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Latin Pages [221] Year 1985
CORPVS CHRISTIANORVM Series Latina
XLIX
AVRELII AVGVSTINI OPERA PARS XV,
TVRNHOLTI TYPOGRAPHI BREPOLS EDITORES PONTIFICII MCMLXXXV
SANCTI AVRELII AVGVSTINI CONTRA ADVERSARIVM LEGIS ET PROPHETARVM
COMMONITORIVM OROSII ET SANCTI AVRELII AVGVSTINI CONTRA PRISCILLIANISTAS ET ORIGENISTAS
EDIDIT
KLAUS -D. DAUR
TVRNHOLTI TYPOGRAPHI BREPOLS EDITORES PONTIFICII MCMLXXXV
SVMPTIBVS SVPPEDITANTE SVPREMO BELGARVM MAGISTRATV PVBLICAE INSTITVTIONI ATQVE OPTIMIS ARTIBVS PRAEPOSITO EDITVM
STANFORD LIBRARIES
MAY 1 2 1987
© Brepols 1985 No part of this work may be reproduced in any form, by print, photoprint, microfilm or any other means without written permission from the publisher.
SANCTI AVRELII AVGVSTINI
CONTRA ADVERSARIVM LEGIS ET PROPHETARVM
EDIDIT
KLAUS-D. DAUR
Vorwort Lange Zeit mußte die vorliegende Ausgabe auf ihre Fertigstel lung warten. Verpflichtungen anderer Art verzögerten immer wieder die Arbeit, die nun endlich dem Auftraggeber übersandt werden kann. Ihm, dem Corpus Christianorum und seinen Mit arbeitern, vor allem Dom E. Dekkers sei für die Geduld gedankt, die sie geübt haben. Anregung und Hilfe von manchen Seiten förderten die Studien zu der Edition : Herr Roel Vander Plaetse sorgte für die Beschaffung der Handschriftenkopien ; Damen und Herren verschiedener Bibliotheken im In- und Ausland halfen mit Rat und Tat bei mannigfachen Fragen; Herr Divjak steuerte nützliche Informationen über Augustin-Handschriften in fran zösischen Bibliotheken bei, Herr Luc Jocqué hat die Ausgabe mit großer Sorgfalt begleitet ; vor allen anderen aber nenne ich Fräulein Dr. Almut Mutzenbecher, Hamburg, die immer wieder und zu jeder Zeit mit dem großen Fundus ihres Wissens und ihrer Erfahrung auf meine Probleme eingegangen ist. Es ist mir ein Bedürfnis, allen herzlich zu danken. Diese Ausgabe aber sei Ernst Zinn übereignet, der mir als mein Lehrer vor etlichen Jahren die Anregung zu den Studien an der Augustinüberlieferung gegeben hat, eine Anregung, der ich da mals gern gefolgt bin und die mich bis heute nicht losgelassen hat. Dies sei ein Dank dafür. Klaus-D. Daur
EINLEITUNG I. Das Im Jahre 420 (2) stießen in der unmittelbaren Nähe von Kar thago in einer Hafenstraße Christen auf eine Menge Menschen, die zuhörten, wie einer der Händler, die dort ihre Waren feilhielten, aus einem Kodex, der zum Verkauf angeboten war, vorlas. Die Zu hörer hatten offensichtlich reges Interesse und fanden Gefallen an dem Inhalt. Die karthagischen Christen hörten eine Weile zu, drängelten sich dann durch die Menge und kauften den Kodex. Sofort sandten sie ihn Augustinus zu mit der dringenden Bitte, sich so schnell wie möglich mit dem Text zu beschäftigen, sich mit ihm auseinanderzusetzen und ihn in allen Einzelheiten zu widerlegen. Augustinus kam dieser Bitte nach, nicht ohne sich vorher auch über den Verfasser Gedanken zu machen, denn ein Name war nicht genannt. So bekam dieser Traktat gegen einen Anonymus gerichtet den Titel Contra aduersarium legis et prophetarum. Wer aber war eigentlich der Autor, oder in welchen Kreisen mußte man ihn suchen? Augustin hat da ganze bestimmte Vorstellungen, die er auch in dieser Schrift äußert. So ist der Verfasser für ihn sicher kein Manichäer. Diese können zwar auch mit dem Gesetz und den Propheten nichts anfangen, sie verurtei len sie sogar, doch kennen sie einen guten Gott als den Schöpfer dieser Welt. Der Autor anonymus jedoch lehnt Gott als den Schöpfer der Welt ab. Das bringt ihn in die Nähe der marcionistischen Lehre (i,1). Im 2. Buch (40), (3) der sogenannten Ketzerliste, nennt Augustin die antichristi, die in der geistigen Umgebung des Marcion dessen Antijudaismus und die Verwerfung des AT mit gemacht haben : Es begann mit Simon Magus und seinen Schülern, als deren Vierter in der Nachfolge Basilides genannt wird, dann Karpokrates, Kerdon, dessen Schüler Marcion, dann Apelles. Und schließlich ist da ein gewisser Patricius mit seinen Schülern, zu denen auch, wie Harnack meint, der Anonymus gehört. Fabricius nennt Augustinus ihn, ohne zu durchschauen, daß es der Patricius ist, von dem der Verfasser sagt, er sei in Rom sein Lehrer gewesen (2,2,3 u. 2,12,41). Er war ein haereticus, blasphemus, ein uaniloquus blasphemator, wollte jedoch als Christ gelten (i,17,36) und argu mentierte mit dem NT gegen das AT. Augustin sah seine Aufgabe so : etiam scripturis ad Nouum Testamentum pertinentibus refellendus est, ut ostendatur in reprehensione ueterum inconsideratius quam uersutius insanire. (1) PL 42, 603-666: Clauis 326, dazu von HARNACK, Marcion ^924, Beilage X, p. 424-433(2) Die Datierung ist unbestritten: Reír. 2, 84 (58). (3) Cf. а, и, 40.
