapilläre Neoplasien). Tumorausdehnung, Resektionsrand, Metastasierung, Rezidiv, Grad und Regression. PDAC breiten sich bevorzugt intraduktal im Pankreas, retropankreatisch, perineural, lymphogen und hämatogen aus. Die retroperitoneale Fettgewebsinfiltration erfolgt frühzeitig, da sie durch keine Organkapsel behindert wird. Sie wird von einer perineuralen, lymphangischen und vaskulären Ausbreitung begleitet, wobei die Nervenplexus, regionalen Lymphknoten und mesenterialen Gefäße befallen werden (Abb. 24.11a). Typischerweise finden sich auch „nackt“ im Fettgewebe liegende neoplastische Gänge (Abb. 24.11b). Relativ selten wird das über dem Pankreas
liegende Peritoneum erfasst. Von den benachbarten Organen sind bei PDAC-Lokalisation im Pankreaskopfbereich der intrapankreatische Teil des Gallengangs und das Duodenum, bei Lokalisation im Körper-SchwanzBereich der Magen und das Querkolon betroffen. – Pankreatischer Resektionsrand: Pankreaskopfkarzinome können sich entlang des Hauptgangs ausbreiten. Eine PanIN-3-Läsion im pankreatischen Resektionsrand stellt eine R1-Situation dar. Allerdings scheint ein PanIN-3-positiver Resektionsrand keinen signifikanten Einfluss auf das Überleben des betroffenen Patienten zu haben [178]. Dies könnte damit erklärt werden, dass ein gleichzeitiges retroperitoneales oder metastatisches Rezidiv klinisch bestimmender ist als eine PanIN-3-Läsion im Restpankreas. Finden sich im pankreatischen Resektionsrand PanIN-1- oder PanIN-2-Läsionen, dann stellen sie keine Indikation zur Nachresektion dar, da sie keinen Einfluss auf das Überleben nehmen. – Retropankreatischer und medialer Resektionsrand: Der retropankreatische („dorsale“) und mediale
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Abb. 24.9 a–d Pankreatische intraepitheliale Neoplasie (PanIN). a PanIN 1: Pankreasgang ausgekleidet mit papillärem muzinösem Zylinderepithel, dessen basal polarisierten Kerne von normaler Größe sind. b PanIN 2: Pankreasgang mit muzinösem Zylinderepithel, dessen Kerne zumeist deutlich vergrößert sind, aber noch ihre polare Polarisierung beibehalten haben. c PanIN 3: Pankreasgang mit pa-
18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
Abb. 24.10 Pankreatische atypische flache Läsion (AFL). Intraazinärer Bindegewebsherd mit kleinen teilweise unregelmäßig geformten Gängen und zellulärer Atypie
pillärem atypischem muzinösem Zylinderepithel, dessen Kerne vergrößert sind, einen deutlichen Nukleolus tragen und die Polarisation im Zytoplasma weitgehend verloren haben. d Ausschnitt aus einem Pankreasgang mit PanIN 3 mit flammenähnlichen Papillen und deutlicher Kernatypie
(„SMA-SMV“, „Uncinatus“) Resektionsrand müssen besonders beachtet werden, da hier häufig (s. o.) eine R1-Situation vorliegt [75, 169, 269] und zudem gezeigt werden konnte, dass eine R0-Situation, gesichert durch eine sorgfältige standardisierte Aufarbeitung des retroperitonealen Resektionsrandes, einen Überlebensvorteil darstellt [74, 270]. In diesem Bereich sollten daher die Resektionsgrenzen markiert werden (s. hierzu die aktuellen S3-Leitlinien für das Pankreaskarzinom: http://www.awmf.org/uploads/ tx_szleitlinien/032010OLl_S3_Exokrines_Pankreaskarzinom_21112013.pdf) (Abb. 24.12a,b), um im histologischen Schnitt sicher die Entfernung der Tumorzellen vom Resektionsrand auszumessen (Abb. 24.12c,d). Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Karzinomzellen relativ häufig an den Resektionsrand heranreichen, wird in Analogie zum Rektumkarzinom empfohlen, das „Konzept des zirkumferentiellen Resektionsrands“ („circumferential resection margin“, CRM) anzuwenden. R0-resezierte Pankreaskarzinome werden als CRM-positiv klas-
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sifiziert, wenn der Abstand der Tumorzellen zum Resektionsrand ≤ 1 mm beträgt (Abb. 24.12c,d). Sind die Karzinomzellen mehr als 1 mm vom definitiven Absetzungsrand entfernt, besteht eine „CRMnegative“ R0-Situation. Die Frage, welcher Abstand zum Resektionsrand von prognostischer Bedeutung ist, kann zwar noch nicht abschließend beantwortet werden. Jedoch konnte in einer großen Studie gezeigt werden, dass R0-Patienten, deren Tumorzellen mehr als 1,5 mm vom Resektionsrand entfernt waren, einen Überlebensvorteil hatten [75]. Perineurale Invasion: Die zahlreich im Pankreas und vor allem im Retroperitoneum hinter dem Pankreas liegenden Nerven und ihre Plexus werden früh infiltriert (Abb. 24.12d). Dieses perineurale Wachstum ist wahrscheinlich für die häufig vorhandenen „Rückenschmerzen“ der PDAC-Patienten verantwortlich. Prognostisch wurde es als ungünstig eingestuft [54]. Lymphknotenmetastasen: Sie betreffen am häufigsten die posterioren, paraduodenalen und suprapankreatischen Lymphknoten [63]. Im T1-Stadium (Tumor auf das Pankreas beschränkt und unter 2 cm) sind lymphogene oder hämatogene Metastasen selten nachweisbar, während in den T2- (> 2 cm und 4 cm) die lymphogene Metastasierung auf ca. 50 % und die lymphohämatogene Metastasierung auf 60–80 % ansteigen [142]. Mindestens 12 Lymphknoten sollten in Resektionspräparaten gefunden und untersucht werden. Bei neoadjuvanter Chemotherapie ist die Anzahl und Ratio der befallenen Lymphknoten mit dem Überleben negativ korreliert [84]. Hämatogene Metastasen: Sie finden sich vor allem in der Leber (65 %; Abb. 24.13), in den Lungen und/ oder in der Pleura (zusammen 25–40 %), im Skelettsystem (7–24 %) und in den Nebennieren (11–24 %) [61, 133]. Extrem selten sind Hirnmetastasen. Tumorgrad (Grading) und Stadieneinteilung (Staging): In Tab. 24.5 und 24.6 finden sich Einteilungen des duktalen Pankreaskarzinoms nach WHO-Grad [139] und UICC-Stadium, 8th Edition [217]. Tumorrezidiv: Nach vorangegangener Resektion finden sich lokale Tumorrezidive vor allem im retroperitonealen Fettbindegewebe an der jejunopankreatischen Anastomose. Tumorregression nach neoadjuvanter Therapie: Neoadjuvante Chemotherapie und/oder Bestrahlung wird beim PDAC immer häufiger zusätzlich zur Resektion eingesetzt. Unter den verfügbaren Studien zum Grading des residualen Tumorgewebes, die zum Teil schwer miteinander vergleichbar sind [114, 268], haben sich Protokolle durchgesetzt, die den Prozentsatz des Resttumorgewebes graduell drei- oder vierstufig erfassen [53, 80]. Eine positive Korrelation zum Überleben ergab sich, wenn ein CAP-Regressionsgrad 0 oder 1 vorliegt (Tab. 24.7; Abb. 24.14; [47a, 53]).
Kapitel 24
a
b Abb. 24.11 a,b PDAC-Invasion. a Gefäßinvasion. b „Nackte“ neoplastische Gangstrukturen im retroperitonealen Fettgewebe
Zytodiagnostik. Beim PDAC finden sich dicht gepackt liegende dreidimensionale Zellgruppen [47a]. Die gut differenzierten Karzinome zeigen nur gering unregelmäßig große Zellen, die durch polar angeordnete, wenig größenvariante Zellkerne zum Teil an Zylinderepithelzellen erinnern. Die Kerne besitzen einen deutlichen Nukleolus und eine deutliche Kernmembran (Abb. 24.15a). Niedrig differenzierte Karzinome zeichnen sich durch eine starke Pleomorphie, zahlreiche Mitosen sowie Apoptosen aus (Abb. 24.15b). Im Zusammenhang mit malignen Zellen sieht man häufig auch einlagige Gruppen von benignen Gangzellen, die durch ihre deutlichen Zellgrenzen, die gleichmäßige Größe der Zellkerne und die erhaltene Kern-Plasma-Relation von malignen Zellen unterschieden werden können. Normale Azinuszellen oder Stromazellen können ebenfalls vorkommen. Für die perkutane CT- oder die EUS-gesteuerte Feinnadelbiopsie werden Sensitivitäten zwischen 78 und 95 % und Spezifitäten um 100 % angegeben. Histologische PDAC-Varianten und besondere Adenokarzinome. Varianten des PDAC sind alle Karzi-
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Abb. 24.12 a–d Pankreasresektionsränder eines Pankreaskopfresektats bei PDAC. a Getuschter dorsaler Resektionsrand. b Getuschter medialer (orange) und ventraler (schwarz) Resektionsrand. c Neoplastische Drüse eines PDAC, die im getuschten dorsalen Re-
sektionsrand liegt (R1, CRM-positiv). d Neoplastische Drüsen einer PDAC-Infiltration in unmittelbarer Nachbarschaft ( 2 bis ≤ 4 cm
T3
Tumor des Pankreas > 4 cm
T4
Tumorinfiltration der Zöliakalgefäße oder der A. mesenterica superior
N – Regionale Lymphknoten N0
Keine regionale LK-Metastasen
N1
In 1–3 regionalen LK-Metastasen
N2
In ≥ 4 regionalen LK-Metastasen
M – Fernmetastasen M0
Fernmetastasen nicht nachweisbar
M1 Stadieneinteilung
Fernmetastasen a
Stadium IA
T1
N0
M0
Stadium IB
T2
N0
M0
Stadium IIA
T3
N0
M0
Stadium IIB
T1-T3
N1
M0
Stadium III
Jedes T
N2
M0
T4
Jedes N
M0
Jedes T
Jedes N
M1
Stadium IV
a Zusätzlich sollte ein R0- (kein Resttumor nachweisbar) von einem R1- oder R2-Stadium (R1 = mikroskopisch noch Resttumorgewebe; R2 = makroskopisch noch Resttumorgewebe) unterschieden werden
ten, ist die Abgrenzung einer eigenen Variante („large duct type carcinoma“) etwas problematisch. – Mikropapilläres Karzinom: Einzelne duktale Adenokarzinome des Pankreas (und der Papille) zeigen eine mikropapilläre Komponente oder bestehen überwiegend aus mikropapillär-glandulären Strukturen, die ausgedehnt infiltrativ das Parenchym durchsetzen und oft in Gewebsspalten liegen, die Lymphgefäße vortäuschen (Abb. 24.17a; [191]). Die Tumorzellen bilden glanduläre Formationen, die in der MUC1Immunhistochemie an der Außenseite eine basalbetonte zytoplasmatische Positivität erkennen lassen und oft ihre membranäre E-Cadherin-Positivität verlieren (Abb. 24.17b). Häufig findet sich eine Infiltration des Tumorgewebes durch neutrophile Granulozyten [124]. – Adenosquamöses Karzinom (ICD-O 8560/3): Die Karzinome entsprechen den PDAC hinsichtlich Alter und Geschlecht. Sie sind relativ groß und treten
Abb. 24.13 Lebermetastasen eines PDAC. Unscharf begrenzte Tumorherde in ikterischem Lebergewebe
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1
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Tab. 24.7 Therapierelevantes Regressionsgrading des PDAC nach neoadjuvanter Behandlung
2
Autoren
Grad
Kriterien
3
Evans et al. 1992 [80]
I
90 % Tumorzellen destruiert
Keine vitalen Tumorzellen IVM: azelluläre Schleimextravasate
0
Keine vitalen Tumorzellen (kompletter Therapieresponse; deutlich verlängertes Überleben)
I
Einzelne vitale/kleine Tumorzellgruppen (nahezu kompletter Therapieresponse; verlängertes Überleben)
11
II
12
Residuales vitales Tumorgewebe mehr als Grad I mit fibröser Regression (partieller Therapieresponse; kein verlängertes Überleben)
III
Extensiver residualer Tumor ohne Regressionseffekt (kein Therapieresponse; kein verlängertes Überleben)
CAP-Protokoll 2016a
9 10
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14
Keine Berücksichtigung von azellulären Schleimextravasaten; CAP College of American Pathologists
15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
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b
Abb. 24.14 a,b Duktales Pankreaskarzinom nach neoadjuvanter Behandlung, beurteilt als Evans-Grad IIa bzw. CAP-Grad II: Tumorausschnitte mit residualen PDAC-Drüsen und pankreatitisartiger
Stromareaktion (a) und residualen PDAC-Drüsen, eingebettet in sklerosiertes Stroma (b)
häufiger im Körper-Schwanz-Bereich auf als die PDAC. Histologisch bestehen sie aus eng miteinander verbundenen plattenepithelialen (CK5/6- und p63-positiv) und drüsigen Strukturen (CK7-positiv; Abb. 24.18). Meist sind beide Komponenten gering differenziert [109, 119]. Ihre relative Häufigkeit liegt bei 3–4 % [133]. Das reine Plattenepithelkarzinom
ist extrem selten, da bei intensivem Suchen fast immer Drüsenstrukturen gefunden werden. Genetisch zeigen die Tumoren die gleichen Mutationen wie das PDAC [46], wobei zusätzlich offensichtlich eine spezielle Mutation im UPF1-Gen vorliegt [159]. Die Prognose der meisten adenosquamösen Karzinome ist äußerst schlecht [44].
Solide und zystische nichtendokrine Tumoren
a
Kapitel 24
b
Abb. 24.15 a,b Zytologische Ausstriche von duktalen Pankreaskarzinomen. a Gut differenziertes PDAC mit relativ uniformen Zellen,
die einen deutlichen Nukleolus tragen. b Schlecht differenziertes PDAC mit relativ polymorphen Zellen
Abb. 24.16 Duktales Pankreaskarzinom („large duct type carcinoma“). Großkalibrige neoplastische Drüsenstrukturen mit fokal papillärem Epithel in unregelmäßiger Anordnung innerhalb eines desmoplastischen Stromas
gewachsen. Histologisch findet sich typischerweise ein „sarkomatoides“ Muster. Die Tumoren bestehen entweder aus nichtkohäsiven großen pleomorphen eosinophilen Zellen mit einem oder mehreren, oft bizarren Kernen (Abb. 24.20a) oder aus kohäsiveren relativ monomorphen anaplastischen Zellen mit eosinophilen rhabdoiden paranukleären zytoplasmatischen Einschlüssen (Abb. 24.20b; [13, 151]). Selten sind spindelzellige epitheloide oder intraduktale Varianten (Abb. 24.20c; [107, 260]). In vielen dieser Karzinome treten PDAC-Herde auf (Abb. 24.20d) und/oder es finden sich PanIN-3-Läsionen im angrenzenden Pankreasgewebe. Gelegentlich sieht man eine dichte Granulozyteninfiltration [208]. Immunhistochemisch sind die Tumorzellen immer positiv für Vimentin (Abb. 24.21a). CK7, EMA und MUC1 sind dagegen nur in einzelnen Zellen oder aber überhaupt nicht nachweisbar (Abb. 24.21b). E-Cadherin und β-Catenin haben zumeist ihre membranäre Expression verloren [13]. Die pleomorphen riesenzelligen Karzinome zeigen eine erhaltene nukleäre Expression von SMARCB1/INI1 (Abb. 24.21c) und eine KRAS-Amplifikation/Alteration [151], während die monomorph anaplastischen und rhabdoiden Karzinome einen SMARCB1/INI1-Verlust (d. h. eine SMARCB1/INI1-Mutation; Abb. 24.21d) und zumeist einen KRAS-Wildtyp aufweisen. Die relative Häufigkeit unter den PDAC liegt zwischen 2 und 7 %. Die Prognose ist noch schlechter als beim PDAC [151]. Differentialdiagnostisch müssen sie von angiomatoiden oder epitheloiden Sarkomen, pleomorphen Rhabdomyosarkomen, Leiomyosarkomen und amelanotischen Melanommetastasen abgegrenzt werden.
– Papilläres Karzinom: Papilläre Adenokarzinome, oft mit großkalibrigen Drüsen (s. Abb. 24.16) können sich als assoziierte Karzinome bei IPMN vom pankreatobiliären Typ entwickeln, kommen jedoch auch ohne begleitende IPMN vor [122]. – Undifferenziertes (anaplastisches, sarkomatoides) Karzinom/pleomorphes großzelliges Karzinom mit oder ohne osteoklastäre Riesenzellen (ICD-O 8020/3 und 8035/3): Diese meist großen Tumoren (4–6 cm) entsprechen den PDAC hinsichtlich Alter, Geschlecht und Verteilung im Pankreas [12, 13, 17, 151, 215, 261, 274]. Sie sind von weicher Konsistenz und zeigen oft hämorrhagische Nekrosen (Abb. 24.19), die gelegentlich zystisch degenerieren (insbesondere wenn sie osteoklastäre Riesenzellen enthalten; s. u.). Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung sind viele der Tumoren in die umliegenden Gewebe ein-
Ein Teil der undifferenzierten pleomorphen großzelligen Karzinome enthält nichtneoplastische osteoklastenartige Riesenzellen (ICD-O 8035/3; Abb. 24.22). Die histogenetische Klassifikation dieser Tumoren, die
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Abb. 24.17 a,b Duktales Pankreaskarzinom. a Mikropapillärkribriforme Drüsenstrukturen innerhalb von Gewebsspalten, die
Lymphgefäße vortäuschen. Zusätzlich eine granulozytäre Infiltration. b MUC1-Positivität mit Inside-out-Markierung
früher als „maligne osteoklastäre Riesenzellentumoren“ bezeichnet wurden, war lange umstritten [41, 83, 215, 245]. Genetische Untersuchungen mit Nachweis von KRAS-Mutationen in den Tumorzellen und dem häufigen Nachweis einer PDAC-Komponente legen jedoch nahe, dass es sich bei diesen Tumoren ebenso wie beim undifferenzierten Karzinom ohne osteoklastäre Riesenzellen um Varianten des PDAC handelt [71, 99]. Immunhistochemisch sind die osteoklastenähnlichen nichtneoplastischen Riesenzellen positiv für CD45 und CD68. Das Auftreten der osteoklastenartigen Riesenzellen ist meist mit einer Blutung im Tumor verbunden (Abb. 24.22). Der Tumor kann sehr groß sein (über 10 cm) und neigt zur zystischen Degeneration und Infiltration von Magen, Duodenum, hinterer Bauchwand und benachbarten Gefäßen. Er kann assoziiert mit einem MCN, gelegentlich auch IPMN, auftreten [151, 187]. Wegen der Seltenheit der Tumoren ist die Prognose nicht zuverlässig zu beur-
teilen. Ob der Tumor – wie von manchen Autoren vermutet [187, 215, 253] – sich weniger aggressiv verhält als das gewöhnliche undifferenzierte Karzinom und das PDAC müssen zukünftige Untersuchungen an großen Patientenkohorten zeigen [260].
Abb. 24.18 Duktales Adenokarzinom mit niedrig differenziertem adenosquamösem Muster
Abb. 24.19 Whipple-Resektionspräparat eines großen undifferenzierten Karzinoms mit landkartenartigen Nekrosen
20 21 22 23 24 25 26 27 28
Solide und zystische nichtendokrine Tumoren
Kapitel 24
a
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Abb. 24.20 a–d Undifferenziertes Pankreaskarzinom a Anaplastisches Karzinom mit pleomorphen Tumorriesenzellen und einzelnen tubulären Strukturen. b Anaplastisches großzelliges rhabdoides
Karzinom. c Intraduktales undifferenziertes Karzinom. d Ausschnitt aus c zeigt eine spindelzellige und duktale Komponente sowie eine ossäre Metaplasie
– Muzinöses Karzinom (Kolloidkarzinom; ICD-O 8480/3): Die Tumoren sind von unterschiedlicher Größe und stellen in den meisten Fällen die invasive Komponente einer IPMN vom intestinalen Typ (Hauptgangtyp) dar (s. dort) [137]. In Alter, Geschlecht und Lokalisation entsprechen sie den PDAC. Makroskopisch sieht man Tumoren, die knotig-gelatinös aufgebaut sind. Histologisch finden sich Schleimseen, die nur teilweise von meist gut differenziertem neoplastischem Zylinderepithel ausgekleidet werden und in denen neoplastische Zellstränge und siegelringzellartige Einzelzellen schwimmen (Abb. 24.23). Oft finden sich in der breiten Invasionsfront azellulär erscheinende Schleimseen, die sich auf Serienschnitten oft als Tumorausläufer identifizieren lassen. Immunhistochemisch und genetisch entsprechen die muzinösen Karzinome den IPMN vom intestinalen Typ (s. dort). Prognostisch sind sie günstiger als PDAC. Muzinöse Karzinome ohne begleitende IPMN können vorkommen, sind
aber selten. Sie können auch als Teil anderer Karzinomtypen auftreten. – Siegelringzellkarzinom: Der Tumor ist äußerst selten und kann zu einer diffusen Infiltration des Pankreas führen [259]. Er ist nicht von einem Siegelringzellkarzinom des Magens zu unterscheiden. – Gemischtes adenoneuroendokrines Karzinom („mixed nonendocrine-neuroendocrine neoplasm“, MiNEN; ICD-O 8154/3): Dieser sehr seltene heterogene Karzinomtyp besteht meist aus einer niedrig differenzierten exokrinen kribriform-soliden und einer neuroendokrinen Komponente [196]. Der endokrine Anteil sollte mindestens 30 % des Tumorgewebes ausmachen. Zur exakten Identifizierung der neuroendokrinen Zellen ist der Einsatz von Synaptophysin und Chromogranin A notwendig, während die exokrine neoplastische Komponente meist CEA und MUC1 exprimiert und gering PAS-positiv ist (Abb. 24.24; [145]). Genetisch finden sich neben TP53- und rb1Mutationen auch KRAS-Mutationen, so dass wahr-
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Abb. 24.21 a–d Immunhistochemisches Markerpanel bei undifferenzierten Pankreaskarzinomen. Expression von Vimentin (a),
CK18 (b) und INI-1 (c). INI-1-Verlust in rhabdoidem undifferenziertem Pankreaskarzinom (d)
18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
Abb. 24.22 Undifferenziertes Pankreaskarzinom mit osteoklastären Riesenzellen: Im Gegensatz zu den Tumorriesenzellen mit ihren pleomorphen Kernen enthalten die osteoklastären Zellen gleichmäßig große Kerne (linke Bildhälfte unten). Zusätzlich finden sich Makrophagen beladen mit braunem Eisenpigment
Abb. 24.23 Gut differenziertes muzinöses Pankreaskarzinom
Solide und zystische nichtendokrine Tumoren
a Abb. 24.24 a,b Gemischte nichtneuroendokrine-neuroendokrine Neoplasie (MiNEN). a Niedrig differenzierte kribriform-tubuläre Tumorzellformation mit PAS-Positivität intra- und extrazellulär.
