Ober- und Unterkommandierende der römischen Republik 509-27 v. Chr. 3831647925, 9783831647927

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German Pages [537] Year 2020

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
A) Einführung in die Funktionen der republikanischen Oberkommandierenden
B) Hauptteil
I. Die Grundlagen der feldherrlichen Macht in der Königszeit (ca. 600–509 v. Chr.)
II. Die frühe Republik (509–287 v. Chr.)
III. Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)
IV. Die Späte Republik (133–27 v. Chr.)
V. Die Senatsregierung (März 44–November 43 v. Chr.)
VI. Das Triumvirat
C) Schluss: Zusammenfassung der Ergebnisse
Personenregister
Literaturverzeichnis
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Ober- und Unterkommandierende der römischen Republik 509-27 v. Chr.
 3831647925, 9783831647927

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Bernd Michael Kreiler

Ober- und Unterkommandierende der römischen Republik 509–27 v. Chr.

utzverlag · München 2020

Münchner Studien zur Alten Welt Band 18

Ebook (PDF)-Ausgabe: ISBN 978-3-8316-7581-4  Version: 1 vom 18.06.2020 Copyright© utzverlag 2020

Alternative Ausgabe: Hardcover ISBN 978-3-8316-4792-7 Copyright© utzverlag 2020

Bernd Michael Kreiler Ober- und Unterkommandierende der römischen Republik 509–27 v. Chr.

Münchner Studien zur Alten Welt herausgegeben von Prof. Dr. Martin Zimmermann Prof. Dr. Jens-Uwe Krause Prof. Dr. Karen Radner Ludwig-Maximilians-Universität München Band 18 Umschlagabbildungen von links oben nach rechts unten: Scipio Africanus. Antike Bronze, Nationalmuseum von Neapel. Fotografie: Alinari-Giraudon. (Gaius) Marius. Fotografie: Anderson-Giraudon. Sulla. Büste, Vaticanische Museen. Fotografie: Alinari-Giraudon. Pompeius. Detail einer Statue. Palazzo Spada, Rom. Fotografie: Anderson-Giraudon. Caesar. Kopf des Caesar. Piero Tozzi Galleries of New York. Fotografie: Thomas Teist, New York, Sauvanaud. Marcus Antonius. Büste, Vaticanische Museen. Fotografie: Anderson-Giraudon. Octavian/Augustus. Louvre, Paris. Fotografie: Giraudon. Die Abbildungen entstammen dem Band: Pierre Grimal, Rome devant César. Mémoires de T. Pomponius Atticus. Larousse-Paris 1967. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Sämtliche, auch auszugsweise Verwertungen bleiben vorbehalten. Copyright © utzverlag GmbH · 2020 · ISBN 978-3-8316-4792-7 Printed in EU utzverlag GmbH, München · 089-277791-00 · www.utzverlag.de

Opere perfecto res militares Romanae elucent.



Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  13 A) Einführung in die Funktionen der republikanischen Oberkommandierenden . . . . . .  15 B) Hauptteil  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  47 I.

Die Grundlagen der feldherrlichen Macht in der Königszeit (ca. 600–509 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  47

II. Die frühe Republik (509–287 v. Chr.) .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .  51 1. P. Valerius Poplicola (kurz vor 500 v. Chr.) . . . . . . . . . . .  51 2. M. Furius Camillus (Anfang 4. Jh. v. Chr.) . . . . . . . . . . .  57 3. M. Valerius Maximus Corvus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  61 4. T. Manlius Imperiosus Torquatus .. . . . . . . . . . . . . . . . . .  61 5. Q. Publilius Philo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  62 6. L. Papirius Cursor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  63 7. Q. Fabius Maximus Rullianus  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  65 8. P. Decius Mus  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  66 9. Ap. Claudius Caecus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  66 10. L. Cornelius Scipio Barbatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  68 III. Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)  . . . . . . . . . . . . . . . . . .  71 1. Der 1. Punische Krieg (264–241) .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .  71 1.1 Ap. Claudius Caudex .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  72 1.2 C. Duillius  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  74 1.3 M. Atilius Regulus .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  77 1.4 Der Bau der via Appia und das Ende des 1. Punischen Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  83 1.5 Zum Friedensvertrag mit Karthago und zur Verwaltung Siziliens  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  85 1.6 Zur Einrichtung der Provinzen Sicilia und Sardinia (227 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  86 2. Der 2. Punische Krieg (218–201 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . .  87

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2.1 Die Doppeldiktatur des Q. Fabius Maximus Verrucosus und des M. Minucius Rufus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  87 2.2 P. Cornelius Scipio und sein Bruder Gneius in Spanien (218–211) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  91 2.3 Der ältere P. Cornelius Scipio Africanus in Spanien (210–206) .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  94 2.4 M. Claudius Marcellus in Sizilien (216–211) . . . .  98 2.5 M. Valerius Laevinus in Sizilien (210–207) . . . .  106 2.6 Der Entscheidungskampf zwischen Scipio und Hannibal in Africa (205–202) . . . . . . . . . . . .  108 3. Kriege und Feldzüge in Spanien am Anfang des 2. Jh. v. Chr.  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  113 3.1 Zur angeblichen Gründung der beiden spanischen Provinzen und zu den ersten Feldzügen (197–193) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  113 3.2 Das Edikt des L. Aemilius Paullus . . . . . . . . . . . . .  113 4. Die Provinz Gallia Cisalpina vom 2. Punischen Krieg bis zum Ende der mittleren Republik (218–133) .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  119 5. Kriege und Feldzüge im griechischen Osten (214–143 v. Chr.)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  121 5.1 Der 1. Makedonische Krieg (214–205) . . . . . . . . .  121 5.2 Der 2. Makedonische und der Ätolische Krieg (200–188 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  122 5.2.1 T. Quinctius Flamininus gegen König Philipp V. (198–194) .. . . . . . . . . . . . .  123 5.2.2 M’. Acilius Glabrio (cos. 191) im Ätolischen Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  129 5.3 Eine Schlacht und ein Feldzug in Kleinasien . . . .  132 5.3.1 Der Kampf des L. Cornelius Scipio gegen Antiochos III. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  132 5.3.2 Der Feldzug des Cn. Manlius Vulso (cos. 189) gegen die Galater . . . . . . . . . . . . . .  139 5.4 M. Fulvius Nobilior (cos. 189) im Ätolerkrieg . . .  143 5.5 Der 3. Makedonische Krieg (171–168)  . . . . . . . . . .  147 5.5.1 P. Licinius Crassus (cos. 171) .. . . . . . . . . . . .  148 5.5.2 A. Hostilius Mancinus (cos. 170)  . . . . . . . . .  151 5.5.3 Q. Marcius Philippus (cos. 169)  . . . . . . . . . .  153 5.5.4 L. Aemilius Paullus (cos. II 168) . . . . . . . . . .  156 6



6. Die Unterwerfung Makedoniens . . . . . . . . . . . . . . . . . .  171 6.1 Der Krieg gegen den Usurpator Andriskos (149–148)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  171 6.2 Q. Caecilius Metellus Macedonicus .. . . . . . . . . . .  172 7. Das bellum Achaicum (146–145) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  176 7.1 L. Mummius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  176 7.2 Q. Fabius Maximus Servilianus . . . . . . . . . . . . . . .  182 7.3 Zur Einrichtung der Provinz Makedonien . . . . . .  184 8. Der Straßenbau des Cn. Egnatius in Makedonien .. . .  185 9. Die beiden ersten überlieferten Akklamationen im Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  187 9.1 P. Cornelius Scipio Nasica Corculus . . . . . . . . . . .  187 9.2 (P.) Licinius Nerva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  187 10. Die Kriege des jüngeren P. Scipio Africanus in Africa und Spanien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  189 10.1 Der 3. Punische Krieg (149–146 v. Chr.) . . . . . . . .  189 10.2 Die Spanischen Kriege (153–133 v. Chr) . . . . . . . .  195 IV. Die Späte Republik (133–27 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  201 a) Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.) .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  201 1. Der 1. Sklavenkrieg in Sizilien (134–132 v. Chr.) .. . . .  201 2. Die Unterwerfung des ehemaligen Königreichs Pergamon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  203 2.1 Der Krieg gegen Aristonikos (131–129 v. Chr.) .  203 2.2 Die Einrichtung der Provinz Asia durch M’. Aquillius (cos. 129) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  205 3. C. Sempronius Tuditanus in Illyrien .. . . . . . . . . . . . . .  208 4. Die via Domitia in der Gallia Narbonensis . . . . . . . . .  210 5. Mehrere Konsuln als Imperatoren in Thrakien (114–106 v. Chr.)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  212 6. Der Krieg des C. Marius gegen Jugurtha (107–106) ..  215 7. Der Prätor [M]. M. f. Cosconius in der Provinz Asia . 219 8. Das Edikt des L. Caesius in Zentralspanien . . . . . . . . .  221 9. Der 2. Sklavenkrieg in Sizilien (104–99 v. Chr.) .. . . .  224 10. Der 1. Piratenkrieg in Kilikien und in der Propontis (102–99 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  226 10.1 M. Antonius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  226 10.2 C. Memmius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  228 7



11. 12. 13. 14.

15. 16. 17.

10.3 T. Didius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  230 Zur Annexion Kyrenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  233 Cn. Pompeius Strabo im Bundesgenossenkrieg (91–89) und im Jahr 88 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  233 Der Imperator C. Valerius Flaccus in Spanien und Gallien .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  237 Der 1. Mithridatische Krieg (89–85 v. Chr.) . . . . . . . .  240 14.1 Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  240 14.2 Die Statthalter C. Cassius in Asia und Q. Oppius in Kilikien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  241 14.3 L. Cornelius Sulla .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  247 L. Licinius Murena im 2. Mithridatischen Krieg (83–82 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  256 Der Proprätor Cn. Pompeius in Africa . . . . . . . . . . . . .  258 Die Verwaltungsreform Sullas (81 v. Chr.) . . . . . . . . . . .  259

b) Die späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  264 1. Prokonsuln und Imperatoren in der Provinz Macedonia von 81 bis 71 v. Chr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  264 1.1 Cn. Cornelius Dolabella . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  264 1.2 Ap. Claudius Pulcher .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  265 1.3 C. Scribonius Curio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  267 1.4 M. Terentius Varro Licinius Lucullus . . . . . . . . . .  271 2. Die Feldzüge des P. Servilius Vatia (Isauricus) von Kilikien aus (78–74) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  274 3. Der Sertorius-Krieg in Spanien (82–72 v. Chr.) . . . . . .  278 3.1 Q. Caecilius Metellus Pius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  278 3.2 Pompeius Magnus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  279 3.3 Der sogenannte Imperator C. Verres  . . . . . . . . . . .  281 4. Das Kommando des M. Licinius Crassus gegen Spartacus (72 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  282 5. Der 3. Mithridatische Krieg (74–63 v. Chr.) . . . . . . . . .  283 5.1 Das imperium infinitum des M. Antonius Creticus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  283 5.2 L. Licinius Lucullus .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  288 5.3 M. Aurelius Cotta (cos. 74) . . . . . . . . . . . . . . . . . .  292 5.4 Q. Caecilius Metellus Creticus . . . . . . . . . . . . . . .  294

8



6.

7. 8.

9. 10.

11. 12.

5.5 Die Kommanden des Cn. Pompeius Magnus gegen die Piraten und Mithridates (67–63)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  299 Prokonsuln und ein Prätor in Makedonien von 64–55 v. Chr.  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  303 6.1 L. Manlius Torquatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  303 6.2 C. Antonius (Hybrida) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  304 6.3 C. Octavius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  307 6.4 L. Calpurnius Piso Caesoninus . . . . . . . . . . . . . . .  308 C. Pomptinus in Gallia Narbonensis . . . . . . . . . . . . . . .  312 Der Konflikt und Krieg gegen die Parther (56– 50 v. Chr.)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  315 8.1 P. Cornelius Lentulus Spinther  . . . . . . . . . . . . . . . .  316 8.2 A. Gabinius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  318 8.3 Der Partherfeldzug des M. Licinius Crassus . . .  320 8.4 C. Cassius Longinus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  322 8.5 Ap. Claudius Pulcher .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  324 8.6 M. Tullius Cicero .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  325 8.7 M. Calpurnius Bibulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  331 Caesars gallischer Krieg (58–50 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . .  334 Der Bürgerkrieg (49–45 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . .  340 10.1 Der Titel Caesars  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  341 10.2 Der Titel des Pompeius Magnus . . . . . . . . . . . . . .  342 10.3 Q. Caecilius Metellus Pius Scipio in Syrien . . . .  344 10.4 Unterfeldherren Caesars (Anfang 48 bis Herbst 46 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  345 10.5 Proprätorische Legaten Caesars (49–48 v. Chr.) . 349 10.6 Africa im Bürgerkrieg (47–46 v. Chr.) . . . . . . . . . .  351 Caesars Statthalter ab Herbst 46 bis Herbst 43 . . . . . .  353 Der IMPTitel Caesars in den Jahren 45–44 v. Chr. ..  364

V. Die Senatsregierung (März 44–November 43 v. Chr.) . . . .  371 1. P. Cornelius Dolabella  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  371 2. M. Iunius Brutus und C. Cassius Longinus . . . . . . . . .  373 3. Die Provinz Kreta-Kyrene unter Brutus . . . . . . . . . . . .  378 VI. Das Triumvirat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  381 a) Vom Vertrag von Bononia bis zum Vertrag von Brundisium (Nov. 43–Okt. 40) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  381 9



1. Die Funktionen der künftigen Triumvirn im Jahr 43 .  381 2. Prägungen nach dem Vertrag von Bononia . . . . . . . . . .  385 3. Italien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  386 3.1 Die Seeherrschaft des Sex. Pompeius (Ende 43–Sommer 39) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  386 3.2 Die Prägung für M. Antonius Anfang 41 . . . . . . .  388 3.3 Der Perusinische Krieg (Sommer 41– Anfang 40) .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  389 3.4 Die Gründung von Veteranenkolonien in den Jahren 41/40 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  392 4. Die Provinzen Octavians: Sizilien, Sardinien, Hispania Ulterior, Africa .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  392 5. Die Provinzen des Antonius .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  396 5.1 Im Westen: Gallia Cis- und Translpina, Gallia Narbonensis und Hispania Citerior (ab Herbst 42)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  396 5.2 Im Osten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  397 5.2.1 Der Zug des Antonius durch Kleinasien und der Parthereinfall .. . . . . . . .  397 5.2.2 Der Kampf gegen Q. Labienus .. . . . . . . . . .  398 b) Vom Vertrag von Brundisium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (Herbst 40 bis Anfang 27) . . .  401 1. Das imperium proconsulare maius des M. Antonius ..  401 2. Unterfeldherren des Antonius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  402 2.1 P. Ventidius Bassus (cos. 43) . . . . . . . . . . . . . . . . .  402 2.2 L. Munatius Plancus (cos. 42) . . . . . . . . . . . . . . . .  407 2.3 C. Asinius Pollio (cos. 40) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  408 2.4 P. Canidius Crassus (cos. 40) .. . . . . . . . . . . . . . . .  410 2.5 L. Marcius Censorinus (cos. 39) . . . . . . . . . . . . . .  410 2.6 C. Cocceius Balbus (cos. 39) . . . . . . . . . . . . . . . . . .  411 2.7 M. Cocceius Nerva (cos. 36) . . . . . . . . . . . . . . . . . .  412 2.8 Cn. Domitius Ahenobarbus (cos. 32)  . . . . . . . . . . .  413 2.9 C. Sosius (cos. 32) .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  415 2.10 M. Titius (cos. 31) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  417 2.11 M. Insteius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  418 3. Unterfeldherren Octavians . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  420 3.1 C. Carrinas (cos. 43) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  420 3.2 L. Antonius (cos. 41) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  421 3.3 Cn. Domitius Calvinus (cos. 53, II 40) . . . . . . . .  422 10



3.4 C. Calvisius Sabinus (cos. 39) . . . . . . . . . . . . . . . . .  423 3.5 P. Alfenus Varus (cos. 39)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  424 3.6 C. Norbanus Flaccus (cos. 38) . . . . . . . . . . . . . . . . .  425 3.7 L. Marcius Philippus (cos. 38)  . . . . . . . . . . . . . . . .  426 3.8 Ap. Claudius Pulcher (cos. 38) . . . . . . . . . . . . . . . .  426 3.9 T. Statilius Taurus (cos. 37, II 26) . . . . . . . . . . . . . .  427 3.10 M. Vipsanius Agrippa (cos. 37) mit Q. Salvidienus Rufus (cos. des. 39) . . . . . . . .  430 3.11 L. Cornificius (cos. 35) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  433 3.12 L. Sempronius Atratinus (cos. 34) .. . . . . . . . . . . . .  433 3.13 L. Autronius Paetus (cos. 33) . . . . . . . . . . . . . . . . . .  435 3.14 Q. Laronius (cos. 33) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  436 3.15 L. Cornelius Balbus (cos. 32) . . . . . . . . . . . . . . . . . .  437 3.16 M. Valerius Messalla Corvinus (cos. 31) . . . . . . .  439 3.17 M. Licinius Crassus (cos. 30) . . . . . . . . . . . . . . . .  442 3.18 Sex. Appuleius (cos. 29) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  446 3.19 M. Nonius Gallus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  446 3.20 L. Pinarius Scarpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  447 4. Der IMPTitel des jungen Caesar .. . . . . . . . . . . . . . . . .  450

C) Schluss: Zusammenfassung der Ergebnisse .. . . .  457 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  489 Literaturverzeichnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  509

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Vorwort Der Einstieg in die Wissenschaft gelang mir 1974/75 unter der Ägide von Prof. Hermann Bengtson mit meiner Doktorarbeit ‚Die Statthalter Klein­ asiens unter den Flaviern‘. Ab dem Herbst 74 war ich als Lehrer für Latein, Französisch und Geschichte im Schuldienst tätig, bis ich 1998 wegen Heiserkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wurde. Ich konnte dann wieder in den Räumen der Kommission für Epigraphik und Alte Geschichte in München arbeiten und kam dank der Wiedereinstiegshilfe von Herrn Prof. Werner Eck gut voran. 2006 publizierte ich meine ‚Statthalter zwischen Republik und Prinzipat‘ und anschließend mehrere Aufsätze in der ZPE, Epigraphica, Tyche und Historia. 2018 ist in der Epigraphica ein Artikel zu dem Ritter Cn. Pompeius Macer, dem Sohn des Theophanes, der bald nach Actium in der Provinz Asia als Präfekt Octavians fungierte, erschienen. Mit Herrn Prof. Johannes Nollé durfte ich mehrere Jahre lang in den Räumen der Kommission ausgiebige, fruchtbare Gespräche führen, in deren Verlauf er mir riet, mein groß angelegtes Projekt ‚Die Provinzialfasten der römischen Republik‘ mit Makedonien zu beginnen; daraus erwuchs das vorliegende Thema. Den Maßstab setzte vor bald 70 Jahren der Amerikaner T.R.S. Broughton mit seinem dreibändigen Standardwerk ‚The Magistrates of the Roman Republic‘, das mit dem Epochenjahr 31 v. Chr. (Schlacht bei Actium) endet. Der Einschnitt zwischen Republik und Prinzipat wurde mittlerweile auf Anfang 27 v. Chr. verlegt, als der Princeps das Reich neu ordnete und den Beinamen Augustus erhielt. Das Konzept meiner Arbeit unterscheidet sich grundlegend von dem Broughtons, weil bewiesen werden soll, dass die Feldherren, die in 500 Jahren die Länder rund um das Mittelmeer unterwarfen, die Heere nach dem Überschreiten des Pomeriums entgegen Livius nicht als Magistrate, d. h. als Konsuln und Prätoren mit prokonsularem Imperium, führten, sondern ohne Amt als Oberkommandierende (lat. imperatores). Herrn Professor Martin Zimmermann von der LMU bin ich zu großem Dank verpflichtet, weil er sich ab dem Sommersemester 2018 meiner Arbeit angenommen hat.

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A) Einführung in die Funktionen der republikanischen Oberkommandierenden Die Funktionen, die die Oberbeamten (Konsuln und Prätoren) zur Zeit der römischen Republik (509–27 v. Chr.) im Feld hatten, sind durch die Berichte der antiken Geschichtsschreiber sowie durch eine Fülle von Inschriften und Münzen überliefert. In den Quellen begegnen die magistratischen Titel consul und praetor und die promagistratischen proconsul und propraetor sowie der Imperatortitel, der kein Amtstitel war. Was den COSTitel betrifft, so erscheint er in Rom seit dem Anfang der Republik in den Kapitolinischen Konsularfasten. Die Namen aller Triumphatoren wurden 19 v. Chr. gesondert in langen Listen in Form der Kapitolinischen Triumphalfasten in die Wände des Augustusbogens auf dem Kapitol eingemeißelt, sie scheinen aber, was die Frühzeit angeht, nicht zuverlässig.1 Für die Zeit nach der Gründung der Republik stellt sich die Frage, ob die civitas Romana nach der Vertreibung des letzten Königs L. Tarquinius Superbus tatsächlich von zwei in den Zenturiatkomitien gewählten Konsuln geleitet wurde, wie Livius am Ende des ersten Buchs behauptet.2 Starke Zweifel sind angebracht, denn die These des Juristen W. Kunkel, auf die später noch ausführlicher einzugehen ist, besagt, dass die Oberkommandierenden in den ersten Jahrhunderten nicht consules, sondern praetores hießen.3 Vertieft wurde sie zuletzt durch einen Beitrag Ursos in einem Sammelband zu den Konsuln der frühen Republik.4 Der COSTitel lässt sich 1 Vgl. zuletzt F. K. Drogula, Commanders and Command in the Roman Republic and the early Empire, 2015, 16ff. 2 Liv. I 60, 3: Duo consules inde comitiis centuriatis … creati sunt, L. Iunius Brutus et L. Tarquinius Collatinus. 3 W. Kunkel – R. Wittmann, Staatsordnung und Staatspraxis in der römischen Republik (= Kunkel, StO), 1995, 696f. 4 G. Urso, The origin of the Consulship in Cassius Dio’s Roman History, in H. Beck, A. Duplá, M. Jehne, F. Pina Polo: ‚Consuls and Res Publica. Holding High Office in the Ro-

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zum ersten Mal 298 v. Chr. in Rom, d. h. im Amtsbereich domi, in einem Elogium nachweisen.5 Was den Außenbereich betrifft, so gehörte er nach Kunkel – Wittmann ebenfalls zum Amtsbereich.6 Diese Zuschreibung trifft auf Italien seit der Unterwerfung 272 v. Chr. und auf die Provinzen zu, die zwar im Außenbereich lagen, aber verwaltungsmäßig zum Amtsbereich domi gehörten. Als erste wurden 227 v. Chr. die Inseln Sizilien und Sardinien als provinciae populi Romani eingerichtet. Sie wurden in Friedenszeiten von Prätoren, die als Statthalter amtierten, geleitet.7 Es bestätigt sich die These Kunkels, derzufolge von Rechts wegen im eigentlichen und hergebrachten Sinn nur derjenige ein magistratus populi Romani war, der in Rom amtieren konnte.8 Nach dem Grammatiker Festus konnte eine provincia populi Romani erst eingerichtet werden, wenn das betreffende Gebiet vom römischen Volk unterworfen worden war.9 Der Terminus provincia wird vielfach im Sinn von Geschäftsbereich gebraucht. Livius berichtet, dass im 2. Punischen Krieg für 218 den Konsuln P. Cornelius Scipio und Ti. Sempronius Longus nach der Losung Spanien bzw. Africa mit Sizilien zugeteilt wurden.10 Da Spanien und Africa noch nicht unterworfen waren, waren es Kriegsrechtsgebiete. Cicero bezeichnet den Kriegsrechtsbereich als militiae. Hingegen verwendet Livius den Lokativ nicht gesondert, sondern nur in der Formel domi militiaeque.11 Man kann feststellen, dass sich der Terminus provincia im Sinn von Aufgabenbereich nicht mit der provincia populi Romani im territorialen Sinn deckt. Es sind jetzt zunächst die im Amtsbereich domi inschriftlich und literarisch belegten lateinischen Termini mit dem griechischen Pendant in Klammern bis zur Provinzialreform Sullas im Jahr 81 v. Chr. zu erfassen und zu man Republic‘, 2011, 41–60. 5 ILLRP 309; vgl. S. P. Oakley, A Commentary on Livy, Vol. II, 1998, 78f. 6 Kunkel, StO, 666/3, 676. 7 Solinus, collectanea rerum memorabilium, 5, 1: … post Sardiniam res vocant Siculae. primo quod utraque insula in Romanum arbitratum redacta isdem temporibus facta provincia est, cum eodem anno Sardiniam …, alteram … praetor sortiti sunt. 8 Kunkel, StO, 11. 9 Sex. Pompeius Festus, de verborum significatu, p. 253 (ed. Lindsay): provinciae appellantur, quod populus Romanus eas provicit, i. e. ante vicit; vgl. H. Volkmann, Provincia, KP 4, 1979, Sp. 1199. 10 Liv. XXI 17, 1: Nominatae iam antea consulibus provinciae erant; tum sortiri iussi. Cornelio Hispania, Sempronio Africa cum Sicilia evenit. 11 Cic. leg. III 6, 10 (Zitat: S. 30/103); vgl. J. Rüpke, Domi Militiae, 1990, 29. – Livius: TLL Bd. V Sp. 1874f.; VIII Sp. 961.

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charakterisieren, nämlich consul (ὕπατος, στρατηγὸς ὕπατος), proconsul (ἀνθύπατος), praetor (στρατηγός), propraetor (ἀντιστράτηγος) und legatus pro praetore (ἀντιστράτηγος, πρεσβευτὴς καὶ ἀντιστράτηγος). Für den Kriegsrechtsbereich militiae kommt noch der Terminus imperator (στρατηγὸς ὕπατος, αὐτοκράτωρ) hinzu. Das früheste Beispiel für einen außerhalb Roms tätigen Beamten liefert der Zensor Appius Claudius, der 312 v. Chr. die nach ihm benannte via Appia vom Zentrum Roms als Militärstraße in das Kriegsgebiet der Samniten baute. Der älteste Meilenstein an der via Appia datiert 253; er wurde 53 Meilen von Rom entfernt von zwei Ädilen gesetzt.12 Ebenfalls von einem Zensor, nämlich von C. Flaminius, wurde 220 die nach ihm benannte via Flaminia über den Apennin angelegt. Ab dem 2. Jh. v. Chr. fiel der Straßenbau in den Aufgabenbereich der Konsuln: M. Aemilius Lepidus (cos. 187) baute nach der Unterwerfung der Ligurer die nach ihm benannte via Aemilia im ager Gallicus, d. h. in Gallia Cisalpina, von Placentia nach Ariminium; davon zeugt ein Meilenstein.13 Eine schlecht erhaltene Inschrift eines Konsuls Cottas steht auf dem einzigen bisher in Sizilien gefundenen Meilenstein; Cottas ist wahrscheinlich mit L. Aurelius Cotta (cos. 144) identisch.14 Man kann daraus das Fazit ziehen, dass Zensoren und Ädilen seit der Mitte des 3. Jh. v. Chr in Italien Straßen bauten, Konsuln in Italien und in den Provinzen Gallia Cisalpina und Sicilia im 2. Jh. v. Chr. Bemerkenswert sind mehrere Meilensteine in der von M’. Aquillius (cos. 129) eingerichteten Provinz Asia wegen des gemischtsprachigen Formulars cos. /​ στρατηγὸς ὕπατος.15 Sie datieren von 129 bis 126, im November 126 triumphierte Aquillius nach den Kapitolinischen Triumphalfasten als pro cos.16 Es stellt sich die Frage, ob die Angaben COS und στρατηγὸς ὕπατος den in der Provinz Asia amtierenden Konsul bezeichnen. Dagegen spricht, dass die Amtszeit des Konsuls auf ein Jahr begrenzt war. Aquillius kann von 128 bis 126 entgegen Broughton und Thonemann nicht als Prokonsul 12 Appius Claudius: Liv. IX 29, 6; Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 79. – Meilenstein: CIL I2 21 = ILLRP 448; vgl. M. Rathmann, DNP 7, Sp. 1157. 13 Via Flaminia: Liv. per. 20, 12. Via Aemilia: Liv. XXXIX 2, 10. – Meilenstein: ILLRP 450. 14 ILLRP 1277: [C.? A]urelius /​ [L. f.] Cottas /​ [c]onsol /​ ↓ VII; vgl. B. Kreiler, Zwei Meilensteine des Konsuls Aurelius Cotta, Epigraphica 73, 2011, 109–116. 15 Strab. XIV 1, 38: Μάνιος δ’Ακύλλος ἐπελθὼν ὕπατος … διέταξε τὴν ἐπαρχείαν εἰς τὸ ἔτι τῆς πολιτείας σχῆμα; vgl. St. Mitchel, Administration of Roman Asia from 133 BC to 250 AD, in: W. Eck, Lokale Autonomie und römische Ordnungsmacht in den kaiserzeitlichen Provinzen, 1999, 18–21. 16 Triumph im November 126: Inscr. Ital. 13, 1, 82f.