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EINLEITUNG
Einen Überblick über den Inhalt des ersten, offensichtlich größeren Teils der Schrift, die der Autor einem Unbekannten (frater,2,11,36) gewidmet hat, gibt Augustin 2,10,35, jedoch nicht, wie er betont, in der beim aduersarius vorgefundenen Reihen folge, sondern wie es der Zusammenhang seiner eigenen Dar legungen forderte. (4) Die Fragmente, die Augustinus aus der Schrift des Anonymus zitiert, findet man am Ende der Einleitung zusammengestellt. (5) II. Die Überlieferung 1. Verzeichnis der Handschriften (6) ALENÇON Bibl. mun. 4, s. XII, pp. 201-295 ANGERS Bibl. mun. 309 (300), s. XII, foll. 125r-143v ASSISI Bibl. com. 84, s. XIII, foll. 148v-168v AVRANCHES
Bibl. mun. 83, s. XII, foll. 193r-252r BOULOGNE-SUR-MER
Bibl. mun. 49, s. XIII, an 27. Stelle BRÜSSEL Bibl. royale 1124 (312-20), s. XIV, foll. Sgr-11sv BURGO DE OSMA Bibl. cat. 71, s. XV, foll. IHV-140V CAMBRIDGE Emmanuel College 2 (I.1.2) = 2889 Sch., s. XIIIex, foll. 94r-10gу Trinity College 112 (6.3.33 ; J85) = 2245 Sch., s. XII, foll. 128v-159r Univ. Lib. 1820 (li. IV 23), s. XIV, fol. 125r (des.: hominum quam percepturi; i, 2, 3 = ed. p. 36 1. 48) CARLISLE Tullie House Museum 2-1926, s. XIII1, foll. I57r-176r (des.: factas nunc in omnibus; 2, 9,32 = ed. p. 117 1. 930) CHARTRES (7) Bibl. mun. 104 (101), s. X, foll. 76r-120r (inc. nescio cuius haeretici ... expi. post hunc autem fuerunt nulli)
(4) S. HARNACK, a.a.O. 425. (5) P- 3I-34(6) Alle mir bekanntgewordenen Handschriften ; Anspruch auf Vollständig keit besteht nicht. Ein Sigel am Rand bezeichnet die für die Edition benutzten Handschriften. (7) 1944 bei einem Bombenangriff verrichtet.
DIE ÜBERLIEFERUNG
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DARMSTADT Hess. Landes- u. Hochschulbibliothek 519, s. XIII-XIV, foll. 134v152r DIJON Bibl. mun. 139 (106), s. XIII, foll. 244r-272r DOUAI Bibl. mun. 276, s. XII, foll. 132r-156r ETON College Lib. 48 (Bl. 4.12) = 2935 Sch., s. XIIin, foll. 6gу-g6r FLORENZ F Bibl. Laur. Plut. 17, dext. 3, s. XIII, foll. 166r-177r Bibl. Laur. Medic. Fesul. XV, s. XV, 71r-92r ST. GALLEN G Stiftsbibliothek 157 (Stiftskatalog 728, p. 8), s. IX, pp. 184-303 GRENOBLE Bibl. mun. 202, s. XII, foll. 187r-227v HEREFORD Cath. Lib. P. 1. V = 4184 Sch., s. XII, foll. 1osv-16gv (mutilus : contraria testimonia proferuntur uersipelli ; 2, 12,42 = ed. p. 131 l- 1324) LAON Bibl. mun. 128, s. XIII, foll. З0r-57r LONDON R Brit. Mus. Royal 5 A. XIII, s. XII, foll. H3v-158r 5 C. VII, s. XIII, foll. 92r-Шr MADRID Bibl. Nac. 203, s. XIV, foll. 2O2v-227r MANCHESTER John Rylands Lib. Latin MS 391 (R. 63220), s. XIIIex, foll. 1141-137r MANTOVA Bibl. com. С. IV. 2, s. XV, foll. 5gr-64r (mutilus : unde factum est ; i, 20, 42 = ed. p. 74 1. 1172) MODENA Bibl. Estense a. K. 4. 10, s. XV, foll. 2gv-6sr MÜNCHEN Bayer. Staatsbibl. Clm 7474, s. XV, foll. 4or-6sr OXFORD Bodl. Lib. 238 = 527 Sch., s. XIV, foll. I03v-174r 387 = 576 Sch., s. XIIex, foll. 202r-244v Merton College 1 (A. 2, 1), s. XIV, foll. 342v-347r (des.: deus qui sacrificia praecepit quibus non in//guit (?). Explicit) 3 (A. 2. 3), s. XVin, foll. 187r-207r 35 (A. 3. 9), s. XIVin, foll. 64v-8sr PARIS Bibl. Nat. lat. 1910, s. XIII, foll. 125v-142v 1932, s. XII, foll. I53V-175 (mutilus) 2085, s. XII, foll. Iv-24V (mutilus)
s
P
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V T
W
EINLEITUNG
2099, s. XIII, foll. 33-71r 2761, s. XIII, foll. 75-113 12139, s- XII, foll. 67-71 ; 124-129 12207, s. IX, foll. I07-144v 12209, s. XI, foll. 51r-84r 14294, s. XIII, foll. I33V-149F 15294, s. XIV et XV, fol. 1 sqq. 15665, s. XIII, fol. 1 sqq. 1596З, s. XIII, foll. 77F-90V Bibl. Maz. 1652 (1019) lat, s. XV, foll. 281-3o8r Bibl. Arsen. 298 (405 T.L.), s. XII, foll. 189v-215v 352 (399 T.L.), s. XIII, foll. I33V-149V ROM Vatic, latinus 445, s. XV, foll. 1S1r-1gôr Vatic. Basilicanus B. 52, s. XIV, foll. I98r-215r ROUEN Bibl. mua 477 (A. 191), s. XIII, foll. 166v-194v SAINT-OMER Bibl. mun. 83, s. XIV, foll. 66v-97r SALISBURY Cath. Lib. 128 = 3720 Sch., s. XIIin, foll. 81v-116r STUTTGART Württ. Landesbibliothek HB VII 21 (Weingarten D 52), s. IX, foll. Ю9r-174У (mutilus : non ex quo sapere ; 2, 11, 37 = ed. p. 123 1. 1089) Theol. 4° 245, s. XII, foll. 7gr-132v TOULOUSE Bibl. mun. 168, s. XIII, an 9. Stelle TRIER Seminarbibliothek 46 (R. II. 12, D 112), s. XV, foll. I36r-165v Stadtbibliothek 129/1231, s. XV, foll. 28or-3o8v TROVES Bibl. mun. 40, 9, s. XII, an 3. Stelle 69, s. XII, an 7. Stelle 414, s. XII, an 4. Stelle 898, s. IX, foll. 66v-96v (s. IX) (mutilus} VALENCIA Bibl. Univ. 33, s. XIV, foll. 96r-113v VALENCIENNES Bibl. mun. 40 (34), s. XII, Exzerpte am Ende des Bandes VENEDIG Bibl. naz. Marc. 2113, s. XV, foll. 24Óv-2&7V WOLFENBÜTTEL Herzog August-Bibl. Cod. Guelf. 63. Weiss. (4147), s. IX, foll. 93r-153r WÜRZBURG Universitätsbibliothek Cod. M. p. th. f. 56, 5. IX, foll. 1orv (dbbreu. )
DIE ÜBERLIEFERUNG
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2. Die Handschriften (8) Für diese Ausgabe wurden die ältesten uns bekannten Hand schriften, die contra aduersarium legis et prophetarum enthal ten, herangezogen. G ST. GALLEN, Stiftsbibliothek 157 saec. IX Scriptoria medii aevi helvetica Bd. 3 Schreibschulen der Diözese Konstanz. St. Gallen II. Herausg. und bearb. v. A. BRUCKNER Genf, Roto-Sadag, 1938, p. 75. G. SCHERRER, Verzeichnis der Handschriften der Stiftsbi bliothek v. St. Gallen, Halle 1875, p. 58. Inhalt: AUGUSTINUS: Quaestiones diversae numero LXXXII; epistola ad Maximum; sermo in die natalis; p. 184-303 contra aduersarium legis et prophetarum. Beschreibung: Pergament in-2°, 304 Seiten, 24 Zeilen auf einer Seite, 164:196 mm, c. adv. sorgfältig in karol. Minuskel von einer Hand geschrieben. Zu Beginn des 1. Buches die Inscriptio und 2 Zeilen, von librum-scripsistis, in Capitalis rustica. Auch an den Satzanfängen Majuskeln. Eine Kapiteleinteilung ist nicht zu erkennen. Im Text sind wenige Korrekturen die von zweiter (oder noch einer weiteren?) Hand sind: Umstellungen, Einfügungen von Wörtern, Tilgungen durch Rasur, fünf Ergänzungen am Rand. Interpunktion: . , interlinearer Punkt, . . Orthographica : Inkonsequenz in der Assimilation bei den Komposita (z.B. admonere und ammonere), gelegentlich b für p, p für ph, ae für e und umgekehrt, y für i und cu für quu. Die Handschrift ist in St. Gallen unter dem Abt Grimalt (841-872) geschrieben. P PARIS, Bibliothèque Nationale lat. 12 207 (9) saec. IX Inhalt : F. 1-144 AUGUSTINUS : foll. 1-15 De natura et origine animae ad Renatum ; foll. 15-27 Epistola ad Petrum presbyterum de eadem
(8) Bei der Beschreibung der Handschriften soll nur besonders Auffallendes berichtet werden. Im übrigen sei auf die Beschreibung in den Katalogen verwiesen. (9) Diese Beschreibung verdanke ich M. Pascale Bourgain, Conservateur in der Bibl. Nat. Paris.