Kapitel 24
b b Unregelmäßige Positivität für Synaptophysin in den Tumorzellformationen
Abb. 24.25 Niedrig differenziertes basaloides Pankreaskarzinom Abb. 24.26 Hellzelliges Adenokarzinom des Pankreas mit solider und tubulärer Komponente
scheinlich diese Tumoren eine enge Beziehung zu den PDAC haben [145]. PDAC, die sich durch gut differenzierte tubuläre Strukturen in enger Verbindung mit einzelnen oder mehreren nichtneoplastischen neuroendokrinen Zellen auszeichnen (s. Abb. 24.6), fallen nicht unter die MiNEN. – Basaloides Karzinom: Dieses extrem seltene Pankreaskarzinom [177, 246] entspricht den basaloiden Karzinomen (Abb. 24.25) anderer Regionen mit Expression von CK5/6 und p63. – Onkozytäres Karzinom: Pankreaskarzinome duktalen Ursprungs mit onkozytärer Prägung sind selten [55] und kommen im Zusammenhang mit IPMN vom onkozytären Typ vor (s. dort). Onkozytäre Pankreastumoren mit neuroendokrinen Charakteristika scheinen häufiger zu sein. – Hellzelliges Karzinom: Primäre hellzellige nichtneuroendokrine Karzinome des Pankreas sind sehr selten
[206]. Sie zeigen ein solides und auch tubuläres Muster (Abb. 24.26). Eine Muzinproduktion ist möglich. Differentialdiagnostisch sind sie von den häufigen PDAC mit einer hellzelligen („schaumigen“ = „foamy“) Komponente abzugrenzen [11]. Weiterhin muss an ein SPN mit vakuoligen Zellen, an eine solide Variante der SCN, ein PECom und natürlich an Metastasen klarzelliger Nierenzellkarzinome gedacht werden. – Tubuläres hochdifferenziertes Karzinom: Vereinzelt finden sich nur aus mittelgroßen und kleinen hochdifferenzierten Tubuli bestehende Karzinome, ähnlich den tubulären Mammakarzinomen (Abb. 24.27). Bei den bislang als „tubulär“ beschriebenen Karzinomen wurden keine KRAS-Mutationen nachgewiesen. Außerdem zeigten die Patienten einen langen Verlauf [223].
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Abb. 24.27 Gut differenziertes Pankreaskarzinom mit tubulärem Muster
– Hepatoides Karzinom: Ein seltenes Karzinom des Pankreas, das zumeist im Pankreaskopf liegt und ein noduläres Wachstumsmuster zeigt [106, 267]. Histologisch sieht man solide bis tubuloglanduläre eosinophile Formationen mit eingelagertem eosinophilen Sekret in einem lockeren Stroma (Abb. 24.29). Immunhistochemisch sind die Tumorzellen positiv für Hep-Par-1 und AFP sowie CK8 und 18. Differentialdiagnostisch müssen die Metastase eines hepatozelluären Karzinoms der Leber, ein azinäres Karzinom und ein medulläres Karzinom ausgeschlossen werden. Die Prognose scheint günstiger zu sein als beim PDAC. – Choriokarzinom: Ein extrem seltenes Karzinom des Pankreas (Abb. 24.30), das im Zusammenhang mit einem undifferenzierten Karzinom mit osteoklastenartigen Riesenzellen mitgeteilt wurde [284].
– Medulläres Karzinom: Dieses sehr seltene Karzinom des Pankreas zeichnet sich durch ein „synzytiales“ Wachstumsmuster und eine ausgeprägte lymphozytäre Reaktion aus (Abb. 24.28a). Es wächst verdrängend in die Umgebung und bevorzugt den Pankreaskopfbereich [106]. Es besitzt eine bessere Prognose als das PDAC und ist genetisch durch eine Mikrosatelliteninstabilität mit Mutation in einem oder zwei der DNA-Reparaturgene MLH1, MSH2 und MSH6 sowie PMS2 charakterisiert (Abb. 24.28b; [27, 94]). Hierzu passt, dass es im Zusammenhang mit einem HNPCC-Syndrom auftreten kann [27] und damit zu den familiären Pankreaskarzinomen gehört (s. dort). Die Assoziation mit einer EBV-Infektion im Zusammenhang mit einem medullären lymphoepithelialen Karzinom wurde ebenfalls beschrieben, allerdings ohne Mikrosatelliteninstabilität [121, 219].
Familiäre und hereditäre Pankreaskarzinome. Karzinome des Pankreas, die einen definierten familiären Hintergrund (ein, zwei oder mehrere Verwandte ersten Grades mit Pankreaskarzinom), aber keine der bis dato bekannten Keimbahnmutationen aufweisen (familiäre Pankreaskarzinome, FPC) und hereditäre Pankreaskarzinome, die eine definierte Keimbahnmutation aufweisen (Tab. 24.8; [214]), entsprechen in über 95 % der Fälle hinsichtlich KRAS als steuernder Mutation, Manifestationsalter, Tumormorphologie sowie Tumorgröße und -ausdehnung den sporadischen PDAC [82, 194, 204, 230]. Auch die beschriebenen Vorläuferveränderungen (PanIN 1–3, gastrische IPMN und lobulozentrische Fibroseherde; Abb. 24.31) gleichen den Vorläuferläsionen der sporadischen PDAC [28, 47, 179]. Sie finden sich jedoch häufiger als bei den sporadischen Tumoren [231]. Eine Ausnahme sind möglicherweise die „p16-Leiden-Mutation-Patienten“ [204], bei denen kaum PanINs zusätzlich zu invasiven PDAC beobachtet
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Abb. 24.28 a,b Mikrosatelliteninstabiles medulläres Pankreaskarzinom. a Adenokarzinom mit tubulär-synzytialem Muster und randlicher lymphozytärer Infiltration. b Immunonegativität der Tumorzellen für MLH1
Solide und zystische nichtendokrine Tumoren
a Abb. 24.29 a,b Gut differenziertes hepatoides Pankreaskarzinom. a Tubulotrabekuläre („hepatoide“) eosinophile Zellformationen mit
a
Kapitel 24
b globoidem eosinophilem Sekret. b Immunopositivität für den Leberzellmarker HepPar-1
b
Abb. 24.30 Leberbiopsie eines Pankreaskarzinoms (a) mit β-HCG-Expression (b)
wurden, was darauf hinweisen könnte, dass bei diesen Patienten sich die invasiven PDAC schneller manifestieren als bei anderen Patientengruppen mit familiärem oder hereditärem Karzinomrisiko. Besondere Pankreastumoren wurden in Assoziation mit dem Peutz-Jeghers-Syndrom (IPMN, s. dort), dem HNPCC-(Lynch‑) Syndrom (medulläres Karzinom, s. dort) und dem FAPSyndrom (Pankreatoblastom, s. dort) beschrieben. Bei Patienten mit BRCA2- und PALB2-Mutationen finden sich wiederum gewöhnliche PDAC. Sie treten bei etwa 10 % der BRCA2-Familien auf [66]. Das FPC, für das bislang keine Genveränderung bekannt geworden ist, macht etwa 90 % aller familiären/ hereditären Pankreaskarzinome aus. Wahrscheinlich wird es autosomal-dominant vererbt. Bei entsprechender Familienanamnese wird ein US/CT-basiertes Screening empfohlen [229], das sich an dem Nachweis und der Größenzunahme von zystischen und soliden Läsionen orientiert.
Differentialdiagnose. Am wichtigsten ist die Abgrenzung eines PDAC von einer chronischen Pankreatitis (Tab. 24.9), gefolgt von anderen duktal-glandulär differenzierten Karzinomen und primären Pankreasneoplasien (s. auch Tab. 24.3 und 24.4). Schwierig kann sie vor allem in CT-, US- oder EUS-gesteuerten Biopsien sein, wie sie zur Tumorabklärung vor (neoadjuvanter) Chemotherapie durchgeführt werden. Die Kriterien zur Erkennung des PDAC in Biopsien sind grundsätzlich die gleichen wie in Resektaten (Abb. 24.32). Der Gefrierschnitt zur intraoperativen Kontrolle des pankreatischen Resektionsrandes dient zum Ausschluss von PanIN-3-Läsionen oder invasiven PDAC-Anteilen im Absetzungsrand (Abb. 24.33; s. auch Resektionsrand). – Chronische Pankreatitis: Das Pankreas bietet bei äußerer Inspektion, besonders wenn die chronische Pankreatitis sich im Kopfbereich manifestiert, mit harter Konsistenz und gelegentlicher Schwellung des Parenchyms eine ähnliche Beschaffenheit wie das PDAC
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1
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Tab. 24.8 Familiäre/hereditäre Pankreaskarzinomsyndrome
2
Syndrom
Gene (Chromosome)
Risikozunahme
Andere maligne Tumoren
3
Familiärer Brustkrebs
BRCA2 (13q)
3,5–10×
Mamma, Ovar, Prostata
Hereditäre Pankreatitis
PRSS1 (7q)
50–80×
Keine
Familiäres atypisches multiples Muttermal- und Melanomsyndrom (FAMM)
CDKN2A/p16 (9p)
20–34×
Melanom
Familiärer Brustkrebs
PALB2 (16p)
Unbekannt
Mamma
Peutz–Jeghers-Syndrom
STK11 (19p)
100–132×
Gastrointestinaltrakt u. a.
HNPCC-(Lynch‑)Syndrom
MSH2 (2p)
8–9×
Kolorektal, endometrial, ureteral und andere
4 5 6 7
MLH1 (3p)
8
PMS2 (7p)
9
MSH6 (2p)
10
Ataxia teleangiectasia
ATM (11q)
Unbekannt
Mamma
11
Familiäres Pankreaskarzinom
Unbekannt
2–32
PDAC, IPMN
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(s. Kap. 22, Pankreatitis). Auf der Schnittfläche fehlen jedoch meistens fokale tumorartige Veränderungen wie beim Karzinom, und man sieht einen diffusfibrösen Prozess, der jedoch fokal immer wieder die ursprüngliche lobuläre Gliederung des Parenchyms erkennen lässt. Liegt eine Einengung des Gallengangs vor, so ist es eine filiforme Stenose und keine unregelmäßige Einengung oder ein „Gangabbruch“ wie beim Karzinom. Der Pankreasgang zeigt typischerweise ein unregelmäßiges Kaliber, ist korkenzieherartig gewunden und enthält Steine (Kalkuli). Beim Karzinom ist der Gang prästenotisch dilatiert, aber steinfrei. Mikroskopisch kann die obstruktive chronische Pankreatitis, die sich nach tumoröser Gangstenose entwickelt, durch die im fibrosierten Parenchym zurückbleibenden kleinen, etwas dilatierten Gänge ein Pankreaskarzinom vortäuschen. Im Gegensatz zum Karzinom sind jedoch diese Gänge noch lobulär angeordnet und zeigen keine Gangrupturen oder schwere Zellatypien (Abb. 24.34, s. Tab. 24.9; [136]). Dies bedeutet, dass die Gangzellen relativ monomorphe Kerne mit einem nur gering ausgebildeten Nukleolus besitzen. Außerdem fehlen Mitosen sowie (mit ganz seltenen Ausnahmen) eine perineurale Tumorinvasion mit Eindringen von Tumorzellen zwischen Nervenbündel und Nervenscheide. Auch die Anwesenheit von einzelnen „nackten“ Drüsen im peripankreatischen Fettgewebe ist typisch für das Karzinom (Abb. 24.11b) und kommt bei der chronischen Pankreatitis nicht vor. Die kleinen, lobulär angeordneten akzessorischen Gänge, die sich nahezu regelmäßig in der papillennahen Duodenalwand und vor allem in der Wand des D. choledochus finden, dürfen
nicht als infiltrierendes Karzinom interpretiert werden. Immunhistochemisch sind die Gangzellen bei chronischer Pankreatitis nicht oder nur hauchdünn apikal positiv für CEA. CA19-9 wird dagegen sowohl von Karzinomzellen als auch von nichtneoplastischen Gangzellen exprimiert, wobei die Karzinomzellen in der Regel wesentlich stärker angefärbt sind als nichtneoplastische Zellen. Klinisch ist von Bedeutung, dass bei Patienten, die jünger als 40 Jahre sind, in erster Linie an eine chronische Pankreatitis gedacht werden muss, während bei Patienten über 50 Jahre vor allem ein Karzinom in Frage kommt. – Papillenkarzinom: Eine Unterscheidung zwischen einem PDAC und einem Adenokarzinom der Papilla Vateri ist für den intestinalen Typ (positiv für CK20, CDX2 und MUC2, negativ für CK7), nicht aber für den pankreatobiliären Typ möglich. Eine Abgrenzung gelingt nur durch die Lokalisation (Abb. 24.35), so dass die makroskopische Beurteilung von großer Bedeutung ist. Schwierigkeiten bestehen bei der Einordnung bereits fortgeschrittener Karzinome, die den Pankreaskopf sowie die Papilla Vateri, die Duodenalwand als auch den distalen Gallengang einnehmen. In solchen Fällen ist es zum Teil unmöglich zu entscheiden, ob der Tumor vom Pankreas, der Papilla oder dem distalen Gallengang ausgegangen ist [195a]. – Periampulläre Duodenalkarzinome: Diese Tumoren sind histologisch durch ein intestinales Muster charakterisiert (s. Bd. Verdauungsorgane; Papillenkarzinom intestinaler Typ). Makroskopisch ist der Haupttumor als breite ulzeröse Läsion im Duodenum lokalisiert und wächst meist breitbasig in die Duodenalwand hinein.
Solide und zystische nichtendokrine Tumoren
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c Abb. 24.31 a–c Pankreasgewebe eines Patienten mit familiärer Pankreaskarzinomanamnese. a Lobulozentrischer Fibroseherd mit einer PanIN-1-Läsion eines drainierenden Ganges und fortgeschrittener interazinärer Fibrose. b PanIN-3-Läsion mit partiellem Ersatz des Drüsenepithels durch atypische Gangzellen. c Gastrische IPMN in Assoziation mit atypischen tubulären Drüsen (linke obere Bildhälfte) eines frühinvasiven gut differenzierten PDAC
Kapitel 24
– Intraduktal papillär-muzinöse Tumoren: Diese Tumoren wachsen primär innerhalb des Gangsystems und zeigen papillär proliferierende Drüsenstrukturen, die deutlich größer sind als PanIN-Läsionen [102] Die befallenen Gangabschnitte sind oft zystisch dilatiert und, in Abhängigkeit vom IPMN-Typ, mit Schleim und/oder weichem Tumorgewebe gefüllt (s. auch muzinöses Karzinom und Abschnitt über IPMN). Eine Unterscheidung der IPMN von PDAC ist aus prognostischen Gründen wichtig. – Azinuszellkarzinome: Diese Tumoren sind durch ihre azinäre und/oder trabekulär-solide Struktur charakterisiert, die oft an einen neuroendokrinen Tumor erinnert. Immunhistochemisch sind sie gewöhnlich negativ für CEA, jedoch positiv für Trypsin. Makroskopisch haben sie einen nodulären Aufbau und sind von weicher Konsistenz. Azinuszellkarzinome haben keine bevorzugte Lokalisation im Pankreas. – Neuroendokrine Tumoren: Makroskopisch handelt es sich zumeist um runde, gut abgegrenzte Tumoren von fester Konsistenz ohne eine bevorzugte Lokalisation im Pankreas. Histologisch zeigen sie ein trabekuläres oder solides monomorphes Wachstumsmuster und nur sehr selten ein pseudoglanduläres Bild. Immunhistochemisch sind sie positiv für Synaptophysin, Chromogranin A, Progesteronrezeptor und den Transkriptionsfaktor Islet-1 und meist negativ für CK7. Gelegentlich enthalten sie nichtneoplastische Gang strukturen. – Solid-pseudopapilläre Neoplasien: Die großen runden Tumoren bestehen aus monomorphen Zellen, die eine solide und/oder pseudopapilläre Anordnung zeigen und lassen in erster Linie an neuroendokrine Tumoren denken. Charakteristisch sind herdförmige Hämorrhagien, die makroskopisch zu einer pseudozystischen Umwandlung führen. Immunhistochemisch sind sie selten positiv für Zytokeratine, exprimieren jedoch Vimentin und NSE sowie nukleär β-Catenin. Solid-pseudopapilläre Tumoren treten ganz überwiegend bei Frauen auf. – Pankreatoblastome: Diese Tumoren kommen typischerweise bei Kindern im Alter von 2–8 Jahren vor, sind sehr groß und füllen das Pankreas weitgehend aus. Pankreatoblastome zeigen ein azinäres und solides Muster und enthalten typischerweise verstreut liegende Plattenepithelnester. Immunhistochemisch sind sie positiv für Trypsin. – Metastasen: Metastasen extrapankreatischer Primärtumoren, die ein klassisches PDAC imitieren, sind extrem selten und beschränken sich weitgehend auf Kolonkarzinommetastasen [7]. In der Leber können Metastasen eines PDAC histologisch und immunhistochemisch nicht von Metastasen eines cholangiozellulären Karzinoms vom hilären Typ abgegrenzt werden. Für die Differentialdiagnose gegenüber Metastasen anderer häufiger Adenokarzinome
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Abb. 24.32 a,b Pankreasbiopsie mit einem infiltrierend wachsenden gut differenzierten PDAC. a Im Pankreasgewebe gangähnliche neoplastische Drüsen in einem interlobulären desmoplastischen
Stroma. b Ausschnitt aus a mit neoplastischen Drüsen, charakterisiert durch Epithelaufbruch, leichte Pleomorphie und desmoplastische Reaktion
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Abb. 24.33 a,b Gefrierschnitte vom intrapankreatischen Resektionsrand bei Pankreaskopfresektion. a PanIN-1-Läsion mit geringgradig dysplastischem, papillärem und gut differenziertem
muzinösem Zylinderepithel. b PanIN-3-Läsion mit hochgradig dysplastischem, papillärem und muzinösem Zylinderepithel
(Kolon, Magen, Lunge, Mamma) ist die oft starke desmoplastische Stromareaktion sowie eine Cholestase im nichttumorösen Lebergewebe hinweisend. Immunhistochemisch hilft außerdem das Zytokeratinmuster: Bei den meisten Adenokarzinomen des Darmtrakts fehlt die Expression von CK7 bei starker Expression von CK20. Bei Adenokarzinomen der Lunge hilft die TTF1-Positivität, bei Mammakarzinomen die ER- und PR-Positivität und GATA-3-Expression.
