Orte für Amerika: Deutsch-Amerikanische Institute und Amerikahäuser in der Bundesrepublik seit den 1960er Jahren 3515100482, 9783515100489

Um das westliche Bündnis im Ost-West-Konflikt nach innen zu stabilisieren, setzten die USA auf auswärtige Kultur- und In

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German Pages 424 [430] Year 2012

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Einleitung
1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen:
Die Arbeitsbedingungen der Deutsch-Amerikanischen
Institute und Amerikahäuser
1.1 Amerikanische Vorgaben: Deutsch-Amerikanische Institute und Amerikahäuser als Instrumente der amerikanischen Außenpolitik
1.2 Westdeutsche Aneignungen: Die Deutsch-Amerikanischen Institute im Blick von Bund, Ländern und Kommunen
2 Darstellen und Deuten: Die Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanischen Institute in Aktion
2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung
2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter im Ost-West-Konflikt
2.3 Gesellschaftliche Herausforderungen und amerikanische Antworten
2.4 „Culturally stimulating and intellectually mature“: Kulturelle Leistungsschau als Mittel der Außenpolitik
3 Interaktion: Die Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanischen Institute als Symbolorte und als Elemente der lokalen Kulturlandschaft
3.1 Kontakte und Beziehungen: Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanische Institute im lokalen Kontext
3.2 Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanische Institute als Orte des Protests und der Kritik
Fazit: Zwischen leadership und partnership
Abkürzungsverzeichnis
Quellen- und Literaturverzeichnis
Personenverzeichnis
Abbildungsnachweis
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Orte für Amerika: Deutsch-Amerikanische Institute und Amerikahäuser in der Bundesrepublik seit den 1960er Jahren
 3515100482, 9783515100489

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Geschichte Franz Steiner Verlag

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t r a n sat l a ntHistorische i s ch e h i s to r i s ch e s t u d i e n Transatlantische Studien

Reinhild Kreis

Orte für Amerika Deutsch-Amerikanische Institute und Amerikahäuser in der Bundesrepublik seit den 1960er Jahren

Reinhild Kreis Orte für Amerika

transatlantische historische studien Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts Washington, DC Herausgegeben von Hartmut Berghoff, Martin Klimke, Miriam Rürup und Britta Waldschmidt-Nelson Band 44

Reinhild Kreis

Orte für Amerika Deutsch-Amerikanische Institute und Amerikahäuser in der Bundesrepublik seit den 1960er Jahren

Franz Steiner Verlag

Umschlagabbildung: Sympathiekundgebung für die USA vor dem Amerikahaus am 8. Februar 1966. Die Kundgebung ist eine Reaktion auf die Demonstration gegen den Vietnamkrieg am 5. Februar 1966, bei der es vor dem Amerikahaus zu Ausschreitungen gekommen war. Foto: ullstein bild – Berlin-Bild

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2012 Umschlaggestaltung: r2 Röger & Röttenbacher, Leonberg Druck: AZ Druck und Datentechnik, Kempten Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-10048-9

Inhaltsverzeichnis 1

Vorwort...............................................................................................9 Einleitung.......................................................................................... 11 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen: Die Arbeitsbedingungen der Deutsch-Amerikanischen Institute und Amerikahäuser.........................................................29 1.1 Amerikanische Vorgaben: Deutsch-Amerikanische Institute . und Amerikahäuser als Instrumente der amerikanischen . Außenpolitik ....................................................................................29 1.1.1 Die Neuausrichtung der USIA unter John F. Kennedy . ..................29 1.1.2 Von der Reeducation zur Partnerschaft: Die Gründung der Deutsch-Amerikanischen Institute 1962....................................43 1.1.3 Aufgaben und Organisationsweise der Deutsch-Amerikanischen Institute und Amerikahäuser ............................................................60 1.1.4 Country Plans für die Bundesrepublik: Zielbestimmung und -überprüfung .............................................................................68 1.1.5 Berichtswesen und Meinungsumfragen: Auswärtige Kultur- . und Informationspolitik als Sonde in die westdeutsche . Gesellschaft .....................................................................................82 1.1.6 Visuelle Propaganda: Der Amerika-Dienst . ....................................87 1.2 Westdeutsche Aneignungen: Die Deutsch-Amerikanischen . Institute im Blick von Bund, Ländern und Kommunen ..................93 1.2.1 Politische Profilierung: Unterstützung der . Deutsch-Amerikanischen Institute aus außen- und . parteipolitischen Gründen ............................................................ 96 1.2.2 Individuelle Motive im Umgang mit den . Deutsch-Amerikanischen Instituten ..............................................106 1.2.3 Verschiebungen im Konzept der Binationalität..............................124 1.2.4 Deutsch-Amerikanische Institute ohne Amerikaner? ....................137 2

Darstellen und deuten: Die Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanischen Institute in Aktion . ..........................141 2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung .............................141 2.1.1 Verstetigen, beeinflussen, fördern: Amerikanistik, . Schulunterricht und Austauschprogramme als Handlungsfelder....142 2.1.2 Wer spricht? „Amerikafahrer“ und Journalisten als Referenten . ..154 2.1.3 Grenzen und Freiheiten in der Programmgestaltung .....................161 2.1.4 Noch einmal Reeducation? ............................................................170 2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter im Ost-West-Konflikt...........177

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Inhaltsverzeichnis

2.2.1 Die Eckpfeiler des Bündnisses: Ost-West-Konflikt, Europäische Integration und Wirtschaftspolitik .................................................180 2.2.2 Krieg der Bilder: Der Vietnamkrieg ..............................................195 2.3 Gesellschaftliche Herausforderungen und amerikanische . Antworten ......................................................................................215 2.3.1 „Fortschritte trotz Rückschlägen“: Bürgerrechtsbewegung . und Rassenfrage . ...........................................................................218 2.3.2 Jugendprotest und Drogenkonsum ................................................238 2.3.3 Die Zukunft als gemeinsame Herausforderung: Städtebau . und Umweltschutz .........................................................................246 2.4 „Culturally stimulating and intellectually mature“: Kulturelle Leistungsschau als Mittel der Außenpolitik ..................................261 2.4.1 Anstöße zur Auseinandersetzung mit amerikanischer Literatur . ..264 2.4.2 Information durch Unterhaltung: Das Filmprogramm ..................274 2.4.3 Das Konzert- und Musikprogramm ...............................................282 2.4.4 Seriosität und Authentizität als Kennzeichen . des Kulturprogramms ....................................................................290 3

Interaktion: Die Amerikahäuser und Deutsch-­ Amerikanischen Institute als Symbolorte und als Elemente der lokalen Kulturlandschaft .......................295 3.1 Kontakte und Beziehungen: Amerikahäuser und . Deutsch-Amerikanische Institute im lokalen Kontext . .................295 3.1.1 Institutionalisierte Beziehungen der Deutsch-Amerikanischen Institute...........................................................................................299 3.1.2 Zwischen Konkurrenz und Kooperation: Das Verhältnis . zu deutschen und ausländischen Kultureinrichtungen....................310 3.1.3 Die Kooperationspartner der Amerikahäuser und . Deutsch-Amerikanischen Institute ................................................315 3.1.4 Selbstsicht: Die Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanischen Institute als Orte der Diskussion und des Austauschs ...................332 3.2 Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanische Institute . als Orte des Protests und der Kritik ...............................................337 3.2.1 „Störungen und Zerstörungen“: Themen und Formen . des Protests in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren ........338 3.2.2 Ungewohnte Herausforderungen: Der Umgang . der Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanischen Institute . mit Protest und Kritik ....................................................................361 3.2.3 USA-Kritik zu Beginn der 1980er Jahre .......................................373 Fazit: Zwischen leadership und partnership..............................................381

Inhaltsverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis...............................................................................391 Quellen- und Literaturverzeichnis..............................................................395 Personenregister..........................................................................................420 Abbildungsnachweis...................................................................................425

Vorwort Am Beginn dieser Arbeit stand ein guter Tipp: Das Deutsch-Amerikanische Institut in Nürnberg habe 80 Meter Akten an das Stadtarchiv abgegeben – ob es nicht lohnenswert wäre, sich diesen Bestand einmal anzusehen? Es lohnte sich, die Akten erwiesen sich als wahre Fundgrube und als exzellenter Ausgangspunkt für das Dissertationsprojekt, und so bin ich Axel Drecoll zu großem Dank verpflichtet, der mich auf diesen Bestand aufmerksam gemacht hat. Viele weitere Personen und Institutionen haben zum Entstehen dieser Dissertation beigetragen, die im Sommersemester 2009 von der LMU in München angenommen wurde. Mein erster Dank gilt meinem Doktorvater Hans Günter Hockerts für das große Interesse und Engagement, mit denen er die Studie betreut und gefördert hat, sowie für seine Anregungen in zahlreichen Gesprächen. Michael Hochgeschwender, der das Korreferat übernommen hat, danke ich ebenfalls sehr herzlich. Seiner steten Diskussions- und Lesebereitschaft hat die Arbeit viel zu verdanken. Bei der Überarbeitung des Manuskripts für den Druck waren die vielen Gespräche mit Philipp Gassert unentbehrlich. Dank schulde ich auch den Institutionen, deren Stipendien ein kontinuierliches Arbeiten an der Dissertation ermöglicht haben: der Bayerischen Volksstiftung für eine Anschubfinanzierung aus den Mitteln des Karl Graf Spreti Sonderfonds, der Konrad-Adenauer-Stiftung für die Aufnahme in die Graduiertenförderung, sowie dem John-F.-Kennedy-Institut der FU Berlin für ein Forschungsstipendium. Dem Deutschen Historischen Institut in Washington danke ich für ein Stipendium, das einen längeren Archivaufenthalt in den USA ermöglicht hat, sowie für die Aufnahme in diese Reihe. Hier danke ich besonders Martin Klimke für die gute und geduldige Betreuung seitens des DHI, sowie Sabine vom Bruch für das sorgfältige Lektorat und Harald Schmitt vom Steiner Verlag für die unkomplizierte und angenehme Zusammenarbeit bei der Drucklegung. Bei den Recherchen habe ich auf vielfältige Weise vom Wissen und von der Großzügigkeit etlicher Archive und Bibliotheken profitiert. Stellvertretend seien Gerhard Jochem vom Stadtarchiv Nürnberg und Antje Zacharias vom Stadtarchiv Tübingen genannt. Raimund Lammersdorf hat mir den Zugang zu den Monatsprogrammen des Amerikahauses München ermöglicht, Heinz Koderer (†) ließ mich sein privates Münchner APO-Archiv benutzen. Im Verlauf der Jahre hatte ich zudem die Möglichkeit, meine Thesen in verschiedenen Kolloquien vorzustellen. Aus den Diskussionen im Süddeutschen Kolloquium zur Zeitgeschichte, im Heidelberg Center for American Studies

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Vorwort

sowie den Oberseminaren von Johannes Paulmann und Andreas Etges ist viel in die Arbeit eingeflossen. Kaum zu überschätzen sind die Anregungen, der Austausch und die Ermunterungen, die den Alltag im Historicum so angenehm und produktiv gestaltet haben. Mit Nicole Kramer habe ich viel mehr geteilt als nur das Büro. Die Freundschaft mit ihr und unser stetiger Austausch haben ganz wesentlich dazu beigetragen, die Höhen und Tiefen der Dissertationszeit zu einer schönen Zeit und einer positiven Erinnerung werden zu lassen. Lisa Dittrich hat große Teile der Arbeit vor der Abgabe gelesen und durch ihre präzise Kritik den Text zu einem deutlich besseren gemacht. Unverzichtbar waren auch die Anregungen und Korrekturen von Theresia Bauer, Elsbeth Bösl, Christiane Kuller, Claudia Moisl, Ina Scherder, Winfried Süß und Tobias Winstel, die viele Stipendienanträge und Kapitel der Arbeit gelesen haben. Edith Susanne Rill hat verlässlich geholfen, größere und kleinere Katastrophen zu meistern. Die Mühen der Schlussredaktion hat Annemone Christians kompetent und zuverlässig übernommen. Meine Familie hat die Arbeit an der Dissertation auf vielfältige Weise unterstützt: viele als Quartiergeber bei den zahlreichen Archivreisen, Boris Thoma mit Recherchen in den Frankfurter Zeitungen, und vor allem mein Bruder Martin Kreis durch geduldiges Zuhören und die Lösung aller meiner Computerprobleme. Meine Eltern Mechthild und Walter Kreis haben meine Studienwahl und die Entscheidung für eine Promotion vorbehaltlos gefördert und begleitet. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. München, im Oktober 2011

Einleitung „Wie können Sie als Führer der westlichen Allianz, des stärksten Mitgliedslandes, die europäischen Länder, die immer unabhängiger, immer wohlhabender werden, … wie können Sie diese Länder dazu bringen, Ihrer Führung zu folgen?“ Diese Frage stellte der Journalist William H. Lawrence dem amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy in einem Fernsehinterview am 17. Dezember 1962. In seiner Antwort betonte der Präsident die Stärke der USA und ihre zentrale Rolle im transatlantischen Bündnis, verwies aber gleichzeitig auf die Entscheidungsfreiheit der westeuropäischen Staaten.1 Das Amerikahaus München zeigte das Interview wenige Wochen später in seinem Filmprogramm, und wie ein roter Faden zog sich die Frage nach dem Verhältnis von Führung und Partnerschaft durch das ganze Veranstaltungsprogramm für den Februar 1963. Die eingangs zitierte Frage sowie ein Teil der Antwort Kennedys waren dem Monatsprogramm als Geleitwort vorangestellt.2 Das Münchner Amerikahaus sprach damit eine zentrale Thematik der amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informationspolitik während des Ost-West-Konflikts an: das Verhältnis von leadership und partnership in den transatlantischen und deutsch-amerikanischen Beziehungen unter wechselnden politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die rund 20 Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanischen Institute (DAI) in der Bundesrepublik hatten dabei eine doppelte Funktion: Zum einen thematisierten sie die Qualität und die Bedeutung dieser Beziehungen für die amerikanische Hegemonialmacht und ihre Verbündeten. Zum anderen zählten sie selbst zum Instrumentarium, mit dem die US-Regierung ihre Vorstellungen zur künftigen Ausgestaltung des Bündnisses durchzusetzen suchte. Nach 1945 im Rahmen der Reeducation-Politik zur Demokratisierung der deutschen Bevölkerung gegründet, unterstanden die Amerikahäuser seit 1955 der United States Information Agency (USIA). Diese Behörde war weltweit für die auswärtige Kultur- und Informationspolitik der USA zuständig und 1

Das Interview „After Two Years – a Conversation With the President“ vom 17. Dezember 1962 ist abrufbar unter http://www.presidency.ucsb.edu/john_f_kennedy.php. 2 Hier und im Folgenden: AH München, Programm Februar 1963. In Quellen und Literatur finden sich verschiedene Schreibweisen des Begriffs „Amerikahaus“. Im Folgenden wird einheitlich die Form „Amerikahaus“ verwendet. Zudem wurden bei Zitaten – gedruckten wie ungedruckten – orthographische Fehler und typographische Besonderheiten wie fehlende Umlaute bei amerikanischen Schreibmaschinen stillschweigend korrigiert, sofern daraus keine Sinnveränderungen entstanden. Sie wurden außerdem an die neue Rechtschreibung angeglichen.

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Einleitung

sollte dazu beitragen, Sympathien für die Vereinigten Staaten zu erzeugen und die transatlantischen Beziehungen im Sinne der amerikanischen Regierung zu beeinflussen. Damit sind die Häuser dem Bereich der soft power zuzuordnen, mit deren Hilfe Staaten ihre Interessen in internationalen Beziehungsgefügen durchzusetzen versuchen.3 Als spezifisches Element der Außenpolitik entfaltet soft power ihre Kraft nicht über direkte Machtausübung und traditionelle, harte militärische oder ökonomische Machtmittel, sondern durch die Anziehungskraft ihrer Kultur, Werte und Institutionen. Ziel der auswärtigen Kulturund Informationspolitik war es, Spannungen und Missverständnisse abzubauen und ihnen vorzubeugen. Daher bestand die Kernaufgabe der Amerikahäuser und DAI darin, amerikanische Ziele und Werte zustimmungsfähig zu vermitteln. Was die USA, ihre Gesellschaft und Kultur ausmachte und wie dies im Ausland präsentiert werden sollte, definierten dabei regierungsoffizielle Stellen der Vereinigten Staaten.4 Über ihre Veranstaltungsprogramme wandten sich die Häuser direkt an die westdeutsche Bevölkerung. Um vor dem Hintergrund des Ost-West-Konflikts ihre Bündnispartner hinter sich zu scharen und neue hinzuzugewinnen, mussten die USA auch die öffentliche Meinung der jeweiligen Staaten für sich gewinnen.5 Für die USA wie auch für die Sowjetunion ging es im Rahmen der Systemkonkurrenz „mindestens ebenso sehr um die Durchdringung von Gesellschaften und die Oberhoheit über Diskurse […] wie um den Besitz von Raketen und nuklearen Sprengköpfen“, wollten sie die Auseinandersetzung für sich entscheiden.6 Die amerikanischen Aktivitäten auf dem Feld der auswärtigen Kultur- und Informationspolitik richteten sich daher – mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Strategien – nicht nur auf die ideologischen Gegner, sondern auch auf die Verbündeten der USA, um so das westliche Bündnis zu harmonisieren und im Sinne der USA nach innen zu stabilisieren.7 Somit waren die Amerikahäuser und DAI Teil einer übergreifenden Strategie für ganz Westeuropa. Die Situation in der Bundesrepublik war dabei durch einige Besonderheiten gekennzeichnet. Die Kultur- und Informationszentren waren ebenso wie andere Instrumente der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik in Westdeutschland aus der Reeducation-Politik der Besatzungszeit nach 1945 hervorgegangen. Diese Vergangenheit unterschied sie 3 Zu diesem Ansatz, den Joseph S. Nye in den 1990er Jahren entwickelt hat, s. umfassend Nye, Soft Power. Zur aktuellen Diskussion des Konzepts s. die Sammelbände von Parmar/Cox (Hg.), Soft Power and US Foreign Policy, und Ilgen (Hg.), Hard Power. 4 Zahran/Ramos, From hegemony to soft power, S. 20; Belmonte, Exporting America, S. 125. 5 Stöver, Der Kalte Krieg, S. 429. 6 Hochgeschwender, Westernisierung und Amerikanisierung im Kalten Krieg, S. 290. S. auch Stöver, Der Kalte Krieg, S. 463–471. 7 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 494f.; Junker, Politik, S. 20; Doering-Manteuffel, Internationale Geschichte als Systemgeschichte, S. 111.

Einleitung

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von den USIA-Aktivitäten in anderen Staaten, und dies war auch der Grund, warum die Zahl der Häuser in Westdeutschland noch Jahrzehnte nach dem Ende der Demokratisierungspolitik im Vergleich zu anderen westeuropäischen Staaten überdurchschnittlich hoch war. Zudem erfuhr die Bundesrepublik auch durch ihren Status als besonders wichtiger Bündnispartner und „Frontstaat im Kalten Krieg“ besondere Beachtung. Ziel der Studie ist es, die Amerikahäuser und DAI in Aktion und Interaktion zu zeigen. Erstens geht es um den Einsatz von soft power innerhalb des westlichen Bündnisses, mithin also um den Versuch der Hegemonialmacht USA, die Bevölkerung eines verbündeten Staates gezielt zu beeinflussen. Die Studie untersucht somit eine dritte Ebene zwischen der klassischen Diplomatiegeschichte und populärkulturellen Transfers, die jedoch beide in enger Wechselwirkung mit der Kultur- und Informationspolitik standen. Zweitens werden die Amerikahäuser und DAI in ihren lokalen Verflechtungen und innerhalb des deutschen Kontextes gezeigt. Es geht nicht um eine Institutionengeschichte, die nur Strukturen, Motivlagen und Zielsetzungen beleuchtet, sondern ebenso um die Praxis vor Ort, den Umgang westdeutscher Institutionen, Organisationen und Persönlichkeiten mit diesen Zentren, sowie um damit verbundene Aneignungsprozesse. Damit geraten die transnationalen Dimensionen internationaler Politik, genauer noch die transnationalen Beziehungen innerhalb des westlichen Bündnissystems am Beispiel der deutsch-amerikanischen Beziehungen in den Blick.8 Begreift man transnationale Geschichte als Forschungsperspektive, „die den unterschiedlichen Graden der Interaktion […] und Verflechtung nachgeht, die über den Nationalstaat hinausreichen“, diesen aber weiterhin als konstitutiven Faktor betrachtet, so eignen sich die amerikanischen Kulturund Informationszentren besonders gut, transnationale Bezüge zu untersuchen.9 An einer Schnittstelle zwischen USA und Bundesrepublik, Außen- und Kulturpolitik, Regierung und Öffentlichkeit gelegen, bildeten sie Kristallisationskerne für politische und gesellschaftliche Strömungen vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Auf diese Prozesse hatten die Häuser selbst keinen unmittelbaren Einfluss, doch hier wurden sie sichtbar und manifest. Die Amerikahäuser und DAI waren nicht der einzige, aber ein zentraler Teil der amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informationspolitik in der Bundesrepublik. Vor allem waren sie dauerhaft institutionalisiert und sichtbar 8 Conze, Jenseits von Nation und Staat, S. 144; Frevert, Ein weites Feld, S. 137. S. auch Frevert, Neue Politikgeschichte, S. 12. 9 Patel, Transnationale Geschichte – ein neues Paradigma? Diskussionsbeitrag im Internet-Forum „Transnationale Geschichte“ vom 2. Februar 2005 auf der Informationsplattform H-Soz-u-Kult: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/forum/. S. außerdem Gassert, Transnationale Geschichte, in: Docupedia-Zeitgeschichte, Version 1.0 vom 16. Februar 2010: http://docupedia.de/zg/Transnationale_Geschichte.

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im kulturellen Leben von 20 westdeutschen Städten präsent.10 Sie knüpften enge Netzwerke, bauten dauerhafte Beziehungen auf und unterschieden sich dadurch von kurzfristiger agierenden oder stärker personengebundenen Ins­ trumenten der auswärtigen Kultur- und Informationspolitik. In diesen verstetigten Institutionen trafen amerikanische und deutsche Vorstellungen und Einstellungen aufeinander, und hier manifestierten sich Deutungskämpfe um Wertemuster, politische Ziele, Ereignisse und Prozesse ganz konkret. Dies traf in besonderem Maße für die DAI zu. Sie waren aus Amerikahäusern hervorgegangen und betrieben ebenso wie diese Kultur- und Informationspolitik im Auftrag der amerikanischen Regierung, wurden aber binational finanziert und verwaltet. Finanzierungs- und Verwaltungspartner der USIA waren Bund, Länder und Kommunen. Die binationale Struktur der DAI ermöglicht eine Untersuchungsperspektive, die beide Seiten in den Blick nimmt. Die deutschen Akteure mussten sich regelmäßig verständigen, welche Bedeutung die DAI für sie hatten, ob und warum sie ihnen förderungswürdig erschienen oder nicht. In einem breiten Spektrum zwischen außenpolitischen Erwägungen, lokalspezifischen und individuellen Beweggründen waren die neun Deutsch-Amerikanischen Institute ein permanenter Reflexionskern der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Dabei ging es um Gegenwartsanalysen, zukunftsbezogene Erwartungen und Bezüge auf die Vergangenheit dieses Verhältnisses. Die binationale Struktur der DAI gibt damit den Blick auf langfristige und verstetigte deutsch-amerikanische Kontakte auf verschiedenen Ebenen und in ihrer lokalen Verankerung frei. Diese Konstellation erlaubt eine Untersuchung der Ausgestaltung und Dynamik der deutsch-amerikanischen Beziehungen unterhalb der diplomatischen Ebene. Die Amerikahäuser und DAI sollen dabei in ihren verschiedenen Funktionszusammenhängen gezeigt werden, nämlich als 1. Instanzen der Repräsentation der USA, die Interessenpolitik betrieben und amerikanische Positionen in die westdeutsche Bevölkerung vermitteln sollten; 2. Instrumente der Sondierung, die lokal vernetzt waren und über ihr Umfeld an die amerikanische Regierung berichten konnten; 3. Austragungsorte von Deutungskonflikten sowie

10 Andere Formen der Kultur- und Informationspolitik sind beispielsweise Austauschprogramme oder Radiosender. Hinzu kommt eine große Zahl nicht-staatlicher Mittlerorganisationen, die sich im Bereich der auswärtigen Kultur- und Informationsarbeit engagieren, sowie der breiter gefasste Bereich der auswärtigen Repräsentationen, wie ihn ­Johannes Paulmann umrissen hat: Paulmann, Auswärtige Repräsentationen. Für nichtstaatliche Akteure im Bereich der amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informa­ tionspolitik vgl. den Überblick bei Metzinger, Hegemonie und Kultur, S. 163–169.

Einleitung

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4. Symbolorte für die USA in der westdeutschen Gesellschaft. Als solche waren die Häuser selbst Gegenstand der Affirmation, der Auseinandersetzung und Kritik. Die DAI und Amerikahäuser werden somit als „Orte für Amerika“ in einem doppelten Sinn sichtbar: als Vermittlungsstätten proamerikanischer Images im regierungsoffiziellen Auftrag, und als symbolische Orte, die in der westdeutschen Öffentlichkeit unter wechselnden Vorzeichen für „Amerika“ standen. Die Studie setzt 1960/62 mit der Umwandlung einiger Amerikahäuser in binationale DAI ein. Im Zuge der Neuausrichtung der amerikanischen Außenpolitik unter John F. Kennedy verschoben sich zu Beginn der 1960er Jahre auch die Schwerpunkte der USIA hin zu Afrika, Asien und Südamerika, während das Budget der Behörde für Westeuropa erheblich sank. Aufgrund dieser Kürzungen drohten 1962 in der Bundesrepublik neun Amerikahäuser geschlossen zu werden, doch die finanzielle Hilfe des Bundes, der Länder und der betroffenen Kommunen sicherte den Fortbestand der Häuser als DAI. Damit endete 1962 die Anpassung der westdeutschen Amerikahaus-Landschaft an den veränderten Kontext der Post-Reeducation-Zeit, in der es nicht mehr notwendig und auch nicht mehr möglich war, die westdeutsche Bevölkerung so wie nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges flächendeckend anzusprechen. Als die USIA dann gut 20 Jahre später in der Amtszeit von Ronald Reagan neue Schwerpunkte setzte, war die Bundesrepublik erneut von den Veränderungen betroffen. Im „Krieg der Ideen“ mit der Sowjetunion weitete die Regierung Reagan ihre Aktivitäten im Bereich der auswärtigen Kultur- und Informationspolitik zwar aus, setzte aber verstärkt auf Austauschprogramme und neue Technologien wie das Satellitenfernsehen. Die Amerikahäuser und DAI verloren hingegen an Bedeutung, sodass 1986 die amerikanischen Mittel für die binationalen DAI gestrichen wurden – wenige Jahre, bevor sich die Rahmenbedingungen der amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informationspolitik dann grundsätzlich veränderten, als mit dem Ende des Ost-WestKonflikts der spezifische Kontext wegfiel, der die Arbeit der USIA seit ihrer Gründung 1953 geprägt hatte. Mit dieser Zäsur von 1986/89 endet die Studie. Der Untersuchungszeitraum umfasst damit eine konfliktreiche und spannungsgeladene Epoche der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Dazu zählen die massiven politischen Verstimmungen zwischen den beiden Staaten – etwa die Kontroverse zwischen Atlantikern und Gaullisten oder die konfliktreiche Implementierung der Neuen Ostpolitik der Sozialliberalen Koalition ab 1969 –, und gemeinsame Herausforderungen wie die Bewältigung des wirtschaftlichen Wandels in der Zeit „nach dem Boom“ seit den frühen 1970er Jahren.11 Dazu zählen aber auch gesellschaftliche Wandlungsprozesse in bei11 Doering-Manteuffel/Raphael, Nach dem Boom. Zu den globalen Dimensionen vgl.

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Einleitung

den Staaten, die verstärkt in den 1960er Jahren einsetzten bzw. zum Ausdruck kamen.12 Daraus resultierten innergesellschaftliche Auseinandersetzungen um Werte und Normen, die gleichzeitig eine transnationale Dimension hatten, wenn die USA unter dem Eindruck des Vietnamkriegs, der „Rassenfrage“ und der Nachrüstungsdebatte in Teilen der westdeutschen Gesellschaft zum Feindbild mutierten oder in umweltpolitischen Fragen zum Vorbild wurden. Der Untersuchungszeitraum überwölbt damit auch die Jahre um 1970 herum, die als Ende des Westernisierungsprozesses gelten, in dessen Verlauf sich gemeinsame Werte- und Ordnungsvorstellungen in den Gesellschaften Westeuropas und der USA herausbildeten. Dieser Austauschprozess war wechselseitig und prinzipiell offen, wenngleich in den Jahren zwischen 1945 und etwa 1970 maßgeblich von den USA geprägt.13 Mit der Ausdehnung des Untersuchungszeitraums in die 1980er Jahre werden die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche der späten 1960er und frühen 1970er Jahre nicht wie sonst oft üblich zum Fluchtpunkt der Analyse. Vielmehr gerät auch in den Blick, wie diese Umbrüche verarbeitet wurden und wie die weitere Entwicklung verlief. Angesichts dieser Dynamiken mussten die Amerikahäuser und DAI fortdauernd schwierige Anpassungsleistungen erbringen: Zum einen wandelten sich ihre Zielvorgaben mit denen der amerikanischen Außenpolitik, zum anderen änderten sich die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen sie im Gastland operierten. Die Arbeit der USIA, so erinnerte John Reinhardt als Direktor der Behörde 1977 alle Außenposten, richtete sich auf die „pictures in peoples heads“.14 Dahinter stand die Auffassung, dass Vorstellungen und Ideen handlungsleitend waren: Sie wirkten als reale Faktoren und konnten Wirkungsmacht entfalten, wenn auch nicht Handlungen determinieren.15 auch Hobsbawm, Das Zeitalter der Extreme, S. 503–537, der die Geschichte des 20. Jahrhunderts nach 1973 als „Geschichte einer Welt, die ihre Orientierung verloren hat und in Instabilität und Krise geschlittert ist“ beschreibt, s. ebd. S. 503. Vgl. außerdem Maier, Two Sorts of Crisis. 12 S. dazu v.a. Siegfried, Time Is on My Side; außerdem Schildt/Siegfried/Lammers (Hg.), Dynamische Zeiten; Herbert (Hg.), Wandlungsprozesse in Westdeutschland. Für frühere Versuche, Wertewandelsprozesse zu erfassen und zu kategorisieren s. Inglehart, The Silent Revolution; Klages, Wertorientierung im Wandel. 13 Zum Begriff und Konzept der Westernisierung und seiner Abgrenzung gegenüber dem der Amerikanisierung Doering-Manteuffel, Wie westlich sind die Deutschen, bes. S. 10–15. 14 USIA-Direktor Reinhardt an alle PAOs vom 6. September 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. Reinhardt griff damit eine bekannte Formulierung des Journalisten Walter Lippman auf, s. ebd. Metzinger definiert die Aufgabe von Institutionen der auswärtigen Kulturund Informationsarbeit als Präsentation eines Landes, um ein Image, also ein Bild, zu erzeugen, s. Metzinger, Hegemonie und Kultur, S. 54. 15 Chartier, Kulturgeschichte zwischen Repräsentation und Praktiken, S. 11; Niedhart,

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Kultur- und Informationspolitik erscheint somit neben der direkten Einflussnahme auf die innere oder äußere Politik eines Staates als eine weitere Möglichkeit, Einfluss zu nehmen und eine hegemoniale Stellung zu erlangen oder auszubauen.16 Der soft power-Ansatz geht dabei von der Annahme aus, dass nicht-hegemoniale Staaten die Hegemonie eines anderen Staates umso eher anerkennen, je mehr die Werte, Kultur und Lebensstile ihres eigenen Systems denen des Hegemons gleichen.17 Dieser strebt daher eine Ordnung an, die auf bestimmten Normen, Werten, Ideen beruht und von der er sich eine möglichst breite Akzeptanz seitens der nicht-hegemonialen Staaten verspricht. Je größer die Akzeptanz und daher der Legitimationsgrad dieser Ordnung ist, desto stabiler wird das internationale System sein.18

Im westlichen Bündnis war im Kontext des Ost-West-Konflikts eine solche eher indirekte und konsensorientierte Hegemonialstellung der USA besonders seit den frühen 1960er Jahren konstitutiv.19 Neben dem Führungsanspruch standen – in unterschiedlichem Ausmaß und teilweise auch nur als rhetorische Figur – die Ideen von Partnerschaft und Interdependenz. Auswärtige Kultur- und Informationspolitik, wie sie die Amerikahäuser und DAI betrieben, war immer auch Propaganda im engeren Sinne des Wortes. Sie nahm keine „objektiven Veränderungen der Realität“ vor, sondern beeinflusste die subjektiven Realitätskonstruktionen von Menschen, die dann aber zu konkreten Veränderungen der Realität führen konnten.20 Sie ging von vorher definierten politischen Zielen aus und verfolgte diese mit dafür entwickelten Strategien; sie setzte voraus, dass die öffentliche Meinung Einfluss auf politische Entscheidungsfindungsprozesse hatte; sie wollte ihre Zielgruppen zu bestimmten Haltungen zu überreden oder darin bestärken, danach auch zu handeln; sie versuchte an vorhandene positive oder negative Einstellungen Selektive Wahrnehmung, S. 147, 150, 153–157; Morris, Auf dem Weg zur Reife, S. 761; Metzinger, Hegemonie und Kultur, S. 54. 16 Ebd., S. 59f. Vgl. zur Bedeutung von Kultur für Hegemoniebildung auch Hochgeschwender, Freiheit in der Offensive, S. 22f. 17 In dieser Studie wird Hegemonie als politische Führung selbständig bleibender Subjekte verstanden. Krakau, Die Entwicklung der politischen Hegemonie, S. 1207. Zur kategorialen Unterscheidung zwischen Abhängigkeiten in Hegemonialsystemen wie dem der westlichen Allianz unter Führung der USA und in Herrschaftssystemen wie dem östlichen unter der Blockmacht Sowjetunion s. Schwarz, Ost-West, S. 10f., 16. 18 Metzinger, Hegemonie und Kultur, S. 58. 19 Conze, Hegemonie durch Integration, S. 340. Zum Konzept einer Interessenkongruenz zwischen den USA und Westeuropa als Grundlage der amerikanischen Hegemonie nach 1945 s. v.a. Lundestad, Empire by Invitation; Lundestad, The United States and Western Europe. Charles S. Maier spricht von der „consensual hegemony“ der USA, s. Maier, Among Empires, S. 246. 20 Bussemer, Propaganda, S. 30.

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anzuknüpfen und diese zu beeinflussen; und sie war letztlich auf Machtgewinn oder -erhalt ausgerichtet.21 Wenn hier dennoch der Begriff der auswärtigen Kultur- und Informationspolitik verwendet wird, dann aus zwei Gründen. Erstens schwingt darin mit, dass es sich nicht um eine versteckte, sondern um eine öffentliche, sichtbare Tätigkeit handelte. Die Amerikahäuser und DAI arbeiteten nicht verdeckt; ihre behördliche Einbindung war klar erkennbar.22 Propaganda beruht zwar nicht notwendigerweise auf subversiven oder unlauteren Praktiken, wird aber häufig damit verbunden und ist seit den beiden Weltkriegen meist negativ konnotiert.23 Der Begriff der auswärtigen Kultur- und Informationspolitik ist von solchen Zuschreibungen frei. Zweitens bezeichnet dieser Terminus trennschärfer, worum es sich handelt. Er benennt beide inhärenten Komponenten, nämlich Kulturpolitik, die beispielsweise in Konzerten oder den Bibliotheken der Amerikahäuser und DAI zum Ausdruck kam, und Informationspolitik, wie sie über Vorträge, Broschüren oder Seminare betrieben wurde. Daher ist er auch dem amerikanischen Ausdruck der „Public Diplomacy“ vorzuziehen, den Nicholas Cull als „perfect piece of propaganda about propaganda“ bezeichnet hat, da dieser Ausdruck die propagandistische Dimension in der Arbeit der USIA zu verschleiern gesucht habe.24 Im ersten Kapitel werden die Rahmen- und Arbeitsbedingungen der Amerikahäuser und DAI vorgestellt. Hier geht es zum einen um die Ziele, Aufgaben und das Instrumentarium sowie die Organisationsweise der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik in der Bundesrepublik. Zum anderen werden die Gründung und die Arbeitszusammenhänge der binationalen DAI in ihrem deutsch-amerikanischen Kontext untersucht. Im Mittelpunkt stehen die Motive der USIA sowie der deutschen Finanzierungspartner auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene und in ihrer regionalen Ausdifferenzierung. Zu welchen Bedingungen stimmten die verschiedenen Akteure einer solchen Umwandlung zu? Welche Motive standen dahinter? Damit verbunden ist die Frage nach dem Umgang der deutschen Stellen mit den DAI und lokalen Aneignungsprozessen während des Untersuchungszeitraums. Wer setzte sich im 21 Zur Diskussion des Propagandabegriffs und der Propagandaforschung s. Bussemer, S. 24–60; außerdem Arnold, Propaganda; Arnold, Propagandaforschung. 22 Das bedeutete nicht, dass die Öffentlichkeit über die einzelnen Zielvorgaben der Häuser informiert war. 23 Taylor, Munitions of the Mind, S. 1–16. 24 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 259. Zum Entstehungszusammenhang des Begriffs s. ebd. Zum theoretischen Konzept von Public Diplomacy s. das Themenheft der Zeitschrift „The Annals“: Cowan/Cull (Hg.), Public Diplomacy. Teilweise synonym, teilweise in Abgrenzung zur public diplomacy wird auch der Begriff der cultural diplomacy verwendet. Zum Ansatz der cultural diplomacy und der aktuellen Diskussion s. Gienow-Hecht/Donfried (Hg.), Searching For a Cultural Diplomacy, darin insbesondere Gienow-Hecht, What Are We Searching For, sowie GienowHecht/Donfried, The Model of Cultural Diplomacy.

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Verlauf des Untersuchungszeitraums aus welchen Gründen für die finanzielle und administrative Beteiligung von deutscher Seite ein, wer opponierte dagegen? Wie veränderten sich die Interpretationen und die Ausgestaltung des binationalen Prinzips, das den DAI zugrunde lag? Die Tätigkeiten der Amerikahäuser und DAI umfassten den Betrieb von Bibliotheken, ein ausgedehntes Vortrags- und Diskussionsprogramm, Konzerte, Lesungen, Theateraufführungen, Filmvorführungen und Reiseinformationen, mancherorts auch Englischkurse. Das Vortragsprogramm betraf alle Themenbereiche, die in den Augen der USIA, der Amerikahäuser und DAI für die Ziele der amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informationspolitik nutzbar gemacht werden konnten. Mit wechselnden Schwerpunkten reichte das Spektrum von außenpolitischen Themen, den politischen Strukturen der USA, wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen über Militär, Technik und Raumfahrt bis zu gesellschaftlichen Themen wie Bildung und Erziehung, Minderheiten, Frauen, Umweltschutz und Protest sowie allen Bereichen von Kunst und Kultur. Die Bezugspunkte in dieser großen thematischen Vielfalt in der Arbeit der Amerikahäuser und DAI bildeten als weit gefasste Kategorien das atlantische Bündnis, die deutsch-amerikanischen Beziehungen, die westeuropäische Integration und der Ost-West-Konflikt. Im zweiten Kapitel werden Themenkarrieren und -konjunkturen sowie Vermittlungsstrategien analysiert: Welche Themen wurden wann und wie präsentiert? Wann kamen sie auf, wann verschwanden sie wieder? An wen richteten sich bestimmte Veranstaltungen? Wer stand als Referent oder Künstler auf den Bühnen und Podien der Häuser, wer saß im Publikum? Welche Überlegungen leiteten die Amerikahäuser und DAI bei der Bestimmung von Themen und Zielgruppen, der Auswahl von Referenten und Künstlern? Wie präsentierten und charakterisierten sie die USA in den verschiedenen thematischen Bezügen? Im Zentrum der Programmanalyse stehen fünf der insgesamt 23, später 20 Städte, die ein Amerikahaus oder DAI beherbergten: Frankfurt am Main, München, Nürnberg, Regensburg und Tübingen.25 Sie repräsentieren höchst unterschiedliche Konstellationen. Während in Frankfurt und München Amerikahäuser bestanden, geraten mit den drei übrigen Städten binationale DAI in den Blick. Regensburg bildete dabei einen Sonderfall: Hier existierte ab 1966 ein DAI ohne amerikanischen Direktor, das sich fast ausschließlich aus deutschen Mitteln finanzierte. Als Städte verkörpern sie ebenfalls unterschiedliche Typen: Nürnberg war eher industriell geprägt, Regensburg ländlich, in Frankfurt bestimmten die Banken das Stadtbild. In Bayern und Baden-Württemberg 25 Die höchst ungleichmäßige Quellenlage gibt vor, welche der oben genannten Fragen in welcher Tiefe und für welche Häuser untersucht werden können. So sind für das Amerikahaus Frankfurt Monatsprogramme nur bis 1972 erhalten, danach nur noch sporadisch. Das Jahr 1967 fehlt komplett.

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regierten CSU- bzw. CDU-Ministerpräsidenten, in Hessen die SPD. Frankfurt, München, Nürnberg und Regensburg lagen in der ehemals amerikanischen Besatzungszone, Tübingen in der französischen. In Frankfurt, München und in Tübingen bestanden große Universitäten, die Regensburger Hochschule nahm ihren Betrieb erst 1967 auf. Tübingen hatte Anfang der 1960er Jahre kaum 60.000 Einwohner, Regensburg etwa 125.000, Nürnberg hingegen über 450.000, Frankfurt knapp 700.000 und in München lebten bereits mehr als eine Million Menschen. Entsprechend variierten das kulturelle Angebot der Städte und die Klientel der Amerikahäuser und DAI. Diese Schlaglichter können hier zunächst nur andeuten, in welch unterschiedlichen Kontexten die Häuser die für alle gleichermaßen verbindlichen Zielvorgaben der USIA umsetzen sollten. Berlin nahm eine herausgehobene Stellung ein. Angesichts des hohen Symbolgehalts der geteilten „Frontstadt im Kalten Krieg“ setzten die USA wie auch die Sowjetunion beträchtliche Mittel ein, um öffentlichkeitswirksame Kultur- und Informationspolitik zu betreiben. Das nah an der Sektorengrenze gelegene Westberliner Amerikahaus setzte bis zum Mauerbau 1961 seinen Ehrgeiz darein, möglichst viele Ostberliner anzuziehen. Für Berlin gab es eigene Programmrichtlinien, mit denen die allgemeinen Zielvorgaben auf die spezifische Situation der Stadt ausgerichtet wurden. Da jedoch die Akten des Berliner Amerikahauses nicht erhalten bzw. nicht zugänglich sind, kann es nicht in den Kreis der Fallstudien aufgenommen werden, sondern wird lediglich punktuell je nach Aktenlage einbezogen. Die Analyse der konkreten Programmarbeit der fünf ausgewählten Häuser gliedert sich um thematische Schwerpunkte. Aus der Fülle an Themen, die seit den frühen 1960er Jahren zur Sprache kamen, werden je einige aus den Bereichen Politik und Wirtschaft, Gesellschaft sowie Kultur näher untersucht. Der Auswahl liegen zwei Kriterien zugrunde: Erstens soll die ganze Bandbreite möglicher Themen und Vermittlungsstrategien aufgezeigt werden – Veranstaltungen, die auf aktuelle Fragen eingingen und solche, die losgelöst vom politischen Alltagsgeschäft behandelt wurden; Themen, die der amerikanischen Regierung am Herzen lagen und solche, die deutsche Befindlichkeiten spiegelten oder auf deutsche Bedürfnisse reagierten; zukunftsorientierte Fragen und Interpretationen vergangener Geschehnisse, um nur einige Kategorien zu nennen. Zweitens schränkt auch hier die Quellenlage den Bereich der Aspekte ein, die thematische Tiefenbohrungen ermöglichen. Während für manche Themengebiete kaum mehr als knappe Ankündigungen in den Monatsprogrammen vorhanden sind, reicht die Quellenvielfalt bei anderen Komplexen von den Zielvorgaben über genauere Informationen in den Programmheften bis hin zu Berichten über einzelne Veranstaltungen.26 26 Das schließt nicht aus, dass bereits die bloße Ankündigung eines Vortrags zu einem bestimmten Thema o.ä. bemerkenswert sein konnte und zeigt, dass ein Aspekt an Rele-

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In einem ersten Schritt der Programmanalyse geht es um die Bundesrepublik als Bündnispartner im Ost-West-Konflikt und um den Vietnamkrieg als eine besondere Herausforderung der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik. Das zweite Teilkapitel beschäftigt sich mit gesellschaftlichen He­ rausforderungen. Hier gilt es zu fragen, wie die USA auf solche Herausforderungen reagierten – seien es spezifisch amerikanische Fragen wie die Rassenproblematik oder Probleme, vor denen alle westlichen Gesellschaften standen, beispielsweise Umweltschutz, Fragen der Energiegewinnung oder der Drogenkonsum von Jugendlichen. Ein dritter Abschnitt nimmt das Kulturprogramm der Amerikahäuser und DAI anhand der Fallbeispiele Literatur, Film, Musik und Konzerte in den Blick.27 Das Kulturprogramm erfüllte zwei Funktionen, die in der Praxis nicht eindeutig voneinander zu trennen sind. Zum einen waren kulturelle Leistungen wie alle anderen Lebensbereiche ein Mittel der Auseinandersetzung im Systemkonflikt.28 Zum anderen nutzten die USA die Amerikahäuser und DAI, um sich auch unabhängig vom Imperativ des Ost-West-Konflikts als „Kulturnation“ zu präsentieren und zu zeigen, dass sie nicht, wie manche Europäer abschätzig urteilten, „geschichts- und kulturlos“ waren.29 Im Mittelpunkt des dritten Hauptteils stehen schließlich die Interaktionen mit den Adressaten der Amerikahäuser und DAI: Personen, Organisationen und Institutionen der Bundesrepublik. Dabei kann es nicht um das meist nicht näher bestimmbare Publikum der Häuser gehen, geschweige denn um eine qualifizierende Rezeptionsanalyse. Vielmehr geht es um ihr Beziehungsgefüge und ihre Interaktionen. Gute Beziehungen und Kontakte im lokalen und regionalen Umfeld waren eine der wichtigsten Arbeitsvoraussetzungen der Häuser. Ziel der USIA und der amerikanischen Kultur- und Informationszentren war es, diese Beziehungen und Kontakte im Sinne ihres regierungsoffiziellen Auftrags nutzbar zu machen. So ergibt sich die Frage, mit wem die Amerikahäuser und DAI kooperierten, welche Überlegungen dahinter im Einzelfall standen, und wie sie mit Konkurrenzverhältnissen umgingen. Was machte eine Organisation oder Institution zu einem attraktiven Mitveranstalter, was nicht? Durch ihre Bereitschaft, mit den Häusern zusammenzuarbeiten, legitimierten die Mitveranstalter deren Selbstpräsentation als Orte der freien und vanz gewann oder verlor, unter einem bestimmten Blickwinkel beleuchtet oder überhaupt thematisiert wurde. Solche Fälle fließen in die Analyse mit ein. 27 Die Untersuchung konzentriert sich auf das Vortrags- und Veranstaltungsprogramm. Über die Buch-, Film- und Plattenbestände in den Bibliotheken und Filmstellen der Amerikahäuser und DAI sind keine Unterlagen erhalten, ebensowenig Ausleihstatistiken zu den einzelnen Medien. 28 S. dazu Hochgeschwender, Westernisierung und Amerikanisierung im Kalten Krieg, S. 286. 29 Schildt, Zwischen Abendland und Amerika, S. 198; Berghahn, Transatlantische Kulturkriege, S. 10; Paulmann, Auswärtige Repräsentationen, S. 11.

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offenen Diskussion und als wichtige Faktoren des örtlichen kulturellen Lebens. Umso bedeutsamer war es, wenn Personen oder Gruppierungen diese Selbstsicht in Frage stellten, wie es während des Vietnamkriegs der Fall war. Worauf zielten Kritik und Proteste ab, die sich gegen die Amerikahäuser und DAI richteten? Wer äußerte Kritik, und wie gingen die Häuser damit um? Nicht jede Kritik richtete sich jedoch gegen die Häuser und ihre Arbeit, sondern oft gegen das, wofür sie standen: die USA. Gleiches traf für Unterstützungsleistungen zu. Daher gilt es, für beide Bereiche genau zu unterscheiden, wann die Amerikahäuser und DAI gemeint waren und wann sie als Symbolorte für verschiedene Aspekte der USA Gegenstand kritischer oder affirmativer Handlungen und Äußerungen fungierten. Quellenlage und Forschungsstand Die Quellenlage ist ebenso reichhaltig wie disparat. Die Studie stützt sich in erster Linie auf archivalische Quellen. Die Zahl der Amerikahäuser und DAI sowie die auf mehrere Schultern verteilte finanzielle und administrative Zuständigkeit haben zur Folge, dass es keinen zentralen Aktenbestand gibt. Die Studie beruht daher hauptsächlich auf drei Quellenkomplexen: den Unterlagen der amerikanischen Kultur- und Informationszentren, den Akten der deutschen und amerikanischen Behörden und Ministerien und schließlich den Quellen zu den Gruppierungen und Personen, die im Rahmen von Protestbewegungen Kritik an den Amerikahäusern und DAI übten. Nahezu alle diese Akten wurden zum ersten Mal ausgewertet. Im Zentrum stehen die Unterlagen der Häuser selbst. Die Überlieferungslage ist allerdings höchst unterschiedlich: Während für die rein USIA-finanzierten Amerikahäuser fast gar keine Unterlagen erhalten sind, haben einige der binationalen DAI umfangreiche Bestände an die Stadtarchive abgegeben. In den Jahren vor ihrer Auflösung zog sich die USIA Ende der 1990er Jahre aus der Finanzierung der Amerikahäuser zurück. Bevor die Häuser auf unterschiedlicher Grundlage durch neue Träger übernommen wurden, vernichteten die Mitarbeiter der amerikanischen Stellen einen Großteil der Unterlagen.30 Den Aussagen früherer Mitarbeiter der Amerikahäuser zufolge gelangte ein Teil der Dokumente auch nach Washington. Sie sind jedoch in den Findbüchern und Beständen der National Archives nicht auffindbar.

30 Für diese Auskunft danke ich Christoph Peters (Amerikahaus München), Renate Semler (Amerikahaus Berlin) und Manfred Strack (Amerikahaus Hamburg). S. auch Schreiben des Information Resource Center des Amerikahauses Frankfurt vom 24. August 2004 an die Verf. Anscheinend legte die USIA aber auch zuvor nur wenig Wert auf eine geordnete Ablage.

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Besser ist die Quellenlage für die DAI. Insbesondere für die DAI in Nürnberg und Tübingen liegen umfassende Bestände vor.31 Sie umfassen Unterlagen zur Programmgestaltung, Berichte, Sitzungsprotokolle und Korrespondenzen, Tätigkeitsberichte sowie Rechnungsprüfungsberichte. Da etliche Dokumente – etwa Anweisungen – für alle DAI und Amerikahäuser galten, reicht die Aussagekraft dieser beiden Bestände weit über Nürnberg und Tübingen hinaus und gleicht die mangelhafte Quellenlage anderer Stellen teilweise aus. Dabei ist die deutsche Seite in den DAI-Unterlagen stets deutlich besser dokumentiert als die amerikanische Seite.32 In Nürnberg befindet sich zudem ein einzigartiger Bestand an Fotografien, die das DAI in seiner Arbeit einsetzte, um „Amerikabilder“ im wahrsten Sinne des Wortes zu transportieren. Der lokale Kontext erschließt sich vor allem über die Akten der Kommunen.33 Lückenhaft ist allein die Überlieferung für das Land Hessen, wo weder im Hauptstaatsarchiv noch im Kultusministerium Akten zu den DAI vorhanden sind. Die hessischen DAI sind noch aus einem zweiten Grund unterrepräsentiert. 1965 zog sich die USIA aus der Finanzierung der DAI Darmstadt, Kassel, Marburg und Regensburg zurück. Während Regensburg aufgrund lokalen und regionalen Engagements als eigenständiges Institut bestehen blieb, führten die drei hessischen DAI ihre Tätigkeit ab 1966 in stark reduziertem Umfang als nunmehr integrale Bestandteile städtischer Kultureinrichtungen fort. Die amerikanische Seite wird hauptsächlich über die Akten der USIA erfasst, die sich in den National Archives (NARA) der USA befinden. Dieser Quellenbestand ist schwer zu bearbeiten, da die gewachsene Ordnung ausei­ nandergerissen und der Bestand insgesamt lückenhaft und schlecht erschlossen ist. Große Teile der USIA-Akten wurden bisher nicht verzeichnet und waren daher nicht zugänglich. Als besonders nachteilig hat es sich erwiesen, dass die Country Files zu den einzelnen Staaten nicht unter den verzeichneten Beständen sind, wobei nicht sicher ist, ob sich die Country Files Germany unter den noch unerschlossenen Beständen oder gar nicht im Archiv befinden.34 31 Noch nicht zugänglich war der umfangreiche Bestand des DAI Darmstadt, der sich im dortigen Stadtarchiv befindet. 32 Dies könnte damit zusammenhängen, dass sich viele der USIA-Dokumente nur an den amerikanischen Direktor der DAI als Mitarbeiter der Behörde richteten. Möglicherweise sind etliche dieser Dokumente nie in die normale Registratur der DAI gelangt. 33 Dabei sind vor allem die Unterlagen der Stadträte von unterschiedlichem Gehalt. Während für einige Städte Verlaufsprotokolle der Stadtratssitzungen überliefert sind, gibt es für andere nur Ergebnisprotokolle. Da die Sitzungen der Stadträte teilweise nicht öffentlich waren, war in Heidelberg keine Akteneinsicht möglich. 34 Laut Auskunft der zuständigen Archivare in den National Archives sind die Unterlagen der USIA nach der Auflösung der Behörde nur zum Teil ins Archiv gelangt, ohne dass gesagt werden könnte, welche Akten noch nicht erschlossen und welche nicht vorhanden sind.

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Mit den Unterlagen des Department of State und der Presidential Libraries gewinnt die amerikanische Perspektive weiter an Tiefe. Das amerikanische Außenministerium war in außenpolitischen Fragen weisungsbefugt gegenüber der USIA. Dieser Aktenbestand umfasst hauptsächlich Anweisungen und Berichte, reicht aber zeitlich nur bis in die frühen 1970er Jahre. Da die USIA direkt dem Präsidenten der USA unterstand, befinden sich in den verschiedenen Presidential Libraries Unterlagen, die das Verhältnis zwischen dem Präsidenten und der Behörde dokumentieren. Mit der John F. Kennedy Library, der Lyndon B. Johnson Library und der Jimmy Carter Library wurden die Archive derjenigen Präsidenten ausgewählt, unter deren Regierung die USIA entweder große Umbrüche erlebte (Kennedy, Carter) oder besonderen Herausforderungen gegenüberstand (Vietnamkrieg/Johnson).35 Die Akten der öffentlichen Stellen decken in einigen Fällen nicht den gesamten Untersuchungszeitraum ab. So endet die Überlieferung der USIA, von wenigen Ausnahmen abgesehen, gegen Ende der 1960er Jahre. Während die Hauptstaatsarchive München, Stuttgart und Wiesbaden Anträge auf Sperrfristverkürzungen genehmigten, war dies bei den Akten des Auswärtigen Amtes nicht der Fall. Zum Teil können diese Lücken über die Unterlagen der DAI geschlossen werden. Insbesondere für die 1980er Jahre ist die Aktenlage jedoch deutlich dünner als für die davorliegenden Jahrzehnte. Nicht zugänglich sind auch Akten zum Personal der USIA. Daher beinhaltet diese Studie kein prosopographisches Kapitel zu den Direktoren der Amerikahäuser und DAI, wie es ursprünglich geplant war. Für die deutsche Seite haben sich dankenswerterweise Christoph Peters (Amerikahaus München), Renate Semler (Amerikahaus Berlin) und Manfred Strack (Amerikahaus Hamburg), die je mehrere Jahrzehnte lang in der Programmarbeit tätig waren, für Hintergrundgespräche zur Verfügung gestellt; außerdem Berndt Ostendorf, der als Professor für Amerikanische Kulturgeschichte in Frankfurt und München über Jahre hinweg Veranstaltungen in Kooperation mit verschiedenen Amerikahäusern und DAI durchführte. Eine flächendeckende Auswertung der lokalen und überregionalen Tagespresse für alle Häuser und über 25 Jahre hinweg war nicht möglich. Daher wurde auf die Presseberichte zurückgegriffen, die sich in den Aktenbeständen der DAI oder in den Zeitgeschichtlichen Sammlungen der Stadtarchive befinden. Die Forschungslandschaft zu den Amerikahäusern und DAI ist überschaubar. Studien zur amerikanischen Kultur- und Informationspolitik in Deutschland konzentrierten sich bisher auf die Gründungs- und Frühphase der Amerikahäuser bis 1955 und ihre Funktion als Instrumente der ReeducationPolitik.36 Für einige Städte gibt es kleinere lokalgeschichtliche Beiträge oder 35 Die Nixon Papers waren zum Zeitpunkt der Archivrecherchen noch nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. 36 Pilgert, History of the Development; Bungenstab, Entstehung; Strack, Amerikanische

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unveröffentlichte Magisterarbeiten, die ebenfalls 1955 oder früher enden.37 Meist erscheint die Zeit nach 1955 hier als wenig bedeutungsvolle Nachgeschichte erfolgreicher Einrichtungen der Reeducation und als eine lange Phase des Niedergangs in die Bedeutungslosigkeit. Auf die Umwandlung einiger Amerikahäuser in DAI wird in diesen Beiträgen nur vereinzelt hingewiesen. Hier soll es nun darum gehen, die amerikanischen Kultur- und Informationszentren erstmals unter den veränderten und sich stets wandelnden Zielvorgaben und Rahmenbedingungen der 1960er bis 1980er Jahre und als Schnittstelle der deutsch-amerikanischen Beziehungen auf verschiedenen Ebenen zu untersuchen. Mit Nicholas Culls Studie The Cold War and the United States Information Agency liegt seit 2008 eine erste fundierte wissenschaftliche Untersuchung dieser Behörde vor, der die Amerikahäuser und DAI unterstanden. Seine grundlegende Studie zur USIA informiert erstmals wissenschaftlich gesichert über ihre Ziele und Strukturen, ihre Einbindung in den politischen Apparat der USA und das leitende Personal.38 Der breite Zuschnitt – die Untersuchung deckt die Jahre zwischen 1945 und 1990 ab – hat jedoch zur Folge, dass sich Cull nur auf die oberste Führungsebene der USIA und der Voice of America (VOA) in Washington konzentriert. Die Arbeit der USIA in den einzelnen Regionen und Staaten, die Programminhalte sowie die Arbeit der einzelnen Abteilungen innerhalb der USIA wird nicht berücksichtigt. Frühere Studien thematisierten die USIA entweder aus politikwissenschaftlicher Sicht39 oder stammen von ehemaligen Mitarbeitern der USIA.40 Kulturbeziehungen; Hein-Kremer, Die amerikanische Kulturoffensive; Schildt, Die USA als „Kulturnation“; Schildt, Zwischen Abendland und Amerika, S. 167–195; Schumacher, Kalter Krieg und Propaganda. In Österreich richteten die amerikanischen Besatzer ebenfalls Amerikahäuser ein. S. dazu Wagnleitner, Coca-Colonisation, S. 159– 173. 37 Stellvertretend für etliche weitere: Möller, Die Gründung der Amerikahäuser; Repser, Das Amerika-Haus Erlangen; Clement, „Window to the West“. Über die Zäsur von 1955 hinweg führen nur einige Kataloge und Sammelbände, die von den Häusern selbst anlässlich von Jubiläen herausgegeben wurden und die sehr deskriptiv angelegt sind: Amerikahaus Frankfurt (Hg.), Das Amerika Haus Frankfurt; Bechdolf/ Pyka (Hg.), Politics and Pop. Ähnlich noch einmal Pyka/Hompesch/Zeitler, Little America. 38 Cull, The Cold War and the United States Information Agency. Dazu auch Cull, The Man Who Invented Truth; Cull, The Man in Ed Murrow’s Shoes. 39 Knapp, Die Stimme Amerikas; Weissman, Kultur- und Informationsaktivitäten der USA; Klöckner, Public Diplomacy; Ohmstedt, Von der Propaganda zur Public Diplomacy. 40 Stellvertretend für viele andere seien hier genannt: Sorensen, The Word War; Henderson, The United States Information Agency; Bogart, Premises for Propaganda; Hansen, USIA; Tuch, Communicating With the World; Snyder, Warriors of Disinformation; Snow, Propaganda, Inc.; Dizard, Inventing Public Diplomacy; Arndt, The First Resort of Kings.

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Während erstere nur auf gedruckten Quellen und Interviews basieren, sich auf die oberste administrativen Ebene beschränken und die historische Dimension kaum berücksichtigen, sind letztere oft anekdotisch angelegt, kommen teilweise ohne Quellen aus und setzen sich nicht mit der Forschung zu diesem Thema auseinander. Sie ordnen als Erinnerungsberichte alles in den persönlichen Erfahrungshorizont ein, blenden aber die innere Logik der Behörde aus und betten sie nicht in den historischen Kontext ein. Etliche Publikationen zur amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informationspolitik und zu den deutsch-amerikanischen Kulturbeziehungen behandeln die Amerikahäuser nur am Rande und konzentrieren sich auf die Arbeit privater Organisationen.41 Sie sind eingebettet in die jüngeren Veröffentlichungen zur New International History und zur transnationalen Geschichtsschreibung.42 Seit etwa 2000, nur sehr vereinzelt auch früher, sind einige Studien entstanden, die vertieft einzelne Aspekte der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik untersuchen. Sie fragen beispielsweise nach der Rolle der USIA im Vietnamkrieg oder ihrem Umgang mit der Rassenfrage, thematisieren die Bedeutung der Filmabteilung oder des Office of Research für die Behörde oder untersuchen, welche Funktion Jazzmusik, Tanz oder Kunst in der Arbeit der USIA hatten.43 Gut erforscht sind zudem verschiedene Bereiche und Zeitabschnitte der auswärtigen Kultur- und Informationspolitik der USA zwischen dem Ersten Weltkrieg und der Gründung der USIA 1955.44 Demgegenüber ist die Literaturlage zu den verschiedenen Kontextbereichen, die diese Studie berührt, ausgesprochen gut. Die deutsch-amerikanischen Beziehungen seit 1945 auf politischer, wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und kultureller Ebene oder Phänomene wie Amerikanisierung und Antiamerikanismus haben eine kaum überschaubare Zahl an Publikationen hervorgebracht.45 Zum Ost-West-Konflikt als der Folie, vor der die amerikani41 Manheim, Strategic Public Diplomacy; Aguilar, Cultural Diplomacy; Littmann, Gute Partner; Berghahn, Transatlantische Kulturkriege; Critchlow, Public Diplomacy; Füssl, Deutsch-amerikanischer Kulturaustausch. 42 Hogan/Paterson (Hg.), Explaining the History; Paulmann, Internationaler Vergleich; Loth/Osterhammel (Hg.), Internationale Geschichte; Mergel, Überlegungen zu einer Kulturgeschichte der Politik; Gienow-Hecht/Schumacher (Hg.), Culture and International History; Conze/Lappenküper/Müller (Hg.), Geschichte der internationalen Beziehungen; Budde/Conrad/Janz (Hg.), Transnationale Geschichte. 43 Die meisten dieser Untersuchungen konzentrieren sich nicht ausschließlich auf die USIA, sondern beziehen noch andere Akteure mit ein. MacCann, Film and Foreign Po­ licy; Hammond, Public Affairs 1962–1968; Hammond, Public Affairs 1968–1973; Hammond, Reporting Vietnam; Cull, Auteurs of Ideology; Page, U.S. Official Propaganda; Dudziak, Cold War Civil Rights; Haefele, John F. Kennedy; Caute, The Dancer Defects; Von Eschen, Satchmo Blows Up the World; Krenn, Fall-Out Shelters. 44 S. etwa Creel, How We Advertised America; Ninkovich, The Diplomacy of Ideas. 45 Stellvertretend für eine Vielzahl an Publikationen Bude/Greiner (Hg.), Westbindungen; Diner, Feindbild Amerika; Schwaabe, Antiamerikanismus; Kelleter/Knöbl (Hg.),

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sche auswärtige Kultur- und Informationspolitik betrieben wurde, liegen ebenfalls zahlreiche Arbeiten vor.46 Mit ihrer Verankerung in der Bundesrepublik und in den USA sowie angesichts der großen Themenvielfalt im Programm der Amerikahäuser und DAI berührt die vorliegende Studie zahlreiche Themen- und Forschungsfelder, die an dieser Stelle nicht angemessen vorgestellt werden können. Für die Literatur zu den einzelnen Gebieten sei daher auf die Anmerkungen in den jeweiligen Kapiteln verwiesen. Der Ost-West-Konflikt und damit verbunden das atlantische Bündnis determinierten den Kontext, in dem die Amerikahäuser und DAI als regierungsoffizielle Einrichtungen arbeiteten und mit Personen, Organisationen und Institutionen ihres Gastlandes im Austausch standen.47 Zwei Leitkategorien steckten das Feld ab, in dem sich die Amerikahäuser und DAI mit ihrem Programm bewegten: leadership und partnership.48 Je nach dem Stand der deutsch-amerikanischen Beziehungen auf politischer Ebene, sich wandelnden Haltungen der bundesdeutschen Gesellschaft, je nach Themengebiet und amerikanischen Zielsetzungen betonten die Häuser diese Kategorien stärker oder schwächer. Hier gilt es zu differenzieren, wie die Amerikahäuser und DAI die USA und das deutsch-amerikanische Verhältnis in wechselnden Kontexten und zu unterschiedlichen Zeitpunkten zwischen diesen Kategorien positionierten. Die Zielsetzungen, Themenschwerpunkte und Vermittlungsstrategien der Amerikahäuser und DAI waren dabei ebensowenig statisch wie das Netz ihrer Kooperationspartner und Unterstützer, deren Motive sowie die ihrer Kritiker. Unter sich wandelnden Rahmenbedingungen blieb lediglich die offizielle Funktion der Amerikahäuser und DAI unverändert, nämlich als Institutionen der amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informationsbeziehungen amerikanische Positionen und Deutungen zu präsentieren sowie die transatlantischen Beziehungen zu reflektieren und zu fördern.

Amerika und Deutschland; Stephan/Vogt (Hg.), America on my mind. Als Einführung in die meisten Themen äußerst hilfreich Junker u.a. (Hg.), Die USA und Deutschland, Bd. 1 und 2. Allerdings spiegelt das Handbuch den Forschungsstand nur bis ins Jahr 2000 wider. 46 S. stellvertretend für viele weitere Leffler/Westad (Hg.), The Cambridge History of the Cold War, 3 Bde., Cambridge 2010. 47 S. dazu Doering-Manteuffel, Internationale Geschichte als Systemgeschichte, S. 93, der davon ausgeht, dass sich internationale Geschichte in Staatensystemen vollzieht: „Sie formen die Handlungsmuster der Akteure, sie bestimmen die Perspektive und markieren die Grenzen der Politik eines jeden Landes.“ S. ebd. 48 Die USIA, die Amerikahäuser und DAI verwendeten beide Begriffe ohne nähere Kontextualisierung, nicht erkennbar ist, inwiefern dahinter spezifische theoretische Konzepte standen.

1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen: . Die Arbeitsbedingungen . der Deutsch-Amerikanischen Institute . und Amerikahäuser 1.1 Amerikanische Vorgaben: . Deutsch-Amerikanische Institute und Amerikahäuser als Instrumente der amerikanischen AuSSenpolitik 1.1.1 Die Neuausrichtung der USIA unter John F. Kennedy Die Aufgaben der Amerikahäuser sowie der administrative Kontext, in dem sie operierten, unterschieden sich zu Beginn der 1960er Jahre grundlegend von ihren Gründungszusammenhängen in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Damals als Informationsstellen nur für amerikanische Militärangehörige und nicht für die deutsche Bevölkerung konzipiert, besaßen sie zunächst keinen großen Stellenwert in den Plänen der USA. Mit ihrer offiziellen Aufnahme in das Reorientation-Programm im Juli 1947 wurden die mittlerweile „Amerikahäuser“ genannten Einrichtungen jedoch schnell zu wichtigen Elementen der amerikanischen Besatzungspolitik.1 Mit dem beginnenden Kalten Krieg erweiterte sich das Aufgabengebiet der Amerikahäuser um eine dezidiert antikommunistische Komponente. Die Häuser sollten nun ein entschieden westliches, also amerikanisch und britisch geprägtes Demokratieverständnis vermitteln.2 In der Blütezeit des Reorientation-Programms existierten etwa 30 Amerikahäuser, denen über 130 Lesesäle in kleineren Städten angeschlossen waren.3 Vielerorts waren sie die ersten wieder funktionsfähigen Kultureinrichtungen nach Kriegsende und NS-Herrschaft und erfüllten den Nachholbedarf der deutschen Bevölkerung an Informationen und internationalen, insbeson1

In der Planungsphase waren die Information Centers tatsächlich nur als Informationsbibliotheken für US-Amerikaner gedacht, dieses Konzept wurde jedoch nicht in die Praxis umgesetzt, sondern deutsche Besucher hatten von Anfang an Zugang. Zur Vorgeschichte der Amerikahäuser, den ersten Gründungen in Deutschland sowie zu den komplizierten und wechselnden administrativen Zuständigkeiten s. Hein-Kremer, Die amerikanische Kulturoffensive. 2 Zum Einfluss des Ost-West-Konflikts s. ebd., S. 299–303, 308–317. 3 Die Angaben für die Zahl der Amerikahäuser und Lesesäle schwanken, ebenso die Zuordnung der Häuser zu einer der beiden Kategorien. Eine Auflistung aus dem Jahr 1953 findet sich in HICOG, The America Houses, S. 22.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

dere westlichen Kulturkontakten. Im Gegensatz zu vielen anderen Instrumenten der Reeducation- und Reorientation-Politik waren die Amerikahäuser in der Bevölkerung sehr beliebt. Mit der Gründung der Bundesrepublik 1949 und dem Ende der Besatzungszeit änderten sich die Rahmenbedingungen, unter denen die Amerikahäuser operierten. Der besiegte und besetzte Staat erlangte seine Souveränität schrittweise zurück und mit dem NATO-Beitritt 1955 wurde die Bundesrepublik zum Partner der USA im gemeinsamen Bündnis.4 Dem raschen Ausbau der Amerikahäuser nach der festen Einbindung in das Reorientation-­ Programm und im beginnenden Kalten Krieg folgte ein ebenso schneller ­Abbau. Bis 1953 wurden die meisten Leseräume und etliche der kleineren Amerikahäuser wieder geschlossen, ihre Buchbestände wurden meist in die örtlichen Bibliotheken integriert.5 Im Gegensatz zu den unmittelbaren Nachkriegsjahren konkurrierten die verbleibenden etwa 20 Amerikahäuser im ­Kulturbereich nun zunehmend mit den nun wieder aufgebauten lokalen Einrichtungen. Sie verloren ihr Monopol als „Window to the West“, denn die Bundesbürger verfügten inzwischen mit den Medien oder persönlichen Kontakten sowie Reisen über viele Möglichkeiten, sich über die USA zu informieren. Die Amerikahäuser hatten bei ihrer Arbeit daher eine Vielzahl neuer, unkon­trollierbarer und teilweise widersprüchlicher Informationsströme über die USA zu berücksichtigen.6 Die USIA, der die Amerikahäuser seit 1955 unterstanden, wurde 1953 unter Präsident Dwight D. Eisenhower gegründet. Die rechtliche Voraussetzung war der Smith-Mundt-Act (U.S. Information and Educational Exchange Act) von 1948, mit dem zum ersten Mal in der amerikanischen Geschichte eine gesetzliche Grundlage für regierungsgesteuerte Auslandspropaganda in Friedenszeiten geschaffen wurde.7 Die Behörde war ein Instrument des Kalten Krieges und sollte dazu dienen, Methoden der psychologischen Kriegsführung des Zweiten Weltkrieges auch für den Kalten Krieg nutzbar zu machen.8 Sie unterstand direkt dem Präsidenten, der den jeweiligen Direktor einsetzte. 4 Als Gesamtdarstellungen für die Geschichte der Bundesrepublik und ihrer Entstehung s. Kleßmann, Die doppelte Staatsgründung; Kielmansegg, Nach der Katastrophe; Winkler, Der lange Weg nach Westen, Bd. 2; Wolfrum, Die geglückte Demokratie. 5 Hein-Kremer, Die amerikanische Kulturoffensive, S. 512; Kreis, Von der Reeducation zur Partnerschaft. 6 Ute Frevert verweist auf die „ungeheure[n] Auswirkungen auf die Vorstellungswelt und den Aktionsradius der Einzelnen“ durch die mediale Vernetzung der Welt, die auch die Arbeit der Amerikahäuser und DAI erschwerten. Frevert, Ein weites Feld, S. 137. 7 Vgl. Bogart/Bogart, Cool Words, S. xiv. Zur Gründungs- und Frühgeschichte der USIA vgl. Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 1–133, zum Smith-Mundt-Act S. 39–41. Für den Wechsel der administrativen Zuständigkeiten von der amerikanischen Hohen Kommission zur USIA im Fall der Bundesrepublik vgl. Hein-Kremer, Die amerikanische Kulturoffensive, S. 411–419. 8 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 81–104.

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1.1 Amerikanische Vorgaben

Unter dem Motto „Telling America’s Story to the World“ vereinte diese Behörde die verschiedenen Instrumente der amerikanischen auswärtigen Kulturund Informationspolitik unter einem Dach. Nur die Austauschprogramme, etwa 9 zugeordnet. Über ihre Außenposten USIA als United Information Service das Fulbright-Programm, blieben war der die Cultural Unit (CU)States des amerikanischen 9 Über ihre Außenposten war die USIA als Außenministeriums zugeordnet. (USIS) in den einzelnen Staaten vertreten, so auch in der Bundesrepublik. Sowohl an der United States Information Service (USIS) in den einzelnen Staaten vertreten, so US-Botschaft in Bonn wie auch an den Generalkonsulaten arbeiteten USIS-Mitarbeiter, auch in der Bundesrepublik. Sowohl an der US-Botschaft in Bonn wie auch an und Generalkonsulaten auch die Direktoren der Amerikahäuser waren bei der USIA angestellt. Ranghöchster den arbeiteten USIS-Mitarbeiter, und auch die Direktoren der Amerikahäuser USIA angestellt. Ranghöchster Vertreter Vertreter des USISwaren war bei der der Public Affairs Officer (PAO) in Bonn. Indesden USIS war der Public Affairs Officer (PAO) Bonn. In den Generalkonsulaten Generalkonsulaten war der USIS durch Branch in Public Affairs Officers (BPAO) vertreten war der USIS durch Branch Public Affairs Officers (BPAO) vertreten (Abb. 1). (Abb. 1).

USIA Washington

Area Director Lateinamerika

Area Director Sowjetunion und Osteuropa

Area Director Westeuropa

Area Director Naher Osten und Südostasien

Area Director Ferner Osten

USIS Bundesrepublik / Bonn PAO

Amerikanische Vertretung Berlin mit Amerikahaus Berlin

Area Director Afrika

USIS / GK München BPAO

USIS / GK Frankfurt BPAO

USIS / GK Stuttgart BPAO

USIS / GK Hamburg BPAO

USIS / GK Düsseldorf BPAO

Amerikahäuser u. DAI

Amerikahäuser u. DAI

Amerikahäuser u. DAI

Amerikahäuser u. DAI

Amerikahäuser u. DAI

Abb. 1: Organisation der USIA und des USIS Germany10 9 Ebd., S. 91. Abb.1 10 Erstellt nach den Angaben bei Becker/Witzel, Die auswärtige Informations- und KulturOrganisation USIA und des USIS Germany 49. politik, S. der 94; Knapp, Die Stimme Amerikas, S.

Erstellt nach den Angaben bei Becker/Witzel, Die auswärtige Informations- und Kulturpolitik, S. 94; Knapp, Die Stimme Amerikas, S. 49. 9

Ebd., S. 91.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

Zeit ihres Bestehens kämpfte die USIA um Anerkennung, ihr Budget und um Mitsprache in außenpolitischen Entscheidungsprozessen. Selbst in ihren Hoch-Zeiten, wie während der Präsidentschaft Kennedys, blieb sie eine „Behörde zweiter Klasse“.11 Die Meinungen über den Zweck und den Nutzen von auswärtiger Kultur- und Informationsarbeit gingen stark auseinander. Zwar entsprach der Einsatz von Auslandspropaganda sicher auch einem neuen amerikanischen Selbstverständnis und Gestaltungswillen, wie der Smith-MundtAct verdeutlicht.12 Doch während der gesamten Zeit, in der die USIA bestand, blieben parteienübergreifend viele US-Politiker skeptisch gegenüber regierungsoffizieller Informationsarbeit.13 Ein dauernder Streitpunkt war die Frage nach dem Stellenwert von „Kultur“ einerseits und „Information“ im Sinne des jeweiligen außenpolitischen Kurses der USA andererseits.14 Damit hing die Frage nach den Aufgabengebieten der USIA zusammen, die auch die Amerikahäuser betraf. Für viele Kongressmitglieder war die USIA nur als Instrument im Kampf gegen den Kommunismus gerechtfertigt. War wie in Westeuropa nicht mehr zu befürchten, dass sich Staaten dem sowjetischen Block anschlossen, gab es nach Meinung vieler Abgeordneter keinen Grund, dort weiterhin Kultur- und Informationspolitik zu betreiben. Die kulturellen Komponenten in der Arbeit der USIA standen ebenfalls in der Kritik, denn staatlich betriebene Kulturpolitik, und nun gar im Ausland, hatte in den USA keine Tradition.15 Die konkreten Zielsetzungen der amerikanischen auswärtigen Kulturund Informationspolitik orientierten sich an den außenpolitischen Zielen der USA in den jeweiligen Staaten. Wechselte der Präsident oder veränderte sich die außenpolitische Situation bzw. deren Einschätzung, musste sich die Arbeit der USIA daran anpassen. Die verschiedenen US-Präsidenten maßen der USIA und ihrer Arbeit unterschiedlichen Stellenwert bei, beteiligten sie in wechselndem Maße an ihrer Außenpolitik, veränderten ihre Strukturen und wiesen ihr unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte zu. Besonders unter den Präsidentschaften John F. Kennedys (1960–1963), Jimmy Carters (1977–1981) und Ronald Reagans (1981–1989) veränderten sich Ausrichtung und Struktur der USIA. Kennedy ernannte den bekannten 11 Ebd., S. 107–109. S. dazu auch Weissman, Kultur- und Informationsaktivitäten der USA, S. 48; Aguilar, Cultural Diplomacy, S. 116–120. Zum Budget der USIA und den Auseinandersetzungen mit dem Kongress s. Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 100, 114, 196, 228, 258, 335, 338, 406. 12 Schumacher, Kalter Krieg und Propaganda, S. 71–74, 132. 13 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 80, 499f.; Schumacher, Kalter Krieg und Propaganda, S. 276. 14 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 336. 15 S. dazu ebd., bilanzierend S. 489f. Zum Verhältnis zwischen Staat und Kultur(politik) in den USA s. den Band Blake, The Arts of Democracy, darin besonders den Aufsatz von Kammen, Culture and the State in America, S. 69–96.

1.1 Amerikanische Vorgaben

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Fernsehjournalisten Edward Murrow zum Direktor der USIA. Unter Kennedy und Murrow gewann die Behörde an Bedeutung, politischem Gewicht und Aufgabenbereichen, besonders augenfällig in der Teilnahme Murrows an den Sitzungen des National Security Council (NSC).16 1963 beschrieb der Präsident die Aufgabengebiete der USIA in einem neuen mission statement: The Mission of the United States Information Agency is to help achieve United States foreign policy objectives by (a) influencing public attitudes in other nations, and (b) advising the president, his representatives abroad and the various departments and agencies on the implications of foreign opinion for present and contemplated United States policies, programs and official statements.17

Bereits unter Präsident Nixon (1969–1974) und seinem Nationalen Sicherheitsberater Henry Kissinger verlor die USIA wieder einige ihrer Kompetenzen. Frank Shakespeare hatte weniger Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse als jeder andere Direktor der USIA vor ihm. Die Regierung Nixon nutzte die USIA weder als politischen Berater noch als langfristig arbeitendes strategisches Instrument, sondern reduzierte die Behörde darauf, je nach Bedarf außenpolitische Ziele der USA ideologisch zu flankieren.18 Mit dem Vietnamkrieg und dem Watergate-Skandal musste die USIA ab Mitte der 1960er Jahre für ein Jahrzehnt große informationspolitische Herausforderungen bewältigen. Beide Themenkomplexe wirkten nachhaltig imageschädigend für die Vereinigten Staaten. Da die USA im Verlauf dieser Dekade an relativer Macht verloren, war es nötiger denn je, bei Verbündeten und Gegnern Überzeugungsarbeit zu leisten. Gleichzeitig erweiterte die Entspannungspolitik der 1970er Jahre im Ost-West-Konflikt aber auch die Spielräume und Möglichkeiten auswärtiger Kultur- und Informationspolitik, ebenso neue technische Kommunikationsmittel.19 Alle Überlegungen zu einer Neuausrichtung der USIA und ihrer Ziele mündeten in eine umfassende Reform unter Präsident Carter.20 1978 fielen die Aufgaben der CU des Department of State an die USIA, die zu einer neuen Behörde, der United States International Communication Agency (USICA) verschmolzen wurden.21 Der neue Name 16 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 189–226 sowie Cull, The Man Who Invented Truth. Zu den veränderten Aufgabengebieten der USIA unter Kennedy s. auch Haefele, John F. Kennedy. 17 Präsident Kennedy an USIA-Direktor Murrow vom 25. Januar 1963, zitiert nach Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 220. 18 Ebd., S. 294–296, 320. Shakespeares Nachfolger James Keogh hatte ein besseres Verhältnis zu Kissinger und Nixon, doch der Watergate-Skandal beendete die Phase des Bedeutungszuwachses der USIA wieder. S. ebd. S. 322. 19 Ebd., S. 334. 20 Zu den verschiedenen Konzepten einer Umstrukturierung der USIA s. ebd., S. 334–359. 21 Die USICA – oft auch ICA abgekürzt – war die Nachfolgebehörde der USIA und nicht der CU. Um diese Kontinuität zu betonen und Verwirrungen aufgrund der mehrfachen Umbenennungen zu vermeiden, wird, mit Ausnahme der Quellenangaben, im Folgen-

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

drückte aus, worauf Carter und der von ihm eingesetzte Direktor John E. Reinhardt besonderen Wert legten: Dialog.22 Unter Carter erhielt die USIA einen neuen Auftrag und ein „second mandate“: The new agency will have two distinct but related goals: To tell the world about our society and politics in particular our commitment to cultural diversity and individual liberty. To tell ourselves about the world, so as to enrich our own culture as well as give us the understanding to deal with problems among nations.23

Auswärtige Kultur- und Informationspolitik war damit per definitionem keine Einbahn-, sondern eine Zweibahnstraße, auch wenn sie in der Praxis stets beide Funktionen gehabt hatte.24 Im Spannungsfeld zwischen Information und Kommunikation traten Carter und Reinhardt mit dem Anspruch an, stärker auf Kommunikation zu setzen. Dieses Ansinnen war in der Praxis schwer umzusetzen und entfaltete dort nur begrenzt Wirkung.25 Carters Experiment war nur von kurzer Dauer. Die erste Amtshandlung von Charles Wick, dem Direktor der USIA unter Präsident Reagan, bestand darin, der Behörde ihren alten Namen zurückzugeben.26 Wick hatte äußerst gute Kontakte zu Reagan, und in seiner Amtszeit war die USIA in die außenpolitischen Entscheidungsprozesse eingebunden.27 Unter den Vorzeichen einer zweiten Phase des Kalten Krieges im Ost-West-Konflikt entwickelte die USIA ihre Strategien vornehmlich als Antwort auf die sowjetische Propaganda. In diesem „‚Krieg der Ideen‘“ weitete die Regierung Reagan ihre Aktivitäten im Bereich der auswärtigen Kultur- und Informationspolitik aus und setzte verstärkt auf Austauschprogramme und neue Technologien wie das Satellitenfernsehen.28 Diese Neuausrichtungen betrafen immer auch die konkrete Arbeit der einzelnen USIS-Posten in den verschiedenen Ländern. Insbesondere der Regierungswechsel von Dwight D. Eisenhower zu John F. Kennedy im Jahr 1961 bildete hier eine markante Zäsur, die sich auch auf die Bundesrepublik deutlich auswirkte. Kennedy ging davon aus, dass der Ost-West-Konflikt die entscheidende Prägekraft der 1960er Jahre sein werde, sein Austragungsort sich den für den gesamten Untersuchungszeitraum einheitlich die Bezeichnung „USIA“ verwendet. 22 US-Präsident Carter an USICA-Direktor Reinhardt vom 13. März 1978: JCL, WHCF, FG 298, Box 217. 23 Präsident Carter vor dem Kongress der USA am 11. Oktober 1977, zitiert nach Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 370. 24 Zur Neuausrichtung der USIA unter Carter s. ebd., S. 361–374. 25 Ebd., S. 370, 487. 26 Ebd., S. 406, 420. 27 Ebd., S. 402–406, 421. 28 Becker/Witzel, Die auswärtige Informations- und Kulturpolitik, S. 99–105. Cull beschreibt die Verwendung des Begriffs „Public Diplomacy“, also der auswärtigen Kulturund Informationspolitik, unter Reagan als Missbrauch dieses Terminus. S. Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 423.

1.1 Amerikanische Vorgaben

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jedoch von Europa auf die südliche Welthalbkugel verlagern und dort mit anderen Mitteln ausgefochten werde.29 Afrika und Südamerika rückten daher stärker in den Mittelpunkt des amerikanischen Interesses. Mit der beschleunigten Entkolonialisierung nach dem Zweiten Weltkrieg hatten viele Länder Afrikas und Asiens die Unabhängigkeit von den europäischen Kolonialmächten gewonnen. Sowohl die Sowjetunion als auch die USA bemühten sich, diese Staaten in ihr Einflussgebiet einzugliedern und dem Zugriff des jeweils anderen Blocks zu entziehen. Auch in Südamerika drohten sich nach der Revolution Fidel Castros auf Kuba auch andere lateinamerikanische Staaten dem Kommunismus anzuschließen.30 Militärisch und technisch hatte die Sowjetunion ebenfalls aufgeholt und schien mit den USA gleichauf zu liegen. Mit dem atomaren Patt zwischen den beiden Blockmächten und der nuklearen Zweitschlagsfähigkeit beider Seiten stieß die amerikanische Strategie der massiven Vergeltung an ihre Grenzen.31 Unter Kennedy und seinem Verteidigungsminister Robert McNamara gewann die Doktrin der Flexible Response an Bedeutung, die eine flexible Reaktion auf Aggressionen und nicht mehr den automatischen Einsatz von Atomwaffen vorsah.32 Teile der US-Regierung und der NATO, insbesondere aber die Bundesregierung kritisierten die geplanten Änderungen.33 Die Westdeutschen fürchteten um ihre Sicherheit und hielten an einem Junktim zwischen Abrüstung und deutscher Frage fest.34 Deutlicher noch als die Hinwendung zu den afrikanischen und lateinamerikanischen Staaten zeigten Kennedys sicherheitspolitische Überlegungen, dass Europa und insbesondere das geteilte Deutschland nicht mehr im gleichen Ausmaß wie bisher im Zentrum der amerikanischen Außenpolitik standen. Bereits während des Wahlkampfes setzte Kennedy fünf Task Forces ein, die konkrete Vorschläge für eine künftige Außenpolitik erarbeiten sollten. Auch die USIA, mit der sich eine dieser Kommissionen beschäftigte, fiel hierunter. Die Kommission empfahl, die USIA als unabhängige Behörde zu be29 Schwabe, Weltmacht und Weltordnung, S. 267; Schertz, Die Deutschlandpolitik, S. 57f.; Baumann, John F. Kennedy, S. 385; Ansprenger/Gerke, Strukturen der Afrika-Politik, S. 191. 30 Biermann, John F. Kennedy und der Kalte Krieg, S. 81. 31 Ninkovich, Die Vereinigten Staaten, S. 198f.; Stöver, Der Kalte Krieg, S. 159f. 32 Stöver, Der Kalte Krieg, S. 133f.; Biermann, John F. Kennedy und der Kalte Krieg, S. 75f. Während der Regierungszeit Kennedys wurde die Flexible Response noch nicht zur offiziellen Doktrin der USA und der NATO. Dies geschah erst 1967. Ihre Grundlagen sind jedoch in der Amtszeit Kennedys gelegt worden. Für eine ausführlichere Darstellung s. Schertz, Die Deutschlandpolitik, S. 57–100, besonders S. 58f., 64–66, 80–85, 98–100; Schake, NATO-Strategie. 33 Zu nennen sind zum einen die „Europäer“ in der amerikanischen Regierung, zum anderen der Generalstab der amerikanischen Armee, s. Schertz, Die Deutschlandpolitik, S. 56, 98f.; Heusler, NATO, S. 43–47. 34 Schertz, Die Deutschlandpolitik, S. 98f.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

lassen, ihr Budget sowie ihren Anteil an Kulturarbeit zu erhöhen und sie stärker in die Außenpolitik einzubeziehen, nämlich den Direktor der Behörde als Ex-officio-Mitglied bei den Sitzungen des NSC und des Kabinetts hinzuzuziehen.35 Kennedy folgte nicht allen diesen Empfehlungen. Der USIA-Direktor nahm zwar an den Sitzungen des NSC teil, allerdings nur auf Einladung und nicht als Ex-officio-Mitglied, und der Großteil des Kultur- und Austauschprogramms blieb bei der Cultural Unit des Department of State.36 Unter ihrem neuen, von Kennedy berufenen Direktor Edward R. Murrow – einer der bekanntesten Journalisten und Fernsehmoderatoren der USA mit höchster Reputation – war die Arbeit der USIA dennoch mehr als je zuvor in die amerikanische Außenpolitik integriert.37 Sie sollte bei der Einlösung von Kennedys Wahlversprechen helfen, das Ansehen der USA wieder aufzurichten.38 Murrow sah – anders als sein Vorgänger George V. Allen – die USIA ebenfalls als außenpolitisches Instrument.39 Sein Ziel war es, die USIA sowohl an der Formulierung als auch an der Ausführung der US-Außenpolitik zu beteiligen.40 Die Bewertung seiner Amtszeit bleibt jedoch ambivalent. Einerseits spielte die USIA unter Murrow bei wichtigen außenpolitischen Ereignissen wie den Krisen in Berlin und Kuba oder dem Vietnamkrieg eine wichtige Rolle. Andererseits wurde die Behörde nur wenig in außenpolitische Planungen einbezogen. Ihr blieben – wie im Falle der Kuba-Krise – oftmals nur die imagepolitischen Aufräumarbeiten.41 Die USIA unter Murrow passte sich und ihre Arbeit rasch an die neuen Rahmenbedingen und Vorgaben an. Ihr wichtigstes Ziel war, die neuen unabhängigen Staaten in die Kultur- und Informationsarbeit der USA einzubeziehen und die Bedrohung durch den Kommunismus, die von Kuba, China und 35 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 192. 36 Ebd., S. 195. 37 Aguilar und Knapp weisen darauf hin, dass „gesteigerter Einfluss“ noch nicht „großer Einfluss“ heißen musste und die Integration und Beteiligung der USIA an der US-­ Außenpolitik höchst unterschiedlich bewertet wurde. S. Aguilar, Cultural Diplomacy, S. 116–120; Knapp, Die Stimme Amerikas, S. 130f. Unzweifelhaft war jedoch in der Amtszeit Kennedy/Murrow die Einbindung in die Außenpolitik größer als je zuvor. S. auch Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 190; Weissman, Kultur- und Informationsaktivitäten der USA, S. 45. 38 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 189f. 39 Aguilar, Cultural Diplomacy, S. 60; Knapp, Die Stimme Amerikas, S. 61f. 40 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 190. 41 Ebd., S. 190, 197f. Auch innerhalb der Behörde gab es Unstimmigkeiten, da unter Murrow die Spannungen zwischen politisch orientierter und journalistisch unabhängiger Arbeit, die bereits im Konzept einer Kultur- und Informationspolitik angelegt waren, weiter zunahmen. Viele, die den neuen Direktor wegen der hohen journalistischen Standards begrüßt hatten, für die er stand, waren bald enttäuscht: Murrow definierte seine neue Aufgabe und damit auch die Ausrichtung der USIA hauptsächlich politisch. Cull, The Man Who Invented Truth.

1.1 Amerikanische Vorgaben

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der Sowjetunion ausging, einzudämmen. Allein in Afrika eröffnete die USIA in der ersten Jahreshälfte 1961 13 neue Bibliotheken in 12 neuen Staaten.42 Auf Weisung des Kongresses wurden Afrika und Lateinamerika zu Prioritätsgebieten in der auswärtigen Kultur- und Informationspolitik erklärt.43 In Westeuropa und besonders in der Bundesrepublik sollten Kosten und Engagement der USIA hingegen stark eingeschränkt werden.44 Machte der Etat für Westeuropa 1956 noch 14 Prozent des Gesamthaushalts der USIA aus, waren es 1962 nur noch 7,2 Prozent und 1963 5,8 Prozent. Im Haushaltsjahr 1961 betrug das Budget für Westeuropa 9,8 Millionen Dollar und war damit das größte aller Regionalkontingente; 1963 standen nur noch 8,1 Millionen Dollar zur Verfügung und damit weniger als für die Regionen Ferner Osten und Lateinamerika. Besonders stark von den Einsparungen betroffen waren die Länder Italien, Frankreich und die Bundesrepublik Deutschland.45 Im Vergleich zum Vorjahr war das Budget für 1961 um 550.000 Dollar gesunken, davon entfielen 200.000 Dollar auf die Bundesrepublik.46 Da ein Großteil der für die Bundesrepublik vorgesehenen Gelder in die Amerikahäuser floss, mussten sich die Einsparungsforderungen auf diesem Gebiet niederschlagen. Die Budgetkürzungen spiegelten auch die veränderte Räson der amerikanischen Kultur- und Informationsarbeit in Westdeutschland.47 Als Instrumente der Reeducation-Politik waren die Amerikahäuser in den frühen Nachkriegsjahren darauf ausgerichtet, möglichst große Bevölkerungskreise zu erreichen und das Programm auf ein breites Publikum auszurichten.48 Die seit 1949 dezidiert antikommunistische und antisowjetische Stoßrichtung der Häuser verstärkte diese Tendenz und führte zu etlichen Neugründungen.49 An der 42 USIA, 16th Review of Operations, January-June 1961, Vorwort, S. 10, 12, 14–23: NARA, RG 306, HC, USIS Post Publications 1953–1999, Box 207; s. auch USIA, 17th Review of Operations, July-December 1961, Vorwort: NARA, RG 306, HC, USIS Post Publications 1953–1999, Box 207. 43 Für Zahlen zu Afrika s. Ohmstedt, Von der Propaganda zur Public Diplomacy, S. 96; zu Südamerika s. Knapp, Die Stimme Amerikas, S. 74–78, bes. S. 75. Holger Ohmstedt schreibt der USIA-Arbeit in Afrika und Südamerika einen wesentlichen Anteil am Entwicklungs- und Modernisierungsprozess dieser beiden Kontinente zu. Dabei weist er besonders auf die Bedeutung eines funktionierenden Kommunikationsnetzes hin, das in den meisten Staaten vorher nicht gegeben war: Ohmstedt, Von der Propaganda zur Public Diplomacy, S. 105. 44 Knapp, Die Stimme Amerikas, S. 65–67; Aguilar, Cultural Diplomacy, S. 162, 233–235. 45 Angaben nach Knapp, Die Stimme Amerikas, S. 66. 46 Irwin, USIA an Senator Mansfield vom 3. April 1961: JFKL, USIA, Chronological File of the Director, Rolle 8. 47 Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960, Section I, S. 37: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3. 48 Schildt, Zwischen Abendland und Amerika, S. 167–195. 49 Schumacher, Kalter Krieg und Propaganda, S. 227f.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

Wende zu den 1960er Jahren hatte sich die Situation deutlich verändert: Der Reeducation-Auftrag der Amerikahäuser galt als beendet, wenn auch die Förderung demokratischen Denkens und Handelns weiterhin ein wichtiges Ziel blieb, und nach der McCarthy-Ära schwächte sich auch der antikommunistische Propagandaauftrag ab. Somit entfiel die Notwendigkeit, die Bevölkerung möglichst umfassend zu erreichen, und zielgruppenorientierte Arbeit rückte stärker in den Vordergrund. Die Amerikahäuser konkurrierten auch mittlerweile mit einer Vielzahl deutscher und ausländischer Kultur- und Bildungseinrichtungen. Zudem war das potenzielle Publikum der Häuser kritischer und besser informiert über politische und gesellschaftliche Themen als in der unmittelbaren Nachkriegszeit.50 Auch war aus dem „fernen Phantom Amerika, das sich so oder so deuten ließ“, durch Besatzungszeit, amerikanische Konsumgüter und Populärkultur sowie die Medienberichterstattung für viele Menschen eine „reale Kraft“ geworden, über die sie nun besser informiert waren als während der Gründungsphase der Amerikahäuser.51 In ihren Berichten wiesen die USIA- und USIS-Mitarbeiter 1960 und 1961 immer wieder darauf hin, dass die Qualität der Veranstaltungen in den Amerikahäusern nach oben angepasst werden müsse. Andernfalls seien die anvisierten Führungspersönlichkeiten, Akademiker und Multiplikatoren nicht zu erreichen.52 Der USIS stand also vor der Herausforderung, mit dem schrumpfenden Etat gehobenere Veranstaltungen anzubieten, die mit dem wachsenden Kulturangebot konkurrieren und das gewünschte Zielpublikum erreichen konnten, und dabei möglichst wenige Häuser zu schließen. Denn trotz der finanziellen und personellen Kürzungen behielt die Bundesrepublik ihren Sonderstatus, den sie seit den ersten Nachkriegsjahren im Rahmen der amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informationspolitik innehatte. Der USIS sollte weiterhin auf einer wesentlich breiteren Basis arbeiten als die USIA-Vertretungen in anderen westeuropäischen Staaten. Dass es den USA nicht einfach um den Rückbau ihrer Präsenz bis auf das Niveau in anderen Staaten ging, sondern um Profilierung auf gehobenem Niveau, zeigt das bauliche Engagement. Im Jahr 1957, als die große Schließungswelle bei den Amerikahäusern und DAI schon beendet war, zogen die Amerikahäuser in Frankfurt, München und Hamburg in Neubauten, die in gemeinsamer deutsch-amerikanischer Planung und Finanzierung nach den Bedürfnissen der amerikanischen Kulturinstitute gebaut worden waren. 1952 und 1955 hatten schon die Amerikahäuser in Es50 Hodenberg, Konsens und Krise, S. 442–447, bes. S. 444f. 51 Becker, Wirklichkeit oder Phantasma, S. 55. 52 Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960, Section I, S. 134: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3; USIS Bonn, Country Assessment Report 1960, Introduction, S. 3: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; USIS Bonn, Country Assessment Report 1961, S. 24: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212.

1.1 Amerikanische Vorgaben

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sen und Köln Neubauten bekommen, 1961 folgte das Amerikahaus in Stuttgart.53 Die gemeinsamen Bauvorhaben können als Ausdruck des beiderseitigen Willens zur längerfristigen Fortsetzung der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik in der Bundesrepublik gelten.54 Erste konzeptionelle Reformen leitete die seit 1958 geltende Maxime „fewer but better“ ein, mit der das Programmangebot reduziert, das Niveau verbessert und, soweit wie möglich, ein ausgewähltes Publikum erreicht werden sollte. Bis 1960 verringerte sich das Veranstaltungsvolumen dadurch um mehr als 50 Prozent.55 In den Vordergrund rückten nun organisatorische Reformen, die der verschlechterten Finanzsituation und den veränderten Vorgaben nach einem hochwertigen und stärker auf die Zielgruppen orientierten Programm Rechnung trugen. Wenige Monate nach dem Amtsantritt Kennedys besuchte ein USIA-Inspektionsteam vom 5. Februar bis zum 22. Juli 1960 die Bundesrepublik und erstellte einen detaillierten Bericht über alle Aktivitäten des USIS.56 Die USIA entsandte regelmäßig solche Teams in alle Auslandsvertretungen. In der Bundesrepublik war noch keine Inspektion durchgeführt worden, seit die USIA 1953 gegründet worden war und 1955 die informationspolitischen Aktivitäten der HICOG übernommen hatte. Entsprechend umfangreich fiel der Bericht vom 22. Juli 1960 aus. Der Inspection Report bildet die einzige übergreifende Analyse der amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informationspolitik in der Bundesrepublik aus dieser Zeit. Als behördeninternes Kontrollinstrument übten die Inspektionsteams keine Fundamentalkritik. Da die USIA jedoch jedes Jahr um ihr Budget kämpfen musste und vor allem der Kongress den Nutzen einer solchen Behörde immer wieder in Frage stellte, war ihr daran gelegen, ihre Arbeit zu optimieren und die Vorgaben von Kongress und De-

53 Bei diesen Vereinbarungen gehörte das Grundstück dem Bundesland oder der Stadt, die auch Bauherren waren. Die USA zahlten zu Beginn des Bauvorhabens eine Summe zwischen 100.000 Dollar (Köln) und 150.00 Dollar (Frankfurt) und konnten das Gebäude dafür zwischen fünf und zehn Jahre mietfrei nutzen. Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960, Section I, S. 134, 153, 166, 176f., 194, 196f.: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3. In Stuttgart trug die Stadt die Baukosten und erhielt von den USA eine Mietzinsvorauszahlung von 500.000 DM für fünf Jahre. Schumann, Stadtdirektor Stuttgart an Bürgermeisteramt Freiburg vom 27. April 1961: StadtAF, C5/1866. 54 S. beispielsweise Irwin, USIA an Beckman vom 3. Oktober 1961: JFKL, USIA, Chronological File of the Director, Rolle 3, wo das deutsche Engagement bei den Neubauten im Antwortschreiben auf die Anfrage eines amerikanischen Bürgers zum AmerikahausProgramm besonders hervorgehoben wird. 55 Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960, Section I, S. 37f.: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3. 56 Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3. Die folgenden Ausführungen basieren auf diesem Bericht.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

Amerikanisches USIA-Personal in der Bundesrepublik, Frankreich, Italien und Großbritannien 180 160

Anzahl der Mitarbeiter

140 120 100 80 60 40 20 0 1960

1965 BRD

1970 Frankreich

Italien

1975

1979

Großbritannien

Abb. 258

partment of State möglichst weitgehend zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund sind Bericht und Analyse des Inspektionsteams zu bewerten. Der kultur- und informationspolitische Apparat der USA in der Bundesrepublik war auch nach den Kürzungen der 1950er Jahre groß und gut aus­ gestattet und hatte wesentlich mehr Personal, einen deutlich höheren Etat. und mehr Dienststellen als irgendeine andere USIS-Vertretung (Abb. 2 und 3).57 1960 arbeiteten 66 Amerikaner und 555 Ortsansässige für den USIS. 286 Stellen – davon 48 mit Amerikanern besetzte Positionen – entfielen auf den USIS in Bonn und die sechs USIS-Außenstellen an den amerikanischen Generalkonsulaten in Bremen, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, München und Stuttgart. In den Amerikahäusern und DAI selbst arbeiteten nur 18 Amerikaner und 197 Ortsansässige; dazu kamen sieben Amerikaner und 65 ortsansäs58

459

57 Dies gilt sowohl in absoluten Zahlen (Abb. 2) wie auch in Relation zur Bevölkerung der verschiedenen Staaten (Abb. 3). 58 USIA, Agency in Brief 1960, 1965, 1970, alle: NARA, RG 306, HC, Publications, Box 208; USICA, Report to Congress 1978/79: NARA, RG 306, HC, Publications, Box 208.

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1.1 Amerikanische Vorgaben

Amerikanische USIA-Mitatbeiter im Verhältnis zur Einwohnerzahl 1,4

Mitarbeiter pro Mio. Einwohner

1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 1960

1970 BRD

Frankreich

Italien

1979 Großbritannien

Abb. 359

sige Mitarbeiter für den USIS Berlin und das Berliner Amerikahaus. 60 Auf die Amerikahäuser entfielen im Rechnungsjahr 1960 rund 1.387.250 US-Dollar bei einem Gesamtetat von 4.060.570 US-Dollar, mit dem neben den Amerikahäusern die USIS-Stellen an den amerikanischen Botschaften in Bonn und Berlin, die Rundfunkanstalt RIAS, das Munich Program Center, die Munich Relay Base sowie die Liaison and Reports Unit über den USIS in Bonn finanziert wurden.61 Das Inspection Team bestand aus drei USIA-Mitarbeitern,62 die nicht nur die USIS-Zentrale in Bonn inspizierten, sondern auch alle Vertretungen in 59

59 Für das USIA-Personal: USIA, Agency in Brief 1960, 1965, 1970, alle: NARA, RG 306, HC, Publications, Box 208; USICA, Report to Congress 1978/79: NARA, RG 306, HC, Publications, Box 208. Für die Einwohnerzahlen: Eurostat (Hg.), Sozialindikatoren. 60 Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960, Section I, S. 30f.: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3. Aus den Aufstellungen geht nicht hervor, 460 waren welcher Nationalität die ortsansässigen Mitarbeiter angehörten. Die meisten Deutsche, doch teilweise arbeiteten auch Amerikaner, die keine USIS-Mitarbeiter waren, in den Häusern, beispielsweise als Sprachlehrer. Der USIS rechnete nur seine eigenen Mitarbeiter zu den amerikanischen Stellen. 61 Ebd., Section I, S. iv, S. 30. 62 Der Bericht ist von drei Inspekteuren unterzeichnet, ohne dass nähere Informationen über die Personen gegeben werden.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

München, Frankfurt, Hamburg, Stuttgart, Düsseldorf und Bremen, alle Amerikahäuser, Deutsch-Amerikanischen Institute und Leseräume, die Vertretung in Berlin samt Amerikahaus sowie alle anderen Einrichtungen des USIS. Zudem sprachen sie mit rund 100 Personen – Deutschen, Amerikanern und anderer Nationalitäten – aus Politikerkreisen, dem Kulturbereich, Wirtschaft und Geschäftsleben und den Medien.63 Knapp 200 Seiten und damit über zwei Drittel des Abschlussberichtes beschäftigen sich mit den USIS-Außenstellen, davon zu einem Gutteil mit den Amerikahäusern. Das entsprach der Bedeutung, die ihnen das Inspection Team zumaß: „The ‚guts‘ of the USIS operations in the Federal Republic of Germany is undoubtedly the highly successful America House operation; these institutions have become living symbols of U.S.-German cooperation and of American cultural vitality and growth.“64 Die Amerikahäuser seien fest in der kulturellen Landschaft der Bundesrepublik verwurzelt, ganz besonders im geteilten Berlin: „Indeed, nowhere in the world does any USIS installation carry the range of activities or enjoy the patronage which, day and night, strains the capacity of the America House in West Berlin.“65 Bereits zu Beginn der Inspektion stand fest, dass für das kommende Rechnungsjahr beim Budget und beim Personal drastische Einsparungen vorgesehen waren. Das Inspection Team informierte den USIS Bonn über den Sparkurs, machte aber gleichzeitig auch Vorschläge, wie die als erfolgreich eingestuften Amerikahäuser möglichst unbeschadet weiter bestehen könnten. Denn die Inspekteure befanden, dass die Westdeutschen insgesamt sehr positiv auf die amerikanischen Kultur- und Informationsaktivitäten reagierten – zum einen aus Dankbarkeit für die Hilfe der USA in der Nachkriegszeit, zum anderen aus dem Bewusstsein der sicherheitspolitischen Abhängigkeit der Bundesrepublik von den USA.66 Bei Gesprächen des Inspection Teams mit Politikern, hochrangigen Mitarbeitern von Bundesbehörden, Repräsentanten des Kultur- und Erziehungsbereichs, Presse- und Medienvertretern sowie Vertretern der Wirtschaft hatten verschiedene der deutschen Gesprächspartner vorgeschlagen, durch deutsche Beiträge den Erhalt der Amerikahäuser sicherzustellen, wie es ohnehin bereits in einigen Städten seit 1955 geschah.67 Verschiedene Gesprächspartner der Inspekteure aus Politik und Verwaltung waren wenig später an der Umwandlung einiger Amerikahäuser in binationale 63 Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960, Annex E: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3. 64 Ebd., S. iv. 65 Ebd., Section I, S. 29. 66 Ebd., S. v. 67 Eine Liste der Gesprächspartner findet sich in Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960, Anhang E: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3. Gegenstand der Gespräche war die Einschätzung und Bewertung der amerikanischen Kultur- und Informationsarbeit in der Bundesrepublik.

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Deutsch-Amerikanische Institute beteiligt und unterstützten diese Institute finanziell und administrativ, etwa der Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Sprecher der Bundesregierung Felix von Eckardt, der Leiter der USA-Abteilung im Bundespresseamt Hermann-Dietrich von Jordans, der Leiter der Kulturabteilung im Auswärtigen Amt Dieter Sattler, oder der Darmstädter Oberbürgermeister Ludwig Engel.68 Eine deutsche Beteiligung war in den Augen der Inspekteure optimal. „This cooperative arrangement has proved successful [sic!]“, urteilten sie, „not only in reducing the cost of operation to the U.S. Government but in eliciting local interest, support and participation“ – viel stärker als bei einer rein amerikanischen Einrichtung, für die die Deutschen sich nicht verantwortlich fühlten.69 Dementsprechend endete der Bericht mit der Empfehlung, informell zu ermitteln, inwiefern weitere deutsche Zuschüsse möglich seien.70 1.1.2 Von der Reeducation zur Partnerschaft: Die Gründung der Deutsch-Amerikanischen Institute 1962 Überlegungen zu einer engeren deutsch-amerikanischen Zusammenarbeit bei den amerikanischen Kultureinrichtungen hatte es bereits seit 1947 gegeben.71 1950/51 wurden im Department of State mehrere Möglichkeiten zur Umwandlung oder Integration einiger Amerikahäuser diskutiert. Schließlich reiste eine Kommission, bestehend aus Carleton Sprague Smith und Eric Neff, in die Bundesrepublik, um die Umwandlungschancen zu sondieren.72 Auf deutscher Seite herrschte jedoch wenig Bereitschaft, sich finanziell am Unterhalt der Institute zu beteiligen. Mit dem Fulbright-Abkommen zwischen den USA und der Bundesrepublik im Juni 1952 und dem deutsch-amerikanischen Kulturabkommen vom 1. April 1953 normalisierten sich die Kulturbeziehungen zwischen den beiden Staaten weitgehend. Bis 1954 wurde ein Großteil der Reading Rooms und der kleineren Amerikahäuser geschlossen oder ihre Bestände an deutsche Einrichtungen übergeben. Die größeren Häuser sollten weiter bestehen, aber mit weniger Personal auskommen. Als die Bundesrepublik 1955 souverän wurde, änderte sich die Sachlage erneut. Die Information Centers, als Einrichtungen 68 Der Bericht listet nur die Namen auf, geht aber nicht auf die Vorschläge und Einstellungen einzelner Personen ein. 69 Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960, Section I, S. 34f.: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3. 70 Ebd., S. vii. 71 Hier und im Folgenden: Hein-Kremer, Die amerikanische Kulturoffensive, S. 502–512. 72 Smith war Professor an der Columbia University in New York und Leiter der Musikabteilung der öffentlichen Bibliothek in New York, Neff Direktor des amerikanischen Information Center in Port-au-Prince. S. ebd., S. 506.

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zur Demokratisierung der Deutschen gegründet, entsprächen in ihrer bisherigen Form nicht mehr der nunmehr gleichberechtigten Stellung der Bundesrepublik, so die amerikanischen Stellen.73 Gleichzeitig kürzte der Kongress das USIA-Budget. Durch die Umwandlung der kleineren Amerikahäuser in binationale Institute sollte der neuen Situation Rechnung getragen und das Budget reduziert werden. Das erste binationale Institut nicht nur in der Bundesrepublik, sondern in ganz Europa wurde im Mai 1955 in Darmstadt gegründet.74 Am 9. Mai unterzeichneten die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, vertreten durch den den USIS, und der Magistrat der Stadt Darmstadt eine Vereinbarung über die Umwandlung des Amerikahauses in ein Deutsch-Amerikanisches Institut,75 die am 1. Juli 1955 in Kraft trat. Als „Darmstädter Mustersatzung“ wurde sie bei den späteren Umwandlungen als Vorlage verwendet. „Mit der Wiedererlangung der Souveränität durch die Bundesrepublik Deutschland besteht auf beiden Seiten der Wunsch nach einer stärkeren Zusammenarbeit“, heißt es in der Vereinbarung. Die Umwandlung in ein binationales Institut fördere diese Zusammenarbeit und helfe, die gemeinsamen Ziele zu erreichen, nämlich ein besseres Verständnis der beiden Völker füreinander, ihrer Ideale und Institutionen. Festgehalten wurde auch, dass das DAI den Geist und die Arbeit des Amerikahauses fortführen sollte. Die USIA stellte die Ausstattung und Medien des Amerikahauses zur Verfügung, finanzierte das Personal und die inhaltliche Arbeit, ergänzte also regelmäßig Buch- und Filmbestände, zeigte Ausstellungen und engagierte Referenten und Künstler für das laufende Programm. Die Stadt verpflichtete sich, Miete und Nebenkosten für das Gebäude sowie alle damit verbundenen Instandhaltungs- und Wartungskosten zu übernehmen. Der amerikanische Direktor leitete die Verwaltung und alle Tätigkeiten des Instituts und war für Personal und Programm zuständig, das weiterhin den Vorgaben des USIS folgte. Als neues Verwaltungsgremium wurde der Vorstand eingerichtet, der in Parität deutsch-amerikanisch besetzt war und gemeinsam durch den Magistrat und den USIS bestimmt wurde. Vorstandsvorsitzender war der Darmstädter Oberbürgermeister Ludwig Engel.76 Weitere Träger hatte das neugegründete DAI nicht. Sowohl das Land Hessen als auch das Auswärtige Amt lehnten 1955 eine finanzielle Beteiligung ab.77 In seiner ersten Sitzung beschloss der Vor73 Ebd., S. 512. 74 Ebd., S. 513. 75 Vereinbarung USIS und Stadt Darmstadt vom 9. Mai 1955: StadtAD, ST 24, Nr. 4/884. 76 Auch sonst war die Vorstandschaft hochkarätig besetzt, u.a. mit dem Rektor der Technischen Hochschule Darmstadt und dem Stadtschulrat auf deutscher Seite, die Amerikaner benannten u.a. den Kommandanten der amerikanischen Truppen in Darmstadt, den Chefredakteur von „Stars and Stripes“ und den PAO des USIS Frankfurt. S. Hein-­ Kremer, Die amerikanische Kulturoffensive, S. 514. 77 HessStk, Inhaltsübersicht zum Beschluss-Protokoll über die 17. Sitzung des Kabinetts

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stand, am Gebäude künftig sowohl die amerikanische als auch die deutsche Fahne zu hissen, damit das Haus sogleich von außen als binationale Einrichtung erkennbar war.78 Nach gleichem Muster verlief wenige Wochen später die Umwandlung des Amerikahauses Marburg in ein binationales Institut. Hier beteiligte sich jedoch das Land Hessen am Unterhalt, indem es als Eigentümer des Hauses auf die Miete verzichtete und damit die Stadt entlastete.79 Zudem hatte der Vorstand, dessen Vorsitzender auch in Marburg der amtierende Oberbürgermeister war, etwas weitreichendere Befugnisse als sein Pendant in Darmstadt.80 Im Oktober 1955 folgte das erst drei Jahre zuvor gegründete Amerikahaus Tübingen. Die Aufgabenverteilung war ähnlich geregelt, doch anders als in Darmstadt und Marburg war hier nicht die Stadt Tübingen Vertragspartner des USIS, sondern der eigens gegründete „Verein der Freunde des Amerika Hauses in Tübingen e.V.“81 unter dem Vorsitz von Regierungspräsident Karl Walser. Mitglieder des Vereins waren verschiedene Kreisverbände, Städte und Vertreter der Wirtschaft.82 Auch die Stadt Regensburg und der USIS vereinbarten bereits 1955, das Amerikahaus in ein binationales Institut umzuwandeln. In den zwei Jahren zwischen der Vertragsunterzeichnung und der Eröffnung des Hauses als DAI Anfang August 1957 sanierte die Stadt Regensburg das Gebäude, das dem Institut für die kommenden Jahre mietfrei zur Verfügung stand.83 Mit diesen binationalen Instituten existierte ein Modell für die Umwandlung weiterer Amerikahäuser 1961/62. 1960 bestanden insgesamt 23 amerikanische Kulturzentren in der Bundesrepublik, bei denen der USIS nun Kürzungen vornehmen musste: 16 Amerikahäuser in Berlin, Bremen, Essen, Frankfurt, Freiburg, Hamburg, Hannover, Heidelberg, Kaiserslautern, Kassel, Kiel, Koblenz, Köln, München, Nürnberg und Stuttgart, die vier Deutsch-Amerikanischen Institute sowie sechs an Amerikahäuser angeschlossene Reading Rooms in Düsseldorf, Hof, Mannheim, Saarbrücken, Trier und Mannheim.84 Ziel war, das Programm in vom 22. Juni 1955: HessHStA, Abt. 502, Nr. 8752; Bach, HessStK an OB Engel vom 15. August 1955: StadtAD, ST 24, Nr. 4/886; Schlegelberger, AA an Magistrat Darmstadt vom 6. September 1955: StadtAD, ST 24, Nr. 4/886. 78 Vermerk Sabais, Stadt Darmstadt vom 16. Mai 1955: StadtAD, ST 24, Nr. 4/890. 79 Clement, Window to the West, S. 230. Das Land begründete diese Entscheidung, die von der Stadt Marburg vertraulich behandelt werden sollte, mit den wesentlich höheren Steuereinnahmen der Stadt Darmstadt. 80 Clement, Window to the West, S. 231. 81 Vereinbarung zwischen USIS und Verein der Freunde vom 24. Oktober 1955: StadtAT, E 418, Nr. 53. 82 DAI Tübingen, Geschäftsbericht vom 19. September 1956: StadtAT, E 418, Nr. 62. 83 Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960, Section I, S. 155: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3; Boll, Kulturdezernat Regensburg an MinDir Keim vom 17. Januar 1962: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1420. 84 Angaben nach Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960, Section I, S. 30f.:

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der Bundesrepublik zu reduzieren, ohne es kaputtzusparen,85 und die Amerikahäuser auch unter deutscher Beteiligung als „distinctively American institions“ weiterzuführen.86 In den Städten, in denen die USA durch ein Generalkonsulat vertreten waren, sollten sie unverändert weiter bestehen. Düsseldorf bildete eine Ausnahme: Hier unterhielten die USA zwar ein Generalkonsulat mit einer USIS-Außenstelle, die daran angeschlossenen Amerikahäuser befanden sich jedoch in Köln und Essen. An dieser Regelung sollte nichts geändert werden. In Darmstadt, Freiburg, Heidelberg, Kassel, Koblenz, Marburg, Nürnberg, Regensburg und Tübingen wollten die Amerikaner jedoch versuchen, eine binationale Finanzierung zu etablieren bzw. bereits bestehende Abkommen auszubauen. Vor einer Kontaktaufnahme mit den betroffenen Städten informierte James Hoofnagle, der als Country Public Affairs Officer (CPAO) USIS Germany leitete, Anfang August 1961 das Bundespresseamt über die anstehenden Veränderungen. Im September sei mit der offiziellen Notifizierung der USBotschaft zu rechnen, dass ein Großteil der Amerikahäuser wegen Budgetkürzungen geschlossen werden müsse, so Hoofnagle in einer vertraulichen Unterredung. Die Kosten pro Haus bezifferte er auf ca. 250.000–300.000 DM pro Jahr.87 Am 27. September 1961 berichtete Hoofnagle an Staatssekretär Felix von Eckardt, den Leiter des Bundespresseamtes, dass in den kommenden Wochen Möglichkeiten und die Ausgestaltung einer Umwandlung in den verschiedenen Städten diskutiert werden sollten.88 In einem „Briefing Paper on Establishment of Certain Amerika Haeuser and German-American Institutes on a Full-Fledged Bi-National Basis“ hatten die USIS-Stellen an den Generalkonsulaten in Deutschland nähere Informationen zu den Umwandlungsplänen erhalten.89 Sie wurden in einer doppelten Argumentation begründet: Zum einen seien die Amerikahäuser in den Jahren ihres Bestehens immer mehr in die lokale Kulturlandschaft integriert und als solche von den Kommunen zunehmend unterstützt worden. Durch die Umwandlung einiger Amerikahäuser in binationale Institute sollte diese von der USIA als sehr erfreulich angesehene Entwicklung an ihren logischen Schlusspunkt geführt werden. Zum anderen wurde auf die Direktive des amerikanischen Kongresses verwiesen, die USIA solle ihre Aufmerksamkeit und finanNARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3. Der Bericht ordnet einige Häuser allerdings den falschen Kategorien zu. 85 USIS Bonn, Country Assessment Report 1960, Introduction, S. 2: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 86 Angaben nach Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3. 87 BPA, Besprechungsnotiz Jordans vom 5. August 1961: PAAA, B 96, Nr. 702. 88 PAO Hoofnagle an von Eckardt, BPA vom 27. September 1961: PAAA, B 96, Nr. 702. 89 Briefing Paper on Establishment of Certain Amerika Haeuser and German-American Institutes on a Full-Fledged Bi-National Basis, o.D. [1961]: StadtAN, E 6/799, Nr. 72.

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ziellen Mittel zunehmend mehr auf Afrika, Lateinamerika und Asien richten. Aus haushaltstechnischen Gründen sei man deswegen gezwungen, einige Häuser in der Bundesrepublik entweder umzuwandeln oder zu schließen, wobei mit letzterem wohl kaum gerechnet werden müsse. Einige Amerikahäuser als binationale Einrichtungen weiterzuführen stellte aus Sicht der USIA einen geeigneten Mittelweg dar, um gleichermaßen den außenpolitischen Vorgaben gerecht zu werden und den kulturellen Austausch, den die Häuser leisteten, auf dem gleichen Niveau fortführen zu können. Das Papier schlug bereits einen Weg zur Umwandlung vor:90 Zwischen dem USIS und den jeweiligen Bundesländern und Städten sollte ein Vertrag geschlossen werden, der die Leitung des künftigen Instituts durch einen amerikanischen Direktor und einen deutsch-amerikanischen Vorstand sowie die Leistungen des USIS an das Institut und die finanzielle Unterstützung durch das Land bzw. die Stadt festschrieb. Die BPAOs wurden angewiesen, zunächst den Kultusministerien, dann den jeweiligen Oberbürgermeistern den Vorschlag der USIA auf Basis dieses Dokuments zu unterbreiten. Zeitgleich sollten die Angestellten der betroffenen Häuser über die Pläne informiert werden. Nach erfolgter Rückmeldung der BPAOs über die Ergebnisse der ­Gespräche sollte die weitere Vorgehensweise individuell und auf die lokale Situation bezogen erarbeitet werden. Bis dahin würden auch genaue Kostenaufstellungen vorliegen – vorerst sollten bei der Kontaktaufnahme die Kosten auf 90.000 bis 115.000 US-Dollar pro Jahr und Institut beziffert werden.91 In a carefully-guarded plan, on a given day, we notified six German-American Institutes, and the mayors in those cities, and the Minister-Presidents of the states in which they were located, and the Cultural Office of the Bonn government, that these centers would have to go out of business; that we needed to withdraw our support and would not longer be able to supply officers to direct them,

erinnerte sich Albert E. Hemsing, 1961 PAO in Berlin.92 In Bayern informierte Hoofnagle am 4. Oktober 1961 Ministerpräsident Hans Ehard über die Umwandlungspläne für Nürnberg und Regensburg, Robert C. Benedict (USIS München) schrieb in gleicher Sache an Kultusminister Theodor Maunz.93 Zwei Tage darauf übergab Benedict ein Schreiben Hoofnagles an den Nürn-

90 Ebd., S. 2 (Punkt III: Proposed New Arrangement). 91 Miller, USIS an BPAO Benedict vom 30. September 1961: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. 92 Interview mit Albert E. Hemsing vom 18. April 1989, s. unter: Frontline Diplomacy. Hemsings Zahlenangaben beziehen sich vermutlich darauf, dass von den neun Amerikahäusern, mit denen 1961 Verhandlungen aufgenommen wurden, nur noch sechs rein amerikanisch finanziert waren, während drei bereits deutsche Unterstützung erhielten. Die Umwandlungsverhandlungen 1961/62 fanden jedoch gleichermaßen mit allen neun betroffenen Häusern statt. 93 BPAO Benedict an Maunz, BayMK vom 4. Oktober 1961: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1420; PAO Hoofnagle an BayStK vom 4. Oktober 1961: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1420.

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berger Oberbürgermeister Andreas Urschlechter.94 Wenige Tage zuvor hatten in Baden-Württemberg ähnliche Gespräche zwischen William E. Macfarlane (USIS Stuttgart) und Oberbürgermeister Josef Brandel in Freiburg sowie mit Oberbürgermeister Robert Weber in Heidelberg stattgefunden.95 Der Vorschlag sah vor, dass der USIS weiterhin den amerikanischen Direktor und das Programm finanzierte, die deutsche Seite sollte hingegen die Gehälter der deutschen Angestellten sowie die Betriebskosten für das Haus übernehmen. Die ersten Reaktionen der Städte ähnelten sich: Eine Schließung des Amerikahauses wollte niemand. Besonders aufgeschlossen gegenüber den amerikanischen Plänen zeigte sich der Nürnberger Oberbürgermeister. Sein großes Interesse an der Arbeit des Amerikahauses hatte der USIS bereits vorher in einem Bericht wohlwollend vermerkt.96 Ihn von der Notwendigkeit einer deutschen Beteiligung an der Finanzierung des Amerikahauses überzeugen zu wollen, heiße offene Türen einrennen, so Urschlechter. Er habe angesichts der sowjetischen Politik volles Verständnis für die Schwerpunktverlagerung auf die Entwicklungsländer. Das Amerikahaus solle seine Arbeit auch als binationale Einrichtung unverändert und unter einem amerikanischen Direktor fortsetzen. In seinem Bericht über diese Unterredung zitierte Benedict den Oberbürgermeister mit den Schlussworten: „The time for words is now over. Now is the time for concrete action. You may count on our support.“97 Auch die Heidelberger reagierten positiv. Hier bestanden enge Verbindungen zwischen Deutschen und Amerikanern, da die Stadt Standort der europäischen Hauptquartiere der US-Army, des 7th Army Reserve Command und des 5th Corps war, eine Außenstelle der University of Maryland unterhielt, knapp 300 amerikanische Studenten an der Universität studierten und jedes Jahr zahlreiche amerikanische Touristen anreisten. Daher und wegen der allgemeinen Bedeutung des Amerikahauses für das Kulturleben der Stadt stand die Stadtverwaltung dem Vorschlag der Amerikaner wohlwollend gegenüber. Wie Urschlechter in Nürnberg wies auch der erste Bürgermeister Hermann Hagen auf die Bedrohungen durch den Kommunismus hin und konstatierte: 94 PAO Hoofnagle an OB Urschlechter vom 6. Oktober 1961: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. 95 PAO Hoofnagle an OB Brandel vom 28. September 1961: StadtAF, C5/1866; PAO Hoofnagle an OB Weber vom 28. September 1961: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 145. Der Name Macfarlane wird in den Dokumenten auch teils Mcfarlane oder MacFarlane geschrieben. 96 Biographic Data Report Dr. Andreas Urschlechter, 1961: StadtAN, E 6/799, Nr. 122. Dieser Bericht wurde im Zusammenhang mit einer für Sommer 1961 geplanten USAReise Urschlechters unter der Schirmherrschaft des USIS Deutschland erstellt. Die Reise musste jedoch mehrfach verschoben werden und kam erst 1966 zustande. Vgl. außerdem USIS über Dr. Andreas Urschlechter, 1960: StadtAN, E 6/799, Nr. 122. 97 Bericht BPAO Benedict an Miller, USIS vom 6. Oktober 1961: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. Das Gespräch wurde auf Deutsch geführt, da Urschlechter die englische Sprache nicht beherrschte, jedoch im USIS-internen Bericht auf Englisch wiedergegeben.

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Dabei kommt Universitätsstädten wie Heidelberg eine besondere Verpflichtung insofern zu, als vor allem auch die Studierenden aus den Entwicklungsländern immer wieder mit neuem aufklärenden Material über die von Moskau aus gesteuerte Weltgefahr hingewiesen werden müssen.98

Oberbürgermeister Weber war daher durchaus bereit, die Mietkosten für das Amerikahaus zu übernehmen, um zu zeigen, „dass seine Arbeit und damit sein Fortbestehen wirklich erwünscht ist“.99 Einer Umwandlung in ein binationales Institut mit paritätisch besetztem Vorstand stand er jedoch skeptisch gegenüber. Wenn der typische und repräsentative amerikanische Charakter des Hauses verlorengehe, so Weber, sei der Erfolg des Amerikahauses gefährdet, es werde ein Kulturinstitut wie viele andere und verliere damit seine Existenzberechtigung. Jeder könnte verstehen, wenn die Stadt Geld für den Erhalt des Amerikahauses aufwende, doch bei einer binationalen Trägerschaft würden die anderen städtischen Einrichtungen wohl anmahnen, besser bestehende Einrichtungen statt einer zusätzlichen zu finanzieren.100 Sowohl der Nürnberger als auch der Heidelberger Oberbürgermeister sowie der dortige Direktor des Amerikahauses rieten, vorerst keine Informa­ tionen über die Umwandlungsverhandlungen an die Presse zu geben: In der Öffentlichkeit solle die Umwandlung nicht als Ausdruck amerikanischer Umorientierung erscheinen, so Urschlechter, weil so die ohnehin bestehende Unsicherheit in der Bevölkerung über die amerikanische Deutschland- und Berlinpolitik noch verstärkt würde. Positive Resonanz könne man jedoch erzielen, wenn sie als Resultat städtischer Bemühungen erscheine, sich stärker an dieser wichtigen Einrichtung zu beteiligen, die den gemeinsamen Interessen der USA und der Bundesrepublik diene.101 Das Bundespresseamt teilte die Bedenken, die Umwandlungsverhandlungen öffentlich zu diskutieren: „[W]ir wollen nicht, dass jedermann auf der Straße darüber spricht, dass sich die Amis […] doch offensichtlich dünn machen“ – so nachvollziehbar ihre Gründe auch waren.102 In anderen Städten fielen die Reaktionen verhaltener aus. In Freiburg dominierte bei einer Besprechung zwischen Oberbürgermeister Brandel, Konsul 98 BM Hagen an OB Weber vom 18. Oktober 1961: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 145. 99 OB Weber an PAO Hoofnagle vom 10. November 1961: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 145. 100 BM Hagen an OB Weber vom 18. Oktober 1961: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 145. 101 Bericht BPAO Benedict an Miller, USIS vom 6. Oktober 1961: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. Zu den Bedenken in Heidelberg, die auch der Direktor des Amerikahauses teilte: BM Hagen an OB Weber vom 18. Oktober 1961: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 145. 102 DAI Tübingen, Protokoll einer Besprechung, o.D. [1962]: StadtAT, A 200, Nr. 1905.

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Macfarlane, dem Direktor des Amerikahauses Hedin Bronner und weiteren Vertretern der Stadt die Frage, wie die Betriebskosten des Hauses gesenkt werden könnten.103 Noch im Januar 1962 betonte Bronner, die amerikanischen Stellen hätten bislang vermisst, „dass von Herrn Oberbürgermeister Dr. Brandel die kulturelle und politische Bedeutung des Amerikahauses hervorgehoben und das Interesse der Stadt an der Erhaltung der Einrichtung deutlich gemacht werde“.104 Brandel versicherte zwar umgehend, am Interesse der Stadt könne kein Zweifel bestehen, schlug Hoofnagle aber kurz darauf auch vor, dass die USIA entweder einen Teil der Kosten für den geplanten Wiederaufbau eines traditionsreichen Gebäudes tragen solle, in dem das Amerikahaus untergebracht werden könnte, oder den Termin der Binationalisierung zu verschieben. Neubau und finanzielle Unterstützung für das Amerikahaus seien eine zu große Belastung für die Stadt.105 Andernorts waren die Reaktionen noch zurückhaltender. Aus Kassel wandte sich Stadtrat Redl an das Kulturamt der Stadt Darmstadt, um zu erfragen, wie die dortige Verwaltung auf den Vorschlag der USA reagieren würde, und teilte mit, in Kassel gebe es starke Überlegungen, das Amerikahaus nicht als eigene Einrichtung beizubehalten, sondern in eine der bereits bestehenden städtischen Kultureinrichtungen zu integrieren.106 Trotz dieser unterschiedlichen Reaktionen war innerhalb kurzer Zeit klar, dass alle neun betroffenen Städte sich grundsätzlich darum bemühten, „ihr“ Amerikahaus zu erhalten und auch bereit waren, dafür finanzielle Unterstützung zu leisten. Über diese Absichtserklärungen berichteten sogar die New York Times und andere amerikanische Zeitungen: Die Deutschen „would rather dig into their pockets than face the closing of their local American cultural centers“.107 Die Zeitungen beriefen sich dabei auf die Angaben von USIA-Mitarbeitern, welche die Gelegenheit nutzten, ein positives Bild von der Arbeit ihrer Behörde zu zeichnen, die normalerweise vom Kongress kritisch beäugt wurde und in der amerikanischen Öffentlichkeit nahezu unbekannt war. 3.000.000 Besucher hätten allein im vergangenen Jahr die Amerikahäuser in der Bundesrepublik und Westberlin besucht und seien bereit, „,up to 50 per cent of the bill‘“ zu übernehmen, um Schließungen zu verhindern, wie ein Vertreter der USIA zitiert wurde. Nur die beiden Zeitungen für die amerikanischen Streitkräfte im Ausland, Stars and Stripes und The Overseas 103 Protokoll einer Besprechung vom 13. Oktober 1961: StadtAF, C5/1866. 104 Protokoll einer Besprechung vom 5. Januar 1962: StadtAF, C5/1866. 105 Ebd.; OB Brandel an PAO Hoofnagle vom 15. Januar 1962 (Entwurf): StadtAF, C5/1866. 106 Redl an Kulturamt Darmstadt vom 1. Dezember 1961: StadtAD, ST 24.11, Nr. 4/879. 107 „Nine German Towns Offer Aid to U.S.I.A.“: New York Times vom 16. November 1961. In den Unterlagen des Auswärtigen Amtes befindet sich eine kleine Sammlung mit Presseartikeln, die zu diesem Thema vom 16.-26. November 1961 in der amerikanischen Presse erschienen: PAAA, B 96, Nr. 702.

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Weekly, wiesen darauf hin, dass die USIA bereits einen Plan ausgearbeitet und die Deutschen vor die Alternative „schließen oder umwandeln“ gestellt hatte und die Deutschen nicht von sich aus ein Angebot zur finanziellen Unterstützung unterbreitet hatten.108 Dass gerade die Deutschen, noch wenige Jahre zuvor Kriegsgegner der USA, sich nun für die Erhaltung der Amerikahäuser einsetzten, bot der USIA die Möglichkeit, die Wirkung ihrer Arbeit auch im eigenen Land positiv darzustellen. Doch zunächst standen die Verhandlungen mit den potenziellen deutschen Vertragspartnern an. Die Städte allein konnten nicht die Summen aufbringen, die für den Erhalt der Amerikahäuser nötig waren.109 Unterstützung kam von den Ländern. In der bayerischen Staatskanzlei vertrat Ministerialdirigent Philipp Freiherr von Brand die Ansicht, „dass Mitträger eines Amerika Hauses nicht die Stadt, sondern der Staat sein sollte“. Zwar fielen die Amerikahäuser in den Zuständigkeitsbereich des Kultusministeriums, doch wegen des „außenpolitischen Charakters“ der Angelegenheit sei auch die Staatskanzlei einzubeziehen.110 Aus diesem Grund lud die Staatskanzlei für den 6. Dezember Vertreter der Städte Nürnberg und Regensburg sowie des Kultus- und des Finanzministeriums ein. Dort wurde das weitere Vorgehen festgelegt. Die Finanzierungsfrage sollte in Gesprächen auf Landes- und Bundesebene geklärt werden. Ministerialdirigent Keim vom Ministerium für Unterricht und Kultus hatte als zweckmäßigste Rechtsform für eine solche binationale Einrichtung den eingetragenen Verein empfohlen,111 und bereits am 12. Dezember lagen entsprechende Entwürfe vor.112 Der Ministerrat in Baden-Württemberg befasste sich im Dezember 1961 und Februar 1962 mit den Amerikahäusern. Neben der politischen Dimension der amerikanischen Bitte um finanzielle Unterstützung betonten die Landesvertreter den Nutzen der Amerikahaus-Bibliotheken und der Vorträge für die Studierenden der Amerikanistik und Anglistik in den Universitätsstädten Heidelberg, Tübingen und Freiburg sowie die kulturelle Bedeutung der Häuser in allen drei Städten.113 Wie auch andere deutsche Vertreter plädierte das Kultusministerium für eine Programmstraffung, äußerte sich aber mit dem Vor108 S. „Nine German Towns Offer Aid to U.S.I.A.“: New York Times vom 16. November 1961 oder „The Germans Want the America Houses Kept Open“: Providence Journal vom 20. November 1961. Und im Vergleich „9 German Cities Will Pay To Keep America Houses“: The Stars and Stripes vom 17. November 1961; „Germans Want to Pay For America Houses“: The Overseas Weekly vom 26. November 1961. 109 PAO Hoofnagle an von Eckardt, BPA vom 26. Oktober 1961: PAAA, B 96, Nr. 702. 110 Von Brand, BayStk an Maunz, BayMK vom 10. Oktober 1961: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1420. 111 Protokoll einer Besprechung in der BayStK am 6. Dezember 1961: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. 112 MinDir Keim an OB Urschlechter vom 12. Dezember 1961: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. 113 KMBaWü an StMBaWü vom 26. Februar 1962: HStAS, EA 3/505, Bü 351/1.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

schlag, sich auf „solche Tätigkeiten [zu konzentrieren], die mit einer unmittelbaren amerikanischen Propagandatätigkeit nichts zu tun haben“, deutlicher als alle anderen deutschen Stellen zu inhaltlichen Fragen.114 Die Verhandlungen mit den Städten erfolgten getrennt, doch die drei Stadtverwaltungen erkundigten sich regelmäßig über den jeweiligen Stand der Verhandlungen und vereinbarten gemeinsam, keine zu großzügigen Finanzierungsangebote zu machen, sondern den Amerikanern und dem Land die Hauptlast zu übertragen.115 Mittlerweile drängten vor allem die Vertreter der USA, die ursprünglich die Umwandlung der neun Amerikahäuser zum 31. Dezember 1961 angestrebt hatten, auf rasche Entscheidungen. Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, das von Hoofnagle ja bereits im August über die bevorstehenden Veränderungen informiert worden war, entschied bereits Anfang 1962, mit Bundesmitteln einzuspringen, „um den negativen politischen Auswirkungen auf das deutsch-amerikanische Verhältnis entgegenzutreten, die durch den Eindruck nachlassenden amerikanischen Interesses an Deutschland entstehen könnten“.116 Diese Gelder bewilligte der Haushaltsausschuss nur als einmaligen Zuschuss, denn eigentlich entsprach die Förderung ausländischer Kultureinrichtungen im Inland nicht den Zweckbestimmungen für die Verwendung von Geldern des Bundespresseamtes.117 In Freiburg verhandelte der Stadtrat am 20. Februar 1962 in einer nichtöffentlichen Sitzung über eine mögliche finanzielle Unterstützung des Amerikahauses. Mit 19 Stimmen bei 7 Enthaltungen entschied sich der Stadtrat zwar mit großer Mehrheit dafür, jährlich 30.000 DM für das Institut aufzubringen, doch auch Vorbehalte wurden geäußert.118 Stadtrat Fleig (CDU) gab zu bedenken, dass mit der städtischen Unterstützung des Amerikahauses ein Präzedenzfall geschaffen werde, auf den sich beispielsweise das Institut Français berufen könnte, um ebenfalls städtische Gelder einzufordern. Auch stimmten die Relationen nicht, wenn etwa die Volkshochschule von der Stadt mit nur 15.000 DM jährlich unterstützt würde, dieses Bildungsinstrument aber eigentlich Priorität bei Geldknappheit haben müsse. Andere Vertreter der CDU schlossen sich dieser Position an. Andere widersprachen und betonten die gänzlich andere Ausrichtung des Institut Français, und der Leiter der Freiburger Volkshochschule, Alfred Riemensperger (SPD), verkündete sogar, er jedenfalls „werde sich […] nicht auf die Höhe des Zuschusses an das Ame114 Ebd. 115 Aktennotiz Bürgermeisteramt vom 9. November 1961: StadtAF, C5/1866; Gesprächsnotiz vom 15. Januar 1962: StadtAF, C5/1866. 116 BPA, Aktenvermerk Schweinitz vom 2. März 1962: PAAA, B 96, Nr. 702. 117 Von Hase, BPA an AM Schröder vom 15. Mai 1963: PAAA, B 96, Nr. 702. 118 Hier und im Folgenden: Protokoll der Sitzung des Stadtrats vom 20. Februar 1962 (nicht öffentlich): StadtAF, C5/1866.

1.1 Amerikanische Vorgaben

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rika-Haus berufen, falls es einmal notwendig sein sollte, einen höheren städtischen Zuschuss für die Volkshochschule zu erbitten“. Weitere Bedenken betrafen die programmatische Ausrichtung des Amerikahauses. Stadtrat Peter Poralla, Vertreter der Flüchtlinge in Freiburg (FOM, Freiburger Ost- und Mitteldeutsche Neubürger) sagte deutlich, die Amerikahäuser seien zu rein propagandistischen Zwecken gegründet worden und verfolgten diese auch gegenwärtig noch weiter. Dies sei zwar durchaus zulässig, und wenn Bund und Land für die Propagandaeinrichtung eines anderen Staates Geld zur Verfügung stellen wollten, könnten sie es tun. Die Gemeinde dürfe dies aber nicht.

Auch Riemensperger hatte klar von der „Propaganda“-Tätigkeit des Amerikahauses gesprochen, sie aber nicht weiter bemängelt, da die Besucher dies ja von vornherein wüssten. Eindeutig gegen eine Bezuschussung des Amerikahauses sprach sich nur Poralla aus. Unterstützer gab es hingegen viele: Für das, was das Amerikahaus für die Stadt leiste, seien 30.000 DM noch wenig, so Stadtrat Simon von der Freien Wählervereinigung (FWV). Andere hoben hervor, dass das Amerikahaus jeden Tag von vielen Schulklassen besucht würde, wiesen auf seine Arbeit im Dienste der Völkerverständigung hin und betonten seine Funktion als Begegnungsstätte für den freien Austausch verschiedenster Interessengruppen. Als zugkräftig erwies sich auch der Hinweis auf die Hilfe, die die Stadt nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges durch die USA und ihre Bevölkerung erfahren hatte. Das Amerikahaus nicht zu unterstützen wäre eine Blamage, so Stadträtin Bellinghausen (CDU), und leicht käme die Stadt in den Ruf der Undankbarkeit, so Stadtrat Pohl (CDU). Weniger kritisch, doch mit teils ähnlichen Argumenten verlief die Diskussion im Nürnberger Stadtrat, obwohl die hier für das Amerikahaus veranschlagten Summen mit 133.613 DM wesentlich höher lagen als in Freiburg. Vor allem Oberbürgermeister Urschlechter warb für das Amerikahaus, ohne dabei die mit der Umwandlung verbundenen Probleme auszuklammern, nämlich die hohen Kosten – insbesondere den hohen Anteil der Personalkosten am Gesamtetat – und den geringen Einfluss des Verwaltungsrates auf die Arbeit und den Kurs des Hauses. Urschlechter war bereit, auf die Bedingungen der amerikanischen Botschaft – die Gründung eines eingetragenen Vereins statt nur eines Fördervereins und die starke Stellung des amerikanischen Direktors – einzugehen, denn er sah den Themenkomplex in einem Kontext, der über die lokale Ebene hinausging. Er betonte die Funktion des Hauses als eine „Kontaktstelle auf kulturpolitischem und auch auf staatspolitischem Gebiet“, die abzureißen „wir uns in der derzeitigen politischen Situation der Bundesrepublik Deutschland in keiner Weise leisten können und leisten wollen“.119 119 Protokoll der Sitzung des Stadtrats vom 31. Januar 1962 (nicht öffentlich), S. 32: StadtAN, C 85/III, Nr. 22.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

Man müsse „umgekehrt eine gewisse Schuld abtragen für das Entgegenkommen seit den ersten Nachkriegsjahren“.120 Dementsprechend war Urschlechter bereit, Zugeständnisse an die amerikanischen Partner zu machen121 und blieb moderat in seinen Forderungen: Bei den Haushaltsverhandlungen solle man zwar eine rationelle Haushaltsführung anstreben, aber das dürfe nicht „kleinlich“122 geschehen. Auch entsprechenden Einwänden und Forderungen seitens der Stadträte begegnete er mit dem Argument, das seien „Gegebenheiten, die mit der amerikanischen Lebensweise zusammenhängen“.123 Die städtischen Vertreter in Regensburg bemängelten ebenfalls die hohen Verwaltungskosten, doch insgesamt befand Kulturdezernent Walter Boll, die Amerikaner hätten gewissermaßen ein Recht auf eine finanzielle Beteiligung der Deutschen. Eine Finanzierung allein durch die USA könne nach dem ­wirtschaftlichen Erstarken der Bundesrepublik kaum mehr in Frage kommen.124 Nachdem sich alle neun Städte dafür entschieden hatten, die Amerikahäuser künftig finanziell zu unterstützen, konkretisierten sich die Verhandlungen mit den Ländern und dem Bund. In Bayern sprachen sich sowohl das Kultusministerium als auch die Städte Nürnberg und Regensburg gegen eine rechtliche Zahlungsverpflichtung der Zuschussgeber aus,125 die Stadt Nürnberg schlug für den Vertrag einen „Passus über Rücktrittsmöglichkeiten […] in Krisenzeiten“126 vor. Mit Bezug auf einen Vorschlag der Stadt Regensburg127 plädierte das Bayerische Kultusministerium für eine Teilung der Kosten nach sachlichen Positionen: Der USIS sollte demnach „das gesamte Programm mit den Nebenkosten, Gehalt und Wohnung des amerikanischen Direktors“ übernehmen, die mit dem Gebäude zusammenhängenden Kosten sollten von 120 Ebd. Diese Kontextualisierung wurde im Stadtrat geteilt, s. die Redebeiträge der Stadträte Prölß (SPD), Schneider (CSU) und Bibel (FDP), ebd. S. 34f. 121 Ebd., S. 31. 122 Ebd., S. 33. 123 Ebd., S. 37. Zuvor hatten die Stadträte Bibel und Schneider die bis zu viermal höheren Gehälter der in der Bundesrepublik arbeitenden Amerikaner angesprochen, die jedoch hauptsächlich auf den Dollarwechselkurs von 1:4 zurückzuführen waren. Vgl. ebd. S. 35–37. Mit der Umwandlung des Hauses in ein DAI wurde das Personal nach deutschem Tarifrecht entlohnt, s. Beschluss des Stadtrats vom 28. März 1962, Anlage 7 zum Protokoll der Sitzung des Stadtrats vom 28. März 1962: StadtAN, C 85/III, Nr. 23. 124 Boll, Kulturdezernat Regensburg an MinDir Keim vom 17. Januar 1962: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1420. 125 BayMK an BayMF vom 8. März 1962, S. 2: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. Das gleiche Schreiben ging auch an die Bayerische Staatskanzlei und die Städte Nürnberg und Regensburg. 126 Bericht Urschlechters über eine Besprechung in der Bayerischen Staatskanzlei vom 15. Februar 1962: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. 127 Boll, Kulturdezernat Regensburg an BPAO Chipchin vom 21. Februar 1962: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1420.

1.1 Amerikanische Vorgaben

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der Stadt und die Personalkosten für die deutschen Angestellten von Land und Bund getragen werden.128 In Baden-Württemberg und Hessen gab es hingegen keine solche Aufteilung nach bestimmten Posten. Auch das Bundespresseamt knüpfte Bedingungen an einen staatlichen Zuschuss: der Charakter des Hauses dürfe sich nicht ändern, es solle auf keinen Fall der Eindruck entstehen, dass sich die Amerikaner zurückzögen und eine ‚verdünnte Zone‘ entstehe, weil dies sicherlich vom Osten propagandistisch ausgewertet werden würde. Deshalb darf auch der amerikanische Direktor […] nicht in seinen Aufgaben beeinträchtigt werden; insbesondere obliege ihm die Programmgestaltung.129

Wo noch nicht wie in Tübingen oder Darmstadt ein Freundeskreis bestand, gründeten sich Vereine als Rechtsträger der neuen binationalen Institute.130 Zum 1. April 1962 gingen die Amerikahäuser in ihre neue binationale Form von Deutsch-Amerikanischen Instituten über. Ein maßgeblicher Anteil ihres Budgets kam nun von deutscher Seite – ohne dass die deutschen Finanzgeber im Gegenzug programmatische Änderungen eingefordert hätten (Abb. 4 und 5).131 Die Gründe für dieses bemerkenswerte Entgegenkommen waren bei den Finanzgebern unterschiedlich akzentuiert. Vor allem das Bundespresseamt, aber auch die Länder waren überwiegend von außenpolitischen Erwägungen geleitet. Sie wollten Irritationen im Verhältnis zu den USA vermeiden, wenn sie diese Bitte um Unterstützung ausschlugen, und auch im Hinblick auf die deutsche Bevölkerung nicht den Eindruck erwecken, die Amerikaner zögen sich aus der Bundesrepublik zurück oder die Bundes- und Landespolitik tue nichts, um einen möglichen Rückzug zu verhindern. Nur wenige Wochen vor Beginn der Umwandlungsverhandlungen im Herbst 1961 hatte die DDR am 13. August mit dem Bau der Berliner Mauer begonnen. Die Westberliner, viele westdeutsche Politiker und ein Großteil der Bevölkerung der Bundesrepublik reagierten verunsichert und empört ange-

128 BayMK an BayMF vom 8. März 1962, S. 3: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. 129 Bericht über eine Besprechung in der Bayerischen Staatskanzlei vom 15. März 1962: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. Ähnlich die Aussage des Bundespresseamts bei einer Besprechung mit Vertretern des Landes Baden-Württemberg und der Stadt Tübingen, s. Protokoll einer Besprechung vom 8. Februar 1962: StadtAT, E 418, Nr. 53. 130 „Das Amerika-Haus soll bleiben“: Badische Zeitung vom 14. Dezember 1961; Bauer an OB Brandel vom 22. Dezember 1961: StadtAF, C5/1866; „Schurman-Gesellschaft gegründet“: Zeitungsartikel vom 27. April 1962, o.A. [in: STAHD, Zeitgeschichtliche Sammlung]; Protokoll der Gründungsversammlung des Vereins DAI Nürnberg e.V. vom 12. April 1962: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109; BayStK an BPA vom 17. April 1962: PAAA, B 96, Nr. 706. 131 Angaben zum Gesamtetat der Häuser können nicht gemacht werden, da keine Zahlen für die amerikanische Seite vorliegen.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

Zahlungen von Bund, Land und Stadt für das DAI Tübingen 1963-1985 in DM 300.000

250.000

200.000

150.000

100.000

50.000

0 1963 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 Bund

Land Baden-Württemberg

Stadt Tübingen

Abb. 4132

sichts der zögerlichen amerikanischen Reaktionen. 133 Wie schon die Schwerpunktverlagerungen in der USIA seit 1960 spiegelte auch das Verhalten der USA in der Berlinkrise den geostrategischen Perspektivenwechsel in der amerikanischen Außenpolitik: Die neuen Brennpunkte lagen in den Entwicklungsländern, Europa war „stillgelegt“.134 Präsident Kennedy nahm den Mauerbau mit einer gewissen Erleichterung wahr, da er den Status quo in Europa stabilisierte.135 Große Teile der westdeutschen Bevölkerung sowie viele Politiker reagierten jedoch verunsichert, wie die zurückhaltende Haltung der USA zu bewerten sei.136 Demoskopische Umfragen ergaben zudem, dass das Vertrauen vieler Bundesbürger in die Stärke der USA, auf deren militärischen Schutz die Bundesrepublik wie kein anderes Land angewiesen war, schwand. Bei einer von der USIA in Auftrag gegebenen Studie gaben im Juni und Juli 1961 nur 12 Prozent der Befragten in der Bundesrepublik an, die USA seien führend im Bereich der Raumfahrt, 67 Prozent sahen die Sowjetunion vorne. 132

132 DAI Tübingen, Rechenschaftsberichte 1963–1985, alle: StadtAT, E 418, Nr. 2. Der Rechenschaftsbericht für das Jahr 1964 fehlt. 133 Schertz, Die Deutschlandpolitik, S. 133f.; Stöver, Der Kalte Krieg, S. 138. 134 Ebd., S. 139. S. auch Biermann¸ Today’s struggle does not lie there, S. 174, 177f. 135 Lundestad, The United States and Western Europe, S. 128; Stöver, Der Kalte Krieg, S. 142, 144. 136 Arenth, Die Bewährungsprobe, S. 156; Wolfrum, Die geglückte Demokratie, S. 197– 199.

461

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1.1 Amerikanische Vorgaben

Zahlungen von Bund, Land und Stadt für das DAI Nürnberg 1962-1984 in DM 200.000 180.000 160.000 140.000 120.000 100.000 80.000 60.000 40.000 20.000 0 1962

1963

1964

1965

1966

1967

1968

1969

1970

1971 Bund

1972

1973

Land Bayern

1974

1975

1976 1977* 1978

1979

1981

1982

1983

1984

Stadt Nürnberg

Abb. 5137

Im Juni 1962 sahen immerhin wieder 26 Prozent die USA als überlegenen Staat und nur noch 24 Prozent die Sowjetunion. 138 Vor diesem Hintergrund trafen Bund und Länder ihre Entscheidung über die Bezuschussung der Amerikahäuser, auch wenn Berlinkrise und Mauerbau in der Argumentation nicht explizit genannt wurden, sondern stets nur vage von den deutsch-amerikanischen Beziehungen die Rede war. Die Berlin-Krise belastete dieses Verhältnis. Vor allem aber achtete die Bevölkerung nun verstärkt auf symbolische Gesten wie die Verstärkung der amerikanischen Garni137

137 DAI Nürnberg, Rechnungsprüfungsberichte 1962–1977, alle: StadtAN, E 6/799, Nr. 83; DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1978: BayHStA, Stk, Nr. 18209; DAI Nürnberg, Rechnungsprüfungsbericht 1979: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1426; DAI Nürnberg, Rechnungsprüfungsberichte 1980 und 1981, beide: StadtAN, E 6/799, Nr. 546; DAI Nürnberg, Rechnungsprüfungsberichte 1982 und 1983, beide: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1427. Angaben für 1962 anteilig ab der Umwandlung in ein DAI zum 1. April 1962. *Im Jahr 1977 zahlte die Stadt Nürnberg über die Pocher’sche Stiftung 4.000 DM an das DAI. 138 „Current U.S. versus Soviet Space Standing in Western Europe“. Research Report vom 8. August 1962: NARA, RG 306, Office of Research, S-Reports, Box 22. S. auch Hae­ fele, John F. Kennedy, S. 63. Das Institut für Demoskopie in Allensbach ermittelte ähnliche Trends. Bei einer Umfrage im November 1960, ob der Westen oder der Osten – und damit auch die jeweilige Blockmacht – militärisch besser gerüstet sei, gaben 23 Prozent der Befragten an, der Osten sei überlegen. Nur 19 Prozent hielten den Westen für militärisch besser ausgerüstet. 33 Prozent sahen den Westen und den Osten gleichauf, 25 Prozent gaben an, keine Meinung zu haben. Allensbacher Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1958–1964, S. 557.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

son in Berlin um 1.500 Mann oder den Besuch von Lucius D. Clay, der 1848/49 für die Berliner Luftbrücke verantwortlich gewesen war. Die Schließung mehrerer Amerikahäuser Ende 1961 wäre in diesem Klima vermutlich kaum unter pragmatischen Gesichtspunkten, sondern als symbolischer Akt und als Zeichen nachlassenden Interesses der USA an den Geschicken der Bundesrepublik wahrgenommen worden. Da die weitere Finanzierung der Amerikahäuser also unmittelbar mit Fragen des deutsch-amerikanischen Verhältnisses verbunden war, fühlten sich auf Landesebene die Staatskanzleien dafür zuständig, obwohl die Finanzierung über den Etat der Kultusminister lief, und nur unter diesen Umständen genehmigte auch der Haushaltsausschuss des Bundestags dem Bundespresseamt als einem Bundesorgan, Gelder für die Aufrechterhaltung ausländischer Kultureinrichtungen zu verwenden. Auf lokaler Ebene spielten (außen)politische Erwägungen ebenfalls eine Rolle. Ebenso stark wogen jedoch in je unterschiedlichen Mischungsverhältnissen kulturpolitische Erwägungen, Dankbarkeit, Schuldgefühle sowie der Stolz, von den Amerikanern als Partner gewünscht und anerkannt zu werden. Für die Städte und ihre Bevölkerung waren die Amerikahäuser nicht nur Stätten, die abstrakt deutsch-amerikanische Verbundenheit demonstrierten, sondern wurden auch nach lokalen kulturpolitischen Gesichtspunkten bewertet. Anders als die Bundes- und Landesregierungen hatten die Lokalpolitiker jahrelange eigene Erfahrungen mit den Amerikahäusern, die zwar durch auswärtige Gelder finanziert wurden, aber doch als zur Stadt gehörig empfunden wurden. In vielen Orten waren sie die erste funktionierende Kultureinrichtung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gewesen und waren seitdem fester Bestandteil des örtlichen Kulturlebens geworden.139 So urteilte die Badische Zeitung 1962, das Amerikahaus in Freiburg habe sich „im Laufe der Jahre zu einem Kulturzentrum […] entwickelt, das […] schmerzlich vermisst werden würde, weil es Kontakte zur freien Welt in einer Vielfalt vermittelt, die herzustellen der Stadt Freiburg und selbst der Universität sehr schwer fielen“.140 Es sei ein „Pfeiler im Freiburger Kulturleben geworden, an dem kein Mensch mehr rütteln möchte“.141 In Marburg waren sich ebenfalls „alle städtischen Körperschaften […] darin einig, dass das AmerikaHaus unter allen Umständen für Marburg erhalten werden müsse“.142 Auch in 139 Schildt, Die USA als „Kulturnation“, S. 261. Heidelberg: 1.4.-31.12.1962 51.800 Bibliotheksbesucher, 19.700 englische Bücher entliehen, 15.900 deutsche. S. DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats und Jahresmitgliederversammlung vom 15. Februar 1963: PAAA, B 96, Nr. 677. 140 „Die Bemühungen um das Amerika-Haus“: Badische Zeitung vom 15. Februar 1962. 141 „Der Freiburger Kulturgemeinde erhalten“: Badische Zeitung vom 27. Juli 1962. 142 Protokoll der Gründungsversammlung des Vereins Deutsch-Amerikanisches Institut/ Amerika-Haus e.V. vom 23. Februar 1962, zitiert nach: Clement, Window to the West, S. 234.

