Onkologie - die Tumorerkrankungen des Menschen. Band 1 Onkologie - Die Tumorerkrankungen des Menschen: Entstehung, Wachstum, Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten [2., vollständig überarbeitete Auflage] 9783110651669, 9783110647877

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German Pages 893 [894] Year 2021

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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
1 Der Begriff Tumor
2 Häufigkeiten von Tumorerkrankungen
3 Regelkreise der Wachstumskontrolle normaler Zellen
4 Krebsentstehung (Karzinogenese)
5 Wachstum von Tumoren
6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem
7 Grundzüge der Tumortherapie
Schlussbemerkung und Haftungsausschluss
Sachregister
Über den Autor
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Onkologie - die Tumorerkrankungen des Menschen. Band 1 Onkologie - Die Tumorerkrankungen des Menschen: Entstehung, Wachstum, Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten [2., vollständig überarbeitete Auflage]
 9783110651669, 9783110647877

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Hans-Harald Sedlacek Onkologie – die Tumorerkrankungen des Menschen, 2. Auflage Band 1

Hans-Harald Sedlacek

Onkologie – die Tumorerkrankungen des Menschen Band 1 Entstehung, Wachstum, Diagnostikund Therapiemöglichkeiten

2., vollständig überarbeitete Auflage

Autor Prof. Dr. Hans-Harald Sedlacek Sonnenhang 3 35041 Marburg E-Mail: [email protected]

Das Buch enthält 275 Tabellen.

ISBN: 978-3-11-064787-7 e-ISBN (PDF): 978-3-11-065166-9 e-ISBN (EPUB): 978-3-11-064820-1 Library of Congress Control Number: 2021934684 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Der Verlag hat für die Wiedergabe aller in diesem Buch enthaltenen Informationen mit den Autoren große Mühe darauf verwandt, diese Angaben genau entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abzudrucken. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Die Wiedergabe der Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen und dergleichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um gesetzlich geschützte, eingetragene Warenzeichen, auch wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind. © 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Einbandabbildung: wildpixel / Stock / Getty Images Plus Satz/Datenkonvertierung: Meta Systems Publishing & Printservices GmbH, Wustermark Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Vorwort Dieses Buch informiert Ärzte und in Heilberufen Tätige über die Hintergründe einer Tumorerkrankung, über die jeweiligen Tumorarten sowie über die Möglichkeiten von pharmakologischen und begleitenden Tumortherapieverfahren. Es beschreibt umfassend mit Hilfe von schlagwortartigen Sätzen und zahlreichen Tabellen das aktuelle Wissen über • die biochemischen und molekularbiologischen Grundlagen der zellulären Signalwege, der Zellvermehrung, der Reparatur von Zellschäden sowie des kontrollierten Zelltodes, • die Entstehung von Tumoren durch Viren und Umweltgifte, • das Wachstum von Tumoren und ihre Metastasierung und die Rolle von Mutationen und epigenetischen Einflüssen, • die körpereigene immunologische Wachstumskontrolle von Tumoren und deren Möglichkeiten, sich dieser Kontrolle zu entziehen, • die Möglichkeiten der Chemotherapie mit Zytostatika, Hormonen und Hormonantagonisten und Kinase-Inhibitoren wie auch der Immuntherapie mit Antikörperprodukten, Lymphozyten, Zytokinen, Impfstoffen und Immunmodulatoren • die Entwicklung von Resistenzen gegen jegliche Art der Tumortherapie, • jeden einzelnen Tumortyp sowohl in Bezug auf Vorkommen, Ursachen, Risiken (einschließlich der beteiligten Onkogene und/oder mutierten Tumorsuppressoren und ggf. weiteren pathophysiologischen Eigenheiten) als auch dessen Formen, Entwicklungsstadien und Klassifikationen und die davon abhängigen Therapiemöglichkeiten und Prognosen. Die diesem Wissen zugrundeliegende und weiterführende Literatur ist jedem Kapitel am Ende angefügt. Mit der vorliegenden eingehend überarbeiteten 2. Auflage wurden alle wesentlichen neuen Aspekte und Forschungsergebnisse in der Onkologie berücksichtigt. Die Hoffnung ist, dass dieses Buch durch seine • prägnante Darstellung, • schnelle Informationsmöglichkeit einschließlich seines Schlagwortregisters und • große Informationsbreite dem klinisch tätigen Arzt, anderen in Heilberufen Tätigen wie auch dem informierten Laien eine gute Hilfe sein kann. Marburg, Juli 2021

https://doi.org/10.1515/9783110651669-201

Hans Harald Sedlacek

Inhalt 1 1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.3 1.3.1 1.3.2

Der Begriff Tumor 1 1 Benigne und maligne Tumore 6 Unterscheidung nach Art und Herkunft 6 Solide Tumore 9 Leukämien und Lymphome 11 Einstufung der Entwicklungsstadien 11 Karzinome und Sarkome 14 Leukämien und Lymphome

2

Häufigkeiten von Tumorerkrankungen

3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4

19

Regelkreise der Wachstumskontrolle normaler Zellen 47 48 Rezeptoren 48 Unterschiedliche Strukturen und Aktivierungswege 57 Membran-Enzym-Rezeptoren 76 Adhäsionsproteine G-Protein-Rezeptoren (Guanosinnukleotid-bindende Protein-gekoppelte 87 Rezeptoren) 89 3.1.5 Ionenkanal-Rezeptoren 91 3.1.6 Nukleäre Rezeptoren 100 3.2 Transmembrane Proteasen 102 3.3 Zytoplasmatische Signalwege 3.3.1 Adapterproteine, Kinasen, Phosphatasen, GTPasen, Phospholipasen, 102 Binde-Domänen 3.3.2 Src-Kinasen und Homologe zur Vermittlung, Verstärkung und 114 Kreuzvernetzung 119 3.3.3 Der RAS/Raf/MAPK/ERK-Signalweg 120 3.3.4 Der ASK-1/JNK-Signalweg 122 3.3.5 Der PI3K/AKT-Signalweg 125 3.3.6 Der PLC/PKC-Signalweg 127 3.3.7 Der FAK/PLCγ-Signalweg 129 3.3.8 Der JAK/Tyk/STAT-Signalweg 132 3.3.9 Der Smad-Signalweg 135 3.3.10 Wnt-Signalwege 137 3.3.11 Notch-Signalweg 139 3.3.12 Der Hedgehog (Hh-)-Signalweg 141 3.3.13 NFκB-Signalwege 150 3.4 Zellteilung 3.4.1 Zellteilungsphasen (Zellzyklus), Cylin-abhängige Kinasen 150 und Regulatorproteine

VIII 3.4.2 3.4.3 3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.4 3.5.5 4 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.3 4.3.1 4.3.2

Inhalt

Einfluss der Cyclin-abhängigen Kinasen (Cdk/Cycline) 161 Beteiligte Transkriptionsfaktoren 219 Kontrollierter Zelltod (Apoptose) 219 Eigenschaften Pro-apoptotische Caspasen und ihre Inhibitoren (IAP) 227 Rezeptor-vermittelte (extrinsische) Aktivierung 235 Zellintern bedingte (intrinsische) Aktivierung 247 Regulation der Apoptose

158

223

4.5 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4 4.6.5 4.6.6 4.6.7 4.6.8

Krebsentstehung (Karzinogenese) 255 255 Störung der Homöostase 263 Stufen der Kanzerogenese 263 Initiation, Promotion und Progression 267 Stabile epigenetische Veränderungen 270 Krebsgene 270 Aktivierung von Onkogenen Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen und von Metastasierungs283 suppressorgenen Kleine RNA-Moleküle (small nuclear RNA (snRNA), mikro-RNA (miRNA), 293 small interfering RNA (siRNA)) 297 Erbliche Ursachen 304 Erworbene Ursachen 306 Entstehung von Mutationen 311 Karzinogene 326 Ernährungsgewohnheiten 350 Hormone und hormonaktive Substanzen 363 Reaktive Sauerstoff- und Stickstoffspezies 375 Chronische Entzündungen, bakterielle und parasitäre Infektionen 406 Virale Infektionen 415 Strahleneinwirkungen

5 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.3

427 Wachstum von Tumoren 427 Entwicklung des Tumorgewebes 427 Klonale Entwicklung und Tumorstammzellen 436 Tumorproliferation und Zielzellen der Tumortherapie 441 Erfassung des Tumorvolumens und seiner Veränderungen 445 Gefäßneubildung und Blutversorgung 445 Angiogenese 456 Vaskularisation von Tumoren Blutfluss, Druckverhältnisse, Konvektion und Diffusion in Tumoren 467 Bildung von Metastasen

6 6.1

Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem 485 Hypothese der Immunüberwachung

4.4

485

460

IX

Inhalt

6.2 6.2.1 6.2.2 6.3 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3 6.5 6.5.1 6.5.2 6.5.3 6.5.4 6.5.5 6.6 6.6.1 6.6.2 6.6.3 6.7 6.8 6.9 6.10 6.11

7 7.1 7.2 7.3 7.4 7.4.1 7.4.2 7.4.3 7.5 7.5.1 7.5.2 7.6 7.6.1 7.6.2 7.7 7.7.2 7.7.3

Tumorantigene 490 490 Art, Ursprung und Vorkommen 509 Präsentation der Tumorantigene für das Immunsystem 519 Zytotoxische Wirkstoffe der Immunzellen 523 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr 523 Monozyten, Makrophagen und Granulozyten 531 Helferzellen und Natürliche Killer-Zellen des ILC-Systems Einfluss von Komplement, Gerinnung, Fibrinolyse, Kinine 537 und Thrombozyten 553 Reaktionen der erworbenen zellulären Immunabwehr 553 Entwicklung und Selektion von T-Lymphozyten 555 Antigenspezifische Stimulierung naiver T-Lymphozyten 568 Entwicklung zytotoxischer T-Lymphozyten 572 T-Helfer-Lymphozyten und NKT-Lymphozyten 574 Aktivierung von T-Lymphozyten durch Superantigene 575 Erworbene humorale Immunreaktionen Entwicklung, Selektion und Reifung der B-Lymphozyten 575 und Antikörpern 594 Regulation des Antikörperspiegels 596 Antikörpervermittelte zytotoxische Reaktionen 601 Regulatorische Immunzellen (Treg, MDSC, M2, NKtol, NKreg) Gedächtnis-Lymphozyten (Tmem, Bmem), Boosterreaktionen 611 und Plasmazellen 616 Immun-Resistenz von Tumoren 623 Einfluss des zentralen und peripheren Nervensystems 633 Labordiagnostik von Tumoren

649 Grundzüge der Tumortherapie 649 Therapeutische Ziele 656 Chirurgische Maßnahmen 657 Radiotherapie 666 Chemotherapie mit Zytostatika 666 Wirkstoffe 687 Resistenz und Resistenzentwicklung Möglichkeiten der Tumortherapie trotz einer Resistenzentwicklung 703 Hormontherapie 704 Wirkstoffe 712 Resistenzen und Resistenzentwicklungen 715 Therapie mit Inhibitoren der zellulären Signaltransduktion 716 Wirkstoffe 728 Resistenzen und Resistenzentwicklungen 730 Immuntherapie 754 Zytokine Adoptive Therapie mit autologen Immunzellen (TIL, mTCR-T; CAR-T)

696

756

X

Inhalt

7.7.4 7.7.5 7.7.6 7.8 7.8.1 7.8.2 7.9 7.10

Impfstoffe 762 765 Synthetische Immunmodulatoren 766 Onkolytische Viren 770 Weitere therapeutische Verfahren 770 Autologe oder allogene Stammzelltransplantation 772 Medikamentöse Behandlung der Nebenwirkungen 822 Schmerzlinderung 832 Alternative und komplementäre Behandlungsverfahren

Schlussbemerkung und Haftungsausschluss Sachregister Über den Autor

847

849 883

Das Kapitel 8 finden Sie in Onkologie – die Tumorerkrankungen des Menschen, Band 2: Organspezifische Tumore: Ursachen, Stadien und Therapien, ISBN 978-3-11-075950-1.

Inhalt Band 2 8

Formen, Ursachen, Entwicklungsstadien und Behandlungsverfahren von 1 Tumorerkrankungen der einzelnen Organe

Schlussbemerkung und Haftungsausschluss Sachregister Über den Autor

971 1003

969

1 Der Begriff Tumor Unter Tumor (lateinisch: Schwellung) wird im allgemeinen Sinne eine lokal begrenzte Volumenzunahme eines Gewebes verstanden. Diese kann verursacht sein durch: • eine lokal begrenzte Flüssigkeitsansammlung im Bindegewebe von Organen (Ödem), • eine lokale Entzündung mit der Einwanderung von weißen Blutkörperchen (Leukozyten), wobei vorherrschen: • bei akuten Entzündungen Granulozyten und/oder Lymphozyten, • bei chronischen Entzündungen Makrophagen, des Weiteren Fibroblasten und Fibrozyten, • eine kontrollierte lokale Vermehrung von Zellen eines Gewebes (sogenannte Hyperplasie), • ein unkontrolliertes autonomes Wachstum von in ihrem Verhalten entarteten Zellen (Neoplasie) oder • eine Kombination aller oder eines Teiles dieser Ursachen.

1.1 Benigne und maligne Tumore Eine Neoplasie, d. h. ein Tumor oder Geschwulst im engeren Sinne, kann gutartig (benigne) oder bösartig (maligne) sein (siehe Tab. 1.1).

Tab. 1.1: Unterschiede zwischen Normalgewebe und Tumoren. Tumoren Dignität

Normalgewebe Bandbreite

Kapselbildung Entzündungen

Benigne

Prämaligne

Bandbreite

Bandbreite

Maligne Gering

Mittel

Hoch

+







++

+++

(+)

++/(+)



+++



+



+

(+)/+

(+)/++

(+)/ +++

Zellwachstum erhöhte Zellteilungsrate



++

(+)

+



+

+

+/++

+/+++

gewebebarrierendurchbrechend













+

++

+++

infiltrierend













+

++

+++

Bildung von Metastasen













+

++

+++

https://doi.org/10.1515/9783110651669-001

2

1 Der Begriff Tumor

Tumoren Dignität

Normalgewebe

Benigne

Prämaligne

Maligne

Bandbreite

Bandbreite

Bandbreite

Gering

Mittel

Hoch

Kompression von Blut- und Lymphgefäßen



+



++



+

+/+++

+/+++

+/+++

Bildung neuer Blutgefäße (Angiogenese)



++

(+)

++



+

+/+++

+/+++

+/+++

Verdrängen von Organen



(+)



++



++

+/++

+/++

+/+++

verstärkte Bildung von Wirkstoffen (z. B. Hormonen)



+++

+

++

+

++

+++

++

+/(+)

–, +, ++, +++ = Ausmaß des Zutreffens

Benigne Tumoren zeichnen sich durch folgende Eigenschaften aus: • langsames Wachstum, • deutliche Abgrenzung gegenüber dem angrenzenden Normalgewebe (z. B. durch Ausbildung einer Kapsel) und – keine Zerstörung des umgebenden Gewebes, – kein infiltratives Wachstum in das umgebende Gewebe, – kein infiltratives Eindringen in Blutgefäße, Lymphgefäße oder Körperhöhlen, • jedoch Einengung und gegebenenfalls Verdrängung von angrenzendem Normalgewebe; hierdurch können Krankheitssymptome entstehen, zum Beispiel in Folge: – der Einengung von Blutgefäßen, Ausführungsgängen oder Körperhöhlen, – der Rückbildung von Geweben und Organen (Druckatrophien), – der Kompression von Nervengewebe – der Beeinträchtigung des Bewegungsapparates, • keine Bildung von Tochtergeschwülsten (Metastasen). Bei der feingeweblichen (histologischen) Untersuchung ist – keine übermäßige Zellteilungsrate und – keine Abweichung der Struktur ihrer Zellen und extrazellulären Substanzen vom normalen Bild des Muttergewebes nachweisbar. Dank des vom Normalgewebe abgegrenzten Wachstums ist im Regelfall die vollständige operative Entfernung eines benignen Tumors möglich. Derart operierte Patienten gelten als geheilt.

1.1 Benigne und maligne Tumore

3

Maligne Tumoren zeigen folgende Eigenschaften: • häufig schnelles Wachstum, • unklare oder fehlende Abgrenzung zum Normalgewebe, • infiltratives Wachstum in das umliegende gesunde Gewebe mit – Zerstörung des benachbarten Normalgewebes und – Eindringen in Blutgefäße (Kapillaren, venöse Gefäße), Lymphgefäße, Körperhöhlen, Ausführungsgänge und – körperweite Verbreitung von Tumorzellen, • Bildung von Tochtertumoren/Metastasen (in der Nachbarschaft und entfernt von dem Ersttumor), • Veränderungen der Zellform bei der feingeweblichen (histologischen) Untersuchung (siehe Tab. 1.2): – Abweichung der Struktur der Zellen und extrazellulären Substanzen vom normalen Bild des Muttergewebes (Dysplasie), – Umwandlung der Zelle in eine andere Differenzierungsform als die des Muttergewebes (Metaplasie), – Veränderung des Zellbildes im Sinne einer Dedifferenzierung, sodass das ursprüngliche Muttergewebe nicht mehr erkennbar ist (Anaplasie), – Vermehrung der extrazellulären Matrix (Desmoplasie).

Ohne Behandlung führt das Wachstum eines malignen Tumors im Regelfall zum Tode. Die chirurgische Entfernung der gesamten Tumormasse • kann in frühen Stadien der Entwicklung zur Heilung führen, • ist jedoch besonders bei fortgeschrittenen Tumoren häufig nicht möglich, weil – der Tumor infiltrativ ein lebenswichtiges Organ befallen hat, dessen Entfernung nicht mit dem Leben vereinbar ist (sodass in diesem Organ Lokalrezidive entstehen können), – bereits Tumorzellen im Körper über die Lymphgefäße, den Blutkreislauf oder über Körperhöhlen gestreut worden sind (und diese Tumorzellen sich nach Jahren zu Metastasen entwickeln können), – sich bereits Metastasen in anderen lebenswichtigen Organen gebildet haben.

Tab. 1.2: Veränderungen der Zellstruktur eines Gewebes. Begriff

Hyperplasie

Zellveränderung

Beispiele

über das normale Maß hinausgehende

Gebärmutter: glandulär-zystische

Vermehrung von Zellen eines Gewebes

und adenomatöse Hyperplasie

oder Organes; Zellen sind nicht

Haut: angiolymphoide Hyperplasie

vergrößert (numerische Hypertrophie);

Leber: fokale noduläre Hyperplasie

reversibel nach Wegfall der die

Magenepithel: foveoläre Hyperplasie

Zellteilung verursachenden Ursache

Lymphknoten: follikuläre Hyperplasie

4

1 Der Begriff Tumor

Begriff

Zellveränderung a) Fehlbildung

Dysplasie

b) Abweichung der Struktur von Zellen und extrazellulären Substanzen vom normalen Bild eines Gewebes

Blutbildung außerhalb des Knochenmarkes Metaplasie reversible Umwandlung einer differenzierten Zelle in eine andere Differenzierungsform

Beispiele Hüftdysplasie Vorstufen von Neoplasien (Präkanzerosen z. B. Epitheldysplasien der Haut und der Schleimhäute, des Schilddrüsenepithels und der Pigmentzellen der Haut) Blutbildung in der Milz und Leber beim Embryo, der Osteomyelofibrose oder der chronischen myeloischen Leukämie Kalkablagerungen und Verknöcherungen im Binde- und Stützgewebe (Myositis ossificans, Spondylitis ankylosans) Vorstufen von Neoplasien (Präkanzerosen)

a) Regenerationsgewebe: Neubildung von Gewebe durch Vermehrung von Zellen für die Wiederherstellung von Gewebeverlusten

Granulationsgewebe in der Wundheilung

b) Neoplasma: örtliche, autonome, enthemmte Vermehrung von Zellen (Überschusswachstum durch Verlust der Wachstumsregulation); irreversibel

gutartige (benigne), bösartige (maligne) und prämaligne Tumore

Vermehrung der extrazellulären Matrix

Zunahme von kollagenhaltigem Stroma in einer Neoplasie

Neoplasie

Desmoplasie

Anaplasie

Veränderung des Zellbildes im Sinne einer Dedifferenzierung, sodass das ursprüngliche (Mutter-)Gewebe nicht mehr erkennbar ist

absolute und relative Vergrößerung des Zellkernes (Kernplasmarelation) und der Kernkörperchen (Nukleolen), gesteigerte Anfärbbarkeit des Zellkernes (Kernhyperchromasie) hochmaligne Tumoren mit großem Metastasierungspotenzial

Neben der bestmöglichen chirurgischen Entfernung eines malignen Tumors sind somit zusätzliche Behandlungsverfahren notwendig, um verbleibende Tumorzellen abzutöten oder in ihrem Wachstum zu hemmen. Hierzu gehören die (siehe Tab. 1.3): • Radiotherapie: die Bestrahlung des Tumors und/oder des Tumorbettes mit zytotoxischen Gammastrahlen oder Betastrahlen, • Chemotherapie: die lokale oder systemische Behandlung mit Zellgiften, den sogenannten Zytostatika, • Hormontherapie: die Hemmung von Tumoren, welche durch Hormone zum Wachstum angeregt werden, durch Antihormone oder Synthesehemmer von Hormonen, • Enzyminhibitionstherapie: die Hemmung von Tumoren durch Inhibitoren von Enzymen (z. B. Proteinkinasen) der zellulären Signalübertragung;

1.1 Benigne und maligne Tumore



5

Immuntherapie: die Hemmung von Tumoren, – Antigenspezifisch durch monoklonale Antikörper, durch geprägte Immunzellen oder durch Impfstoffe (spezifische Immuntherapie) oder – nicht antigenspezifisch (unspezifische Immuntherapie) durch monoklonale Immunmediatoren (Zytokine, monoklonale Antikörper, kleinmolekulare Inhibitoren) oder durch Entzündungserreger (z. B. Bakterien).

Tab. 1.3: Grundsätzliche Therapiemöglichkeiten von Tumoren. Wachstumsstadium des Tumors benigne Tumoren abgegrenzter kleiner Primärtumor (Gewebsschranken noch nicht durchbrochen)

Chirurgische Entfernung

Radiotherapie

Chemotherapie

Tumorspezifische/ alternative Therapieverfahren

+







+

?

?

Hormontherapie bei hormonsensitiven Tumoren

infiltrativ wachsender und/ oder großer Primärtumor; Gewebsschranke durchbrochen maligne (Tumorzellen Tumoren wahrscheinlich bereits im Körper gestreut)

+

Primärtumor mit Metastasen im regionalen Lymphknoten

+

Primärtumor mit Metastasen in entfernten Organen (Fernmetastasen)

+

+, trifft zu; −, trifft nicht zu

+

präoperativ (neoadjuvant) postoperativ (adjuvant)

+

+

präoperativ (neoadjuvant) postoperativ (adjuvant)

+

+

Hormontherapie bei hormonsensitiven Tumoren Therapie mit ProteinkinaseInhibitoren Immuntherapie (spezifisch oder unspezifisch)

+

6

1 Der Begriff Tumor

1.2 Unterscheidung nach Art und Herkunft Tumore werden nach ihrem Ursprung unterschieden. Dieser bestimmt sich nach dem Keimblatt, welchem das jeweilige Muttergewebe des Tumors entstammt (siehe Tab. 1.4). Tab. 1.4: Keimblätter und hieraus sich entwickelnde Gewebe und Organe. Äußeres Keimblatt/Ektoderm

Mittleres Keimblatt/Mesoderm

Inneres Keimblatt/Entoderm

Epidermis der Haut, Mundhöhle, Speiseröhre und des Afters, Epithel der Schweißdrüsen, Talgdrüsen, Milchdrüsen und der Haarbälge

Binde- und Stützgewebe (Knochengerüst, Knorpel, Bindegewebe, Skelettmuskulatur), glatte Muskulatur der Eingeweide, Peritoneum und Pleura

Schleimhäute von Magen und Darm, Drüsenepithel der Leber und Bauchspeicheldrüse

Herz, Blut- und Lymphgefäße, Blutzellen, Immunsystem mit Milz und Lymphknoten

Atmungstrakt/Nasenschleimhaut, Luftröhre, Bronchialepithel, Lunge

neuroendokrine Zellen (im Atmungstrakt, Verdauungstrakt, Pankreas, Nebennierenmark, in der Prostata, Schilddrüse)

Niere, Nebennierenrinde

Harnblase und Harnröhre

Sinnesorgane

Keimdrüsen, innere Geschlechtsorgane

Thymus, Schilddrüse

Nervensystem

1.2.1 Solide Tumore Je nach den Zellen der Gewebe, von welchen solide Tumoren abstammen, werden diese wie folgt unterschieden (siehe Tab. 1.5): • Tumoren des Epithelgewebes der Haut, der Schleimhäute und der Drüsen: – Adenome sind benigne Tumore des Drüsenepithels; – Karzinome und Adenokarzinome stellen maligne Tumore der Epithelien bzw. der Drüsenepithelien dar; – Karzinome und Adenokarzinome machen insgesamt etwa 80 % aller malignen Tumoren aus. Tumoren des Binde- und Stützgewebes: • – Sarkome sind die malignen Tumore des Binde- und Stützgewebes; – Weichteilsarkome stammen von solchen Geweben des Bewegungsapparates und der inneren Organe ab, die keine Stützgewebe (Knochen, Knorpel) darstellen. Tumoren des zentralen und peripheren Nervengewebes werden unterteilt in: • – Tumoren von Zellen des Gehirns und Rückenmarkes und – Karzinoide, das sind Tumore von neuroendokrinen Zellen (NET/Neuroendokrine Tumoren), die ▪ in zahlreichen Organen (Atmungstrakt, Verdauungstrakt, Pankreas, Nebennierenmark, Prostata) vorkommen und

1.2 Unterscheidung nach Art und Herkunft

im Magen-Darmtrakt überwiegend im terminalen Dünndarm (Ileum) und im Blinddarm (Appendix) auftreten. Tumoren von Zellen des embryonalen Gewebes: – werden Blastome genannt und – treten vorwiegend bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen auf. Tumoren von versprengten Keimzellen oder (omnipotenten) Zellen der Keimblätter werden unterschieden in: – germinomatöse (d. h. direkt von Keimzellen abstammende) Tumoren; – nicht germinomatöse (d. h. von Zellen der Keimblätter abstammende) Tumoren. ▪





7

Tab. 1.5: Unterteilung der soliden Tumoren nach Herkunft. Ursprungsgewebe/-zelle Gewebe/Organ

Epithelgewebe

Beispiele für Tumoren

Zelltyp

Benigne

Maligne

Epidermis der Haut

Papillome

Plattenepithelkarzinome

Schleimhautepithelien

hyperplastische Polypen

Schleimhautkarzinome

Drüsenepithelien

Adenome

Adenokarzinome

Knochenzellen (Osteoblasten)

Osteome

Osteosarkome

Knorpelzellen (Chondroblasten)

Chondrome

Chondrosarkome

Bindegewebszellen (Fibroblasten)

Fibrome

Fibrosarkome

Fettzellen

Lipome

Liposarkome

Muskelzellen des Skeletts

Rhabdomyome

Rhabdomyosarkome

Muskelzellen der inneren Organe (glatte Muskelzellen)

Leiomyome, uterine Myome

Leiomyosarkome

Karzinome

Sarkome

Binde- und Stützgewebe

Gelenke

gering differenzierte Zellen

maligne fibröse Histiozytome

Synovialzellen

Synovialzellsarkome

Endothelzellen der Blutgefäße Blut- und Lymphgefäße

Blutschwamm (Hämangiome)

Angiosarkome, Hämangiosarkome, maligne Hämangioendotheliome

Perizyten der Blutgefäße

Hämangioperizytome

Endothelzellen der Lymphgefäße

Lymphangiosarkome, Kaposi-Sarkome

Weichteilsarkome

8

1 Der Begriff Tumor

Ursprungsgewebe/-zelle Gewebe/Organ

Zelltyp

Beispiele für Tumoren Benigne

Maligne primitive neuroektodermale Tumore (PNET), Medulloblastome

Neuroektoderm Astrozytome (Grad 1)

anaplastische Astrozytome

Oligoastrozytome (Grad 1)

anaplastische Oligoastrozytome

Gliome

Oligodendrogliome, Glioblastome (multiforme oder Riesenzell-G.), Gliosarkome

myxopapilläre Ependymome

Ependymoblastome, maligne Ependyme

Astrozyten

zentrales und peripheres Nervensystem Gliazellen

neuroektodermale Zellen

embryonales Gewebe

Arachnoideazellen

Meningeome

Schwann’sche Zellen

Schwannome, Neurolemmoma

neuroendokrine Zellen (Atmungstrakt, MagenDarmtrakt, Pankreas, Schilddrüse (C-Zellen), Nebennierenmark)

benigne Apudome („amine precursor uptake and decarboxylation“ für die Bildung von MonoaminNeurotransmittern, wie Serotonin, Dopamin und Histamin)

Melanozyten (Haut (Epidermis), Auge [Aderhaut, Regenbogenhaut])

Muttermale (Nävi)

neuroektodermale Tumore

Neurofibrosarkome Thymuskarzinoid, kleinzelliges Bronchialkarzinom (SCLC, Lunge), Gastrinome (Magen, Duodenum, Pankreas), neuroInsulinome, Glukaendokrine gonome, VIPome, Tumoren Somatostatinome (Karzinoide) (Pankreas), Ileum-, Appendix- oder Rektumkarzinoide, medulläres Schilddrüsenkarzinom, malignes Phäochromozytom (Nebennierenmark)

Melanome

Neuroektoderm

primitive neuroektodermale Tumore (PNET), Medulloblastome

Neuroblasten

Neuroblastome

Neuroblasten des Kleinhirns

Medulloblastome

Retinoblasten (Netzhaut des Auges)

Retinoblastom

Melanome

Blastome

1.2 Unterscheidung nach Art und Herkunft

Ursprungsgewebe/-zelle Gewebe/Organ

embryonales Gewebe

9

Beispiele für Tumoren

Zelltyp

Benigne

Hypophysentasche (Rathke-Tasche)

Kraniopharyngeom

Knochenzellen (Osteoblasten)

Osteoblastome

Maligne

Blastome Nierenzellen (Nephroblasten)

Nephroblastome

Leberzellen (Hepatoblasten)

Hepatoblastome

Keimzellen

Germinome

Keimzellen und unreife Sertoli- oder Granulosazellen

Ektoderm (monodermal) versprengte Keimzellen bzw. Keimblattzellen

Germinome (Gehirn), Dysgerminome (Ovar), Seminome (Hoden) Polyembryoma (Ovar); Gonadoblastoma (Hoden, Ovar)

Keimzellentumore (germinomatös)

Epidermoide, Dermoidzysten (Haut, Gehirn, Hoden) Struma ovarii in der Schilddrüse reife Teratome (Ovar, Steißbein)

Ekto-, Meso-, und Entoderm

Teratokarzinome (Hoden), unreife Teratome embryonale Karzinome (Ovar, Hoden)

Keimzellentumore (nicht germinomatös)

endodermaler Sinustumor (Dottersacktumor) Plazenta (Zytotrophoblast und Synzytiotrophoblast)

Chorionkarzinom

1.2.2 Leukämien und Lymphome Leukämien und Lymphome sind maligne Erkrankungen der blutbildenden Zellen. Im Regelfall führen sie ohne wirksame Behandlung zum Tode des Patienten. Zwischen den einzelnen Formen der Leukämien und Lymphome bestehen erhebliche Unterschiede: • in dem Typ der maligne entarteten Blutzelle; • in der Häufigkeit des Vorkommens;

10 •



1 Der Begriff Tumor

in der Aggressivität des Wachstums (d. h. dem Grad der Malignität); diese drückt sich bereits schon aus in – einem akuten Verlauf (akute Leukämien) oder – einem chronischen Verlauf (chronische Leukämien); in der Möglichkeit, das Wachstum durch therapeutische Verfahren zu hemmen.

Nach der Herkunft der Leukämien und Lymphome werden grundsätzlich Leukämien unterschieden, die ihren Ursprung haben in • maligne entarteten myeloiden Stammzellen (engl. Colony Forming Units, CFU) so z. B.: – Myeloproliferative Neoplasien – Akute myeloische Leukämien, – Chronische myeloische Leukämien – Polycythaemia Vera (erythroblastoide Leukämie) – Essentielle Thrombozythämie (Megakaryozyten-Leukämie) – Chronische myelomonozytäre Leukämie, – Systemische Mastozytose, – Chronische Neutrophilenleukämie, – Chronische Eosinophilenleukämie • malignen entarteten Lymphozyten, wie beispielsweise: – Thymozyten (Thymome), – T-Lymphozyten, wobei je nach Form der leukämischen Zelle unterschieden wird z. B. zwischen: ▪ T-Zell-Leukämien (akut oder chronisch), ▪ T-Zell-Lymphomen – B-Lymphozyten, wobei auch hier je nach Form und/oder bevorzugter Lokalisation des Lymphoms unterschieden wird z. B. zwischen: ▪ B-Zell-Leukämien (akut oder chronisch), ▪ B-Zell-Lymphomen (Non-Hodgkin-Lymphome/NHL) ▪ Hodgkin-Lymphome (HL) – Plasmazellen (Plasmazytome, Myelome), – Natürliche Killerzellen (NK-Zell-Leukämien). Bei • • •

den Lymphomen erfolgt eine zusätzliche Unterteilung in: Hodgkin-Lymphome (HL), Non-Hodgkin-Lymphome (NHL), die alle übrigen Lymphome umfassen; durch Infektionserreger bedingte Lymphome; zu denen gehören: – Epstein-Barr-Virus (EBV) induzierte Lymphome: ▪ Burkitt-Lymphome, ▪ aggressive T-Lymphozyten/NK-Zell-Lymphom, ▪ lymphomatoide Granulozytose, ▪ AIDS-assoziierte Lymphome/primäre cerebrale Lymphome, – humanes T-Lymphozyten-Virus (HTLV-1) induzierte Lymphome (adulte T-ZellLymphome, ATL),

1.3 Einstufung der Entwicklungsstadien

– –

11

humanes Herpes-Virus 8 (HHV-8) induzierte Lymphome seröser Körperhöhlen, Helicobacter pylori induzierte Lymphome (extranodale marginale B-Zell-Lymphome in dem Mukosa assoziierten lymphatischen Gewebe (MALT)).

1.3 Einstufung der Entwicklungsstadien Maligne Tumoren durchlaufen mehrere Entwicklungsstadien, bis sie zum Tode des Patienten führen. Diese Entwicklungsstadien sind je nach Art des Tumors unterschiedlich und werden klinisch-diagnostisch wie folgt erfasst.

1.3.1 Karzinome und Sarkome Karzinome werden eingestuft: • nach der TNM-Klassifikation (siehe Tab. 1.6), wobei die Abkürzung beinhaltet: – T: lokales Tumorwachstum, – N: Metastasen in den regionalen (das Tumorgebiet drainierenden) Lymphknoten, – M: Fernmetastasen in entfernten Lymphknoten oder in anderen Organen, • wobei die Einstufung erfolgt: – pTNM: mit Hilfe der Ergebnisse einer pathologisch-histologischen Untersuchung von Gewebeproben des Tumors und der Lymphknoten, – yTNM: nach einer neoadjuvanten Therapie, – rTNM: bei einem Rezidiv, – aTNM: im Rahmen einer Autopsie. Sarkome werden grundsätzlich ähnlich wie Karzinome eingestuft (siehe Tab. 1.7). Bei beiden Tumorarten wird der Entwicklungsstand durch zusätzliche Parameter beschrieben. Hierzu gehören (siehe Tab. 1.8): – der histologisch ermittelte Differenzierungsgrad der Tumorzellen als Hinweis auf deren Malignität (G1 bis G4), – die makroskopisch und mikroskopisch ermittelte Vollständigkeit der erfolgten Tumorresektion (R0 bis R3), – die makroskopisch und mikroskopisch ermittelte Invasion von Tumorzellen in Venen (V0, V1, V2) und/oder Lymphgefäße (L0, L1), – die Sicherheit der erfolgten Einstufung (C1 bis C5) auf Grund der Eingriffe und angewandten Untersuchungsmethoden.

12

1 Der Begriff Tumor

Tab. 1.6: TNM-Entwicklungsstadien von Karzinomen. Karzinomstadien

Lokales Wachstum

Bildung von Metastasen

Bildung von

des Primärtumors (T)

in den drainierenden

Fernmetastasen

(regionalen)

(M)

Lymphknoten (N) 0

T0

TX

nicht untersucht/nicht beurteilbar kein Anhaltspunkt für einen Tumor

T0

(z. B., wenn nur Metastasen vorliegen, CUP (cancer of

Tis, N0, M0

unknown primary)) auf das Epithel beschränkt Tis

(intraepitheliales (in situ) Karzinom)

N0

keine Metastasen in Lymphknoten

keine M0

Metastasen

hat die Basalmembran durchbrochen und ist in I

T1, N0, M0

T1

die Lamina propria oder Submukosa eingedrungen und/oder größter Tumordurchmesser < 2 cm

T2, N0, M0

ist in die Muscularis

T2 T3, N0, M0

ein oder wenige

propria/mucosa oder in

regionale

die Subserosa eingedrungen

und direkt

und/oder größter Tumor-

N1

drainierende

durchmesser > 2 cm bis

Lymphknoten mit

≤ 5 cm

Metastasen

II

befallen hat das viszerale Peritoneum Tis bis T3, N1 oder N2,

mittlere Zahl von

durchbrochen und/oder T3

M0

größter Tumordurchmesser

regionalen N2

> 5 cm

Lymphknoten mit Metastasen befallen

T4, N0, M0 III

jedes T, N1 oder N2, M0

IV

zahlreiche regionale oder

jedes T, jedes N, M1

ist in benachbarte T4

Strukturen/Organe eingedrungen

entferntere N3

Lymphknoten mit Metastasen befallen

M1

Fernmetastasen

1.3 Einstufung der Entwicklungsstadien

13

Tab. 1.7: Entwicklungsstadien von Sarkomen. Eigenschaften des Primärtumors Sarkomstadien

Tumorgröße

Tx

0

T0, G0, N0, M0 T0

IA

T1, G1, N0, M0

T1

nicht beurteilbar

kein Anhaltspunkt für einen Tumor

Morphologie (Grading)

Gx

G0

Tumor ≤ 5 cm G1

IB

T2, G1, N0, M0

IIA

T1, G2, N0, M0

IIB

T2, G2, N0, M0

IIIA

T1, G3–4, N0, M0

IIIB

T2, G3–4, N0, M0

IVA

jedes T, jedes G, N1, M0

IVB

jedes T, jedes G, jedes N, M1

T2

Infiltration/ Invasion

nicht beurteilbar

keine Atypien

weitgehend ähnlich der Normalzelle

auf Ausgangsorgan/ Gewebe beschränkt

Bildung von Metastasen in den regionalen (drainierenden) Lymphknoten

Nx

nicht beurteilbar

N0

keine Metastasen in Lymphknoten

N1

ein oder wenige regionale und direkt drainierende Lymphknoten mit Metastasen befallen

N2

mittlere Zahl von regionalen Lymphknoten mit Metastasen befallen

N3

zahlreiche regionale oder entferntere Lymphknoten mit Metastasen befallen

Tumor > 5 cm

G2

geringfügig atypisch

gering- bis hochgradige Infiltration von benachbarten Geweben/ Organen und/oder mittel- bis begleiG3– hochgradig tender G4 atypisch maligner Erguss

Bildung von Fernmetastasen

Mx

nicht beurteilbar

M0

kein Anhaltspunkt für Fernmetastasen

M1

Fernmetastasen nachgewiesen

14

1 Der Begriff Tumor

Tab. 1.8: Zusätzliche Einstufungskriterien von soliden Tumoren. Differenzierungsgrad der Tumorzellen (Grading) Gx

nicht zu bestimmen

G1

gut differenziert (geringgradige Malignität)

G2

mäßig differenziert (mittelgradige Malignität)

G3

schlecht differenziert (hohe Malignität)

G4

undifferenziert (sehr hohe Malignität)

Vollständigkeit der Tumorresektion

Rx

nicht zu bestimmen

R0

vollständig (Ränder histologisch tumorfrei)

R1

nicht ganz vollständig (Ränder mikroskopisch mit Residualtumoren)

R2

unvollständig (Ränder makroskopisch mit Residualtumore oder Metastasen vorhanden und belassen)

Invasion in venöse Gefäße

Vx

V0

V1

V2

nicht zu bestimmen

nein

ja (mikroskopisch erkennbar)

Invasion in Lymphgefäße

Lx

nicht zu bestimmen

L0

nein

L1

ja (mikroskopisch erkennbar)

Sicherheit der Einstufung

C1

klinische Untersuchung

C2

klinische Untersuchung und bildgebende Verfahren

C3

chirurgische Explorationen und zyto-/histologische Untersuchung von Abstrichen/ Biopsien

C4

chirurgische Eingriffe und histopathologische Untersuchungen

C5

Autopsie und histopathologische Untersuchungen

ja (makroskopisch erkennbar)

1.3.2 Leukämien und Lymphome Leukämien und Lymphome werden gesondert von soliden Tumoren und meist nicht nach dem TNM-System eingestuft. Bei akuten Leukämien besteht definitionsgemäß ein akutes Krankheitsbild. Von prognostischer Bedeutung ist hierbei die Differenzierung der akuten Leukämien nach anamnestischen, morphologischen, molekularbiologischen und immunhistologischen Parametern • Bei akuten myeloischen Leukämien stehen im Vordergrund (siehe Tab. 1.9) – Vorerkrankungen und/oder Vorbehandlungen, – das akute klinische Bild und der Allgemeinzustand des Patienten – genetische Veränderungen • Bei akuten lymphatischen Leukämien sind in ähnlicher Weise von Bedeutung – die Differenzierung gemäß morphologischer, biochemischer und immunzytologischer Parameter, aber auch – das akute klinische Bild und der Allgemeinzustand des Patienten, – genetische Veränderungen

1.3 Einstufung der Entwicklungsstadien

15

Chronisch myeloische und lymphatische Leukämien und Lymphome werden nach folgenden Parametern eingestuft: • Typ und Differenzierungsgrad der maligne entarteten myeloischen oder lymphatischen Blutzellen, • genetische Veränderungen in den Leukämiezellen, • klinischen Entwicklungsstufe wie z. B. – bei der chronisch myeloischen Leukämie (CML) die chronische Phase und die Akzelerationsphase, die überleitet in die Blastenkrise, die in ihrem klinischen Bild weitgehend einer akuten Leukämie entspricht (siehe Tab. 1.9), – bei der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) das Ausmaß der Lymphozytose, der Infiltration von lymphatischen und anderen Organen (siehe Tab. 1.10), – bei Lymphomen die Zahl, Lage und Größenzunahme der Lymphozytentumore in den lymphatischen Organen (siehe Tab. 1.11).

Tab. 1.9: Entwicklungsstadien der chronischen myeloischen Leukämie/CML (WHO und Deutsche CML-Studiengruppe). Im Blut und/oder Knochenmark Stadium

Blutbild

chronische Phase

Leukozytose, mittelgradige Granulozytose,

starke Granulozytose, Anämie, ThromboAkzelerazytopenie tionsphase (< 100.000) oder Thrombozytose (> 1 Mio.)

Blastenkrise

sehr starke Granulozytose, Anämie, Thrombozytopenie

Myeloblasten/ Promyelozyten

Basophile Granulozyten

Lymphoblasten

Weitere Befunde

< 10 %

Milzschwellung (ektopische Blutbildung)

10–30 %

Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, verstärkte Milzschwellung, Leberschwellung (ektopische Blutbildung); zusätzlich zu Ph(+) (t(9;22)(q34;q11)) neue Chromosomenveränderungen (z. B. Isochromosom 17, ein 2. Ph(+), Trisomie der Chromosomen 8 oder 19)

> 30 % (ca. 70 % der CML)

> 20 %

> 20 % (ca. 30 % der CML)

starke Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, Milzschwellung, Leberschwellung, Knochenmark mit großräumigen Blastenherden, in Organen außerhalb Knochenmark, Milz, Leber Blastenherde (Chlorome)

16

1 Der Begriff Tumor

Tab. 1.10: Entwicklungsstadien der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) (Klassifikation nach Binet). Stadium

Blut

Lymphknotenbefall Anzahl

0 I

A

Lymphozytose

II I Lymphozytose

B

II

C

III

IV

Lymphozytose; Anämie (Hb < 10 g/dl) Lymphozytose; Thrombozytopenie (Thrombozyten < 100 ml)

Schwellung

Infiltration/ Vergrößerung weiterer Organe

Sonstige Befunde

nein

< 3 Lymphknoten (Hals, Achsel, Leiste, Leber, Milz)

ja ja

3 oder > 3 Lymphknoten (Hals, Achsel, Leiste, Leber, Milz)

Milz, Leber

nein

3 oder > 3 Lymphknoten (Hals, Achsel, Leiste, Leber, Milz)

ja

Milz, Leber

ja

Milz, Leber

Nachtschweiß, Ekzeme, wiederholte Infekte, Fieber, Gewichtsverlust, Beschwerden durch Schwellungen der betroffenen Organe

Tab. 1.11: Entwicklungsstadien von Lymphomen (Ann-Arbor-Klassifikation). Stadium

Befall der Lymphknoten

I

eine einzige Lymphknotenregion befallen; Lokalisation oberhalb oder unterhalb des Zwerchfelles

II 1

zwei benachbarte Lymphknotenregionen befallen; Lokalisation oberhalb oder unterhalb des Zwerchfells

II 2

mehr als zwei benachbarte Lymphknotenregionen befallen oder zwei nicht benachbarte Lymphknotenregionen befallen; Lokalisation oberhalb oder unterhalb des Zwerchfells

III

mehrere Lymphknotenregionen befallen; Lokalisation oberhalb und unterhalb (auf beiden Seiten) des Zwerchfells

Befall weiterer Organe

S

X IV

Mediastinum nimmt ein Drittel der Brust ein

E

A

keine Krankheitssymptome

B

Fieber > 38 °C, Nachtschweiß, Gewichtsverlust > 10 % in 6 Monaten

Befall der Milz größter Durchmesser eines Tumors > 10 cm

viele Lymphknoten befallen (disseminierter Befall); extralymphatisches Gewebe befallen (Leber, Haut, ZNS)

Erkrankungsgefühl

Invasion in das umgebende Gewebe eines Lymphknotens

1.3 Einstufung der Entwicklungsstadien

17

Weiterführende Literatur Abbott BL. Chronic lymphocytic leukemia: recent advances in diagnosis and treatment. Oncologist. 11: 21–30, 2006. Appere de Vecchi C, Brechot JM, Lebeau B. The TNM classification. Critical review Rev Mal Respir. 15: 323–3 2, 1998. Bassan R, Gatta G, Tondini C, Willemze R. Crit Rev Oncol Hematol. Adult acute lymphoblastic leukaemia. 50: 223–61, 2004. Chiaretti S, Messina M, Foà R. BCR/ABL1-like acute lymphoblastic leukemia: How to diagnose and treat? Cancer. 2019; 125(2):194–204. Cormier JN, Pollock RE. Soft tissue sarcomas. CA Cancer J Clin. 54: 94–109, 2004. Cortes J. Hematol Oncol Clin North Am. Natural history and staging of chronic myelogenous leukemia.18: 569–84, 2004. Cota C, Vale E, Viana I, Requena L, Ferrara G, Anemona L, Metze D, Fink-Puches R, Wiesner T, Cerroni L. Cutaneous manifestations of blastic plasmacytoid dendritic cell neoplasm-morphologic and phenotypic variability in a series of 33 patients. Am J Surg Pathol. 34: 75–87, 2010. Del Rio P, Dell’Abate P, Soliani P, Arcuri MF, Tacci S, Ziegler S, Sianesi M. Old and new TNM in carcinoma of the gastric antrum: analysis of our personal experience. J Gastrointest Surg. 7: 912–6, 2003. Gökbuget N, Baldus C, Brüggemann M, Hauswirth AW, Urs Schanz U (Kneba M, Ottmann OG): Leitlinie Akute Lymphatische Leukämie 2018, 2, https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/ akute-lymphatische-leukaemie-all/@@guideline/html/index.html Gualco G, Chioato L, Weiss LM, Harrington WJ Jr, Bacchi CE. Analysis of human T-cell lymphotropic virus in CD25+ anaplastic large cell lymphoma in children. Am J Clin Pathol.132: 28–33, 2009. Hallek M; German CLL Study Group. Prognostic factors in chronic lymphocytic leukemia. Ann Oncol. 19 Suppl 4: iv51–53, 2008. Hamblin TJ. Prognostic markers in chronic lymphocytic leukaemia. Best Pract Res Clin Haematol. 20: 455– 68, 2007. Hicks RJ, Toner GC, Choong PF. Clinical applications of molecular imaging in sarcoma evaluation. Cancer Imaging. 5: 66–72, 2005. Kaufman M, Rubin J, Rai K. Diagnosing and treating chronic lymphocytic leukemia in 2009. Oncology, 15;23:1030–7, 2009. Kobitzsch BM, Intragenetische IKZF1-Deletionen bei Erwachsenen mit BCR-ABL-negativer akuter lymphatischer Leukämie (ALL), Dissertation Charité − Universitätsmedizin Berlin, 2019, https:// refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/24029. Kotilingam D, Lev DC, Lazar AJ, Pollock RE. Staging soft tissue sarcoma: evolution and change. CA Cancer J Clin. 56: 282–91, 2006. Leger CS, Leitch HA, Galbraith PF, Li CH, Vickars LM. Acute leukemia in patients sixty years of age and older: a twenty year single institution review. Am J Clin Oncol. 32:137–41, 2009. Leung AC, Ghavamian R. Advances in the staging of renal cell carcinoma. Expert Rev Anticancer Ther. 2: 673–80, 2002. Mankin HJ, Hornicek FJ. Diagnosis, classification, and management of soft tissue sarcomas. Cancer Control. 12: 5–21, 2005. Morand JJ, Lightburn E, Simon F, Patte JH. Update on Kaposi’s sarcoma, Med Trop. 67:123–3 0, 2007. Sessions J. Chronic myeloid leukemia in 2007. Am J Health Syst Pharm. 64(24 Suppl 15): 4–9, 2007. Shields TW. Screening, staging, and diagnostic investigation of non-small cell lung cancer patients. Curr Opin Oncol. 3: 297–305, 1991. Skubitz KM, D’Adamo DR. Sarcoma. Mayo Clin Proc. 82: 1409–32, 2007. Smith M, Barnett M, Bassan R, Gatta G, Tondini C, Kern W. Adult acute myeloid leukaemia. Crit Rev Oncol Hematol. 50:197–222, 2004. Tanoue LT, Detterbeck FC. New TNM classification for non-small-cell lung cancer. Expert Rev Anticancer Ther. 9: 413–23, 2009. Van Bockstaele F, Verhasselt B, Philippé J. Prognostic markers in chronic lymphocytic leukemia: a comprehensive review. Blood Rev. 23:25–47, 2009.

18

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2 Häufigkeiten von Tumorerkrankungen Mittlerweile stellen Tumorleiden zumindest in den industrialisierten Ländern die häufigste Krankheit dar (Dagenais et al. 2019). Entsprechend den aktuellen Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO 2018) zählen Krebserkrankungen nunmehr auch weltweit zu der häufigsten Todesursache. In Anbetracht dieser Bedeutung wurden nationale wie auch internationale Krebsregister aufgebaut, um die Tumorerkrankungen in ihrer Gesamtzahl und die Häufigkeit des Auftretens von einzelnen Tumorarten verfolgen zu können. Beispiele hierfür sind die International Association of Cancer Registries (IACR/ http:// www.iacr.com.fr/) und die Global Initiative for Cancer Registry Development (GICR). In diesen Krebsregistern werden die Tumorneuerkrankungen, die Tumor-Todesfälle und die Gesamtzahl der an Tumor Erkrankten erfasst (siehe Tab. 2.1). Da der Hautkrebs, soweit er nicht ein Melanom darstellt, im Regelfall einen gutartigen klinischen Verlauf hat, wird er meist nicht in das Krebsregister aufgenommen.

Tab. 2.1: Angaben im Krebsregister. Direkt ermittelte Zahlen

Absolut

Relativ

Krebssterbefälle (pro Jahr)

gut zu ermitteln

Mortalität

Mortalitätsrate

Krebsneuerkrankungen (pro Jahr)

gut zu ermitteln

Inzidenz

Inzidenzrate

Gesamtzahl der Krebserkrankten (über eine Zeitspanne von 5 oder 10 Jahren)

schwierig zu ermitteln (unzureichende Erfassungsmöglichkeiten)

Prävalenz

https://doi.org/10.1515/9783110651669-002

Prävalenzrate

das prozentuale Verhältnis der Mortalität zur Inzidenz oder bezogen auf eine bestimmte Bevölkerungszahl (meist 100.000 Personen): • aller Altersgruppen und beider Geschlechter oder ausgewählter Altersgruppen, • getrennt nach Geschlecht oder ethnischer Zugehörigkeit oder Tumorart, • ausgewählt nach ausgewählten externen oder internen Faktoren

Rohdaten (RD) d. h., bezogen auf die jeweilige Bevölkerung mit der ihr eigenen Altersstruktur oder altersstandardisierte Raten (ASR) d. h., bezogen auf eine konstruierte Bevölkerung (z. B. Weltbevölkerung mit standardisierter Altersstruktur/ 2000–2025) um landesspezifische Verzerrungen der Daten durch Bevölkerungsverluste in Folge z. B. von Seuchen oder Kriegsereignissen minimieren zu können

20

2 Häufigkeiten von Tumorerkrankungen

Direkt ermittelte Zahlen

Absolut

Relativ

Krebsneuerkrankungen –

komplementär zur Mortalitätsrate:

Krebssterbe-

Überlebens-

das prozentuale Verhältnis der Krebs-

fälle

rate

Überlebenden zur Inzidenz über 1, 5 oder 10 Jahre

Todesfälle

gut zu

Überle-

(pro Jahr)

ermitteln

bende Sterblichkeit einer in einem Parameter

Krebssterbefälle

relative

einheitliche Gruppe von Krebspatienten im

Überlebens-

Vergleich zu einer Gruppe gleichen Alters und/

rate

oder gleichen Geschlechts aus der Allgemeinbevölkerung

Aus diesen direkt ermittelten Zahlen lassen sich des Weiteren berechnen: • das Lebenszeit-Tumor-Erkrankungsrisiko (Lifetime risk of being diagnosed with Cancer), d. h. das durchschnittliche Risiko eines Menschen, während seines Lebens an einem Tumor oder an einer bestimmten Tumorart zu erkranken, • das Lebenszeit-Tumor-Todesrisiko (Lifetime risk of dying from Cancer), d. h. das durchschnittliche Risiko eines Menschen, während seines Lebens an einem Tumor oder an einer bestimmten Tumorart zu sterben. Trotz dieser weitgehend einheitlichen Parameter können die aus den Krebsregistern der verschiedenen Länder veröffentlichten Daten nur bedingt miteinander verglichen werden, da die Erhebungen zum Teil nicht gleichartig oder mehr oder weniger unvollständig sind. Dennoch erlauben diese Zahlen, einige grundsätzliche Informationen abzulesen. Zu diesen gehören aus den Erhebungen für das Jahr 2018 (WHO 2018) folgende Schätzwerte: • die Prävalenz der Krebserkrankungen über einen Zeitraum von 5 Jahren (siehe Tab. 2.2) – liegt weltweit bei etwa 44 Millionen (das entspricht etwa 574 Erkrankungen auf 100.000 Personen = 574/105), – ist kontinental wie folgt sehr unterschiedlich verteilt: ▪ Afrika: 1,9 Mio. (150/105), Asien: 17 Mio. (383/105), ▪ Europa: 12 Mio. (1631/105), ▪ Nordamerika: 8 Mio. (2235/105), ▪ Lateinamerika inklusive Karibik: 3 Mio. (512/105) und ▪ Ozeanien/Australien/Neuseeland: 0,9 Mio. (2234/105); – ist auch unterschiedlich zwischen den einzelnen Ländern und den Tumortypen (siehe Tab. 2.2).

2 Häufigkeiten von Tumorerkrankungen







21

die Inzidenz, das heißt die Zahl der Krebsneuerkrankungen (siehe Tab. 2.3) liegt weltweit etwa bei 18 Mio./Jahr (ca. 125 Neuerkrankungen pro 100.000 Personen und Jahr) und – hat sich weltweit seit dem Jahre 2002 (mit ca. 13 Mio. Neuerkrankungen) um jährlich etwa 2,4 % erhöht, wobei diese Zunahme beeinflusst wird ▪ durch eine weltweit verbesserte Tumordiagnostik, ▪ durch eine weltweit zunehmende statistische Erfassung aller Tumorerkrankungen und ▪ durch eine Erhöhung der durchschnittlichen Lebenserwartung; – hat sich in den USA (NIH/NCI 2019, SEER) ▪ im Zeitraum von 1999–2015 bei Männern dagegen um jährlich 2.1 erniedrigt, ist jedoch bei Frauen unverändert geblieben, wobei Männer (im Zeitraum 2011–2015) immer noch eine etwa 1,2fach höhere Tumor-Inzidenz aufweisen als Frauen und ▪ bei Kindern (0–14 Jahre) um jährlich 0.9 % im Zeitraum 2011–2015 erhöht. die krebsbedingte Mortalitätsrate, d. h. das prozentuale Verhältnis der Mortalität pro Jahr zur Inzidenz im gleichen Jahr liegt im Durchschnitt aller Tumortypen, Länder und Kontinente bei weltweit etwa 53 % und ist abhängig – vom Tumortyp (siehe Tab. 2.3), – vom jeweiligen Kontinent und Land und damit der Leistungsstärke der dortigen Gesundheitsfürsorge und medizinischen Versorgung (siehe Tab. 2.4), ▪ so hat sich zwischen 2012 und 2016 die Krebs-Todesrate in den USA im Durchschnitt um 1,8 % pro Jahr bei Männern und 1,4 % pro Jahr bei Frauen verringert, – vom Geschlecht des Patienten je nach Tumortyp (siehe Tab. 2.5) und Territorium (siehe Tab. 2.6) und – vom Alter des Patienten und dem Territorium (siehe Tab. 2.7, 2.8, 2.9 und 2.10) – wobei sich die Krebsmortalität in den USA verminderte ▪ bei Männern im Durchschnitt um 1,8 % pro Jahr im Zeitraum von 1999–2016 und von 2012–2016, ▪ bei Frauen um 0,9 % pro Jahr (Zeitraum 1999–2002) und 1,4 % pro Jahr im Zeitraum von 2002–2016, ▪ bei Kindern (0–14 Jahre) um 1,3 % pro Jahr im Zeitraum von 1999–2016. die Krebs-Überlebensrate d. h. das prozentuale Verhältnis der Krebs-Überlebenden zu Krebsneuerkrankungen innerhalb eines Zeitraumes von 5 Jahren beinhaltet die komplementäre Darstellung zur Mortalitätsrate.

22

2 Häufigkeiten von Tumorerkrankungen

Tab. 2.2: Prävalenz (über 5 Jahre) maligner Tumoren in Abhängigkeit vom Territorium und Tumortyp (WHO 2018). weltweit höchste Prävalenzrate (pro 105 Personen) pro Tumortyp

Prävalenz (Anzahl × 103 )

Prävalenzrate (pro 105 Pers.)

Weltweit

43841

574

Afrika

1196

186

Ägypten

257

259

Südafrika

223

389

Asien

9345

421

China

7828

550

Indien

2258

167

Indonesien

775

291

Japan

2128

167

Kolon, Magen

Südkorea

749

1464

Schilddrüse

Türkei

471

575

Russland

1365

948

Europa

6114

1591

Deutschland

1944

2362

> 150

≤ 150 ≤ 100

< 100 ≥ 50

< 50 ≥ 20

< 20

Leber Zervix

Ösophagus

Pankreas, Gallenblase

Rektum Magen

Rektum

Leber

Ovar

Mamma

Frankreich

1391

2132

Großbritannien

1368

2055

Italien

1180

1991

Mamma

Niederlande

393

2302

Kolon, Melanom

Österreich

134

1530

Schweden

195

1952

Schweiz

202

2359

Spanien

773

1666

Harnblase

Lunge, Ovar, NHL

Harnblase

Lunge

Melanom

Leukämien

Pankreas, Anus, Kehlkopf Vagina

ZNS, Niere Leukämien, Mundhöhle

Speicheldrüse.

Niere, Multip. Myel.

Hodgkin-L Ösophagus

ZNS Multip.Myel

Hodgkin-L.

23

2 Häufigkeiten von Tumorerkrankungen

Prävalenz (Anzahl × 103 )

Prävalenzrate (pro 105 Pers.)

Lateinamerika

1871

567

Brasilien

1307

620

Mexiko

471

361

Nordamerika

3935

2143

Kanada

853

2308

USA

7280

2228

755

3048

weltweit höchste Prävalenzrate (pro 105 Personen) pro Tumortyp > 150

≤ 150 ≤ 100

Uterus

Schilddrüse

< 100 ≥ 50

< 50 ≥ 20

< 20

Speicheldrüse Vagina

Uterus

NHL

Ozeanien Australien

Melanom

Mundhöhle. Multipl. Myelom.

NHL

Tab. 2.3: Häufigkeit und Mortalität der verschiedenen Krebserkrankungen (2018, weltweit, beide Geschlechter, alle Altersstufen). Krebsneuerkrankungen ICD

maligner Tumor

Anzahl (Mio.)*

pro 100.000 Personen RD

ASR

Krebssterbefälle Anzahl (Mio.)**

pro 100.000 Personen RD

ASR

Mortalitätsrate*** (in %)

≤ 40

< 70

≥ 70

C00–97

alle Tumoren

18,08

237

198

9,56

125

101

53

C70–72

ZNS

0,30

4

4

0,24

3

3

C11

Nasopharynx

0,13

2

2

0,07

1

1

54

C32

Larynx

0,18

2

2

0,09

1

1

50

C09–10

Oropharynx

0,09

1

1

0,05

180 °C) von Asparaginsäure in Anwesenheit von Kohlenhydraten

Pommes frites, Kartoffelchips, Knäckebrot (150–4.000 μg/ kg) Fisch, Fleisch, Sojamehl (5–50 μg/kg) gekochtes Gemüse (< 5 μg/kg)

1.000 μg/kg

4.6 Erworbene Ursachen

Mutagene Karzinogene

Im Lebensmittel vorhanden durch

Peroxide

Erhitzen mehrfach ungesättigter Fettsäuren

PhiP (2-amino-1methyl-6PhenylImidazo [4,5-b]Pyridine)

Aldehyde (Acetaldehyd)

Grenzwerte

(Gehalt)

Lebensmittel

Karzinogenität Mechanismus

Tumoren

Oxidierung von Nukleotiden

Kolonkarzinome

mikrosomale Spaltung von Nitrosaminen in Formaldehyd und Carbeniumionen (CH3+); Bildung von DNAAddukten

Speiseröhren-, Magen-, Kolonkarzinome

geräucherte Fleisch-, Wurst-, Fischwaren und Käse

PAK werden oxidiert zu Epoxiden; (Benzo(a)pyren, Benzo(a)pyren-7,8Dihydroxy-9,10Epoxid), reagieren mit Guanin, bilden DNA-Addukte

Hauttumore, Leukämien, Lymphome

Kochen von Fleisch

Kochfleisch/ Kochwürste (Rind, Schwein)

mikrosomale (p450)Spaltung zu NhydroxyMetaboliten, Esterbildung durch Acetyltransferase/ S-Transferase zu DNAReaktanten

(Nachweis bislang auf Tiertumoren beschränkt)

Fermentation und Destillation

Bier (0–63 mg/l), Wein (0–211 mg/l) Obstschnäpse (0–1.159 mg/l)

induziert Bildung von Sauerstoffradikalen; Bildung von DNAAddukten

Kopf- und Halstumoren, Mammatumoren

Nitrate (werden im Gastrointestinaltrakt (durch bakterielle Reduktasen) zu Nitrit reduziert; Nitrite dissoziieren, zerfallen in Nitrosyl Nitrosamine und Wasser; Nitrosyl verbindet sich (saures Milieu oder bei Hitze) mit Aminen (Methylamin, Dimethylamin, Trimethylamin) zu Nitrosaminen

PAK (Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe)

Nahrungsmittel

331

Räuchern von Lebensmitteln

pflanzliche Öle

nitrathaltiges Trinkwasser, nitrathaltiges Gemüse Nitrit im Pökelsalz, gepökelte Fleisch- und Wurstwaren, Hartkäse (Vitamin C blockiert Bildung von Nitrosaminen)

332

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Mutagene Karzinogene

Im Lebensmittel vorhanden durch

Nahrungsmittel

Grenzwerte

(Gehalt)

Lebensmittel

Karzinogenität Mechanismus

Tumoren

Schimmelpilze Nüsse, Getreide, Brot, Kaffee, Trockenobst, Feigen, Marmelade, Milch, Frischkäse

2 μg/kg (AFB1); 4 μg/kg (AF)

Aflatoxin M1

Milch

0,05 μg/kg

Ochratoxine (OchraToxin A; OTA) (Cumarinderivat)

insbesondere Aspergillus und Penicillium

Kaffee, Rosinen, Trockenobst, Getreide, Hülsenfrüchte, Traubensaft, Wein

insbesondere Aspergillus

Getreide (Gerste, Mais Weizen, Reis), Hartkäse, Kaffeebohnen

mutagen

Nachweis bislang auf experimentelle Systeme beschränkt

Aflatoxin (Aflatoxin B1, > 20 Varia) (Cumarinderivate)

Sterigmatocystin (Cumarinderivat)

insbesondere Aspergillus, Fusarium und Penicillium

Luteoskyrin (Anthrachinon)

insbesondere Penicillium

Reis

Patulin (Pyronderivat)

Phytophthora infestans, (Braunfäule); Byssoclamys, Aspergillus, Penicillin, Parcilomyces

Tomaten, Kernobst (Apfel, Birnen, Quitten)

Citrinin (Pyronderivat)

Penicillin, Aspergillus

Kojisäure (Pyronderivat)

Aspergillus

Getreide (Gerste, Weizen, Hafer, Mais), Leinsamen, Nüsse

Fumonisine (Sphingosinderivate)

Fusarium

Mais

Magen-, Leber-, Lungenkarzinome

mikrosomale Spaltung in Epoxide; Bildung von DNA-Addukten

3–10 μg/kg

induziert Hydroxyradikale

Nachweis bislang auf experimentelle Systeme beschränkt

50 μg/kg

DNA-StrangBrüche

Hemmung der Tyrosinase

100 μg/kg

Nierentumoren (ansonsten Nachweis bislang auf Tiertumoren beschränkt)

Hemmung der Sphingosin-NAcyltransferase

Nachweis bislang auf Tiertumoren beschränkt

Speiseröhrenkarzinome

4.6 Erworbene Ursachen

Mutagene Karzinogene

Zearalenon

Allternariol

Im Lebensmittel vorhanden durch

333

Nahrungsmittel

Grenzwerte

(Gehalt)

Lebensmittel

Mechanismus

Tumoren

20–50 μg/ kg

relativ dauerhafte Aktivierung des ÖstrogenRezeptors

Mamma-, Ovar-, Endometriumkarzinom

DNA-Addukte

mutagen (Speiseröhrenkrebs?)

DNA-Addukte

Nachweis bislang auf Tiertumoren beschränkt (Leber-, PankreasKarzinome)

Fusarium

Getreide (Weizen, Gerste, Mais, Hafer), Nüsse

Alternaria

Gemüsepflanzen, Kartoffel, Tomaten, Obstfrüchte, Getreide, Oliven

Karzinogenität

Rückstände

Nitrofen

Pflanzenschutzmittel

Getreide

pflanzliche Inhaltsstoffe

Cumarin

1,2-Benzopyron

Cassia-Zimt, Datteln, Maikraut (Waldmeister)

PyrrolizidinAlkaloide

Senecionin, Senkirkin, Lycopsamin, Lasiocarpin

Kräutertee, Hülsenfrüchte

Aristolochia-säure

Osterluzei

ehemals Arzneimittel (mittlerweile untersagt), Homöopathie

Cycasin

Aglykon: Methylazoxymethanol

Cycaden-Nüsse

Safrol (SassafrasÖl)

Phenylpropanoid

Muskatnüsse, schwarzer Pfeffer

Gyromitrin

N-Methyl-Nformylacetaldehydhydrazon

Lorchel

Estragol

Nachweis bislang auf Tiertumoren beschränkt

2 mg/kg

mutagen

Methylierung von Nukleotiden

Nachweis bislang auf Tiertumoren beschränkt

334

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Mutagene Karzinogene

MethylEugenol

Im Lebensmittel vorhanden durch

Nahrungsmittel

Grenzwerte

(Gehalt)

Lebensmittel

Mechanismus

Tumoren

?

mutagen/ kanzerogen

Nachweis in Mutagenitätstestung

Gewürze/Tee Anis, Sternanis, Basilikum, Estragon, Fenchel, Gewürznelken, Kalmus, Muskat (Nuss und Samenmantel), Piment, Zitronengras

Karzinogenität

technische Zusätze

Kochsalz

Pökelsalze

Chlorionen

Natrium-/KaliumNitrat, Natrium-Nitrit (Nitrate werden zu Nitriten umgewandelt, zerfallen in Nitrosyl und Wasser; Nitrosyl verbindet sich mit Aminen zu Nitrosaminen)

Indigotin; Indigokarmin

kann mit NitritNitrosamine bilden

Gelborange S, (Sunsetgelb FCF)

6-Hydroxy-5-(4sulfophenylazo)naphthalin-2sulfonsäure

Rot 2G

Thiabendazol

verstärkt (in hohen Dosen) Wirkung von Helicobacter pylori

zum Würzen, Haltbarmachen

Haltbarmachen von Fleisch-, Wurst-, Käsewaren

Natriumnitrit: 150 (50–175) mg/kg; Natrium-/ KaliumNitrat: Fleischwaren: 250 mg/kg, Käse: 50 mg/kg, Heringe: 200 mg/kg

Lebensmittelfarbstoffe

mikrosomale Spaltung von Nitrosaminen in Formaldehyd und Carbeniumionen (CH3+); Bildung von DNA-Addukten

Magenkarzinom

Speiseröhren-, Magen-, Kolonkarzinome

Nachweis bislang auf Tumoren von Tieren beschränkt (Nierentumore) Nachweis bislang auf Tumoren von Tieren beschränkt

Amidonaphtholrot G

3–6 mg/kg (Schalen der KonservierungsZitrusmittel/Fungizid früchte, Bananen)

Nachweis bislang auf Tiertumoren beschränkt

4.6 Erworbene Ursachen

Mutagene Karzinogene

Im Lebensmittel vorhanden durch

Nahrungsmittel

Grenzwerte

(Gehalt)

Lebensmittel

Butylhydroxyanisol Phenolether Butylhydroxytoluol

Cyclamat

Saccharin

Aspartam

Konservierungsmittel/ Antioxidantien

335

Karzinogenität Mechanismus

Tumoren Nachweis bislang auf Tiertumoren beschränkt (Magen-, Leber-, Lungentumore)

Cyclohexansulfamidsäure

Verdacht bislang aufgrund uneinheitlicher Tierversuche (Harnblasenkarzinom)

Benzoesäuresulfimid

Verdacht bislang aufgrund uneinheitlicher Tierversuche (Harnblasentumore)

N-(L-α-Aspartyl)L-phenylalaninmethylester

Süßungsmittel

Verdacht bislang auf Grund uneinheitlicher Tierversuche (Gehirntumore)

Zugleich sind in pflanzlichen Lebensmitteln zahlreiche natürliche Substanzen enthalten, welche von den Pflanzen meist als Antibiotika oder als Gifte gegen Fraßfeinde gebildet werden, denen zugleich aber auch eine Schutzwirkung gegen Karzinogene nachgesagt wird. Zu diesen gehören (siehe Tab. 4.22): • Flavonoide, • Isothiocyanate (Glucosinolate, Glucoraphanin, Sulforaphan) • Vitamine, • Sulfide und • Gallussäure. Die Schutzsubstanzen gegen Karzinogene wirken beispielsweise (siehe Tab. 4.22): • durch Hemmung der Bildung von Nitrosaminen (z. B. Vitamin C), • als Fänger von radikalen Sauerstoffmolekülen, sodass die Oxidierung von Nukleotiden verhindert wird, • durch Inhibition der Enzyme (z. B. mikrosomale Oxidase P450), welche an der Bildung von radikalem Sauerstoff beteiligt sind,

336 • • •

• • •



4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

durch Stimulation der Expression der Enzyme (z. B. Superoxid-Dismutase), welche radikalen Sauerstoff eliminieren als Inhibitoren für (von Onkogenen konstitutiv exprimierte) Enzyme (Tyrosin-Phosphokinasen) der zellulären Signalübertragung, durch Stimulation der Transkription von Inhibitoren der Zellteilung, wie beispielsweise p21 und p27, welche Cdk/Cyclin-Komplexe hemmen, die die Zellteilung vorantreiben (z. B. Vitamin D3), durch Inhibition der Synthese von Hormonen, z. B. von Östrogen, durch Inhibition des Zellzyklus (z. B. durch Inhibition des Transkriptionsfaktors NFkB), durch Inhibition von Rezeptoren und Enzymen (Laminin-Rezeptor, Urokinase), welche an der Infiltration von Tumorzellen in gesundes Gewebe und an der Metastasierung beteiligt sind, durch Inhibition der Telomerase, sodass Zellen altern und in den kontrollierten Zelltod überführt werden.

Ein Teil dieser pflanzlichen Schutzstoffe gegen Karzinogene haben jedoch zugleich auch einen das Tumorwachstum promovierenden Effekt, indem sie: • durch Blockade der Expression von Enzymen (Catechol-O-Methyltransferase) den Abbau von Östrogenen hemmen (z. B. Genistein, Daiszein, siehe Tab. 4.22), • an Östrogen-Rezeptoren (im Besonderen ER1) binden und diese aktivieren (siehe Kap. 4.6.4). Anhaltspunkte für die Schutzwirkung der Lebensmittelinhaltsstoffe auf die Krebsentstehung wurden in einigen kontrollierten klinischen und multiethnischen Studien direkt oder indirekt gefunden, so beispielsweise: • für Vitamin D3 beim Kolonkarzinom, • für Isoflavone beim Mammakarzinom und Prostatakarzinom, • für Flavonole beim Pankreaskarzinom von Rauchern, • für Vitamin A (Carotinoide) beim Lungenkarzinom, wobei drastisch erhöhte Blutwerte mit einem erhöhten Risiko verbunden sind. Tab. 4.22: Substanzen in Lebensmitteln, von denen eine Schutzwirkung gegen Karzinogene angenommen wird. Natürliche Wirkstoffe

Anti-tumorale Wirksamkeit durch Besonderes Vorkommen

Gruppe

Substanzen

Bindung/Hemmung Polyphenole (Flavonoide)

Luteolin

Sauerstoffradikale

Petersilie

Flavone (> 300 Varia)

Apigenin

Östrogensynthese; Zellzyklus (M-Phase)

Sellerie, Kamille

Flavonole

Quercetin

Sauerstoffradikale; zelluläre Tyrosin-Phosphokinasen

Wein, Kernobst, Steinobst, Kohlgemüse, Bohnen, Tee, Beeren, Zwiebel, Liebstöckel

4.6 Erworbene Ursachen

Natürliche Wirkstoffe

337

Anti-tumorale Wirksamkeit durch Besonderes Vorkommen

Gruppe

Substanzen

Bindung/Hemmung

Rutin

Flavanone

Flavanonole

Isoflavone

Iso-Rhammnetin

Sauerstoffradikale

Mandeln, Birnen

(Epi-)Catechine

Sauerstoffradikale

Tee (grün, (+ schwarz)), Kakao, Gemüse

Epigallocatechingallat (+ Epicatechingallat + Epigallocatechin)

Laminin-Rezeptor, Sauerstoffradikale, proteosomale Proteasen

Tee (grün, (+ schwarz)), Zwiebeln, Äpfel, Kakao, Pampelmusen

Myricetin

Sauerstoffradikale

Wein, Kernobst, Zitrusfrüchte, Gemüse

Hesperetin

Sauerstoffradikale

Zitrusfrüchte

Naringenin

mikrosomale P450-Oxidase (CYP1A2)

Pampelmusen

Eriodictyol

Sauerstoffradikale

Zitrusfrüchte

Taxifolin

Sauerstoffradikale

Kernobst, Steinobst, Zitrusfrüchte

Genistein

FGF-Rezeptor-Tyrosinkinase, Urokinase (uPA), (jedoch auch Inhibition der Transkription der Catechol-OMethyltransferase, die Estradiol abbaut)

Sojabohne

Tumorzellproliferation (Mamma, Ovar, Kolon)

Hopfen

Sauerstoffradikale

Tee

Daidzein

Xanthohumol Chalkone

Buchweizen, Petersilie

Aspalathin (Dihydrochalkon-Glucosid) Nothofagin

Isothiocyanate Sulforaphan (4-Methylsulfinylbutyl isothiocyanat; entsteht aus Glucoraphanin durch Myrosinase) Glucosinolate

Glukobrassicin (3-indolmethyl isothiocyanat and Sinigrin (2-propenyl (allyl) isothiocyanat)

Inhibition der mischfunktionellen Oxidasen, im Besonderen Cytochrom P450 und der Resistenzentwicklung gegen Zytostatika Kohlgewächse (Brokkoli, Weißkohl, Rotkohl, Blumenkohl, Rosenkohl)

338

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Natürliche Wirkstoffe

Anti-tumorale Wirksamkeit durch Besonderes Vorkommen

Gruppe

Substanzen

Bindung/Hemmung

Progoitrin ((R)-2-hydroxy-3butenyl isothiocyanat). Stilbenoide

Resveratrol

Topoisomerase, Superoxid (durch Stimulierung der SuperoxidDismutase), mikrosomale P450-Oxidase; Transkriptionsfaktor NF-kB

Wein, Pflaumen, Kakao

Piceatannol

zelluläre Tyrosin-Phosphokinasen

Wein

Pterostilbene

mikrosomale P450-Oxidase

Wein, Blaubeeren

Polyphenole

Vitamine

Vitamin C

Ascorbinsäure und Derivate

Sauerstoffradikale (Endiolstruktur wird hierbei zu Diketonen oxidiert), Bildung von Nitrosaminen

Beta-Carotin Beta-Carotin (Provitamin A) Carotinoide (> 600 Varianten)

Vitamin A/ Retinol

Sauerstoffradikale

Zitrusfrüchte, Johannisbeeren, Paprika, Kiwi, Tomaten, Sanddorn, Kartoffeln, Kohlgemüse Steinobst (Aprikosen, Pfirsiche), Tomaten, Paprika, Kohlarten (Brokkoli, Rosenkohl, Grünkohl) Spinat, Mohrrüben

Sauerstoffradikale (Mengen > 2 mg/Tag erhöhen das Risiko tabakinduzierter Karzinome)

Lutein

Grünkohl, Spinat, Eidotter

Lycopin

Tomaten, Melonen

Canthaxanthin

Pfifferlinge, Hummer, Garnelen, Krabben

Capsantin

Paprika

Capsorubin

Sauerstoffradikale

Paprika

Luteoxanthin Zitrusfrüchte (Orangen) Cryptoxanthin Zeaxanthin

Mais, Spinat, Gemüse, Eidotter

Astaxanthin

Lachse, Hummer, Garnelen, Krabben

4.6 Erworbene Ursachen

Natürliche Wirkstoffe

339

Anti-tumorale Wirksamkeit durch Besonderes Vorkommen

Gruppe

Vitamin E (> 8 Isoformen)

Vitamin D3 (Cholecalciferol)

Substanzen Tocopherol (α-, β-, γ- und δTocopherol) Tocotrienol (α-, β-, γ- und δTocotrienol)

wird in vivo mikrosomal und nachfolgend mitochondrial hydroxyliert zum Calcitriol

Bindung/Hemmung

Sauerstoffradikale (Peroxyl-Radikal-Fänger, kann regeneriert werden durch Vitamin C)

Nüsse, Mandeln, Pflanzenöle (Weizenkeim-, Mais-, Sonnenblumenkern-, Oliven-, Kokos-, Soja-Öl)

Aktivierung des nukleären Vitamin D-Rezeptors; Hemmung der Zellproliferation (z. B. Kolonkarzinom) durch Erhöhung der Transkription der Cdk/Cyclin-Inhibitoren p21 und p27

7-Dehydrocholesterol + UVStrahlung ergeben Prävitamin D3, Isomerisierung zu VitD3; Hydroxylierung mikrosomal zu 25-(OH) Vitamin D3 (Calcidiol) und mitochondrial (Niere) zu 1α,25-Dihydroxycolecalciferol (Calcitriol)

Sulfide

Allicin (entsteht aus Alliin durch Alliinase)

Sauerstoffradikale

Zwiebelgewächse (Knoblauch, Schalotten, Schnittlauch, Porree, Lauchzwiebeln)

Gallussäure-Derivate Tee (grün + schwarz), Eiche

Propyl-3,4,5-Trihydroxybenzoesäure Octyl-3,4,5-Trihydroxybenzoesäure

Sauerstoffradikale

Dodecyl-3,4,5Trihydroxybenzoesäure Synthetische Wirkstoffe Butylhydroxyanisol Phenol-Ether

Sauerstoffradikale Butylhydroxytoluol

synthetische Antioxidantien als Lebensmittelzusatz

Weiterführende Literatur Bundesinstitut für Risikobewertung; https://www.bfr.bund.de/de/lebensmittelsicherheit-3982.html; http://www.bfr.bund.de/de/presseinformation/2002/16/estragol__und_methyleugenolgehalte_in_ lebensmitteln_verringern-1066.html Calle EE, Kaaks R. Overweight, obesity and cancer, epidemiological evidence and proposed mechanisms, Nature Reviews Cancer 2004, 4: 579–591. Epplein M, Franke AA, Cooney RV, Morris JS, Wilkens LR, Goodman MT, Murphy SP, Henderson BE, Kolonel LN. Le Marchand L. Association of plasma micronutrient levels and urinary isoprostane with risk of lung cancer: the multiethnic cohort study. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev. 2009; 18: 1962–1970.

340

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

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4.6 Erworbene Ursachen

341

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4.6.3.2 Alkohol Die WHO hat Alkohol in die Klasse derjenigen Stoffe eingeordnet, bei welchen die Karzinogenität ausreichend belegt ist (Gruppe 1). Gemäß der Metaanalyse von 235 klinischen Studien zwischen den Jahren 1966 und 2000 (Bagnardi et al. 2001, siehe Tab. 4.23) besteht. • ab einem täglichen Verzehr von ca. 25 g Alkohol: – ein deutlich erhöhtes Risiko für Tumoren der Mundhöhle, des Schlundkopfes, der Speiseröhre und des Kehlkopfes (insbesondere in Kombination mit Tabakgenuss), – ein gering erhöhtes Risiko für Tumoren des Magens, Dickdarmes und Rektums, der Leber bei der Frau, der Brustdrüse und der Ovarien; • ab einem täglichen Verzehr von ca. 50 g Alkohol: – ein deutlich erhöhtes Risiko für Lebertumoren des Mannes, – ein deutlich erhöhtes Risiko für Brusttumoren der Frau, • ab einem täglichen Verzehr von 100 g: – für Tumore in praktisch allen Organen (ausgenommen Tumoren des Pankreas, der Lunge, Prostata und Harnblase, bei diesen Tumoren konnte keine Beziehung zum Alkoholgenuss ermittelt werden). Da in den westlichen Industrieländern der durchschnittliche jährliche Verbrauch von Alkohol pro Person zwischen 7 und 11 Litern liegt, was einer Tagesdosis zwischen 20 bis 30 g entspricht, darf angenommen werden, dass der Alkoholkonsum in nennenswerter Weise zur Tumorhäufigkeit beiträgt. Andererseits liegen aus zahlreichen Studien Anhaltspunkte vor, • dass der regelmäßige Verzehr von geringen Mengen an Alkohol (zwischen 5–15 g/Tag für Frauen und 5–30 g/Tag für Männer) die Mortalität durch Schlaganfall und Herzkreislauf verringert und in Verbindung mit ausgewogener Ernährung, Normalgewicht, täglicher körperlicher Bewegung und Verzicht auf Tabakkonsum die durchschnittliche Lebenserwartung erhöht, • dass diese Wirkung gemäß der Zutphen-Studie in den Niederlanden (1.373 Männer, geboren zwischen 1900 und 1920 wurden zwischen 1960 und 2000 unterteilt in Nichttrinker, Weintrinker und Alkoholtrinker und analysiert in Bezug auf Lebensdauer, Schlaganfall und Herzkreislauferkrankungen, siehe Tab. 4.23) bei Weintrinkern besonders ausgeprägt zu sein scheint, • dass jedoch bei mäßigem Verbrauch anderer Alkoholika eine ähnliche prophylaktische Wirkung gesehen werden kann.

342

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass das tägliche regelmäßige Trinken geringer Mengen von Alkoholika, im Besonderen von Wein, am Abend ein Entspannungsritual darstellt, das bereits alleine für sich wesentlich zu der beobachteten Lebensverlängerung beiträgt.

Tab. 4.23: Tumorrisiko (Metaanalyse, Bagnardi et al. 2001) nach Alkoholverzehr. Relatives Risiko nach Alkoholverzehr

Anzahl der Studien

Tumorerkrankung

25 g/Tag

50 g/Tag

100 g/Tag

1,94–2,85

3,49–6,01

Kopf und Hals Mundhöhle, Schlundkopf, Kehlkopf, Speiseröhre

77

1,38–1,75 Verdauungsorgane

Magen, Darm

40

1,02–1,08

1,04–1,18

1,08–1,38

Männer

10

1,28

1,51

1,62

Frauen

3

1,97

3,57

9,15

Pankreas

17

0,98

1,05

1,18

Lunge

6

1,02

1,04

1,08

Leber

Geschlechtsorgane Mamma

49

1,31

1,67

2,71

Ovar, Endometrium, Zervix

12

0,80–1,11

0,64–1,23

1,20–1,53

Prostata

11

1,05

1,09

1,19

Niere

2

0,88

0,79

0,62

alle Organe

8

1,01

1,22

1,92

Lebenserwartung und Mortalität nach Alkoholverzehr (Studie Streppel et al. 2009) prophylaktische Wirkung Lebenserwartung (Vergleich: kein Alkoholkonsum) Mortalität (RR/Relatives Risiko, kein Alkoholkonsum RR = 1,0 )

Alkoholverzehr 20 g/Tag Wein

+ 4,7 (1,6–7,7) Jahre

andere Alkoholika

+ 2,3 (0,5–4,2) Jahre

Hirnschlag

0,43 (0,26–0,70) RR

Herz-Kreislauf

0,70 (0,55–0,89) RR

gesamt

0,75 (0,63–0,91) RR

Alkohol (Ethanol) wird in geringen Mengen über die Mundschleimhaut, zu etwa 20 % über den Magen und ansonsten über den Dünndarm aufgenommen und verteilt sich mit dem Blut über den gesamten Körper. Einnahme von Substanzen, welche die Durchblutung erhöhen (Zucker, Kohlendioxid, heiße Getränke) beschleunigen die Aufnahme.

4.6 Erworbene Ursachen

343

Die Elimination des Alkohols aus dem Körper erfolgt bei Männern mit einer Rate von durchschnittlich etwa 0,1 g pro Stunde und kg KG (Körpergewicht), bei Frauen mit einer Rate von 0,085 g/h und kg/KG, • zu 0,5–5 % mit der Atemluft, • zu 0,2–10 % über die Niere, • in geringen Mengen über den Hautschweiß, • zu 90–95 % über die Verstoffwechselung vorwiegend in den Leberzellen, zum geringen Grad aber auch in Zellen anderer Gewebe, z. B. in der Magen-Darmschleimhaut und in der Brustdrüse, – Ethanol wird hauptsächlich in Acetaldehyd (Ethanal) oxidiert, ▪ zu etwa 80 % durch die zytoplasmatische Alkohol-DeHydrogenase (ALDH), wobei auf Grund eines SNP (Single Nucleotide Polymorphism) des ALDH2Genes (das kodierte Protein besitzt ein Glutamat anstelle eines Lysins und ist ohne enzymatischer Aktivität) bei etwa 40 % der Japaner der Abbau von Ethanol erheblich verzögert ist, ▪ zu etwa 10 % durch das Mikrosomale Ethanol-Oxidierende System, MEOS, im Besonderen durch die Cytochrom-Monoxidase P450, ▪ zu etwa 10 % durch die Katalase (besonders auch in Zellen des zentralen Nervensystems), – Acetaldehyd wird anschließend durch die mitochondriale Acetaldehyd-Dehydrogenase zu Essigsäure oxidiert, welche schlussendlich über den Citratzyklus zu CO2 verstoffwechselt wird. ▪ chronisch hoher Alkoholgenuss schädigt die Mitochondrien, vermindert die verfügbare Acetaldehyd-Dehydrogenase und führt zum intrazellulären Anstieg des Acetaldehyds. Alkohol kann ein Abhängigkeits-Syndrom erzeugen (Zwang zur Einnahme, Drang zur Dosissteigerung und Auftreten von Entzugserscheinungen). Wesenliche Faktoren hierfür sind die durch Alkohol-bedingte: • Aktivierung der GABA-Rezeptoren (Gamma-Amino-Buttersäure(-Acid)-Rezeptoren), welche angstlösende und muskelentspannende Funktion haben, • Hemmung der NMDA-Rezeptoren (N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptoren), welche eine wesentliche Rolle für das Lernen und das Gedächtnis spielen, • Steigerung der Expression von – Dopamin (dem sogenannten Glückshormon) und – von Endorphinen, welche durch Bindung an Opiod-Rezeptoren und durch Stimulation der Expression von Dopamin euphorische Zustände erzeugen. Alleine in Deutschland wird die Zahl der Alkoholabhängigen auf ca. 1,3–2,5 Millionen geschätzt, die Zahl der durch Alkoholabhängigkeit-bedingten Todesfälle auf etwa 40.000 pro Jahr. Über verschiedene Mechanismen kann Alkohol karzinogen und/oder promovierend auf das Tumorwachstum wirken. Zu diesen Mechanismen gehören:

344 •

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

in Bezug auf Ethanol (siehe Tab. 4.24): – die direkte Zytotoxizität auf Zellen mit Schädigungen der jeweiligen Gewebe und Organe, im Besonderen: ▪ Epithelzellen des Kopfes und Halses (Mundhöhle, Rachen, Schlundkopf, Kehlkopf, Speiseröhre), ▪ Epithelzellen des Magen-Darm-Traktes mit Erhöhung der Permeabilität für Infektionserreger und Endotoxine, ▪ Leberzellen mit Schädigung der Mitochondrien, Verminderung der Acetaldehyd-Dehydrogenase und Anstieg des Acetaldehyds und Aktivierung der Kupffer’schen Sternzellen, ▪ Pankreaszellen, welche Ethanol zu toxischen Fettsäureethylestern verestern, ▪ Muskelzellen des Herzens und des Skeletts, ▪ Blut- und Knochenmarkzellen, ▪ Zellen des peripheren und zentralen Nervensystems; Nervenzellen können durch Alkohol-bedingte Schädigung der Mitochondrien in den kontrollierten Zelltod (Apoptose, siehe Kap. 3.5.4) überführt werden; – die Rolle als Lösungsvermittler für Karzinogene mit Verbesserung ihrer Verteilung im Körper und in die Zelle hinein; – die Beeinträchtigung der Wirkung von Vitaminen durch: ▪ verstärkte Metabolisierung von Retinol A (Vitamin A1), ▪ Verschiebung des Anteils vom α-Tocopherol (Vitamin E) zum deutlich schwächer wirksamen γ-Tocopherol, ▪ Verminderung der Wirkung von Vitamin D3 durch Hemmung der Umwandlung von 7-Dehydrocholesterol zu Vitamin D3, Verminderung der Aktivierung (durch mikrosomale mischfunktionelle Oxidasen P450 in den Mikrosomen) zu Calcidiol (25 (OH)-Vitamin D3) und im Zielgewebe zu Cholecalciferol; Colecalciferol scheint in Kombination mit Kalziumionen einen prophylaktischen Effekt auf Karzinome (Kopf und Hals, Speiseröhre, Kolon, Pankreas, Mamma, Ovar, Niere) und Leukämien zu haben; ▪ Verminderung der Aufnahme von Thiamin (Vitamin B1); Hemmung der Aktivierung/Phosphorylierung von Thiamin; ▪ Blockade der Aktivierung/Phosporylierung von Pyridoxin (Vitamin B6) zu Pyridoxal-5-Phosphat; ▪ Hemmung der Resorption von Folsäure (Vitamin B9) und damit auch von Thiamin (Vitamin B1); – Beeinträchtigung der Resorption von Spurenelementen wie Zink, Magnesium und Selen: ▪ Mangel an Zink hemmt die enzymatische Aktivität der Alkohol-Dehydrogenase, was die Schadwirkung von Ethanol verlängert, – Hemmung der 3-β Hydroxysteroid-Dehydrogenase und damit: ▪ Hemmung der Synthese von Testosteron (Verminderung der Spermatogenese, Involution der Hoden; Impotentia coeundi und generandi), ▪ reaktive Erhöhung der Sekretion der gonadotropen Hormone LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (follikelstimulierendes Hormon) mit erhöhter Libido und erhöhter Bildung von Östrogenen,

4.6 Erworbene Ursachen



Erhöhung der Östrogenkonzentration durch: Erhöhung der Expression von Aromatase und Verstärkung der Aromatisierung von Androstendion und Testosteron und ▪ Verminderung des hepatischen Abbaus von Steroiden, Verstärkung der Wirksamkeit von Östrogenen (ab einer Blutkonzentration von etwa 0,5–1 Promille Ethanol) durch: ▪ Erhöhung der Expression des Östrogen-Rezeptors E2Rα, ▪ Hemmung der Expression des E2Rα-hemmenden Östrogen-Rezeptors E2R β, ▪ Verstärkung der transkriptionellen Aktivität der Östrogen-E2Rα-Komplexe; Hemmung der Expression des Tumorsuppressors BRCA1 und damit Schwächung der DNA-Reparatur-Mechanismen (homologe Rekombination) und der chromosomalen Stabilität; Bildung von radikalen Sauerstoffmolekülen (ROS) durch: ▪ Schädigung der Zellmembranen und Mitochondrien, im Besonderen durch Verminderung des mitochondrialen Glutathions, besonders in Leberzellen, Kupffer’schen Sternzellen, Makrophagen und Granulozyten, ▪ Aktivierung des Mikrosomalen Ethanol-Oxidierenden Systems (MEOS), im Besonderen der Cytochrom-Monoxidase P450, ▪ Oxidierung des Ethanols zum 1-Hydroxy-Ethyl-Radikal, Begünstigung der Metastasierung durch Stimulierung der Expression von Metallo-Matrix-Proteasen (MMP2 und MMP9), Förderung der Replikation von Tumorviren, ▪ wie z. B. von Hepatitis C-Viren (HCV) in Leberzellen, ▪ durch Inhibition der IFN-γ-induzierten Phosphorylierung des STAT-Signalweges (siehe Kap. 3.3.8); Bezug auf Acetaldehyd (siehe Tab. 4.25), zu welchem Ethanol metabolisiert wird: Bildung von DNA-Addukten, ▪ vorwiegend von N(2)-Ethyliden-2′-Deoxyguanosin (N(2)-Ethyliden-dG, welches unter reduzierenden Bedingungen zu N(2)-Ethyl-2′-Deoxyguanosin (N(2)Ethyl-dG umgewandelt wird, ▪ welche zu Fehlern (Transitionen, Transversionen, Deletionen) in der Transkription und bei Kollision mit der Replikationsgabel auch zu DNA-Strangbrüchen und zur Blockade der DNA-Reparatur führen können, Bildung von Protein-Addukten: ▪ Zerstörung von Pyridoxin (Vitamin B6) und Pyridoxal-5-Phosphat, Bildung von reaktiven Stickstoff (RNS)- und Sauerstoff- (ROS) Molekülen: ▪ durch Stimulierung der Expression der NADPH/Xanthin-Oxidoreduktase (NOX/XOX), der Stickstoffmonoxid-Synthase (NOS) und der Aldehyd-Oxidase (AOX) und Bildung, z. B. von Stickstoffmonoxid (NO), Superoxidradikalen, Hydroxyradikalen, Wasserstoffperoxid und unter Verbrauch von Acetaldehyd der Bildung von Ethoxyradikalen und Acetylradikalen, ▪ radikale Stickoxide verwandeln die Aminogruppen des Adenins und Cytosins in Diazogruppen, was zur Veränderung der Hydrogen-Bindestrukturen der DNA führt; ▪







– –



in –

– –

345

346

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

radikale Sauerstoffgruppen oxidieren vorwiegend Guanin zu 8-Hydroxyguanin, aber auch Thymin, Adenin und Cytosin, was ebenfalls zur Veränderung der Hydrogen-Bindestrukturen der DNA führt; degradieren mehrfach ungesättigte Lipide in Molondialdehyd, welches an DNA bindet und DNA-Addukte bildet, ▪ welche zu Fehlern (Transitionen, Transversionen, Deletionen) in der Transkription und bei Kollision mit der Replikationsgabel auch zu DNA-Strangbrüchen und zur Blockade der DNA-Reparatur führen können; Bildung von Crotonaldehyd (3-Methylacrolein): ▪ Aldolkondensation von zwei Molekülen Acetaldehyd in Anwesenheit von Polymaninen ergibt Crotonaldehyd, ▪ Crotonaldehyd bindet in der DNA an Deoxyguanosine unter Bildung eines Paares von Diastereomeren 1,N(2)-Propanodeoxyguanosin-Addukten, ▪ welche zu Fehlern (Transitionen, Transversionen, Deletionen) in der Transkription und bei Kollision mit der Replikationsgabel auch zu DNA-Strangbrüchen und zur Blockade der DNA-Reparatur führen können. ▪



Tab. 4.24: Förderung des Tumorwachstums durch Ethanol. Mutationen (durch Bildung von Acetaldehyd bzw. ROS) Mechanismen DNAAddukte

DNAOxidation

Tumorpromotion

Sonstige Wirkung

Zytotoxizität Epithelzellen Mundhöhle, Rachen, Schlundkopf, Kehlkopf, Speiseröhre

Zellschädigung (Zellmembran, Mitochondrien); Aktivierung von Mikrosomen

(+)

+

+++ (Synergie mit Karzinogenen, Tabak)

Epithelzellen Magen-Darm

Erhöhung der Permeabilität (Infektionserreger Endotoxine) Verminderte Resorption (Vitamine, Spurenelemente), Bildung von Sauerstoffradikalen

(+)

++

++

Mangelerscheinungen

Schädigung der Mitochondrien, Verminderung der AcetaldehydDehydrogenase und Anstieg des Acetaldehyds; Bildung von Sauerstoffradikalen

+++

+++

+

Leberverfettung, Leberzirrhose

Leberzellen

4.6 Erworbene Ursachen

Mutationen (durch Bildung von Acetaldehyd bzw. ROS) Mechanismen

Kupffer’sche Schädigung der Sternzellen, Zellmembran, Aktivierung Makroder Mikrosomen, Bildung phagen, von Sauerstoffradikalen Granulozyten

DNAAddukte

DNAOxidation

++ (systemische Verteilung)

+++ (systemische Verteilung)

Tumorpromotion

347

Sonstige Wirkung

Muskelzellen des Herzens und des Skeletts

Muskelentzündungen

(+)

(+)

Muskelentzündungen

Pankreaszellen

Veresterung von Ethanol zu toxischem Fettsäureethylester

(+)

(+)

Pankreatitis

Zellen des peripheren und zentralen Nervensystems

Schädigung der Mitochondrien mit kontrolliertem Zelltod (Apoptose)

+

Zellverlust, Funktionseinschränkungen

+

mangelhafte Aufnahme/Aktivierung von Vitaminen

Vitamin A1

verminderte Aufnahme, verstärkte Metabolisierung von Retinol A

+ (Abbauprodukte)

Vitamin E

Verschiebung des Anteils vom α-Tocopherol zum deutlich schwächer wirksamen γ-Tocopherol

Vitamin D3

Verminderung der Umwandlung (von 7Dehydrocholesterol zu Vitamin D3, mikrosomale Aktivierung zu Calcidiol (25 (OH)-VitaminD3) und im Zielgewebe zu Cholecalciferol

++ (fehlender Schutz gegen Karzinomentwicklung)

Vitamin B1

Verminderung der Aufnahme von Thiamin; Hemmung der Aktivierung/Phosphorylierung von Thiamin

+

Vitamin B6

Blockade der Aktivierung/Phosporylierung von Pyridoxin zu Pyridoxal-5-Phosphat

+

+

Hautentzündungen; Sehbehinderungen

Impotenz

Osteoporose

348

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Mutationen (durch Bildung von Acetaldehyd bzw. ROS)

Tumorpromotion

Mechanismen DNAAddukte

Vitamin B9

DNAOxidation

Hemmung der Resorption von Folsäure und damit auch von Thiamin (Vitamin B1)

Sonstige Wirkung

+++

mangelhafte Aufnahme von Spurenelementen Zinkionen; Magnesiumionen; Selen

Zinkmangel hemmt die Alkohol-Dehydrogenase; Verlängerung der Schadwirkung von Ethanol

(+)

+

++

Mangelerscheinungen

Verstärkung der Wirkung von Östrogen

Östrogen

vermehrte Synthese (erhöhte Expression von Aromatase/ Aromatisierung von Androstendion und Testosteron; Verminderung des hepatischen Abbaus)

++ (Mamma, Ovar)

ÖstrogenRezeptoren

Erhöhung der Expression des E2Rα, Hemmung der Expression des E2Rαhemmenden E2Rβ, Verstärkung der transkriptionellen Aktivität der ÖstrogenE2Rα-Komplexe

+++ (Mamma, Ovar)

BRCA-1

Hemmung der Expression

+++ (mangelhafte DNAReparatur)

Testosteron

verminderte Bildung durch Hemmung der 3β-HydroxysteroidDehydrogenase

Prostata: Verminderung

Begünstigung von Tumorviren Hepatitis CViren

Inhibition der IFNγinduzierten Phosphorylierung des STATSignalweges

+++ (Leberkarzinome)

Begünstigung der Metastasierung MatrixMetalloproteasen

Erhöhung der Expression von MMP-2 und MMP-9

+++

bei Männern: Feminisierung, Hemmung der Spermatogenese, Hodenatrophie, Impotenz, Steigerung der Libido durch erhöhtes LH und FSH

349

4.6 Erworbene Ursachen

Tab. 4.25: Wirkung von Acetaldehyd auf die Tumorentstehung. Mutationen durch Mechanismen

Bildung von DNA-Addukten (Reaktion des Acetaldehyds mit Nukleotiden der DNA)

Stimulierung von Zellen zur Expression der NADPH/Xanthin Oxidoreduktase (NOX/XOX), der Stickstoffmonoxid-Synthase (NOS) und der Aldehyd-Oxidase (AOX); Bildung von: • Stickstoffmonoxid (NO), Superoxidradikalen, Hydroxyradikalen, Wasserstoffperoxid • Ethoxyradikalen und Acetylradikalen (unter Verbrauch von Acetaldehyd)

Bildung von N(2)-Ethyliden-2′Deoxyguanosin (N(2)-EthylidendG, wird unter reduzierenden Bedingungen zu N(2)-ethyl-2′Deoxyguanosin (N(2)-ethyl-dG umgewandelt radikale Sauerstoffgruppen degradieren mehrfach ungesättigte Lipide in Molondialdehyd, welches DNA-Addukte bildet

DNAAddukte

+++

++++

radikale Sauerstoffgruppen oxidieren vorwiegend Guanin zu 8-Hydroxyguanin, aber auch Thymin, Adenin und Cytosin (Veränderung der HydrogenBindestrukturen der DNA)

Bildung von Protein-Addukten

Bildung von Crotonaldehyd (3-Methylacrolein) (Aldolkondensation von zwei Molekülen Acetaldehyd in Anwesenheit von Polymaninen)

bindet in der DNA an Deoxyguanosine unter Bildung eines Paares von diastereomeren 1,N(2)-propanodeoxyguanosine Addukten

Tumorpromotion

++++

radikale Stickoxide verwandeln die Aminogruppen des Adenin und Cytosins in Diazogruppen (Veränderung der HydrogenBindestrukturen der DNA)

Inaktivierung von Proteinen im Besonderen von Enzymen, z. B. Zerstörung von Pyridoxin (Vitamin B6) und Pyridoxal-5Phosphat

DNAOxidation

++++

++

+++

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4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

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4.6.4 Hormone und hormonaktive Substanzen 4.6.4.1 Östrogene, Progesterone, Androgene Ein beträchtlicher Teil von Zellen ist in seinem Wachstum abhängig von Hormonen. Dauerhaft erhöhte Blutspiegel dieser Hormone oder die verstärkte Expression der jeweiligen Hormon-Rezeptoren kann eine der wesentlichen Ursachen für vermehrtes Zellwachstum und vermehrte Zellteilung sein und schlussendlich wesentlich zu einer malignen Entartung der Zelle beitragen. So ist der Einfluss von Steroidhormonen auf das Wachstum einer Reihe von Tumoren seit längerem bekannt. Steroidhormone wirken vorwiegend über nukleäre Rezeptoren (siehe Kap. 3.1.6). Die nukleären Rezeptoren stellen Signal-abhängige, inkomplette Transkriptionsfaktoren dar. Wesentliche Bestandteile der nukleären Rezeptoren sind (siehe Kap. 3.1.6): • die A+B-Domäne (N-terminal gelegen) mit der Aktivierungsfunktion (AF-1, AF-5) und einer Dimerisierungssequenz, • die C-Domäne (DNA-Binde-Domäne, DBD), welche (bei Androgen-Rezeptoren nach Bindung des Liganden Androgen) an die E+F-Domäne mit Hilfe ihrer Zink-FingerBindemotive spezifisch an die zugehörige Aktivierungssequenz (Hormon-Rezeptorresponsives Element, HRE) der DNA bindet (siehe Kap. 3.1.6), • die D-Domäne, welche flexibel die DBD mit der LBD verbindet und welche ein nukleäres Lokalisationssignal enthält. An dieses bindet im Zytosol der nukleäre Lokalisati-

4.6 Erworbene Ursachen



351

ons-Rezeptor, um den Hormon-Rezeptor-Komplex durch die Kernmembran-Poren (Nukleärer Poren-Komplex) in den Zellkern zu transportieren, die E+F-Domäne, welche die Liganden-Bindungs-Domäne (LBD) enthält, an die der Ligand bindet, eine vom Liganden-abhängige Aktivierungsfunktion AF-2, ein KernExportsignal und die C-terminale Domäne.

In seiner inkompletten (d. h. inaktiven) Form liegt der nukleäre Rezeptor im Komplex mit Schutzproteinen (HSP, Heat-Schock-Proteinen) im Zytosol oder im Zellkern vor. Nach Bindung des Liganden an die Ligandenbindende Domäne des nukleären Rezeptors wird dieser inkomplette Transkriptionsfaktor zu einem funktionsfähigen Transkriptionsfaktor. Dieser Prozess erfolgt in folgenden Stufen: • durch Bindung des Liganden an den Rezeptor dissoziiert dieser vom Schutzprotein; • es entsteht der „freie“ Liganden-Rezeptor-Komplex, welcher: – ggf. aus dem Zytosol mit Hilfe seines nukleären Lokalisationssignales durch die Kernmembran in den Zellkern eindringt und – im Zellkern Homodimere bildet. • Diese Homodimere binden mit Hilfe ihrer Bindemotive (z. B. Zink-Finger-Bindemotive; siehe Kap. 3.1.6) ihrer DNA-Binde-Domänen an spezielle Promotorsequenzen (sogenannte HRE/Hormone-Receptor Response Elements) und aktivieren hierdurch die Transkription des zugehörigen Genes (siehe Kap. 3.1.6). Die Transkriptionsaktivität des Komplexes aus Liganden und nukleärem Rezeptor wird durch regulative Proteine (Coaktivatorproteine und Corepressorproteine) gesteuert. Diese können an den nukleären Rezeptor binden, sobald dieser durch den Liganden seine Konformation geändert hat. • Koaktivatorproteine binden an den Komplex mit ihrer nukleären Rezeptorbox (NRBox, Leucin-X-X-Leucin-Motiv). Zu den Coaktivatoren gehören beispielsweise: – GRIP-1 (Glukokortikoid Rezeptor-Interagierendes Protein-1) oder – SRC-1 (Steroid-Rezeptor-Coaktivator-1). • Corepressorproteine binden an den Komplex mit ihrer Co-Repressor-NukleärenRezeptorbox (CoRNR, Leucin/Isoleucin-X-X-Isoleucin/Valin-Isoleucin-Motiv). Die Corepressoren umfassen beispielsweise: – TRAC (Thyroid hormone-and Retinoic acid Receptor-Associated Corepressor) oder – NCOR (Nuclear Receptor Co-Repressor-1, -2). Östrogene liegen zum größten Teil in gebundener, unwirksamer Form vor: • ca. 70 % sind an SHBG (Sex-Hormon-Bindendes Globulin), • ca. 29 % sind an Albumin gebunden, • 1 % sind ungebunden und wirksam. Östrogene wirken wachstumsfördernd (z. B. auf das Brustdrüsengewebe, die Ovarien, die Gebärmutterschleimhaut, die Hoden, das Knochengewebe, die Blutgefäße) durch Bindung an Östrogen-Rezeptoren (siehe Kap. 3.1.6.1).

352

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Östrogen-Rezeptoren Die Östrogen-Rezeptoren sind wie folgt charakterisiert: Der Östrogen-Rezeptor α (ESR-α/ESR1, kodiert von 6q25.1) ist ein nukleärer Rezeptor und hat eine hohe Homologie zum viralen Onkogen v-erbA: • durch alternative Spleißvorgänge der RNA können eine Reihe von ERα-isoformen Varianten (mindestens 3) in normalen wie auch in Tumorzellen exprimiert werden. Diese Varianten weisen unterschiedliche transkriptionelle Aktivität auf, – so fehlt dem Isomer Δ5ESR-α das Exon 5 und ein Großteil der Hormon-bindenden Domäne. Es ist selbst nicht transkriptionell aktiv, steigert aber durch Heteromerbindung die Transkriptionsaktivität des ESR-α um mehr als 500fach, • neben seiner Transkriptionsaktivität aktiviert ESR-α in einer Liganden-abhängigen Weise: – durch Bindung an die p85- α -Subeinheit die PI3K und damit den PI3K/Akt-1-Signalweg (siehe Kap. 3.5) mit z. B. erhöhter Expression der endothelialen Nitritoxidsynthase, – durch Bindung an Zellmembranproteine wie Caveoline Zellmembran-Rezeptoren wie G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (siehe Kap. 3.1.4) und MembranenzymRezeptoren, wie bespielsweise EGF-Rezeptoren und IGF-1-Rezeptoren (siehe Kap. 3.1.2), • aktivierte ESR- α haben folgende Wirkungen auf das Zellwachstum: – erhöhter Stoffwechsel (Proteinsynthese, Wachstum), – verstärkte Zellproliferation (Follikel in den Ovarien, Uterusschleimhaut, Vagina, Brustdrüse, Sertoli und Leydigsche Zellen im Hoden), – Ausbildung der primären und sekundären weiblichen Geschlechtsmerkmale, • ESR- α ist hauptsächlich beteiligt an der Bildung von Karzinomen. Mehrere Mechanismen werden diskutiert: – verstärkte Stimulation der DNA-Replikation und der Zellteilung durch Aktivierung der Expression von Transkriptionsfaktoren, wie beispielsweise Sp1 (siehe Kap. 4.3.2) und AP-1(Heterodimer aus c-Fos und c-Jun), – erhöhte Genotoxizität durch Produkte aus dem intrazellulären Abbau von Östrogenen, Der Östrogen-Rezeptor β (ESR- β /ESR-2, kodiert von 14q), ist ebenso ein nukleärer Rezeptor und besitzt eine hohe Homologie zum ESR-α (DNA-Binde-Domäne 96 %; LigandBinde-Domäne 58 %), • durch alternative Spleißvorgänge entstehen mindestens fünf vollfunktionsfähige Varianten, unter ihnen ESR- β -1, ESR- β -2, ESR- β -3; • die Expression von ESR- β in Normalgewebe überlappt mit derjenigen des ESR-α. ESR-α und ESR- β besitzen alle sechs Domänen der nukleären Steroid-Rezeptoren und zeigen folgende, teils gemeinsame Besonderheiten: • die A+B-Domäne beider Rezeptoren enthält eine Aktivierungsfunktion (AF-1), die durch Phosphorylierung aktiviert werden kann (beispielsweise durch die Kinasen akti-

4.6 Erworbene Ursachen

• •



353

vierter EGF-Rezeptoren, durch MAPK oder durch PKC (siehe Kap. 3.1.6), sodass eine Aktivierung der Östrogen-Rezeptoren unabhängig von der Bindung eines Liganden möglich ist, beide Rezeptoren befinden sich im nicht aktivierten Zustand in geringer Menge im Zytoplasma, vorwiegend jedoch im Zellkern, ESR-α und ESR- β binden ein unterschiedliches Spektrum an Östrogenanaloga, – nach Bindung des Liganden verringert sich die Expression über den Ubiquitinproteasomalen Abbau; in Zellen, in welchen sie gemeinsam auftreten, können sie Homodimere und Heterodimere bilden und moduliert ESR- β die Funktion von ESR-α. Dabei: – ist in Normalgeweben die Expression von ESR- β häufig höher als diejenige von ESR-α, – ist in den entsprechenden Tumorgeweben die Expression von ESR- β verringert zugunsten von ESR-α, wobei das Ausmaß der Expression von ESR- β (zum Beispiel beim Ovarkarzinom) umgekehrt proportional zu sein scheint dem Malignitätsgrad, – führt die Aktivierung von ESR- β zur Modulation und ggf. Hemmung der Aktivierung von ESR-α;

Die östrogenverwandten Rezeptoren (ESRR/Estrogen Related Receptors-α, -β, -γ) stellen Homologe der Östrogen-Rezeptoren (ESR) dar, welche • an Hormon-Rezeptor-Responsive Elemente (HRE) binden wie die und in Konkurrenz zu ESR, aber nicht eigenständig die Transkription auslösen können, • bevorzugt von Zellen im braunen Fettgewebe, in der Niere, im Darmepithel, im Pankreas und im Herz- und Skelettmuskel exprimiert werden und am Fettstoffwechsel beteiligt sind, • von bislang unbekannten Liganden aktiviert werden. Die G-Protein-gekoppelten Östrogen-Rezeptoren (GPER-1, GPR30, kodiert von 7p22): • sind zellmembranständig und auf fast allen Zellen anzutreffen, • aktivieren nach Ligandenbindung die zellulären Signalwege, • scheinen an der Resistenzentwicklung von Tumorzellen gegen die Wirkung von Antiöstrogenen beteiligt zu sein. Den Östrogenen wird eine eindeutige prokanzerogene Wirkung zugesprochen. Zahlreiche Tumorarten exprimieren Östrogen-Rezeptoren und werden durch Östrogene zum Wachstum stimuliert (siehe Tab. 4.26). So ist beispielsweise das Risiko, an einem Mammakarzinom zu erkranken, eindeutig erhöht bei Frauen mit erhöhtem Blutspiegel an freiem Estradiol und Estron und mit erniedrigtem Blutspiegel des Sexualhormon-bindenden Globulins (SHBG).

Progesteron-Rezeptoren Progesterone wirken wachstumsfördernd (siehe Kap. 3.1.6.3) durch Bindung an den Progesteron-Rezeptor.

354

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Der Progesteron-Rezeptor (PGR, kodiert von 11q22) ist ein nukleärer Rezeptor der 3Ketosteroid-Rezeptorgruppe, • Vertreter dieser Gruppe binden nach Aktivierung an „Androgen Response Elements“ (AREs, Wiederholungen von 5-prime-TGTTCT-3-prime-Motiven), • durch alternative Spleißvorgänge der RNA existieren zwei Isoformen (PGR-A und PGR-B), welche nach Ligandenbindung Homodimere wie auch Heterodimere bilden: – der PGR-B-Progesteron-Komplex wirkt als Transaktivator. Hierfür ist er in der Lage, Coaktivatoren zu binden; – der PGR-A-Progesteron-Komplex kann dagegen keinen Coaktivator binden und ist als Transaktivator inaktiv. Stattdessen hemmt er die Aktivität von PGR-B. Die Hemmung wird vermittelt durch die inhibitorische Domäne (ID) des PGR-A, ▪ welche mit hoher Affinität Corepressor-Proteine bindet (z. B. NCOR-1/Nuclear Receptor CoRepressor-1) und ▪ nach Deletion einen transkriptionell aktiven PGRA-Progesteron-Komplex freigibt; in der N-terminalen Domäne verfügt der PGR über ein spezifisches Polyprolin-Motiv, • – nach Ligandenbindung können PGR mit Hilfe dieses Motives über die Kopplung an SH3-Domänen zytoplasmatische Signalmoleküle aktivieren, im Besonderen Tyrosinkinasen der Src-Familie (siehe Kap. 3.3.2) und hierdurch die Zelle unabhängig von seiner Transaktivierungsaktivität aktivieren, • die transkriptionelle Aktivität des PGR-B-Progesteron-Komplexes führt zur: – Entwicklung des Gelbkörpers (Lutealphase) nach dem Follikelsprung im Eierstock, – Wachstum und Differenzierung des Epithels im Eileiter, Uterus, in der Zervix und in der Vagina und der Uterusmuskulatur zur Optimierung der Einnistung (Nidation) und Aufrechterhaltung der Schwangerschaft. Ein beträchtlicher Teil von Tumoren exprimiert Progesteron-Rezeptoren (siehe Tab. 4.26) und wird hierdurch in seinem Wachstum durch Progesteron stimuliert.

Androgen-Rezeptoren Androgene wirken durch Bindung an Androgen-Rezeptoren (AR). Zu unterscheiden sind: • der intrazelluläre Androgen-Rezeptor (AR, siehe Kap. 3.1.6.3), ein nukleärer Rezeptor der 3-Ketosteroid-Rezeptorgruppe, – welcher nach Aktivierung an „Androgen Response Elements“ (AREs, Wiederholungen von 5-prime-TGTTCT-3-prime-Motiven) bindet, ▪ wobei durch alternative Spleißvorgänge der RNA zwei Isoformen (AR-A und AR-B) existieren, – AR-A stellt eine (N-terminal um 187 Aminosäuren) verkürzte Version des AR-B dar, – AR-B enthält die von den nukleären Steroid-Rezeptoren bekannten sechs Domänen, wobei die A+B-Domäne die Besonderheit aufweist, dass sie folgende Elemente enthält:

355

4.6 Erworbene Ursachen

die Aktivierungs-Funktion AF-1, die durch Phosphorylierung aktiviert werden kann (beispielsweise durch MAPK oder durch PKC (siehe Kap. 3.1.6.3) und damit den Androgen-Rezeptor unabhängig von der Bindung eines Liganden aktiviert, ▪ die Aktivierungs-Funktion AF-5, welche konstitutiv aktiv ist und ▪ die Dimerisierungssequenz; – welcher lokalisiert ist im Zytoplasma und auch im Zellkern, – Liganden sind Testosteron und Dihydrotestosteron, – Progesteron kann den Androgen-Rezeptor blockieren, – Aktivierung des AR-B oder AR-A stimuliert: ▪ das Wachstum und die Teilung der Zelle, ▪ die Expression des Vitamin D3-Rezeptors. Der membranständige-Androgen-Rezeptor (mAR): – dessen Aktivierung zur Apoptose der Zelle führen kann durch: ▪ Aktivierung der Rho-GTPase, ▪ Inhibition der Aktivierung des PI3K/AKT-Signalweges (siehe Kap. 3.3.5) und ▪ Dephosphorylierung und Aktivierung des pro-apoptotisch wirkenden BAD (siehe Kap. 3.5.4). ▪



Außer dem Prostatakarzinom exprimieren noch weitere Tumoren sowohl die intrazellulären Androgen-Rezeptoren als auch den pro-apoptotisch wirkenden Membran-AndrogenRezeptor (siehe Tab. 4.26).