PDAC sind in den Rücken ausstrahlende abdominale Schmerzen, Gewichtsverlust und Ikterus. Bei nahezu allen Pankreaskopfkarzinomen (Ausnahme PDAC im Processus uncinatus) entwickelt sich ein mechanischer Ikterus, der unbehandelt zur Leberinsuffizienz führt. Schmerz und Gewichtsverlust können sich bereits vor dem Ikterus bemerkbar machen. Relativ häufig (10– 25 %) ist ein nichtinsulinabhängiger Diabetes mellitus nachweisbar. Seltene symptomatische Tumorfolgen sind gastrointestinale Blutungen durch Tumoreinbruch in Magen oder Duodenum, Aszites infolge einer Peritonealkarzinose (meist in Verbindung mit einem Pankreaskörper- und Pankreasschwanzkarzinom), akute
Klinische Symptomatik, Verlauf, Therapie und Prognose. Symptome: Die häufigsten Symptome eines
Solide und zystische nichtendokrine Tumoren Tab. 24.9 Histologische Kriterien zur Differentialdiagnose chronische Pankreatitis (CP) versus duktales Pankreaskarzinom (PDAC) Histologische Kriterien
CP
PDAC
Verteilung kleiner Duktuli und Inseln
Lobulär
Diffus/unregelmäßig
Gangepithel
Erhalten
Oft rupturiert
Peripankreatische Duktuli
Keine
Vorhanden
Perineurale Invasion
Keine
Oft nachweisbar
Kernpolymorphie
Keine
Gering bis deutlich
Prominente Nukleolen
Keine
Deutlich
Mitosen
Keine
Oft nachweisbar
CEA
Negativ oder nur apikal
Zytoplasmatisch positiv
p53 nukleär
Negativ oder nur schwach positiv
Stark positiv
Pankreatitis und eine Pankreasinsuffizienz als Folge einer schweren Gangobstruktion durch den Tumor. Weiterhin können venöse Thrombosen, Lungenarterienembolien und tumorbedingte Endokarditiden bei fortgeschrittenen PDAC auftreten. Klinische Untersuchungen: Zu den wichtigsten Untersuchungsmethoden gehören US, EUS (eventuell mit Biopsie), CT und MRI. Die aussagekräftigsten Serummarker sind CA19-9 und CEA. Weitere Biomarker zur gezielten Frühdiagnose sind bislang nicht verfügbar. Bei Menschen mit einem familiären oder hereditären Pankreaskarzinomrisiko wird ein US/CT-basiertes Screening empfohlen [229]. Therapie: Die chirurgische Tumorentfernung ist nach wie vor die effektivste Behandlung des Pankreaskarzinoms. Sie ist jedoch nur bei 10–20 % der Patienten möglich, da der Tumor oft zum Zeitpunkt der Diagnose lokal und/oder systemisch so weit fortgeschritten ist, dass eine kurative Resektion unmöglich ist. Tumoren im Pankreaskopf werden durch eine Whipple-Resektion – verbunden mit einer radikalen Lymphadenektomie – entfernt. Tumoren im Pankreaskörper und -schwanz werden dagegen durch eine distale Pankreatektomie behandelt. Bei Karzinomen des Pankreaskopfes ist die
Kapitel 24
Resektionsquote höher als bei solchen des Pankreasschwanzes und -körpers, da Letztere zum Zeitpunkt der Diagnose meist weit fortgeschritten sind. Auch Tumoren des Processus uncinatus haben wegen ihrer engen Beziehungen zu den Mesenterialgefäßen eine geringere Resektabilität. Postoperativ wird eine Behandlung mit Gemcitabin oder 5-FU durchgeführt. Eine neoadjuvante Chemotherapie (mit FOLFIRINOX) wird zunehmend empfohlen [79, 229]. Prognose: Die 5-Jahres-Überlebensrate nach kurativer R0-Resektion mit nachfolgender Chemotherapie liegt bei 10–20 % [229]. Für neoadjuvante Behandlungen wird eine ähnliche Prognose mitgeteilt. Inoperable Patienten können palliativ durch Gallengangstent, Bypass-Operationen und Chemotherapie (Gemcitabin mit proteingebundenen Paclitaxel-Partikel) behandelt werden [59, 95]. Damit kann die mediane Überlebensrate auf 10– 11 Monate angehoben werden. Nach alleiniger Palliativoperation liegt die 1-Jahres-Überlebensrate bei 6–13 %. Unbehandelt erliegen die weitaus meisten Patienten der Erkrankung im ersten Jahr nach Diagnosestellung.
Intraduktale Neoplasien des Pankreas Die klassischen, sich intraduktal manifestierenden Tumoren sind die IPMN, ITPN und Pylorusdrüsen adenome. Gelegentlich können aber auch solide Neoplasien, die primär extraduktal entstehen, wie das Azinuszellkarzinom, der neuroendokrine Tumor oder das undifferenzierte Karzinom (s. dort), eine intraduktale Wachstumsform zeigen.
Intraduktale papillär-muzinöse Neoplasien (IPMN) – ICD-O 8453/0 – IPMN mit geringer Dysplasie – ICD-O 8453/2 – IPMN mit hochgradiger Dysplasie – ICD-O 8453/3 – IPMN mit assoziiertem invasivem Karzinom Definition. Die IPMN sind primär intraduktal wachsende Neoplasien, bestehend aus papillären und schleimsezernierenden Epithelzellproliferationen. Sie wurden in der Vergangenheit unter zahlreichen anderen Namen beschrieben wie bzw. intraduktales Papillom, villöses Adenom, diffuses intraduktales papilläres Adenokarzinom, In-situ-Karzinom, intraduktale muzinhypersezernierende Neoplasie, gangektatischer Typ des Pankreaskarzinoms und muzinproduzierender Tumor bzw. muzinpro-
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Abb. 24.34 a–d Pankreasgewebe aus einem PDAC (a und c) im Vergleich zu einer chronischen Pankreatitis (b und d). a Unregelmäßige Verteilung der infiltrierenden PDAC-Drüsen im sklerosierten Stroma. b Erhaltene lobuläre Verteilung der Drüsen und Inseln in mehreren weitgehend fibrosierten Lobuli. c Mehrere infiltrierende
gangähnliche neoplastische Tubuli, ausgekleidet von einem leicht unregelmäßig gestaltetem, gering pleomorphem Zylinderepithel. d Eine Gruppe von nichtneoplastischen kleinen Gängen in enger Verbindung mit Inselgewebe
duzierendes Karzinom [184]. Die IPMN durchlaufen eine Adenom-Karzinom-Sequenz und gelten als Vorläufer des PDAC (s. dort) [228]. Sie können nach makroskopischen, dysplastischen und zellulären Kriterien eingeteilt werden [137]. Die intraduktale onkozytär-papilläre Neoplasie (IOPN) wird hier als Subtyp der IPMN klassifiziert, wird jedoch seit kurzem (s. Tab. 24.2) wegen der besonderen Genetik als eigene Entität klassifiziert [33].
tion aus Haupt- und Seitengangtyp wird als Mischtyp bezeichnet.
Klassifikation nach Bildgebung und Makroskopie. Die IPMN werden nach Haupt- und Seitengangtyp eingeteilt (Abb. 24.36). Beide Typen kommen vornehmlich (80 %) im Pankreaskopf vor. Der Hauptgangtyp zeigt einen zystisch dilatierten Gang, der entweder mit Schleim und/ oder mit weichem Tumorgewebe gefüllt ist. Der Seitengangtyp besteht aus einer oft „traubenförmigen“ Gruppe von kleinen schleimgefüllten Zysten, wobei die einzelnen Zysten zwischen 1 und 3 cm groß sind und noduläre Wandverdickungen aufweisen können. Eine Kombina-
Klassifikation nach Dysplasiegrad. Beim geringen Dysplasiegrad sind die Zylinderepithelzellen weitgehend monomorph und besitzen basalständige Kerne mit wenigen Mitosen (s. Abb. 24.35). Beim mittelgradigen Dysplasiegrad ist das Zylinderepithel dicht gelagert und vergrößert, hat jedoch noch basal gelagerte Kerne mit kleinen Nukleolen. Die Mitosezahl ist leicht erhöht. Beim hochgradigen Dysplasiegrad finden sich atypische Zellen mit reduzierter oder fehlender Schleimproduktion, deutlichen Kernatypien, zahlreichen Mitosen und kribriformen Proliferationen (Abb. 24.37). Auf einer Konsensuskonferenz 2014 wurde beschlossen, die geringe und mittelgradige Dysplasie in der geringgradigen („low grade“) Dysplasie zusammenzuführen, so dass künftighin nur noch zwei Dysplasiegrade – „low“ und „high grade“ – Verwendung finden sollten [32].
Solide und zystische nichtendokrine Tumoren
Kapitel 24
Klassifikation nach Zelltyp. Nach dem Zelltyp, der die papillären intraduktalen Proliferationen charakterisiert, kann zwischen intestinalen, pankreatobiliären, onkozytären und gastrischen IPMN unterschieden werden (s. Abschnitte Mikroskopie und Immunhistochemie) [88, 228]. Intestinaler, pankreatobiliärer und onkozytärer Typ kommen im Hauptgang vor, gehören somit zu den Hauptgangtypen, der gastrische Typ ist in über 90 % im Seitengangbereich lokalisiert.
Abb. 24.35 Pankreaskopfresektat mit einem gut vom Pankreas abzugrenzenden ampullären Karzinom
Epidemiologie. IPMN sind nicht so selten, wie ursprünglich angenommen [183]. Dies geht aus abdominellen CT-Untersuchungen hervor, die zur „zufälligen“ Entdeckung von asymptomatischen zystischen Läsionen („Inzidentalomas“) des Pankreas führten [128], wobei es sich vornehmlich um kleine Zysten im Pankreaskopf handelt, die gastrischen (Seitengang‑)IPMN entsprechen. MRT-basiert wurde ihre Häufigkeit in der Bevölkerung mit 13 % angegeben [155]. Aus diesen Untersuchungen kann abgeleitet werden, dass die gastrischen IPMN die weitaus häufigsten IPMN sind (70– 90 %). Bei den Hauptgangtypen sind die intestinalen IPMN doppelt so häufig wie die übrigen Typen. Unter allen resezierten zystischen Pankreasläsionen liegen die IPMN mit 24–38 % an der Spitze, gefolgt von serösund muzinös-zystischen Neoplasien, zystischen neuroendokrinen Neoplasien sowie solid-pseudopapillären Neoplasien [92, 264]; bezogen auf alle Pankreastumoren machen sie wahrscheinlich 2–3 % aus. Die Inzidenz wird bei 1/100.000 pro Jahr angenommen. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Der Altersgipfel liegt zwi-
Intraduktale papillär muzinöse Neoplasien (IPMN) im Haupt- (MD) oder Seitengang (BD) MD-IPMN
Tumor Subtyp intestinal
benigne maligne
invasiv
nicht-invasiv
~ 20 %
pankreatobiliär ~7%
BD-IPMN onkozytisch
gastrisch
~3%
~ 70 %
duktales Karzinom
duktales Karzinom
IPMN mit geringer Dysplasie
IPMN mit hoher Dysplasie und assoziiertem muzinöses invasivem ca.
Karzinom
duktales Karzinom
Abb. 24.36 Intraduktale papillär-muzinöse Neoplasien
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Abb. 24.37 IPMN. Geringe Dysplasie des Epithels (linke obere Bildhälfte) neben hochgradiger Dysplasie
schen dem 60. und 70. Lebensjahr. Im extra- und intrahepatischen Gallengangsystem treten gleichartige IPMN auf [220]. IPMN kommen weltweit vor. Genetik. Außer einer Assoziation mit Zigarettenrauchen ergaben sich bei der niedrigen Inzidenz dieses Tumors in den bisher untersuchten Fällen keine Hinweise auf weitere Risikofaktoren. Unter der speziellen Situation der Lebertransplantation wurde die Entwicklung von multiplen gastrischen IPMN beschrieben [45]. IPMN wurden beim Peutz-Jeghers-Syndrom und bei der polypösen Adenomatose beobachtet. Als Vorläufer des PDAC zeigen intestinale, pankreatobiliäre und gastrische IPMN mit steigendem Dysplasiegrad KRAS-Mutationen, wobei gastrische IPMN mit 90 % am häufigsten betroffen sind, [77, 210, 277, 278]. Häufig sind weiterhin GNAS- und RNF43-Mutationen [18], vor allem bei intestinalen und gastrischen IPMN [101]. Diese Mutationen kommen bemerkenswerterweise bei den PDAC kaum vor. Mutationen von TP53 und SMAD4/DPC4 sind selten und werden erst in den IPMN mit hochgradiger Dysplasie angetroffen. Die onkozytären IPMN grenzen sich von den übrigen IPMN genetisch dadurch ab, dass sie weder KRAS-Mutationen noch GNAS-, RNF43-, PIK3CA-, CDKN2A/p16, SMAD4- oder TP53-Mutationen zeigen. Stattdessen finden sich ARHGAP26-, ASXL1-, EPHA8- und ERBB4Mutationen [33]. Diese Besonderheit der onkozytären IPMN hat dazu geführt, sie aus der Gruppe der IPMN herauszunehmen und separat unter dem Terminus „intraduktale onkozytär-papilläre Neoplasie“ (IOPN) zu führen [31].
b Abb. 24.38 a,b IPMN. a Intestinaler Subtyp. Pankreaskopfresektat mit eröffnetem dilatiertem Hauptgang, der glasigen Schleim und papilläre Proliferationen enthält (Pfeile). b Pankreatobiliärer Subtyp. Pankreaskopfresektat mit eröffnetem dilatiertem Hauptgang, der mit papillären Proliferationen gefüllt ist (Pfeil)
Morphologie. Makroskopie: Als Hauptgangtyp manifestieren sich die intestinalen und pankreatobiliären IPMN sowie die IOPN (s. auch Klassifikation). Beim intestinalen Typ ist der Hauptgang im Bereich des Tumors mit gelatinösem Schleim gefüllt und dadurch zystisch (2–4 cm) dilatiert (Abb. 24.38a). Beim pankreatobiliären/onkozytären Typ enthält der Pankreasgang überwiegend papilläres, weiches Tumorgewebe und kaum Schleim (Abb. 24.38b). Der mittlere Durchmesser des Tumors im Pankreasgang liegt bei 2–4 cm [9, 12, 137, 161, 212, 218, 249]. Gelegentlich ist das Pankreasgangsystem multifokal [195] oder in seiner ganzen Länge von der Papille bis in den Schwanzteil vom Tumor eingenommen. Kalzifizierungen können vorkommen, sind aber sehr selten. Das den Tumor umgebende Pankreasgewebe ist infolge einer durch Sekretstau induzierten obstruktiven chronischen Pankreatitis sklerosiert. Ob der Tumor bereits in das Parenchym einwächst, ist makroskopisch bei umschriebener Invasion nicht zu er-
Solide und zystische nichtendokrine Tumoren
Kapitel 24
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[28]. Die Zystenwände sind gelegentlich knotig verdickt („murale Knoten“) [5, 137]. Ein Übergreifen dieser IPMN auf den Hauptgang ist möglich, so dass sie dann unter die Kategorie des „IPMN-Mischtyps“ fallen.
Abb. 24.39 IPMN vom intestinalen Typ mit assoziiertem invasiven muzinösen Karzinom: Die Schnittfläche des Pankreaskopfresektats zeigt mehrere dilatierte Gänge, die mit Schleim und/oder weichem Gewebe gefüllt sind. Das invasive muzinöse Karzinom manifestiert sich als grauweißes periduktales Tumorgewebe und vor allem als gelatinöses Areal im oberen Teil des Pankreaskopfes
kennen. Bei Makroinvasion sieht man beim intestinalen Typ gelatinöse („mukonoduläre“) Knoten (Abb. 24.39). Auch Fisteln in das Duodenum und den distalen Gallengang sind möglich (s. auch muzinöses Karzinom und assoziierte Karzinome). Die gastrischen IPMN präsentieren sich in den Seitengängen als multi- und kleinzystische und zum Teil „traubenartige“ Läsionen, die meistens im Processus uncinatus lokalisiert sind, aber auch an anderen Stellen und multipel in der Peripherie des Pankreas sowie in heterotopem Pankreasgewebe [198] auftreten können (Abb. 24.40). Multiples Auftreten wird typischerweise bei Patienten mit einem familiären Pankreaskarzinomrisiko gesehen
Mikroskopie: Der vom Tumor betroffene Pankreasgangabschnitt wird von papillären Proliferationen eines atypischen schleimbildenden (PAS-positiven) Zylinderepithels ausgekleidet. Die Differenzierung der neoplastischen Zylinderzellen variiert sowohl von Tumor zu Tumor als auch innerhalb eines Tumors (s. Klassifikation nach Dysplasie). Die Begutachtung muss daher auf zahlreiche Blöcke (5–15) zurückgreifen können. Bei intestinalen IPMN sind die Tumorpapillen typischerweise villös und lanzettartig gestaltet (Abb. 24.41). Das Tumorepithel zeigt eine intestinale Differenzierung (hohe schleimbildende Zylinderepithelien mit basalen Kernen), die mit steigender Atypie verloren geht. Das Epithel kann neuroendokrine Zellen enthalten. Bei pankreatobiliären IPMN zeigen die neoplastischen Papillen eine baumartige Gestalt und ein kubisches Epithel, das bereits deutlich atypisch ist und nur wenig Schleim produziert (Abb. 24.42). Bei IOPN finden sich große plumpe Papillen, die von einem breiten, oft kribriformen Epithel bedeckt werden, dessen Zellen deutlich eosinophil sind und das Kerne mit exzentrischen Nukleolen enthält (Abb. 24.43). Zusätzlich können Becherzellen und gelegentlich Granulozyten vorhanden sein. Bei gastrischen IPMN sind meist mehrere kleine Zysten mit flachem und/oder papillärem Epithel in der Peripherie des Pankreasgewebes zu sehen (Abb. 24.44). Die Papillen sind oft klein und einfach gestaltet und erheben sich über pylorusartigen Drüsen (Abb. 24.45). Sehr kleine gastrische IPMN, insbesondere wenn sie heterotop, wie beispielsweise in der kleinen Papille, auftreten, zeigen ein PanIN-artiges Bild (s. Abb. 24.43). Das Epithel zeigt einen gastrisch-foveolären Typ, der mit steigender Dysplasie verloren geht,
Hauptgang
a Abb. 24.40 a,b IPMN, gastrischer Subtyp. a Pankreatektomiepräparat mit traubenförmig zystisch dilatiertem Seitengang. MPD Hauptgang. b Pankreatektomiepräparat mit papillärem Tumorgewebe und
b
Muraler Knoten
muralen Knoten (Pfeil) in einem dilatierten Seitengang des Pankreaskopfes. Über dem Seitengang liegt der Hauptgang. (Präparat und Aufnahme: Prof. Ohike, Japan)
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a Abb. 24.41 a,b IPMN, intestinaler Subtyp. a Schnitt durch den dilatierten Hauptgang (rechts) und abgehende Seitengänge. Hauptgang wie Nebengänge werden von papillärem neoplastischem Epithel
b ausgekleidet. Das Pankreasparenchym ist fibrosiert. b Intraduktale papilläre, fokal lanzettartige Epithelproliferationen mit hochgradiger (Mitte oben) und geringgradiger Dysplasie (links oben)
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Abb. 24.42 a,b IPMN, pankreatobiliärer Subtyp. a Intraduktales papilläres neoplastisches Epithel mit kubischer Zellform und hoch-
gradiger Dysplasie. b Papilläre Epithelproliferation in baumartiger Verzweigung
ein pankreatobiliäres Aussehen annimmt und komplexe kleine dunkelkernige Papillen bildet (Abb. 24.46). Eine fokale intestinale Differenzierung kann vorkommen.
vasive Karzinomkomponente beim intestinalen IPMN dem Typ eines muzinösen nichtzystischen („kolloiden“) Karzinoms mit Ausbildung von teilweise azellulären Schleimseen (Abb. 24.47) sowie gelegentlichen Fisteln in den Gallengang oder das Duodenum. Beim pankreatobiliären und gastrischen Typ sieht man in der Regel ein gewöhnliches PDAC (Abb. 24.48). Beim onkozytären Typ kann sich ein onkozytäres Karzinom oder ein intestinales Karzinom entwickeln.
Alle IPMN breiten sich in die angrenzenden Gänge aus – eine Ausbreitung, die von einer Infiltration des Pankreasgewebes durch ein invasives Karzinom klar abgegrenzt werden muss. Das nichtneoplastische Pankreasgewebe zeigt bei den Hauptgangtypen im Kopfbereich eine fortgeschrittene obstruktive chronische Pankreatitis. Das Gangsystem und das Parenchym sind in der Regel frei von Verkalkungen. Assoziierte invasive Adenokarzinome: Bei Invasion in das umgebende Pankreasparenchym entspricht die in-
Immunhistochemie: Alle IPMN sind positiv für CK7, 8, 18 und 19 (sowie CK20 bei der intestinalen IPMN). Meist sind sie auch mehr oder weniger stark positiv für CEA und CA19-9. Wichtig für die Unterscheidung der vier IPMN-Typen ist das Muzinmarkerprofil, wie
Solide und zystische nichtendokrine Tumoren
a Abb. 24.43 a,b IPMN, onkozytärer Subtyp („intraduktale onkozytär papilläre Neoplasie – IOPN“). a Intraduktale papilläre Proliferation eines oft mehrlagigen neoplastischen Epithels mit lymphangischer
Kapitel 24
b Stromadilatation. b Kribriform aufgebautes onkozytär-eosinophiles neoplastisches Epithel
es Tab. 24.10 zeigt (Abb. 24.49). Eine p53-Positivität beschränkt sich weitgehend auf die IPMN mit hohem Dysplasiegrad. In den neuroendokrinen Zellen können Serotonin, Somatostatin oder Gastrin nachgewiesen werden.