IG
EINLEITUNG
re ; foll. 27-5ÓV De natura et origine animarum ; foll. 56v-76v Contra sermonen Arianorum ; foll. jdv-g'j De coniugiis adulterinis ; foll. 97-1o6v De ieiunio sabbati ; foll. 1o7-1agv Contra aduersarium legis et prophetarum lib. I, foll. 129V-144v lib. II: lam nunc ea discutienda sunt - (u, 37) non indigmt. Expl. (sic!) Beschreibung: Pergament, 144 foll, 28 Zeilen in karolingischer Minuskel geschrieben, Korrekturen (übergeschriebene Buchsta ben von 2. Hand); Interpunktion: ; interlinearer Punkt нн- ; Orthographica : Wechsel von и und m, ci für ti, e für ae und umgekehrt, fehlendes h (z.B. odie für hodie], inkonsequente Assimilation, b für />, i für y. Das Deckblatt und die foll. 145-146 : S. GREGORIUS, Homiliae in Ezechielem, fragmenta. Andere Seiten desselben Manuskriptes finden sich als Deckblätter der mss. lat. 12238 und 12243. Als Provenienz ist aus einem Exlibris und einer älteren Katalog bezeichnung dieser Abtei (. 763 - olim 222) die Abtei St. Germaindes-Prés (15. Jht.) zu entnehmen. Von den Maurinern benutzt. S STUTTGART, Württembergische Landesbibliothek HB VII 21 (olim Weingarten D 52) saec. IX J. AUTENRIETH, Handschriften der Württembergischen Lan desbibliothek Stuttgart, Reihe 2, Bd. 3, 1963, p. 164-5 Inhalt : fol. 1r Einträge 12713. Jht. : Alleluia. Virga Iessefloruit ... ; Alleluia für dom. II past pascha : Alleluia. Surrexit pastor bonus ... ; weitere Einträge von anderer Hand, unleserlich, fol. ту griechisches Majuskelalphabet mit den lat. Namen der Buchstaben. foll. 1r-1o8r AUGUSTINUS: De diuersis quaestionibus LXXXII. fol. 1o8v leer. foll. 1o9r-174v AUGUSTINUS : Contra adversarium legis et prophe tarum I et II, Lib. II unvollständig: bis fol. 174v = 11,37 - non ex quo sapere. Beschreibung: Schafpergament, I und 174 foll., 250:165 mm. Herkunft Frankreich (?), Schriftspiegel 195 : 115 mm, in 23 Zeilen von einer französischen (?) Hand (fol. 1o8r Sigimarus in tironischen Noten) in karolingischer Minuskel geschrieben, wenige gleichzeitige Textergänzungen in spitzer Minuskel ; wenige Rand bemerkungen aus dem 13.-15. Jht. Der Kodex wurde 1343 im Katalog der Konstanzer Dombibliothek aufgeführt, 1630 war er mit Sicherheit im Kloster Weingarten, lt. Eintragung fol. 1r. Im Text fehlt weitgehend die Worttrennung, die später durch Trennstriche, z.T. fehlerhaft, bis fol. 122v nachgeholt wurde. Korrekturen von 2. Hand durch übergeschriebene Buchstaben, Wörter, Randkorrekturen und Rasuren. Orthographica: e für ae
DIE ÜBERLIEFERUNG
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und umgekehrt, ей für с, Doppelkonsonanz für einfache Konso nanten, fehlendes h (z.B. ostias) und hinzugefügtes h (z.B. anhiles). Bei der Interpunktion finden sich die bekannten Zeichen : interli nearer Punkt, 1 , r, ; . Eine Einteilung in Kapitel oder Paragraphen wie in unseren Ausgaben wird man nicht finden, jedoch kann als Hinweis auf eine mögliche Gliederung gelten, daß auch innerhalb des Textes gelegentlich eine Zeile nicht zuende geschrieben wurde und die neue Zeile mit einem Großbuchstaben beginnt (z.B. i, 14, 21 ; 15, 26; Mitte 16, 33); herausgehobene Großbuchstaben im Laufe einer Zeile könnten Kapitelanfänge anzeigen, jedoch stim men sie nicht mit den jetzigen überein.
T TROVES, Bibliothèque Municipale saec. IX und XIV Catalogue général - 4°, p. 372-373 Inhalt: Die Handschrift enthält 3 Werke von AUGUSTINUS: Contra Felicianum ; Aduersus Consentium ; Contra mendacium ; an 9. Stelle Contra aduersarium legis et prophetarum lib. 2. Der Text ist unvollständig, er fehlt ab 2, 7, 28 Sed peccatum ... Beschreibung: Der Kodex ist aus mehreren Manuscripten zu einem 270 Folien umfassenden Band zusammengefügt. Die Augustinus-Texte stammen aus dem 9. Jht. und sind von einer Hand geschrieben, 31 Zeilen in karolingischer Minuskel. Die Worttrennung ist unregelmäßig, von späterer Hand sind gelegent lich getrennte Wortteile verbunden. Korrekturen sind durch Überschreiben von Buchstaben und Wörtern und durch Rasuren angebracht. Orthographica : e für ae und umgekehrt, ci für ti, fehlendes h (z.B. odie), i für y und umgekehrt, / für ph, häufig e für i. Eine Gliederung der Schrift ist nicht zu erkennen, wenn auch stellenweise Großbuchstaben außerhalb des Schriftspiegels stehen.