1.1 Amerikanische Vorgaben

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Nürnberg wies Oberbürgermeister Urschlechter noch einmal auf die Bedeutung des Amerikahauses hin, nachdem der Stadtrat den städtischen Zuschuss bewilligt hatte: „Ich darf Ihnen dafür danken, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Sie damit das Fortbestehen des Amerika-Hauses Nürnberg, eines unserer wichtigsten Kulturinstitute unserer Stadt, ermöglicht haben.“143 Die Dankbarkeit für die jahrelange kostenlose Bereitstellung solcher Kultur- und Informationseinrichtungen war in den meisten Städten eingebettet in einen breiteren Kontext positiver Erfahrungswerte mit dem „freundlichen Feind“.144 Zwar war es im Besatzungs- und Nachkriegsalltag auch immer wieder zu Spannungen und Konflikten gekommen, doch insgesamt brachten die Westdeutschen den Amerikanern hohe Sympathiewerte entgegen. Die USA standen deutlich höher im Kurs als die beiden anderen westlichen Besatzungsmächte und als alle späteren Verbündeten.145 Über Care-Pakete, Marshall-Plan, Luftbrücke und die Hilfe der USA beim Wiederaufbau Deutschlands hatten viele Westdeutsche positive Erfahrungen mit den USA gemacht und amerikanische Hilfe ganz konkret erlebt. Daraus ergab sich nicht nur Dankbarkeit, sondern auch das Gefühl, den Amerikanern etwas schuldig zu sein.146 Von den neun Städten, in denen die Amerikahäuser zur Disposition standen, lagen mit Ausnahme von Freiburg, Tübingen und Koblenz alle in der amerikanischen Besatzungszone. Die Häuser in Nürnberg, Regensburg, Darmstadt, Kassel, Marburg und Heidelberg bestanden seit 1946147 und waren dort kulturelle Einrichtungen der ersten Stunde; erst 1952 folgten die Gründungen in Freiburg, Tübingen und Koblenz.148 Insofern Geld als Gradmesser von Dankbarkeit, einem Gefühl der Verpflichtung oder der Bedeutung der Amerikahäuser im Gefüge der Städte gewertet werden kann, schlugen sich die Erfahrungen aus der Besatzungszeit auch finanziell nieder: Die bayerischen und hessischen Städte zahlten tendenziell deutlich höhere Beträge für ihre DeutschAmerikanischen Institute als die baden-württembergischen Kommunen (Abb. 4 und 5). Viele Mitarbeiter der USIA und des USIS waren beeindruckt von der Resonanz und der Bereitwilligkeit von Bund, Ländern und Städten, für den Erhalt der Häuser nicht unerhebliche Summen aufzubringen. Das zeigte nicht 143 Protokoll der Sitzung des Stadtrats vom 28. März 1962: StadtAN, C 85/III, Nr. 23. 144 Henke, Die weiche Eroberung im Westen, S. 775–784, zum Begriff des „freundlichen Feindes“ S. 775. 145 Krakau, Zwischen alten Stereotypen, S. 921f. 146 Darauf wies in Nürnberg nicht nur Oberbürgermeister Urschlechter, sondern auch die Stadträte Prölß und Schneider hin, s. Protokoll der Sitzung des Stadtrats vom 31. Januar 1962 (nicht öffentlich): StadtAN, C 85/III, Nr. 22. 147 Pilgert, History of the Development, App. 1. 148 Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

nur die Berichterstattung über die deutsche Finanzhilfe in der amerikanischen Presse, sondern auch die Erinnerung früherer USIA-Mitarbeiter. Dort sind die Umwandlungen von 1962 fest verankert. Von denen, die im Rahmen eines Oral History-Projekts Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre über ihre Tätigkeit bei der Agency Auskunft gaben und einmal in der Bundesrepublik stationiert waren, erinnern sich fast alle mit einem gewissen Staunen an die Bedeutung, die den Amerikahäusern beigemessen wurde: Alltogether, until this day, the Germans spend over a half-million dollars each year to maintain these institutions. To understand all this, just picture the Goethe House in New York living off the American taxpayers’ dollar through city, state and federal subvention!,

so beispielsweise Albert E. Hemsing, der seit 1964 als PAO in Deutschland stationiert war.149 In der Tat war die finanzielle Unterstützung der Amerikahäuser durch deutsche öffentliche Gelder etwas Ungewöhnliches. Die Häuser waren außenpolitische Instrumente eines anderen Staates; sie waren nur wenige Jahre zuvor aus dezidiert politischen Motiven heraus von den USA gegründet worden und waren trotz inzwischen veränderter Zielsetzungen auch weiterhin klar als solche erkennbar. Ungewöhnlich war auch, dass die Deutschen trotz ihrer beträchtlichen Zuschüsse in den Verhandlungen 1961/62 keine inhaltlichen Mitspracherechte forderten. Die Amerikahäuser wurden als Zeichen amerikanischer Präsenz und als amerikanische Einrichtungen geschätzt, an ihrer Ausrichtung und ihrer Außendarstellung sollte sich so wenig wie möglich ändern. Die besondere Gemengelage aus politischen, mentalen und strukturellen Erwägungen besaß genügend Durchschlagskraft, sich gegen alle haushaltsrechtlichen und finanziellen Einwände durchzusetzen. 1.1.3 Aufgaben und Organisationsweise . der Deutsch-Amerikanischen Institute und Amerikahäuser Als Vermittlungsinstanz zwischen Staat und Gesellschaft verfolgte auswärtige Kultur- und Informationspolitik drei Ziele: „Vertrauen stärken, Verständnis wecken und die eigenen Interessen fördern“.150 Diese Definition richtet das Augenmerk auf zwei Aspekte, die eng miteinander sowie mit dem Konzept von soft power in Verbindung stehen: Vertrauen und Wahrnehmung.151 149 Interview mit Albert E. Hemsing vom 18. April 1989. Ähnlich auch ein Interview mit Alexander A. Klieforth vom 15. August 1988, s. beide unter: Frontline Diplomacy. 150 So Paulmann, Auswärtige Repräsentationen, S. 2, der hier über die auswärtige Kulturund Informationspolitik der Bundesrepublik schreibt. 151 S. dazu Schmalz-Bruns/Zintl (Hg.), Politisches Vertrauen; Frevert (Hg.), Vertrauen; Metzinger, Hegemonie und Kultur, S. 59.

1.1 Amerikanische Vorgaben

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Zugespitzt gesagt, bestand eine der wichtigsten Aufgaben der Amerikahäuser und DAI darin, Vertrauen zu den USA und ihrer Politik zu erzeugen. So gab die USIA 1966 dezidiert vor, die USA als „a nation in which German people can have confidence“ zu präsentieren und betonte auch sonst, die USA müssten sich als nützlicher und wünschenswerter Partner zeigen sowie Stabilität, Führungsstärke und Verlässlichkeit demonstrieren.152 Um dieses Ziel erreichen zu können, mussten die Häuser selbst als vertrauenswürdig gelten, also als verlässliche Stätten der Information.153 Vertrauen fungierte hier als immaterielle Ressource und konstituierendes Element hegemonialer Macht im Bündnis, und zwar als Vertrauen in die Führung des Hegemons und in dessen Vorgabe, seine Interessen seien auch die des geführten Staates.154 Um die Deutungsangebote der Amerikahäuser und DAI sowie in die Ziele, Normen und Werte der USA als vertrauenswürdig einzustufen, mussten die Rezipienten bestimmte Erwartungen an das – allerdings noch ungewisse – künftige Handeln der USA haben.155 Aufgrund solcher Unsicherheiten, gibt Ute Frevert zu bedenken, ist Vertrauen immer „begrenzt und reversibel. Es muss regelmäßig neu justiert werden, geprüft und gemessen, erneuert oder aufgekündigt.“156 Permanente „Vertrauensarbeit“ gehörte daher zu den Aufgaben der Amerikahäuser und DAI, um so Wahrnehmungen zu bestärken, die mit den Zielen der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik übereinstimmten und davon abweichende Sichtweisen auf die USA zu verändern.157 152 Für das Zitat s. USIS Germany, Country Plan FY 1966: StadtAT, E 418, Nr. 223. Für ähnliche Beispiele s. USIS Bonn, Country Assessment Report 1960, Annex 1, S. 7: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 11: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; USIS Bonn, Country Assessment Report 1962, S. 6f.: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; USIS Germany, Revised Country Plan FY 1963, S. 1: StadtAN, E 6/799, Nr. 130; USIS Germany, Revised Country Plan FY 1965 (Field Message 132), S. 1: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; USIS Germany, Country Plan FY 1966, S. 7: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; Country Programs West Europe, Special Europe, Soviet Union & East Europe vom 1. Februar 1968, Section GER, S. 5: LBJL, Leonard H. Marks Papers, Box 19. 153 Zum Vertrauen in bzw. Sich-verlassen auf Institutionen und Experten s. Frevert, Vertrauen – eine historische Spurensuche, S. 55–60. 154 Metzinger, Hegemonie und Kultur, S. 57f. 155 Luhmann, Vertrauen, S. 9; Frevert, Vertrauen in historischer Perspektive, S. 40. 156 Frevert, Wer um Vertrauen wirbt, S. 23. S. hierzu auch Luhmann, Vertrauen, S. 13f. 157 Gesa Bluhm hat am Beispiel der deutsch-französischen Beziehungen nach 1945 gezeigt, dass es nicht ausreicht, Vertrauensbildungsprozesse auf Regierungsebene zu initiieren, sondern dass die Bevölkerung mit einbezogen werden muss, um Wahrnehmungsmuster auf den jeweils anderen Staat zu verändern. S. Bluhm, Vertrauensarbeit, S. 368. Sie be-

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

Für die DAI waren zudem konkrete Aufgaben, Strukturen und Ziele in schriftlichen Satzungen niedergelegt, deren Änderung der Zustimmung der Vereinsgremien bedurfte, in denen alle Finanzierungspartner vertreten waren. Damit wurde dem Prinzip der Binationalität entsprochen; gleichzeitig bedeuteten die Änderungen aber auch eine Einschränkung der Flexibilität für die Institute, die sich vorher nur nach den Vorgaben der USIA hatten richten müssen. Im Gegensatz zu den Amerikahäusern waren die DAI nun Diener „zweier Herren“158 – der amerikanischen Regierungsbehörde USIA und der deutschen Vertragspartner, auch wenn eine inhaltliche Fortführung der Häuser im bisherigen Stil beschlossen worden war. Diese Doppelverpflichtung kommt in den Satzungen der Vereine zum Ausdruck: Aufgabe der Vereine war es demnach, die Deutsch-Amerikanischen Institute zu leiten, zu unterhalten und zu unterstützen“ und dadurch „die gemeinsamen Ziele der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland und des amerikanischen Volkes, besseres gegenseitiges Verständnis und die Sicherung und Pflege dauernder Freundschaft zu fördern, sowie bleibendes gegenseitiges Wohlwollen und Zusammenwirken der beiden Länder und ihrer Bürger zu erstreben. Dazu gehört auch das Kennenlernen und die Wertschätzung der Ideale, der Kultur und der Einrichtungen der beiden Nationen.159

Die Umsetzung dieser Ziele sollte durch die Organe Vorstandschaft, Verwaltungsrat und Mitgliederversammlung gewährleistet werden. Die Amerikahäuser hatten keine solchen Gremien. Programmgestaltung, Verwaltung und Kontrollfunktionen lagen ganz bei der USIA, dem USIS und ihren Angestellten. Die Leitung der DAI oblag jedoch einem Direktor, den der USIS bezahlte und ernannte und der amerikanischer Staatsbürger sein musste. Er war für das Programm, die Verwendung der Mittel der DAI sowie die Personalangelegenheiten zuständig.160 Neben einem Tätigkeitsbericht und einem Nachweis über Einnahmen und Ausgaben hatte er den Vereinsgremien einmal jährlich einen tont wie Metzinger, dass ähnliche politische Systeme, Werte und Lebenswelten die Entstehung von Vertrauensbeziehungen begünstigen, s. ebd. S. 384f. 158 „Amerikahaus unter zwei Herren“: Schwarzwälder Bote vom 28./29. Juli 1962. 159 Satzung des Vereins Deutsch-Amerikanisches Institut – Amerikahaus e.V. vom 15. Februar 1962: StadtAD, ST 62, Nr. 27d. In Marburg, Kassel, Koblenz, Freiburg, Tübingen und Heidelberg entsprach der Passus über die Aufgaben der Vereine der Darmstädter Satzung, nur Nürnberg und Regensburg definierten ihren Zweck noch etwas genauer als „Pflege zwischenstaatlicher Beziehungen im örtlichen kulturellen Rahmen“. Hier und im Folgenden: DAI Freiburg, Satzung, o.D. [1962]: PAAA, B 96, Nr. 704; DAI Heidelberg, Satzung o.D. [1962]: PAAA, B 96, Nr. 704; DAI Kassel, Satzung, o.D. [1962]: PAAA, B 96, Nr. 705; DAI Koblenz, Satzung, o.D. [1962]: PAAA, B 96, Nr. 705; DAI Marburg, Satzung, o.D. [1962]: PAAA, B 96 Nr. 705; DAI Nürnberg, Satzung, o.D. [1962]: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109; DAI Regensburg, Satzung, o.D. [1962]: PAAA, B 96, Nr. 706; DAI Tübingen, Satzung vom 17. April 1962: StadtAT, E 418, Nr. 53. 160 Außer in Kassel und Heidelberg waren davon nur Vertragsabschlüsse mit leitenden An-

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Haushaltsplan für das kommende Jahr vorzulegen. Diese billigten den Haushaltsplan und veranlassten die Prüfung der Jahresrechnung. Vorsitzender des wichtigsten Verwaltungsgremiums – je nach Ort war das die Vorstandschaft oder der Verwaltungsrat – war in allen Städten der amtierende Oberbürgermeister. In Nürnberg und Regensburg war dies sogar in der Satzung festgelegt. Die Gremien, deren Größe in den verschieden Städten zwischen vier (Vorstandschaft in Regensburg) und 14 (Verwaltungsrat in Nürnberg) Personen lag, waren paritätisch mit Deutschen und Amerikanern besetzt.161 Während letztere durch den USIS bestimmt wurden, ernannten die deutschen Finanzgeber ihre Repräsentanten entweder im Einvernehmen oder entsandten jeweils einzeln ihre Vertreter. Sie nahmen die Interessen der deutschen Seite wahr und wachten über die Erfüllung des Vereinszwecks. Die meisten Satzungen orientierten sich an der sogenannten „Darmstädter Mustersatzung“, die auch im Bundespresseamt als Ideal galt, das möglichst alle Häuser übernehmen sollten.162 Einige Abweichungen wie die Berufung eines Vorstandes als zusätzliches Gremium in den bayerischen DAI und die damit verbundenen Kompetenzverschiebungen vom Verwaltungsrat auf das neue Vereinsorgan gingen relativ problemlos vonstatten.163 Allein in Heidelberg und Tübingen zogen sich die Diskussionen über die Vereinssatzungen bis zum Ende des Jahres 1962. In erster Linie ging es um die binationale Parität in den Vereinsorganen und die Ernennung der deutschen Mitglieder „im Einvernehmen“ mit dem Bundespresseamt. Vor allem in Tübingen gestalteten sich die Verhandlungen schwierig. Hier bestand seit 1955 der Verein der Freunde des Amerikahauses Tübingen e.V., der von breiten Kreisen der Bevölkerung und dem Umland getragen wurde. Ende 1960 hatte der Verein 91 Einzelmitglieder und 61 korporative Mitglieder wie Landkreise, Volkshoch-

gestellten ausgenommen, die zu den Aufgaben der Vorstandschaft bzw. des Verwaltungsrates gehörten. 161 Der USIS hatte zunächst vorgeschlagen, den Vorstand mit drei von der Stadt und drei vom USIS zu benennenden Mitgliedern zu besetzen. Der amerikanische Direktor sollte ex officio als siebtes, gleichberechtigtes Mitglied fungieren. Der Nürnberger Ältestenrat hatte aber schon im Dezember 1961 eine paritätische Besetzung der Vorstandschaft gefordert, s. Auszug aus der Niederschrift in der Sitzung des Ältestenrats vom 8. Dezember 1961: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. Da die Verhandlungen für Nürnberg und Regensburg parallel erfolgten, galten die Abmachungen für beide Institute. Auch das Kultusministerium in Baden-Württemberg forderte ein paritätisch besetztes Gremium, das den Verein leiten sollte, s. Müller, KMBaWü an BPAO Macfarlane vom 13. Februar 1962: StadtAF, C5/1866. 162 Aktenvermerk Kloft, BPA vom 27. März 1962: PAAA, B 96, Nr. 703. 163 Ebd. Ein Grund dafür war, dass dieses Gremium in Regensburg schon seit 1955 existierte. Da die Verhandlungen für Nürnberg und Regensburg parallel geführt wurden, erhielt auch der Nürnberger Verein einen Vorstand neben dem Verwaltungsrat, s. Aktenvermerk BPA vom 25. Mai 1962: PAAA, B 96, Nr. 704.

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schulen etc.164 Damit unterschied sich der Tübinger Trägerverein deutlich von den neugegründeten Vereinen in anderen Städten, deren Mitglieder meist nur Vertreter der Finanzgeber waren. Entsprechend groß war das Selbstbewusstsein der Tübinger Mitgliederversammlung, die eine Bestellung der deutschen Vorstandsmitglieder im Einvernehmen mit dem Bundespresseamt als undemokratisch ablehnte und über ihre Organe selbst entscheiden wollte.165 Erst Ende November einigten sich die beiden Seiten: Je ein Mitglied der Vorstandschaft wurde damit beauftragt, explizit die Interessen des Bundes bzw. des Landes wahrzunehmen.166 Auch wenn das Bundespresseamt sich massiv für eine angemessene Interessenvertretung in den binationalen Instituten einsetzte, so bekundete es – wie auch die anderen deutschen Finanzgeber –, „an der Teilnahme an der Programmgestaltung im übrigen niemals interessiert gewesen“ zu sein.167 Dafür sahen die Satzungen der DAI auch kaum Möglichkeiten vor. Sie gaben zwar einen strukturellen Rahmen vor, dessen inhaltliche Gestaltung jedoch von deutscher Seite aus nur schwer zu beeinflussen war. Die Kontroll- und Lenkungsmöglichkeiten der paritätisch besetzten Organe waren eher indirekter Natur, nämlich hauptsächlich über die Billigung des Haushaltsplans zu erreichen. Auf die Bestellung des Direktors, der für das Programm des Hauses und damit für den Erfolg und das Bild des DAI in der Öffentlichkeit verantwortlich war, konnten die Gremien keinen Einfluss nehmen. Nur bei einer Dreiviertelmehrheit im Verwaltungsrat musste der USIS auf einen entsprechenden Antrag hin den Direktor abberufen, doch dies war aufgrund der paritätischen Besetzung der Gremien recht unwahrscheinlich. Bei der inhaltlichen Programmgestaltung waren die Direktoren der DAI an technische Vorgaben der Satzung und an Zweckbestimmung des Vereins gebunden. Laut Satzung waren die DAI zur Unterhaltung einer Bibliothek mit Leseraum verpflichtet und sollten Vorträge über Kultur, Geschichte, Sprache, Ideale und Gesellschaft der USA anbieten. Ausstellungen, Konzerte und Filmvorführungen waren ebenso vorgeschrieben wie die Förderung der englischen Sprache durch Konversationsgruppen und englischsprachige Seminare. Eine weitere wichtige Aufgabe war, Schüler und Studenten über Austauschund Stipendienmöglichkeiten zu informieren. Die Satzungen blieben in ihren Formulierungen vage, und was beispielsweise genau die „gemeinsamen Ziele der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland und des amerikanischen 164 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 30. November 1960: StadtAT, E 418, Nr. 57. 165 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung der Mitgliederversammlung vom 17. April 1962: StadtAT, E 418, Nr. 59; DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 12. September 1962: StadtAT, E 418, Nr. 57. 166 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung der Mitgliederversammlung vom 29. November 1962: StadtAT, E 418, Nr. 59. 167 Graf Schweinitz, BPA an Kloft, BPA vom 2. Oktober 1962: PAAA, B 96, Nr. 707.

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Volkes“ waren und wie gegenseitiges Verständnis zu fördern sei, war weitgehend der Interpretation des amerikanischen Direktors überlassen. Die konkrete inhaltliche Ausgestaltung wurde damit maßgeblich vom amerikanischen Partner USIA beeinflusst, aus dessen Reihen die Direktoren der DAI stammten. Diese blieben üblicherweise nur wenige Jahre an einem Ort und wurden dann, ähnlich wie Angehörige des diplomatischen Dienstes, in ein anderes Land versetzt.168 Während der Umwandlungsverhandlungen wurden die konkreten informationspolitischen Verpflichtungen der amerikanischen Direktoren der USIA gegenüber ebenso wenig thematisiert wie in den Satzungen der DAI, die nur festhielten, die Direktoren würden durch den USIS bestellt und bezahlt. Die Aufgaben der Amerikahäuser und DAI und damit ihrer Direktoren waren trotz der unterschiedlichen Finanzierungsgrundlage ihrer Häuser fast gleich. Sie lassen sich in fünf Bereiche gliedern:169 1. Der wichtigste Orientierungspunkt für die Arbeit der Direktoren war der jährliche Country Plan, der die Ziele, Zielgruppen und Umsetzungsstrategien der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik festlegte, nach denen sich das Programm der Amerikahäuser und DAI richten sollte. Die Direktoren waren dafür verantwortlich, dass die Vorgaben der Country Plans umgesetzt wurden. Gegenüber ihren Vorgesetzten beim USIS und der USIA mussten sie die die Veranstaltungen und Aktivitäten ihres Instituts den Country Plan Objectives, also den einzelnen Zielen, zuordnen und regelmäßig darüber Bericht erstatten. 2. Die Direktoren repräsentierten das amerikanische Element an den Amerikahäusern und DAI. „Experience shows“, so war im Binational Center Handbook von 1962 zu lesen, „that the presence of American personnel is essential for creating and maintaining an atmosphere of friendly, competent, dignified, and authoritative representation of the American interest“.170 Oftmals waren sie die einzigen Amerikaner in ihrem Institut, teilweise auch die einzigen Vertreter einer amerikanischen Behörde in einer Stadt. Sie vertraten damit nicht nur ihr jeweiliges Haus, sondern standen mit ihren Ehefrauen als „Mr. and Mrs. America“ häufig generell für „die USA“, wie beispielsweise Albert E. Hemsing über seine Zeit als Direktor des Freiburger DAI berichtete.171 Die USIA-Inspektoren, die 1960 den USIS in der Bundesrepublik eva168 Eine Übersicht über das höherrangige USIS-Personal (keine Amerikahaus- oder DAIDirektoren) und die Dauer ihrer Tätigkeit in der Bundesrepublik findet sich für die Jahre 1962–1971 in NARA, RG 306, HC, Murray Lawson History Card Files Series, Box 44. 169 In den zugänglichen Archivbeständen finden sich keine Vertragsunterlagen, die nähere Auskünfte über die Definition der Aufgabenbereiche der Amerikahaus- und DAI-Direktoren geben. Die Personalakten der USIA-Angehörigen sind nicht einsehbar. Die Einteilung in fünf Aufgabenbereiche ergibt sich aus der Auswertung der Quellen zur Arbeit der Amerikahäuser und DAI. 170 USIA, Binational Center Handbook [1962], S. 17: StadtAN, E 6/799, Nr. 125. 171 Interview mit Albert E. Hemsing vom 18. April 1989, s. unter: Frontline Diplomacy.

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luierten, nannten die Amerikahäuser auch „the equivalent of a small consular post“.172 Dementsprechend sollte der Leiter eines solchen Hauses „mature, linguistically qualified, and of sufficient personality“ sein,173 um seinen Repräsentationspflichten nachkommen und den deutschen Gesprächspartnern auf Augenhöhe begegnen zu können. Die Ehepartner der fast ausschließlich männlichen Direktoren wurden in diese Pflichten miteinbezogen. Im Ausland, so eine Anweisung der USIA aus dem Jahr 1965, „a wive is expected to contribute to the realization of our foreign policy objectives: […] by cultivating personal contacts in both the local and American community; by participating in community activities, and by assisting in other representative duties.“ Die Ehefrauen waren üblicherweise in den German American Women’s Clubs tätig, wenn ein solcher Verein bestand. Im Vorfeld der Versetzung nahmen sie an einem speziellen Training für Familienangehörige der Foreign Service-Mitarbeiter teil. Die Rollenverteilung war Mitte der 1960er Jahre noch ganz klassisch: Die Frau sollte nicht nur zusammen mit ihrem Mann repräsentieren, sondern auch eine häusliche Atmosphäre schaffen „which enables her husband to do his work most effectively“ und im Gastland durch ihre Haushaltsführung und Kindererziehung „the best in America“ zeigen.174 Nur wenige Frauen gelangten als USIS-Mitarbeiterinnen oder Direktorinnen eines Amerikahauses oder DAI in die Bundesrepublik.175 Frauen wurden in der Personalpolitik der USIA häufig diskriminiert. 1977 klagte eine frühere Mitarbeiterin gegen die Einstellungspraktiken der USIA. Andere Frauen schlossen sich dieser Klage an. Der Prozess endete 23 Jahre später, die USIA musste Entschädigungszahlungen leisten.176 Zu den Repräsentationsaufgaben gehörte auch, dass die Amerikahausund DAI-Direktoren in Dienstwohnungen in der jeweiligen Stadt wohnten. Sie lebten also mitsamt ihren Familien unter der deutschen Bevölkerung und nicht abgeschottet in amerikanischen Siedlungen wie die in der Bundesrepublik stationierten amerikanischen Soldaten.177 Die Wohnungen gehörten mit zum Repräsentationsraum der amerikanischen Direktoren. Hier empfingen sie Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960, Section I, S. 40: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3. 172 Ebd. 173 Ebd., Section I, S. 42. 174 USIA Circular an Department of State, AID und USIA vom 28. April 1965: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953–2000, Box 28. 175 Einige der wenigen Frauen seien exemplarisch genannt: Seit 1948 war Patricia Van Delden für das gesamte Amerikahaus-Programm in der Bundesrepublik zuständig. Zwischen 1955 und 1959 leitete Elizabeth A. Wilson das Amerikahaus Hannover. Das Kieler DAI stand für viele Jahre unter der Leitung der Britin Felicitas Clark-Graue, wobei dieses DAI nur sehr eingeschränkt durch die USIA unterstützt wurde. Therese B. Weiss, die seit 1980 das Tübinger DAI leitete, war keine Mitarbeiterin des Foreign Service. 176 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 375f., 471. 177 Leider geben die Akten keine Auskunft darüber, inwieweit die Familien in das städti-

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immer wieder Besuche oder luden zu Herrenabenden und anderen geselligen Veranstaltungen im kleinen Kreis ein.178 3. Der Kontakt und die Vernetzung mit führenden Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Medien, Kultur und dem Bildungsbereich gehörten ebenfalls zu den Aufgaben eines Amerikahaus- oder DAI-Direktors. Ein ausgedehntes, gut funktionierendes Netzwerk bot nicht nur die Möglichkeit, im kleineren Kreis bestimmte Themen zu platzieren oder zu erörtern, sondern sollte auch zu Programmkooperationen mit deutschen Institutionen und Einrichtungen führen, um das Amerikahaus oder DAI noch fester in der lokalen Kulturlandschaft zu verankern. Bei den binationalen DAI waren Kontakte und Kooperationen umso wichtiger, weil das Bestehen der Häuser in hohem Maße vom Wohlwollen und der Überzeugung der deutschen Finanzgeber abhing. 4. Eine besondere Rolle spielte der Kontakt zu den Medien. Jeden Tag versandte die USIA als Wireless File die aktuellen Texte wichtiger Reden, Leitartikel etc. an ihre Außenstellen in aller Welt. An der amerikanischen Botschaft in Bonn wurde ein Teil dieser Texte ins Deutsche übersetzt und als Amerika-Dienst an Medien, Institutionen und Einrichtungen zur freien Verwendung weitergeleitet. Über den Amerika-Dienst wurden zudem Fotoserien zu allen möglichen Lebensbereichen verschickt. Sie waren bereits mit Bildunterschriften versehen und sollten ebenfalls in den deutschen Medien untergebracht werden oder auf andere Weise verwendet werden. Auch Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen zählten zu den Zielgruppen des Amerika-Dienstes. Während die Amerikahäuser kaum Pressearbeit betrieben, da hierfür die Presseabteilungen an den amerikanischen Generalkonsulaten zuständig war, übernahmen die DAI zumindest teilweise die Pflege der Pressekontakte vor Ort. 5. So wie die DAI-Direktoren dazu verpflichtet waren, den Trägervereinen einen jährlichen Tätigkeitsbericht vorzulegen, mussten die Leiter der Amerikahäuser und DAI auch ihren Vorgesetzten innerhalb des USIS regelmäßig Bericht erstatten. Dabei berichteten sie nicht nur über die Arbeit ihres Instituts, die Einordnung der verschiedenen Programmpunkte in den Country sche Alltagsleben integriert waren, ob die Kinder beispielsweise eine deutsche oder eine amerikanische Schule besuchten. 178 Zu den Dienstwohnungen s. StadtAN, E 6/799, Nr. 76, Nr. 88, Nr. 96, Nr. 100, Nr. 105, darin teilweise auch Spesenabrechnungen. S. auch USIS Bonn, Bericht „Investing in a more effectice cultural program in Germany“ vom 2. September 1969: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 1. Über gesellige Treffen in den Privatwohnungen gibt es nur vereinzelt Hinweise, so über die Faschingsfeiern im Haus des Tübinger DAI-Direktors in den 1950er Jahren, s. Pyka, Get Together, S. 29; Lohrmann, (Fast wahre) Erinnerungen, S. 89f. Zum „Early Morning Election Breakfast“, zu dem der Direktor des Frankfurter Amerikahauses bei der Präsidentschaftswahl von 1980 zu sich einlud: Einladung zum Early Morning Election Breakfast, o.D. [1980]: ISG, V113/532.

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Plan und einzelne Veranstaltungen, sondern auch über das politische und gesellschaftliche Klima, in dem sie arbeiteten. Ihre Berichte und Beobachtungen wurden zudem in den jährlichen Country Plan eingespeist. Auch dazu dienten die Vernetzungen mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Kooperationspartnern und Medien. Bei der Umsetzung der verschiedenen Zielsetzungen und Aufgaben standen Amerikahäuser und DAI überwiegend vor ähnlichen Herausforderungen. Beide mussten amerikanische regierungsoffizielle Vorgaben in Aktivitäten übersetzen, mit dem sie erstens ihre Zielgruppen und zweitens insgesamt eine breite Akzeptanz ihres Angebots in der deutschen Bevölkerung erreichen konnten. Nur wenn sie ihr Zielpublikum erreichten, und durch eine den politischen Vorstellungen des Kongresses genehme politische Legitimierung der auswärtigen Kultur- und Informationspolitik konnte der USIS sicherstellen, weiterhin über den US-Haushalt finanziert zu werden. Für die DAI waren die Besucherzahlen noch in anderer Hinsicht wichtig: Mit einem unattraktiven Programm oder geringer Resonanz in der Bevölkerung wäre die Basis, auf der sich die deutschen Partner zur Kofinanzierung entschlossen hatten – die Verankerung und Akzeptanz der Amerikahäuser in der jeweiligen Kulturlandschaft – weggefallen. Während jedoch für die amerikanischen Finanzgeber die zielgruppenorientierte, informationspolitische Arbeit den maßgeblichen legitimierenden Faktor für finanzielle Unterstützung bildete, war es im Bezug auf die deutschen Finanzgeber das an ein breites Publikum gerichtete Kulturprogramm innerhalb der lokalen Kulturlandschaft. Daraus ergab sich für die Arbeit der DAI ein gewisses Gegengewicht zu den amerikanischen Programmvorgaben. Zugleich wird aber auch deutlich, dass sich die DAI und insbesondere ihre Direktoren seit der Umwandlung in binationale Institute in einem Spannungsfeld zwischen amerikanischen informationspolitischen Zielsetzungen und deutschen kulturpolitischen Ansprüchen bewegen mussten. Die Umwandlung der Amerikahäuser hatte zwar den Bestand der Einrichtungen gesichert, doch mit der binationalen Struktur waren neue Probleme verbunden, mit denen sich die DAI in den kommenden Jahren auseinandersetzen mussten. Die grundlegende Herausforderung für die Amerikahäuser und DAI bestand jedoch zu jedem Zeitpunkt darin, Mittel und Wege zu finden, aus der amerikanischen Außenpolitik inspirierte Inhalte, Deutungen und Werte in die deutsche Bevölkerung zu vermitteln. 1.1.4 Country Plans für die Bundesrepublik: Zielbestimmung und -überprüfung Die schriftliche Fixierung der Ziele, Methoden und Projekte der USIA-Arbeit in den verschiedenen Ländern erfolgte in den jährlichen Country Plans. Diese übergreifenden Pläne gingen über die Ebene der einzelnen Häuser und Pro-

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grammeinheiten hinaus, indem sie Ziele, Umsetzungswege und Themensetzungen abstrahierten, gliederten und in eine hierarchische Ordnung brachten. Alle Aktivitäten wurden sowohl bei der Planung als auch bei der Bewertung in diesen Gesamtplan eingeordnet. Unter dem neuen Direktor der USIA, Edward R. Murrow, wurden nicht nur neue Akzente in der Programmarbeit gesetzt, sondern auch die Country Plans auf notwendige Anpassungen und Veränderungen überprüft. Thomas C. Sorensen, einer der beiden Stellvertreter Murrows, führte in einem Schreiben an seinen Kollegen Donald M. Wilson aus, der Zweck der Pläne sei „to help PAOs conduct selective, feasible priority programs of persuasion directly supporting U.S. policy objectives in their countries – and to help the Agency in Washington to give maximum support to the field effort.“ Mit Inhalt und Umfang der aktuellen Country Plans zeigte sich Sorensen unzufrieden: „In past years, Country Plans have read like Sears Roebuck catalogs of U.S. virtues and aspirations […] They often produced soggy, diffuse programs with not enough punch behind it […] In doing a little bit of everything we frequently did nothing.“179 Künftige Pläne sollten fünf Elemente beinhalten: 1. Country Objectives, also übergreifende und länderspezifische Zielsetzungen auf der Basis der Guideline for Policy and Plans180 oder dem Statement des US-Botschafters.181 2. Im Bereich USIS potential sollten die Umsetzungsmöglichkeiten sowie die nötige Unterstützung durch die USIA in Washington benannt werden. 3. Die Sektion Psychological Objectives sollte die aus Sicht der USIA wünschenswerten Einstellungen in den jeweiligen Gesellschaften der Gastländer aufführen sowie Vorschläge, wie die USIS-Mitarbeiter diese Sichtweisen herbeiführen und befördern konnten. 4. Festlegung der Zielgruppen, die erreicht werden mussten, um die Country Objectives zu erfüllen. 5. In einer Program Section sollte konkret dargelegt werden, wie diese Ziele umgesetzt und erreicht werden konnten. Neue Pläne sollten nur erstellt werden, wenn sich die Guidelines for Policy and Operations oder die Gesamtsituation grundlegend änderten.182 179 Sorensen, USIA an Wilson, USIA vom 16. November 1962: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953–2000, Box 222. 180 Solche Richtlinien gab es anscheinend nicht für jedes Land. So berichtet James A. Hoofnagle Ende 1962, für die Bundesrepublik gebe es kein solches Papier und der Country Plan sei demzufolge von USIA und den entsprechenden Mitarbeitern der amerikanischen Botschaft in Bonn erstellt worden: PAO Hoofnagle an USIS Bonn vom 10. Dezember 1962: StadtAN, E 6/799, Nr. 130. 181 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 194. 182 Im Verlauf der 1970er Jahre änderten sich diese Bezeichnungen. Die inhaltlichen Ele-

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Die Country Plans bildeten die wichtigste und präziseste, nicht aber die einzige programmatische Grundlage der USIA-Arbeit in einem Land. Entsprechend der Regionaleinteilung auf der mittleren organisatorischen Ebene der Behörde gab es Kataloge mit Global and Regional Themes, in denen auf einer abstrakteren Ebene als in den Country Plans weltweite Ziele der amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informationspolitik definiert und in ihren regionalen Schwerpunktsetzungen ausgeführt wurden.183 Themen, die weltweit behandelt werden sollten, wurden zudem in Zusammenstellungen von Worldwide Priority Themes an alle USIS-Vertretungen gesandt.184 Zusammen mit den Country Budget und den Country Assessment Reports bildeten die Country Plans die Basic Field Reports, auf denen die Planungen der USIA basierten.185 Während mit dem Country Budget die Haushalts­ planungen nach Washington übermittelt wurden, diente der Assessment Report dazu, den Wert der Country Plans im Licht aktueller Ziele der USA und der lokalen Situation vor Ort zu überprüfen. Der PAO des USIS-Teams eines Landes ordnete hier die Arbeit des vergangenen Jahres den Country Objectives und den Psychological Objectives zu. Er berichtete über Fortschritte, die bei der Erreichung der Psychological Objectives gemacht wurden und bewertete die Unterstützung durch die USIA-Zentrale bei Programm und Verwaltung. Mit dem Bericht verbunden waren Verbesserungs- und Veränderungsvorschläge, die bis zur Anregung eines neuen Country Plans reichen konnten.186 Die Urteile über den Stellenwert der Country Plans in der täglichen Arbeit des USIS fallen unterschiedlich aus. Offiziell nahmen die Mitarbeiter der USIA und des USIS für die Pläne in Anspruch, in hohem Maße verbindlich zu sein.187 Einige höherrangige Mitarbeiter der Behörde beurteilten die Country Plans jedoch in späteren Interviews oder Publikationen skeptischer und betonten ihren eher theoretischen Charakter. Sie verwiesen auf das Bestreben vieler USIS-Posts, mehr die Erwartungen der Vorgesetzten in Washington ermente der Country Plans blieben jedoch weitgehend gleich und umfassten Zieldefinitionen, die Problematisierung dieser Ziele, Umsetzungsstrategien und Zielgruppendefinitionen. 183 Zu Inhalt und Struktur der Pläne s. die Global and Regional Themes 1982–1985: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953–2000, Box 223. 184 Aus den Aktenbeständen geht nicht hervor, ob die Zusammenstellungen von Worldwide Priority Themes bzw. Global and Regional Themes parallel existierten oder aufeinander folgten. In den Beständen der USIA (NARA, RG 306) befinden sich an Global and Regional Themes nur die Jahre 1982–1985. Daraus geht nicht hervor, wann diese Kompendien erstmals erarbeitet wurden. Die frühesten Belege für Worldwide Priority Themes in den Akten stammen aus dem Jahr 1964. Weder die übergreifenden Pläne noch die Country Plans für die Bundesrepublik sind durchgängig vorhanden. 185 USIA, Circular No. 167D & 160F vom 20. Dezember 1962: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. 186 Ebd. 187 Beispielsweise Tuch, Communicating With the World, S. 47, 49.

1.1 Amerikanische Vorgaben

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füllen zu wollen als einen der Situation angemessenen, realistischen Plan zu entwickeln, sowie auf den Unterschied zwischen den abstrakten Country Objectives und der Situation vor Ort, in der die USIS-Mitarbeiter aus der spezifischen Situation heraus über ihre Möglichkeiten und Strategien entscheiden müssten, statt nach einem vorgefertigten Plan zu handeln.188 Diese Hinweise auf die Schwachstellen des Systems waren vermutlich nicht ganz unbegründet. Die Country Plans sind jedoch die einzigen Dokumente, die über die grundsätzlichen, mittel- bis langfristigen Ziele der amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informationspolitik in einem Land informieren und diese damit überprüfbar machen. Als von amerikanischen Regierungsbehörden und -vertretern ausgehandelte Dokumente mussten sie in ihren Formulierungen keine diplomatische Rücksicht auf die Befindlichkeiten und Positionen des Gastlandes nehmen. Bei allen Konflikten und Uneinigkeiten untereinander über die Ausrichtung der USIA-Arbeit spiegeln sie gewissermaßen rein inneramerikanische Sichtweisen. Sie waren nur für den Dienstgebrauch der Amerikaner bestimmt, nicht für breitere Kreise – so gibt es beispielsweise auch keine Hinweise in den Akten, dass die deutschen Finanzgeber der DAI Genaueres von der Existenz oder den Inhalten der Country Plans wussten.189 Bis zu einem gewissen Grad handlungsleitend waren die Pläne in jedem Fall: Alle Veranstaltungen und Aktivitäten mussten sowohl bei der Planung als auch im Berichtswesen den Country Objectives und Psychological Objectives zugeordnet werden. Bei der Erstellung des Country Plans liefen alle Fäden beim CPAO an der amerikanischen Botschaft zusammen. An ihn richteten sich während des Jahres die Berichte der BPAOs der verschiedenen USIS-Dependancen, die an die Generalkonsulate angegliedert waren, und er empfing die Anweisungen des zuständigen Regionalbüros der USIA und der USIA-Direktion. Die Vorschläge der einzelnen USIS-Stellen waren insofern von besonderer Bedeutung, da sie Stimmungen und Tendenzen der jeweiligen Bevölkerung vor Ort aufnehmen und einbringen konnten. Die Weisungen des State Department allein reichten nicht: Die Themen der Amerikahäuser und DAI mussten auch in der deutschen Bevölkerung anschlussfähig sein, damit die Häuser ihr Publikum erreichen konnten. Der CPAO leitete den Country Plan-Entwurf nach Washington weiter und erhielt von dort Änderungsvorschläge. Aus den lückenhaften Quellenbeständen geht nicht hervor, welchen Anteil jeweils die USIA, das State Department, der amerikanische Botschafter und das USIS188 Interview mit Irving Sablosky vom 21. März 2000; Interview mit John N. Hutchinson vom 28. Dezember 1988; Interview mit Joseph C. Walsh vom 25. April 1989, alle unter: Frontline Diplomacy. 189 Natürlich wussten alle Beteiligten, dass es Anweisungen, Strategien und inhaltliche Schwerpunktsetzungen über die amerikanische Regierung und die USIA gab. Genauere Kenntnisse über administrative Wege, inhaltliche Ziele und Vermittlungsstrategien scheint es auf deutscher Seite jedoch nicht gegeben zu haben.

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Team vor Ort an der Ausarbeitung der Country Plans hatten. Die Entwicklungsstufen der Pläne sind nicht dokumentiert, ebenso wenig die damit verbundenen Auseinandersetzungen um Inhalte und Strategien. Diskussionen dieser Art wurden auf den regelmäßig stattfindenden Treffen der PAOs eines Landes bzw. den Regionaltreffen der CPAOs geführt, über die jedoch keine Unterlagen vorhanden sind.190 Aussagen über thematische oder strategische Schwerpunktsetzungen und -verlagerungen müssen daher bis zu einem gewissen Grad immer Spekulation bleiben, da personale oder institutionelle Anteile kaum benannt werden können. Die Pläne enthalten auch keine Hinweise, welche Themen nicht oder nicht mehr behandelt werden sollen. Sie treffen positive Aussagen über die Programmgestaltung, keine negativen. Die Country Plans bezogen sich nicht nur auf die Aktivitäten der Amerikahäuser und DAI, sondern auf die gesamte Bandbreite der amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informationspolitik der USIA in der Bundesrepu­ blik.191 Darunter fielen alle direkten Kontakte zwischen den Kulturabteilungen an der amerikanischen Botschaft in Bonn und an den amerikanischen Generalkonsulaten mit Vertretern deutscher Institutionen, Berufs- oder In­ teressengruppen, eigene Ausstellungsaktivitäten der Botschaft wie beispielsweise bei der Berliner „Grünen Woche“, die Auswahl von geeigneten Personen für Austauschprogramme, oder Pressekontakte.192 Die Amerikahäuser und DAI standen zwar ebenfalls in vielfältigen Kontakten zu Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Institutionen und Gruppen, doch die Botschaft und die Generalkonsulate unterhielten auch selbst solche Verbindungen, beispielsweise zu verschiedenen Ministerien auf Landesebene, zum Internationalen Schul­buch­institut,193 Lehrerseminaren, Handelskammern, Politikern oder Pressevertretern. Ausgewählte Vertreter dieser Institute und Gruppen wurden immer wieder zu Seminaren, Vorträgen im kleinen Kreis oder Geschäftsessen eingeladen. All diese Aktivitäten unterlagen ebenso den Vorgaben des Country Plans wie die Programmarbeit der Kulturinstitute. Angesichts der veränderten Zielsetzungen nach dem Ende der Reeducation, schrumpfender Etats und der wachsenden Konkurrenz durch Medien sowie andere Kultur- und Bildungseinrichtungen forcierte der USIS in der Bundesrepublik den Trend zur stärkeren Selektion und zur gezielten Anspra190 Gespräche mit Manfred Strack vom 24. Januar 2005 und mit Christoph Peters vom 14. Mai 2007. 191 Die Country Plans selbst unterscheiden nicht zwischen den einzelnen Akteuren, die mit der Umsetzung der Zielvorgaben befasst waren, sondern sind meist allgemein formuliert. Nur an wenigen Stellen wird dezidiert darauf hingewiesen, durch wen eine bestimmte Vorgabe umgesetzt werden sollte. 192 An der Pressearbeit und an der Auswahl geeigneter Kandidaten für Austauschprogramme waren die DAI beteiligt. In den Städten mit Amerikahäusern lagen die Zuständigkeiten hingegen bei den Generalkonsulaten. 193 Seit 1975 Georg Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung.

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che von Multiplikatoren und Führungspersönlichkeiten innerhalb relativ konstant weiterbestehender Zielgruppen. Diese Maßgabe galt weltweit. 1967 betonte Präsident Johnson gegenüber Leonard Marks, dem Direktor der USIA, das Zielpublikum der Behörde müssten aktuelle und künftige Führungspersönlichkeiten sein.194 In der Bundesrepublik lagen die Schwerpunkte auf Politikern, Medienvertretern, Entscheidungsträgern aus Industrie und Handel, Gewerkschaftsführern, kreativen Intellektuellen, Universitätsdozenten, Universitätsstudenten und Lehrern.195 Jedem Themenkomplex waren primäre Zielgruppen, auf die ein Großteil der Programmaktivitäten und Ressourcen verwendet werden sollte, und sekundäre Zielgruppen zugeordnet.196 So differenzierte sich das durch den USIS anvisierte Zielpublikum bis zur Mitte der 1970er Jahre immer weiter nach Berufsgruppen, thematischen Spezialgebieten und Funktionen der einzelnen Personen aus. Auch die Buchauswahl und die Atmosphäre in den Bibliotheken entsprachen nicht den neuen Ansprüchen einer elitärer und selektiver ausgerichteten Zielgruppenpolitik, zumindest nicht in den Großstädten mit einem breiten Alternativangebot an öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken. Um wieder attraktiv für ein junges, gebildetes und an den USA interessiertes Publikum zu werden, durften die Bibliotheken kein „Stammtisch for Berlin’s retired and an entertainment center for the mentally unstable“ bleiben, wie ein amerikanischer USIS-Mitarbeiter 1972 im Hinblick auf die Berliner Situation formulierte.197 Mit einem neuen, zukunftsweisenden Konzept konnten sich die Amerikahaus-Bibliotheken seiner Meinung nach wieder als wichtige Zentren für dieses Zielpublikum etablieren.198 Dafür mussten sie einen Rückgang bei den Ausleihen hinnehmen, berichtete beispielsweise das DAI Regensburg nach der Umstellung von einer allgemeinen Bibliothek auf den Schwerpunkt von Americana.199 Beim Filmverleih gab es keine Möglichkeit, das überholte Konzept so zu modernisieren, dass es den neuen Anforderungen genügte. Der USIS kündigte daher im Februar 1973 an, den Verleih über die Amerikahäuser abzuschaffen. Die Filmlandschaft in der Bundesrepublik war zu dicht geworden, der USIS erreichte über diesen Weg dass anvisierte Zielpublikum nicht 194 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 278. 195 USIS Germany, Country Plan FY 1974/75, S. 2: StadtAT, E 418, Nr. 126. 196 Ebd., S. 3. 197 Miller, USIS an PAO Catherman vom 15. März 1972: StadtAT, E 418, Nr. 125. 198 Dafür sei dreierlei nötig: erstens ein computergestütztes Informations- und Katalogsystem; zweitens die Umgestaltung der Räumlichkeiten mit nach Schwerpunkten aufgeteilten Einzelarbeitsplätzen; drittens die Konzentration auf programm- und amerikabezogene Materialien und Informationen, die sonst nicht erhältlich waren. Die Bibliotheken sollten sich wieder auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und keine Kräfte in der aussichtslosen Konkurrenz mit deutschen Angeboten verschwenden. Miller, USIS an PAO Catherman vom 15. März 1972: StadtAT, E 418, Nr. 125. 199 DAI Regensburg, Tätigkeitsbericht 1973: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966– 1993.

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mehr.200 Am deutlichsten formulierte der Programmdirektor des DAI Tübingen 1970 seine Vorstellung von einem idealen amerikanischen Kultur- und Informationszentrum: We must not waste their [das Zielpublikum, R.K.] time, we must serve their needs, we must be efficient and matter of fact – coming to us must add to their image because they meet their own kind. […] A modern America House? Not a Community Center scratching the surface but a sophisticated resource center pinpointed at a very limited target!201

Auf der Ebene der Programmplanung begannen der USIS sowie die Amerikahäuser und DAI, ihre Veranstaltungen über die Vorgaben des Country Plans hinaus zentraler, längerfristig und damit strukturierter zu planen. Die zentrale Programmabteilung in Bonn erhielt Verstärkung, um ein kohärenteres Programm zu erarbeiten, bei dem Informationsarbeit und Kulturprogramm besser aufeinander abgestimmt waren.202 Die Inspektoren, die 1970 die Bundesrepublik besuchten, mahnten jährliche Programmpläne an, ebenso mehr schriftliche Anweisungen aus Bonn an die BPAOs zu programmbezogenen Fragen.203 Das DAI Heidelberg nahm hier eine Vorreiterrolle ein und stellte bereits seit Anfang der 1960er Jahre thematische Jahresprogramme auf,204 beispielsweise „Die Gegenwart begreifen – die Zukunft bewältigen“.205 Andere Häuser zogen später nach, so das DAI Tübingen, das seit 1973 neue Richtlinien für ein „Thematic Programming“ umsetzte. Übergeordnete Themenbereiche waren die gesellschaftliche und politische Entwicklung in den USA und ihre Bedeutung für Europa, der Mensch und seine Umwelt, Erziehung und Industrie, Wissenschaft und Gesellschaft.206 Solche Themensetzungen verorteten die Veranstaltungen in einem breiteren Rahmen und vermittelten das Bild eines sorgfältig durchdachten Programms, waren aber offen genug, um verschiedene Themenbereiche zu subsumieren und ein abwechslungsreiches Programm zu gestalten. Andere setz200 PAO Russell an alle BPAOs, Amerikahaus- und DAI-Direktoren vom 6. Februar 1973: StadtAT, E 418, Nr. 125. Dies betraf nur die Amerikahäuser, an den DAI lief der Filmverleih teilweise noch weiter, wenn auch drastisch reduziert, vgl. z.B. DAI Regensburg, Tätigkeitsberichte 1973 und 1974, beide: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966– 1993. 201 Programmdirektor DAI Tübingen an DAI-Direktor Ryan vom 11. September 1970: StadtAT, E 418, Nr. 117. 202 Interview mit McKinney Russell vom 10. Mai 1997, s. unter: Frontline Diplomacy. 203 USIS Germany Inspection Status Report vom 6. März 1970: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 15. 204 DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Vorstandes, des Verwaltungsrats und der Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 1964: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 152. 205 Redemanuskript DAI-Direktor Schuelke, o.D. [1965 oder 1966]: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 152. 206 DAI-Direktor Koch an alle Mitglieder des Programmbeirats, o.D. [März oder April 1973]: StadtAT, E 418, Nr. 61.

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ten eher auf Veranstaltungsreihen, die über das Jahr verteilt waren und Themen aus verschiedenen Perspektiven beleuchteten, beispielsweise das Amerikahaus Frankfurt.207 Teile des Programms wurden jedoch weiterhin kurz- bis mittelfristig geplant. Auch wenn ein profiliertes, stringentes Programm wünschenswert war, so durfte es doch nicht zu geschlossen und unflexibel sein, sondern musste abwechslungsreich sein und Anregungen des Publikums oder von Kooperationspartnern aufnehmen können. Zum Teil verhinderten auch die meist angespannte finanzielle Situation und die immer dünner werdende Personaldecke eine langfristige und bis ins Letzte durchkomponierte Programmplanung. Wie bei der Zielgruppenorientierung war hier eine Balance zwischen einer offenen, breitenwirksamen und einer spezialisierten, kohärenten Konzeption gefordert. Die Einladungspraxis der Häuser spiegelte diese Mischung aus Breitenwirksamkeit und Spezifizierung. Die Programme, die meist monatlich erschienen und von jedem Haus selbst erstellt und gestaltet wurden, hingen in den Schaukästen vor dem Eingang, lagen in den Bibliotheken aus und wurden an Institutionen verschickt. Oft wies auch die lokale Tagespresse auf Veranstaltungen hin. Damit erreichten die Amerikahäuser und DAI breite Kreise der Bevölkerung. Andererseits unternahmen die Häuser große Anstrengungen, bestimmte Personen und Gruppen gezielt anzusprechen. So unterhielten sie umfangreiche Adressverzeichnisse und verschickten das Monatsprogramm oder Einladungen zu einzelnen Veranstaltungen gezielt an diese Personen. Die Kooperation mit Partnern wie den Universitäten oder anderen kulturellen, politischen oder gesellschaftlichen Institutionen erleichterte diese gezielte Ansprache bestimmter Personengruppen und bot zusätzliche Verbreitungsmöglichkeiten. Ein Bericht des Jahres 1979 nennt für das DAI Nürnberg 5000 Empfänger, die das Monatsprogramm und Einladungen erhielten, stellt aber auch die Kosten-Nutzen-Relation einer so breiten Streuung in Frage.208 Die Frankfurter Neue Presse sah das dortige Amerikahaus Ende 1985 dann ganz von der ursprünglichen breiten Orientierung abgekommen und konstatierte, da Einladungen nur noch an ausgewählte Personenkreise verschickt würden, erreichten allenfalls Ausstellungen das breite Publikum.209 Die Mechanismen zur Identifizierung und gezielten Einladung solcher Zielgruppen verfeinerten sich im Verlauf der 1980er Jahre nochmals. Die 207 Beispielsweise die Reihe „Abrüstungsstrategie und internationale Friedenssicherung“, s. AH Frankfurt, Programm September, Oktober und Dezember 1966: ISG, V113/308– 310; AH Frankfurt, Einladung zur Reihe „Vorschulerziehung in Amerika und Deutschland. Das Kind – seine Umgebung – seine Zukunft“ 1971: ISG, S 3, Nr. 27200; AH Frankfurt, Einladung zur Reihe „Computer und Gesellschaft“: ISG, S 3, Nr. 27200. 208 DAI Nürnberg, Bimonthly Highlights Report vom 18. Juni 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. 209 „Gästeliste von Kennedy bis Erich Mende“: Frankfurter Neue Presse vom 8. November 1985.

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USIA führte mit dem Distribution and Record System (DRS) Anfang der 1980er Jahre ein System ein, das lokale Personen und Institutionen der verschiedenen Zielgruppen210 erfasste und sie weiter untergliederte: je nach dem Grad ihrer Nähe zum USIS in Programmteilnehmer, Empfänger von USISMaterialien und Interessenten, die zu offenen Veranstaltungen kamen oder Bibliotheksbenutzer waren.211 Damit standardisierte und präzisierte das übergreifende DRS-System zwar die Erfassung, Kontaktierung und Einschätzung des Zielpublikums, erlaubte jedoch keine über quantitative Messungen hi­ nausgehenden qualitativen Aussagen.212 Wie konnten der USIS und die USIA überprüfen, ob ihre inhaltliche Arbeit erfolgreich war und das gewünschte Zielpublikum erreichte? Edward R. Murrow brachte die Schwierigkeiten, Erfolge dieser Art zu messen, auf den Punkt: „We cannot judge our success by sales. […] No cash register rings when a man changes his mind.“213 Das galt insbesondere für Gesellschaften wie die der Bundesrepublik, die uneingeschränkten Zugang zu einer Vielzahl von Informationen über die verschiedensten Kanäle hatte. Hier war es kaum möglich, die Wirkungen der USIA-Aktivitäten zu qualifizieren oder von anderen Einflüssen zu unterscheiden. Anwesenheits- oder Ausleihzahlen waren jedenfalls nur bedingt als Indikatoren erfolgreicher Arbeit geeignet. Zum einen gab der Besuch einer Veranstaltung oder die Ausleihe eines Buches keine Auskunft darüber, ob sich dadurch die Einstellung oder die Handlungsweise des Besuchers veränderte, ganz zu schweigen davon, ob in die von den USA intendierte Richtung. Zum anderen ließ die Beschränkung auf Statistiken die Inhalte des Angebots außen vor. Konzertabende oder Disney-Filme waren sicherlich geeignet, größere Publikumsmengen anzuziehen, doch im Sinne eher (außen)politisch ausgerichteter Country Objectives konnten sie nur bedingt wirken.214 Für die Amerikahäuser und DAI kam es darauf an, ein ausgewogenes Programm zu prä210 Als Zielgruppen galten in diesem System „1. Medien, 2. Wissenschaft, 3. Regierung/ Politik, 4. Sicherheit/Verteidigung, 5. Kultur, 6. Unternehmer/Akademiker, 7. Arbeit, 8. Soziales Engagement/Kommunale Persönlichkeiten, 9. Studenten“, s. Klöckner, Public Diplomacy, S. 275. 211 PAO Tuch an IAE Catherman vom 23. April 1981, S. 8: StadtAN, E 6/799, Nr. 676; Klöckner, Public Diplomacy, S. 274–279, 318–320. Klöckner beschränkt sich in seiner politikwissenschaftlichen Studie auf die Beschreibung der Wirkungsanalyse und des Controlling-Systems über DRS für das Ende der 1990er Jahre und geht nicht auf die davorliegende Zeit ein. Zum DRS-System auch Tuch, Communicating With the World, S. 46. 212 Klöckner, Public Diplomacy, S. 318f. 213 Zitiert nach Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 190. 214 Konzerte, Filme, Kunstausstellungen u.ä. waren für die Amerikahäuser und DAI durchaus von Bedeutung, um als Kulturzentren existieren zu können und publikumswirksam zu arbeiten. Es lag auch im Sinne der Country Plans, die Kultur der USA oder amerikanische Künstler zu präsentieren. Veranstaltungen dieser Art sollten jedoch nur ein Teil-

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sentieren, das massenwirksame mit zielgruppenspezifischen Veranstaltungen verband und somit gleichzeitig den Anforderungen als Kultur- und Informationszentrum gerecht wurde als auch die politische Agenda der USIA umsetzte. Neben Statistiken über Besucher (oft nach Veranstaltungstypen aufgegliedert), Buchausleihen, Filmausleihen oder Informationsanfragen mussten daher andere Elemente treten, um die effectiveness der Amerikahäuser und DAI beurteilen zu können.215 Diese blieben über Jahrzehnte hinweg konstant: Inspektionsreisen, die im Abstand von einigen Jahren immer wieder stattfanden und mit einem detaillierten Inspection Report an die USIA sowie konkreten Empfehlungen endeten,216 und ein ausgedehntes Berichtswesen.217 Das Berichtswesen zwischen den Amerikahäusern und DAI, den Generalkonsulaten, dem USIS in Bonn sowie der USIA in Washington betraf die einzelnen Aktivitäten sowie Einschätzungen der Rahmenbedingungen, unter denen das Programm stattfand. Umfang und inhaltliche Ausrichtung scheinen über den gesamten Untersuchungszeitraum relativ konstant geblieben zu sein. Für die 1960er Jahre zeigen Aufstellungen ein äußerst kleinräumiges und bürokratisiertes Verfahren. Zusätzlich zu der Evaluierung der einzelnen Programmpunkte direkt im Anschluss an die Veranstaltung waren einer Anweisung des USIS zufolge im Berichtsjahr 1965/66 über siebzig Berichte über das Programm, die Bibliothek, den Filmverleih und Dienstpläne fällig.218 Auf dieser Grundlage berichtete der USIS in Bonn dann nach Washington.219 segment des Programms bilden und nicht als Ersatz für politische, gesellschaftliche und wissenschaftliche Themen fungieren. 215 Für die Frühphase der Amerikahäuser sind Studien von OMGUS, HICOG sowie die sog. Embassy-Studien unter Federführung der amerikanischen Botschaft in Bonn überliefert, von denen sich ein Gutteil mit der Effizienzkontrolle der amerikanischen Kulturund Informationspolitik beschäftigte, u.a. mit den Amerikahäusern. Fischer/Bauske, Die Anfänge der empirischen Sozialforschung; Merrit/Merritt (Hg.), Public Opinion in Occupied Germany, hier besonders Report Nr. 102 und Report Nr. 145. Sie maßen hauptsächlich den Bekanntheitsgrad der Amerikahäuser in der Bevölkerung. In den Unterlagen des Office of Research der USIA sind keine Nachfolgestudien dieser Art überliefert. 216 Für die Bundesrepublik sind nur die Inspection Reports der Jahre 1960 und 1977 erhalten. Hinweise auf weitere Inspektionsreisen finden sich für die Jahre 1970 und 1972: USIS Germany Inspection Status Report vom 6. März 1970: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 15; USIS München, Monthly Highlights Report vom 29. Oktober 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. 217 Das Office of Research der USIA erstellte Studien zur Evaluierung ganzer Programmsegmente wie des Bibliothekswesens oder der Nutzung des Wireless File. Diese Untersuchungen waren meist global oder zumindest überregional angelegt und geben allgemeinere Trends wieder, die nur begrenzte Aussagekraft für einzelne Staaten haben. Sie wurden daher an dieser Stelle nicht miteinbezogen. 218 PAO Everett an DAI Tübingen vom 24. Juli 1964: StadtAT, E 418, Nr. 223. 219 Holzapfel, USIS an alle Amerikahaus- und DAI-Direktoren vom 26. Januar 1968: ­StadtAT, E 418, Nr. 117. Hier finden sich Beispiele für temporäre Berichte, die nur für bestimmte Zeiträume angefordert wurden. So waren ab 1968 Berichte über Aktivitäten

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Besonders aufwendig war die Evaluierung der einzelnen Programmpunkte. Unmittelbar nach jeder Veranstaltung musste eine Program Evalu­ ation Card ausgefüllt und nach Bonn geschickt werden.220 Sie informierte über die Besucherzahlen und -zusammensetzung, ordnete das Programm in den Country Plan ein und beurteilte, wie die Leistung des Referenten im Hinblick auf den Country Plan zu bewerten war. Die Vortragenden und Diskus­ sionsteilnehmer wurden nicht nur benotet, sondern die Evaluierungskarte bot auch Platz für Ausführungen über die Inhalte der Veranstaltung, die Reaktionen des Publikums und für Angaben, ob der Referent für andere Amerikahäuser oder DAI zu empfehlen war.221 Überprüfbar im Sinne einer Messung der „effectiveness“ wurde die amerikanische auswärtige Kultur- und Informationspolitik mit diesem System nur bedingt. Die Mess- und Kontrollinstrumente waren nur auf der behördeninternen Ebene angesiedelt und oft von ihrer Konzeption her nicht geeignet, „Erfolge“ überhaupt messen zu können. Erstens waren ihre Angaben kaum überprüfbar und daher manipulationsanfällig. Wie intensiv eine Diskussion verlaufen war, wie engagiert ein Redner vorgetragen und welche Punkte er thematisiert hatte, war im Nachhinein für Außenstehende nicht mehr festzustellen. Als interne Dokumente, die von einem Amerikahaus oder DAI zum nächsten amerikanischen Generalkonsulat oder direkt nach Bonn gingen, waren sie keiner Kontrolle von außen ausgesetzt, sondern bewegten sich auf den verschiedenen Ebenen derselben Institution. Ihre übergreifenden Interessen waren deckungsgleich: Mittel und vorhandene Organisationsstrukturen sichern. Falsche Angaben waren sicher nicht unbegrenzt möglich, doch die Interpretationsspielräume jenseits quantifizierbarer Angaben wie Buchausleihen in der Bibliothek waren groß.222 zum Thema „Kennedy-Runde“ obsolet, Ende 1968 fiel auch der zweimonatliche „Youth Activities Report“ weg, s. USIS Bonn an alle Amerikahaus- und DAI-Direktoren vom 29. November 1968: StadtAT, E 418, Nr. 117. Der Bericht über „Communist Propaganda Activities“ stand hingegen noch nicht auf der Liste von 1964. 220 Die Program Evaluation Cards werden immer wieder in den Akten erwähnt, sodass davon auszugehen ist, dass sie während des gesamten Untersuchungszeitraums fester Bestandteil des Berichtswesens waren. Überliefert ist jedoch nur eine Sammlung an Evaluierungskarten im DAI Nürnberg aus dem Zeitraum 1973 bis 1981. Die Sammlung umfasst Bewertungen aus allen Amerikahäusern und DAI, beschränkt sich also nicht auf Nürnberg. Die Jahre 1978–1981 scheinen fast vollständig zu sein, für die Jahre davor sind nur vereinzelt Evaluierungskarten überliefert. Auswahlkriterien für die Zusammensetzung der Sammlung sind nicht erkennbar. StadtAN, E 6/799, Nr. 394–413. 221 Die Skala reichte von E=Excellent über VG=Very Good, G=Good und F=Fair bis U=Unsatisfactory. USIA an All Principal Posts vom 14. April 1976: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. 222 Auch hier wäre es aufschlussreich zu wissen, welche Bücher ausgeliehen wurden und nicht nur die Zahl der Gesamtausleihen an Büchern, Zeitschriften, Platten etc. zu erfahren. Daran schließt sich die Frage nach den Auswahlkriterien für den Kauf von Büchern

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Zudem waren auch die statistischen Angaben nicht immer verlässlich und konnten es in manchen Fällen auch gar nicht sein. Die Aufschlüsselung des Publikums nach Zielgruppen in den Program Evaluation Cards war schlechterdings nicht möglich. Wie sollten die Mitarbeiter der Amerikahäuser oder DAI erkennen, wie hoch – jenseits bekannter Persönlichkeiten – der Anteil an Studierenden, Lehrern oder Gewerkschaftern war? Überprüfbar waren die Angaben jedoch kaum, ebensowenig wie die Besucherzahlen generell, insbesondere bei Ausstellungen und offenen Veranstaltungen.223 Die statistischen Angaben reflektierten zudem nicht, wenn Strategieänderungen die Besucherzahlen veränderten, wie es an der Wende zu den 1960er Jahren mit dem „fewer but better“-Programm der Fall war. Darüber hinaus gaben Inspektionen, Berichte der Direktoren oder die Evaluierung der einzelnen Programmaktivitäten durch die Mitarbeiter der Amerikahäuser und DAI keinerlei Aufschluss über die Resonanz beim Publikum hinsichtlich veränderter Haltungen oder Handlungsweisen. Mittel- und langfristige Veränderungen und deren kausale Rückführung auf Einflüsse aus dem Amerikahaus oder DAI waren ohnehin nicht messbar, doch auch kurzfristige Analysen wie die Evaluierung von Veranstaltungen durch das Publikum scheint es nicht gegeben zu haben. Allenfalls bei Diskussionsbeiträgen in der Aussprache nach Vorträgen und Podiumsdiskussionen oder im direkten Gespräch zwischen einzelnen Besuchern und den Mitarbeitern der Häuser wurden Haltungsänderungen punktuell greifbar.224 Messbar war allenfalls, wie bekannt die Amerikahäuser oder DAI in der Bevölkerung waren, doch auch daraus ließ sich nicht ableiten, inwiefern der Grad der Bekanntheit auf persönlichen Erfahrungen beruhte und ob das Kennen oder Nicht-Kennen der Häuser positiv oder negativ konnotiert war.225 in den Amerikahäusern und DAI an. Für die Zeit seit den späten 1970er Jahren befinden sich umfangreiche Aktenbestände zum Bibliothekswesen im Stadtarchiv Nürnberg, die bisher noch nicht ausgewertet worden sind. Sie umfassen sowohl das Angebot seitens der USIA und des USIS als auch die Bestellungen des DAI Nürnberg. 223 Darauf verweist auch Christoph Peters, Gespräch vom 14. Mai 2007. 224 In einigen wenigen Fällen berichteten Amerikahaus- oder DAI-Direktoren an ihre Vorgesetzten, dass Multiplikatoren aus dem Publikum nach dem Vortragsmanuskript gefragt hatten. So erbat in Tübingen Oberstleutnant Gerhard Bonne von der 2. Luftwaffendivision in Karlsruhe das Manuskript von Botschafter Martin Hillenbrand zu den „Grundfaktoren der amerikanischen Verteidigungsstrategie“, um es bei der Vorbereitung eines eigenen Vortrags zu nutzen, oder in Nürnberg fragte die Mittelfränkische Apothekerzeitung nach dem Mitschnitt eines Vortrags über die Drogenproblematik bei Jugendlichen, um ihn bei der nächsten Apothekerversammlung abzuspielen. DAI Tübingen, Assessment Report 1966: StadtAT, E 418, Nr. 223; DAI Nürnberg, Assessment Report 1973: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. 225 Umfragen über den Bekanntheitsgrad der Häuser sind vor allem für die 1950er Jahre überliefert, um die „effectiveness“ des Reeducation-Instruments „Amerikahaus“ zu überprüfen. Pilgert, History of the Development, S. 26–28; Schildt, Die USA als „Kul-

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Inwiefern die Amerikahäuser und DAI das Denken und Handeln ihres Publikums beeinflussen konnten, ist für die historische Forschung ebenso schwer greifbar wie für die USIA bzw. den USIS selbst. Einige Indikatoren können jedoch Hinweise geben. Erstens sind die finanziellen Zuwendungen deutscher Geldgeber zu nennen, die sowohl die öffentliche Hand als auch Spenden von Wirtschaftsunternehmen oder Beiträge von Privatpersonen umfassten. Die Motive für solche Zuwendungen lagen teilweise jenseits der inhaltlichen Arbeit der Amerikahäuser und DAI, beispielsweise in außen- und kulturpolitischen Erwägungen oder der wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens. Eine dauerhafte und grundlegende finanzielle Unterstützung deutet aber darauf hin, dass sich die inhaltliche Arbeit der Häuser innerhalb eines Bereichs bewegte, in dem ihr Chancen zur Erreichung der Bevölkerung zugesprochen wurden. Gleiches gilt für den zweiten Punkt, die Kooperationsbereitschaft lokaler Institutionen und Personen, die mit den Amerikahäusern und DAI gemeinsame Veranstaltungen durchführten. Hier zeigte sich, ob es den Häusern gelang, Kontakte mit geeigneten Institutionen und Gruppen vor Ort herzustellen und Kooperationen zu etablieren, um so ihren Einzugskreis zu verbreitern, Netzwerke zu bilden und sich fester in der lokalen Kulturlandschaft zu etablieren. Für deutsche Partner war eine Kooperation nur sinnvoll, wenn die Zusammenarbeit mit dem Amerikahaus oder DAI einen Mehrwert erbrachte, beispielsweise den Zugriff auf bestimmte Referenten, ein größeres Publikum oder nützliche Verbindungen, und erfolgversprechend schien. Drittens lag es an der USIA selbst, die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Kultur- und Informationspolitik zu schaffen. Entscheidend war nicht nur die finanzielle Ausstattung der Häuser, sondern auch die Bereitstellung qualifizierter Referenten zu den gewünschten Themen, deren Niveau dem deutschen Publikum angemessen war und die über entsprechende Deutschkenntnisse verfügten. Beschwerden, Forderungen oder Lob lassen Rückschlüsse darauf zu, inwiefern die USIA und der USIS selbst die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit schufen.226 Gleiches gilt für die Besetturnation“, S. 171f. Laut Inspection Report des Jahres 1960 überprüften die Inspektoren die Bekanntheit der Amerikahäuser auf ihre Weise: „[I]n virtually all instances when the Inspectors, with malice aforethought, asked ‚the man on the street’ how to reach the local America House, accurate directions were immediately forthcoming!“ Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960, Section I, S. 33: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3. Repräsentativ oder gar überprüfbar waren auch diese Angaben nicht. 226 1969 forderte Frank J. Shakespeare, Direktor der USIA zwischen 1969 und 1973, die einzelnen USIS-Posts auf, ein ideales Kulturprogramm für das jeweilige Land ohne finanzielle Beschränkungen und unter optimalen Bedingungen zu skizzieren. Der Bericht des USIS Bonn wies darauf hin, dass die USIA vor allem für Seminare und Vorträge nicht genügend qualifizierte Redner bereitstellen könne, die dem Bildungsniveau und dem Anspruch des deutschen Publikums gerecht würden. Bericht USIS Bonn vom 2.

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zung der Direktorenstellen: Auch sie mussten von ihrer Persönlichkeit und ihrem Bildungsniveau in der Lage sein, sich im bundesrepublikanischen Kontext zu bewegen. Nutzlos waren die Kontrollinstrumente der USIA trotz dieser Defizite nicht. So hatten Statistiken über Besucherzahlen durchaus ihren Wert, wenn es um die Frage nach der generellen Akzeptanz und Bekanntheit der Einrichtungen in der Bevölkerung jenseits von der Durchsetzung bestimmter Country Objectives ging.227 Soweit entsprechende Daten vorliegen, kann auch eine Aufschlüsselung der Besucherzahlen nach Veranstaltungsformaten sinnvoll sein. Daraus ist zumindest tendenziell erkennbar, ob die Amerikahäuser und DAI überhaupt in der Lage waren, mit politischen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Themen Publikum anzuziehen. In der Rückschau bewertete McKinney Russell, PAO zwischen 1971 und 1975, die häufigen Inspektionen in dieser Phase der Neuordnung positiv: Die ständige Hinterfragung habe das Programm zweifelsohne verbessert,228 was ja auch das erklärte Ziel dieser Überprüfungen war.229 Das ausgedehnte Berichtswesen über die verschiedenen Teilbereiche der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik zwang trotz seiner Mängel und seiner begrenzten Aussagekraft ebenfalls dazu, regelmäßig die eigene Tätigkeit zu reflektieren, strukturelle Defizite zu benennen und das Programm auf die übergreifenden Ziele der Behörde zu beziehen.230 Auch über diese Evaluierung hinaus spielte das Berichtswesen eine nicht unerhebliche Rolle: Für die amerikanischen Stellen in Bonn und Washington fungierten sie wie Sonden, die Informationen aus der jeweiligen lokalen Umgebung ermitteln September 1969: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 1. Kritik dieser Art äußerten die einzelnen Häuser sowie USIS Bonn in ihren Berichten immer wieder. 227 Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960, Section I, S. 41: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3; USIS Bonn, „Investing a more effective cultural Program in Germany“ vom 2. September 1969: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 1. 228 Interview mit McKinney Russell vom 10. Mai 1997, s. unter: Frontline Diplomacy. Russell erinnert sich an insgesamt sieben Inspektionen durch verschiedene Gruppen und Personen. Unterlagen über diese Inspektionen sind jedoch in den bisher zugänglichen USIA-Akten nicht erhalten. 229 USIA-Direktor Reinhardt an US-Botschafter Stoessel vom 18. November 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 235. 230 In den Berichten, die einen längeren Zeitraum umfassten, gab es die Möglichkeit, die Qualität der von der USIA bereitgestellten Ressourcen in eigenen Sektionen zu thematisieren. John E. Reinhardt, Direktor der USIA zwischen 1977 und 1981, benannte für die Inspektionsreisen nicht nur das Ziel, die amerikanische auswärtige Kultur- und Informationspolitik im Hinblick auf die Erfüllung der Country Plans zu überprüfen, sondern die Qualität der über die USIA bereitgestellten Ressourcen und die Kommunikation zwischen den einzelnen Ebenen der Behörde zu bewerten. USIA-Direktor Reinhardt an USBotschafter Stoessel vom 18. November 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 235.

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und an ihre übergeordneten Büros weiterleiten konnten. Die Meldungen über die Arbeit der Amerikahäuser an den verschiedenen Standorten in der Bundesrepublik lieferten damit Hinweise und Einblicke, die andere Stellen kaum hätten geben können. 1.1.5 Berichtswesen und Meinungsumfragen: Auswärtige Kultur- und Informationspolitik als Sonde in die westdeutsche Gesellschaft Die Informationen über die Bundesrepublik und ihre Gesellschaft, die von den Amerikahäusern und DAI nach Bonn und dann nach Washington gelangten, dienten vor allem dazu, die Kultur- und Informationstätigkeiten zu verfeinern und permanent an die wechselnden Rahmenbedingungen, Interessenund Problemlagen des Gastlandes anzupassen. Die amerikanische Regierung nutzte sie jedoch – in wechselnder Intensität – auch zur Erweiterung ihrer Kenntnisse über das Ausland und mithin zur Politikberatung.231 Nicholas Cull nennt diese Informationsgewinnung „listening“, also „zuhören“, und bezeichnet sie als Voraussetzung jeglicher auswärtiger Kultur- und Informations­ politik.232 Der USIS, die Amerikahäuser und DAI nutzten drei Wege, um mehr über die Einstellung der Bundesbürger zu erfahren und dieses Wissen nach Bonn und Washington weiterzuleiten. Auf der untersten Ebene waren das Aufsatzund Bildwettbewerbe. Sie entsprangen den lokalen Initiativen der Amerikahäuser und DAI und waren nicht zentral gesteuert. Gemessen an ihrem Einfluss auf die USIA war ihre Bedeutung marginal, doch drangen solche Initiativen tiefer als andere in die Gesellschaft ein. Wenn Schüler und Jugendliche an Aufsatzwettbewerben etwa zu „Der Mensch in einer freien Gesellschaft“233 teilnahmen, regte das nicht nur zur Beschäftigung mit diesem Thema an, sondern die Initiatoren des Wettbewerbs – in diesem Fall das DAI Heidelberg und das Oberschulamt Nordbaden unter der Schirmherrschaft des Heidelberger Oberbürgermeisters – erfuhren mehr über die Haltung der jungen Leute zu den USA, demokratischen Werten und allgemeinen Einstellungen, als es über Umfragen oder persönliche Gespräche möglich gewesen wäre.234 Solche Wettbewerbe gab es in verschiedenen Städten und zu den unterschiedlichsten Themen. So fragten das Amerikahaus Frankfurt und das Heidelberger DAI 1965 nach „Präsident Kennedy in Deutschland“ bzw. „Mein Bild von John F. 231 Zu Kennedys Statement of Mission vom Januar 1963 s. Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 220. 232 Cull, Public Diplomacy, S. 32. 233 Teilnahmebedingungen zum Aufsatzwettbewerb „Mein Bild von John F. Kennedy“, o.D. [1966]: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 152. 234 Leider sind für keinen der genannten Wettbewerbe die eingereichten Texte oder Ergebnisse in den Archiven.

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Kennedy“235 und erhielten 1600 Einsendungen;236 1975 waren dann in den USA und der Bundesrepublik Aufsatzwettbewerbe zum Bicentennial, der Zweihundertjahrfeier des amerikanischen Unabhängigkeitstages geplant.237 Die Reichweite dieser Wettbewerbe war jedoch gering und ging – wenn überhaupt – nicht über den lokalen Raum hinaus. Wesentlich bedeutsamer war das Berichtswesen. Diese Informationen entstammten dem direkten Kontakt mit der deutschen Bevölkerung und basierten auf konkreten Erfahrungen in der Programmarbeit und den unmittelbaren lokalen Zusammenhängen, in denen die amerikanischen Stellen angesiedelt waren. Berichtenswert waren auch Informationen über Themen, die nicht direkt mit der amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informationspolitik oder den USA zusammenhingen, aber die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit beeinflussten – beispielsweise Veränderungen in der lokalen Medienlandschaft238 oder Studienbedingungen und Umstrukturierungen an den Universitäten.239 Probleme im deutsch-amerikanischen Zusammenleben kamen ebenfalls zur Sprache, etwa Vergewaltigungen durch amerikanische GIs in einer Region.240 Beobachtungen dieser Art ergänzten die Berichte über politische und gesellschaftliche Entwicklungen in der gesamten Bundesrepublik und verliehen ihnen Tiefenschärfe. Die Amerikahäuser und DAI sowie die USIS-Mitarbeiter an den amerikanischen Generalkonsulaten befanden sich in einer idealen Ausgangsposition, um als Sonden zu fungieren: Sie arbeiteten in verstetigten, dauerhaft präsenten Einrichtungen, die auf breiter Basis Kontakte mit der bundesdeutschen Bevölkerung pflegten, und, was besonders wichtig war, deutsche und amerikanische Kompetenzen vereinten. Das deutsche Personal war stärker in die lokalen Gegebenheiten integriert als die Amerikaner, die oft nur für wenige Jahre an einem Ort waren. Die amerikanischen USIS-Mitarbeiter konnten gezielt auf dieses Potenzial zurückgreifen, denn sie wussten, welche Informati235 AH Frankfurt, Programm Mai 1964: ISG, V113/283; Teilnahmebedingungen zum Aufsatzwettbewerb „Mein Bild von John F. Kennedy“, o.D. [1964]: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 152. 236 DAI Heidelberg, Programm Februar 1965: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 153. 237 „A Partial List of Bicentennial Programs and Events planned in the Federal Republic of Germany for 1975/76“ vom 17. September 1975: StadtAN, E 6/799, Nr. 230. 238 Nachrichten dieser Art wurden teilweise als „Joint State/USIS-Message“ verschickt, sodass nicht immer ganz klar ist, ob eher das Botschaftspersonal oder der USIS federführend waren. Als gemeinsame Schreiben können sie jedoch für beide Organisationen Geltung beanspruchen. Sweet, GK Stuttgart an Department of State vom 1. Juli 1965: NARA, RG 59, State Department Central Files 1964–1966, Box 438. 239 DAI-Direktor Serbinoff an USIS Stuttgart vom 27. November 1967: StadtAT, E 418, Nr 116; DAI-Direktor Serbinoff an USIS Stuttgart vom 16. März 1967: StadtAT, E 418, Nr 116. 240 DAI Nürnberg, Quarterly Report vom 5. Oktober 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 203.

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onen für die USIS-Zentrale in Bonn oder für Washington wichtig waren und trugen die Verantwortung für das Berichtswesen. Die USIA nutzte diese Quellen gerne. Besonders Jimmy Carter und der von ihm eingesetzte USIA-Direktor John E. Reinhardt (1977–1981) stellten den wechselseitigen Informationsstrom zwischen den USA und dem Ausland für die Arbeit der USIA in den Mittelpunkt und forderten dementsprechendes Material von ihren Dependancen. Der USIS Bonn schrieb im Sommer 1977 an seine Außenstellen, die USIA habe darum gebeten, wichtige Kommentare aus der regionalen Presse nach Washington zu übermitteln.241 In den „Work Requirements and Priorities“ für den Direktor des DAI Nürnberg stand 1977/78 der dezidierte Auftrag: „Whenever possible through contacts with priority audience, institutions and officials as well as through regional media, report and evaluate the political mood and climate of opinion which exists in the area of Franconia.“242 Auch zuvor hatte der USIS in Bonn schon Umfragen bei den Amerikahäusern und DAI zu bestimmten Themen gestartet, beispielsweise über die Studierenden in der Bundesrepublik, ihre Ziele, ihre Kritikpunkte und die Möglichkeiten, wie die amerikanische Kultur- und Informationspolitik mit problematischen Themen umgehen könne.243 Wohin diese Berichte genau gelangten und wie sie verwendet wurden, ist aus den Quellen kaum nachzuvollziehen. Im Prinzip reichte die Informationskette jedoch bis ganz nach oben. So finden sich in den wöchentlichen Zusammenstellungen, die USIA-Direktor Leonard Marks (1965–1968) an Präsident Johnson sandte, Zitate aus der Süddeutschen Zeitung über die Arbeit der Amerikahäuser oder Berichte über Demonstrationen vor dem Amerikahaus in Berlin.244 Die USIA-Direktoren erfuhren wiederum über die Regionalbüros in regelmäßigen wöchentlichen oder zweiwöchentlichen Berichten Neuigkeiten aus den verschiedenen Ländern. Diese Übersichten führten teilweise selbst einzelne Veranstaltungen auf.245 Ging es um allgemeinere Informationen über das politische und gesellschaftliche Klima jenseits von Programmaktivitäten oder lokalen Stimmungsbildern, griff die USIA bereits seit dem Amtsantritt John F. Kennedys verstärkt auf Meinungsumfragen in den einzelnen Ländern zurück.246 Das Office 241 Gildea, USIS an DAI Nürnberg vom 3. August 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. 242 „Work Requirements and Priorities for Mr. Robert Allen“ für 1977/78: StadtAN, E 6/799, Nr. 234. 243 CAO Joyce an DPAO in Berlin und alle BPAOs vom 16. Januar 1968: StadtAT, E 418, Nr. 116. 244 Weekly Report, USIA-Direktor Marks an Präsident Johnson vom 15. März 1966: LBJL, WHCF, CF, Box 135; USIA-Direktor Marks an Präsident Johnson vom 23. Oktober 1967: LBJL, WHCF, CF, Box 135. 245 Opal, Assistant Director Europe, an USIA-Direktor Murrow vom 10. Dezember 1963: StadtAT, E 418, Nr. 115. 246 Haefele, John F. Kennedy, S. 63f.

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of Research weitete seine Arbeit deutlich aus und überprüfte nicht mehr nur den Erfolg der eigenen Informationspolitik, sondern begann auch, durch „world public opinion polling“ Daten über das weltweite Ansehen der Vereinigten Staaten und die Einschätzung internationaler Problemlagen zu erheben.247 Das Office of Research führte diese Umfragen nicht selbst durch, sondern beauftragte lokale Meinungsforschungsinstitute248 oder nutzte die Daten von Meinungsumfragen, die von anderen Institutionen in Auftrag gegeben worden waren.249 Ihre Ergebnisse standen nicht nur der USIA zur Verbesserung und Anpassung ihrer Arbeit, sondern allen Exekutivorganen der amerikanischen Regierung zur Verfügung, die mit Außenpolitik befasst waren.250 Die zweite Aufgabe des Office of Research bestand darin, die einzelnen Teilbereiche der USIA-Arbeit wie das Bibliothekswesen oder die Nutzung des Wireless File zu untersuchen und zu evaluieren.251 Für Studien in Europa stand durchschnittlich ein Viertel bis ein Fünftel der Summe zur Verfügung, die das Office of Research für Meinungsforschungsstudien im Ausland ausgeben konnte.252 Viele der Studien waren ereignisbezogen, so beispielsweise Umfragen zur Berlinkrise (Umfrage aus dem Jahr 1961), zur Kubakrise (1963), dem amerikanischen Einmarsch in Kambodscha (1970), einem möglichen NATOBeitritt Spaniens (1971), zu den Besuchen Präsident Nixons in China und der 247 Haefele, John F. Kennedy. 248 Die Meinungsforschungsinstitute arbeiteten nach den Vorgaben der USIA und übernahmen die Übersetzung der Fragebögen sowie die Befragungen, erstellten eine Übersicht der Ergebnisse und übergaben die Daten sowie alle anderen Unterlagen an die USIA. „USIA Research Service: Organization and Functions“ vom 8. März 1972, S. 10: NARA, RG 306, Office of Research, S-Reports, Box 11. 249 So erstellte die USIA 1980 einen Bericht über die sog. Successor Generation in der Bundesrepublik, der auf Daten einer Erhebung beruhte, die von der Konrad-AdenauerStiftung in Auftrag gegeben worden war und die in der ZEIT veröffentlicht worden waren. „Recent West German Public Opinion Poll on the German ‚Successor Generation‘“ vom Oktober 1980: NARA, RG 306, Office of Research, S-Reports, Box 22. 250 „USIA Research Service: Organization and Functions“ vom 8. März 1972, S. 5: NARA, RG 306, Office of Research, S-Reports, Box 11. Nicholas Cull geht allerdings davon aus, dass die Umfragen nur spärlich in die tägliche Arbeit der USIA einflossen und bezeichnet dies als „a major weakness within U.S. Cold War public diplomacy“. Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. xviii. 251 Beispielsweise „Study of USIS Libraries“ vom August 1967: NARA, RG 306, Estimates and Evaluations, Box 1. Für nähere Informationen zu den verschiedenen Umfrage-Schwerpunkten s. „Foreign Public Opinion Surveys for Policy and Program Guidance“ vom 24. Januar 1972: NARA, RG 306, Office of Research, S-Reports, Box 10 [abgelegt unter dem Titel „Stanton Presentation“]. 252 „USIA Research Service: Organization and Functions“ vom 8. März 1972, S. 7: NARA, RG 306, Office of Research, S-Reports, Box 11. Der Bericht unterscheidet nicht zwischen West- und Osteuropa und nennt auch keine absoluten Zahlen für das Budget des Office of Research oder für Auftragsstudien.

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Sowjetunion (1972) oder zur KSZE (1977). Andere Fragen blieben für mehrere Jahrzehnte auf der Agenda und waren immer wieder Gegenstand von Befragungen, so Sicherheits- und Rüstungsfragen, Nuklearwaffen oder die vergleichende Einschätzung der USA und der Sowjetunion auf verschiedenen Gebieten.253 Die meisten dieser Studien waren westeuropäisch vergleichend mit Umfragen in der Bundesrepublik, Frankreich, Großbritannien und Italien angelegt.254 Zu problematischen Themen wie dem Vietnamkrieg oder den Devisenausgleichszahlungen für die amerikanischen Truppenstationierungen gab es Einzelstudien, häufig waren diese Fragen aber auch in allgemeine Umfragen integriert.255 Besonders hervorzuheben sind Studien, die seit 1980 dezidiert nur unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen durchgeführt wurden. Angesichts einer drohenden Entfremdung zwischen den deutschen und amerikanischen Jugendlichen und dem jeweils anderen Staat, die Politiker auf beiden Seiten des Atlantik seit den späten 1970er Jahren befürchteten, bezogen sich diese Umfragen auf die „Foreign Policy Views of German Youth“ oder die „German ‚Successor Generation‘“ und ihre Einstellung zu politischen Fragen.256 Wie die Umfrageergebnisse verwendet und inwiefern sie überhaupt von den USIS-Stellen in der Bundesrepublik rezipiert wurden, bleibt ebenso im Dunkeln wie ihre Initiierung und Ausarbeitung, da von den Unterlagen des Office of Research nur die Abschlussberichte in den Akten der USIA überliefert sind.257 In den Unterlagen der Amerikahäuser und DAI tauchen Research Reports überhaupt nicht, Verweise auf Umfrageergebnisse nur äußerst selten auf, und auch dann geht aus diesen Hinweisen nicht hervor, ob es sich um Erhebungen der USIA handelte oder um Meinungsumfragen, die von anderer Stelle in der Bundesrepublik erhoben und deren Ergebnisse beispielsweise in 253 NARA, RG 306, USIA, Findbuch 1, Special Reports of the Office of Research; Research Reports of the Office of Research. 254 Merritt, The USIA Surveys, S. 3–5. 255 „Assessment of Reactions to Vietnam Crisis“ von 1963: NARA, RG 306, Office of Research, R-Reports, Box 17; „European Opinions of Race Relations in America“ von 1964: NARA, RG 306, Office of Research, R-Reports, Box 3; „German Malaise Over Growing Differences with the US on Offset and NATO Issues“ von 1966: NARA, RG 306, Office of Research, R-Reports, Box 13. Zum Konflikt über die Devisenausgleichszahlungen s. Rosenbach, Der Preis der Freiheit, S. 709f. 256 „Foreign Policy Views of German Youth, 1976–1979“ vom 19. Mai 1979: NARA, RG 306, Office of Research, S-Reports, Box 21; „Recent West German Public Opinion Poll on the German ‚Successor Generation‘“ vom 10. Oktober 1980: NARA, RG 306, Office of Research, S-Reports, Box 22. 257 Mark Haefele hat für John F. Kennedy untersucht, wie die durch die USIA erhobenen Daten außerhalb der USIA in der Außenpolitik der USA verwendet wurden. Kennedy setzte sich auch dafür ein, dass die USIA überhaupt im großen Stil anfing, weltweit Studien zum Image der USA durchzuführen. Großes Interesse hatte Kennedy vor allem an Meinungsbildern aus Entwicklungsländern. Haefele, John F. Kennedy.

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der Presse publiziert wurden. Vermutlich wurden die Umfragen des Office of Research eher auf den Verwaltungsebenen der USIA bzw. des USIS in Bonn und in den Generalkonsulaten verwendet und flossen dort in die allgemeinen Ziel- und Problemformulierungen wie die Country Plans ein. Insgesamt war die USIA mit diesem gestaffelten Instrumentarium in der Lage, wie mit Sonden umfassende Informationen über ihre Zielländer und deren Gesellschaften einzuholen. Während übergreifende Meinungsumfragen potenziell überall gleichermaßen durchführbar waren, bot die Bundesrepublik mit ihrem engen Netz an Generalkonsulaten, Amerikahäusern und DAI darüber hinaus besonders gute Voraussetzungen für lokale Tiefenbohrungen. In anderen Staaten unterhielt die USIA wesentlich weniger Dependancen, die mithilfe des Berichtswesens die politische und gesellschaftliche Atmosphäre ihres Gastlandes regional differenziert einfangen konnten.258 Diese Informationen ergänzten das Wissen zur Bundesrepublik, das über andere Kanäle wie diplomatische Kontakte oder den von der Botschaft erstellten täglichen Pressespiegel zustande kamen. 1.1.6 Visuelle Propaganda: Der Amerika-Dienst Sich ein Bild von dem Gastland zu machen war nur die Voraussetzung für die eigentliche Arbeit der USIA: Bilder und Deutungen über die USA in eine andere Gesellschaft hineinzuvermitteln.259 Im Falle der Amerikahäuser und DAI in der Bundesrepublik geschah dies hauptsächlich über das Veranstaltungsprogramm sowie die Bibliotheken der Häuser, also meist mündlich oder schriftlich im direkten Kontakt mit dem Publikum, das aktiv und persönlich die Kultur- und Informationszentren besuchte. Im Gegensatz dazu agierte der Amerika-Dienst des USIS Germany weniger sichtbar und über ein anderes Medium, nämlich mit Amerikabildern im wahrsten Sinne des Wortes. Mit den Fotoserien des Amerika-Dienstes setzte die USIA auf die „Macht der Bilder“ als einer Sprache, die alle Menschen verstehen. Die Fotos des Amerika-Dienstes sind weit mehr als Illustrationen von Ereignissen, Gegebenheiten oder Entwicklungen, die für die USIA von Interesse waren, sondern vielmehr selbst jeweils „Bestandteil des Ereignisses“, über das sie informieren260 bzw. Bestandteil des Kontextes, in dem sie produziert und verwendet wurden, nämlich der amerikanischen Kultur- und Informationsarbeit, des Ost258 Die Broschüre „The Agency in Brief“, die für die Jahre 1960–1973 überliefert ist, werden die einzelnen USIS-Posts für jedes Land aufgelistet. Die Bundesrepublik hat zu jedem Zeitpunkt die mit Abstand meisten USIS-Dependancen im westeuropäischen Vergleich. USIA, The Agency in Brief, 1960–1973: NARA, RG 306, HC, Post Publications, Box 208. 259 Cull, Public Diplomacy, S. 32. 260 Lindenberger, Vergangenes Hören und Sehen, S. 81.

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West-Konfliktes und im Falle der Bundesrepublik des westlichen Bündnisses. Die mediale Inszenierung orientierte sich nicht nur an den Ereignissen, Gegebenheiten oder Prozessen selbst, sondern vielfach an deren Präsentation in unkontrollierbaren medialen Zusammenhängen, beispielsweise den Fernsehbildern über den Krieg in Vietnam. Fotos des Amerika-Dienstes können daher sowohl aktiv als auch reaktiv entstanden oder verwendet worden sein, als Hervorhebung bestimmter Sachverhalte, aber auch als Versuch einer Gegendarstellung oder eines Korrektivs. Sie übermittelten nicht nur Botschaften, sondern waren selbst Botschaften261 und standen zur „Welt der Ereignisse in einem gleichermaßen reagierenden wie gestaltenden Verhältnis“.262 Dies war zumindest das Ziel, das die USIA mit ihrer Bildproduktion verfolgte: Wirklichkeit durch Bildakte zu gestalten, die „Einstellungen, Mentalitäten, Geschichtsbilder etc. generiert[en]“,263 also das Wirklichkeitsverständnis der Menschen und damit auch ihr Denken und Handeln im Sinne der USIA beeinflussten. Dabei war der genaue Entstehungskontext der Bilder zweitrangig. Was zählte, war ihr Nutzen zu einem bestimmten Zeitpunkt, wann die USIA sie also einsetzen konnte, um eine bestimmte Botschaft zu transportieren. Auf diese Weise konnte die USIA den Umstand nutzen, dass Bilder „ihre Wirkung unter bestimmten Setzungen [entfalten], die von den Intentionen ihrer Produzenten geleitet sind“264 oder, wie im Falle der USIA, von den Intentionen ihrer Distributionsagenturen. In diesem Sinne fließen die Bilder des Amerika-Dienstes in die Untersuchung der Programminhalte mit ein. Den Vorschlägen Gerhard Pauls zu einer Visual History folgend, sollen sie „über ihre zeichenhafte Abbildhaftigkeit hinaus“ als Medien untersucht werden, die – zumindest potenziell – „Sehweisen konditionieren, Wahrnehmungsmuster prägen, historische Deutungsweisen transportieren und die ästhetische Beziehung historischer Subjekte zu ihrer sozialen und politischen Wirksamkeit organisieren“.265 Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Kombination von Bild- und Textelementen, wie also Sehweisen und Interpretationen durch Bildunterschriften gelenkt werden sollten. Sie schlagen die Brücke zwischen dem visuellen Medium des Fotos und den meist auf verbale Vermittlung setzenden Programmaktivitäten der Amerikahäuser und DAI. Der Amerikadienst gehörte zum Tätigkeitsfeld des Press and Publications Service (IPS), der für die Produktion und Distribution von Fotos, Cartoons, Magazinen, Broschüren und Features, also des Informationsmaterials 261 Ebd., S. 79. 262 Bredekamp, Bildakte als Zeugnis und Urteil, S. 29f. 263 Paul, Von der Historischen Bildkunde, S. 18. 264 Belting, Die Herausforderung der Bilder, S. 16. 265 Paul, Von der Historischen Bildkunde, S. 25.

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der USIA zuständig war.266 Eine zentrale Aufgabe des IPS war das Wireless File, mit dem alle USIS-Vertretungen die Texte wichtiger Reden oder Artikel aus den USA zu den aktuellen Entwicklungen in der Außenpolitik, in Kultur und Wissenschaft erhielten. Ferner umfasste dieser tägliche Service Hintergrundmaterial zu unterschiedlichsten Lebensbereichen und politischen Fragen. Dazu gehörten auch Fotos und ganze Bildserien zu einzelnen Themen.267 Das Wireless File hatte zwei Funktionen: Erstens versorgte es das amerikanische Personal in den Botschaften, beim USIS, den Amerikahäusern und DAI mit aktuellen Informationen aus den USA und mit Hintergrundmaterial und gab damit aktuelle politische Leitlinien vor. Für kommerzielle Pressedienste lohnte es nicht, Volltextversionen von Reden, Statements oder Pressekonferenzen zu übermitteln, die aber wichtig für die Arbeit der im Ausland stationierten Mitarbeiter des auswärtigen und diplomatischen Dienstes waren. Zweitens sollten Texte und Fotos des Wireless File in die lokalen Medien des Gastlandes eingespeist werden.268 Auf diese Weise, so hoffte die USIA, gelangten amerikanische Sichtweisen in Form von Texten oder Bildern in die Medien des Gastlands, ohne dass die USIA selbst in Erscheinung trat und für die Mediennutzer sichtbar wurde.269

266 USIA, „The Agency in Brief“ vom Januar 1960, S. D-13: NARA, RG 306, HC, USIS Post Publications, Box 208; IPS Briefing Paper „Pictures and other Visuals“, o.D.: NARA, RG 306, HC, Murray Lawson History Card Files Series, Box 38. 267 USIA, The „The Agency in Brief“ vom Januar 1960, S. D-13: NARA, RG 306, HC, USIS Post Publications, Box 208. 268 „Press Materials Utilization Study“ vom 8. Januar 1968, S. 1–4: NARA, RG 306, Estimates and Evaluations, Box 1; Tuch, Communicating With the World, S. 59. 269 USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 30: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. Den USIS-Mitarbeitern war klar, dass in der Bundesrepublik mit ihrer qualitativ hochwertigen, ausdifferenzierten und durch keine politischen Einschränkungen behinderten Presselandschaft kein Redakteur, der auf sich hielt, Texte des Amerika-Dienstes einfach übernehmen würde. S. Tuch, Communicating With the World, S. 59. S. auch USIS Frankfurt an USIA vom 18. April 1968: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1967–1969, Box 85. Dem Inspection Status Report vom März 1970 zufolge hatte das Inspektionsteam dem USIS Germany auch nachdrücklich empfohlen, sich aus dem Bereich „press placement“ zurückzuziehen. USIS Germany Inspection Status Report vom 6. März 1970: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 15. Im gleichen Jahr kam eine Studie der USIA zu dem Ergebnis, dass in der Bundesrepublik zwar ein relativ hoher Anteil der Amerika-Dienst-Materialien von den Medien übernommen wurde, dass jedoch nur ein kleiner Prozentsatz des abgedruckten Materials alle Informationen des ursprünglichen Textes enthielt, sondern von den Journalisten stark bearbeitet wurde. „Placement and Readership of USIS Press Materials“ vom 8. Mai 1970, S. 3: NARA, RG 306, Estimates and Evaluations, Box 2.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

Der USIS in Bonn erhielt das European File, vervielfältigte die täglichen Sendungen, übersetzte und überarbeitete sie270 und leitete sie dann als Amerika-Dienst weiter: an die Botschaftsmitarbeiter, die USIS-Dependancen an den Generalkonsulaten und die Amerikahäuser, in reduzierter Form auch an den Presseattaché des USIS, das Bundespresseamt, das Auswärtige Amt sowie an etliche weitere Botschaften in der Bundesrepublik. Das AmerikaDienst-Büro übersetzte die wichtigsten Texte auch ins Deutsche und leitete sie an die wichtigsten Presseagenturen weiter, die wiederum die ihnen angeschlossenen Medien belieferten.271 Die Features and Mailers Unit sorgte für eine noch breitere Verteilung der Amerika-Dienst-Materialien.272 Sie belieferten die USIS-Zweigstellen in der Bundesrepublik sowie die deutschen, österreichischen und schweizerischen Medien direkt mit Text- und Bildmaterial. Die USIS-Zweigstellen hatten eine besondere Aufgabe: Sie erhielten „special articles, generally illustrated […], for ‚sale‘ to selected publications as regional exclusives“ sowie „national exclusives, particularly picture stories, for […] placements in nationally circulated magazines“.273 Die Amerikahäuser hatten mit diesen Aufgaben nichts zu tun, denn üblicherweise waren die Pressestellen der Generalkonsulate dafür verantwortlich, diese Materialien den deutschen Medien anzubieten. Eine Ausnahme bildete der Konsularbereich München: Hier war die Pressearbeit dezentralisiert, d.h. die Amerikahäuser in Nürnberg und Regensburg waren in ihren Regionen für die Pressekontakte verantwortlich.274 Mit der Umwandlung einiger Amerikahäuser in binationale Institute übernahmen jedoch verstärkt alle DAI diese Funktion für ihre Region.275

270 Eine Studie der USIA zur Vermittlung und zur Leserschaft von USIA-Materialien weist ausdrücklich darauf hin, der USIS Bonn überarbeite einen Großteil des Materials noch einmal, um es besser auf die deutschen Rezipienten abzustimmen, bevor es weitergeleitet wurde. „Placement and Readership of USIS Press Materials“ vom 8. Mai 1970, S. 3, 5: NARA, RG 306, Estimates and Evaluations, Box 2. 271 Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960, Section I, S. 53f.: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3. 272 „Placement and Readership of USIS Press Materials“ vom 8. Mai 1970, S. 3: NARA, RG 306, Estimates and Evaluations, Box 2. 273 Inspection Report USIS Germany vom 22. Juli 1960, Section I, S. 55f.: NARA, RG 306, HC, Records of the Inspection Staff, Box 3. 274 Ebd., Section I, S. 149. 275 Die Auflistung der Adressaten in den Begleitschreiben, die für die 1960er Jahre im Stadtarchiv Nürnberg erhalten sind, zeigt, dass die Materialien des Amerikadienstes an alle amerikanischen Generalkonsulate sowie an die DAI gingen, auch wenn für keine andere Stadt entsprechende Unterlagen vorhanden sind. Jeweils USIS Bonn an USIS Berlin, Bremen, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, München, Stuttgart sowie an die Amerikahäuser [sic!] Freiburg, Hannover, Nürnberg und das DAI Regensburg: StadtAN, E 6/799, Nr. 645.

1.1 Amerikanische Vorgaben

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Die Sammlung des DAI Nürnberg – der einzige erhaltene Bestand an Amerika-Dienst-Material für die Bundesrepublik überhaupt – umfasst Sendungen aus den frühen 1950er bis in die frühen 1970er Jahre zu politischen Themen wie Arbeiter und Gewerkschaften in den USA oder amerikanische Präsidenten, zur Rassenfrage und dem Vietnamkrieg oder Fragen des Kommunismus, zu sicherheitspolitischen und militärischen Themen, zu technischen und wissenschaftlichen Fragen, besonders Atomkraft und Raumfahrt, zu Städten und Regionen der USA, Kunst und Architektur, Bildung und Erziehung in den USA, Sport und Geschichte. Bis etwa 1968 lieferte der AmerikaDienst wöchentlich, danach nur noch situationsbezogen.276 Meist schickte der Dienst ganze Bildserien: mehrere Fotos zu einem Thema, die einem übergreifenden Text zugeordnet waren. Auch wenn nicht immer alle dazugehörigen Bilder erhalten sind, so geben doch die Bildunterschriften, die den meisten Texten als Anhang beigefügt waren, Aufschluss über die Schwerpunktsetzungen und Intentionen, die die USIA mit den jeweiligen Themen verband. Die Fotografen, der Entstehungszusammenhang oder auch nur der genaue Entstehungszeitpunkt der einzelnen Bilder des Nürnberger Bestandes bleiben im Dunkeln. Auf den Fotos selbst sind weder der Name des Fotografen noch der Entstehungszeitpunkt vermerkt, nur die Zusammenstellung der Fotoserie ist datiert. Die USIA beschäftigte festangestellte und freiberufliche Fotografen, kaufte aber auch die Rechte an Bildern von kommerziellen und privaten Anbietern.277 Nicholas Natanson beschreibt die Praxis der Behörde als „visual constructions“ und „visual manipulations“.278 Die Bildunterschriften entsprachen teilweise nicht dem Entstehungszusammenhang der Bilder, bei heiklen Themen wie der Rassenproblematik gab es Anweisungen für Bildkomposition und -gestaltung, im Sinne der USIA ungünstige Bildelemente wurden beschnitten.279 Es ist also durchaus vorstellbar, dass Fotos zur Illustration von Sachverhalten verwendet wurden, die nicht ihrem Entstehungskontext entsprachen, was die Rekonstruktion ihrer Herkunft zusätzlich erschwert. Wie erfolgreich die Pressestellen der Generalkonsulate und die DAI bei der Vermittlung waren, bleibt ebenfalls weitgehend offen. Vereinzelt wiesen DAI in ihren Berichten auf Erfolge oder Veränderungen hin, doch nur das DAI Nürnberg listete für einige Jahre in seinen Jahresberichten zumindest die Anzahl der Vermittlungen auf und nannte die Medien, die es belieferte oder von denen Anfragen kamen. Eine undatierte Aufstellung, die vermutlich aus 276 Country Program West Europe, Special Europe, Soviet Union & East Europe vom Februar 1968, S. GER-3: LBJL, Leonard H. Marks Papers, Box 19. 277 Zur Zusammenarbeit mit verschiedenen Fotografen und Bildagenturen s. die Erläuterungen im Findbuch des USIA-Bestandes in der Still Pictures-Abteilung der National Archives von Nick Natanson. Findbuch U.S. Information Agency, 306–PS, PS-A, PS-B, PS-D Master File Prints: NARA, Still Pictures, RG 306–PS. 278 Natanson, Old Frontiers, Absatz 28. 279 Ebd.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

den 1960er Jahren stammt, zeigt ein breites Spektrum der vom Nürnberger DAI aus belieferten Zeitungen und Zeitschriften in ganz Franken, das Tageszeitungen ebenso wie Fachzeitschriften, Jugendzeitschriften und Fernsehmagazine umfasste.280 1967 empfing das DAI Nürnberg 128 Artikel aus der Amerika-Dienst-Zentrale in Bad Godesberg in vierfacher Ausfertigung, 1968 waren es 132 Artikel, ein Jahr später 143 Artikel. Die meisten waren bebildert. Dazu kamen die Originaltexte und Übersetzungen wichtiger Reden von amerikanischen Politikern zu innen- und außenpolitischen Fragen. Ein Exemplar dieser Amerika-Dienst-Lieferungen blieb im DAI, die anderen drei wurden an nicht näher benannte Presseorgane weitergeleitet.281 Daraus entstanden 150 nicht näher spezifizierte Veröffentlichungen in 1967, 128 in 1968, für 1969 nannte der Tätigkeitsbericht 179 Abdrucke. Das DAI war nicht nur bei den Zeitungsredaktionen, sondern auch bei Schulen, Theatern oder anderen Institutionen als Anlaufstelle bei der Suche nach Bildmaterial bekannt. 1968 erhielt die Stadtbücherei Nürnberg für eine Ausstellung 50 Bilder über den Krieg und die Hilfsmaßnahmen im Sudan, im gleichen Jahr bat das Stadttheater um Bildmaterial als Vorlage für Bühnenbilder zu amerikanischen Schauspielen. Schulen und Redaktionen fragten regelmäßig nach Bild- und Textmaterial zu aktuellen Themen, beispielsweise zu Raumfahrt, Umweltproblematik und Verkehrswesen, wie der Tätigkeitsbericht des Jahres 1969 ausführte. Das DAI Tübingen berichtete Ähnliches. Hier erhielten 1966 das Politische Seminar der Universität sowie der Allgemeine Studentenausschuss (AStA) Materialien für die Lehre und für Seminare.282 Eine übergreifende Erfassung 280 Für einige Nürnberger Tageszeitungen sind die Chefredakteure mit angegeben. Aus deren Amtszeiten ergibt sich ein möglicher Entstehungszeitraum für die Liste zwischen 1963 und 1972. Folgende Empfänger von Amerika-Dienst-Material werden genannt: Nürnberger Nachrichten, Nürnberger Zeitung, Fränkische Tagespost, Abendzeitung, Main-Post Würzburg, Fränkisches Volksblatt, Deutsche Tagespost, Allgemeine Sonntagszeitung, Das neue Guckloch, der Vogel Verlag mit mehreren kleinen Magazinen zu Autos und Maschinen, Neue Presse Coburg, Coburger Tageblatt, der Ihr-Verlag mit kleinen Magazinen zu Autos und Werkzeug, Fränkische Landeszeitung (Ansbach), Fränkischer Tag (Bamberg), der Nordbayerische Kurier (Bayreuth), Frankenpost (Hof/Saale), das Jugendmagazin Neue Stafette, die Fernsehzeitschrift Gong, Jugendlust, ÜberseePost, der Bayerische Heimatzeitungsverleger sowie der St. Willibalds-Bote (Eichstätt). „Newspapers, Weekly Papers, Magazines, Trade Magazines, Youth Magazines, Radio & TV Magazines serviced by Amerika Dienst Nürnberg“, o.D. [1963–1972]: StadtAN, E 6/799, Nr. 41. Für das Jahr 1966 nennt der Tätigkeitsbericht des DAI Nürnberg 15 Tageszeitungen, zwei Wochenzeitschriften, sechs monatlich bzw. halbmonatlich erscheinende Zeitschriften und drei Jugendmagazine: DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1966, Anlage G: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1423. 281 Hier und im Folgenden: DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1967, Anlage E: BayHStA, Stk, Nr. 18208; DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1968, Anlage E: BayHStA, Stk, Nr. 18208; DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1969, Anlage E: BayHStA, Stk, Nr. 18209. 282 DAI-Direktor Serbinoff an PAO Chapman vom 20. Januar 1966: StadtAT, E 418, Nr. 115.

1.2 Westdeutsche Aneignungen

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der Verwendungszusammenhänge des Amerika-Dienst-Materials scheint es jedoch kaum gegeben zu haben.283 1.2 Westdeutsche Aneignungen: . Die Deutsch-Amerikanischen Institute im Blick . von Bund, Ländern und Kommunen Für das Jahr 1964 errechnete das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung eine Gesamtsumme von 714.602 DM, die es an die DAI Darmstadt, Freiburg, Heidelberg, Kassel, Koblenz, Marburg, Nürnberg, Regensburg und Tübingen gezahlt hatte.284 Das Kultusministerium des Freistaates Bayern steuerte im gleichen Jahr 221.547 DM für die DAI Regensburg und Nürnberg bei.285 Das Land Hessen gab etwa die gleiche Summe für die binationalen Institute in Darmstadt, Kassel und Marburg;286 das Land Baden-Württemberg zahlte für die Häuser in Tübingen, Freiburg und Heidelberg knapp 400.000 DM.287 Die neun Städte planten zwischen 12.000 DM (Tübingen) und 128.300 DM (Nürnberg) für das Jahr 1965 ein. Wenige Jahre nach der Umwandlung 283 1969 erwähnt die Zeitschrift „USIA World“ eine Untersuchung, bei der der USIS ein Jahr lang verfolgt habe, was mit 12 Amerika-Dienst-Fotos in der Bundesrepublik geschehen war, und errechnete eine Gesamtauflage von 145 Millionen. Wie diese überaus hohen Zahlen errechnet waren, benannte der Bericht indes nicht. USIA World vom Mai 1969, Vol. 2, Nr. 12: NARA, RG 306, HC, Publications, Box 22. 1970 präsentierte die USIA eine Studie, die für die Philippinen, El Salvador und die Bundesrepublik „Placement and Readership of USIS Press Materials“ untersuchte. Sie war jedoch nicht langfristig angelegt, sondern analysierte für die Bundesrepublik nur einen Zeitraum von sechs Wochen; gänzlich unbeachtet blieben zudem Anfragen und Verwendungszusammenhänge außerhalb von Zeitungen und Zeitschriften. „Placement and Readership of USIS Press Materials“ vom 8. Mai 1970: NARA, RG 306, Estimates and Evaluations, Box 2. 284 BPA, Auflistung der Bundeszahlungen an die DAI im Jahr 1964: PAAA, B 96, Nr. 888. 285 DAI Nürnberg, Rechnungsprüfungsbericht 1964: StadtAN, E 6/799, Nr. 83; DAI Regensburg, Rechnungsprüfungsbericht 1964: PAAA, B 96, Nr. 706. 286 BPA, Protokoll einer Besprechung im Hessischen Kultusministerium vom 10. Oktober 1962: PAAA, B 96, Nr. 703; DAI Darmstadt, Protokoll einer Besprechung im Hessischen Kultusministerium vom 27. Oktober 1965: StadtAD, ST 24, Nr. 1215. Für 1963 gab das Hessische Kultusministerium an, etwa 200.000 DM für die DAI zu veranschlagen, 1965 war die Rede von etwa 250.000 DM. Da in den Archiven keine Unterlagen des Kultusministeriums zu den DAI verfügbar sind und die Aktenlage zu den hessischen DAI insgesamt sehr dünn ist, kann die Höhe der hessischen Zuschüsse nicht genau angegeben werden. 287 Das Kultusministerium in Baden-Württemberg veranschlagte 1964 390.000 DM für die drei DAI. Das DAI Freiburg erhielt davon 142.000 DM. Für Tübingen und Heidelberg liegen keine Zahlen für das Jahr 1964 vor. Aktemvermerk KMBaWü vom 20. März 1964: HStAS, EA 3/505, Bü 352/1; DAI Freiburg, Rechenschaftsbericht 1964: PAAA, B 96, Nr. 889.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

Städtische Zuschüsse zu den DAI 1964/65 in DM 140.000 120.000 100.000 80.000 60.000 40.000 20.000 0

Abb. 6288

von neun Amerikahäusern in binationale Institute steuerten deutsche Stellen jährlich über zwei Millionen DM zum Unterhalt der DAI bei. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten stiegen diese Zahlungen weiter (Abb. 6 und 7). Das war nicht alles. Bund, Länder und Kommunen waren in den Verwaltungsgremien der binationalen Institute vertreten; in den Vorständen und Verwaltungsräten saßen Oberbürgermeister, Bürgermeister, Stadträte und andere Honoratioren; Minister, Ministerpräsidenten, Regierungssprecher und Abgeordnete aller Parteien hielten in den Amerikahäusern und DAI Vorträge, öffentliche Stellen führten mit den Häusern zusammen Veranstaltungen durch. War die Arbeit eines der binationalen Institute gefährdet, setzten sich Politiker von der Bundes- bis zur Kommunalebene nachdrücklich für seine Erhaltung ein. Viele der DAI bestanden bis in die 1990er oder 2000er Jahre hinein, manche bestehen immer noch. Vielerorts sprangen Bund, Länder und Kommunen ein, als nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes und der Auflösung der USIA auch die bisher rein amerikanisch finanzierten Amerikahäuser vor der Schließung standen. Mit ihrer finanziellen, administrativen und ideellen Unterstützung der DAI förderten westdeutsche Stellen in einem beträchtlichen Ausmaß die auswärtige Kultur- und Informationspolitik eines anderen Staates in der Bundesrepublik. Anders als bei Austauschprogrammen wie den Fulbright288

288 Die Werte für Heidelberg und Saarbrücke beziehen sich auf das Jahr 1964, die der übrigen Städte auf das Jahr 1965. Angaben für Marburg fehlen. Nicht alle Leistungen wurden in bar erbracht, teilweise waren in den Summen Sachleistungen wie die Überlassung eines Gebäudes etc. enthalten. Stadt Freiburg, Zusammenstellung Finanzierung der Amerikahäuser, 1965: StadtAF, C5/1876; DAI Freiburg, Rechenschaftsbericht 1965: PAAA, B 96, Nr. 889.

1

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1.2 Westdeutsche Aneignungen

Zuschüsse des Auswärtigen Amtes und der Länder an die DAI Freiburg, Heidelberg, Tübingen, Nürnberg und Saarbrücken für 1980 in DM 1.000.000 900.000 800.000 700.000 600.000 500.000 400.000 300.000 200.000 100.000 0 Auswärtiges Amt

Freistaat Bayern

Saarland

Baden-Württemberg

Abb. 7289

Stipendien basierte diese Unterstützung nicht auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit, denn die Kultur- und Informationspolitik der Bundesrepublik erhielt in den USA keine Zuwendungen. Auch wenn sich durch die Umwandlungen 1962 vorerst an der Arbeit der DAI nichts änderte und insbesondere das Bundespresseamt forderte, der Charakter der Häuser müsse unverändert bleiben,290 stand seit Beginn der Umwandlungsverhandlungen die Frage im Raum, „in welche Richtung sich die Amerikahäuser aus deutscher Sicht, und zwar sowohl vom Standpunkt der Länder, wie auch des Bundes, in Zukunft entwickeln sollen“.291 Eng mit dem Aufgabenverständnis der DAI verknüpft war die Frage der finanziellen Zuständigkeit von deutscher Seite. Je nachdem, welche Aufgabe den DAI zugeschrieben wurde, ob sie als außenpolitisch oder als kulturell bedeutsam ­galten, fielen sie eher in den Verantwortungsbereich – und damit die Finanzierung – des Bundes, der Länder oder der Kommunen. Je nach Argumentationszusammenhang setzten die deutschen Finanzgeber andere Schwerpunkte – meist, um einem der anderen Finanzierungspartner einen höheren Kostenanteil aufzubürden. 289

289 Hinzu kamen städtische Zuschüsse zwischen 20.800 DM in Saarbrücken und 102.000 DM in Heidelberg, sowie Spendengelder und vereinzelte Beteiligungen der Regierungsbezirke. Insgesamt ergibt sich für 1980 eine Summe von knapp zwei Millionen DM. DAI Nürnberg, Finanzierung der DAI 1980: StadtAN, E 6/799, Nr. 106. 290 BayMK an BayMF vom 8. März 1962, S. 3: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. 291 Planungs- und Koordinierungsbüro [vermutl. des BPA] an Schweinitz, BPA vom 23. 1 Juli 1962: PAAA, B 96, Nr. 703.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

Solche Auseinandersetzungen prägten die gesamte Zeit der binationalen Finanzierung der DAI von 1962 bis 1986. Immer wieder stellte ein Partner, meist der Bund, seine Zuschüsse in Frage und löste damit neuerliche Diskussionen über die Bedeutung der DAI und Wege zu ihrer Finanzierung aus. Die grundsätzlichen Erwägungen, die 1962 zu einer deutschen Beteiligung am Unterhalt der DAI geführt hatten, spielten auch danach eine Rolle: Erstens standen außenpolitische Überlegungen im Raum – wie würden die USA einen Rückzug der Deutschen aus den binationalen Instituten interpretieren und wie darauf reagieren? Zweitens ging es um die Bedeutung der DAI im lokalen Kulturleben, als Stätte der Erwachsenenbildung und des deutsch-amerikanischen Kontakts, und drittens um das Gefühl der Dankbarkeit und der Gedanke, den Amerikanern etwas schuldig zu sein. Unter sich wandelnden politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen veränderten sich jedoch der Blick auf die USA, die Bundesrepublik und die deutsch-amerikanischen Beziehungen immer wieder und damit auch die Beurteilung der DAI. Dies gilt nicht nur für die Legitimierungs- und Delegitimierungsstrategien einer finanziellen Beteiligung, sondern auch für die Definition des Aufgabenbereichs, den ein solches binationales Institut in den Augen seiner Förderer erfüllen sollte. 1.2.1 Politische Profilierung: Unterstützung der Deutsch-Amerikanischen Institute aus außen- und parteipolitischen Gründen In der Finanzierungsstruktur des Bundes blieben die DAI lange ein Fremdkörper. Von Anfang an stand das Bundespresseamt, später in etwas vermindertem Maße das Auswärtige Amt, unter einem stärkeren Legitimierungsdruck als Land und Kommunen, warum der Bund die auswärtige Kultur- und Informationspolitik eines anderen Staates unterstützen sollte. Nur wenige Monate nach der Umwandlung der Amerikahäuser in binationale Institute teilte das Bundespresseamt mit, die DAI ab 1963 nicht mehr unterstützen zu können. Das Amt setzte sich mit den Ländern in Verbindung in der Hoffnung, sie zur Übernahme des Bundesanteils bewegen zu können.292 Der Versuch, einen besonderen Posten „DAI“ im Bundeshaushaltsplan unterzubringen, sei im Haushaltsausschuss des Bundestages gescheitert, informierte das Bundespresseamt im März 1963.293 Grundsätzlich beteuerten alle an den Verhandlungen beteiligten Akteure auf Bundesebene, die Arbeit der Amerikahäuser und DAI sei wichtig und verdienstvoll. Zuerst versuchte der Haushaltsausschuss, den Ländern die Verantwortung für das Weiterbestehen der binationalen Insti292 BPA an AA vom 8. November 1962: PAAA, B 96, Nr. 677. 293 Ebd.; BPA an BMF vom 8. November 1962: PAAA, B 96, Nr. 702; BPA, Bericht über Besprechung im Hessischen Kultusministerium am 8. Oktober 1962: PAAA, B 96, Nr. 703; BayStk an BPA vom 5. Dezember 1962: PAAA, B 96, Nr. 703.

1.2 Westdeutsche Aneignungen

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tute zuzuschieben: Diese seien reine Kulturinstitutionen und als solche Ländersache.294 In den weiteren Verhandlungen ging es vor allem um die Frage, ob die DAI ausländische Einrichtungen seien und allein im Interesse eines anderen Staates arbeiteten, oder ob sie als deutsch-ausländische Institutionen den wechselseitigen Interessen dienten.295 Das Bundespresseamt, das Auswärtige Amt, die Länder und Kommunen argumentierten gegenüber dem Haushaltsausschuss des Bundestages, die Häuser dienten nicht nur der Kulturvermittlung, sondern seien „geistespolitisch international orientierte Einrichtungen, die Informationen aus allen Wissensgebieten“ vermittelten. Daher sei eine „Mitfinanzierung durch den Bund im außenpolitischen Interesse durchaus sinnvoll und vertretbar“.296 Als Übergangslösung erklärte das Bundespresseamt, einen Vorschlag der Länder Hessen und Baden-Württemberg aufgreifend, für das laufende Jahr 1963 ein Drittel des deutschen Kostenanteils übernehmen zu können, danach sei vom Bund nichts mehr zu erwarten.297 In Baden-Württemberg kam das Land für die Hälfte des Betrages auf, die Städte zahlten ein Sechstel der Summe.298 In Bayern teilten Bund, Freistaat, Nürnberg und Regensburg 1962 und 1963 die Kosten nach Sachposten. Bund und Freistaat übernahmen die Personalkosten, die Städte jeweils Miete und Unterhalt der Räumlichkeiten. Auch hier beschlossen die deutschen Finanzierungspartner auf Forderung des Bundes, ab 1964 die Aufteilung nach Sachgebieten zu beenden und den deutschen Kostenanteil zu dritteln.299 Im Verlauf der Jahre 1963 und 1964 mobilisierten die DAI prominente Unterstützer aus Politik und Öffentlichkeit, um ihre Finanzierung dauerhaft 294 DAI Heidelberg, Bericht „Die Situation der konvertierten Häuser in Baden-Württemberg“ vom 16. März 1963: PAAA, B 96, Nr. 677. Der Bericht bezieht sich auf das Treffen im Kultusministerium Baden-Württemberg am 12. März 1963. 295 BPA, Aktenvermerk vom 20. August 1964: PAAA, B 96, Nr. 702. 296 DAI Heidelberg, Bericht „Die Situation der konvertierten Häuser in Baden-Württemberg“ vom 16. März 1963: PAAA, B 96, Nr. 677. 297 Kurzprotokoll der Besprechung im Kultusministerium Baden-Württemberg vom 12. März 1963: StadtAT, E 6/799, Nr. 53; DAI Heidelberg, Protokoll der Besprechung im Kultusministerium Baden-Württemberg vom 12. März 1963: PAAA, B 96, Nr. 877. Zum Vorschlag Hessens s. BPA, Aktenvermerk vom 10. Dezember 1962: PAAA, B 96, Nr. 702. 298 DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Vorstandes, des Verwaltungsrates und der Jahres-Mitgliederversammlung vom 15. Februar 1963: PAAA, B 96, Nr. 667; MdB Möller an AA vom 24. Februar 1963: PAAA, B 96, Nr. 704; Bauer an OB Keidel vom 6. Mai 1965: StadtAF, C5/1867. 299 BPA an BayMK vom 30. Oktober 1963: PAAA, B 96, Nr. 703; BayMK an BayStk vom 18. November 1963: PAAA, B 96, Nr. 703; MinDir Keim an OB Urschlechter und OB Schlichtinger jeweils vom 9. Februar 1964: StadtAN, E 6/799, Nr. 72; Kostenbeteiligung der Stadt Nürnberg, Anlage 44 zum Protokoll der 72. Sitzung des Stadtrats vom 26. Februar 1964 (nicht öffentlich), S. 44, und Beschluss des Stadtrats vom 26. Februar 1964, Anlage 45 ebd., beide: StadtAN, C 85/III, Nr. 36.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

zu sichern. Für Tübingen setzte sich der SPD-Bundestagsabgeordnete und parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion Friedrich Schäfer ein.300 Das Kultusministerium Baden-Württemberg kontaktierte Bundestagsabgeordnete und Bundesminister.301 In Heidelberg nahm Oberbürgermeister Robert Weber als Vorsitzender des Verwaltungsrats Kontakt zu Bundesaußenminister Gerhard Schröder (CDU) auf,302 das DAI zu Alex Möller, dem Bundestagsabgeordneten und Mitglied des Bundesvorstandes der SPD.303 Horst Ehmke (SPD), damals noch Professor in Freiburg und Vorsitzender des DAI-Verwaltungsrates, engagierte sich für den Erhalt der DAI und bat seinen Parteifreund und Abgeordneten Heinrich Georg Ritzel um Unterstützung.304 Aus Freiburg schrieb außerdem der bekannte Politikwissenschaftler Arnold Bergstraesser als Vorstandsvorsitzender des DAI an das Bundespresseamt und an MdB Rudolf Vogel (CDU), den stellvertretenden Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Parlaments.305 Er brachte außerdem ein Memorandum in Umlauf, das eindringlich die Bedeutung der DAI für den deutsch-amerikanischen Dialog und den Abbau von Vorurteilen beschwor. Die Referenten wirkten als Multiplikatoren in beide Richtungen, mahnte er, sodass ein Rückzug aus der Finanzierung wichtige Instanzen der Meinungsbildung zerstören und den Eindruck eines deutschen Desinteresses an der atlantischen Gemeinschaft und am transatlantischen Dialog erwecken würde.306 Drohten umgekehrt die amerikanischen Zuschüsse wegzufallen, wurden ähnliche Bedenken über den Stand der deutsch-amerikanischen Beziehungen laut: Als die USA Ende 1963 überlegten, die Amerikahäuser in Kiel und Kaiserslautern zu schließen, schrieb der „Mittag“: So schlecht geht es den Amerikanern bestimmt nicht, dass sie sogar Kulturinstitute schließen müssen, obwohl ihre Führer ständig behaupten, der geistige Kampf gegen den Kommunismus sei zumindest ebenso wichtig wie die militärische Bereitschaft zur Verteidigung. Kaum sind die Spekulationen über eine Truppenverlagerung abgeklungen, da wird nun die Verlagerung der amerikanischen Kulturarbeit in Mitteleuropa verkündet. Der psychologische Zeitpunkt für diese Aktion ist denkbar ungünstig. Leider passt die 300 MdB Schäfer an RegPräs Birn vom 9. April 1963: StadtAT, E 418, Nr. 53; MdB Schäfer an Storz KMBaWü vom 28. Juni 1963: PAAA, B 96, Nr. 702. 301 Storz, KMinBaWü an MdB Wahl vom 16. April 1963: PAAA, B 96, Nr. 677; Storz, KMinBaWü an BSM Dollinger vom 16. April 1963: PAAA, B 96, Nr. 677; Storz, KMinBaWü an AM Schröder vom 16. April 1963: PAAA, B 96, Nr. 677. 302 OB Weber an AM Schröder vom 25. März 1963: PAAA, B 96, Nr. 667. 303 MdB Möller an AA vom 24. Februar 1963: PAAA, B 96, Nr. 704. Seine Bemühungen waren allerdings erfolglos, da er anscheinend irrtümlich davon ausging, die Kürzungen seien durch das Auswärtige Amt veranlasst worden. BPA an BM Hagen vom 19. März 1963: PAAA, B 96, Nr. 704. 304 Ehmke an MdB Ritzel vom 18. März 1963: PAAA, B 96, Nr. 704. 305 Bergstraesser an BPA vom 19. März 1963: PAAA, B 96, Nr. 704; Bergstraesser an MdB Vogel vom 19. März 1963: PAAA, B 96, Nr. 704. 306 Memorandum Bergstraesser vom 18. März 1963: PAAA, B 96, Nr. 677.

1.2 Westdeutsche Aneignungen

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ganze Sache in die Argumentation jener Leute, die schon wieder isolationistische Tendenzen in den USA zu erkennen glauben.307

Ein Ausweg aus der unsicheren Situation, in der die Politiker zudem negative Reaktionen in der deutschen wie in der amerikanischen Öffentlichkeit befürchteten, bot die Überlegung, ob nicht das Auswärtige Amt den Bundesanteil in der Finanzierung der DAI übernehmen konnte.308 Das Amt war dazu durchaus bereit, wies aber darauf hin: Dem Bundesminister der Finanzen geht es darum, dass Bundesmittel für die Aufgaben der Amerikahäuser grundsätzlich überhaupt nicht zur Verfügung gestellt werden sollten, da sonst die zahlreichen französischen und britischen Kulturinstitute auf dem Gebiet der Bundesrepublik mit gleichem Recht Zuschüsse anfordern könnten.309

Kultureinrichtungen anderer Länder zu unterstützen, sei keine Bundesaufgabe, so Bundesfinanzminister Rolf Dahlgrün (FDP).310 Das Bundespresseamt gab hingegen zu bedenken: Die Vorstellung von Deutschland als einem der wenigen verlässlichen Freunde würde von der für jedermann sichtbaren Tatsache beeinflusst werden, dass die Bundesregierung die zur Fortexistenz der Amerika-Häuser nötigen 0,7 Millionen DM jährlich bei einem 63 Milliarden-Etat nicht aufbringen zu können glaubt.311

Nachdem der Haushaltsausschuss des Bundestages im März 1964 die Zuschüsse für die DAI erneut abgelehnt und auf Antrag des CDU-Abgeordneten Rudolf Vogel mit einem kw-Vermerk versehen hatte,312 äußerte das Bundespresseamt gegenüber dem Bundesfinanzminister die Befürchtung, die Opposition könne die Frage aufgreifen, um sich bei der Lösung deutsch-amerikanischer Fragen zu profilieren.313 Tatsächlich kündigten die SPD-Abgeordneten 307 „Rückzug von der Kulturfront? Kurzfristige Maßnahmen der Amerikaner in Europa“: Der Mittag vom 21. November 1963. Zu den Schließungen s. auch Küfner an BVM von Hassel vom 20. Januar 1964: PAAA, B 96, Nr. 702. Auch das Bundespresseamt kritisierte 1964 angesichts dieser Gerüchte das amerikanische Argument, die Zahl der Amerikahäuser in der Bundesrepublik sei sehr hoch und verwies darauf, „dass es völlig normal wäre, wenn die höchste Zahl von Amerika-Häusern in dem neben England bedeutendsten Partnerland der USA erreicht würde“. BPA, Memorandum vom 29. August 1964: PAAA, B 96, Nr. 677. 1964 wurden die Amerikahäuser Essen, Kaiserslautern und Kiel geschlossen bzw. die amerikanische Finanzierung eingestellt. S. dazu Liste aller Amerikahäuser mit Gründungs-, Umwandlungs- und Schließdaten vom 23. Oktober 1964: PAAA, B 96, Nr. 702. 308 BPA, von Hase an AM Schröder vom 15. Mai 1963: PAAA, B 96, Nr. 702. Zu den Befürchtungen von negativen Reaktionen in der Öffentlichkeit s. BPA, Aktenvermerk vom 19. April 1963: PAAA, B 96, Nr. 702. 309 AA an BPA vom 5. Juni 1963: PAAA, B 96, Nr. 702. 310 BFM Dahlgrün an MdB Freiherr von Mühlen vom 5. Juni 1963: PAAA, B 96, Nr. 702. 311 Schweinitz, BPA, Aktenvermerk vom 28. Februar 1964: PAAA, B 96, Nr. 703. 312 S. dazu Protokoll einer Besprechung mit den Nürnberger Bundestags- und Landtagsabgeordneten vom 28. August 1964: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. 313 BPA an BFM Dahlgrün vom 29. Juli 1964: PAAA, B 96, Nr. 677.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

Georg Kahn-Ackermann und Hermann Schmitt-Vockenhausen an, etwas gegen diesen „,Akt unvergleichlicher Torheit‘“ unternehmen zu wollen.314 Im September legten Schmitt-Vockenhausen und Friedrich Schäfer dem Bundestag eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion zur „Erhaltung der Amerika-Häuser“ vor und fragten, ob die Bundesregierung bereit sei, die DAI „in der bisherigen Weise zu fördern, damit die Amerika-Häuser ihre im Interesse der Völkerverständigung, der Einigung Europas und der Förderung der atlantischen Partnerschaft liegende Tätigkeit erfolgreich weiterführen könn[t]en“.315 Auch Andreas Urschlechter, der Oberbürgermeister von Nürnberg und Vorstandsvorsitzende des DAI, reagierte auf die Nachricht des kw-Vermerkes und lud alle Nürnberger Bundes- und Landtagsabgeordnete zu einer Besprechung ein.316 Die Abgeordneten von SPD, CSU und FDP erklärten, sich für die DAI einsetzen zu wollen.317 Im Oktober antwortete das Bundespresseamt im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium auf die Anfrage SchmittVockenhausens, weitere Zahlungen würden geprüft.318 Wenige Tage später entschied der Haushaltausschuss des Bundestages, dass die DAI weiterhin durch die Bundesregierung unterstützt würden.319 Ab 1965 übernahm das Auswärtige Amt die Zuständigkeit vom Bundespresseamt.320 Bedenken, wie sie Bergstraesser, Schröder, die SPD-Fraktion und andere immer wieder äußerten, wogen 1963/64 schwer. Erst wenige Monate vor Bergstraessers Memorandum hatten Bundeskanzler Konrad Adenauer und der französische Staatspräsident Charles de Gaulle im Januar 1963 den deutschfranzösischen Freundschaftsvertrag unterzeichnet. Der bereits seit längerem schwelende Konflikt zwischen Atlantikern und Gaullisten über den außenpolitischen Kurs der Bundesrepublik in ihrem Verhältnis zu Washington und 314 Korrespondenz-Spiegel des BPA Nr. 125 vom 22. Juli 1964: PAAA, B 96, Nr. 702; BPA, Aktenvermerk vom 22. Juli 1964: PAAA, B 96, Nr. 702. 315 BT, 4. WP, Drs. IV/2573 vom 25. September 1964. 316 Mehr als die Hälfte gehörte der SPD an, doch Urschlechters Auswahlkriterium war weniger die Parteizugehörigkeit als die Verwurzelung in der Region Nürnberg-Fürth. Alle der Angeschriebenen stammten von dort oder hatten in Nürnberg politische Ämter bekleidet. OB Urschlechter an MdB Kurlbaum, MdB Seidel, MdB Stiller, MdB Strobel, MdB Supf, MdB Winter, MdL Dehler, MdL Drexler, MdL Euerl, MdL Fink, MdL Fischer, MdL Gräßler, MdL Gsänger, MdL Haas, MdL Krüger, MdL von Loeffelholz, MdL Nägelsbach, MdL Pirkl, MdL Rupprecht, MdL Schäfer vom 19. August 1964: ­StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. 317 OB Urschlechter, Protokoll einer Besprechung mit den Nürnberger Bundestags- und Landtagsabgeordneten vom 19. August 1964: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. 318 BT, 4. WP, Drs. IV/2602 vom 12. Oktober 1964. S. dazu auch BPA, Bericht über eine Besprechung im Bundesministerium der Finanzen vom 17. September 1964: PAAA, B 96, Nr. 702. 319 Kurzprotokoll zur 148. Sitzung des BT-Haushaltsausschusses vom 23. Oktober 1964: PAAA, B 96, Nr. 702. 320 BPA, Aktenvermerk vom 15. Januar 1965: PAAA, B 96, Nr. 702; BT, 4. WP, zu Drs. IV/2602 vom 18. Januar 1965.

1.2 Westdeutsche Aneignungen

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Paris erreichte damit einen Höhepunkt. Er verlief weniger zwischen den Parteien, sondern spaltete vor allem die CDU/CSU durch innerparteiliche Machtkämpfe. Die Auseinandersetzung spiegelte sich in der Präambel, mit der der Vertrag schließlich im Juli 1963 ratifiziert wurde. Sie betonte die engen deutsch-amerikanischen Beziehungen und die Unterstützung der Bundesrepublik für einen britischen EWG-Beitritt. Beides lag nicht im Interesse Frankreichs, sondern war das Zugeständnis an die Atlantiker im Bundestag, um den Vertrag überhaupt ratifizieren zu können. Ein zweiter Schauplatz der Auseinandersetzung war die Frage, wer Nachfolger von Bundeskanzler Adenauer werden würde. Nach langen parteiinternen Streitigkeiten folgte dem Gaullisten Adenauer im Oktober 1963 der Atlantiker Ludwig Erhard im Amt.321 Vor dem Hintergrund dieser Kontroverse müssen die Bedenken interpretiert werden, die USA könnten das Ende der Bundeszuschüsse für die DAI, die damit schließen müssten, als mangelndes Interesse der Bundesrepublik an den deutsch-amerikanischen Beziehungen werten.322 Mit Kahn-Ackermann, Schmitt-Vockenhausen, Schäfer, Möller, Ehmke und der SPD-Bundestagsfraktion setzten sich vor allem SPD-Abgeordnete auf Bundesebene für die Bezuschussung der DAI ein. Die SPD gehörte mehrheitlich dem Lager der Atlantiker an und sprach sich aus der Opposition heraus für einen Kurs in enger Anlehnung an die USA aus.323 Zusammen mit dem Bundespresseamt und den DAI mobilisierten sie mit Außenminister Schröder einen dezidierten Atlantiker in der CDU, der sich nachdrücklich für die weitere Förderung der DAI mit Bundesmitteln einsetzte.324 Frankreich bildete eine wichtige Bezugsgröße in der Auseinandersetzung, und auch an antifranzösischen Spitzen fehlte es nicht. In der entscheidenden Sitzung des Bundestags-Haushaltsausschusses erklärte der SPD-Abgeordnete Georg Ritzel, er halte es nötigenfalls auch für vertretbar, die Mittel für den Kulturaustausch mit Frankreich zu kürzen, um die DAI weiterhin zu unterstützen. ­. Zuvor hatte der Leiter des Bundespresseamts, Karl-Günther von Hase,. bereits betont, im Vergleich zu den Aufwendungen für die Beziehungen zu ­. Frankreich und für das deutsch-französische Jugendwerk seien die Beträge. 321 Zur Kontroverse zwischen Atlantikern und Gaullisten ausführlich Geiger, Atlantiker gegen Gaullisten und Conze, Die gaullistische Herausforderung. 322 Solche Befürchtungen finden sich neben dem Memorandum Bergstraessers beispielsweise in BPA, von Hase an AM Schröder vom 15. Mai 1963: PAAA, B 96, Nr. 702. 323 Geiger, Atlantiker gegen Gaullisten, S. 119f.; Grabbe, Unionsparteien, S. 352–427; Lundestad, The American „Empire“, S. 61. 324 AM Schröder an MdB Süsterhenn vom 4. September 1964: PAAA, B 96, Nr. 677; AM Schröder an MdB Schöttle, Vorsitzender des BT-Haushaltsausschusses vom 5. Oktober 1964: PAAA, B 96, Nr. 677; AM Schröder an MdB Gewandt vom 5. Oktober 1964: PAAA, B 96, Nr. 677. Zu Schröders politischer Haltung s. Geiger, Atlantiker gegen Gaullisten, S. 57, 92, 183, 194, 197–205; Oppelland, Gerhard Schröder, S. 446–454, 485, 496–506, 592–608.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

für die DAI relativ gering.325 Auch Außenminister Schröder setzte in seiner Argumentation auf den amerikanisch-französischen Vergleich. Die Amerikahäuser seien wichtig zur Vertiefung der deutsch-amerikanischen Beziehungen, so Schröder gegenüber dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, und sie zu schließen, müsste von den USA schon allein deshalb als sinkendes Interesse an den Vereinigten Staaten interpretiert werden, weil diesen Einsparungen „hohe Ausgaben für den Ausbau der deutsch-französischen Beziehungen, wie zum Beispiel für das Deutsch-Französische Jugendwerk, gegen­ überstehen“.326 In der Phase der ungeklärten administrativen Zuständigkeiten für die DAI auf Bundesebene erwiesen sich die binationalen Institute als eine Möglichkeit für die SPD, sich als amerikafreundlich zu profilieren. Das Engagement für die DAI stand in einer Reihe mit anderen Vorstößen, sich als „Sachwalter amerikanischer Interessen“ zu präsentieren.327 Auffälligerweise gehörten auch fast alle Oberbürgermeister, in deren Städten 1962 Amerikahäuser in binationale DAI umgewandelt worden waren, der SPD an,328 und etliche SPD-Abgeordnete setzten sich dafür ein, die Amerikahäuser als binationale Institute weiterzuführen.329 1963/64 profitierte die SPD dann von den innerparteilichen Kontroversen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, in denen auch das Eintreten für oder gegen die Förderung der DAI als Teil eines größeren innen- und außenpolitischen Gesamtzusammenhangs wahrgenommen wurde, der über den eigentli325 Kurzprotokoll zur 148. Sitzung des BT-Haushaltsausschusses am 23. Oktober 1964: PAAA, B 96, Nr. 702. Ähnlich auch schon Schweinitz, BPA, Aktenvermerk vom 28. Februar 1964: PAAA, B 96, Nr. 703. 326 AM Schröder an MdB Schöttle, Vorsitzender des BT-Haushaltsausschusses vom 5. Oktober 1964: PAAA, B 96, Nr. 677. Ähnlich bereits BPA, Aktenvermerk vom 28. Februar 1964: PAAA, B 96, Nr. 703. 327 Grabbe, Unionsparteien, S. 544. Grabbe nennt u.a. den Vorschlag Alex Möllers, eine Anleihe zur Unterstützung der amerikanischen Raumforschung aufzunehmen oder Willy Brandts Kritik an der Verurteilung der Neuaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den USA und China durch Frankreich. 328 Dies waren Andreas Urschlechter (Nürnberg), Rudolf Schlichtinger (Regensburg), Robert Weber (Heidelberg), Lauritz Lauritzen (Kassel), Georg Gassmann (Marburg) und Ludwig Engel (Darmstadt). In Tübingen hatte das Amt der parteilose Hans Gmelin inne. Einzig in Koblenz und Freiburg amtierten mit Willi Werner Macke und Josef Keidel CDU-Politiker. Keidel war bis 1962 im Amt und reagierte zurückhaltender auf die Umwandlungsvorschläge als die meisten seiner SPD-Kollegen in anderen Städten. Auf ihn folgte 1962, also im Jahr der Umwandlung des Amerikahauses in ein DAI, der SPDPolitiker Reinhold Zundel. 329 Für Tübingen beispielsweise MdB Friedrich Schäfer, s. „Tübinger Amerikahaus in der Klemme“: Schwarzwälder Bote vom 31. Oktober 1961. Im baden-württembergischen Landtag beantragte eine Gruppe von SPD-Abgeordneten, die Landesregierung solle mit dem USIS verhandeln, um die Schließungen in Baden-Württemberg zu verhindern, s. „Amerika-Häuser sollen bleiben“: Badische Zeitung vom 16. November 1961.

1.2 Westdeutsche Aneignungen

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chen Sachverhalt hinausging. Symptomatisch fielen die Reaktionen von Bundeskanzler Erhard und Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier aus. Beide CDU-Politiker erhielten vor der entscheidenden Sitzung des Haushaltsausschusses Briefe von Hermann Hagen, dem Ersten Bürgermeister der Stadt Heidelberg und Vorstandsvorsitzenden des DAI, mit der Bitte, sich für die Weiterfinanzierung der DAI einzusetzen.330 Während der Atlantiker Erhard versprach, sich für die DAI „im Rahmen des Möglichen“ einzusetzen, verwies Gerstenmaier nur kurz darauf, dass die binationalen Institute kulturelle Aufgaben erfüllten und daher in den Zuständigkeitsbereich der Länder fielen.331 Wenige Tage später reihte sich Gerstenmaier erstmals offen in die Reihen der Gaullisten ein.332 Mit dem Auswärtigen Amt als neuem Finanzgeber auf Bundesebene seit 1965 gewann die Finanzlage der DAI nur wenig an Sicherheit. Der Bund blieb der unsicherste deutsche Finanzierungspartner der DAI. Erschwerend kam hinzu, dass die deutschen Kostenanteile unmittelbar voneinander abhängig waren. Zahlte ein Geldgeber nicht seinen vollen Anteil, bestand für die beiden anderen auch keine Verpflichtung, voll zu zahlen. Schränkte einer der Finanzgeber seine Zahlungen ein, bestand also immer das Risiko, dass auch die anderen ihre Beiträge um den entsprechenden Prozentsatz kürzten und das betroffene DAI vor einem großen Defizit stand.333 Vertragliche Garantien gab es nicht. Häufig sprang der USIS mit Barzuschüssen ein, wenn eine Lücke im Haushalt entstand.334

330 BM Hagen an BT-Präsident Gerstenmaier vom 9. Februar 1964 [richtig: 9. September 1964]: PAAA, B 96, Nr. 704; BM Hagen an Bundeskanzler Erhard vom 16. September 1964: PAAA, B 96, Nr. 704. 331 BT-Präsident Gerstenmaier an BM Hagen vom 16. September 1964: PAAA, B 96, Nr. 704; Chef des Bundeskanzleramts Westrick an BM Hagen vom 30. September 1964: PAAA, B 96, Nr. 704. 332 Geiger, Atlantiker gegen Gaullisten, S. 323. 333 In der Praxis war dies aber nicht immer der Fall. So kürzte der Bund bereits 1964 seine Zuschüsse für das DAI Nürnberg auf 114.590 DM. Das Land Bayern zahlte 125.932 DM, die Stadt sogar 127.932 DM. Gemäß der Vereinbarung hätten Land und Stadt das Recht gehabt, ihre Zahlungen ebenfalls auf 114.590 DM zu kürzen, um die Drittelungsregelung zu erfüllen. Damit hätte sich der Haushalt des DAI um weitere 24.684 DM verringert und seine Arbeit wären grundlegend gefährdet gewesen. Im Jahr darauf zahlte der Bund wiederum nur 114.590 DM, das Land Bayern erhöhte jedoch seinen Beitrag auf 128.100 DM. Die Stadt beschränkte sich in Erfüllung der Drittelungsregelung auf ebenfalls 114.590 DM. DAI Nürnberg, Rechnungsprüfungsbericht 1965, S. 5 und Anlage Abschluss: StadtAN, E 6/799, Nr. 83. 334 In Tübingen zahlte der USIS zwischen 1963 und 1985 jährliche Barzuschüsse zwischen 7.000 DM (1962) und 42.500 DM (1978). In Nürnberg lagen die Beträge der Jahre 1962–1978 zwischen 7.200 DM (1962) und 37.255 DM (1975). DAI Tübingen, Rechenschaftsberichte 1962–1985: StadtAT, E 418, Nr. 2; DAI Nürnberg, Rechnungsprüfungsberichte 1962–1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 83.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

Bereits anderthalb Jahre nachdem das Auswärtige Amt die Bundeszuschüsse für die DAI übernommen hatte, standen die binationalen Institute wieder auf der Tagesordnung. Auslöser war die Ankündigung des USIS, wegen weiterer Etatkürzungen die DAI Darmstadt, Kassel, Marburg, Koblenz und Regensburg ab 1966 nicht mehr weiter zu unterstützen und dort die amerikanischen Direktoren abzuziehen.335 Wiederum sorgte eine Anfrage KahnAckermanns dafür, dass sich der Bundestag mit diesem Thema beschäftigte. Außenminister Schröder erklärte, das Auswärtige Amt stehe in Verhandlungen mit den Ländern und Städten, habe jedoch „[v]orsorglich […] für das kommende Jahr Mittel in etwa der gleichen Höhe wie im Jahr 1965 veranschlagt“. Die Kosten für den amerikanischen Direktor könne das Amt jedoch nicht übernehmen.336 Während der Bundesfinanzminister nun, da der amerikanische Anteil ganz wegfiel, weitere Bundeszuschüsse für die betroffenen DAI ablehnte, schwankte das Auswärtige Amt.337 Ohne amerikanische Direktoren und Gelder könnten die Institute nicht wie bisher weitergeführt werden, vermerkte das Amt. Einfach schließen sollten die Häuser aber auch nicht. Es schlug daher vor, aus den DAI Stätten für internationale kulturelle Begegnungen zu machen, die gemeinsam von Bund, Land, Städten und anderen Staaten getragen werden sollten.338 Dies lag jedoch nicht im Interesse der Städte, die weiterhin dezidiert die deutsch-amerikanischen Beziehungen pflegen wollten.339 In Hessen einigten sich das Land, die Städte, die DAI und der USIS schließlich, die Trägervereine der DAI aufzulösen und bei meist personeller Kontinuität in den Verwaltungsgremien Deutsch-Amerikanische Gesellschaften (DAG) zu gründen, um die bisherige Arbeit der DAI in verminderter Form weiterzuführen.340 Die Bibliotheken wurden in städtische Einrichtungen eingegliedert, 335 PAO Hemsing an OB Marburg, OB Koblenz, OB Darmstadt, OB Kassel, OB Regensburg jeweils vom 28. September 1965: PAAA, B 96, Nr. 888; US-Botschafter McGhee an AM Schröder vom 28. September 1965: PAAA, B 96, Nr. 891; USIS Germany, Pressemitteilung vom 29. September 1965: PAAA, B 96, Nr. 888. Aus den Akten geht nicht hervor, warum der USIS ausgerechnet diese DAI auswählte. Koblenz und Regensburg waren keine Universitätsstandorte, wobei die Eröffnung der Universität in Regensburg unmittelbar bevorstand. 336 BT, 5. WP, 5. Sitzung vom 24. November 1965, S. 43 B; BT, 5. WP, 21. Sitzung vom 16. Februar 1966. 337 BFM Dahlgrün an MdB Lautenschlager vom 9. November 1965: PAAA, B 96, Nr. 888; BFM Dahlgrün an AA vom 3. Januar 1966: PAAA, B 96, Nr. 888. 338 AA an HessMK und OB Darmstadt, OB Kassel, OB Marburg jeweils vom 29. September 1965: PAAA, B 96, Nr. 891; AA, Aktenvermerk vom 21. Oktober 1965: PAAA, B  96, Nr. 89; AA an Boll vom 25. Oktober 1965: PAAA, B 96, Nr. 893; AA an AM Schröder vom 9. November 1965: PAAA, B 96, Nr. 891. 339 HessMK, Protokoll einer Besprechung im Hessischen Kultusministerium vom 10. Dezember 1965: PAAA, B 96, Nr. 888. 340 HessMK an AA vom 21. Dezember 1965: PAAA, B 96, Nr. 888.

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das Veranstaltungsprogramm reduziert und den Volkshochschulen unterstellt. Das Auswärtige Amt stimmte dieser Regelung zu und bezuschusste die Gesellschaften mit jährlich 30.000 DM, also einem deutlich geringeren Betrag als bisher.341 In Koblenz löste sich der Trägerverein des DAI ebenfalls auf. Alle Ressourcen fielen an die Stadt zur Förderung der Volksbildung.342 Weitere fünf Jahre später verkehrten sich die Rollen. Die CDU befand sich mittlerweile in der Opposition, während die SPD mit Willy Brandt den Bundeskanzler stellte. Als das FDP-geführte Außenministerium zu Beginn der 1970er Jahre die Zuschüsse zu den DAI erneut zur Disposition stellte, waren es nicht mehr SPD-Mitglieder, die intervenierten. Zu Sachwalterinnen der DAI wurden vielmehr die neue Oppositionsparteien im Bundestag: CDU und CSU. Nachdem die Streichungspläne des Auswärtigen Amtes bekannt geworden waren, musste der Parlamentarische Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Karl Moersch (FDP), am 25. Juni 1971 gleich fünf Anfragen von Unionsabgeordneten beantworten. Die Abgeordneten Dionys Jobst, Anton Pfeifer, Werner Marx, Franz Bach und Peter Petersen fragten, ob es zutreffe, „dass die Bundesregierung diese Zuschüsse bis zum Jahr 1973 um 50 Prozent kürzen“ wolle und von welchen politischen Vorstellungen die Bundesregierung ausgehe, wenn sie einerseits wünscht, dass die USA im Rahmen der gemeinsamen Verteidigungsanstrengungen in Europa ihre hohen Verpflichtungen einhalten, und sie andererseits danach strebt, den durch vielfältige kulturelle Leistungen besonders geschätzten Amerikahäusern künftig Jahr um Jahr die Zuschüsse beträchtlich zu kürzen.

Es sei zu fragen, ob die Regierung durch solche Initiativen nicht „jenen Kreisen entgegen[komme], die, wie z.B. die Jungsozialisten und die Nürnberger Stadtratsfraktion der NPD, die Auflösung dieser Einrichtungen seit einiger Zeit“ forderten.343 In Bayern plädierte Ministerpräsident Alfons Goppel für die unveränderte Beibehaltung des Nürnberger DAI. Die Rollen hatten sich umgekehrt. Nun nutzte die CDU/CSU die DAI, um sich als bester Freund der 341 AA an HessMKvom 4. Januar 1966: PAAA, B 96, Nr. 888. Zur Gründung der DeutschAmerikanischen Gesellschaften s. DAG Kassel an AA vom 7. Januar 1966: PAAA, B 96, Nr. 981; OB Gassmann an AA vom 10. Februar 1966: PAAA, B 96, Nr. 891; DAI Darmstadt, Protokoll der Mitgliederversammlung vom 19. April 1966: PAAA, B 96, Nr. 889; DAG Darmstadt, Protokoll der Gründungsversammlung vom 19. April 1966: PAAA, B 96, Nr. 889; DAG Darmstadt, Geschäftsanweisung vom 2. Mai 1966: StadtAD, ST 24, Nr. 1214. Meist konnten die DAG in ihren bisherigen Räumlichkeiten bleiben, wenn auch in reduziertem Umfang. Der Abhängigkeitsgrad von den städtischen Einrichtungen bei der Programmgestaltung lag unterschiedlich hoch. S. dazu auch DAI Darmstadt, Protokoll einer Besprechung im Hessischen Kultusministerium vom 10. Dezember 1965: StadtAD, ST 24, Nr. 1215. 342 OB Macke an KMRhPf vom 16. Dezember 1965: PAAA, B 96, Nr. 891. 343 Hier und im Folgenden: BT, 6. WP, 132. Sitzung vom 25. Juni 1971, S. 7710 D-7713 A.

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USA zu profilieren. Moersch setzte bei der Verteidigung der Kürzungspläne auf die gleichen Argumente, die wenige Jahre zuvor die CDU verwendet hatte: die Bundesrepublik unterstütze keine Kulturinstitute anderer Staaten in der Bundesrepublik, die Gelder für die DAI seien also eine kaum aufrechtzuerhaltende Ausnahme. Zudem erhielten die deutschen Kulturinstitute in den USA auch keine amerikanische Unterstützung. Einig waren sich SPD und CDU jedoch, wenn dritte Parteien forderten, die Zuschüsse für die DAI einzustellen. Dies war 1968 und 1970 durch Anträge der NPD im bayerischen Landtag und im Nürnberger Stadtrat der Fall.344 In beiden Fällen lehnten CSU und SPD die Anträge ebenso ab wie einen entsprechenden Antrag der linksgerichteten Deutsch Friedens-Union (DFU).345 Parteien, die die USA grundsätzlich ablehnten, wollten die beiden Volksparteien auf keinen Fall unterstützen. Die binationalen Institute erwiesen sich in diesem Wechselspiel der beiden Volksparteien als Mittel, aus der Opposition heraus die deutsch-amerikanischen Beziehungen symbolträchtig zu pflegen. War eine Partei als Regierungspartei mit außenpolitischer Handlungsmacht ausgestattet, verlor diese symbolische Ebene an Bedeutung. Gleichzeitig fungierten die Auseinandersetzungen um die DAI auch als Instrument der innenpolitischen Auseinandersetzung und zur Profilierung der eigenen Partei.346 1.2.2 Individuelle Motive im Umgang . mit den Deutsch-Amerikanischen Instituten Regensburg wollte das DAI in seiner bisherigen Struktur auch nach dem Rückzug des USIS ab 1966 nicht aufgeben. Oberbürgermeister Schlichtinger

344 Bayerischer LT, 6. WP, Beilage 893 vom 14. März 1968. Gleichzeitig forderte die Partei, die „Ostkunde“ und den Schulunterricht über die „deutschen Ostgebiete“ stärker zu fördern. S. ebd. Beilage 890. Protokoll der 44. Sitzung des Stadtrats vom 13. November 1968, S. 33: StadtAN, C 85/III, Nr. 79. 345 Bayerischer LT, 6. WP, 40. Sitzung vom 3. April 1968, S. 2055; Protokoll der 44. Sitzung des Stadtrats vom 13. November 1968, S. 49: StadtAN, C 85/III, Nr. 79; Protokoll der 74. Sitzung des Stadtrats vom 15. Juli 1970, S. 18f., 21f., 25: StadtAN, C 85/III, Nr. 100. 346 Weitere Beispiele für den Einsatz von Unionspolitikern in der ersten Hälfte der 1970er Jahre sind ein Schreiben Hermann Höcherls an den katholisch-konservativen TagesAnzeiger, in dem er sich für die Erhaltung der Bundeszuschüsse aussprach, s. DAI Regensburg an USIS Bonn vom 18. Mai 1971: StadtBR, Ordner DAI Verein 1966–1976, oder Anton Pfeifers Einsatz für das Tübinger DAI, s. MdB Pfeifer an RegPräs Mauser vom 13. November 1974: StadtAT, E 418, Nr. 281. In diesem Schreiben berief sich Mauser darauf, die Fraktion habe sich schon 1970/71 erfolgreich gegen die Streichungen eingesetzt.