a
b Abb. 24.44 a,b IPMN, gastrischer Subtyp. a Multiple kleine Zysten in der Peripherie des Pankreas. b Das zylindrische Zystenepithel bildet abgerundete Papillen. Im angrenzenden Stroma liegen pylorusartige Drüsen
Differentialdiagnose. Die wichtigsten klinikopathologischen Kriterien zur Abgrenzung der IPMN von anderen zystischen Tumoren des Pankreas sind in Tab. 24.4 festgehalten. IPMN müssen wegen ihrer besseren Prognose eindeutig von PDAC abgegrenzt werden. Dies fällt in der Regel wegen des soliden Erscheinungsbildes und der infiltrativen Histologie der PDAC nicht schwer. Probleme können lediglich jene PDAC verursachen, die vornehmlich aus großen neoplastischen Gangstrukturen mit zum Teil papillärer Auskleidung bestehen. Bei gastrischen IPMN kann die Abgrenzung von PanIN schwerfallen oder gelegentlich sogar unmöglich sein. PanIN 1–2 treten meist vermehrt in der Nachbarschaft von gastrischen IPMN auf und können mit diesen verbunden sein, so dass eine klare Trennung zwischen PanIN und IPMN vom gastrischen Typ nicht gelingt. Diese Assoziation legt den Gedanken nahe, dass es sich bei gastrischen IPMN um besondere strukturelle Formen von PanIN bzw. um große PanINs handelt (s. Abb. 24.43; [237]). Klinische Symptomatik, Verlauf, Prognose und Therapie. Die meisten Patienten mit Hauptgang-IPMN haben pankreatitisartige Symptome, nicht selten seit mehreren Jahren. Im Verlauf der Erkrankung können sich eine exogene Pankreasinsuffizienz und ein Diabetes mellitus einstellen. Seitengang-IPMN sind oft asymptomatisch und werden im Rahmen anderer Untersuchungen entdeckt. Punktate von IPMN enthalten
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Abb. 24.45 a,b IPMN, gastrischer Subtyp. a Kleine PanIN-artige IPMN im peripheren Pankreasgewebe. b IPMN in der Papilla minoris
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b Abb. 24.46 a,b IPMN, gastrischer Subtyp. a Das gering dysplastische gastrisch-foveoläre Epithel bildet kleine runde Papillen und im Stroma tubuläre Drüsen. b Übergang von gering dysplastisch zu hochgradig dysplastischem Epithel (Mitte und rechte Bildhälfte)
gering bis stark atypische Zylinderzellen und zeigen meist erhöhte Werte für CEA und CA19-9. Sind diese Werte stark erhöht und finden sich deutlich atypische
Zylinderepithelien, handelt es sich um eine IPMN mit hochgradiger Dysplasie, die möglicherweise bereits eine invasive Komponente besitzt. IPMN vom Hauptgangtyp müssen aufgrund ihres häufigen Übergangs in ein invasives Karzinom („Adenom-Karzinom-Sequenz“) immer reseziert werden. Die individuelle Prognose der Patienten mit reseziertem IPMN, gleich welchen Typs, wird im Wesentlichen durch den Ausschluss oder Nachweis einer invasiven Komponente bestimmt [77, 176, 224]. IPMN mit invasiven Karzinomen machen etwa 30–60 % aller Fälle aus. Beim Seitengangtyp ist das Risiko für die Entwicklung eines invasiven Karzinoms deutlich geringer. Ein signifikantes Risiko besteht erst dann, wenn „high risk stigmata“ vorliegen, d. h. die Patienten symptomatisch (Ikterus, Pankreatitis) sind, die Zysten noduläre Wandverdickungen zeigen und der Hauptgang über 10 mm dilatiert ist [68, 248]. Die Größe der zystischen Läsion, die in den „Sendai-Kriterien“ als kritisch angesehen wird, wenn sie einen Durchmesser von 3 cm überschreitet [248], scheint aufgrund von Langzeitbeobachtungen kein wichtiges Malignitätskriterium zu sein [252]. Ein assoziiertes invasives PDAC findet sich in ca. 15 % der Patienten [118]. Man sollte von einem assoziierten invasiven PDAC auf dem Boden einer Seitengang-IPMN nur dann sprechen, wenn eine direkte Adenom-Karzinom-Sequenz in der IPMN sicher nachweisbar ist (s. Abb. 24.48; [282]). PDAC, die sich unabhängig von einem IPMN im Pankreas entwickelt haben, werden als konkomitante PDAC bezeichnet. Patienten mit IPMN vom Hauptgangtyp (mit entweder intestinaler, pankreatobiliärer oder onkozytärer Differenzierung) haben bei vollständiger Tumorresektion eine 5-Jahres-Überlebenszeit von 85–95 % [134, 176, 218, 239], wenn keine invasive Karzinomkomponente mit einer Invasionstiefe über 5 mm („mikroinvasiv“) nachgewiesen werden kann, der pankreatische Resekti-
Solide und zystische nichtendokrine Tumoren
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Abb. 24.47 a,b IPMN vom intestinalen Typ mit invasivem muzinösen Karzinom. a Frühinvasive muzinöse Karzinominfiltrate im
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Stroma. b Muzinöses Karzinom mit Schleimseen und im Schleim schwimmenden neoplastischen Drüsenkomplexen
b
Abb. 24.48 a,b IPMN vom gastrischen Typ mit invasivem duktalem Adenokarzinom a Aus einer IPMN (links) entwickelt sich ein Karzinom (Mitte rechts). b Die neoplastischen Drüsen sind p53-positiv
Tab. 24.10 Muzin Expressionsprofil der verschiedenen IPMN-Typen IPMN-Subtyp
MUC1a
MUC2
MUC5AC
MUC6
Intestinal
−
+
(+)
−
Pankreatobiliär
+
−
+
(+)
Onkozytär
+
In Becherzellen
In Becherzellen
+
Gastrisch
−
−
+
+
a
Antikörper gegen das MUC1-Kernprotein
onsrand keine intraduktalen Tumoranteile enthält und keine Metastasen in den Lymphknoten vorliegen [176]. Keine Rolle spielt der Dysplasiegrad der IPMN. Treten Rezidive auf, sind sie überwiegend lokaler Natur und
möglicherweise durch Tumormultifokalität bedingt. Beim Vorliegen eines assoziierten invasiven Karzinoms kommt es im Verlauf zu lokalen Rezidiven und/oder Metastasen. Handelt es sich um ein Kolloidkarzinom
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reich beschränkt sind, ist eine onkologische Pankreaskopfresektion oft ausreichend. Bei diffusem Befall des Pankreasgangsystems ist eine totale Pankreatektomie notwendig.
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Intraduktale tubulopapilläre Neoplasien (ITPN)
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Abb. 24.50 ITPN. Pankreaskopfresektat einer intraduktalen tubulären Neoplasie mit Ausbildung eines großen, scharf begrenzten und nekrotischen (gelb gefärbten) Tumorknotens im Parenchym. (Präparat und Bild: Dr. Hoffmann, Kaufbeuren)
c Abb. 24.49 a–c Immunhistochemisches Profil der MUC-Muzinmarker in einer Biopsie einer IPMN vom intestinalen Typ. a H&EHistologie. b MUC1. c MUC2
bei intestinaler IPMN liegt die 5-Jahres-Überlebenszeit bei 50 % [10, 181, 190], liegt ein invasives PDAC bei pankreatobiliärer oder gastrischer IPMN vor, dann entspricht die 5-Jahres-Überlebenszeit mit etwa 5 % jener des gewöhnlichen PDAC [181, 216]. IOPN wiederum haben eine 5-Jahres-Überlebenszeit von bis zu 90 % [6, 33, 175]. Da viele Tumoren auf den Kopf-Körper-Be-
– ICD-O 8503/2 – ITPN Definition. ITPN ist eine primär intraduktal wachsende überwiegend solide Neoplasie, bestehend aus dicht gelagerten tubulären Drüsen und gelegentlichen papillären Strukturen und aufgebaut aus kubischen, PAS-negativen Epithelzellen. Epidemiologie. ITPN sind sehr selten und nur in wenigen kleinen Fallserien mitgeteilt worden [9, 73, 247, 281]. Männer und Frauen sind gleichhäufig betroffen. Der Altersgipfel liegt zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr. Gleichartige Tumoren werden im intrahepatischen Gallengangsystem beobachtet [221].
Solide und zystische nichtendokrine Tumoren
a Abb. 24.51 a,b ITPN. a Die Übersicht zeigt intraduktal wachsendes Tumorgewebe mit solidem und an der Oberfläche papillärem
Genetik. KRAS- und GNAS- sowie TP53- oder CDKN2a/ p16-Mutationen fehlen charakteristischerweise den meisten ITPN [18, 51, 144, 280], dagegen finden sich in 21 % PIK3CA-Mutationen [280]. Morphologie. Makroskopie: ITPN manifestieren sich als große (4–9 cm) multinoduläre Tumoren (etwa 50 % im Hauptgang des Pankreaskopfes, die übrigen im gesamten Pankreas), wobei es schwierig ist, ihr intraduktales Wachstum zu erkennen (Abb. 24.50). Einige ITPN zeigen Komedonekrosen. Zystische Veränderungen sind selten [73, 144]. Das umgebende Gewebe ist sklerotisch. Mikroskopie: Der vom Tumor betroffene Pankreasgangabschnitt wird von dicht gepackten tubulären, kribriformen und gelegentlich papillären Proliferationen eines atypischen, deutlich proliferativen, kubisch bis zylindrischen PAS-negativen Epithels gefüllt (Abb. 24.51). Die Tumorformationen können in ein desmoplastisches Stroma eingebettet sein [12, 30]. Immunhistochemisch sind die Tumorzellen positiv für CK7, 8, 18 und 19 sowie in mehr als 90 % der Fälle für MUC1 und MUC6 bei Negativität für MUC5AC und MUC2. In etwa 70 % der Fälle findet sich ein invasives Adenokarzinom, das meist noch umschrieben ist. In der Tumorumgebung können lymphoide Aggregate beobachtet werden [30]. Klinische Symptomatik, Verlauf, Prognose und Therapie. Eine unspezifische, sich lang hinziehende Oberbauchsymptomatik prägt das klinische Bild. Die Prognose nach kompletter Resektion ist deutlich besser als beim PDAC. Die 5-Jahres-Überlebenszeit für invasive ITPN liegt über 70 % und ein langjähriger Verlauf kann selbst bei jenen Patienten beobachtet werden, die Lymphknoten- und Lebermetastasen entwickeln [9, 30].
Kapitel 24
b Wachstum. b Das Tumorgewebe besteht aus tubulären dichtgepackten Drüsen
Intraduktales tubuläres Pylorusdrüsenadenom Dieser sehr seltene, meist zufällig entdeckte Tumor tritt als polypoide Läsion (1–2 cm) im Hauptgang des Pankreaskopfes oder -körpers auf. Männer und Frauen zwischen 50 und 70 Jahren sind gleich häufig betroffen [56]. Histologisch bestehen die Tumoren aus typischen muzinösen Pylorusdrüsen mit hochzylindrischen regelhaften Drüsenepithelien und immunhistochemischer Positivität für MUC5 (Abb. 24.52). Genetisch finden sich in 60–80 % der Fälle KRAS- und auch GNAS-Mutationen [51, 280], die eine Verwandtschaft mit den gastrischen IPMN nahelegen.
Muzinös-zystische Neoplasie (MCN) – ICD-O 8470/0 MCN mit geringer Dysplasie – ICD-O 8470/2 MCN mit hochgradiger Dysplasie – ICD-O 8470/3 MCN mit hochgradiger Dysplasie und assoziiertem invasiven Karzinom Definition. MCN ist ein uni- oder multilokulärer zystischer Tumor mit einer Zystenwandauskleidung durch schleimbildendes, meist papilläres Zylinderepithel, das von einem „ovariellen“ Stroma getragen wird. Eine Gangverbindung fehlt. MCN durchlaufen als Vorläufer des PDAC eine Adenom-Karzinom-Sequenz. Epidemiologie. MCN sind selten. Sie machen weniger als 1 % aller exokrinen Pankreastumoren aus [183]. Ihre relative Häufigkeit unter den resezierten zystischen Pankreastumoren liegt bei 10 % [91, 148]. MCN kommen nahezu ausschließlich bei Frauen vor (s. Tab. 24.3).
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Abb. 24.53 MCN. Pankreasschwanzresektat mit einem unilokulären zystischen Tumor am Milzhilus
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b Abb. 24.52 a,b Intraduktales tubuläres Pylorusdrüsenadenom. a Umschriebener polypöser Tumor im Pankreashauptgang. b Das Tumorgewebe besteht aus Pylorusdrüsen-artigen Formationen
Männer mit MCN sind eine Rarität [81]. Der Altersgipfel liegt bei 50 Jahren mit einer Altersspanne zwischen 16 und 80 Jahren, wobei Patienten mit einem MCN, assoziiert mit einem invasiven Karzinom, etwa 10 Jahre älter sind als Patienten ohne invasive Komponente [86, 287]. Genetik. MCN als Vorläufer des PDAC zeigen mit steigendem Dysplasiegrad KRAS- und später auch TP53und PIK3CA-Mutationen sowie Verlust von SMAD4 und CDKN2A/p16 [77, 90, 210]. Mittels Whole-ExomeSequenzierung wurden in 50 % der untersuchten MCN zusätzlich inaktivierende Mutationen des RNF43-Gens, in Analogie zu den IPMN, gefunden [277]. GNAS-Mutationen scheinen in der Pathogenese der MCN, im Gegensatz zu den IPMN, keine Rolle zu spielen [21]. Interessant ist, dass die MCN des Pankreas zytologisch, histologisch und biologisch identisch sind mit den Tumoren gleichen Namens im Ovar, in der Leber und im Retroperitoneum [287], so dass eine gemeinsame Pathogenese wahrscheinlich ist. Für die MCN im Pankreas wird deswegen eine Entstehung aus heterotopem embryonalem Ovargewebe diskutiert [287].
Morphologie. Makroskopie: Fast alle Tumoren liegen im Pankreasschwanz angrenzend an die Milz (Abb. 24.53). Auf der Schnittfläche sieht man gewöhnlich nur wenige Zysten oder eine einzige große Zyste mit gelatinösem und gelegentlich hämorrhagischem Inhalt [148, 274]. Es besteht keine Verbindung zwischen den Tumorzysten und dem Pankreasgangsystem. Die Tumordurchmesser variieren von 2–15 cm. Solide Anteile in der Wand der Zysten und große papilläre Protuberanzen an der Innenwand sind verdächtig auf eine maligne Transformation (Abb. 24.54). Die Zystenwand kann gelegentlich Verkalkungen enthalten. Eindeutig maligne Tumoren zeigen eine Infiltration durch solides Tumorgewebe in das umliegende Parenchym und/oder angrenzende Organe. Mikroskopie: Die Zysten sind von hochzylindrischem schleimproduzierenden Epithel ausgekleidet. Es bildet häufig Papillen oder auch kleine Invaginationen (Abb. 24.55a). Zwischen den Zylinderepithelzellen liegen häufig einzelne neuroendokrine Zellen. Die epitheliale Differenzierung kann von Tumor zu Tumor und auch innerhalb eines Tumors sehr variieren (Abb. 24.55b). Finden sich nur hochdifferenzierte Zylinderepithelzellen (meist Tumoren mit einem Durchmesser bis 3 cm), so liegt eine geringe Dysplasie vor. Bei mäßiger Dysplasie sind die Zylinderepithelien dicht gelagert und vergrößert. Ihre Kerne sind generell noch basal orientiert, besitzen kleine Nukleolen und zeigen gelegentlich Mitosen. Bei hochgradiger Dysplasie fehlt dem Epithel weitgehend die Schleimproduktion und es zeigt deutliche Kern atypien, zahlreichen Mitosen und kribriforme Proliferationen. Beim assoziierten invasiven Adenokarzinom liegen im Tumorstroma eindeutig atypische Drüsen mit unterschiedlicher Größe und oft kribriformem Muster (Abb. 24.56). Da die dysplastischen Epithelveränderungen nur herdförmig ausgeprägt sein können, sind zwi-
Solide und zystische nichtendokrine Tumoren
Kapitel 24
schen 5 und 15 Blöcke zur adäquaten Beurteilung der muzinös-zystischen Tumoren notwendig.
Abb. 24.54 MCN. Pankreasschwanzresektat mit einer unilokulären Zyste sowie einem assoziierten invasiven Karzinom (Pfeil)
a Abb. 24.55 a,b MCN. a Querschnitt durch papillär-zystisches Tumorgewebe mit scharfer Abgrenzung vom angrenzenden Pankreasgewebe durch eine sklerosierte Zystenwand (ohne ovarielles
a Abb. 24.56 a,b MCN. a Infiltration des Stromas durch kleine neoplastische Tubuli (links). b Pseudoinvasion des Stromas durch inva-
Das subepitheliale zellreiche „ovarielle“ Stroma besteht aus einer inneren spindelzellreichen Schicht, gefolgt von einem mehr hyalinisierten Gewebe (Abb. 24.57). In diesem Stroma können luteinisierte Zellen, kleine mikrozystische Tochterdrüsen, normal erscheinende Gänge und Inseln liegen. Außerdem kommen hier Einblutungen, Kalzifikationen und Fremdkörperreaktionen als Folge von Epithelruptur mit Schleimaustritt vor. In solchen Fällen kann eine Hyalinisierung des Stromas eintreten, so dass das ovarielle Stromabild verloren geht (s. Abb. 24.53a). Die invasiven Komponenten entsprechen meist dem Bild eines gewöhnlichen PDAC. Im Frühstadium kann eine Karzinominvasion gelegentlich schwer von einer
b Stroma). b Atypisches Zylinderepithel mit niedrigem (links) und hohem Dysplasiegrad (rechts)
b ginierte Drüsen des Oberflächenepithels. Keine sichere Karzinominfiltration
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Abb. 24.57 a,b MCN. a Ovarielles Stroma aufgebaut aus Spindelzellen, epitheloiden Zellen und Lymphozyten. b Immunopositivität für den Progesteronrezeptor
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Abb. 24.58 MCN. Zystenwand mit einem infiltrierenden undifferenzierten Karzinom
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Pseudoinvasion von invaginierten Drüsen abzugrenzen sein (s. Abb. 24.54). Außer PDAC können sich auch Karzinome mit anderen Differenzierungen (insbesondere undifferenzierte Karzinome mit osteoklastenartigen Riesenzellen, nicht aber muzinöse „kolloide“ Karzinome) entwickeln (Abb. 24.58; [26, 112, 284]). Pseudosarkomatöse und sarkomatöse noduläre Proliferationen in der Zystenwand sind ebenfalls möglich [240, 262]. Immunhistochemie: Das Zylinderepithel ist positiv für CK7, 8, 18 und 19, CEA und CA19-9. Außerdem wird in etwa 20 % der MCN CK20 und CDX2 exprimiert. Unter den Muzinmarkern ist MUC5 konstant und in einzelnen Becherzellen auch MUC2 positiv. Eine Expression von MUC1 wird typischerweise in der invasiven Komponente beobachtet [163]. Eine Korrelation
Abb. 24.59 SCN. Großer mikrozystischer gut demarkierter Tumor mit einer sternförmigen Bindegewebsstruktur („sternförmige Narbe“) in der zentralen Region
mit der Differenzierung zeigt auch die Positivität für p53, die MCN mit hochgradiger Dysplasie auszeichnet. Neuroendokrine Zellen finden sich in unterschiedlicher Häufigkeit, wobei es sich meist um Serotonin‑, Somatostatin- oder Gastrinzellen handelt. Das spindelzellige Stroma exprimiert Progesteron- (und gelegentlich Östrogen‑)Rezeptoren (s. Abb. 24.57b) neben Vimentin α-glattmuskuläres Aktin und Desmin. In eingelagerten luteinisierten stromalen Zellen findet sich Calretinin sowie Inhibin [86, 287]. Differentialdiagnose. MCN müssen vor allem von IPMN, muzinösen nichtneoplastischen Zysten und Pseudozysten, abgegrenzt werden (s. Tab. 24.3). Pseudozysten werden von Granulationsgewebe ausgekleidet, ihnen fehlt ein Epithel. In MCN muss man gelegentlich
Solide und zystische nichtendokrine Tumoren
danach suchen, da es fokal desquamiert oder durch Einblutungen zerstört sein kann. IPMN kommunizieren mit dem Gangsystem, MCN typischerweise nicht und zeigen außerdem subepithelial ein zellreiches „ovarielles“ Stroma (s. Tab. 24.3). Außerdem kommen MCN fast ausschließlich bei Frauen vor und liegen vorwiegend im Bereich des Pankreaskörpers oder -schwanzes. Muzinöse nichtneoplastische Zysten kommen bei Männern und Frauen gleich häufig vor, liegen meist im Kopfbereich, zeigen ein zylindrisches bis kubisches, nur fokal PAS-positives und MUC5-positives Epithel ohne papilläre Proliferationen und ohne „ovarielles“ Stroma [21, 50, 146] (s. Kap. 23, Sekundäre, tumorartige, zystische und transplantationsbedingte Pankreasveränderungen). SCN, zystische Azinuszellkarzinome, zystisch degenerierte solid-pseudopapilläre oder zystische neuroendokrine Neoplasien [92] unterscheiden sich von den MCN durch ihre jeweiligen zytologisch-histologischen und immunhistochemischen Befunde (s. Tab. 24.3). Klinische Symptomatik, Verlauf, Prognose und Therapie. Die Symptome (abdominales Druckgefühl, Schmerzen, palpabler Tumor) sind abhängig von der Größe der Tumoren. Eine Assoziation mit einem Diabetes mellitus ist relativ häufig. MCN besitzen ein eindeutig malignes Potential. Eine Reihe von Beobachtungen haben gezeigt, dass MCN, die als benigne klassifiziert wurden, nach langjährigem Verlauf oder unvollständiger Entfernung ein invasives Karzinom entwickelt haben [86]. Außerdem können sich MCN schon bei der Erstdiagnose mit einem invasiven Karzinom, insbesondere einem undifferenzierten Karzinom, manifestieren. Alle MCN müssen daher vollständig reseziert werden. Gelingt dies und liegen keine invasiven Karzinomanteile außerhalb des Zystenstromas vor, ist die Prognose exzellent [60, 287]. Grob invasive und metastasierte Tumoren sind prognostisch wie PDAC einzuschätzen. CEA und CA19-9 werden nur gelegentlich im Serum erhöht gefunden und lassen dann eine maligne Transformation vermuten.
Kapitel 24
Epidemiologie. SCN machen etwa 1 % aller exokrinen Pankreastumoren aus. Unter den resezierten zystischen Läsionen und Neoplasien liegen sie mit 10–23 % an dritter bis vierter Stelle der relativen Häufigkeit [91]. Patienten mit SCN haben ihren Altersgipfel um das 60. Lebensjahr [111], werden jedoch oft erst später entdeckt. Drei Viertel der Patienten sind Frauen (s. Tab. 24.3). SCN gehören mit den neuroendokrinen Neoplasien zu den Pankreastumoren, die bei Patienten mit VHL auftreten können [96]. Genetik. Ist die SCN Teil des Tumorspektrums des VHL-Syndroms findet sich eine Keimbahnmutation des VHL-Gens auf Chromosom 3p, die begleitet wird von einem Verlust des zweiten Allels (LOH). Bei sporadischen SCN liegt eine somatische Mutation des VHLGens vor und eine LOH des zweiten Allels [277]. KRASund TP53-Mutationen fehlen [210]. Die molekulare Diagnostik kann auch am Zystenpunktat durchgeführt werden [242]. Morphologie. Makroskopie: Am häufigsten (60 %) sind SCN als großer solitärer mikrozystischer Tumor im Pankreaskörper und -schwanz anzutreffen (Abb. 24.59); multiples Auftreten ist typisch für ein VHL-Syndrom (Abb. 24.60). Die Tumoren sind zwischen 1 und 20 cm groß (Durchschnitt: 3–4 cm) [111]. Sie sind scharf begrenzt und bestehen aus kleinen honigwabenartig angeordneten und von seröser Flüssigkeit gefüllten Zysten. Die oligozystisch-makrozystische Variante besteht aus wenigen und zumeist größeren Zysten (Abb. 24.61; [72, 157]). Das fibröse Stroma bildet eine charakteristische sternförmige, parazentrale Narbe, die radiär verkalkt sein kann. Bei der oligo- und makrozystischen Variante ist die sternförmige Narbe oft schwer zu erkennen. Die sehr seltene solide Variante des SCN ist meist zwischen 2 und 7 cm groß und besteht aus kompaktem, gut abge-
Serös-zystische Neoplasie (SCN) – ICD-O 8441/0 Definition. SCN sind mikrozystische Tumoren mit Produktion von seröser Flüssigkeit durch duktulär differenzierte Zellen. Sie sind in den allermeisten Fällen benigne [111]. Daher wird auch oft der Begriff „seröses mikrozystisches Adenom“ gebraucht. Formvarianten sind makro- und oligozystische sowie solide SCN.