W WOLFENBÜTTEL, Herzog August-Bibliothek Cod. Guelf. 63. Weiss. (4147) saec. IX (1. Hälfte) H. BUTZMANN, Katalog der Weissenburger Handschriften, Frankfurt 1964 p. 203-204 Inhalt: AUGUSTINUS: foll. 3v-g2v De diuersis quaestionibus LXXXIII ; 93r-153r Contra aduersarium legis et prophetarum ; foll. 153v und 154 frei.
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EINLEITUNG
Beschreibung : Pergament, Vorblatt und 154 Folien, 270 : 220 mm, Schriftraum 190 : 160 mm, in 23 Zeilen von einer Hand in karolingischer Minuskel geschrieben (im ganzen Kodex drei Hände), Korrekturen von einer zweiten: Übergeschriebene Buchstaben und Wörter, Rasuren, Umstellungen, einmal (fol. 15ov) von 2. Hand ein Satz am Rand nachgetragen. Sonst keine Marginalien. Interpunktion durch die gewohnten Zeichen ganz durchgeführt : Interlinearer Punkt, r , ; . Orthographica : e für ae und umge kehrt, Komposita weiden nicht konsequent assimiliert geschrie ben, Unsicherheiten beim Gebrauch des A, einfache Konsonanten für Doppelkonsonanz. Die Worttrennung ist unregelmäßig durch geführt. Von einer Gliederung in Abschnitte ist im Schriftbild nichts zu erkennen. V TROYES, Bibliothèque Municipale 414 saec. XII Catalogue général - 4°, p. 184-185 Inhalt : Die Handschrift enthält 7 Werke Augustins : De natura et origine animae; Epistola ad Petrum presbyterum de natura et origine animae; Epistola ad Casulanum presbyterum de ieiunio sabbati ; Contra aduersarios (sic ! ) legis et prophetarum ; Contra Pellagianos et Celestianos haereticos in quinque responsionibus; De praedestinatione ; Contra Quaestiones Adimanti. Beschreibung: Die Handschrift stammt aus Clairvaux (G. 17), enthält 152 Folien und ist in schöner karolingischer Minuskel in 2 Kolumnen von je 30 Zeilen von einer Handgeschrieben. Farbige Initialen. Korrekturen von 2. Hand : Überschreibungen, Tilgung von Fehlern durch Streichung, Ergänzungen am Rand, eine Variante am Rand l, 8, 11 indicetur i. mg. t dicatur, Umstellungen. Orthographica: e für ae und umgekehrt, e für oe, gelegentlich fehlende Doppelkonsonanten. Es scheint, soweit auf der Kopie zu sehen, daß bei einer ersten Abschrift einige Stellen ausgelassen und später von derselben Hand nachgetragen wurden. Der zunächst ausgesparte Raum reichte nicht aus, so daß kleiner und über den Rechts- und Linksrand hinübergeschrieben werden mußte. F FIRENZE, Biblioteca Laurentiana Laur. Plut. 17 dext. 3 saec. XIII Catalogus Codicum latinorum Bibliothecae Mediceae Laurentianae, t. IV, Florentiae 1777, ed. ANGELO MARIA BAN DINI, p. 503-504
DIE ÜBERLIEFERUNG
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Inhalt: Werke von AUGUSTINUS, an 20. Stelle, fol. 166, Contra aduersarium legis et prophetarum. Beschreibung : Die Handschrift ist aus Pergament, in 2 Kolumnen von je 55 Zeilen von einer Hand in frühgotischer Minuskel ge schrieben. Der Text ist interpungiert, es werden viele Kürzungen verwandt. Korrekturen werden im Text, nicht am Rand, ange bracht, Auslassungen des ersten Schreibers von 2. Hand am Rand ergänzt. Als Marginalien liest man von späteren Lesern Hinweise auf Parallelstellen in anderen Schriften Augustins. Es fehlt im Text - wie auch in P - i, 11, 15 porro bis i, 12, 16 homines. R LONDON, British Museum Royal MS. 5 A XIII saec. XII G.F. WARNER/G.P. GILSON, Catalogue of Western Manu scripts in the Old Royal and King 's Collections, 1921, vol. I, p. 99-100 Inhalt : 1. Sancti Augustini misc. tract, (contra aduersarium legis et prophetarum) 2. Fulberti episc. tract, et epist. 3. Petri episc. Portensis epist. 4. Anacleti (anti)-papae epist. 5. Innocentis II papae epist. Beschreibung : Pergament, 202 Folien, von einer Hand in sauberen karolingischen Minuskeln geschrieben, 30 Zeilen. 175 : 11o mm. Mit wenigen Korrekturen, einigen auf den Text bezogenen Margina lien, einer Variante am Rand : l, 17, 34 iniquitates nostras i. marg. : al. peccata nostra. Orthographica : Unregelmäßige Assimilation bei den Komposita, ci für ti, n für m (z.B. tanquam), nach -meingefügtes p (condempnant). Der Text ist in Abschnitte, die am Rande durch Ziffern bezeich net sind, eingeteilt. Dabei stimmen die Kapitel in der Handschrift mit denen der Mauriner-Ausgabe häufig überein. Bei insgesamt 55 Kapiteln gibt es aber 20 Abweichungen. Im einzelnen stellt es sich so dar : Buch I Hand- Text schrift 2. 3, 4 quaerit *(10) 3- 3. 5ex ?игя uero
* 4. 4, 8 quamobrem et
ipsa
(10) * = nicht übereinstimmend.
Hand- Text schrift "15. 17, 34 sed uaniloqui *16.
17.
17, 35in
quid est ergo 18, 37 sed ...
EINLEITUNG
nd-
Text
rift
5- 8, 1o sed . . . 6. 11, 14 sed ...
Hand Text schrift 18. 19, 38 unde ... 19, 38ех istum *I9. sensum
7- 13, 17 quid ...
*20.
8. 14, 18 quod ...
*2I.
20, 40med
unde iste
9- 14, 20 quibus ... 15, 11. 16, 12. 16, *I3- 16, 10.
•14.
23 27 28 30
non ... numquid ... quod ... sed hac dico
22. 2324. 25*26.
16, 32med- ¿a/î's es¿ is¿ e 27. 28.
20, 4Iex
quae cum 20, 43 obliuiosus 21, 45 si ... 22, 46 de ... 23, 48 se¿ ... 23, 49Ш sed ut eius 24, 50 item ... 24, 52 de ...
Buch II * 2. 3-
* 4* 56.
78. 9-
2, 2ex porro si
2, 4 primo ... 2, 4ex ^MÍ'ÍÍ quod 2, 7 iía ... 3, 9 se¿ ...
1314-
7, 24 quid . . .
15-
7, 26 ywo¿ . . .
11. 12.
17-
2ffCX -7//7*j/j , ) liU-flrt' ...
12 illud ... 13 iam ... 14 sed ... 17 «e¿ ... 20 argumentatur ... 6, 22 illud ...
IO.
*16.
3, 4, 4, 5, 5,
*18. 19. *20. 21. 22. *23. *24.
*25»26. 27.