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fungiert haben, weil bis Sulla mit Ausnahme der Triumphalfasten inschriftlich nur praetores pro cos. mit dem Titel pro cos. belegt sind.17 Eine Lösung des Problems könnte der Terminus provincia consularis liefern, den Livius und Cicero für die Zeit vor der Reform Sullas verwenden. Livius stellt in Bezug auf Sardinien fest, es sei 176 zur provincia consularis gemacht worden, weil es anstelle des regulären Prätors dem Konsul Ti. Sempronius Gracchus (cos. 176) für zwei Jahre zur Kriegführung übertragen wurde.18 Ein weiteres Beispiel bringt Cicero, demzufolge diente der berüchtigte Verres als Quästor Cn. Papirius Carbo (cos. 85, 84) in Gallia Cisalpina, das ebenfalls den Status einer provincia consularis hatte.19 In Bezug auf die Provinz Asia ist aus den beiden Beispielen zu schließen, dass sie unter M’. Aquillius von 129 bis 126 ebenfalls provincia consularis war. Aquillius übte zur Erfüllung seiner Aufgabe, nämlich des Straßenbaus, ein dreimal prorogiertes, d. h. verlängertes, Imperium aus, ihm unterstellte Legaten besorgten als Statthalter die Verwaltung der neu eingerichteten Provinz.20 Was den Terminus στρατηγὸς ὕπατος im Vergleich zum Simplex ὕπατος betrifft, so werden beide undifferenziert mit Konsul übersetzt. Es empfiehlt sich zu klären, ob zwischen den beiden Termini ein Unterschied besteht und gegebenenfalls welcher. Der Titel στρατηγὸς ὕπατος Ῥωμαίων erscheint nach Dionys von Halikarnass zum ersten Mal im Präskript eines Briefes, den der Konsul P. Valerius Laevinus 280 angeblich dem Molosserkönig Pyrrhos schrieb.21 Polybios gebraucht ihn für den Konsul, der die Vollmacht bei der Kriegsvorbereitung und die umfassende Amtsgewalt bei den Feldzügen hatte. Daher fasst ihn Mason im Sinn von supreme commander auf. Er meint, das Kompositum bezeichne im Unterschied zum Simplex die Prorogation des Imperiums.22 Drei Beispiele aus dem zivilen Bereich sprechen dagegen. Der Terminus στρατηγὸς ὕπατος kommt in mehreren Senatsbeschlüssen vor, die in Rom unter der Federführung eines amtierenden Konsuls in Be17 MRR I 506f., 509. – P. Thonemannn, The Quaestorship of Lucullus, ZPE 149, 2004, 80ff. 18 Liv. XLI 8, 2: Mummio (sc. praetori) Sardinia (sc. evenit), sed ea propter belli magnitudinem provincia consularis facta. 19 Cic. Verr. II 1, 34 (Zitat: S. 108/528). – Cn. Papirius Carbo cos. 85/84 : Liv. per. 83. 20 Legaten i. J. 129–123: Cn. Domitius Ahenobarbus, Q. Servilius Caepio, Cn. Aufidius. – Erster Prätor: C. Atinius Labeo i. J. 122/1. 21 DH XIX 10, 1: Πόπλιος Οὐαλέριος Λαβίνιος στρατηὸς ὕπατος Ῥωμαίων βασιλεῖ Πύρρωι χαίρειν. 22 Plb. VI 14, 2. – Mason, Greek Terms, 104. – Kompositum aus militärischem Führer und zivilem Magistrat: Drogula, CC, 14.

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zug auf den griechischen Osten erlassen wurden, beispielsweise in Z. 2 des S C des Ser. Fulvius Flaccus vom 9. 2. 135, in dem es um die Regelung eines Grenzstreits zwischen Samos und Priene geht; in Z. 13 steht allerdings nur ὕπατος.23 In einem anderen S C aus dem Jahr 112 wurde der στρατηγὸς ὕπατος L. Calpurnius Piso beauftragt, in Rom ein Urteil in einem Grenzstreit zwischen zwei kretischen Poleis zu fällen.24 Ein Beispiel aus der Literatur liefert Flavius Josephus mit dem Brief, den der στρατηγὸς ὕπατος C. Fannius von Rom aus an die Koer richtete. Er befahl ihnen, dafür zu sorgen, dass die aus Rom zurückkehrenden jüdischen Gesandten ungehindert durch koische Gewässer fahren können. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass Josephus den στρατηγὸς ὕπατος C. Fannius fälschlich dem gleichnamigen Proprätor (ἀντιστράτηγος) von 49 v. Chr. in der Provinz Asia gleichsetzt, tatsächlich ist der Konsul von 161, C. Fannius Strabo, gemeint.25 Man kann als Fazit feststellen, dass der Terminus στρατηγὸς ὕπατος in den oben behandelten Passagen einen in Rom amtierenden Konsul bezeichnet, der in Ausübung seines Imperiums eine Entscheidung oder ein Urteil zum griechischen Osten fällte. Hingegen wird im SC de agro Pergameno der Konsul M’. Aquillius, der schon im Zusammenhang mit den von ihm in der Provinz Asia gesetzten Meilensteinen (ILS 27) erwähnt wurde, als ὕπατος bezeichnet: er sollte in Rom für die Unterkunft der Gesandten sorgen.26 Für diese Aufgabe benötigte er offensichtlich kein Imperium. In diesem Dokument werden eingangs die amtierenden ὕπατοι M’. Aquillius und C. Sempronius Tuditanus zur Datierung genannt.27 Ein weiteres Beispiel liefert der ὕπατος T. Quinctius Flamininus (cos. 198), der im Jahr 140, also 58 Jahre nach seinem Konsulat, in einem S C als Gesetzgeber gerühmt wird.28 Zusammenfassend kann man sagen, dass das Simplex ὕπατος im Unterschied zum Kompositum στρατηγὸς ὕπατος entweder zur Datierung dient oder einen Konsul bezeichnet, der sein Imperium nicht ausübte.

23 E. Famerie, Une nouvelle édition de RDGE 10, Chiron 37, 2007, 88–111, bes. 92; SC II, Z. 2, 13; vgl. SEG 58, 2008, 1349. 24 R. K. Sherk, RDGE, 1969, Nr. 14, Z. 59f., 69f.; vgl. F. Pina Polo, The Consul at Rome, 2011, 73. 25 Jos. Ant. XIV 10, 15; zur Identifizierung s. Holleaux, ΣΤΡΑΤΗΓΟΣ ΥΠΑΤΟΣ, 1914, p. 5; Pina Polo (s. Anm. 24), 113. 26 Sherk, RDGE Nr. 12, Z. 17–19: [ὅπως τε Μάνιος Ἀκ]ύλλος ὕπατος … [τόπον παροχὴν] ξενιά τε … 27 Sherk, RDGE Nr. 12, Z. 9: … [καὶ Μάνιος Ἀκύλλιος Γάιος Σεμπρώ]νιος ὕπατοι … 28 Sherk, RDGE Nr. 9, Z. 63f.: κατὰ νόμους οὕς Τίτος Κοϊωκτος ὕπατος ἔδωκεν.

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In Bezug auf den Prätor ist festzustellen, dass sein Titel außerhalb Roms vor Sulla nur einmal in Süditalien auf einem von T. Annius (pr. 131) gesetzten Meilenstein begegnet. Dies ist damit zu erklären, dass die beiden Konsuln von 131, in deren Aufgabenbereich der Straßenbau fiel, unabkömmlich waren.29 In den Provinzen Sizilien und Sardinien standen nach 188 keine Heere mehr, sie wurden von Recht sprechenden Prätoren verwaltet, die aber nach wie vor auch als Militärgouverneure tätig waren.30 Die Prätoren, die eine Provinz, in der eine Legion stationiert war, leiteten, hatten ein prokonsulares Imperium. Ihr Titel steht in der Form PRO COS auf Meilen- und Grenzsteinen in den provinciae p. R. Gallia Cisalpina, Macedonia und Hispania Citerior, die aus der zweiten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. datieren.31 Hervorragende Zeugnisse für einen Prätor, der als pro cos. bzw. als ἀνθύπατος Ῥωμαίων amtierte, sind zwei Meilensteine des Cn. Egnatius (pr. 143) in Makedonien an der nach ihm benannten via Egnatia.32 In Bezug auf die Befehlsgewalt der Oberkommandierenden formulierte Girardet die inzwischen anerkannte These, dass es zur Zeit der Republik kein gesondertes prokonsulares Imperium gab, sondern dass die im Feld stehenden Konsuln ihr konsulares Imperium in dem Fall, dass es verlängert wurde, behielten. Sinngemäß das Gleiche postulierte er für die praetores pro cos.33 Ihr Imperium war seinem Wesen nach ein konsulares, das den Prätoren anstelle von Konsuln (pro consule) erteilt wurde. Im Unterschied zu den praetores pro cos. sind Prokonsuln im Sinn von gewesenen Konsuln inschriftlich vor Sulla nur in den Kapitolinischen Triumphalfasten mit dem Titel pro cos. dokumentiert: Er erscheint zum ersten Mal gegen Ende der frühen Republik, und zwar am 1. Mai 326 v. Chr. mit dem Eintrag Q. Publilius Philo primus pro cos ex Paleopolitanis.34 In Übereinstimmung mit diesen Fasten, die 19 v. Chr., also zur Schaffenszeit des Li29 Meilenstein: IILRP 454; zu den beiden Konsuln s. Cic. Phil. IX 18. 30 Abzug des Heeres aus Sizilien i. J. 188: Liv. XXXVIII 36, 2. – Liv. XXXVIII 42,5: Comitiis perfectis, quas provincias praetoribus esse placeret, rettulit ad senatum consul. Decreverunt (sc. patres) duas iuris dicendi causa, duas extra Italiam, Siciliam et Sardiniam. … et extemplo, priusquam inirent magistratum, sortiri iussi. – Militärgouverneure: Kunkel, StO, 284ff. 31 Gallia Cisalpina: ILS 5944, 5944 a, 5945. – Makedonien: s. n. Anm. – Hispania Citerior: ILLRP 461f. 32 Via Egnatia: AE 1976, 643; AE 1993, 153. 33 K. M. Girardet, „Imperium ‚maius‘: Politische und verfassungsrechtliche Aspekte.“. Versuch einer Klärung“, in: F. Paschoud, A. Giovannini & B. Grange, Fondation Hardt pour l’étude de l’antiqité classique, Entetiens, Tome XLVI, La révolution romaine après Ronald Syme, 2000, 166–227, bes. 180, 198f. 34 A. Degrassi, Inscriptiones Italicae, 1947, Bd. 13, 1, 70f.

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vius abgeschlossen wurden, sagt der augusteische Geschichtsschreiber, dass zur Eroberung von Paleopolis (= Neapel) zum ersten Mal das Imperium eines Krieg führenden Konsuls nach Ablauf des Amtes prorogiert wurde und dass Philo das Kommando aufgrund eines Senatsbeschlusses bis zur Entscheidung als Prokonsul führen sollte.35 Folglich hat Broughton im ersten Band seines 1951/2 erschienenen Standardwerks (1986 durch einen 3. Band ergänzt) Philo unter die promagistrates eingereiht.36 Bereits Mommsen stellte fest, dass ein Oberkommandierender bis zur Reform Sullas nach Ablauf des Konsulats nicht Prokonsul im Sinn eines Amtes war.37 Kunkel vertiefte diese These dahingehend, dass die Promagistrate nicht zu den Oberbeamten zu zählen seien, weil die Konsuln und Prätoren mit prokonsularem Imperium das Kommando im Bereich militiae, d. h. im Feld, anstelle eines Magistrats pro consule bzw. pro praetore führten, ohne Magistrat zu sein.38 Anlässlich des Triumphs bemerkt Livius, dass Philo als Erstem zwei Auszeichnungen zuteil wurden, nämlich die Verlängerung des Kommandos, die es vorher noch bei keinem gegeben hatte, und der Triumph nach Beendigung seines Amtes (acto honore).39 Dass Philo als proconsul im Sinn eines Promagistrats triumphierte, ist aus zwei Gründen zu bezweifeln: zum einen stellte der Diktator Sulla ca. 81 v. Chr., an den jungen Proprätor Cn. Pompeius gewendet, fest, dass der Triumph nach dem Gesetz nur Konsuln und Prätoren zukomme und sonst niemandem.40 Zum anderen lässt sich zeigen, dass die Titel pro cos. ex … in den Triumphalfasten entgegen der communis opinio nicht als Promagistraturen aufzufassen sind. Beweisen lässt sich dies mit Hilfe der Einträge des Q. Pedius und des C. Sosius, die nach den Fasten 45 bzw. 34 v. Chr. als Prokonsuln triumphierten, die aber jeweils erst im übernächsten Jahr zum Konsulat kamen.41 Der PROCOSTitel bezeichnet folglich in diesen beiden Fällen nicht das prorogierte

35 Liv. VIII 23, 12: actum est cum tribunis, ut, cum Publius Philo consulatu abisset, pro consule rem gereret quoad debellatum cum Graecis esset, … 36 T. R. S. Broughton, The Magistrates of the Roman Republic (= MRR), Vol. I, 1951, 146 (zum Jahr 326). 37 Mommsen, StR I, 11. 38 W. Kunkel, StO, 15, 294. 39 Liv. VIII 26, 7: Duo singularia haec ei viro primum contingere, prorogatio imperii … et acto honore triumphus. 40 Plut. Pomp. 14, 1. 41 Q. Pedius: Triumph Ende 45: Inscr. Ital. 13, 1, 86f. Konsul Aug. 43: App. BC III 94, 388; Dio XLVI 45, 2–3. C. Sosius: Triumph am 3. 9. 34: Inscr. Ital. 13, 1, 86f.; Konsul Anfang 32: Cass. Dio L 2, 2.

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Imperium eines Konsuls, sondern seine Designierung zum Konsul.42 Daraus folgt, dass die PROCOSTitel in den Fasten lediglich dazu dienen, die Konsuln, die nicht im Amtsjahr triumphierten, von den übrigen zu unterscheiden. Ein Indiz für die Entbehrlichkeit dieser Titel liefert die tabula triumphorum Barberiniana, die von 42 bis 19 v. Chr. parallel vorliegt, denn in ihr steht keine Funktionsangabe, sondern nach dem Namen des Feldherrn nur die Präposition ex.43 Was den Titel pro pr. betrifft, so ist er in den Triumphalfasten ab 241 v. Chr. einige Male verzeichnet. Am Beispiel des L. Aemilius Regillus lässt sich zeigen, dass dieser Titel analog zu pro cos. keine Promagistratur, sondern ein Jahr nach der Prätur bezeichnet: Regillus erhielt im Frühjahr 190 als Prätor ein Flottenkommando und besiegte in der Ägäis die Armada von Antiochos III.44 Der größtenteils rekonstruierte Eintrag in den Fasten lautet: [L. Aimilius M. f. – n. Regillus pro an. DLXIV] /​ pr(aetore) ex Asia de [reg(e) Antiocho navalem] /​ egit K. Febr. Livius nimmt zum Seetriumph des Regillus ausführlich Stellung und bemerkt abschließend in Übereinstimmung mit den Fasten, dass er am 1. Februar stattfand.45 Da das Kalenderund Amtsjahr aber bis 154 v. Chr. am 15. März begann, war Regillus am 1. 2. 189 noch Prätor.46 Als weitere Belege für die Termini pro consule und pro praetore lässt sich die lex agraria von 111 anführen, die die Ansiedelung von Kolonisten in Italien und in der Provinz Africa regelte. In ihr erscheinen die Termini ohne Bezug auf eine Person zum ersten Mal in Verbindung mit consul bzw. praetor.47 Sie bezeichnen den Konsul bzw. den Prätor mit prorogiertem Imperium. Ein Beispiel für einen solchen Prätor liefert der inschriftlich mit dem griechischen Pendant ἀντιστράτηγος belegte Sex. Peducaeus, der 76/75 in Sizilien als Statthalter amtierte.48 Seiner Funktion entspricht im Lateinischen 42 Q. Pedius: Wahlen Ende 45 für 43: Dio XLIII 51, 3. – C. Sosius: Seit 39 cos. desig. für 32: App. BC V 73, 311. 43 Inscr. Ital. 13, 1, p. 342–345. 44 Flottenkommando: Liv. XXXVII 2, 1; Prätor: XXXVII 22, 1; Ägäis: XXXVII 4, 4. 45 Triumph: Inscr. Ital. 13, 1, 80f.; vgl. MRR I 362. – Liv. XXXVII 58, 4: Per eos dies L. Aemilio Regillo, qui classe praefectum Antiochi regis devicerat, … magno consensu patrum triumphus navalis est decretus. triumphavit Kal. Februariis. 46 Zum Beginn des Kalender- und Amtsjahres s. Kunkel, StO, 86f. 47 M. Crawford, Roman Statutes I, 1996, Nr. 2, Z. 37: … eis co(n)s(ul) prove co(n)s(ule) praetor prove pr(aetore), quo in ius adierint, … 48 A. M. Calascibetta – L. di Leonardo, Un nuovo documento epigrafico da Soluntu, Sicilia occidentale, 2012, 37–47. – Zu den Amtsjahren 76/75 s. MRR II 94, 98; T. C. Brennan, The Praetorship in the Roman Republic, 2 Vol., 2000, 484f. 709f.

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der Proprätor im Sinn eines Prätors, dessen Imperium (für 75) prorogiert wurde. Giovannini und Girardet haben unabhängig voneinander herausgearbeitet, dass Prätoren, deren Amt verlängert wurde, Prätoren blieben.49 Dies ist in der Literatur mehrfach nachweisbar.50 Außerdem gibt es noch den ‚echten‘ Proprätor, unter dem ein junger Privatmann mit proprätorischem Imperium, der noch kein senatorisches Amt verwaltet hatte, zu verstehen ist. Girardet nennt Pompeius und Octavian; dazu kommt noch T. Quinctius Flamininus.51 Was das vielfach inschriftlich und auf Münzen belegte Kürzel pro pr. betrifft, so ist es inschriftlich erstmals mit dem griechischen Pendant ἀντιστράτηγος für Cn. Domitius Ahenobarbus (cos. 122) belegt, der ca. 129/8 in der Provinz Asia dem Konsul M’. Aquillius als proprätorischer Legat unterstellt war.52 Das lateinische Kürzel pro pr. erscheint erstmals ca. 102 in einem zeitgenössischen Gedicht. Es bezeichnet die Funktion des Hirrus, der unter M. Antonius (cos. 99) die Flotte kommandierte.53 Die Korrespondenz leg. pro pr. = ἀντιστράτηγος lässt sich auch mit Hilfe des Cn. Domitius Calvinus (cos. 53) nachweisen, der nach Cicero 62/61 in Asia als Legat dem Prätor L. Valerius Flaccus diente und der inschriftlich analog zu Ahenobarbus als ἀντιστράτηγος belegt ist. 54 Dass das Kürzel pro pr. mit Ausnahme der Triumphalfasten als (leg.) pro pr. zu lesen ist, zeigen auch Denare, die Cato minor im Jahr 47 in der von den Pompeianern beherrschten Provinz Africa mit der Averslegende ROMA – M CATO PRO PR prägte. Cato war nämlich nach Plutarch dem Imperator Q. Caecilius Metellus Scipio als ἀντιστράτηγος unterstellt.55 Seit Caesar entspricht dem leg. pro pr. der πρεσβευτὴς καὶ ἀντιστράτηγος.56

49 A. Giovannini, Consulare Imperium, 1983, 62ff. – K. M. Girardet, Imperia und provinciae des Pompeius 82 bis 48 v. Chr. (= Imperia), Chiron 31, 2001, 153–209, bes. 160–165. 50 Beispiele: S. 86/421. 51 Pompeius und Octavian: Girardet, Imperia, 163f. – T. Flamininus: Liv. XXXI 4, 1–3; vgl. MRR. I 322. 52 Iasos II, Z. 15f. – Interpretation: MRR I 505; Thomasson, Legatus 17; Ferrary, Gouverneurs, Chiron 30, 2000, 184. 53 ILLRP 342; vgl. J. Nollé, Side im Altertum I, 1993, 70f., 234–237. 54 Cic. Flacc. 31, 68. – Inschrift: C. Habicht – T. C. Brennan – W. Blümel, Cn. Domitius Calvinus, ZPE 169, 2009, 157–161. 55 Münzen: RRC Nr. 462, 1. – Plut. Cat. Min. 57, 6: ἑαυτὸν ἀντιστράτηγον ὄντα. – MRR II 263, III 170f.: propraetor. 56 Q. Fufius Calenus (pr. 59) i. J. 48: I. Ol. Nr. 330, Oropos: IG VII 380.

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Um sicher zu gehen, dass Konsuln und Prätoren mit prorogiertem Imperium keine Promagistrate waren, empfiehlt es sich, die wenigen Belege zum Terminus pro magistratu zur Zeit der Republik zu erfassen. Livius gebraucht ihn zweimal in den Jahren 322/1 in der Wendung pro magistratu agere.57 Kunkel-Wittmann stellen im Zusammenhang mit dem Promagistrat im Sinn von ‚Stellvertreter des Magistrats ohne Amt‘ in einer Anmerkung fest, dass der Ausdruck pro magistratu agere von Livius in einer ganz anderen Bedeutung verwendet wird. Er bezeichne in diesem Fall nicht den Beamten, sondern das Amt, und die Präpositon pro habe nicht den Sinn von ‚anstelle von‘, sondern müsse in etwa mit dem Ausdruck ‚in Ausübung von‘ wiedergegeben werden; pro magistratu agere werde also gerade in Bezug auf den wirklichen Magistrat gebraucht, und zwar zur Bezeichnung seiner amtlichen, im Gegensatz zu seiner privaten Tätigkeit.58 Es gibt aber auch Beispiele für pro magistratu im Sinn von ‚anstelle des Magistrats‘. Nach dem Juristen Pomponius wollten die Magistrate zur Abendzeit nicht mehr in der Öffentlichkeit erscheinen und deshalb wurden ihnen dies- und jenseits des Tibers Fünfmänner, sogenannte quinqueviri, an die Seite gegeben, die als Promagistrate fungieren konnten. Dies geschah, ehe Sardinien und Sizilien unterworfen wurden (227 v. Chr.).59 Es ist klar, dass die Fünfmänner als Stellvertreter von Magistraten analog zu den Tribunen, Ädilen und Quästoren kein Imperium hatten.60 In Inschriften kommt der Terminus pro magistratu in Verbindung mit magistratus zum ersten Mal 186 in einem Senatsbeschluss über die Bacchanalien vor und 122/1 in der lex Acilia repetundarum.61 In diesen beiden Dokumenten ist der Ausdruck pro magistratu ebenfalls im Sinn von ‚Stellvertreter des Magistrats‘ zu verstehen.

57 Liv. VIII 36, 1 (J. 322): Postquam dictator praeposito in urbe L. Papirio Crasso, magistro equitum Q. Fabio vetito quicquam pro magistratu agere, … – Liv. IX 7, 12 (J. 321). Consules in privato abditi nihil pro magistratu agere nisi quod expressum senatus consulto est. 58 Kunkel, StO, 15f. mit Anm. 37. 59 Dig. I 3, 2, 32 : Et quia magistratibus vespertinis temporibus in publicum esse inconveniens erat, quinqueviri eis constituti sunt cis Tiberim et ultis Tiberim, qui possint pro magistratibus fungi. Capta deinde Sardinia, mox Sicilia … 60 Vgl. Drogula, CC, 63. 61 De Bacchanalibus : CIL I 581, Z. 11/12: neve magistratus neve pro magistratuque neque virum neque mulierem … Lex Acilia: Crawford, Statutes I, 72, Nr. 1, Z. 70 : ex hac lege ‹iu›dicium fieri oportebit nei quis magistratus pro magistratu prove [quo imperio in] pediu[nto quo] minus …

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Man kann aus diesen Beispielen den Schluss ziehen, dass Konsuln und Prätoren mit prorogiertem Imperium entgegen Kunkel keine Promagistrate waren, weil sie militiae nicht als pro cos. bzw. pro pr. fungierten.62 Kommen wir jetzt zum Imperator. Livius verwendet diesen Terminus zum einen im allgemeinen Sinn von ‚Feldherr‘, zum ersten Mal in der Verbindung imperator Latinus kurz vor 500, den viermaligen Konsul M. Valerius Maximus Corvus (348, 346, 343, 335) nennt er den größten imperator seiner Zeit.63 Im 2. Punischen Krieg bezeichnet er nicht nur römische Feldherren, sondern auch die der Feinde als imperatores.64 Zum anderen verwendet Livius den Terminus im speziellen Sinn eines Konsuls mit prorogiertem Imperium ohne Amt, erstmaIs im Zusammenhang mit Q. Publilius Philo.65 In der abgekürzten Form IMP begegnet der Imperatortitel im Außenbereich militiae in zahlreichen Inschriften, zum ersten Mal in Spanien in einer aus Sagunt stammenden Ehrung des älteren Scipio Africanus.66 Sie wurde in ihrer erhaltenen Form zwar erst im 2. Jh. n. Chr. verfasst, geht aber auf eine frühere zurück, die auf einem im Jahr 205 v. Chr. in Sagunt errichteten Monument stand. Die Bewohner statteten dem amtierenden Konsul und Imperator ihren Dank für den Wiederaufbau ihrer Stadt ab.67 Die These, dass der IMPTitel Scipios eine imperatorische Akklamation nach seinen 209 oder 208 bei Carthagena bzw. Baecula errungenen Siegen bezeichnet, scheint nicht mehr haltbar.68 Assenmaker hat wahrscheinlich gemacht, dass der IMPTitel Scipios nicht auf eine Akklamation im Feld durch seine Truppen zurückgeht, sondern sein Imperium kennzeichnet.69

62 Kunkel, StO, 15, 294 (vgl. S. 21 mit A. 38). 63 Imperator Latinus: Liv. II 20, 7. – M. Valerius Maximus Corvus : Liv. VII 3, 4. 64 Liv. XXIII 26, 2: Hasdrubal. 65 Liv. VIII 25, 13 (im Jahr 326): collaudatus (sc. legatus) ab imperatore (sc. a Philone); vgl. Oakley, Livy II, 684. 66 ILS 66 = ILLRP 514: P. Scipioni cos. imper. ob restitutam Saguntum ex s. c. bello Punico secundo. 67 D. Kienast, Imperator, ZRG 78, 1961, 406. H. Scullard, Scipio Africanus, Soldier and Politician, 1970, 260/57. 68 Kienast, Imperator, 405f. R. Combès, Imperator. Recherche sur l’emploi et la signification du titre d’Imperator dans la Rome républicaine, 1966, 55–60. – Scullard, Scipio, 76. 69 P. Assenmaker, Nouvelles Perspectives sur le titre d’imperator (= Imperator), RBPH 90, 2012, 111–142, bes. 120f.