Abb. 24.60 SCN bei von Hippel-Lindau-Syndrom. Pankreaslinksresektat mit multiplen miteinander verschmelzenden SCN, die das normale Pankreasgewebe ersetzen
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Abb. 24.61 SCN. Resektionspräparat mit oligozystisch-makrozystischer Variante des SCN. Nebeneinander kleiner und einzelner großer Zysten (> 2,5 cm)
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Abb. 24.63 SCN. Das Tumorgewebe setzt sich aus kleinen Zysten zusammen, die von flachem und oft hellem Epithel ausgekleidet werden, in einem zellarmen Stroma liegen und fokal papilläre Formationen ohne wesentliche Dysplasie zeigen
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Abb. 24.62 SCN. Pankreaskopfresektat mit solider Variante des SCN
grenztem Tumorgewebe, das mit und ohne Anteile einer zystischen SCN auftreten kann (Abb. 24.62). Vereinzelt findet sich ein umschriebenes Einwachsen der SCN in das peripankreatische Gewebe, wobei auch lymphatisches Gewebe integriert werden kann [111, 115]. Mikroskopie: Die Zysten werden von einem kubischen bzw. abgeflachten Epithel mit glykogenreichem, nach Formalinfixierung hellem Zytoplasma ausgekleidet (Abb. 24.63; [58]). Die Zellen können eine geringe körnige PAS-Positivität zeigen. Gelegentlich formt das Epithel in einzelnen Zysten Mikropapillen. Zellatypien kommen nicht vor. Das Stroma ist hyalin sklerosiert und kann fokal verkalkt sein. Bei der soliden Variante finden sich dicht liegende Azini mit kleinem oder kaum erkennbarem Lumen (Abb. 24.64). Immunhistochemie und Ultrastruktur: Die Tumorzellen exprimieren CK7, 8, 18 und 19, nicht aber 20. Sie sind ebenfalls positiv für α-Inhibin, NSE und MUC6 (Abb. 24.65a). Fokal sind sie CA19-9-positiv. Negativi-
Abb. 24.64 SCN. Die solide Variante besteht aus dicht liegenden Tubuli
tät besteht für CEA, Synaptophysin, Chromogranin A, S-100, Desmin und Vimentin. Direkt subendothelial lassen sich typischerweise mit CD31 perlschnurartig Kapillaren darstellen (Abb. 24.65b). Elektronenmikroskopisch zeigen die uniformen Epithelzellen lumenseitig einzelne Mikrovilli [150, 232]. Das Zytoplasma enthält Glykogengranula, einzelne Mitochondrien und nur wenig endoplasmatisches Retikulum. Die soliden SCN bestehen aus tubulären Formationen, die an ein Nierenzellkarzinom erinnern [202]. Seröse SCN mit metastatischem Verlauf („seröses Zystadenokarzinom“, ICD-O 8441/3) sind extrem selten (2-≤4, pT3: >4 cm) is more valid and clinically relevant. Ann Surg Oncol 23:2010–2018 218. Salvia R, Fernandez-del Castillo C, Bassi C, Thayer SP, Falconi M, Mantovani W, Pederzoli P, Warshaw AL (2004) Main-duct intraductal papillary mucinous neoplasms of the pancreas: clinical predictors of malignancy and long-term survival following resection. Ann Surg 239:678–685 (discussion 685–677) 219. Samdani RT, Hechtman JF, O’Reilly E, DeMatteo R, Sigel CS (2015) EBV-associated lymphoepithelioma-like carcinoma of the pancreas: case report with targeted sequencing analysis. Pancreatology 15:302–304 220. Schlitter AM, Born D, Bettstetter M, Specht K, KimFuchs C, Riener MO, Jeliazkova P, Sipos B, Siveke JT, Terris B, Zen Y, Schuster T, Hofler H, Perren A, Klöppel G, Esposito I (2014) Intraductal papillary neoplasms of the bile duct: stepwise progression to carcinoma involves common molecular pathways. Mod Pathol 27:73–86 221. Schlitter AM, Jang KT, Klöppel G, Saka B, Hong SM, Choi H, Offerhaus GJ, Hruban RH, Zen Y, Konukiewitz B, Regel I, Allgauer M, Balci S, Basturk O, Reid MD, Esposito I, Adsay V (2015) Intraductal tubulopapillary neoplasms of the bile ducts: clinicopathologic, immunohistochemical, and molecular analysis of 20 cases. Mod Pathol 28:1249–1264
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Solide und zystische nichtendokrine Tumoren
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Kapitel 24
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Klöppel, Esposito, Kasajima, Konukiewitz, Lüttges, Sipos
278. Wu J, Matthaei H, Maitra A, Dal Molin M, Wood LD, Eshleman JR, Goggins M, Canto MI, Schulick RD, Edil BH, Wolfgang CL, Klein AP, Diaz LA Jr., Allen PJ, Schmidt CM, Kinzler KW, Papadopoulos N, Hruban RH, Vogelstein B (2011) Recurrent GNAS mutations define an unexpected pathway for pancreatic cyst development. Sci Transl Med 3:92ra66 279. Xu J, Zhang T, Wang T, You L, Zhao Y (2013) Clinical characteristics and prognosis of primary leiomyosarcoma of the pancreas: a systematic review. World J Surg Oncol 11:290 280. Yamaguchi H, Kuboki Y, Hatori T, Yamamoto M, Shimizu K, Shiratori K, Shibata N, Shimizu M, Furukawa T (2013) The discrete nature and distinguishing molecular features of pancreatic intraductal tubulopapillary neoplasms and intraductal papillary mucinous neoplasms of the gastric type, pyloric gland variant. J Pathol 231:335–341 281. Yamaguchi H, Shimizu M, Ban S, Koyama I, Hatori T, Fujita I, Yamamoto M, Kawamura S, Kobayashi M, Ishida K, Morikawa T, Motoi F, Unno M, Kanno A, Satoh K, Shimosegawa T, Orikasa H, Watanabe T, Nishimura K, Ebihara Y, Koike N, Furukawa T (2009) Intraductal tubulopapillary neoplasms of the pancreas distinct from pancreatic intraepithelial neoplasia and intraductal papillary mucinous neoplasms. Am J Surg Pathol 33:1164–1172 282. Yamaguchi K, Kanemitsu S, Hatori T, Maguchi H, Shimizu Y, Tada M, Nakagohri T, Hanada K, Osanai M, Noda Y, Nakaizumi A, Furukawa T, Ban S, Nobukawa B, Kato Y, Tanaka M (2011) Pancreatic ductal adenocarcinoma derived from IPMN and pancreatic ductal adenocarcinoma concomitant with IPMN. Pancreas 40:571–580 283. Yoshimi N, Sugie S, Tanaka T, Aijin W, Bunai Y, Tatematsu A, Okada T, Mori H (1992) A rare case of serous cystadenocarcinoma of the pancreas. Cancer 69:2449–2453 284. Zamboni G, Bonetti F, Castelli P, Balercia G, Pea M, Martignoni G, Iacono C, Fiore-Donati L (1994) Mucinous cystic tumor of the pancreas recurring after 11 years as cystadenocarcinoma with foci of choriocarcinoma and osteoclast-like giant cell tumor. Surg Pathol 5:253–262 285. Zamboni G, Bonetti F, Scarpa A, Pelosi G, Doglioni C, Iannucci A, Castelli P, Balercia G, Aldovini D, Bellomi A, Iacono C, Serio G, Mariuzzi GM (1993) Expression of progesterone receptors in solid-cystic tumour of the pancreas: a clinicopathological and immunohistochemical study of ten cases. Virchows Arch A Pathol Anat Histopathol 423:425–431 286. Zamboni G, Pea M, Martignoni G, Zancanaro C, Faccioli G, Gilioli E, Pederzoli P, Bonetti F (1996) Clear cell “sugar” tumor of the pancreas. A novel member of the family of lesions characterized by the presence of perivascular epithelioid cells. Am J Surg Pathol 20:722–730
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Stichwortverzeichnis
A AB0-Antigen 443, 444 ABC-Transportprotein 552, 554 Abflussstörung 48 Abstinenz 174 Abstoßung 438 –– akute 442, 444 –– antikörpermediierte (humorale) 442 –– chronische 53, 442, 447, 451 –– duktopenische 447. Siehe auch chronische Abstoßungs-Aktivitäts-Index (RAI) 450 Abstoßungsreaktion 29 Abszess 317 –– intracholezystischer 536 –– pericholezystische 527 –– pyogener 224 Acanthosis nigricans 586 Acetaldehyd 162 Acetat 162 Acetyl-CoA-Synthase 162 ACLF. Siehe Leberversagen, akut-auf-chronisches Acoeruloplasminämie 88 Acute and Chronic Liver Failure (ACLF) 177 Adenofibrom 408 Adenokarzinom 512 –– ampulläres 616 –– hellzelliges 620 –– hepatoides 620 –– muzinöses 620 –– vom intestinalen Typ 618 –– vom pankreatikobiliären Typ 619 –– assoziiertes invasives 738 –– duktales 684 –– hepatoides 579 –– klarzelliges 578 –– muzinöses 578 –– pankreatisches duktales 709 –– adenosquamöses 721 –– großkalibrig-duktales 720 –– histologische Varianten 719 –– large duct type PDAC 713
–– mikropapilläres 721 –– papilläres 723 –– Risikofaktoren 710 –– Ultrastruktur 714 –– undifferenziertes 723 –– Vorläuferveränderungen 714 –– Zytodiagnostik 719 –– vom biliären Typ 577 –– vom gastrisch-foveolären Typ 578 –– vom intestinalen Typ 578 Adenokarzinommetastasen 416 Adenom 586 –– hepatozelluläres (HPA) 378 –– intestinal-differenziertes 612 –– sporadisches 613 –– pedunkuliertes 381 –– seröses mikrozystisches 747 –– tubuläres 613 –– tubulovillöses 613 –– villöses 613 Adenomyomatose 512, 538, 548, 568 –– der Gallenblase 512 –– der Papille 513 Adenoviren 547 Adenoviridae 221 Adenovirushepatitis 455 Aderlass 84, 466 Adipositas 33, 162, 177, 378, 385 Aedes-Moskito 215 Aerobilie 279 AFL. Siehe Fettleber, alkoholische Aflatoxin 389 Agenesie 16 –– des Ductus choledochus 18 –– des Ductus hepaticus communis 18 AIH. Siehe Autoimmunhepatitis AI-Marker 260 AIP. Siehe Autoimmunpankreatitis, IgG4-assoziierte AIRE-1-Gen 30 Aktinomykose 226 –– der Gallenblase 544
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Tannapfel, G. Klöppel (Hrsg.), Pathologie – Leber, Gallenwege und Pankreas, https://doi.org/10.1007/978-3-642-04557-8
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Aktivin-like Kinase Receptor Type 1 (ALK-1) 17 Aktivität –– entzündliche 201 –– nekroinflammatorische 260 Alagille-Syndrom 26, 295, 298 Alcoholic Foamy Degeneration (AFD) 166 Alcoholic Liver Disease (ALD) 160 ALD. Siehe Lebererkrankung, alkoholische Alkohol 388 Alkoholabhängigkeit 161 Alkoholabusus 90, 465, 662, 675 Alkoholdehydrogenase 162 Alkoholeinheit 161 Alkoholismus 534 Alkoholkarenz 165 Alkoholkonsum, chronischer 669 Allgemeininfektion 214 Allo-Antikörper 96 Alloantogene 451 Allograft 452 Alloimmunantwort 463 Alloimmunhepatitis 32 Alloimmunreaktion 462 Allorecognition 452 Alloresponse 452 Alpha-1-Antitrypsinmangel 27, 31, 69, 200 –– Inklusionen 71 –– Proteinaggregate 71 –– Substitutionstherapie 71 Alteration, genetische 389 Aminosäure 10 Aminotransaminase 139 Aminotransferase 127, 259 Ammoniak 10, 358 Ammoniummetabolismus 10 Amöben 235 Amöbenabszess 546 Amöbiasis 235 Ampulla Vateri. Siehe Vater’sche Papille Amyloidose 230, 701 –– der Gallenblase 523 –– systemische 54 Anabolika 378 Anämie –– hypochrome 89 –– mikrochrome 88 –– sideroblastische 89 Anastomosenkomplikation 457 ANCA-Anitkörper 29 Aneurysma –– arterielles 694 –– der Gefäße der ableitenden Gallenwege 523 Aneurysmarupturen der A. cystica 524 Angiohibernom 411 Angiolipom 411 Angiom 165
Angiomatose, bazilläre 226, 243 Angiomyelolipom 411 Angiomyolipom 411 Angiopathie, hypertensive 693 Angiosarkom 410, 413, 466 Anlagestörung 378 Antigen –– antimitochondriales (AMA) 307 –– karzinoembryonales (CEA) 404, 578 –– mikrobielles 307 Antigenmuster 211 Antikörper –– antinukleäre (ANA) 27, 259, 307 –– gegen glatte Muskulatur (SMA) 27, 259 –– LKM1 27 –– SLA/LP 27 Antiphospholipidsyndrom 433 APC-Gen 378 Aplasie, kongenitale 17 Apocoeruloplasmin 74 Apoptose 122, 127, 168, 242, 266, 280, 308 Aquaporine 11 Arteria –– hepatica 44 –– Aberrationen 17 –– mesenterica 634 Arteriitis temporalis 525 Arteriolosklerose im Pankreas 693 Arteriopathie, schaumzellige 53 Arteriosklerose im Pankreas 693 Arthritis, rheumatoide 258, 525 Arzneimittelinteraktion 12 Ascaris lumbricoides 545, 557 ASH. Siehe Steatohepatitis, alkoholische Asialoglycoprotein-Rezeptor (ASGPR) 257 Askariasis, biliäre 616 Askariden 237 Aspartat-Aminotransferase 448 Aspergillose 230, 231 Aspergillus 389 –– fumigatus 230 Astrozyten 358 Aszites 6, 241, 349, 356 Ataxia teleangiectasia 18 ATB7-Gen 32 Atlanta-2012-Klassifikation 666 ATP7B-Gen 74 ATP7B-Mutation 76 ATP8B1-Gen 93 ATPase, membrangebundene kupfertransportierende 32 Atransferrinämie 88 Atresie 17 –– extrahepatische biliäre 17, 23 Atresie-Milzfehlbildung-Syndrom, biliäres (BASM) 504
Atrophie –– azinäre 693 –– hepatozelluläre 50, 52 –– segmentale/lobäre 56 Atypical Flat Lesion 699 Autoantigen 257 Autoantikörper 127, 200, 256, 265 –– ANA 261 Autodigestion 663 Autoimmunerkrankung 27, 322 Autoimmunhepatitis 27, 76, 118, 256, 292, 310, 461, 462 –– bei Kindern 259 –– Definition 256 –– histologische Remission 263 –– IgG4-assoziierte 27, 28 –– medikamentös-induzierte (DrAIH) 123 –– Manifestationsformen 123 –– Pathogenese 126 –– Remission 261 –– Rezidiv 462 –– Typ II 28 Autoimmunität 257, 265 Autoimmunkrankheit 278, 307, 316 Autoimmunpankreatitis 760 –– IgG4-assoziierte 322 –– Typ I 543 Azathioprin 261 Azidose, alkoholische 162 Azinus –– einfacher 6 –– komplexer 6 Azinuskonglomerat 6 Azinuskonzept 6 Azinuszelldysplasie 698 Azinuszellen 636, 661 Azinuszellhyperplasie, noduläre 698 Azinuszellkarzinom 731, 750 –– extrahepatisches 751 –– Ultrastruktur 751 Azinuszellnekrose 665 Azinuszellzystadenokarzinom 751 Azinuszellzystadenom 749 Azoospermie 654 B Babbitt-Theorie 511 Ballonierung 135, 168, 260, 266, 354 Bandwurm 239 Banff-System 447 Bantu-Siderose 91 Bartonella henselae 48 Bartonelleninfektion 243 Basalganglien 74 Basalmembran 266 Becherzellen, isolierte 279
Stichwortverzeichnis
Beckwith-Wiedemann-Syndrom 648, 755 Begleitinfiltrat 305 Berliner-Blau-Färbung 234 Bestrahlung 50 Beta-Catenin 385 –– Aktivierung 382, 384 Beta-Oxidation 134 Bilirubin 286 –– unkonjugiertes 557 Bilirubinkonjugation 557 Bilirubinostase 276, 283, 286 Bindegewebe –– periduktales 6 –– perivasales 6 Bindegewebssepten 170 –– aktive 137 –– passive 137 Bindegewebsvermehrung 201 Binge Drinking 162 Biopsie 135, 242, 448, 463 –– Kollagengehalt 460 Biopsiematerial 65 Biotransformation 11, 119 –– Phase-I-Reaktion 11 –– Phase-II-Reaktion 11 Blastomykose 233 Blutglukosespiegel 10 Blutsystem, arterielles 9 Bluttransfusion 89 Blutung 694 Blutverteilungsstörung 417 B-Lymphozyten 212 Borrelia –– burgdorferi 228 –– recurrentis 227 Borreliose 227 Bouveret-Syndrom 559 Brighton-Report 256 Bronchiektase 654 Bronchitis 652, 654 Bronzediabetes 81, 655 Brucellose 225 Brückennekrose 193, 261 BSEP. Siehe Gallesalzexportpumpe Budd-Chiari-Syndrom 17, 50, 421, 457, 466 Bunyaviridae 217 Burkitt-Lymphom 220, 455 Byler-Syndrom 25, 93 Bypass, ilealer 95 B-Zellen 9 C C282Y-Homozygotie 84 CAH. Siehe Hepatitis, chronisch aktive Candida albicans 231, 243 –– Infektion 544
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Stichwortverzeichnis
Candidiasis 231 Capillaria hepatica 238 Capillariasis 238 Capsid-Antigen 207 Capsid-Protein 211 Caroli-Krankheit 19, 277 Caroli-Syndrom 19, 21 CASH. Siehe Steatohepatitis, Chemotherapie-assoziierte CASS. Siehe Steatose, Chemotherapie-assoziierte CCC-DNA 210 CFTR-Gen 652, 663, 676 CFTR-Mutation 682 Chaperone 74 Chaperonprotein 74 Charcot-Leyden-Kristalle 239 Chelatbildner 77, 89 Chemokine 288 Chemoperfusion (TACE) 392 Chemotherapeutika 50, 134 Chlamydien 224 Cholangiographie, operative 507 Cholangiohepatitis, primäre 308 Cholangiokarzinom 22 –– intrahepatisches 378, 398 Cholangiolitis 288 Cholangiopankreatikographie, endoskopisch retrograde (ERCP) 279, 316 Cholangiopathie 47, 97, 143, 290, 305 –– autoimmune 268 –– ischämische 53, 325 –– nichteitrige 290 –– portale 325 Cholangiozyten 6, 8, 9, 404 Cholangitis 21, 26, 29, 237, 290, 306, 308, 315, 319, 508, 534, 558 –– AIDS-verursachte 546 –– akute 29 –– aszendierende 278, 456 –– autoimmunbedingte sklerosierende 29 –– autoimmune 27, 30 –– autoimmunologische 278 –– bakterielle 242 –– biliäre 304 –– chemische 292 –– destruktive 306 –– durch Bakterien und Viren 244 –– eitrige 290, 292, 317 –– follikuläre 682 –– granulomatöse 292 –– IgG4-assoziierte 276, 278, 319 –– sklerosierende 677 –– infektiöse 278 –– ischämische 464 –– lenta 292 –– lymphozytäre 292
–– primäre autoimmune 268 –– primäre biliäre (PBC) 27, 265, 266, 276, 278, 280, 282, 292, 306 –– stark aktive 268 –– primäre sklerosierende (PSC) 27, 29, 265, 266, 276, 278, 282, 292, 315, 399, 542, 589 –– sekundäre sklerosierende 31, 315, 322 –– sklerosierende 242, 244, 292, 315, 464, 543 –– xanthogranulomatöse 292 Cholatstase 276, 284, 286, 297 Choleangiektasie 317 Cholecystopathia chronica calcarea 539 Choledocholithiasis 549 Choledochuszyste 19, 295 Cholelithiasis 27, 97, 399, 523, 526, 549, 575, 662 Choleretika 95 Cholestase 22, 26, 29, 37, 47, 65, 93, 134, 192, 204, 282, 295, 313, 402, 443 –– benigne rezidivierende intrahepatische (BRIC) 26, 95 –– biochemische 283 –– chronische 53, 80 –– duktuläre 177 –– extrahepatische 457 –– familiäre intrahepatische 93 –– FIC1-Defizienz 93 –– intrahepatische 25, 298 –– kanalikuläre 169, 177 –– morphologische 283 –– neonatale 22, 23, 31 –– Ursachen 24 –– nichtobstruktive 283 –– obstruktive 283 –– perivenuläre 449 –– progressive familiäre intrahepatische (PFIC) 24, 93 –– Formen 25 –– septische 306 Cholestaseparameter 22 Cholestasesyndrom 11, 304 Cholestasezeichen 267 Cholesterin 10, 72, 533 –– Nukleation 555 Cholesterinbiosynthese 555 Cholesterinester 72 Cholesteringallensteine 550 Cholesterinhomöostase 552, 555 Cholesterinkristalle 325, 432, 662 Cholesterinsättigungsindex (CSI) 555 Cholesterinspeicherkrankheit 71 Cholesterinsteine 520, 522, 549, 553 –– chronische Infektionen 551 –– Nukleation 555 Cholesterinübersättigung 555 Cholesterolpolypen 520, 521, 523, 568 Cholesterose 520