7, 28 ecce quemadmodum 7, 29 «on autem ... 9. 32in i'ste quippe 9, 33 se¿ ... 9, 34 ^^ plane 10,35 post ... 11, 37 сш' ... 11, 37 1/>se es' ... (1118) 11, 37 ipse est ... ("33) 11, 37 ipse est ... (1167) 12, 38 quod . . . 12, 42 sane ...
3. Gruppierung der Zeugen Die Familie a Mit großer Sicherheit sind 3 Zeugen einander zuzuordnen : G, S, W. Zunächst ist festzustellen, daß jede dieser drei Handschrif ten eigene Fehler bietet, die ausschließen, daß eine etwa die G Vorlage der anderen war. Genannt seien für G l, 6, 8 (170) beatitudinis. i, 5, 7 (157) nocetur statt nocent. i, 16, 30 (722)
DIE ÜBERLIEFERUNG
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temporalibusque für et tempomlibus. Dazu zahlreiche Auslas sungen und weitere Schreibfehler. 5 Bei S fällt die Zahl von Auslassungen, die drei und mehr Wörter umfassen besonders im 1. Buch auf (12 mal), im 2. Buch finden sich nur noch zwei Stellen. Hinzukommen weitere Sonderfehler wie l, 7, 10 (235 ) quia statt qui ; 2, 5, 17 (560) ab ipso prophetae Abel, wo prophetae eingefügt ist; 2, 5, 18 (580) uiuere uoluit dixerit:uoluit als Variante im Text; ähnlich 2, 5, 22 (636/637) per animam sanguinem : mit der Variante animam. W W hat von diesen drei Zeugen die meisten Sonderfehler, z.B. l, 16, 30 (721) uindicas statt uincat; i, 20, 39 (1065) quod für quem ; l, 23, 48 (1343) uult ergo uertere: ergo eingefügt. Dazu kommen eine größere Zahl von Auslassungen. Auch der Korrektor von W (W2) gehört zu dieser Familie. 6
Fragen wir nach der Verwandtschaft der genannten Zeugen, fällt sofort auf, daß wir für S und W zunächst eine gemeinsame Vorlage werden annehmen können. Ich führe hier nur eindeutige Fehlleistungen in beiden Hss. an. Lesarten, die der anderen Überlieferung vorzuziehen sind, sehe ich nicht. I, 8, 11 (261) 1, 11, 15 (352) 1, 14, 29 (482) г, 5, 18 (581)
initium initium (Dittographie) demitte statt dimittis (im Lobgesang des Si meon; Lc. 2, 29) meritoque gratia sua damnato S ; gratia in ras. W, hat also in der Vorlage gestanden. de le statt de lege.
Die Reihe ließe sich vergrößern. Die Zugehörigkeit aller drei genannten Zeugen zu einer Familie wird unterstrichen durch Belege von Fehlern bei G und S, Fehlern jedoch, deren Ent stehung in einzelnen Fällen gewiß auch den Schreibern der Handschriften selbst angelastet werden könnte. Keiner jeden falls scheint mir zwingend auf eine direkte gemeinsame Vorlage hinzudeuten : *. 2, 2, 2,
7. 35 (857) 2, 4 (102) 3, 9 (339) 8, 31 (898)
9«o statt quod quia diuersis] qui aduersis est esse] esset legerent] neglegerent
Einen besonderen Hinweis auf die Vorlage a findet man am Ende des 1. Buches. Alle drei Handschriften schließen - wie zum Text gehörig geschrieben - mit contuli. In den Kontext paßt das Wort nicht, es ist eine die Abschrift beschließende Bemerkung des Schreibers von a. Zu Charakteristik von a und ihrem Wert zur Herstellung des Textes sei folgendes bemerkt : Über die Zahl der Fehler ist schon gesprochen, die den Leser dazu verleiten könnte, den Nutzen von
16 EINLEITUNG a für unser Vorhaben überhaupt gering zu schätzen. Das Urteil wird nicht günstiger, wenn man die offensichtlichen Eingriffe in den Text betrachtet. Zunächst die Umstellungen, durch welche die gebräuchlichere Wortstellung wiederhergestellt wurde, ohne daß die Absicht, die Augustin mit der ungewöhnlichen Wortstel lung verband, erkannt wurde : I, 3, 4 (90)
I, 11, 14 (327/328)
I, 15, 23 (532)
1, 18, 37 (874)
2, 4, 14 (481/482) 2, 4, 16 (513) 2, 8, 30 (888) 1, 2, 2, 2,
22, 47 (1328) 1, 2 (40) 3, 12 (377) 8, 31 (920)
est ipse. Die Stellung ipse est ist durch dieselbe Wortfolge in 86 gesichert. Die Wortstellung (81/82) est ipse, quifecit und (82) est ipse deus ist durch die folgenden Worte jeweils begründet. diuinis litteris] litteris diuinis. In der bei a überlieferten Wortstellung rückt diuinis vom vorangehenden prius ab und verliert außerdem seine betonte Stellung. ei sit locus] sit ei locus - aus sprachlich-forma len Gründen sollte ei als logisches Subjekt für beide Sätze vor dem in beiden Sätzen (übrigens chiastisch) stehenden sit gelassen werden. taurorum carnes] carnes taurorum; die Wort stellung des Zitates PS. 49, 13 ( = 960/961) - ein Chiasmus - ist sowieso aufgegeben. Wollte A. durch die andere Wortstellung vielleicht einer seits carnes und sanguis nebeneinander und andererseits taurorum und hircorum an den Eckstellen besonders zueinander in Beziehung setzen ? per omnes prophetas] per prophetas omnes omnes an betonter Stelle sollte bleiben. eiecerunt eum] eumei.- Umstellung nach Matth. 21, 39inscrutabilia enim sunt] i. sunt enim - eine Glättung. profert om. traditiones statt traditionem rectionis statt directionis repromissione statt repromissionem
S2 Die zweite Hand in S (S2) korrigiert nach einer G verwandten Handschrift, z.B. 2, 4, 16 (494) uenerunt S]fuerunt G S2; 2, 8, 31 (909) attendant] attendit S' W aatende G S2; 2, 9, 33 (978) perfectis] perfectissime G S2. Es bleibt noch die Untersuchung des Verhältnisses von G und W. In beiden Handschriften lese ich 8 gemeinsame Fehler, doch nur die folgenden führen sicher zu einer Vorlage : 1, 17, 34 (832) 2, 2, 4 (141) 2, 2, 6 (249)
perdit statt perdidit in incredulitate statt incredulitate immendaciter statt non mendaciter.