Tab. 4.26: Tumore, welche in ihrem Wachstum von Steroidhormonen abhängig sind. Hormone Bindung von (Affinitäten zu)

Rezeptoren

Typ

Östrogene

17- β Estradiol (ESR- α, ESR- β, GPER1)

Estron (ESR- α, GPER1

ESR- α (Spleißvarianten z. B. Δ5ESR- α)

Hormonabhängige Tumoren

Vermehrtes Auftreten (Normalgewebe)

Anteil der Tumore mit Rezeptoren

ER-α

Tumore

ESR- α

ESR-β

Mammakarzinome Frauen (altersabhängig)

60–85 % (+100 % GEPR1)

+/–

Mammakarzinome Männer

~ 90 %

Ovarkarzinom

~ 15–80 %

~ 40 %

Gebärmutter (Endometriumkarzinome, Myome)

erhöht: GPER, (ESR- α)

erhöht

ER-β

Ovarien, Vagina Ovarien, (Epithel, Gebärmutter Muskel), (Endometrium, Uterus Stroma, (Endometrium, Muskel), ESR- β Stroma, Plazenta, (Spleißvari- Muskelzellen) Mamma anten z. B. Mamma (EpithelESR- β -1, (Epithelzellen, ESR- β -2, zellen, Stromazellen) ESR- β -3) Stromazellen)

Prolaktinome; gonadotrophe Tumore (Hypophyse)

+/–

~ 50 % 100 %

356

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Hormone Bindung von (Affinitäten zu)

Estriol (ESR- β, GPER1)

Rezeptoren Typ

GPER1 (G-Proteingekoppelter ÖstrogenRezeptor)

Hormonabhängige Tumoren

Vermehrtes Auftreten (Normalgewebe)

Hoden (Leydigzellen, Samenleiter), Hypothalamus, Knochenzelle, Knorpelzellen

Hoden (Leydigzellen, Sertolizellen), Prostata, Thymus, Milz, Lymphozyten, Hirnrinde, Hypocampus, Endothelzellen, Knochenzelle, Knorpelzellen Niere, Darmepithel, Lunge

GEPR1 ist praktisch in Zellen aller Gewebe zu finden Progesteron

PGRA

PGR-B (Transaktivator) PGR-A (Inhibitor)

PGRB

Ovarien, Gebärmutter (Endometrium, Stroma, Muskel), Plazenta, Vagina (Epithel, Muskel), Mamma (hier besonders auch PGRB, Epithelzellen, Stromazellen) Hoden, Nebenhoden, Prostata, Hypothalamus

Anteil der Tumore mit Rezeptoren

Hoden

~ 80 %

Prostatakarzinom

~ 95 %

Speicheldrüsentumore

20 %

Niere (Angiomyolipoma)

100 %

Kehlkopfkarzinome

~ 50 %

Schilddrüsentumore

0%

Kolonkarzinome

~ 7–50 %

~ 60 %

Lungentumore (NSCLC)

~ 20 %

(~ 80 %

Nierenkarzinome

~ 80 %

0–10 %

~ 60 %

DesmoidFibrosarkome Tumore

PGRB

andere

Mammakarzinome Frauen (altersabhängig)

55–70 %

ESR- α

5–30 %

Mammakarzinome Männer

~ 80 %

Ovarkarzinom

~ 20 %

Niere (Angiomyolipoma)

~ 70 %

Kehlkopfkarzinome

~ 70 %

Lungentumore (NSCLC)

~ 60 %

Prostatakarzinome

~ 95 %

Hodentumore

~ 90 %

Kolonkarzinome

~ 50 %

Lungenkarzinom (NSCLC)

70–80 %

357

4.6 Erworbene Ursachen

Hormone

Rezeptoren

Hormonabhängige Tumoren

Bindung von (Affinitäten zu)

Typ

Vermehrtes Auftreten (Normalgewebe)

Anteil der Tumore mit Rezeptoren

Androgene

AR

ARA

Tumore

ARB

Prostatakarzinome

~ 100 %

ARA Mammakarzinome (N-terminal Ovarkarzinom verkürztes Hoden, Nebenhoden, Prostata, Isomer) Nieren (Angiomyoexterne Genitalien (Ligand lipoma) Dihydrotestosteron), Ovarien, ARB Gebärmutter, Vagina, Mamma Nierenkarzinom (Transaktivator) Lungenkarzinom (NSCLC) mAR Leberkarzinom (MembranSpeiseröhrenkarziAndrogenmAR nom Rezeptor) (Aktivierung durch Liganden

20–80 %

Testosteron, Dihydrotestosteron (Vorläufer: Dehydroepiandrosteron, Androstendion)

ARB

führt zur Apoptose)

Kolonkarzinom

mAR

20–70 % 80 % 15 % ~ 70 % ~ 100 % 20–25 % ~ 100 %

mAR

Weiterführende Literatur Berta L, Fronticelli Baldelli C, Fazzari A, Radice E, Bargoni A, Frairia R, Gaetini A. Sex steroid receptors, secondary bile acids and colorectal cancer. A possible mechanism of interaction. Panminerva Med. 2003; 45: 261–266. Boonyaratanakornkit V, Scott MP, Ribon V, Sherman L, Anderson SM, Maller JL, Miller WT, Edwards DP. Progesterone receptor contains a proline-rich motif that directly interacts with SH3 domains and activates c-Src family tyrosine kinases. Mol Cell. 2001; 8: 269–280. Chan KK, Wei N, Liu SS, Xiao-Yun L, Cheung AN, Ngan HY. Estrogen receptor subtypes in ovarian cancer: a clinical correlation. Obstet Gynecol. 2008; 111: 144–151. Chavey C, Bibeau F, Gourgou-Bourgade S, Burlinchon S, Boissière F, Laune D, Roques S, Lazennec G. Oestrogen receptor negative breast cancers exhibit high cytokine content, Breast Cancer Research 2007, 9: R15. Dunnwald LK, Rossing MA, Li CI. Hormone receptor status, tumor characteristics, and prognosis: a prospective cohort of breast cancer patients Breast Cancer Research 2007; 9: R6, doi:10.1186/bcr1639. Gu S, Papadopoulou N, Nasir O, Föller M, Alevizopoulos K, Lang F, Stournaras C. Activation of membrane androgen receptors in colon cancer inhibits the pro-survival signals Akt/Bad in vitro and in vivo and blocks migration via vinculin/actin signaling. Mol Med. 2010. (PMID: 20957335). Slattery ML, Wade S. Samowitz,WS, Holden JA. Estrogen and Progesterone Receptors in Colon Tumors, Am J Clin Pathol 2000; 113: 364–368. Sushela S, Chaidarun SS, Alexander JM. A Tumor-Specific Truncated Estrogen Receptor Splice Variant Enhances Estrogen-Stimulated Gene Expression, Molecular Endocrinology 1998, 12: 1355–1366. Woolcott CG, Shvetsov YB, Stanczyk FZ, Wilkens LR, White KK, Caberto C, Henderson BE, Le Marchand L, Kolonel LN, Goodman MT. Plasma sex hormone concentrations and breast cancer risk in an ethnically diverse population of postmenopausal women: the Multiethnic Cohort Study. Endocr Relat Cancer. 2010; 17: 125–134.

358

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

4.6.4.2 Nichtsteroidale hormonaktive Stoffe in Umwelt und Nahrungsmitteln Den nichtsteroidalen hormonaktiven Stoffen (ED/endocrine disruptors) in unserer Umwelt und in unseren Nahrungsmitteln wird eine beträchtliche Rolle zugemessen bei der zunehmenden Störung der Entwicklung und auch der Funktion der tierischen und menschlichen Fortpflanzungsorgane. Zu diesen Stoffen gehören (siehe Tab. 4.27): • technische Substanzen mit östrogener Wirkung, wie: – Weichmacher (im Besonderen DEHP/Di-Ethyl-Hexyl-Phthalat und PCB/Poly-Chlorierte Biphenyle) in Kunststoffen, – Pflanzenschutzmittel (z. B. Dichlordiphenyltrichlorethan und seine Metabolite, 1,2-Dibrom-3-chlorpropan) in Trinkwasser, Früchten und über die Nahrungskette auch in Fleischwaren, – Flammschutzmittel (z. B. polybromierte Biphenylether) in Papier und Textilien, – Konservierungsmittel (z. B. Ester der Para-Hydroxybenzoesäure) in Lebensmittelzubereitungen, – Stabilisatoren (z. B. polychlorierte Biphenyle) für technische Öle und organische Werkstoffe, – Zwischenprodukte (z. B. Bisphenole) der Kunststoffherstellung, – Cadmiumsalze in Phosphatdünger, • technische Substanzen, welche die Östrogensynthese hemmen, wie: – Desinfektionsmittel mit fungizider Wirkung auf der Basis organischer Zinnverbindungen für Waren aus Papier, Textilien, Leder, Holz; • technische Substanzen, welche die Spermatogenese hemmen, wie z. B.: – Pflanzenschutzmittel, welche 1,2-Dibrom-3-chlorpropan enthalten, • Naturstoffe mit östrogener beziehungsweise östrogenverstärkender Wirkung, wie z. B.: – Phytoöstrogene (wie z. B. Flavonole, Flavonone, Isoflavone, Coumestane, Chalkone, Stilbene, Lignane, Isoprenoide und Saponine) in pflanzlichen Nahrungsmitteln und hieraus gewonnene Zubereitungen, – Mycoöstrogene (wie z. B. makrozyklische Laktone), – Inhaltsstoffe im gekochten Fleisch (wie z. B. Amin-2-amino-3-Methyl-Imidazo (4,5-b) Pyridin), – Alkohol (wie z. B. Ethylalkohol); • Arzneimittel mit östrogener Nebenwirkung (orale Antidiabetika, Clenbuterol, β-Sitosterol). Bei den meisten dieser Substanzen liegt die Bindungsstärke zum Östrogen-Rezeptor deutlich unter derjenigen des Estradiols. Zu den Substanzen, die in etwa gleichem Maße wie das Estradiol binden, gehören: • das Diethylstilbestrol und • die Flavonone 8-Prenylnaringenin und 6-Prenylnaringenin. Ob synthetische Östrogene der Kontrazeptiva im wiederaufbereiteten Trinkwasser die Entwicklung und Funktion der männlichen Geschlechtsorgane beeinträchtigen, ist umstritten:

4.6 Erworbene Ursachen

• •



359

die Zunahme von femininen Missbildungen von Fischen in den Gewässern Schwedens wurde zwar auf derartige synthetische Östrogene zurückgeführt, jedoch spricht dagegen, dass die in Kontrazeptiva typischen synthetischen Östrogene (17alpha-Ethinylestradiol, Mestranol, 17beta-Estradiol-17-valerat) bei einer Nachweisgrenze von 1 ng/l nicht nachweisbar waren – in der Galle von wildlebenden Fischen, gefangen in den Flüssen des dicht besiedelten Rhein-Main-Gebietes oder – in den Fluss-Sedimenten der Donau, synthetische Östrogene im Trinkwasser, gewonnen aus Flüssen scheinen daher, zumindest in Mitteleuropa, keine (oder wenn überhaupt, dann nur in einer Konzentration von < 1 ng/l) eine Rolle bei der Entwicklung und Funktion männlicher Geschlechtsorgane zu spielen,

Hormonaktive Phytoöstrogene und hormonaktive technische Substanzen (z. B. Pflanzenschutzmittel, Organozinnverbindungen und Weichmacher) waren jedoch in relativ hohen Mengen nachweisbar • in den Organen der Fische in den Gewässern des Rhein-Main-Gebietes und in Flusssedimenten der Donau und • im Mineralwasser aus Plastikflaschen. Da ein beträchtlicher Teil der hormonaktiven technischen Substanzen verdampfen, können sie mit den Windbewegungen auch in entlegene Regionen der Erde und über Niederschläge in das Oberflächenwasser gelangen. Nichtsteroidale hormonaktive Substanzen dürften somit einen beträchtlichen Einfluss auf die Fruchtbarkeit ausüben. • So konnten deutliche Missbildungen der Geschlechtsorgane bei freilebenden Alligatoren in Florida auf die Kontamination des Wassers mit Pestiziden (Dicofol, DDT und Metaboliten von DDT) zurückgeführt werden. • Bei vielen weiteren Wildtierarten (z. B. Seehunde, Fischotter) werden zunehmend Missbildungen der männlichen Sexualorgane und eine Abnahme der Populationen festgestellt. Mit Chemikalien belastete Gewässer wie auch belastete Fische in der Nahrungskette werden für diese Phänomene verantwortlich gemacht. Entsprechend der gegenwärtigen Datenlage ist es unstrittig, dass auch beim Menschen die Zeugungsfähigkeit abnimmt. Innerhalb der letzten 20 Jahre hat sich in den Industrieländern die durchschnittliche Konzentration der Spermien beim Mann halbiert. Zudem sind Fehlbildungen der männlichen Geschlechtsorgane (Hodenhochstand, Harnröhrenspaltung) und Tumoren (Hoden- und Prostatakarzinome) deutlich häufiger geworden. Welchen Einfluss nichtsteroidale hormonaktive Substanzen in der Umwelt und in den Nahrungsmitteln auf die Entstehung und das Wachstum von Tumoren des Menschen haben, ist noch weitgehend ungeklärt. Folgende Annahmen dürften jedoch berechtigt sein: • Substanzen werden das Wachstum von Tumoren mit Östrogen-Rezeptoren dann promovieren, wenn sie im Komplex mit dem Östrogen-Rezeptor in der Lage sind:

360



4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

– die zelluläre Signalübertragung deutlich zu stimulieren und/oder – eine starke und andauernde transkriptionelle Aktivität zu vermitteln; Substanzen werden das Wachstum von Tumoren mit Östrogen-Rezeptoren dann hemmen, – wenn sie an den Östrogen-Rezeptor deutlich binden, aber dessen Funktion nicht und nur gering stimulieren und hierdurch – die Bindung und Wirkung von körpereigenen Östrogenen hemmen.

Ähnliches ist für nichtsteroidale hormonaktive Substanzen mit androgener Wirkung anzunehmen.

Tab. 4.27: Hormonaktive Substanzen in der Umwelt und in Nahrungsmitteln. Wirkung auf Substanzen

ÖstrogenRezeptor

Weitere Effekte

Technische Verwendung

Hemmung des AndrogenRezeptors

Weichmacher in Kunststoffen (besonders PVC)

Technische Produkte

Phthalate

PCB

Parabene

Bisphenole

Ester der 1,2-Benzold-icarbonsäure (Phthalsäure) mit verschiedenen Alkoholen (> 25 Variationen inklusive Dibutylphthalat, Bis(2-ethyl-hexyl)phthalat und Benzyl-butylphthalat)

++

polychlorierte Biphenyle (> 209 Variationen)

++

Transformatoren, Hydrauliköl, Weichmacher

polybromierte Biphenylether

+++

Flammschutzmittel

Ester der Para-Hydroxybenzoesäure (Parahydroxybenzoat, Oxybenzoesäure / Oxybenzoat/ Hydroxybenzoesäure / Hydroxybenzoat)

++

Konservierungsmittel (Kosmetika, Waschmittel, Arzneimittel, Lebensmittel (Marinaden))

Bisphenol-A, -AP, -F

++

4,4′-Dihydroxybenzophenon (DHBP)

++

Ausgangsstoffe für die Herstellung von Epoxidharzen und Polykarbonaten Hemmung der Rezeptorbindung von Androgenen

Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT, beonders o,p DDT)

++

Pflanzenschutzmittel (Insektizid)

Dichlordiphenyldichlorethan (DDE)

+++

Abbauprodukt des DDT

Diethylstilbestrol (4-(4-(4-hydroxyphenyl) hex-3-en-3-yl) phenol)

++++

Arzneimittel

4.6 Erworbene Ursachen

361

Wirkung auf Substanzen

ÖstrogenRezeptor

Nonylphenole

Nonylphenolethoxylate

HalogenKohlenwasserstoffe

1,2-Dibrom-3-Chlorpropan

Cadmiumsalze

Cadmiumoxid, -sulfid, -selenid, -tellurid, -hydoxid, -chlorid

Tenside (Waschmittel, Arzneimittel) Weichmacher (für Zelluloseester)

+++

Hemmung der Spermatogenese

Hemmung der Östrogensynthese durch Hemmung der Aromatase Virilisierung

Tributylzinnchlorid (TBTC) Tributylzinnoxid (TBTO)

Pflanzenschutzmittel (Nematoden) Akkumulatoren, Phosphatdünger, Solarzellen

+++

Tributylzinnhydrid (TBT) organische Zinnverbindungen

Weitere Effekte

Technische Verwendung

Stabilisator (Kunststoffe, Farben) Desinfektionsmittel (Fungizid) für Textilien, Leder, Papier, Holz

Naturprodukte, Phytoöstrogene Kaempferol

++

Wein, Zitrusfrüchte

Myricetin

++

Wein, Zitrusfrüchte, Kernobst

8-Prenylnaringenin

++++

6-Prenylnaringenin

++++

Isoxanthohumol

+

Xanthohumol

+

Genistein (4-Methylether-Genistein: Biochanin A)

++

Flavonole

SauerstoffRadikalfänger

Flavonone

Isoflavone

Coumestane

Chalkone

Stilbene

Daidzein (4-MethyletherDaidzein: Formononetin)

++

Equol

++

Coumestrol

+++

Xanthohumol

++

Tectorigenin

++

Phloretin

++

Resveratrol (3,5,4Trihydroxystilben)

+++

Hopfen

Inhibition der Transkription der Catechol-OMethyltransferase (degradiert Estradiol). Inhi-bition der Aro-matase, Inhibition von Tyrosinphosphatasen

Hülsenfrüchte, im Besonderen Sojabohne

Sojasprossen

Hülsenfrüchte

Weintrauben, Erdnüsse

362

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Wirkung auf Substanzen

ÖstrogenRezeptor

Weitere Effekte

Technische Verwendung

Enterodiol

++

Enterolacton

++

Isoprenoide

Terpenoide

+

in vielen Pflanzen

Saponine

Steroidsaponine, Steroidalkaloidsaponine, Triterpensaponine

+

Hülsenfrüchte

Lignane

Getreide, Ölfrüchte

Mycoöstrogene Zearalenon

+

α-Zearalenol

+++

makrozyklische Laktone β -Zearalenol

++

Hemmung der Progesteronsynthese / Hemmung Cytochrome P450 scc (sidechain cleavage)Enzyme und der 3βHydroxysteroidDehydrogenase/ Isomerase/ 3βHSD

Mykotoxin (besonders von Fusarium-Pilzen); Getreide

Fleischprodukte

PhIP

Amin-2-amino-3-Methyl-Imidazo (4,5-b) Pyridin

++

vermehrte Expression des Pro-gesteronRezeptors und des Prolaktins

gekochtes Fleisch (Rind, Schwein)

Alkohol

Ethyl alhohol/ Ethanol

Erhöhung der Expression des E2R-α; Hemmung der Expression E2R- β (E2R-β blockiert E2R-α); Verstärkung der transkriptionellen Aktivität der Östrogen-E2R-α-Komplexe, erhöhte Synthese von Östrogen durch erhöhte Expression von Aromatase/ Aromatisierung von Androstendion und Testosteron); Verminderung des hepatischen Abbaus von Östrogen

überreife Früchte (Bananen, Mango), Bier, Wein, Spirituosen

Weiterführende Literatur Auger J, Kunstmann JM, Czyglik F, Jouannet P. Decline in sperm quality among fertile men in Paris during the past 20 years. New England J. of Medicine 1995, 332: 281–285.; Schweizer Bundesamt für Gesundheit, 2008. 08.04. http://www.bag.admin.ch/themen/chemikalien/00238/05448. Corcoran J, Winter MJ, Tyler CR. Crit Rev Toxicol. Pharmaceuticals in the aquatic environment: a critical review of the evidence for health effects in fish, 2010, 40: 287–304.

4.6 Erworbene Ursachen

363

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4.6.5 Reaktive Sauerstoff- und Stickstoffspezies 4.6.5.1 Reaktionsketten Zellen sind in der Lage, hochreaktive Molekülspezies zu bilden. Diesen Molekülen sind folgende Eigenschaften gemeinsam: • sie sind instabil, weil sie ein Atom enthalten, welches mindestens ein ungepaartes Elektron auf seiner äußeren Elektronenschale besitzt, • sie sind hochreaktiv, weil sich das Atom mit dem ungepaarten Elektron zu stabilisieren versucht, indem es ein anderes Molekül oxidiert, d. h. diesem anderen Molekül ein Elektron entreißt, • sie sind toxisch, weil sie in (Abhängigkeit von der Dosis) als Sauerstoffradikale oder Stickstoff-Sauerstoffradikale Proteine, Lipide, RNA und DNA oxidieren oder nitrifizieren können (siehe Tab. 4.28).

364

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Reaktive Sauerstoff-Spezies (RSS) bzw. Reactive Oxygen Species (ROS): • entstehen in folgender Reaktionskette (siehe Tab. 4.28): – O2 + (e–) → O•– 2 ; – + – O•– 2 + (e ) + 2H ) → H2O2; + – H2O2 + H + Fe2+ → •OH + Fe3+ + OH– ; – •OH + (e–) + H+ → H2O • Superoxidanionradikale (O•– 2 ): – nehmen eine Schlüsselfunktion ein, da sie als erstes gebildet werden, – entstehen endotherm durch Reduktion (O2 + (e–) → O•– 2 ) eines Moleküls Sauerstoff – (O2) durch ein Elektron (e ), • Wasserstoffsuperoxid (H2O2) – – wird exotherm gebildet aus einem Superoxidanion (O•– 2 ), einem Elektron (e ) und zwei Protonen (2H+), – ist relativ stabil und in der Lage, durch Zellmembranen zu dringen und sich somit in der Zelle zu verteilen, – kann an jedem Ort der Zelle unter Reduktion von der Eisenionen in Hydroxylradikale (•OH) gespalten werden gemäß der Fenton-Reaktion (H2O2+ Fe2+ → •OH + OH– + Fe3+), • Hydroxylradikale (•OH): – werden exotherm gebildet aus einem Molekül Wasserstoffsuperoxid (H2O2), einem Elektron (e–) und einem Proton (H+), wobei ein Wassermolekül (H2O) entsteht, – sind äußerst instabil und reaktionsfähig, – bilden weitere Radikale durch Reaktion mit Wassermolekülen oder organischen Substanzen (Proteinen oder Lipiden), wie beispielsweise (siehe Tab. 4.28): ▪ Alkoxylradikale (RO•), ▪ Perhydroxylradikale (HOO•), ▪ Peroxyradikale (ROO•), – bilden letztlich Wasser (H2O): ▪ aus einem Hydroxyl-Radikal (OH–), einem Elektron (e–) und einem Proton (H+) ▪ welches das stabile Endprodukt der Reaktionskette darstellt; ROS werden intrazellulär auf Grund endogener oder exogener Stimuli (siehe Tab. 4.29) gebildet: • in den Mitochondrien als Nebenprodukt des Elektronentransportes in der Atmungskette (welche in der inneren Membran der Mitochondrien abläuft): – die Oxidation von Kohlenhydraten, Aminosäuren, Fettsäuren erzeugt Acetyl-CoA, welches in den Citratzyklus eintritt und dort vollständig zu CO2 oxidiert wird, wobei NAD+ (Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid) und FAD (Flavin-Adenin-Dinukleotid) zu NADH und FADH2 reduziert werden; – in der Atmungskette werden NADH und FADH2 durch die NADH-Dehydrogenase rückoxidiert; über die Succinat-Dehydrogenase werden die Elektronen vom Succinat zum Ubichinon übertragen. Vom Ubichinon gelangen die Elektronen über das Cytochrom C zur Cytochrom-Oxidase und reduzieren Sauerstoffmoleküle zu H2O;

4.6 Erworbene Ursachen







365

die ATP-Synthase ist hierdurch in der Lage, ADP (durch den ANT/Adenin-Nukleotid-Translokator) vom Zytosol in das Mitochondrium transportiert) zu ATP zu phosphorylieren; – etwa 1–2 % des gesamten O2 wird durch fehlerhaften Elektronentransport zum Hyperoxid-/Superoxid-Anion-Radikal (O•– 2 ) reduziert; ▪ bei einem Überschuss an Hyperoxid-/Superoxid-Anion-Radikalen (O•– 2 ) oxidiert der ANT; hierdurch öffnen sich Membrankanäle in den Mitochondrien, sodass diese platzen und Cytochrom in das Zytosol abgegeben wird, ▪ wenn nur wenige Mitochondrien platzen, werden durch das Cytochrom C die Hyperoxid-/Superoxid-Anion-Radikalen (O•– 2 ) im Zytoplasma zu O2 oxidiert, wenn mehrere Mitochondrien platzen, aktiviert das Cytochrom C den intrinsischen Weg der Apoptose (siehe Kap. 3.5.4); in den Mikrosomen als Produkt des Elektronentransportes zur Reduktion von intrazellulär eingedrungenen xenogenen Substanzen (siehe Kap. 4.6.2): – die mischfunktionelle Cytochrom-P450-Reduktase reduziert in Anwesenheit von NADPH xenogene Substanzen (z. B. Anthachinone, wie Anthracyclin oder Daunomycin) zu Radikalen, – diese xenogenen Radikale reduzieren ihrerseits Sauerstoff zu Hyperoxid-/Superoxid-Anion-Radikal (O•– 2 ), – das Hyperoxid-/Superoxid-Anion-Radikal ist wiederum Ausgangspunkt der Bildung von weiteren reaktiven Sauerstoffmolekülen (siehe Tab. 4.28), im endoplasmatischen Retikulum: – als Ergebnis des Abbaus von Xanthinen im Purinstoffwechsel insbesondere in der Leberzelle; Hypoxanthin wird durch die Xanthinoxidase über Xanthin (Hypoxan+ thin + O2 + H2O → Xanthin + O•– 2 + 2 H ) zu Harnsäure oxidiert (Xanthin + O2 + + H2O → Harnsäure + O•– 2 + 2 H ), ▪ pro Molekül Hypoxanthin entstehen so zwei Hyperoxid-/Superoxid-AnionRadikale (O•– 2 ); ▪ Hypoxie führt zur Überexpression von Xanthinoxidase, welche nach Normalisierung der Sauerstoffzufuhr gleichsam explosionsartig über den Abbau von ATP (ATP → ADP → Adenosin → Hypoxanthin) und den Xanthinstoffwechsel Hyperoxid-/Superoxid-Anion-Radikale bildet; – infolge der Synthese von Prostaglandinen durch die Prostaglandin-Endoperoxid-Synthase (Cox/Cyclooxygenase), wobei zwei Isomere (Cox1 und Cox2) existieren; Cox1 ist konstitutiv exprimiert in Zellen vieler Gewebe, ▪ im Rahmen von Entzündungen wird Cox2 exprimiert nach Aktivierung insbesondere von Makrophagen, Granulozyten, Endothelzellen und anderen Zellen der Immunantwort, nicht jedoch von Lymphozyten, ▪ Cox1 und Cox2 oxidieren mit ihrer Oxygenase-Aktivität Arachidonsäure in Hydroperoxy-Endoperoxid Prostaglandin G2 (PGG2) und reduzieren mit ihrer Häm-Gruppe das PGG2 zum Prostaglandin PGH2 (Ausgangsmaterial für die Synthese weiterer Prostanglandine). Im Zuge dessen kann Cyclooxygenase molekularen Sauerstoff zu Superoxid-Anion-Radikalen (O•– 2 ) reduzieren,

366

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)



infolge der Synthese von Leukotrienen durch die Lipoxygenase, wobei drei Varianten existieren: die Arachidonsäure-5-Lipoxygenase, die Arachidonsäure-12-Lipoxygenase und die erythrozytäre 15-Lipoxygenase, ▪ 5-Lipoxygenase insbesondere von Makrophagen und anderen Zellen der Immunantwort exprimiert wird, nicht jedoch von Lymphozyten, ▪ 5-Lipoxidase die Arachidonsäure oxidiert zu 5-Hydroxyperoxyarachidonsäure (5-HPETE/5-Hydro-Peroxy-Eicosa-Tetraenoicacid), nachfolgend wird 5-HPETE durch die 5-Lipoxygenase reduziert zu Leukotrien A4 als Ausgangssubstanz für die Synthese weiterer Leukotriene und in diesem Zusammenhang ▪ 5-Lipoxygenase molekularen Sauerstoff zu Superoxid-Anion-Radikalen (O•– 2 ) reduzieren kann; in der Zellmembran als Ergebnis der Aktivierung insbesondere von Phagozyten (z. B. Granulozyten, Makrophagen) der Immunabwehr: ▪ Phagozyten werden durch pro-inflammatorische Zytokine oder durch Infektionserreger mit ihren Pathogen-assoziierten molekularen Strukturmustern (PAMP/Pathogen Associated Molecular Pattern) aktiviert, ▪ die Aktivierung führt über die Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-kB (siehe Kap. 3.3.13) zur erhöhten Expression der Zellmembran-assozierten NADPH-Oxidase (NOX), welche in Abhängigkeit von dem NADPH-OxidaseAktivator (NOXa) und extrazellulärem FAD-Sauerstoff zu Hyperoxid-/Superoxid-Anion-Radikal (O•– 2 ) reduziert; ▪ das Hyperoxid-/Superoxid-Anion-Radikal (O•– 2 ) ist wiederum Ausgangspunkt der Bildung von weiteren reaktiven Sauerstoffmolekülen (siehe Tab. 4.28); ▪



ROS werden in ihrer Entstehung gehemmt bzw. abgebaut, • spezifisch in den Mitochondrien durch: – Cytochrom-C-Oxidase, welche den Sauerstoffpartialdruck senkt durch Reduktion von O2 zu H2O, – Cytochrom Cytochrom C, das die Oxidation von Hyperoxid-/Superoxid-AnionRadikalen (O•– 2 ) zu Sauerstoff (O2) katalysiert, • in den Mitochondrien, in den Mikrosomen, im Zytoplasma, in der Zellmembran, im Golgi, im Zellkern und in den Gewebflüssigkeiten/Blut durch: – Superoxid-Dismutase (SOD), katalysiert die Bildung zu Wasserstoffsuperoxid •– (O•– 2 + O2 + 2H+ → H2O2 + O2), welches relativ stabil und membrangängig ist, – Glutathion-Peroxidase (L-γ-Glutamyl-Cystein-Glycin Glutathion), die reduzierte Form GSH reduziert Wasserstoffperoxid zu Wasser unter Bildung von Glutathiondisulfit (2GSH + H2O2 → G SSG + 2H2O), – Katalase baut ebenfalls Wasserstoffsuperoxid zu Wasser ab (2H2O2 → 2H2O + O2); – Peroxiredoxin (Prx), welches Cystein-SH-Gruppen enthält, welche durch Wasserstoffsuperoxid zu Sulfensäuren (Cystein-SOH) oxidiert werden, wobei diese durch Thyroxin (Trx) reduziert werden. Das so oxidierte Thyroxin wird in Anwesenheit von NADPH durch die Thyroxin-Reduktase wieder in das reduzierte Thyroxin überführt (H2O2 + Prx-SH → H2O + PrxSOH; PrxSOH + Trx → PrxSH + Trx(ox); Trx(ox) + Trx-Reduktase + NADPH → Trx + NADP+ + Trx-Reduktase);

4.6 Erworbene Ursachen

367

ROS sind in xenogenen Substanzen enthalten und werden aerogen oder peroral aufgenommen, z. B. durch: • Tabakrauch, • Pestizide in Nahrungsmitteln, • verschmutzte Luft, besonders auch unter Einwirkung der UV-Strahlung und ionisierenden Strahlung im Sonnenlicht, ROS oxidieren: • Proteine; durch Abspaltung von Wasserstoffmolekülen ergeben sich Veränderungen der Primär-, Sekundär- und Tertiärstruktur mit Beeinträchtigung der Funktion (z. B. Enzymaktivität); so entstehen: – S-S-Verbindungen bei Cysteinen – Bityrosine bei Tryptophan – Carbonylgruppen bei Histidin, Lysin, Prolin, Arginin und Serin, • Lipide, im Besonderen ungesättigte Fettsäuren: – an den Alkylgruppen unter Bildung von Lipid-Hydro-Peroxiden, Lipid-Alkoholen, – durch Öffnung der Doppelbindung unter Bildung von Peroxiden, – wodurch die Funktion der Lipide beeinträchtigt wird, z. B. bei Lipoproteinen des Blutes, welche zu oxidierten LDL werden, bei Phospholipiden der Zellmembran wird die Fluidität der Membran verringert und die Membranpermeabilität erhöht, was die Funktion von membrangebundenen Enzymen und Rezeptoren beeinträchtigt und den Ionentransport behindert Nukleotide, DNA und RNA: • – alle reaktiven Sauerstoffspezies sind in der Lage, Nukleotide zu schädigen, – besondere Bedeutung hat das Wasserstoffperoxid (H2O2) wegen seiner Membrangängigkeit, da die DNA Eisenionen bindet, kann in den Zellkern eingedrungenes Wasserstoffperoxid (H2O2) an der DNA unter Reduktion von der Eisenionen in Hydroxyl-Radikale gespalten werden (H2O2 + Fe2+ → •OH + OH– + Fe3+), diese an der DNA entstandenen Hydroxylradikale (•OH) sind in der Lage, direkt die DNA zu oxidieren – Oxidation des Zucker-Phosphat-Rückgrates der DNA kann zu DNA-Strangbrüchen (Einzelstrang- und Doppelstrangbrüchen) führen, – Oxidation der Nukleotide führt zur Bildung von 8-Oxo-2′-deoxyguanosin; verursacht während der Replikation eine Änderung eines GC-Basenpaars in ein TABasenpaar (Transversion), da gegenüber einem 8-OxoG im Matrizenstrang sowohl das normale Cytosin-Nucleotid als auch (bevorzugt) ein Adenin-Nucleotid eingebaut werden kann, 8-Hydroxy-2′-deoxyguanosin, 8-Oxoguanin, 8-Oxo-2′-deoxyadenosin, 8-Hydroxy-2′-deoxyadenosin, 5-(Hydroxymethyl) Uracil, 5-Hydroxycytosin, – wobei mitochondriale DNA auf Grund der Nähe zum Entstehungsort der mitochondrial entstandenen radikalen Sauerstoffspezies besonders stark betroffen ist; • Kohlenhydrate nicht oder in nur im unbedeutenden Maße.

368

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

ROS • werden gehemmt durch Antioxidantien, – die endogen produziert werden und deren Aktivität im Gleichgewicht steht mit der Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies bzw. den zugehörigen katalytischen Substanzen, wie z. B.: ▪ Eisen-Ionen-bindende Proteine (Ferritin, Transferrin, Coeruloplasmin, Metallothionein, Albumin), ▪ SH-gruppenhaltige Elektronen-Donatoren-Systeme, wie Thioredoxin und die Thioredoxin-Reduktase, welche auch Wasserstoffsuperoxid, Lipidperoxide und Ascobylradikale (oxidierte Ascorbinsäure) reduziert bzw. abbaut, Glutathion (GSH) und die Glutathion-Peroxidase, ▪ Radikale spaltende Enzyme (siehe oben) wie Superoxid-Dismutase, Katalase, Glutathion-Peroxidase und Perioxyredoxin, ▪ Radikalfänger wie Bilirubin, Harnsäure, – die exogen, z. B. über die Ernährung, zugeführt werden (siehe Kap. 4.6.3.1), wie z. B. ▪ Flavonoide, ▪ Vitamin-A, -C, -E; • haben im Organismus die Aufgabe als: – Botenstoffe (second messenger; z. B. bei der oxidativen Phosporylierung in der Atmungskette, im Gehirn, Kreislauf), solange sie im Gleichgewichtszustand stehen mit Antioxidantien, – zytotoxische Substanzen der Abwehrzellen (im Besonderen Granulozyten, Makrophagen) der Immunabwehr, verursachen den oxidativen Stress (falls sie durch Störung des Gleichgewichtes mit • Antioxidantien im Überschuss vorliegen) mit: – erhöhter Expression von Antioxidantien, – erhöhter Expression pro-inflammatorischer Zytokine, welche ihrerseits die Bildung von reaktiven Molekülspezies verstärken, – verstärkter Alterung der Zelle, – Auslösung des kontrollierten Zelltodes (Apoptose, siehe Kap. 3.5), – erhöhter Mutationsrate. Reaktive Stickstoff-Sauerstoff-Spezies (RNOS/Reaktive Nitrogen Oxid Species): • entstehen in folgender Reaktionskette: – L-Arginin + O2 + NADPH + NOS → Citrullin + NADP + H2O + NO + H+; – – NO + O•– 2 → ONOO ; – • – ONOO + CO2 → NO2 + CO•– 3 ; – ONOO– + H2O → ONOOH + OH–; – ONOOH → •NO2 + •OH • Stickstoffmonoxid (NO): – die Biosynthese erfolgt mit Hilfe der unterschiedlichen NO-Synthasen (NOS) ▪ durch Oxidation von L-Arginin zu Citrullin in Anwesenheit von Sauerstoff und NADPH (L-Arginin + O2 + NADPH + NOS = Citrullin + NADP + H2O + NO + H+);

4.6 Erworbene Ursachen

wobei im Rahmen des sogenannten Citrullin-NO-Kreislaufs (bestehend aus Arginosuccinat-Synthetase (ASS) und Arginosuccinat-Lyase (ASL) Citrullin wieder zu Arginin umgewandelt werden kann. – Folgende NO-Synthasen (NOS) sind bekannt: ▪ neuronale NOS (nNOS, wird konstitutiv Calmodulinabhängig exprimiert), ▪ endotheliale NOS (eNOS, wird konstitutiv Calmodulinabhängig exprimiert), ▪ induzierbare NOS (iNOS, wird gering konstitutiv exprimiert; Expression ist Calmodulinunabhängig stimulierbar), – diffundiert leicht durch Gewebe- und Zellmembranen, – wird besonders gebildet: ▪ von Endothelzellen durch die endotheliale NO-Synthase (eNOS), hemmt als EDRF/Endothelium Derived Relaxing Factor die Kontraktion von glatten Muskelzellen über die Stimulierung der Guanylat-Zyklase, Bildung von zyklischem GMP, Aktivierung der Proteinkinase G, welche die Myosinleichte-Kette-Phosphatase aktiviert, die die Myosin(LK)-Kinase inaktiviert, was die Dephosphorylierung der Myosin-leichte-Kette und die Entspannung des Myosins zu Folge hat, erweitert damit Gefäße: ▪ von Monozyten, Makrophagen, Granulozyten durch die induzierbare NO-Synthase (iNOS) nach Aktivierung (z. B. durch Zytokine wie Interferon-γ (IFN-γ), Interleukin-1, TNF-α, Liposaccharide oder durch NO) und über die Stimulierung der Expression des Transkriptionsfaktors NF-κB, wirkt zytotoxisch auf Bakterien durch Bindung an DNA und durch Komplexierung von Eisen-Ionen und Inhibition von Eisen-Ionen abhängigen Enzymen; – wird inaktiviert: ▪ nach Diffusion in Erythrozyten durch Bildung von Nitraten mit oxygeniertem Hämoglobin, ▪ durch Sauerstoff in Wasser zu salpetriger Säure (4 NO + O2 + 2 H2O → 4 HNO2) Peroxynitrit (ONOO–): – – wird gebildet aus der Reaktion von NO mit Superoxid-Anion (NO + O•– 2 = ONOO ), ▪ insbesondere durch Phagozyten (Makrophagen, Monozyten, Granulozyten), – entsteht, wenn NO und Superoxid-Anion simultan in größeren Mengen gebildet werden, ▪ da Superoxid-Anionen im Vergleich zu NO deutlich schlechter diffundieren und eine geringere Halbwertzeit besitzen, ist die Peroxynitrit-Entstehung primär mit der Entstehung von Superoxid-Anion-assoziiert, da diese eine mehrfach höhere Affinität zu NO haben als zur Superoxid-Dismutase, wird vorwiegend Peroxynitrit gebildet, ▪ bei einer Entzündung kann die Peroxynitrit-Entstehung um den Faktor 106 ansteigen, ▪ diffundiert über einen Bereich von ca. 1–2 Zelldurchmessern, hemmt direkt die Aktivität von Mitochondrien, zerfällt durch Reaktion mit Kohlendioxid in Stickstoffdioxidradikale und Carbonatradikale (ONOO– + CO2 = •NO2 + CO•– 3 ), ▪



– –

369

370

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)



bildet in Wasser Peroxysalpetersäure (ONOOH), welche: leicht durch Zellmembranen diffundieren kann, ▪ in hydrophober Umgebung schnell in Stickstoffdioxidradikale (•NO2) und Hydroxylradikale (•OH, siehe oben) zerfällt, Stickstoffdioxidradikale (•NO2): – entstehen durch: ▪ Reaktion von Peroxynitrit mit Kohlendioxid (ONOO– + CO2 = •NO2 + CO3–), ▪ Zerfall von Peroxysalpetersäure in Stickstoffdioxidradikale und Hydroxylradikale (ONOOH → •NO2 + •OH), – schädigen Proteine, Lipide und die DNA durch Nitrierung in analoger Weise wie radikale Sauerstoff-Spezies (siehe oben) und verursachen hierdurch den sogenannten nitrosativen Stress mit: ▪ Beeinträchtigung von Enzymen und Signalkaskaden, ▪ Schädigung von Membranen und Mitochondrien, ▪ Mutationen, im Besonderen durch Bildung von N7-Alkylguanin, – werden gehemmt insbesondere durch Metalloporphyrine (z. B. oxygeniertes Hämoglobin); (Fe(III)-porphyrine inaktivieren schnell Peroxynitrit, indem sie es zu Nitrat isomerisieren). ▪



Tab. 4.28: Beispiele reaktiver Molekül-Spezies.

Moleküle

Halbwertszeit (Reaktivität)

Bildung Ort

Substrat

Abbau Enzym/ Reaktionsweg

Enzym

Ort/Reaktionsweg

SuperoxidDismutase (+ Mn++); Cytochrom C, CytochromC-Oxidase

Mitochondrien (2O2•– + 2 H2O → H2O2 + 2OH• + O2)

reaktive Sauerstoff-Spezies (ROS) MonoaminoOxidase (O2 + 1e– → O2•– )

Mitochondrien (innere Membran/ Atmungskette) O2•– (Hyperoxid-/ SuperoxidAnionradikal)

Cyclooxygenase; Lipoxygenase O2

Retikulum

Xanthinoxidase (Hypoxanthin + O2 + H2O → Xanthin + O2•– + 2 H+)

Mikrosomen

Cytochrom P450 Oxidase (O2 + 1e– → O2•– )

Fe3+

(2O2•– + Fe3+ → 2O2 + Fe2+)

Zellmembran

NADPH abhängige Oxidase, NOX (O2 + 1e- → O2•– )

SuperoxidDismutase (+ Cu2+ oder Zn2+)

Zytosol oder extrazellulär (siehe oben) (2O2•– + 2H+ → O2 + H2O2)

(++)

O2

4.6 Erworbene Ursachen

Moleküle

H2O2 (WasserstoffPeroxid)

• HO (HydroxylRadikal)

RO• (AlkoxylRadikal)

Halbwertszeit (Reaktivität)

(+)

10–9 s (++++)

10–6 s (+++)

Bildung Ort

Mitochondrien, Mikrosomen, Zellmembran an weiteren Orten der Diffusion von H2O2 bzw. der Entstehung

Substrat

O2•–

H2O2

ROOH + Fe++

371

Abbau Enzym/ Reaktionsweg

SuperoxidDismutase (O2•– + 2H+ + e– → H2O2)

Enzym

Ort/Reaktionsweg

Katalase (+ Fe3+ oder Mn2+)

Peroxisomen (2H2O2 → O2 + H2O

Glutathion (GSH)Peroxidase

2H2O2 + 2GSH → GSSG + 2H2O

Perioxyredoxin (Thyroxinabhängige Peroxidase)

2H2O2 + 2PrxSH → 2PrxSOH + 2H2O

additive Reaktion,

RCH-HO• + RCHHO• → RC-CR + 2H2O

GlutathionPeroxidase

RO• + 2GSH → GSSG + H2O + R

Peroxiredoxin, GlutathionPeroxidase

2HOO• + 2PrxSH 2PrxSOH + 2H2O; 2HOO• + 6GSH → 3GSSG + 4H2O

Myeloperoxidase (H2O2 + Fe2+ → • OH + OH– + Fe3+)

R-OOH + Fe2+ → Fe3+ + OH– + RO•

HOO• (PerhydroxylRadikal)

7s (+)

ROO• (PeroxyRadikal)

7s (+)

Kettenreaktion

RCHOO• + RCH2 → RCH• + RCHOOH (ROOH)

ROOH (R = LipidHydroperoxid)

(+)

Peroxiredoxin, GlutathionPeroxidase

R-OOH + Fe2+ → Fe3+ + OH– + RO•

O3 (Ozon)

(++)

RCH2 + •HO → RCH• + H2O; RCH• + O2 → RCHOO•

O2

3O2 + Energie → 2O3

spontan

2O3 → 3O2 + Energie

spontan

4HOCl → 2H2O + 2Cl2 + •O2

spontan

OCl – H+ (hypochlorige/ unterchlorige Säure)

(+++)

H2O2

Myeloperoxidase + Cl-Ionen 2H2O2 + 2 Cl2 → 2HOCl + 2HCl + •O2

1 O2 (SingulettSauerstoff)

10 s, (+)

O2

Myeloperoxidase + Energie O2 (•O-O•) → 1O2(O-O:)

1

O2(O-O:) → O2 (•O-O•)

372

Moleküle

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Halbwertszeit (Reaktivität)

Bildung Ort

Substrat

Abbau Enzym/ Reaktionsweg

Enzym

Ort/Reaktionsweg

reaktive Stickstoff-Sauerstoff-Spezies (RNOS)

NO (Stickstoffmonoxid)

2–3 s, (+)

ONOO• (Peroxynitrit)

10 s, (++)

ONOOH (Peroxysalpetersäure)

10–3s, (++)

Zellmembran; an Orten der Diffusion

L-Arginin

Bildung von Methämo- Hb(Fe2+)O2 + NO → globin, Hb(Fe3+)OH– + NO2; NO-Synthase (NOS) Salpetrige2NO2 + H2O → und SalpeHNO2 + HNO3 ; tersäure

NO

NO + O2– → ONOO–

Peroxiredoxin, Fe(III)porphyrin

ONOO– + H2O → ONOOH + OH–

spontan (lipophile Bedingungen)

–3

in allen Zellkompartimenten

ONOO



ONOO• • NO2 (StickstoffDioxidradikale)

10–3s, (+++)

ONOOH

ONOO– + CO2 → • NO2 + CO3•– ONOOH → •NO2 + •OH (lipophile Bedingungen)

spontan Bildung von salpetrige(Nitrite) und Salpetersäure (Nitrate)

2ONOO• + PrxSH → PrxSOH + NO2; ONOO– + CO2 → • NO2 + CO3– ONOOH → NO2 + •OH



2•NO2 + H2O → HNO2 + HNO3

4.6.5.2 Auslöser: Karzinogene, energiereiche Strahlung, Stress, Alter Zahlreiche Einflüsse sind bekannt, welche im Körper zu einer vermehrten Bildung von reaktiven Molekül-Spezies führen (siehe Tab. 4.29). Alle diese tragen zur Krebsentstehung bei. Zu den Einflüssen gehören: • mit der Atemluft aufgenommene Substanzen: – Karzinogene im Tabakrauch (siehe Kap. 4.6.2.1), im Besonderen: ▪ reaktive Stickstoff-Sauerstoff-Spezies, welche direkt Zellen des Bronchialepithels oxidieren und ▪ NO, welches wegen seiner hohen Diffusionsfähigkeit durch das Bronchialepithel in den Körper eindringt, sich im Körper verteilt und in den Zellen der unterschiedlichen Organe reaktive Stickstoff-Sauerstoff-Spezies bilden kann, – biologisch nicht abbaubare anorganische und organische Fasern, (siehe Kap. 4.6.2.2), welche im Besonderen Makrophagen in den Bronchien kontinuierlich stimulieren, • weitere Substanzen, mit welchen Menschen beruflich oder technisch exponiert sind und die über die Atemluft, die Haut oder über Schmierkontakte über den Mund aufgenommen werden (siehe Kap. 4.6.2.2),

4.6 Erworbene Ursachen











373

mit – – – –

der Nahrung aufgenommene Substanzen, wie (siehe Kap. 4.6.3.1): Schwermetalle, Pestizide, Karzinogene, Nitrate im Trinkwasser und Gemüse, welche im Gastrointestinaltrakt durch bakterielle Nitratreduktasen zu Nitriten reduziert werden. Nitrite aus dem Pökelsalz in Lebensmitteln; Nitrite bilden mit Aminen kanzerogene Nitrosamine, – Alkohol, mangelhaft kompensierter Stress, extremer Leistungssport, welcher bei Überschreiten der aerogen-anaerogenen Schwelle durch die Hypoxie: – zur Überexpression von Xanthinoxidase führt; ▪ nach Normalisierung der Sauerstoffzufuhr werden explosionsartig über den Abbau von ATP (ATP → ADP → Adenosin → Hypoxanthin) und den Xanthinstoffwechsel Hyperoxid-/Superoxid-Anion-Radikale gebildet; – die Bildung von Radikalen in den Mitochondrien erhöht, bis die Atmungskette in Mitochondrien durch das zugleich gebildete Peroxinitrit inhibiert wird, – antioxidative Enzyme (Superoxid-Dismutase, Glutathion-Peroxidase, Katalase) hemmt; ▪ zusätzlich wird das Peroxyredoxin durch das entstandene Peroxinitrit inhibiert, energiereiche Strahlung, wie (siehe Kap. 4.6.7): – UV-Strahlung, – Röntgenstrahlung, – γ-Strahlung, ein fortgeschrittenes Lebensalter; in diesem: – ist die Eisenspeicherung erhöht, sodass die Bildung von Radikalen vermehrt katalsiert wird, – herrscht ein erhöhter Sauerstoffpartialdruck, was eine erhöhte Bildung von Radikalen in der Atmungskette zur Folge hat mit verstärkter Oxidierung der mitochondrialen DNA und einem beschleunigten Alterungsprozess, – ist die Aktivität der DNA-Reparatursysteme vermindert, wodurch oxidierte und nitrifizierte Nukleotide in der DNA nicht vollständig entfernt werden können, was zu Mutationen und auch zur Verkürzung der Telomere führt; chronische Entzündungen und Infektionen.

Tab. 4.29: Vermehrte Bildung von reaktiven Sauerstoff- oder Stickstoff-Sauerstoff-Spezies. Einflüsse

Tabakkonsum (siehe Kap. 4.6.2.1)

Substanzen/Ursachen

Mechanismen

Formaldehyd

Aktivierung von Zellen zur Bildung von Sauerstoffradikalen in der Zellmembran

PAK/PAH (Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe)

Bildung von Diol-Epoxiden

374

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Einflüsse

Nahrungsmittel (siehe Kap. 4.6.3.1)

Substanzen/Ursachen

Mechanismen

N-Nitrosamine

Nitrosamine werden mikrosomal in Formaldehyd und Carbenium-Ionen (+CH3) gespalten; mikrosomale Bildung von Sauerstoffradikalen

Erhitzen mehrfach ungesättigter Fettsäuren

Bildung von Peroxiden

Luteoskyrin (Anthrachinon) Alkohol (siehe Kap. 4.6.3.2)

Acetaldehyd

Aktivierung von Zellen zur Bildung von Sauerstoffradikalen in der Zellmembran

Holzstaub

Aktivierung der Bronchial-Epithelzellen zur Bildung von Sauerstoffradikalen

Asbestfasern

beruflichtechnische Expositionen (siehe Kap. 4.6.2.2)

Glaswolle; Steinwolle mit Faserdurchmesser < 1 μm

Fasern mit Durchmesser 0,08–0,18 μm (max. 3 μm) und Länge 0,3–4 μm gelangen in Alveolen, wandern durch Pleura, Peritoneum, aktivieren chronisch Makrophagen, induzieren radikale Sauerstoffmoleküle

Benzol (Cyclohexa-1,3,5-trien)

durch oxidative Ringöffnung entstehen hochreaktive Epoxide

Toluidine (Methylbenzen etc.)

Bildung von Epoxiden durch mikrosomale Oxidasen (P450)

4,4-Diamino-diphenyl (Benzidin) Nickel-II-Ionen Cadmium-II-Ionen Beryllium, Beryllium-II-Ionen Cobalt, Cobalt-II-Ionen

Nickel-II-Ionen bzw. Cadmium-II-Ionen induzieren (über Metallothionein, Hemmung von Zink-Finger-Proteinen) Sauerstoffradikale

chronische Aktivierung von Makrophagen, Bildung von radikalen Sauerstoffmolekülen

Antimon; Antimon-III-Ionen

Arsen

Bindung an Thiole; Hemmung von ZinkFinger-Proteinen; Induktion von radikalen Sauerstoffmolekülen

Nitro-Alkane (Tetranitromethan)

Bildung von DNA-Addukten durch Nitrierung (NO2-Bindung) von Nukleotiden

UV-Strahlung

UV-Strahlen, welche nicht durch Melanin oder DNA absorbiert wurden, aktivieren Chromophore (Häm, Bilirubin, pflanzliches Beta-Karotin), welche sich im Körper verteilen und lokal radikalen Sauerstoff bzw. Hydroxyradikale bilden

Röntgenstrahlung; γ-Strahlung

wirken indirekt über die Radiolyse von Wasser und die Generierung von Sauerstoffradikalen

energiereiche Strahlung (siehe Kap. 4.6.7)

4.6 Erworbene Ursachen

Einflüsse

Substanzen/Ursachen

375

Mechanismen Überexpression von Xanthinoxidase; nach Normalisierung der Sauerstoffzufuhr werden explosionsartig über den Abbau von ATP (ATP → ADP → Adenosin → Hypoxanthin) und den Xanthinstoffwechsel Hyperoxid-/ Superoxid-Anion-Radikale gebildet

Stress/ extreme körperliche Tätigkeit

Hypoxie Überschreiten der aerogenanaerogenen Schwelle/

erhöhte Bildung von Radikalen in den Mitochondrien, bis die Atmungskette in Mitochondrien durch das zugleich gebildete Peroxinitrit inhibiert wird Hemmung antioxidativer Enzyme (SuperoxidDismutase, Glutathion-Peroxidase, Katalase; Hemmung von Peroxyredoxin durch Peroxinitrit) Steigerung der Expression von Histonen (HIF2); Histone blockieren die DNAReparatur (Mismatch-Repair)

erhöhtes/gespeichertes Eisen

katalysiert die Bildung von Radikalen

erhöhter Sauerstoffpartialdruck

erhöht die Aktivität der Atmungskette und damit die Bildung von ROS

Alterung verminderte Funktion der DNAReparatursysteme

verstärkte Oxidierung der mitochondrialen DNA mit beschleunigtem Alterungsprozess verstärkte Oxidierung und Verkürzung der Telomere; beschleunigte Zellalterung

4.6.6 Chronische Entzündungen, bakterielle und parasitäre Infektionen 4.6.6.1 Beteiligte Zellen, Faktoren und Mediatoren des Immunsystems Der Einfluss chronischer Entzündungsreaktionen, gleich welcher Ursache, auf Entstehung und Wachstum (Initiation, Promotion, Progression, Invasion und Metastasierung) maligner Tumoren ist vielfältig belegt: • so können unterschiedliche Karzinome in Folge von chronischen Infektionen, Autoimmunerkrankungen oder dem längerfristigen Einfluss von Reizstoffen entstehen, • mittlerweile wird geschätzt, dass jede fünfte Krebserkrankung durch eine chronische Entzündung beeinflusst wird und • die Beobachtung, dass eine langfristige (5–9 Jahre) Hemmung der Entzündung z. B. durch NSAID wie Ibuprofen oder Aspirin in der Lage zu sein scheint, das Tumorrisiko (z. B. beim Mammakarzinom) zu verringern, mag als zusätzlichen Hinweis gelten für die Rolle der chronischen Entzündung für die Initiation und Promotion des Tumorwachstums. Entzündungen sind charakterisiert durch eine typische Kombination von klinischen Symptomen. Hierzu gehören:

376 • •



• •

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Rötung (Rubor) durch: – einen verstärkten Blutfluss in lokal erweiterten Gefäßen, Schwellung (Tumor) durch die sich Zug um Zug entwickelnde: – Gefäßerweiterung, erhöhte Gefäßdurchlässigkeit und Ödembildung, – Einwanderung von Leukozyten, – Gefäßneubildung, – Zunahme von Bindegewebe, Temperaturerhöhung (Calor) durch: – den verstärkten Blutzufluss, – ggf. vergesellschaftet mit einer Erhöhung der Körpertemperatur. Schmerzen (Dolor) durch: – die Freisetzung von Kininen. Einschränkungen der Funktion (Functio laesa) durch: – den Schmerz.

An der Entzündungsreaktion sind maßgeblich die Zellen der der angeborenen, wie auch der erworbenen Immunabwehr beteiligt. Die angeborene Immunabwehr reagiert unmittelbar nach ihrer Aktivierung (d. h. ohne eine Zeit-fordernde Sensibilisierung). Die beteiligten Zellen umfassen • Phagozyten: – neutrophile Granulozyten, – Monozyten, Makrophagen, – welche in einer Sofortreaktion Fremdsubstanzen erkennen, abtöten und phagozytieren können, Mastzellen, basophile Granulozyten und eosinophile Granulozyten, • – für die Ausschüttung von Entzündungsmediatoren; • Thrombozyten, – welche durch Ausschüttung von zahlreichen Zytokinen, Wachstumsfaktoren und Entzündungsmediatoren, ▪ die Entzündungsreaktionen verstärken, ▪ die Blutgerinnung regulieren und ▪ die Heilung des geschädigten Gewebebereiches einleiten, • das angeborene Lymphozyten-System (ILC), bestehend aus – ILC- Helferzellen, – Natürliche Killerzellen • Epithelzellen, Endothelzellen und Fibroblasten. Die erworbene Immunabwehr reagiert zweiphasig mit einer Zeit benötigenden Sensibilisierungsphase und einer daher verzögert auftretenden Antigen-spezifischen Abwehrreaktion. Sie beteiligten Zellen umfassen • Dentritische Zellen als Antigen-präsentierende Zellen (APC/Antigen Presenting Cells), • Lymphozyten, wie – T-Helfer-Lymphozyten, regulatorische T-Lymphozyten, zytotoxische T-Lymphozyten und Erinnerungs-T-Lymphozyten/Tmem

4.6 Erworbene Ursachen

– –

377

B-Lymphozyten für die Entwicklung von Antikörpern, regulatorische B-Lymphozyten/Breg und Erinnerungs- B-Lymphozyten/Bmem, Plasmazellen für die Produktion von Antikörpern,

Die erworbene Immunabwehr wird unterstützt von der angeborenen Immunabwehr bei der verzögert auftretenden Antigen-spezifische Abwehrreaktion. Diese wird ausgeführt durch: • zytotoxische T-Lymphozyten (CTL/ Cytotoxic T-Lymphocytes) gegen als fremd erkannte infizierte oder anderweitig verfremdet erscheinende körpereigene Zellen, • T-Helfer(1)-Lymphozyten (TH1) welche mit ihren Zytokinen die zelluläre Entzündungsreaktion ins-besondere durch Makrophagen und Natürliche Killerzellen antreiben, • der Antikörper-vermittelten Entzündungsreaktion durch B-Lymphozyten, die exekutiert wird – als Antikörper-abhängige Zelluläre Zytotoxizität (ADCC/Antibody Dependent Cellular Cytotoxicity) besonders durch Granulozyten und Makrophagen – als Antikörper-abhängige komplementmediierte Zytotoxizität (ADCMC/Antibody Dependent Complement Mediated Cytotoxicity) durch das Komplementsystem. Die Entzündungsreaktion beginnt, indem Infektionserreger, thermische, chemische oder physikalische Einflüsse und/oder Stoffwechselbedingungen Schäden verursachen, • im Zuge dessen freigesetzt werden – PAMPs (Pathogen Associated Molecular Pattern/Pathogen-assoziierte molekulare Produkte/Strukturmuster von Infektionserregern) und/oder – DAMPs (Damage Associated Molecular Pattern/Detritus-assoziierte molekulare Produkte/Strukturmuster von körpereigenen Zellen und Gewebestrukturen), häufig als Bestandteil von Zelldebris (siehe Tab. 4.30), • wobei PRR (Pathogen Recognition Receptor/Rezeptoren für pathogene Strukturmuster) auf den Zellen der angeborenen und der erworbenen Immunabwehr durch Bindung der PAMPs und DAMPs aktiviert werden (siehe Tab. 4.31) Wesentlicher Teil der Zelldebris sind die extrazellulären Vesikel/EV. Den EV ist gemeinsam, • eine Phospholipid-Doppelschicht (Bilayer) als äußere Membran, welche das innere der Vesikel vor enzymatischem Abbau schützt, • Phosphatidylserine in der äußeren Zellmembran, welche von der inneren Zellmembran nach außen transloziert sind, sodass die EV – von Makrophagen erkannt werden und diese zur Phagozytose und Elimination der Vesikel stimulieren und/oder – von nicht phagozytierenden Empfängerzellen endozytiert werden können, ▪ was den interzellulären Austausch von Substanzen der Ursprungszelle zu einer Empfängerzelle erleichtert, – durch Bindung von C1q die Komplementkaskade aktivieren wie auch – die Gerinnungskaskade anstoßen, • Bestandteile der Ursprungszelle, welche als Antigene wirken – integriert in die Phospholipid-Doppelschicht, wie z. B. ▪ Transmembran-Proteine,- Glykoproteine und – Lipoproteine, darunter auch

378

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Membran-Rezeptoren aus der ursprünglichen Zellmembran, innerhalb des Vesikels ▪ Proteine, Lipide, RNA, DNA, Metabolite oder auch Zelldebris, ▪



Drei unterschiedliche Typen von extrazellulären Vesikel/EV werden unterschieden und zwar • Apoptotische Körper (apoptotic bodies), welche durch Blasenbildung (Bubbling/Zeiosis) der Zellmembran im Zuge des apoptotischen Prozesses entstehen. – sie dienen zwar dem Schutz des Körpers vor schädlichen und inflammatorischen Auswirkungen der eingeschlossenen Zelldebris (Toxine, Enzyme, Immunogene, Mediatoren), ▪ zum einen durch die äußere Phospholipidmembran, ▪ zum anderen durch das membranständige Phosphatidylserin, welches Makrophagen stimuliert zur schnellen Phagozytose und Elimination der apoptotischen Körper durch Verdau, – sie können aber auch pro-inflammatorisch wirken, wenn membranständig z. B. exprimiert werden ▪ Phosphatidylserine, welche die Gerinnungskaskade und/oder die Komplementkaskade aktivieren, ▪ Tissue Factor-Moleküle, welche direkt die Gerinnungskaskade und indirekt die Komplementkaskade aktivieren wie auch ▪ pro-inflammatorische Zytokine und Chemokine (z. B. CX3CL1/Fractalkin); • Ektosome, welche sich von der Zellmembran im Rahmen des „Budding“ als „shedding Microvesicels“ loslösen und – das Ergebnis eines dynamischen Prozesses von Phospholipid Umverteilung und der Kontraktion der Zytoskelett-Proteine darstellen, – über Phosphatidylserin Makrophagen stimulieren zur Phagozytose und zum Verdau oder – von Empfängerzellen endozytotisch aufgenommen werden, in denen dann durch Vesikel-Zellmembran-Fusion die Integration und ggf. die Expression des Transportgutes stattfinden kann; • Exosome, welche über die Exozytose freigesetzt werden und – einen Durchmesser von etwa 40–100nm aufweisen, – über die Stufen Transportvesikel, frühe Endosomen und deren Fusion zu „MultiVesicular Bodies (MVBs)“ gebildet werden und hierbei – über einen endozytotischen Prozess Makromoleküle, Plasmakomponenten und/ oder Partikel wie z. B. Zellpartikel der Ursprungszelle eingeschlossen haben, – nach Fusion (der MVBs) mit der Zellmembran exozytiert werden und hierdurch ▪ als „Sekretionshilfe“ jenseits des klassischen Weges für eine Reihe von Proteinen dienen, wie z. B. für Zytokine wie IL-1β, IL-6, IL-18, IL-32, TNF-α wie auch für Wachstumsfaktoren, z. B. TGF-β.

4.6 Erworbene Ursachen

379

Tab. 4.30: Beispiele für DAMPs als Ursache für Entzündungen. zelluläre Reaktionen Zelldebris

Auslöser

Ergebnis Rezeptoren

Myelin-Lipide (Cholesterol, Glykosphingolipide (GalaktoVerletsylceramid- und zungen der GlukosylMyelinceramidDerivate), Phos- scheide der Axone pholipide) (z. B. durch RückenmarkVerletzungen) Myelin-Proteine (PLP, MBP, MAG, MOG, CNP)

S100 Proteine

SAP 130

Phosphatidylserin

GehirnTrauma

Traumata

jede Zellschädigung

NLRP3 (Inflammasom) CD36 (LipidRezeptor) CD1 Lipidpräsentierendes Glykoprotein

aktivierte Zellen

Makrophagen

M1, falls M2 (s. u.)

T-Lymphozyten-Reaktion (↑) APC/ Dentritische Zellen

M2, falls M1 (s. o.)

NLRP3, CD36

Makrophagen

MHC-II

APC/ Dentritische Zellen

RAGE

Plazenta Debris (SNA/SyncySchwanger(Endozytose) tiale nucleäre schaft Aggregate)

Antikörper-Reaktion (↑)

Wundheilung (↑) Geweberegeneration (↑) durch Sekretion von antiinflammatorischem IL-10 (↑) und pro-inflammatorischen Zytokinen (↓) T-Lymphozyten-Reaktion (↑) Antikörper-Reaktion (↑)

Mikrogliazellen

pro-inflammatorische Zytokine (↑); neuronaler Zelltod (↑)

Neuronen

Freisetzung von TNF (↑) Apoptose (↑)

Makrophagen

Aktivierung zu M1 (siehe oben)

Endothelzellen, Thrombozyten, Makrophagen

Aktivierung (↑)

mincle

Thrombin (↑)

Entzündung (↑), Gewebeschaden (↑) durch Sekretion von pro-inflammatorischen Zytokinen (IL-1β, Il-6, IL-12, IL-23; TNF-α) und Chemokinen (CCL2–4, CXCL8–12) (↑), reaktive Oxygen Species (ROS) und NO (↑); Phagozytose (↑)

Endothelzellen

Transfektion und Expression von human placental lactogen/hPL; Chorion Gonadotropin/αHCG; Insulin-like growth factor 2/IGF2 Phagozytose (↓)

Lipoproteine

Cholesterol

Auge, Maculadegeneration

Makrophagen

M2

NLRP3, CD36 Granulozyten/ PMN

C1q-Bindung (↑), Komplementaktivierung (↑) Degeneration Aderhaut/Chorioidea; Neovaskulierung Aktivierung (↑), HNP 1–3 (↑); HBP(↑); HNP und HBP prägen M1-Makrophagen

380

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

zelluläre Reaktionen Zelldebris

Auslöser

Ergebnis Rezeptoren

aktivierte Zellen Aktivierung (siehe oben) Makrophagen

Chol.-Kristalle Formylpeptide (N-FormylmethioninOligopeptide) Hitze SchockProteine (HSP)

HMGB1

IL-33

Mitochondrien

MAVS

FPR-1, -2, -3

Granulozyten/PMN

Phospholipase C/PLC (↑), Zerstörung der Phospholipidmembran

Zellstress durch z. B. Hypoxie; Hyperthermie;

TLR-2, TLR-4, CD91, CD24, CD14, CD40

Makrophagen

produktive Entzündung/ Wundheilung (↑)

Zellschädigungen

TLR-2, TLR-4, TLR-9, RAGE, CD24

Granulozyten/ PMN

sterile Entzündungen, Nekrosen

TLR-2, TLR-4 NLRP3; CD36

Trauma, Infarkt, Sepsis, Zellstress, Schäden der Epidermis und Epithelien (IL-33); Infektionen

extrazelluläre DNA

Makrophagen Granulozyten/PMN

IL-1R-Myd88

Chemotherapie (z. B. irinotecan (CPT-11) Zellnekrose

M1 Makrophagen (↑; siehe oben) Expression von TF Freisetzung von IL-1α, -β; IL-18

ST2

Mastzellen, Granulozyten/ PMB Granulozyten/ PME

sterile Entzündungen Pro-inflammatorische Zytokine (↑)

NLRP3

RIG-I-like R

mtDNA (hypomethyliert) wie bakt. DNA)

dsDNA

Apoptose /apoptotische Körperchen (↑)

Zell- und Gewebe schädigungen

Histone

proIL-1α, IL-18

M1

Typ 1 Interferone (↑)

TLR-9, AIM2

Immunzellen (über TLR-9)

AIM2, NLRP3/ Inflammasom

Makrophagen

sterile Entzündungen

Expression von IL-1 und IL-18 (↑) Aktivierung/sterile Entzündung (↑) Gerinnung (↑); Plasmin-bedingte Fibrinspaltung (↓), Fibrinolyse (↓)

4.6 Erworbene Ursachen

381

zelluläre Reaktionen Zelldebris extrazelluläre RNA

Auslöser Zellnekrose

Ergebnis Rezeptoren

aktivierte Zellen

TLR-7

Makrophagen Endothelzellen

miRNA (miR-146a, miR146b, miR-155) dsRNA

TLR-3

ATP

Purinergische Rezeptoren

β-Amyloid

NLRP3 Inflammasom

Stimulation zelluläre Reaktion

M1 Makrophagen (↑; siehe oben) Aktivierung Endothelzellen (↑)

Makrophagen Endothelzellen, Epithelzellen

Bindung und Spaltung der mRNA, Inhibition der Translation von Cyclooxygenase-2 (COX-2) und IL-1; sterile Entzündung (↓)

Endothelzellen

Aktivierung/sterile Entzündung (↑)

Makrophagen

Aktivierung/sterile Entzündung (↑)

Stimulation Antikörperreaktion

anti-inflammatorisch

AIM2 = absent in melanoma 2-Inflammasom; CNP = 2′3′-cyclic-nucleotide 3′-phosphodiesterase; dsDNA = Doppelstrang-DNA; dsRNA = Doppelstrang-RNA; FPR = Formyl-Peptide Receptors; HMGB1 = High-Mobility Group Box 1 Protein; IL-1R-Myd88 = Interleukin-1-Rezeptor- Myd88/ Myeloid Differentiation primary response gene 88-Protein- Signalweg; HBP = Heparin-Bindendes Protein; HNP1 − 3 = Humane Neutrophile Peptide; MAG = Myelin-Associated Glycoprotein; MAVS = Mitochondrial Anti-ViralSignaling protein; MBP = Myelin Basic protein, Mincle = Macrophage-inducible c-type lectin; mRNA = messenger RNA; miRNA = microRNA; MOG = Myelin Oligodendrocyte Glycoprotein, mtDNA = mitochondriale DNA; NLRP3 = Nucleotide-binding Oligomerization Domain (NOD)-Like receptors (Purin-Domain); NLRP3-Inflammasom = Komplex aus NLRP3 + ASC/ Adaptor for CARD/Caspase Activation and Recruitment Domains + Caspase 1; PLP = myelin proteolipid protein; PMN = Poly-Morphkernige Neutrophile Granulozyten; PMB = Poly-Morphkernige Basophile Granulozyten; PME = Poly-Morphkernige Eosinophile Granulozyten; RAGE = Receptor for Advanced Glycation Endproducts; RIG-I-like R = Retinoic acid-Inducible Gene I-like Receptor; SAP = Sin3A-Associated Protein; SNA = Syncytial Nuclear Aggregates; ST2 = receptor Suppression of Tumorigenicity 2; TLR= Toll-Like Receptor; TF = Tissue Factor

Zu den PRR, d. h. den Rezeptoren für pathogene Strukturmuster gehören (siehe Tab. 4.31) – Toll-like-Rezeptoren (TLR), im Besonderen: ▪ TLR-1, -2, -4, und -5 für Substanzen auf der Oberfläche von Bakterien: Lipopeptide, Glykopeptide, Peptidoglykane Zymosan, Lipoteichonsäure, Flagellin, wobei TLR-2 und 4 auch körpereigene Substanzen binden, wie z. B. HSP70, Heparansulfat, Hyaluronsäure, ▪ TLR-6 für Substanzen auf der Oberfläche von Mycoplasmen Diacyl-Lipopeptide, ▪ TLR-3, -7, -8, -9 für RNA und DNA von Viren und intrazellulär wachsenden Bakterien,

382

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

– –



C-Typ-Lektine (Kalzium-Ionen abhängige Lektin-Rezeptoren) für Kohlenhydratstrukturen auf Glykopeptiden, Glykolipiden oder Oligosacchariden, Scavenger-Rezeptoren für verfremdete körpereigene Substanzen, im Besonderen für: ▪ oxidierte oder acetylierte Lipoproteine, Lipopolysaccharide und Lipoteichonsäure; ▪ Makromoleküle mit stark negativer Ladung; NOD (Nukleotid-bindende Oligomerisations-Domäne-Rezeptoren) für ▪ Peptidoglykane auf Bakterien, ▪ RNA von Viren und DNA von Bakterien.

Durch die Aktivierung werden Wirkstoffe freigesetzt, die die Entzündung bewirken. Überschießende Reaktionen werden durch gleichzeitig exprimierte oder aktivierte anti-inflammatorische Wirkstoffe reguliert. Zu den pro-inflammatorischen Wirkstoffen gehören: • Zytokine und Chemokine (siehe Tab. 4.32) – welche in autokriner (Selbstaktivierung) und parakriner (Aktivierung von Nachbarzellen) Weise die Aktivierung von Immunzellen aufschaukeln können, – wobei zeitgleich ausgeschütteten anti-inflammatorisch wirkende Zytokine (siehe Tab. 4.33 und 4.34) die Gefahr einer überschießenden Reaktion eindämmen, • Spaltprodukte des Komplementsystems, welche die Ausschüttung von entzündungsfördernden Mediatoren stimulieren. Hierzu gehören: – Opsonine (C1q, C3b, C3bi, C3d), welche die Phagozytosefähigkeit von Fremdsubstanzen steigern, – Anaphylatoxine (C3a, C4a und C5a), – Membran-attackierende Komplexe (MAC/Membran Attacking Complexes, C5b C678 (nxC9)), welche: ▪ sich in die Zellmembran kernhaltiger Zellen (z. B. Synovialzellen der Gelenke) einfügen und diese hierdurch aktivieren können, ▪ Erythrozyten lysieren, ▪ Infektionserreger inaktivieren und lysieren können. • Immunmediatoren wie Histamin, Serotonin, Prostaglandine, Leukotriene. Mit Hilfe dieser Immunmediatoren aktivieren die zuerst betroffenen Makrophagen, Granulozyten und Mastzellen ihre Nachbarzellen, soweit diese die notwendigen Rezeptoren tragen. Zu diesen Rezeptoren gehören: • Rezeptoren für pro-inflammatorische Zytokine, wie beispielsweise (siehe Tab. 4.32), – Interleukine, wie z. B. IL-1, -2, -3, -4, -5, -6, -12, -15, -16, -17, -18, -20, -21, 23, -25; – hämatopoetische Wachstumsfaktoren, wie der Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierende Faktor (GM-CSF/Granulocyte-Macrophage-Colony Stimulating Factor), G-CSF und M-CSF; – TNF-α, -β – Chemokine (α-Chemokine (CXCL) und β-Chemokine (CCL)), – Interferone (IFN), im Besonderen IFNα, IFNβ und IFNγ,

4.6 Erworbene Ursachen



383

Rezeptoren für Entzündungsmediatoren, wie (siehe Tab. 4.34), – Prostaglandine, – Leukotriene, – Histamin, – Serotonin (5-Hydroxytryptamin), – Komplementfaktoren, wie Anaphyllatoxine 3a, 4a, 5a.

Hierdurch: • werden Endothelzellen in den angrenzenden Blutgefäßen aktiviert, was zur Auflösung der Haft-Komplexe (Tight junctions) zwischen den Endothelzellen und zur erhöhten Durchlässigkeit der Kapillaren führt, • werden weitere Granulozyten, Makrophagen und dendritische Zellen in das Entzündungsgebiet angelockt, • kommt es zur verstärkten Freisetzung von Zytokinen und Mediatoren für: – die Abtötung von Infektionserregern, – die Abtötung von infizierten oder sonstwie verfremdeten körpereigenen Zellen, – das Abräumen des toten Zellmaterials durch Phagozytose. Eine zentrale Rolle für die Abtötung von Infektionserregern und für die Zellzerstörung spielen die besonders von Granulozyten und Makrophagen in relativ großer Menge synthetisierten reaktiven Sauerstoff und Stickstoffspezies (siehe Kap. 4.6.5), denn • nach Aktivierung ihrer Rezeptoren und über die Stimulierung der zugehörigen zellulären Signalwege und Transkriptionsfaktoren (im Besonderen NF-κB) werden vermehrt gebildet: – Enzyme zur Synthese der reaktiven Molekülspezies. Zu diesen Enzymen gehören: ▪ zellmembranständige NADPH-Oxidase, ▪ induzierbare NO-Synthase (iNOX), ▪ induzierbare Cyclooxygenase 2 (iCOX) und ▪ 5-Lipoxygenase, – Hyperoxid-/Superoxid-Anion-Radikale (O•– 2 ): ▪ in der Zellmembran über die induzierbare NADPH-Oxidase (NOX), ▪ im endoplasmatischen Retikulum über die Cyclooxygenase-1 und -2 und über die 5-Lipooxygenase, ▪ als Ausgangsstufe für die Bildung weiterer reaktiver Sauerstoff-Spezies (Wasserstoffsuperoxid) und radikaler Sauerstoffmoleküle (siehe Tab. 4.28); – Stickstoffmonoxid (NO): ▪ über die induzierbare NO-Synthase (iNOS), ▪ als Ausgangsstufe für die Bildung von Stickstoff-Sauerstoffradikalen (siehe Tab. 4.28). Wasserstoffsuperoxid (H2O2, gebildet aus dem Superoxid-Anion-Radikal O•– 2 ) und Stickstoffmonoxid (NO) sind beide relativ stabil und membrangängig und somit in der Lage, durch Zellmembranen in benachbarte Zellen, durch Strukturen der extrazellulären Matrix, wie z. B. Gewebeschranken und in Infektionserreger hinein zu diffundieren.

384

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Dort vor Ort können sich bilden (siehe Kap. 4.6.5) • aus dem Wasserstoffsuperoxid (H2O2) die Sauerstoffradikale, – im Besonderen in das Hydroxyl-Radikal (•HO), • aus dem Stickstoffmonoxid (NO) die Stickstoff-Sauerstoffradikale, – im Besonderen das Stickstoffdioxidradikale (•NO2). Die gebildeten radikalen Sauerstoff- und Stickstoffspezies sind in der Lage, durch Oxidierung bzw. Nitrifizierung: • Infektionserreger direkt abzutöten mit verstärkter Freisetzung von PAMPs • körpereigene (benachbarte) Zellen und Gewebe zu schädigen und zu zerstören mit der Freisetzung von DAMPs, im Besonderen – Proteine der extrazellulären Matrix – Phospholipide (z. B. der Zellmembranen), Lipide, Lipoproteine, Glykolipide, Proteine, Glykoproteine, – Nukleinsäuren wie RNA und DNA; bei Schädigung der DNA ist entscheidend: ▪ ob gleichzeitig Proteine, beteiligt an der DNA-Reparatur, ihre Funktion einbüßen und Doppelstrangbrüche entstehen, ▪ ob bei der Replikation Ablesefehler und Mutationen die Folgen sind. Durch die erste Zellzerstörung entsteht weiterer Zelldebris, welcher mit seinen DAMPs wiederum weitere Zellen der angeborenen Immunabwehr stimuliert, die weitere radikale Sauerstoff- und Stickstoffspezies exprimieren, welche wiederum den Zellzerfall verstärken, sodass sich ein sich selbst verstärkender Kreislauf der Entzündung bildet. Die Folge ist ein akuter Entzündungsprozess (siehe Tab. 4.35), welcher solange währt, wie die Auslöser dieses Prozesses (PAMPs und DAMPs) noch vorhanden sind und die jeweiligen Rezeptoren auf den Zellen der Immunabwehr aktivieren können. Der Ausheilung des durch Infektion und Entzündung geschädigten Gewebe-Bereiches erfolgt mit Hilfe von Zytokinen und Wachstumsfaktoren (ausgeschüttet von den Immunzellen, insbesondere von Granulozyten, Makrophagen, Mastzellen und Thrombozyten) welche stimulieren • die Phagozytose der abgetöteten Infektionserreger und des Zell- und Gewebedetritus, • die Gefäßneubildung (Angiogenese, siehe Kap. 5.2), z. B. durch – vaskulären endothelialen Growth Factor (VEGF-A, -B, -C, -D); – PDGF (engl. platelet derived growth factor) • das Wachstum und die Differenzierung von Epithelzellen, z. B. durch – TGFα • das Wachstum und die Differenzierung von Bindegewebszellen, z. B. durch – TGFβ – Fibroblastenwachstumsfaktor (FGF) – plättchenaktivierenden Faktor (PAF), – Plättchenfaktor 4 (PF4).

385

4.6 Erworbene Ursachen

Tab. 4.31: Rezeptoren (PRR) für pathogene Strukturmuster (PAMPs und DAMPs). Rezeptoren (auf Monozyten/Makrophagen) Name

auf sonst. Zellen

Pathogene Strukturmuster (Liganden)

Außen Innen

Substanzen

Gebildet von

Toll-like-Rezeptoren TLR-1

TLR-2

dendritischen Zellen; B-Lymphozyten Mastzellen dendritischen Zellen

+

Lipopeptide

Bakterien

+

Glykolipide, Lipopeptide, Peptidoglykane, Zymosan, Lipoteichonsäure, HeatShock-Proteine (HSP70)

Bakterien, Pilzen, Zellen

TLR-3

B-Lymphozyten dendritischen Zellen

TLR-4

Darmepithelzellen dendritischen Zellen

+

TLR-5

Darmepithelzellen dendritischen Zellen

+

TLR-6

Mastzellen, B-Lymphozyten

+

TLR-7

Lymphozyten dendritischen Zellen

TLR-8

Mastzellen dendritischen Zellen

TLR-9

B-Lymphozyten dendritischen Zellen

TLR-10

B-Lymphozyten

+

Lipopolysaccharide, HeatShock-Proteine, Heparansulfat, Hyaluronsäure Flagellin

Viren gramnegative Bakterien, Zellen Bakterien

Diacyl-Lipopeptide

Mykoplasmen

RNA, einzelsträngig

Viren

+

RNA, einzelsträngig

Viren

+

nicht methylierte DNA (CpG)

Bakterien

??

??

+

+

RNA doppelsträngig

2+

Ca -abhängige (C-Typ-)Lectine

L-Selectin

Granulozyten, Lymphozyten

+

sialysiertes Lewis-XAntigen (Fucose/Galaktose) Mannosyl-, Galaktosyloder FucosylGlykokonjugate

MMR Mannose-R

Endothelzellen dendritischen Zellen

+

Mannose auf Glykoproteinen, Glykolipiden und Oligosacchariden

DEC-205 (Dendritic Endothelial Cell Lectin)

dendritische Zellen Endothelzellen

+

terminaler Bestandteil der KohlenhydratSeitenkette von körpereigenen humoralen und zellulären Glykoproteinen, Glykolipiden, Oligosacchariden oder körperfremden Glykoproteinen, Glykolipiden, Oligosacchariden auf Bakterien, Viren, Pilzen, Protozoen

386

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Rezeptoren (auf Monozyten/Makrophagen) Name

auf sonst. Zellen

Pathogene Strukturmuster (Liganden)

Außen Innen

Substanzen

Langerin

dendritische Zellen

+

Mannose Glykoproteinen, Glykolipiden und Oligosacchariden

DCIR (Dendritic cell Immunoreceptor)

dendritische Zellen, B-Lymphozyten, Granulozyten

+

?

Dectin 1 (human)

dendritische Zellen (Dendritic Cell Lectin)

+

Glukose (β-Glukane)

Dectin 2 (human)

Dendritische Zellen

+

Glukose (β-Glukane)

CLEC (C-type Lectin-R)

Dendritische Zellen

+

Glukose (β-Glukane)

+

Galaktose

Dendritische Zellen (Dendritic cellspecific ICAM3 grabbing non integrin)

+

Mannose/Mannan

zahlreiche Zellen (MHC-I polypeptide related sequence A or B)

+

Mannose

MGL-1

DC-SIGN

MICA, MICB

Gebildet von

Scavenger-Rezeptoren SR-A1, SR-A2

+

Marco (Makrophage Rec. with collagenous structure)

oxidierte oder acetylierte Lipoproteine, Lipopolysaccharide, Lipoteichonsäure; Makromoleküle mit stark negativer Ladung

+

Low-DensityLipoproteine (LDL) und High-DensityLipoproteine (HDL) des Blutes, gealterte, oxidierte Zelloberflächen, Bakterienoberflächen

Nukleotid-bindende Oligomerisations-Domäne-Rezeptoren (NOD) NOD1

NOD2

Darmepithelzellen, andere Zellen

+

Peptidoglykan (mesoDAP)

gramnegative Bakterien

+

Peptidoglykan (Muramyldipeptid, MDP)

gramnegative und grampositive Bakterien

387

4.6 Erworbene Ursachen

Rezeptoren (auf Monozyten/Makrophagen) Name

auf sonst. Zellen

Außen Innen

NALP (1–14) RNAHelikase

Pathogene Strukturmuster (Liganden)

Granulozyten, Lymphozyten

Substanzen

Gebildet von

+

Peptidoglykan (MDP), Bakterielle DNA, Doppelstrang RNA

Bakterien, Viren

+

Doppelstrang- und Einzelstrang RNA

Viren

MDA5 (Melanoma differentiationassociated antigen 5Helikase)

verschiedene andere Zellen

+

Doppelstrang-RNA

Viren (z. B. Paramyxo-, Influenza-, Jap. EncephalomyelitisVirus)

RIG-I (Retinoic acid Inducible Gene I Helicase)

verschiedene andere Zellen

+

Doppelstrang-RNA

Viren (z. B. Picornaviren)

Tab. 4.32: Pro-inflammatorisch wie auch anti-inflammatorisch wirkende Chemokine und Zytokine.

Zytokine

Ursprungszellen

Zielzellen

Förderung der Entzündung

Chemokine CCL1 − CCL27 CXCL1CXCL17

CXCL1, XCL1, -2

Epithelzellen, Endothelzellen, Fibroblasten, Gewebezellen (Leber, Muskel, Darm), Monozyten, Makrophagen, Granulozyten, Dendritische Zellen, T- und B-Lymphozyten, Thrombozyten, Nervenzellen (je Zelle und Aktivierung in unterschiedlicher Menge und Kombination)

Monozyten, Makrophagen, Granulozyten, Mastzellen, Endothelzellen, Fibroblasten, Dendritische Zellen, T- und B-Lymphozyten je nach Chemokin und Chemokin-Kombination in unterschiedlichen Ausmaß

CCL18 (Treg-Lymphozyten) CCL23, -26, CXCL7, -10, -14, -17 (Monozyten, TH1Lymphozyten und/oder Endothelzellen)

+



Interferone IFN-α IFN-β IFN-ε IFN-κ IFN-ω

Epithelzellen, Endothelzellen, Fibroblasten, Gewebezellen, Monozyten, Makrophagen, Granulozyten, Dendritische Zellen, T- und B-Lymphozyten (fast jeder Zelltyp)

Epithelzellen, hämatopoetische Zellen, Endothelzellen, Fibroblasten, Lymphozyten



388

Zytokine

IFN-γ

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Ursprungszellen

NK-Zellen, Dentritische Zellen, TH1-Lymphozyten, CTL

Zielzellen

Förderung der Entzündung

Blutstammzellen, Endothelzellen, Makrophagen, NK-Zellen, TH1-Lymphozyten, CTL

+

B-Lymphozyten

+

B-Lymphozyten (Antikörperwechsel nach IgE)



Interleukine (IL) IL-1-α

Epithelzellen (Magen/Darm, Lunge, Leber, Niere), Monozyten, Endothelzellen Astrozyten Dentritische Zellen B-Lymphozyten

IL-1β

Monozyten, Makrophagen NK-Zellen, Fibroblasten, Mikrogliazellen, Neuronen, Dentritische Zellen, B-Lymphozyten

IL-1Ra

IL-1 produzierende Zellen

IL-2

T-Lymphozyten

IL-3

IL-4

IL-5

IL-6

Mastzellen, NK.-Zellen, Endothelzellen, basophile. + eosin. Granulozyten Makrophagen, Mastzellen KM-Stromazellen T-Lymphozyten

Mastzellen, eosinophile Granulozyten T-Lymphozyten

Makrophagen, Endothelzellen, Fibroblasten, Fettzellen, Muskelzellen, Osteoblasten, T-Lymphozyten/TH17Lymphozyten, B-Lymphozyten

Fibroblasten, Mastzellen, basophile, eosinophile, neutrophile Granulozyten, Makrophagen, NK-Zellen, Endothelzellen TH1-Lymphozyten, TH17-Lymphozyten + Neuronen/Hypothalamus (Fieber bzw. Nozizeption)

IL-1 Rezeptorantagonist



TH1-Lymphozyten CTL

+

TH2-Lymphozyten, B-Lymphozyten

+

Monozyten, Granulozyten:

+

Mastzellen, eosinophile Granulozyten

+

Erythropoese

+

Makrophagen: M1 (↓), M2 (↑)



TH1-Lymphozyten



B-Lymphozyten: Antikörperwechsel nach IgE

+

Granulozyten

+

eosinophile Granulozyten

+

B-Lymphozyten

+

Granulozyten, Leberzellen: CRP (↑), Osteoklasten: Neuronen: Fieber (↑)

+

Makrophagen



T-Lymphozyten



B-Lymphozyten

+

B-Lymphozyten: Antikörperwechsel IgE Treg-Lymphozyten: Differenzierung (↓)

− +

389

4.6 Erworbene Ursachen

Zytokine

Ursprungszellen

Zielzellen Osteoblasten, Megakaryozyten, Endothelzellen

LIF

IL-7

IL-8 (entspricht CXCL8)

IL-9

IL-10

Monozyten, Makrophagen, Fibroblasten Osteoblasten, Leberzellen Thymusepithel T-Lymphozyten

Stromazellen (KM/ Thymus); Epithelzellen, Neuronen, Dentritische Zellen, Leberzellen Monozyten, Makrophagen Epithelzellen, Fibroblasten Endothelzellen

T-Lymphozyten (TH9-Lymphozyten)

Monozyten, Makrophagen Dentritische Zellen TH2-Lymphozyten

Förderung der Entzündung + −

T-Lymphozyten, TH17-Lymphozytem B-Lymphozyten: IgG, IgA (↑)

+

B-Lymphozyten: IgG → IgE (↓)



Treg-Lymphozyten: Differenzierung (↑)



ACTH- Ausschüttung (↑)



NK-Zellen

+

T-Lymphozyten

+

B-Lymphozyten

+

Granulozyten (neutrophil)

+

Megakaryozyten, Mastzellen

+

TH2-Lymphozyten, B-Lymphozyten; Plasmazellen

+

Makrophagen



Dentritische Zellen, TH1-Lymphozyten,



B-Lymphozyten: Antikörperwechsel zu IgE (↓)



Makrophagen



Mastzellen

+ −

Dentritische Zellen, TH1-Lymphozyten B-Lymphozyten; Plasmazellen

+ −

B-Lymphozyten: Antikörperwechsel nach IgE

IL-11

IL-12

Knochenmark-Stromazellen Fibroblasten

Makrophagen, Dentritische Zellen, Granulozyten B-Lymphozyten

Stammzellen/Hämatopoese

+

Osteoklasten; Megakaryozyten; NK-Zellen

+

B-Lymphozyten

+

TH1-Lymphozyten, CTL

+

TH2-Lymphozyten, B-Lymphozyten Fibroblasten

IL-13

Natürliche Killerzellen Mastzellen TH2-Lymphozyten

− +

Makrophagen B-Lymphozyten (Antikörperwechsel nach IgE)

− +

390

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Zytokine

Ursprungszellen

Zielzellen

IL-14

T-Lymphozyten B-Lymphozyten

B- Lymphozyten

IL-15

IL-16

IL-17

Förderung der Entzündung + −

B-Lymphozyten (Antikörpersynthese)

Monozyten, Epithelzellen, Fibroblasten, Muskelzellen, Nervenzellen, Dentritische Zellen, Lymphozyten

NK-Zellen

+

CTL

+

Monozyten, NK-Zellen, Mastzellen, eosinophile Granulozyten, Epithelzellen B- und T-Lymphozyten

Monozyten, Granulozyten, eosinophile Granulozyten

+

TH2-Lymphozyten

+

Epithelzellen, Fibroblasten, Makrophagen, neutrophile Granulozyten, Endothelzellen:

+

Mastzellen, neutrophile Granulozyten TH17- Lymphozyten

Lymphozyten: Proliferation (↑) −

Expression von TGFβ (↑) IL-18

Epithelzellen, Monozyten Endothelzellen

IL-19

Monozyten B-Lymphozyten

IL-20

Monozyten, neutroph. Granulozyten, Epithelzellen/Keratinozyten

IL-21

Natürliche Killerzellen TH-Lymphozyten (TH1, TH17)

TH1-Lymphozyten, TH17-Lymphozyten:

+ −

ACTH (↑) Monozyten

+

pluripotente Stammzellen

+

Keratinozyten, neutrophile Granulozyten, Osteoklasten

+

Monozyten/Makrophagen, NK-Zellen

+

TH1-Lymphozyten, CTL

+

B-Lymphozyten

+ −

B-Lymphozyten Antikörperwechsel nach IgE IL-22

NK-Zellen, TH1-, TH17-, TH22Lymphozyten

Epithelzellen, neutrophile Granulozyten:

+

IL-23

Epithelzellen, Monozyten Dentritische Zellen

TH17-Lymphozyten

+

IL-24

Monozyten, Makrophagen, Endothelzellen, TH2-Lymphozyten

Epithelzellen, Monozyten, Makrophagen

+

eosinophile Granulozyten

+

IL-25

IL-26

Mastzellen TH2-Lymphozyten

TH-Lymphozyten/ TH17-Ly



TH17-Lymphozyten TH2-Lymphozyten

+

B-Lymphozyten: Antikörperwechsel nach IgE

+

Epithelzellen, Makrophagen

+

Makrophagen (durch Expression von IL-10)



391

4.6 Erworbene Ursachen

Zytokine

IL-27

IL-28

Ursprungszellen

Dentritische Zellen Antigen-präsentierende Zellen Monozyten, Makrophagen

Zielzellen

Förderung der Entzündung

Endothelzellen, NK-Zellen, Monozyten, Makrophagen, Mastzellen

+

TH1-Lymphozyten, CTL

+

Treg-Lymphozyten: Differenzierung (↓)

+

TH17-Lymphozyten,



TH2-Lymphozyten; B-Lymphozyten



iTreg: (Expression von IL-10)



entspricht IFNγ2,-3

+ siehe oben

IL-29

entspricht IFNγ1

IL-30

siehe IL-17

siehe oben

+

Monozyten, Makrophagen, Mastzellen, Endothelzellen Epithelzellen (Haut, Darm, Lunge, Hoden) T-/TH2-Lymphozyten

Epithelzellen, eosinophile Granulozyten

+

TH2-Lymphozyten

+

B-Lymphozyten: Antikörperwechsel nach IgE

+

Neuronen: Pruritus

+

IL-31

IL-32 α, δ, θ

IL-32 β, γ

Epithelzellen, Endothelzellen Fibroblasten, Natürliche Killerzellen Dentritische Zellen T-Lymphozyten

+

Endothelzellen, NK-Zellen, Makrophagen



Dentritische Zellen



Makrophagen

+

TH2-Lymphozyten, B-Lymphozyten

+ −

TH1-Lymphozyten

IL-33

IL-34

IL-35

IL-36

Endothelzellen, Makrophagen Mastzellen, Epithelzellen Fibroblasten Dentritische Zellen

Epithelzellen, Neuronen Monozyten, Endothelzellen, glatte Muskelzellen, Treg/regulatorische T-Lymphozyten Epithelzellen, Mukosazellen, Makrophagen, Dentritische Zellen, T-Lymphozyten

Mastzellen, basophile, eosinophile, neutrophile Granulozyten, Makrophagen, Epithelzellen

+

TH2-Lymphozyten, B-Lymphozyten

+

Monozyten, Makrophagen, Osteoklasten, Mikrogliazellen, Fibroblasten

+

Dentritische Zellen

+

Fibroblasten



TH17-Lymphozyten:



Treg-Lymphozyten



TH2-Lymphozyten, B-Lymphozyten

+

Epithelzellen, Fibroblasten

+

Dentritische Zellen, TH1-Lymphozyten

+

392

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Zytokine

Ursprungszellen

Monozyten, Makrophagen, Dentritische Zellen, Plasmazellen

IL-37

Herzzellen, Epithelzellen, Leberzellen, Thymuszellen, B-Lymphozyten

IL-38

TSLP

Förderung der Entzündung

Zielzellen

Epithelzellen, Endothelzellen, Fibroblasten, Stromazellen

Makrophagen, Mastzellen,



TH1-Lymphozyten



TH2-Lymphozyten, B-Lymphozyten

+

B-Lymphozyten: Antikörperwechsel nach IgE



Monozyten/Makrophagen Endothelzellen, Epithelzellen, Fibroblasten:



Dentritische Zellen, TH1-, Th17-Lymphozyten



Treg:



Endothelzellen, basophile Granulozyten

+

Dentritische Zellen/Thymus, LangerhansZellen, TH1-Lymphozyten

+



Treg-Ly: Differenzierung

OCM

Monozyten, Makrophagen, neutr. Granulozyten, Dentrische Zellen T-Lymphozyten

Stimulation zelluläre Antwort

Endothelzellen

+

Makrophagen

+

Stimulation Antikörperantwort

anti-inflammatorische Wirkung

kursive Schrift: erworbene Immunreaktion

LIF = Leukemia Inhibitory Factor; OCM = Oncostatin M; Treg-Ly = regulatorische T-Lymphozyten; TSLP = Thymic Stromal Lymphopoietin; KM = Knochenmark

Tab. 4.33: Regelkreis zur Inhibition der pro-inflammatorischen Zytokine der IL-1- Familie. Ursprungszellen angeborene Immunabwehr erworbene Immunabwehr

Epithelzellen



Zymogene

Aktivierung der Zymogene zytosolisch

lysosomal

Inflammasome

zellintern (Endosomen/ Phagolysosomen)



Zytokine

Zielzellen

proinflammatorisch

angeborene Immunabwehr

IL-1α, IL-1β, IL-18, IL-33, IL-36-α, -β, -γ





Epithelzellen,

393

4.6 Erworbene Ursachen

antiinflammatorisch

(Haut, Magen/ Darm, Lunge, Leber, Niere) Monozyten Makrophagen Natürliche Killerzellen Endothelzellen Fibroblasten Mikrogliazellen Astrozyten Dentritische Zellen BLymphozyten TLymphozyten

Zymogene



Aktivierung der inflammatorischen Caspasen (-1, -4, -5) und der pro-apoptotischen Caspase-8

Inhibitoren: IL-1RII, IL18bP, IL18Rα, IL-36R

oder zellextern (nach Exozytose): Cathepsin -C, -D, -G, Elastase, Collagenase Proteinase-3

(Haut, Magen/ Darm, Lunge, Leber, Niere) Monozyten, Makrophagen, Natürliche Killerzellen, Endothelzellen, Fibroblasten, Mikrogliazellen, Astrozyten, neutrophile Granulozyten Mastzellen, basophile Granulozyten, eosinophile Granulozyten





Rezeptorantagonisten: IL-1Ra, IL-36Ra, IL-38 Immunsuppressiv: IL-37

erworbene Immunabwehr Dentritische Zellen BLymphozyten T-Lymphozyten





Aktivierung





pro-inflammatorisch: IL-1α, IL-1β, IL-18, IL-33, IL-36-α, -β, -γ



╤ anti-inflammatorisch: IL-1Ra, IL-1RII, IL-18bP, IL-18Rα, IL-36R, IL-36Ra, IL-37, IL-38,

Zytokine und Rezeptoren der IL-1Familie



= Stimulierung oder Expression; ╟ = Hemmung; R = Rezeptor; Ra = Rezeptor-Antagonist; bP = bindendes Protein; pro-inflammatorische Zytokine Kursiv: erworbene Immunreaktion

anti-inflammatorische Zytokine/Rezeptoren/ Antagonisten

394

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Tab. 4.34: Beispiele für pro-inflammatorisch wirkende Entzündungsmediatoren.

Mediator

Ursprung

G-ProteinRezeptor

pro-inflammatorische Wirkungen Förderung

Hemmung

Weitere Wirkungen

Prostacycline TXA2 Thromboxan A2

Thrombozyten

PGI2 Prostacyclin/ Prostaglandin I2

Endothelzellen

PGE2 Prostaglandin E2

Monozyten, Makrophagen, Granulozyten, Endothelzellen (nicht Lymphozyten und Mastzellen) Epithelzellen (Magen, Glomerulum)

PGD2 Prostaglandin D2

PGF2α Prostaglandin F2α

Mastzellen, Gehirn

Plazenta, Amnion

ThromboxanRezeptor

Aggregation der Thrombozyten, Vasokonstriktion

IP

Aggregation der Gefäßpermeabilität, Thrombozyten, Gefäßdilatation, zelluläre SignalSchmerzen (Freisetzung übertragung von Bradykinin und (MAP-KinaseHistamin) Weg)

Hemmung der Gefäßkontraktion (glatte Muskulatur), Förderung der Bronchodilatation

E1 bis E4

Differenzierung von Aktivierung von T-Lymphozyten; Fieber Makrophagen (PGE2 von Endothelund von zellen der Blut-HirnLymphozyten Schranke im Hypotha- (durch Erhöhung lamus); Muzinsevon AMP); kretion (Schleimhäute), Synthese von Expression von VEGF Zytokinen wie (Gefäßneubildung/ IL-1, IL-2, IFNα, Angiogenese) TNF-β

Hemmung der Salzsäureproduktion der Magenschleimhaut; Förderung der Durchblutung (Niere), Bronchodilatation

DP

Kontraktion glatte Muskulatur (Bronchien, Gefäße)

Förderung der Sensibilisierung der Uterusmuskulatur für Oxytocin; der Uteruskontraktion

FP

Leukotriene

LTB4 Leukotrien B4

Monozyten, Makrophagen, neutrophile Granulozyte

Fieber

Förderung der Kontraktion der glatten Muskulatur (Bronchien), des Schlafes

Aktivierung von Endothelzellen, Mastzellen, neutrophile Granulozyten BLT1, BLT2 (Adhäsion, Chemotaxie, Aggregation, O2-Radikalbildung); Gefäßpermeabiltät

4.6 Erworbene Ursachen

Mediator

Ursprung

G-ProteinRezeptor

pro-inflammatorische Wirkungen Förderung

Hemmung

395

Weitere Wirkungen

LTC4 CysteinylLeukotrien C4 LTD4 CysteinylLeukotrien D4

Mastzellen, eosinophilen Granulozyten

CysLT1, CysLT2

Konstriktion der glatten Muskulatur (Bronchien, Gefäße, Darm), Schleimsekretion

H1

NO-Freisetzung, Kapillarerweiterung, Hautrötung, Nesselsucht; Gefäßpermeabilität, Adrenalinausschüttung (Kontraktion der glatten Muskulatur in Bronchien, Darm, große Gefäße)

Verminderung von Depressionen, Konvulsionen

Kapillarerweiterung

Erhöhung der Magensaftsekretion, kardiale Schlagkraft und Frequenz

H3

zentrale Regelung Hunger, Durst, Körpertemperatur, Blutdruck

Hemmung der Ausschüttung (ZNS) von Histamin, Noradrenalin; Acetylcholin; Serotonin, Somastatin

H4

Chemotaxie eosinophiler Granulozyten; Aktivierung von T-Lymphozyten (Ausschüttung von IL-16)

5HT1,-2,-7

Kapillarkontraktion, Wundheilung, Gefäßerweiterung (Muskulatur)

LTE4 CysteinylLeukotrien E4

Histamin

Serotonin

basophile Granulozyten, Mastzellen, Epithelzellen (Haut, Bronchien); enterochromaffine Zellen (MagenDarm), Nervenzellen

enterochromaffine Zellen (Magen-Darm), Nervenzellen

H2

5HT3,-4

Peristaltik

396

Mediator

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Ursprung

G-ProteinRezeptor

pro-inflammatorische Wirkungen Förderung

Hemmung

Weitere Wirkungen Hemmung von Depressionen, Schmerz, Sexualtrieb; Förderung des Schlafes

5HT1,-2, -3

Anaphylatoxine C3a

C3aR

C4a

C3aR

C5a

MAC (Membran attackierender Komplex C5b678 (nxC9))

entstehen bei Komplementaktivierung durch Spaltung der Komplementfaktoren C4, C3 und C5

zytolytischer Komplex, entsteht als Endprodukt der Komplementaktivierung

C5aR; (C5L2)

Aktivierung von Makrophagen und neutrophile Granulozyten; Freisetzung von Histamin (Mastzellen, basophile Granulozyten), Kontraktion der glatten Muskulatur (Bronchien, Magen-Darm, große Gefäße); ZytokinAusschüttung; Synthese von Prostaglandinen und Leukotrienen

über Histaminfreisetzung (s. o.)

integriert als Hohl- Aktivierung von kernhalzylinder in tigen Zellen; Hämolyse die Zellvon Erythrozyten membran

Tab. 4.35: Ablauf einer akuten Entzündung.

Zeitraum

Minuten

Systeme/Zellen [aktiviert durch]

Mastzellen [Infektionserreger (Bakterien, Pilze, Nukleinsäuren); Thrombozytenfaktoren (PF4, BHRS, Basophil Histamine releasing, PAF, Permeabilitätsfaktor);

Gebildete Wirkstoffe pro-inflammatorisch

anti-inflammatorisch

Histamin, Heparin, Serotonin, Chemokine (Eotoxine (CCL11, CCL24), aktivieren eosinophile Granulozyten), Leukotriene (LTC4), Zytokine (IL-3, IL-4, IL-5, IL-6; IL-10, IL-13, IL-16, GM-CSF, TNF-α), lysosomale Enzyme (saure Hydrolasen: Cathepsine, Peptidasen, Lipasen, Glykosidasen,

Histamin (inhibiert neutrophile Granulozyten), Prostaglandin (PGD2), Zytokine (IL-4, Il-10 (inhibieren Freisetzung von IL-1 und TNF-β in neutrophilen Granulozyten)), lysosomale Enzyme (u. a.

4.6 Erworbene Ursachen

Zeitraum

Systeme/Zellen [aktiviert durch] Komplementfaktoren: (C3a, C4a, C5a), Neurokinine, Chemokine]

Minuten

397

Gebildete Wirkstoffe pro-inflammatorisch

anti-inflammatorisch

Ribonukleasen, Phosphatasen, Tryptase, Chymase; degraSulfatasen, dieren Proteinwirkstoffe) Matrix-Metalloproteasen Carboxypeptidase (degra(Elastase, Kollagenasen, diert Anaphylatoxine C3a, Stromelysin)), WachstumsfakC4a, C5a) toren (VEGF)

Komplementsystem Opsonine (C1q, C3b, C3bi, Inhibitoren (C1-Inaktivator, [Infektionserreger, lysosomale C3d), Anaphylatoxine (C3a, C4b-bindendes Protein, Enzyme (Proteasen), Thrombo- C4a, C5a), lytischer, MembranFaktor-H, -I, -J, Protein S), zytenfaktoren (Chemotactic attackierender Komplex Carboxypeptidase Factor)] (C5a678(nxC9)), FXIIa Kininsystem [FXIIa, lysosomale Proteasen]

Kinine (Kallikrein, Bradykinin, Kallidin)

Carboxypeptidase

Gerinnungssystem [Kallikrein, Tissue Factor, lysosomale Proteasen]

Gerinnungsfaktoren (FXIIIa, Thrombin, Fibrin), fibrinolytische Faktoren (Plasmin)

Inhibitoren (C1 Inaktivator, Antithrombin III, Protein S, Plasmin, PlasminogenAktivator-Inhibitor)

Histamin (inhibiert neutrophile Granulozyten) basophile Granulozyten Zytokine (IL-4; inhibiert Histamin, Serotonin, Leuko[Komplementfaktoren: (C3a, Freisetzung von IL-1 und triene (LTC4), Interleukine C5a), Neurokinine, Chemokine, TNF-α in neutrophilen (IL-4, IL-5, IL-6, IL-13) Interleukine (IL-3, IL-4, IL-10), Granulozyten) lysosomale Enzyme (saure Infektionserreger (Bakterien, lysosomale Enzyme (u. a. Hydrolasen: Cathepsine, PeptiPilze, Nukleinsäuren), ThromTryptase, Chymase; degradasen, Lipasen, Glykosidasen, bozytenfaktoren (PF4, BHRS, dieren Proteinwirkstoffe) Ribonukleasen, Phosphatasen) PAF), Permeabilitätsfaktor] Carboxypeptidase (degradiert Anaphylatoxine C3a, C4a, C5a) Minuten bis Stunden neutrophile Granulozyten [Infektionserreger (Bakterien, Pilze, Nukleinsäuren), Opsonine, Chemokine (IL-8), Interleukine (IL-1, IL-6, GMCSF; G-CSF, IFN-γ, TNF-α), Leukotriene (LTB4; LTD4)]

reaktive Molekülspezies, Prostaglandine (Thromboxan), Leukotriene (LTB4, SRSA (LTC4, LTD4, LTE4)), lysosomale Enzyme, (saure Hydrolasen: Cathepsine, Peptidasen, Lipasen, Glykosidasen, Ribonukleasen, Phosphatasen, Sulfatasen, Matrix-Metalloproteasen (Elastase, Kollagenasen, Stromelysin)), Plasminaktivatoren (uPA), Interleukine (IL-1, IL-6, TNF-α), Chemokine, Wachstumsfaktoren (TGF-β, VEGF, PDGF; PAF)

Prostaglandine (PGI2, PGE2, PGF2)

398

Zeitraum

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Systeme/Zellen [aktiviert durch]

pro-inflammatorisch

anti-inflammatorisch

Serotonin, lysosomale Enzyme Thrombozyten (saure Hydrolasen), Leukotriene [Gerinnungsfaktoren (SRSA, LTC4, LTD4, LTE4), (Thrombin, Fibrinogen, vonProstaglandine (Thromboxan), Willebrand-Faktor, ThromboWachstumsfaktoren (Platelet spondin), derived Growth Factor, PDGF), Komplementfaktoren (C1qrs, Platelet Factor 4, PF4), Platelet C3a, C3b, C5a678(nxC9), activating Factor (PAF), TGF-β), Wachstumsfaktoren (Platetelet Mediatoren (Permeabilitätsactivating Factor, PAF), Bindefaktor (PF, degranuliert webssubstanzen (Kollagen, Mastzellen); chemotaktischer Vitronectin, Fibronectin, Faktor (CF, für die Aktivierung Laminin), von C5), Basophil Histamine Prostaglandine (Thromboxan, releasing Substance, BHRS), PGH2, PGG2), Gerinnungsfaktoren (β-ThromMediatoren (Adrenalin, ADP), boglobulin, Fibrinogen, ThromBakterien (Streptokokken Mbospondin, von- WillebrandProtein)] Faktor)

Prostaglandine (PGE2, PGF2, PGH2)

kationische zytotoxische Proteine (MBP, ECP, EDN, EPO), Interleukine (IL-1, IL-3, IL-4, IL5, IL-6, IL-9, GM-CSF, IFN-α, IFN-β, TNF-α), Platelet activating Factor (PAF), Leukotriene (LTC4), Wachstumsfaktoren (TGF-α für Epithelzellen; TGF-β für Fibroblasten), lysosomale Enzyme (saure Hydrolasen: Cathepsine, Peptidasen, Lipasen, Glykosidasen, Ribonukleasen, Phosphatasen, Sulfatasen, MatrixMetalloproteasen (Elastase, Kollagenasen, Stromelysin))

Enzyme (Histaminase, Aryl-Sulfatase, Phospholipase B) Wachstumsfaktoren (TGF-β; inhibiert die Proliferation von Epithelzellen)

Stunden bis Tage

eosinophile Granulozyten [Interleukine (IL-1, IL-3, IL-5, IL-13, GM-CSF, IFN-γ,TNF-α) Infektionserreger (Bakterien, Pilze, Parasiten, Nukleinsäuren)]

1–3 Tage

Gebildete Wirkstoffe

reaktive Sauerstoff- und Stickstoff-Verbindungen, antibakterielle Proteine (Lysozym, Makrophagen Elastase, Defensine) Prostaglandine (PGI2, [(Infektionserreger (Bakterien, Opsonine (Pentraxine), InterPGE2, PGF2), ProteasePilze, Nukleinsäuren), denatuleukine (IL-1, IL-4, IL-6, IL-10, Inhibitoren (α2-Makrorierte Proteine (Glykolipide, IL-13, TNF-α, IFN-γ, GM-CSF, Gglobulin, α1-Antitrypsin, Glykoproteine, Lipoproteine) CSF, M-CSF), Wachstumsfakα1-Antiplasmin, TissueOpsonine, Chemokine (CCL2, toren (TGF-β, PDGF, aFGF, Metalloprotease-InhibiCCL3, CCL4, CCL5, CCL7, CCL8, bFGF, TGF-α, VEGF-A, -B, -C, toren (TIMP), PlasminogenCCL13, CCL19, CCL20) -D), Chemokine (CCL2, CCL3, Aktivator-Inhibitoren Interleukine (IL-1, IL-4, IL-6, CCL4, CCL17, CCL18, CCL19, (PAI-1, -2)) IL-10, IL-13, IFN-γ)] CCL20, CCL22), Prostaglandine (Thromboxan), Leukotriene (LTB4, SRSA: LTC4, LTD4,

4.6 Erworbene Ursachen

Zeitraum

Systeme/Zellen [aktiviert durch]

399

Gebildete Wirkstoffe pro-inflammatorisch

anti-inflammatorisch

LTE4), lysosomale Enzyme Zytokine (IL-4 (Inhibition (saure Hydrolasen: der Freisetzung von IL-1 Cathepsine, Peptidasen, und TNF-α), IL-10 (inhibiert Lipasen, Glykosidasen, T-Helfer (TH1) LymphozyRibonukleasen, Phosphaten) tasen, Sulfatasen, MatrixWachstumsfaktoren (TGFβ, Metalloproteasen (Elastase, inhibiert Wachstum der Kollagenasen, Stromelysin)), Epithelien) Gerinnungsfaktoren (Faktoren V, VII, IX, X, Prothrombin, Plasminaktivatoren (uPA), Plasminogen-AktivatorInhibitoren), Komplementfaktoren (C1q, C4, C2, C3, C5, Faktor B, D, P, I, H)Natürliche Killerzellen [aktivierende Liganden (NKp30, -44, -46, NKG2D), Interleukine (IL-2, IL-15, IL-21), Chemokine (CXCL8, CX3CL1, CXCL9, -10, -11, -12, CCL19, -21)]

4 Tage bis wenige Wochen

Interleukine (IL-5, IL-10, IL-13, GM-CSF), Zytokine (IFN-γ), zytotoxische Proteine (Perforin, Granzyme) Liganden für Todes-Rezeptoren (TNF, Fas-Ligand, TRAIL)

Zytokine (Interferon gamma; inhibiert T-Helferzellen (TH2)); IL-10 (inhibiert T-Helfer (TH1) Lymphozyten und neutrophile Granulozyten)

T-Helfer1-Lymphozyten Zytokine (IL-2, IL-3, IFN-γ, GM[antigenspezifisch (durch CSF, TNF-α, TNF-β) Chemokine dendritische Zellen, welche zu (CXCL2), zytotoxische Proteine Antigen-präsentierenden (Perforine, Granzyme) Zellen herangereift sind); Liganden für Todes-Rezeptoren Zytokine (IL-12, IL-23, IL-27, (TNF, Fas-Ligand) IFN-γ); Chemokine ]

Zytokine (IL-4, IL-10), Wachstumsfaktoren (TGF-β)

zytotoxische T-Lymphozyten/ Zytokine (IFN-γ, TNF-α, TNF-β) CTL zytotoxische Proteine [antigenspezifisch (durch (Perforine, Granzyme, Gewebezellen, welche FremdGranulolysin) antigen oder auch Autoantigen Liganden für Todes-Rezeptoren präsentieren); Zytokine (IL-2, (TNF, Fas-Ligand) IL-12, IL-23, IL-27, IFN-γ, GMlysosomale Enzyme CSF, TNF-α)] (Cathepsine)

Calretikulin lysosomale Enzyme (Cathepsin B degradiert Perforin), Enzym-Inhibitoren (Serpin-ProteaseInhibitor, Cytostatin), lösliche TNF-Rezeptoren

4.6.6.2 Entzündungs-bedingte Tumor-Initiation und -Promotion Chronische Entzündungen entstehen, • wenn qualitative und/oder quantitative Mängel der Immunabwehr zur Beseitigung der Auslöser der Entzündung vorliegen, wie z. B. – bei andauerndem belastenden Stress (Distress, siehe Kap. 7.8.2), – durch Medikamente, welche die Zellen der Immunabwehr hemmen, – durch Beeinträchtigung der Immunabwehr bei einer Adipositas,

400 •



4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

wenn PAMPs im Überschuss und dauerhaft freigesetzt werden (z. B. bei der chronischen Hepatitis-B-Infektion, bei chronischen bakteriellen Infektionen wie mit Salmonellen), wenn DAMPs ständig entstehen, z. B. unter dem stetigen Einfluss von Fremdkörperreizen, ätzenden und toxischen Chemikalien, radioaktiven Substanzen, thermischen Schädigungen.