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Nach den Worten des Tacitus stellte eine salutatio imperatoria eine dem Feldherrn nach einem altehrwürdigen Brauch vom siegreichen Heer erwiesene Ehre dar, die eine große militärische Leistung voraussetzte.70 Ein zwingender Zusammenhang zwischen den literarisch überlieferten Akklamationen und dem in zahlreichen Inschriften erscheinenden IMP­ Titel lässt sich nach Assenmaker nur in zwei Fällen sicher herstellen, nämlich zum einen durch die im Feriale Cumanum bezeugte erste Akklamation Octavians vom 16. April 43 und zum anderen aufgrund der von Velleius Paterculus geschilderten appellatio imperatoria von dessen Vater C. Octavius (pr. 61) in Verbindung mit seinem stadtrömischen Elogium, das mit den Worten pr. pro cos. imperator appellatus ex provincia Macedonia endet.71 Rivero Gracia vertritt in einer umfassenden Studie zum Imperator im Sinne Mommsens die These, dass jeder Inhaber eines Imperiums bis zum Ende der Republik imperator genannt werden konnte und dass der Titel in den Dokumenten mit offiziellem Charakter in diesem Sinn gebraucht wird. Die militärische Akklamation sei insbesondere im Zusammenhang mit den Bürgerkriegen verwendet worden, um die Legalität des Kommandos desjenigen, der imperator genannt wurde, auszudrücken. Im Quellenverzeichnis nennt Rivero Gracia zum 2. Jh. v. Chr. zwei Edikte, zwei Weihinschriften, drei Ehrungen und einen Meilenstein, von denen Assenmaker sagt, dass für sie keine appellatio imperatoria nachweisbar ist.72 Klar ist bisher nur, dass der für ein Kommando ausersehene Konsul vom römischen Volk gemäß der von ihm beantragten lex Curiata zum Imperator gewählt wurde.73 Den Vorgang kann man sich etwa wie folgt vorstellen: Zunächst debattierte das Volk über die vom Senat vorgegebenen Kandidaten unter dem Gesichtspunkt ihrer Tauglichkeit als Imperator; die Soldaten sollten vor dem Auszug aus Rom auf ihn den Eid ablegen und im Feld unter seiner Führung und seinen Auspizien kämpfen.74 In den Komitien wurden die Konsuln und Prätoren zenturienweise gewählt; die künf70 Tac. Ann. III 74: Tiberius id quoque Blaeso tribuit, ut imperator a legionibus salutaretur, prisco erga duces honore qui bene gesta re publica gaudio et impetu victoris exercitus conclamabantur. 71 Feriale Cumanum: ILS 108; vgl. Combès, 91. – C. Octavius: Akklamation: Vell. II 59, 2. – Elogium: I. Ital. 13, 3, Nr. 75 b; gl. Assenmaker, Imperator, 118/33. 72 M. P. Rivero Gracia, Imperator Populi Romani, 2006, 84–87; Quellen: 304f., 337f.; vgl. Assenmaker, Imperator, 112. 73 Cic. leg. agr. II 12, 30: quod consuli, si legem curiatam non habet, attingere rem militarem non licet; vgl. Rivero Gracia, 19. 74 Liv. XXIV 8, 18–19: ego magno opere suadeo, Quirites, eodem animo quo si stantibus vobis in acie armatis repente deligendi duo imperatores essent, quorum ductu atque auspicio dimicaretis, hodie quoque consules creetis quibus sacramento liberi vestri dicant, ad quorum

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tigen Imperatoren sollten kriegserfahren sein und vom Volk unverzüglich gewählt werden.75 Der Senat teilte ihnen nach ihrer Wahl in den Konsularkomitien die Provinzen im Sinn von Aufgabengebieten mit Hilfe eines S C extra sortem oder durch Losung zu.76 Da der Imperatortitel das imperium militiae symbolisiert, war er ein an das Kommando gebundener Rechtstitel. Der iterierte IMP-Titel lässt die Zahl der Kommanden erkennen.77 Der in zwei Edikten und auf einem Meilenstein (v. supra) erscheinende Imperatortitel war folglich entgegen Mommsen kein Ehren- oder Siegestitel.78 Eines der beiden Edikte wurde von L. Aemilius Paullus verfasst, der nach Livius 191 als Prätor die Provinz Hispania Ulterior erloste und Truppen zur Ergänzung des dort stehenden Heeres mitnahm.79 Nach Plutarch wurde L. Paullus mit zwölf statt mit sechs Rutenbündeln entsandt, sodass er das Imperium eines Konsuls besaß.80 Daher fungierte er nach Livius und Orosius 190 in Hispania Ulterior als Prokonsul im Sinn eines pr. pro cos.81 Der Anfang des Edikts lautet: L. Aimilius L. f. inpeirator decreivit… In dem Dekret geht es um Unterworfene (dediticii), die aufgrund ihrer Kapitulation unter die Herrschaft des römischen Volkes gelangten und frei wurden.82 Die These Mommsens, der Imperatortitel des L. Paullus ginge auf eine acclamatio imperatoria nach einem Sieg zurück, wurde noch in den 1980er

edictum conveniant, sub quorum tutela atque cura militent; vgl. Rivero Gracia, Imperator, Kap. 2 Creatio: La designación del Imperator, 41–65, bes. 48f. 75 Cic. Mur. 38: Imperatores in comitiis consularibus, non verborum interpretes deliguntur. – Liv. XXVII 6, 10: patribus id tem-pus rei publicae visum est ut per veteres et expertos bellique peritos imperatores res publica gereretur; itaque moram fieri comitiis non placere; vgl. Rivero Gracia, Imperator, 49 mit Anm. 112f. – Wahl eines Konsuls zum Imperator: Plb. I 11, 3; vgl. S. 72. 76 Cic. Vat. 36: eripueras senatui provinciae decernendae potestatem, imperatoris deligendi iudicium, aerari dispensationem: quae numquam sibi populus Romanus appetivit; vgl. Rivero Gracia, Imperator, 49 mit Anm. 111. 77 Rivero Gracia, Imperator, Iteración imperatoria, 225. 78 Vgl. J. Bleicken, Imperator, KP 2, 1979, Sp. 1378. 79 Liv. XXXVI 2, 10–12: L. Aemilio Paulo in ulteriorem Hispaniam praeter eum exercitum, quem a M. Fulvio proconsule accepturus esset, decretum est; vgl. MRR I 353. 80 Plut., Paulus Aemilius, 4, 2: Ἐπὶ τοῦτον ὁ Αἰμίλιος ἐξεπέμφθη στρατηγός, οὐχ ἕξ ἔχων πελέκεις, ὅσους ἔχουσιν οἱ στρατηγοῦντες, ἀλλὰ προσλαβὼν ἑτέρους τοσούτους, ὥστε τῆς ἀρχῆς ὑπατικὸν γενέσθαι τὸ ἀξίωμα. 81 Liv. XXXVII 46, 7: … adversa pugna in Bastetanis ductu L. Aemilii proconsulis; vgl. Oros. IV 20, 23. 82 Vgl. H. Stiegler, Dediticii, KP 1, Sp. 1421; R. Willvonseder, Edictum, DNP 3, 1997, Sp. 877.

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Jahren von Broughton und Reiter verteten.83 Sie berücksichtigten dabei nicht den Einwand Bleickens, demzufolge der IMPTitel in einem Edikt nicht auf einer militärischen Akklamation beruhen könne.84 Schwierigkeiten bereitet die Datierung des Edikts, weil das Jahr nicht genannt wird. Gegen den Ansatz 19. 2. 190 plädierte Richardson für den 19. 2. 189, weil L. Aemilius bis zum 28. 2. 190 Prätor war.85 Diese Überlegung geht davon aus, dass der IMPTitel steht, weil die Prätur abgelaufen war und L. Aemilius kein Amt mehr hatte. Dafür scheint zu sprechen, dass in seinem Elogium, das sämtliche Ämter seines Cursus nennt, der IMPTitel fehlt.86 Gegen diese Überlegung spricht jedoch eine Parallele, nämlich die Beuteweihinschrift desselben L. Paullus in Delphi, die er, wie sich bald erweisen wird, im Konsulatsjahr ebenfalls als inperator verfasste. Folglich dürfte er das Kommando in Spanien auch im Jahr der Prätur als Imperator geführt haben. Daraus folgt zum einen, dass L. Aemilius in Südspanien entgegen Livius nicht als pr. pro cos. fungierte und zum anderen, dass die beiden 197 geschaffenen Prätorenstellen und das Ziehen einer Grenze zwischen Nordund Südspanien nicht im Sinn von provinciae praetoriae, d. h. von ‚Aufgabengebieten der Prätoren‘ zu verstehen ist.87 Dies zeigt sich am Gegenbeispiel der beiden Inseln Sizilien und Sardinien, die 227 v. Chr. als erste provinciae p. R. gegründet wurden und im 2. Punischen Krieg zu den provinciae praetoriae gehörten, die turnusmäßig für ein Jahr Prätoren übertragen wurden.88 Dass Nord- und Südspanien am Anfang des 2. Jh. v. Chr. noch keine provinciae praetoriae waren, ergibt sich aus der Definition des Grammatikers Sex. Festus, derzufolge eine provincia p. R. erst eingerichtet werden konnte, wenn das betreffende Gebiet unterworfen war.89 Nach Rufius Festus, dem Verfasser eines Breviarium rerum gestarum populi Romani, kamen die beiden Spanien erst zum Imperium Romanum, nachdem Gallien bis

83 Th. Mommsen, StR I, 124/2. – MRR III, 1986, 9f. und W. Reiter, Aemilius Paullus, 1988, 110. 84 Bleicken, Imperator, KP 2: vgl. Anm. 78. 85 Richardson, Hispaniae, 1985, 118 mit Anm. 109. 86 Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 81, Z. 1–3. 87 Schaffung von zwei Prätorenstellen für Nord- und Südspanien: Liv. XXXII 27, 5. – Grenzziehung: Liv. XXXII 28, 6 88 Liv. XXVIII 38, 13: Tum praetoriae provinciae in sortem coniectae: Urbana …, Ariminium (i. e. Gallia) …, Sicilia, … Sardinia. 89 Sex. Festus: Zitat: S. 16/9. – Cicero (Verr. II 5, 136) nennt Verres praetor in provincia populi Romani.

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zum Po besetzt und Africa unterworfen waren.90 Die ersten sicheren Anhaltspunkte für die Existenz der beiden spanischen Provinzen liefert zum einen die Aussage Appians, dass weite Gebiete Nord- und Südspaniens 133 durch den jüngeren Scipio und D. Iunius Brutus befriedet wurden und zum anderen bezeugen die Existenz der Provinz Hispania Citerior die oben erwähnten Meilensteine mit der Angabe pro cos. um 110 v. Chr.91 Fazit: Nord- und Südspanien waren ab 197 die provinciae von Imperatoren prätorischen Ranges. Wendet man jetzt den Blick in den griechischen Osten, so stellt man fest, dass der schon erwähnte T. Quinctius Flamininus 198 als Konsul nach Makedonien entsandt wurde, um Krieg gegen König Philipp zu führen. Livius nennt ihn in Makedonien im Amtsjahr 198 consul, Florus und Justin auch 194, als er Philipp den Frieden gewährte.92 Im Frühjahr 196 ließ Flamininus im Stadion von Korinth die Freiheit der Hellenen durch einen Herold proklamieren. Nach Polybios und Plutarch erklärten der römische Senat und der στρατηγὸς ὕπατος Flamininus die Griechen für frei von Gewalt und Abgaben.93 In dieser Funktion ist er auch in zahlreichen Inschriften belegt, die Broughton fälschlich alle ins Konsulatsjahr datierte, weil er den griechischen Terminus στρατηγὸς ὕπατος ausschließlich im Sinn von consul interpretierte.94 Livius und Valerius Maximus nennen Flamininus 196 in Korinth imperator.95 Eine zweisprachige Ehrung in Delphi des in Thrakien siegreichen M. Minucius Rufus (cos. 110) beweist, dass der στρατηγὸς ὕπατος militiae den Imperator konsularen Ranges bezeichnet.96 Hingegen sind Imperatoren prätorischen Ranges vor Sulla im griechischen Osten mit dem Titel στρατηγὸς ἀνθύπατος belegt, als erster Q. Caecilius Metellus (pr. 148) im noch nicht unterworfenen Makedonien.97 Diese 90 Rufius Festus, Brev. 3. 91 App. Iber. 99, 428. – Meilensteine: ILLRP 461f.; vgl. S. 20/31. 92 Liv. XXXIII 7, 3–13. – Flor. I 23, 12: Et illi (sc. regi) quidem consul pacem dedit regnumque concessit. – Justin XXX 4, 17: Fractus itaque bello Philippus pace Flaminino consule petita nomen quidem regium retinuit. 93 Plb. XVIII 46, 5; Plut. Tit. 10, 4. 94 SIG3 591–593; 674; I. Delos: 439 a; 442 b; 1429 a; 1441 a; 1446; gegen MRR I 330 s. RE 23, Sp. 1075ff. und AE 1972, 572. 95 Liv. XXXIII 32, 5: senatus Romanus et T. Quinctius imperator Philippo rege Macedonibusque devictis liberos, immunes, suis legibus esse iubet. – Val. Max. IV 8, 5: S. P. Q. R. et T. Quinctius Flamininus imperator omnes Graeciae urbes, quae sub dicione Philippi regis fuerunt, liberas atque immunes esse iubet. 96 Syll.3 710 = FD III 1, 526 = ILLRP 337; in Z. 1–2 ist στρα[τη] /​  [γὸν ὕπα]τον statt στρα[τη] /​ [γὸν ἀνθύπα]τον zu konjizieren. 97 Thessalonike: IG X 2, 1, 134; zur Unterwerfung Makedoniens s. S. 32f. mit A. 112ff.

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Funktion hatten auch M. Antonius (pr. 103, cos. 99) und C. Memmius (pr. ca. 103, cos. des. 99) 102/1 im 1. Piratenkrieg; auf Münzen, die sein gleichnamiger Enkel 56 in Rom prägte, erscheint Memmius als Imperator.98 23 Jahre nach dem spanischen Kommando wurde L. Aemilius Paullus 168 in seinem 2. Konsulat laut Livius nach Makedonien entsandt, um Krieg gegen König Perseus zu führen. Nach Plutarch gönnte er im Herbst 168 nach seinem Sieg bei Pydna dem Heer eine Ruhepause und begab sich selbst auf eine Besichtigungsreise durch Griechenland. Im delphischen Heiligtum Apolls ließ er auf einem Pfeiler seine Statue errichten und auf deren Basis eine Beuteweihinschrift anbringen. Sie lautet L. Aimilius L. f. inperator de rege Perse Macedonibusque cepet.99 Während Broughton und Briscoe kommentarlos der Chronologie des Livius folgten und die Inschrift in den Herbst 167 datieren, spricht Jal von einem Fehler des Livius, weil er die Rundreise des L. Aemilius um ein Jahr verschoben habe. Der Grund für die Manipulation dürfte darin liegen, dass Livius einen Feldherrn im Konsulatsjahr durchwegs consul nennt.100 Nach Livius wurde König Perseus im Amtsjahr 168 nach seiner Niederlage bei Pydna durch eine dichte Menge Schaulustiger von Liktoren des Konsuls L. Aemilius zu dessen Feldherrnzelt geleitet.101 Sie trugen im Feld das sagulum, d. h. den grauen Soldatenmantel, in Rom die weiße togula.102 Der Unterschied in der Kleidung zeigt, dass ein Konsul im Feld zwar die Insignien seiner Macht behielt, aber sein Amt entgegen Livius militiae nicht ausübte. Diesen Bereich definiert Cicero als denjenigen, in dem der Imperator die Strafgewalt über seine Soldaten, die freie römische Bürger waren, hatte.103 Nach Livius klagten die Senatoren 188 darüber, dass M. Fulvius und Cn. Manlius, die im Vorjahr Konsuln gewesen waren, schon zwei Jah98 M. Antonius: IGR IV 1116 (Rhodos) – C. Memmius: s. S. 34/126. 99 Kulturreise: Plut. Aem. 28, 1–4. – Heiligtum: Plb. XXX 10, 1. – Inschrift: ILLRP 323. 100 MRR I 433; J. Briscoe, A Commentary on Livy, Books 41 to 45, 2012, 692ff. – P. Jal, Tite Live, Tome 33, Livre XLV, 1979, p. 126f. – Liv. XLV 17, 1 (J. 167): … imperatores L. Paulus, L. Anicius conponerent res, … 101 Liv. XLV 7, 4: (Perseus) progredi prae turba occurrentium ad spectaculum non poterat, donec a consule lictores missi sunt, qui summoto iter ad praetorium facerent; vgl. Briscoe, Livy, 625–628. 102 Cic. Pis. 23: Togulae lictoribus ad portam praesto fuerunt; quibus illi acceptis sagula reiecerunt. 103 Cic. leg. III 6, 10: Militiae ab eo qui imperabit provocatio nec esto, quodque is qui bellum geret imperasset, ius ratum esto; vgl. G. Alföldy, Römische Sozialgeschichte, 1975, 24: Das Heer stützte sich seit ca. 300 v. Chr. auf Rom und die Bürgerkolonien Ostia, Antium, Terracina, Minturnae, Sinuessa und Castrum Novum als städtische Nachschub- und Rüstungszentren.

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re lang in Europa und Kleinasien gleichsam anstelle von Philipp und Antiochos wie Könige schalteten und walteten. Wenn die Stationierung von Heeren in diesen Ländern erwünscht sei, so gehöre es sich eher, dass Konsuln an deren Spitze stehen als Privatleute.104 Die Begebenheit scheint von Livius frei erfunden, denn die Konsuln fungierten militiae auch im Amtsjahr, wie sich gezeigt hat, nicht als Magistrate, sondern als Imperatoren. Da sie kein Amt hatten, nennt sie Livius privati; ihm war nicht klar, dass die Oberkommandierenden im Auftrag des römischen Volks tätig waren, wie sich am Titel στρατηγὸς ὕπατος Ῥωμαίων des T. Quinctius Flamininus (cos. 198) in einem 195/4 datierenden Schreiben zeigt.105 Im Folgenden soll bewiesen werden, dass die Imperatoren ihren Titel nicht durch eine Akklamation im Feld, sondern in Rom durch das Volk erhielten. Nach Livius sprach der Konsul P. Licinius Crassus 171 zu Beginn des 3. Makedonischen Kriegs auf dem Kapitol die Gelübde und brach im Kriegsmantel aus der Stadt auf. Er zog die Blicke aller Zuschauer auf sich, die nicht nur zusammengekommen waren, um ihre Pflicht (officium) zu erfüllen, sondern die auch voller Freude und Zuversicht waren im Hinblick auf seine glückliche Rückkehr.106 Bei dem Vorgang dürfte es sich um eine bisher nicht als solche erkannte populare Akklamation des Konsuls P. Crassus handeln, wie sie explizit nur einmal überliefert ist, nämlich durch Appian, der berichtet, dass der Konsul L. Antonius vom Volk zum Imperator ausgerufen wurde, ehe er im Sommer 41 gegen Octavian in den Perusinischen Krieg zog.107 Eine ähnliche Szene schildert Livius im Zusammenhang mit dem bekannten L. Aemilius Paullus: Sein Auszug aus Rom soll feierlicher als der des reichen M. Licinius Crassus gewesen sein, dem Cicero selbst beiwohnte. Nach Livius brach L. Aemilius unter den glückverheißenden Prophezei-

104 Liv. XXXVIII 42, 10: M. Fulvium et Cn. Manlium biennium iam, alterum in Europa, alterum in Asia velut pro Philippo atque Antiocho substitutos regere. Si exercitus in his terris esse placeat, consules iis potius quam privatos praeesse oportere. 105 SIG3 593 = Sherk, RDGE Nr. 33; Datierung: AE 1972, 572. 106 Liv. XLII 49, 1–3: Per hos forte dies P. Licinius consul votis in Capitolio nuncupatis paludatus ab urbe profectus est. semper quidem ea res cum magna dignitate ac maiestate agitur; praecipue convertit oculos animosque, cum ad magnum nobilemque aut virtute aut fortuna hostem euntem consulem prosequuntur. contrahit enim non officii modo cura, sed etiam studium spectaculi, ut videant ducem suum, cuius imperio consilioque summam rem publicam tuendam permiserunt. 107 App. BC V 31, 119 (Zitat S. 390/2064).

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ungen einer sehr großen Menge auf.108 Was M. Crassus betrifft, so wurde er auf seinem Feldzug gegen die Parther bei der Durchquerung Galatiens von König Deiotarus als αὐτοκράτωρ, d. h. als Imperator, begrüßt und Caesar nennt ihn im Zusammenhang mit seiner Tötung ebenfalls imperator.109 Crassus kann folglich seinen Imperatortitel nicht im Feld erhalten haben, sondern nur vorher in Rom bei seinem von Cicero erwähnten Auszug. Da das Volk Anwesenheitspflicht (officium) hatte, kann man von einem Staatsakt sprechen. Er fand wahrscheinlich im Rahmen der nicht explizit überlieferten Auszugsauspizien statt.110 Das bedeutet, dass die von Livius geschilderten feierlichen Auszüge der drei oben genannten Konsuln popularen Akklamationen gleichzusetzen sind. Einen definitiven Beweis liefern in Rom nach dem Vertrag von Brundisium geprägte Münzen des Triumvirn M. Antonius.111 Man kann jetzt postulieren, dass alle von Rom in den Krieg ziehenden Feldherren ihren Imperatortitel einer Akklamation des römischen Volkes verdankten. Sie passt zu der Tatsache, dass die Macht zur Zeit der römischen Republik vom Zentrum des Reiches ausging. Kehren wir jetzt in den griechischen Osten zurück: Q. Caecilius Metellus (pr. 148) führte das Kommando in Makedonien, unterwarf es vor Anfang 147 als Imperator und ist in einer Ehrung aus Thessalonike in Form des griechischen Pendants στρατηγὸς ἀ[νθύπατος] belegt.112 An den römischen Sieg erinnert die makedonische Ära, die vom 1. Dios (= 15. Oktober) 148 an gezählt wurde. Bengtson sah sie als Provinzialära an, es ist aber eine lokale, weil Metellus als Prätor ohne die Einschaltung einer von Rom entsandten Senatskommission nicht zur Einrichtung der Provinz befugt war.113 Eine Ehrung des Metellus in Olympia als στρατηγὸς ὕπατος Ῥωμαίων lässt darauf schließen, dass

108 Cic. Att. IV 13, 2: Crassum quidem nostrum minore dignitate aiunt profectum paludatum quam olim aequalem eius L. Paulum item iterum consulem. – Liv. XLIV 22, 17: inde et consul et praetor Cn. Octavius in Macedoniam profecti sunt. traditum memoriae est maiore quam solita frequentia prosequentium consulem celebratum, ac prope certa spe ominatos esse homines, finem esse Macedonico bello maturumque reditum cum egregio triumpho consulis fore. 109 Deiotarus: Plut. Crass. 17, 2. – Caes. BC III 31, 3: (Parthi), qui M. Crassum imperatorem interfecerunt. 110 Auszugsaupizien s. J. Rüpke, Domi Militiae, 45f. – Feierlicher Auszug des Konsuls: Plb. VI 15, 2. 111 Vgl. S. 44f. mit A. 200–203. 112 IG X, 2,1, 134; vgl. S. 29 mit A. 97. 113 Bengtson, RG3 146; s. dagegen: F. Papazoglou, La Macédoine, ANRW 7,1, 1971, 304; J.-L. Ferrary, Rome, tome 2, 768.

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er 143 in Rom als amtierender Konsul durch ein S C die Provinz Macedonia eingerichtet hat.114 Der Konsul L. Mummius erhielt im Frühjahr 146 nach der Kriegserklärung der Achäer den Oberbefehl im bellum Achaicum.115 Er unterwarf Südgriechenland, zerstörte das reiche Korinth und ordnete mit einer Senatskommission die Verhältnisse, das heißt, dass Mummius die Provinz Achaia einrichtete und ihr eine Verfassung gab.116 In Eretreia wurde dem Imperator 145 anlässlich der Agonistischen Artemsia eine Ehrung mit dem Titel [Λ. Μόμμιον στρατηγὸ]ν ὕπατον dargebracht.117 Nach seiner Rückkehr weihte Mummius Hercules Victor in Rom auf dem mons Caelius als Imperator einen im Krieg gelobten Tempel.118 Pietilä-Castrén geht davon aus, dass der mons Caelius außerhalb des Pomeriums lag und es Mummius zum Zeitpunkt der Weihung noch nicht überschritten hatte, so dass er noch Imperator war.119 Rom führte 146/5 einen Zweifrontenkrieg, nämlich nicht nur im griechischen Osten, sondern auch in Nordafrika den 3. Punischen Krieg (149– 146), der mit der Zerstörung Karthagos endete. Das Kommando hatte ab 147 der Konsul P. Cornelius Scipio Aemilianus, der Sohn des mehrfach genannten L. Aemilius Paullus, inne. Aus Thermai, der Stadt der Himerer in Sizilien, kommt eine griechische Inschrift, aus der hervorgeht, dass der siegreiche Konsul (ὕπατος) den Einwohnern die einst von den Karthagern geraubten Bildwerke zurückerstattet hat. Diese Aktion führte er 146 nach seinem Triumph und der Verleihung des Beinamens Africanus durch.120 Der Terminus ὕπατος bezeichnet folglich nicht speziell das Amtsjahr 147, sondern das gesamte Konsulat, das Scipio 146 abschloss. Im somnium Scipionis lässt der Autor Cicero dem Jüngling im Traum seinen Adoptivvater, den Sohn des älteren Scipio Africanus, erscheinen und ihm in einer vatici-

114 SIG3 680 = I. Olymp. 325. 115 Iustin XXXIV 2, 1–6: Haec ubi Romam nuntiata sunt, statim senatus Mummio consuli bellum decernit, qui extemplo exercitu deportato et omnibus strenue provisis pugnandi copiam hostibus fecit; vgl. J. Wiseman, Corinth and Rome I, ANRW 7.1, 1971, 461. 116 IG VII 2414; Plb. XXXIX 4; Cic. Verr. II 4, 4; Paus. VII 16, 9f.; Liv. per. 52, 3–6; Oros. V 3, 5; vgl.: MRR I 470. 117 IG XII 9, 233. 118 ILLRP 122: L. Mummi(us) L. f. cos. duct(u) /​ auspicio imperioque /​ eius Achaia capt(a) … imperator dedicat. 119 L. Pietilä-Castrén, Some Aspects of the Life of Lucius Mummius, Arctos 12, 1978, 119f. 120 ILS 8769: vgl. Cic. Verr. II 2, 86. – Triumph: App. Lib. 135.

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natio post eventum weissagen, dass er als Konsul innerhalb von zwei Jahren Karthago zerstören wird.121 Der jüngere Scipio beendete 133 als cos. II nach der Kapitulation Numantias auch die Spanischen Kriege (153–133). Nach den von Degrassi rekonstruierten Fasteneinträgen triumphierte Scipio 146 ex Africa und 132 de Numantinis jeweils als pro cos., d. h. als Konsul mit prorogiertem Imperium.122 Cn. Domitius Ahenobarbus (cos. 122), der 129/8 in der Provinz Asia dem Konsul M’. Aquillius als Legat unterstellt war, besiegte 121 als Prokonsul in Gallia Narbonensis die Allobroger und erneuerte um 120 als Imperator den alten Handelsweg zwischen den Pyrenäen und der Rhone; an der nach ihm benannten via Domitia wurde ein Meilenstein gefunden; er ist bisher der einzige, auf dem nicht COS, sondern der Imperatortitel steht.123 Er lässt darauf schließen, dass Gallia Narbonensis zur Bauzeit noch Feindesland war. Dass die via Domitia bald nach ihrer Fertigstellung durch unterworfenes Gebiet führte, verdeutlicht die in den Jahren 104/3 gegrabene fossa Mariana, die die Rhone als Kanal mit dem Meer verband. Der große Feldherr C. Marius legte ihn als cos. II und III an.124 Daraus folgt, dass Gallia Narbonensis bald nach dem Bau der via Domitia als provincia p. R. eingerichtet wurde. Marius amtierte vorher, nämlich 114, in der Provinz Hispania Ulterior als pr. pro cos., wohingegen der Prätor L. Caesius 104 in einem Gebiet Zentralspaniens, das offenbar noch nicht unterworfen war, als Imperator ein Edikt erließ.125 Caesius dürfte als Imperator mit einem Heer von Rom ausgezogen sein. Im 1. Piratenkrieg führte C. Memmius (cos. des. 99) 102/1 von Makedonien aus ein Kommando vermutlich in der Propontis. Nach einer der beiden Messenischen Urkunden fungierte er als ἀνθύπατος. Wahrscheinlich ist er mit dem C MEMMIVS IMPERATOR identisch, den sein gleichnamiger Enkel auf den Revers von ihm im Jahr 56 geprägten Münzen setzte.126 Da in der vorsullanischen Zeit die griechische Entsprechung αὐτοκράτωρ 121 Cic. rep. VI 11: … hanc (sc. Carthaginem) hoc biennio consul evertes. 122 Rekonstruktion; Inscr. Ital. 13, 1, 557f.; MRR I 494. 123 Allobroger: Liv. per 61, 2. – Meilenstein: ILLRP 460 a.: Cn. Domitius Cn. f. Ahenobarbus imperator XX; vgl. MRR III 81f. 124 Fossa Mariana: Plut. Mar. 15, 4. – Datierung: T. F. Carney, KP 3, Sp. 1032. 125 Marius: Plut. Mar. 6, 1; vgl. MRR I 534, III 140. – L. Caesius: AE 1984, 495. 126 ἀνθύπατος: F. Canali de Rossi, ISE, 2001, Nr. 136, Z. 35–37. – Münzen: RRC Nr. 427, 2.

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noch nicht gebräuchlich war, steht in der messenischen Inschrift die Funktionsangabe ἀνθύπατος für den Titel στρατηγὸς ἀνθύπατος, der vor Sulla den Imperator prätorischen Ranges bezeichnet.127 Während der Abwesenheit des C. Memmius überwachte der Prätor (στρατηγός) Vibius in Messene den Einzug einer Kriegssteuer.128 Demnach dürfte Vibius als Statthalter Makedoniens dem Imperator Memmius entgegen Ferrary unterstellt gewesen sein.129 Im Griechischen dürfte dem Kriegsrechtbereich militiae der Terminus ἐπαρχεία στρατηγική entspechen. Er ist in Bezug auf Kilikien in der sogenannten lex de provinciis praetoriis von 100 v. Chr. belegt. M. Antonius (pr. 103, cos. 99) unterwarf das Land im 1. Piratenkrieg (102–100), er kann es aber entgegen Brennan nicht zur provincia praetoria gemacht haben, weil dazu nur Konsuln befugt waren.130 M. Antonius ist inschriftlich in Rhodos als στρατηγὸς ἀνθύπατος belegt. Dieser Funktion entspricht der pr. pro cos, die er in der Provinz Asia, der Operationsbasis für die Eroberung Kilikiens, hatte. In der ἐπαρχεία στρατηγική Kilikien führte Antonius das Kommando ebenfalls als στρατηγὸς ἀνθύπατος, d. h. als Imperator prätorischen Ranges. Die Einrichtung der Provinz Kilikien vollzog er einer delischen Inschrift nach zu schließen 99 als ὕπατος in Rom.131 Einen Hinweis darauf, dass der Terminus ἐπαρχεία στρατηγική nicht der provincia praetoria, sondern der provincia militaris, d. h. dem Kriegsrechtsbereich militiae entspricht, liefert die Feststellung Strabons, dass Zypern nach der Annexion durch Cato minor im Jahr 58 ἐπαρχεία στρατηγική wurde. Die Insel wurde der Provinz Kilikien zugeschlagen, die von 56 bis 51 im Krieg gegen die Parther gemeinsam mit Syrien provincia consularis war und von Imperatoren – unter ihnen Cicero (v. infra) – geleitet wurde.132

127 Vgl. S. 32 mit A. 113. 128 ἀνθύπατος: F. Canali de Rossi, ISE, 2001, Nr. 136, Z. 35–37. – Münzen: RRC Nr. 427. – Steuer: ISE, Nr. 136, Z. 6–10. 129 J.-L. Ferrary, Recherches sur la législation de Saturninus et de Glaucia, MEFRA 91, 1979, 657f./138; vgl. MRR III 141. 130 T. C. Brennan, Sulla’s Career in the Nineties, Chiron 22, 1992, 104 Anm. 4. 131 Lex de provinciis praetoriis: Die Inschriften von Knidos I (ed. W. Blümel), 1992, Nr. 31, col. III, Z. 35–37. E. Borgia, Cilicia and the Roman Empire, Studia Europaea Gnesnensia, 16, 2017, 295–314, bes. 298f. – M. Antonius pro cos.: Cic. de or. I 38, ILLRP 342; στρατηγὸς ἀνθύπατος: IGR IV 1116; vgl. S. 30 mit A. 98. – Operationsbasis Asia: Vf., Die Verwaltung Kilikiens, Gephyra 4, 2007, 118 mit A. 14; vgl. MRR III 19. – ὕπατος: ID 1131. 132 Strabo XIV 6, 6: Ῥωμαῖοι δὲ κατέσχον τὴν νῆσον, καὶ γέγονε στρατηγικὴ ἐπαρχία καθ᾽ αὑτήν.- Annexion: Liv. per. 104, 5; Syrien provincia consularis ab 58: Cic. prov. cons. 1; Partherkrieg von 56 bis 51: Cass. Dio Xl 30, 3; vgl. S. 40 mit A. 172.