Cholezystektomie 532, 549, 558 Cholezystitis 237, 523, 524, 532 –– akalkulöse 525 –– akute 523, 525, 532, 558 –– akalkulöse 532 –– Bakterien 533 –– bei Kindern 534 –– emphysematöse 536 –– hämorrhagische 523 –– kalkulöse 533 –– Komplikationen 536 –– vaskulitisassoziierte 525 –– bei AIDS-Patienten 546 –– chronische 525, 534, 537 –– akalkulöse 537 –– kalkulöse 537 –– steinhaltige 538 –– diffuse lymphoplasmazelluläre (DLAC) 542 –– eosinophile 541 –– erregerbedingte 544 –– gangränöse 536, 537 –– IgG4-assoziierte 543 –– Infektionen 534 –– kalzifizierende 539 –– lymphoeosinophile 542 –– lymphofollikuläre 538, 548 –– lymphozytäre 543 –– nekrotisierende 545 –– vaskulitisassoziierte 525 –– Virusinfektionen 545 –– xanthogranulomatöse 540, 545 Cholezystokinin 503, 556, 638 Cholezystolithiasis 522, 524, 525, 526, 532, 534, 548, 558, 575, 588 –– genetische Faktoren 552 –– Schwangerschaft 550 Choriokarzinom 728 Churg-Strauss-Syndrom 525 Ciliated Foregut Cyst 696 Circumferential Resection Margin (CRM) 718 Clinical Hepatic Encephalopathy Staging Scale (CHESS) 360 CLIP-Klassifikation 392 Clonorchis 239, 241, 616 –– sinensis 399, 545, 546, 588, 698 Cluster of Differentiation (CD) –– CD10 404 –– CD31 421 –– CD34 421 –– CD56 404 –– CD117 700 Coeruloplasmin 74, 79, 88 –– Konzentration 81 Colitis ulcerosa 315, 575, 589, 680 Collagen Proportionate Area (CPA) 460
Stichwortverzeichnis
Cor pulmonale 652, 654 Councilman-Bodies 215 Cowdry-Körper 218 Coxiella burnetii 222, 243 Coxsackie-Virus 221 Cryptococcus neoformans 232, 243 Cryptosporidium parvum 244 CTRC-Gen 676 Cushing-Syndrom 754 Cytochrome 122 Cytochrom P450 12, 134 Cytochrom-P450 –– 1A2 353 D Damage-associated Molecular Patterns (DAMPs) 367 Dane-Partikel 206 Darmschrankenstörung 399 Degeneration –– eosinophile azinäre 698 –– fedrige 285 –– hepatolentikuläre 74 –– vakuolige 308 Delta-Antigen 213 Delta-F508-Mutation 652 De-novo-Autoimmunhepatitis 27, 28, 467 De-novo-Erkrankung 466 Dermatomyositis 586 Dermoidzyste 695 –– pankreatische 758 Desmin 423 Desmoplasie 713 Detergenziendefekt 284 Diabetes mellitus 346, 652, 673, 712 –– Typ I 693, 701 Diagnose, histologische 276 Dilatation –– prästenotische 322 –– sinusoidale 52, 139 DILI. Siehe Leberschaden, medikamentös-toxischer Direct Antiviral Agents (DAA) 31, 213 Disse’scher Raum 5, 44, 137 Divisumpankreatitis 675 DMT1-Defizienz 89 DNA-Reparaturgen 728 Doppelinfektion 199 DrAIH. Siehe Autoimmunhepatitis, medikamentös-induzierte Drogenkonsum 212 Druck, sinusoidaler 54 Drug-Induced Autoimmune Hepatitis. Siehe Autoimmunhepatitis, medikamentös-induzierte (DrAIH) Drug-induced Liver Injury (DILI). Siehe Leberschaden, medikamentös-toxischer
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Stichwortverzeichnis
Drüsen, peribiliäre 277, 326, 502 Ductus –– choledochus 4, 18, 502 –– Duplikaturen 18 –– Stenose 523 –– cysticus 502 –– hepaticus 502 –– communis 4, 18 –– dexter und sinister 502 –– Santorini 502, 632 –– Wirsungianus 632 Duktalplatte 9, 19, 277 –– Anlagestörung 18, 19, 21, 400, 416 Duktalplattenmalformation 277 Duktopenie 242, 276, 280, 281, 282, 310, 313 –– idiopathische 304 Duodenalkarzinom 618 –– periampulläres 730 Duodenalpolypen 612 Duodenalwand 675 Duodenalwandzyste 697 Duodenopankreatektomie 638 Duplikaturen des Ductus choledochus 18 Durchblutungsstörungen –– der Gallenblase 523 –– der Gallenblasenschleimhaut 533 Dysfunktion –– mitochondriale 166 –– parazenteseassoziierte zirkulatorische (PICD) 356 Dyskinesie 526 –– biliäre 522 Dyslipidämie 431 Dysplasie 279, 395 Dysplasiegrad 734 Dyspnoe 362 Dyssynergie 526 Dystonie 526 Dystrophie, ektodermale 30 E EBER-in-situ-Hybridisierung 455 Echinococcus granulosus 546 Echinokokken 239 Echinokokkuszyste 695 EHE. Siehe Hämangioendotheliom, epitheloides Einschluss, intranukleärer 213 Einschlusskörper, paranukleärer 424 Eisen 88 Eisenablagerung 212 Eisenhomeostase 82 Eisensensormechanismus 82 Eisenspeicherung 32, 85 –– semiquantitative Evaluierung 87 Eisenstoffwechsel 81 Eisentransportprotein 88
Eisenüberladung 32, 70, 79, 82, 177, 389 –– afrikanische 91 –– dysmetabolische 90 –– parenterale 89 Ektasie 48 Elastase 664 Elastika-van-Gieson-Färbung 322 Elastographie 203, 349 Embolie 692 Embolisation, transarterielle 392 Embryonalentwicklung 644 Emperipolese 189, 197, 260, 278 –– suizidale 453 Empfängerantikörper 444 Empyem der Gallenblase 536 Endarteriitis obliterans 227 Endoderm 9 Endophlebitis 52 –– obliterative 418 Endothel 445 Endothelitis 50, 447 Endothelproliferation 50 Endothelproliferat, papilläres 420 Endothelzellen 6, 50 –– maligne 420 –– sinusoidale 8 Endotoxin 134 Entamoeba histolytica 235, 546 Enterobiasis 237 Entgiftung 10, 11, 119 Entzündung –– periduktale 297 –– resorptive 193 Entzündungsaktivität 261 Entzündungsinfiltrat 127, 418, 469 –– intralobuläres 259 Entzündungsmediator 533 Entzündungsreaktion 122, 287 Entzündungszellen 164, 190, 257, 445 Enzephalopathie 241 –– hepatische 188, 358 Enzym, proteolytisches 69 EPCAM 404 Episoden, cholestatische 95 Epitheloidzellen 308 Epitheloidzellgranulom 225 Epstein-Barr-Virus 454 Erkrankung –– hereditäre zystische 656 –– IgG4-assoziierte 677 –– vaskuläre 44 –– venookklusive (VOD) 50, 421 Ernährung, totale parenterale 26, 550 Erreger, multiresistenter 356 Erythema infectiosum 222
Erythrozyten 54 Ethanol 162, 170 Ethanol-Injektion, perkutane (PEI) 392 Eulenaugenzellen 218 Exkretionsdefekt 283 Explantat 316 Extended Criteria Donors (ECD) 440 F Fadenwürmer 545 Faktor VIII 421 Familienscreening 83 FAP-Syndrom 755 Farnesoidrezeptor-Defizienz 98 Farnesoid-X-Rezeptor (FXR) 554 Fasciola hepatica 241, 546 Fasern, kollagene 199 Fasziola 239 Faszioliasis 241 Fehlbildungen –– der Gallengangstrukturen 18 –– der Gallenwege 26 –– der Leber 16 –– der Lebervenen 17 Fenestrae 8 Fenestrierung 48, 354 Ferritin 82, 88 Ferroportin 82 Ferroportinerkrankung 88 Ferroxidaseaktivität 88 Fettgewebe 636 Fettgewebsnekrose, autodigestive 663 Fettleber 16, 128, 465 –– alkoholische (AFL) 160 Fettlebererkrankung, nichtalkoholische (NAFLD) 33, 90, 128, 160, 346, 389, 465 –– medikamentös-toxisch induzierte 135 –– NAFLD-Aktivitäts-Score (FAS) 135 –– NAFLD-Score 34 –– Rezidiv 465 Fettnekrose 663, 665, 670 Fettsäuren 10, 72, 122 FGFR4-Polymorphismus 552 Fibrinogenspeicherkrankheit 71 Fibrocalculous Pancreatic Diabetes 682 Fibrogenese 134, 699 Fibroobliteration 317 Fibrosarkom 424 Fibroscan 460 Fibrose 52, 55, 67, 135, 196, 198, 201, 242, 276, 295, 313, 325, 670, 674, 699 –– biliäre 313, 322 –– der Gallengänge 29 –– des Pankreas 699 –– interlobuläre 656 –– kongenitale hepatische 21, 277
Stichwortverzeichnis
–– lobulozentrische 700 –– monolobuläre 290 –– periduktale 281 –– perisinusoidale 48 –– perizelluläre 164, 170, 227 –– portale 288 –– septale 135 –– zentrilobuläre 170 –– zystische 522, 523, 534, 652, 677, 695, 700 Fibrosebänder 394 Fibrosegrad 135, 260 Fibrosestadium 201, 211 Fibrosierung 261 Fibrosierungsgrad 261 Fibroxanthom 418 FIC-1-Gen 24 Fieber, hämorrhagisches 215 Filoviren 217 Fistel 44, 279 –– arteriovenöse 21 –– biliäre 18 –– biliodigestive 558 –– cholezystoduodenale 559 –– cholezystoenteritische 527 –– cholezystogastrische 559 –– kongenitale bronchobiliäre 18 Flaviviridae-Familie 211 Flimmerfrequenz, kritische 360 Flippase 93 Floppase 93, 96 F-NABP1-Gen 384 Fokus –– dysplastischer 396 –– eisenfreier 86 Foregut Cyst 696 Formanomalie der Leber 16 Formes frustes 520 Fremdkörper in der Gallenblase 527 Fremdstoffmetabolismus 12 Fundus 502 Fusionsgen, tumorspezifisches 421 G Galaktosämie 33 Galle 8, 11 –– lithogene 555, 556 Galleabflussstörung 533 Galleableitung 95 Gallebildung 401, 555 Galledrainage 279 Galleextravasat 457 Gallefluss 11, 503 Galleinfarkt 286 Gallekolik 524 Gallenblase 4 –– Adenokarzinom 576
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Stichwortverzeichnis
–– Echinokokkus-Infektionen 546 –– Fremdkörper 527 –– Gefäße 523 –– hämorrhagische Infarzierung 525 –– hypertonische 526 –– Hypomotilität 555 –– kongenitale Duplikatur 17 –– Kreislaufstörungen 523 –– Lymphome 598 –– maligne epitheliale Tumoren 574 –– malignes Melanom 599 –– mesenchymale Tumoren 596 –– neuroendokrine Karzinome (NEC) 595 –– neuroendokriner Tumor (NET) 594 –– sekundäre Tumoren 599 –– Sludge 558 –– Stoffwechselstörungen 520 –– Störungen der Motorik 526 –– Varizen bei Leberzirrhose 524 Gallenblasenadenom 566 –– vom biliären Typ 568 –– vom gastrisch-foveolären Typ 568 –– vom intestinalen Typ 568 –– vom Pylorusdrüsentyp 566 Gallenblasenapoplexie. Siehe Hämocholezyste Gallenblasenempyem 536 Gallenblasengangrän 526, 536 Gallenblasenhydrops 525, 535, 558 Gallenblasenkarzinom 513, 574 –– adenosquamöses 580 –– genetische und molekularpathologische Veränderungen 582 –– kribriformes 580 –– Mikrosatelliteninstabilität 583 –– Risikofaktoren 574 –– TNM-Klassifikation 584 –– undifferenziertes 581 Gallenblasenperforation 526, 536 –– chronische mit cholezystoenteritischer Fistel 527 –– iatrogene 526 –– in die Bauchhöhle 527 –– spontane 526 –– subakute mit pericholezystischem Abszess 527 –– traumatische 526 Gallenblasenpolypen 568 Gallenblasenruptur, traumatische 527 Gallenblasensteine 523, 532, 534 Gallenblasentorsion 525, 526 Gallenblasenvaskulitis 525 Gallenblasenwandödem 536 Gallenflüssigkeit 503 Gallengang 44, 242, 502 –– akzessorischer 18 –– cholezystohepatischer 18 –– extrahepatischer 9, 18, 586 –– Lymphome 598
–– mesenchymale Tumoren 596 –– neuroendokrine Karzinome (NEC) 595 –– neuroendokriner Tumor (NET) 594 –– sekundäre Tumoren 599 –– interlobulärer 9 –– intrahepatischer 18 –– Paragangliom 597 –– Rhabdomyosarkom 598 –– Störungen der Motorik 526 Gallengangadenom 400 Gallenganganomalie 16 Gallengangatresie 23, 276, 294, 295, 438 –– konnatale 504 Gallengangepithelien 211, 218, 276 Gallenganghypoplasie 32 Gallengangkarzinom 19, 21 –– hiläres 398 –– intrahepatisches 386 Gallengangläsion 267 Gallengangmangel 276 Gallengangobstruktion 29, 408 Gallengangschaden, ischämischer 443 Gallengangskarzinom –– distales 588 –– extrahepatisches –– molekularpathologische Veränderungen 590 –– TNM-Klassifikation 591 –– perihiläres 588 –– TNM-Klassifikation 588 Gallengangstenose 591 Gallengangstruktur, Fehlbildungen 18 Gallengangsystem 9 –– Entwicklungsstörungen 16 –– intrahepatische 523 Gallengangverlust 141, 143, 448, 451 Gallengangzysten 20, 504 –– Einteilung nach Todani 511 –– extrahepatische 589 –– idiopathische 508 –– kongenitale 19 –– typische Trias 511 Gallenhomöostase 141 Gallenkolik 558 Gallensalze 555 Gallensäure 11, 278, 554 –– Hyposekretion 555 –– sekundäre 11 Gallensäurebiosynthese 22 Gallensäuresekretion 11 Gallensäurestoffwechsel 554 Gallensäuresynthesedefekt 26 Gallensäuretransporter 11 Gallensteine 26, 29, 503, 523, 526, 533, 549, 575, 588 –– gemischte 553 –– Klassifikation 552 –– Komplikationen 558
–– Medikamente 551 –– Rückenmarksverletzung 551 Gallensteinileus 559 Gallenwege 276 –– ableitende 523 –– extrahepatische 276 –– intrahepatische 276 –– große 276 –– kleine 276 –– Mangel 294, 298 –– Verlust 294 Gallenwegsaffektion 305 Gallenwegsatresie 294 Gallenwegsausbildung 277 Gallenwegserkrankung 662 Gallepfropfen 141 Gallepigment 192 Gallepigmentgranula 662 Gallesalzexportpumpe (BSEP) 96 –– BSEP-Defizienz 94 –– BSEP-Protein 25 Gallesekretion 24, 283, 554 Galle-Sludge 325, 523 Galletransport 24 Gamma-Glutamyltransferase 135 Gangläsion 313 Gangnekrose 665 Gangresiduen 296 Gardner-Syndrom 566 Gasansammlung 279 Gastrektomie 551 Gastrin 503 Gefäßanomalie 17, 416 Gefäßentwicklungsstörungen 16 Gefäßfehlbildungen 18 Gefäßhohlräume 420 Gefäßinfiltration 402 Gefäßinvasion 390 Gefäßverschluss 55 Gelbfiebervirus 215 Gerüstkollaps 190 Gestationsdiabetes 431 Gestationspankreatitis 663 Gewebedestruktion, proteolytische 69 GGA. Siehe Gallengangatresie Giardia lamblia 545 Glisson’sche Kapsel 6, 195, 424 Glisson-Trias 44 Glukagon 632 Glukagonzellen 672 Glukoneogenese 65 Glukosetransporterprotein (GLUT1) 412 Glutamat 358 Glutamin 358 Glutaminsynthetase 57, 385 Glutathion (GSH) 123
Stichwortverzeichnis
Glykogen 10 Glykogenablagerung 66 Glykogenphosphorylasedefizienz 68 Glykogenspeicherkrankheit 65, 378 Glykogensynthetase 66 Glykolyse 65 Glykoprotein 6 GNAS-Mutation 736 Golgi-Apparat 211 Grading (Entzündungsaktivität) 261, 313 Gradingsystem 392 Graft-versus-host-Erkrankung (GvHD) 282 Graft-versus-host-Reaktion 453 Granularzelltumor 596 Granulom 224, 227, 307, 308, 319 Granulomatose, septische 31 Granulozyten 227, 235, 290 –– neutrophile 174, 288, 306 Grenzflächenhepatitis 189, 196, 213 Grenzlamelle, periportale 260 Grenzzonenaktivität 276 –– biliäre 290 Grenzzonenhepatitis 27, 29, 30, 445, 467, 469 Grocott-Färbung 233 GSH. Siehe Glutathion GSTT1-Expression 467 Guillain-Barré-Syndrom 586 Gummen 227 Gürtelrose 218 H HADHA-Mutation 435 HAI-Score 31 Halo-Phänomen 290 Hämangioblastom 18 Hämangioendotheliom 411, 419, 466 –– epitheloides (HET) 420, 421 –– Lebertransplantation 421 –– Metastasen 422 Hämangiom 410, 759 –– kavernöses 18 Hämangiomatose 410 Hamartien 378 Hamartom 700 –– mesenchymales 413 Hämatobilie 278 Hämatoperitoneum 536 Hämatopoiese 382 Hämatozele 523 Hämobilie 524 –– der Gallenblase 522 Hämocholezyste 523 Hämochromatose 11, 203, 212, 225, 466, 655, 700, 701 –– hereditäre 81, 173 –– neonatale 32, 37, 93
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Stichwortverzeichnis
Hämosiderin 82 Hämosuccus pancreaticus 667 Hämoxigenase 82 Hämozoin 234 Haptenbildung 122 Haptoglobin 432 Harnsäure 10 Harnstoff 358 Harnstoffzyklus 10 Hartmann-Tasche 502 HBV-Infektion 30 HBx-Antigen 207 HCC. Siehe Karzinom, hepatozelluläres HCV-Infektion 30 HDS. Siehe Nahrungsergänzungsmittel Hefepilz 233 Heilkräuter 143 Helmintheninfektion 244 Hemizirrhose 317 Henoch-Schönlein-Vaskulitis 525 Heparansulphat 6 Hepatic Artery Thrombosis (HAT) 456 Hepatitis –– Aktivitätsindex 201 –– akute 27 –– alkoholische 165 –– B 30, 204, 210, 213 –– HBV-Mutanten 207 –– rezidivierte Infektion 458 –– Virus-DNA 388 –– C 30, 199, 292, 388 –– rezidivierte Infektion 460, 461 –– cholestatische 141, 188, 193 –– chronisch aktive 256 –– chronische 16, 27, 30, 195, 200, 205, 256 –– D 31, 213 –– E 214 –– Virusinfektion 467 –– fibrosierende cholestatische (FCH) 459 –– fulminante 81, 188, 193 –– idiopathische chronische 468 –– idiopathischen neonatale (INH) 23 –– im Kindes- und Jugendalter 27 –– lobuläre 28, 198, 213, 268 –– neonatale 23, 32 –– nichtinfektiöse 76 –– steatovirale 459 –– virale 346 Hepatitis-C-Virus (HCV) 256, 438 –– Genotyp 3 31 Hepatitisvirus 198, 243 Hepatoblasten 9 Hepatoblastom 378, 466 Hepatokarzinogenese 207 Hepatokavopathie, obliterative 17
Hepatolithiasis 16 –– primäre 325 –– sekundäre 325, 326 Hepatomegalie 22, 52, 135, 165, 166, 220, 241, 295, 420 Hepatopathie 37 –– im Kindesalter 22 Hepatosplenomegalie 23, 37, 226, 240 Hepatozyten 6, 9, 10, 164, 386 –– ballonierte 164, 168, 172, 175 –– Marker 8 –– Mehrkernigkeit 139 –– virushaltige 211 –– Zytoskelett 8 Hepatozytenantikörper (HEP PAR1) 404 Hepatozytenballonierung 34 Hepatozytenkollaps 290 Hepatozytennekrose 122 Hepcidin 81, 82, 89, 173 Hepcidinexpression 82, 83 Hephaestin 82 Heptic Encephalopathy Scaling Algorithm (HESA) 360 Herbal and Dietary Supplements (HDS) 143 Hering’sche Kanäle 137, 277, 287, 310 Herpes-simplex-Virus 217, 218 Herpesvirus 456 Herzindex 354 Heterogenität, zonale 10 Heteropie, adrenale 16 Heterotopie 16, 568 HFE-Gen 32, 655 Hibernom 411 Hilus 44 Hirnödem 358 Histiozytom 418, 424 –– malignes fibröses (MFH) 424 Histokompatibilitätsantigen (HLA), Haplotypen 316 Histoplasmen 233 Histoplasmose 233 HIV-Infektion 236 HMB45 411 HNF1A-Gen 384 HNF1A-Inaktivierung 384 Hüllprotein 211 Hydatiden 546 Hydoxylase 554 Hydrochylus 638 Hydrops fetalis 222 Hydroxy-3-Methyl-Glutaryl-CoA-Reduktaseaktivität (HMG-CoA) 555 Hydroxylradikale 82 Hyperämie 52 Hyperammoniämie 134 Hyperbilirubinämie 23, 557