Im Rahmen dieser chronischen Entzündung bilden die anhaltend aktivierten Makrophagen, Granulozyten, Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) wie auch die lokal aktivierten Epithelzellen, Endothelzellen und Fibroblasten fortlaufend • Sauerstoffradikale (ROS) und Stickstoffradikale (RNS), welche (siehe Kap. 4.6.5) den oxidativen Stress bzw. den nitrosativen Stress der umliegenden Zellen bewirken, indem sie – in Nachbarzellen diffundieren und – oxidative bzw. nitrative DNA-Schäden und Mutationen verursachen ▪ direkt durch Reaktion mit der DNA und Bildung von z. B. 8-Oxo-7,8-dihydro2′-deoxyguanosin (8-oxodG) und 8-Nitroguanin, ▪ indirekt z. B. durch die Oxidation von Transferrin, Freisetzung von Eisenionen und (über die Fenton-Reaktion) weitere Bildung von radikalen SauerstoffMolekülen, – oxidative bzw. nitrative Protein-Schäden bewirken, im Besonderen auch von Nukleoproteinen, sodass hierdurch epigenetisch die Transkription und Translation der das Tumorwachstum kontrollierende Gene (z. B. Onkogensuppressoren) beeinträchtigt wird durch Veränderung ▪ des Methylierungsmuster von Cytidin-Basen in Cytosin-Guanosin-NukleotidDimeren (CpG) und/oder ▪ der Methylierung und/oder der Acetylierung von Histonen – oxidative Schäden der mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Lipidperoxidation) in der Zellmembranen, wodurch ▪ die Bildung von Aldehyden verursacht wird, die ihrerseits mutagen sind, • Chemokine, welche die Akkumulation von Granulozyten und Makrophagen am Schadensort verstärken (siehe Tab. 4.32) und • pro-inflammatorische Zytokine und Wachstumsfaktoren (siehe Tab. 4.32), welche zur Promotion des Tumor-Wachstums beitragen, indem sie in deutlich größerer Menge als ihre jeweiligen Inhibitoren ausgeschüttet werden und – autokrin wie auch parakrin die Expression von weiteren pro-inflammatorischen Zytokinen stimulieren im Sinne eines sich selbstverstärkenden Kreislaufes, – die zelluläre Signalübertragung, im Besonderen die Mitogen-aktivierten Kinasen (MAK) der initiierten (Tumor-) Zellen stimulieren und hierdurch fördern (siehe hierzu auch Kap. 6.5.2.1) ▪ die Proliferationsrate ▪ den Übergang von Epithelzellen zu Mesenchymzellen (Epithel-MesenchymZell Tansition), ▪ das Invasions- und Metastasierungspotential – die lokale Angiogenese stimulieren.

4.6 Erworbene Ursachen

401

Eine chronische Entzündung kann somit • bei gleichzeitiger Schädigung oder Erschöpfung der DNA-Reparatursysteme Ursache von stabilen Mutationen sein und • zur Initiation, Promotion und Progression eines malignen Tumors entscheidend beitragen. Es gibt eine Reihe von klinischen Hinweisen wie auch Beweise für eine Wechselbeziehung zwischen chronischer Entzündung und Tumorerkrankungen: • erhöhte Cyclooxygenase-Spiegel im Blut sind assoziiert mit schlechter Prognose beim Kolonkarzinom und Mammakarzinom, • zahlreiche Tumore sind infiltriert mit Lymphozyten (tumorinfiltrierende Lymphozyten, TIL) und Makrophagen (Tumor-assoziierte Makrophagen, TAM) wie auch eosinophilen Granulozyten. Anreicherungen dieser Leukozyten im Tumor können ein gutes wie auch ein schlechtes Prognosekriterium sein: – für eine schlechte Prognose spricht, wenn: ▪ diese Leukozyten durch die von ihnen gebildeten reaktiven Molekülspezies zur Tumorentstehung maßgeblich beigetragen haben, ▪ die von den Leukozyten im Enzündungsgebiet ausgeschütteten Zytokine, Chemokine, Mediatoren und Wachstumsfaktoren das Wachstum des Tumors direkt oder indirekt (z. B. durch Erhöhung der Gefäßpermeabilität, Stimulierung der Angiogenese, Hemmung der Entwicklung der zellulären Immunreaktion) unterstützen oder ▪ die Tumorzellen selbst Zytokine und Chemokine produzieren und damit nicht nur ihr Wachstum autokrin stimulieren, sondern auch Leukozyten anlocken und aktivieren, welche ihrerseits wiederum Zytokine und Chemokine produzieren, die weitere Leukozyten anlocken, die reaktive Molekülspezies bilden und damit zur Progression des Tumors beitragen, ▪ Gewebezellen in der Nachbarschaft durch die Zytokine und Chemokine der Leukozyten oder der Tumorzellen aktiviert wurden zur Expression von Zytokinen, Chemokinen und Wachstumsfaktoren für die Einwanderung von Leukozyten in den Tumor, für die parakrine Förderung des Tumorwachstums; – für eine gute Prognose spricht, wenn: ▪ die im Tumor vorhanden TIL und TAM auf die Tumorzellen antiproliferativ und zytotoxisch wirken, ▪ beim Kolontumor Infiltrationen mit eosinophilen Granulozyten vorliegen, ▪ Tumor-assoziierte Makrophagen (TAM) beim Mammatumor und beim Pankreastumor nachweisbar sind; • chronische Entzündungen, verursacht durch Toxine, Infektionserreger oder Autoimmunreaktionen können gehäuft Tumorerkrankungen im entzündeten Gewebe zur Folge haben, beispielsweise bei: – Kolonkarzinomen: ▪ im Gefolge einer ulzerativen Kolitis, ggf. ▪ bei erhöhtem Blutspiegel von TNF und IL-6, – Prostatakarzinomen:

402

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

nach längerfristiger Nahrungsaufnahme von pro-inflammatorischen Karzinogenen, ggf. ▪ bei erhöhten TNF und IL-1, Speiseröhrenkarzinomen nach chronischem gastroösophagalen Reflux und metaplastischer Umwandlung des magennahen Ösophagus-Plattenepithels in ein Zylinderepithel (gastro-oesophageal reflux disease, GERD; Barrett-Erkrankung), Magenkarzinome nach chronischer Infektion mit Helicobacter pylori (gramnegativ begeißeltes mikroaerophiles Stäbchen-Bakterium). Dieser Keim bildet zahlreiche Wirkstoffe: ▪ Adhäsionsmoleküle zur Anhaftung an die Epithelzellen der Magenschleimhaut in und unter der Schleimbarriere, ▪ Urease, welche Harnstoff in Ammoniak und CO2 spaltet (das Ammoniak schützt den Keim durch lokale Neutralisation der Magen-Salzsäure) und welche die Proliferation der Magen-Epithelzellen durch Aktivierung des PI3KAKT-mTOR Signalwegs in der Magenepithelzelle stimuliert, ▪ Superoxid-Dismutase, welche den Keim schützt vor radikalen Sauerstoffspezies gebildet z. B. von Immunzellen, ▪ CagA, welches über ein bakterielles Typ IV Sekretionssystem (unter Mithilfe von BabA, CagPAI, CagT, Cagζ, CagL und HtrA) in das Zytosol der Epithelzelle der Magenschleimhaut transloziert wird. Nach Phosphorylierung aktiviert CagA den MAP-Kinasesignalweg und wirkt tumorpromovierend, indem es die Expression von HSP reduziert, den Zellzyklus und die Zellteilung antreibt und (gemeinsam mit BabA und CagPAI) DNA-Dopppelstrangbrüche und die maligne Transformation verursacht, ▪ VacA-Vaculotoxin führt (mit γ-Glutamyltranspeptidase) zur Vakualisierung von Zellen, zur Zellnekrose und Apoptose, hemmt (unter Mithilfe von HopQ, CagY) die Phagozytose, die Antigen-Präsentation durch dendritische Zellen und die T-Lymphozyten, ▪ HtrA zerstört als Protease die interzellulären Haft-Komplexe (Occludin, Claudin 8, E-Cadherin) in der Magenschleimhaut, fördert die bakterielle Penetration, zerstört fehlgefaltete Proteine, ▪ OMV (Outer Membrane Vesicle/Vesikel der äußeren Membran) dienen als Membranantigene und bieten Schutz vor Zytotoxizität durch ROS, ▪ LPS/Lipopolysaccharid aktiviert die Toll-like-Rezeptoren (besonders TLR4) von Makrophagen und induziert über den Transkriptionsfaktor NF-κB die Bildung von reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffradikalen, Zytokinen und Wachstumsfaktoren, induziert die Methylierung und damit Blockade des Promotors des Genes für Runx3 (Mitglied der Runt-Transkriptionsfaktorfamilie), ▪ bei etwa 20 % der Infizierten bewirkt die Infektion eine Schleimhautentzündung mit vermehrter Produktion von Gastrin und von Magensäure, die in eine chronische Gastritis mündet mit Atrophien und Geschwüre der Magen- und der Duodenalschleimhaut, mit Metaplasien der Magenschleimhaut und einer Progression bis hin zum nichtkardialen Magenkarzinom. So ist das Erkrankungsrisiko ist bei Infizierten etwa achtmal größer als bei Nichtinfizierten, ▪





4.6 Erworbene Ursachen

403

im Gegensatz hierzu führt die Infektion zu einer deutlichen Verminderung des Erkrankungsrisikos am kardialen Magenkarzinoms auf etwa ein Drittel. – Chronische Helicobacter-pyloris-Infektionen der Magen-Darm-Schleimhaut sind des Weiteren assoziiert mit: ▪ Malt-Lymphomen, d. h. mit B-Lymphozyten-Lymphomen des Schleimhautassoziierten lymphatischen Gewebes (engl. Mucosa associated lmphoid tissue, MALT; MALT-Lymphome stellen etwa 4 % aller Lymphome dar), fast alle Patienten mit Malt-Lymphomen sind infiziert mit Helicobacter pylori, die antibiotische Behandlung führt bei etwa 80 % der Patienten zu einer Remission des Tumors, ▪ exokrinen Pankreaskarzinomen, Pankreaskarzinom-Patienten sind etwa zu 65 % infiziert, Nichterkrankte etwa zu 45 %; – Harnblasenkarzinome (möglicherweise durch vermehrte lokale Bildung von Nitrosaminen im Rahmen der Entzündungsreaktion) durch: ▪ Blasensteine, ▪ chronische Mischinfektionen besonders mit gramnegativen Bakterien, ▪ Invasionen mit Schistosoma haematobium (Blasen-Bilharziose); – MALT-Lymphome durch chronische Infektionen in den verschiedenen Organen wie z. B. durch ▪ Chlamydophila psittaci in den Augenanhangsgebilden ▪ Helicobacter pylori im Magen ▪ Campylobacter jejuni im Dünndarm ▪ Achromobacter xylosoxidans in der Lunge ▪ Borrelia burgdorferi in der Haut ▪ Hepatitis C-Virus in den verschiedensten Organen entzündungshemmende Arzneimittel können das Tumorwachstum hemmen, zum Beispiel: – hemmt Aspirin die Bildung von Magenkarzinom des intestinalen Typs. ▪



Tab. 4.36: Karzinome oder Lymphome infolge von chronischen Entzündungsreaktionen. Auslöser/promovierende Agentien Organ Infektionserreger

Mundhöhle

HPV

Augenanhangsgebilde

Chlamydophila psittaci

Tumor Reizstoffe Alkohol, Tabakrauch

Helicobacter pylori

Nasopharyngeale Karzinome MALT-Lymphome

HCL (Sodbrennen) Alkohol, Tabakrauch

Speiseröhre

Magen

Autoimmunreaktion

Barrett-Ösophagus Ösophaguskarzinom Magenkarzinom Malt-Lymphom

404

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Auslöser/promovierende Agentien Organ Infektionserreger Dünndarm

Autoimmunreaktion

Tumor Reizstoffe

Campylobacter jejuni

Intestinum

MALT-Lymphom Morbus Crohn

Mikrobiom des Darmes

Colitis ulcerosa

Lactose, Fructose, Sorbit

Dickdarm

Kolonkarzinom (MALT-Lymphom)

Strongyloides stercoralis Pilze

Aflatoxin

HBV HCV Leber

Leberkarzinom

Leberegel nichtalkoholische Fettleber Alkohol Salmonella typhi

Gallenblase

Gallensteine Gallengangskarzinom

Opisthorchis viverrini Clonorchis sinensis

Pankreas

Obere Luftwege

EBV Rheumatoide Arthritis

Lunge

Tabakrauch, Alkohol, oxidierten Fette

Pankreaskarzinom

Alkohol, Tabakrauch

Nasopharyngeale Karzinome

Tabakrauch

Bronchialkarzinom

Asbestfasern

Pleuramesotheliom

Achromobacter xylosoxidans

MALT-Lymphome

Prostata

Trichomona vaginalis

Prostata-Karzinom (?)

Harnblase

Schistosoma haematobium

Harnblasenkarzinom

Zervix

HPV

Zervixkarzinom

Haut

Borrelia burgdorferi

MALT-Lymphom

Plasmodium falciparum

Burkitt-Lymphom

Immunsystem

4.6 Erworbene Ursachen

405

Auslöser/promovierende Agentien Organ Infektionserreger

Autoimmunreaktion

Tumor Reizstoffe

Toxoplasma gondii

B-Zell-Lymphom

Taenia solium

Lymphome

Hepatitis C-Virus

MALT-Lymphome

Weiterführende Literatur Ansari S, Yamaoka Y, Helicobacter pylori Virulence Factors Exploiting Gastric Colonization and its Pathogenicity. Toxins (Basel). 2019;11(11). pii: E677. doi: 10.3390/toxins11110677. Arthur JC, Jobin C. The struggle within: Microbial influences on colorectal cancer. Inflamm Bowel Dis. 2011; 17: 396–409. Bartz RR, Piantadosi CA. Clinical review: oxygen as a signaling molecule. Crit Care. 2010; 14: 234. Bellance N, Lestienne P, Rossignol R. Mitochondria: from bioenergetics to the metabolic regulation of carcinogenesis. Front Biosci. 2009 Jan 1; 14: 4015–34. Chang JC, Kou SJ, Lin WT, Liu CS. Regulatory role of mitochondria in oxidative stress and atherosclerosis. World J Cardiol. 2010; 2: 150–159. Epplein M, Nomura AM, Wilkens LR, Henderson BE, Kolonel LN. Nonsteroidal antiinflammatory drugs and risk of gastric adenocarcinoma: the multiethnic cohort study. Am J Epidemiol. 2009; 170: 507–514. Lee HC, Wei YH. Mitochondrial DNA instability and metabolic shift in human cancers. Int J Mol Sci. 2009; 10: 674–701. Lonkar P, Dedon PC. Reactive species and DNA damage in chronic inflammation: Reconciling chemical mechanisms and biological fates. Int J Cancer. 2010 Dec 2. PMID: 21128231. National Cancer Institute, USA, Helicobacter pylori and Cancer: Fact Sheet http://www.cancer.gov/ cancertopics/factsheet/risk/h-pylori-cancer. Ralph SJ, Rodríguez-Enríquez S, Neuzil J, Saavedra E, Moreno-Sánchez R. The causes of cancer revisited: “mitochondrial malignancy” and ROS-induced oncogenic transformation – why mitochondria are targets for cancer therapy. Mol Aspects Med. 2010; 31: 145–170. Saleh M, Trinchieri G. Innate immune mechanisms of colitis and colitis-associated colorectal cancer. Nat Rev Immunol. 2010 Dec 10. PMID: 21151034. Sedlacek HH. Die Immunabwehr des Menschen, Zellen, Botenstoffe, Netzwerke, Herausforderungen, Krankheiten, Script Verlag Kühnel CHAltendorf 2009 ISBN 978-3-907857-11-3. Sedlacek HH, Karges HE, Multiples Organversagen, Ursachen, Diagnostik, Behandlungsstrategien und Prävention, de Gruyter 2018 Smith, MG, Hold, GL, Tahara, E, El-Omar, EM. Cellular and molecular aspects of gastric cancer. World J Gastroenterol, 2006, 12: 2979–2990. Song MY, Makino A, Yuan JX. Role of Reactive Oxygen Species and Redox in Regulating the Function of Transient Receptor Potential Channels. Antioxid Redox Signal. 2010 Dec 2. PMID: 21126186. Takahashi-Kanemitsu A, Knight CT, Hatakeyama M., Molecular anatomy and pathogenic actions of Helicobacter pylori CagA that underpin gastric carcinogenesis. Cell Mol Immunol. 2019. doi: 10.1038/ s41423-019-0339-5. Yang D, Wang MT, Tang Y, Chen Y, Jiang H, Jones TT, Rao K, Brewer GJ, Singh KK, Nie D. Impairment of mitochondrial respiration in mouse fibroblasts by oncogenic H-RAS(Q61L). Cancer Biol Ther. 2010; 9: 122–133.

406

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

4.6.7 Virale Infektionen Der Körper ist grundsätzlich in der Lage, Virusinfektionen abzuwehren oder zur Ausheilung zu bringen. Hierbei nimmt die Immunabwehr eine Schlüsselfunktion ein. Zu den Waffen des Immunsystems zur Abwehr von Viren zählen: • Makrophagen: – Viren binden an und aktivieren die Rezeptoren für pathogene Strukturmuster, hierdurch kommt es: ▪ zur Bildung von reaktiven Sauerstoff-Spezies und zur virozid wirkenden Oxidierung von Virus-Proteinen, Virus-RNA und / oder Virus-DNA, ▪ zur Phagozytose der Viren und deren Abtötung, ▪ zur verstärkten Expression der Zytokine IFN-α, -β und -γ über die Aktivierung des Transkriptionsfaktors IRF 3; • CD4(+)-T-Helfer (1)-Lymphozyten: – werden zur Reifung Antigen-spezifisch aktiviert durch Dendritische Zellen, die ▪ nach Phagozytose von Viren und/oder gestorbenen oder lebenden virusinfizierten Zellen, ▪ über ihr Antigen-präsentierendes Molekül MHC-I (Major Histocompatibility Complex) Virusantigene den T-Lymphozyten präsentieren, – schütten pro-inflammatorische Zytokine (siehe Kap. 4.6.4.2) aus, welche Makrophagen, Granulozyten, Natürliche Killerzellen und zytotoxische Lymphozyten aktivieren; IFN α, -β und -γ • – werden exprimiert besonders durch aktivierte Makrophagen und T-Lymphozyten, – binden an und aktivieren (autokrin wie auch parakrin, d. h. in den Nachbarzellen) Interferon-Rezeptoren; hierdurch erfolgt: ▪ eine Verminderung der Proteinsynthese durch Inhibierung der Translation (über Synthese und Aktivierung der Protein Kinase R (PKR), der Phosphorylierung des Translationsfaktors eIF2 und dessen Komplexbildung mit eIF2B) und damit Inhibition der Virusreplikation, Hemmung der normalen Funktion von Ribosomen, was zum Zelltod und damit zur Zerstörung des Virus führen kann, ▪ eine erhöhte Expression des (Virus-) Antigen-präsentierenden Moleküls MHC-I (engl. Major histocompatibility Complex), sodass die virusinfizierte Zelle durch zytotoxische CD8(+) T-Lymphozyten erkannt und elimiert werden kann, ▪ eine erhöhte Expression des Transkriptionsfaktors p53, welcher in virusinfizierten Zellen pro-apoptotisch wirkt; • Natürliche Killerzellen: – erkennen Virusantigene auf der Membran der infizierten Zelle und werden zur Zytotoxizität aktiviert, falls die virusinfizierte Zelle kein MHC-I exprimiert (da MHC-I-Moleküle die Natürlichen Killerzellen hemmen); • Virus-spezifische Antikörper: – werden von B-Lymphozyten exprimiert, welche sich nach Reifungs- und Optimierungsschritten zu Plasmazellen als Produktionszellen differenzieren, ▪ wobei die Optimierungsschritte Antigen-spezifisch unterstützt werden von CD4(+)-T-Helfer (2)-Lymphozyten,

4.6 Erworbene Ursachen

CD4(+)-T-Helfer (2)-Lymphozyten werden Antigen-spezifisch zur Proliferation und Differenzierung aktiviert durch dendritische Zellen, ▪ dendritische Zellen phagozytieren Viren und/oder gestorbenen oder lebenden virusinfizierten Zellen und präsentieren Virusantigene über ihr Antigen-präsentierendes Molekül MHC-II den T-Helferzellen; – binden spezifisch an Viren und neutralisieren diese, indem sie: ▪ die Anhaftung von Viren an geeignete Strukturen auf der Zellmembran der empfänglichen Zelle blockieren und damit die Infektion dieser Zelle verhindern, ▪ im Komplex mit den Viren, unterstützt durch Komplementfaktoren (im Besonderen C3b), die Phagozytose der Virus-Antikörper-Komplexe und die Abtötung der in ihnen enthaltenen Viren durch Makrophagen und Granulozyten fördern, ▪ eine Verbreitung der Viren über das Blut verhindern; – töten virusinfizierte Zellen ab, indem sie: ▪ an die Membran virusinfizierter Zellen binden und danach ▪ Komplement aktivieren, sodass sich der zytolytische Membran Atackierende Komplex (MAC, C5bC678(nxC9)) bildet, zur Zytolyse der virusinfizierten Zelle mit Hilfe der Antikörper-abhängigen, komplementmediierten Zytotoxizität (ADCMC), oder ▪ Rezeptoren für den Fc-Teil der Antikörper (Fc-Rezeptoren) auf Natürliche Killerzellen, Makrophagen und Granulozyten aktivieren, zur Zytolyse der virusinfizierten Zelle über die Antikörper-abhängige zellmediierte Zytotoxizität (ADCC), durch Ausschüttung von zytotoxischen Proteinen, wie z. B. Granzymen, Perforinen und TNF-α und TNF-β; CD8(+) zytotoxische T-Lymphozyten (CTL): – werden zur Proliferation und Reifung Antigen-spezifisch aktiviert durch Dendritische Zellen, welche: ▪ Viren und/oder gestorbene oder lebende virusinfizierte Zellen phagozytieren und ▪ über ihre MHC-I-Moleküle Virusantigene den T-Lymphozyten präsentieren, – werden Antigen-spezifisch zur Zytotoxizität aktiviert, ▪ durch Virusantigene, welche von virusinfizierten (Gewebe-) Zellen auf deren Antigen-präsentierenden MHC-I-Molekül präsentiert werden ▪ und schütten daraufhin zytotoxisch wirkende Proteine aus wie Granzyme, Perforin und TNF-α und TNF-β; Gedächtnis-T-Lymphozyten und Gedächtnis-B-Lymphozyten – entstehen nach jeder Infektion, so auch nach einer Virusinfektion, – ermöglichen eine kurzfristige Abwehr bei einer Zweitinfektion mit dem gleichen Virus durch unmittelbare Aktivierung von: ▪ CD4(+)-T-Helfer (1)-Lymphozyten, ▪ CD8(+) zytotoxische T-Lymphozyten, ▪ Virus-spezifischen Antikörpern; – gewährleisten je nach Virus eine zeitlich auf einige Jahre befristete oder sogar lebenslange Immunität gegen das Virus. ▪





407

408

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Chronische Virusinfektionen können sich entwickeln auf Grund: • einer Schwächung des Immunsystems des Wirtes, beispielsweise bedingt durch – endogene Einflüsse wie: ▪ alteraabhängige Beeinträchtigungen (Immunschwäche des Kleinkindes und des alternden Menschen), ▪ körperliche oder mentale Überbelastung, dekompensierter Stress, ▪ Erkrankungen des Immunsystems (z. B. Autoimmunerkrankungen); – exogene Einflüsse, wie: ▪ Toxine, Drogen, Alkohol, Tabakkonsum, ▪ energiereiche Strahlungen, ▪ Mangelernährungen, ▪ bakterielle, parasitäre oder virale Koinfektionen, ▪ schwere Traumata; • Ausweichstrategien der Viren und zwar: – durch Versteckspiele, indem: ▪ sogenannte latente Viren ihre Nukleotidsequenzen zeitweise nicht von der infizierten Zelle transkribieren lassen (z. B. Herpes-Simplex-Virus, Varicella-Virus), sodass keine Virusantigene auf der Zellmembran exprimiert werden und die Immunabwehr daher die virusinfizierte Zelle nicht als verfremdet erkennt, ▪ Viren ihre Nukleotidsequenzen zwar von der infizierten Zelle transkribieren lassen, jedoch in ihrem Antigenmuster Antigene der Wirtszelle einbauen oder nachahmen (molekulares Mimikry), ▪ Viren einen Infektionsort bevorzugen, welcher normalerweise für die Immunabwehr unzugänglich ist (z. B. das zentrale Nervensystem); – durch ein hohe Rate an Spontanmutationen, ▪ welche einen dauernden Wechsel des viralen Antigenspektrums zur Folge haben, sodass die Immunabwehr unterlaufen wird; – durch die Produktion und Freisetzung großer Mengen an Virusantigenen, welche: ▪ die Antigen-Bindestellen von Immunglobulinen und Rezeptoren der Immunabwehr absättigen und damit neutralisieren (z. B. Hepatitis-B-Virus (HBV)), wie z. B. die Antigen-Bindestellen in den variablen Domänen der leichten und schweren Ketten von Antikörpern des B-Zell-Rezeptors (BCR) auf B-Lymphozyten, die Antigen-Bindestellen in den variablen Domänen der leichten und schweren Ketten von freien Antikörpern, die Antigen-Bindestellen in den variablen Domänen der α-Kette und der β-Kette des T-Zell-Rezeptors (TCR) auf TLymphozyten, ▪ freie Antigen-Antikörper-Komplexe (Immun-Komplexe) bilden (z. B. HepatitisB-Virus (HBV); Eppstein-Barr-Virus (EBV), welche über das Fc-Teil der beteiligten Antikörper an Fc-Rezeptoren auf Natürlichen Killerzellen, Makrophagen und Granulozyten binden und damit deren Antikörper-anhängige zelluläre Zytotoxizität (ADCC) hemmen, – durch Beeinträchtigung der Präsentation von Virusantigenen zur Antigen-spezifischen Stimulierung von Lymphozyten, wie z. B. durch: ▪ Verminderung der Expression von (Virusantigen-präsentierenden) MHC-I-Molekülen, sodass zytotoxische CD(8+)-T-Lymphozyten die virusinfizierte Zelle nicht mehr erkennen und dadurch nicht mehr aktiviert werden können,

4.6 Erworbene Ursachen

409

Behinderung der Beladung der Antigen-präsentierenden Moleküle MHC-I mit Virusantigenen durch Blockade des für die Beladung notwendigen Peptidtranporters TAP (Transporter für die Antigen-Präsentation); durch Expression von viralen anti-apoptotisch wirkenden Proteinen in der infizierten Zelle, ▪ wie z. B. Analoga der anti-apoptotisch wirkenden zellulären Proteine (z. B. BCL2, FLIP, SERPIN, siehe Kap. 3.5.4), ▪ sodass die virusinfizierte Zelle resistent ist gegen pro-apoptotisch wirkende Liganden (z. B. Fas-Ligand, siehe Kap. 3.5.3) zytotoxischer Lymphozyten; durch die Inhibition von pro-inflammatorischen Zytokinen (IL-1, IL-12, IL-18, IFN-γ; TNF-α) und Chemokinen durch Expression: ▪ viraler Homologe, welche die Zytokine kompetitiv hemmen, ▪ viraler Bindeproteine, welche an Zytokine binden und sie hierdurch neutralisieren; durch die Inhibition der zellulären Immunabwehr durch Expression von Zytokinen, welche: ▪ die Differenzierung von CD4(+)-T-Helfer-(1)-Lymphozyten und damit die Aktivierung von Makrophagen, Granulozyten und Natürliche Killerzellen hemmen und stattdessen: ▪ eine verstärkte Differenzierung von CD4(+)-T-Helfer-(2)-Lymphozyten, Aktivierung von B-Lymphozyten und Antikörper-Produktion bewirken; durch die Aktivierung von regulatorischen T-Lymphozyten, welche hemmend wirken auf die Entwicklung, Optimierung und Reifung von: ▪ Antigen-spezifischen zytotoxischen T-Lymphozyten und/oder ▪ Antikörper-bildenden B-Lymphozyten und Plasmazellen; durch Infektion von Zellen der Immunabwehr, um sie zu lähmen oder zu zerstören, wie beispielsweise die Infektion von: ▪ Makrophagen mit Beeinträchtigung der zellulären Immunreaktion, ▪ Thymozyten und T-Helfer-Lymphozyten mit mangelhafter Entwicklung von zytotoxischen Lymphozyten, ▪ B-Lymphozyten und/oder T-Helfer-Lymphozyten mit mangelhafter Bildung von Antikörpern (geringe Affinität, niedriger Titer), ▪ Natürlichen Killerzellen über die Bindung und Phagozytose von Virus-Antikörper-Immun-Komplexen mit Stimulierung der Expression von inhibierenden Rezeptoren, Zytolyse. ▪











Chronische Virusinfektionen sind wesentlich an der Entstehung von Tumorerkrankungen beteiligt. Diese Beteiligung erfolgt durch zwei grundsätzlich unterschiedliche Mechanismen. • Tumorviren (siehe Tab. 4.37) integrieren ihre Gensequenzen in das Genom der Wirtszelle und bewirken hierdurch Mutationen: – indem sich ein virales Onkogen in die Zelle einfügt, dessen Protein: ▪ die Zellteilung fördert (siehe Kap. 3.4.1), ▪ ein zelluläres Tumor-/Onkogensuppressor-Protein inhibiert,

410



4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

– indem ein zelluläres Proto-Onkogen zu einem Onkogen mutiert wird, – indem ein zelluläres Tumor-/Onkogensuppressorgen inaktiviert wird; Viren können das Tumorwachstum promovieren, indem sie mit ihren Proteinen, Virusantigenen oder durch Virusantigen-Antikörper-Immun-Komplexe: – die Immunabwehr beeinträchtigen (siehe Tab. 4.37), – Makrophagen und Granulozyten zur andauernden Bildung von radikale Sauerstoff- und Stickstoffspezies stimulieren, – die Bildung von Wachstumsfaktoren stimulieren, welche parakrin: ▪ die Tumorangiogenese fördern, ▪ die Tumorentwicklung promovieren oder deren Progression fördern.

Tab. 4.37: Tumorviren des Menschen.

Viren

Infizierte Organe/ Zellen Infektionserkrankungen

Tumorerkrankung Histologischer Typ

Mechanismus

Häufigkeit (%)

DNA-Viren

Polyoma Viren

PapovaViren

J.C.Virus (J.C. = John Cunningham)

Lunge, Niere, ZNS (progressive multifokale LeukEnzephalopathie (PML), Infektionen erfolgen über den Serotonin-Rezeptor; Aktivierung latenter Infektionen durch Immunsuppression)

B.K.-Virus (B.K. = Patienteninitiale)

Lunge, Niere (B.K.Nephropathie; Aktivierung latenter Infektionen durch Immunsuppression)

MCV Merkel-ZellVirus

Lunge, Haut

HPV Humane PapillomViren

Epithelzellen der Haut und Schleimhaut

< 0,1 Astrozytome, Medulloblastome, Pinealoblastom, primitive neuroektodermale Tumore (PNET); kolorektale Karzinome (?)

virales T-Antigen inhibiert die Zellzyklus regulierenden Suppressoren p53 und pRb, aktiviert den Mitogen-aktivierten Proteinkinase (MAK-)Signalweg Prostatakarzinome und den stressakti(?) vierten Proteinkinase-Signalweg; fördert Zellteilung Hautkrebs (Merkeldurch Bindung von Karzinom, bevorzugt DNA und Aktivierung bei immunsupprider DNA-Polymerase, mierten Personen; ATPase und Helikase Kofaktor UVMitogen aktiviertes Strahlung), hohe Protein Malignität durch Metastasierung in Lymphknoten und Organe HPV 1, 2, 3, 4, 7, 27, 29, 57: vulgäre Warzen (Stachelwarzen, Verrucae

virales E6: Inhibition des ZellzyklusSuppressors p53 und des

< 0,1

< 0,1

411

4.6 Erworbene Ursachen

Viren

Infizierte Organe/ Zellen Infektionserkrankungen

(HPV 1, 2, 3, 4, 6, 7, 10, 11, 13, 28, 32, 40, 42, 43, 44, 54, 61, 70, 72, 81 und CP6108)

PapovaViren

HerpesViren

Tumorerkrankung Histologischer Typ

Mechanismus

vulgares), Fleischerwarzen (HPV7), Fußsohlenwarzen (Mosaik- und Dornwarzen), Pinselwarzen (Verrucae filiformis) HPV6, 11, 42, 44: Feigwarzen/ Genitalwarzen (Condylomata acumulata), HPV 3, 10, 28: Flachwarzen (Verrucae planae) HPV13, 32: Fokale Hyperplasie Mundhöhle (Hecksche Hyperplasie)

pro-apoptotisch wirkenden Bax; virales E7: Inhibition des Suppressors pRb und damit Aktivierung des Transkriptionsfaktors E2F

HPV Humane PapillomViren mit hohem Krebsrisiko (HPV 5, 8, 16, 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58, 59, 66, 68, 73, 82),

HPV-5, 8: Epidermodysplasia verruciformis (epidermodysplasia verruciformis, Lewandowsky-Lutz disease) HPV 16, 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58, 59 und 66: Karzinome der Zervix, Vulva, Vagina, Uterus, Anus, Mundhöhle, Schlundkopf, Ösophagus; Penis

HSV Humanes HerpesVirus 8 (HHSV-8), KaposiSarkomHerpes-Virus (KSHV)

Kaposi-Sarkom; primäre EffusionsLymphome (Pleura, Herzbeutel, Bauchhöhle); LymphknotenHyperplasie (Morbus Castleman, bevorzugt bei immunsupprimierten Personen)

Epithelzellen der Haut und Schleimhaut, Endothelzellen, Lymphozyten

Häufigkeit (%)

5–10

Mutationen durch Integration in zelluläre DNA; Expression von Virusproteinen mit Homologie zu IL-6, Cyclin D1, BCL-2

~ 1,5

412

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Viren

HepaDNAViren

Infizierte Organe/ Zellen Infektionserkrankungen

EBV, Epstein-Barr Virus, Humanes Herpes-Virus 4 (HHV-4)

Epithelzellen der Nasen- und Mundschleimhaut, B-Lymphozyten (Mononukleose, Pfeiffersches Drüsenfieber)

HBV Hepatitis-BVirus

Leberzellen (infektiöse Hepatitis B, Leberzirrhose)

Tumorerkrankung Histologischer Typ

Mechanismus

Mutationen durch Burkitt-Lymphom; Integration in Hodgkin-Lymphom zelluläre DNA von (?), B-Lymphozyten Nasopharynx(Aktivierung von Karzinom c-myc); virales LMP B-Lymphozytenaktiviert anti-apoptoLymphome tisch wirkendes (bevorzugt bei BCL-2; immunsuppriExpression von Virusmierten Personen) protein mit X-linked lymphoproHomologie zu IL-10; liferative Erkrankung Inhibition der (Duncan-Syndrom) Expression von MHC-I

Leberkarzinom

virales HBx-Protein inaktiviert den Zellteilungssuppressor p53

Häufigkeit (%)

~ 1,0

~ 2–3,5

RNA-Viren

DeltaRetroViren

Haut; dendritische Zellen; CD4 (+) THelfer-(1)Lymphozyten; (Aktivierung zu HTLV-1 Lasten von T-HelferHumanes T(2)-Lymphozyten, Lymphotropes hierdurch AntikörVirus 1 permangel; HTLV-1-assoziierte (immunmediierte) Myelopathie/ tropische spastische Paraparese)

T-LymphozytenLeukämie

CD8(+) T-Lymphozyten; (HTLV-2assoziierte (immunmediierte) Myelopathie/tropische spastische Paraparese

T-LymphozytenLeukämie

HTLV-2 Humanes TLymphotropes Virus 2

FlaviViren

HCV Hepatitis-CVirus

Leberzellen (infektiöse Hepatitis C; Leberzhirrose)

Leberkarzinom

Mutationen durch Integration von Virusgenen einschließlich Virusonkogenen in die Wirts-DNA; Aktivierung der Expression von IL-2; IL-2-Rezeptor und GM-CSF durch das virale Genprodukt „tax“

~0,02

~0,01

Mutationen durch Integration von Virusgenen einschließlich von Virusonkogenen in die Wirts-DNA

~1,5

4.6 Erworbene Ursachen

413

Tab. 4.38: Viren, welche durch Immunsuppression die Tumorentwicklung promovieren.

Virus Röteln-Virus

Pocken-Virus

HSV Herpessimplex-Virus (HSV-1; HSV-2)

MasernVirus

Mechanismus der viralen Immunsuppression im infizierten Wirt

Wirkung

Störung des Isotyp-Wechsels in B-Lymphozyten des Fetus

Toleranz des Fetus gegen virale Proteine

virales PX203 Protein inhibiert die Expression von MHC-I auf der Zellmembran (mangelnde Stimulierung von zytotoxischen CD(8+)-T-Lymphozyten); virale Homologe zu BCL2 wirken anti-apoptotisch; viraler CC-Chemokin-Inhibitor (vCCI, ein ChemokinRezeptor-Homolog) inhibiert die Chemotaxie von Makrophagen; virale Bindeproteine neutralisieren pro-inflammatorische Zytokine (IL-1, IL-18, TNF-α, IFN-γ) und Chemokine; verstärkte Expression des zellulären Komplementinhibitors DAF (CD55); damit Resistenz des Virus gegen Antikörper abhängige, komplementmediierte Zytotoxizität (ADCMC)

Hemmung der angeborenen und erworbenen zellulären Immunabwehr; Hemmung der antikörperabhängigen Zytotoxizität (ADCMC und ADCC)

latente Viren in der Zelle transkribieren nicht ihre Antigene und sind daher für die Immunabwehr nicht zu erkennen; HSV-ICP34-Protein bindet an und blockiert in dendritischen Zellen den Transporter für Antigen-Präsentation (TAP) und damit die Beladung von MHC-II mit antigenen Peptiden und der Antigenspezifischen Aktivierung von CD8(+)-T-Lymphozyten; HSV-ICP34.5-Protein inhibiert durch Dephosphorylierung des Initiierungsfaktors eIF2α die antiproliferative Wirkung von IFN; HSV ICP4 und ICP27-Proteine inhibieren durch Destabilisierung der mRNA die Synthese von pro-inflammatorischen Zytokinen (IL-6, IL-12, TNF-α und Chemokinen (CCL5) und damit die Differenzierung von CD4(+)-T-Helfer(2)-Lymphozyten; Blockade von pro-inflammatorischen Zytokinen (IL-1, IL-6, IL-8, IFN-α und von anti-inflammatorischen Zytokinen (IL-10).

Verminderung der AntigenPräsentation, Hemmung der erworbenen zellulären Immunabwehr (zytotoxischen T-Lymphozyten) und der humoralen (Antikörper vermittelten) Immunabwehr

Bindung an Membran-Cofaktorprotein (CD46), Vermehrung zuerst in B-Lymphozyten, T-Lymphozyten und nachfolgend in Makrophagen, Zytolyse von Thymozyten; Störung der Reifung von TFörderung der Reifung von dendritischen Zellen; Lymphozyten, Hemmung der Hemmung der (IL-2-bedingten) Proliferation besonders zellulären Immunreakvon T-Lymphozyten durch das Masern-Virus-Glykoprotein, tionen, Verstärkung der Inhibition der Synthese von pro-inflammatorischen Antikörperbildung Zytokinen (IL-12); Bildung von inhibitorischen Homologen von pro-inflammatorischen Zytokinen (IL-12) und damit Stimulierung der Differenzierung von CD4(+)-T-Helfer-(2)-Lymphozyten

414

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Virus

HIV Humanes Immundefiziens-Virus

CMV ZytomegalieVirus

Mechanismus der viralen Immunsuppression im infizierten Wirt

Wirkung

Bindung an den Corezeptor CD4 und an ChemokinRezeptoren (CCR5; CXCR4) auf CD4(+)T-Lymphozyten, dendritische Zellen, Monozyten und Makrophagen, Infektion, Vermehrung und Abtötung; Aktivierung der Transkription von TGF-β durch den viralen Transaktivator (tat), Hemmung der Proliferation von Tdrastische Verminderung der Lymphozyten; erworbenen (zellulären und Bindung von löslichem HIV-Hüllprotein an CD4; Blockade antikörpermediierten) der Funktion von CD4 auf T-Lymphozyten; Immunabwehr Zytolyse von HIV-infizierten Lymphozyten durch virusspezifische zytotoxische T-Lymphozyten; Unterlaufen der Immunabwehr durch gehäufte Mutationen, die einen dauernden Wechsel des Antigenspektrums zur Folge haben Infektions- und Vermehrungsprozess im Körper schneller als die Entwicklung der erworbenen Immunabwehr; Infektion von dendritischen Zellen und Makrophagen; Hoch-Dosis-Toleranz, viraler Transaktivator (IEI2) aktiviert die Transkription des Hemmung der zellulären und Genes für TGF-β; dadurch Hemmung der Differenzierung der antikörpermediierten von T-Helfer-Lymphozyten (CD4(+)-T-Helfer-(1)-LymphoImmunabwehr; (Antikörper zyten; CD4(+)-T-Helfer-(2)-Lymphozyten), mangelhafte und zytotoxische Entwicklung von zytotoxischen T-Lymphozyten und T-Lymphozyten spezifisch mangelhafte Bildung von Antikörpern (geringe Affinität, für Glykoprotein B (gB) und niedriger Titer), Infektion von Natürlichen Killerzellen Phosphoprotein 65 (pp65) durch Bindung und Phagozytose von Virus-Antikörperscheinen an einem Schutz Immun-Komplexen an Fc-Rezeptoren oder Komplement- wesentlich beteiligt zu sein); Rezeptoren; Abstoßung transplantierter Organe durch zytotoxische Infektion von Endothelzellen, welche ihrerseits T-Lymphozyten gegen CMVzytotoxische T-Lymphozyten stimulieren; infizierte Endothelzellen Bildung von viralen inhibitorischen Homologen von Chemokinen, MHC-I-Molekülen und zellulären G-Proteingekoppelten Rezeptoren

EBV Epstein Barr-Virus

Infektion von B-Lymphozyten (seltener T-Lymphozyten), latent integriert in Gedächtnis-B-Lymphozyten; EBV-nukleare Antigene (EBNA-1, EBNA-2) und LateMembrane-Protein (LMP-1) führen zur Transformation von Lymphozyten (vorwiegend B-Lymphozyten) in unbegrenzt wachsende Zell-Linien; virales BILF1 (Glykoprotein mit den Eigenschaften eines konstitutiv aktiven G-Protein-gekoppelten Rezeptors) vermindert die Bildung von MHC-I und inhibiert die Erkennung durch CD8(+)-T-Lymphozyten, Aktivierung von Makrophagen zur Expression von TGF-β: Bildung von viralen Homologen des IL-10; Inhibition der Synthese von IFN-γ, hierdurch Hemmung der Differenzierung von CD4(+)-T-Helfer-(1)-Lymphozyten;

Verminderung der erworbenen (zellulären wie auch der Antikörper -mediierten) Immunabwehr; Reaktivierung des latenten Virus

4.6 Erworbene Ursachen

Virus

Mechanismus der viralen Immunsuppression im infizierten Wirt

415

Wirkung

Abschilferung von viralen Membranantigenen und Bildung von Antigen-Antikörper-Immun-Komplexen, welche durch Bindung an Fc-γ-Rezeptoren die Antikörperabhängige zellmediierte Zytotoxizität der Natürlichen Killerzellen, Granulozyten und Makrophagen hemmen; Aktivierung von Makrophagen zur Expression von TGF-β;

Weiterführende Literatur Bergonzini V, Salata C, Calistri A, Parolin C, Palù G. View and review on viral oncology research. Infect Agent Cancer. 2010; 5: 11. Georgakilas AG, Mosley WG, Georgakila S, Ziech D, Panayiotidis MI. Viral-induced human carcinogenesis: an oxidative stress perspective. Mol Biosyst. 2010; 6: 1162–1172. Gjoerup O, Chang Y. Update on human polyomaviruses and cancer. Adv Cancer Res. 2010; 106: 1–51. Gonçalves DU, Proietti FA, Ribas JG, Araújo MG, Pinheiro SR, Guedes AC, Carneiro-Proietti AB. Epidemiology, treatment, and prevention of human T-cell leukemia virus type 1-associated diseases. Clin Microbiol Rev. 2010; 23: 577–589. Klein G, Klein E, Kashuba E. Interaction of Epstein-Barr virus (EBV) with human B-lymphocytes. Biochem Biophys Res Commun. 2010; 396: 67–73. Long HM, Parsonage G, Fox CP, Lee SP. Immunotherapy for Epstein-Barr virus-associated malignancies. Drug News Perspect. 2010; 23: 221–228. Luzuriaga K, Sullivan JL. Infectious mononucleosis. N Engl J Med. 2010; 362: 1993–2000. Mesri EA, Cesarman E, Boshoff C. Kaposi’s sarcoma and its associated herpesvirus. Nat Rev Cancer. 2010; 10: 707–719. Moore PS, Chang Y. Why do viruses cause cancer? Highlights of the first century of human tumour virology. Nat Rev Cancer. 2010; 10: 878–889. Morissette G, Flamand L. Herpesviruses and chromosomal integration. J Virol. 2010; 84: 12100–12109. Pantanowitz L, Michelow P. Review of human immunodeficiency virus (HIV) and squamous lesions of the uterine cervix. Diagn Cytopathol. 2011; 39: 65–72. Romanish MT, Cohen CJ, Mager DL. Potential mechanisms of endogenous retroviral-mediated genomic instability in human cancer. Semin Cancer Biol. 2010; 20: 246–253. Tsai WL, Chung RT. Viral hepatocarcinogenesis. Oncogene. 2010; 29: 2309–2324. Van Doorslaer K, Burk RD. Evolution of human papillomavirus carcinogenicity. Adv Virus Res. 2010; 77: 41–62.

4.6.8 Strahleneinwirkungen Energiereiche Strahlung kann die DNA einer Zelle schädigen und eine erhöhte Mutationsrate zur Folge haben. Die Mutationsrate ist dabei abhängig von der Art der Strahlung. Es wird unterschieden in: • die elektromagnetische und die korpuskuläre (Teilchen-) Strahlung, • die α-, β-, γ- Strahlung und Röntgenstrahlung, wobei in dieser Reihenfolge: – die Eindringtiefe der Strahlung in eine Materie zunimmt, – die Ionisierungsdichte der Strahlung abnimmt;

416 •

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

unter Ionisierung wird verstanden: – die Fähigkeit einer Strahlung, mit ihrer Energie Elektronen aus der Hülle eines Atoms herauszuschießen und hierdurch ▪ das Atom zu ionisieren, ▪ Sekundärstrahlung (Röntgenstrahlung, γ-Strahlung, β-Strahlung) zu erzeugen und ▪ chemische Strukturen (z. B. Proteine, Nukleinsäuren) zu zerstören.

Elektromagnetische Strahlung transportiert nur Energie. Hierzu gehören: • die UV-Strahlung: – ist ultravioletter Bestandteil des Sonnenlichts, – wirkt auf den Organismus von außen ein, – stellt eine kurzwellige Strahlung dar (liegt zwischen sichtbarem Licht und der Röntgenstrahlung): ▪ UV-A-Strahlung, Wellenlänge 315–400 nm; Quantenenergie: 3,26–3,94 eV, dringt bis in die Lederhaut, schädigt Kollagene (Alterung der Haut), bewirkt Konformationsänderung des Melanins (schnelle Bräune, kein Lichtschutz), ist wesentlich beteiligt an der Bildung von Sauerstoffradikalen und der Karzinogenese (Melanom, Hautkrebs), ▪ UV-B-Strahlung, Wellenlänge 280–315 nm; Quantenenergie: 3,99–4,43 eV, dringt bis in die Unterhaut und schädigt (wesentlich beteiligt am „Sonnenbrand“), bewirkt Bildung von Melanin (langfristige, Lichtschutz gewährende Bräune), induziert (Vitamin-ähnlich) die Bildung von Cholecalciferol (Vitamin D3) aus 7-Dehydrocholesterol; wirkt hierdurch vorbeugend gegen Krebs einschließlich Hautkrebs, (siehe Kap. 4.6), ▪ UV-C-Strahlung inklusive extremes UV, Wellenlänge 1 – 280 nm; Quantenenergie: 4,43–1240 eV, wird zum großen Teil von Sauerstoff der Luft absorbiert unter Bildung von radikalen Sauerstoffmolekülen, wird bereits in der Hornschicht der Epidermis absorbiert (Absorptionsmaxima aromatische Aminosäuren (Tryptophan, Tyrosin und Phenylalanin): 280 nm, Nukleinsäuren: 245 nm Peptidbindungen: 220 nm), schädigt jedoch das Auge (Trübung der Hornhaut, Bindehautentzündung), die Röntgenstrahlung: • – stellt eine kurzwellige Strahlung dar, ▪ Wellenlänge 10–8 m bis 10–13 m (liegt zwischen UV-Strahlung und γ-Strahlung), ▪ Quantenenergie: 1 keV bis ca. 250 keV, – ist zu unterteilen in: ▪ Bremsstrahlung; sie entsteht, wenn elektrisch geladene Elementarteilchen stark abgebremst werden (z. B. wenn Elektronen auf Anodenmaterial treffen). Beim Eindringen in die Hülle der Materie wird ein Teil der Energie in Form kontinuierlicher Wellen abgegeben, ▪ charakteristische Strahlung; sie entsteht, wenn beschleunigte Elektronen auf Materie treffen. Dabei werden Elektronen aus kernnahen Schalen in weiter

4.6 Erworbene Ursachen



417

außen liegende Schalen angehoben, sodass Elektronen von weiter außen liegenden Schalen in die entstanden Löcher fallen. Die freiwerden Energie wird in Form von elektromagnetischen Wellen mit charakteristischer Wellenlänge ausgestrahlt; – wirkt auf den Organismus im Regelfall (medizinische Diagnostik) von außen ein, – ist für einen Organismus toxisch und mutagen durch: ▪ Ionisierung (Herausschießen von Elektronen) mit Zerstörung chemischer Bindungen, ▪ Bildung von Sekundärstrahlen (Röntgenstrahlung und γ-Strahlung), ▪ Bildung von Sauerstoffradikalen und Thymidin-Dimeren, – wird verwendet bei bildgebenden Verfahren medizinischer und technischer Untersuchungen (Werkstoffprüfungen); die γ-Strahlung: – ist eine hochenergetische Strahlung, welche entsteht bei radioaktiven Zerfallsprozessen und bei Kernreaktionen, ▪ Wellenlänge 10–8 bis mehr als 10–11; ▪ Quantenenergie > 200 keV – hat eine Reichweite, welche ist abhängig ist von den energie-, material- und schichtdickenabhängigen Schwächungsfaktoren. ▪ Die Schwächungsfaktoren werden in Form von Halbwertsschichten charakterisiert, also Materialschichtstärken, welche die Intensitäten der Gammastrahlen jeweils auf die Hälfte herabsetzen. ▪ Die Halbwertsschichten für Luft betragen etwa 100 m bei Gammastrahlung mit einer Energiedichte von 1 MeV (Megaelektronenvolt) bzw. etwa 35 m bei 0,1 MeV. Die entsprechenden Halbwertsschichten für Wasser oder Gewebe liegen bei etwa 15 cm bzw. 5 cm, – wirkt je nach medizinischer Anwendung auf den Organismus von außen (Radiotherapie), aber auch von innen (szintigraphische Diagnostik, Tumor-Radiotherapie) ein, – ist für einen Organismus toxisch und mutagen durch: ▪ Ionisierung (Herausschießen von Elektronen) mit Zerstörung chemischer Bindungen, ▪ Bildung von Sekundärstrahlen (Röntgenstrahlung und β-Strahlung) ▪ Bildung von Sauerstoffradikalen und Thymidin-Dimeren, ▪ und wird außer in der Medizin verwendet zur Sterilisierung und in der Werkstoffprüfung.

Korpuskuläre Strahlung (Teilchenstrahlung) transportiert neben der Energie auch Materie. Zu der korpuskulären Strahlung gehören: • die α-Strahlung: – besteht aus sehr stabilen radioaktiven α-Teilchen (Heliumkerne mit 2 Protonen und 2 Neutronen), die von radioaktiven Nukliden bei einem α-Zerfall (sogenannte α-Strahler) entstehen, wobei die Protonen austreten, ▪ die Austrittsgeschwindigkeit beträgt etwa 107 m/s,

418

4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

die Energie 2–5 MeV, ist durch die doppelt positive Ladung ablenkbar durch elektrische und magnetische Felder, ▪ besitzt nur eine geringe Reichweite (in der Luft bis zu 12 cm, im Gewebe bis zu 0,15 mm), ▪ wirkt auf die unmittelbare Umgebung stark ionisierend, – wegen der geringen Reichweite ist die Toxizität bei Außenwirkung relativ gering, jedoch im Körper nach peroraler Aufnahme oder Injektion durch die hohe Strahlenenergie und Ionisierungsdichte beträchtlich, – wirkt zytotoxisch und mutagen durch: ▪ Ionisierung (Herausschießen von Elektronen) mit Zerstörung chemischer Bindungen, ▪ Bildung von Sekundärstrahlung (Röntgenstrahlung, β-Strahlung, γ-Strahlung) ▪ Bildung von Sauerstoffradikalen und Thymidin-Dimeren, ▪ direkte Zerstörung der DNA mit Bildung von Einzelstrang- und Doppelstrangbrüchen; – wird verwendet in der lokalen Tumortherapie; die β-Strahlung: – β- Minus-Strahlung, besteht aus Elektronen, welche mit hoher Geschwindigkeit von radioaktiven Neutronenreichen Nukliden während eines β-Zerfalls (sogenannte β-Minusstrahler) emittiert werden; ▪ das Neutron ist elektrisch neutral und hat nahezu die gleiche Masse wie das Proton, ▪ das Neutron zerfällt in ein Proton, ein Elektron und ein (Elektron-) Antineutrino, ▪ Elektron (und Elektron-Antineutrino) verlassen als Teilchenstrahlung den Kern mit einer Energie von ~ 1 MeV und einer Reichweite von bis zu 15 m in der Luft und bis zu 2 cm im Gewebe, – β-Plus-Strahlung, besteht aus Positronen (Antielektronen mit kurzer Lebensdauer), welche mit hoher Geschwindigkeit und Energie von radioaktiven, protonenreichen Nukliden beim β +-Zerfall (sogenannte β-Plusstrahler) ausgesendet werden: ▪ hierbei zerfällt ein Proton in ein Neutron, ein Positron und ein (Elektron-) Neutrino, ▪ Positron (und Elektron-Neutrino) verlassen als Teilchenstrahlung den Kern; mit einer Energie von ~ 1 MeV, und einer Reichweite von bis zu 15 m in der Luft und bis zu 2 cm im Gewebe; – ist sowohl in ihrer Außenwirkung als auch in ihrer Innenwirkung zytotoxisch und mutagen durch ▪ Ionisierung (Herausschießen von Elektronen), ▪ Bildung von Sekundärstrahlen (Röntgenstrahlung und γ-Strahlung), ▪ Bildung von Sauerstoffradikalen und Thymidin-Dimeren, ▪ direkte Zerstörung DNA mit Bildung von Einzelstrang- und Doppelstrangbrüchen; – wird verwendet in der Radiotherapie von Tumoren. ▪ ▪



4.6 Erworbene Ursachen

419

Die toxische Wirkung eines radioaktiven Nuklids auf den menschlichen Organismus bestimmt sich: • nach der Anzahl von Atomkernen, welche pro Sekunde zerfallen; – Maßeinheit Becquerel (Bq); 1 Bq = ca. 2,7 · 10–11 Ci (Curie); • nach der Art der emittierten Strahlung: – α-, β-, γ-Strahlung, • nach der Dosis der aufgenommenen Strahlung (d. h. der absorbierten Energie): – die sogenannte Energiedosis: ▪ hat die Maßeinheit Gray (Gy); 1 μGy = 100 μrad, ▪ 1 Gy bedeutet den Energieeintrag von 1 Joule/kg, • nach der räumlichen und zeitlichen Verteilung der absorbierten Energie: – der toxische Effekt der Strahlung ist umso größer: ▪ je kleiner der Bereich der Einwirkung ist (hohe Energiedichte), ▪ je kürzer bei gegebener Energiedichte die Einwirkungszeit ist (umso geringer ist die Möglichkeit der Reparatur); – die sogenannte Äquivalentdosis: ▪ ist die Energiedosis, multipliziert mit dem Strahlungswichtungsfaktor (welcher die Einwirkungsdichte und Einwirkungszeit berücksichtigt), ▪ der Strahlungswichtungsfaktor (gleichartige Strahlungsverhältnisse vorausgesetzt) beträgt für α-Strahlen: 20, für β- und γ-Strahlen: 1, für Röntgenstrahlen: 1, hat die Maßeinheit: Sievert (Sv); 1 μSv = 100 μRem, ▪ 1 Sv bedeutet den Energieeintrag von 1 Joule/kg. Der Mensch ist fortlaufend radioaktiver Strahlung ausgesetzt: • von außen aus der Umwelt im Wesentlichen durch γ-Strahlung. Sie durchdringt den menschlichen Körper am stärksten; – daher wird bei der Überwachung vorwiegend die vor Ort vorherrschende Energiedosis an γ-Strahlen bestimmt (Gamma-Ortsdosis), – die pro Zeiteinheit ermittelte Dosis (Gamma-Ortsdosis-Leistung) wird in der Regel in Mikro-Sievert pro Stunde (μSv/h) oder pro Jahr (μSv/a) angegeben; • von innen durch Aufnahme (Einatmen, Trinken, Essen, Schmierkontakte, Injektionen) von radioaktiven Nukliden mit α-Strahlung und β-Strahlung. Die jeweilige Ortsdosis und Ortsdosis-Leistung dieser Strahlung ist abhängig: – von der Art und der Menge des aufgenommenen Nuklids und – der Anreicherung des Nuklids in den unterschiedlichen Organen. Je nach Ursprung werden unterschieden: • die natürliche Strahlung, bedingt durch (siehe Tab. 4.39): – Zerfallsprozesse von Atomkernen, fortwährend ausgelöst durch kosmische Strahlung oder – ausgehend von natürlich vorhandenen radioaktiven Nukliden in der Erdkruste und dem Erdboden, wie beispielsweise von Uran-238 und Thorium-232, die Ausgangsnuklide sind von Zerfallsreihen mit weiteren radioaktiven Nukliden. Davon gelangen beispielsweise Radon-222 und Radon-220 und ihre Folgeprodukte auch in die Atmosphäre.

420 •



4 Krebsentstehung (Karzinogenese)

Derartige radioaktive Nuklide: – wirken alltäglich auf den Menschen ein: ▪ durch äußere Strahlung, ▪ durch Aufnahme mit Stäuben oder Gasen der Atemluft oder von Nuklidhaltigen Nahrungsmitteln, ▪ durch Aufnahme in Folge seines Kontaktes mit Sanden, Erden, Steinen und Baustoffen, – bewirken die alltäglich auf uns einwirkende „Grundbelastung“ an radioaktiver Strahlung, ▪ welche je nach Region und Bodenbeschaffenheit unterschiedlich sein kann und ▪ in Deutschland durchschnittlich etwa 2,1 mSv/Jahr beträgt, ▪ wobei die Einatmung von Radon-222 (Radon) zu etwa 50 % diese Grundbelastung verursacht. Die künstliche Strahlung (siehe Tab. 4.40), bedingt durch: – Kernwaffenexplosionen, – Störfällen in Kernkraftwerken (z. B. Tschernobyl), – experimentelle (Forschungslabore) und technische Verwendung (z. B. Leuchtfarben, Prüftechnik, Isotopen-Batterien) von radioaktiven Nukliden, – medizinische Verwendung für die in-vivo-Diagnostik (Szintigraphie) und Radiotherapie, – die Gesamtbelastung durch künstliche Strahlung liegt in Deutschland bei etwa 2,3 mSv/Jahr, wobei: ▪ der größte Anteil an dieser Belastung die medizinische Anwendung von Nukliden hat mit einer durchschnittlichen Belastung von etwa 2,0 mSv/Jahr (siehe Tab. 4.41).

Tab. 4.39: Natürliche Nuklide unserer Erde, die durch kosmische Strahlung entstehen oder Bestandteile der Erdkruste und des Erdbodens sind und in die Luft abgegeben werden. Halbwertszeit Radionuklid

Strahlung Jahre

Beryllium-7

γ

Blei-210

α

β

γ

Blei-212

α

β

γ

Blei-214

α

β

γ

Kalium-40

β

γ

Kohlenstoff-14

β

Natrium-22

β

γ

Tage

Ursprung

Stunden

Minuten

53

Kosmos

Luft

Erdboden

Erdkruste

X

22.300.000.000

X 11 27

1.270.000.000

X

X

X

X X

5.700

X

3

X

421

4.6 Erworbene Ursachen

Halbwertszeit Radionuklid

Strahlung Jahre

Tage

Ursprung

Stunden

Minuten

Kosmos

Luft

Erdboden

X

X

X

X

Erdkruste

Radon-220 (Thoron)

α

β

γ

Radon-222 (Radon)

α

β

γ

Radium226

α

β

γ

1.600

Thorium232

α

β

γ

14.000.000.000

X

Uran-235

α

β

γ

700.000.000

X

Uran-238

α

β

γ

4.500.000.000

X

Wasserstoff-3 (Tritium) Wismut214

10–11 m, Quantenenergie > 200 keV Elektronen, Energie ~1 MeV

β-Strahlung Positronen, Energie ~1 MeV

α-Strahlung

Helium-Kerne (Protonen und Neutronen) Energie: 2–5 MeV

Direkt

Indirekt

(Proteine, DNA) Erzeugung von Sekundärstrahlung (Röntgen-, β-, γStrahlung, abhängig von der Energieaufnahme) Zerstörung der DNA: Bildung von DNAEinzelstrangbrüchen, DNADoppelstrangbrüchen

C6-Atom aufgehoben. Stattdessen bilden sich zwischen den C5-Atomen und den C6-Atomen beider Thymidine Einzelbindungen und Thymidin-Dimere aus. Diese führen bei der Replikation zu Mutationen. Oxidierung von Nukleotiden: ein Elektron wird von einem Wassermolekül abgelöst, sodass ein instabiles H2O+-Molekül entsteht, welches mit einem weiteren Wassermolekül reagiert unter Bildung eines Hydroniumion und eines Hydroxy-Radikals; dieses oxidiert die DNABase

Weiterführende Literatur Adelstein SJ, Kassis AI. Radiobiologic implications of the microscopic distribution of energy from radionuclides. Int J Rad Appl Instrum B. 1987; 14: 165–169. Adelstein SJ, Kassis AI, Bodei L, Mariani G. Radiotoxicity of iodine-125 and other auger-electron-emitting radionuclides: background to therapy. Cancer Biother Radiopharm. 2003; 18: 301–316. Bericht der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz 2008; http://www.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/41576/08_radioaktivitaet.pdf?command=downloadContent&filename= 08_radioaktivitaet.pdf. Langell J, Jennings R, Clark J, Ward JB Jr. Pharmacological agents for the prevention and treatment of toxic radiation exposure in spaceflight. Aviat Space Environ Med. 2008; 79: 651–660. Lett JT. Damage to cellular DNA from particulate radiations, the efficacy of its processing and the radiosensitivity of mammalian cells. Emphasis on DNA double strand breaks and chromatin breaks. Radiat Environ Biophys. 1992; 31(4): 257–77. Tirmarche M, Baysson H, Telle-Lamberton M. (Uranium exposure and cancer risk: a review of epidemiological studies) Rev Epidemiol Sante Publique. 2004; 52: 81–90. Volkert WA, Goeckeler WF, Ehrhardt GJ, Ketring AR. Therapeutic radionuclides: production and decay property considerations. J Nucl Med. 1991; 32: 174–185.

5 Wachstum von Tumoren 5.1 Entwicklung des Tumorgewebes 5.1.1 Klonale Entwicklung und Tumorstammzellen Das Wachstum von Tumoren (Bildung von Tumorgewebe bzw. Tumorknoten und von Metastasen) wird mit zwei Modellen erklärt: • Modell der klonalen Entwicklung: – es entsteht eine ursprüngliche, maligne, unbeschränkt teilungsfähige Krebszelle, welche sich in gleichartige Tochterzellen teilt, was bedeutet, – jeder Tumorknoten besteht aus weitgehend gleichwertigen, gleichmalignen, unbegrenzt teilungsfähigen Tumorzellen, – jede Tumorzelle kann Ursprungszelle eines neuen Tumorknotens sein. • Modell der Tumorstammzelle: – die ursprüngliche Tumorzelle stellt eine Stammzelle dar, welche ähnlich wie die normale Gewebestammzelle das Vermögen hat, sich asymmetrisch zu teilen: ▪ entweder in gleichwertige (äquipotente) Tochterzellen, das heißt, in Tumorstammzellen, welche unbegrenzt teilungsfähig sind, sodass jede dieser Tochterzellen Ursprungszelle eines neuen Tumorknotens sein kann, ▪ oder in differenzierte Tochterzellen, den Tumorgewebezellen, welche nur über eine begrenzte Teilungsfähigkeit verfügen und dadurch zwar das Zellvolumen des Tumorknotens bilden, aber nicht in der Lage sind, Ursprungszelle eines neuen Tumorknotens zu werden; – dass jeder Tumorknoten aus einem Gemisch von Tumorstammzellen und Tumorgewebezellen besteht. Tumorstammzellen ähneln den normalen Stammzellen. Diese sind wie folgt charakterisiert: Normale Stammzellen: • sind in der Lage, sich asymmetrisch zu teilen (siehe Tab. 5.1): – entweder in Tochterzellen, die selbst wieder die gleichen Stammzelleneigenschaften wie die Mutterzelle besitzen oder – schrittweise unter dem Einfluss von prägenden Wachstumsfaktoren: ▪ in zunehmend differenziertere Stammzellen (Linien-Spezifität) bis hin/oder ▪ zu den (somatischen) Gewebezellen mit ihrer je nach Zelltyp unterschiedlich beschränkten Teilungsfähigkeit (replikative Seneszenz); sind nicht der Zellalterung unterlegen, • – da die Verkürzung ihrer Telomere bei der Zellteilung verhindert wird durch die Expression von Telomerase (siehe Kap. 3.4.4); • verfügen über gut ausgebildete Schutzmechanismen, wie beispielsweise: – alle wesentlichen DNA-Reparatursysteme, – Membranpumpen (ATP-bindende Kassettentransporter, ABC-Transporter), mit deren Hilfe sie unter ATP-Verbrauch meist hydrophobe Substanzen (Proteine, Lipide, https://doi.org/10.1515/9783110651669-005

428





5 Wachstum von Tumoren

Glykolipide, kleinmolekulare Substanzen, xenogene Substanzen, wie Pharmaka) aus der Zelle schleusen können, – eine zytosolische Aldehyd-Dehydrogenase (ALDH1), mit Hilfe derer intrazelluläre Aldehyde oxidiert werden können, – ein anpassungsfähiges Regulationssystem, um die Zellteilung je nach Bedarf zu beschleunigen oder zu verlangsamen; sind je nach Differenzierungsstadium zu unterteilen in (siehe Tab. 5.2 und Tab. 5.3): – omnipotente/totipotente Stammzellen, ▪ stellen die Zygote (befruchtete Eizelle) dar und die Zellen der Blastomere und der Morula, ▪ sind fähig, sich zum Embryo mit den Eihäuten und dem embryonalen Teil der Plazenta zu entwickeln und ▪ sind damit die Ursprungszellen eines menschlichen Individuums; – pluripotente embryonale Stammzellen, ▪ sind die Zellen der inneren Zellmasse (ICM/Inner Cell Mass, Embryoblast) des Keimbläschens (Blastozyste), ▪ können sich zu Geweben und Organen aller drei Keimblätter (Ekto-, Mesound Entoderm) eines Embryos differenzieren; – multi- und oligopotente Stammzellen, hierzu gehören: ▪ embryonale Zellen in der Amnionflüssigkeit, ▪ fetale Stammzellen, ▪ neonatale (z. B. aus dem Nabelschnurblut isolierbare) postembryonale Stammzellen und ▪ adulte somatische Stammzellen im Blut und in den unterschiedlichen Geweben, ▪ somit die Ursprungszellen für mehrere Gewebe meist nur eines Keimblattes, – unipotente Stammzellen, ▪ sind die adulten somatischen Stammzellen im Blut und in den unterschiedlichen Geweben und ▪ dienen der Instandhaltung nur eines Gewebes; werden reguliert durch spezifische Signalwege und Transkriptionsfaktoren; zu diesen gehören: – die Signalwege: ▪ TGF-β-Smad-Signalweg (siehe Kap. 3.3.9); ▪ Wnt-Signalweg (siehe Kap. 3.3.10); ▪ Notch-Signalweg (siehe Kap. 3.3.11); ▪ Hedgehog-Signalweg (siehe Kap. 3.3.12); – die Transkriptionsfaktoren: ▪ Oct-3/4 (Octamer-binding transcription factor 3/4): kann mit Sox2 Heterodimere bilden, ist aktiv in omnipotenten und pluripotenten embryonalen Stammzellen, stimuliert die Teilung in equipotente Tochterzellen, ▪ Sox2 (SRY (Sex determining Region Y) related HMG (High Mobility Group) Box-2): kann mit Oct-4 Heterodimere bilden, ist aktiv in pluripotenten embryonalen Stammzellen, wirkt als Aktivator für Partnermoleküle (z. B. Oct-3/4),

5.1 Entwicklung des Tumorgewebes









429

Nanog (von Tir Na nog, irisch: Land der ewigen Jugend) ist aktiv in pluripotenten embryonalen Stammzellen, stimuliert die Teilung in äquipotente Tochterzellen, Lin28: ist aktiv in pluripotenten Stammzellen, ist wesentlich beteiligt an der Entwicklung der Muskulatur, bindet und inaktiviert miRNA, Zic1 (Zink-Finger-Protein des Cerebellums): ist aktiv in pluripotenten und multipotenten Stammzellen, ist wesentlich beteiligt an der Entwicklung des Kleinhirns (Cerebellum), c-myc (zelluläres Homolog des Myelo-Cytomatose-Virusonkogen (siehe Kap. 3.4.3.2), ist aktiv in embryonalen und somatischen Stammzellen wie auch in Gewebezellen, reguliert einen beträchtlichen Teil (bis zu 15 %) der menschlichen Gene,

Induzierte Stammzellen sind: • somatische Gewebezellen, welche durch Einschleusung der Gene für die embryonalen Transkriptionsfaktoren Oct3/4, Sox2, Nanog und Lin28 in pluripotente oder multipotente Stammzellen rückprogrammiert wurden und • die Erscheinungsformen einer embryonalen Stammzelle aufweisen. Tab. 5.1: Grundsätzliche Unterschiede zwischen Stammzellen und Gewebezellen. Eigenschaften

Stammzellen

Gewebezellen

Teilungsfähigkeit

unbegrenzt (unter anderem bedingt durch die Expression von Telomerasen, welche die Verkürzung der Telomere verhindern)

begrenzt (replikative Alterung, u. a. bedingt durch die Verkürzung der Telomere durch jede Teilung; ist eine kritische Länge erreicht, wird jegliche weitere Zellteilung blockiert (Hayflick-Limit))

asymmetrische Teilung

ja

in gleichartige Tochterzellen (zur Aufrechterhaltung des Stammzellpools)

nein

in gleichartige Tochterzellen

nein

nur Unipotenz

in geprägte (differenzierte) Tochterzellen Differenzierungspotential

ja

Omnipotenz, Pluripotenz, Multipotenz, Oligopotenz oder Unipotenz

Tab. 5.2: Natürliche embryonale Stammzellen des Menschen.

Herkunft befruchtete Eizelle (Zygote), Mehrzellstadium (Blastomere), Maulbeerstadium (Morula)

Zelltyp

Potenz der Stammzelle

Differenzierungs-möglichkeit

jede Zelle

omnipotent (totipotent) jede Zelle kann sich zu einem Individuum entwickeln

Trophoblast (entwickelt sich zu dem fetalen Teil der Plazenta), Embryoblast (entwickelt sich zur Keimplatte bzw. dem Embryo und den Eihäuten)

430

5 Wachstum von Tumoren

Herkunft

Potenz der Stammzelle

Zelltyp

Differenzierungs-möglichkeit Eihäute Stammzellen der Keimbahn, Keimzellen somatische Stammzellen für alle Gewebe der drei Keimblätter :

Blasen-Stadium (Keimblase, Blastula, Blastozyste)

Zellen des Embryoblasten (innere Zellmasse, ICM/Inner Cell Mass), embryonale Stammzellen

pluripotent, jede Zelle kann sich zu einem der ca. 220 Gewebetypen entwickeln

äußeres Keimblatt/Ektoderm (Haut, Nervensystem, Nebenniere, Sinnesorgane) mittleres Keimblatt/Mesoderm (Knochengerüst, Bindegewebe, glatte Muskulatur, Skelettmuskulatur, Herz und Blutgefäße, Immunsystem mit Milz und Lymphknoten, Niere, Keimdrüsen) inneres Keimblatt/Endoderm (Magen und Darm, Leber, Bauchspeicheldrüse, Atmungstrakt/Lunge, Thymus, Schilddrüse, Harnblase und Harnröhre)

Fruchtblase des Embryos

fetale Zellen in der Amnionflüssigkeit (amniotische Stammzellen)

pluripotent und multipotent

Nervenzellen, Leberzellen, Knochenzellen, Fettzellen, Muskelzellen, Endothelzellen

Tab. 5.3: Natürliche postembryonale und adulte Stammzellen des Menschen.

Herkunft

Nabelschnurblut des Neugeborenen

Stammzellen

Potenz der Stammzelle

Differenzierungs-möglichkeit

neonatale Blutzellen

postembryonale Stammzellen

multipotent und oligopotent

Leukozyten (Lymphozyten, Granulozyten, Monozyten, Makrophagen, Mastzellen), Erythrozyten, Thrombozyten, Leberzellen, Endothelzellen

Blutzellen; Knochenmarkzellen

somatische Stammzellen des Blutes (Blutvorläuferzellen)

oligopotent

Leukozyten, Erythrozyten, Thrombozyten (fortlaufende Neubildung), Endothelzellen

Gewebezellen

somatische Stammzellen der Gewebe (Gewebevorläufer-zellen)

Zelltyp

Erwachsener oligopotent und unipotent

Zellen der jeweiligen Gewebe in den Organen (fortlaufende Neubildung/Reparatur)

5.1 Entwicklung des Tumorgewebes

431

Tumorstammzellen (Krebsstammzellen, CSC/Cancer Stem Cells): • sind vermutlich entstanden: – durch Mutationen von einer oder mehreren normalen Stammzellen, von denen das jeweilige gesunde Gewebe abstammt, d. h. durch Mutationen von: ▪ embryonalen pluripotenten Stammzellen, sodass diese nicht mehr dem normalen Teilungs- und Differenzierungsprogramm unterliegen; ▪ somatischen Stammzellen, die multi-, oligo- oder unipotent sein können, sich häufig in den sogenannten Stammzellnischen befinden, welche sich im Rahmen der Ontogenese in den Geweben und Organen bilden und ein Leben lang bestehen bleiben, um im Bedarfsfall die Regeneration des zugehörigen Organes zu ermöglichen, in denen wegen ihrer langen Lebensdauer Initiation, Promotion und Progression zu einer malignen Zelle kumulieren können, – durch Mutationen einer Vorläufer (Progenitor)-Zelle oder einer Gewebezelle, welche durch diese Mutation oder durch eine Kombination von Mutationen erwirbt ▪ zuerst eine hohe Teilungsfähigkeit (TAC/Transit amplifying cells), ▪ danach die Eigenschaften einer Tumorstammzelle; • verfügen über charakteristische Eigenschaften, deren Ausmaß die Malignität des Tumors bestimmen. Hierzu gehören die Fähigkeiten: – der Selbsterneuerung, das heißt, die Tochterzellen ▪ besitzen weiterhin die Eigenschaften der Mutterzelle, ▪ sind in ihrer Teilungsfähigkeit nicht durch Zellalterung begrenzt, denn sie ▪ exprimieren Telomerasen, welche die Verkürzung der Telomere unter eine kritische Länge verhindern; – der breiten Differenzierungs- und Anpassungsmöglichkeit, das heißt, Tumorstammzellen ▪ sind genetisch instabil und ▪ sind dadurch in der Lage, sich in verschiedene Richtungen hin zu entwickeln und damit äußerem Selektionsdruck auszuweichen, – der hohen Teilungsfähigkeit, ▪ bei welcher die Regulation durch Inhibitoren weitgehend ausgeschaltet ist; – mit Hilfe lipophiler Membranpumpen wie dem ABC/ATP-Binding Cassette-Transporter unter ATP-Verbrauch meist lipophile Substanzen (xenogene, häufig toxische Substanzen, z. B. Tumortherapeutika) aus der Zelle schleusen zu können, • sind zu unterscheiden in: – ursprüngliche Tumorstammzellen, welche: ▪ Ausgangszellen für einen vorliegenden Tumor waren und ▪ in diesem Tumor durch Teilung, Differenzierung und Adaption bereits verschwunden sein können; – Tumorstammzellen, nachweisbar in einem gegebenen Tumor, welche: ▪ zum Teil noch den ursprünglichen Tumorstammzellen ähneln können, ▪ sich aus den ursprünglichen Tumorstammzellen durch Teilung, Differenzierung und Adaption entwickelt haben können, • werden ähnlich wie embryonale Stammzellen durch spezifische Signalwege und Transkriptionsfaktoren reguliert (siehe Tab. 5.4); zu diesen gehören im Besonderen:

432 •









5 Wachstum von Tumoren

nutzen besonders die Signalwege: – TGF-β-Smad-Signalweg (siehe Kap. 3.3.9), – Wnt-Signalweg (siehe Kap. 3.3.10), – Notch-Signalweg (siehe Kap. 3.3.11), – Hedgehog-Signalweg (siehe Kap. 3.3.12); verfügen über Transkriptionsfaktoren, welche spezifisch aktiv sind in embryonalen Stammzellen: – Oct-3/4 (Octamer-binding transcription factor 3/4), – Sox2 (SRY (Sex determining Region Y) related HMG (High Mobility Group) Box-2), – Nanog (von Tir Na nog (irisch: Land der ewigen Jugend)), – Lin28, – KLF-4 (Kruppel-Like Factor), – Zic1(Zink-Finger-Protein des Cerebellum), exprimieren verstärkt Hypoxie-induzierte Faktoren (HIF-1, HIF-2): – Hypoxie stabilisiert die Hypoxie-induzierten Faktoren (HIF-1, HIF-2, siehe Kap. 5.3), – HIF aktiviert die Expression derjenigen Transkriptionsfaktoren, welche spezifisch aktiv sind in (embryonalen) Stammzellen (s. o.); werden ggf. zusätzlich oder alternativ reguliert durch Transkriptionsfaktoren mit onkogener Aktivität, wie beispielsweise: – Ews (Ewing-Sarkom)-Transkriptionsfaktor, häufig durch Translokationen fusioniert mit trans-aktivierenden Proteinen, wie: ▪ Fli (DNA-Binde-Domäne des Friend-Leukämie-Virus-Integration-Proteins), ▪ ERG (Homolog des Erythroblastose-Virusonkogens, ▪ ATF1 (Aktivierender Transkriptions-Faktor 1), ▪ WT1 (Wilms-Tumor), ▪ ETSV (ETS-Variante des Erythroblastose-Virusonkogens), ▪ FEV (Fünfte Ewing-Sarkom-Variante), ▪ ZSG (Zink-Finger-Sarkoma-Protein), ▪ NR4A3 (Nukleärer Rezeptor 4A3), ▪ CREB (C-AMP Response Element Binding Protein), ▪ Oct-3/4 (Octamer-binding transcription factor 3/4); – Sp3, – c-myc (Homolog des Myelo-cytomatose-Virusonkogens, siehe Kap. 3.4.3) ▪ ist aktiv in embryonalen und somatischen Stammzellen wie auch in Gewebezellen, ▪ reguliert einen beträchtlichen Teil (bis zu 15 %) der menschlichen Gene; bestimmen die Malignität eines Tumors, indem sie: – die Ursprungzelle aller Zellen eines Primärtumors sein können, – nicht dem Zell-Alterungsprozess unterliegen, sondern über eine hohe Kapazität zur Selbsterneuerung verfügen, – sich unendlich häufig teilen können, – die Ursprungszellen für Metastasen darstellen und damit das Metastasierungspotential maßgeblich bestimmen, – verstärkt Reparaturmechanismen zur Behebung von DNA-Schäden ausbilden, – die Fähigkeit besitzen, in das Ruhestadium (G0) einzutreten und dort längere Zeit zu verharren,

5.1 Entwicklung des Tumorgewebes

433





durch ihre genetische Instabilität multipotent und äußerst anpassungsfähig an äußere Bedingungen sein können, – durch ihre Fähigkeiten maßgeblich sind für den Grad bzw. das Ausmaß ▪ der Chemoresistenz und der Radioresistenz ▪ der Hormonresistenz und/oder ▪ der Immunresistenz; sind bislang nachgewiesen worden in: – Leukämien, Lymphomen und Myelomen, – Melanomen, – Karzinomen, – Sarkomen, – Hirntumoren.

Tumorstammzellen des Menschen können identifiziert werden: • durch Nachweis der spezifischen Marker (siehe Tab. 5.4) und/oder • durch Herstellung einer Tumorzellsuspension (Verdünnung bis auf ~ 1 Zelle/mm3) und Klonierung: – in der Zellkultur durch ▪ Einsaat der Tumorzellsuspension in einen Weichagar; ▪ nach einer Wartezeit von (je nach Tumor) 1, 2 oder 4 Wochen Bestimmung der Anzahl der stetig wachsenden Zellhaufen, d. h. der Tumorzellklone, deren Ursprung in jeweils einer Tumorstammzelle liegt, die sich in Weichagar fortgesetzt vermehrt, – in immundefizienten Empfängertieren durch ▪ intravenöse Injektion der Tumorzellen, ▪ nach einer Wartezeit von (je nach Tumor) 2–8 Wochen Ermittlung der Anzahl der in den Organen (z. B. Lunge, Leber) gefunden Tumorknoten.

Tab. 5.4: Charakterisierung von Tumorstammzellen in Leukämien, Sarkomen, Karzinomen und neuralen Tumoren mit Hilfe von Markern. Karzinome Marker

Leukämien, Lymphome

Sarkome

Mamma

Ovar

ProsLunge tata

Neurale Tumore

Magen, Darm

Andere

+

Haut, Leber

Gliome, Medulloblastom

+

Haut, Leber, Endometrium

Gliome, Glioblastom

Rezeptoren

Hedgehog

CML, Myelome

Notch

AML, CML, Myelome, Erythrozyten L

+

+

+

+

+

+

434

5 Wachstum von Tumoren

Karzinome Marker

Wnt

CD34 Sialomucin

CD44 HyaluronsäureRezeptor

Leukämien, Lymphome

Sarkome

AML, Myelome

AML, ALL, Myelome

CD117 AML, Erythc-Kit, Stemrozyten, cell factor- Mastzellen Receptor

ProsLunge tata

+

+

+

+

+

Neurale Tumore

Magen, Darm

Andere

+

Haut, Leber

Gliome, Medulloblastom

Schilddrüse

Gliome, Glioblastom

Fibrosarkom, Liposarkom, HämangioSarkom

+

Haut, Melanom, Kopf + Hals, Pankreas, Leber, Harnblase

+

Leber, Melanom Merkel Zellen, Zervix, Kopf + Hals, Hoden

+

Haut, Niere, Pankreas, Leber, Gallenblase, Endometrium, Mesotheliom

Glioblastom, Neuroblastom

+

Melanom

Meningiom

Osteosarkom

Osteosarkom, gastrointestinales Sarkom,

CD133 Prominin

CD166 Adhäsionsmolekül ALCAM

Ovar

+

Mastzellen, AML

CD105 Endoglin, Teil des TGF-βRezeptors

Mamma

+

+

Osteosarkom

+

+

+

+

+

+

5.1 Entwicklung des Tumorgewebes

435

Karzinome Marker

Leukämien, Lymphome

Sarkome

Mamma

Ovar

ProsLunge tata

Magen, Darm

Andere

+

Leber, Pankreas, Schilddrüse, Kopf + Hals, Endometrium

Neurale Tumore

Enzyme

ALDH1 AldehydDehydrogenase

AML, CML, HodgkinLymphom

Osteosarkom, Fibrosarkom

+

+

+

+

Filamentprotein

Nestin

Osteosarkom, Fibrosarkom

+

+

+

Kopf + Hals, Leber, Harnblase, Schilddrüse, Melanom

Gliom, Glioblastom, Neuroblastom

+

+

Leber, Pankreas, Niere, Harnblase, Kopf + Hals, Hoden, Melanom

Gliom

+

Leber, Hoden, Speiseröhre, Kopf + Hals; Zervix

Transkriptionsfaktoren

Oct-3/4

EwingSarkom, Osteosarkom

Sox2

EwingSarkom, Osteosarkom

Nanog

EwingSarkom

Lin28

Zic1

+

+

+

+

+

+

+

Liposarkom

+

+

+

+

+

Niere, Leber, Hoden, Melanom, Kopf + Hals

+

+

Leber, embryonale Karzinome Medulloblastom, Meningiom

436

5 Wachstum von Tumoren

Karzinome Marker

Leukämien, Lymphome

KLF-4 Kruppellike Factor

CML

c-myc

Lymphom

Ews EwingSarkom und Fusionsproteine

AML

Sarkome

Mamma

Ovar

+ +

ProsLunge tata

+ +

+

Magen, Darm

Andere

Neurale Tumore

Haut, Leber

+

+ +

EwingSarkom, gastrointestinales Sarkom, Chondrosarkom, Rundzellsarkom

+

Melanome

5.1.2 Tumorproliferation und Zielzellen der Tumortherapie Bei der klonalen Entwicklung (d. h. aus einer ursprünglichen Tumorzelle) eines Tumors und seiner Metastasen: • ist grundsätzlich jede Tumorzelle äquipotent, d. h. es kann jede Tochter-Tumorzelle Ursprungszelle eines neuen Tumors bzw. einer Metastase sein (siehe Tab. 5.5), • ist es das Ziel einer jeglichen Therapie, diese äquipotenten Tumorzellen in ihrer Teilungsfähigkeit zu hemmen oder sie zu töten (siehe Tab. 5.6), • zeigen Remissionen nach einer Therapie an, dass diese auf die äquipotenten Tumorzellen einwirkt. Bei Tumorstammzellen als Ausgangspunkt einer Tumorentwicklung: • enthält der Tumor in einer Häufigkeit zwischen < 1 % und > 90 % Tumorstammzellen (siehe Tab. 5.7), ansonsten die in ihrer Teilungsfähigkeit beschränkten Gewebetumorzellen, • ist es das Ziel einer jeglichen Therapie, diese Tumorstammzellen in ihrer Teilungsfähigkeit zu hemmen oder sie zu töten, • zeigen nur komplette Remissionen an, dass das angewandte Tumortherapeutikum wirksam auf die jeweiligen Tumorstammzellen ist (siehe Tab. 5.8), • können partielle Remissionen nur die Gewebetumorzellen, nicht jedoch die Tumorstammzellen betreffen. Ob eine Tumortherapie erfolgreich wirkt, das heißt, ob sie zu einer Verlängerung der tumorfreien Zeit, der Lebensdauer oder der Lebensqualität führt, ist somit abhängig von mindestens zwei Zielen, die es zu erreichen gilt: • der Reduktion des Tumorvolumens (siehe Kap. 5) und • der Elimination von Tumorstammzellen (siehe Kap. 7).

5.1 Entwicklung des Tumorgewebes

Tab. 5.5: Klonale Entwicklung eines Tumors und seiner Metastasen. Wachstumsphasen eines Tumors

Tumorvolumen (%)

lineare Phase

Bildung von Metastasen

PlateauPhase

100 90 80 70

→→ → → → →

60 50 40 30 20 10 5 2,5 1,25



→ Zeit

→ Zeit

An zwei Modellvorstellungen kann die Bedeutung dieser Ziele verdeutlicht werden:

437

438

5 Wachstum von Tumoren

Tab. 5.6: Möglichkeiten der Wirksamkeit der Tumortherapie eines klonal entstandenen Tumors. komplette Remission Tumorvolumen (%)

partielle Remission

Behandlungszyklen 1.

2.

3.

4.

partielle Remission + Progression

Behandlungszyklen 1.

2.

3.

4.

Behandlungszyklen 1.

140 120 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 5 → Zeit

→ Zeit

→ Zeit

2.

3.

4.

5.

5.1 Entwicklung des Tumorgewebes

439

Tab. 5.7: Entwicklung eines Tumors und seiner Metastasen durch Tumorstammzellen. Tumorvolumen (%)

Wachstumsphasen eines Tumors Bildung von Metastasen lineare Phase

100

Plateau-Phase



90 80 70



60



50



40



30



20 10 5



2,5



1,25



→ Zeit

→ Zeit

Gewebetumorzellen

Tumorstammzellen

440

5 Wachstum von Tumoren

Tab. 5.8: Möglichkeiten der Wirksamkeit der Tumortherapie eines durch Tumor-Stammzellen (dunkelgrau) entstandenen Tumors. komplette Remission Tumorvolumen (%)

partielle Remission

Behandlungszyklen 1.

2.

3.

4.

partielle Remission + Progression

Behandlungszyklen 1.

2.

3.

4.

Behandlungszyklen 1.

2.

3.

4.

5.

140 120 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 5 → Zeit Gewebetumorzellen

→ Zeit

→ Zeit Tumorstammzellen

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5.1 Entwicklung des Tumorgewebes

441

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5.1.3 Erfassung des Tumorvolumens und seiner Veränderungen Standardisierte Verfahren wurden entwickelt zur Ermittlung der Tumormasse eines Patienten (siehe Tab. 5.9). Diese Verfahren dienen • der Diagnose des Ausmaßes der Tumorerkrankung (sogenanntes Staging): • der Verlaufskontrolle der Tumorerkrankung und • der Erfassung eines Therapieerfolges oder Misserfolges. Zur Erfassung eines Tumorvolumens wird: • der kleinste Durchmesser bestimmt bei Tumoren in Lymphknoten (nodale Tumoren), • der größte Durchmesser bestimmt bei nicht nodalen Tumoren.

442

5 Wachstum von Tumoren

Die Messung erfolgt: • mit der Schublehre oder einem ähnlichen Messinstrument bei oberflächlich gelegenen und damit frei zugänglichen Tumoren (z. B. Tumoren der Haut); • an Hand von Röntgenaufnahmen. Diese: – liefern ein zweidimensionales Bild auf einer röntgenstrahlenempfindlichen Folie (Radiografie) oder ein digitales Bild; – belasten das Objekt mit den verwendeten Röntgenstrahlen. Diese Belastung beträgt beispielsweise: ▪ bei Aufnahmen des Thorax 0,02–0,1 mSv, ▪ bei der Mammographie ca. 3 mSv, • mit Hilfe der Computertomographie (CT, CT-Scan), – welche ein dreidimensionales Bild eines Objektes ermöglicht, ▪ durch rechnerbasierte Auswertung einer Vielzahl von Röntgenaufnahmen, ▪ sodass für jedes Volumenelement (Voxel) des Objektes der Absorptionsgrad ermittelt werden kann, – bei welcher jedoch eine weitaus größere Strahlendosis als bei der konventionellen Röntgenaufnahme verabreicht wird, ▪ die Belastung liegt in Bereichen bis zu 3–10 mSv, ▪ bei Aufnahmen des Thorax kann sie beispielsweise bis zu 5,8–8,8 mSv betragen, ▪ daher sollte bei allen Strahlen-Belastungen dieser Art deren potentielle Kanzerogenität berücksichtigt werden. ▪ Anhaltspunkte bestehen, dass eine kumulative Strahlendosis von 100 mSv das Tumorrisiko um etwa 1 % (bei Männern) bzw. um etwa 2,5 % (bei Frauen) ansteigen lässt; • mit Hilfe der MRT/Magnet-Resonanz-Tomographie, – welche Schnittbilder oder ein dreidimensionales Bild eines Objektes durch rechnerbasierte Auswertung der elektrischen Signale ermöglicht; ▪ die ausgesendet werden von Atomkernen des Objektes (meist Wasserstoffkerne [Protone]), welche durch ein starkes Magnetfeld sowie durch ein elektromagnetisches Wechselfeld im Radiofrequenzbereich zur „Kernspinresonanz“ angeregt werden; ▪ auf Grund der Relaxationszeiten unterschiedlicher Gewebearten entstehen auswertbare Bildkontraste; – welche weder Röntgenstrahlung noch eine andere ionisierende Strahlung nutzt, – wobei die Feldstärken der Magnetfelder (normalerweise ca. 3 Tesla), soweit bislang bekannt, zu keiner Nebenwirkung führen. • Mit der PET/Positronen-Emissions-Tomographie, bei welcher – eine schwach radioaktiv markierte Substanz (Radiopharmakon, siehe Tab. 5.10) einem Individuum verabreicht wird und – die Verteilung des Radiopharmakon durch Messung der von ihm emittierten (β-) Strahlung mit Hilfe der Computertomographie (Emissions-Computertomographie) ermittelt wird. Entsprechend dem Messergebnis werden die Tumorveränderungen im Vergleich zu einem ermittelten Ausgangswert unterteilt in (siehe Tab. 5.1–Tab. 5.11):

443

5.1 Entwicklung des Tumorgewebes

• • • •

PD: progressive Erkrankung (Progressive Disease), SD: stabile Erkrankung (Stable Disease) oder NC (No Change), PR: partielle Remission (Partial Remission), CR: komplette Remission (Complete Response).

Tab. 5.9: Verfahren zur Erfassung des Tumorvolumens. Messziel

Tumorknoten

Methode

Parameter

Verdächtig

Messbar

äußerlich zugänglich (Haut)

Schublehre

längster Durchmesser

> 1 mm

> 2 mm

nodal (Lymphknoten)

CT, PET

kurzer Durchmesser

> 10 mm

> 15 mm

extranodal

CT, PET

insgesamt Anzahl

pro Organ in Lymphknoten

Volumen Messung

> 10 mm längster Durchmesser

Thorax

Röntgen, PET

Knochen

CT/MRT

konfluierende Metastasen

CT, PET

Gesamtdurchmesser

CT, PET

längster Durchmesser jeder einzelnen Metastase

zersplitterte Metastasen

> 5 mm

> 20 mm > 10 mm

> 5 mm

> 10 mm

leptomengial Pleuraerguss klinische Diagnostik (Volumen nicht messbar)

Perikarderguss Aszites Mammakarzinom (inflammatorisch) Lymphangiose

Tab. 5.10: Positronen-Emissions-Tomographie von Tumoren.

Nuklide

Halbwertzeit (min)

11C

20,3

Radiopharmakon

Tumoren

(11C)-Cholin

Prostatakarzinom, urogenitale Tumoren

(11C)-S-Methyl-L-Methionin

Hirntumoren, besonders Gliome

444

Nuklide

5 Wachstum von Tumoren

Halbwertzeit (min)

Radiopharmakon

Tumoren

(18F)-Cholin Prostatakarzinom

(18F)-PSMA-1007

18F

110

68Ga

68

(18F)-Fluoruracil

Karzinome, Sarkome

(18F)-Fluorethyltyrosin

Hirntumoren, in Kombination mit (11C)-SMethyl-L-Methionin

(18F)-Fluorid

Knochen-Sarkome

(18F)-Fluordesoxy-D-Glukose (FDG)

Karzinome (Kolon, Rektum, Lunge, Pankreas), Non-Hodgkin-Lymphom, Melanom

(18F)-6-Fluoro-Dopamin

Neuroendokrine Tumoren, z. B. medulläres Schilddrüsenkarzinom (Dopaminbindung)

68Ga-DOTATOC DOTA = 1,4,7,10-Tetra-azazykloDodecan-1,4,7,10-Tetraessigsäure TOC = Phenylalanin(1)-Tyrosin(3)Octreotid

TD-low Sarkom Tumoren (Pankreas, Lunge (SCLC), Karzinoide)

Tab. 5.11: Einstufung der Veränderung eines Tumors im Vergleich zu einem Ausgangswert. Tumorknoten Klinischer Befund

komplette Remission

CR

Lymphknoten, nodal (Messung: kleiner Durchmesser)

Extranodal (Messung: großer Durchmesser)

Tumormarker

alle < 10 mm (kleiner Durchmesser)

alle verschwunden

Normbereich

partielle Remission

PR

Rückgang um > 30 % (Summe aller Werte)

stabile Erkrankung (keine Veränderung)

SD/ NC

Rückgang um < 30 % (Summe aller Werte), keine einzelne Zunahme > 20 %

Progression

PD

Zunahme um > 20 % (Summe aller Werte) und um > 5 mm (gegenüber dem niedrigsten bisherigen Messwert) und/oder neue Metastasen

erhöhter Wert (ggf. stabil)

erhöhter Wert (ansteigend)

5.2 Gefäßneubildung und Blutversorgung

445

Weiterführende Literatur Booth CM, Ohorodnyk P, Eisenhauer EA. Call for clarity in the reporting of benefit associated with anticancer therapies. J Clin Oncol. 2009 Nov 20; 27(33): e213–4. Epub 2009 Oct 26. Brenner DJ, Hall EJ., Computed tomography--an increasing source of radiation exposure. N Engl J Med. 2007;357(22):2277–84. Cardinale J, Martin R, Remde Y, Schäfer M, Hienzsch A, Hübner S, Zerges AM, Marx H, Hesse R, Weber K, Smits R, Hoepping A, Müller M, Neels OC, Kopka K., Procedures for the GMP-Compliant Production and Quality Control of [18F]PSMA-1007: A Next Generation Radiofluorinated Tracer for the Detection of Prostate Cancer. Pharmaceuticals (Basel). 2017;10(4). pii: E77. doi: 10.3390/ph10040077. Eisenhauer EA, Therasse P, Bogaerts J, Schwartz LH, Sargent D, Ford R, Dancey J, Arbuck S, Gwyther S, Mooney M, Rubinstein L, Shankar L, Dodd L, Kaplan R, Lacombe D, Verweij J. New response evaluation criteria in solid tumours: revised RECIST guideline (version 1.1). Eur J Cancer. 2009; 45: 228–247. Gambhir SS, Czernin J, Schwimmer J, Silverman DH, Coleman RE, Phelps ME. A tabulated summary of the FDG PET literature. J Nucl Med 2001; 42 (Suppl): 1–93. Lardinois D, Weder W, Hany TF, Kamel EM, Korom S, Seifert B, von Schulthess GK, Steinert HC. Staging of non-small-cell lung cancer with integrated positron-emission tomography and computed tomography. N Engl J Med 2003; 348: 2500–2507. “Onko-PET III”, 21 July and 19 September 2000. Eur J Nucl Med 2001; 28: 1707–1723. Perisinakis K, Seimenis I, Tzedakis A, Karantanas A, Damilakis J., Radiation burden and associated cancer risk for a typical population to be screened for lung cancer with low-dose CT: A phantom study. Eur Radiol. 2018;28(10):4370–4378. Reske SN, Kotzerke J. FDG-PET for clinical use. Results of the 3rd German Interdisciplinary Consensus Conference, Schwartz LH, Bogaerts J, Ford R, Shankar L, Therasse P, Gwyther S, Eisenhauer EA. Evaluation of lymph nodes with RECIST 1.1. Eur J Cancer. 2009; 45: 261–267. Therasse P, Eisenhauer EA, Verweij J. RECIST revisited: a review of validation studies on tumour assessment. Eur J Cancer. 2006; 42: 1031–1039.

5.2 Gefäßneubildung und Blutversorgung 5.2.1 Angiogenese Blutgefäße werden gebildet im Rahmen: • der Vaskulogenese: – mit Bildung des Blut- und Lymphgefäßsystems während der Embryonalentwicklung, – durch Differenzierung der Hämangioblasten des Mesoderms in gefäßbildende Angioblasten; • der Angiogenese: – mit der Neubildung von Kapillaren (siehe Tab. 5.12), ▪ bei der Wundheilung, Entzündung und allen Gewebereparaturvorgängen, ▪ im Zuge des Tumorwachstums, – durch Aktivierung, Proliferation und Differenzierung von: ▪ Endothelzellen der Kapillaren (Blutgefäße, Lymphgefäße), ▪ Vorläuferzellen der Endothelzellen (Angioblasten) im Blut; der Arteriogenese • – mit der Neubildung von Arteriolen und kleinen Arterien.

446

5 Wachstum von Tumoren

Tab. 5.12: Gefäßarten im terminalen vaskulären Bett. Zelltypen/Komponenten Gefäße

Durchmesser (μm)

kleine Arterien

300–100

Arteriolen

100–30

PräKapillaren

30–10

Kapillaren

4–10

PostKapillaren

10–20

Sammelvenolen

20–50

Venolen

50–100

Sammelvenen

100–300

EndothelZellschicht

BasalPerizyten membran

Glatte Muskelzellen

Elastische Membran

+

+

+++ (vielschichtig)

+

+

+

++ (einschichtig)



+

+

+ (diskontinuierlich)



kontinuierlich

+

+





gefenstert

+ oder –

+





diskontinuierlich

+ oder –

+





gefenstert

+ oder –

+





+

+

+ (diskontinuierlich)



+

+

++ (einschichtig)



+

+

+++ (vielschichtig)



kontinuierlich

kontinuierlich

Die Mechanismen der Vaskulogenese, Angiogenese und Arteriogenese sind einander ähnlich. Wesentliche Faktoren sind: • der HIF-1 (Hypoxie induzierte Faktor-1), ein Transkriptionsfaktor und Heterodimer (α-Kette, β-Kette), – wobei unter normalen Sauerstoffversorgung (Normoxie): ▪ die α-Kette an zwei Prolylresten hydroxyliert wird, was deren proteosomalen Abbau durch Kopplung (mit Hilfe der E2-Ubiquitin-Proteinligase) an das VHLProtein (Von Hippel-Lindau-Suppressor-Protein) ermöglicht und/oder ▪ der FIH1 (Faktor Inhibierend HIF-1) aktiviert wird, eine Hydroxylase, welche HIF-1 am Asn-803 verändert, wodurch die Komplexbildung mit Cotransaktivatoren (p300 und CBP) blockiert und die Transkriptionsaktivität von HIF-1gehemmt wird; – bei mangelhafter Sauerstoffversorgung sich die Heterodimere HIF-1 bilden, ▪ welche die Expression von angiogenen Wachstumsfaktoren und pro-angiogenen Proteinen induzieren und ▪ über welche die Angiogenese gesteuert wird. • angiogene Wachstumsfaktoren (siehe Tab. 5.13 und Tab. 5.14): – welche die zugehörigen Membran-Enzymrezeptoren, vorwiegend mit einer Tyrosin-Phosphokinase in der zellinternen Domäne (siehe Kap. 3.1.2), aktivieren,

447

5.2 Gefäßneubildung und Blutversorgung

• •

angiogene Zytokine/Chemokine, Blutplasmaproteine, Komplementfaktoren und xenogenen Substanzen (siehe Tab. 5.13), Endothelzellen, welche: – aktiviert werden zur verstärkten ▪ Expression von Rezeptoren (siehe Kap. 3.1) für angiogene Faktoren (siehe Tab. 5.13 und Tab. 5.14), ▪ Expression eines spezifischen Spektrums von Zelladhäsionsmolekülen (siehe Tab. 5.15), ▪ Proliferation, – sich in Kooperation mit Fibroblasten und glatten Muskelzellen differenzieren zur Bildung von Blut- und Lymphgefäßen (siehe Tab. 5.16).

Tab. 5.13: Die wesentlichen Faktoren, beteiligt an der Angiogenese. An der Angiogenese beteiligte Faktoren

Wirkung auf Endothelzellen Proliferation

Liganden

Rezeptoren auf Endothelzellen

Wachstumsfaktoren

Wachstumsfaktor-Rezeptoren

VEGF-A, -B (Vascular Endothelial Cell Growth Factor)

VEGF-Rezeptor-1 (Flt-1(FMS-(Feline McDonough Sarcoma viral oncogene homolog) -like tyrosine kinase-1)

VEGF-A, -C

VEGF-Rezeptor-2 (KDR (Kinase Insert Domain Receptor) / Flk-1(Fetale Leberkinase-1))

+

VEGF-Rezeptor-3 (Flt-4(FMS(Feline McDonough Sarcoma viral oncogene homolog) -like tyrosine kinase-4)

+

VEGF-C,-D

PIGF (Plazental Growth Factor) Angiopoietin-1, -4 Angiopoietin-2, -3 Ephrin-B1, -B2, -A1 PDECGF (Platelet Derived Endothelial Cell Growth Factor) aFGF/bFGF (acidic/basic Fibroblast Growth Factor)

Differenzierung

+

Neuropiline

+

TIE-1, TIE-2 (Tyrosine kinase with Immunoglobulinlike and EGF-like domains-1, -2)

+ +

Ephrin-Rezeptoren (Eph-B2, -B3, -B4, -A2) PDECGF-Rezeptor

FGF-Rezeptoren

Inhibition

+

+

+

+

448

5 Wachstum von Tumoren

An der Angiogenese beteiligte Faktoren

Wirkung auf Endothelzellen Proliferation

Differenzierung

Inhibition

Liganden

Rezeptoren auf Endothelzellen

TGF-α (Transforming Growth Factor)

TGF-α-Rezeptoren

TGF-β

TGF-β-Rezeptoren

Zytokine/Chemokine

Zytokin/Chemokin-Rezeptoren

Interleukin 1 (IL-1)

IL-1-Rezeptor

IL-4, -10, -12, -18, LIF

IL-Rezeptoren, LIF-Rezeptor

+

+

Interferone (IFN-α,- β, -γ)

IFN-Rezeptoren

+

+

GM-CSF, G-CSF, M-CSF

Rezeptoren für

+

TNF-α, -β

TNF-Rezeptoren

+

Chemokine CXCL8 (IL-8), CXCL1, CCL2 (MCP-1)

Chemokin-Rezeptoren

+

Blutplasma-Proteine

Plasma-Protein-Rezeptoren

Thrombin, Trypsin, Mastzelltryptase, PAR

Rezeptoren für Serinproteasen (PAR-1, -2, -3 und -4)

+

Thrombin, Protein C

Thrombomodulin

+

Plasminogen-Aktivatoren (uPA, tPA)

uPA-Rezeptor

+

Faktor VIII

Von-Willenbrand-Faktor

+

Thrombospondin

Thrombospondin-1-Rezeptor (pgpIV)

Tissue Factor

Thromboplastin-Rezeptor

+

Fc-Teil von Immunglobu-linen (IgG1 > IgG3/IgG4 > IgG2)

Fc-Rezeptoren (Fcγ-RI, -RIIA, -RIII)

+

Komplementfaktoren

Rezeptoren für Komplementfaktoren

C1q

C1q-Rezeptor (Calretikulin)

+

C3b (C4b)

CR-1

+

C3d (C3b, iC3b)

CR-2

+

iC3b (C3d)

CR-3, CR-4

+

C3a, C4a (Anaphylatoxine)

C3a-Rezeptor

+

C5a Anaphylatoxin)

C5a-Rezeptor

+

+ +

+

+

+

Fc-Rezeptoren (Fcγ-RIIB)

+

5.2 Gefäßneubildung und Blutversorgung

An der Angiogenese beteiligte Faktoren Liganden pathogene molekulare Strukturmuster (PAMPs) Lipopeptide, Glykopeptide, Nukleotide, LPS

Rezeptoren auf Endothelzellen

449

Wirkung auf Endothelzellen Proliferation

Differenzierung

Inhibition

Pattern Recognition Receptors (PRR) Toll-like-Rezeptoren, C-Typ-Lektine, Scavenger-Rezeptoren, NOD –Rezeptoren

+

LIF = Leukämie inhibierender Faktor; LPS = Lipopolysaccharide; NOD-Rezeptoren = Nukleotid-bindende Oligomerisations-Domäne-ähnliche Rezeptoren; PAR = Protease aktivierte Rezeptoren; PDECGF = Platelet Derived Endothelial Cell Growth Factor; VEGF = Vascular Endothelial Cell Growth Factor

Im Vordergrund für die Aktivierung von Endothelzellen stehen die Familien folgender Wachstumsfaktoren (siehe Tab. 5.14): • VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor), – VEGF-A und VEGF-B wie auch PLGF (Placenta Growth Factor): ▪ aktivieren den VEGF-Rezeptor-1, Synonym: Flt-1 (FMS- (Feline McDonough Sarcoma viral oncogene homolog -like tyrosine kinase-1), ▪ sind an der Strukturierung (Röhrenbildung) der Endothelzellen zu neuen Blutgefäßen beteiligt; – VEGF-C und VEGF-D: ▪ stimulieren über den VEGF-Rezeptor-2, Synonyme KDR (Kinase Insert Domain Receptor) und Flk-1 (Fetale Leberkinase-1), die Proliferation von Endothelzellen, ▪ stimulieren über den VEGF-Rezeptor-3, Synonym Flt-4 (FMS-(Feline McDonough Sarcoma viral oncogene homolog) -like tyrosine kinase-4) die Lymphangiogenese, – erhöhen die Permeabilität der Endothelzellauskleidung durch: ▪ Stimulation der Aktivität der Vesiculo-Vacuolaren Organellen (VVO) in Endothelzellen, sodass der transzelluläre Transport von löslichen Makromolekülen drastisch ansteigt, ▪ Verbreiterung der Passagen (Gaps) zwischen den Endothelzellen, ▪ Auflösung der Haft-Homplexe zwischen den Endothelzellen, • Angiopoietine: – Angiopoietin-1 und Angiopoietin-4: ▪ stimulieren die Rezeptoren TIE-1 und TIE-2 (Tyrosine kinase with Immunoglobulin-like and EGF-like domains-1, -2), ▪ fördern die Strukturierung (Interaktion mit den Bindegewebszellen, Bildung der Haft-Komplexe) der Endothelzellen zu neuen Blutgefäßen, – Angiopoietin-2 und Angiopoietin-3: ▪ hemmen Angiopoietin-1 und Angiopoietin-4,

450 •

5 Wachstum von Tumoren

Ephrine: – Ephrin-B1 und Ephrin-B2: ▪ stimulieren die Rezeptoren EphB2 und EphB3, ▪ fördern die Strukturierung (Interaktion mit den Bindegewebszellen, Bildung der Haft-Komplexe) der Endothelzellen zu neuen Blutgefäßen, ▪ stimulieren die Differenzierung zu arteriellen Gefäßen; – Ephrin-B2 und Ephrin-A1: ▪ stimulieren die Rezeptoren EphB3 und EphA2, ▪ stimulieren die Differenzierung zu venösen Gefäßen.

Tab. 5.14: Wirkung endothelzellspezifischer Wachstumsfaktoren. Rezeptoren auf Endothelzellen

Endothelzellspezifische Wachstumsfaktoren Wirkungen PLGF

VEGF-Familie A

B

C

Angiopoietine D

1

2

3

4

Ephrin A1 B1 B2

Aktivierung der Endothelzellen Neuropilin

Unterstützung der Ligandenbindung

+

VEGFR-2 (KDR/FLK-1)

+

VEDFR-3 (Flt-4)

+

+

Erhöhung der Permeabilität Aktivierung der Zellteilung

+

+

Lymphangiogenese

Differenzierung der Endothelzellen zu Blutgefäßen VEGFR-1 (FLT-1)

+

+

Organisation der Kapillarsprosse

+

TIE-1

+

TIE-2

+

Unterstützung der Ligandenbindung –



Vergrößerung des Durchmessers der neuen Kapillare

+

+

+

Verbindung der Endothelzellen mit perivaskulären Zellen

+

+

Differenzierung zu arteriellen Gefäßen

+

+

Eph-B2

Eph-B3 Eph-B4

+

Eph-A1

+

+ Aktivierung; – Hemmung

Differenzierung zu venösen Gefäßen

451

5.2 Gefäßneubildung und Blutversorgung

Tab. 5.15: Expression von Adhäsionsmolekülen durch aktivierte Endothelzellen. ImmunglobulinSuperfamilie

Integrine

Selectine

Weitere

Rezeptor

Liganden

Rezeptor

Liganden

Rezeptor

Liganden

Rezeptor

Liganden

ICAM-1 (Intercellular Adhesion Molecule, CD54)

LFA-1

VLA-1, -2, -3, -4 (α1/ β1,α2/ β1α3/ β1,α4/β1, Integrine; CD49a,b,c/ CD26)

Laminin, Fibronectin, Kollagen

PECAM-1 (Platelet Endothelial Cell Adhesion Molecule)

PECAM-1 (CD31)

VCadherin (CD144)

V-Cadherin

ICAM-2 (CD102)

VLA-4 (very late Antigen; α4/β1, Integrin, CD49d/ CD29)

VCAM-1 (CD106)

GMP-140 (Granule Membrane Protein, PSelectin, CD62P)

Lewis X

H-CAM HyaluronHermessäure, Antigen Glykosami(Hyaluronic noglykane acid-Cell adhesion Molecule, Pgp-1, CD44)

ICAM-3 (CD50)

VitronectinRezeptor (Integrin α5/β3, CD51/ CD61)

VitroELAM-1 nectin, (Endothelial Fibrinogen, Leukocyte Thromboadhesion spondin, molecule, vonCD62E) WillebrandFaktor

SialylLewis X (CD15)

Sialomucin I, (Hämatopoese Cell Antigen; CD164) assoziiert mit CXCR4

CXCL12,

α5/β5Integrin

Vitronectin, von-WillebrandFaktor

MCP (Membrane Cofactor Protein, CD46)

Komplementfaktoren C3b, C4b

VCAM-1 (Vascular Cell Ahesion Molecule, CD106)

VLA-4 (Very Late Antigen 4, CD49d/ CD29)

CD34

Die Angiogenese erfolgt über zwei grundsätzlich unterschiedliche Verlaufsformen: • durch Proliferation (Sprossung) von Endothelzellen der Blut- oder Lymphkapillaren. Dieser Weg hat folgende Abfolge (siehe Tab. 5.16): – lokale Freisetzung von angiogenen Wachstumsfaktoren (siehe Tab. 5.13) durch: ▪ Verletzungen (im Besonderen durch aktivierte Bindegewebszellen, Makrophagen, Komplementfaktoren und Gerinnungsfaktoren), ▪ Entzündungen (aktivierte Makrophagen, Bindegewebszellen, Komplementfaktoren und Gerinnungsfaktoren),

452

5 Wachstum von Tumoren

lokale Hypoxie, Tumorzellen; Aktivierung von Endothelzellen in den benachbarten Kapillaren mit: ▪ Erhöhung der Permeabilität durch Stimulation der Aktivität der VesiculoVacuolaren Organellen (VVO) und Verbreiterung der interzellulären Passagen (Gaps), ▪ Auflösung der Haft-Komplexe (tight junctions) zwischen den Endothelzellen, ▪ Expression von weiteren angiogenen Faktoren, ▪ Bildung von zytoplasmatischen Ausläufern, welche die Basalmembran der Kapillaren durchdringen, ▪ Expression von Rezeptoren für Plasminogen-Aktivatoren (PA), Bindung von Urokinase (u-PA/urokinase like Plasminogen-Activator) und Gewebe-PA (t-PA/ tissue-Plasminogen- Activator), ▪ Expression von Integrin (αvβ3), Bindung der Matrix-Metallo-Protease MMP-2 an das Integrin; lokale Proteolyse der Basalmembran und der extrazellulären Matrix (ECM/ExtraCellular Matrix): ▪ durch Aktivierung der Protease Plasmin durch die Plasminogen-Aktivatoren uPA und tPA, ▪ durch Aktivierung der Matrix-Metallo-Protease MMP-2 durch Plasmin und ▪ mit proteolytischer Loslösung von FGF (Fibroblast Growth Factor), gebunden an der extrazellulären Matrix, chemotaktische Migration der aktivierten Endothelzellen: ▪ in die extrazelluläre Matrix, ▪ in Richtung auf die höchste Konzentration der angiogenen Faktoren (Gerinnungsfaktoren, angiogene Wachstumsfaktoren freigesetzt im Bereich der Verletzung oder Entzündung oder von Tumorzellen), Bildung von neuen, mit den alten Kapillaren verbundenen Kapillarsprossen durch: ▪ mehrfache Zellteilung der in die extrazelluläre Matrix eingewanderten aktivierten Endothelzellen, ▪ Bildung von mehrschichtigen Zellsträngen (Kapillarsträngen) aus neugebildeten Endothelzellen, ▪ Bildung eines Kapillarlumens in jedem Kapillarstrang durch den Blutdruck, ausgehend von der alten Kapillare, Organisation der neuen Kapillare durch: ▪ Zusammenwachsen von gegenläufigen Kapillarsprossen am Ort der höchsten Konzentration der angiogenen und chemotaktischen Faktoren, ▪ durchgehende Kanalisierung der zusammengewachsenen Kapillarsprossen, ▪ Inhibition der Migration und der Zellteilung der Endothelzellen, ▪ Bildung der Basalmembran, ▪ Bildung der Haft-Komplexe zwischen den Endothelzellen, ▪ Rekrutierung und Bildung der Perizytenumhüllung der Kapillare, ▪ Rekrutierung der glatten Muskelzellen und Bildung der Lamina Musculosa, ▪ Verfestigung der Basalmembran durch Bildung der Lamina fibroreticularis; ▪ ▪











5.2 Gefäßneubildung und Blutversorgung



453

durch Spaltung (Intussusception) bestehender Blutgefäßen durch: – Hypoxie und hierdurch erhöhte Expression von angiogenen Wachstumsfaktoren, ▪ im Besonderen von VEGF (Vascular Endothelial cell Growth Factor), – Aktivierung und Proliferation von Endothelzellen innerhalb bestehender Blutgefäße mit Bildung von: ▪ Endothelzellbrücken, ▪ Scheidewänden und Parallelgefäßen.

Tab. 5.16: Stufen der Angiogenese und die wesentlichen Komponenten ihrer Regulation. Verlauf

Stimulierende Faktoren/Proteine

Inhibitoren

Aktivierung von Endothelzellen Sauerstoff-Unterversorgung (Hypoxie) Auflösung der Haft-Komplexe, Expression von angiogenen Faktoren und deren Rezeptoren, Bildung von zytoplasmatischen Ausläufern, Expression von Rezeptoren für Plasminogen-Aktivatoren (PA), Bindung von Urokinase (u-)PA und Gewebe-Plasminogen-Aktivatoren (t-PA/ tissue-PA), Expression von Integrin (αvβ3),

VEGF-A, -C, -D (Vascular Endothelial Growth Factor) PDECGF (Platelet Derived Endothelial Cell Growth Factor) EGF (Epithelial Growth Factor); TGFα (Transforming Growth Factor α) FGF (Fibroblast Growth Factor, aFGF, bFGF)

Sauerstoff-Normalversorgung (Normoxie)

lösliche VEGF-Rezeptoren, Angiostatin (PlasminogenSpaltprodukt, Kringel), Endostatin (Kollagen-XVIIIFragment), Antithrombin III

PF4 (Platelet Factor 4); Prolactin

HGF (Hepatocyte Growth Factor; Scatter Factor) Angiogenin

Bindung der Matrix-Metalloprotease MMP-2 an das Integrin

Interleukine (IL-3, IL-6); GM-CSF (Granulozyten-MakrophagenColony-Stimulating Faktor); TNF-α; Chemokine (IL-8)

Interleukine (IL-1, IL-4, IL-10, IL-12, IL-18), Interferone (IFN-α, IFN-β, IFN-γ), TGF-β

Lokale Auflösung der Kapillare Proteolyse der Basalmembran und der extrazellulären Matrix (ECM), Freisetzung von FGF, gebunden an ECM

Urokinase (u) und Tissue (t)-PA (Plasminogen-Aktivatoren)

PAI-1 (Plasminogen-Aktivator-Inhibitor)

Plasmin

α-2-Antiplasmin, α-2-Makroglobulin

Matrix-Metalloprotease MMP-2

MMP-2-Fragment PEX, TIMPs (Tissue Inhibitors of MMP)

454

5 Wachstum von Tumoren

Verlauf

Stimulierende Faktoren/Proteine

Inhibitoren

Bildung von Kapillarsprossen chemotaktische Migration der aktivierten Endothelzellen, Zellteilung der Endothelzellen,

VEGF-A, -C, -D PDECGF, IGF-II (Insulin like Growth Factor)

Interferone (IFN-α, IFN-β, IFN-γ), Interleukine (IL-4, -10, -12, -18), TGFβ

Angiopoietin-1, -4

Angiopoietin-2, -3

FGF (Fibroblast growth factor)-Familie

PF4 (Platelet Factor 4; Prolactin) Interleukin-1

Bildung von Kapillarsprossen, Fusion entgegenwachsender Kapillarsprossen

Organisation der neuen Kapillare Inhibition der Zellteilung von Endothelzellen, Produktion der extrazellulären Matrix, Expression von Integrinen (αvβ1, αvβ5) zur Bindung von Matrixproteinen, Expression von Adhäsionsmolekülen (VE-Cadherin und PECAM (Platelet Endothelial Cell Adhesion Molecule)

Sauerstoffnormalversorgung (Normoxie)

Sauerstoffunterversorgung (Hypoxie)

Angiopoietin-1, -4

Angiopoietin-2, -3

VEGF-A, -B, PLGF (Placenta-Growth Factor) TGF-β (Transforming Growth Factor β), Interferone ((IFN-α, IFN-β, IFN-γ), Interleukine (IL-4, -10, -12, -18)

FGF (Fibroblast Growth Factor)

VEGF-C, -D (Vascular Endothelial Growth Factor), PDEGF (Platelet Derived Endothelial Cell Growth Factor), TGF-α (Transforming Growth Factor α) PF4 (Platelet Factor 4; Prolactin)

Rekrutierung von Perizyten PDGF (Platelet Derived Growth Factor) Rekrutierung von glatten Muskelzellen

PDGF (Platelet Derived Growth Factor)

Aufbau einer Basalmembran

PDGF, TGF-β

Differenzierung zu arteriellen Gefäßen

Ephrin-B1, -B2

Differenzierung zu venösen Gefäßen

Ephrin-B2, -A1

Ablösung der Endothelzelle von der Basalmembran und Apoptose (Anoikis)

Die Angiogenese wird abgeschlossen durch die Bildung einer Basalmembran, welche besteht aus: • der eigentlichen Basalmembran (Lamina basalis), die produziert wird von den Endothelzellen und

5.2 Gefäßneubildung und Blutversorgung



455

die Lamina fibroreticularis, welche das Matrix-Produkt der anliegenden Fibroblasten und Perizyten ist.