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Einer der Paragraphen der lex de provinciis praetoriis besagt, dass der στρατηγός, ἀντιστράτηγος, ἀνθύπατος, der das von T. Didius eroberte Gebiet beherrschen wird, sogleich in die Chersones und in die Kainike aufbrechen soll. Crawfords lateinische Transkription praetor prove praetore prove consule berücksichtigt nicht, dass vor den Gliedern ἀντιστράτηγος und ἀνθύπατος die Konjunktion ἤ fehlt. Angemessener erscheint Hurlets Übersetzung praetor pro cos. prove praetore pro cos.133 In der lex heißt es, dass der Nachfolger des T. Didius (cos. 98) Steuern in den soeben eroberten Gebieten Ostthrakiens eintreiben soll.134 Der Anonymus dürfte aufgrund der messenischen Grabinschrift eines ΚΡΑΣΣΟΣ ΛΙΚΙΝΙΟΣ aus dem 1. Jh. v. Chr. mit P. Licinius Crassus (cos. 97) identisch sein.135 In den 90er Jahren wurden T. Didius (cos. 98), P. Licinius Crassus (cos. 97) und C. Valerius Flaccus (cos. 93) im Jahr nach dem Konsulat zur Unterdrückung von Aufständen nach Spanien entsandt. C. Coelius Caldus (cos. 94) führte von 93 bis ca. 87 in Gallia Transalpina als Imperator ein Heer.136 C. Flaccus kämpfte 92 in Nord- und Zentralspanien gegen die rebellierenden Keltiberer und schlug im Norden Spaniens einen Aufstand der Einwohner der Stadt Belgida nieder.137 Im Ebrotal im nordspanischen Contrebia fällte Flaccus 87 als Imperator ein Urteil in einem Streit zwischen zwei Stämmen, die nicht das römische Bürgerrecht hatten. Er fungierte entgegen Alföldy nicht als proconsul, sondern als imperator, weil er Feldzüge führte.138 Die beiden spanischen Provinzen hatten in den 90er Jahren wahrscheinlich unverändert den Status von provinciae praetoriae, das heißt, dass die reguläre Provinzialverwaltung durch praetores pro cos. nicht unterbrochen war; sie waren Imperatoren konsularen Ranges unterstellt.139 Ab ca. 86 unternahm C. Flaccus Feldzüge in Gallia Transalpina und 83 erließ er als Imperator in der Provinz Gallia Narbonensis Dekrete.140 Im Jahr 82, wohl nach der Machtübernahme Sullas, ließ er in der autonomen Stadt Massalia auf einen Senatsbeschluss hin Denare prägen, auf deren Re133 F. Hurlet, Pro consule vel pro praetore, Chiron 42, 2012, 100. 134 Knidos IV 12–30. 135 A. D. Rizakis, S. Zoumbaki, C. Lepinioti, Roman Peloponnes II, 2004, Messene Nr. 249. 136 Didius: Plut. Sert. 3, 5; IMP: RRC Nr. 429. – Crassus: Plut. Crass. 4, 1–2. – Caldus IMP: Nr. 437, 2 a. 137 App. Iber. 100. 138 Edikt: CIL I 2, 4 (ed. Alföldy, 2000), Nr. 2951. – J. S. Richardson, The Romans in Spain, 1996, 89. 139 Prätoren: S. 20 mit A. 31, S. 29 mit A. 91. 140 Cic. Quinct. 28.

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vers C VAL FLA IMPERAT EX S C steht.141 Der IMPTitel symbolisiert das Kommando, das Flaccus in Spanien und Gallien zehn Jahre lang geführt hatte; das Kürzel ex S C besagt, dass der Senat die Emission genehmigt hat, das heißt, dass Flaccus als imperator populi Romani in staatlichem Auftrag tätig war.142 Die 80er Jahre prägte der aus patrizischer Familie stammende Machthaber L. Cornelius Sulla. Seinen Aufstieg verdankte er Marius, dem er 107 im Krieg gegen Jugurtha als Quästor diente. 97 war Sulla praetor urbanus und 96 bis 94 Statthalter in Kilikien, wo er als στρατηγὸς ἀνθύπατος fungierte.143 In Übereinstimmung mit dieser Funktionsangabe nennt ihn Festus proconsul.144 Auf Delos wurde Sulla vom Kollegium der Hermaisten, einer Vereingung italischer Kaufleute, in lateinischen und griechischen Inschriften als proconsul bzw. ἀνθύπατος geehrt.145 Nach Etienne datieren sie 84, als Sulla auf dem Rückweg von Kleinasien über Athen nach Italien auf Delos Station gemacht haben könnte.146 Letzner nimmt hingegen an, dem Konsul Sulla sei im Frühjahr 88 als Grundlage für das Kommando gegen Mithridates vom Senat das Prokonsulat in der Provinz Asia übertragen worden.147 Zwar ist klar, dass Sulla vom Senat für den Krieg gegen Mithridates ein prokonsulares imperium militiae erhielt, das heißt aber nicht, dass man es einem Prokonsulat für die Provinz Asia gleichsetzen kann.148 Dass Sulla auf seinem Feldzug in Kleinasien entgegen Appian nicht Prokonsul war, geht aus dem S C de Tabenis hervor, demzufolge der αὐτοκράτωρ Lucius Cornelius Sulla im Jahr 84 mit den Einwohnern von Tabai eine Vereinbarung

141 RRC Nr. 365 datiert J. 82. 142 H. Volkmann, Massalia, KP 3, Sp. 1066ff. – Zum staatlichen Auftrag des Imperators s. S. 31 mit A. 105, S. 39 mit A. 160. 143 Herkunft: Plut. Sull. 1, 1. – Laufbahn: S. 246 mit A. 1266 und App. BC I 77, 350. Quästor: Sall. Iug. 103, 4. – Gefangennahme Jugurthas: [Aur. Vict.] vir. ill. 75, 3.- Kilikien: [Aur. Vict.] vir. ill. 75, 4: [Sulla] praetor inter cives ius dixit. Praetor Ciliciam provinciam habuit. – στρατηγὸς ἀνθύπατος: Syll.3 745. 144 Fest., Brev. 15: Primum a Lucio Sulla pro consule Arsaces, rex Parthorum, missa legatione amicitias p. R. rogavit ac meruit. 145 pro cos: ID 1850–1852; vgl. ILLRP 349, 350. – ἀνθύπατος: ID 1853ff.; vgl. Assenmaker, Victoire, S. 164 mit Anm. VIII. 146 R. Etienne, Ténos II, 2003, 259, Nr. 19 (= ID 1850). – Athen: Feier der Συλλεία im Winter 84/83: IG II2 1039. 147 Kommando: Plut. Sull. 6, 10; C. W. Letzner, Sulla, 2000, S. 129. 148 Zum Blitzfeldzug des Mithridates in Kleinasien Anfang 88 s. App. Mith. 184ff., Memnon v. Herakleia, c. 22, 6.

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traf.149 Mehrere Inschriften beweisen, dass Sulla das Kommando in Italien nach seiner Rückkehr im Frühjahr 83 unverändert als Imperator führte und nach seinem Sieg über die Marianer Ende 82 außerdem als selbst ernannter Diktator.150 Folglich kann der PROCOS­Titel auf Delos nicht aus den 80er Jahren datieren, sondern nur 96–94, als Sulla in der Provinz Kilikien eine magistratische Funktion hatte. Man kann annehmen, dass er vermutlich 93 auf dem Heimweg der heiligen Insel einen Besuch abstattete und den Kultverein der Hermaisten begünstigte, um mit seinem Rivalen Marius, der ca. 98 eine libera legatio zur Magna Mater im galatischen Pessinus unternommen hatte, auf dem Gebiet der Religionspolitik gleichzuziehen.151 Bedeutsam für die Funktionen der Oberkommandierenden in der späten Republik ist die schon mehrmals erwähnte Verwaltungsreform Sullas im Jahr 81 v. Chr. Von den für die Provinzen maßgeblichen Neuerungen ist in den einschlägigen Quellen (Plutarch, Appian, Periochae des Livius) nicht die Rede.152 Vermutlich aufgrund der nicht belegten lex Cornelia de provinciis ordinandis mussten die Konsuln nach Ablauf ihrer Amtszeit eine Statthalterschaft in einer Provinz als Prokonsuln übernehmen, das heißt, dass Sulla die Promagistraturen nicht von den Magistraturen getrennt hat, wie Bengtson meinte, sondern sie für die Konsulare erst eingeführt hat; deshalb spricht Bleicken von der Eigenstellung des Prokonsulats durch Sulla.153 Im Gegensatz zu dieser These wies Giovannini darauf hin, dass zwischen und 80 und 53 die Hälfte aller Konsuln bereits im Herbst ihres Amtsjahres in die ihnen zugeteilten Provinzen abgingen.154 So erloste z. B. der berühmte Feldherr Lucullus 74 als Konsul die Provinz Asia als Operationsbasis für den Krieg gegen Mithridates.155 Er wurde vom Volk zum Imperator gewählt und brach bereits im Herbst 74 in die Provinz Asia auf.156 Ent-

149 App. Mith. 9, 60 (J. 84): … τῆς Ἀσίας, ἧς ἐστὶν ὁ Σύλλας ἀνθύπατος. – S C de Tabenis: RDGE Nr. 17, Z. 9–10. 150 Plut. Sull. 33, 1. 151 Marius: Plut. Mar. 31, 2. – Sullas Nachfolger in Kilikien war 93 wahrscheinlich L. Gellius Poplicola (pr. 94): Cic. leg. 1, 53; vgl. MRR II 15: Asia or Cilicia (L. Valerius Flaccus, 94/93 procos. in Asia: AE 2000, 1385; vgl. Brennan, Praetorship 553f., 716). 152 Plut. Sull. 34, 3; App. BC I 11, 100; Liv. per. 89, 4. 153 Bengtson, RG3 202; vgl. auch Kunkel, StO, 18. – Bleicken, Zwischen Republik und Prinzipat, 1990, 21f. 154 Giovannini, Consulare Imperium, 83–90; vgl. Drogula, CC, 314f. 155 Vell. II 33, 1: L. Lucullus, qui … ex consulatu sortitus Asiam Mithridati oppositus erat. 156 Cic. Luc. 2, 3: … in Asiam factus imperator venit. – Zeit des Aufbruchs: Plut. Luc. 7, 1 und ders. Kimon 1, 5.

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scheidend ist, dass ihn Cicero als Provinzstatthalter proconsul nennt.157 In der ionischen Küstenstadt Klaros und auf der Kykladeninsel Andros wurde er hingegen als αὐτοκράτωρ, der griechischen Entsprechung zum IMPTitel, geehrt.158 Er kennzeichnet sein Kommando im Mithridates-Krieg. Der Titel αὐτοκράτωρ erscheint zum ersten Mal 81 v. Chr.159 Er ersetzte den nicht mehr zeitgemäßen Titel στρατηγὸς ὕπατος. Fast ebenso berühmt wie Lucullus war P. Servilius Vatia Isauricus (cos. 79), der die Provinz Kilikien erweiterte. Cicero nennt ihn bei der Eroberung der lykischen Küstenstadt Olympos imperator populi Romani.160 Sein IMPTitel erscheint in einer Votiv-Inschrift in einem Oppidum im Innern Kleinasiens außerhalb der Provinz Kilikien, außerdem zum ersten Mal in Rom in einer Beuteweihinschrift, das griechische Pendant αὐτοκράτωρ steht unverbunden nach ὕπατος in einer Ehrung in Oropos in Griechenland.161 Der COSTitel lässt darauf schließen, dass Servilius die Provinz Kilikien als provincia consularis beherrschte, der IMPTitel bezeichnet sein Kommando militiae.162 Als einziger Prätor nach Sulla erhielt M. Antonius Creticus 74 durch einen S C ein imperium infinitum für den Kampf gegen die Piraten im Mittelmeer; er ist inschriftlich als Feldherr über die Kreter (ἐπὶ Κρῆτων στρατηγός) belegt.163 Seinem imperium infinitum entspricht vor Sulla das imperium militiae, das der Diktator den Prätoren aufgrund seiner Reform wahrscheinlich entzogen hat. Auf den Verlust dieses Imperiums deutet im griechischen Osten der ab Sulla veränderte Titel ἀνθύπατος statt στρατηγὸς ἀνθύπατος hin.164 Die 70er und 60er Jahre prägte Cn. Pompeius. Er entstammte einer Ritterfamilie und besaß große Latifundien in Picenum. Nach dem Tod Sullas erhielt er im Herbst 77 ein prokonsulares Imperium für den Kampf gegen den abtrünnigen Prätor Sertorius in Spanien; er teilte sich das Kom157 Cic. Arch. 11: … et in beneficiis ad aerarium delatus est (sc. Archias) a L. Lucullo pro consule. 158 Klaros: C. Eilers, Roman Patrons of Greek Cities, 2002, 208, C 33. – Andros: AE 2000, 1386. 159 SC de Stratonicensibus von 81: Sherk, RDGE Nr. 18, Z. 95; vgl. Combès, Imperator, 24. – Vf.: SC de Tabenis: Anm. 149. 160 Cic. Verr. II 1, 56: Servilius imperator populi Romani Olympum urbem hostium cepit. 161 ILS 36: P. Servilius C. [f.] Isauricus imperator cepit. – Oropos: IG VII 244. – Isaura Vetus: AE 1977, 816. 162 Zum ὕπατος s. S. 276 mit A. 1439. 163 SEG 11, 396 (Z. 25): … Μάρκου Ἀντωνίου τοῦ ἐπὶ Κρῆτων στρατηγοῦ. 164 Vgl. Ferrary, Gouverneurs, 172f.; vgl. Vf. S. 260.

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mando mit dem Imperator Q. Caecilius Metellus (cos. 80).165 Pompeius triumphierte nach seiner Rückkehr im Jahr 71 und ließ als proconsul Goldmünzen prägen, auf deren Revers er die Quadriga in voller Pracht lenkt. Seine Funktion ist im Sinn von designierter Konsul zu verstehen, denn er erlangte 70 das höchste republikanische Amt.166 Anfang 67 erhielt Pompeius aufgrund der lex Gabinia gegen die Piraten ein imperium infinitum, das das ganze Mittelmeer von den Küsten Spaniens bis zu denen Kleinasiens und des Schwarzen Meeres umfasste.167 Nach der Ausschaltung der Piraten wurde Pompeius durch die im Jahr 66 erlassene lex Manilia ermächtigt, Krieg gegen die Könige Mithridates und Tigranes zu führen.168 In Kleinasien ist sein dreifacher IMPTitel inschriftlich mehrfach belegt.169 Es ist jetzt klar, dass der Titel IMP III nicht auf drei militärische Akklamationen im Feld, sondern auf drei populare in Rom zurückgeht. Er spiegelt die drei prokonsularen Kommanden wider, die Pompeius in Spanien, im Mittelmeer und gegen die Könige Mithridates und Tigranes führte.170 In den 50er Jahren sind die drei kilikischen Statthalter P. Cornelius Lentulus Spinther (cos. 57), Ap. Claudius Pulcher (cos. 54) und M. Tullius Cicero (cos. 63) durch Kistophoren als Prokonsuln und Imperatoren belegt.171 Die PROCOSTitel bezeichnen die Statthalterschaft, die IMPTitel die Kommanden im zunächst schwelenden Krieg gegen die Parther (56–51) wider. Sie dürften auf popularen Akklamationen in Rom basieren. Mit dem Feldzug des Crassus trat der Partherkrieg Ende 55 in seine heiße Phase.172 Die Akklamation, die Cicero am 12. 10. 51 im Amanusgebirge von seinen 165 Latifundien: Plut. Pomp. 6, 1. – Imperium: Liv. per. 91, 1: Cn. Pompeius cum adhuc eques R. esset, imperio proconsulari adversus Sertorium missus est; Val. Max. VII 15, 8: eques Romanus pro cos. … pari imperio cum Pio Metello … missus est; Ankunft in Spanien: Plut. Pomp. 18, 1. 166 Goldmünzen: RRC Nr. 402 mit der Beschreibung und Datierung Crawfords. 167 Cic. Man. 34f.; Vell. II 31, 2–4; Diod. XL 4; Liv. per. 99, 3; Plut. Pomp. 26, 3–28, 4; vgl. MRR II 146–149. 168 Lex Manilia: Vell. II 33, 2; Dio XXXVI 45, 2f.; Plut. Pomp. 30–32; App. Mith. 97– 103; Eroberung: App. Mith. 17, 116. 169 E. Winter, Stadt und Herrschaft in spätrepublikanischer Zeit, Asia Minor Studien 22, 1996, 176. 170 Vgl. Rivero-Gracia, Imperator, Kap. 6: iteración imperatoria, 284f. 171 Vgl. G. Stumpf, Numismatische Studien zur Chronologie der römischen Statthalter in Kleinasien (= Stumpf, Statthalter), 1991, Nr. 71–79: Lentulus, Nr. 80–85: Ap. Claudius Pulcher; Cicero, Nr. 89–93. 172 Partherkrieg 54–51 v. Chr.: Cass. Dio XL 30, 3. – Partherfeldzug: Überfahrt nach Syrien: Jos. Ant. XIV 6, 4, § 104.

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Truppen entgegennahm, spiegelt sich in den Präskripten der Briefsammlung ad familiares im IMPTitel wider.173 Cicero behielt ihn auch noch nach seiner Rückkehr, weil die Entscheidung, ob ihm der ersehnte Triumph bewilligt wird, in der letzten Senatssitzung, die vor der Invasion Caesars am 7. 1. 49 stattfand, verschoben wurde.174 Auch Caesar trug den IMPTitel noch Mitte April 49.175 Bemerkenswert ist dies deshalb, weil sein Kommando in Gallien Ende 50 beendet war und gegen ihn am 7. 1. 49 ein SC ultimum erging, demzufolge er als Landesfeind gelten sollte, falls er nicht bis zu einem bestimmten Tag sein Heer entlasse. Durch seinen Staatsstreich in der Nacht vom 10. auf den 11. Januar (Überschreiten des Rubicon) und der anschließenden Unterwerfung Italiens löste Caesar den Bürgerkrieg aus. Anfang August rang er nach nur 40 Tagen die Pompeianer in den beiden spanischen Provinzen nieder.176 Auf dem Rückmarsch nahm er die Kapitulation Massilias entgegen und erfuhr, dass er durch ein vom Prätor M. Aemilius Lepidus beantragtes Gesetz zum Diktator ernannt worden war.177 Nach seiner Ankunft in Rom berief Caesar Ende 49 nach Gutdünken die Statthalter oder tauschte sie aus. Lepidus wurde von Caesar Anfang 48 nach Hispania Citerior gegen die Pompeianer entsandt und amtierte dort laut dem Bellum Alexandrinum als Prokonsul im Sinn von pr. pro cos.178 Eine Inschrift aus der Provinz Africa, die Lepidus 40 bis 36 als Triumvir beherrschte, nennt andererseits den dreifachen IMPTitel.179 Ihm liegen offenbar drei Kommanden zugrunde, der erste IMPTitel ist anderweitig nicht dokumentiert, er kennzeichnet wahrscheinlich das oben genannte Kommando 48/47 nach der Prätur in Hispania Citerior, das zweite führte Lepidus 44/43 als Konsular (cos. 46) in derselben Provinz und in Gallia Narbonensis; es steht in der Form IMP ITER im Präskript zweier im Mai 43 an Cicero und den Senat gerichteter Schreiben.180 Das dritte Kommando ist das oben genannte als Triumvir von 40 bis 36 in Africa. Wenn der erste IMPTitel das Kommando von 48 in Spanien bezeich-

173 Akklamation: Cic. Att. V 20, 3. – IMP: Cic. fam. II 7, 10–19; XV 4, 5, 10, 11, 13, 14. 174 Cic. fam. XVI 11, 3 (12. 1. 49); vgl. M. Gelzer, Tullius, RE VI A, 1, 1933, Nr. 29, Sp. 996f. 175 Cic. Att. X 8 B (16. 4. 49): CAESAR IMP. S. D. CICERONI IMP. 176 Caes. BC II 21,1–4. 32, 5. 177 Caes. BC II 21,5: ibi (sc. Massiliae) legem de dictatore latam seseque dictatorem dictum a M. Lepido praetore cognoscit. 178 Entsendung: App. BC II 48, 197; pro cos.: Bell. Alex. 59, 2. 179 IMP III: R. D. Weigel, Lepidus, The Tarnished Triumvir, 1992, 82f. 180 IMP II: Cic. fam. X 34; 36.

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net, folgt daraus, dass die Angabe proconsul im Bellum Alexandrinum nicht zutrifft, denn der Imperator hatte kein Amt. Im Bellum civile nennt Caesar nicht die Funktion des Cn. Domitius Calvinus (cos. 53), eines seiner bedeutendsten Unterfeldheren. Nach der Schlacht bei Pharsalos übertrug ihm Caeesar das Kommando über Asia und die angrenzenden Provinzen.181 Wahrscheinlich ist er mit dem in einem rhodischen Fragment genannten αὐτοκράτωρ identisch, von dessen Namen nach Καὶσαρ αὐτοκράτωρ nur die Buchstaben [Γ]ναῖον [Δ]ο[μέτ]ιο[ν] lesbar sind. Die Inschrift datiert vermutlich vom August 47, als ein rhodischer Gesandter vor Caesar, der Kleinasien durchquerte, erschien.182 In Provinzen, die nicht Kriegsgebiet waren, amtierten die Statthalter auch im Bürgerkrieg als praetores pro cos. Dies erweist sich am Beispiel des A. Allienus in Sizilien. Er war 49 Prätor und wurde Anfang 48 von Caesar ohne Losung entsandt.183 Auf dem Avers von in diesem Jahr in Rom (v. infra) geprägten Denaren steht hingegen C CAESAR IMP COS ITER, auf dem Revers A ALLIENVS PRO COS.184 Auf Serien, die 49 bis 45 in Gallien und Spanien geprägt wurden, steht nur CAESAR auf dem Revers.185 Der Unterschied zwischen den stadtrömischen und den Provinzialprägungen dürfte auf das Imperium des Diktators Caesar zurückzuführen sein; es war offenbar in den Provinzen analog zu dem seiner Nachfolger, den Triumvirn, noch kein prokonsulares. Dieser Erklärung Bleickens entspricht die These Girardets, dass das prokonsulare Imperium bis zur Teilung des Reiches im Herbst 40 kein gesondertes, sondern in seiner Wirkungsweise ein konsulares war.186 Nach seiner Rückkehr aus dem Osten im Sommer 46 feierte Caesar vier Triumphe und entsandte ab Herbst 46 seine Unterfeldherren offiziell als Imperatoren in die Provinzen, in denen Krieg geführt wurde. Das sekun-

181 Caes. BC III 34. 36ff.; B. Alex. 34, 1: rex Deiotarus ad Domitium, cui Caesar Asiam finitimasque provincias tradiderat, venit. 182 Rhodos: IGR IV 1119. – Durchquerung Kleinasiens: Plut. Caes. 50, 1. 183 Dio XLII 20, 4: τοῖς δὲ δὴ στρατηγοῖς αὖθις τὸν Καίσαρα ἀκληρωτὶ δοῦναι ἐψηφίσαντο; vgl. M. Jehne, Der Dictator Caesar, 1987, 131. 184 Prätur: Cic. Att. X 15, 3. – Entsendung: App. BC II 48,197; vgl. Jehne, Caesar, 59/11. – Münzen: RRC NR. 459. 185 Gallien: Serie Jahr 49/48: RRC Nr. 443. – Serie Jahr 48/47: RRC Nr. 452. – Spanien: RRC Nr. 468. 186 Imperium der Triumvirn: J. Bleicken, Zwischen Republik und Prinzipat, 24f. – Zu Girardet: s. S. 20/33.

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däre prokonsulare Imperium, das er ihnen verlieh, wurde ab Herbst 46 in Form des IMPTitels publiziert.187 Die sich an die Ermordung Caesars anschließende Herrschaft des Senats dauerte nicht ganz 20 Monate; sie bildete nur ein kurzes Zwischenspiel auf dem Weg von der Diktatur Caesars zu der der Triumvirn. M. Antonius, Octavian und M. Aemilius Lepidus schlossen am 27. 11. 43 in Bononia einen Dreibund, der ihnen gestattete, fünf Jahre lang als Triumviri rei publicae constituendae die Macht von Rom aus mit einem konsulähnlichen Imperium auszuüben.188 Um über genügend Unterfeldherren mit prokonsularem Imperium zu verfügen, bestimmten sie die Konsuln bis einschließlich 39 im Voraus. Sie vereinbarten, die städtischen Magistrate selbst zu ernennen und zunächst die Provinzen im Westen unter sich aufzuteilen.189 Obwohl diese Unterfeldherren den Triumvirn als Legaten unterstellt waren und deshalb keine eigenen Auspizien hatten, fungierten sie mit prokonsularem Imperium als scheinbar selbständige imperatores und waren zum Triumph berechtigt.190 Beispielsweise nennt Cassius Dio P. Ventidius (cos. 43), den Sieger über die Parther, der nach den Fasten im Herbst 38 als Prokonsul über sie triumphierte, ὑποστράτηγος, d. h. Unterfeldherr. Im gleichen Sinn bezeichnet ihn der Autor der Periochae des Livius als leg. Antoni.191 Bis zum Vertrag von Brundisium im Herbst 40 steht die Titulatur der Triumvirn nur auf in Rom geprägten Münzen, so z. B. auf Aurei und Denaren mit den Porträts des Lepidus und Octavians auf der Vorder- bzw. Rückseite und den Legenden LEPIDVS PONT MAX IIIVIR RPC bzw. C CAESAR IMP IIIVIR RPC.192 Wahrscheinlich aus Karthago kommen um das Jahr 40 zu datierende Bronzestücke von schlechter Qualität mit den Namen von drei Sufeten sowie zwei männlichen Porträts auf dem Avers; dargestellt sind im Profil vorne Lepidus und dahinter Octavian. Der Revers zeigt den Venustempel und darunter KAR(THAGO).193 Das Fehlen 187 Sekundäres Imperium: B. Schleussner, Die Legaten der römischen Republik, 1978, 181; Kunkel, StO, 284. 188 App. BC IV 2, 7: ἴσον ἰσχύουσαν ὑπάτοις; vgl. MRR II 337. 189 App. BC IV 2–3; Dio XLVI 55, 4. 190 Zur Problematik s. MRR II 369/1; vgl. Vervaet, H C, 239–257; Drogula, C C, 332– 352. 191 Dio XLVIII 41, 5; Triumph: Inscr. Ital. 13, 1, 86f. – Liv. per. 127f.: P. Ventidius Antonii legatus; vgl. MRR II 369/1. 192 M. v. Bahrfeldt, Die römischen Goldmünzenprägungen, 1923, 74 und Grueber, BMC II 529, Nr. 79, datieren 40, Crawford (RRC Nr. 495, 2) hingegen 42 vor dem Feldzug gegen die Caesarmörder. 193 RPC Nr. 624 ergänzt KAR(ALIS); vgl. B. Kreiler, Statthalter zwischen Republik und Prinzipat, 2006, 100f., mit Abb.