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erfuhr während einer USA-Reise von der drohenden Schließung.347 Er hatte seine Reise aus gesundheitlichen Gründen abbrechen müssen und wandte sich nun an den amerikanischen Botschafter George McGhee und an PAO Joyce: „Wie Sie sich denken können, bin ich gegenwärtig der unglücklichste Mensch in Mitteleuropa. […] So sehr mich mein persönliches Pech betroffen hat, so trifft mich doch noch stärker die […] Mitteilung über die Auflösung des deutsch-amerikanischen Instituts.“348 Neben Schlichtinger, Kulturdezernent Walter Boll, Politikern aus SPD und CSU, Kirchen, Bildungsinstitutionen und Öffentlichkeit setzte sich auch Walter Keim, der im Bayerischen Kultusministerium für die DAI Nürnberg und Regensburg zuständig war, für die Erhaltung des DAI ein. Er ging ebensowenig wie die anderen Unterstützer des DAI davon aus, dass der USIS weiterhin einen amerikanischen Direktor stellen würde. Man benötige nur eine kleine amerikanische Beteiligung, um das Institut als binationale Einrichtung weiterführen zu können. Das Interesse des Freistaats an einem DAI in der Grenzregion war so groß, dass Keim nicht auf eine Kostenaufteilung zu gleichen Teilen bestand, sondern dem USIS anbot, mit minimalem Einsatz den maximalen Ertrag zu erzielen: einige wenige Bücher und Referenten für ein voll funktionsfähiges DAI, das im Sinne des USIS weiterarbeitete.349 Wäre es den deutschen Finanzierungspartnern mit ihrem finanziellen Engagement nur darum gegangen, den USA gegenüber Dankbarkeit zu zeigen, nicht unfreundlich zu erscheinen und ihre Bitte um Kooperation zu erfüllen, hätten sie sich 1966 leicht aus der Finanzierung zurückziehen können, ohne die Amerikaner vor den Kopf zu stoßen. Mit einem solchen Einsatz hatte auch der USIS nicht gerechnet und reagierte zuerst kaum auf die Regensburger Initiative.350 Eine Woche später machten Vorstand und Verwaltungsrat des DAI Nägel mit Köpfen: Sie beschlossen, das Institut unter dem bisherigen Namen und mit reduziertem Personal unter ehrenamtlicher Leitung weiterzuführen. Stadt und Land hatten ihre Unterstützung schon zugesagt, der Bund war ebenfalls geneigt, weiterhin zu zahlen. Das DAI behielt seine satzungsgemäß festgelegten Programmschwerpunkte bei und erweiterte sie nur zu einer größeren grundsätzlichen Offenheit gegenüber internationalen Themen.351 Um weiterhin Zuschüsse des Bundes erhalten zu können, müsse der inhaltliche Schwer347 Schlichtinger reiste im Rahmen des Leader’s Exchange Program in die USA. DAI Regensburg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 3. März 1965: PAAA, B 96, Nr. 893. 348 OB Schlichtinger an BPAO Joyce vom 5. Oktober 1965: StadtBR, Ordner DAI Verein bis 1965; BPAO Joyce an US-Botschafter McGhee vom 5. Oktober 1965: StadtBR, Ordner DAI Verein bis 1965. Das Zitat stammt aus dem Schreiben an Joyce. 349 BPAO Joyce an PAO Hemsing vom 6. Oktober 1965: StadtBR, Ordner DAI Verein bis 1965. 350 PAO Hemsing an BPAO Joyce vom 21. Oktober 1965: StadtBR, Ordner DAI Verein bis 1965. 351 MinDir Keim an AA vom 3. Dezember 1965: PAAA, B 96, Nr. 893. Zur wohlwollenden

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punkt der Arbeit jedoch auch in Zukunft eindeutig auf den deutsch-amerikanischen Beziehungen liegen, betonte das Auswärtige Amt. Nur dann sei unter Hinweis auf die außenpolitische Bedeutsamkeit eine Zuständigkeit des Bundes gegeben.352 In der ersten Sitzung wählten Vorstandschaft und Verwaltungsrat den bisherigen Schatzmeister und städtischen Kulturdezernenten Walter Boll zum ehrenamtlichen Leiter des DAI.353 In Regensburg bestand damit für mehrere Jahrzehnte ein einmaliges Konstrukt: ein selbständiges, dem Namen und dem Programm nach deutsch-amerikanisches Institut, das von deutscher Seite finanziert und von einem Deutschen geleitet wurde. Ohne amerikanische Gelder und ohne Direktor im Dienste der USIA gab es eigentlich keine rechtliche Verpflichtung mehr, sich nach den Vorgaben oder Wünschen der amerikanischen Regierungsbehörde zu richten. Wie sehr Stadt und Land aber an einem dezidierten USA-Schwerpunkt gelegen war, zeigt sich darin, dass mit Edward J. Joyce ein Vertreter des amerikanischen Generalkonsulats München im Vorstand vertreten war, obwohl der USIS Bibliothek und Programm nur noch sehr eingeschränkt unterstützte.354 Der USIS merkte schnell, dass in Regensburg quasi ohne eigene Kosten ein vollwertiges DAI existierte und pflegte die Beziehungen dementsprechend. Außen- und parteipolitische Profilierungsversuche über die DAI, wie sie während der Atlantiker-Gaullisten-Kontroverse stattfanden, spielten meist auf der Bundesebene. Ging es um die Existenz eines konkreten Hauses, kooperierten Politiker auf Landes- und Kommunalebene über die Parteigrenzen hinweg. Im Vordergrund standen lokal- und regionalpolitische Überlegungen, nicht Parteipolitik. Auch in den binationalen Verwaltungsgremien saßen häufig Vertreter verschiedener Parteien und arbeiteten dort eng zusammen.355 Haltung des AA s. Sattler, AA an BayMK vom 20. Dezember 1965: PAAA, B 96, Nr. 893. 352 DAI Regensburg, Protokoll der Sitzung von Vorstand und Verwaltungsrat vom 25. Janu­ar 1966: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1429. 353 DAI Regensburg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 25. Januar 1966: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1429. Boll leitete das DAI mit großem persönlichem Einsatz bis zu seinem Tod 1985. Sein Nachfolger wurde der damalige Kulturdezernent der Stadt, Bernd Meyer. DAI Regensburg, Tätigkeitsbericht 1985: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966–1993. 354 DAI Regensburg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 25. Januar 1966: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1429. Zur Genese dieser Idee s. schon OB Schlichtinger an AA vom 4. November 1965: PAAA, B 96, Nr. 893. 355 Der Nürnberger Stadtrat achtete beispielsweise streng darauf, dass im Verwaltungsrat des DAI Mitglieder aller Stadtratsfraktionen (SPD, CSU, FDP) saßen. Beschluss des Stadtrats vom 28. März 1962: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. Auch in Darmstadt waren SPD, CDU und FDP im Verwaltungsrat vertreten, s. BPA, Aktenvermerk vom 28. März 1962: PAAA, B 96, Nr. 704; DAI Darmstadt, Liste der Vereinsmitglieder und des Verwaltungsrats vom November 1965: StadtAD, ST 24, Nr. 1215. In Heidelberg waren

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Während der Umwandlungsverhandlungen 1961/62 setzten sich das SPD-regierte Hessen, Bayern als CSU-regiertes Land und Baden-Württemberg mit einem CDU-Ministerpräsidenten gleichermaßen für den Erhalt der Häuser ein, wenngleich es den Anschein hat, als seien SPD-Politiker oft etwas aktiver gewesen. Auf kommunaler Ebene ist weder 1961/62 noch bei späteren Stadtratssitzungen ein übergreifendes Muster parteibezogener Argumentation feststellbar.356 1966 setzten sich neben Kahn-Ackermann auch andere SPD-Abgeordnete dafür ein, die Häuser und die Bundeszuschüsse zu erhalten, vor allem Hans Lautenschlager für das Regensburger DAI357 und Gerhard Jahn für das DAI Marburg.358 Aber auch Unionspolitiker engagierten sich, um „ihr“ DAI vor der Schließung zu bewahren. Der CSU-Landtagsabgeordnete Otto Freundl betonte, besonders als „Vertreter des Grenzgebietes“ würde er die Schließung des DAI Regensburg „außerordentlich bedauern“ und bezeichnete die „geistige Festigung gerade am ‚Eisernen Vorhang‘“ als „Lebensnotwendigkeit […] für den gesamten freien Westen“.359 Auch Hermann Höcherl (CSU), der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Wahlkreisabgeordnete für Regensburg, war seit vielen Jahren mit dem DAI Regensburg ver-

ebenfalls Vertreter mehrer Parteien vertreten, s. DAI Heidelberg, Protokoll der Gründungsversammlung des Vereins Schurman-Gesellschaft Heidelberg als Trägerverein für das Amerikahaus Heidelberg vom 26. März 1962: PAAA, B 96, Nr. 704. Ähnliches gilt für die anderen DAI. 356 S. dazu beispielsweise für Nürnberg: Protokoll der 28. Sitzung des Stadtrats am 31. Januar 1962 (nicht öffentlich), S. 28–37: StadtAN, C 85/III, Nr. 22; Protokoll der Sitzung des Ältestenrates vom 23. März 1962: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109; Protokoll der Sitzung des Ältestenrates vom 11. September 1964: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109; für Freiburg: Protokoll der Sitzung des Stadtrats vom 20. Februar 1962 (nicht öffentlich): StadtAF C5/1866. 357 MdB Lautenschlager an MinDir Sattler vom 11. Oktober 1965: PAAA, B 96, Nr. 893; MinDir Overbeck an MdB Lautenschlager vom 25. Oktober 1965: PAAA, B 96, Nr. 893; BFM Dahlgrün an MdB Lautenschlager vom 9. November 1965: PAAA, B 96, Nr. 888. 358 MdB Jahn an AM Schröder vom 22. Oktober 1965: PAAA, B 96, Nr. 891; AM Schröder an MdB Jahn vom 18. November 1965: PAAA, B 96, Nr. 891. Jahns Schreiben wurde auch in der Presse öffentlich gemacht, s. „Um das Schicksal des Kennedy-Hauses. MdB Jahn richtete ein Schreiben an Bundesaußenminister Schröder“: Nordhessische Zeitung vom 5. November 1965. 359 MdL Freundl an DAI Regensburg vom 8. Oktober 1965: PAAA, B 96, Nr. 893. Oberbürgermeister Schlichtinger leitete das Schreiben an das Auswärtige Amt weiter. OB Schlichtinger an AA vom 4. November 1965: PAAA, B 96, Nr. 893.

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bunden.360 Auf Initiative von Oberbürgermeister Schlichtinger bat er im Außenministerium, die Weiterführung des DAI zu sichern.361 Wichtiger als parteipolitische oder außenpolitische Erwägungen waren oft persönliche Motive, die sich häufig mit lokalen oder regionalen Erwägungen verbanden. In Regensburg fällt auf, dass die maßgeblichen Förderer des DAI alle besonders enge Beziehungen zu den USA hatten. Walter Boll bereiste 1954/55 mit einem amerikanischen Stipendium für drei Monate die USA, um sich über das Kunst- und Museumswesen zu informieren. Bei seiner Rückkehr äußerte er sich begeistert über das kulturelle Leben in den USA; von einem ansonsten noch weit verbreiteten europäischen Kulturdünkel gegenüber den Vereinigten Staaten war nichts zu spüren.362 Mit ihm setzte sich ein städtischer Vertreter für das DAI ein, der die amerikanische Kultur und das amerikanische Kulturleben schätzte und für Regensburg erhalten wollte. Ministerialdirigent Walter Keim aus dem Bayerischen Kultusministerium besuchte im Rahmen eines Austauschprogramms 1953 ebenfalls für zwei Monate die USA. Wie bei Boll lag der Schwerpunkt seiner Reise auf dem Bibliotheks- und Museumswesen. Nach seiner Rückkehr erstellte er einen Bericht, in dem er auf verschiedene Möglichkeiten des deutsch-amerikanischen Kulturkontaktes hinwies. Der Bericht ging an das Auswärtige Amt, war also da­ rauf ausgerichtet, unmittelbar Wirksamkeit zu entfalten.363 Bevor sich Keim in den 1960er Jahren für den Erhalt der Häuser in Nürnberg und Regensburg einsetzte, gehörte er während der 1950er Jahre bereits dem Beratungskomitee in Programmfragen des Münchner Amerikahauses an.364 Wie Boll und Schlichtinger schätzte auch er die amerikanische Kultur und die Präsenz der USA in der Bundesrepublik und betonte die Bedeutung der politischen deutsch-amerikanischen Beziehung. Als die finanzielle Situation des DAI Regensburg erst 1963/64 und dann wieder 1965/66 auf der Kippe stand, diskutierte die bayerische Landesregierung zudem gerade neue Raumordnungspläne für Bayern, die insbesondere die Zonenrandgebiete betrafen.365 Regensburg gehörte letztlich zwar nicht zu den Gebieten, die besonders gefördert wurden, grenzte aber unmittelbar daran an. Allerdings gehörte die Gründung einer vierten Landesuniversität in Re360 Höcherl referierte mehrfach bis in die 1970er Jahre im DAI Regensburg über verschiedene Themen, u.a. die deutsch-amerikanischen Beziehungen. DAI Regensburg, Programm Juni 1962, November 1965, Dezember 1966, alle: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970. 361 BLM Höcherl an AA vom 10. Dezember 1965: PAAA, B 96, Nr. 893. 362 Latzin, Lernen von Amerika, S. 299. 363 Ebd., S. 300f. 364 Ebd., S. 316. 365 Zur Landesplanung in Bayern seit 1945 mit besonderer Berücksichtigung der strukturschwachen Grenzregionen s. Balcar, Politik auf dem Land, S. 395–424, für die 1960er Jahre insbes. S. 402–419.

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gensburg zu den zentralen Forderungen des Raumordnungsplanes „Östlicher Oberpfälzer Wald“, und das DAI als Bildungsinstrument in einer strukturschwachen Region sowie die geplante Universität mitsamt ihrer studentischen und wissenschaftlichen Klientel bildeten neben der geopolitischen Lage ein wichtiges Argument derer, die für das DAI eintraten.366 Hermann Höcherl setzte sich bereits seit den 1950er Jahren für infrastrukturelle Projekte in seiner Heimatregion Regensburg ein.367 Sein Einsatz für das DAI kann in diese Lobbyarbeit eingereiht werden. Inwiefern das Argument der unmittelbaren Nachbarschaft Regensburgs zur tschechischen Grenze und damit zum kommunistischen Ostblock echten Befürchtungen oder nur einer strategischen Argumentation entsprach, muss dahingestellt bleiben. Nach der Ankündigung des USIS, die amerikanischen Zuschüsse für Regensburg einstellen zu wollen, beriefen sich jedoch von CSU-Mitgliedern über Bundeswehrangehörige bis hin zum Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) viele Gruppierungen und Personen darauf, das DAI sei eine wichtige „geistige Heimstätte“ „an der deutschen Ostgrenze zur Abwehr östlicher Einflüsse“.368 In Regensburg stimmten Stadt- und Landesinteressen parteiübergreifend überein, und beide waren zudem bereit, finanzielle Mittel bereitzustellen. So gelang es in Regensburg, das DAI selbst über den weitgehenden Rückzug des USIS hinaus zu erhalten.369 366 Ebd., S. 413; RegDir Heidl an OB Schlichtinger vom 5. Oktober 1965: PAAA, B 96, Nr. 893; RegPräs Emmerig an US-Botschafter McGhee vom 8. Oktober 1965: PAAA, B 96, Nr. 893; MdL Freundl an DAI Regensburg vom 8. Oktober 1965: PAAA, B 96, Nr. 893; DGB Kreis Regensburg an DAI Regensburg vom 15. Oktober 1965: PAAA, B 96, Nr. 893; VHS Kötzing an DAI Regensburg vom 21. Oktober 1965: PAAA, B 96, Nr. 893; Heimvolkshochschule Schloss Egg an DAI Regensburg vom 28. Oktober 1965: PAAA, B 96, Nr. 893; BLM Höcherl an AM Schröder vom 6. Mai 1966: PAAA, B 96, Nr. 888. 367 Balcar, Politik auf dem Land, S. 445, 450. 368 DGB Kreis Regensburg an DAI Regensburg vom 15. Oktober 1965: PAAA, B 96, Nr. 893. Ähnlich RegPräs Emmerig an US-Botschafter McGhee vom 8. Oktober 1965: PAAA, B 96, Nr. 893; Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. Bezirk Oberpfalz an DAI Regensburg vom 23. Oktober 1965: PAAA, B 96, Nr. 893; Heimvolkshochschule Schloss Egg an DAI Regensburg vom 28. Oktober 1965: PAAA, B 96, Nr. 893. Schlichtinger leitete diese Briefe zusammen mit weiteren Schreiben, u.a. des Bischöflichen Ordinariats und des Evangelisch-Lutherischen Dekanats der Stadt Regensburg, an das Auswärtige Amt weiter. OB Schlichtinger an AA vom 4. November 1965: PAAA, B 96, Nr. 893. 369 Ein Gegenbeispiel ist das DAI Darmstadt, das 1965/66 vor den gleichen Problemen stand wie das DAI Regensburg. Auch hier setzten sich die Städte, Privatpersonen, Institutionen, Organisationen und die Presse dafür ein, das DAI zu erhalten. Letztlich waren jedoch weder die Stadt noch das Land bereit, die Häuser ohne amerikanische Gelder in gleicher Höhe wie bisher zu unterstützen, sodass alle hessischen DAI in städtische Kultureinrichtungen integriert wurden. Für Darmstadt s. u.a. „Amerikahaus soll bleiben“: Darmstädter Tagblatt vom 26. Oktober 1965; DAI Darmstadt, Protokoll einer Besprechung im hessischen Kultusministerium vom 27. Oktober 1965: StadtAD, ST 24, Nr.

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Das Zusammenwirken persönlicher Beweggründe mit lokal- und kulturpolitischen Interessen im Umgang mit den DAI wirkte sich allerdings nicht notwendigerweise positiv auf die Situation der einzelnen Häuser aus. Das Beispiel Nürnbergs zeigt, dass einzelne Personen ein DAI nicht nur retten, sondern auch in existenzielle Schwierigkeiten bringen konnten. Nachdem sich Andreas Urschlechter 1961/62 nachdrücklicher als die Oberbürgermeister anderer Städte dafür ausgesprochen hatte, das DAI zu unterhalten und Nürnberg mit 88.884 DM (1962) bzw. 120.675 DM (1963) mehr als jede andere Stadt zahlte,370 begann er bald, sich über die permanent unsicheren Zahlungen des Bundes zu ärgern: „Es ist einfach untragbar, dass jeweils gegen Ende eines Haushaltsjahres das Institut in finanzielle Bedrängnis kommt und seine tarifmäßigen Gehaltszahlungen nicht erfüllen kann und sogar mit der Miete in Rückstand gerät.“371 Die in seinen Augen mangelhafte Zahlungsmoral des Bundes beeinträchtigte das Ansehen der Stadt, und das, obwohl Urschlechter die DAI als „eine typische Bundesaufgabe“ mit politischer Funktion sah.372 Bereits 1964, als der Haushaltsausschuss des Bundestags die Gelder für die DAI mit einem kw-Vermerk gekennzeichnet hatte, gab Urschlechter zu verstehen: „Die Kulturpolitik dort könnten wir mit weniger Geld selbst machen.“373 In den folgenden Jahren wandte er sich immer wieder in langen Schreiben an das Auswärtige Amt und bemängelte, unterstützt von Ministerialdirigent Keim, dass der Bund sein Drittel nicht voll bezahle. Mehrfach drohte Urschlechter, die Gelder der Stadt entsprechend zu kürzen.374 Das Amt wiederum wehrte sich gegen Urschlechters Bezichtigungen, der Bund „weigere sich strikt“, seine Verpflichtungen zu erfüllen und „[breche] aus den Verhandlungen aus“ und verwies auf lineare Kürzungen im Bundeshaushalt.375 1215; „Bitte an den Magistrat“: Darmstädter Echo vom 11. November 1965; „Schülerrat: Für Amerikahaus“: Darmstädter Tagblatt vom 12. November 1965; Selbach, Schulsprecher Wilhelm-Leuschner-Schule an Magistrat der Stadt Darmstadt vom 24. November 1965: StadtAD, ST 24, Nr. 1215; Enders, Stadtelternbeirat Darmstadt an OB Engel vom 8. Dezember 1965: StadtAD, ST 24, Nr. 1215. 370 DAI Nürnberg, Rechnungsprüfungsberichte 1962 und 1963, beide: StadtAN, E 6/799, Nr. 83. Der Finanzierungsanteil für 1962 umfasste anteilig die Monate April-Dezember 1962, da die Umwandlung in ein binationales Institut zum 1. April 1962 in Kraft trat. 371 OB Urschlechter an die Vertreter des Landes und des Bundes im Vorstand und im Verwaltungsrat des DAI vom 30. November 1964: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. 372 OB Urschlechter an BayMK vom 30. Juli 1965: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. 373 Protokoll der Sitzung des Ältestenrats vom 11. September 1964 (nicht öffentlich): StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. 374 MinDir Keim an AA vom 3. März 1965: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109; OB Urschlechter an AA vom 12. Juli 1965: StadtAN, E 6/799, Nr. 81; BayMK an AA vom 6. August 1965: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109; AA an OB Urschlechter vom 2. Oktober 1965: StadtAN, B 85/I, Nr. B 109; OB Urschlechter an AA vom 2. November 1965: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109; OB Urschlechter an AA vom 14. Januar 1966: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. 375 AA an DAI-Direktor Pugh vom 10. Juni 1965: StadtAN, E 6/799, Nr. 81. Zu den Vor-

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Kurz nach diesen Streitigkeiten fühlte sich Urschlechter einer ungleich größeren Provokation ausgesetzt. Am Abend des 12. Oktober 1967 zeigte das ZDF in der Sendung „Zur Sache“ den amerikanischen Fernseh-Dokumentarfilm The Germans, der das „Deutschland von heute“, also von 1967 und damit mehr als 20 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zeigen wollte.376 Schauplatz des Films war fast ausschließlich Nürnberg als „deutscheste aller Städte“. Die Nürnberger Presse reagierte empört.377 Ihrer Meinung nach entwarf der Film ein „Zerrbild von der Bundesrepublik und insbesondere von Franken“.378 Laut The Germans war die deutsche Gesellschaft nicht neonazistisch, aber neoviktorianisch: autoritär, patriarchalisch, konservativ, geschäftstüchtig – eine Gesellschaft des 19. Jahrhunderts, die keinen Anschluss an die heutige Welt gefunden hatte, obwohl diese nicht zuletzt durch die Deutschen entscheidend geprägt worden war. Für die Filmemacher war die Bundesrepublik bei aller wirtschaftlichen Stärke politisch eine „unterentwickelte Nation“, in der der Stammtisch die Demokratie ersetzte und in deren „familienartigen Gesellschaft kein Platz für Rebellen“ war.379 Nürnberg mit seinem „Stein für Stein“ wieder aufgebauten Stadtkern verkörperte für die Produzenten exem­ plarisch die deutsche Gesellschaft: „Hier kann man sehen, was Deutschland deutsch macht – und den Rest der Welt nervös“.380 Die Nürnberger Politiker waren entrüstet und forderten diplomatische Schritte, um das „verunglimpfte Ansehen der Deutschen, insbesondere aber

würfen Urschlechters s. DAI Nürnberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 14. Mai 1965: StadtAN, E 6/799, Nr. 86. 376 Der Film wurde 1967 von Hughes Rudd für die Fernsehgesellschaft Columbia Broadcasting System (CBS) produziert. Er lief am 27. September 1967 im amerikanischen Fernsehen. Hammond, The Image Decade, S. 21. 377 „Verzerrtes Bild der deutschen Wirklichkeit“: NN vom 13. Oktober 1967; „Falsches Bild von Nürnberg“: NN vom 18. Oktober 1967. 378 „Verzerrtes Bild der deutschen Wirklichkeit“: NN vom 13. Oktober 1967. 379 Einige Sequenzen des Films hoben positive Punkte hervor. So zeigte CBS nach einer NPD-Kundgebung in Nürnberg, bei der die ersten beiden Strophen des Deutschlandliedes gesungen wurden, Protestveranstaltungen gegen den NPD-Aufmarsch. Allerdings wurde auf die Proteste nur wenige Sekunden hingewiesen, während die NPD mehrere Minuten gezeigt und einige ihrer Mitglieder interviewt wurden. Gegen Ende des Films befragte das Filmteam zwei Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Nürnberg, die auch schon vor der Zeit des Nationalsozialismus dort gelebt hatten. Beide gaben an, im heutigen Deutschland sei Antisemitismus nicht oder kaum verbreitet. Auf diese Elemente gingen die Nürnberger Politiker nicht ein, sondern verengten die Debatte auf die Passagen, die sie als verzerrte Darstellung empfanden. Auch der NPD-Aufmarsch spielte in der Debatte keine Rolle. 380 Die Zitate beruhen auf der ZDF-Sendung vom 12. Oktober 1967. Eine Kopie des Films befindet sich im Stadtarchiv Nürnberg. Für nähere Angaben zum Film s. Kreis, Gründung und Krise, S. 433.

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der Stadt Nürnberg […] in den USA zu rehabilitieren“.381 Urschlechter versprach zu handeln, berichtete die Presse: Der Oberbürgermeister hat sich bereits anlässlich der Sendung entschlossen, aus Anlass des bevorstehenden Jubiläums des Deutsch-Amerikanischen Instituts am 13. November 1967 zu diesem Film und seinen negativen Tendenzen in aller Öffentlichkeit eine eindeutige Stellungnahme abzugeben. Wegen des engen Zusammenhangs, der zwischen der Aufgabe des Deutsch-Amerikanischen Instituts, einer objektiven Aufklärung unserer Bürgerschaft über die Verhältnisse in Amerika und einer Vertiefung der deutschamerikanischen Freundschaft einerseits, der ‚negativen‘ Aufklärung der Amerikaner über deutsche Verhältnisse andererseits, besteht, scheint das Forum der Jubiläumsfeier als geeigneter Rahmen für eine Stellungnahme des Oberbürgermeisters der Stadt Nürnberg.382

Gleichzeitig informierte Urschlechter Außenminister Willy Brandt und den amerikanischen Botschafter George McGhee, der Film erschwere ihm die Kooperation mit dem DAI.383 Die Beschwichtigungsversuche Brandts und McGhees fruchteten nicht.384 Urschlechter sprach auf der Feier zum 20jährigen Jubiläum des DAI fast ausschließlich über The Germans. Als dann ein halbes Jahr später bekannt wurde, dass der Film in amerikanischen Schulen gezeigt werden sollte, beließ es Urschlechter nicht bei Protestbriefen, sondern kündigte direkte Konsequenzen für das DAI an, wenn der Film als Unterrichtsmaterial verwendet würde.385 Da dies nicht der Fall war – der Film verkaufte sich in den USA schlecht –, lehnte Urschlechter im Stadtrat einen Antrag der NPD ab, die gefordert hatte, aufgrund des Filmes die städtischen Zuschüsse für das DAI zu streichen.386 Erst auf dieser Stadtratssitzung hinterfragte ein Stadtrat den Zusammenhang zwischen Film und DAI, den der Oberbürgermeister hergestellt hatte, und wies darauf hin, dass das DAI und die USIA weder mit der Herstellung noch Verbreitung des Filmes etwas zu tun hatten und man nicht „Repressalien auf einem ganz anderen Sektor anwenden und Sanktionen verhängen“ könne. Andere Stadträte stimmten zu.387 Doch bei Urschlechter hatte das DAI verspielt, obwohl es mit dem Film in keinerlei Verbindung stand. Die städtischen Zuschüsse einzustellen war nun eine konkrete Option – und zwar aus Anlass des Films, wenn dies auch nicht als offizielle Begründung genannt werden sollte. Schon im Juli 381 „CSU-Fraktion fordert Brandts Eingreifen“: NN vom 18. Oktober 1967. 382 „Dr. Urschlechter hat nichts gewusst“: NZ vom 18. Oktober 1967. 383 OB Urschlechter an US-Botschafter McGhee vom 20. Oktober 1976: StadtAN, E 6/799, Nr. 131. 384 US-Botschafter McGhee an OB Urschlechter vom 26. Oktober 1967: StadtAN, E 6/799, Nr. 131; AM Brandt an OB Urschlechter vom 31. Oktober 1967: StadtAN, E 6/799, Nr. 131. 385 Hier und im Folgenden Kreis, Gründung und Krise, S. 436–440. 386 Protokoll der 44. Sitzung des Stadtrats vom 13. November 1968, S. 45–48: StadtAN, C 5/III, Nr. 79. 387 Ebd.

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1968 notierte er: „Wir kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, die Vereinbarung über die Fortführung des Amerika-Hauses zu beenden. Allerdings soll nicht der CBS-Film im Vordergrund weiterer Schritte stehen, sondern das unzulängliche Programm des Instituts selbst.“388 Noch wenige Jahre zuvor hatte Urschlechter den hervorragenden Ruf des DAI gelobt und betont, „dass er sich manche Gedanken mache, wie gewährleistet werden kann, dass die Sache gut weiterlaufe und wie man dem Institut noch mehr Förderung zuteil werden lassen könne“.389 Der Film traf Urschlechter und die Nürnberger an einer empfindlichen Stelle. Seit 1945 bemühte sich die Stadt, ihr „Image […] von den Bildern des Parteitags zu lösen“.390 Urschlechter verfolgte dieses Ziel besonders intensiv. Als früherer Leiter des Referats für Wiederaufbau, Wohnungs- und Grundstückswesen blieb der Wiederaufbau des kriegszerstörten Nürnberg für ihn ein überaus wichtiges Thema und er betonte gerne die Leistungen der Stadt auf diesem Gebiet.391 Filme wie The Germans drohten diese Anstrengungen zu unterminieren. Die Nürnberger reagierten daher empört, während der Rest der Bundesrepublik dem Film keine Bedeutung zumaß.392 Das DAI war in zweierlei Hinsicht geeignet, quasi stellvertretend für die Produzenten des Films die Konsequenzen zu tragen, obwohl es nichts damit zu tun hatte. Erstens war das DAI die einzige amerikanische Einrichtung, an der die Stadt beteiligt war und durch ihren Rückzug zumindest symbolisch den Staat traf, der ein solches „Zerrbild“ Nürnbergs in der Welt verbreitete. Zweitens erlaubten 388 OB Urschlechter, Aktennotiz vom 9. Juli 1968: StadtAN, C 85/I, Nr. B 108. Eine zusätzliche Notiz vom 24. September 1969 auf dem gleichen Blatt besagt: „Bis auf weiteres werden die Auflösungsverhandlungen eingestellt.“ 389 DAI Nürnberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 5. September 1965: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. 390 „Sehr verehrter Herr Oberbürgermeister“: NZ vom 16. Oktober 1967. 391 OB Urschlechter an US-Botschafter McGhee vom 20. Oktober 1967: StadtAN, E 6/799, Nr. 131; „Andreas Urschlechter“, in: Internationales Biographisches Archiv 24/1988 vom 6. Juni 1988; Endres/Fleischmann, Nürnbergs Weg, S. 360. 1960 berichtete der Direktor des DAI, Nelson O. Chipchin, über Urschlechter: „He is particulary interested in city planning and building, and the reconstruction of Nuremberg is a subject which he never tires of discussing.“ Biographic Data Report zu Urschlechter vom 9. Mai 1960: StadtAN, E 6/799, Nr. 122. 392 „The Germans ohne Klischees“: SZ vom 27. Juni 1969. Dieser Artikel erschien anlässlich eines weiteren amerikanischen Films über „die Deutschen“, der ein viel positiveres Bild vermittelte. Der Sender NBC hatte im Juni 1969 an fünf Tagen hintereinander insgesamt zehn Stunden lang Beiträge über die Bundesrepublik gesendet, s. ebd. Über Urschlechters Protestrede während der Jubiläumsfeier des DAI berichtete die SZ ebenfalls: „Erhard – amerikanische Erfindung“: SZ vom 15. November 1967. Bereits die Überschrift zeigt, dass die SZ andere Prioritäten als die Nürnberger Presse setzte. Zur (kaum vorhandenen) bundesweiten Presseberichterstattung s. außerdem Botschafter McGhee an Außenminister Rusk vom 17. November 1967: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1967–1969, Box 321.

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nicht zuletzt die deutschen Zuschüsse den USA, über die DAI ihr Land positiv in der Bundesrepublik darzustellen. Für Urschlechter war es daher inakzeptabel, dass in den USA umgekehrt ein negatives und verzerrtes Bild der Bundesrepublik und Nürnbergs gezeigt wurde.393 Urschlechter betrieb in den folgenden Jahren keine aktive Politik gegen das DAI, doch er setzte sich nicht mehr dafür ein, wie er es seit 1961 nachdrücklich getan hatte. Auf einmal sprach er vom „Opfer des alljährlichen namhaften Zuschusses für diese Institution“, während er zuvor stets betont hatte, wie froh die Stadt über die Erhaltung des DAI sei.394 Seine Gleichgültigkeit machte ihn empfänglich für Kritik an dieser Institution. Diese kam hauptsächlich von Hermann Glaser (SPD), der als städtischer Kulturreferent satzungsgemäß seit 1964 im Vorstand des DAI saß. Glaser, ein ambitionierter und später auch überregional bekannter Kulturpolitiker, forderte von Beginn an eine stärkere Koordinierung zwischen der Arbeit des DAI und den städtischen Kultureinrichtungen, um Programmüberschneidungen und unnötige Ausgaben zu vermeiden, und eine Beschränkung auf deutsch-amerikanische Themen.395 Diese Forderungen waren Ausdruck seiner Vorstellungen von einer Kulturpolitik, die bildungsökonomisch orientiert sein sollte: „Vor dem Wort Kulturplanung darf man dabei nicht zurückschrecken“.396 Hinter Glasers Kulturpolitik standen übergreifende theoretische Konzepte, die Nürnbergs kulturelles Leben aus der Provinzialität herausführen sollten und die Stadt als Ganzes betrafen, nicht einzelne Institutionen oder Einrichtungen.397 Nicht-städtische Kultureinrichtungen sollten nach Glasers Meinung keine städtischen Gelder erhalten und auch kein Programm anbieten, das städtische Stellen selbst leisten konnten. Vielmehr sollten diese Kultureinrichtungen ihr Programm im Sinne einer besseren Koordinierung nach städtischen Vorstellungen ausrichten. Das DAI als eigenständige Institution hielt Glaser für entbehrlich. Kurz nach seinem Amtsantritt empfahl er Urschlechter, das DAI in das städtische Bildungszentrum zu integrieren, um Gelder zu sparen und doppelte Arbeit zu vermeiden.398

393 Kreis, Gründung und Krise, S. 441f. 394 „Amerikahaus schließt“: NN vom 17. Mai 1968; „Scharfe Reaktion auf Brüskierung“: NZ vom 17. Mai 1968. 395 DAI Nürnberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 21. Mai 1964: StadtAN, E 6/799, Nr. 79. 396 Strukturplan, Anlage 19 zum Protokoll der 82. Sitzung des Stadtrats vom 28. Oktober 1964: StadtAN, C 85/III, Nr. 40. Zu Glasers kulturpolitischen Vorstellungen s. Knöpfle, Im Zeichen der „Soziokultur“, S. 62–70. 397 Ebd., S. 34f., 66. Eine Festschrift zu Glasers 70. Geburtstag trägt folgerichtig den Titel „Kultur als intellektuelle Praxis“. Sauberzweig/Wagner/Röbke (Hg.), Kultur als intellektuelle Praxis. 398 Kreis, Gründung und Krise, S. 454f.

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In den folgenden Jahren drängte Glaser immer wieder darauf, das DAI stärker in die städtische Kulturpolitik zu integrieren. Er verwies dabei auf die unsichere Finanzlage des DAI und verknüpfte das Thema geschickt mit den Interessen anderer Institutionen und Personen, etwa dem Raumbedarf der städtischen Kultureinrichtungen399 oder mit den Plänen Dietrich Mahlows, der ab 1966 die Nürnberger Kunsthalle leitete und große Pläne für ein Institut für Gegenwart hatte. Der USIS lehnte jedoch die Integration des DAI als amerikanische Abteilung in ein solches Institut ab.400 Als dann die städtischen Zuschüsse für das DAI 1967/68 durch den Film The Germans zur Debatte standen, nutzte Glaser den NPD-Antrag für einen weiteren Vorstoß. Zwar erreichte er, dass der Kulturausschuss der Stadt prüfte, ob das DAI in eine städtische Einrichtung integrierbar war, doch in der CSU wie in der SPD äußerten etliche Stadträte Bedenken.401 Das DAI und der USIS waren nicht überrascht von Glasers Vorgehen. Zwar hatte „our old friend, Dr. Glaser“, so Nelson O. Chipchin vom USIS München ironisch, seinen „Angriff“ auf das DAI geschickt mit Rationalisierung und finanzpolitischer Klugheit begründet. Doch für die Amerikaner stand fest: However, his basic intent was and still is to swallow the GAI [German American Institute, R.K.] line, hook and sinker. He would like to parcel our various functions and facilities of the GAI among institutions under his direct control, to nullify its American character – in short, to rule over Nuremberg’s cultural life without any kind of effective competition.402

1970 führte dann ein Antrag der linksgerichteten DFU (Deutsche FriedensUnion), das DAI zu schließen, zu erneuten Verhandlungen über eine mögliche Eingliederung des DAI in den kommunalen Bereich. Zur Diskussion stand ein eigenes städtisches Internationales Institut am Bildungszentrum. Der Vorschlag war konsensfähiger als die vorangegangenen. Er garantierte die Fortführung der als notwendig erachteten Informationsarbeit über andere Länder, besonders die USA, und änderte nur die als ineffizient kritisierte Organisationsform.403 Die Nürnberger Überlegungen fielen 1970/71 mit denen des Auswärtigen Amtes zusammen, die Bundeszuschüsse für die DAI deutlich zu reduzieren und die DAI in Internationale Institute ohne Beteiligung des Bundes zu überführen. Solche Pläne leisteten Glasers Koordininierungs- und Eingliederungsplänen Vorschub.404 Die hessischen und bayerischen DAI schlossen die Idee 399 Ebd., S. 458–460. 400 Ebd., S. 456. 401 Ebd., S. 461. 402 BPAO Chipchin an PAO Ewing vom 5. Dezember 1968: StadtAN, E 6/799, Nr. 131. 403 Kreis, Gründung und Krise, S. 462f. Die früheren Pläne sahen vor, die Arbeit des DAI entweder auf einige Aspekte zu begrenzen oder seine verschiedenen Tätigkeitsfelder in verschiedene städtische Einrichtungen zu integrieren. 404 BM Doege, Aktenvermerk über eine Besprechung des AA mit Vertretern der DAI vom

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zumindest nicht aus, und auch das hessische Kultusministerium hatte nichts einzuwenden.405 Während jedoch die DAI Regensburg, Darmstadt, Kassel und Marburg ohnehin keine amerikanischen Gelder mehr erhielten, teilweise bereits in städtische Einrichtungen integriert waren und daher anders disponieren mussten, bestand das DAI Nürnberg in seiner ursprünglichen binationalen Form.406 Die baden-württembergischen DAI sowie die Länder Baden-Württemberg und Bayern lehnten die Internationalen Institute ab. Ministerialdirigent Walter Keim vom bayerischen Kultusministerium begrüßte zwar den Ausbau kultureller Kontakte zu anderen Staaten, „diese sollte jedoch nicht zu einer Vernachlässigung der kulturpolitischen Beziehungen zu den USA führen“.407 Internationale Institute sollten von Landesseite nicht bezuschusst werden.408 In Nürnberg beschloss der Stadtrat im Februar 1971 indessen, ein solches Institut zu schaffen, das die Arbeit des DAI auf breiterer Basis fortführen sollte, gab die Pläne aber wenige Monate später wegen finanzieller Probleme wieder auf. Im Raum stand jedoch weiterhin die Frage, was mit dem DAI geschehen sollte. Am 10. November 1971 beschloss der Stadtrat, das DAI nicht mehr zu bezuschussen und begründete dies mit den zu erwartenden Kürzungen des Bundes und der eigenen Finanzknappheit. Mit dem 31. Dezember 1972 endete die Mitgliedschaft der Stadt im Trägerverein des DAI.409 Gegenüber den Amerikanern betonte die Stadt stets, der Rückzug erfolge ohne jeden politischen Hintergrund aus haushaltspolitischen Zwängen.410 Während sich in Regensburg 1965/66 mehrere Faktoren wechselseitig verstärkten und dazu führten, dass das DAI auch ohne amerikanische Gelder weiter bestehen blieb, lief in Nürnberg fünf Jahre später ein umgekehrter Pro26. Mai 1971: StadtAT, E 418, Nr. 200; Protokoll der Besprechung des AA mit Vertretern der DAI vom 26. Mai 1971: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109; AA an BM Weber vom 8. Juli 1971: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1430. 405 BM Doege, Aktenvermerk über eine Besprechung des AA mit Vertretern der DAI vom 26. Mai 1971: StadtAT, E 418, Nr. 200. 406 Für Regensburg s. Weber an AA vom 16. Juni 1971: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1430; DAI-Direktor Boll an MinDir Keim vom 21. Juli 1971: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1430. 407 MinDir Keim an DAI-Direktor Boll vom 13. Juli 1971: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1430; s. auch BayMK an BayStK vom 18. August 1971: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1430. 408 BayMK an OB Schlichtinger und Kulturreferent Glaser jeweils vom 21. Oktober 1971: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1430. 409 Kreis, Gründung und Krise, S. 465–467. 410 Gildner, Assistant Director West Europe an Deputy Director der USIA vom 10. März 1972: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 30. Der Stadtkämmerer der Stadt Nürnberg begründete den Antrag, demzufolge die Stadt ihre Mitgliedschaft im DAI beenden solle, mit den unsicheren Bundeszuschüssen und der schlechten Haushaltslage der Stadt. Damit sei nicht mehr gewährleistet, dass das DAI seine satzungsgemäßen Aufgaben erfülle. Protokoll der 97. Sitzung des Stadtrats vom 10. November 1971, S. 28: StadtAN, C 85/III, Nr. 111.

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zess ab. Hermann Glaser war dabei die treibende Kraft – weniger aus Machtund Kontrollstreben als aus bildungsökonomisch und soziokulturell orientierten Überlegungen heraus. Sie kreisten um Planung, Koordinierung, Integration, Partizipation und kulturelle Curricula und damit um die Leitbegriffe einer Zeit, in der auf allen Gebieten von der Wirtschafts- bis zur Sozialpolitik „Planungseuphorie“ herrschte.411 Zeitgleich rückten in den 1960er und 1970er Jahren mit den Debatten um „Bildungsmisere“ und „Bildungsreform“ verstärkt Bildungsthemen und -einrichtungen in den Vordergrund.412 Angesichts übergreifender und integrierter kulturpolitischer Konzepte, in denen der Bereich der Erwachsenenbildung eine wichtige Rolle spielte, waren Institutionen wie das DAI für Glaser unnötige Doppelungen.413 Dankbarkeit oder Schuldgefühle gegenüber den USA spielten für ihn keine Rolle mehr. In einem Internationalen Institut wären die USA nur noch eine unter mehreren Nationen gewesen. An die Stelle eines binationalen Instituts, das sich ganz auf die USA und die deutsch-amerikanischen Beziehungen konzentrierte, wäre eine multilaterale Einrichtung getreten.414 Diese Haltung entsprach, wenn sie auch anders motiviert war, der Außenpolitik der neuen Bundesregierung unter Willy Brandt, die in ihrer Neuen Ostpolitik ebenfalls mehr Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit demonstrierte. Mit Oberbürgermeister Urschlechter hatte das DAI im Verlauf der Auseinandersetzung um The Germans 1967/68 seinen stärksten Förderer verloren. Dies vermutete auch Robert Allen, der Direktor des DAI, gegenüber dem USIS: „As you know since May 1968, as a result of the CBS film ‚The Germans‘ the Oberbürgermeister has wanted to get rid of the America Haus in Nürnberg.“415 Die zentrale Rolle des Oberbürgermeisters für das DAI zeigt sich in einem Schreiben Urschlechters an Hans Sachs, den Vertreter des Landes und des Bundes im Vorstand des DAI. Als im Zuge der permanent unsicheren finanziellen Lage des DAI die städtischen Zuschüsse im Stadtrat diskutiert werden sollten, schrieb Urschlechter im Mai 1967, dass er im Stadtparlament eine „‚Entscheidung in dem von Ihnen gewünschten Sinne‘“ – also für unverminderte städtische Zuschüsse – herbeiführen werde, wenn das Land und der Bund zusicherten, ihren Anteil voll zu zahlen.416 Nach The Germans 411 Haupt/Requate (Hg.), Aufbruch in die Zukunft; Ruck, Ein kurzer Sommer. Zu Glasers Vorstellungen s. Glaser, Vom Unbehagen in der Kulturpolitik; Glaser, Ein Kulturpolitisches Curriculum; Knöpfle, Im Zeichen der „Soziokultur“; Kreis, Gründung und Krise, S. 463–465. 412 Kenkmann, Von der bundesdeutschen „Bildungsmisere“. 413 Olbrich, Geschichte der Erwachsenenbildung, S. 352f., 363; Kulturreferent Glaser, Stellungnahme zur Weiterentwicklung des DAI, o.D. [1967]: StadtAN, C 73, Nr. 506. 414 Kreis, Gründung und Krise, S. 477f. 415 DAI-Direktor Allen an USIS Bonn vom 10. Juli 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 78. 416 Sachs leitete diese Aussage an Ministerialdirigent Keim im bayerischen Kultusministerium weiter: Sachs an MinDir Keim vom 26. Mai 1967: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1423.

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verwandelte sich Urschlechters großes Engagement für das DAI zu einer Gleichgültigkeit, die es einem ambitionierten Kulturpolitiker wie Herman Glaser erleichterte, seine eigenen Pläne zu verfolgen. Die ständig bedrohten Bundeszuschüsse sowie die angespannte Finanzlage der Stadt wirkten wie Katalysatoren. Weder Glasers noch Urschlechters Politik war unmittelbar mit der Arbeit des DAI verknüpft, sondern es ging, wie bei The Germans, um anderes. Glaser hielt die Arbeit des DAI nicht für überflüssig, sondern wollte sie aus übergreifenden kulturpolitischen Überlegungen heraus in den städtischen Bereich überführen. Außen- und parteipolitische Überlegungen waren für Urschlechter und Glaser weitgehend unerheblich. Während in Regensburg individuelle Motivationen und lokalpolitische Erwägungen dazu führten, das DAI zu erhalten, stellten sie das DAI Nürnberg vor existenzielle Probleme. Die Situation in Nürnberg war einmalig. Weder vorher noch nachher zog sich jemals eine Stadt aus der Finanzierung „ihres“ DAI zurück. Bis März 1973 sah es so aus, als müsste das DAI schließen und der Verein aufgelöst werden. Land und Bund sahen keine Möglichkeit, den Kostenanteil Nürnbergs aufzufangen. Die Wende kam mit einem Schreiben der USIA, die einen einmaligen Zuschuss von 45.000 Dollar gewährte, um die Finanzierungslücke im Haushaltsjahr 1973 zu schließen. Nun erklärte auch das Kultusministerium, weiter zu zahlen, und nach energischen Interventionen des USIS war auch das Auswärtige Amt bereit, aus politischen Gründen seine Zuschüsse zu erhalten. In den folgenden Jahren sammelte das DAI vermehrt Spenden – 1974 standen dem Institut insgesamt 71.300 DM an Firmenspenden zur Verfügung –, später beteiligte sich der Bezirk Mittelfranken mit jährlich 10.000– 15.000 DM.417 Neuer Vorstandsvorsitzender wurde Alexander Meyer, Direktor der Kabel- und Metallwerke Gutehoffnungshütte AG.418 Die Verbindungen mit der Stadt rissen jedoch nicht ganz ab. Das DAI hoffte, vielleicht künftig wieder städtische Gelder zu erhalten, und so saß ein städtischer Vertreter weiterhin in den Verwaltungsgremien.419 Der Ältestenrat lud 1973 auch einen Vertreter des DAI in den neu gegründeten Kultur-, Sozial- und Wirtschaftsbeirat der Stadt ein.420 Ab 1978 bezuschusste die Stadt das DAI wieder, allerdings in deutlich geringerem Umfang als in den Jahren bis 1972.421 Ur417 Kreis, Gründung und Krise, S. 467f. Zu den Zuschüssen des USIS und Sparmaßnahmen im DAI s. BayMK an AA vom 12. Mai 1973: BayHStA, MK, vorl. Nr. 130. 418 DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1973: StadtAN, E 6/799, Nr. 121. 419 DAI-Direktor Allen an OB Urschlechter vom 9. November 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 95. 420 Strieder an OB Urschlechter vom 15. Oktober 1973: StadtAN, E 6/799, Nr. 95. Der Direktor des DAI gehörte auch schon dem Kulturbeirat als dem Vorgängergremium des neuen Ausschusses an. 421 Urschlechters Haltung blieb weiterhin sehr distanziert. Auf ein Schreiben des DAI-Direktors Allen mit der Bitte um finanzielle Unterstützung reagierte er 1977 sehr förmlich und zurückhaltend. Er gehe davon aus, dass nur ein einmaliger Zuschuss für das Jahr

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schlechter sagte zwar weiterhin alle Einladungen des DAI ab, doch dafür entwickelte sich die CSU in den späten 1970er Jahren zu einem wichtigen Befürworter des Hauses.422 1978 zahlte die Stadt 30.000 DM, in den folgenden Jahren 50.000 DM.423 Förderlich wirkte sich aus, dass Erlangen Ende der 1970er Jahre um das DAI warb und Unterstützungsleistungen in Aussicht stellte.424 Die Nürnberger Zuschüsse für 1978 waren jedenfalls abhängig vom Verbleib des Hauses in der Stadt.425 Der Rückzug der städtischen Mittel 1972 hatte das Haus zwar existenziell gefährdet, aber auch neue Unterstützerkreise mobilisiert, die das DAI über die schwierigen Jahre zwischen 1972 und 1978 trugen, bis auch die Stadt wieder in die Finanzierung eintrat. Während auf Bundesebene außen- und parteipolitische Überlegungen dominierten, wenn es um die Förderung der DAI ging, wirkten sich individuelle Beweggründe besonders stark auf lokaler und regionaler Ebene aus, wie die Beispiele von Walter Keim, Walter Boll, Andreas Urschlechter und Hermann Glaser exemplarisch gezeigt haben. Eine Ausnahme war Horst Ehmke, der sich insbesondere als Chef des Bundeskanzleramtes und als Bundesminister für Wissenschaft und Forschung zwischen 1969 und 1974 auf Bundesebene nachdrücklich für die DAI einsetzte. Persönliche Motive spielten dabei eine wichtige Rolle. Ehmke gehörte 1962 während seiner Zeit als Hochschullehrer an der Universität Freiburg zu den Gründungsmitgliedern des Trägervereins für das dortige DAI. Er blieb diesem Haus auch später eng verbunden und berief sich mehrfach auf dessen „hervorragende Arbeit“, wenn er forderte, der Bund müsse die Institute weiterhin unterstützen.426 Als er 1969 in die Bundespolitik wechselte und unter Willy Brandt das Bundeskanzleramt leitete, vergrößerte sich sein Einfluss schlagartig. Nach wie vor lag ihm vor allem das DAI Freiburg am Herzen, doch da meist alle DAI von Spar- oder Änderungsvorschlägen betroffen waren, profitierten auch die anderen binationalen In­ stitute von seinem gesteigerten Einfluss. Wie bei Boll und Keim reichte Ehmkes positives Verhältnis zu den USA weit in die 1950er Jahre zurück. 1949/50 und dann noch einmal 1958 ver1977 begehrt werde, so Urschlechter, und für diesen Einzelfall solle der Stadtkämmerer Stiftungsmittel verwenden. OB Urschlechter an DAI-Direktor Allen vom 7. Dezember 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 539. 422 DAI Nürnberg, Monthly Highlights Report vom 8. Mai 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 203; DAI Nürnberg, Monthly Highlights Report vom 5. Juni 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. 423 DAI Nürnberg, Aufstellung über die Finanzierung des DAI 1962–1980, o.D.: StadtAN, E 6/799, Nr. 99. 424 DAI Nürnberg, Monthly Highlights Report vom 5. Juni 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 203; DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 84. 425 DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 84. 426 Chef des Bundeskanzleramts Ehmke an StSek Dahrendorf vom 11. März 1970: PAAA, B 96, Nr. 739; Chef des Bundeskanzleramts Ehmke an StSek von Braun vom 1. Dezember 1970: PAAA, B 90-600, Nr. 106191.

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brachte er längere Zeit in Princeton und Berkeley, um Politikwissenschaft zu studieren und sich für seine Habilitationsschrift mit der amerikanischen Verfassungsrechtsprechung auseinanderzusetzen.427 Als Mitglied des Kreises um den Göttinger Staats- und Kirchenrechtler Rudolf Smend war er früh mit den USA und dorthin emigrierten deutschen Verfassungsrechtlern in Kontakt gekommen, deren Schriften die Smend-Schule intensiv diskutierte. Großes Interesse hatte diese Gruppe auch an dem neuen, von den Amerikanern besonders geförderten Fach Politikwissenschaft als einer „Demokratiewissenschaft“ im Sinne Ernst Fraenkels, dessen Positionen die Smend-Schüler ebenfalls rezipierten.428 Fraenkels Neopluralismustheorie beeinflusste Ehmke stark, und 1965/66 lehrten beide sogar gleichzeitig an der Freiburger Universität, wo Fraenkel Arnold Bergstraesser vertrat.429 In diesem Kontext entwickelte sich Ehmkes Verständnis einer civil society, in der aktive Bürger ihr politisches Gemeinwesen gestalteten. Die Amerikahäuser und DAI verkörperten all diese Elemente: Sie propagierten den freien und offenen Meinungsaustausch, demonstrierten in den binationalen Instituten das wechselseitige Interesse der beiden Staaten aneinander und die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit, sie förderten die Amerikanistik und damit die Beschäftigung mit den USA, ihrer Kultur, Gesellschaft und dem politischen System, das in vielerlei Hinsicht als Vorbild für Ehmkes eigene Forschungen diente. Bereits 1963 setzte sich Ehmke als Vorsitzender des Verwaltungsrates dafür ein, dass die Bundeszuschüsse erhalten blieben. Vor allem aber trat er als Leiter des Bundeskanzleramtes ab 1969/70 dafür ein, die Gelder des Bundes zu erhalten. Als die Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes Anfang der 1970er Jahre erneut erwog, die Zahlungen für die DAI zu reduzieren oder gar einzustellen, stemmte sich Ehmke mit seinem ganzen Einfluss dagegen. Sein Wort hatte Gewicht. Das Interesse Ehmkes sei groß, vermerkte die Kulturabteilung im März 1970: „Es muss daher angenommen werden, dass sich das Bundeskanzleramt für die weitere Finanzierung der Amerikahäuser zu Lasten des Bundes einsetzen wird.“430 Während die Haltung im Auswärtigen Amt und seiner Kulturabteilung eher ablehnend war, plädierte Ehmke gegenüber Ralf Dahrendorf (FDP), damals parlamentarischer Staatssekretär im Auswärtigen Amt, und Hans Hermsdorf (SPD), dem stellvertretenden Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Bundestags, sogar für eine Erhöhung der Zuschüsse für die „hervorragende Arbeit“ der Häuser.431 Dieses Ziel erreichte er 427 Günther, Denken vom Staat her, S. 183–185. 428 Ebd., S. 159–164; Bauerkämper, Demokratie als Verheißung, S. 273. 429 Ebd., S. 275. 430 AA, Aktenvermerk vom 12. März 1970: PAAA, B 90, Nr. 739. 431 Chef des Bundeskanzleramts Ehmke an StSek Dahrendorf vom 11. März 1970: PAAA, B 90, Nr. 739; AA an MdB Hermsdorf vom 2. September 1970: PAAA, B 90, Nr. 793. Zur ablehnenden Haltung Dahrendorfs s. StSek Dahrendorf an Chef des Bundeskanzleramts Ehmke vom 19. März 1970: PAAA, B 90, Nr. 739.

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zwar nicht, trug aber maßgeblich dazu bei, dass die DAI weiterhin Gelder des Bundes erhielten. Die Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes bemerkte im Juni 1970 fast schon resigniert, im Moment sei nichts zu machen – bei der ersten Andeutung, die Förderung der DAI könnte eingestellt werden, reagiere Ehmke mit Protest.432 Anfang der 1970er Jahre war ein so starkes Engagement für die deutschamerikanischen Beziehungen, zumal für amerikanische Kultur- und Informationszentren, längst nicht mehr so selbstverständlich für SPD-Politiker wie während der Atlantiker-Gaullisten-Kontroverse, obwohl die enge Verbundenheit und Partnerschaft mit den USA ein Kernelement in der Außenpolitik der Sozialliberalen Koalition unter Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) und Außenminister Walter Scheel (FDP) war. Bei der Amtsübernahme Brandts spielte der Konflikt zwischen Atlantikern und Gaullisten keine Rolle mehr, und somit entfiel eine Notwendigkeit für die SPD, sich in Abgrenzung zur CDU/CSU als besonders amerikafreundlich zu profilieren. Die Neue Ostpolitik der Koalition stieß zwar auf das Misstrauen der USA und demonstrierte das gewachsene westdeutsche Selbstbewusstsein in einer eigenständigen Außenpolitik, entsprach aber im Prinzip den Forderungen der Vereinigten Staaten nach einer Anpassung der deutschen Politik an die amerikanische Entspannungspolitik. Obwohl die „Détente auf deutsch“ zeitweise zu Verstimmungen zwischen den Bündnispartnern führte, zeigte sie letztlich die gleichlaufenden Interessen zwischen den USA und der Bundesrepublik sowie die Abhängigkeit der westdeutschen Politik von den USA.433 Sie war nicht gegen die USA und deren Interessen gerichtet und barg daher als solche auch kaum Potenzial, die deutsch-amerikanischen Beziehungen auf anderen Feldern als den DAI kritisch zu hinterfragen. Anders der Vietnamkrieg: Als Außenminister der Großen Koalition (1966–1969) enthielt sich Außenminister Willy Brandt jeder öffentlichen Kritik an den USA, und auch die Hilfsleistungen für Südvietnam liefen bis 1973 weiter.434 Doch viele SPD-Mitglieder protestierten immer stärker gegen den Krieg – nicht nur in der jüngeren Generation und bei den Jusos – und viele wandten sich enttäuscht von den USA ab.435 Die späten 1960er und frühen 1970er Jahre bedeuteten keinen „Abschied vom Atlantizis432 AA, Aktenvermerk vom 16. Juni 1970: PAAA, B 90-600, Nr. 106191. 433 Link, Détente auf deutsch; Stöver, Der Kalte Krieg, S. 390–392; Lundestad, The United States and Western Europe, S. 171, 173; Baring, Machtwechsel, S. 310–313, 395f.; Dittgen, Die Ära der Ost-West-Verhandlungen. 434 Michel, Willy Brandts Amerikabild, S. 242–283. 435 1968 verabschiedete der SPD-Vorstand sogar eine Resolution, die eine sofortige Einstellung der amerikanischen Bombardierung Nordvietnams forderte. Botschafter Knappstein an AM Brandt vom 2. Februar 1968, in: Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1968, Bd. 1, Dok. 44; Aufzeichnungen des Staatssekretärs Duckwitz vom 1. März 1968, in: Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1968, Bd. 1, Dok. 76.

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mus“ der SPD, doch bei vielen eine merkliche Distanzierung.436 Sich ausgerechnet für die amerikanischen Kultur- und Informationszentren zu engagieren, die vielen Protestierenden, darunter auch SPD-Mitgliedern, als Propagandastelle der USA galten,437 entsprach nicht mehr einer übergreifenden Parteilinie wie Anfang und Mitte der 1960er Jahre. Hier mussten, wie im Falle Ehm­kes, individuelle Motive hinzutreten. 1.2.3 Verschiebungen im Konzept der Binationalität Der intensive Einsatz von Politikern und Parteifraktionen für die DAI auf Bundesebene gibt den Blick frei auf den Wandel der Argumentationsstruktur des Auswärtigen Amtes seit den Verhandlungen Mitte der 1960er Jahre. Im Mittelpunkt stand nach wie vor die Frage, inwiefern es eine Bundesaufgabe sei, diese Institutionen aus Bundesmitteln zu unterstützen oder ob sie nicht doch als Kultureinrichtungen in den Zuständigkeitsbereich der Städte und Länder fielen.438 Nun gewannen Fragen der Verhältnismäßigkeit und der ­Gewichtung an Bedeutung: Im August 1969 vermerkte das Auswärtige Amt, mit 595.752 DM würden zwei Drittel seines gesamten Kulturfonds, die für deutsch-ausländische Kultureinrichtungen zur Verfügung stünden, für die DAI ausgegeben.439 Unter den Vorzeichen der gewandelten Außenpolitik der Sozialliberalen Koalition mit ihrer Hinwendung zu Osteuropa schien diese einseitige Schwerpunktsetzung nicht mehr opportun. Für neue und wichtige Aufgaben wie „Vorhaben in Osteuropa, Projekte im Bereich der Massenmedien, des Sports, der Nachbetreuung von ehemaligen Studenten etc.“ seien kaum Gelder vorhanden, klagte der Leiter der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes über die enorme Belastung des Kulturfonds durch die Finanzierung der DAI.440 In den Augen des Auswärtigen Amtes waren die Bundeszuschüsse für die DAI anachronistisch. Allein der Verweis auf die spezifischen historischen Umstände nach 1945, die zu einer deutschen Beteiligung geführt hätten, zeigt, dass der Nachkriegskontext für die Gegenwart nicht mehr unbedingt als handlungsleitend angesehen wurde.441 Moralische Erwägungen und Dankbarkeits436 Zimmer, Die deutschen Parteien, S. 146. 437 Dazu ausführlicher Kap. 3.2.1. 438 AA, Aktenvermerk vom 19. März 1970: PAAA, B 90-600, Nr. 106191; AA vom 8. März 1971, o.A.: PAAA, B 90-600, Nr. 106191; The Situation of the German-American Institutes in Germany, o.A. [USIS Bonn, 1972]: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 23. 439 AA, Aktenvermerk vom 26. August 1969: PAAA, B 90, Nr. 739. 440 AA vom 8. März 1971, o.A.: PAAA, B 90-600, Nr. 106191. 441 BM Doege, Aktenvermerk über eine Besprechung des AA mit Vertretern der DAI vom 26. Mai 1971: StadtAT, A 200, Nr. 1891.

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gefühle gegenüber den USA hatten für das Bundespresseamt und das Auswärtige Amt ohnehin nie eine so wichtige Rolle gespielt wie auf lokaler Ebene.442 Ihrer Entscheidung, die DAI zu unterstützen, lagen außenpolitische und parteipolitische Erwägungen zugrunde, die Anfang der 1970er Jahre immer weniger zählten. 1971 und 1972 schlug das Amt den deutschen Finanzierungspartnern mehrfach vor, einige Institute in deutsche Einrichtungen wie die Volkshochschulen zu integrieren oder nur noch bestimmte Projekte zu fördern und damit die Zuschüsse zu senken. Außenminister Scheel arbeitete Anfang 1972 einen Stufenplan aus, demzufolge die Gelder über einen Zeitraum von fünf Jahren stark zurückgefahren werden sollten.443 Das rief auch die USIA auf den Plan. Der geschäftsführende Direktor der USIA, Henry Loomis, schlug Außenminister William P. Rogers vor, seinem westdeutschen Amtskollegen gegenüber die Dankbarkeit der USA für die jahrelange Unterstützung der DAI auszudrücken und so die Bereitschaft der Bundesrepublik zu fördern, weiterhin Gelder bereitzustellen.444 Die US-Botschaft in Bonn hatte sich bislang nicht nachdrücklich dafür eingesetzt, die Bundeszuschüsse und damit die DAI zu erhalten, sondern angedeutet, Verständnis für einzelne Streichungen zu haben. Noch im März 1971 wies die USIA den USIS in Bonn und München angesichts der Nürnberger Umwandlungspläne an, sich keinesfalls zu den Verhandlungen zu äußern: „We have no vested interest in the continuation of these institutions. This should be conveyed without any tinge of ‚sour grapes‘.“445 Ohne dass aus den Unterlagen ersichtlich wäre, was diesen Sinneswandel herbeiführte, drehte sich die amerikanische Position nun um 180 Grad und die Botschaft gab deutlich zu verstehen, „dass ihr an der Fortführung der Arbeit der Institute im bisherigen Umfang außerordentlich gelegen“ war.446 Kurzfristig gab der Bund nach, wie 442 Protokoll der 28. Sitzung des Stadtrats am 31. Januar 1962 (nicht öffentlich), S. 28–37: StadtAN, C 85/III, Nr. 22; Ehmke an OB Keidel vom 13. Februar 1963: StadtAF, C5/1868; „Was tun mit dem Kennedy-Haus?“: Darmstädter Echo vom 10. November 1965; DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung der Mitgliederversammlung, des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 27. Juni 1966: HStAS, EA 3/505, Bü 352/2. 443 BM Doege, Aktenvermerk über eine Besprechung des AA mit Vertretern der DAI vom 26. Mai 1971: StadtAT, E 418, Nr. 200; Protokoll einer Besprechung vom 7. Februar 1972: StadtAN, C 85/I, Nr. B 110; DAI Tübingen, Protokoll einer Besprechung vom 10. Februar 1972: StadtAT, E 418, Nr. 53. 1975 stand die Frage einer projektbezogenen Förderung erneut im Raum, s. RegDir Jansen an MdB Pfeifer vom 29. Januar 1975: HStAS, EA 3/505, Nr. 354/8. 444 Loomis, USIA an Secretary of State Rogers, o.D. [1971]: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 23. 445 IAE Hemsing an USIS Bonn und USIS München vom 1. Februar 1971: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 22; IAE Hemsing an Posner, USIA vom 26. März 1971: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 22. 446 BFM Schiller an MdB Leicht, Vorsitzender des BT-Haushaltsausschusses vom 15. Juni 1972: StadtAN, C 85/I, Nr. B 110. S. dazu auch Mahoney, Deputy Assistant Director

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das Beispiel Nürnbergs gezeigt hat, doch grundsätzlich war es dem Auswärtigen Amt Ernst: Es wollte die auswärtige Kultur- und Informationspolitik eines anderen Staates nicht mehr unterstützen. Ab 1973 deutete sich eine Lösung an. Bei einer Unterredung mit den Vertretern der baden-württembergischen DAI und Städte gab das Auswärtige Amt bekannt, die binationalen Institute auch künftig unterstützen zu wollen, „nur lege man sehr großen Wert auf die Binationalität der Institute und es käme in Zukunft auch sehr auf die Programmgestaltung und die Struktur der einzelnen Häuser an“.447 Das war neu. Zehn Jahre zuvor hatte das Bundespresseamt betont, der Charakter der Amerikahäuser dürfe sich durch die Umwandlung in binationale Institute nicht verändern, und tatsächlich hielten sich das Bundespresseamt und das Auswärtige Amt aus inhaltlichen Fragen heraus.448 Seit etwa 1973 argumentierten die deutschen Vertreter in den Verwaltungsorganen der DAI gegenüber dem Auswärtigen Amt erfolgreich, „dass die Deutsch-Amerikanischen Institute zu einem wesentlichen Ziel im Dienste der deutschen auswärtigen Kulturpolitik stehen, insofern nämlich, als sie […] Amerikanern deutsche Kultur näherbringen und auch als Forum für eine deutsch-amerikanische Begegnung dienen“.449 Ein entsprechendes Ansinnen des Auswärtigen Amtes nannte Generalstaatsanwalt Hans Sachs, Vertreter des Landes und des Bundes im Vorstand des DAI Nürnberg, bezeichnenderweise „Alibisierung“.450 Solchermaßen dem deutschen Instrumentarium zugerechnet, mussten die DAI nun auch beweisen, dass sie im Interesse der deutschen Kulturpolitik tätig waren. Das sah auch der USIS und empfahl den DAI, Veranstaltungen anzubieten, die das Auswärtige Amt in diesem Sinne anerkannte.451 Für den USIS war die Mischfinanzierung der DAI immer noch vorteilhaft, auch wenn sich die Deutschen nun stärker auf den binationalen Charakter der Häuser besannen, betonte PAO Klieforth 1977: Die USA finanzierten die Häuser nur zum Teil, hatten aber einen „überwältigenden Einfluss“ auf die Programmgestaltung und sie galten in der Öffentlichkeit immer noch als amerikanische Einrichtungen.452 West Europe an USIA-Direktor Shakespeare vom 14. Juli 1972: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972: Box 30. 447 DAI Tübingen an RegPräs Mauser vom 24. Mai 1973: StadtAT, E 418, Nr. 282. 448 Bericht über eine Besprechung wegen Umwandlung des Amerika Hauses Nürnberg in ein bi-nationales Kulturinstitut in der Bayerischen Staatskanzlei vom 15. März 1962: StadtAN C 85/I, Nr. B 109. BPA, Aktenvermerk vom 2. Oktober 1962: PAAA, B 96, Nr. 707. 449 KMBaWü, Aktenvermerk vom 10. Dezember 1974: HStAS, EA 3/505, Bü 354/8. Hervorhebung im Original. 450 Sachs, Protokoll über Gespräch im BayMK vom 5. Mai 1975: StadtAN, E 6/799, Nr. 95. 451 DAI Regensburg, Aktenvermerk vom 10. Dezember 1974: StadtBR, Ordner DAI Verein 1966–1976. 452 PAO Klieforth an US-Botschafter Stoessel, alle Generalkonsulate und alle BPAOs vom

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Mancherorts gab es bereits Veranstaltungen, die in diese Richtung ­wiesen. Insbesondere das DAI Heidelberg wandte sich an die großen amerikanischen Truppenkontingente, die in Heidelberg stationiert waren – beispielsweise durch deutsch-amerikanische Press Lunches, Vorträge des DAI-Direktors vor amerikanischen Soldaten über die deutsch-amerikanischen Beziehungen, eine deutsch-amerikanische Jugendgruppe „KONTAKT“, Informationsveranstaltungen für Amerikaner zur deutschen Drogensituation und Präventionsmöglichkeiten oder durch die Anbahnung von Kontakten zwischen dem amerikanischen Gymnasium und deutschen Schulen.453 Das DAI Darmstadt veranstaltete regelmäßig Diskussionsabende für Deutsche und Amerikaner und unterstützte die Bemühungen der US-Streitkräfte und der Bundesregierung, amerikanische Soldaten in Kontakt mit der deutschen Bevölkerung zu bringen.454 Auch andere DAI begannen nun, sich solchen Aufgaben zuzuwenden. Das DAI Tübingen plante ab 1973 Deutschkurse für Amerikaner und andere Ausländer anzubieten, die ab 1975 stattfanden,455 und das DAI Regensburg förderte den Kontakt zwischen Deutschen und Studierenden der Regensburger Partneruniversitäten Colorado und Vanderbilt.456 Kern der neuen Programmelemente waren jedoch schon bald Vortragsreihen, die den in der Bundesrepublik lebenden Amerikanern das Land und die Gesellschaft ihres Gastlandes näher bringen sollten. Das DAI Heidelberg nahm hier ebenfalls eine Vorreiterrolle ein und führte bereits Anfang der 1960er Jahre zusammen mit der Universität und dem US-Hauptquartier eine solche Vorlesungsreihe für amerikanische Soldaten durch.457 Dem Tätigkeitsbericht für 1964 zufolge nahmen etwa 400 Soldaten regelmäßig an den Vorlesungen teil und erhielten ähnlich wie die deutschen Teilnehmer des Pennsylvania Certificate Program ein Diplom der Universität Heidelberg.458 Ab 1974 plante auch das DAI Regensburg eine solche Reihe, damit die Amerikaner „nach ihrer Rückkehr gerüstet sind, um sich für das deutsch-amerikanische Verständnis einzusetzen“.459 Damit richtete sich ein Teil des Programm nicht 19. September 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 234. 453 DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1970, S. 2: HStAS, EA 3/505, Bü 352/3; DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1971/72, S. 2–4: HStAS, EA 3/505, Bü 352/4. 454 DAI Darmstadt, Tätigkeitsbericht 1972: StadtAD, ST 20, Nr. 193. 455 DAI Tübingen, Programmentwurf bis 1976, o.D. [1973]: StadtAT, E 418, Nr. 281; DAI Tübingen, Tätigkeitsbericht 1975: StadtAT, E 418, Nr. 62. 1975 fanden erste Kurse mit insgesamt 80 Teilnehmern statt. DAI Tübingen, Tätigkeitsbericht 1975: StadtAT, E 418, Nr. 62. 456 DAI Regensburg, Tätigkeitsberichte 1974–1976, alle: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966–1993. 457 DAI Heidelberg, Programm „A Series of Lectures for Americans“ 1962: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 153. 458 DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1964: PAAA, B 96, Nr. 890; DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 710. 459 DAI Regensburg, Tätigkeitsbericht 1974: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966–

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mehr wie bisher an die Bundesbürger, sondern an US-Amerikaner, also Staatsbürger des Landes, dessen Regierung die Amerikahäuser ursprünglich für Reeducation-Zwecke eingesetzt hatte. In Zusammenarbeit mit dem Akademischen Auslandsamt der Universität bot das DAI Regensburg beispielsweise 1977 einen Kurs an, der Aufbau und Funktion des Freistaates Bayern und der Bundesrepublik erläuterte, Demokratie auf kommunaler und Landesebene erklärte und als kulturellen Beitrag die Rezeption Hermann Hesses behandelte.460 1980 ging es dann um geographische Landeskunde, aktuelle wirtschaftliche Fragen, das Parteiensystem der Bundesrepublik, alternative Gruppierungen am Beispiel der „Grünen“, die Europäische Gemeinschaft, Sozialstaatlichkeit, deutsche Geschichte im Lied und eine Einführung in die deutsche Oper.461 1981 unternahmen die Teilnehmer sogar eine Exkursion zur DDR-Grenze. Inhaltlich orientierte sich das DAI Regensburg an einer ähnlichen Reihe des DAI Freiburg, das seit 1977 „Deutsche Landeskunde für amerikanische Studenten“ anbot. Zwischen 15 und 50 Amerikaner hatten an den Sitzungen teilgenommen, bilanzierte das DAI.462 In Nürnberg schwankten die Teilnehmerzahlen. Die Nürnberger Nachrichten berichteten 1979 von etwa 200 Teilnehmern der Reihe „Experiencing Germany“, die das dortige DAI anbot, aber 1980 wurde das Programm als nur als mittelmäßig erfolgreich beurteilt.463 Ohnehin interessierte sich die Presse sehr für das neue Programmformat der DAI und schrieb anfangs ausführlich über das „Amerikahaus ‚verkehrt‘“.464 Solche Angebote ergänzten das Programm der DAI, veränderten es aber nicht grundsätzlich. Angebote für in der Bundesrepublik lebende Amerikaner verkörperten das deutsche und das partnerschaftliche Element dieser deutschamerikanischen Einrichtungen. Seit den späten 1970er Jahren legte auch die USIA – zumindest auf konzeptioneller und oberster Ebene – mehr Wert auf das Prinzip der Wechselseitigkeit. Deutsche Landeskunde für amerikanische Soldaten in den DAI verkörperte Präsident Carters Idee der „Zweibahnstraße“ par excellence. Zugleich erfüllten sie die Forderungen des Auswärtigen Amtes, dem Prinzip der Binationalität stärker Rechnung zu tragen und mehr im Inter1993. 460 DAI Regensburg, Tätigkeitsbericht 1977: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966– 1993. 461 DAI Regensburg, Tätigkeitsbericht 1980: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966– 1993. 462 DAI Freiburg, Rechenschaftsbericht 1978: HStAS, EA 3/505, Bü 351/8. 463 „Amerikaner wissensdurstig“: NN vom 21. März 1979. Zu dem Programm s. Einladungen und Programme in StadtAN, E 6/799, Nr. 61; DAI Nürnberg, Protokoll der Sitzung von Vorstand und Verwaltungsrat vom 26. Januar 1981: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1426. 464 „Freiburger Amerikahaus ‚verkehrt‘“: Südkurier vom 9. Dezember 1977; „Gesucht: ‚Der ganz andere Deutsche‘“: Badische Zeitung vom 12. Dezember 1977; „Amerikaner wissensdurstig“: NN vom 21. März 1979; „Liebe zu Nürnberg neu geweckt“: NN vom 22. März 1979.

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esse der deutschen Kulturpolitik zu arbeiten, um Bundeszuschüsse zu rechtfertigen.465 Diese Aspekte gewannen an Gewicht, als deutsche und amerikanische Politiker seit dem Ende der 1970er Jahre auf die Problematik der successor generation aufmerksam wurden. Daher setzte sich auch der USIS vermehrt beim Auswärtigen Amt für weitere oder sogar höhere Zuschüsse ein, gab seinerseits eine langfristige Zusage für die Finanzierung der DAI und stellte Gelder bereit, um etwas heruntergekommene Häuser wie in Nürnberg zu renovieren.466 Das Programmangebot für Amerikaner war nicht Ausdruck eines Paradigmenwechsels in der Arbeit der DAI, sondern eher ein strategisches Instrument, um die eigene Existenzgrundlage zu sichern. Der veränderte Blick auf das Prinzip der Binationalität deutete sich bereits seit etwa 1971 an. Angesichts drohender Mittelkürzungen durch das Auswärtige Amt setzten die Verwaltungsgremien des DAI Tübingen eine Sonderkommission ein, um eine Neudefinition der Institutsaufgaben und strukturelle Veränderungen auszuarbeiten.467 Ihr gehörten Bruce R. Koch als DAI-Direktor, Bart N. Stephens als Vertreter des USIS, der Programmleiter des DAI, der auch im Vorstand des DAI saß, sowie Alfred Weber, Professor für Amerikanische Literaturwissenschaft an der Universität Tübingen an.468 Erstens ging es um die Frage der Institutsleitung: Musste der Direktor Amerikaner und USISMitarbeiter sein? Könnte nicht auch ein Deutscher oder ein ziviler Amerikaner das Haus leiten? Zweitens diskutierte die Sonderkommission das Programm des DAI. Direktor Bart N. Stephens regte an, englische und deutsche Sprachkurse anzubieten und ein Programm für in Tübingen lebende Amerikaner aufzubauen. Diskutiert wurde auch die Möglichkeit, das Programm gleichmäßiger nach deutschen und amerikanischen Themen aufzuteilen.469 Weber zufolge atmete die bisherige Satzung noch den Geist der reeducation 465 AA an DAI Darmstadt, Heidelberg, Nürnberg, Regensburg, Tübingen, Saarbrücken, Freiburg vom 19. Januar 1978: HStAS, EA 3/505, Bü 354/11. 466 KMinBaWü Herzog an PAO Klieforth vom 13. Juli 1978: HStAS, EA 3/505, Bü 350. In einem handschriftlichen Zusatz bemerkte Roman Herzog als Kultusminister von BadenWürttemberg: „Klieforth teilte mit, dass Washington eine Unterstützungsgarantie auf lange Sicht für die DAI’s erklärt habe und hauptsächlich die jüngere Generation angesprochen werden solle […] Die Botschaft bemühe sich derzeit darum, dass die Bundeszuschüsse wieder angehoben werden.“ 1979 verkündete der Direktor des Nürnberger DAI, Ross E. Petzing, die USICA stelle 100.000 Dollar für die Renovierung bereit sowie 25.000 Dollar für neue Bücher, der USIS Bonn gebe weitere 20.000 Dollar, um den Vortragssaal neu zu bestuhlen, s. DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1979: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1426. 467 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 4. Juni 1971: StadtAT, E 418, Nr. 57. 468 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung der Mitgliederversammlung vom 18. November 1971: StadtAT, E 418, Nr. 59. 469 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung der Sonderkommission vom 25. Juni 1971: ­StadtAT, E 418, Nr. 53.

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und musste zeitgemäßer werden, um nicht den Eindruck zu erwecken, „dass hier eine Art Propaganda-Institut bestünde“.470 Die Sonderkommission arbeitete mehrere Alternativvorschläge aus: Erstens die unveränderte Beibehaltung bisheriger Strukturen; zweitens eine Doppelspitze mit einem amerikanischen und einem deutschen Direktor; drittens könnte das Haus durch einen amerikanischen Direktor und einen deutschen Geschäftsführer geleitet werden, im vierten Vorschlag wurden diese Ämter mit umgekehrten Nationalitäten besetzt; oder fünftens könnte der Vorsitzende des DAI gleichzeitig als dessen Direktor fungieren, dem ein hauptamtlicher amerikanischer Programmleiter und ein deutscher Geschäftsführer zur Seite stünden.471 Inhaltlich sollte das Institut unabhängiger und kritischer werden und das Prinzip der Binationalität stärker im Sinne von Gleichberechtigung umsetzen, so die Sonderkommission. Dabei sollte es weder deutschen noch amerikanischen Regierungsvorgaben folgen.472 Nach kontroversen Diskussionen einigte sich die Mitgliederversammlung auf das Modell eines deutsch-amerikanischen Kodirektoriums.473 So viel Binationalität ging dem USIS zu weit. Die amerikanische Botschaft in Bonn hatte bereits im März 1972 mitgeteilt, dass sie bereit sei, den Direktor im Einvernehmen mit dem Vorstand zu ernennen sowie diesem Gremium mehr Verantwortung zu geben. Ein deutsch-amerikanisches Direktorenduo lehnte der USIS allerdings ab, und sollte das DAI einen deutschen Direktor wünschen, müsse der USIS seine Förderung einstellen.474 Darauf wies auch PAO McKinney Russell nach der Entscheidung der Mitgliederversammlung nachdrücklich hin.475 Unter diesem Druck entschied sich die Mitgliederversammlung für das vom USIS präferierte Modell. Allerdings wuchsen die Befugnisse der binationalen Verwaltungsgremien und damit vor allem der deutschen Zuschussgeber: Der USIS ernannte den Direktor ab jetzt nicht mehr eigenständig, ­sondern im Einvernehmen mit dem Vorstand. Der Leiter war beiden Stellen gegenüber 470 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung der Mitgliederversammlung vom 18. November 1971: StadtAT, E 418, Nr. 59. 471 DAI Tübingen, Tischvorlage Alfred Weber für die Sitzung der Sonderkommission vom 29. Februar 1972 (Entwurf): StadtAT, E 418, Nr. 53. 472 DAI Tübingen, Vorstellung zur Arbeit des DAI Tübingen, o.D. [1972]: StadtAT, E 418, Nr. 53. Die USA zu erklären und zu interpretieren sowie Informationen und Hilfen für in der Bundesrepublik lebende Amerikaner anzubieten, waren demzufolge die Hauptaufgaben des Instituts, doch empfahl die Kommission abschließend, das DAI nicht als politisches Instrument zu begreifen. DAI Tübingen, Empfehlung der Kommission zur Reform des DAI, o.D. [April 1972]: StadtAT, E 418, Nr. 53. 473 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung der Mitgliederversammlung vom 27. April 1972: StadtAT, E 418, Nr. 59. 474 Das Telegramm der US-Botschaft an das amerikanische Generalkonsulat wurde auf der Sitzung der Sonderkommission vom 14. März 1972 verlesen: StadtAT, E 418, Nr. 53. 475 PAO Russell an RegPräs Birn vom 8. Juni 1972: StadtAT, E 418, Nr. 53.

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verantwortlich. Ihm zur Seite stellte die Mitgliederversammlung einen Programmbeirat, der das bisherige Kuratorium ersetzen sollte. Damit plante die deutsche Seite, ihren Einfluss auf das Programm des DAI zu vergrößern.476 In seinem neuen Aufgabenverständnis sah sich das DAI „nicht als Informationszentrum der USA, sondern als Informationszentrum über die USA“.477 Mit James E. Boyle, der das DAI ab 1973 leitete, war der Direktor erstmals kein Angestellter des USIS mehr, sondern des Trägervereins.478 Damit erhielt das DAI neue Kompetenzen und die Aussicht auf größere Kontinuität in der Leitung des Instituts. Die USIA berief ihr Personal alle zwei bis drei Jahre auf einen neuen Posten – eine Praxis, die die deutschen Finanzgeber häufig kritisierten, die sich konstante Ansprech- und Kooperationspartner wünschten.479 Andere DAI zogen nach. In Freiburg stellte der Verein ab 1974 den Direktor selbst ein, während der USIS nur eine Pauschalsumme für das Gehalt überwies.480 Ab 1981 stellten auch die DAI Nürnberg und Heidelberg selbständig Amerikaner ein, die in der Bundesrepublik lebten.481 In ihrem neuen Streben nach mehr Partizipation, Verantwortung und Partnerschaft reagierten die deutschen Mitglieder der binationalen Verwaltungsgremien verärgert, wenn der USIS sie überging oder nicht angemessen behandelte. Der deutsche Geschäftsführer des DAI Tübingen äußerte seinen Unmut über die mangelnde Bereitschaft des USIS, mit den Deutschen gleichberechtigter zusammenzuarbeiten, sogar gegenüber dem Leiter der USIA in Washington, Frank Shakespeare: Es zeugt von geringem Fingerspitzengefühl, wenn der […] USIS dem Regierungspräsidenten als dem Vorsitzenden des Vereins deutlich zu verstehen gibt, wie wenig Bereitschaft zur Zusammenarbeit von seiner Seite aus besteht – und dies vor der versammelten Mitgliederschaft. Es drängt sich nun die Frage auf, ob ein solcher Mann unseren und Ihren gemeinsamen Bemühungen […] nicht eher hinderlich ist. Wir möchten an dieser Stelle nicht verschweigen, dass Ihr Vertreter in Stuttgart keineswegs dazu beitrug, die Situation zu entschärfen.482 476 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung der Mitgliederversammlung vom 20. Juli 1972: StadtAT, E 418, Nr. 53. In der Praxis war der Beirat nur bedingt erfolgreich, da seine Aufgaben nicht klar definiert waren. DAI Tübingen, Protokolle der Sitzungen des Programmbeirats: StadtAT, E 418, Nr. 61. 477 DAI Tübingen, Programmabteilung an alle Mitglieder des Programmbeirats, o.D. [zwischen Mai und Juli 1973]: StadtAT, E 418, Nr. 61. Hervorhebung im Original. 478 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 27. November 1973: StadtAT, E 418, Nr. 57; DAI Tübingen, Tätigkeitsbericht 1973: StadtAT, E 418, Nr. 62. 479 BM Doege, Aktenvermerk über eine Besprechung des AA mit Vertretern der DAI vom 26. Mai 1971: StadtAT, E 418, Nr. 200. 480 DAI Freiburg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 20. März 1974: HStAS, EA 3/505, Bü 351/6. 481 PAO Tuch an Vorstandsvorsitzenden Meyer vom 2. April 1981: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1426; DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats vom 3. Juli 1981: HStAS, EA 3/505, Bü 352/9. 482 DAI Tübingen an USIA-Direktor Shakespeare vom 9. Mai 1972: NARA, RG 306, Di-

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Als der USIS im November 1973 Veranstaltungen zur Ära Nixon bemängelte und forderte, sie aus dem Programm zu nehmen, wiesen insbesondere die Mitglieder des Programmbeirates darauf hin, es sei für sie unzumutbar, ein Programm auszuarbeiten, das der USIS jederzeit absetzen könne.483 Empörung löste aber vor allem die einseitige Absetzung von Robert M. Asch als DAI-Direktor Anfang 1977 aus. Der USIS setzte sich über die satzungsmäßig fixierten Mitspracherechte des Vorstandes hinweg und handelte ohne jede Rücksprache. Regierungspräsident Max Gögler, der Vorstandsvorsitzende, erfuhr bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal von der Existenz der Country Plans als der Arbeitsgrundlage des DAI. Der Vertreter des USIS beeilte sich zwar zu erklären, die Vorgaben würden nicht so streng gehandhabt, doch das Misstrauen der deutschen Vertreter war geweckt.484 Regierungsdirektor Horst-Günter Jansen, der Vertreter des baden-württembergischen Kultusministeriums, äußerte sich enttäuscht über das Verhalten des USIS. Er habe das Gefühl, einem „Marionetten-Vorstand“ anzugehören. Seiner Meinung nach war das DAI im Unterschied zu Amerikahäusern wie Stuttgart oder München ein privatrechtlicher Verein, in dem der USIS nicht einfach die Prioritäten vorgeben könne. Auch Gögler betonte, auf keinen Fall dürfe der Eindruck entstehen, das DAI werde ferngesteuert und sei nicht partnerschaftlich.485 Alle deutschen Vorstandsmitglieder sahen sich in Verlegenheit gebracht, befürchteten eine schlechte Presse und den Rückzug von Bund, Land und Mitveranstaltern, wenn der USIS als so dominant erschien. Letztlich einigten sich der Vorstand und der USIS darauf – nicht ohne den Hinweis des USIS, Asch sei nicht mehr zu retten –, dass der Direktor weiterhin Bezüge erhalten würde. Asch war dafür bereit, zu kündigen; der Vorstand stimmte zu, das Dienstverhältnis vorzeitig aufzulösen. Der USIS erreichte damit seine Ziele und auch die Country Plans blieben die Arbeitsgrundlage des DAI, doch die Sensibilität für das gesteigerte Mitsprachebegehren der deutschen Partner wuchs. Im Inspektionsbericht vom Dezember 1977 betonten die Inspektoren, man habe Vorkehrungen getroffen, damit solche Situationen nicht mehr einträten. Alle drei Monate werde den binationalen Verwaltungsgremien das Programm zur Absegnung vorgelegt.486 Verschiebungen im Konzept der Binationalität drückten sich auch in der Benennung der DAI aus. Alle umgewandelten Amerikahäuser standen 1962 rector’s Subject Files 1968–1972, Box 30. 483 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung der Mitgliederversammlung vom 7. Dezember 1973: StadtAT, E 418, Nr. 59. 484 Hier und im Folgenden: DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 20. April 1977: StadtAT, E 418, Nr. 57. 485 Zu Göglers Einsatz für die Kompetenzen des Vereins s. RegPräs Gögler an PAO Klieforth vom 18. März 1977: HStAS, EA 3/505, Bü 354/10. 486 Inspection Report USIS Germany vom 7. November bis 9. Dezember 1977, S. 48: StadtAN, E 6/799, Nr. 705.

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vor der Frage, welchen Namen sie künftig führen wollten. Nach dem Vorbild des ersten DAI in Darmstadt nannten sich viele „Deutsch-Amerikanisches Institut“, doch nicht jedes Haus verwendete diesen Namen in der Öffentlichkeit. Bevölkerung und Presse nannten die DAI weiterhin wie gewohnt „Amerikahaus“, und auch etliche DAI behielten diesen Namen auf ihren Monatsprogrammen, dem Briefpapier und über dem Eingang. Andere verwendeten wie das DAI Regensburg schon bald ihre neue Bezeichnung.487 Mindestens aber zeigten die binationalen Institute neben der amerikanischen die deutsche Flagge, um ihren neuen Status zu demonstrieren.488 Der Trägerverein des DAI Heidelberg gründete sich 1962 als „Schurman-Gesellschaft Heidelberg“ in Erinnerung an Jacob Gould Schurman, einem amerikanischen Wohltäter der Stadt.489 Die nächsten Umbenennungen eines DAI erfolgte ebenfalls zu Ehren eines Amerikaners: Nach der Ermordung Kennedys am 22. November 1963 wurden die DAI in Darmstadt und Marburg nach dem Präsidenten benannt.490 Die Namensgebungen in Heidelberg, Darmstadt und Marburg verweisen auf ein Motiv, das schon bei der Umwandlung von neun Amerikahäusern in binationale Institute 1961/62 eine wichtige Rolle gespielt hatte: Dankbarkeit. So wie Dankbarkeit gegenüber den USA mindestens für die Kommunen ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung für finanzielle Unterstützung war, rekurrierten die Trägervereine bzw. die Städte bei den Umbenennungen auf USAmerikaner, denen gegenüber Deutsche dankbar waren.491 Ende der 1960er Jahre begannen weitere DAI, eine Namensänderung zu diskutieren. Das DAI Freiburg entschied 1969, den bisherigen Trägerverein 487 Auf den Monatsprogrammen des DAI Regensburg prangte groß das DAI-Logo. Es war mit „Deutsch-Amerikanisches Institut“ betitelt, einen Hinweis auf den alten Namen „Amerikahaus“ gab es nicht. 488 Sabais, Stadt Darmstadt, Aktenvermerk vom 16. Mai 1955: StadtAD, ST 24, Nr. 4/890; Pyka/Hompesch/Zeitler, Little America, S. 228. 489 DAI Heidelberg, Protokoll der Gründungsversammlung des Vereins Schurman-Gesellschaft Heidelberg vom 26. März 1962: PAAA, B 96, Nr. 704. Schurman hatte 1878/79 in Heidelberg studiert und war zwischen 1925 und 1930 amerikanischer Botschafter in Deutschland. Große Verdienste um die Heidelberger Universität erwarb er sich, als er 1928 in den USA über eine halbe Million Dollar an Spendengeldern für ein neues Vorlesungsgebäude sammelte. Seitdem fühlten sich viele Heidelberger Schurman eng verbunden, und so lag es nahe, den Trägerverein des neuen binationalen Instituts nach diesem Amerikaner zu benennen, der sich so für die Stadt und die deutsch-amerikanischen Beziehungen eingesetzt hatte. Junker, Jacob Gould Schurman. 490 USIS Bonn an USIA vom 9. Januar 1964, S. 2: JFKL, USIA, Box 1. Im Anhang des Schreibens befindet sich eine Auflistung aller Umbenennungen in der Bundesrepublik zu Ehren Kennedys. S. außerdem DAI Darmstadt, Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats vom 18. März 1964: StadtAD, ST 62, Nr. 27d; Clement, Window to the West, S. 325. 491 Das Darmstädter Echo schrieb zur Umbenennung am 26. November 1963: „In Dankbarkeit und Ehrfurcht. Der Magistrat beschließt: Darmstadts Amerika-Haus heißt ‚John-F.Kennedy-Haus‘“.

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„Freiburger Amerika-Haus e.V.“ in „Carl-Schurz-Haus/Deutsch-Amerikanisches Institut e.V.“ umzubenennen. Gleichzeitig erhielt das DAI den Namen „Carl-Schurz-Haus/Deutsch-Amerikanisches Institut“.492 Mit Carl Schurz führte das DAI nicht den Namen eines Amerikaners, sondern eines DeutschAmerikaners. Schurz war einer der berühmtesten Forty-Eighters, die als Kämpfer der Revolution von 1848 in die USA flohen. Rasch machte er politische Karriere. Als erster gebürtiger Deutscher gehörte er dem amerikanischen Senat an.493 Er verkörperte die deutsch-amerikanischen Beziehungen und als Revolutionär von 1848 und Politiker in den USA sowohl die deutsche wie auch die amerikanische Demokratie. Zudem drückte der Name des Vereins und des Hauses nun auch seine binationale Struktur aus und bezog sich nicht mehr auf das Amerikahaus als rein amerikanische Einrichtung. Die Namensänderung war weniger Ausdruck einer veränderten Arbeitsweise als eine nach außen sichtbare Anpassung an die seit Jahren praktizierte gemeinsame Arbeit. Im gleichen Jahr diskutierte auch das Kuratorium des DAI Tübingen einen Vorschlag des Kultusministeriums, den „Verein der Freunde des AmerikaHauses e.V.“ umzubenennen. Angesichts der amerikakritischen Proteste gegen den Vietnamkrieg, die oft das DAI betrafen, entschied das Kuratorium, die Arbeit des Hauses müsse nicht hinter der „Fassade“ eines neuen Namens „versteckt werden“, nur damit die Protestierenden sähen, dass das Haus deutsche wie amerikanische Träger habe und keineswegs eine amerikanische Propagandaeinrichtung war.494 Als jedoch die Verwaltungsgremien 1971 begannen, dem Prinzip der Binationalität in Verwaltung und Programm stärker Rechnung zu tragen, beantragte das Kuratorium, den Verein und das Haus in „Deutsch-Amerikanische Gesellschaft“ und „Deutsch-Amerikanisches Institut“ umzubenennen.495 War den deutschen Finanzierungspartnern 1961/62 noch daran gelegen, möglichst Kontinuität zu demonstrieren, bemängelten Kuratorium und Mitgliederversammlung nun, „dass in der bisherigen Satzung noch die Schlacken aus einer Zeit zu entdecken seien, als das Amerika-Haus als Instrument der Reeducation geboren worden sei […] Den Teilnehmern an Veranstaltungen soll jegliches Gefühl genommen werden, dass hier eine Art Propaganda-Institut bestünde.“ Dies empfahl auch die Sonderkommission.496 492 „Im Sinne der Partnerschaft“: Badische Zeitung vom 14. März 1969; Carl-Schurz-Haus, Deutsch-amerikanische Zeiten S. 28. 493 Zur Biographie Schurz’s. Geiger, Carl Schurz. 494 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 4. Dezember 1969: StadtAT, E 18, Nr. 57; DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Kuratoriums vom 4. Dezember 1969: StadtAT, E 418, Nr. 60. 495 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Kuratoriums vom 9. November 1971: StadtAT, E 418, Nr. 60; DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung der Mitgliederversammlung vom 18. November 1971: StadtAT, E 418, Nr. 59; hier auch die folgenden Zitate. 496 DAI Tübingen, Empfehlung der Kommission zur Reform des DAI, o.D. [April 1972]: StadtAT, E 418, Nr. 53.

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Mit den Strukturreformen erhielt der Verein 1972 einen neuen Namen und hieß nun „Deutsch-Amerikanische Gesellschaft e.V.“ und das DAI nahm offiziell den Namen „Deutsch-Amerikanisches Institut“ an. Im Februar 1971 erschien das erste Monatsprogramm, das statt des bisherigen Schriftzuges „Amerika-Haus Tübingen“ in kleiner Schrift den Namen „Deutsch-Amerikanisches Institut Tübingen“ trug.497 Schon im März 1971 wechselte der Namenszug wieder und zeigte nun in großer Schrift „Amerika-Haus Tübingen“ und klein darüber den Hinweis auf die deutsch-amerikanische Struktur. Erst ab der offiziellen Umbenennung stand in großen Buchstaben „Deutsch-Amerikanisches Institut“ auf den Programmen.498 Als Element der Neuausrichtung des DAI steht die Umbenennung in Tübingen stärker noch als die des Freiburger DAI für eine veränderte Sichtweise auf das deutsch-amerikanische Verhältnis, in dem die deutsche Seite auf mehr Sichtbarkeit und Zuständigkeit pochte. Das letzte Institut in dieser Reihe war das DAI Heidelberg. Während der Trägerverein seit seiner Gründung 1962 den Namen „Schurman-Gesellschaft Heidelberg“ trug, firmierte das DAI weiterhin unter dem Namen „Amerikahaus“. Im Zuge der stärkeren Betonung deutscher Interessen regte das Auswärtige Amt 1977 an, das Haus analog in „Schurman-Haus – Deutsch-Amerikanisches Kulturinstitut“ umzubenennen.499 Oberbürgermeister Zundel und Alt-Oberbürgermeister Weber äußerten Bedenken, denen sich etliche andere Mitglieder des Verwaltungsrats anschlossen. Der Name sei eingespielt, eine Umbenennung könne „psychologische Probleme“ auslösen und „als Distanzierung missverstanden“ werden, befürchteten sie.500 Alle waren jedoch einig, dass die Bezeichnung „Deutsch-Amerikanisches Institut“ grundsätzlich treffender sei als „Amerikahaus“. Horst-Günter Jansen, der auch in Heidelberg das Kultusministerium vertrat, wies darauf hin, dass die Umbenennungen in Freiburg und Tübingen keine negativen Konsequenzen gehabt hätten. Er setzte sich für den neuen Namen ein: Eine Umbenennung war für ihn unumgänglich, „nicht nur, weil ein ‚Amerika-Haus‘ eine ausschließlich von der amerikanischen Botschaft in Bonn getragene Institution sei, sondern [weil] der binationale Charakter dieses Heidelberger Hauses klar in Erscheinung treten müsse“. Damit räumte Jansen die Bedenken nicht vollständig aus, erreichte aber immerhin, dass im Briefkopf künftig „DAI“ stand. Noch 1978 erfolgte auch die öffentliche Umbenennung, die das DAI und die Stadt mit einem öffentlichen Festakt für den 100. Jahrestag des Studienaufenthaltes 497 DAI Tübingen, Programm Februar 1971: StadtAT, E 418, Nr. 147. 498 DAI Tübingen, Programm Juni 1972 und Dezember 1972, beide: StadtAT, E 418, Nr. 147. 499 DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats vom 23. November 1977: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 102. 500 Hier und im Folgenden: DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats vom 20. Januar 1978: HStAS, EA 3/505, Bü 352/7.

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Schurmans und den 50. Jahrestag der Ehrendoktorwürde der Universität Heidelberg verbanden.501 Bereits im Mai beschlossen Vorstand und Verwaltungsrat, den bisherigen Schriftzug „Amerika-Haus“ an der Fassade durch „Deutsch-Amerikanisches Institut“ zu ersetzen. Befriedigt vermerkte das Protokoll: „Der binationale Charakter des Hauses kommt voll zur Geltung.“502 Namensgebung, grafische Programmgestaltung und Mitspracherechte bei der Einstellung der Direktoren markieren Eckpunkte veränderter Sichtweisen auf das deutsch-amerikanische Verhältnis und ein gewachsenes Selbstbewusstsein der deutschen Finanzierungs- und Verwaltungspartner. Sie erweiterten ihre Handlungsspielräume und demonstrierten damit eine gewisse Emanzipation von den amerikanischen Vorgaben und der Reeducation-Zeit. Mit der veränderten Zuordnung des Direktors und der Forderung nach einem Programm, das gleichermaßen deutschen wie amerikanischen Interessen entsprach, wies das Tübinger Haus den Weg für künftige Entwicklungen auch in anderen DAI. Es ist gut möglich, dass die Tübinger Überlegungen auch das Auswärtige Amt inspirierten, ab etwa 1973 mehr Binationalität einzufordern, wenn die DAI weiterhin Bundeszuschüsse erhalten wollten. Dieses neue Verständnis spiegelt auf der Ebene der auswärtigen Kulturund Informationspolitik das gewachsene politische Selbstbewusstsein der Bundesrepublik. Das Auswärtige Amt vertrat diese Linie gegenüber den USA in Gesprächen zwischen Außenminister Genscher und der amerikanischen Botschaft und machte auf lokaler Ebene Druck, so etwa in Freiburg und Nürn­ berg:503 Die Bundesregierung, und dies gilt wohl auch für die Länder und Gemeinden, könnte es nicht mit den Zweckbestimmungen für ihre erheblichen Zuschüsse vereinbaren, wenn es sich bei den deutsch-amerikanischen Instituten um Instrumente offizieller amerikanischer Informationspolitik handeln würde.504

„Zeitgemäße Anpassungen“ seien einfach notwendig. Im Zuge der Diskussionen um die successor generations widmeten sowohl die Bundesrepublik wie auch die USA dem wechselseitigen Interesse anei­ nander seit dem Ende der 1970er Jahre besonders viel Aufmerksamkeit. Dem USIS war bewusst, dass nicht mehr allein Dankbarkeit das Handeln der Deutschen gegenüber den USA bestimmte, sondern dass die Amerikaner deutsche 501 DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1978: HStAS, EA 3/505, Bü 352/7. 502 DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 10. Mai 1978: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 102. 503 Wackerbauer, BayMK, Aktenvermerk vom 19. Oktober 1978: BayHStA, StK, Nr. 18209; DAI Nürnberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 14. November 1978: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1426; AA an DAI-Direktor Sheldon vom 16. Dezember 1985: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1428; DAI Nürnberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 25. April 1986: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1428. 504 AA an DAI-Direktor Sheldon vom 16. Dezember 1985: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1428.

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Interessen stärker berücksichtigen mussten. Carters Prinzip des „second mandate“ wertete den Gedanken echter Binationalität weiter auf, auch wenn viele USIA- und USIS-Mitarbeiter nur wenig interessiert daran waren und die Idee in der Praxis kaum wirkmächtig wurde. Die Inspektoren von 1977 akzeptierten zwar, dass die DAI den Interessen der deutschen Geldgeber gerecht werden mussten, doch ein Anliegen war es ihnen nicht.505 1.2.4 Deutsch-Amerikanische Institute ohne Amerikaner? Aus heiterem Himmel informierte der USIS im Mai 1986 die DAI und die deutschen Finanzierungspartner, dass die amerikanischen Gelder im Herbst des gleichen Jahres eingestellt würden.506 Grund dafür war der Gramm-­ Rudman-Act zur Eliminierung des Bundeshaushaltsdefizits, den der US-Senat 1985 verabschiedet hatte.507 Der USIS Germany musste jährlich etwa eine Million Dollar einsparen. Die Hälfte der Summe gedachte der USIS durch seinen Rückzug aus den DAI zu gewinnen.508 Auch wenn der USIS beteuerte, der Entscheidung lägen finanzielle Erwägungen zugrunde, sahen die deutschen Vertreter auf Landes- und Kommunalebene eine politische Dimension darin.509 Vielerorts löste die Ankündigung Empörung aus – nicht nur über den Rückzug des USIS, sondern auch über den Umgang mit den deutschen Geldgebern. Vorstand und Verwaltungsrat kritisierten das wenig partnerschaftliche Vorgehen der Amerikaner und kündigten an, dies „nicht kommentarlos“ hinzunehmen.510 In Freiburg forderte Oberbürgermeister Zundel die Amerikaner auf: „Stop this nonsense“.511 Die Deutschen waren sich ihres bedeutsamen Anteils an der Führung der DAI durchaus bewusst und nicht bereit, sich einfach vor vollendete Tatsachen stellen zu lassen. 505 Inspection Report USIS Germany vom 7. November bis 9. Dezember 1977, S. 54: StadtAN, E 6/799, Nr. 705. Zu den Schwierigkeiten, das „second mandate“ innerhalb der USIA durchzusetzen s. auch Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 373. 506 DAI Freiburg, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 7. Mai 1986: HStAS, EA 3/505, Bü 351/11; OB Urschlechter an DAI-Direktor Sheldon vom 9. Mai 1986: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1428. 507 Sautter, Lexikon der amerikanischen Geschichte, S. 154. 508 DAI Nürnberg, Protokoll der Sondersitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 14. Mai 1986: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1428; MinR Jansen, Aktenvermerk vom 7. Juli 1986: HStAS, EA 3/505, Bü 351/11. 509 DAI Freiburg, Aktenvermerk über ein Gespräch mit MinR Jansen vom 7. Mai 1986: ­HStAS, EA 3/505, Bü 351/11; DAI Nürnberg, Protokoll der Sondersitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 14. Mai 1986: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1428. 510 Ebd.; DAI Nürnberg, Telex Meyer und Strieder an US-Botschafter Burt vom 14. Mai 1986: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1428. 511 „Zundel kritisiert US-Botschafter Burt“: Rhein-Neckar-Zeitung vom 9. Juni 1986.

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1 Strukturen, Aufgaben und Aneignungen

Anders als 20 Jahre zuvor bedeutete der Rückzug der Amerikaner aus den verbliebenen DAI nicht deren Auflösung und Eingliederung in städtische Kultureinrichtungen. Auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene setzten sich Politiker und Bürger dafür ein, die DAI zu erhalten.512 Viele betonten, gerade für die junge Generation sei es wichtig, in Stätten wie den DAI verlässliche Informationen über die USA zu vermitteln. Auch die Presse sparte nicht mit Spitzen gegen die amerikanische Regierung. Die Südwestpresse karikierte die beständigen Hinweise der USA auf die amerikafeindliche Haltung linker Kreise und betitelte am 13. Mai 1986 eine Karikatur mit „Von Roten umzingelt – und dann dies!“513 Die Zeichnung zeigte einen Steinhaufen mit einem Hinweisschild „DAI“. In und neben dem Schild steckten Pfeile, vor denen sich einige verängstigte Bürger hinter den Steinen flüchteten. Der amerikanische Sheriff im Vordergrund sagte in ihre Richtung: „Macht’s gut Leute – ich brauch’ jetzt mein Pulver für was Wichti­geres!“514 Lokalspezifische Überlegungen konnten ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. So argumentierte das DAI Nürnberg, die Stadt dürfe nicht ausschließlich mit „negativen Assoziationen wie Stadt der Reichsparteitage, Rassengesetze und Kriegsverbrecherprozesse [sic!] in Verbindung gebracht werden“.515 Vielmehr müsse „Nürnberg für einen positiven Beitrag zwischen Deutschland und Amerika stehen“.516 Im Juni 1986 organisierte das Auswärtige Amt ein Treffen aller beteiligten deutschen Stellen.517 Alle sprachen sich dafür aus, die Häuser beizubehalten. Der USIS war nun doch bereit, die Bibliotheken und das Vortragsprogramm wenigstens in begrenztem Umfang weiter zu unterstützen. Das Auswärtige Amt kündigte an, zusätzlich 200.000 DM bereitzustellen. Lothar Späth hatte bereits zuvor signalisiert, dass das Land Baden-Württemberg bereit sei, seine Zuschüsse zu erhöhen.518 Kein DAI wurde geschlossen. Viele 512 So sprach der westdeutsche Botschafter in Washington im Auftrag des Auswärtigen Amts beim Direktor der USIA, Charles Wick, vor, der baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth (CDU) wandte sich an Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP), der Nürnberger Oberbürgermeister Urschlechter schrieb an US-Botschafter Burt, der Vorsitzende des SPD-Kreisverbandes Freiburg, Gernot Erler, bat Kultusminister Mayer-Vorfelder um Hilfe. BT, 10. WP, Drs. 10/5560 vom 5. Juni 1986; MinPräs Späth an OB Böhme vom 9. Juni 1986: HStAS, EA 3/505, Bü 351/11; OB Urschlechter an DAI-Direktor Sheldon vom 9. Mai 1986: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1428; Erler an KMinBaWü Mayer-Vorfelder vom 12. Mai 1986: HStAS, EA 3/505, Bü 351/11. 513 „US-Botschaft steigt aus“: Südwestpresse vom 13. Mai 1986. 514 Ebd. 515 DAI Nürnberg, Protokoll der Sondersitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 14. Mai 1986: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1428. 516 Meyer an Catherman, USIS vom 19. Mai 1986: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1428. 517 Hier und im Folgenden: MinR Jansen, Aktenvermerk vom 7. Juli 1986: HStAS, EA 3/505, Bü 351/11. 518 MinPräs Späth an OB Böhme vom 9. Juni 1986: HStAS, EA 3/505.

1.2 Westdeutsche Aneignungen

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versuchten, über erweiterte Mitgliedschaften, Spenden und Kurse selbst mehr Geld zu erwirtschaften. Das DAI Nürnberg hatte sogar weiterhin einen amerikanischen Direktor, der aus den Vereinsmitteln bezahlt wurde, allerdings kein Mitarbeiter des USIS mehr war. In den anderen Städten übernahmen Deutsche die Leitung. Der Name „Deutsch-Amerikanisches Institut“ blieb bestehen. Hießen die DAI teilweise noch Jahre nach ihrer Binationalisierung „Amerikahaus“ und unterschlugen damit den deutschen Finanzierungs- und Verwaltungsbeitrag, suggerierte der Name „DAI“ nach 1986 eine deutschamerikanische Kooperation, die es so nicht mehr gab. In den Beratungen von 1986 spielten Überlegungen, die während der 1960er Jahre prägend gewesen waren, keine Rolle mehr. Weder diskutierten die westdeutschen Finanzgeber, in wessen Zuständigkeit die Arbeit der DAI fiel, noch bemühten sie den Gedanken der Wechselseitigkeit, demzufolge eine Unterstützung der DAI nicht angemessen war, da die USA deutsche Kultureinrichtungen in ihrem Land auch nicht bezuschussten. Hinweise auf die Nachkriegszeit und die amerikanischen Hilfen fehlten ganz. Zügig und unkompliziert einigten sich Städte, Länder und der Bund, die DAI fortzuführen, auch wenn der Rückzug des USIS enttäuschend war, die Zuschüsse zu erhöhen und allenfalls die Organisationsstrukturen etwas zu verändern. Mitte der 1980er Jahre sahen die deutschen Geldgeber die DAI nicht mehr als amerikanische und als fremde Einrichtungen, die mit deutschen Geldern unterstützt wurden. Die DAI waren zu „eigenen“ Instituten geworden, denen sich die Deutschen innerlich verbunden fühlten und deren Existenzberechtigung nicht nur nach der Höhe der amerikanischen Zuschüsse und der Präsenz eines Amerikaners bemessen wurde. Dieses Gefühl der Verbundenheit beruhte nicht mehr auf Dankbarkeit oder dem Stolz, den USA als Partner willkommen zu sein. Auch außenpolitische Erwägungen hatten in dieser Situation ihre Relevanz verloren, denn mit dem Rückzug der USA hätte die Zusammenarbeit beendet sein können, ohne dass der deutschen Seite ein Vorwurf hätte gemacht werden können. Sicherlich spielte hier die jahrelange, teilweise jahrzehntelange Mitarbeit in den Verwaltungsgremien eine Rolle. Vor allem erkannten Bund, Länder und Kommunen die Arbeit der DAI als grundsätzlich in ihrem Interesse liegend an. Dazu trug sicherlich vor allem die veränderte Sichtweise auf das Prinzip der Binationalität seit Beginn der 1970er Jahre bei, in deren Folge die deutsche Seite Einfluss, Sichtbarkeit und Partizipationsmöglichkeiten forderte und gewann. Die Entscheidung, die DAI auch ohne amerikanische Mittel weiterzuführen, war weniger die Entscheidung für ein bestimmtes Organisationsmodell als für die Bedeutsamkeit der Beschäftigung mit den USA und den deutsch-amerikanischen Beziehungen.

2 Darstellen und deuten: . Die Amerikahäuser und Deutsch-­ Amerikanischen Institute in Aktion 2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung „No people can be taken for granted“, warnte im Februar 1967 die United States Advisory Commission on Information im Hinblick auf die amerikanische Kultur- und Informationspolitik in Europa.1 Die Kommission wies mit ihrer Warnung darauf hin, dass sowohl in thematischer als auch in generationeller Hinsicht die Bevölkerung eines Staates immer wieder neu gewonnen werden musste. Für die USA war es ebenso wichtig, die Unterstützung ihrer Verbündeten zu erhalten und zu erhöhen, wie skeptische oder feindlich gesonnene Staaten und Gesellschaften von den Zielen und Werten der USA zu überzeugen. Beides gehörte zu den Kernaufgaben der USIA. Zwar veränderten sich die Zielsetzungen der USA nicht – die bundesdeutsche Bevölkerung solle die USA positiv wahrnehmen und die amerikanische Politik befürworten – wohl aber ihre inhaltliche Füllung. Die Adivisory Commission stützte mit ihrer Warnung die Argumentation der USIA, die immer wieder über neue Herausforderungen auch in den westeuropäischen Ländern berichtete. Während jedoch Aussagen der USIA immer unter dem quellenkritischen Vorbehalt stehen, dass die Behörde und ihre Regionalbüros eine sorgfältige Balance zwischen erfolgreicher Arbeit und noch zu bewältigenden Aufgaben wahren musste, um ihre Existenz zu legitimieren, waren solche Überlegungen für die Advisory Commission irrelevant. Als unabhängiges Expertengremium, vom Präsidenten unter Zustimmung des Senats eingesetzt, beurteilte sie das gesamte Repertoire der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik, nicht nur die USIA. Sie hatte weder Vor- noch Nachteile zu befürchten, wenn sie bestimmte Ausprägungen der amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informationspolitik kritisch beurteilte oder zu regionalen Schwerpunktverlagerungen riet. Angesichts des ständigen Rechtfertigungsdrucks, dem die USIA im Kongress ausgesetzt war, war die externe Unterstüt1

22nd Report of the United States Advisory Commission on Information vom Februar 1967, S. 17: LBJL, WHCF, FG, Box 407. Dieses unabhängige Expertengremium wurde durch den Smith-Mundt-Act von 1948 etabliert. Aufgabe der Kommission ist es, den Präsidenten, den Außenminister und die Mitglieder des Kongresses über die Kultur- und Informationspolitik der USA zu unterrichten, diese zu bewerten und Empfehlungen auszusprechen.

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2 Darstellen und deuten

zung ihrer Position für die ganze Behörde und besonders das Regionalbüro Westeuropa daher besonders wichtig. In ihrer täglichen Arbeit entwickelten der USIS, die Amerikahäuser und DAI verschiedene Mechanismen, um sich und ihre Arbeit so weit wie möglich abzusichern. Die wichtigsten Voraussetzungen waren die inhaltlichen Themensetzungen sowie die gezielte Ermittlung und Ansprache ihrer Zielgruppen. In diesen Bereichen waren die Häuser abhängig von den politischen Gegebenheiten, den außenpolitischen Zielen der amerikanischen Regierung, den deutsch-amerikanischen Beziehungen sowie der Situation vor Ort. Daneben sind jedoch auch übergeordnete Strategien erkennbar, mit denen die Amerikahäuser und DAI versuchten, sich so weit wie möglich gegen verschiedene Risikofaktoren abzusichern. Sie sollen anhand von vier Themenkomplexen vorgestellt werden. Erstens geht es darum, wie die Amerikahäuser und DAI versuchten, deutsch-amerikanische Kontakte zu verstetigen, da institutionalisierte Abläufe weniger abhängig von tagespolitischen oder generationellen Veränderungen waren als kurzfristige Kooperationen. Zweitens suchten die Häuser, das Risiko kontraproduktiver inhaltlicher Beiträge zu minimieren, das mit der Auswahl der Referenten verbunden war. Dabei mussten sie darauf achten, nicht als einseitig ausgerichtet oder zensierend zu erscheinen. Drittens soll untersucht werden, mit welchen Kontroll- und Sanktionsmitteln der USIS reagierte, wenn das Programm eines Amerikahauses oder DAI nicht den Vorstellungen der Behörde entsprach und welche Handlungsspielräume die Häuser bei der Programmgestaltung hatten. Viertens wird in einer erweiterten Perspektive untersucht, wie sich der Funktionswandel der Amerikahäuser von Einrichtungen der Reeducation zu Kultur- und Informationszentren in einem befreundeten Staat vollzog. Auch nach dem Ende der Besatzungszeit verfolgten die USA aufmerksam, wie sich die bundesdeutsche Demokratie entwickelte und wie Politik, Wissenschaft und Gesellschaft mit der nationalsozialistischen Vergangenheit umgingen. Wollten die Amerikahäuser ihre Glaubwürdigkeit nicht verlieren, mussten sie mit diesem Themenkomplex unter den Bedingungen der gewandelten deutsch-amerikanischen Beziehungen besonders vorsichtig umgehen. 2.1.1 Verstetigen, beeinflussen, fördern: Amerikanistik, Schulunterricht . und Austauschprogramme als Handlungsfelder Der USIS in Bonn richtete einen beträchtlichen Teil seiner Arbeit auf die Verstetigung und Institutionalisierung der Beschäftigung mit den USA. Im Mittelpunkt standen die Etablierung der Amerikanistik an den Universitäten und die Aufnahme amerikakundlicher Elemente in den Englisch- und Geschichtsunterricht an den Schulen. Das war nicht ganz einfach. Bereits während der

2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung

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Besatzungszeit hatte der OMGUS mit wenig Erfolg versucht, Amerika-Institute nach dem Vorbild amerikanischer area studies zu schaffen und von der Anbindung an die Englischen Seminare zu lösen, denen die amerikakundlichen Lehrstühle bei- und untergeordnet waren.2 Literatur- und Sprachwissenschaftler, Historiker, Politologen und Soziologen mussten die Verankerung amerikakundlicher Themen mühselig an den jeweiligen Fakultäten erkämpfen.3 Im Wintersemester 1959/60 boten Willi Paul Adams zufolge nur 11 Universitäten Lehrveranstaltungen in kultur- und sozialwissenschaftlichen Amerikastudien an, und nur an vier Universitäten war ein fortgeschrittenes Studium möglich.4 Bevor jedoch die Amerikanistik nicht an den Universitäten etabliert war, befand der USIS Germany im Country Plan für das Jahr 1961, sei es in der Bundesrepublik nur schwer möglich, auch in den Schulen verstärkt amerikanische Schwerpunkte in den Unterricht zu integrieren: „when an effort is made to induce language teachers to give a little more emphasis to ‚American English‘ and to American literature, an indefinable but real resistance is encountered if the university in the district has no Chair in American Studies“.5 Für mindestens ebenso wichtig hielt der USIS die Stärkung amerikakundlicher Elemente in den Pädagogischen Hochschulen, die für die Lehrerausbildung in der Bundesrepublik zuständig waren.6 Unterstützt wurde auch die Deutsche Gesellschaft für Amerikastudien (DGfA) und ihr Publikationsorgan, das Jahrbuch für Amerikastudien (seit 1974 Amerikastudien/American Studies).7 Die Amerikanistik an den Universitäten zu stärken und amerikakundliche Inhalte in den schulischen Curricula zu verankern, blieb bis in die 1970er und 1980er Jahren ein wichtiges Ziel der amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informationspolitik in Westdeutschland, auch wenn der USIS 1982 berichten konnte, dass „[n]ext to the UK, and possibly ahead of France, the Federal Republic has the largest number of Americanists […] of any European country“.8 2

Paulus, Vorbild USA, S. 234–274; Strunz, American Studies oder Amerikanistik, S. 179; s. außerdem Hildebrandt-Mirtschink, Politikwissenschaftler, S. 41, 45. 3 Adams, Amerikastudien in der Bundesrepublik, S. 452. 4 Ebd., S. 461. Diese vier Universitäten waren Berlin, Hamburg, Mainz und München. 5 USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 13: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 6 Ebd., S. 14. 7 1963 widmete sich das Jahrbuch beispielsweise dem Thema „The USA in the Classrooms at Schools of Higher Education“: Jahrbuch für Amerikastudien 8 (1963); ähnlich das Oberthema des Jahrbuchs für Amerikastudien 12 (1967). S. auch Hornung, From the Jahrbuch für Amerikastudien, S. 21f., 51. 8 US-Botschaft Bonn an USICA Washington vom [2.] Juni 1982, S. 1: StadtAN, E 6/799, Nr. 754. Zur Förderung der Amerikanistik und amerikakundlicher Lehrinhalte s. beispielsweise: USIS Germany, Country Plan FY 1974/75, S. 18: StadtAT, E 418, Nr. 126.

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2 Darstellen und deuten

Auf den Ausbau der Amerikakunde hinzuwirken lag überwiegend im Aufgabenbereich des Kulturattachés an der amerikanischen Botschaft in Bonn, unterstützt von den Außenposten an den Generalkonsulaten.9 Auch mit dem Internationalen Institut für Schulbuchforschung in Braunschweig arbeitete der USIS Anfang der 1960er Jahre zusammen, um die Repräsentation der amerikanischen Geschichte in den westdeutschen Schulbüchern zu besprechen.10 Doch auch die Amerikahäuser und DAI bildeten wichtige Schnittstellen.11 Sie etablierten Kontakte mit Schulen und verschiedenen universitären Fachbereichen, führten gemeinsame Veranstaltungen mit ihnen durch, richteten das Buchangebot ihrer Bibliotheken zum Teil nach den Bedürfnissen der Amerikakundler aus und ihre Direktoren übergaben Bücherspenden zum Ausbau amerikawissenschaftlicher Institutsbibliotheken.12 Indem er die westdeutsche Auseinandersetzung mit den USA innerhalb deutscher Institutionen und Kontexte förderte, verließ der USIS den sicheren Boden eigener Kultur- und Informationsarbeit. Bestimmten die Amerikahäuser und DAI in ihrem eigenen Veranstaltungsprogramm selbst, mit welchen Themen sie sich auf welche Art und Weise auseinandersetzen wollten, waren die Einflussmöglichkeiten im deutschen Kontext beschränkt. Richard Pells hat darauf hingewiesen, dass sich westeuropäische Amerikanisten die Inhalte und Arbeitstechniken ihres aus den USA stammenden Faches ebenso nach den eigenen Bedürfnisse und Maßgaben anverwandelten, wie es Menschen auf der ganzen Welt mit amerikanischen Konsum- und Kulturprodukten taten.13 Die Amerikanistik, für die Regierung der USA oft als Mittel eingesetzt, um im Ausland Affinität und Unterstützung für die Vereinigten Staaten zu er9

USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 14: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. Es finden sich keine Hinweise, dass sich an dieser Aufgabenverteilung später etwas geändert hat. 10 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1963, S. 7: StadtAN, E 6/799, Nr. 130; USIS Germany, Country Plan FY 1964, S. 5: StadtAN, E 6/799, Nr. 130. 11 Zum Zusammenspiel dieser beiden Ebenen s. CAO Joyce an DPAO Berlin, alle BPAOs und alle Amerikahaus- und DAI-Direktoren vom 19. Juli 1967: StadtAT, E 418, Nr. 116. 12 So berichtete das DAI Nürnberg 1964, Bücher zu den American Studies gingen immer wieder als Langzeitausleihe an die amerikakundliche Bibliothek der Universität, meist für ein Semester, s. DAI Nürnberg, Assessment Report 1964: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. 1969 erhielt das Seminar für Amerikakunde über 240 Bände durch das DAI, s. „Amerikaverständnis zu fördern…“: Erlanger Volksblatt vom 29. April 1969. Kurz nach der Eröffnung der Universität Regensburg arrangierte das DAI eine Präsentation von 250 Büchern in der Universitätsbibliothek, um den Ausbau der amerikakundlichen Buchbestände zu fördern, s. DAI Regensburg, Tätigkeitsbericht 1968: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966–1993. In Tübingen bedankte sich Professor Hans-Joachim Lang für 230 Bücher, die das Amerikahaus dem Englischen Seminar geschenkt hatte: DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Kuratoriums vom 16. Dezember 1960: StadtAT, E 418, Nr. 60. 13 Pells, Not Like Us, S. 133, 278–334.

2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung

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werben, konnte sich jederzeit aus diesen Ansprüchen lösen. Hier endeten die Kontrollmöglichkeiten der USA: [F]rom Washington’s vantage point, the European Americanists seemed ungrateful, even insubordinate, when they converted American Studies into a movement that questioned, and thereby enabled people to resist, America’s influence. But as with other facets of American culture, the United States could not in the end determine what American Studies should be, or how it might be used, after it crossed the ocean.14

Ähnliches war auch für andere Fächer, die sich mit den USA beschäftigten, und auch für andere Bereiche denkbar: Theatergruppen konnten nur noch sozialkritische oder gar keine amerikanischen Dramen aufführen, bei Umweltschutzvereinen konnten die amerikanischen Impulse der Bewegung in den Hintergrund treten und Kritik an der Umweltpolitik der USA in den Vordergrund rücken. Lokal vernetzte Kultur- und Informationspolitik eröffnete zumindest die Chance, diese Risiken bis zu einem gewissen Grad abzumildern und auszubalancieren. Kooperationen bei Veranstaltungen und die Vermittlung von (amerikanischen) Gastreferenten für andere Institutionen und Organisationen boten für den USIS, die Amerikahäuser und DAI die Möglichkeit, Themensetzungen und Referenten mitzubestimmen, und bei ihrem eigenen Veranstaltungsprogramm konnten sie selbst gezielte Akzente setzen. Das Beispiel Schule zeigt, dass es nicht damit getan war, amerikakundliche Inhalte oder amerikanisches Englisch im Unterricht durchzusetzen. Nach dem „ob“ kam das „wie“: 1980 berichtete CPAO Alexander Klieforth an verschiedene hochrangige US-Funktionäre in der Bundesrepublik über eine Serie von Gesprächen mit 200 jungen Deutschen zwischen 17 und 28 Jahren aus Rheinland-Pfalz.15 Kaum ein Jugendlicher wusste demnach, dass es sich bei der NATO um einen freiwilligen Zusammenschluss freier Nationen zum Schutz ihrer Freiheit handelte. Die meisten sahen die NATO als reines Militärbündnis ohne darüber hinausgehende politische oder wirtschaftliche Interessen, und viele interpretierten das Bündnis als reaktionären Zusammenschluss heißer und kalter Krieger und Kapitalisten. Viele der Befragten erschienen Klieforth politisch gleichgültig. Solchermaßen problematische Einstellungen betrafen in erster Linie die Bundesrepublik, indirekt aber auch die USA, schlussfolgerte Klieforth: „If the FRG wants to have more NATO support among its young citizens, it will have to find means, other than political speeches, to drum up their interests, i.e. another ‚deficit‘ which would have to be overcome by educative means.“ Hier setzte der USIS mit Fortbildungsseminaren für Lehrer und mit Veranstaltungen in Schulen an.

14 Ebd., S. 133. 15 Hier und im Folgenden: PAO Klieforth an US-Botschafter Stoessel vom 17. März 1980: StadtAN, E 6/799, Nr. 229.

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2 Darstellen und deuten

Die USA, ihre Sprache, Kultur, Gesellschaft und Politik auch im Schulunterricht stärker zu verankern gehörte auch schon vorher zu den Zielen des USIS. Die Amerikahäuser und DAI organisierten viele regelmäßig stattfindende Fortbildungsseminare für Lehrer. Dabei arbeiteten die Häuser eng mit Fachverbänden und anderen Bildungsträgern zusammen, beispielsweise mit den Philologenverbänden, Schulämtern und Lehrerfortbildungswerken. Immer wieder konstatierten der USIS, die Amerikahäuser und DAI, dass Lehrer und Schüler teilweise erschreckend wenig über die Geschichte und Gesellschaft der USA wussten, hier also ein echter Nachholbedarf bestand.16 Allerdings interessierten sich viele Lehrer anscheinend eher für konkrete Sachinformationen als für Ideen und Konzeptionen der amerikanischen Gesellschaft, Kultur und Mentalität. So beklagte sich der USIS München 1966, das Konzept der Great Society stoße auf wenig Interesse bei den Lehrern, denen es nur um „handfeste“ Themen ginge.17 Die Kultusministerien der Länder erkannten mindestens einige dieser Seminare als reguläre Lehrerfortbildungen an.18 Inhaltlich beschäftigten sich die Fortbildungen mit der ganzen Bandbreite amerikakundlicher Themen von der Politik und Gesellschaft der USA bis hin zu ihrer Geschichte, Literatur und den Besonderheiten des amerikanischen Englisch. Sie entsprachen überwiegend den Themen, die auch im offenen Programm der Amerikahäuser und DAI vorherrschten.19 Fortbildungen zu pädagogisch-didaktischen Fragen machten einen weiteren Schwerpunkt aus. Ohnehin informierten die Amerikahäuser und DAI häufig zu Fragen der Unterrichtsgestaltung, des Schulbaus oder Prüfungsmethoden und sprachen damit gezielt alle an, die unterrichteten oder für den Bau und die Verwaltung von Schulen verantwortlich waren. Dies galt vor allem für die 1960er Jahre, in denen in der Bundesrepublik (wie auch in den USA) Bildungsreformen diskutiert und gezielt das höhere Bildungswesen nach dem Vorbild anderer hoch entwickelter Nationen ausgebaut wurden, um wettbewerbsfähig zu bleiben.20 16 USIS Bonn an PAO Berlin und alle BPAOs vom 16. Januar 1968: StadtAT, E 418, Nr. 116; Bericht USIS Germany vom 2. September 1969: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1953–1972, Box 1; PAO Klieforth an Catherman, Director des Office of European Affairs vom 23. Oktober 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 229. Zum geringen Stellenwert amerikanischer Geschichte an den Universitäten s. Doerries, The Unknown Republic. 17 USIS München, Assessment Report 1966: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. 18 Einladung für Lehrerfortbildung zu praktischen Gesichtspunkten der Unterrichtsplanung, o.D. [1978]: ISG, V113/251; Vermerk „Jugend-, Schul- und Kulturarbeit in Deutschland 1945–1949“, o.D. [1985]: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1427. 19 1963/64 bot das DAI Regensburg u.a. Lehrerseminare zu folgenden Themen an: „Cross Currents in Modern American and European Drama“, „The Roots of American English“, „American Folklore Today“, „Sozialerziehung – Politische Bildung“, „Die NATO und die Sicherheit der Atlantischen Gemeinschaft 1964“, s. DAI Regensburg, Tätigkeitsbericht 1963/64: PAAA, B 96, Nr. 893. 20 Diese Orientierung am Bildungssystem anderer Staaten, besonders der USA, schloss

2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung

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Die USA galten in den Bildungsdebatten der Bundesrepublik häufig als positives Vorbild.21 Die Amerikahäuser und DAI unterstützten diesen Prozess, indem sie das amerikanische Bildungssystem und seine Lehrmethoden als vorbildhaft präsentierten.22 Exemplarisch steht dafür ein Vortrag von Hildegard Hamm-Brücher, die zu diesem Zeitpunkt Staatssekretärin im Hessischen Kultusministerium war, mehrfach die USA bereist und an US-finanzierten Austauschprogrammen teilgenommen hatte.23 Sie sprach im März 1968 über „Bildungsreise nach USA. Vergleiche zwischen den Unterrichtsmethoden in der Bundesrepublik und den USA“. Das Amerikahaus Frankfurt kündigte an: Seit 1957, seit dem ersten Sputnik, den die Sowjets auf eine Umlaufbahn um die Erde schossen, befindet sich das amerikanische Bildungssystem in einer grandiosen Umwandlung. Die Erfolge haben sich mittlerweile eingestellt. Was lässt sich von diesem Modell auf die europäischen, besonders die deutschen Verhältnisse übertragen?24

In einem doppeldeutigen Wortspiel verwiesen Hamm-Brücher und das Amerikahaus auf das Thema des Vortrags, das Erziehungswesen, aber auch auf die Bildungsreise als Grand Tour, die vor allem im 18. Jahrhundert zu den Insignien des europäischen Adels und des gutsituierten Bürgertums gehörte. Bildungsreisen, so signalisierte das Frankfurter Amerikahaus, gingen nun nicht mehr ins europäische Ausland; wer etwas lernen und sich bilden wollte, musste in die USA blicken. Auf diese Weise versuchten die Häuser, nicht nur amerikakundliche Inhalte zu transportieren, sondern präsentierten gleichzeitig auch die Methoden, mit denen sie vermittelt werden sollten. Seit den späten 1970er Jahren nahmen die Klagen von USIS, Amerikahäusern und DAI über die klischeehaften und von Vorurteilen geprägten Unterrichtsmaterialien zu. Im Oktober 1979 berichtete Klieforth aus Bonn an den Leiter des Office of European Affairs der USIA über die wachsende amerikakritische Stimmung in der Bundesrepublik, die vor allem unter der sogenicht aus, dass diese wiederum ihre Ausbildungswege teilweise nach deutschem Vorbild reformierten. S. dazu Schumann/Sealander, Disziplin, S. 252f. 21 Ebd., S. 254. 22 Beispiele sind „Schülermitverantwortung und Sozialerziehung in den USA“; DAI Tübingen, Programm Juni 1963: StadtAT, E 418, Nr. 147; „Die amerikanische High School – Struktur und Entwicklungstendenzen“: AH Frankfurt, Programm Juni 1964: ISG, V113/284; „Team Teaching und beweglicher Unterricht“: DAI Tübingen, Programm Juni 1967: StadtAT, E 418, Nr. 147; „Wandel im Schulbau – am Beispiel der USA“: StadtAT, E 418, Nr. 147; „USA – Bildung für alle“ (Ausstellung): DAI Nürnberg, Programm Mai 1968; „U.S. Erziehungsprogramm für Kinder im Vorschulalter“: DAI Nürnberg, Programm Oktober 1970. 23 Latzin, Lernen von Amerika, S. 192–195, 365. 24 AH Frankfurt, Programm März 1968: ISG, V113/324. Im Oktober 1966 hatte Hildegard Hamm-Brücher unter dem gleichen Titel bereits im Amerikahaus München referiert, das den Vortrag jedoch ohne nähere inhaltliche Hinweise ankündigte, s. AH München, Programm Oktober 1966.

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2 Darstellen und deuten

nannten successor generation herrsche.25 Ein Großteil der Kritik komme aus den Schulen und Universitäten und unterscheide sich von den Vorwürfen aus der Zeit des Vietnamkriegs. Lehrer berichteten Klieforth zufolge von den erstaunlichen Fehlwahrnehmungen der Schüler in Bezug auf die USA und von US-feindlichen Inhalten in den Unterrichtsmaterialien. Anfang der 1980er Jahre beschrieben die Country Plans das Unterrichtsmaterial über die USA an westdeutschen Schulen als „revisionist and ‚problem-oriented‘, often distorted“, sodass Missverständnisse und Fehlwahrnehmungen vorprogrammiert seien.26 Die Materialien seien tendenziös, veraltet und inakkurat, zudem voller Fehlinterpretationen der amerikanischen Gesellschaft.27 Schulbücher waren aber nur ein Aspekt des Problems. Ein anderer lag bei den Lehrern. Viele Schüler seien schlecht oder falsch informiert über die USA, vermutete der USIS, „because of being taught by teachers who, as products of the sixties, are frequently hostile to American capitalism“.28 Solche Einschätzungen spiegelten den massiven Bedeutungszuwachs des politischen Konservativismus in den USA seit den späten 1970er Jahren, der das kulturelle Erbe der liberalen 1960er Jahre ablehnte und in die Wahl Ronald Reagans zum Präsidenten mündete.29 Die neokonservative Perspektive schärfte das Krisenbewusstsein des USIS als Teil einer regierungsoffiziellen Behörde. Sie sah Handlungsbedarf im Schulbereich. Die Lehrerfortbildungen der Amerikahäuser und DAI griffen diese Fragen auf. Das DAI Tübingen vermittelte 1978 in einem zweitägigen Seminar „Amerika im Englischunterricht“ vor allem didaktische Themen: „Was kann der Lehrer aus dem Lehrbuch lernen? Lehrwerkanalyse und Lehrbuchkritik“ stand ebenso auf dem Programm wie „Wahrnehmung und Bedeutungsbestimmung: Zu Problemen der Aneignung und Vermittlung einer fremden Kultur“.30 Hier ging es nicht mehr um faktenorientierte Inhalte wie in der Etablierungsphase der Amerikanistik und des amerikakundlichen Unterrichts, sondern um die adäquate Vermittlung dieser Inhalte. Seitdem amerikanische wie deutsche Politiker eine wachsende Entfremdung der jüngeren Generationen gegenüber dem jeweils anderen Staat konsta­ tierten und als problematisch wahrnahmen, erhielten die Lehrerfortbildungen an den Amerikahäusern und DAI verstärkte Unterstützung auch von deutscher Seite. So setzte sich der baden-württembergische Minister für Kultus und 25 Hier und im Folgenden: PAO Klieforth an IAE Catherman vom 23. Oktober 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 229. 26 USIS Germany, Country Plan FY 1982, S. 3: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. Es wird nicht ersichtlich, welche Unterrichtsmaterialien der USIS für diese Bewertung herangezogen hat. 27 USIS Germany, Country Plan FY 1983, S. 3: StadtAN, E 6/799, Nr. 754. 28 Ebd. 29 Patterson, Restless Giant, S. 130–134. 30 DAI Tübingen, Programm April 1978: StadtAT, E 418, Nr. 148.

2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung

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Sport, Gerhard Mayer-Vorfelder, bei seinem Kollegen, Finanzminister Guntram Palm, dafür ein, dass Lehrer die Kosten für USA-Fortbildungsseminare steuerlich absetzen konnten.31 Das DAI bot diese Seminare, die auch eine USA-Reise mit Kursen an der Georgetown University umfassten, in Zusammenarbeit mit der Universität Tübingen, der Schulverwaltung und der Landeszentrale für politische Bildung an.32 In den Augen Mayer-Vorfelders waren die USA-Reisen eindeutig beruflich veranlasst und hatten zudem eine politische Dimension: Angesichts der skeptischen bis ablehnenden Haltung eines Teils unserer Jugend gegenüber den USA hat sich der Ministerrat in letzter Zeit mehrfach mit der Frage einer Verstärkung der Kontakte zu den USA befasst und dazu eine Reihe von Beschlüssen gefasst. Die USA-Fortbildungsseminare des Deutsch-Amerikanischen Instituts Tübingen liegen genau auf der Linie dieser Kabinettsbeschlüsse. Die Seminare leisten einen wesentlichen Beitrag dazu, dass unseren Schülern von gut informierten Lehrern ein objektives Amerikabild vermittelt werden kann.33

Zudem entwickelte der USIS mit dem American Studies Newsletter (ASN) eine Zeitschrift, die helfen sollte, den US-bezogenen Schulunterricht auszubauen und im Sinne des USIS zu verbessern.34 Sie richtete sich hauptsächlich an Lehrer der gymnasialen Oberstufen und konnte von den Schulen bezogen werden. Der ASN gehörte mit zu den Strategien, die successor generation zu erreichen und ihr Interesse an den USA zu wecken.35 Lehrer, so argumentierte der USIS im Editorial der ersten Ausgabe, stünden hier vor neuen Aufgaben.36 Mit dem ASN sollten sie ein Hilfsmittel erhalten, um dieser Herausforderung zu begegnen. Indem der USIS die Zeitschrift zusammenstellte, kontrollierte er ihre Inhalte und gab damit den Lehrern Unterrichtsmaterial an die Hand, die den Vorstellungen des USIS entsprachen und im besten Fall 31 Hier und im Folgenden: KMinBaWü Mayer-Vorfelder an FMinBaWü Palm, o.D. [1984 oder 1985]: HStAS, EA 3/505, Nr. 354/16. Das Finanzministerium hatte eine Absetzung bei der Steuer anscheinend abgelehnt, weil die Lehrer nach dem Ende des Kursprogramms die Möglichkeit hatten, den USA-Aufenthalt auf eigene Kosten um zwei Wochen zu verlängern. 32 Diese Seminare bestehen bis heute weiter, s. Markert, Die Amis und die Uni, S. 61. 33 KMinBaWü Mayer-Vorfelder an FMinBaWü Palm, o.D. [1984 oder 1985]: HStAS, EA 3/505, Nr. 354/16. Handschriftlich wurde daneben vermerkt: „Die Sache liegt mir sehr am Herzen!“ 34 Bereits zuvor hatte der USIS schon einen „American Newsletter“ für Lehrer herausgegeben, der aber 1974 wegen finanzieller Engpässe eingestellt wurde. American Studies Newsletter 1 (September 1983) S. 3. 35 Tuch, Communicating with the World, S. 61, 155. Im Editorial begründete der Herausgeber den Entschluss für eine solche Zeitschrift allerdings nur vage mit dem „growing demand for current material about the U.S.“, ohne darauf zu verweisen, dass vor allem der USIS selbst den gesteigerten Bedarf an Lehrmitteln sah. S. American Studies Newsletter 1 (September 1983) S. 3. 36 Ebd.

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2 Darstellen und deuten

sowohl unter den Lehrern wie auch den Schülern eine positive Einstellung zu den USA förderten. Die baden-württembergischen DAI begannen Anfang der 1970er Jahre sogar damit, selbst Englischkurse anzubieten.37 Dies geschah in erster Linie aus finanziellen Gründen und zur längerfristigen Bindung ihrer Klientel.38 Andererseits eröffneten Englischkurse für die DAI die Möglichkeit, mit dem Sprachenunterricht auch inhaltliche Komponenten nach eigenen Vorstellungen zu vermitteln. Bei der Auswahl des Lehrpersonals, der Lehrmittel und der inhaltlichen Schwerpunkte waren die Häuser an keinerlei Vorgaben gebunden und konnten alles umsetzen, was der USIS für den schulischen und universitären Unterricht anmahnte. So betonte das DAI Tübingen 1973, alle Lehrer seien Muttersprachler, verfügten über Erfahrung im Fremdsprachenunterricht und würden vom DAI mit Büchern, Filmen, Videorecordern und anderen Lehrmaterialien ausgestattet.39 Das DAI Freiburg berichtete 1970 sogar, im Zuge der Zusammenarbeit mit dem Oberschulamt Südbaden fragten immer wieder Lehrer an, ob das DAI Kurse „für die Lehrer einrichten könne, die an Haupt- und Realschulen Englischunterricht erteilen, ohne eine spezifische Ausbildung genossen zu haben“.40 An neun Terminen nahmen regelmäßig etwa 45 Lehrer an dieser Fortbildung teil, bei der das DAI die Dozenten und das Lehrmaterial stellte.41 Auch hier bot sich also die Möglichkeit, über ein eigenes Kursprogramm einen gewissen Einfluss auf künftige Vermittlungsformen und -inhalte des schulischen Englischunterrichts zu nehmen. Zeitgleich mit den Schüben wachsender Distanz Jugendlicher zu den USA intensivierten die Amerikahäuser und DAI um etwa 1970 und dann wieder in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren ihr Informationsangebot 37 Bisher hatten die Amerikahäuser und DAI davon oft abgesehen – teils, um bestehenden Anbietern wie den Volkshochschulen keine Konkurrenz zu machen (dieses Argument war mancherorts besonders während der Reeducation-Zeit wichtig), teils, weil das lokale Angebot an Englischkursen so gut war, dass es für die Häuser nicht lohnte, auf diesem Feld aktiv zu werden. Hein-Kremer, Amerikanische Kulturoffensive, S. 329. 38 DAI Freiburg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 20. März 1974: HStAS, EA 3/505, Bü 351/6; [DAI] Freiburg an den Deutschen Städtetag vom 22. September 1981: StadtAF, D.Ku, Nr. 12; DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats vom 7. Mai 1974: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 102; DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats vom 19. Juni 1974: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 102. Das DAI Tübingen steigerte zwischen 1974 und 1985 den Anteil, den Einnahmen aus Sprachkursen am Gesamtetat hatten, von 9,4 auf 14,7 Prozent und von knapp 36.000 DM auf über 90.000 DM. DAI Tübingen, Rechenschaftsberichte 1974–1985, alle: StadtAT, E 418, Nr. 2. Zu den Kurs- und Teilnehmerzahlen s. DAI Tübingen, Tätigkeitsberichte 1971/72–1985, alle: StadtAT, E 418, Nr. 62. 39 DAI Tübingen, Tätigkeitsbericht 1972/73: StadtAT, E 418, Nr. 62. 40 DAI Freiburg, Bericht über zwei neue Veranstaltungsreihen vom August 1970, S. 4: ­HStAS, EA 3/505, Nr. 351/4. 41 Ebd.

2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung

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über Studienmöglichkeiten und Auslandsjahre in den USA. Schüler und Studierende sollten für „Studieren in den USA – mit eigenen Augen ganz anders sehen“ interessiert werden, um selbst in die USA zu reisen, dort zu leben und zu sehen, wie die USA „wirklich“ waren.42 Besonders die Präsidenten Jimmy Carter und Ronald Reagen förderten die Idee des persönlichen Kontaktes und Kulturaustausches durch Austauschprogramme.43 Auch sie sahen das Pro­ blem der successor generation und bestärkten die USIA, ihre Aktivitäten auf diesem Feld auszubauen.44 Im Dezember 1981/Januar 1982 richteten die Bundesrepublik und die USA eigene Stellen ein, um die gesellschaftlichen und kulturellen deutsch-amerikanischen Beziehungen auf hoher Ebene zu fördern.45 1983 beschlossen der amerikanische Kongress und der Bundestag anlässlich des Tricentennials – dreihundert Jahre deutsche Einwanderung nach Amerika – das Parlamentarische Patenschaftsprogramm, ein auf Gegenseitigkeit basierendes Austauschprogramm für Jugendliche.46 Mit dem Youth Exchange Initiative Act von 1982 stärkte Ronald Reagan die Austauschprogramme für Jugendliche zwischen den USA und der Bundesrepublik, Kanada, Frankreich, Italien, Großbritannien und Japan weiter.47 Für den amerikanischen Informationsdienst spielte sicherlich der Gedanke eine Rolle, durch Austauschprogramme die teilweise als unzulänglich empfundene Behandlung der USA im Schulunterricht und an den ­Universitäten auszugleichen oder zumindest den Grundstein dafür zu legen, dass kommende Generationen einen in den Augen des USIS angemesseneren Unterricht erhalten würden, wenn Schüler, Lehrer und potenzielle künftige Pädagogen auf eigene USA-Erfahrungen zurückgreifen konnten. In jedem Fall hofften der USIS, aber auch deutsche Politiker, auf diese Weise wieder mehr Jugendliche für das jeweils andere Land zu interessieren. Die Fulbright-Kommission und der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) begannen, verstärkt in den Amerikahäusern und DAI zu werben. Dadurch stieg nicht nur die Zahl solcher Informationsveranstaltungen, sondern auch ihr Charakter veränderte sich. Über Austauschmöglichkeiten für Schüler und Studierende zu informieren gehörte seit jeher zu den Aufgaben 42 DAI Tübingen, Programm November 1982: StadtAT, E 418, Nr. 149. 43 Hier und im Folgenden: US-Präsident Carter an USICA vom 13. März 1978: JCL, WHCF, FG 298, Box 217. 44 USIA-Direktor Reinhardt an Aaron, Acting Assistant to the President for National Security Affairs vom 19. Mai 1978: JCL, NSA Agency File, Box 9. 45 Littmann, Gute Partner, S. 212f. Mit Hildegard Hamm-Brücher fungierte für die deutsche Seite eine Teilnehmerin der Austausch-Programme während der Reeducation-Zeit als „Koordinatorin für die deutsch-amerikanische zwischengesellschaftliche, kulturund informationspolitische Zusammenarbeit“. 46 Tuch, Arthur Burns, S. 61–65. 47 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 420; Becker/Witzel, Die auswärtige Informations- und Kulturpolitik, S. 103.

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der Amerikahäuser und DAI und stand bei Letzteren sogar eigens in der Satzung.48 Doch während der 1960er Jahre beschränkten sich die meisten Häuser auf informelle Beratung. Nürnberg und Frankfurt boten bis in die späten 1960er bzw. frühen 1970er Jahre hinein fast gar keine offiziellen Veranstaltungen über Austausch- und Studienmöglichkeiten an, die auch im Programm angekündigt worden wären. In den wenigen Veranstaltungen dieser Zeit dominierten Teilnehmer an Austauschprogrammen, die in den Amerikahäusern und DAI über ihre Erfahrungen in den USA berichteten. Seit den späten 1970er Jahren stellten dann fast nur noch professionelle Vertreter solcher Programme die verschiedenen Austauschmöglichkeiten vor. Ulrich Littmann als Repräsentant des Fulbright-Programms, aber auch Mitarbeiter des American Field Service, des DAAD oder der Akademischen Auslandsämter der Universitäten ersetzten die Erfahrungs- und Augenzeugenberichte der Austauschteilnehmer. Im Vordergrund standen nun weniger subjektive Erlebnisse, sondern professionelle Informationen über administrative Abläufe, Bewerbungsverfahren, das amerikanische Schul- und Hochschulsystem sowie Stipendienmöglichkeiten.49 Diese Entwicklung spiegelte das gesteigerte Interesse der amerikanischen und westdeutschen Regierung an der Intensivierung der Austauschprogramme seit den späten 1970er Jahren.50 Zudem übernahm die USIA unter Carter 1978 die Cultural Unit (CU) des Department of State und damit die Zuständigkeit für Austauschprogramme.51 Als Aufgabengebiet der eigenen Behörde hatten Austauschprogramme nun einen anderen Stellenwert als unter der Verwaltung der CU, wo der Schwerpunkt auf wissenschaftspolitischen Aspekten gelegen hatte. Nach ihrer Eingliederung in die USIA rückten die Programme stärker in den Bereich der Kultur- und Informationspolitik.52 48 DAI Freiburg, Satzung, o.D. [1962]: PAAA, B 96, Nr. 704; DAI Heidelberg, Satzung o.D. [1962]: PAAA, B 96, Nr. 704; DAI Kassel, Satzung, o.D. [1962]: PAAA, B 96, Nr. 705; DAI Koblenz, Satzung, o.D. [1962]: PAAA, B 96, Nr. 705; DAI Marburg, Satzung, o.D. [1962]: PAAA, B 96 Nr. 705; DAI Nürnberg, Satzung, o.D. [1962]: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109; DAI Regensburg, Satzung, o.D. [1962]: PAAA, B 96, Nr. 706; DAI Tübingen, Satzung vom 17. April 1962: StadtAT, E 418, Nr. 53. 49 AH München, Programm Juni 1977; DAI Nürnberg, Programm Mai 1978. Am aktivsten warb Ulrich Littmann, zwischen 1963 und 1994 Geschäftsführender Direktor der deutschen Fulbright-Kommission. Im Verlauf der 1970er und 1980er Jahre besuchte er jedes Amerikahaus und DAI mehrfach, um über „Studium und Studienbedingungen in den USA“ zu informieren oder für „Studiumsmöglichkeiten an amerikanischen Universitäten und Colleges“ zu werben. 50 Littmann, Gute Partner, S. 212. 51 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 368–374; Littmann, Gute Partner, S. 196f. 52 Während Nicholas Cull „exchange diplomacy“ zu den fünf konstituierenden Elementen von Public Diplomacy zählt, weist Ulrich Littmann auf die Instrumentalisierung der Austauschprogramme hin, die mit ihrer Eingliederung in die USIA einhergegangen

2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung

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Augenzeugen- und Erlebnisberichte früherer Jahre entsprachen nicht mehr den Vorstellungen der Amerikahäuser und DAI über eine angemessene Werbung für die Austauschprogramme. Ende der 1970er Jahre waren die USA längst nicht mehr so fern wie in den 1950er Jahren, als Erfahrungsberichte von „Amerikafahrern“ auf großes Interesse gestoßen waren.53 Mittlerweile galt es eher, bei potenziellen Austauschteilnehmern das Interesse zu wecken, ihr vermeintlich sicheres Wissen über die USA zu hinterfragen und selbst in die Vereinigten Staaten zu reisen. Bezeichnenderweise fragte Littmann 1977/78: „In den USA studieren – Lohnt sich das?“. Er bestätigte mit diesem etwas provokativen Titel indirekt die Befürchtung des USIS, wonach die USA den Deutschen nicht mehr als Inbegriff von Kompetenz und Exzellenz galten.54 Die USA sollten wieder attraktiv werden, auch als Forschungs- und Ausbildungsstandort, und dafür griffen die Amerikahäuser und DAI auf professionelle Referenten zurück. Sie waren nach der „Periode des Antiamerikanismus in Europa“, wie Littmann in einem Aufsatz von 1977 die späten 1960er und frühen 1970er Jahre bezeichnete, auch nötig. Zwar hätten die akademischen Austauschprogramme diese Phase relativ unbeschadet überstanden, doch in einem stärker amerikakritischen Klima sei es besonders wichtig, Austauschprogramme sorgfältig zu organisieren.55 Da „[m]angelhafte Information über das vielfältige amerikanische Bildungswesen sowie manche Nachwirkungen des Antiamerikanismus“ durchaus die Entwicklung des transatlantischen Austauschs beeinflussen konnten,56 schien es Littmann wohl angeraten, in den Amerikahäusern und DAI über Studienmöglichkeiten in den USA zu referieren. Vertreter der Austauschorganisationen professionalisierten die Informationsveranstaltungen und bargen nur ein geringes Risiko, kritische Berichte oder unzureichende administrative Angaben zu präsentieren. Negative Urteile über die Veranstaltungen mit Rückkehrern gab es durchaus. 1970 stellte das DAI Tübingen seine follow-up-Treffen ein und begründete diese Entscheidung beschönigend mit den „heterogenen Erfahrungen“ der Teilnehmer in den USA.57 Zwei Jahre später berichtete der USIS München über ein missglücktes retournee-Treffen mittlerer Regierungsbeamter im Amerikahaus: Dem Bericht zufolge äußerten etliche Teilnehmer, sie seien froh, in der Bunseien. S. Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. xv; Littmann, Gute Partner, S. 202. Ob sich die veränderten administrativen Zuständigkeiten zusammen mit der Umwandlung der USIA in die USICA in der Alltagspraxis der Amerikahäuser und DAI bzw. ihrer Direktoren niederschlug, ist aus den Quellen nicht ersichtlich. 53 Latzin, Lernen von Amerika, S. 315–317. 54 USIS Germany, Country Plan FY 1981, S. 4: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. 55 Littmann, Der Austausch von Akademikern, S. 67. 56 Ebd. S. 71f. 57 Ludwig, DAI Tübingen an CAO Weyl vom 7. Oktober 1970: StadtAT, E 418, Nr. 116.

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desrepublik keine „amerikanischen Zustände“ zu haben. Auch der Moderator des Treffens, der Leiter des Politikressorts des Münchner Merkur und selbst früherer Austauschteilnehmer, sei ähnlicher Meinung gewesen.58 Kurt L. Shell, Professor an der Universität Frankfurt, habe in seinem Einstiegsreferat ebenfalls „vehemently negative“ über das politische System der USA gesprochen.59 Solche Differenzen können erklären, warum die Amerikahäuser und DAI zunehmend auf professionelle Vertreter von Austauschorganisationen setzten. Die häufige Präsenz deutscher wie auch amerikanischer staatlich finanzierter Austauschprogramme in den Amerikahäusern und DAI zeigt ebenso wie die Unterstützung der Lehrerfortbildungen, dass das Interesse der deutschen Seite ebenso stark war wie das der Amerikaner, die wechselseitigen Kontakte zu intensivieren und zu verstetigen. Angesichts der befürchteten Entfremdung zwischen den beiden Staaten wurden deutsche Stellen auch auf diesem Gebiet zunehmend zu Partnern der USA. 2.1.2 Wer spricht? „Amerikafahrer“ und Journalisten als Referenten Jenseits der Informationsveranstaltungen über Studien- und Austauschprogramme waren „Amerikafahrer“ als Referenten und Gäste stets willkommen. Seit den frühen 1950er Jahren, als mehrere Tausend westdeutsche Führungskräfte und Multiplikatoren aus allen Lebensbereichen im Rahmen des Reeducation-Programms die USA bereisten, um sich in den verschiedensten Schwerpunktgebieten über das Leben in einem demokratischen Staat zu informieren, boten die Amerikahäuser und DAI Veranstaltungen für Absolventen der Austauschprogramme an.60 Sie übernahmen damit eine gewisse Nachbetreuung der Teilnehmer. Manche, wie das Amerikahaus München, organisierten jährlich ein „Treffen der Amerikafahrer“ als geschlossene Veranstaltung,61 andere öffneten wie das DAI Tübingen diese Zusammenkünfte, um Interessierte und potenzielle Kandidaten für künftige Austauschprogramme zu informieren.62 Bis Mitte der 1960er Jahre hinein führten die Amerikahäuser und 58 USIS München an USIS Bonn vom 21. April 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 662. 59 Der liberale Politologe Shell war ein häufiger Gast in allen Amerikahäusern und DAI, sodass aus dem Urteil wohl auch die politische Perspektive eines USIS-Mitarbeiters während der Regierungszeit des Republikaners Richard Nixon spricht. 60 Latzin, Lernen von Amerika S. 304–310. 61 AH München, Programm Mai 1962, Mai 1963, April 1964. 62 DAI Tübingen, Programm Dezember 1962, November 1964, beide: StadtAT, E 418, Nr. 147. Der USIS regte solche Zusammentreffen von USA-Rückkehrern mit Interessierten, die in ähnlichen Bereichen tätig waren, an, s. USIS Bonn an Deputy CPAO Berlin, BPAOs, Amerikahaus- und DAI-Direktoren vom 24. August 1964: StadtAT, E 418, Nr. 116.