Die Basalmembran enthält als Hauptkomponenten: • Typ-IV-Kollagen, • Laminine, – unterschiedliche α-Ketten, 4 unterschiedliche β-Ketten und 3 unterschiedliche γ-Ketten in 15 unterschiedlichen Dreierkombinationen, – die eigenständige Netzwerke bilden und – über Nidogen/Entactin und Perlecan mit Typ-IV-Kollagen verbunden sind, • Heparansulfatproteoglykane (Perlacan), • Fibronectin. Nebenkomponenten in der Basalmembran sind: • Proteoglykane (Agrin), Osteonectin (SPARC/Secreted Protein, Acidic and Rich in Cysteine), Fubuline, • Typ-XV-Kollagen, Typ-XVIII-Kollagen. Komponenten der Basalmembran haben einen direkten regulativen Einfluss auf die Angiogenese: • falls Endothelzellen in ihrer Differenzierungsphase keinen ausreichenden Kontakt zur Basalmembran aufbauen können, sterben sie durch Apoptose (Anoikis); aus Typ-IV-Kollagen entstehen durch Proteasen (z. B. Plasmin oder MMP/Matrix-Metal• loproteasen) Spaltprodukte, welche kryptische Domänen als Bindestellen für Integrine exponieren. Diese Spaltprodukte binden an und hemmen Endothelzellen. Zu diesen Spaltprodukten gehören: – Arrestin (26 kDa, inhibiert durch Bindung an Integrin α1β1), – Canstatin (24 kDa, inhibiert durch Bindung an Integrin αvβ3; α3β1), – Turnstatin (26 kDa, inhibiert durch Bindung an Integrin αvβ3; α6β1); • Osteonectin (SPARC/Secreted Protein, Acidic and Rich in Cysteine, BM40): – hemmt die Bindung von VEGF an seine Rezeptoren, • Laminine: – stimulieren die Aktivierung von Endothelzellen, • Perlecan: – stimuliert die Proliferation von Endothelzellen, – hemmt die Rekrutierung von glatten Muskelzellen. Endogene Inhibitoren der Angiogenese halten die Stabilität der Endothelzell-Auskleidung der Blut- und Lymphgefäße aufrecht. Diese Inhibitoren sind folgenden Gruppen zuzuordnen (siehe Tab. 5.17): • auf Endothelzellen antiproliferativ wirkende, durch Proteolyse entstandenen Spaltprodukte (meist Kringel-Domänen) von Kollagenen und anderen Proteinen, • Proteine, welche die Wirkung von angiogenen Wachstumsfaktoren blockieren, • Zytokine, welche Endothelzellen direkt hemmen, • Enzyminhibitoren.

456

5 Wachstum von Tumoren

Tab. 5.17: Endogene Angiogenese-Inhibitoren. Kringle-Domänen/ Fragmente

Hemmung von Wachstumsfaktoren

Hemmende Zytokine

Enzyminhibitoren

Angiostatin (Plasminogen-Fragment)

Interleukine IL-1, IL-4, IL-18 (Hemmung von FGF)

Interferone (IFN-α, IFN-β)

TIMP-1, -2, -3 (Tissue Inhibitor of Matrix-Metalloproteasen)

Arrestin, Canstatin, Turnstatin (Kollagen-Typ-IVFragmente)

Osteonectin (SPARC/Secreted Protein, Acidic and Rich in Cysteine, BM40) (Hemmung von VEGF)

IFN-γ (zytotoxisch für proliferierende Endothelzellen)

2-Methoxyestradiol (Inhibitor des uPA/ Urokinase PlasminogenAktivator)

Endostatin (Kollagen-Typ-XVIIFragment)

lösliche VEGFRezeptoren (Hemmung von VEGF)

IP10 (Interferon gamma inducible protein 10)

Maspin (Serinprotease Inhibitor; Serpin)

Restin (Kollagen-Typ-XVFragment)

PF4 (Platelet Factor 4) (Hemmung von FGF und VEGF)

Interleukine IL-10, IL-12; (Stimulierung der Expression von IFN)

PAI-1 (Plasmin-AktivatorInhibitor)

Vasostatin (Fragment des Calreticulin)

Prolactin (Hemmung von FGF)

TGF-β

Alpha-2-Antiplasmin (Hemmung von Plasmin)

Prothrombin-Kringle

Angiopoietin-2, -3 (Hemmung von Angiopoietin-1, -4)

Alpha-2-Makroglobulin (Hemmung von Plasmin)

PEX (Hemopexinähnliches Fragment der MMP-2)

Thrombospondin-1, -2 (Hemmung von bFGF, PDGF, VEGF)

Anti-Thrombin III (und Fragmente)

Prolactin-16 kDa (Fragment des Prolaktin)

5.2.2 Vaskularisation von Tumoren Sobald ein Tumorknoten einen Durchmesser von etwa 2 mm erreicht hat, sind die Tumorzellen nicht mehr in der Lage, ihre Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen durch Diffusion zu bewerkstelligen. Hierdurch: • entsteht im Tumor eine Hypoxie, die den Abbau des HIF-1/Hypoxie induzierten Faktors-1 blockiert (siehe Kap. 5.2.1). – die Hypoxie ist umso stärker, je schneller der Tumor wächst und – je weniger Diffusion in den Tumor möglich ist; • kann das erhöhte HIF-1 die Expression von angiogenen Wachstumsfaktoren stimulieren – in den Tumorzellen selbst und/oder – in solchen Immunzellen, wie Makrophagen, Mastzellen und Lymphozyten, die in den Tumor-knoten eingewandert sind

5.2 Gefäßneubildung und Blutversorgung





457

steigt lokal im Tumor die Konzentration von angiogenen Wachstumsfaktoren wie: – FGF (aFGF/acid Fibroblast Growth Factor, bFGF/basic FGF), – VEGF/(Vascular Endothelial Growth Factor-A, -B, -C, -D – Angiogenin, – Angiopoietin-1, -4, – PDGF/Platelet Derived Growth Factor, – PDECGF/Platelet Derived Endothelial Cell Growth Factor, – IGF-II/Insulin like Growth Factor, amplifizieren die exprimierten Wachstumsfaktoren in autokriner oder parakriner Weise die Expression von angiogenen Wachstumsfaktoren, im Besonderen VEGF/Vascular Endothelial Growth Factor. Beispielsweise: – wird die Expression von VEGF stimuliert durch: ▪ IGF-I/Insulin like Growth Factor, ▪ PDGF/Platelet Derived Growth Factor, ▪ IL-8/Chemokin IL-8, ▪ bFGF/basic Fibroblast Growth Factor und ▪ EGF/Epithelial Growth Factor), – stimuliert TGF-β die Expression von PDGF, – wird die Expression von VEGF-C stimuliert durch: ▪ IL-1 (Interleukin 1) und ▪ TNF-α, – stimuliert TGF-β die Expression von PDGF, – stimuliert PAF/Platelet Activating Factor die Expression von TNF-α und IL-1α; – wird andererseits die Expression von Inhibitoren der Angiogenese gehemmt (siehe Tab. 5.17),

Durch die Wachstumsfaktoren • wird die Proliferation von Endothelzellen und damit eine Angiogenese (siehe Kap. 5.2.1) ausgelöst, welche: – ihren Ausgang nimmt von den Kapillaren in enger Nachbarschaft zu den Tumorzellen und – fortlaufend beeinflusst wird durch: ▪ die Proliferation der Tumorzellen, ▪ die im Tumor durch das Tumorwachstum zeitlich und räumlich variabel entstehenden Hypoxien, ▪ die Freisetzung von Proteasen durch Tumorzellen und Immunzellen und den hierdurch bedingten Abbau von extrazellulärer Matrix im Tumor, ▪ den Blutdruck; – chaotische Strukturen der Blutgefäße in Tumoren zur Folge hat (siehe Tab. 5.18), – in Tumoren nachweisbar ist durch: ▪ Marker für aktivierte Endothelzellen (Proteine identifiziert durch monoklonale Antikörper, mRNA identifiziert durch PCR/Polymerase chain reaction (siehe Tab. 5.19) ▪ den Einbau von 3H-Thymidin oder Bromdeoxyuridin in den Zellkernen von Endothelzellen (radiohistologischer Nachweis),

458

5 Wachstum von Tumoren

den Nachweis von Zellzyklus-abhängigen Proteinen (Ki67-Antigen, Cyclin-A, PCNA/Proliferating Cell Nuclear Antigen) in den Endothelzellen mit immunhistologischen Methoden, – in Tumoren um einen Faktor zwischen 1 und 45 höher liegt als im entsprechenden Normalgewebe, – mit der Malignität des Tumors in Beziehung steht (siehe Tab. 5.18); wird in den hypoxischen Bereichen (direkt wie auch über HIF) die anaerobe Glykolyse induziert mit Anreicherung von Milchsäure und Verschiebung des pH-Wertes in leicht saure Bereiche. ▪



Tab. 5.18: Beispiele für die Tumorvaskularisation und deren Korrelation mit Malignität.

Tumore

Nachweis von angiogenen Faktoren

Nachweisbare Marker für aktivierte Endothelzellen FVIII, RA

Sialomucin CD34

VEGF- Weitere PECAM Rezep- RezepCD31 toren toren

ELAM -1

Korrelation mit

αvβ3Integrin

Gefäßdichte

Malignität

+

Karzinome Speiseröhre

+

+

+

+

Magen

IL-8

+

+

+

+

Kolon/ Rektum

VEGF

+

+

+

+

Pankreas

VEGF

+

+

+

VEGF

+

Mamma Kehlkopf

+

+

PD-ECF

+

Tie-2

+ +

+

+

+

+

+

+

+

VEGF

+

+

+

+

+

VEGF

+

+

+

+

+ (Metastasen)

Lunge VEGF

+

+

+

+

+

Zervix

VEGF

+

+

+

+

+

Ovar

VEGF TGF-β

+

+

+

+

+

+

+

+

+

TGF-βR Endoglin

Prostata

Melanome

+

VEGF

+

+

TGF-βR Endoglin Tie-2

+

+

459

5.2 Gefäßneubildung und Blutversorgung

Tumore

Nachweis von angiogenen Faktoren

Nachweisbare Marker für aktivierte Endothelzellen FVIII, RA

Sialomucin CD34

PECAM CD31

VEGF- Weitere Rezep- Rezeptoren toren

ELAM -1

Korrelation mit

αvβ3Integrin

Gefäßdichte

Malignität

Tumore des Nervensystems Gliome

VEGF

+

Glioblastome

TGf-β1

+

Astrozytome

+

+ +

+



+ positiver Befund

Tab. 5.19: Strukturelle Besonderheiten der Blutgefäße in Tumoren. Struktur/Funktion

Normale Blutgefäße

Tumorgefäße

Gefäßwandung

EndothelzellAuskleidung

kontinuierlich (Herz, Muskel, Haut, Lunge) kontinuierlich mit Gliazellen (ZNS) gefenstert (Magen-Darm, Niere, Drüsen) diskontinuierlich (Leber, Milz, Knochenmark)

entspricht derjenigen der Kapillaren im normalen Ursprungsgewebe, ist jedoch unvollständig oder vollkommen fehlend; häufig werden die Gefäße teilweise durch Tumorzellen ausgekleidet

Lamina basalis Basalmembran

unterbrochen oder fehlend Lamina fibroreticularis

Perizyten

Umkleidung der Basalmembran

vereinzelt vorhanden oder fehlend

kontraktile Zellen

glatte Muskelzellen

fehlend oder ohne pharmakologische Rezeptoren

Architektur

Kapillaren

geordnetes Netzwerk zwischen Arteriolen und Venolen, Durchmesser 5–10 μm

chaotisch, gewunden, geweitet, verlängert, Lakunen-ähnliche, sinusoidale Zysten-ähnliche Strukturen, arteriovenöse Kurzschlüsse

Arteriolen

Intima, Media, Adventitia

weitgehend erhalten, dilatiert

Lymphkapillaren

blind beginnend, Endothelzellauskleidung und Basalmembran

durch Tumorzellen weitgehend zusammengepresst

460

5 Wachstum von Tumoren

Struktur/Funktion

Normale Blutgefäße

Tumorgefäße

Gefäßdichte

gleichförmig entsprechend dem jeweiligen Gewebe

heterogen mit sehr dichten und auch avaskulären Bereichen

Gefäßdurchmesser

< 30 μm

erweitert < 50 μm

Angiogenese Kapillarangiogenese Lymphangiogenese

im Normalfall nicht vorhanden

vorhanden, lokal und zeitlich unterschiedlich, durch Kapillarsprossung wie auch Intussuszeption

5.2.3 Blutfluss, Druckverhältnisse, Konvektion und Diffusion in Tumoren Das Tumorwachstum beeinflusst in drastischer Weise die Strömungsverhältnisse in Tumoren. Diese Strömungsverhältnisse werden im Wesentlichen bestimmt durch mehrere unterschiedliche physiologische Parameter (siehe Tab. 5.20): • der transvaskuläre Blutfluss: – ist abhängig von: ▪ der Druckdifferenz zwischen der das Gefäß versorgenden Arterie und der entsorgenden Vene (ΔPDruckdifferenz = PArterie – PVene), ▪ dem Fließwiderstand, wobei dieser das Produkt ist aus der Blutviskosität und dem geometrischen Widerstand (Fließwiderstand = Blutviskosität × geometrischer Widerstand), ▪ dem geometrischen Widerstand, welcher wiederum der Quotient ist aus dem Achtfachen der Länge des Gefäßes (8 × l) und dem Gefäßradius (r) – somit gilt ▪ ▪

8 × l (Länge des Gefäßes) r (Gefäßradius) ist höher im Vergleich zum normalen Ursprungsgewebe, ▪ in Lymphomen, ▪ in kleinen Tumoren, ▪ in den neu vaskularisierten und proliferierenden Regionen von Tumoren; ist geringer im Vergleich zum normalen Ursprungsgewebe: ▪ im Durchschnitt aller Tumoren, ▪ in den seminekrotischen oder nekrotischen Bereichen von Tumoren, wird in Tumoren vermindert: ▪ durch die Erhöhung der Blutviskosität und durch eine Verminderung des Blutdrucks in den venösen Tumorgefäßen bedingt, ▪







P (Arterie) – P (Vene) Fließwiderstand Fließwiderstand = Blutviskosität × geometrischer Gefäßwiderstand transvaskulärer Blutfluss =

Gefäßwiderstand =

5.2 Gefäßneubildung und Blutversorgung

durch die hohe Permeabilität (Durchlöcherung und Unvollständigkeit der Endothelzellauskleidung und der Basalmembran) der Tumorgefäße mit Verlust von 5–10 % des Blutplasmas in den extravaskulären Raum und damit ▪ durch die Erhöhung des Hämatokrits; ▪ durch den erhöhten geometrischen Gefäßwiderstand bedingt, ▪ durch die längeren Blutkapillaren, durch die Kompression der Kapillaren, Venolen und Lymphgefäße durch das Tumorgewebe (obwohl die Kapillaren in Tumoren breiter (< 50 μm) sind als in Normalgewebe [< 30 μm]); der interstitielle Blutplasmafluss: – ist direkt abhängig von der Permeabilität der Tumorkapillaren; die Permeabilität der Tumorgefäße: – ist abhängig von der anatomischen Struktur der Kapillaren des umliegenden Normalgewebes; beispielsweise sprießen Kapillaren ▪ im Gehirn mit kontinuierlichen Endothelzellschichten und Gliazellummantelung in Hirntumore, ▪ in der Leber mit diskontinuierlichen und gefensterte Endothelzellen in Lebertumore oder Lebermetastasen, – ist in Tumoren jedoch verstärkt, verursacht durch: ▪ die Porengröße der Gefäßwandung (im Mittel < 1.000 nm in Tumorkapillaren im Vergleich zu < 100 nm in Kapillaren im gesunden Ursprungsgewebe), bedingt durch: ▪ das zahlreiche Vorkommen von gefensterten Endothelzellen und aufgelockerten Haft-Komplexen zwischen den Endothelzellen, ▪ unvollständige Endothelzellauskleidungen, diskontinuierliche Basalmembranen, ▪ aktivierte Endothelzellen mit gehäuft auftretenden und transportaktiven VVO/Vesikulären-Vakuolären Organellen, durch welche Makromoleküle bis zu einem Durchmesser von 100 nm die Endothelzellen passieren können; – kann regional und zeitlich im Tumor variieren durch die unregelmäßige, chaotisch ablaufende Angiogenese und das gleichzeitige Tumorwachstum, – bewirkt einen erhöhten interstitiellen Druck in Tumoren; der interstitielle Druck in Tumoren: – liegt bei menschlichen Tumoren im Bereich von 0,0 bis 94 mm Hg (dagegen im Normalgewebe bei 0,5 bis 3,0 mm Hg), – korreliert mit der Größe der Tumore und ist: ▪ größer im Zentrum, kleiner in der Peripherie des Tumors, ▪ höher im vaskularisierten Tumorgewebe, geringer im spärlich vaskularisierten Bereich und ▪ nicht verursacht durch eine Veränderung des arteriellen Blutdrucks, sondern – ist verursacht: ▪ durch den Einstrom von Blutplasma in das Tumorinterstitium in Folge der hohen Permeabilität der Tumorgefäße, ▪ durch die Proliferation der Tumorzellen innerhalb eines festgefügten gesunden Gewebes und ▪ durch die Kompression der drainierenden Lymphgefäße; ▪

• •



461

462

5 Wachstum von Tumoren



hat zur Folge: einen Flüssigkeitsstrom entlang des Druckgradienten mit einer Geschwindigkeit von etwa 0,1 μm/s, ▪ einen Flüssigkeitsverlust mit einem Volumen von etwa 0,14–0,22 ml/h und g Tumor in die Peripherie des Tumors. ▪

Pharmakologisch kann der Blutfluss in Tumoren in beschränktem Maße erhöht werden durch: • Verbesserung des transvaskulären Blutflusses durch: – Verminderung der Blutviskosität durch Plasmaexpander oder andere Methoden der Hämodilution, • Verminderung des interstitiellen Blutplasmaflusses durch: – Inhibition der Tumorproliferation und/oder – Inhibition der Tumorangiogenese. Die Pharmakokinetik einer Substanz im Körper, das heißt deren zeitabhängige Verteilung und Konzentration im Blut, in einer anderen Körperflüssigkeit oder in Organen bzw. Geweben ist abhängig von mehreren Parametern: • der Substanzmenge, welche innerhalb einer gegebenen Zeit gebildet oder verabreicht wurde, • dem Ort ihrer Verabreichung oder Bildung, • der Verteilung der Substanz in das intravaskuläre, interzelluläre/interstitielle, intrazelluläre und kavitäre Kompartiment des Körpers, wobei diese Verteilung abhängig ist von: – den physikochemischen Eigenschaften der Substanz; hierzu gehören ▪ Lipophilie/Hydrophilie, ▪ Größe, Ladung, Löslichkeit, – den physiologischen Eigenschaften der Substanz, wie z. B. ▪ Bindung an Rezeptoren, Bindung an Antigenen und Ausmaß der aktiven Aufnahme in Zellen, – den organspezifischen Strukturen am Ort der Verteilung. Hierzu gehören: ▪ Gewebe-Barrieren wie Epithelschichten, extrazelluläre Matrix, ▪ transzelluläre Transportsysteme, wie beispielsweise die VVO der Endothelzellen, – dem Ausmaß der Konvektion und Diffusion der Substanz vom Ort der Bildung oder Verabreichung hinein in alle Bereiche/Kompartimente des Körpers, der Geschwindigkeit des Abbaus bzw. der Verstoffwechselung der Substanz, • • der Geschwindigkeit der Ausscheidung über die Nieren, den Darm, die Haut und/oder die Atemluft. Treibende Kräfte für die Verteilung der Substanzen innerhalb eines Gewebes sind: • der transvaskuläre Blutfluss in dieses Gewebe, • die Konvektion und • die Diffusion.

5.2 Gefäßneubildung und Blutversorgung

463

Der transvaskuläre Blutfluss in Tumoren ermöglicht eine Anreicherung von Substanzen in Tumoren: • durch die Eigentümlichkeit der Tumorgefäße. Zu diesen gehören: – die chaotische Struktur einschließlich der Lakunen-ähnlichen, sinusoidalen, Zysten-ähnlichen Strukturen, – die erhöhte Gefäßdichte, – der größere Durchmesser und die größere Länge der Gefäße und – die erhöhte Permeabilität; • in einem Ausmaß, – welches direkt abhängig ist von der Blutverweilzeit der Substanz, – welches das 4–5fache des Wertes in dem entsprechenden Normalgewebe umfasst, – das bei Albumin bis zu 20 % der intravenös injizierten Menge betragen kann. Die Konvektion (Strömungsfluss von Molekülen) durch eine Gewebebarriere, wie beispielsweise durch eine Gefäßwand: • ist abhängig von: – der hydraulischen Leitfähigkeit/Konduktivität (Filtrationskoeffizient) der Gefäßwand, – der Größe der Oberfläche der Gefäßwand, – dem Unterschied zwischen dem Flüssigkeitsdruck innerhalb des Gefäßes und außerhalb des Gefäßes, wobei der kolloid-osmotische Strömungsdruck abgezogen werden muss, – dem kolloid-osmotischen Strömungsdruck, der wiederum das Produkt ist aus der Differenz zwischen dem intravaskulärem und interstitiellem kolloid-osmotischen Druck (πv – πi) multipliziert mit dem Koeffizienten für den osmotischen Widerstand der Gefäßwand (δ); • wird wie folgt definiert: – die Konvektion stellt das Produkt dar aus ▪ dem Filtrationskoeffizient des Gefäßes × Gefäßoberfläche × [vaskulärer Druck – interstitieller Druck – kolloid-osmotischer Strömungsdruck], – der KOSD/Kolloid-Osmotische Strömungs-Druck errechnet sich aus dem Produkt ▪ [intravaskulärer KOSD (πv) – interstitieller KOSD (πi)] × osmotischer Widerstand der Gefäßwand (δ); • wird in Tumoren: – drastisch vermindert durch: ▪ einen erhöhten interstitiellen Druck, ▪ durch eine Abnahme der Gefäßoberfläche bedingt durch den Kollaps der Gefäße infolge des erhöhten interstitiellen Drucks, ▪ durch eine Abnahme der Gefäßoberfläche in Regionen (meist im Zentrum) des Tumors in Folge einer verstärkten Tumorzellproliferation, – deutlich erhöht: ▪ in neu vaskularisierten Regionen (meist in den äußeren Wachstumszonen), ▪ wobei die hierdurch bedingte gleichzeitige Zunahme des interstitiellen Drucks die Konvektion wiederum vermindert;

464 •

5 Wachstum von Tumoren

kann in Tumoren auf Grund des hohen interstitiellen Druckes vollkommen zum Erliegen kommen, sodass sich Substanzen nur noch durch Diffusion im Tumor verteilen können.

Die Diffusion durch eine Gewebebarriere, wie beispielsweise durch eine Gefäßwand: • ist abhängig von: – der (Diffusions-) Permeabilität der Gefäße (je größer die Permeabilität, umso größer ist die Diffusion), – der Gefäßoberfläche, – der Molekülgröße der zu diffundierenden Substanz (je kleiner die Substanz, umso größer die Diffusion), – der Differenz zwischen der vaskulären Konzentration und der interstitiellen Konzentration der Substanz; • wird wie folgt definiert: – Diffusion stellt das Produkt dar aus ▪ vaskulärer Diffusionspermeabilität × Gefäßoberfläche × [vaskuläre Substanzkonzentration – interstitielle Substanzkonzentration], • wird in Tumoren gemindert: – durch die hohe Permeabilität der Gefäße, welche zu einem zügigen Ausgleich zwischen vaskulärer und interstitieller Substanzkonzentration führt, sodass sich sie treibende Kraft für die Diffusion vermindert; – durch die Verringerung der vaskulären Konzentration einer Substanz in Folge ihrer Verstoffwechselung, – durch die Verkleinerung der Gefäßoberfläche: ▪ im Zuge der lokalen Tumorzellproliferation, ▪ durch den Kollaps der Gefäße, bedingt durch den erhöhten interstitiellen Druck, ▪ in Regionen der Tumornekrose, • wird in Tumoren erhöht: – durch erhöhte Konzentrationen der Substanz im Tumorgefäßgebiet durch den transvaskulären Blutfluss; • ist ein zeitaufwendiger Prozess, z. B. benötigen für die Diffusion durch 1 mm Gewebe – IgG-Moleküle (Molekülgröße ca. 150 kDa) etwa 2–3 Tage, – Fab-Fragmente von IgG (Molekülgröße ca. 60 kDa) etwa 0,5–1 Tag. Bei Makromolekülen ist somit das Ausmaß der Konvektion und Diffusion entscheidend für die Wirkung. Tumorspezifische monoklonale Antikörper (moMAB) • sind Makroglobuline mit einer Molekülgröße von: – ca. 150 kDa (IgG), – ca. 100 kDa (F(ab)2-Fragment von IgG), – ca. 50 kDa (Fab-Fragment von IgG), • reichern sich im Tumor an, wobei die Anreicherung direkt abhängig ist:

5.2 Gefäßneubildung und Blutversorgung

– –





465

von einem hohen transvaskulären Blutfluss, von der Konvektion und Diffusion, wobei deren Ausmaß abhängt von: ▪ der Blutkonzentration des Antikörpers. Ein schneller Abbau oder eine schnelle Ausscheidung (wie z. B. bei F(ab)2-Fragmenten oder Fab-Fragmenten) führt zu einer schnellen Erniedrigung der Blutkonzentration des Antikörpers und verringert hierdurch die Konvektion und Diffusion: ▪ der Molekülgröße; bei hoher Molekülgröße (z. B. IgG) sind sowohl Konvektion wie auch Diffusion sehr gering, ▪ dem interstitiellen Druck. Bei hohem interstitiellem Druck kommt die Konvektion zum Erliegen, ist die Diffusion aber noch möglich; der Bindung des moMAB an Tumorzellmembranen. Diese Bindung: ▪ führt zur einer erhöhten Diffusion durch die Anreicherung des moMAB im vaskulären und perivaskulärem Bereich, ▪ verhindert die Rückdiffusion des gebundenen moMAB in den vaskulären Bereich, wenn die Blutkonzentration des moMAB über die Zeit abnimmt, von der Neutralisation des moMAB ▪ durch die Bildung von Anti-moMAB und die Bildung von Immun-Komplexen im Patienten, ▪ durch den enzymatischen Abbau der moMAB durch Tumor-assoziierte Proteasen.

Tab. 5.20: Blutfluss, Druckverhältnisse und Pharmakokinetik in Tumoren. Abhängigkeiten

Tumor

Parameter

Vaskularisation Positiv korreliert mit

transvaskuDruckdifferenz lärer Blutfluss (Δ Arterie/Vene); Gefäßradius

Negativ korreliert mit

Nekrose gering

hoch

Fließwiderstand, Gefäßlänge, Blutviskosität (Hämatokrit), Kompression der Gefäße

+

++++

+/–

interstitieller Blutplasmafluss

Gefäßpermeabilität

dichte EndothelzellAuskleidung

+

++++

+/–

GefäßPermeabilität

Porengröße zwischen Endothelzellen; unvollständige Endothelzellauskleidung, aktivierte vesikuläre-vakuoläre Organellen (VVO)

intakte Haft-Komplexe, kontinuierliche Basalmembranen, ruhende Endothelzellen

+

++++

+/–

interstitieller Druck

Gefäßpermeabilität, Tumorproliferation, Kompression der Lymphgefäße, Flüssigkeitsverlust

Abfluss über Lymphgefäße

+

++++

+/–

466

5 Wachstum von Tumoren

Abhängigkeiten Parameter

Tumor Vaskularisation

Positiv korreliert mit

Negativ korreliert mit

Nekrose gering

hoch

Konvektion

Druckdifferenz (Δ Gefäße/Interstitium); Gefäßfläche, hydraulische Leitfähigkeit der Gefäßwand

interstitieller Druck; kolloidosmotischer Strömungsdruck

+

++++

+/–

Diffusion

Gefäßpermeabilität, Gefäßoberfläche, Molekülgröße der Substanz, Konzentrationsunterschied (vaskulär/interstitiell)

interstitieller Druck, Tumorzellproliferation (Kompression der Gefäße)

+

++++

+/–

Weiterführende Literatur Cassavaugh J, Lounsbury KM. Hypoxia-mediated biological control. J Cell Biochem. 2011; 112: 735–744. Chouaib S, Kieda C, Benlalam H, Noman MZ, Mami-Chouaib F, Rüegg C. Endothelial cells as key determinants of the tumor microenvironment: interaction with tumor cells, extracellular matrix and immune killer cells. Crit Rev Immunol. 2010; 30: 529–545. Fuster MM, Wang L. Endothelial heparan sulfate in angiogenesis. Prog Mol Biol Transl Sci. 2010; 93: 179– 212. Imamura CK., Therapeutic drug monitoring of monoclonal antibodies: Applicability based on their pharmacokinetic properties. Drug Metab Pharmacokinet. 2019;34(1):14–18. Jain S, Harris J, Ware J. Platelets: linking hemostasis and cancer. Arterioscler Thromb Vasc Biol. 2010; 30: 2362–2367. Veeravagu A, Hsu AR, Cai W, Hou LC, Tse VC, Chen X. Vascular endothelial growth factor and vascular endothelial growth factor receptor inhibitors as anti-angiogenic agents in cancer therapy. Recent Pat Anticancer Drug Discov. 2007; 2: 59–71. Maltby S, Khazaie K, McNagny KM. Mast cells in tumor growth: angiogenesis, tissue remodelling and immune-modulation. Biochim Biophys Acta. 2009 Aug; 1796(1): 19–26. McCarty MF, Whitaker J. Manipulating tumor acidification as a cancer treatment strategy. Altern Med Rev. 2010; 15: 264–272. Moschetta M, Cesca M, Pretto F, Giavazzi R. Angiogenesis inhibitors: implications for combination with conventional therapies. Curr Pharm Des. 2010; 16: 3921–3931. Oklu R, Walker TG, Wicky S, Hesketh R. Angiogenesis and current antiangiogenic strategies for the treatment of cancer. J Vasc Interv Radiol. 2010; 21: 1791–1805 Onimaru M, Yonemitsu Y. Angiogenic and lymphangiogenic cascades in the tumor microenvironment. Front Biosci. 2011; 3: 216–225. Rosmorduc O, Housset C. Hypoxia: a link between fibrogenesis, angiogenesis, and carcinogenesis in liver disease. Semin Liver Dis. 2010; 30: 258–270. Sedlacek HH, Seemann G, Hoffmann D, Czech J, Lorenz P, Kolar C, Bosslet K. Vascular Supply and Endothelial Reactions, in Antibodies as Carriers of Cytotoxicity Contributions to Oncology 1992, 43, 10–29. Sedlacek HH. Pharmacological aspects of targeting cancer gene therapy to endothelial cells, Clinical Reviews in Oncology/Hematology 2001. 37: 169–215. Tertil M, Jozkowicz A, Dulak J. Oxidative stress in tumor angiogenesis-therapeutic targets. Curr Pharm Des. 2010; 16: 3877–3894.

5.3 Bildung von Metastasen

467

5.3 Bildung von Metastasen Die klinische Prognose einer malignen Tumorerkrankung wird meist weniger durch den Primärtumor bestimmt, als vielmehr durch die Ausbildung und das Wachstum von Metastasen. Metastasen sind definitionsgemäß Tochtergeschwülste eines Primärtumors, erkennbar an den Ähnlichkeiten zwischen beiden Tumoren, im Besonderen in Bezug auf: • die feingeweblichen (histologischen) Charakteristika, • die molekularbiologischen und biochemischen Parameter. Metastasen entstehen aus Tumorstammzellen (siehe Kap. 5.1) des Primärtumors, gleichgültig, ob diese Tumorstammzellen entstanden sind: • durch symmetrische Teilung, – das heißt, die (äquipotenten) Tumorzellen eines klonal entstandenen Primärtumors darstellen, • oder durch asymmetrische Teilung, – das heißt, im Primärtumor Tumorstammzellen wie auch Tumorgewebezellen vorliegen. Je nach Entstehungsort der Metastasen werden unterschieden: • lokale Metastasen direkt im Organsystem des Primärtumors oder in benachbarten Gewebestrukturen, • Fern-Metastasen über den Lymph- und Blutkreislauf in entfernten Organen. Voraussetzungen für die Bildung von Metastasen sind besondere Fähigkeiten der jeweiligen Tumorstammzellen. Diese Fähigkeiten bestimmen auch die Schrittfolge der Metastasierung (siehe Tab. 5.21). Zu diesen Fähigkeiten von Tumorstammzellen gehören: • die Produktion von Proteasen in großer Menge und Vielfalt. Diese umfassen (siehe Tab. 5.22): – Cysteinproteasen. Zu diesen gehören: ▪ die Caspasen im Zytoplasma, welche entscheidend beteiligt sind am kontrollierten Zelltod (siehe Kap. 3.5.2), ▪ die Kalzium-Ionen-abhängigen neutralen Proteasen (CANP/Calcium-Ion dependent Neutral Pproteases), die im Zytoplasma regulatorische Aufgaben besitzen, ▪ die Cathepsine in den Lysosomen. Mehr als 10 Cathepsine sind bekannt. Je nach Gewebezelle kommen sie in unterschiedlicher Menge vor, vorwiegend in Granulozyten und Makrophagen. In Tumorzellen sind besonders anzutreffen: ▪ Cathepsin-B und Cathepsin-L. – Aspartatproteinasen, beispielsweise: ▪ Cathepsin-D, gebildet von Leukozyten und Gewebezellen, – Serin-abhängige Proteinasen; zu denen zählen: ▪ die Verdauungsenzyme (Trypsin, Chymotrypsin, Pepsin, Pankreas-Elastase/ ELA-1), ▪ das Thrombin,

468

5 Wachstum von Tumoren

der Komplementfaktor C1q, das Kallikrein, ▪ die Plasminogen-Aktivatoren uPA/urogener PA und tPA/tissue PA, gebildet normalerweise besonders von Leukozyten, Fibroblasten, Epithelzellen (uPA) und von Endothelzellen (tPA, uPA); ▪ das uPA, welches an den membranständigen uPA-Rezeptor der Tumorzelle bindet und durch die Spaltung von Plasminogen die Protease Plasmin aktiviert, ▪ das Plasmin bzw. das Pro-Enzym Plasminogen, gebildet normalerweise von Leberzellen, welches von uPA, tPA und den Kallikreinen aktiviert wird, ▪ die Leukozyten-Elastase (ELA-2); – Metall-(Zink)-abhängige Matrix-Metalloproteinasen (MMP, im katalytischen Zentrum komplexiert Cystein ein Zinkatom). Zu diesen gehören: ▪ mehr als 28 Mitglieder (MMP-1 bis MMP-28). Außer in Tumorzellen werden sie vorwiegend in Leukozyten und in Fibroblasten gebildet, ▪ Gewebe-Kollagenasen (MMP-1, -13), ▪ Neutrophile Kollagenase (MMP-8) ▪ Gelatinasen (MMP-2, -9); MMP-2 bindet an Integrin (αvβ3) der Tumorzellen, ▪ Metalloelastase (MMP-12), ▪ Stromelysine (MMP-3, -10, -11), ▪ Membranständige MMPs (MMP-14, -15, -16, -17, -24, -25), die Ablösung vom Primärtumor, – wobei seitens der sich ablösenden Tumorzelle die Ablösung unterstützt wird durch ▪ eine geringe Expression von Adhäsionsmolekülen, ▪ eine hohe Mitoserate (in dieser Phase ist die Expression von Adhäsionsmolekülen gering), ▪ eine hohe Expression von Proteasen; – wobei seitens des Primärtumors unterstützend wirken: ▪ eine verstärkte Tumorangiogenese, ▪ die chaotische Struktur des Tumorgefäßsystems, ▪ ein hoher interstitieller Druck; die Extravasation mit Hilfe der Proteasen, beispielsweise durch: – lokale Auflösung der Basalmembranen und der extrazellulären Matrix in der direkten Umgebung der Tumorzellen, – Aktivierung des an die extrazelluläre Matrix gebundenen FGF/Fibroblast Growth Factor, – Aktivierung des Komplementsystems mit der Bildung von Anaphyllatoxinen wie C3a, C4a und C5a und dem lytischen Komplex (MAC, Membrane-Attack-Complex), die wiederum aktivieren (siehe Tab. 5.23), ▪ direkt Endothelzellen, ▪ indirekt Endothelzellen durch Aktivierung von Thrombozyten, Mastzellen, basophile, eosinophile und neutrophile Granulozyten und Makrophagen zur Freisetzung von Endothelzell-aktivierenden Wirkstoffen, ▪ ▪





5.3 Bildung von Metastasen









• •

469

Aktivierung des Gerinnungssystems durch Aktivierung von Faktor XIIa (Hageman-Faktor) und der Bildung von Thrombin, Fibrin und Plasmin (siehe Tab. 5.24), welche ▪ direkt Endothelzellen aktivieren (Thrombin) oder ▪ indirekt Endothelzellen aktivieren über die Aktivierung von Kallikrein und Bradykinin oder die Aktivierung des Komplementsystems (Plasmin) und/oder ▪ Thrombozyten, Mastzellen, Granulozyten und Makrophagen aktivieren ▪ das Fibrin auflösen (siehe Tab. 5.24), die Infiltration in gesunde, an den Primärtumor angrenzende Gewebsstrukturen. Diese Infiltration erfolgt durch lokale Proteolyse von Basalmembranen und extrazellulärer Matrix, vergesellschaftet mit der Proliferation von Tumorzellen hinein in: – gesundes Gewebe, – Körperhöhlen, – Lymphgefäße und – Blutkapillaren; die lokale Ansiedlung entsprechend den anatomischen Gegebenheiten in dem Organsystem, in welchem sich der Primärtumor befindet mit der Bildung von lokalen Metastasen, zum Beispiel: – in Drüsengängen (z. B. Milchdrüse, Bauchspeicheldrüse, Speicheldrüse), – in Ausführungsgängen (z. B. Nierenbecken, Harnleiter, Gallengang); die Invasion: – in Körperhöhlen (z. B. Peritonealhöhle, Pleuralhöhle, Herzbeutel, Subarachnoidealraum) und Bildung von: ▪ solitären Metastasen, ▪ Abklatschmetastasen, ▪ diffusen Karzinosen; – in Lymphgefäße und der Abtransport über die Lymphe in drainierende Lymphknoten, mit Bildung von ▪ Lymphknotenmetastasen und nachfolgendem Abtransport in den Blutkreislauf, – in Blutkapillaren (Intravasation), ▪ mit Abtransport in den Blutkreislauf; die Zirkulation im Blutkreislauf; die Anhaftung an Kapillar-Endothelzellen in entfernten Organen. Diese Anhaftung: – findet vorzugsweise in Kapillaren statt, selten in Arteriolen, – beruht auf einer spezifischen Bindung der jeweiligen Tumorstammzellen mit organspezifisch geprägten Endothelzellen, – bwird vermittelt durch Zelladhäsionsmoleküle (siehe Tab. 5.25), – bevorzugt tumorspezifisch ausgewählte Organe (Seed und Soil-Theorie von St. Paget), gelenkt unter anderem durch: ▪ die organspezifische Expression von Chemokinen (beispielsweise von CCL19 und CCL21 exprimiert von Endothelzellen) und ▪ die Expression eines spezifischen Spektrums an Chemokin-Rezeptoren auf der Tumorzelle (beispielsweise von CCR7 auf Karzinomzellen (Mamma, Ösophagus, Kopf und Hals, Lunge) und Melanomen);

470

5 Wachstum von Tumoren







führt zu einem tumorspezifischen Organspektrum der Metastasierung, beispielsweise zu einem gehäuften Auftreten von Metastasen von: ▪ Melanomen in das Gehirn, ▪ Mammakarzinomen in das Knochengewebe, ▪ Prostatakarzinomen in das Knochengewebe, ▪ Kolonkarzinomen in die Leber, ▪ Magenkarzinomen in die Ovarien (Krukenberg-Tumor); – scheint unabhängig zu sein vom Durchmesser der Kapillare, der Blutflussrate, der vasomotorischen Aktivität oder gleichzeitiger Leukozytenadhäsionen, – wird gefördert durch die lokale Aktivierung der Gerinnung (siehe Tab. 5.24) und zwar ▪ des intrinsischen Weges der Gerinnung mit Aktivierung des Hageman-Faktors (FXII) durch die Tumorproteasen, ▪ des extrinsischen Weges der Gerinnung durch die Expression des TissueFaktors durch die Tumorzellen, ▪ der Thrombozyten-Aktivierung und Aggregation durch das entstandene Thrombin und Fibrin wie auch durch Anaphyllatoxine (C3a, C4a, C5a), freigesetzt im Zuge der Komplementaktivierung (siehe Tab. 5.23); die Aktivierung der Endothelzellen, an welche dann die Tumorstammzelle direkt anhaften, – verursacht durch: ▪ die Wechselwirkung mit den Zelladhäsionsmolekülen (siehe Tab. 5.25), ▪ die Anaphyllatoxine (C3a, C4a, C5a), entstanden im Zuge der Aktivierung des Komplementsystems (siehe Tab. 5.23), ▪ Thrombin, entstanden im Zuge der Aktivierung des Gerinnungssystems (siehe Tab. 5.24), ▪ durch Wachstumshormone, wie z. B. VEGF/Vascular Endothelial Growth Factor, PDGF/Platelet Derived Growth Factor, TGF/Transforming Growth Factorα, FGF/(Fibroblast Growth Factor ausgeschüttet von den Tumorstammzellen und/oder aktivierten Thrombozyten ▪ durch Mediatoren, Enzyme, Chemokine, Zytokine, kationische Proteine, Leukotriene und Prostaglandine, ausgeschüttet von aktivierten Thrombozyten, Mastzellen, basophilen, eosinophilen und neutrophilen Granulozyten und Makrophagen (siehe Tab. 5.26), ▪ Tumorproteasen, welche FGF aus seiner Bindung an die extrazelluläre Matrix loslösen, – mit Auflösung der Haft-Komplexe zwischen den Endothelzellen und Abrundung der Endothelzellen; die Diapedese durch die Endothelzellschicht: – als Einzelzelle oder als Gruppe von Zellen, – mit Ausbildung von Pseudopodien, welche sich zwischen die aktivierten, abgerundeten Endothelzellen drängen und – mit amöboiden Bewegungen, – unter Auflösung der Basalmembran durch die Proteasen der Tumorstammzelle,

5.3 Bildung von Metastasen





• •

471

die Migration in das Gewebe des Wirtsorgans: – mit Hilfe von Tumorproteasen, welche: ▪ die extrazelluläre Matrix lokal auflösen, ▪ Matrix-assoziierte Proteoglykane (z. B. Versican, Perlecan) freisetzen, welche durch Bindung an Adhäsionsmoleküle auf den Tumorstammzellen deren Chemotaxie bewirken, ▪ Zellmembran-assoziierte Proteoglykane (z. B. Syndecane und Glypicane) auflösen, was der Tumorstammzelle eine höhere Motilität ermöglicht, – unter Verminderung der Expression von Adhäsionsmolekülen für Zell-zu-Zell-Kontakte auf der Tumorzelle, z. B. durch ▪ Verminderung des E-Cadherins (siehe Kap. 3.1.3), – unter Verstärkung der Expression von Adhäsionsmolekülen für Zellen oder Komponenten des Wirtsgewebes auf der Tumorzelle, z. B. durch ▪ erhöhte Expression von Adhäsionsmolekülen für Komponenten der extrazellulären Matrix (siehe Kap. 3.1.3) bei Migration ins Bindegewebe; die Transition, das heißt der Umfeld-bedingte (epigenetische) Erwerb von mehr oder weniger Eigenschaften der Zellen des Wirtsgewebes: – bei Karzinom-Stammzellen die Epithelzell-in-Mesenchymzell-Transition, – bei Sarkom-Stammzellen die Mesenchymzell-in-Epithelzell-Transition, die Proliferation zur Metastase, die Tumorangiogenese (siehe Kap. 5.2) der Metastase.

Inhibitoren regeln alle Stufen der Metastasierung, im Besonderen: • Protease-Inhibitoren (siehe Tab. 5.22), • Inhibitoren der Komplementaktivierung, im Besonderen der Anaphylatoxine (siehe Tab. 5.23), • Inhibitoren der Aktivierung der Blutgerinnung und der Fibrinolyse (siehe Tab. 5.24), • Inhibitoren der angiogenen Wachstumsfaktoren (siehe Kap. 5.2). Je nach dem Gleichgewichtszustand zwischen prometastatisch und antimetastatisch wirkenden Proteinen: • können Tumorstammzellen in den jeweiligen Wirtsorganen über längere Zeit ruhen, • kann die Angiogenese in einer wachsenden Metastase durch Angiogenese-Inhibitoren (siehe Kap. 5.2) derart inhibiert werden, dass das Wachstum der Metastase zeitweilig zum Stillstand kommt. Das Wachstum von Metastasen wird des Weiteren begünstigt durch funktionsbeeinträchtigende Mutationen der Gene für Inhibitoren der Metastasierung, sogenannte Metastasierungssuppressoren (siehe Kap. 5.3). Zu diesen Metastasierungssuppressoren gehören (siehe Tab. 5.27): • Regulatoren der Zellteilung und Zelldifferenzierung, • Regulatoren der Zelladhäsion und Zellmigration. Die Regulation der Bildung und des Wachstums von Metastasen bietet Ansätze, nach pharmazeutischen Wirkstoffen zur Prophylaxe oder Therapie von Tumorerkrankungen zu

472

5 Wachstum von Tumoren

suchen. Der Schwerpunkt der Forschung und Entwicklung liegt hierbei auf dem Gebiet der: • Protease-Inhibitoren, im Besonderen von Inhibitoren der Matrix-Metalloproteinasen und • den Inhibitoren der Angiogenese.

Tab. 5.21: Schrittfolge der lokalen und entfernten Metastasierung. Beteiligte Komponenten und Systeme Schrittfolge

Bildung der Metastase (beteiligte Tumorzelle)

Proteasen

Adhäsionsmoleküle

Gerinnungsfaktoren

Komplementfaktoren

Wachstumsfaktoren

lokale Metastasierung Infiltration (in das umliegende Gewebe)

Primärtumor

+

Ablösung (vom Primärtumor)

+

+

Migration (in das umliegende Gewebe)

+

Tumorstammzelle

lokale Ansiedlung (in das umliegende Gewebe)

lokale Metastase

Proliferation

+

+

+

+

+

+

entfernte Metastasierung Invasion (in Körperhöhlen, Lymphund Blutgefäße)

Primärtumor

+

Ablösung (vom Primärtumor)

+

Zirkulation (im Blutkreislauf)

+

Anhaftung (an Endothelzellen in fremden Organen)

Tumorstammzelle

+

+

+

+

+

Aktivierung (von Endothelzellen)

+

+

+

+

+

Diapedese (durch die Endothelzellschicht)

+

+

+

+

+

473

5.3 Bildung von Metastasen

Beteiligte Komponenten und Systeme Bildung der Metastase (beteiligte Tumorzelle)

Schrittfolge

Migration (in das Interstitium des fremden Organes)

Proteasen

Adhäsionsmoleküle

+

+

+

+

+

Transition (Epithel-zuMesenchym oder umgekehrt) FernMetastase

Proliferation

Gerinnungsfaktoren

Komplementfaktoren

Wachstumsfaktoren

+

+

Tab. 5.22: Proteasen, exprimiert von Tumorzellen. Enzyme

Aktivatoren

Substrate

Inhibitoren

Matrix-Metalloproteinasen MMP-1 (FibroblastenKollagenase) Kollagenasen

MMP-3, MMP-7

Pro-MMP-9; Kollagen Typ I, II, III, VII, X

MMP-8 (GranulozytenKollagenase)

MMP-3

Kollagen I, II, III; Aggrecan

MMP-13 (Kollagenase 3)

MMP-3

Kollagen I, II, III; Aggrecan

MMP-2 (GranulozytenGelatinase)

MMP-1, MMP7, MMP-16

Kollagen Typ IV, I, V, X; Elastin; denaturiertes Kollagen (Gelatine); Aggrecan

Gelatinasen MMP-9 (Gelatinase B)

MMP-3 (Stromelysin -1) Stromelysine MMP-10 (Stromelysin -2)

MMP-1, MMP-3

Kollagen Typ IV, V, XI; Elastin; denaturiertes Kollagen (Gelatine); Aggrecan Pro-MMP-1, -8, -9, -13; Kollagene, besonders auch Typ IV, IX; Fibronectin, Elastin, Laminin; E-Cadherin, L-Selektin Ähnlich wie MMP-3, nur schwächer aktiv

TIMP/Tissue Inhibitors of Matrix-Metalloproteinases, TIMP-1 (besonders für MMP-1 und MMP-3), TIMP-2 (besonders für MMP-2), TIMP-3 und TIMP-4

474

5 Wachstum von Tumoren

Enzyme

Aktivatoren

Substrate

MMP-14 (MT1-MMP)

Kollagen I, II, III; Fibornectin, Laminin, Proteoglykane

MMP-16 (MT3-MMP)

Pro-MMP-2

Matrilysin

MMP-7 (PUMP-1)

Pro-MMP-1, -2, -9

Metalloelastasen

MMP-12 (MakrophagenElastase)

Elastin

Enamelysin

MMP-20

Amelogenin

MembranMMPs

Inhibitoren

Serinproteasen

PlasminogenAktivatoren

Urokinase/uPA und tPA/tissue PA

Cathepsin B, Cathepsin L, Kallikrein, Plasmin, Factor XII, Trypsin

Plasminogen

α-2-Makroglobulin, α-2-Antiplasmin, α-1-Antitrypsin, C1-inaktivator, Thrombin, Elastase

Fibrin, Matrix-Metalloproteinasen, Pro-uPA, Pro-tPA, Pro-Hormone, Pro-Enzyme, extrazelluläre Matrix

Plasminogen-AktivatorInhibitoren (PAI-1, PAI-2), α-2-Antiplasmin, α-1-Antitrypsin, α-2-Makroglobulin, C1-Inaktivator, Antithrombin III

Kininogen, Plasminogen

C1-Inaktivator

extrazelluläre Matrix (Elastin), Immunglobuline (IgA, IgG), Komplement-Rezeptor CR1

α-2-Antiplasmin, α-1-Antitrypsin, α-2-Makroglobulin, C1-Inaktivator, Antithrombin III

fibrinolytische Enzyme

Plasmin

PlasminogenAktivatoren (uPA, tPA), Kallikrein

Kallikreine

KLK1 bis KLK15 Gewebe- und Blutkallikreine

Faktor XII

Leukozytenelastasen

ELA-2

Cysteinproteasen

Cathepsin L

Cathepsin D

extrazelluläre Matrix (Elastin, Proteoglykane); Pro-UrokinasePlasminogen-Aktivator (Pro- u-PA); Pro-MMPs

α-2-Makroglobulin

Cathepsin D

extrazelluläre Matrix (Laminin, Proteoglykane, bronectin, Kollagene I, II, IV, V, IX, XI); Pro-uPA, Pro-MMPs

α-2-Makroglobulin

Cathepsine

Cathepsin B

5.3 Bildung von Metastasen

Enzyme

Aktivatoren

Substrate

475

Inhibitoren

Asparaginsäureproteasen

Cathepsin D

Pro-Cathepsin L, Pro-Cathepsin B, extrazelluläre Matrix (Laminin, Fibronectin, Proteoglykane)

α-Makroglobulin

Tab. 5.23: Direkte und indirekte Aktivierung von Endothelzellen durch Komplementspaltprodukte.

Aktivierungswege für das Komplementsystem Reaktionsfolge Klassisch

Auslöser

Aktivierung von

Weiterführung der Kaskade

Antikörper, Komplexe, Enzyme (Plasmin, Kallikrein)

MBL (Mannose bindendes Lectin)-Weg

Produkte (Inhibitor)

Gerinnungsenzyme (Plasmin, endständige Faktor XII, Mannose in Kallikrein), GlykoproMakroteinen und phagen, GlykolipiGranuloden zyten (Elastase, Plasmin)

Mannose binding lectin (MBL) + Fricolin (statt C1q) + Mannan C1q + C1r + binding C1s = C1qrs lectin associated Serinprotease (MASP-1, MASP-2)

C1qrs + C4 + C2

Alternativ

Erhöhte Durchlässigkeit der Blutkapillaren durch freigesetzte Komplementprodukte

aktiviertes Fricolin/ MASP-1/ MASP-2 + C4 + C2

Endothelzellen Auflösung der Haft-Komplexe, Expression von Adhäsionsmolekülen und Rezeptoren für Serinproteasen, Gerinnungsfaktoren, Komplementfaktoren, Wachstumsfaktoren (siehe Kap. 5); C1q (C1Inaktivator, Faktor J)

C3 = C3b + C3a C3a (Carboxypeptidase)

C3b + B + D+P

Aktivierung und Freisetzung von

C3a, C4a (Carboxypeptidase)

Thrombozyten Wachstumsfaktoren (PDGF, PF4, PAF, TGF-β), Mediatoren (PF (Permeability Factor), CF (Chemotactic Factor), BHRS (Basophil Histamin Releasing Substance), Gerinnungsfaktoren (Fibrinogen, Thrombospondin, von-Willebrand-Faktor); Mastzellen Histamin, Serotonin, lysosomale Proteasen, Lipasen, Glykosidasen, kationische Proteine (Major basic Protein), Zytokine, Wachstumsfaktoren (VEGF);

476

5 Wachstum von Tumoren

Erhöhte Durchlässigkeit der Blutkapillaren durch freigesetzte Komplementprodukte

Aktivierungswege für das Komplementsystem Reaktionsfolge Klassisch

MBL (Mannose bindendes Lectin)-Weg

Alternativ

Bildung der C3-Konvertasen

= C4bC2b

= C4bC2b

= C3bBb

Aktivierung von C3

C4bC2b + C3 = C3b + C3a

C3bBb + C3 = C3b + C3a

C4bC2bC3b

C3bBb3b

Bildung der C5-Konvertasen

Spaltung von C5



C4b2b3b oder C3bBb3b + C5 = C5b + C5a

gemeinsame Endstrecke

C5b + C6 + C7 + C8 + (nxC9)

lytischer Komplex (MembraneAttackComplex; MAC)

= C5b678(9)xn (MAC)



Produkte (Inhibitor)

C3a (Carboxypeptidase)

C5a (Carboxypeptidase)

Aktivierung und Freisetzung von

basophile Granulozyten Histamin, Serotonin, Proteoglykane, Zytokine (IL-4,-5,-6, TNF-α); eosinophile Granulozyten kationische Proteine (Major Basic Protein) Zytokine (IL-1, -3, -5, -6, IFN-α, IFN-β, TNF-α, TNF-β) Wachstumsfaktoren (PAF, TGF-α, TGF-β, GM-CSF); Enzyme (Histaminasen, Arylsulfatasen, Phospholipasen, Proteasen, Lipasen, Glykosidasen);

Monozyten/Makrophagen Komplementfaktoren (C1qrs, C4, C2, C3, C5), Gerinnungsfaktoren (FV,VII,IX,X, Prothrombin), C5b678(9)xn Plasmin-Aktivatoren (uPA), (zellmembZytokine (IL-1, -4, -6, -10, -13, ranständige IFN-α, -β, -γ,) Wachstumsfaktoren Inhibitoren (FGF, VEGF, TGF-α), Enzyme von C8 wie (Kollagenasen, Proteasen, HRF, MIP, Lipasen Glykosidasen) MIRL)

Tab. 5.24: Aktivierung von Endothelzellen durch Produkte des Gerinnungssystems und fibrinolytischen Systems.

Aktivierungswege des Gerinnungssystems Reaktionsfolge

Auslöser

Erhöhte Durchlässigkeit der Blutkapillaren durch freigesetzte Gerinnungsprodukte

Extrinsische Aktivierung

Intrinsische Aktivierung

Produkte (Inhibitor)

Aktivierung und Freisetzung von

Tissue-Faktor (TF) aus geschädigtem Gewebe

Bindegewebssubstanzen, proteolytische Enzyme, ImmunglobulinAggregate oder Immun-Komplexe

TF (LACI, Lipoprotein assoziierter CoagulationInhibitor)

extrinsischer Weg der Blutgerinnung

5.3 Bildung von Metastasen

Aktivierungswege des Gerinnungssystems Reaktionsfolge

Erhöhte Durchlässigkeit der Blutkapillaren durch freigesetzte Gerinnungsprodukte Produkte (Inhibitor)

Aktivierung und Freisetzung von

FXIIa/HagemanFaktor (C1-Inaktivator)

Kallikrein, spaltet Kininogen in Bradykinin (aktiviert Endothelzellen, Thrombozyten; Makrophagen), Plasmin (aktiviert das Komplementsystem, Zymogene; lysiert Basalmembran)

FXa + FVa + Phospholipide + Kalziumionen + FII = FIIa

FIIa/Thrombin (Antithrombin III; Thrombomodulin)

Endothelzellen, Thrombozyten (Aggregation und Freisetzung der Thrombozytenfaktoren)

Thrombin + Fibrinogen = Fibrin

FIIa + FI = FIa

FI/FIa, Fibrinogen/Fibrin (Plasmin)

Thrombozyten (Aggregation und Freisetzung der Thrombozytenfaktoren)

Fibrin

FIa

Aktivierung des Fibrin stabilisierenden Faktors (Transamidase)

FXIII + FIIa + Kalziumionen = FXIIIa

Stabilisierung des Fibrin

FXIIIa + FIa = vernetztes Fibrin

Produkte

Aktivierung von

erste Aktivierungsstufen

gemeinsamer Weg ProThrombokinase + Prothrombin = Thrombin

Extrinsische Aktivierung

477

Intrinsische Aktivierung

Faktor VIII + Tissue factor (TF) = TF/FVIIIa

Factor XII (HagemanFaktor) + Kallikrein, Proteasen = FXIIa

TF/FVIIIa + Kalziumionen + FXI = FXIa

FXIIa + FXI = FXa

TF/FVIIIa + Kalziumionen + FX = FXa

FIXa + FVIIIa + Phospholipide (Plättchenfaktor) + Kalziumionen + FX = FXa

FXIa + FIX = FIXa

Reaktionsweg Fibrinolyse Auslöser: PlasminogenAktivatoren (Urokinase PA (uPA),

Plasminogen + Plasminogen-Aktivatoren (uPA; tPA) = Plasmin

Plasmin, Komplementsystem, PAI-1, -2, PlasmiPro-Enzyme (Zymogene), nogen-AktivatorWachstumsfaktoren Inhibitor;

478

5 Wachstum von Tumoren

Aktivierungswege des Gerinnungssystems Reaktionsfolge

Extrinsische Aktivierung

Produkte (Inhibitor)

Intrinsische Aktivierung

tissue PA (tPA), freigesetzt von aktivierten Zellen Fibrinspaltung durch Protease Plasmin

Erhöhte Durchlässigkeit der Blutkapillaren durch freigesetzte Gerinnungsprodukte Aktivierung und Freisetzung von

TAFI, (Thrombin aktivierbarer Firbrinolyseinhibitor)

Plasmin + vernetztes Fibrin = Fibrinpeptide

Tab. 5.25: Zelladhäsionsmoleküle/Rezeptoren auf Endothelzellen, an welche Tumorzellen mit Liganden binden. ImmunglobulinSuperfamilie Rezeptor

Integrine

Ligand

Rezeptor

ICAM-1 (InterCellular Adhesion Molecule, CD54); ICAM-2 (CD102) ICAM-3 (CD50)

LFA-1

VLA-4 (Very Late Antigen; α4/β1 Integrin, CD49d/ CD29)

VCAM-1 (Vascular Cell Adhesion Molecule, CD106)

VLA-4 (Very Late Antigen 4, CD49d/ CD29)

Ligand

VCAM-1 (CD106)

Selectine Rezeptor

Weitere

Ligand

Rezeptor

Ligand

PECAM-1 (Platelet Endothelial Cell Adhesion Molecule)

PECAM-1 (CD31)

V-Cadherin (Calcium dependent adherin, CD144)

V-Cadherin

GMP-140 (Granule Membrane Protein, P-Selectin, CD62P)

Lewis X

E-Cadherin

E-Cadherin

SialylLewis X (CD15)

H-CAM HermesAntigen (Hyaluronic acid-CellAdhesion Molecule Pgp-1, CD44)

Hyaluronsäure, Glykosaminoglykane

ELAM-1 (Endothelial Leukocyte Adhesion Molecule, CD62E)

479

5.3 Bildung von Metastasen

Tab. 5.26: Prometastatisch und antimetastatisch wirkende Wirkstoffe des angeborenen Immunsystems.

Wirkstoffe

Freisetzung durch aktivierte

Prometastatisch Antimetasta(Aktivierung von tisch (Inhibition Endothelzellen) von)

Mediatoren Histamin

Mastzellen, Basophile Granulozyten

+++

Serotonin

Mastzellen, Basophile Granulozyten

+++

PF (Permeabilitäts-Faktor)

Thrombozyten

+++

CF (Chemotaktischer Faktor)

Thrombozyten

+

BHRS (Basophil Histamin Releasing Substance)

Basophile Granulozyten; Mastzellen

++

Enzyme Proteasen

++

Glykosidasen

Makrophagen Mastzellen, basophile, eosinophile, neutrophile Granulozyten,

Katalase

Thrombozyten

+

Lipasen

++ +

Histaminasen Arylsulfatase

Histamin Leukotriene

eosinophile Granulozyten,

Phospholipase

PAF

Carboxypeptidase

neutrophile Granulozyten,

Anaphyllatoxine (C3a, C4a, C5a)

Enzyminhibitoren

Monozyten/Makrophagen

Proteasen

kationische Proteine MBP (Major Basic Protein)

eosinophile Granulozyten, neutrophile Granulozyten,

ECP, EDN, EPO

++

++ Mammae

IL-1

basophile Granulozyten, Makrophagen

+++

IL-3, -4, -5, -6, -10, -13, -16

eosinophile Granulozyten, Makrophagen

+

GM-CSF

Makrophagen basophile, eosinophile Granulozyten,

++

480

5 Wachstum von Tumoren

Wirkstoffe

Freisetzung durch aktivierte

Interferon-α,β

eosinophile Granulozyten

Interferon-γ

Makrophagen

TNF-α, -β

eosinophile basophile, neutrophile Granulozyten Makrophagen

Prometastatisch Antimetasta(Aktivierung von tisch (Inhibition Endothelzellen) von)

Endothelzellen

++

Chemokine CCL11, CCL24

Mastzellen

CCL3, CCL4

Makrophagen

CCL19, CCL20

Makrophagen Wachstumsfaktoren

PAF

Thrombozyten, Mastzellen, eosinophile Granulozyten

++

VEGF

Mastzellen, Makrophagen

+++

FGF

Makrophagen

+++

PDGF

Thrombozyten, Makrophagen

+++

PF4 (Platelet Faktor 4)

Thrombozyten

TGF-α

eosinophile Granulozyten, Makrophagen

TGF-β

eosinophile Granulozyten, Makrophagen, Mastzellen

VEGF, FGF ++ Endothelzellen

Gerinnungsfaktoren Prothrombin

Makrophagen

Fibrinogen Thrombospondin von Willebrand-Faktor

+++ ++

Thrombozyten Endothelzellen

β-Thromboglobulin

Thrombin + +

Plasminogen-Aktivatoren

Endothelzellen

++

Komplementfaktoren

Makrophagen

+++

Leukotriene

Makrophagen, Mastzellen, basophile, eosinophile Granulozyten

++

Prostaglandine

Makrophagen, Mastzellen, eosinophile Granulozyten

++

5.3 Bildung von Metastasen

Wirkstoffe

Freisetzung durch aktivierte

Thromboxan

Thrombozyten, Makrophagen

481

Prometastatisch Antimetasta(Aktivierung von tisch (Inhibition Endothelzellen) von) Thrombozyten aggregation

Tab. 5.27: Häufung von Metastasen nach inaktivierenden Mutationen von Metastasierungssuppressoren.

Proteine

Funktionen

Nach Mutationen Häufung von Metastasen bei

Regulatoren der Zellteilung und Zelldifferenzierung BRMS1 (Breast Cancer Metastasis Suppressor 1)

bindet an Retinoblastom-bindendes Protein (RBBP) als Teil des SIN3Histon-Deacetylase-ChromatinRemodelierungs-Komplexes; verstärkt Funktion von RB

Karzinomen (Mamma)

CRSP3 (Cofactor, Required for Sp1 transcriptional Activation)

Cofaktor für den Transkriptionsfaktor Sp1

Melanomen

NM23 (Non-Metastatic Protein 23)

Nukleosid-Diphosphatkinase; beteiligt Karzinomen (Mamma, Dickdarm, Niere, an der Regulierung der Aktivität des Lunge, Melanom, Plattenepithel) Transkriptionsfaktors myc

MKK4 (Mitogen-aktivierte Kinase-Kinase4)

Serin-/Threoninkinase, des Ras/Raf/ MAPK/Erk-Signalweges (kann in Konfliktlagen Apoptose induzieren)

Karzinomen (Prostata, Ovar)

VDUP1 (Vitamin D3 Upregulated Protein)

oxidativer Stressmediator; reguliert durch Bindung an das redoxaktive Zentrum Thioredoxin

Melanomen

KISS1 (Metastatin, KISSPeptin)

Ligand eines G-Protein-gekoppelten Rezeptors (GPR54), beteiligt an GnRH/ LH-Freisetzung

Karzinomen (Mamma), Melanom

Regulatoren der Zelladhäsion und der Zellmigration CDH1 (C-Cadherin-1)

kalziumionenabhängiges Adäsionsmolekül

Karzinomen (Magen (hereditäres diffuses Magenkarzinom), Ovar, Mamma, Endometrium)

KAI1 (Kangai-1; CD28)

Transmembran-Protein, bildet Komplexe mit Integrin, hemmt hierdurch Ablösung und Wanderung von Tumorzellen

Karzinomen (Prostata, Mamma, Harnblase, Speiseröhre, Leber, Pankreas), Sarkomen

RHOGD12 (Rho-GDP-Dissoziierungsinhibitor 2)

hemmt die Expression von Neuromedin U, beeinflusst die Bildung Aktin-Zytoskelettes

Karzinomen (Harnblase)

482

5 Wachstum von Tumoren

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5.3 Bildung von Metastasen

483

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6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem 6.1 Hypothese der Immunüberwachung Die Hypothese der Immunüberwachung/immune surveillance (P. Ehrlich, M F Burnet (1957) und L. Thomas (1959)) besagt, • dass in einem Organismus fortlaufend Tumorzellen entstehen, welche vom körpereigenen Immunsystem erkannt und vernichtet werden, • dass Tumorzellen sich dann zu Tumoren entwickeln können, wenn die Tumorabwehr des Immunsystems versagt hat. In einigen experimentellen Tumormodellen der Maus und der Ratte wurde diese Hypothese belegt. Die in den Tierexperimenten gewonnenen Schlussfolgerungen können jedoch nur mit Einschränkungen auf menschliche Tumorerkrankungen übertragen werden und zwar aus folgenden Gründen: • die verwendeten Tumormodelle: – sind vorwiegend durch Transplantation von Tumorzelllinien in syngene Mäuse oder Ratten erzeugte Tumore, – stammen meist von spontan entstandenen Tumoren ab, welche nach zahlreichen Transplantationsserien weitgehend auf genetische Homogenität und genetische Stabilität selektiert worden sind, – weisen eine hohe Proliferationsrate auf, – stellen für das Wirtstier zwar syngene, aber dennoch neue Zellgewebe dar, welche sich durch Differenzierungsantigene geringgradig von den Differenzierungsantigenen des Wirtstieres unterscheiden, was zu Abstoßungsreaktionen führen kann, welche eine Tumorabwehr vortäuschen, menschliche Tumoren dagegen: • – sind durch mannigfaltige Ursachen spontan entstandene Tumoren mit individuellen Charakteristika, – besitzen eine hohe genetische Variabilität, – sind entstanden wegen ihrer Resistenz gegen jegliche Abwehr des Körpers. Dennoch haben die an Versuchstieren erarbeiteten Grundlagen geholfen, den Einfluss des Immunsystems auf die Entstehung und/oder den Verlauf von Tumorerkrankungen des Menschen gezielt zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen, • dass lokale uni- oder multilokuläre Entzündungen, gleich durch welche Ursache bedingt, zur Entstehung und zum Wachstum von Tumoren beitragen können (siehe Kap. 4.6.6) • dass der menschliche Körper gegen seine Tumorzellen eine spezifische und zytotoxische Immunreaktion entwickeln kann (siehe Tab. 6.1), deren Stärke und Wirksamkeit abhängig ist https://doi.org/10.1515/9783110651669-006

486

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem





von der Anwesenheit, Tumorspezifität bzw. Tumorselektivität, Menge, Variabilität und Zugänglichkeit der gebildeten Tumorantigene, – von dem Ausmaß der Aktivierung der angeborenen und erworbenen Immunabwehr und – von dem Grad, mit welchem durch die Tumorzelle anti-inflammatorische und immunsuppressive Mechanismen stimuliert werden und dass Tumorzellen über die Fähigkeit verfügen, sich der Immunabwehr zu entziehen, indem sie – eine Tumor-spezifische Toleranz der Immunabwehr stimulieren und/oder – antiproliferative, zytotoxische Immunreaktionen blockieren ▪ bereits zum Zeitpunkt von deren Entstehung und/oder ▪ durch Lähmung, Neutralisation oder Zerstörung der zytotoxischen Mechanismen.

Nach heutiger Vorstellung kann die Vernichtung der Tumorzellen durch das Immunsystem auf zweierlei Wegen erfolgen (siehe Tab. 6.1) • durch die angeborene Immunabwehr, welche Tumorzellen, soweit sie fremde oder verfremdete Oberflächenstrukturen tragen, erkennen und abtöten kann – ohne Vorlaufzeit, – durch Makrophagen, die in Tumoren gehäuft auftreten können und dort TIMs (Tumor Infiltrierende Makrophagen) oder TAMs (Tumor Assoziierte Makrophagen) genannt werden, welche das Tumorwachstum inhibieren können aber auch stimulieren durch die Expression von ▪ pro-angiogenen Wachstumsfaktoren, ▪ Matrix-Proteasen, ▪ immunsuppressiven Mediatoren (Prostaglandine) und Zytokine (z. B. IL-10), – durch Natürliche Killerzellen und/oder Granulozyten, – durch den lytischen Komplex (C5b678 (nxC9)) des Komplementsystems, – unterstützt durch Mediatoren, freigesetzt besonders ▪ von aktivierten Mastzellen und Thrombozyten und ▪ durch Aktivierung des Gerinnungssystems, der Fibrinolyse und des Kininsystems • durch die erworbene Immunabwehr, welche gegen Tumorantigene auf Tumorzellen zytotoxische T-Lymphozyten und Antikörper entwickeln kann, wobei diese Entwicklung in drei Phasen abläuft: – primär erfolgt in einem afferenten Reaktionsweg eine Sensibilisierung der Immunabwehr durch Tumorantigene, – sekundär werden in den efferenten Reaktionswegen von der sensibiliserten Immunabwehr die unterschiedlichen Tumor-antigenspezifischen Zytotoxizitäts-Reaktionen ausgelöst, welche vonstatten gehen können ▪ zellulär durch Tumorantigen-spezifische zytotoxische T-Lymphozyten (CTL/ Cytotoxic T-Lymphocytes) und/oder ▪ humoral durch Tumorantigen-spezifische Antikörper,

6.1 Hypothese der Immunüberwachung

487

wobei diejenigen Lymphozyten, soweit sie in Tumoren auftreten, als TIL (Tumor-Infiltrierende Lymphozyten) bezeichnet werden; tertiär können Boosterreaktionen der unterschiedlichen Zytotoxizitätsreaktionen gegen das Tumorantigen erfolgen durch ▪ Aktivierung von Gedächtniszellen in der sensibilisierten Immunabwehr und durch ▪ zusätzlich weitere Sensibilisierungen. ▪



Diese überwachende Rolle des Immunsystems für menschliche Tumoren wird deutlich an Hand folgender klinischer Befunde: • Tumoren können von Organtransplantaten ausgesät werden (Transplantat-Tumoren), • Immunsuppressiva erhöhen bei langfristiger Verabreichung – das Risiko um den Faktor 30–100 für die Entstehung von Tumorerkrankungen und zwar besonders für ▪ Lymphome (sogenannte Posttransplantationstumore, meist durch das Epstein-Barr-Virus induziert), ▪ anogenitale Karzinome (Penis, Vulva, Zervix), ▪ Nierenzellkarzinome, ▪ Karzinome der Haut (Plattenepithel, Basaliome), Kaposi-Sarkome, Melanome, – die Gefahr, dass bestehende maligne Tumoren unterschiedlichsten Typs ein besonders aggressives Verhalten entwickeln; • bei Tumorpatienten können Abwehrreaktionen des Immunsystems gegen die eigenen Tumorzellen nachgewiesen werden und zwar durch: – entzündliche Hautreaktionen (DTH/Delayed Type Hypersensitivity Reaction) nach intradermaler Injektion der eigenen Tumorzellen oder davon hergestellter Zubereitungen von Tumorantigenen in die Haut des Patienten, – den Nachweis von tumorinfiltrierenden Makrophagen (TIM) und tumorinfiltrierenden Lymphozyten (TIL), – den Nachweis von tumorspezifischen Antikörpern und tumorspezifischen zytotoxischen Lymphozyten im Blut und im Tumor von Tumorpatienten, – die Identifizierung von Tumorantigenen (shared specific Tumorantigens) mit Hilfe der Antigenbindetaschen ▪ der körpereigenen tumorspezifischen Antikörper und ▪ der T-Zell-Rezeptoren (TCR/T-Cell-Receptors) der zytotoxischen T-Lymphozyten (CTL), ▪ im Besonderen durch Sequenzanalyse der die Bindetaschen prägenden CDRs/ Complementarity Determining Regions, • die erfolgreiche Therapie von Neoplasien wie beispielsweise die Verabreichung – von tumorspezifischen (monoklonalen) Antikörpern zur Verhinderung der Metastasierung von soliden Tumoren (siehe Kap. 7.6.1), – von autologen CAR-T-Lymphozyten/Chimärer Antigen-Rezeptor-T-Lymphozyten (in welche gentechnisch ein Rezeptor transfiziert wurde, welcher spezifisch ist für das B-Lymphozyten-Rezeptor-assoziierte CD19) zur Therapie von B-LymphozytenLeukämien und Lymphomen,

488

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem



immunstimulierenden Substanzen, wie beispielsweise: die Installation von bovinen Mykobakterien (BCG, Bovine Calmette Guerin) in die Harnblase zur Verminderung des Risikos eines Rezidivs beim Harnblasenkarzinom (siehe Kap. 7.6.2), ▪ die Gabe von Interferon-α (IFN-αa, IFN-αb) bei Leukämien (Haarzell-Leukämie, CML Chronisch Myeloische Leukämie, T-Zell-Lymphomen), Kaposi-Sarkomen, Nierenzell-Karzinomen, Papilloma-induzierten Genitalwarzen, Melanomen, ▪ die Gabe von Interferon β beim Nasopharynxkarzinom, ▪ die Gabe von Tumor-Nekrosis-Faktor (TNF-α1) bei Sarkomen, ▪ die Gabe von Interleukin (IL-2) beim Nierenkarzinom; die erfolgreiche Prophylaxe einiger virusinduzierter Tumoren durch Impfungen mit den entsprechenden Virusantigenen (siehe Kap. 7.6), z. B. – die Hepatitis-B-Virus (HBV)-Vakzine zur Prophylaxe des HBV-assoziierten Leberkarzinoms, – die humane Papillomvirus (HPV-6, -11, -16, -18)-Vakzine zur Prophylaxe des HPVassoziierten Zervixkarzinoms. ▪



Tab. 6.1: Grundzüge der Zusammenarbeit zwischen angeborener und erworbener Immunabwehr bei der Tumorabwehr. Tumorantigene (Tumorspezifität und Selektivität, Menge, Variabilität, Zugänglichkeit)





Aktivierung: angeborene Immunabwehr

Komplement (Anaphylatoxine, Opsonine lytischer Komplex)

▴▾

Mastzellen



Granulozyten (basophil, eosinophil, neutrophil)

▸ ◂

Zytokine (proinflammatorisch) + WachstumsFaktoren



Aktivierung: erworbene Immunabwehr

zytotoxische T-Lymphozyten CTL



Granzyme, Perforine, Granulolysine Cathepsine, FasL, IFNγ, TNF-α, β



proinflammatorische Zytokine



Immunantwort



Zytolyse



Mastzellen, M1-Makrophagen, Granulozyten NK-Zellen

▴ T-HelferLymphozyten TH1, TH17, TH22 (proinflammatorische Zytokine)

╦╧

489

6.1 Hypothese der Immunüberwachung

T-HelferLymphozyten TH2, TH9 (antiinflammatorische Zytokine)

Kinine

▴▾ Makrophagen (M1, M2)

Fibrinolyse



NK-Zellen (zytotoxisch tolerogen, regulativ)

▸ ◂

▾▴ Epithelzellen

NK-tolerog. M2-Makrophagen

Antikörper (Synthese) Zytokine (stimulierend) + WachstumsFaktoren



B-Lymphozyten Proliferation, somatische Hypermutation, Selektion hochaffiner Antikörper, Wechsel des Isotyps

Fibroblasten

ADCC, ADCMC, ImmunKomplexe

IgM IgG3,1,2

Mastzellen

IgE



▸ IgA1,2, sIgA

Neutralisation Viren, Bakterien, Parasiten, Toxine

Proinflam. Zytokine

CTL

╦ NKTH1, NKTH17

Endothelzellen Thrombozyten



▾ Zytokine (antiinflammatorisch)

ILC1, 2, 3 (TH1-, TH2-Treg -ähnlich)

Gerinnung



antiinflammatorische Zytokine

Treg, NKTreg, Breg

NKTLymphozyten

NKTH2





antiinflam. Zytokine



NKTreg

BLymphozyten BLymphozyten CTL

Stimulation zelluläre Immunantwort

Stimulation Antikörperantwort

anti-inflammatorische Wirkung

kursiv: erworbene Immunabwehr

▸, ▴, ◂, ▾ = Aktivierung, Expression, Bildung von; ╦, ╧, ╣ = Hemmung ADCC = Antibody Dependent Cellular Cytotoxicity; ADCMC = Antibody Dependent Complement Mediated Cytotoxicity; Breg = regulative B-Lymphozyten; CTL = Cytotoxic T-Cells; DAMPs = Damage Associated Molecular Patterns; FasL = Fas-Ligand; ILC = Innate Lymphoid Cell; IFN = Interferon; NK-Zellen = Natürliche Killerzellen; NKT = Natürliche Killer T-Lymphozyten; NKTH = Natürliche Killer T-Helfer- Lymphozyten; NKTreg = regulative NKT-Lymphozyten; PAMPs = Pathogen-Associated Molecular Patterns; TNF = Tumor-Nekrose-Faktor; Treg = regulative T-Lymphozyten

490

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

6.2 Tumorantigene 6.2.1 Art, Ursprung und Vorkommen Voraussetzung für eine immunologische Tumorimmunabwehr sind biochemische Strukturen auf der Oberfläche von Tumorzellen, welche von dem Immunsystem erkannt werden können. Diese können unterschieden werden in • DAMPs (Detritus Assoziierte Molekulare Produkte/Damage-Associated Molecular Patterns), d. h. Schäden an bzw. Veränderungen von Normalproteinen, welche als fremdartig erkannt werden – besonders von den Zellen der angeborenen Immunabwehr, – durch deren mannigfaltige Rezeptoren für pathogene Strukturmuster (PRR/ Pattern Recognition Receptors, siehe Kap. 4.6.6.1 und 6.3.2), die als aktivierende Strukturen dienen für die Aktivierung, Phagozytose und Zytotoxizität, • Tumorantigene, welche von Zellen der erworbenen Immunabwehr – in der afferenten Reaktion erkannt und verarbeitet werden und – in der efferenten Reaktion als Ziel erneut erkannt und benutzt werden zur Vernichtung der Tumorantigen-tragenden Zelle, wobei diese Tumorantigene darstellen können (siehe unten) ▪ körpereigene normale oder verfremdete Substanzen (DAMPs) oder ▪ körperfremde Substanzen (PAMPs/Pathogen Assoziierte Molekulare Produkte) wie z. B. Produkte von Tumorviren. Die Identifizierung von Tumorantigenen erfolgt beim Menschen durch immunologische und molekularbiologische Untersuchungen an Blutseren, Blutzellen und Tumorzellen von Tumorpatienten (siehe Tab. 6.2). Tumorantigene werden nach ihrem Vorkommen unterteilt in: • tumorspezifische Antigene (TSA/Tumor Specific Antigen), welche (siehe Tab. 6.3) – nicht bei Normalzellen zu finden sind, dagegen – nur von Tumorzellen gebildet werden, ▪ entweder individualspezifisch bei einem Tumor nur eines Tumorpatienten, ▪ oder gruppenspezifisch bei einer Gruppe von Tumoren mit gleichen histologischen, biochemischen oder molekularbiologischen Merkmalen; • tumorassoziierte Antigene (TAA/Tumor Associated Antigen), welche (siehe Tab. 6.4) – nicht nur vom Tumor, sondern auch von Normalzellen gebildet werden, aber dennoch für die Therapie oder Diagnostik von Tumoren von Interesse sind, falls sie – eine Tumorselektivität aufweisen können, das heißt, wenn die TAA ▪ vermehrt exprimiert werden von Tumorzellen im Vergleich zu Normalzellen, ▪ atypisch exprimiert werden im Vergleich zur Normalzelle, von welcher der Tumor abstammt, ▪ ektopisch (außerhalb des Expressionsortes der Normalzelle) exprimiert werden;

6.2 Tumorantigene



491

eine funktionelle Tumorspezifität aufweisen können, das heißt, wenn die TAA auf Tumorzellen für die Immunabwehr besser zugänglich sind als auf den Normalzellen, ▪ von Normalzellen nur in immungeschützten Geweben wie Hoden, Auge, ZNS, Knorpel (sogenannte sequestrierte Antigene) von Normalzellen gebildet werden, sodass die TAA auf den Normalzellen in diesen Geweben für die Immunabwehr nicht zugänglich sind bzw. von diesem toleriert werden (z. B. die sTSA/shared Tumor-Specific Antigens), ▪ vom zugehörigen Tumor auf Grund seines infiltrativen Wachstums in das Blut gelangen (z. B. Milchproteine beim Mammakarzinom, Enzyme oder Hormone beim Pankreaskarzinom, PSA/Prostata Spezifisches Antigen beim Prostatakarzinom), während sie von normalen Epithelien nach außen an die Körperfläche oder in das Lumen eines Ausführungsganges exkretiert werden (z. B. in den Magen-Darm-Kanal, in die Harnwege, in den Bronchialkanal, in den Geburtskanal, in Drüsenausführungsgänge). ▪

Je nach Funktion, Ursprung und/oder Entstehungsprozess werden Tumorantigene unterteilt in: • Onkogen-Produkte; diese umfassen: – mit Funktionsgewinn mutierte Proto-Onkogene (die eigentlichen Onkogene, siehe Kap. 4.3), welche kodieren – zellmembranständige Tumorantigene (siehe Tab. 6.5), wie z. B. ▪ Rezeptoren für Wachstumsfaktoren (siehe Kap. 3.1) – zellinterne Tumorantigene (siehe Tab. 6.6), wie z. B. ▪ Regulatoren der zellulären Signal-Übertragung (siehe Kap. 3.3), ▪ Regulatoren der Genexpression und der Zellteilung (siehe Kap. 3.4), ▪ anti-apoptotisch wirkende Proteine (siehe Kap. 5); – mit Funktionsverlust mutierte Tumorsuppressorgene (inaktive Tumorsuppressoren, siehe Kap. 4.3), welche kodieren ▪ zellmembranständige inhibitorisch aktive Rezeptoren (siehe Tab. 6.5), ▪ zellinterne Inhibitoren der zellulären Signal-Übertragung, der Genexpression, der Zellteilung und/oder der Apoptose (siehe Tab. 6.6), • Peptide ohne eine bislang bekannte wesentliche Beteiligung an der Tumorgenese (siehe Tab. 6.7, 6.8), welche zumeist – durch die körpereigene Immunreaktion (Antikörper und zytotoxischen Zellen gerichtet gegen den eigenen Tumor) identifiziert wurden und – tumorassoziierte Antigene mit funktionaler Spezifität (sTSA/shared Tumor-Specific Antigens) darstellen, ▪ wobei deren Expression in Normalzellen vorwiegend auf den Hoden beschränkt ist; • Glykoproteine oder Glykolipide mit neuem Glykosylierungsmuster (siehe Tab. 6.8) – entstanden durch Modifikationen der postranslationalen Glykosylierung ▪ welche neue antigene Determinanten (Epitope) auf der Tumorzellmembran oder in der Tumorzelle entstehen lassen, bedingt

492

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

durch Unterschiede in der Größe und Struktur der Kohlenhydratketten, durch veränderte Dichte der Kohlenhydratstrukturen, ▪ durch veränderten intrazellulären Transport von Glykoproteinen und Glykolipiden, – entstanden durch Blockade der Glykosylierung, ▪ mit intrazellulärer Anreicherung von unvollständig glykosylierten Lipiden oder Proteinen; embryonale Proteine (siehe Tab. 6.9), – welche normalerweise hauptsächlich während der Ontogenese in embryonalen Organen gebildet werden, – die durch den Redifferenzierungsprozess im Rahmen der Kanzerogenese jedoch auch von Tumorzellen verstärkt exprimiert werden können, – welche meist löslich sind, in das Blut sezerniert werden und zum Teil für die Tumordiagnostik im Blutserum geeignet sind; schwangerschaftsassoziierte Antigene (siehe Tab. 6.9), – welche normalerweise von der Plazenta gebildet werden, – die von Tumoren im Rahmen der Dedifferenzierung bei der Karzinogenese exprimiert werden und – die meist löslich sind, in das Blut sezerniert werden und dort daher nachweisbar sind; weitere Differenzierungsantigene, – welche von den Zellen des Tumors atypisch (das heißt nicht von den entsprechenden normalen Ursprungszellen) exprimiert werden, – welche von den Zellen des Tumors ektopisch (das heißt an einem anderen Ort als von der entsprechenden Normalzelle) produziert werden (z. B. Enzyme und Hormone), – die im Rahmen der genetischen Variabilität in einer Zelle entstanden und bei klonaler Entwicklung dieser Zelle zu einem Tumor für diesen individuellen Tumor charakteristisch sind, z. B.: ▪ die durch somatische Hypermutation entstandenen hypervariablen Regionen eines Antikörpers (CDR/Complementarity Determining Region) im BZell-Rezeptor eines B-Zell-Lymphoms, ▪ die durch somatische Rekombination entstandenen hypervariablen Regionen im T-Zell-Rezeptor eines T-Zell-Lymphoms, Proteine onkogener DNA oder RNA-Viren (siehe Kap. 4.6.6 und Tab. 6.10). ▪ ▪









Die Eigenschaften eines Tumorantigens bestimmen, • ob Begleiterkrankungen zusätzlich zum eigentlichen Tumorleiden auftreten, die durch das Tumorantigen verursacht werden, beispielsweise: – endokrinologische Erkrankungen, falls die Tumorantigene Hormone darstellen (siehe Tab. 6.11), – das Hyperviskositäts-Syndrom bei einer vermehrten Bildung von Paraproteinen (im Besonderen Immunglobulin IgM) bei Plasmazytomen, – Thrombosen oder Blutungen, falls das Tumorantigen gerinnungsphysiologisch wirksam ist;

6.2 Tumorantigene







493

die Verwendung des Tumorantigens für die Tumorimmuntherapie und Tumorimmunprophylaxe – als Zielstruktur für monoklonale Antikörper (siehe Kap. 7.6.1), – als Antigen für Tumorvakzinen (z. B. HBV-Vakzinen, HPV-Vakzinen, siehe Kap. 7.6.1), die Verwendung des Tumorantigens für die Immundiagnostik von Tumoren (siehe Kap. 6.6), im Besonderen – für den verbesserten Erstnachweis (früherer Zeitpunkt, einfacheres Verfahren, höhere Genauigkeit) eines Tumors, – für die Verlaufskontrolle des Tumorwachstums (Volumenzunahme, Früherkennung von Rezidiven und Metastasen), – für die Einstufung einer Tumor- und Leukämieerkrankung, für Auswahl von Tumoren für tumorspezifische Therapieverfahren (siehe Kap. 7.5 und 7.6).

Tab. 6.2: Methoden zum Nachweis von Tumorantigenen beim Menschen. Technische Schritte bei unbekanntem Tumorantigen

Blutentnahme beim Patienten; Isolierung von Blutserum und Blutlymphozyten/ zytotoxischen T-Lymphozyten

Isolierung von Tumorzellen; Immunisierung von Isolierung von Mäusen mit TumorTumorantizellen; Isolierung genen (TSA der Maus-Milzzellen; oder TAA)

Herstellung von Hybridzellen (HybridomaTechnologie)

Auswertung Nachweis von Antikörpern im Blutserum gegen Tumorantigene auf den eigenen Tumorzellen

Nachweis von zytotoxischen TLymphozyten gegen eigene Tumorzellen; (Kontrolle: Inhibition der Zytotoxizität durch Tumorantigen)

Prüfung der von den Hybridomaklonen gebildeten Antikörper auf spezifische Bindung an eigene Tumorzellen/ Tumorantigen; Vermehrung derjenigen HybridomaKlone, die Antikörper spezifisch für die Tumorzelle/Tumorantigen bilden

Verwendung von Antikörperbibliotheken (Gene für Peptide der Antigen-Bindestellen der Antikörper, z. B. exprimiert mit Hilfe der Phagentechnik)

Prüfung der Antikörperbibliothek auf spezifische Bindung an eigene Tumorzellen/ Tumorantigen; Isolierung der DNA der bindenden Peptide, ggf. Optimierung der Peptidbindung durch chemische Mutation der kodierenden DNA, Expression in Phagen und erneute Prüfung.

Isolierung von Tumorzellen; Isolierung von Transfektion der Isolierung der Blutserum, cDNA-Fragmente in DNA aus den Isolierung von Testzellen; PräsenTumorzellen; zytotoxischen tation der Peptide, Herstellung T-Lymphozyten; kodiert von cDNAeiner cDNAAuswahl von TumorFragmenten, auf Biliothek aus zellen/Testzellen mit MHC-I der Testzellen der DNA der MHC-I des Patienten Tumorzelle

Nachweis von zytotoxischen T-Lymphozyten gegen eigene Tumorzellen/ gegen Testzelle. Identifizierung des Peptids, welches von zytotoxischen T-Lymphozyten auf der eigenen Tumorzelle, auf der Testzelle erkannt wird. Isolierung/Herstellung der cDNA für dieses Peptid; Expression der cDNA in geeigneten Expressionssystemen; Isolierung des Peptids (Tumorantigen)

494

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Technische Schritte bei bekannter Gruppenzugehörigkeit des Tumorantigens (z. B. virales Antigen, Onkogen, Suppressorgen, Rezeptor für Wachstumsfaktor)

Auswertung

Synthese von überlapIsolierung von penden Blutserum, PeptidBeladung von MHC-I Isolierung von strängen auf den Tumorzellen zytotoxischen (8–10 Aminooder Testzellen mit T-Lymphozyten säuren lang) synthetisierten Auswahl von Tumorder AminoPeptiden zellen/Testzellen mit säuresequenz MHC-I des Patienten des Tumorantigens

Nachweis von zytotoxischen TLymphozyten gegen Nachweis von peptidbeladene Antikörpern im Tumorzellen oder Blutserum gegen Testzellen; Peptide; Isolierung der am Isolierung der am besten zytotoxische besten bindenden Reaktionen Peptide; Herstellung auslösenden der cDNA für die Peptide; Herstellung Peptide; Expression der cDNA für die der cDNA in geeigPeptide; neten ExpressionsExpression der cDNA systemen in geeigneten Expressionssystemen

Tab. 6.3: Zuordnung der tumorspezifischen Antigene (TSA/Tumor Specific Antigens). Spezifisches Vorkommen Ursprung

Beispiele Individuum

Tumorgruppe

+

+++

somatische Mutationen Mutationen mit Funktionsgewinn

Onkogene

Mutationen mit Funktionsverlust

Tumorsuppressorgene (inaktives Protein)

WachstumsfaktorRezeptoren; Proteine der Signal-Übertragung, Kontrollproteine des Zellzyklus, Kontrollproteine der Apoptose

posttranslationale Modifikationen

Veränderung des Glykosylierungsmusters

Vergrößerung der Seitenketten

GlcNac-MannosylStruktur gebunden an Asparagin

+++

+

Veränderung der Dichte

O-Glykoside bei Mucinen

+++

+

Kohlenhydratstrukturen durch Syntheseblock

neue Epitope auf Glykolipiden

+++

+

somatische Hypermutation Hypermutation von variablen Aminosäuresequenzen in variablen Domänen

zellspezifisches Muster der Antigen-Binderegion (CDR, Complementarity determining Regions) von Antikörpern

Antikörper/B-ZellRezeptor auf B-ZellLymphomen

onkogene Viren

+++

495

6.2 Tumorantigene

Spezifisches Vorkommen Ursprung

Beispiele Individuum

virale Gene

virale Proteine (meist transformierend)

Polyomaviren, Papillomviren, Epstein-Barr-Virus, Hepatitisviren (HBV, HCV), T-lymphotrope Viren (siehe Kap. 4.6.6)

Tumorgruppe

+++

Tab. 6.4: Zuordnung der Tumorassoziierten Antigene (TAA/Tumor Associated Antigens). Tumorspezifität Entstanden durch

Beispiele Funktional

Selektiv

+

++

+

++

+

++

somatische Mutationen Mutationen mit Funktionsgewinn

Onkogene

Mutationen mit Funktionsverlust

Tumorsuppressorgene (inaktives Protein)

WachstumsfaktorRezeptoren; Proteine der Signal-Übertragung, Kontrollproteine des Zellzyklus, Kontrollproteine der Apoptose

posttranslationale Modifikationen

Blockade der Glykosylierung

unvollständige Kohlenhydratstrukturen, hierdurch Blockade des intrazellulären Transportes

Redifferenzierung der Tumorzelle

Expression fetaler Proteine

Anreicherung von unvollständig glykolosylierten Glykolipiden im Zytoplasma

Expression embryonaler Antigene CEA, Alpha-Fetoprotein

Expression weiterer Differenzierungsantigene atypische Expression ektopische Expression

verstärkte Expression

epigenetische Regulation der Expression

Schwangerschaftsproteine

+

++

Verlust der Expressionskontrolle

Hormone, Enzyme

+

++

Genduplikationen; epigenetische Regulation der Expression

++

Expression durch Gewebeschranken hindurch

infiltratives Tumorwachstum

vom Epithel in das Gewebe oder Blut sekretierte TAA (welche normalerweise an die Körperoberfläche oder in Ausführungshänge exkretiert werden)

Milchproteine beim Mammakarzinom, Enzyme oder Hormone beim Pankreaskarzinom, Prostata spezifisches Antigen beim Prostatakarzinom

++

496

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Tab. 6.5: Beispiele für Onkogene und inaktivierte Tumorsuppressoren, kodierend für zellmembranständige Tumorantigene. Funktionssteigernde Mutationen zum Onkogen Proto-Onkogen (Chromosom) CSF1-R Colony Stimulating Factor-1Receptor (Chr 5)

Gen/Segmentmutation

Tumore Amplifikation

FMS (McDonough Feline Sarcoma Viral Oncogene Homolog)

Leukämien (AML), Histiozytose

FGF-R 1 Fibroblast Growth Factor-Receptor (Chr 8) FGF-Rezeptor 2 (Chr 10)

Translokation

t (8; 22) (BCR-FGFR1)

Karzinome (Magen; Endometrium)

S267P

t (4; 14) (FGFR3-MMSET) FGF-Rezeptor 3 (Chr 4)

m-EGFR (ErbB; Erythroblastic Leukemia Viral Oncogene Homolog)

Myelom Karzinome (Lunge (NSCLC), Harnblase)

m-FGFR3

EGF-R Epithelial Cell Growth Factor Receptor (Chr 7)

Leukämien (AML, CML)

ErbB (HER-1)

Glioblastom, Karzinome (Plattenepithel, Harnblase)

HER2 Heregulin-Rezeptor-2 (Chr 7)

HER2/ c-ErbB2

Karzinome (Mamma, Magen, Ovar, Harnblase)

HER3 Heregulin-Rezeptor 3 (Chr 12)

HER3/ c-ErbB3

Karzinome (Harnblase) Sarkome

HER4 Heregulin-Rezeptor 4 (Chr 2)

HER4/ c-ErbB4

Karzinome (Harnblase)

NTRK-1/ TRKA Neurotrophic Tyrosin Kinase Receptor (Chr 1)

TPM3 (Tropomyosin) -NTRK1Fusionsprotein (t1;1)

Karzinome (Schilddrüse; Kolon)

NTRK-3/ TRKC (Chr 15)

t-TRKC

Neuroblastom

6.2 Tumorantigene

497

Funktionssteigernde Mutationen zum Onkogen Proto-Onkogen (Chromosom) VEGF-R2 Vascular Endothelial Cell Growth Factor Rezeptor 2 (Chr 4) VEGF-R3 (Chr 5)

Gen/Segmentmutation

Tumore Amplifikation

Translokation

m-VEGFR2

Hämangiome

m-VEGFR3

Hämangiome

HGF-R/ MET

Karzinome (Lunge,

c-MET

Niere)

Hepatocyte Growth Factor Receptor (Chr 7)

Karzinome (Niere,

m-MET

SCF-R/KIT

m-KIT (V-Kit Hardy

Stem Cell Factor

Zuckerman 4 Feline

Receptor

Sarcoma Virus

(Chr 4)

Oncogene Homologe)

kindliche Leber) Mastzellleukämie; Karzinome (Magen, Darm)

FLT3-ITD Fms Related

Stem-Cell-Tyrosin-

akute myeloische

Tyrosin-Kinase

Phosphokinase

Leukämie

(Chr 13) RET

multiple endokrine

Rearranged during Transfection

Neoplasie; Karzinome

t-RET

(Schilddrüse),

Proto-Oncogene

Phäochromozytome

(Chr 10) PDGFRB

t(5;12)

Platelet Derived

PDGFRB-Etv1

Growth Factor

(Transkriptions-

Receptor B

faktor)

(Chr 5) Tumorsuppressoren TGF-βR2 Transforming Growth Factor Receptor (Chr 3)

funktionshemmende Mutationen

myeloische und lymphatische Leukämien

Tumore

Corezeptor für TGF-β

Karzinome

R1

(Ösophagus, Kolon,

(Heterodimer)

Rektum)

Protein-TyrosinPTPRK

Phosphatase,

(Chr 6)

Rezeptortyp Kappa

Melanome

498

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Tab. 6.6: Beispiele für Onkogene und inaktivierte Tumorsuppressoren, kodierend für zellinterne (endogene) Tumorantigene (nachgewiesen/charakterisiert mit Hilfe körpereigener zytotoxischer T-Lymphozyten). Gen für (Chromosom)

Funktion des Proteins

Aktiviertes Onkogen (Translokation)

Inaktivierter Tumorsuppressor

Tumor

Zytoskelett-Proteine/ECM Alpha-Actinin 4 (Chr19)

Protein des Zytoskeletts der Spektrinfamilie

+

Karzinome (Lunge, Ovar)

Beta-Catenin (Chr 3)

Cadherin-assoziiertes Protein, verankert das Aktinzytoskelett

+

Melanom, Karzinome (Kolon)

FN1 (Chr 2)

Fibro-Nectin

+

Melanom

PTPRK (Chr 6)

Protein-TyrosinPhosphatase Rezeptortyp Kappa (assoziiert mit BetaCatenin)

+

Melanom

zelluläre Signal-Übertragung

BCR-ABL (Chr 9;22)

breakpoint cluster region protein/ Abelson murine leukemia viral oncogene homolog (Serin-ThreoninProteinkinase, aktiviert GTPase für p21rac)

B-Raf (Chr 7)

B-Raf-Serin-ThreoninProteinkinase, reguliert den MAPKinase/ERK-SignalÜbertragungsweg

K-Ras (Chr 12)

Kirsten-Rat sarcoma viral oncogene homolog, GDP/GTPbindendes Protein

N-Ras (Chr 1)

Neuroblastoma-Rat sarcoma viral oncogene homolog, GDP/GTP-bindendes Protein

+ t(9;22)

Leukämien (AML, akute myeloische Leukämie)

+

Melanom, Karzinome (Schilddrüse, Lunge (NSCLC,SCLC), Kolon, Rektum, Ovar, Mamma)

+

Karzinome (Magen, Kolon, Pankreas, Lunge, Mamma, Schilddrüse) Leukämien (AML)

+

Myelom, Plasmazytom, Karzinome (Kolon, Rektum, Schilddrüse)

Proteinsynthese-Stoffwechsel

6.2 Tumorantigene

Gen für (Chromosom)

Funktion des Proteins

Aktiviertes Onkogen (Translokation)

Inaktivierter Tumorsuppressor

499

Tumor

EFTUD1 (Chr 17)

Elongation Factor Tu GTP-binding Domaincontaining protein

+

Melanome

Elongationsfaktor 2 (Chr19)

Polypeptidyl-tRNATranslokase (ribosomale Proteinsynthese)

+

Karzinome (Lunge, NSCLC)

COA-1 (Chr 4)

Palmitoyl-CoenzymA-Synthase

+

Karzinome (Kolon, Rektum)

MART2 (Chr 1)

Melanoma Antigen Recognized by T cells, (GTP-bindende Acetyltransferase)

ME1 (Chr 6)

Malic enzyme, (NADP-abhängige Malat-Dehydrogenase)

+

Karzinome (Lunge (NSCLC))

OS-1 (Chr 12)

beteiligt am intrazellulärem Abbau von Proteinen

+ Amplifikation

Osteosarkom, Melanom

PRDX5 (Chr 11)

Peroxi-Redoxin (Thioredoxin reductase, peroxisomales antioxidierendes Enzym)

+

Melanome

+

Melanom, Teratokarzinom

Apoptose Caspase 5 (Chr 11)

Apoptoseinduzierende Cysteinpeptidase

+

Magen-Darm,

Caspase 8 (Chr 2)

Apoptoseinduzierende Cysteinpeptidase

+

Neuroblastom, Karzinome (Leber)

Genexpression Dek-Can (Chr 6; 9)

Nukleoporin (Can)+ DNA-Bindeprotein (DEK)

+ t(6;9)

Leukämie (AML,CML, myeloische Leukämie)

ETV6-AML1 (Chr 12; 21)

Transkriptionsfaktoren (ETV6; AML1)

+ t(12;21)

lymphatische Leukämien

P53 (Chr 17)

Transkriptionsfaktor; hemmt den Zellzyklus, induziert Apoptose

+

Leber, Kolon, Lunge, Mamma, Kopf und Hals, Harnblase, ZNS, Haut, Leukämie, Sarkome

500

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Gen für (Chromosom)

Funktion des Proteins

Aktiviertes Onkogen (Translokation)

Inaktivierter Tumorsuppressor

Tumor

PML-RARalpha (Chr 5;17)

Posttranslationale Modifikation von Proteinen (PML) + Retinolsäure-Rezeptor

+ t(15;17)

PromyelozytenLeukämie

Sirt2/Sirtuin2 (Chr 19)

Silent information regulator (Sir2)-like family Histon-Deacetylase

+

Melanome

SNRPD1 (Chr 18)

Small Nuclear Ribonucleo-Protein D1 Polypeptid

+

Melanome

TranskriptionsAktivator (SYT) + Corepressor (SSX1)

+ t(X;18)

Sarkome

SYT-SSX1 (Chr 18; X)

Zellzykluskontrolle

ARTC1 (Chr 3)

HMG box transcription factor BBX, (promoviert den Zellzyklus von G1 nach S)

+

Melanome

Cdc27 (Chr 17)

Cell division cycle 27, (beteiligt an den Mitose /Anaphase des Zellzyklus)

+

Melanom

Cdk4 (Chr 12)

Cyclin dependent kinase/Cyclinabhängige Proteinkinase, (beteiligt an der Progression des Zellzyklus durch die G1-Phase)

+

Melanom

CDKN2A (Chr 9)

Cdk4-Inhibitor p16/ INK4

RBAF600 (Chr 1)

Retino-BlastomaAssociated Factor 600-like protein (E3 Ubiquitin-Protein Ligase)

+

+

Melanom, Karzinome (Ösophagus, Magen, Pankreas, Harnblase)

Melanom

6.2 Tumorantigene

501

Tab. 6.7: Beispiele für funktionsspezifische tumorassoziierte Antigene (shared Tumor specific Antigens), (nachgewiesen/charakterisiert mit Hilfe zytotoxischer T-Lymphozyten). Tumorantigen (Chromosom)

Funktion

Vorkommen Normalgewebe

Vorkommen Tumoren

BAGE-1 B-Melanoma Antigen (Chr 21)

unbekannt

Hoden

Melanome, Karzinome (Harnblase, Mamma, Kopf und Hals, Lunge (NSCLC))

CTAG-1 Cancer Testis Antigen (Chr X)

unbekannt

Hoden

Karzinome (Ösophagus, Kolon)

GAGE-1 bis 8 G-Antigen (Chr X)

unbekannt

Hoden

Sarkome, Melanome, Karzinome (Lunge (NSCLC), Kopf und Hals, Harnblase)

GnTV (Chr 2)

Alpha-mannoside beta-1,6-Nacetylglucosaminyltransferase

Hoden

Melanome, Sarkome, Karzinome (Leber, Harnblase)

KK-LC-1, Kita Kyushu-Lung Cancer Antigen (Chr X)

unbekannt

Hoden

Karzinome (Lunge)

KM-HN-1 (Chr 4)

Kernprotein, exprimiert während der Mitose

Hoden

Karzinome (Ösophagus, weitere)

LAGE-1, L Antigen-1 (Chr X)

Membranprotein

Hoden, Uterus, Plazenta

Melanome; Karzinome (Lunge (NSCLC), Prostata, Harnblase, Kopf und Hals)

unbekannt, möglicherweise assoziiert mit der embryonalen Entwicklung

Hoden

Melanome, Karzinome (Magen, Leber)

MART-1, -2 (Melanoma Antigen Recognized by T-Cells) (Chr 9; 1)

beteiligt an der Regulierung der Melanin-Synthese

Melanozyte, Retinazellen

Melanome

Mucin K/CD227/ Polymorphes epitheliales Mucin (Chr 1)

Alpha-Kette: Adhäsionsprotein; Beta-Kette membrangebundenes, glykosyliertes

embryonales Dickdarmepithel Epithel des Urogenitaltraktes

Karzinome (Ovar, Lunge, Harnblase, Ösophagus)

MAGE A-1, -2, -3, -4, -6, -9, -10; -12 Melanoma Associated Antigen (Chr X) MAGE C-1, -2 (Chr X)

502

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Tumorantigen (Chromosom)

Funktion

Vorkommen Normalgewebe

Vorkommen Tumoren

Phosphoprotein, moduliert SignalÜbertragung (ERK, src) und inhibiert p53 MUM-1, -2–3 Melanoma Ubiquitous Mutated

zelluläres Transportprotein

Melanozyte

Melanome

NY-ESO1/LAGE-2 (Chr X)

unbekannt, zytoplasmatisches Protein

Hoden (Spermatogonien) Ovar, Myometrium

Melanome, Karzinome (Prostata, Mamma, Lunge, Speiseröhre, Harnblase, Kopf und Hals) Sarkome

SAGE1 Sarcoma Antigen (Chr X)

unbekannt

Hoden (Spermatogonien), Plazenta

Sarkome, Karzinome (Harnblase, Lunge, Kopf und Hals)

Sp-17 Sperm surface protein (Chr 11)

Oberflächenprotein der Spermien; vermittelt Bindung an (Zona pelluzida) der Eizelle

Hoden (Spermatogonien, Spermien)

Karzinome (Hoden, Ovar, Kopf und Hals), Myelome

Hoden, Schilddrüse

Sarkome (Rhabdomyosarkome, Fibrosarkome, synoviale Sarkome), Karzinome (Hoden), Melanome

Hoden

Neuroblastome, Karzinome (Mamma, Kolon, Lunge, Ovar, Pharynx, Zunge), Melanome

Hoden, Niere

Chondrosarkome, Melanome, Karzinome (Prostata, Mamma, überexprimiert nach Zytostatikabehandlung)

Melanozyten

Melanome, Gliome

Hoden

Sarkome (Ewing’s Sarkom, alveoläres Rhabdomyosarkom), Karzinome (Mamma, Prostata, Lunge (NSCLC und SCLC)),

SSX-2; SSX-4 Synovia Sarcoma X Breakpoint Translokation (Chr X; 18)

TAG-1; TAG-2 T-zell Antigen

TRAG-3 Taxol Resistance Associated Gene (Chr X)

Transkriptionsrepressor

unbekannt

Drug Resistancerelated Protein

Dopachrom TautoTYRP2-INT2 merase (beteiligt an der Tyrosinase Related Protein Regulierung der (Chr 13) Eumelanin und Phaeomelanin-Spiegel)

XAGE-1b X-Antigen Family (Chr 11)

6.2 Tumorantigene

503

Tab. 6.8: Beispiele für Tumor-assoziierte Tumorantigene (TAA) entstanden durch Modifikationen oder Blockade der postranslationalen Glykosylierung von Lipiden oder Proteinen. Glykolipide/ Glykopeptide

Vorkommen bei Tumoren

Modifiziertes Epitop

Individualspezifisch

Fucosyl-alpha1Ceramid

Karzinome (Kolon)

FucosylLactos-aminoLipid

Fucosyl-α Galaktosyl-GM1

Gruppenspezifisch

Karzinome (Kolon)

Karzinome (Kolon, Magen, Pankreas)

Angereicherte Glykolipide/ Glykopeptide

Blockade der Synthese von

Vorkommen bei Tumoren

LacCer (Gal1β1–4Glccer)

GM3

Neuroblastome, Ganglioblastome

LacCer

GlobotriasylCer (Gb3), Globosid (Gb4), Forssmann (GT1b)

Karzinome (Kolon)

GD1a, GD1b, GT1b

Neuroblastome, Ganglioblastome, Melanome Leukämien (ANLL, T-ZellLeukämien)

GD3

Fucosyl GM1 mit zwei Fettsäuren

Karzinome (Lunge (kleinzelliges Bronchialkarzinom))

GD2

Neuroblastome, Ganglioblastome

Fucosyl GM1

Karzinome (Lunge (kleinzelliges Bronchialkarzinom))

Gg3 (asialo GM2)

HodgkinLymphome

Di-Fucosylgangliosid

Magen, Kolon, Lunge, Brust, Niere

Blutgruppe A-Antigen Magen, Kolon, in Patienten mit Leber Blutgruppe B oder O Blutgruppe P1 in Patienten mit Blutgruppe pp O-acetyliertes GD3Disialogangliosid

Magen

Melanom

Galβ1– 4GlcNacβ1–6

Blutgruppenantigene A,B,O

Karzinome (Lunge)

T-Antigen

Blutgruppen antigene M,N

Karzinome (Mamma, Kolon, Magen, Harnblase)

504

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Tab. 6.9: Expression löslicher tumorassoziierter Antigene. Tumorassoziierte Antigene

Expression durch Tumoren Tumor

Erhöht

Atypisch

Ektopisch

embryonale onkofetale Antigene CEA Carcino- Embryonales Antigen

Karzinome (Magen, Kolon, Lunge, Mamma, Ovar, Niere, Hoden, Schilddrüse)

+

+

NCA Nonspecific Crossreacting Antigen nichtspezifisch kreuzreagierende Antigene (NCA-95, NCA-55, NCA-160)

Karzinome (Kolon)

+

+

AFP Alpha-Feto-Protein

Karzinome (Leber, Hoden)

+

+

β-onkofetales Antigen

Karzinome (Kolon, Endometrium) Melanome

+

+

fetales Sulphoglykoprotein Antigen

Karzinome (Magen)

+

+

Isoferritin

Karzinome (Leber, Kolon, Lunge, Mamma)

+

+

Karzinoplazentale alkalische Phosphatase

Karzinome (Leber, Pankreas)

+

+

β-S-Fetoprotein

Karzinome (Kolon, Mamma)

+

+

schwangerschaftsassoziierte Antigene SP1 Schwangerschafts-Protein1 Beta1-Glykoprotein

+ Karzinome (Magen, Kolon, Lunge, Harnwege, Mamma, Chorion)

SP3 α 2-Glykoprotein

+ Hormone

HCG Humanes Chorion-Gonadotropin HPL Humanes Plazenta-Laktogen ACTH Adreno-Cortiko-Tropes Hormon

Karzinome (Chorion, Lunge, Mamma, Ovar, Hoden, Leber, Pankreas, Magen, Kolon) Hypophysenadenom, Karzinome (Lunge (kleinzelliges Karzinom SCLC)),

+

+

+

+

+

+

505

6.2 Tumorantigene

Tumorassoziierte Antigene

Expression durch Tumoren Tumor

Erhöht

Atypisch

Ektopisch

FSH Follikel Stimulierendes Hormon STH Somato-Tropes Hormon TSH Thyreoidea-Stimulierendes Hormon

Karzinome (Magen)

+

Gastrin

Karzinome (Pankreas, Ovar)

+

Calzitonin

Karzinome (Schilddrüse, Uterus, Prostata, Harnblase, Mamma, Lunge)

+

+

Erythropoietin

Karzinome (Niere, Uterus)

+

+

Parathyreoides Hormon

Karzinome (Parathyreoidea, Mamma, Niere, Lunge, Leber, Parotis, Hoden)

+

+

Gastrin releasing Peptid

Karzinome (Lunge)

+

Enzyme PSA Prostata Spezifisches Antigen

Karzinome (Prostata)

KLK4 Kallikrein-related Peptidase 4

Karzinome (Prostata)

Histaminase

Karzinome (Ovar, Schilddrüse)

L-dopa-Decarboxylase

Karzinome (Lunge)

Hexokinase

Karzinome (Mamma, Lunge)

Leucin-Aminopeptidase

Karzinome (Uterus), Leukämien

+

Fucosyltransferase

Karzinome (Lunge, Magen-Darm)

+

Galaktosyltransferase

Karzinome (Schilddrüse)

+

β-Glucuronidase

Karzinome (Niere, Prostata, Ovar, Uterus)

+

Terminale Deoxynukleotidyltransferase

Leukämien (ALL, CGL)

+

+

+ +

+

Milchproteine Kappa-Kasein, Lactoferrin, α-Lactalbumin

Karzinome (Mamma, Lunge)

+

+

506

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Tab. 6.10: Virale Tumorantigene beim Menschen. Infizierte Zellen/ Organe

Virale Onkogene

Weitere virale Antigene

virale T-Antigene (large T, small T) (inhibieren die ZellzyklusRegulatorproteine p53 und pRb; large T enthält eine Helikase-Aktivität)

virale Kapsidproteine VP1, VP2, VP3

Epithelzellen (Haut, Schleimhaut) Bildung von Warzen (intraepitheliale Neoplasien)

Karzinome (Zervix, Vulva, Vagina, Uterus, Anus, Mundhöhle, Schlundkopf, Ösophagus, Penis (Hochrisiko: HPV 16, 18, 31, 45)

virales E5 (Envelope Antigen): stimuliert die EGF-RezeptorSignal-Übertragung; virales E6: Inhibition des ZellzyklusSuppressors p53 und des pro-apoptotisch wirkenden Bax; virales E7: aktiviert den Transkriptionsfaktor E2F durch Bindung an den Suppressor pRb

virale Kapsidproteine L1, L2; virale Antigene E1 (Helikase), E2 (Transkriptionsregulator), E4 (Inhibitor Zellzyklus)

Epithelzellen, Endothelzellen, Lymphozyten

Kaposi-Sarkom; primäre EffusionsLymphome (Pleura, Herzbeutel, Bauchhöhle); Lymphknotenhyperplasie (Morbus Castleman, bevorzugt bei immunsupprimierten Personen)

LANA (Latency associated Protein): Inhibition der Zellzyklus-Regulatorproteine p53 und pRb; ORF50 Replication Transactivation Activator (RTA)

Virusproteine mit Homologie zu IL-6, Cyclin D1, Bcl-2, Interferon regulatory Factor, FLIP (Flice inhibitory Protein)

Tumore DNA-Viren

J.C.-Virus, K.I.-Virus, W.U.-Virus

Polyomaviren

B. K. Virus

MerkelVirus

Papovaviren

HerpesViren

Humane Papillomviren (HPV, > 100 Typen)

Humanes HerpesVirus 8 (HHSV-8) KaposiSarkomHerpesVirus (KSHV)

Lunge, Niere, ZNS (progressive Astrozytome; multifokalen Medulloblastome Leuk-Enzephalopathie; PML) Niere, Lunge, ZNS, Harnblase

Karzinome (Niere, Prostata)

Lunge, Haut

Karzinome (Haut (MerkelKarzinom), bevorzugt bei immunsupprimierten Personen)

6.2 Tumorantigene

EpsteinBarr-Virus (EBV), Humanes HerpesVirus 4 (HHV-4)

HepaDNAViren

Hepatitis B-Virus (HBV)

Infizierte Zellen/ Organe

Tumore

Virale Onkogene

Weitere virale Antigene

Epithelzellen (Nasen- und Mundschleimhaut), B-Lymphozyten (Mononukleose, Pfeiffersches Drüsenfieber)

Burkitt-Lymphom; HodgkinLymphom, BLymphozytenLymphome (bevorzugt bei immunsupprimierten Personen); Xlinked lymphoproliferative Erkrankung (DuncanSyndrom); Karzinome (Nasopharynx)

EBNA-2; EBNA-3C (EBV-nukleäre Antigene): Transaktivatoren (blockieren den transkriptionellen Repressor CBF1); LMP-1(EBV latent Membranprotein): aktiviert den TNFα-Signalweg, bewirkt Expression des anti-apoptotischen Bcl-2 und von c-myc; inhibiert Expression von MHC-I)

EBNA-1 (reguliert Virusreplikation); LMP2 (hemmt Tyrosinkinase); EBER-1, -2 (sRNA, inhibieren PKR, stimulieren Expression von IL-10); VCA (virales Kapsidantigen); gp350, gp110 (lytische Proteine); EA (early Antigens) MA (Membranantigene)

virales HBx (inaktiviert den Suppressor p53)

BHcAg (HBV-CoreAntigen); HBsAg (HBV surface antigen); HBeAg (HBV-exkretorisches-Antigen)

Leber (infektiöse Hepatitis B)

Karzinome (Leber)

RNA-Viren

Humanes T-Lymphotropes Virus 1 (HTLV-1)

Haut; dendritische Zellen; CD4 (+) T-Helfer(1)Lymphozyten (Aktivierung von TH1 zu Lasten von TH2) Antikörpermangel; HTLV1 assoziierte (immunmediierte) Myelopathie/ tropische spastische Paraparese)

T-LymphozytenLeukämie

Humanes T-Lymphotropes Virus 2 (HTLV-2)

CD8(+) T-Lymphozyten (HTLV-2 assoziierte (immunmediierte) Myelopathie/tropische spastische Paraparese

T-LymphozytenLeukämie

DeltaretroViren

507

virales Tax (Aktivierung der Expression von IL-2; IL-2-Rezeptor und GM-CSF); Mutationen durch Integration von Virusgenen in die Wirts-DNA)

508

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Infizierte Zellen/ Organe

Flaviviren

HepatitisC-Virus (HCV)

Leber (infektiöse Hepatitis C; Leberzhirrose)

Tumore

Virale Onkogene

Karzinome (Leber)

Aktivierung Mutationen durch Integration von Virusgenen einschließlich von Virusonkogenen in die Wirts-DNA, NS5B (RNAPolymerase mit hoher Leseungenauigkeit); NS3 (Helikase)

Weitere virale Antigene

E1, E2, p7 (envelope Antigene);

Tab. 6.11: Beispiele für Nebenwirkungen durch Tumorassoziierte Antigene mit Hormonwirkung. Hormon

Bildungsort

Tumor

Symptome

Insulin

β-Inselzellen der Bauchspeicheldrüse

Insulinom (Bauchspeicheldrüse)

Unterzuckerung (Schwäche, Schwitzen, Heißhunger, Konzentrationsstörungen)

Gastrin

G-Zellen der Schleimhaut des Magens und des Duodenums

Gastrinom (Bauchspeicheldrüse, Zwölffingerdarm)

Übersäuerung des Magens, Magenund Zwölffingerdarmgeschwüre; verstärkte Peristaltik (erhöhte Histaminausschüttung), Durchfall

Vasoaktives Intestinales Peptid (VIP)

Epithelzellen der Schleimhaut des Duodenums

VIPom (Bauchspeicheldrüse, bei Kindern (selten) Grenzstrang des Rückenmarks)

hemmt das Gastrin; Erschlaffung der glatten Mukulatur des Magendarmes, der Bronchien, der Blutgefäße (Blutdrucksenkung), Hemmung Magensäurebildung, Erbrechen, wässriger Durchfall, Hemmung der Blutgerinnung

Glukagon

α-Inselzellen der Bauchspeicheldrüse

Glukagonom (Bauchspeicheldrüse)

Gegenspieler des Insulins; Erhöhung des Blutzuckerspiegels, Gewichtsverlust, Entzündungen der Mundschleimhaut

Serotonin

enterochromaffine Zellen der Magen-DarmSchleimhaut

Karzinoid-Syndrom (Magen-Darm)

krampfartige Bauchschmerzen, Durchfälle, Gefäßkontraktion (Lunge, Niere) und Gefäßdilatation (Skelettmuskulatur), Blutgerinnung (Thrombozytenaggregation)

6.2 Tumorantigene

509

6.2.2 Präsentation der Tumorantigene für das Immunsystem Tumorantigene können der Immunabwehr in verschiedener Form vorliegen • als struktureller Bestandteil (Protein, Glykoprotein, Lipoprotein, Lipid, Glykoprotein oder Glykolipid) der intakten Tumorzelle, – in der Phospholipid-Doppelschicht der äußeren Zellmembran, – in den verschiedenen Zellorganellen, – im Zytosol, • gebunden an und nach zellaußen exprimiert von Antigen-präsentierenden Molekülen auf der Tumorzellmembran, • als extrazelluläres Produkt der Tumorzelle, – als Zelldebris, – in Form eines Bestandteils der extrazellulären Vesikel (EV, siehe Kap. 4.6.6), abgeschilfert von der Tumorzelle, – enzymatisch von der Tumorzellmembran abgespalten, – als Sekretionsprodukt der Tumorzelle und/oder • als Bestandteil des Tumorzell-Detritus. Die angeborene Immunabwehr ist in der Lage, • jegliche Form von veränderten oder verfremdeten Proteinen und Strukturen als DAMP/Detritus Assoziiertes Molekulares Produkt oder als PAMP/Pathogen Assoziiertes Molekulares Produkt durch hierfür zuständige Rezeptoren (PRR/Pathogen Recognition Receptors, siehe Kap. 3.1.1) zu erkennen, zu phagozytieren und zu beseitigen und • zytotoxische Reaktionen gegen Tumorzellen dann auszuüben, – wenn diese DAMPs und/oder PAMPs Bestandteil der Tumorzellmembran sind und – wenn die Konzentrationen von extrazellulären DAMPs und/oder PAMPs möglichst gering sind, um die zytotoxischen Zellen nicht bereits in der Peripherie der Tumorzelle zu neutralisieren, • aber andererseits auch das Tumorwachstum zu initiieren und zu promovieren durch die Entwicklung von chronische Entzündungen, ausgelöst durch dauuerhaft entstehende PAMPs oder PAMPs (siehe Kap. 4.6.6) Die erworbene Immunabwehr benötigt dagegen für eine (Tumor-) Antigen-spezifische Reaktion • im afferenten Reaktionsweg zur Antigen-spezifischen Sensibilierung der Zellen der erworbenen Immunabwehr professionelle Antigen-Präsentierende Zellen (APC/Antigen-Presenting Cells), welche – DAMPs und PAMPs erkennen, phagozytieren und in den Phagolysosomen abbauen zu antigenen Peptiden oder Lipiden, – diese Peptide und Lipide auf speziellen Binde-Strukturen ihrer Zellmembran wie MHC-II/Major Histocompatibility-Complex Class II oder MHC-I (für Proteine) und CD1 (für Lipide) laden und nach außen präsentieren und – mit vom Thymus abstammenden T-Lymphozyten, welche T-Zell-Rezeptoren (TCR/ T-Cell-Receptor) tragen (die spezifisch sind für die jeweiligen antigenen Peptide

510



6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

oder Lipide), eine Antigen-spezifische immunologische Synapse bilden, wodurch diese T-Lymphozyten wiederum aktiviert werden zur Proliferation, Differenzierung und Funktionsfähigkeit, dass in den efferenten Reaktionswegen die im afferenten Reaktionsweg – Antigen-spezifisch geprägten zytotoxischen T-Lymphozyten (CTL/Cytotoxic T-Lymphocytes) mit denjenigen Tumorzellen, welche dieses (Tumor-) Antigen auf ihrem MHC-I oder CD1 präsentieren, eine immunologische Synapse bilden, welche die CTL zur Ausschüttung ihrer zytotoxischen Mediatoren stimuliert und/ oder – von B-Lymphozyten unter zur Hilfenahme von T-Lymphozyten (TH/T-Helfer-Lymphozyten) selektierten und optimierten Antikörper an die Tumorantigene in der Membran der Tumorzelle binden und dort ▪ entweder Komplement aktivieren mit der Bildung des zytolytischen Komplexes ▪ oder Makrophagen, Granulozyten oder NK-Zellen aktivieren zur Ausschüttung ihrer zytotoxischen Mediatoren.