DIE ÜBERLIEFERUNG
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Allerdings ist auch denkbar, daß diese Fehler bereits in der G, S und W gemeinsamen Vorlage standen, wobei S die bessere Lesart durch Kontamination aufgenommen hat. Als Ergebnis ist jedenfalls festzustellen, daß S und W eine gemeinsame Vorlage gehabt haben, G und S sowie G und W Übereinstimmungen zeigen, die vermuten lassen, daß alle drei Handschriften einen Text gelesen haben, den nun nachzuweisen nicht schwer fällt. Er repräsentiert nämlich den einen Zweig der Überlieferung sehr deutlich, wenn auch natürlich damit gerechnet werden muß, daß er gelegentlich - wie auch jede einzelne Hand schrift oder Vorlage - charakteristische Fehler der anderen Familie als Zeichen von Kontamination aufweist. a a hat zunächst eine große Zahl Sonderfehler, die in allen zu dieser Familie gehörigen Zeugen stehen, nicht aber auch in einer nicht zu a zu rechnenden. Einige von ihnen seien hier genannt, die meisten sind ohne nähere Erklärung als Fehlleistungen zu erkennen : 1, 1, I, 1,
2, 2 (20) 6, 9 (210) !3. 17 (399/400) 22, 46 (1306)
2, 8, 31 (899)
pius statt prius et sic eos om. qиа таre] quam arte quaestionem] lectionem (quaestionem mit soluat scheint mir unbestritten) non sunt inimici] inimici non sunt zerstört hier die im ita - stcwi-Satz gewollte Parallelität.
Textveränderungen in Zitaten nach Lesarten der Bibel : 1, 19, 38 (993) 1, 1, 2, 2,
19, 38 (1024) 23, 49 (1390) 1, 1 (16) 2, 3 (74)
2, 2, 4 (143) 2, 2, 6 (237) 2, 3, 12 (399)
immolant daemoniis] i. gentes daemoniis, wie I Cor. IQ, 20 communicatio] participatio, wie I Cor. ю, 16 creans mala] creans malum, wie Is. 45, 7 per märe] märe, wie I Cor. 10, 2 subieci] seruum subieci, wie I Cor. 9, 19 (dort : seruum fed) ne forte ergänzt nach Rom. 11, 22 oleae] oliuae, wie Rom. 11, 16 iniquitatibus] iniquitate, wie Is. 53, 8 (aber LXX : ano TWV ävo(jiu)v)
Weitere Hinweise auf eine a-Überarbeitung bieten z.B. I, 4, 6 (133) 1, 11, 15 (340) 1, 14, 22 (510) 1, 16, 20 (717) 1, 16, 33 (775) 2, 3, 12 (424)
Ergänzung der bei der Aufzählung scheinbar fehlenden Konjuktion et. alio loco} in alio loco, in ist interpoliert. factus est] f. e. homo, homo zur Verdeutlichung interpoliert. attenditur] ostenditur clamet] damnet asserat] promiserat
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EINLEITUNG
2, 7, 28 (840) г, 9, 32 (945)
prohibitione] prohibitionem facere debuit] faceret
Der Leser wird weitere a-Varianten im Text finden, auch solche, bei denen eine Entscheidung für oder wider schwer wird. Einzelne Handschriften der Vorlage a - G, S oder W - oder Kombinatio nen bieten gegen die andere Überlieferung keine guten Sonder lesarten. Der a-Text ist eine Überarbeitung, die sich von der anderen Überlieferung deutlich absetzt, stellenweise eigene Wege geht und auf ihre Weise zu der Wiederherstellung des Textes beiträgt. Schließlich muß uns noch die Frage der Kontamination mit einzelnen anderen Hss. beschäftigen. Dabei kann vorausgeschickt und weiter unten bewiesen werden, daß R wohl einen Strang repräsentiert, der einen sehr guten Text hat. Lesarten also, die a mit allen anderen Zeugen, R ausgenommen, hat, sind nicht auf Kontamination, sondern auf eine diesen gemeinsame Quelle zurückzuführen. Von den anderen hier herangezogenen Zeugen P T und V steht zweifellos T a am nächsten. Das läßt sich aus den folgen den gemeinsamen Fehlern erkennen; trotzdem möchte ich T nicht der Familie a zurechnen, weil T doch ganz entscheidende Sonderfehler von a nicht mitmacht. Für a und T einige Beispiele aus insgesamt 27 gemeinsamen Fehlern : I, 1, 1, 1, 2, 2,
6, 8 (179) 16, 30 (695) 16, 32 (762) 22, 46 (1316) 2, 4 (109) 6, 23 (691)
qui usque] cuiusque coercitione] cohertione tibi] ubi quod nasceretur om. in om. nunc] non
Die Verbindung a P findet sich insgesamt zehnmal. Dabei fällt auf, daß diese Stellen nur Ende des 1. Buches und dann gehäuft in den §§ 32 und 33 des 2. Buches stehen. I, 1, 2, 2, 2,
21, 45 (1281) 24, 52 (1485) 9, 32 (950) 9, 32 (952) 9. 32 (955)
etiam om. abscindantur] scindantur aduersus] aduersum inuenit] inueniet ?«*']
a R und a V haben wenige gemeinsame Fehler : 1, 2, 2, 2,
16, 30 (709) 2, 5 (195) 2, 7 (288) 8, 31 (924)
«i] om. a V alias] alios a R in fine] infinem a R ex] om. a V
DIE ÜBERLIEFERUNG
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Die Familie ß Wenden wir uns zunächst den einzelnen Zeugen dieser Familie zu. Auch sie haben alle ihre Sonderfehler und stellen sich, nach Alter geordnet, wie folgt dar : P Bei eingehender Betrachtung der Fehler gewinnt man den Eindruck, daß der Text mechanisch abgeschrieben wurde. Die Art der Fehler ist die der üblichen Fehlleistungen beim Abschrei ben. Sie deuten darauf hin, daß auch nicht der Versuch gemacht wurde, den Text zu verstehen oder ihn durch Korrektur etwa verständlich zu machen: I, 5, 7 (147) 1, 15, 24 (544) 1, 16, 30 (706) 2, 3, 12 (404) 2, 7, 28 (831)
T
Bei dieser Handschrift kann man dasselbe wie bei P feststellen. Zu den Fehlern beim Abschreiben kommen noch viele orthogra phische Versehen, die ihren Ursprung zum Teil in der fehlerhaften Auflösung von Kürzungen in der Vorlage haben können. Als Sonderfehler seien genannt : , , , , ,
V
malum] manum rei] regi conuiuio] continuo desertae] deserti Christi] sancti
14, 18 15, 24 16, 29 16, 32 16, 33
(433) (542) (656) (754) (793)
sanitate] sanitätem et - modo om. huius] quis inquit] enim -««] nisi
Dieser Schreiber (oder seine Vorlage) hat, wie man sehen kann, im Text korrigiert, ihn geglättet und ihn, wie er meinte, ver ständlicher gemacht. Das sieht dann so aus : , , , , ,
7, IQ (246) 14, 20 (482) 15> 23 (S2^) 16, 28 (625) 17, 34 (804)
fieret] faceret meritoque] ac merito recedendo] recedentes improuidus] nescius dicit] ait
Eine nur in V vorkommende Lesart, die allein die grammatisch korrekte Form wiedergibt, steht l, 18, 37 (964) de hoc salutari gegenüber salutare in der anderen Überlieferung. R Wie schon gesagt ist R für uns Repräsentant für Lesarten eines weiteren Stranges der Familie ß (s. Stemma) und hat Sonderfeh ler, aber auch bessere Lesarten als die andere Überlieferung. Als Beispiele für Fehler können gelten : I, 5, 7 (145) I, 7, IG (230) I, 8, II (288)
possunt] possint lucem om. quis - intelligat om.