2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung

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DAI Jahrestreffen oder besondere Veranstaltungen für Austauschteilnehmer der Region im Stil der 1950er Jahre fort.63 Auch in späteren Jahren betreuten die Amerikahäuser und DAI Austauschteilnehmer nach ihrer Rückkehr – so gab der Direktor des Berliner Amerikahauses im Januar 1977 zwei informelle Empfänge für returnees –, allerdings weniger regelmäßig und intensiv.64 Vor allem aber rekrutierten die Kultur- und Informationszentren Rückkehrer aus den USA, um über verschiedene Aspekte des amerikanischen Lebens zu referieren. Häufig wiesen die Monatsprogramme USA-Reisende eigens aus, allerdings nicht immer. Es steht daher zu vermuten, dass noch wesentlich mehr Rückkehrer nach ihrer Amerikareise in den Amerikahäusern und DAI sprachen, als in den Programmen auftauchen. Allein im Bereich Städtebau führten die Programme aus München, Frankfurt, Nürnberg, Regensburg und Tübingen vier Referenten, die die USA zu diesem Themenkomplex bereist hatten, mit insgesamt mehr als zehn Vorträgen auf. Die Reeducation-Programme der späten 1940er und frühen 1950er Jahre waren längst abgeschlossen, doch die Strategie, USA-Reisende eng in das Programm der Amerikahäuser und DAI einzubinden, hatte sich bewährt und wurde fortgeführt.65 Die Häuser boten die Infrastruktur, um die Eindrücke und das Wissen, das die Austauschteilnehmer in den USA gewonnen hatten, zu multiplizieren und zu verbreiten und damit den intendierten Ertrag solcher regierungsfinanzierter Programme zu optimieren. Meist blieb es nicht bei einem Vortrag. Viele Austauschteilnehmer sprachen über die Jahre hinweg immer wieder in verschiedenen Amerikahäusern und DAI. Bis zu einem gewissen Grad konnten die Häuser sogar beeinflussen, wer ihnen einmal als potenzieller Referent zur Verfügung stehen würde, denn viele Amerikahaus- und DAI-Direktoren saßen in den Auswahlgremien von Stipendiengebern oder 63 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Kuratoriums vom 23. September 1960: StadtAT, E 418, Nr. 60; DAI Heidelberg, Aktenvermerk Erster Bürgermeister vom 19. Januar 1962: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 153; AH München, Programm Mai 1962 und Mai 1963; DAI Regensburg, Bericht des Direktors zur Mitgliederversammlung vom 5. November 1963: BayHStA, MK vorl. Nr. 1421; DAI-Direktor Pugh an BPAO Joyce vom 4. Dezember 1963: StadtAN, E 6/799, Nr. 72; DAI Heidelberg, Einladung vom 26. März 1964: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 152; AH München, Programm April 1964; USIS Berlin, PAO Hemsing an Department of State vom 28. Mai 1964: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; DAI Tübingen, Annual Report on Exchange of Persons Program FY 1964 und FY 1965, beide: StadtAT, E 418, Nr. 223; AH München, Programm Juni 1966. 64 USIS Bonn, Monthly Highlights Report vom 22. Februar 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 233. 65 Positive Berichte über die Vorträge von Austauschteilnehmern in verschiedenen Amerikahäusern und DAI finden sich beispielsweise in DAI Tübingen, Annual Report on Exchange of Persons Program FY 1964: StadtAT, E 418, Nr. 223; USIS Germany, Quarterly Report vom 9. Dezember 1975: StadtAN, E 6/799, Nr. 229.

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schlugen selbst geeignete Kandidaten für bestimmte Austauschprogramme vor.66 Deutsche und amerikanische Teilnehmer an Austauschprogrammen stellten einen beträchtlichen Teil der Referenten im Programm der Amerikahäuser und DAI. Viele dieser Austauschteilnehmer waren Wissenschaftler oder Politiker. Die amerikanischen Kultur- und Informationszentren setzten in ihren Veranstaltungen häufig auf universitär eingebundene Wissenschaftler. Die USA waren dabei häufig durch Fulbright-Professoren vertreten, die in der Bundesrepublik lehrten und lebten. Mit ihrer Beteiligung an Initiativen wie dem Pennsylvania Certificate Program und am normalen Veranstaltungsprogramm der Amerikahäuser und DAI wirkten sie ganz im Sinne des State Department, das sich von den Fulbright-Stipendien auch Impulse zum Ausbau der American Studies erhoffte.67 Ferner luden die Amerikahäuser und DAI häufig deutsche Politiker aller Parteien ein, die über Themen aus ihren Fachgebieten oder über die deutsch-amerikanischen Beziehungen sprachen. Des Weiteren standen oft die Namen amerikanischer Diplomaten und Militärangehöriger, sowie die der Mitarbeiter der US-Botschaft und der Generalkonsulate auf dem Programm. Auch die Direktoren der Amerikahäuser und DAI referierten häufig und reisten dafür durch die ganze Bundesrepublik. Manche Themen, wie die Bürgerrechtsbewegung in den USA oder der Vietnamkrieg, wurden sogar ganz überwiegend durch solch offiziellen Repräsentanten der USA vermittelt. Journalisten bildeten eine weitere Gruppe an Referenten, auf die die Amerikahäuser und DAI verstärkt zurückgriffen. Das Programm der Amerikahäuser und DAI bildete den Querschnitt der westdeutschen Medienlandschaft ab. Redakteure der überregionalen Tages- und Wochenpresse waren ebenso vertreten wie Fernseh- und Rundfunkjournalisten. Hinzu kamen Vertreter der regionalen Zeitungen, die im Gegensatz zu den Berichterstattern der großen Blätter nur in ihrem engeren lokalen Umfeld Vorträge hielten. Die meisten Journalisten sprachen in den Amerikahäusern und DAI zu politischen und außenpolitischen Fragen und arbeiteten im Ressort Außenpolitik oder als Auslandskorrespondenten, so Immanuel Birnbaum, Alfons Dalma, Klaus Harpprecht, Lothar Loewe, Gerd Ruge, Peter Scholl-Latour, Dieter Schröder oder Peter von Zahn. In Städten mit großen Zeitungen, Rundfunk- oder Fernsehanstalten war der Anteil von Journalisten im Programm besonders hoch. So luden die Amerikahäuser München und Frankfurt häufig Journalisten der Süddeutschen Zeitung (SZ) und des Bayerischen Rundfunks bzw. der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) ein. 66 Annual Report on Exchange of Persons Program FY 1965: StadtAT, E 418, Nr. 223; DAI Nürnberg, Monthly Highlights Report vom 29. Juli 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. 67 Pells, Not Like Us, S. 109.

2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung

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Aus der journalistischen Vielfalt der Referenten, die Vorträge, Kommentare, Diskussionsrunden oder Moderationen in den amerikanischen Kulturund Informationszentren übernahmen, lassen sich zwei besonders präsente Gruppen identifizieren, die sich teilweise auch überschneiden: Erstens Journalisten, die im Rahmen eines Austauschprogramms in die USA gereist waren, viele davon im Rahmen der Reeducation-Politik während der späten 1940er und frühen 1950er Jahre, und zweitens Vertreter der „45er“-Generation, die Mitglieder des Kongresses für Kulturelle Freiheit (Congress for Cultural Freedom, CCF) waren oder diesem nahestanden.68 Medien spielten bereits in der amerikanischen Reeducation-Politik eine wichtige Rolle. Presse, Rundfunk und Film nach demokratischen Maßgaben wiederaufzubauen, galt den USA als wichtige Voraussetzung einer funktionsfähigen und stabilen Demokratie in Deutschland.69 Neben der Lizenzierungspraxis setzten die Besatzer auf USA-Reisen im Rahmen von Austauschprogrammen, bei denen die Journalisten demokratische Medienarbeit am Beispiel der USA kennenlernen sollten. Als Multiplikatoren erreichten sie ein breites Publikum, und viele publizierten bereits während ihrer Reise erste Berichte über ihre Erlebnisse.70 Das Beispiel Bayerns zeigt, dass dieser Ansatz der Reeducation-Politik erfolgreich war. So ging beispielsweise die Gründung des Werner-FriedmannInstituts, der späteren Deutschen Journalistenschule in München, auf eine USA-Reise Friedmanns zurück.71 Auch die Hoffnung der Amerikaner, viele der teilnehmenden Journalisten würden nach ihrer Rückkehr ausgiebig über die USA berichten, erfüllten sich. Vielfach etablierte sich darüber hinaus eine langjährige Zusammenarbeit mit den Amerikahäusern und DAI. Bis weit in die 1960er Jahre hinein standen viele dieser prominenten Journalisten wie Immanuel Birnbaum (Ressortleiter Außenpolitik SZ), Werner Friedmann (Chefredakteur SZ, Gründer und Chefredakteur AZ), Ernst Ulrich Fromm (Chefredakteur NZ), Rudolf Mühlfenzl (Hauptabteilungsleiter Wirtschaftsund Sozialpolitik BR, Fernseh-Chefredakteur BR), Hermann Proebst (Chefredakteur SZ), Max Schulze-Vorberg (Chefkorrespondent des BR in Bonn) oder Wilhelm Emmanuel Süskind (SZ) auf dem Programm der amerikanischen Kultur- und Informationsinstitute.72 68 Zum Konzept der „45er“ s. Moses, Die 45er. Zum Profil der „45er“-Generation im Bereich des Journalismus s. Hodenberg, Konsens und Krise, S. 245–292. 69 Zur Pressepolitik der USA in der amerikanischen Besatzungszone s. beispielsweise Gienow-Hecht, Transmission Impossible. 70 Für Bayern s. Latzin, Lernen von Amerika, S. 204. 71 Ebd., S. 209–213. 72 Immanuel Birnbaum: AH München, Programm März 1961, Mai 1961, Dezember 1966, Juni 1968, März 1970, Oktober 1970; DAI Regensburg, Programm Oktober 1963 und Mai 1964, beide: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1966; DAI Tübingen, Programm Juni 1967: StadtAT, E 418, Nr. 147. Werner Friedmann: DAI Nürnberg, Pro-

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Über die Austauschprogramme hatten sich die USA für viele Themenbereiche einen Pool an regelmäßig auftretenden Referenten geschaffen. Die jahrelangen Verbindungen zwischen den Austauschteilnehmern und den Amerikahäusern und DAI als einem weiteren Element der amerikanischen Reeducation-Politik demonstrierten augenfällig den großen Erfolg dieser Maßnahme. Was die Rückkehrer über die USA zu sagen hatten, entsprach zum einen den amerikanischen Vorstellungen, sodass sie gern gesehene Referenten in den Kultur- und Informationszentren der USA waren. Zum anderen zeigten diese häufigen Vorträge, dass auch die Journalisten angetan von ihrer Reise, ihren Erfahrungen und den USA waren. So profitierten die Amerikahäuser und DAI von der amerikanischen Investition in den Austausch ganz besonders: einmal inhaltlich durch die Programmbeiträge, zum anderen aber auch durch die Präsenz prominenter Journalisten, die den Häusern Prestige und Legitimation verlieh. Die meisten dieser Journalisten waren zwischen 1900 und 1920 geboren worden, gehörten also der Generation der „Kriegsjugend und Kriegskinder“ an. Bei einigen wenigen lag das Geburtsjahr noch in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts. In den 1960er und 1970er Jahren rückten die in den 1920er und frühen 1930er Jahren Geborenen in den Vordergrund. Auch von diesen bereisten einige im Rahmen von Austauschprogrammen die USA, allerdings nicht so systematisch und im gleichen Umfang gefördert wie die Journalistengeneration vor ihnen.73 Diese sogenannten „45er“ hatten den Zweiten Weltkrieg als Jugendliche oder junge Soldaten erlebt. Sie waren während des Nationalsozialismus besonders indoktriniert worden, viele erlebten die Niederlage 1945 als Zusammenbruch aller Werte, an die sie geglaubt hatten.74 Christina von Hodenberg hat nachgewiesen, wie das Gefühl des Betrogen-Seins durch den Nationalsozialismus bei vielen der „45er“-Journalisten zu einem besonderen Engagement „gegen den erneuten Rückfall in die Diktatur“ und „zum Engagement für die Demokratisierung der westdeutschen Gesellschaft [und] zur Anlehnung an ‚den Westen‘“ führte.75

gramm Oktober 1967 und März 1969. Rudolf Mühlfenzl: AH München, Programm Mai 1963; DAI Nürnberg, Programm März 1969 und Dezember 1972. Hermann Proebst: AH München, Programm Oktober 1961, November 1962, März 1965, Oktober 1966, Oktober 1967, April 1969, Oktober 1969; DAI Nürnberg, Programm März 1970. 73 1972 berichtete beispielweise der USIS München über die positiven Resultate einer solchen USA-Reise von Hans Heigert, dem Chefredakteur der SZ, s. USIS München an USIS Bonn vom 21. April 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 662. Systematische Untersuchungen über die Austauschprogramme nach der Reeducation-Phase liegen bisher nicht vor. So ist beispielsweise nicht ganz klar, welche Reisen von den USA finanziert wurden und bei welchen der USIS und die Generalkonsulate nur administrative Hilfe leisteten. 74 Moses, Die 45er, S. 235; Hodenberg, Konsens und Krise, S. 245, 251–254. 75 Ebd., S. 255, 259.

2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung

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Bessere Botschafter als junge, prominente, demokratische, pro-westlich und pro-amerikanisch eingestellte Journalisten wie Klaus Bölling, Karl Hermann Flach, Burkhard Freudenfeld, Günter Gaus, Klaus Harpprecht, Thilo Koch, Lothar Loewe, Paul Noack, Rüdiger Proske,76 Gerd Ruge, Dieter Schröder oder Theo Sommer hätten sich die Amerikahäuser und DAI nicht wünschen können.77 Mehr als bei anderen Generationen bundesrepublikanischer Journalisten lag ihr Ziel in der Stabilisierung, Demokratisierung und Westbindung des Staates.78 Viele orientierten sich wie Rüdiger Proske oder Klaus Bölling an der zeitkritischen Berichterstattung des amerikanischen und britischen Rundfunks, vertraten dabei aber den Anspruch, Kritik sei erwünscht, dürfe aber die Bundesrepublik nicht existenziell gefährden; und etliche trieb wie Thilo Koch oder Proske zeitweise ein ausgemachtes politisches Sendungsbewusstsein, das den pädagogischen Impulsen des Amerikahausund DAI-Programms entgegenkam.79 Was die USA in den wenigen Jahren der Besatzungszeit nicht erreichen konnten, nämlich eine kritische Öffentlichkeit zu schaffen, halfen die „45er“- Journalisten seit den späten 1950er und vor allem seit den 1960er Jahren durchzusetzen, indem sie die Demokratisierung der Bundesrepublik vorantrieben.80 Mit Gaus, Harpprecht, Koch, Proske, Ruge und Sommer gehörten etliche dieser „45er“-Journalisten, die in den Amerikahäusern und DAI sprachen, zusätzlich dem CCF an oder standen ihm nah.81 Der CCF, ein von den USA 76 Teilweise war Rüdiger Proske als Referent in den Amerikahäusern und DAI anwesend, teilweise zeigten die Häuser auch nur seine Filme. 77 Diese Ansicht kommt im Tätigkeitsbericht 1971/72 des DAI Heidelberg zum Ausdruck, das bei seiner Aufzählung „profilierter Fachleute“, die im Vortragsprogramm des DAI sprachen, für die deutsche Seite überwiegend „45er“ benannte: „Dr. Theo Sommer, Gerd Ruge, Wolfgang Leonhard, Dr. Kurt Richebächer, Dr. Werner Kaltefleiter, Rüdiger Proske, Prof. Kurt Detweiler, USA, Prof. Ratner, USA, Werner Büdeler, Prof. Dr. Kurt L. Shell u.a.“ DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1971/72: HStAS, EA 3/505, Bü 352/4. 78 Zur Abgrenzung gegenüber den älteren Generationen des Konsensjournalismus, die sich häufig gegen den Einfluss der Alliierten wehrten und einer unbegrenzten Meinungsfreiheit skeptisch gegenüberstanden sowie jüngeren, in den Augen der „45er“ zu ideologisch und utopistischen Medienvertretern vgl. Hodenberg, Konsens und Krise, S. 262– 268, 411–413. 79 Ebd., S. 282f., 294f., 300. 80 Ebd., S. 448. 81 Von der älteren Journalistengeneration, die in den Amerikahäusern und DAI sprach, waren nur wenige mit dem CCF verbunden, so Fritz René Allemann und Norbert Mühlen. Vgl. Hochgeschwender, Freiheit in der Offensive, S. 58, 94, 116, 463, 478, 529. Veranstaltungen mit Allemann: DAI Nürnberg, Programm März 1966; DAI Tübingen, Programm Januar 1967: StadtAT, E 418, Nr. 147. Veranstaltungen mit Mühlen: AH München, Programm November 1960, Dezember 1962, November 1964, April 1971; DAI Nürnberg, Programm März 1971; DAI Tübingen, Programm Dezember 1962 und November 1964, beide: StadtAT, E 418, Nr. 147.

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initiiertes und durch den CIA finanziell gefördertes westliches IntellektuellenNetzwerk, unterhielt mehrere Regionalbüros in der Bundesrepublik.82 Besonders aktiv war die eher linksliberal ausgerichtete Hamburger Gruppe, die im Verlauf der 1960er Jahre ein „ausgesprochener Journalistenzirkel“ wurde und aus dessen Kreisen viele der „45er“-Journalisten stammten, die in den Amerikahäusern und DAI vortrugen.83 Insbesondere Theo Sommer war seit den 1950er Jahren eng in transatlantische Zirkel eingebunden und schrieb ausgesprochen pro-amerikanisch. Sogar Präsident Johnson nahm Sommers Artikel in der ZEIT wahr und maß ihm als einem „Agenten der Westbindung“ große Bedeutung für das Meinungsklima in der Bundesrepublik bei.84 Auch Melvin Lasky, Gründer der Zeitschrift „Der Monat“ und Mitherausgeber des britischen Encounter, die beide über den CCF finanziert wurden, war bis in die späten 1970er Jahre hinein Gast verschiedener Amerikahäuser und DAI.85 Die Zugehörigkeit zum CCF war wie ein weiteres Gütezeichen für die ­Programm-Macher, das zudem den Vorteil hatte, nach außen nicht unbedingt erkennbar zu sein. Die Phase stärkerer Amerikakritik in der Gesellschaft und den Medien der Bundesrepublik in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren bildete keine Zäsur bei der Vortragstätigkeit von „45er“-Journalisten in den Amerikahäusern und DAI, sondern überdauerte sie meist bruchlos. Dies galt auch für die Austauschteilnehmer. Als die USA immer stärker in die Kritik gerieten, setzten die amerikanische Botschaft und der USIS ganz gezielt auf die Amerikafahrer, um ein positives Image der USA zu präsentieren und die Kontakte zu westdeutschen Institutionen zu stärken.86 Indem die Amerikahäuser und DAI bei der Auswahl ihrer Referenten häufig auf Personenkreise wie Amerikafahrer oder Mitglieder des CCF zurückgriffen, erfüllten sie eine wichtige Vorgabe des USIS. Referenten, die nicht direkt über die amerikanische Botschaft vermittelt wurden, wurden durch den 82 Zum CCF in der Bundesrepublik vgl. Hochgeschwender, Freiheit in der Offensive. 1967 endete der CCF mit einem Skandal, als bekannt wurde, dass er maßgeblich durch den amerikanischen Geheimdienst CIA finanziert worden war. Seine Nachfolgeorganisation blieb wenig erfolgreich. 83 Zum Hamburger Büro des CCF vgl. Hochgeschwender, Freiheit in der Offensive, S. 496–506. 84 Zu Sommers Positionen und seinen transatlantischen Bezugskreisen vgl. Gassert, Blick über den Atlantik, bes. S. 69–71, 75–80. 85 AH Frankfurt, Programm September 1964: ISG, V113/268; AH München, Programm März 1978; AH Frankfurt, Programm Oktober 1978: ISG, V113/521; Program Evaluation Cards vom 9. März 1978 und vom 6. April 1978, beide: StadtAN, E 6/799, Nr. 405. Laskys Korrespondenz mit Vertretern verschiedener Amerikahäuser zufolge war er auch in anderen Jahren regelmäßiger Gast. Diese Hinweise verdanke ich Dr. Maren Roth vom Lasky Center for Transatlantic Research an der LMU München, an dem momentan der Nachlass Laskys bearbeitet wird. 86 Klimke, The Other Alliance, S. 220–224.

2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung

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USIS überprüft. Laut den „Regulations for Clearance and Approval of Program Participants“ vom März 1968 durften ohne eine solche Überprüfung nur Angestellte der amerikanischen Regierung, Angehörige einer US-Regierungsbehörde oder des Department of State, Stipendiaten des International Exchange Programs aus dem vorhergehenden Jahr, akkreditierte Diplomaten aus den USA wohlgesonnenen Staaten, Mitglieder des Bundes- oder eines Landeskabinetts sowie Führungspersönlichkeiten internationaler Organisationen wie der NATO, der EWG oder der OECD Vorträge in einem Amerikahaus oder DAI halten.87 Über alle anderen Referenten mussten die Häuser mindestens einen Monat vor Veranstaltungsdatum Informationen an den USIS weiterleiten, der jedes Jahr eine Liste mit „approved speakers“ herausgab.88 Ei­ nige Jahre später erinnerte der USIS in seinen Richtlinien noch einmal an die Notwendigkeit „to preserve program integrity since participants are free to express their own ideas which may, in occasion, include views contrary to USG [USIS Germany, R.K.] policies“.89 Dieses Risiko wollten der USIS, die Amerikahäuser und DAI möglichst gering halten. 2.1.3 Grenzen und Freiheiten in der Programmgestaltung Bis auf gelegentliche Misserfolgsmeldungen in den Program Evaluation Cards, die fast ausschließlich mit der Rhetorik oder den Sprachkenntnissen der Referenten zusammenhingen, gab es im Bezug auf das Programm der Amerikahäuser und DAI kaum Konflikte.90 Inhaltliche Beanstandungen – ein eigener Punkt der Evaluierungskarten fragte nach der „Relevance to CP [Country Plan, R.K.]“ – gab es kaum. Dies spricht für eine sehr sorgfältige Auswahl der Referenten, die gleich doppelt überprüft wurde und die dem Konzept der Offenheit und des freien Meinungsaustauschs, das die Amerikahäuser und DAI nach außen vertraten, gewisse Grenzen setzte. Zum einen empfahlen die Amerikahäuser und DAI mit ihren Evaluierungskarten, bestimmte Referenten wieder für Veranstaltungen zu engagieren oder davon abzusehen, und bezogen ohnehin einen relativ hohen Anteil ihrer Referenten und Künstler durch die USIA und deren „Voluntary Speakers“- und ­„American

87 PAO Ewing an alle BPAOs, Amerikahaus- und DAI-Direktoren vom 28. März 1968: StadtAT, E 418, Nr. 117. Ausgenommen waren auch Nicht-Amerikaner, die keinen Vortrag hielten, sondern beispielsweise ein Konzert gaben. Wie lange diese Vorschriften galten, muss offen bleiben, da dies aus den Unterlagen nicht hervorgeht. 88 PAO Ewing an alle BPAOs, Amerikahaus- und DAI-Direktoren vom 28. März 1968: StadtAT, E 418, Nr. 117. S. beispielsweise die Aufstellung des USIS, „Approved Speakers for USIS Programming in Germany 1963“: StadtAN, E 6/799, Nr. 138. 89 ICA Bonn an DAI Nürnberg vom 3. Oktober 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. 90 Program Evaluation Cards, StadtAN, E 6/799, Nr. 394–413.

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Specialists“-System (später zusammengefasst zu „American Participants“).91 Hinzu kamen Wissenschaftler, die beispielsweise als Fulbright-Stipendiaten in der Bundesrepublik waren, also ebenfalls ein Auswahlverfahren durchliefen, sowie von den einzelnen Amerikahäusern und DAI ausgewählte Referenten und Künstler. Der USIS prüfte diese Vorschläge entschied, ob Bedenken gegen die Referenten vorlagen oder ob sie in den Amerikahäusern und DAI sprechen durften.92 Jedes Jahr gab der USIS eine Liste mit „approved speakers“ heraus, die für ein Jahr gültig war.93 Zum anderen studierten die Mitarbeiter des USIS in Bonn die Programme aller Häuser und erhoben, wenn sie es für nötig hielten, Einspruch. So fragte ein Vertreter des USIS 1978 im DAI Freiburg nach, warum die Europawahlen oder naturwissenschaftlich-technische Themen in einem deutsch-amerikanischen Institut behandelt werden müssten.94 Ernsthafte Konflikte im Bereich der Programmgestaltung sind nur für das DAI Tübingen dokumentiert, die sich an politischen Themen entzündeten.95 Üblicherweise liefen Auseinandersetzungen über das Programm aber eine Ebene darunter ab, indem die Verwaltungsgremien der einzelnen Häuser selbst bemängelten, wenn ein Thema zu stark oder zu wenig behandelt wurde. Themen, die nicht dem Auftrag entsprachen, entweder die USA oder deutschamerikanische Belange vorzustellen, führten zu Mahnungen, diese Praxis wieder zu ändern.96

91 Dodds, USICA Bonn an DAI Nürnberg vom 3. Oktober 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. In den Dokumenten werden meist die Abkürzungen VolSpk, AmSpec und AmPart verwendet. 92 Zu den „Regulations for Clearance and Approval of Program Participants“ s. PAO ­Ewing an BPAOs, Amerikahaus- und DAI-Direktoren vom 28. März 1968 StadtAT, E 18, Nr. 117. 93 USIS, Ewing an PAOs, Amerikahaus- und DAI-Direktoren vom 28. März 1968: StadtAT, E 418, Nr. 117. In der Korrespondenz zur Programmvorbereitung befinden sich viele Schreiben des USIS mit dem kurzen Hinweis „approved“. S. dazu die Programmunterlagen des DAI Nürnberg: StadtAN, E 6/799, Nr. 142–172, 307–321. 94 DAI Freiburg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 2. Juni 1978: HStAS, EA 3/505, Bü 351/8. 95 Diskussionen über die Programmgestaltung der einzelnen Häuser wurden nach Information von Christoph Peters und Manfred Strack bei den regelmäßigen Treffen der ­Amerikahaus- und DAI-Direktoren mit amerikanischen USIS-Mitarbeitern geführt. Diese Treffen sind nicht dokumentiert, konnten aber wohl die meisten Konflikte lösen, da es in den Akten keine weiteren Hinweise auf Programmstreitigkeiten gibt. Gespräche mit Manfred Strack vom 24. Januar 2005 und mit Christoph Peters vom 14. Mai 2007. 96 Diese Problematik betraf die binationalen DAI stärker als die rein amerikanisch finanzierten Amerikahäuser. S. beispielsweise Kritik am Programm des DAI Tübingen im Jahr 1976: DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 20. September 1976: StadtAT, E 418, Nr. 57; DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 8. Dezember 1976: StadtAT, E 418, Nr. 57.

2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung

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Zwei Konflikte in Tübingen 1973 und 1977 reichten wesentlich tiefer. In beiden Fällen griff der USIS stark in die Geschäfte des Hauses ein und kritisierte das Programm fundamental. Im Herbst 1973 entzündete sich der Konflikt am Monatsprogramm für November mit dem Oberthema „Die Ära Nixon“. Im Programmhinweis hieß es: Soziale Missstände, Rassenunruhen, ideologische Auseinandersetzungen halten die Nation in Atem wie nie zuvor. Das Recht scheint fragwürdiger denn je. Die Kriminalität […] macht auch nicht vor den höchsten Rängen der Administration halt. […] Noch ist nicht klar, inwieweit der Präsident ‚Dreck am Stecken‘ hat, was aber in jedem Fall bleiben wird, ist ein unermesslicher Vertrauensschwund des Präsidentenamtes.97

Einer der Referenten war der linke Politikwissenschaftler und frühere Vorstand des Republikanischen Clubs, Ekkehart Krippendorff; ferner zeigte das DAI die Filme Angela Davis und The Great Chicago Conspiracy Circus über die Watergate-Affäre. Soweit aus den noch vorhandenen Programmen ersichtlich, thematisierten ansonsten nur das DAI Regensburg und das Amerikahaus München die Watergate-Affäre mit eher rückblickenden Vorträgen, die allerdings durch keinerlei kritische Kommentare in den Monatsprogrammen angekündigt wurden.98 In Tübingen war für den USIS die Grenze überschritten, die Behörde forderte, die Filme nicht zu zeigen mit der Begründung: Gewiss sind wir uns einig, dass das Tübinger Institut ein offenes Forum, auf dem alle Themen frei und in ausgewogener und objektiver Weise diskutiert werden, sein sollte. Doch wenn man das Novemberprogramm prüfend anschaut, wird es offenbar, dass die Prinzipien der Objektivität und Ausgewogenheit ernstlich negiert worden sind.99

Der USIS forderte sogar, das Monatsprogramm nicht zu verteilen.100 Was dem Tübinger DAI als kritische, aber angemessene Auseinandersetzung galt, bezeichnete der USIS in Bonn als „deutlich subjektive und voreingenommene Ansichten […], die angetan sind, das Bild der amerikanischen Gesellschaft zu verzerren.“101 Die Filme wurden abgesetzt. Im Frühjahr 1977 setzte der USIS nicht das Programm, sondern gleich den Direktor des DAI Tübingen ab. Der USIS monierte, unter Robert M. Asch habe das DAI zu viele Themen behandelt, die nicht mit den USA in Verbindung stünden und damit nicht den Programmrichtlinien entsprachen. Vor al97 DAI Tübingen, Programm November 1973: StadtAT, E 418, Nr. 148. 98 „Watergate und die Folgen“, DAI Regensburg, Programm Oktober 1973: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1980; „America’s Society after Watergate“, AH München, Programm Juni 1974. 99 Auszug aus einem Brief von PAO McKinney Russell an DAI Tübingen, zitiert nach: DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung der Mitgliederversammlung vom 7. Dezember 1973: StadtAT, E 418, Nr. 59. 100 DAI Tübingen, Protokoll der außerordentlichen Sitzung des Programmbeirats vom 16. November 1973: StadtAT, E 418, Nr. 61. 101 PAO Russell an DAI Tübingen vom 1. November 1973 (Auszug): StadtAT, E 418, Nr. 61.

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lem aber seien DDR-Propagandafilme gezeigt worden, und „dies sei schwerwiegender als alle anderen Einwände“.102 In der Tat hatte das DAI im Oktober 1976 im Rahmen ihres Programms „Abschieben oder assimilieren? Minderheitenprobleme in den USA und der Bundesrepublik“ zwei DDR-Western gezeigt, Ulzana und Die Söhne der großen Bärin. Beide gehörten zu einer Serie von „Indianerfilmen“ der DEFA zwischen 1965 und 1983, die in der DDR höchst erfolgreich war. Diese Filme waren ideologisch aufgeladen und verbreiteten das offizielle Welt- und Geschichtsbild der DDR.103 Sie präsentierten die Indianer als friedliebende „edle Wilde“ und prangerten den „Kolonialismus“, „Rassismus“ und „Imperialismus“ der Weißen an.104 Ziel war, die USA zu delegitimieren.105 Die Auseinandersetzungen um das Programm des Tübinger DAI begannen jedoch deutlich vorher. Bereits bei seinem Amtsantritt im Herbst 1974 sagte Asch in einem Interview mit dem Schwäbischen Tagblatt, man müsse „kritisch arbeiten, schon alleine deshalb, weil es sonst langweilig würde“.106 Einseitige oder verkürzende Darstellungen kritischer Sachverhalte lehnte er ab und gab an, zu manchen Themen wie Lateinamerika sei es wohl schwierig, „etwas Positives über die USA zu sagen. Niemandem sei jedoch damit gedient, sich nur schwarz-weiß-malende Klischees um die Ohren zu schlagen“, doch andererseits ginge es „auch nicht an, Amerika zum Sündenbock schlechthin zu machen“. Im Januar 1975 kündigte das DAI dann eine Veranstaltungsreihe zu „Lateinamerika und die USA“ an. Das Thema sei ein „heißes Eisen“, hieß es im Monatsprogramm, denn nach dem Militärputsch in Chile stünden die USA und ihre Lateinamerikapolitik in der Kritik. Als „offenes Forum […], in dem gerade auch umstrittene Themen behandelt werden, versuchen wir die vielfältigen und kontroversen Standpunkte […] darzustellen“, definierte das DAI sein Selbstverständnis.107 Im Februar 1976 kritisierte der USIS zum ersten Mal das Programm Aschs. Bei einer Überprüfung aller Veranstaltungsprogramme der Amerikahäuer und DAI seit Januar 1975 auf ihre Nähe zu den Country Plans108 fand PAO Alexander A. Klieforth 102 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 20. April 1977 (Entwurf): StadtAT, E 418, Nr. 57. 103 Gemünden, Between Karl May and Karl Marx, bes. S. 245. Buscombe, „Injuns!“, S. 209–214. „Indianerfilme“ hießen die Produktionen in Abgrenzung zu den amerikanischen und westeuropäischen „Western“. 104 Gemünden, Between Karl May and Karl Marx, S. 244f. 105 Dabei standen die Produzenten vor ideologischen Problemen: „[E]ven if the films’ message was always anti-American, it was still articulated through a Hollywood genre“. Gemünden, Between Karl May and Karl Marx, S. 251. 106 Robert Asch zitiert nach: „Robert M. Asch. Neuer Direktor des Amerika-Hauses“: Schwäbisches Tagblatt vom 17. Oktober 1974. 107 DAI Tübingen, Programm Januar 1975: StadtAT, E 418, Nr. 148. 108 PAO Klieforth an DPAO Berlin, alle BPAOs und alle DAI-Direktoren vom 2. Februar

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only six programs which support any objective at all. This puts Tuebingen far, far behind any other institution we support and in fact also behind those who recieve practically no support from us but which mount programs falling within the frame of the three objectives.109

Klieforth betonte, „that a German-American Institute should offer programs with American content“, denn „its primary raison d’etre is to convey American experience to a German audience“.110 Asch sah das anders: Auch für ihn hatten Veranstaltungen zu den USA Priorität, doch er betonte auch, dass für ein Deutsch-Amerikanisches Institut mit seiner binationalen Struktur andere Regeln gelten müssten als für ein Amerikahaus. Besonderen Wert legte er darauf, den lokalen Kontext zu berücksichtigen. Wenn in Tübingen kaum Industrie angesiedelt war, hatte es seiner Meinung nach wenig Sinn, wirtschaftliche Themen schwerpunktmäßig zu behandeln. Selbstbewußt bilanzierte er: „[T]he German-American Institute in Tübingen is an integral part of the life of this town. It is a credible, solid institution with an established position and following in the community. This does more for the US than anything else.“111 Im Februar 1977 kündigte der USIS Asch nach weiteren Streitigkeiten, da sich trotz wiederholter Aufforderungen das Programm des DAI nicht geändert habe. Der USIS bewertete es als „consistent failure […] to meet the minimum requirements of such an institution in support of the FRG [Federal Republic of Germany, R.K.] and U.S. governments’ common interests“.112 Im Verlauf der Debatte zwischen der Vorstandschaft des DAI, Asch und Dabney Chapman als dem Vertreter des USIS wies der Direktor auf weitere Probleme hin. Auf seinen Vorschlag, eine Vortragsreihe zur NATO zu veranstalten, habe der USIS ablehnend reagiert. Vorgesehen war eine Diskussion zwischen einem offiziellen NATO-Sprecher, einem Kritiker, einem Bundeswehr-General sowie einem Friedensforscher. Eine Podiumsdiskussion war gerade noch akzeptabel, zitierte Asch Chapman, doch das kritische Referat auf keinen Fall. Eine Plattform für negative Diskussionsbeiträge dürfe das DAI nicht geben. Asch lehnte ein so affirmatives Programm ab, das seiner Meinung nach undemokratisch war.113 Damit war er unhaltbar für den USIS und musste als „unbelehrbar“ gehen.

1976: HStAS, EA 3/505, Bü 354/9. 109 PAO Klieforth an DAI-Direktor Asch vom 3. Februar 1976: HStAS, EA 3/505, Bü 354/9. 110 Ebd. 111 DAI-Direktor Asch an PAO Klieforth vom 6. Februar 1976: HStAS, EA 3/505, Bü 354/9. 112 PAO Klieforth an DAI-Direktor Asch vom 25. Februar 1977: HStAS, EA 3/505, Bü 354/10. 113 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 20. April 1977 (Entwurf): StadtAT, E 418, Nr. 57.

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Das Programm des DAI Tübingen war tatsächlich kritischer als das anderer Städte, wie ein Blick in das Jubiläumsprogramm des Jahres 1976 zur Feier der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung zeigt. Von allen schwerpunktmäßig untersuchten Häusern zeigte allein das DAI Tübingen nicht die mehrteilige Serie Alistair Cooke’s America über die Geschichte der USA. Dafür kündigte das Institut gleich auf der Vorderseite des Juniprogramms 1976, das unter dem Stichwort „1776–1976 American Revolution Bicentennial“ lief, einen Vortrag zur „Krise des amerikanischen Regierungssystems“ von Peter Lösche an, der „die Ursachen der tiefgreifenden strukturellen Veränderungen des amerikanischen Regierungssystems […] anhand der Watergate-Affäre“ problematisieren sollte.114 Die übrigen Veranstaltungen waren ähnlich angelegt. Mit „USA: Modell einer Demokratie?“ stellte das DAI ausgerechnet im Jubiläumsjahr hinter denjenigen amerikanischen „Exportartikel“ ein Fragezeichen, auf den die USA besonders stolz waren. Auf dem Podium saß neben dem in Frankfurt lehrenden Politologen Kurt Shell wieder Ekkehart Krippendorff. In dieser Diskussion geht es um die Durchleuchtung des herrschenden amerikanischen Selbstverständnisses – wirkliche Demokratie oder gar Modell für andere Länder zu sein. Stichworte wie Pluralismus, demokratische Elitenherrschaft, Polyarchie und Herrschaft des Monopolkapitals bezeichnen das Umfeld der Analyse und Kritik,

lautete der Programmhinweis und endete zumindest einigermaßen versöhnlich: „Zugleich ist nach den […] Bedingungen der bemerkenswerten Stabilität ihres [der USA, R.K.] politischen Systems zu fragen.“ Für eine dritte Veranstaltung „USA: Im Dickicht der Vorurteile“ lud das DAI dann Reinhard Lettau ein, der 1971 mit seinem Buch „Täglicher Faschismus. Amerikanische Evidenz aus 6 Monaten“ großes Aufsehen erregt hatte. Lettau war 1967 wegen einer kritischen Rede zum westdeutschen Pressesystem auf einer APO-Kundgebung aus der Bundesrepublik ausgewiesen worden. In den USA, wo er in San Diego deutsche Literatur lehrte, saß er später wegen seiner Beteiligung an Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg zeitweilig in Untersuchungshaft.115 1976 sollte er nun zusammen mit dem Schriftsteller Peter Roos unter der Leitung von DAI-Direktor Asch für eine „Gegenüberstellung der gesellschaftlichen Wirklichkeit mit den gängigen Vorurteilen über den heutigen amerikanischen Alltag“ auf dem Podium sitzen.116 Die „Bicentennial Fete“ mit Gitarren- und Dixieland-Musik ging daneben fast ein wenig unter. Auch wenn kontroverse Gesprächspartner immer die Möglichkeit bieten, die eigene Position profiliert herauszuarbeiten, bleibt die Pro-

114 Hier und im Folgenden: DAI Tübingen, Programm Juni 1976: StadtAT, E 418, Nr. 148. 115 Reinhard Lettau, in: Internationales Biographisches Archiv 40/1996 vom 23. September 1996. 116 DAI Tübingen, Programm Juni 1976: StadtAT, E 418, Nr. 148.

2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung

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grammzusammenstellung für Jubiläumsfeierlichkeiten dennoch ungewöhnlich kritisch. Beide Auseinandersetzungen in Tübingen zeigten, dass der USIS die Programme der einzelnen Häuser sehr genau beobachtete und auch verglich. Als positive Vorbilder nannte PAO Alexander A. Klieforth 1977 die binationalen Institute in Regensburg und Kiel, das DAI in Heidelberg hatte schon Chapman zuvor als „Super-Amerikahaus“ bezeichnet.117 In den rein amerikanisch finanzierten Amerikahäusern war die Gefahr eines zu wenig auf amerikanische Zielvorgaben ausgerichteten Programms ohnehin geringer, da hier die Verflechtung mit deutschen Stellen wesentlich schwächer war als in den binationalen Instituten mit ihren deutsch-amerikanisch besetzten Gremien und den deutschen Finanzgebern. Die Tübinger Konflikte zeigen nicht nur, dass die Selbstdarstellung als freies, offenes und tolerantes Gesprächsforum bis zu einem gewissen Grad Rhetorik war und festgesteckte Grenzen hatte, die nicht überschritten werden durften. Sie zeigen auch die Grenzen des Konzepts binationaler Institute. Indem die USIA Lenkungs- und Einflussmöglichkeiten abtraten, gewannen sie finanzielle Unterstützung zur Verfolgung ihrer Ziele sowie eine festere Einbindung der Häuser in die deutsche Gesellschaft. Doch sie verloren einen Teil ihrer Kontrollmöglichkeiten bzw. setzten sich einem stärkeren Risiko gegenläufiger oder unliebsamer Einflüsse aus. Wurden diese zu stark, war der USIS bereit, sich über bestehende Abmachungen hinwegzusetzen. So informierte der USIS die Verwaltungsgremien des DAI und die deutschen Finanzgeber über die Kündigung Aschs, konsultierte sie aber nicht. Laut Satzung war der USIS aber gar nicht berechtigt, dem Direktor zu kündigen, auch wenn er ihn bezahlte, sondern dies konnte nur der Vorstand des DAI. Um den unliebsamen Direktor loszuwerden, ließ es der USIS in diesem Fall lieber auf einen Konflikt mit den deutschen Partnern ankommen118, als die formalen Regelungen des binationalen Instituts einzuhalten. Auch 1973 hatte der USIS gehandelt, ohne den Programmbeirat als das zuständige Gremium zu konsultieren. Damit zeigte der USIS unmissverständlich, dass die Programmhoheit ungeachtet möglicher anderer Vereinbarungen letztlich bei den Amerikanern lag und ein zu kritisches Programm nicht geduldet wurde. Das Tübinger Beispiel gibt den Blick frei für die Grenzen, aber auch die Freiheiten, die Amerikahäuser und DAI bei der Programmgestaltung besaßen. Zwar wird deutlich, welche Themensetzungen und Methoden für die Häuser tabu waren, andererseits aber auch, dass die Programmgestaltung in den verschiedenen Städten nicht uniform und schematisch von Bonn aus erfolgte, 117 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 22. Juni 1977: StadtAT, E 418, Nr. 57; DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 20. April 1977 (Entwurf): StadtAT, E 418, Nr. 57. 118 S. dazu S. 132.

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sondern dass die Direktoren und ihre Programmleiter Spielräume besaßen, um das Programm an die lokalen Gegebenheiten anzupassen. Das Tübinger DAI, aufgrund seines starken Mitgliederstammes seit jeher stärker auf deutsche Mitspracherechte pochend als dies in anderen Städten der Fall war, bewegte sich gerade während der 1960er und 1970er Jahre intellektuell und räumlich in einem reformorientierten, kritischen Umfeld. Tübingen war stark durch die Universität und ihre Studierenden geprägt. Hier lehrten linkspolitische Intellektuelle wie der Philosoph Ernst Bloch, auf dessen Schriften sich Teile der studentischen Protestbewegung beriefen und der mit Rudi Dutschke befreundet war, der Inhaber des Lehrstuhls für Rhetorik, Walter Jens, sowie der Literaturhistoriker und selbstbekennende Marxist Hans Mayer.119 Nur wenige Häuser weiter bot das Landestheater Württemberg-Hohenzollern zeitkritische und politisch, später eher gesellschaftspolitisch ausgerichtete Inszenierungen, die das Theater auch überregional bekannt machten.120 Jugendliche und die Studierenden der Universität bildeten ein wichtiges Zielpublikum.121 Um in diesem Umfeld bestehen zu können, musste das DAI kritischer und direkter nachfragen als beispielsweise das Regensburger Haus, wo Protestveranstaltungen und eine kritische Klientel kaum eine bzw. eine wesentlich geringere Rolle spielten. Das Tübinger Publikum reagierte empört, wenn es wie 1977 Zensur witterte. Nach der Entlassung Aschs traten mehrere Mitglieder aus dem Trägerverein des DAI aus und begründeten ihren Schritt mit dem „undemokratischen Verfahren seiner Absetzung“.122 Die DAI waren ohnehin nicht ganz so stark auf die Country Objectives verpflichtet wie die Amerikahäuser, da sie als binational finanzierte Institute den Interessen von mindestens zwei Seiten gerecht werden mussten. Das bestätigte auch der Inspection Report von 1977.123 In einer Stadt wie Tübingen war ein wirtschaftspolitischer Schwerpunkt wenig sinnvoll, wohl aber in Frankfurt oder Nürnberg. Dort bot das Amerikahaus regelmäßig Vorträge im größeren und kleineren Kreis über Wirtschaftsthemen oder Fragen des Managements an.124 In Frankfurt waren Veranstaltungen wie „Die soziale Lage 119 Koenen, Das rote Jahrzehnt, S. 45f., 117f. 120 Mey, Kleine Tübinger Theatergeschichte, S. 18, 20, 22f. 121 Ebd., S. 20–22. 122 E.M. an das DAI Tübingen vom 24. November 1977: StadtAT, E 418, Nr. 20; ähnlich R.F. an das DAI Tübingen vom 23. August 1977: StadtAT, E 418, Nr. 20; A.H. an das DAI Tübingen vom 23. August 1977: StadtAT, E 418, Nr. 20; deutlich später auch G.M. an das DAI Tübingen vom 28. April 1979: StadtAT, E 418, Nr. 28. 123 Inspection Report USIS Germany vom 7. November bis 9. Dezember 1977, S. 52: StadtAN, E 6/799, Nr. 705. 124 Einige Beispiele: „Probleme der Unternehmensführung in der deutschen und amerikanischen Wirtschaft“, AH Frankfurt, Programm Januar 1965: ISG, V113/290; „Die Bedeutung der Weltbank für die Entwicklungsländer“, AH Frankfurt, Programm Februar 1965: ISG, V113/291; „Reform of the International Monetary System: Reserves and Convertability of the Dollar“, AH Frankfurt, Programm Mai 1972: ISG, S3, Nr. 27200;

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und die Berufsprobleme der Bankangestellten in Europa und den USA“ durchaus angebracht, nicht aber in Regensburg, wo stattdessen „Der Einfluss holzverarbeitender Industrie auf die sozioökonomische Struktur ihrer Standräume“ auf dem Programm stand.125 Regionale Themen ohne vergleichenden oder amerikanischen Bezug wie bei dieser Regensburger Veranstaltung unterschieden das Programm der DAI von dem der Amerikahäuser. Stärker als diese berücksichtigten die binationalen Institute rein deutsche Themen oder setzten sich mit dem europäischen Ausland auseinander. Sie kooperierten immer wieder mit den Kulturinstituten anderer Staaten wie den verschiedenen Instituts Français oder den italienischen Kulturinstituten und nahmen ausländische Filme in ihr Programm auf. Ihr Schwerpunkt lag ganz eindeutig auf den USA und den deutsch-amerikanischen Beziehungen, doch anders als die rein amerikanisch finanzierten Amerikahäuser öffneten sie sich bis zu einem gewissen Grad für Themen außerhalb dieses Rahmens. Die Amerikahäuser hingegen kooperierten allenfalls für Veranstaltungen wie „Französische Impressionisten in amerikanischen Museen“ mit dem Institut Français.126 Nach der Umwandlung in binationale Institute richtete sich die Arbeit der DAI nicht mehr ausschließlich nach den Zielen des USIS, sondern musste auch deutsche Interessen stärker berücksichtigen. Zudem waren die meist kleineren DAI-Städte weniger gut mit hochkarätigen amerikanischen Referenten, Fulbright-Professoren oder Künstlern aus den USA versorgt. Hier sprachen deutlich mehr deutsche Referenten oder traten deutsche Künstler auf als in den Amerikahäusern. Ob dies auf mangelndes Publikumsinteresse oder auf eine Schlechterstellung der DAI im Verhältnis zu den Amerikahäusern zurückzuführen ist, muss offen bleiben. Das DAI Regensburg als nur mehr nominell binationales Institut verkörperte diese Entwicklung in einem besonders starken Maße. Seit 1966 ohne amerikanische finanzielle Unterstützung und ohne amerikanischen Direktor, behielt es seinen Namen und den deutschamerikanischen Schwerpunkt bei. Um überleben zu können, verbreiterte das Institut sein thematisches Angebot und ging neue Kooperationen ein. Das DAI informierte beispielsweise nicht nur über Studienmöglichkeiten in den USA, sondern auch in Großbritannien, Frankreich oder ganz allgemein im „Ist die Dollar-Talfahrt zu Ende? Die Entwicklung der US-Währung und die internationale Wirtschaft“, AH Frankfurt, Programmvorschau Februar 1978: ISG, V113/521; „Anti-Trust Conflicts and International Trade“, AH Frankfurt, Programm Oktober 1978: ISG, V113/532; „Arbeit, Management und wirtschaftliches Wachstum“, DAI Nürnberg, Programm März 1965; „American Management“, DAI Nürnberg, Programm Juli 1968; „Arbeit und modernes Management“, DAI Nürnberg, Programm März 1971; „Neue Führungsstile in den Betrieben“, DAI Nürnberg, Programm Juli 1973. 125 AH Frankfurt, Programm Oktober 1965: ISG, V113/298; DAI Regensburg, Programm Januar 1980: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1980. 126 AH Frankfurt, Programm Juni 1966: ISG, V113/305.

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2 Darstellen und deuten

Ausland.127 Hier spielten amerikanische, aber auch deutsche oder osteuropäische Jazzmusiker. De facto kann man ab 1966 von einem Kulturzentrum sprechen, dessen besonderer Schwerpunkt auf den deutschen Beziehungen mit den USA und dem europäischen Ausland lag. Seit 1968 existierte für einige Jahre ein „Club Franco-Allemand“ am DAI, und französische Spielfilme standen genauso auf dem Programm wie englischsprachige. Mit diesem breit gefächerten Programm ging das Regensburger DAI aber weit über die thematische Bandbreite der anderen, tatsächlich binational finanzierten DAI hinaus. Das Tübinger Beispiel zeigt, dass die DAI keinen Freifahrtschein besaßen, sondern nur etwas größere Gestaltungsspielräume als die Amerikahäuser.128 Grenzen in der thematischen Bandbreite ergaben sich jedoch nicht nur aus amerikanischer Perspektive, sondern auch deutsche Befindlichkeiten mussten in der Programmgestaltung mitbedacht werden. Besonders heikel war der Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit der Deutschen. 2.1.4 Noch einmal Reeducation? Detailliert berichtete der ranghöchste USIS-Mitarbeiter in der Bundesrepu­ blik, PAO James Hoofnagle, seinen Vorgesetzten in Washington im Sommer 1960, wie es um die „unbewältigte Vergangenheit“ in der westdeutschen Gesellschaft stand.129 Inwieweit „social and moral reconstruction has kept pace with the economy“, sei kaum zu sagen, so der PAO.130 Er wies auf die antisemitischen Schmierwelle an der Jahreswende 1959/60 hin, die auch im Ausland für Unruhe gesorgt hatte, bescheinigte dem Staat jedoch insgesamt, eine stabile und funktionsfähige Demokratie ausgebildet zu haben, viel für die Opfer des Nationalsozialismus zu tun, die Verantwortung der Deutschen für den Zweiten Weltkrieg anzuerkennen und sich sehr darum zu bemühen, sein internationales Ansehen wieder herzustellen.131 In ihrem Verhältnis zu den USA, so Hoofnagle, sahen sich die Westdeutschen mittlerweile als Partner und ­reagierten verärgert, wenn sie anders behandelt und an die Niederlage des.

127 DAI Regensburg, Programm Mai 1970 und Juni 1970, beide: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970; DAI Regensburg, Programm Januar 1972, Februar 1972, Dezember 1972, alle: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1980. 128 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Programmbeirats vom 2. April 1976: StadtAT, E 418, Nr. 61. 129 USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 3: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 130 Ebd., S. 1. 131 Ebd., S. 3. Zu den „antisemitischen Schmierereien“ 1959/60 s. Bergmann, Die antisemitische Schmierwelle.

2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung

171

Zweiten Weltkrieges und die Besatzungszeit erinnert wurden.132 Trotzdem bilanzier­te er hinsichtlich der Aufgaben des USIS in der Bundesrepublik: „Our presence not only strengthens resistance to the ‚temptation of the East‘, it also plays an important role in the continuing struggle to settle accounts with the past.“133 Noch bis weit in die 1960er Jahre hinein wiesen amerikanische Diplomaten immer wieder darauf hin, ihre Aufgaben bei der Förderung der Demokratie und der Aufarbeitung des Nationalsozialismus seien noch nicht abgeschlossen.134 In der Praxis war davon kaum etwas zu bemerken. Während insgesamt kaum ein Aspekt der deutsch-amerikanischen Beziehungen in den Amerikahäusern und DAI ausgelassen wurde, kamen der Ausgangspunkt für das deutsch-amerikanische Verhältnis, wie es sich um 1960 zeigte, und die Ursprünge der Amerikahäuser kaum zur Sprache: der Zweite Weltkrieg, die Niederlage des Deutschen Reichs, die Besatzungszeit und die Reeducation-Politik. Allenfalls in der „Woche der Brüderlichkeit“, die seit 1952 von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in der Bundesrepublik jährlich durchgeführt wurde und an der die Amerikahäuser und DAI mitwirkten, rückten die Themen Nationalsozialismus und Holocaust in das Programm der Häuser.135 Sie zeigten Filme über die Judenverfolgung und luden Historiker oder andere Experten ein, um Vorträge zu halten.136 So lief in Franfurt 1964 der Film Das Tagebuch der Anne Frank, in Heidelberg ging es in einem 132 USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 1: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 133 Ebd., S. 3. 134 Ebd. 135 Die „Woche der Brüderlichkeit“ ging ebenso wie die Gründung ihrer Trägerorganisationen, der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ), auf amerikanische Initiativen zurück. Seit 1952 fand die „Woche der Brüderlichkeit“ bundesweit immer im Frühjahr statt und erhielt bald politische Unterstützung. Bereits 1952 eröffnete Bundespräsident Theodor Heuss mit einer Rundfunkrede diese Veranstaltungsreihe, die dazu dienen sollte, in der Gesellschaft Trennendes zu überwinden, Gemeinsames zu suchen und den Gedanken des brüderlichen Zusammenlebens zu fördern. Anders als in den ersten Jahren dieser Veranstaltungsreihe wurden der Nationalsozialismus und die Judenverfolgung in den 1960er Jahren nicht mehr ausgeblendet. Zur Gründungsgeschichte der GCJZ und der „Woche der Brüderlichkeit“ s. Foschepoth, Im Schatten der Vergangenheit, bes. S. 140–148. 136 Weitere Beispiele sind der Film Der neunte Kreis über ein jüdisches Mädchen in Jugo­ slawien während des Krieges, den das Amerikahaus München 1963 zeigte, in Frankfurt sprach 1964 der Holocaust-Forscher Irving Halperin über „An American Jewish Professor in Postwar Germany“, und in Nürnberg hielt 1979 der Journalist Günther Rohrbach einen Vortrag über „Toleranz im Rückblick auf den Film Holocaust“. AH München, Programm März 1963; AH Frankfurt, Programm April 1964: ISG, V113/281; DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1964: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 145; DAI Regensburg, Programm März 1968: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970; DAI Nürnberg, Programm März 1979.

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2 Darstellen und deuten

Vortrag um „Das Selbstverständnis der Juden in Deutschland“, und 1968 zeigte das DAI den Film Geheimbund Nächstenliebe über die Hilfe evangelischer Pfarrer für verfolgte Juden. Erst seit etwa 1963 rückte die Zeit des Nationalsozialismus für kurze Zeit auch in das normale Veranstaltungsprogramm der Amerikahäuser und DAI, nicht allerdings die Nachkriegs- und Besatzungszeit. Allein der Marshall-Plan schien als positives Beispiel geeignet, die Ursprünge der deutsch-amerikanischen Nachkriegsbeziehungen zu thematisieren.137 Knapp 20 Jahre nach seinem Ende begannen die Amerikahäuser und DAI, den Zweiten Weltkrieg in seiner geschichtlichen Dimension zu beleuchten. Meist in Kooperation mit der Geschichtswissenschaft an der jeweiligen Universität, referierten deutsche und amerikanische Historiker über die neuesten Forschungsergebnisse. Das Amerikahaus Frankfurt veranstaltete im Januar 1963 ein Podium, auf dem Klaus W. Epstein, Waldemar Besson, Helmut Krausnick, Golo Mann und George K. Romoser über „Das Dritte Reich in der amerikanischen und englischen Geschichtsschreibung der Gegenwart“ diskutierten.138 1965/66 widmete das Amerikahaus diesem Thema eine ganze Vortragsreihe. Unter dem Motto „Neue deutsche und amerikanische Forschung zur Zeitgeschichte“ sprachen der Göttinger Historiker Percy Ernst Schramm139 über „Was hat die Wissenschaft zur Bewältigung der jüngsten Vergangenheit getan?“, Werner Maser über „Hitler bis 1924 – Legenden und Wirklichkeit“, Andreas Hillgruber (Marburg) über den „Faktor Amerika in Hitlers Strategie“, Harold J. Gordon (University of Massachusetts) zu „Ungeklärte Fragen zum November-Putsch von 1923“ und Conrad F. Latour (University of Maryland/München) über „Amerika auf dem Weg nach Potsdam“.140 In den DAI Tübingen und Regensburg und im Amerikahaus München sprachen Historiker wie Fritz und Klaus W. Epstein, Harold C. Deutsch, Theodore S. Hamerow oder Ernest Hamburger sowie der Politologe Ernst Fraenkel über ähnliche Themen.141 137 Im Herbst 1963 zeigte das Amerikahaus Frankfurt eine Ausstellung „Der Marshallplan (1948–1952). Wirtschaftshilfe für Europa“. Dazu passend hieß das Thema der Discussion Group, die sich regelmäßig im Amerikahaus traf „The Marshall Plan and its meaning“. AH Frankfurt, Programm Oktober 1963: ISG, V113/276; AH Frankfurt, Programm November 1963: ISG, V113/277. Auch das Amerikahaus München zeigte 1967 eine Ausstellung zum Marshall-Plan. AH München, Programm Juni 1967. 138 AH Frankfurt, Programm Januar 1963: ISG, V113/268. S. auch „Guter Gesprächsstoff aus törichten Büchern“: FAZ vom 19. Januar 1963. 139 Schramm war 1939 in die NSDAP eingetreten und im Oberkommando der Wehrmacht für die Führung des Kriegstagebuchs verantwortlich gewesen. Im Rahmen der Entnazifizierung verlor er daher zunächst seine Professur. Bis zu seiner Emeritierung 1963 lehrte er an der Universität Göttingen Mittlere und Neueste Geschichte. Internationales Biographisches Archiv 9/1971 vom 22. Februar 1971. 140 AH Frankfurt, Programm Dezember 1965–Februar 1966: ISG: V113/300–V113/302. 141 DAI Tübingen, Programm Mai 1963, Mai 1963, Juni 1964, Juni 1965, Juni 1967, alle: StadtAT, E 418, Nr. 147; DAI Regensburg, Programm Juni 1963: StadtBR, Ordner Jah-

2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung

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Auch der deutsche Widerstand im Nationalsozialismus erfuhr Beachtung, wiederum häufig aus dezidiert amerikanischer Perspektive.142 Der Großteil dieser Veranstaltungen fiel in die Zeit der Frankfurter Auschwitz-Prozesse, vor allem in die des ersten Prozesses (1963–1965). Zwei Jahre zuvor war im Dezember 1961 der Prozess gegen Adolf Eichmann in Jerusalem zu Ende gegangen. Auf dem Deutschen Historikertag von 1964 erreichte die seit 1959 schwelende Kontroverse um Fritz Fischers Thesen zur Verantwortung des Deutschen Reiches für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs ihren Höhepunkt.143 Fischers Forschungen warfen auch die Frage nach Kontinuitäten zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg und damit nach der Entstehung des „Dritten Reiches“ auf.144 Auch hierzu veranstaltete das Amerikahaus Frankfurt eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion. Im Juli 1964 diskutierten Fritz Fischer, Gordon A. Craig, Hans Herzfeld und Erwin Hölzle im Frankfurter Amerikahaus über „Die Ursachen des Ersten Weltkrieges in der Geschichtsschreibung der Gegenwart“.145 Mit Fischer, Hölzle und Herzfeld waren in Frankfurt drei Protagonisten der wenig später stattfindenden aufsehenerregenden Debatte auf dem Berliner Historikertag vertreten. Die NS-Prozesse wie auch die sogenannte „Fischer-Kontroverse“ lösten im In- und Ausland ein großes Medienecho sowie in der Bundesrepublik intensive Debatten über die NS-Zeit unter Fachhistorikern und in der Öffentlichkeit aus. Die Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte zum AuschwitzProzess erreichten ebenso hohe Auflagen wie die von Martin Broszat herausgegebenen und kommentierten autobiographischen Aufzeichnungen des Lagerkommandanten von Auschwitz, Rudolf Höß.146 Fischers Der Griff nach der Weltmacht wurde zum vielgekauften Bestseller.147 Nun, da sich die bundesdeutsche Öffentlichkeit selbst intensiver mit der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinandersetzte und Forderungen nach einer verstärkten Aufarbeitung immer lauter wurden, war es auch für die resplanung 1963–1970; AH München, Programm Mai 1963, Juni 1963, Oktober 1963, Juni 1964. 142 AH Frankfurt, Programm Juli 1962: ISG, V113/263; AH Frankfurt, Programm Juli 1963: ISG, V113/274; DAI Tübingen, Programm Juli 1962 und Juli 1964, beide: StadtAT, E 418, Nr. 147; DAI Regensburg, Programm Juni 1970: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970. 143 Große Kracht, Die zankende Zunft, S. 59. 144 Zur Bedeutung von Fischers Thesen für die NS-Forschung, die Entwicklung der westdeutschen Geschichtswissenschaft und ihre allmähliche Öffnung nach außen s. Kershaw, Der NS-Staat, S. 21f. Für einen knappen Überblick über die Kontroverse um Fischers Thesen s. das Kapitel „Die Fischer-Kontroverse: Von der Fachdebatte zum Publikumsstreit“ in Große Kracht, Die zankende Zunft, S. 47–68. 145 AH Frankfurt, Programm Juli 1964: ISG, V113/285; „Alle wollen Weltmacht werden“: FAZ vom 11. Juli 1964. 146 Möller, Das Institut für Zeitgeschichte, S. 2f. 147 Fischer, Griff nach der Weltmacht.

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2 Darstellen und deuten

Amerikahäuser und DAI möglich, das Thema aufzugreifen. Bis dahin hielten sich die amerikanischen Kultur- und Informationszentren als frühere Elemente der Reeducation-Politik aufgrund der amerikanischen Erfahrungen aus den späten 1940er Jahren mit dem Thema der deutschen NS-Vergangenheit zurück, auch wenn der USIS darin durchaus eine Aufgabe sah, wie das ­Schreiben Hoofnagles von 1960 zeigte. Die Entnazifizierungspolitik der USA in der unmittelbaren Nachkriegszeit, erzwungene Besuche von Konzentrationslagern und Dokumentarfilme über die Gräuel der Vernichtungslager waren in der Bevölkerung unbeliebt. Ihre erzieherische Absicht hatte zunächst eine Abwehrhaltung gegenüber den amerikanischen Besatzern und ihren Programmen hervorgerufen. Erfolgreicher waren Maßnahmen, die wie die Amerikahäuser nicht auf die Konfrontation der Deutschen mit ihrer Vergangenheit setzten, sondern Reeducation über die freiwillige Auseinandersetzung mit dem positiven Vorbild „Amerika“ betrieben. Anfang der 1960er Jahre konnten amerikanische Institutionen jedoch als Mitdiskutanten einer deutschen Debatte agieren und erschienen nicht mehr als Initiatoren von außen. Kein Thema waren weiterhin die Ursprünge der deutsch-amerikanischen Beziehungen, wie sie sich nach 1945 herausgebildet hatten. Besatzungszeit und Reeducation spielten daher keine Rolle im gegenwarts- und zukunftsorientierten Programm der Amerikahäuser und DAI. Nur bei dezidiert resümierenden Anlässen wie den Gründungsjubiläen kam bei Festakten oder in ­Jubiläumsbroschüren auch einmal die eigene Gründungsgeschichte zur Sprache.148 Erst Ende der 1970er Jahre, als die Bundesrepublik selbst zum Gegenstand der Geschichtswissenschaft zu werden begann, die deutsch-amerikanische Partnerschaft auf sicheren Beinen stand und die Frage nach der successor generation aufkam, thematisierten die Amerikahäuer und DAI vereinzelt die gemeinsame Nachkriegsgeschichte.149

148 Doch auch hier geschah dies bis in die 1980er Jahre hinein eher verbrämt: Zum 25jährigen Jubiläum des Amerikahauses/DAI Heidelberg hieß es 1971 in der Broschüre „25 Jahre offen zur Welt“: „Im Juni 1946 wurde zunächst auf halbprivate Initiative die ‚Amerikanische Bibliothek‘ in der Hauptstr. 124 ins Leben gerufen. Wie in anderen Städten diente sie in erster Linie als einzigartige Informationsmöglichkeit. […] Das waren die Anfänge eines Informationsprogramms, dass sich zunächst vorwiegend mit den deutschen Nachkriegsproblemen befasste.“ In: DAI Heidelberg, 25 Jahre offen zur Welt (Heidelberg 1971): HStAS, EA 3/505, Bü 325/2. Ähnlich auch: ICA, Deutsch-Amerikanische Institute/German-American Institutes (Bonn 1980) S. 7. (Broschüre aus der Bibliothek des AH München). Broschüren und Chroniken der 1990er und 2000er Jahre benennen die Ursprünge der Amerikahäuser und DAI in der Reeducation-Politik offen. 149 „Die USA und Deutschland seit 1945“, DAI Tübingen, Programm Juni 1968: StadtAT, E 418, Nr. 147; „Das Amerikabild der Deutschen 1945–1977. Ursachen und Wirkungen von nationalen Klischees“, AH Frankfurt, Einladung, o.D. [1977]: ISG, V113/521; Veranstaltungsreihe „Antiamerikanismus in der Bundesrepublik“, DAI Tübingen, Programm Mai 1982, Juni 1982, Oktober 1983, alle: StadtAT, E 418, Nr. 149.

2.1 Strategische Aspekte der Programmgestaltung

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Für die USA war es bis in die 1970er Jahre riskant, in ihren Kultur- und Informationszentren den Nationalsozialismus und die Besatzungszeit von sich aus zu thematisieren. Die Niederlage des Zweiten Weltkrieges, die Jahre der Besatzung und der Reeducation gehörten beim deutschen Publikum nicht zu den positiv besetzten gemeinsamen Erinnerungen oder Wurzeln.150 Allenfalls der Marshall-Plan bot einen attraktiven Bezugspunkt. Er war nicht spezifisch auf Westdeutschland, sondern auf alle europäischen Länder gerichtet, auf Sieger wie Besiegte. Er stigmatisierte die Deutschen nicht, sondern integrierte sie. Zudem war er eine Erfolgsgeschichte und mündete in das deutsche „Wirtschaftswunder“, für das die USA aus dieser Perspektive vielleicht den Anstoß gegeben hatten, das aber als eine Leistung der Deutschen gelten konnte. Im Mittelpunkt der amerikanischen auswärtigen Kultur- und Informationspolitik stand das Bestreben, die Bundesrepublik fester in das westliche Bündnissystem einzubinden und die deutsch-amerikanischen Beziehungen unter das Signum der Partnerschaft zu stellen.151 Mit zunehmender Dauer und Bedeutung der deutsch-amerikanischen Bündnispartnerschaft verstärkte sich dieser Aspekt. Neben der leadership-Rhetorik stand die der partnership zwischen den beiden Staaten. Spätestens seit der Neukonzeptionierung der Reeducation-Politik zur Reorientation 1947/48 hatten die USA während der Besatzungszeit ganz auf indirekte Einflussnahme, Vorbilder und Anreize gesetzt, um den Deutschen demokratische Lebensformen näherzubringen. Mit der zunehmenden Westbindung im Kalten Krieg und spätestens mit der Souveränität der Bundesrepublik 1955 verschwand jeder Anklang an Reeducation und Reorientation aus der offiziellen Politik der USA. Die Amerikahäuser wandelten sich nahezu bruchlos von Instrumenten der Reeducation zu normalen Kultur- und Informationszentren, wie sie viele Staaten im Ausland unterhielten.152 Unterschwellig blitzten an verschiedenen Punkten jedoch auch später noch Versatzstücke früherer Re­education-Ziele in der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik in der Bundesrepublik auf. Noch 1961 stand im Country Plan, Aufgabe der USA sei es weiterhin „to promote interest in and understanding of the obligations and responsibilities of the individual in a democratic society“. Gefördert werden müssten „those elements and organizations which foster the growth and strengthening of free and democratic attitudes and practices“.153 150 Auch die Neukonzeptionierungen des binationalen Prinzips in den DAI während der 1970er Jahre zeigen, dass Strukturen, die als Relikte der Reeducation-Zeit empfunden wurden, nun endgültig beseitigt werden sollten. S. S. 129f. 151 USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 1: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 152 Nach außen sichtbar waren hauptsächlich die Schließung vieler Zentren seit etwa 1952 sowie die veränderte administrative Zuständigkeit, die mit dem Ende der Besatzungszeit von den Besatzungsbehörden auf die USIA überging. 153 USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 10, 11: NARA, RG 59, Bureau of Cultural

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2 Darstellen und deuten

In ihrem ausgeprägten Schwerpunkt Bildung/Erziehung beschränkte sich das Programm der Amerikahäuser und DAI nicht auf die Förderung amerikakundlichen Unterrichts an Schulen und Universitäten, sondern bezog das Unterrichtsumfeld und Unterrichtsmethoden stets mit ein. „Demokratisierung“ blieb ein wichtiges Schlagwort. Im April 1970 kündigte beispielsweise das Amerikahaus Frankfurt einen Vortrag zu „Micro-Teaching: eine neue Methode der Lehrerausbildung“ so an: Der ‚Lehrer der Zukunft‘ wird seiner Klasse ungezwungener und sicherer gegenübertreten können. Er wird nicht nur den Kopf voller Wissen haben, er wird es seinen Schülern besser vermitteln, wird sich besser auf sie einstellen können. Überhaupt: es wird demokratischer zugehen.154

Vorträge dieser Art lassen sich als Kontinuum zu den gescheiterten Versuchen der amerikanischen Besatzer interpretieren, das Schul- und Bildungswesen zu demokratisieren. Gleiches gilt für den Bereich des Städtebaus. Auch hier ließen es die Amerikahäuser und DAI nicht damit bewenden, gemeinsame Problemlagen der USA und der Bundesrepublik aufzuzeigen und amerikanische Lösungsvorschläge und Bewältigungsstrategien zu präsentieren, sondern hoben in ihren Veranstaltungen stets das Element der Demokratie, Mitsprache und Bürgerbeteiligung hervor. Viele der deutschen Referenten, die eingeladen wurden, um über Stadtplanung und -entwicklung zu sprechen, propagierten die Idee der Bürgerbeteiligung an städteplanerischen Prozessen deutlich früher, als sie sich in der Praxis städtischer Bauplanungen durchsetzte. Mit Partizipation und Bürgerbeteiligung standen auch hier Schlagworte im Mittelpunkt, die schon während der Reeducation-Politik auf der amerikanischen Agenda gestanden hatten. Es wäre sicherlich übertrieben, von einer verdeckten Fortführung der Reeducation- und Demokratisierungspolitik der frühen Nachkriegsjahre zu sprechen. Doch die Amerikahäuser und DAI nutzten die Möglichkeit, Fragen von Demokratisierung und Mitbestimmung im Gespräch zu halten oder zu verstärken, wenn sich die Gesellschaft der Bundesrepublik selbst damit befasste. Sie initiierten diese Beschäftigung nicht, griffen sie aber auf und versuchten, sie zu verstärken. Dies gilt auch für die Auseinandersetzung der Deutschen mit dem Nationalsozialismus. Eine solche Aufarbeitung der nationalsozialistischen Geschichte und Verbrechen zu fördern gehörte während der Besatzungszeit ebenfalls zu den Zielen der USA, spielte aber im Programm der Amerikahäuser keine Rolle. Als sich die Deutschen dann in der ersten Hälfte der 1960er Jahre verstärkt und öffentlichkeitswirksam juristisch und geschichtswissenschaftlich mit der Entstehung und den Verbrechen des Nationalsozialismus beschäftigten, griffen die Amerikahäuser und DAI das Thema auf und boten der Auseinandersetzung ein weiteres Forum. Sie kooperierten Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 154 AH Frankfurt, Programm April 1970: ISG, S 3, Nr. 27200.

2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter im Ost-West-Konflikt

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dabei mit deutschen Stellen, stellten ihre Infrastruktur zur Verfügung, traten aber nicht als von außen kommende Initiatoren dieser Auseinandersetzung mit der eigenen belasteten Geschichte auf. Die kurze Periode der verstärkten Thematisierung des Nationalsozialismus und damit überhaupt zeitgeschichtlicher Themen in den Amerikahäusern und DAI in den frühen 1960er Jahren erscheinen wie ein Versuch, die einmal von den Deutschen selbst in Gang gebrachte Auseinandersetzung zu verstärken und am Laufen zu halten. War dies geschehen, konnten sich die amerikanischen Stellen auch wieder von diesem eher untypischen Feld ihrer ­Kulturund Informationspolitik zurückziehen. Indem sie solche Gelegenheitsstrukturen nutzte, griff die amerikanische Kultur- und Informationspolitik bis in die 1970er Jahre hinein immer wieder punktuell Versatzstücke aus der Re­edu­ cation-Zeit auf und setzte ihre Demokratisierungsbemühungen fort, ­wenngleich die Bundesrepublik längst zum wichtigen Bündnispartner geworden war und selbst an der Demokratisierung anderer Staaten wie den Entwicklungsländern mitwirkte. In Ansätzen lebte hier neben dem Anspruch der USA auf leadership im westlichen Bündnis der Gedanke der Belehrung und Erziehung weiter fort. Bis zu einem gewissen Grad entlarvte er die Partnerschaftsrhetorik der USA in ihrer auswärtigen Kultur- und Informationspolitik als sprachliches Mittel, um dem Selbstbild der Westdeutschen entgegenzukommen. 2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter . im Ost-West-Konflikt Die deutsch-amerikanischen Beziehungen im westlichen Bündnis bildeten die Folie, vor der alle übrigen Themen verhandelt wurden. Dabei prägten zwei Konstanten die amerikanische Kultur- und Informationspolitik. Erstens erhoben die USA Anspruch auf eine Hegemonialstellung innerhalb des westlichen Bündnisses: Leadership zu demonstrieren und zu erhalten, blieb durchgängig das erklärte Ziel der USA.155 Sahen die USA diese Hegemonialstellung in Gefahr, schlug sich dies meist umgehend in den Zielformulierungen nieder. So erhielten die Amerikahäuser und DAI im Juli 1963, nur wenige Wochen nach der Ratifizierung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages, eine überarbeitete Version des aktuellen Country Plans mit der klaren Zielsetzung: „Convince Germans that their efforts to strengthen Germany will be reinforced by cooperation with the U.S. in an interdependent Atlantic community, rather than in a Europe-centered system.“156 Daraus sprach die Sorge, die 155 Stellvertretend für viele Belege in den Country Plans: USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 2, 6: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; USICA Bonn, Program Plans and Thematic Areas FY 1981, S. 2: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. 156 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1963, S. 2: StadtAN, E 6/799, Nr. 130.

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2 Darstellen und deuten

Bundesrepublik könnte sich zu sehr an Frankreich unter Präsident Charles de Gaulle anlehnen, das andere europa- und sicherheitspolitische Ziele als die USA verfolgte.157 Die außenpolitischen Ziele der USA und der Bundesrepu­ blik stimmten in dieser Situation nicht mehr automatisch überein, und die USA hielten es für notwendig, die westdeutsche Bevölkerung immer wieder davon zu überzeugen, dass sie ihre Position nur in der engen Verbindung mit den USA stärken könnten.158 Zweitens mussten die USA stets die gegenseitige, wenn auch nicht gleichgewichtige Abhängigkeit von USA und Bundesrepublik bedenken. Die Westdeutschen waren auf den militärischen Schutz der USA angewiesen, diese aber auch auf die Bundesrepublik als den den „Frontstaat im Kalten Krieg“ und eine zunehmend wichtige Wirtschaftsmacht. Dementsprechend beobachteten sich die beiden Seiten mit großer Aufmerksamkeit, denn was der eine Staat tat, beeinflusste meist auch den anderen. Die Deutschen, bemerkte PAO James Hoofnagle 1960, have developed numerous and efficient means of communication since the war, and they can be expected to scan and report American reactions to events throughout the world, from the skies over Sverdlovsk to the streets of Japan, with the anxiety of people who know that their own fate is involved.159

Zweifelten die Deutschen an der politischen, militärischen oder wirtschaftlichen Stärke der USA oder schätzten sie gar geringer ein als die der Sowjetunion, konnte das negative Auswirkungen auf das westliche Bündnis haben. „Germany’s own commitment to the Atlantic Alliance would be subjected to serious strain“, befürchtete der USIS.160 Eine solche Entwicklung sollte verhindert werden, denn die USA wollten die Bundesrepublik eng in die NATO einbinden und erreichen, dass sich die Deutschen stärker an den Aufgaben und Kosten des Verteidigungsbündnisses beteiligten. Noch 1961 berichtete PAO Hoofnagle, wie leicht die Deutschen in Neutralitätsgedanken verfielen 157 De Gaulle hatte kurz zuvor den EWG-Beitritt Großbritanniens abgelehnt, den die USA unterstützten. Doch vor allem suchte Adenauer, der die deutschen Interessen durch den Strategiewechsel der Regierung Kennedy hin zur Flexible Response nicht mehr gesichert sah, auch die militärpolitische Nähe Frankreichs, um die deutschen Interessen zu wahren. De Gaulle wiederum lehnte den amerikanischen Vormachtanspruch ab und strebte ein selbständigeres und unabhängigeres Europa unter französischer Führung an. S. hierzu Geiger, Atlantiker gegen Gaullisten und Conze, Die gaullistische Herausforderung. 158 Zu den Reaktionen der USA auf (vermeintliche) Gefährdungen ihrer Vormachtstellung s. Lundestad, The United States and Western Europe, S. 103. 159 USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 6: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 160 USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 5f.: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. Umfrageergebnisse, die solche Trends konstatierten, alarmierten auch John F. Kennedy, s. Haefele, John F. Kennedy, S. 63.

2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter im Ost-West-Konflikt

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und das westliche Bündnis in Frage stellten.161 Entsprechend lauteten die Zielvorgaben zu Beginn der 1960er Jahre: „Increase German acceptance of the economic, military, cultural, and political ties and responsibilities that bind Germany to the community of free nations“.162 Darunter fiel auch die gezielte Promotion der Idee einer westeuropäischen Integration. In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre verschwand dieses Thema wieder aus den Country Plans.163 Hier musste keine grundsätzliche Überzeugungsarbeit mehr geleistet werden. Anders verhielt es sich mit sicherheitspolitischen Fragen: Die Verweise auf die NATO blieben und standen oft sogar an erster Stelle in den Country Plans: Unter wechselnden Regierungen und über die Phasen von Entspannung und Konfrontation im Ost-West-Konflikt hinweg ging es stets darum, die Bundesbürger von der atlantischen Allianz zu überzeugen.164 Während außen- und wirtschaftspolitische Problemstellungen, ihre Interpretation und auch das deutsch-amerikanische Verhältnis einem steten Wandel unterlagen, blieben die grundlegenden Ziele der amerikanischen Kulturund Informationspolitik unverändert: Westdeutschland sollte im engen Verbund mit den USA und unter ihrer Führung agieren. Unstimmigkeiten lagen nicht im amerikanischen Interesse: „Since U.S. security depends to a degree on the sound health of the US-FRG relationships, a candid bilateral communication dialogue is essential to ‚contain‘ the differing perceptions and preclude a ‚drifting apart‘.“165 Ähnlich wie 22 Jahre zuvor urteilte der USIS über diese Kontroversen: „[T]here is the danger that this […] might threaten the cohesion of the Western Alliance“.166 161 USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 2: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 162 Ebd., S. 11. 163 1966 beinhaltete der Country Plan noch die Vorgabe, den Westdeutschen die Vorteile der europäischen Integration zu vermitteln. Der Plan für 1973 erwähnt diesen Punkt nicht mehr. Da die Pläne für die Jahre 1969–1972 nicht erhalten sind, ist unklar, wann das Thema aus den Zielvorgaben herausfiel. USIS Germany, Country Plan FY 1966: StadtAT, E 418, Nr. 223; USIS Germany, Thematic Programming for USIS Germany vom 19. Januar 1973: StadtAT, E 418, Nr. 125. Die europäische Integration war weiterhin in den Veranstaltungen der Amerikahäuser und DAI präsent. Nun ging es nicht mehr darum, die Bundesbürger von ihrem Nutzen zu überzeugen, sondern um die weitere Entwicklung dieser Integration. 164 USIS Germany, Country Plan 1974/75, S. 3: StadtAT, E 418, Nr. 126; USIS Bonn, Country Plan FY 1981, S. 2f.: StadtAN, E 6/799, Nr. 676; USIS Germany, Country Plan FY 1982, S. 3f.: StadtAN, E 6/799, Nr. 676; USIS Germany, Country Plan FY 1983, S. 4: StadtAN, E 6/799, Nr. 754. 165 Ebd. Als weitere Beispiele nannte das Dokument die Verhängung des Ausnahmezustands in Polen im Dezember 1981 als Reaktion auf die Aktivitäten der Gewerkschaft Solidarność und die Frage der Menschenrechte. S. ebd. Zu diesen Themenkomplexen s. Stöver, Der Kalte Krieg, S. 409–436. 166 USIS Germany, Country Plan FY 1983, S. 1: StadtAN, E 6/799, Nr. 754.

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2.2.1 Die Eckpfeiler des Bündnisses: . Ost-West-Konflikt, Europäische Integration und Wirtschaftspolitik Veranstaltungen zum atlantischen Bündnis, zu den allgemeinen Zielen der amerikanischen Außen- und Wirtschaftspolitik und den Regierungsprogrammen der verschiedenen Präsidenten sowie zu den deutsch-amerikanischen Beziehungen gehörten durchgängig zum festen Repertoire der Amerikahäuser und DAI.167 Die Bundesrepublik erschien in den bündnisbezogenen Veranstaltungen meist als Teil einer größeren Gemeinschaft wie der NATO, der EWG oder Westeuropas, nicht als Sonder- und Einzelfall. In der Politik des westlichen Bündnisses war die jüngste Vergangenheit Deutschlands vor allem noch während der 1960er Jahre eine wichtige Fluchtlinie,168 doch in der Arbeit der Amerikahäuser und DAI ging es darum, den Bundesbürgern die NATO und die westeuropäische Integration positiv zu präsentieren und die Westeinbindung der Bundesrepublik zu fördern. Bezüge auf den Nationalsozialismus waren augrenzend, nicht integrierend, und konnten daher kontraproduktiv sein. In der Formulierung der Themen orientierten sich die Amerikahäuser und DAI an ihrem Anspruch, nicht als Propagandaeinrichtungen, sondern als Informationszentren und Orte des vorurteilsfreien Austauschs wahrgenommen zu werden. Fast alle Veranstaltungen zu außenpolitischen Fragen waren neu­ tral formuliert und kamen ohne wertende Attribute aus. Das Amerikahaus Frankfurt kündigte den Vortrag des ARD-Journalisten Lothar Loewe „Brennpunkte der Weltpolitik: Washington – Bonn – Moskau – Peking“ im April 1972 so neutral an, dass kaum erkennbar ist, dass diese Veranstaltung in einem regierungsfinanzierten Kultur- und Informationszentrum der USA stattfand: Die wichtigsten Anstöße in der internationalen Politik gingen in letzter Zeit von vier Hauptstädten aus. Mit jedem dieser vier Namen verbinden sich Bemühungen, die unheilvollen Spannungen unter den Blöcken zu überwinden und eine Phase der Verständigung einzuleiten.169

Ähnlich lautete 1971 der Titel eines Seminar im DAI Nürnberg: „Die fünf Großmächte der Zukunft: USA – UdSSR – China – Europa – Japan“.170 Ungeachtet dieser neutral gehaltenen Ankündigung blieb den Evaluierungskarten zufolge jedoch in den Vorträgen selbst nur eine Großmacht übrig: die USA. Bei der Nürnberger Veranstaltung sprach John Dornberg, Journalist des Wochenmagazins Newsweek, der Sowjetunion nur hinsichtlich ihres Territoriums und ihrer militärischen Stärke den Supermachtstatus zu – ökono167 S. die Programme der Amerikahäuser und DAI. 168 Lundestad, The United States and Western Europe, S. 9f., 89–91, 126f. 169 AH Frankfurt, Programm April 1972: ISG, S 3, Nr. 27000. 170 DAI Nürnberg, Programm November 1971.

2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter im Ost-West-Konflikt

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misch ähnele sie hingegen einem Entwicklungsland.171 Curt Gasteyger, der stellvertretende Direktor des Institut Atlantique in Paris, bezeichnete die USA als stärkstes Land der Welt, und Walter Schütze, Geschäftsführer des StudienKomitees der Deutsch-Französischen Beziehungen im Centre d’Études de Politique étrangère in Paris, prognostizierte, es werde noch mindestens zehn Jahre dauern, bis das vereinigte Europa als Supermacht bezeichnet werden könne.172 Alle drei betonten zudem, amerikanische Truppen müssten weiterhin in Europa präsent bleiben. Das DAI Nürnberg war sehr zufrieden mit dieser Präsentation der USA und den Ergebnissen des Seminars und benotete die Referenten mit „excellent“ und „very good“. Veranstaltungen zum Kernpunkt des Ost-West-Konfliktes, der Auseinandersetzung zwischen den Blockmächten USA und Sowjetunion, bewegten sich sprachlich ebenfalls auf neutralem Gebiet. Der Kalte Krieg und die Systemkonkurrenz wurden nur selten explizit behandelt,173 etwa wenn bekannte Kommunismusexperten wie der Politologe Richard Löwenthal oder der Journalist und Historiker Wolfgang Leonhard eingeladen wurden, die ein großes Publikum anzogen.174 171 Program Evaluation Card für John Dornberg vom 12./13. November 1971: StadtAN, E 6/799, Nr. 326. 172 Program Evaluation Cards für Curt Gasteyger und Walter Schütze vom 12./13. November 1971, beide: StadtAN, E 6/799, Nr. 326. 173 Indirekt spielte der Systemkonflikt natürlich bei jeder Veranstaltung zur NATO, zur Sicherheitspolitik oder zum „freien Handel“ oder der „freien Presse“ des Westens eine Rolle. Direkt zur Sowjetunion s. beispielsweise „Politische Konsequenzen des XXII. Parteitages der KPdSU“, AH Frankfurt, Programm März 1962: ISG, V113/260; „OstWest-Beziehungen nach dem Moskauer Teststopabkommen“, AH Frankfurt, Programm Oktober 1963: ISG, V113/276; „Theorie und Praxis der Bündnisse“, AH Frankfurt, Programm Februar 1968: ISG, V113/323; „Opposition in der Sowjetunion?“, DAI Regensburg, Programm März 1970: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970; „Wie rot ist das Mittelmeer? Die sowjetisch-amerikanische ‚Konfrontation‘ im Mittelmeer“, DAI Regensburg, Programm November 1970: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970; „Ziele der Sowjetunion in der Welt von heute“, DAI Regensburg, Programm März 1977: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1981; „Die Entwicklung der amerikanischrussischen Beziehungen 1 Jahr nach dem Einmarsch in Afghanistan – Die Rolle Europas zwischen den beiden Supermächten“, DAI Regensburg, Programm November 1980: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1981; „Der Konflikt Peking – Moskau und seine Konsequenzen für Deutschland“, DAI Tübingen, Programm Juli 1964: StadtAT, E 418, Nr. 147; „Militärstrategie, Rüstungspolitik und Bedrohungsvorstellungen der Sowjetunion – Mythos oder Realität?“, DAI Tübingen, Programm Dezember 1982: StadtAT, E 418, Nr. 149; „U.S.-Soviet Economic Relations“, AH München, Programm Februar 1981. 174 Etwa „Zusammenhalt und Zerfallstendenzen im Ost- und Westblock“, AH Frankfurt, Programm Juni 1963: ISG, V113/273; „Die jüngsten Ereignisse im Weltkommunismus“, DAI Nürnberg, Programm Dezember 1970. Diese Veranstaltung besuchten 900 Personen, s. DAI Nürnberg, Monthly Highlights Report vom 22. Dezember 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. Als das DAI Heidelberg 1964 die dreiteilige Verfilmung von

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Eine Besonderheit stellte das Programm des Amerikahauses München dar: 1962 und 1963 enthielten die Monatsprogramme für gut zwei Jahre ein Geleitwort, oft ein Zitat Präsident Kennedys oder eines Mitglieds der amerikanischen Regierung.175 Sie beschworen Werte wie Freiheit, Frieden und Brüderlichkeit oder die Partnerschaft im Rahmen des atlantischen Bündnisses. Im Zentrum stand meist der Freiheitsbegriff. So zitierte das Amerikahaus im Mai 1963 Senator William J. Fulbright: Es liegt durchaus in der Macht der atlantischen Demokratien, die Welt einer neuen Ära der Hoffnung und des Fortschritts entgegenzuführen. Diese Hoffnung entspringt der Geburt einer Idee – der Idee vom Konzert der freien Nationen. […] Wenn wir indessen unserem Ziel treu bleiben, […] wird die Zukunft der Freiheit im Westen und überall in der Welt gesichert sein, während der Kommunismus mit der Zeit der Vergessenheit anheimfallen wird […].176

Der Freiheitsbegriff wurde hier als ideologischer Kampfbegriff gebraucht.177 Als Geleitwort für das Monatsprogramm des Amerikahauses verwendet, sollte er identitätsstiftend wirken und dazu beitragen, die Bundesbürger ideell an den Westen zu binden. Damit folgte das Amerikahaus noch bis in die frühen 1960er Jahre einem Begriffsgebrauch, wie er vor allem in den 1950er Jahren vorgeherrscht hatte.178 Zudem richteten sich viele dieser Zitate deutlich schärfer als in den eigenen Formulierungen des Amerikahauses gegen den Kommunismus. Im Januar zitierte das Amerikahaus einen Bericht der Rockefeller Stiftung: „Der Konflikt, der die Welt spaltet und Amerika bedroht, ist weit mehr als ein Kampf gegen den Kommunismus.“179 Im September des gleichen Jahres wählte das Haus ein Zitat des amerikanischen Außenministers Dean Rusk: „Wir haben noch keinen Grund anzunehmen, dass sich die sowjetischen Ziele grundlegend geändert haben. Wir befinden uns noch immer im Wettbewerb zwischen freier Wahl und Zwang“.180 Von einer kommunistischen Bedrohung oder sowjetischem Zwang war in den Texten, die die Amerikahäuser und DAI selbst für ihre Programme verfassten, nie die Rede. Über die Geleitworte konnten sie sich auf prominente Politiker und deren Meinungen beziehen, ohne selbst den Boden der neutralen Formulierungen verlassen zu müssen. Leonhards Beststeller „Die Revolution entlässt ihre Kinder“ zeigte, war der Andrang so groß, dass jeder Teil täglich zweimal gezeigt wurde. DAI Heidelberg, Jahresbericht der Filmabteilung: PAAA, B 96, Nr. 890. 175 AH München, Programm Januar 1962–Januar 1964. 176 AH München, Programm Mai 1963. 177 Zur Bedeutung solcher ideologisch aufgeladenen Kampfbegriffe als Instrumente im Systemkonflikt s. Doering-Manteuffel, Im Kampf um „Frieden“ und „Freiheit“. Das sowjetische Äquivalent zum Freiheitsbegriff war „Frieden“. 178 Ebd., S. 36–38. 179 AH München, Programm Januar 1963. 180 AH München, Programm September 1963.

2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter im Ost-West-Konflikt

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Im Großen und Ganzen folgten die Amerikahäuser und DAI mit ihren Veranstaltungen den Konjunkturen des Ost-West-Konflikts mit einer etwas stärkeren Behandlung der Sowjetunion, des Systemkonflikts und des Kommunismus in den frühen 1960er Jahren und während des „Zweiten Kalten Krieges“ ab 1980, während diese Fragen in der dazwischen liegenden Entspannungsperiode fast gar keine Rolle spielten. Einzelne Aspekte des Systemkonflikts rückten jedoch immer wieder in das Programm, wenn die Häuser und der USIS besonderen Bedarf sahen. So war zwischen 1962 und 1966 das Thema „Berlin“ auffallend prominent in den Country Plans und im Programm der Amerikahäuser und DAI vertreten.181 Die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten hingegen, die in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre intensiv thematisiert worden war,182 spielte nach dem Mauerbau im August 1961 kaum noch eine Rolle.183 Dies entsprach der gewandelten Situation in der Bundesrepublik, in der weite Teile der Bevölkerung und viele Politiker die Realität der deutschen Teilung weitgehend akzeptierten und die Idee einer schnellen Wiedervereinigung aufgaben. Für die USA war sie ohnehin nie vordringlich gewesen, doch um andere politische Ziele zu erreichen, hatte man die westdeutsche Position gestützt. Berlin als Symbol der Freiheit, der deutsch-amerikanischen Verbundenheit und der amerikanischen Führungsrolle im Kalten Krieg war jedoch im Veranstaltungsprogramm der Amerikahäuser und DAI von der Deutschlandfrage weitgehend losgelöst und weiterhin als eigenes Thema präsent.184 Für das Jahr 1963 nannte der USIS sogar ganze „Berlin Days“ als Programmpunkte, die in den verschiedenen Städten mit Vorträgen, Ausstellungen und Seminaren stattfinden sollten.185 Das Nürnberger DAI veranstaltete im 181 Für die Jahre 1967–1972 liegen leider keine Country Plans vor, sodass nicht klar ist, ob die Berlinfrage in dieser Zeit eine Rolle spielte. 182 Schildt, Zwischen Abendland und Amerika, S. 185f. 183 Vereinzelt fanden Veranstaltungen zur DDR, meist anlässlich des 17. Juni 1953, statt. In den DAI war dies anscheinend noch eher der Fall als in den Amerikahäusern, was auf die Existenz deutscher Finanzierungspartner zurückzuführen sein könnte. S. beispielsweise „Eastern Germany – the Land beyond the Wall“, AH Frankfurt, Programm November 1962: ISG, V113/266; Filmabend „Der 17. Juni 1953 in Berlin“, DAI Tübingen, Programm Juni 1963: StadtAT, E 418, Nr. 147; „Filme zum 17. Juni 1953: ‚Berlin – Symbol der Freiheit‘“, DAI Tübingen, Programm Juni 1965: StadtAT, E 418, Nr. 147; „17. Juni – ein nationaler Gedenktag!“, DAI Regensburg, Programm Juni 1968: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970. 184 Zwischen 1962 und 1966 behandelten nur drei von über 40 Veranstaltungen zum Thema Berlin in Frankfurt, München, Regensburg, Tübingen und Nürnberg auch gleichzeitig die Wiedervereinigungsfrage: „Amerikanische Ansichten zu der Berlin- und Deutschlandfrage“, DAI Tübingen, Programm Mai 1962: StadtAT, E 418, Nr. 147; „Berlin, Deutschland und die USA“, DAI Tübingen, Programm Mai 1963: StadtAT, E 418, Nr. 147; „Die Kennedy-Politik in Bezug auf Deutschland und Berlin“, AH München, Programm Juli 1963. 185 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1963, S. 5: StadtAN, E 6/799, Nr. 130.

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Oktober 1963 zusammen mit der Stadt eine äußerst erfolgreiche „Berliner Woche“, auf der der Regierende Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, der bekannte Politologe Ernst Fraenkel und der amerikanische Botschafter George McGhee sprachen.186 Zwischen 1962 und 1966 veranstalteten die Amerikahäuser Frankfurt und München sowie die DAI Regensburg, Nürnberg und Tübingen über 40 Vorträge, Filmabende und Ausstellungen zu Berlin, meist in Zusammenarbeit mit dem Kuratorium Unteilbares Deutschland und dem Bund der Berliner und Freunde Berlins. Viele der Referenten bekleideten hohe politische Ämter in Berlin; so sprachen der Regierende Bürgermeister Willy Brandt, seine späteren Nachfolger Heinrich Alberz und Klaus Schütz, Senator Wolfgang Kirsch sowie der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Otto Bach. Vertreter der Berliner Medien referierten ebenfalls häufig zu diesem Thema, selten hingegen Amerikaner, nur Botschafter McGhee und der Diplomat Brewster H. Morris. Die erklärten Ziele des USIS waren klar formuliert: „Maintain faith in the U.S. determination to defend and sustain the freedom of West Berlin“ und „ensure the security, freedom and viability of West Berlin“.187 Der Beginn des Vietnamkrieges erschwerte dem USIS, den Amerikahäusern und DAI die Arbeit zu Berlin-Themen. Bis zur Mitte der 1960er Jahre gingen die öffentliche Meinung und Politik in der Bundesrepublik überwiegend von einem Nexus zwischen der amerikanischen Vietnam- und Berlinpolitik aus: Die Freiheit Berlins wird in Vietnam verteidigt, hieß die vielbeschworene Devise.188 Im Verlauf des Jahres 1966 änderte sich dies sukzessive. Mit dem Abzug von 30.000 amerikanischen Soldaten der 7. Armee, die nur teilweise und mit schlechter ausgebildetem Personal ersetzt wurden, schien sich im Frühjahr 1966 die Hauptsorge der Bundesbürger zu bestätigen, die USA könnten ihre Aufmerksamkeit von Europa abwenden.189 Die Bundesregierung unter Kanzler Ludwig Erhard, ohnehin gerade in schwierigen Verhandlungen mit den USA über die Ausgleichszahlungen für die Stationierungskosten der amerikanischen Soldaten in der Bundesrepublik, war nicht informiert worden.190 Presse und Politik kritisierten den Vietnamkrieg zu­ 186 DAI Nürnberg, Programm Oktober 1963; DAI Nürnberg, Programm der Berliner Woche: StadtAN, E 6/799, Nr. 17; DAI Nürnberg, Fotografien zur Berliner Woche, 1963: StadtAN, E 6/799, Nr. 18. 187 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1963, S. 1: StadtAN, E 6/799, Nr. 130; USIS Germany, Revised Country Plan FY 1965 (Field Message Nr. 132), S. 1: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 188 Lundestad, The United States and Western Europe, S. 160; Mausbach, Triangle of Dischord, S. 174; Arenth, Johnson, S. 155–182. 189 USIS München, Assessment Report 1966: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. 190 Arenth, Johnson, S. 181f.; Zimmermann, Money and Security, S. 173f. Einen quantitativen Überblick über die amerikanischen Truppen in Europa und der Bundesrepublik zwischen 1955 und 1967 gibt Nelson, A History of U.S. Military Forces, S. 81. Für einen

2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter im Ost-West-Konflikt

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nehmend,191 und die Protestaktionen, von denen auch die Amerikahäuser und DAI betroffen waren, mehrten sich ebenfalls.192 Viele Deutsche fragten sich, ob der Vietnamkrieg tatsächlich in ihrem Interesse war und ob die Analogie zwischen Berlin und Vietnam noch zutreffe, wenn die USA sich ganz auf Asien konzentrierten, Europa und die Bundesrepublik aber immer weiter aus den Augen verloren.193 Die protestiedenden Studierenden lehnten diese Gleichsetzung ohnehin ab.194 Die Amerikahäuser und DAI traten dieser Skepsis ebensowenig entgegen wie der oberste Vorgesetzte der USIA, der amerikanische Präsident. Johnson setzte 1966/67 ganz auf Détente und stellte die deutsche Frage hintan.195 Die 1966 angetretene neue Bundesregierung unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger und Außenminister Willy Brandt löste sich aus den starren Positionen der Adenauer-Zeit und beharrte ebenfalls nicht mehr auf dem Primat der Wiedervereinigung. Zur gleichen Zeit widersprachen auf dem Dortmunder Parteitag der SPD etliche Parteivertreter einer Gleichsetzung von Berlin und Saigon und betonten die Unterschiede zwischen diesen beiden Feldern des amerikanischen Engagements.196 Wenn in der Bundesrepublik gleichzeitig die Stimmung gegen den Vietnamkrieg zu kippen drohte, die Bundesregierung ihre deutschlandpolitische Position langsam verschob und nicht einmal mehr der neue deutsche Außenminister und seine Partei die Analogie zwischen Vietnam und Berlin bemühten, ergaben sich für die auswärtige Kultur- und Informationspolitik der USA neue Arbeitsgrundlagen: Die Amerikahäuser und DAI stellten ihre Veranstaltungen zu diesem Thema ein und griffen es auch später kaum noch auf.197. In der Berlinfrage waren die USA zwar weiterhin verpflichtet und gewillt, ihre Ansprüche zu wahren. Dabei ging es jedoch um eine Zementierung des Status Quo, nicht um seine Veränderung. Dieses defensive Berlin-Konzept bot wenig Gelegenheit für glanzvolle Veranstaltungen.198 Angesichts der wachsenÜberblick zu den Devisenausgleichsverhandlungen s. Rosenbach, Der Preis der Freiheit. 191 Arenth, Johnson, S. 181f. 192 Zu den Protesten s. ausführlicher S. Kap. 3.2.1. 193 Mausbach, Triangle of Dischord, S. 178. 194 S. etwa das Flugblatt „Berlin und Vietnam“ [1966 oder 1967]: APO-Archiv Berlin, Ordner Vietnam-Berlin, Vietnamkonferenz 1966–1973. 195 Lundestad, The United States and Western Europe, S. 171. 196 Arenth, Die Bewährungsprobe, S. 163f. 197 In späteren Country Plans kommt die Berlinfrage wieder vor, allerdings nicht als zu behandelndes Thema, sondern im Hinblick auf die amerikanische Präsenz in der Stadt selbst, also die Kultur- und Informationsarbeit in Westberlin. Darunter fielen die Unterhaltung des Amerikahauses, Unterstützung für das John F. Kennedy-Institut an der FU Berlin und ähnliche Einrichtungen, die die Präsenz der USA in Berlin sichtbar nach außen demonstrierten, ohne aber inhaltlich Bezug auf die Stadt zu nehmen. 198 Mit Bezug auf die Beschwörungen westdeutscher Politiker, die Bewohner Westberlins

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den Kritik gegen den Vietnamkrieg hatte Berlin seinen Symbolwert für die Arbeit der Häuser verloren. Mit dem Thema Berlin hatten die Amerikahäuser und DAI bis zur Mitte der 1960er Jahre eher auf die Befindlichkeiten ihres Zielpublikums reagiert und erst in zweiter Linie ein eigenes Anliegen verfolgt. Die Deutschen sollten nicht für etwas gewonnen oder überzeugt, sondern beruhigt und beschwichtigt werden. Die Berlinfrage zu thematisieren diente dazu, das Vertrauen in die USA und in ihre Zuverlässigkeit als Bündnispartner zu stärken.199 Verlor das Anliegen in der Zielbevölkerung an Bedeutung, konnte sich auch die amerikanische Kultur- und Informationsarbeit davon zurückziehen. Anders gingen die Amerikahäuser und DAI bei Themen vor, die der USIS selbst auf die Agenda setzen wollte. Analog zur zunehmenden Verlagerung des Ost-West-Konflikts nach Afrika und Asien seit Beginn der 1960er Jahre ging es auch in den Amerikahäusern und DAI immer mehr um entwicklungspolitische Fragen, nicht aber den Ost-West-Konflikt in seiner europäischen Dimension. Veranstaltungen zum Thema „Entwicklungshilfe“ standen sehr häufig auf dem Programm, obwohl ein Großteil der deutschen Bevölkerung zu dieser Zeit dem Gedanken an Entwicklungshilfe skeptisch bis ablehnend gegenüberstand und sich meistens nicht einmal dafür interessierte.200 Hier galt es, die Deutschen zu motivieren, mehr Geld für die Verteidgung des atlantischen Bündnisses und für Entwicklungshilfe auszugeben.201 Politiker und Bürger der Bundesrepublik sollten erkennen, dass solche Ausgaben sowie eine liberalere Handelspolitik keine „Verschwendung von Steuergeldern“202, sondern gut angelegte Investitionen waren. nicht zu vergessen, spricht Edgar Wolfrum ebenfalls davon, ihnen habe bald „der Geruch von Alibi-Veranstaltungen“ angehaftet. Wolfrum, Die Mauer, S. 558. Zur Berlinund Deutschlandpolitik der USA zwischen 1961 und 1969 s. den Überblick von Czempiel, Auf der Suche nach neuen Wegen. 199 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1963, S. 1f.: StadtAN, E 6/799, Nr. 130; USIS Germany, Revised Country Plan FY 1965 (Field Message Nr. 85), S. 7: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; USIS Germany, Revised Country Plan FY 1966, S. 6: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; USIS Germany, Country Plan FY 1966: StadtAT, E 418, Nr. 223. 200 DAI Nürnberg, Assessment Report 1965: StadtAN, E 6/799, Nr. 72; DAI Nürnberg, Assessment Report 1966: StadtAN, E 6/799, Nr. 72; DAI Tübingen, Assessment Report 1966, S. 10: StadtAT, E 418, Nr. 223. Daran änderte sich auch im Verlauf der 1960er und 1970er Jahre wenig, s. Hein, Die Westdeutschen und die Dritte Welt, S. 297f. 201 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1963, S. 1f.: StadtAN, E 6/799, Nr. 130: Ähnlich lauten die Formulierungen der späteren Country Plans in den 1960er Jahren. Die Pläne für die 1980er Jahre formulieren keine so eindeutigen Ziele mehr, die in der Bundesrepublik erreicht werden sollten, sondern konzentrieren sich eher auf die Aspekte der amerikanischen Selbstdarstellung. 202 Hein, Die Westdeutschen und die Dritte Welt, S. 1, 102f.

2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter im Ost-West-Konflikt

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Besonders Kennedy war davon überzeugt, die USA müssten der Sowjetunion auf diesem Feld engagiert entgegentreten und die Drittweltstaaten in den eigenen Machtbereich einbinden.203 Die Bundesrepublik sollte einen ihrer wachsenden wirtschaftlichen und politischen Bedeutung entsprechenden Anteil dieser Lasten tragen, da die Eindämmung des Kommunismus allen Staaten der „freien Welt“ zugute käme. Zudem konnten die USA durch gesteigerte westdeutsche Beiträge ihr Zahlungsbilanzdefizit reduzieren, das vor allem durch hohe Ausgaben für Militär – unter anderem die Stationierungskosten für US-Truppen im Ausland – und Entwicklungshilfe entstanden war.204 Die Amerikahäuser und DAI setzten jedoch nicht nur bei der deutschen Bevölkerung an, um entwicklungspolitische Themen zu präsentieren, sondern auch bei den Studenten aus Entwicklungsländern selbst, die an deutschen Universitäten studierten. Zwar richteten sich die Veranstaltungen zur Entwicklungshilfe vor allem an das deutsche Publikum, doch Studierende aus Entwicklungsländern anzusprechen, galt als wichtiger Nebeneffekt.205 Sie bildeten seit Anfang der 1960er Jahre eine besondere Zielgruppe und sollten durch die amerikanische Kultur- und Informationspolitik mehr über die Anstrengungen der „freien Welt“ erfahren.206 Ein großes Publikum zogen die Amerikahäuser und DAI mit entwicklungspolitischen Fragen nicht an.207 PAO Hoofnagle fasste das Grundproblem folgendermaßen zusammen: „Germany does not wholly concur with the view that development aid is not only a moral obligation, but also a real necessity for its own future stability and security“.208 Immer wieder berichteten die CPAOs nach Washington, dass sich am geringen Interesse und Verständnis der Deutschen für die amerikanischen Vorstellungen von Entwicklungshilfe nichts oder nur wenig änderte.209 Dennoch fanden regelmäßig Vorträge, Film203 Zum dahinterstehenden modernisierungstheoretischen Denken s. Kunkel, Systeme des Wissens. Zur Entwicklungshilfe unter Kennedy s. Baumann, John F. Kennedy. S. auch Frey, Die Vereinigten Staaten, bes. S. 43–47. 204 Hein, Die Westdeutschen und die Dritte Welt, S. 32–36. 205 USIS Bonn, Country Assessment Report 1963, S. 2: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. 206 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1963, S. 7: StadtAN, E 6/799, Nr. 130. Für Beispiele s. USIS Germany, Country Plan FY 1964, S. 2: StadtAN, E 6/799, Nr. 130; Protokoll einer Sitzung zur Koordinierung von Veranstaltungen zur Entwicklungspolitik vom 16. März 1967: HStAS, EA 3/505, Bü 35. 207 USIS Bonn, Country Assessment Report 1961, S. 12: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; DAI Nürnberg, Assessment Report 1965: StadtAN, E 6/799, Nr. 72; DAI Nürnberg, Assessment Report 1966: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. 208 PAO Hoofnagle an USIS Bonn vom 10. Dezember 1962: StadtAN, E 6/799, Nr. 130. 209 USIS Bonn, Country Assessment Report 1961, S. 12: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; USIS Bonn, Country Assessment Report 1962, S. 3: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; USIS Bonn,

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und Diskussionsabende zu „Die Vereinigten Staaten, die Bundesrepublik Deutschland und die Entwicklungshilfe“,210 „Entwicklungsländer – Fass ohne Boden?“211 oder „Mit dem Peace Corps um die Welt“212 statt. Bei Themen wie der Entwicklungshilfe, die den USA besonders wichtig waren, bewies die amerikanische Kultur- und Informationspolitik ungeachtet ihrer Erfolge oder der Publikumszahlen einen langen Atem. Erst um das Jahr 1970 herum verschwand das Thema langsam aus dem Veranstaltungsprogramm der Amerikahäuser und DAI. Zu diesem Zeitpunkt veränderten sich die entwicklungspolitischen Rahmenbedingungen in den USA und in der Bundesrepublik. Einerseits erlebte die Entwicklungspolitik unter der sozialliberalen Koalition einen Bedeutungszuwachs.213 Vor allem während der Amtszeit Erhard Epplers als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit (1968–1974) näherte sich die westdeutsche Entwicklungspolitik den Vorstellungen der USA an. Zweitens gerieten gegen Ende der 1960er Jahre die modernisierungstheoretischen Annahmen, auf denen die amerikanische Entwicklungshilfe seit Anfang der 1950er Jahre basierte, in die Kritik.214 Dies lag nicht zuletzt an der Erfahrung des Vietnamkriegs und dem gescheiterten Ziel, Südvietnam zu einem „Schaufenster der Moderne“ zu machen.215 In der Bundesrepublik endete die „Planungseuphorie“ ebenfalls zu Beginn der 1970er Jahre, bevor dann die Ölkrise von 1973 und der Amtsantritt des Realpolitikers Helmut Schmidt 1974 die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch der Entwicklungspolitik nochmals veränderten.216 In dieser Umbruchphase, die bisherige Wege der Entwicklungspolitik grundsätzlich in Frage stellte, reduzierten auch die Amerikahäuser und DAI ihre Veranstaltungen zu diesem Thema drastisch. Der Ost-West-Konflikt als solcher und insbesondere die Auseinandersetzung mit der Sowjetunion spielten als eigenständige Themen in den Country Plans kaum eine Rolle.217 Die amerikanischen Kultur- und InformationszentCountry Assessment Report 1963, S. 1: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; USIS Bonn, Country Assessment Report 1964, S. 3: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 210 DAI Regensburg, Programm Juli 1965: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1980. 211 DAI Tübingen, Programm Mai 1967: StadtAT, E 418, Nr. 147. 212 AH Frankfurt, Programm Dezember 1964: ISG, V113/289. 213 Hein, Die Westdeutschen und die Dritte Welt, S. 194f.; Eckert, Spätkoloniale Herrschaft, S. 9. 214 Ebd., S. 12. 215 Kunkel, Systeme des Wissens, S. 182. 216 Hein, Die Westdeutschen und die Dritte Welt, S. 308; zur Mühlen, Entwicklungspolitische Paradigmenwechsel, S. 421f.; Ruck, Ein kurzer Sommer. 217 Nur der Plan von 1963 beschwor die deutsch-amerikanischen Beziehungen und das Atlantische Bündnis mit dem dezidierten Hinweis auf eine drohende kommunistische Expansion.

2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter im Ost-West-Konflikt

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ren präsentierten sich hier im Sinne des Wortes als Amerika-Häuser. Nach dem Ende der Reeducation-Zeit definierten sich ihre Aufgaben zwar in beträchtlichem Maße über das deutsch-amerikanische Verhältnis im westlichen Bündnis und damit über den Ost-West-Konflikt, doch sie arbeiteten hauptsächlich über die Selbstdarstellung der USA oder des westlichen Bündnisses, kaum über die Auseinandersetzung mit der Gegenseite. Dies entsprach den Zielen der amerikanischen Public Diplomacy: Die Bundesbürger sollten vor allem in ihrer Zustimmung zu einer engen deutsch-amerikanischen Partnerschaft sowie in ihrem Zugehörigkeitsgefühl zum westlichen Bündnis bestärkt werden, und nicht zuerst in der Ablehnung des gemeinsamen Gegners.218 Auch in wirtschaftspolitischen Fragen versuchten die USA, die Bundesrepublik an sich zu binden und für einen Kurs zu gewinnen, der amerikanischen Interessen entsprach. Dies wurde jedoch umso schwieriger, je mehr die westeuropäische Integration voranschritt und die Bundesrepublik vor allem in wirtschaftlichen Fragen zum Teil einer größeren Gemeinschaft, der EWG, machte. Sie ging in der wirtschaftspolitischen Realität, aber auch in den Programmankündigungen der Amerikahäuser und DAI zunehmend in Europa auf und erschien im Veranstaltungsprogramm immer weniger als ein eigener Faktor und immer mehr als Element der westeuropäischen Staatengemeinschaft.219 Deutschland fest in den Westen zu integrieren, war einer der wichtigsten Beweggründe für den Start des westeuropäischen Einigungsprozesses. In den 1960er Jahren entwickelte sich die Bundesrepublik zusammen mit Frankreich zum Motor dieser Einigung. Die USA begrüßten und förderten die Integration von Beginn an.220 Gleichzeitig versuchten sie, diesen Prozess vor allem im Hinblick auf sicherheitspolitische, militärstrategische und wirtschaftliche Fragen zu beeinflussen und den Grad sowie die Form westeuropäischer Integration mit zu lenken, also amerikanische Eigeninteressen zu wahren.221 218 Für Propaganda zum Zweck der Verstärkung bestehender Einstellungen s. Bussemer, Propaganda, S. 30. 219 Vor allem während der konfliktreichen 1960er Jahre fanden fast jeden Monat Veranstaltungen zu europabezogenen Themen statt. Damit nahm dieser Aspekt deutlich mehr Raum ein als etwa die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Beispielsweise „Europas Amerika und Amerikas Europa. Lehrjahre einer atlantischen Gemeinschaft“, AH Frankfurt, Programm März 1962: ISG, V113/260; „Deutsch-amerikanische Partnerschaft im Rahmen der gegenseitigen Abhängigkeit der USA und Europas“, AH München, Programm Februar 1963; „Neue Tendenzen der amerikanischen Europapolitik“, DAI Regensburg, Programm Juni 1972: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1980; „Amerika und Europa: Wer führt wen?“, AH München, Dezember 1980. 220 Unter anderem auch durch die Propagierung des europäischen Integrationsprozesses in den Amerikahäusern in den 1950er Jahren: Schildt, zwischen Abendland und Amerika, S. 187–191. 221 Lundestad nennt als Motive für die amerikanische Unterstützung der westeuropäischen Integration 1. das amerikanische Vorbild (Föderalismus, Demokratie, freie und

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Dabei kollidierten die Interessen und Ziele der USA, der Bundesrepublik und der EWG immer wieder. Die EWG war mittlerweile ein ernsthafter Konkurrent für die USA geworden. Zwischen 1964 und 1967 behandelten viele wirtschaftspolitische Veranstaltungen die Kennedy-Runde im Rahmen des GATT (General Agreement on Tariffs and Trade).222 Vor allem die auch als „Hähnchenkrieg“ bekannte Kontroverse zwischen der EWG und den USA über die amerikanischen Agrarexporte bedurfte der besonderen Thematisierung, bemerkte der Country Plan für das Jahr 1964.223 Die schwierigen Verhandlungen über Zollsenkungen und Agrarprodukte belasteten das Verhältnis zwischen der EWG und den USA, aber auch die deutsch-amerikanischen Beziehungen.224 Das wichtigste Psychological Objective der 1960er Jahre war stets, die Deutschen von einer liberaleren Handelspolitik zu überzeugen. Im Verlauf der 1960er Jahre gewannen für die Vereinigten Staaten ökonomische Aspekte der westeuropäischen Integration gegenüber den politischen Faktoren an Gewicht, und in den 1970er Jahren rückte unter Nixon und Kissinger der verstärkte Schutz der eigenen Interessen ganz in den Vordergrund.225 Führungsstärke in Wirtschaftsfragen zu zeigen, wurde für die USA mit der anhaltenden Dollarschwäche Ende der 1970er Jahre erheblich schwieriger. Sie bedrohte den Exporthandel der Bundesrepublik, und besonders in Industrieregionen kritisierten viele Deutsche die Wirtschafts- und Finanzpolitik der USA oder mutmaßten sogar, die Amerikaner wollten nur ihre Handelsbilanz verbessern, berichtete der USIS.226 Die USA, so forderte PAO Klieforth, müssten demonstrieren, dass sie wirklich Anstrengungen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation unternähmen.227 Während der folgenden Jahre versuchten die Amerikahäuser und DAI in den wirtschaftlich starken Regionen, ihre Zusammenarbeit mit Vertretern der Finanz- und Wirtschaftswelt zu verstärken und thematisierten die wirtschaft-

offene Märkte), 2. ein leistungsfähigeres und besser funktionierendes Europa, 3. sinkende Belastungen für die USA, 4. die Eindämmung der Sowjetunion, 5. die Eindämmung Westdeutschlands. S. Lundestad, The United States and Western Europe, S. 86– 91. 222 Explizit zur Bedeutung der Kennedy-Runde für die EWG zwischen 1964 und 1967: Tübingen (4 Veranstaltungen), Frankfurt (1), Regensburg (4), München (2), Nürnberg (1). Hinzu kamen etliche allgemeiner formulierte Veranstaltungen über die amerikanische Wirtschaftspolitik und die EWG bzw. die Wirtschaftspolitik der EWG und der USA. 223 USIS Germany, Country Plan FY 1964, S. 1: StadtAN, E 6/799, Nr. 130. Zu dieser Kontroverse s. Schertz, Die Deutschlandpolitik, S. 165f. 224 Ebd., S. 245–248; Lundestad, The United States and Western Europe, S. 135. 225 Ebd., S. 135, 176, 202. 226 USIS Bonn, Quarterly Report vom 6. Oktober 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 229; USIS Bonn, Quarterly Report vom 31. Januar 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 229. 227 USIS Bonn, Quarterly Report vom 31. Januar 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 229.

2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter im Ost-West-Konflikt

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liche Leistungskraft der USA.228 Vor einer meist kleinen und ausgewählten Expertenrunde sprachen Finanzexperten und Wissenschaftler über die Inflationspolitik der USA, allgemeine wirtschaftliche Fragen, Geldpolitik oder multilaterale Wirtschaftsbeziehungen.229 Für ein breites Publikum waren diese Vorträge kaum geeignet und auch nicht gedacht, wie akademisch anmutende Titel zu „Improving Labor Force Statistics for Public Policy“, „The US Banking System, its implications for US foreign and domestic monetary policy“ oder „Tax Reform and the Carter Administration“ zeigen.230 Sie richteten sich an Experten, Entscheidungsträger und Meinungsmacher. Die meisten amerikanischen Referenten präsentierten ein sehr optimistisches Bild der amerikanischen Wirtschaftspolitik und appellierten an die Europäer, ihre Handelspolitik zu verändern: Statt die USA für ihr Zahlungsbilanzdefizit anzugreifen, sollten die europäischen Staaten besser eine Handelspolitik betreiben, die es den Amerikanern erlaubte, ihre Agrarexporte zu steigern und so ihr Defizit zu reduzieren.231 Bei etlichen Veranstaltungen fragten die deutschen Finanzexperten kritisch nach und reagierten skeptisch auf allzu optimistische Einschätzungen.232 Im März 1978 konstatierte Allen, der Direktor des DAI Nürnberg, fast schon resigniert, der Vortrag „Dollar versus Deutsche Mark“ habe wohl niemanden aus dem Publikum überzeugt, doch immer228 BPAO Pancoast an Mennard, USIS vom 16. Januar 1980, S. 5f.: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. 229 Einige Beispiele: Der Leiter der Berliner Landeszentralbank, der Wirtschaftsberater des Regierenden Bürgermeisters von Berlin sowie Vertreter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und mehrere Bankdirektoren besuchten einen Vortrag über die Inflationspolitik der USA von Donald A. Nichols (Universität von Wisconsin) im Berliner Amerikahaus, s. Program Evaluation Card für Donald A. Nichols vom 18. März 1980: StadtAN, E 6/799, Nr. 407. Das Amerikahaus Frankfurt organisierte für Dozenten und fortgeschrittene Studierende der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Gießen einen Vortrag über „The Simulation of Markets and its Consequences for Economic Policy“ mit Frederick Pryor vom Swarthmore College in Pennsylvania, s. Program Evaluation Card für Frederick Pryor vom 31. Mai 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 408. 230 DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1979: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1426; AH München, Programm September 1977. Die beiden erstgenannten Veranstaltungen stehen nicht im Monatsprogramm des DAI Nürnberg, sondern nur im Tätigkeitsbericht. Sie fanden in der Bundesanstalt für Arbeit bzw. der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität statt und wurden nur von 13 bzw. sechs Personen besucht. Möglicherweise handelte es sich um geschlossene Veranstaltungen, die daher nicht im Programm genannt wurden. 231 Program Evaluation Card für Frederick Pryor vom 31. Mai 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 408. Soweit auf der Karte vermerkt, gab es bei dieser Veranstaltung jedoch keine Kritik an den Thesen des Referenten. 232 Program Evaluation Card für Donald A. Nichols vom 18. März 1980: StadtAN, E 6/799, Nr. 407; Program Evaluation Card für Irving I. Schiffman vom 30. November 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 410; Program Evaluation Card für Arthur S. Hoffman vom 16. November 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 402; Program Evaluation Card für Arthur S. Hoffman vom 13. Februar 1980: StadtAN, E 6/799, Nr. 402.

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hin sei das Problem einmal ins rechte Licht gerückt worden – mehr sei im Moment nicht möglich.233 Der USIS wünschte solche regierungsaffinen Darstellungen. Wann immer Referenten die amerikanische Wirtschafts- und Währungspolitik positiv beurteilten, erhielten sie – auch wenn sie das Publikum nicht ganz überzeugten – positive Wertungen auf den Program Evaluation Cards.234 Regierungskritische oder akademische Vorträge, die zu wenig Bezug auf die konkrete Politik der USA nahmen, lagen nicht im Interesse der Amerikahäuser und DAI.235 Teilweise konnten die Häuser ihr Zielpublikum überhaupt nicht erreichen. Der Direktor des Nürnberger DAI klagte, trotz größter Anstrengungen kämen keine Wirtschaftsexperten zu den Veranstaltungen, sondern meist nur Studenten.236 In Saarbrücken zahlte sich hingegen der große Einsatz des DAIDirektors aus. Er führte mit über 30 Vertretern von Banken und Unternehmen Einzelgespräche über die Rezession im Saarland und die amerikanischen Einflussfaktoren. Vertreter des amerikanischen Generalkonsulats in Frankfurt unterstützten ihn dabei und setzten sich ebenfalls mit Vertretern aus Wirtschaft, Presse und Politik in Verbindung, um über die US-Positionen zu Wirtschaftsund Energiefragen zu sprechen. In der Folgezeit erbaten viele der Angesprochenen Material vom Trade Center in Frankfurt und das DAI Saarbrücken erhielt Spenden von insgesamt 22.500 Dollar – ungeachtet der Krise, in der die saarländische Industrie steckte.237 Seit Anfang der 1970er Jahre unterstützten die Amerikahäuser und DAI noch auf ganz andere Weise die Wirtschafts- und Finanzpolitik der USA. 1973 wies die USIA ihre Außenposten an, über Reise- und Außenhandelsförderung dazu beizutragen, das Zahlungsbilanzdefizit der USA auszugleichen.238 Das Defizit in den Bereichen Handel und Tourismus war besonders hoch, und so 233 DAI Nürnberg, Monthly Highlights Report vom 6. März 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. 234 Vgl. die Program Evaluation Cards aus verschiedenen Amerikahäusern für Arthur S. Hoffman, alle StadtAN, E 6/799, Nr. 402. 235 Besonders kritisch beurteilt wurde Martin Bronfenbrenner, ein international renommierter Professor für Wirtschaftswissenschaft an der Duke University. Der USIS Bonn, der Bronfenbrenner für einen Vortrag an der Universität Bonn eingeladen hatte, kritisierte, der Vortrag sei nützlicher gewesen „in presenting the excellence of American scholarship than in policy support“. Der USIS in Hamburg beurteilte Bronfenbrenner, dessen wissenschaftliche Leistung bei allen seinen Vorträgen in der Bundesrepublik gelobt wurde, als „counterproductive in regard to confidence-building in U.S. politics“. S. Program Evaluation Cards für Martin Bronfenbrenner vom 9. Februar 1978 und vom 2. März 1978, beide: StadtAN, E 6/799, Nr. 395. 236 DAI-Direktor Allen an Dickermann, USIS vom 26. Juni 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. 237 USIS Bonn an USIA vom 29. Januar 1976: StadtAT, E 418, Nr. 127. 238 Zu den wirtschaftlichen Problemen der USA zu Beginn der 1970er Jahre s. Schwabe, Weltmacht und Weltordnung, S. 375f.; Patterson, Grand Expectations, S. 783–790.

2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter im Ost-West-Konflikt

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sollten die USIS-Stellen weltweit dazu beitragen, die USA als Reiseland anzupreisen und den Export anzukurbeln. Das Weiße Haus wünschte und unterstützte diese Aufgabenerweiterung.239 Zusammen mit Vertretern der Indus­ trie, des U.S. Bureau of International Commerce sowie des Außenministeriums bildete die USIA eine „Interagency Working Group on Tourism“.240 Weltweit waren die USIS-Stellen dazu angehalten, die Reiseangebote örtlicher Reiseveranstalter zu unterstützen, eng mit der Reiseindustrie – insbesondere amerikanische Fluggesellschaften und Firmen – zusammenarbeiten. Wo es solche Gruppen noch nicht gab, sollten „VISIT USA Committees“ mit Botschaftsmitarbeitern und Vertretern der Industrie initiiert werden.241 Informationsmaterial, das die USIS-Stellen verbreiten sollten, stellte die USIA.242 An das Office of Research ging die Weisung, die Einstellung der Menschen zu USA-Reisen zu erforschen.243 Das Regionalbüro der USIA für Westeuropa lieferte konkrete Vorschläge, wie diese Ziele in die Country Plans integriert werden könnten.244 Bereits wenige Wochen später fanden unter Beteiligung von Fluglinien, Reiseveranstaltern und anderen Unternehmen erste „Travel Days USA“ statt, die beim Publikum wie bei den Sponsoren gut ankamen.245 Christoph Peters zufolge, der seit den frühen 1960er Jahren für mehrere Jahrzehnte das Programm des Amerikahauses München leitete, war Mitte der 1970er Jahre sogar angedacht, in den Amerikahäusern Coffee-Shops, Buchläden oder Reisezentren einzurichten. Während diese Ideen aber bald wieder fallengelassen worden seien, setzten sich die „Travel and Trade“-Veranstaltungen langfristig durch.246 Die 239 „USIA resources boost Visit USA“: Travel Trade vom 29. Oktober 1973. S. außerdem „USIA launches efforts to promote tourism“: Advertising Age vom 26. November 1973; „USIA Spells Out Role In Visit USA Campaign“: Travel Trade vom 28. Dezember 1973; „Effect of New U.S. Tourism Push to be Revealed Soon“: Travel Agent vom 20. Mai 1974. 240 USIA Circular vom 11. Oktober 1973: NARA, RG 306, HC, Murray Lawson History Card Files Series, Box 38. 241 Ebd. Wo es solche Komitees schon gab, geht aus dem Schreiben nicht hervor. 242 USIA an alle USIS-Posts vom 28. Dezember 1973: NARA, RG 306, HC, Murray Lawson History Card Files Series, Box 38; USIA Circular vom 14. März 1974: NARA, RG 306, HC, Murray Lawson History Card Files Series, Box 38. 243 USIA Circular vom 11. Oktober 1973: NARA, RG 306, HC, Murray Lawson History Card Files Series, Box 38; „USIA resources boost Visit USA“; Travel Ttrade vom 29. Oktober 1973. 244 PAO-Letter 23 vom 12. Dezember 1973: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953– 2000, Box 223. 245 Zu erfolgreichen Veranstaltungen in Nürnberg, München und Köln s. USIS Bonn an USIA vom 11. April 1974; USIS Bonn an USIA vom 13. September 1974; USIS Bonn an USIA vom 4. November 1974, alle: StadtAT, E 418, Nr. 126. 246 Gespräch mit Christoph Peters vom 14. Mai 2007. USIS Bonn an USIA vom 6. Juni 1975: StadtAT, E 418, Nr. 127; DAI Tübingen, Programm April 1982: StadtAT, E 418, Nr. 149. Dort ist auf dem Monatsprogramm handschriftlich die Besucherzahl mit 550

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Reiseveranstalter freuten sich darüber. Seitdem das DAI Nürnberg die „Travel Days“ veranstalte, buchten mehr Menschen als je zuvor Reisen in die USA oder erkundigten sich danach, zitierte DAI-Direktor Allen den Manager von PanAm Nürnberg.247 Ende 1973 offerierte das DAI Tübingen sogar selbst eine USA-Reise für die Mitglieder und Freunde der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft. Im April 1974 sollte es für gut eine Woche nach Boston, Salem und New York gehen, „dorthin, wo Sie Amerika und die Amerikaner mit ­Händen und Füßen greifen können […] Seien Sie Kolumbus! Discover America!“248 Diavorträge und Filme über die verschiedensten Regionen und Städte der USA sowie Veranstaltungen zum „Reiseland USA“ hatte es auch in den Jahrzehnten zuvor gegeben,249 in Nürnberg und München sogar vereinzelt unter Beteiligung amerikanischer Fluggesellschaften.250 Mit der offiziellen Anweisung, die amerikanische Zahlungsbilanz durch eine aktive Vermarktung von USA-Reisen und amerikanischen Produkten zu unterstützen, änderten sich jedoch die Qualität und die Quantität solcher Veranstaltungen. Der USIS, die Amerikahäuser und DAI waren nun dazu angehalten, der Bevölkerung nicht mehr nur die Ideen von Kapitalismus und freier Marktwirtschaft zu „verkaufen“, sondern die Produkte selbst. Indem sie den Namen, die Infrastruktur und die Räumlichkeiten der Amerikahäuser und DAI zur Verfügung stellten, unterstützte die amerikanische Regierung – in den DAI auch die Regierung der Bundesrepublik – private Anbieter bei der Vermarktung ihrer Produkte. Tourismusorientierte Veranstaltungen nahmen deutlich zu, nachdem sie zu den offiziellen Aufgaben der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik gehörten, und erfreuten sich großer Beliebtheit.251 Sie ermöglichten den Häusern, gleichzeitig

angegeben. DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1976: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 102; USIS Bonn, Monthly Highlights Report vom 18. April 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 233. 247 DAI-Direktor Allen an Dickermann, USIS vom 26. Juni 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. 248 Bunz, DAI Tübingen an Mitglieder und Freunde der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft, o.D. [Dezember 1973]: HStAS, EA 3/505, Bü 354/7. 249 Beispielsweise „Reiseland USA“, AH Frankfurt, Programm Februar 1963: ISG, V113/269; „Rundfahrt durch die USA – 99 Tage für 99$“, Veranstaltungen der DAG Darmstadt 1966: PAAA, B 90-600, Nr. 735; „Reiseland USA“, DAI Regensburg, Programm März 1967: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970; „Travel USA“, AH Frankfurt, Programm Juli 1969: ISG, V113/339. 250 Beispielsweise AH München, Programm April 1967; DAI Nürnberg, Programm Mai 1969. 251 Das Amerikahaus München veranstaltete über mehrere Jahre hinweg fast jeden Monat mindestens eine Veranstaltung unter dem Motto „Reiseland USA“. In den DAI lag die Zahl ähnlich hoch, für das Amerikahaus Frankfurt liegen für diesen Zeitraum keine Programmunterlagen vor.

2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter im Ost-West-Konflikt

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Country Objectives zu erfüllen, die Zahl der Veranstaltungen unkompliziert aufzustocken und ihre Besucherzahlen zu verbessern. Der Anteil außen-, sicherheits- und wirtschaftspolitischer Veranstaltungen am Programm der Amerikahäuser und DAI nahm im Verlauf der 1960er und 1970er Jahre kontinuierlich ab. In spannungsreichen Phasen wie dem Zweiten Kalten Krieg seit Ende 1979 stieg ihre Zahl zeitweise wieder an, doch insgesamt standen solche Themen nicht mehr im Vordergrund. Dazu trug sicherlich bei, dass der westdeutschen Bevölkerung immer mehr Informationskanäle wie etwa das Fernsehen zur Verfügung standen, über die sie sich informieren konnten. Vor allem aber waren die großen Ziele aus der Anfangsphase der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik in Westdeutschland erreicht: Die Bundesrepublik war fest in das westliche Bündnis und in Westeuropa integriert, und diese Zugehörigkeit zum Westen stand auch nicht mehr zur Debatte. Auch der Ost-West-Konflikt lief mit der Entspannungspolitik in ruhigere Gewässer. In den Country Plans ging es immer weniger um grundsätzliche Fragen der politischen Orientierung der Bundesrepublik, sondern zunehmend darum, wie die Bündnispolitik angesichts verschiedener Herausforderungen und Kontroversen gestaltet werden sollte. Dies bedurfte nicht mehr einer so starken Thematisierung wie zuvor. Kurz nach seinem Amtsantritt als USIA-Direktor nannte John Reinhardt 1977 einen weiteren Grund für diese Entwicklung, der nicht nur die Bundesrepublik betraf, aber auch dort die Tendenzen in der Programmentwicklung beeinflusste: „It was Vietnam, it was Watergate […]“, resümierte Reinhardt: „During that period, the bureaucratic beast turned away from that and did other things.“252 „Vietnam“ war seit Mitte der 1960er Jahre eines der zen­tralen politischen Schlagworte, doch diesen Krieg zu thematisieren, stellte sich als eine kaum zu bewältigende Herausforderung dar. 2.2.2 Krieg der Bilder: Der Vietnamkrieg Mit dem Beginn des militärischen Einsatzes der USA in Vietnam stieg das Budget der USIA in ungeahnte Höhen. Die Behörde sollte in Vietnam, bei den Verbündeten und gegenüber den Gegnern im Ost-West-Konflikt die Positionen der USA erklären, doch Erfolge waren kaum zu vermelden.253 Auch in der Bundesrepublik konnten die Amerikahäuser und DAI diesem problematischen Thema nicht einfach aus dem Weg gehen. Es galt, die öffentliche Meinung für das amerikanische Vorgehen zu gewinnen und die eigene Glaubwür-

252 USIA-Direktor Reinhardt an alle USIS-Posts vom 17. Juni 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. 253 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 256. Zu den umfangreichen Operationen der USIA in Südvietnam s. ebd. S. 267–278.

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digkeit zu sichern, um nicht als einseitig ausgerichtete Propagandaeinrichtung wahrgenommen zu werden. Auf den Amerikahäusern und DAI lastete dabei der Druck von beiden Seiten. Erstens wurden sie vor Ort immer wieder mit Fragen zum Vietnamkrieg konfrontiert und mussten sich dazu positionieren. Zweitens bot der USIS mitunter wenig Unterstützung, wie die Häuser mit dem Thema umgehen sollten. Im Januar 1966, wenige Monate nach Beginn des militärischen Einsatzes der USA in Vietnam, listete der Tübinger DAI-Direktor Serbinoff für seinen Stuttgarter Vorsitzenden auf, welche Punkte die Bürger immer wieder ansprachen: 1. Why not agree to negotiate with the Vietcong? 2. Isn’t the Saigon regime a dictatorship? Doesn’t it lack the support of the people? 3. Why is the United States interfering in what is essentially (or was in the beginning) a civil war? 4. Why don’t we stop bom­ bing the north in order to encourage Hanoi to negotiate? (before present halt in bom­ bings) 5. Why don’t we pull out and rely on prospect of a ‚Titoist‘ reaction on part of Hanoi to Chinese attempts to control North Vietnam? 6. Are not the US bombings killing innocent Vietnamese (children & women)? 7. United States has not been very clever in this past politics. Why didn’t it insist on internal reforms in order to liberalize the regime in Saigon? Why is the United States always supporting reactionary regimes all over the world?254

Nicht nur die Bürger fragten nach, auch die Presse schrieb kritisch über den Vietnamkrieg. Serbinoffs Nürnberger Kollege Edward R. Brandt berichtete über die schwierige Situation, der negativen Vietnam-Berichterstattung selbst bei ansonsten US-freundlichen Zeitungen entgegentreten zu müssen.255 Die Vorgaben, ob und wie die Amerikahäuser und DAI den Vietnamkrieg überhaupt thematisieren sollten, änderten sich häufig und sorgten für Verwirrung. Im Sommer 1966 rückte das Thema in der Prioritätenliste der USIA ganz nach oben.256 Doch kaum anderthalb Jahre später beschwerte sich Direktor Serbinoff: Note: I frankly am confused about what Bonn plans to do about Vietnam programming. Kramer told me a few days ago that a memo is in the works instructing us not to initiate programs on Vietnam, not to make Vietnam a subject of conferences or panel discussions. There seems to be plenty of discussion, but when I need someone from the Embassy to represent the US official position, nothing ever gets done.257

Im Country Plan für 1966 kam der Vietnamkrieg erstmals als eigenes Thema vor, bezeichnenderweise als Unterpunkt zu deutschlandbezogenen Sicherheitsfragen, denn viele Deutsche befürchteten, der gesteigerte Einsatz der USA in Vietnam ginge auf Kosten des amerikanischen Engagements in Euro254 DAI-Direktor Serbinoff an PAO Chapman vom 5. Januar 1966: StadtAT, E 418, Nr. 115. 255 DAI Nürnberg, Assessment Report 1965: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. 256 Mausbach, A Test Case, S. 6f. 257 DAI-Direktor Serbinoff an PAO Chapman vom 20. Januar 1966: StadtAT, E 418, Nr. 115.

2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter im Ost-West-Konflikt

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pa.258 Damit verknüpfte der USIS die amerikanischen Ziele in Vietnam geschickt mit den sicherheitspolitischen Interessen der Bundesbürger. Der Country Plan empfahl, Diskussionsveranstaltungen zusammen mit den Allgemeinen Studierendenausschüssen (AStA) und anderen studentischen Organisationen durchzuführen und die Vietnam-Politik der USA zu erklären.259 Botschafts- und Konsulatsangehörige sollten Fragen beantworten, außerdem versuchte der USIS in Bonn, Offiziere zu gewinnen, die in Vietnam gedient hatten.260 Eine Neuzusammenstellung der Worldwide Priority Themes 1967 listete den Vietnamkrieg ebenfalls auf.261 Geeignete Referenten zu finden, die in den Amerikahäusern und DAI über Vietnam sprechen konnten, erwies sich jedoch als schwierig. Immer wieder gab es Anfragen und Beschwerden aus den Häusern, dass mehr, bessere und glaubwürdigere Referenten nötig seien, am besten mit Vietnam-Erfahrung.262 Schon der kleinste Verdacht, es handele sich bei den Veranstaltungen zu Vietnam um Propaganda, sei kontraproduktiv, so der Direktor des Nürnberger DAI.263 Hatte ein Referent Vietnam oder den südostasiatischen Raum besucht, hoben die Programme dies immer als „Erlebnisbericht“264 hervor, in denen jemand „über seine Eindrücke“265 berichtete. Die Amerikahäuser und DAI hatten den Vietnamkrieg seit 1964/65 regelmäßig im Programm. Der Großteil dieser Veranstaltungen konzentrierte sich auf die Jahre 1965–1967, danach gab es kaum noch Vorträge, die den Vietnamkrieg direkt behandelten. Die USIA erkannte, dass ihre Informationspolitik in der Bundesrepublik und in Westeuropa die öffentliche Meinung nicht 258 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1966, S. 7: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 259 Meist boten die Amerikahäuser und DAI die Veranstaltungen tatsächlich in Zusammenarbeit mit den Allgemeinen Studentenausschüssen der verschiedenen Universitäten bzw. mit Universitätsinstituten an. Bei drei der zwölf Veranstaltungen zum Thema „Vietnam“ arbeitete das Münchner Amerikahaus mit dem AStA der Ludwig-Maximilians-Universität bzw. der Hochschule für Politische Wissenschaft zusammen, bei drei weiteren Vorträgen mit verschiedenen Universitätsinstituten, ein Vortrag fand als geschlossene Veranstaltung für eine Studentenverbindung statt. 260 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1966, S. 7: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 261 Worldwide Priority Themes, USIA Washington an All Heads of Elements und alle USIS-Posts vom 14. August 1967, S. 3: NARA, RG 306, HC, Murray Lawson History Card Files Series, Box 38. 262 Weekly Report, USIA-Direktor Marks an Präsident Johnson vom 15. März 1966: LBJL, WHCF, CF, Box 135; Biweekly Report, USIA-Direktor Marks an Präsident Johnson vom 14. Februar 1968: LBJL, WHCF, CF, Box 135. 263 DAI Nürnberg, Assessment Report 1965: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. 264 „Als Sozialarbeiter in Vietnam. Ein Erlebnisbericht von John Sommer“, DAI Tübingen, Programm Juni 1966: StadtAT, E 418, Nr. 147. 265 Z.B. „Vietnam im Sommer 1965“, AH Frankfurt, Programm Oktober 1965: ISG, V113/298.

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für den offiziellen Standpunkt der USA einzunehmen vermochte. 1968, das mit der Tet-Offensive als Krisenjahr und Wendepunkt des Krieges gilt und die „Amerikaner in einen kollektiven Schock“ versetzte,266 scheint es gar keine Veranstaltungen gegeben zu haben, obwohl von nun an der Erklärungsbedarf besonders groß war. Mit dieser Politik war der USIS Germany keine Ausnahme. So zeigten auch die USIS-Stellen in anderen westeuropäischen Staaten keine Filme über den Vietnamkrieg mehr, die „merely embarrassed their client nations“.267 Bei einem Treffen betonten die westeuropäischen PAOs 1971 in Brüssel mehrheitlich, sie seien nicht bereit, offene Veranstaltungen zum Thema „Vietnam“ anzubieten und so ein leicht zu treffendes Ziel der „local bully-boys“ zu werden.268 Die meisten Vorträge – Diskussionsrunden wurden kaum veranstaltet – trugen Titel wie „Vietnam im Sommer 1965“269, „Die Vereinigten Staaten und Südvietnam“270, „Der Kern der Vietnam-Frage“271 oder „Die amerikanische Vietnampolitik“272. Nur selten und ganz am Anfang der Thematisierung des Vietnamkrieges ließen sich aus der Ankündigung Wertungen ableiten, etwa in Frankfurt, wo Erik L. Blumenfeld 1964 über „Die Verantwortung der freien Welt in Südostasien“ sprach oder in Tübingen, wo im gleichen Jahr der Vietnamkrieg-Kritiker Ekkehart Krippendorff kurz nach seiner Rückkehr von einem mehrjährigen USA-Aufenthalt als Fulbright-Stipendiat zum Thema „Amerika in Südostasien – Imperialismus oder Protektion?“ referierte.273 Kritisch ausgerichtete Amerika-Kenner waren jedoch die Ausnahme.274 Die meisten Referenten zu Vietnam kamen von der amerikanischen Botschaft in Bonn, den verschiedenen amerikanischen Generalkonsulaten, vom RIAS oder aus amerikanischen Universitäten. Jenseits dieser öffentlichen Veranstaltungen lud der USIS ausgesuchte Multiplikatoren und Meinungsmacher zu geschlossenen Veranstaltungen ein, unterstützte die Reisen deutscher Journalis266 Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, S. 165f. 267 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 310. 268 Ebd. 269 AH Frankfurt, Programm Oktober 1965: ISG, V113/298. 270 AH Frankfurt, Programm Dezember 1965: ISG, V113/300; DAI Regensburg, Programm Juli 1965: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970; DAI Tübingen, Programm September 1965: StadtAT, E 418, Nr. 147. 271 AH München, Programm März 1966. 272 Veranstaltungen der DAG Darmstadt 1967: PAAA, B 90-600, Nr. 735; DAI Tübingen, Programm Januar 1967: StadtAT, E 418, Nr. 147. 273 AH Frankfurt, Programm März 1964: ISG, V113/281; DAI Tübingen, Programm Dezember 1964: StadtAT, E 418, Nr. 147. 274 In Freiburg war 1967 Peter Gäng, Westberliner SDS-Mitglied und Mitbegründer des Arbeitskreises Südvietnam, an einer Podiumsdiskussion beteiligt. Seine Mitdiskutanten waren ein offizieller Repräsentant der USA, der Schweizer Journalist Lorenz Stucki (ein Mitarbeiter des vom CCF finanzierten „Monat), sowie Claus Wilke aus Freiburg. DAI Freiburg, Rechenschaftsbericht 1967, S. 20: PAAA, B 90-600, Nr. 736.

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ten nach Vietnam und versuchte Hintergrundmaterialien an die Medien zu vermitteln.275 Indirekt war das Thema „Vietnam“ auch nach 1967 in den Programmen der Amerikahäuser und DAI präsent. So sprach im Herbst 1970 der Journalist Janko von Musulin auf dem Seminar „Amerika – Kranke Weltmacht?“ in seinem Eingangsreferat auch zum Vietnamkrieg. Das DAI Nürnberg lobte: „In the discussion and also during the lecture he did not hesitate to defend the United States against young and sometimes rather aggressive seminar participants […] he said that it was right and the duty of the US to go to Vietnam“.276 Allgemeiner ausgerichtete Veranstaltungen reduzierten das Risiko, dass Demonstranten die Referate störten, wie es 1967 bei der Podiumsdiskussion „Reicht das amerikanische Engagement in Vietnam aus?“ in Frankfurt geschehen war.277 Gleichzeitig konnten die Amerikahäuser und DAI darauf verweisen, dass sie das kontroverse Thema weiter behandelten und nicht unter den Teppich kehrten. In den Veranstaltungshinweisen der Amerikahäuser und DAI war jedoch nicht von „Krieg“ die Rede,278 selbst „Vietnam“ wurde häufig durch „Südostasien“ ersetzt, wenn der Konflikt nicht gleich ganz unter „außenpolitische Fragen“ subsumiert wurde, wie im Falle des Seminars „Amerika – Kranke Weltmacht“. Auf diese Weise stellten die Amerikahäuser und DAI den Vietnamkrieg in eine Reihe mit anderen problematischen Fragen, er war nicht als herausgehobener, qualitativ andersartiger Konflikt zu erkennen, als den ihn die protestierenden Studenten beurteilten. So kündigte das Amerikahaus Frankfurt den Vortrag über „Friedenschancen für Südostasien in den 1970er Jahren“ von Werner Levi, Professor für Politikwissenschaft an der Universität von Hawaii, folgendermaßen an: Südostasien: ein Pulverfass auf der weltpolitischen Landkarte. Armut und Überbevölkerung, rapide soziale Verschiebungen, labile Regierungsformen und nicht zuletzt kommunistische Vorstöße tragen und trugen dazu bei, dass dieser Teil der Erde nicht zur Ruhe kommt. Wie lässt sich dieses Gebiet – Länder wie Laos, Kambodscha, Thailand, Vietnam und Indonesien gehören dazu – auf Dauer befrieden?279

275 Mausbach, A Test Case, S. 7f. 276 Program Evaluation Card für Janko von Musulin vom 31. Oktober 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 326. 277 Dazu s. ausführlicher S. 347–350. 278 Ausnahmen waren drei Veranstaltungen des Jahres 1967 im Amerikahaus München. Auch hier war nicht vom „Vietnamkrieg“ oder dem „Krieg in Vietnam“ die Rede, doch im Gegensatz zu den Programmen der anderen Amerikahäuser und DAI taucht hier der Begriff „Krieg“ auf: „The Law of War in Vietnam“, Programm Februar 1967; „Der andere Krieg“, Programm April 1967 (hier ging es um „den Kampf gegen Armut, Hunger, Unwissenheit und Krankheit in Vietnam und anderen Entwicklungsländern“); „Der andere Krieg“, Programm September 1967. Alle Programmhinweise vermieden peinlichst genau jeden Hinweis auf das militärische Engagement der USA. 279 AH Frankfurt, Programm Mai 1969: ISG, V113/337.

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Dass es sich um militärisch ausgetragene Konflikte unter maßgeblicher Beteiligung der USA handelte, blieb unerwähnt. Den amerikanischen Rückzug aus Vietnam nahm der USIS mit Erleichterung auf. Im Hinblick auf das Amerikahaus Berlin, das besonders häufig der Kritik und den Angriffen der Kriegsgegner ausgesetzt war, formulierte der Country Plan für die Jahre 1974 und 1975: „As the Vietnam war fades into the past, the Amerika Haus should be established as an attractive, meaningful forum of discussions of mutual social, economic and political problems, especially with younger target groups.“280 Mit diesem ausdrücklichen Hinweis auf seine eigentlich selbstverständlichen Grundaufgaben zeigte das Amerikahaus, dass es diese Entwicklung als Rückkehr zu einem normalen Arbeitsablauf empfand, der in den Jahren zuvor stark beeinträchtigt war.281 Der Amerika-Dienst unterstützte die Programmarbeit der Amerikahäuser und DAI über Vietnam. Mit dem Beginn des offiziellen militärischen Engagements der USA nach dem sogenannten Tonking-Zwischenfall im August 1964 startete die US-Regierung eine großangelegte PR-Kampagne und lud Journalisten aus aller Welt ein, um aus Vietnam zu berichten.282 Gleichzeitig begann der Amerika-Dienst, deutschen Stellen Bild- und Textmaterial zum Vietnamkrieg anzubieten. Für 1963 und 1964 befinden sich in den Amerika-DienstBeständen des DAI Nürnberg je eine Sendung zu Vietnam – ein Bild vietnamesischer Freiwilliger und der Artikel „Wirtschaftliche Erfolge trotz politischer Unsicherheit und Partisanenkrieg“. 1965 und vor allem ab 1966 steigerte sich das Angebot des Amerika-Dienstes und thematisierte nun auch die Rolle der Amerikaner in Vietnam. Bis zum Sommer 1968, also etliche Monate nach dem Beginn der Tet-Offensive, setzte der Dienst diese Lieferungen fort.283 Massenmedial vermittelte Bilder stellten ein besonderes Problem für die Öffentlichkeitsarbeit der USA über den Vietnamkrieg dar. „Fernsehen und Krieg gehören seit Vietnam untrennbar zusammen“, urteilt die Forschung über den „ersten Fernsehkrieg der Geschichte“, in dem Berichterstatter so nah wie nie zuvor das Kriegsgeschehen beobachteten.284 Bis zur Tet-Offensive Anfang 1968 sendeten die Fernsehanstalten in den USA allerdings keine Bilder von Gräueltaten, sondern unterstützen die Politik der US-Regierung, indem sie einen „sauberen“ Krieg präsentierten. Erst im November 1969 zeigte 280 USIS Germany, Country Plan 1974/75, S. 20: StadtAT, E 418, Nr. 126. 281 Ähnlich das DAI Heidelberg, das im Jahresrückblick 1971/72 äußerte, „die guten alten bzw. ruhigen Tage“ würden wohl noch nicht zurückkehren, s. DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1971/72, S. 4: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 102. 282 Paul, Bilder des Krieges, S. 314. 283 Dabei muss offen bleiben, ob der Amerika-Dienst zu diesem Zeitpunkt seine Sendungen zum Vietnamkrieg einstellte oder ob das DAI Nürnberg weitere Materialien nicht mehr aufgehoben hat. 284 Zusammenfassend dazu Paul, Bilder des Krieges, S. 311–364, Zitate S. 312.

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das amerikanische Fernsehen Bilder des Massakers von My Lai, bei dem amerikanische Truppen im März 1968 etwa 400–430 Vietnamesen getötet hatten.285 Nur in den Printmedien berichteten einzelne Reporter auch zuvor kritischer und ungeschminkter. Die Fernsehanstalten der Bundesrepublik zeigten bis 1967 überwiegend die Bilder ihrer amerikanischen Kollegen, öffneten sich aber unter dem Druck der DDR-Berichterstattung schon früher als die amerikanischen Medien einer Darstellung der vietnamesischen Befreiungsbewegung und der Kriegsfolgen für die Zivilbevölkerung.286 Bereits 1964/65 berichteten etliche Polit-Magazine im Fernsehen kritisch über den Vietnamkrieg, und seit 1966 rückten die Protestkundgebungen dies- und jenseits des Atlantiks in den Mittelpunkt.287 Nach der Tet-Offensive distanzierte sich die Fernsehberichterstattung weiter von den offiziellen amerikanischen Darstellungen und zeigte ungeschminkter die menschlichen Verluste des Krieges. Die Vertreter der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik berichteten bereits seit 1966 über die „‚entschieden feindselig‘“ eingestellten politischen Fernsehmagazine und Wochenzeitungen wie „Spiegel“ oder „Stern“.288 Zu diesem Zeitpunkt standen den USA und der Weltöffentlichkeit die schlimmsten Bilder noch bevor. Erst ab 1968 erschienen die Bilder, die weltweit zu Ikonen des Vietnamkrieges wurden und die Gräuel des Krieges zeigten, so das Bild von der Erschießung eines Vietcong durch einen Polizeigeneral auf offener Straße (1968) oder das Bild des Napalm girl, eines schreienden, nackten vietnamesischen Mädchens auf der Flucht nach einem Napalm-Angriff (1972).289 Fast das gesamte Material des Amerika-Dienstes zwischen 1965 und 1968 thematisierte entweder humanitäre Hilfe für die vietnamesische Bevölkerung, kommunistische Aggressionen gegen Südvietnam oder den Wiederaufbau des Landes. Die Vorbedingung für einen Wiederaufbau, die Zerstörung des Landes, erschien in diesen Materialien allein als Werk der Vietcong. Die Amerikaner hatten die Rolle einer Schutzmacht und vor allem der selbstlosen Helfer, als Beteiligte am Kriegsgeschehen kamen sie auf den Bildern gar nicht, in den Texten nur selten vor. Die Materialien des Amerika-Dienstes standen damit in deutlichem Kontrast zu den Fernsehbildern über den Viet285 Zur Berichterstattung im amerikanischen Fernsehen s. Greiner, Krieg ohne Fronten, S. 9–18. Zur Zahl der Opfer s. ebd. S. 308. Zur Medienpolitik der USA während des Vietnamkriegs s. Elter, Die Kriegsverkäufer, S. 110–174. 286 Paul, Bilder des Krieges, S. 318–321. 287 Hodenberg, Konsens und Krise, S. 398. 288 Ebd., S. 398f. 289 Paul, Bilder des Krieges, S. 355–357; Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, S. 166. Zur Geschichte des Bildes des „Napalm girl“ s. Paul, Die Geschichte hinter dem Foto. Gerhard Paul hat diese beiden Fotos auch in seine Zusammenstellung „Das Jahrhundert der Bilder“ aufgenommen. S. Schwingeler/Weber, Der Schuss von Saigon; Paul, Das Mädchen Kim Phúc.

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namkrieg. Auch wenn die Medien erst nach 1968 Bilder der Agonie und Apathie, von Tod und Verwundung übermittelten, zeigten sie doch die amerikanischen Soldaten als Kämpfende, als „boys in action“, die militärischen Aktionen sowie die dazugehörigen Kriegsschauplätze.290 Der Amerika-Dienst zeigte hingegen Bilder helfender GIs, die mit vietnamesischen Kindern spielten, amerikanische Ärzte, die dringend notwendige medizinische Hilfe leisteten, oder Vietnamesen, die von den Vietcong verfolgt oder verletzt worden waren. Während die Tet-Offensive zu Beginn des Jahres 1968 als Wendepunkt des Krieges und der Medienberichterstattung angesehen wird, veränderte sich an den Themen und dem Präsentationsstil des Amerika-Dienstes nichts.291 Die Fotos und Texte des Amerika-Dienstes hatten kaum eine Chance, sich gegen die massenmedial verbreiteten Bilder des Vietnamkrieges durchzusetzen. Sie zeigen jedoch, wie sich die USA im Kampf um die Bilder dieses Krieges, also um seine Interpretation, präsentierten. Exemplarische Vergleiche mit anderen Bildern aus dem Vietnamkrieg helfen, die Bilder und Texte des Amerika-Dienstes auf Selektivität und dahinter liegende Interpretamente zu überprüfen. Die Fotografien von Philip Jones Griffiths zählen zu den bekanntesten Dokumentationen des Vietnamkrieges. Sein 1971 erstmals erschienener Bildband „Vietnam Inc.“ gilt als Klassiker des Fotojournalismus, der mit zur veränderten Sichtweise auf den Vietnamkrieg seit 1968 beigetragen habe.292 Griffiths war seit 1966 für die Fotoagentur Magnum mehrfach in Vietnam, hatte jedoch anfangs Schwierigkeiten, seine Bilder in amerikanischen Medien unterzubringen. Erst nach der TetOffensive, den Bildern über das Massaker in My Lai im März 1968 und dem darauffolgenden Prozess gegen Lieutnant William L. Calley Jr. 1969 akzeptierten die Redaktionen und das Publikum einen Band wie „Vietnam Inc.“293 Die Fotografien dieses weltweit renommierten Fotografen entstanden etwas später als die Fotos des Amerika-Dienstes, bieten jedoch eine geeignete Vergleichsfolie, vor der die Stoßrichtung und die Vermittlungsstrategien der Amerika-Dienst-Materialien und damit der USIA als einer regierungsoffiziellen Behörde deutlich hervortreten. Die USA nahmen in den Texten des Amerika-Dienstes, zumal in denen, die der Dienst selbst verfasst und nicht von Zeitungen oder Zeitschriften übernommen hatte, nicht die Rolle des Initiators oder Lenkers, sondern des Helfers und Unterstützers ein. Amerikanische Soldaten „[halfen mit], wieder Ordnung in das Gemeindeleben zu bringen“,294 die amerikanische Regierung 290 Paul, Bilder des Krieges, S. 317–320; Paul, Der Vietnamkrieg als Sonderfall, S. 84–86. 291 Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, S. 160, nennt das entsprechende Kapitel „Die Wende: Krisenjahr 1968“; s. auch Herring, America’s Longest War, S. 202; Elter, Die Kriegsverkäufer, S. 134–137. 292 Griffiths, Vietnam Inc.; Knoch, Bewegende Momente, S. 118. 293 Miller, Magnum, S. 212–215; Paul, Bilder des Krieges, S. 328. 294 AD: „John Steinbeck in Vietnam“, o.D. [1967] S. 5: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754.

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sollte der südvietnamesischen Regierung „mit Rat und Tat zur Seite […] stehen“,295 „mit amerikanischer Hilfe will das Erziehungsministerium in Saigon versuchen“, die Schulsituation in Südvietnam zu verbessern,296 amerikanische Polizeiberater kamen, um „die Polizeichefs zu entlasten“,297 die „südvietnamesische Regierung versucht […], unterstützt von amerikanischen Hilfsorganisationen“, alle elternlose Kinder rasch in Waisenhäusern unterzu­ bringen,298 und „[m]it Regierungshilfe und dem Beistand amerikanischer Organisationen gelang es, die Flüchtlinge im Flachland neu anzusiedeln“.299 Die südvietnamesische Regierung erschien in diesen Darstellungen als handlungsfähig, aktiv, kompetent und tatkräftig – keinesfalls als „Marionettenregime“, wie Nordvietnam behauptete. Sie benötigte zwar Hilfe aus dem Ausland, um ihre Ziele zu erreichen, hing aber nicht am Gängelband der USA. Stets betonte der Amerika-Dienst die Kompetenzen und Erfolge der Südvietnamesen: „Die Dorfbewohner wissen, dass sie von ihrer Regierung nicht im Stich gelassen werden“, endete ein Bericht über das Hilfsprogramm der südvietnamesischen Regierung für die Dörfer des Landes.300 Dem „Amnestieprogramm [der Regierung, R.K.], das bis zum 24. Oktober [1967, R.K.] über 26.000 kommunistische Überläufer zählte“, bescheinigte der Vietnamforscher Patrick James Honey großen Erfolg.301 In einem Artikel über Flüchtlinge hieß es: „Die Regierung in Saigon unternimmt alle nur menschenmöglichen Anstrengungen, damit der Schulunterricht der Flüchtlingskinder nicht zu lange unterbrochen wird“.302 Regierungstruppen schützten Flüchtlingslager, die Polizei verteidigte die Dörfer gegen Überfälle der Vietcong und unterband mit Razzien und Kontrollen deren Nachschublieferungen,303 und die Regierung investierte erfolgreich „beträchtliche Mittel“ zur „Modernisierung der südvietnamesischen Landwirtschaft“, in die „Erschließung neuen Siedlungsraums“ und die „Verbesserung der Ackerböden“; zudem führte sie zur „Siche295 AD: „Es ist Zeit für die soziale Revolution“, o.D. [1966], S. 1: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754. 296 AD: „Eine Schule für Binh Tri“, o.D. [1966], S. 2: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754. 297 AD: „Südvietnamesische Polizei spielt große Rolle im Kampf gegen Vietcong“, o.D., S. 3 [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754. 298 AD: „Sam Morris, Kinder ohne Eltern – menschliche Tragödie im Schatten des Krieges“, o.D. [1966], S. 1: StadtAN, E 6/799, Nr. 3755. 299 AD: „Ein Gebirgsstamm bereitet sich auf das Leben im Flachland vor“, o.D. [1966], S. 1: StadtAN, E 6/799, Nr. 3753. 300 AD: „Neues Leben für Luong Son“, o.D. [1966], S. 3: StadtAN, E 6/799, Nr. 3753. 301 AD: „Vietnambilanz 1967“ von P.J. Honey, S. 6: StadtAN, E 6/799, Nr. 3755; AD: „Zahl der Vietcong-Überläufer sprunghaft angestiegen“, o.D. [1966], S. 1: StadtAN, E 6/799, Nr. 3753. 302 AD: „Flüchtlinge in Vietnam“ von Claus Lucassen, o.D. [1967], S. 6: StadtAN, E 6/799, Nr. 3753. 303 AD: „Südvietnamesische Polizei spielt große Rolle im Kampf gegen Vietcong“, o.D. [1966], S. 1, 4: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754.