Für die zytotoxischen Reaktionen der Immunabwehr ist somit entscheidend, dass das Tumorantigen • möglichst verbunden bleibt mit der Tumorzelle und • wenig oder keine Tumorantigene als extrazelluläre Produkte vorliegen, da diese die Tumorzellerkennung durch die zytotoxisch wirkenden Zellen und Produkte neutralisieren. Bei den APC/Antigen-Präsentierenden Zellen sind zu unterscheiden (siehe Tab. 6.12 und Tab. 6.13): • die professionellen Antigen-präsentierenden Zellen, welche konstitutiv das Antigen-präsentierende Molekül MHC-II, aber auch MHC-I und CD1 auf ihrer Zellmembran exprimieren; hierzu gehören: – Thymusepithelzellen, welche ▪ die Antigen-präsentierenden Moleküle den unreifen T-Lymphozyten (PräThymozyten) präsentieren für die Positivselektion, ▪ körpereigene Peptide bzw. Lipide auf den Antigen-präsentierenden Molekülen den Prä-Thymozyten präsentieren für die Negativselektion, – dendritische Zellen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie naive wie auch geprägte T-Lymphozyten stimulieren können und welche ▪ im Thymus körpereigene Peptide bzw. Lipide auf den Antigen-präsentierenden Molekülen den Prä-Thymozyten präsentieren für die Negativselektion, ▪ in der Peripherie körpereigene oder körperfremde Peptide auf den Antigenpräsentierenden Molekülen MHC-I oder CD1 den naiven zytotoxischen T-Lymphozyten und auf MHC-II den naiven T-Helfer-Lymphozyten präsentieren, – B-Lymphozyten, welche ▪ auf dem Antigen-präsentierenden Molekül MHC-II körperfremde wie auch körpereigene Peptide den geprägten T-Helfer-Lymphozyten präsentieren,

6.2 Tumorantigene



511

nichtprofessionelle Antigen−präsentierende Zellen, welche – MHC-II und CD1 erst nach Aktivierung (d. h. fakultativ) und für deren Dauer auf ihrer Zellmembran exprimieren, ▪ wie beispielsweise Makrophagen, Endothelzellen, Epithelzellen und Bindegewebezellen, aber auch Tumorzellen, ▪ da erst die Aktivierung (beispielsweise durch Interferon-γ) zu einer Expression des MHC-II bzw. CD1-Transaktivators führt, ▪ wobei die Funktion der Antigenpräsentation beschränkt ist auf die Stimulierung bereits geprägter T-Lymphozyten oder Gedächtnis-T-Lymphozyten, – MHC-I konstitutiv auf ihrer Zellmembran exprimieren, ▪ hierzu zählen alle kernhaltigen Zellen (nicht Trophoblasten und Erythrozyten) und grundsätzlich auch Tumorzellen, ▪ welche mit T-Lymphozyten eine antigenspezifische immunologische Synapse bilden können ▪ die naive CTL zur Proliferation unter Mithilfe von T-Helferzellen (TH1, TH17, TH22) aktivieren können zur Proliferation und Differenzierung, ▪ welche Zielstrukturen sein können für antigenspezifisch geprägte und differenzierte zytotoxische T-Lymphozyten (CTL)

Die Lokalisation des Antigens bestimmt die Art des Antigen-präsentierenden Moleküls (siehe Tab. 6.12 bis 6.14) • zytosolische (Tumor-)Antigene werden vorwiegend von MHC-I- und CD1- Molekülen auf fast allen Zellen, so grundsätzlich auch auf Tumorzellen präsentiert, • exogene (Tumor-)Antigene werden durch Phagozytose von professionellen APC aufgenommen und auf MHC-II und CD1 präsentiert, wobei die hierzu notwendige Aktivierung erfolgt – bei Dendritischen Zellen durch Bindung an Rezeptoren für pathogene Strukturmuster (PRR/Pathogen Recognition Receptors) – bei B-Lymphozyten vorzugsweise durch Bindung an Antikörper im membranständigen B-Lymphozyten-Rezeptor (BCR). Die jeweiligen Antigen-präsentierenden Moleküle unterscheiden sich in Struktur und Funktion. MHC-I-Moleküle (Major Histocompatibility-Complex-I; siehe Tab. 6.12, 6.13) • stellen transmembrane Monomere der Immunglobulin-Superfamilie mit zwei endständigen Variablen Domänen (Vα1, Vα2) dar, welche die Bindetasche für 8–11 Aminosäure große Peptide formen. Gestützt wird das MHC-I durch das β2-Mikroglobulin; • besitzen eine große Variabilität der variablen Domänen, welche gewährleistet ist durch eine hohe Polymorphie der kodierenden Gene und • werden im endoplasmatischen Retikulum mit zytosolischen antigenen (so auch Tumor-) Peptiden in einem mehrstufigen Prozess beladen (siehe Tab. 6.14), welcher beinhaltet – das Trimmen der Peptide durch zytoplasmatische Aminopeptidasen, – den Transport der Peptide in das endoplasmische Reticulum (ER) durch Bindung an den TAP (Transporter associated with antigen processing),

512

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem







die Bildung eines Komplexes mit Schutzproteinen (Chaperone wie (Calnexin, Calreticulin, ERp57), welche den Kontakt mit MHC-I vermitteln, – das weitere Trimmen im ER durch die Aminopeptidasen ERAP1 und ERAP2, sodass die Peptide eine bestmögliche Passform für die Bindetasche des MHC-I erhalten, was je nach Affinität zur Folge hat – die Loslösung aus dem Komplex mit den Chaperonen und die Einfügung in die Binde-tasche des MHC-I, wodurch das MHCI stabilisiert und als MHC-I-PeptidKomplex über den Golgi-Apparat zur Zellmembran transportiert werden kann, sind nach Fusion und Integration der Transportvesikel mit der Zellmembran durch Öffnung nach außen (Exozytose) in der Lage, das gebundene antigene Peptid zu präsentieren, stellen den wesentlichen Bestandteil der immunologischen Synapsen mit und für die Prägung und Aktivierung von (CD8+) zytotoxischen T-Lymphozyten (CTL) dar,

CD1-Moleküle a, b, c, d (siehe Tab. 6.12) • sind Monomere, die ähnlich aufgebaut sind wie MHC-I, wobei jedoch die Bindetasche, geformt von zwei variablen Domänen deutlich größer und ihre Variabilität (Polymorphie) deutlich geringer ist als bei MHC-I und MHC-II, – das Protein Tapasin verbindet CD1 brückenförmig mit dem TAP-(Transporter für die Antigen-Präsentation) Kanal in der Membran des endoplasmatischen Retikulums • werden im endoplasmatischen Retikulum (ER) mit zellulären kleinmolekularen, lipophilen, zytosolischen (ggf. Tumor-) Molekülen wie Lipiden, Lipoproteinen/Lipopeptiden, Glykolipiden und Phospholipiden beladen (siehe Tab. 6.12; 6.13). Zu diesen Lipiden zählen Ganglioside, Mycolate, Sulfatide, Phosphatidyl-Inositol-Mannoside, Lipoarabinomannan; – ein zelluläres Lipid schützt die Bindetasche (ähnlich wie die Invariant Chain beim MHC-II) des CD1 im endoplasmatischen Retikulum; – endogene Lipide mit höherer Affinität zur Bindetasche als das Schutzlipid binden an die Bindetasche unter Verdrängung des Schutzlipids; • werden nach der Beladung mit dem Peptid als Lipid-CD1-Komplexe über Transportvesikel zur Zellmembran transportiert und dort exozytiert; • dienen als wesentlicher Bestandteil der immunologischen Synapsen mit solchen zytotoxischen T-Lymphozyten (CTL/Cytotoxic T-Lymphocytes), T-Helfer-Lymphozyten und Natürlichen Killer-T-Lymphozyten (NKT), die als „unkonventionell“ angesehen werden, da sie – mit ihrem (αβ oder γδ) T-Zell-Rezeptor (TCR/T-Cell-Receptor) Lipide, Metabolite und modifizierte Peptide erkennen können, – im Unterschied zu den T-Lymphozyten spezifisch für MHC-I oder MHC-II nur über ein begrenztes T-Zell-Rezeptor- (TCR-) Repertoire verfügen, – oft ähnlich Zellen des ILC (Innate Lymphocyte Cells) schnelle Effektor-Reaktionen bewirken können, • scheinen bevorzugt auch autoreaktive T-Lymphozyten zu stimulieren.

6.2 Tumorantigene

513

MHC-II-Moleküle (Major Histocompatibility-Complex-II, siehe Tab. 6.12, 6.13) • sind transmembrane Heterodimere (α-Kette und β-Kette) der Immunglobulin-Superfamilie; • jede Kette besitzt eine endständige variable Domäne (Vα1 und Vβ1), welche eine Bindetasche für antigene Peptide formen; die große Variabilität der variablen Domänen ist gewährleistet durch eine hohe Polymorphie der kodierenden Gene; • sind im endoplasmatischen Retikulum (ER) geschützt durch einen Komplex aus Chaperonen (im Besonderen Calnexin) und der Gamma-Kette (Invariant chain); • werden beladen von Peptiden, welche von exogenen Antigenen stammen, die phagozytiert und im Phagolysosom enzymatisch zerkleinert wurden; • der Beladungsprozess erfolgt, – sobald sich Calnexin aus diesem Komplex mit dem MHC-II löst. Derart ungebunden ist das MHC-II in der Lage, innerhalb von kleinen Transportvesikeln das ER zu verlassen, welche über den Golgi-Apparat zu den endosomalen Vesikeln geleitet werden, wo sie mit den Phagolysosomen zu Endolysosomen fusionieren, welche dadurch ein MHC-II Kompartment enthalten, – in den Endolysosomen wird die Invariant chain proteolytisch (durch Cathepsine) bis auf das CLIP-(Class II associated Invariant Chain Peptide) Fragment gespalten; danach wird CLIP durch HLA-DM (humanes Leukozytenantigen DM) aus der Bindetasche verdrängt, – ist die Affinität eines Peptids des Tumorantigens zu der Bindetasche des MHC-II groß genug, verdrängt das Peptid das HLA-DM und CLIP und fügt sich ein in die Bindetasche des MHC-II, • das mit dem antigenen Peptid beladene MHC-II ist in der Lage, nach Fusion des Endolysosoms mit der Zellmembran und dessen Öffnung das antigene Peptid nach außen zu präsentieren, • dienen als wesentlicher Bestandteil der immunologischen Synapsen mit T-Helfer-Lymphozyten. Durch Überkreuzbeladung (Cross presentation) können exogenen Peptide oder Lipide auch von MHC-I-Molekülen bzw. von CD1-Molekülen präsentiert werden, wobei die Überkreuzbeladung beinhaltet (siehe Tab. 6.12, 6.13), • dass zellmembranständige MHC-I-Moleküle und/oder CD1-Moleküle welche endogene Peptide bzw. endogene Lipide präsentieren, endozytiert werden und dass die hierdurch entstandenen Membranvesikel mit Phagolysosomen fusionieren zu Endolysosomen, • dass die exogenen antigenen Peptide bzw. antigenen Lipide im Endolysosom eine größere Affinität zur Bindetasche des MHC-I-Moleküls bzw. des CD1-Moleküls aufweisen als das endogene Peptid bzw. Lipid und daher diese aus der jeweiligen Bindetasche verdrängen und • dass der neue Komplex aus exogenem Peptid und MHC-I bzw. exogenem Lipid und CD1 durch Exozytose auf der Tumorzellmembran präsentiert wird.

514

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Der afferente Reaktionsweg startet, indem APC den T-Lymphozyten die (Tumor-Antigen-) Peptide präsentieren. Binden die variablen Domänen des T-Zell-Rezeptors (TCR) des T-Lymphozyten an das präsentierte (Tumor-Antigen-) Peptid und bildet sich daraufhin ein immunologische Synapse aus, kann diese zu einer Aktivierung des T-Lymphozyten führen. Immunologische Synapsen mit Beteiligung von MHC-II (und/oder CD1) entstehen zwischen folgenden Zellen • Dendritische Zellen und naive T-Lymphozyten. Hierdurch erfolgt – eine Aktivierung, Proliferation und Differenzierung des naiven T-Lymphozyten; – eine Differenzierung der naiven T-Lymphozyten in Abhängigkeit von den lokal dominierenden Zytokinen ▪ zu den T-Helfer-Lymphozyten TH1, TH17 und TH22 für die zelluläre Immunreaktion und für die Mithilfe bei der Proliferation und Differenzierung von zytotoxischen T-Lymphozyten (CTL), ▪ zu den T-Helferzellen TH2 und TH9 für B-Lymphozyten und deren AntikörperOptimierung; ▪ zu regulativen T-Lymphozyten Treg ▪ zu Erinnerungs –T-Lymphozyten (Tmem) B-Lymphozyten und den T-Helferzellen TH2 und/oder TH9. Dieses führt • – zu einer Aktivierung der T-Helferzellen mit Ausschüttung von Zytokinen und in Abhängigkeit von der Art dieser Zytokine – in B-Lymphozyten ▪ zur Proliferation, somatische Hypermutation, Selektion hochaffiner Antikörper und Wechsel des Isotyps unter dem Einfluss der Zytokine der T-Helferzellen, ▪ zur Differenzierung zu regulativen B-Lymphozyten (Breg) oder ▪ zur Differenzierung zu Plasmazellen zur Antikörperproduktion; nicht professionellen APC (aktivierten Makrophagen, Epithelzellen, Endothelzellen, • Fibroblasten) und differenzierten/geprägten T-Lymphozyten. Hierdurch wird bewirkt – eine Aktivierung und Proliferation bereits differenzierter und geprägter T-Lymphozyten im Besonderen, – eine Aktivierung von Erinnerungs-T-Lymphozyten (Tmem). Immunologische Synapsen mit Beteiligung von MHC-I (und/oder CD1) • zwischen Dentritischen Zellen bzw. Gewebezellen und naiven zytotoxischen TLymphozyten führen – zur Proliferation und Differenzierung zu reifen zytotoxischen T-Lymphozyten (CTL) Im efferenten Reaktionsweg ist die antigenspezifischen Erkennung von und Bindung an das (Tumor-) Antigen für eine zytotoxische Reaktion notwendig; • bei der CTL-mediierten Zytotoxizität (CTLMC/Cytotoxic T-Lymphocyte Mediated Cytotoxicity) erfolgt diese durch Bildung einer immunologischen Synapse zwischen

6.2 Tumorantigene

515

– –



der Zielzelle, welche das (Tumor-) Antigen auf MHC-I oder CD1 präsentiert und dem zytotoxischen T-Lymphozyten mit seinem (Tumor-Antigen-) spezifischen T-Zell-Rezeptor (TCR), Bei der antikörpermediierten Zytotoxizität binden an das zellembranständige Tumor-Antigen (Tumor- Antigen-) spezifische Antikörper. Durch diese Bindung entsteht eine Konformationsänderung im Fc-Teil des Antikörpers, welche Ausgangspunkt von folgenden zytotoxischen Reaktionen darstellt: – die Antikörper-abhängige, komplementmediierte Zytotoxizität (ADCMC/ Antibody Dependent Complement Mediated Cytotoxicity) beinhaltet die Aktivierung von Komplement mit Bildung des zytolytischen Komplexes (MAC/Membrane Attack Complex), – die Antikörper abhängige zelluläre Zytotoxizität (ADCC/Antibody Dependent Cellular Cytotoxicity) erfolgt durch Bindung an Fc-Rezeptoren und Aktivierung von Makrophagen, Granulozyten und Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) zur Freisetzung von zytotoxischen Substanzen.

Die zytotoxischen antitumoralen Immunreaktionen sind abhängig (siehe Kap. 6.4.1) • von der Lokalisation des Tumorantigens – intrazellulär z. B. im Zytosol (zytosolisches Tumor-Antigen) oder – zellmembranständig, wie z. B. Bestandteile von Transmembran-Rezeptoren oder Rezeptor-assoziierte Proteine oder Glykoproteine oder Lipoproteine oder Glykolipide in der Phospholipid-Doppelschicht der Zellmembran • von der Menge der sekretierten oder abgeschilferten Tumor-Antigene, der Tumor-Antigen-haltigen Tumorzellfragmente und der nekrotischen und/oder apoptotischen Tumorzellen, welche binden und neutralisieren könnten die jeweiligen Bindetaschen – der Tumor-Antigen-spezifischen Antikörper – der T-Zell-Rezeptoren (TCR/T-Cell-Receptors) auf den Tumor-spezifischen zytotoxischen T-Lymphozyten, • von der Fähigkeit der Tumorzelle, – die Expression der Tumorantigene in Menge, Struktur und Antigenität zu verändern, – die eigenen Tumorantigene auf den eigenen Antigen-präsentierenden Molekülen (MHC-I, CD1 oder MHC-II) zu präsentieren. • von der Zahl, Lokalisation und Funktion der professionellen und der induzierten (nichtprofessionellen) Antigen-präsentierenden Zellen; – eine Beeinträchtigung dieser Funktionsfähigkeit führt automatisch zu einer Beeinträchtigung der Tumorabwehr.

516

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Tab. 6.12: Eigenschaften der Antigen-präsentierenden Moleküle. MHC-I

MHC-II

CD-1

Moleküle

HLA-A, -B, -C

HLA-DP, -DQ, -DR

CD1-A, B, -C, -D, -E

Protein-Ketten

1 (α), Monomer

2 (α + β), Heterodimer (β-Kette 38 % Homologie zu CD1)

1 (α), Monomer (26 % Homologie zu MHC-I)

assoziiertes Stützprotein

β2-Mikroglobulin

variable Domänen (formen die Bindetasche)

2 (Vα-1, Vα2)

2 (Vα-1, Vβ1)

2 (Vα-1, α2)

Polymorphie der variablen Domänen

hoch

hoch

gering

Lokalisation

transmembran

transmembran

transmembran

Expression durch Antigen präsentierende Zellen (APC/Antigen Presenting Cells)

professionelle APC (dendritische Zellen, B-Lymphozyten)

professionelle APC (dendritische Zellen, B-Lymphozyten)

professionelle APC (dendritische Zellen, B-Lymphozyten)

alle kernhaltige Zellen (inklusive Tumorzellen)

induzierte APC (ggf. auch Tumorzellen)

induzierte APC (ggf. auch Tumorzellen)

präsentiertes Antigen

Peptide, 8–11 Aminosäuren (endogen/ zytosolisch)

Peptide, 8–24 Aminosäuren (exogen und durch phagolysosomale/endosomale Proteolyse freigesetzt)

Lipide, (endogen/ zytosolisch oder exogen und durch phagolysosomale/endosomale Proteolyse freigesetzt)

Kreuzpräsentation exogener Peptide

ja

β2-Mikroglobulin

ja

CD8(+) T-Lymphozyten

CD4(+) T-Lymphozyten

CD4(+) T-Lymphozyten; CD8(+) T-Lymphozyten,

Stimulierung der Differenzierung folgender Effektorzellen

zytotoxische T-Lymphozyten (CTL/Cytotoxic T-Lymphocytes)

T-Helfer-Lymphozyten (TH1, TH17, TH22; TH2, TH9),

T-Helfer-Lymphozyten (TH1, TH17, TH22; TH2, TH9), zytotoxische T-Lymphozyten

Bildung einer immunologischen Synapse der Effektorzelle mit

autologen kernhaltigen Zellen (z. B. Tumorzelle) für die zytotoxische Reaktion

Aktivierung durch Superantigene

nein

ja

nein

Hemmung von Natürlichen Killerzellen

ja

nein

nein

Bildung einer immunologischen Synapse mit

CTL CTL (für Hilfe durch TH1, (für Hilfe durch TH1, TH17, TH22); TH17, TH22); B-Lymphozyten (für Hilfe B-Lymphozyten (für Hilfe durch TH2, TH9) durch TH2, TH9)

6.2 Tumorantigene

517

Tab. 6.13: Antigen-präsentierende Zellen zur spezifischen Stimulierung von T-Lymphozyten.

Antigen-präsentierende Zellen (APC)

Zellen

Funktion

Expression von MHC-I bzw. CD1 Konstitutiv

Fakultativ

Stimulierung von CD8(+) zytotoxischen T-Lymphozyten Afferent

Efferent

Expression von MHC-II bzw. CD1

Stimulierung von CD4(+) T-HelferLymphozyten

Konstitutiv

Afferent

Fakultativ

Efferent

professionelle APC Thymusepithelzellen

positive/negative Selektion von Thymozyten

+

++

+++

+++

dendritische Zellen/ Thymus

negative Selektion von Thymozyten

+

++

+++

+++

+

+++

dendritische Zellen

Aktivierung von naiven T-Lymphozyten (TH1,TH17, TH22; TH2, TH9)

+

++

+++

+++

+++

+++

++

+++

B-Lymphozyten

Stimulierung durch T-HelferLymphozyten (TH2, TH9) Zielzellen für CTL

+

++

+++

+++

++

induzierte, nicht professionelle APC T-Lymphozyten

+

++

+

+

+

Monozyten

+

++

+

+

+

+

++

Makrophagen

Aktivierung von GedächtnisT-Lymphozyten

+

Zielzelle für CTL Granulozyten (neutrophil)

Endothelzellen

+++

++

+

+

Zielzellen für CTL

+

Aktivierung von GedächtnisT-Lymphozyten

+

Zielzellen für CTL

+++

+

+ ++ +

518

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Antigen-präsentierende Zellen (APC)

Zellen

Funktion

Epithelzellen (Haut, Schleimhäute)

Aktivierung von GedächtnisT-Lymphozyten

Expression von MHC-I bzw. CD1 Konstitutiv

Fakultativ

+

++

Stimulierung von CD8(+) zytotoxischen T-Lymphozyten Afferent

Efferent

Aktivierung von GedächtnisT-Lymphozyten Zielzellen für CTL

Astrozyten

Aktivierung von GedächtnisT-Lymphozyten

Konstitutiv

Fakultativ

Afferent

+

+

+

+

+

+

+ +

++ +

+

++

+ +

Aktivierung von GedächtnisT-Lymphozyten Zielzellen für CTL

Erythrozyten

Efferent

+

Zielzellen für CTL übrige kernhaltige Zellen (Ausnahme Trophoblasten)

Stimulierung von CD4(+) T-HelferLymphozyten

+

Zielzellen für CTL

Bindegewebszellen (Fibroblasten)

Expression von MHC-II bzw. CD1

?

+

++





+



Tab. 6.14: Möglichkeiten der Präsentation von Tumorantigenen zur Stimulierung der Zellen der Immunabwehr. Tumorzelle Lokalisation des Tumorantigens

Zellen des Immunsystems präsentierendes Molekül

Kontaktnahme (direkt oder indirekt)

Rezeptoren

Zellen

zellintern Phagolysosomen (nach Endozytose)

CD4

MHC-II Überkreuz beladung

zytoplasmatisch

MHC-I oder CD1 MHC-I oder CD1

direkt (immunologische Synapse) CD8

TCR (T-CellReceptor) + Kostimulatoren

T-HelferLymphozyten

zytotoxische T-Lymphozyten

519

6.3 Zytotoxische Wirkstoffe der Immunzellen

Tumorzelle Lokalisation des Tumorantigens

Zellen des Immunsystems präsentierendes Molekül

Kontaktnahme (direkt oder indirekt)

Rezeptoren

Zellen

Toll-like-Rezeptoren; kalziumabhängige Lektine, ScavengerRezeptoren

MakrophagenGranulozyten

aktivierende Rezeptoren

Natürliche Killerzellen,

Fc-Rezeptoren

Makrophagen Natürliche Killerzellen, Granulozyten

Zellmembran Glykolipide, Glykopeptide, HeatshockProteine

Rezeptoren Rezeptor-assoziierte Proteine, Membranproteine

direkt

indirekt über Antikörper (Anti-Tumor-AntigenAntikörper) zellextern

Zellmembranbestandteile, abgeschilferte Proteine und Glykoproteine, Lipide, Glykolipide, Lipoproteine, Tumorzellfragmente, Tumorzellen

indirekt, (Phagozytose durch Antigenpräsentierende Zellen, APC; dendritische Zellen, B-Lymphozyten)

MHC-II

immunologische Synapse

MHC-I oder CD1 (ÜberkreuzBeladung)

immunologische Synapse

CD4

TCR (TZellRezeptor) T-Helfer+ Lymphozyten Kostimulatoren

CD8

TCR (T-ZellRezeptor) + Kostimulatoren

zytotoxische T-Lymphozyten

6.3 Zytotoxische Wirkstoffe der Immunzellen Nach erstmaligem Kontakt mit einem zellulären Antigen erfolgen zytotoxische Reaktionen • innerhalb von 1–4 Tagen als nicht antigenspezifische Sofortreaktionen durch die Zellen der angeborenen Immunabwehr, • innerhalb von 3–7 Tagen als antigenspezifische verzögerte Reaktion durch die Zellen und Antikörper des erworbenen Immunabwehr.

520

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Beim zweiten, mehrmaligen oder sogar dauerhaftem Kontakt mit einem Antigen, welcher bei der Entwicklung eines Tumors vorausgesetzt werden kann, • verkürzt sich die antigenspezifische Reaktion der erworbenen Immunabwehr auf Stunden bis 1–2 Tage, • addieren sich die Immunreaktionen der angeborenen und der erworbenen Immunabwehr. Beide Teile des Immunsystems verwenden für zytotoxische Reaktionen gegen Zellen, so auch gegen Tumorzellen, ähnliche, zum Teil sogar überlappende Mechanismen und Wirksubstanzen, die • entweder von zytotoxischen Zellen nach Aktivierung ausgeschüttet werden und in direkter Nachbarschaft befindliche Zellen abtöten, • oder nach Aktivierung von Enzymsystemen entstehen, wie beispielsweise – durch Antikörper, welche nach Bindung an ein zellmembranständiges Tumorantigen das Komplementsystem aktivieren. Die von zytotoxischen Zellen direkt exprimierten zytotoxischen Substanzen umfassen (siehe Tab. 6.15): • zytotoxische kationische Proteine, wie MBP/Major Basic Protein und ECP/Eosinophil Cationic Protein, • radikale Stickstoffmoleküle und radikale Sauerstoffmoleküle (siehe Kap. 4.6.5.1), • porenbildende Proteine, wie Perforine und Granulysin, • Serinproteasen, wie Granzyme, • Cathepsine, • Liganden für Todes-Rezeptoren, wie Fas-Ligand, TNF (Tumor-Nekrose-Faktor) -α und β (siehe Kap. 3.5.3). Tab. 6.15: Gegen Tumorzellen potentiell wirksame zytotoxische Wirkstoffe der Zellen der Immunabwehr.

Wirkstoffe

Wirkungsweise

Inhibitoren

Makrophagen

PMN, PMB, PME

+

++

toxisch

kationische Proteine

ECP/Eosinophil Cationic Protein wirkt als Ribonuklease; MBP/Major Basic Protein führt zum Anstieg von radikalen Molekülen (z. B. Peroxynitrit) durch Beeinflussung der Aufnahme von kationischen Aminosäuren (z. B. L-Arginin); aktiviert NKZellen

RNS (NO, ONOO−, o NO2)

Bildung von toxischem Peroxynitrit aus der Reaktion mit Superoxid

NKZellen

CTL

6.3 Zytotoxische Wirkstoffe der Immunzellen

521

Inhibitoren

Makrophagen

PMN, PMB, PME

NKZellen

CTL

Peroxidasen, Oxidasen

+++

+++

(+)

(+)

+++

+++

+++

+++

+++

+++

Granzym B

Chymase (Asparaginase), induziert SerpinApoptose durch a) Aktivierung von protease(Pro-) Caspase -3, -6, -7, -9, -10; Inhibitor b) Inaktivierung des ICAP/Inhibitor der (SPI-) 9 (in Caspase aktivierten DNAse; dendritic) Spaltung des BID/BH3-Interacting schen Domain death agonist in das Zellen und tBID/truncated BID, schädigt die Gedächtnis Mitochondrien-Membran, die wiederum CD8+ CTL); Cytochrom C (aktiviert Caspase 9), AktivaGranzym B toren von Caspasen (SMAC) und EndoInhibitor 1 nukleasen (EndoG) freisetzen

++

+++

Granzym H, K, M

H (Chymase; Cathepsin G-ähnlich), -M (Metase), K (Tryptase-II) deren Funktionen noch weitgehend unbekannt sind

++

+++

Wirkstoffe

Wirkungsweise Bildung von Superoxid-Anion (O–2) durch NADPH-Oxidase und O2 Bildung von Hydrogen-Peroxid (H2O2) durch Superoxid-Dismutase und Superoxid-Anion

ROS ( oO2, H2O2, o OH; siehe Kap. 4.6.5)

Bildung von Hypochlor-Säure (HOCl) durch Myeloperoxidase + Cl−-Ionen und Hydrogen-Peroxid Bildung von Hydroxylradikalen (•OH) durch Myeloperoxidase + Fe (III) Ionen und Superoxid-Anion Bildung von Singlet-Sauerstoff durch Myeloperoxidase und O2, Bildung von Ozon (O3)

porenbildend dringen (Kalzium-Ionen-abhängig) in die Zellmembran und Polymerisieren dort zu Cathepsin Perforin-1 einer Pore (16nm bei Perforin-1; 6nm bei B (degradiert PerfoPerforin-2 Perforin-2), hierdurch Zytolyse; Porenrin); bildung macht die Zellmembran für Calretikulin Granzym A und B durchlässig (bindet Lipid-bindendes negativ geladenes KalziumGranulyProtein der Saposinfamilie, bewirkt ionen) sin Zytolyse durch Porenbildung Serinproteasen Granzym A

Tryptase, degradiert positiv geladene extrazelluläre Matrix und Membranproteine, induziert Apoptose

TrypsinInhibitor

?

522

Wirkstoffe

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Wirkungsweise

Inhibitoren

Makrophagen

PMN, PMB, PME

NKZellen

CTL

Lysosomale Enzyme Dipeptidyl-Aminopeptidase, aktiviert Cathepsin Serinproteasen, besonders die Granzyme C A und B

Cystatin F (in Immunzellen)

++

+++

+

+

Cathepsin B

Cystatin C (in Immunzellen)

++

+++

+

+

Cathepsin L,D

+++

+++

Lipasen

+++

+++

+++

+++

+++

+++

+++

+++

++

+++

++

++

Phospholipasen

aktiviert Caspase-3 (Exekution der Apoptose, siehe Kap. 3.5)

Zerstörung der Zellmembran

Sulfatasen Liganden für Todes-Rezeptoren

FasLigand

bindet an und aktiviert den TodesRezeptor Fas (CD95/Apo-1), zur Einleitung der Apoptose

TGF-β (inhibiert die Expression von Fas-Ligand)

TNF-α (TumorNekroseFaktor)

induziert Apoptose über Bindung an TNF-Rezeptor-I oder -II

lösliche TNF-Rezeptoren

+++

TNF-β (Lymphotoxin)

induziert Apoptose über Bindung an TNF-Rezeptor-I oder -II

lösliche TNF-Rezeptoren

+

TRAIL (TNF DcR1, DcR2 induziert Caspase 8 abhängige Apoptose Related (Death über Bindung an DR4 oder DR5 (Death Apoptosis decoyCell Rezeptor) Inducing receptor) Ligand)

+++

+++

+

+

+++

+

++

+

+

Speichermatrix

Serglycin

Intrazelluläres Proteoglykan der Granula, bindet positiv geladene Proteine, besonders Granzym B, Perforin und Fas-Ligand

PMN = polymorphkernige Neutrophile Granulozyten, PMB = polymorphkernige basophile Granulozyten, PME = polymorphkernige eosinophile Granulozyten, NK = Natürliche Killerzellen; CTL = cytotoxische T-Lymphozyten

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr

523

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr 6.4.1 Monozyten, Makrophagen und Granulozyten Das Mononukleäre Phagozytose-System (MPS) Das mononukleäre Phagozytose-System spielt eine entscheidende Rolle bei der angeborenen und der erworbenen Immunabwehr und ist damit auch wesentlich beteiligt an allen Reaktionen gegen Tumorzellen. Unter dem Begriff MPS werden verstanden • die Vorläuferzellen für Makrophagen und Dentritischen Zellen (MDP/common Macrophage-Dentritic Cell Precursor), • die Monozyten, Makrophagen und Mikroglia und • die unterschiedlichen Dentritischen Zellen. Proliferation, Differenzierung direkt aus den MDPs oder aus den Monozyten und die Funktionen dieser Zellen werden durch Wachstumsfaktoren geregelt, im Besonderen durch M-CSF, GM-CSF und/oder IL-34. Monozyten und Makrophagen Unter dem Einfluss der Wachstumsfaktoren GM-CSF (Granulozyten-Makrophagen-koloniestimulierender Faktor) und M-CSF (Makrophagen-koloniestimulierender Faktor) entwickeln sich aus den hämatopoetisch-myeloischen Stammzellen die Monozyten des Blutes. Monozyten differenzieren sich nach Einwanderung aus dem Blut in das Gewebe zu Makrophagen. Diese sind besonders im retikuloendothelialen System (RES) anzutreffen. Monozyten sind im Blut, in der Milz und im Knochenmark nachweisbar. Im Blut zirkulierende Monozyten dringen in Gewebe ein und sorgen dort unter homeostatischen Bedingungen und unter dem Einfluss von M-CSF (und/oder GM-CSF) für den MakrophagenPool. Bei den Monozyten werden unterschieden • der klassische Typ (LPS/LBP-Rezeptor/CD14 positiv), welcher – ca. 90 % aller Monozyten darstellt, – den Chemokin-Rezeptor CCR2 für die Migration in Entzündungsgebiete exprimiert und – wahrscheinlich der Vorläufer der Makrophagen darstellt, – pro-inflammatorische Eigenschaften aufweist, – sich primär in den M1-Typ –Makrophagen entwickelt und/oder – Antigen-präsentierende Eigenschaften nach Wanderung in Lymphknoten (“tissue monocytes”) aufweisen kann, • der nichtklassische Typ (FC-IgG-Rezeptor Typ IIb/CD16 positiv), welcher – den Chemokin-Rezeptor CX3CR1 exprimiert, dessen Ligand von Endothelzellen und Gewebezellen exprimiert wird und – möglicherweise an der Kontrolle der Integrität der Endothelzellschicht im Gefäßsystem beteiligt ist, • wobei ein Wechsel vom klassischen zum nichtklassischen Typ wahrscheinlich möglich ist.

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6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Makrophagen zeichnen sich aus durch • eine Langlebigkeit • verzögerte Reaktionen, – Makrophagen erscheinen etwa 24–48 Stunden später am Reaktionsort als neutrophile Granulozyten, • Aktivierung durch (siehe Tab. 6.16) – Bindung von fremden (PAMPs/Pathogen Assoziierte Molekulare Produkte) oder verfremdeten Substanzen einschließlich Tumorantigenen (DAMPs/Detritus Assoziierte Molekulare Produkte) an PRR/Pathogen Recognition Receptors) wie z. B. ▪ Glykolipide und Lipopeptide an Toll-like-Rezeptoren (z. B. TLR-2, TLR-4), ▪ Lipoproteine (HDL, LDL), auch oxidiert, an Scavenger-Rezeptoren (SR-A1, SRA2, Marco), ▪ Galaktosyl-, Mannosyl-, Galaktosyl-, Glucosyl-, oder Fucosyl-Glykokonjugate an Kalzium-Ionen-abhängige (C-Typ-) Lectine (z. B. L-Selectin, MakrophagenMannose-Rezeptor), – Zytokine, wie beispielsweise: ▪ Interleukine (IL-1, IL-4, IL-6, IL-10, IL-13) ▪ Interferone (IFNβ, IFNγ) ▪ koloniestimulierende Faktoren (GM-CSF, G-CSF) ▪ Wachstumsfaktoren (PDGF, Platelet Derived Growth Factor), – Mediatoren, wie beispielsweise: ▪ Anaphylatoxine des Komplementsystems (C3a, C4a, C5a) – Opsonine, wie beispielsweise: ▪ Komplementspaltprodukte C3b, C3bi, C3d, ▪ CRP (C-reaktives Protein), Serum-Amyloide SA1-SA4, Pentraxin, Collectine, Fibronectin, – Antigen-gebundene Antikörper, welche mit ihrem Fc-Teil an die Fc-Rezeptoren binden • Funktionszunahmen nach Aktivierung, wie z. B. – Ausschüttung von zytotoxischen Substanzen und weiterer Wirkstoffe (siehe Kap. 6.3.3), welche ▪ direkt oder indirekt anti-tumoral wirksam sind oder ▪ das Tumorwachstum indirekt fördern; – Phagozytose von Zellen und Zellfragmenten, einschließlich Tumorzellen, Enzymatischer Verdau des phagozytierten Materials in Phagolysosomen und – Präsentation von Peptiden auf MHC-II-Molekülen ▪ Überkreuzpräsentation von Peptiden auf MHC-I-Molekülen, ▪ Überkreuzpräsentation von Lipiden auf CD1-Molekülen; ▪ Bildung von immunologischen Synapsen mit T-Lymphozyten. eine beträchtliche Beweglichkeit in Form von Diapedese und Chemotaxie, welche • – ausgelöst wird besonders durch Makrophagen-spezifische Chemokine wie z. B. CCL-2,-3,-4,-5,-7,-8,-13,-19,-20 und welche – zu einer verzögerten Ansammlung (etwa 24–28 h später als bei Granulozyten) am Ort der Chemokin-Quelle führt;

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr



525

eine ausgeprägte Plastizität, welche sich offenbart – in dem Erwerb von gewebespezifischen Eigenschaften in Abhängigkeit von dem Organ, in welchem sie sich angesiedelt haben, wie z. B. ▪ Kupffer’sche Zellen in der Leber, Alveolar-Makrophagen in der Lunge, Mikrogliazellen im Gehirn, Osteoklasten und Osteoblasten im Knochengewebe, ▪ Langerhans-Zellen in Haut und ▪ Makrophagen des Fettgewebes und der Körperhöhlen. – in der Spezialisierung und Polarisierung für die spezifischen Aufgaben in Abhängigkeit vom jeweiligen Umfeld und Einflus

So polarisieren Makrophagen zum sogenannten M1-Typ (M1-Makrophagen) oder zum M2Typ (M2-Makrophagen). M1-Makrophagen • entstehen unter dem Einfluss – der Aktivierung ihrer Rezeptoren für pathogene Strukturen (PRR) durch PAMPs (z. B. durch LPS/Lipopolysaccharide, Lipoproteine oder intrazelluläre Pathogene) und/oder – von pro-inflammatorischen Zytokinen (wie IFNγ, TNFα, GM-CSF und M-CSF), • sind spezialisiert auf die extrazelluläre Abtötung, Phagozytose, den intrazellulären Abtötungsprozess und den Verdau von Infektionserregern und deren PAMPs durch vermehrte Bildung – von reaktiven Sauerstoff Spezies (ROS) und reaktiven Stickstoff-Spezies (RNS), im Besonderen von NO, – von lysosomalen Enzymen im Phagolysosom; • exprimieren bevorzugt – Chemokine in breiter Vielfalt, die neutrophile Granulozyten, Natürliche Killerzellen und T-Lymphozyten heranlocken, welche ihrerseits durch die Expression von IL-12, IFNγ und TNFα den Entzündungsprozess wie auch die Polarisierung zu M1Makrophagen verstärken, – pro-inflammatorische Zytokine, im Besonderen IL-1β, IL-6, IL12, IL23, TNF-α, die autokrin und parakrin wiederum die Polarisierung zum M1 –Typ verstärken, • präsentieren Antigene (Peptide, Lipopeptide, Glykopeptide) über membranständige MHC-II –Moleküle oder CD1 Moleküle und unterstützen hierdurch die Prägung der erworbenen Immunabwehr – bei der Differenzierung von naiven T-Lymphozyten zu pro-inflammatorischen TH1 Lymphozyten und – bei der Differenzierung zu zytotoxischen T-Lymphozyten/CTL. • fördern (Zell-mediierte) Immunreaktionen vom verzögerten Typ M2-Makrophagen • entstehen dagegen unter dem Einfluss – von anti-inflammatorischen Zytokinen (im Besonderen IL-4, IL-10, IL-13, TGF-β) und/oder

526

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

– • •

von Immun-Komplexen, Komplementfaktoren, apoptotischen Zellen/DAMPs, Parasiten-Antigenen und/oder Pilz-Antigenen, weisen eine hohe Phagozytoseaktivität besonders für apoptotische Zellen auf, exprimieren ihrerseits anti-inflammatorische Zytokine wie z. B. IL-4, IL-10, IL-13 und TGF-β und bewirken hierdurch – bei Makrophagen ▪ autokrin und parakrin eine weitere Polarisierung zum M2-Typ, ▪ eine Hemmung der Expression von pro-inflammatorische Zytokine und der Bildung von reaktiven Sauerstoff und Stickstoff-Spezies, ▪ eine Stimulation der Expression von anti-inflammatorischen Zytokinen, – bei eosinophilen Granulozyten und basophilen Granulozyten erhöhte Chemotaxie, – bei T- Lymphozyten ▪ eine erhöhte Chemotaxie, ▪ eine verstärkte Differenzierung zum TH2-Lymphozyten und damit eine Förderung der Proliferation und Differenzierung von B-Lymphozyten und ▪ eine erhöhte Expression von IL-4 und IL-13, welche die Polarisierung zu M2Makrophagen wie auch die Differenzierung von TH2-Lymphozyten verstärkt, – bei B-Lymphozyten ▪ eine verstärkte Aktivierung und Selektion, ▪ eine vermehrte Expression von hochaffinen Antikörpern, ▪ eine Förderung des Antikörperwechsels nach IgE und damit der allergischen Reaktion vom Soforttyp (Typ I), – in Fibroblasten die Förderung der Expression von Komponenten der extrazellulären Matrix, ▪ exprimieren Wachstumsfaktoren (VEGF, FGF, TGF-β, TGF-α), welche die Angiogenese, die Differenzierung der Endothelzellen und Fibroblasten und die Wundheilung unterstützen.

Tab. 6.16: Tumorzellbestandteile, welche Makrophagen direkt aktivieren können zur Bildung von antitumoralen oder pro-tumoralen Wirksubstanzen. Tumorzellen (Membranbestandteile)

Makrophagen Aktivierung über

Glykolipide, Glykopeptide, Heat-shockProteine



Toll-likeRezeptoren TLR-2, TLR-4

Fucosyl-Glykokonjugate (sialysiertes Lewis X)



L-Selectin

exprimierte Substanzen

Anti-tumorale Wirkung

Förderung des Tumorwachstums

kationische Proteine (Major Basic Protein)

MBP (Major Basic Protein) führt zum Anstieg von radikalen Molekülen (z. B. Peroxynitrit) durch Beeinflussung der Aufnahme von kationischen Aminosäuren (z. B. L-Arginin); aktiviert NK-Zellen

Aktivierung von Mastzellen und basophilen Granulozyten

NO (Stickoxid)

Bildung von toxischem Peroxynitrit aus der Reaktion mit Superoxid

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr

Tumorzellen (Membranbestandteile)

MannosylGlykokonjugate

GalaktosylGlykokonjugate

GlykosylGlykokonjugate

acetylierte oder oxidierte Lipoproteine

527

Makrophagen Aktivierung über









MMR (MakrophagenMannoseRezeptor), Langerin, DCSIGN (Dendritic cell specific ICAM3 grabbing non Integrin), MICA, MICB (MHC-I related Sequenz A, B)

exprimierte Substanzen

Anti-tumorale Wirkung

Sauerstoffradikale

Bildung von SuperoxidAnionradikalen (O2•– ), Wasserstoffsuperoxid (H2O2), Hydroxylradikal (•HO); und aus dem Stickstoffmonoxid (NO) das Stickstoffdioxidradikale (•NO2) (siehe Kap. 4.6.5)

TNF-α (Tumor-NekroseFaktor)

Auslösung der Apoptose über den TNF-Rezeptor

FGF, TGF-α, VEGF (A,B,C,D)

Proliferation der Endothelzellen/ Angiogenese

FGF, TGF-α

Wachstumsfaktor für Tumoren

MGL-1

Dectin1Homolog (Dendritic cell lectin)

ScavengerRezeptoren (SRA1, SRA2) Marco (MakrophagenRezeptor mit CollagenStruktur)

Förderung des Tumorwachstums

TGF-β

Hemmung der Zellteilung durch Expression von p15, p21

IL-1, IL-4, IL-6. IL-10, IL-13 M-CSF

Aktivierung von Makrophagen, dendritischen Zellen, T-Lymphozyten;

Interferon-γ, -β

Hemmung der Zellproliferation/Angiogenese

GM-CSF, G-CSF

Aktivierung von Granulozyten

Chemokine (CCL3, CCL4, CCL19, CCL20)

Chemotaxie von Makrophagen und Granulozyten

Lysosomale Enzyme (Cathepsin L,D; Lipasen, Phospholipase A2, Sulfatasen

Zerstörung der Zellmembran (Proteine, Phospholipide, sulfatierte Glykosaminoglykane und sulfatierte Glykolipide)

Degradation der extrazellulären Matrix (ECM), Inaktivierung von Leukotrienen/SRSA (Arylsulfatase)

528

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Tumorzellen (Membranbestandteile)

acetylierte oder oxidierte Lipoproteine

Glykolipide, Glykopeptide, Heat-shockProteine

Makrophagen Aktivierung über





ScavengerRezeptoren (SR-A1, SRA2) Marco (MakrophagenRezeptor mit CollagenStruktur)

TREMRezeptoren (Triggering Receptors expressed by Myeloid Cells)

exprimierte Substanzen

Anti-tumorale Wirkung

Leukotriene (LTB4)

Chemotaxie von Granulozyten

Förderung des Tumorwachstums

Thromboxan

Aktivierung und Aggregation von Thrombozyten

Prostaglandine (PGI2, PGE2, PGF2)

Hemmung von Makrophagen, Granulozyten und Lymphozyten (im bes. PGE2)

Pentraxine

Bindung an Phospholipide/DNA. Bildung von C3b, C3bi, C3d und Opsonierung für Phagozytose

Komplementfaktoren/ Anaphylatoxine C3a, C4a, C5a

Chemotaxie und Aktivierung von Makrophagen und neutrophilen, eosinophilen Granulozyten

Aktivierung und Degranulation von Mastzellen, basophilen Granulozyten

Gerinnungsfaktoren V, VII, IX, X

Gerinnung durch Bildung von Thrombin und Fibrin

Plasmin

Aktivierung von Matrix-Metalloproteasen mit Abbau der Extrazellulären Matrix

Fibrinolyse, Aktivierung von TGF-β

Granulozyten Neutrophile, eosinophile und basophile Granulozyten entwickeln sich aus den hämatopoetisch-myeloischen Stammzellen unter dem Einfluss des Wachstumsfaktors GM-CSF/ Granulocyte-Macrophage-Colony Stimulating Factor (Granulozyten-Makrophagen-koloniestimulierender Faktor) und dem • G-CSF (Granulozyten-koloniestimulierender Faktor) zur Prägung von neutrophilen Granulozyten, • Interleukin-4 (IL-4) zur Prägung von basophilen Granulozyten und • Interleukin-5 (IL-5) zur Prägung von eosinophilen Granulozyten.

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr

529

Granulozyten unterscheiden sich von Makrophagen durch: • ihre Kurzlebigkeit (Zellkerne gelappt und pyknotisch), • ihre schnelle Reaktionweise, • die fehlende Expression von MHC-II, • das Ausmaß der Exozytose der Inhaltsstoffe ihrer spezifischen Granula. (siehe Tab. 6.17), deren Inhaltsstoffe – anti-tumorale Wirksamkeit haben können, – oder das Tumorwachstum zu fördern in der Lage sind. Granulozyten exprimieren ein Spektrum an Rezeptoren, welches demjenigen der Makrophagen ähnelt und können daher in ähnlicher Weise wie Makrophagen durch Tumorzellen zur Expression von anti-tumoralen und pro-tumoralen Wirkstoffen stimuliert werden (siehe Tab. 6.17). Zusätzlich verfügen Granulozyten gleich wie die Makrophagen über Fc-Rezeptoren, welche aktiviert werden durch den Fc-Teil von Antikörpern, soweit diese an ein Antigen, beispielsweise auf der Zellmembran einer Tumorzelle spezifisch gebunden sind. Durch die Aktivierung ihrer Fc-Rezeptoren schütten Granulozyten wie die Makrophagen zytotoxische Substanzen aus (siehe Kap. 6.3) und bewirken hierdurch die antikörperabhängige, zelluläre Zytotoxizität (ADCC, siehe Kap. 6.6.4).

Tab. 6.17: Anti-tumorale und pro-tumorale Wirkstoffe von aktivierten Granulozyten. Ausschüttung von Wirkstoffen durch Granulozyten WirkstoffGruppe

kationische Proteine

Neutrophile

(geringe Mengen von EDN und ECP)

Eosinophile

Basophile

MBP/Major Basic Protein, ECP/Eosinophilic Cationic Protein, EDN/Eosinophil Derived Neurotoxin, EPO/ Eosinophil Peroxidase

MBP/Major basic Protein, (geringe Mengen von ECP EDN und EPO)

IL-1, IL-6, GM-CSF

IL-1, IL-3, IL5, IL-6, IFN-α, -β, GM-CSF

TNF-α

TNF-α

Zytokine

IL-4, IL-5, IL-6

TNF-α

Wirkung Anti-tumorale Wirkung

Pro-tumorale Wirkung

zytotoxisch

Aktivierung von Mastzellen und basophilen Granulozyten

Aktivierung von Granulozyten, Makrophagen, B-Lymphozyten, T-Lymphozyten (TH2)

Aktivierung von Endothelzellen

zytotoxisch, Auslösung der Apoptose

530

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Ausschüttung von Wirkstoffen durch Granulozyten WirkstoffGruppe

Neutrophile

Chemokine

CCL3, CCL4 (MIP-1α, -β)

Eosinophile

Basophile

Wirkung Anti-tumorale Wirkung Chemotaxie (Makrophagen) Aktivierung der Endothelzellen Gefäßerweiterung

Histamin

Serotonin

Gewebshormone/ Mediatoren

Proteoglykane (Heparin, Chondroitinsulfat)

Wachstumsfaktoren

Prostaglandine

Gefäßverengung

Inhibition der Gerinnung (Thrombin)

Hemmung des Zellteilung durch verstärkte Expression der Inhibitoren p15 und p21, Aufbau der extrazellulären Matrix

TGF-β

Leukotriene

Differenzierung von Kapillarsprossen, Hemmung von Lymphozyten und Makrophagen

TGF-α

Wachstumsfaktor für Epithelzellen und Karzinomzellen

PAF (Platelet activating Factor)

Aktivierung und Aggregation von Thrombozyten

LTC4

PGI2, PGE2, PGF2

Histaminase

LTC4

Chemotaxie von Granulozyten

PGD2

Gefäßerweiterung; Hemmung der Thrombozytenaggregation

Phospholipase A2

Hemmung von Makrophagen, Granulozyten und Lymphozyten (im bes. PGE2)

Inaktivierung von Histamin Inaktivierung von Leukotrienen/ SRSA

Arylsulfatase,

Enzyme

Pro-tumorale Wirkung

Inaktivierung von Platelet activating factor

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr

Ausschüttung von Wirkstoffen durch Granulozyten WirkstoffGruppe

lysosomale Enzyme (Proteasen, Lipasen, Glykosidasen)

Neutrophile

bevorzugt intrazellulär (Phagolysosomen)

Eosinophile

Basophile

Carboxypeptidase

Carboxypeptidase

bevorzugt extrazellulär (Exozytose)

bevorzugt extrazellulär (Exozytose)

531

Wirkung Anti-tumorale Wirkung

Pro-tumorale Wirkung Inaktivierung der Anaphylatoxine C3a, C4a, C5a

Schädigung der Zellmembran

Degradation von Antikörpern und Zytokinen, Aktivierung von Mastzellen, Degradation der extrazellulären Matrix

Tumorzellen können Makrophagen und Granulozyten in verschiedener Art und Weise aktivieren, und zwar • direkt durch Tumorantigene, soweit sie fremde (PAMPs) oder verfremdete (DAMPs) Strukturen darstellen, welche an PRR/Pathogen Recognition Receptors auf Makrophagen und Granulozyten binden, • durch die Ausschüttung von Zytokinen und Chemokinen, wie beispielsweise – Interleukin-1 von Melanom-Zellen, – Interleukin-4, IL-8 von Kolonkarzinom-Zellen, – Interleukin-6, IL-10 und IL-22 von Lungenkarzinomzellen (NSCLC), • durch die Aktivierung des Komplementsystems mit Bildung der Anaphylatoxine C3a, C4a, C5a, • durch die Ausschüttung von Leukotrienen. Diese immunstimulierende Fähigkeit kann jedoch nicht nur anti-tumorale, sondern auch pro-tumorale Reaktionen des Immunsystems provozieren (siehe Kap. 4.6.6.2) So ist beispielsweise bekannt, dass die Expression von IL-6, IL-8, lL-10 oder von IL-22 durch Tumorzellen verbunden ist mit einer negativen Prognose für den Krankheitsverlauf. Entscheidend für das Tumorwachstum scheint somit zu sein, ob im intra-tumoralen Milieu protumerale oder anti-tumorale Wirkmechanismen dominieren (siehe auch Kap. 6.2)

6.4.2 Helferzellen und Natürliche Killer-Zellen des ILC-Systems Zellen des angeborenen Lymphozytensystems (ILC/Innate Lymphoid Cells) zeichnen sich dadurch aus, dass sie • direkt von Vorstufen (Common Lymphoid Progenitor) des lymphoiden Systems abstammen, – bei ihnen ist für die weitere Differenzierung in B- oder T-Lymphozyten das hierzu notwendige RAG/Recombination Activating Gene nicht aktiviert; daher

532 • • •

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

weder B-Lymphozyten-Rezeptoren (BCR/B-Cell Receptors) noch T-Lymphozyten-Rezeptoren (TCR/T-Cell-Receptors) exprimieren, weder Marker des myeloiden Systems noch der Dentritischen Zellen tragen, als Teil der angeborenen Immunabwehr – ohne vorherige Immunisierungs- und Prägungsphase ihre Wirkung entfalten, – jedoch maßgeblich die erworbene Immunabwehr beeinflussen.

Zu den Zellen des angeborenen Lymphozyten-System gehören • ILC/Innate Lymphoid Cells -Helferzellen und • Natürliche Killerzellen. ILC-Helferzellen Die Helferzellen des ILC- Systems weisen eine hohe Plastizität im Wechsel ihrer Prägungen auf, auf Grund derer folgende Gruppen zu unterteilen sind, welche in unterschiedlicher Weise die erworbene Immunabwehr fördernd modulieren: • die ILC1-Gruppe, welche eine pro-inflammatorische Funktion ähnlich den TH1-Lymphozyten aufweist. Durch die Expression von IFNγ wirken ILC1 stimulierend auf die erworbene Immunantwort durch die Aktivierung von Makrophagen und Dentritische Zellen zur Expression von MHC-II für die Antigenpräsentation • die ILC2-Gruppe, welche den TH2-Lymphozyten ähnelt und damit die AntikörperBildung und -Reaktionen fördert, • die ILC3-Gruppe, welche ähnlich wie TH17-Lymphozyten wirkt und von besonderer funktioneller pro-inflammatorischer Bedeutung im Dünndarm und Dickdarm ist. Natürliche Killerzellen NK-Zellen stellen etwa 10 % der Blutlymphozyten dar und sind erkennbar an ihrer eigentümlichen Granula (LGL/large Granular Lymphocytes). Unreife NK-Zellen sind immunmodulatorisch aktiv durch die Ausschüttung eines Spektrums von Zytokinen. Zu diesen gehören: • IL-5 (Stimulierung von eosinophilen Granulozyten und B-Lymphozyten) • IL-10 (Stimulierung von Makrophagen und T-Helfer (TH2)-Lymphozyten; Hemmung von T-Helfer (TH1)-Lymphozyten) • IL-13 (Stimulierung von B-Lymphozyten) • GM-CSF (Stimulierung von Makrophagen und Granulozyten) • Interferonγ (Stimulierung von T-Helfer(TH1)-Lymphozyten) • TNF(Tumor-Nekrose-Faktor)-α. Für die Entwicklung zu reifen Natürliche Killerzellen sind entscheidend • die Differenzierung aus der hämatopoetischen Stammzelle (Common Lymphoid Progenitor) durch die Zytokine FLT3L/FMS-Like Tyrosine kinase 3 Ligand, SCF/Stem Cell Factor, IL-3, IL-7 und IL-15, • die Prägung je nach Umfeld und Zytokinspektrum zu – zytotoxischen NK-Zellen im Blut und in der Milz unter dem Einfluss von IL-2, IL-12, IL-15, IL-18 und IL-21, wobei ▪ IL-2 und IL-15 die reife NK-Zelle zur Zytotoxizität hin ausrichten,

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr

533

IL-12, IL-18 und IL-21 das zytotoxische Potential in der NK-Zelle verstärken; tolerogenen NK-Zellen in der Leber (gegenüber Fremdstoffen wie z. B. Bestandteilen von Nahrungsmitteln, Bakterien) unter dem Einfluss von TGF-β und IL-10 oder regulativen NK-Zellen im Uterus (gegenüber den väterlichen Antigenen des Fetus) unter der Einwirkung von TGF-β und IL-15. ▪





Reife Zytotoxische NK-Zellen sind in der Lage, normale eigene Zellen von fremdem Zellen oder verfremdeten Zelle zu unterscheiden. Hierfür besitzen sie ein charakteristisches Expressionsmuster von Rezeptoren (siehe Tab. 6.18). Nicht exprimiert werden • T-Lymphozyten-Rezeptoren (TCR/T-Cell-Receptors) und deren CD3-Komplexe und • B-Lymphozyten-Rezeptoren (BCR/B-Cell-Receptors), Teilweise wird exprimiert der CD8-Corezeptor des T-Zell-Rezeptors (TCR) von zytotoxischen T-Lymphozyten (CTL/Cytotoxic T-Lymphocytes). Verstärkt werden exprimiert • FC-Rezeptoren, im Besonderen FcγRIII/CD16, welche die Antikörper- abhängige zelluläre Zytotoxizität (ADCC/Antibody Dependent Cellular Cytotoxicity) gegen Zielzellen ermöglichen, – falls Antikörper an der Zielzelle gebunden sind und – wenn diese Antikörper mit ihrem Fc Teil die Fc-Rezeptoren auf NK-Zellen vernetzend stimulieren und dadurch NK-Zellen zur Zytotoxizität aktivieren, • fördernde Rezeptoren (KIR/Killer Cell Immunoglobulin like Receptors, NKp/Natürliche Killerzell-Proteine, KLRC3/Killer Cell Lectin like Receptor, Member 3 NKG2C, NKG2E) für die Auslösung einer Zytotoxizität (siehe Tab. 6.19); diese – verfügen über eine kurze (S) zytoplasmatische Domäne, – binden nach Aktivierung Adapterproteine mit phosphorylierbaren Domänen (ITAM/Immune-Receptor Tyrosin based Activating Motife, siehe Kap. 3.1.2.1), die über Rezeptor-assoziierte Kinasen (Src-Kinasen wie ZAP70 und SYK) oder über den PI3-Kinase-Weg die zelluläre Signal-Übertragung anstoßen; – werden durch die Zielzelle aktiviert, wenn diese auf ihrer Zellmembran exprimiert ▪ PAMPs (z. B. Virusantigene oder bakterielle Antigene), ▪ keine intakten klassischen MHC-I Moleküle; deren Expression kann beispielsweise gehemmt sein in Folge einer Behandlung mit Kortikosteroiden, einer Virusinfektion (z. B. HIV, RSV oder AV) oder durch Mutation oder epigenetische Blockade der Transkription (z. B. bei Tumorzellen) ▪ ausschließlich nicht-klassische, atypische oder im Rahmen von Organtransplantationen allogene/fremde MHC-I Moleküle oder ▪ in ihrer Funktion z. B. physikochemisch beschädigte MHC-I Moleküle (z. B. durch Toxine, Arzneimittel, Umweltgifte, radioaktive Strahlung) ▪ hemmenden Rezeptoren für die Auslösung einer Zytotoxizität (siehe Tab. 6.19), welche – eine lange (L) tyrosinhaltige zytoplasmatische Domäne besitzen, die – nach Phosphorylierung des Tyrosins inhibierend wirken (ITIM/Immune-Receptor Tyrosin-inhibiting Motife, siehe Kap. 3.1.2.2), indem das ITIM eine Phosphatase

534

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem



aktiviert, welche durch Dephosphorylierung der ITAMS der Adapterproteine die aktivierenden Rezeptoren inaktiviert, aktiviert werden durch die klassischen MHC-I Moleküle auf der Zielzelle; ▪ daher bleiben die eigenen Normalzellen wie auch Tumorzellen, falls sie MHC-I exprimieren, von NK-Zellen verschont, ▪ was andererseits die Antigen-spezifische Zytotoxizität durch zytotoxische T-Lymphozyten (CTL/Cytotoxic T-Lymphocytes) ermöglicht.

Zytotoxische NK-Zellen können sich unter dem Einfluss von Zytokinen (besonders Il-2, IL-12, IL-15, IFNα, IFNβ) differenzieren in • zytotoxisch hoch-aktive NK-Zellen (ca. 90 % der NK-Zellen, Marker: CD16+, CD56niedrig), – deren Expression von Zytotoxizität auslösenden Rezeptoren (KIR) hoch, diejenige von Zytokinen jedoch niedrig ist, – welche Fc-Rezeptoren (besonders Fc-γRIIIA) exprimieren, welche durch das FcTeil von IgG-Antikörpern, die an Zielzellen gebunden sind, stimuliert werden zur ADCC/Antikörper Dependent Cellular Cytotoxicity, – wobei die Zytoxizität ermöglicht wird durch die Expression bzw. Ausschüttung von (siehe Kap. 6.5) ▪ ROS (Reactive Oxygen Species), ▪ Perforin und Granzyme, ▪ IFNγ, welches zusätzlich pro-inflammatorisch wirkt durch Prägung von TH1Lymphozyten und welches direkt antiviral, antifungal, antiparasitär und antibakteriell wirkt, ▪ TNF-α, TNF-β, FAS-Ligand oder TRAIL/TNF-Related Apoptosis Inducing Ligand, welche eine Rezeptor-abhängige Apoptose der Zielzelle induzieren, ▪ zytotoxisch gering aktive NK-Zellen (ca. 10 % der NK-Zellen, Marker: CD16−, CD56hoch), – deren Expression von Zytotoxizität auslösenden Rezeptoren (KIR) relativ niedrig ist, – die jedoch verstärkt Zytokine ausschütten, – welche pro-inflammatorisch wirken durch ▪ Verstärkung der Polarisation zu M1-Makrophagen (z. B. durch IFNγ), ▪ Aktivierung von Granulozyten (z. B. durch GM-CSF, IL-5), ▪ Förderung der Differenzierung zu TH1-Lymphozyten (z. B. durch IFNγ), – welche aber auch anti-inflammatorisch wirken können durch ▪ Verstärkung der Polarisation zu M2-Makrophagen (z. B. durch IL-13, IL-10), ▪ Förderung der Differenzierung zu TH2-Lymphozyten und B-Lymphozyten (z. B. durch IL-4, IL-5, IL-10, IL-13).

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr

535

Tab. 6.18: Funktion der unterschiedlich polarisierten NK-Zellen. Prägende Zytokine



Polarisierungen

Funktionen

zytotoxische NK-Zellen

hoch zyto-toxisch

aktivierende KIR (↑); ROS, Perforin, Granzyme (↑), IFN-γ, TNF-α, TNF-β, TRAIL, FasL (↑)

Abtötung von infizierten Zellen (↑) (Viren, Pilzen, Bakterien, Parasiten)

Zytokine (↓) IL-2, IL-12, IL-15, IL-18, IL-21



GM-CSF, IFNγ, IL-5 (↑)

M1-Makrophagen, Granulozyten (↑) TH1-Lymphozyten (↑)

IL-10, IL-5, IL-13 (↑)

M2- Makrophagen (↑) TH2-Lymphozyten (↑) B-Lymphozyten (↑)

IFNα, IFNβ gering zytotoxisch

aktivierende KIR (↓) ROS, Perforin, Granzyme, IFN-γ, TNF-α, TNF-β, TRAIL, FasL (↓)

Abtötung von infizierten Zellen (↓) (Viren, Pilzen, Bakterien, Parasiten)

tolerogene NK-Zellen TGF-β, IL-10



Toleranz gegen LebensmittelBestandteilen und Bakterien in der Leber (↑)

Zytokine /IFN-γ (↓) aktivierende KIR (↓)

regulative NK-Zellen

TGF-β, IL-15



Stimulation zelluläre Antwort

Zytokine /IFN-γ (↓) aktivierende KIR (↓)

Toleranz der Mutter gegen väterliche Antigene im Fetus

GM-CSF, M-CSF, PGF, Angiopoietin-2, VEGF

Kontrolle der Vaskulasierung und des TrophoblastWachstums.

Stimulation Antikörperantwort

anti-inflammatorisch/ antiallergisch

kursive Schrift: erworbene Immunreaktion KIR = Killer-Rezeptoren; ROS = Reactive Oxygen Species; PGF = Placenta Growth Factor;

536

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Tab. 6.19: Aktivierende und hemmende Rezeptoren auf zytotoxischen Natürlichen Killerzellen. aktivierende Rezeptoren

Liganden auf der Zielzelle

Ig-Superfamilie*

hemmende Rezeptoren

Liganden auf der Zielzelle

Ig-Superfamilie**

NKp30

BAT3, HCMV/pp65, Plasmodium falciparum/ PfEMP1

KIR-2D-L1

NKp44

virales HA, virale HN, PCNA, Proteoglykane

KIR-2D-L2/-L3

NKp46

virales HA, virale HN, Glykosaminoglykane/ Heparin

KIR-2D-L4

HLA-G

KIR-2DL4

HLA-G KIR-3D-L1

HLA-BW4

KIR-2DS1

HLA-C2

KIR-2DS3,-S5

?

KIR-3D-L2

HLA-A3, HLA-A11

KIR-2DS4

HLA-A11

KIR-3D-L3

?

KIR-3DS1

HLA-Bw4

DNAM-1

Nectin-2/CD112; PVR/ CD155

ILT2 (CD85j)

HLA-A, -B, -C,-G1, HCMV/ UL18

Fc-γRIIIA

Fc-Teil zellgebundener AK

HLA-C2

HLA-C1

C-TypLektinfamilie**

C-Typ-Lektinfamilie* NKG2C

NKG2A NKG2E

HLA-E

NKG2H NKG2D

HLA-E

NKG2B MIC-A/-B ULBP-1,-2,-3, -4

pro-inflammatorisch wirksam

NKR-P1A/CD161

LLT1

NKR-2B4/CD244

BLAST-1/CD48

anti-inflammatorisch/antiallergisch wirksam

*) Aktivierung von Rezeptor (S = Short) assoziierten Proteinen, welche ITAM/Tyrosine-Based Activating Motive enthalten **) Aktivierung von ITIM/Tyrosine-Based Inhibitory Motive im zellinternen Teil (L = Long) des Rezeptors BLAST-1 = B-lymphocyte activation marker; DNAM-1 = DNAX Accessory Molecule-1; HA = Hämagglutinin, HCMV = Human Cytomegalie-Virus; HLA = Humanes Leukozyten Antigen; HN = Hämagglutinin-Neuraminidase; ILT2 = Ig-like transcript2; Ig = Immunglobulin; KIR = Killer-cell immunoglobulin-like receptor; MICA/B = MHC class I polypeptide-related sequence A/B; NKp = Natürliches Killerzell-Protein; NKG = Natürliche Killerzell-Gruppe; NKR-P1A = NK-Zell-Rezeptor- P1A; LLT1 = Lectin Like Transcript-1; PCNA = Proliferating-Cell-Nuclear-Antigen; PfEMP1 = Plasmodium falciparum erythrocyte membrane protein 1; PVR = Poliovirus-Rezeptor; ULBP = UL-16 binding protein

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr

537

Die zytotoxische Aktivität von NK-Zellen wird zusätzlich geregelt durch: • Chemokine zur Steuerung der Chemotaxie, im Besonderen – CXCL-8 (IL-8), – CX3CL-1 (Fractaline), – CXCL-9 (MIG/Monokine induced by Interferon-Gamma), – CXCL10, -11 (IP/Interferon inducible Proteins wie IP10 und IP9), – CXCL12 (SDF/Stromal Cell Derived Factors wie SDF1α und β), – CCL21 (SLC/Secondary Lymphoid tissue Chemokine); – CCL19 (ELC/EBV induced molecule 1 Ligand Chemokin); • Zytokine, – welche die Proliferation und Funktion verstärken, wie z. B. Interleukine (IL-12, IL-15, IL-18, wobei besonders IL-18 die zytotoxische Aktivität verstärkt), TNF-α, Interferone, – oder welche die Proliferation hemmen wie z. B. Interleukin-21 (ausgeschüttet von T-Helfer (TH1)-Lymphozyten.

6.4.3 Einfluss von Komplement, Gerinnung, Fibrinolyse, Kinine und Thrombozyten Wirkung der Komplementfaktoren Das Komplementsystem nimmt eine zentrale Funktion ein zwischen angeborener und erworbener Immunabwehr. Es besteht aus einer Reihe von im Blut befindlichen Proenzymen (Zymogene), deren Enzymaktivitäten durch Spaltung oder Bildung von Protein-Komplexen in einer kaskadenförmigen Reihenfolge aktiviert werden. Die Ergebnisse dieser Aktivierungskaskade sind Komplementprodukte, die folgende Eigenschaften haben (siehe Tab. 6.20) • Förderung der Phagozytose durch – Verklumpung bzw. Vernetzung von löslichen oder partikulären Fremdstoffen und von (Antigen-Antikörper)-Immun-Komplexen, – chemotaktische Wirkung auf Granulozyten und Makrophagen und – Komplementprodukte, die als Opsonine die Phagozytose von Fremdstoffen, Antigenen und Antigen-Antikörper-Komplexe erleichtern, • Zell-Lyse durch Bildung des Membranangriffs-Komplexes (MAC/Membrane Attack Complex) am Fc-Teil von Antikörpern, welche an der Zellmembran im Besonderen von Erythrozyten, gebunden haben, • Auflösung von hochmolekularen Antigen-Antikörper-Komplexen durch Bindung an das Fc-Teil und hierdurch Verminderung der durch diese Komplexe verursachten Entzündungsreaktionen, • Auslösung von lokalen und systemischen Entzündungen/Anaphylaxien durch die Komplement-Spaltprodukte/Anaphylatoxine C3a, C4a, C5a. Drei Wege der Komplementaktivierung sind von besonderer Bedeutung: Der klassische Weg beinhaltet folgende Stufen • Aktivierung von C1q vorzugsweise durch Bindung

538

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem



• •

• •

an das Fc-Teil von IgG und/oder IgM in Antigen-Antikörper-Komplexen (ImmunKomplexen) und/oder – direkt an PAMPs (z. B. Lipopolysaccharide) oder DAMPs (z. B. Phosphatidylserin) Bildung von Komplexen von aktiviertem C1q mit den Serinproteasen C1r und C1s. Im Komplex C1q+C1r +C1s (C1qrs) sind C1r und C1s aktiviert. C1qrs spaltet – C2 in C2a und C2b und – C4 in C4a (Anaphylatoxin) und C4b (Opsonin) C4b bildet im Komplex mit C2b die C3- Konvertase C4bC2b, die C3-Konvertase C4bC2b – spaltet C3 in C3a (Anaphylatoxin) und C3b (Opsonin) und – bildet mit C3b die C5-Konvertase C4bC2bC3b.

Der MBL/Mannose-Bindendes Lectin-Weg • startet mit Ficolin und Collectin-11, welche binden – an Kohlenhydratstrukturen, die reich sind an D-Mannose und L-Fucose und/oder – an acetylierte Struktureinheiten auf PAMPs und DAMPs, • das gebundene Ficolin und Collectin -11 bildet Komplexe mit MASP/MBL-assoziierte Serinprotease. Hierdurch ist MASP aktiviert. • MASP spaltet – C2 in C2a und C2b und – C4 in C4a (Anaphylatoxin) und C4b (Opsonin) • C4b bildet im Komplex mit C2b die C3- Konvertase C4bC2b • die C3-Konvertase C4bC2b – spaltet C3 in C3a (Anaphylatoxin) und C3b (Opsonin) und – bildet mit C3b die C5-Konvertase C4bC2bC3b. Der alternative Weg zur Bildung einer C5-Konvertase beinhaltet • Spaltung von C3 in C3a (Anaphylatoxin) und C3b (Opsonin) – spontan, z. B. auf Bakterienoberflächen, – durch Elastase, Proteasen, Plasmin, Faktor XII, aktiviert im Rahmen der Exozytose lysosomaler Enzyme oder (im Falle von Plasmin und Faktor XII) im Rahmen der Blutgerinnung und Fibrinolyse, • Bindung von C3b (über die kurzlebige Thioestergruppe) an Oberflächen mit der Folge, dass sich bilden – der Komplex C3bB aus C3b mit der Protease Faktor B, – die alternative C3-Konvertase C3bBb, indem Faktor B im C3bB Komplex durch die Protease Faktor D in die Produkte Ba und Bb gespalten wird; • Amplifikation der Aktivierung, indem – C3bBb durch Properdin (Faktor P) stabilisiert wird und – weitere C3 Moleküle durch die stabilisierte C3-Konvertase C3bBb gespalten werden können. • Anreicherung von C3b und Bildung der (oberflächengebundenen) C5-Konvertase C3bBp3b.

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr

539

Die gemeinsame Endstrecke der Komplementaktivierung umfasst • Spaltung von C5 durch die C5-Konvertasen (C4bC2bC3b und C3bBp3b) in C5a (Anaphylatoxin) und C5b, • Bindung von C5b an C6 und C7; der Komplex C5b67 dringt in die Zellmembran ein und bildet dort den Membranangriffs-Komplex (Membrane Attack Komplex/MAC) durch Assoziation mit C8 und einem Vielfachen von C9 (C5b678-(nx9). Unterschiedliche Proteasen (z. B. Plasmin, Kallikrein) können zusätzlich oder auch alternativ das Komplementsystem auf unterschiedlichen Stufen aktivieren, so z. B. • durch die Aktivierung von C1q, C1r und C1s, die Bildung von C1qrs, die Spaltung von C4 und C2 und die Bildung der C3-Konvertase C4bC2bC3b (s. o.), • durch die Spaltung von C3 in C3a und C3b und die Auslösung des alternativen Weges der Bildung einer C5-Konvertase, • durch die Spaltung von C5 in C5a und C5b und die Bildung des MAC/C5b678-(nx9). Tab. 6.20: Wirkung der Komplementfaktoren auf die Immunantwort. Factor/ Komplex

C1q

Rezeptor

cC1q-R (Calreticulin) gC1q-R

Rezeptor tragende Zellen

Wirkung

Mastzellen, eosin. Granulozyten

Aktivierung, Degranulierung (↑)

Makrophagen, neutroph. Granulozyten Thrombozyten, Endothelzellen, Fibroblasten, glatte Muskelzellen

Chemotaxie, Phagozytose (↑) Expression von Zytokinen, Chemokinen, Wachstumsfaktoren (↑)

Inhibitoren

C1-Inaktivator/ Faktor I (Inhibition der C1qrsBildung)

B-Lymphozyten sterische Behinderung der Immun-Komplexbildung

C3b; C4b

CR1

Erythrozyten

Transport von ImmunKomplexen aus dem Blut in die Leber, dort Phagozytose durch Kupffer’sche Sternzellen (↑)

Mastzellen, eosin. Granulozyten,

Aktivierung, Degranulierung (↑)

Makrophagen, neutroph. Granulozyten

Aktivierung, Phagozytose (↑)

Dentritische Zellen, T-Lymphozyten

Aktivierung (↑)

B-Lymphozyten sterische Behinderung der Immun-Komplexbildung

Faktor I/ C4BP, MCP, Faktor H (Cofaktoren der Serinprotease 1, inaktiviert C4b und C3b);

540

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Factor/ Komplex C3b

iC3b

C3d; C3dg

C3a, C4a, C5a

Rezeptor

Rezeptor tragende Zellen

VSIG4/ CRIg

Makrophagen, Dentritische Zellen

CR3, CR4

Granulozyten, Makrophagen

CR2

C3aR (C3a, C4a) C5aR

Wirkung

Inhibitoren

Aktivierung, Phagozytose (↑)

T-Lymphozyten

Aktivierung (↑)

B-Lymphozyten

Aktivierung (↑) (CR2 ist Rezeptor für EBV)

Mastzellen, basophile Granulozyten, eosinophile Granulozyten

Aktivierung, Degranulation(↑)

neutrophile Granulozyten Makrophagen,

Aktivierung, Chemotaxie, Exozytose lysosomaler Enzyme (↑); Expression von Zytokinen, Chemokinen, Leukotrienen, Prostaglandinen (↑)

Endothelzellen

Aktivierung, Auflösung der Haft-Komplexe, Erhöhung der Permeabilität, Oedeme (↑)

glatte Muskelzellen

Kontraktion (↑)

Erythrozyten

Hämolyse (↑)

Bakterien, Viren, Pilze, Protozoen

Zytolyse, Abtötung, Freisetzung von PAMPs (↑)

Carboxypeptidase (inaktiviert C3a, C4a, C5a durch Abspaltung von Arginin)

Faktor I/ C4BP, MCP, Faktor H (Kofaktoren der Serinprotease 1, inaktiviert C4b und C3b); DAF (Inhibition der Bildung von C3bBb)

MAC /C5b678(nx9) Kernhaltige Zellen

selten Zytolyse/Freisetzung von DAMPs (↑), meist Aktivierung (↑)

Protein S, SP40/40 (Inhibition von C5b67) HRF65, HRF20, MIRL, Protectin (Blockade von C8 und C9)

pro-inflammatorische Wirkung

anti-inflammatorische Wirkung

Einfluss der Gerinnung Ähnlich wie das Komplementsystem besteht das Gerinnungssystem aus einer Reihe von Proenzymen, deren Enzymaktivitäten durch Spaltung und Anlagerung in kaskadenförmiger Reihenfolge aktiviert werden. Die Auslösung der Gerinnung erfolgt über zwei unterschiedliche Wege.

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr

541

Der klassische extrinsische Weg verläuft über folgende charakteristische Stufen: • die Serinprotease FVIIa und der zellmembranständige Gewebefaktor TF/Tissue Factor als Regulatorprotein bilden Komplexe, wobei diese Komplexe die Protease-Aktivität von FVIIa drastisch verstärken; im Nebenschluss kann FVIIa – den FIX des intrinsischen Weges aktivieren zu FIXa und in diesem – den FX (in Anwesenheit von FVIIIa als Kofaktor) aktivieren zur Prothrombinase FXa oder – im Komplex mit TF (FVIIa/TF) in Kombination mit PL und Ca2+ den FX zum FXa aktivieren, • FXa wiederum aktiviert den gemeinsamen Weg der Gerinnungskaskade. TF wird von vielen Zellen exprimiert, • so von Zellen der Adventitia von Gefäßen, den Perizyten und den glatten Muskelzellen, und von Epithelzellen in der Haut, der Schleimhäute, der Drüsen und von Monozyten, • jedoch nur gering von der Skelettmuskulatur, dem Synovialgewebe und von ruhenden Endothelzellen, • durch pro-inflammatorische Zytokine, Immunmediatoren, freigesetzt im Rahmen von Entzündungsprozessen und/oder durch Hypoxie kann die Expression von TF deutlich ansteigen; dieses gilt beispielsweise – für Endothelzellen und Thrombozyten, – für Monozyten und neutrophilen wie auch eosinophilen Granulozyten nach Stimulation z. B. mit Platelet-activating factor (PAF) und/oder Granulozyten-Makrophagen Kolonie-Stimulierendem Faktor (GM-CSF), – bei arteriosklerotischen Prozessen und bei der Sepsis. FVII wird als Zymogen von Leberzellen exprimiert und zirkuliert im Blut als Zymogen wie auch mit geringem Anteil als aktives FVIIa, wobei • Proteasen wie z. B. FIXa, FXa, FXIIa, Thrombin, Plasmin oder der TF/FVIIa Komplex FVII zu FVIIa spalten, • FVIIa wie auch FVII mit hoher Affinität an TF binden, • die Protease-Aktivität von FVIIa im TF/FVIIa-Komplex durch Bindung an Phospholipidmembranen drastisch zunimmt, • aktivierte oder geschädigte Zellen gleich welcher Art durch die verstärkte Expression von Phospholipiden somit die Gerinnungskaskade über den extrinsischen Weg auslösen und/oder verstärken können. Inhibiert wird die Auslösung des extrinsischen Gerinnungsweges • durch die TFPI/Tissue Factor Pathway Inhibitors TFPIα und TFPβ, – die besonders von Endothelzellen wie auch von Megakaryozyten gebildet und nach Aktivierung (z. B. der Thrombozyten) freigesetzt werden, – welche FXa durch Bindung inhibieren und zusätzlich als Komplex (TFPI/FXa) TF/ FVIIa durch Bildung des Komplexes TFPI/FVIIa/TF/FXa hemmen,

542

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

– • •

wobei TFPIα stärker inhibiert als TFPβ und Protein S wie auch Heparin diese Inhibition durch TFPI α verstärken, durch das Antithrombin III (ATIII) in Kombination mit Heparin bzw. Heparansulfat, – welches Thrombin, FXa wie auch den Komplex TF/FVIIa inhibiert, durch den Heparin CofaktorII (HCII) in Kombination mit Heparin oder Dermatansulfat, – welcher Thrombin inhibiert.

Der intrinsische Weg der Gerinnung (auch Kontaktweg genannt) beinhaltet folgenden Reaktionsweg: • an einer Kontaktfläche werden in Gegenwart von hochmolekularem HMW-K/High Molecular Weight-Kininogen – geringe Mengen Prä-Kallikrein zu Kallikrein aktiviert und – durch Kallikrein geringe Mengen von FXII zu FXIIa aktiviert, • FXIIa wiederum aktiviert weiteres Prä-Kallikrein zu Kallikrein und das entstandene Kallikrein weitere FXII Moleküle zu FXIIa; – somit entsteht ein Verstärkerkreislauf mit dem Ergebnis größerer Mengen FXIIa, • der weitere Reaktionsweg beinhaltet – die Bildung von FXIa aus FXI durch FXIIa, – die Spaltung von FIX in FIXa durch FXIa und – die Bildung der „Tenase“ aus den Faktoren FIXa und FVIIIa, welche in Anwesenheit von Phospholipiden und Ca-Ionen den FX zu FXa aktiviert. Ausgelöst wird der intrinsische Weg der Gerinnung, d. h. wird FXII gebunden und aktiviert • durch DAMPs, im Besonderen durch – extrazelluläre Nukleinsäuren wie RNA und DNA, – anorganische, anionische lineare Polymere von Orthophosphat-Einheiten (poly-P) besonders in den Granula von Thrombozyten und Mastzellen und in Lysosomen, – fehlgefaltete Proteine wie z. B. β-Amyloid; • durch Endothelzellen, welche FXII z. B. über den C1q-Rezeptor, über Zytokeratin 1 und/oder über den Urokinase Plasminogen-Aktivator Rezeptor (uPAR) binden und aktivieren, • durch IgM/IgG-Aggregate oder IgM/IgG-Antigen-Immun-Komplexe, • durch Proteasen wie Kallikrein, Plasmin und FXIIa und • durch PAMPs. Der gemeinsame Weg der Gerinnung umfasst • in Ergänzung zu dem extrinsischen und intrinsischen Weg die Bildung von Spuren von FIIa (Thrombin), welche aktivieren – den Faktor VIII zu FVIIIa als Kofaktor von Faktor IXa (zu Bildung der Tenase) – den Faktor V zu FVa (als Kofaktor der Prothrombinase) • nachfolgend zu dem extrinsischen und intrinsischen Weg – die Bildung der „Prothrombinase“ aus den Faktoren FXa und FVa, welche in Anwesenheit von Phospholipiden und Ca-Ionen den FII in den FIIa (Thrombin) überführt,

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr



543

durch Thrombin (FIIa) die Bildung von Fibrin (FIa) aus dem Fibrinogen (FI) und ▪ die Aktivierung des Fibrin-stabilisierenden Faktors (FXIII) zu FXIIIa, die Stabilisierung des Fibrins durch den FXIIIa. ▪



Um die Gerinnung lokal auf die geschädigten Endothelien bzw. Gefäße zu begrenzen, greifen unterschiedliche Inhibitoren ein: • FXIIa wird durch den C1-Inaktivator inhibiert, • Proconvertin (FVIIa) und Prothrombinase (FXa) werden neutralisiert durch den TFPI / Tissue Factor Pathway Inhibitor, • Faktor VIIIa und Faktor Va werden inaktiviert durch aPC/aktiviertes Protein C, – dessen Bildung durch Thrombin (FIIa) erheblich verstärkt wird und – das im Komplex mit Protein S seine volle Wirkung entfaltet, • Thrombin (FIIa) wird inhibiert – durch das ATIII/Antithrombin III in Kombination mit Heparansulfat oder Heparin, – durch den HCII/Heparin-Cofaktor II in Kombination mit Heparin oder Dermatansulfat, – durch das Thrombomodulin auf der Oberfläche der Endothelzellen, • membranständige ADPasen der Endothelzellen verringern die Aktivierung und Funktion der Thrombozyten. Rolle der Fibrinolyse Die Auflösung von Fibrin-Gerinnsel startet mit der Ausschüttung von PA/PlasminogenAktivatoren. Zu diesen zählen • der Gewebe-PA (tPA/tissuePA), synthetisiert vorwiegend von Endothelzellen und • der Urokinase-ähnliche PA (uPA), produziert von Monozyten, Makrophagen und dem Epithel des Harntraktes. Die Plasminogen-Aktivatoren tPA und uPA spalten das Plasminogen zum aktiven Plasmin. Plasmin ist wiederum die entscheidende Protease für die Fibrinolyse. Diese wird gegenreguliert durch Inhibitoren wie • die Plasminogen-Aktivator-Inhibitoren PAI-1 und -2 und • den α2 PI/ α2-Plasmin-Inhibitor, der schnellste biologische Inhibitor, der 50 % des gebildeten Plasmins in 10 Millisekunden hemmt und • den TAFI/Thrombin Aktivierbarer Fibrinolyse-Inhibitor, welcher – durch Thrombin (FIIa) und andere Proteasen in eine aktive Carboxypeptidase B gespalten wird, die Plasminogen und tPA vom Fibrin entfernt und – hierdurch die Bildung von Plasmin und damit die Fibrinolyse hemmt. Die ausgewogene Fibrinolyse, d. h. die gezielte physiologische Auflösung von Blutgerinnsel stellt einen lebenswichtigen Prozess dar. Dysregulationen der Fibrinolyse wie Hyperoder Hyperfibrinolyse können erhebliche Erkrankungen bewirken.

544

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Hyperfibrinolyse • führt zu unkontrollierten Blutungen, • ist assoziiert mit multiplem Organversagen, – verbunden mit einer Mortalitätsrate von > 70 %, • tritt jedoch wesentlich seltener auf als die verstärkte Gerinnung. Hypofibrinolyse • ist vergesellschaftet mit einer überschießenden Aktivierung der Gerinnung, verursacht besonders durch – einen relativen Plasminogen-Mangel oder – einen relativen Überschuss an α2-Plasmin-Inhibitor (α2PI) gegenüber Plasminogen, • bewirkt – dass selbst kleine Gerinnsel in der Endstrombahn nicht aufgelöst werden können und – dass sich eine DIC/Disseminierte Intravaskuläre Gerinnung entwickelt und Mikrothromben entstehen, welche zum lebensbedrohlichen multiplen Organversagen führen können. Fremdstoffe (PAMPs) und körpereigene Pathogene (DAMPs) können die Fibrinolyse in beträchtlichen Maße beeinflussen, • und zwar fördern durch den Überschuss (im Vergleich zu den Inhibitoren PAI und TAFI) an exprimiertem tPA, • wobei die fibrinolytische Wirkung des tPA und Plasmins durch die entstandenen DAMPs derart moduliert wird, – dass Erythrozyten-Lysate, entstanden im Rahmen der Hämolyse (z. B. bei immunologischen Reaktionen vom Typ II) verstärkend wirken, – dass dagegen Thrombozyten-Lysate die Fibrinolyse hemmen. Der Entzündungsprozess wird durch die einzelnen Komponenten der Gerinnungskaskade in unterschiedlicher Weise beeinflusst (siehe Tab. 6.21) • FXIIa (Hageman-Faktor) stimuliert zusätzlich zum Gerinnungssystem auch das Komplement-System und das Kininsystem, • der Gewebefaktor TF fördert über Bindung an PAR-2 und Integrine – die Endothelzell-Migration und Angiogenese, • alle Serinproteasen der Gerinnungskaskade aktivieren (mit Ausnahme von FIXa) die Protease Aktivierbare Rezeptoren PAR -1, -2, -3, -4, – welche selbst (ggf. nach Dimerisierung) die Expression von pro-inflammatorischen Molekülen in die Wege leiten oder – welche benachbarte Tyrosin- oder Serin/Threoninkinase Rezeptoren transaktivieren können wie z. B. die Rezeptoren für EGF, TGF-α, VEGF, PDGF, IGF und TGF-β, • FVIIa bewirkt alleine über PAR-1 und im Komplex mit dem Gewebefaktor TF über PAR-2, – bei Epithelzellen eine Verstärkung der Migration, – bei Endothelzellen eher einen Schutz vor der Wirkung pro-inflammatorischer Zytokine,

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr

• •



545

FXa schützt (ähnlich wie FVIIa) über PAR-2 Endothelzellen vor pro-inflammatorischen Zytokinen, FIIa (Thrombin) aktiviert über PAR-1, -3 und -4 – Endothelzellen zur Expression von pro-inflammatorischen Zytokinen (z. B. IL-1, IL-6, TNF-α) und Zelladhäsionsmolekülen (E-Selectin, P-Selectin, ICAM-1/Intracellular Adhesion Molecule-1 und VCAM-1/Vascular Cell Adhesion Molecule 1), – Thrombozyten zur Aggregation und Freisetzung von Zytokinen und Mediatoren (siehe Kap.) Faktor Ia (Fibrin) bildet Gerinnsel, – welche durch den aktivierten Fibrin-stabilisierenden Faktor (FXIIIa) stabilisiert werden und – bei lokalen Verletzungen und in Wechselwirkung mit aktivierten Thrombozyten Blutgefäße schließen können (plasmatische und zelluläre Hämostase).

Aktivierte Zellen der angeborenen Immunabwehr wie Mastzellen, Monozyten, Makrophagen und Granulozyten und Endothelzellen fördern die Aktivierung der Gerinnung, der Fibrinolyse und des Komplementsystems. Hierdurch ist die Gefahr gegeben • dass sich die Aktivierungen wechselseitig aufschaukeln, • dass lokale Aktivierungsprozesse durch Inhibitoren qualitativ und/oder quantitativ nicht mehr begrenzt werden können, • dass es zu einer systemischen Ausweitung der Zellaktivierung, des angeborenen Immunsystems, der Komplementaktivierung, der Gerinnung und der Fibrinolyse kommt und • dass sich unter der Beteiligung von Endothelzellen entwickeln, – eine systemische Entzündungsreaktion, das sogenannte Systemische Inflammatorische Syndrom, – eine Öffnung des kapillären Endstromgebietes durch Auflösung der Haft-Komplexe zwischen den Endothelzellen (siehe Kap 5.2.1), – anaphylaktische Schockreaktionen, im Gefolge derer eine DIC/Disseminierte Intravaskuläre Gerinnung auftreten kann ▪ mit systemischen Fibrinolysen und/oder ▪ mit Mikrothromben in den Venolen und Arteriolen z. B. in den Nieren, der Leber, der Lunge und ▪ mit dem muliplen Organversagen. Tab. 6.21: Einfluss der Gerinnungsfaktoren auf die Immunabwehr. Faktor

Rezeptor

TF

Integrine

FVIIa/TF

PAR-2

FVIIa

PAR-1

Substrat

Wirkung Endothelzellen: Aktivierung (↑) Epithelzellen: Migration (↑)

FXIIa

PräKallikrein

Aktivierung des Kininsystems (↑) Kallikreine, Kinine (↑)

Endothelzellen: Aktivierung (↓)

546

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

C3 aPC FXa

Aktivierung des Komplementsystems (↑)

EPCR

Endothelzellen: Aktivierung (↓)

PAR-2

FIIa (Thrombin)

Endothelzellen: Aktivierung Expression (↑) Zytokine (IL-1β, IL-6, TNF-α), Ahäsionsmoleküle (E-Selectin, P-Selectin, ICAM-1, VCAM-1); Thrombozyten: Aktivierung (↑)

PAR -1, -3, -4

FII

Endothelzellen: Proliferation (↓), Angiogenese (↓)

22kDa Kringle-2 Endothelzellen + Monozyten: Aktivierung, Expression (↑) Zytokine (IL-1β, IL-6, TNF-α) Chemokine (IL-8, MIP-1,-2, MCP-1); Monozyten: ROS (↑) Thrombozyten: Aktivierung (↑)

ICAM-1; IntegrinRezeptor αMβ2

FIa (Fibrin)

FXIIIa

FIa

Bildung stabiler Fibringerinnsel; Verschluss von Blut-Kapillaren, arteriellen/venösen Blutgefäßen; Förderung der Wundheilung über die Stimulierung des Fibroblastenwachstums

FXII

Aktivierung des Kininsystems (↑) Kallikreine, Kinine (↑)

Plasmin Plasminogen

Fibrin

Fibrinolyse (↑) Endothelzellen: Proliferation (↓), Angiogenese (↓)

Angiostatin

Fibrinopeptide

Fibrin fragmente

A+B

neutr. Granulozyten, Monozyten, Makrophagen: Chemotaxie (↑)

D

Monozyten: Expression (↑) von IL1α, IL-1β, IL-6, uPA,

E

VECadherin

Bβ 15–45

pro-inflammatorische Wirkung

Monozyten: Expression IL-6 (↑) Endothelzellen: Proliferation (↑) neutr. Granulozyten, Fibroblasten: Chemotaxie (↑) anti-inflammatorische Wirkung

Monozyten: Expression (↑) PAI-2

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr

547

*) Immunantwort Typ I = IgE vermittelte Allergie vom Soforttyp; Typ II = Allergie durch IgG-Antikörper gegen zellgebundene Antigene; Typ III = Allergie durch IgM- und/oder IgG- Antikörper gegen lösliche/ partikuläre Antigene/durch Immun-Komplexbildung; Typ IV = Allergie vom verzögerten Typ durch T-Lymphozyten (TH1, TH17, CTL) EPCR = Endothelial Cell Protein C Receptor; ICAM = Intracellular Adhesion Molecule; PAR = Protease aktivierbare Rezeptoren; ROS = Reactive Oxygen Species; VCAM = Vascular Cell Adhesion Molecule; VE-Cadherin = Vascular-Endothelial-Cadherin

Beteiligung des Kininsystems Das Kininsystem besteht aus den Kallikrein-Serinproteasen, den Kininogenen und den Kininen (siehe Tab. 6.22). • Kallikreine – setzen Kinine (Bradykinin und Kallidin) aus Kininogenen frei, – entstehen aus dem Prä-Kallikrein durch Einwirkung von Serinproteasen wie z. B. dem FXIIa (Hageman-Faktor) des klassischen Weges der Gerinnung, – spalten ihrerseits FXII in FXIIa und setzen damit eine Amplifikationsschleife (Kallikrein → FXIIa → Kallikrein) in Gang, – stimulieren über FXIIa (Hageman-Faktor) ▪ den intrinsischen Weg der Gerinnung durch Spaltung von FXI in FXIa, ▪ die Fibrinolyse durch Aktivierung von Urokinase (uPA) mit Spaltung von Plasminogen in Plasmin, – aktivieren Zellen der angeborenen Immunantwort wie z. B. ▪ neutrophile Granulozyten zur Chemotaxie und zur Expression von Elastase, ▪ Endothelzellen zur Freisetzung von NO und Kollagenase, ▪ Epithelzellen zur Proliferation durch Aktivierung von EGF, – fördern die Entzündung im Nervensystem ▪ durch Zerstörung der Blut-Hirnschranke, ▪ durch Abau des Myelins – hemmen die Entzündung ▪ durch Inhibition der Angiogenese ▪ durch Förderung des Abbaus von Amyloid in den Nervenzellen • Kinine (Bradykinin und Kallidin) – wirken durch Aktivierung der Bradykinin-Rezeptoren (BR1 und BR2) – stimulieren Endothelzellen mit Expression von Stickstoffmonoxid/NO, Vasodilatation, und Erhöhung der Gefäßpermeabilität, – bewirken Bronchokonstriktion, – steigern die Entzündungsreaktionen durch Stimulation der Prostaglandin- und Leukotrien-Synthese, – erhöhen die Schmerzempfindung. Somit stellt das Kininsytem ein Mittler- und Verstärker-System dar zwischen den humoralen (Komplement, Gerinnung, Fibrinolyse) und zellulären Bestandteilen der angeborenen Immunantwort.

548

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Tab. 6.22: Die Aktivierung und Wirkung von Kininen. Bildung von Prä-Kallikreinen Plasma-Prä-Kallikrein Gewebe-Prä-Kallikrein

Leber, Niere, Nebenniere, Pankreas, Plazenta



Makrophagen, Granulozyten, Mastzellen, Epithelzellen, Fibroblasten, Oligodendrozyten, Astrozyten, Pyramidal-Zellen, Gliazellen Bildung von Kallikreinen und Kininen

initiale Serinproteasen/ SP

Reaktionsverlauf

FXIIa PRCP

Plasma-Prä-Kallikrein + FXIIa → Plasma-Kallikrein B1/ KLKB1

Inhibitoren

C1-Inaktivator

Mechanismus Hemmung der Spaltung von FXII in FXIIa

╟ PRCP, Plasmin, tPA, uPA, Thrombin, FXa, KLKB1, MMP



Autokatalyse

Gewebe-Prä-Kallikrein + PRCP / weitere SP → Gewebe-Kallikreine KLK-1 bis KLK-15

TIMP AT III

Inhibition der SP

Carboxypeptidase ACE, NEP, ECE α1-Antitrypsin, α2-Makroglobulin, SPINK -5, -6, -9

Inhibition der Spaltung der Kininogene

▾ Plasma-Kallikrein

▸ Gewebe-Kallikreine

Plasma-Kallikrein + HMWKininogen → Nonapeptid: Bradykinin

╟ Gewebe-Kallikrein + LMWKininogen → Dekapeptid: Lysyl-Bradykinin/Kallidin

Wirkung der Kallikreine und Kinine

Plasma-Kallikrein (KLKB1)

Gewebe-Kallikreine (KLK-1 – KLK-15)





Endothelzellen: Aktivierung/NO (↑) Typ IV-Kollagenase (↑); neutr. Granulozyten: Chemotaxie (↑) /Elastase (↑); Komplement-Aktivierung/klassisch/ alternativ (↑); Gerinnung/ Faktor XII/ Factor XIIa (↑); Fibrinolyse/Pro-Urokinase/ Urokinase (↑), Plasminogen/Plasmin (↑) Epithelzellen: Aktivierung, Abschilferung Keratinozyten (↑), Expression Cathelicidin (↑), Aktivierung von IL-1β (↑); KLK-1: Aktivierung von EGF (↑), Hyperplasie/Metaplasie Bronchialepithel (↑); KLK-6: Degradierung von Myelin/MBP (↑), Zerstörung der Bluthirnschranke durch Degradierung von Fibronectin, Laminin, Kollagen (↑); Virusinfektionen (↑) durch proteolytische (KLK-5, -12) Reifung von Influenza-Virus-Hämagglutinin (↑), bzw. von (KLK-8) HPV- Major Kapsidprotein (↑) KLK-12: Angiogenese (↓) durch Inaktivierung von CCN-1, -2, -3; KLK-3/PSA: Sperma: Spaltung von Fibronectin, Semenogelin-1, -2 (↑) KLK-1: Amyloid-Metabolismus in Nervenzellen (↑)

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr

Bradykinin Kallidin

Bradykinin-Rezeptor 1/BR1 (exprimiert nach Aktivierung)

◂ ▸

Bradykinin-Rezeptor 2/BR2 (konstitutiv exprimiert)





549

Endothelzellen: Aktivierung (↑) Stickstoffmonoxid/NO (↑); Prostaglandine, Leukotriene (↑); Gefäßpermeabilität (↑) Vasodilatation (↑); Makrophagen: Aktivierung (↑) Mastzellen: Aktivierung (↑) Fibroblasten: Aktivierung (↑) Bronchokonstriktion (↑); Schmerzempfindung (↑) Dentritische Zellen: IL-12 (↑) ROS (↓)

pro-inflammatorische Wirkung

anti-inflammatorische Wirkung

◂ ▸ = Einfluss auf/Entwicklung zu; ╟ = Inhibition; ACE = Angiotensin Converting Enzyme; ATIII = Anti-Thrombin III; ECE = endothelin-converting enzyme; CCN-1, -2, -3 = Cysteine-rich angiogenic protein 61 + Connective tissue growth factor + Nephroblastoma overexpressed; HMW = High-Molecular-Weight; HPV = Humanes Papillomvirus; LMW = Low-MolekularWeight; MBP = Myelin-Basisches Protein; MMP = Matrix-Metalloprotease; NEP = Neprilysin; PRCP = Prolylcarboxypeptidase; SP = Serinprotease; SPINK = Serineproteinase Inhibitor Kazaltype; TIMP = Tissue Inhibitor of MMP; tPA = Tissue Plasminogen-Activator; uPA = Urokinase like PlasminogenActivator

Rolle der Thrombozyten Thrombozyten (Blutplättchen) stellen die zweithäufigste Blutzelle dar. Sie bilden sich durch zytoplasmatische Abschnürungen von Megakaryozyten, besitzen daher weder einen Zellkern noch DNA, sind somit Endzellen. Thrombozyten werden aktiviert durch PAMPs, DAMPs, durch Mediatoren und/oder durch weitere Produkte freigesetzt im Zuge einer Stimulation der angeborenen und erworbenen Immunabwehr (siehe Tab. 6.23). Die Aktivierung erfolgt stufenweise in Form • einer primären Aktivierung mit – Erhöhung der zellinternen Polyphosphoinositol-Hydrolyse und – Freisetzung von Ca-Ionen, • einer Transformation im Anschluss an die Aktivierung mit – Abrundung der Form und Zunahme der Adhärenz, – Bildung funktionsfähiger Fibrinogen-Rezeptoren durch Kopplung der Untereinheit GpIIIa mit der Untereinheit GpIIb zum Rezeptor GpIIbIIIa, – Bildung von Thrombozyten-Aggregaten und Ausbildung von Pseudopodien, – Ausbreitung auf Flächen und Zellen, – Ausschüttung der unterschiedlichen Wirkstoffe (siehe Tab. 6.23).

550

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Aktivierte Thrombozyten sind beteiligt • an der sofortigen Stillung einer Blutung durch die Bildung eines hämostatischen Gerinnungspfropfes, indem Thrombozyten – unmittelbar nach dem Gefäßschaden besonders an das freigewordene Kollagen binden, – elektrochemisch proximal (d. h. zum Herzen hin) an der Arterienwand anhaften und den weißen Thrombus bilden, – durch Kollagen und von Thrombin und Fibrin, gebildet im Zuge der gleichzeitigen Aktivierung des Gerinnungssystems, aktiviert werden ▪ zur Aggregation und Transformation, ▪ zur Amplifikation des Gerinnungsprozesses durch Freisetzung von prothrombotischen Faktoren wie des Gewebefaktors TF, von Fibrinogen und des von Willebrand-Faktors, ▪ zur lokalen Aktivierung von weiteren Thrombozyten, ▪ zur Freisetzung von prothrombotischen Mikropartikeln und ▪ zur Stabilisierung und Retraktion des Gerinnungspfropfes; • an der Verstärkung der Blutgerinnung durch Interaktion mit Monozyten, Makrophagen und Granulozyten wie auch durch deren Aktivierung zur Expression von pro-koagulatorischen Mediatoren, • an Entzündungsreaktionen, – durch Ausschüttung der eigenen Entzündungsmediatoren, – durch Aktivierung und Transformierung bislang „ruhender“ Thrombozyten in der Nachbarschaft zum Aktivierungsort, – durch Aktivierung von Endothelzellen mit ▪ Permeabilitätserhöhung der Blutgefäße, ▪ Auflösung der extrazellulären Matrix (ECM), ▪ Aktivierung von glatten Muskelzellen und Fibroblasten und ▪ Stimulation der Angiogenese, – durch Aktivierung der angeborenen Immunantwort, im Besonderen ▪ des Komplementsystems und des Kininsystems, ▪ durch Anlocken und Aktivieren von Monozyten, Makrophagen, neutrophilen und eosinophilen Granulozyten zur Expression proinflammatorischer Wirkstoffe, – durch Modulation, d. h. Hemmung wie auch Förderung der erworbenen Immunantwort, • an der Elimination von Pathogenen (siehe Tab. 6.23) – durch Expression von antiinfektiösen Substanzen wie z. B. ▪ Kinocidine und Thrombocidine, ▪ Katalase und Wasserstoffperoxid, ▪ Lysosomale Enzyme, – durch Komplexbildung mit dem Pathogen, Aktivierung der Gerinnung und „Einpacken“ der Pathogene in Fibrin, um deren Verteilung im Körper zu begrenzen, – durch Zusammenarbeit mit und Aktivierung von Leukozyten (siehe Tab.) ▪ zur Phagozytose und Zerstörung von Pathogenen bzw. PAMPs,

6.4 Anti-tumorale Reaktionen der angeborenen Immunabwehr





551

zur Bildung von Reaktiven Sauerstoff-Spezies (ROS/Reactive Oxygen Species) zur Abtötung von Infektionserregern und/ oder zur Bildung von NETs (Neutrophil Extracellular Traps) für die Elimination von Infektionserregern.

Da die im Zuge der Aktivierung von Thrombozyten und Leukozyten freiwerdenden proinflammatorischen Wirkstoffe ihrerseits wieder Thrombozyten und Leukozyten stimulieren, kann ein sich selbst verstärkender Kreislauf des Entzündungsprozesses entstehen, mit der Gefahr der körperweiten Ausbreitung. Im Normalfall wird dieser Entzündungsprozess jedoch durchbrochen und damit lokal beschränkt durch die gleichzeitige Aktivierung der vielgestaltigen Hemmfaktoren für die proinflammatorischen Wirkstoffe der humoralen und zellulären Systeme der angeborenen und erworbenen Immunabwehr. Tab. 6.23: Aktivatoren für Thrombozyten und deren Wirkstoffe. Wirkstoffe der Thrombozyten Aktivatoren

Komplementfaktoren C1qrs, C3a, C3b, C5b678–9xn

Wachstumsfaktoren PAF PlateletActivating Factor Stoffwechselprodukte ADP/ATP

Wirkstoff

Lysosomen

saure Hydrolasen, Glykosidasen, Lipasen, Proteasen

Zytoplasma (HSP27)

FXIII (50 % des FXIII im Blut)

Zielstruktur/System Komplementsystem, Gerinnungssystem, Kininsystem

dichte Granula



Serotonin

Aktivierung (↑)

Aktivierung (↑)

ECM

Auflösung (↑)

Fibrin/FIa, Fibroblasten

Stabilisierung, Proliferation

glatte Muskelzellen Fibroblasten

Aktivierung (↑), Vasokonstriktion (↑), Permeabilität (↑)

ADP/ATP

Thrombozyten

Aggregation

Histamin (adsorbiert)

Endothelzellen, glatte Muskelzellen, Epithelzellen

Erweiterung kleiner Gefäße, Juckreiz (↑)

Thrombozyten

Aggregation (↑)

glatte Muskelzellen

Kontraktion (↑)

Leukozyten

Aktivierung (↑)

glatte Muskelzellen

Gefäßerweiterg (↑)

alle Zellen

toxisch bei Überdosis

TF

Gerinnung

Aktivierung (↑)

TLR4

LPS, Mannan, Kapsidproteine, Glykoinositol-Phospholipide

Stimulation der Bildung von NETs durch Granulozyten (↑)

PAF Zellmembran

Wirkung

(Plasmin:) Fibrinolyse

Endothelzellen

ArachidonsäureDerivate Thromboxan A2 Prostaglandine (PGH2, PGG2) Hormone Adrenalin

Speicherort

NO

552

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Peroxisomen

AntikörperProdukte IgG- AntigenImmun-Komplexe, IgG -Aggregate PAMPs z. B. Streptokokken M-Protein Gerinnungsfaktoren Thrombin/FIIa Fibrinogen/FI Fibrin/FIa Thrombospondin Von-WillebrandFaktor

alle Zellen

oxidativer Abbau von hochkettigen Fettsäuren (↑)

Granulozyten, Makrophagen

ROS (↑) Tötung von Pathogenen (↑)

Kinocidin Thrombocidin

Infektionserreger z. B. Staph. aureus, E. coli, Lactoc. lactis, Cryptoc. neof.

Abtötung (↑)

PDGF

Endothelzellen, glatte Muskelzellen, Fibroblasten

Angiogenese (↑)

Treg-Lymphozyten

Proliferation (↑)

B-Lymphozyten

Proliferation (↓)

Endothelzellen

Proliferation (↓)

neutr. Granuloz., Monozyten, Fibroblasten

Chemotaxie (↑)

Heparin/Heparansulf.

ATIII/ThrombinHemmung (↑)

Thrombozyten, Endothelzellen, Gerinnungsystem, Komplementsystem

Gerinnung und Wundverschluss (↑) Anaphylaktoide (↑) Opsonine (↑)

in Fibrin eingepackte Pathogene

lokale Begrenzung der Infektion (↑)

basophile + eosinophile. Granulozyten,

Aktivierung, Degranulation (↑)

Epithelzellen, Endothelzellen, glatte Muskelzellen,

Bronchokonstriktion (↑), Vasodilatation (↑)

Dentritische Zellen

Chemotaxie/ Aktivierung (↑)

Mastzellen

Aktivierung, Degranulation (↓)

Katalase, H2O2

TGF-β

α-Granula PF4/CXCL4

▸ β-Thromboglobulin, FV, Fibrinogen, FXIII, Thrombospondin, von Willebrand-Faktor, Fibronectin

DAMPs Extrazelluläre Matrix Vitronectin Fibronectin Laminin Kollagen

Prostaglan-dine PGF2, PGD2

Tubuläres System

Prostaglandin PGE2

glatte Muskelzellen, eosin. Granulozyten Dentritische Zellen,

Bronchokonstriktion (↓); Synthese von LTB4 (↓) und LTC4 (↓); Aktivierung (↓); Migration (↓)

6.5 Reaktionen der erworbenen zellulären Immunabwehr

Leukotriene LTC4, LTD4

TH1-Lymphozyten,

Differenzierung/ Aktivierung (↓)

TH2-Lymphozyten

Differenzierung/ Aktivierung (↑)

eosin Granulozyten

Chemotaxie (↑)

Epithelzellen, glatte Muskelzellen

Aktivierung, Bronchokonstriktion (↑), Vasodilatation (↑), Schleimsek. (↑)

neutro. + eosin. Granuloz., Makrophagen, Leukotrien LTE4

553

Dentritische Zellen, T-(TH1, TH17) Lymphozyten

Chemotaxie/ Aktivierung (↑)

Dentritische Zellen, TH2-Lymphozyten

Chemotaxie/ Aktivierung (↑)

Thrombozyten

Aggregation (↑)

glatte Muskelzellen

Kontraktion (↑)

Thromboxan A2

Stimulation zelluläre Antwort

Stimulation Antikörperantwort

anti-inflammatorische Wirkung

kursive Schrift: erworbene Immunreaktion *) Immunantwort Typ I = IgE vermittelte Allergie vom Soforttyp; Typ II = Allergie durch IgG-Antikörper gegen zellgebundene Antigene; Typ III = Allergie durch IgM- und/oder IgG- Antikörper gegen lösliche/ partikuläre Antigene/durch Immun-Komplexbildung; Typ IV = Allergie vom verzögerten Typ durch T-Lymphozyten (TH1, TH17, CTL); **) Ausmaß des direkten Einflusses (Abnahme von links nach rechts) ATIII = Antithrombin III; Cryptoc.neof. = Cryptococcus neoformans; ECM = extrazelluläre Matrix; E.coli = Escherichia coli; HSp27 = Heat Shock Protein 27; IA = Immunantwort; Lactoc.lactis = Lactococcus lactis; LPS = Lipopolysaccharid; NETs = Neutrophil Extracellular Traps; ROS = Reactive Oxygen Species; PAF = Platelet Activating Factor; PDGF = Platelet Derived Growth Factor; PF4 = Platelet Factor 4; Staph.aureus = Staphylococcus aureus; E.coli, Lactoc.lactis,Cryptoc.neof.TF = Tissue Factor der Gerinnung; TGF-β = Transforming Growth Factorβ; Treg-Lymphozyten = regulatorische T-Lymphozyten;

6.5 Reaktionen der erworbenen zellulären Immunabwehr 6.5.1 Entwicklung und Selektion von T-Lymphozyten Pro-Thymozyten entwickeln sich aus den hämatopoetisch-lymphoiden Stammzellen im Knochenmark unter dem Einfluss besonders von SCF/Stem Cell Factor, der Interleukine IL-1, IL-2, IL-3, IL-6 und besonders dem Interleukin IL-7 als treibende Kraft,

554 • • • •



6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

wandern über das Blut und die postkapillären Venolen in das Thymusparenchym ein, entwickeln sich dort unter dem Einfluss von weiteren Zytokinen (hier wieder besonders IL-7) und über unterschiedliche Reifungsstufen über den Thymozyten zum naiven T-Lymphozyten und exprimieren im Verlaufe dieser Reifung die für ihre Funktion notwendigen Rezeptoren, im Besonderen: – den T-Zell-Rezeptor (TCR), – die Corezeptoren CD4 und/oder CD8, – die Costimulatoren und werden im Reifeprozess selektiert je nach Spezifität und Bindestärke ihrer durch die Polymorphie der Gene für die variablen Domänen der TCRs unterschiedlichen TCRs.