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EINLEITUNG
1, 14, 2O (469)
numquid] non autem
2, i, 2 (49) 2. 9. 33 (968/969)
similia] alia utquid - operatur om.
Gute Lesarten, die sich nur in R finden, sehe ich in 1, 12, 16 (383)
1, 14, 19 (454)
1. 16, 31 (730)
1, 16, 32 (753)
I, 17, 34 (803)
I, 17, 34 (840) 1. 17, 35 (872) 1, 20, 41 (1163) 2, i, i (17) 2, 2, 5 (196) 2, g, 34 (1025)
nescire (nescisse a y) scheint mir aus zeitlichen und formal-logischen Gründen besser als ne scisse : istum nescire - Moyses sciebat - Moysen nescisse - sciunt. respondemus (responderim a y). Was sollte der Konj. Perf. ? Mir scheint respondemus zu dem vorangehenden disputauimus gut zu passen und es in der Form aufzunehmen. auf antiquis (antiquis om. a y) kann man nicht verzichten, und auch Augustin wird es aus Matth. 5, 21 mitzitiert haben, da es um den Gegensatz lex uetus] euangelium - antiqui] uos geht. ist das von den Maurinern gelesene quaeris (R) dem Imperativ quaere (ay) vorzuziehen; es wird gestützt durch den Satz in 756 und consulas. Quaere ist möglicherweise eine Nachwir kung von ite (752). appellatas (appellatos a y), d.h. die dispositiones dei sind als Schätze bezeichnet worden, nicht umgekehrt. pro (om. a y) gesichert durch (868) pro cibo non accepto. quant (quam quod a y) hat als Variante im Text quod, mir unverständlich. ist meminit (meminerat a y) neben den parallel stehenden Praesentia sicher richtig. eundem sollte aus Gründen der Parallelität (18 eundem potum) nicht fehlen. ist quae in der Beziehung auf gentibus qui (a y) vorzuziehen. kann contra hoc (ay) fehlen, weil es in respondeat enthalten ist.
So nimmt R eine Sonderstellung ein als Zeuge, der, wie noch zu zeigen sein wird - und das ist bei seinem relativ jungen Alter kein Wunder - einen kontaminierten Text hat, jedoch auch gute Lesarten bietet, die uns bei der Auswahl der Handschriften ohne R fremd geblieben wären. Abgesehen einmal von der Sonderrolle, die R in der Überlie ferung der vorgelegten Handschriften spielt, ist festzustellen,
DIE ÜBERLIEFERUNG
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daß die genannten Zeugen F P R T V auf eine Vorlage (ß) zu rückgehen. Das erhellen Lesarten wie 1, 1, 2, г>
16, 29 (673) 20, 43 (1210) 2, 4 (120) 5. 19 (592)
cur] cum caligat] caliginatur fuisset] esset semetipsis] se ipsis
г, 7, 28 (818) uitam] uita (cf. Rom. 7. 10) Wenn man nun die zahlreichen a-Fehler in die Betrachtung einbezieht, kann man sagen, daß ß als Träger der durchweg besseren Überlieferung angesehen werden muß. ф Bei dem Versuch, die Handschriften der Familie ß einander zuzuordnen, fällt ins Auge, daß F und P sehr nahe miteinander verwandt sind (ф) : Varianten : 1, I, 1, 2,
13, 17 (393) 13, 17 (400) 21, 45 (1277) 7, 28 (831)
nebulosa] tenebrosa deserens) deßueret cunctis] multis Christi] sancti P sanctum F
Auslassungen : 1, 14, 21 (493/495) 1, 16, 30 (691)
sed-custodissent celeriter-fuerat u.v.a.
andere Tempora : 1, 21, 45 (1272) 1, 22, 47 (1318) 2, 7, 27 (787)
clamat] clamauit appellauit] appellat intellegit] intellexit
Umstellungen : 1, 18, 37 (975) 2, 9, 34 (1025)
hircorum potat sanctus Spiritus
Schreibfehler : 1, 16, 31 (728) 2, 7, 28 (826)
didicerant] dedicerent seruitutem] uirtutem
Die Beispiele ließen sich vermehren. ф F P (ф) hat eine gemeinsame Vorlage mit T und V (ф); ^-Lesarten : 1, 20, 41 (1150) confusus] confessus 1, 20, 41 (1151) 2, 2, 8 (316)
confundetur] confitebitur affirment] affirmant
und einige mehr, die im Apparat ausgewiesen sind. Y F P und T V (y) lesen gemeinsam: 1, 16, 27 (607) esset ei fletus I, 20, 39 (1090) a solis ortu] ab ortu solis I, 20, 42 (1197) nouerat] noueront
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EINLEITUNG
Innerhalb y ist die Gruppierung FPV noch bemerkenswert, wo Fehler stehen, die sich in T nicht finden : 1, I, 1, 2,
4, 6 (132) 6, 8 (170) 24, 51 (1456) 3, 9 (317)
atque] itaque immortalitas] mortalitas dicere] dicta (T coni. dictans) ut om.
Daß y und R die Familie /? bilden, wurde bereits gezeigt und kann durch die Beobachtung ergänzt werden, daß es Lesarten gibt, die wahrscheinlich in ß gestanden haben, aber in einer einzelnen Handschrift (hier T) korrigiert oder kontaminiert überliefert wurden, d.h. nun nur noch in F P R V stehen : I, 4, 6 (127) I, 22, 46 (1312/1313) 1, 23, 49 (1417) 2, 2, 4 (127)
lesus] deus (T: his); cf. loh. 1, ю und 1, 3, 5 (112/113) qui in caelis est om. äéciderent] accederent glorificabo] glorifico
Über R wurde bereits ausführlich gesprochen. R hat natürlich auch Lesarten mit einzelnen Hss. der Familie ß: 2, 3, 12 (399) 1, 8, II (276) 2, i, 2 (42) 2, 4, 13 (455) I, 3, 4 (88) u.a. mehr.