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rung der Lebensmittelversorgung der rund 17–Millionen-Bevölkerung […] ein Schutzimpfungsprogramm für Nutzvieh und Geflügel durch“.304 Großen Wert legte der Amerika-Dienst darauf, Südvietnamesen und Amerikaner als gemeinsam Handelnde vorzustellen. Immer wieder hoben die Texte und Bildunterschriften hervor, wie „vietnamesische und amerikanische Soldaten gemeinsam“ die Zivilbevölkerung eines Operationsgebietes evakuierten305 oder wie beim Aufbau einer Schule „amerikanische Hilfsstellen, südvietnamesische Behörden und die Bevölkerung Hand in Hand“ arbeiteten. „Diese Art der Zusammenarbeit“, bilanzierte der Artikel über den Schulbau, „lässt ein Gefühl der Freundschaft und der gemeinsamen Verantwortung entstehen“.306 Viele Fotos zeigten Amerikaner und Vietnamesen bei der gemeinsamen Arbeit, so das Bild zweier Männer, die an einer Überlandleitung bauen: In der Mitte des Bildes befindet sich der Pfosten, an dem die Leitungen befestigt sind; an der linken Seite des Pfostens klammert sich in mehreren Metern Höhe ein Amerikaner mit Hut und kariertem Hemd fest und verschraubt die Drähte, synchron dazu führt auf der rechten Seite des Pfostens in gleicher Körperhaltung ein Vietnamese ähnliche Arbeiten aus.307 Ein anderes Foto zeigt zwei Männer vor der Operationsabteilung eines Krankenhauses, die „Dr. Nguyen Tu Vinh (links) und der Amerikaner Dr. Thomas Tiller gemeinsam“ leiteten.308 Auch hier drückt sich die Gleichberechtigung der beiden Ärzte in der Anordnung ihrer Körper aus: Sie gehen auf gleicher Höhe und haben den gleichen Schrittrhythmus. Für den militärischen Bereich galt das Gemeinsamkeitspostulat ebenfalls. Ein Foto der Serie „Vietnam – gemeinsamer Dienst für Militärpolizisten aus fünf Nationen“ zeigt in korrekten Reihen ausgerichtete Soldaten einer „,gemischt-nationalen‘ MP-Einheit“, in der die ausländischen Militärpolizisten „zusammen mit ihren vietnamesischen Kollegen“ Dienst taten.309 Ausnahmen bildeten die Bereiche Medizin und Landwirtschaft. Hier präsentierten sich die Amerikaner über den Amerika-Dienst als Lehrer, Anleiter und Ausbilder, von denen die Vietnamesen lernen konnten, und propagierten dabei Fortschrittsoptimismus und modernisierungstheoretische Ansätze – 304 AD: „Südvietnams aufstrebende Landwirtschaft“, o.D. [1966], S. 2: StadtAN, E 6/799, Nr. 3753; positiv präsentiert wird die vietnamesische Landwirtschaftspolitik auch in AD: „Süd-Vietnam will in Frieden aufbauen können“ von L.A. Textor, o.D. [1964], S. 2: StadtAN, E 6/799, Nr. 3575. 305 AD: „Schutz der Zivilbevölkerung vordringlichstes Gebot“, o.D., S. 1: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754. 306 AD: „Eine Schule für Binh Tri“, o.D. [1966], S. 2: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754. 307 AD: Foto 67–2249 der Serie „Agrarrevolution in Südvietnam“, 1967: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754. 308 AD: Foto 65–2566 der Serie „Die Not lindern“, o.D. [1965]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3753. 309 AD: Foto H-48789 der Serie „Vietnam – gemeinsamer Dienst für Militärpolizisten aus fünf Nationen“, o.D.: StadtAN, E 6/799, Nr. 3753.

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ohne Blick für die negativen Auswirkungen auf die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen in Vietnam, die mit der plötzlichen Anwesenheit Hunderttausender amerikanischer Soldaten einhergingen.310 In Griffiths Augen war die Idee ihrer Überlegenheit eine arrogante Illusion, der sich die Amerikaner hingaben. Er interpretierte die Bereitschaft der Vietnamesen, an Schulungen und Treffen teilzunehmen, auf denen „some foreign idiot told you what you’d already learned about pigs from your father when you were six years old“ als einfachen Weg, amerikanische Unterstützung zu erhalten.311 Eines seiner Fotos zeigt einen Marine, der vor einer großen Gruppe gelangweilt blickender vietnamesischer Frauen und Kinder einen kleinen Jungen in einer Schüssel wäscht. Die Vietnamesen sollten Hygiene lernen – ungeachtet dessen, dass sie Griffiths zufolge täglich dreimal badeten und sich despektierlich da­ rüber äußerten, dass die Amerikaner sich nur einmal täglich wuschen. Eine Mutter auf dem Bild, so Griffiths, „realized the Marine was using her vegetable dish to stand the boy in and, to the embarrassment of the other Marines, grabbed the dish and strode off, cursing such disregard for the basic of cleanliness“.312 Die Darstellung der amerikanisch-vietnamesischen Beziehungen in den Texten und Bildern des Amerika-Dienstes entsprach nur sehr bedingt der Realität. Die USA beschränkten sich mitnichten auf Hilfs- und Unterstützungsdienste, sondern gestalteten die Kriegsführung in ihrem Sinne, bildeten die südvietnamesischen Soldaten nach ihren Erfordernissen aus und wiesen ihnen zweitrangige, untergeordnete Aufgaben zu.313 Auch sonst gaben die Amerikaner den Gang der Dinge vor und riefen damit den Unmut vieler Vietnamesen hervor, von denen manche den USA sogar besatzungs- und kolonialismusähnliches Verhalten vorwarfen.314 Die Wahlen des Jahres 1967 galten vielen als „amerikanisches Theater mit vietnamesischen Schauspielern“, denn auch hier waren es die Amerikaner, die Regie führten.315 Bei Propaganda- und Sozial310 AD: „Jede Hilfe ist willkommen“, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3755; AD: Foto 67–2248 der Serie „Agrarrevolution in Vietnam“, 1967: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754; AD: „Hilfe der freien Welt – ein Gebot der Stunde“, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754; AD: „Ein Gebirgsstamm bereitet sich auf das Leben im Flachland vor“, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3753; AD: „Die Not lindern“, o.D.: StadtAN, E 6/799, Nr. 3753; AD: „Südvietnams Bauern dürfen hoffen“, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3753. Zu den Auswirkungen der Anwesenheit amerikanischer Truppen auf Wirtschaft und Gesellschaft in Vietnam s. Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, S. 142; Page, U.S. official propaganda, S. 82f. Zur Aufweichung von Geschlechterrollen und Familienstrukturen durch die Prostitution junger Mädchen s. Griffiths, Vietnam Inc., S. 180–189, bes. 188f. 311 Ebd., S. 25. 312 Ebd., S. 162. 313 Herring, America’s Longest War, S. 172; Page, U.S. official propaganda, S. 21. 314 Herring, America’s Longest War, S. 181f. 315 Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, S. 141.

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programmen wie dem ambitionierten Revolutionary Development Program, mit dem die südvietnamesische Bevölkerung für die Sache ihrer Regierung gewonnen werden sollte, mangelte es ebenfalls an Kooperation zwischen Amerikanern und Vietnamesen.316 Auch wenn es Ausnahmen in den humanitären Bereichen wie medizinische Versorgung oder Landwirtschaft geben mochte, so erwiesen sich doch die kulturellen Unterschiede zwischen Vietnamesen und Amerikanern als großes Problem. Misstrauen prägte das gegenseitige Verhältnis, für viele amerikanische Soldaten waren Freund und Feind kaum zu unterscheiden, und viele empfanden bald alle Vietnamesen als Feinde und dachten in den Kategorien von „,Them and Us‘“ – „wir gegen sie“.317 „[W]enn es vietnamesische Opfer gab, mussten es ‚Vietcong‘ sein“, lautete eine Grundregel der amerikanischen Truppen.318 Umgekehrt kam es auch zu antiamerikanischen Protesten.319 Der Amerika-Dienst blendete diese Spannungen aus und präsentierte die Ausnahme als den Normalfall der amerikanisch-vietnamesischen Beziehungen, wenn er Bilder eines amerikanischen Arztes betitelte: „Der amerikanische Doktor ist ein guter Freund, der ihnen [den vietnamesischen Familien, R.K.] die Gewissheit gibt, dass die Welt draußen sie nicht vergessen hat.“320 Ähnlich ging der Amerika-Dienst bei der Schilderung der südvietnamesischen Regierung vor: Sie war weder so stabil, tatkräftig und kompetent, wie der Amerika-Dienst sie präsentierte, noch war das Verhältnis zwischen Regierung und Bevölkerung ungetrübt. Zudem behinderte Korruption die wirtschaftliche und administrative Aufbauarbeit.321 Ebensowenig ging der Amerika-Dienst auf die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der amerikanischen Regierung ein, in der die Opposition gegen den Krieg seit 1966 kontinuierlich wuchs. Selbst Verteidigungsminister Robert McNamara gestand 1967 ein, dass die bisherige Strategie keinerlei Erfolge gebracht hatte und plädierte für einen Stopp oder zumindest eine Einschränkung des Bombenkriegs.322 Zum gleichen Zeitpunkt vertrat der Amerika-Dienst Durchhalteparolen: „Dieser Krieg ist grausam – aber er muss 316 Herring, America’s Longest War, S. 175. 317 Greiner, Krieg ohne Fronten, S. 174. 318 Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, S. 135f. Hervorhebung im Original. Herring, America’s Longest War, S. 180f. 319 Ebd., S. 174; Page, U.S. official propaganda, S. 76. 320 Bildunterschrift zu Foto H-46498 der Serie „Amerikanische Ärzte in Süd-Vietnam“, o.D.: StadtAN, E 6/799, Nr. 3576. 321 Herring, America’s Longest War, S. 177–180; Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, S. 142. Auch der Leiter der JUSPAO (Joint United States Public Affairs Office) in Vietnam, Barry Zorthian, war zunehmend vom Ausmaß der Korruption desillusioniert, s. Cull, The Cold war and the United States Information Agency, S. 276. 322 Herring, America’s Longest War, S. 193f. Zur Kritik einflussreicher politischer Persönlichkeiten am Vietnamkrieg s. auch Greiner, Krieg ohne Fronten, S. 56f; Elter, Die Kriegsverkäufer, S. 137f.

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durchgestanden werden“, hieß es in einem Artikel aus dem Jahr 1967.323 Zerstörung, Flucht und Vertreibung waren in diesen Darstellungen allein das Werk der Vietcong. Nach der Tet-Offensive schrieb der Amerika-Dienst, es läge dem Vietcong nichts daran, „die Bevölkerung Südvietnams von etwas zu ‚befreien‘, das nur in der kommunistischen Propaganda existiert. Es ging Hanoi vielmehr darum, seine Machtposition zu festigen, und zwar ohne Rücksicht auf das vietnamesische Volk“.324 Sich selbst stilisierten die Amerikaner in den Artikeln und Fotos des Amerika-Dienstes als Helfer, die das Land aufzubauen und die Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten versuchten. Ausführlich stellten die Artikel und Fotos die Gräueltaten der Vietcong dar und beriefen sich dabei zum Teil auf die Berichte geläuterter Vietcong-Kämpfer, amerikanischer Soldaten oder auf Prominente wie den Schriftsteller John Steinbeck, der 1967 Vietnam „auf der Suche nach der Wahrheit“ besucht hatte.325 Die zivilen Opfer amerikanischer Bombenangriffe wurden hingegen nur einmal kurz angesprochen – sie lagen laut Amerika-Dienst nur bei 15 Prozent der toten und verwundeten Zivilisten. Wenige Monate zuvor hatte selbst Verteidigungsminister McNamara von 1.000 Zivilisten gesprochen, die durch die Bombenangriffe der USA wöchentlich starben.326 Schon gar nicht ging der Amerika-Dienst auf die Angst, Wut und Brutalität der amerikanischen Soldaten ein, auf Schikanen, Vergewaltigungen oder Massaker.327 Griffiths hingegen zeigte die Opfer amerikanischer Militärs auch im Bild und legte die persönliche Dimension sowie die Kontingenzen offen, die sich hinter knappen Zahlenangaben verbargen. Auf einer Fotografie trägt ein Vater seinen verwundeten Sohn, der blutüberströmt apathisch in seinen Armen hängt. Das Gesicht des Mannes ist ausdruckslos und ernst, der Blick nicht auf das Kind, sondern in die Ferne gerichtet. Hinter ihm steht quer im Bild ein großer amerikanischer Panzer, der Griffiths zufolge auch die Schüsse auf den

323 AD: „Jede Hilfe ist willkommen“, o.D. [1967], S. 4: StadtAN, E 6/799, Nr. 3755. 324 AD: „Aus dem ‚Volkskrieg‘ wurde ein Krieg gegen das Volk“, o.D. [1968], S. 1: StadtAN, E 6/799, Nr. 3755. 325 AD: „John Steinbeck in Vietnam“, o.D. [1967]: StadtAN, E 6/799 Nr. 3754; AD: „Der Vietcong ‚befreit‘ ein Dorf“, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3755; AD: „Terror und leere Versprechen“ von Thomas W. Bowen, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754; AD: Foto 67–2782 der Serie „Jede Hilfe ist willkommen“, 1967: StadtAN, E 6/799, Nr. 3753; AD: „Vietcong-Rebellen terrorisieren Süd-Vietnam“, o.D.: StadtAN, E 6/799, Nr. 3576; AD: „Aus dem ‚Volkskrieg‘ wurde ein Krieg gegen das Volk“, o.D. [1968]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3755. 326 Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, S. 127. Schätzwerte getöteter und verletzter Zivilisten durch US-Angriffe s. bei Page, U.S. official propaganda, S. 100. 327 Dazu ausführlich Greiner, Krieg ohne Grenzen, S. 174–200.

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Abb. 8329

Jungen abgegeben hatte: Die Soldaten hatten ein Pferd für einen Vietcong gehalten und das Gebiet mit Geschützfeuer überzogen (Abb. 8).328 Weite Verbreitung fand das 1968 entstandene Bild eines weinenden Jungen, der auf seine tote Schwester blickt, die auf der Ladefläche eines Lastwagens liegt. Sie war bei amerikanischen Luftangriffen in Saigon ums Leben 329

328 Griffiths, Vietnam Inc., S. 150f. 329 Die Bildunterschrift lautet: „Father carries his wounded son […] past those American troops who fired the shots. (They had mistaken a horse for a Vietcong, and sprayed the area with gunfire).“ Griffiths, Vietnam Inc., S. 150f.

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gekommen.330 Die teilweise sarkastischen Bildunterschriften enthüllten die in Griffiths’ Augen makabre Ignoranz und Gleichgültigkeit der amerikanischen Soldaten gegenüber ihren Opfern. Zwei Bilder weiß gekleideter Waisenkinder in einem amerikanischen Lazarett sind untertitelt: „Christmas in Vietnam. Orphans […] visit a United States hospital and sing and dance for the wounded men whose predecessors were responsible for these children’s parentless status.“331 Ein kurzer Text des Amerika-Dienstes konstatierte hingegen: Krieg und Terror der Kommunisten haben die Not der südvietnamesischen Bevölkerung ins Unermessliche gesteigert. Tausende von Menschen sterben, Tausende werden verwundet und leiden Todesängste bei den Angriffen des Vietcong. Amerikanische Soldaten versuchen das Leid der Zivilbevölkerung nach Möglichkeit zu lindern.332

Die dazugehörigen Bilder setzten ganz auf Zwischenmenschliches und den Kontrast zwischen großen amerikanischen Soldaten und kleinen vietnamesischen Kindern. So zeigt das erste Bild der Serie eine Szenerie, bei der ein amerikanischer Soldat sich am Seilspringen der Kinder beteiligt: Kleine Mädchen schlagen das Seil, über das der große, lächelnde Soldat springt. Sie haben „Freundschaft geschlossen“, heißt die dazugehörige Bildunterschrift; für die Kinder „gibt es im Augenblick keine Bomben, keine Granaten und keine Todesangst“ (Abb. 9).333 Auf dem zweiten Bild hebt ein Soldat einen kleinen Jungen auf seinem riesigen Armee-Stiefel in die Luft. Suggestiv formulierte der Amerika-Dienst: „Vielleicht denkt er dabei an seine eigenen Kinder, die zu Hause auf ihn warten.“ (Abb. 10)334 Und auch das dritte Bild zeigt einen US-Soldaten, dessen Anwesenheit in Vietnam nur damit begründet zu sein scheint, wenigstens für einen kurzen Moment „ein wenig Glanz in traurige Kinderaugen zu bringen“. Er hockt, auf einer winzigen Spielzeugtrompete spielend, zwischen einer Schar Kinder, die ihn kaum überragen (Abb. 11).335 330 Ebd., S. 118f. U.a. nahm Russell Miller das Bild in seine Geschichte der Fotoagentur „Magnum“ auf: Miller, Magnum, Bildteil. 331 Griffiths, Vietnam Inc., S. 100f., s. dazu auch Miller, Magnum, S. 214. 332 AD: „US-Soldaten helfen Leid der südvietnamesischen Bevölkerung lindern“, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754. 333 Die vollständige Bildunterschrift lautet: „Für ein paar Minuten haben sie den Krieg vergessen. Ein paar südvietnamesische Kinder und ein amerikanischer Fallschirmjäger haben Freundschaft geschlossen und spielen unbefangen Seilspringen. Für sie gibt es im Augenblick keine Bomben, keine Granaten und keine Todesangst.“ AD: Foto 66–0158 der Serie „US-Soldaten helfen Leid der südvietnamesischen Bevölkerung lindern“, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754. 334 Die vollständige Bildunterschrift lautet: „Unbeschwertes Lachen ist der Lohn dieses US-Soldaten, wenn er den kleinen vietnamesischen Bauernjungen auf seinem riesigen Stiefel in die Luft hebt. Vielleicht denkt er dabei an seine eigenen Kinder, die zu Hause auf ihn warten.“ AD: Foto 66–0955 der Serie „US-Soldaten helfen Leid der südvietnamesischen Bevölkerung lindern“, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754. 335 Die vollständige Bildunterschrift lautet: „Mit einem Liedchen auf der Spielzeugtrom-

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Abb. 9

Alle Fotos erwecken den Eindruck zufälliger Aufnahmen, sind aber streng durchkomponiert. Dass die amerikanischen Bombenangriffe selbst für Zerstörungen, Flucht und den Tod von Zivilisten in Südvietnam mitverantwortlich waren, blendete der Amerika-Dienst in dieser Serie ebenso aus wie die meisten Beiträge zu medizinischen Hilfsleistungen, wonach das „einzige Motiv“ der Freiwilligen war, „der Bevölkerung zu helfen“.336 Auf Griffiths’ Bildern gab es keine friedlichen Spiele amerikanischer Soldaten mit vietnamesischen Kindern zu sehen. Sie zeigen Jungen und Mädchen, die ihre Arme verschränken und den Fremden misstrauisch entgegenblicken, pete bemüht sich dieser Marineinfanterist, ein wenig Glanz in traurige Kinderaugen zu zaubern. Die US-Soldaten versuchen mit allen Mitteln, die Not der südvietnamesischen Bevölkerung zu lindern. Der Krieg und der Terror des Vietcong haben diese Menschen eingeschüchtert und argwöhnisch gemacht, so dass es schwierig ist, ihr Vertrauen zu gewinnen.“ AD: Foto H-48768 der Serie „US-Soldaten helfen Leid der südvietnamesischen Bevölkerung lindern“, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754. 336 AD: „Hilfe der freien Welt – ein Gebot der Stunde“, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3754. Auch Journalisten gegenüber, die Vietnam besuchten, versuchten die USA, zivile Entwicklungsprogramme in den Vordergrund zu stellen. Das JUSPAO in Vietnam arrangierte Besichtigungen von Krankenhäusern, Schulen und Infrastrukturprojekten für die Journalisten, s. Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 273.

2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter im Ost-West-Konflikt

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Abb. 10

bis sie lernten, dass sie etwas zu gewinnen hatten, wenn sie sich freundlich zeigten: „In return for allowing themselves to be fondled, children can expect a steady flow of candy, cigarettes, and C-rations.“(Abb. 12)337 Während die Kinder vornehmlich an den Süßigkeiten interessiert waren, verwechselten die GIs Griffiths zufolge die Annäherungen mit echter Zuneigung und der „love they were promised as the ‚liberators of the Vietnamese people‘“.338 Nach seiner Darstellung suchten die Soldaten die Nähe der Kin337 Die Bildunterschrift lautet: „At first, it is the children to show their hostility, until they too realize they have more to gain by a show of friendship. In return for allowing themselves to be fondled, children can expect a steady flow of candy, cigarettes, and C-rations. The ‚cuter‘ the child, the more it can get. A pretty daughter can feed a family for days, producing a stockpile of gifts which a parent guards while she returns emptyhanded for more. Such behaviour is interpreted by GI’s as confirmation of the love they were promised as ‚liberators of the Vietnamese people‘.“ Griffiths, Vietnam Inc., S. S. 28f. 338 Ebd., S. 28.

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Abb. 11

der nicht, um ihnen Trost zu spenden oder sie zu zerstreuen, sondern vielmehr, weil sie selbst verzweifelt auf der Suche nach Zuwendung und Freundschaft in dem fremden Land waren.339 Anders als in den Bildern des Amerika-Dienstes waren bei Griffiths nicht die Vietnamesen, sondern die Amerikaner bedürftig. Nur an wenigen Stellen ging der Amerika-Dienst darauf ein, was Kritiker den USA vorwarfen: die hohe Zahl ziviler Opfer bei den Bombenangriffen, der Einsatz von Napalm, der angebliche Bruch des Genfer Abkommens von 1954 und die mangelnde Bereitschaft, Friedensverhandlungen mit Nordvietnam zu führen. Der amerikanische Militäreinsatz in Vietnam erfolgte dem Amerika-Dienst zufolge als Reaktion auf nordvietnamesische Aggressionen und den Bruch völkerrechtlicher Abmachungen durch Hanoi, auf „ausdrückliches Ersuchen der Regierung von Saigon“ und allein mit dem Ziel, die nordvietnamesischen Angriffe abzuwehren und eine „sicherere und gerechtere 339 Ebd., S. 32f. S. 32 zeigt das Bild eines amerikanischen Soldaten, der ein kleines Kind hält, misstrauisch beobachtet von der Mutter. Keine der drei Personen lächelt oder lacht, der Junge reckt einen Arm nach seiner Mutter, berührt den GI sowenig wie möglich und schaut auf den Boden. Griffiths erklärt dazu auf S. 33: „Most GI’s search desperately for sincere friendship […] They discover they cannot find or buy any, even from the prostitutes. Often it is a Vietnamese dog that becomes their best friend. It is estimated that more dogs than wives have been taken back to the United States by returning GI’s.“

2.2 Die Bundesrepublik als Verbündeter im Ost-West-Konflikt

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Abb. 12

Welt zu schaffen“ – keinesfalls als „Kreuzzug gegen den Kommunismus“, zur „Ausweitung ihres Einflussbereiches“ oder gar zur „Errichtung einer amerikanischen Kolonie in Asien“.340 Alle amerikanischen Friedensinitiativen seien angesichts des nordvietnamesischen Desinteresses an Verhandlungen und einem Ende des Krieges gescheitert, so der Amerika-Dienst, der die Initiativen als aufrichtiges Bemühen der USA präsentierte, nicht als die „halbherzige Suche nach Frieden“, die sie tatsächlich waren.341 Auf den Einsatz von Napalm 340 AD: „Vietnam und das Völkerrecht“ von Leonard C. Meeker, o.D. [1966], bes. S. 9, 12: StadtAN, E 6/799, Nr. 3755. Meeker war Rechtsberater im US-Außenministerium. 341 Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, S. 147; Page, U.S. official propaganda, S. 102– 105; AD: „Verhandlungsziel: Gerechter Frieden für Vietnam“, o.D. [1968]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3755; AD: „Vietnam und das Völkerrecht“, o.D. [1966], S. 10: StadtAN, E  6/799, Nr 3755; AD: „Die amerikanischen Friedensbemühungen in Vietnam“, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3755.

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– einer der Hauptvorwürfe gegen die Amerikaner – kam der Amerika-Dienst nur einmal zu sprechen und ließ einen amerikanischen Arzt zu Wort kommen, der in Vietnam arbeitete: Untersuchungen über die Ursachen von Brandverletzungen hätten ergeben, dass der unsachgemäße Umgang mit Benzin die Hauptursache sei – Patienten mit Napalm-Brandwunden habe er „zu seiner Überraschung“ nicht gesehen, „auch wenn ein Teil der Befragten erklärte, von solchen Vorkommnissen gehört zu haben“.342 Während die Präsentation regierungsoffizieller Positionen dazu dienen sollte, generell ein positives Meinungsklima in der Bundesrepublik zum amerikanischen Kriegseinsatz in Vietnam zu erzeugen, zielten die dezidierten Hinweise auf die katastrophale humanitäre Lage darauf, den Deutschen gesteigerte Unterstützungsleistungen der Bundesregierung schmackhaft zu machen. Immer wieder verwies der Amerika-Dienst auf den Erfolg ausländischer und insbesondere deutscher Hilfsleistungen wie dem Lazarettschiff „Helgoland“, Medikamentenlieferungen oder dem Einsatz deutscher Ärzte.343 Die USA versuchten seit 1965, ihre Verbündeten dazu zu bewegen, Truppen oder humanitäre und finanzielle Unterstützung zu leisten – einerseits zur Entlastung der USA, andererseits, um die Konsensfähigkeit der amerikanischen Position in Vietnam zu demonstrieren. Die Verbündeten der USA leisteten jedoch nur zögerlich und in sehr beschränktem Umfang Hilfe, denn sowohl die Regierungen als auch die Bevölkerungen der verschiedenen Staaten standen dem amerikanischen Einsatz in Vietnam skeptisch bis kritisch gegenüber.344 Die starke Betonung medizinischer Hilfsleistungen, verbunden mit moralischen Appellen wie „Humanitäre Hilfe dringendes Gebot“, „Hilfe der freien Welt – ein Gebot der Stunde“ oder „Vietnam braucht mehr humanitäre Hilfe“, sollte vermutlich gerade in der Bundesrepublik das Meinungsklima zugunsten verstärkter Hilfslieferungen positiv beeinflussen. Damit bewegte sich der Amerika-Dienst in seinen Texten und Bildern in jeder Hinsicht auf der regierungsoffiziellen Linie der USA bzw. Präsident Johnsons und der Kriegsbefürworter seiner Administration. Gleichzeitig bediente er das Interesse des USIS in Bonn, mehr Material über die humanitären Aspekte des amerikanischen Einsatzes aus Washington zu bekommen, da diese Seite zu kurz komme.345 Die Inhalte, die der Amerika-Dienst in der Bundesrepublik verbreitete, entsprachen den Informationsstrategien, die die

342 AD: „Jede Hilfe ist willkommen“, o.D. [1967], S. 3: StadtAN, E 6/799, Nr. 3755. 343 AD: „Humanitäre Hilfe dringendes Gebot“, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3753; AD: „Die Hilfe der freien Welt – Ein Gebot der Stunde“, o.D. [1966], S. 2: StadtAN, E  6/799, Nr. 3754; AD: „Internationale Zusammenarbeit bei der Entwicklung des Mekong-Delta“, o.D. [1966], S. 2: StadtAN, E 6/799, Nr. 3753. 344 Troche, Berlin wird am Mekong verteidigt, S. 288–339, 380–433; Lundestad, The United States and Western Europe, S. 156–161. 345 Mausbach, A Test Case, S. 8.

2.3 Gesellschaftliche Herausforderungen und amerikanische Antworten

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Regierung auch gegenüber der amerikanischen Öffentlichkeit einsetzte.346 Abweichende Positionen, Bedenken und Kritik kamen kaum einmal zur Sprache, ebensowenig diejenigen, die Kritik übten, also die Antikriegsbewegung mit ihren vielen Teilgruppen oder prominente Kritiker der Kriegsstrategie wie Senator J. William Fulbright oder Verteidigungsminister McNamara. Die offizielle Informationspolitik der USA ging glättend über innervietnamesische Probleme, die Instabilität der Regierung in Saigon, unterschiedliche Standpunkte innerhalb der US-Regierung, strategische Wechsel in der Kriegsführung sowie öffentliche Kritik hinweg. Noch weniger als das Veranstaltungsprogramm der Amerikahäuser und DAI, das wenigstens die Möglichkeit zur Diskussion gab und Themen wie die protestierende Jugend auch als eigene Punkte zur Kenntnis nahm und behandelte, bemühte sich der Amerika-Dienst um eine ausgewogene Berichterstattung. 2.3 Gesellschaftliche Herausforderungen . und amerikanische Antworten Auch die Zustände innerhalb der USA flossen in das Bild der Westdeutschen von „Amerika“ ein und ergänzten die politische um eine gesellschaftliche Dimension. Für welche Werte, Ideen und Lebensweisen standen die USA und ihre Bürger? Welche Ordnungsprinzipien lagen der amerikanischen Gesellschaft und ihren Institutionen zugrunde? Wie lösten sie ihre Konflikte? Konnten die USA ihre Glaubens- und Wertevorstellungen, ihren way of life und ihre Kultur erfolgreich und zustimmungsfähig präsentieren, festigten sie damit ihren Führungsanspruch und ihre hegemoniale Position.347 Informationen über die Gesellschaft und Kultur der USA galten als notwendige Vorstufe, um Anerkennung zu gewinnen und so die Zustimmung zu politischen Zielen zu erhöhen.348 1971 ermittelte eine Untersuchung, dass drei Fünftel aller Materialanfragen, die USIS-Stellen an die USIA-Zentrale in Washington richteten, gesellschaftsbezogene Themen betrafen, vor allem die Rassenbeziehungen und die Situation von Minderheiten in den USA sowie Jugend, Arbeit, Umwelt und Stadterneuerung.349 Die Bundesbürger hatten, ähnlich wie im politischen und wirtschaftlichen Bereich, durch die Massenmedien Zugang zu Informationen über gesellschaftliche Entwicklungen und Debatten in den USA und verfolgten sie mit Interesse. Dies galt umso mehr, als einige gesellschaftliche Herausforderungen, wie Jugendprotest oder die 346 Page, U.S. official propaganda, S. 53–61, 73f. 347 Metzinger, Hegemonie und Kultur, S. 58. 348 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1965 (Field Message Nr. 132), S. 2: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 349 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 317.

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2 Darstellen und deuten

Drogenproblematik, beide Staaten gleichermaßen betrafen. Einige galten als „amerikanische“ Probleme, die über den Atlantik herüberschwappten.350 Bei anderen Problemlagen, insbesondere bei der Identifizierung der Umweltpro­ blematik, waren die USA hingegen Vorreiter. Der Country Plan für 1965 zeigt besonders deutlich, welche der unzähligen Bereiche der amerikanischen Gesellschaft in den Amerikahäusern und DAI vorgestellt werden sollten: „aspects […] which facilitate sympathetic understanding of the U.S. policy of Atlantic cooperation“.351 Das Verständnis für die amerikanische Gesellschaft und ihre Lebensweise war zu keinem Zeitpunkt eine Selbstverständlichkeit und musste immer wieder neu geweckt werden. Die Attribute, mit denen sich die Amerikaner selbst beschrieben, wechselten vor dem Hintergrund sich wandelnder deutsch-amerikanischer Beziehungen. 1960 schlug PAO Hoofnagle als übergreifendes Thema für das amerikanische Kultur- und Informationsprogramm in der Bundesrepublik „The Open Society“ vor.352 Für ihn kombinierte dieses Konzept auf ideale Weise die besten und originärsten Merkmale der amerikanischen Gesellschaft mit den Zielen der US-Außenpolitik.353 Die Stärke der USA resultierte nicht allein aus ihren militärischen Möglichkeiten, sondern gleichermaßen auf diesem Gesellschaftskonzept, das nach Hoofnagle durch Pluralismus, Heterogenität und Offenheit gegenüber der Zukunft gekennzeichnet war.354 Diese Werte sollte der USIS in der Bundesrepublik fördern und dabei das Interesse der Deutschen an der Demokratie sowie ihr Verständnis für die demokratischen Pflichten und die Verantwortung des Einzelnen stärken.355 Bis 1962/63 erschien die Bundesrepublik in den Plänen und Berichten der USA als lernender Staat, der seinen Weg zur Demokratie noch weiter finden musste und dabei Unterstützung von den USA erhielt.356 Fast schulmeisterlich muten Passagen an, in denen der USIS den Deutschen „a willingness 350 So beispielsweise der steigende Haschischkonsum seit Mitte der 1960er Jahre. Briesen, Die Drogenwelle, S. 49f.; Briesen, Drogenkonsum, S. 277. 351 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1965 (Field Message Nr. 132), S. 6: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; USIS Germany, Revised Country Plan FY 1966, S. 3: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 352 In Hoofnagles Ausführungen gibt es keine Hinweise, inwiefern hinter dem Begriff der „Open Society“ das Gesellschaftsmodell Karl Poppers einer „offenen Gesellschaft“ steht. Popper, The Open Society. 353 USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 8: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 354 Ebd.; USIS Bonn, Country Assessment Report 1961, S. 18: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 355 USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 10: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 356 USIS Germany, Country Plan FY 1963: StadtAN, E 6/799, Nr. 130.

2.3 Gesellschaftliche Herausforderungen und amerikanische Antworten

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publicly to study the evils of the Nazi period […] to educate the mass of Germans for the future“ bescheinigte.357 Zu Beginn der 1970er Jahre stand in den Country Plans nichts mehr von einer Vorbildfunktion der amerikanischen Gesellschaft, von der die Westdeutschen lernen sollten, oder von Demokratiedefiziten. Auf dem Weg zum „Modell Deutschland“ bedurfte die Bundesrepu­ blik keiner Belehrungen und keines Nachhilfeunterrichts in Sachen Demokratie mehr.358 Ganz im Gegenteil waren die USA – „once mentor for the FRG’s democratic development“ – dem Urteil des USIS zufolge nicht mehr länger ein Vorbild für die Deutschen.359 Vielmehr sprach aus den amerikanischen Selbstzuschreibungen die Verunsicherung einer Nation, die an relativer Stärke verloren hatte und deren Führungsqualitäten viele Deutsche mittlerweile skeptisch beurteilten.360 Bereits 1968 betonte die USIA in einer Zusammenstellung ihrer Ziele in den einzelnen europäischen Staaten, in der Bundesrepublik solle die amerikanische Gesellschaft als eine dynamische und demokratische Nation präsentiert werden, als „a nation in which German people can have confidence“.361 Dies war den Amerikanern im Hinblick auf die Bundesrepublik ein besonderes Anliegen, denn das Dokument nannte diese Zielsetzung nur für die Bundesrepublik, nicht aber für die anderen westeuropäischen Staaten, die in der Zusammenstellung besprochen wurden.362 Auch 1972 hielt der USIS seine Mitarbeiter dazu an, in ihrer Arbeit die Stärke, schöpferische Kraft und den Zusammenhalt der amerikanischen Gesellschaft zu demonstrieren – Eigenschaften mithin, die die USA zu einem verlässlichen, interessanten und wünschenswerten Partner für die Bundesrepublik machten.363 Der USIS betonte nicht nur die Partnerschaft der beiden Staaten im gemeinsamen Bündnis, sondern wies nun auch stets auf die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Gesellschaften hin. Als postindustrielle Gesellschaften, so die Programmanweisungen für das Jahr 1973, stünden beide vor denselben Herausforderungen: eine alternde Gesellschaft, Drogen, Armut, Umweltpro­ bleme. Diese Themen sollten besonders intensiv behandelt werden. Auf die 357 USIS Bonn, Country Assessment Report 1961, S. 18f.: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 358 Zum Begriff des „Modells Deutschland“, der zum ersten Mal 1976 im Bundestagswahlkampf der SPD verwendet wurde, um die spezifisch bundesrepublikanischen Ausprägungen in Staat, Gesellschaft und Wirtschaft zusammenzufassen s. Hertfelder, Modell Deutschland, S. 9. 359 USIS Germany, Country Plan FY 1974/75, S. 1: StadtAT, E 418, Nr. 126. 360 Chafe, The Unfinished Journey, S. 450f., 456, 466–469; Lundestad, The United States and Western Europe, S. 168f. 361 Country Programs West Europe, Special Europe, Soviet Union & East Europe vom Februar 1968, S. GER-5: LBJL, Leonard Marks Papers, Box 19. 362 Country Programs West Europe, Special Europe, Soviet Union & East Europe vom Februar 1968: LBJL, Leonard Marks Papers, Box 19. 363 „Country Data“ vom 15. August 1972, S. 6: StadtAN, E 6/799, Nr. 672.

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2 Darstellen und deuten

Zukunft gerichtete Fragen hatten einen hohen Stellenwert: Wie würden sich die Lebensbedingungen der Menschen durch technologische, städtebauliche oder industrielle Entwicklungen verändern? Wie sollten die Staaten und Gesellschaften damit umgehen?364 In den folgenden Jahren änderte sich kaum etwas an diesen Wahrnehmungen, die der USIS nach Washington vermittelte. Die Ausgangslage für die amerikanische Kultur- und Informationspolitik verbesserte sich in diesem Bereich allerdings nicht, sondern verschlechterte sich im Verlauf des Jahrzehnts. Wie 1972 betonte der Country Plan für das Jahr 1982, die USA müssten sich als starke, schöpferische und vitale Gesellschaft präsentieren, doch gleichzeitig wies der USIS 1981 und 1982 darauf hin, das Vertrauen der Deutschen in den Willen, die Klugheit und das Streben nach Exzellenz in den USA sei stark erschüttert.365 Seit Mitte der 1970er Jahre berichteten USIS-Mitarbeiter immer wieder, viele Deutsche sähen die amerikanische Gesellschaft im Niedergang und in Auflösung begriffen, hoffnungslos unregierbar und nicht in der Lage, mit den sozialen Problemen der Minderheiten und in den Städten fertigzuwerden.366 Bei all diesen inhaltlichen Verschiebungen blieben die Amerikahäuser und DAI durchgängig Vermittlungsstätten gesellschaftlicher Fragen. Dabei ging es nur noch selten um den amerikanischen Alltag oder die amerikanische Lebensweise im Allgemeinen, die in den 1950er Jahren beliebte Themen gewesen waren.367 In den Blick rückten gesellschaftliche Herausforderungen, Reformen und Protestbewegungen. 2.3.1 „Fortschritte trotz Rückschlägen“: Bürgerrechtsbewegung . und Rassenfrage Mit Beginn der 1960er Jahre dominierten die Bürgerrechtsbewegung und die Rassenfrage den gesellschaftspolitischen Themenbereich.368 Seit etwa 1960 widersetzten sich afroamerikanische Studenten zunehmend der Rassentren364 PAO Russell an alle USIS-Posts vom 19. Januar 1973, S. 3f.: StadtAT, E 418, Nr. 125. Ähnlich fasste das DAI Heidelberg bereits im Tätigkeitsbericht 1971/72 die wichtigsten Fragen zusammen, denen sich das DAI widmen sollte. Es steht daher zu vermuten, dass bereits die Country Plans der Jahre 1971 und 1972 diese Themen setzten. DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1971/72, S. 1: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 102. 365 USIS Germany, Country Plan FY 1982, S. 4: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. 366 USIS Germany, Country Plan FY 1981, S. 3f.: StadtAN, E 6/799, Nr. 676, ähnlich bereits USIS Germany, Country Plan FY 1974/75, S. 2: StadtAT, E 418, Nr. 126; USIS Bonn, Quartlery Letter vom 23. Oktober 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 229. Zur Unregierbarkeitsdebatte in der Bundesrepublik und in den USA s. Metzler, Staatsversagen; Metzler, Konzeptionen politischen Handelns, S. 404–411. 367 Schildt, Zwischen Abendland und Amerika, S. 178f. 368 Zur Thematisierung der Rassenfrage durch die USIA während der 1950er Jahre weltweit s. Krenn, Black Diplomacy, S. 40–43, 90f.

2.3 Gesellschaftliche Herausforderungen und amerikanische Antworten

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nung in den USA und griffen dazu im großen Stil auf friedliche Protestmittel wie Sit-ins in Gaststätten oder freedom rides in öffentlichen Verkehrsmitteln zurück. Die ungelöste Rassenfrage erzeugte als „gesellschaftliche Lüge“ zunehmend Veränderungsdruck, die Diskriminierung der schwarzen Bevölkerung und die „faktisch herrschende Apartheid“ im Süden der USA zu beenden.369 Nur gegen große Widerstände der weißen Mehrheit erreichte das Civil Rights Movement langsam Veränderungen und eine Sensibilisierung für ihre Anliegen. Immer wieder kam es zu Gewalttätigkeiten gegen die Bürgerrechtler. Die Medien setzten Konfrontationen öffentlichkeitswirksam in Szene. Auch in der Bundesrepublik verfolgten, wie auf der ganzen Welt, viele Bürger die Konflikte in den Nachrichten.370 Seit Beginn der Bürgerrechtsbewegung thematisierten die Amerikahäuser und DAI die Rassenproblematik, um der Kritik an der amerikanischen Regierungspolitik und dem Verhalten der US-Bevölkerung entgegenzuwirken. Besonders die Presse- und Fernsehbilder von Gewaltausbrüchen und Rassenunruhen bedurften in den Augen des USIS eines Gegengewichts.371 Meinungsumfragen zufolge sei einem Großteil der deutschen Bevölkerung nichts über die Fortschritte in den USA hin zu mehr Gleichheit zwischen den Rassen bekannt, so der USIS; die meisten hätten zudem nur sehr vage Vorstellungen „about the treatment of Negroes in America“.372 Das erklärte Ziel der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik hieß, die bedeutsame Rolle der US-Regierung positiv hervorzuheben.373 Dies stand in einem gewissen Widerspruch zu der zögerlichen Politik Präsident Kennedys in Rassenfragen, mit der er viele Anhänger der Bürgerrechtsbewegung enttäuschte.374 Nach dem Amtsantritt Lyndon B. Johnsons steigerte sich die Zahl der Veranstaltungen zur Rassenfrage rapide, obwohl viele Kongressabgeordnete und Senatoren – vor allem aus den Südstaaten – dagegen waren, die Bürger-

369 Frei, 1968, S. 32. 370 Dudziak, Cold War Civil Rights, S. 163–166. 371 USIS Bonn, Country Assessment Report 1963, S. 12: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. 372 USIS Bonn, Country Assessment Report 1962, S. 9: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. Weitere Meinungsumfragen zur Wahrnehmung der Rassenfrage im Ausland ergaben, dass insbesondere gebildete Bürger und Studierende, also besonders wichtige Zielgruppen der USIA, die USA heftig für ihre Bürgerrechtspolitik kritisierten. Zur Meinungsforschung des Office of Research 1964 s. Dudziak, Cold War Civil Rights, S. 208f. Einer Untersuchung der USIA aus dem Jahr 1962 zufolge verschlechterte die Rassendiskriminierung das Image der USA ganz besonders in nicht-kommunistischen Staaten, die den USA eigentlich positiv gegenüberstanden, s. Krenn, Black Diplomacy, S. 135. 373 USIS Bonn, Country Assessment Report 1962, S. 9: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 374 Dallek, An Unfinished Life, S. 380–388, 589–606; Dudziak, Cold War Civil Rights, S. 155f., 201f.

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rechtsbewegung und die Rassenfrage im Ausland zu thematisieren.375 Mit dem Civil Rights Act von 1964 und dem Voting Rights Act von 1965 erließ Johnson die umfassendste Bürgerrechtsgesetzgebung in der Geschichte der USA, aufmerksam auch verfolgt von den westdeutschen Medien.376 Carl T. Rowan, der zwischen 1964 und 1965 die USIA leitete, war der erste Afroamerikaner, der an Sitzungen des NSC teilnahm. Die Ernennung dieses Journalisten, der vor seinem Amt als Direktor der USIA amerikanischer Botschafter in Finnland gewesen war, diente der Regierung Johnson dazu, die Chancen von Afroamerikanern in den USA augenfällig zu demonstrieren.377 Johnson und Rowan setzten die Linie der USIA unter Kennedy fort: Rassistische Ausschreitungen in den USA wurden als lokale Probleme dargestellt. Als Akteur im Kampf für Integration und Gleichberechtigung sollte in erster Linie die amerikanische Regierung gezeigt werden, nicht die Protagonisten des Civil Rights Movement wie Martin Luther King.378 Dementsprechend engagierten die Amerikahäuser und DAI nur wenige Referenten, die über die Bürgerrechtsbewegung oder King sprachen. Gab es solche Veranstaltungen, waren es immerhin enge Vertraute Kings wie Gould Maynard oder John D. Maguire, die eingeladen wurden.379 Die meisten anderen Veranstaltungen nahmen keinen Bezug auf Personen, selbst Johnson und seine „Große Gesellschaft“ wurden nur selten mit der Rassenfrage in Zusammenhang gebracht.380 Anders als bei Veranstaltungen zum Vietnamkrieg thematisierten die Amerikahäuser und DAI die Rassenproblematik auch, nachdem die Situation eskaliert war und Rassenunruhen die USA erschütterten. Mit den Black Pan375 Cull, The Man in Ed Murrow’s Shoes, S. 185; Dudziak, Cold War Civil Rights, S. 217. 376 Ebd., S. 213. 377 Cull, The Man in Ed Murrow’s Shoes, S. 183f. Auch das DAI Tübingen wies im Monatsprogramm für Februar 1964 auf die Ernennung Rowans hin und bemerkte, damit nehme „zum ersten Mal ein Neger an den Sitzungen des Kabinetts und des Sicherheitsrates“ teil, s. DAI Tübingen, Programm Februar 1964: StadtAT, E 418, Nr. 147. 378 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 235; Dudziak, Cold War Civil Rights, S. 215. 379 „The Progress of the Civil Rights For the Past 101 Years“; AH München, Programm Oktober 1963; „The Struggles for Racial Equality“, DAI Tübingen, Programm Mai 1965: StadtAT, E 418, Nr. 147; „Portrait of Martin Luther King“, DAI Nürnberg, Programm Dezember 1965. Nach Kings Ermordung im April 1968 lud das DAI Nürnberg zu einer Gedenkveranstaltung ein, bei der auch der USIA-Film The March über den Marsch der Bürgerrechtler auf Washington gezeigt wurde. 380 „Präsident Johnsons Great Society und der Rassenkonflikt“, AH Frankfurt, Programm April 1965: ISG, V113/293; „Der amerikanische Neger und Präsident Johnsons Große Gesellschaft“, AH Frankfurt, Programm September 1965: ISG, V113/297; „Die Integration der Neger in der ‚Großen Gesellschaft‘ von Präsident Johnson“, DAI Regensburg, Programm Mai 1965: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970; „Der amerikanische Neger und die ‚Große Gesellschaft‘ Präsident Johnsons“, DAI Regensburg, Programm Mai 1965: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970; „Die ‚Große Gesellschaft‘ Präsident Johnsons und die Bürgerrechte“, AH München, Programm März 1965.

2.3 Gesellschaftliche Herausforderungen und amerikanische Antworten

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thers bildete sich 1966 eine radikale, gewaltbereite Gruppe, die aus der Illegalität heraus für die Gleichberechtigung der Afroamerikaner kämpfen wollte. Die Ermordung Kings löste weitere schwere Krawalle aus. Bis 1968/69 blieben jedoch die Bürgerrechtsbewegung und das „Negerproblem“, wie die Amerikahäuser und DAI meist formulierten, unverändert in Vorträgen wie „Die Rassenauseinandersetzungen in den USA“ oder „Negerproblem und Rassenunruhen in den USA“ präsent.381 Da die Rassenunruhen weltweit in den Medien thematisiert wurden, konnte die USIA nur glaubwürdig erscheinen, wenn sie offensiv mit den Gewaltausbrüchen umging und versuchte, sie positiv zu interpretieren. Sogar die Gewalt könne als Zeichen des Fortschritts einer funktionsfähigen Gesellschaft präsentiert werden, so die USIA.382 Zwischen 1970 und 1972 gab es noch einige, danach nur noch vereinzelt Veranstaltungen zu diesem Themenkomplex. Die Bürgerrechtsgesetze von 1964/65, der relative Bedeutungsverlust der Rassenfrage für das internationale Image der USA angesichts des Vietnamkriegs sowie der Amtsantritt Präsident Nixons bewirkten, dass das Interesse der US-Regierung an der Bürgerrechtsthematik spätestens seit 1968/69 sank. Die Bürgerrechtsgesetzgebung Johnsons „gave the government what it needed“. Sie erlaubte es, sich der Welt als demokratischer Staat zu präsentieren, in dem Gleichheit und Gerechtigkeit hergestellt wurden.383 Danach verloren die USA nicht nur das Interesse an weiteren Reformen, sondern sahen auch keine Notwendigkeit mehr, dieses Thema weiterhin imagefördernd im Ausland zu propagieren.384 Das Beispiel Bundesrepublik zeigt jedoch, dass die Rassenfrage auch noch bis in die 1970er Jahre hinein regelmäßiger Bestandteil der Programmarbeit sein konnte, wenn sich die Gesellschaft eines Staates weiterhin damit beschäftigte und das Image der USA darunter litt.385 Mit Osborn T. Smallwood stand dem USIS Bonn ein Redner zur Verfügung, der als Afroamerikaner besonders glaubwürdig erscheinen musste, um rassenpolitische Fragen zu thematisieren. Smallwood leitete zwischen 1961 und 1965 das DAI Regensburg und übernahm 1966 die Leitung des Frankfurter Amerikahauses. Zuvor hatte er über ein Jahrzehnt an der Howard Univer381 AH Frankfurt, Programm Februar 1964: ISG, V113/280; DAI Tübingen, Programm Januar 1969: StadtAT, E 418, Nr. 147. 382 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 289, 291. 383 Dudziak, Cold War Civil Rights, S. 252. 384 Ebd., S. 241. 385 Hinzu kam im Fall Westeuropas, dass viele PAOs nicht bereit waren, mit dem Vietnamkrieg das wichtigste Imageproblem der USA zu thematisieren und sich so Protesten und Angriffen auszuliefern. S. dazu S. 198. In anderen Teilen der Welt, in denen die Rassenfrage und nicht der Vietnamkrieg das Image der USA am stärksten beeinflusste – vor allem in den afrikanischen Staaten – war die Hinwendung zu einem anderen konfliktträchtigen Thema vermutlich leichter. S. Dudziak, Cold War Civil Rights, S. 171–175, 185, 193f., 205; Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 212.

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sity gelehrt und ging nach dem Ende seiner Tätigkeit in Frankfurt 1970 an die Ohio State University. Eigentlich ein Spezialist für Literaturwissenschaft, hielt er bundesweit Vorträge zur „gesellschaftliche[n] Stellung des Negers in den USA“. Seine Vortragsreise war sehr erfolgreich, berichtete der USIS Bonn in seinem Country Assessment Report für das Jahr 1963. Die Süddeutsche Zeitung habe sogar den kompletten Text von Smallwoods Vortrag abgedruckt.386 Auch in Heidelberg wies die lokale Presse mit Bild des Referenten auf die Vorträge hin.387 Doch auch wenn eine Persönlichkeit wie Smallwood in den Augen seiner Vorgesetzten besonders gut geeignet war, um über Rassenfragen zu sprechen, sah der USIS ein, dass Informationen eines Regierungsangestellten das Publikum niemals so überzeugten wie nicht-offizielle Referate.388 Daher sprachen häufig amerikanische und deutsche Wissenschaftler verschiedener Universitäten über dieses Thema. Auffällig ist der unterschiedliche Gebrauch der Begriffe „Neger“, „Schwarze/Black“ und „Farbige“ in den Programmen der Amerikahäuser und DAI. Sprachgeschichtliche Untersuchungen datieren die Ablösung des Wortes „Neger“ durch andere Bezeichnungen uneinheitlich auf die 1960er oder 1970er Jahre.389 Im Zusammenhang mit der Bürgerrechtsbewegung sprachen die Amerikahäuser und DAI fast ausschließlich von „Neger“ und „Negro“.390 Die Texte des Amerika-Dienstes zeigen, dass sich der USIS bereits Mitte der 1960er Jahre darüber im Klaren war, dass etliche Bürgerrechtsgruppen den Begriff „Neger“ ablehnten und andere Termini zur Selbstbeschreibung verwendeten. Auch einige Autoren des Amerika-Dienstes benutzten die Begriffe „Neger“, „Schwarze“ und „Farbige“ synonym, nicht aber die Monatsprogramme der amerikanischen Kultur- und Informationszentren. Größtenteils war neutral von der Bürgerrechtsgesetzgebung oder vom „Rassenproblem“ die Rede, in Tübingen und Nürnberg seit 1968 aber auch dezidiert vom „Ne386 USIS Bonn, Country Assessment Report 1963, S. 13: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. 387 „Rassenprobleme in Amerika“: Heidelberger Tageblatt vom 25. Mai 1964; Foto „Im Amerikahaus Heidelberg“: Rhein-Neckar-Zeitung vom 25. Mai 1964. 388 USIS Bonn, Country Assessment Report 1964, S. 9: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 389 Wengeler, Von der Hilfe, S. 707. Wengeler bezieht sich auf den Sprachgebrauch in der Rheinischen Post. Arndt, Neger/Negerin, S. 187; Kramer, Neger heißt nicht (bloß) „schwarz“, S. 103f. Kramers sprachwissenschaftliche Untersuchung stützt sich allerdings hauptsächlich auf Lexika und Wörterbücher, in denen sich sprachliche Veränderungen erst nach einer Inkubationszeit niederschlugen. 390 Bei den deutschsprachigen Veranstaltungen der untersuchten Amerikahäuser und DAI gab es nur drei Ausnahmen, die von „Schwarzen“ sprachen: „Aus der Geschichte der schwarzen Amerikaner“, AH Frankfurt, Programm Januar 1964: ISG, V113/279; „Die Revolution der schwarzen Amerikaner“, AH München, Programm November 1964; „Zur Rolle des schwarzen Spitzensportlers im amerikanischen Rassenkonflikt der 60er Jahre“, DAI Tübingen, Programm Januar 1978: StadtAT, E 6/799, Nr. 148.

2.3 Gesellschaftliche Herausforderungen und amerikanische Antworten

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gerproblem“ der USA.391 Auch die Country Plans sprachen von „Negro citizens“ oder erwähnten einen „Negro historian“.392 Der Begriff „African-Americans“, eine Selbstbezeichnung der schwarzen Amerikaner, kam überhaupt nicht vor, obwohl gerade dieser Begriff eine integrative Dimension gehabt und anschaulich verdeutlicht hätte, dass es sich um Amerikaner handelte. Ebensowenig wurde „Schwarze“ gebraucht. Nur im Verweis auf den Slogan „Black Power“, von Stokely Carmichael im Sommer 1966 etabliert, verwendeten die Amerikahäuser und DAI diesen Terminus.393 Anders verhielt es sich bei Titeln, die nicht die Rassenfrage, sondern kulturelle Veranstaltungen ankündigten. Auch hier ging es häufig um „Musik und Dichtung amerikanischer Neger“,394 „The Negro in American Fiction“395, „Negerlyrik“396 oder Theaterdarbietungen von „Negerensembles“. Doch teilweise, vor allem seit Mitte der 1960er Jahre, spiegelten die Monatsprogramme die Vielfalt der Bezeichnungen. Das Dezemberprogramm 1964 des Amerikahauses Frankfurt zeigt exemplarisch, wie zu diesem Zeitpunkt die verschiedenen Begriffe gleichberechtigt nebeneinanderstehen konnten, bevor sich in den 1970er Jahren der Begriff „Schwarze“ durchsetzte: „Black Nativity. Ein Film über das amerikanische Negerensemble […], interpretiert von amerikanischen Farbigen.“397 Bereits im April 1971 kündigte das DAI Nürnberg erstmals eine Veranstaltung unter dem Reihentitel „Black Studies Seminar“ an.398 Damit griff das DAI eine aktuelle Entwicklung auf, denn erst 1968 bot zum ersten Mal überhaupt eine amerikanische Universität Black Studies als Reaktion auf nachdrückliche Forderungen aus der Bürgerrechtsbewegung an.399 Auch wenn der Begriff „Neger“ mindestens in den 1960er Jahren noch neutral in der bundesdeutschen Öffentlichkeit benutzt werden konnte, fällt 391 „Negerproblem und Rassenunruhen in den USA“, DAI Tübingen, Programm Dezember 1968 und Januar 1969: StadtAT, E 418, Nr. 147; „Rassenkampf oder Klassenkampf? Das Negerproblem in den USA“, DAI Tübingen, Programm Mai 1969 und Januar 1970, beide: StadtAT, E 418, Nr. 147; „Negerprobleme in den USA“, DAI Nürnberg, Programm Juni 1971. 392 USIS Germany, Country Plan FY 1964, S. 6: StadtAN, E 6/799, Nr. 130; USIS Germany, Country Plan FY 1965 (Field Message Nr. 132), S. 10: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 393 Sitkoff, The Struggle for Black Equality, S. 199–201; „The Black Power Movement in the United States“, AH Frankfurt, Programm Mai 1969: ISG, V113/337; „Black Power and Black Separatism“, AH Frankfurt, Programm November 1970: ISG, S 3, Nr. 27200; „Black Power“, DAI Nürnberg, Programm Januar 1972. 394 AH Frankfurt, Programm Januar 1964: ISG, V113/279. 395 AH Frankfurt, Programm Mai 1965: ISG, V113/294. 396 DAI Regensburg, Programm Mai 1965: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970. 397 AH Frankfurt, Programm Dezember 1964: ISG, V113/289. 398 DAI Nürnberg, Programm April 1971. 399 Zur Entstehung und Etablierung der Black Studies in den USA s. Rojas, From Black Power, bes. S. 93–129. Für einen statistischen Überblick zur Entwicklung des Studienangebots in Black Studies s. ebd. S. 170f.

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doch die Ausschließlichkeit auf, mit der ihn die Amerikahäuser und DAI im politischen Kontext verwendeten, während sich in anderen Medien und Kontexten die Eindeutigkeiten langsam auflösten. Um auf die Beseitigung diskriminierender Praktiken zu verweisen, wie es ja das Ziel der Amerikahäuser und DAI war, wäre es vorstellbar gewesen, dass die Häuser auch die semantischen Dimensionen von Diskriminierung thematisiert oder die Termini zur Selbstbeschreibung der Bürgerrechtler respektiert hätten. Dies war jedoch anscheinend nur möglich, solange es um kulturelle Themen ging. Auf dem politischem Feld, so scheint es, war es sicherer, überkommene Bezeichnungen zu verwenden. „Schwarze“, „Blacks“ oder „Afroamerikaner“ waren mit der Black Power-Bewegung unter Stokely Carmichael assoziiert, die seit Mitte der 1960er Jahre von der amerikanischen Politik und Öffentlichkeit sowie auch von Bürgerrechtlern wie Martin Luther King als zu separatistisch und auf Distanzierung von der weißen Bevölkerung bedacht abgelehnt wurde. Malcolm X und die Nation of Islam lehnten wie später Carmichael und die Black Power-Bewegung die friedlichen Methoden der Bürgerrechtsbewegung unter King ebenso ab wie die Versprechungen der amerikanischen Regierung, die ihnen als Scheinzugeständnisse galten, und sprachen sich gegen jede integrationistische Politik aus.400 Viele Mitglieder der Black Power-Bewegung bezeichneten den Begriff „Negro“ als diskriminierend und forderten, „black“ oder „afro-american“ genannt zu werden – ungeachtet dessen, dass „in Zeiten der Sklaverei ‚black‘ eine mindestens so voreingenommene Bezeichnung gewesen war wie ‚Negro‘“.401 An den althergebrachten Begriffen festzuhalten, spiegelte den Anspruch der amerikanischen Regierung, selbst die Rahmenbedingungen für die Verbesserung der gesellschaftspolitischen Lage der Afroamerikaner zu bestimmen. Die Texte des Amerika-Dienstes benannten diesen Anspruch sehr konkret. Radikale Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele lehnten alle Autoren ebenso ab wie extreme Meinungen. Die separatistische Black Power-Bewegung stand daher stark in der Kritik, allerdings aus einer meist grundsätzlich positiven Einstellung gegenüber der Bürgerrechtsbewegung heraus.402 So schrieb Nicholas deB. [sic!] Katzenbach, der als Justizminister an der Ausarbeitung des Civil Rights Act von 1964 beteiligt gewesen war,

400 Zum „black separatism“ der Nation of Islam und der Black Power-Bewegung s. Waldschmidt-Nelson, Black Separatism. Zu den Gegensätzen zwischen Martin Luther King und Malcolm X s. Waldschmidt-Nelson, Gegenspieler. Nach dem Austritt Malcolms aus der Nation of Islam 1964 näherte er sich Martin Luther King an, s. ebd. S. 116–118. 401 Franklin/Moss, Von der Sklaverei zur Freiheit, S. 720. 402 AD: „Wer spricht für den amerikanischen Neger?“ von Joseph Glazer, o.D. [1968]; AD: „Black Power“ von Norman McKenna, o.D.; AD: „Wettbewerb statt Molotow-Cocktails“ von Carl Rowan, o.D. [1967]; alle: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670.

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dass die Rassenkonflikte, die unsere jüngste Geschichte befleckt haben, uns als Nation höher anzurechnen sind als das Totschweigen rassischer Ungerechtigkeiten oder die Hinnahme der Rassentrennung, die lange Zeit die Regel war […] [I]ch finde Gewalt als Ausdruck des Protests gegen Ungerechtigkeit […] moralisch weit weniger verabscheuungswürdig denn als Arm der Gerechtigkeit.403

Auch bei dem katholischen Publizisten Norman McKenna schwang zumindest ein Grundmaß an Verständnis für die Demonstrationen der Afroamerikaner mit, wenn er forderte: „[D]ie Verabschiedung von Gesetzen allein ist nicht genug, es bedarf daneben auch der Schaffung eines dem Geist der Reform günstigen Klimas, welches rassische Vorurteile und veraltete Stereotype überwinden hilft.“404 Bei allem Verständnis für die Ziele der Bürgerrechtsbewegung machten die Autoren unmissverständlich klar, dass sie nur einen „ruhig[en] und friedvoll[en]“ Weg zur Gleichstellung der Afroamerikaner akzeptieren würden.405 Auch Carl T. Rowan, der frühere USIA-Direktor und erste Afroamerikaner auf diesem Posten, schrieb 1967: „Die amerikanischen Neger müssen ihre Macht auf die gleiche Weise erringen, wie die weißen Amerikaner die ihre erreicht haben: indem sie sich in alle wichtigen gesellschaftlichen Entwicklungen eingliedern und mit den Weißen in Wettbewerb treten.“406 Am Ende, prophezeite auch Norman McKenna, würde auch die militante Black Power-Bewegung „ihren festen Platz an der Seite anderer Gruppen in einer pluralistischen Gesellschaft“ finden.407 Ein geordneter, kontrollierter Abbau der Rassendiskriminierung galt als das Ideal. Entsprechend lobte Nelson O. Chipchin, Direktor des Münchner Amerikahauses, den Vortrag Sterling Tuckers, eines führenden Kopfes der konservativen Bürgerrechtsbewegung National Urban League im November 1970. Der einflussreiche Bürgerrechtler hatte vor über 400 Zuhörern über „Black Power and Black Separatism in Perspective“ gesprochen, die Notwendigkeit eines geordneten legislativen Prozesses betont und auf die verbesserte Situation der Afroamerikaner in den USA hingewiesen.408 Der amerikanische Staat und die amerikanische (weiße) Gesellschaft erschienen in diesen Darstellungen als lernfähig, flexibel, tolerant und bereit, aus vergangenen Fehlern zu lernen. Die weiße Gesellschaft bildete aber auch die Norm und den Maßstab, an dem sich die Afroamerikaner orientieren soll403 AD: „Rassenunruhen höher zu bewerten als Totschweigen alter Ungerechtigkeiten“ von Nicholas deB. Katzenbach, o.D., S. 2f.: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670. 404 AD: „Black Power“ von Norman McKenna, o.D., S. 3: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670. 405 AD: „Rassenunruhen höher zu bewerten als Totschweigen alter Ungerechtigkeiten“ von Nicholas deB. Katzenbach, o.D., S. 2f.: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670. 406 AD: „Wettbewerb statt Molotow-Cocktails“ von Carl T. Rowan, o.D. [1967], S. 3: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670. 407 AD: „Black Power“ von Norman McKenna, o.D., S. 5: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670. 408 USIS München, Monthly Highlights Report vom 2. Dezember 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 203.

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ten. Der Veränderungsbereitschaft der amerikanischen Gesellschaft als Ganzes waren somit deutliche Grenzen gesetzt. Die einseitige Begriffswahl der Amerikahäuser und DAI kann daher als Spiegelung des Anspruches gesehen werden, die amerikanische Regierung als erfolgreichen Initiator bürgerrechtlicher Fragen und als Kontrollinstanz zu präsentieren und nicht die Bürgerrechtler selbst. In dieser staatszentrierten Darstellung dominierten Fortschrittsrhetorik und Verweise auf die Zukunft. Typisch ist ein Bild des Amerika-Dienstes, das zwei kleine schwarze Kinder zeigt – ein Mädchen und einen Jungen –, die nebeneinander auf der Treppe vor dem Obersten Bundesgericht der USA sitzen (Abb. 13).409 Sie verkörpern die Zukunft des Landes. Deutlich ist der Schriftzug „Equal Justice Under Law“ über dem Eingang zu lesen. Die dazugehörige Bildunterschrift lautet: Ein Jahrzehnt des Fortschritts nennt Amerika die zehn Jahre, die seit dem 17. Mai 1954 vergangen sind. An diesem Tag erklärte das Oberste Bundesgericht die Rassentrennung in den öffentlichen Schulen für verfassungswidrig. Der 17. Mai 1954 ist ein Stichtag in der Geschichte Amerikas, mit dem eine neue Ära der sozialen Umformung in den USA eingeleitet worden ist. Unser Bild, das zwei Negerkinder vor dem Obersten Bundesgericht in Washington zeigt – über dessen Portal die Worte ‚Gleichheit vor dem Gesetz‘ stehen, – ist Symbol für die Entschlossenheit der Regierung, die staatsbürgerliche Gleichstellung der Neger mit allen ihr zur Verfügung stehenden legalen Mitteln durchzusetzen.410

Mediale Bilder gewalttätiger Ausbrüche waren neben dem mangelnden Verständnis der Bundesbürger für die inneramerikanischen Gegebenheiten laut USIS das größte Hindernis für eine erfolgreiche Vermittlung positiver Aspekte in der Rassenfrage.411 Als Ausgleich setzte der USIS auf eigene Bilder, mahnte aber an, dafür besseres Material aus Washington zu benötigen, am besten „material showing the peaceful implementation of the Civil Rights Act in citizen councils, court sessions, integrated schools, etc.“412 Der AmerikaDienst lieferte während der gesamten 1960er Jahre regelmäßig Texte und Bilder, die sich mit der Situation der Afroamerikaner in den USA beschäftigten. In enger Anlehnung an die Vorgaben der Country Plans zeigten diese Materialien zum einen die großen Fortschritte auf dem Weg zur Gleichberechtigung für die Afroamerikaner und bezogen zum zweiten ganz klar Position gegen jede Form von Gewalt, Separatismus und „Black Power“. Hauptakteure aus dieser Perspektive waren meist der Staat und seine Organe sowie als negativer Gegenpart radikale(re) Bürgerrechtsorganisationen. Bürgerrechtler wie Mar409 AD: Foto 64–1511 „Die Rassenintegration im amerikanischen Schulwesen“, o.D. [1964?]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670. 410 Ebd. 411 USIS Bonn, Country Assessment Report 1964, S. 9: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 412 Ebd.

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Abb. 13

tin Luther King oder andere Protagonisten, die den Staat durch ihren friedlichen Protest überhaupt erst dazu gezwungen hatten, sich mit Bürgerrechtsfragen auseinanderzusetzen, standen in dieser Darstellung im Schatten der USRegierung, ebenso die amerikanische Gesellschaft, in der sich die verbesserte Gesetzeslage für Afroamerikaner in der Praxis beweisen musste. Exemplarisch für die positive Präsentation der gesellschaftlichen Errungenschaften in den USA steht der Text „Fortschritte trotz Rückschlägen“ aus dem Jahr 1966 mit vier dazugehörigen Fotos.413 Der Text entstand in Reaktion auf das Attentat gegen den Bürgerrechtler James Meredith im Juni 1966, der sich unter dem Schutz der Nationalgarde 1962 als erster Afroamerikaner an der Universität von Mississippi eingeschrieben hatte. Nur „eine fanatisierte Minderheit der amerikanischen Bevölkerung“ stelle sich „der Aufhebung der 413 Hier und im Folgenden AD: „Fortschritte trotz Rückschlägen“: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670.

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Rassenschranken in den Vereinigten Staaten“ entgegen, beteuerte der Artikel des Amerika-Dienstes. Im Prinzip seien in den letzten Jahren „enorme Fortschritte“ auf diesem Gebiet gemacht worden, insbesondere in den Bereichen Wahlrecht, in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst, zudem seien Gesetzesvorlagen zum Mietrecht, zum Schutz vor rassisch motivierter Gewalt, dem Justizwesen und den Schulen eingebracht worden. Etwa ein Zehntel der amerikanischen Bevölkerung seien Afroamerikaner, so der Artikel, und listete lobend auf, wie stark diese Bevölkerungsgruppe im öffentlichen Leben der USA vertreten sei. Den Anteil der Afroamerikaner am US-Bruttonationaleinkommen bezifferte der Amerika-Dienst mit sieben Prozent. Er war also um fast ein Drittel geringer als der Anteil der Afroamerikaner an der Gesamtbevölkerung, worauf der Text jedoch nicht hinwies. Für die anderen Angaben lieferte der Artikel keine Vergleichszahlen, sondern nur absolute Werte. 250.000 Afroamerikaner übten demnach akademische oder technische Berufe aus, 200.000 kaufmännische oder administrative Tätigkeiten, 650.000 arbeiteten als Handwerker, Vorarbeiter oder Fabrikarbeiter, 485.000 als selbstständige Unternehmer oder Farmer. Wie viele Afroamerikaner Mitte der 1960er Jahre in den USA lebten – etwa 19 bis 20 Millionen – wird nicht erwähnt.414 Ebenso bleibt offen, wie sich diese Angaben zu den Berufszugehörigkeiten der weißen Bevölkerungen verhielten. Aus gutem Grund: John Hope Franklin und Alfred A. Moss Jr. zufolge nahm zwischen 1949 und 1964 der relative Anteil von Afroamerikanern am Wirtschaftsleben der USA deutlich ab. Arbeitslosigkeit betraf fast doppelt so viele Afroamerikaner wie Weiße, selbst „im Wohlstandsjahr 1963“ und damit nur drei Jahre vor der Bildserie „Fortschritt trotz Rückschlägen“ lag die Arbeitslosenquote der schwarzen Bevölkerung um 114 Prozent höher als die der weißen, 1964 waren 9,6 Prozent der schwarzen Bevölkerung arbeitslos, aber nur 4,6 Prozent der weißen.415 Nach dem gleichen Prinzip listete der Artikel auf, dass 1965 etwa 280 Afroamerikaner Ämter in bundesstaatlichen, einzelstaatlichen oder kommunalen Verwaltungen innegehabt hatten, davon sechs Kongressmitglieder. Unerwähnt blieb, dass Afroamerikaner damit bei einer Gesamtzahl von 435 Kongressabgeordneten in 1966 stark unterrepräsentiert waren, nämlich nur knapp zwei Prozent der Abgeordneten stellten. Die dazugehörigen Fotos zeigten eine idealisierte Welt, in der rassisch motivierte Diskriminierung und Vorurteile aus dem Alltag verschwunden waren. „Integrierte Wohngegenden, in denen Schwarz und Weiß einträchtig nebeneinander wohnen, sind eine glückliche Lösung des Rassenproblems. Hier lernen schon die Kinder im Spiel einander zu verstehen“, betitelte der Ame414 1960 lebten in den USA 18.872.000 Afroamerikaner (10,5 Prozent der Gesamtbevölkerung). 1970 waren es 22.580.000 (11,1 Prozent). Angaben nach Sautter, Die Vereinigten Staaten, S. 115. 415 Franklin/Moss, Von der Sklaverei zur Freiheit, S. 708.

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Abb. 14

rika-Dienst ein Bild, auf dem lachende Kinder beider Hautfarben vor einem großen Wohnblock zu sehen sind (Abb. 14).416 Solche Wohngegenden entsprachen nicht der Realität. Vielmehr gehörte Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt zur alltäglichen Erfahrung der meisten Afroamerikaner und Weiße zogen immer noch in Vororte, wenn schwarze Mieter in die Nachbarschaft strömten, und förderten damit die Ghettobildung. Daher rief Martin Luther King 1966 zum kompromisslosen Kampf gegen diese Diskriminierung auf.417 Erst 1968 verbot der Fair Housing Act Diskriminierung im Wohnungswesen.418 Ein zweites Bild zeigt Studenten, die über den Campus einer Universität gehen – das T-Shirt des einen Studenten legt nahe, dass es sich um die Howard University handelte. Ein schwarzer und ein weißer Student gehen, in ähnlicher Körperhaltung und im gleichen Schrittrhythmus, nebeneinander über das Campusgelände. Im Zentrum des Fotos befindet sich der schwarze Student, der auch das Hemd mit dem Namen der Universität trägt. Ihnen folgen drei weitere Studenten, von denen jedoch nur zwei sichtbar sind, in ähn416 AD: Foto 62–6604 der Serie „Fortschritte trotz Rückschlägen“, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670. 417 Franklin/Moss, Von der Sklaverei zur Freiheit, S. 705f. 418 Ebd., S. 658.

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Abb. 15

licher Anordnung: ein weißer Student folgt auf den Afroamerikaner im Vordergrund der Fotografie, hinter dem weißen Studenten geht eine schwarze junge Frau. Sie entwerfen das Bild gleichberechtigter Ausbildungsmöglichkeiten, gemeinsamen Studierens und Lebens (Abb. 15). Das Bild ist unter­ titelt:419 Integrierte Schulen und Universitäten in den Südstaaten. An der Mehrzahl der amerikanischen Schulen und Hochschulen hat die Rassentrennung nie bestanden. Gegenwärtig absolvieren schätzungsweise 263.000 Farbige ein Studium. Ihre Studienfächer umfassen sämtliche akademische Disziplinen.

1867 nach dem Ende des Bürgerkriegs gegründet, repräsentierte die Howard University als dezidiert afroamerikanische Privatuniversität keinesfalls den Durchschnitt der amerikanischen Hochschulen. Wie im Begleittext blieb die Aussagekraft über die Anzahl afroamerikanischer Studierender begrenzt, da der Amerika-Dienst weder angab, wie hoch der prozentuale Anteil schwarzer Studierender war oder in welchem Verhältnis diese Werte zu denen weißer Hochschüler standen. Obwohl schwarze Studierende seit den 1940er Jahren zunehmend erfolgreich ihr Recht auf den Besuch bis dahin weißer Hochschulen einklagten, blieben die Schulausbildung als Voraussetzung für den Uni419 AD: Foto 62–6734 der Serie „Fortschritte trotz Rückschlägen“, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670.

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versitätsbesuch schlecht, die Zugangshürden hoch, und nur wenige konnten tatsächlich an guten Universitäten studieren.420 Das dritte Bild thematisierte die „Gleichberechtigung am Arbeitsplatz“ (Abb. 16).421 Afroamerikaner seien in allen Berufsfeldern und Einkommensklassen vertreten, erläuterte der Amerika-Dienst das Bild zweier Männer, eines Afroamerikaners und eines Weißen, die gemeinsam an einer technischen Vorrichtung arbeiten. Auch hier blieb unklar, wie hoch die Chancen von Afroamerikanern waren, „Ärzte, Wissenschaftler, Architekten, Kaufleute und Fa­ brikarbeiter“ zu werden.422 Das vierte Foto zeigte schließlich, wie sich Afroamerikaner für die Wahlen registrieren ließen und verwies darauf, dass mit dem Voting Rights Act deren Wahlbeteiligung rapide angestiegen war (Abb. 17).423 Tatsächlich gewannen die Wahlstimmen der Afroamerikaner mit diesem Gesetz stark an Gewicht, insbesondere in den Südstaaten.424 Doch auch hier fällt die Bilanz gemischt aus, wenn John Hope Franklin und Alfred A. Moss darauf hinweisen, dass die Wahlrechtsgesetzgebung die schwarze Bevölkerung auch langfristig nicht erfolgreich mobilisieren konnte.425 In einigen Texten schwang latenter Rassismus mit. Auffälligerweise benutzten vor allem die Artikel, die darauf hinwiesen, dass die Bezeichnung der amerikanischen „Neger“ nicht mehr unumstritten war, keine alternativen Begriffe. Sie wiesen darauf hin, dass viele Afroamerikaner sich selbst als „Farbige[n], Schwarze[n], Afro-Amerikaner[n] oder Aframs“ bezeichneten,

420 Zur Situation schwarzer Studierender bis zur Mitte der 1960er Jahre s. Rojas, From Black Power to Black Studies, S. 24–28. 421 AD: Foto 63–4300 der Serie „Fortschritte trotz Rückschlägen, o.D. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670. 422 Die vollständige Bildunterschrift lautet: „Gleichberechtigung am Arbeitsplatz. Die farbige Bevölkerung der Vereingten Staaten verteilt sich auf alle Berufsschichten und Einkommensklassen. Es sind Ärzte, Wissenschaftler, Architekten, Kaufleute und Fabrikarbeiter darunter. Ihr Jahreseinkommen beträgt mit 27 Millionen Dollar rund sieben Prozent des Gesamteinkommens der Nation und entspricht in etwa der Kaufkraft der Gesamtbevölkerung Kanadas.“ Ebd. 423 AD: Foto 65–3302 der Serie „Fortschritte trotz Rückschlägen, o.D. [1966]: StadtAN, E  6/799, Nr. 3670. Die Bildunterschrift lautet: „Wählerregistrierung im Bundesstaat Georgia. Nach dem im August 1965 verabschiedeten Wahlrechtsgesetz darf Farbigen das Wahlrecht aufgrund von Bildungstests und anderen diskriminisrenden Praktiken nicht mehr verweigert werden. In den amerikanischen Südstaaten stieg nach Inkrafttreten des Gesetzes die Wahlbeteiligung der farbigen Bevölkerung sprunghaft an.“ 424 Darauf wies noch einmal dezidiert der Artikel des Politologen Howard Penniman aus dem Jahr 1968 hin. AD: „Amerikanische Neger besitzen volles Stimmrecht“, o.D. [1968]: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670. 425 Franklin/Moss, Von der Sklaverei zur Freiheit, S. 726. Franklin und Moss verweisen auf die Wahlen von 1976, für die sich nur 58,5 Prozent der schwarzen Wahlberechtigten registrieren ließen und gar nur 48,7 Prozent tatsächlich wählten. Bei Jugendlichen lagen die Zahlen noch deutlich darunter.

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Abb. 16

schrieben jedoch selbst durchgängig über die „Neger“.426 Joseph Glazer wies explizit darauf hin, viele Gruppen lehnten „das Wort ‚Neger‘ ab und ersetzen es jetzt durch ‚schwarz‘“. In seinem Artikel wurde jedoch sogar der Eigenname National Association for the Advancement of Colored People mit „Amerikanische Vereinigung zur Förderung der Negerbevökerung“ übersetzt.427 Anders als in den Programmankündigungen der Amerikahäuser und 426 AD: „Wer spricht für den amerikanischen Neger?“ von Joseph Glazer, o.D. [1968], S. 5: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670; AD: „Schwarz ist schön“ von Norman McKenna, o.D. [1969], S. 1f.: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670. 427 AD: „Wer spricht für den amerikanischen Neger?“ von Joseph Glazer, o.D. [1968], S. 5: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670.

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Abb. 17

DAI spiegelten die meisten Texte des Amerika-Dienstes aber die aktuelle Bandbreite der Begriffe zur Bezeichnung der Afroamerikaner. Hier war gleichermaßen von „Negern“, „Schwarzen“ und „Farbigen“ die Rede, oft auch innerhalb derselben Texte. An die Zeit der Sklaverei konnte man sich allerdings erinnert fühlen, wenn Glazer über „Unternehmen, die im Besitz von Negern sind“ schrieb428 oder McKenna von der „afrikanische[n] Herkunft“ der „Neger“, ungeachtet dessen, dass diese „Neger Amerikas“ ihre amerikanische Staatsbürgerschaft ebenso lang oder kurz besaßen wie die Angehörigen anderer ethnischer Gruppen.429 Bevormundung sprach auch aus der Kritik Glazers, die militanten Afroamerikaner interessierten sich nicht für „Statistiken, aus denen hervorgeht, dass die Neger in den letzten 15 Jahren mehr Fortschritte machten als vorher in 300 Jahren“.430 Die „Neger“ waren es, die Fortschritte machen mussten, nicht die amerikanische Politik und Gesellschaft, die nach langen Jahren der Diskriminierung nun zumindest die Chancen für Afroamerikaner verbesserte, sich ebenso entfalten zu können wie ihre Mitbürger. Anders als in der Behandlung des Vietnamkrieges waren Amerikahäuser, DAI und USIS bereit, das Problem beim Namen zu nennen. Sie bemühten 428 Ebd., S. 4. 429 AD: „Schwarz ist schön“ von Norman McKenna, o.D. [1969], S. 1: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670. 430 AD: „Wer spricht für den amerikanischen Neger?“ von Joseph Glazer, o.D. [1968], S. 6: StadtAN, E 6/799, Nr. 3670.

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sich, die Veränderungen in der amerikanischen Gesellschaft, die durch die Bürgerrechtsbewegung in Gang gesetzt worden waren, positiv als geordneten, von der Regierung initiierten und kontrollierten Prozess zu präsentieren, verschwiegen dabei aber nicht, dass es ein „Fortschritt trotz Rückschlägen“ war. Der Vietnamkrieg wie die Rassenfrage waren nicht nur politische Herausforderungen, sondern auch Prestigefragen. Über die Medien verfolgten Menschen auf der ganzen Welt, ob die USA in der Lage waren, diese Probleme zu lösen, und beide Themen ließen sich hervorragend für propagandistische Angriffe gegen die USA nutzen.431 Rassenfrage und Bürgerrechtsbewegung waren jedoch inneramerikanische Themen, und zudem konnte die amtierende US-Regierung trotz weiterhin ungelöster Fragen und Gewaltausbrüchen auf Erfolge wie die Bürgerrechtsgesetzgebung Johnsons verweisen. Die USIA und Außenminister Dean Rusk interpretierten die Bürgerrechtsbewegung sogar als Chance für die US-Regierung, der Welt ihre Kompetenz bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme zu demonstrieren und sich als Kämpfer gegen Unrecht und Diskriminierung zu präsentieren.432 Auch auf die Amerikahäuser und DAI fiel ein gutes Licht, wenn sie sich kritischen Themen zuwandten. Die Tübinger Presse honorierte einen Vortrag von John Hope Franklin, Professor für Geschichte und Afroamerikaner, über „Die Rolle des Negers in den USA“ als Zeichen dafür, „wie ernst es dem Amerika-Haus mit seinem Auftrag ist, zur kritischen Diskussion über Amerika und nicht nur zu seiner positiven Propaganda beizutragen“.433 Anders der Vietnamkrieg: Bis zur Tet-Offensive hatte die Regierung Johnson den Konflikt beschönigt und heruntergeredet, sodass weder die amerikanische Bevölkerung noch die Verbündeten der USA über das gesamte Ausmaß des Krieges und des amerikanischen Engagements informiert waren.434 Zu dieser Politik der Geheimhaltung hätte es kaum gepasst, mit einer ausgedehnten Kultur- und Informationspolitik die Öffentlichkeit zu suchen. Mit der Rassenfrage konnte die US-Regierung hingegen viel offener umgehen. Allerdings spielten andere Minderheiten, die im Gefolge der Bürgerrechtsbewegung unter dem Stichwort „new ethnicity“ stärker in das Bewusstsein der amerikanischen Öffentlichkeit rückten, in den Programmen der Amerikahäuser und DAI keine Rolle.435 Ihre Situation war kaum präsent in den deutschen Medien, und so konnte dieses zusätzliche Konfliktfeld von der 431 Dudziak, Cold War Civil Rights, S. 185, 250. S. dazu auch Kap. 3.2.1. 432 Dudziak, Cold War Civil Rights, S. 186f., 216. 433 Der Artikel befindet sich in der Sammlung von Presseberichten im Aktenbestand des DAI. Er ist nicht datiert und nicht namentlich gekennzeichnet. Vermutlich stammt der Artikel aus dem Schwäbischen Tagblatt. 434 Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, S. 119, 166. 435 Mary L. Dudziak weist darauf hin, dass auch die meisten Politiker im In- und Ausland „American race relations through the lens of a black/white paradigm“ betrachteten und auf das „Negro Problem“ verengten. Dudziak, Cold War Civil Rights, S. 14.

2.3 Gesellschaftliche Herausforderungen und amerikanische Antworten

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amerikanischen Kultur- und Informationspolitik getrost ignoriert werden.436 Nur die Indianer und ihre Kultur fanden immer wieder Beachtung in den Programmen der Häuser, vermutlich wegen des häufig romantisch-verklärenden Interesses vieler Deutscher an den amerikanischen Ureinwohnern.437 Häufig waren Ausstellungen und Vorträge jedoch auf die Kultur und das Kunsthandwerk einzelner Stämme oder die touristischen Attraktionen ihres Siedlungsgebietes beschränkt.438 Erst seit den 1970er Jahre fanden zunehmend Veranstaltungen zur schwierigen Situation der Indianerstämme in den USA statt.439 Das Amerikahaus Frankfurt veranstaltete 1972 eine siebenteilige Reihe, die über Filme, Kolloquien und Vorträge versuchte, „[d]ie ersten Amerikaner zwischen Legende und Wirklichkeit“ zu zeigen und dabei überkommene Vorurteile und Mythen aufzudecken.440 Häufig stand aber auch weiterhin die Kultur der Indianer im Vordergrund.441 436 Hinweise auf Indianer, Asian Americans, Hispanic Americans oder andere Minderheiten sind auch in den Country Plans oder im Berichtswesen nicht zu finden. 437 Zantop, Close Encounters, S. 3–14; Sieg, Indian Impersonation. 438 „Zeremonial-Sandmalereien der Navajo-Indianer“, AH München, Programm März 1965; „Die Musik der nordamerikanischen Indianer“, AH München, Programm September 1969; „Indianerausstellung“ [gezeigt vom Cowboy Club München], AH München, Programm Juni 1973; „Neue indianische Kunst Nordamerikas“, AH München, Programm Oktober 1977; „Reise ins Navajo-Land“, AH München, Programm November 1977; „Indianerkulturen zwischen Colorado und Rio Grande“, AH München, Programm Mai 1979; „Zeitgenössische indianische Kunst“, AH München, Programm Juni 1984. 439 „Gegenwartsnöte und -probleme amerikanischer Indianer“, AH München, Programm Juni 1973; „The Current Situation of the American Indian“, AH München, Programm April 1976; „Die Indianer kommen“, AH München, Programm November 1977; „Die Indianer Nordamerikas und die Weißen – Geschichte als Zusammenprall ungleicher Kulturen“, DAI Tübingen, Programm Dezember 1975: StadtAT, E 418, Nr. 148; „American Indians in the 1980s“, DAI Tübingen, Programm Februar 1982: StadtAT, E 418, Nr. 149; „The Crisis of a Minority: The American Indian Today“, AH Frankfurt, Programm Januar 1972: ISG, S 3, Nr. 27200; „Gegenwartsnöte und Probleme der amerikanischen Indianer“, DAI Regensburg, Programm Dezember 1970: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970; „Die kulturelle Selbstbehauptung der Indianer“, DAI Nürnberg, Programm Juni 1980. In der Filmreihe „Abschieben oder Assimilieren? Minderheitenprobleme in den USA und in der Bundesrepublik“ zeigte das DAI Tübingen mehrere kritische Filme, die sich mit der Situation der Indianer beschäftigten, s. Programmübersicht „Abschieben oder Assimilieren?“ vom Oktober 1976: StadtAT, E 418, Nr. 148. 440 AH Frankfurt, Programm Januar-Februar 1972: ISG, S 3, Nr. 27200. 441 „Die kulturelle Selbstbehauptung der Indianer“, AH München, Programm April 1980; „The American Indians Today“, AH München, Programm November 1981; „Indians: More than Bows and Arrows“, AH München, Programm Mai 1984; „Curtis American Indian Print Exhibit“, DAI Tübingen, Programm November 1978: StadtAT, E 418, Nr. 148; „Northern Plains Indians Today“, DAI Tübingen, Programm Oktober 1981: StadtAT, E 418, Nr. 149; „Ursprung und Entstehung der amerikanischen Kulturen“, AH Frankfurt, Programm Februar 1972: ISG, S 3, Nr. 27200.

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Dass die Amerikahäuser und DAI mit ihrer Herangehensweise Erfolg haben konnten, zeigte beispielsweise der Jahresbericht des DAI Darmstadt für das Jahr 1972. Dort vermerkte das DAI stolz, ein Kurs über das „Negerpro­ blem“ an der Viktoriaschule sei auf der Basis von DAI-Materialien abgehalten worden, Oberstufenlehrer seien zum Unterricht in das amerikanische Kulturzentrum gekommen und das DAI habe Filme sowie „amerikanische Neger“ als Referenten vermittelt, die aus ihrer Sicht berichteten.442 Darüber hinaus betraf das Problem der gesellschaftlichen Integration von Minderheiten grundsätzlich auch die Bundesrepublik. In den 1970er Jahren behandelten die Amerikahäuser und DAI daher einige Male diese Frage in vergleichender deutsch-amerikanischer Perspektive.443 In einem Vortrag des DAI in Heidelberg, wo mit der 7. Armee und der US Army Europe Tausende amerikanische Soldaten stationiert waren, ging es im Mai 1974 nicht nur um die Rassenbeziehungen innerhalb der US-Armee, sondern auch um das Verhältnis der Deutschen zu schwarzen Soldaten. Die Lösungsvorschläge des Referenten bezogen sich ebenso auf die amerikanischen Streitkräfte wie auch auf die deutsche Bevölkerung und ihre oftmals diskriminierende Haltung gegenüber Afroamerikanern. Damit erreichte das sonst als amerikanisch wahrgenommene Problem auch die bundesrepublikanische Lebenswirklichkeit.444 Grenzen des Sag- und Diskutierbaren gab es allerdings auch hier. Für heikle Themen wie den Prozess gegen Angela Davis, die schwarze Bürgerrechtlerin, Symbolfigur des afroamerikanischen Kampfes gegen die Diskriminierung und für die Rechte politischer Gefangener erhielten alle USIS-Vertretungen 1971 „Questions and answers about the Case of Angela Davis“, um für kritische Nachfragen gewappnet zu sein.445 Der Fall der später freigesproche442 DAI Darmstadt, Bericht über die Arbeit der DAG Darmstadt für das Jahr 1972: StadtAD, ST 20, Nr. 193. 443 „Minoritäten in Ballungsräumen – ein deutsch-amerikanischer Vergleich“, DAI Nürnberg, Programm Juni 1977; „Abschieben oder Assimilieren? Minderheitenprobleme in den USA und in der Bundesrepublik“, DAI Tübingen, Programm Oktober 1976: StadtAT, E 418, Nr. 148. In Tübingen gab es Ende 1972 eine Reihe zu „Minderheitenproblemen in Deutschland“ mit mehreren Veranstaltungen zu „Rassismus in Deutschland“ oder „Problems of Black GI’s in Germany“: StadtAT, E 418, Nr. 147. 444 [Howard Lee], Manuskript vom 6. Mai [1974], o.A.: STAHD, Abgabe Zentralbüro, vorl. Nr. 102. 445 Hier und im Folgenden: „Questions and Answers about the Case of Angela Davis“, o.D. [1971]: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953–2000, Box 222. Anscheinend waren diese Richtlinien Teil eines größeren Informations-Paketes an alle USIS-Stellen. Da sogar die größten amerikanischen Tageszeitungen wie die New York Times und die Washington Post im Frühjahr 1972 über diese umfangreichen Materiallieferungen der USIA berichteten, scheint diese Art der Vermittlung von Hintergrundinformationen eher unüblich gewesen zu sein. „U.S.I.A. Drive Seeks to Counter Idea Miss Davis Is Persecuted“: New York Times vom 15. März 1972; „USIA Portrays Davis Trial As Democracy at Work“: Washington Post vom 15. März 1972. In weniger umfangreicher Form verschickte die USIA aber immer wieder Informationspapiere über verschiedenste The-

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nen Angela Davis erhitzte die Gemüter auch in der Bundesrepublik und war Gegenstand vieler Protestaktionen. Die USIA gab ihrem Personal mit den Richtlinien eine Handreichung für eine einheitliche und im Sinne der USRegierung korrekte Positionierung zu diesem Thema.446 Die Direktoren der Amerikahäuser und DAI versuchten auf dieser Basis, Vorwürfe zu entkräften und die Funktionsweise des amerikanischen Rechtssystems zu demonstrieren. Auch für die Referenten aus den eigenen Reihen stellte der USIS sogenannte Lecture Program Packages zusammen. 1965 erhielt das Amerikahaus Frankfurt ein solches Paket zu den Themen „Civil Rights and the Law“ sowie „America’s Changing Attitude on Minorities“, die Hintergrundinformationen zur Entwicklung der Bürgerrechtsfrage in den USA lieferten, beispielsweise die Ergebnisse von Meinungsumfragen, die den Trend zu mehr Akzeptanz und einer Liberalisierung der Einstellungen in den USA beschrieben und daher als gute Grundlage für Vorträge galten. Eine Liste mit Broschüren und Filmen, die zur Verwendung empfohlen wurden, war dem Lecture Program Package ebenfalls beigefügt.447 Ideal war in den Augen des USIS eine Veranstaltung wie das Seminar „Krise und Kraft Amerikas“ im DAI Nürnberg. Werner Imhoof, langjähriger Korrespondent der Neuen Züricher Zeitung in Washington, befand, in den „krisenhaften Erscheinungen der letzten Jahre“, also den studentischen Protesten und den Rassenunruhen, habe sich die „Stärke der Vereinigten Staaten“ erwiesen: „In diesen Unruhen ging es nicht um einen Umsturz, sondern darum, innerhalb des ‚Systems‘ die anstehenden – zweifellos krisenhaften – ­Erscheinungen wirksam und schneller zu bekämpfen. Heute ist die Periode der Unruhen vorbei.“448 Hatte Ekkehart Krippendorff 1964 im DAI Heidelberg noch provokativ gefragt: „Die Revolution des Negers: Aufstieg zur Gleichberechtigung oder Sprengkörper des Systems?“,449 so resümierte Imhoof: „Die Krise der USA“ sei ein Zeichen für die Funktionsfähigkeit der USA – sie „war eine Krise des ‚amerikanischen Credos‘“.450 men an alle Außenposten, die meist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren, sondern nur das amerikanische Personal der USIA unterrichten sollten. So erhielten die Direktoren der Amerikahäuser und DAI 1980 zum Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan ein Schreiben zur „U.S.View of the Afghanistan Issue“, das nicht zur weiteren Verbreitung bestimmt war. PAO Klieforth an DAI Nürnberg vom 27. Februar 1980: StadtAN, E 6/799, Nr. 229. 446 Zum Umgang der USIA mit dem Fall Angela Davis s. Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 318. 447 Lecture Program Package Nr. 1 vom Dezember 1965: ISG, V113/404. 448 Program Evaluation Card für Werner Imhoof vom 28. Oktober 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 327. 449 DAI Heidelberg, Programm „Rassenproblem – Gleichberechtigung – Bürgerrechtsgesetz in den USA“ vom 22./23. Mai 1964: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 152. 450 Program Evaluation Card für Werner Imhoof vom 28. Oktober 1972: StadtAN, E 6/799,

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2.3.2 Jugendprotest und Drogenkonsum Die Bürgerrechtsbewegung war nicht die einzige Form gesellschaftlicher Unruhe und Veränderung, mit der sich die Amerikahäuser und DAI thematisch befassten. Seit Mitte der 1960er Jahre kam das Thema Jugendprotest auf, Anfang der 1970er Jahre die Frauenbewegung und zum Ende des Jahrzehnts rückte die Friedensbewegung stärker in den Fokus. Am intensivsten beschäftigten sich die Häuser mit dem Protest und der Unzufriedenheit der Jugend. Anfang der 1960er Jahre gab es kaum Angebote, die sich speziell an Jugendliche richteten oder „Jugend“ thematisierten. Sie bildeten eine bedeutsame Zielgruppe, doch die Programmplanung zielte zunächst darauf ab, die Jugendlichen für das allgemeine Angebot der Amerikahäuser und DAI zu interessieren und grundsätzliche Informationen über die USA zu vermitteln. Der Lebensabschnitt „Jugend“ war hier ebensowenig als eigener Themenbereich erkennbar wie die Annahme einer generationenspezifischen Einstellung Jugendlicher zu den USA. Allenfalls plante der USIS, bei den Jugendlichen aktiver für die Amerikahäuser und DAI zu werben, also das Angebot auf Schulen, Jugendgruppen, und Jugendzentren auszudehnen.451 Seit Mitte der 1960er Jahre protestierten jedoch in der Bundesrepublik wie in den USA und in vielen westeuropäischen Staaten Jugendliche und junge Erwachsene gegen den Vietnamkrieg und die Rassendiskriminierung in den USA sowie gegen die Verhältnisse im eigenen Land, in der Bundesrepu­ blik beispielsweise gegen die Notstandsgesetzgebung oder die Situation an den Universitäten. Die globalen Jugendproteste sowie die damit verbundene Amerikakritik – vor allem am Vietnamkrieg und der Rassenfrage – führten dazu, dass die US-Regierung den Motiven und Zielen der Jugendbewegungen weltweit mehr Aufmerksamkeit zuwandte und Jugendliche auch für die USIA zu einer besonders wichtigen Zielgruppe wurden.452 Die Amerikahäuser und DAI bauten ihre Kontakte mit Jugendlichen und Jugendorganisationen aus, berichtete Nelson O. Chipchin für Bayern Ende 1966 in seinem jährlichen Assessment Report nach Bonn.453 Seit 1966, vor allem aber in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren, rückten dann zuerst die „unruhigen amerikanischen Studenten“454 in den Vordergrund, bevor die Amerikahäuser und DAI dann den „gesellschaftliche[n] Wandel und die Jugend“455 in den Blick nahmen und fragten „Why is Youth Dissatisfied“?456 Nr. 327. 451 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1963, S. 6: StadtAN, E 6/799, Nr. 130; USIS Germany, Country Plan FY 1964, S. 4: StadtAN, E 6/799, Nr. 130. 452 Klimke, The Other Alliance, S. 146–153, 215–219. 453 USIS München, Assessment Report 1966: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. 454 AH München, Programm Dezember 1966; DAI Nürnberg, Programm Dezember 1966. 455 AH Frankfurt, Programm Dezember 1969: ISG, V113/343. 456 DAI Nürnberg, Programm März 1969. Ähnlich das Seminar „Das Unbehagen der jun-

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Aus einigen Programmankündigungen sprachen eine gewisse Abwehrhaltung und Unverständnis, wenn etwa das Frankfurter Amerikahaus im Dezember 1969 ausführte: Die Gesellschaft muss es sich gefallen lassen, wegen ‚subtilen Terrors‘ oder ‚aggressiver Toleranz‘ angeklagt zu werden. Zugeständnisse sind gemacht worden. Die streitbare Minderheit hat sich in vielen Fällen durchsetzen können. Wie wird die Entwicklung künftig aussehen?457

Bereits im Juli warf die Frankfurter Programmdirektion die Frage auf: „Gelten die demokratischen Ideale des Westens nicht mehr?“458 Andererseits bemühte sich beispielsweise das DAI Nürnberg darum, nicht nur über, sondern auch mit der Jugend zu sprechen. An einem zweitägigen Seminar zu „Jugend 1972 – rapider Wandel der Verhaltensweisen“ nahmen laut eigenen Angaben fast 300 Interessierte teil, davon gut die Hälfte Studierende, Oberschüler und Mitglieder verschiedener Jugendorganisationen, vor allem der Jusos und der Jungen Union.459 Das prominent besetzte Podium – unter anderem sprachen Bruno Dechamps, Mitherausgeber der FAZ und der Schriftsteller Carl Amery – stand den Jugendprotesten eher skeptisch gegenüber, doch mit dem Fulbright-Professor Gerald M. Murch gelang es dem DAI, einen wohlkalkulierten Gegenakzent zu setzen. Dieser zeichnete insgesamt ein positives Bild der USA, übte aber auch deutliche Kritik an der US-Regierung und schockierte nach Aussage von DAI-Direktor Robert M. Allen die Zuhörerschaft: „An American critical of the US in an America House!“460 Murch hielt das Eröffnungsreferat und bot damit dem Publikum, insbesondere vielen Jugendlichen, von Anfang an eine Identifikationsfigur, bevor kritischere Stimmen folgten. Dechamps warnte vor politischer Romantik, die zu einem Radikalismus führe, „der schon immer den Diktatoren geholfen habe, das Individuum von der ‚Last‘ der politischen Selbstbestimmung zu befreien“ und befand, „die jüngste Jugendbewegung folge früheren Mustern – gegen die rationale Wirklichkeit der Welt“.461 Dem Referat folgten längen Generation an der Gesellschaft“ in Freiburg, s. DAI Freiburg, Rechenschaftsbericht 1967, S. 19: PAAA, B 90-600, Nr. 736. 457 „Der gesellschaftliche Wandel und die Jugend“, AH Frankfurt, Programm Dezember 1969: ISG, V113/343. Statt „aggressiver Toleranz“ ist vermutlich der Begriff der „repressiven Toleranz“ gemeint, mit dem Herbert Marcuse 1965 Toleranz als Mittel der Unterdrückung definierte. Marcuse, Repressive Toleranz. 458 „Die unbewältigte Gegenwart – Über die wachsenden inneren Konflikte in den westlichen Staaten und ihre Ursachen“, AH Frankfurt, Programm Juli 1968: ISG, V113/328. 459 DAI-Direktor Allen an BPAO Modic vom 17. Februar 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 327; Teilnehmerliste zum Seminar „Jugend 1972 – Rapider Wandel der Verhaltensweisen“: StadtAN, E 6/799, Nr. 327. 460 DAI-Direktor Allen an BPAO Modic vom 17. Februar 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 327. 461 Program Evaluation Card für Bruno Dechamps vom 21. Januar 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 327.

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gere Diskussionen, und auch nach den Beiträgen von Leonhard Reinisch, Redakteur des Bayerischen Rundfunks und dem Gießener Psychologieprofessor Werner Correll kam es zu Debatten und „Angriffen auf die heutige Gesellschaft“ aus dem Publikum.462 Vorausgesetzt, die Angaben des DAI sind zuverlässig, schaffte es das Institut zumindest bei solchen Veranstaltungen, nicht nur über, sondern auch mit der Jugend in Kontakt zu kommen. Für die Pädagogen hingegen, bemängelte die Nürnberger Zeitung, war die Veranstaltung eher uninformativ. Sie mussten dem Zeitungsbericht zufolge ohne Erkenntnisgewinn zu dem Verhalten ihrer Schüler nach Hause gehen.463 Jugendliche saßen nun sogar teilweise selbst auf dem Podium, so bei der Diskussionsveranstaltung „Freiheit, die wir meinen – welche Freiheit meinen wir“, die das DAI Nürnberg im November 1973 durchführte. Hier diskutierten vor 350 Zuschauern Günther Beckstein, Bezirksvorsitzender der Jungen Union in Nürnberg-Fürth, Herbert Bergemann, Stellvertretender Bezirksvorsitzender der Deutschen Jungdemokraten in Mittelfranken, und Gebhardt Schönfelder von den Nürnberger Jusos unter der Leitung von Ulrich Paasche, einem Reporter des Bayerischen Rundfunks. Das Hauptreferat hielt Matthias Walden, der Chefkommentator des Senders Freies Berlin.464 Die Einladung entsprach der Strategie der USIA und des USIS, den Kontakt mit den Vertretern von Jugendorganisationen zu fördern und nicht abreißen zu lassen.465 Bemerkenswert war, dass die Vertreter der Jungdemokraten und der Jusos die Einladung annahmen. Noch 1970 hatten die Nürnberger Jusos dazu aufgerufen, das DAI zu boykottieren und jede Zusammenarbeit mit dem „Propagandainstitut“ abgelehnt, desgleichen die Jungdemokraten, und auch jetzt nannte Schönfelder die Veranstaltung ein „Anti-Kommunismus-Seminar“ und Bergmann „warnte vor einer Selbstüberschätzung des westlichen Systems“.466 Doch beide Seiten hatten sich aufeinander zu bewegt, und das DAI konnte für sich verbuchen, wieder in engerem Kontakt mit den Jugendorganisationen zu stehen. Auch beim zweiten großen Themenbereich, den die Amerikahäuser und DAI im Zusammenhang mit Jugend und Jugendkonflikten behandelten, setz462 Program Evaluation Card für Werner Correll vom 22. Januar 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 327; Program Evaluation Card für Leonard Reinisch vom 22. Januar 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 327. 463 „Internationale Jugend-Rebellion“: NZ vom 24. Januar 1972. 464 Einladung zu „Freiheit die wir meinen – welche Freiheit meinen wir?“ vom 30. November 1973: StadtAN, E 6/799, Nr. 323; Program Evaluation Card für Mathias Walden vom 30. November 1973: StadtAN, E 6/799, Nr. 323. 465 Klimke, The Other Alliance, S. 170f., 199, 214f. 466 „Appell für die Freiheit“: NZ vom 4. Dezember 1973; Jusos Nürnberg, Offener Brief an das Amerikahaus [sic!] Nürnberg vom 13. Mai 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 200; Schmidbauer, Vorsitzender Jusos an DAI-Direktor Allen vom 29. Oktober 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 201; Christ, Deutsche Jungdemokraten, an DAI Nürnberg vom 4. Februar 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 200. S. dazu Kapitel 3.2.1.

2.3 Gesellschaftliche Herausforderungen und amerikanische Antworten

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ten die Amerikahäuser und DAI auf eine Mischung aus Veranstaltungen für und über Jugendliche. Zu Beginn der 1970er Jahre erlebte die Bundesrepublik eine bis dahin unbekannte Konsumwelle verbotener Drogen, die bereits zeitgenössisch als „Haschischwelle“ galt.467 Dass Jugendliche, vor allem Schüler, Drogen konsumierten und dies allein wegen der berauschenden Wirkung, hatte es zuvor nicht gegeben.468 Drogenkonsum beschränkte sich nicht mehr auf das Umfeld jugendlichen politischen Protests wie den „Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen“, sondern wurde um 1970 Teil einer breiten jugendlichen Massen- und Musikkultur.469 Viele westdeutsche Beobachter brachten die USA auf zweierlei Weise mit der „Drogenwelle“ in Verbindung. Erstens berichteten die deutschen Medien intensiv über die Drogenproblematik in den USA und wie sich das Phänomen jugendlichen Drogenkonsums von den Vereinigten Staaten nach Europa ausbreitete. Häufig identifizierten sie dabei das „Drogenproblem“ mit „Amerika“; und „Zustände, die in einigen Städten der USA herrschten“, wurden als Vorahnung kommender Entwicklungen in Westdeutschland und Westeuropa interpretiert.470 Dieser Eindruck verstärkte sich dadurch, dass zweitens insbesondere amerikanische Soldaten als Drogenkonsumenten und -händler galten, zunehmend in Gewalttaten verwickelt waren und damit in den schlechten Ruf gerieten, negativ auf deutsche Jugendliche zu wirken.471 In der Themensetzung der USIA löste die Drogenproblematik zu Beginn der 1970er Jahre die Rassenfrage als vordringlich zu behandelnde Frage ab. Insbesondere der Regionaldirektor für Westeuropa forderte Material, um die Anti-Drogen-Politik der USA präsentieren zu können.472 Seit 1971 schenkten die Amerikahäuser und DAI der Drogenproblematik verstärkte Aufmerksamkeit, nachdem Präsident Nixon Drogen zum „Feind Nr. 1“ erklärt und zum „War on Drugs“ aufgerufen hatte.473 Im März 1972 forderte der republikanische Abgeordnete Seymour Halpern, die Sender Voice of America und Radio Free Europe sowie die USIA sollten mittels ihrer Programme den Kampf der US-Regierung gegen Drogen stärker in der weltweiten Öffentlichkeit präsentieren.474 Probleme wie der Drogenkonsum oder die Rassenfrage sollten im 467 Briesen, Die Drogenwelle, S. 43. 468 Zuvor war Drogenkonsum vor allem unter Medizinern, Kranken sowie Kriegsversehrten verbreitet, die meist über ihre Ärzte in Kontakt mit Drogen gerieten. S. ebd., S. 43, 46f. 469 Weinhauer, The End of Certainties, S. 385. 470 Tanner, Amerikanische Drogen, S. 267, 378; Briesen, Die Drogenwelle, S. 49f. 471 Nelson, A History of U.S. Military Forces, S. 83f., 106–110; Johnson/Wilson, Army in Anguish. 472 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 319. 473 Tanner, Amerikanische Drogen, S. 277f. 474 „Rep. Halpern’s Amendment to have USIA & Voice publicize U.S. Anti-Drug Campaign“ vom 16. Mai 1972: NARA, RG 306, HC, Murray Lawson History Card Files Series, Box 38.

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Ausland auf keinen Fall als Zeichen einer verfallenden Gesellschaft gedeutet werden, sondern als lösbare Probleme, mit denen sich die USA aktiv und erfolgreich auseinandersetzten.475 Zwischen 1971 und 1974 veranstalteten die meisten Amerikahäuser und DAI Vorträge und Diskussionsrunden zum Thema „Drogen“ und weiteten das Buchangebot der Bibliotheken zu diesem Thema aus.476 Einige Veranstaltungen richteten sich dezidiert an die Jugendlichen selbst, beispielsweise die Podiumsdiskussion „Trip in den Traum“ des DAI Nürnberg im März 1971. Knapp 900 Interessierte strömten in den Heilig-Geist-Saal der Stadt, in den das DAI wegen des Andrangs ausweichen musste. Dem „jungen Publikum, das mit Rauschmitteln und Rauschgiftproblemen konfrontiert ist – so oder so“ kündigte das DAI „Interviews – Gespräche – Diskussionen – Drogeninformationen – Pop Musik Jimi Hendrix (Bandaufnahmen)“ an. Hendrix, nur wenige Monate zuvor an den Folgen seines Drogenkonsums verstorben, war alles andere als eine typische Identifikationsfigur im Sinne der US-Regierung. Mit seiner Musik zu werben, kann als bewusster Schritt des DAI auf die Jugendlichen zu interpretiert werden und als Versuch, diese Zielgruppe zu erreichen. Neben Jugendpsychiatern und einem Pharmakologen saß mit Rüdiger Stolze ein prominenter Journalist vom Jugendfunk des Bayerischen Rundfunks auf dem Podium, der bei vielen Jugendlichen bekannt und beliebt war.477 Die Stadt hatte in Erwartung von Ausschreitungen anscheinend Polizeischutz an den Vortragssaal beordert, und das DAI berichtete auch über hitzige Debatten zwischen dem jugendlichen Publikum und den Rednern, doch insgesamt lief die Veranstaltung friedlich ab.478 Auch das DAI Regensburg kündigte unter dem Titel „Hasch – das Glück aus dem Underground?“ eine „Podiumsdiskussion mit Dias und Musik“ an, wandte sich also dezidiert an Jugendliche, von denen auch einige zusammen mit Soziologen, Psychologen und Ärzten auf dem Podium saßen.479 Andere DAI suchten ebenfalls das direkte Gespräch mit den Jugendlichen und gingen in ihrem Außenprogramm in die umliegenden Schulen.480 Gleichzeitig wand475 USIS Germany, Country Plan FY 1974/75, S. 2: StadtAT, E 418, Nr. 126. 476 So in München, wo die Buchhinweise „Aus unserer Bibliothek“ für den Monat März 1971 nur Literatur über Drogenkonsum bei Jugendlichen und den Umgang mit Drogenabhängigen und -gefährdeten umfasste. AH München, Programm März 1971. 477 Einladung zu „Trip in den Traum“ vom 22. März 1971: StadtAN, E 6/799, Nr. 327. Die sehr hohen Publikumszahlen bestätigt der Zeitungsartikel „Drogenkonsum – Flucht vor der Realität?“: NZ vom 24. März 1972. 478 Program Evaluation Card für Rüdiger Stolze vom 22. März 1971: StadtAN, E 6/799, Nr. 327; Program Evaluation Card für Peter S. Schönhofer vom 22. März 1971: StadtAN, E 6/799, Nr. 327. 479 DAI Regensburg, Programm Juni 1970: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970. 480 S. beispielsweise DAI Regensburg, Programm Oktober 1971: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1980; DAI Tübingen, Programm Januar 1971 und Februar 1972, beide: StadtAT, E 418, Nr. 147.

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ten sich etliche Veranstaltungen an die Erwachsenen, die der Drogenkonsum Jugendlicher beunruhigte, und thematisierten Bekämpfungs- und Betreuungsmethoden. So fragte das DAI Regensburg im Juni 1971 „Warum greifen junge Menschen zu Drogen und wie kann man sie davon befreien? Methoden bei der Betreuung drogengefährdeter Jugendlicher in den USA und in der Bundesrepublik“481 und bot im November 1973 sogar einen Vortrag für die örtliche Polizei über „Zusammenarbeit zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland bei der Bekämpfung des Rauschgiftmissbrauchs“ an.482 Mit diesen Strategien beschritten die Amerikahäuser und DAI bis zu einem gewissen Grad neue Wege. Sie setzten weiterhin auf ihre Stammklientel, versuchten aber, die jüngere Generation stärker einzubinden. Dies war umso schwieriger, als sich in der Wahrnehmung vieler Zeitgenossen seit Mitte der 1960er Jahre die Gegensätze zwischen den Generationen deutlich vertieften und kulturelle oder gesellschaftliche Wandlungsprozesse generationell aufgeladen wurden.483 In den 1950er und 1960er Jahren hatte es hauptsächlich Quiz-Veranstaltungen oder „Fragestunden für Jugendliche“484 gegeben, in denen die Amerikahaus- oder Konsulatsangehörige Fragen beantworteten.485 Eine erste Ausweitung dieses Konzepts war der Vorschlag des Regensburger DAI-Direktors Osborn T. Smallwood, die Vertreter von Jugendgruppen bei Diskussionen nicht nur als Zuhörer teilnehmen zu lassen, sondern aktiv in die Gespräche über Fragen und Probleme der Zeit einzubinden.486 Auf der organisatorischen Ebene arbeiteten viele Amerikahäuser und DAI mit Jugendverbänden oder studentischen Organisationen zusammen und boten gemeinsame Veranstaltungen an. Zudem widmete sich über Jahrzehnte hinweg, besonders aber in den 1960er und 1970er Jahren, eine Vielzahl von Veranstaltungen der 481 DAI Regensburg, Programm Juni 1971: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1980; ähnlich beispielsweise: „Juristische, soziologische und medizinische Aspekte des Drogenkonsums“, DAI Tübingen, Programm Dezember 1971: StadtAT, E 418, Nr. 147; „Fighting Drug Addiction: The Odyssey House Plan“, AH München, Programm Oktober 1973; „Gemeinsamer Kampf gegen das Rauschgift“, AH München, Programm November 1973; „Die neuesten Entwicklungen im Drogenkonsum“, DAI Nürnberg, Programm Januar 1974. 482 DAI Regensburg, Programm November 1973: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971– 1980. 483 Schildt, Die Sozialgeschichte, S. 52. 484 So beispielsweise der Titel der entsprechenden Veranstaltungen im Amerikahaus München Mitte der 1960er Jahre. 485 Schildt, Zwischen Abendland und Amerika, S. 173. In Regensburg hießen diese Veranstaltungen sogar „Jugendliche fragen – der Direktor antwortet“, s. z.B. Programm Januar 1965: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970. Das Freiburger DAI veranstaltete die Reihe „Jugend fragt … und prominente Sachkenner antworten“, s. DAI Freiburg, Rechenschaftsbericht 1963, S. 3: StadtAF, C5/1867. 486 DAI Regensburg, Bericht des Direktors zur Sitzung der Mitgliederversammlung vom 18. April 1963: PAAA, B 96, Nr. 706.

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Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen in Schulen und Universitäten. Nun rückte die Jugend, mit deren kritischer Protesthaltung gegenüber den USA die Amerikahäuser und DAI vielfach zu kämpfen hatten, selbst als Gegenstand in die Programme der Häuser. Einige wenige Male saßen sie sogar mit auf den Podien, die manche ihrer Altersgenossen zu stürmen versuchten, um gegen den Vietnamkrieg oder den „amerikanischen Imperialismus“ zu demonstrieren. Mit der vorsichtigen Öffnung gegenüber jugendbezogenen Themen und Akteuren griffen die Häuser damit nicht nur Themen auf, die die amerikanische und die bundesdeutsche Öffentlichkeit und Politik beschäftigten, sondern versuchten, diese Generation wieder für sich und ihre Inhalte zu gewinnen. In den folgenden Jahren musste der USIS seine Arbeit auf diesem Gebiet intensivieren. Ende der 1970er Jahre identifizierte der Country Plan den Amerikabezug der sogenannten successor generation als Hauptgrund für die negative Wahrnehmung der amerikanischen Gesellschaft.487 Damit waren die jungen Leute gemeint, deren Amerikabild nicht durch positive Erfahrungen geprägt war wie bei ihrer Vorgängergeneration, die den Marshall-Plan, CarePakete, die Berliner Luftbrücke und die Unterstützung der USA beim Aufbau der Bundesrepublik erlebt hatten und die sich erst später durch Ereignisse wie den Vietnamkrieg teilweise von den Vereinigten Staaten enttäuscht fühlten. Die succeessor generation hatte keine vergleichbaren Erfahrungen gemacht, bemerkte Arthur Burns, der amerikanische Botschafter in der Bundesrepu­ blik, im Frühjahr 1982 vor Fulbright-Stipendiaten in Berlin.488 Ihre Verbindungen mit den USA waren weit weniger eng als die Netzwerke, die sich in den ersten Nachkriegsjahren herausgebildet hatten, und ihre Amerikabilder entstanden unter dem Eindruck des Vietnamkrieges, der Rassendiskriminierung, den politischen Morden an Martin Luther King und Robert F. Kennedy sowie der Watergate-Affäre und dem Rücktritt Präsident Nixons.489 Angesichts der inneramerikanischen Probleme seien sich viele junge Menschen nicht sicher, ob die USA ihre Führungsrolle in der Welt noch ausfüllten, berichtete der Leiter des USIA-Regionalbüros für Europa und frühere PAO in Bonn, Albert E. Hemsing, 1969 an den Direktor der USIA.490 Sie standen nicht nur ihrer eigenen Gesellschaft, sondern auch den USA höchst kritisch, teilweise sogar feindlich gegenüber, hieß es im Country Plan für das Jahr 1981.491 In den Augen des USIS wusste die junge Generation in beiden Staaten einfach zu wenig voneinander, war uninteressiert oder voller Vorurteile. 487 USIS Germany, Country Plan FY 1981, S. 2: StadtAN, E 6/799, Nr. 676; USIS Germany, Country Plan FY 1982, S. 2f.: StadtAN, E 6/799, Nr. 754. 488 Tuch, Arthur Burns, S. 4f. 489 Tuch, Communicating With the World, S. 152f. 490 IAE Hemsing an USIA-Direktor Shakespeare vom 1. August 1969: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 5. 491 USIS Germany, Country Plan FY 1981, S. 2: StadtAN, E 6/799, Nr. 676.

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Auch die Politiker auf beiden Seiten des Atlantiks beobachteten seit den späten 1970er Jahren besorgt diese Entfremdung zwischen den nachwachsenden Generationen und dem jeweils anderen Staat.492 1978 stellte das Office of Research ein Kompendium zur successor generation in Westeuropa zusammen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf der Bundesrepublik lag.493 Den westdeutschen Jugendlichen widmete die Zusammenstellung eine eigene Sektion, in der es um die Einstellung der 16- bis 34-Jährigen zu den deutschamerikanischen Beziehungen, zu Werten und politischen Einstellungen ging.494 Es folgten Studien zu Antiamerikanismus in der Bundesrepublik (1979, 1980),495 den außenpolitischen Ansichten der deutschen Jugendlichen in den Jahren 1976–1979 (1980),496 zur „BRD successor generation“ (1980)497 und noch einmal zur europäischen successor generation (1981).498 Die Haltung junger Menschen zu politischen und gesellschaftlichen Fragen, die das deutsch-amerikanische Verhältnis berührten, hatte auch schon früher eine Rolle in den Umfragen des Office of Research gespielt. Doch nicht einmal die amerikakritischen, teilweise gewalttätigen Proteste der späten 1960er und frühen 1970er Jahre hatten ähnlich intensive Studien hervorgerufen. Ausgehend von der Annahme, es mit einer desinteressierten und eher ablehnenden Jugend zu tun zu haben, die sich für die deutsch-amerikanischen Beziehungen kaum noch interessierte, erschien es umso dringlicher, die Stärken der amerikanische Gesellschaft und ihren Umgang mit Problemen vorzustellen. Die Einstellung der jungen Deutschen, so der Country Plan für das Jahr 1982, sei am besten beschrieben als „apolitical revolt against the ‚American way of life‘ – the symbol, in the perception of many young Germans, of everything which makes one feel ‚frightnened‘ and ‚uncomfortable‘ in this modern, complicated world“.499 Um die Wissenslücken und Fehlinformationen aufzufangen, die der USIS bei der jungen Generation sah, reichten die Aktivitäten der Amerikahäuser und DAI allerdings nicht aus. Die amerikanische Kultur- und Informationspolitik wollte hier eine Stufe niedriger ansetzen, nämlich in den Schulen selbst, wo ihrer Meinung nach zu wenig und dann auch noch verzerrt über die USA unterrichtet würde. Zur grundlegenden Information größerer Massen im Sinne des USIS schienen die Amerikahäuser und DAI nicht mehr geeignet. Im Gegensatz zu den unmittelbaren Nachkriegsjahren, als die USA in ungleich größerem Ausmaß vor der Aufgabe standen, die Bevölkerung in ihrem Sinne über die Vereinigten Staaten zu in492 USIS Bonn, Quartlery Letter vom 23. Oktober 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 229. 493 NARA, RG 306, Office of Research, S-Reports, Box 18. 494 NARA, RG 306, Office of Research, S-Reports, Box 18, S. 58–73. 495 NARA, RG 306, Office of Research, S-Reports, Box 20 (1979), Box 21 (1980). 496 NARA, RG 306, Office of Research, S-Reports, Box 21. 497 NARA, RG 306, Office of Research, S-Reports, Box 22. 498 NARA, RG 306, Office of Research, S-Reports, Box 22. 499 USIS Germany, Country Plan FY 1982, S. 3: StadtAN, E 6/799, Nr. 754.

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formieren, setzte der USIS nicht mehr darauf, dass die Menschen in die amerikanischen Kultur- und Informationszentren kamen. Sie gingen selbst dorthin, wo sie ihre Zielgruppen erreichen konnten. Mit dem neu gegründeten American Studies Newsletter sandten sie ihre Informationen in Zeitschriftenform direkt an die Lehrer. Wie in den späten 1940er und frühen 1950er Jahren rückten auch 30 Jahre später Austauschprogramme wieder ins Zentrum der Aktivitäten, damit junge Bundesbürger die USA und ihre Gesellschaft selbst erleben konnten und die deutsch-amerikanischen Netzwerke auf der persönlichen Ebene gestärkt wurden.500 2.3.3 Die Zukunft als gemeinsame Herausforderung: . Städtebau und Umweltschutz Ging es um gesellschaftliche Herausforderungen, rückte seit den späten 1960er Jahren zunehmend das Lebensumfeld der Menschen in den Mittelpunkt. Gesellschaftliche Zerfalls- und Verfallstendenzen galten häufig als unintendierte Folgen städtebaulicher Fehlplanungen und schlechter Lebensbedingungen. Die Bundesrepublik und die USA sahen sich dabei mit ähnlichen Problemen, wenn auch unterschiedlichen Ausmaßes und mit anderen Brennpunkten, konfrontiert. Mit den städtischen Unruhen der 1960er Jahre gerieten in den USA die Folgen von Mobilisierung, Dezentralisierung und Suburbanisierung, nämlich wachsende rassische und ökonomische Segregation, als Konfliktauslöser in den Blick.501 Die amerikanischen Innenstädte hatten sich zu sozialen Brennpunkten entwickelt, in denen Menschen – häufig Afroamerikaner und Zuwanderer – mit „decreasing resources and increasing problems“ lebten.502 Vielerorts waren sie der Inbegriff von Armut, Kriminalität und sozialem Verfall.503 In der Bundesrepublik waren die Suburbanisierung und die mit der Entgrenzung der Stadt einhergehenden Folgen schwächer ausgeprägt, obwohl auch hier viele Städte Trabantensiedlungen für bis zu 50.000 Personen errichteten.504 Die rassenpolitische Dimension als verstärkender Faktor fiel ebenfalls weg.

500 Tuch, Communicating with the World, S. 61, 155; Tuch, Arthur Burns, S. 61–65; Littmann, Gute Partner, S. 212f. Dazu auch Kap. 2.1.1. 501 Franklin/Moss, Von der Sklaverei zur Freiheit, S. 656–664; Lenger, Urbanisierung als Suburbanisierung, S. 452f., 456–459; Ladd, Auf der Suche nach einer Balance, S. 730. 502 Teaford, The Rough Road, S. 5. 503 Bernstein, Guns Or Butter, S. 458. 504 Nolte, Jenseits der Urbanisierung, S. 482–484, 489; Wagner-Kyora, Das Zweckmäßige, S. 622. Zur historischen Dimension von Suburbanisierung in Deutschland und ihrer Abgrenzung gegenüber Suburbanisierungsprozessen in den USA s. Kuhn, Suburbanisierung.

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Allerdings drohte auch in der Bundesrepublik die Bildung von „Ausländerghettos“, wie Öffentlichkeit und Politiker befürchteten, in denen hauptsächlich als Gastarbeiter angeworbene ausländische Arbeitnehmer lebten.505 Zwischen den Schlagworten „Urbanität“ und „Dezentralisation“ diskutierten westdeutsche Raum- und Stadtplaner in den 1960er Jahren kontrovers, welche Strategien eingeschlagen werden sollten.506 Wollte man die Gefahren der Suburbanisierung verhindern? Oder bedrohten eher die Folgen zu großer Ballungszentren, also die zunehmende Konzentration von Bevölkerung, Arbeitsplätzen und Verkehr, die Gesellschaft? Die USA wurden dabei von Vertretern beider Positionen als negatives Beispiel angeführt. Auf dem Deutschen Städtetag des Jahres 1965 beschwor der Stadtbaurat von Hannover, Rudolf Hille­ brecht, als Vertreter einer vom Bundestag eingesetzten Sachverständigenkommission die Vision kollabierender Innenstädte. In seinem Plädoyer für „Regionalstädte“ verwies er auf amerikanische Stadtzentren, „die teilweise unseren Innenstädten unmittelbar nach dem Kriege gleichen“.507 Der Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich, der Hillebrechts Positionen ablehnte, bezog sich in seiner Schrift „Die Unwirtlichkeit unserer Städte“ 1965 ebenfalls auf die USA. Er stützte sich auf das bekannte Sachbuch von Jane Jacobs „Tod und Leben großer amerikanischer Städte“, in dem sie die funktionalistische Flächensanierung in amerikanischen Innenstädten anprangerte, und übertrug diese Thesen auf die Bundesrepublik.508 Jacobs’ Kritik bezog sich auf die Suburbanisierung der Städte, traf jedoch gleichermaßen auch die städteplanerischen Verdichtungskonzeptionen der 1960er Jahre, die ebenfalls auf einem funktionalistischen und „anspruchslosen Kosten-Nutzen-Denken“ basierten und allein an Rentabilität interessiert waren.509 Das Amerikahaus Frankfurt, das Jacobs’ Buch wenige Monate nach der deutschen Erstveröffentlichung in einer Diskussionsveranstaltung besprach, bezeichnete es als „das unkonventionellste und provozierendste Buch über den Städtebau“.510 Beiden Staaten gemeinsam war, dass sie Städtebau und Stadtplanung als dezidiert gesellschaftspolitische Fragen interpretierten und ihnen unter wechselnden konzeptionellen Vorzeichen große Bedeutung zumaßen. Die Sanierung der maroden Innenstädte bildete ein wichtiges Element in Präsident Johnsons Konzept der „Großen Gesellschaft“.511 In der Bundesrepublik boomte seit den 1960er Jahren die Vorstellung von „Raumordnung als Gesell­ 505 Herbert, Geschichte der Ausländerpolitik, S. 235; als Beispiel für die Situation türkischstämmiger Familien s. Hunn, Nächstes Jahr kehren wir zurück, S. 409. 506 Leenderz, Ordnung schaffen, S. 318f.; Binder, Urbanität als „Moving Metaphor“. 507 Hillebrecht, Erfahrungen aus Amerika, S. 36f. 508 Schanetzky, Anstiftung zum Unfrieden, S. 100; Binder, Urbanität als „Moving Metaphor“, S. 54. 509 Wagner-Kyora, Das Zweckmäßige, S. 619f. 510 AH Frankfurt, Programm Mai 1964: ISG, V113/283. 511 Bernstein, Guns Or Butter, S. 458–470.

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schafts­politik“,512 anfangs noch mit überkommenen großstadtfeindlichen Ressentiments behaftet, die aber Mitte der 1970er Jahren dem Leitbild regionaler Konzentration wichen.513 Seit Mitte der 1960er Jahre, vor allem dann in den Jahren zwischen 1970 und 1976, und dann wieder um 1980, behandelten die Amerikahäuser und DAI den Themenbereich „Städteplanung“ in Ausstellungen, Podiumsdiskussionen und Vorträgen. Dabei verwiesen die USA durchaus nicht nur auf die problembehaftete Dimension ihrer städtebaulichen und -planerischen Anstrengungen, sondern präsentierten sich auch als Vorbild für die Bundesrepublik.514 So sprach 1966 Albert Speer jr. über „Die Zukunft unserer Städte am Beispiel der Innenstadtsanierung von Philadelphia“,515 1974 stellte Erwin Schwarzer, ein Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung, die „Entwicklung im Städtebau der USA, gezeigt an fünf Beispielen“ vor; oder der Filmemacher Paulhans Peters zeigte im Seminar „Was eine Stadt menschlicher macht“ den Film „In San Francisco leben“.516 Überwiegend ging es jedoch um akute, drängende Probleme der amerikanischen Städte.517 Die gesellschaftlichen Fragen standen dabei im Vordergrund, auch wenn die Titel der Veranstaltungen meist auf die praktische Seite, also die konkrete Stadtplanung verwiesen.518 Der Country Plan für das Jahr 1973 ordnete diesen Komplex nicht unter Technik oder Wissenschaft ein, sondern als „Urban Survival in Time and Space“ unter dem Oberthema „Strengthening the Social Fabric“.519 Viele Veranstaltungen betonten die Mitsprache512 Leenderz, Ordnung schaffen, S. 336–362; Binder, Urbanität als „Moving Metaphor“, S. 50f. 513 Leenderz, Ordnung schaffen, S. 363, 399. 514 Albert E. Hemsing, Leiter des Regionalbüros für Europa in der USIA, berichtete 1969 an den Direktor der USIA, Frank Shakespeare, die Deutschen sähen die USA im Bereich Städtebau durchaus als Vorbild. IAE Hemsing an USIA-Direktor Shakespeare vom 1. August 1969: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 5. 515 DAI Tübingen, Programm Januar 1966: StadtAT, E 418, Nr. 147. 516 Alle Einladungen zu den Veranstaltungen in: StadtAN, E 6/799, Nr. 351. 517 „Die Stadt als Brennpunkt des sozialen Wandels“, AH München, Programm Januar 1970; „Protest and Progress. On the American Urban Scene“, AH München, Programm September 1970; „Economic Problems of the Urban Community“, AH München, Programm Februar 1972; „The City: Time of Decision“, AH München, Programm November 1972; „Die Grenzen städtischen Wachstums“, DAI Nürnberg, Programm November 1972; „Neue Anforderungen an die Städteplanung“, DAI Nürnberg, Programm Januar 1974; „Öffentliche Armut – Privater Reichtum: Ursachen und Folgen der städtischen Strukturprobleme“, AH Frankfurt, Programm Januar 1973: ISG, S 3, Nr. 27200. 518 Beispielsweise „Großstadtsanierung in den USA“, AH München, Programm November 1979; „Städteplanung USA“, AH München, Programm März 1970; „Städtebau in hochindustrialisierten Ländern“, AH München, Programm Januar 1973; „Stadtplanung und Stadterneuerung für eine moderne Welt“, DAI Nürnberg, Dezember 1970; „Städteplanung USA“, AH Frankfurt, Programm April 1970: ISG, S 3, Nr. 27200. 519 USIS Germany, Thematic Programming for USIS Germany vom 19. Januar 1973, S. 3:

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rechte der Bürger in der Stadtplanung und waren damit dem Stand der bundesrepublikanischen Stadt- und Raumplaner einige Jahre voraus, denn hier setzte sich erst seit Mitte der 1970er Jahre die Beteiligung der Bürger an der Planung ihrer Lebenswelt durch.520 Das Amerikahaus München zeigte bereits im März 1970 eine Ausstellung zu „Stadtsanierung in den USA“ und entsprechende Dokumentarfilme, die zur „aktiveren Mitarbeit der Bürger bei der Stadtsanierung“ aufriefen.521 Im gleichen Monat sprach Ekko Flick, Oberbaurat im Landesplanungsamt Hamburg, über „Stadtplanung als Gemeinschaftsaufgabe“. Auf einer Studienreise durch die USA hatte er sich, so betonte der Programmhinweis, „über die Mitwirkung der amerikanischen Öffentlichkeit bei der Planung“ informiert.522 Auch in Nürnberg plädierte Thomas Sieverts, Inhaber des Lehrstuhls für Stadtplanung an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Berlin dafür, diejenigen an der Planung zu beteiligen, für die die Städte gebaut wurden.523 Seine Mitdiskutanten auf dem Podium vertraten ähnliche Meinungen.524 1973 diskutierten unter dem Motto „Bürgerinitiativen – Ziele und Möglichkeiten“ im Amerikahaus Frankfurt dann sogar „Vertreter Frankfurter Gruppen […] zusammen mit Planern und Mitbürgern ihre Absichten“ über die Verwirklichung wohnlicher Städte,525 und in Regensburg erhielt die Bürgerinitiative „Forum Regensburg“ die Möglichkeit, eine eigene Ausstellung zur Stadtentwicklung Regensburgs im DAI zu gestalten.526 Das DAI Freiburg veranstaltete im gleichen Jahr ein Seminar „Die Beteiligung des Bürgers an der Planung seiner Stadt“, unter anderem unterstützt von der Aktion Umweltschutz e.V. und der Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild e.V.527 Titel wie „Demokratisierung der Stadtplanung“ waren häufig in den Programmen der Amerikahäuser und DAI zu finden.528 Dieser Aspekt städtebauStadtAT, E 418, Nr. 125. 520 Von Stadtsanierungsplänen betroffene Bürger engagierten sich jedoch auch schon vorher für Mitbestimmung und Demokratisierung in der Stadtplanung, beispielsweise in Frankfurt, s. Durth, Die postmoderne Architektur, S. 582f. 521 AH München, Programm März 1970. 522 Ebd. 523 Program Evaluation Card für Thomas Sieverts vom 3. Dezember 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 325. 524 Program Evaluation Cards für Justus Dahinden und Gunther Barth, jeweils vom 3. Dezember 1970, beide: StadtAN, E 6/799, Nr. 325. 525 AH Frankfurt, Programm Februar 1973: ISG, S 3, Nr. 27200. 526 DAI Regensburg, Programm September 1973: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971– 1980. 527 DAI Freiburg, Rechenschaftsbericht 1973, S. 16: StadtAN, E 6/799, Nr. 682. 528 „Aspekte dynamischer Stadtentwicklung in einer demokratischen Gesellschaft“, DAI Nürnberg, Programm März 1970; „Demokratisierung der Planung“, DAI Nürnberg, Programm Dezember 1970; „Demokratisierung der Stadtplanung – Konkrete Beispiele“, Programm DAI Nürnberg, März 1972; „Demokratisierung der Stadtplanung –

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licher und landesplanerischer Aktivitäten hatte eine gewisse Tradition in der auswärtigen Kultur- und Informationspolitik der USA: Für die amerikanische Militärregierung nach dem Zweiten Weltkrieg bestand ein direkter Zusammenhang zwischen Infrastruktur und Demokratisierung, sodass bereits 1949 und vor allem in der ersten Hälfte der 1950er Jahre westdeutsche Landesplaner, Stadtplaner und Architekten mit Austauschprogrammen in die USA reisten. Sie informierten sich hauptsächlich über Stadtplanung und den Umgang mit städtebaulichen Problemlagen in den USA, auch im Hinblick darauf, dass der Militärregierung sehr an der stärkeren Einbeziehung der Bürger an der Infrastrukturplanung lag.529 Auch in den 1960er und 1970er Jahren verwiesen die Monatsprogramme häufig darauf, dass Studienreisen in die USA die Referenten besonders befähigten, über städtebauliche Fragen in vergleichender Perspektive oder amerikabezogen zu sprechen. Etliche Teilnehmer an Studienreisen trugen in mehreren Amerikahäusern und DAI vor.530 Die Gebäude der Amerikahäuser spiegelten ebenfalls den Gedanken, dass sich demokratisches (Sendungs-)Bewusstsein auch in der Architektur ausdrücke. Die Neubauten, die in den 1950er Jahren in einigen Städten eigens für die Amerikahäuser gebaut worden waren, sollten – ebenso wie andere Bauten der Amerikaner in der Bundesrepublik – Transparenz, Offenheit und Freiheit verkörpern.531 Dieser Ansatz lebte nun als Programmpunkt in den Amerikahäueine Möglichkeit, Fehlplanungen zu vermeiden“, AH Frankfurt, Programm April 1970: ISG, S 3, Nr. 27200; „Demokratisierung der Stadtplanung: Ein Beispiel aus den USA“, AH Frankfurt, Programm März 1972: ISG, S 3, Nr. 27200; „Demokratisierung der Stadtplanung – Konkrete Beispiele“, DAI Regensburg, Programm September 1972: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1970–1980; „Demokratisierung der Stadtplanung – ein konkretes Beispiel aus den USA“, DAI Tübingen, Programm Juni 1972: StadtAT, E 418, Nr. 147; „Bürgerbeteiligung im Städtebau der USA“, DAI Tübingen, Programm März 1978: StadtAT, E 418, Nr. 148. 529 Für Bayern s. Latzin, Lernen von Amerika, S. 301–304. Zur Rezeption und zum Interesse an amerikanischer Architektur in der Bundesrepublik in der Nachkriegszeit s. Krieger, Learning from America. 530 Aus den Programmen geht meist nur hervor, dass die Reise „kürzlich“ stattgefunden habe, nicht aber, ob die Reise über ein Austauschprogramm organisiert war und wer sie finanziert hatte. Bei Helmut Borcherdt, Ekko Flick oder Albert Speer jr., die häufiger in den Amerikahäusern und DAI referierten, wiesen die Monatsprogramme darauf hin, dass sie an einer Studienreise in die USA teilgenommen hatten. Andere Teilnehmer einer solchen Reise tauchen nur einmal in den Programmen auf, bei manchen wurde die USA-Reise u.U. nicht erwähnt. 531 Mauch, Westorientierung und Amerikanisierung, S. 63; zum amerikanischen Generalkonsulat in München s. Nerdinger (Hg.), Architektur der Wunderkinder, S. 94f., zur Architektur der „neuen Leichtigkeit“ s. ebd. S. 160–163; zum Amerikahaus Frankfurt s. „Der schöne Schwung der Nachkriegszeit“: FAZ vom 22. September 2008. An der Universität Hamburg arbeitet zurzeit Gabriele Paulix an einer Dissertation zum Thema „Architecture Makes A Good Ambassador. Die Amerika-Haus-Neubauten im Nachkriegsdeutschland“. Die Gebäude fügten sich damit in die globale Politik der US-Regierung

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sern und DAI selbst wieder auf, als seit den 1960er Jahren Städte- und Raumplanung wieder aktuell wurden. Das Gros der Aktivitäten auf diesem Feld lag in den 1970er Jahren, als sich in der Bundesrepublik allmählich der Gedanke einer stärkeren Bürgerbeteiligung an den Planungen durchsetzte. Möglichkeiten und Grenzen der Städteplanung zu diskutieren diente nicht nur dazu, die Anstrengungen der USA zur Überwindung gesellschaftlicher Probleme zu demonstrieren, sondern kann auch als Unterstützung entsprechender Bestrebungen in der Bundesrepublik gewertet werden. Dies lag vermutlich auch daran, dass städteplanerische Fragen seit Beginn der 1970er Jahre vermehrt mit dem Themenbereich Ökologie und Umweltschutz verknüpft wurden. Anders als städtebauliche Fragen galten in den USA Umweltschäden und -bewahrung als globale Herausforderungen, die internationale Kooperation erforderten und nicht allein auf nationaler Ebene gelöst werden konnten.532 Dies galt insbesondere nach der Furore machenden Veröffentlichung „Die Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome Anfang 1972.533 Die Amerikahäuser und DAI griffen diese Formulierung auf und übertrugen sie dezidiert auf den Bereich der Städteplanung, wenn der Harvard-Professor Wilhelm Viggo von Moltke im Herbst 1972 mit dem Titel „Die Grenzen des städtischen Wachstums“ angekündigt wurde.534 Wie der Themenbereich „Urbanes Wohnen/Städteplanung“ galten die Gefährdungen von Umwelt und Gesundheit als gesamtgesellschaftliche Herausforderung oder gar als „Zivilisationsproblem Nr. 1“, wie das DAI Nürnberg eine Veranstaltungsreihe nannte, die sich über die Jahre 1971–1973 erstreckte.535 Daher lautete die Vorgabe für das Programm des USIS Germany: „[S]eek German support in those fields where significant progress can be made through international cooperations“.536 Immer wieder thematisierten die Amerikahäuser und DAI die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit auf diesem Gebiet und die Bedrohung für die gesamte Menschheit, nicht nur für einzelne Staaten.537 bezüglich Repräsentationsbauten in den 1950er und 1960er Jahre ein, die Ron Robin als „architecture of imperialism“ beschrieben hat. Ziel sei gewesen, amerikanische Errungenschaften und Werte auszudrücken und die Überlegenheit der USA zu demonstrieren. Robin, Enclaves of America, S. 136–166. 532 Ditt, Die Anfänge der Umweltpolitik, S. 314. 533 Kupper, Weltuntergangs-Vision aus dem Computer; Freytag, Eine Bombe im Taschenbuchformat. 534 AH München, Programm November 1972; DAI Nürnberg, Programm November 1972; AH Frankfurt, Programm November 1972: ISG, S 3, Nr. 27200. S. mit einer ähnlichen Formulierung auch den Vortrag von Hubert Abress: „Möglichkeiten und Grenzen des Städtebaus“, AH München, Programm März 1973. 535 DAI Nürnberg, Programm April 1971, Mai 1971, November 1971, Januar 1972, Februar 1972, Juli 1972, Oktober 1973. 536 USIS Germany, Country Plan FY 1974/75, S. 2: StadtAT, E 418, Nr. 126. 537 So betonte eine Ausstellung des DAI Freiburg zum Thema Umweltschutz die internati-

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Nach dem Ölpreisschock im Herbst 1973 und der zweiten Ölkrise 1979 konzentrierten sich diese Forderungen auf den Energiesektor, geleitet von den „Ölsorgen in einer chaotischen Welt“.538 Die Preisexplosionen auf dem Erdölmarkt riefen insbesondere den Industrienationen nachdrücklich ins Gedächtnis, dass nicht erneuerbare Rohstoffe endlich waren und nur ein gemeinsames energiepolitisches Handeln den Zugang zu diesen knappen Gütern sichern konnte.539 Die USA strebten ein gemeinsames Vorgehen mit Westeuropa unter amerikanischer Führung an und favorisierten eine Strategie, die darauf setzte, Energie zu sparen, Ölvorräte anzulegen und eine gemeinsame Institution zur Stärkung der ölimportierenden Staaten zu schaffen.540 Die Forderung nach internationaler Kooperation blieb ein wichtiges Anliegen des USIS. PAO Alexander Klieforth betonte Ende 1979, Umweltfragen seien ein Hauptinteressengebiet der US-Regierung und sollten daher langfristig thematisiert werden. Internationale Zusammenarbeit, so Klieforth, ermögliche Fortschritt, mangelnde Kooperation könne hingegen zu Chaos führen und die Weltsicherheit gefährden.541 Die Country Plans ordneten städtebauliche Fragen und umwelt- und energiepolitische Themen ebenfalls nebeneinander ein.542 Beide Komplexe gehörten zu den gemeinsamen Herausforderungen postindustrieller Gesellschafonale Zusammenarbeit, die von der UNESCO koordiniert werden müsse. DAI Freiburg, Rechenschaftsbericht 1970: HStAS, EA 3/505, Bü 351/5. S. außerdem beispielsweise: „Umweltschutz und die Vereinten Nationen“, AH München, Programm März 1971; „Internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Luftreinhaltung“, DAI Nürnberg, Programm Januar 1971; „Vernachlässigte Hintergründe der Umweltkrise – West-Östliche Kontroversen und Parallelen“, AH Frankfurt, Programm März 1972; ISG, S 3, Nr. 27200; „Umweltschutz in der Sicht der OECD“, DAI Regensburg, Programm Juli 1972: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1980. 538 Häufig wiesen die Monatsprogramme auf die internationale Dimension der Energiefrage hin. „Interaction of Economicy and Foreign Policy“, AH München, Programm November 1976; „Die Energieversorgung der westlichen Welt“, AH München, Programm Oktober 1980; „The World Energy Situation – An American Point of View“, DAI Tübingen, Programm Oktober 1973: StadtAT, E 418, Nr. 148; „Aspekte der amerikanischen Energiepolitik“, DAI Tübingen, Programm Dezember 1977: StadtAT, E 418, Nr. 148; „Die Rohstoffländer und die Krise der europäischen Wirtschaft – Die Ölstaaten schlagen zurück“, DAI Regensburg, Programm Januar 1975: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1980; „Öl aus Alaska – Ein neuer Faktor für die Weltwirtschaft?“, DAI Nürnberg, Programm Februar 1977. 539 Zu den weitreichenden Folgen des Ölpreisschocks und seinem Wirkungsanteil an den Umbrüchen der frühen 1970er Jahre s. Doering-Manteuffel/Raphael, Nach dem Boom, bes. S. 8. 540 Lundestad, The United States and Western Europe, S. 184f. 541 PAO Klieforth, o.A. vom 8. November 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. 542 USIS Germany, Thematic Programming for USIS Germany vom 19. Januar 1973, S. 3: StadtAT, E 418, Nr. 125; USIS Germany, Country Plan FY 1974/75, S. 2, 12–16: ­StadtAT, E 418, Nr. 126.

2.3 Gesellschaftliche Herausforderungen und amerikanische Antworten

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ten, so die USIA.543 In den USA verhalfen die Reformer, die gesundheitsschädigende Folgen der Industrialisierung und die Verslummung der Städte bekämpften, einem modernen Umweltbewusstsein zum Durchbruch.544 Seit 1970 erreichten dann die Schriften amerikanischer „umweltapokalyptischer Autoren“ die bundesdeutsche Öffentlichkeit und wiesen wie der Amerikaner Don Wildener in seinem Buch „Kein Platz für Menschen“ auch auf die Zusammenhänge zwischen Umweltgefährdung und dem „Aufstieg und Verfall amerikanischer Industriestädte“ hin.545 Die Amerikahäuser und DAI griffen diese Verknüpfung häufig auf oder spannten städtebauliche, gesellschaftliche und umweltbezogene Fragen zusammen.546 So führte das DAI Regensburg 1972 sein Oktober-Programm mit ungewöhnlich langen thematischen Hinweisen zu diesen beiden Themenbereichen ein und ging ausführlich erstens darauf ein, wie „die Urbanität unserer Städte“ erhalten werden könne und betonte zweitens, dass „[n]ur globale Umweltschutzmaßnahmen“ eine Katastrophe und das „Ende des Wachstums“ verhindern könnten.547 Oberregierungsrat Zepf vom Institut für Städtebau und Raumordnung in Stuttgart sprach im Außenprogramm des DAI Tübingen über „Raumordnung und Umweltschutz“548, das DAI Nürnberg bot im Mai 1971 einen Vortrag des Präsidenten der deutschen Gesellschaft für Wohnungsmedizin, Friedrich von Halle-Tischendorf zu „Wohnungsplanung aus Sicht der Umweltmedizin“. Mehrere Häuser hatten Wilhelm Viggo von Moltke im Programm, der Vorträge zu „Der Mensch und seine Umwelt – Die Zukunft unserer Städte“549 oder „Menschliche Bedürfnisse, Urbanität, Umweltverschmutzung – Drei Grundprobleme für den Architekten und Städteplaner“550 hielt. Das DAI Freiburg thematisierte in einer großen Ausstellung unter anderem die Probleme 543 USIA Memorandum vom 21. April 1971: NARA, RG 306, HC, Murray Laywson History Card Files Series, Box 38; USIS Germany, Country Plan FY 1974/75, S. 2: ­StadtAT, E 418, Nr. 126. 544 Mauch/Patel, Umwelt, S. 110f. 545 Hünemörder, Kassandra im modernen Gewand, S. 79. S. auch Hünemörder, 1972, S. 136. Hünemörder beschreibt hier u.a. eine Serie der Zeitung „Die Welt“ im Jahr 1969 von Zukunftsforschern und Naturwissenschaftlern. Dort wies beispielsweise der Biologe Sir Julian Huxley auf die Probleme der Bevölkerungsexplosion und des gesteigerten Verkehrsaufkommens hin, die zur „,Verseuchung von Stadt und Land‘“ führe. 546 DAI Regensburg, Programm September/Oktober 1972: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1980; „Die Stadt der 70er Jahre“, DAI Nürnberg, Programm November 1969. 547 DAI Regensburg, Programm Oktober 1972: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971– 1980. Auf dem Programm standen dann Filmvorführungen zu den Themen „Müssen unsere Städte sterben?“ und „Kann der Mensch überleben?“ sowie die Podiumsdiskussion „Endet die Menschheit spätestens im Jahr 2107? – Woran fehlt es noch am Umweltschutz?“. 548 DAI Tübingen, Programm April und Juni 1971, beide: StadtAT, E 418, Nr. 147. 549 DAI Regensburg, Programm November 1972: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971– 1980. 550 DAI Tübingen, Programm November 1972: StadtAT, E 418, Nr. 147.

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der räumlichen und sozialen Umwelt in den Großstädten.551 Etliche Veranstaltungen beschäftigten sich mit Lärm und Luftverschmutzung, also mit Phänomenen der Umweltverschmutzung, die vor allem im städtischen Kontext kaum zu ignorieren waren.552 Mit den Themen Städtebau und Umweltschutz lagen die Amerikahäuser und DAI ganz im Trend der Zeit und stießen auf großes Interesse. Dies zeigte sich an den Besucherzahlen, aber auch am Interesse des örtlichen Fachpublikums, an den Mitveranstaltern und der Qualifikation der Referenten. Das Amerikahaus Frankfurt berichtete 1973, eine Podiumsdiskussion mit Dennis Meadows, der mit seinem Team am Massachusetts Institute for Technology den Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ erstellt hatte, sei die Veranstaltung mit dem größten Medienecho seit Jahren gewesen und habe ein Publikum angezogen, das sich nur aus den primären Zielgruppen des Hauses zusammensetzte.553 Das DAI Nürnberg berichtete 1970 über 260 Teilnehmer an einem Seminar „Stadtplanung und Stadterneuerung für eine moderne Welt“,554 und für ein Seminar zu neuen Dimensionen der Städteplanung meldeten sich im Februar 1974 etwa 230 Besucher an.555 Auch das DAI Freiburg wies Erfolge vor. Bereits 1965 stieß das Thema „Probleme des modernen Städtebaus erörtert am Beispiel von Philadelphia“ auf so großes Interesse, dass die Veranstaltung mehrfach wiederholt wurde.556 1970 besuchten nach Angaben des dortigen DAI über 7.000 Menschen eine Ausstellung zur Umweltproblematik und die dazugehörigen Vorträge.557 Diese Veranstaltung war auch aus anderen Gründen besonders erfolgreich: Aus ihr ging die bis heute bestehende Freiburger Aktion Umweltschutz hervor, die Seminarteilnehmer zusammen mit Frei551 DAI Freiburg, Rechenschaftsbericht 1970: HStAS, EA 3/505, Bü 351/5. 552 „Lärmbekämpfung in der Städtischen Umwelt“, DAI Nürnberg, Programm Februar 1972; „Lärmbekämpfung in der städtischen Umwelt“, AH Frankfurt, Programm März 1972: ISG, S 3, Nr. 27200; „Lärm – Umweltschutz. Lärm aus der Luft“, DAI Regensburg, Programm Februar 1973: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1980; „Verkehrsstadt oder Lebensstadt?“, AH München, Programm Januar 1975. Luftverschmutzung galt als eines der wichtigsten Themen in der amerikanischen Umweltbewegung und wurde in vielen Katastrophenszenarien als drängendste Frage vorgestellt, s. Uekötter, Prophets of Doom. 553 USIS Bonn, Monthly Highlights Report vom 27. Dezember 1973: StadtAT, E 418, Nr. 123. Dennis Meadows hielt sich in Frankfurt auf, als der Club of Rome 1973 für die Studie „Die Grenzen des Wachstums“ den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt. Das Amerikahaus Frankfurt veranstaltete begleitend eine Podiumsdiskussion, an der neben Meadows Wissenschaftler und Journalisten aus den USA und der Bundesrepublik teilnahmen, s. Einladung zur Podiumsdiskussion: ISG, V113/520. 554 DAI Nürnnerg, Monthly Highlights Report vom 22. Dezember 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. 555 DAI Nürnberg, Assessment Report vom 28. Februar 1974: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. 556 DAI Freiburg, Rechenschaftsbericht 1965: PAAA, B 96, Nr. 889. 557 DAI Freiburg, Rechenschaftsbericht 1970: HStAS, EA 3/505, Bü 351/5.

2.3 Gesellschaftliche Herausforderungen und amerikanische Antworten

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burger Forschungsinstituten und Bürgergruppen gründeten.558 Im gleichen Jahr schrieben etliche Privatpersonen und Institutionen an das DAI, um sich für die Thematisierung von Umweltschutzproblemen zu bedanken.559 Allein das DAI Tübingen berichtete im Mai 1973, das Thema „Umwelt in der Krise“ habe in der Vergangenheit keine besonders große Resonanz ausgelöst.560 Gleichwohl stand „Umweltschutz“ auf der Liste zu bearbeitender Themen für die Jahre 1973 und 1974.561 Großes Interesse bestand nicht nur in der Bevölkerung, sondern vor allem auch in Expertenkreisen. Anders als bei vielen anderen politischen oder gesellschaftspolitischen Themen sprachen über Städtebau und Umweltschutz kaum Abgeordnete, Mitarbeiter der Generalkonsulate, Amerikahäuser oder DAI und auch kaum Journalisten. Fachleute aus den verschiedensten Zusammenhängen dominierten die Veranstaltungen: Professoren deutscher und amerikanischer Universitäten oder Angehörige anderer Forschungsstellen,562 558 Ebd.; USIS Germany, Monthly Highlights Report vom Juli 1970, S. 2: StadtAN, E 6/799, Nr. 682. S. ausführlicher dazu und zur positiven Resonanz auf das Programm zum Umweltschutz: DAI Freiburg, Bericht über zwei neue Veranstaltungsreihen im August 1970: HStAS, EA 3/505, Bü 351/4. 559 Fischer [Gewerbeschulrat] an DAI Freiburg vom 27. Juli 1970; Staudinger [Vorsitzende des Naturwissenschaftlichen Ausschusses der Deutschen UNESCO-Kommission] an DAI Freiburg vom 28. Juli 1970; Schmidt-Burgk [Arbeitsgemeinschaft „Bürger im Staat“] an DAI vom 29. Juli 1970; Bergstraesser [vermutl. Witwe von Arnold Bergstraesser] an DAI Freiburg vom 4. August 1970; alle: HStAS, EA 3/505, Bü 351/4. 560 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Programmbeirats vom 3. Mai 1973: StadtAT, E 418, Nr. 61. 561 Bunz, Programmabeilung DAI Tübingen, an Mitglieder des Programmbeirats, o.D. [Sommer 1973]: StadtAT, E 418, Nr. 61. 562 Herr Albert (Städtebau, Orts- und Regionalplanung, TU München), Herr Buchwald (Landschaftsschutz, TU Hannover), Werner C. Cahnmann (Soziologie, Rutgers University), Gerhard G. Dittrich (SIN Städtebauinstitut Nürnberg), Hans-Joachim Elster (Limnologie, Universität Freiburg), M. Gottwald (Mechanik, TU Hannover), Wolfgang Haber (Landschaftspflege, TH München), Dieter Hammerschlag (Community Planning, University of Rhode Island), Wolf H. Hilbertz (Architektur, University of Texas), Burkhard Hofmeister (Geographie, TU Berlin), Wolfgang Klausewitz (Senckenberg-Institut), Herr Klosterkötter (Hygiene und Arbeitsmedizin, Universität Bochum), F. Korte (Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung, München), Otto Kraus (Mineralogie und Naturschutz, Universität München), Herr Ludwig (Zoologie, Universität Heidelberg), Wilhelm Viggo von Moltke (Urban Design, Harvard University), Arthur Naftalin (Public Affairs, University of Minnesota), Manfred Niermann (Tropisches Bauen, TH Darmstadt), Gerald T. Orlob (Professor of Civil Engineering, University of California; President of Water Resources Engineers), J. Reichert (Chemie der Wassergewinnung und des Gewässerschutzes, RWTH Aachen), Ray Rist (Soziologie, Cornell University), Eva Schiffer (Amherst), Heinrich Schoof (Orts- und Regionalplanung, TH Karlsruhe), Gerhard Helmut Schwabe (MPI Limnologie), Erwin Schwarzer (Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung), Thomas Sieverts (Städtebau, TH Darmstadt), Albert Speer jr. (Architekt, Städteplaner), O.M. Ungers (Architektur, Cor-

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Praktiker – davon viele aus den Stadtplanungsämtern und Baureferaten oder Mitglieder des Bundes Deutscher Architekten (BDA)563 – sowie Mitarbeiter der politischen Fachressorts für Umweltschutz, Raumordnung und Städtebau.564 Im Bereich des Umweltschutzes, der noch nicht so institutionalisiert war wie die Städte- und Raumplanung sprachen vereinzelt auch Vertreter umweltpolitischer Initiativen.565 Auch als Kooperationspartner konnten vor allem die DAI oft praxisbezogene Fachinstitutionen gewinnen, etwa den BDA, sowie lokale Organisationen und Institutionen, mitunter auch Politiker. Über die Zusammensetzung des Publikums lassen sich nur schwer Aussagen treffen. Die bundesweit häufige Zusammenarbeit mit Partnern wie dem BDA lässt Rückschlüsse darauf zu, dass Veranstaltungen in den Amerikahäusern und DAI auch für die Architekten und Städteplaner ertragreich gewesen sein müssen. Für das DAI Nürnberg zeigen die Antwortkarten mit Teilnahmebestätigung für die Eröffnung der Ausstellung „Städtebau in Amerika“, dass eine solche Veranstaltung durchaus auf das Interesse der Fachwelt und der Politik stieß. Zugesagt hatten der Baudirektor des Hauptamtes für Hochbaunell University), Bruno Wehner (Straßen- und Verkehrswesen, TU Berlin), Elmar Wertz (Universität Stuttgart). 563 Justus Dahinden (Architekt, Zürich), Klaus-Dieter Ebert (Baudirektor, Hamburg), Ekko Flick (Oberbaurat, Landesplanungsamt Hamburg), H.J. Frost (BASF Frankfurt), Reinhard Grebe (Landschaftsarchitekt, Nürnberg), Albin Henning (Sprecher des Arbeitskreises Städtebau, BDA Nürnberg), Walter Jäger (Baudirektor), Franz Kiesling (BDA München), Ernst M. Lang (Bayerische Architektenkammer), Walter Mayer (BDA), Fritz Novotny (BDA), Wolfgang Quante (Leiter der Planungsabteilung im Office of Midtown Planning and Development, New York), Ludwig Rase (Architekt Design Institut München), Ludger Reiberg (Stadtplaner, Köln), Hans Bernhard Reichow (Architekt und Städteplaner, Hamburg), Hermann Scherzer (BDA), Dieter Schotallius (Verband der Chemischen Industrie), Eckhard Schulze-Fielitz (Architekt), Rolf Spille (Architekt, Hamburg), Reinhard Woller (Verband der Chemischen Industrie), Uli Zech (Stadtbaurat, München), T.J.M. Zimmer (Generaldirektion Allianzversicherung, Abt. Technische Versicherungen, München). 564 Hubert Abress (Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau), Carl H. Bobleter (Ständiger Vertreter der Österreichischen Bundesregierung im Rat der OECD, Paris), Friedrich Brünner (Minister für Landwirtschaft und Umweltschutz, Baden-Württemberg), Herr Goerke (RDir, BMI), Hanzel Henderson (Director of Council on Economic Priorities, New York), Otto Kraus (Landesbeauftragter für Naturschutz in Bayern), Erdwin Lahmann (Leiter des Fachressorts „Technik der Luftreinhaltung“ am Institut für Wasser-, Luft- und Bodenhygiene beim Bundesgesundheitsamt), Max J. Spendlove (Consultant to the Metallurgy Research Center of the U.S. Department of the Interior), Max Streibl (Bayerischer Minister für Landesentwicklung und Umweltfragen), Henry C. Wohlers (Consultant of Environmental Affairs), Hans-Georg Wolters (Senator für Gesundheit und Umweltschutz, Berlin), Elmar Zepf (Institut für Städtebau und Raumordnung, Stuttgart). 565 Heinz-Helmut Wüstenhagen (Rheintal-Aktion Karlsruhe), Hartmut Gründler (AK Lebensschutz Tübingen), Rudolf Schnabel (AK Stuttgarter Bürgervereine), Hubert Weinzierl (Vorsitzender Bund Naturschutz in Bayern e.V.).