Die Selektion der Thymozyten im Thymus erfolgt entsprechend der Spezifität und dem Reaktionsvermögen der zellspezifisch exrpimierten variablen Domänen des TCR mit den Antigen-präsentierenden Molekülen und den von diesen präsentierten körpereigenen Antigenen. Den Thymus verlassen schlussendlich die die Selektion überlebenden naiven TLymphozyten. Die Selektion im Thymus erfolgt durch: • Thymusepithelzellen in der Thymusrinde – welche nur die (nicht Antigen-beladenen) MHC-I, CD1 und MHC-II-Moleküle den Thymozyten präsentieren: ▪ Thymozyten, deren prä-T-Zell-Rezeptoren (TCR, vorwiegend mit der Bindesequenz CDR2) mit mittlerer Affinität an die Antigen-präsentierenden Moleküle binden, bekommen hierdurch ein Wachstumssignal (positive Selektion) ▪ Thymozyten, deren prä-T-Zell-Rezeptoren mit hoher oder niedriger Affinität binden, erhalten hierdurch ein Apoptosesignal (negative Selektion) – die somit nur solchen Thymozyten ein Überlebenssignal geben, welche mit ihrem TCR Antigen-präsentierende Moleküle mit mittlerer Stärke erkennen können; • dendritische Zellen – welche in den Thymus eingewandert sind und die körpereigenen antigenen Peptide (Autoantigene), oder im Körper zur Zeit der Selektion vorhandenen Fremdantigene auf MHC-1oder MHC-II oder körpereigene Lipide auf CD1 präsentieren: ▪ Thymozyten, deren prä-T-Zell-Rezeptoren (TCR, vorwiegend mit den Bindsequenzen CDR1 und CDR3) mit hoher Affinität an die antigenen Peptide oder überhaupt nicht binden, erhalten hierdurch eine Apoptosesignal, ▪ Thymozyten, deren prä-T-Zell-Rezeptoren (TCR, vorwiegend mit den Bindsequenzen CDR1 und CDR3) mit subletal hoher Affinität bindet, erhalten hierdurch das Signal, in regulatorische T-Lymphozyten zu differenzieren, ▪ Thymozyten, deren prä-T-Zell-Rezeptoren (TCR, vorwiegend mit den Bindesequenzen CDR1 und CDR3) mit niedriger Affinität binden, erhalten hierdurch das Signal, in zytotoxische oder Helfer-T-Lymphozyten zu differenzieren, • Thymusepithelzellen im Thymusmark, – welche in gleicher Weise wie die im Thymus befindlichen dendritischen Zellen die Thymozyten entsprechend der Reaktionsfähigkeit ihrer TCR selektionieren.

6.5 Reaktionen der erworbenen zellulären Immunabwehr

555

Tab. 6.24: Selektion von Thymozyten im Thymus. Antigenpräsentation durch Zellen

Antigen-präsentierende Moleküle

Bindung des TCR des Thymozyten Bindestruktur

Antigene

Bindungsstärke Ergebnis stark mittel keine – (Apoptose)

+++ Thymusepithelzellen

MHC-I, CD1, MHC-II (körpereigen)

nein

CDR2

++ positive Selektion

++/+ 0

dendritische Zelle im Thymus, medulläre Thymusepithelzellen

MHC-I, CD1, MHC-II (körpereigen)

körpereigene Antigene, Fremdantigene zum Zeitpunkt der Selektion

CDR3 und CDR1

– (Apoptose)

– (Apoptose) negative Selektion

+++

++/+

+ (Differenzierung zu regulatorischen T-Lymphozyten)

+/(+)

++ (Entwicklung zu T-Helfer-Lymphozyten und zytotoxischen T-Lymphozyten) 0

– (Apoptose) negative Selektion

6.5.2 Antigenspezifische Stimulierung naiver T-Lymphozyten Naive T-Lymphozyten besitzen beim Verlassen des Thymus ein charakteristisches Spektrum an Membran-Rezeptoren und Adhäsionsmolekülen, mit Hilfe derer sie eine immunologische Synapse mit Antigen-präsentierenden Zellen eingehen. Seitens des T-Lymphozyten gehören hierzu: • der T-Zell-Rezeptor-Komplex, • die Corezeptoren CD4 oder CD8, • Rezeptor-assoziierte regulierende Phosphatasen (CD45, SHP1) und Tyrosinkinasen (CSK), • zellmembranständige Liganden für Costimulatoren, Inhibitoren und Modulatoren. Der T-Zell-Rezeptor-Komplex besteht aus folgenden Komponenten (siehe Tab. 6.28): • dem T-Zell-Rezeptor (TCR/T-Cell Receptor), welcher ein Heterodimer darstellt aus Proteinen der Immunglobulin-Superfamilie. Er verfügt über folgende Strukturmerkmale:

556

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem



eine α- und β-Kette, etwa 95 % der T-Lymphozyten im Blut tragen diesen TCR, ▪ Corezeptoren sind CD4 oder CD8, – oder eine γ- und δ-Kette, ▪ etwa 5 % der T-Lymphozyten im Blut tragen diesen TCR, jedoch nicht den Corezeptor CD4 oder CD8, ▪ etwa 50 % der T-Lymphozyten in der Haut und in den Schleimhäuten tragen diesen TCR, gemeinsam mit dem Corezeptor CD8; ▪ die Funktion dieses TCR ist unklar; – alle Ketten sind ähnlich aufgebaut. Jede Kette verfügt über ▪ eine aminoterminale variable Domäne (Vα-1 und Vβ-1 oder Vγ-1 und Vδ-1) mit drei oder vier hypervariablen Regionen (den Complementarity Determining Regions CDR-1, CDR-2, CDR-3 und CDR-4) in einem konstanten Rahmen, ▪ eine konstante Domäne (Cα-2 und Cβ-2 oder Cγ-2 und Cδ-2), ▪ einen hydrophoben transmembranen Teil, ▪ einen kurzen zytoplasmatischen Teil; dem assessorischen CD3-Komplex, welcher mit dem transmembranen Teil des TCR assoziiert ist und – mehrere Funktionen besitzt: ▪ Transportprotein für den TCR vom endoplasmatischen Retikulum (ER) bis hin zur Zellmembran, ▪ Schutzprotein für den TCR, ▪ signaltransduzierender Komplex im Zusammenspiel mit dem Zeta-Homodimer; – aus folgenden transmembranen Proteinen der Immunglobulin-Superfamilie besteht: ▪ der Gamma-Kette, ▪ der Delta-Kette und ▪ der Epsilon-Kette, ▪ wobei die Epsilon-Kette sowohl mit der Gamma-Kette als auch mit der DeltaKette Heterodimere bildet und ▪ jede Kette über ein ITAM/Immunrezeptor-Tyrosinbasiertes AktivierungsMotiv, siehe Kap. 3.1.2.1) verfügt, das Zeta-Homodimer, ebenfalls ein transmembranes Protein der ImmunglobulinSuperfamilie, das – mit dem CD3-Komplex assoziiert ist, – über insgesamt 6 ITAMs (siehe Kap. 3.1.2.1) verfügt. ▪





Die große Vielfalt der hypervariablen Regionen (den Complementarity Determining Regions CDR-1, CDR-2, CDR-3 und CDR-4) der Bindetaschen des TCR entsteht während der Zellteilungen des T-Lymphozyten • durch somatische Rekombinationen und durch somatische Hypermutationen der Gensegmente, welche für die hypervariablen Regionen (den Complementarity Determining Regions, CDR-1, CDR-2, CDR-3) der variablen Domänen (Vα-1 und Vβ-1 oder Vγ-1 und Vδ-1) kodieren

6.5 Reaktionen der erworbenen zellulären Immunabwehr



557

durch die Kombinationen der α-Kette mit der β-Kette bzw. der γ-Kette mit δ-Kette zur Bildung eines TCR-Moleküls, wobei – die somatischen Rekombinationen für die variablen Domänen beinhalten: ▪ die Verknüpfung unterschiedlicher Exons und Gensegmente für die variablen Domänen, ▪ die Auswahl von unterschiedlichen Joining (J-) Gensegmente (besonders zahlreich bei der α-Kette) und der Diversity (D-) Elementen zwischen den Gensegmenten, ▪ die Kopplung der variablen Domänen mit den konstanten Domänen, – die somatischen Hypermutationen der hypervariablen Regionen darstellen, ▪ Austausch, Einfügungen und Deletionen von einzelnen Nukleotiden (Punktmutationen), ▪ Genvarianten durch Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP/Single Nucleotide Polymorphism) mit einer hohen Auftretungshäufigkeit, ▪ Einfügungen von Nukleotidsequenzen an den Verknüpfungsstellen von Gensegmenten, wie beispielsweise N- (Nontemplate encoded-) Nukleotidsequenzen und/oder P-(Palindrome-) Nukleotidsequenzen, ▪ Inversionen.

Mit dem T-Zell-Rezeptor-Komplex sind assoziiert (siehe Tab. 6.25): • der Corezeptor CD4, der ein transmembranes, monomeres Glykoprotein der Immunglobulin-Superfamilie darstellt – mit einem kurzen intrazellulären Teil, an welchem die Src-Tyrosinkinase Lck-assoziiert ist, – mit einem extrazellulären Teil, der 4 Domänen enthält: ▪ 2 konstante Domänen (D3 und D4) und 2 variable Domänen (D1 und D2), – bei welchem die variablen Domänen ▪ an die (konstante) β2-Domäne des homologen MHC-II-Moleküls binden (MHCII Restriktion der Bindung von CD4) oder ▪ an die (konstante) α3-Domäne des homologen CD1-Moleküls, – dessen Bindung an das MHC-II-Molekül bzw. CD1-Molekül ▪ die assoziierte Src-Tyrosinkinase Lck aktiviert, ▪ die Src-Tyrosinkinase Fyn durch Lck-mediierte Phosporylierung aktiviert und hierdurch ▪ die Aktivierung des T-Zell-Rezeptor-Komplexes verstärkt; • der Corezeptor CD8 – stellt ein transmembranes Glykoprotein der Immunglobulin-Superfamilie dar, bestehend ▪ aus Homodimeren der α-Kette oder ▪ aus Heterodimeren der α-Kette mit der β-Kette, – mit jeweils einem kurzen intrazellulären Teil, an welchem die Src-Tyrosinkinasen Lck assoziiert sind, – mit jeweils einem extrazellulären Teil, ▪ der eine variable Domäne (α1 oder β1) enthält, ▪ sodass die Bindetaschen aus α1+ α1 oder α1+ β1 bestehen,

558

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem



wobei die Bindetaschen binden an die (konstante) α3-Domäne des homologen MHC-I-Moleküls (MHC-I-Restriktion der Bindung von CD8) oder ▪ an die (konstante) α3-Domäne des homologen CD1-Moleküls; durch Bindung an das MHC-I-Molekül bzw. CD1-Moleküls wird ▪ die assoziierte Src-Tyrosinkinase Lck aktiviert, ▪ die Src-Tyrosinkinase Fyn durch Lck-mediierte Phosporylierung aktiviert und ▪ die Aktivierung des T-Zell-Rezeptor-Komplexes verstärkt. ▪



Die Signal-Übertragung durch den T-Zell-Rezeptor-Komplex wird des Weiteren reguliert durch TCR-assoziiert Phosphatasen und Kinasen, im Besonderen durch: • die Phosphatase CD45, welche – Src-Tyrosinkinasen dadurch aktiviert, dass sie von deren terminalen Tyrosinen hemmende Phosphatgruppen abspaltet, • die Tyrosinkinase CSK (Cytoplasmic c-Src Tyrosinkinase), welche – Src-Tyrosinkinasen dadurch inaktiviert, dass sie deren terminalen Tyrosinen phosphoryliert, die Phosphatase SHP-1 (Src homology region 2-domain phosphatase-1), welche • – Src-Tyrosinkinasen dadurch inaktiviert, dass sie an deren Tyrosinen die aktivierende Phosphatgruppen abspaltet. Nach Bindung aller Liganden (siehe Tab. 6.25) an den TCR erfolgt die Signal-Übertragung über folgende Stufen: • die ITAMs des CD3-Komplexes und des Zeta-Heterodimers werden phosporyliert durch Rezeptor-assoziierte Kinasen (Lck, Fyn, siehe Kap. 3.3.2), wobei Lck wie auch Fyn – durch die membranständige Phosphatase CD45 aktiviert werden und – durch die Tyrosinkinase CSK inaktiviert werden; • die Tyrosinkinase ZAP-70 – bindet an die phosphorylierten ITAMs des Zeta-Homodimers, – wird dort durch Lck phosporyliert und aktiviert und – leitet die zelluläre Signal-Übertragung ein durch Aktivierung der Phospholipase C-γ (PLC-γ, siehe Kap. 3.3.1). Tab. 6.25: die Wechselwirkung zwischen T-Zell-Rezeptor, seinen assessorischen Molekülen und Corezeptoren und den Liganden auf dem APC im Rahmen der Immunologischen Synapse. Antigen-präsentierende Zelle (APC)

T-Lymphozyt Transmembrane Proteine

αKette

Bemerkungen

Domänen Liganden für den TCR Konstant

Cα-2

Variabel

Vα1

CDR2

MHC-I (Vα1, V α2) oder MHC-II (Vα-1, Vβ1)

CD1 (Vα1, Vα2)

6.5 Reaktionen der erworbenen zellulären Immunabwehr

Antigen-präsentierende Zelle (APC)

T-Lymphozyt Transmembrane Proteine

Bemerkungen

Domänen Liganden für den TCR Konstant

Variabel

CDR1

N-Terminus des antigenen Peptids

CDR3

antigenes Peptid

CDR3

antigenes Peptid

CDR1

C-Terminus des antigenen Peptids

oder

(Heterodimer aus α-/β oder γ/δ)

βKette

Cβ2

CDR2

γ-Kette δ-Kette ε-Kette

Signalübertragung des TCR

Zeta-Kette (Homodimer) CD45 (Monomer)

CSK

MHC-I (Vα1, Vα 2) oder MHC-II (Vα1, Vβ1)

Vβ1

CDR4

CD3Komplex (Heterodimere der ε-, γ-, δKetten)

559

TCR signalaktivierende Phosphatase

TCR signalinaktivierende Tyrosinkinase

Lipid T-Lymphozyten erkennen das antigene Peptid präsentiert vom körpereigenen MHC-I, -II oder CD1 auf den APC CD1 (Vα1, Vα2)

Superantigene

T-Lymphozyten werden stimuliert, falls durch Bildung einer immunologischen Synapse aktiviert werden können ihr TCR und ihre CD4 oder CD8 Kostimulatoren Die SignalÜbertragung im T-Lymphozyten erfolgt über den CD3Komplex die Zeta-Kette CD45 und CSK

560

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Antigen-präsentierende Zelle (APC)

T-Lymphozyt Transmembrane Proteine

Corezeptor CD4 (Monomer)

Corezeptor CD8 (Heterodimer)

Bemerkungen

Domänen Liganden für den TCR Konstant

2 (D3, D4)

α-Kette

Variabel

2 (D1, D2)

1 (Vα 1)

β-Kette

MHC-II (β2Domäne, AS 137– 143)

oder

MHC-I (Cα3Domäne, AS 223, 227, 228, 245)

oder

CD1 (Cα-3)

CD4 erkennt das körpereigene MHC-II/CD1 auf der APC

CD1 (Cα3)

CD8 erkennt das körpereigene MHC-I/CD1 auf der APC

1 (Vβ1)

Die Prägung der naiven T-Lymphozyten erfolgt durch dendritische Zellen. Für die Prägung sind ausschlaggebend: • der Reifezustand der dendritischen Zellen (siehe Tab. 6.26), • die Zytokine, welche im Umfeld der Dendritischen Zelle vorherrschen (siehe Tab. 6.26), • das Ausmaß der Costimulatoren, Inhibitoren und Mediatoren, welche exprimiert werden (siehe Tab. 6.27); – von den naiven T-Zellen, – von den dendritischen Zellen.

Tab. 6.26: Prägung der Differenzierung und Aktivierung naiver T-Lymphozyten durch dendritische Zellen. Antigen-präsentierende Zellen/Dendritische Zellen

Name

unreife DC

Siedlungsort (vor Phagozytose)

Differenzierung (ausgehend von myeloischer Stammzelle)

Zytokine zur Differenzierung

T-Lymphozyten

Differenzierung/ Siedlungsort

Expression

Prägung/ Aktivierung naiver T-Lymphozyten in Richtung auf

Thymus-DC

MHC-II CD1-a,-b,-c

regulatorische T-Lymphozyten, natürlich, CD4(+)

Lymphknoten

MHC-II IL10, TGF-β

regulatorische T-Lymphozyten, induziert, CD4(+)

Blut und Gewebe

6.5 Reaktionen der erworbenen zellulären Immunabwehr

Antigen-präsentierende Zellen/Dendritische Zellen

Name

Langerhans-Zelle

monozytoide/ interstitielle DC

myeloische DC lymphoide DC2 (plasmacytoide DC, natürliche Interferon produzierende Zelle; NIPC)

Siedlungsort (vor Phagozytose)

Differenzierung (ausgehend von myeloischer Stammzelle)

Haut

unterschiedliche Organe

Blut

Thymus Blut

Monozyt

T-Lymphozyten

Zytokine zur Differenzierung

Differenzierung/ Siedlungsort

TNF-α, IL-4, GMCSF

interdigiMHC-II tierende DC CD1-a,-b in Follikeln Endosomen der (Birbeck LymphGranula) knoten

TNF-α, IL-4, GMCSF, M-CSF

Prä-DC1

TNF-α, IL-4, GMCSF

thymische DC, Prä-DC2

TNF-α, IL-4, GM-CSF, SCF, IL-3

Expression

MHC-II IL-12

Typ-1-DC Follikel der Lymphknoten

Prägung/ Aktivierung naiver T-Lymphozyten in Richtung auf

CD4(+) T-Helfer (1)Lymphozyten

CD1-c IL-12 MHC-I IL-12, IL-23, IL-27 CD1-c IL-12, IL-23, IL-27

Typ-2-DC parakortikale Zone der Lymphknoten

561

MHC-II INF-α, IL-10

CD8(+) zytotoxische T-Lymphozyten

CD4(+) T-Helfer (2)Lymphozyten

Zu den zellmembranständigen Modulatoren der Aktivierung auf T-Lymphozyten gehören (siehe Tab. 6.27) • CD28 (T-Lymphozyten spezifisches Glykoprotein) – wird konstitutiv exprimiert von T-Lymphozyten, – Liganden sind zellmembranständiges CD80 und CD86, – ist entscheidend an der TCR-spezifischen Aktivierung und Proliferation von naiven T-Lymphozyten beteiligt, indem es ▪ die Aktivierungsschwelle von naiven T-Lymphozyten vermindert, ▪ die Sekretion von IL-2 verstärkt und ▪ die Expression von anti-apoptotischen Faktoren (z. B. BCL-XL, siehe Kap. 3.5.4.3) erhöht.

562 •









6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

CTLA4/Cytotoxic T-Lymphocyte Antigen4 wirkt als Inhibitor – ist etwa zu 30 % homolog mit CD28, – wird exprimiert von aktivierten T-Lymphozyten etwa 48 Stunden nach der Aktivierung über CD28, – bindet an zellmembranständiges CD80 und CD86 mit (20–100fach) höherer Affinität als CD28, wodurch bewirkt wird ▪ Verminderung der Aktivierung von CD28 und ICOS, ▪ Inhibition der Proliferation von T-Lymphozyten durch Verminderung der Expression von IL-2 und IL-2-Rezeptoren, – wird auch als lösliches CTLA4 abgegeben (Blut, Knochenmark, Lymphknoten, Milz) ▪ hemmt die Liganden CD80 und CD86. ICOS/Inducible Costimulator, CD278 – ist etwa 39 % homolog zu CD28, – wird exprimiert von naiven T-Lymphozyten, die sich hin zu TH2-Lymphozyten, regulatorischen Lymphozyten oder zu zytotoxischen Lymphozyten entwickeln (jedoch nicht von TH1-Lymphozyten) – Aktivierung durch ICOSL verstärkt ▪ die Expression der Interleukine IL-4, IL-5, IL-6, IL-10, TNF-α, IFN-γ und damit ▪ die Differenzierung zu TH2-Lymphozyten, ▪ die Bildung (Isotyp-Wechsel) von IgE in B-Lymphozyten, ▪ die terminale Differenzierung von B-Lymphozyten zu Plasmazellen oder Gedächtnis-B-Lymphozyten. PD1/Programmed Death 1 wirkt als Inhibitor – ist etwa 24 % homolog zu CTLA4, – wird exprimiert von aktivierten T-Lymphozyten, B-Lymphozyten, NKT-Lymphozyten, NK-Zellen, ▪ nach Stimulierung durch IL-4, GM-CSF, aber auch durch IL-2, IL-7, IL-10, IL-15, IL-21, IFN-α, β, γ, TNF, VEGF – Aktivierung durch PD-1-Liganden inhibiert (in Synergie mit CTLA4): ▪ die Aktivierung des T-Zell-Rezeptor-Komplexes, ▪ die Zytokinsekretion, ▪ die Zellteilung. NKG2D/Natürliche Killerzell-Gruppe 2D – wird exprimiert von ▪ MHC-I abhängigen CD8(+) zytotoxischen Lymphozyten, ▪ CD1-abhängigen CD8(+) oder CD8/CD4 (−/−) zytotoxischen Lymphozyten, ▪ Natürlichen Killerzellen, – Aktivierung von NKG2D durch MICA, MICB, ULBP oder Rae führt ▪ in Synergie zum aktivierten TCR zur Proliferation, ▪ zur Freisetzung der zytotoxischen Mediatoren (siehe Kap. 6.3). CD27 (TNF-RSF7/Tumor-Nekrose-Faktor-Rezeptor-Superfamilie 7) – ist eine Homodimer, – wird konstitutiv exprimiert von naiven CD8(+) oder CD4(+) T-Lymphozyten,

6.5 Reaktionen der erworbenen zellulären Immunabwehr









563

Aktivierung durch den CD27-Liganden führt zur Trimerisierung des Rezeptors und zur Proliferation; ▪ hemmt die Differenzierung zu Effektor-T-Lymphozyten (T-Helfer-Lymphozyten, zytotoxischen Lymphozyten); ▪ fördert die Bildung von Gedächtnis-T-Lymphozyten. CD30 (TNF-RSF8/Tumor-Nekrose-Faktor-Rezeptor-Superfamilie 8) – wird exprimiert von ▪ aktivierten T-Helfer-Lymphozyten TH1, Th2, Th17, ▪ regulatorischen T-Lymphozyten, ▪ Gedächtnis-T-Lymphozyten, – Aktivierung durch den CD30-Liganden führt zur Trimerisierung des Rezeptors und zur ▪ reziproken Aktivierung der Zelle, welche den CD30-Liganden exprimiert, ▪ Verstärkung der Proliferation von T-Lymphozyten, ▪ vermehrten Entwicklung hin zu Gedächtnis-T-Lymphozyten, ▪ bei B-Lymphozyten zu einer Hemmung des Wechsels der Antikörperklasse (Isotyp Switch) und zu einer Hemmung der Immunglobulin-Synthese, – durch die membranständige Metalloproteinase TACE (TNF-α-konvertierendes Enzym) entsteht lösliches CD30, dessen Auftreten im Blut als Hinweis gilt für eine Immunreaktion. CD134 (TNF-RSF4/TNF-Rezeptor-Superfamilie 4; Ox40) – wird exprimiert von ▪ aktivierten naiven CD4(+) T-Lymphozyten (geringer von naiven CD8(+) TLymphozyten), ▪ geprägten CD4(+) T-Helfer-Lymphozyten und CD8(+) zytotoxischen T-Lymphozyten), – Aktivierung durch den CD134 Liganden ▪ ersetzt die Costimulation durch CD28, ▪ stimuliert die Expression von anti-apoptotischen Proteinen (Bcl2 etc.), ▪ inhibiert die Expression von CTLA4, ▪ inhibiert die Expression von IL-10 (verminderte Aktivierung von B-Lymphozyten, verstärkte Differenzierung von zytotoxischen CD8(+)-T-Lymphozyten, ▪ inhibiert die Differenzierung und Funktion von regulatorischen T-Lymphozyten. CD40-Ligand (CD40L, CD154, gp39) ist ein transmembranes Glykoprotein der TNFSuperfamilie – wird exprimiert von aktivierten CD4(+) und CD8(+)-T-Lymphozyten, – stimuliert durch Bindung an CD40, ein Mitglied der TNF-Rezeptor-Superfamilie (TNF-RSF5), ▪ professionelle Antigen-präsentierende Zellen (Thymusepithel-Zellen, Dendritische Zellen, B-Lymphozyten), ▪ induzierte Antigen-präsentierende Zellen (Makrophagen, Epithelzellen, Endothelzellen), ▪ Tumorzellen (Lymphome, Myelome, Karzinome).

564

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Tab. 6.27: Bildung und Regulation der immunologischen Synapse zwischen APC/B-Lymphozyt und T-Lymphozyt. APC/Dentritische Zelle/ B-Lymphozyt

T-Lymphozyt

Antigen-präsentierende Moleküle

Antigenes Peptid

MHC-I

Rezeptoren/Liganden

CDR1 + CDR3 der Vα1 und Vβ1

Vα1 und Vα2

CDR2 der Vα1 und Vβ1

Cα3

Vα1 und Vβ1

TCR (α-Kette/ β-Kette + CD3 + ζ –Dimer) CD8- Corezeptor

Einfluss/Wirkung Erkennung des antigenen Peptids Erkennung des individuellen Selbst

Aktivierung von CTL (afferent und efferent)

Erkennung der Spezies

oder

Antigenes Peptid

MHC-II (auf APC)

CDR1 und CDR3 der Vα1 und Vβ1

Vα1 und Vβ1

CDR2 der Vα1 und Vβ1

Cβ2

VD1 und VD2

TCR (α-Kette/ β-Kette + CD3 + ζ –Dimer)

Erkennung des antigenen Peptids Erkennung des individuellen Selbst

CD4Corezeptor

Erkennung der Spezies

TCR (γ-Kette/ δ-Kette + CD3 + ζ –Dimer)

Erkennung des antigenen Lipids

Aktivierung von T-HelferLymphozyten (afferent)

oder Antigenes Lipid, Glykolipid oder Lipopeptid



Vα1 und Vα2

CDR1 + CDR3 der Vα1 und Vβ1

CDR2 der Vα1 und Vβ1

CD1 (auf APC) Cα3

CD8Corezeptor, CD4Corezeptor oder CD4(–) und CD8(–)

Vα1 und Vβ1

Erkennung des individuellen Selbst

Erkennung der Spezies

Aktivierung von T-HelferLymphozyten oder CTL (afferent und efferent)

oder

Superantigen

CDR4 der Vβ1

TCR (α-Kette/βKette + CD3 + ζ –Dimer)

Aktivierung von T-Lymphozyten ohne Bildung einer immunologischen Synapse

6.5 Reaktionen der erworbenen zellulären Immunabwehr

565

und Kostimulatoren B7.1 (CD80)

CD28

B7.2 (CD86)

CD28

Ox40-Ligand (CD134L)

Ox40 (CD134)

kann CD28 ersetzen

B7.h (ICOS-Ligand)

ICOS

Expression nach Aktivierung

MICA, MICB, ULBP-1,-2,-3

aktivierte Makrophagen Epithelzellen, Endothelzellen, Fibroblasten

Rae-1-a, -b, -c, -d

Thymuszellen

CD30-Ligand CD40 BAFFR

bevorzugt auf B-Lymphozyten

BCMA TACI CD27

NKG2D (Natürlicher Killerzell-Gruppe Rezeptor)

konstitutiv exprimiert

Stimulation bevorzugt von TH-Lymphozyten

Aktivierung von NK-Zellen, Aktivierung von geprägten T-Lymphozyten

Aktivierung von T-Lymphozyten

CD30

aktiviert beide Zellpartner

CD40-Ligand (CD154)

BAFF

BAFF (geringer duch APRIL)

Aktivierung von geprägten T-Helferzellen (TH2, TH9) zur Stimulation bevorzugt von B-Lymphozyten (Proliferation,

APRIL (geringer durch BAFF)

CD27 Ligand Coinhibitoren

CTLA4 (CD152)

PD-L1

B7.1 (CD80) Expression nach Aktivierung

B7.2 (CD86)

CTLA4 (CD152)

PD-L1/B7-H1 und PD-L2/B7-DC

PD-1 (enthält ITIM)

CD27-Ligand/Siva (CD70)

CD27

konstitutiv exprimiert

LAG-3 (CD223)

exprimiert nach Aktivierung.; hemmt kompetitiv CD4

TIGIT (enthält ITIM)

MHC-II

PVR (CD155)

Tactile (CD96)

Hemmung bevorzugt von TH-Lymphozyten, aber auch von B-Lymphozyten, NK-Zellen und NKTZellen

hemmt beide Zellpartner

566

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Koaktive Adhäsionsmoleküle DC-SIGN

ICAM-2; ICAM-3

ICAM-2

LFA-1

ICAM-1 (CD54)

LFA-1 (CD11a/18)

LFA-3 (CD58)

CD2 Rezeptor für Schafs-Erythrozyten

VLA-4

Integrin CD11a/CD18

VCAM-1 ICAM-3

B-Lymphozyten

wesentlich für MHC-I induzierte Aktivierung

Stimulation bevorzugt von CTL

wesentlich für MHC-II induzierte Aktivierung

Aktivierung bevorzugt von BLymphozyt.

prägende, kostimulierende Zytokine IL-12, IL-27, IFN-γ, GM-CSF, TNF-α

IL-1β, IL-2 +

Zytotoxische T-Lymphozyten (CD8+-CTL)

▸ korrespondierende Rezeptoren auf

IL-12, IL-23, IL-27, IFN-γ



IL-6, IL-21, IL-23, TGF-β



IL-6, TNF-β, IL-23



korrespondierende Rezeptoren auf

TH22-Lymphozyten (CD4+ TH22)

IL-4,IL-6, IL-25, IL-33



korrespondierende Rezeptoren auf

TH2-Lymphozyten ((CD4+TH2)

IL-4,IL-25, IL-33, TGF-β



korrespondierende Rezeptoren auf

TH9-Lymphozyten

IL-23



korrespondierende Rezeptoren auf

Gedächtnis-CD4(+) T-Lymphozyten (CD4+Tmem)



korrespondierende Rezeptoren auf

induzierte regulative T-Lymphozyten (CD4+ iTreg)

IL-10, IL-15, TGF-β

Stimulation zelluläre Immunantwort

TH1-Lymphozyten (CD4+TH1) TH17-Lymphozyten (CD4+TH17)

Stimulation humorale Immunantwort

Hemmung der Immunantwort

APRIL = A Proliferation Inducing Ligand; BAFF = B-cell maturation Antigen Factor; BAFFR = BAFFRezeptor; BCMA = B-Cell Maturation Antigen; B-Ly = B-Lymphozyt; C α3 = Constante Domäne α3; CDR = Complementarity Determining Region; CTL = Cytotoxic T-Lymphocytes; CTLA4 = Cytotoxic T-Lymphocyte Antigen 4; ICAM = Intercellular Cell Adhesion Molecule; ICOS = induzierbarer Costimulator; IA = Immunantwort; ITIM = Immunoreceptor Tyrosine-based Inhibition Motif; LFA = Leukozyten Funktions-Antigen; MHC = Major Histocompatibility Complex; MICA/B = MHC-I related Sequence A/B; PD-1 = Programmed Cell Death-1; PVR = PolioVirusReceptor; Rae-1 = Retinoic acid early inducible transcripts; TACI = Transmembrane Activator, Calcium Modulator and Cytophylin Interactor; TCR = T Cell-Receptor; TIGIT = T cell immunoreceptor with Ig and ITIM domains; T-Ly = T-Lymphozyten; ULBP = UL-16-bindendes Protein; Vα1 und Vβ1 = Variable Domäne Vα1 und Vβ1; VCAM-1 = Vascular Cell Adhesion Molecule; VD1 = Variable Domäne D1; VLA1 = Very Late Antigen-1;

6.5 Reaktionen der erworbenen zellulären Immunabwehr

567

Dendritische Zellen und naive T-Lymphozyten treffen sich im Regelfall in den Lymphknoten; • naive T-Lymphozyten – werden auf Grund ihres Chemokin-Rezeptors (CCR7) in die Lymphknoten gelockt, – durch Chemokine (CCL19/ELC-Exodus3, CCL21/SLC-Exodus2), ▪ ausgeschüttet von Endothelzellen (High Endothelial Venules (HEV) in Lymphknoten, der Milz und der subepithelialen lymphatischen Organe) und von Makrophagen, – binden mit ihrem Adhäsionsmolekül LFA1 (Leukozyten-Funktionsantigen) an das ICAM-1 (Interzelluläres Adhäsionsmolekül) der Endothelzellen (High Endothelial Venules) in den lymphatischen Organen, – durchdringen die Kapillarwand und treffen im Parenchym der lymphatischen Organe auf die dendritischen Zellen, • dendritische Zellen wandern nach der Phagozytose von Fremdmaterial oder verfremdetem körpereigenem Material in den Lymphknoten – über den Blutkreislauf oder – aus dem Einzugsgebiet des jeweiligen Lymphknotens oder subepithelialen Organs; • in der parakortikalen Zone des Lymphknotens kommt es zwischen beiden Zellen zu den Wechselwirkungen der zahlreichen Rezeptoren und Liganden; • durch diese Wechselwirkungen entsteht innerhalb von wenigen (10–15) Minuten eine immunologische Synapse. Die immunologische Synapse (siehe Tab. 6.27) zwischen einer Antigen-präsentierenden Zelle und einem T-Lymphozyten baut sich stufenförmig auf. Diese Stufen sind beispielsweise im Fall des MHC-II-Moleküls auf dendritischen Zellen und naiven CD4(+)-T-Lymphozyten • erste Bindung durch Interaktionen von Adhäsionsmolekülen. • Bindung des TCR an das MHC-II Molekül, – Erkennung des MHC-II Molekül als körpereigen, – Erkennung des vom MHC-II präsentierten antigenen Peptids als Bindepartner für den TCR, • Bindung des Corezeptors CD4 an das körpereigene MHC-II-Molekül, • Bindung des Costimulators CD28 an seine Liganden (B7.1, B7.2), • Verstärkung der Bindung durch Interaktionen von Adhäsionsmolekülen, • supramolekulare Komplexbildung (SMAC, supramolekularer Aktivierungscluster) aller Bindeproteine unter Beteiligung – des Zytoskeletts (Myosin und Tubulin) und – der durch Kinasen aktivierten mikrovillären Proteine (EZRIN, Radixin, Moesin und Talin). In Folge der immunologischen Synapse kommt es zur Expression von Zytokinen, welche die Proliferation und Differenzierung des naiven CD8(+) T-Lymphozyten oder CD4)(+)-TLymphozyten prägen in Hinblick auf (siehe Tab. 6.27):

568 • • • • •

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

CD8(+) CD8(+) CD4(+) CD4(+) CD4(+)

zytotoxische T-Lymphozyten (CTL), Gedächtnis-T-Lymphozyten, T-Helfer-Lymphozyten (TH1, TH17, TH22 oder TH2, TH9), regulatorische T-Lymphozyten (Treg), Gedächtnis-T-Lymphozyten.

Eine inkomplette Stimulierung der naiven T-Lymphozyten im Rahmen der immunologischen Synapse, beispielsweise durch: • eine Stimulierung des T-Zell-Rezeptors, • aber – eine fehlende Stimulierung des Corezeptors CD8 oder CD4, – eine fehlende oder mangelhafte Kostimulierung von CD28, ICOS, NKG2D, CD27, CD27 und/oder CD134 und/oder – eine fehlende oder mangelhafte Stimulierung durch Zytokine • führt zur Anergie oder zur Apoptose der naiven T-Lymphozyten.

6.5.3 Entwicklung zytotoxischer T-Lymphozyten Nach der Prägung durch die dendritischen Zellen und unter dem Einfluss der jeweiligen Zytokine (siehe Tab. 6.27) reifen die naiven zytotoxischen T-Lymphozyten zu den Effektorzellen heran. Je nach positiver Selektion im Thymus sind hierbei zu unterscheiden (siehe Tab. 6.27) • MHC-abhängige zytotoxische T-Lymphozyten und • CD1-abhängige zytotoxische T-Lymphozyten. Die MHC-abhängigen zytotoxischen T-Lymphozyten stellen im Wesentlichen CD8(+)T-Lymphozyten dar. Naive CD8(+)-T-Lymphozyten sind durch Bildung einer immunologischen Synapse mit dendritischen Zellen zur Proliferation stimuliert wie auch geprägt worden. Im Zuge dieser Prägung • vermindern sie die Expression – von Rezeptoren und Adhäsionsmolekülen charakteristisch für naive T-Lymphozyten, wie beispielsweise ▪ den IL-7-Rezeptor, ▪ den Chemokin-Rezeptor CCR7 für die Chemokine für die Chemokine CCL19 (MIP3β/Exodus-3) und CCL21 (Exodus 2), ausgeschüttet von Endothelzellen des lymphatischen Gewebes, ▪ das L-Selectin; • verstärken sie die Expression – von Rezeptoren für solche Chemokine, welche im Rahmen von Entzündungen freigesetzt werden, so beispielsweise ▪ CXCR3 für die Chemokine CXCL9 (MIG), CXCL10 (IP10) und CXCL11 (ITAC), ▪ CCR5 für die Chemokine CCL4 (MIP1β), CCL3 (MIP1α) CCL5 (RANTES) und CCL8 (MCP2), ▪ CXCR6 für das Chemokin CXCL16;

6.5 Reaktionen der erworbenen zellulären Immunabwehr



569

der membranständigen Phosphatase CD45, welche die Aktivität des T-Zell-Rezeptors (TCR) dadurch erhöht, ▪ dass sie Src-Tyrosinkinasen aktiviert, indem sie von deren terminalen Tyrosinen hemmende Phosphatgruppen abspaltet.

Die CD1-abhängigen zytotoxischen T-Lymphozyten, im Besonderen die Natürlichen Killer-T-Lymphozyten (NKT) besitzen als Besonderheit (siehe Tab. 6.28) • einen T-Zell-Rezeptor, – dessen Bindetasche Lipide, Glykolipide und Lipopeptide bindet, – dessen Lipid-bindende Domäne der α-Kette nichtvariant (Vα1) bzw. eingeschränkt variant (Vβ1) sein kann (invarianter Natürlicher Killer-T-Lymphozyt, iNKT); • Membranproteine, welche auch auf Natürlichen Killerzellen zu finden sind. Hierzu gehören: – NK1.1(NKR-P1A, CD161), ein aktivierender C-Typ-Lectin-Rezeptor, – den Fc-Rezeptor FcγRIII für IgG1, ▪ sodass die NKT auch zur antikörperabhängigen zellulären Zytotoxizität (ADCC) fähig sind (siehe Kap. 6.7.4), – das neurale Adhäsionsmolekül N-CAM, • mehrere Funktionen; sie können aktiviert werden, – nicht nur zur Zytotoxizität ähnlich wie MHC-I abhängige zytotoxische T-Lymphozyten, – sondern auch zur Ausschüttung großer Mengen an Zytokinen zur Immunmodulation, wie beispielsweise ▪ IFN-γ, IL-2, GM-CSF und TNF-α zur Stimulierung von CD4(+) T-Helfer(1)-Lymphozyten, ▪ IL-4 zur Stimulierung von CD4(+) T-Helfer(2)-Lymphozyten, ▪ IL-10 zur Stimulierung von (induzierten) regulatorischen T-Lymphozyten, – tolerogene Lymphozyten und tolerogene Makrophagen zu induzieren, wobei der Mechanismus hierfür noch unbekannt ist.

Tab. 6.28: Wesentliche Charakteristika der verschiedenen zytotoxischen T-Lymphozyten (CTL).

Name

TCRKetten

Corezeptor

Rezeptoren für Costimulation

Adhäsionsmolekül

Häufigkeit des Vorkommens

MHC-I abhängige zytotoxische T-Lymphozyten

CD8(+)CTL

α/β

CD4(+)CTL

α/β

CD8

CD28, NKG2D

CD4

CD28

Antigenpräsentierendes Molekül Zielzelle

LFA

häufig (ca. 33 % der T-Lymphozyten im Blut)

MHC-I (+ antigenes Peptid)

LFA

sehr selten

MHC-II (+ antigenes Peptid)

570

Name

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

TCRKetten

Corezeptor

Rezeptoren für Costimulation

Adhäsionsmolekül

Häufigkeit des Vorkommens

Antigenpräsentierendes Molekül

CD1-abhängige zytotoxische T-Lymphozyten (CD8(+)) CD1-CTL

(CD4(+)) CD1-CTL

CD1-CTL

NKT (Natürlicher Killer TLymphozyt)

γ/δ -CTL

α/β

α/β

CD8

CD4

CD28

CD28

LFA

häufig (chron. bakterielle CD1a, b oder c Infektionen, z. B. (+ antigenes Lipid) Mykobakterien)

LFA

häufig (chron. bakteriellen Infektionen, z. B. Mykobakterien)

CD1a, b oder c (+ antigenes Lipid)

LFA

häufig (chron. bakteriellen Infektionen, z. B. Mykobakterien)

CD1a, b oder c (+ antigenes Lipid)

häufig (bakterielle oder parasitäre Infektionen, Tumorerkrankungen)

CD1d + antigenes Lipid

α/β

(doppelt negativ)

α/β (Vα nicht variant; Vβ eingeschränkt variant)

CD4, CD8 oder doppelt negativ

CD28

LFA

γ/δ

CD8

CD28

LFA

CD28

häufig CD1c (30–40 % in der (+ antigenes Lipid) Darmschleimhaut)

weitere zytotoxische T-Lymphozyten

γ/δ -CTL

(γ/δ)

(CD8)

NKG2D (stimulierendes Molekül)

LFA

eher selten (Darmschleimhaut, Bindewebe, Blutgefäße)

MICA, MICB, ULBP, Rae (siehe Tab. 6.27)

Im efferenten Reaktionsweg greifen reife zytotoxische T-Lymphozyten (CTL/Cytotoxic TLymphocytes) nach einer spezifischen Aktivierung Zielzellen an. Voraussetzung für diese Aktivierung ist: • die Bildung einer immunologischen Synapse zwischen dem CTL und der Zielzelle, • welche gewährleistet (siehe Tab. 6.29), – dass der T-Zell-Rezeptor (TCR/T-Cell-Receptor) des CTL das antigene Peptid oder Lipid, präsentiert auf MHC-I oder CD1 der Zielzelle erkennt, – dass der Corezeptor CD8 des CTL das MHC-I oder CD1 der Zielzelle als körpereigen erkennt, – dass durch die wechselseitige Bindung der Adhäsionsmoleküle der angreifende CTL mit der Zielzelle ausreichend fest verbunden ist.

6.5 Reaktionen der erworbenen zellulären Immunabwehr

571

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, schüttet der zytotoxische T-Lymphozyt: • zytotoxische Substanzen aus, welche die Zielzelle abtöten (siehe Kap. 6.4), • Zytokine aus, welche die zelluläre zytotoxische Reaktion fördern, wie beispielsweise – IFN-γ, welches ▪ die Prägung von T-Helfer(1)-Lymphozyten unterstützt, ▪ Makrophagen und Natürliche Killerzellen aktiviert, ▪ Endothelzellen aktiviert, ▪ die Expression von MHC-Molekülen stimuliert; ▪ jedoch in B-Lymphozyten den Isotyp-Wechsel nach IgE hemmt – TNF-α und TNF-β, welche zahlreiche Zellen aktivieren, beispielsweise ▪ Makrophagen, Granulozyten, Natürliche Killerzellen, ▪ T-Lymphozyten und B-Lymphozyten, ▪ Endothelzellen. Zielzellen für zytotoxische T-Lymphozyten können auf Grund der Restriktionen durch das körpereigene MHC-I oder CD1 nur folgende Zellen sein: • körpereigene Zellen, die über ihr MHC-I oder CD1 präsentieren (siehe Kap. 6.3.2) wie z. B.: – Antigene von Infektionserregern (Viren, Bakterien, Mykoplasmen), – Tumorantigene, – allogene Transplantationsantigene, durch Überkreuzbeladung nach Organverpflanzungen aufgenommen, – physikochemisch veränderte körpereigene Antigene, – Autoantigene, • körperfremde Zellen, soweit deren MHC-I oder CD1 von allogen-spezifischen CTL erkannt wird. Nach einer zytotoxischen Reaktion: • stirbt nur ein Teil der aktiv gewesenen zytotoxischen T-Lymphozyten (CTL), • differenziert ein beträchtlicher Teil in Gedächtnis-CTL, die – abhängig vom Zytokin-Milieu weiter proliferieren können und – den Vorrat an zentralen Gedächtniszellen (TCM, T-Cell-Memory) aufrechterhalten (siehe Kap. 6.9). Tab. 6.29: Immunologische Synapse für die Auslösung der zytotoxischen Reaktion eines T-Lymphozyten. Zytotoxischer T-Lymphozyt

Zielzelle

T-Zell-Rezeptor-Komplexe

antigenes Peptid oder antigenes Lipid + Antigen-präsentierendes Molekül

MHC-I-abhängiger zytotoxischer T-Lymphozyt T-LymphozytenRezeptor (TCR (α/β) + CD3 + ζ-Dimer) Corezeptor CD8(+)

CDR1 und CDR3 der variablen Domänen Vα1 und Vβ1 vom TCR

antigenes Peptid

CDR2 der variablen Domänen Vα1 und

Vβ1 vom TCR

variable Domänen Vα1 und Vα2

konstante Domäne Cα3

variable Domänen Vα1 und Vβ1

MHC-I

572

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

oder CD1-abhängiger T-Lymphozyt

T-LymphozytenRezeptor (TCR (γ/δ) + CD3 + ζ-Dimer)

Corezeptor CD8(+)

CDR1 und CDR3 der variablen Domänen Vα1 und Vβ1

CDR2 der variablen Domänen Vα1 und

Vβ1

antigenes Lipid, Glykolipid oder Lipopeptid variable Domänen Vα1 und Vα2

variable Domänen Vα1 und Vβ1

CD1

oder CD4(–) und CD8(–)

CD1

konstante Domäne Cα3

koaktive Adhäsionsmoleküle LFA (CD11a/18)

ICAM-1 (CD54)

Rezeptor für Schafserythrozyten (CD2)

LFA-3 (CD58)

6.5.4 T-Helfer-Lymphozyten und NKT-Lymphozyten T-Helfer-Lymphozyten T-Helfer-Lymphozyten entwickeln sich aus naiven CD4(+)-T-Lymphozyten in Abhängigkeit von: • der Art des Antigens, welches von dendritischen Zellen präsentiert wird, • dem Spektrum an Zytokinen, welches von den dendritischen Zellen bei Bildung der immunologischen Synapse ausgeschüttet wird (siehe Tab. 6.30). Zu unterscheiden sind (siehe Tab. 6.30) • Helfer-T-Lymphozyten (CD4+-TH) für die zelluläre Immunreaktion wie • TH1-Lymphozyten, – welche durch die von ihnen ausgeschütteten Zytokine (im Besonderen IFNγ, IL-2 und TNF-α) selbst proinflammatorische Funktionen ausüben als auch – die Vermehrung von zytotoxischen T-Lymphozyten (CTL) stimulieren, • TH-17-Lymphozyten, – welche mit den von ihnen ausgeschütteten Zytokinen (besonders IL-17A, IL-17F, IL-2, IL-22) und Chemokine (CCL20) die angeborene Immunreaktion verstärken und – die wesentlich teilhaben an der Aktivierung von eosinophilen und neutrophilen Granulozyten, TH-22-Lymphozyten, • – welche durch IL-22 neutrophile Granulozyten und Epithelzellen stimulieren zur Expression bakterizider Proteine, – die jedoch weder IL-17 noch IFNγ ausschütten; – Helfer-T-Lymphozyten für die humorale Immunreaktion

6.5 Reaktionen der erworbenen zellulären Immunabwehr







573

TH2-Lymphozyten, – welche durch Bildung einer immunologischen Synapse mit B-Lymphozyten aktiviert werden zur Ausschüttung von Zytokinen (im Besonderen IL-4, IL-5, IL-6, IL-10, IL-13) – welche B-Lymphozyten aktivieren zur Proliferation und zur somatischen Hypermutation und zur Selektion zur Bildung von hochaffinen Antikörpern gegen das in Frage kommende Antigen. TH9-Lymphozyten, welche durch IL-9, IL-10 und IL-21 verstärken – allergische Reaktionen durch Aktivierung von Mastzellen und – autoimmune Reaktionen durch Einfluss auf die Differenzierung von TH2-Lymphozyten und B-Lymphozyten, TfH-Lymphozyten (follikuläre T-Helfer-Zellen), welche durch die Expression besonders von IL-21 und IL-4 – die Prägung von TH2-Lymphozyten stimulieren und – zur Proliferation von B-Lymphozyten und zum Isotyp-Wechsel nach IgE beitragen.

Tab. 6.30: Prägung und Funktion von T-Helfer-Lymphozyten. Prägung fördernd

hemmend

IL-12, IL-23, IL-27, IFNγ

IL-4, IL-10, IL-14, TGF-β,

IL-6, IL-21, IL-23, TGF-β

IL-4, IFN-γ

IL-6, TNF-β, IL-23

exprimierte Zytokine

TH1

TH17

TH22

IL-2, -IL-3, IL22, GM-CSF IFNγ, TNF-α, TNF-β, CXCL2 IL-17A, IL-17F, IL-21, IL-22, IL26, TNF-α, CCL20

IL-22, TNF-α, IL-13

Funktion Aktivierung von Makrophagen, Granulozyten, NK-Lymphozyten, Endothelzellen (↑) Vermehrung von zytotoxischen T-Lymphozyten (CTL) (↑) stärken durch Ausschüttung von Zytokinen und Chemokinen die angeborene Immunreaktion Aktivierung eosinophile und neutrophile Granulozyten (↑) Aktivierung neutrophiler Granulozyten und Epithelzellen, Expression bakterizider Proteine (↑) schütten weder IL-17 noch IFNγ aus

IL-4, IL-6, IL-25, IL-33,

IL-4, IL-25, IL-33, TGF-β

IFN-γ, TNF-β

TH2

IL-4, IL-5, IL-10, IL-13, IL-31 GM-CSF

TH9

IL-9, IL-10, IL-21

Aktivierung Mastzellen/basophile+eosinophile Granulozyten (↑) Aktivierung B-Lymphozyten zur Proliferation, zur somatischen Hypermutation und zur Selektion zur Bildung von hochaffinen Antikörpern (↑) Aktivierung von Mastzellen, basophilen und eosinophilen Granulozyten (↑)

574

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Prägung fördernd

exprimierte Zytokine

hemmend

Funktion Differenzierung von TH2-Lymphozyten und B-Lymphozyten

IL-12, IL-21, IL-23, TGF-β

TFH (follikuläre TH)

Prägung von TH2-Lymphozyten (↑) IL-4, IL-21

Proliferation von B-Lymphozyten und den Isotyp-Wechsel (↑)

NKT-Lymphozyten NKT-Lymphozyten stellen NK-Zellen-ähnliche T-Lymphozyten dar, welche • über Rezeptoren (z. B. TCR, CD3, CD4 oder CD8) charakteristisch für T-Lymphozyten verfügen, wobei – der TCR spezifisch bindet an Glykolipide, präsentiert von CD1d, – bei Typ I-NKT-Zellen die Variabilität des TCR eingeschränkt ist (Vα24/Vβ11), – bei Typ II-NKT-Zellen ein diverses TCR-Repertoire besteht, • zugleich aktivierende (NKR) und inhibierende (KIR) Rezeptoren ähnlich den NK-Lymphozyten besitzen (siehe Kap. 6.4.2) – somit auch der Regulation ihrer Funktion ähnlich den NK-Lymphozyten unterliegen, – zugleich auch zu einer ADCC (Antikörper abhängige zelluläre Zytotoxizität) fähig sind nach Aktivierung differenzieren und rückdifferenzieren können in NKT-Lymphozyten, • funktionell ähnlich den T-Helfer-Lymphozyten und zwar – NKTH1: den TH1-Lymphozyten (Expression besonders von IFN-γ, TNF-α) – NKTH2: den TH2-Lymphozyten (Expression besonders von IL-4, IL-13) – NKTH17: den TH17-Lymphozyten (Expression besonders von IL-17, IL-21, IL-22) – fNKTH: den Follikulären TH-Lymphozyten (Expression besonders von IL-21) und – NKTreg: den Treg-Lymphozyten (Expression von IL-10) • durch ihr Rezeptor-Repertoire sowohl aktivierende wie auch hemmende, d. h. regulative Funktionen auf die Immunabwehr ausüben können in Ergänzung zu den T-HelferLymphozyten.

6.5.5 Aktivierung von T-Lymphozyten durch Superantigene Superantigene sind in der Lage • unabhängig von einem Antigen und ohne Bildung einer immunologischen Synapse, • das MHC-II-Molekül einer Antigen-präsentierenden Zelle mit dem T-Zell-Rezeptor eines T-Lymphozyten zu verbinden, und hierdurch die T-Zelle zu aktivieren, wobei – statt 0,0001 bis 0,001 % der T-Lymphozyten, die von einem Antigen über die Bildung einer Immunologischen Synapse aktiviert werden können, – bis etwa zu 20 % der T-Lymphozyten eines Menschen aktiviert werden, ▪ zur Ausschüttung proinflammatorischer Zytokine (IL-1, IL-2, TNF-α, TNF-β, IFN-γ),

6.6 Erworbene humorale Immunreaktionen





575

mit der Aktivierung von Makrophagen, Granulozyten, Lymphozyten und Endothelzellen und der Folge schwerster akuter Krankheitsbilder (toxischer Schock).

Die Bindung an • das MHC-II Molekül ist je nach Superantigen unterschiedlich und erfolgt – entweder nur an die Vα1-Domäne der α-Kette: ▪ außenseitlich an der Bindetasche für das Antigen oder ▪ deckelförmig auf der Bindetasche; – oder nur an die Vβ1-Domäne der β-Kette, ▪ unter Kreuzvernetzung der αHelix der Vβ1-Domäne mit dem (N-terminalen Teil) des antigenen Peptids in der Bindetasche – oder sowohl an die Vα1-Domäne der α-Kette als auch an die Vβ1-Domäne der β-Kette ▪ eines MHC-II-Moleküls ▪ oder zweier benachbarter MHC-II-Moleküle; den T-Lymphozyten-Rezeptor (TCR) erfolgt • – an die variablen Domänen Vα1 und Vβ1 und zwar ▪ sowohl an die hochvariablen Regionen (Complementarity Determining Regions CDR1, CDR2, CDR3) ▪ als auch an den konstanten Rahmen in den variablen Domänen. Zu den Superantigenen gehören: • Toxine von Gruppe-A-Streptokokken (GAS) und von Streptokokken außerhalb der Gruppe A, • Toxine von Yersinien, Staphylokokken und Mycoplasmen, • Antigene von Viren, – das Minor Lymphozyten stimulierende Antigen (MLSA) des Maus-MammatumorVirus (MMTV), – das humane endogene retrovirale (HERV) K18 Hüll-Protein, dessen Expression stimuliert werden kann ▪ durch das Tumorvirus Epstein-Barr-Virus (EBV) oder ▪ durch das Zytokin IFN-α.

6.6 Erworbene humorale Immunreaktionen 6.6.1 Entwicklung, Selektion und Reifung der B-Lymphozyten und Antikörpern Ähnlich wie bei den Pro-Thymozyten entwickeln sich aus den hämatopoetisch-lymphoiden Stammzellen im Knochenmark • die Prä-B-Lymphozyten, welche unter dem Einfluss besonders von SCF/Stem Cell Factor, den Interleukinen IL-1, IL-2, IL-3, IL-6 und besonders dem Interleukin IL-7 als treibende Kraft fortentwickeln zu den

576 •

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

virginellen B-Lymphozyten unter dem Einfluss von weiteren Zytokinen (im Besonderen IL-7) – während dieser Entwicklung wird über unterschiedliche Stufen erstmals ein Membran-Immunglobulin (s/surface-IgM) exprimiert, – das als Heterotetramer vier zellspezifische variablen Domänen enthält, die zwei Bindetaschen formen und – das den wesentlichen Bestandteil des B-Zell-Rezeptors (BCR/B-Cell-Receptor) darstellt.

Die Selektion der virginellen B-Lymphozyten erfolgt entsprechend der Spezifität und der Bindestärke der Bindetaschen ihres BCRs (siehe Tab. 6.31) • zum einen durch Stromazellen des Knochenmarkes, – an welche körpereigene Antigene (Autoantigene oder Fremdantigene zum Zeitpunkt der Selektion), gebunden sind, – virginelle B-Lymphozyten, deren Membran-IgM (BCR) mit hoher Affinität durch das Antigen auf den Stromazellen vernetzt wird, reagieren darauf mit einer negativen Selektion, welche beinhaltet ▪ Apoptose oder ▪ Rezeptor-Edition (Gene für die variablen Domänen des Membran-IgM werden zur erneuten Rekombination stimuliert) oder ▪ Rezeptor-Modulation (die Expression des BCR wird verringert oder ganz eingestellt), – virginelle B-Lymphozyten, deren Membran-IgM (BCR) mit geringer Affinität oder nicht durch das Antigen auf den Stromazellen vernetzt wird, ▪ überleben ohne Modifikation (positive Selektion) und verlassen über das Blut das Knochenmark; • zum anderen durch jegliche Antigen-bindende Zelle in der Peripherie (im Blut oder Gewebe), wobei diese Selektion in ähnlicher Weise vonstatten geht wie durch die Stromazellen im Knochenmark. Tab. 6.31: Selektion von virginellen B-Lymphozyten. Bindung des virginellen B-Lymphozyten Antigenpräsentation Zellen

1. Stromazellen im Knochen Mark 2. Antigenbindende Zellen in der Peripherie

Bindestärke des BCR Bindestruktur

Antigene

körpereigene Antigene, Fremdantigene zum Zeitpunkt der Selektion

VL und VH von IgM des BCR

stark

mittel

keine

Ergebnis negative Selektion durch – Apoptose), – Rezeptor-Edition, oder – RezeptorModulation

+++

++/+

Überleben 0

Überleben

6.6 Erworbene humorale Immunreaktionen

577

Virginelle B-Lymphozyten: • verfügen über den B-Zell-Rezeptor (BCR/B-Cell-Receptor) wie auch Corezeptoren und Kostimulatoren, • entwickeln sich über unterschiedliche Selektions- und Differenzierungsstufen – zu den reifen B-Lymphozyten und schlussendlich – zu den Plasmazellen, welche die Produzenten der unterschiedlichen Antikörper (siehe Tab. 6.32 darstellen, wobei ▪ jede Plasmazelle nur einen Typ Antikörper mit festgelegter Antigenspezifität und festgelegtem Isotyp produziert. Der B-Zell-Rezeptor (BCR/B-Cell-Receptor) besteht aus: • einem membranständigen Antikörper, – dessen Struktur einem monomeren Antikörper vom Isotyp IgM (siehe Tab. 6.32 und 6.33) entspricht; ▪ die hypervariablen Regionen (Complementarity Determining Regions CDR1, CDR2, CDR3) in den variablen Domänen der L-Ketten und der H-Ketten bestimmen die Antigenspezifität des BCR, ▪ die H-Ketten besitzen am carboxyterminalen Ende der konstanten Domänen einen Membran-Anker aus 41 Aminosäuren ▪ im Zuge des Isotypenwechsels kann die H-Kette des IgM durch die H-Kette für IgD, IgG, IgA oder IgE ausgetauscht werden, – welcher eigenständig keine Signale in das Zellinnere des B-Lymphozyten übertragen kann, – der jedoch durch Quervernetzung die Signal-Übertragung einleitet, wobei die Quervernetzung erfolgen kann: ▪ zwischen zwei BCR-Molekülen durch ein Antigen, ▪ zwischen einem BCR-Molekül und einem aktivierenden Fc-Rezeptor durch einen Antigen-Antikörper-Komplex, ▪ zwischen einem BCR-Molekül und einem Komplement-Rezeptor (C1q-R, CR-2 für C3d, CR-3 und CR-4 für iC3b) durch ein Antigen oder eine Antigen-Antikörper-Komplex, an welchen die Komplementfaktoren C1q, C3d oder iC3b gebunden sind; • dem accessorischen Igα/Igβ, ein transmembranes Heterodimer, welches für die Signal-Übertragung verantwortlich ist und welches nach Quervernetzung des BCR – Rezeptor-assoziierte Kinasen der Src-Familie (Lyn, Blk, Fyn), der Syk- und der BTK-Familien aktiviert (siehe Kap. 3.3.2). • Die große Vielfalt der Bindetaschen der Antikörper der B-Lymphozyten entsteht: – durch somatische Rekombinationen und durch somatische Hypermutationen derjenigen Gensegmente, welche für die hypervariablen Regionen (complementarity determining regions, CDR-1, CDR-2, CDR-3) der variablen Domänen (V) der leichten (VL ) und der schweren (VH ) Ketten des Antikörpermoleküls kodieren und – durch die nachfolgende Kombinationen der leichten (VL ) und der schweren (VH ) Ketten zur Bildung eines Antikörpermoleküls, – wobei die somatischen Rekombinationen für die variablen Domänen beinhalten:

578

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

die Verknüpfung unterschiedlicher Exons und Gensegmente für die variablen Domänen, ▪ die Auswahl von unterschiedlichen Joining (J-) und besonders der zahlreichen Diversity- Elementen zwischen den Gensegmenten, ▪ die Kopplung der variablen Domänen mit den konstanten Domänen und die somatischen Hypermutationen der hypervariablen Regionen darstellen; ▪ Austausch, Einfügungen und Deletionen von einzelnen Nukleotiden (Punktmutationen), ▪ Genvarianten durch Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP/Single Nucleotide Polymorphism) mit einer hohen Auftretungshäufigkeit, ▪ Einfügungen von Nukleotidsequenzen an den Verknüpfungsstellen von Gensegmenten, wie beispielsweise N-(Nontemplate encoded-) Nukleotidsequenzen und/oder P-(Palindrome-) Nukleotidsequenzen, ▪ Inversionen. ▪



Corezeptoren unterstützen die Aktivierung des BCR (siehe Tab. 6.33, 6.34). Zu diesen Corezeptoren gehören: • Komplementrezeptoren, im Besonderen der Komplement-Rezeptor CR2 (CD21) für das Komplementspaltprodukt C3d: – Kreuzvernetzung des Komplement-Rezeptors mit dem BCR durch Antigen-C3d oder Antigen-Antikörper-C3d-Komplexe verstärken die antigenspezifische Aktivierung von B-Lymphozyten; Fc-Rezeptoren: • – aktivierende Fc-Rezeptoren (z. B. Fcα/μ-Rezeptor, Fcγ-RIIA, Fcγ-RIIC) ermöglichen eine Kreuzvernetzung des Fc-Rezeptors mit dem BCR durch Antigen-Antikörper-Komplexe und damit eine Verstärkung der antigenspezifischen Aktivierung von B-Lymphozyten; – inhibierende Fc-Rezeptoren (z. B. Fcγ-RIIB) hemmen bei einer Kreuzvernetzung des Fc-Rezeptors mit dem BCR durch Antigen-Antikörper-Komplexe die antigenspezifische Aktivierung von B-Lymphozyten; • TLR/Toll-like-Rezeptoren – TLR ermöglichen eine eigenständige Aktivierung von B-Lymphozyten durch Pathogen-assoziierte molekulare Strukturen (PAMPs/Pathogen Associated Molecular Patterns) und Detritus assoziierte molekulare Strukturen (DAMPs/Damage Associated Molecular Patterns), wobei ▪ TLR-1 Lipopeptide bindet, ▪ TLR-2 den Rezeptor darstellt für Glykolipide, Lipopeptide, Peptidoglykane, Zymosan, Lipoteichonsäure und Heat-shock-Proteine, ▪ TLR-3 der zytoplasmatische Rezeptor ist für doppelsträngige RNA, ▪ TLR-4 Lipopolysaccharide, Heparansulfat und Hyaluronsäure bindet, ▪ TLR-6 der Rezeptor ist für Diacyl-Lipopeptide, ▪ TLR-7 und TLR-8 zytoplasmatische Rezeptoren darstellen für einzelsträngige RNA, ▪ TLR-9 nicht methylierte DNA bindet;

6.6 Erworbene humorale Immunreaktionen



579

membranständige TLR (TLR-1, -2, -4, -6) erlauben eine Kreuzvernetzung des TLR mit dem BCR durch Antigene und damit eine Verstärkung der antigenspezifischen Aktivierung von B-Lymphozyten.

B-Lymphozyten verfügen des Weiteren über eine Reihe von Rezeptoren (z. B. CD40, BAFFR, TACI, BCMA und CD27; siehe Tab. 6.34, 6.35), deren Aktivierung durch Kontakt mit dem korrespondierenden Liganden auf unterschiedliche Zellen des Immunsystems, wie Stromazellen, Makrophagen, dendritische Zellen, Natürliche Killerzellen oder T-Lymphozyten die Apoptose von B-Lymphozyten verhindert und deren Aktivierung steigert. Zusätzlich exprimieren B-Lymphozyten als Antigen-präsentierende Zellen Liganden für Kostimulatoren auf T-Lymphozyten (siehe Kap. 6.5.3). Zu diesen gehören: • CD80 und CD86 als Liganden für CD28 bzw. für dessen kompetitiven Inhibitor CTLA4 auf T-Lymphozyten, – wobei CD86 konstitutiv, CD80 nach Aktivierung von B-Lymphozyten exprimiert werden, – aber auch CD28 und CTLA4 nach Aktivierung von B-Lymphozyten stärker gebildet werden können; • ICOS-Ligand (B7-H2), welcher an ICOS/Inducible Costimulator/induzierbarer Kostimulator auf T-Lymphozyten bindet, • CD134-Ligand (OX40L) als Ligand für CD134 auf T-Lymphozyten, – welcher durch Hemmung von IL-4 und IL-10 die Differenzierung von T-Helfer(2)Lymphozyten und damit die Hilfe für B-Lymphozyten reduziert und – dadurch die Differenzierung von zytotoxischen T-Lymphozyten durch T-Helfer(1)Lymphozyten verstärkt. Tab. 6.32: Charakteristika menschlicher Immunglobuline. IgM

IgD

IgG1

IgG2

IgG3

IgG4

IgA1

IgA2

sIgA

IgE

Anzahl der Antikörpermoleküle/Polymer

5, selten 6

1

1

1

1

1

1

1

2

1

Verbindungskette J (M in kDa)

(70)

(15)

sekretorische Kette S (M in kDa) Gesamtmolekül M (kDa)

(70)

970

185

146

146

170

146

160

160

385

188

2

2

2

2×2

2

leichte Ketten (L-Kette) Anzahl (M = 25 kDa/ Kette)

5×2

2

2

2

2

580

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Isotyp Lambda oder Kappa

IgM

IgD

IgG1

IgG2

IgG3

IgG4

IgA1

IgA2

sIgA

IgE

beide

beide

beide

beide

beide

beide

beide

beide

beide

beide

+

+

+

+

+

+

+

+

Anbindung an die H-Kette N-terminal vom CH1 C-terminal vom CH1

+

+ schwere Kette (H-Kette)

Anzahl (M/Kette in kDa)

10 (65)

2 (69,7)

2 (51)

2 (51)

2 (60)

2 (51)

2 (56)

2 (52)

4 (52 oder 56)

2 (72,5)

konstante Domänen (Anzahl)

5×4

3

3

3

3

3

3

3

2×3

4

Disulfidbrücken (lokalisiert C-terminal von Domäne)

5×1 (CH2)

1 (CH1)

2 (CH1)

4 (CH1)

11 (CH1)

2 (CH1)

3 (CH1, CH2)

1 (CH1)

2×1 (CH1)

2 (CH1, CH2)

Kohlenhydrate; Anteil in %, (Lokalisation)

12 (CH1, CH2, CH3, CH4)

9–14 (CH1, CH2, CH3)

2–3 (CH2)

2–3 (CH2)

2–3 (CH2)

2–3 (CH2)

7–11 (VH, CH1, CH2, CH3)

7–11 (VH, CH1, CH2, CH3)

7–11 (VH, CH1, CH2, CH3J, J, S)

12 (CH1, CH2, CH3)

Resistenz gegen Proteasen

++

(+)

+

+++

(+)

++

(+)

+++

+++

+

Anzahl der Antigen-Bindetaschen (VH+VL )

5×2

2

2

2

2

2

2

2

2×2

2

Konzentration im Blutserum (mg/ml)

1,5

0,03

9

3

1

0,5

3

0,5

0,05

Verweilzeit (T1/ 2β) im Blut (Tage)

5

3

21–23

20–23

7–8

21–23

6

6

Abbaurate (%/Tag)

9

37

7

7

17

7

25

Anteil im Blut (%) zu GesamtIg

80

75

45

45

45

45

42

0,00005

3

89

42

50

6.6 Erworbene humorale Immunreaktionen

581

Tab. 6.33: B-Zell-Rezeptor und aktivierende bzw. inhibierende Corezeptoren auf B-Lymphozyten.

Name

BCR (B-Cell-Receptor)

Struktur

Vorkommen

monomeres IgM B-Lymphozyten (oder IgD, IgG, IgA, aller EntwicklungsIgE) + Igα/Igβ stufen

Ligand

Wirkung auf B-Lymphozyten

Antigen

durch Quervernetzung antigenspezifische Stimulierung

aktivierende Corezeptoren Adapterprotein, bindet und aktiviert Rezeptor-assoziierte Kinasen Lyn, Lyn und PI3K

CD19

CD21 (KomplementRezeptor CR2)

CD19 bildet tetrameren Komplex mit CD21 und mit B-Lymphozyten CD81 (Aktivator) aller Entwicklungsund CD225 stufen (Inhibitor) (ImmunglobulinSuperfamilie; IGSF)

Fcα/μRezeptor

Homodimer (ImmunglobulinSuperfamilie; IGSF)

B-Lymphozyten (dendritische Zellen, Makrophagen)

Fcγ-RIIA, Fcγ-RIIC

Monomere (α-Ketten) (ImmunglobulinSuperfamilie; IGSF)

B-Lymphozyten (dendritische Zellen, Makrophagen, Granulozyten)

TLR1, -2, -3, -4, -6, -7, -8, -9

Monomere und Heterodimere mit CD180 und MD1

B-Lymphozyten (dendritische Zellen, Makrophagen, Granulozyten)

Komplementspaltprodukt C3d auf Antigen oder AntigenAntikörperKomplexen

Aktivierung durch Quervernetzung mit dem BCR, dem CD81 (TAPA-1, Target of Antiproliferative Antibody) und dem CD225 (Fragilis, Interferon induced Protein 17)

IgM (IgA1, IgA2) gebunden an Antigen

aktiviert in Vernetzung mit dem BCR

IgG, gebunden an Antigen

aktivieren in Vernetzung mit dem BCR (zellinterner Teil besitzt einmal ITAM, siehe Kap. 3.1.2.1)

aktivieren zur Phagozytose der PAMPs/DAMPs; Pathogen oder membranständige Detritus assoziTLR2 (TLR-1, -2, -4, ierte molekulare -6) können in Strukturen (PAMPs, Vernetzung mit dem DAMPs) BCR die antigenspezifische Aktivierung verstärken

inhibierende Corezeptoren

Fcγ-RIIB

Monomer (α-Ketten) (ImmunglobulinSuperfamilie; IGSF)

B-Lymphozyten (Mastzellen, Granulozyten)

IgG, gebunden an Antigen

inhibiert in Vernetzung mit dem BCR durch 1x ITIM, siehe Kap. 3.1.2.2)

582

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Name

Struktur

Fc-RezeptorMonomere homologe (Immunglobulin(Fc-RH -1, 2, -3, -4, Superfamilie; IGSF) -5, -6) FCε-RIIa (CD23a)

CD85a LILR-B, (Leukocyte Immunglobulin Like Rezeptor)

CD22 (B-LymphozytenAntigen; SIGLEC2)

CD72

C-Typ-Lectin

Monomer (IGSF/ ImmunglobulinSuper-Familie)

Heterodimer, (Lectin)

Homodimer

Vorkommen

Ligand

Wirkung auf B-Lymphozyten

B-Lymphozyten

AntigenAntikörperKomplexe

Aktivierung über ITAMs, Inhibierung über ITIMs

B-Lymphozyten

Antigen-IgEKomplexe

Hemmung der IgESynthese

assoziiert mit dem BCR

inhibiert die SignalÜbertragung nach Aktivierung des BCR durch 4 ITIMs und der Bindung von Phosphatase (SHIP siehe Kap. 3.1.2.2)

assoziiert mit dem BCR

inhibiert die SignalÜbertragung nach Aktivierung des BCR durch 3 ITIMs und der Bindung von Phosphatase (SHIP siehe Kap. 3.1.2.2)

assoziiert mit dem BCR

Inhibiert die SignalÜbertragung nach Aktivierung des BCR durch 1 ITIM siehe Kap. 3.1.2.2)

CD100 (exprimiert von T-Lymphozyten)

bewirkt Dephosphorylierung der ITIMs und Aufhebung der Inhibition durch CD72

CD5 (exprimiert von T- oder B-Lymphozyten)

verstärkt Inhibition der Signalübertragung nach Aktivierung des BCR durch 1 ITIM; kann unabhängig von BCR B-Lymphozyten stimulieren

B-Lymphozyten (Dendritische Zellen, Makrophagen, Natürliche Killerzellen)

B-Lymphozyten

B-Lymphozyten

CD30

Homotrimer (TNF-RSF8)

reife B-Lymphozyten

CD30-Ligand (T-Lymphozyten)

CD30-Ligand

(TNF-SF8)

virginelle BLymphozyten

CD30 (T-Lymphozyten)

Hemmung des Isotypen-Wechsels und der Immunglobulin-Synthese

6.6 Erworbene humorale Immunreaktionen

583

Tab. 6.34: Antiapoptose und Differenzierung bewirkende Rezeptoren auf B-Lymphozyten. B-Lymphozyten Rezeptor

Vorkommen

CD40 (Tumor-Nekrose Faktor-RezeptorSuperfamilie; TNF-RSF-5)

B-Lymphozyten, (dendritische Zellen, Makrophagen, Endothelzellen, Epithelzellen)

BAFF-R (B-CellActivating FactorReceptor; TNFRSF-13C)

follikuläre BLymphozyten, reife B-Lymphozyten

TACI (Transmembrane Activator, Calcium Modulator and Cyclophilin Interactor)

follikuläre BLymphozyten, reife B-Lymphozyten im lymphatischen Gewebe und Blut, Plasmazellen, (aktivierte TLymphozyten)

BCMA (B-Cell Maturation Antigen; TNF-RSF17)

reife B-Lymphozyten

CD27 (TNF-RSF7)

follikuläre B-Lymphozyten, reife B-Lymphozyten, Plasmazellen, Gedächtnis-BLymphozyten, (naive T-Lymphozyten)

Aktivierender Partner Ligand

Zelle

Wirkung auf B-Lymphozyten

CD40-Ligand

aktivierte TLymphozyten

Proliferation, Differenzierung, beteiligt am Wechsel der Antikörperklasse, Bildung von GedächtnisB-Lymphozyten

BAFF (B-Cell Activating Factor)

Monozyten, Makrophagen, dendritische Zellen, Stromazellen im Knochenmark, T-Lymphozyten

Überleben, Aktivierung, Differenzierung; Wechsel der Antikörperklasse, Synergismus mit IL-4

APRIL (A Proliferation Inducing Ligand, BAFF)

Monozyten, Makrophagen, dendritische Zellen, Stromazellen im Knochenmark, T-Lymphozyten

Proliferation; Wechsel der Antikörperklasse; Differenzierung von B-Lymphozyten (aktiviert von T-Lymphozyten unabhängigen Antigenen) zu Plasmazellen

BAFF, APRIL

Monozyten, Makrophagen, dendritische Zellen, Stromazellen im Knochenmark, T-Lymphozyten

Proliferation; Wechsel der Antikörperklasse

CD27-Ligand (CD70)

aktivierte TLymphozyten, aktivierte BLymphozyten, dendritische Zellen, Natürliche Killerzellen

vermehrte Differenzierung zu Plasmazellen; erhöhte Sekretion von IgM, IgG, IgA, IgE

Virginelle B-Lymphozyten wandern für ihre Entwicklung zu reifen B-Lymphozyten und Plasmazellen in unterschiedliche lymphatische Organe und exprimieren hierfür unterschiedliche Adhäsionsmoleküle (siehe Tab. 6.35, 6.36 und 6.37), die: • Bestandteile darstellen von immunologischen Synapsen mit T-Helfer (2)-Lymphozyten und/oder • die B-Lymphozyten in den lymphatischen Organen festhalten.

584

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Tab. 6.35: Adhäsionsmoleküle zur Lokalisation und Reifung von B-Lymphozyten. B-Lymphozyt

Partnerzelle/Bindestruktur Funktion

Adhäsionsmolekül

Adhäsionsmolekül

Zelle/Struktur

LFA-1 (Leukozyten-FunktionsAntigen)

ICAM-1 (Inter-Cellular Adhesion -Molecule)

Endothelzellen, marginale Zone der Lymphfollikel

Integrin α-4/β-1

VCAM-1 (CD106; Vascular CellAdhesion-Molecule-1)

Endothelzellen, marginale Zone der Lymphfollikel

LAM-1 (Leukozyten-Adhesions Molekül, LECAM, L-Selectin, CD62L)

GlyCAM (Mucin, CD34)

kapilläre Endothelzellen (Rollphase der Zelladhäsion)

Lactosamin (CD75)

BL-CAM (B-Lymphocyte-CellAdhesion-Molecule, CD22)

B-Lymphozyten

Syndecan-1 (CD138)

Collagen Typ I

extrazelluläre Matrix

VEJAM (Vascular Endothelial Junctional AdhesionMolecule, JAM-2, CD322; assoziiert mit JAM-1 (CD321)+JAM-3 (CD323)

VEJAM JAM-3 (CD323), α-4/β-1-Integrin, PAR-3

ICAM-1 (Inter-Cellular AdhesionMolecule-1, CD54)

LFA-1 (Leukozyten-FunktionsAntigen-1, Heterodimer aus Integrin α4 (CD11a) und Integrin β2 (CD18)), MAC-1 (Heterodimer Integrin CD11b und CD18)

LFA-3 (CD58)

CD2 (T-Lymphocyte Surface CD2 Antigen; Sheep Erythrocyte Receptor)

VCAM-1 (Vascular Cell Adhesion Molecule, CD106)

ICAM-3 (CD50)

VLA4-Rezeptor (Very Late Activation Protein 4 Receptor, Integrin α-4/β-1 CD49d) Integrin CD11a/CD18

Gewebelokalisation

Endothelzellen, besonders in lymphatischen Organen (HEV) Durchwanderung (Diapedese) von Endothelzellschichten

T-Lymphozyten

T-Lymphozyten

T-Lymphozyten

T-Lymphozyten

Bestandteil der immunologischen Synapse

6.6 Erworbene humorale Immunreaktionen

585

Die Reifung der virginellen B-Lymphozyten erfolgt im mehreren Stufen (siehe Tab. 6.36): Virginelle B-Lymphozyten • wandern von ihrem Entstehungsort (dem Knochenmark) über den Blutkreislauf in nicht-lymphatische Gewebe. Autoreaktive B-Lymphozyten erfahren dort – durch Quervernetzung ihrer Membran-IgM (BCR) durch körpereigene Antigene auf Stromazellen oder Makrophagen unter dem Einfluss der Zytokine SCF, IL-1 und IL-6, – eine negative Selektion, d. h. in ihnen wird induziert (siehe oben) ▪ die Apoptose oder ▪ ein Rezeptor-Editing (erneute Rekombination von bislang nicht genutzen V(Gene für die variablen Domänen) und J-(Gene für die Joining-) Elementen oder ▪ eine Rezeptor-Modulation (dauerhafte Blockade der IgM-Expression), • die überlebenden virginellen B-Lymphozyten werden über ihre Chemokin-Rezeptoren (CCR7, CXCR4, CXCR5) durch Chemokine (besonders CXCL13) der T-Lymphozyten aus dem Blut durch die Wand der postkapillären Venolen (HEV/High Endothelial Venules) in die T-Lymphozyten-reiche parakortikale Zone der Lymphknoten gelockt, – erhalten dort mehrere Überlebenssignale (positive Selektion): ▪ durch Kostimulatoren (im Besonderen CD40, siehe Tab. 6.34) und Zytokine (IL-4, IL-5) der T-Lymphozyten, ▪ durch Quervernetzungen ihrer Membran-IgM durch fremde oder fremdartige Antigene; – wobei zu geringe Überlebenssignale zur Apoptose führen; • wandern als positiv selektionierte B-Lymphozyten in die Follikel der Kortikalzone und reifen dort zu follikulären B-Lymphozyten. Follikuläre B-Lymphozyten • exprimieren – den B-Zell-Rezeptor ▪ mit Membran-IgM und mit Membran IgD; – aktivierende Corezeptoren, wie (siehe Tab. 6.33) ▪ Komplement-Rezeptoren, ▪ Fc-Rezeptoren, ▪ Toll-Like-Rezeptoren – anti-apoptotisch wirkende Rezeptoren (siehe Tab. 6.34), • „durchkämmen“ den Körper nach fremden oder fremdartigen (Tumor-) Antigenen. Diese aktivieren die follikulären B-Lymphozyten zur Phagozytose bzw. Endozytose: – durch Quervernetzung des Membran-IgM in den BCR, falls dessen Bindetasche an das Antigen bindet. ▪ was bedeutsam ist, wenn das Antigen in geringen Mengen vorliegt; – durch Bindung an Toll-like Rezeptoren, – durch Bindung an Fc-Rezeptoren, ▪ falls das Antigen in Antigen-Antikörper-Immun-Komplexen vorliegt, – durch Bindung an Komplement-Rezeptoren, ▪ falls das Antigen in Antigen-Komplement-Komplexen oder in Antigen-Antikörper-Komplement-Komplexen vorliegt;

586 •

• •

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

wandern mit dem phagozytierten Antigen zurück in die Lymphfollikel der Lymphknoten – angelockt durch Chemokine (besonders CXCL13), ausgeschüttet von follikulären CD4(+) TH2-Lymphozyten, welche aus der parakortikalen Zone in die Lymphfollikel des Lymphknotens eingedrungen sind; ▪ in der parakortikalen hat die Differenzierung von CD4(+)-T-Lymphozyten zu CD4(+) TH2-Lymphozyten erfolgt in der parakortikalen Zone des Lymphknotens durch die Bildung einer immunologischen Synapse mit (interdigitierenden) dendritischen Zellen, die aus dem Einzugsgebiet des Lymphknotens eingewandert sind (siehe Kap. 6.2.2) und „verdauen“ das Antigen in den Phagolysomen, beladen und präsentieren (siehe Kap. 6.2.2), – antigene Peptide auf MHC-II-Molekülen und – antigene Lipide auf CD1-Molekülen.

Derart das (Tumor-) Antigen präsentierende Follikuläre B-Lymphozyten • bilden mit den follikulären CD4(+) TH2-/T-Helfer (2)-Lymphozyten eine immunologische Synapse (siehe Tab. 6.37), wobei die Bildung wie folgt stufenförmig erfolgt: – Einleitung durch die wechselseitige Bindung der Adhäsionsmoleküle (siehe Tab. 6.35), – Bindung des T-Lymphozyten-Rezeptors und des Corezeptors CD4 an das MHC-II bzw. CD1 und – Bindung des T-Lymphozyten-Rezeptors an das auf MHC-II oder CD1 präsentierte antigene Peptid oder Lipid, – Bindung und Aktivierung der Kostimulatoren und – Bildung eines supramolekularen Komplexes; • stimulieren über die immunologische Synapse: – follikuläre CD4(+) T-Helfer (2)-Lymphozyten zur Expression von B-Lymphozyten aktivierenden Zytokinen, ▪ im Besonderen, IL-2, IL-4, IL-5, IL-6, IL-7, IL-9, IL-10, IL-13, IL-14 (siehe Tab. 6.37), • werden durch die Zytokine der CD4(+) T-Helfer (2)-Lymphozyten aktiviert: – zum Wachstum und zur Zellteilung, erkennbar am Zellbild der Zentroblasten (Keimzentrum) eines Lymphfollikels, – zur somatischen Rekombination und somatischen Hypermutation der variablen Domänen ihres Antikörpers, – zur somatischen Rekombination für den Wechsel der Antikörperklasse (Isotyp Switch, siehe Tab. 6.38) Zentroblasten • entstehen durch Proliferation aus den follikulären B-Lymphozyten durch Einwirkung der Zytokine der follikulären CD4(+) T-Helfer (2)-Lymphozyten (siehe Tab. 6.37), – aus ca. 3 antigenspezifisch stimulierten follikulären B-Lymphozyten entstehen etwa 30.000 Zentroblasten (Zellverdopplungszeit ca. 7 Stunden);

6.6 Erworbene humorale Immunreaktionen







587

entwickeln eine große Vielfalt an Spezifitäten der Bindetaschen ihrer Antikörper: – durch somatische Rekombinationen der Gensegmente für die variablen Domänen (V) der leichten (VL ) und der schweren (VH ) Ketten des Antikörpermoleküls, was beinhaltet: ▪ die Verknüpfung unterschiedlicher Exons und Gensegmente für die variablen Domänen, ▪ die Auswahl von unterschiedlichen Joining (J-) und besonders der zahlreichen Diversity (D-) Elementen zwischen den Gensegmenten, ▪ die Kopplung der variablen Domänen mit den konstanten Domänen, – durch somatische Hypermutationen der Gensegmente, welche für die hypervariablen Regionen (complementarity determining regions, CDR-1, CDR-2, CDR-3) kodieren und ▪ Austausch, Einfügungen und Deletionen von einzelnen Nukleotiden (Punktmutationen), ▪ Genvarianten durch Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP) mit einer hohen Auftretungshäufigkeit, ▪ Einfügungen von Nukleotidsequenzen an den Verknüpfungsstellen von Gensegmenten, wie beispielsweise N-(Nontemplate encoded-) Nukleotidsequenzen und/oder P-(Palindrome-) Nukleotidsequenzen, ▪ Inversionen; – durch die Kombinationen der leichten (VL) und der schweren (VH) Ketten zur Bildung eines Antikörpermoleküls, entwickeln den Isotyp ihres Antikörpers (Isotyp-Switch), wobei – der Wechsel von IgM nach IgD und zurück von IgD nach IgM oder die gleichzeitige Expression von IgM und IgD durch unterschiedliche Prozessierung der jeweiligen RNA jederzeit möglich ist, – dagegen der Wechsel von IgM nach IgG, IgA oder IgE einer somatischen Rekombination bedarf und unumkehrbar ist (siehe Tab. 6.38), ▪ das Zytokinspektrum, ausgeschüttet von dem CD4(+) T-Helfer (2)-Lymphozyten und das Zytokin-Milieu, in welchem sich der Zentroblast befindet, ist entscheidend für den Antikörper-Klassenwechsel (siehe Tab. 6.38); formen den schlussendlich von dem Zentrozyten bzw. von dem reifen B-Lymphozyten gebildeten Antikörper über – die Transkription der H-Kette nach dem Isotyp-Switch, Herausschneiden der Introns und Translation der schweren Kette, – Transkription der L-Kette (λ oder κ); – posttranslationale Glykosylierung (durch Glykosyltransferasen) der schweren Kette; – Bildung des Antikörpermoleküls aus zwei L-Ketten und zwei H-Ketten mit Hilfe von Disulfidbrücken durch Disulfid-Isomerasen.

Zentrozyten • stellen ruhende Zellen dar, die sich aus den Zentroblasten entwickeln und durch diese an den Rand des Lymphfollikels gedrängt werden, • exprimieren im B-Lymphozyten-Rezeptor (BCR/B-Cell-Receptor) einen Membranantikörper mit einer für die jeweilige Einzelzelle typischen Bindetasche,

588

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem





welche durch somatische Rekombination und somatische Hypermutation der hypervariablen Regionen (CDR1, CDR2, CDR3) der variablen Domänen der L-Ketten (VL ) und der H-Ketten (VH ) während der Zeit als follikulärer B-Lymphozyt und Zentroblast entstanden ist; suchen den Kontakt mit den follikulären dendritischen Zellen (FDC).

Follikuläre dendritischen Zellen (FDC) • exprimieren eine Reihe von Membran-Rezeptoren – wie PRR/Pathogen Recognition Receptors für Pathogen- oder Detritus- assoziierte molekulare Strukturmuster (PAMPs bzw. DAMPs) wie z. B. Toll-like-Rezeptoren, C.Typ-Lektine, – wie auch Fc-Rezeptoren und Komplement-Rezeptoren; – haben an ihren Membran-Rezeptoren Antigene, Antigen-Antikörper-Komplexe, Antigen-Komplement-Komplexe oder Antigen-Antikörper-Komplement-Komplexe gebunden, ▪ welche frei oder bereits an dendritische Zellen gebunden mit dem Lymphstrom aus dem Lympheinzugsgebiet in den Lymphknoten gelangt sind, • vernetzen sich mit den Zentrozyten über mehrere Bindungspaare – über das Antigen (gebunden an ihre PRR, Fc-Rezeptoren und/oder KomplementRezeptoren) mit dem Antikörper im BCR des Zentrozyten – mit dem CD40-Liganden an das CD40 des Zentrozyten – mit den Adhäsionsmolekülen ICAM-1 und VCAM-1 an das LFA-1 bzw. VLA-4 des Zentrozyten. Zentrozyten, derartig an FDC gebunden • überleben (positive Selektion), – wenn die Bindung des BCR an das Antigen auf den FDC stark ist – und entwickeln sich zu Plasmazellen oder Gedächtnis-B-Lymphozyten; • sterben durch Apoptose, – wenn die Bindung des BCR an das Antigen auf follikulären dendritischen Zellen fehlt oder schwach ist. Plasmazellen • entwickeln sich aus Zentrozyten (reife B-Lymphozyten) stufenförmig – über wandernde Plasmablasten, unreife Plasmazellen, intermediäre Plasmazellen in reife Plasmazellen, – unter dem Einfluss der Zytokine: ▪ IL-21 und IL-15 der CD4(+)-T-Helfer(2)-Lymphozyten in den lymphatischen Organen, ▪ IL-6, IL-3 und IL-10 der Stromazellen außerhalb der lymphatischen Organe (z. B. im Knochenmark), – verändern während dieser Reifung die Expression von Membranmarkern: ▪ so verschwinden z. B. MHC-II, Membranimmunglobuline (BCR), Corezeptoren (CD19, gP 95), aktivierende Fc-Rezeptoren,

6.6 Erworbene humorale Immunreaktionen

589

verstärkt werden exprimiert inhibierende Fc-Rezeptoren (siehe Tab. 6.33), Chemotaxine (MCP-1, Monocyte chemotactic protein-1), Adhäsionproteine im Besonderen VLA-5/Very Late Antigen-5, ▪ exprimieren den Inhibitor Blimp-1/B-Lymphocyte-induced maturation protein-1, welcher die Expression von Proteinen, beteiligt an der Zellproliferation, der zellulären Signal-Übertragung und dem Wechsel von Antikörperklassen (Isotyp-Switch) inhibiert; verlassen als reife B-Lymphozyten die Lymphknoten und verteilen sich über das Blut im Körper: – besiedeln vorzugweise das Knochenmark, die Milz und die Lamina propria der Schleimhäute, – bleiben über Jahre sesshaft und bestimmen mit ihrer Sekretionsleistung den Antikörperspiegel im Blut. ▪



Eine Aktivierung von B-Lymphozyten durch Antigene ist auch unabhängig von T-Lymphozyten durch sogenannte T-Lymphozyten-unabhängige Antigene möglich. T-Lymphozyten-unabhängige Antigene stellen im wesentlichen Polysaccharide und Liposaccharide dar: • mit geringer oder fehlender Bindung an den T-Lymphozyten-Rezeptor (TCR/T-Cell-Receptor) von CD4(+)-TH2-/T-Helfer (2)-Lymphozyten, • mit starker Bindung an B-Lymphozyten über: – Rezeptoren für pathogene Strukturmuster (TLR/Toll-Like-Receptors, C-Typ-Lektine), – Fc-Rezeptoren, – Komplement-Rezeptoren. B-Lymphozyten, aktiviert durch T-Lymphozyten-unabhängige Antigene: • proliferieren nur im beschränkten Maße, • sind nur begrenzt zum Wechsel der Antikörperklasse fähig, bilden damit im Wesentlichen nur IgM, • differenzieren zu relativ kurzlebigen Plasmazellen, • bilden wahrscheinlich „IgM“-Gedächtnis-B-Lymphozyten aus, sind jedoch nicht in der Lage, in die eigentlichen Gedächtnis-B-Lymphozyten zu differenzieren. Tab. 6.36: Entwicklung und Reifung von B-Lymphozyten.

Entwicklungsstufen

Entwicklungsort

Zytokine (sekretierende Zellen)

lymphoide Stammzelle (Common lymphoid Progenitor, Gewebestammzelle)

Knochenmark

SCF, IL-1, IL-6 (Stromazellen)

Entwicklungsschritt

Selektion

Überlebende B-Lymphozyten

590

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

Entwicklungsstufen

Entwicklungsort

Zytokine (sekretierende Zellen)

Progenitor-BLymphozyt (Pro-B; multipotenter Vorläufer)

Knochenmark

SCF, IL-1, IL-6 (Stromazellen)

Prä-BLymphozyt (früher unreifer B-Lymphozyt)

Knochenmark

IL-7 (Stromazellen)

Virgineller (naiver) BLymphozyt (später unreifer B-Lymphozyt)

Knochenmark (Stromazellen mit Autoantigenen)

IL-7 (Stromazellen)

Blut (Autoantigene im Blut)

ÜbergangsB-Lymphozyt

parakortikale Zone in den lymphatischen Organen Expression von CD40 und Stimulation durch CD40L

IL-2, IL-4, IL-5, IL-6, IL-10 (TH2-Lymphozyten)

Entwicklungsschritt

B-Lymphozyten mit autoreaktiven Membranantikörpern werden induziert zur • Apoptose, • RezeptorEdition oder • RezeptorModulation Überleben von B-Lymphozyten mit ausreichender Stimulation zur weiteren Differenzierung

Selektion

negative Selektion

negative Selektion

positive Selektion

primäre Lymphfollikel in den lympha-tischen Organen

follikulärer B-Lymphozyt

zirkulierend zwischen Knochenmark, Blut, Lymphe, lymphatischen Organen

Aufnahme und Präsentation von Antigenen

primäre Lymphfollikel (T-HelferLymphozyten, TH2)

Bildung einer immunologischen Synapse mit und Stimulation durch follikuläre CD4(+)-T-HelferLymphozyten

IL-2, IL-4, IL-5, IL-6, IL-10 (TH2-Lymphozyten)

Überlebende B-Lymphozyten

virginelle Lymphozyten mit Membranantikörpern gerichtet gegen Fremdantigene

virginelle Lymphozyten mit ausreichender Stimulierbarkeit

B-Lymphozyten, welche das Fremdantigen auf MHC-IIMolekülen präsentieren

positive Selektion

B-Lymphozyten, antigenspezifisch aktiviert zur Proliferation, und zur somatischen Hypermutation der variablen Domänen

6.6 Erworbene humorale Immunreaktionen

Entwicklungsstufen

Entwicklungsort

Zytokine (sekretierende Zellen)

Entwicklungsschritt

Zentroblast

Kernbezirke der (sekundären) Lymphfollikel

mehrfache Zellteilungen; somatische IL-2, IL-4, IL-5, Hypermutation IL-6, IL-10 der variablen (T-Lympho-zyten) Domänen des Immunglobulins; IsotypenWechsel

Zentrozyt

Randbezirke der sekundären Lymphfollikel (follikuläre dendritische Zellen)

Überleben von Zentrozyten mit hochaffinen Immunglobulinen; IsotypenWechsel

reifer BLymphozyt

Lymphe, Blut, Knochenmark, Milz

Selektion

positive Selektion

591

Überlebende B-Lymphozyten

B-Lymphozyten mit variablen Domänen, die hochaffin an das Fremdantigen binden und mit einem Isotyp, dessen Auswahl gesteuert wurde vom Zytokinmilieu

Tab. 6.37: Immunologische Synapse zur Aktivierung von CD4(+) T-Helfer (2)-Lymphozyten durch follikuläre B-Lymphozyten.

MHC-II

Follkulärer B-Lymphozyt

CD4(+) T-Helfer (2)-Lymphozyten

Präsentierendes Molekül

Bindestrukturen auf Rezeptoren

antigenes Peptid

CDR1 und CDR3 der variablen Domänen Vα1 und Vβ1

variable Domänen Vα1 und Vβ1

CDR2 der variablen Domänen Vα1 und Vβ1

T-LymphozytenRezeptor; TCR (α/β) + CD3 + ε-Dimer

konstante Domäne der -βKette Cβ2

variable Domänen D1 und D2

CD4-Corezeptor

oder

CD1

antigenes Lipid, Glykolipid oder

Lipopeptid

CDR1 und CDR3 der variablen Domänen Vα1 und Vβ1

variable Domänen Vα1 und Vα2

CDR2 der variablen Domänen Vα1 und Vβ1

konstante Domäne Cα 3

variable Domänen Vα1 und Vβ1

T-LymphozytenRezeptor; TCR (α/β oder γ/δ) + CD3 + ε-Dimer) CD4-Corezeptor (oder CD4(–) und CD8(–))

592

6 Kontrolle des Tumorwachstums durch das Immunsystem

und Kostimulatoren vorwiegend für TH2-Lymphozyten B7.1 (CD80; exprimiert nach Aktivierung)

>

CD28

B7.2 (CD86, konstitutiv exprimiert)

>

CD28

B7.h (ICOS-Ligand)

>

ICOS (inducable T-cell-Costimulator)

Kostimulatoren vorwiegend für B-Lymphozyten CD40-Ligand (Gp39, CD154, exprimiert

CD40 (Gp50, TNF-RSF-5)


Noradrenalin

> Serotonin

~ Acetylcholin

> Acetylcholin

~ Histamin

~ GABA/γ-Aminobuttersäure

~ Orexin

~ Melatonin; Adenosin

Gehirnaktivität

atonisch/paralysiert

Neurotransmitter (> = dominierend)

spontane Erektionen (Klitoris, Penis)

Noradrenalin und andere Mediatoren auf ein Minimum gesunken

Wachstumshormon Steigerung Prolaktin Hormone Glukokortikoide Abfall Thyreotropin Verarbeitung von Erlebnissen

Aufnahme von Informationen

Speicherung im deklarativen Gedächtnis

Speicherung im prozeduralen Gedächtnis

Wechselwirkung zwischen den Schlafphasen, der Ausschüttung von Immunmediatoren und Schlafqualität

Wirkung der Zytokine auf den Schlaf

Einfluss des Schlafes auf Immunzellen

Einleitung Aufrechterhaltung

IL-1, TNF-α (↑)

IL-1, TNF-α (↑↑)

Verstärkung

IL-1, -2, -12, -7 (↑↑) TNF-α, IFN-α, IFN-γ (↑↑)

IL-7 (↑↑)

Hemmung

IL-4, -6, -10 (↓)

Vermehrung und Differenzierung

Monozyten/ Makrophagen/ Dentritische Zellen (↑) T-Lymphozyten (↑) B-Lymphozyten (↑)

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

783

Schlafphasen Parameter

Wachzustand NREM

REM

Wundheilung (↑), Schutz gegen virale/bakterielle Infektionserreger (↑) Antikörperbildung (↑)

Einfluss des Schlafes auf die Immunreaktion

NREM = non rapid eye movement; REM = rapid eye movement; (↑) Anstieg; (↓) Abfall, bewirkt in den Schlafphasen

Tab. 7.36: Beispiele für gesundheitliche Folgen der Schlaflosigkeit bzw. des Schlafmangels. Risiken für Kleinkinder Beeinträchtigung des Entwicklungs- und Reifeprozesses Gehirn

ADHS/Aufmerksamkeitsdefizit und -Hyperaktivitäts-Syndrom (↑) Sprachschwächen (↑); kognitive Defizite (↑), motorische und psychosoziale Probleme (↑)

Haut

atopische Dermatitis (↑) Risiken für Erwachsene Speicherung von neuen Erlebnissen in das Langzeitgedächtnis (↓)

Gehirn

(Vorlaufendes Symptom von) Schüttellähme/IPS/Idiopathisches Parkinson-Syndrom (↑) extrazelluläres Amyloid-β (↑), Demenz/Alzheimer Erkrankung (↑)

kausaler und finaler Bezug möglich

TNF-α, IL-1β,-6, IFN-α (↑); Gucocorticoide (↑); Dysregulation der Immunreaktionen (↑) Immunsystem

chronische Entzündungen (↑); Infektionen (↑) Autoimmunerkrankungen (↑) systemischer Lupus erythematosus, Sclerodermie, rheumatoide Arthritis (↑)

Tumorwachstum

Stoffwechsel

Promotion von Tumoren durch chronische Entzündungen (↑) Proliferation von Mammakarzinomen (↑?), Prostatakarzinomen (↑?) Leptin (↓), Ghrelin (↑), Hunger (↑), Nahrungsaufnahme (↑), Adipositas (↑), Insulinresistenz (↑), Glukosetoleranz (↓) Diabetes mellitus Typ II (↑) Herzinfarkt (↑)

Herz-Kreislauf Autonome Regulation der Herztätigkeit (↓) Lebensdauer (↑) Anstieg; (↓) Verminderung

Mortalität (↑)

Risiko kann auch bei überlangem Schlaf erhöht sein

784

7 Grundzüge der Tumortherapie

7.8.3.2 Körperliche Tätigkeiten Ob eine körperliche Bewegung einem Körper nutzt oder schadet, ist abhängig von dessen physischen Belastbarkeit und von der Leistungsfähigkeit seines Energiestoffwechsels. Beide werden bestimmt • von der Konstitution und Kondition der einzelnen Person, • von der Ernährung, d. h. von der Menge und Verfügbarkeit seiner Energievorräte und • von der Versorgung und dem Verbrauch von Sauerstoff. Die hierdurch gegebenen individuell unterschiedlichen Leistungsgrenzen werden durch maßvolle Belastungen nicht überschritten. Ein Überschreiten der Belastungsgrenze ist erkennbar ▪ an der drastisch erhöhten Atemfrequenz bis hin zur akuten Atemnot (bedingt durch die Erhöhung des CO2 im Blut), ▪ an dem Auftreten von Schmerzen in den belasteten Gliedmaßen oder Körperteilen, ▪ an der Entwicklung von Stresssymptomen. Bekannt ist, dass regelmäßige maßvolle körperliche Belastungen sich vorteilhaft auf körperliche Funktionen auswirken (siehe Tab. 7.37) und dadurch einen eigenen therapeutischen Wert bei unterschiedlichen Erkrankungen besitzen (siehe Tab. 7.38).

Tab. 7.37: Einfluss maßvoller körperlicher Belastungen auf Körperfunktionen. Stärkung und Schutz der Skelett-Muskulatur

Leistungsfähigkeit

Skelett-Muskelzellvolumen/Muskelleistung (↑) aerob-anaeroben (Laktat-) Schwelle (↑): maximale Belastungsintensität, bei welcher das Gleichgewicht zwischen Bildung und oxidativem Abbau von Laktat noch gegeben ist) zytoprotektive Proteine/HSP/HeatShockProteine (↑)

SauerstoffStickstoffradikale (Toxizität)

Atrophie

antioxidative Enzyme (↑) Reparatur Proteine/ Proteasom-Komplex, Oxoguanin DNA Glykosylase (↑), Uracil DNA Glyckosylase (↑) Altersbedingter Schwund der Muskelmasse (↓) Stärkung von Herz und Kreislauf

Herzfunktion

Schlagfrequenz (↑), Schlagvolumen (↑), Myokardkontraktilität (↑), Muskelzellvolumen (↑), Wandstärke (↑), Gesamtgewicht (↑)

Endothelzellen (Schutz der Gefäße)

Endothelzellfunktion(↑), Superoxid Dismutase/SOD-1 (↑)/oxidativer Stress(↓), endotheliale Nitric Oxid Synthase/eNOS (↑)/Expression von NO (↑)/ Gefäßerweiterung (↑), proatherothrombotischer Phänotyp (↓), Proliferation von Endothelzell-Stammzellen (↑), Reparatur von Endothelzelldefekten (↑)

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

vaskuläre Muskelzellen

Kontraktilität (↑), Muskelzellvolumen (↑)

Risiken

koronare Herzerkrankung (↓), Herzinfarkt (↓), Herztod (↓), Bluthochdruck (↓), Stressverarbeitung (↑)

785

Aktivierung des Nervensystems Gehirn

Aufmerksamkeit (↑), Lernfähigkeit (↑), Gedächtnis (↑), Neuroplastizität/ Anpassungsfähigkeit (↑), Neurogenese im Hypocampus (↑)

zentrales und peripheres Nervensystem

Ausschüttung von Brain-Derived Neurotrophic Factor/BDNF, Nerve Growth Factor/NGF (↑), Neuroplastizität (↑), Neubildung von Synapsen (↑) Hormonausschüttung Adrenalin/Noradrenalin (↑); Wachstumshormone (↑)

Stimulierung der Ausschüttung von

Glückshormone: Serotonin, Oxytocin, Endorphine, Dopamin, Prolaktin (↑) Testosteron (↑) Aktivierung des Immunsystems

neutrophile Granulozyten

Umverteilung aus den peripheren Speichern in das Blut (↑); Phagozytose, Exozytose, anti-mikrobielle Aktivität (↑)

Monozyten/ Makrophagen

Anzahl im Blut (↑); pro-inflammatorische Zytokine IL-1, IFNα, IFNβ (↑)

Natürliche Killerzellen

Anzahl im Blut (↑); Zytotoxische Funktion (↑)

T-Lymphozyten

Anzahl im Blut (↑); Funktionen (↑), Zytokine (↑), Zytotoxizität (↑)

Immunschutz

Immunität gegen Infektionserreger, Bakterien, Viren (↑)

(↑) Anstieg; (↓) Verminderung

Tab. 7.38: Beispiele für den therapeutischen Einfluss maßvoller körperlicher Belastungen. Krankheiten

psychiatrisch

neurologisch

Wirkung auf die körperlichen Aktivität

Autismus:

Aufmerksamkeit, Lernfähigkeit (↑), sozial-emotionales Verhalten (↑)

Depression

Depressions-Symptome (↓)

Angststörung

depressive Symptome (↓), kognitive Leistungsfähigkeit (↑), soziale Phobie (↓)

Schizophrenie

Risikofaktoren (↓); Fettsucht, Insulin-Resistenz, Bluthochdruck, Dyslipidämie, kardiovaskuläre Erkrankungen (↓)

Fibromyalgie

physische Funktionen (↑), Schmerzen (↓), Steifheit (↓), Muskelstärke (↑)

IPS/ Idiopathisches Parkinson Syndrom

Aufmerksamkeit, Lernfähigkeit (↑); Stimmungsschwankungen (↓), Schlaflosigkeit (↓)

786

7 Grundzüge der Tumortherapie

Krankheiten

Tumore

Wirkung auf die körperlichen Aktivität

Demens

kognitive Leistungsfähigkeit (↑)

Multiple Sklerose

Bewegungskontrolle (↑), Reaktionszeiten (↓), Gemütslage (↑), Muskelstärke (↑)

Schlaganfall

mental gesteuerte Bewegung der gelähmten Extremität (↑)

psychische Belastung

Lebensqualität (↑), Selbstwertgefühl (↑), Ängste (↓), Schlafstörungen (↓), Schmerzen (↓), Sozialverhalten (↑), Sexualität (↑)

Hirntumore

Nach Hirn-Bestrahlung: Gedächtnisverluste (↓), Depressionen (↓), Aufmerksamkeit (↑), Lernfähigkeit (↑)

Prostatakarzinom

Lebensqualität (↑)

Herz/ Kreislauf HerzKreislauf Schlaganfall

Rehabilitation nach Koronarerkrankungen (↑), Herzinfarkt-Mortalität (↓) Bluthochdruck (↓) Folgen von peripherem Arterienverschluss (↓) neurale Plastizität (↑); lokal: Entzündungsprozess (↓), Apoptose (↓), Angiogenese (↑), Expression von Wachstumsfaktoren (↑), Muskelaktivierung (↑), Risiko: sensorimotorische Defizite (↑) Hirnschaden (↑) bei Herzinsuffiziens: Verringerung der Skelett-Muskelmasse/Sarkopenia (↓)

Schwund SkelettMuskel

Osteoarthritis

Lunge

Metabolisches Syndrom

Diabetes

bei chronischer Entzündung/Cachexie: Verringerung der Muskelmasse (↓) unspezif. Schmerzen

Rückenschmerzen (↓)

Hüftgelenke

Schmerzen (↓), physische Funktion (↑)

Kniegelenke

physische Funktionen (↑), Wohlbefinden (↑)

Rheumatoide Arthritis

Selbstwertgefühl (↑), Depressionen (↓), Schlafqualität (↑), Schmerzempfindungen (↓), Muskelkraft (↑), physische Funktionen (↑), Mineralisierung Hüftknochen (↑)

COPD

Dyspnoe (↓), Angststörungen, Depressionen (↓), physische Leistungsfähigkeit (↑), Mortalität (↓)

Asthma

Bronchokonstriktion (↓), Atemnot (↓), Verbrauch an inhalierten Corticosteroiden (↓) Sauerstoffaufnahme (↑), klinische Verbesserung (↑)

zystische Fibrose

Lungenfunktion(↑), Atmungskapazität (↑)

Herz-Kreislauf

Arterielle Dickenzunahme (↓), Arterielle Steifheit (↓)

Sexualität

sexuelle Potenz/Testosteron (↑)

Hyperlipidämie

Blut-Glukose (↓), HDL-C/High-Density-Lipoprotein-Cholesterol (↑), LowDensity-Lipoprotein Cholesterol/LDL-C (↓), Blutdruck (↓)

Typ II

Interleukin/IL-1β/ Pankreas β-Zell-Tod (↓);IL-6 (↑), IL-1ra/IL-1 Rezeptor Antagonist (↑); TNF-α/periphere Insulin Resistenz (↓) Kosten der Behandlung (↓)

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

Krankheiten

Wirkung auf die körperlichen Aktivität

chronische Entzündung

Niere

787

physische Fitness, Leistungsfähigkeit, Blutdruck, Herzschlagfrequenz, Lebensqualität (↑)

(↑) Anstieg; (↓) Verminderung

Bekannt ist auch, dass übermäßige, die individuelle Leistungsgrenze deutlich überschreitende körperliche Belastungen zahlreiche Körperfunktionen zeitweise oder dauerhaft schädigen können.

Tab. 7.39: Wirkung übermäßiger, die Leistungsgrenzen überschreitenden körperlichen Belastungen. Schwächung der Muskulatur Creatin-Phosphokinase/CK-MM (↑); Glutaminproduktion (↓) Glutaminblutspiegel (↓) akute Entzündung (↑) mit Ausschüttung von Schädigung der Muskelfasern

Chemokinen CXCL8, CCL3, CCL4 (↑) und pro-inflammatorischen Zytokinen IL-1, IL-6, TNF-α (↑) im Überschuss anti-inflammatorischen Zytokinen IL-1Ra, IL-10, TNFR (↑) Überbelastung des Herzkreislaufsystems

Herz

Infarktrisiko (↑), Herz-Kreislauf-Versagen (↑) Stresssymptome mit Deregulierung der Hormon-Ausschüttung Noradrenalin/Adrenalin (↑), Glukokortikoide (↑), L-Thyroxin (↑)

erhöhte Ausschüttung von

Wachstumshormon (↑) Östrogenen (↑) Testosteron (↓) bei Frauen die „athletische Triade“ mit Ess-Störungen/Hungersucht (↑), Verminderurng des Östrogens (Amenorrhö, Anovulation ↑) und Störungen der Knochenmineralisation (Insuffiziens-Frakturen ↑)

Schwächung der Immunabwehr besonders durch die Glukokortikoid-Ausschüttung neutrophile Granulozyten

Umverteilung aus den peripheren Speichern in das Blut

Natürliche Killerzellen

Anzahl im Blut (↓)

Phagozytose, Exozytose, antimikrobielle Aktivität (↓)

zytotoxische Funktionen (↓) Anzahl im Blut (↓)

Monozyten/ Makrophagen

stimulierende Funktionen (↓); immunsuppressive Funktionen durch Ausschüttung von IL-1Ra, IL-10, PGE2 (↑) Anzahl im Blut (↓), (Apoptose ↑)

T-Lymphozyten Funktion/Helfer-Funktionen/Zytotoxizität (↓)

788

7 Grundzüge der Tumortherapie

B-Lymphozyten

IgA im Speichel, auf Schleimhäuten (↓) Immunität gegen Infektionserreger (↓)

Immunresistenz Penetration von LPS/gramneagtive Bakterien durch die Darmschleimhaut (↑) Aktivierung der Blutgerinnung Hämostase

Gerinnung ≥ Fibrinolyse; Thrombose-Neigung (↑)

(↑) Anstieg; (↓) Verminderung

Bei jeder körperlichen Belastung werden von den Muskelzellen gebildet • Chemokine und Adhäsionsmoleküle • Zytokine, Wachstumsfaktoren und deren Rezeptoren zur Stimulation – autokrin oder parakrin von Muskelzellen, – der zellulären Immunabwehr, – von Endothelzellen, Fibroblasten und Epithelzellen, – von Chondrozyten, Tendozyten, Osteoklasten und – von Neuronen • Adipokine und Myokine, welche die zellulärer Immunantwort stimulieren oder hemmen, • Komplementfaktoren, Gerinnungsfaktoren und fibrinolytische Faktoren wie auch • Proteasen und Proteaseinhibitoren Dabei ist die Zusammensetzung und Menge der ausgeschütteten Zytokine, Wachstumsfaktoren, Adipokine und Myokine wiederum abhängig (siehe Tab. 7.40 und 7.41) • von der Sauerstoffversorgung, • von der Belastungsintensität und ihrer Dauer, • von der individuellen aerob-anaeroben Schwelle, d. h. der maximalen Belastungsintensität, bei welcher das Gleichgewicht zwischen Bildung und oxidativem Abbau von Laktat noch gegeben ist. Anhaltspunkte bestehen, dass bei den Muskelzellen (siehe Tab. 7.40) • bei einer aeroben Stoffwechsellage – die Ausschüttung der anti-inflammatorischen über diejenige der pro-inflammatorischen Zytokine, Wachstumsfaktoren und Adipokine liegt und – die Ausschüttung der pro-inflammatorischen Zytokine, Myokine und Adipokine insgesamt etwas niedriger ist als bei anaerober Stoffwechsellage, • bei einer anaeroben Stoffwechsellage jenseits der aerob-anaeroben Schwelle – die Ausschüttung von pro-inflammatorischen Zytokinen, Wachstumsfaktoren und Adipokinen dominiert und – die Ausschüttung von Wachstumsfaktoren und Adipokinen insgesamt höher ist als unter aerober Stoffwechsellage.