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der Namen der beiden Triumvirn ist wohl damit zu erklären, dass ihr Imperium in seiner Wirkungsweise ein konsulares war, das in den Provinzen noch nicht das Fundament des prokonsularen hatte. Ein ähnliches Bild wie für Octavian und Lepidus bietet sich in der Zeit vom Herbst 43 bis zum Herbst 40 für M. Antonius. Seine triumvirale Titulatur steht nur auf dem Avers stadtrömischer Prägungen, wie z. B. Anfang 41 auf Aurei und Denaren.194 Der Avers von Bronzen, die im Herbst 42 nach der Schlacht bei Philippi geschlagen wurden, zeigt hingegen den Kopf des Antonius mit dem Kürzel AICVP, d. h. A(ntonii) I(ussu) C(olonia) V(ictrix) P(hilippensium).195 Zu nennen sind auch vor dem Herbst 40 vermutlich in der Troas geprägte Asse mit der Legende ANTONIVS IMP auf dem Avers.196 In dem im Herbst 40 geschlossenen Vertrag von Brundisium teilten sich der junge Caesar und M. Antonius das Reich: Octavian sicherte sich die Westhälfte zu, Antonius die Osthälfte.197 Seine triumvirale Titulatur M. ANTONIVS IMP TERT IIIVIR RPC steht auf dem Avers der 38/37 in Griechenland und im östlichen Mittelmeerraum aufgelegten ‚Flottenprägung‘ und mit der griechischen Entsprechung ΑΝΤΩΝΙΟΣ ΑΥΤΟΚΑΤΩΡ ΤΡΙΤΟΝ ΑΝΔΡΩΝ auf dem Avers von im syrischen Apameia geprägten Münzen.198 Auf dem Revers einer Serie der Flottenprägung steht L ATRATINVS AVGVR COS DES.199 Atratinus hatte als für 34 designierter Konsul ein prokonsulares Imperium. Daraus folgt, dass Antonius im Verhältnis zu seinem Legaten ein imperium proconsulare maius hatte. Er beherrschte mit diesem Imperium die Osthälfte des Reiches. Bemerkenswert ist der einfache IMPTitel des M. Antonius auf Münzen, die entgegen Hollstein alle in Rom geprägt wurden, weil das Porträt und die Titulatur des Triumvirn auf dem Avers stehen; sie datieren nach Brundisium, weil Antonius seine Unterfeldherren erst im Herbst 40 in alle Richtungen aussandte.200 Auf dem Revers stehen die Namen von dreien 194 RRC Nr. 517, 1 a mit dem Kopf des L. Antonius und COS auf dem Revers. – F. Haymann, Der Perusinische Krieg und die Münzen für Marcus Antonius im Jahr 41, Nomismata 8, 2016, 223, nimmt eine Prägestätte in Kleinasien an. 195 RPC Nr. 1646; vgl. Kreiler, Statthalter, 143. 196 RPC Nr. 2226. Auf RPC Nr. 2226 a ist außer der Prora noch der Augurstab (lituus) abgebildet; vgl. Kreiler, Statthalter, 188. 197 Entmachtung des Lepidus: App. BC V 3, 12. – Vertrag: App. BC V 65; Plut. Antonius 30; Cass. Dio XLVIII 28, 4. 198 Flottenprägung: RPC I Nr. 1453 1462f., 1490. – Apameia: RPC Nr. 4090. 199 RPC I Nr. 1453 = RRC Nr. 533/3. 200 Entsendung: App. BC V 65, 276. – Hollstein: s. n. Anm.

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dieser Generäle, nämlich L. (Munatius) PLANCVS IMP ITER sowie P. VENTIDI PONT IMP und Cn. DOMITIVS (Ahenobarbus) IMP.201 Der IMPTitel des Antonius wurde auf den stadtrömischen Prägungen nicht iteriert, weil seine 2. und 3. Akklamation nicht in Rom stattfand. Als Anlass für die nicht belegte zweite kommt nur das Fest im Winter 39 auf 38 in Athen in Frage, wo der Sieg über Q. Labienus im Taurusgebirge im Frühjahr 39 gefeiert wurde.202 Die von Antonius im Winter 38 auf 37 in Athen hergestellte Flottenprägung mit dem Titel IMP III setzt die 3. Akklamation voraus; der Anlass war der Sieg des Ventidius über den Partherprinzen Pakoros im Juni 38.203 Was Octavian, den Amtskollegen und späteren Feind des Antonius betrifft, so beherrschte er den Westteil des Reiches auch nach dem Vertrag von Brundisium von Rom aus mit dem konsulähnlichen Imperium, das er sich zusammen mit Antonius und Lepidus im November 43 in Bononia bei der Bildung des Triumvirats zugesichert hatte (v. supra). Das Porträt und die Titulatur des jungen Caesar erscheinen nur auf dem Avers von Aurei und Denaren, die (38 und 36) in Rom geprägt wurden.204 Auf zwei spanischen Provinzialemissionen aus den 30er-Jahren stehen die Namen seiner Legaten Cn. Domitius Calvinus (cos. II 40) und C. Calvisius Sabinus (cos. 39) mit dem Kürzel IMP auf dem Revers, ohne dass ein Bezug zum Oberfeldherrn, der nicht auf dem Avers abgebildet ist, ersichtlich wird.205 Wohl erst nach dem Tod des Antonius im August 30 feierte der nach Actium zu Octavian abgefallene L. Pinarius Scarpus in Kyrene mit einer Prägung von Denaren und Quinaren in kleinen Serien dessen Sieg. Auf dem Avers umrankt die Legende IMP CAESARI SCARPVS IMP seine zur Versöhnung ausgestreckte Hand als Anspielung auf sein Cognomen SCARPVS. Auf dem Revers steht: DIVI F AUG PONTIF unter der Victoria auf dem Globus.206 Das Porträt und die Titulatur in Form von CAES AVGVS(TVS) TR(IBVNICIA) POTEST(ATE) erscheinen zum ersten Mal auf dem Avers von Münzen, die sein Statthalter P. Carisius als proprätorischer Le201 Plancus: RRC Nr. 522/4; Ventidius: RRC Nr. 531; Ahenobarbus: RRC Nr. 519, 521; vgl. W. Hollstein, Zur Lokalisierung und Datierung der Münzen des M. Antonius, Nomismata 8, 2016, S. 248 mit A. 20: 2. und 3. Akklamation des Antonius. 202 Feier in Athen: Plut. Ant. 33, 8. – Prägesstätten der Cn. Domitius-Serien nach Hollstein, S. 251: Korkyra und Paloeis im Herbst 40; s. hingegen Kreiler, Statthalter, 178: Hochzeitsfeier i. J. 37 in Rom (Cass. Dio XLVIII 54, 4). 203 Dio XLIX 19–21; Plut. Ant. 34, 2. 204 RRR Nr. 534; RRC Nr. 540. 205 Cn. Calvinus: RPC I Nr. 114; C. Sabinus : RPC Nr. 149. 206 RRC Nr. 546, 6–8; RIC I, Nr. 23.

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gat in Emerita prägte, nachdem Augustus im Juni 23 das imperium proconsulare maius in den provinciae p. R. und die tribunizische Gewalt auf Lebenszeit übertragen worden war.207 Als Alleinherrscher setzte Octavian nach seinem Sieg bei Actium in Gallien, Spanien, Africa, Syrien und Makedonien unverändert Unterfeldherren als Imperatoren ein, die zur Eroberung weiter Gebiete Feldzüge unternahmen, vornehmlich M. Licinius Crassus (cos. 30) im Donauraum. Umstritten ist nach wie vor die Interpretation seiner auf der Akropolis in Athen inschriftlich belegten Funktionen ἀνθύπατος καὶ αὐτοκράτωρ in Verbindung mit dem Fasteneintrag zum Jahr 27 pro cos ex Thraceis et Getis. Nach Vervaet und Drogula soll Crassus das Kommando in Makedonien unter eigenen Auspizien geführt und als siegreicher Prokonsul triumphiert haben.208 Cassius Dio betont jedoch, dass Crassus das Kommando nicht eigenständig, sondern unter dem Oberfeldherrn Octavian führte.209 Gleiches gilt für L. Sempronius Atratinus (cos. 34) und den jüngeren L. Cornelius Balbus (cos. 32), die in den Kapitolinischen Triumphalfasten als letzte Feldherren in den Jahren 21 bzw. 19 v. Chr. jeweils als pro cos. ex Africa verzeichnet sind. Da der Terminus Africa im Sinn eines noch nicht unterworfenen Gebiets in Nordafrika aufzufassen ist und diese beiden Feldherren dort ein Kommando führten, können sie nicht am Ende der 20er Jahre als Statthalter in der neu gegründeten Provinz Africa proconsularis amtiert haben.210 Aufgabe und Ziel der Arbeit wird es sein, bedeutende Kommandierende nach Herkunft, Laufbahn und Tätigkeit zu erfassen und zu beschreiben und dabei ihre Funktion herauszuarbeiten. Als Folie dienen Auszüge aus den farbigen und packenden Schilderungen der einschlägigen lateinischen und griechischen Geschichtsschreiber. Auch die Handlungsfelder ‚Recht‘ und ‚Finanzen‘ sollen gebührend zur Sprache kommen. Am Schluss werden die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst.

207 Emerita: RIC I, 1984, S. 41, Nr. 2a. – Imperium maius: Cass. Dio LIII 32, 5; vgl. Girardet (s. Vf. S. 20/33). 208 Athen: ILS 8810. – Triumph: Inscr. Ital. 13, 1, p. 86f.; vgl. Vervaet, HC, 250 mit A. 124, 253; Drogula, CC, 352–354. 209 Dio LI 24, 4. 25, 2. 210 Triumph: Inscr. Ital. 13, 1, p. 86f., 570f.; vgl. B. E. Thomasson, Die Statthalter Nordafrikas, 1960, II 10f. – F. Hurlet, Auspicia Imperatoria Caesaris Augusti ductu proconsulis, in: L’Africa Romana 13, 2000, 1527f.; s. hingegen Kreiler, Statthalter, 107f.

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B) Hauptteil I. Die Grundlagen der feldherrlichen Macht in der Königszeit (ca. 600–509 v. Chr.) Die Zeit der Herrschaft Westroms spannt sich wie ein weiter Bogen über mehr als 1200 Jahre von der sagenhaften Gründung Roms 753 v. Chr. durch den König Romulus bis zum letzten weströmischen Kaiser Romulus Augustus, der 476 n. Chr. von dem germanischen Söldnerführer Odoaker abgesetzt wurde.211 Der erste Abschnitt der römischen Geschichte, die Königszeit, liegt weitgehend im Dunkeln. Das von der Annalistik (Varro, M. Porcius Cato, Polybios, Diodor und Livius) angegebene Gründungsjahr 753 v. Chr. kann schwerlich als historisch gelten.212 In einem Zeitraum von 244 Jahren sollen in Rom sieben Könige geherrscht haben; doch eine solch lange Dauer widerspricht jeder menschlichen Erfahrung. Die älteren vorsullanischen Annalisten bieten für die Frühzeit die üblichen Sagengeschichten, die man auch in den beiden Hauptquellen, den augusteischen Geschichtsschreibern Livius und Dionysios von Halikarnass, wiederfindet. Die Könige erscheinen geradezu als Verkörperungen der römischen Kardinaltugenden ohne Fleisch und Blut, sie sind konstruiert und gehören nicht der Geschichte, sondern der Legende an.213 Zur Königszeit sind zwei epigraphische Dokumente überliefert, die Kapitolinischen Konsular- und Triumphalfasten, die beide aus der augusteischen Zeit stammen. Sie wurden 19 v. Chr. zum Ruhm des Augustus in seinen Triumphbogen eingemeißelt; die Triumphalfasten sind etwa zur Hälf211 A. Lippold, Odoacer, KP 4, Sp. 236f. 212 Vgl. die Tabelle bei R. Werner, Der Beginn der Römischen Republik, 1963, 19852, 529. 213 H. Bengtson, Römische Geschichte (= RG), 19823, 41.

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Die Grundlagen der feldherrlichen Macht in der Königszeit (ca. 600–509 v. Chr.)

te erhalten.214 Bereits der erste Eintrag zum Jahr 752 verdeutlicht, dass die historische Realität nicht getreu abgebildet, sondern ideell verklärt wurde, denn Romulus erscheint als Sohn des Kriegsgottes Mars, wie übrigens auch bei Cicero und Plutarch. Er sei aus der Vereinigung des Mars mit Aimulia, der Tochter des Äneas, hervorgegangen.215 Nach Livius sei die Mutter der Zwillinge vergewaltigt worden und habe Mars als Vater angegeben, entweder weil sie dies selbst glaubte oder weil sie einen Gott als Urheber des Fehltritts für schicklicher hielt.216 Nicht nur die Herkunft, sondern auch den Tod des Romulus hat Livius als Mythos dargestellt: Ein Sturm habe ihn von seinem Thron in den Himmel emporgetragen.217 Die von Latinern und Sabinern nach dem etruskischen Geschlecht Rumlna benannte Stadt Rom entstand um 650.218 Das einzige historisch zuverlässige Dokument ist die älteste lateinische Inschrift auf dem Forum unter dem Lapis niger, die Reste eines Kultgesetzes (lex sacra) nennt und sich vermutlich auf einen König (recei = regi: Dativ) oder einen Opferkönig (rex sacrorum) bezieht; sie datiert zwischen 570 und 550 v. Chr und wird von Dionys von Halikarnass, einem Zeitgenossen des Livius, erwähnt.219 Galsterer vermutet, dass der König mit Romulus identisch ist; der Name ist etruskisch.220 Der Beginn der Herrschaft der etruskischen Familie der Tarquinier in Rom ist nicht bekannt, anzunehmen ist in etwa der Anfang des 6. Jahrhunderts. In ungefähr einem halben Jahrhundert (550–500) hat die Zivilisation der etruskischen Herrengeschlechter Latium und das frühe Rom geprägt; sie führten dort zahlreiche Bauten auf, darunter den Tempel des Jupiter Capitolinus.221

214 D. Kienast, Augustus, Prinzeps und Monarch, 20145, 206. 215 Inscr. Ital. 13, 1, 64f.: Romulus Martis f. rex ann. [I] …; Cic. rep. II 4; Plut. Rom. 2, 3; vgl. G. Wissowa, Religion und Kultus der Römer, 19712, 155. 216 Liv. I 4, 2: Vi compressa Vestalis cum geminum partum edidisset, seu ita rata, seu quia deus auctor culpae honestior era, Martem … patrem nuncupat; vgl. R. von ten Hoff, W. Stroh, M. Zimmermann, Divus Augustus (= D. Aug.), 2014, 162. 217 Liv. I 16, 2. Romana pubes … ubi vacuam sedem regiam vidit, etsi satis credebat patribus … sublimem raptum procella. 218 H. Volkmann, Roma (Geschichte), KP 4, 1979, Sp. 1441. 219 T. J. Cornell, The Beginnings of Rome (c. 1000 to 264 BC), 1995, 144; vgl. Drogula, CC, 22f. S. zuletzt K. Lomas, The Rise of Rome, 2018, 145. 220 H. Galsterer, Lapis niger, DNP 6, 1999, Sp. 1142, vgl. DH II 45, 2. 221 Liv. I 10, 6: „Iuppiter Feretri“ inquit, „haec tibi victor Romulus rex regia arma fero, templumque his regionibus quas modo animo metatus sum dedico.“ (Dedikation des Tempels im Jahr 509).

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Die Grundlagen der feldherrlichen Macht in der Königszeit (ca. 600–509 v. Chr.)

Nach dem in der Mitte des 2. Jh. v. Chr. lebenden Annalisten Cassius Hemina besaßen bereits Romulus und sein Bruder Remus ein Imperium. Nach Cicero wurde der Nachfolger des Romulus, Numa Pompilius, in den Zenturiatkomitien, der Wahlversammlung des römischen Volkes, zum König gekürt und verfasste dann seine eigene Bestallung, die lex curiata de imperio.222 Seine Nachfolger Tullius Hostilius, Ancus Marcius, Tarquinius Priscus und Servius Tullius verfuhren angeblich in der gleichen Weise.223 Livius spricht im Zusammenhang mit Romulus von der appellatio regia, die ursprünglich darin bestand, dass das Volk nach einer Auspikation den Namen des Königs guthieß und ihm das Imperium erteilte.224 Nach Cicero gründete Romulus die Stadt nach Abhaltung einer Vogelschau und wählte für den Beginn aller öffentlichen Angelegenheiten aus jeder der drei tribus (Stimmbezirke) einen Augur hinzu.225 Nach Livius gab es hingegen unter Romulus noch keine Auguren, die Priesterämter seien erst von seinem Nachfolger Numa Pompilius geschaffen worden.226 Es scheint, dass in der Königszeit wahrscheinlich ab Numa Pompilius wichtige Staatshandlungen nur auspicato vorgenommen werden durften, d. h. dass der Augur in seiner öffentlichen Rolle die Auspizien in Form eines von den Göttern geschickten Zeichens, das auf der Beobachtung des Vogelflugs basierte, interpretierte.227 Mommsen stellte fest, dass Zeichenschau und Beamtengewalt nichts anderes als Bezeichnungen desselben Begriffs nach verschiedenen Seiten sind, jene des himmlischen und des irdischen Verkehrs. Dagegen wandte Vervaet ein, dass der Begriff imperium als Ausdruck für Amtsgewalt im Bereich militiae entstand und sich von einem Teilaspekt des Auspiciums ableitete. Am Ende des 4. Jh. sei imperium die allgemeingültige Bezeichnung für die Beamtengewalt (potestas) im militärischen Bereich geworden.228 222 Cassius Hemina, Fgt. 11 P: Pastorum vulgus sine contentione consentiendo praefecerunt aequaliter imperio Remum et Romulum ita ut de regno pararent inter se.; vgl. Combès, Imperator 30. – Cic. rep. II 25. 223 Cic. rep. II 31, 33, 35, 38; vgl. Vervaet, HC, 310. 224 Liv. I 6, 2; vgl. H. S. Versnel, Triumphus, 1970, 346. 225 Cic. rep. II 9, 16: Nam et ipse cooptavit augures. 226 Liv. IV 4, 2: Pontifices, augures Romulo regnante nulli erant; ab Numa Pompilio creati sunt; vgl. Liv. I 32, 2: … longe antiquissimum ratus sacra publica ut ab Numa instituta erant facere …; s. auch DH II 22, 3; vgl. Lomas, Rome, 109f. 227 Cic. leg. II 8, 20: interpretes Iovis optimi maximi publici augures; vgl. D. Briquel, Augures, DNP 1, 1997, Sp. 279f. 228 Mommsen, StR I 90; vgl. H. Beck, Consular power and the Roman constitution, in: H. Beck, A. Duplá, M. Jehne, F. Pina Polo, Consuls and Res Publica. Holding High Office

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Die Grundlagen der feldherrlichen Macht in der Königszeit (ca. 600–509 v. Chr.)

Etruskischen Ursprungs sind auf dem Gebiet des staatlichen Lebens der Triumph des siegreichen Feldherrn und die Rutenbündel (fasces) als Insignien der königlichen Macht (regia ornamenta).229 Die vollständig mit Äxten (secures) ausgestatteten fasces symbolisierten das Imperium außerhalb Roms.230 Dionys von Halikarnass verbindet im Zusammenhang mit der Gründung der Republik die Äxte (πελέκεις) mit der königlichen Macht der verbannten Könige, die 509 auf die beiden ersten Konsuln übertragen worden sei. Er sagt, dass die Massen von der neuen Regierung einen falschen Eindruck bekommen und sich vorstellen könnten, dass zwei Könige anstelle von einem den Staat regierten, weil jeder der beiden Konsuln wie die Könige zwölf Äxte hatten.231

in the Roman Republic, 2011, 77–96, bes. 79f. – Vervaet, HC, 18f. 229 Liv. I 8, 2. – Cic. rep. II 31. – DH II 33,3: Romulus führte den Triumph ein. 230 Liv. XXVIII 24, 14: qui (sc. milites) nequaquam tribuniciis contenti ornamentis, insignia etiam summi imperii, fasces securesque, attractare ausi. 231 DH V 2, 1; vgl. Vervaet, HC, 31; Drogula, CC, 94f.

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II. Die frühe Republik (509– 287 v. Chr.) Der erste Abschnitt der römischen Republik erstreckte sich nach der allgemeinen Übereinkunft von deren Gründung im Jahr 509 bis 287, als durch die lex Hortensia die Ständekämpfe beendet wurden. Die ab ca. 400 einsetzende Expansion, die Rom zunächst zur beherrschenden Macht Italiens machte, war ausschließlich das Werk der republikanischen Aristokratie.232

1.

P. Valerius Poplicola (kurz vor 500 v. Chr.)

Nach der annalistischen Tradition schuf der sich konstituierende römische Staat im Jahr 509 nach der Vertreibung des letzten etruskischen Königs Tarquinius Superbus jährliche Befehlsgewalten und je zwei Konsuln. Nach Livius und Dionys von Halikarnass wurden L. Iunius Brutus und L. Tarquinius Collatinus in den Zenturiatkomitien als Erste zu Konsuln gewählt.233 Gleiches berichtet Plutarch, der sie ὔπατοι (Hypatoi), d. h. consules, nennt.234 Sallust bestätigt die Dyarchie als Regierungsform, nennt aber die ersten republikanischen Machthaber nicht consules, sondern imperatores vermutlich im Sinn von ‚Imperiumträger‘.235 Da Collatinus mit dem Makel der Tarquinier behaftet war, wurde er aufgrund eines Antrags des Konsuls Brutus durch ein von der Volksversammlung verabschiedetes Gesetz verbannt und noch 509 durch P. Valerius Poplicola ersetzt.236 Er entstammte dem alten Geschlecht der Valerier und soll nach Plutarch schon in der Zeit, als in Rom noch Tarquinius herrschte, durch seine Beredsamkeit, seinen Reich232 U. Walter, Meister der Macht ohne Formierung von Staatlichkeit, in C. Lundgreen, Staatlichkeit in Rom?, 2014, 91. 233 Liv. I 60, 4; DH IV 76, 2; vgl. M. Ogilvie, Commentary on Livy, Books I–V, 230ff. Tarquinier: Plb. III 22, 4; ILS 212, col. I (Claudius-Rede) 234 Plut. Publ. 1, 4–5; Publicola: 7, 4. 235 Sall. Cat. 6, 7: post, ubi regium imperium, quod initio conservando libertatis atque augendae rei publicae fuerat, in superbiam dominationemque se convortit, immutato more annua imperia binosque imperatores sibi fecere. 236 Liv. II 2, 11; Plut. Publ. 7, 4.

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Die frühe Republik (509–287 v. Chr.)

tum und seine Wohltätigkeit hervorgetreten sein. Das römische Volk verlieh ihm später den Beinamen Poplicola (der das Volk achtet) als Ehrenbezeugung.237 Nach seiner Wahl zum Konsul zog er angeblich mit seinem Kollegen Brutus gegen den gestürzten König, den die Etrusker in Veji aufgenommen hatten. Als Brutus und Arruns, der Sohn des Tarquinius Collatinus, im Kampf gegeneinander fielen, sollen die Etrusker derart in Panik geraten sein, dass sie in Auflösung flohen und die Römer etwas weniger als 5000 von ihnen gefangen nahmen. Poplicola feierte nach Plutarch am letzten Tag des Februar 508 als erster Konsul, der eine Quadriga lenkte, einen Triumph über die Vejenter. Er ist darüber hinaus 509/8 als erster Konsul in den Triumphalfasten verzeichnet.238 Dieses in der Einführung behandelte Dokument erscheint jedoch in Bezug auf die Titel bis zum Galliersturm im Jahr 390 nicht zuverlässig. Die ersten sicheren Nachrichten zum Brauch des Triumphs beziehen sich auf Ap. Claudius Caudex, der 264 zu Beginn des 1. Punischen Kriegs in Sizilien ein Kommando führte.239 Nach Cicero und Valerius Maximus erließ der Konsul Poplicola 509 eine lex Valeria de provocatione zum Schutz der römischen Bürger vor magistratischer Willkür, indem er die Beile von den fasces entfernen ließ. Flach bezweifelt die Historizität dieser Nachricht.240 Nach Cicero und Valerius Maximus soll der Konsul Poplicola am nächsten Tag angeordnet haben, dass dem consul suffectus Sp. Lucretius nach dessen Wahl als dem älteren seine eigene Liktoren übergeben werden. Poplicola soll auch die Regel eingeführt haben, dass die Liktoren jedem Konsul wechselweise einen Monat lang voranschreiten, um zu verhindern, dass die insignia des Imperiums im Freistaat zahlreicher wären als sie es in der Königszeit gewesen waren. Außerdem soll Poplicola die Zahl der fasces, die er seinem Kollegen Sp. Lucretius übergab, halbiert haben, um die Macht der Konsuln auf ein erträgliches Maß zu reduzieren.241

237 Plut. Publ. 1, 1–2. 238 Plut. Publ. 7, 4. 9, 1–5; vgl. Liv. II 6, 5–7, 4. Triumph: Inscr. Ital., 13, 1, 64f. 239 Triumphalfasten: Drogula, CC, 17f. – Ap. Claudius Caudex: S. 74 mit A. 358. 240 Cic. rep. II 55: itaque Publicola lege illa de provocatione perlata statim securis de fascibus demi iussit. – Val. Max. IV 1, 1: legem etiam comitiis centuriatis tulit, ne quis magistratus civem Romanum adversus provocationem verberare aut necare vellet; vgl. D. Flach, Die Gesetze der frühen römischen Republik, 1994, 60f. 241 Cic. rep. II 55: … suosque ad eum quod erat maior natu lictores transire iussit, instituitque primus ut singulis consulibus alternis mensibus lictores praeirent, ne plura insignia essent inperii in libero populo quam in regno fuissent. – Val. Max. IV 1, 1: numerum quoque eorum dimidia ex parte minuit ultro Sp. Lucretio collega adsumpto, ad quem, quia maior natu erat, priorem fasces transferri iussit; vgl. Vervaet, HC, 30.

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P. Valerius Poplicola (kurz vor 500 v. Chr.)

Nach Livius sollen die Konsuln P. Valerius (Poplicola) und T. Lucretius 504 mit einem kampfbereiten Heer ins Sabinerland gezogen sein, das Gebiet verwüstet und den Feind in einer Schlacht geschlagen haben; sie seien dann triumphierend nach Rom zuürckgekehrt.242 Diese Darstellung erscheint anachronistisch: Man fragt sich, ob die Konsuln damals schon ein Heer führten, und falls ja, ob als Konsuln oder außerhalb Roms nicht eher als Imperatoren, wie es der von Sallust verwendete Terminus nahelegt. In der modernen Forschung mehren sich inzwischen die Zweifel, ob es das Konsulat als zweistelliges Amt am Anfang der Republik überhaupt gab.243 Die damaligen Verhältnisse spiegelt wohl eher der sogenannte lapis Satricanus wider, der aus Satricum in den Albaner Bergen stammt und die Inschrift trägt: … iei steterai popliosio valesiosio/suodales mamartei 244 – die Gefährten des Poplios Valesios (weihen) Mars (diesen Stein). Poplios Valesios war der Anführer eines von ihm finanzierten Kampfverbands (turba sodalis). Er ist mit ziemlicher Sicherheit mit P. Valerius (Poplicola), dem Oberhaupt der gens Valeria, zu identifizieren; die Inschrift datiert vermutlich kurz vor 500 v. Chr.245 Aus ihr kann man erschließen, dass Poplios Valesios mit seinen Leuten Feldzüge zur Eroberung und Verteidigung des neu gewonnenen Umlands unternahm. Nach Dionys v. Halikarnass war das römische Territorium mit Forts bewehrt, von denen jedes einen eigenen Kommandeur hatte.246 Private Truppen zur Kriegführung gehen auf eine alte römische Tradition zurück: Bereits Tarquinius Priscus und Servius Tullius waren mit einer großen Schar von Anhängern nach Rom gekommen, ehe sie Könige wurden, ebenso der Patrizier Att(i) us Clausus (der künftige Appius Claudius), der 504 aus dem Sabinerland mit 5000 Familien nach Rom einwanderte und die gens Claudia gründete.247 Die Römer mussten im 5. Jh. dauernd auf der Hut vor feindlichen Angrif242 Liv. II 16, 6: Consules infesto exercitu in agrum Sabinum profecti cum ita vastatione, dein proelio adflixissent opes hostium …, triumphantes Romam redierunt. – Triumph i. J. 504: Inscr. Ital. 13 1, p. 66f. 243 Ogilvie, Livy, 230 und zuletzt Drogula, CC, 38. 244 C. M. Stibbe, G. Colonna, C. de Simone, H. S. Versnel, Lapis Satricanus, 1980. 245 T. J. Cornell, The Beginnings of Rome, 1995, 143f. und Drogula, CC, 22f. 246 DH IV 15,2. V 44, 1f. V 45, 3; vgl. Drogula, CC, 21. 247 Tarquinius: DH III 47, 2. – Servius Tullus: ILS 212. Att(i)us Clausus: ILS 212; Liv. II 16, 4f.; vgl. Drogula, CC, 22/46.