Hyperferritinämie-Katarakt-Syndrom 89 Hypergammaglobulinämie 127, 259 Hyperinsulinismus 384 Hyperkalzämie 663 Hyperlipidämie 663 Hyperlipoproteinämie –– Typ IIa 523 –– Typ IV 523 Hyperparathyroidismus, primärer 663 Hyperperfusionssyndrom, portales 441 Hyperplasie 279, 325 –– adenomatöse 279 –– der Brunner’schen Drüsen 675 –– diffuse noduläre (DNH) 56 –– fokale noduläre (FNH) 56 –– multiples FNH-Syndrom 56 –– fokal noduläre 382 –– kompensatorische 56 –– lymphofollikuläre 548 –– noduläre 310 –– nodulär regenerative (NRH) 417, 469 Hyperproliferation, parenchymatöse 56 Hypertension –– akute portale 17 –– portale 17, 45, 48, 55, 313, 346, 352, 353 –– portalvenöse 417 Hypertonie 430 –– maligne 692 Hypertriglyzeridämie 163 Hyperurikämie 162 Hypervaskularität 390 Hypervitaminose A 137 Hypoglykämie 162, 414 –– alkoholische 162 Hyponatriämie 356 Hypoperfusion 534 Hypoplasie 16, 17 Hypotension, arterielle 354 Hypotranferrinämie 88 Hypovolämie 354 Hypoxämie, arterielle 362 Hypoxie 52, 163 Hypoxiezeichen 52 Hy’sches Gesetz 118 I IAC. Siehe Cholangitis, IgG4-assoziierte IF-Zytoskelett 168, 170 IgA, sekretorisches 278 IgG4-assoziierte Erkrankung 276, 319, 322, 418, 543, 677 IgG4-Spiegel im Serum 677 Ikterus 22, 23, 26, 204, 258, 283, 507, 524, 536, 672 Ileumresektion 551 Ileus, paralytischer 668
Stichwortverzeichnis
Immunabwehr 211 Immunantwort 122 Immuncholangitis 268 Immundefektsyndrom, primäres 31 Immundefizienzvirus, humanes (HIV) 242, 462 Immundysfunktion 357, 367 Immunglobulintherapie 93 Immunkapazität, native 9 Immunkompetenz 278 Immunmodulation 316, 369 Immunparalyse 368 Immunreaktion 198 Immunregulation 295 Immunschwäche 229, 278 Immunsuppression 195, 199, 210, 444, 445, 449, 462 –– Entwöhnung 453, 469 Immunsyndrom 259 Immunsystem –– angeborenes 119 –– der Leber 9 Immuntoleranz 198 Immuntoleranzstatus 207 Indexpatient 76 Indikatorläsion 395, 397 Indocyaningrün-Retentionstest (ICG-Test) 352 Infarktareale 456 Infarzierung 47, 55 –– hämorrhagische 526 Infektion 27, 533 –– opportunistische 242 –– parasitäre 236 –– vertikale 30 –– virale 458 –– virale grippale 35 Infiltrat –– entzündliches 276, 325 –– mononukleäres 169 Infiltration 400 Infundibulum 502 Initial Poor Function (IPF) 441 Inselamyloidose 701 Inselzellhyperplasie 648 Insulin 632 Insulinresistenz 211 Interface-Aktivität 290 Interface-Hepatitis 27 Interfacezone 287, 290 Interferon-alpha 199 –– pegyliertes 211 Interferontherapie 260 Intermediärsubstanz 119 Interphaseaktivität, biliäre 297 Interphasenhepatitis 196, 204, 260, 263, 265, 268 Invasion, perineurale 719 Inzidentalom 439, 465, 735 Ischämic-Type Biliary Lesion (ITBL) 458
785
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Stichwortverzeichnis
Ischämie 456 –– der Mukosa 534 Ito-Zellen 137 Ivemark-Symptomenkomplex 648 J JAK-STAT-Pathway 385 Janus-Kinase-Signalweg (JNK) 122 Johanson-Blizzard-Syndrom 655 K Kaiser-Fleischer-Kornealring 32 Kaliberschwankung 281 Kalkspritzernekrose 665 Kalkuli 669, 670, 676 Kallikrein 668 Kalziumbilirubinatsteine 554 Kanal von Hering 4 Kandidiasis 30 Kapillarisierung 354, 391 –– sinusoidale 354 Kaposi-Sarkom 423, 468 Kapsel –– bindegewebige 238 –– fibrotische 235 Kardiomyopathie 52 Karposi-Sarkom 244 Karzinom 524 –– adenosquamöses der Ampulla Vateri 620 –– basaloides 727 –– cholangioläres 241 –– cholangiozelluläres (CCC) 465 –– der ampullären Region 615 –– TNM-Klassifikation 624 –– fibrolamelläres 393 –– gemischtes adenoneuroendokrines 725 –– gemischtes azinär-neuroendokrines 752 –– hellzelliges 727 –– hepatoides 728 –– hepatozelluläres (HCC) 16, 28, 30, 31, 67, 71, 161, 170, 176, 205, 313, 352, 378, 382, 386, 392, 439, 465 –– pedunkuliertes 390 –– Stadieneinteilung 393 –– kolloides 738 –– medulläres 728 –– medulläres lymphoepitheliales 728 –– mukoepidermoides 400 –– muzinöses 725 –– onkozytäres 727 –– pedunkuliertes hepatozelluläres 16 –– tubuläres hochdifferenziertes 727 –– undifferenziertes –– der Ampulla Vateri 620 –– mit osteoklastenartigen Riesenzellen 620, 746 Karzinosarkom 581 Kasai-Operation 296, 297
Katarakt 89 Katayama-Syndrom 241 Katecholaminresistenz 354 Katzenkratzkrankheit 226 Kawasaki-Syndrom 525 Kayser-Fleischer-Ring 75 Keimzelltumor 378 Keratin 404, 445, 448 –– K8/18 168 Kernhäufung 203 Kernpolymorphie 260 Kernvergrößerung 396 Klatskin-Tumor 398, 588 Knochenmarkserkrankung 655 Knochenmarkstransplantation 280, 304 Knoten –– dysplastischer –– high-grade 397 –– low-grade 397 –– makroregenerativer 47 –– polyzyklischer 56 –– regeneratorischer 188 Knotenbildung 195, 310 Kohlenhydratmetabolismus 10 Kohlenhydratstoffwechsel 10 Kokkenbazillen 222 Kollagenablagerung 67 Kollagenproduktion 48 Kollagenvermehrung 193 Kollaterale, portokavale 45 Kollisionstumor 403 Kolloidkarzinom 725 Koma, hepatisches 193 Komplementfaktor 164 Kongestion 54 Konjugation 119 Konkrement 325 Kontrazeptiva 141, 416, 431 –– orale 378 Kontur, irreguläre 281 Kornea 74 Korpus 502 Kortikoidsensitivität 679 Kortikosteroide 257 Kortikosteroidtherapie 128 Kortison 264, 269 KRAS-Mäuse 716 KRAS-Mutation 672, 710, 724, 736 Kreislaufschock 692 Kryokonservierung 65 Kryptokokkose 232 Kryptosporidien 546 Kupfer 71, 78, 286 Kupferablagerung 32 Kupferakkumulation 143 Kupferbestimmung 77
Kupferspeicherung 74, 80, 313 –– pathologische 32 Kupfertoxikose 81 Kupfertransporter 74 Kupfertransportprotein 88 Kupffer-Zellen 6, 9, 164, 216, 234, 235 –– aktivierte 134 –– Aktivierung 441 –– Hyperplasie 225 Kupffer-Zell-Siderose 173 L Lageanomalie der Leber 16 Laktazidose 134, 162 LAL-Aktivität 72 LAL-D 72 Langerhans-Inseln 632, 652, 655 Läppchenparenchym 197 Large Cell Change 395 Larva migrans 238 Larve 239 Larvenmigration 237 Läsion –– atypische flache 715 –– granulozytäre epitheliale (GEL) 680 –– knotenartige 390 –– präkanzeröses 398 LCHAD-Defizienz 434 Lebendspenderleber 463 Leber –– Blutfluss 4 –– Entwicklung 9 –– Fehlbildungen 16 –– Gestalt- und Größenvariationen 16 –– Immunsystem 9 –– Lageanomalien 16 –– Portalfelder 4 –– Segmente 4 –– Überlappungssyndrome 269 Leberabflussstörung 52 Leberabszess 16, 31, 523 Leber-Allograft-Rejektion 282 Leberantigen, lösliches (SLA) 260 Leberbiopsie 52, 73, 85, 118, 141, 242, 257, 260, 276, 296, 385, 460, 504 Leberbiopsiezylinder 77 Leberegel 241, 546, 557, 588, 698 Leberektopie 16 Lebererkrankung –– alkoholische 90, 160, 346 –– bei Kindern 70 –– entzündliche 256 –– fibropolyzystische 19 –– Nichtzirrhotische chronische 90 Leberfibrose 9, 48, 388 –– kongenitale (CHF) 19, 20, 21
Stichwortverzeichnis
Leberfunktion 9 –– Zonierung 10 Lebergewebe –– ektopes 16 –– heterotopes 16 Leberhämatom 433 Leberhautzeichen 349 Leberhistologie 468 Leberinsuffizienz 28 Leberkarzinom 96 Leberkrankheit, autoimmune 265 Leberkupfergehalt 74, 78 Leberkupferkonzentration 75 Leberlappen, akzessorischer 16 Leberläsion 47, 56 Lebermetastasen 420 Leber-Nieren-Mikrosom (LKM) 259 –– Antikörper 260 Leber-Pankreas-Antigen (LP) 260 Leberparasiten 399 Leberparenchym 4 Leberregeneration 9 Leberruptur 433 Leberschaden –– cholestatischer 122, 141 –– medikamentös-toxischer 118 Leberschädigung 118 Lebersegmente 44 Lebersteifigkeit 349 Lebertransplantation 17, 24, 27, 28, 29, 34, 50, 77, 84, 95, 96, 97, 165, 280, 298, 301, 304, 307, 315, 319, 362, 368, 504, 507, 512 –– Abstoßungsreaktion 28 –– bei Kindern 265 –– Rezidive der Grunderkrankungen 458 Lebertumor 21, 439 –– gutartiger 410 –– primärer 378, 418 –– sekundärer 378 Lebervene 44 –– Fehlbildungen 17 Lebervenenthrombose 50 Leberverfettung 211 Leberversagen 47, 52, 188, 261, 434 –– akut-auf-chronisches (ACLF) 165 –– akutes 32, 37, 76 –– fulminantes 193 Leberzelladenom 67, 416 –– inflammatorisches 385 Leberzelldysplasie 203, 395 Leberzellkarzinom 203 Leberzellmembran 211 Leberzellnekrose 36, 242 –– fokale 227 Leberzellregeneration 198 Leberzellrosette, cholestatische 286
787
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Stichwortverzeichnis
Leberzellverfettung 32, 34, 36 Leberzirrhose 16, 24, 25, 27, 28, 32, 91, 389 –– biliäre 29 Leberzysten 19, 22 –– solitäre 18 Lecithin 555 Leichtkettenerkrankung 54 Leiomyosarkom 424, 759 Leishmaniose 244 –– viszerale 234 Lepra, lepromatöse 230 Leptospiren 228 Leser-Trélat-Zeichen 586 Leukodystrophie, metachromatische 522 L-FABP-Protein 384 LiMAx-Test 353 Lipase 664 –– lysosomale saure 71 Lipide, extrazelluläre 441 Lipidhomöostase 134 Lipidmetabolismus 10 Lipidvakuolen 67 Lipofuszin 216 Lipofuszingranula 78 Lipofuszin-Pigment 32 Lipogranulome 166 Lipolyse 163 Lipom 411 Lipomatose 699 Lipopeliose 441 Liposarkome 425 Listeriose 226 LITH-Gen 552, 554 Liver-X-Rezeptor (LXR) 554 Lobulus, hexagonaler 6 Lobuluskonzept 6 Lobus caudatus 5 Lochkerne 6, 32 Louis-Bar-Syndrom 18 Lues 227 Lumina, intrazytoplasmatische 421 Luminisierung 277 Lupus erythematodes 54, 534 Lyme-Borreliose 228 Lyme-Erkrankung 228 Lymphabfluss 636 Lymphadenopathie 525 Lymphflüssigkeit 6 Lymphfollikel 196 Lymphknoten 6, 636 Lymphknotenmetastasen 399, 402, 719 Lymphknotenschwellung 220 Lymphohistiozytose, familiäre hämophagozytische 37 Lymphom 378 –– malignes 760 –– primäres der ampullären Region 627
Lymphozyten 6 –– leberassoziierte 9 Lymphozytose, sinusoidale 234 Lynch-Syndrom 612, 616, 729 Lyssavirus 222 M Magenschleimhautheterotopie 524 Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP) 316 Magnetresonanz-Spektroskopie 360 Major Histocompatibility Complex (MHC) 444 Malakoplakie 663, 684 Malaria 234 Malariapigment 234 Maldigestion 652, 673 Malformation –– arteriovenöse 17, 694 –– biliäre 415 –– der Duktalplatte 19 –– kongenitale hepatoportale arteriovenöse 17 Mallory-Denk-Körper 135, 285 Mallory-Körperchen 32 MALT-Lymphom 598 Mangel an intrahepatischen Gallengängen 299 Manifestation, extrahepatische 212 Marburg-Virus 216 Marker 8 Maschendrahtfibrose 135, 164, 170 Masernhepatitis 222 Massenapoptose 286 Matrixdiagnostik 51, 57 Matrixmetalloprotease 199 Matrixmetalloproteinase 6 MD3/ABCB4-Gen 552 MD3-Aktivität 555 MDR. Siehe Multidrug Resistance Protein MDR3-Mangel 26 Medikamenteneinnahme 305 Megamitochondrien 166 Mekoniumileus 652, 654 Mekoniumperitonitis 654 Melan-A 411 Melanom, malignes der Gallenblase 598 MELD-Exzeption 362 MELD-Score 440 Melioidose 225 Membran, basolaterale 7 MEN-1-Syndrom 622 Mesotheliom, fibröses 414 Metabolisches Syndrom 33, 35, 135, 385 Metabolisierung, hepatische 126 Metabolite 141 –– reaktive 121 Metallothionein 267
Metaplasie 278, 279 –– azinäre-duktale 698 –– der Gallenblasenschleimhaut 547 –– gastrale 279 –– intestinale 279 –– onkozytäre 279 –– squamöse 697 Metastasen 424, 466, 524, 731 –– hämatogene 399, 719 –– im Pankreas 759 –– peritoneale 399 Methotrexat 141 Migration, aktive 9 Mikroabszess 219, 238 Mikrogallenblase 654 Mikrogranulom 166 Mikrohamartom, biliäres 19 Mikrosporidien 244, 547 Milan-Kriterien 465 Milchglashepatozyten 207, 209, 392 Miliartuberkulose 229, 243 Milz, akzessorische 700 Milzheterotopie 16 Milzsteifigkeit 352 Mimikry, molekulare 307 Mirizzi-Syndrom 558, 575 Missbildungen der Leber 16 Mitochondrien 134 Mitochondrienruptur 122 Mitochondrienveränderung 80 Mitochondriopathie 37 Mixed Adeno-Neuroendocrine Carcinoma (MANEC) 595, 618, 623 Mizellen 11, 554 Mononukleose, infektiöse 220 Monooxygenase 12 Monozyten 9 Morbus –– Byler 24 –– Crohn 315, 551 –– Niemann-Pick 37 –– Osler-Rendu Weber 17 –– Recklinghausen 622 –– Weil 228 –– Whipple 638 –– Wilson 11, 27, 32, 74, 194, 313, 701 Mortalität, zirrhoseassoziierte 160 Moskito 215 Mottenfraßnekrose 256 Mukobilie 278 Mukopolysaccharide 423 –– sulfatierte 421 Mukormykose 231 Mukoviszidose. Siehe Fibrose, zystische Mukozele 654
Stichwortverzeichnis
Multidrug Resistance Protein (MDR) 96 –– MDR3-Defizienz 96 Multisystemerkrankung 73 Murphy-Zeichen 536 Musculus sphincter Oddi 279, 526 Muskelschwäche 65 Muskulatur, paraspinale 361 Mutant 198 Muzin 577 –– nukleationsförderndes 556 Muzingen 552 Muzinmarker 746 Muzinmarkerprofil 738 Muzinproduktion 403 Mycobacterium –– avium 228, 230, 243 –– leprae 228 –– tuberculosis 228 Myelolipom 411 Mykobakterien 229, 307 MYO5B-Gen 98 Myo-D1 423 Myofibroblasten 9, 137, 164, 199, 418 Myogenin 423 Myosin-5B-Defizienz 98 Myostatin 360 Myostatin-Blocker 362 Myxovirusgruppe 222 N NADH 162 NAFLD. Siehe Fettlebererkrankung, nichtalkoholische Nahrungsergänzungsmittel 143 Narbenfeld 317 Narbe, zentrale 382, 393, 416 NASH. Siehe Steatohepatitis, nichtalkoholische NAS-Scoring-System 135 Natriumbikarbonat 637 Natürliche Killerzellen (NK) 257 Nekrose 127, 259, 266 –– der Gallenblase 525 –– hämorrhagische 215 –– hypoxisch-ischämische 692 –– infizierte 668 –– ischämische 53, 526 –– konfluierende 286 –– panlobuläre 261 –– perivenuläre 449 –– perivenuläre konfluierende 261 Nekrose-Fibrose-Sequenz 666, 669 Nematoden 236, 545 Neolumina 50 Neoplasie 378 –– biliäre intraepitheliale (BiIIN) 279, 399, 569, 586 –– De-novo-Neoplasie 468 –– des Pankreas 708
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Stichwortverzeichnis
–– epitheliale 406 –– flache intraepitheliale 615 –– gemischte neuroendokrine-nichtneuroendokrine (MiNEN) 594, 595, 623 –– intraduktale onkozytär-papilläre 734 –– intraduktale papilläre (IPN) 408, 586 –– intraduktale papillär-muzinöse 716, 733 –– Dysplasiegrad 734 –– gastrische 737 –– Hauptgang-IPMN 739 –– intestinale 736, 737 –– Mischtyp 737 –– onkozytäre 736, 737 –– pankreatobiliäre 736, 737 –– Seitengang-IPMN 739 –– intraduktale tubulopapilläre 717, 742 –– intraepitheliale 395, 406 –– intrazystische papilläre (IPN) 571 –– invasives Karzinom 571 –– muzinöse zystische (MCN) 573, 586, 717, 743 –– neuroendokrine (NEN) 409, 594 –– der Ampulla Vateri 621 –– nichtinvasive pankreatikobiliäre papilläre der Ampulla Vateri 614 –– serös-zystische 747 –– oligozystisch-makrozystische Variante 747 –– Ultrastruktur 748 –– solid-pseudopapilläre 731, 755 –– Metastasierung 758 –– Ultrastruktur 757 –– Varianten 757 Nervenfasern –– parasympathische 6 –– sympathische 6 Nervenplexus 6 Nervenscheidentumor, maligner peripherer 759 Neugeborenenikterus 298 Neurofibromatose 622 Neurofibromatosis 618 Neutrophile 288 Nichtcholesterinsteine 549, 553 Nierenerkrankung –– polyzystische 20, 648 –– autosomal-dominante 21, 22 –– autosomal-rezessive 20, 21 –– zystische 19 Niereninsuffizienz 356 Nierentransplantation 218 Nierenversagen 668 Nizza-Klassifikation 364 NK-Zellen 9 Non-alcoholic Fatty Liver Disease (NAFLD). Siehe Fettlebererkrankung, nichtalkoholische Notch-Ligand JAG1 299 Notch-Signalweg 287, 299 NR1H4-Gen 98
Nukleosidanaloga 211 Nukleotidanaloga 211 Nullbiopsie 439, 442 O Oberbauchschmerzen 52, 432 Obliteration 50, 317 –– fibröse 317 Obstruktion –– biliäre 504 –– kongenitale 526 Obstruktionssyndrom, sinusoidales (SOS) 50, 122 –– akutes 50 Ödem 235 Omphalitis 46 Onkoprotein 389 Ontogenese, biliäre 288 Opie-Syndrom 662 Opisthorchis 239, 241, 546 –– viverrini et felineus 588 Organ, marginales 438 Organmykose 230 Organversagen 366 Ösophagusvarizen 241, 349, 352 Ösophagusvarizenblutung 55 Osteosarkom 425 Östrogen 306 Östrogenrezeptor 306, 746 Ovargewebe, heterotopes embryonales 744 Overlap-Syndrom 27, 29, 278, 310, 318 Oxygenierungsdefekt 362 Oxyuris vermicularis 237 P Pale-Bodies 391, 394 Palmarerythem 165 Panarteriitis nodosa 525, 692 Pancreas –– anulare 647 –– divisum 644 Pancreatic Stellate Cells 699 Pancreatic Stone Protein 669 PanIN-1-Läsion 700 PanIN-3-Läsion 677 PanIN-Läsion 672 Pankreas –– altersbedingte Veränderungen 637 –– Anatomie 632 –– Anomalien 644 –– bioptische Diagnostik 638 –– Blutgefäße 636 –– ektopes 645 –– Embryologie 632 –– Fehlbildungen 644 –– Funktion 637 –– Gewicht 633
–– –– –– ––