789

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

Tab. 7.40: Belastungsabhängige Expression immunmodulierender Proteine durch Muskelzellen (zusammengestellt auf Basis von Pourteymour et al. 2017; Piccirillo et al. 2019, modifiziert). Parameter

körperliche Belastung

Regelmäßigkeit der Belastung

gelegentlich

regelmäßig

relative Belastungsintensität

> Kondition

≈ Kondition

aerob-anaerober Schwellenwert

niedrig

hoch

Immunmediatoren und deren Wirkung

Ausschüttung unter Belastung

CCL2

Monozyten/Makrophagen (↑), TH1-Ly (↑)

+++

+++

CCL5

Makrophagen, eosin. Granulozyten, T-Ly (↑)

+

+++

CXCL2,-10

Mastzellen, Granulozyten, NK-Zellen, Monozyten, Dentritische Zellen, CTL, Blutstammzellen (↑)

+++

+

CXCL8

neutrophile Granulozyten, Endothelzellen/ Migration (↑)

+

+

CXCL12

hämatopoetische Stammzellen/Migration, Proliferation (↑)

+

+++

CX3CL1

Monozyten, NK-Zellen, TH1-Ly, CTL, Mikrogliazellen (↑)

+++

+

IL-6

B-Lymphozyten, Granulozyten (↑), Treg (↓)

+

+++

IL-7

NK-Zellen, T-Ly, B-Ly/Proliferation (↑)

+

+

IL-15

NK-Zellen, CTL Proliferation/Zytotoxizität (↑)

+++

+++

IL-6

IL-10 (↑), IL-1RA (↑); IL-1, TNF-α (↓)

+

+++

LIF

TH17-Ly (↓) IL-17, TNF, IL-6 (↓), IL-10 (↑), Treg (↑)

+

+++

TGF-β

Makrophagen, Dentritische Zellen, B-Ly, CTL (↓) Treg (↑)

+

+++

IL-1RA

Inhibition IL-1

+

+++

IGF-1

Treg Ly (↑)

+++

++

IGFBP3,-4

Trägermolekül für IGF-1, verlängert dessen Wirksamkeit

+++

++

Thrombo spondin (TSP1,-4)

Endothelzellen Aktivierug (↓), Apoptose (↑); TGF-β/Freisetzung (↑)

+

+++

BMP7

Osteoblasten (↑), Epithel-Mesenchymale Transition (↓)

+++

+

Osteoglycin

Osteoblasten (↑)

+

++

Chemokine

proinflammatorische Zytokine

antiinflammatorische Zytokine

antiinflammatorische Wachstumsfaktoren

790

7 Grundzüge der Tumortherapie

proinflammatorische Wachstumsfaktoren

nicht immunologische Wirkungen

FGF6

Fibroblasten, Myozyten, Proliferation (↑)

+++

+

CTGF

Fibroblasten, Proliferation (↑)

+++

+

PDGFA/B,

Monozyten/Makrophagen, Endothelzellen, Fibroblasten (↑), Angiogenese (↑)

+++

+

VEGF

Endothelzellen, Makrophagen, Granulozyten (↑)

+++

+++

GDNF

Nervenzellen/Apoptose (↓)

+++

FGF21

Energieverbrauch (↑), Fettzellen/Glukosespeicherung (↑)

+++

+

Neuregulin

Herzzellen, Nervenzellen, Schwann’sche Zellen (↑)

++

+

+

Ausschüttung von Adipokinen

vorwiegend proinflammatorische Adipokine

ANGPTL2,4,-7,

Endothelzell-, Epithelzell-, FibroblastenAktivierung (↑) Epithelial-mesenchymale Transition (↑)

+++

Lipocalin,

TH2-Lymphozyten/Differenzierung/ Aktivierung (↑) Makrophagen/LTB4/PAF (↑)

++

B-Lymphozyten /Differenzierung (↑), Granulozyten/Apoptose (↓)

++

+++

SFRP-2, -4,-5

Endothelzellen/Epithelzellen/ Differenzierung (↑); Epitheliale-Mesenchymale Transition (↓)

+

+

Apelin

Endothelzellen/NO (↑), Blutdruck (↓); Apoptose (↓)

+++

+++

Adiponectin

Glukose-Aufnahme (↑), Glukoneogenese (↓), Makrophagen/Expression TNF-α (↓)

+

+

Visfatin

vorwiegend antiinflammatorische Adipokine

+

Ausschüttung von Myokinen

vorwiegend antiinflammatorische Myokine

vorwiegend pro-inflammatorische Myokine

Myostatin

Osteoblasten/Proliferation (↓)

+++

+++

Decorin

Immunzellen: Aktivierung EGFR, IGFR, -Met (↓); Wirkung von Myostatin, PDGF, VEGF, Angiopoietin, HGF, TGF-β, M-CSF (↓)

+++

+

Irisin

Makrophagen/Expression von IL-1β, TNF-α, IL-6, Chemokine, ROS (↓)

++

+++

Osteonectin

Makrophagen/Polarisierung M1 (↑), Dentritische Zellen/Aktivierung (↑); TH17-Ly/ Differenzierung (↑)

++

+++

F Follistatin

TGF-β-Funktion (↓), BMP-Expression (↓)

++

+++

Musclin

Myoblasten/Proliferation (↑)

++

+++

Follistatin

Myoblasten Proliferation (↑)

++

+++

791

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

nicht immunologische Wirkungen von Myokinen

Myostatin

Myoblasten Proliferation (↓)

+++

+++

Irisin

Transformation weiße Fettzellen zu braunen Fettzellen (↑) Energieverbrauch, Energiebedarf, Glukosetoleranz (↑)

++

+++

++

++

+

+++

Cardiotrophin 1 Myonectin

Glukosestoffwechsel, Fettstoffwechsel (↑)

Fettzellen/Leberzellen/Aufnahme von Fettsäuren (↑)

ANGPTL = Angiopoietin-Like Proteins; BMP = Bone morphogenic Protein; CTGF = Connective tissue Growth Factor; FGF = Fibroblast Growth Factor; GDNF = Gliacell derived Neurotrophic Factor; IGF = Insulin like Growth Factor; IGFB = IGF binding Protein; LIF = Leukemia inhibiting Factor; PDGF = Platelet derived Growth Factor; SFRP = Secreted frizzled-related protein 1; TGF = Transforming Growth Factor; VEGF = Vascular endothelial cell Growth Factor. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3899539/

Tab. 7.41: Relativer Vergleich der Wirkung körperlicher Belastung auf die Muskelzell-Expression von Mediatoren. immunmodulierende Proteine

Wirkung

anaerobe Belastung

aerobe Belastung

antiinfl Zytokine proinfl. Wachstumsfaktor.

antiinfl. proinfl. antiinfl.

Adipokine proinfl. antiinfl. Myokine proinfl. relative Bewertung

1

2

3

1

2

3

Zugleich exprimieren die Muskeln unter aerober Belastung • weniger – Rezeptoren für pro-inflammatorische Wachstumsfaktoren (CNTFR, AngiopoietinR, VEGFR), – aktivierende Rezeptoren für IgG (FcIgGR IIa, -IIIa, -IIIb9) – Rezeptoren (TNFRSF1B,-8,-10C, 2A, 9L, 25) für pro-apoptotische Faktoren wie TNF-α, TRAIL, TWEAK, TL1A,

792 •

7 Grundzüge der Tumortherapie

mehr – den inhibierenden Rezeptor für IgG (FcIgGIIb) und – den Rezeptor für anti-inflammatorisches Zytokin IL-10.

In Anbetracht der relativ großen Masse an Skelettmuskulatur ist es daher naheliegend, dass übermäßige körperliche Belastungen bei niedrigem aerogen-anaerogenen Schwellenwert (d. h. bei untrainierten Personen) zu anaerogenen Stoffwechselbedingungen und zu einer pro-inflammatorischen Gesamtlage im Körper führen, die wiederum Gefahren für dessen Gesundheit in sich birgt Diese Gefahren werden besonders deutlich bei Bewegungsarmut. Denn diese • verstärkt sich selber durch die mit abnehmender Bewegung zunehmende Muskelatrophie, gerade auch im höheren Alter, • bewirkt eine fortschreitende Abnahme der Funktionsfähigkeit und Leistung der Skelett-Muskulatur, des Herzens und des Blutkreislaufes (siehe Tab. 7.37), • führt dazu, dass bereits geringste körperliche Belastungen – eine anaerobe Stoffwechsellage in der Muskulatur verursachen, – Atemnot bewirken – die Muskelzellen stimulieren zur Ausschüttung vorwiegend von pro-inflammatorischen Zytokinen, Wachstumsfaktoren, Adipokinen und Myokinen, sodass die Immunabwehr ▪ in einen generell pro-inflammatorischen Zustand überführt wird und ▪ nur schwer in einen ausgewogenen Zustand zwischen pro-inflammatorischen und anti-inflammatorischen Aktivitäten zurückfindet, – Zell- und Gewebeschäden im Stütz- und Bewegungsapparat und in den Blutgefäßen verursachen mit ▪ Freisetzung von DAMPs, welche am Ort der Entstehung und über den Körper verteilt Entzündungsreaktionen in den Gelenken, in den Blutgefäßen, in den unterschiedlichen Organen bewirken, – im Zuge des pro-inflammatorischen Zustandes B-Lymphozyten nicht ausreichend stimuliert werden und der Isotyp-Wechsel nach IgA abnimmt, sodass ▪ die Antikörperkonzentration (IgA) auf der Schleimhaut (z. B. im Speichel) abnimmt, was ▪ die Schleimhaut-Resistenz gegen Bakterien und Viren vermindert, ▪ die Penetration von bakteriellen PAMPs wie z. B. LPS (Lipopolysaccharid) durch die Darmschleimhaut erleichtert wird, sodass sich diese PAMPs im Körper verteilen und in den Gelenken, in den Blutgefäßen, in den unterschiedlichen Organen Entzündungen bewirken. erhöht das Infektionsrisiko und • • promoviert die Tumorentstehung durch dauerhafte Entzündungsreaktionen (siehe Kap. 4.6.6.2 und 6.2). Daher kann bei Tumorpatienten eine regelmäßige, maßvolle, auf die jeweilige Tumorart und das jeweilige Tumorstadium zugeschnittene körperliche Belastung eine therapeutische Wirkung entfalten, indem sie:

7.8 Weitere therapeutische Verfahren





• •



793

nicht nur die Abwehr des Immunsystems stärkt und hierdurch – die Wirkung von Tumortherapeutika auf das Immunsystem abmildert, z. B. im Falle von Myelosuppressionen und – die Häufigkeit, Dauer und Schwere von Infektionskrankheiten vermindert, sondern auch – die psychische Situation verbessert und damit die Erträglichkeit der Tumorerkrankung steigern hilft, indem sie ▪ psychisch bedingte Stress-Situationen, im Besonderen Angstzustände abmildert, ▪ die alltägliche Belastbarkeit erhöht, – den Leistungswillen durch Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit verstärkt durch Zunahme ▪ der Muskelmasse, der Muskelkraft und der Kapillarisierung der Muskulatur, ▪ des Plasmavolumens, der kardialen Pumpreserve und der Ökonomisierung der kardiovaskulären Funktion, – Nebenwirkungen der Tumortherapie vermindern hilft, im Besonderen ▪ Erschöpfungszustände (Fatigue-Syndrom) reduziert, Einschränkungen der Beweglichkeit beseitigen hilft, die Stoffwechsellage des Körpers so verändert, dass tumorpromovierende Faktoren reduziert werden, wie beispielsweise – im Blut vermindert ▪ einen erhöhten Glukose-Spiegel, ▪ Wachstumsfaktoren, wie Insulin und IGF (Insulin-like Growth-Faktor, siehe Kap. 4.4.3), ▪ pro-inflammatorische Zytokine und Adipokine, sekretiert von Fettzellen, wie beispielsweise IL-6 und TNF-α (siehe Kap. 4.6.6), ▪ Östrogene und Androgene (siehe Kap. 4.6.4), – den Blut-Spiegel von Inhibitoren der tumorpromovierenden Faktoren erhöht, wie z. B. ▪ IGFBP/IGF-Bindendes Protein, ▪ SHBG/Sexualhormon-Bindendes Globulin; möglicherweise auch Tumorrezidive oder das Auftreten von Metastasen direkt oder indirekt durch Abnahme des Körperfettes (siehe Kap. 4.6.4) vermeiden hilft, beispielweise – haben ein höheres Rückfallrisiko ▪ bewegungsarme, übergewichtige postmenopausale Mammakarzinom-Patienten, ▪ bewegungsarme Kolonkarzinom-Patienten, – scheinen körperlich aktive Prostatakarzinom-Patienten eine bessere Prognose zu besitzen – vermindert mäßige körperliche Bewegung das Risiko einer Tumorerkrankung, belegt beispielsweise für das ▪ Kolonkarzinom (Verminderung des Risikos um 20–25 %), ▪ Mammakarzinom (bei Frauen ohne familiäre Vorbelastung Verminderung des Risikos um etwa 25 %),

794

7 Grundzüge der Tumortherapie

▪ ▪



Endometriumkarzinom (Verminderung des Risikos um etwa 30 %), Bronchialkarzinom (Verminderung zwischen 13 % bei mäßiger und 30 % bei intensiver körperlicher Bewegung), Pankreaskarzinom.

Tab. 7.42: Einfluss von mäßiger körperlicher Aktivität auf den Gesundheitszustand von Tumorpatienten. Funktionen

Psyche

Verminderung

Erhöhung

Angstzustände

Belastbarkeit

Erschöpfungsphase der Stressreaktion Erschöpfungszustände (Fatigue-Syndrom) kardiale Pumpreserve, Ökonomisierung der kardiovaskulären Funktionen,

Herz-Kreislauf

Plasmavolumen Glukose-Blutspiegel

Stoffwechsel

Insulin

Insulin-Sensitivität

IGF (Insulin-like Growth Factor)

IGFBP (IGF-Bindendes Protein, Inhibitor des IGF)

pro-inflammatorische Zytokine IL-6 und TNF-α, sekretiert von Fettzellen (Adipokine) Hormone

Östrogene und Androgene (Synthese und Bioverfügbarkeit)

SHBG (Sexualhormon-bindendes Globulin)

Muskulatur

Einschränkung der Beweglichkeit

Muskelmasse, Muskelkraft, Kapillarisierung der Muskulatur

Tumore

Risiko der Entstehung

Karzinome (Mamma, Endometrium, Kolon, Pankreas, Lunge)

Risiko von Rezidiven/ Metastasen

Karzinome (Mamma, Kolon)

7.8.3.3 Bewältigung von Stress-Belastungen Unter Stress versteht man die durch äußere Anforderungen (Stressfaktoren) hervorgerufene, als unausweichlich angesehene, physische und/oder psychische Belastung eines Körpers. Es wird unterschieden zwischen • dem Eustress, bei welchem die Stressfaktoren als förderlich angesehen für das Erreichen eines angestrebten Zieles. Eustress stärkt die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit; • dem Distress, bei welchem die Stressfaktoren als hinderlich, verletzend, zerstörerisch, bedrohlich und Angsterregend empfunden werden. Das Gefühl herrscht vor,

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

795

dass diese Form von Stress weder endet noch bewältigt werden kann. Leistungsminderung, Rückzugsverhalten und Erkrankungen (Depressionen) sind die Folgen. Den Belastungen durch Stressfaktoren begegnet der Körper im Regelfall mit einem grundsätzlich einheitlichem Anpassungsverhalten (GAS/General Adaptation Syndrome), das in drei Stufen abläuft (siehe Tab. 7.43) • die Alarmphase, in der folgende Systeme sofort aktiviert werden: – das sympathische Nervensystem und Nebennierenmark mit der Freisetzung der Katecholamine Adrenalin (vorwiegend aus dem Nebennierenmark) und Noradrenalin, vorwiegend ausgeschüttet von den sympathischen Nervenendigungen in den unterschiedlichen Organen, wobei diese Katecholamine (siehe Tab. 7.44) ▪ den Blut-Kreislauf stärken, aber andererseits ▪ die zelluläre Immunabwehr hemmen und hierbei deutlich dominieren über die gegenläufigen Aktivitäten (durch Acetylcholin) des parasympathischen Nervensystems wie über die Wirkungen der Neuropeptide (wie z. B. Neuropeptide Y, Substanz P, CRGP/Calzitonin related Peptide, VIP/Vasoaktives intestinales Peptid, ANP/ Atriales Natriuretisches Peptid) – das System Hypothalamus, Hypophyse und Nebennierenrinde mit der Freisetzung von Corticoliberin, CRH, ACTH und den Glukokortikoiden (siehe Tab. 7.44) – das Flucht- oder Kampfverhalten; • die Widerstandphase, in welcher der Körper – die Stressfaktoren bewältigt oder – sich den Stressfaktoren anpasst, • die Endphase, in welcher der Körper – entweder in die Erholungsphase eintritt (siehe Tab. 7.43) – oder in die Erschöpfungsphase landet, in welcher der Körper nur unzureichend die Stressfaktoren beherrschen kann und es zugleich zu chronisch anhaltenden oder immer wiederkehrenden Alarmphasen kommt, sodass Stress-bedingte Erkrankungen sich entwickeln, die umfassen ▪ häufige und hartnäckige Infektionen, bedingt durch die immunsuppressive Wirkung der Stresshormone, im Besonderen der Glukokortikoide (siehe Tab. 7.44), ▪ Allergische Erkrankungen, verursacht durch vermehrt gebildetes IgE; ▪ Verhaltensstörungen, psychische Erkrankungen und hieraus folgende Herz-, Kreislauf und Stoffwechselerkrankungen (siehe Tab. 7.45).

796

7 Grundzüge der Tumortherapie

Tab. 7.43: Ablauf einer positiven Stressreaktion/Eustress. Stressfaktoren

▾ Wahrnehmung (Sinnesorgane)

▾ Thalamus

▾ Alarmphase

Widerstandsphase

Hypothalamus

Hirnstamm (RapheKerne)

limbisches System











Prolaktin

Dopamin

Serotonin





HypothalamusHypophysensystem Corticoliberin Thyreoliberin (CRH) (TRH) Corticotropin Thyreotropin (ACTH)

sympatisches Nervensystem



▾ Nebennierenmark (chromaffine Zellen)

postganglionäre Synapsen

Beruhigungs-Erholungsphase



Nebennierenrinde (Zona fasciculata)

Schilddrüse (Follikelepithel)

Prolaktin aus Dopamin aus Epidermis, peripheren Immunzellen Neuronen (Plazenta, und Mamma) NebenNieren-Mark

▾ Serotonin aus peripheren Neuronen/ neuroendokrinen Darmschleimhaut-Zellen

▾ ▾







Stimulation

Noradrenalin

Noradrenalin Adrenalin

Kortisol (Hydrokortison);

Thyroxin;

Oxytocin Prolaktin CRH





▾ Sekunden bis Minuten







Minuten bis Stunden

Stunden bis Tage

Bewältigung

Beruhigung Belohnung und Befriedigung







Blutdruckerhöhung

Blutdruckerhöhung

Blutdrucknormalisierung

Aktivierung und Erhöhung der Energiereserven

Normalisierung der Energiezufuhr

Aktivierung der Angriff oder Flucht-Reaktion

Aktivierung der Energiereserven





7.8 Weitere therapeutische Verfahren

Erhöhung der Aufmerksamkeit

euphorische, depressive oder sedative Zustände

Befriedigung

Aktivierung des Angstgedächtnisses

Beruhigung des Angstgedächtnisses

Wohl- und Glücksgefühle

Hemmung (Kortisol) bzw. Steigerung (Thyroxin) der Immunantwort

Normalisierung der Immunantwort

Hemmung des Immunsystems Förderung Allergischer Reaktionen



797

Glukokortikoide (Kortisol, Kortikosteron) wirken immunsuppressiv durch • Transrepression der für die Expression von Immunmediatoren wichtigen Transkriptionsfaktoren, wie z. B. AP-1 und NF-kB, sodass die Expression gehemmt wird – von Chemokinen, Zytokinen, Wachstumsfaktoren und von den zugehörigen Rezeptoren, – der Zyklooxygenasen für die Synthese von Prostaglandinen; • die Expression und extrazelluläre Ausschleusung von Lipocortinen/Annexinen. Durch Bindung an die Phospholipide der Zellmembran – blockieren Lipocortine ▪ die Aktivität von Phospholipasen, Phospholipide in Arachidonsäure zu spalten ▪ die Zelladhäsion, Wanderung und Chemotaxie, ▪ die Exozytose wie auch die Phagozytose und den Verdau von Fremdstoffen in Phagolysosomen, ▪ die zelluläre Freisetzung von Chemokinen, Zytokinen, Wachstumsfaktoren, ▪ die Aktivierung der Gerinnung durch Phospholipide; – fördern Lipocortine ▪ die Fibrinolyse, indem sie als Rezeptoren für Plasminogen dienen, sodass dieses in das fibrinolytische Plasmin gespalten werden kann, ▪ die Apoptose von Zellen. Andererseits bewirken Glukokortikoide auch • dass die allergischen Reaktionen vom Soforttyp verstärkt werden, – weil Glukokortikoide zu einer erhöhten Bildung von IgE führen ▪ da durch Glukokortikoide der Kostimulator CD40L durch Transaktivierung der 2 GRE/Glucocorticoid-Response-Elements des Promotors für das CD40L-Gen vermehrt exprimiert wird und ▪ weil vermehrtes CD40L in der immunologischen Synapse zwischen B-Lymphozyten und TH2-Lymphozyten eine erhöhte Aktivierung von B-Lymphozyten und einen Antikörper-Isotyp-Wechsel nach IgE bewirkt, – weil Glukokortikoide die Wirkung von LTB4/Leukotrien-B4 verstärken, ▪ da Glukokortikoide die Expression des Rezeptors BLT1 für das Leukotrien LTB4 auf Immunzellen erhöhen und zudem ▪ da die Synthese von LTB4 in Immunzellen relativ resistent ist gegen Glukokortikoide;

798

7 Grundzüge der Tumortherapie



dass durch die vermehrte Apoptose auch vermehrt DAMPs entstehen, die wiederum Ausgangspunkte für Entzündungen sein können.

Daher ist die Erschöpfungsphase durch folgende Symptome charakterisiert: • eine Schwächung der Immunabwehr – sowohl durch Noradrenalin, Adrenalin CRH, ACTH, aber besonders durch Kortisol und Kortikosteron und hierdurch bedingt ▪ häufige, dauerhafte und schwere Infektionserkrankungen, ▪ mangelnder Schutz von Impfstoffen (beispielsweise durch einen zu geringen Antikörperspiegel nach einer Impfung mit einer Hepatitis-B-Virus-Vakzine oder Influenza-Virus-Vakzine), ▪ eine verzögerte Wundheilung, ▪ vermehrt auftretende Allergien und ▪ eine mangelnde Immunabwehr gegen Tumore, andererseits ▪ eine promovierende Wirkung auf die Tumorentstehung durch die Bildung von radikalen Sauerstoff (ROS) und Stickstoff (RNS) Spezies. • erhebliche Ungleichgewichte in den Gefühlsempfindungen und im Verhalten verbunden mit – Schlafstörungen, verminderter Kreativität, Aktivismus, Geistesabwesenheit und Depressionen, • Einschränkungen in der kognitiven Leistung mit Zunahme von – Vergesslichkeit, Misstrauen, Verwirrung, Vorurteilen, • vegetativ-hormonelle Veränderungen – mit Sterilität, Impotenz, Schilddrüsenüberfunktionen, • Organerkrankungen wie z. B. – Magen-Darmerkrankungen, Schleimhautgeschwüre, Stoffwechselentgleisungen/ Diabetes, Muskel- und Gelenkerkrankungen, Herz- und Kreislauferkrankungen, Schlaganfall, Herzinfarkt.

Tab. 7.44: Wirkung der Stresshormone besonders auf das Immunsystem. Noradrenalin/Adrenalin Ursprung

Sympathisches NS/S-NS (postganglionär) Nebenniere, Makrophagen, Granulozyten, Mastzellen, Thymozyten, Lymphozyten

Pharmakol. Wirkung

Zentralisierung des Blutes, Herzleistung, Lipolyse, Blutzucker (↑) Darmmotilität, Insulin (↓) Mastzellen/α-adrenerge Rezeptoren: Degranulation, Histamin (↑) TH2-Lymphozyten Funktionen (↑), B-Lymphozyten Funktionen (↑), Antikörperbildung (↑)

Wirkung auf das Immunsystem

Mastzellen/β-adrenerge Rezeptoren: Stabilisierung der Zellmembran (↑), Degranulation (↓); neutr. Granulozyten Funkionen (↓), NK-Zellen Funktionen (↓); Makrophagen Expression IL-1β, IL-2, IL-6, IL-12, IL-23, IFN-γ, TNF-α (↓), IL-1Ra (↑), IL10 (↑), Adhäsionsmoleküle (↓) TH1-Lymphozyten Funktionen (↓), CTL Proliferation (↓),

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

799

CRH (Corticoliberin) Ursprung

Hirnrinde, Hypothalamus, Hypophyse, sensorische Ganglien Makrophagen, T-Lymphozyten, Epithelzellen, Synovialzellen,

pharmak. Wirkung

Freisetzung von ACTH, αMSH, Stimulation des Sympathischen Nervensystems/ Noradrenalin/Adrenalin (↑)

immunol. Wirkung

Makrophagen/proinflammat. Zytokine (↑), Mastzellen/Degranulation (↑), Fibroblasten/ Proliferation (↑), NK-Lymphozyten/Zytotoxizität (↑), TH-Lymphozyten: Proliferation (↑), Zytokinexpression/IL-2 (↑) B-/TH2-Lymphozyten/Proliferation (↑)/Zytokine (↑) ACTH/Kortisol (↑); Sympathicus/Nor-/Adrenalin (↑) ; NK-Lymphozyten/Zytotoxizität (↓) ACTH (Adrenocorticotropes Hormon)

Ursprung

Hypophysenvorderlappen Makrophagen, T-Lymphozyten, B-Lymphozyten

pharmak. Wirkung

Nebennierenrindenzellen/Synthese Kortisol, Corticosteron (↑) Aldosteron (↑) Mastzellen/Degranulation (↑)

immunol. Wirkung

Makrophagen/Expression IL-4 (↑), B-Lymphozyten/Antikörper-Isotyp-Wechsel IgG → IgE (↑) Kortisol-Synthese (↑), Makrophagen/NO-Synthase/NO (↓), MHC-II/Antigenpräsentation (↓), Mastzellen/Proliferation (↓), T-mem (↑) Kortisol/Kortikosteron

Ursprung

Nebennierenrindenzellen

pharmak. Wirkung

Nahrungsaufnahme, Bauchfett, Proteolyse, Lipolyse, Muskelschwund, Glukoneogenese, Blutzuckerspiegel, Glykogenspeicherung, Insulin-Resistenz (↑); Na-Ionen-Ausscheidung/ glomeruläre Filtrationsrate, Kapillarerweiterung, Wasseransammlung im Gewebe (↑); Osteoklasten-Aktivität (↑), Epithelproliferation, Kollagensynthese (↓); Herzfrequenz/ Kontraktilität, Blutdruck (↑) Hirndruck, Glaukom, Katarakte (↑), Euphorie, Psychosen (↑) Thrombozyten: Anzahl (↑) B-Lymphozyten: Expression von CD40Ligand (↑); Antikörper-Isotyp-Wechsel IgG → IGE (↑);

immunol. Wirkung

Makrophagen: Expression von Lipocortinen/Makrocortin (↑)/Aktivität von Phospholipase A2 (↓)/ Synthese Zyklooxygenase (↓), von Prostaglandinen/Thromboxan/PGE2 (↓) und Leukotrienen/LTB4,SRS-A (↓)/ Adhäsion/Migration/Chemotaxie (↓)/Phagozytose/Exozytose (↓)/Expression von Zytokinen wie IL-1, TNF-α; IFN-γ (↓), von Chemokinen, Wachstumsfaktoren (↓); Expression von Rezeptoren wie Fc-R (↓), Proliferation (↓) Mastzellen: Synthese Mediatoren/Histamin (↓); Degranulation (↓) neutroph. Granulozyten: myeloische Zellen/Proliferation (↓), Adhärenz/Diapedese/Migration/ Chemotaxie (↓), Phagozytose/Exozytose (↓), Gewebeverteilung (↓), Blutkonzentration (↑); NK-Lymphozyten: Proliferation (↓)

800

7 Grundzüge der Tumortherapie

immunol. Wirkung

Endothelzellen/Fibroblasten: Proliferation (↓), Angiogenese (↓), Kollagensynthese (↓), Wundheilung (↓), Narbenbildung (↓); Epithelzellen: Proliferation (↓) T-Lymphozyten: Aktivierung/Proliferation (↓); Expression von Zytokinen, Zytokin-Rezeptoren, Chemokinen (↓) B-Lymphozyten: Aktivierung/Proliferation (↓); Expression von Zytokinen, Zytokin-Rezeptoren (↓) Fibrinolyse: Aktivierung von u-PA und t-PA durch Lipocortin (↑); Kininsystem: Bradykinin (↓) Aldosteron

Ursprung

Nebennierenrinde

pharmak. Wirkung

HHL/Freisetzung von Vasopressin (↑), Niere, Schweißdrüsen, Darmepithel/Na+-Rückresorption / K+Ausscheidung (↑); Blutvolumen/Blutdruck (↑) Makrophagen Aktivierung (↑), ROS (↑), Expression pro-inflammatorischer Zytokine (↑), Diapedese/ Migration/Chemotaxie (↑)

immunol. Wirkung

B-Lymphozyten: Aktivierung (↑); Expression von Adhäsionsmolekülen / z. B. ICAM-1 (↑); von Chemokinen/ Chemokin-Rezeptoren (↑); Antikörperbildung (↑) Hypophysenhinterlappen: über Freisetzung von Vasopressin (Aktivierung von TH1-Ly, Makrophagen (↓), Treg (↑))

Stimulation zelluläre IA

Stimulation AntikörperA.

anti-inflammatorische Wirkung

kursive Schrift: erworbene Immunreaktion; ACTH = Adreno-Corticotropes-Hormon; ANP = atriales natriuretisches Peptid; CRH = CorticotropinReleasing Hormone; u-PA = Urokinase-Plasminogen-Aktivator; PNS = Peripheres Nervensystem; PS-NS = Parasympathisches Nervensystem; S-NS = Sympathisches Nervensystem; t-PA = Tissue-PlasminogenAktivator, ZNS = zentrales Nervensystem

Tumorpatienten können durch Stressfaktoren im Besonderen Maße belastet sein, • physisch, wenn die körperliche Bewegung eingeschränkt ist, – durch fehlendes Training und/oder durch den Tumor – weil bereits geringe körperliche Belastungen die individuelle aerogen-anaerogene Schwelle (siehe Kap. 7.8.3.2) deutlich überschreiten und eine extreme Atemnot die Folge ist, – weil Schmerzen die Bewegungsmöglichkeiten begrenzen und/oder – durch die Nebenwirkungen der Tumortherapie; • psychisch als Folge des Bewusstwerdens der Tumordiagnose, • wobei solcher Art Stress sich sowohl auf den Krankheitsverlauf negativ auswirken wie auch die Nebenwirkungen verstärken kann.

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

801

Tab. 7.45: Verhaltensstörungen und Erkrankungen, ausgelöst durch chronischen Stress (Sedlacek 2016). Angststörungen Angst dient der Überlebensstrategie und stellt eine der die wesentlichen Antworten auf Stressreize dar. Durch hohe Konzentrationen des erregenden Noradrenalin/Adrenalin und durch Mangel an beruhigendem Serotonin und an hemmendem Neurotransmitter Gamma-Aminobuttersäure (GABA) wird die Aktivität des dorsolateralen präfrontalen Cortex vermindert. Unbewusste emotionale Gedächtnisinhalte von vergangenen bedrohenden und furchterregenden Erlebnissen (gespeichert im limbischen System) leben unwillkürlich auf, kehren periodisch wieder oder halten dauerhaft an und ersetzen die normalerweise stattfindenden komplexen kognitiven und assoziativen Prozesse im präfrontalen Cortex. Eine kognitive Kontrolle der Angststörung ist dadurch nicht oder nur eingeschränkt möglich. Freudlosigkeit/Anhedonia Um alle Kräfte auf die Bewältigung der Stresssituation zu bündeln, wird durch Verminderung der Aktivität im limbischen System (Nucleus Accumbens) die Bereitschaft vermindert, Freudvolles zu suchen und zu erleben, ausreichend zu essen, sexuell aktiv zu sein und zu schlafen. Depressionen Depressionen stellen multifaktorielle Erkrankungen mit einer Lebenszeitprävalenz von 17 % (Frauen 21 %, Männer 13 %), bei denen zu etwa 30–40 % des Risikos genetische Faktoren, des Weiteren äußere Einflüsse mit epigenetischer Wirkung beteiligte sind. Depressionen beinhalten ein 11-fach höheres Risiko für einen Selbsttötungsversuch. Das Todesrisiko liegt um den Faktor 1,6 bis 2,1 höher als im Vergleich zu nicht depressiven Menschen Kortisol ist, falls dauerhaft erhöht, ein wesentlicher kausaler Faktor. Es hemmt die Expression von Glukokortikoid-Rezeptoren im prefrontalen Cortex (PFC) und im Hippocampus, die beide entscheidend beteiligt sind an der Pathogenese der Depression. Glückliche Menschen zeigen einen deutlich niedrigeren Kortisolspiegel im Blut. Herz- und Kreislauferkrankungen Blutgerinnungsstörungen können auftreten durch Erhöhung der Thrombozytenaggregation durch Serotonin dauerhafter Stress (z. B. am Arbeitsplatz) erhöht (um 10 %–40 %) das Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen. Klinisch vorherrschend sind Bluthochdruck, Plaques und Sklerose der Herzarterien, erhöhtes Kortisol und Glukose, erhöhte Herzmuskelenzyme und Lipidämie. Das Risiko bleibt langfristig erhalten. Stoffwechselerkrankungen chronischer Stress bewirkt dauerhaft erhöhtes Kortisol und ist ein Risikofaktor für Glukoseintoleranz, Insulinresistenz und Diabetes Typ 2. Stress erhöht das Risiko für das Metabolische Syndrom (Fettsucht, Diabetes Typ 2, Bluthochdruck und Lipidämie) Beeinträchtigung der Liebes- und Fortpflanzungsfähigkeit Noradrenalin: lokal über den aktivierten Sympathicus in den Ovarien freigesetztes Noradrenalin bewirkt Zystenbildung Kortisol führt zur Verminderung der Bildung von Östrogenen und Testosteron durch Hemmung der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse in Folge der Aktivierung der Hypothalamus-HypophysenNebennieren-Achse

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7 Grundzüge der Tumortherapie

Serotonin hemmt die Erektion und Ejakulation und die Milchsekretion in der Brustdrüse Prolaktin hemmt die Libido, führt zur mangelhaften Erektion und inhibiert die Ovulation Immunsuppression, Allergien, Asthma und Autoimmunerkrankungen Kortisol inhibiert die angeborene und erworbene Immunabwehr. Hierdurch wird Stress zu einem Risikofaktor für jegliche (Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten) Infektion. Kortisol stimuliert die Expression des CD40-Liganden, welcher den Costimulator CD40 aktiviert und hierdurch die Immunreaktion ausrichtet zur verstärkten Bildung des Immunglobulins IgE, welches Allergien und Asthma verursacht. Durch Stress ist das Risiko für Allergien und Asthma erhöht. Stress verstärkt die Allergie über die Neurotrophin-Neuropeptid-Achse mit Aktivierung der Mastzellen zur Proliferation (durch den BDNF/Brain-derived neurotrophic factor und zur Degranulation (durch CGRP/ Calzitonin Gene related Peptide und Tachykinin/Substanz P und durch NGF/Nerve Growth Factor mit Aktivierung von Makrophagen zur Sekretion pro-inflammatorischer Zytokine (bes. IL-1) Durch Dysregulation der Immunantwort scheint Stress im erheblichen Ausmaß die Entstehung und den Verlauf von Autoimmunerkrankungen (z. B. Diabetes Typ 1, Zöliakie, systemischer Lupus erythematosus, juvenile idiopathische Arthritis, Thyreoditis, Psoriasis) und die Häufigkeit und Stärke der klinisch und durch MRT-Analyse erfassten Lähmungsepisoden bei der Multiplen Sklerose zu fördern. Tumorerkrankungen Stress kann die Expression des Metastasen-assoziierten Gens 1 (MTA1) aktivieren. Die Mitglieder der MTA1- Familie sind transkriptionelle Koregulatoren der Histon-Deacetylatierung und Nucleosom-Bildung. Eine Überexpression von MTA1 ist bei vielen malignen Tumortypen des Menschen zu finden, wobei die Höhe der Expression direkt mit der Malignität des Tumors korreliert. Endorphine scheinen dagegen durch Suppression der Ausschüttung von Noradrenalin/Adrenalin und von pro-inflammatorischen Zytokinen das Tumorwachstum zu hemmen Kortisol fördert das Tumorwachstum durch Hemmung der Expression von Onkogensuppressoren (p53 und BrCA1), Aktivierung des Sympathischen Nervensystems bewirkt durch erhöhtes Noradrenalin eines Wachstumsförderung von Mammakarzinomzellen und führt des Weiteren zur erhöhten Expression von VEGF (vascular endothelial growth factor) und verstärkt damit die Tumorangiogenese und das hiervon abhängige Tumorwachstum Schwerwiegende Stressereignisse verdoppeln bei Frauen das Risiko für Mammakarzinome. Stress verkürzt die Überlebenszeit nach Diagnose eines Mammakarzinoms.

Insgesamt ist für die Bewältigung des Stressreizes, d. h., für die Beantwortung der Frage, ob dieser als Eustress oder als Distress empfunden wird, entscheidend (siehe Tab. 7.46) • die Höhe der Toleranz gegenüber Reizeinflüssen, d. h., – ab welcher Intensität ist ein Reiz ein Stressreiz und bringt die körperlichen Funktionen aus dem Gleichgewicht? • die Dauer des Stressreizes. – Ist er ein kurzfristiges Ereignis oder dauert er über Wochen oder Jahre an und – werden die Stresshormone Noradrenalin/Adrenalin und Kortisol befristet oder langfristig bzw. dauerhaft in erhöhter Menge im Zuge der Aktivierung der Hypothalamus-Hypophyse-Nebennieren-Achse ausgeschüttet?

7.8 Weitere therapeutische Verfahren



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die Schnelligkeit und Wirksamkeit der Beruhigung – durch das vom Körper ausgeschüttete Serotonin zum Erreichen des körperlichen Gleichgewichtes, – durch das bewusste Erleben glücklicher Augenblicke, durch die Ausschüttung von Glückshormonen wie Dopamin, Oxytocin, Prolaktin und Endorphinen.

Im Regelfall • fördern kurzfristig anhaltende Stressereignisse durch die vorübergehende Forderung aller Bewältigungsmechanismen die Verarbeitung und Anpassungsfähigkeit des Körpers an physische und psychische Stressfaktoren und dienen damit der Aufrechterhaltung der Gesundheit, • bergen schwere und/oder langfristig einwirkende Stressreize die Gefahr in sich, die Bewältigungsmechanismen zu überfordern, • ist die Grenze zwischen Bewältigung und Überforderung abhängig von der Stresstoleranz der jeweiligen Person und der Höhe und der Dauer des Stressreizes. • können maßvolle, d. h. die individuelle aerogene-anaerogene Schwelle nicht deutlich überschreitende körperliche Belastungen den physischen und psychogenen Stress mildern und hierdurch z. B. verhindern, dass Tumorpatienten in die Erschöpfungsphase der Stressreaktion gelangen und dort verharren.

Tab. 7.46: Wesentliche Faktoren für die Bewältigung von Stressreizen (Sedlacek 2016). Höhe der Toleranz gegenüber Reizeinflüssen Die Höhe des Schwellenwertes für die Auslösung von Stress ist abhängig von der fetalen und frühkindlichen Prägung eines Menschen. Die Stresstoleranz eines Kindes kann dauerhaft vermindert sein, wenn seine Mutter während der Schwangerschaft einer erhöhten Stressbelastung ausgesetzt war, erhöhtes Kortisol im Blut aufwies und/oder mit höheren Dosen von Glukokortikoiden behandelt worden war und hierdurch die fetale Entwicklung seines Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Systems beeinträchtigt wurde, Höhe und Dauer der Ausschüttung der Stresshormone Noradrenalin/Adrenalin und Kortisol Die Ausschüttung der Neurotransmitter Noradrenalin, Corticoliberin (CRH/Corticotropin Releasing Hormone), Serotonin und Dopamin im Netzwerk des Thalamus (paraventriculärer Nukleus) und des limbischen Systems (im Besonderen Amygdala, Stria terminalis, Nucleus accumbens und vordere cingulärer Cortex) ist wesentlich beteiligt an der Regulierung der Motivation, Stimmungslage, Angstverhalten, Suchtverhalten und depressiven Episoden (MDD/major depressive disorders). Cortikoliberin (CRH/Corticotropin Releasing Hormone) gebildet im Hypothalamus stimuliert die Aktivität der Hypothalamus-Hypophyse-Nebennieren-Achse zur Ausschüttung von Kortisol. Sein Abbauprodukt Corticosteron hemmt in negativer Rückkopplung die Freisetzung von Corticoliberin im Hypothalamus. Kortisol stimuliert dagegen die Bildung von CRH in der Amygdala (limbisches System). Durch Kortisol/Corticosteron wird über eine negative Rückkopplung die direkt (und indirekt durch Noradrenalin/Adrenalin) ausgelöste Hyperaktivität der Hypothalamus-Hypophyse-Nebennieren-Achse zur Ausschüttung von Kortisol gehemmt. Durch chronischen Stress kann diese hemmende Rückkopplung blockiert werden, was zur dauerhaften Kortisol-Ausschüttung führt.

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7 Grundzüge der Tumortherapie

Noradrenalin/Adrenalin wiederum stimulieren die Ausschüttung von CRH und damit von Kortisol. Schnelligkeit der Beruhigung und Wiederherstellung des körperliche Gleichgewichtes durch Serotonin Das Ausmaß der Serotoninausschüttung im Gehirn und im Darm kann beeinträchtigt werden durch eine epigenetische Hemmung der Expression des Gens kodierend für Serotonin. Anhaltpunkte bestehen, dass Serotonin im Hypothalamus-Hypophysensystem die Ausschüttung von Corticotropin/ACTH und Vasopressin inhibiert und von Corticoliberin/CRH und der Glückshormone Oxytocin und Prolaktin steigert Im Gehirn stimuliert das Corticoliberin(CRH) nicht nur die Kortisolbildung innerhalb der HypothalamusHypophysen-Nebennieren-Achse, sondern (in Form eines Verstärkers) auch die Serotonin-Freisetzung in den Raphe-Kernen des Hirnstammes. Erniedrigung des CRH durch stressbedingt chronisch erhöhtes Kortisol kann zu einer Verminderung der Serotoninausschüttung führen. Im Darm ist bereits in früher Kindheit eine Verminderung der Serotoninausschüttung durch eine Dysregulation der mikrobiotischen Besiedlung möglich. Die Wirkung der Glückshormone zur Behebung der Stressbelastung Serotonin bewirkt euphorische Zustände, hemmt Angstzustände, depressive Episoden, und impulsibe Aggressionen und bewirkt andererseits verstärktes Wachsein, verbessertes Lernen, erhöhtes Schmerzempfinden und vermindertes Hungergefühl Oxytocin hemmt die Ausschüttung von Stresshormonen (Noradrenalin/Adrenalin; ACTH/Kortisol), fördert die Ausschüttung von Endorphinen und Prolaktin und stimuliert direkt und indirekt das Immunsystem. Endorphine hemmen die Ausschüttung von Kortisol, bewirken euphorische Zustände, hemmen Schmerzreize, vermindern Angstreaktionen und Angstverhalten, fördern die Ausschüttung von Prolaktin und verhindern überschießende Entzündungsreaktionen durch Hemmung von Immunabwehr und Entzündungen. Dopamin verstärkt den Appetit und die Nahrungsaufnahme, stabilisiert die Blutgefäße (durch Hemmung der Angiogenese) und verlängert das Glücksempfinden durch Förderung der Ausschüttung von Endorphinen und durch Hemmung der Ausschüttung von Prolaktin Prolaktin stabilisiert das Nervensystem durch Stimulierung des Wachstums von Nervenscheiden und stärkt das Immunsystem und führt zur Beendigung des Glücksgefühle. Wirkung von Kalorienreduktion und körperlicher Bewegung zur Behebung von Stressfolgen Stress induziert radikale Sauerstoff- und Stickstoffmoleküle in den Mitochondrien. Diese wirken in der zellulären Signalübertragung oder als Zytotoxine der Immunzellen. Eine starke Erhöhung dieser Radikale erhöht das Risiko für Diabetes, Tumor und neurodegenerativen Erkrankungen, führt zur beschleunigten Alterung und zur Verkürzung der Lebensdauer. Kalorienreduktion, körperliche Bewegung mit hoher Intensität, kurzzeitige Hypoxie und/oder Temperaturbelastungen trainieren das mitochondriale System zum Abbau der Radikale, ohne es zu überlasten und können hierdurch zu einer Verzögerung des Alterungsprozesses führen.

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

805

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7 Grundzüge der Tumortherapie

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7.8.3.4 Vermeidung von Über- und Mangelernährung Überernährung und Adipositas Ernährung beeinflusst in entscheidender Weise die Immunabwehr. Zu unterscheiden ist eine bedarfsgerechte Ernährung von einer Unterernährung, einer Überernährung oder einer Mangelernährung. Die Art und Menge der aufgenommenen Nahrung bestimmt weitgehend den Anteil des Fettgewebes. Dieses enthält je nach Funktion unterschiedliche Arten von Fettzellen: • weiße Fettzellen dienen der Speicherung und Freisetzung von Fettsäureestern für den Energiebedarf, komplex hormonell geregelt, im Besonderen durch Leptin, Ghrelin und Insulin, ▪ braune Fettzellen erfüllen den Wärmebedarf durch Thermogenese aus dem Fettspeicher, stimuliert durch das sympathische Nervensystem (Noradrenalin/Adrenalin, ▪ beige oder braun-in-weiße Fettzellen entstehen meist durch Kälteeinwirkung auf weißes Fettgewebe und ▪ pinke Fettzellen dienen der Milchproduktion.

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

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Im weißen Fettgewebe sind enthalten ▪ mehrheitlich weiße Fettzellen und deren Vorläuferzellen (Prä-Fettzellen), ▪ Stromazellen wie Fibrozyten und Fibroblasten, ▪ Zellen der Blutgefäße wie Endothelzellen, vaskuläre glatte Muskelzellen und Fibroblasten und ▪ Immunzellen wie – Monozyten, Makrophagen, Mastzellen, Natürliche Killerzellen, – neutrophile und eosinophile Granulozyten wie auch – Dendritische Zellen, B-Lymphozyten und T-Lymphozyten. Unterernährung und Überernährung besitzen erhebliche Krankheits-Risiken (siehe Tab. 7.47). Diese sind wesentlich begründet durch die Art und das Ausmaß der immunologischen und endokrinologischen Aktivität der weißen Fettzellen, • welche je nach Ausmaß des Fettgewebes ein unterschiedliches Spektrum an Mediatoren ausschütten, im Besonderen – Adipokine, die je nach Typ entweder anti-inflammatorisch oder pro-inflammatorisch wirken (siehe Tab. 7.48), – anti-inflammatorisch oder pro-inflammatorisch wirkende Zytokine und – pro-inflammatorisch wirkenden Chemokine und Hormone (siehe Tab. 7.49), • wobei diese wiederum parakrin aktiviert werden durch (siehe Tab. 7.49) – Adipokine und Zytokine, ausgeschüttet von Immunzellen, besonders von Makrophagen und T-Lymphozyten. Bei Unterernährung werden von den wenigen vorhandenen Fettzellen vorwiegend antiinflammatorische Adipokine ausgeschüttet (siehe Tab. 7.48 und 7.49), sodass ▪ die Chemotaxie von Immunzellen aus dem Blut in das Fettgewebe gering ist, ▪ die im Fettgewebe befindlichen Immunzellen wie auch im gesamten Körper – gehemmt werden oder – zu einem anti-entzündlichen Funktionszustand (M2-Makrophagen, TH2-Lymphozyten, Treg-Lymphozyten, Breg-Lymphozyten, Mo-MDSC, Gr-MDSC, suppressive NK-Zellen, siehe Kap. 6.7) differenzieren und hierdurch ▪ die Infektionsgefahr für den Körper sich erhöht. Bei Überernährung bis hin zur Adipositas werden dagegen von den massenhaft vorhandenen Fettzellen vorwiegend pro-inflammatorische Adipokine, Chemokine, Zytokine und Hormone exprimiert (siehe Tab. 7.48 und 7.49), welche ▪ autokrin und parakrin weitere Fettzellen aktivieren, ▪ im Fettgewebe befindliche Makrophagen, Granulozyten, Natürliche Killerzellen, Dentritische Zellen, T-Lymphozyten, Endothelzellen, Fibroblasten und vaskuläre glatte Muskelzellen aktivieren zur Proliferation und zur Ausschüttung pro-inflammatorischer Zytokine und Chemokine, ▪ die Migration von weiteren Immunzellen, im Besonderen Makrophagen in das Fettgewebe stimulieren

808

7 Grundzüge der Tumortherapie

Tab. 7.46: Bandbreite des relativen menschlichen Körpergewichtes, berechnet als BMI** und dessen Folgen. Untergewicht

Adipositas/Fettsucht

hoch gradig II

hochgradig I

mäßiggradig

leichtgradig

< 13**

13 − < 16

16 − < 17

17 − < 18,5

Risiko für Folgeerkrankungen hoch sehr hoch StationärMortalität B

erhöht

niedrig

Normalgewicht

Übergewicht

Grad I

Grad II

Grad III

18,5 − < 25

25 − < 30

30 − < 35

35 − < 40

≥ 40

Bei Sportlern (Muskelmasse ↑) kann ein BMI bis < 30 kg/m2 Normalgewicht sein

Risiken für Folgeerkrankungen

erhöht

hoch

sehr hoch

Folgen/Folgeerkrankungen

Risiken

Wachstumsstörungen bei Kindern

Asthma (OR: ÜG 1,4; AP: 1,9)

Verlust an Hirnmasse (Hirnrinde/Weiße Masse, Cerebellum)

polycystisches Ovar-Syndrom; Leukämien; Karzinome: Mamma, Ovar, Endometrium, Prostata, Ösophagus, Kolon, Gallenblase, Niere

Kognitive Einschränkungen, Gedächtnisverluste Leichtigkeitsgefühle/Euphorien, erhöhte Reizbarkeit/Aggressivität, Depressionen Ausbleiben der Monatsblutung; Hyperkortisolismus; Hypothyreose, gestörte Glukosetoleranz Akrozyanose (rotblaue Färbung der Finger und Zehen) Hautblutungen Osteopenie und Osteoporose gastrointestinale Störungen; Leberfunktionsstörungen Herzfunktionsstörungen und Herzschäden Bei Bulimie: Elektrolytstörungen: Hypokaliämie, Hyponatriämie; Hypochlorämie; Hypomagnesämie, Metabolische Alkalose; evtl. Nierenversagen

vorzeitiger Tod durch Selbsttötung (ca 40– 45 % der Mortalität in Folge Hungersucht) oder durch Folgeerkrankungen

Herz-Kreislauferkrankungen besonders im Gefolge des Metabolische Syndroms Glukose nüchtern (↑) (Insulin-Resistenz), Triglyceride (↑), HDL-Cholesterol (↓); Blutdruck (↑) DiabetesII Schwangerschaftsdiabetes Fertilitätsstörung/Unfruchtbarkeit Fetus-Missbildungen: Defekte des Neuralrohrs, Hydrocephalus Nierenerkrankungen Lebererkrankungen; AP: bei ~ 90 % Fettleber; bei 37 % Fettleberhepatitis; Leberzirrhose Coxarthrose und Gonarthrose Gastroösophagaler Reflux Pankreatitis und Pankreatitis-Komplikationen Obstruktive Schlaf-Apnoe psychosozial bedingte Depressionen; Demenz vorzeitiger Tod durch Folgeerkrankungen

BMI = Body Mass Index = Gewicht/Körpergröße2 = ** kg/m2; ÜG = Übergewicht; AP = Adipositas; RR = Relatives Risiko (im Vergleich zum Normalgewicht); OR = ODDs Ratio (Risikoverhältnis im Vergleich zum Normalgewicht)

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

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die Differenzierung des Immunsystems in einen pro-inflammatorischen Funktionszustand bewirken wie z. B. zu M1-Makrophagen und zu zytotoxischen Natürliche Killerzellen, zu Dentritische Zellen, TH1-, TH17-Lymphozyten und zu zytotoxischen T-Lymphozyten, ▪ lokal und systemisch Endothelzellen, Fibroblasten, Osteoblasten, Chondrozyten und Skelettmuskelzellen aktivieren und ▪ bei den Thrombozyten Aggregation und Degranulierung bewirken. ▪

– –

Zusätzlich erfolgt die Freisetzung und ggf. Oxidation von gesättigten Fettsäuren aus den Triglyzeriden, abgegeben von sterbenden oder lebenden Fettzellen. Diese Fettsäuren können als DAMPs wirken, welche Immunzellen aktivieren zur Freisetzung von weiteren proinflammatorischen Zytokinen (siehe Kap. 6.4). Durch die autokrine und parakrine Verstärkungsreaktionen der Aktivierung aller beteiligten Zellen (Fettzellen, Immunzellen, Stromazellen, Gefäßzellen, Muskelzellen) wird bei der Überernährung • der pro-inflammatorische Zustand des Fettgewebes dauerhaft aufrechterhalten und • die Aktivierung des Immunsystems auf den gesamten Körper ausgedehnt. Hierdurch steigen erheblich die Risiken (siehe Tab. 7.50) • für entzündliche Erkrankungen, wie z. B. – chronisches Asthma, – häufig wiederkehrende Infektionen der Haut und der Hautorgane, – sterile lokale Entzündungsprozesse im Körper wie Gefäßentzündungen, Gelenksentzündungen, Sehnenentzündungen, Muskelentzündungen, • Diabetes, da chronisch-systemischen Entzündung die Insulin-Sensitivität aller Zellen, im Besonderen auch der Muskelzellen, deutlich verringert. Wesentliche Faktoren hierbei sind – die durch die Adipokine besonders von M1-Makrophagen und T-Lymphozyten freigesetzten pro-inflammatorischen Zytokine, im Besonderen TNF-α, IFN-γ, IL-1β, IL-6 und das LTB4, – die freigesetzten gesättigten und ggf. oxidierten Fettsäuren aus den Triglyzeriden der Fettzellen, welche ▪ weitere Immunzellen, im Besonderen Makrophagen und T-Lymphozyten, aktivieren zur Freisetzung von pro-inflammatorischen Zytokinen wie TNF-α, IFN-γ, IL-1β, IL-6, Il-18 und von LTB4, ▪ Parenchymzellen, z. B. Muskelzellen aktivieren zur Expression von zusätzlichen pro-inflammatorischen Zytokinen (wie z. B. TNF-α, IL-6, IL-15) und Chemokinen (IL-8, GRO-α, MCP-1, RANTES), – die Beeinträchtigung der Tyrosin-Phosphorylierung und der Signalübertragung des Insulin-Rezeptors durch DAG/Di-Acyl-Glycerin und PKC/Protein-Kinase C, verstärkt gebildet in der Muskulatur (PKCθ) und der Leber (PKCε) durch ▪ die konkurrierende Aktivierung der Rezeptoren von TNF-α und IL-6, aber auch von IFN-γ, IL-1β und LTB4,

810

7 Grundzüge der Tumortherapie





durch ein Überangebot an gesättigten Fettsäuren. von Tumorerkrankungen, wobei eine entscheidende Rolle die mutagene Wirkung der radikalenSauerstoff-Spezies (ROS) und Stickstoff-Spezies (RNS) spielt, die exprimiert werden von allen an der chronischen Entzündung beteiligten Zellen (siehe Kap. 4.6.5 und 4.6.6)

Tab. 7.48: Wirkung der Adipokine auf die Immunabwehr. Adipokine

Zielzellen

Wirkung auf die Immunabwehr

vorwiegend anti-inflammatorisch wirkende Adipokine Endothelzellen: Proliferation und Migration (↑), Angiogenese (↑), Makrophagen: PGE2 (↑)

Adiponectin

Endothelzellen vaskuläre glatte Muskelzellen Perizyten; Makrophagen

Endothelzellen: Apoptose-Resistenz (↑), ROS (↓), eNOS und NO (↑), Adhäsionsmoleküle (↓), TNF-α (↓), Chemokine/ChemokinRezeptoren (↓); Makrophagen: IL-1β, IL-6, IL-18, TNF-α (↓), Adhäsionsmoleküle (↓), „Scavenger“- Rezeptoren (↓), IL-1Ra (↑), IL-10 (↑); TIMP-1 (↑), Differenzierung zu M2-Typ-Makrophagen (↑); vaskuläre glatte Muskelzellen: Proliferation und Migration (↓) Insulin-Resistenz (↓); Glukose-Intoleranz (↓); Neuronen: Migration (↑), Wachstum von Axonen (↑)

Apelin

Endothelzellen, glatte Muskelzellen, Fettzellen, Leberzellen

Endothelzell: Apoptose-Resistenz (↑), glatte Muskelzellen: Proliferation (↓), Fettzellen: Transformation in braune Fettzellen (↑) NO-Synthase (↑), Blutdruck (↓), Insulin-Sensitivität (↑)

CTRP3

Makrophagen

Monozyten/Makrophagen: Expression pro-inflammatorische Zytokine (↓)

Omentin

Endothelzellen

Endothelzellen: NO-Synthase/NO (↑)

SFRP5

Makrophagen

Makrophagen: Expression pro-inflammatorischer Zytokine/IL-1β, TNF-α (↓), Chemokine (↓)

Vaspin

Endothelzellen Makrophagen

Makrophagen: IL-10 (↓) Makrophagen: TNF-α, IL-1β, IL-6, (↓); ROS (↓); Endothelzellen: ICAM-1, E-Selectin (↓), Apoptose (↓)

vorwiegend pro-inflammatorisch wirkende Adipokine ANGPTL2

Chemerin

Fettzellen, Makrophagen, Endothelzellen

Endothelzellen: Aktivierung/Proliferation (↑) Monozyten/Makrophagen: Aktivierung (↑), Expression pro-inflammatorischer Zytokine (↑)

Makrophagen, Natürliche Killerzellen;

Bakterizidie Haut (↑); Endothelzellen: Aktivierung (↑), Makrophagen, Natürliche Killerzellen: Aktivierung, Chemotaxie (↑); Fettzellen: Aktivierung (↑); Dentritische Zellen: Aktivierung, Chemotaxie (↑)

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

Leptin

LCN2

PAI-1

811

Endothelzellen, Dendritische Zellen, Fettzellen, SkelettMuskelzellen

Fettzellen und Muskelzellen: Insulin-abhängige zelluläre Glukoseaufnahme (↑), Glukose-Intoleranz (↑),

Granulozyten Makrophagen Dentritische Zellen T-Lymphozyten

Granulozyten, Makrophagen: Aktivierung/Chemotaxie (↑), Phagozytose (↑), Expression ROS (↑), pro-inflammatorische Zytokine TNF-α, IL-6, IL-12, IL-18 (↑); Chemokine (↑); LTB4 (↑); PGE2 (↑); Thrombozyten: Aggregation (↑) Dentrischen Zellen: Aktivierung (↑), Expression von IL-12 (↑), IFNγ (↑), T-Lymphozyten Antiapoptose (↑); TH1-/TH17-Lymphozyten: Proliferation von und Differenzierung (↑); CTL: Proliferation (↑),

Neurone

Hungergefühl (↓) durch Neuropeptid Y (↓) und AgRP (↓); NO-Synthase (↓)

Makrophagen Granulozyten

Makrophagen, neutr. Granulozyten: Leukotriene LTB4, PAF (↑)

Granulozyten Makrophagen Mikrogliazellen Endothelzellen Astrozyten

Makrophagen, Granulozyten, Mikrogliazellen: ApoptoseResistenz (↑), Chemotaxie/Migration (↑), Expression pro-inflammatorischer Zytokine (↑), Migration (↑); Fibroblasten: Expression von ECM/Fibrose (↑), Apoptose-Resistenz (↑); Fibroblasten: ApoptoseResistenz (↑); Endothelzellen: Migration (↑), Angiogenese (↑), Apoptose-Resistenz (↑) Makrophagen, Mikrogliazellen: Phagozytose (↓)

Resistin

Granulozyten Makrophagen Endothelzellen, glatte Muskelzellen

neutr. Granulozyten: Aktivierung (↑), Bildung von granulozytären extrazellulären „Traps“/NETs (↑), Expression von TNF-α und MIP2 (↑); Makrophagen: Aktivierung (↑), Expression TNF-α und IL-12 (↑); Endothelzellen, vaskuläre glatte Muskelzellen: Proliferation (↑), Migration (↑) Insulin-Resistenz (↑), Hypertrophie von Kardiomyozyten (↑)

RBP4

Dentritische Zellen T-Lymphozyten

Visfatin/ NAMPT

neutrophile Granulozyten, Monozyten/ Makrophagen, Chondrozyten, Osteozyten, Endothelzellen, glatte Muskelzellen, B-Lymphozyten (ansonsten in allen Zellen)

Dentritische Zellen: Antigenpräsentation (↑); TH1-Lymphozyten: Differenzierung/Prägung (↑) neutr. Granulozyten: Apoptose-Resistenz (↑); Monozyten: Expression von IL-1β, IL-6, TNF-α (↑); Chondrozyten: Expression von MMP (↑) PGE2 (↑), Induktion von IL-6 (↑); Chondrozyten, Osteoblasten: Expression von IL-6 (↑), KC (↑) und MCP-1 (↑); Endothelzellen: Relaxation (↓) B-Lymphozyten/ pre-B-cell colony-enhancing factor 1/PBEF1 Differenzierung (↑) vaskuläre glatte Muskelzellen: Ausreifung (↑); Osteoklasten: Differenzierung (↓) Nicotinamidphoribosyltransferase, Überführung von Nikotinamid in Nikotinamid-Mononukleotid (↑) Aktivierung des Insulin-Rezeptors (↑), Blutzuckerspiegel (↓); Expression von Insulin in Pankreas-β Zellen (↑)

812

7 Grundzüge der Tumortherapie

zelluläre Immunantwort (↑)

Antikörperantwort (↑)

anti-inflammatorisch

kursive Schrift: erworbene Immunreaktion; AgRP = Agouti-Related Protein; ANGPTL = Angiopoietin-Like Protein 2, CTRP = C1q/TNF-Related Proteins; KC = Keratinocyte Chemoattractant, LCN2 = Lipocalin 2; MCP-1 = Monocyte Chemotactic Protein 1; NAMPT = Nicotin-Amide-Phosphoribosyl-Transferase; PAI-1 = Plasminogen-Aktivator-Inhibitor-1; RBP4 = Retinol-Binding Protein 4; SFRP5 = Secreted Frizzled-RelatedPprotein 5; Vaspin = Visceral adipose tissue serin protease inhibitor

Tab. 7.49: Entzündungspotential durch Adipokine, Hormone und Zytokine des Fettgewebes. Weiße Fettzellen Beeinflussung

Ausschüttung bzw. Wirkung in Abhängigkeit von

ausgeschüttete Wirkstoffe

Unterernährung

Normal

Überernährung

++++

++

+

+

+++

++++

Adipokine Adiponectin

♂ (↓), ♀ (↑)

Apelin Aktivierung durch Adipokine: ANGPTL2 LCN2 RBP4 Resistin Visfatin Zytokine IL-4 IL-6 IL-11 IFNγ OSM Hormone PRL GH Inhibition durch Zytokine : LIF CT-1 Hormone Kortison Wachst-Fakt CNTF Neuropoietin

CTRPs



Omentin

♂ (↑), ♀ (↓)

SFRP5

♂ (↑), ♀ (↓)

Vaspin

♂ (↑), ♀ (↓)

ANGPTL 2 Chemerin

♂ (↓), ♀ (↑)

Glypican 4

♂ (↑), ♀ (↓)

LCN2 Leptin

♂ (↓), ♀ (↑) RBP4 Resistin

Visfatin/NAMPT Zytokine, Chemokine, Hormone +

+++

Apelin (↑); Resistin, Leptin, Visfatin (↓)

Leptin, Resistin (↓)

Kortison → Kortisol

+

+++

Aldosteron

+

+++

TNF-α, IL-6, IL-18

+

++

++++

Chemokine MCP-1/CCL2, CXCL5

+

++

++++

Prolaktin

+

++

++++

CT-1/Cardiotrophin 1



813

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

Asthma (↑); Arthritiden (↑); Artheriosklerose (↑); Hautinfektionen (↑); Wundheilung (↓); Diabetes-II (↑) Glykämie/Triglyceridämie (↑), InsulinResistenz (↑), Bluthochdruck (↑), Fettleber (↑) Metabolisches Syndrom (↑) Tumorerkrankungen (↑)

Hyperkortisolismus (↑) Hyperthyreose (↑), Depressionen (↑), Euphorien (↑), Aggressivität (↑), Osteopenie/ Osteoporose (↑), virale/bakterielle/ mykoide Infektionen (↑)

Risiken/assoziierte Erkrankungen

vorwiegend pro-inflammatorisch

gering inflammatorisch oder anti-inflammatorisch

CNTF = Ciliary Neurotrophic Factor; CTRP = C1q/TNF-Related Proteins; GH = Growth Hormone; LCN2 = Lipocalin 2; LIF = Leukämie Inhibierender Faktor; NK-Zellen = Natürliche Killerzellen; OSM = Onco-Statin M; PRL = Prolactin; RBP4 = Retinol-Binding Protein 4; SFRP5 = Secreted Frizzled-Related Protein 5; ♂ (↓), ♀ (↑) = geschlechtsspezifische Unterschiede

Tab. 7.50: Risiken für Krankheiten im Gefolge von Übergewicht und Fettsucht. Risiken (Risiko bei Normalgewicht = 1,0) Krankheiten

bei Übergewicht gering

Asthma

mittel/hoch

bei Adipositas/Fettsucht gering

1,4

mittel 1,9

polycystisches Ovar-Syndrom

2

Leukämien

2

Myelome

1,2

Karzinome

hoch

1,2 1,5

2 (♀) 2

Endometrium

1,6

3,4

Ösophagus

1,5

3,1

Gallenblase ♀

1,6

3,4

Mamma, Ovar, Prostata, Niere Kolon, Rektum

1,3

2,2

Pankreas (bei Adipositas in der Jugend)

1,4

1,5

sehr hoch

814

7 Grundzüge der Tumortherapie

Risiken (Risiko bei Normalgewicht = 1,0) Krankheiten

bei Übergewicht gering

mittel/hoch 1,7



bei Adipositas/Fettsucht gering

mittel

hoch

sehr hoch

≥ 2,4

Herzkreislauferkrankungen ♂

1,3

Lungenembolie ♀

≥ 1,8 1,9

3,5 3,9



12

Diabetes mellitus Typ II ♂ Schwangerschaftsdiabetes

2,4

6,7

2,1

8,6

Fertilitätsstörung/Unfruchtbarkeit

1,7

Neuralrohrdefekte

1,9

Hydrocephalus

1,7

Fetus Nierenerkrankungen Gelenkserkrankungen

Coxarthrose/ Hüftgelenksersatz

1,6 1,8



2,8



Gonarthrose/Kniegelenk Gicht

Gastroösophagaler Reflux

2,0

1,4

4,2 ≥ 2,0

3

≥ 2,0

3

1,9

Obstruktive Schlaf-Apnoe

≥3

Depressionen

≥3

Neurologisch

Demenz

4,0

Ausgeglichene Ernährung Eine „gesunde“ Ernährung ist die Grundlage jeglichen Wohlbefindens. Das Wohlgefühl beginnt mit dem Essgenuss, der wiederum abhängig ist von den physiologischen Fähigkeiten (dem Sehen, Riechen und Schmecken) und von ernährungsphysiologischen, technischen wie auch emotionalen und kulturellen Faktoren. Zum Wohlgefühl gehört auch das Wissen um die Werthaltigkeit von Speisen und Getränken und um die Wirkung der Nahrungsmittel auf unsere Gesundheit. Denn mit unserem Essverhalten können wir unsere Gesundheit erhalten, stützen oder auch schädigen, weil wir die Wahl haben zwischen • einer vielseitigen, dem individuellen Bedarf angepassten Ernährungsweise, • einer einseitigen Ernährung, welche bestimmte Nahrungsmittel ausschließt und/oder • einer Überernährung oder Mangelernährung.

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

815

Biologisch gesehen hat sich der Mensch im Laufe seiner (phylogenetischen) Entwicklung zu einem „Allesesser“ (Omnivor) entwickelt. Sein Verdauungssystem ist nunmehr derart gestaltet, dass er zum Aufbau seines Körpers wie auch für seine Lebensfunktionen sowohl pflanzliche wie auch tierische Nahrung benötigt. In Bezug auf Fleisch als Nahrungsmittel stellt sich damit für den Menschen nicht die ethische Frage des „ob“, sondern des „wie“. Angesichts des häufig auftretenden ethischen Fehlverhaltens in der Produktion, Nutzung, Verwertung und Vernichtung von Nahrungsmitteln haben sich jedoch Weltanschauungen entwickelt, welche fordern, bei der menschlichen Ernährung auf tierische Produkte entweder weitgehend (Vegetarier) oder gänzlich (Veganer) zu verzichten. Sieht man von verdorbenen, im Besonderen von dem häufigen Problem hoch keimbelasteter Speisen ab, so sind Fehlernährungen die häufigsten Ursachen von menschlichen Erkrankungen. So zeigt der Bericht des DGAC/Dietary-Guidelines-Advisory-Committee für 2015: • dass mehr als 66 % der Erwachsenen und etwa 33 % der Kinder und Jugendlichen übergewichtig oder fettsüchtig sind, • dass ein bedeutsamer Teil der Bevölkerung sich fehlerhaft ernährt in Folge – einer aufgeschwatzten Mangel-Diät in der Hoffnung, hierdurch gesund zu bleiben oder gesund zu werden, – einer Mangelernährung auf Grund einer Weltanschauung, wie z. B. bei Vegetariern oder Veganern, – einer Hypochondrie, wie z. B. bei Blähungen sofort eine Lebensmittelunverträglichkeit zu vermuten, – einer Hilflosigkeit, besonders im Alter, sich eigenständig und ausgewogen zu ernähren, – aus Mangel an Nahrung durch Armut, Verwahrlosung oder in Folge von DrogenSucht. Um dem Problem der mangelhaften oder falschen Information in Bezug auf Ernährung zu begegnen, wurden auf der Grundlage von Metaanalysen der verfügbaren klinischen Studien Regeln und Zielvorgaben in Deutschland (DGE/ Deutsche Gesellschaft für Ernährung), Europa (CINDI/ Countrywide Integrated Noncommunicable Disease Intervention programme WHO) und USA (DGAC/ Dietary Guidelines Advisory Committee USA) für eine ausgewogene und gesunde Ernährung erarbeitet (siehe Tab. 7.51).

816

7 Grundzüge der Tumortherapie

Tab. 7.51: Regeln bzw. Zielvorgaben für eine ausgewogene, gesunde Ernährung. Deutsche Gesellschaft für Ernährung/DGE

WHO/CINDI dietary guide Europe 2015

USA-DGAC Empfehlungen 2015

Vollwertiges, Bedarfs-gerechtes Essen/ Trinken vielfältige Kombination nährstoffreicher und energiearmer Lebensmittel

Angemessene Gesamtmenge in Bezug auf den individuellen Bedarf

6500–14000 kJ/Tag (je nach körperlicher Aktivität)

körperliche Bewegung 30–60 min/Tag

Eigenkontrolle der Quantität und Qualität



Schnellimbisse, Fertiggerichte Bewegung





Überwiegend pflanzliche Lebensmittel ~ 30 % der Nahrung: Brot, Getreideflocken, Nudeln, Reis, am besten aus Vollkorn, sowie Kartoffeln fettarme Zutaten

↑ ≥ 50 % der Tagesration Energiegehalt der Stärke: 16 kJ/g

mindestens 30 g Ballaststoffe/Tag

Vollkornprodukte

raffinierte Mehle



Ballststoff/Fasern



Obst, Gemüse, Nüsse



Vitamine A, D, E, C, B9



Milchprodukte



Fisch



Gemüse und/oder Obst und/oder Nüsse ~26 % der Nahrung: Gemüse; ~17 % der Nahrung: Obst möglichst frisch oder nur kurz gegart, nur gelegentlich als Saft

⌀ ≥ 400 g/Tag Kinder ≥ 200 g/Tag Erwachsene ≥ 600 g/Tag

zu jeder Hauptmahlzeit und als Zwischenmahlzeit; ~ 5 ×/Tag tierische Lebensmittel ~18 % der Nahrung: Milch/Milchprodukte/täglich ~7 % der Nahrung: Fisch/Fleisch/Geflügel/Eier Fisch 1 ×–2 ×/Woche Fleisch und Wurstwaren 300–600 g/Woche Geflügelfleisch > rotes Fleisch (Rind, Schwein, Schaf); Eier gelegentlich

Protein/kg Körpergewicht/Tag: Säuglinge 2,7–1,0 g; Jugendliche 1,0–0,8 g; Erwachsene 0,8 g; 1) Fisch und Geflügel > rotes Fleisch; Kefir, Joghurt, Magermilch (↑), Fett und Salz in Käse (↓),

Fleisch/ Würste



gesättigte Fette



fettarme Lebensmittel 2 % der Nahrung: Öle + Fette; 60–80 g Fett/Tag

≤ 30 % des Energiebedarfs/Tag; pflanzliche Öle pflanzliche Öle und Fette (Raps, Soja, > tierische Fette Oliven, Sonnenblumen, Kokus) > tierische Fette

ungesättigte Fette



817

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

Deutsche Gesellschaft für Ernährung/DGE

WHO/CINDI dietary guide Europe 2015

USA-DGAC Empfehlungen 2015

Ballaststoffe ≥ 30 g Ballaststoffe/Tag in Vollkornprodukten, Gemüse, Obst, Stärke (statt raffiniertem Zucker)

Vollkornprodukte, Gemüse, Obst

Vollkornprodukte, Gemüse, Obst



Süßen, Salzen und Gewürzen Kochsalz angereichert mit Jod und Fluorid; so wenig Kochsalz wie möglich

gesamt Kochsalz ≤ 6 g/Tag

Ca++, Mg++, K+

raffinierter Zucker (in Speisen und Getränken) nur gelegentlich

Zucker (↓)

raffinierter Zucker

Kräuter und Gewürze > Salz und Zucker

Kochsalz

Eisen,/Fe-Ionen

↓ ↑ ↓ ↑

Trinken ~ 2,6 Liter Flüssigkeit in fester und flüssiger Nahrung und/oder als Trinkwasser/Tag

1,5 Liter Flüssigkeit als Trinkwasser

zuckergesüßte Getränke falls überhaupt, dann nur gelegentlich

zuckergesüßte Getränke (↓)

alkoholische Getränke nur gelegentlich und in kleinen Mengen

Alkoholkonsum ≤ 20 g/Tag Energiegehalt Alkohol: 29 kJ/g

Muttermilch für den Säugling

raffinierte Zucker

↓ ↔



Alkohol

Stillen ≥ 4 Monate Zufütterung > 4 Monate

Schonende Zubereitung kurzes Garen bei möglichst niedrigen Temperaturen mit wenig Wasser und wenig Fett

Kochen, Dampfgaren, Backen (↑)

Esskultur Essen mit der notwendigen Zeit und in Ruhe Maßhalten beim Essen 1) 2) 3)

Essen in Familie Ziel: BMI3) von 20–25

Schnellimbiss

↑ ↓

CINDI: Countrywide Integrated Noncommunicable Disease Intervention programme WHO DGAC: Dietary Guidelines Advisory Committee USA BMI/Body Mass Index: Gewichtin kg/Größe (m)2

In der ausgewogen omnivor sich ernährenden Normalbevölkerung (in USA, Japan, Europa) weisen Multi-Vitamin- und Multi-Mineral-Ergänzungen im allgemeinen keine nennenswerten Zusatzwirkungen und Nebenwirkungen auf. Trotzdem können Nahrungsmittelergänzungen bei bestimmten Personengruppen vorsorglich und unter ärztlicher Aufsicht sinnvoll sein, um versteckte und folgenschwere Nährstoffmängel zu verhindern. Beispiele hierfür sind

818 •



• • •



7 Grundzüge der Tumortherapie

bei Männern und Frauen eine Ergänzung von 200–400 μg Vitamin B9/Folsäure pro Tag, um eine Gesamtversorgung von ~ 400 μg Vitamin B9/Tag zu sichern; – denn z. B. in Deutschland beträgt die Zufuhr von Vitamin B9 im Mittel nur 252 μg/ Tag (Frauen) bzw. 283 μg/Tag (Männer), – die Einnahme von oralen Kontrazeptiva kann bei Frauen die Unterversorgung mit Vitamin B9 und ggf. auch mit Vitamin B12 noch verstärken, – höhere Dosen von Vitamin B9 von ≥ 1 mg/Tag sollten wegen des Risikos epigenetisch promovierter Tumoren vermieden werden, – zusätzliche Gaben von Vitamin B12 begegnen einem durch Vitamin B9 verschleierten gleichzeitigem Mangel an Vitamin B12. Bei Frauen, die schwanger werden wollen oder könnten bis hin zum 2. Drittel der Schwangerschaft: eine Ergänzung von 300–400 μg Vitamin B9/Folsäure pro Tag, um eine Gesamtversorgung von ~ 600 μg Vitamin B9/Tag zu sichern; – durch die Verabreichung von Vitamin B6 vor und während der Schwangerschaft kann das Risiko eines Neuralrohrdefekts (Spina Bifida) für das Neugeborene um 20 %–60 % gesenkt worden; bei Schwangeren und Stillenden: zusätzlich 100 bis 150 μg Jodid/Tag und EisenVerbindungen, falls ein Eisenmangel nachgewiesen wurde; bei Neugeborenen: 3-mal 2 mg Vitamin K und bei Säuglingen: 10 μg Vitamin D/Tag und 0,25 mg Fluorid/Tag; In der Bevölkerung bestimmter Länder: ein Mangel an Spurenmineralien. Zumindest in den USA konnte die Mortalität von Frauen auf Grund von Herzkreislauferkrankungen durch die Gabe von Multi-Mineral-Ergänzungen über einen Zeitraum >3 Jahren leicht gesenkt werden; Bei älteren Menschen: die Gefahr eines Vitaminmangels, bedingt durch verringerte Resorptionsraten, im Besonderen von Vitamin B9 und Vitamin B12. Daher kann Älteren nur geraten werden – das Risiko einer Verstärkung des altersbedingten Gedächtnisverlustes und weiterer neurologischer Probleme durch einen Mangel an Vitamin B9 und B12 zumindest nicht noch zu erhöhen und aus diesem Grund – solche Lebensmittel in größeren Mengen zu verzehren, welche diese Vitamine in relativ größeren Mengen enthalten, wie z. B. Leber, Eier oder aber auch Milchprodukte, hergestellt unter Verwendung von Milchsäurebakterien, da diese besonders viel Vitamin B9 produzieren und – auf jegliche Mangelernährung oder Mangeldiät zu verzichten.

Allein in den USA wird der Anteil an der Bevölkerung mit Vitamin B12-Mangel auf etwa 10 %–40 % geschätzt. Dies zeigt, wie wichtig eine ausgewogene Ernährung mit pflanzlichen und tierischen Nahrungsmitteln ist, um zu verhindern, dass durch unterschiedliche Einflüsse eine Mangelernährung mit gravierenden gesundheitlichen Folgen entstehen kann. Aus amerikanischen Studien bei Adventisten liegen aus ca. 6-jähriger Beobachtungszeit Ergebnisse vor, dass Vegetarier gesünder und damit auch länger leben würden. Diese Aussagen konnten jedoch unter europäischen Verhältnissen nicht bestätigt werden. Denn

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

819

in einer prospektiven Studie in Großbritannien an 60.310 Personen über kumulativ > 1 Millionen Jahre • war das Sterberisiko insgesamt zwischen Fischessern, Fleischessern und Vegetariern nicht unterschiedlich (Hazard Ratio/HR: 0,93; 1,02 und 0,96), • hatten Fischesser ein erhöhtes Sterberisiko durch Herzkreislaufversagen (HR: 1,22), jedoch ein geringeres durch Krebserkrankungen (HR: 0,82), – ähnlich zeigte sich in einer großen amerikanischen Studie, dass Fischesser ein geringeres Risiko (HR: 0,57) für kolorektale Tumoren hatten als z. B. Veganer (HR: 0,84) oder Vegetarier (HR: 0,82), besaßen Fleischesser ein geringeres Sterberisiko durch Pankreaskarzinome (HR: • 0,55), Lungenerkrankungen (HR: 0,7) und durch andere (z. B. neurodegenerative) Ursachen (HR: 0,74), • hatten Vegetarier ein geringeres Sterberisiko durch Pankreaskarzinome (HR: 0,48) und durch Lymphome und Leukämien (HR: 0,5). Somit scheint zumindest für Europa zu gelten, dass durch den Konsum von Fleisch und/ oder Fisch die Art der zum Tode führenden Erkrankung beeinflusst wird, nicht jedoch die Lebenserwartung. Für eine vielseitige und ausgewogene Ernährung spricht zusätzlich, dass für fast jedes Lebensmittel Schädliches z. B. im Sinne von Tumorförderung und Nützliches im Sinne von Schutz vor Tumorwachstum nachgewiesen werden konnte und damit eine vielseitige Ernährungen eher den Ausgleich gewährleistet als eine einseitige Ernährung. Ob z. B. „rotes“ Fleisch Tumore verursachen kann, lässt sich nicht eindeutig beurteilen, da die Heterogenität der zahlreichen möglichen Kofaktoren die statistischen Aussagen vieler klinischen Analysen relativieren (siehe Kap. 4.6.3). Anhaltspunkte bestehen jedoch für eine Karzinogenität von Pökelprodukten: • denn ab einem Verzehr von etwa 30 g Pökelprodukten (Schinken/Würste)/Tag wird das relative Risiko für das Magenkarzinom um etwa 15 % erhöht; • ähnliche Werte (Erhöhung um etwa 11 %) liegen für das Kolonkarzinom vor; • jedoch wurde kein Einfluss auf das Mammakarzinom und Nierenkarzinom festgestellt. Neuere Studien (siehe Kap. 4.6.3.1) relativieren die Frage nach der Karzinogenität von rotem Fleisch. So zeigt eine aktuelle (2019) Metaanalyse von 73 auswertbaren Studien mit jeweils mindestens 1000 Personen (und insgesamt mehr als 6 Millionen Studienteilnehmern), • dass eine Verminderung des Konsums von rotem Fleisch um 3 Mahlzeiten/Woche zwar einen Einfluss auf die Krebshäufigkeit und Krebsmortalität haben kann, • dass jedoch der mögliche absolute Einfluss von rotem Fleisch auf die Krebshäufigkeit und Krebsmortalität sehr gering und die bislang hierfür vorliegende Beweiskraft gering bis sehr gering ist. Auch Antioxidantien sind differenziert zu betrachten. In der Zelle regulieren antioxidative Enzyme (Superoxid-Dismutase, Katalase, Peroxidase) den Abbau von reaktiven Sauer-

820

7 Grundzüge der Tumortherapie

stoff- und Stickstoffverbindungen, welche hauptsächlich in Mitochondrien entstehen und unterschiedliche zelluläre Signalwirkungen ausüben (wie beispielsweise das NO/Stickstoffmonoxid), aber auch (z. B. als Waffe der Immunzellen, siehe Kap. 4.6.5) zytotoxisch wirken können. Nitrate stellen NO-Donatoren dar und sind neben L-Arginin Ausgangsstoffe für die Synthese des blutdrucksenkenden NO. • so senken Lebensmittel mit hohem Nitratgehalt wie z. B. rote Beeten den Blutdruck. Im Überschuss erzeugen reaktive Sauerstoff- und Stickstoffverbindungen den oxidativen Stress der Zelle (siehe Kap. 4.6.5) mit Erhöhung des Risikos für Tumoren, Diabetes II, kardiovaskuläre und neurodegenerative Erkrankungen. Dem wirken natürliche Antioxidantien wie β-Karotin, Vitamin-A, -C, -E und Selen in unseren Nahrungsmitteln zwar entgegen, aber isoliert als Nahrungsmittelergänzung in hohen Dosen verabreicht scheinen sie • die Morbidität und die Mortalität von kardiovaskulären oder Tumorerkrankungen eher zu erhöhen, • die gesundheitsförderliche wie auch kondititionsstärkende Wirkung von Sport aufzuheben, wie zumindest am Beispiel des Vitamin C gezeigt.

Weiterführende Literatur http://www.adipositas-gesellschaft.de/fileadmin/PDF/Leitlinien/050-001l_S3_Adipositas_Praevention_ Therapie_2014–11.pdf http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/050-001m_S3_Adipositas_Pr%C3%A4vention_Therapie_ 2014–04.pdf http://www.awmf.org/siehe 1257 https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/ https://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/ina/vortraege/2013/2013-nachhaltige-LebensstileIII_ Oberritter.pdf http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0010/119926/E70041.pdf http://health.gov/dietaryguidelines/2015-scientific-report/PDFs/Scientific-Report-of-the-2015-DietaryGuidelines-Advisory-Committee.pdf https://www.dge.de/presse/pm/deutschland-ist-kein-vitaminmangelland/ http://health.gov/dietaryguidelines/2015-scientific-report/PDFs/Scientific-Report-of-the-2015-DietaryGuidelines-Advisory-Committee.pdf http://health.gov/dietaryguidelines/2015-scientific-report/02-executive-summary.asp Alexander DD, Cushing CA. Quantitative assessment of red meat or processed meat consumption and kidney cancer. Cancer Detect Prev. 2009;32(5–6):340–51. Alexander DD, Morimoto LM, Mink PJ, Cushing CA. A review and meta-analysis of red and processed meat consumption and breast cancer. Nutr Res Rev. 2010;23(2):349–65. Alexander DD, Weed DL, Miller PE, Mohamed MA. Red Meat and Colorectal Cancer: A Quantitative Update on the State of the Epidemiologic Science. J Am Coll Nutr. 2015;34(6):521–43. Appleby PN, Crowe FL, Bradbury KE, Travis RC, Key TJ. Mortality in vegetarians and comparable nonvegetarians in the United Kingdom. Am J Clin Nutr. 2016;103(1):218–30. Bailey RL, Fakhouri TH, Park Y, Dwyer JT, Thomas PR, Gahche JJ, Miller PE, Dodd KW, Sempos CT, Murray DM. Multivitamin-mineral use is associated with reduced risk of cardiovascular disease mortality among women in the United States. J Nutr. 2015;145(3):572–8. Bechthold A, Deutschland ist kein Vitaminmangelland Presseinformation: DGE aus der Wissenschaft 02/ 2012;

7.8 Weitere therapeutische Verfahren

821

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822

7 Grundzüge der Tumortherapie

7.9 Schmerzlinderung Schmerztypen Zu unterscheiden sind akute Schmerzen, chronische Schmerzen und Tumorschmerzen. Akute Schmerzen werden z. B. durch ein Trauma, eine Entzündung oder Infektion ausgelöst und halten längstens bis zur Ausheilung des Schadens an. • Akute Schmerzen dienen dem Schutz des Körpers, – indem der Fluchtreflex vor dem Schmerzreiz ausgelöst wird und/oder, – weil sie die Ruhigstellung des schmerzhaften Körperteils erzwingen wollen. Ruhe gilt als Voraussetzung zur Heilung eines Körperschadens. • Zuwiderhandlungen dieser Ruheforderung des Schmerzreizes z. B. durch Einnahme von Schmerzmitteln, um sich schmerzlos bewegen und arbeiten zu können, schaden daher dem Körper. • Bei Schmerzen, welche nur bei Bewegung, nicht aber in Ruhe auftreten, ist es daher ratsam, sich nur bis zur Schmerzgrenze zu bewegen und Schmerzmittel zu meiden. Chronische Schmerzen halten mindestens 3 Monate an. Sie können nozizeptiv, neuropathisch und/oder funktionell sein (siehe Tab. 7.52). Funktionelle Schmerzen treten gleichzeitig oder wechselnd in unterschiedlichen Körperregionen auf (häufige Symptome sind Rücken- und Gelenkschmerzen) und können meist nicht durch den Nachweis von Organschäden begründet werden. Häufig auftretende Komorbiditäten sind Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörungen, Depressionen und andere somatoforme Störungen. Tab. 7.52: Unterschiedliche chronische Schmerzen.

Schmerztyp

Vorkommen

Nervenschädigung

Gewebereizung oder Gewebeschädigung Nozizeptiver Schmerz

Funktions- und/oder Bewegungs-abhängig (kein Dermatom-Bezug)

Arthrose, Fraktur; Ischämie (Herzkranzgefäße); Skelettmuskel-schmerzen; Koliken (MagenDarm, Gallengang, Urogenitalsystem); Tumore

nein

neuropathischer Schmerz

anfallsartig, brennend, auch bei Ruhe, Sensibilitätsstörung Parästhesien, Überempfindlichkeit (Allodynie)

Ischialgie, diabetische Neuropathie, Neuralgien (Trigeminus, postherpetisch, andere), Phantomschmerzen; chronische Beinschmerzen nach Wirbelsäulen-operationen; Nervenkompression, Schlaganfall; Fibromyalgie (?)

ja

funktioneller Schmerz

häufig multilokulär, hoher Leidensdruck, Intensität der Schmerzen steht nicht im direkten Verhältnis zu den feststellbaren Gewebeschädigungen

Schmerzempfindung ist Ausdruck psychischer Belastungen oder Störung (häufig auftretende Komorbiditäten: Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörungen, Depressionen und somatoforme Störungen in unterschiedlichen Organen). Fibromyalgie/ zentrales Sensibilisierungs-Syndrom häufig mit Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit

nein

7.9 Schmerzlinderung

823

Ursache von funktionellen Schmerzen können neben traumatischen Ereignissen auch Stressbelastungen sein, da Stress die Toleranz für Schmerzempfindungen deutlich vermindern kann Im Vordergrund der im Rahmen von Tumorerkrankungen entstehenden Schmerzen stehen: • die Aktivierung von Schmerz-Rezeptoren (Nozizeptoren) durch (siehe Tab. 7.51) – lokale tumorbedingte Schädigung des Gewebes, wie beispielsweise ▪ Knochenschmerzen besonders bei Knochentumoren und bei Metastasen in das Knochengewebe (siehe Tab. 7.53), wobei diese Osteoklasten (osteolytisch wirkende Metastasen), Osteoblasten (osteoplastisch wirkende Metastasen) oder beide Zellarten aktivieren können, ▪ Kompressionsschmerzen auf das Rückenmark, ▪ hirndruckbedingte Kopfschmerzen durch Hirntumoren oder Hirnmetastasen, ▪ abdominale Schmerzen durch Dehnung der Nierenkapsel bei Nierentumoren, ▪ übertragene Schmerzen, z. B. durch Rhabdomyosarkome, welche je nach Lage Nerven infiltrieren und zu Projektionsschmerzen und viszeralen Schmerzen oder bei paravertebraler Lokalisation zu radikulären Schmerzen führen können, – lokale tumortherapiebedingte Schädigung des Gewebes, wie beispielsweise ▪ Schmerzen durch Entzündungen der Mundschleimhaut und/oder der Darmschleimhaut, ▪ Schmerzen durch Entzündungen der Harnblasenschleimhaut, • neuropathische Schmerzen, besonders durch Schädigung des zentralen und/oder peripheren Nervensystems durch Tumortherapeutika, • psychosomatische Schmerzen durch die seelische Belastung in Folge der Diagnose, der Therapie und des Verlaufes einer Tumorerkrankung. Tab. 7.53: Häufigkeit von Knochenmetastasen und ihre Auswirkungen. Knochenmetastasen Primärtumor (Karzinome)

klinische Auswirkungen Auftreten Häufigkeit (%)

Mamma

50–85

Prostata

50–75

Lunge/Bronchial

30–50

Nierenzelle

30–50

Schilddrüse

~ 40

Pankreas

5–10

Kolon/Rektum

5–10

Magen

5–10

Leberzellen

~8

Ovar

2–6

Art

Häufigkeit (%)

Schmerzen

50–90

Knochenbrüche

10–45

Kompressionen (Rückenmark)

< 10

Karzinosen

< 10

Hyperkalzämie

10–20

824

7 Grundzüge der Tumortherapie

Schmerz-Rezeptoren: • stellen polare Strukturen mit Kationen-Kanälen (TRP/Transient Receptor Potentialcation-channels) an den freien Endigungen der Axone sensibler Ganglienzellen dar, • werden durch Reize aktiviert, die einen Einstrom von Kationen (Ca2+, Na+, K+, Mg2+) durch die Kationen-Kanäle bewirken und ein Aktionspotential in der freien Nervenendigung auslösen; • benötigen einen vergleichsweise starken Reiz, um erregt zu werden. Ein andauernder Reiz führt nicht zu einer Verminderung der Erregbarkeit, da keine Adaptation erfolgt; – Gewebehormone wie Kinine (Bradykinin), Prostaglandine (PGE2), Histamin und Serotin verstärken die Aktivierung von Schmerz-Rezeptoren; – übersteigt das Aktionspotential einen Schwellenwert, wird es durch Nervenfasern in das Rückenmark weitergeleitet: ▪ schnell durch die A-Delta-Fasern (besitzen eine Myelinscheide; Nervenleitungsgeschwindigkeit bis zu 20 m/s), ▪ langsam durch die C-Fasern (bei Viszeralschmerzen die alleinige Schmerzleitung, C-Fasern besitzen keine Myelinscheide; Nervenleitungs-geschwindigkeit ca. 2 m/s); • lösen nach Aktivierung durch den Schmerzreiz Sekundärreaktionen aus: – den unbewussten Fluchtreflex (nozizeptiver Reflex) über polysynaptische Reflexbahnen im Rückenmark, – die bewusste Wahrnehmung und Lokalisation des Schmerzes; beides sind Lernprozesse, ▪ nach Weiterleitung der Erregung über den Tractus spinothalamicus in den Thalamus erfolgt dort die Bewertung der gefühlten Stärke des Schmerzes; ▪ nach polysynaptischer Weiterleitung der Erregung zu den sensorischen Arealen der Gehirnrinde erfolgt dort die Lokalisation des Schmerzes; – die vegetativen Reaktionen, da vom Tractus spinothalamicus kollaterale Nervenfasern zur Formatia retikularis abzweigen, mit welchem spinale motorische Bahnen wie auch das vegetative Nervensystem verbunden sind; – vegetative Reaktionen äußern sich mit Pupillenerweiterung, Schweißausbruch, Ohnmacht und Kreislaufkollaps, – die neurogenen Reflexe durch Ausschüttung von Wachstumsfaktoren (z. B. Nerve Growth Factor/NGF und Calzitonin Gene-Related Peptide/CGRP), durch welche Stärke und Ausdehnung der Schmerzempfindung vergrößert werden (neurogene Entzündung), indem ▪ die Erregung der zelleigenen Schmerz-Rezeptoren (autokrin) verstärkt wird, ▪ ruhende Schmerz-Rezeptoren in der Nachbarschaft (parakrin) aktiviert werden, ▪ Nervenfasern zur Aussprossung in das umliegende Gewebe angeregt werden. Hierdurch wird auch in dem der Schädigung direkt benachbarten Gewebe Schmerz empfunden. Die Stärke der über Schmerz-Rezeptoren ausgelösten Schmerzen wird beeinflusst durch: • das Ausmaß der lokalen Schädigung eines Gewebes, • die Menge an Substanzen, welche die Erregbarkeit der lokalen Schmerz-Rezeptoren steigern (z. B. Kalium, Kinine/Bradykinin, Prostaglandine/PGE2, Histamin und Serotonin),

7.9 Schmerzlinderung



• •





825

die Menge an pro-inflammatorischen Substanzen (im Besonderen lysosomale Enzyme, radikaler Sauerstoff, Anaphyllatoxine, Chemokine, Zytokine), welche freigesetzt werden: – direkt von dem geschädigten Gewebe und/oder indirekt von den im Zuge der Schädigung aktivierten Granulozyten, Makrophagen, Mastzellen, Lymphozyten und Endothelzellen ▪ in Nachbarschaft zu den Schmerz-Rezeptoren, ▪ längs des afferenten sensiblen Axons; die Menge an anti-inflammatorischen Substanzen (im Besonderen IL-1RA, IL-4, IL-10, TGF-β), welche die Wirkung der pro-inflammatorischen Substanzen begrenzen, die Menge an Chemokinen, welche – in Nachbarschaft zu den Schmerz-Rezeptoren entstehen und deren Aktivierung steigern können, – in den schmerzleitenden Ganglien gebildet werden und die schmerzinduzierte Erregungsübertragung in den Synapsen verstärken können, die Menge an Opioid-Rezeptoren, gebildet von denjenigen sensorischen Ganglien, welche das geschädigte Gewebe versorgen; – von den Ganglien werden die Opioid-Rezeptoren längs der Axone zu den Enden und Endabschnitten der sensorischen Nerven transportiert, wo sie sich anreichern; die Menge an schmerzlindernden Substanzen, im Besonderen Endorphine, welche vor Ort oder im Gehirn freigesetzt werden. Endorphine – werden am Ort der Gewebeschädigung von aktivierten Bindegewebszellen und von den aktivierten Zellen der Immunabwehr, besonders von aktivierten Gedächtnis-T-Lymphozyten synthetisiert, – dringen durch die (im Rahmen der Gewebeschädigung) durch die Gewebehormone durchlässig gewordene perineurale Blut-Nerven-Schranke ein in den Endabschnitt des versorgenden sensorischen Nerven, – binden an die Opiod-Rezeptoren, die sich in den Endabschnitten der sensorischen Nerven angereichert haben, ▪ reduzieren den Einstrom von Kalzium-Ionen, ▪ hemmen dadurch die Wirkung der Schmerz auslösenden Reize und bewirken hierdurch eine Schmerzlinderung.

Neuropathische Schmerzen sind die Folge von direkten Schädigungen (z. B. durch Tumortherapeutika) des peripheren oder zentralen Nervensystems. Neuropathische Schmerzen zeichnen sich aus durch: • Allodynie – normalerweise als angenehm oder nicht störend empfundene thermische, mechanische oder chemische Reize werden als schmerzhaft empfunden; • Hyperalgesie – normalerweise gering schmerzhafte Reize werden als hoch-schmerzhaft empfunden, • spontane Schmerzen.

826

7 Grundzüge der Tumortherapie

An der Entstehung von neuropathischen Schmerzen sind die Abwehrzellen des Immunsystems maßgeblich beteiligt. Schädigungen führen • im ZNS (zentrales Nervensystem) zu einer Aktivierung von Mikroglia-Zellen, • im PNS (peripheren Nervensystem) zur Aktivierung von – Schwann’schen Zellen und – weiterer direkt benachbarter und ggf. in Mitleidenschaft gezogener Gewebezellen, wie z. B. Fibrozyten, Mastzellen, Epithelzellen, Makrophagen; • zur Freisetzung von – Immunmediatoren (besonders Chemokine, aber auch Interleukine und Interferone) mit ▪ parakriner Aktivierung von benachbarten Mikrogliazellen und Makrogliazellen (Astrozyten, Oligodendrozyten) im ZNS, ▪ parakriner Aktivierung von Mastzellen und Makrophagen benachbart dem geschädigten Nerv des peripheren Nervensystems, ▪ Chemotaxie von Makrophagen, Granulozyten, Mastzellen und T-Lymphozyten und deren Aktivierung vor Ort zur Ausschüttung weiterer pro-inflammatorischer Zytokine, Immunmediatoren und Gewebehormonen, – Gewebshormonen (Prostaglandine, Leukotriene, Histamin und Serotonin) mit ▪ Steigerung der Aktivierung der benachbarten Nozizeptoren; in den betroffenen Nervenbahnen (welche afferent die den Schmerz verursachenden • Erregungspotentiale leiten): – ektopische Entladungen im Bereich des geschädigten Gewebes, – abnormale Aktionspotentiale in den nicht geschädigten Gewebebereichen, – die Expression von Kalzium-Ionen-Kanälen, was zur erhöhten Freisetzung von (exzitatorischen) Neurotransmittern führt, • in den betroffenen (sensorischen) Neuronen die Bildung von Chemokinen (z. B. CCL2, CXCL1, CXCL12, CX3CL1) und deren Rezeptoren, welche – die Erregungspotentiale erhöhen, – durch erhöhte Freisetzung von Neurotransmittern die Reizübertragung in den Synapsen verstärken; falls die lokalen Schmerz-Rezeptoren über längere Zeit fortgesetzt übererregt werden • (z. B. durch fortgesetzte Freisetzung von z. B. Kaliumionen, Kinine/Bradykinin, Prostaglandine/PGE2, Histamin, Serotonin, Chemokine) entwickelt sich ein autonomer Prozess – mit andauernden neuropathischen Schmerzen, – der unabhängig sein kann von der eigentlichen Ursache. Schmerztherapie Es gibt eine breite Palette von pharmazeutischen und technischen Möglichkeiten zur Schmerztherapie (siehe Tab. 7.54). Je nach Grunderkrankung haben sie eine deutliche, eine marginale oder auch keine Wirksamkeit. Die Reihe dieser therapeutischen Möglichkeiten wird ergänzt durch die Psychotherapie, kognitive Verhaltenstherapie und die Entspannungstherapie, welche besonders bei funktionellen Schmerzen zum Tragen kommen.

7.9 Schmerzlinderung

827

Tab. 7.54: Therapeutische Möglichkeiten für Schmerzen. Schmerzen

Arzneimitteltherapie

weitere Therapieformen

nozizeptiver Schmerz

kausal

Entzündungshemmer (z. B. NSAID/ Nonsteroidale Anti-Inflammatorische Drogen; Kortison); Antibiotika (bei bakteriellen Infektionen) Gefäßdilatatoren (bei Ischämien) Spasmolytika (bei Koliken)

symptomatisch

Analgetika gemäß WHO-Stufenschema: Nichtopiod-Analgetika > schwache Opioide, > starke Opioide

lokale Kältetherapie/Vereisung (Kryoanalgesie) bei akuten Schmerzen, Wärmepackungen auf bestimmte Hautareale (Headsche Zonen), um die Durchblutung eines (über einen Reflexbogen mit dem Hautareal verbundenen) schmerzhaften inneren Organs zu steigern. Entspannungsübungen (Autogenes Training, progressive Muskelentspannung)

neuropathischer Schmerz kausal

?

symptomatisch

Antidepressiva (z. B. SerotoninWiederaufnahme-Inhibitoren), lang wirkende Opioide (peridurale Injektion, spinale Injektion); periphere Lokalanästhesie; Leitungsanästhesie; Ganglienblockade;

Implantation eines Rückenmarksstimulators Physiotherapie/Funktionstraining, Massagetherapie, transkutane elektrische Nervenstimulation Neurochirurgie (Durchtrennung der Schmerzbahn)

funktioneller Schmerz kausal

symptomatisch

ggf. Antidepressiva (z. B. Serotonin-WiederaufnahmeInhibitoren)

Entlastungsgespräche; kognitive Verhaltenstherapie; Entspannungsübungen (Autogenes Training; progressive Muskelentspannung) Physiotherapie/Funktionstraining; Massagetherapie physikalische Therapie (Kälte/Wärme)

Die Therapie der Schmerzempfindungen erfolgt multimodal: • psychotherapeutisch im Sinne einer Schmerzbewältigungstherapie, welche beinhaltet: – durch Aufklärung und Betreuung die Angst auf ein Minimum zu vermindern, da Schmerzen durch Angst verstärkt werden, – durch Ablenkung (z. B. durch angenehme Vorstellungen, fesselnde Tätigkeiten) die eigenen Gedanken von der Schmerzempfindung zu lösen, – die Wahrnehmung des Schmerzes durch die Einübung von anderen, bislang brachliegenden Empfindungen zu vermindern, – die eigene Anspannung durch Arbeitspausen und Entspannungsübungen zu lösen, • physiotherapeutisch – durch Massagen, um Einfluss auf Reflexbögen zu nehmen,

828

7 Grundzüge der Tumortherapie









durch elektrische Impulse zur Muskelreizung und zur Beeinflussung der Reflexbögen, – durch Verabreichung von Kälte, um akute Entzündungen, und von Wärme, um chronische Entzündungen zu vermindern, durch lokale Anästhesie der schmerzauslösenden Organe oder schmerzleitenden Nerven: – lokale Anästhetika (z. B. Bupivacain, Lidocain, Mepivacain oder Ropivacain) hemmen durch Depolarisation die Entstehung bzw. die Weiterleitung eines elektrischen Impulses. Mit zunehmender Konzentration des Lokalanästhetikums werden blockiert: ▪ zuerst die vegetativen, ▪ dann die sensiblen und ▪ schließlich die motorischen Nerven; – die lokale Anaästhesie erfolgt als ▪ Oberflächenanästhesie (Wundflächen), ▪ Infiltrationsanästhesie von Geweben durch lokale (i. d., s. c., i. m.) Injektionen, ▪ Leitungsanästhesie (Injektionen im Umfeld von peripheren Nerven oder Ganglien), ▪ Spinalanästhesie (Injektionen in den Liquor cerebrospinalis), ▪ Periduralanästhesie (Injektion in den Raum außerhalb der Dura mater); durch die medikamentöse Schmerztherapie mit Analgetika, welche in therapeutischer Dosis: – die Schmerzentstehung, Schmerzweiterleitung und Schmerzverarbeitung in unterschiedlicher Weise beeinflussen, – zu einer Aufhebung, Abschwächung oder Modifikation des Schmerzes führen, – jedoch nicht das Bewusstsein, die sensorische Wahrnehmung und alle weiteren wesentlichen Funktionen des ZNS beeinflussen; durch neurochirurgische Verfahren, mit denen bei therapieresistenten, unerträglichen Schmerzen: – schmerzableitende Nerven in der Peripherie durchtrennt werden, – die Schmerzbahn zwischen Rückenmark und Thalamus (Tractus spinothalamicus) durchtrennt wird, – das Ganglion Gasseri (sensible Ganglien des Nervus trigeminus) zerstört oder die drei Äste dieses Nerven durchtrennt werden (wie bei der Trigeminus-Neuralgie).

Analgetika sind zu unterteilen in (siehe Tab. 7.54) • Analgetika mit peripherem Angriffsort – hemmen im Arachidonsäurestoffwechsel die Synthese von Prostaglandinen durch Blockade der Zyklooxygenase (Cox-1 und besonders Cox-2, wahrscheinlich auch Cox-3) und inhibieren hierdurch die Schmerzweiterleitung, ▪ zu diesen gehören die nichtsteroidalen anti-inflammatorischen „drugs“ (NSAID) bzw. die nichtsteroidalen Anti-Rheumatika (NSAR);

7.9 Schmerzlinderung



829

Analgetika mit zentralem Angriffsort – Inhibitoren der NMDA/N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptoren (ionotrope GlutamatRezeptoren im Gehirn, besonders im Hippocampus und Großhirn), ▪ zu diesen Analgetika gehören Ketamin, Lachgas und Xenon, – Modulatoren der Opioid-Rezeptoren (siehe Tab. 7.55), welche zu den EndorphinRezeptoren gehören. Modulatoren der Opiod-Rezeptoren umfassen: ▪ reine Agonisten, ▪ Agonisten mit dualer Aktivität (Tapentadol aktiviert μ-Rezeptoren und verhindert zusätzlich die Wiederaufnahme von Noradrenalin), ▪ Agonisten mit antagonistischer Aktivität (gemischte Agonist-/Antagonisten wie Nalbuphin und Pentazocin), ▪ reine Antagonisten (Naloxon und Naltrexon); wirken als Antidot für Opioide.

Tab. 7.55: Opioid-Rezeptoren als Zielstrukturen für Opiate/Opioide. Analgesie

Lunge

Herzkreislauf

Pupille

Psyche

μ1 + μ2Rezeptoren

Gehirn, supraspinal

Atemdepression

Bradykardie

Miosis

Euphorie

μ 2Rezeptoren

supraspinal; spinal

Euphorie

Gehirn, spinal

δ-Rezeptoren

Gehirn, spinal, peripher

ζ-Rezeptoren

spinal

Lähmung (spastisch)

Sucht

+++

Lähmung (spastisch)

μ-Rezepperipher toren

κ-Rezeptoren

Darm

Kreislaufstimulation Atemdepression

Hypotonie

Miosis

Sedierung; Dysphorie

Mydriasis

Dysphorie

Lähmung (spastisch)

+

+

Agonisten

Antagonisten

Trama- Naloxon, dol, NaltreDihydroxon codein, Tilidin, Morphin, Fentanyl, Pethidin, Piritramid, Hydrocodon, Oxycodon, Hydromorphon, Sufentanil, Remifentanil, Pentazocin, Buprenorphin, Tapentadol

830

7 Grundzüge der Tumortherapie

Die medikamentöse Schmerztherapie mit Analgetika sollte stufenweise erfolgen gemäß dem WHO-Standardverfahren (siehe Tab. 7.56) • begonnen wird immer mit der ersten Stufe, • bei unzureichendem Erfolg einer Stufe sollte die Therapie in der nächst höheren Stufe begonnen werden, • zur Einsparung von Opiaten und zur Verringerung der Nebenwirkungen soll die Behandlung mit einem Analgetikum gemäß Stufe 1 beibehalten werden, auch wenn Analgetika der Stufe 2 oder 3 notwendig werden, • Nebenwirkungen sollten bereits prophylaktisch vorgebeugt werden. Durch eine Opiod-Rotation in der Behandlungsstufe 3 können Verbesserungen von Analgesie erreicht werden, wobei • der Erfolg abhängig zu sein scheint von der Höhe der Ausgangsdosis, • als Optionen gelten – in 1. Linie Morphin, Oxycodon, Fentanyl, Hydromorphon und Buprenorphin verwendet werden – in 2. Linie Hydromorphon, Buprenorphin, Tapentanol, Fentanyl, Morphin, Oxymorphon und Methadon • die Behandlung nur unter klinischer Überwachung und von erfahrenen Anwendern erfolgen sollte.

Tab. 7.56: Stufenplan der Medikamentöse Schmerztherapie. Behandlungsstufen (WHO) Auswahl der Analgetika Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3

Behandlung der wesentlichen Nebenwirkungen (im Besonderen bei Verabreichung von Opioiden)

Nichtopioidanalgetika Zyklooxygenase-Inhibitoren Obstipation

Acetylsalicylsäure

+

Methylsalicylsäure

+

4-Aminophenol-Derivate

Paracetamol

+

+

+

PhenylessigsäureDerivate

Diclofenac

+

+

+

Salicylsäure-Derivate

Piroxicam

+

+

+

Meloxicam

+

+

+

Ibuprofen

+

+

+

Naproxen

+

+

+

Metamizol

+

+

+

Phenazon

+

+

+

Oxicame

2-PhenylpropionsäureDerivate

Pyrazolone

Lactulose, Paraffinöl

Übelkeit

Dimenhydrinat, Metoclopramid

Ulcusprophylaxe

Ranitidin, Omeprazol

7.9 Schmerzlinderung

Behandlungsstufen (WHO) Auswahl der Analgetika Stufe 1

Stufe 2 Stufe 3

NMDA-Rezeptor-Inhibitoren Zyklohexan-Derivat

Ketamin

+

+

+

831

Behandlung der wesentlichen Nebenwirkungen (im Besonderen bei Verabreichung von Opioiden) Ulcusprophylaxe

Ranitidin, Omeprazol

Juckreiz

Dimetinden

Harnverhalt

Carbachol

Atemdepression

Naloxon

Opioide

schwache Opioide

starke Opioide

Tramadol

+

Dihydrocodein

+

Tilidin

+

Morphin

+

Fentanyl

+

Pethidin

+

Piritramid

+

Hydrocodon

+

Oxycodon

+

Hydromorphon

+

Sufentanil

+

Remifentanil

+

Pentazocin

+

Buprenorphin

+

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832

7 Grundzüge der Tumortherapie

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7.10 Alternative und komplementäre Behandlungsverfahren Fortlaufend werden alternative Behandlungsverfahren zur Therapie von Tumorerkrankungen vorgeschlagen, die entweder neue Ideen darstellen und/oder mit angeblich langjährigen therapeutischen Erfolgen begründet werden. Gleich welche Absicht mit solchen Vorschlägen von Behandlungsverfahren verbunden ist, wichtig für den verantwortungsvoll handelnden Arzt muss sein zu prüfen, ob das vorgesehene und/oder vom Patienten gewünschte Behandlungsverfahren

7.10 Alternative und komplementäre Behandlungsverfahren





833

medizinisch wissenschaftlich begründet ist, – weil es klinisch erfolgreich gemäß dem Stand der Technik in der einzusetzenden Indikation durch randomisierte, kontrollierte Studien mit einfacher oder doppelter Verblindung geprüft wurde und/oder – weil es auf Grund aller medizinisch-wissenschaftlichen Daten im Konsens der fachärztlichen Erfahrung z. B. im Rahmen der Leitlinie empfohlen wird, oder aus medizinisch-naturwissenschaftlicher Sicht keine ausreichende Begründung aufweist, – vielleicht sogar scheinwissenschaftlich erklärt wird und – ob der klinische Beweis einer Wirkung gemäß dem Stand der Technik zweifelhaft ist oder fehlt.

Letztlich entscheidet der klinische Beweis der Wirksamkeit einer Behandlungsart über deren medizinisch und ethisch gerechtfertigten klinischen Einsatz. „Wer heilt, hat Recht!“ Diese an sich richtige Feststellung, dem Gründer der Homöopathie zugeschrieben, ▪ bedarf der bestmöglichen Erfassung der therapeutischen Wirkung, der „Heilung“, ▪ wird jedoch zur zynischen Floskel, wenn sie angewandt wird für eine Behandlungsart, – welche ihren Anspruch auf klinische Wirkung begründet auf unwissenschaftliche Behauptungen und/oder unsachgemäß und/oder fehlerhaft durchgeführte klinische Studien und/oder – welche beruht auf unseriöse Pharmawerbung des Verschweigens, Übertreibens oder der Falschangabe. Ähnlich wie jeder Arzneimittelkandidat hat auch jede alternative oder komplementäre Behandlungsart die Chance, ihre Wirksamkeit im Vergleich oder in Kombination zur bestehenden bestmöglichen Therapie oder zu einem Scheinpräparat/Placebo zu beweisen. Sonderrollen oder Sonderwege sollte und darf es nicht geben. Bei Arzneimittelkandidaten gelten für derartige klinische Prüfungen als Voraussetzungen ▪ ein weitgehend definiertes Produkt und ein reproduzierbares Herstellverfahren, ▪ der Beleg der Wirksamkeit und der Verträglichkeit in präklinischen Untersuchungen gemäß dem Stand der Technik, ▪ ein klinischer Prüfplan, welcher alle technischen und ethischen Kriterien gemäß dem aktuellen Stand der Technik erfüllt. Wird jedoch für eine alternative oder komplementäre Behandlungsart eine klinische Vergleichsprüfung gemäß dem Stande der Technik und der wissenschaftlichen Erkenntnis abgelehnt und ein Sonderweg für die Marktzulassung beansprucht, dann muss die Schlussfolgerung gezogen werden, ▪ dass die Befürworter selbst von der Wirksamkeit der zu prüfenden Behandlungsart nicht ausreichend überzeugt sind, ▪ dass finanzielle oder ideologisch-weltanschauliche Gründe die treibenden Kräfte für die klinische Anwendung der Behandlungsart sind, nicht jedoch

834

7 Grundzüge der Tumortherapie



das Bestreben, die Therapie einer definierten Erkrankung zu verbessern und diese Verbesserung bestmöglich zu beweisen, dass die klinische Prüfung der Behandlungsart nicht mit den medizinischethischen Grundsätzen zur Durchführung klinischer Prüfungen vereinbar ist.

Wie immer auch, letztlich ist jeder seriöse Arzt gut beraten, seinen Patienten vor zweifelhaften alternativen oder komplementären Behandlungsangeboten von Laientherapeuten oder in ähnlicher Weise aktiven ärztlichen Kollegen zu schützen, indem er seinem Patienten den Ratschlag gibt, grundsätzlich immer ▪ die wissenschaftlichen Grundlagen und den klinischen Wirksamkeitsnachweis des Behandlungs-Angebotes zu hinterfragen, ▪ bei Zweifel am Fachwissen, an der Unabhängigkeit oder an der Uneigennützigkeit des Anbieters die Hilfe eines verantwortungsvollen und auch fachkompetenten ärztlichen Kollegen für eine Zweitmeinung in Anspruch zu nehmen und/oder ▪ die öffentlich zugänglichen Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften für die Behandlung der jeweiligen Erkrankung zu Rate zu ziehen. Fühlt sich der Patient mit dieser Vorgehensweise überfordert, so kann er zumindest mit einigen Fragen versuchen, abzuschätzen, ob der Anbieter vertrauenswürdig ist (siehe Tab. 7.57).

Tab. 7.57: Einfache Kriterien zur Überprüfung eines Angebotes zur alternativen oder komplementären Behandlung (Henß et al. 2015). unredliche Anpreisungen das Angebot wird als das Beste, wirksamste und verträglichste Verfahren oder Produkt bezeichnet das Angebot wird als Innovation verkauft, obwohl es schon seit Jahren oder Jahrzehnten „auf dem Markt“ ist Verweigerung von Informationen und von kritischen Bewertungen sachliche und wissenschaftlich überprüfbare Beschreibungen des Angebotes werden verweigert eigene nicht überprüfbare klinische Fallberichte werden als Wirksamkeitsbeweis dem Patienten vorgelegt die Zweitmeinung eines fachkompetenten Arztes (z. B. aus einer Universitätsklinik) wird nicht zugelassen Abwertung der Schulmedizin die Möglichkeiten der Schulmedizin werden pauschal abgelehnt mit Schlagworten wie Apparatemedizin, dominierende Wirtschaftliche Interessen der Pharmaindustrie, der Krankenhäuser, der Ärzte, mangelnde Kenntnisse in der Ganzheitsmedizin, in Naturheilverfahren, in alternativer und komplementärer Medizin veröffentlichte Berichte über Therapieversagen, Fehlbehandlungen und Kunstfehler in der Schulmedizin werden als Begründung für die Attraktivität des Angebotes herangezogen eine gleichzeitige Betreuung und Behandlung durch einen Arzt der Schulmedizin wird untersagt

7.10 Alternative und komplementäre Behandlungsverfahren

835

emotionale und finanzielle Bindung des Patienten vom Patienten wird eine dauerhafte Bereitschaft zur exklusiven Behandlung mit dem Angebot gefordert eine strikte Geheimhaltung aller Informationen zum Behandlungsritual und dessen Ergebnissen wird gefordert, mangelnde Wirkung oder auftretende Nebenwirkungen des Angebotes werden einzig und alleine auf fehlerhaftes Verhalten des Patienten zurückführt, jeglicher kritische Bemerkung des Patienten zum Angebot wird als Vertrauensbruch angesehen Für das Angebot werden in Vorkasse oder mit vertraglicher Bindung hohe Preise gefordert, welche in keinem Verhältnis zum Aufwand stehen

Für solch einen eigenständigen Entscheidungsprozess ist ein gewisses Maß an Lernfähigkeit, an Wissen, aber auch an Kritikkompetenz notwendig: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Denn nur so ist es möglich ▪ seriöse Angebote gleich welcher Art, auch im Bereich der „Individuellen Gesundheitsleistung/IGEL“ von ärztlichen Kollegen, von unseriösen zu unterscheiden, ▪ ein belastbares und nutzbringendes Vertrauen zwischen Patient und Arzt aufzubauen, ▪ den Patienten von der Diagnose und dem Therapievorschlag des behandelnden Arztes zu überzeugen, ▪ durch den Überzeugungsprozess diejenigen kognitiv gesteuerten Selbstheilungskräfte im Patienten zu wecken, welche ggf. in Synergie mit der Arzneimittelwirkung den bestmöglichen Therapieerfolg gewährleisten und ▪ eine wissenschaftsbasierte ärztliche Kunst ihre volle Wirksamkeit entfalten zu lassen. Die Gefahr lauert jedoch in der Angst und Verzweiflung, die entsteht, wenn dem Patienten klar wird, dass er an einer unheilbare Krankheit, im Besonderen an einer Tumorerkrankung leidet. In solch einer vermeintlich aussichtlosen Lage wird häufig genug der Verstand ausgeschaltet und jedes noch so unsinnige Versprechen einer Heilung wie ein Strohhalm ergriffen, in der Hoffnung, er rette vor dem Ertrinken. Das Angebot alternativer und komplementärer Behandlungsverfahren ist riesig, gerade auch für Tumorerkrankungen. Eine Auswahl wurde vom Tumorzentrum Freiburg zusammengestellt und bewertet (siehe Tab. 7.58 und 7.59). Diese Auswahl umfasst • die Physiotherapie mit nachweisbaren Erfolgen für die Verbesserung des Allgemeinbefindens des Patienten; • die Phytotherapie, deren unterschiedliche Produkte je nach Art durchaus palliativ wirken können, – von denen aber keines belegtermaßen in der Lage ist, das Tumorwachstum zu beeinflussen, – die aber auch nicht schaden, soweit Substanz-spezifische Nebenwirkungen ausgeschlossen werden können,

836 • •





7 Grundzüge der Tumortherapie

die unterschiedlichen Methoden der „Entschlackung“, von denen aber, soweit sie den Patienten, gerade auch den Tumorpatienten schwächen, abgeraten wird; Diäten und Nahrungsmittelergänzungen, – deren Einfluss auf das Tumorwachstum nicht belegt oder bislang nicht ausreichend untersucht worden ist, – die aber durchaus sinnvoll sein können, wenn sie zur ausgewogenen Ernährung des Patienten beitragen (siehe Kap. 7.8.5), – von denen jedoch abzuraten ist, wenn sie Mangelernährungen darstellen, welche den Patienten und sein Immunsystem schwächen, ihm die Lust am Essen nehmen und damit auch seine Selbstheilungskräfte beeinträchtigen (siehe Kap. 3.5.1), „ganzheitliche“ Behandlungsverfahren, – welche auf der anthroposophischen Weltanschauung oder der (teils nur vermeintlichen) traditionellen Medizin in China, Indien oder Japan beruhen, – welche das kognitiv gesteuerte Verhalten, Selbstkontrolle und Konzentrationsfähigkeit verbessern können und hierdurch zur Bewältigung von Stress, Angst und Schmerzen beitragen, – die in Form der Akupunktur und deren methodischen Spielarten breiten Eingang in die medizinische Schmerztherapie gefunden haben, und nicht zuletzt die Homöopathie.