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Die frühe Republik (509–287 v. Chr.)

fen sein. Livius berichtet, dass sich Rom und das benachbarte Veji ab 479 gegenseitig in Scharmützeln zusetzten, die mit privaten Truppen geführt wurden und Raubzügen ähnelten.248 Zur Klärung der Frage, ob im archaischen Rom ungeachtet der Valesiosinschrift ein jährlich wechselndes Konsulpaar amtierte, empfiehlt es sich, in einem Exkurs die Autoren zu behandeln, die die ersten Machthaber am Anfang der Republik nicht consules nennen. Die Griechen Dionys von Halikarnass und Plutarch können in dieser Beziehung außer Betracht bleiben, denn beide beschreiben die Machtstrukturen der Frühzeit in ähnlich unkritischer Weise wie Livius. Beispielsweise amtierten auch nach ihrer Systematik L. Iunius Brutus und L. Tarquinius Collatinus als erste Konsuln (ὔπατοι). Vervaet zieht die Glaubwürdigkeit von Livius und Dionys von Halikarnass, unseren beiden Hauptquellen für die Frühzeit, nicht in Zweifel.249 Der durch den Epitomator Zonaras überlieferte Cassius Dio bezeichnet die ersten Machthaber der römischen Republik nicht als ὕπατοι, sondern allgemein als ἄρχοντες (archontes), d. h. Regierende, und P. Valerius Poplicola als den συνάρχων (Synarchon) des Brutus, d. h. als Mitregent.250 Von 494 bis 449 verwendet Zonaras statt ὕπατος den Terminus στρατηγός (Strategos), der den Sinn von Oberbefehlshaber und praetor hat.251 Der Praetor war nämlich ursprünglich derjenige, der dem Heer voranschritt.252 Zum Jahr 464 bemerken Livius und Dionys von Halikarnass, dass es außer den Konsuln einen zusätzlichen Kommandierenden gab, den sie proconsul bzw. ἀνθύπατος nennen, obwohl Imperien erst ab 327 prorogiert wurden.253 Zum Jahr 449 stellt Zonaras fest, dass die Konsuln zum ersten Mal so genannt wurden, nachdem man sie vorher als στρατηγοί (strategoi) bezeichnet hatte.254

248 Liv. II 48, 5–6: ex eo tempore neque pax neque bellum cum Veientibus fuit, res proxime formam latrocinii venerat. 249 Livius: S. 53 + A. 242. – Dionys H. V 2, 1; vgl. Vervaet, HC, 31. – Kritisch: M. v. Albrecht, Dionysios, KP 2, Nr. 20, Sp. 70. 250 Archontes: Zon. VII 12, 1. – Synarchon: Zon. VII 12, 4–5. 251 Zon.VII 17, 5–6; vgl G. Urso, The origin of the consulship, in: H. Beck, Consuls and Res Publica, 52f. 252 Varro, ling. 5, 87: In re militari praetor dictus qui praeiret exercitui. 253 Liv. III 4, 10; DH IX 16, 3–4. 17, 5. 63, 2; vgl. Drogula, CC, 27. 254 Zon. VII 19, 1: οἱ δ’ ὕπατοι (τότε γὰρ λέγεται πρῶτον ὑπατοὺς αὐτοὺς προσαγορευθῆναι, στρατηγοὺς καλουμένους τὸ πρό-τερον; vgl. Urso, Consulship, 58ff.

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P. Valerius Poplicola (kurz vor 500 v. Chr.)

Nach Livius pflegte man im 5. Jh. noch nicht den Konsul, sondern den Prätor ‚Richter‘ zu nennen.255 An anderer Stelle berichtet er im Zusammenhang mit dem Jahr 364 von einem alten Gesetz, dem zufolge der praetor maximus alljährlich an den Iden des September an der Wand des kapitolinischen Jupitertempels, der im ersten Jahr der Republik an diesem Tag dediziert wurde, einen Nagel einschlug.256 Der praetor maximus war nach dem Grammatiker Festus derjenige, der in sakralrechtlicher Hinsicht das summum imperium hatte.257 Kunkel und Oakley haben sich klar dafür ausgesprochen, dass die Prätur entgegen der traditionellen annalistischen Sichtweise nicht erst 367 als eine dem Konsulat untergeordnete Magistratur im Zug der Licinisch-Sextischen Gesetze geschaffen wurde, sondern dass der Oberkommandierende in den ersten Jahrhunderten nicht consul, sondern praetor hieß.258 Aus Gellius und Plinius geht hervor, dass in den von den Decemvirn 451/450 verfassten 12-Tafelgesetzen keine Konsuln, sondern nur Prätoren vorkommen.259 In de legibus macht Cicero als Dialogteilnehmer auf die fehlende Eindeutigkeit der Termini aufmerksam. In der archaischen Diktion dieser Gesetze stellt er im Zusammenhang mit dem Prätor als Hüter des Privatrechts fest, dass es in Rom zwei Magistrate mit königlichem Imperium geben soll: aufgrund ihrer Tätigkeit als Heerführer, Verfasser von Urteilen und Ratgeber sollen sie Prätoren, Richter und Konsuln genannt werden.260 Der Grammatiker Festus sagt, dass diejenigen, die jetzt Konsuln genannt werden, ursprünglich praetores hießen und für die Kriegführung zuständig waren; die porta praetoria, durch die das Heer in die Schlacht geführt wird, heiße so, weil ursprünglich Prätoren die Kriege führten.261 255 Liv. III 55, 12: … quod iis temporibus nondum consulem iudicem sed praetorem appellari mos fuerit. 256 Liv. VII 3, 5: Lex vetusta est, priscis litteris verbisque scripta, ut qui praetor maximus sit idibus Septembribus clavum pangat; vgl. S. P. Oakley, Livy VI – X, Vol. II, 1998, 77ff. – Dedikation: Liv. II 8, 6; vgl. Kunkel, StO, 696f. Vf. S. 48 mit A. 221. 257 Festus 152 L: praetor maximus is est, qui maximi imperii sit (aus den libri augurum); vgl. Kunkel, StO, 696f. 258 Liv. VI 42, 11: concessum est … a plebe nobilitati de praetore uno, qui ius in urbe diceret, ex patribus creando; vgl. Oakley und Kunkel, StO, 696f. (vgl Anm. 256). 259 Gell. XI 8, 8. XX I 47; Plin. NH 18, 12; vgl. Kunkel, StO, 697; Drogula, CC, 15. 260 Cic. leg III 8: Is (sc. praetor) iuris civilis custos esto. … Regio imperio duo sunto, iique ‹a› praeeundo, iudicando, consulendo praetores, iudices, consules appellamino; vgl. Kunkel, StO, 142/163; Drogula, CC, 15. 261 Festus 249 L: praetoria porta in castris appellatur, qua exercitus in proelium educitur, quia initio praetores erant, qui nunc consules, et si bella administrabant, quorum tabernaculum quoque dicebatur praetorium.

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Die frühe Republik (509–287 v. Chr.)

Aufschlussreich erscheint auch eine andere Passage des Festus, in der es heißt, dass der Prätor, der als Proprätor oder Prokonsul in eine Provinz aufbricht, heutzutage am Tor gegrüßt wird. Festus zitiert Cincius (pr. 210 v. Chr.), der in seinem Buch über die potestas der Konsuln sagt, der Brauch der Begrüßung sei folgendermaßen zu erklären: „Die Albaner seien bis zur Zeit des Königs Tullius mächtig gewesen, aber nach der Zerstörung Albas sei es das latinische Volk bis zum Konsulat des P. Decius Mus gewohnt gewesen, sich im Hauptquartier in Ferentina, das unterhalb des Monte Albano liegt, zu beraten und das Imperium gemeinsam zu verwalten. Daher pflegten viele unserer Männer in dem Jahr, in dem die Römer auf Weisung der Latiner einen Feldherrn zum Heer schicken mussten, auf dem Kapitol bei Sonnenaufgang die Auspizien einzuholen. Fiel der Vogelflug günstig aus, so pflegte das Heer, das von der latinischen Gemeinde geschickt worden war, denjenigen als praetor zu grüßen, den die Vögel gutgeheißen hatten; er sollte die betreffende provincia mit dem Titel praetor übernehmen.262 Als Anhaltspunkt für eine zeitliche Eingrenzung wird der Fall von Alba Longa 493 genannt. Das in diesem Jahr zwischen Rom und den Latinern geschlossene Bündnis (foedus Cassianum) regelte die Beziehungen zwischen den beiden Vertragspartnern, 367 wurde es erneuert.263 Mit P. Decius Mus ist wahrscheinlich der Konsul von 340 gemeint, der als Erster seiner gens das höchste republikanische Amt erlangte. Er schlug einen Aufstand der Latiner nieder, fiel aber in der Schlacht. Durch den Sieg, den er durch seine Selbstaufopferung errang, wurde der politische Latinerbund aufgelöst, 338 aber wiederum erneuert.264 Die Festus-Passage zeigt, dass sich die aufgrund des Bündnisses erforderlichen Soldaten in Rom versammelten, wo durch den Auspikationsakt ein Kommandeur gewählt wurde. Drogula bemerkt dazu, dass die Notwendigkeit, nach Ankunft der latinischen Verbündeten einen Oberkomman262 Festus 276 L: praetor ad portam nunc salutatur is qui in provinciam pro praetore aut pro consule exit: cuius rei morem ait fuisse Cincius in libro de consulum potestate talem: „Albanos rerum potitos usque ad Tullum regem: Alba deinde diruta usque ad P. Decium Murem consulem populos Latinos ad caput Ferentinae, quod est sub monte Albano, consulere solitos, et imperium communi consilio administrare: itaque quo anno Romanos imperatorem ad exercitum mittere oporteret iussus nominis Latini, complures nostros in Capitolio a sole oriente auspiciis operam dare solitos; ubi aves addixissent, militemillum, qui a communi Latio missus esset, illum quem aves addixerant, praetorem salutare solitum, qui eam provinciam optineret praetoris nomine. 263 DH VI 95; vgl. Oakley, Livy 1, 336; Lomas, Rise of Rome, 201. 264 Cic. div. I 24, 51: At vero P. Decius ille Quinti filius, qui primus e Deciis consul fuit … cum consul esset, devovit se et in aciem Latinorum inrupit armatus. Quo eius facto superati sunt et deleti Latini. Cuius mors ita gloriosa fuit, ut eandem concupisceret filius; s. auch Liv. VIII 6, 9–11; vgl. Oakley II 477ff.; Cornell, Beginnings, 293–326, bes. 299.

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M. Furius Camillus (Anfang 4. Jhd. v. Chr.)

dierenden zu wählen, darauf schließen lässt, dass in Rom noch keine Konsuln oder jährliche Magistrate amtierten.265 Er vermutet, dass das militärische Kommando erst institutionalisiert wurde, nachdem laut Cassius Dio im Jahr 449 ein neues Kollegium von zwei gleichberechtigten Konsuln gebildet wurde.266 Oakley setzt den Zeitpunkt, als der alte Titel praetor seiner Meinung nach nicht mehr verwendet und durch den neueren consul ersetzt wurde, sogar ins Jahr 366 hinauf.267 Aufgrund der 367 erlassenen SextischLicinischen Gesetze wurde das Amt des Konsulartribunen, das seit 444 mit dem Konsulat abgewechselt hatte, abgeschafft und das neue Amt des Prätors unterhalb des Konsuls installiert.268

2.

M. Furius Camillus (Anfang 4. Jh. v. Chr.)

Unter den Feldherren der Frühzeit ragt M. Furius Camillus heraus, dem Plutarch ebenfalls eine Vita gewidmet hat. Obwohl er mehr als hundert Jahre nach Poplicola lebte, bleibt er doch eine von der Sage verklärte, schattenhafte Lichtgestalt.269 Camillus ist als etruskischer Name inschriftlich belegt.270 Er begann seine Laufbahn mit der Censur 403.271 In den Jahren 401, 398, 394, 386, 384 und 381 war Camillus Miltärtribun. Er ist 401, 398 und 394 – von 389 bis 381 sind die Fasti Consulares Capitolini nicht erhalten – als Konsul belegt.272 Camillus fungierte in diesen Jahren aber nicht als Konsul, sondern als Militärtribun mit konsularem Imperium. Für die Zeit zwischen 444 und 367 war nämlich das sechsstellige Militärtribunat mit konsularischer Amtsge265 Drogula, CC, 30f.; Auspikation: Kunkel, StO, 32. 266 Vgl. Urso, Consulship, 41–60 und zuletzt Drogula, CC, 33. 267 Oakley, Livy II, 78f., nennt als ersten Nachweis für einen Konsul das Elogium des L. Scipio Barbatus (cos. 298); vgl. S. 68f. 268 Konsulartribune: Liv. IV 6, 1–12. – Sextisch-Licinische Gesetze: Liv. VI 41, 3–42, 3; vgl. K. Lomas, The Rise of Rome, 2018, 223f. 269 Uwe Walter, Marcus Furius Camillus – die schattenhafte Lichtgestalt, in K. – J. Hölkeskamp, Von Romulus zu Augustus. Große Gestalten der römischen Republik 2000, 58– 68. 270 W. Schulze, Zur Geschichte lateinischer Eigennamen, 1904, 290, 322. 271 Inscr. Ital. 13, 1, 28f.; vgl. MRR I 82. 272 Diod. XIV 44; Liv. V 12, 5 (J. 401); Diod. XIV 82; Liv. V 14, 5 (J. 398); Diod. XIV 97; Liv. V 26, 3 (J. 394); Diod. XV 2; Liv. VI 6, 3 (J. 386); Diod. XV 25; Liv. VI 18, 1 (J. 384); Diod. XV 48; Liv. VI 22, 5 (J. 381); Fasti: I. Ital. 13, 1, 28–31.

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Die frühe Republik (509–287 v. Chr.)

walt ein jährlich wechselndes Staatsamt, das die Patrizier 445 den Plebeiern als Konzession dafür gewährt hatten, dass sie ihnen den Zugang zum Konsulat verwehrten.273 Livius nennt die Militärtribunen imperatores. Plutarch bemerkt dazu, dass Furius Camillus seltsamerweise nie Konsul war, obwohl er fünfmal Diktator war, viermal triumphierte und als der zweite Gründer Roms gefeiert wurde. Er erklärt dies damit, dass sich die Plebs damals im Zwist mit dem Senat befand, weil sie sich gegen die Ernennung von Konsuln stemmte und an deren Stelle als Kommandierende Militärtribunen wählte.274 Um eine Entscheidung in dem seit 406 andauernden Krieg gegen Veji herbeizuführen, wählten die Römer Camillus, den Livius den größten aller Imperatoren nennt, 396 zum ersten Mal zum Diktator (magister populi).275 Nach Livius wurde der erste 501 gewählt. Die Diktatur war bis zum Hannibalkrieg ein außerordentliches Notstandsamt mit umfassender Befugnis und in der Regel mit militärischer Funktion. Im Hannibalkrieg war es die Aufgabe des Konsuls oder Prätors, einen Diktator zum Zweck der Kriegführung zu ernennen.276 Der Diktator ernannte seinerseits einen Unterführer, den sog. ‚Reiteroberst‘ (magister equitum).277 Mit der Eroberung Vejis 396 und dem anschließenden Triumph erreichte Camillus den Höhepunkt seiner Laufbahn.278 Das Volk weihte den Zehnten der Beute dem Apoll in Delphi, indem es dem Heiligtum einen goldenen Mischkrug stiftete, der im Schatzhaus der Massalioten aufgestellt wurde. Die aufblühende Griechenstadt Massalia unterhielt gute Beziehungen zu den Ligurern und den italischen Völkerschaften.279 Was Camillus betrifft, so sind die Umstände seines Sieges legendär: Er soll als dux fatalis eine religiöse Mission erfüllt haben, indem er Iuno, die Schutzgöttin Vejis, aus der Stadt herausrief (evocatio) und sie dazu brachte, ihren Sitz nach Rom zu verlegen, wo er ihr auf 273 Liv. IV 6, 8: Comitia tribunis consulari potestate tribus creandis indicuntur; vgl. MRR I 52. 274 Liv. V 2, 1 (Jahr 403); 23, 4 (396); 28, 6 (Jahr 394): jeweils imperator. – Plut. Cam. 1, 1–2. 275 Liv. V 23, 1: ducem M. Furium maximum imperatorum omnium legerant. 276 Liv.II 18, 3–6; Plut. Marc. 24, 10: … (τὸν ὕπατον) ἐλθόντα δ’ἐκέλευεν (ἡ σύγκλητος) εἰπεῖν δικτάτορα … – vgl. E. Täubler, Camillus und Sulla, in: Ausgewählte Schriften zur Alten Geschichte, 1987, 222. 277 Liv. II 19, 3: erstes Paar i. J. 496; vgl. Ogilvie, Livy, 281. – Walter, Lichtgestalt, 61. – Drogula, CC, 118ff. 278 Liv. V 23, 4; DH XII 14–15; Plut. Cam. 7; Triumph: Inscr. Ital. 13, 1, 539; vgl. Ogilvie, Livy, 669–681. 279 Diod. XIV 93, 2f.; vgl. Münzer, RE VII 1, 1910, Furius Nr. 44, Sp. 326; Griechenstadt Massalia: Bengtson, RG3 61.

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M. Furius Camillus (Anfang 4. Jhd. v. Chr.)

dem Aventin einen Tempel weihte.280 Anzuzweifeln ist auch der 391 gegen Camillus geführte Prozess wegen zu üppiger Gestaltung seines Triumphs mit vier weißen Pferden und wegen ungerechter Verteilung bzw. teilweiser Unterschlagung (peculatus) der Beute aus Veji.281 Aus einem nur teilweise erhaltenen Elogium auf dem Forum Romanum geht hervor, dass Camillus in seiner 2. Dikatur 390 den Bewohnern von Veji nach der Zerstörung der Stadt die Auswanderung nicht gestattete.282 Nach seinem Sieg über die Etrusker bei Sutrium und der Unterwerfung der Aequer und Volsker triumphierte er 389 als Diktator zum 3. Mal und angeblich 367 zum 4. Mal wiederum als Diktator nach der Niederschlagung des Krieges gegen Velitrae und der Niedermetzelung der Gallier im Gebiet der Albaner Berge.283 Nach Polybios brachten die Gallier den Römern 387/6 in der Schlacht an der Allia eine vernichtende Niederlage bei und besetzten drei Tage später Rom mit Ausnahme des Kapitols. Ein Einfall der Veneter in ihrer Heimat lenkte sie von dessen Belagerung ab; sie zogen ab, nachdem sie den Römern ein Abkommen diktiert hatten. Diodor berichtet ausführlicher, dass die Römer, als das Heer der Kelten vor den Toren der Stadt stand, mit Nahrungsmitteln und Wertsachen in die Burg auf dem Kapitol flohen.284 Ihre Stadt wurde zerstört, sie selbst ringsum eingeschlossen. In der Nacht erkletterte ein gewisser Cominius Pontius den tarpeischen Felsen und ermutigte seine Landsleute zum Durchhalten, weil die Kelten von den Tyrrhenern mit einer großen Streitmacht umzingelt seien. Dann stieg er unbemerkt vom Kapitol herab. Die Kelten aber entdeckten seine Spuren und erstiegen um Mitternacht jene Felswand. Als sich das Geschnatter der heiligen Gänse erhob, eilten die Wachen zu jener Stelle. Ein gewisser Marcus Manlius (Capitolinus) stieß den ersten heraufgekletterten Gegner vom Felsen hinab und ebenso den zweiten; die Folgenden wandten sich zur Flucht, stürzten aber alle kopfüber in den Tod. Daher ließen sich die Kelten, sobald die Römer durch Gesandte Verhandlungen anknüpften, gegen tausend 280 Liv. V 21, 3–4;. 22, 3–6; vgl. Ogilvie, Livy 673ff. und Cornell, Beginnings of Rome, 312. 281 Vier Schimmel beim Triumph: Diod. XIV 177, 6; Beute: Liv. V 32, 8–9; vgl. Ogilvie, Livy, 698f. – W. Eder, Furius, DNP 4, 1998, [I 13], Sp. 176, hält den Prozess für fiktiv. 282 I. Ital. 13, 3 Nr. 61: Veios post urbem captam commigrari passus non est. 283 I. Ital. 13, 3 Nr. 61: Etruscis ad Sutrium [d]evictis, Aequis et /​ [V]olscis] subactis, tertium triumph[a]vit. Quart(um) se[dato] Velitern[orum bello et Gallis in Albano /​ agro caesis? …]; vgl. Liv. VI 2. 12, 6; Diod. XIV 117, 3 (Volsker); 117, 7 (Gallier); vgl. Walter, Lichtgestalt, 61. 284 Plb. I 6, 1; II 18; 22, 4. – Diod. XIV 114, 2–7.

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Pfund Gold zur Räumung der Stadt und zum Abzug aus römischem Gebiet bewegen.285 Livius verlegt die Schlacht an der Allia ins Jahr 390 und berichtet, dass der wegen Missbrauchs der Beute aus Veji nach Ardea verbannte Camillus nach dem Fall Roms zum Diktator ernannt worden sei und mit einem neu formierten Heer das Forum genau in dem Moment erreichte, als den Galliern das Gold ausgezahlt wurde.286 Das Eingreifen des Camillus ist offensichtlich eine spätere Zutat. Bezeichnend ist zum einen, dass Polybios und Diodor Camillus nicht erwähnen, und dass Rom laut dem Philosophen Aristoteles von einem Lucius gerettet wurde, wohingegen Camillus den Vornamen Marcus hatte.287 Der unbekannte Lucius könnte mit L. Albinius identisch sein; er brachte beim Galliereinbruch die Vestalinnen und die heiligen Geräte in Sicherheit, indem er sie in das mit Rom verbündete Caere karrte.288 Zum anderen gibt es eine Überlieferung, nach der die Familie der Livii Drusi sich rühmte, weil das Gold an die keltischen Senonen zwar ausgezahlt, aber nicht von Camillus, sondern später von einem ihrer Vorfahren wiedergewonnen worden sei, der einen gallischen Anführer in einem Einzelgefecht während eines Feldzugs in Norditalien besiegte.289 Camillus soll 365 an der Pest gestorben sein. Livius verfasste auf ihn einen schönen Nachruf: Er sei ein einzigartiger Mann gewesen, das Oberhaupt des Staates im Frieden und im Krieg, ehe er in die Verbannung ging. Livius nennt ihn wie Plutarch den zweiten Gründer der Stadt Rom nach Romulus, weil er angeblich 367 als Diktator die Bürgerschaft nach dem Galliereinbruch gerettet hat. Diese auch von Plutarch berichtete Großtat erwähnen Polybios und Diodor jedoch nicht.290 285 Diod. XIV 116, 3–7. 286 Verbannung: Liv. V 43, 6ff. Diktator: Liv. V 46, 10; Auszahl.: V 48, 9; Ankunft u. Sieg: V 49, 1–6; vgl. Ogilvie, Livy, 719ff. 287 Plut. Cam. 22, 3. 288 Liv. V 40, 10: L. Albinius … virgines sacraque in paustrum imposuit et Caere quo iter sacerdotibus erat pervexit; vgl. H. G. G. Gundel, Livius, KP 3, Nr. 4; Cornell, Beginnings of Rome, 317. 289 Suet. Tib. 3, 2: Traditur etiam (Drusus) pro praetore ex provincia Gallia rettulisse aurum Senonibus olim in obsidione Capitolii datum nec, ut fama fert, extortum a Camillo; vgl. Cornell, Beginnings of Rome, 317. 290 Liv. VII 1, 9–10: maximeque eam pestilentiam insignem mors quam matura tam acerba M. Furi fecit. Fuit enim vere vir unicus in omni fortuna, princeps pace belloque priusquam exsulatum iret, clarior in exsilio, vel desiderio civitatis quae capta absentis imploravit opem vel felicitate qua restitutus in patriam secum patriam ipsam restituit; par deinde per quinque et viginti annos — tot enim postea vixit — titulo tantae gloriae fuit dignusque habitus quem secundum a Romulo conditorem urbis Romanae ferrent. – Plut. Cam. 23–30, bes. 29, 2. – Angeblicher Sieg: Plut. Caes. 29, 2.

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M. Valerius Maximus Corvus

Sicher scheint hingegen, dass der berühmte T. Quinctius Cincinnatus Capitolinus 380 als Diktator Praeneste unterwarf, triumphierte und Juppiter auf dem Kapitol eine Statue mit einer Inschrift weihte.291

3.

M. Valerius Maximus Corvus

M. Valerius Corvus wurde als Nationalheld von Augustus mit einer Statue und einem Elogium geehrt.292 Livius nennt den viermaligen Konsul (348, 346, 343, 335) im Jahr 336 den größten imperator seiner Zeit. Er triumphierte 346 über die Volsker, 343 im 1. Samnitenkrieg über die Samniten und 335 über Cales.293 Als Diktator beruhigte er 343/2 die meuternde römische Besatzung von Capua durch die lex Valeria martialis und leitete als interrex die Konsulwahlen von 332 und 320.294 Er soll 100 Jahre alt geworden sein.295

4.

T. Manlius Imperiosus Torquatus

T. Manlius, der berühmteste Namensträger seiner gens im 4. Jh., war der Sohn des Lucius, des Diktators von 363.296 Er war dreimal Konsul (347, 344, 340) und 320 Diktator. In seinem 3. Konsulat errang er bei Trifanum (wohl in der Nähe von Sinuessa) einen entscheidenden Sieg und Triumph über die Latiner und Kampaner.297 Mit Torquatus verbindet sich die Anekdote, er habe 340 als cos. III den eigenen Sohn hinrichten lassen, weil dieser

291 Liv. VI 29, 9: Iuppiter atque divi omnes hoc dederunt ut T. Quinctius dictator oppida novem caperet. 292 Gell. IX 11, 10: Statuam Corvino isti divus Augustus in foro suo statuendam curavit. In eius statuae capite corvi simulacrum est rei pugnaeque, quam diximus, monimentum. 293 Liv. VIII 16, 4: Itaque (sc. senatores) omni spe adnisi sunt, ut maximum ea tempestate imperatorem M. Valerium Corvum consulem quartum facerent; vgl. Oakley, Livy 1, 562ff. – Triumphe: Inscr. Ital. 13, 1, 68f. 294 Capua: Liv. VII 32. 34. 39ff. – Konsulwahlen: Liv. VIII 17, 5. IX 7, 15. 295 Val. Max. VIII 13, 1: M. Valerius Corvinus centesimum annum conplevit. 296 Liv. VII 3, 4; vgl. B. Linke, Die Väter und der Staat, in C. Lundgreen, Staatlichkeit in Rom?, 2014, 82f. 297 Inscr. Ital. 13, 1, 68f.; vgl. MRR I 135f.

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Die frühe Republik (509–287 v. Chr.)

zwar siegreich, aber gegen seinen ausdrücklichen Befehl einen Zweikampf bestritten hatte.298

5.

Q. Publilius Philo

Als erster Plebejer erlangte Q. Publilius Philo 336 die Prätur, nachdem er 339 Konsul und Diktator gewesen war.299 Aus der Ämterfolge consul – praetor geht hervor, dass der Prätor in jeder Beziehung der Kollege des Konsuls war, weil er wie dieser das Imperium und das auspicium militiae durch eine lex curiata erhielt.300 Allerdings sind in den Fasten vor Philo außer Konsuln nur Diktatoren als Triumphatoren belegt.301 Philo soll 339 als Diktator drei Gesetzesanträge zugunsten der Plebs eingebracht haben: das erste Gesetz verlieh Plebisziten Gesetzeskraft, das zweite verlangte die vorherige Zustimmung des Senats zu Gesetzen, die vor die Zenturiatkomitien kamen, das dritte forderte die Wahl mindestens eines Plebeiers zum Zensor.302 Vor allem das erste, aber auch das dritte Gesetz sind wohl eine annalistische Konstruktion.303 Zu Beginn des 2. Samnitenkriegs (328–304), der vom Staat durch ein Komitialgesetz erklärt worden war, führte Philo 327 als consul iterum das Kommando vor Paleopolis gegen die in Unteritalien beheimateten Graeci.304 Am Jahresende beschloss der Senat nach Absprache mit den Volkstribunen, dass er den Krieg bis zur Entscheidung pro consule weiterführen sollte. Livius wendet diesen Terminus zum ersten Mal im Jahr 464 auf einen Kom-

298 Liv. VIII 7, 8: (Filius) oblitus itaque imperii patrii consulumque edicti praeceps ad id certamen agitur, quo vinceret aut vinceretur. – 7, 19: … nec te quidem … recusare censeam, quin disciplinam militarem culpa tua prolapsam poena restituas. 299 Liv. VIII 15, 9; vgl. Brennan, Praetorship, 64. 300 Drogula, CC, 186. 301 Inscr. Ital. 13, 1, p. 64–70. 302 Liv. VIII 12, 14–16: Dictatura popularis et orationibus in patres criminosis fuit, et quod tres leges secundissimas plebei, adversas nobilitati tulit: unam, ut plebi scita omnes Quirites tenerent; alteram, ut legum quae comitiis centuriatis ferrentur ante initum suffragium patres auctores fierent; tertiam, ut alter utique ex plebe – cum eo ventum sit ut utrumque plebeium fieri liceret – censor crearetur. 303 J. Bleicken, Das Volkstribunat der klassischen Republik, 19682, 12ff. 304 Kriegserklärung: Kunkel, StO, 320, 594. – Liv. VIII 22, 9: inter consules provinciis comparatis bello Graeci persequendi Publilio evenerunt; vgl. S. P. Oakley, A Commentary on Livy, Vol. II, 1998, 675: Declaration of war. – Graeci: Bengtson, GG, 19775, 96.

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L. Papirius Cursor

mandierenden an, der im Vorjahr Konsul gewesen war.305 In der Einführung wurde dargelegt, dass Livius die Funktion pro consule seit dem Kommando Philos speziell für einen Konsul mit prorogiertem Imperium verwendet. Eine Untersuchung der Titel pro cos. und pro pr. in den Triumphalfasten ergab, dass die Angabe primus pro cos. lediglich besagt, dass Philo als Erster in einem Jahr, in dem er nicht Konsul war, triumphierte. Die Feststellung des Livius, Philo habe die Palmen nach Beendigung seines Amtes erlangt (acto honore), bedeutet, dass er das Konsulat erst nach seiner Rückkehr aus dem Feld beendete.306 Livius nennt Philo im zweiten Jahr seines Kommandos nicht proconsul, sondern imperator, weil er wusste, dass ein Konsul mit prorogiertem Imperium im Kriegsrechtsbereich militiae nicht Promagistrat war.307

6.