Innervation 636 Linksresektion 638 Metastasen 759 muzinöse nichtneoplastische zystische Läsionen 760 –– postoperative Diagnostik 638 –– Resektionsverfahren 638 –– tumorartige Läsionen 760 –– Volumen 633 –– zystische nichtneoplastische Veränderungen 694 Pankreasagenesie 647, 655 Pankreasanlage 644 Pankreasdissektion 638 Pankreaserkrankung, hereditäre 652 Pankreasfibrose 523 Pankreasgewebe 646 –– heterotopes 713 Pankreasheterotopie 16, 524, 568, 645 Pankreashyperplasie 648 Pankreashypoplasie 647 Pankreasinsuffizienz 652, 655, 673, 692, 699, 701 Pankreaskarzinom 673 –– familiäres 700, 710, 728 –– hereditäres 656, 728 –– S3-Leitlinie 718 Pankreaskopfkarzinom 618 Pankreaskrebs 709 Pankreassaft 638 Pankreassarkoidose 684 Pankreasschaden, traumatischer 692 Pankreassekretion 637 Pankreastransplantation 701 Pankreastrauma 692 Pankreastumor –– Klassifikation 708 –– pädiatrischer 759 Pankreaszysten, kongenitale 648 Pankreatektomiepräparat nach Whipple 639 Pankreatitis –– akute 661, 692 –– autodigestive 694 –– interstitielle 665 –– nekrotisierende 665 –– alkoholische 662 –– chronische 669 –– autoimmune 669, 677, 760 –– bei Kindern 692 –– biliäre 662 –– chronische 668, 699, 712, 729 –– chronisch-kalzifizierende 668 –– Durchblutungsstörungen 662 –– eosinophile 682 –– experimentelle 665 –– follikuläre 682 –– Gefäßerkrankungen 692 –– hämoduktale 667
Stichwortverzeichnis
–– hereditäre 656, 665, 669, 676 –– idiopathische 662, 669 –– chronische 682 –– im Kindesalter 684 –– infektiöse 663, 665, 666 –– Klassifikation 660 –– Kreislaufstörungen 692 –– Medikamente 663 –– obstruktive chronische 682 –– ödematöse 663 –– paraduodenale 669, 675, 697 –– chronische 673 –– postoperative 663 –– posttraumatische 663 –– tropische 669, 676, 682 –– vaskulitische akute 694 Pankreatoblastom 731, 754 Pannikulitis-Polyarthralgie-Syndrom 754 Papilla Vateri 322 Papille 279 –– kleine 675 Papillenkarzinom 730 Papillensklerose 610 Papillitis 610 –– stenosans 610 Paragangliom 597 –– gangliozytisches 622, 623 Parasiten 238, 545, 557 –– intrazelluläre 222 Parenchymherd, hyperplastischer 56 Parenchymhyperplasie 47 Parenchymknoten 79 Parenchymschädigung –– hypoxische 55 –– toxische 55 Parenchymverlust 52 Parenchymzellersatz 55 PAS-Diastase-Reaktion 200 PAS-Reaktion 235 Pathogen-associated Molecular Patterns (PAMPs) 367 Pazini’sche Körperchen 636 PDC-E2 307 PDX1-Gen 647 PECom 759 Peliosis hepatis 48, 55, 226, 410 Peliosisherd 381 Pemphigoid, bullöses 586 Perforation der Gallenblasenwand 526 Peripolese 260 Perisklerose 266 Peritonitis –– biliäre 526 –– gallige 18, 536 –– spontanbakterielle (SBP) 357 Perivenulitis, zentrale 446 Perizyten 8
791
792
Stichwortverzeichnis
Peroxisome Proliferator-activated Receptor-gamma (PPAR-γ) 134 Peutz-Jeghers-Polypen 614 Peutz-Jeghers-Syndrom 566, 618, 736, 751 Pfeifenstielfibrose 46, 240 PFIC. Siehe Cholestase, progressive familiäre intrahepatische Pfortader 17, 44 –– Anomalien 17 Pfortaderäste 4 Pfortaderdruck 353 Pfortaderkreislauf 354 Pfortadersystem 4 Pfortaderthrombose 45, 52, 55 Phagozytose 9 Phlebitis 317 Phlebosklerose 170 Phosphatase, alkalische 141, 267, 307, 316 Phospholipase A 664 Phospholipide 555 Phospholipidose 134 Piecemeal-Nekrose 259, 266, 267 Pigmentablagerung 234 Pigmentsteine 549, 553, 557 –– braune 557 –– chronische Infektionen 551 –– reine 554 –– schwarze 554, 557 Pilzinfektionen der Gallenblase 544 PKD1-Gen 22 PKD2-Gen 22 PKHD1-Gen 21 Plasmazellen 260 –– IgG4-positive 322, 678 Plasmazellgranulom 418 Plasmazellhepatitis 462 Plasmodiena 234 Plattenepithelkarzinom 580 –– der Ampulla Vateri 620 Plattenepithelmetaplasie 279 Pleomorphie 422 Plexus –– lymphatischer 6 –– peribiliärer 4, 44 Pneumobilie 279 Pneumocholezystitis 536 Pneumocystis carinii 243 Pneumonie 224 PNPLA3-Gen 34, 161 Podoplanin 421 Polyendokrinopathie, autoimmune 30 Polymorphismus 316 Polypeptidzellen, pankreatische 632 Polyposis, familiäre (FAP) 612, 616 Polyspleniesyndrom 295 Porphyria cutanea tarda (PCT) 91 Portalfeld 196, 444
Portalfeldentzündung 444 Portalfeldinfiltration, mononukleäre 256 Portal Vein Thrombosis (PVT) 456 Portalvenen 296 Portoenterostomie nach Kasai 507 Porzellangallenblase 539, 575 Postcholezystektomiesyndrom 526, 610 Postprimärtuberkulose 229, 230 Posttransplantatfaktor 448 Posttransplantationsautoimmunhepatitis 265 Posttransplantationshepatitis 449 Post-Transplant Lymphoproliferative Diseases (PTLD) 454 PP-Lappen 647 Präeklampsie 431, 432 Präservationsschaden 441 Prednison 261 Preservation/Reperfusion Injury (PRI) 441 Primary Graft Dysfunction (PDF) 441 Primary Non-Function (PNF) 441 Progenitorzellaktivierung 8 Progenitorzellen 8 Progenitorzellproliferat 287 Progesteronrezeptor 746 Proliferation –– duktuläre 287 –– neoduktuläre 276, 277, 287, 301 –– sarkomatöse noduläre 746 Prostaglandin 533 Protein –– K8 172 –– K18 172 –– kupferbindendes 78 –– leberspezifisches (LSP) 164, 257 –– LSP-Komplex 257 Proteinsynthese 10 Protoskolizes 239 Protozoen 545 Protozoeninfektion 244 Protozoon 235 PRSS1-Gen 676 Pruritus 430 Pseudo-Caroli-Zyste 326 Pseudohypertrophie, lipomatöse 699 Pseudokapsel 390 Pseudolymphfollikel 196 Pseudolymphom 418, 700 Pseudotumor, inflammatorischer 317, 322, 700, 760 Pseudozyste 381, 666, 670, 672, 694 Psoasmuskel 361 PSVS. Siehe Shunt, kongenitaler portosystemischer venöser Pylephlebitis 46 Pylesklerose 45 Pylorusdrüsenadenom, intraduktales tubuläres 743 Pylorusdrüsenmetaplasie 547 Pyrrolizidin 50
Q Quasispezies 198 R Radiofrequenzthermoablation (RFTA) 392 Radspeichenstruktur 416 RAI. Siehe Abstoßungs-Aktivitäts-Index Reactive Oxygen Species (ROS) 134, 162, 441 Reaktion, duktuläre 169, 198, 277, 287 Rechtsherzinsuffizienz 50, 52, 353 Rechts-Links-Shunt 362 Reduplikatur 17 Regenerationskapazität, hepatische 366 Regeneratknoten 354 Regenerat, knotiges 297 Region, ampulläre –– benigne Tumoren 612 –– maligne Tumoren 615 Rekanalisation 46 Remodelling 52 Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) 354 Reoxygenierung 441 Reperfusion 441 Reperfusionsschaden 53 Resektionsrand 639 –– pankreatischer 717 Response-Syndrom, systemisches inflammatorisches (SIRS) 165 Retentionszyste 695 Retikulinfaserdarstellung 56 Retikulinfasern 289 Retikulinfasernetz 50 Retikulinfasernetzwerk 6 Retransplantation 438, 449, 461 Reye-Syndrom 35, 37 Rezeptor, nukleärer 141 Rhabdoidtumor 423 Rhabdomyoblasten 424 Rhabdomyosarkom –– der Gallengänge 598 –– hepatobiliäres 423 Rhabdoviridae 222 Rickettsien 222, 223 Riedel-Leberlappen 16 Riesenzellen 218, 233, 242 –– cholestatische hepatozelluläre 286 Riesenzellentumor, maligner osteoklastärer 724 Riesenzellhepatitis 23, 25, 193, 261 Riesenzellhepatitisrezidiv 466 Riesenzelltransformation 26, 33 Rifampicin 96 Rinnenpankreatitis 673, 697 –– paraduodenale 760 RNA-Nachweis, direkter 212 RNA-Virus 222 RNF43-Mutation 736 Rogers-Zirrhose 235
Stichwortverzeichnis
Rokitansky-Aschoff-Sinus 512, 522, 538, 540, 548 Rosettenbildung 260, 266 Rupturgefahr 48 R-Wert 118 S S-100-Antigen 424 Salmonella –– Typhi 225, 544 –– typhimurium 399 Sandflöhe 235 Sarkoidose 54, 534, 666, 684 Sarkom –– embryonales (undifferenziertes) 414, 422 –– Marker 423 –– Vorläuferläsion 423 –– NOS (not otherwise specified) 424 Sarkopenie 360 Satellitenknoten 390 Saugwürmer 545 Schadensmuster 119, 276 Schaumzellen 448, 520 Schaumzellreaktion 279 Schilddrüsenheterotopie 16 Schistosoma mansoni 545 Schistosomen 239, 240, 545 Schistosomiasis 46, 239, 240 Schleimhautischämie 533 Schmerz 673 Schnürleber 17 Schockleber 55 Schocklunge 668 Schwangerschaftscholestase 26 –– intrahepatische 430 –– Klassifikation 431 Schwangerschaftsfettleber 430 Schwannom 424, 759 Schweißdrüsen 655 Scoring-System 87, 256 Screening-Intervall 390 SEC. Siehe Zellensinusoidale endotheliale Sekretabflussbehinderung 662 Sekretin 638 Seneszenz 308 Seneszenz-Marker 281 Sepsis 177, 306, 534, 668 Septenbildung 52, 55, 296 Septikopyämie 226, 534 Septum –– fibröses 52 –– transversum 9 Serokonversion 209 Serumfibrosemarker 349 Serumkreatinin 370 Shunt 44 –– arteriovenöser 17 –– kongenitaler portosystemischer venöser (PSVS) 17
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Stichwortverzeichnis
–– Operation 50 –– vaskulärer 52 Shuntbildung, angeborene 17 Shuntgefäß 47 Shwachman-Diamond-Syndrom 655, 699 Siderose 89 –– mesenchymale 86, 90 –– parenchymatöse 90, 173 Siegelringzellkarzinom 579, 725 –– der Ampulle 620 Simple Cyst 696 Sinusendothelien 391 Sinusoid 4, 8, 44, 48, 50 –– Kapillarisierung 48 Sinusoidarchitektur 10 Sinuszellaktivierung 211 Sinuszellen 190, 193 Situs inversus 16 Sklerose, zentrale hyaline 170 Sklerosierung 143 Sludge 557, 558 SMAD4/DPC4-Gen 710 Small Cell Change 395 Small-for-size-Syndrom (SFSS) 441 Solitärsteine 534 Sparganum proliferum 244 Spenderantigen 452 Spender‑/Empfängerfaktoren 448 Spenderleber 467 –– Verfettung 440 Sphincter Oddi 503 –– Dysfunktion (SOD) 610 Sphinkterotomie 610 Spindelzellen 391, 418, 421, 422, 423 SPINK1-Gen 682 Splenomegalie 241, 349, 354 Splenomegaliesyndrom 234 Spotty Necrosis 189 Spulwurm 237 Staging (Fibrosierungsgrad) 261 Stammzellmarker 174, 177 Stase 45 –– biliäre 556 –– der Galleflüssigkeit 534, 555 Stauungshyperämie 523 Stauungsleber 52, 54 Steatohepatitis 32, 35, 48, 51, 90, 129, 175, 366, 468 –– alkoholische (ASH) 160, 162, 168 –– Chemotherapie-assoziierte (CASH) 134 –– nichtalkoholische (NASH) 33, 128, 389, 465 –– medikamentös-induzierte 134 –– NASH-Scoring nach Brunt 135 –– symptomatische 134 Steatorrhö 652, 673 Steatose 11 –– Chemotherapie-assoziierte (CASS) 134
–– gemischttropfige 166 –– hochgradige 166 –– makrovesikuläre 135, 166 –– mikrovesikuläre 135, 225 Steatosegrad 440 Steatosis hepatis 31, 34 –– im Kindesalter 33 Stenose 317 –– des D. choledochus 523 Stenosierung 52 Stenting 673 Sternzellen 6, 8, 10, 164 –– hepatische 199 –– pankreatische 636, 670 Steroid 259 –– anabolisches 141 Steroidhormone, synthetische 378 Steroidtherapie 263 Stoffwechselerkrankung 22, 27, 31, 37 Stoffwechselstörungen der Gallenblase 520 Striktur 317 Stroma, ovarielles 406 Stromatumor, gastrointestinaler 759 Strongyloides stercoralis 238 Strongyloidiasis 238 Stufenschnitt 281 Subileus, paralytischer 668 Sublobularvenen 5 Substrat-Clearance 126 Sudanschwarzfärbung 441 Sugar Tumor 759 Sulfatlipidose. Siehe Leukodystrophie, metachromatische Sulfomuzin 502 Summen-Score 313 Sunflower-Katarakt 75 Superinfektion 213 Swansea-Kriterien 434 Synaptophysin 757 Syndrom –– hämophagozytotisches 243 –– hepatorenales 356 Synovialsarkom 415 Syphilis 227, 523 Systemerkrankung 37, 417 T Tachyzoiten 236 Tektumaplasie 610 Teleangiektasie 54 –– hereditäre hämorrhagische (HHT) 17 Telomerverkürzung 715 Teratom, reifes 646 Testosteron 361, 362, 378 Thalassämie 89
Therapie –– Ansprechen 460 –– immunsuppressive 256, 259, 443 Thorotrast 419, 420 Thrombose 46, 534 Thrombosierung 51, 52 Thrombozytopenie 349 Thyreoiditis 258 Tight-Junction-Protein-2-Defizienz 97 T-Lymphozyten 9, 207 –– CD4-positive 242, 243 –– regulatorische 199 TNM-Klassifikation 391 TNM-Stadieneinteilung 398 Toxine 118, 663 Toxocara canis 238 Toxoplasma gondii 236 Toxoplasmen 236 Toxoplasmose 236, 244 TP53-Gen 710 Transaminase 22, 135, 444 Transaminitis 468 Transferrin 82, 88 Transferrinsättigung 88 Transformation –– fokale azinäre 698 –– myofibroblastäre 48 Transkriptionsfaktor PDX-1 632 Translokation, bakterielle 355, 362 Transmembran-Transportprotein 122, 141 Transplantatabstoßung 442 –– Staging und Grading 450 Transplantatdysfunktion 440, 441 Transplantatfunktion 440 Transplantatinfektion 460 Transplantation 393 Transplantatleber 53 Transplantatreperfusion 441 Transplantattoleranz 453 Transplantatversagen 53, 442, 454, 461 Transportprotein 7, 283 –– ABCB4 431 –– ABCB11 431 –– des Galletransports 24 Transportsystem, hepatobiliäres 22 Trematoden 236, 239, 545 Treponema pallidum 227 Trias, portale 44 Triglyzeride 10, 72 Trommelschlägelfinger 362 Trophozoiten 235 Trypsin 636, 664, 751, 755 Tuberkulose 225, 229, 243, 523, 663, 666 –– der Gallenblase 544 Tumor 16, 242, 465 –– des Pankreas 708
Stichwortverzeichnis
–– –– –– –– ––
epithelialer 378 extrarenaler rhabdoider 760 HIV-assoziierte 244 inflammatorischer myofibroblastischer 700 intraduktaler papillärer muzinöser (IPMN) 278, 731 –– lipomatöser 411 –– mesenchymaler 378, 410 –– der ampullären Region 627 –– myofibroblastärer 418 –– neuroendokriner (NET) 731 –– der Ampulla Vateri 621 –– der extrahepatischen Gallengänge 594 –– der Gallenblase 594 –– solitärer fibröser 414, 759 –– vaskulärer 44 Tumorendothelien 391 Tumormarker 390 Tumornekrosefaktor 161, 164 Tumorobstruktion 399 Tumorokklusion 421 Tumorresektion, kurative 423 Tumorrezidiv 466 Tumorzellen –– hellzellige 391 –– pleomorphe 391 Tunica –– adventitia 502 –– mucosa 502 –– muscularis 502 –– subserosa 502 Two-Hit-Hypothese 134 Typhus 225 Tyrosinämie 33 T-Zellen 9 T-Zell-Rezeptor 122 U Überlappungssyndrom, autoimmunes (AOS) 265, 266 Ulzeration 297 Umbilikalvene 44 Uroporphyrinogendecarboxylase 91 Ursodeoxycholsäure 97, 313, 432 Urtikaria 241 V Vakzinierung 199 Valproinsäure 663 Valvula spiralis Heisteri 502 Vanishing-bile-duct-Syndrom 276, 280, 282 Variabilität, intratumoröse 400 Varizellen-Zoster-Virus (VZV) 217 Varizen der Gallenblasen- und Gallenganggefäße 523 Vaskulitis 47, 227, 523 –– der Gallenblase 524 –– kutane leukozytoklastische 525
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Stichwortverzeichnis
–– singuläre organbezogene (SOV) 524 –– systemische 54, 524, 525 Vater’sche Papille 502. Siehe auch Papilla Vateri –– Fehlbildungen 610 –– Funktionsstörungen 610 Vena –– cava inferior 5, 44 –– hepatica 44 –– mesenterica 634 –– portae 44 Venenfistel 44 Venenobliteration 47 Venenverschlusskrankheit 31 Venopathie 47 Verdauungsenzyme 635, 637 Verfettung 55, 128, 135, 166, 168, 169 –– der Spenderleber 440 Verkalkung 393 Vernarbung 296 Vesikel 554 Vimentin 421 Vinylchlorid 420 Virämie 211 Virchow’sche Trias 51 Virchow-Zellen 230 Virus –– onkogenes 203 –– zytopathisches 216, 221 Virushepatitis 27, 33, 305 –– akute 188 –– chronische 91 Virusinfektion 295 Virusreplikation 211 von-Hippel-Lindau-Syndrom 18, 648, 656 von-Meyenburg-Komplex 19, 277, 401, 404 Vorderdarmzyste 648 –– hepatische 18 Vorläuferläsion 413 Vorläuferzellen 396 W Wachstumsfaktoren 9 Wachstumsformen nach Eggel 390 Wachstumshormon 361 Warthin-Starry-Färbung 48, 227 Wegener-Granulomatose 525 Weibel-Palade-Körperchen 421 West-Haven-Kriterien 359 Whartin-Starry-Färbung 228 Windpocken 217 Wolman-Krankheit 71 Wurmeier 237, 238, 239 Würmer 398 Wurmerkrankung 545
X Xanthomatose 71 X-Antigen 206 Y Yersinia pestis 224 Z Zahn-Furchen 16 Zahn’scher Pseudoinfarkt 56 Zellen –– autoreaktive 265 –– dendritische 9 –– neuroendokrine 635 –– sinusoidale endotheliale (SEC) 122 –– zentroazinäre 635 Zellkern 6 Zellmembran 7 Zentralvenen 5 Zerkarien 239 Zeroidgranulom 538, 540 Zestoden 236, 239 Zigarettenrauchen 669 Zirkulation –– enterohepatische 11 –– hyperdyname 354 Zirrhose 16, 48, 70, 91, 135, 295, 297, 313, 322, 346, 654. Siehe auch Leberzirrhose –– alkoholische 160 –– biliäre 288, 504, 507 –– endemische infantile tirolische 81 –– fokale 416 –– Gallensteine 551 –– indische kindliche 81 –– kleinknotige 170 –– makronoduläre 47, 137 –– mikronoduläre 137 –– primäre biliäre 463 –– sekundäre biliäre 297 –– Stadien 348 Zirrhoseleber 57 Zoiten 236 Zonulae occludentes 11 Zoonose 235, 236, 238 Zwei-Komponenten-Erkrankung 265 Zyanose 362 Zymogengranula 635 Zystadenokarzinom 403, 406 –– seröses 748 Zystadenom 403, 406 –– seröses 408 Zysten 236, 239, 415 –– endometriale 697 –– enteroendogene 696
–– enterogene 648 –– epidermoide 695 –– hydatide 239 –– kongenitale 696 –– lymphoepitheliale 695 –– muzinöse nichtneoplastische 696, 747 –– muzinöse simple 697 –– peribiliäre 326 –– squamoide 695 Zystenbildung 295
Stichwortverzeichnis
Zytokeratin (CK) 401, 404 –– CK19 277 Zytokine 199, 288 Zytomegalievirus (CMV) 453, 547 –– Cholangitis 242 –– CMV-Hepatitis 453 Zytoplasma, siegelringzellartiges 421 Zytoskelett des Hepatozyten 8 ZZ-Phänotyp, homozygoter 31
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