Tab. 7.58: Beispiele für komplementäre Behandlungsverfahren mit therapeutischer Zielvorstellung (Henß et al. 2015).

Behandlung

Zielvorstellungen der Behandlung

Wirkung klinisch belegt

Physiotherapie

Krankengymnastik; Massage-Behandlung

Bewegungsabläufe (↑), Schmerzen (↓), Schwellungen (↓) (Lymphdrainage), bes. nach Op.

+

Atemtherapie

Angst (↓), Angststörungen (↓)

+

Phytotherapie Aleo vera (Salben, Tinkturen)

Wundheilung (↑) Tumorwachstum (↓)

Carnivora/Venusfliegenfalle (Press-Saft) Eleutherococcus senticosus (Wurzelsaft)

(+) − ?

Immunmodulation (↑)

?

Tumorwachstum (↑)

?

Gefahren/ Nebenwirkungen

7.10 Alternative und komplementäre Behandlungsverfahren

Behandlung

Haschisch (Cannabis) Tetrahydrocannabinol

Zielvorstellungen der Behandlung

Wirkung klinisch belegt

Schmerzen (↓)

+

Appetitlosigkeit (↓)

+

Gefahren/ Nebenwirkungen

Psychosen

Tumorwachstum (↓) Depressionen (↓)

837

− (+)

Johanniskrautextrakte

Fototoxizität Tumorwachstum (↓)



Muskelschmerzen (↓)

(+)

Wundheilung (↑)

(+)

Wundheilung/Schleimhäute (↑)

+

Johanniskraut-Öle

Salbei-Tee Tumorwachstum (↓) Immunmodulation (↑) Mistelextrakte/ Mistellektin

Weihrauch (Boswellia-Harz)

− (+)

Tumorwachstum (↓)

Verdacht: ?

Lebensqualität/Placeboeffekt (↑)

+

Entzündungen/Leukotriene (↓)

(+)

Unruhezustände (↓)

(+)

Tumorwachstum (↓)

Leukämiezellwachstum (↑)

?

Zimtkraut

Tumorwachstum (↓)



Spitzwegerichbrei

Tumorwachstum (↓)



Wundheilung (↑)

+

Ringelblumensalbe Tumorwachstum (↓) Echinacea purpurea

Immunstimulierung (↑)

(Purpursonnenhut)-Blüten-Extrakt

Tumorwachstum (↓) Kopfschmerzen (↓)

− ?

− −

(+)

Pfefferminz-Öl Tumorwachstum (↓) Schlafstörungen (↓)

? (+)

Lavendelöl Tumorwachstum (↓)

?

Tumorwachstum (↓)

Verunrei-

Kräutermischungen



nigung mit Giftpflanzen

pflanzliche Proteasen (Bromelain) in Kombination mit weiteren Proteasen

Entzündungen (↓)

?

Tumorwachstum (↓)

?

838

7 Grundzüge der Tumortherapie

Behandlung

Zielvorstellungen der Behandlung

Wirkung klinisch belegt

Gefahren/ Nebenwirkungen

Synthetika und Varia Furfuraldehyd (Furfurol)

Tumorwachstum (↓)

Na-Amino-Tetrahydrophthalazin

Tumorwachstum (↓)



keine Belege zur Verträg-



(Galavit)

lichkeit/ Wirkung

Petroleum

Tumorwachstum (↓)

Mischung aus Glutathion,

Tumorwachstum (↓)



L-Cystein, und Farbstoff

Toxizität



(Recancostat comp) Haifischknorpel-Extrakte

Tumorwachstum (↓)

Leber- und Milz-Extrakte von

Immunstimulierung (↑)

?



Tumorwachstum (↓)

?



Immunstimulierung (↑)

?



Schafen, Rindern oder Schweinen Eigenblutbehandlung, Blut ggf. exponiert mit Sauerstoff oder

− allergische Reaktion

Lungenembolien; ggf.

Tumorwachstum (↓) −

Ozon

Autoimmunerkrankungen

Ganz- oder Teilkörper-Hyper-

Immunstimulierung (↑)

?

thermie mit Sauerstoffinhalation

Tumorwachstum (↓)

?

Abschirmung von „Erdstrahlen“

Allgemeinbefinden (↑)

?

und „Wasseradern“

Tumorwachstum (↓)



„Beseitigung“ eines vermuteten

Allgemeinbefinden (↑)



Tumorwachstum (↓)





Parasitenbefalls durch Vitamin C und schwacher Wechselstromspannung „Entschlackung“ Aderlass, Schröpfen (Blutegel) Abführmaßnahmen, viel Trinken

Tumorwachstum (↓) Tumorwachstum (↓)

− −

Schwächung des Patienten

+ oder (+): eindeutig oder vielleicht wirksam/empfehlenswert; ?: nicht ausreichend untersucht; − : keine Wirksamkeit

7.10 Alternative und komplementäre Behandlungsverfahren

839

Tab. 7.59: Beispiele für Diäten und Nahrungsergänzungsmittel mit der Zielvorstellung, das Tumorwachstum zu beeinflussen (Henß et al. 2015). Bestandteil der Diät/ NahrungsErgänzungsmittel

verboten

Wirkung (Tumor)

Gefahren für Tumorpatienten

nach Annemüller und Ries Obst und Gemüse und deren Säfte, Milch, Milchprodukte, Mandeln, Nüsse, Sonnenblumenkerne, Vollkornprodukte, Kartoffeln, mageres Fleisch und Fisch, kaltgepresste Fette und Öle

fetthaltigen Lebensmittel, raffinierte Zucker, Weißmehl-Produkte, Geräuchertes, Gepökeltes



nach Zabel Vollmilch, Traubenzucker, Magermilchprodukte, Vollkornprodukte, Weißmehlprodukte, Gemüse, Obst (biologischer Anbau), chemisch gedünstete kaltgepresste Fette und Öle, ZitroGemüse, Butter, gehärtete nensaft, Sojaeiweiß (nur in begrenzten Fette, Schweine- und Mengen Vorzugsmilch, Dosengemüse, Ochsenfleisch, Gans, Ente, Butter, Wein Kräuteressig. Milch, Zucker, Aal und Karpfen, Honig) Essigessenz



nach Moerman laktovegetarische Ernährung + B-Vitamine + Vitamine A, C, D, E, Zitronensäure, Jod, Eisen, Schwefel

Fleisch, Fisch, tierische Fette



nach Ohsawa/Kushi Ernährung mit reduziertem Eiweiß, Eisen, Kalzium, Vitaminen und Spurenelementen



Mangelernährung

nach Burger Rohkost (Gemüse/Fleisch/Fisch)

Milch und Milchprodukte



nach Breuss 42 Tage max. 1 L/Tag Gemüsesaft (rote Rüben, Karotten, Sellerie, Rettich, Kartoffel) + Tee

alle übrigen Lebensmittel



Mangelernährung Immunschwäche

nach Budwig Gemisch aus Leinöl und Quark, frisch gepresste Gemüsesäfte, Sauerkraut- und Obstsäfte, 3 ×/Tag Tee.

tierische Fette (Butter), Margarine, Salatöle, Fleisch.



nach Buchinger „Heilfasten“ mit Gemüsebrühe, Säften (wenige Kalorien) ausreichend Vitamine und Mineralien (zusätzlich Einläufe, die den Darm reinigen sollen)

alle übrigen Lebensmittel



Mangelernährung Immunschwäche

840

7 Grundzüge der Tumortherapie

Bestandteil der Diät/ NahrungsErgänzungsmittel

verboten

Wirkung (Tumor)

Gefahren für Tumorpatienten



Mangelernährung Immunschwäche



Mangelernährung Immunschwäche

nach Mayr „Heilfasten“ mit Gemüsebrühe, Säften (wenige Kalorien) ausreichend Vitamine und Mineralien, 2 ×/Tag altbackene Brötchen + Milch

alle übrigen Lebensmittel

nach Schroth 3 Tage Reis-, Gries- und/oder Haferbrei + gekochtes Gemüse + gekochtes Obst + trockene Brötchen + 0,5 l Wasser +/− Wein/Tag, danach 2 Tage nur Wasser, (über Nacht kaltfeuchte Wickel)

alle übrigen Lebensmittel

Variationen des „Heilfastens“ Saftfasten: Nur Obst- und Gemüse-Säfte Eiweiß-ergänztes Fasten: Buttermilch oder Eiweiß-Lösung „Ulmer-Trunk“ Molkefasten: pro Tag: 1 l Molke + 0,5 l Obstsaft + 3 l Wasser + 1 Glas Sauerkraut- oder Pflaumensaft

alle übrigen Lebensmittel



Mangelernährung Immunschwäche

Teefasten: nur Tee und/oder Wasser ketogene Diät fettreiche Diät, Kalorien-bilanziert, arm an Kohlenhydraten und Eiweiß

zusätzlich Kohlenhydrate, Eiweiß

?

Mangelernährung Immunschwäche



Mangelernährung Immunschwäche

Anti-Transketolase-Like/TKTL1-Diät Kohlenhydratarme fettreiche Diät (Rezeptur nicht deklariert)

alle übrigen Lebensmittel Zell-Vitalstoffe Dr.Rath

Vitamin C, Lysin, Prolin, Extrakte vom grünen Tee

− Nahrungsergänzungsmittel

Selen (Selenomethionin and Semethylselenocystein)

?

Vitamin C (ca. 100 × Tagesbedarf/nach Pauling)



Antioxidantien wie Vitamin C und E, Anthocyane und Polyphenole

?

?: klinisch nicht ausreichend untersucht; − : Wirksamkeit klinisch nicht nachweisbar

ab 800 μg/Tag toxisch

7.10 Alternative und komplementäre Behandlungsverfahren

841

Für einige der aufgeführten komplementären Behandlungsverfahren wird ein Wirkmechanismus postuliert, welcher nicht grundsätzlich dem medizinisch-naturwissenschaftlichen Denken widerspricht, unabhämgig davon, ob es Versuche gab, diesen Wirkmechanismus mit wissenschaftlichen Methoden nachzuweisen und/oder durch eine sachgemäß durchgeführte klinische Prüfung zu belegen. Für einige andere komplementäre Behandlungsverfahren gibt es dagegen keine wissenschaftlichen Grundlagen. Hierzu gehören im Besonderen • die Irisdiagnostik, welche behauptet, durch Analyse der Struktur und der Reflexe des Auges, im Besonderen der Iris und der Bindehaut, auf systemische Erkrankungen des Menschen rückschließen zu können, • die Reinkarnationstherapie, in welcher psychische Verletzungen aus einem geglaubten früheren Leben geistig wiedererlebt werden sollen, um deren vermeintlichen Einfluss auf die Psyche im jetzigen Leben zu beenden und den Patienten hierdurch zu heilen, • die astrologische Gesundheitsberatung, bei welcher Sternzeichen für die Neigung zu bestimmten Krankheiten gedeutet werden, • die Akupunktur, soweit sie Bereiche betrifft, welche nicht eine lokale Schmerzlinderung zum Ziel haben, und • die Homöopathie. Die Akupunktur und ihre Spielformen haben ihren Ursprung in der TCM/Traditionellen Chinesischen Medizin. Zu unterscheiden sind • Akupunktur, d. h., durch das Einstechen von Nadeln aus Gold, Silber oder Stahl, • Akupressur, d. h., durch Fingerdruck (Akupressur) oder • Moxibustion, d. h. durch Hitze, indem kleine Mengen von fein zerriebenen Beifußblättern (Artemisia princeps) auf den Hautpunkten verbrannt werden. Im Jahre 1822 wurde die Akupunktur an der kaiserliche Medizinakademie Chinas verboten. Ihr Wiederaufleben ist dem medizinischen Laien George Soulie (alias George Soulie de Morants; 1878–1955) zu verdanken, der mit seinen Fantasievorstellungen und durch seine Irrtümer bei seinem Verständnis der Traditionellen chinesischen Medizin die heute noch in Europa und von dort weltweit geltenden Regeln der Akupunktur aufgestellt hat. • In ihr sind auf Leitbahnen (sogenannte „Meridiane“) der Körperoberfläche, in denen „Energie und Blut“ fließen, ca. 400 „Hautpunkte“ festgelegt, unterteilt in „Tonisierungs- und Sedierungspunkte, Kardinal-, Yuan-, Luo-, Alarm-, Meister-, Spalt- oder antike Punkte“, deren Stimulation den behaupteten Fluss an „Energie“ fördern oder hemmen soll. Bislang gibt es weder für die behaupteten Meridiane noch für die definierten sensiblen Hautpunkte noch für den Energiefluss einen Zusammenhang zur Anatomie oder zur Physiologie des menschlichen Körpers. Trotz dieser fehlenden wissenschaftlichen Grundlage wurden zahlreiche klinischen Studien zur Wirksamkeit durchgeführt. Zu einem großen Teil erbrachten diese widersprüchliche Ergebnisse und/oder waren wegen Mängel in der Studienplanung nicht ausreichend aussagefähig.

842

7 Grundzüge der Tumortherapie

Bei chronischen Schmerzen liegen jedoch Anhaltspunkte für eine therapeutische Wirksamkeit der Akupunktur vor. Dieses gilt bei chronischen Kopfschmerzen, Migräne, Schmerzen bei Osteoarthritis, Lendenwirbelsäulenschmerzen und Schmerzen im Nackenund Schulter-Bereich, wobei diese Wirksamkeit • unabhängig ist von der Stichtiefe und den Akupunkturpunkten – da keine Wirksamkeitsunterschiede zwischen klassischer Akupunktur (tiefe Stichtechnik an den vorschriftsmäßigen Akupunktur-Punkten) und der minimalen Akupunktur (oberflächliche Stichtechnik an Nichtakupunkturpunkten) festgestellt wurden, • wahrscheinlich bedingt ist durch die mechanische Reizung in der Hautregion in der Umgebung der Schmerzquelle mit – einer lokalen Ausschüttung von Endorphinen oder neurotrophe Faktoren wie BDNF/Brain Derived Neurotrophic Factors und/oder – einer Aktivierung der lokalen Mastzellen ▪ mit Anstieg der intrazellulären Ca-Ionen-Konzentration und Freisetzung von ATP/Adenosintriphosphat, welches durch Ectonukleotidasen zu Adenosin dephosphoryliert wird, ▪ wobei das freigesetzte Adenosin die A1-Rezeptoren an den Endigungen schmerzleitender Spinalnerven stimuliert mit der Folge, dass der Schmerzreiz reduziert wird. Die Homöopathie wurde als Alternative zu den damaligen recht „blutigen“ und „groben“ medizinischen Behandlungsmethoden von Christian Friedrich Samuel Hahnemann (1755– 1843) entwickelt mit seinen grundlegenden Vorstellungen über die „Ähnlichkeitsregel“, das „Arzneimittelbild“ und „die Potenzierung durch Verdünnen“. Bis heute gibt es jedoch für diese homöopathischen Regeln keine wissenschaftlichen Belege. Daher urteilte im Jahre 1992 der Fachbereichsrat Humanmedizin an der Universität Marburg mit der „Marburger Erklärung“: „… Das geistige Fundament der Homöopathie besteht jedoch aus Irrtümern (,Ähnlichkeitsregel‘; ,Arzneimittelbild‘; ,Potenzieren durch Verdünnen‘). Ihr Konzept ist es, diese Irrtümer als Wahrheit auszugeben. Ihr Wirkprinzip ist Täuschung des Patienten, verstärkt durch Selbsttäuschung des Behandlers …“ Im Jahre 2015 folgte die „Erklärung zur Homöopathie“ unter Federführung von O Prokop und W Hopf, in welcher auf Grund einer Analyse der aktuellen wissenschaftlichen Daten zur Homöopathie geschlussfolgert wurde: „Wir betrachten … die Anwendung der Homöopathie, ihre Verbreitung und Lehre(n) als Schildbürgerstreich“. Dem entspricht, dass es bis heute für eine klinisch-therapeutische Wirkung der Homöopathie, welche über einen Placebo-Effekt hinausgeht, keine adäquaten, d. h. dem Stand der Technik entsprechenden wissenschaftlichen Belege gibt: • bereits im Jahr 1835 wurde nachgewiesen, dass eine Behandlung mit potenzierter Kochsalzlösung die gleiche Wirksamkeit bei gesunden Personen aufweist wie eine Behandlung mit reinem Wasser (Löhner 1835), • die Bewertungen der bis zum Jahre 2005 vorliegenden randomisierten, Placebo-kontrollierten Studien erbrachten keinen Unterschied zwischen der homöopathischen Behandlung und der Gabe von Placebo (Shang et al. 2005),

7.10 Alternative und komplementäre Behandlungsverfahren







843

nachfolgende Analysen aller Placebo-kontrollierten klinischen Studien zur Wirksamkeit von Homöopathie durch den Ausschuss für Wissenschaft und Technik des britischen Unterhauses im Jahre 2009/2010 und durch die australische Gesundheitsbehörde (NHMRC/National Health and Medical Research Council) im Jahre 2015 – bestätigten, dass es keine wissenschaftlich haltbaren Hinweise dafür gibt, dass Homöopathie über das Maß des sogenannten Placebo-Effekts hinauswirken würde oder irgendeiner anderen Therapie überlegen sei und – zogen den Schluss, dass die Homöopathie nicht angewandt werden sollte bei chronischen oder ernsthaften Erkrankungen oder bei solchen Störungen der Gesundheit, welche sich zu einer ernsthaften Erkrankung entwickeln könnten, Ende 2016 legte die FTC/Federal Trade Commission der USA dar, – dass die Wirksamkeit homeopathischer „OTC/Over the corner drugs“ nur auf den traditionellen Homeopathie-Theorien beruht, – dass keine die Wirksamkeit belegende, mit den derzeitigen wissenschaftlichen Methoden durchgeführte Studien vorliegen und – dass somit jegliche Werbung mit dem Anspruch auf Wirksamkeit wahrscheinlich irreführend sei und – dass Ansprüche auf Wirksamkeit und Sicherheit in gleicher Weise geprüft werden müssen wie bei jedem anderen OTC-Arzneimittel (FTC 2016) Anfang 2017 bewertet aus gleichem Grund die RAS/Russische Akademie der Wissenschaften die Homöopathie als Pseudowissenschaft, welche in Bezug auf Wirksamkeitbelege, Dokumentation der Inhaltsstoffe, Nebenwirkungen, Werbung und Zulassung entsprechend dem derzeit gültigen wissenschaftlichen Maßstab neu bewertet werden sollte.

Trotz mangelhafter oder fehlender Belege für eine klinische Wirksamkeit die einem Placebo überlegen wäre, sind homöopathische Mittel in manchen Ländern zur Behandlung zugelassen und trotz ihrer medizinisch-naturwissenschaftlichen Ausbildung verschreiben zahlreiche Ärzte homöopathische Mittel, auch bei Tumorerkrankungen. Es bestehen große Zweifel, dass ohne ein Eingreifen der staatlichen Gesundheitsbehörden auf der Grundlage von Wissenschafts-orientierten Arzneimittelgesetzen die wissenschaftlichen Fakten und Argumente alleine in der Lage sind, Menschen, die von der Homöopathie überzeugt sind, eines Besseren zu belehren. Entsprechend wurde bereits im Jahre 1835 das negative Ergebnis des klinischen Versuches, einer potenzierten Kochsalzlösung eine Wirksamkeit besser als reinem Wasser nachzuweisen, kommentiert mit den Worten: „Es würde leicht seyn, noch mehr solcher Fälle aufzuführen; allein für das denkende und unbefangene Publikum ist dieser einzige genug; für das nichtdenkende und befangene Publikum würden tausende zu seiner Belehrung nicht ausreichen.“ An dieser Einschätzung dürfte sich bis heute nicht viel geändert haben.

844

7 Grundzüge der Tumortherapie

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7.10 Alternative und komplementäre Behandlungsverfahren

845

Sedlacek HH, Selbstheilungskräfte und Arzneimittelwirkungen, Synergien und Grenzen, de Gruyter 2016 Shang A, Huwiler-Müntener K, Nartey L, Jüni P, Dörig S, Sterne JA, Pewsner D, Egger M. Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects? Comparative study of placebo-controlled trials of homoeopathy and allopathy. Lancet. 2005;366(9487):726–32. Smith K. “Homeopathy is Unscientific and Unethical”. Bioethics. 2012, 26 (9): 508–12. Yao W, Yang H, Yin N, Ding G. Mast cell-nerve cell interaction at acupoint: modeling mechanotransduction pathway induced by acupuncture. Int J Biol Sci. 2014;10(5):511–9. Zylka MJ. Pain-relieving prospects for adenosine receptors and ectonucleotidases. Trends Mol Med. 2011;17(4):188–96.

Schlussbemerkung und Haftungsausschluss Ziel dieses Buches ist es, Studenten, Ärzten wie auch anderen in Heilberufen Tätigen oder medizinisch Interessierten ein umfassendes Grundwissen über bösartige Tumoren des Menschen, deren Ursachen und deren Behandlung zu vermitteln. Berücksichtigung fand die aktuelle wissenschaftliche Literatur einschließlich der aktuellen Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der jeweiligen Tumore. Auf diese Informationen wird im Anschluss an die Abhandlung eines jeden größeren Themas hingewiesen. Sie können helfen, die kurzgefassten Angaben dieses Buches in dem ursprünglichen oder einem größeren wissenschaftlichen Zusammenhang zu sehen und hierdurch das mit diesem Buch angebotene kurzgefasste Wissen zu vertiefen. Trotz aller Sorgfalt bei der Zusammenstellung der wissenschaftlichen Daten können sich Fehler eingeschlichen haben. Diese können im Besonderen die Auswahl der angeführten diagnostischen Verfahren und Arzneimittel, deren Dosierung und wie auch die Kenntlichmachung geschützter Warennamen, Warenzeichen und Marken betreffen. Aus dem Fehlen einer solchen Kenntlichmachung kann nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. In Anbetracht der Fehlermöglichkeiten ist der Nutzer dieses Buches nicht von der Eigenverantwortung entbunden, vor jeglicher Anwendung eines in diesem Buch erwähnten diagnostischen Verfahrens oder einer Arzneimittelbehandlung die jeweiligen Herstellerangaben zu beachten und die Indikation, Zweckmäßigkeit, Zulässigkeit, Dosierung und Applikation der Anwendung zu überprüfen oder mit seinem behandelnden Arzt absprechen. Daher kann weder der Autor noch der Verlag für Schäden haftbar gemacht werden, die in Verbindung mit der Verwendung der Inhalte dieses Buches stehen. Der Autor und der Verlag haften auch nicht für mittelbare wie immer geartete Schäden, die sich aus der Nutzung der in diesem Buch zur Verfügung gestellten Inhalte ergeben könnten.

https://doi.org/10.1515/9783110651669-008

Sachregister α 6 β 4-Integrin 82 α 9 β 1-Integrin 82 α-, β-, γ- Strahlung 415 α v β 5-Integrin 82 α v β 6-Integrin 82 A20 145 α2 PI 543 α-Actinin 128 AATK 108 Abarelix 710, 712 Abbau- und Verbrauchsrate 594 ABCG2 690 ABC-Transporter 694 ABC-Transporterglykoproteine 692 Abemaciclib 717 Abirateron 707 Abl 108 Ablesefehler 284 Ablösung 468 Abwertung der Schulmedizin 834 accessorisches Igα/Igβ 577 Accidental Cell Death 220 Acetaldehyd 327, 343, 349, 374 Acetaldehyd-Dehydrogenase 343 Acetylcholin 625 Acetylierung 268 Acetylsalicylsäure 830 ACF 193 Acrylamid 327, 330 ACTH 504, 626 ACTH (Adrenocorticotropes Hormon) 799 Actinium 664 Actinomycin D 684 ACVR 61 ADAM 101 ADAM-Metalloproteasen 100 Adapterproteine 126 Adaptorproteine 103 αDβ2 81 ADCC 377, 515, 533–534, 569, 596 ADCMC 377, 515, 596 A-Delta-Fasern 824 Adenin-Nukleotid-Translokator (ANT), 237 Adenosintriphosphat 842 Adenoviren 82, 767 Adenylat-Zyklase 87 Adenylylzyklasen 51 Adhäsionsmatrixprotein 256 Adhäsionsmoleküle 584 Adipokine 793, 807, 812 https://doi.org/10.1515/9783110651669-009

Adiponectin 810, 812 Adipositas 806 adjuvante Therapie 650 Adjuvantien 763 Adrenalin 625, 806 aerob-anaerobe Schwelle 788 aerobe Belastung 791 aerobe Stoffwechsellage 788 Afatinib 720 AFF 230 afferenter Reaktionsweg 486, 509, 514 Aflatoxin 332 AFP 504, 635 Afrika 22 Age Standardized Rates 26 Aggressivität 813 Ähnlichkeitsregel 842 AIF 238 AITRL 230 AKT/PK-B 123 AKT-2 274, 280 aktivierende Immunkontrollpunkte 748 Aktivierende Komplexe 171 Aktivierung des Immunsystems 785 Aktivierung des Nervensystems 785 Aktivine 132 Akupressur 841 Akupunktur 836, 841 akute Schmerzen 822 α-Lactalbumin 505 Alarmphase 795 Alaska-Ureinwohner 40 ALCAM 80 ALD 694 Aldehyde 315, 324, 331 Aldosteron 812 Alectinib 725 Alemtuzumab 743 Alendronat 778 Alkohol 342, 373–374 Alkohol-DeHydrogenase 343 Alkylalkansulfonate 323 Alkylantien 667 Alkylsulfonate 667–668 ALL 759 Allergien 802 Allesesser 815 Allicin 339 Allodynie 825 allogene Stammzelltransplantation 771

850

Sachregister

allogene SZT 771 Allopurinol 779 Allternariol 333 All-trans-Retin-säure/ATRA 697–698 Alpelisib 728 Alpha-Actinin 4 498 Alter 815 ältere Menschen 818 alternativer Weg 538 altersstandardisierte Raten 19, 24 Altretamin 699 Alvocidib 716 Americium-241 421 amerikanische Indianer 40 AMHR 61 Amifostin 779 4-Aminophenol-Derivate 830 AML-1 280 Amplifikation 270 Amsacarin (AMSA, m-AMSA) 775 Amsacrin 684 anaerobe Stoffwechsellage 788 Analgetika 828 Anaphase 152 Anaphylatoxine 382, 396, 448, 537 Anaplasie 4 Anastrozol 709 Androgen Response Elements 354 Androgen-Rezeptor 97, 713 Anergie 568, 618 angeborene Immunabwehr 376, 486, 509 angiogene Wachstumsfaktoren 446, 456 Angiogenese 384, 445 Angiopoietin 447 Angiostatin 456 ANGPTL 812 ANGPTL2 810, 812 Angst 835–836 Angststörung 785, 801 Anhaftung 469 Anilinfarbstoffe 321 Ankyrin 141 Annexine 797 Anoikis 221, 455 ANP 626 Anpassungsmöglichkeit 431 Anpassungsverhalten 795 Anthracycline 682–683 anthroposophische Weltanschauung 836 anti-apoptotisch wirkende Proteine 689 Antibiotika 775 Antibody-Engineering 733 Anti-CD20-Antikörper 664

Anti-CD33-Antikörper 664 Antigen-Antikörper-C3d-Komplexe 595 Antigen-Antikörper-Komplexe 595 Antigene 595 Antigenes Peptid 564 Antigen-präsentierende Moleküle 511 Antigen-präsentierende Zellen 517 antigenspezifische Immunisierung 730 Antigenüberschuss 595 Anti-Idiotyp-Antikörper 594, 763 anti-inflammatorische Adipokine 807 anti-inflammatorische Zytokine 525, 605–606 Antikörper 510 Antikörperbibliotheken 735 Antikörper-Isotypen 597–598 Antikörperkonstrukte 737 antikörpermediierte Zytotoxizität 515 Antikörper-Synthese 595 Antikörper-Toxin-Konjugate 746 Antikörperüberschuss 595 Antimetabolite 674, 774 Antimon 374 Antioxidantien 819 antioxidative Enzyme 819 Anti-Tumor-Antigen-Antikörper 519 AP-1 122 AP-2 Binderegion 107 Apaf 226 Apaf-1 225, 234, 238, 240, 249 Apalutamid 708 APC 136, 280, 284, 509 Apelin 810, 812 Apigenin 697 Apo-1 73 Apo3L 231 Apoptose 47, 219, 221, 249, 568, 576, 585, 588, 618 Apoptosom 226, 234 Apoptotische Körper 378 APP 231 Aprepitant 778 APRIL 565, 583 APX-005M 749 Äquivalentdosis 419 AR-A 354 A-Raf-1 275 AR-B 354 Arbeitsplatz-Grenz-Werte 319 ARE 354 Arg-Gly-Asp (RGD) Peptid 82 Arginase-1 605 Aristolochiasäure 333 Armut 815

Sachregister

Aromatase-Inhibitoren 705, 713 aromatische Amine 315 Arrestin 455–456 Arsen 374 ARTC1 500 Artemis 215 Arteriogenese 445 Arteriolen 446, 459 Artheriosklerose 813 Arthritiden 813 Arzneimittelbild 842 Arzneimittelkandidaten 833 Asbestfasern 374 Asiaten 40 Asien 22 ASK-1 121, 234 Asparaginase 697–698 Aspartam 335 Aspartatproteinasen 467 Asthma 786, 802, 813 α-Strahlen 660 α-Strahlung 417 astrologische Gesundheitsberatung 841 Astrozyten 624 asymmetrische Teilung 467 Ataxia Teleangiektasia 297 Atemfrequenz/Blutdruck 782 Atezolizumab 752 ATF-2 235 ATIII 543 ATM 180, 213, 284 ATP 381 ATP-Bindetasche 728 ATP-Rezeptoren 90–91 ATR 213 Auffindung von Personen 633 Augenbewegungen 782 Ausschuss für Wissenschaft und Technik des britischen Unterhauses 843 australische Gesundheitsbehörde 843 Auswahl von Tumoren 634 Autismus 785 Autoimmunerkrankung 802 autokrin 48, 401, 807 autologe Stammzelltransplantation 770 autologe SZT 771 Autophagozytose 220 Avelumab 752 αXβ2 81 Axicabtagene ciloleucel 759 Axin 135 Axitinib 722 axl 279

AXLR 60 5-Azacytidin 677 Azathioprin 675 Azithromycin 696 Azofarbstoffe 321 B7.1 (CD80) 565 B7.2 (CD86) 565 β-Amyloid 381 β-Catenin 135–136 β-Glucuronidase 505 β-HCG 637 β-Karotin 820 β2-Mikroglobulin 637 β-onkofetales Antigen 504 β-S-Fetoprotein 504 β-Strahlung 418, 661 BACE-1 101 BAD 242 BAFF 230, 565, 583, 593 BAFF-R 74, 579, 583 BAG1 276 BAGE 501 BAI-1 184, 187 BAI-AP 187 Bak 243 Bakterien 604 Bakteriophagen Vakzine 765 Basalmembran 452, 455, 459 Basalzellnävus-Syndrom 301 Basenexzisionsreparatur (BER) 206 Basen-Fehlpaarungen 211 basophile Granulozyten 526, 606 Bax 189, 243, 265 Bax-Subfamilie 243 BCG 732, 762, 764 BCL-2- Inhibitoren 701 BCL1/Cyclin D1 280 bcl-1/Ig 280 Bcl-2 244 bcl-2/Ig 280 Bcl-2 Familie 237 BCL2, FLIP, SERPIN 409 Bcl2A1 276 Bcl2Like 10 276 Bcl2Like 12 276 Bcl2Like 2 276 bcl-3/Ig 280 Bcl-2-Familie 241 Bcl-2-Homologie-Domänen 241 Bcl-2-Inhibitoren 697 Bcl-2-like 10 245 Bcl-w 244

851

852

Sachregister

Bcl-XL 244 Bcl-Xs 244 BCMA 74, 565, 579, 583, 759 BCR 70–71, 532, 581 BCR-ABL 498 BCRP 690, 695 BDNF 626, 842 BEAM 771–772 Becquerel 419 befruchtete Eizelle 429 Begleiterkrankungen 492 beige oder braun-in-weiße Fettzellen 806 Belastungsgrenze 784 Belastungsintensität 788 Bendamustin 671, 773 Benigne Tumoren 2 Benralizumab 747 Benzidin 374 Benzol 374 BER/Basenexzisionsreparatur 203 Bermekinab 747 Beruhigung 803 Beryllium 374 bestmögliche palliativ/symptomatische Therapie 772 bestmögliche symptomatisch/palliative Therapie 649 Bestrahlungsplan 664 Beta-Catenin 498 Beta-Glucuronidase 639 Beta-Sekretase 100 Bevacizumab 748 Bewältigungsmechanismen 803 Bewegungsarmut 792 Bexaroten 698 BFL1 245 B-Gedächtnis-Lymphozyten 613 Bicalutamid 707 BID 224, 232, 242 Bik 242 Bim 242 Bindegewebszellen 384 Bindungstärke 597–598 Binimetinib 725 biologische Grenz-Werte 319 Biopsie 656 BIR 226 Bismut 664 bispezifische Antikörper-Präparate 746 bispezifische Konjugate 739 Bisphenol 358, 360 B.K.-Virus 410, 506 Blasen-Stadium 430

BL-CAM 584 Blei 220 314 Blei-214 420 Bleomycin 684, 775 Blimp-1 589 Blinatumomab 746 Blk 108, 116 Blutdruck 820 Blutgruppe A-Antigen 503 Blutgruppe P1 503 Bluthochdruck 813 Blutkapillaren 469 Blutspiegel 594 Blut-Verweilzeit 594 Blutviskosität 460 B-Lymphozyten 514, 517, 526, 606 Bmem-Lymphozyten 613 Bmf 242 BMP 132 BMPR 62 BMS 986178 749 BMS-986016 752 BMS986156 749 BMX 104, 117 BNIP3 243 Boder-Sedgwick-Syndrom 297 Body-Mass-Index 327 Bok 243 Boosterreaktionen 487, 616 Bortezomib 699 Bosutinib 719 Brachytherapie 658 Bradykinin 547 B-Raf 498 B-Raf-1 274 Bragg-Peak-Effekt 660 braune Fettzellen 806 Braunkohle 321 BRCA1 213, 281, 285, 345 BRCA2 285 Breg 602, 605, 609, 807 Bremsstrahlung 416 Brentuximab 746 Brigatinib 726 BRMS1 291, 481 BTK 105 Btk 108, 118 Bubbling/Zeiosis 378 Buprenorphin 829–831 Buserelin 711 Buserelin/Butylserylrelin 710 Busulfan 667, 773 Butylhydroxyanisol 339

Sachregister

Butylhydroxytoluol 339 B-Zell-Rezeptor 581 B-Zell-Rezeptor (BCR/B-Cell-Receptor) 577 C1q 539 C3a 540 C3b 539–540 C3d 81, 540 C3dg 540 C4a 540 C4b 539 C5a 540 CA 125 635 CA 19–9 635 CA 72–4 636 CA15–3/CA27.29 635 CA50 636 Cabazitaxel 680 c-Abl 214 c-abl/bcr 279 Cabozantinib 722 CAD 225, 232 Cadherin 84–85 Cadmium 374 Cadmiumsalze 358, 361 Caesium 187 314 Caesium-134 421 Caesium-137 421 Calzitonin 505, 635 CAML 230 cAMP 52 Canstatin 455–456 Cantuzumab 747 Capecitabin 677, 774 Captopril 696 Carbaminsäureverbindungen 322 Carbazine 668 Carboplatin 670, 773 Carboxypeptidase G2 779 Carcino-Embryonales Antigen 636 Carcinoma 636 CARD 226, 234 Cardiotrophin 812 Carelizumab 751 Carfilzomib 700 Carmustin 669, 671, 774 Carney-Komplex 301 CAR-NK-Zellen 761 Carotinoide 338 CAR-T-Lymphozyten 757 Caseinkinase 135 Caspase 223, 249, 499 Cathepsin 474, 522

853

Catumaxomab 746 CBP 142 CD1 509, 516, 554, 564, 591 CD1 Moleküle 525 CD123 759 CD134 563 CD134-Ligand 579 CD19 581, 759 CD2 584 CD21 581 CD22 582 CD27 74, 562, 565, 579, 583, 621 CD28 561, 565, 579 CD27-Ligand 583 CD30 74, 563, 565, 582, 759 CD300LG 597 CD30L 229 CD33 759 CD30-Ligand 582 CD4 518, 555, 572 CD40 74, 565, 579, 583 CD4(+) T-Helfer (1)-Lymphozyten 561 CD4(+) T-Helfer (2)-Lymphozyten 561 CD40-Ligand 563, 583 CD4(+)-T-Helfer (1)-Lymphozyten 406 CD70 229 CD72 582 CD8 518, 555 CD80 561, 579 CD8(+) zytotoxische T-Lymphozyten 561 CD8(+) zytotoxische T-Lymphozyten (CTL) 407 CD85a LILR-B 582 CD86 561, 579 CD8(+)-T-Lymphozyten 568 CD1-abhängige zytotoxische T-Lymphozyten 569 C1-DAG-bindende Domäne 106 Cdc27 500 cdc25-C-Phosphatase 154 Cdc6 194 CDH1 291, 481 Cdk 152 Cdk/Cyclin-Komplexe 152, 154 Cdk4 277, 281, 500 CDKN2A 285, 500 CD3-Komplex 556 CD1-Moleküle 512 CDR 492, 564, 577, 587 Cdt1 194 CD8-Treg 608 CD8-T-suppresssor 608 CEA 504, 636 Cediranib 723 Cemiplimab 751

854

Sachregister

cerebrales Ödem 760 Ceritinib 726 Cetrorelix 712 Cetuximab 745 C-Fasern 824 CFTR 694 CGRP 625 Chalkone 337, 361 chaotische Struktur 457, 463 Charakterisierung 633 charakteristische Strahlung 416 Chelatbildner 778 Chemerin 810, 812 Chemokine 387, 448, 480, 525, 537, 807, 812 Chemotaxie 524, 526, 807 chimäre Antikörper 735 chimäre (murin/human) Antikörper 734 Chimerin 106 Chinidin 696 chirurgische Maßnahmen 656 Chk1 213 Chlorambucil 671, 774 Cholesterol 379 Chol.-Kristalle 380 Chondrozyten 809 Christian Friedrich Samuel Hahnemann 842 Chromatinfasern 191 chronische Entzündung 399, 787 chronische Entzündungsreaktionen 375 chronische Kopfschmerzen 842 chronische Schlaflosigkeit 781 chronische Schmerzen 822, 842 chronisches Asthma 809 Ciclosporin 696 C1-Inaktivator 543 CISH 106 Cisplatin 670 Cisplatin CDDP 774 Citrinin 332 c-Jun 122, 235 C3-Konvertase C4bC2b 538 Cladibirin 675 Cladribin (2-CDA) 774 Clarithromycin 696 Clathrin-Box 106 Claudine 255 CLEC 386 CLL 16, 759 Clodronat 778 Clofarabin 675 c-Met 64 CML 15 CMV 414, 604

c-myc 277, 429, 432 CNTF 812 COA-1 499 Coaktivatorproteine 351 Cobalt 374 Cobimetinib 725 Cockayne-Syndrom (CS) 207 Collagen Typ I 584 Collectin-11 538 Common Lymphoid Progenitor 531–532 Complementarity Determining Regions CDR 556 Computertomographie 442 Conjunctin 136 Copanlisib 727 COPD 786 Corepressor-Proteine 351, 354 Core-Promotor-Region 163 Corezeptor CD4 557 Corezeptor CD8 557 Corezeptoren 578, 581 Cortikoliberin 803 Cortistatin 626 Cos2 140 Coumestane 361 Cowdens-Syndrom 301 Coxsackieviren 767 C-Peptid 636 CpG 643 CpG-Motiv 267 CR 443–444 CR1 600 CR2 601 CR3 601 CR4 601 C-Raf/Raf-1 274 CREB 142 CRH 626 CRH (Corticoliberin) 799 Crispr/Cas9 Technologie 759 Crizotinib 726 CRK 104 CRKL 104 Crotonaldehyd 346 CRS 760 CRSP 174 CRSP3 291, 481 CSF1R 64 CSF-R 68 CSF1-R 496 CSR 188 c-Src 115 CT-1 812 CTIP 216

Sachregister

CTL 510, 525, 534, 569 CTLA4 562, 565, 579, 604, 621 CTLMC 514 CTL-mediierte Zytotoxizität 514 CTRP3 810 CTRPs 812 C-Typ-Lektine 382 Cubitus Interruptus 140 Cumarin 333 Cycasin 333 Cyclamat 335 Cyclin G 183, 186 Cyclin-A 458 Cyclin-abhängige Kinase-Inhibitoren 156–157 Cyclooxygenase 365 Cyclooxygenase-Spiegel 401 Cyclophilin D 237 Cyclophosphamid 671 CYFRA 636 Cyproteron-Acetat 707 Cystathionase 605 Cystein 605 Cysteinproteasen 467 Cytarabin 677, 774 Cytochrom C 225, 232, 234 Cytochrom-C-Oxidase 366 Cytochrom-P450-Enzyme 315 Cytochrom-P450-Oxidoreduktasen 729 Cytochrom-P450-Reduktase 365 D40L 228 Dabrafenib 724 Dacarbazin 668, 775 Dacomitinib 720 Dactinomycin 684 DAF 596 DAG 125 DAMP 509 DAMPs 377, 384, 400, 490, 542, 798, 809 DAPP1 105 Daratumumab 744 Darbepoietin 777 Dasatinib 718 Dauer des Stressreizes 802 Dauno/rubicin 775 Daunorubicin 682 DAXX 234 DCC 281, 285 DCE 163 DCIR 386 DC-SIGN 386, 566 DDR 60 de Morants 841

855

Deacetylierung 268 DEC-205 385 Decitabin 678 Decoy-Rezeptoren, DCR 228 Dectin 1 386 DED 231 DEFCAP 241 definiertes Produkt 833 Degarelix 710, 712 DEK/CAN 280 Dek-Can 499 Deletion 264, 278, 767 Delta-Retro-Viren 412, 507 Demens 786 dendritische Zelle 510, 514, 517, 554, 567, 764–765 dendritische Zelle im Thymus 555 Denosumab 745, 778 Depression 785, 801, 813 Derivate des Campthotecin 686 Derivate des Podophyllin 685–686 Derlotuximab 747 Deslorelin 712 Desmoplasie 4 Dexrazoxan 778 DFSR 651 DGK (-1 bis -9) 109 DHAP 771 Diabetes-II 813 Diabodies 739 Di-Acyl-Glycerin 809 Diagnostik 640 Diapedese 470, 524 Diarylmethan 699 Diäten 836 1,2-Dibrom-3-chlorpropan 358 DIC 544 Dicer 294 Dichlordiphenyltrichlorethan 358 Diclofenac 830 Diethylstilbestrol 358, 709 differenzierende Caspasen 224 differenzierte Tochterzelle 427 Differenzierungsantigene 485, 495 Diffusion 456, 464, 466 Diffusionspermeabilität 464 Dignität 1–2 Dihydrocodein 829, 831 Dihydrofolat-Reduktase 691, 693 Dinutuximab 745 direkte Zytotoxizität 344 DISC 224, 231, 233 Dishevelled 135 Distress 794

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Sachregister

Diversity 587 DLBCL 759 DLL1 137 DLRAP1 106 DNA-Addukten 345 DNA-Binde-Domäne (DBD) 162 DNA-Doppelstrangbruch 308 DNA-Folgestrang 197 DNA-Glykosylasen 206 DNA-Leitstrang 197 DNA-Ligase 214 DNA-Methyltransferase 267 DNA-PK 214 DNA-Polymerase η and ɛ 217 DNA-Polymerasen 159, 191, 195 DNA-Reparatumechanismen 688 DNA-Reparatur 265 DNA-Reparatur-Gene 689 DNA-Reparaturmechanismen 658 DNA-Reparatursysteme 373, 375, 401 DNA-Viren 410 Docetaxel 679, 776 Dodecyl-3,4,5-Trihydroxybenzoesäure 339 Dolasetron 778 Dopamin 343, 627, 804 Doppelstrang-Bruch-Reparatur 203 Doppeltreffer- (Two Hit-) Hypothese 283 Doxo/rubicin 775 Doxorubicin 683 DPE 163 DR/Direkte Reparatur 203 DR-1 73 DR-2 73 DR-4 73 DR5 188 DR-6 73 dreidimensionale konformale Strahlentherapie 665 dsDNA 380 dsRNA 381 DTH 487 Durvalumab 752 Dutasterid 709 Duvelisib 728 Dyskerin 200 Dysplasie 4 E2A/HLF 279 E2A/PBX 279 E2F 158 EBV 412, 414 E-Cadherin 285, 291 Echoviren 81 ECM 82, 256, 452

EctodysplasinA2 231 ED50 652 EDA-R 75 Edrecolomab 746 Efavirenz 696 Effektor-Caspasen 223 efferenter Reaktionsweg 486, 510 EFTUD1 499 EGFR 60, 62, 281, 759 EGFR1 64 EGFR2 65 EGFR3 65 Ei24/PIG8 249 Eicosanoide 99 eIF-2 143 EIF2-alpha 234 Einfluss des Schlafes auf die Immunreaktion 783 Einfluss des Schlafes auf Immunzellen 782 Einkommen 39 Einstufungskriterien 14 Eisen 375, 818 Eisenspeicherung 373 Ektoderm 6 Ektosome 378 ELAM-1 84 Elastin 258 elastische Fasern 258 elektromagnetische (γ-) Strahlung bzw. Photonen 658 elektromagnetische Strahlung 416 Elektronen-Strahlung (β-Strahlung) 659 Elimination 550 Elongationsfaktor 499 Elongationsphase 193, 196 Elotuzumab 744 embryonale onkofetale Antigene 504 embryonale pluripotente Stammzellen 431 embryonale Proteine 492 embryonaler Tumor 39 embryonales Gewebe 8–9 Emibetuzumab 745 emotionale und finanzielle Bindung des Patienten 835 EMT 108, 118 Enamelysin 474 Encorafenib 724 EndoG 238 endokrin 48 endoplasmatisches Retikulum 365 Endorphine 625, 804, 825, 842 Endorphinen 343 Endostatin 456 Endothelzell-Auskleidung 459

Sachregister

Endothelzellen 447, 470, 514, 809 Endphase 795 Energie 841 Energie und Blut 841 Enhancer 163 Enoblituzumab 751 Entoderm 6 Entosis 221 Entschlackung 836 Entspannungsritual 342 Entwicklungsstatus 39 Entzündungen der Harnblase 773 Entzündungsreaktionen 550, 792 Enzalutamid 708 Enzyme 479 Enzyminhibitoren 479 EORTC QLQ C-30-Analyse 653 eosinophile Granulozyten 401, 526, 606 EpCam 636 EphR 60 Ephrin 447 Epigallocatechin-Gallat 697 epigenetische Kanzerogene 265 epigenetische Veränderung 267 4-Epirubicin 683 Epirubicin 775 Epithelzellen 384, 514 Epo 776–777 Epratuzumab 743 EPS8 105 Epstein-Barr-Virus (EBV) 507 ERαα 704 erbB 272 ERBB2/HER2 759 Erbrechen 777 Erdafitinib 722 Erholungsphase 795 Eribulin 680 Erlotinib 719 Ernährung 697, 814 Erschöpfungsphase 795 erworbene Immunabwehr 376, 486, 509 Eryptosis 221 Erythromycin 696 Erythropoietin 505, 776 ESR β 98 ESR- β 352 ESRα 98 ESR-α 352 ESRR/Estrogen Related Receptors-α 353 Essgenuss 814 Estramustin 672 Estrogen Related Receptors 95

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Ethanol 342 ethische Frage 815 ethisches Fehlverhalten 815 ethnischer Hintergrund 39 Ethylalkohol 358 Ethylalkohol/Ethanol 362 Ethylenimine 669 Etoposid 685–686, 776 ETV6-AML1 499 Euphorien 813 Europa 22 Eustress 794 Everolimus 727 Ews/fli-1 276 Ews (Ewing-Sarkom)-Transkriptionsfaktor 432 Exemestan 710 exogene (Tumor-)Antigene 511 Exonuklease 216 Exopeptidasen 779 Exosome 378 Expression embryonale Antigene 495 Extravasation 468 extrazelluläre DNA 380 extrazelluläre RNA 381 extrazelluläre Vesikel 377 extrinsischer Weg 541 Fab 595, 738 F(ab)2 595, 738 Fachbereichsrat 842 Fachwissen 834 FADD 231 FAK 108, 128 Faktor Ia 545 Faktor VIII 448 Falschangabe 833 familiäre Melanome 303 familiäre multiple endocrine Neoplasie, Typ-IIA, -IIB 304 familiärer Hyperparathyroidismus, familiäre multiple endocrine Neoplasie Type 1 299 familiäres adenomatöses polyposes Karzinom 297 familiäres Mammakarzinom 298 familiäres medulläres Schilddrüsenkarzinom 304 familiäres Paragangliom 302 FANC 286 Fanconi-Leukämie 298 Fantasievorstellung 841 Farnesyl-OH-Transferase-Inhibitoren 697, 701–702 FasL 228 FasL/Apo1 188 Fas-Ligand 522 FAS-Ligand 534

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Sachregister

FasR 73 Fcα/μ-Rezeptor 581 FcαR/μR 597 FcαRI 598 FcδR 597 FcεRI, 71 FCε-RIIa 582 FcγRI 71, 597 FcγRIIA 581, 598 FcγRIIB 581, 598 FcγRIIC 581, 598 FcγRIII 71 FcγRIII/CD16 533 FcγRIIIA 534, 598 Fc-R 70 Fc-Rezeptoren 533–534, 578, 588, 597–598 Fc-Rezeptor-homologe 582 FcɛRI 598 FcɛRIIa 598 FcɛRIIb 598 FcRn 598 Fc-Teil 448 FDC 588 Federal Trade Commission 843 Fedratinib 721 Fehlernährung 815 Fentanyl 829–831 Fer 116 FERM 114 FERM-Domäne 130 Ferroptosis 222 Fes 116 fetales Sulphoglykoprotein Antigen 504 Fettleber 813 Fettsäuren 809 fettsüchtig 815 FGF 447 FGF-5 272 FGF-R 1 496 FGFR-1 63 FGFR-2 63 FGFR-3 63 FGFR-4 63 FGFRvIII 759 Fgr 107, 117 Fibrillin 258 Fibrin 550 Fibrinogen 81 Fibrinolyse 543 fibrinolytische Enzyme 474 Fibroblasten 514, 526, 809 Fibromyalgie 785 Fibronectin 81, 258

Ficolin 538 FIH1 446 FIIa 545 Filamin 128 Filgrastim 777 Finasterid 709 Fischesser 819 Flavanone 337 Flavanonole 337 Flavi-Viren 412 Flaviviren 508 Flavone 336 Flavonoide 335, 697 Flavonole 336, 361 Flavonone 361 Flavopiridol 716 Flavopiridol/Alvocidib 717 Fleischesser 819 FLIP 231 FLT3 759 FLT3L 532 FLT3-ITD 497 flüchtige Kohlenwasserstoffe 315 Fluchtreflex 824 Fludarabin 676, 775 Fluorid 818 5-Fluorouracil 775 Fluorouracil/5-FU 678 Flutamid 707 Fms 273 Fms (CSF-1R) 281 FN1 498 FN14 73 Fokale Adhäsions-Komplexe 127 fokale Hypermethylierungen 643 Folinsäure 779 follikuläre B-Lymphozyten 585, 590 follikuläre dendritische Zellen 588 follikuläre T-Helfer-Zellen 573 Folsäureanaloga 674–675 Forkhead-Box-Protein P3 603 Formaldehyd 373 Formylpeptide 380 Fos 276, 281 Fosfestrol 708 FoxP3 602–603 Fps 116, 274, 281 Frat 1 137 Freudlosigkeit/Anhedonia 801 Fringe-Protein 138 Frizzeld-Rezeptoren 135 Frk 108, 117 Fruchtblase 430

Sachregister

frühkindlichen Prägung 803 FSH 505 FSH/Follikel-Stimulierendes Hormon 704 FSH/Follitropin 626 FTC 843 Fucosyl GM1 503 Fucosyl-alpha1-Ceramid 503 Fucosyl-Lactos-amino-Lipid 503 Fucosyltransferase 505, 639 Fulvestrant 706 Fumonisine 332 funktionelle Tumorspezifität 491, 763 funktioneller Schmerz 822, 827 FV 738 FVII 541 FVIIa 544 FXa 545 FXIIa 542 FXIIa (Hageman-Faktor) 544 Fyn 107, 117, 558 FYVE-Zink-Finger 113 FZD 135 G (Guanosinnukleotid)-Protein-gekoppelte Rezeptoren 50 GAAD45 183–184, 186 GABA-A-Rezeptoren 90 GABA-C-Rezeptoren 90 GABA-Rezeptoren 343 Gadd45-Familie 153 GAGE 501 Galaktosyltransferase 505, 639 Galiximab 743 Gallussäure 335 Galusertinib 752 Gamma-Sekretasen 101–102 Ganirelix 712 ganzheitliche Behandlungsverfahren 836 Gap-Period 150 Gaps 452 Garnder-Syndrom 297 GAS 795 Gastrin 505, 508 Gastrin releasing Peptid 505 GCN20 694 G-CSF 777 γδ TCR-T-Ly 608 GD2 759 Gedächtnis-T-Lymphozyten und Gedächtnis-B-Lymphozyten 407 Gedächtnisverlust 818 Gefäßdichte 460, 463 Gefäßdurchmesser 460

Gefäßentzündungen 809 Gefäß-Permeabilität 465 Gefitinib 719 Gefühlsempfindungen 798 Gehirnaktivität 782 Gelatinasen 473 Gelbkörper 354 Gelborange S 334 Gelenksentzündungen 809 Gemcitabin 678, 775 gemeinsame Endstrecke 539 gemeinsamer Weg 542 Geminin 194 GemOx 772 Gemtuzumab 743 Gemtuzumab/Ozogamicin 746 General Adaptation Syndrome 795 genetische Homogenität 485 genetische Stabilität 485 genetischer Hintergrund 39 Genkonversion 215 genomische Instabilität 306 gentoxische Karzinogene 319 geometrischer Gefäßwiderstand 461 George Soulie 841 gereinigte Tumorantigene 763 Gerinnung 540 Gerinnungsfaktoren 480 Gesamt-Überlebensrate 650 Gestagene 705 gesunde Ernährung 815 Gewebefaktor TF 544 GF 230 GFR 59 GH 812 Ghrelin 626, 806 GICR 19 Gip 275, 281 GITR 74 Glaswolle 374 gleichwertige (äquipotente) Tochterzelle 427 Glesatinib 722 GLGF 107 Gli 276, 281 Glückshormone 804 Glucosinolate 335, 337 Glukagon 508 Glukokortikoide 249, 797 Glukokortikoid-Rezeptor 249 Glukokortikoid-Rezeptor α 98 Glukokortikoid-Rezeptoren (GCCR) 95 Glutamat-Rezeptoren 90 Glutathion-Peroxidase 366

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Sachregister

Glutathion-S-Transferasen 691 GlyCAM 83, 584 Glycin-Rezeptoren 90 Glykämie 813 Glykosylierungsmuster 491 Glypican 812 GM-CSF 777 GM-CSF, G-CSF, M-CSF 448 GML 188 GMP 52 GnRH-Agonisten 705 GnRH-Analoga 713 GnRH-Antagonisten 713 GnTV 501 Gonadoliberin1 626 Gonadoliberin2 626 Gorlin-Syndrom 301 Goserelin 710–711 GPER-1 353 G0-Phase 150 G1-Phase 150 G2-Phase 150 GPIIb/IIIa 82 GPR30 353 G-Protein-Rezeptoren 55, 87 GRAB 104 Grading 14 Granisetron 778 gran-MDSC 604 Granulozyten 383, 519, 528 Granulysin 521 Granzym A 521 Granzym B 521 Granzyme 224, 226, 534 GRB 104 Grb2 119 GRE 797 GRIP-1 351 Gr-MDSC 807 Grouche 137 GRP/PP148 637 GSK3 135 GSK3359609 749 Gsp 275, 281 GST 691, 693 γ-Strahlung 374, 417, 661 Guanylyl-Rezeptoren 50 GvHR 772 GvLR 772 H2 104 H2S 53 Haarnadel 294

Haft-Komplex 255, 383, 452 Hageman-Faktor 547 hairpin 294 Halbwertszeit 420–421 Halichondrin B-Analoga 680–681 halogenierte Ether 322 halogenierte Kohlenwasserstoffe 323 Halogen-Kohlenwasserstoffe 361 Hämoglobin 637 Haut 809 Hautinfektionen 813 Hautorgane 809 Hautpunkte 841 Hayflick-Grenze 199 HBV 412, 604, 763 HCG 504 HCII 543 Hck 108, 117 HCMV 536 HCV 412, 604 HDAC/Histon-De-Acetylase-Inhibitoren 700 HDM 269 HDM-2/ 188 HDR 204 HDR (Homology directed Repair Mechanisms) 215 Heat-Shock-Proteine 96 Hedgehog-Proteins 139 Hedgehog-Signalweg-Inhibitoren 697 Heilung 833 Heilungschancen 30 Helfer-T-Lymphozyten 572 Helferzellen 532 Helicase 199 Helikase 194, 217 Helix-Loop-Helix/Leucin-Zipper 171 Hepa-DNA- 412 Hepa-DNA-Viren 507 Heparin 81 Hepatitis B-Virus (HBV) 507 Hepatitis-B-Virus Vakzinen 764 Hepatitis-C-Virus (HCV) 508 HER2 63, 281, 496 Her2/neu 273 HER3 63 HER4 63 herditäres lobuläres Mammakarzinom 303 hereditäre juvenile Polyposis des Kolon 299 hereditäres diffuses Magenkarzinom 303 hereditäres nonpolyposes Kolonkarzinom 299–300 hereditäres Retinoblastom 301 Herpes-Viren 411, 506 Herstellung muriner, chimärer oder humanisierter monoklonaler Antikörper 734

Sachregister

Herstellverfahren 833 Herz/Kreislauf 786 Herz- und Kreislauferkrankungen 801 Herz-Kreislauf 786 Herzkreislaufversagen 819 HEV 585 Hexokinase 505, 639 HGFR 60 HGF-R/ MET 497 HIF-1 456 Hirntumor 786 Hispanos 40 Histamin 395, 824 Histaminase 505, 639 Histon 191, 268 Histon H2AX 213 Histon-Acetylase-Inhibitoren 697 Histonacetyltransferase 268 Histon-Deacetylase 268 Histon-Demethylase 269 Histone 380 Histonmethyltransferase 269 Histon-Oktamere 191, 198 historische immuntherapeutische Verfahren 731 Histrelin 710–711 HIV 414, 604 HLA 516, 536 HLA-kompatibler Spender 771 HMGB1 380 HMT 269 HNPCC3 300 hochaffine Antikörper 526 hochindustrialisierte Territorien 42 Höhe der Toleranz 802 Holliday-Struktur 216 Holzstaub 374 Homöopathie 833, 836, 841–842 Homöostase 47, 255 Hoogsteen-Bindungen 198 hormonale Tumortherapeutika 706 Hormone 504, 782, 807, 812 Hormontherapie 697, 703 hotspots 640 Hox-11/TCRα 279 Hox-11/TCRβ 279 HPL 504 HPV 410, 763 HRE 351 HRF 596 Hrk 243 HSP 351, 380, 692 HSP (Heat-Shock-Protein) 694 hst 272

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HSTF1 281 HSV 411, 413 HSV1 767 HSV1-Lebendimpfstoff 768 5-HT3 Serotonin-Rezeptor 90 hTERT 278 HTLV-1 412 HTLV-2 412 HtrA2 225 HtrA2/Omi 239 Hüftgelenke 786 humane Antikörper 734 humane monoklonale Antikörper 735 Humane Papillomviren (HPV, > 100 Typen) 506 Humane Papillomvirus Vakzinen 764 Humanes Herpes-Virus 4 (HHV-4) 507 Humanes Herpes-Virus 8 (HHSV-8) 506 Humanes T-Lympho-tropes Virus 1 (HTLV-1) 507 Humanes T-Lympho-tropes Virus 2 (HTLV-2) 507 humanisierte Antikörper 734–735 humorale Immunreaktion 572 HVA 637 HVEM 74 HvGR 772 Hydrocodon 829, 831 Hydromorphon 829–831 Hydroxycarbamid 674 Hydroxylradikale 364 Hydroxyurea 679 Hyperalgesie 825 Hyperfibrinolyse 544 Hyperkortisolismus 813 Hyperlipidämie 786 Hypermethylierung 284 Hyperoxid-/Superoxid-Anion-Radikale 383 Hyperplasie 3 Hyperthyreose 813 Hypochondrie 815 Hypofibrinolyse 544 Hypomethylierung 268 Hypoxie 375 Hypoxie-induzierte Faktoren 432 IACR 19 IAPs 225, 232 Ibandronat 778 Ibritumomab 743 Ibritumomab-Tiuxetan 747 Ibrutinib 719 Ibuprofen 830 iC3b 81, 540 ICAD 225, 232, 237 ICAM 566

862

Sachregister

ICAM-1 78, 584 ICAM-2 79 ICAM-3 584 ICD 23–24 ICE 771 ICOS 562, 565 ICOS-Ligand 579 Idarubicin 683, 775 Idelalisib 727 ideologisch-weltanschauliche Gründe 833 IDH1-(mutiert) Isozitrat-Dehydrogenase 1 Inhibitoren 702 IDO 605, 620 Ieramilimab 752 IFN α, -β und -γ 406 IFN-α 593 IFN-α con 755 IFNγ 534, 571, 593, 812 IFN-R 69 Ifosfamid 672, 774 IgA1 579–580, 597–599 IgA2 579–580, 597–599 IgD 579–580, 597–599 IgE 573, 579–580, 597–599, 797 IgE-Antikörper 595 IGF 793 IGF1R 63 IGFBP 793 IGF-BP3 183, 186 IgG1 579–580, 597–599 IgG2 579–580, 597–599 IgG3 579–580, 597–599 IgG4 579–580, 597–599 IGHT 230 IgM 579–580, 597–599 IgM-Gedächtnis-B-Lymphozyten 589 Ignoranz 617 IGRT 665 IKK 142 IKK1 145 IL-2 755 IL-2 + Histamin 755 IL-3/Ig 280 IL-4 573, 593, 812 IL-5 593 IL-6 593, 812 IL-7 593 IL-9 573, 593 IL-10 593, 604–605, 610–611, 619 IL-11 777, 812 IL-13 593, 605 IL-15 533 IL-17 572

IL-18 380 IL-1Ra 388 IL-21 573, 593 IL-22 572 IL-25 593 IL-26 593 IL-31 593 IL32 α, -θ, -δ 593 IL-32β,γ 593 IL-33 380 ILC 531 ILC2/-10 609 ILC3 609 ILC1-Gruppe 532 ILC2-Gruppe 532 ILC3-Gruppe 532 ILC-Helferzellen 532 IL-2-Diphterietoxin Fusionsprotein (DenileukinDifitox) 755 IL-R 68–69 ILT2 536, 617 Image Guided Radio-Therapy 665 Imatinib-Mesylat 718 immune surveillance 485 Immunglobuline 579, 637 Immunglobulin-Gen-Superfamilie 78 Immun-Komplexe 606 Immunkonjugate 739 Immunogen 601 immunologische Synapse 510, 514, 518, 555, 558, 567, 748 Immunresistenz 616 Immunsuppression 413, 772, 802 Immunsuppressiva 487 immunsuppressive Wirkstoffe 619 Immuntherapie 697 Impfstoffe 762 IMRT 665 inaktivierende (mit Funktionsverlust verbundene) 716 Incagno 01876 750 Indigokarmin 334 Indigotin 334 Indium 664 Individuelle Gesundheitsleistung/IGEL 835 Indolamin Dioxygenase 605 Indolamin-2,3-dioxygenase 620 Induktions-Therapie 771 induzierte Stammzellen 429 Infektionen 813 Infektionsgefahr 807 Infektionsrisiko 792 Infigratinib 721

Sachregister

Infiltration 469 inflammatorische Caspasen 223 inhibierende Immunkontrollpunkte 748 Inhibin B 637 Inhibine 132 Inhibitoren 471, 543, 700 Inhibitoren der zellulären Signaltransduktion 717 Inhibitoren des Hedgehog Signalweges 701 Inhibitoren von Osteoklasten 778 Initiation 263 Initiationsphase 193 Initiationsproteine 194 Initiator-Caspasen 223 Initiator-Sequenz 163 INK4 153 inkomplette Stimulierung 568 Innate Lymphoid Cells 531 Inotuzumab/Ozogamicin 746 INPP5D 107 INPPL1 ( 124 Insertion 264 Insulator 164 Insulin 508, 793, 806 Insulin-R 59 Insulin-Resistenz 813 Insulin-Sensitivität 809 Int-2 272 INT2 281 Integrin α-4/β-1 584 Integrin (αvβ3) 452 Integrin CD11a/CD18 566, 584 Integrine 80, 127 intensitätsmodulierte Strahlentherapie 665 Interferon 448 Interferon-α 2a 755 Interferon-α 2b 755 Interferone 387 Interkalatoren 683–684 Interleukin 388, 448 Interleukin-4 528 Interleukin-5 528 Intermediärfilament 255 Interphase 151, 193, 196 interstitieller Blutplasmafluss 461, 465 interstitieller Druck 461, 465 intrazelluläre Domäne 54 intrazelluläre Rezeptoren 56 intrinsischer Aktivierungsweg 235 intrinsischer Weg 542 Intussusception 453 Invasion 14, 469 In-vitro-Immundiagnostik 634 In-vivo-Immundiagnostik 634

Inzidenzrate 19 Iod 664 Iod-123 421 Iod-125 421 Iod-131 421 Ionenkanal-Rezeptoren 50, 56, 89 Ionen-Strahlung 659 Ionisation 657 ionisierende Strahlung 325 Ionisierung 416 IP3 52, 125 IPAF 241 Ipilimumab 751 IP3-Rezeptor 91 IPS/Idiopathisches Parkinson Syndrom 785 IRAK 144 IRAK/TOLLIP 144 Iridium-192 421 Irinotecan 686, 776 Irisdiagnostik 841 Irrtümer 841 IRS-1 105 Isoferritin 504 Isoflavone 336–337, 361 Isoprenoide 362 Isothiocyanate 335, 337 Isotopen-Batterien 421 Isotypenwechsel 577 Isotyp-Switch 587, 589 Isotyp-Wechsel 573 ITAM 50, 55, 71–72, 533 ITIM 50, 55, 71–72, 533 ITK 118 Itraconazol 696 iTreg 602–603, 608 iTreg 35 608 Ivosidenib 702 Ixazomib 699 Jag1 137 5-Jahres-Überlebensrate 654 10-Jahres-Überlebensrate 654 JAK 129 JAK2 108 J.C.-Virus 410, 506 JH-1 130 JNK-Isomere 122, 235 Jodid 818 Joining 587 Jun 277, 281 KAI1 291, 481 Kalium-40 420

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Sachregister

Kallidin 547 Kallikrein 474, 547 Kalziumionen 52 Kanzerogen 307 Kapillarangiogenese 460 Kapillare 446, 452, 459 Kaposi-Sarkom-Herpes-Virus (KSHV) 506 Kappa-Kasein 505 Karyokinese 151–152 Karzinogen 314, 373 Karzinogenese-Hypothese 272 Karzinome 11 Karzinoplazentale alkalische Phosphatase 504 Katalase 343, 366 Kationen-Kanäle 824 kationische Proteine 479, 520 Keimzellen, Keimblattzellen 9 Keimzellmutation 271 Ketamin 831 Ketokonazol 705, 711 3-Ketosteroid-Rezeptoren 98 KGF 777 Ki67-Antigen 458 Kinaseinhibitoren 697 Kinase-Rezeptoren 49 kindliche Tumorerkrankungen 654 Kinine/Bradykinin 824 Kininen 547 Kininogenen 547 Kininsystem 547 KIR 55, 70, 533–534, 536, 574 KISS1 292, 481 Kit 64, 273 Kit (SCF-R) 281 K.I.-Virus 506 klassische Akupunktur 842 klassischer Typ 523 klassischer Weg 537 kleine Arterien 446 Kleinkind 42 KLGR 61 klinische Vergleichsprüfung 833 klinischer Beweis 833 klinischer Prüfplan 833 klinischer Wirksamkeitsnachweis 834 KLK4 505 klonale Entwicklung 427, 436 KLRC3 533 Kniegelenke 786 Knochenschäden 778 Kobalt-60 421 Kochsalz 334 kognitive Leistung 798

Kohlenstaub 321 Kohlenstoff-14 420–421 Kohlenstoffionen 660 Kojisäure 332 Kollagen 81, 258, 455, 550 Kollagenasen 473 Kollagenfaser 256 Kolloid-Osmotischer Strömungs-Druck 463 Kolonkarzinom 305 kolorektale Tumore 819 Kombination von Zytostatika 696 Komplementaktivierung 599 komplementäre Behandlungsverfahren 835 Komplementfaktoren 448 Komplementrezeptoren 578, 588 komplette Remission 444 kompletter Antikörper 738 Konditionierung des Empfängers/Patienten 772 Konditionierungs-Therapie 771 konkurrierende Aktivierung 809 kontraktile Zellen 459 Kontrazeptiva 358 Kontrollmechanismen 47 Konvektion 463, 466 Konzentrationsfähigkeit 836 Körperhöhlen 469 körperliche Tätigkeiten 784 Korpuskuläre Strahlung 417 Kortikosteron 797 Kortisol 249, 626, 797, 803, 812 Kortison 812 K-Ras 498 krebsbedingte Mortalitätsrate 21 Krebserkrankungen 819 krebskranke Kinder 30 Krebsneuerkrankungen 33 Krebsregister 19 Krebssterbefälle 33 Krebs-Überlebensrate 21 Kreuzresistenz 687, 696 κ-Rezeptoren 829 Kritikkompetenz 835 K-Sam 273 K-Sam (FGFR2) 281 Ku70 214 künstliche Strahlung 420 Kupffer’sche Zellen 525 kurative Tumortherapie 649 kurzlebige Plasmazellen 614 Kynurenin 605, 620 Labetuzumab 746 Lactoferrin 505

Sachregister

Lactone 323 Lactosamin 584 LAG-3 565, 604, 621 LAGE 501 LAM-1 584 Laminin 81, 258, 455 Langerhans-Zelle 561 Langerhanszellen 525 Langerin 386 langlebige Plasmazellen 615 Lanreotid 711 Laparaskopie 656 Laparatomie 656 Lapatinib 720 L-Asparaginase 773 LAT 105 Lateinamerika 23 Lck 108, 117 LCK/TCR 279 LCN2 811–812 LCR 163 LD 652 L-dopa-Decarboxylase 505 L-DOPA-decarboxylase 639 Lebensalter 373 Lebenserwartung 342, 819 Lebensmittelunverträglichkeit 815 Lebensrisiko für Tumorerkrankung 44 Lebensrisiko für Tumortod 44 Lebenszeit-Tumor-Erkrankungsrisiko 20 Lebenszeit-Tumor-Todesrisiko 20 LECAM 83 leichte Ketten 579 Leitlinie 833–834 Lenalidomid 765 Lendenwirbelsäulenschmerzen 842 Lenograstim 777 Lenti-virale Genfähren 759 Lenvatinib 722 Leptin 806, 811–812 Lernfähigkeit 835 Leronlimab 744 LET 660 Letrozol 709 Leuchtfarben 422 Leucin-Aminopeptidase 505, 639 Leukämien 9, 819 Leukotriene 394 Leukovorin 779 Leukozytenelastasen 474 Leuprorelin 710–711 LFA 566 LFA-1 81, 584

LFA-2 79 LFA-3 79, 584 LH/Lutropin 626 Libido 344 Liebes- und Fortpflanzungsfähigkeit 801 LIF 389, 812 LIF-R 68 Li-Fraumeni-Syndrom 302 Liganden für Todes-Rezeptoren 248 Lignane 362 Lin28 429 Linien-Spezifität 427 Lipasen 522 Lipocortine 797 Lipoproteine 379, 525 Liposomen 683 Liprin-α1 104 Lirilumab 753 L-myc 277 LNGF-R (DN-8) 74 lokale Anästhesie 828 lokale Ansiedlung 469 lokale Entzündungsprozesse 809 Lomustin 669 Lomustin (CCNU) 774 Lonafarnib 701 Lorlatinib 726 Lösungsvermittler 344 Louis-Bar-Syndrom 297 LPS 525 LRDD 249 LRP 135, 690 L-Selectin 385 LT β 228 LTB4 797 LTβ R 73 LTKR 60 Lumiliximab 744 Lungenerkrankungen 819 Luteoskyrin 332, 374 Lyl-1/TCR β 279 Lymphangiogenese 460 Lymphgefäße 469 Lymphkapillaren 459 lymphoide DC2 561 lymphoide Stammzelle 589 Lymphome 9, 819 Lymphozyten 525 Lyn 108, 117 lysosomale Enzyme 525 M2 602 MAC 235, 396

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Sachregister

MAC/C5b678-(nx9) 540 Mac-1 81 Mac-2 84 Mad 171 MAdCAM 79, 83 MADH4 288 MAGE 501 Magen-Darm-Entzündung 777 Magen-Darm-Schädigungen 773 Magenkarzinom 305 Makrophagen 383, 406, 514, 519, 523–524, 606 Makrophagen-Granulozyten 519 makrozyklische Laktone 362 maligne Tumoren 3 Mammae 479 Mammakarzinom 305 Mangel-Diät 815, 818 Mangelernährung 815, 818, 836 mangelnde Expression 617 Mannose-Bindendes Lectin 538 MAP2K4 121, 235 MAP3K5 121 MAPK 120, 122, 144, 235 MAPK/ERK 120 Maraba-Virus 767 Marburger Erklärung 842 Marco 386 MART 499, 501 Mas 281 Mas 1 274 Masern-Virus 413 MASP 538 mäßige körperliche Aktivität 794 Massive Parallele Sequenziertechnologie 640 Mastzellen 573 Mastzelltryptase 448 Matk 108, 117 Matrilysin 474 Matuzumab 745 Maulbeerstadium 429 MAVS 380 Max 171–172 Maximale Arbeitsplatz-Konzentrationen 319 MBV 767 MCF-2 281 MCF.2/Ost 275 MCL1 276 Mcl-1L 244 Mcl-1s 244 MCM 194 MCP 596 MCV 410 MDA5 387

MDD 803 MDM-2 159, 188, 248, 276 MDR 690 MDSC 602, 604, 609 ME1 499 mechanische Reizung 842 MED 652 Mediastinoskopie 656 Mediastinotomie 656 Mediatoren 479 medikamentöse Schmerztherapie 828, 830 medizinisch-ethische Grundsätze 834 Medroxy-Progesteron-17-acetat 708 medulläre Thymusepithelzellen 555 MEF2 235 Mefloquin 696 Megestrolacetat 708 Mehr-Felder-Technik 664 Mehrzellstadium 429 MEK 120 Melanocortin 626 Melanoliberin 626 Melanostatin 626 Meloxicam 830 Melphalan 673, 774 Membran-MMPs 474 membranständige Rezeptoren 49 MEN1 286 MEOS 343 Mepolizumab 747 6-Mercaptopurin 676 Meridiane 841 Merkel-Virus 506 MESNA 779 Mesoderm 6 MET 273 Metabolisches Syndrom 813 Metalle 324–325 Metallionen 324–325 Metalloelastasen 474 Metallo-Matrix-Proteasen 345 Metamizol 830 Metaphase 152 Metaplasie 4 Metastasen 467 Metastasierungssuppressor 266, 290, 471, 716 Methadon 830 Methotrexat 674 Methyladenin-DNA-Glykosylase 184 3-Methyladenin-DNA-Glykosylase 187 Methylbenzen et al. 323 Methylsalicylsäure 830 Metothrexat (MTX) 775

Sachregister

MGL-1 386 MGMT 691, 693 MHC-abhängige zytotoxische T-Lymphozyten 568 MHC-I 509, 514, 516, 554, 558, 564 MHC-II 509, 516, 525, 554, 558, 564, 591 MHC-II-Molekül 513 MHC-I-Molekül 408, 511, 533 MHC-I-Restriktion 558 MICA, MICB 386 Midostaurin 720 Migräne 842 Migration 452, 471 Mikroglia 523, 525 Mikrogliazellen 625 Mikro-RNA 267, 294 Mikrosomen 365 Milchproduktion 806 Milchproteine 505 Milchsäurebakterien 818 Mineralokortikoide 626 Mineralokortikoid-Rezeptor 96 minimale Akupunktur 842 miRISC 295 MIRL 596 miRNA 381 MIS 132 mischfunktionelle mikrosomale Monooxidase 315 Mismatch-Repair 203 Missbildung 359 Mitochondrien 364, 380 Mitomycin 775 Mitomycin C 685 Mitose 151–152 Mitose-Spindelgifte 679 Mitotan 699 Mitoxanthron 683 MKK4 292, 481 Mlh1 278 MLH1 286 M1-Makrophagen 525, 534, 809 M2-Makrophagen 525, 534, 604, 606, 609, 807 MMP 468 MMP-9 605 MMR 203, 385 MMR, Mismatch-Repair 211 Mnt 172 Mogamulizumab 744 Molekulardiagnostik 640 molekulares Mimikry 408 Molgramostim 777 Mo-MDSC 807 Momelotinib 721 monoklonale 7s Antikörper 743

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monoklonale Antikörper 464, 733 monoklonale Antikörper spezifisch für Tumorassoziierte Antigene 743 mono-MDSC 604 Mononukleäres Phagozytose-System 523 Monozyten 523 monozytoide/interstitielle DC 561 Morbus Recklinghausen 300 Morphin 829–831 Mortalität 342 Mortalitätsrate 19, 26 Mos 274, 281 Motorkraftstoffe 321 Moxetumomab 743 Moxibustion 841 M-Phase 150 M2-PK 638 MPS 640 MPTP 220 Mre-11 214 MRN 212, 216 MRP 694 MRP1 690 MRT/Magnet-Resonanz-Tomographie 442 MRX 695 MSH2 286 MSH-6 286 MT/Metallothionin 691, 693 mTCR-T 757 MTD 652 mtDNA 380 MTE 163 Mucin K 501 Mukositis 773, 777 multi- und oligopotente Stammzellen 428 Multi-Mineral-Ergänzungen 818 Multiple Sklerose 786 MUM 502 murine monoklonale Antikörper 734 Muskelatrophie 792 Muskelentzündungen 809 Muskeln 791 Muskeltonus 782 MuSKR 61 Mutation 204 Mut-L-Proteine 211 Mut-S-Proteine 211 MVP (Major Vault-Protein) 690, 692 MXI-1 172 MYB 277, 281 myb/TCRα 279 Myc 158, 281 myc/Ig-Gene 279

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Sachregister

myc/TCRα 279 Myc-Familie 171 Myc(L) 281 Myc(N) 281 Mycoöstrogene 358 MyD88 106, 144 Myelin-Lipide 379 Myelin-Proteine 379 myeloide Stammzellen 10 myeloide Suppressorzellen 604 myeloische DC 561 Myeloperoxidase (MPO) 639 Myelosuppression 773, 776 Mykotoxin 328 Nabelschnurblut 430 Nachladeverfahren 662 Nacken- und Schulter-Bereich 842 NA-Doppelstrangbrüche 204 NADPH-Oxidase 366, 605 Nafarelin 712 Nahrungsmittel 374 Nahrungsmittelergänzungen 836 naive T-Lymphozyten 514, 554, 567 naive zytotoxische T-Lymphozyten 514 Naloxon, Naltrexon 829 NALP 387 NAMPT 812 Nanog 429 Naproxen 830 Natrium-22 420 Natürliche Killer-T-Lymphozyten 569 Natürliche Killerzellen 406, 519, 532, 607 natürliche Strahlung 419 Navitoclax 701 NCA 504 N-CAM 79 NCK-1 104 NCOR 351 Nebenwirkungen 651, 835 Necitumumab 745 NecL-1, -2, -3, -4, -5 80 Nectin -1, -2, -3, -4 80 negative Selektion 554, 576 Nekroptose 220 Nekrose 220 Nelarabin 676 NEMO 142 neoadjuvante Therapie 650 Neoplasie 1, 4 NER/Nukleotid-Exzisions-Reparatur 203 Neratinib 720 Netose 222

neurochirurgische Verfahren 828 neurodegenerative Ursachen 819 neuroektodermale Zellen 8 Neurofibromatose Typ 1 300 neurogene Entzündung 824 neurogene Reflexe 824 Neurone 624 neuronspezifische Enolase (NSE) 639 neuropathischer Schmerz 822, 825, 827 Neuropeptid Y 625 Neuropoietin 812 Neurotransmitter (> = dominierend) 782 Neutralisation 619 Neutronen 659 Nevirapim 696 NEXT 138 NF1 287 NF2 287 NFκB1 141 NGF 626 N-Glykolyl GM3 763 NHEJ 199, 203 NHEJ, non-homologous End Joining 212 NHMRC 843 NICD 138 nicht antigenspezifische Immunisierung 731 nicht gentoxische Karzinogene 319 nicht professionelle APC 514, 517 nichtklassischer Typ 523 Nichtopioidanalgetika 830 nichtprofessionelle Antigen-präsentierende Zellen 511 Nichtsteroidale Anti-Androgene 705 Nichtsteroidale Anti-Östrogene 704 nichtsteroidale hormonaktive Stoffe 358 Nickel 374 Nikotin 316 nikotinische Acetylcholin-Rezeptoren 90 Nilotinib 718 Nimotuzumab 744 Nimustin 669 Nintedanib 723 Niraparib 700 Nitrate 373 Nitrite 327 Nitritoxidsynthase 352 Nitro-Alkane 323, 374 Nitrofen 333 Nitrosamin 315, 327, 331 Nitrosoharnstoffe 669–670 Nitrosyl- Häm 329 Nitroverbindungen 315 Nivolumab 751

Sachregister

NK-1R-Inhibitor 778 NKG 536 NKG2D 562 NKp 533 NKp30 536 NKp44 536 NKp46 536 NKR 536, 574 NKreg 602 Nkreg/regulative NK-Zelle 607 NKT 569–570, 574 NKT regulative Lymphozyten 608 NKT-Lymphozyten 574 NKtol 602 NKtol/tolerogene NK-Zellen 607 NKTreg 602 NK-Zellen-ähnliche T-Lymphozyten 574 NM23 292, 481 NMDA 829 NMDA-Rezeptoren 343 NMDA-Rezeptor-Inhibitoren 831 NMP-22 638 N-myc 277 N-Nitrosamine 324, 374 NNK 316 NO 53, 820 NOD 240, 382 NOD1 386 Non-Hispanos 40 Nonylphenol 361 Noradrenalin 625, 806 Noradrenalin/Adrenalin 798, 803 Normale Stammzellen 427 Normalzell-Präparate 764 Normoxie 446 Notch1 137 Noxa 243 nozizeptiver Reflex 824 nozizeptiver Schmerz 822, 827 Nozizeptoren 823 N-Ras 498 NSAID 375 NSE 638 NTD 652 nTreg 602, 607 NTrk 273, 281 NTRK-1/ TRKA 496 nukleäre Rezeptoren 50, 57, 91 Nukleasen 54 Nukleosom 198 Nukleotidexzisionsreparatur (NER) 207 „nur“ BH-3-Subfamilie 242

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NURF 193 Nutrients 821 O-acetyliertes GD3-Disialogangliosid 503 Obinutuzumab 743 Occludin 255 Ochratoxine 332 OCM 392 Oct-3/4 428 Octreotid 711 Octyl-3,4,5-Trihydroxybenzoesäure 339 Ofatumumab 744 Olaparib 700 Olaratumab 745 Oligodendrozyten 624 Omentin 810, 812 O6-Methyl-Guanin-DNA-Methyl-Transferase 691 omnipotente/totipotente Stammzellen 428 Omnivor 815 Ondansetron 778 Onkogen 266, 271, 280, 715 Onkogen-Produkte 491 Onkogensuppressor 283 Onkolytische Viren 766 Onkoproteine 715 Opiod-Rotation 830 Opioide 831 Opioid-Rezeptoren 825, 829 Oprelvekin 777 Opsonine 382 orale Kontrazeptiva 818 ORC 194 Oregovomab 746 organische Fasern 325 organische Zinnverbindung 358, 361 Organozinnverbindung 359 Ori 192 OS-1 499 OS1AP 107 Osimertinib 720 OSM 812 OSM-R 68 OSR 650 Ostase/BAP 638 Osteoarthritis 842 Osteoblasten 525, 809 Osteoklasten 525 Osteonectin 455 Osteopenie 813 Osteopontin 82 Osteoporose 813 Osteoprotegerin-R 75 Östrogen 351, 626

870

Sachregister

Östrogen-ähnliche Rezeptoren 98 Östrogen-Rezeptor 94, 327, 345, 352, 704, 713 Ox-40 74 Ox40 565 Oxaliplatin 670, 774 Oxicame 830 Oxidation von DNA-Basen 424 oxidierte Fettsäuren 809 Oxidierung von Nukleotiden 658 8-Oxo-2′-deoxyguanosin 367 Oxycodon 829–831 Oxymorphon 830 Oxytocin 626, 804 Ozeanien 23 p16-Familie 153 p16 (INK-4)-Familie 156 p21 182, 186 p21 (CIP/KIP)-Familie 156 p21-Familie 153 P2XM 189 p53 177, 188, 213, 248, 264, 281 499 767 p53-Familie 177 p63 188–189, 248 p73 188–189, 248 p107 158, 161 p130 158, 161 Paclitaxel 680, 776 Pacritinib 721 PACT 142 PAI-1 543, 811 PAK 321, 327, 331, 373 PAK/PAH 315 PAK2 225, 232 Palbociclib 718 Palifermin 777 palliative Reduktion 657 palliative Tumortherapie 650 Palonosetron 778 Pamidronat 778 PAMP 509 PAMPs 143, 377, 384, 400, 449, 525, 533, 542 panel 640 Pangolin 137 Panitumumab 745 Pankreaskarzinome 819 Panobinostat 700 PAP 638 Papovaviren 410–411, 506 PAR 448 Parabene 360 Paracetamol 830 parakortikale Zone der Lymphknoten 585

parakrin 48, 807 Parasiten 604 Parathyreoides Hormon 505 PARP 225, 232, 700 PARP/Poly (ADP-Ribose) Polymerase-Inhibitoren 697 Parthanatos 222 partielle Remission 444 Partikelstrahlung 659, 661 Patulin 332 Paxillin 128 Pazopanib 723 PCB 360 PCLP 83 PCNA 159, 183, 187, 217, 458 PD 443–444 PD1 562 PD-1 565, 604, 621 PDECGF 447 PDFGRα und β 64 PDGFβ/sis 281 PDGFR 59 PDGFRB 497 PD-L1 565, 621 PDZ 113 PDZ-Domäne 103 PECAM 79 PEG 683 PEG2 620 PEG-Asparaginase 699 PEG-Filgrastim 777 PEG-Interferon-α 2a 756 PEG-Interferon-α 2b 756 Pembrolizumab 751 Pemigatinib 721 Pentazocin 829, 831 Pentostatin 676 Peptid-Rezeptor-Radionuklid-Therapie 663 Per-Fluor-Octan-Sulfonate (PFOS) 324 Perforin 534 Perforin-1 521 Perforin-2 521 periphere Deletion 618 periphere Fibromatose 300 Perizyten 459 Perlacan 455 Perlecan 455 Permeabilität 461 Permeabilitäts-Transitions-Poren-Komplex (PTP). 237 Permetrexed 674 Peroxide 327, 331 Peroxiredoxin 366

Sachregister

Peroxynitrit 369 Pertuzumab 744 Pestizid 359, 373 PEST-Sequenzen 141 PET/Positronen-Emissions-Tomographie 442 Pethidin 829, 831 Peutz-Jeghers-Syndrom 302 PEX 456 Pexidartinib 724 PF-04518600 749 pFcR 598 Pfeffer 697 PFSR 651 PGE2 605–606 PGP 690 PGR-A-Progesteron-Komplex 354 PGR-B-Progesteron-Komplex 354 PH 113 Phagentechnologie 736 Phagolysosom 525 Phagozytose 384, 525, 537 Phagozytoseaktivität 526 Pharmakokinetik 462 Pharmawerbung 833 PH-Domäne 103 Phenazon 830 Phenole 315 Phenolether 335 Phenylessigsäure-Derivate 830 2-Phenylpropionsäure-Derivate 830 PhiP 331 PhIP 362 PHLPP 124 PHM 625 Phosphatase CD45 558 Phosphatase SHP-1 558 Phosphatase und Tensin-Homolog 691 Phosphatasen 50 Phosphatidyl-inositol-4,5-Signalweg 88 Phosphatidylinositolkinasen. 124 Phosphatidylserin 378–379 Phosphoinositol-3-Kinase 727–728 Phosphoinositol-3-Kinase-Inhibitoren 727 Phosphoinositolkinasen 123 Phosphokinasen 50 Phospholipase C (PLC) 87 Phospholipasen 51, 103, 111, 522 Phospholipid-Doppelschicht 377 Phosphor 663 Phosphorsäureamid 323 Phosphotyrosin 107 Phthalate 360 Physiotherapie 835

Phytoöstrogene 358 Phytotherapie 835 PI3K 124, 144 PI3K/AKT 122 PI3K/Akt-1-Signalweg 352 PIDD 249 PIDDosoms 233 PIG3 184, 187 PIGF 447 PIK3AP1 107 PIK3R1 104 Pilze 604 PIN1 138 pinke Fettzellen 806 PIP2 125 Piperidin 697 Piritramid 829, 831 Piroxicam 830 Pixantron 684 PKR 121, 143 Placebo 833 Placebo-Effekt 843 PLAP 638 Plasmazellen 588, 594, 614 Plasmin 543 Plasminogen 543 Plasminogen-Aktivatoren 448, 474 Plastizität 525 Platinderivate 670–671 Plazenta Debris 379 PLC 123 PLC (Phospholipase C) 125 Plerixafor 766 pluripotente embryonale Stammzellen 428 Plutonium-238 421 Plutonium-239 422 PML-RARalpha 500 PMS1 278 PMS2 278 Pnad 83 Pocken-Virus 413 POFUT 138 Pökeln 327 Pökelsalze 334 Polarisierung 525, 605 Polatuzumab 747 Polonium 210 314 polybromierte Biphenylether 358 Polyomaviren 410, 506 Polyphenole 338 Polyprolin-Motiv 354 Pomalidomid 766 Ponatinib 719

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Sachregister

Porin 237 positive Selektion 554, 576, 585, 588 postembryonale Stammzellen 430 Post-Kapillaren 446 postmitotische Ruhephase 151 postranslationale Glykosylierung 503 posttranslationale Modifikationen 495 Potenzierung durch Verdünnen 842 PR 443–444 Prä-B-Lymphozyt 575, 590 PRAD-1 278 PRAD-1 (Cyclin D1) 281 Prägung/Aktivierung naiver T-Lymphozyten 560– 561 Prä-Kapillaren 446 Pralatrexat 675 Präneoplasie 265 Prä-Replikations-Komplex 194 Präsentation 408 Prävalenzrate 19 pRb 158, 160 PRDX5 499 precursor-microRNA 294 pre-miRNA 294 8-Prenylnaringenin 358 Presenilin 138 PRIL 229 primäre Aktivierung 549 primäre mikro-RNA 294 primäre Resistenz 687, 712 Primase-Komplex (Primosom) 196 Priming 196 PRKAR1A 287 PRKRA 121 PRL 812 pro-apoptotisch 657 pro-apoptotisch wirkende Proteine 689 pro-apoptotische Adapterproteine 249 pro-apoptotische Caspasen 223 pro-apoptotische Proteine 248 Procarbazin 668 Procaspase-8 231 professionelle Antigen-Präsentierende Zellen 509– 510 professionelle APC 517 Progenitor-B-Lymphozyt 590 Progesteron 627 Progesteron-Rezeptor 97, 327, 353 Progression 266, 444 pro-inflammatorische Adipokine 807 pro-inflammatorische Gesamtlage 792 pro-inflammatorische Zytokine 525–526, 781 Prolactin-16 kDa 456

Prolaktin 627, 804, 812 Prolaktoliberin 627 Proliferation 471 Prometaphase 152 Promethium-147 422 Promotion 265 Promotor 265 Prophylaxe 649 Propyl-3,4,5-Trihydroxybenzoesäure 339 Prostacycline 394 Prostaglandine/PGE2 824 Prostatakarzinom 305, 786 Proteasen 51, 54 Proteasom-Inhibitoren 697, 699 Protectin 596 Protein C 448 Protein-Addukten 345 Protein-Kinase C 809 Proteinkinase XRCC7 214 Proteinkinasen 126 Protein-Phosphatasen 127 Proteoglykan 256 Proteolyse 619 Prothrombin-Kringle 456 Pro-Thymozyten 553 Protonen 660 Proto-Onkogen 270 PRR 377, 385, 490, 525, 588 PSA 505, 638 PSGL-1 84 psychische Belastung 786 psychische Situation 793 Ptc 139 PTCH 287 PTEN 124, 288, 691 PTEN (Phosphatase und Tensin-Homolog) 694 PTK2 108 PTK6 109 PTPRB 66 PTPRC 66 PTPRD 66 PTPRE 66 PTPRF 66 PTPRG 67 PTPRH 67 PTPRJ 67 PTPRK 67, 497–498 PTPRM 67 PTPRN 67 PTPRS 68 PTPRT 68 PTPRU 68 pTreg 602–603, 608

Sachregister

Puma 243 Punktmutation 264, 268, 270, 283 Purging 748 Purinanaloga 675–677 purinergische (P2x-) Rezeptoren 90 PX 113 Pyk2 128 PYPAF5 241 pyp3-Phosphatase 153 Pyrazolone 830 Pyrimidinanaloga 677–679 Pyroptose 222 Pyrrolizidin-Alkaloide 333 Quadrupelhelix 198 Quercetin 697 radioaktive Nuklide 314 Radiochemotherapie 665 Radiochirurgie 665 Radio-Embolisierung 662 Radiohormon-Therapie 666 Radioimmun-Therapie 663 Radionuklid 420–421 Radionuklid-Therapie 662–663 Radiotherapie 657 Radium 664 Radium-226 314, 421 Radon-220 (Thoron) 421 Radon-222 (Radon) 421 Raf-A 282 Raf-B 282 Raf-C 282 Raf-Proteine 120 RAG 531 RAIDD/CRADD 233 Ralitrexed 674 Ramucirumab 745 randomisierte, kontrollierte Studien 833 RANK 74 RANKL 229 RARA/PML 280 Ras (H) 282 Ras (K) 282 Rasburicase 779 RasGAP 106 RasH 275 RasK 275 RasN 275 Ras-Proteine 119 Ras-Superfamilie 110 Rastermutation 264, 270, 283 RB1 288

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RBP4 811–812 RCE-1 102 reaktive Sauerstoff-Spezies 364 reaktive Stickstoff-Sauerstoff-Spezies 368 Recombination Activating Gene 531 5-alpha-Reduktase-Hemmer 705 5-α-Reduktase-Inhibitoren 713 Regorafinib 724 Regulated Cell Death 222 regulative Myeloische Zellen 604 regulative NK-Zellen 533, 609 regulatorische T-Lymphozyten 560 regulatorische TSA/TAA-spezifische T-Lymphozyten 618 reife B-Lymphozyten 587 reifer B-Lymphozyt 591 Reinkarnationstherapie 841 rekombinante Herstellung von humanen Antikörperkonstrukten 738 rel 277 Rel 282 RelA 141 relative Überlebensrate 20 Remifentanil 829, 831 Reovirus 767 Reparaturmechanismen 432 Replikation 193, 308 replikative Seneszenz 427 Replisome 195 Repressive Komplexe 171 Reserpin 696 Resistenzentwicklung 353, 687 Resistenz-Mechanismen in Tumorzellen 692 Resistin 811–812 Restin 456 Ret 273, 282 RET 497 retikuläre Fasern 258 retikuloendotheliales System 594 Retinoblastom-Protein 160–161 Retinoblastom-Proteine 158 Retinoic Acid Receptor 99 RetR 61 Rexinoid Receptor 99 Rezeptor für zyklische Nukleotide 91 Rezeptor-Editing 585 Rezeptor-Edition 576 Rezeptoren der Immunglobulinfamilie 54 Rezeptoren mit eigener Phosphokinaseaktivität 54 δ-Rezeptoren 829 μ-Rezeptoren 829 μ1 + μ2-Rezeptoren 829 μ2-Rezeptoren 829

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Sachregister

ζ-Rezeptoren 829 Rezeptoren ohne eigene Phosphokinaseaktivität 54 Rezeptor-Modulation 576, 585 Rezeptor-Tyrosinkinase 59 RHD 141 Rhenium 664 Rheumafaktor 594 Rheumatoide Arthritis 786 RHOGD12 292, 481 Rhom-1/TCRα 279 Rhom-2/TCRα 279 Rhom-2/TCRβ 279 Ribociclib 718 Ribosome-display-Verfahren 736 Rifabutin 696 Rifampicin 696 Rifapentin 696 RIG-I 387 Ringfinger 114 RING-Zink-Finger-Domäne 226 RIP/RIPK-1 233 RISC 296 RISK 295 Ritonavir 696 Rituximab 743 RNA-Helikase 387 RNAi 296 RNA-Interferenz 296 RNA-Polymerase 162 RNA-Reduktasen 160 RNase III 294 RNA-Viren 412 RNOS 368 RNS 345, 520, 525 Rohdaten 19 Roh-Paraffin 321 Röntgenaufnahmen 442 Röntgenstrahlung 374, 415–416, 661 ROR 60 Ros 274, 282 ROS 345, 364, 521, 525, 534 Rot 2G 334 rote Beete 820 Röteln-Virus 413 rotes Fleisch 328, 819 RPA 216 RSS 364 Rucaparib 700 Rückdiffusion 465 Rückfallrisiko 793 Ruhestadium 432 Ruß 321 Russische Akademie der Wissenschaften 843

Ruxolitinib 721 RYKR 61 RyR-1, -2, -3 91 S/MAR 164 S100 639 S100 Proteine 379 Saccharin 335 Sacituzumab 747 Safrol 333 SAGE 502 Salicylsäure-Derivate 830 Salvage/Rettungs-Therapie 772 Samarium 663 Sammelvenen 446 Sammelvenolen 446 SAP 130 379 Saponine 362 SARA 133 Sargramostim 777 Sarkome 11 SARM 705 Satraplatin 671 Sauerstoffpartialdruck 375 Sauerstoffversorgung 788 Scavenger-Rezeptoren 382 SCC 639 SCF-R/KIT 497 scFV (single chain FV) 738 Schädigung der DNA 423 Schädigung der DNA durch ionisierende Strahlung 661 Scheinpräparat 833 scheinwissenschaftlich 833 Schieferöl 321 Schizophrenie 785 Schlafentzug 781 Schlafmangel 781 Schlafstörungen 798 Schlaganfall 786 Schmerzen 784, 836 schmerzleitender Spinalnerv 842 Schmerztypen 822 Schnelligkeit 803 Schublehre 442 Schutzstufen 320 Schutzsubstanzen 335 schwache Opioide 831 Schwächung der Immunabwehr 798 schwangerschaftsassoziierte Antigene 492, 504 Schwann’sche Zellen 624 Schwarze 40 schwere Ionen 660

Sachregister

schwere Kette 580 Schweregrade 651 Schwermetalle 373 Schwund 786 Scurfin 603 5-S-Cysteinyl-Dopa 636 SD 443 SD/NC 444 SDH 288 Seeds 662 Sehnenentzündungen 809 Sekundäre Hypogammaglobulinämie 760 sekundäre Resistenz 687, 712 Sekundärkarzinogen 319 Sekundärtumore 653, 655 Selbsterneuerung 431 Selbstheilungskräfte 835–836 Selbstkontrolle 836 Selectine 83 Selektion 576 Selektion der Thymozyten 554 Selen 820 sequestrierte Antigene 491 Serglycin 522 Serin-/Threonin- und Tyrosinkinase-Inhibitoren 724 Serin-/Threoninkinase 57 Serin-abhängige Proteinasen 467 Serinproteasen 544 Serin-Threoninkinase 132 SERM 704 Serotonin 395, 508, 626, 804, 824 Serotonin-5-HT3-Rezeptor/ antagonisten 778 Serpentin-Rezeptoren 135 SET/CAN 280 Sex-Hormon-Bindendes Globulin 351 Sexualität 786 SFRP5 810, 812 Sgp 83 SH1 115 SH2 113 SH2B 104 SH3 104–105, 113 shared Tumor specific Antigens 501 SH-B 105 SHBG 351, 793 SHC1 105 SH2-Domäne 71, 103 SH3-Domäne 103 Sheddasen 100 SHIP 71, 107 SHIP1 124 SHP-1 72 sIgA 579–580

Signalabhängige Transkriptionsfaktoren. 92 Signal-Übertragung 558 Silikat-Fasern 325 Siltuximab 747 Sintilimab 751 siRNA 295 Sirt2/Sirtuin2 500 sis 272 SK1 109 SKAP1 106 Skelettmuskelzellen 809 Skelett-Muskulatur 784 Ski 276, 282 SMAC/ 232 SMAC/Diablo 224, 238 SMAD4 288 Smad-Proteine 133 Small interfering RNA 295 SMARCA 193 Smo 139 SNA 379 S-Nitrosothiol 329 SNP 264 snRNA 293 snRNP-Komplex 293 SNRPD1 500 SOCS 105–106, 131 somatische Hypermutation 557, 577, 587 somatische Mutation 271, 306, 495 somatische Rekombination 557, 577, 587 somatische Stammzellen 430–431 Somatoliberin 626 Somatostatin 626 Somatostatinanaloga 664 Sonidegib 701 Sorafenib 724 Sox2 428 SP1 504 Sp3 432 Sp17 502 Spektrum der Tumortypen 41 Spermatogenese 358 SP-Familie 173 S-Phase 150 Spindelgifte 776 Spleißosom 294 Spleißvorgang 270, 284 Spontane Mutation 307 spontane Mutationsrate 265 spontane Schmerzen 825 Spontanmutationen 408 Sprossung 451 Spurenmineralien 818

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Sachregister

SR-A1 386 Src 107, 117, 274, 282 SRC-1 351 Src-A Familie 107 Src-B-Familie 108 Src-Familie 115 SSA (Single Strand Annealing) 217 SSB 195 SSBR/Einzelstrang-Bruch-Reparatur 203 SSH3BP1 104 ss-miRNA 295 ssRNA-Leitstrang 296 ssRNA-Leitstrang-Enzym-Komplex 296 stabile Erkrankung (keine Veränderung) 444 stabilen Mutationen 401 Staging 441 Stand der Technik 833 starke Opioide 831 Stärkung von Herz und Kreislauf 784 STAT-Familie 130 STAT-Proteine 132 Steinwolle 374 Sterberisiko 819 Sterigmato-cystin 332 Steroidale Anti-Androgene 705 Steroidale Anti-Östrogene 704 STH 505 Stickstoffdioxidradikale 370 Stickstoff-Lost-Derivate 671–673 Stickstoffmonoxid 368, 383 Stilben-derivate 705 Stilbene 361 STK11 288 Stoffwechselerkrankungen 801 Strahlenexposition 423 Strahlung 420–421 Streptozotozin 670 Stress 373, 794, 836 Stress/extreme körperliche Tätigkeit 375 Stressbedingungen 604 Stressfaktor 269, 794 Stromelysine 473 Strömungsverhältnisse 460 Strontium 663 Strontium-90 422 sTSA 491 Sufentanil 829, 831 SuFu 140 Sulfatasen 522 Sulfhydrylgruppendonator 779 Sulforaphan 337 Sultone 323 Sunitinib 723

Superantigen 564, 574 Superoxidanionradikale 364 Superoxid-Dismutase 366 suppressive NK-Zellen 807 Syk 108, 118 Syk-Familie 108, 115–116 symmetrische Teilung 467 Synapse 216 Syndecan-1 584 synthetische Östrogene 359 SYT-SSX1 500 TAA 490 Tabakkonsum 373 Tabakrauch 314 TAC 431 TACE 138 Tachykinine 625 TACI 74, 565, 579, 583 TAF 174 TAFI 543 TAG 502 Tal-1/TCRα 279 Tal-1(SIL) 279 Tal-2/TCR β 279 Talimogen laherparepvec 768 Talin 128 TAM 401 Tamoxifen 706 TAN-1 280 Tan-1/TCR β 279 TAP 694 Tapentadol 829 Tapentanol 830 Taschenproteine 158 TATA-Box 163 Taxane 679–680 tBID 224 TBP 174 TCM 841 TCR 70–71, 532, 555 TD-high 652 TD-low 652 TEC 105, 108, 118 Tec-Familie 108, 116 Technetium-99 422 Tec-Protein-Familie 115 Tec-Tyrosin-Kinase 105 Tegafur/Uracil 678 Teilchenstrahlung 326, 417 Teilungsfähigkeit 431 TEK 60 Teletherapie 658

Sachregister

Telomerase 198, 200, 266 Telomere 192, 198 Telophase 152 Temozolomid 668 Temsirolimus 727 TENC1 106 Teniposid 686 Terminale Deoxynukleotidyltransferase (TDT) 505, 639 Terminationsphase 193, 198 Testosteron 344, 626 Tetrahydroisochinolin-Alkaloid 685 TF 541 TFH (follikuläre TH) 574 TfH-Lymphozyten 573 TFPβ 541 TFPI 543 TFPIα 541 T-Gedächtnis-Lymphozyten 611 TGF-α 448 TGF-β 132, 533, 593, 604–605, 610–611, 619 TGF-β -1, -3 82 TGFβR 61, 65 TGF-βR2 497 TH1 573 TH1-Lymphozyten 534, 572 TH2 514, 573 TH2-Lymphozyten 526, 573, 807 TH9 514, 573 TH9-Lymphozyten 573 TH17 573 TH17-Lymphozyten 572 TH22 573 TH22-Lymphozyten 572 Thalidomid 766 T-Helfer(1)-Lymphozyten 377 T-Helfer-Lymphozyten 518–519, 572 Theralizumab 749 therapeutische Tumorvakzine 763 therapeutisches Fenster 652 Therapie der Schmerzempfindungen 827 Therapieerfolg 441 Therapiemöglichkeiten 5 Thermogenese 806 Thiabendazol 334 6-Thioguanin 676–677 Thiophosphat 779 Thiotepa 669, 774 Thorakotomie 656 Thorium-232 421 THRA/ErbA 277 Thrombin 448, 550 Thrombomodulin 543

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Thrombospondin 82, 258, 448 Thrombospondin-1 184, 187 Thrombozyten 549, 809 Thymidin-Dimere 424, 657 Thymozyten 554 Thymusepithelzellen 510, 517, 554–555 Thyreoglobulin 639 Thyroxin-Rezeptor 99 TIE-1R 60 TIE-2R 60 Tight junctions 255 TIGIT 604 TIL 401 TIL + IL-2 756 Tilidin 829, 831 Timigutuzumab 745 TIMs 227 Tipifarnid 702 TIRAP 144 TIR-Domäne 143 Tisagenlecleucel 759 Tislelizumab 751 Tissue Factor 378, 448, 541 tissuePA 543 Tivozanib 723 TK 108 TLR 54, 69, 143, 385, 581 TLR/Toll-like-Rezeptoren 578 T-Lymphozyten 553, 606 T-Lymphozyten mit chimärem Antigen-Rezeptor 757 T-Lymphozyten mit modifiziertem TCR 757 T-Lymphozyten-unabhängige Antigene 589 Tmem 611 TNF 448, 522 TNF-α 228, 534, 571, 812 TNF-α 1a 756 TNF-β 534, 571 TNF-R/DAXX/ASK-1-Weg 234 TNFR/TRADD/FADD/Caspase-8 Weg 231 TNFR/TRADD/RIP/RAID/Caspase-2 233 TNFR-2 73 TNFR-Familie 55 TNFRSF 227 TNM-Klassifikation 11 TNS 107 Todes-Domänen (Death Domains, DD) 227 Todes-Rezeptoren 226, 248 Toleranz 486 tolerogene NK-Zellen 533, 609 tolerogene und regulative Natürliche Killerzellen 604 Toll-like-Rezeptor 381 Toluidine 323, 374

878

Sachregister

Tonisierungs- und Sedierungspunkte 841 Topoisomerase 689 Topoisomerase II 690, 692–693 Topoisomerase II Aktivator 160 Topoisomerase-Inhibitoren 685, 776 Topoisomerasen 217 Topotecan 686, 776 Toremifen 706 Toripalimab 752 Tositumomab 747 TP53 289 Trabectedin/Ectein-ascidin 743 685 TRAC 351 TRADD 231, 233 Traditionelle Chinesische Medizin 841 traditionelle Medizin 836 TRAF 144 TRAG-3 502 TRAIL 188, 229, 522, 534 TRAILR-2 73 TRAM 144 Tramadol 829, 831 Trametinib 725 transaktivieren 96 Transformation 549 Transgen 767 Transient Receptor Potential-cation-channels 824 Transition 264, 471 Transkriptionsaktivierungs-Domäne (TAD 162 Transkriptionsaktivität 93, 351 Transkriptionsfaktoren 53, 91, 127 Translokation 270, 279, 284 transmembrane Proteasen 101 transmembrane Rezeptoren 77 Transplantat gegen Wirt-Immunreaktion 772 Transplantation 771–772 Transplantat-Tumor 487 Transplantat-versus-Lymphom-Reaktion 772 Transrepression 797 transreprimieren 96 transvaskulärer Blutfluss 460, 463, 465 Transversion 264 Trastuzumab 744 Treg 602, 807 Treg 1 608 Treg 3 608 Treosulfan 668 TRH 626 Trichome 314 Trichothiodystrophie 207 TRIF 144 Trifluridin 679 Triglyceridämie 813

Trijodthyronin 626 TRIKA 144 Trinkwasser 359 Triptorelin 710–711 Trk 60 Trk-A 65 Trk-B 65 Trk-C 65 Trofosfamid 673 Tropisetron 778 Troy 75 TRP 824 TRX-1 279 Trypsin 448 TS/Thymidylat-Synthetase 691, 693 TSA 490 TSC1 289 TSC2 289 TSH 505, 626 TSLP 392 TTG-1/TCRα 279 TTG-2/TCRα 279 tTreg 602 tuberöse Sklerose 302 Tu-MAK 739 Tu-MAk 741–742 Tumor Nekrose Faktor-Superfamilie 73 Tumorangiogenese 471, 716 Tumor-Antigen 490, 640, 741, 765 tumorassoziierte Antigene 490 Tumor-assoziierte Makrophagen 401 Tumordiagnose 656 Tumorerkrankung 802, 835 tumorfreie Überlebensrate 651 tumorinfiltrierende Lymphozyten 401 tumorprogressionsfreie Überlebensrate 651 Tumorresektion 14 Tumorrisiko 342 Tumorselektivität 490 tumorspezifische Antigene 490 Tumorstammzelle 427, 431, 436, 467, 688 Tumorsuppressor 716 Tumorsuppressorgen 266, 283–284, 491 Tumortherapie mit kurativer Intention 649 Tumorviren 345, 409 Tumorvolumen 651 Tumorwachstum 835 Tumorzellheterogenität 687 Tumorzellklone 433 Tumorzellpräparate 764–765 Tumorzellumgebung 687 Turnstatin 455–456 TWEAK 229

Sachregister

TXK 108 Typ I 526 Typ II 786 Typ II-NKT-Zellen 574 Typ I-NKT-Zellen 574 Typ-I transmembrane Rezeptoren 49 Tyrosinkinase CSK 558 Tyrosinkinase-Inhibitoren 717 Tyrosin-Phosphorylierung 809 TYRP2-INT2 502 T-Zell-Rezeptor-Komplex 555 UAS 163 Überernährung 806 Übergangs-B-Lymphozyt 590 Überkreuzbeladung 513 Überlebensrate 20 Übertreiben 833 Überzeugung 835 Ubiquitin-Ligase HDM-2/MDM-2 179 UDPGA 688 UGT 688 Umweltfaktor 305 Unabhängigkeit 834 Uneigennützigkeit 834 unheilbare Krankheit 835 unipotente Stammzellen 428 unredliche Anpreisungen 834 unreife DC 560 unspezif. Schmerzen 786 Unterernährung 807 uPA 543 Uramustin 673 Uran-235 421 Uran-238 421 Uratoxidase 779 Urelumab 749 Urokinase 452 URS 163 UV-Strahlen 325 UV-Strahlung 374, 416 Vaccinia-Virus 767 Vandetanib 723 Varlilumab 749 Vaskularisation 456 Vaskulogenese 445 Vasoaktives Intestinales Peptid (VIP) 508 Vasopressin 626 Vasostatin 456 Vaspin 810 VCAM 566 VCAM-1 79, 584

879

VD 564 VDUP1 292, 481 Veganer 815, 819 Vegetarier 815, 819 vegetative Reaktionen 824 vegetativ-hormonelle Veränderungen 798 VEGF 447, 457, 605 VEGF-R2 497 VEGFs 619 VEJAM 584 Venetoclax 701 Venolen 446 Verapamil 696 Verarbeitung von Erlebnissen 782 vererbte Mutationen 297 Verhalten 836 Verlaufskontrolle 441, 633 Vermurafenib 724 Verschweigen 833 Versteckspiele 408 Verträglichkeit 833 Vertrauen 835 Verweigerung von Informationen und von kritischen Bewertungen 834 Verzweiflung 835 Vesiculo-Vacuolare Organelle 452 VH 587 VHL 289 VHL-Protein 446 4-1BB 74 4-1BBL 229 VILIP 290, 292 Vinblastin 681, 776 Vinca-Indol-Alkaloide 681 Vincristin 681, 776 Vinculin 128 Vindesin 681, 776 Vinflunin 682 Vinorelbin 682, 776 VIP 625 virale Onkolyse 767 virale Vektoren 765 Viren 249, 313, 604 virginelle B-Lymphozyten 576–577, 585, 590 Virusantigene 408 Virus-spezifische Antikörper 406 Visfatin 812 Visfatin/NAMPT 811 Vismodegib 701 Vitamin A 336, 697 Vitamin B12 818 Vitamin B12-Mangel 818 Vitamin B9/Folsäure 818

880

Sachregister

Vitamin C 338 Vitamin D 818 Vitamin D3 336, 339 Vitamin E 339 Vitamin K 818 Vitamin-A, -C, -E 820 Vitamine 344 Vitaminmangel 818 Vitronectin 81, 258 VL 587 VLA 566 VLA -1 81 VLA-2 81 VLA-3 81 VLA-4 82 VLA-5 82 VLA-6 82 VLA4-Rezeptor 584 VNR 82 von-Hippel-Lindau-Syndrom 303 von-Willebrand-Faktor 82, 258 Vorinostat 700 VSV 767 VVO 452 Wachstumsfaktoren 480, 776 Wachstumshormon/GH 626 WAF-1 186 Wasserstoff-3 422 Wasserstoff-3 (Tritium) 421 Wasserstoffsuperoxid 364, 383 Wee-1-Kinase; 153 Weichmacher 358 weiße Fettzellen 806 weitere Differenzierungsantigene 492 Weltanschauung 815 WES 640 Whole Exones 640 Widerstandphase 795 wiederkehrende Infektionen 809 Wildtierart 359 Wingless 135 Wirksamkeit 803, 833 Wirkung der Zytokine auf den Schlaf 782 Wirt-gegen-Transplantat-Immun-Reaktion 772 Wismut-214 421 Wissen 835 wissenschaftliche Erkenntnis 833 wissenschaftliche Grundlage 834 Wnt/Dsh/PLC-Weg 137 Wnt/Dsh/RhoA-Weg 137 Wnt-Liganden 135 WT1 290

Wundheilung 813 W.U.-Virus 506 X40L 228 XAGE-1b 502 Xanthinoxidase 365, 373 Xanthin-oxidase-Inhibitor 779 XEDAR 75 Xeroderma pigmentosum 303 XK 118 XP-A 290 Yes 107, 117 Yttrium 663 ZAC (Zinc-Activated Ion Channel)-Rezeptoren 90 zahlreiche Fusionspartner 279 Zanolimumab 743 ZAP70 108, 118 Zearalenon 333 Zellalterung 427 Zelldebris 377–378, 384 Zell-Lyse 537 Zellmembran-assoziierte Phosphatasen 103 Zellmembran-assoziierten Kinase 103 Zell-Rezeptoren 48 Zellteilung 152 zelluläre Immunreaktion 572 Zellzyklus 265 Zellzyklus-abhängige Proteine 458 zentrale Toleranz 616 Zentroblast 586, 591 Zentromer 192 Zentrozyt 587, 591 Zeta-Homodimer 556 Zic1 429 Zink-Finger-Proteine 173 zirkadianer Rhythmus 780 Zolendronat 778 Zweifel 834 Zweitmeinung 834 zyklisches Adenosinmonophosphat-Signalweg 88 Zyklohexan-Derivat 831 Zyklooxygenase 828 Zyklooxygenase 2 605 Zyklooxygenase-Inhibitoren 830 Zyklophosphamid 774 zynische Floskel 833 zystische Fibrose 786 Zytapherese der Stammzellen 771 Zytokine 537, 793, 807, 812 Zytokinese 152

Sachregister

Zytokin-Sturm 760 zytoplasmatische Phosphatasen 109 Zytoskelett 126 zytosolische (Tumor-)Antigene 511 zytostatische Antibiotika 682

881

zytotoxisch hoch-aktive NK-Zellen 534 zytotoxische NK-Zellen 532 zytotoxische Reaktionen 509 zytotoxische T-Lymphozyten 377, 510, 518–519, 569 zytotoxischen Natürliche Killerzellen 809

Über den Autor

Hans-Harald Sedlacek Jahrgang 1943, Studium der Veterinärmedizin, 1968 Promotion in der Endokrinpharmakologie (Universität Gießen), 1989 Habilitation in der Tumorbiologie, Medizinischen Fakultät, Universität Marburg; dort seit 1995 außerplanmäßiger Professor. Fachgebiete: Onkologie, Immunologie, Tumor- und Immuntherapie, Forschungsmanagement. Seit 1969 leitende Tätigkeiten in der industriellen Pharmaforschung. 2000–2005 Mitbegründer von vier Wagniskapitalfirmen. Seit 2005 beratende Tätigkeiten im Bereich der Arzneimittelforschung. 1999 Innovationspreis der Deutschen Wirtschaft (HMR), verliehen für die maßgebliche Beteiligung an der Idee, zelluläre Tumor-assoziierte Phosphokinasen (TPK) als Zielstrukturen für die Suche nach neuen tumorzellspezifischen Krebstherapeutika zu verwenden und für die Entdeckung des anti-tumoral wirkenden TPK-Inhibitors Flavopiridol (Alvocidib) als einer der ersten Substanzen dieser Wirkungsweise.

https://doi.org/10.1515/9783110651669-010