L. Papirius Cursor

L. Papirius Cursor war mit fünf Konsulaten der bedeutendste Vertreter seiner gens und neben Philo der herausragende Feldherr im 2. Samnitenkrieg. Er wird von Livius erstmalig 340 als magister equitum erwähnt. 326 war er zum ersten Mal Konsul. Er erklärte zusammen mit seinem Kollegen C. Poetelius Balbus den Samniten den Krieg, bereits in diesem Jahr führt ihn Livius als longe clarissimus bello ea tempestate auf.308 Als Diktator geriet Papirius 325 in Streit mit dem ihm unterstellten Reiteroberst Q. Fabius Maximus Rullianus. Im Elogium des Papirius heißt es:309 Bello Samnitium /​ cum auspicii repe/tendi caussa Romam /​ redisset atque inte/rim Q. Fabius Amb[ust(i) f.] Maximus mag[ister] equitum iniu[ssu eiu] s proelio c[on/flixisset … ] – Als er im Samnitenkrieg nach Rom zurückgekehrt war, um die Auspizien erneut einzuholen, hatte der Reiteroberst Q. Fabius Maximus, der Sohn des Ambustus, sich ohne seinen Befehl in einer Schlacht geschlagen. Nach den Worten des Papirius hätte Rullianus trotz seines Sieges mit dem Tod bestraft werden müssen, doch schließlich ließ der Diktator auf die 305 Liv. III 4, 10 (J. 464): Ipsum consulem Romae manere ad conscribendos omnes qui arma ferre possent optimum visum est: pro consule T. Quinctium (cos. II 465) subsidio castris cum sociali exercitu mitti. 306 Vgl. S. 20f. – Zweijähriges Konsulat: Cic. rep. VI 11 (Zitat S. 193/971). 307 Liv. 25, 13 (J. 326): collaudatus (sc. legatus) ab imperatore … 308 Konsul: Liv. VIII 12, 2. – Kriegserklärung: Liv. VIII 25, 2. 29, 9. 309 Inscr. Ital. 13,3, Nr. 62.

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Bitten des Volkes hin Gnade vor Recht ergehen.310 Die Historizität dieses Streits wird unterschiedlich bewertet. Nach der Schlacht machte der Imperator Papirius in Begleitung eines Legaten unter den verwundeten Soldaten die Runde und gewann deren Sympathien noch vor ihrer vollständigen Genesung zurück. Noch in seinem Amtsjahr, nämlich im März 324, triumphierte Papirius als Diktator über die Samniten.311 Kaum historisch sind die Erfolge, die L. Papirius Cursor und Publius Philo nach Livius 320 durch die Eroberung von Luceria und 319 von Satrium davontrugen und folglich auch nicht Cursors Triumph von 319.312 Sie gelangten wohl in die annalistische Tradition, um das Ausmaß der römischen Niederlage bei Caudium zu verschleiern, die 321 die Konsuln T. Veturius Calvinus und Sp. Postumius Albinus erlitten.313 Man mutmaßt, dass eine Verwechslung mit dem Jahr 315 vorliegt, als Cursor und Philo jeweils zum vierten Mal Konsuln waren und vermutlich entgegen Livius nicht in Rom blieben.314 Salmon nimmt an, dass Cursor und Philo nicht 320, sondern 315 in Apulien bzw. in Kampanien kämpften.315 Nach Livius besiegte Papirius 309 die Etrusker und triumphierte.316 Es ist trotz des Eintrags in den Triumphalfasten nicht auszuschließen, dass es sich dabei um eine Dublette des Sieges handelt, den sein gleichnamiger Sohn 15 Jahre später im 3. Samnitenkrieg bei Aquilonia errang.317 Nach Livius bildete Papirius in seiner Zeit die stärkste Stütze für den Fortbestand des römischen Staates. Er wäre sogar Alexander dem Großen gewachsen gewesen, wenn dieser nach der Eroberung Kleinasiens Europa angegriffen hätte.318 310 Liv. VIII 31, 4–8. VIII 35, 6; vgl. MRR I 148. Oakley, Livy 2, 704–751, bes. 733, 742; vgl. Vf. S. 65 mit A. 319. 311 Liv. VIII 36, 7: Rem … ita dextere egit, ut medendis corporibus animi multo prius militum imperatori reconciliarentur. – Streit: Nadig, DNP 9, 2000, Papirius [I 15], Sp. 291 – Triumph: I. Ital. 13, 1, 70f. Liv. VIII 37, 1; vgl. Oakley, Livy II 752. 312 Luceria: Liv. IX 12, 9; Satrium: Liv. IX 16, 2–10; Triumph: Inscr. Ital. 13, 1, 70f. 313 Liv. IX 7, 6. 9, 10; App. Samn. 4, 20f.; vgl. Oakley, Livy III 3–114; Nadig, Papirius Cursor, DNP 9, 291f. 314 Liv. IX 22, 1: Consules novi, sicut superiores, Romae manserunt. 315 Liv. IX 12–14; bes. 12, 9 (zum Jahr 320); vgl. E. T. Salmon, Samnium and the Samnites, 1967, 229. 316 Liv. IX 40, 7–15; Inscr. Ital. 13, 1, 70f. vgl. MRR I 163; Oakley, Livy III 521. 317 Liv. X 38, 1 (zum Jahr 293): Sequitur hunc annum et consul insignis, L. Papirius Cursor, qua paterna gloria, qua sua, et bellum ingens victoriaque quantam de Samnitibus nemo ad eam diem praeter L. Papirium patrem consulis pepererat; vgl. Salmon, Samnium, 245f. – Nadig, Papirius, Sp. 292. 318 Liv. IX 16, 19: Quin eum parem destinant animis magno Alexandro ducem, si arma Asia perdomita in Europam vertisset.

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Q. Fabius Maximus Rullianus

7.

Q. Fabius Maximus Rullianus

Q. Fabius Maximus Rullianus, der Sohn des M. Fabius Maximus Ambustus (cos. 360), war 331 Ädil und 325 unter dem Diktator L. Papirius Cursor magister equitum. Er erkämpfte einen gewagten Sieg gegen die Samniten bei Imbrinium, ohne die Zustimmung des Diktators einzuholen. Wegen Missachtung seiner Befehle verlangte Papirius vom Senat die Bestrafung des Fabius. Livius beschreibt eine angespannte Szene, in der Papirius nahezu alleine gegen Senat und Volk stand, die Fabius aufgrund seines Sieges unterstützten, aber auch nicht die absolute Macht, die sie Papirius gegeben hatten, untergraben wollten. Fabius beendete schließlich die Krise, indem er sich dem Diktator zu Füßen warf, um Vergebung bat und sie auch erhielt.319 Er war 322 Konsul und siegte mit seinem Kollegen L. Fulvius Corvus über die Samniten; beide triumphierten.320 Salmon bezweifelt, dass die Samniten eine schwere Niederlage erlitten; der Bericht des Livius, dass sie verzweifelt um Frieden baten, sei erfunden.321 315 eroberte Fabius als Diktator Saticula in Samnium und belagerte die aufständischen Volsker im Liristal. Er eroberte Satricum zurück.322 Nach Diodor nahm er 313 Fregellae und Nola ein.323 310 siegte er als cos. II erneut in Samnium, verfolgte die Etrusker auf ihrer Flucht in den Cimianischen Wald, wo er sie erneut schlug und triumphierte nach den Fasten 309 als Prokonsul über die Etrusker.324 Als Fabius 308 zum dritten Mal Konsul war, eroberte er Nuceria, die bedeutendste Stadt Kampaniens. Als Zensor beschränkte Fabius 304 zusammen mit P. Decius Mus die Aufnahme von Bürgern ohne Grundbesitz wieder auf die vier städtischen Tribus.325 297 schlug er als cos IV die Samniten bei Tifernum, indem er einen Teil seiner Kräfte um einen Hügel herum in den Rücken des Feindes schickte. 295 wurde er zusammen mit Decius Mus zum fünften Mal zum Konsul gewählt, errang bei Sentinum den ent-

319 Liv. VIII 31,1. 35, 12. 320 Liv. VIII 40, 1–3; Inscr. Ital. 13, 1, 70f. 321 Liv. VIII 39, 13–15; vgl. Salmon, Samnium, 222. 322 Liv. IX 22f. Diod. XIX 72, 3–9; Front. Str. I 11, 21; vgl. MRR I 156; Salmon, Samnium 234; Elvers, DNP 4, Fabius [I 28]. 323 Diod. XIX 107, 37; vgl. MRR I 158. Salmon, Samnium, 238f. 324 Liv. IX 42, 6: Q. Fabius pro consule cum Samnitium exercitu … conflixit; Inscr. Ital. 13, 1, 70f.; vgl. MRR I 164. 325 Nuceria: Liv. IX 41, 3. – Zensor: Liv. IX 46, 14f.; vgl. MRR I 167; Elvers, Fabius, Sp. 372.

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scheidenden Sieg über die verbündeten Etrusker, Samniten und Kelten und triumphierte: ganz Mittelitalien war in römischer Hand.326

8.

P. Decius Mus

P. Decius Mus, der Sohn des gleichnamigen Konsuls von 340327, ragt unter den römischen Politikern und Feldherren um 300 v. Chr. heraus. Er war viermal Konsul (312, 308, 297, 295), 308 kämpfte er gegen die Etrusker, 304 beschränkte er als Zensor mit Q. Fabius Maximus Rullianus, wie oben gesagt, die Aufnahme von besitzlosen Bürgern auf die vier städtischen Tribus.328 300 unterstützte er die lex Ogulnia und soll daher zu den ersten plebeischen pontifices gehört haben.329 297 besiegte er als cos. III die Apuler bei Malventum und setzte sein Kommando 296 laut Livius im folgenden Jahr als proconsul in Samnium fort.330 Der PROCOSTitel bezeichnet sein prorogiertes konsulares Imperium; er datiert das Kommando ins Jahr 296.331 295 entschied Decius Mus in seinem vierten Konsulat die Schlacht bei Sentinum in Umbrien durch Selbstaufopferung als adiutor belli und socius imperii seines Kollegen Fabius Rullianus, der den Kampf gegen die Samniten, Gallier und Etrusker als provincia besaß.332

9.

Ap. Claudius Caecus

Der patrizische Zweig der Claudier trat um 300 mit dem Zensor Ap. Claudius Caecus besonders hervor. 326 P. Decius Mus cos. IV: Liv. X 14, 6f. – cos. V: Liv. X 26, 7–28, 6. 327 Gundel, KP 1, Decius, Nr. 5; vgl. Vf. S. 56 mit A. 264. 328 Laufbahn: Liv. IX 46, 14–15; Val. Max. II 2, 9; vgl. MRR I 168; Vf. S. 65 mit A. 324. 329 Liv. X 13, 13; vgl. Elvers, DNP 3, 1997, Decius [I 2]. 330 Liv. X 16, 1: Itaque insequenti quoque anno … P. Decius, qui consul in Samnio relictus a collega fuerat, proconsul idem populari non destitit agros; vgl. MRR I 175f.; Kunkel, StO, 15f. 331 Vgl. Gundel, KP 1, Decius Nr. 6, Sp. 1410: ‚Auch 296 blieb er mit prorogiertem Imperium erfolgreich.‘ 332 Cos. IV: Liv. X 24, 1. 27, 10–28, 18; zum adiutor (Liv. X 26, 2–3) s. Vervaet, HC, 152 und Drogula, CC, 159f. – Zur Dublette mit dem cos. von 340 s. Oakley, Livy II 477f.; vgl. Verf. S. 56 mit A. 264.

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Ap. Claudius Caecus

Seine ungewöhnliche Laufbahn gibt das Elogium auf dem forum Augusti wieder, von dem in Arretium eine Kopie gefunden wurde.333 Appius Claudius /​ C. f. Caecus /​ censor, cos. bis, dict., interrex III, /​ pr. II, aed. cur. II, q. tr. mil. III. Com/plura oppida de Samnitibus cepit. /​ Sabinorum et Tuscorum exerci/tum fudit. Pacem fieri cum Pyrrho /​ rege prohibuit. In censura /​ viam Appiam stravit et aquam in /​ urbem adduxit. Aedem Bellonae fecit. Am Anfang seiner Karriere stand das Militärtribunat, das erste hatte er um das Jahr 319 inne.334 Das Offiziersamt bildete in der Notlage des 2. Samnitischen Krieges die Voraussetzung für die weitere Karriere. Die dreimalige Bekleidung des Tribunats zeigt, dass das Volk dem jungen Patrizier viel zutraute. Bei der Quästur, die Appius Claudius um 316 innehatte, handelte es sich um ein junior office, das damals noch keine große Rolle spielte. Circa 313 war er zum ersten Mal Ädil, ein zweites Mal vermutlich 306. In der Zwischenzeit verwaltete er 312 die Zensur, der wegen der cura morum, d. h. der Aufsicht über die Einhaltung der Sitten, eine wachsende Bedeutung zukam. Appius setzte sie nach Ablauf seiner Amtszeit von 311 bis 308 als eine Art Sondervollmacht fort.335 Zunächst setzte er ein gewaltiges Bauprogramm in Bewegung: Mit der 12 Kilometer langen aqua Appia, die weitgehend unterirdisch verlief, wurde die Wasserversorgung Roms im großen Stil organisiert. Außerdem wurde mit der via Appia der Bau einer Militärstraße initiiert, durch die der Nachschub auf den samnitischen Kriegsschauplatz gesichert wurde.336 307 war Appius zum ersten Mal Konsul, bis 305 zweimal Ädil, 298 Interrex, 296 zum zweiten Mal Konsul, 295 Prätor. 296/295 führte er im 3. Samnitenkrieg (299/8–290 v. Chr.) das Kommando gegen die Etrusker und Sabeller. Appius nahm mehrere Festungen der Samniten ein, versprengte das Heer der Sabiner und Etrusker und errichtete nach dem Krieg der Bellona einen Tempel am Circus Maximus.337 Dikta333 Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 79; vgl. M. Humm, Appius Claudius Caecus, La République accomplie, 2005, 35–41, 49–60 und Lomas, Rise of Rome, 292. 334 Vgl. H. Beck, Karriere und Hierarchie, III. Musterkarrieren: Ap. Claudius Caecus, 2005, 159–187, bes. 167ff. 335 B. Linke, Appius Claudius Caecus, Ein Leben in Zeiten des Umbruchs, in: Hölkeskamp, Von Romulus zu Augustus, 72. – Bedeutung des Senats seit der lex Ogulnia (erlassen vor 318): Lomas, Rise of Rome, 298f. 336 I. Ital. 13, 3, 12; vgl. H. Schneider, Infrastruktur und politsches System, in: C. Lundgreen, Staatlichkeit in Rom?, 2014, 213f. 337 Interrex: vgl. S. 156. Bellonatempel: Liv. X 19, 17–21; vgl. MRR I 176; Künzl, Triumphus 32. Vier Konsulate: Lomas, Rise of Rome, 375.

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Die frühe Republik (509–287 v. Chr.)

tor war er zwischen 292 und 285. Hochbetagt sprach er sich erblindet nach der Niederlage der Römer bei Herakleia gegen die Friedensvorschläge des Königs Pyrrhos aus.338

10. L. Cornelius Scipio Barbatus L. Cornelius Scipio Barbatus gilt als Stammvater der Scipionen. 304 wurde er als Pontifex Maximus vom Volk gezwungen, bei der Einweihung des Concordiatempels auf dem mons Volcanus die Devotionsformel zu sprechen, obwohl dazu nach der Sitte der Vorfahren eigentlich nur der Konsul oder der Imperator befugt war.339 Das heißt in Bezug auf den Imperator, dass er nach Beendigung des Kommandos als Augur sein Auspizium behielt und mit dessen Hilfe in der Frühzeit priesterliche Funktionen ausübte, wie z. B. bei der Einweihung eines Tempels.340 302 oder 301 war Barbatus Ädil und 298 Konsul. Nach Livius besiegte er die Etrusker bei Volaterrae. Salmon nennt die Schlacht eine topographische Absurdität und meint, dass alle Aktivitäten in Etrurien ins Jahr 295 gehören, als Barbatus bei Clusium als Proprätor ein Kommando führte.341 Mit Livius stimmt das nach 300 v. Chr. verfasste Elogium nicht ganz überein: [L. Corneli]o(s) Cn. f. Scipio Barbatus /​ […] Gnaivod patre /​ prognatus, fortis vir sapiensque – quoius forma virtutei parisuma /​ fuit, – consol, censor, aidilis /​ quei fuit apud vos. /​ Taurasia(m), Cisauna(m) /​ Samnio cepit, – subigit omne Loucana(m) (terram?) opsidesque abdoucit. – L. Cornelius Scipio, der Sohn des Gneius, ein tapferer und weiser Mann, dessen Äußeres mit seinem ed338 Inscr. Ital. 13, 3, Nr 12: P]ac[em fie]ri cu[m Pyrrho rege prohibuit.] Plut. Pyrrh. 19; Liv. per. 13, 6; vgl. Linke, Appius, 77. 339 Liv. IX 46, 6: … coactusque consensu populi Cornelius Barbatus pontifex maximus verba praeire, cum more maiorum negaret nisi consulem aut imperatorem posse templum dedicare. 340 Auspizium des Imperators: Vervaet, HC, 21f. Etrusker: Liv. X 12, 3–5: bellum Samnitibus et patres censuerunt et populus iussit. Consules inter se provincias partiti sunt: Scipioni Etruria, Fulvio Samnites obvenerunt, diversique ad suum quisque bellum proficiscuntur. Scipioni segne bellum et simile prioris anni militiae exspectanti hostes ad Volaterras instructo agmine occurrerunt. Pugnatum maiore parte diei magna utrimque caede; nox incertis qua data victoria esset intervenit; lux insequens victorem victumque ostendit; vgl. MRR I 174. 341 Proprätor: Liv. X 25, 11. 26, 12; vgl. MRR I 178; Oakley, Livy, IV 305.

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L. Cornelius Scipio Barbatus

len Charakter im Einklang stand, war Konsul, Zensor und Ädil in eurer Mitte. Er eroberte Taurasia und Cisauna in Samnium (?), unterwarf ganz Lukanien und führte Geiseln ab.342 Das Elogium ist bisher die früheste Inschrift, durch die ein Konsul überliefert ist. Sie erscheint vertrauenswürdiger als Livius, demzufolge der Konsul Cn. Fulvius Maximus Centumalus 298 Bovianum und Aufidena in Samnium eroberte und triumphierte.343 296 dürfte Barbatus Prätor gewesen sein, denn 295 führte er nach Livius, wie oben gesagt, als Proprätor bei Clusium ein Kommando. 293 war er dem Konsul L. Papirus Cursor in Aquilonia als Legat unterstellt. 290 führte der Konsul M. Curius Dentatus nach einem Sieg das Ende des Samnitenkriegs herbei, bezwang die Sabiner und triumphierte über beide Völker.344 In den frühen 280er Jahren kam es zu einem weiteren Ausbruch sozialer und politischer Unruhen, der in gesetzliche Fixierung mündete. Die nach dem führenden Plebejer Q. Hortensius (Dictator 287) benannte lex Hortensia gilt dabei als die finale Lösung des Ständekampfes.345

342 ILLRP 309 = Gordon Nr. 5. – Reihe der Ämter: U. Walter, Meister der Macht ohne Formierung von Staatlichkeit, in: C. Lundgreen, Staatlichkeit in Rom, 2014, 102. 343 Liv. X 12, 9: Cn. Fulvi consulis clara pugna in Samnio ad Bovianum haudquaquam ambiguae victoriae fuit. Bovianum inde adgressus nec ita multo post Aufidenam vi cepit. – Liv. X 13, 1: Cn. Fulvius de Samnitibus triumphavit; vgl. Inscr. Ital. 13, 1, p. 72f., J. 298: Cn. Fulvius Cn.f. Cn. n. Maxim(us) an. CDLVI Centumalus cos. de Samnitibus et Etruscis idibus Nov. 344 J. 293: Liv. X 40, 7: (Papirius consul) dextro cornu L. Volumnium, sinistro L. Scipionem, equitibus legatos alios … praefecit. J. 290: Cic. Cato 55; Val. Max. II 9, 4. 345 Lomas, Rise of Rome, 295f.

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III. Die mittlere Republik (287– 133 v. Chr.) 1.

Der 1. Punische Krieg (264–241)

272 hatte Rom die Eroberung ganz Italiens mit dem Sieg über den Molosserkönig Pyrrhos in Tarent und dessen Abzug abgeschlossen. Acht Jahre später entbrannte der erste Krieg mit den Puniern. Die Ursache waren die aus Kampanien stammenden Mamertiner, denn sie griffen, nachdem sie sich Messanas bemächtigt hatten, im Vertrauen auf ein mit Rom geschlossenes Bündnis wiederholt das Gebiet der Karthager und Syrakusaner an und zwangen außerdem einen großen Teil Siziliens zur Tributzahlung. Als aber die Syrakusaner den jungen Hieron, der später König werden sollte, zum Feldherrn wählten, besiegte er 269 die Mamertiner in der Mylaeischen Ebene am Longanos-Fluss vollständig und wurde nach seiner Rückkehr nach Syrakus von den Bürgern und Bundesgenossen einstimmig als König begrüßt. Ein Teil der Mamertiner wollte nach dieser Niederlage ihre Zuflucht bei den Karthagern nehmen und sich selbst und die Burg in deren Hände geben, der andere aber schickte Gesandte nach Rom. Sie boten die Übergabe der Stadt an und baten, ihnen als Stammesverwandte beizustehen. Nach Polybios drängten die Konsuln auf eine Hilfeleistung für die Mamertiner, um nicht zuzulassen, dass die Karthager mit Messana einen Brückenkopf für den Übergang nach Italien gewännen. Das Volk fasste einen entsprechenden Beschluss, weil es durch die vorangegangenen Kriege in Süditalien schwer gelitten hatte und auf eine Verbesserung seiner Lage hoffte, wenn in einem neuen Krieg in den griechischen Städten Siziliens reiche Beute gemacht würde.346

346 Plb. I 8–11, 3; Liv. per. 16, 1–2: Origo Carthaginiensium et primordia urbis eorum referuntur. Contra quos et Hieronem, regem auxilium Mamertinis ferendum senatus censuit, cum de ea re inter suadentes ut id fieret dissuadentesque contentio fuisset; transgressis-que tunc primum mare exercitibus Romanis versus Hieronem saepius bene pugnatum. – Weg in den Krieg: B. Bleckmann, Die römische Nobilität im Ersten Punischen Krieg, 2002, 57– 84, bes. 66.

71

Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

1.1

Ap. Claudius Caudex

Ap. Claudius, der später das distinktive Cognomen Caudex erhielt, entstammte der patrizischen Familie der Claudier, war aber wegen des großen Altersunterschieds und des gleichen Pränomens entgegen Gellius vermutlich nicht der Bruder, sondern wahrscheinlich der älteste Sohn des Ap. Claudius Caecus.347 Er hatte gute Beziehungen zu den oskischen Händlern und Kampaniern. Das Hilfegesuch aus Messana sah er als gute Gelegenheit an, zu militärischem Prestige und matieriellem Zugewinn zu kommen.348 264 war er Konsul und wurde vom Volk zum ersten Oberbefehlshaber im 1. Punischen Krieg ernannt. Das wichtigste Zeugnis stellt der ausführliche Bericht des Polybios dar.349 Die deutsche Übersetzung lautet: Nachdem dieser Beschluss vom Volk gefasst war, ernannten sie den einen der Konsuln, Appius Claudius, zum Imperator und sandten ihn mit dem Auftrag ab, nach Messana hinüberzufahren und den Mamertinern Hilfe zu leisten. Diese vertrieben den karthagischen Befehlshaber (Hannibal), der schon die Zitadelle besetzt hatte, teils durch Drohungen, teils durch Täuschung, riefen Appius herbei und übergaben ihm die Stadt. Die Entsprechung der Termini στρατηγός und imperator ist durch je eine Passage bei Polybios (X 40, 5) und Livius in Bezug auf den gleichlautenden Titel des älteren Scipio Africanus gesichert.350 Livius, Frontin, Cassius Dio, der bei Aurelius Victor überlieferte Autor de viris illustribus, Orosius und Zonaras nennen Ap. Claudius als ersten Oberkommandierenden im 1. Punischen Krieg consul bzw. ὕπατος, obwohl 347 caudex bedeutet ‚ausgehöhlter Baumstamm‘; Appius soll auf einem einfachen Fischer­ kahn den Feind ausgespäht haben. – Abstammung: J. F. Lazenby, The First Punic War, 1996, 40. – K. Zmeskal, adfinitas, 2009, Bd. I, 65, hält jedoch an Gellius (XVII 21, 40) fest; vgl. P. Claudius Pulcher (aed. 253, cos. 249), der ein Sohn des Ap. Claudius Caecus war: S. 83. 348 B. Bleckmann, Roman Politics in the First Punic War, in: A Companion to the Punic Wars (ed. D. Hoyos), 2011, 170. 349 Plb. I 11, 3: κυρωθέντος δὲ τοῦ δόγματος ὑπὸ τοῦ δήμου, προχειρισάμενοι τὸν ἕτερον τῶν ὑπάτων στρατηγὸν Ἄππιον Κλαύδιον ἐξαπέστειλαν, κελεύσαντες βοηθεῖν καὶ διαβαίνειν εἰς Μεσσήνην. 4] οἱ δὲ Μαμερτῖνοι τὸν μὲν τῶν Καρχηδονίων στρατηγὸν ἤδη κατέχοντα τὴν ἄκραν ἐξέβαλον, τὰ μὲν καταπληξάμενοι, τὰ δὲ παραλογισάμενοι: τὸν δ᾽ Ἄππιον ἐπεσπῶντο καὶ τούτῳ τὴν πόλιν ἐνεχείριζον. 350 στρατηγός: Plb. X 40, 5; imperator: Liv. XXVII 19, 4. – Zur Entsprechung der beiden Termini s. G. H. Mason, Greek Terms for Roman Institutions, 1974, 156; vgl. Vf. S. 97.

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Der 1. Punische Krieg (264–241)

er das Kommando außerhalb Roms ohne Amt führte.351 Nur Polybios stellt den Vorgang richtig dar, nämlich dass einer der beiden Konsuln vom Volk zum στρατηγός, d. h. zum Imperator, gewählt wurde.352 Er bringt damit zum Ausdruck, dass seit dem Ausgreifen der römischen Kriegführung im frühen 3. Jh. die Aufgabenbereiche der Konsuln in der Regel getrennt wurden. Dem Konsul, der als Imperator ein Kommando führen sollte, wurde vom Volk mit Hilfe der comitia centuriata im Bereich militiae eine provincia übertragen.353 Ap. Claudius marschierte mit einem konsularischen Zweilegionenheer nach Rhegion.354 Von dort aus führte er zunächst längere Verhandlungen mit König Hieron und den Unterhändlern der Karthager wegen der Aufhebung der Belagerung Messanas, konnte jedoch auf diplomatischen Wege nichts erreichen.355 Appius, der Imperator der Römer, setzte dann nachts mit dem Heer über die Meerenge, kam nach Messana und sprengte den von Karthagern und Syrakusanern um die Stadt gelegten Belagerungsring. Er griff Hieron an, der sich zunächst in die Berge und dann nach Syrakus zurückzog.356 In der zweiten Phase seines Feldzugs marschierte Ap. Claudius nach der Vertreibung der karthagischen Truppe aus Messana auf Syrakus vor, das er in mehreren Versuchen vergeblich bestürmte. Da die Stadt stark befestigt war

351 Liv. XXXI 1, 4: … ad Ap. Claudium consulem, qui primum bellum Carthaginiensibus intulit. Front, strat. I 4,11: Appius Claudius consul primo bello Punico, cum a Regio Messanam traicere militem nequiret, … Cass. Dio XI, fr. 43, 11: ὅτι ὁ ὕπατος Κλαύδιος τοὶς στρατιώταις προσπαρήνεσε θαρσεῖν …[Aur. Vict.] de vir. illustr. 37, 5: Appius Claudius consul ad Mamertinos liberandos missus, … – Oros. IV 7, 1 et Appium Claudium consulem cum exercitu misere Romani. – Zon. VII 9, 9: ὁ δὲ ὕπατος φρουρὰν ἐν τῇ Μεσσηνῇ καταλιπὼν ἀπέπλευσεν εἰς τὸ Ρήγιον; vgl. Suet. Tib. 2, 1: ohne Funktionsangabe. 352 Plb. I 11, 3 (vgl.den ersten Satz in Anm. 349): … τὸν ἕτερον τῶν ὕπατων στρατηγὸν Ἄππιον Κλαύδιον ἔξαπέστειλαν. 353 Provincia: B. Bleckmann, Die römische Nobilität im 1. Punischen Krieg, 2002, 113; zu den comitia centuriata s. ders. 72. 354 Nach Zon. VIII 8, 6 erfolgte die Entsendung der Vorhut unter dem Kommando des Kriegstribunen C. Claudius zum Zeitpunkt des Bündnisses zwischen den Karthagern und Hieron (vereinbar mit Plb. I 11, 7 und Diod. XIII 1, 2); vgl. Bleckmann, 78/1. 355 A. M. Eckstein, Senate and General, 1987, 100f. und B. D. Hoyos, A Companion to the Punic Wars, 2011, 147. 356 Plb. I 11, 9: ὁ δὲ στρατηγὸς τῶν Ῥωμαίων Ἄππιος νυκτὸς καὶ παραβόλως περαιωθεὶς τὸν πορθμὸν ἧκεν εἰς τὴν Μεσσήνην. – Angriff auf Hieron: Plb. I 12. 15. 1–2; Zon. VIII 9, 5; vgl. Bleckmann, Nobilität, 79.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

und Nachschubprobleme auftraten, musste Appius, den Zonaras fälschlich Konsul nennt, schließlich den Rückzug einleiten.357 Vereinzelte Nachrichten bei Eutrop, Silius Italicus und Sueton über einen Triumph des Ap. Claudius stehen im Widerspruch zur übrigen Überlieferung, insbesondere fehlt der entsprechende Eintrag in den Triumphalfasten. Der mehrfach berichtete Triumph ist möglicherweise damit zu erklären, dass Claudius sich mit der Entscheidung des Senats nicht abgefunden und ohne dessen Zustimmung triumphiert hat. Für diese Annahme spricht, dass für das 3. Jh. v. Chr. zwei Parallelfälle überliefert sind.358 Bleckmann stellt abschließend fest, dass sich der ehrgeizige Aristokrat nicht in den Konsens seiner Standesgenossen hatte einbinden lassen und gegen die Senatsmehrheit sein Kommando auf Sizilien erzwungen hatte. Sein Feldzug war aufgrund nicht zu leugnender Fehlleistungen nicht tri­ umphwürdig, den Ausschlag gab, dass er in Messana eine nicht völlig bereinigte Situation hinterlassen hat.359 1.2

C. Duillius

C. Duillius enstammte einem plebeischen Geschlecht, das 336 den Konsul K. Duillius hervorbrachte.360 Durch den ersten Seesieg über die Karthager erlangte Gaius dauerhaften Ruhm. 260 war er Konsul und stach laut dem Annalisten L. Calpurnius Piso Frugi (cos. 133) als Imperator mit einer Flotte 60 Tage nach dem Fällen der Bäume in See.361 Der Terminus imperator bezeichnet den Oberkommandierenden im Bereich militiae. Der spätantike Autor Orosius nennt ihn hingegen im Zusammenhang mit dem Bau der Flotte consul.362 Sie wurde in Ostia hergestellt, wo Duillius nicht als Konsul, sondern als Imperator fungierte.363 Polybios schildert anschaulich die Seeschlacht bei Mylae an der Nordküste Siziliens. 357 Zon. VIII 9, 9: ὁ δὲ ὕπατος φρουρὰν ἐν τῇ Μεσσηνῇ καταλιπὼν ἀπέπλευσεν εἰς τὸ Ρήγιον; vgl. Bleckmann, Nobilität, 80f. 358 Eutr. II 18, 3; Sil. Ital. VI 661f.; vgl. Bleckmann, Nobilität, 83 mit Anm. 4. 359 Bleckmann, Nobilität, 84. 360 Zu K. Duillius s. Liv. VIII 16, 1; vgl. Zmeskal, affinitas I, 113. 361 Plin. NH XVI 192: Mirum apud antiquos primo Punico bello classem Duilli imperatoris ab arbore LX die navigavisse … tradit L. Piso; zu L. Calpurnis Piso s. S. 201 mit A. 1015. 362 Oros. IV 7, 8: Romani et ipsi classem fabricari atque instrui praeceperunt; quod Duilius consul celeriter implevit… 363 Vgl. R. Meiggs, Roman Ostia, 1973, Sp. 2.