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wesen Nürnberg, der Stadtbaumeister für Feuchtwangen, der Direktor sowie ein Mitarbeiter des staatlichen Vermessungsamtes Nürnberg, ein Baudirektor aus Nürnberg, der Oberbürgermeister der Stadt Marktredwitz, der Erste Bürgermeister der Stadt Kronach, der Direktor der Landesgewerbeanstalt Nürnberg, ein Vertreter des Landratsamtes Pegnitz sowie mehrere Architekten.566 Auch andere Veranstaltungen wie das Seminar „Stadtplanung und Stadterneuerung für eine moderne Welt“ zog anscheinend hauptsächlich Fachpublikum an. Das DAI Nürnberg bemängelte jedenfalls bei der Evaluierung, der Vortrag von Gunther Barth, Geschichtsprofessor in Berkely, sei vielleicht für ein allgemeines Publikum geeignet, nicht aber für die Experten, die den Großteil der Teilnehmer ausmachten.567 Gleiches war Ende 1972 über ein Referat Wilhelm Viggo von Moltkes zu lesen.568 Wolf H. Hilbertz, Architekturprofessor an der University of Texas, sprach im Sommer 1974 zwar vor nur 15 Zuhörern über Megacities, diese waren jedoch laut den Angaben des DAI Nürnberg allesamt vom Fach, nämlich Architekturprofessoren der Friedrich-Alexander-Universität (FAU), Städteplaner und Baudirektoren aus Nürnberg und Erlangen.569 In Stuttgart hörten im Mai 1979 mehrere Abgeordnete des Wirtschaftsausschusses im baden-württembergischen Landtag, Dozenten der Stuttgarter Universität, Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums und Medienvertreter ein Referat von Arpad von Lazar, Professor an der Fletcher School of Law and Diplomacy der Tufts University über „Institutionelle Aspekte auf dem Energiesektor“. Auch hier ging der Dialog nach dem Ende des Vortrags weiter: Die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Stuttgart lud von Lazar als keynote speaker für ihre Jubiläumsfeierlichkeiten ein.570 Am Tag zuvor hatten in Bonn bereits Mitarbeiter des Außen- und des Verteidigungsministeriums sowie des Bundestags auf Einladung des USIS von Lazars Vortrag zu einem ähnlichen Thema gehört.571 Mit ihren Veranstaltungen zu Städteplanung und Umweltschutz gelang es den Amerikahäusern und DAI immer wieder, Expertendiskurse herzustellen. Amerikanische und deutsche Fachleute waren auf allen drei Ebenen – als Re566 DAI Nürnberg, Antwortkarten mit Teilnahmebestätigung, o.D. [1970]: StadtAN, E 6/799, Nr. 325. 567 Program Evaluation Card für Gunther Barth vom 3. Dezember 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 325. 568 Program Evaluation Card für Wilhelm Viggo von Moltke vom 2. November 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 325. 569 Program Evaluation Card für Wolf H. Hilbertz vom 20. Juni 1974: StadtAN, E 6/799, Nr. 330. 570 Program Evaluation Card für Arpad von Lazar vom 17. Mai 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 405. 571 Program Evaluation Card für Arpad von Lazar vom 16. Mai 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 405.

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ferenten, Mitveranstalter und als Publikum – vertreten; die Häuser stellten nur die Infrastruktur und den Versammlungsort bereit. Eine besonders wichtige Bestätigung war es für die Amerikahäuser und DAI, wenn prominente Experten die Häuser selbst als den geeigneten Ort zur Diskussion gesellschaftlicher Fragen und der Vorbildrolle der USA sahen. So schilderte Albert Speer jr. 2010 in einem Interview mit der SZ, wie er nach einem Aufenthalt in Philadelphia dem Frankfurter Amerikahaus vorschlug, über das „faszinierende Städtebau-Konzept“ zu informieren, das er dort kennengelernt hatte. Daraus entstand eine Vortragsreise in mehrere amerikanische Kultur- und Informationszentren.572 Die Themenbereiche von Städtebau und Umweltschutz zeigen, wie die Häuser geradezu auf ideale Weise ihre Aufgabe erfüllten, in den Augen der USA relevante Themen zu positionieren, dabei aktuelle Fragen der deutschen Politik und Gesellschaft aufzugreifen, Diskurse anzustoßen und zu lenken und als Foren, nicht als Instrukteure zu wirken. Besucherzahlen waren, auch wenn sie in diesem Falle teilweise recht hoch lagen, eher zweitrangig. Erfolgreich im Sinne des USIS und damit der USA waren die Veranstaltungen, in denen es gelang, Expertengespräche zu initiieren, zu befördern oder sogar zu institutionalisieren, wie das Beispiel der Freiburger Aktion Umweltschutz zeigt. Das Nürnberger Seminar „Vergiftete Umwelt“ erhielt nicht zuletzt deswegen gute Noten in der Bewertung, weil in der Diskussion „wiederholt auch an den deutschen Staatsbürger appelliert wurde, sich seiner bedeutenden Rolle bewusst zu werden – in diesem Fall, Druck auf die Gesetzgebung zur Rettung unserer Umwelt auszuüben“.573 Solche Aufforderungen, die Unterstützung von Interessengruppen wie der Aktion Umweltschutz oder die Betonung partizipatorischer Elemente bei der Stadtplanung weisen darauf hin, dass sich gerade in den Themengebieten Städtebau und Umweltschutz fachliche, inhaltsbezogene Ziele und gesellschaftliche Aspekte, die auf Demokratisierung, Partizipation und Verantwortungsübernahme abzielten, miteinander verbanden. Gesellschaftspolitische Fragen stellten die Amerikahäuser und DAI zwischen den 1960er und 1980er Jahren meist vor die Herausforderung, aus der Defensive oder einem Missstand heraus argumentieren zu müssen. Übergreifende und weniger zeitgebundene Fragen zur Funktionsweise der „amerikanischen Gesellschaft“, wie sie die amerikanischen Kultur- und Informationszentren den Bundesbürgern in den 1950er Jahren vermittelt hatten, machten nur noch einen kleinen Anteil in diesem Programmsegment aus. Themen wie die Rassendiskriminierung, gesellschaftliche Minderheiten, Jugendprotest, Drogenmissbrauch, die sozialen Herausforderungen in urbanen Problemgebieten oder die Umweltverschmutzung betrafen die USA in einem besonders 572 „Albert Speer über Größe“: SZ vom 30.4./1.5./2.5. 2010. 573 Program Evaluation Card für Werner Peters vom 18. Juli 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 328.

2.3 Gesellschaftliche Herausforderungen und amerikanische Antworten

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hohen Maße. Alle diese Felder erforderten dringende Reformen. Da die bundesdeutsche Gesellschaft bis hinunter auf die kommunale Ebene mit einigen dieser Fragen aber auch selbst konfrontiert war und sich beispielsweise mit städtebaulichen Missständen oder Drogen konsumierenden Jugendlichen befassen musste, stießen entsprechende Themen auf das Interesse von Experten und breiterem Publikum.574 Vielen westeuropäischen Staaten und so auch der Bundesrepublik galten die USA als „Laboratorium der Moderne“ und damit im Guten wie im Schlechten als Vorboten kommender Entwicklungen in ihren eigenen Gesellschaften. Oft löste der Blick auf die USA in der Bundesrepublik Furcht vor „amerikanischen Zuständen“ aus. Der USIS, die Amerikahäuser und die DAI begegneten dieser Herausforderung meist in einer doppelten Strategie: Erstens thematisierten sie die Missstände und den daraus resultierenden Handlungsbedarf offen und präsentierten sich dabei zweitens als Gesellschaft mit hoher Problemlösungskompetenz. In den Bereichen, die sowohl die amerikanische als auch die bundesdeutsche Gesellschaft betrafen, definierten die USA ihre vermeintlichen Schwächen in Stärken um: Da manche Entwicklungen – beispielsweise Drogenproblematik oder städtische Problemlagen – in den USA zuerst auftraten, konnten sich die USA als Vorreiter bei der Problemlösung präsentieren, als Gesellschaft, die ihre Erfahrung in der Bewältigung dieser Herausforderungen weitergeben und auf Erfolge verweisen konnte. Probleme dieser Art weckten, wie es Werner Peters formulierte, „wieder einmal den sprichwörtlichen Pioniergeist“ der Amerikaner und damit ihre ureigenste Tugend.575 Wie Werner Imhoof am Beispiel der Rassenproblematik, so betonte auch Peters, das kritische Engagement der US-Bürger. Ihr Protest für besseren Umweltschutz erfolge „im Rahmen des ‚Systems‘“, das damit seine Stärke und Anpassungsfähigkeit beweise.576 Diese Möglichkeit, sich als starke, innovative und reformfähige Gesellschaft zu präsentieren, war für die Amerikahäuser und DAI am Übergang zu den 1970er Jahren besonders wichtig. Als die USA wegen ihrer Vietnampolitik überall in die Kritik gerieten, gab der USIS Bonn 1968 die Anweisung, die Häuser sollten sich besonders auf Themen wie die Rassenfrage oder die Umweltverschmutzung konzentrieren.577 Hier konnten die USA auf Erfolge verweisen.

574 Dies zeigt sich auch darin, dass insbesondere bei den Themen Städteplanung und Umweltschutz immer wieder aktuelle lokale Beispiele aus der Bundesrepublik zur Sprache kamen, beispielsweise das Bleiweißviertel in Nürnberg, das Märkische Viertel in Berlin, der Ratisbona-Plan für Regensburg oder Fragen der Stadtsanierung in Frankfurt. 575 Program Evaluation Card für Werner Peters vom 18. Juli 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 328. 576 Ebd. 577 CAO Joyce an DPAO Berlin und alle BPAOs vom 16. Januar 1968: StadtAT, E 418, Nr. 116.

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Die doppelte Strategie von Benennung und Uminterpretation hatte allerdings Tücken. Das Beispiel der Rassenproblematik und seiner Darstellung durch den Amerika-Dienst hat gezeigt, dass eine nach den Maßstäben der USIA ausreichend positive Präsentation eines aktiven, fortschrittlichen Staates nur durch bewusst schwammige Angaben bis hin zur Verzerrung möglich war. Indem sich die USA als Staat präsentierten, der seine Schwächen dazu nutzte, sich an die Spitze des Fortschritts zu setzen, weckten sie zudem große Erwartungen, die manchmal nur schwer zu erfüllen waren. Zu Beginn der 1980er Jahre hatte der mittlerweile erstarkte und in Form der „Grünen“ auch parteipolitisch institutionalisierte Umweltschutz eine breite Basis in der bundesrepublikanischen Gesellschaft gefunden und betrachtete nun kritisch die Umweltpolitik der USA, zumal seit dem Regierungsantritt Ronald Reagans im Jahr 1981. Die USA, Anfang der 1970er Jahre ein wichtiger Impulsgeber für die westdeutsche Umweltschutzbewegung, musste nun wieder beweisen, dass sie führend in der Nutzung alternativer Energien waren, so der Country Plan für das Jahr 1981. Die Amerikahäuser und DAI sollten der weit verbreiteten, irrigen Annahme entgegenwirken, „that the U.S. is not coming to grips with the energy consumption problem“ und „that we fail to take concrete action in solving our energy problems“. Vielmehr sollten sie hervorhoben, welche Methoden zur Energieeinsparung die USA entwickelt hatten.578 Der Begriff der „Atomenergie“ kam in den Programmankündigungen allerdings selten vor, obwohl die friedliche Nutzung von Atomkraft im Zeichen der Energiekrise intensiv diskutiert wurde. In der Bundesrepublik führte diese Debatte allerdings zu massiven Protesten und der Herausbildung einer breiten AntiAKW-Bewegung.579 Die Amerikahäuser und DAI kündigten jedoch in unspezifischen Formulierungen Vorträge wie „Die Zukunft im Energiebereich“ oder „Energiekrise“ an.580 Waren die Bundesbürger erst einmal für ein Thema sensibilisiert, konnten die USA auch wieder in eine defensive Position geraten, wenn sie hinter den Erwartungen zurückblieben.

578 USIS München an USICA Bonn, Program Plans and Thematic Areas FY 1981, S. 7f.: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. 579 PAO Tuch an USICA, Office of European Affairs vom 23. April 1981, S. 7: StadtAN, E  6/799, Nr. 676. Zur Protestbewegung in der Bundesrepublik s. Weisker, Powered by Emotion; Vollmer, Vom „Denkmal des mündigen Bürgers“. 580 AH München, Programm September 1978; DAI Nürnberg, Programm März 1975.

2.4 „Culturally stimulating and intellectually mature“

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2.4 „Culturally stimulating and intellectually . mature“: Kulturelle Leistungsschau . als Mittel der AuSSenpolitik Das amerikanische Publikum müsse ein eigenartiges Verhältnis zum Theater haben, befand ein Redakteur der Frankfurter Rundschau (FR) im Sommer 1963.581 Im Frankfurter Amerikahaus hatte das Kansas University Theater „Bruchstücke nicht zusammengehörenden Theaters als sonderbare Mischung“ präsentiert, um dem deutschen Publikum einen Eindruck amerikanischer Theatergeschichte zu geben. Der Journalist nutzte die Kritik an dem aufgeführten Stück, um gegen die amerikanische Theaterszene und ihr Publikum im Allgemeinen zu polemisieren und sie negativ gegen die deutsche Theaterlandschaft abzusetzen. „Wenngleich für unsere Verhältnisse dürftig“, so der Kritiker, stoße das Stück doch auf großen „Beifall im amerikanischen Parkett“ – das amerikanische Publikum schätze am modernen Theater eben „nicht so sehr das Neuland szenischer Möglichkeiten […], sondern vielmehr de[n] noch greifbare[n] Ulk und das konkret Fassbare einer ‚Story‘“. Auf ähnliche Weise kritisierte das Darmstädter Tagblatt Ende 1962 eine Ausstellung amerikanischer Holzschnitte im dortigen DAI. Als Holzschnitte habe man die Arbeiten nur erkennen können, urteilte der Journalist Max Peter Maas, weil sie im Titel der Ausstellung so genannt würden: So sehr entfernt sich die Technik der Amerikaner von den Vorstellungen, die wir vom Holzschnitt und seinem spezifischen ‚Schnitt‘-Charakter haben. Das macht uns bewusst, wie viel in Deutschland […] geleistet worden ist, um diesen Charakter zu entwickeln. […] Bei den Amerikanern ist – von einigen Ausnahmen abgesehen – ersichtlich der Druckstock nur Medium der technischen Vervielfältigung, nicht zugleich auch Medium der künstlerischen Intuition. […] Holz ist ihnen nur ein bequemeres Material.

Immerhin: „Was in der Behandlung der Farbe von ihnen geleistet wird, […] könnte allerdings auch unserer Graphik fruchtbare Impulse geben.“582 Ressentiments und Ambivalenzen dieser Art, Vorbehalte gegenüber amerikanischer „Massenkultur“ und die Unterscheidung zwischen amerikanischer Kunst auf der einen und deutscher oder doch zumindest abendländischer, europäischer Kultur auf der anderen Seite prägten die Einstellung vieler Deutscher bis weit in die 1960er Jahre hinein. „Die USA als Kulturnation“583 war trotz intensiver Bemühungen seitens der USA nach 1945 bei der Mehrheit der Bundesbürger (noch) nicht im Bewusstsein verankert. Die Westeuropäer wa581 Hier und im Folgenden: „Wilder Westen und junges Theater“: FR vom 18. Juli 1963. Sein Kollege von der FAZ beurteilte die Aufführung hingegen positiv: „Trio aus Kansas. Theaterabend im Amerika-Haus“: FAZ vom 18. Juli 1963. 582 Hier und im Folgenden: „Holzschnitte, die den Holzschnitt überspielen“: Darmstädter Tagblatt vom 1. Dezember 1962. 583 So der Titel des Kapitels über das Vortragsprogramm der Amerikahäuser während der 1950er Jahre, in Schildt, Zwischen Abendland und Amerika, S. 167.

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ren angesichts ihrer ökonomischen und militärischen Schwäche nach dem Zweiten Weltkrieg zwar bereit, die amerikanische Führung zu akzeptieren – dies galt jedoch nicht für den kulturellen Bereich. Hier mussten die USA, um mit Volker Berghahn zu sprechen, „transatlantische Kulturkriege“ führen, um ihre Verbündeten davon zu überzeugen, dass die kulturellen Leistungen der USA denen Europas mindestens ebenbürtig waren, wenn die Vereinigten Staaten den europäischen Metropolen nicht ohnehin den Rang als Zentren der kulturellen Avantgarde abgelaufen hatten.584 Dies geschah in der direkten Auseinandersetzung mit der amerikanischen Kultur; vergleichende Vorträge wie „Deutsche und amerikanische Kultur – sind sie vergleichbar?“, den Theodor W. Adorno im November 1963 im Nürnberger DAI hielt, waren die Ausnahme.585 Bis in die 1960er Jahre hinein mussten die USA dabei auch ostdeutsche Angriffe gegen den Einfluss amerikanischer Kultur auf die Jugend in beiden Teilen Deutschlands und den damit einhergehenden Vorwurf der Zerstörung deutschen Kulturerbes in ihre Überlegungen zur Kulturpolitik miteinbeziehen.586 Sowjetische Kultur oder die Gegenüberstellung der Blöcke auf kulturellem Gebiet tauchten aber äußerst selten in den Programmen auf.587 Wie in allen anderen Themenbereichen musste die USIA ihre Anstrengungen auch auf kulturellem Gebiet immer wieder erneuern, um ein positives Bild der amerikanischen Kultur zu vermitteln. Noch im Country Plan für das Jahr 1981 hieß es: „To a good many Germans involved in secondary education and some key departments of universities, America is still a country […] where pop culture thrives and real culture and the arts are underdeveloped.“588 Eine Komponente der Überzeugungsarbeit in der Bundesrepublik war das Kulturprogramm der Amerikahäuser und DAI. Der USIS, die Amerikahäuser 584 Berghahn, Transatlantische Kulturkriege, S. 7–11. 585 DAI Nürnberg, Programm November 1963. Dieser Vortrag entsprach eher dem Themenzuschnitt der 1950er Jahre. Adorno hatte über dieses Thema auch bereits 1957 gesprochen, u.a. in den Amerikahäusern Heidelberg und München, s. Schildt, Zwischen Abendland und Amerika, S. 186f. Etwas mehr Beachtung fand die gegenseitige Rezeption. Beispiele aus dem Bereich der Literaturwissenschaft sind „Deutsche Literatur im Weltbild des Amerikaners“: AH München, Programm Mai 1963; „Bertold Brechts Amerikabild“: AH Frankfurt, Programm Juli 1965: ISG, V113/269; „Thornton Wilders Werk als Brücke zwischen der Alten und der Neuen Welt“: AH Frankfurt, Programm Januar 1968: ISG, V113/322; „The Changing Image of America in the Works of Thomas Mann“: DAI Nürnberg, Programm Juli 1968; „Deutsche und amerikanische Dichtung – ein fruchtbares Wechselverhältnis?“: DAI Regensburg, Programm Juni 1969; „Die Hermann Hesse-Rezeption in den USA“: DAI Regensburg, Programm Juni 1977: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1980. 586 Poiger, Jazz. 587 Eines der wenigen Beispiele ist der Vortrag „Re-Stalinisierung der Kunst in der UdSSR“: DAI Nürnberg, Programm Mai 1963. 588 USIS Germany, Country Plan FY 1981, S. 4: StadtAN, E 6/799, Nr. 676.

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und DAI nutzten die ganze Bandbreite kultureller Ausdrucksformen: Literatur, Musik, Kunst, Theater, Fotografie, Film, Tanz und Design bzw. Architektur. All diese Bereiche wurden – in unterschiedlichem Ausmaß – auf dreierlei Art präsentiert: erstens in unmittelbarer Form, d.h. als Bücher, Lesungen, Theateraufführungen, Konzerte, Ausstellungen oder Vorführungen von Spielfilmen; zweitens in Vorträgen über die verschiedenen Themenfelder; und drittens in Filmen, die entweder Opern, Konzerte, Theateraufführungen oder ähnliches wiedergaben oder die als Dokumentarfilme über kulturelle Entwicklungen, Ereignisse und Akteure informierten. Im Folgenden wird anhand der Bereiche Literatur, Film und Musik untersucht, wie die Amerikahäuser und DAI ihre Funktion als Kultureinrichtungen ausfüllten und amerikanische Kultur (re)präsentierten. Innerhalb der amerikanischen public diplomacy fiel das Kulturprogramm in den Teilbereich der cultural diplomacy,589 die Nicholas Cull als den Versuch beschreibt, internationale Beziehungen mittels Kultur zu beeinflussen – entweder, indem die eigenen kulturellen Leistungen im Ausland präsentiert und vermittelt werden, oder durch die Förderung kulturellen Austauschs.590 In diesem Sinne ist kulturelle Außenpolitik mehr als die Unterhaltung kultureller Beziehungen, sondern stets Interessenpolitik.591 Als „Prozess von Wertbildungen, der Gesellschaften prägt“, ist Kultur offen für Einflüsse von außen, sodass kulturelle Systeme einander mittels Kultur beeinflussen können. „Kulturelle Produkte als Manifestationen dieser Kultur“ fungieren dabei als Transmitter und können daher politisch wirksam werden.592 Verständnis und Anerkennung für die Kultur eines Staates werden hier zu einer Voraussetzung, um Unterstützung für außenpolitische Ziele einzuwerben.593 Innerhalb der USIA kollidierte die Kulturabteilung in ihrem Bestreben, losgelöst von politischen Vorgaben zu arbeiten, allerdings immer wieder mit den anderen Bereichen, die ihre Arbeit am politischen Tagesgeschäft ausrichteten.594 Die Interessen der USA beschränkten sich nicht darauf, kulturelle Leistungen um ihrer selbst willen gewürdigt zu wissen. Durch das Prestige, das mit der Anerkennung kultureller Leistungsfähigkeit einherging, wollten sich die USA auch auf diesem Gebiet als Vorbild etablieren, das Trends und Maßstäbe setzte und kreatives Innovationspotenzial bewies. Die eigene Kultur zu vermitteln bildete somit einen weiteren Baustein im Gefüge der amerikanischen soft po589 Als weitere Beispiele für cultural diplomacy s. Gienow-Hecht, Transmission Impossible oder Berghahn, Transatlantische Kulturkriege, bes. S. 183–223 zur Ford-Stiftung als Beispiel für private Träger. 590 Cull, Public Diplomacy, S. 33. S. abweichend davon Gienow-Hecht/Donfried (Hg.), Searching For a Cultural Diplomacy. 591 Metzinger, Hegemonie und Kultur, S. 67. 592 Ebd., S. 47. 593 Ebd., S. 141. 594 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 489f.

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wer-Strategie. Politische und kulturelle Aspekte hingen für den USIS in Bonn unmittelbar zusammen, wie beispielsweise der Country Plan für 1965 zeigt: German adherence to an interdependent partnership with the U.S. requires confidence in our foreign policy pronouncements. This, in turn, must be linked with respect for U.S. cultural achievements and values. […] [This] requires also programming on America’s life and culture […], even if such programs do not ostensibly relate to Objectives.595

Das Ziel war klar definiert: „Strengthen understanding of the U.S. as a dynamic, democratic nation – culturally stimulating and intellectually mature – a nation in which the German people can have confidence.“596 2.4.1 Anstöße zur Auseinandersetzung mit amerikanischer Literatur Der USIS setzte auf zwei Ebenen an. Ein Großteil des kulturellen Programms in den Amerikahäusern und DAI richtete sich in offenen Veranstaltungen an ein allgemeines Publikum. Gleichzeitig bemühte sich der USIS Germany, amerikanische Kultur nicht nur in den eigenen Kultur- und Informationszen­ tren zu vermitteln, sondern die Auseinandersetzung mit ihr über die deutschen Bildungseinrichtungen – vor allem Schulen und Universitäten – zu verstetigen. Die Amerikahäuser und DAI boten eine Möglichkeit, sich außerhalb der Universitäten mit amerikakundlichen Themen zu befassen. Auf diese Weise fingen sie bis zu einem gewissen Grad das als defizitär empfundene Lehrangebot auf und trugen amerikakundliche Inhalte in breitere Bevölkerungskreise. Insbesondere während der 1960er Jahre, als sich die Amerikanistik erst langsam an den Universitäten und im Schulunterricht durchzusetzen begann, boten die Amerikahäuser und DAI Alternativen. So war es in mehreren Häusern möglich, am sogenannten Pennsylvania Certificate Program teilzunehmen. Nach dem zweisemestrigen Besuch der Vorlesungen zur Politik, Gesellschaft, Kunst und Kultur der USA, die in den Amerikahäusern und DAI abgehalten wurden, schlossen die Teilnehmer den Kurs mit einer Prüfung ab und erhielten ein Zertifikat der University of Pennsylvania als Teilnahme- und Erfolgsbestätigung.597 Als erste führten die DAI in Heidelberg und Regensburg 595 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1965 (Field Message Nr. 132), S. 2: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 596 USIA, Memorandum für Direktor Leonard Marks vom 13. Mai 1968: LBJL, Marks Papers, Folder NSC 1967, Box 25. 597 Die Prüfung sowie das Diplom hatte die University of Pennsylvania im Rahmen eines weltweiten Kulturprogramms der USIA ausgearbeitet, s. DAI Heidelberg, Jahresprogramm 1966/67: PAAA, B 96, Nr. 890. Es liegen keine Angaben vor, ob das Programm auch in anderen Städten durchgeführt wurde.

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dieses Programm Anfang der 1960er Jahre ein.598 Für 1964 plante das Amerikahaus Hamburg das Pennsylvania Certificate Program ebenfalls anzu­ bieten,599 1966 folgte das Amerikahaus Frankfurt.600 Auch die anderen Amerikahäuser und DAI boten immer wieder Reihen zur Kultur und Gesellschaft der USA an, beispielsweise das DAI Tübingen mit der „Arbeitsgemeinschaft Amerikakunde“, das DAI Nürnberg mit der Reihe „American Studies Program“ oder die „American Studies“ des DAI Heidelberg.601 Das Pennsylvania Certificate Program richtete sich in erster Linie an deutsche Studierende und sollte auch das Interesse westdeutscher Pädagogen an den Amerikastudien wecken.602 Wie die FAZ anmerkte, konnte dieses Certificate nützlich sein, wenn man englische Sprachkenntnisse oder fundiertes Wissen über die Kultur der USA nachweisen wollte.603 Für Regensburg, dessen Universität erst 1967 ihren Betrieb aufnahm, zeigt eine Auflistung der Teilnehmer, dass das Konzept aufging. An dem Programm nahmen 1965 insgesamt 37 Hörer teil, davon 19 Studenten, sechs Lehrer, ein Übersetzer, drei Dolmetscher, drei Angestellte, zwei Sekretärinnen sowie zwei Hausfrauen.604 Als Dozenten fungierten die Direktoren verschiedener Amerikahäuser und DAI, Vertreter des American Trade Center in Frankfurt, Mitarbeiter der amerikanischen Botschaft in Bonn oder der Generalkonsulate, Dozenten der Außenstellen der University of Maryland in der Bundesrepublik605 sowie Fulbright-Professoren, die sich gerade in der Bundesrepublik aufhielten. Die Veranstaltungen waren auf Englisch und umfassten zwei Teile: Der erste, umfangreichere Teil befasste sich mit Literatur, Sprache und Kunst, der zweite mit Geschichte und Sozialwissenschaften. Musik, Kunst und insbesondere Literatur bildeten den Schwerpunkt der Vorlesungen.606. Mit der starken 598 DAI Regensburg, Bericht des Direktors zur Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 29. Oktober 1962: PAAA, B 96, Nr. 706. In Regensburg endete das Programm mit der Einstellung der amerikanischen Zuschüsse für das DAI und der Versetzung Osborn T. Smallwoods nach Frankfurt, der die Kurse dann dort einführte, s. DAI Regensburg, Tätigkeitsbericht 1966: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966–1993. 599 USIS Germany, Country Plan FY 1964, S. 5: StadtAN, E 6/799, Nr. 130. 600 Das Amerikahaus Frankfurt bot das Pennsylvania Certificate Program bis 1968 an. 601 DAI Tübingen, Programm Mai 1964–November 1964: StadtAT, E 418, Nr. 147; „Größere Flexibilität – verstärkte Zusammenarbeit“: Heidelberger Tageblatt vom 13. Dezember 1968. 602 DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1964, S. 2: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 145; USIS Germany, Country Plan FY 1964, S. 5: StadtAN, E 6/799, Nr. 130. 603 „Zum Abschluss ein ‚Certificate‘“: FAZ vom 5. September 1966. Ähnlich „Eine Fülle von Themen wartet auf Zuspruch“: Heidelberger Amtsanzeiger vom 16. Oktober 1964. 604 DAI Regensburg, Bericht des Direktors zur Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 3. März 1965: PAAA, B 96, Nr. 893. 605 Über das University of Maryland System konnten die Kinder der in der Bundesrepublik stationierten Soldaten studieren. 606 AH Frankfurt, Programm Januar-April 1968: ISG, V113/322–V113/325; DAI Regens-

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Fokussierung auf berühmte Autoren des 19. und frühen 20. Jahrhunderts spiegelte das Pennsylvania Certificate Program erstens das große Interesse des westdeutschen Publikums an amerikanischer Literatur nach 1945 und zweitens den Zuschnitt der American Studies an den meisten westeuropäischen Universitäten während der 1960er und 1970er Jahre wider, die Amerikanistik überwiegend als amerikanische Literaturwissenschaft betrieben und sich häufig auf die Klassiker konzentrierten.607 Der Amerikanist Rudolf Haas konstatierte 1973: „Amerikanische Romane fanden nach 1945 in Westdeutschland ein Rezeptionsklima, das mit keiner anderen Konstellation in der literarischen Weltgeschichte vergleichbar ist.“608 Zwischen den frühen 1950er und den späten 1960er Jahren wurden etwa 10.000 amerikanische Titel auf Deutsch veröffentlicht. Sie machten damit einen beträchtlichen Anteil aller Übersetzungen in der Bundesrepublik aus; gleichzeitig stieg mit dem verbesserten Englischunterricht an den Schulen die Zahl derjenigen, die englischsprachige Literatur im Original lesen konnten.609 Zwischen 1961 und 1996 war jeder fünfte Autor auf der „Spiegel“-Bestsellerliste US-Amerikaner.610 Literatur eignete sich gut, das Interesse an der amerikanischen Kultur weiter zu fördern. Besonders stark interessierten sich viele intellektuelle Europäer für sozialkritische Autoren wie John Steinbeck, Richard Wright, Theodore Dreiser oder Sinclair Lewis, die in den Augen ihrer europäischen Kritiker das „wahre“ Amerika zeigten oder zumindest das, was die Europäer dafür hielten. Zum Unmut vieler Amerikaner nahmen sie sozialkritische Texte als „anthropologische Dokumente“ wahr.611 Für den USIS, die Amerikahäuser und DAI war es nicht einfach, mit dieser Interessenlagerung umzugehen. (Selbst)kritische Amerikabilder im Ausland zu präsentieren entsprach nur begrenzt den Interessen der USIA und bot bei den Budgetverhandlungen der USIA eine Angriffsfläche im Kongress. Während die Literatur-Themen des weltweiten Pennsylvania Certificate Program vermutlich eher die Schwerpunktsetzungen der USIA spiegelte, kann die Auswahl der literaturbezogenen burg, Programm Januar-Juli 1963, Dezember 1963: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970. 607 Pells, Not Like Us, S. 122, 127. Zur literaturwissenschaftlichen Rezeption amerikanischer Literatur zwischen 1945 und Mitte der 1970er Jahre in der Bundesrepublik und in der DDR s. Schmitt-Kaufhold, Nordamerikanische Literatur. 608 Haas, Über die Rezeption amerikanischer Romane, S. 20. Ähnliches galt für die amerikanische Kurzgeschichte, s. Lubbers, Zur Rezeption der amerikanischen Kurzgeschichte, S. 47f. S. auch Pells, Not Like Us, S. 243–252; Gehring, Amerikanische Literaturpolitik, S. 39. 609 Meyer, Die deutsche Rezeption, Bd. 1, S. 652. 610 Meyer, Die deutsche Rezeption, Bd. 2, S. 479. 611 Pells, Not Like Us, S. 249f. Dies hatte auch während der Besatzungszeit dazu geführt, dass die amerikanische Militärverwaltung viele sozialkritische Romane von Erskine Caldwell, William Faulkner und John Steinbeck nicht zur Übersetzung freigab. Gehring, Amerikanische Literaturpolitik, S. 49f.

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Veranstaltungen außerhalb des Programms als Versuch gewertet werden, zwischen den spezifischen Interessen des westdeutschen Publikums und des USIS zu balancieren. Etliche Veranstaltungen verknüpften daher literaturwissenschaftliche mit gesellschaftsrelevanten Aspekten und handelten beispielsweise von „American Humor as a Reflection of National Character“ oder fragten „Was kann die amerikanische Literatur des 20. Jahrhunderts zum deutschen Verständnis Amerikas beitragen?“612 Als exemplarisch kann ein Vortrag des Literaturwissenschaftlers Paul Levine in der Universität Hamburg gelten, den das Amerikahaus vermittelt hatte. Vor über 100 Studienanfängern gab Levine einen Überblick über die „American values reflected in literature: rugged individualism, love of nature, the frontier tradition, etc.“.613 1963 behandelte das DAI Regensburg in einem Seminar für Abiturienten „[w]ichtige Aspekte des amerikanischen Lebens“ sogar ausschließlich anhand amerikanischer Literatur: Auf dem Programm standen „Henry David Thoreau und die Reform der Gesellschaft“, „Die Tragödie des Menschen im Werk William Faulkners“ und „Die Aufnahme moderner amerikanischer Dramatik in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg“.614 In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre thematisierten die Amerikahäuser und DAI – parallel mit ihrem gesellschaftspolitischen Programm zur Rassenfrage in den USA – „The Modern Negro Novel in America“.615 Wie im Pennsylvania Certificate Program dominierten in den offenen Veranstaltungen der Amerikahäuser und DAI zu literarischen Themen häufig die Autoren der American Renaissance, der Moderne und Postmoderne. Hier rückten allerdings die bekannten Schriftsteller des 19. Jahrhunderts bereits während der 1960er Jahre, und damit einige Jahre früher als in der universitären Amerikanistik, zugunsten aktueller Strömungen in den Hintergrund.616 612 AH München, Programm September 1963; DAI Nürnberg, Programm März 1968. Parallel rückte seit der Mitte der 1960er Jahre in der westdeutschen Amerikanistik das Thema der Gesellschaftskritik in der amerikanischen Literatur in den Vordergrund, s. Haas, Über die Rezeption amerikanischer Romane, S. 46. Für Beispiele im Programm der Amerikahäuser und DAI dazu s. AH München, Programm Juli 1961, November 1968, April 1970, Mai 1971, Juni 1980; AH Frankfurt, Programm Januar 1964: ISG, V113/279; AH Frankfurt, Programm April 1970: ISG, S 3, Nr. 27200; DAI Nürnberg, Programm Januar 1963, November 1979. 613 Program Evaluation Card für Paul Levine vom 20. November 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 405. 614 DAI Regensburg, Programm Juli 1963: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970. 615 AH Frankfurt, Programm Oktober 1966: ISG, V113/308; AH München, Programm Juli 1968. S. außerdem AH München, Programm Juni 1967, Juni 1969, März 1976; AH Frankfurt, Programm Mai 1965: ISG, V113/294; AH Frankfurt, Programm September 1965: ISG, V113/297; AH Frankfurt, Programm Oktober 1966: ISG, V113/308; AH Frankfurt, Programm November 1969: ISG, V113/342. Hinzu kamen die entsprechenden Veranstaltungen im Rahmen des Pennsylvania Certificate Programs. 616 Pells, Not Like Us, S.127. Aufschlussreich wäre ein Abgleich der Autoren und Werke,

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Avantgardistisch war das Programm dennoch nicht: Bis auf wenige Ausnahmen, in denen etwa „Contemporary American Poetry“ im Mittelpunkt stand,617 beschränkten sich die Amerikahäuser und DAI meist auf etablierte literarische Strömungen und Autoren. Die Autoren der Beat Generation standen beispielsweise erst ab den späten 1960er Jahren verstärkt auf dem Programm, obwohl Autoren wie Jack Kerouac und Allen Ginsberg bereits in den späten 1950er Jahren erfolgreich publiziert hatten und auch in der Bundesrepublik rezipiert wurden.618 Nur im Amerikahaus München und im DAI Tübingen war bereits Anfang der 1960er Jahre etwas über diese Autoren zu erfahren.619 In den meisten literaturwissenschaftlichen Veranstaltungen der Amerikahäuser und DAI bildeten die amerikanischen Nobelpreisträger Eugene O’Neill (Nobelpreisträger 1936),620 Ernest Hemingway (1954),621 John Steinbeck (1962)622 und ganz besonders William Faulkner (1950)623 einen wichtigen Schwerpunkt. Daneben sprachen beispielsweise im Amerikahaus die im Veranstaltungsprogramm der Häuser thematisiert wurden, und den Buchbeständen der Bibliotheken, für die jedoch keine Beständelisten erhalten sind. 617 DAI Nürnberg, Programm Juni 1971 und November 1980; AH München, Programm Dezember 1973. Zur „Contemporary American Novel“ s. AH München, Programm Juli 1961; zur „Contemporary Native American Literature“ s. AH München, Programm Februar 1983 und Juni 1983; zum „Contemporary American Drama“ s. AH Frankfurt, Programm Juni 1962: ISG, V113/262. Etliche dieser gegenwartsbezogenen Veranstaltungen fanden in Kooperation mit den Amerikanistik-Instituten der jeweiligen Universität statt. 618 Kramer, Von Beat bis „Acid“, S. 31. DAI Regensburg, Programm Juni 1968 und Mai 1969: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1980; DAI Nürnberg, Programm Juni 1970; AH München, Programm November 1970, Januar 1981, März 1984. 619 DAI Tübingen, Programm Juli 1962, Januar 1967, Juli 1968, alle: StadtAT, E 418, Nr. 147; AH München, Programm Juni 1963. 620 DAI Tübingen, Programm Februar 1963: StadtAT, E 418, Nr. 147; DAI Regensburg, Programm Mai 1965: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970; AH Frankfurt, Programm Februar 1968: ISG, V113/323. 621 AH München, Programm Juni 1964, Mai 1979, Juni 1985; AH Frankfurt, Programm Januar 1966: ISG, V113/301; DAI Nürnberg, Programm Februar 1967, April 1970, Oktober 1974, Mai 1981, Februar 1984; DAI Regensburg, Programm Dezember 1963, Mai 1965, Oktober 1966, alle: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970; DAI Tübingen, Programm April 1969: StadtAT, E 418, Nr. 147. 622 AH Frankfurt, Programm Februar 1963: ISG, V113/269; AH Frankfurt, Programm Juni 1963: ISG, V113/273; AH München, Programm Februar 1970; DAI Nürnberg, Programm Oktober 1965. 623 AH München, Programm Januar 1963, Juni 1964, Januar 1967, Juni 1967, Juni 1969; AH Frankfurt, Programm November 1965: ISG, V113/299; AH Frankfurt, Programm November 1968: ISG, V113/331; AH Frankfurt, Programm Januar 1969: ISG, V113/333; DAI Nürnberg, Programm Januar 1963, November 1966, April 1971, Oktober 1972, Januar 1983; DAI Regensburg, Programm Juli 1963, Mai 1967, Juni 1970, alle: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970; DAI Tübingen, Programm April 1968: StadtAT, E 418, Nr. 147.

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Frankfurt während der 1960er Jahre Referenten über Jerome D. Salinger (Vortrag im Jahr 1962), Arthur Miller (1963), James Baldwin (1964) oder Saul Bellow (1965). 1963 begründete das Amerikahaus zudem einen Library Circle, der regelmäßig literarische Werke besprach.624 Hier standen überwiegend bekannte zeitgenössische Autoren auf dem Programm.625 Dazu kamen mehrere Lesungen amerikanischer Autoren.626 Bei den Vorträgen, die das Amerikahaus zusammen mit dem AmerikaInstitut der Johann Wolfgang Goethe-Universität organisierte, dominierten während der 1960er Jahre hingegen Überblicksdarstellungen, die Autoren des 19. und frühen 20. Jahrhunderts wie Herman Melville, F. Scott Fitzgerald, Theodore Dreiser, Mark Twain, Thornton Wilder, T.S. Eliot sowie die Nobelpreisträger. Mit seinem Schwerpunkt auf zeitgenössischer Literatur ergänzte das Abgebot des Amerikahauses das Lehrangebot der Frankfurter Universität. Auch dort thematisierten Vorlesungen und Seminare immer wieder Arthur Miller, John Steinbeck oder Gore Vidal, und einige Überblicksveranstaltungen reichten bis in die Gegenwart.627 Häufiger ging es jedoch um Walt Whitman, Henry James, James Fenimore Cooper, Mark Twain, Emily Dickinson, Edgar Allen Poe, Nathaniel Hawthorne, Henry David Thoreau oder die Transzendentalisten – Autoren, die wiederum im offenen Programm des Amerikahauses keine Rolle spielten, aber zum Teil im Pennsylvania Certificate Program abgedeckt wurden.628 Ähnlich war das Programmangebot in München: Auch hier dominierten zeitgenössische Autoren, während nur wenige Veranstaltungen zu amerikanischen Klassikern stattfanden. Im Vergleich zu diesem umfassenden Literaturangebot bot die Münchner Universität im Wintersemester 1960/61 nur eine 624 AH Frankfurt, Programm Februar 1963: ISG, V113/269. 625 Unter anderem Katherine Anne Porter, Bernard Malamud, Jerome D. Salinger, John Steinbeck, Edward Albee, Tennessee Williams, Harper Lee und John Knowles. 626 Unter anderem William Soroyan, William Goyen, Irving Stone, Paddy Chayefsky, Peter Viereck und Langston Hughes. 627 Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, Personen- und Vorlesungsverzeichnis WiSe 1960/61, S. 97, Nr. 581; WiSe 1961/62, S. 99, Nr. 597; SoSe 1962, S. 99, Nr. 583, Nr. 596; WiSe 1962/63, S. 103, Nr. 608; WiSe 1963/64, S. 110, Nr. 615; SoSe 1964, S. 111, Nr. 623, S. 112, Nr. 630, Nr. 639; WiSe 1964/65, S. 104, Nr. 648; SoSe 1965, S. 106, Nr. 681; WiSe 1965/66, S. 172, Nr. 9196/9045, S. 173, Nr. 9204/9045; WiSe 1968/69, S. 135, Nr. 3336/3234. 628 Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, Personen und Vorlesungsverzeichnis WiSe 1960/61, S. 96, Nr. 702, S. 97, Nr. 581, Nr. 703; SoSe 1961, S. 98, Nr. 589; WiSe 1961/62, S. 98, Nr. 584; SoSe 1962, S. 99, Nr. 595; WiSe 1963/64, S. 109, Nr. 602, Nr. 609, S. 110, Nr. 619; WiSe 1964/65, S. 105, Nr. 657; SoSe 1965, S. 106, Nr. 681, S. 107, Nr. 697; SoSe 1966, S. 103, Nr. 3283/3013, S. 160, Nr. 9209; WiSe 1966/67, S. 99, Nr. 3285/3013; SoSe 1967, S. 108, Nr. 3306/3013, S. 153, Nr. 9219/9045; WiSe 1967/68, S. 124, Nr. 3301/3180, S. 168, Nr. 9225/9045; SoSe 1968, S. 127, Nr. 3330, Nr. 3338, Nr. 3342, S. 128, Nr. 3347/3180; WiSe 1968/69, S. 136, Nr. 3345/3234; SoSe 1969, S. 142, Nr. 3372/3032, Nr. 3373/3234.

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Veranstaltung zu „Major American Writers“ an.629 Bis 1968/69 steigerte sich die Zahl an literaturwissenschaftlichen Lehrveranstaltungen kaum, in manchen Semestern wie im Wintersemester 1961/62 bot die Amerikanistik gar keine an.630 1968 erhielt das Amerika-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) einen Lehrstuhl für Amerikanische Literaturgeschichte zugesprochen, der 1969 mit Klaus Poenicke besetzt wurde.631 Seit Mitte der 1970er Jahre vergrößerte sich das Lehrangebot weiter. Was bisher das Amerikahaus angeboten hatte, leistete nun überwiegend das Amerika-Institut, beispielsweise die Auseinandersetzung mit der jüngsten Literatur, vor allem der Postmoderne, und die Einladung zeitgenössischer Autoren.632 Die Zahl literaturwissenschaftlicher Veranstaltungen im Amerikahaus nahm hingegen seit 1970 schlagartig ab. Fanden zwischen 1960 und 1969 noch jährlich fünf bis acht solcher Vorträge oder Lesungen statt, gab es zwischen 1970 und 1985 nur noch ein bis zwei Termine pro Jahr, in manchen Jahren gar keine. Es steht zu vermuten, dass der USIS und das Amerikahaus diese Art der Programmarbeit nun als weniger notwendig betrachteten. Die American Studies waren mittlerweile mit Lehrstühlen für Amerikanische Kulturgeschichte und Amerikanische Literaturgeschichte fest in der Münchner Universität verankert. Der USIS konnte sich darauf konzentrieren, die Amerikanistik auf andere Weise zu fördern, beispielsweise durch Zusammenarbeit mit der DGfA, Fortbildungen für Lehrer oder die Erarbeitung und Bereitstellung von Unterrichtsmaterial für die höheren Schulen.633 In Regensburg verlief die Entwicklung ähnlich wie in München, allerdings unter verschärften Bedingungen. Die Universität öffnete erst im November 1967 ihre Pforten, bis dahin ermöglichten nur die Ingenieur- und spätere Fachhochschule sowie das Priesterseminar eine akademische Ausbildung in Regensburg. Zudem stellte der USIS ab 1966 seine Zuschüsse für das DAI ein und zog den amerikanischen Direktor ab. Das DAI erhielt nur noch eine gewisse Unterstützung in der Programmarbeit, also in beschränktem Umfang 629 LMU München, Personen- und Vorlesungsverzeichnis WiSe 1960/61, S. 207, Nr. 938. 630 LMU München, Personen- und Vorlesungsverzeichnis SoSe 1961, S. 208, Nr. 902–904; SoSe 1962, S. 210, Nr. 938, Nr. 941; WiSe 1962/63, S. 214, Nr. 975, Nr. 1252; SoSe 1963, S. 962–964, Nr. 966; SoSe 1964, S. 223, Nr. 987–990; WiSe 1964/65, S. 237, Nr. 1040, Nr. 1042, Nr. 1043; SoSe 1965, S. 246f., Nr. 1038–1041; WiSe 1965/66, S. 250f., Nr. 1082, Nr. 1085–1086; SoSe 1966, S. 266, Nr. 1067–1069; WiSe 1966/67, S. 281, Nr. 1126–1127; SoSe 1967, S. 288f., Nr. 1110–1112, Nr. 1117; WiSe 1967/68, S. 313, Nr. 1145–1148; SoSe 1968, S. 257, Nr. 1143–1145; WiSe 1968/69, S. 269, Nr. 1239–1240. 631 S. dazu Poenicke, Amerikanische Literaturgeschichte, S. 58. 632 In den späten 1970er und frühen 1980er Jahren besuchten unter anderem Susan Sontag, John Barth, John Hawkes, William Gass, John A. Williams, Amiri Bakara, Margaret Atwood, Kurt Vonnegut, Norman Mailer und Richard Brautigan das Amerika-Institut. Angaben nach Poenicke, Amerikanische Literaturgeschichte, S. 59f. 633 USIS München an USICA Bonn vom 16. Januar 1980, S. 10: StadtAN, E 6/799, Nr. 676.

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Referenten oder Künstler, die über den USIS gebucht und bezahlt wurden, sowie Bücher für die Bibliothek.634 Bevor die Universität ihren Lehrbetrieb aufnahm, ermöglichte das DAI in einem gewissen Rahmen ein Studium der amerikanischen Literatur. Nicht nur stellte die Bibliothek entsprechende Werke bereit, sondern das DAI veranstaltete zusätzlich zum Pennsylvania Certificate Program immer wieder Reihen, in denen über einzelne Werke ausgesuchter Autoren gesprochen wurde. 1963 fand fast jeden Monat eine Veranstaltung aus den Reihen „Reading and Discussion of American Short Stories“ oder „The Study of the American Drama“ statt.635 1965 standen unter dem Motto „The Library Hour. Reading and Discussion of American Classics“ an sechs Terminen Benjamin Franklin, Hawthorne, Sinclair Lewis, Fitzgerald, Hemingway und O’Neill auf dem Programm, dazu kamen Einzelvorträge zu verschiedenen Aspekten der amerikanischen Literatur.636 Nach der Eröffnung der Universität sank die Zahl dieser Veranstaltungen und eine intensive Kooperation zwischen dem DAI und den verschiedenen Fakultäten der Universität begann. Wie eine Brücke zwischen den amerikakundlichen Veranstaltungen des DAI und der universitären Amerikanistik spannte sich 1968/69 eine Vortragsreihe „Einführung in die amerikanische Literatur“ mit Edward Sittler, Dozent für amerikanische Literaturwissenschaft an der neuen Universität.637 Danach sank die Zahl solcher Vorträge auf zwei bis drei pro Jahr, meist in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Englische Philologie/Amerikanistik und häufig in den Räumlichkeiten der Universität. Eine weitere Verbindung zwischen der Universität und dem DAI bildeten die Regensburg University Players, ein 1967 gegründetes Theaterensemble, das bis heute besteht. Die Gruppe bildete sich auf Anregung des DAI und trat unter der Leitung ihres langjährigen Leiters Tom Fletcher, der als Lektor an der Universität arbeitete, häufig im DAI auf.638 Meist standen amerikanische Stücke auf dem Programm, beispielsweise Our Town von Thornton Wilder (Aufführung 1968), The Birthday Party von Harold Pinter (1969) oder eine Zusammenstellung experimenteller amerikanischer Stücke (1971).639 Die Regensburg University Players und die Anglo-American Drama Group, 634 DAI Regensburg, Tätigkeitsbericht 1966: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966– 1993. 635 DAI Regensburg, Programm Januar 1963, Februar 1963, April 1963, Oktober-Dezember 1963: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970. 636 DAI Regensburg, Programm April 1965 und Mai 1965, beide: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970. 637 Einzig den Vortrag über „Schönheit und Schicksal der Frauen in der amerikanischen Dichtung“ übernahm Margret Sittler. DAI Regensburg, Programme November 1968, Dezember 1968, Januar 1969, Februar 1969, Mai 1969, Juni 1969: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970. 638 DAI Regensburg, Tätigkeitsbericht 1967: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966– 1993. 639 DAI Regensburg, Programm Februar 1968 und Februar 1969: StadtBR, Ordner Jahres-

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ebenfalls geleitet von Fletcher, trafen sich 1968/69 sogar wöchentlich in den Räumen des DAI. Damit stärkte das DAI seine Verbindungen zur Universität und konnte regelmäßig amerikanische Theaterstücke präsentieren. Das DAI Tübingen arbeitete besonders eng mit der Amerikanistischen Abeilung des Englischen Seminars an der Eberhard Karls Universität zusammen. Fast alle literaturbezogenen Veranstaltungen entstanden in Kooperation. Bis Ende der 1960er Jahre fanden die meisten dieser gemeinsamen Veranstaltungen gleichermaßen in den Räumen des DAI und der Universität statt. Dies änderte sich, als im Sommersemester 1969 zum ersten Mal eine gemeinsame Vorlesungsreihe zur amerikanischen Literatur des 20. Jahrhunderts aufgenommen wurde.640 Wie alle weiteren gemeinsamen Reihen fand sie in der Universität statt, sodass es im DAI selbst seit diesem Zeitpunkt nur noch wenige literarische Abende gab, meist Autorenlesungen. Anders als in München oder Regensburg war die Tübinger Amerikanistik bereits in den 1960er Jahren breiter ausgerichtet und besser besetzt.641 Durchschnittlich bot die Abteilung fünf bis sieben thematisch verschiedene Lehrveranstaltungen an, dazu Sprach-, Übersetzungs- und Konversationsübungen. Ab 1970/71 stieg die Zahl auf deutlich mehr als zehn Veranstaltungen pro Semester.642 Hier ging es für das DAI weniger darum, eine dünn besetzte Amerikanistik auszugleichen, sondern eher um die Verbreiterung des universitären Lehrangebots. Die Zahl der Veranstaltungen, die sich mit amerikanischer Literatur beschäftigten, veränderte sich in Tübingen daher weniger stark als in anderen Städten. Durch diese Veranstaltungen kamen Amerikanisten von den verschiedensten Universitäten der USA und der Bundesrepublik zu Vorträgen nach Tübingen. Deutsche Universitäten hatten kaum Geld für solche Einladungen, erinnerte sich Alfred Weber, zwischen 1968 und 1986 Lehrstuhlinhaber an der Abteilung für Amerikanistik. Indem das DAI die Reisekosten übernahm, ermöglichte es nicht nur die Gastvorträge, sondern aus den Vortragsreihen von 1969, 1970 und 1972 entstanden auch Sammelbände, die Weber herausgab.643 Das Vorlesungsverzeichnis der Universität kündigte diese Reihen meist an, wies allerdings nicht auf die Zusammenarbeit mit dem DAI hin.644

planung 1963–1970; DAI Regensburg, Programm Februar 1971: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1971–1980. 640 DAI Tübingen, „Amerikanische Literatur im 20. Jahrhundert“, o.D. [1969]: StadtAT, E 418, Nr. 147. 641 Einen kurzen Überblick über die Entwicklung der Amerikanistik in Tübingen gibt Müller-Schwefe, Vom Sprachmeister zum Professor, S. 60–69. 642 Vgl. Eberhard Karls Universität, Namens- und Vorlesungsverzeichnis, SoSe 1960–SoSe 1985. 643 Weber, Eine institutionalisierte Geschichte, S. 55. 644 Eberhard Karls Universität, Namens- und Vorlesungsverzeichnis, SoSe 1970, S. 64, Nr. Vo 9; SoSe 1972, S. 181, o.A.; SoSe 1979, S. 209, Nr. 090155.

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Allen Amerikahäusern und DAI gemeinsam war die wissenschaftlich orientierte Ausrichtung eines großen Teils des literaturbezogenen Programms. Nicht nur bei den Vorträgen, die die Häuser zusammen mit den Universitäten anboten, sondern auch bei denjenigen, die nur im Programm der Amerikahäuser und DAI liefen, zeigten die Titel, dass sich die Veranstaltungen an ein gebildetes, universitäres Publikum richteten, nicht an die breite Masse. Verstärkt galt dies für die vielen Vorträge amerikanischer Fulbright-Professoren, die meist auf Englisch sprachen und oft in die Kategorie „English Program of the Month“ fielen, die alle Häuser anboten. Themen wie „Desperate Quest: The Human Predicament in the Plays of Tennessee Williams“, „Funktionen der Literaturkritik in der modernen Gesellschaft“ oder „Die Definition des amerikanischen Menschen bei Saul Bellow“ richteten sich eindeutig an literaturwissenschaftlich Gebildete.645 An ein breiteres Publikum richteten sich Autorenlesungen oder Veranstaltungen wie „Bertolt Brechts Amerikabild“, „Das lachende Amerika – Heitere Geschichten amerikanischer Autoren“ oder „Jazz und Lyrik“, die jedoch wesentlich seltener auf dem Programm standen.646 Das Beispiel der amerikanischen Literatur zeigt exemplarisch die doppelte Perspektive der amerikanischen Kulturpolitik: Erstens zielte die Arbeit der Amerikahäuser darauf ab, Amerikastudien in der Bundesrepublik zu fördern und zu institutionalisieren. Zweitens zeigt die Themensetzung deutlich, dass hier amerikanische Hochkultur vermittelt werden sollte. Dies hing sicherlich mit der universitären Ausrichtung des Programms zusammen, doch daneben wäre auch eine zweite, populärer angelegte Strategie für ein breiteres Publikum denkbar gewesen. Bei allem Interesse an gehobener amerikanischer Literatur standen auf den oben erwähnten Spiegel-Bestsellerlisten nicht nur die amerikanischen Nobelpreisträger. Weder benötigte die amerikanische Populärkultur – seien es Literatur, Filme oder Musik – staatliche Hilfe für ihre erfolgreiche Verbreitung, noch lag dies im Interesse der Amerikahäuser und DAI. Cultural diplomacy diente hier dazu, das Bild der USA als kulturloses Land zu korrigieren und gleichzeitig ein Gegengewicht zu in den Augen der USIA nachteiligen Amerikabildern zu setzen, die teilweise über die Träger massenhafter Populärkultur verbreitet wurden.647

645 AH München, Programm April 1961; AH Frankfurt, Programm September 1964: ISG, V113/286; DAI Nürnberg, Programm Juni 1969. 646 AH Frankfurt, Programm Juli 1965: ISG, V113/296; DAI Regensburg, Programm Januar 1963: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970; DAI Tübingen, Programm Februar 1978: StadtAT, E 418, Nr. 148. 647 Arndt, The First Resort of Kings, S. 403. Zu den „falschen“ Amerikabildern, die durch Massenmedien kommerziell verbreitet wurden, s. das folgende Kapitel über Filme.

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2.4.2 Information durch Unterhaltung: Das Filmprogramm Seit Mitte der 1960er Jahre und dann vor allem während der 1970er Jahre behandelten die Amerikahäuser und DAI die amerikanische Literatur zunehmend auch über das Medium Spielfilm. Reihen wie „Novel into Film“ im Amerikahaus Köln, „Verfilmtes Drama“ in Nürnberg oder „Literatur im Film“ und „Klassiker der amerikanischen Literatur“ in Frankfurt standen überall auf dem Programm.648 Im Gegensatz zu anderen Spielfilmvorführungen luden die Amerikahäuser und DAI für diese Reihen häufig Referenten ein, die eine Einführung gaben und die anschließende Diskussion leiteten. Teilweise liefen die Filme in der Originalversion. So bot das Amerikahaus Köln zusammen mit dem Fachbereich Anglistik der Universität Workshops zu den Romanverfilmungen an,649 und auch in Nürnberg und Frankfurt führten Mitarbeiter der jeweiligen Universität in den Stoff ein. Die Frankfurter Reihe „Literatur im Film“ im Jahr 1966 richtete sich sogar ausschließlich an einen festen Personenkreis, die eingetragenen Mitglieder des Film Workshops und der Amerikahaus-Bibliothek. Hier liefen Die Glasmenagerie nach dem Stück von Tennessee Williams (Verfilmung von 1950), Vier Perlen nach Kurzgeschichten von O. Henry (1952), Frühstück bei Tiffany nach einem Roman von Truman Capote (1960), die Verfilmung von Hemingways Wem die Stunde schlägt (1943), Cimarron nach Edna Ferber (1960), Der Mann, der herrschen wollte nach Robert Penn Warren (1950) oder Der Regenmacher nach Richard Nash (1956).650 Diese und ähnliche Filme liefen auch in den übrigen Amerikahäusern und DAI. Viele dieser Filme basierten auf Texten amerikanischer Autoren, die die Amerikahäuser und DAI auch in ihrem Vortrags- und Seminarprogramm schwerpunktmäßig behandelten. Bis zu einem gewissen Grad können sie daher als eine weitere Ergänzung des literaturwissenschaftlichen Programms gelten, insbesondere geschlossene Veranstaltungen wie die Frankfurter Reihe aus dem Jahr 1966. Wie bei den Vortragsveranstaltungen setzten die Programmleiter überwiegend auf große Namen sowohl bei den Literaturvorlagen als auch bei den Schauspielern. Auch außerhalb solcher Filmreihen zeigten die Amerikahäuser und DAI häufig Literaturverfilmungen, allerdings meist ohne Einführung oder Diskussion. Generell kamen Filme in den Zielformulierungen der Country Plans kaum explizit vor, spielten jedoch implizit eine wichtige Rolle bei der Ver648 PAO Klieforth an USIA vom 28. Juli 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 693 (zu Köln); DAI Nürnberg, Programm Oktober 1972–Januar 1973; AH Frankfurt, Programm April 1966–Dezember 1966: ISG, V113/304–310; AH Frankfurt, Programm April 1970–Juni 1970: ISG, S 3, Nr. 27200. Diese Filmreihe lief vermutlich länger, die Programmüberlieferung für das Jahr 1970 ist jedoch lückenhaft. Weitere Beispiele sind die Reihen „Amerikanische Literatur im Film“ in Regensburg, Tübingen und München. 649 PAO Klieforth an USIA vom 28. Juli 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 693. 650 AH Frankfurt, Programm April-Dezember 1966: ISG, V113/304–310.

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mittlung politischer, sozialer und kultureller Inhalte. Bereits 1966 unternahm George Stevens, der Leiter der USIA-Filmabteilung, einen Vorstoß, vermehrt Spielfilme als Mittel der Kultur- und Informationsarbeit einzusetzen, auch wenn die Einschätzung von Hollywood-Filmen als Kunst in vielen Ländern nicht geteilt wurde.651 Den künstlerischen Wert und innovativen Charakter amerikanischer Filmkunst betonten die Amerikahäuser und DAI in Vorträgen und Vorführungen zum New American Cinema, über „Amerikanische Kurzfilme“, dem amerikanischen Underground-Kino oder zu einzelnen Filmemachern.652 Etliche Häuser zeigten mitunter studentische Produktionen amerikanischer Filmhochschulen.653 In der Kurzserie „Aus der Frühzeit des amerikanischen Films“ verband das Amerikahaus München Filme und Vorträge zur Entwicklung des amerikanischen Stummfilms.654 Reihen wie „The History of Silent Era Motion Pictures“ oder „Experimente im Film“ präsentierten den amerikanischen Film als Kulturgut und hatten damit großen Erfolg. Das Amerikahaus München berichtete 1972 über den großen Erfolg einer Stummfilmreihe mit 3.500 Besuchern und ausführlichen Filmbesprechungen in der SZ.655 Anfang der 1980er Jahre standen dann erstmals Fernsehformate als Kulturgut auf dem Programm, was den dezidierten Zielsetzungen des USIS entsprach.656 Wie Literatur war auch der amerikanische Film geeignet, gesellschaftliche Fragen der USA zu analysieren. So bot das DAI Tübingen beispielsweise im Herbst 1976 eine Reihe „Sozialkritische Filme Amerikas in den 50er Jahren“ an.657 Auch manche Western-Reihen gingen in diese Richtung, allerdings nicht immer. Im November 1980 startete das DAI Nürnberg eine Reihe, 651 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 283. 652 DAI Nürnberg, Programm Mai 1971, Februar 1976; AH München, Programm Juni 1968, April 1970, Mai 1971, Mai 1972, Juni 1972, September 1973, Februar 1974, September 1975, Oktober 1975, Dezember 1976, September 1978, Mai 1982, September 1983; AH Frankfurt, Programm Oktober 1962: ISG, V113/265; AH Frankfurt, Programm November 1966: ISG, V113/308; AH Frankfurt, Programm Juni 1968: ISG, V113/327; AH Frankfurt, Programm April 1970, Mai 1970, Juni 1972, Oktober 1972, alle: ISG, S 3, Nr. 27200; DAI Tübingen, Programm Januar 1970 und Mai 1971, beide: StadtAT, E 418, Nr. 147; DAI Tübingen, Programm Mai 1973 und Juli 1974, beide: StadtAT, E 418, Nr. 148; DAI Tübingen, Programm Mai 1984: StadtAT, E 418, Nr. 149. 653 DAI Nürnberg, Programm Mai 1969; AH München, Programm Mai 1969 und Juni 1972; AH Frankfurt, Programm April 1969: ISG, V113/336; DAI Tübingen, Programm Juni 1969: StadtAT, E 418, Nr. 147; USIA World vom März 1968, Vol. 1, Nr. 10. 654 AH München, Programm Mai 1974. 655 USIS München an USIS Germany vom 21. April 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 662. 656 „Early American TV Comedies“, AH München, Programm September 1982. Bereits im Country Plan für 1974/75 stand auf der Liste der Themenschwerpunkte „[a] program demonstrating how the television medium is becoming an increasingly important form of personal expression as an art form“. USIS Germany, Country Plan FY 1974/75, S. 16: StadtAT, E 418, Nr. 126. 657 DAI Tübingen, Programm Oktober-Dezember 1976: StadtAT, E 418, Nr. 148.

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in der drei Monate lang mehrere populäre Western auf Deutsch gezeigt wurden, darunter Filme wie Die Legende vom Killer Tom, Red River, Mach ein Kreuz und fahr zur Hölle, Die Comancheros und Zwei Banditen.658 Sie wurden als Unterhaltungsfilme angekündigt, die Spannung und Zeitvertreib versprachen. Eine Einführung war nur zum ersten Termin der Reihe vorgesehen. Über die Entwicklung der Western-Filme die amerikanische Gesellschaft und Mentalität zu erklären oder filmische Stereotype in Relation zu geschichtsoder sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen zu setzen, versuchte das DAI anscheinend nicht, obwohl einige Filme wie Die Legende vom Killer Tom dazu gut geeignet gewesen wären.659 Anders in Frankfurt: Hier zeigte und besprach das Amerikahaus in seiner neunteiligen Veranstaltungsreihe „Die ersten Amerikaner“ etliche bekannte Western, um beispielsweise mit dem „Klischee vom ‚hinterhältigen Indianer‘, wie es Hollywood jahrzehntelang präsentierte“ aufzuräumen. Ergänzend ging es in Vorträgen und Kolloquien um Themen wie „die zum Teil phantastischen Vorstellungen, die man sich im 16. und 17. Jahrhundert“ in Europa über die Indianer machte.660 Eine ähnliche Reihe zur „Geschichte des amerikanischen Westens im Film“ bot das DAI Tübingen im Dezember 1972/Januar 1973 mit deutlichen Worten in der Programmankündigung. Der Sieg der Indianer in der Schlacht am Little Bighorn 1876, hieß es im Hinweis auf den Film Bis zum letzten Mann, habe zur Folge gehabt, „dass in den nächsten Jahren die Indianerausrottung nur um so stärker betrieben wurde“.661 Die USIA hatte immer wieder damit zu kämpfen, dass Hollywood-Filme ein in ihrem Sinne falsches Bild der USA in die Welt transportierten.662 Aus dieser Perspektive war die Filmarbeit der USIA als Korrektiv notwendig.663 Filme aus der eigenen Produktion dienten besonders der Vermittlung politischer, gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Themen. Edward Murrow wollte die schwerfälligen und ideologisch aufgeladenen USIA-Filme der 1950er Jahre hinter sich lassen und die Möglichkeiten des Mediums Film für eine positive Imagepolitik stärker ausschöpfen. Mit dem neuen Leiter der motion picture branch der USIA seit 1962, George Stevens Jr., und dessen Hol-

658 DAI Nürnberg, Programm November 1980–Januar 1981. 659 McVeigh, The American Western; Langford, Film Genre, S. 67–70. Zu „Die Legende vom Killer Tom“ s. Hembus, Das Western-Lexikon, S. 373f.; zu den anderen genannten Filmen s. ebd. S. 108f., 401, 504. 660 AH Frankfurt, Programm Januar-Februar 1972: ISG, S 3, Nr. 27200. Gezeigt wurden u.a. Bis zum letzten Mann, Die vier Söhne der Katie Elder und Django. 661 DAI Tübingen, Programm Dezember 1972: StadtAT, E 418, Nr. 147. 662 Zur Auseinandersetzung mit Hollywood und Versuchen, auf die Amerikabilder der Filmproduktionen einzuwirken s. Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 184f., 207, 302, 344. 663 Ebd., S. 344.

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lywood-Kontakten kam Murrow diesem Ziel ein gutes Stück näher.664 Das Nachrichtenmagazin Newsweek nannte neuen Stil der USIA-Filme „‚soft policy‘ film“, in denen die menschliche Seite der Themen im Vordergrund stand, die die USIA mit den Filmen ansprechen wollte.665 Unter Murrow und Stevens, der die motion picture branch bis 1966 leitete, genoss die Filmsektion größere Freiheiten als in späteren Jahren.666 Die USIA produzierte in großem Stil Filme zu den verschiedensten Themen und für unterschiedlichste Zielgruppen auf der ganzen Welt.667 Einige der USIA-Filme erhielten hohe Auszeichnungen; beispielsweise gewannen Nine From Little Rock und Czechoslovakia, 1968 1965 bzw. 1970 den Oscar als bester Dokumentar-Kurzfilm,668 1967 war Cowboy in dieser Kategorie nominiert, 1968 Harvest, ein Film über den Vietnamkrieg, 1969 A Few Notes on Our Food Problem, ein Jahr darauf der Film An Impression of John Steinbeck: Writer.669 Etliche dieser USIA-Filme liefen über die Jahre hinweg mehrfach. Viele waren in den Amerikahäusern und DAI zu sehen, teilweise auch in anderen Spielstätten. Life, Liberty, and the Pursuit of Happiness, ein Film zur 200-Jahrfeier der Gründung der Vereinigten Staaten, lief 1976 in über 400 Kinos der Bundesrepublik an.670 Filme informierten über politische und gesellschaftliche Themen wie die NATO oder Fragen des Städtebaus, dienten als Unterrichtsmaterial für „Teaching English Pronounciation“ oder ähnliche Themen671 und vermittelten Informationen über amerikanische Kultur und Wissenschaft, insbesondere die Entwicklungen im Bereich Raumfahrt. Besonders häufig setzten die Amerikahäuser und DAI Filme ein, um die USA als Reiseland zu präsentieren. Seit den späten 1960er Jahren und vor allem seit den 1970er Jahren verging kaum ein Monat, in dem nicht Filme über die verschiedensten Regionen der USA liefen. Aus den Monatsprogrammen geht nicht hervor, welche Filme USIA-Produktionen waren, doch vermutlich stammten die meisten aus dem eigenen Haus. Alle bekannten Filme der USIA wie Nine From Little Rock über die neun Kinder, die 1957 unter dem Schutz der Natio664 MacCann, Film and Foreign Policy, S. 24; Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 207. 665 Ebd., S. 209. 666 Sowohl Leonard Marks, USIA-Direktor zwischen 1965 und 1968, als auch Stevens maßen Filmen eine große Bedeutung bei, hatten aber unterschiedliche Vorstellungen über Themensetzung und filmische Strategien. Stevens Nachfolger Bruce Herschensohn ließ sich eher von Propagandafilmen inspirieren und nicht wie Stevens vom britischen Dokumentarfilm, s. Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 283f.; MacCann, Film and Foreign Policy, S. 32. 667 Beispielsweise zählt Cull für das Jahr 1962 183 Film- und 197 Wochenschauproduktionen. 50.000 Filme zirkulierten weltweit in 106 Staaten. Ebd., S. 210. 668 Ebd., S. 235, 302. 669 Ebd., S. 282, 284, 302. 670 Ebd., S. 356. 671 DAI Nürnberg, Programm Oktober 1964; AH München, Programm Februar 1965.

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nalgarde die Little Rock Central High School als erste schwarze Schüler betraten, The Wall über die Berliner Mauer oder Invitation to India und Invitation to Pakistan über die Asienreise Jacqueline Kennedys liefen in den Amerikahäusern und DAI, oft in deutscher Übersetzung.672 Der Film John F. Kennedy – Ein Leben für die Freiheit, einer der meistgezeigten Filme der USIA, war ebenso zu sehen wie The Other War und Nacht über Vietnam (Night of the Dragon) über den Vietnamkrieg oder John Steinbeck: Schriftsteller.673 Im Verlauf der 1960er Jahre nahm der Anteil filmischer Vermittlung von Informationen immer mehr ab. Bis Ende 1964 zeigte beispielsweise das Amerikahaus München an zwei Tagen pro Woche jeweils mehrere Kultur- und Dokumentarfilme zu den verschiedensten Themen im Vorabendprogramm um 18 Uhr. 1965 reduzierte das Amerikahaus diese Abende auf nur noch einen festen wöchentlichen Termin und stellte sie Ende 1965 ganz ein.674 Auch das Amerikahaus Frankfurt reduzierte im Verlauf des Jahres 1964 seine zwei bis vier Dokumentarfilmabende pro Monat auf ein bis zwei Termine, bevor die Zahl der Filmabende zwischen 1966 und 1968 wieder stieg. Seit Mitte der 1960er Jahre lief eine niedrigere Zahl von Dokumentarfilmen nur noch im normalen Abendprogramm und die Veranstaltungshinweise bewarben vermehrt die Möglichkeit für Schulen, Gruppen und Institutionen, Dokumentarfilme vom Amerikahaus auszuleihen. Die DAI Tübingen und Nürnberg reduzierten den Anteil an Dokumentarfilmabenden gegen Mitte bzw. Ende der 1960er Jahre, während die Zahl der Spielfilme langsam zunahm. Der Wandel im Filmprogramm der Amerikahäuser und DAI spiegelte den veränderten Medienkonsum der Bundesbürger. Zwischen den frühen 1950er und den frühen 1960er Jahren hatte sich das Fernsehen in der Bundesrepublik durchgesetzt. 1960 besaß etwa ein Viertel aller Haushalte ein Fernsehgerät, 1964 waren es bereits 55 Prozent.675 Dokumentarfilme und insbesondere politische Sendungen liefen nun in den Wohnzimmern. Damit wurden Filme wie A Conversation with the President – ein Interview mit Präsident Kennedy im Programm der Amerikahäuser und DAI überflüssig.676 In den 1970er und 672 „Die Neun von Little Rock“: DAI Nürnberg, Programm November 1965; DAI Tübingen, Programm Juni 1967: StadtAT, E 418, Nr. 147; „The Wall“/„Die Mauer“: DAI Nürnberg, Programm Oktober 1963; AH Frankfurt, Programm Januar 1963: ISG, V113/268; DAI Tübingen, Programm Oktober 1962: StadtAT, E 418, Nr. 147; „Invitation to India“/„Invitation to Pakistan“/„Mrs. Kennedys Reise durch Pakistan und Indien“: DAI Nürnberg, Programm März 1963; AH Frankfurt, Programm April 1963: ISG, 113/271. 673 „John F. Kennedy – Ein Leben für die Freiheit“: AH München, Programm Dezember 1964; AH Frankfurt, Programm Dezember 1964: ISG, V113/289; Vietnam-Filme: AH München, Programm April 1967; DAI Tübingen, Programm Januar 1966: StadtAT, E 418, Nr. 147; „John Steinbeck: Schriftsteller“: AH München, Programm Juni 1971. 674 AH München, Programm Dezember 1965. 675 Schildt, Der Beginn des Fernsehzeitalters, S. 481; Schildt, Die Sozialgeschichte, S. 50. 676 AH Frankfurt, Programm Februar 1963: ISG, V113/269. Filme dieser Art liefen in der

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1980er Jahren veranstalteten die Häuser kaum noch Filmabende zu politischen oder gesellschaftlichen Themen. Wenn die Zahl der Filmvorführungen insgesamt dennoch nicht sank, lag das an der steigenden Präsentation von Spielfilmen und Reisedokumentationen. Eine Ausnahme bildete auch die BBC-Serie Alistair Cooke’s America, die in fast allen Amerikahäusern und DAI 1976 anlässlich der 200-Jahrfeier der USA die amerikanische Geschichte zeigte.677 Mit der dreizehnteiligen Serie des bekannten amerikanischen Journalisten Alistair Cooke war die Geschichte der USA für einige Monate deutlich präsenter in den Amerikahäusern und DAI als sonst, denn historische Themen waren eher selten. Filme zu zeigen und zu verleihen war für die Amerikahäuser und DAI in dreierlei Hinsicht lukrativ. Erstens brachten die Filmveranstaltungen viele Menschen in die Häuser, zweitens ermöglichten Filme, auch Themen zu präsentieren, zu denen kein Referent verfügbar oder bezahlbar war, und drittens erzielten die Häuser durch den Filmverleih eine größere Breitenwirkung, wenn Schulen, die Bundeswehr oder andere Gruppen USIA-Filme zeigten. Die Tätigkeitsberichte der DAI weisen durchweg hohe Besucherzahlen für Filmvorführungen aus.678 Auch wenn USIA, Amerikahäuser und DAI immer wieder betonten, Besucherzahlen seien nicht zwangsläufig mit erfolgreicher Arbeit gleichzusetzen, ließen jedoch nicht zuletzt die Filmbesucher in der Statistik die Anziehungskraft der Häuser gleich größer erscheinen. Dies dürfte vor allem für die DAI wichtig gewesen sein, die nicht nur vor der USIA, sondern auch vor den deutschen Finanzgebern Rechenschaft über ihre Arbeit ablegen mussten. Auf kommunaler Ebene zählte vermutlich besonders stark, wie viele Menschen sich vom Kultur- und Informationsprogramm der binationalen Institute angesprochen fühlten. Auch der Filmverleih verhalf den Amerikahäusern und DAI bei der Verbreitung ihrer Botschaften. Im Verleih waren „Filme in deutscher Sprache über amerikanische Zivilisation und Politik“, warb das Amerikahaus München:679 „Über 200 Kultur- und Dokumentarfilme in deutscher Sprache ersten Hälfte der 1960er Jahre noch relativ häufig. 677 Der bekannte Journalist Alistair Cooke, geboren 1908 in Salford, erhielt 1941 die amerikanische Staatsbürgerschaft. Die Serie America wurde gleichzeitig in den USA und Großbritannien ausgestrahlt und in mehr als 30 weitere Länder verkauft, das Begleitbuch verkaufte sich mehr als zwei Millionen Mal. Der amerikanische Kongress lud ihn ein, eine Ansprache zum bevorstehenden „bicentennial“ zu halten. Angaben nach Paul Donovan, Cooke, (Alfred) Alistair (1908–2004), in: Oxford Dictionary of National Biography, Online Edition, Mai 2008. http://www.oxforddnb.com/view/article/93542. 678 Für die Amerikahäuser sind keine Besucherstatistiken vorhanden. Filmveranstaltungen waren vermutlich auch hier publikumsträchtig. Eine Ausnahme ist eine Aufstellung des Amerikahauses München für das Jahr 1971/72. Demzufolge gab es 59 Filmvorführungen im Amerikahaus mit insgesamt 9.856 Zuschauern. AH München, Film Program FY 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 662. 679 AH München, Programm Februar 1966.

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stehen […] zur Ausleihe an Gruppen, Organisationen, Gesellschaften, Schulen etc. zur Verfügung.“680 Stimmen die Zahlen der DAI über die Filmausleihen, entfalteten die USIA-Filme eine enorme Breitenwirkung. Im Jahresbericht der Filmabteilung des DAI Heidelberg stand 1964 zu lesen, 38.909 Besucher hätten die 800 Veranstaltungen mit USIS-Filmen im nordbadischen Raum besucht.681 Das DAI Regensburg meldete, die Filmothek habe 1972 an 130 Entleiher in Niederbayern und der Oberpfalz insgesamt 1136 USIS-Filme verliehen, die nach den Angaben der Entleiher von insgesamt 99.528 Personen in Schulen, Bundeswehr, Vereinen, Lehrlingsausbildungsstätten, Jugendgruppen und anderen Gruppierungen gesehen worden seien.682 Auch nachdem der USIS den direkten Filmverleih in den DAI drastisch eingeschränkt hatte, vermittelten sie doch weiterhin Filme des USIS, selbst wenn sie nicht mehr direkt vor Ort verfügbar waren.683 Filmforen oder andere feste Arbeitskreise einzurichten war eine andere Möglichkeit, das Publikum fester an die amerikanischen Kultur- und Informationszentren zu binden. Der Frankfurter Film Workshop oder das Filmforum im DAI Tübingen boten Mitgliedern vergünstigte Bedingungen oder waren sogar Voraussetzung für den Filmbesuch. Das DAI Tübingen bewarb sein Filmforum als „Einrichtung für Kenner und Liebhaber des wertvollen Films“, um „Meisterwerke deutscher und amerikanischer Regisseure in Retrospektiven […], experimentelle und politische Filme, die im herkömmlichen Kino keine Chance haben“ und „Filme in englischer Originalfassung“ zu sehen.684 Die vermehrte Ausstrahlung von Spielfilmen setzte ein, als das amerikanische Kino mit Regisseuren wie Francis Ford Coppola, Martin Scorsese, Woody Allen und Robert Altman wieder an künstlerischem Einfluss gewann (seine kommerzielle Dominanz hatte es nie verloren).685 Auch wenn längst nicht alle Filme, die in den Amerikahäusern und DAI liefen, von diesen Regisseuren stammten, sondern auch viele ältere Filme darunter waren, profitierten sie doch vom Imagezuwachs des amerikanischen Films bei Intellektuellen. 680 AH München, Programm Mai 1966. 681 DAI Heidelberg, Jahresbericht der Filmabteilung 1964: PAAA, B 96, Nr. 890. 682 DAI Regensburg, Tätigkeitsbericht 1972: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966– 1993. Bis 1974 lagen die Zahlen weiterhin hoch, doch da der USIS den Filmverleih seit 1973 deutlich reduzierte, hatte das DAI seit 1974 auch deutsche Filme mit im Programm, sodass keine eindeutigen Zahlen für den Verleih von USIS-Filmen mehr vorliegen, s. DAI Regensburg, Tätigkeitsbericht 1974: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966–1993. 683 DAI Regensburg, Tätigkeitsbericht 1979: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966– 1993. 684 DAI Tübingen Film Forum, o.D. [1974]: StadtAT, E 418, Nr. 148. 685 Sklar, Movie-Made America, S. 304, hier auch zur Krise des amerikanischen Kinos S. 286–304; Pells, Double Crossings, S. 195; s. auch Dimendberg/Kaes, Unterhaltung, S. 358.

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Das Verhältnis der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik zu Spielfilmen war stets ambivalent. Filme zogen ein großes Publikum an, eigneten sich zur Diskussion gesellschaftlicher und politischer Fragen und boten die Möglichkeit, die USA als ein Land zu präsentieren, das erfolgreich originäre kulturelle Leistungen erbrachte. Dazu zählten Spiel-, Kurz- und Experimentalfilme, aber auch Zeichentrickfilme.686 Solchermaßen in die cultural diplomacy eingebunden, wurde Unterhaltungsmedien eine meinungsbildende Funktion zugeschrieben, da sie zu Diskussion und Reflexion anregten.687 Andererseits verlockten zugkräftige Veranstaltungsformate wie diese, sie unreflektiert und wahllos einzusetzen. Dies scheint in Nürnberg während der 1970er Jahre teilweise der Fall gewesen zu sein. Kein anderes Haus zeigte mehr Filme als das DAI Nürnberg. Sie dominierten teilweise das gesamte Programm des Hauses, das in manchen Monaten weniger wie ein Kultur- und Informationszentrum als ein Kino anmutete. Hier liefen Filmklassiker und zweitklassige Filme nebeneinander, fast immer ohne jede Kontextualisierung oder ein Rahmenprogramm, in der deutschen Synchronfassung und manchmal, wie im Kino, mit zwei Vorführterminen am Tag.688 In einigen Monaten machte das Spielfilmangebot ein Drittel bis die Hälfte des Programmangebots aus, dazu kamen noch Dokumentarfilme. Mehr als bei anderen Vermittlungsformen entschieden bei Filmen die Präsentation und Kontextualisierung darüber, welchen Nutzen sie für die Kultur- und Informationspolitik der USA erbrachten.

686 AH München, Programm März und April 1961. Eine weitere Ausstellung zu „Trickfilme aus Hollywood“ zeigte das Münchner Amerikahaus im November 1982. 687 S. zu diesem Ansatz im Bereich der kommunikationswissenschaftlichen Forschungen zum Verhältnis von Information und Unterhaltung Scholl/Renger/Blöbe (Hg.), Journalismus und Unterhaltung, vor allem die Beiträge von Bosshart, Information, und Früh/ Wünsch, Unterhaltung, S. 31–52. 688 1979 zeigte das DAI die Filme Zwei dufte Typen, Tanz der Totenköpfe, Der Erbe, For Whom the Bell Tolls, Alvarenz Kelly, A Place in the Sun, Louis, das Schlitzohr, Höllenkommando, Zwei wie Pech und Schwefel, Sindbads 7. Reise, The Midnight Man, Easy Rider, Meine Lieder, meine Träume, Donegal – König der Rebellen, Frankenstein – The True Story, Das Kabinett des Professor Bondi, Dr. Syn – Das Narbengesicht, Love With the Proper Stranger, Der Strohmann, Follow Me, Denn Pulverdampf ist kein Parfüm, Käptn Blackbeards Spuk-Kaschemme, Alle lieben Pollyanna, The Hindenburg, Spider Man – der Spinnenmensch, Little Big Man, Im Tal der Apachen, 12 Uhr nachts, Little Murders, Hot Spell, Bullwhip Griffin oder Goldrausch in Kalifornien. DAI Nürnberg, Programm Januar-Dezember 1979.

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2.4.3 Das Konzert- und Musikprogramm Musik eröffnete eine weitere Möglichkeit, ein breites Publikum anzusprechen und die eigene Bedeutung als große Kulturnation zu vermitteln. Kaum ein Monat verging, in dem nicht mindestens eine Pianist, ein Chor, eine Band oder ein Streichquartett in jedem der Amerikahäuser und DAI auftrat. Musik in den amerikanischen Kultur- und Informationszentren war live und weniger Gegenstand von Vorträgen. Ergänzt wurde das musikalische Programm durch Filmaufnahmen von Opern- oder Musicalaufführungen, bis in die 1960er Jahre hinein kamen dazu „Schallplattenkonzerte“, bei denen sich Musikliebhaber im Amerikahaus trafen, um gemeinsam klassischer Musik zu lauschen. Konzerte zogen ein großes Publikum an. Das DAI Nürnberg listete in seinem Tätigkeitsbericht für das Jahr 1972 auf, dass 700 Personen ein Cembalo-Konzert von Ralph Kirkpatrick besucht hatten, 350 kamen zu Herbert Stewart an der Gitarre, 500 zu einem Jazz-Konzert mit Chick Corea, und gar 850 bzw. 900 zu Konzerten der School Band and School Chorus of America und zur Champion Jack Dupree All Star Blues Band.689 Jazz- und Blueskonzerte im Tübinger DAI hatten laut eigenen Angaben Anfang der 1980er Jahre durchschnittlich 100–200 Besucher.690 Ein Gastspiel des Vermeer String Quartet aus Chicago zog 1983 1.000 Gäste an.691 In Hamburg traten die Patterson Singers 1968 vor über 800 Zuhörern auf.692 Das musikalische Programm der Amerikahäuser und DAI lässt sich in zwei Kategorien einteilen: erstens die Präsentation ernster Musik, zweitens originär amerikanische Musikstile. Ernster Musik galt in der Bundesrepublik, zumal in gebildeten Kreisen, lange als europäisch-abendländische Domäne und ein Gebiet, auf dem die USA nichts Vergleichbares vorzuweisen hatten.693 Im Konzertprogramm traten häufig Absolventen und Studierende berühmter amerikanischer Konservatorien wie der Juilliard School oder Mitglieder bekannter amerikanischer Orchester mit Werken der europäischen Klassik, der europäischen und amerikanischen klassischen Moderne und der Neuen Musik auf.694 Damit zeigten die Amerikahäuser und DAI einerseits, dass Amerikaner durchaus in der Lage waren, ernste Musik zu erfassen und 689 DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1972: BayHStA, Stk, Nr. 18209. 690 Für die genauen Zahlen s. die handschriftlichen Bemerkungen in den Monatsprogrammen des DAI zwischen 1981 und 1983. 691 DAI Tübingen, Programm Oktober 1983: StadtAT, E 418, Nr. 149. Das Konzert fand in Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat der Stadt statt. 692 USIA World vom Dezember 1968, Vol. 1, Nr. 7. 693 Riethmüller, Deutsche Leitkultur. 694 Viele kamen im Rahmen von Tourneen in die Bundesrepublik, doch oft besuchten jene amerikanischen Künstler – ähnlich wie bei Fulbright-Professoren – die Amerikahäuser und DAI, die gerade ein Engagement an europäischen Opernhäusern oder Theatern hatten.

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vorzüglich zu interpretieren, und andererseits, dass sie ebenso wie die Europäer einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung zeitgenössischer Musik leisteten. Sie machten das deutsche Publikum auf diese Weise auch mit amerikanischen Komponisten vertraut, hinter deren Namen manchmal extra der Vermerk „USA“ stand, um auf die Herkunft der für viele Deutschen unbekannten Namen hinzuweisen. Noch in den 1950er Jahren bestanden jedoch auch viele Vorurteile gegenüber bekannten Komponisten wie Copland, Thomson oder Gershwin, die häufig als Verflacher innovativer Europäer wie Strawinski oder Schoenberg galten, und auch gegenüber amerikanischen Interpreten: Ihre technische Virtuosität fand Anerkennung, aber eine eigene, neue musikalische Interpretation wurde ihnen vielfach abgesprochen.695 Typisch waren Konzertabende, bei denen amerikanische Künstler Stücke von beiden Seiten des Atlantiks interpretierten: In München spielte 1963 beispielweise der Pianist Robert Guralnik Stücke von Copland, Bach, Beethoven, Schubert, Fine und Chopin; oder in Frankfurt spielte Mary MacDonald 1972 Werke von Bach, Mendelssohn Bartholdy, Liszt, Chopin, Bartok und Griffes.696 Konzerte, die sich nur auf die Werke entweder europäischer oder amerikanischer Komponisten beschränkten, waren selten und wenn hauptsächlich im Bereich der amerikanischen zeitgenössischen Musik zu finden. Eine Besonderheit war die Reihe „Deutsch-amerikanische Interpretationen zeitgenössischer Musik“, die das Amerikahaus München zusammen mit dem Kulturreferat der Stadt veranstaltete. Zwischen 1965 und 1973 fanden pro Jahr mehrere solcher Konzerte im Amerikahaus statt.697 Dieses Musikprogramm der Amerikahäuser und DAI stieß sowohl bei der Presse als auch beim Publikum auf großes Wohlwollen. Die Zeitungsberichterstattung aus Hamburg und Regensburg zeigt exemplarisch, dass die Konzerte in der Großstadt Hamburg ebenso ihr Publikum fanden wie im ländlicheren Regensburg mit seinen damals weniger als 130.000 Einwohnern. Das Hamburger Abendblatt (HA) bescheinigte dem Flötisten William L. Montgomery 1963 eine bestechende Leistung, bei der er „sein Instrument förmlich zum Singen“ gebracht habe; später lobte das Blatt die „stille Kunst“ der Gitarristin Alice Artzt, die Nachwuchsmusiker Rolf Schulte und David Levine, den „souveränen Sängervortrag“ des Baritons Michal Ingham oder Martin Berkofsky als „Meisterpianist im Amerikahaus“.698 In Regensburg beschrieb die 695 Pells, Not Like Us, S. 181. 696 AH München, Programm November 1963; DAI Nürnberg, Programm Februar 1968; AH Frankfurt, Programm Mai 1972: ISG, S 3, Nr. 27200. 697 AH München, Programm 1965–1973. Darüber berichtete auch die USIA World vom Juni 1968, Vol. 2, Nr. 2. Der maßgebliche Initiator dieser Konzertreihe, der Musikwissenschaftler und Komponist Alfred Goodman, erhielt 1991 sogar das Bundesverdienstkreuz für sein Engagement. Für diese Auskunft danke ich der Bayerischen Staatskanzlei, Email vom 9. November 2008. 698 „Ein Flötenkonzert“: HA vom 20. Februar 1963; „Stille Kunst“: HA vom 29./30. No-

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Mittelbayerische Tageszeitung das Konzert Alice Artzts „im überfüllten Auditorium des DAI“ als „herausragende[s] musikalische[s] Ereignis“. Der TagesAnzeiger lobte den Kammermusikabend moderner Musik mir Stanley Weiner oder schrieb über einen Klavierabend: Wer diesen Klavierabend im DAI – für musikalisch-künstlerische Besonderheiten im Regensburger Konzertleben von wirklicher Bedeutung hat dieses Institut schon immer gesorgt und sorgt jetzt noch – erlebt hat, ist um wichtige Erkenntnisse in Sachen Musik der Gegenwart und Musik überhaupt und um ein künstlerisches Erleben reicher geworden.699

Immer wieder berichtete die Presse über einen vollbesetzten Saal des DAI und die musikalische Qualität der Konzerte.700 „Typisch amerikanische“ Musikstile bildeten den zweiten Schwerpunkt: Musicals, Jazz, Blues, Folk, Gospels und Spirituals. Sie waren seit den 1960er Jahren selbstverständlicher Bestandteil des Programms und wurden teilweise sogar mit klassischer Musik kombiniert. Allein im Jahr 1960 bot das Amerikahaus München zwei solche Veranstaltungen: im Februar 1960 auf einem Liederabend mit Stücken von Beethoven, Wolf, Copland und mit Spirituals; und im Juli 1960 gab das All America Chorus and Ballet „Hymnen, Kunstlieder, Volkslieder, Spirituals und Songs“.701 Auch in anderen Städten standen verschiedenste Musikrichtungen nebeneinander, wenn beispielsweise der Barrington’s Boys’ Choir Stücke von Purcell, Di Lasso, Bach, Schubert und Britten, aber auch „amerikanische Volkslieder und Spirituals“ im Programm hatte.702 „Spirituals und Songs“ verkörperten hier neben den Interpreten das amerikanische Element und standen selbstbewusst neben Namen wie Beethoven oder Bach. Amerikanische Musikstile eroberten langsam das Programm der Amerikahäuser und DAI und standen seit den späten 1960er Jahren etwa gleichauf mit klassischer Musik aus Europa. In Tübingen verschwanden klassische Konzerte später sogar fast ganz aus dem Programm des DAI, und selbst in München gab es zwar weiterhin Abende mit Kammermusik oder Solokünstlern, allerdings seltener als noch in den 1960er Jahren. Bis zur Mitte der 1960er Jahre ergänzten Musicals wie Show Boat und Oklahoma das klassische Musikprogramm der Amerikahäuser, vor allem aber Gershwins Folk-Oper Porgy and vember 1969; „Suche nach Neuem“: HA vom 10. September 1970; „Souveräner Sängervortrag“: HA vom 13. September 1975; „Meisterpianist im Amerikahaus“: HA vom 18. Januar 1979. 699 Zitiert nach DAI Regensburg, Tätigkeitsberichte 1970 und 1971, beide: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966–1993. 700 S. beispielsweise den Pressespiegel im Tätigkeitsbericht des DAI für das Jahr 1974: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966–1993. 701 AH München, Programm Februar 1960 und Juli 1960. 702 DAI Tübingen, Programm Juli 1965: StadtAT, E 418, Nr. 147; AH Frankfurt, Programm Juli 1962: ISG, V113/263.

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Bess.703 Auch Konzerte mit „Negro Spirituals und andere[n] amerikanische[n] Gesänge[n]“ oder „Volksliedern aus Amerika“ erfreuten sich großer Beliebtheit. Hier kamen Spirituals oder Gospels oder „Amerikanische Volkslieder, Lieder aus den Bergen, Seemanns- und Cowboy-Lieder [und] Party-Lieder“ zur Aufführung.704 Solche Konzerte dienten vermutlich – ebenso wie die Gastspiele amerikanischer Militärkapellen und -chöre – eher der Unterhaltung, boten eine Mischung aus vertrauten Amerika-Klischees und Neuem und dienten nicht unbedingt dazu, die USA als Land der Hochkultur zu präsentieren. Mit großen Schul-, Universitäts- oder Militärchören und -kapellen konnten sich die Amerikahäuser und DAI eines vollbesetzten Saales fast sicher sein.705 Jazz hingegen polarisierte. Die Deutschen seien keine „Neger“, bekam ein Meinungsforscher der USIA in der Bundesrepublik zu hören, und wünschten daher auch nicht, „Eingeborenen-Musik“ zu hören.706 Andererseits kamen von USIS-Posten aus der ganzen Welt Anfragen nach Jazzensembles, da insbesondere junge Leute diese Musik schätzten, und eine Meinungsumfrage der USIA im Jahr 1957 ergab, dass die Westdeutschen Jazz mehr schätzten als ihre europäischen Nachbarn.707 Auch wenn die Fronten langsam aufbrachen, war Jazz Anfang der 1960er Jahre immer noch ein kontroverses und schwierig zu handhabendes Thema für die Amerikahäuser und DAI.708 Langsam, aber

703 AH München, Programm März 1960, April 1960, Januar 1961, Juli 1961, April 1963, September 1963; AH Frankfurt, Programm April 1962: ISG, V113/261; DAI Regensburg, Programm Oktober 1968, Juli 1969, beide: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963– 1970; DAI Tübingen, Programm Juni 1968 und Juni 1969, beide: StadtAT, E 418, Nr. 147; DAI Nürnberg, Programm Mai 1965. Die USA setzten Porgy and Bess als Mittel im „Krieg der Kulturen“ (Bernd Stöver) in der Blockauseinandersetzung ein. Gershwins Folk-Oper tourte in den 1950er Jahren durch die ganze Welt. Unter anderem trat das amerikanische Ensemble auch in der Sowjetunion auf. Caute, The Dancer Defects, S. 452–457; Stöver, Der Kalte Krieg, S. 279. 704 DAI Tübingen, Programm Juni 1967: StadtAT, E 418, Nr. 147; AH München, Programm September 1960. 705 In Nürnberg besuchten 1964 800 Menschen ein Konzert der School Band of America, 1972 hörten 850 Menschen der School Band and School Chorus of America zu, s. DAI Nürnberg, Bericht über die amerikanischen Kulturtage 1964: PAAA, B 96, Nr. 706; DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1972: BayHStA, Stk, Nr. 18209; in Stuttgart sang der 7. Army Soldier’s Choir vor 350 Zuhörern, s. GK Stuttgart an US-Botschaft Bonn vom 5. Juni 1972: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1970–1973, Box 372; das Hamburger Abendblatt berichtete 1977 über einen „volle[n] Saal und begeisterte[n] Beifall“ für den Purdue Glee Club, s. „In strenger Zucht“: HA vom 31. Mai 1977. 706 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 155. 707 Poiger, Jazz, S. 164f. 708 Zur Auseinandersetzung um Jazz in der Bundesrepublik s. beispielsweise ebd., S. 137– 150; Poiger, American Music.

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stetig entwickelten sie sich jedoch zu Treffpunkten für Jazz-Fans. Ab 1955 traf sich beispielsweise ein Berliner Jazz-Club im dortigen Amerikahaus.709 Seit dem Ende der 1950er Jahre wandelte sich die Sichtweise auf Jazzmusik in der westdeutschen Gesellschaft, die nun zunehmend als respektabel galt. In Berlin eröffnete die Stadt 1960 sogar mehrere Jazz-Cafés, um Jugendlichen in ordentlicher, kontrollierter Umgebung die Möglichkeit zu geben, zu tanzen und Musik zu hören. Dahinter stand auch die Idee, Jazz zur „Zähmung“ randalierender „Halbstarker“ einzusetzen.710 Für die USIA, die Jazz nur zögerlich in ihr Programm aufgenommen hatte, bot diese Musikrichtung Vorteile wie keine andere. Jazz war ein vollkommen eigenständiger amerikanischer Musikstil, und als „black music“ eignete er sich, Vorurteilen gegenüber der Diskriminierung Schwarzer in den USA zu begegnen.711 Während der 1960er Jahre fanden Jazzkonzerte relativ selten in den Amerikahäusern und DAI statt. Von den nur elf Jazz-Abenden, die das Amerikahaus München zwischen 1960 und 1970 veranstaltete, waren nur vier LiveKonzerte, dazu kamen vier Filme mit und über Jazz, ein „Schallplattenkonzert“ sowie zwei Abende, an denen Musik und Vortrag bzw. Lyrik miteinander verbunden wurden.712 In Frankfurt, wo Jazz einen wesentlich höheren Stellenwert hatte, waren Live-Konzert während der 1960er Jahre ebenso selten wie in München. Dafür fand zwischen Ende 1961 und Anfang 1963 die Reihe „Reminiscences of American Jazz“ statt, die einmal im Monat Film- und Plattenaufnahmen mit Diskussion verband und damit das intellektuelle Potential von Jazzmusik betonte. In den frühen 1960er Jahren ergänzten weitere Plattenabende sowie Jazz-Filme das Programm, und auch die Bibliothek bot einiges an Jazz-Schallplatten und -Büchern.713 Dabei arbeitete das Amerikahaus 709 Poiger, Jazz, S. 146–148. Im Berlin vor dem Mauerbau dürfte es auch eine Rolle gespielt haben, dass Jazz, obwohl er auch in den USA und in Westeuropa lange gegen Vorurteile anzukämpfen hatte, als Mittel der kulturellen Auseinandersetzungen im Kalten Krieg eingesetzt wurde. S. dazu Von Eschen, Satchmo Blows Up the World; Caute, The Dancer Defects. 710 Dazu sowie zu den dahinterstehenden veränderten Konnotationen in der westdeutschen Gesellschaft im Hinblick auf Jazz s. Poiger, American Music, bes. S. 127, 139f.; Poiger, Jazz, S. 149, 164; Maase, BRAVO Amerika, S. 178f. 711 Von Eschen, Satchmo Blows Up the World, S. 6; Von Eschen, The Goodwill Ambassador, S. 152. 712 AH München, Programm Februar 1960, Juli 1961, Mai 1963, Februar 1964, Dezember 1964, Februar 1967, September 1967, August 1968, November 1968, September 1969, Januar 1970. 713 Im Dezember 1966 wies das Amerikahaus auf seinem Monatsprogramm auf neue Jazz-Platten hin, s. AH Frankfurt, Programm Dezember 1966: ISG, V113/321. S. beispielsweise auch die Buchhinweise im DAI Regensburg, Programm November 1965: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970. Zur großen Bedeutung Frankfurts in der westdeutschen Jazz-Szene s. Schwörer, Jazzszene Frankfurt; Schwab, Der Frankfurter Sound; Siebert, Jazz und Rock’n’Roll.

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immer wieder mit der Gesellschaft zur Förderung des New Orleans Jazz e.V. und der Deutschen Jazz Föderation zusammen.714 Auch in den DAI Regensburg und Nürnberg wuchs die Bedeutung von Jazz im Programm langsam an. Die Häuser zeigten regelmäßig Jazz-Filme, und seit den späten 1960er Jahren fanden regelmäßig Jazz-Konzerte statt. In Regensburg hatten auch lokale Jazz-Gruppen ein Forum im DAI, vor allem das Rabo Jazz Ensemble von Richard Wiedamann. Mit Wiedamann konnte das DAI auf einen ortsansässigen Jazz-Begeisterten zurückgreifen, der seit den 1950er Jahren Jazzkonzerte unter dem Namen „Jeunesses Musicales“ in Regensburg veranstaltete und die bayerische Jazz-Szene maßgeblich prägte. „Mr. Jazz“ organisierte nicht nur Konzerte mit dem DAI, sondern leitete zwischen Mai 1968 und April 1969 auch die Reihe „Jazz-Studio“. Alle zwei Wochen beleuchtete Wiedamann verschiedene Aspekte aus der Geschichte des Jazz und stellte einzelne Musiker vor.715 Für das DAI war es optimal, dass ein ortsansässiger Jazz-Kenner diesen Musikstil propagierte. Am deutlichsten verschoben sich die Akzente in Tübingen. Während sich in den anderen Amerikahäusern und DAI Jazz während der 1960er Jahre allmählich seinen Platz eroberte, scheint es zwischen 1960 und 1970 im Tübinger DAI keine Jazz-Konzerte gegeben zu haben. Ab 1970 organisierte es dann nicht nur regelmäßig Jazz-Konzerte im eigenen Haus, sondern im Rahmen seines Außenprogramms auch für Schulen und Volkshochschulen im Tübinger Umland.716 Einige Jahre lang bot das Haus gleichermaßen Abende mit klassischer Musik wie auch mit Jazz, doch seit etwa 1976/77 stand klassische Musik nur noch ganz vereinzelt auf dem Programm und Jazz bestimmte die musikalische Ausrichtung des Hauses.717 1961 und 1966 fragte das Amerikahaus München: „Gibt es eine eigenständige Musik in Amerika?“, und noch 1967 betonte der kalifornische Musikwissenschaftler Richard Collins: „Jazz ist auch Musik“.718 Später waren Bekundungen solcher Art auch für die Amerikahäuser und DAI nicht mehr nötig. Viele Befürchtungen, die im Zusammenhang mit Jazz gehegt worden waren – vor allem die Unterminierung der Geschlechterverhältnisse – waren 714 Beispielsweise AH Frankfurt, Programm Juli 1964: ISG, V113/285; AH Frankfurt, Programm Juli 1965: ISG, V113/296; AH Frankfurt, Programm Februar 1968: ISG, V113/323, AH Frankfurt, Programm Januar 1969: ISG, V113/333. 715 DAI Regensburg, Programm Mai 1968–April 1969: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970. 716 Auswärtige Jazz-Konzerte 1970–1972: DAI Tübingen, Programm Dezember 1970, Februar 1971, November 1971 (zwei Konzerte), März 1972 (zwei Konzerte), alle: StadtAT, E 418, Nr. 147. 717 1978 bis 1980 arbeitete das DAI mit dem Verein „Jazz im Prinz Karl“ zusammen. Dort fanden die Konzerte auch statt, das DAI fungierte nur als Mitveranstalter. 718 AH München, Programm März 1961, Oktober 1966; DAI Regensburg, Programm April 1967: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970.

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auf andere Musikstile wie Rock’n’Roll übergegangen.719 Dieser löste Jazz gewissermaßen als „unkultivierte“ Musikform ab, während Jazz zunehmend als intellektuelle, respektable Musikform mit eigenständigem kulturellem Gewicht galt. Dazu trug eine Unterscheidung im Hinblick auf amerikanische Musikstile bei, die Kaspar Maase folgendermaßen zusammenfasst: „Rock’n’Roll für die Arbeiterjugend, Jazz für die Bildungsschichten“.720 Während der späten 1950er und frühen 1960er Jahre setzte sich der meist unscharf für alle Formen rhythmus- und körperbetonter Musik gebrauchte Begriff „Jazz“ als trennscharfe Kategorie durch. Was im Selbstverständnis der Jazz-Fans längst klar war, sahen nun auch Kritikern so: Jazz zu hören war ein Mittel- und Oberschichtenphänomen und drückte „elitäres Selbstbewusstsein“ aus.721 Echte Jazz-Freunde hatten nichts mit den „Swing-Heinis“ zu tun, deren Musik die Amerikahäuser und DAI auch kaum thematisierten oder spielten.722 Jazz wurde, mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung, salonfähig für die Amerikahäuser und DAI, als er sein Image als Musikstil aufbegehrender Jugendlicher verloren hatte. 1972 und 1973 hatten die Häuser mit Chick Corea und Keith Jarrett sogar zwei bedeutende Jazz-Pianisten in ihrem Live-Programm.723 Mittels Jazz konnten die Häuser nun gleichermaßen die USA als Kulturnation präsentieren und ihre Zielgruppen, nämlich die gebildeten Bevölkerungsteile, ansprechen. Dazu zählte auch, dass Jazz zu einem erheblichen Teil über Filme, Platten und Vorträge vermittelt wurde. Dies ermöglichte, bestimmte Stücke oder Ausschnitte mehrfach zu hören, zu diskutieren und zu analysieren.724 Diese Vermittlungsform, die vor allem während der 1960er Jahre vorherrschte, signalisierte, dass es hier nicht um geistlose körperliche Tanzvergnügungen ging, sondern um die ernsthafte Auseinandersetzung mit ernsthafter Musik. Mit der Kombination aus klassischer Musik und Jazz deckten die Amerikahäuser und DAI das gesamte musikalische Spektrum ab. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die amerikanischen Kulturund Informationszentren nicht jede populäre amerikanische Musikrichtung propagierten. Rock’n’Roll, Beat- oder Popmusik suchte man in den Programmen der Häuser vergebens.725 Zwar setzten sie auch darauf, über bestimmte 719 Poiger, Jazz, S. 168. 720 Maase, BRAVO Amerika, S. 177. 721 Ebd., S. 178f. 722 Maase, Amerikanisierung von unten, S. 302. 723 AH München, Programm Oktober 1972 und März 1973; AH Frankfurt, Programm Oktober 1972: ISG, S3, Nr. 27200; DAI Nürnberg, Programm Oktober 1972 und März 1973; DAI Tübingen, Programm März 1973: StadtAT, E 418, Nr. 148. Diese Konzerte fanden nicht in den Amerikahäusern und DAI statt, sondern in größeren Konzerthallen. 724 Poiger, Jazz, S. 147. 725 Einige wenige Ausnahmen waren „Beat! Beat! Beat!“ (Film über die – allerdings britischen – Herman’s Hermits) im DAI Nürnberg, Programm Februar 1969; „The Sound of

2.4 „Culturally stimulating and intellectually mature“

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Konzertveranstaltungen ein junges Publikum anzuziehen, doch nicht mit beliebiger Musik. Geeignet schienen neben Jazz auch Blues und vor allem FolkMusik, obwohl diese Musikstile im Prinzip ebenso wenig der Vermittlung über Amerikahäuser und DAI bedurften, um Verbreitung zu finden, wie Beatund Popmusik. Anders als diese verkörperten Jazz und Folk jedoch das originär Amerikanische bzw. die traditionellen, volkstümlichen Wurzeln der amerikanischen Musik und waren dadurch legitimiert, im Programm amerikanischer Kulturzentren zu erscheinen. Die Veranstalter konnten davon ausgehen, mit Folk-Konzerten ein großes jugendliches Publikum anzusprechen, das sich seit Anfang der 1960er Jahre für Folk-Musik begeisterte.726 Für viele Jugendliche war Folk eine „Gegenbewegung zum seichten Schlager“, verkaufte sich aber auch zur Zufriedenheit der Musikindustrie gut und zog bald ein Publikum an, das nur wenig an politischen Inhalten interessiert war.727 Die Amerikahäuser und DAI negierten den politischen Impuls von Folk- und Protestsongs nicht. An zwei Abenden, die das Amerikahaus München 1966 zu „Folk Songs of our times“ veranstaltete, liefen auch Platten mit Liedern von Bob Dylan und Joan Baez.728 Meist wurde Folk-Musik jedoch in eine längere Entwicklungslinie eingebettet, beispielsweise „American Music: From Folk to Jazz and Pop“ und damit bis zu einem gewissen Grad seines Protestpotenzials beraubt.729 Gleichzeitig fand Folk auch völlig losgelöst von politischen Zusammenhängen statt, wenn das DAI Regensburg „American Folk Songs“ als Wohltätigkeitskonzert zugunsten der Regensburger Kinderweihnachtshilfe ankündigte oder in München der Amherst College Glee Club neben geistlicher Musik, Madrigalen und Opern auch Folksongs darbot.730 Beat-, Rockund Popmusik hatten weder das intellektuelle Potenzial, das Jazz zugeschrieben wurde, noch konnte sie aus amerikanischen Traditionen hergeleitet werden wie die Folk-Musik. Sie spielten daher, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keine Rolle im umfangreichen musikalischen Programm der Amerikahäuser und DAI.

Rock and Soul“ (Platten) im DAI Nürnberg, Programm November 1972; ein Auftritt der „Jazz-Rock-Big-Band“ im AH München, Programm April 1972, ein Auftritt des „Yale Studenten-Chors mit Pop und Pep“ im AH München, Programm Juni 1978. 726 Siegfried, Time Is on My Side, S. 571–600. Das DAI Heidelberg berichtete 1976, bei einem Konzert amerikanischer Folklore sei das Haus „von 400 (!) Zuhörern regelrecht gestürmt“ worden. DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1976, S. 2: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 102. 727 Siegfried, Time Is on My Side, S. 580, 582, 587. 728 AH München, Programm Februar und April 1966. 729 AH München, Programm September 1969; DAI Nürnberg, Programm Juni 1969. 730 DAI Regensburg, Programm Dezember 1966: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963– 1970; AH München, Programm Juli 1967.

290

2 Darstellen und deuten

2.4.4 Seriosität und Authentizität als Kennzeichen . des Kulturprogramms Die Country Plans thematisierten Musik ebensowenig wie Film, obwohl beide wichtige Mittel der amerikanischen Kultur- und Informationsarbeit bildeten. Zusammen mit Veranstaltungen zu Literatur, Kunst, Architektur, Wissenschaft, Technik und Forschung war sie Element einer amerikanischen kulturellen und wissenschaftlichen Leistungsschau, verbunden mit dem Bestreben, dass diese Leistung anerkannt wurde. Anders als im politisch-gesellschaftlichen Programm oder auch bei technisch-wissenschaftlichen Themen, wie der Raumfahrt, präsentierten die Amerikahäuser und DAI im Kulturbereich nur selten avantgardistische Strömungen. Wie die Beispiele Jazz und Beat-Generation in Musik und Literatur gezeigt haben, setzten sie auf Etabliertes und Anerkanntes, um die USA als seriöse Kulturnation zu präsentieren. Diese eher vorsichtige Öffnung hin zu neueren Entwicklungen im Kulturbereich mag noch auf die Erfahrungen der 1950er Jahre zurückzuführen sein, in denen westdeutsche und westeuropäische Eliten amerikanische Massenkultur als minderwertig und als Bedrohung für ihren eigenen Status angesehen ­hatten.731 Den Amerikahäusern und DAI ging es zudem darum, diejenigen Aspekte der amerikanischen Kultur zu demonstrieren, die Interesse wecken und bestärken konnten und die ein gewisses Maß an Konsensfähigkeit besaßen. Ungeeignet war alles, was im Gastland Anstoß erregen konnte oder mit jugendlicher Rebellion, Aufruhr und einem von außen inspirierten Wertewandel im Sinne eines Werteverfalls konnotiert war. Erst wenn Musik- oder ­Literaturstile etabliert und von Kreisen jenseits abgrenzungswilliger Jugendlicher anerkannt waren, kamen sie für das Kulturprogramm der Amerika­ häuser in Frage.732 Mit Bezug auf Kunstausstellungen wies PAO Klieforth die Häuser 1979 an: „We are not in the business to provoke undesirably contro­ versy.“733 Intellektuelle gehörten von Anfang an zum wichtigsten Zielpublikum der Amerikahäuser und DAI, und dies umso mehr, seitdem sich die Häuser nicht 731 Pells, Not Like Us, S. 238. 732 Aus der Vielzahl an Publikationen zu dem großen Themenkomplex von jugendlichem Lebensstil, Rebellion, amerikanischen Einflüssen und gesellschaftlichen Veränderungsprozessen s. Kroes, If You’ve Seen One; Maase, BRAVO Amerika; Poiger, Jazz; Siegfried, Time Is on My Side; Schildt/Siegfried, Between Marx and Coca Cola; Kurme, Halbstarke. 733 PAO Klieforth an alle BPAOs und Amerikahaus-Direktoren vom 9. Oktober 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 693. Gegen Ende der 1970er Jahre wandelte sich mit dem Anwachsen neokonservativer Strömungen das politische Klima in den USA. Der dezidierte Hinweis Klieforths ist vermutlich Ausdruck dieser Schwerpunktverlagerungen in den inneramerikanischen Kulturdebatten. Patterson, Restless Giant, S. 133–135.

2.4 „Culturally stimulating and intellectually mature“

291

mehr primär an ein breites Publikum, sondern an ausgewählte, kleinere Kreise von Multiplikatoren und Meinungsmachern und an gebildete Schichten wandten. Auch wenn die Unterscheidung zwischen Hoch- und Unterhaltungskultur in den USA kaum gebräuchlich und wenig amerikanisch war, mussten die Amerikahäuser und DAI doch auf diese Befindlichkeiten in ihrem Gastland Rücksicht nehmen, um erfolgreich zu sein.734 Gleichzeitig duften sie eine zweite wichtige Zielgruppe, nämlich Jugendliche mit einer höheren Schulbildung, nicht vernachlässigen, die sich früher und stärker amerikanischen Kultureinflüssen öffneten als die Generation ihrer Eltern. Die Häuser durften sich nicht darauf beschränken, europäische Kultur zu präsentieren oder zu imitieren, sondern mussten versuchen, Anerkennung für ausgewählte eigene, amerikanische Kulturprodukte, beispielsweise Jazz, zu gewinnen. Dieser Balanceakt kann erklären, warum die Amerikahäuser und DAI erst dann verstärkt bestimmte Kulturphänomene präsentierten, wenn sie bereits ein gewisses Maß an intellektueller Anerkennung erhalten hatten oder wie Folk-Musik als zeitgenössische Volksmusik auf ihre traditionellen Wurzeln verweisen und sich darüber legitimieren konnten. Mit der zunehmend selbstverständlichen Präsenz amerikanischer Kulturprodukte in der westdeutschen Gesellschaft und globaler werdenden Lebensstilen verschoben sich die Schwerpunkte spätestens seit den 1970er Jahren eher darauf, das „typisch amerikanische“ kenntlich zu machen und zu betonen sowie das kreative, intellektuelle Innovationspotenzial der USA zu beweisen.735 Im Hinblick auf den Ost-West-Konflikt war es für die USA natürlich wichtiger, ihre Kultur – beispielsweise Jazz – in der Sowjetunion und in den Staaten des Ostblocks zu propagieren und dort, gewissermaßen als „Sieg“ über die kulturellen Angebote des Ostblocks, zu etablieren. Dementsprechend richtete die USIA Konzertreisen und Ausstellungen in der Sowjetunion und in Osteuropa aus. Dennoch musste den USA daran gelegen sein, Anerkennung für ihre Kultur auch bei den eigenen Verbündeten zu gewinnen. Anerkennung auf kulturellem Gebiet bedeutete, im Sinne von soft-power-Strategien den eigenen Status als Hegemonialmacht zu festigen und nach außen sichtbar Stärke und Leistungsfähigkeit zu demonstrieren.736 Dazu gehörte auch, dass die Bundesbürger amerikanische Musik nicht einfach nur hörten und Schallplatten amerikanischer Musiker kauften, sondern dass sie dafür in die Ameri-

734 S. dazu Kroes (Hg.), High Brow. 735 USIS Bonn, Thematic Programming for USIS Germany vom 19. Januar 1973, S. 4: StadtAT, E 418, Nr. 125; USIS Germany, Country Plan FY 1974/75, S. 17: StadtAN, E 6/799, Nr. 126; USIS Germany, Country Plan FY 1982, S. 4: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. 736 S. dazu die Berichterstattung der Amerikahäuser und DAI zu „kommunistischer Propaganda“ in ihrem Gebiet: Holzapfel, USIS an alle Amerikahaus- und DAI-Direktoren vom 26. Januar 1968: StadtAT, E 418, Nr. 117.

292

2 Darstellen und deuten

Programmanteile DAI Regensburg 1965-1985 nach Besuchern 20000 18000

Besucheranteile in Prozent

16000 14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985

Filme

Konzerte

Vorträge

restl. Programm

Abb. 18738

kahäuser oder DAI gingen, also sichtbar konsumierten, indem sie sich in öffentliche Gebäude der Amerikaner begaben und diese durch ihren Besuch auch als Orte der Begegnung erhielten. Ein Äquivalent im Bereich der Literatur waren Veranstaltungen des Frankfurter Amerikahauses während der Buchmesse. Das Haus veranstaltete prominent besetzte Vorträge und Diskussionen während der Buchmesse, oder der amerikanische Botschafter gab einen Empfang im Amerikahaus für deutsche und amerikanische Verleger.737 Mit diesen hochkarätigen Veranstaltungen verlagerte das Amerikahaus zumindest 738

737 Außerdem organisierte und betreute das Bibliothekspersonal des Amerikahauses den seit Mitte der 1960er Jahre eingerichteten gemeinsamen Stand des American Publishers Council, des American Educational Publishers Institute, der USIA und des USIS. GK Frankfurt an Department of State vom 22. Oktober 1968: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1967–1969, Box 321; GK Frankfurt an Department of State vom 29. Dezember 1969: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1967–1969, Box 321; GK Frankfurt an Department of State vom 22. November 1971: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1970–1973, Box 372; GK Frankfurt an Department of State vom 1. November 1972: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1970–1973, Box 428. 738 DAI Regensburg, Tätigkeitsberichte 1966–1985: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966–1993. In die Auswertung einbezogen wurden Vorträge, Podiumsdiskussionen, Seminare, Konzerte, Theatervorführungen, Lesungen und Filmvorführungen. Nicht einbezogen wurden Filmvorführungen außer Haus und Ausstellungen.

293

2.4 „Culturally stimulating and intellectually mature“

Programmanteile DAI Tübingen 1968/69-1985 nach Besuchern 25000

Besucheranteile in Prozent

20000

15000

10000

5000

0 1968/69 1969/70 1970/71 1971/72

1976 Filme

1977

1978

Konzerte

1979 Vorträge

1980

1981

1982

1983

1984

1985

restl. Programm

Abb. 19740

einen Abend lang die Auseinandersetzung mit Literatur von der deutschen Buchmesse in den Raum des amerikanischen Kultur- und Informationsinstituts.739 Filme und Konzerte, aber auch Veranstaltungen zu Literatur, waren geeignet, ein großes Publikum anzuziehen (Abb. 18 und 19).740 739 1962 veranstaltete das Amerikahaus ein Podiumsgespräch zu „Buch und Publikum im Wandel der geistigen Konsumgewohnheiten“, an dem unter anderem die Verleger Gottfried Bermann Fischer, Simon Michael Bessie (Gründer des Atheneum-Verlages) sowie der Verleger Kurt Wolff teilnahmen. 1964 sprachen François Bondy und Melvin Lasky über „Funktionen der Literaturkritik in der modernen Gesellschaft“. 1968 diskutierten William Styron, der im gleichen Jahr mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet worden war, der britische Dichter Stephen Spender und Hellmuth Karasek über „Literature and Social Protest – The Role of Drama, Verse, and Fiction“. 1971 las Kurt Vonnegut im Amerikahaus. S. AH Frankfurt, Programm September 1962: ISG, V113/264; Programm September 1964: ISG, V113/268; GK Frankfurt an Department of State vom 22. Oktober 1968: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1967–1969, Box 321; GK Frankfurt an Department of State vom 22. November 1971: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1970–1973, Box 372. 740 DAI Tübingen, Tätigkeitsberichte 1968/69–1985, alle: StadtAT, E 418, Nr. 62. In die Auswertung einbezogen wurden Vorträge, Podiumsdiskussionen, Seminare, Konzerte, Theatervorführungen, Lesungen und Filmvorführungen. Nicht einbezogen wurden Exkursionen, Ausstellungen und Sprachkurse. Für die Jahre 1961/62 geben die Tätigkeitsberichte keine Besucherzahlen an. Die Berichte unterscheiden nicht zwischen Veranstaltungen in Tübingen und im Außenprogramm, sondern geben nur die Gesamtbesucherzahlen an. Daher liegen die Werte für Vorträge, die einen großen Anteil des Außenprogramms ausmachten, hier besonders hoch. Ab 1977 reduzierte das DAI Tübingen sein Außenprogramm drastisch (s. dazu S. 325f.).

464

294

2 Darstellen und deuten

Sorgfältig eingesetzt, dienten sie in zweierlei Hinsicht als Werbung: Erstens warben sie für amerikanische Kultur, und zweitens warben sie dafür, die Häuser selbst (oder ihre ausgelagerten Veranstaltungen) zu besuchen.741

741 S. dazu DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Programmbeirats vom 5. April 1973: StadtAT, E 418, Nr. 61. Dessen Mitglieder betonten, der Nutzen von Konzerten liege vor allem der Werbungsfunktion.

3 Interaktion: Die Amerikahäuser . und Deutsch-Amerikanischen Institute . als Symbolorte und als Elemente . der lokalen Kulturlandschaft 3.1 Kontakte und Beziehungen: . Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanische . Institute im lokalen Kontext Öffentlich wahrgenomen wurden die Amerikahäuser und DAI weniger als Instrumente der amerikanischen Außenpolitik, als Mittel der außenpolitischen Profilierung westdeutscher Parteien oder als Betätigungsfelder US-affiner Politiker und Wissenschaftler, sondern als Teil des lokalen Kulturlebens. Um sich in diesem Umfeld erfolgreich bewegen zu können und gleichzeitig ihren informationspolitischen Auftrag zu erfüllen, benötigten die Amerikahäuser und DAI mehr als nur Geld. Finanzielle Unterstützung durch den USIS und im Fall der DAI durch das Auswärtige Amt, die Kultusministerien der Länder und die Kommunen verschafften ihnen angemessene Räumlichkeiten, einen amerikanischen Direktor, Personal, Referenten, Künstler, Bücher und Filme. Enge Beziehungen zu geeigneten Personen, Institutionen und Organisationen erhöhten die Chancen, diese Mittel erfolgreich einsetzen zu können, ganz erheblich. Beziehungen, Kontakte und Kooperationen bildeten daher die zweite wichtige Ressource der Amerikahäuser und DAI. Im Geschäft dieses politischen Vertrauenserwerbs für die USA zählten nicht nur die Botschaften, sondern auch ihr personeller und institutioneller Vermittlungskontext. Dazu gehörten neben den Referenten und Künstlern, die für das Veranstaltungsprogramm ausgewählt wurden, auch die Kooperationspartner, Geldgeber, das Publikum, Fürsprecher, Mitglieder in den Trägervereinen der DAI oder Pressekontakte. Bei den DAI kamen die binationalen Verwaltungsgremien hinzu, die mit deutschen und amerikanischen Vertretern besetzt wurden. Diese Kontakte, Beziehungen und Kooperationen stellten für beide beteiligten Seiten – Amerikahäuser und DAI wie die deutschen Stellen und Personen – soziales Kapital dar: Anerkennung, Legitimierung und Prestige sowie oft auch gegenseitige, „langfristig nützliche[n] Verpflichtungen“.1 Das Ziel der USIA und des USIS bestand darin, dieses soziale Kapital im Sinne der amerikanischen Außenpolitik nutzbar zu machen und den Anspruch 1

Bourdieu, Ökonomisches Kapital, S. 197.

296

3 Interaktion

der USA auf leadership zu festigen.2 Solche Überlegungen zogen sich unter wechselnden Vorzeichen kontinuierlich durch die Konzeptionen amerikanischer Kultur- und Informationspolitik in der Bundesrepublik. Soweit wie möglich sollten dabei deutsche Kanäle zur Verbreitung amerikanischer Positionen genutzt werden. Dafür waren gute persönliche Kontakte unerlässlich.3 Mit der Neustrukturierung der USIA zur International Communication Agency unter Präsident Carter und USIA-Direktor Reinhardt rückten Ende der 1970er Jahre solche kommunikationszentrierten Ansätze der public diplomacy noch stärker in den Vordergrund. Ute Frevert zufolge muss „politische Vertrauenswerbung“ dabei jedoch unauffällig bleiben, will sie nicht gravierende Rückschläge erleiden; sie muss versuchen, Meinungsbildungsprozesse zu beeinflussen, anstatt politische Meinungen zu formen, und sie muss sich potenter Multiplikatoren bedienen, die sich ein Image der Wahrhaftigkeit, Fairness und Vertrauenswürdigkeit erworben haben.4

Die Amerikahäuser und DAI arbeiteten mit solchen Methoden, indem sie deutsche und amerikanische Experten aus den verschiedensten Bereichen – beispielsweise der Wissenschaft, Politik oder Musik – einluden, um ihre Thesen zu präsentieren und zu diskutieren oder ihre künstlerischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Der amerikanische Botschafter, die USIS-Mitarbeiter und die Direktoren der Amerikahäuser und DAI referierten zwar auch selbst immer wieder, doch ein Vortragsprogramm nur mit Rednern aus dem US-­ diplomatischen Kontext hätte wenig Aussichten gehabt, von der westdeutschen Bevölkerung akzeptiert zu werden. Die Häuser profitierten von der Glaub- und Vertrauenswürdigkeit, die sich ihre Referenten und Künstler bereits in anderen Kontexten erworben hatten, sei es in der scientific community, als Städteplaner, in der Außenpolitik oder als Truppenkommandanten. Umgekehrt boten sie ein Umfeld, das viele dieser Experten und Künstler ebenfalls als gewinnbringend für sich erachteten, sonst hätten sie die Einladungen nicht angenommen. Da die Honorare in den Amerikahäusern und DAI meist nicht allzu hoch lagen, standen finanzielle Erwägungen wohl nicht im Vordergrund.5

2 Zum Zusammenhang zwischen Vertrauen, sozialem und politischem Kapital s. Frevert, Vertrauen, S. 9. 3 USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 30: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 4 Frevert, Vertrauen, S. 30. 5 Laut Auskunft des Programmleiters des DAI Tübingen lagen dort die Honorare 1970 zwischen 150 und 200 DM, bei bekannten Referenten oder Journalisten zahlte das DAI auch 300–400 DM. DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung der Mitgliederversammlung vom 3. Dezember 1970: StadtAT, E 418, Nr. 59. Das DAI Nürnberg zahlte ebenfalls 200–300 DM, dazu kamen Fahrt- und Hotelkosten. DAI Nürnberg, FYI, o.A. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 184; s. auch DAI Nürnberg, Kostenaufstellung vom 21. Januar 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 324.

3.1 Kontakte und Beziehungen

297

Ähnliches gilt für die Kooperationen der Amerikahäuser und DAI mit anderen Institutionen und Organisationen. Manche dieser Verbindungen waren lose und sporadisch, andere regelmäßig und institutionalisiert. Von diesen vielfältigen Beziehungen konnten alle Seiten profitieren: Sie vergrößerten den finanziellen Spielraum aller Kooperationspartner, erschlossen das Beziehungsnetz der jeweils anderen und damit neue und größere Publikumskreise, verschafften Informationen und sie erleichterten die Erschließung neuer Kontakte über gemeinsam bekannte Dritte. Sie legitimierten die Beteiligten nach außen und erhöhten, so die Hoffnung, damit auch ihr Prestige. Kooperationen ermöglichten den Amerikahäusern und DAI, zumindest punktuell die Agenda anderer Einrichtungen durch Themenvorschläge zu beeinflussen und dort die Auseinandersetzung mit den USA anzuregen oder am Laufen zu halten. Waren solche Aussichten nicht gegeben, sank die Bedeutung einer Verbindung. So empfahl der Inspection Report des Jahres 1977 dem DAI Freiburg, sich stärker nach Mitveranstaltern jenseits der Universität umzusehen, da diese nicht mehr das Zentrum des Freiburger Kulturlebens sei.6 Im Gegenzug unterstützten die Amerikahäuser und DAI die Anliegen anderer. So halfen die gemeinsamen Veranstaltungen der wissenschaftlichen Amerikanistik vielerorts bei der Etablierung des Fachs an der Universität. Sie gaben Expertengruppen ein Forum und die Möglichkeit, ihre Themen und Thesen der Öffentlichkeit zu präsentieren, wie die Beispiele Umweltschutz und Städtebau gezeigt haben. Im Idealfall entstand ein Kreislauf, in dem Beziehungsnetze und Kooperationen das Prestige der Häuser und das Vertrauen in ihre Arbeit steigerten, was die Beziehungsnetze wiederum ausdehnte, verstärkte und verbesserte. Kontakte und Beziehungen hatten für die Amerikahäuser und DAI aus diesen Gründen ein hohen Eigenwert und waren dabei gleichzeitig ein Ziel, aber auch die Voraussetzung ihrer Arbeit. Nicht von ungefähr listete das Amerikahaus Frankfurt in seiner Jubiläumsbroschüre von 1996 alle Institutionen und Organisationen auf, mit denen es seit seinem Bestehen kooperiert hatte – und zwar noch vor einer Übersicht über prominente Referenten und Künstler, die zu Gast im Amerikahaus gewesen waren.7 Die Existenz eines solchen Beziehungsnetzes ist jedoch keine „soziale ‚Gegebenheit‘“, sondern „das Produkt einer fortlaufenden Institutionalisierungsarbeit“.8 Systematische Kontakt- und Adressenpflege im lokalspezifischen Umfeld gehörten daher auch in den Augen der USIA und des USIS zu den wichtigsten Aufgaben. Am deutlichsten wird dies im Bestreben, Daten von Personen und Institutionen zu sammeln, die als Zielgruppen galten und entweder bereits zum Publikum der 6

Inspection Report USIS Germany vom 7. November bis 9. Dezember 1977, S. 42: StadtAN, E 6/799, Nr. 705. 7 Amerikahaus Frankfurt (Hg.), Das Amerika Haus Frankfurt, S. 98f. 8 Bourdieu, Ökonomisches Kapital, S. 192.

298

3 Interaktion

Häuser gehörten oder für dieses gewonnen werden sollten. Erst in den frühen 1980er Jahren ersetzten die USIS-Mitarbeiter in der Bundesrepublik mit einiger Verspätung ihre bisherigen Karteikarten mit dem datenbankgestützten Distribution and Record System (DRS). Der langsam voranschreitende Aufbau solcher elektronischer Dateien und ihre unzureichende Nutzung waren der größte Kritikpunkt des Inspektionsteams, das 1977 alle USIS-Stellen, Amerikahäuser und DAI in der Bundesrepublik besuchte.9 Sie betrachteten die Kontakte und Beziehungen der Amerikahäuser und DAI als eine der wichtigsten Ressourcen, mit deren geschickter Nutzung der Erfolg der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik stand und fiel. Als das System schließlich funktionierte, gehörten regelmäßige Überprüfungen der Daten hinsichtlich ihrer Nützlichkeit für die zielgruppenorientierte Kontaktarbeit zur Routine.10 Mit der Umwandlung einiger Amerikahäuser in binationale Institute gelang es dem USIS, das bereits erarbeitete und vorhandene politische Vertrauen deutscher Stellen in die USA zu demonstrieren. Die Umwandlungen inszenierten und manifestierten ein deutsch-amerikanisches Vertrauensverhältnis, das allerdings in der Praxis immer wieder neu hergestellt und erarbeitet werden musste.11 Die binationale Struktur förderte die Glaubwürdigkeit der DAI, da nun auch deutsche Personen und Institutionen mit hoher Reputation, beispielsweise die Oberbürgermeister der jeweiligen Städte, an der Arbeit der Institutionen aktiv und nach außen hin sichtbar beteiligt waren. Umgekehrt barg diese Konstellation jedoch auch das Risiko, selbst an Prestige zu verlieren, wenn einer der Beteiligten an Glaub- und Vertrauenswürdigkeit verlor. Gleichzeitig verkörperten sie in ihrer Binationalität weiterhin den amerikanischen Anspruch auf leadership, da sie in der Öffentlichkeit immer noch als „Amerika“-Häuser galten. Zunächst war auch das Programm nach amerikanischen Vorgaben ausgerichtet. Erst seit Mitte der 1970er Jahre trug es wie oben dargelegt dem Prinzip der Binationalität stärker Rechnung.12

9

Inspection Report USIS Germany vom 7. November bis 9. Dezember 1977, S. 6, 11–18: StadtAN, E 6/799, Nr. 705. Den Inspektoren zufolge war beispielsweise in Frankfurt das sehr schlechte Verhältnis von versandten Einladungen und Besucherzahlen bei Veranstaltungen darauf zurückzuführen, dass die dortigen Mitarbeiter das Programm zur Besuchererfassung und -einteilung nicht richtig begriffen hatten und daher falsch anwendeten. S. ebd. S. 30. 10 PAO Tuch an Catherman, USICA vom 23. April 1981, S. 8: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. 11 Zur Bedeutung der Inszenierung von Vertrauen s. Bluhm, Vertrauensarbeit, S. 367. 12 Vgl. Kap. 1.2.3.

3.1 Kontakte und Beziehungen

299

3.1.1 Institutionalisierte . Beziehungen der Deutsch-Amerikanischen Institute Die Bereitschaft der Deutschen, sich an den Häusern finanziell und adminis­ trativ zu beteiligen, konnte in der Öffentlichkeit als Vertrauensvorschuss deutscher offizieller Stellen in die künftige Entwicklung der deutsch-amerikanischen Beziehungen präsentiert werden. Dieser Effekt einer aus der finanziellen Not geborenen Maßnahme überraschte auch den USIS. Amerikanische Zeitungsberichte und Zeitzeugeninterviews mit früheren USIA-Mitarbeitern zeigen, dass viele die deutsche Kooperationsbereitschaft als überwältigend empfanden, als Bestätigung ihrer eigenen Arbeit und nicht zuletzt als gutes Geschäft.13 Auch in späteren Jahren wies der USIS darauf hin, dass die DAI für die USA ein vorteilhaftes Arrangement darstellten: Der amerikanische Staat bekomme für einen wesentlich geringeren finanziellen Aufwand praktisch gleichwertige Arbeit.14 Gleiches galt aber auch für die deutschen Geldgeber. Bis 1962 waren für die Deutschen zwar fast gar keine Kosten mit denAmerikahäusern verbunden, doch auch unter den neuen Vorgaben blieben die Belastungen überschaubar, da sich die Kosten der deutschen Seite auf drei Finanzierungspartner verteilten. Die Länder und vor allem der Bund demonstrierten mit ihren Beiträgen ihre Wertschätzung für die USA und hofften im Gegenzug auf das Wohlwollen der Vereinigten Staaten, und die Kommunen behielten ein Kulturinstitut, dessen Budget sie nur teilweise übernehmen mussten. So waren in allen Städten die jeweiligen Oberbürgermeister bereit, entweder dem Vorstand oder dem Verwaltungsrat vorzusitzen.15 Die vormaligen Amerikahäuser hatten seit ihrer Gründung so viel Ansehen und Vertrauen erworben, dass es für die Stadtoberhäupter eine Ehrensache war, der Umwandlung nicht nur zuzustimmen und finanzielle Unterstützung zu gewähren, sondern aktiv die Geschicke der Häuser langfristig mitzugestalten.16 In einigen Städten beteiligten sich außerdem Stadträte an der Verwaltung der binati13 „Nine German Towns Offer Aid to U.S.I.A.“: New York Times vom 16. November 1961; „This One’s On Us“: Columbus Republican vom 22. November 1961; „An Offer to Help Pay“: Philadelphia Inquirer vom 24. November 1961; „The Germans Like ’Em“: Toledo Blade vom 25. November 1961. S. auch Interview mit Alexander A. Klieforth vom 15. August 1988; Interview mit Maurice E. Lee vom 9. Februar 1989; Interview mit Albert E. Hemsing vom 18. April 1989; Interview mit Hans N. Tuch vom 4. August 1989, alle über: Frontline Diplomacy. 14 Inspection Report USIS Germany vom 7. November bis 9. Dezember 1977, S. 41: StadtAN, E 6/799, Nr. 705. 15 Eine Ausnahme war Tübingen: Hier hatte der jeweilige Regierungspräsident von Südwürttemberg-Hohenzollern das Amt des Vorstandsvorsitzenden inne, während der Oberbürgermeister dem Kuratorium des DAI angehörte. DAI Tübingen, Liste der Vorstandsund Kuratoriumsmitglieder, o.D. [1965]: PAAA, B 96, Nr. 894. 16 Soweit aus den Akten ersichtlich, übernahmen die Oberbürgermeister unabhängig von-

300

3 Interaktion

onalen Institute. Damit besaßen die DAI wichtige Verbindungen in die jeweiligen Stadt- oder Gemeinderäte und damit zu wichtigen Geldgebern. Umgekehrt ermöglichten die genaueren Kenntnisse der Arbeitsabläufe in den DAI den Kommunalpolitikern, ihre an den lokalen Gegebenheiten orientierten Interessen einfließen zu lassen. Dies galt in besonderem Maße für Nürnberg, wo der städtische Kulturreferent bis 1972 dem Vorstand des DAI angehörte. Die Stadtparlamente legten durchaus Wert auf diese Verbindungen. Der Nürnberger Stadtrat beschloss beispielsweise, dass Vertreter aller Fraktionen im Verwaltungsrat des DAI vertreten sein sollten, und in Heidelberg bemängelte der Gemeinderat 1965, dass im Vorstand des DAI keine aktiven Mitglieder der Stadtverwaltung vertreten waren, sondern nur solche, die bereits aus dem Dienst ausgeschieden waren. Um eine enge Verbindung zum Gemeinderat zu gewährleisten, forderten die Fraktionsvorsitzenden, aktive Gemeinderatsmitglieder in den Vorstand zu entsenden, während die Pensionäre in den Verwaltungsrat wechseln sollten.17 Land und Bund entsandten nicht immer Vertreter ihrer jeweiligen Behörde in den Vorstand und den Verwaltungsrat, sondern oft – wenn überhaupt – nur in eines der Gremien.18 Meist betrauten sie ortsansässige Stellvertreter mit der Wahrung ihrer Interessen.19 So vertrat über Jahrzehnte hinweg Oberstaatsanwalt Hans Sachs, einer breiten Öffentlichkeit aus der Fernsehshow „Was bin ich?“ bekannt, mit großem Engagement den Freistaat Bayern und das Auswärtige Amt im Vorstand des DAI Nürnberg.20 Im Verwaltungsrat saß Peter Strieder, stellvertretender Direktor des Germanischen Nationalmuse-

17

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einander diese Aufgaben, ohne dass eine gegenseitige Bezugnahme über die Ländergrenzen hinweg erkennbar wäre. DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung der Mitgliederversammlung, des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 4. Juni 1965: PAAA, B 96, Nr. 890. Die beiden Betroffenen wehrten sich gegen diese Pläne und plädierten dafür, im Vorstand zu bleiben und die aktiven Gemeinderatsmitglieder in den Verwaltungsrat zu entsenden. S. ebd. Beide waren engagierte Gründungsmitglieder des Trägervereins. Sie nahmen beide später noch lange als Ehrenmitglieder an den Sitzungen teil, während nunmehr mit dem Bürgermeister und dem Leiter des Steuer- und Rechnungsamtes zwei aktive Mitglieder der Stadtverwaltung dem Vorstand angehörten. Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 24. November 1971: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 102. In den baden-württembergischen DAI vertrat seit den frühen 1970er Jahren Horst-­ Günter Jansen das Kultusministerium im Verwaltungsrat, im DAI Nürnberg vertraten ebenfalls seit den frühen 1970er Jahren erst Ferdinand Jaquet, dann Heinrich Wackerbauer das bayerische Kultusministerium. Das bayerische Kultusministerium vermerkte dazu 1962, dass Persönlichkeiten, die mit den lokalen Gegebenheiten vertraut waren, besser zur Vertretung des Landes geeignet seien als Angehörige der Ministerien. MinR Strössenreuther an BayStk vom 19. Juni 1962: BayHStA, Stk, Nr. 18211. MinDir Keim an BayStK vom 8. Juni 1962: BayHStA, Stk, Nr. 18211.

3.1 Kontakte und Beziehungen

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ums, für den Freistaat,21 später auch Richard Popp, der Leiter der Außenhandelsabteilung der Indusrie- und Handelskammer (IHK) Nürnberg. Der Bund ernannte 1973 Gerd E. Weers, den Generaldirektor der Triumph-Werke, zu seinem Repräsentanten und war außerdem für viele Jahre durch die Präsidenten der Bundesbahndirektion Nürnberg, Hugo Strössenreuther und Hermann Dürr, vertreten.22 In den Universitätsstädten nutzten DAI und Wissenschaftler gleichermaßen die Möglichkeit, über die binationalen Verwaltungsgremien ihre Kontakte zu verstärken und zu institutionalisieren.23 Viele der Professoren,24 die dem Verwaltungsrat oder Vorstand eines DAI angehörten, hatten Lehrstühle in den Fächern Anglistik oder Amerikanistik inne, doch einige vertraten auch andere Fachrichtungen. In Darmstadt repräsentierten mit dem Chemiker Helmut Witte und dem Ingenieur Rudolf Klein zwei Rektoren der TH ihre Hochschule. Dem ersten Verwaltungsrat des DAI Heidelberg gehörte der Altgermanist Peter Wapnewski an.25 Ihm folgten mit Rudolf Sühnel und Teut A. Riese zwei Direktoren des Anglistischen Seminars, von denen letzterer bis weit in die 1980er Jahre hinein dem Verwaltungsrat angehörte. In den 1980er Jahren gehörte der Politologe Klaus von Beyme ebenfalls diesem Gremium an.26 21 Ebd. 22 AA an Weers vom 1. Juni 1973: StadtAN, E 6/799, Nr. 77; DAI Nürnberg, Liste der Mitglieder des Verwaltungsrats, o.D. [1962]: StadtAN, E 6/799, Nr. 73; DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1978: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1426. Für die anderen DAI ist meist nicht ausgewiesen, wer das Land und den Bund vertrat bzw. ob überhaupt dezidierte Vertreter benannt wurden. 23 Die baden-württembergischen DAI waren besonders eng mit den jeweiligen Universitäten verbunden. In den anderen Städten waren Universitätsangehörige seltener in den Gremien vertreten. So nahm die Universität Regensburg erst 1967 ihren Betrieb auf. Das Institut für Anglistik und Amerikanistik der Friedrich Alexander-Universität Erlangen/Nürnberg (FAU) befand sich in Erlangen, nicht in Nürnberg. In den hessischen DAI lösten sich die ursprünglichen Trägervereine auf, als der USIS ab 1966 seine Zahlungen einstellte und die DAI in unterschiedlichem Maße in die städtische Verwaltung inte­ griert wurden. Auf der Veranstaltungsebene kooperierten aber auch die bayerischen und hessischen DAI häufig mit den jeweiligen Universitäten. 24 Professorinnen waren nicht vertreten. Die Verwaltungsgremien waren während des gesamten Untersuchungszeitraums fast ausschließlich männlich besetzt; weibliche Mitglieder waren vereinzelt Stadträtinnen oder Mitarbeiterinnen der DAI. 25 OB Engel an BPA vom 15. März 1962: PAAA, B 96, Nr. 704; DAI Darmstadt, Aufstellung der Mitglieder des Verwaltungsrats und der Vereinsmitglieder vom November 1965: StadtAD, ST 24, Nr. 1215; DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung der SchurmanGesellschaft vom 13. April 1962: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 145. 26 DAI Heidelberg, Aufstellung der Mitglieder des Verwaltungsrat, o.D. [1966]: PAAA, B 96, Nr. 890; DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 24. November 1971: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 102; DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 27. Februar 1975: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 102; DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats vom 20. Januar 1978: HStAS, EA 3/505, Bü

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Auch in Freiburg ergaben sich langfristige Verbindungen. Mit Arnold Berg­ straesser und dem Amerikanisten Franz Link übernahmen zwei Professoren der Albert-Ludwigs-Universität das Amt des Vorstandsvorsitzenden und seines Stellvertreters. Nach dem Tod Bergstraessers, der sich sehr für das DAI engagiert hatte, folgte der Wirtschafts- und Sozialhistoriker Clemens Bauer für mehr als ein Jahrzehnt als Vorstandsvorsitzender.27 Das Tübinger DAI und das Englische Seminar der Universität arbeiteten ebenfalls eng zusammen. Gerhard Müller-Schwefe leitete das Kuratorium des DAI, dem auch der Amerikanist Hans-Joachim Lang angehörte, zeitweise auch sein Kollege Martin Christadler.28 Der Direktor der Abteilung für Amerikanistik an der Universität, Alfred Weber, leitete 1971/72 die Sonderkommission zur Umgestaltung des DAI,29 und auch dem neu geschaffenen Programmbeirat gehörten stets Mitglieder der Universität an.30 Viele der Professoren, die diese Gremienarbeit leisteten, kooperierten bei Veranstaltungen selbst eng mit den DAI, so etwa Alfred Weber, der in den 1960er und 1970er Jahren mehrere Vorlesungsreihen zur Literatur der USA mit dem DAI durchführte. Seit den 1970er Jahren waren die Universitäten, insbesondere die Amerikanistik, und die Amerikahäuser und DAI zudem über die Absolventen der Universität miteinander verbunden. In Tübingen assistierte Axel Markert, der erste Hauptfach-Absolvent der dortigen Abteilung für Amerikanistik, mehrere Jahre dem Programmleiter des DAI, bevor er selbst 1972 für kurze Zeit dieses Amt übernahm. Als Leiter des Akademischen Auslandsamts arbeitete er auch später eng mit dem DAI zusammen.31 Der erste deutsche Direktor des Instituts, der bis zum Wegfall der amerikanischen Gelder 1986 dessen Geschäftsführer gewesen war, kam wie auch andere DAI-Mitarbeiter über das Institut für Empirische Kulturwissenschaften zum DAI.32 Christoph Peters, der langjährige Programmdirektor des Amerikahauses München, hatte Zeitungswissenschaften studiert und war dann 1966 maßgeblich daran beteiligt, dass sein früheres Institut Räume im Amerikahaus bezog. Auch Renate Semler, die über 352/7; DAI Heidelberg, Protokoll der Mitgliederversammlung der Schurman-Gesellschaft vom 21. Oktober 1983:HStAS, EA 3/505, Bü 352/9. 27 DAI Freiburg, Protokoll der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 11. Juli 1962: StadtAF, C5/1866; DAI Freiburg, Liste der Gründungsmitglieder und Mitglieder vom 30. Dezember 1969: PAAA, B 96, Nr. 736. 28 DAI Tübingen, Protokoll der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 17. April 1962: StadtAT, E 418, Nr. 59; „Auf gesunden Füßen“: Schwäbisches Tagblatt vom 9. Dezember 1967. Lang wechselte 1967 an die FAU, wo er bis 1986 lehrte und häufig mit dem DAI Nürnberg zusammenarbeitete. 29 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung der Sonderkommission vom 25. Juni 1971: StadtAT, E 418, Nr. 53; DAI Tübingen, Tischvorlage Alfred Weber für die Sitzung der Sonderkommission vom 29. Februar 1972 (Entwurf): StadtAT, E 418, Nr. 53. 30 Markert, Die Amis und die Uni, S. 60. 31 Ebd. 32 Ebd.

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30 Jahre für das Programm des Amerikahauses Berlin verantwortlich war, hatte zuvor Amerikanistik studiert, ebenso Gerhard Wiesinger (Programmleiter Amerikahaus Frankfurt) und Bernd Herbert (Programmleiter Amerikahaus Köln).33 Sie alle brachten ihre bereits bestehenden Verbindungen zu den Universitäten mit. Nach Auskunft von Renate Semler veränderte sich aber auch die Programmgestaltung, seitdem ausgebildete Amerikanisten dafür verantwortlich waren. Sie setzten vor allem im Bereich der Lehrerfortbildungen, aber auch im regulären Veranstaltungsprogramm andere Akzente als die früheren Programmleiter, die oft keine akademische Ausbildung gehabt hatten, und verstärkten so die Kontakte zu den Universitäten.34 Mit der binationalen Verwaltungsstruktur entwickelte sich rund um die DAI ein relativ fester Kreis an Personen und Institutionen, die aus unterschiedlichen Beweggründen die Sache des DAI unterstützten. Dazu gehörten auch die Mitglieder der DAI-Trägervereine. Das DAI Tübingen setzte früher als alle anderen auf diese Form der Anbindung. Während in den meisten DAI nur die Geldgeber bzw. die Mitglieder der binationalen Gremien auch Vereinsmitglieder waren, gab es in Tübingen seit Bestehen des binationalen In­ stituts auch für Privatpersonen, Institutionen, Firmen oder Körperschaften des öffentlichen Rechts die Möglichkeit, Vereinsmitglied zu werden. Eine Mitgliederliste vom Mai 1961 listete 166 Mitglieder auf.35 Sie alle zahlten Mitgliedsbeiträge und stellten damit einen nicht unerheblichen Teil des DAIEtats.36 Damit hob sich das DAI Tübingen von den anderen binationalen Instituten ab – zum einen wegen des hohen Eigenanteils am Etat, den die Ver33 Gespräch mit Renate Semler vom 12. Februar 2009; Auskunft per Email von Gerhard Wiesinger vom 11. März 2009. 34 Gespräch mit Renate Semler vom 12. Februar 2009. 35 Hier und im Folgenden DAI Tübingen, Mitgliederliste vom 25. Mai 1961: StadtAT, A 200, Nr. 1900. Davon waren etwa 100 Privatpersonen, etwa 20 Firmen, ebenso viele Verbände, zwölf Stadtverwaltungen, neun Volksbildungswerke und Volkshochschulen, zwei Landkreise, eine Zeitung und eine Partei. Teilweise geht aus der Liste nicht ganz klar hervor, was gemeint ist, ob also z.B. ein Fabrikant als Privatperson oder seine Firma Mitglied war. Unklar ist auch die Bezeichnung „Kreisverband“ ohne näheren Zusatz. Die Angaben sind daher nur ungefähre Zahlen. Unter den Mitgliedern waren Fabrikanten, Professoren, Oberstudienräte, Abgeordnete, Minister, Bürgermeister, Stadträte, Rechtsanwälte, ein Kaplan und eine Landwirtschaftslehrerin. Bei einigen fehlt allerdings eine Berufsangabe. Unter den Verbänden waren lokale Gruppen der Arbeiterwohlfahrt, des Berufsverbandes der Hausfrauen, der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft, eine Handelskammer und der Verband der Südwestdeutschen Bekleidungsindustrie. 36 Zu den Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen s. DAI Tübingen, Rechenschaftsberichte 1963–1985, alle: StadtAT, E 418, Nr. 2. 1963 betrugen die Mitgliedsbeiträge 23.076 DM (8,8 Prozent am Gesamtetat ohne die Kosten für den amerikanischen Direktor und die Materialleistungen des USIS, aber mit USIS-Barzuschuss); 1968 lag die Summe bei 19.052 DM (6,8 Prozent), 1973 dann 15.161 DM (4,9 Prozent), 1978 21.330 DM (4,4 Prozent), 1983 wieder 33.369 DM (5,8 Prozent).

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einsmitglieder selbst aufbrachten, zum andern wegen der starken Verankerung im Tübinger Umland, die zu einem größeren Außenprogramm verpflichtete, als dies bei anderen DAI der Fall war. Nicht zuletzt ist die starke Stellung der Mitgliederversammlung in der Verwaltung des DAI zu nennen. Als bereits bestehendes und finanziell involviertes Gremium waren die Mitglieder 1961/62 nicht ohne weiteres bereit, ihre Befugnisse an einen Vorstand und einen Verwaltungsrat abzutreten, wie das in anderen DAI die Regel war, die keine solche Tradition hatten.37 Bis Mitte der 1970er Jahre stieg die Zahl der Mitglieder auf 345 und sank danach bis auf 231 im Jahr 1980 ab. 1983 hatte das DAI 512 Einzelmitglieder, 112 Familien, 16 Firmen und Institutionen, sieben Stadtverwaltungen, sechs Landkreise und 13 Volkshochschulen.38 Neben den Mitgliedsbeiträgen hatte das DAI noch andere Vorteile. So bemerkte Direktor Bruce Koch Anfang 1972, viele der Mitglieder seien auch Referenten im DAI, forderten aber oft weniger Honorar als andere.39 Eine ständige Herausforderung blieb die Frage, was das DAI seinen Mitgliedern im Gegenzug anbieten konnte. Sie erhielten den Newsletter über Aktivitäten des DAI, aber darüber hinaus musste das DAI andere Anreize schaffen, um Mitglieder zu werben. Bei den Kooperationspartnern im Außenprogramm übernahm das DAI normalerweise ein Drittel des Honorars und einen Teil der Reisekosten. War der Mitveranstalter aber Vereinsmitglied, zahlte das DAI die Hälfte des Referentenhonorars.40 Einzelpersonen erhielten beispielsweise vergünstigten Eintritt.41 Andere DAI richteten erst deutlich später und unter dem Eindruck ihrer schwierigen Finanzlage erfolgreich solche Mitgliedschaften ein.42 Auch bei 37 Zu diesen Kontroversen s. die Protokolle der Sitzungen der Mitgliederversammlung aus den Jahren 1961 und 1962: StadtAT, E 418, Nr. 59; RegPräs Birn an BPA vom 27. April 1962: PAAA, B 96, Nr. 707; BPA, Aktenvermerk Kloft vom 23. Mai 1962: PAAA, B 96, Nr. 707; Schweinitz, BPA an RegPräs Birn vom 2. Juli 1962: PAAA, B 96, Nr. 707; Telegramm RegPräs Birn an BPA vom 27. Juli 1962: PAAA, B 96, Nr. 707; Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 12. September 1962: StadtAT, E 418, Nr. 57. 38 DAI Tübingen, Vorlagen zur Sitzung der Mitgliederversammlung vom 16. Dezember 1983. 39 DAI-Direktor Koch an DPAO Bennett vom 21. Januar 1972: StadtAT, E 418, Nr. 125. 40 DAI Tübingen, Rundbrief der Programmabteilung vom März 1973: StadtAT, E 418, Nr. 61. Wie lange diese Zahlen galten, ist mangels weiterer Unterlagen unsicher. 41 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Programmbeirats vom 13. Juli 1973: StadtAT, E 418, Nr. 61. Zu weiteren Überlegungen, welche Vorteile den Mitgliedern angeboten werden könnten, s. DAI-Direktor Koch an DPAO Bennett vom 21. Januar 1972: StadtAT, E 418, Nr. 125. 42 Das DAI Freiburg hatte seit dem Sommer 1976 fördernde Mitglieder und berichtete Ende des Jahres von bisher 48 Unterstützern. 1977 waren es bereits 51 Privatpersonen, dazu 13 Firmen. Für drei dieser Firmen arrangierte das DAI Sprachkurse. 1984 förderten etwa 110 Privatpersonen das DAI mit 50 DM und zehn Firmen mit Beträgen zwischen 200 und 500 DM pro Jahr. DAI Freiburg, Rechenschaftsbericht 1976: HStAS, EA 3/505, Bü 351/7; DAI Freiburg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwal-

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den rein amerikanisch finanzierten Amerikahäusern gab es Freundeskreise. In München gründete sich 1972 der Verein „Freunde des Amerika Hauses e.V.“, der ab Mitte der 1970er Jahre als Mitveranstalter der „American Film Series“ auftrat und auch andere Veranstaltungen unterstützte.43 Mit der Ausnahme Tübingens entstanden diese Freundeskreise und Vereine alle während der 1970er Jahre, in denen sich bei den deutschen Finanzierungspartnern neue Konzeptionen des Binationalen herausbildeten. Dies spiegelte auch den veränderten Blick der Deutschen auf die deutsch-amerikanischen Beziehungen im Unterschied zu den frühen 1960er Jahren. Die Initiative von deutscher Seite, Förderkreise für die DAI zu gründen und die Bereitschaft von Privatpersonen und Firmen, hier Mitglied zu werden, deutet darauf hin, dass mit den Forderungen nach mehr Mitspracherecht und stärkerer Ausrichtung auf deutsche Interessen eine gesteigerte Bereitschaft einherging, Verantwortung zu übernehmen. Die DAI erschienen in dieser Perspektive nicht mehr als amerikanische Einrichtungen, die gewissermaßen als amerikanisches Produkt der USA von außen in die Stadt gekommen waren, sondern waren auch zu etwas „Eigenem“ geworden. So führte die binationale Finanzierungsstruktur zwar einerseits zu Unsicherheiten, weil die Häuser nun von mehreren Geldgebern abhängig waren, vergrößerte aber andererseits den Kreis derer, die das Haus aktiv unterstützten. Fast alle Mitglieder der Verwaltungsgremien verfügten aufgrund ihrer beruflichen Positionen selbst über ausgedehnte politische, akademische oder wirtschaftliche Netzwerke, auf die sie bei Bedarf zurückgreifen konnten. Vor allem trug der Einsatz der deutschen Gremienmitglieder maßgeblich dazu bei, die immer wieder drohende Streichung der Bundeszuschüsse abzuwehren. Sie setzten sich für die DAI ein und mobilisierten ihre Kontakte, das Gleiche zu tun. Besonders eindrücklich zeigt sich dies im Fall Nürnbergs. Als die Stadt 1973 ihre finanzielle Unterstützung einstellte, galt es, eine Lücke von 132.000 DM zu schließen, die anderen deutschen Geldgeber zu bewegen, das DAI tungsrats vom 2. Mai 1977: HStAS, EA 3/505, Bü 351/7; DAI Freiburg, Protokoll der Sitzung der Mitgliederversammlung vom 15. November 1984: HStAS, EA 3/505, Bü 351/10. Das DAI Heidelberg entschloss sich 1982 anlässlich des 20jährigen Jubiläums der Schurmann Gesellschaft e.V., einen Freundeskreis ins Leben zu rufen, der die Finanzlage des Instituts verbessern sollte. Ähnlich ging das DAI Nürnberg vor. OB Zundel und BM Klette an RegDir Jansen vom 12. März 1982: HStAS, EA 3/505, Bü 352/9; Informationsblatt des DAI Nürnberg, o.D.: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1428. 43 AH München, Programm März 1975–Dezember 1978. Die erste Veranstaltung, für die der Verein als Mitveranstalter ausgewiesen wird, war „An Evening with Edward Albee“ mit dem International Theatre. AH München, Programm Dezember 1977. Die Monatsprogramme geben keinen Aufschluss über diesen Kreis, seine Mitglieder, Tätigkeiten oder Förderungsmaßnahmen. Zur Gründung s. den kurze Hinweis auf der Homepage des Vereins, der seit 1999 den Namen „Amerika Haus Verein“ trägt: http://www.amerikahausverein.de/verein.html.