tolletur] tollitur R P deo] ideo R T facitis]fecistis R T; ci. Marc. 7, 9. Var. in der NTÜberlieferung quia] qui R T; cf. Rom. 9, 8; Var. in der NTÜberlieferung boni] bonum R V
Nachdem wir nun ein Bild von den beiden Familien a und ß gewonnen haben, ist festzustellen, daß 1. die Vorlage a mit einzelnen Zeugen der Familie ß zusammen geht, 2. a-Fehler auch in Hss.-Gruppen der Familie ß stehen, 3. die Vorlage ß keine gemeinsamen Fehler mit G, S oder W hat, 4. gemeinsame Fehler von Gruppen der Familien a und ß vor kommen, 5. a und ß wenigstens einen gemeinsamen Fehler haben, der darauf hinweist, daß die Vorlage, auf die alle unsere Hand schriften zurückgehen, nicht mit dem Original identisch ist. zu 1). Näheres ist im Zusammenhang mit der Darstellung von a angesprochen (s.o. p. 18). zu 2). Bemerkenswert sind hier: 1,7,10(243) I, n, 15 (340)
discere] cedere a ф apostolus Paulus aф; Paulus als Marginalie in den Text geraten (cf. ibd. 337)
DIE ÜBERLIEFERUNG 1, n, 15 (348) 1, 21, 45 (1288) 2, 2, g (309)
2, 7, 27 (771)
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ex] аeaф; Geläufigkeitsfehler (cf. das Zitat 371) expositum] expositi aфТ eos] illos a P 217 quia2] от. V 219 sacrilegis conui ciis] conuitiis sacrilegis V; conuicii sacrilegas a; conсiis sacrilegis P; con uiciis sacrilegis F; cu////riis sacrilegis T 220 uideret quia] uidet et quid T (uident Т2) 225 ut] unde V 226 aut] an edd. maur. 230 lucem ояг. R 232 profecto от. edd. 234 improbissimum T 235 qui] quia S1
CONTRA ADVERSARIVM I
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mirando laudabat. Quid autem deus uidit a se factum, quod non in luce, quod ipse est, prius uidit esse faciendum? Et quid tam necessario sancta scriptura toties repeteret, quam quod uidit deus bona esse quae fecit, ut hinc informaretur pietas fidelium non pro humano sensu, qui saepe etiam bonis rebus offenditur, quarum causas atque ordinem nescit, de creatura uisibili atque inuisibili iudicare, sed laudanti deo credere et discere ? Tanto enim quisque facilius aliquid proficiendo cognoscit, quanto religiosius, antequam cognosceret, deo credidit. Vidit ergo deus lucem quam fecit quia bona est, quoniam quod faciendum placebat ut fieret, factum placuit ut maneret, quantum cuique rei existendi siue manendi a tanto fabricatore fuerat constituenda mensura. Sed aliud est lux quod est deus, aliud lux quam fecit Deus. Imcomparabiliter autem melior lux ipse qui fecit, nullo modo indigeret ea luce, quam fecit. Et unde iste calumniatur, cur non ista bona tam olim, quam olim est ipse, fecerit Deus, hinc potius intelligendum est, quod non ea fecerit eorum indigus, sine quibus esse in sua perfecta beatitudine potuit sine initio sempiternus. Ideo quippe istorum faciendorum causa sola dei bonitas fuit, quia necessitas eius ulla non fuit. Quidquid itaque iste conuiciatur Deo, quod uelut tunc primum lucem uiderit qui fuisset lucis ignarus, quam sit insulsum et uanum uideret, si lucis ipse intus aliquid haberet. 8, n.Quin etiam stultitiae scribentis assignat, quod tenebras dixerit sine initio semper fuisse, lucem uero initium sumpsisse de tenebris, quasi legerit in eo libro, cui calumniatur, tenebras sempiternas, cum scriptum sit : In princi pio fecit Deus caelum et terram. Terra autem erat inuisibilis et incomposita et tenebrae erant super abyssum. Ex illo ergo tenebrae esse coeperunt, ex quo confusa moles caeli esse coepit ac terrae, antequam facta esset lux, qua illuminaretur quod sine luce fuerat tenebrosum. Quid autem inconueniens, si munda Font. : 243/244 tanto - credidit] cf. Is. 9, 9.
262/264 Gen. 1, 1-2.
Test.: 267/271 quid - affectio] Beda in Gen. 1, 1, 2 (CC n8A, p. 6).
Trad, text.: G SW(6) = a edd. maur.
[R/FP(ф) TV = y] = ß
amfr loa =
237 quod] quae a edd. 238totiensS ßamfr 239 hic a 240 qui] quae T in bonis rebus a 242 uisibilia atque inuisibilia T 243 discere] cedere aф edd.; cetera T facilius от. a cognoscat P 244 religiosus оф (F1) 246 fieret] faceret V 250 indigeret] indieret W1; indigens modo fr lоu; indigeret modo Ram 251 non от. T istam bonam T 252 qui fecerit amlou est от. T 253 sua от. a 261 initium initium б 266 lux esset ay 267 quid] quod T
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CONTRA ADVERSARIVM I
nаe materiae fuerant tenebrosa primordia, ut accedente luce melius quod factum est redderetur et tamquam proficientis hominis, quod postea futurum erat, hoc modo significaretur affectio ? Quamquam qui munere dei potuerit perspicacius ista rimari, inueniet fortasse in creatura, quae ita facta narratur sine interuallis temporalium morarum, distinctum mirabiliter ordinem rerum. Neque enim materies omnino nihil est, de qua in libro sapientiae legitur : Qui fecisti mundum de materia informi. Non ergo quia informis dicta est, omnino nihil est, nec deo fuit uel ipsa coaeterna, tamquam a nullo facta, nec alius eam fecit, ut haberet deus, de qua faceret mundum. Absit enim ut dicatur omnipotens non potuisse facere, nisi unde faceret inueniret. PL 610 Ergo et ipsam deus fecit. Nec mala est putanda, quia informis, sed bona est intellegenda, formabilis id est formationis capax. Quoniam si boni aliquid est forma, nonnihil est boni esse capacem boni. Sicut uox confusa est clamor sine uerbis, uox uero articulata fit cum formatur in uerba. Est ergo illa formabilis, ista formata, illa, quae formam capit, ista, quae habet. Nam quid horum unde fiat, in promptu est. Neque enim quisquam dixerit de uerbis fieri sonum uocis, sed potius de uoce fieri uerba sonantia quis non intellegat ? 9, 12. Nee putandus est deus informem prius fecisse materiam et interuallo aliquo interposito temporis formasse, quod infor me prius fecerat, sed sicut a loquente fiunt uerba sonantia, ubi non prius uox informis post accipit formam, sed formata profertur, ita intellegendus est deus de materie quidem informi Font. : 275 Sap. n, 18. cf. Aug.: 274 neque - est] nat. bon. 18 (Plotinus 1, 6, a) ; uera relig. 18, 36; diu. quaest. 54 ; c. Faust. 20, 14 ; conf. 12, 6, 6. 275/276 conf. 12, 3, 3. 276/281 uera relig. 18, 35-36. 283/286 mag. n, 36. 289/297 conf. 12, 12, 15. 289/294 uera relig. 18, 35. 26, 49; gen. ad litt. 4, 9. Test. : 274 neque - est] Porph. Proсl, in Tim. 392, 9. Trad, text.: G SW(6) = a edd. maur.
[R/FP() TV = y] = ß
amfr lou =
268 accidente o ; accedente F 269 melius] eius a 271 perspicatius G S1 272 inueniat RV 273/274 rerum ordinem T 274 enim от. Т 276 deo] ideo R T 278 dicatur] iudicetur V1 (l dicatur V2i.marg.) 280quia formabilis lou maur. 284 uerbo T 286 promptum S1 287 uocis] uerbi G S/r (uerbis S,