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weiterhin zu unterstützen und einen neuen Vorstandsvorsitzenden zu finden, nachdem Oberbürgermeister Andreas Urschlechter das Amt niedergelegt hatte. Der USIS stellte mit einem außerplanmäßigen Zuschuss die Finanzierung für das Jahr 1973 sicher. Danach sprangen örtliche Unternehmen ein: Alexander Meyer, der Direktor der Kabel- und Metallwerke Gutehoffnungshütte AG, erklärte sich dazu bereit, den Vorstandsvorsitz zu übernehmen, und über die IHK Nürnberg-Fürth kamen 1974 insgesamt 71.300 DM an Spenden für das DAI zusammen.44 Für diese Erfolge waren Mitglieder des Vorstands und des Verwaltungsrats verantwortlich, vor allem von Oberstaatsanwalt Hans Sachs, der Meyer wegen der Frage des Vorstandsvorsitzes kontaktierte und in Verhandlungen mit der IHK stand, und außerdem Peter Strieder und Richard Popp, die beide dem Verwaltungsrat des DAI angehörten.45 Letzterer organisierte als Leiter der Außenhandelsabteilung der IHK Nürnberg die Spendensammlung und gewann auch den Leiter der IHK, Konsul Walter Braun, dafür. Ihrem Aufruf folgten über 50 Unternehmen von Grundig über Quelle, Bosch und Staedtler bis hin zu den den Leonischen Drahtwerken mit Spenden zwischen 200 und 5000 DM.46 Viele sagten Spenden für mehrere Jahre zu, und mancher versah seine Spende mit persönlichen Anmerkungen, so etwa Walter Donner von den Doria-Werken Fürth, der bemerkte: „Ich hatte schon von der beschämenden Handlungsweise der Stadt Nürnberg gehört. Es ist bedauerlich, dass gerade die Leute, die bei anderer Gelegenheit so viel von Dankbarkeit sagen, darunter selbst gar nichts verstehen. Ich beteilige mich an der Aktion.“47 Viele Firmen forderten das Veranstaltungsprogramm des DAI an, das damit seine Kontakte zu einer wichtigen Zielgruppe ausweiten konnte.48 Das Beispiel Nürnbergs zeigt jedoch auch, dass solche Kontakte und Netzwerke der permanenten Pflege bedurften. Mit einer einmaligen Anstrengung war es nicht getan. 1975 lagen die Firmenspenden noch bei 59.650 DM, 1976 bei 60.000 DM, 1977 aber nur noch bei 28.750 DM.49 Der erste Spendenaufruf bezog sich nur auf die Jahre 1974 bis 1976, danach versäumte das 44 DAI Nürnberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 17. Dezember 1973: BayHStA, Stk, Nr. 18211; DAI Nürnberg, Rechnungsprüfungsbericht 1974: StadtAN, E 6/799, Nr. 83. Meyer blieb für mehr als zehn Jahre Vorstandsvorsitzender des DAI. 45 BayMK an AA vom 12. Mai 1973: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1430; DAI Nürnberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 17. Dezember 1973: BayHStA, Stk, Nr. 18211. 46 Spendenzusagen 1973/74: StadtAN, E 6/799, Nr. 539. Es handelte sich um Absichtserklärungen, nicht um Verpflichtungen. Die Gesamthöhe der tatsächlichen Spenden ergibt sich aus dem Rechnungsprüfungsbericht. 47 Donner, Doria-Werke an Braun, IHK vom 8. Januar 1974: StadtAN, E 6/799, Nr. 539. 48 DAI Nürnberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 17. Dezember 1973: BayHStA, Stk, Nr. 18211. 49 DAI Nürnberg, Rechnungsprüfungsberichte 1975–1977, alle: StadtAN, E 6/799, Nr. 83.

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DAI, weiterhin aktiv um die Unternehmen zu werben und sich als lohnender Empfänger für Zuwendungen zu präsentieren. 1977 startete Hans Sachs daher eine neue Initiative, die aber weit geringeren Erfolg hatte.50 Sowohl die Zahl der Firmen als auch die Spendenhöhe sanken beträchtlich, sodass nur 28.750 DM zusammenkamen.51 Erschwerend kam hinzu, dass 1977/78 die währungs- und wirtschaftspolitischen Spannungen zwischen den USA und der Bundesrepublik zunahmen. Die Unternehmen waren mit der amerikanischen Wirtschaftspolitik besonders unzufrieden und litten unter der Dollarschwäche.52 Dies ließen sie auch das DAI spüren: Die IHK zeigte sich verstimmt über die amerikanische Politik, und 1978 sanken die Firmenspenden auf 3.600 DM.53 Auf der amerikanischen Seite der meist paritätisch besetzten binationalen Gremien herrschte eine wesentlich höhere Fluktuation. Blieben viele deutsche Mitglieder jahre- oder gar jahrzehntelang im Vorstand oder Verwaltungsrat der DAI tätig, wechselten die amerikanischen Mitglieder fast jährlich. Fast ausnahmslos handelte es sich um USIS-Mitarbeiter der US-Generalkonsulate, Militärangehörige und Vertreter amerikanischer Bildungseinrichtungen wie dem Junior Year Abroad-Programm für amerikanische Studierende, amerikanischen Highschools oder Colleges für die Kinder der in Westdeutschland stationierten Soldaten. Seltener gehörten Vertreter amerikanischer Unternehmen einem Verwaltungsrat an.54 Da die US-Amerikaner als Diplomaten oder Truppenangehörige immer nur für kurze Zeit in der Bundesrepublik lebten, beeinflussten sie die Diskussionen und Verhandlungen in den DAI kaum. In den Sitzungen dominierten die deutschen Vertreter sowie die Mitarbeiter des USIS als der Behörde, die gegenüber den Direktoren weisungsbefugt war und die Richtlinien der Programmarbeit maßgeblich bestimmte. Als Plattform für regelmäßige Kontakte zwischen Deutschen und den Amerikanern, die als 50 DAI Nürnberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 14. Januar 1977: BayHStA, Stk, Nr. 18209. 51 Spendenzusagen 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 539. 52 James, D-Mark und Dollar, S. 358. 53 DAI Nürnberg, Rechnungsprüfungsbericht 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 83; USIS Bonn, Quarterly Report vom 31. Januar 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 229. 54 In Heidelberg saß der Direktor der John Deere AG Mannheim für mehrere Jahre mit im Verwaltungsrat, s. DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 24. November 1971: STAHD, Abgabe Zentralbüro, vorl. Nr. 102; DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 27. Februar 1975: STAHD, Abgabe Zentralbüro, vorl. Nr. 102. In Tübingen war ein Vertreter von Pan American World Airway System im Kuratorium, s. DAI Tübingen, Liste der Vorstands- und Kuratoriumsmitglieder, o.D. [1965]: PAAA, B 96, Nr. 894. In Nürnberg vertrat mit Unterbrechungen ein Mitarbeiter von American Express die USA im Verwaltungsrat, s. DAI Nürnberg, Liste der Mitglieder des Verwaltungsrats, o.D. [1962]: StadtAN, E 6/799, Nr. 80; DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1975: StadtAN, E 6/799, Nr. 565.

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Soldaten oder im Umfeld des Militärs in der Region lebten, ermöglichten diese Sitzungen jedoch ein gegenseitiges Kennenlernen. Die DAI waren mit der deutschen wie der amerikanischen Seite administrativ verbunden, verkörperten gewissermaßen gemeinsamen Boden und den beiderseitigen guten Willen für ein deutsch-amerikanisches Miteinander. Die DAI-Direktoren in den Städten, die große Truppenkontingente beherbergten, gehörten daher ganz selbstverständlich jenen Gremien an, die das Zusammenleben von Deutschen und amerikanischen Militärangehörigen verbessern wollten. Solche Gespräche wurden besonders wichtig, als Anfang der 1970er Jahre Gewaltund Drogendelikte bei amerikanischen Soldaten und damit auch die Ressentiments der deutschen Bevölkerung gegenüber den Truppen zunahmen.55 Ein solches Gremium war das Community Relations Advisory Council (CRAC) in Nürnberg. Hier trafen sich regelmäßig der Brigadier General der amerikanischen Truppen, weitere Truppenangehörige, Vertreter der Städte Nürnberg und Fürth, der Polizei und der Bundeswehr, der Kirchen und einige andere.56 Die Gespräche behandelten Themen von der Diskriminierung schwarzer Soldaten in Gasthäusern über sportliche Wettkämpfe für Deutsche und Amerikaner, gemeinsame Waldsäuberungsaktionen oder Drogenpro­ bleme bis hin zu dem Vorhaben, möglichst vielen amerikanischen Soldaten zu ermöglichen, die Weihnachtstage in einer deutschen Familie zu verbringen.57 Anders als die Vertreter der amerikanischen Truppen und der deutschen offiziellen Stellen standen die DAI-Direktoren in keiner Verbindung zu den problematischen Vorkommnissen und waren daher für beide Seiten geeignet, als Vermittler zu fungieren. Informationen über Probleme und Lösungsansätze waren aber auch für den USIS und die Programmplanung der Amerikahäuser und DAI interessant, um auf aktuelle Themen wie den Drogenmissbrauch eingehen zu können.58 Über das CRAC erfuhr der Direktor des DAI aus erster Hand von den Problemen zwischen der deutschen Bevölkerung und den amerikanischen Soldaten, von den Lösungsansätzen sowie gemeinsamen Aktionen.59 In Heidelberg war es sogar Direktor Thomas F. Johnson, der anregte, „dass Deutsche und Amerikaner in Heidelberg die Gettogrenzen [sic!] überschreiten“ und zu diesem Zweck den Deutsch-Amerikanischen Beratungsausschuss wiederzubeleben, der früher schon einmal in Heidelberg 55 USIS Germany, Quarterly Report vom 9. Dezember 1975: StadtAN, E 6/799, Nr. 229; Inspection Report USIS Germany vom 7. November bis 9. Dezember 1977, S. 7: StadtAN, E 6/799, Nr. 705. S. dazu auch Nelson, A History of U.S. Military Forces, S. 83f., 106–110. 56 Protokoll der Sitzungen des CRAC vom 15. März 1974 und vom 2. November 1977, beide: StadtAN, E 6/799, Nr. 697. 57 Ebd.; DAI Nürnberg, Monthly Highlights Report vom 5. Januar 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. 58 Ebd. 59 Ebd.

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bestanden hatte.60 Er schlug vor, sich monatlich mit Vertretern der Stadt, der Polizei und der amerikanischen Gemeinde zu treffen, um bei einem gemeinsamen Mittagessen Probleme zu besprechen und Informationen auszutauschen.61 Kontakte zu den US-Truppen bestanden schon seit langem, schon allein, weil immer wieder Militärangehörige in den Amerikahäusern und DAI Vorträge hielten oder die Chöre, Bands und Kapellen der US Army dort Konzerte gaben. Seit den 1970er Jahren, als die Probleme zwischen der deutschen Bevölkerung und den amerikanischen Truppen zunahmen und deren Ansehen in der Bundesrepublik sank, vertiefte und verstetigte der USIS diese Beziehungen. Vor Ort fiel es den Amerikahäusern und DAI zu, beratend tätig zu werden und dabei zu helfen, Probleme zu vermeiden und aus der öffentlichen Berichterstattung herauszuhalten.62 Auf kulturellem Gebiet waren manche DAI ebenfalls in feste Zirkel integriert. So war der Direktor des Nürnberger DAI Mitglied des städtischen Kulturbeirats – auch über das Ende der städtischen Zuschüsse hinaus.63 In Heidelberg bildete das DAI zusammen mit den Städtischen Bühnen, den Fakultäten der der neuen Philologien, der Volkshochschule, der Stadtbücherei und dem Institut Français einen kulturellen Arbeitskreis.64 Wie die Ausschüsse zur Verbesserung des deutsch-amerikanischen Zusammenlebens versorgten Verbindungen dieser Art die binationalen Institute regelmäßig mit aktuellen Informationen aus dem städtischen Kulturleben. Sie banden das jeweilige DAI aber vor allem in Kreise ein, die sich mit übergreifenden Fragen der Zusammenarbeit jenseits konkreter gemeinsamer Veranstaltungen beschäftigten. Durch die binationale Struktur verfestigten sich bereits bestehende Kontakte und neue traten hinzu. Als DAI banden die Häuser Personen, Institutionen und Organisationen fester an sich, und diese wiederum die Institute enger an ihre Städte. Für die DAI war es wichtig, auf diese Weise vernetzt zu sein, denn obwohl sie mit vielen lokalen Kultureinrichtungen zusammenarbeiteten, kam es doch immer wieder zu Spannungen.

60 DAI-Direktor Johnson an OB Zundel vom 17. Januar 1973: STAHD, Ablieferung Zen­ tralbüro, vorl. Nr. 145. 61 Ebd. 62 USIS Bonn an DPAO Berlin, alle BPAOs und die DAI Heidelberg, Nürnberg und Saarbrücken vom 26. Juni 1973: StadtAT, E 418, Nr. 125. 63 Kulturreferent Glaser an DAI-Direktor Allen vom 13. August 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 131; Strieder an OB Urschlechter vom 15. Oktober 1973: StadtAN, E 6/799, Nr. 95. 64 DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1964: PAAA, B 96, Nr. 890.

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3.1.2 Zwischen Konkurrenz und Kooperation: . Das Verhältnis zu deutschen und ausländischen Kultureinrichtungen Konkurrenz zwischen den DAI und anderen Kultureinrichtungen entstand vor allem, wenn es um städtische Zuschüsse ging.65 Mit ihrem übergreifenden Ansatz, der eine Bibliothek, ein Vortragsprogramm, Konzerte, Theateraufführungen und Ausstellungen miteinander verband, überschnitten sich die Tätigkeitsbereiche der DAI mit denen anderer Kultur- und Bildungseinrichtungen. Zudem waren die Amerikahäuser als Vorläufer der DAI keine „eigenen“ Gründungen, sondern waren gewissermaßen von außen gegründet worden, erhielten Gelder aus den USA und arbeiteten in deren Auftrag. Viele der anderen Kultur- und Bildungsinstitutionen kooperierten aber auch mit den DAI, die auf solche Kontakte besonders angewiesen waren, um eine Chance zu haben, erfolgreiche Kultur- und Informationsarbeit zu betreiben. Sowohl die Städte wie auch die DAI mussten dieses Gleichgewicht zwischen Konkurrenz und Kooperation immer im Auge behalten. So erklärte die Badische Volkszeitung 1966, als das Freiburger DAI nach seiner Renovierung wieder öffnete: „Die neue Bibliothek will keine Konkurrenz zu schon bestehenden Einrichtungen sein, sie ist eine vorzügliche Ergänzung […]“.66 Die US-finanzierten Amerikahäuser hatten diese Probleme in wesentlich geringerem Ausmaß, da sie nicht mit anderen Kultureinrichtungen um Mittel konkurrierten. Je nach lokaler Konstellation und in Abhängigkeit von der Finanzlage, geplanten Projekten und den beteiligten Persönlichkeiten unterstützten oder kritisierten andere städtische Einrichtungen die kommunale Bezuschussung der DAI zu verschiedenen Zeitpunkten. So bemängelte der Leiter der Heidelberger Volkshochschule 1961 die Beratungen der Stadt über mögliche Zuschüsse für das Amerikahaus und wies darauf hin, dass die Volkshochschule ins zweite Glied abgeschoben werde. Er schlug vor, Aufgaben des geplanten DAI an die Volkshochschule abzutreten und sie mit mehr Personal auszustatten, um ihr eine bessere Stellung im öffentlichen Leben zu verschaffen.67 65 Auch ohne die Frage deutscher Zuschüsse spielte die Konkurrenz um Gelder, Räume, Besucher und Prestige von Anfang an eine Rolle im Verhältnis zwischen den Amerikahäusern und anderen Kultureinrichtungen. S. dazu Krauss, Nachkriegskultur in München, S. 169; Repser, Das Amerika-Haus Erlangen, S. 768–771; Wachter, Kultur in Nürnberg, S. 266–270; Hein-Kremer, Amerikanische Kulturoffensive, S. 329; OB Gaßmann an OB Gmelin vom 3. Oktober 1955: StadtAT, A 200, Nr. 1886. 66 „Bibliothek im neuen Amerika-Haus“: Badische Volkszeitung vom 15. März 1966. Ähnlich beschrieb der Direktor des Heidelberger DAI 1968 die Rolle seines Hauses: Es stehe „nicht in Konkurrenz mit den anderen kulturellen Institutionen der Stadt, sondern in Wechselwirkung zu ihnen“, s. „Die Rolle des Amerika-Hauses in Heidelberg“: Heidelberger Tageblatt vom 23. Oktober 1968. 67 Stahl, VHS Heidelberg an OB Weber vom 26. Oktober 1961: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 145.

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Oberbürgermeister Weber griff diese Einwände auf und gab gegenüber dem USIS zu bedenken, bei einer Umwandlung werde das Amerikahaus von manchen als Konkurrenz angesehen werden. Institute, wie etwa die Hochschule für Musik, die Stadtbücherei, die Volkshochschule, um nur einige zu nennen, würden argumentieren, dass die Stadt einen größeren Nutzen haben würde, wenn sie den gewährten Zuschuss zusätzlich einer dieser bestehenden Einrichtungen […] zukommen ließe, statt ihn für das binationale Institut aufzuwenden.68

Als das DAI dann Mitte der 1970er Jahre überlegte, Englischkurse anzubieten, passierte dieser Vorschlag den Verwaltungsrat nur unter der Bedingung, nicht in Konkurrenz zur Volkshochschule und zum Berufsfortbildungswerk zu treten.69 In Freiburg hingegen sprach sich der Stadtrat und Leiter der Volkshochschule, Alfred Riemensperger, für die Bezuschussung des DAI aus und betonte, er werde sich nicht darauf berufen, falls höhere Zuschüsse auch für seine Einrichtung notwendig würden.70 Daran hielt er auch fest, als der Stadtrat Mitte der 1960er Jahre diskutierte, die städtischen Zuschüsse zu erhöhen, und schon mehrfach Schwierigkeiten wegen der unsicheren Bundeszuschüsse aufgetreten waren.71 Beide Male insistierten andere Stadträte, lieber den Etat der Volkshochschule – also für Riemenspergers eigenes Haus – zu erhöhen und für das DAI besser eine feste Summe als einen prozentualen Anteil am Gesamtetat zu vereinbaren. Die Volkshochschule sei ein „echtes Bildungsinstrument“, so Stadtrat Fleig, und man müsse unbedingt „das, was man für die Volkshochschule und das Amerika-Haus gebe, in eine rechte Relation bringen“.72 Riemensperger betrachtete das Amerikahaus jedoch nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung: Mit seinem relativ hohen Etat könne das Amerikahaus im Gegensatz zur Volkshochschule kostenlos Veranstaltungen anbieten. Dies fand Riemensperger unterstützenswert.73 In Nürnberg hingegen beschwerte sich die Volkshochschule, Referenten kämen wegen der höheren Honorare lieber ins DAI.74 Anderthalb Jahre später beendete der Abschlussbericht einer von der Stadt eingesetzten Rationali68 OB Weber an PAO Hoofnagle vom 10. November 1961: StadtAF, C5/1866. 69 DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats vom 19. Juli 1974: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 102. 70 Protokoll der Sitzung des Stadtrats vom 20. Februar 1962 (nicht öffentlich): StadtAF, C5/1866. 71 Protokoll der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses vom 16. September 1965 (nicht öffentlich): StadtAF, C5/1867. 72 Protokoll der Sitzung des Stadtrats vom 20. Februar 1962 (nicht öffentlich): StadtAF, C5/1866; Protokoll der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses vom 16. September 1965 (nicht öffentlich): StadtAF, C5/1867. 73 Protokoll der Sitzung des Stadtrats vom 20. Februar 1962 (nicht öffentlich): StadtAF, C5/1866. 74 DAI Nürnberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 21. Mai 1964: StadtAN, E 6/799, Nr. 79.

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sierungskommission die Diskussionen um diese Frage und bestätigte, dass die „Honorarleistungen des Instituts […] im Rahmen der für derartige Veranstaltungen üblichen Beträge“ lagen: „Es kann nicht angenommen werden, dass hier Reduzierungen möglich sind“.75 Doch auch dem städtischen Schul- und Kulturreferenten Glaser war die parallele Bezuschussung von DAI und Volkshochschule bzw. Bildungszentrum ein Dorn im Auge.76 Verschiedene Pläne, das DAI als Abteilung in das Bildungszentrum zu integrieren, als Institut für Kunst der Gegenwart oder als städtisches Internationales Institut weiterzuführen, scheiterten zwar letztlich, zielten darauf, das DAI in seiner bestehenden Form aufzulösen und städtische Einrichtungen zu stärken, indem sie Arbeitsgebiete des DAI übernahmen.77 Indem er auf die Begehrlichkeiten anderer Kulturinstitute setzte, konnte sich Glaser deren Unterstützung bis zu einem gewissen Grad sicher sein. So wie das Bildungszentrum und die Kunsthalle zeigte auch die Stadtbibliothek Interesse. Sie hatte schon länger ins Auge gefasst, die DAI-Bibliothek zu übernehmen. Als Glaser 1966 um vertrauliche Vorschläge bat, welche Schwerpunktbildungen oder Koordinierungsmöglichkeiten die städtischen Kultureinrichtungen sahen, falls das DAI umstrukturiert würde, wartete die Bibliothek bereits mit konkreten Plänen zur Raumnutzung auf.78 Auch diese Pläne zerschlugen sich, doch noch Anfang 1969 besuchten Angestellte der Stadtbibliothek auf Weisung Glasers heimlich die DAI-Bibliothek, um unauffällig die Buchbestände abzuschätzen und zu kalkulieren, welche Kapazitäten die Stadtbibliothek bei einer Übernahme benötigen würde.79 Weniger ausgeprägt war die Konkurrenz der Amerikahäuser und DAI mit anderen ausländischen Kulturinstituten. Viele DAI arbeiteten regelmäßig mit den französischen, britischen oder italienischen Kulturinstituten zusammen. Sie registrierten jedoch genau, wenn eines dieser anderen Institute sein Angebot ausbaute. Der Besuch des französischen Botschafters in Tübingen war ebenso Gegenstand auf der Sitzung des dortigen DAI-Kuratoriums wie die verstärkten kulturpolitischen Aktivitäten der Franzosen in der Stadt.80 Im Herbst 1960 besprach das Gremium ausführlich den prestigeträchtigen und 75 Bericht über eine Untersuchung beim DAI Nürnberg vom 23. Dezember 1966, S. 17: StadtAN, C 85/I, Nr. B 109. 76 Das Bildungszentrum entstand 1965 aus dem Zusammenschluss von Volkshochschule, Sprachinstitut und Jugendzentrum. S. zur Geschichte der beiden Institutionen Wollenberg, Die Demokratie unterbauen, S. 172. 77 Dreykorn an Kulturreferent Glaser vom 16. November 1965: StadtAN, C 73, Nr. 506. 78 Stadtbibliothek an Schul- und Kulturreferat vom 2. Dezember 1966: StadtAN, C 73, Nr. 506. 79 Bericht der Stadtbibliothek an Kulturreferent Glaser vom 14. Januar 1969: StadtAN, C 73, Nr. 506. 80 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Kuratoriums vom 1. April 1960: StadtAT, E 418, Nr. 60.

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kostspieligen Ausbau des Turnierplatzes durch die Franzosen, die Gründung einer deutsch-französischen Gesellschaft und den Tag der offenen Tür in der französischen Garnison, bei der es ein kostenloses Hammelkeulenessen und ein Beduinenzelt gegeben habe.81 Sowohl der amerikanische Generalkonsul Paul B. Taylor als auch andere betonten mehrfach, das französische Engagement sei sehr zu begrüßen und man befinde sich keinesfalls in einem Konkurrenzverhältnis. Everett D. Chapman, der Direktor des DAI, bemerkte jedoch spitz, leider sei sein Etat zu klein, um den französischen Hammelkeulen ein „allgemeines Truthahnschlachten“ am Baggersee entgegenzusetzen, woraufhin Oberbürgermeister Gmelin beruhigend einwarf, „solche Tricks“ entfalteten ohnehin keine langfristige Wirkung.82 Vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen den USA und Frankreich sowie der Atlantiker-GaullistenKontroverse in der Bundesrepublik nahm 1965 aber auch der Country Plan Bezug darauf, wie sich Frankreich in der Bundesrepublik präsentierte. Da Frankreich seine kulturpolitischen Aktivitäten verstärkte, sollte der USIS seine Kulturarbeit ebenfalls ausbauen, um so das Verständnis und die Akzeptanz für die amerikanische Außenpolitik zu erhöhen – „even if such programs do not ostensibly relate to the Objectives“.83 Solche Bezüge auf die Kulturund Informationspolitik anderer Staaten in den Country Plans blieben jedoch die Ausnahme, vor allem, wenn es sich um verbündete Staaten handelte. Kritischer beobachtete der USIS hingegen die mögliche Konkurrenz durch „kommunistische Propaganda“ in der Bundesrepublik. Im Berichtswesen der Amerikahäuser und DAI bildete diese Frage in den späten 1960er Jahren zeitweise sogar einen eigenen Punkt,84 und Anfang der 1980er Jahre entwickelte USIA-Direktor Charles Wick mit „Project Truth“ eine Strategie, die eigens darauf ausgerichtet war, der sowjetischen Propaganda entgegenzutreten, für die ihm nicht zuletzt Westeuropa anfällig schien.85 Besonders 81 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Kuratoriums vom 23. September 1960: ­StadtAT, E 418, Nr. 60. Diese verstärkte französische Präsenz fiel mitten in den Algerienkrieg, der zu Spannungen im amerikanisch-französischen Verhältnis führte. S. Lundestad, The United States and Western Europe, S. 153f. 82 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Kuratoriums vom 23. September 1960: ­StadtAT, E 418, Nr. 60. 83 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1965 (Field Message Nr. 132), S. 2: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. In den Blick gerieten vor allem Regionen, in denen Frankreich sehr aktiv, die Kultur- und Informationsarbeit der USA hingegen weniger präsent war. So wies der Country Plan für 1966 darauf hin, dass in Rheinland-Pfalz besondere Seminare für Lehrer veranstaltet würden, da das Land stark von der französischen Kulturpolitik beeinflusst sei. USIS Germany, Revised Country Plan FY 1966, S. 2: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 84 Holzapfel, USIS an alle Amerikahaus- und DAI-Direktoren vom 26. Januar 1968: StadtAT, E 418, Nr. 117. 85 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 408.

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während der Verhandlungen im Rahmen der Neuen Ostpolitik der Regierung Brandt und nach dem Abschluss des Viermächteabkommens über Berlin am 3. September 1971 berichteten der USIS und die amerikanische Botschaft in Berlin detailliert über die Versuche der Sowjetunion, dort Kulturpolitik zu betreiben. Bei einem Gespräch zwischen dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Schütz, USIA-Direktor Frank Shakespeare, dem amerikanischen Botschafter in Berlin sowie weiteren Vertretern der Stadt, des USIS und der amerikanischen Regierung wies Schütz darauf hin, das Amerikahaus bekomme mit dem neuen sowjetischen Generalkonsulat in Berlin neue Konkurrenz. Er rechnete mit verstärkten kulturellen Aktivitäten der Sowjetunion und hoffte, die Amerikaner würden ihre Kulturarbeit ebenfalls ausbauen.86 Mehrfach informierte die amerikanische Vertretung in Berlin den Außenminister der USA über Gespräche mit dem Berliner Senator für Kunst und Wissenschaft und Mitarbeitern des USIS. Angesichts der gesteigerten sowjetischen Kulturaktivitäten in Westberlin ging es darum, wie eine angemessene Kultur- und Informationspolitik der USA damit umgehen solle.87 Im Dezember 1973 erreichten die „wohlkalkuliert[en] Versuch[e]“ der Sowjetunion, sich kulturell in Westberlin zu etablieren, in den Augen der amerikanischen Vertretung einen vorläufigen Höhepunkt: Ein Vertreter der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF) fragte beim Direktor des Westberliner Amerikahauses und beim Leiter der Amerika-Gedenkbibliothek an, ob sie Interesse hätten, einen Vortrag von Valentin Bereshkov zu finanzieren.88 Die Vertretung ging davon aus, dass mit solchen Anfragen künftig weiter zu rechnen war und vermutete, die DSF sei nicht nur interessiert daran, öffentlichkeitswirksam Veranstaltungen im Amerikahaus oder der Gedenkbibliothek zu lancieren, sondern wolle auch Zugang zu den Adresskarteien der beiden Einrichtungen erhalten.89 Umgehend stimmte Außenminister Henry Kissinger

86 Memorandum of Conversation vom 23. Februar 1972: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 25. 87 Joint Mission/USIS Message an Secretary of State vom 26. Mai 1972: NARA, RG 59, Subject Numeric Files, 1970–1973, Box 371; Joint Mission/USIS Message an Secretary of State vom 20. Juni 1972: NARA, RG 59, Subject Numeric Files, 1970–1973, Box 371; US-Vertretung Berlin an Department of State vom 21. November 1972: NARA, RG 59, Subject Numeric Files, 1970–1973, Box 371. 88 US-Vertretung Berlin an Department of State und USIA vom 10. Dezember 1973: NARA, RG 59, Subject Numeric Files, 1970–1973, Box 371. Zu den Diskussionen um ein sowjetisches Generalkonsulat im Rahmen der Vier-Mächte-Verhandlungen über Berlin im Jahr 1971 und die Opposition der USA dagegen die einschlägigen Dokumente in: Dokumente zur Deutschlandpolitik, VI. Reihe, Bd. 2. 89 US-Vertretung Berlin an Department of State und USIA vom 10. Dezember 1973: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1970–1973, Box 371.

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dem Vorschlag der Vertretung zu, solche Anfragen auch künftig immer abzulehnen.90 Auch auf deutscher Seite beobachteten Politiker aufmerksam, ob und wie sich nach dem Abschluss der Ostverträge die Kulturpolitik der osteuropäischen Länder veränderte – allerdings aus anderen Gründen: Als 1973 Gerüchte kursierten, der USIS plane, das Amerikahaus in Hannover zu schließen, verwies Staatssekretär Ernst-Gottfried Mahrenholz darauf, dass in Hannover womöglich das erste Kulturzentrum der Sowjetunion oder eines anderen osteuropäischen Staates eröffnen würde. Um zu verhindern, dass gleichzeitig das Amerikahaus schloss, bot Mahrenholz im Namen des niedersächsischen Ministerpräsidenten an, die Landeszuschüsse für dieses Haus zu erhöhen. Anscheinend sahen die Amerikaner jedoch Unterschiede zwischen Hannover und dem isolierten Westberlin, dessen Status sich erst kurz zuvor durch das Viermächteabkommen verbessert hatte. Während der USIS dort penibel da­ rauf achtete, sichtbar und öffentlichkeitswirksam Präsenz zu zeigen, gingen die amerikanischen Gesprächsteilnehmer nicht weiter auf Mahrenholz’ Befürchtungen ein. Das Gesprächsprotokoll vermerkte lediglich, das Amerikahaus Hannover könne vielleicht in ein binationales Institut umgewandelt werden, wenn es tatsächlich ein „Wackelkandidat“ sei und das Land Niedersachsen erhöhte Zuschüsse zahle.91 3.1.3 Die Kooperationspartner der Amerikahäuser . und Deutsch-Amerikanischen Institute Eine solche Absage, wie sie das Berliner Amerikahaus gegenüber der DSF äußerte, war die Ausnahme. Aus den Programmen ergibt sich eine unüberschaubar große Zahl an Mitveranstaltern, die mit den Amerikahäusern und DAI im Verlauf von Jahrzehnten zusammenarbeiteten oder an deren Veranstaltungen sich die Häuser beteiligten. Viele Amerikahäuser und DAI listeten ihre Kooperationspartner in den jährlichen Tätigkeitsberichten als Qualitätsmerkmal ihrer Arbeit auf. Die Mitveranstalter der Amerikahäuser und DAI stammten aus allen Bereichen von Politik und Verwaltung, Kultur, Bildung und Wissenschaft bis hin zu Wirtschaft, Militär und den Kirchen. Darunter waren Parteien, Interessenverbände, Vereine, Unternehmen, Bürgerinitiativen, Fakultäten, Berufsverbände, Forschungsinstitute, Schulen, Kultureinrichtungen, Botschaften, militärische Verbände und Bildungseinrichtungen. Sie alle in ihrer lokalen und 90 US-Außenminister Kissinger an US-Vertretung Berlin vom 28. Dezember 1973: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1970–1973, Box 371. 91 Memorandum of Conversation vom 18. Mai 1973: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1970–1973, Box 371.

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thematischen Vielfalt und über einen Zeitraum von 25 Jahren aufzulisten, wäre weder möglich noch sinnvoll.92 Im Folgenden wird daher die Bandbreite dieser Kooperationen knapp übergreifend skizziert, bevor dann die dahinterstehenden Interessen anhand einiger konkreter Beispiele vorgestellt werden. Die Kooperationspartner der amerikanischen Kultur- und Informationszentren lassen sich grob in vier Hauptkategorien einteilen: erstens Institutionen und Organisationen aus dem Kultur- und Bildungsbereich inklusive der Universitäten; zweitens Organisationen, die sich dezidiert der Pflege der transatlantischen Beziehungen, der europäischen Integration und demokratischer Werte widmeten; drittens Bundeswehr, in der Bundesrepublik stationierte US-Truppen sowie andere Gruppierungen, die sich mit militärischen und verteidigungspolitischen Themen befassten; sowie viertens Gewerkschaften, Berufs- und Interessenverbände.93 Diese vier Schwerpunkte blieben über den gesamten Zeitraum hinweg bestehen, auch wenn innerhalb der Kategorien einzelne Organisationen, Institutionen oder Gruppierungen in den Hintergrund traten, verschwanden oder neu hinzukamen. Mit Kooperationspartnern aus dem Kultur- und Bildungsbereich arbeiteten die Amerikahäuser und DAI trotz zeitweise herrschender Konkurrenzverhältnisse häufig zusammen. Neben den verschiedenen Fachbereichen der Universitäten als den wichtigsten Kooperationspartnern aus dem Bildungsbereich unterstützten Volkshochschulen, Spracheninstitute, städtische Bühnen, Museen, Konservatorien, Kulturreferate, freie Bildungsträger und viele andere die Veranstaltungen der Amerikahäuser und DAI. Hier fanden die Häuser auch Mitveranstalter für den kulturellen Teil des Programms wie Theateraufführungen, Konzerte oder Lesungen. Hinzu kamen Vereine und Gesellschaften, die sich einem bestimmten Themenkomplex aus Kultur oder Wissenschaft widmeten. Das DAI Regensburg bot zusammen mit dem Zeitgeschicht92 Um einen Eindruck von dieser Bandbreite zu bekommen, sei zumindest ein Beispiel genannt. Das Amerikahaus Frankfurt ging im Jahr 1962 folgende Kooperationen ein: AStA der Universität Frankfurt, CEPES/Europäische Vereinigung für Wirtschaftliche und Soziale Entwicklung e.V., Deutsch-Englische Gesellschaft, Deutsche JournalistenUnion, Deutsche Raketengesellschaft, DGB, Europa-Union, Hessischer Journalistenverband, Historisches Seminar der Universität Frankfurt, Institut für Politische Wissenschaft der Universität Frankfurt, Institut für Sozialforschung der Universität Frankfurt, Internationaler Studentenbund, Juniorenkreis der Industrie- und Handelskammer Frankfurt, Kuratorium Unteilbares Deutschland, Remington Rand GmbH, S. Fischer Verlag, Staatliche Hochschule für Musik, Steuben-Schurz-Gesellschaft, United States Trade Center, VDI-Arbeitskreis Luftfahrttechnik, Wirtschaftspolitische Gesellschaft, Wissenschaftliche Gesellschaft für Luftfahrttechnik. 93 Von welcher Seite jeweils die Initiative für konkrete Kooperationen ausging, geht aus den Programmen nicht hervor. Seminare oder geschlossene Veranstaltungen boten die Amerikahäuser DAI wohl teilweise auf Anfrage an, aber üblicherweise traten vermutlich sie an ihre Kooperationspartner heran.

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lichen Bildungszentrum Schloss Egg regelmäßig gemeinsame Seminare an, das DAI Freiburg arbeitete mit den Städtischen Bühnen zusammen.94 Ein anderes Beispiel sind die gemeinsamen Konzerte und Vorträge des Amerikahauses Frankfurt mit der Gesellschaft zur Förderung des New Orleans Jazz e.V. und der Deutschen Jazz-Föderation in Frankfurt. Da Jugendliche zu den wichtigsten Zielgruppen gehörten, zählten auch Nachwuchsorganisationen zu den bevorzugten Kooperationspartnern der Amerikahäuser und DAI.95 Darunter waren die Jugendorganisationen der politischen Parteien, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, die Kreisjugendringe, Juniorenkreise verschiedener IHK, die Arbeitsgemeinschaft Junge Unternehmer Südbayern e.V., die DAG-Jugend, Jugendgruppen des DGB, der Internationale Studentenbund, Jugendclubs und viele andere.96 Bis in die späten 1960er Jahre war diese Zusammenarbeit am engsten mit den Allgemeinen Studentenausschüssen (AStA) der Universitäten.97 Sie endete jedoch – ausgenommen waren nur sehr kleine Hochschulen – im Zuge der studentischen Proteste gegen den Vietnamkrieg und die Rassendiskriminierung in den USA. Von besonderer Bedeutung waren die Kontakte zu Organisationen, die ähnliche Ziele verfolgten wie die Amerikahäuser und DAI und sich den trans94 Stellvertretend für eine große Zahl an Veranstaltungen s. DAI Regensburg, Programm März 1965, Juni 1969, beide: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970; DAI Freiburg, Tätigkeitsbericht 1963: StadtAF, C5/1867; DAI Freiburg, Tätigkeitsbericht 1973: StadtAN, E 6/799, Nr. 682. 95 S. dazu die Anweisungen in den Country Plans: USIS Germany, Revised Country Plan FY 1963, S. 3, 6: StadtAN, E 6/799, Nr. 130; USIS Germany, Country Plan FY 1964, S. 4: StadtAN, E 6/799, Nr. 130; USIS Germany, Revised Country Plan FY 1965 (Field Message Nr. 85), S. 5: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; USIS Germany, Country Plan FY 1974/75, S. 2f.: StadtAT, E 418, Nr. 126; Program Plans and Thematic Areas FY 1981, S. 4: ­StadtAN, E 6/799, Nr. 676. 96 S. dazu die Monatsprogramme der Amerikahäuser und DAI. 97 Zu der engen Zusammenarbeit in allen Universitätsstädten s. die Monatsprogramme der Amerikahäuser und DAI sowie DAI Tübingen, Assesment Report 1963: StadtAT, E 418, Nr. 115; DAI Tübingen, Tätigkeitsbericht 1966/67: StadtAT, E 418, Nr. 283; DAI Freiburg, Tätigkeitsbericht 1967: PAAA, B 90, Nr. 736; DAI Regensburg, Tätigkeitsbericht 1967: StadtBR, Ordner Tätigkeitsberichte 1966–1993; DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1964: StadtAN, E 6/799, Nr. 74; GK Frankfurt an Department of State vom 22. Dezember 1964: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1964– 1966, Box 363. Zum AStA als Zielgruppe und Kooperationspartner s. USIS Germany, Revised Country Plan FY 1963, S. 2f., 6: StadtAN, E 6/799, Nr. 130; USIS Germany, Revised Country Plan FY 1965 (Field Message Nr. 132), S. 5: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; USIS Germany, Revised Country Plan FY 1966, S. 2: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212.

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atlantischen Beziehungen, der europäischen Integration oder der Förderung demokratischer Werte widmeten. Hier ging es anfangs weniger darum, diese Vereinigungen als Kooperationspartner für sich zu gewinnen, als ihre Existenz und damit die Verbreitung der gemeinsamen Ziele abzusichern. Der Gedanke, transatlantisch, europäisch und demokratisch ausgerichtete Organisationen in Westdeutschland zu stärken, stammte aus der Zeit der Reeducation, lebte aber noch bis in die 1960er Jahre hinein als dezidierte Zielvorgabe in der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik fort. Der Assessment Report für das Jahr 1960 sprach noch von „untested and underdeveloped democratic traditions“ in der Bundesrepublik. Diese demokratischen Ansätze sollten durch die Zusammenarbeit mit solchen Gruppen gestärkt werden, die demokratische Werte und Praktiken förderten.98 Im Country Plan für 1961 hieß es: Cooperate with and assist certain German and European organizations […] whose objectives parallel those of USIS/G. […] These will continue to be encouraged to hold meetings, seminars, and to conduct other activities which increase popular support and understanding of European Union, cooperation in NATO, and similar objectives shared by the organizations and by USIS.99

Solche Organisationen waren beispielsweise die Europa-Union,100 der Volksbund für Frieden und Freiheit (VFF),101 die Atlantische Gesellschaft, die Atlantik-Brücke102 oder die Steuben-Schurz-Gesellschaft. Auch nachdem die Reminiszenzen an die Besatzungszeit aus den Country Plans verschwunden waren, bestanden die engen Kooperationen weiter.103 Über Jahrzehnte hinweg veranstalteten viele Amerikahäuser und DAI auf Europa bezogene Vorträge oder Seminare zusammen mit der Europa-Union.104 Ebenso blieben 98 USIS Germany, Assessment Report 1960, S. 6: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 99 USIS Germany, Country Plan FY 1961, S. 18: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 100 Zur Europa-Union s. Conze, Das Europa der Deutschen, S. 291–384. 101 Der VFF war dezidiert antikommunistisch ausgerichtet. Prägende Figur des VFF war bis 1955 Eberhard Taubert, der während des Nationalsozialismus ein ranghoher Mitarbeiter im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda gewesen war und ab 1958 für Franz Josef Strauß als Berater arbeitete. Friedel, Der Volksbund für Frieden und Freiheit. 102 S. dazu Kühnhardt, Atlantik-Brücke. 103 Die Country Plans nannten auch später noch diese Organisationen als bevorzugte Kooperationspartner, allerdings ohne den Hinweis auf die Übereinstimmung ihrer Ziele mit denen des USIS. S. beispielsweise USIS Germany, Revised Country Plan 1965 (Field Message Nr. 85), S. 3, 8: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; Program Plans and Thematic Areas FY 1981, S. 4: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. 104 Aus der Fülle an Beispielen seien stellvertretend genannt: „America and Europe – a British Point of View“: AH Frankfurt, Programm April 1962: ISG, V113/261; „Deutsch-

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die Landeszentralen für politische Bildung und ihre Vorgängerinstitutionen, während der 1950er Jahre zur Förderung des demokratischen und europäischen Gedankens gegründet, jahrzehntelang Partner der Amerikahäuser und DAI.105 Sicherheits- und außenpolitische Veranstaltungen fanden häufig für oder mit Einheiten der Bundeswehr oder in Zusammenarbeit mit den Gesellschaften für Wehrkunde bzw. Wehrtechnik statt. Fast alle Tätigkeitsberichte listen zudem in der Rubrik „Filmverleih“ Bundeswehreinheiten als wichtige Kunden auf. Für die Amerikahäuser und DAI war es ein veritabler Erfolg, wenn Ausbilder der Bundeswehr amerikanische Filme über den Vietnamkrieg, die NATO-Produktion „Die Atlantische Gemeinschaft“ oder Filme aus der Reihe „Gemeinsame Sicherheit“ in ihrem Unterricht einsetzten und damit die amerikanische Interpretation des Verteidigungsbündnisses oder außenpolitischer Probleme vermittelten.106 Das DAI Heidelberg bot regelmäßig ganze Vortragsreihen für Bundeswehrsoldaten zu verschiedenen Aspekten der USA und der deutsch-amerikanischen Beziehungen an.107 Spätestens seit etwa 1970 waren diese Vorträge getreu der Devise „Integration – nicht Isolation“ öffentlich, um „,den Staatsbürger in Uniform‘ mit dem Bürger“ in Kontakt zu bringen.108 Angesichts der großen Bedeutung außen- und sicherheitspolitischer Themen in der Arbeit der Amerikahäuser und DAI waren Bundeswehreinheiten gern gesehene Kooperationspartner. Immer wieder kam es zwischen den Regierungen der Bundesrepublik und der USA zu Unstimmigkeiten über Ziele und Strategien in der Außen- und Sicherheitspolitik. Neutralistische und paziland und Europa in der Atlantischen Gemeinschaft“: DAI Darmstadt, Tätigkeitsbericht 1965: PAAA, B 96, Nr. 889; „Die Landwirtschaft am Oberrhein und ihr Weg in den Gemeinsamen Markt“: DAI Freiburg, Tätigkeitsbericht 1966, S. 16: StadtAF, C5/1876; AH München, Programm März 1973. 105 Zu den Landeszentralen für politische Bildung s. Olbrich, Geschichte der Erwachsenenbildung, S. 382f.; Mohr, Landeszentralen für politische Bildung, S. 386–388. 106 DAI Nürnberg, Assessment Report 1966: StadtAN, E 6/799, Nr. 72; DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1963: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 145; DAI Regensburg, Bericht des Direktors zur Mitgliederversammlung vom 5. November 1963: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1421. Auch das DAI Tübingen bekundete nach einer Vortragsveranstaltung für Bundeswehrsoldaten: „[W]e can claim of at least helping to reinforce the attitude of these younger Bundeswehr officers“. DAI Tübingen, Assessment Report 1965, S. 4: StadtAT, E 418, Nr. 223. 107 Redemanuskript DAI-Direktor Schuelke, o.D. [1965]: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 152; DAI Heidelberg: Tätigkeitsbericht 1966: PAAA, B 90, Nr. 736; USIS Stuttgart, Assessment Report 1965, S. 4: StadtAT, E 418, Nr. 223; DAI Heidelberg: Tätigkeitsbericht 1968, S. 2: HStAS, EA 3/505, Bü 352/3; DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1970, S. 2: HStAS, EA 3/505, Bü 352/3; DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1971/72: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 102. 108 DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1971/72: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 102.

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fistische Strömungen, Tendenzen einer stärkeren Hinwendung zu Frankreich und de Gaulle, Fragen der Atombewaffnung oder Kontroversen um die Verteidigungsstrategie der NATO sind nur einige der Herausforderungen, denen sich die Hegemonialmacht USA über die Jahre hinweg in der Bundesrepu­ blik zu stellen hatte.109 Daher räumten die Country Plans diesen Fragen durchgängig eine hohe Priorität ein. Aufgabe der Amerikahäuser und DAI war es, die amerikanischen Positionen zu diesen Fragen überzeugend zu erklären, Zustimmung zu erzeugen und so dabei zu helfen, den Führungsanspruch der USA im Bündnis durchzusetzen. Unter der Zielvorgabe: „Develop confidence in America’s international defense and security concepts“ hieß es beispielsweise im Country Plan für das Jahr 1965: „[C]onduct lectures and discussions on U.S. military concepts before German Bundeswehr officers and defense specialists“.110 Das DAI Tübingen ging besonders geschickt dabei vor, Bundeswehreinheiten für Kooperationen zu gewinnen, und bahnte Mitte der 1960er Jahre Kontakte mit den Einheiten in Maßstetten und Münsingen an, indem es attraktive Veranstaltungen zum NASA-Raumfahrtprogramm anbot.111 In Darmstadt hingegen trat 1969 die Technische Akademie des Heeres an das DAI heran und erhielt alle zwei bis drei Monate etwa 30 Bücher aus der Bibliothek des DAI, die über die Bibliothek der Akademie an die Studierenden verliehen wurden.112 Kooperierte die Bundeswehr mit den Amerikahäusern und DAI bei außen- und sicherheitspolitischen Themen oder stellte sogar die Referenten, signalisierte dies nach außen Einigkeit in den sicherheitspolitischen Positionen. Andere Organisationen waren schwerer für das Programm der Amerikahäuser und DAI oder für Kooperationen zu gewinnen. Die Gewerkschaften gehörten zwar zu den regelmäßigen Kooperationspartnern der Amerikahäuser und DAI, doch war dies keine Selbstverständlichkeit. Noch 1961 berichtete der USIS Bonn nach Washington, es sei bisher noch nicht gelungen, das Vertrauen der Gewerkschaften zu gewinnen.113 Für die Amerikahäuser und DAI waren diese Kooperationen sehr bedeutsam. Die Gewerkschaften waren keine 109 Aus der Fülle an Literatur zu diesem Themenkomplex s. Schertz, Die Deutschlandpolitik; Thoß, Bündnisintegration; Altenburg, Die Nuklearstrategie; sowie die einschlägigen Aufsätze zur Außen- und Sicherheitspolitik in Junker u.a. (Hg.), Die USA und Deutschland, Bd. 1 und 2. 110 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1965 (Field Message Nr. 85), S. 3: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. Hervorhebung im Original. 111 DAI Tübingen, Assessment Report 1966, S. 1: StadtAT, E 418, Nr. 233. 112 DAI Darmstadt, Tätigkeitsbericht 1969, S. 4: StadtAD, ST 62, Nr. 27d. 113 USIS Germany, Assessment Report 1960, S. 7: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. Zu Versuchen des CCF, der CIA und des amerikanischen Gewerkschaftsbundes AFL in den 1950er Jahren, die Gewerkschaften für die Ziele der USA zu gewinnen, s. Angster, Konsenskapitalismus, S. 99–269.

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so sicheren Parteigänger der USA wie die Atlantik-Brücke, die SteubenSchurz-Gesellschaft oder die Landeszentralen für politische Bildung, sondern öffneten sich erst allmählich westlich-liberalen Politikvorstellungen und Gesellschaftsbildern.114 Hier lebten sozialistisches Gedankengut und Richtungsstreitigkeiten um eine Programmreform länger fort als in der SPD.115 Die Gewerkschaften waren zwar antikommunistisch, richteten ihren Blick aber immer wieder auch nach Osten. So verabschiedete der DGB beispielsweise 1966 eine Resolution, die Studienreisen in den Osten vorsah, ausgenommen die DDR, und plädierte auch später für einen Austausch mit den osteuropäischen Staaten; außerdem unterstützte er die Neue Ostpolitik der Sozialliberalen Koalition.116 Um bei der Arbeiterschaft die Akzeptanz für das westliche Verteidigungsbündnis und seine Strategien zu erhöhen, sollten die Amerikahäuser und DAI daher auf breiter Basis bei den „grass-root functionaries“ ansetzen und ihnen die NATO näherbringen.117 Während der Auseinandersetzungen um den Kurs des DGB und das Düsseldorfer Programm von 1963, in dem sich die Gewerkschaften dann zur Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik bekannten, ging es für die Häuser vor allem darum, Überzeugungsarbeit zu leisten und reformorientierte Kräfte zu unterstützen.118 Diese wiederum fanden in den Amerikahäusern und DAI ein Forum. So sprach beispielsweise Georg Leber, der Vorsitzende der IG BauSteine-Erden, in der ersten Hälfte der 1960er Jahre mehrfach im Amerikahaus Frankfurt.119 Leber engagierte sich stark für eine Reform des DGB-Programms und unterhielt gute Beziehungen zu den amerikanischen Gewerkschaften.120 Indem die Amerikahäuser und DAI danach strebten, die Ge114 Zum Westernisierungsprozess der Gewerkschaften zwischen 1945 und den 1960er Jahren s. ausführlich ebd. 115 Ebd., S. 431–443. 116 Ebd., S. 463. Dies soll nicht relativieren, dass sich viele Gewerkschaftsmitglieder und -funktionäre, die an Studienreisen in die USA teilgenommen hatten, den Vereinigten Staaten eng verbunden fühlten und sie als Vorbild betrachteten. S. dazu Fichter, Unterstützung und Mißklänge, S. 868f.; Fichter, Die Normalisierung der Beziehungen, S. 688f.; Fichter, HICOG and the Unions; Latzin, Lernen von Amerika, S. 196–198. 117 USIS Germany, Revised Country Plan FY 1965 (Field Message Nr. 85), S. 6: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212. 118 Angster, Konsenskapitalismus, S. 449–451. 119 AH Frankfurt, Programm Januar 1963: ISG, V113/258; AH Frankfurt, Programm März 1964: ISG, V113/281. Darüber hinaus kooperierte das Amerikahaus Frankfurt in diesen Jahren häufig mit der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV). Diese Gewerkschaft und ihre Vorsitzenden scheinen sich nicht besonders für oder gegen die Programmreform ausgesprochen zu haben, zumindest gibt Julia Angster keine Hinweise darauf. Vermutlich sind die Kooperationen mit der HBV eher auf die starke Präsenz der Finanzdienstleister in Frankfurt zurückzuführen. 120 Angster, Konsenskapitalismus, S 443.

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werkschaften für ihre Veranstaltungen oder für Kooperationen zu gewinnen, verfolgten sie ähnliche Ziele wie die transatlantischen Netzwerke zwischen amerikanischen und westdeutschen Gewerkschaften. Diese Beziehungen trugen maßgeblich zur Westernisierung des DGB bei, lösten sich aber nach 1963 allmählich auf.121 Indem viele Amerikahäuser und DAI in den folgenden Jahren enge Beziehungen zu den westdeutschen Gewerkschaften unterhielten, führten sie gewissermaßen die transatlantischen Kontakte auf einer anderen Ebene fort. Der DGB, die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft sowie weitere Einzelgewerkschaften beteiligten sich an einer Vielzahl von Seminaren und Vorträgen zu Themen mit Gewerkschaftsbezug wie „Der Einfluss der Automatisierung auf die amerikanischen Arbeiter und Gewerkschaften“ im DAI Darmstadt,122 häufig aber auch zu allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen wie „Der 17. Juni – Appell zum Handeln?“ in Regensburg.123 So wie die amerikanischen Kultur- und Informationszentren Fortbildungen speziell für Lehrer anboten, organisierten sie auch geschlossene Veranstaltungen für die Gewerkschaften. Das Amerikahaus Berlin gab beispielsweise Englischunterricht für DGB-Nachwuchskräfte, die mit einem Austauschprogramm in die USA reisen sollten.124 Der Tätigkeitsbericht des DAI Regensburg benannte für das Jahr 1967 Vorträge und Seminare für den DGB zu den Themen „Lokale Krisenherde mit weltweiten Wirkungen – Die beiden Supermächte als Sachwalter des Weltfriedens“, „Die nationalen Interessen und die internationale Politik“ sowie zu Fragen der Automation.125 Mit solchen Angeboten demonstrierten die Amerikahäuser und DAI, dass sie sich – und damit den USA – für die Anliegen der Arbeitnehmer interessierten. Diese Veranstaltungen stießen auf positive Resonanz. Als das DAI Regensburg 1965 zu schließen drohte, protestierte auch der DGB-Kreisvorstand. Als Vertreter von „300.000 organisierte[n] Arbeitnehmer[n]“ verabschiedete er eine Resolution gegen die drohende Schließung: „Bundesverband und Landesbezirksvorstand des DGB, aber auch alle weiteren Organisationen und Institutionen werden gebeten und aufgefordert, […] für die weitere Beibehaltung des Deutsch-Amerikanischen Instituts einzutreten. Dieser Resolution schließen sich alle DGB-Kreisvorstände in der Oberpfalz und von Niederbayern an, die zusammen 185.000 organisierte Angestellte, Beamte und Arbeiter vertreten.“126 Wenige Jahre später betonte in Freiburg der DGB-Vorsitzende des Kreisausschusses, Herbert Jorzig, angesichts der Proteste gegen den Viet121 Ebd., S. 457–466. 122 DAI Darmstadt, Tätigkeitsbericht 1965: PAAA, B 96, Nr. 889. 123 DAI Regensburg, Verzeichnis der Veranstaltungen 1967: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1429. 124 USIS Germany, Country Plan FY 1964, S. 5: StadtAN, E 6/799, Nr. 130. 125 DAI Regensburg, Verzeichnis der Veranstaltungen 1967: BayHStA, KM, vorl. Nr. 1429. 126 Abgedr. in „DGB gegen Schließung des Regensburger DAI“: Tages-Anzeiger vom 16./17. Oktober 1965.

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namkrieg, die sich auch gegen das DAI richteten, in einem Leserbrief: „[W]ir als Gewerkschaftsvertreter […] hätten unsere Zusammenarbeit aufgekündigt, wenn sich diese Institution zum imperialistischen ‚Amerikanismus-Betrieb‘ degradiert hätte.“127 Die regelmäßige Zusammenarbeit mit den verschiedenen Gewerkschaften konnten die Amerikahäuser und DAI durchaus als Erfolg verbuchen. Doch die Kooperationsverhältnisse der Häuser waren nicht immer frei von Schwierigkeiten. Probleme entstanden vor allem, wenn unterschiedliche Deutungen politischer und gesellschaftlicher Ereignisse aufeinandertrafen. Als im Zuge der amerikakritischen Proteste gegen den Vietnamkrieg und die Rassendiskriminierung in den USA viele Allgemeine Studentenausschüsse ihre Zusammenarbeit mit den Amerikahäusern und DAI aufkündigten, verloren diese ihre wichtigsten studentischen Mitveranstalter. Vielerorts wurden die bisherigen Kooperationspartner zu erklärten Kritikern der amerikanischen Kultur- und Informationsinstitute und ihrer Botschaften.128 Da Jugendliche und Studierende zu den wichtigsten Zielgruppen der Häuser zählten, war dieser Verlust für die Häuser besonders schmerzhaft. Wollten die Häuser weiterhin mit Studierenden zusammenarbeiten, mussten sie versuchen, dies mit anderen Gruppen zu tun. Als sich das Verhältnis zu einem Teil der Studierenden rapide verschlechterte und die Allgemeinen Studentenausschüsse als Kooperationspartner zunehmend ausfielen, intensivierte sich daher gegen Ende der 1960er Jahre beispielsweise der Kontakt zu studentischen Verbindungen und Burschenschaften. In einigen Städten bestanden bereits zuvor Kontakte.129 So hatte auch das DAI Tübingen 1963 und 1964 einige Veranstaltungen mit studentischen Korporationen durchgeführt, danach einige Jahre nicht mehr.130 1967 und 1968 fragte das DAI dann bei der Germania, dem Tübinger Wingolf, dem KStV Rechberg im KV (Katholischen Studentenverein Rechberg im Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine), der KStV Alamannia im KV sowie der Derendingia wegen möglicher gemeinsamer Veranstaltungen an.131 Daraufhin kam es zu einigen ge127 „Amerika-Haus – ja oder nein?“: Badische Zeitung vom 20. Dezember 1968. 128 S. dazu Kap. 3.2.1. 129 Nur das DAI Darmstadt listete bereits Mitte der 1960er Jahre regelmäßige Kooperationen auf, und aus Saarbrücken berichtete das DAI, die Mitglieder des Saarbrücker Wingolf stünden den Problemen der Amerikaner „wohlwollend-interessiert“ gegenüber. DAI Darmstadt, Tätigkeitsbericht 1965: PAAA, B 96, Nr. 889; DAI Darmstadt, Tätigkeitsbericht 1966: PAAA, B 90-600, Nr. 735; Bi-monthly Listing of USIS/Germany Youth Programs Juni/Juli 1965: StadtAT, E 418, Nr. 223. 130 DAI Tübingen, Programm Mai 1963, Juni 1963, Mai 1964, alle: StadtAT, E 418, Nr. 147. 131 DAI Tübingen an Germania, Tübinger Wingolf, KStV Rechberg im KV, KStV Alamannia im KV, je vom 20. November 1967: StadtAT, E 418, Nr. 108; DAI Nürnberg an Derendingia vom 25. Juli 1968: StadtAT, E 418, Nr. 108. S. auch DAI Tübingen, Youth Activities Report Dezember 1966/Januar 1967: StadtAT, E 418, Nr. 223.

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meinsamen Vorträgen.132 Mancherorts scheint die verstärkte Zusammenarbeit mit den Burschenschaften und Verbindungen jedoch eher eine Verlegenheitslösung gewesen zu sein. Zumindest berichtete das DAI Heidelberg, dem der AStA jede Zusammenarbeit aufgekündigt hatte, im Jahr 1970: „Die Zusammenarbeit mit den Burschenschaften erscheint uns als Interimslösung akzeptabel und gelang auch.“133 Als andere Alternativen zum AStA benannte das DAI Tübingen 1969 das Institut für Musikerziehung der PH Reutlingen sowie den AStA der PH Weingarten, mit denen es künftig stärker zusammenarbeiten wollte.134 Den Wegfall des AStA als studentischem Kooperationspartner auszugleichen, war für die meisten Amerikahäuser und DAI trotz solcher Anstrengungen kaum möglich. Wenn in späteren Jahren wieder Kooperationen zustande kamen, dann geschah dies in einem deutlich geringeren Ausmaß als während der 1960er Jahre. Mit welchen dieser Organisationen und Institutionen die Amerikahäuser und DAI besonders intensiv zusammenarbeiteten, richtete sich nach den lokalen Gegebenheiten. Das Münchner Amerikahaus stand zeitweilig in besonders engem Kontakt mit den dezidiert deutsch-amerikanisch ausgerichteten Gruppen der Stadt. Es nahm zusammen mit dem DAI Nürnberg, dem amerikanischen Generalkonsulat München und Vertretern der Educational Unit an der amerikanischen Botschaft in Bonn an einigen Jahrestreffen der deutsch-amerikanischen Organisationen in der Bundesrepublik teil. Das Amerikahaus München stellte seine Räume zur Verfügung.135 Die Organisation der Treffen übernahm die Columbus-Gesellschaft, die in München ansässig war. Sie war aus den frühen Austauschprogrammen der Besatzungszeit entstanden und ein häufiger Kooperationspartner des Münchner Amerikahauses.136 Zusammen132 DAI Tübingen, Programm Juni 1967, November 1967, Dezember 1967, Februar 1968, Dezember 1968, Januar 1969, alle: StadtAT, E 418, Nr. 147. 133 DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1970, S. 2: HStAS, EA 3/505, Bü 352/3. Zum Ende der Kooperationen mit dem AStA s. DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1968, S. 1: ­HStAS, EA 3/505, Bü 352/3. 134 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Kuratoriums vom 3. Juli 1969: StadtAT, E 418, Nr. 60. 135 Bericht über die IV. Konferenz der deutsch-amerikanischen Organisationen in der Bundesrepublik vom 12./13. Oktober 1964: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1421; Bericht über die V. Konferenz der deutsch-amerikanischen Organisationen in der Bundesrepublik vom 23./24. April 1965: PAAA, B 96, Nr. 888. Das Amerikahaus stellte auch in den 1970er Jahren seine Räumlichkeiten für diese Treffen zur Verfügung, s. beispielsweise AH München, Programm Oktober 1973. 136 Füssl, Deutsch-Amerikanischer Kulturaustausch, S. 247. Gemeinsame Veranstaltungen waren etwa: Konzert der School Band of America: AH München, Programm Juli 1962; „Der neue Präsident und das Vermächtnis Kennedys“: AH München, Programm Januar 1964; „Bricht 1974 die Europäische Gemeinschaft auseinander?“: AH München, Programm Juni 1974; „Der Dollar und die U.S. Wirtschaft“: AH München, Programm März 1979.

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künfte wie diese ermöglichten die Kontaktpflege und gaben dem Amerikahaus einen gebündelten Überblick darüber, wie diese Organisationen die deutsch-amerikanischen Beziehungen interpretierten, wie sie arbeiteten und vor welchen Herausforderungen sie sich sahen. In Baden-Württemberg kooperierten die DAI Heidelberg, Freiburg und Tübingen besonders intensiv mit den lokalen Stellen der Arbeitsgemeinschaft „Der Bürger im Staat“, der späteren Landeszentrale für politische Bildung.137 Während das DAI Tübingen eher Einzelveranstaltungen mit der Arbeitsgemeinschaft und später der Landeszentrale durchführte, entstand in Zusammenarbeit mit dem DAI Freiburg und der Albert-Ludwigs-Universität mit dem „Colloquium Politicum“ eine jahrzehntelange gemeinsame Vortragsreihe.138 Das Amerikahaus Frankfurt arbeitete bei einem Großteil seiner Veranstaltungen mit der Deutschen Atlantischen Gesellschaft zusammen, immer wieder auch mit der Steuben-Schurz-Gesellschaft, die in Frankfurt ansässig war. Bei wirtschafsbezogenen Themen fungierte häufig die Europäische Vereinigung für Wirtschaftliche und Soziale Entwicklung e.V./CEPES als Mitveranstalter.139 Das DAI Tübingen stand aufgrund seiner Struktur besonderen Problemen gegenüber. Während die übrigen Amerikahäuser und DAI nur mit der Volkshochschule der jeweiligen Stadt kooperierten, war das DAI Tübingen von Anfang an eng mit den Volkshochschulen der gesamten Region verbunden. Stärker als alle anderen binationalen Institute finanzierte sich das DAI Tübingen über die Beiträge von Mitgliedern, zu denen auch die Volkshochschulen der umliegenden Städte gehörten.140 Im Gegenzug unterhielt das DAI ein 137 Zur Gründung und Ausrichtung der Arbeitsgemeinschaft s. Uffelmann, Demokratie­ gründung und politische Bildung. 138 Dazu die Grußworte von Jürgen Rüland und Michael Wehner in der Festschrift des DAI: Deutsch-amerikanische Zeiten, S. 18f. und 20f. Für Programmbeispiele s. DAI Freiburg, Rechenschaftsbericht 1964: PAAA, B 96, Nr. 889; DAI Tübingen, Programm Februar 1965: StadtAT, E 418, Nr. 147; DAI Tübingen, Programm Juni 1974: StadtAT, E 418, Nr. 148. 139 Fast jeden Monat bot das Amerikahaus Frankfurt Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit der Deutschen Atlantischen Gesellschaft an. S. dazu Programm AH Frankfurt 1962– 1969: ISG, V113/258–343; Programm AH Frankfurt 1970–1972: ISG, S 3, Nr. 27200. Die Steuben-Schurz-Gesellschaft und das Amerikahaus arbeiteten seltener zusammen, beispielsweise für Vorträge wie „Deutschlands Beitrag zur amerikanischen Zivilisation“: AH Frankfurt, Programm März 1965: ISG, V113/292; „U.S. Foreign Policy in Relation to Developing Countries“: AH Frankfurt, Programm November 1966: ISG, V113/309 oder bei den Filmreihen der späten 1970er Jahre, s. dazu die Programme in ISG, V113/532. 140 1961 gehörten sieben Volkshochschulen des Regierungsbezirks Südwürttemberg-­ Hohenzollern dem Verein an, in den 1970er und 1980er Jahren durchschnittlich 12–18. RegPräs Birn an MinPräs Kiesinger vom 10. November 1961: StadtAT, A 550, Nr. 98; DAI Tübingen, Vorlagen zu den Mitgliederversammlungen 1974–1983: StadtAT, E 418, Nr. 59.

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ausgedehntes Außenprogramm, was seit der Schließung vieler Amerikahäuser in den 1950er Jahre unüblich für die amerikanische Kultur- und Informationspolitik war.141 Das Beispiel Tübingens zeigt exemplarisch, wie Beziehungen den Handlungsspielraum eines DAI vergrößern, aber auch einengen konnten. Denn während das DAI Tübingen mit diesem Konzept einen Gutteil seiner Arbeit finanzierte und sich stärker als die anderen Häuser in der gesamten Region verankerte, musste es aber auch ein deutlich größeres Gebiet als diese betreuen und sich stärker nach den Wünschen anderer richten. Dies wiederum führte zu Konflikten: Vor allem gegenüber dem USIS musste das Haus durch Erfolge belegen, warum sein Außenprogramm notwendig war. Wenn die Besucher bei den Themen ausblieben, die der Country Plan als besonders wichtig einstufte, geriet das DAI in Rechtfertigungsdruck.142 Den Volkshochschulen lagen jedoch nicht immer die gleichen Themen am Herzen wie dem USIS. Als dieser im Zuge der Kontoversen um das zu kritische Programm des DAI 1977 auch anmahnte, das Programm und vor allem die auswärtigen Veranstaltungen seien viel zu sehr auf deutsche Belange ausgerichtet, versprach das DAI, sich wieder mehr auf deutsch-amerikanische Themen und die satzungsgemäßen Ziele zu konzentrieren. Einige Volkshochschulen waren an einer solchermaßen eingeengten Kooperation nicht interessiert und traten aus dem Verein aus. Die verbleibenden Bildungswerke reagierten ebenfalls wenig erfreut und behielten sich Austritte vor.143 Der Anteil des Außenprogramms an der gesamten Programmarbeit des DAI sank danach rapide. Hatte das Haus 1976 noch 34 Vortragsveranstaltungen in Tübingen und 105 außerhalb der Stadt organisiert, lag das Verhältnis 1977 nur noch bei 45 zu 48 und verringerte sich in den folgenden Jahren weiter.144 Gelungene Kooperationsmodelle empfahl die USIA mitunter auch anderen Posten in Westeuropa zur Nachahmung.145 Das Stuttgarter Amerikahaus überzeugte 1963 die Vertreter der Landesregierung Baden-Württemberg, die 141 Zu den Dimensionen des Außenprogramms s. die Tätigkeitsberichte des DAI Tübingen 1962–1985, alle: StadtAT, E 418, Nr. 62. 1965/66 veranstaltete das DAI beispielsweise 45 Vorträge im DAI selbst und 71 im Außenprogramm. 1970 lag das Verhältnis bei 39:83. 142 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Kuratoriums vom 2. Dezember 1963: StadtAT, E 418, Nr. 60; DAI Tübingen: Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 20. April 1977: StadtAT, E 418, Nr. 57. 143 Zitat aus „Künftig nur noch Amerika“: Stuttgarter Zeitung vom 16. März 1977. S. außerdem DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 8. Dezember 1976: StadtAT, E 418, Nr. 57; PAO Klieforth an RegPräs Gögler vom 23. März 1977: StadtAT, E 418, Nr. 102; Fiegel, Stadt Bad Waldsee an DAI vom 11. August 1977: StadtAT, E 418, Nr. 20. 144 DAI Tübingen, Tätigkeitsberichte 1976 und 1977, beide: StadtAT, E 6/799, Nr. 62. 145 Hier und im Folgenden PAO Letter Nr. 10 vom 12. März 1969: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 6.

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sich regelmäßig mit den Bürgermeistern des Landes trafen, einen Referenten des USIS zu diesen Regionaltreffen einzuladen. Nach dem gelungenen Vortrag stimmten die Landesvertreter zu, zu diesem Teil des Treffens künftig auch lokale Wirtschaftsvertreter, Bundes- und Landespolitiker oder Verleger einzuladen. Von diesen Veranstaltungen hörten verschiedene Schulen und regten beim USIS ähnliche Zusammenkünfte für Oberstufenschüler an, aus denen regelmäßige „student meetings“ entstanden. 1968 organisierte das Amerikahaus Stuttgart bereits 33 solcher Treffen für Kommunal- und Landespolitiker sowie 19 für Oberstufenschüler. Jedes Jahr schickte das Amerikahaus den Organisatoren eine Liste mit möglichen Themen und Referenten, die alle die Vorgaben des Country Plans erfüllten. Das Amerikahaus übernahm die Kosten für die Referenten, die deutsche Seite kam für Transport, Verpflegung und Tagessätze auf, sodass dem USIS zufolge die amerikanische Seite nur etwa ein Fünftel der Kosten trug. Ohne großen finanziellen Aufwand erreichten die Amerikahäuser und der USIS mit diesen Veranstaltungen Multiplikatoren und Führungspersönlichkeiten. Solche Modelle, die auf einem guten Verhältnis zwischen dem USIS und der Landes- und Kommunalpolitik basierten, entsprachen ganz den Vorstellungen der USIA. Gab es angesichts dieser Vielfalt überhaupt Gruppierungen oder Institutionen, mit denen die Amerikahäuser und DAI nicht zusammengearbeitet hätten? Soweit dies aus den Akten hervorgeht, beschränkten nur zwei Faktoren die Kooperationsbereitschaft der Häuser: Natürlich arbeiteten sie nicht mit demokratie- oder amerikafeindlich eingestellten Vereinigungen zusammen. Darüber hinaus achteten sie darauf, in ihrer Arbeit überparteilich zu bleiben. Die amerikanische Kultur- und Informationspolitik erhob einen übergreifenden Geltungsanspruch: Sie vertrat nicht die Sache einer amerikanischen oder deutschen Partei, sondern die jeweilige amerikanische Regierung, und sie zielte darauf ab, die gesamte Bandbreite der westdeutschen Gesellschaft zu erreichen und zu beeinflussen. Die Beziehungsnetze der Amerikahäuser und DAI bildeten sich strategisch, nicht nach parteipolitischen Gesichtspunkten aus. Sie mussten ungeachtet politischer Regierungswechsel funktionieren. Hedin Bronner, der Direktor des DAI Heidelberg, bemerkte 1968: „,Wir beziehen keine Stellung für eine Partei oder mischen uns in die deutsche Politik ein.‘“146 Daher strebten die Häuser danach, zu Vertretern der CDU, CSU, SPD und FDP ein gleichermaßen gutes Verhältnis aufzubauen und luden Politiker aller vier Parteien als Referenten ein.147 Manchmal vermerkten die Monats146 „Die Rolle des Amerika-Hauses in Heidelberg“: Heidelberger Tagblatt vom 23. Oktober 1968. 147 Viele Politiker hielten Einzelreferate, teilweise luden die Amerikahäuser und DAI aber auch Vertreter aller drei Parteien für ein Podiumsgespräch o.ä. ein, so im Mai 1974 in München, als Hans Engelhard (FDP), Erich Kiesl (CSU) und Rudolf Schöflberger (SPD) mit dem amerikanischen Politologen George K. Romoser über „Amerikas Verfassung und deutsches Grundgesetz“ diskutierten, s. AH München, Programm Mai

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programme nicht einmal, welcher Partei ein Referent angehörte, sondern versahen seinen Namen nur mit einem entsprechenden Zusatz wie „MdB“. Gemeinsame Veranstaltungen mit einer Partei waren jedoch äußerst selten. Bei den wenigen Ausnahmen achteten die Amerikahäuser und DAI anscheinend sehr auf eine gewisse Ausgewogenheit. So kündigte das DAI Tübingen in Verbindung mit dem SPD-Ortsverein Tübingen im Oktober 1966 einen Vortrag Erhard Epplers (SPD) zum „Vietnam-Konflikt in der öffentlichen Meinung der USA“ an.148 Ein halbes Jahr später stand „Die Konfrontation der Großmächte in Asien und der Konflikt in Vietnam“ auf dem Programm. Mitveranstalter war nun der Ortsverband der CDU Reutlingen.149 Meist beschränkten sich die Amerikahäuser und DAI aber darauf, verschiedenen Positionen ein Forum zu geben. Sie luden dazu auch Parteipolitiker ein, vermieden aber jeden Eindruck, sich vereinnahmen zu lassen. Bei kirchlichen Kooperationspartnern zeigte das Programm ein ähnliches Muster: Zusammen mit dem Evangelischen Dekanat Ravensburg bot das DAI 1967 den Vortrag „Warum kein Friede in Vietnam?“ an. Am folgenden Tag fand derselbe Vortrag noch einmal statt, diesmal in Verbindung mit den katholischen Dekanaten Biberach und Ochsenhausen.150 Regelrechte Absagen finden sich in den Akten kaum. Distanziert bis abwehrend reagierten der USIS in Bonn und die USIA nur auf ein Schreiben des Bundes der Vertriebenen (BdV). Der Vizepräsident des BdV, Hellmut Gossing wandte sich im Sommer 1972 an die USIA.151 Viele Mitglieder seines Verbandes, so Gossing, seien besorgt über die sich verschlechternde politische Situation in Europa und das schlechte Image der USA und ihres Präsidenten in der Bundesrepublik. „[S]omething quick and decisive must be done to cor1974. Ein anderes Beispiel ist eine Podiumsdiskussion zwischen je einem Vertreter der Jungen Union, der Deutschen Jungdemokraten und der Jungsozialisten in Nürnberg zum Thema „Freiheit, die wir meinen – welche Freiheit meinen wir?“, s. DAI Nürnberg, Einladung für den 30. November 1973: StadtAN, E 6/799, Nr. 323. 148 DAI Tübingen, Programm Oktober 1966: StadtAT, E 418, Nr. 147. Eppler ist im Programm noch als MdB angekündigt, nicht als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Dieses Amt übernahm er im Oktober 1966 nur wenige Tage vor dem angekündigten Vortragstermin. Es ist daher unklar, ob der Vortrag tatsächlich stattfand. 149 DAI Tübingen, Programm April 1967: StadtAT, E 418, Nr. 147. 150 DAI Tübingen, Programm Mai 1967: StadtAT, E 418, Nr. 147. Das DAI Heidelberg berichtete allerdings 1981, mit dem Aufkommen der Friedensbewegung stärker mit kirchlichen Organisationen zusammenzuarbeiten. DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1981: HStAS, EA 3/505, Nr. 352/9. Zur Rolle der evangelischen Kirche in der Friedensbewegung der 1980er Jahre s. Zander, Die Christen und die Friedensbewegungen; Lepp, Zwischen Konfrontation und Kooperation. 151 Hier und im Folgenden Gossing, Vizepräsident BdV an USIA-Direktor Shakespeare vom 15. Juni 1972: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 30. In den Akten gibt es keine Hinweise, dass sich Gossing zuvor bereits an den USIS in Bonn oder an einzelne Amerikahäuser und DAI gewandt hatte.

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rect the situation“, forderte er, um der USIA im nächsten Schritt vorzuschlagen, mit den Jugendverbänden des BdV zusammenzuarbeiten, die sehr an den Themen „Freiheit“ und „Selbstbestimmung“ interessiert seien und gerne den Kontakt zu den USA ausbauen würden: „We envision a reorganization of your ‚America Houses‘ and hope that a permanent cooperation can be achieved so that a take-over of the Soviet propaganda in our country can be prevented for the good of our and your country.“ Gossings Ansuchen fiel zeitlich in eine Phase intensiver Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik und der DDR im Rahmen der Neuen Ostpolitik, die schließlich in den Grundlagenvertrag vom Dezember 1972 mündeten.152 Der BdV stand in scharfer Opposition zur Ostpolitik der Regierung Brandt. Nicht nur hatten sich die SPD und der BdV 1968/69 irreversibel entzweit und die Sozialliberale Koalition unmittelbar nach Regierungsantritt das Bundesvertriebenenministerium aufgelöst, sondern vor allem empfand der BdV die Neue Ostpolitik als Ausverkauf der Interessen der Vertriebenen durch die „Brandt-Scheel-Verzichtspartei“.153 Über Walter Becher, einen Vertreter der Gesamtdeutschen Partei (GDP), betrieben die Vertriebenenverbände in den USA 1972 daher eine regelrechte „Anti-Ostpolitik-Kampagne“.154 Vor diesem Hintergrund wandte sich Gossing an die USIA und knüpfte mit dem Verweis auf die Gefahren sowjetischer Propaganda in der Bundesrepublik an frühere Bestrebungen der Vertriebenenverbände an, sich den USA als wichtige Verbündete im Kampf gegen den Kommunismus anzudienen.155 Die USIA, vor allem der USIS in Bonn, hatten keinerlei Interesse, mit den Gegnern der deutschen Außenpolitik zu kooperieren, auch wenn die amerikanische Regierung manchen Aspekten der Neuen Ostpolitik selbst skeptisch gegenüberstand. Die USA hatten seit 1945 auf die Eingliederung der Vertriebenen in die deutsche Gesellschaft gesetzt und verfolgten zu Beginn der 1970er Jahre entspannungspolitische Ziele, nicht die Rückgewinnung der verlorenen Gebiete.156 Erst wenige Wochen zuvor hatte die Sozialliberale Koalition ihre parlamentarische Mehrheit im Bundestag verloren und das kon­ struktive Misstrauensvotum der Union überstanden, die mehrheitlich gegen 152 Zur Neuen Ostpolitik und zum Grundlagenvertrag s. Geyer/Schäfer, American Détente; Link, Die Entstehung des Moskauer Vertrags. 153 Kittel, Vertreibung der Vertriebenen, S. 104–106. Zur zitierten Parole des BdV aus dem Jahr 1970 s. Imhof, Die Vertriebenenverbände, S. 459. 154 Stöver, Pressure Groups, S. 908–910, Zitat S. 909. Sowohl die deutschen Vertriebenen als auch die Verbände der Deutschstämmigen in den USA waren untereinander zerstritten, lehnten aber einhellig Brandts Ostpolitik ab. Bechers Lobbyarbeit war daher ganz im Sinne aller Vertriebenenverbände und -parteien, nicht nur der GDP. Mit ihren gegen die Ostverträge gerichteten Bemühungen waren sie nicht erfolgreich, trugen aber mittelfristig dazu bei, die Entspannungspolitik zu diskreditieren. S. ebd. S. 909f. 155 Zu diesen eher erfolglosen Bemühungen s. Stöver, Pressure Groups, S. 904. 156 Ebd. Für einen Überblick über die Phase der Détente s. das Kapitel „Entspannung und Abrüstung“ bei Stöver, Der Kalte Krieg, S. 381–409.

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die Ostverträge waren.157 Den USA lag nichts daran, auch nur den Eindruck zu erwecken, als wende sie sich den außerparlamentarischen Gegnern der Regierung zu. Dementsprechend antwortete der stellvertretende Leiter des Regionalbüros Westeuropa in der USIA dem BdV in knapper Form, ein Schlüsselelement der ausgedehnten Informationsarbeit in der Bundesrepublik sei die enge Zusammenarbeit mit der Regierung: „It is our understanding that this relationship is solidly based on mutual respect and understanding. We do, however, appreciate your expression of interest.“158 Eine Kooperation kam folglich nicht zustande. Kontakte zwischen den Vertriebenenverbänden und den Amerikahäusern und DAI scheint es zu keinem Zeitpunkt gegeben zu haben.159 Nur in Freiburg trafen das dortige DAI und die Partei „Freiburger Ost- und Mitteldeutsche Neubürger“ (FOM) aufeinander, als das binationale Institut neue Räumlichkeiten suchte. Bereits 1962 hatte der Vertreter der FOM, Stadtrat Poralla, gegen die städtische Bezuschussung des DAI gestimmt und darauf hingewiesen, es handele sich um eine Propagandaeinrichtung.160 Als der städtische Verwaltungs- und Finanzausschuss 1963 diskutierte, ob das prominent gelegene Kornhaus im Zentrum der Stadt als neues Gebäude des DAI in Frage komme und inwiefern sich die Stadt an den Kosten des Wiederaufbaus beteiligen sollte, intervenierte Poralla abermals. Er beanspruchte das repräsentative Gebäude für die Vertriebenen und forderte, dort ein „Haus des Ostens“ oder ein „Haus der Heimat“ zu einzurichten.161 Darin sollten ein ostdeutsches Heimatmuseum, Tagungsräume und ein Veranstaltungssaal untergebracht werden, eventuell auch ein Institut für ostdeutsche Volkskunde. Das DAI, so Poralla, sei sicherlich in einem modernen Gebäude besser untergebracht: Für die Heimat- und Vertriebenenverbände, für die Landsmannschaften jedoch, für diese Traditionsverbände also, die das Volks- und Brauchtum unserer deutschen Heimat fördern und weitertragen, wäre gerade der historische Rahmen des Kornhauses angebracht.162

157 Kielmansegg, Das geteilte Land, S. 211. 158 Mahoney, USIA an Gössing, Vizepräsident BdV vom 3. Juli 1972: NARA, RG 306, Director’s Subject Files 1968–1972, Box 30. 159 Allein in Tübingen bot das DAI zusammen mit dem Kreisverband des BdV 1964 einen Vortrag von Klaus Schoenthal über „Die Osteuropa-Politik der USA seit dem Zweiten Weltkrieg“ an. DAI Tübingen, Programm März 1964: StadtAT, E 418, Nr. 147. 160 Protokoll der Sitzung des Stadtrats vom 20. Februar 1962 (nicht öffentlich): StadtAF, C5/1866; s. außerdem Bürgermeisteramt Freiburg, Abt. IV an Innenministerium BadenWürttemberg vom 16. Oktober 1963: StadtAF, C5/1868. 161 Protokoll der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses vom 15. Februar 1963: StadtAF, C5/1868. Allgemein zu den Diskussionen um das Kornhaus-Projekt s. die Unterlagen in StadtAF, C5/1868. 162 Stadtrat Poralla an SPD-Fraktionsvorsitzenden Hirschmann vom 14. Oktober 1963: StadtAF, C5/1868.

3.1 Kontakte und Beziehungen

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Hier ging es um weit mehr als nur ein Gebäude, sondern vor allem um die Besetzung von Orten im öffentlichen Raum. Für Poralla und die Vertriebenen stand die Frage im Mittelpunkt, wem sich die Stadt und die Öffentlichkeit verbunden fühlten: den deutschen Vertriebenen aus den Ostgebieten und ihren Zielen, oder den erst seit Kurzem in Deutschland präsenten USA, die erst wenige Jahre zuvor als Besatzungsmacht gekommen waren. Während Poralla die „Entwicklung zur Vermassung“ beklagte, der „die Erhaltung von Brauchtum und Tradition, besonders der Länder im deutschen Osten“ entgegengestellt werden sollte, gaben Bürgermeister Knoell und Oberbürgermeister Keidel zu bedenken, „was Amerika für uns bedeutet“ und „was […] alle Einheimischen wie Vertriebenen von Amerika bekommen haben“.163 Der Direktor des örtlichen DAI und der USIS äußerten sich nicht öffentlich zu diesen Diskussionen. Letztlich zogen weder das DAI noch die Vertriebenenverbände in das Kornhaus, doch die Debatten unterstreichen, dass kaum gemeinsame Interessen zwischen den Amerikahäusern und DAI und den Vertriebenenverbänden bestanden.164 Die spezifischen Anliegen dieser großen Bevölkerungsgruppe und ihrer Organisationen waren für die amerikanische Kulturund Informationspolitik nicht anschlussfähig und spielten daher weder im Beziehungsgefüge noch im Programm der Häuser eine Rolle. Umgekehrt gehörten die Mitveranstalter der Häuser immer auch zu ihren Zielgruppen. Bei Kooperationen mit Gewerkschaften, Industrie- und Handelskammern, Universitäten, Berufsverbänden oder Bundeswehreinheiten ging es immer auch darum, Gewerkschaftler, Industrielle, Politiker, Studierende, Wissenschaftler, Multiplikatoren oder Soldaten als Publikum zu gewinnen. Diese Personengruppen standen in den Country Plans weit oben auf der Liste der anzusprechenden Zielgruppen.165 Wenn die Amerikahäuser und DAI mit den Organisationen, Institutionen und Gruppierungen zusammenarbeiteten, denen diese Personen angehörten, konnten sie die Zielvorgaben der Country Plans erfüllen, Kosten und im Idealfall auch Organisationsarbeit sparen und ihr eigenes Renommee verbessern. Zusätzliche Bindekraft entstand dadurch, dass viele Referenten, die in den Amerikahäusern und DAI auftraten, aus den Reihen der Kooperationspartner stammten. Die Häuser gewannen damit kompetente Redner, hatten aber kaum Kosten. Umgekehrt wurden die Häuser für ihre Mitveranstalter noch attraktiver, wenn dort ihre eigenen Mit163 Protokoll der Sitzung des Gemeinderats vom 29. Oktober 1963: StadtAF, C5/1868. 164 Zur allgemein zwiespältigen Haltung der Vertriebenenverbände gegenüber den USA s. Stöver, Pressure Groups, S. 902, 904–907. 165 S. u.a. USIS Germany, Revised Country Plan FY 1963, S. 2f., 6: StadtAN, E 6/799, Nr. 130; USIS Germany, Revised Country Plan FY 1965 (Field Message Nr. 132), S. 4f.: NARA, RG 59, Bureau of Cultural Affairs, Country Files of the Planning and Development Staff, Box 212; USIS Germany, Country Plan FY 1974/75, S. 2, 4, 8, 12: StadtAT, E 418, Nr. 126; DAI-Direktor Sheldon an BPAO Pancoast vom 27. März 1982, S. 1: StadtAN, E 6/799, Nr. 754.

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glieder ein Forum erhielten. So sprach etwa der Vizepräsident der EuropaUnion und des Europäischen Erzieherbundes, Heinrich Schneider, im DAI Darmstadt über „Deutschlandpolitik zwischen europäischer Integration und Nationalismus“, in Frankfurt referierten Ewald Rathke, der Direktor des dortigen Frankfurter Kunstvereins, über „Pop Art und die Weiterentwicklung“; und Gerd Freiherr von Ungern-Sternberg, Oberstleutnant und Standortkommandant von München, trug dort im Amerikahaus zum Thema „Sicherheit in Europa: Die Nordflanke der NATO“ vor.166 Von welcher Seite jeweils die Initiative für gemeinsame Veranstaltungen ausging, ist im Einzelnen kaum zu sagen. Für die Amerikahäuser und DAI war letztlich entscheidend, dass diese Beziehungen überhaupt bestanden, und sie bemühten sich diese Verbindungen zu verstetigen. 3.1.4 Selbstsicht: Die Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanischen Institute als Orte der Diskussion und des Austauschs Angesichts der Bedeutung, die Kontakte und Beziehungen für die Amerikahäuser und DAI hatten, bemühten sie sich, auch eigene Gruppen aufzubauen und an ihre Häuser zu binden, oder Kontakte zu stiften.167 Das DAI Heidelberg hob in seinem Tätigkeitsbericht von 1971/72 hervor, Kontakte zwischen den Juristischen Seminaren der Universitäten Heidelberg und Mannheim und der juristischen Abteilung des Headquarters der United States Army Europe (USAREUR) hergestellt zu haben. Erste Treffen hätten bereits stattgefunden, und in Kürze sollten zwölf Heidelberger Dozenten das amerikanische Hauptquartier besuchen. Außerdem sei es gelungen, eine Lehrerin des amerikanischen Gymnasiums dafür zu interessieren, Verbindung zu ihren deutschen Kollegen aufzunehmen.168 Viele Häuser vermittelten Referenten an Universitäten und andere Einrichtungen.169 In den Berichten und Program 166 DAI Darmstadt, Tätigkeitsbericht 1967: StadtAD, PAAA, B 90, Nr. 735; AH Frankfurt, Programm Februar 1968: ISG, V113/323; AH München, Programm Oktober 1978. 167 Zu den einzelnen Aktivitäten der nachfolgend genannten Gruppen gibt es keine Unterlagen. Die Monatsprogramme, Tätigkeitsberichte und Korrespondenzen benannten sie nur, geben aber keine Hinweise auf ihre Mitglieder und Tätigkeiten. Eine Ausnahme ist eine Zusammenstellung der Veranstaltungen im DAI Darmstadt für das Jahr 1968. Hier bestand eine „Teen-Age Language Group“ unter der Leitung von zwei Amerikanern, die folgende Themen diskutierten: American Sports, USA – Country and People, Religion in America, German and American Magazines, The American Space Program, An Expert Reports on Laser, How America Votes, International Politics, The Far East, Typical German Things, American Folk Music, The Negro in American Society, What Happened in the Elections, Musical America. S. DAI Darmstadt, Veranstaltungen 1968: StadtAD, ST 62, Nr. 27d. 168 DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1971/72, S. 3f.: HStAS, EA 3/505, Bü 352/4. 169 DAI Freiburg, Rechenschaftsbericht 1965: PAAA, B 96, Nr. 889; DAI Tübingen, Proto-

3.1 Kontakte und Beziehungen

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Evaluation Cards wurde vermerkt, wenn aus den Veranstaltungen der Amerikahäuser und DAI Kontakte zwischen ihren Referenten und deutschen Stellen, Firmen oder Persönlichkeiten hervorgingen.170 Auch die Empfänge, die Amerikahäuser und DAI nach manchen Veranstaltungen gaben, dienten nicht nur der weiteren Aussprache, sondern immer auch der Kontaktanbahnung und -vertiefung.171 Alle Amerikahäuser und DAI etablierten zu verschiedenen Zeitpunkten Diskussionsgruppen, Library Circles, Filmforen oder deutsch-amerikanische Jugendgruppen, die sich regelmäßig in den Amerikahäusern und DAI trafen, um gemeinsam über Bücher, Filme oder Fragen der deutsch-amerikanischen Beziehungen zu diskutieren.172 In einigen Städten bestanden Jugendclubs.173 In Heidelberg trafen sich beispielsweise Anfang der 1970er Jahre jeden Mittwoch „‚KONTAKT‘, eine Gruppe deutsch-amerikanischer Jugendlicher […] um zu diskutieren, sich Konzerte anzuhören“ und gelegentlich Partys zu feiern.174 Für 1977 plante das DAI, dort außerdem eine Diskussionsrunde zu koll der Sitzung des Kuratoriums vom 7. März 1967: StadtAT, E 418, Nr. 60; DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht 1968: StadtAN, E 6/799, Nr. 91; Program Evaluation Card für Dennis Anderson vom 19. August 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 394; Program Evaluation Card für Paul Levine vom 20. November 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 405. 170 Program Evaluation Card für William C. Arntz vom 4. April 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 394; Program Evaluation Card für William E. Griffith vom 27. März 1980: StadtAN, E 6/799, Nr. 400; Zwei Program Evaluation Cards für John Rutledge vom 10. September 1981: StadtAN, E 6/799, Nr. 409. 171 S. dazu beispielsweise den Bericht des Nürnberger DAI-Direktors zu einem Besuch von US-Botschafter Walter J. Stoessel am 7. Dezember 1977: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. 172 Zu den englischen Diskussionsgruppen s. DAI Tübingen, Tätigkeitsberichte 1961/62 und 1962/63: StadtAT, E 418, Nr. 62; DAI Tübingen, Tätigkeitsbericht 1963/64: PAAA, B 96, Nr. 894; USIS Bonn, Bi-Monthly Listing of USIS/Germany Youth Programs für Juni/Juli 1965: StadtAT, E 418, Nr. 223; DAI Heidelberg, Tätigkeitsberichte 1966 und 1967, beide: PAAA, B 90, Nr. 736; DAI Darmstadt, Veranstaltungen 1968: StadtAD, ST 62, Nr. 27d; DAI Darmstadt, Tätigkeitsbericht 1969, S. 3: StadtAD, ST 62, Nr. 27d; DAI Freiburg, Protokoll der Sitzung von Vorstand und Verwaltungsrat vom 29. Dezember 1969: PAAA, B 90, Nr. 736; AH München, Programm Juni 1971–März 1973; DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 710; DAI Nürnberg, Tätigkeitsberichte 1980 und 1981, beide:StadtAN, E 6/799, Nr. 562. Zur Gründung des Library Circle im Amerikahaus Frankfurt s. AH Frankfurt, Programm Februar 1963: ISG, V113/269. Zum Film-Forum des DAI Tübingen s. DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Programmbeirats vom 13. Juli 1973: StadtAT, E 418, Nr. 61; DAI Tübingen, Tätigkeitsbericht 1985: StadtAT, E 418, Nr. 62; zum Film Workshop des Amerikahauses Frankfurt s. AH Frankfurt, Programm April-Dezember 1966: ISG, V113/304–310. 173 Gazette. Mitteilungsblatt des Verbandes der Deutsch-Amerikanischen Clubs e.V. 8 (1967) H. 5, S. 15; PAO Ewing an USIA vom 27. Dezember 1967: StadtAT, E 418, Nr. 116; DAI Darmstadt, Veranstaltungen 1968: StadtAD, ST 62, Nr. 27d; DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1976: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, Nr. 102. 174 DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1971/72: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, Nr. 102.

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kulturellen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Fragen.175 Zudem gehörte das DAI Heidelberg zu den Veranstaltern eines monatlichen Press Lunchs, bei dem sich Vertreter der Stadt, der Universität, der Medien und anderer Kulturinstitute, Stabsoffiziere der amerikanischen Truppen und deren Public Relations Division trafen. Das DAI gab an, hier immer wieder Gastredner zu vermitteln.176 Das Amerikahaus München hatte zeitweilig sogar ein eigenes Orchester, und in Regensburg traf sich eine Theatergruppe.177 Manche dieser Gruppen waren für alle offen, andere wie das Tübinger Filmforum oder dem Film Workshop am Amerikahaus Frankfurt an eine Mitgliedschaft gebunden. Einige dieser Gruppen bestanden über Jahre hinweg, andere nur für wenige Wochen oder Monate. Zudem überließen viele Amerikahäuser und DAI ihre Räumlichkeiten auch anderen Gruppen und Organisationen, oft auch kostenlos, für Veranstaltungen oder Sitzungen.178 Nur als in Tübingen 1967 zur Debatte stand, ob politische Parteien Räume des DAI nutzen dürften, entschied sich die Mitgliederversammlung dagegen, um nicht in den Ruch der Parteilichkeit zu geraten.179 Beides, eigene Gruppen zu etablieren und anderen ihre Räumlichkeiten zu überlassen, zeigt, wie wichtig es den Amerikahäusern und DAI war, sich als lebendige Orte zu präsentieren, an denen man sich traf. Allen Bestrebungen der Amerikahäuser und DAI, Kontakte zu knüpfen, Beziehungen herzustellen und zu pflegen, Kooperationspartner zu gewinnen und Gruppen zu etablieren, lag ein übergreifender Gedanke zugrunde: Sie wollten sich als Plattform, als Treffpunkt und als Forum des freien und offenen Meinungsaustauschs präsentieren. Diese drei Begriffe prägten die Selbstdarstellungen der Häuser in der Öffentlichkeit. Das DAI Freiburg beschrieb seine Aufgabe 1965 als „Plattform für Gespräche zwischen profilierten Ver175 DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1976: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, Nr. 102. 176 DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1970, S. 2: HStAS, EA 3/505, Bü 352/3; DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1971/72, S. 3: HStAS, EA 3/505, Bü 352/4. Im Tätigkeitsbericht von 1971/72 gab das DAI an, dass dieser Press Lunch bereits seit 20 Jahren bestand. Seit wann sich das DAI daran beteiligte, geht daraus nicht hervor. 177 AH München, Programm März 1960; DAI Regensburg, Programm Mai 1968–Juli 1968: StadtBR, Ordner Jahresplanung 1963–1970. 178 In Heidelberg überließ das DAI beispielsweise Räumlichkeiten dem amerikanischen Pepperdine College, dem Dolmetscher-Institut der Universität, dem Politischen Arbeitskreis der Oberschulen, dem Hausfrauenbund sowie dem Schmalfilmclub, s. DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1966: PAAA, B 90, Nr. 736. In Nürnberg nutzten städtische Einrichtungen Räume im DAI, s. DAI Nürnberg, FYI, o.A. [1966]: StadtAN, E 6/799, Nr. 184; DAI Nürnberg, Bimonthly Highlights Report vom 18. Juni 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. Das Amerikahaus München hatte seit den späten 1970er Jahren sogar eine eigene Rubrik „Zu Gast im Amerika Haus“ im Monatsprogramm, die Programme anderer Veranstaltungen auflistete, die im Amerikahaus stattfanden. S. bespielsweise AH München, Programm November/Dezember 1978. 179 „Auf gesunden Füßen“: Schwäbisches Tagblatt vom 9. Dezember 1967.

3.1 Kontakte und Beziehungen

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tretern der in der atlantischen Partnerschaft vereinigten Länder“ und für Expertengespräche.180 1967 formulierte die Mitgliederversammlung des DAI Tübingen ganz im Sinne der USIA, es sei ein „traditionell amerikanische[r] Grundsatz, […] das Haus grundsätzlich allen Gruppen zu öffnen“.181 Angesichts der Proteste gegen den Vietnamkrieg betonte die Mitgliederversammlung des DAI Tübingen 1968, das Haus bleibe ein „Ort freier Diskussion“.182 Im Zusammenhang mit den Trade Promotions, die seit 1974 zu den Aufgabenbereichen der Amerikahäuser und DAI gehörten, sprach PAO Russell von den Häusern als Treffpunkten für amerikanische Unternehmer und Deutsche.183 Nach der schwierigen Phase des amerikakritischen Protests gegen Ende der 1960er und am Anfang der 1970er Jahre gab der Country Plan für das Jahr 1974/75 vor, die Amerikahäuser und DAI sollten sich (wieder) „as an attractive, meaningful forum of discussion“ etablieren.184 1978 erinnerte der USIS noch einmal daran, dass alle Referenten die Gelegenheit haben sollten, informell interessante Vertreter ihres Fachgebietes vor Ort kennenzulernen.185 Als solche Foren, so schrieben es sich die Amerikahäuser und DAI auf die Fahnen, wollten sie der Information, dem Meinungsaustausch und dem gegenseitigen Kennenlernen dienen. Gelang es ihnen, dieses Bild von sich und damit auch von den USA zu vermitteln und zu erhalten, hatten die Amerikahäuser und DAI ein wichtiges Ziel erreicht. Als Ort des freien und demokratischen Meinungsaustauschs zu gelten war gleichzeitig Voraussetzung und Folge einer erfolgreichen Kulturund Informationsarbeit. Diskussionen zu initiieren und die Diskussionslust der westdeutschen Bevölkerung zu fördern hatte bereits während der Reeducation zu den wichtigsten Aufgaben der Amerikahäuser gezählt.186 Das Beispiel der binationalen DAI zeigt, dass die Vorstellung dessen, was unter offener Diskussion zu verstehen sei, vor allem seit Mitte der 1970er Jahre unterschiedlich ausfiel. In der Auseinandersetzung um die missliebigen Programmpunkte unter Direktor Asch im DAI Tübingen äußerte PAO Russell 1977, das DAI solle zwar ein „offenes Forum, auf dem alle Themen frei und in ausgewogener und objektiver Weise diskutiert werden“ sein, doch die „Prinzipien der Objektivität und Ausgewogenheit“ dürften dabei nicht außer Kraft gesetzt

180 DAI Freiburg, Rechenschaftsbericht 1965: PAAA, B 96, Nr. 889. 181 „Auf gesunden Füßen“: Schwäbisches Tagblatt vom 9. Dezember 1967; Memorandum der USIA vom 21. April 1971: NARA, RG 306, HC, Murray Lawson History Card Files Series, Box 38. 182 „Ort freier Diskussion“: Schwäbisches Tagblatt vom 9. Dezember 1968. 183 PAO Russell an USIA vom 24. Januar 1974: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953– 2000, Box 223. 184 USIS Germany, Country Plan 1974/75, S. 20: StadtAT, E 418, Nr. 126. 185 USICA Bonn an DAI Nürnberg vom 3. Oktober 1978: StadtAN, E 6/799, Nr. 676. 186 Verheyen, Diskussionslust, S. 59–150, bes. S. 117f.

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werden.187 Mit der Entlassung Aschs zeigte der USIS deutlich, das seine Diskussionsbereitschaft Grenzen hatte. In den Augen des deutschen Auswärtigen Amtes waren die DAI hingegen nur förderungswürdig, wenn es keine staatlich verordneten Einschränkungen gab: Das ideale DAI sollte ein möglichst breiten Bevölkerungskreisen offenstehendes Forum der deutschamerikanischen Beziehungen im weitesten Sinne sein. Voraussetzung der Attraktivität eines solchen Forums – und der Förderungswürdigkeit aus unserer Sicht – ist seine Unabhängigkeit. Um es deutlich zu sagen: Die Bundesregierung, und dies gilt wohl auch für die Länder und Gemeinden, könnte es nicht mit den Zweckbestimmungen für ihre erheblichen Zuschüsse vereinbaren, wenn es sich bei den deutsch-amerikanischen Instituten um Instrumente offizieller amerikanischer Informationspolitik handeln würde.188

Die meisten Förderer und Kooperationspartner beurteilten die Amerikahäuser durchaus als solche Stätten der Information und Diskussion. So gab beispielsweise selbst der Nürnberger Stadtrat im Zuge der Auseinandersetzung um den Film The Germans zu bedenken, das DAI habe eine Plattform für jede Meinung geboten und auch Redner eingeladen, die „gar nicht der amerikanischen Regierung nach dem Mund gesprochen haben“.189 Auch die Presse griff die Selbstbeschreibungen der Häuser immer wieder auf und verwandte sie, Zustimmung ausdrückend, als Überschriften.190 Den Amerikahäusern und DAI gelang es, über Jahrzehnte hinweg enge Verbindungen zu anderen Institutionen, Organisationen und Personen zu unterhalten. Über diese Beziehungen waren sie eng in ihr jeweiliges lokales Umfeld verankert. Das weitgespannte Netz an Kontakten und Beziehungen schuf erst die Voraussetzung, um überhaupt erfolgreich im Sinne der Country Plans agieren zu können. Ob die Häuser dann tatsächlich erfolgreiche Kultur- und Informationspolitik betrieben, ist damit noch nicht gesagt und kann auch kaum qualifiziert werden. Die vielfältigen, oft sehr langfristigen Kooperationen deuten aber darauf hin, dass ihre Mitveranstalter die Amerikahäuser und DAI tatsächlich als vertrauenswürdig einstuften. Offensichtlich empfanden beide Seiten die gemeinsamen Veranstaltungen oder anderen Formen des Kontakts als gewinnbringend – sei es in Form von Informationen, Prestige oder finanziellen Einsparungen. Doch nicht alle stimmten dieser Einschätzung zu. Manche Teile der bundesdeutschen Bevölkerung beurteilten die Amerikahäuser und DAI als Propa187 DAI Tübingen, Protokoll der Mitgliederversammlung vom 7. Dezember 1973: StadtAT, E 418, Nr. 59. 188 AA Brümmer an DAI-Direktor Sheldon vom 16. Dezember 1985: BayHStA, MK, vorl. Nr. 1428. 189 Protokoll der 74. Sitzung des Stadtrats vom 15. Juli 1970, S. 21: StadtAN E 6/799, C 85/ III, Nr. 100. 190 „Amerika-Haus – Stätte der Begegnung“: Heidelberger Tageblatt vom 9. Oktober 1964; „Immer Ein Ort der Begegnung. Freier Ideenaustausch“: Rhein-Neckar-Zeitung vom 6. Mai 1971.

3.2 Orte des Protests und der Kritik

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gandaeinrichtungen, mit denen die USA einseitige Deutungen und Sichtweisen verbreiteten, eine echte Auseinandersetzung verhinderten und unliebsamen Diskussionen aus dem Weg gingen. Sie stellten damit die Selbstpräsentation der Häuser grundsätzlich in Frage. Diese Sichtweise führte nicht nur dazu, dass Organisationen wie die Allgemeinen Studentenausschüsse ihre Zusammenarbeit zeitweilig aufkündigten und als Mitveranstalter wegfielen, sondern auch zu öffentlicher Kritik an den Amerikahäusern und DAI. 3.2 Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanische . Institute als Orte des Protests und der Kritik „Das Amerikahaus ist eine Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln.“191 So urteilte der Student Reinhard Wetter im Oktober 1968 vor dem Landgericht München, wo er unter anderem wegen der Störung einer Veranstaltung im Münchner Amerikahaus angeklagt war: Im Amerikahaus liegen viele bunte, großgedruckte Heftchen aus, kostenlos und freundlich werden sie einem überreicht. Das ist die USA, und das ist sein [sic!] Mr. President. […] Eben, so einfach ist das. Imperialismus als Gezänk neurotischer Nachbarn, wo dann der gute alte Nachtwächter Amerika schlichtend eingreift. LBJ als Viehzüchter, lakonischer Aphorismenschmied, enkelbetätschelnder und betender Pater Patriae, das ist die Ausstellung, die uns das Amerikahaus täglich bietet.192

Diese Szene aus der Hochphase der Proteste gegen den Vietnamkrieg gibt den Blick auf die Amerikahäuser und DAI als Orte des Protests und der Kritik frei. Als Elemente der auswärtigen Kultur- und Informationspolitik mit regierungsoffiziellem Auftrag waren sie davon in zweierlei Hinsicht betroffen. Zum einen konnten sich Kritik und Protest wie bei Reinhard Wetter gegen die Häuser selbst richten, gegen ihre Arbeit im Auftrag der US-Regierung, konkrete Programmpunkte, einzelne Personen oder, bei den binatonalen Instituten, die Finanzierungsstruktur. Zum anderen wurden sie mit Kritik konfrontiert, die sich gegen die USA richete. In diesem Fall fungierten sie als Symbolorte, als konkrete, vor Ort greifbare und sichtbare Stellvertreter der USA. Die Amerikahäuser und DAI waren während der folgenden Jahrzehnte immer wieder Gegenstand beider Formen der Kritik und des Protests. Der Vietnamkrieg war dabei einer der häufigsten, aber längst nicht der einzige Grund für kritische Äußerungen oder Protesthandeln. Im Folgenden soll es um die Akteure und Formen solcher Proteste gehen. Welche Motive verfolgten unterschiedliche Akteure zu verschiedenen Zeitpunkten? Wie drückten sich Kritik und Protest aus? Die Kernaufgabe der Amerikahäuser und DAI 191 APO-Press Nr. 24 vom Nov. 1968, in: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 17295. LBJ meint den amerikanischen Präsidenten Lyndon B. Johnson. 192 APO-Press, Nov. 1968, in: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 17295.

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bestand darin, Verständnis zu wecken und Zustimmung zu erzeugen. Wie gingen sie damit um, auch Orte der Kritik und des Protests zu sein? Inwiefern veränderten sich die Arbeit und die Arbeitsbedingungen der Häuser? In ihren Veranstaltungen versuchten die Häuser, die Rahmenbedingungen deutsch-amerikanischer Begegnungen durch Themensetzung und Referentenauswahl zu bestimmen. Der Blick auf Kritik und Protesthandeln eröffnet neue Perspektiven auf die Amerikahäuser und DAI als Orte von Kontroversen. Hier zeigt sich, mit welchen Themen und Modi der Auseinandersetzungen deutsche Akteure die Häuser konfrontierten und wie diese damit umgingen. 3.2.1 „Störungen und Zerstörungen“: Themen und Formen des Protests . in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren Kaum eine Darstellung zu den Studentenprotesten der späten 1960er Jahre, kaum eine Biographie ihrer Protagonisten kommt ohne Hinweis auf die Geschehnisse am 5. Februar 1966 in Westberlin aus. An diesem Tag flogen nach einer friedlichen Demonstration gegen den Vietnamkrieg fünf Eier an die Fassade des Amerikahauses. Auch vor der amerikanischen Flagge machten die demonstrierenden Studierenden nicht Halt: Sie wurde, je nach Darstellung, auf Halbmast gesetzt oder heruntergerissen.193 Im historiographischen Rückblick erscheinen diese Vorfälle häufig als eine der Schlüsselszenen der Protestbewegung. Das Stadtmuseum Berlin rechnete die Eierwürfe gar zu den acht zentralen Ereignissen seiner Ausstellung „Berlin 1968“, obwohl sie bereits zwei Jahre zuvor stattfanden, und der Schriftsteller F.C. Delius stellte sie in das Zentrum einer Erzählung.194 193 Zur der Demonstration hatten der Liberale Studentenbund Deutschlands (LSB), der Sozialdemokratische Hochschulbund (SHB), der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS), die Humanistische Studentenunion (HSU) sowie der Argument Club/Landesverbände Berlin aufgerufen. Der Aufruf ist abgedruckt in: Freie Universität Berlin, Bd. 4, S. 263f. Für eine Darstellung der Demonstration s. ebd. S. 67f. 194 Der 5. Februar 1966 steht damit neben Ereignissen wie dem Tod Benno Ohnesorgs am 2. Juni 1967 oder den Osterunruhen 1968 nach dem Attentat auf Rudi Dutschke. Das Stadtmuseum zeigte die Ausstellung „Berlin 68. Sichten einer Revolte“ zwischen dem 10. Juli und dem 2. November 2008. Einen Ausstellungskatalog oder Begleitband gibt es nicht. Für eine kurze Zusammenfassung im Internet seitens des Stadtmuseums s. http://stadtmuseum.de/presse/uploads/media/_PM_Berlin68_german.pdf. Delius, Amerikahaus. Die Berlin-Chronik nimmt die Eierwürfe ebenfalls auf und listet sie zwischen zwei Passierschein-Abkommen auf, die Westberlinern Verwandtenbesuche im Ostteil der Stadt ermöglichen. Holmsten, Die Berlin-Chronik, S. 454. Für Hinweise in der Literatur s. Gilcher-Holtey (Hg.), 1968, S. 230f.; Chaussy, Die drei Leben, S. 123–125; Krebs, Ulrike Meinhof, S. 131; Gilcher-Holtey, Die 68er Bewegung, S. 38; Aly, Unser Kampf, S. 147; Frei, 1968, S. 108f.; Kraushaar, Achtundsechzig, S. 105.

3.2 Orte des Protests und der Kritik

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Westberlin und die Bundesrepublik erlebten in den folgenden Monaten und Jahren viele Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg der USA, bei denen nicht Eier, sondern Molotow-Cocktails flogen, Menschen verletzt wurden, Häuser, Flaggen und Autos brannten oder Gebäude besetzt wurden. Nur wenige dieser späteren Proteste, die häufig amerikanische Einrichtungen zum Ziel hatten, bewegten die Gemüter ähnlich wie die Ereignisse vom 5. Februar. Die Presse reagierte empört, vom Regierenden Bürgermeister Willy Brandt bis hin zum Bundesbevollmächtigten für Berlin bekundeten Politiker und Würdenträger gegenüber dem amerikanischen Stadtkommandanten ihr großes Bedauern über die Vorfälle, und der AStA der Freien Universität (FU) und andere studentische Organisationen verurteilten die Ausschreitungen vor dem Amerikahaus.195 Die Berliner CDU, die Junge Union (JU) sowie der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) organisierten eine Sympathiekundgebung für die USA, an der sich etwa 600 Menschen beteiligten.196 Am 14. Februar übergaben fünf Studierende der FU dem amerikanischen Gesandten in Berlin eine Erklärung, in der sie sich von den Vorfällen am Amerikahaus distanzierten. Etwa 1.300 Studierende hatten unterschrieben.197 War es für einen guten Teil der westdeutschen Bevölkerung schon schwer nachvollziehbar, dass Studierende überhaupt demonstrierten, statt zu studieren, brachte vor allem der Ort des Protests die Öffentlichkeit auf. Die Bundesrepublik und besonders Westberlin waren abhängig von der militärischen Präsenz der USA und ihrer Bereitschaft, die Bundesbürger zu schützen. Die USA, so betonten viele Kritiker der Demonstranten, hatten den Deutschen in der Nachkriegszeit ihre „Freundschaft und Hilfsbereitschaft“ geschenkt, und nur ihnen sei es zu verdanken, dass man „hier in Freiheit studieren und [seine] Meinung jederzeit frei äußern“ könne.198 Noch stimmten viele der Aussage zu, die Freiheit Berlins werde auch in Vietnam verteidigt. Die amerikanische Flagge anzutasten empfanden sie daher als eine „Schande für unser Berlin“.199 In der Tat waren die Ereignisse vor dem Amerikahaus äußerst ungewöhnlich. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Menschen dorthin gegangen, um die Bibliothek oder eine Veranstaltung zu besuchen oder um ihre Verbundenheit mit den USA auszudrücken. Nach der Ermordung John F. Kennedys im Novem195 Freie Universität Berlin, Bd. 4, S. 68f. Im Quellenanhang sind ein Schreiben des SHB und des Rektors der Freien Universität Berlin (FU) an den amerikanischen Stadtkommandanten sowie ein Artikel der Berliner Morgenpost abgedruckt, s. ebd. S. 263–265; Michel, Willy Brandts Amerikabild, S. 267–269. 196 Freie Universität Berlin, Bd. 4, S. 69. 197 Ebd., S. 71; Entschuldigungsdelegation der FU betr. Demonstrations-Krawalle vom 14. Februar 1966: Alliiertenmuseum Berlin, Bestand Amerikahaus, Nr. X. 198 Lieber, Rektor FU an Stadtkommandant Franklin vom 7. Februar 1966, abgedr. in Freie Universität Berlin 1948–1973, Bd. 4, S. 264. 199 So die Schlagzeile der Berliner Zeitung vom 7. Februar 1966, zit. nach Freie Universität Berlin, Bd. 4, S. 68.

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ber 1963 waren Zehntausende in die Amerikahäuser und DAI geströmt, um Blumen oder Kerzen niederzulegen und sich in die Kondolenzbücher einzutragen.200 Gewalt gegen Einrichtungen des USIS war neu.201 Der hohe Symbolgehalt des Berliner Amerikahauses und damit auch der Eierwürfe gegen diese Institution zeigte sich sowohl zeitgenösisch wie auch retrospektiv. Keinem der Beteiligten ging es um das Amerikahaus als Institution. Weder die Berliner Demonstranten noch Willy Brandt, der Rektor der FU oder der Stadtkommandant bezogen sich in ihren Äußerungen auf das Amerikahaus selbst. Es war nur der Ort, an dem die Studierenden ihre Kritik an der amerikanischen Kriegsführung ausdrückten, aber nicht unbedingt der Gegenstand ihres Unmuts. Ebensowenig ging es denjenigen, die das Vorgehen der Studierenden kritisierten, um das Amerikahaus mit seiner spezifischen Funktion und Geschichte, sondern darum, das überhaupt an einem Ort, an dem symbolträchtig die amerikanische Flagge wehte, gegen die USA protestiert wurde. Auch retrospektiv behielten die Amerikahäuser und die dort stattfindenden Proteste ihren symbolischen Charakter. Dies gilt sowohl für die beteiligten Akteure wie auch die Geschichtswissenschaft, wie die Aufnahme der Eierwürfe von 1966 in die oben genannte Berliner Ausstellung zeigt. Ein anderes Beispiel sind die Bilder einer Störaktion im Frankfurter Amerikahaus, die Wolfgang Kraushaar dem Kapitel über das Jahr 1967 in seinem dreibändigen Werk Frankfurter Schule und Studentenbewegung voranstellte.202 Klaus Theweleit, Teil der linksalternativen Freiburger Szene und später Lehrbeauftragter an der dortigen Universität, beantwortete in einem Interview mit der taz die Fragen zur Gewaltanwendung bei Protestaktionen mit dem Beispiel des DAI Freiburg.203 Insbesondere die Eierwürfe auf das Amerikahaus in Westberlin, also in der Stadt, die als „Frontstadt des Kalten Kriegs“ besonders eng mit den USA verbunden war, werden von den damaligen Aktivisten im200 US-Botschaft Bonn an Department of State vom 27. November 1963: JFKL, USIA, Box 1; GK Stuttgart an Department of State vom 28. November 1963, S. 2f.: JFKL, USIA, Box 1; USAREUR an Department of State vom 30. November 1963: JFKL, USIA, Box 1; GK Düsseldorf an Department of State vom 6. Dezember 1963, S. 2f.: JFKL, USIA, Box 1; GK Frankfurt an Department of State vom 7. Dezember 1963, S. 3: JFKL, USIA, Box 1. 201 Eine Aufstellung der USIA vom Januar 1965 über Schäden an USIS-Gebäuden durch Gewalt oder Aufstände weltweit listete für die Jahre zwischen 1953 und 1965 nur einen einzigen Zwischenfall in der Bundesrepublik auf. 1960 hatte demnach ein Mann, hier als ehemaliger Nationalsozialist bezeichnet, versucht, Feuer an der Eingangstür des RIAS zu legen. Aufstellung U.S. Information Service Buildings, Damaged Through Mob Violence, Riots, etc. 1953–1965 vom 29. Januar 1965, S. 2: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953–2000, Box 208. 202 Kraushaar (Hg.), Frankfurter Schule, S. 241 (Bd. 1) und S. 221 (Bd. 2). 203 „Wir alle diskutierten die Stadtguerilla“. Interview mit Klaus Theweleit, in: Dutschke und Du. taz-Journal 2006, Nr. 1, S. 21–33, hier S. 22.

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mer wieder genannt. Die Angaben über Zahl der Eier, die an der Fassade des Amerikahauses zerschellten, schwanken in den Erzählungen – mal waren es sechs Eier, mal fünf, oder auch nur drei. Manche Berichte verlegen das Ereignis in das Jahr 1967, andere sprechen von faulen Eiern, die da geflogen seien, wieder andere schmücken die Erzählung detailreich aus.204 Ulrich Enzensberger gibt sogar an, deswegen nach Westberlin gezogen zu sein: „Als Anfang 1966 die Eier ans Berliner Amerikahaus klatschten, beschloss ich, erschrocken und begeistert zugleich, in die alliierte Stadt zu ziehen.“205 In diesen Berichten wird der 5. Februar zu einem herausgehobenen Ereignis. Beteiligte wie Unbeteiligte verwendeten die Eierwürfe auf das Amerikahaus als Topos, der sinnbildlich und griffig benennt, worum es „damals“ ging. Der Vietnamkrieg gehörte zu den zentralen Themen einer übergreifenden Protestbewegung, die sich Mitte der 1960er Jahre in der Bundesrepublik formierte. Bevor dieser Krieg und damit die USA in den Fokus der Aufmerksamkeit rückten, waren bereits Protestbewegungen für eine umfassende Bildungsreform und gegen die geplante Notstandsgesetzgebung entstanden. Erstere setzte sich für die Demokratisierung und den Ausbau der Schulen und Hochschulen ein, letztere protestierte aus der Befürchtung heraus, Notstandsgesetze gefährdeten die junge westdeutsche Demokratie.206 Beide Konflikte verschärften sich mit dem Regierungsantritt der Großen Koalition im Dezember 1966, durch den die parlamentarische Opposition im Bundestag auf die FDP zusammenschrumpfte. Als Gegengewicht entstand die sogenannte außerparlamentarische Opposition (APO), die hauptsächlich Studierende und Jugendliche mobilisierte, während der Auseinandersetzung um die Notstandsgesetzgebung aber auch gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer umfasste.207 Den Kern der Protestbewegung bildeten politisch links stehende Studierende und hier wiederum der Sozialistische Deutsche Studentenbund 204 „Twenty Years After“. Interview mit Peter Gäng, S. 252. Gäng gibt an, „genau drei Eier“ seien geworfen worden. Klaus Hartung verlegte die Eierwürfe auf Ostern 1967. In der Tat kam es während des Ostermarsches 1967 zu Ausschreitungen gegen das Amerikahaus in Berlin, laut Presse flogen jedoch Farbbeutel und keine Eier. Hartung vermischt diese beiden Ereignisse möglicherweise. S. Hartung, Versuch [Der Text ist eine gekürzte Fassung eines Beitrags in Kursbuch 48 (1977) S. 14–44]; „Zwischenfälle bei Ostermarsch in Berlin“: FAZ vom 28. März 1967. Eine Teilnehmerin an der Demonstration berichtete rückblickend über den 5. Februar 1966: „Es war wunderschön, wie die Eier das Amerikahaus trafen.“ Schunter-Kleemann, Wir waren Akteurinnen, S. 108. 205 Enzensberger, Die Jahre der Kommune 1, S. 61. 206 Zu den Hintergründen der Protestbewegung in der Bundesrepublik s. Rohstock, Von der „Ordinarienuniversität“; Frei, 1968, S. 77–151; Siegfried, Time Is on My Side; Etzemüller, 1968; Schmidtke, Der Aufbruch der jungen Intelligenz; Requate, Weimar. 207 Diese kurze Allianz zwischen Studierenden und Gewerkschaften zerbrach nach der Verabschiedung der Notstandsgesetze im Mai 1968, hatte sich aber auch zuvor nur auf diese Frage bezogen. Zur heterogenen Zusammensetzung der APO s. Kraushaar, 1968, S. 317. Zur APO s. auch Otto, APO.

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(SDS) bis zu seinem Zerfall 1969/70. Dieser hatte sich als Sammelbecken einer marxistisch orientierten Neuen Linken herausgebildet, nachdem sich die SPD 1961 von diesem Studierendenverband nach langen Auseinandersetzungen getrennt hatte.208 Die Neue Linke war kein spezifisch westdeutsches Phänomen, sondern eingebettet in die „erste globale Rebellion“.209 Weltweit – angefangen von den USA, Frankreich und Italien bis zu den osteuropäischen Staaten – entstanden während der 1960er Jahre Protestbewegungen mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunktsetzungen und zeitlichen Verläufen, die sich gegenseitig beeinflussten und verstärkten.210 Etliche Themen, Formen und Vorbilder der westdeutschen Protestbewegung stammten ursprünglich aus den USA: der Vietnamkrieg, die Rassenfrage, Sit-ins und Teach-ins oder die Führungsfiguren der Black Panther-Bewegung.211 Die bundesdeutschen Protestbewegungen entstanden, als im Verlauf der 1960er Jahre die Forderung nach politischer Teilhabe vor allem unter den Jugendlichen rasch wuchs. Mit der wachsenden Politisierung der jungen Generation gingen neue Themensetzungen und Artikulationsformen einher, die sich dann zwischen 1967 und 1969 zu einer umfassenden Gesellschaftskritik verdichteten.212 Diese bezog sich nicht auf die USA allein, sondern auf alle westlichen und hochindustrialisierten Gesellschaften.213 Die Vereinigten Staaten, die NATO und die Mitgliedschaft der Bundesrepublik in dieser Organisation galten jedoch vielen der radikalen Studierenden und ihren Führungsfiguren, etwa Rudi Dutschke oder Bernd Rabehl, als Kernpunkte ihrer Kritik.214 Dynamisierend wirkte die „Entdeckung einer revolutionären ‚Dritten Welt‘“ in Lateinamerika, Asien und Südafrika. Diese „Dritte Welt“ sahen die APO-Aktivisten Gerd Koenen zufolge als „kämpferische Antithese“ zum Kapitalismus und als Vorbild für die eigenen revolutionären Bestrebungen.215 Ihr Schlüsseltext im Kampf gegen Kolonialismus und Imperialismus war Frantz Fanons Buch Die Verdammten dieser Erde, das 1966 in deutscher Übersetzung erschien.216 In diesem Kontext rückte der Vietnamkrieg in der Bundesrepublik wie auch in den USA und in anderen Staaten ab Mitte der 208 Zum SDS s. Fichter/Lönnendonker, Kleine Geschichte des SDS. Jenseits dieser Darstellung durch zwei frühere Mitglieder gibt es bisher keine umfassende Untersuchung des SDS. 209 Kraushaar, Achtundsechzig, S. 78. 210 Zur internationalen Dimension s. Frei, 1968; Gilcher-Holtey, Die 68er Bewegung. 211 Kraushaar, Die transatlantische Protestkultur. 212 Siegfried, Time Is on My Side, bes. S. 19f., 441, 750. 213 Zur Amerika- und Gesellschaftskritik der späten 1960er und frühen 1970er Jahre s. Schwaabe, Antiamerikanismus, S. 157–167. 214 S. beispielsweise Kraushaar, Achtundsechzig, S. 105 und bes. Anm. 133. 215 Koenen, Das rote Jahrzehnt, S. 46f. S. auch Schmidtke, Der Aufbruch der jungen Intelligenz, S. 263–273. 216 Gilcher-Holtey, Die 68er Bewegung, S. 43, 45; Kraushaar, Achtundsechzig, S. 101–103.

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1960er Jahre bald ins Zentrum der Proteste. Linke Intellektuelle und Studierende stellten die Gleichsetzung von Westberlin mit Südvietnam in Frage. Studierendenverbände begannen, sich und andere angesichts der unkritischen Berichterstattung in der Springer-Presse in eigenen Veranstaltungen oder Publikationen über diesen Krieg zu informieren.217 Bald fanden erste Demonstrationen und Protestaktionen statt. Sie richteten sich gegen den „imperialistischen Krieg“ der USA und signalisierten Unterstützung für den kommunistischen Vietcong in seinem Kampf gegen die südvietnamesische Regierung und deren amerikanische Verbündete.218 Diese Proteste bezogen gleichzeitig immer auch die Bundesrepublik als Bündnispartner der USA mit ein. Sie wandten sich gegen die finanzielle und moralische Unterstützung des Vietnamkriegs durch die Bundesregierung und gegen diejenigen, die es wie beispielsweise Max Horkheimer mit Verweis auf die jüngste deutsche Vergangenheit ablehnten, Fundamentalkritik an den USA zu üben.219 Die Amerikahäuser und DAI gehörten von Anfang an zu den Orten, an denen solche Proteste stattfanden. Deren Bandbreite und Verlaufsformen differierten in erheblichem Maße. Als im Juni 1965 etwa 20 Jugendliche bei einem Konzert des United States Air Forces-Orchesters, das vom DAI Nürnberg organisiert worden war, Transparente enthüllten und gegen den Vietnamkrieg protestierten, wurden sie noch kurzerhand aus dem Saal hinausgeworfen.220 Als die Proteste zunahmen, entwickelte sich eine Gewaltspirale, bei der sich die Aggressivität der Protestierenden und die der Polizei, die erst am Übergang zu den 1970er Jahre begann auf Deeskalation zu setzen, wechselseitig verstärkten und provozierten.221 Während der späten 1960er und frühen 1970er Jahre erstellte die USIA regelmäßig Listen über alle Sachschäden an ihren Gebäuden im Ausland. In der Bundesrepublik waren eingeworfene Fensterscheiben und Schaukästen fast schon an der Tagesordnung. Die Häuser sowie ihre Direktoren erhielten telefonische und schriftliche Drohungen.222 Immer wieder wurde die amerikanische Flagge herabgerissen, oft Hans Magnus Enzensberger hatte bereits 1965 ein Kapitel aus Fanons Buch im Kursbuch abgedruckt. Frei, 1968, S. 107. 217 Frei, 1968, S. 106f. Zum Vietnamkrieg s. Greiner, Krieg ohne Fronten. 218 Zu diesen Zielen s. beispielsweise Gerd Koenens Darstellung des Westberliner Vietnam-Kongresses im Februar 1968: Koenen, Das rote Jahrzehnt, S. 61–63. 219 Gassert, Antiamerikaner, S. 258–261. 220 DAI Nürnberg, Assessment Report 1965: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. Der Bericht betont, es sei das Publikum gewesen, das gegen die Demonstranten vorgegangen sei. Zu dem Vorfall und seinem gerichtlichen Nachspiel s. außerdem Stadtchronik Nürnberg, Bd. 57, S. 181, 320: StadtAN, F 2. 221 Weinhauer, Schutzpolizei, S. 345–350. 222 Bericht DAI-Direktor Bronner o.D. [Mai 1970]: STAHD, Ablieferung Zentralbüro, vorl. Nr. 102; Anleitung für eine Bomben-Zigarre, o.D.: StadtAT, E 418, Nr. 117; Schrei­ ben an AH München, o.D.: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 17657/1. Zu den Listen der USIA s. Aufstellung „U.S. Information Service Buildings, Damaged

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auch zerstört. Hinzu kamen kleinere und größere Brandanschläge, die Schäden am Bücherbestand, dem Mobiliar oder den Gebäuden verursachten. Diese waren mitunter beträchtlich: Manche Sachschäden bezifferten die Polizei und der USIS auf über 10.000 DM.223 Viele dieser Anschläge wurden während der Nacht verübt, und meist konnten die Täter nicht gefasst werden. Häufig hinterließen sie jedoch Parolen an den Wänden oder andere Hinweise, die auf ihre Ziele verwiesen.224 Tagsüber waren die Amerikahäuser und DAI Ziel vieler Demonstrationszüge gegen den Vietnamkrieg, zu denen meist der SDS aufrief. Häufig flogen aus der Menge heraus Farbeier oder Steine gegen die Häuser und richteten dadurch Sachschäden an. Die amerikanischen Kultur- und Informationszen­ tren lagen meist auf der Route der Märsche, oft hielten die Demonstrierenden vor den Gebäuden Zwischen- oder Abschlusskundgebungen ab.225 So forderThrough Mob Violence, Riots, etc.“ 1967/68 vom 1. März 1968, S. 12–14; Aufstellung „U.S. Information Service Buildings, Damaged Through Mob Violence, Riots, etc.“ 1968/69 vom 1. April 1969, S. 10–14; Aufstellung „America House Incidents“ 1969 vom 4. Februar 1970; USIA, Aufstellung „Bombing Incidents, Mob Action and Harassment Against U.S. Installations Overseas“ 1969/70 vom 4. September 1970, S. 14–20; Aufstellung „U.S. Information Service Buildings, Damaged Through Mob Violence, Riots, etc.“ 1970/71 vom 16. Juni 1971, S. 10–16; Aufstellung „Dissident and Terrorist Acts Against U.S. Installations Overseas“ 1971, S. 49–51. Alle Dokumente in: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953–2000, Box 208. S. außerdem eine große Zahl an Telegrammen der US-Botschaft in Bonn an das Department of State zwischen 1967 und 1973 in den Akten des Department of State: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1967–1969, Box 321; NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1970–1973, Box 371. S. auch lokale Aufstellungen wie die Liste in München verübter Brand- und Sprengstoffanschläge mit politischem Motiv 1969–1971: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 17655; Liste Terroranschläge mit politischem Hintergrund 1970: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 17655. Für Tübingen s. DAI Tübingen, Protokoll der Sitzungen des Vorstands vom 4. Dezember 1969 und vom 3. Dezember 1970, beide: StadtAT, E 418, Nr. 57. 223 Die höchsten Schäden entstanden vermutlich bei einem Brandanschlag auf das Frankfurter Amerikahaus im Januar 1973. Die Zeitungen gaben den Sachschaden mit etwa 80.000 DM an. „Anschläge auf Amerikahäuser“: Bild-Zeitung vom 11. Januar 1973; „Brandanschlag auf Frankfurter Amerikahaus“: Münchner Merkur vom 11. Januar 1973. 224 S. dazu ebenfalls die Aufstellungen der USIA. S. auch DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 3. Dezember 1970: StadtAT, E 418, Nr. 57; GK Hamburg an US-Botschaft vom 11. Oktober 1967: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1967–1969, Box 321. 225 S. beispielsweise Flugblatt „Schluss mit dem Krieg in Vietnam!“ vom Mai 1965: APOArchiv München, Sammlung Koderer; „Krawalle beim Demonstrationszug“: Münchner Merkur vom 28. Mai 1965; „Marsch durch Schwabing“: AZ/M vom 17. März 1968; „Gegen Völkermord in Vietnam“: Memminger Zeitung vom 18. März 1968; Flugblatt des AStA Heidelberg vom Dezember 1967: Archiv Soziale Bewegungen Freiburg,

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ten im März 1968 etwa 2.500 Demonstranten „Schluss mit dem Völkermord in Vietnam“ und verlasen bei einer Zwischenkundgebung vor dem Amerikahaus München Gruß- und Solidaritätsbotschaften von Ernst Bloch, Wolfgang Abendroth und anderen linken Intellektuellen.226 Wie die Westberliner Gruppen vom 5. Februar 1966 wählten die Protestierenden die Amerikahäuser und DAI aber auch immer wieder als Versammlungsort, wenn die offiziellen Protestzüge bereits beendet waren oder die Häuser gar nicht an der vorgegebenen Route lagen.227 Sie suchten die amerikanischen Kultur- und Informationszentren als Ort des Protests. Die symbolische Bedeutung der Amerikahäuser und DAI zeigte sich besonders auch bei Demonstrationen in Städten, an denen die Protestbewegung ansonsten fast spurlos vorbeiging. Als in Regensburg, sechs Jahre nach den Eierwürfen von Westberlin, im Mai 1972 die erste Demonstration gegen den Vietnamkrieg stattfand, endete der Protestmarsch mit einer Kundgebung vor dem DAI, der „Agentur der US-Imperialisten“.228 Proteste dieser Art richteten sich weniger gegen die Amerikahäuser und DAI selbst als gegen die Politik des Staates, für den sie standen: die USA. Sowohl bei Demonstrationszügen wie bei nächtlichen Sachbeschädigungen und Anschlägen waren die Häuser meist eine unter mehreren Anlaufstationen. Weitere regelmäßige Ziele waren amerikanische Generalkonsulate, amerikanische Banken und Reisebüros, Militärstützpunkte oder sonstige Einrichtungen der USA vor Ort.229 Sie alle repräsentierten für die Demonstranten die Sammlung Odiè, WiSe 1967/68; Flugblatt „Vietnam-Demonstration“ des AStA Heidelberg, o.D. [Mai 1968]: Archiv Soziale Bewegungen Freiburg, Sammlung Odiè, SoSe 1968; Flugblatt „2. Aufruf der Roten Zellen“, o.A. [Berlin 1970]: HSF, Bestand Steins, 170: Flugblätter III; „Dutschke kündigt ‚heißen Frühling‘ an“: FAZ vom 12. Februar 1968; DAI Nürnberg, Tätigkeitsberichte 1968–1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 84; Flugblatt „Machen Sie endlich Schluss, Mr. Nixon!“, o.D. [1972]: APO-Archiv Berlin, Ordner Vietnam-BRD Süd/Nr. 1214; Holl/Glunz, 1968 am Rhein, S. 82–89; Strogies, Die Außerparlamentarische Opposition, S. 68. 226 „Gegen Völkermord in Vietnam“: Memminger Zeitung vom 18. März 1968; „Demons­ tration für politische Unabhängigkeit Vietnams“: Heidelberger Tageblatt vom 5. Juli 1966. 227 „Polizei rückt gegen Demonstranten aus“: SZ vom 28. Mai 1965; „Ostermärsche von Krawallen begleitet“: SZ vom 31. März 1969; PolPräs Frankfurt, Strafanzeige gegen Unbekannt vom 13. Februar 1968: HessHStA, Abt. 461, Nr. 31172; „Alle Menschen sind eigentlich Berliner“: SZ vom 28. Februar 1969; „Zusammenstöße bei VietnamDemonstration“: Fränkische Tagespost vom 15. Dezember 1969. 228 Vietnam-Komitee für Frieden und Befreiungskampf, Amis raus aus Indochina, S. 20: APO-Archiv Berlin, Ordner Vietnam-BRD Süd/Nr. 1214. 229 In Nürnberg war beispielsweise das US-Army-Hotel regelmäßig das Ziel von Demons­ trationen und Sachbeschädigungen, in Frankfurt das Gebäude des amerikanischen Handelszentrums, in Westberlin die Amerika-Gedenkbibliothek. „Polizei erstattet dreizehn Strafanzeigen“: Die Welt vom 7. Februar 1968; „Molotow-Cocktails gegen Berliner Amerika-Bibliothek“: FAZ vom 10. März 1969; US-Botschaft Berlin an Secretary of State vom 10. März 1967: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Nu-

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USA und lagen meist zentral, waren also ideal für symbolische Protestaktionen. Die Amerikahäuser und DAI eigneten sich besonders gut, denn sie hatten aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte und, vor allem in Westberlin, als Zeichen der amerikanischen Präsenz in der Bundesrepublik einen herausgehobenen symbolischen Wert. Peter Gäng, Mitglied des Arbeitskreises Vietnam im Berliner SDS und ab 1966 zweiter Bundesvorsitzender des SDS, erklärte rückblickend: „Die Reaktionen darauf waren so, als hätte jemand den USA den Krieg erklärt.“230 Und in einem Gespräch anlässlich einer Ringvorlesung zum Thema „Provokation und Öffentlichkeit“ im Jahr 1988 sagte Dirk Müller, Mitte der 1960er Jahre Berliner SDS-Landesvorsitzender: Die Situation war einfach die, dass, wenn man in dieser Stadt über den Vietnam-Krieg geredet hat, es überhaupt kein Echo gegeben hat, also Gasmord, Völkermord etc. waren überhaupt keine Themen in der Öffentlichkeit. Thema in der Öffentlichkeit war, ein wenig rote Farbe ans Amerika-Haus zu werfen. Und mit dieser Provokation hat man zugleich auch dann eine Diskussion über Vietnam führen können, auf eine andere Weise wäre das nicht möglich gewesen.231

War das Amerikahaus involviert, konnte man Aufmerksamkeit erregen. Das nutzten auch die Studierenden, die aus Protest gegen Klausuren als Prüfungsform im Februar 1969 das Institut für Zeitungswissenschaften der LMU München besetzten, das seit 1966 im Obergeschoss des Amerikahauses untergebracht war. Schlagzeilenträchtig hingen für einige Zeit eine Vietcong-Fahne sowie ein Transparent „Erstes befreites Institut der Universität München“ aus den Fenstern des Amerikahauses.232 Auch wenn sich die Besetzung in erster Linie gegen die unversitären Strukturen und weniger gegen das Amerikahaus richtete, nutzten die Studierenden die Gelegenheit und warfen Bilder der Präsidenten George Washington, John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson aus dem Fenster, die in dem Gebäude gehangen hatten.233 Zudem benannten sie das Institut – eine besondere Provokation für das Amerikahaus – in „BahmanNirumand-Institut“ um und damit nach einem bekannten Aktivisten der Protestbewegung.234 Nur wenige der Besetzer studierten selbst Zeitungswissenmeric Files 1967–1969, Box 321. Hinzu kamen deutsche und ausländische Einrichtungen wie Zeitungsverlage, Banken, Konsulats- und Botschaftsgebäude. 230 „Twenty Years After“. Interview mit Peter Gäng, S. 252. 231 Zitiert nach http://www.glasnost.de/hist/apo/apo884.html. 232 „Erstes Institut von Studenten besetzt“: TZ vom 12. Februar 1969; „Studenten besetzten Institut“: SZ vom 12. Februar 1969. Zu den Zielen der Studierenden s. das Flugblatt „Unser Arbeitsplatz“ vom 11. Februar 1969: APO-Archiv München, Sammlung Koderer. 233 Aufstellung „U.S. Information Service Buildings, Damaged Through Mob Violence, Riots, etc.“ 1968/69 vom 1. April 1969, S. 13: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953– 2000, Box 208. 234 Der iranische Publizist und Literaturwissenschaftler Bahman Nirumand wurde von Hans Magnus Enzensberger gefördert. Bekannt wurde er, als er am 2. Juni 1967 anlässlich des Besuchs von Reza Pahlevi, des Schahs von Persien, bei einem Teach-In vor den

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schaften.235 Doch das Institut war für eine provokative Aktion attraktiv, denn der Ort des Geschehens, das Amerikahaus, verlieh der Institutsbesetzung zusätzliche Brisanz. Dass es vielen Demonstrierenden nur darum ging, die Amerikahäuser und DAI als Symbolorte und nicht wegen ihrer Arbeit anzugreifen, zeigt sich in den Äußerungen verschiedener Institutsdirektoren. Unabhängig voneinander wiesen sie und auch einige frühere Aktivisten darauf hin, dass unter den Protestierenden etliche Jugendliche gewesen seien, die zu den regelmäßigen Besuchern der Häuser zählten. So resümierte auch Klaus Theweleit 2006 in einem Interview: Ich war im Prinzip für das Steineschmeißen gegen das Amerika-Haus [Freiburg; R.K.]. Das war für mich ein vertretbarer Akt symbolischer Gewalt. […] [I]ch habe mich an dieser Aktion dann nicht beteiligt, weil ich gleichzeitig ein Freund des Amerika-Hauses war. Ich bezog da Zeitschriften, Bücher, Platten. Ich wusste, dass die Leute völlig in Ordnung waren.236

Die Protestierenden beschränkten sich nicht darauf, an den Amerikahäusern und DAI vorbeizumarschieren oder hier Kundgebungen abzuhalten, das Ende des Vietnamkriegs zu fordern und Fenster einzuwerfen: Immer wieder gingen sie in die Häuser hinein und konfrontierten die Mitarbeiter und das Publikum der Häuser unmittelbar mit ihren Forderungen und Ansichten. So hatte das Amerikahaus Frankfurt am 6. September 1967 für eine Podiumsdiskussion zum Thema „Vietnam – reicht das amerikanische Engagement aus?“ eingeladen.237 Der Frankfurter SDS forderte anlässlich dieser Veranstaltung per Flugblatt auf, sich abends vor dem Amerikahaus zu versammeln.238 Nach Polizeiangaben kamen etwa 300 Studierende und Schüler dieser AuffordeStudierenden der FU das „Folterregime“ im Iran anprangerte. Sein Band „Persien, Modell eines Entwicklungslandes oder Die Diktatur der Freien Welt“ beeinflusste maßgeblich die studentischen Proteste gegen den Schah-Besuch, bei denen am Abend des 2. Juni der Student Benno Ohnesorg erschossen wurde. S. Frei, 1968, S. 113. 235 „Eindringlinge verwüsten Uni-Räume“: SZ vom 13. Februar 1969; Pressemitteilung der Universität München vom 12. Februar 1969: APO-Archiv München, Sammlung Koderer. Zu den Besetzern gehörten auch die beiden späteren RAF-Terroristen Brigitte Mohnhaupt und Rolf Heißler. Gespräch mit Christoph Peters vom 14. Mai 2007; s. auch Hachmeister, Schleyer, S. 337. 236 „Wir alle diskutierten die Stadtguerilla“. Interview mit Klaus Theweleit, S. 22. Gespräch mit Christoph Peters vom 14. Mai 2007; USIS Bonn, Highlights Report vom 28. März 1973: StadtAT, E 418, Nr. 123; DAI Nürnberg, Monthly Highlights Report vom 22. Dezember 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 203; DAI Nürnberg, Monthly Highlights Report vom 23. Mai 1972: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. 237 Auf dem Podium saßen Jens Feddersen (Neue Ruhr Zeitung), Bernd Nielsen-Stokkeby (ZDF), Theo Sommer (Die ZEIT), Bruce van Voorst (Newsweek), Karl Hermann Flach (Frankfurter Rundschau). 238 Flugblatt „Vietnam – reicht das amerikanische engagement aus?“ [sic!] o.D. [September 1967]: HessHStA, Abt. 461, Nr. 31123/1.

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rung nach.239 Da in Frankfurt gerade eine Delegiertenkonferenz des SDS tagte, befanden sich viele prominente Mitglieder und Anhänger des SDS in der Stadt, darunter Karl Dietrich Wolff, Frank Wolff, Fritz Teufel, Rainer Langhans, Dieter Kunzelmann und Rudi Dutschke, der führende Kopf des Berliner SDS. Dutschke war die bekannteste Persönlichkeit der bundesdeutschen Protestbewegung, kämpfte für einen marxistischen Sozialismus und gegen den Kapitalismus und galt großen Teilen der bundesdeutschen Öffentlichkeit als „Chefideologe“, der Boulevardpresse gar als „Volksfeind Nr. 1“.240 Dutschke führte auch die Versammlung vor dem Frankfurter Amerikahaus an.241 Dem Polizeibericht zufolge überrannten die Frankfurter Demonstranten die Türsteher des Amerikahauses, besetzten Podium und Mikrofon und verbarrikadierten die Nebeneingänge, um zu verhindern, dass die Polizei eingriff: Statt der vorgesehenen Diskussionsredner nahmen die Demonstranten vom Podium Besitz, hissten die Vietcong-Flagge, tranken das für die Journalisten bestimmte Eiswasser und sangen laut die ‚Internationale‘. Ferner riefen sie Sprechchöre ‚Hey, hey, hey – LBJ – how many kids did you kill today?‘ […] und ‚Ledernacken, Koffer packen‘. […] Ein Demonstrant trillerte mit einer Jahrmarktspfeife […], während ein anderer versuchte, den Mund von Herrn Dr. Richter [dem Hausherrn, R.K.] mit Heftpflaster zuzukleben. Die Demonstranten forderten, mitdiskutieren zu wollen, obwohl sie zu der Veranstaltung nicht eingeladen – sie hatten keine Eintrittskarten – und nicht als Diskussionsredner vorgesehen waren.242

Als die Polizei eintraf, hätten die Demonstranten erfolglos versucht, die Polizisten zu provozieren und zu unüberlegten Handlungen zu verleiten.243 Nachdem dann viele den Saal verlassen hatten und Ruhe eingekehrt war, habe der Diskussionsleiter die Veranstaltung eröffnet, sei aber abermals unterbrochen worden. Hans-Jürgen Krahl, die Führungsfigur des Frankfurter SDS, habe die Bühne betreten und geäußert, die Diskussion gehe am Thema vorbei und daraufhin gefordert, einen Studenten auf dem Podium Platz nehmen zu

239 Bericht PolPr Frankfurt o.D. [September 1967]: HessHStA, Abt. 461, Nr. 31086. 240 Zu Dutschke s. Chaussy, Die drei Leben; Dutschke, Jeder hat sein Leben. 241 Am 11. April 1968 schoss der Hilfsarbeiter Josef Bachmann mehrere Male auf Rudi Dutschke und verletzte ihn schwer. Zur Rekonvaleszenz plante Dutschke, mit seiner Familie ins Ausland zu ziehen. Seinem Antrag auf ein Visum für die USA standen unter anderem die Ereignisse im Frankfurter Amerikahaus im Wege. Reed an NSA Rostow vom 16. Juli 1968: LBJL, NSC Country Files, Box 189. 242 Bericht PolPr Frankfurt o.D. [September 1967]: HessHStA, Abt. 461, Nr. 31086. „Ledernacken“ bezieht sich auf den ledernen Nackenschutz früherer Uniformen der Soldaten des US-Marineinfanteriekorps. 243 Bericht PolPr Frankfurt o.D. [September 1967]: HessHStA, Abt. 461, Nr. 31086.

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lassen.244 Seine Forderung sei abgelehnt worden, und erst jetzt hätten die letzten Demonstranten endgültig den Saal verlassen.245 Die Polizei erstattete Strafanzeige gegen etliche der Beteiligten.246 Bei der Vernehmung einiger Frankfurter Studierender und Schüler gaben diese an, warum sie sich an der Protestaktion beteiligt hatten. „Mir wird vorgehalten, dass die gehisste Vietcongfahne eine ausgesprochene Herausforderung für die Gastgeber war“, gab ein 17jähriger zu Protokoll. „Dem habe ich entgegenzuhalten, dass die Themenstellung für die Diskussion eine ausgesprochene He­ rausforderung […] für alle Gegner des Vietnamkriegs war.“247 Ähnlich äußerten sich die anderen Vernommenen, und auch das Flugblatt des SDS hatte schon ironisch bemerkt: „und gerade weil das amerikanische engagement in vietnam nicht ausreicht, wird am Mittwoch unser engagement bei der podiumsdiskussion ausreichen.“248 Ziel der Demonstrierenden war, so ein weiterer Aktivist bei seiner Vernehmung, dass ein oder zwei Leute aus unserem Kreis an dem geplanten Gespräch teilnehmen sollten. Die offiziellen Gesprächsteilnehmer sind ja weitgehend der Öffentlichkeit bekannt, und es war nicht zu erwarten, dass der allgemeinen Auffassung über den Vietnamkrieg etwas entgegengehalten würde. Der SDS hat verschiedene Publikationen über die Entwicklung in Vietnam herausgegeben. […] Uns ging es […] darum, neue Informationen über den Vietnam-Krieg, seine Ursachen und Entstehung in die Öffentlichkeit zu tragen.249

Indem die Demonstrierenden nicht mehr vor den Türen der Amerikahäuser Halt machten, sondern hineingingen, um Veranstaltungen zu verhindern oder umzufunktionieren, richteten sie sich dezidiert gegen die Arbeit der Häuser. Rudi Dutschke bezeichnete das Amerikahaus gegenüber der Frankfurter Presse als eine Institution, in der „systematisch eine Verschleierung der Situation betrieben werde“.250 Aufgabe der Studierenden sei es hingegen, diejenigen zu informieren, die nicht wüssten, was wirklich in Vietnam gesche244 Krahl war einer der wichtigsten Theoretiker der Neuen Linken. Claussen, Hans-Jürgen Krahl. 245 Vermerk PolPr Frankfurt vom 15. September 1967: HessHStA, Abt. 461, Nr. 31123/1. 246 S. die Strafanzeigen in HessHStA, Abt. 461, Nr. 31123/1 und Nr. 31123/2. 247 Protokoll der Vernehmung von J.-D.D. vom 12. Dezember 1967: HessHStA, Abt. 461, Nr. 31123/1. 248 Flugblatt „Vietnam – reicht das amerikanische engagement aus?“ [sic!] o.D. [September 1967]: HessHStA, Abt. 461, Nr. 31123/1; Protokoll der Vernehmung von B.O. vom 14. Dezember 1967: HessHStA, Abt. 461, Nr. 31123/1; Protokoll der Vernehmung von G. S.-K. vom 19. Dezember 1967: HessHStA, Abt. 461, Nr. 31123/1; Protokoll der Vernehmung von K.D.F.J.S. vom 29. Dezember 1967: HessHStA, Abt. 461, Nr. 31123/1. 249 Protokoll der Vernehmung von G.S.-K. vom 19. Dezember 1967: HessHStA, Abt. 461, Nr. 31123/1. In den meisten Fällen wurden die Verfahren eingestellt. S. dazu die Verfahrensakten in HessHStA, Abt. 461, Nr. 31139 und Vermerk OStA vom 26. Juni 1969: HessHStA, Abt. 461, Nr. 31123/1–2. 250 „Krawall und Handgemenge vor Vietnam-Diskussion“, o.A [September 1967]. Zei-

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he.251 Auch das Vietnam-Komitee Heidelberg schrieb 1973 in einem Flugblatt: „Nicht zufällig wählten die Demonstranten […] das Amerika-Haus zur Tribüne ihres Protestes. […] diese Häuser [dienen] nur dazu, die verbrecherische Politik des US-Imperialismus mit dem entsprechenden zivilisatorischen Weihrauch zu versehen.“252 Was die Amerikahäuser und ihre deutschen und amerikanischen Redner anboten, waren demnach keine objektiven Informationen. Vielmehr, so lautete die Kritik, verhinderten die Häuser, dass die Bevölkerung etwas über die wahren Hintergründe des Vietnamkriegs erfuhr. Dabei waren einige Referenten, die in den Amerikahäusern und DAI sprachen, durchaus kritisch. Die Frankfurter Rundschau berichtete über die Veranstaltung vom 6. September 1967, die Diskutanten seien teilweise „recht hart mit der amerikanischen Vietnam-Politik ins Gericht“ gegangen: Mit Ausnahme des Teilnehmers aus den USA war man sich einig darüber, dass jedenfalls das militärische Engagement – im Besonderen die Bombenangriffe auf Nordvietnam – zu weit gehe. Während Nielsen-Stokkeby den Amerikanern mehr ‚friedliches Engagement‘ abforderte […], warf Feddersen Washington sein Bündnis mit der ‚feudalfaschistischen Clique in Saigon‘ vor.253

Solche Diskussionsbeiträge nahmen die Demonstranten entweder nicht zur Kenntnis oder sie gingen ihnen nicht weit genug, wenn sie den Amerikahäusern und DAI absprachen, sich angemessen mit der Rolle der USA im Vietnamkrieg auseinanderzusetzen. Ein Flugblatt der Kommune 1 vom Mai 1967 brachte auf den Punkt, was viele Kritiker des Vietnamkriegs von den Amerikahäusern und DAI hielten. Darin resümierte die Kommune ihre bisherigen Anti-Kriegs-Proteste.254 Bisher krepierten die Amis in Berlin. Uns gefiel es nicht, dass diese armen Schweine ihr Cocacolablut im vietnamesischen Dschungel verspritzen mussten. Deshalb trottelten wir anfangs mit Schildern durch leere Straßen, warfen ab und zu Eier ans Amerikahaus und zuletzt hätten wir gerne HHH in Pudding sterben sehen.255

tungsartikel in den Unterlagen der Staatsanwaltschaft Frankfurt: HessHStA, Abt. 461, Nr. 31086. 251 Ebd. 252 Flugblatt „Aktion im Amerika-Haus“ vom 11. April 1973: APO-Archiv Berlin, Ordner Vietnam-BRD Süd/Nr. 1214. 253 „Vietcong-Fahne im Amerika-Haus entrollt“: FR vom 8. September 1967. 254 Abgedr. in: Miermeister/Staadt (Hg.), Provokationen, S. 28. Anlass war ein Großbrand in einem Brüsseler Kaufhaus, bei dem am 22. Mai 1967 während der „amerikanischen Woche“ mehrere Hundert Menschen ums Leben kamen. Im Vorfeld war es immer wieder zu Protesten gegen den Vietnamkrieg gekommen, sodass der Öffentlichkeit, den Medien und den Ermittlern ein Brandanschlag aus diesem Umfeld als Ursache möglich schien. 255 HHH meint Hubert H. Humphrey, den amerikanischen Vizepräsidenten, der 1967 Westberlin besuchte. Die Kommune 1 plante einen fingierten Anschlag mit Pudding auf Humphrey zu verüben. Die Kommunarden wurden jedoch vorher verhaftet. Die Presse –

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Damit die westdeutsche Bevölkerung aber wirklich am „lustigen Treiben in Vietnam“ teilhaben könne, reiche es nicht mehr, „leere Fassaden“ mit Eiern zu bewerfen, so die Kommunarden, und riefen in satirischer Zuspitzung auf Brandstiftung als Möglichkeit hin, den Krieg gewissermaßen am eigenen Leibe zu erfahren.256 Das Amerikahaus Berlin erschien hier als „leere Fassade“, als substanz- und gehaltlos – und auch als eine Vorspiegelung falscher Tatsachen, da hinter der Fassade in den Augen der Kommune 1 nichts war. Noch einen Schritt weiter gingen einige Münchner APO-Aktivisten, die Anfang Februar 1968 zu einer Aktion vor dem dortigen Amerikahaus aufriefen. Wenige Tage zuvor hatte der Vietnamkrieg mit der Tet-Offensive Nord­ vietnams eine entscheidende Wende genommen und die USA in einen „kollektiven Schock“ versetzt.257 Im großen Stil zeigten die Medien nun die Brutalität dieses Kriegs, den die APO-Aktivisten als „Völkermord“ bezeichneten.258 Anders als in Frankfurt reagierten die Münchner Studierenden nicht auf eine Veranstaltung zum Vietnamkrieg, sondern nahmen die Eröffnung der Ausstellung „Amerikanische Druckgraphik“ zum Anlass für ihren Protest. Das Flugblatt des SDS rief unter der Überschrift „Vietnam: Das totale Kunstwerk“ dazu auf, sich vor dem Amerikahaus zu versammeln: „Die Kunstausstellung […] ist ein jämmerlicher Abklatsch der großen ästhetischen Leistung der amerikanischen Politik in Vietnam. Deshalb wollen wir dafür sorgen, dass das amerikanische Kunstschaffen angemessen repräsentiert wird.“259 Während der amerikanische Kulturattaché seine Eröffnungsrede hielt, stürmten einige Demonstranten die Bühne und entfalteten eine Vietcong-Fahne, zündeten Knallkörper und Stinkbomben, warfen Farbbeutel, initiierten einen Sitzstreik und erzwangen so, dass die Veranstaltung abgebrochen wurde.260 Während der darauffolgenden Gerichtsprozesse sprach Reinhard Wetter, eine der auch die amerikanische – berichtete umfangreich über das geplante Attentat und stellte es als gefährlichen Anschlag dar. S. dazu Fahlenbrach, Protestinszenierungen, S. 16f. 256 Die Frage, inwiefern es sich um satirische Äußerungen oder einen Aufruf zur Brandstiftung handelte, hat Silke Mende für ein weiteres Flugblatt der Kommune 1 untersucht, das am gleichen Tag verbreitet wurde. Mende, Warum brennst du, Konsument, in: „Arbeiten mit Quellen“ unter: http://historicum.net. 257 Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, S. 166. 258 „Gegen Völkermord in Vietnam“: Memminger Zeitung vom 18. März 1968; „Dem Völkermord ein Ende machen“: SZ vom 17. November 1969; Flugblatt „Gegen den Völkermord der USA in Vietnam“, o.D. [1968]: APO-Archiv München, Sammlung Koderer; „Flugblatt „Nürnberger Bürger!“, o.D. [Mai 1970]: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 16037; „Amerika-Haus pazifizieren“: Schwäbisches Tagblatt vom 13. Januar 1972; Flugblatt „Bombenstop? Der Völkermord geht weiter!“ vom Januar 1973: APO-Archiv Berlin, Ordner Vietnam-Komitee Berlin/Nr. 1217. 259 Flugblatt „Vietnam: Das totale Kunstwerk“: APO-Archiv München, Sammlung Koderer. 260 „Schwerer Zwischenfall im Amerikahaus“: SZ vom 9. Februar 1968; „Münchner Polizei geht hart vor“: AZ/M vom 9. Februar 1968; „SDS-Tumulte im Amerikahaus“: Münchner Merkur vom 9. Februar 1968.

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zentralen Figuren der Münchner APO, wie Dutschke vom „Verschleierungscharakter“ der Amerikahaus-Veranstaltungen, der „durch Konfrontation mit der amerikanischen Brutalität in Vietnam“ entlarvt werden sollte.261 Während seiner eigenen Gerichtsverhandlung verschärfte er sein Urteil und bezeichnete die Amerikahäuser als „Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln“.262 In dieser Zuspitzung erschien das Amerikahaus selbst als aktiver Akteur des Vietnamkriegs. Im Sommer 1973 formulierten die Münchner Vietnamkriegsgegner ihre Vorwürfe gegen das Amerikahaus umfassender aus. Anlass war ein VietnamFestival, das der Kommunistische Studentenverband im Zeitungswissenschaftlichen Institut der Universität veranstaltete. Da das Institut im Gebäude des Amerikahauses residierte, wurde dieses nun ironischerweise zum Schauplatz einer amerikakritischen Auseinandersetzung mit dem Vietnamkrieg.263 „Warum findet ein Vietnam-Festival im Amerikahaus statt?“ fragte das Flugblatt, das zu der Veranstaltung einlud.264 Danach ging das Flugblatt nicht auf den Vietnamkrieg, sondern auf das Amerikahaus als „unmittelbare[n] Vorposten der US-Imperialisten“ ein: Mit […] ‚kulturellen Veranstaltungen‘ sollen die Positionen der USA wiedergegeben werden und zwar so, dass sie den Bedingungen des jeweiligen Landes angepasst, das kapitalistische System als das einzig richtige, und die Pläne der US-Imperialisten zur Unterdrückung der Völker als beste Lösung von ‚Konflikten‘ darstellen. Das Amerikahaus München […] beschränkt sich heute darauf, […] mithilfe von Filmen, HollywoodKlischees und scheinbar kritischen Betrachtungen der amerikanischen Kultur und Forschung das schmutzige Gesicht dieses Systems aufzupolieren.

Mit dem Vietnam-Festival sollte „dem Propagandaapparat der USA die Information über die Kämpfe des vietnamesischen Volkes um Unabhängigkeit, 261 Flugblatt „Der Maler Siegfried Graue“, o.D. [April 1968]: APO-Archiv München, Sammlung Koderer. Siegfried Graue war wegen seiner Beteiligung an der Störaktion zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Vermerk PolDir München vom 3. April 1968: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 15761. Mit dem Flugblatt wollte Wetter auf die Situation Graues aufmerksam machen, der in Stadelheim einsaß. Dazu auch Stankiewitz, München ’68, S. 24, 26. 262 APO-Press Nr. 24 vom 11. November 1968, in: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 17295. Polizeiliches Einsatzprotokoll Vietnamfestival vom 25. Juli 1973: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 17023. Wetter wurde im Herbst 1968 wegen verschiedener Vergehen, unter anderem auch wegen der Aktionen bei der Ausstellungseröffnung im Amerikahaus, zu einer mehrmonatigen Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Ebrach verurteilt. Diese war Anlass für das für das sogenannte „KnastCamp“, an dem APO-Aktivisten aus der ganzen Bundesrepublik, darunter mehrere spätere RAF-Terroristen, teilnahmen. S. dazu Koenen, Vesper, S. 223f. 263 Bei diesem Festival zeigte der Vietnamausschuss zuerst einige Filme, dann folgte ein nicht näher bezeichnetes Tribunal, die Studierenden sangen die „Internationale“ und hängten Vietcong-Fahnen auf. 264 Hier und im Folgenden: Flugblatt „Warum findet ein Vietnam-Festival im Amerikahaus statt?“, o.D. [1973]: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 17023.

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Freiheit und Souveränität entgegengesetzt“ werden. Das Flugblatt gipfelte in der Forderung: „Schließung des Amerikahauses in München! Kampf den imperialistischen Kulturinstituten!“265 Ähnliche Protestformen – Demonstrationszüge, Störungen von Veranstaltungen, Besetzungen, Beschädigungen – wandten die Protestierenden der späten 1960er und frühen 1970er Jahre auch gegenüber anderen Institutionen an, beispielsweise in Universitäten oder Gerichtssälen. Die Amerikahäuser und DAI waren durch die Angriffe jedoch doppelt getroffen. Nicht nur sprachen ihnen die Studierenden ab, verlässliche Informationen zu geben und bezichtigten sie der Propaganda und der Verschleierung. Im Unterschied zu den meisten Institutionen der westdeutschen Lebenswelt verstanden sich die Amerikahäuser und DAI von jeher ganz dezidiert als Orte des Austauschs, des offenen und freien Denkens, als Gesprächsplattform für unterschiedliche Meinungen und Ansichten. Diese Selbstdarstellung wiesen die Studierenden als falsch zurück. Regelmäßig forderten sie Diskussionen mit den Direktoren und Referenten der Amerikahäuser, wollten ihre Positionen zu Gehör bringen und warfen den Häusern vor, das Thema selbst nicht angemessen zu diskutieren.266 Die Protestierenden stellten damit gleichermaßen die inhaltlichen Positionen wie auch die Funktionen der Amerikahäuser und DAI in Frage. Im Hinblick auf den Entstehungskontext der amerikanischen Kultur- und Informationszentren ergab sich damit eine grundlegende Verschiebung: In den Häusern, die den Deutschen nach 1945 Demokratie, Meinungsfreiheit, Offenheit und tolerante Diskussionskultur hatten näherbringen wollen, übten nun Studierende Kritik an der mangelnden Demokratie, dem Mangel an Offenheit und Diskussionsbereitschaft der Amerikaner. Immer wieder konfrontierten sie die Häuser mit den Themenbereichen, die ihrer Meinung nach in deren Programm nicht angemessen berücksichtigt wurden. So gab etwa eine Studentin gegenüber der Polizei an, bei der Ausstellungseröffnung „Amerikanische Druckgraphiken“ habe man eine Diskussion fordern wollen. Sie selbst habe das Foto „eines durch US-Bomben verbrannten Kindes“ zeigen und diskutieren wollen.267 Ein Flugblatt des Sozialisti265 Ebd. Für ähnliche Vorwürfe gegenüber den Amerikahäusern und DAI s. beispielsweise die Flugblätter des SDS Freiburg und des Vietnam-Komitees Westberlin: Flugblatt „Badische Zeitung“ vom 8. Dezember 1969: Archiv Soziale Bewegung Freiburg, Kiste Flugblätter; Flugblatt „Alles für den Sieg des kämpfenden vietnamesischen Volkes“ vom September 1972: APO-Archiv Berlin, Ordner Vietnam-Berlin/Nr. 1216. S. außerdem „Der SDS bläst zum ‚Go-in‘“: FAZ vom 6. Februar 1968. 266 Protokoll der Vernehmung von G.S.-K. vom 19. Dezember 1967: HessHStA, Abt. 461, Nr. 31123/1; PolA Ergänzungsdienste an Direktion SchuPo vom 15. März 1971: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 16105; Christ, Deutsche Jungdemokraten an DAI Nürnberg vom 4. Februar 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 200. 267 Protokoll der Verhandlung gegen Reinhard Wetter vom 1. Oktober 1968: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 17295. Ähnlich auch Flugblatt „Kommt massenhaft nach Ebrach!“, o.D. [1969]: HSF, Ordner FU Berlin/Flugblätter 1967–1969.

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schen Zentrums Stuttgart zeigte groß das Bild des nackten, nach einem amerikanischen Bombenangriff flüchtenden „Napalm girl“, um so „der Propaganda des Amerikahauses entgegenzutreten“.268 Die Münchner „Aktion Vietnam International“ rief im Juli 1969 zu einer Protestkundgebung vor dem Amerikahaus auf, die unter der Überschrift stand: „Napalm Phosphor Giftgas. Die US-Freiheit in Vietnam“.269 Auf dem Plakat war die stilisierte Freiheitsstatue zu sehen, dahinter schreiende und weinende – vermutlich vietnamesische – Kinder und Frauen. Solche Themen und Bilder blieben bei den Veranstaltungen der Amerikahäuser und DAI tatsächlich außen vor und standen in krassem Gegensatz zu den Bildern, die der Amerika-Dienst verbreitete.270 Zusätzliche Schärfe gewannen die Angriffe, indem sie die USA nicht nur des Imperialismus bezichtigten, sondern des Faschismus. Damit erklärten die Protestierenden gleichzeitig die Amerikahäuser und DAI zum „Propagandaapparat“ einer Regierung, die „immer faschistischere Züge“ annehme.271 Analogien zwischen den USA und dem Nationalsozialismus prägten die Proteste von Beginn an. Bei fast allen Kundgebungen skandierten die Demons­ tranten auch vor den Amerikahäusern und DAI „USA – SA – SS“ oder „Nixon ist – ein Faschist“.272 Transparente zeigten den amerikanischen Präsidenten Lyndon B. Johnson in einer Umarmung Adolf Hitlers, der Buchstabe „X“ im Nachnamen von Johnsons Nachfolger Richard Nixon war teilweise wie ein Hakenkreuz gezeichnet, und Hakenkreuze malten die Demonstranten mitunter auch an die Wände der Amerikahäuser und DAI.273 Die Faschismus-Vor268 Flugblatt „Deutsch-Amerikanische Freundschaftswoche“, o.D. [nach 1974]: Papiertiger Berlin, Ordner Diskussion und Debatte 60er und 70er. Zu dem Foto s. Paul, Das Mädchen Kim Phúc; Paul, Die Geschichte hinter dem Foto. 269 Plakat „Napalm Phosphor Giftgas“ vom Juli 1969: APO-Archiv München, Sammlung Koderer. 270 S. dazu Kap. 2.2.2. Allerdings bezogen sich die Protestierenden hier vermutlich nicht auf die Bilder des Amerika-Dienstes. Es ist davon auszugehen, dass sie diesen Bilderdienst nicht kannten. 271 So beispielsweise die Nürnberger Jusos 1970. Jusos Nürnberg, Offener Brief an das Amerikahaus [sic!] Nürnberg vom 13. Mai 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 200. 272 PolPr München an PolPräs vom 10. März 1971: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 16105; DAI-Direktor Bronner an USIS Bonn vom 30. November 1970: StadtAT, E 418, Nr. 117; „Am Ende regierte nur noch die Gewalt“: Stuttgarter Zeitung vom 11. Mai 1970; Aly, Unser Kampf, S. 144; Klimke/ Mausbach, Auf der äußeren Linie, S. 623–626; Holl/Gunz, 1968 am Rhein, S. 83. 273 „Marsch durch Schwabing“: AZ/M vom 17. März 1968; für Fotos des als Hakenkreuz gezeichneten „X“ s. Polizeiliche Fotos der Demonstration vom 31. Dezember 1971: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 18990, darin Nr. I/4a-608412–211; Holl/Gunz, 1968 am Rhein, S. 84f.; USIA, Aufstellung „Bombing Incidents, Mob Action and Harassment Against U.S. Installations Overseas“ 1969/70 vom 4. September 1970, S. 15, 18: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953–2000, Box 208; Plakat zur Vietnam-Demonstration am 6. Februar 1971, abgedr. in: Haunss, Antiimperialismus und Autonomie, S. 454.

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würfe nahmen zu, nachdem die USA im Mai 1970 eine Bodenoffensive starteten, die den Krieg auf Kambodscha ausweitete.274 Sie bezogen sich aber auch auf ein zweites Thema, das zu Beginn der 1970er Jahre immer stärker in den Fokus der Amerikakritiker rückte: die schwarze Bürgerrechtsbewegung in den USA. Im Oktober 1970 wurde die schwarze Bürgerrechtlerin und MarcuseSchülerin Angela Davis verhaftet, die in der militanten Black Panther-Bewegung und der kommunistischen Partei in den USA tätig war. In der Bundesrepublik entstanden rasch Solidaritätsinitiativen zu ihrer Befreiung.275 Viele westdeutsche Jugendliche bewunderten Angela Davis und projizierten in Ermangelung eines revolutionären Subjekts in der Bundesrepublik ihre Hoffnung auf sie und die Black Panther-Bewegung. Diese war auch für westeuropäische Revolutionäre anschlussfähig, da sie nicht schwarzen Rassismus, sondern Klassenkampf propagierte und damit den weltweiten revolutionären Kräften zugerechnet werden konnte.276 Etliche der Demonstrationen, die sich für die Freilassung Davis’ und anderer Black Panther-Aktivisten einsetzten, führten zu den Amerikahäusern und DAI.277 Besonders im Umfeld der Roten Armee Fraktion (RAF) vermischten sich die Rezeption der Black PantherBewegung und die Furcht vor einem „neuen Faschismus“, doch auch in breiteren, nicht gewalttätigen Protestmilieus waren diese Interpretationen weit verbreitet.278 Kurz vor Prozessbeginn kursierten in München Flugblätter, die zu Demonstrationen vor dem Amerikahaus aufriefen und starke Bezüge zum Nationalsozialismus herstellten. Angela Davis drohte demnach der „Tod in der Gaskammer“, die „Standorte von Konzentrationslagern“ würden bereits diskutiert, und die USA galten als „Systemmacht, die ihre Profite mit allen Mitteln verteidigt – auch mit faschistischen“.279 274 Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, S. 196f. S. beispielsweise Vietnam-Komitee für Frieden und Befreiungskampf, Amis raus aus Indochina, S. 16: APO-Archiv Berlin, Ordner Vietnam-BRD Süd/Nr. 1214; Flugblatt „Bombenstop? Der Völkermord geht weiter!“ vom Januar 1973: APO-Archiv Berlin, Ordner Vietnam-Komitee Berlin/Nr. 1217. 275 Menne/Vack (Red.), Am Beispiel Angela Davis. Zu den Motiven hinter dieser Solidaritätsinitiative, die „mehr beinhaltete als die metaphysische Aufhebung der Rassendifferenz in einer Klassensolidarität, sondern darüber hinaus eine sexuelle Komponente hatte“ s. Siegfried, Time Is on My Side, S. 384f. S. auch Koenen, Das rote Jahrzehnt, S. 240. 276 Siegfried, Time Is on My Side, S. 381, 384f., 750. Zum Einfluss der Black-Panther-Bewegung auf die westdeutsche Protestbewegung s. Klimke, Black Panther. 277 Polizeibericht vom 25. Oktober 1970: HessHStA, Abt. 461, Nr. 32208; PolPr an PolPräs vom 10. März 1971: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 16105; Direktion SchuPo an PolA Nord, PolA Ost, PolA Ergänzungsdienst vom 8. April 1971: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 17237. 278 Klimke, Black Panther, S. 574f. 279 Flugblatt „Nixon-Reagan-Komplott gegen Angela Davis“: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 16105; Flugblatt „Freiheit für Angela Davis“: StAM, Polizei-

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Faschismus-Vorwürfe waren während der späten 1960er und frühen 1970er Jahre allgegenwärtig. Die Boulevardpresse bezeichnete die protestierenden Studierenden als „rote SA“, Jürgen Habermas prägte das Wort vom Linksfaschismus, die Demonstranten wiederum ziehen wahllos Institutionen und Personen der Bundesrepublik und der USA, Südvietnams und anderer Staaten des Faschismus.280 Der inflationäre Gebrauch des Begriffs entsprang einer verstärkten intellektuellen und wissenschaftlichen Beschäftigung mit Faschismustheorien. Seit den frühen 1960er Jahren ging es dabei jedoch immer weniger darum, die deutsche NS-Vergangenheit aufzuarbeiten und Verantwortung für Verbrechen zuzuordnen. Vielmehr sollte der „Zusammenhang von Faschismus und Kapitalismus […] herausgearbeitet, die Notwendigkeit der Überwindung der ‚bürgerlichen Demokratie‘“ zugunsten des Sozialismus bewiesen werden.281 Nicht der Nationalsozialismus, sondern die Furcht vor einem künftigen Faschismus trieb die Studierenden an. Vielfach betrachteten sich die Studierenden als „funktionales Äquivalent zu den Juden“, also als die Verfolgten ihrer Zeit, in der Antikommunismus den Antisemitismus abgelöst hatte. Der Vietnamkrieg und der Umgang mit Minderheiten in den USA schien ihnen zu beweisen, dass der Faschismus auf dem Vormarsch war und bald auf alle westlichen Industrienationen übergreifen konnte.282 In der Bundesrepublik hatte das Misstrauen vieler Jugendlicher gegenüber dem Staat, seinen Institutionen und den älteren Generationen einen historischen Bezugspunkt, nämlich den Nationalsozialismus, dessen personelle Kontinuitäten und die teilweise schleppende Auseinandersetzung mit dieser direktion München nach 1945, Nr. 16105. S. für ähnliche Parolen im Zusammenhang mit Rassenfragen und den Amerikahäusern und DAI auch „Brand im Amerika-Haus: Drei Verdächtige gefasst“: FR vom 6. Dezember 1969; Jusos Nürnberg, Offener Brief an das Amerikahaus Nürnberg vom 13. Mai 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 200; „1000 demonstrierten“: NZ vom 11. Dezember 1970; Direktion SchuPo an PolA Nord, PolA Ost, PolA Ergänzungsdienst vom 8. April 1971: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 17237. 280 Bild-Zeitung vom 3. Juni 1967, zitiert nach Schmidtke, Der Aufbruch der jungen Intelligenz, S. 148, hier auch S. 156f.; Kraushaar, Achtundsechzig, S. 74; Kraushaar, Entschlossenheit, S. 140–142. S. überblickend und mit vielen Illustrationen die Sektion E im Begleitband einer Ausstellung über „Die 68er“ im Historischen Museum Frankfurt a.M.: Schwab/Schappach/Gogos (Hg.), Die 68er, S. 120–141. Die Antwort von Jürgen Habermas auf das Referat Rudi Dutschkes, in der Habermas den Vorwurf des Linksfaschismus erhob, ist als Dokument Nr. 130 abgedruckt in Kraushaar, Frankfurter Schule, Bd. 2, S. 254f. 281 Frei, 1968, S. 85–88, Zitat S. 86; Schmidtke, Der Aufbruch der jungen Intelligenz, S. 144–150; Koenen, Das rote Jahrzehnt, S. 112–122; Kraushaar, Achtundsechzig, S. 75. Zum geringen Interesse der „68er“ an einer Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der Instrumentalisierung des Faschismus-Begriffs, um die USA zu diskreditieren, s. in polemischer Zuspitzung Aly, Unser Kampf, S. 147–158. Schmidtke, Der Aufbruch der jungen Intelligenz, S. 149; Mausbach, Wende um 360 Grad, S. 32–34. 282 Schmidtke, Der Aufbruch der jungen Intelligenz, S. 157.

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Vergangenheit.283 Doch die USA faschistisch zu nennen und in eine Reihe mit „USA – SA – SS“ zu stellen, war etwas anderes und für die Amerikahäuser und DAI eine neue Erfahrung: Die USA galten hier nicht mehr als Befreier von Diktatur und Faschismus und als Vermittler der Demokratie, sondern als ihre Verräter mit faschistischen Zügen. Solche Vorwürfe, oft auch vor den Amerikahäusern und DAI geäußert, stellten das Selbstbild dieser Häuser, die als Instrumente der Reeducation-Politik gegründet worden waren, grundsätzlich in Frage.284 Besonders alarmierend mussten die Imperialismus- und Faschismusvorwürfe den Amerikahäusern und DAI erscheinen, da sie zwar hauptsächlich, aber nicht nur von links gerichteten Jugendlichen erhoben wurden. Vielerorts wandelte sich das Klima, in dem die Häuser operierten, auch jenseits studentischer Kreise. 1966 schrieb ein Stadtrat der SPD an das Nürnberger DAI: „Gerade als Freund des amerikanischen Volkes muss ich es ablehnen, mit der Propagandastelle eines Regimes zusammenzuarbeiten, dessen Soldateska in Vietnam noch die Grausamkeiten der Hitlerschen SS überbietet.“285 Auch in anderen Städten wandten sich SPD-Mitglieder gegen den Vietnamkrieg, obgleich nicht dezidiert gegen die Amerikahäuser und DAI. So trugen in Westberlin einige Demonstranten Transparente, auf denen stand: „Ich protestiere 283 Beispiele sind vor allem die NS-Vergangenheit der Universitäten oder der Justiz. Das Verdienst, die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus initiiert und vorangetrieben zu haben, kommt der Generation der „68er“ allerdings nicht zu, sondern der Generation vor ihr. S. dazu Kraushaar, Achtundsechzig, S. 72–75; Frei, 1968, S. 79–85, 219–222. 284 Wo die Protestierenden die USA, die Amerikahäuser und DAI verorteten, zeigen Demonstrationsrouten und Anschlagsserien. Sie richteten sich häufig gleichermaßen gegen amerikanische Einrichtungen wie gegen griechische, spanische und portugiesische Vertretungen, also gegen europäische Diktaturen, unter denen mit Griechenland sogar ein NATO-Mitglied war. Insbesondere die griechische Militärdiktatur (1967–1974) und ihre stillschweigende Unterstützung durch die USA sorgten für Empörung. „Berlin Students Stone USIA Center“: Washington Star vom 20. Dezember 1967; „Wieder Zwischenfälle in Frankfurt“: SZ vom 3. Februar 1969; „Ausschreitungen in Köln“: FAZ vom 1. Februar 1969; „Ostermärsche von Krawallen begleitet“: SZ vom 31. März 1969; „Schwere Ausschreitungen in Frankfurt“: SZ vom 17. November 1969; „Pflichtübung Vietnam“: NN vom 15. Dezember 1969; Aufstellung „America House Incidents“ 1969 vom 4. Februar 1970, S. 1–3: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953–2000, Box 208. 285 DAI Nürnberg, Assessment Report 1966: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. Die amerikanischen Stellen kommentierten weder diesen noch andere Faschismus-Vorwürfe oder die Gleichsetzung der USA mit dem „Dritten Reich“. Auch die westdeutsche Öffentlichkeit ging nicht auf diese Parallelisierungen ein. Politiker und die Presse verwiesen meist auf die Rolle der USA in der Nachkriegszeit oder auf den militärischen Schutz, den sie der Bundesrepublik im Ost-West-Konflikt boten, nicht aber auf die Faschismus- und Völkermord-Vorwürfe. Erst in den 1970er Jahren entwickelte sich mehr Sprachsensibilität für NS-Vergleiche und -Gleichsetzungen, die zunehmend für Empörung sorgten. Die Geschichte der NS-Vergleiche ist bisher nur ansatzweise untersucht worden. Stötzel, Der Nazi-Komplex, S. 369–379; Wengeler, 1968, S. 6–8.

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gegen den Krieg der Amerikaner in Vietnam. Ich bin SPD-Mitglied“.286 In Heidelberg lehnte der Rektor der Universität, die zu den wichtigsten Kooperationspartnern des DAI zählte, die Einladung des amerikanischen Oberbefehlshabers für Europa zu einem Sommerfest brüsk ab und verwies auf den Vietnamkrieg.287 Wenige Tage später gestattete er mehreren hundert afroamerikanischen Soldaten, eine Protestveranstaltung gegen den Krieg in den Räumen der Universität abzuhalten.288 Der Kreistag Rottweil lehnte 1972 einen Zuschussantrag für das DAI Tübingen ab, da „,die Amerikaner in Vietnam mit Napalm jede Kultur zerstören‘“. Auch hier war ein SPD-Kreistagsabgeordneter federführend.289 Bisherige Kooperationspartner stellten ihre Zusammenarbeit mit den Amerikahäusern und DAI ein.290 In Nürnberg riefen die Jusos dazu auf, das DAI zu boykottieren.291 Nürnberger Studierende boykottierten 1969 die Feier anlässlich einer Bücherspende, die der Direktor des DAI Nürnberg der Bibliothek des Seminars für Amerikakunde übergab.292 Empfänger von Monatsprogrammen wünschten, aus der entsprechenden Liste gestrichen zu werden, „[s]olange Ihre Soldaten in Vietnam eine Marionettenregierung unterstützen und ein Volk andauernd bombardieren“.293 Der USIS berichtete, auch Referenten lehnten ab, in den Häusern zu sprechen:

286 Sie wurden aus der SPD ausgeschlossen, wenig später auf dem Nürnberger Parteitag wieder rehabilitiert. Fichter/Lönnendonker, Kleine Geschichte des SDS, S. 185, 222; Michels, Willy Brandts Amerikabild, S. 275; Müller, Berlin 1968, S. 314. 287 „Absage an US-Oberbefehlshaber wird ein Politikum“: Stuttgarter Zeitung vom 18. Juni 1970. 288 „Einmischung“: Die Welt vom 7. Juli 1970. 289 „Reaktion auf Napalm“: Stuttgarter Zeitung vom 14. Oktober 1972. 290 Das DAI Heidelberg berichtete 1968, der AStA lehne jeden Kontakt ab, s. DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1968: HStAS, EA3/505, Bü 352/3. In Nürnberg hatte nach Angaben des DAI der DGB mehrere Jahre jede Zusammenarbeit vermieden, s. DAI Nürnberg, Monthly Report vom 4. Januar 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. In Nürnberg kündigten zudem die Jugendorganisationen verschiedener politischer Parteien ihre Kooperation auf. Christ, Deutsche Jungdemokraten an DAI Nürnberg vom 4. Februar 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 200; 1969 beschlossen die Allgemeinen Studentenvertretungen der Universität Tübingen und der Fachhochschule Reutlingen, nicht mehr mit dem DAI Tübingen zusammenzuarbeiten, s. DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Kuratoriums vom 3. Juli 1969: StadtAT, E 418, Nr. 60. 291 Jusos Nürnberg, Offener Brief an das Amerikahaus [sic!] Nürnberg vom 13. Mai 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 200. 292 DAI Nürnberg an USIS München vom 2. Mai 1969: StadtAN, E 6/799, Nr. 452; „Amerikaverständnis zu fördern…“: Erlanger Volksblatt vom 29. April 1969. 293 Mit diesem Vermerk schickte ein bisheriger Besucher des Amerikahauses München das Programm im September 1967 an das Amerikahaus zurück. Abgedr. in: 50 Jahre Amerika Haus München (1995): Amerikahaus München, Bibliothek.

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Several speakers […] cancelled their AH [Amerikahaus, R.K.] appearances ‚for moral and political reasons‘ (presumably a reaction to the Vietnam air war). This was the first time in the history of the America House that speakers have given such an excuse for withdrawl from a program.294

Über die „Störungen und Zerstörungen“295 hinaus hatten die DAI mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen. Hier bot die binationale Finanzierungsund Verwaltungsstruktur der Häuser erweiterte Möglichkeiten, ablehnende Haltungen gegenüber den USA zu demonstrieren. Gegenüber den Amerikahäusern konnten die Protestierenden nur allgemein fordern, diese zu schließen.296 Die DAI ermöglichten ein gezielteres Vorgehen. So befanden die Nürnberger Jusos im Mai 1970: Es erscheint uns […] als unmöglicher Zustand, dass die Stadt Nürnberg weiterhin dem Amerikahaus in Nürnberg einen Zuschuss gewährt und dass unser sozialdemokratischer Oberbürgermeister, Gen. Dr. Urschlechter, dem Präsidium des Amerikahauses vorsitzt.297

Sie forderten, die städtischen Zuschüsse zu streichen und den Rücktritt Urschlechters aus dem Vorstand. Damit standen die Jusos nicht allein. Bei der Eröffnung des Jugendhilfetags forderte die „Sozialistische Aktion“ ebenfalls, die Zuschüsse für das DAI einzustellen. Die AZ veröffentlichte unter der Überschrift „Zuviel Geld fürs Amerikahaus“ einen unterstützenden Artikel, der den Direktor des DAIs in Aufregung versetzte.298 Tags darauf stellte bei einer großen Demonstration gegen den Vietnamkrieg auch Jürgen Kaleck, einer der wichtigsten Nürnberger APO-Aktivisten, der Stadt ein Ultimatum, ihre Zuschüsse für das DAI bis zum Ende des Monats einzustellen.299 Da die Linke mit einem Vertreter der Deutschen Friedensunion (DFU) auch im Stadtrat vertreten war, gelangte die Forderung bald auch in dieses Gremium und damit zur Abstimmung.300 Die Verwendung öffentlicher Gel294 USIS Bonn, Highlights Report vom 1. März 1973: StadtAT, E 418, Nr. 123. Der Bericht nennt allerdings keine Namen. 295 DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1970: HStAS, EA 3/505, Bü 352/3. 296 Dies forderte beispielsweise Parolen an den Wänden der Technischen Universität München. Gesprächsnotiz Polizei München vom 25. Juli 1973: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 17023. 297 Jusos Nürnberg, Offener Brief an das Amerikahaus [sic!] Nürnberg vom 13. Mai 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 200; „Jusos fordern: OB soll Vorsitz im Amerika-Haus abgeben“: AZ/N vom 14. Mai 1970. 298 „Zuviel Geld fürs Amerikahaus“: AZ/N vom 13. Mai 1970; DAI-Direktor Allen an USIS Bonn vom 15. Mai 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 131; DAI-Direktor Allen an USIS Bonn, o.D. (Entwurf) [Mai 1970]: StadtAN, E 6/799, Nr. 205. 299 „2.500 Nürnberger verurteilten den Kambodscha-Krieg“: AZ/N vom 15. Mai 1970; „5.000 bei Demonstration“: NN vom 15. Mai 1970. 300 Fink an OB Urschlechter, Antrag mit Bitte um Aufnahme in die Tagesordnung der nächsten öffentlichen Stadtratssitzung vom 19. Juni 1970: StadtAN, C 85/I, Nr. B 108. Zur DFU s. Schönfeldt, Die Deutsche Friedens-Union.

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der „zur Aufrechterhaltung eines Propaganda-Apparats der US-Regierung in Nürnberg“ sei spätestens nach dem „Überfall amerikanischer Truppen auf Kambodscha“ nicht mehr zu verantworten – schon gar nicht, wenn für soziale Belange wie Kindergärten und das Studentenwerk das Geld fehle. Damit stand die städtische Unterstützung für das DAI am 15. Juli 1970 bereits zum zweiten Mal aufgrund eines Parteiantrags zur Debatte. Wie der NPD-Antrag während der Debatten um den Film The Germans 1968 fand auch die DFU keine Mehrheit für ihr Ansinnen, denn die Stadträte lehnten mehrheitlich ein Ende der Bezuschussung aus politischen Gründen ab.301 Doch der neuerliche Antrag einer Partei, die Zuschüsse zu überprüfen, hielt das Thema beständig in der Diskussion und erhöhte so das Risiko, dass die Zuschüsse gestrichen wurden. Der Nürnberger Stadtrat verknüpfte den Antrag mit der generell im Raum stehenden Frage, ob das DAI nicht in den städtischen Kulturbereich überführt werden sollte und verlieh so den Bestrebungen Hermann Glasers neuen Nachdruck.302 Solange der Vietnamkrieg dauerte, mussten alle DAI mit ähnlichen Forderungen und Ultimaten rechnen. Ein Flugblatt der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) Nürnberg führte 1971 etliche, in den Augen der Verfasser sinnlose Posten im Stadtetat auf, die besser für den Ausbau von Kindergärten heranzuziehen seien, u.a. auch die „140.700 DM, die 1971 als Zuschuss für das US-Amerikahaus gegeben werden sollen. Eine Macht die Völkermord betreibt, darf von uns kein Geld für Propaganda erhalten. Die US-Regierung soll ihre Propaganda selbst bezahlen“303. Ähnliche Forderungen erhoben die sozialistische Jugendorganisation „Falken“ in Nürnberg,304 der AStA der Universität Heidelberg,305 der dortige SDS forderte die „Umfunktionierung“ des Heidelberger DAI,306 in Tübigen sollte das DAI in den Augen der DKP „keinen Pfennig aus Haushaltsmitteln von Stadt und Kreis Tübingen“ erhalten, sondern in ein „Kulturzentrum im Dienste des Friedens und der Völkerverständigung unter Verwaltung der Stadt“ umgewandelt werden.307 301 Protokoll der 74. Sitzung des Stadtrats vom 15. Juli 1970, S. 16–25, besonders S. 18f., 21f., 25: StadtAN, C 85/III, Nr. 100. 302 Ebd., S. 25. 303 Flugblatt „Nürnberg, die festliche Dürerstadt, die kein Geld für ihre Kinder hat“, o.D. [1971]: StadtAN, E 6/799, Nr. 191; Neben den Ausgaben für das DAI wurden der geplante Neubau des Polizeipräsidiums bemängelt, die hohen Ausgaben für das Dürer-Jahr 1971, die Kosten für die Wehrpflichterfassung und für das Amt für Zivilschutz. 304 „Zuschüsse einstellen!“: Fränkische Tagespost vom 10. April 1971; „Falken: Kein Zuschuss für Amerikahaus“, in: NN vom 15. April 1971. 305 Flugblatt „Vietnam-Demonstration“ des AStA Heidelberg, o.D. [Mai 1968]: Archiv Soziale Bewegungen Freiburg, Sammlung Odiè, SoSe 1968; „Krach vor dem Heidelberger Amerikahaus“: Stuttgarter Zeitung vom 27. Mai 1970. 306 DAI Heidelberg: Tätigkeitsbericht 1970: HStAS, EA 3/505, Bü 352/3. 307 „Amerika-Haus pazifizieren“: Schwäbisches Tagblatt vom 13. Januar 1972; DAI Tübingen, Newsletter vom Januar 1972: StadtAT, E 418, Nr. 59.

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Neben den teils spektakulären Protestaktionen und Anschlägen, die sich gegen die Amerikahäuser in Frankfurt oder Westberlin richteten, nahmen sich solche mündlich oder schriftlich erhobenen Forderungen nicht sehr dramatisch aus. Sie bargen jedoch ein hohes Risiko, da sie immer wieder die Finanzierungsgrundlage der Häuser attackierten und damit zur Diskussion stellten. Wenn, wie im Falle Nürnbergs, noch andere Faktoren, wie The Germans und die kulturpolitischen Ambitionen Hermann Glasers, ins Spiel kamen, konnten Forderungen wie die der DFU langfristig dazu beitragen die finanzielle Grundlage und damit die Existenz des DAI zu gefährden. 3.2.2 Ungewohnte Herausforderungen: Der Umgang der Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanischen Institute mit Protest und Kritik Mit den Demonstrationen, Störaktionen und Anschlägen waren die Amerikahäuser und DAI ab der Mitte der 1960er Jahre einer für sie ungewohnten Situation ausgesetzt und standen vor der Herausforderung, wie sie mit ihrer Rolle als Orte der Kritik und des Protests umgehen sollten.308 In einem ersten Schritt führte die Suche nach den Akteuren und den Motiven des Protests zu einer genauen Beobachtung der Protestszene durch amerikanische Diplomaten.309 Hinter den Protestaktionen, Demonstrationen, Anschlägen, Go-ins und den Forderungen, die städtischen Zuschüsse für die DAI zu streichen, standen in den 1940er Jahren geborene junge Männer und Frauen, die sogenannte „68er“-Generation.310 Die Fundamentalkritik von Teilen dieser Generation an den USA, ihre Imperialismus- und Faschismusvorwürfe entsprangen jedoch keiner originären Ablehnung der USA, sondern vielfach einer „enttäuschten Amerikaliebe“.311 Diese Generation war unter den Vorzeichen der Verwestlichung aufgewachsen; viele von denen, die später die USA heftig kritisierten, verehrten John F. Kennedy oder Martin Luther King, etliche kannten die USA aus eigenen Erfahrungen als Austauschschüler oder -studenten.312 Die amerikanische Kriegsführung in Vietnam empfanden sie als schockierend und enttäuschend.

308 DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1970: HStAS, EA 3/505, Bü 352/3. 309 Klimke, The Other Alliance, S. 151–161, 196–213. 310 Siegfried, Time Is on My Side, S. 60–71, bes. S. 62; Herbert, Drei politische Generationen. 311 So Leggewie, 1968, S. 637; Aly, Unser Kampf, S. 144–147, bes. S. 144. Jessica GienowHecht benennt die „Frustration über den Verlust einer Vision“ als eines der vier grundsätzlichen Merkmale von Antiamerikanismus. Gienow-Hecht, Europäischer Antiamerikanismus, S. 33. 312 Gassert, Atlantic Alliances.

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Gleichzeitig änderte sich seit der Mitte der 1960er Jahre das Wertegefüge vieler Jugendlicher. Meinungsforschungsinstitute vermeldeten gravierende Verschiebungen. Die internationalen Dimensionen politischen Handelns, soziale Chancen, Teilhabe und Toleranz rückten in den Vordergrund.313 „Pflichtund Akzeptanzwerte“ wie Disziplin, Sparsamkeit und Pünktlichkeit wichen „Selbstentfaltungswerten“ wie Partizipation, Individualität oder Selbstentfaltung.314 Solchermaßen sensibilisiert, gerieten der Vietnamkrieg, die Rassendiskriminierung in den USA und die amerikanische Politik gegenüber Entwicklungsländern bei dieser Generation umso stärker in die Kritik. Die Proteste gegen die USA waren dabei Teil einer umfassenden Gesellschaftskritik, die sich auch auf die Verhältnisse in der Bundesrepublik bezog und von einem internationalen Bezugsrahmen ausging.315 Daher dienten amerikanische Protestgruppen und -aktivisten vielen westdeutschen Jugendlichen als Vorbilder, und vielfach bestanden enge Beziehungen zwischen den westdeutschen und nordamerikanischen Akteuren.316 Was in der Literatur oft vage als „Antiamerikanismus“ bezeichnet wird, war also eine fundamentale und über Ländergrenzen hinausreichende Kritik an der liberal-kapitalistischen Moderne, wie sie sich in vielen westlichen Staaten, besonders aber in den USA herausgebildet hatte.317 In dieser Konstellation war es kein Widerspruch, parallel dazu Verbindungen in die USA zu unterhalten und Themen oder Elemente dort gepflegter Lebensstile zu übernehmen. Im Gegensatz zum Begriff der Amerikakritik überspielt der des Antiamerikanismus diese Differenzierungen jedoch.318 313 Siegfried, Time Is on My Side, S. 443f. S. auch Frei, 1968, S. 216f. 314 Die Identifizierung eines Wertewandels war zeitgenössisch, die hier verwendete Terminologie, die sich in der Forschung durchgesetzt hat, stammt jedoch aus den 1980er Jahren. Klages, Wertorientierungen im Wandel. Als frühe Studie zum Wertewandel s. auch Inglehart, The Silent Revolution. Für eine kurze Überblicksdarstellung s. Rödder, Wertewandel und Postmoderne. 315 Gassert, Antiamerikaner, S. 260f.; Gassert, Atlantic Alliances, S. 137; Siegfried, Time Is on My Side, S. 20. 316 Klimke, The Other Alliance; Gassert, Atlantic Alliances; Siegfried, Time Is on My Side, S. 376–385, 750. 317 Gassert, Antiamerikaner, S. 250, 252, 262. 318 Obwohl der Begriff des Antiamerikanismus übereinstimmend als ungenau, schwammig oder politisch aufgeladen kritisiert wird, verwenden ihn auch seine Kritiker weiter und versuchen, ihn zu definieren und zu operationalisieren. So beispielsweise GienowHecht, Europäischer Antiamerikanismus, S. 33 und Gassert, Antiamerikaner, S. 250, die den Terminus als „nicht […] hilfreich[er] bzw. „unzureichend“ bewerten, aber dennoch als Leitbegriff verwenden. Es scheint daher sinnvoller, die „Kritik an einer bestimmten Ausprägung der Gesellschaft“, die Gassert als „weltanschaulich motivierte Kritik an der liberalen Moderne“ identifiziert, auch so zu benennen als diese differenzierte Benennung mit dem Etikett des Antiamerikanismus wieder zu verwässern. S. Gassert, Antiamerikaner, S. 250. Hervorhebungen im Original.

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Breite Teile der westdeutschen Bevölkerung nahmen die Werteverschiebungen bei den Jugendlichen, ihre Kritik und die Ausdrucksformen von Protesthandeln als „explosive ‚Rebellion der Jugend‘“ wahr. Für die älteren Generationen waren diese Entwicklungen umso schwerer verständlich, als die Unterschiede zwischen den Erfahrungswelten der Generationen während der 1960er Jahre als besonders gravierend wahrgenommen wurden.319 Die Direktoren der Amerikahäuser und DAI und ihre Mitarbeiter empfanden die Kritik, die Proteste und die Ablehnung durch Teile der jüngeren Generation als ebenso überraschend wie die westdeutsche Öffentlichkeit. Wenn das DAI Nürnberg im März 1969 fragte: „Why is Youth Dissatisfied?“, verbarg sich hinter diesem Titel mehr als ein informativer Vortrag. Die Amerikahäuser und DAI mussten sich selbst immer wieder fragen, was an den USA und ihrer eigenen Arbeit auf einmal so verwerflich sein sollte. Terrence Catherman, der 1970 als BPAO nach Westberlin versetzt wurde, erinnerte sich an seine ersten Eindrücke: When I arrived in Berlin in November 1970, the America House […] did not have one window left. Every window had been shattered. This was a tremenduous cultural shock for me. I had left Germany in 1955 with the feeling that we, the Americans, had helped the Germans reestablish a viable society; we integrated them into the western community; we got them in our security apparatus; they were developing a good and firm democracy. I came back in 1970, fifteen years later, to find the students on the streets on rampages against the Americans.320

In der Praxis galt es, Herausforderungen auf zwei Ebenen zu meistern, die eng miteinander verflochten waren. Zum einen hatten es die Häuser ab der Mitte der 1960er Jahre mit einem deutlich verbreiterten Meinungsspektrum unter ihren Zielgruppen zu tun. Anlässlich eines Besuchs von Theodor W. Adorno in Westberlin verkündete die Kommune 2 im Jahr 1967 polemisch: Adorno und seine Theorie, die uns anwidert, weil sie uns nichts sagt, wie wir diese Scheiß-Uni am besten anzünden und einige Amerikahäuser dazu – für jeden Terrorangriff auf Vietnam eines. […] Das will er aber nicht, vielleicht schreibt er dafür […] bald eine Artikelserie über die deutsch-amerikanische Freundschaft und über die Dankbarkeit gegenüber den USA. Schließlich haben wir ja die Uni den Amis zu verdanken.321

Umgekehrt schrieb der konservative Journalist Matthias Walden 1972: Die mehr oder weniger neue Linke hasst Amerika […]. Sie hat den Staat, der Westeuropa und viele Länder Asiens und Afrikas nach dem Kriege buchstäblich vor dem Verhungern bewahrte und gegen den Kommunismus sicherte, zur Zielscheibe ideologischer Wut gemacht, die Scheiben der Amerikahäuser eingeschlagen, die Fahnen der USA zer319 Siegfried Time Is on My Side, S. 20, 67. S. auch Hochgeschwender, Was ist der Westen, S. 27f. 320 Interview mit Terrence Catherman vom 25. Januar 1991, s. unter: Frontline Diplomacy. 321 Flugblatt „Der große Zampano der deutschen Wissenschaft kommt!“, o.D. [1967], abgedr. in: Schulenburg (Hg.), Das Leben ändern, S. 66f.

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3 Interaktion fetzt, die amerikanische Bereitschaft zur Verteidigung unserer Freiheit verhöhnt und verdächtigt.322

Zwischen diesen Polen bewegten sich die Einstellungen derer, die zu den Zielgruppen der Amerikahäuser und DAI zählten und denen diese gerecht werden wollten. Zum anderen veränderte sich die Atmosphäre, in der die amerikanischen Kultur- und Informationszentren arbeiteten. Wegen der ständigen Demonstrationen und aus Furcht vor Anschlägen waren die Häuser oft hermetisch abgeriegelt. Bei Protestmärschen schirmten Polizisten die Gebäude von innen und von außen ab, häufig mit Helmen und Schilden ausgerüstet. Dazu kamen teilweise Absperrgitter, Stacheldraht und Reiterstaffeln.323 Nachts patrouillierte die Polizei oder stellte sogar einen Wachposten ab.324 Immer wieder kam es vor den Häusern zu Schlägereien zwischen Demonstranten und Polizei, bei denen Steine, Schlagstöcke und Wasserwerfer eingesetzt wurden.325 „[F]estungsartig abgesichert“ und „hermetisch abgeriegelt“ zu werden schützte die Häuser zwar vor Angriffen, widersprach aber ihren eigentlichen Grundsätzen, für jedermann frei zugänglich zu sein, Offenheit und Transparenz auszustrahlen.326 Bei vielen Veranstaltungen mussten die Direktoren und Programmleiter zudem damit rechnen, dass es zu Störungen kam. Resigniert vermerkte der Tätigkeitsbericht des DAI Heidelberg für 1970: „Besonders im Mai – Juni […] war das Haus Ziel heftigster Belästigungen, die die Arbeit des Hauses so 322 „Eine Heilige und ein Narr?“: Die Welt vom 8. Februar 1972. 323 „Polizei erstattet dreizehn Strafanzeigen“: Die Welt vom 7. Februar 1968; „Demons­ tranten warfen Farbbeutel und Eier“: NZ vom 17. November 1969; „Pflichtübung Vietnam“: NN vom 15. Dezember 1969; „Kritische Stimmen beim Ostermarsch“: SZ vom 23. März 1970; „Anschlag auf das Amerikahaus war sorgfältig vorbereitet“: Die Welt vom 6./7. Mai 1970; „Schüsse bei schweren Ausschreitungen in Berlin“: FAZ vom 11. Mai 1970; „Aufklärer Dallwitz wurde als ‚Bulle‘ erkannt“: Die Welt vom 11. Mai 1970; „2500 Nürnberger verurteilten den Kambodscha-Krieg“: AZ/N vom 15. Mai 1970. 324 „Anschlag auf das Amerika-Haus war sorgfältig vorbereitet“: Die Welt vom 6./7. Mai 1970. Zur Überwachung des Amerikahauses München s. Direktion SchuPo an PolPräs vom 12. Mai 1972: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 15764; Direktion SchuPo an PolA Nord vom 13. September 1972: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 15765; Vermerk Oberpolizeirat M. vom 28. November 1972: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 15765; Direktion SchuPo an die PolA Nord, Ost, Süd, West, Ergänzungsdienste, Verkehr, Funkstreife vom 29. Dezember 1972: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 15765; Abt. I/3 an LEZ und SL vom 11. August 1973: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 15767. 325 „Nixon bekräftigt Garantien für Berlin“: SZ vom 28. Februar 1969; „Demonstranten legen Verkehr in der Innenstadt lahm“: FAZ vom 15. Dezember 1969; Holl/Glunz, 1968 am Rhein, S. 84–87; GK Hamburg an Secretary of State vom 13. Mai 1970: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1970–1973, Box 371. 326 „Schüsse bei schweren Ausschreitungen in Berlin“: FAZ vom 11. Mai 1970; „2500 Nürnberger verurteilten den Kambodscha-Krieg“: AZ/N vom 15. Mai 1970.

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stark blockierten, dass von 10 sorgfältig geplanten Veranstaltungen 9 nicht über die Bühne gehen konnten, d.h. abgesagt werden mussten.“327 Im März 1969 schloss das DAI Freiburg sogar präventiv für einen Nachmittag, da ein Kino in der Nähe den Film Die grünen Teufel mit John Wayne zeigte, in dem der Vietnamkrieg gerechtfertigt wurde, und die DAI-Mitarbeiter Ausschreitungen befürchteten.328 Viele Veranstaltungen liefen ungestört ab, doch etliche Amerikahäuser und DAI mussten immer wieder Termine absagen, und andere begannen verspätet, wenn vorher Störaktionen einen pünktlichen Beginn verhindert hatten.329 Das Publikum drohte ungeduldig zu werden oder wegzubleiben. Die Amerikahäuser und DAI versuchten, die Einschränkungen so gering wie möglich zu halten. Der Programmleiter des Münchner Amerikahauses, Christoph Peters, entwickelte dabei einige Kreativität: Er hatte die Idee, das Grundstück des Amerikahauses zur Straße hin mit einer niedrigen Hecke einzufassen. Sie bildete eine natürliche Barriere zwischen dem Karolinenplatz und dem Gebäude, ohne nach Abschottung auszusehen. Nach Auskunft von Christoph Peters erwies sich die Hecke tatsächlich als eine Grenze, die viele der Demonstrierenden, bewusst oder unbewusst, respektierten.330 In Tübingen diskutierten 1968 der Vorstand und das Kuratorium des DAI, wie sich das Haus angesichts der Proteste verhalten solle. Regierungspräsident Willi Birn, der Vorsitzende des Vorstands, riet, weder die Polizei zu rufen noch Strafanzeige zu erstatten, denn sonst habe der SDS sein Ziel, nämliche Öffentlichkeitswirksamkeit, erreicht.331 Auf andere Orte ausweichen oder seinen Namen ändern, um weniger Angriffsfläche zu bieten, wollte das DAI nicht.332 Nur den Schaukasten vor dem Haus, dessen Glasscheibe regelmäßig eingeschlagen wurde, stellte das DAI einer Bank kostenlos zur Verfügung.333 Auch 327 DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1970: HStAS, EA 3/505, Bü 352/3. Über Schwierigkeiten bei der Durchführung von Veranstaltungen berichtete das DAI bereits 1968. DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1968: HStAS, EA 3/505, Nr. 352/3. 328 USIA, Aufstellung „America House Incidents“ 1969 vom 4. Februar 1970, S. 4: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953–2000, Box 208. 329 DAI Tübingen, Protokoll der außerordentlichen Sitzung des Vorstands und des Kuratoriums vom 8. Februar 1968: StadtAT, E 418, Nr. 57; DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Kuratoriums vom 18. Juli 1968: StadtAT, E 418, Nr. 60; DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 5. Dezember 1968: StadtAT, E 418, Nr. 57; „Ort freier Diskussion“: Schwäbisches Tagblatt vom 9. Dezember 1968. 330 Amerikahaus-intern heißt die Hecke bis heute „Christoph-Peters-Gedächtnishecke“. Gespräch mit Christoph Peters vom 14. Mai 2007. 331 DAI Tübingen, Protokoll der außerordentlichen Sitzung des Vorstands und des Kuratoriums vom 8. Februar 1968: StadtAT, E 418, Nr. 57. 332 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 5. Dezember 1968; Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 4. Dezember 1969, beide: StadtAT, E 418, Nr. 57. 333 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Vorstands vom 4. Dezember 1969: StadtAT, E 418, Nr. 57.

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das DAI Heidelberg wollte alles vermeiden, „was aus dem ‚Amerika-Haus der offenen Tür‘ eine ‚Burg‘ machen würde“.334 Erst als die Situation gefährlich zu werden drohte, änderten die Häuser ihre Sicherheitspolitik. Als im Sommer 1969 Bombendrohungen kursierten, wies der USIA die Amerikahäuser und DAI an, das Bibliothekspersonal solle die Taschen der Besucher auf gefährliche Gegenstände überprüfen.335 Manche Häuser beschäftigten wie das Amerikahaus Frankfurt als Ergänzung zu den Polizeistreifen zeitweise Wachmänner, die nächtliche Anschläge verhindern sollten.336 Bei der Programmgestaltung riet der USIS 1968, nichts an der Ausrichtung zu ändern und sich nicht von den protestierenden Studierenden beeinflussen zu lassen. Der bisherige Weg, den Vietnamkrieg zu thematisieren, sei erfolgreich, so CAO Edward J. Joyce. Über einen Vortrag, den ein über den USIS vermittelter Referent an der FU Berlin gehalten habe, berichtete er: „He was like Daniel in the lion’s den; it was hard on Daniel, but from the standpoint of program, it was a great success, and, at the end, the lion was purring.“337 Die Amerikahäuser und DAI beurteilten ihre Alltagspraxis anders. 1965 und 1966 vermeldeten einige Häuser zwar noch Erfolge. So berichtete das DAI Tübingen, der Liberale Studentenbund und der Sozialistische Hochschulbund hätten gegen den Vietnamkrieg gerichtete Petitionen nicht unterschrieben, sondern umgehend das DAI darüber informiert.338 Dem SDS sei bei verschiedenen Veranstaltungen sein unzureichendes Wissen über dieses Thema vor Augen geführt worden.339 Das DAI Freiburg führte die bisher relativ schwachen Proteste gegen den Vietnamkrieg auf seine gute Programmplanung zurück, und das DAI Saarbrücken berichtete über wohlwollendes Interesse bei einer Burschenschaft.340

334 DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 11. Februar 1969. 335 USIS Bonn an alle BPAOs, alle Amerikahaus- und DAI-Direktoren vom 9. September 1968: StadtAT, E 418, Nr. 117. Es gibt keine Hinweise, ob und wie diese Vorgabe umgesetzt wurde. 336 GK Frankfurt an Secretary of State vom 25. November 1970: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1970–1973, Box 371; GK Frankfurt an Secretary of State vom 14. Juni 1971: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1970–1973, Box 371. 337 CAO Joyce an DPAO Berlin und alle BPAOs vom 16. Januar 1968: StadtAT, E 418, Nr. 116. 338 DAI Tübingen, Youth Activities Report Dezember 1965/Januar 1966: StadtAT, E 418, Nr. 223. 339 DAI Tübingen, Youth Activities Report Oktober/November 1966 und Dezember 1966/ Januar 1967, beide: StadtAT, E 418, Nr. 223. 340 USIS Stuttgart, Assessment Report 1965, S. 2: StadtAT, E 418, Nr. 223; USIS Bonn, Bimonthly listing of USIS Germany Youth Programs Juni/Juli 1965: StadtAT, E 418, Nr. 223.

3.2 Orte des Protests und der Kritik

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Gleichzeitig äußerte jedoch der amerikanische Generalkonsul in Frankfurt, das studentische Publikum habe kein Verständnis für die Vietnamproblematik und festgefahrene Meinungen. Niemand begreife, dass die Situation in Vietnam der deutschen Teilung entspreche.341 Im November 1967 gab auch das DAI Tübingen an, nicht nur der SDS, sondern alle politisch interessierten Studierenden seien gegen die amerikanische Kriegsführung in Vietnam, die als unmoralisch und dumm bezeichnet werde.342 Hatten der USIS Bonn, der USIS München und das DAI Tübingen 1965 und 1966 noch angegeben, außenpolitische Themen und insbesondere der Vietnamkrieg seien bei Jugendlichen stark nachgefragt, verwies der Tübinger Direktor in den kommenden Jahren darauf, bei Jugendlichen bestehe nur wenig Interesse an politischen Themen. Es sei daher wenig sinnvoll, entsprechende Veranstaltungen anzubieten.343 Der Vietnamkrieg werde nur auf Anfrage behandelt.344 Angesichts des großen Zulaufs von Großveranstaltungen wie dem Vietnamkongress in Westberlin 1968 oder von Demonstrationen, der wachsenden Politisierung Jugendlicher und des allseits grassierenden „Diskussionsfiebers“ erscheinen diese Aussagen als Vermeidungsstrategie. Spätestens 1968 stellten die Amerikahäuser und DAI dann alle öffentlichen Veranstaltungen ein, die den Vietnamkrieg explizit thematisierten.345 Andere kontroverse Themen verschwanden ebenfalls aus dem Programm: 1967 empfahl der USIS den Amerikahäusern und DAI, auch die Verhandlungen zu einem Kernwaffensperrvertrag nicht zu behandeln, da das Thema sensibel und die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen seien.346 Auf inhaltlicher Ebene zogen sich der USIS, die Amerikahäuser und DAI angesichts der herausfordernden Kritik ausTeilen der westdeutschen Bevölkerung von problematischen Veranstal341 GK Frankfurt an Department of State vom 15. Februar 1966: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1964–1966, Box 363. 342 DAI-Direktor Serbinoff an USIS Stuttgart vom 27. November 1967: StadtAT, E 418, Nr. 116. 343 USIS Bonn, Bimonthly listing of USIS Germany Youth Programs Juni/Juli 1965: StadtAT, E 418, Nr. 223; DAI Tübingen, Assessment Report 1966, S. 2: StadtAT, E 418, Nr. 223; USIS München, Annual Assessment Report 1966: StadtAN, E 6/799, Nr. 72. DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Kuratoriums vom 7. März 1967: StadtAT, E 418, Nr. 60; DAI Tübingen, Jahresbericht 1968/69: StadtAT, E 418, Nr. 62; DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Kuratoriums vom 4. Dezember 1969: StadtAT, E 418, Nr. 60; DAI Tübingen, Jahresbericht 1969/70: StadtAT, E 418, Nr. 62. 344 DAI Tübingen, Protokoll der Sitzung des Kuratoriums vom 7. März 1967: StadtAT, E 418, Nr. 60; DAI Tübingen, Protokoll der außerordentlichen Sitzung des Vorstands und des Kuratoriums vom 8. Februar 1968: StadtAT, E 418, Nr. 57; DAI Tübingen, Jahresbericht 1968/69: StadtAT, E 418, Nr. 62. 345 S. dazu S. 198. 346 USIS Bonn an alle BPAOs und Amerikahaus-Direktoren vom 3. Mai 1967: StadtAT, E 418, Nr. 117. Zur Atomwaffenpolitik der Bundesrepublik und zum Kernwaffensperrvertrag s. Küntzel, Bonn und die Bombe.

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tungsthemen zurück. Nur wenn die Häuser gleichzeitig auf Erfolge verweisen konnten, blieben kontroverse Punkte im Programm. Mit Sterling Tucker referierte beispielsweise 1970 ein amerikanischer Bürgerrechtler über die Black Panther-Bewegung im Amerikahaus München. Er sprach über die Fortschritte im Bereich der Bürgerrechte und betonte, er sei gegen Gewaltanwendung, da die Afroamerikaner ihre Ziele auch friedlich erreichen konnten. Von den über 400 meist jungen Zuhörer waren dem Bericht des Amerikahauses zufolge nicht alle überzeugt von Tuckers Position, hörten aber aufmerksam zu. Zu Protesten oder Ausschreitungen kam es nicht.347 Umgekehrt muss jedoch auch offen bleiben, inwiefern den Protestierenden tatsächlich an einer Diskussion im Sinne eines argumentativen Austauschs lag oder ob sie nur provozieren und ihre eigenen Positionen und Angriffe gegen die USA vorbringen wollten. Das „Diskussionsfieber“ war zwar ein zen­ trales Merkmal der „68er“ und verbunden mit einem „utopische[n] Erwartungsüberschuss, der das Diskutieren zu einem Verfahren des herrschaftsfreien Erkenntnisgewinns und der Demokratisierung stilisierte“.348 In ­einigen Städten trafen sich die Direktoren der Amerikahäuser und DAI mit Vertretern linker Jugend- und Studierendengruppen und DAI, um über den Vietnamkrieg und die Außenpolitik der USA zu sprechen, wie diese es forderten.349 Doch teilweise gingen die Protestierenden gar nicht auf Diskussionsangebote der amerikanischen Kultur- und Informationszentren ein. So sagte der Vorsitzende der Nürnberger Jusos 1970 eine Gesprächseinladung von Robert M. Allen, dem Leiter des DAI, ab: Ich muss Ihnen aber leider mitteilen, dass es für mich zurzeit unmöglich ist, Ihrer Einladung Folge zu leisten. Ich kann keinen freundschaftlichen Kontakt pflegen mit den Repräsentanten einer Institution, die ihre derzeitige Aufgabe darin sehen, durch eine recht einseitige Arbeit als eine Art Propagandainstitut für die jetzige amerikanische Regierung zu wirken.350

Sowohl gegenüber dem Juso-Vorsitzenden wie auch gegenüber Oberbürgermeister Urschlechter drückte Allen sein Bedauern darüber aus, dass der JusoVorsitzende jeden Kontakt ablehne, obwohl das DAI großes Interesse daran 347 USIS München, Monthly Highlights Report vom 2. Dezember 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. 348 Verheyen, Diskussionsfieber, S. 209. 349 DAI Nürnberg, Tätigkeitsbericht für das Jahr 1968: StadtAN E 6/799, Nr. 84; USIA, Aufstellung „Bombing Incidents, Mob Action and Harassment Against U.S. Installations Overseas“ 1969/70 vom 4. September 1970, S. 14–20: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953–2000, Box 208. Auch die amerikanischen Botschaften und Generalkonsulate luden wiederholt Studierende ein, um kontroverse Fragen zu diskutieren und aus erster Hand Informationen über die Ansichten der Protestierenden zu gewinnen. Klimke, The Other Alliance, S. 170f. 350 Schmidbauer, Vorsitzender Jusos an DAI-Direktor Allen vom 29. Oktober 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 201.

3.2 Orte des Protests und der Kritik

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habe, auch mit kritischen Gruppierungen in Verbindung zu bleiben.351 Ähnliches berichtete der Direktor des DAI Tübingen. Dort versuchte der SDS 1968, ein Konzert zu einer Diskussion über den Vietnamkrieg umzufunktionieren, lehnte aber das Angebot des Direktors zu einemTreffen wenige Tage später ab.352 Zudem beraumten von jeher alle Veranstaltungen in den Amerikahäusern und DAI Zeit zur Diskussion an, wenn sie nicht sogar von vornherein als Diskussionsrunde angelegt waren.353 Die Kritiker der amerikanischen Kulturund Informationszentren ignorierten diese Programmdimension. Mindestens Teilen der Protestbewegungen, die sich direkt gegen die Arbeit der Amerikahäuser und DAI wandten, ging es demnach nicht darum, sich argumentativ zu verständigen, wie sie vorgaben. Sie nutzten Gesprächsangebote nicht, sondern forderten, dass nur ihre Position gehört werde. Indem sie keine öffentlichen Veranstaltungen mehr zum Vietnamkrieg anboten, vermieden die Amerikahäuser und DAI daher auch, solchen Selbstdarstellungen ein Forum zu geben. Offizielle Stellen unterstützten die amerikanischen Kultur- und Informationszentren. So wie Willy Brandt im Februar 1966 bekundeten Politiker auch bei späteren Vorfällen immer wieder ihr Bedauern. Nach einem Brandanschlag auf das Amerikahaus Stuttgart erschien, noch während das Feuer brannte, Rolf Thieringer, der Erste Bürgermeister, um die Anteilnahme der Stadt auszudrücken und Hilfe bei den Reparaturen zuzusagen. Der Fraktionsvorsitzende der CDU meldete sich ebenfalls.354 Auch der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen wandte sich nach Ausschreitungen gegen das Amerikahaus Hannover an den amerikanischen Generalkonsul und kündigte an, die bisherigen Schutzmaßnahmen zu erhöhen.355 Vor allem bei den DAI ersetzten die Städte häufig entstandenen Schäden.356 351 DAI-Direktor Allen an Schmidbauer, Vorsitzender Jusos vom 2. November 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 201; DAI-Direktor Allen an OB Urschlechter vom 3. November 1970: StadtAN, E 6/799, Nr. 201. 352 DAI Tübingen, Protokoll der außerordentlichen Sitzung des Vorstands und des Kuratoriums vom 8. Februar 1968: StadtAT, E 418, Nr. 57. 353 S. dazu die Programme der Amerikahäuser und DAI sowie für die 1950er Jahre Schildt, Zwischen Abendland und Amerika, S. 174. 354 GK Stuttgart an Department of State und USIA vom 21. Oktober 1970: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1970–1973, Box 371. In diesem Schreiben wird der Schaden auf etwa 25.000 Dollar beziffert. 355 MinPräs Niedersachsen an AH Hannover vom 14. August 1969: PAAA, B 90, Nr. 739. 356 USIS Bonn an USIA vom 4. Februar 1970: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953– 2000, Box 208. Zu allen Schadensersatzleistungen s. die Aufstellungen der USIA über Schäden an ihren Gebäuden. Aufstellung „U.S. Information Service Buildings, Damaged Through Mob Violence, Riots, etc.“ 1967/68 vom 1. März 1968, S. 12–14: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953–2000, Box 208; Aufstellung „U.S. Information Service Buildings, Damaged Through Mob Violence, Riots, etc.“ 1968/69 vom 1. April 1969, S.

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Größtenteils standen hinter der finanziellen Großzügigkeit politische Erwägungen. Das Auswärtige Amt erklärte 1967 auf Nachfrage der Stadt Hamburg, unter völkerrechtlichen Gesichtspunkten sei der Empfangsstaat zum Ersatz von Schäden an den Entsenderstaat verpflichtet, die anlässlich von politischen Demonstrationen, Aufruhr, Anschlägen u.ä. Gegenständen zugefügt werden, die sich im Eigentum oder Besitz des Entsenderstaats befinden, sofern die Organe des Empfangsstaats dabei ein Verschulden – sei es auch nur durch Unterlassen – trifft.357

Inwiefern das für die Schäden an Amerikahäusern gelte, sei dahingestellt, so das Auswärtige Amt. Es empfahl jedoch, Schäden zu ersetzen, ohne aber eine rechtliche Verpflichtung anzuerkennen – schon allein, weil dies im Interesse der „engen deutsch-amerikanischen Beziehungen“ liege.358 Vielerorts entsprang die Hilfsbereitschaft jedoch auch persönlicher Betroffenheit. So versicherte der Oberbürgermeister von Heidelberg, Reinhold Zundel (SPD), dem Direktor des DAI, „dass die Last der Abwehr krimineller Sabotage nicht allein auf seinen Schultern ruhe“.359 Ab Juni 1970 war Zundel dann selbst heftigen Angriffen seitens der Studierenden und der Jusos ausgesetzt. Nach gewalttätigen Ausschreitungen anlässlich einer internationalen Entwicklungshilfekonferenz verbot das Innenministerium Baden-Württembergs den Heidelberger SDS. Daraufhin forderten die Jusos den Rücktritt des Innenministers und Oberbürgermeister Zundels.360 Diese Konflikte mit dem SDS einten Zundel und das DAI. In Tübingen verkündete Willi Birn im Dezember 1967: „Die Vietkong-Fahne, die kürzlich vor dem Amerika-Haus wehte, schreckt uns nicht.“361 Indem er von „uns“ sprach, zeigte er seine Identifikation mit dem DAI und hob sprachlich jede Grenze zwischen „den Amerikanern“ und „den Deutschen“ auf. 10–14: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953–2000, Box 208; Aufstellung „America House Incidents“ 1969 vom 4. Februar 1970: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953– 2000, Box 208; USIA, Aufstellung „Bombing Incidents, Mob Action and Harassment Against U.S. Installations Overseas“ 1969/70 vom 4. September 1970, S. 14–20: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953–2000, Box 208; Aufstellung „U.S. Information Service Buildings, Damaged Through Mob Violence, Riots, etc.“ 1970/71 vom 16. Juni 1971, S. 10–16: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953–2000, Box 208; Aufstellung „Dissident and Terrorist Acts Against U.S. Installations Overseas“ 1971, S. 49–51: NARA, RG 306, HC, Subject Files 1953–2000, Box 208. 357 AA an BFM vom 17. Oktober 1967: PAAA, B 90, Nr. 739. 358 Ebd. S. dazu auch schon Hoffmann, AA an AA, Referat V 2 vom 26. September 1967: PAAA, B 90, Nr. 739. 359 DAI Heidelberg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 11. Februar 1969: HStAS, EA 3/505, Bü 352/3. 360 „Zundel: ‚Ich habe mich für Heidelberg geschämt‘“: Stuttgarter Zeitung vom 22. Juni 1970; „Gewaltloser Protest gegen SDS-Verbot“: Stuttgarter Zeitung vom 29. Juni 1970; „Die Geister scheiden sich in Heidelberg“: FR vom 2. Juli 1970. 361 „Auf gesunden Füßen“: Schwäbisches Tagblatt vom 9. Dezember 1967.

3.2 Orte des Protests und der Kritik

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Auch andere Persönlichkeiten demonstrierten augenfällig ihre Verbundenheit mit den Amerikahäusern und DAI. Max Horkheimer sagte 1967 zu, im Amerikahaus Frankfurt anlässlich der Eröffnungsfeier zur deutsch-amerikanischen Freundschaftswoche zu sprechen und betonte, wie wichtig die Arbeit der Amerikahäuser sei: For many years I have considered it a most important task to enable the German public, especially German youth, to understand U.S. political efforts with regard to both the continuous improvement of an open society at home and a meaningful life in the rest of the world.362

Für diese Zusage und seinen Vortrag erntete Horkheimer, der 1934 in die USA emigriert war und dort bis 1949 gelebt hatte, harsche Kritik des SDS.363 In anderen Städten gab es ähnliche Solidaritätsbekundungen. Im Mai 1969, also nur wenige Monate nach der Besetzung des Zeitungswissenschaftlichen Instituts im Amerikahaus München, berichtete das amerikanische Generalkonsulat, zum ersten Mal habe Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel (SPD) an der Eröffnung der deutsch-amerikanischen Freundschaftswoche teilgenommen und sei nach seiner Rede anderthalb Stunden geblieben.364 Im DAI Nürnberg sprach im Mai 1971 Walter Leisler Kiep (CDU) über die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Erleichtert berichtete der Direktor des DAI: „A pro-American speech – one could not expect more from a leading politician today.“365 Insgesamt beurteilten zwar große Teile der westdeutschen Bevölkerung den Vietnamkrieg kritisch, doch nur wenige teilten die Einstellung derjenigen, die vor den Amerikahäusern, DAI und Generalkonsulaten demonstrierten oder dort Anschläge verübten. Politiker und Presse lehnten die massive Kritik linksextremer Kreise an den USA mehrheitlich ab und verurteilten die Angriffe gegen amerikanische Einrichtungen. Auffälligerweise nahm dennoch die Zahl der Mitveranstalter ab etwa 1969 besonders in den Amerikahäusern massiv ab. Wiesen die Monatsprogramme des Amerikahauses München 1966 und 1967 noch weit über 30 Kooperationspartner aus, waren es 1968 nur noch 18, und bis 1973 sank die Zahl auf fünf.366 Das Amerikahaus Frankfurt arbeitete 1966 und 1968 noch mit je rund 30 Mitveranstaltern zusammen, 1969 waren es noch 20, 1970 und 1972 weniger als zehn.367 In den DAI sank die 362 Horkheimer an BPAO Grenoble vom 11. April 1967: ISG, MA, Nr. 3021. 363 Horkheimers Vortrag sowie ein daran anschließender Briefwechsel sind abgedruckt in: Kraushaar (Hg.), Frankfurter Schule, Bd. 2, Dok. 115–117. 364 GK München an Secretary of State vom 6. Mai 1969: NARA, RG 59, State Department Central Files, Subject Numeric Files 1967–1969, Box 321. 365 DAI Nürnberg, Monthly Highlights Report vom 21. Mai 1971: StadtAN, E 6/799, Nr. 203. 366 AH München, Programm 1966–1972. 367 Für Frankfurt können keine genauen Angaben gemacht werden, da bei den Programmen der Jahre 1970 und 1972 je einige Monate fehlen. Die Jahre 1967 und 1971 fehlen ganz.

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Zahl der Kooperationspartner ebenfalls, doch nicht ganz so deutlich.368 Die genauen Hintergründe können kaum benannt werden. Für eine grundsätzlich geänderte Veranstaltungspraxis seitens des USIS gibt es keine Hinweise. Die parallel verlaufende Entwicklung in mehreren Häusern verweist darauf, dass auch Direktorenwechsel oder andere lokalspezifische Umstände nicht ausschlaggebend waren. Explizite Hinweise, dass Institutionen oder Organisationen nicht mehr mit den Amerikahäusern und DAI zusammenarbeiten wollten, finden sich in den Akten nur selten. Möglich scheint eher, dass einige der potenziellen Mitveranstalter angesichts der Berichte über Ausschreitungen, gestörte oder ausgefallene Veranstaltungen vorsichtiger wurden, mit den amerikanischen Kultur- und Informationszentren zu kooperieren. Als die Demonstrationen, Störungen, Anschläge, Sachbeschädigungen und Sitzblockaden mit dem Abzug der amerikanischen Truppen aus Vietnam im Herbst 1973 allmählich endeten, entwickelten sich bald neue Beziehungen zu einigen Mitveranstaltern, mit denen es einige Jahre keine Zusammenarbeit mehr gegeben hatte.369 In Nürnberg arbeitete der DGB wieder mit dem DAI zusammen, und in Heidelberg versuchten nach Angaben des dortigen DAI verschiedene Institute der Universität, „Wiedergutmachung“ für die angespannten Beziehungen der vorangegangenen Jahre zu leisten, so das DAI, und pflegten eine enge Zusammenarbeit.370 Selbst einige der schärfsten Kritiker der USA zählten im weiteren Verlauf der 1970er Jahre vereinzelt zu den Referenten der Häuser, so Rudi Dutschke, Reinhard Lettau oder die Nürnberger Jusos.371 Im DAI Tübingen nahm 1980 der Vorsitzende der DKP, Hannes Stütz, zusammen mit Vertretern anderer Parteien an einer Podiumsdiskussion zum Thema Privatfernsehen teil.372 AH Frankfurt, Programm 1966, 1968–1970, 1972: ISG, V113/301–311, V113/322–343 und S 3, Nr. 27200. 368 So arbeitete das DAI Tübingen 1966 und 1967 mit je über 30 Kooperationspartnern zusammen, 1968 und 1969 waren es nur noch 19 bzw. 15, 1970 sogar nur acht Mitveranstalter. 1971 und 1972 stieg die Zahl wieder auf je 20 Mitveranstalter. DAI Tübingen, Programm 1966–1972: StadtAT, E 418, Nr. 147. 369 Zum Ende des Krieges in Vietnam s. Patterson, Grand Expectations, S. 765–767; Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, S. 208–215. 370 DAI Nürnberg, Monthly Report vom 4. Januar 1979: StadtAN, E 6/799, Nr. 203; USIS Bonn, Quarterly Report vom 9. Dezember 1975: StadtAN, E 6/799, Nr. 229. 371 In Heidelberg nahm Dutschke an einer Diskussionsrunde über Menschenrechte teil, bei der Amnesty International Mitveranstalter des DAI war. DAI Heidelberg, Tätigkeitsbericht 1978: HStAS, EA 3/505, Bü 352/7. Reinhard Lettau war 1976 an einer Podiumsdiskussion zum Thema „Gegenüberstellung der gesellschaftlichen Wirklichkeit mit den gängigen Vorurteilen über den heutigen amerikanischen Alltag“ im DAI Tübingen beteiligt. DAI Tübingen, Programm Juni 1976: StadtAT, E 418, Nr. 148. Der Vorsitzende der Nürnberger Jusos beteiligte sich im November 1973 an einer Podiumsdiskussion im DAI. Einladung zu „Freiheit die wir meinen – welche Freiheit meinen wir?“ vom 30. November 1973: StadtAN, E 6/799, Nr. 323. 372 DAI Tübingen, Einladung „Privatfernsehen: Ja oder Nein?“ vom Februar 1980: StadtAT,

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Dies weist zum einen darauf hin, dass unter den Amerika-Kritikern der späten 1960er und frühen 1970er Jahre teilweise eine gewisse Bereitschaft bestand, sich mit den USA auseinanderzusetzen und die Diskussion zu suchen.373 Zum anderen entsprach diese (neuerliche) Zusammenarbeit der Politik und den Zielen der Amerikahäuser und DAI. In der Hochphase der Proteste und der Kritik zogen sie sich von einigen Themenfeldern zurück. Sie agierten dabei eher defensiv und versuchten so zu vermeiden, dass die Häuser zum Schauplatz verbaler Schlachten mit Personenkreisen wurden, die in den Augen der Veranstalter nicht zu überzeugen waren und nur die Konfrontation suchten. Doch sie versuchten stets, die Kontakte zu kritischen Gruppen und Personen zu halten. Wenn Kooperationen oder Kontakte endeten, dann nicht auf Initiative der Amerikahäuser und DAI. Demonstrationen und Störaktionen beeinträchtigten die Arbeit der Häuser teilweise erheblich, doch sie reagierten besonnen. Kam es zu scharfen Angriffen gegen diejenigen, die Schäden an den Amerikahäusern und DAI verübten oder Veranstaltungen störten, kamen diese von deutscher Seite. Weder der USIS noch die Direktoren der Häuser meldeten sich in der Presse oder an anderer Stelle öffentlich zu Wort. Damit hielten die amerikanischen Kultur- und Informationszentren die Türen für spätere Kontakte und Kooperationen offen. 3.2.3 USA-Kritik zu Beginn der 1980er Jahre Zu Beginn der 1980er Jahre standen die USA erneut im Zentrum von Protesten. Angefangen von der Friedensbewegung, die sich gegen den NATO-Doppelbeschluss und die Nachrüstung mit nuklearen Mittelstreckenraketen richtete, über die Solidaritätsbewegungen mit Mittelamerika bis zu den Gegnern der Startbahn West am Frankfurter Flughafen war Amerikakritik in unterschiedlicher Intensität und Ausprägung in der Bundesrepublik präsent. Die Amerikahäuser und DAI spielten in diesen Protesten jedoch eine deutlich geringere Rolle als gut zehn Jahre zuvor. Doch nach wie vor mussten die Häuser damit rechnen, zum Ziel von Protesten oder Anschlägen zu werden. Imperialismus- und Faschismusvorwürfe waren auch in den 1980er Jahren zentrale Schlagworte der Amerikakritiker. Im Vorfeld des Staatsbesuchs von Präsident Ronald Reagan in Westberlin verbreiteten NATO-Gegner im Sommer 1982 Listen und Stadtpläne mit den Namen „von ein paar imperialistischen Einrichtungen, die auf der Demo-Route liegen, und wo für den Krieg in der 3. Welt und gegen den Widerstand hier Konzepte und Technologien zur Aufstandsbekämpfung entwickelt und hergestellt werden“. Dazu zählte auch

E 418, Nr. 220. 373 Gassert, Antiamerikaner, S. 265.

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das Amerikahaus Berlin.374 Die Verfasser konkretisierten ihr Anliegen, indem sie schlagwortartig „El Salvador, Guatemala, Nicaragua, Honduras“ benannten.375 Damit verwiesen sie auf die Mittelamerika-Politik Ronald Reagans, dessen offensiv gegen den Kommunismus gerichtete Politik diesen Kontinent wieder in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit brachte. Um den sowjetischen und kubanischen Einfluss auf Mittelamerika zurückzudrängen, unterstützte Reagan seit 1981 mit den „Contras“ eine paramilitärische Gruppe, die unter anderem helfen sollten, das sandinistische Regime in Nicaragua zu stürzen, dem auch Kommunisten angehörten und das eine ablehnende Haltung gegenüber den USA einnahm. Zuvor hatte mit Anastasio Somoza Debayle zwar ein Diktator geherrscht, der aber die Unterstützung der USA hatte. Nicaragua unterhielt auch enge Verbindungen zu kommunistischen Revolutionären im El Salvador, die sich im Bürgerkrieg mit der dort herrschenden proamerikanischen Militärdiktatur befanden. Diese Umsturzversuche versuchte die Regierung Reagan ebenfalls zu verhindern. 1984 wurde bekannt, dass der amerikanische Geheimdienst auf geheimen Befehl Nicaragua zu großen Teilen vermint hatte und die Regierung Reagan auch Morde billigend in Kauf nahm.376 Schon vor diesen Enthüllungen kritisierte vor allem das europäische Ausland die amerikanische Politik in Mittelamerika scharf und vor allem die Linke verurteilte sie.377 Fanden in den 1980er Jahren amerikakritische Proteste an oder in den Amerikahäusern und DAI statt, so waren sie meist gegen diese Mittelamerikapolitik der USA gerichtet. Meist verliefen sie friedlich.378 Im Januar 1981 374 Flugblatt „Ich beneide euch, ihr kämpft den wichtigsten Kampf von allen, im Herzen der Bestie“: Papiertiger Berlin, Ordner Anti-NATO-Bewegung/Reagan-Besuch; Flugblatt und Stadtplan „Die 40 Objekte der ‚Stadtwilderer‘“: Papiertiger Berlin, Ordner AntiNATO-Bewegung/Reagan-Besuch. Andere Objekte waren Industrieunternehmen wie Texas Instruments, IBM oder Rhode und Schwarz, aber auch der DAAD, die Fulbright-Kommission, die Börse, das Bundesverwaltungsgericht, die Friedrich-Ebert-Stiftung oder das Zentrum für technologische Zusammenarbeit. Während diese Firmen und Institutionen näher erläutert werden, wird das Amerikahaus nur namentlich genannt. Anscheinend hielten die Verfasser diese Angabe für selbsterklärend. 375 Flugblatt „Ich beneide euch, ihr kämpft den wichtigsten Kampf von allen, im Herzen der Bestie“: Papiertiger Berlin, Ordner Anti-NATO-Bewegung/Reagan-Besuch. 376 Corum, Der Bürgerkrieg; Schwabe, Weltmacht und Weltordnung, S. 403–406. Reagans Nicaragua-Politik mündete 1986 in den sogenannten Iran-Contra-Skandal, der den Präsidenten fast zu Fall brachte. Die amerikanische Regierung hatte die Contras mit Geld unterstützt, das aus Waffenverkäufen an den Iran stammte. Sowohl die Waffenlieferungen an den Iran als auch die Unterstützung der Contras verstießen gegen das Gesetz. S. dazu Schwabe, Weltmacht und Weltordnung, S. 405f. 377 Lundestad, The United States and Western Europe, S. 217f. 378 Zur Solidaritätsbewegung mit Mittelamerika s. Balsen/Rössel, Hoch die internationale Solidarität, S. 393–498; Werz, Antiamerikanismus, S. 1272–1274.

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protestierten etwa 50 Jugendliche gegen die Amtseinführung Ronald Reagans und besetzten das DAI Tübingen. Sie wandten sich gegen die amerikanische Intervention in El Salvador, die den Tübinger Besetzern als „politische[s] Verbrechen“ galt.379 Sie legten es jedoch nicht auf Zerstörungen an, sondern beriefen sich auf die Satzung des DAI, die zur Völkerverständigung aufrufe und der Information über die USA verpflichtet sei. Diese Satzung wollten sie beim Wort nehmen und forderten zur Diskussion auf. Entsprechend gelassen reagierte die Institutsleitung und schaltete die Polizei während der zweitägigen Besetzung nicht ein.380 Auch in Hannover und Hamburg besetzten linke Gruppierungen das Amerikahaus, um gegen die Politik der USA in El Salvador bzw. in Nicaragua zu protestieren.381 Friedlich verliefen auch ein Go-in im Heidelberger DAI, zu dem das Lateinamerika-Komitee 1984 aufgerufen hatte, um gegen die Nicaragua-Politik der USA zu demonstrieren, und eine Mahnwache, die von der DKP aus Protest gegen die amerikanische Invasion in Grenada vor dem Haus veranstaltet wurde.382 Im DAI Nürnberg kam es 1982 während einer Diskussionsveranstaltung zu den deutsch-amerikanischen Beziehungen allerdings zu handgreiflichen Auseinandersetzungen.383 Diskussionsleiter Hans Sachs, ein langjähriges Vorstandsmitglied des DAI, ließ sich von einer etwa 30köpfgigen Gruppe provozieren. Sie bezeichneten in Zwischenrufen die USA als „Besatzer“, prangerten den „Völkermord in El Salvador“ an und forderten „Freiheit für Chile“. Als eine junge Frau das Podium betrat, um eine Erklärung gegen „die imperialistische Politik der USA“ zu verlesen, schlug Sachs ihr das Mikrofon aus der Hand.384 Der Direktor des DAI klärte den Tumult, die Frau verlas ihre Erklärung, und danach wurde die Veranstaltung abgebrochen. Gefährlicher war jedoch die Drohung der „Konzentrierten Aktion für El Salvador“, die 1981 in Frankfurt damit drohte, verschiedene amerikanische Einrichtungen – 379 „Deutsch-Amerikanisches Institut besetzt: Jugendliche protestieren gegen Reagan“: Reutlinger Generalanzeiger vom 21. Januar 1981. 380 Ebd.; Pyka, Get together, S. 36. 381 PAO Tuch an ICA, Office of European Affairs vom 23. April 1981, S. 2: StadtAN, E 6/799, Nr. 676; „Hannover: Amerikahaus besetzt“: HA vom 24. März 1981; „Amerika-Haus zwei Stunden besetzt“: HA vom 27. Mai 1986. 382 „Der Geist von McNamara und das ‚andere Amerika‘“: Communale. Heidelberger Wochenzeitung vom 5. Januar 1984. 383 „,Welches Schweinderl hätten’s denn gern?‘ Tumultartige Szenen bei 20-Jahr-Feier im Amerikahaus“: NZ vom 2. Dezember 1982. Auf dem Podium saßen der Historiker Michael Stürmer, der Chefredakteur der Nürnberger Nachrichten, Helmut Bauer, der städtische Kulturreferent Hermann Glaser sowie US-Brigadegeneral J.O. Bradshaw. 384 „,Welches Schweinderl hätten’s denn gern?‘ Tumultartige Szenen bei 20-Jahr-Feier im Amerikahaus“: NZ vom 2. Dezember 1982. Laut Zeitungsbericht hatten die Demons­ tranten Sachs zuvor zusätzlich provoziert, indem sie immer wieder „Welches Schweinderl hätten’s denn gern?“ riefen und damit auf seine Tätigkeit im Rateteam der Fernsehsendung „Was bin ich“ anspielten.

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darunter auch das Amerikahaus – anzugreifen. Sie forderten die „sofortige Einstellung jeglicher Militär- und Wirtschaftshilfe der USA für die Junta in El Salvador“.385 Während die Proteste der Mittelamerika-Solidaritätsgruppen ganz überwiegend friedlich verliefen, nutzten andere Gruppen die Amerikahäuser und DAI auch für gewalttätige Aktionen. Dies geschah jedoch nur ganz vereinzelt. So besetzten am 17. Mai 1980 13 mit Molotow-Cocktails bewaffnete junge Männer und Frauen das Dach des Berliner Amerikahauses anlässlich einer Militärparade der alliierten Streitkräfte.386 Sie bekundeten ihre Solidarität mit verschiedenen terroristischen Vereinigungen – der Roten Armee Fraktion, der Bewegung 2. Juni, den italienischen Roten Brigaden und der baskischen ETA sowie den Geiselnehmern, die in Teheran über 50 amerikanische Diplomaten als Geiseln hielten –, um gegen den „US-Imperialismus“ zu protestieren:387 „wir haben heute das dach des AMERIKAHAUSES in berlin besetzt, weil die schlächter der menschheit, an ihrer spitze die usa, ein paar straßen weiter ihr vernichtungspotential zur show stellen [sic!].“388 Etwa 200 gleichgesinnte Demonstranten, etliche von ihnen vermummt, versammelten sich vor dem Amerikahaus und lieferten sich eine mehrstündige Schlägerei mit der Polizei, bei der fast 50 Polizeibeamte verletzt wurden.389 Während sie langfristig dazu aufriefen, den „US-Imperialismus“ zu vernichten und die NATO aufzulösen, richteten sich ihre kurzfristigen und konkreten Forderungen darauf, die Haft385 Fernschreiben „Bombendrohung auf amerikanische Einrichtungen in Frankfurt a.M.“ vom 4. Februar 1981: StAM, Polizeidirektion München nach 1945, Nr. 9651. 386 Den Presseangaben bei der Urteilsverkündung zufolge waren alle Beteiligten jünger als 30 Jahre. „Haftstrafen zwischen 16 und 26 Monaten für Amerikahaus-Besetzer“: Tagesspiegel vom 15. Mai 1981. 387 Dies entsprach der neuen Ausrichtung der dritten Generation der RAF, die Verbindungen zwischen den europäischen terroristischen Organisationen im Kampf gegen den Imperialismus propagierte. S. dazu Straßner, Die dritte Generation, S. 125–127. 388 Erklärung der Besetzer „dass du kämpfen musst wenn du nicht untergehen willst, wirst du doch einsehen! [sic!]“, abgedr. in: Info Nr. 1: Papiertiger Berlin, Ordner Anti-NATOBewegung/Aktionen: Blockaden, Besetzungen, Störaktionen. Hervorhebung im Original. „Info Nr. 1“ ist eine Zusammenstellung verschiedener Texte durch Sympathisanten der Besetzer, um deren Positionen publik zu machen und ihre Entlassung aus der Haft zu fordern. 389 Alle Besetzer wurden verhaftet und wegen Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Waffenbesitz, Körperverletzung und Beleidigung angezeigt. „Sturm auf Berliner AmerikaHaus: Für Terror, gegen USA“: Die Welt vom 19. Mai 1980; „RAF-Sympathisanten bestürmen Berliner Amerika-Haus“: FAZ vom 19. Mai 1980; „Haftbefehle gegen 13 Demonstranten“: SZ vom 20. Mai 1980. Während des Prozesses traten mehrere Angeklagte in den Hungerstreik, um gegen ihre Haftbedingungen zu protestieren. Im Mai 1981 wurden sie zu Haftstrafen zwischen 14 und 26 Monaten verurteilt. „Angeklagte erschienen nicht zum Prozess um Amerikahaus-Besetzung“: Tagesspiegel vom 6. März 1981; „Haftstrafen zwischen 16 und 26 Monaten für Amerikahaus-Besetzer“: Tagesspiegel vom 15. Mai 1981.

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bedingungen mehrerer RAF-Mitglieder zu verbessern.390 Bereits im März 1980 hatten RAF-Sympathisanten das Dach des Hamburger Amerikahauses besetzt und die Zusammenlegung inhaftierter RAF-Mitglieder gefordert.391 Kurz vor dem Besuch Ronald Reagans in Berlin im Sommer 1982 verübten dann die Revolutionären Zellen, eine militante autonome Gruppe, einen Anschlag gegen das Tübinger DAI, bei dem Sachschaden über mehrere Tausend DM entstand.392 Zwei Jahre später versuchten die Revolutionären Anarchistischen Zellen einen Brandanschlag auf das Amerikahaus Frankfurt.393 In Hamburg störte eine Putzfrau 1985 frühmorgens ein Pärchen bei den Vorbereitungen für einen Brandbombenanschlag und wurde dabei verletzt.394 Gemessen an der hohen Zahl amerikakritischer Proteste vor allem in der ersten Hälfte der 1980er Jahre spielten die Amerikahäuser und DAI jedoch eine untergeordnete Rolle. Demonstrationszüge führten nicht mehr selbstverständlich an den amerikanischen Kultur- und Informationszentren vorbei, und auch als zentrale Symbolorte wurden sie abgelöst. Als wichtiger räumlicher Bezugspunkt fungierten nun vor allem die amerikanischen Militärstützpunkte, gegen die sich auch terroristische Anschläge – etwa die amerikanischen Hauptquartiere in Frankfurt und Heidelberg – richteten.395 Insbesondere für die Friedensbewegung als der größten Protestbewegung der Zeit spielten die Amerikahäuser und DAI keine Rolle. Sie richtete sich gegen den NATO-Doppelbeschluss vom Dezember 1979, der die Stationierung amerikanischer atomarer Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik und ganz Westeuropa vorsah, sollten Rüstungskontrollverhandlungen mit der 390 Namentlich genannt werden Günter Sonnenberg, Irmgard Möller, Monika Berberich und Andreas Vogel. Erklärung der Besetzer „dass du kämpfen musst wenn du nicht untergehen willst, wirst du doch einsehen!“, abgedr. in: Info Nr. 1: Papiertiger Berlin, Ordner Anti-NATO-Bewegung/Aktionen: Blockaden, Besetzungen, Störaktionen. Von den 13 Besetzern schlossen sich ebenfalls einige später der RAF an, so Manuela Happe und Mareile Schmegner, s. Straßner, Die dritte Generation, S. 101; „Neuer Schlag gegen ‚Rote Armee Fraktion‘“: Die ZEIT vom 5. Juli 1985. 391 „Amerika-Haus war besetzt“: HA vom 5. März 1980. 392 Flugblatt „Wir warten nicht, bis der Reagan kommt/Bekenntnis der ‚Revolutionären Zellen‘“: Papiertiger Berlin, Ordner Anti-NATO-Bewegung/Reagan-Besuch; „Sprengstoffanschlag in Tübingen“: FAZ vom 4. Juni 1982; DAI Tübingen, Threat Assessment vom 27. Dezember 1982: HStAS, EA 3/505, Bü 354/16. Zu den Revolutionären Zellen s. Kraushaar, Im Schatten der RAF. 393 „Versuchter Brandanschlag auf das Amerika-Haus“: FR vom 23. September 1984. 394 „Frau verhinderte Brandanschlag auf Amerika-Haus“: HA vom 9. August 1985. 395 Gassert, Antiamerikaner, S. 264; Varon, Bringing the War Home, S. 210; Straßner, Die dritte Generation, S. 115, 135–140, 146–151. In den Protesten der späten 1960er und frühen 1970er Jahre spielten amerikanische Militärstützpunkte keine große Rolle. In verschiedenen Kampagnen versuchten die Vietnamkriegsgegner zwar, hier stationierte US-Soldaten zur Desertion zu überreden, doch fanden die damit verbundenen Kontaktaufnahmen und Aktionen nur selten an den Militärbasen selbst statt. Klimke, The Other Alliance, S. 182–187.

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Sowjetunion binnen der nächsten vier Jahre scheitern. Die Friedensaktivisten protestierten gegen die Aufrüstung und warnten vor den Gefahren eines atomaren Krieges, der unabsehbare, globale Folgen haben und zum „nuklearen Holocaust“ führen konnte. Ronald Reagan galt ihnen als imperialistischer „kalter Krieger“, dessen Politik den Frieden und die gesamte Menschheit gefährdete. Angesichts dieser Bedrohungslage mobilisierte die Friedensbewegung mehr Menschen als jede andere westdeutsche Protestbewegung zuvor.396 Die Friedensbewegung war nicht auf Symbolorte wie die Amerikahäuser und DAI angewiesen, um ihre Kritik an der US-amerikanischen Politik aussagekräftig zu platzieren. Sie konnte direkt am Ort des Geschehens agieren: den amerikanischen Militärstützpunkten, an denen atomare Waffen stationiert waren oder werden sollten. Bekannt geworden sind vor allem die Blockaden im schwäbischen Mutlangen, wo über Jahre hinweg schlagzeilenträchtige Proteste stattfanden.397 Darüber hinaus lebten die Ostermärsche der frühen 1960er Jahre auf und wurden wieder zu Großereignissen. Andere Protestgruppen hatten keinen solchen natürlichen Ort, um ihre Amerikakritik auszudrücken und griffen daher auf die Amerikahäuser und DAI als Symbolorte zurück. Dies galt für die Mittelamerika-Solidaritätsgruppen, aber auch andere Akteure. So veranstaltete Amnesty International 1983 eine Mahnwache vor dem Amerikahaus in Hamburg, um gegen die Einführung der Todesspritze bei Hinrichtungen in den USA zu protestieren.398 Das DAI Nürnberg erhielt im April 1986 einen mit SS-Runen versehenen Drohbrief des „Befreiungskommandos Rudolf Hess [sic!]“. Das „Befreiungskommando“ forderte „Freedom for Germany“ und kündigte an, Anschläge auf das DAI und das US-Army Hotel zu verüben.399 40 Jahre nach der Verurteilung Heß’ im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess und seiner Inhaftierung drohte das „Befreiungskommando“ im Oktober 1986 dann auch, einen Anschlag auf die Alliierten-Haftanstalt in Berlin-Spandau zu verüben, wenn Heß nicht freikäme.400 Stellvertretend für weitere alliierte Einrichtungen geriet daher ver396 Vier Millionen Menschen unterzeichneten den „Krefelder Appell“ von 1980, der die Bundesregierung aufforderte, ihre Zustimmung zur Stationierung neuer atomarer Mittelstreckenraketen zurückzuziehen und sich für ein Ende des atomaren Wettrüstens einzusetzen. In Bonn demonstrierten 1981 etwa 300.000 Menschen im Hofgarten gegen Atomwaffen, 1983 dann eine halbe Million. S. Buro, Friedensbewegung, S. 274f.; Crivellari, Blockade, S. 485. Zum NATO-Doppelbeschluss und zur Friedensbewegung Gassert/Geiger/Wentker (Hg.), Zweiter Kalter Krieg und Friedensbewegung. 397 Crivellari, Blockade; Vack/Vack (Hg.), Mutlangen. 398 „Mahnwache vor Amerika-Haus“: HA vom 25. Januar 1983. 399 Drohbrief des Kommandos Rudolf Hess, o.D. [April 1986]: StadtAN, E 6/799, Nr. 751; DAI Nürnberg an USIS München vom 16. April 1986: StadtAN, E 6/799, Nr. 751. Der Text des Schreibens lautete: „Mr. Sheldon! Bomb will explode soon at DAI. Death to America! Fuck the bastards! Machine Guns will roar at your Bavarian Hotel. Freedom for Germany. Kommando Rudolf Hess.“ Hervorhebungen im Original. 400 Goda, Tales from Spandau, S. 256.

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mutlich auch das DAI Nürnberg 1986 in den Blick der rechtsextremen „Befreiungsaktion“. Auch in anderer Hinsicht hatte sich die Situation der Amerikahäuser und DAI seit den 1960er Jahren geändert. Erstens blendeten sie in ihren Veranstaltungsprogrammen die umstrittenen Themen nicht mehr aus, wie es noch mit dem Vietnamkrieg gehandhabt worden war. Der NATO-Doppelbeschluss, Atomenergie, die Friedensbewegung und die amerikanische Politik in Mittelamerika – all diese Themen waren Gegenstand von Vorträgen oder Diskussionsrunden. Im DAI Nürnberg ging es um „Die Friedensbewegung in der Bundesrepublik Deutschland – Motive, Strategien, Probleme“, in Tübingen diskutierten amerikanische und deutsche Studierende die Friedensbewegung.401 Das Amerikahaus München behandelte „Grundlegende Aspekte des NATO-Doppelbeschlusses“ und „U.S. Politics Towards Latin America“, und auch die DAI Freiburg und Heidelberg berichteten, Sicherheit und Frieden seien die großen Themen, die viele Besucher anzogen.402 Der offenere Umgang mit den kontroversen Fragen der Zeit ließ den Vorwurf, kritische Themen würden vermieden, gar nicht erst aufkommen. Zweitens waren die Amerikahäuser und DAI zu Beginn der 1980er Jahre besser gegen Angriffe geschützt als zehn Jahre zuvor. Das DAI Tübingen berichtete Ende 1982, man habe nach einer Sicherheitsüberprüfung im Jahr 1980 einige Vorkehrungen getroffen:403 Der Eingang hatte nun eine Sicherheitstür, die mit einer Fernbedienung geschlossen werden konnte; während der Öffnungszeiten war ein Wachmann anwesend, die Toiletten waren nur mit Schlüssel zugänglich und die Fensterscheiben waren gegen Steinwürfe geschützt. Nur eine Videokamera zu installieren hatte das DAI abgelehnt. Nach dem Anschlag vom Sommer 1982 sollten die Sicherheitsvorkehrungen noch einmal verstärkt werden.404 Der USIS stellte „Bomb Threat Report“-Formulare und eine „Bomb Search Check List“ für die Häuser zusammen.405 Die USIA, amerikanische und westdeutsche Politiker nahmen die Amerikakritik in der Bundesrepublik, wie sie sich in den großen öffentlichen Protesten manifestierte, sehr ernst. Für die USIA stellten die westeuropäischen Friedensbewegungen und ihre Ablehnung der amerikanischen Nuklearpolitik

401 DAI Nürnberg, Programm Oktober 1982; DAI Tübingen, Programm Mai 1982: StadtAT, E 418, Nr. 149. 402 AH München, Programm Oktober 1981 und November 1982; DAI Freiburg, Protokoll der Sitzung des Vorstands und des Verwaltungsrats vom 21. Juni 1983: HStAS, EA 3/505, Bü 351/10; DAI Heidelberg, Jahrestätigkeitsbericht 1981: HStAS, EA 3/505, Bü 352/9. S. auch USIS Bonn, Quarterly Analysis vom 4. Januar 1983, abgedr. in: Tuch, Communicating With the World, S. 193–198. 403 DAI Tübingen, Security Survey vom 27. Dezember 1982: HStAS, EA 3/505, Bü 354/16. 404 Ebd. 405 Bomb Threat Report Form: DAI Nürnberg, E 6/799, Nr. 714.

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die größte Herausforderung seit dem Vietnamkrieg dar.406 Als besonders beunruhigend empfanden Politiker auf beiden Seiten des Atlantiks, dass sich vor allem die jüngeren Generationen der beiden Gesellschaften nicht mehr für das jeweils andere Land interessierten. Unter dem Schlagwort der successor generation konzentrierten sich die Bemühungen daher darauf, Vorurteile bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen abzubauen. Daraus erwuchsen dann Ideen und Programme, die diese successor generation wieder für die überkommenen Werte einnehmen sollte, die als gemeinsame westliche Werte deklariert wurden. In dieser Gemengelage aus konkreten Problemen wie der Nachrüstungsfrage und weniger klar zu greifenden Fragen nach den successor generations spielten die Amerikahäuser und DAI jedoch keine besonders wichtige Rolle in den Überlegungen der USIA, wie diese Probleme zu lösen seien. Darauf weist schon allein die Tatsache hin, dass 1985 angekündigt wurde, die Mittel für die DAI zu streichen – zu einem Zeitpunkt also, als die Proteste der Friedensbewegung gerade abgeklungen und die Diskussionen um die successor generations noch aktuell waren. Unter Charles Wick setzte die USIA auf neue Methoden. Nur wenige Monate, bevor der USIS seinen Ausstieg aus der Finanzierung der DAI bekanntgab, startete im November 1985 in der Bundesrepublik ein Radioprogramm der USIA, das sich an die Bundesbürger wandte. Ein Fernsehprogramm sollte folgen.407 Die Konzentration auf Rundfunk- und vor allem Fernsehprogramme entsprach Wicks Vorstellungen. Unter seiner Ägide investierte die USIA hauptsächlich in diese Medien. In der Bundesrepublik, so zitierte das Nachrichtenmagazin Spiegel US-Regierungsangaben, richte sich die neue Medienoffensive vor allem an die junge Generation. Dort herrschten „,Feindseligkeiten‘ gegen Nachrüstung und Weltraumwaffen [und] ‚Verständnisprobleme‘“, die es zu bekämpfen gelte.408 Darüber hinaus konzentrierten sich die USIA sowie die Regierungen auf beiden Seiten des Atlantiks auf den Ausbau und die Neueinrichtung von Austauschprogrammen, mit denen Schüler und Studierende das jeweils andere Land kennenlernen sollten. Die Amerikahäuser und DAI gehörten zwar nach wie vor zum Instrumentarium der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik, doch gegen Mitte der 1980er Jahre hatten sie sowohl für die verschiedenen Protestbewegungen als auch für die USIA an Bedeutung verloren.

406 Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 400, speziell zur Bundesrepublik s. S. 426. 407 „Instant Coffee“, in: Der Spiegel 47/1985 vom 18.11.1985, S. 61; Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. 451f. 408 „Instant Coffee“, in: Der Spiegel 47/1985 vom 18.11.1985, S. 61.

Fazit: Zwischen leadership und partnership Die Amerikahäuser und DAI waren als sichtbares Zeichen der deutsch-amerikanischen Beziehungen in etwa 20 Städten der Bundesrepublik präsent. Sie betrieben im Auftrag der amerikanischen Regierung Kultur- und Informationspolitik, doch spiegelt diese Aufgabe nur einen Aspekt ihrer Funktion in den deutsch-amerikanischen Beziehungen. Vielmehr verkörperten sie die Notwendigkeit und den Anspruch beider Gesellschaften, die transatlantische Partnerschaft stetig zu reflektieren und sich mit ihrer Ausgestaltung zu befassen. Dies traf vor allem für die binational finanzierten und verwalteten Deutsch-Amerikanischen Institute zu. Die amerikanischen Kultur- und Informationszentren fungierten dabei als Kontaktstellen zwischen den USA und der Gesellschaft der Bundesrepublik und als Informationskanäle in beide Richtungen. Sie agierten auf lokaler Ebene; ihre Denk- und Arbeitszusammenhänge reichten jedoch weit darüber hinaus und umfassten die deutschamerikanischen Beziehungen sowie die westliche Allianz. Damit hatten sich die Amerikahäuser nahezu bruchlos von Instrumenten der Reeducation-Politik zu Agenturen des Atlantischen Bündnisses gewandelt. Unter den Vorzeichen des Ost-West-Konflikts bestand ihr Auftrag seit den 1950er Jahren vor allem darin, die Außenpolitik der USA zu flankieren und dazu beizutragen, die Bundesbürger für die westliche Allianz unter ameri­ kanischer Hegemonie einzunehmen. War es anfangs darum gegangen, demokratische, westliche und insbesondere amerikanische Denk- und Lebensformen in Westdeutschland zu implementieren, erfolgte die Vermittlungsarbeit der Häuser nun innerhalb des westlichen Bündnisses in einem befreundeten Staat und in einer zunehmend westernisierten Gesellschaft. Daher dienten die Häuser immer weniger dazu, bei der Überbrückung unterschiedlicher Werteordnungen zu helfen. Zunehmend ging es nun darum, im Abhängigkeitsgefälle innerhalb der deutsch-amerikanischen Beziehungen und bei Differenzen auf politischer, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Ebene zwischen den beiden Staaten und ihren Gesellschaften zu vermitteln. Kultur- und Informationspolitik zeigt sich hier nicht nur als Kulturaustausch, sondern als außenpolitisches Instrument zur Herstellung und Bewahrung von Vertrauen und damit zur Stabilisierung und Legitimierung politischer Verhältnisse. Dieser Prozess verlief nicht in eine Richtung, sondern beruhte auf Wechselseitigkeit und Interaktion. Auswärtige Kultur- und Informationspolitik wird hier also als Kommunikations- und Verständigungsprozess sichtbar, in dem Gegenwart gedeutet und

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Erwartungen an die Zukunft geäußert wurden, um ein gemeinsames Situationsverständnis herzustellen. Die Amerikahäuser und DAI trugen durch ihre Arbeit dazu bei, gemeinsame Deutungen und Narrative zu generieren, die im Sinne von soft power gemeinschaftsstiftend und legitimierend wirken sowie Missverständnissen und Krisen vorbeugen sollten. Damit geraten die Dynamiken einer staatlich forcierten Form von „Westbindung“ (hier als Bindung an den Hegemon USA) während des Ost-West-Konfliktes in den Blick, die neben der militärischen Abhängigkeit von den USA sowie kulturellen und politischen Formen der „Verwestlichung“ stand. Die Anweisungen der Country Plans spiegelten diese Zielsetzungen der USIA und des USIS. Sie forderten, Interessen und Problemlagen als gemeinsame, als deutsch-amerikanische Interessen und Problemlagen zu definieren. Dies galt für die „kommunistische Bedrohung“ durch die Sowjetunion genauso wie für die Vorteile einer liberaleren Handelsordnung, Fragen der Energiepolitik oder die in beiden Staaten zu bewältigenden Probleme als postmodern apostrophierter Gesellschaften. Hier verwischten auf der rhetorischen Ebene die Unterscheidungen zwischen amerikanischen und deutschen Interessen oder Problemen. Die Hinweise auf die Gemeinsamkeiten setzten auf einen Wiedererkennungseffekt, auf ein Gefühl der Vertrautheit mit den behandelten Themen und auf Gemeinsamkeit und ließen, so die Hoffnung der USIA, damit auch amerikanische Lösungsvorschläge als vertrauenswürdig erscheinen. Dabei bestand eine zentrale Herausforderung darin, die Gedanken von leadership und partnership als zwei Grundelemente des westlichen Bündnisses auszubalancieren. Bei der Frage, wie die Beziehungen zwischen den USA und der Bundesrepublik auszugestalten seien, ergänzten sich diese beiden Konzepte, konkurrierten aber auch miteinander. In der Arbeit der Amerikahäuser und DAI erschienen die USA als führungs- und leistungsstarke, innovative und mit hoher Problemlösungskompetenz ausgestattete Gesellschaft. Dies entsprach dem Führungsanspruch der wechselnden US-Regierungen und ihren Anforderungen an die auswärtige Kultur- und Informationspolitik, aber auch den Erwartungen in der Bundesrepublik. Ließen die USA in den Augen der westdeutschen Eliten in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Führungsstärke vermissen, konnte dies zu Verunsicherungen über die Rollenverteilung zwischen Bundesrepublik und USA führen. Andererseits durfte das partnerschaftliche Element in den deutsch-amerikanischen bzw. europäisch-amerikanischen Beziehungen nicht fehlen. Fühlten sich die Bundesrepublik oder Westeuropa bei politischen oder wirtschaftlichen Entscheidungen übergangen oder bevormundet, kam es auch hier zu Verstimmungen. Innerhalb dieses Rahmens verschoben sich die Gewichtungen zwischen den 1960er und den 1980er Jahren hin zu mehr partnerschaftlichen Elementen, doch die Grundfragen nach dem Ausmaß amerikanischer Führerschaft und deutsch-amerikanischer Partnerschaft blieben in ihrem Spannungsver-

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hältnis bestehen. Die Thematik von leadership und partnership in den transatlantischen Beziehungen durchdrang daher die Country Plans und das Programm der Amerikahäuser und DAI. Dies betraf politische Fragen ebenso wie Rezepte für den Umgang mit gesellschaftlichen Herausforderungen und die Gestaltung der Zukunft. Selbst im Kulturprogramm schwang diese Dimension mit, wenn es darum ging, die USA als eine führende und ernstzunehmende Kulturnation zu zeigen. Für die DAI galt es darüber hinaus, diese Balance auch in der gemeinsamen Verwaltung der binationalen Institute zu wahren. Hier zeigten sich Veränderungen in der Sicht auf die deutsch-amerikanischen Beziehungen und die Gewichtung der beiden Partner besonders deutlich. Als die USA 1961 anregten, neun Amerikahäuser in DAI umzuwandeln, fühlten sich die deutschen Verhandlungspartner vor allem auf der kommunalen und auf Landesebene geehrt, nur wenige Jahre nach dem Ende der Besatzungszeit als Partner der USA gewünscht und anerkannt zu sein. Ihnen ging es nicht um inhaltliche Mitsprache oder maßgebliche Kontrollbefugnisse, sondern vornehmlich um den Akt der Freundschaft und Gemeinsamkeit. Erst im Verlauf der 1970er Jahre mehrten sich in Deutschland die Forderungen nach mehr Einflussnahme. Ein markantes Beispiel ist die sukzessive Umbenennung der weiterhin unter dem Namen „Amerikahaus“ firmierenden Häuser in „Deutsch-Amerikanisches Institut“, die auf deutsche Initiativen erfolgte. Die Streitigkeiten um den Direktor und das Programm des Tübinger DAI während der 1970er Jahre illustrieren diese Dimension ebenfalls. Nach der Absetzung von Direktor Robert Asch, bei der sich die deutsche Seite übergangen fühlte, musste der USIS das verlorene Vertrauen in die Partnerschaft wieder aufbauen. Für Unmut sorgte auch die Entdeckung der Country Plans als Arbeitsanweisung für die amerikanischen Direktoren – eine Instrument, dessen Existenz deutscherseits eigentlich hätte vermutet werden können, für das sich 1961 bezeichnenderweise aber niemand interessiert hatte. Schließlich ist hier das Programm der Häuser zu nennen, das auf Druck der deutschen Seite im Verlauf der 1970er Jahre das deutsch-amerikanische Element stärker betonte und sich von der einseitigen Vermittlung amerikanischer Positionen in die Bundesrepublik zu emanzipieren versuchte. Auf lokaler Ebene waren somit in unterschiedlichen Kontexten Prozesse im Gang, die mit den Veränderungen der deutsch-amerikanischen Beziehungen in der Außen- und Bündnispolitik korrespondierten. Diesbezüglich trat die Bundesrepublik ebenfalls mit wachsendem Selbstbewusstsein auf, wie beispielsweise die Neue Ostpolitik unter Willy Brandt oder seit 1976 verwendete Selbstbeschreibung „Modell Deutschland“ zeigten.1 Die Amerikahäuser und DAI begleiteten und reflektierten diese Verschiebungen in ihrem Programm und in ihrem Berichtswesen und versuchten, sie zu beeinflussen. 1 Hertfelder, Modell Deutschland, S. 9.

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Gleichzeitig waren insbesondere die DAI diesen Veränderungen auch selbst ausgesetzt, wenn es um die Neujustierung ihrer Arbeit im Spannungsfeld von amerikanischen und deutschen Vorstellungen ging. Am Beispiel der Amerikahäuser und DAI werden diese Aushandlungsprozesse, Grenzverschiebungen, Legitimierungsstrategien sowie Selbst- und Fremdwahrnehmungen auf beiden Ebenen, der außen- und bündnispolitischen wie auch der lokalen, in ihrer Dynamik und in ihren Wechselwirkungen sichtbar. Zentrale Bedeutung kommt daher der Ebene der Interaktion bei der Untersuchung auswärtiger Kultur- und Informationspolitik als Teil der soft power-Strategie eines Staates zu. Der Blick auf die konkrete Umsetzung und die Interaktionen vor Ort zeigt, dass „Kulturdiplomatie nicht in einem herrschaftsund konfliktfreien Raum sich gegenseitig irgendwie befruchtender Kulturen“ stattfand, sondern in einem von wechselnden Interessen und Strukturen auf beiden Seiten definierten Kontext.2 In dieser Verflechtung werden die spezifischen Funktionen und die Bedeutung kultur- und informationspolitischer Repräsentanzen sowohl für das Sender- als auch für das Gastland erkennbar. Anders als in einer reinen top-level-Institutionengeschichte, wie sie etwa Nicholas Cull vorgelegt hat, ermöglicht die Verknüpfung von übergreifenden Zielen und Strukturen mit der Alltagsgeschichte der Amerikahäuser differenzierte Aussagen über die transatlantischen Beziehungen.3 In der Interaktion mit Personen, Organisationen und Institutionen des Gastlandes waren die Amerikahäuser und DAI bis zu einem gewissen Grad selbst an der Schaffung des Umfeldes beteiligt, indem sie operierten. Ihre Standortpolitik, ihre Netzwerkarbeit und Kooperationen waren gleichzeitig Ziel und Voraussetzung ihrer Arbeit. Erst auf der Basis ihrer Einbindung in die lokalen Zusammenhänge und Deutungsräume ist eine gewichtende Einordnung der Ziele und Strategien der USIA bzw. der Amerikahäuser und DAI möglich. Die Voraussetzung dafür bildete die dauerhafte, institutionalisierte Präsenz der amerikanischen Kultur- und Informationszentren. Meist über Jahrzehnte in den gleichen Räumlichkeiten angesiedelt, waren sie unabhängig von politischen Kursänderungen oder personellen Wechseln eine feste Konstante in der lokalen Kulturlandschaft. Sie unterhielten weitgespannte Netze an Mitveranstaltern, Vortragenden, Künstlern, Besuchern, Freundeskreisen und, im Falle der DAI, an Finanzierungs- und Verwaltungspartnern auf kommunaler, Landes- und Bundesebene. Damit etablierten sie sich als Knotenpunkte deutsch-amerikanischer Beziehungen auf lokaler Ebene. Als solche standen sie – in unterschiedlichem Ausmaß und auf verschiedene Weise – beiden Län2 Paulmann, Auswärtige Repräsentationen, S. 9. 3 Cull benennt dieses Defizit seiner Arbeit selbst: Cull, The Cold War and the United States Information Agency, S. xvii-xviii. Als Überblick über die wichtigsten Kritikpunkte an Culls Buch s. den H-Diplo Roundtable Review XI, Nr. 6 vom 13. November 2009, abrufbar unter: http://www.h-net.org/~diplo/roundtables/

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dern und Gesellschaften als „Orte für Amerika“ zur Verfügung, an denen sich Meinungen und Haltungen zu den USA und den deutsch-amerikanischen Beziehungen manifestierten. Bei der Pflege und dem Ausbau ihrer Beziehungsnetze profitierten die Amerikahäuser und DAI noch lange von dem guten Ruf, den sie sich während der Reeducation-Zeit erworben hatten und auch von den Erfolgen anderer Maßnahmen dieses Programms. Die bis in die 1970er Jahre hineinreichende regelmäßige Zusammenarbeit mit den Austauschteilnehmern der frühen 1950er Jahre belegt exemplarisch die Langzeitwirkung dieser frühen Austauschprogramme, deren Absolventen häufig als Referenten im Veranstaltungsprogramm der Häuser auftauchten. Gleiches gilt für den großen Einsatz, den ehemalige Austauschteilnehmer, die in einflussreiche Positionen gelangt waren, bei der Förderung und Erhaltung der binationalen DAI zeigten. Sie waren die engagiertesten Fürsprecher der Häuser, wenn es um die Sicherung der deutschen Finanzierungsanteile ging. Die positive Erfahrung, die frühere Austauschteilnehmer in und mit den USA gemacht hatten, übertrugen sie auf die Amerikahäuser und DAI als Repräsentanten Amerikas in der Bundesrepublik. Der Blick auf die früheren Austauschteilnehmer zeigt – wie auch das Weiterleben der DAI als binationale Institute – die langfristigen Erfolge dieser Reeducation-Programme. Die daraus entstandenen deutsch-amerikanischen Netzwerke blieben über Jahrzehnte weiter bestehen, und ihre Protagonisten arbeiteten aktiv daran mit, solche Verbindungen auch für die Zukunft zu sichern. Die Amerikahäuser und DAI profitierten als institutionalisierte Orte der deutsch-amerikanischen Begegnung besonders stark von diesem Engagement. In den 1960er Jahren wandelte sich das Bild der amerikanischen Kulturund Informationszentren, die zunächst vor allem als positiv besetzte Symbolorte wahrgenommen worden waren. In der Zeit des Vietnamkriegs und später, zu Beginn der 1980er Jahre, des „Kalten Kriegers“ Ronald Reagan, galten sie nun auch als Repräsentanten des „imperialistischen Amerika“. Die Demonstrationen an und in den Amerikahäusern und DAI verdeutlichen zweierlei: Erstens zeigte sich das ganze Spektrum westdeutscher Haltungen zu den USA wie in einem Brennglas. Hier manifestierten sich amerikakritische Proteste, die wiederum unterschiedlichste Reaktionen zwischen Zustimmung und Ablehnung in einer breiteren Öffentlichkeit auslösten und die sich sowohl auf die Aktionsformen und -inhalte als auch auf die Wahl des Protestortes „Amerikahaus“ und den damit verbundenen Symbolgehalt bezogen. Gleichzeitig reflektierten die Deutschen und Amerikaner in den Verwaltungsgremien der binationalen DAI diese Bandbreite in ihren Diskussionen, wenn es darum ging, die Situation einzuschätzen und Strategien festzulegen, wie mit diesen Protesten umzugehen sei. Zweitens wird auch unter den Vorzeichen des Protests deutlich, dass sich die Häuser in vielen Städten als Orte etabliert hatten,

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an denen aktive und kontroverse Auseinandersetzungen mit den USA, ihrer Politik, Gesellschaft und Kultur stattfanden. Der USIS begnügte sich nicht damit, mit den Amerikahäusern und DAI selbst fest institutionalisierte Orte zu unterhalten, an denen sich die Bundesbürger mit den USA beschäftigen konnten und sollten. Ziel war, die reflektierte Beschäftigung mit den USA auch unabhängig von den eigenen Vermittlungsinstanzen innerhalb der westdeutschen Institutionen und Strukturen zu verstetigen. Die wichtigsten Punkte waren dabei die Etablierung der Amerikanistik an den westdeutschen Universitäten sowie die Beschäftigung mit den USA im Englischunterricht der Schulen. Die Amerikahäuser und DAI unterstützten den Ausbau der universitären Amerikanistik durch eigene Veranstaltungsreihen auf akademischem Niveau sowie durch die Vermittlung von Wissenschaftlern und Bücherspenden. Im Bereich der Schulen engagierten sie sich bei Lehrerfortbildungen, in denen die Lehrer mit Informationen und Materialien versorgt wurden. Darüber hinaus unterstützten sie Austauschprogramme, mit denen Deutsche in die USA reisen konnten. Diese Maßnahmen dienten ebenso wie das Kultur- und Informationsprogramm der Amerikahäuser und DAI dazu, die Bundesbürger, vor allem Multiplikatoren, mit den USA vertrauter zu machen. Die Amerikahäuser und DAI förderten Verstetigungsund Institutionalisierungsprozesse, stärkten transatlantische Akteure und etablierten ein weites Netz an Kooperationspartnern und gestalteten auf diese Weise die transnationalen deutsch-amerikanischen Kontakte auf lokaler Ebene maßgeblich mit. Im Vordergrund stand das Veranstaltungsprogramm der Häuser, das in der Öffentlichkeit weitaus bekannter war als die Hintergrundarbeit bei der Institutionalisierung der Amerikanistik oder des amerikakundlichen Schulunterrichts. Die Amerikahäuser und DAI deckten in ihrem Informations- und Kulturprogramm eine große Bandbreite an Themen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur ab. Dabei richteten sie sich nach den Vorgaben der Country Plans, die Themen und Ziele im Sinne der amerikanischen Außenpolitik festlegten, dabei aber Spielraum ließen, um das Programm an den lokalen Kontext anzupassen. In der Arbeit der Amerikahäuser und DAI mischten sich aktiv gestaltende und reaktive Elemente, die beide zur Aufgabe auswärtiger Kultur- und Informationspolitik gehören. Häufig blieben ihren Institutionen die Aufräumarbeiten nach bereits erfolgten politischen Entscheidungen und Entwicklungen. So hatten die Amerikahäuser und DAI in der Bundesrepublik beispielsweise mit dem Vietnamkrieg und seinen Folgen für das Image der USA zu kämpfen oder mit dem wachsenden Unmut angesichts der anhaltenden Dollarschwäche in den 1970er Jahren und den daraus erwachsenden Folgen für die westdeutsche Wirtschaft. Immer wieder gelang es den Amerikahäusern und DAI aber auch, Themen zu setzen und Expertendiskurse zu initiieren, bei denen Fachspezialisten als Referenten, Publikum und Mitveranstalter zusammentrafen. Beson-

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ders hervorzuheben sind Veranstaltungen zu den Bereichen Umweltschutz, Städtebau oder Literaturwissenschaft. Hier diskutierten Fachleute problemorientiert und auf hohem Niveau Fragen, die beide Gesellschaften betrafen. In ihrem Programm setzten die Amerikahäuser und DAI dabei auf Multiplikatoren, die beim Zielpublikum als vertrauenswürdig galten. Als Referenten im Vortragsprogramm traten Amerikaner und Deutsche auf, mehrheitlich anerkannte Experten aus Wissenschaft und Praxis sowie bekannte Journalisten. Sie brachten ihre eigene Reputation mit und erhöhten durch ihre Präsenz auch die Reputation und Vertrauenswürdigkeit der Amerikahäuser und DAI. Gleiches galt für die Kooperationspartner der Häuser, mit denen zusammen sie Veranstaltungen durchführten. Die Grenzen des Systems waren erreicht, wenn regierungsoffizielle Vorgaben seitens der USA den Handlungsspielraum der Häuser bei der Programmgestaltung zu sehr einschränkten. Verschwanden kontroverse Themen wie der Vietnamkrieg aus den Monatsprogrammen oder maßregelte der USIS das als zu kritisch empfundene Programm wie in Tübingen, verloren die Häuser in der westdeutschen Öffentlichkeit an Glaubwürdigkeit und Legitimität. Zu offensichtlich wurde hier der Widerspruch zwischen den Eingriffen des USIS und der Selbstdarstellung als Stätten des freien und offenen Meinungsaustauschs. Es wäre zu kurz gegriffen, die Amerikahäuser und DAI nur mit einem einfachen Sender-Empfänger-Modell zu beschreiben, in dem die USA versuchten, ihre Ziele und Werte in die westdeutsche Empfängergesellschaft zu vermitteln. Vielmehr verwandelte die Gesellschaft des Gastlandes die Häuser auch zu etwas Eigenem. Auch diese Aneignungsprozesse lassen sich besonders gut an den binationalen DAI nachvollziehen. Mit der Umwandlung einiger Amerikahäuser in DAI ermöglichten westdeutsche Akteure auf kommunaler, Landes- und Bundesebene langfristig ihr unverändertes Weiterbestehen als amerikanische Kultur- und Informationszentren. Gleichzeitig transformierten sie die Häuser zu Elementen der eigenen städtischen Kulturlandschaften und zu einem genuin westdeutschen Beitrag zur Pflege und Gestaltung der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Ersteres wurde vor allem am Beispiel von Hermann Glasers Kulturpolitik in Nürnberg deutlich, der das DAI aufgrund des deutschen Finanzierungsbeitrags ganz in seine kulturpolitischen Pläne einordnete und den Auftrag des Hauses im Dienste der US-Regierung in den Hintergrund schob. Letzteres zeigte sich beispielsweise, wenn Politiker auf Bundes- und Landesebene ihre finanzielle Beteiligung an den DAI dazu nutzten, um gegenüber den USA Verbundenheit oder Distanz zu signalisieren, oder wenn die deutschen Vertreter in den Verwaltungsgremien im Verlauf der 1970er Jahre forderten, dem Prinzip der Binationalität stärker Rechnung zu tragen. Solche Entwicklungen traten vollends zutage, wenn sich die USIA aus der Finanzierung eines oder mehrerer Häuser zurückzog. In Regensburg übernahmen 1966 die deutschen Finanzierungspartner bis auf kleine Sachbeihilfen des USIS den gesamten

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Unterhalt des Hauses, um es weiterhin unter dem Namen DAI weiterzuführen. Gleiches war 1986 der Fall, als sich die USIA aus der Finanzierung aller binationalen Institute zurückzog und die Häuser von deutscher Seite übernommen, der Name aber beibehalten wurde. Mit dem Ende des Kalten Krieges schien auch dann die auswärtige Kultur- und Informationspolitik als solche überflüssig zu sein. Amerikanische Werte- und Ordnungsvorstellungen über eine staatlich finanzierte Agentur zu vermitteln, war nach der Auflösung des Ostblocks in den Augen der amerikanischen Regierung nicht mehr nötig. Als die USIA 1999 aufgelöst wurde, standen auch die Amerikahäuser vor der Schließung. Doch auch hier griffen Personen und Institutionen aus der Bundesrepublik ein, verhinderten vielerorts, dass die Häuser geschlossen werden mussten und entwickelten alternative Finanzierungs- und Organisationsmodelle, mit denen etliche Amerikahäuser – teilweise bis heute – in unterschiedlicher Form weiterbestanden. Somit hatten sich die Häuser von Instrumenten der amerikanischen auswärtigen Kulturpolitik im Auftrag der US-Regierung in Institutionen zur Pflege der deutsch-amerikanischen Beziehungen unter deutscher Federführung verwandelt. Die Weiterführung einiger verbliebener Amerikahäuser durch deutsche Stellen seit den späten 1990er Jahren setzte eine Entwicklung fort, die mit der Gründung erster binationaler Institute 1955 vorsichtig eingesetzt hatte, durch die Umwandlungen 1961/62 deutlich sichtbar geworden war und in der Übernahme der DAI durch deutsche Träger 1986 einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte. Diese Verschiebung kann als Zeichen der deutschen Selbstintegration in das Bündnis und in den Westen gelesen werden – und das in einer Zeit, in der die USA den Einsatz von soft power in der Bundesrepublik angesichts der bereits verbuchten Erfolge für immer unwichtiger und schließlich für überflüssig hielten. Solange sie darauf ausgerichtet waren, konkrete Veränderungen zu erreichen – nämlich in den Wertvorstellungen der Westdeutschen – waren die amerikanischen Kultur- und Informationszentren in den Augen der USA durchaus bedeutsam. Je stärker sich dann aber die Werteordnungen der beiden Gesellschaften annäherten und die moderierende Funktion der Häuser in den Vordergrund trat, desto geringer war ihre Bedeutung im Gefüge der auswärtigen Kultur- und Informationspolitik der USA. Für die bundesdeutschen Akteure hingegen werteten diese neuen Aufgaben, die seit den 1950er und vor allem seit den 1960er Jahren in den Vordergrund rückten, die Amerikahäuser und DAI zusätzlich auf. Die Entscheidungen, die Amerikahäuser und DAI finanziell zu unterstützen bzw. ihre Trägerschaft zu übernehmen, waren stets auch symbolpolitisch motiviert. Doch spätestens 1986 bzw. nach 1999 standen andere Beweggründe im Zentrum: Die bestehenden deutsch-amerikanischen Verbindungen zu festigen, sie zu sichern, zu stabilisieren und natürlich auch auszubauen galt als ein erstrebenswertes Ziel, das dauerhaftes, aktives Engagement verlangte und den Einsatz

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öffentlicher Gelder rechtfertigte. Seitdem betreibt die Bundesrepublik mit Blick auf die USA quasi in doppelter Hinsicht auswärtige Kultur- und Informationspolitik: über ihre eigenen Institutionen, insbesondere die Goethe-­ Institute in verschiedenen US-amerikanischen Städten, aber auch über die Erhaltung der Amerikahäuser und DAI als Orte der Auseinandersetzung mit den USA in der Bundesrepublik.

Abkürzungsverzeichnis AA Auswärtiges Amt AD Amerika-Dienst AFL American Federation of Labor AH Amerikahaus/America House AID Agency for International Development AK Arbeitskreis AM Außenminister APO Außerparlamentarische Opposition App. Appendix ASN American Studies Newsletter AStA Allgemeiner Studentenausschuss/Studierendenausschuss Aufl. Auflage BayKM Bayerischer Kultusminister BayMF Bayerisches Staatsministerium der Finanzen BayMK Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus BayStK Bayerische Staatskanzlei BDA Bund Deutscher Architekten BdV Bund der Vertriebenen BFM Bundesfinanzminister BLM Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten BM Bürgermeister BMF Bundesministerium der Finanzen BMI Bundesministerium des Innern BPA Presse- und Informationsamt der Bundesregierung/Bundespresseamt BPAO Branch Public Affairs Officer (im USIS) BR Bayerischer Rundfunk BSM Bundesschatzminister BT Bundestag BVM Bundesverteidigungsminister CAO Cultural Affairs Officer CBS Columbia Broadcasting System CCF Congress for Cultural Freedom (= Kongress für Kulturelle Freiheit) CDU Christlich Demokratische Union CF Confidential Files CIA Central Intelligence Agency CPAO Country Public Affairs Officer CRAC Nürnberg Military Community Relations Advisory Council CSU Christlich-Soziale Union CU Cultural Unit DAAD Deutscher Akademischer Austauschdienst DAG Deutsch-Amerikanische Gesellschaft DAI Deutsch-Amerikanisches Institut

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Abkürzungsverzeichnis

DEFA Deutsche Film AG ders. derselbe DFU Deutsche Friedens-Union DGB Deutscher Gewerkschaftsbund DGfA Deutsche Gesellschaft für Amerikastudien dies. dieselbe/n DKP Deutsche Kommunistische Partei DPAO Deputy Public Affairs Officer DRS Distribution and Record System Drs. Drucksache DSF Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft erg. ergänzt erw. erweitert EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft FAU Friedrich-Alexander-Universität FDP Freie Demokratische Partei FG Federal Government FMBaWü Finanzminister Baden-Württemberg FOM Freiburger Ost- und Mitteldeutsche Neubürger FRG Federal Republic of Germany FU Freie Universität Berlin FWV Freie Wählervereinigung (Freiburg) FY Financial Year GAI German-American Institute GATT General Agreement on Tariffs and Trade GDP Gesamtdeutsche Partei GJCZ Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit GK Generalkonsulat/Generalkonsul HC Historical Collection HessStK Hessische Staatskanzlei HessMK Hessisches Kultusministerium HICOG United States High Commissioner for Germany Hg. Herausgeber/in HSU Humanistische Studentenunion IAE [Regionalbüro Europa der USIA] ICA International Communication Agency (= USICA) IHK Industrie- und Handelskammer IPS Press and Publications Service der USIA JU Junge Union JUSPAO Joint United States Public Affairs Office KMBaWü Kultusministerium Baden-Württemberg KMinBaWü Kultusminister Baden-Württemberg KMRhPf Kultusministerium Rheinland-Pfalz KSZE Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa LBJ Lyndon B. Johnson LMU Ludwig-Maximilians-Universität LSB Liberaler Studentenbund Deutschlands LT Landtag MdB Mitglied des Bundestags

Abkürzungsverzeichnis MdL Mitglied des Landtags MinDir Ministerialdirigent MinPräs Ministerpräsident MinR Ministerialrat MPI Max-Planck-Institut NATO North Atlantic Treaty Organization NBC National Broadcasting Company NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands NS Nationalsozialismus NSC National Security Council o.A. ohne Angaben o.D. ohne Datum o.O. ohne Ort OB Oberbürgermeister OECD Organisation for Economic Co-Operation and Development OMGUS Office of Military Government for Germany OStA Oberstaatsanwalt PAO Public Affairs Officer PH Pädagogische Hochschule PolA Polizeiamt PolPr Polizeipräsidium PolPräs Polizeipräsident RAF Rote Armee Fraktion RCDS Ring Christlich-Demokratischer Studenten Red. Redakteur RegDir Regierungsdirektor RegPräs Regierungspräsident RG Record Group RIAS Radio im amerikanischen Sektor R-Reports Research Reports (des Office of Research) SchuPo Schutzpolizei SDS Sozialistischer Deutscher Studentenbund SHB Sozialdemokratischer Hochschulbund SoSe Sommersemester SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands S-Reports Special Reports (des Office of Research) StMBaWü Staatsministerium Baden-Württemberg StSek Staatssekretär TH Technische Hochschule TU Technische Universität überarb. überarbeitet UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization unveröff. unveröffentlicht USAEUR United States Army Europe USIA United States Information Agency USICA US International Communication Agency (= ICA) USIS United States Information Service VFF Volksbund für Frieden und Freiheit VHS Volkshochschule

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394 VOA Voice of America WiSe Wintersemester WP Wahlperiode

Abkürzungsverzeichnis

Quellen- und Literaturverzeichnis Quellenverzeichnis 1. Ungedruckte Quellen National Archives and Records Administration, College Park (NARA) RG 306 USIA RG 59 Department of State Politisches Archiv des Auswärtigen Amts, Berlin (PAAA) B 90 Grundsatzreferat der Kulturabteilung B 90-600 Zwischenarchiv (Grundsatzreferat der Kulturabteilung) B 96 Kulturinstitute Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München (BayHStA) Bayerisches Ministerium für Unterricht und Kultus (MK) Bayerische Staatskanzlei (Stk) Hauptstaatsarchiv Stuttgart (HStAS) EA 3/505 Kultusministerium Baden-Württemberg Hessisches Hauptstaatsarchiv, Wiesbaden (HessHStA) Abt. 461 Staatsanwaltschaft Frankfurt a.M. Abt. 502 Hessische Staatskanzlei Jimmy Carter Library, Atlanta (JCL) National Security Advisor, Agency File (NSA) White House Central Files (WHCF) John F. Kennedy Library, Boston (JFKL) Agencies: USIA Lyndon B. Johnson Library, Austin (LBJL) Leonard H. Marks Papers White House Central Files (WHCF) Staatsarchiv München (StAM) Polizeidirektion München nach 1945 Institut für Stadtgeschichte Frankfurt (ISG) MA Magistratsakten S 3 Sammlung Ortsgeschichte V113 Amerika Haus Frankfurt

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Stadtarchiv Darmstadt (StadtAD) ST 20 Kulturausschuss ST 24 Kulturamt ST 62 Zeitgeschichtliche Sammlung Stadtarchiv Freiburg (StadtAF) C5 Städtische Hauptverwaltung D.Ku Kulturamt Stadtarchiv Heidelberg (STAHD) Ablieferung Zentralbüro Stadtarchiv Nürnberg (StadtAN) C 73 Kulturreferat C 85 Bürgermeisteramt E 6/799 DAI Nürnberg F 2 Stadtchronik Stadtarchiv Tübingen (StadtAT) A 200 Registratur von 1954, Hauptaktei E 418 DAI Tübingen Stadtbücherei Regensburg (StadtBR) Ordner DAI Verein bis 1965 Ordner DAI Verein 1966–1976 Ordner Jahresplanung 1963–1970 Ordner Jahresplanung 1971–1980 Ordner Tätigkeitsberichte 1966–1993 Alliiertenmuseum Berlin Bestand Amerikahaus Amerikahaus München Programm des Amerikahauses München 1960–1985 Broschüre: 50 Jahre Amerika Haus München (1995) Broschüre: ICA, Deutsch-Amerikanische Institute/German-American Institutes (Bonn 1980) APO-Archiv München (mittlerweile im Institut für Zeitgeschichte, München) Sammlung Koderer Archiv „APO und soziale Bewegungen“ (APO-Archiv), FU Berlin Nr. 1214 Ordner Vietnam-BRD Süd Nr. 1216 Ordner Vietnam-Berlin Nr. 1217 Ordner Vietnam-Komitee Berlin Ordner Vietnam-Berlin/Vietnamkonferenz 1966–1973 (ohne Nummer) Archiv Soziale Bewegungen e.V., Freiburg Sammlung Odiè Kiste Flugblätter

Quellen- und Literaturverzeichnis Hamburger Institut für Sozialforschung (HSF) Bestand Steins Ordner FU Berlin/Flugblätter 1967–1969 Presse-Archiv „Politischer Protest“ Papiertiger, Berlin Ordner Anti-NATO-Bewegung/Aktionen: Blockaden, Besetzungen, Störaktionen Ordner Anti-NATO-Bewegung/Reagan-Besuch Ordner Diskussion und Debatte 60er und 70er

2. Hintergrundgespräche Christoph Peters (Amerikahaus München) Renate Semler (Amerikahaus Berlin) Manfred Strack (Amerikahaus Hamburg) Berndt Ostendorf

14. Mai 2007 12. Februar 2009 (telefonisch) 24. Januar 2005 8. Dezember 2008

3. Zeitungen Abendzeitung (München, AZ/M) Abendzeitung (Nürnberg, AZ/N)) Advertising Age Badische Zeitung Bild Columbus Republican Communale. Heidelberger Wochenzeitung Darmstädter Echo Darmstädter Tagblatt Erlanger Volksblatt Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) Frankfurter Neue Presse Frankfurter Rundschau (FR) Gazette. Mitteilungsblatt des Verbandes der Deutsch-Amerikanischen Clubs Hamburger Abendblatt (HA) Heidelberger Amtsanzeiger Heidelberger Tagblatt Memminger Zeitung Der Mittag Münchner Merkur New York Times Nordhessische Zeitung Nürnberger Nachrichten (NN) Nürnberger Zeitung (NZ) Philadelphia Inquirer Providence Journal Reutlinger Generalanzeiger Rhein-Neckar-Zeitung

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398

Quellen- und Literaturverzeichnis

Schwäbisches Tagblatt Schwarzwälder Bote Spiegel The Stars and Stripes Stuttgarter Zeitung Süddeutsche Zeitung (SZ) Südkurier Südwestpresse Tages-Anzeiger Tagesspiegel The Overseas Weekly Toledo Blade Travel Agent Travel Trade TZ Washington Post Washington Star Die Welt Die ZEIT

4. Gedruckte Quellen Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1968, Bd. 1. Hg. im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Institut für Zeitgeschichte Bearb. von Mechthild Lindemann/Matthias Peer, München 1999. Allensbacher Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1958–1964, Allensbach, Bonn 1965. American Studies Newsletter 1, September 1983. Dokumente zur Deutschlandpolitik, VI. Reihe, Bd. 2: 1. Januar 1971 bis 31. Dezember 1972. Die Bahr-Kohl-Gespräche 1970–1973. Hg. vom Bundesministerium des Innern und vom Bundesarchiv. Bearb. von Hanns Jürgen Küsters/Monika Kaiser/Hans-Heinrich Jansen/Daniel Hofmann, München 2004. Dutschke, Rudi, Jeder hat sein Leben ganz zu leben. Die Tagebücher 1963–1979, Hg. v. Gretchen Dutschke, Köln 2003. Eberhard Karls Universität Tübingen, Namens- und Vorlesungsverzeichnis 1960–1985. Enzensberger, Ulrich, Die Jahre der Kommune 1. Berlin 1967–1969, Köln 2004. Eurostat – Statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaften (Hg.), Sozialindikatoren für die europäische Gemeinschaft. Ausgewählte Reihen bis 1984, Brüssel, Luxembourg 1985. Freie Universität Berlin 1948–1973. Hochschule im Umbruch, Bd. 4: Die Krise (1964–1967). Ausgewählt und dokumentiert von Siegward Lönnendonker/Tilman Fichter, Berlin 1975. Griffiths, Philip Jones, Vietnam Inc., New York 2001 [1971]. Hartung, Klaus, Versuch, die Krise der antiautoritären Bewegung wieder zur Sprache zu bringen, in: Ingrid Karsunke/Karl Markus Michel (Hg.), Bewegung in der Republik 1965– 1985, Bd. 1: Aufbruch und Rollback (Berlin 1985) S. 225–239 [Der Text ist eine gekürzte Fassung eines Beitrags in Kursbuch 48 (1977) S. 14–44]. HICOG, The America Houses. A Study of the Information Center in Germany. Prepared by the Management and Budget Division and the Office of Public Affairs, o.O. 1953.

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(Letzter Zugriff jeweils am 23. Mai 2011)

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Personenverzeichnis

Abendroth, Wolfgang 345 Abress, Hubert 256 Adenauer, Konrad 100f. Adorno, Theodor W. 262, 363 Albertz, Heinrich 184 Allemann, Fritz René 159 Allen, George V. 36 Allen, Robert M. 119, 191, 194, 239, 368 Allen, Woody 280 Altman, Robert 280 Amery, Carl 239 Artzt, Alice 283f. Asch, Robert M. 132, 163–168, 335f., 383 Atwood, Margaret 270 Bach, Franz 105 Bach, Otto 184 Bakara, Amiri 270 Barth, Gunther 257 Barth, John 270 Bauer, Clemens 302 Becher, Walter 329 Beckstein, Günther 240 Bergemann, Herbert 240 Bellinghausen, May 53 Benedict, Robert C. 47, 48 Berberich, Monika 377 Bergstraesser, Arnold 98, 100, 122, 302 Berkofsky, Martin 283 Bessie, Simon Michael 293 Besson, Waldemar 172 Beyme, Klaus von 301 Bibel, Hans 54 Birn, Willi 365, 370 Birnbaum, Immanuel 156f. Bloch, Ernst 168, 345 Blumenfeld, Erik L. 198 Bobleter, Carl H. 256 Boll, Walter 54, 107f., 110, 121 Bölling, Klaus 159 Bondy, François 293 Borcherdt, Helmut 250 Boyle, James E. 131

Brand, Philipp Freiherr von 51 Brandel, Josef 48–50 Brandt, Edward R. 196 Brandt, Willy 102, 105, 114, 119, 121, 123, 184, 185, 339f., 369, 383 Braun, Walter 306 Brautigan, Richard 270 Bronfenbrenner, Martin 192 Bronner, Hedin 50, 327 Broszat, Martin 173 Brünner, Friedrich 256 Büdeler, Werner 159 Burns, Arthur 244 Burt, Richard 138 Cahnmann, Werner C. 255 Calley Jr., William L. 202 Carmichael, Stokely 223, 224 Carter, Jimmy 24, 32, 33f., 84, 128, 151, 152, 296 Castro, Fidel 35 Catherman, Terrence 363 Chapman, Dabney 165, 167 Chapman, Everett D. 313 Chayefsky, Paddy 269 Chipchin, Nelson O. 117, 225, 238 Christadler, Martin 302 Clark-Graue, Felicitas 66 Clay, Lucius D. 58 Cooke, Alistair 279 Coppola, Francis Ford 280 Corea, Chick 282, 288 Correll, Werner 240 Craig, Gordon A. 173 Dahinden, Justus 256 Dahlgrün, Rolf 99 Dahrendorf, Ralf 122 Dalma, Alfons 156 Davis, Angela 163, 236f., 355 De Gaulle, Charles 100, 178 Dechamps, Bruno 239 Delden, Patricia van 66 Detweiler, Kurt 159

Personenverzeichnis Deutsch, Harold C. 172 Dittrich, Gerhard G. 255 Donner, Walter 306 Dornberg, John 180 Dürr, Hermann 301 Dutschke, Rudi 168, 342, 348f., 352, 356, 372 Ebert, Klaus-Dieter 256 Eckardt, Felix von 43, 46 Ehard, Hans 47 Ehmke, Horst 98, 101, 121–124 Eichmann, Adolf 173 Eisenhower, Dwight D. 30, 34 Elster, Hans-Joachim 255 Engel, Ludwig 43, 44, 102 Engelhard, Hans 327 Enzensberger, Ulrich 341 Eppler, Erhard 188, 328 Epstein, Fritz 172 Epstein, Klaus W. 172 Erhard, Ludwig 101, 103, 184 Erler, Gernot 138 Feddersen, Jens 347, 350 Fischer, Fritz 173 Fischer, Gottfried Bermann 293 Flach, Karl Hermann 159, 347 Fleig, Paul 52, 311 Fletcher, Tom 271f. Flick, Ekko 249, 250, 256 Fraenkel, Ernst 122, 172, 184 Franklin, John Hope 234 Freudenfeld, Burkhard 159 Freundl, Otto 109 Friedmann, Werner 157 Frost, H.J. 256 Fulbright, William J. 182, 215 Gäng, Peter 198, 346 Gass, William 270 Gassmann, Georg 102 Gasteyger, Curt 181 Gaus, Günter 159 Genscher, Hans-Dietrich 136, 138 Gerstenmaier, Eugen 103 Glaser, Hermann 116f., 119f., 121, 312, 361, 387 Glazer, Joseph 232f. Gmelin, Hans 102, 313 Gögler, Max 132 Goodman, Alfred 283 Goppel, Alfons 105

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Gordon, Harold J. 172 Gossing, Herbert 328f. Gottwald, M. 255 Goyen, William 269 Grebe, Reinhard 256 Griffiths, Philip Jones 202, 205, 207, 209–212 Gründler, Hartmut 256 Guralnik, Robert 283 Haber, Wolfgang 255 Habermas, Jürgen 356 Hagen, Hermann 48, 103 Halle-Tischendorf, Friedrich von 253 Halperin, Irving 171 Halpern, Seymour 241 Hamburger, Ernest 172 Hamerow, Theodore S. 172 Hamm-Brücher, Hildegard 147, 151 Hammerschlag, Dieter 255 Happe, Manuela 377 Harpprecht, Klaus 156, 159 Hase, Karl-Günther von 101 Hawkes, John 270 Heißler, Rolf 347 Hemsing, Albert E. 47, 60, 65, 244, 248 Henderson, Hazel 256 Hendrix, Jimi 242 Henning, Albin 256 Herbert, Bernd 303 Hermsdorf, Hans 122 Herschensohn, Bruce 277 Herzfeld, Hans 173 Herzog, Roman 129 Heß, Rudolf 378 Heuss, Theodor 171 Hilbertz, Wolf H. 255, 257 Hillebrecht, Rudolf 247 Hillgruber, Andreas 172 Höcherl, Hermann 109, 111 Hofmeister, Burkhard 255 Hölzle, Erwin 173 Honey, Patrick James 203 Hoofnagle, James 46f., 50, 52, 170, 174, 178, 187, 216 Horkheimer, Max 343, 371 Hughes, Langston 269 Imhoof, Werner 237, 259 Ingham, Michael 283 Jacobs, Jane 247 Jäger, Walter 256

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Personenverzeichnis

Jahn, Gerhard 109 Jansen, Horst-Günter 132, 300 Jaquet, Ferdinand 300 Jarrett, Keith 288 Jens, Walter 168 Jobst, Dionys 105 Johnson, Lyndon B. 24, 73, 84, 160, 185, 219–221, 234, 247, 354 Johnson, Thomas F. 308f. Jordans, Hermann-Dietrich von 43 Jorzig, Herbert 322f. Joyce, Edward J. 107, 108, 366 Kahn-Ackermann, Georg 100f., 104, 109 Kaleck, Jürgen 359 Kaltefleiter, Werner 159 Karasek, Hellmuth 293 Katzenbach, Nicholas deB. 224 Keidel, Josef 102, 331 Keim, Walter 51, 107, 110, 112, 118, 121 Kennedy, John F. 11, 15, 24, 32–36, 39, 56, 82f., 84, 86, 133, 182, 187, 219, 339, 361 Kennedy, Robert 244 Keogh, James 33 Kiep, Walter Leisler 371 Kiesinger, Kurt Georg 185 Kiesl, Erich 327 Kiesling, Franz 256 King, Martin Luther 220, 221, 224, 226f., 229, 244, 361 Kirkpatrick, Ralph 282 Kirsch, Wolfgang 184 Kissinger, Henry 33, 190, 314 Klausewitz, Wolfgang 255 Klein, Rudolf 301 Klieforth, Alexander A. 60, 126, 145, 147f., 164f., 167, 190, 252, 290 Koch, Bruce R. 129, 304 Koch, Thilo 159 Korte, F. 255 Krahl, Hans-Jürgen 348f. Kraus, Otto 255, 256 Krausnick, Helmut 172 Krippendorff, Ekkehart 163, 166, 198, 237 Kunzelmann, Dieter 348 Lahmann, Erdwin 256 Lang, Ernst M. 256 Lang, Hans-Joachim 302 Langhans, Rainer 348 Lasky, Melvin 160, 293

Latour, Conrad F. 172 Lauritzen, Lauritz 102 Lautenschlager, Hans 109 Lawrence, William 11 Lazar, Arpad von 257 Leber, Georg 321 Leonhard, Wolfgang 159, 181f. Lettau, Reinhard 166, 372 Levi, Werner 199 Levine, David 283 Levine, Paul 267 Link, Franz 302 Littmann, Ulrich 152f. Loewe, Lothar 156, 159, 180 Loomis, Henry 125 Löwenthal, Richard 181 Maas, Max Peter 261 MacDonald, Mary 283 Macfarlane, William E. 48, 50 Macke, Willi Werner 102 Maguire, John D. 220 Mahlow, Dietrich 117 Mahrenholz, Ernst-Gottfried 315 Mailer, Norman 270 Malcolm X 172 Markert, Axel 302 Marks, Leonard 73, 84, 277 Marx, Werner 105 Maser, Werner 172 Maunz, Theodor 47 Mayer, Hans 168 Mayer, Walter 256 Mayer-Vorfelder, Gerhard 138, 149 Maynard, Gould 220 McCarthy, Joseph 38 McGhee, George 107, 114, 184 McKenna, Norman 225, 233 McNamara, Robert 35, 206f., 215 Meadows, Dennis 254 Meredith, James 227 Meyer, Alexander 120, 306 Mitscherlich, Alexander 247 Moersch, Karl 105f. Mohnhaupt, Brigitte 347 Möller, Alex 98, 101 Möller, Irmgard 377 Moltke, Wilhelm Viggo von 251, 253, 255, 257 Montgomery, William L. 283 Morris, Brewster H. 184

Personenverzeichnis Mühlen, Norbert 159 Mühlfenzl, Rudolf 157 Müller, Dirk 346 Müller-Schwefe, Gerhard 302 Murch, Gerald M. 239 Murrow, Edward 33, 36, 69, 76, 276f. Musulin, Janko von 199 Naftalin, Arthur 255 Neff, Eric 43 Nichols, Donald A. 191 Nielsen-Stokkeby, Bernd 347, 350 Niermann, Manfred 255 Nirumand, Bahman 346f. Nixon, Richard 33, 85, 163, 190, 221, 241, 244, 354 Noack, Paul 159 Novotny, Fritz 256 Orlob, Gerald T. 255 Paasche, Ulrich 240 Palm, Guntram 149 Peters, Christoph 302, 365 Peters, Paulhans 248 Peters, Werner 259 Petersen, Peter 105 Petzing, Ross E. 129 Pfeifer, Anton 105 Poenicke, Klaus 270 Pohl [o.A.] 53 Popp, Richard 301, 306 Poralla, Peter 53, 330f. Proebst, Hermann 157 Proske, Rüdiger 159 Pryor, Frederick 191 Quante, Wolfgang 256 Rabehl, Bernd 342 Rase, Ludwig 256 Rathke, Ewald 332 Reagan, Ronald 15, 32, 34, 148, 151, 260, 373, 374, 375, 377, 378, 385 Redl, Herbert 50 Reiberg, Ludger 256 Reichert, J. 255 Reichow, Hans Bernhard 256 Reinhardt, John 16, 34, 81, 84, 195, 296 Reinisch, Leonhard 240 Riechebächer, Kurt 159 Riemensperger, Alfred 52f., 311 Riese, Teut A. 301 Rist, Ray 255 Ritzel, Heinrich Georg 98, 101

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Rogers, William P. 125 Rohrbach, Günther 171 Romoser, George K. 172, 327 Roos, Peter 166 Rowan, Carl T. 220, 225 Ruge, Gerd 156, 159 Rusk, Dean 182, 234 Russell, McKinney 81, 130, 335 Sachs, Hans 119, 126, 300, 306f., 375 Sattler, Dieter 43 Schäfer, Friedrich 98, 100f. Scheel, Walter 123, 125 Scherzer, Hermann 256 Schiffer, Eva 255 Schlichtinger, Rudolf 102, 106f., 110, 111 Schmegner, Mareile 377 Schmidt, Helmut 188 Schmitt-Vockenhausen, Hermann 100f. Schnabel, Rudolf 256 Schneider, Heinrich 332 Schneider, Oscar 54 Schöflberger, Rudolf 327 Scholl-Latour, Peter 156 Schönfelder, Gebhardt 240 Schoof, Heinrich 255 Schotallius, Dieter 256 Schramm, Percy Ernst 172 Schröder, Dieter 156, 159 Schröder, Gerhard 98, 100–102, 104 Schulte, Rolf 283 Schulze-Fielitz, Eckhard 256 Schulze-Vorberg, Max 157 Schurman, Jacob Gould 133, 136 Schurz, Carl 134 Schütz, Klaus 184, 314 Schütze, Walter 181 Schwabe, Gerhard Helmut 255 Schwarzer, Erwin 248, 255 Scorsese, Martin 280 Semler, Renate 302f. Serbinoff, George T. 196 Shakespeare, Frank 33, 80, 131, 248, 314 Shell, Kurt L. 154, 159, 166 Sieverts, Thomas 249, 255 Simon, Friedrich 53 Sittler, Edward 271 Smallwood, Osborn T. 221f., 243, 265 Smend, Rudolf 122 Smith, Carleton Sprague 43 Sommer, Theo 159, 160, 347

424

Personenverzeichnis

Somoza Debayle, Anastasio 374 Sonnenberg, Günter 377 Sontag, Susan 270 Sorensen, Thomas C. 69 Soroyan, William 269 Späth, Lothar 138 Speer jr., Albert 248, 250, 255, 258 Spender, Stephen 293 Spendlove, Max J. 256 Steinbeck, John 207 Stephens, Bart N. 129 Stevens, George 275f., 277 Stewart, Herbert 282 Stolze, Rüdiger 242 Stone, Irving 269 Streibl, Max 256 Strieder, Peter 300, 306 Strössenreuther, Hugo 301 Stucki, Lorenz 198 Stütz, Hannes 372 Styron, William 293 Sühnel, Rudolf 301 Süskind, Wilhelm Emmanuel 157 Taylor, Paul B. 313 Teufel, Fritz 348 Theweleit, Klaus 340, 347 Thieringer, Rolf 369 Tucker, Sterling 225, 368 Ungern-Sternberg, Gerd Freiherr von 332 Ungers, O.M. 255 Urschlechter, Andreas 48, 49, 53f., 59, 100, 102, 112, 113–116, 119–121, 138, 306, 359 van Voorst, Bruce 347 Viereck, Peter 269 Vogel, Andreas 377

Vogel, Hans-Jochen 371 Vogel, Rudolf 98f. Vonnegut, Kurt 270, 293 Wackerbauer, Heinrich 300 Walden, Matthias 240, 363 Walser, Karl 45 Wapnewski, Peter 301 Weber, Alfred 129, 272, 302 Weber, Robert 48f., 98, 102, 311 Weers, Gerd 301 Wehner, Bruno 256 Weiner, Stanley 284 Weinzierl, Hubert 256 Weiss, Therese B. 66 Wertz, Elmar 256 Wetter, Reinhard 337, 351f. Wick, Charles 34, 138, 313, 380 Wiedamann, Richard 287 Wiesinger, Gerhard 303 Wilke, Claus 198 Williams, John A. 270 Wilson, Donald M. 69 Wilson, Elizabeth A. 66 Witte, Helmut 301 Wohlers, Henry C. 256 Wolff, Frank 348 Wolff, Karl Dietrich 348 Wolff, Kurt 293 Woller, Reinhard 256 Wolters, Hans-Georg 256 Wüstenhagen, Heinz-Helmut 256 Zahn, Peter von 156 Zech, Uli 256 Zepf, Elmar 253, 256 Zimmer, T.J.M. 256 Zundel, Reinhold 102, 137, 370

Abbildungsnachweis Corbis: Abb. 13 ddp images: Abb. 9, Abb. 10, Abb. 11, Abb. 17 Magnum: Abb. 8, Abb. 12 Ullstein Bild: Titelbild University of Louisville, Photographic Archive: Abb. 15 Wir haben uns bemüht, sämtliche Rechteinhaber ausfindig zu machen. Leider war dies nicht bei allen Bildern möglich. Mögliche weitere Rechteinhaber bitten wir um Kontaktaufnahme.

t r a n s at l a n t i s c h e h i s t o r i s c h e s t u d i e n Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts Washington, DC

Herausgegeben von Hartmut Berghoff, Martin Klimke, Miriam Rürup und Britta Waldschmidt-Nelson.

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Um das westliche Bündnis im Ost-West-Konflikt nach innen zu stabilisieren, setzten die USA auf auswärtige Kultur- und Informationspolitik. In der Bundesrepublik wandten sich etwa 20 Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanische Institute an die westdeutsche Bevölkerung, um Sympathien für die Politik und die Werte der USA zu erzeugen. Sie waren jedoch nicht nur Mittler im amerikanischen Auftrag, sondern durch vielfältige Beziehungen fest in der westdeutschen Kulturlandschaft verankert. In der Öffentlichkeit standen sie als symbolische Orte für „Amerika“ im positiven wie im negativen Sinne. Reinhild Kreis analysiert die Strukturen, Zielvorgaben und das Instrumentarium der amerikanischen Kultur- und Informationspolitik in der Bundesrepublik, Themenkarrieren und -konjunkturen sowie die Amerikahäuser und DAI in ihren lokalen Beziehungsgefügen. An der Schnittstelle von USA und Bundesrepublik, Außen- und Kulturpolitik, Regierung und Öffentlichkeit zeigt die Untersuchung der Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanischen Institute die Gestaltung, Dynamiken und Spannungen der transatlantischen Beziehungen seit den 1960er Jahren unterhalb der diplomatischen Ebene.

ISBN 978-3-515-10048-9

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