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Der 1. Punische Krieg (264–241)

I 23, 2–10: Auf die Nachricht hin, dass der Feind das Gebiet von Mylae verheere, stach Duillius mit der ganzen Flotte gegen ihn in See. Kaum sahen die Karthager sie am Horizont auftauchen, als sie voller Freude und Kampfeslust mit 130 Schiffen ausliefen und alle geradewegs gegen den Feind fuhren, in solcher Geringschätzung der Römer wegen ihrer Unerfahrenheit, dass sie nicht einmal eine Schlachtordnung für erforderlich hielten, als fielen sie über eine Beute her, die ihnen nicht entgehen konnte. Es führte sie Hannibal – derselbe, der heimlich bei Nacht sein Heer aus Agrigentum herausgebracht hatte – auf einem Siebenruderer, der einst dem König Pyrrhos gehört hatte. Als die Karthager beim Näherkommen auf jedem Bug die in die Höhe gezogenen Raben364 erblickten, stutzten sie zwar ein Weilchen, durch den Anblick der Enterbrücken verwirrt, da sie jedoch den Gegner vollständig verachteten, griffen die voraus Fahrenden unerschrocken an. Da aber die Schiffe, die längsseits fuhren, jedes Mal von den Enterbrücken erfasst wurden und die Soldaten des Feindes auf dem Raben an Bord sprangen und auf dem Oberdeck in den Nahkampf eintraten, wurden die Karthager teils getötet, teils ergaben sie sich in ihrem Schrecken über diese Art des Kampfes, denn dieser war vollständig einer Schlacht zu Lande gleich geworden. So verloren sie 30 Schiffe, und zwar die, welche zuerst angegriffen hatten, mitsamt der Bemannung, unter ihnen auch das Schiff des Befehlshabers. Hannibal selbst aber entkam unverhofft und unter großer Gefahr auf einer Barke. Die übrige Flotte der Karthager fuhr zwar heran, um die feindlichen Schiffe zu rammen; da sie aber beim Näherkommen das Schicksal der vorangefahrenen Schiffe sahen, wichen sie aus und vermieden die Enterhaken. … Zuletzt wichen die Karthager und flohen, erschrocken über die Neuartigkeit des Vorgangs, nachdem sie 50 Schiffe verloren hatten. Das wichtigste Zeugnis für das Kommando des Duillius ist ein fragmentarisch erhaltenes Elogium. Die Inschrift geht im Kern auf die Zeit des Dui-

364 Eine Art Enterhaken, der wie der Schnabel eines Raben gebogen war; vgl. E. de SaintDenis, Une machine de guerre maritime. Le corbeau de Duilius, Latomus 5, 1946, 359ff. – J. H. Thiel, A History of Roman Sea-Power before the Second Punic War, 1954, The Problem of the Corvus, 101–128; zu den Jahren 260–257 s. drs. S. 171–205.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

lius zurück, von ihr wurde aber bereits um 150 v. Chr. die erste Restaurationsfassung angefertigt, die letzte unter Augustus.365 5

Enque eodem mac[istratud bene] [r]em navebos marid consol primos c[eset copiasque] [c]lasesque navales primos ornavet pa[ravetque] cumque eis navebos consol claseis Poenicas omn[nis item ma-] [x]umas copias Cartaciniensis praesente[d Hanibaled] dictatored ol[or]om in altod marid pucn[nandod vicet] 10 vique nave[is cepe]t cum socieis septer[esmom I quin-] [querem]osque triremosque naveis X[XX, merset XIII.] 17 Triump]oque navaled praedad poplom [donavet] [multosque] Cartacinie[ns]is [ince]nuos d[uxit ante] [curum ---------------------------]eis [---] capt[--------] Und in derselben Amtszeit führte der Konsul als Erster erfolgreich Krieg mit Schiffen zur See; Marinetruppen und Flotten rüstete er als Erster aus und bildete sie aus; Und mit diesen Schiffen besiegte er die punischen Flotten und ebenso alle mächtigen Bundesgenossen der Karthager, in Gegenwart Hannibals ihres Diktators – im Kampf auf hoher See. Und er kaperte gewaltsam mit ihren Mannschaften einen Siebenruderer und 30 Fünf- und Dreiruderer, 13 versenkte er. Und bei seinem Triumph beschenkte er das Volk mit der auf See gemachten Beute und er führte viele freigeborene Karthager vor seinem Wagen … als Gefangene … Duillius führte den Seekrieg laut der Inschrift als Konsul (Z. 6, 8), während ihn der Annalist L. Calpurnius Piso imperator nennt. Die Angabe consol bezeichnet das Amtsjahr 260; sie steht, weil die Inschrift nach Beendigung des Kommandos in Rom, wo Duillius als Konsul amtiert hatte, verfasst wurde.

365 ILLRP 319; vgl. E. Kondratieff, The Column and Coinage of C. Duilius: Innovations in Large and Small Media in the Middle Republic, Scripta Classica Israelica, 23, 2004, 1–39, bes. 13–15.

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Der 1. Punische Krieg (264–241)

Wegen der Wahlen verließ Duillius Sizilien etwa Mitte Dezember 260 und feierte mehr als zwei Monate später am 1. März 259 als Konsul und als Erster einen triumphus navalis.366 Das Konsulatsjahr begann nach dem römischen Kalender am 1. Mai, nach dem julianischen spätestens am 1. April.367 Das Elogium des Duillius ist in Saturniern verfasst. Die Inschrift stand noch zur Zeit des Plinius in unmittelbarer Nähe des Tibers auf dem forum Holitorium auf der sogenannten columna rostrata, d. h. einer mit Schiffsschnäbeln geschmückten Säule.368 Nach Quintilian endeten bei den alten lateinischen Schriftstellern viele Wörter auf d, wie sich an der Duillius-Inschrift zeigt.369 Mommsen hielt sie für eine Fälschung und datierte sie in die Zeit des Kaisers Claudius. Bleckmann schließt dies aus.370 Ebenso Wachter, der aber wegen der vielen sprachli­chen Ungereimtheiten, nämlich Modernismen, Pseudoarchaismen und Inkonsequenzen (z. B. maximosque neben [max]umas) davon abrät, die Inschrift als Dokument des 3. Jh. v. Chr. zu benutzen.371 1.3

M. Atilius Regulus

Eine der bedeutendsten Familien im 3. Jh. v. Chr. waren die Atilii Reguli. Besonders hervorgetreten sind C. Atilius Regulus (cos. 257, 250) und sein Cousin Marcus, der durch seine Selbstaufopferung berühmt geworden ist.372 M. Regulus war 267 zum ersten Mal Konsul: Um den günstigen Hafen Brundisium zu gewinnen, erklärte Rom den Sallentinern den Krieg unter dem Vorwand, die Einwohner Kalabriens hätten Pyrrhos bei sich aufgenommen. Regulus besiegte sie und triumphierte.373

366 Inscr. Ital. 13, 1, 76f.: C. Duillius M. f. M. n. cos. primus an. CDXCIII /​ navalem de Sicul(eis) et classe Poenica egit. /​ k. Interkalar. an. CDXCIII. 367 M. G. Morgan, Calendars and Chronology in the First Punic War, Chiron 7, 1977, 89–117, bes. 92, 96. 368 Saturnier: F. Ritschl, Opusc. IV, 1867, 199; Elogium: I. Ital. 13, 3, 69; vgl. ILLRP 319, Gordon, Epigr. Nr. 48. – Inschrift: Plin. NH XXXIV 20: … item C. Duilio, qui primus navalem triumphum egit de Poenis, ‹columna rostrata›, quae est etiam nunc in foro. 369 Quint. Instit. I 7, 12: … ut a Latinis veteribus d plurimis in verbis adiectam ultimam, quod manifestum est etiam ex columna rostrata, quae est Duilio in foro posita. 370 CIL I2 1, 25, S. 386, Sp. 2; s. dagegen Bleckmann, Nobilität, 119ff. 371 R. Wachter, Altlateinische Inschriften, 1986, 359–361. 372 Zur Abstammung s. Zmeskal, adfinitas, I 39. 373 Sallentiner: Eutrop II 17; Zon. X 8, 7. – Triumph: Inscr. Ital. 13, 1, 73.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

256 setzten die Römer den Krieg gegen Karthago nach geringen Aktivitäten im Vorjahr fort.374 M. Atilius Regulus und sein Kollege L. Manlius Vulso Longus wurden nach Verdienst zu Konsuln gewählt: Regulus lebte in so ärmlichen Verhältnissen, dass er sich nur schweren Herzens bereit fand, das Amt zu übernehmen; der Lebensunterhalt für seine Gattin und seine Kinder musste aufgrund eines Beschlusses aus der Staatskasse bestritten werden.375 Die beiden Konsuln setzten von Messana mit einem Heer nach Sizilien über.376 In der Seeschlacht bei Eknomos vor der Südwestküste Siziliens besiegten sie die Karthager Hanno und Hamilkar.377 Während L. Manlius nach Rom zurückkehrte und am Jahresende einen Seetriumph feierte378, setzte Regulus nach Polybios mit zwei Legionen nach Africa über und besiegte die Karthager zu Wasser und zu Lande. Nach Cassius Dio fürchteten die Karthager die Einnahme ihrer Hauptstadt und traten daher mit Vorschlägen an den Konsul Regulus heran.379 In der Überzeugung, den Sieg schon in Händen zu haben, stellte Regulus überaus harte Friedensbedingungen und bedrängte schon die Hauptstadt Karthago. Im Gegensatz zu Polybios unterscheidet Cassius Dio nicht zwischen dem in Rom amtierenden Konsul (ὕπατος) und dem Imperator (στρατηγός), der in Sizilien das Kommando führte.380 Unter den einschlägigen Berichten sei der folgende in Übersetzung wiedergegeben:381 Plb. I 31, 4–6: Marcus (Atilius), der die Karthager zu Lande und zu Wasser geschlagen sah und die Einnahme der Stadt in greifbarer Nähe zu haben glaubte, jedoch in Sorge war, sein Nachfolger könne vorher aus Rom eintreffen und die Ehre des Sieges ernten, lud die Karthager zu Friedensverhandlungen ein. Diese vernahmen das mit Freude und schickten ihre ersten Männer hinaus. Gleich zu Beginn der Verhandlungen verging ihnen jedoch jede 374 Zonar. VIII 12, 10; vgl. Bleckmann, Nobilität, 157f. 375 Dio XI 43, 20. 376 Entsendung: Plb. I 25, 1–4; Übersetzen nach Sizilien: Liv. per. 17, 6. 377 Plb. I 26–29; vgl. Bleckmann, Nobilität, 161–163. 378 Inscr. Ital. 13, 1, 76f. L. Manlius A. f. P. n. Long(us) an. [CDXCVII] cos. de Poenis navalem egit VIII. 379 Dio XI 43, 22: ὅτι οἱ Καρχηδόνιοι φοβηθέντες μὴ ἁλῶσι, προεκηρυκεύσαντο πρὸς τὸν ὕπατον ὅπως. 380 Plb. I 11, 9 (Anm. 356). 381 Siehe auch Diod. XXIII 15; Cass. Dio XI Frg. 43, 22; Flor. I 18, 17–21; vgl. Bleckmann, Nobilität, 163ff.

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Der 1. Punische Krieg (264–241)

Neigung, auf seine Vorschläge einzugehen, ja sie vermochten die Härte seiner Bedingungen nicht einmal ruhig anzuhören. Atilius nämlich glaubte, er habe den Sieg schon fest in Händen und die Karthager müssten daher alle Zugeständnisse, die er ihnen machte, als eine Gnade und Geschenk betrachten.382 Dieselbe Terminologie wie Cassius Dio verwendet der aus Sizilien stammende Diodor, demzufolge die Karthager tief niedergeschlagen waren. Nach seinen Worten schickte die Gerusie drei ihrer angesehensten Mitglieder wegen eines Friedensschlusses zu Atilius. Von ihnen sprach Hanno, der Sohn des Hamilkar, Worte, die der Lage angemessen waren. Er rief den Konsul auf, maßvoll mit ihnen umzugehen, so wie es sich für Rom gezieme.383 Atilius aber, durch seinen Erfolg übermütig geworden und ohne die Wechselfälle im menschlichen Leben zu bedenken, schrieb Bedingungen von solcher Reichweite und der Art vor, dass der von ihm ersonnene Frieden sich in nichts von der Sklaverei unterschieden hätte. Er fügte noch hinzu, tapfere Leute müssten entweder siegen oder aber den Überlegenen weichen. So handelte der Konsul unter den gegebenen Umständen weder den Gewohnheiten seines Vaterlandes entsprechend noch kümmerte er sich um die Rache der Gottheit. Und unmittelbar danach traf ihn die Strafe, die seinem Frevel angemessen war.384 Diodor bezeichnet M. Atilius wie Cassius Dio in Africa als ὕπατος, Appian im gleichen Sinn im zweiten Jahr als ὕπατος γεγονώς, d. h. ‚gewesener Konsul‘.385 Statt ὕπατος müsste im Bereich militiae der von Polybios verwendete Terminus στρατηγός (v. infra) stehen. Da die Punier nichts zu verlieren hatten, wagten sie im Frühjahr 255 eine Entscheidungsschlacht, in der der aus Sparta angeworbene Söldnerführer Xanthippos die Römer mit Hilfe der karthagischen Kavallerie vernichtend schlug. Polybios (I 34, 5–12) gibt einen anschaulichen Bericht:

382 Bleckmann, Nobilität, 165, betont, dass Regulus wegen der Ankunft seines Nachfolgers unter Zeitdruck stand. 383 Diod. XXIII 12, 1: ὅτι ἐν ἀθυμίᾳ πολλῇ ὄντων τῶν Καρχηδονίων τρεῖς ἄνδρας ἡ γερουσία τῶν ἐπιφανεστάτων ἀπέστειλε πρεσβευτὰς πρὸς τὸν Ἀτίλιον περὶ εἰρήνης. τούτων δὲ Ἄννων ὁ Ἀμίλκου πρῶτος ὣν δόξῃ, διαλεχθεὶς τοὺς ἁρμόζοντας λόγους τῷ καιρῷ, περεκάλει τὸν ὕπατον μετρίως αὐτοῖς χρήσασθαι καὶ τῆς ¨Ρώμης ἀξίως. – ὕπατος: Anm. 379 und 384. 384 Diod. XXIII 12, 1: ὁ μὲν οὖν ὕπατος οὔτε τὸ τῆς πατρίδος ἔθος ἐν τοῖς τοιούτοις μιμησάμενος οὔτε τὴν ἐκ θεοῦ νέμεσιν εὐλαβηθεὶς συντόμως τῆς ὑπερηφανίας ἀξίᾳ περιέπεσε τιμωρίᾳ. 385 App. Lib. 3, 14: καὶ μετ’ αὐτῶν ὁ στρατηγὸς Ἄτίλιος, ὕπατος γεγονώς, αἰχμάλωτως ἦν.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

Beim Ansturm der Elefanten wurden die vordersten Reihen durch die Gewalt der Tiere überrannt, niedergetreten und massenweise im Nahkampf vernichtet, das ganze Gefüge der Schlachtordnung blieb aber wegen der tiefen Staffelung seiner Glieder intakt. Als jedoch die hintersten Abteilungen von allen Seiten durch die Reiter umzingelt und gezwungen wurden, sich gegen diese zu wenden und den Kampf mit ihnen aufzu­nehmen, stießen diejenigen, die sich mitten durch die Elefanten hindurch den Weg nach vorn gebahnt hatten und nun im Rücken der Tiere standen, auf die unversehrte und wohl geordnete Phalanx der Karthager und fanden ihren Untergang. Dadurch wurden die Römer von allen Seiten bedrängt, zum größten Teil wurden sie von der übermächtigen Gewalt der Tiere zertreten, die übrigen von der Menge der Reiter ebendort, wo sie in der Schlachtordnung standen, niedergeschossen, nur wenige konnten fliehen. Da aber der Rückzug über eine ebene Fläche ging, wurde auch von diesen ein Teil durch Elefanten und Reiter vernichtet; etwa 500, die mit dem Imperator Marcus geflohen waren (οἱ μετὰ Μάρκου τοῦ στρατηγοῦ φυγόντες), wurden bald darauf überwältigt und gerieten mit jenem lebend in Gefangenschaft. Von den karthagischen Söldnern waren gegen 800 gefallen. … Von den Römern retteten sich etwa 2000, die sich auf der Verfolgung der Söldner vom Ort des eigentlichen Kampfes entfernt hatten. Das ganze übrige Heer wurde vernichtet, außer dem Oberkommandie­renden Marcus und denen, die mit ihm geflohen waren. Die römischen Manipel, die sich hatten retten können, gelangten wider Erwarten glücklich nach Aspis. Die Karthager aber nahmen den Toten die Rüstungen ab und kehrten, indem sie den Feldherrn und die anderen Kriegs­gefangenen mit sich führten, in übergroßer Freude über den Sieg in die Stadt zurück. Eutrop berichtet, dass 30000 Römer niedergemacht wurden und vom gesamten Heer nur 2000 Mann fliehen konnten, 500 wurden mit dem Imperator Regulus gefangen genommen, er selbst in Ketten geworfen.386 Eu-

386 Eutrop: II 21, 4–5: Et duce Xanthippo, qui a Lacedaemoniis missus fuerat, Romanorum dux Regulus victus est ultima pernicie. Nam duo milia tantum ex omni Romanorum exercitu refugerunt, quingenti cum imperatore Regulo capti sunt, triginta milia occisa, Regulus ipse in catenas coniectus; vgl. Flor. I 18, 22–26; Liv. per. 18, 1. 5; [Aur. Vict.] vir. ill. 40, 3; Oros. IV 9, 1–4.

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trop verwendet wie Livius den Terminus imperator erst nach Ablauf des Konsulatsjahrs.387 Nach Cicero geriet Regulus, als er zum zweiten Mal Konsul war, in Africa durch eine List in Gefangenschaft.388 Die Zeitangabe cum esset consul iterum ist nicht in Verbindung mit dem Ort des Geschehens (in Africa … captus est) zu sehen, sie bedeutet folglich nicht, dass Atilius in Africa als Konsul amtierte. Er fungierte 255 entgegen Broughton nicht als proconsul in Africa389, sondern wie im Vorjahr als Imperator. Die Gefangenschaft dauerte sechs Jahre bis 250. Nachdem L. Caecilius Metellus (cos. 251) vor den Mauern von Panormos einen glänzenden Sieg über die mit zahlreichen Elefanten heranstürmenden Punier errungen hatte390, wollte man in Rom die Perspektiven für einen Frieden sondieren und leitete Verhandlungen wegen eines Gefangenenaustauschs ein.391 Zu dem des Regulus gibt es zahlreiche Berichte: Polybios (I 35) knüpft an dessen Gefangenschaft nur allgemeine Überlegungen über die Unbeständigkeit des Schicksals an, nach Diodor (XXIV 12) habe sich die Frau des Regulus, der als Unterpfand für eine gute Behandlung ihres Gatten zwei vornehme Karthager übergeben worden waren, nach Bekanntwerden seines Todes auf schreckliche Weise gerächt, weil sie überzeugt war, dass er in Karthago miss­handelt worden sei. Dem aus C. Sempronius Tuditanus (cos. 129) schöpfenden Gellius ist zu entnehmen, dass Regulus sich im römischen Senat gegen seinen Austausch mit karthagischen Gefangenen aussprach.392 Die ausführlichste und ergreifendste Darstellung stammt aus der Feder Ciceros im 3. Buch von de officiis: Ihr zufolge wurde Regulus nach Rom geschickt, um gegen junge adelige Karthager ausgetauscht zu werden. Er riet aber von dem Handel ab mit der Begründung, er sei durch den dem Feind gegebenen Eid gebunden und nicht mehr Senator; es läge nicht im Interesse des Staates, einen vom Alter zermürbten Mann gegen junge, schlagkräftige Offiziere des Feindes auszutauschen. Nach Cicero war Regulus zur Selbst387 Liv. XXXIII 32, 5 (Zitat: S. 29/95). – Eutrop II 21, 2 (Konsulatsjahr 256): Consules usque ad Carthaginem processerunt. 388 Cic. off. III 99: M. Atilius Regulus, cum esset consul iterum in Africa insidiis captus esset, … 389 MRR I 209. 390 Plb. I 40, 1–16: Plin. NH VII 139: Lobrede seines Sohnes Quintus; an den Sieg erinnert eine Gedenkprägung seines Nachfahren L. Caecilius Metellus Caprarius (cos. 113) i. J. 125: RRC Nr. 269/1; vgl. Assenmaker, Victoire, 138f. 391 Bleckmann, Nobiltät, 182. 392 Gell. VII 4, 1: Quod satis celebre est de Atilio Regulo, id nuperrime legimus scriptum in Tuditani libris: Regulum captum ad ea, quae in senatu Romae dixit suadens, ne captivi cum Carthaginiensibus permutarentur.

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aufopferung bereit, obwohl ihm klar war, dass ihn nach seiner Rückkehr in Karthago die grausamsten Foltern erwarteten.393 Die livianische Überlieferung deckt sich weitgehend mit dieser Version. In diesem Sinn schildern auch Valerius Maximus, Appian und [Aurelius Victor] de viris illustribus den Auftritt des Regulus im Senat und seine Todesqualen in Karthago.394 In der Forschung herrscht jedoch die Meinung vor, dass die kompromisslose Standhaftigkeit und der Martertod des Regulus eine bereits im ausgehenden 3. Jh. im Familieninteresse der Atilier gebildete und zuerst bei Naevius zu greifende Legende sei, die darauf abzielte, die historischen Vorgänge zu verschleiern. Bleckmann nennt zwei mögliche Gründe für die gescheiterte Auslösung des Regulus: entweder sei sie ihm vom Senat verweigert worden, weil die Atilier nicht genügend Geldmittel gehabt hätten, oder weil der Cousin des Regulus, der eingangs erwähnte Gaius (cos. II 250), gar nicht an der Rückkehr eines Konkurrenten aus der eigenen Familie interessiert gewesen sei.395 Solche Überlegungen blenden aber den Kern der Geschichte vollständig aus, nämlich die eidliche Verpflichtung des Regulus, nach Karthago zurückzukehren, falls der Gefangenenaustausch nicht zustande käme. An seinem dem Feind gegebenen Wort ist indes angesichts der übereinstimmenden Berichte, Regulus habe im Senat den Handel abgelehnt, nicht zu zweifeln. Man kann deshalb davon ausgehen, dass Cicero nicht ein großes oratorisch-patriotisches Brillantfeuerwerk abbrannte, wie es ihm Klebs unterstellte396, sondern seinen Zeitgenossen in der Schrift über das rechte Handeln den Wert der fides am Beispiel des Regulus nahebringen wollte, weil er durch seine Selbstlosigkeit den Konflikt zwischen dem Nützlichen und dem Sittlichen in vorbildlicher Weise bewältigte.

393 Cic. off. III 99: iuratus missus est ad senatum, ut nisi redditi essent Poenis captivi nobiles quidam, rediret ipse Carthaginem. Is cum Romam venisset, utilitatis speciem videbat, sed eam, ut res declarat, falsam iudicavit. – 100: … reddi captivos negavit esse utile; illos enim adulescentes esse et bonos duces, se iam confectum senectute. Cuius cum valuisset auctoritas, captivi retenti sunt, ipse Carthaginem rediit, neque eum caritas patriae retinuit nec suorum. Neque vero tum ignorabat se ad crudelissimum hostem et ad exquisita supplicia proficisci, sed ius iurandum conservandum putabat. 394 Liv. per. 18, 1. 5; Flor. I 18; Eutrop II 25; Oros. IV 10; Val. Max. I 14, IX 2 ext. 1; App. Lib. 4, 15; [Aur. Vict.] vir. ill. 40, 3. 395 Vgl. Klebs, RE II 2, 1896, Sp. 2088–2092. – Walbank, Polybius I, 1957, 93f. – Bleckmann, Nobilität, 182. 396 Klebs, RE Sp. 2091.

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Der 1. Punische Krieg (264–241)

1.4

Der Bau der via Appia und das Ende des 1. Punischen Krieges

Das älteste römische Milliarium stand an der via Appia 53 Meilen von Rom entfernt; es zeugt davon, dass die kurulischen Ädilen P. Claudius (Pulcher), der Sohn des Appius Claudius Caecus, und C. Furius 253 v. Chr. auf unterworfenem Gebiet die von Appius Claudius begonnene Straße bis zur Hafenstadt Terracina verlängerten.397 249 wurde Publius zusammen mit L. Iunius Pullus Konsul. Er soll im Flottenkrieg gegen die Karthager die schlechten Vorzeichen missachtet haben, indem er die heiligen Hühner, die nicht fraßen, ins Wasser werfen ließ.398 Anschließend verlor er beim Angriff auf Drepanon durch einen Sturm bei Camarina fast alle Schiffe.399 247 wurde der Flottenkrieg eingestellt und erst 242 wieder aufgenommen.400 Die provincia der Seekriegführung erhielten der Konsul C. Lutatius Catulus, der als Erster seiner Familie das höchste republikanische Amt erreichte401, und sein Kollege A. Postumius. Da Letzterer flamen Martialis war und vom pontifex maximus L. Metellus daran gehindert wurde, an der Kriegführung außerhalb Italiens teilzunehmen, wurde der Stadtprätor Q. Valerius Falto als Stellverteter des abwesenden Konsuls an dem Flottenkommando beteiligt.402 Im Sommer übernahmen beide das Kommando über die neu erbaute Flotte (200 Penteteren). Bei einem Sturmangriff auf Drepanon wurde Lutatius schwer am Schenkel verwundet.403 Obwohl er beim Erscheinen der karthagischen Flotte seine Bewegungsfähigkeit noch nicht wiedererlangt hatte, entschloss er sich schnell zum Angriff, als er sah, dass die von Hanno geführte Flotte durch den Transport von Versorgungsgütern, Gerät und Ausrüstung stark behindert war.404 Die Leitung musste

397 CIL I2 21 = ILLRP 348; vgl. S. 17 mit A. 12. 398 Cic. nat. 2, 7: … cum cavea liberati pulli non pascerentur, mergi eos in aquam iussit, ut biberent, quoniam esse nollent. 399 Plb. I 49, 3–51, 12. 400 Zum Jahr 249 s. MRR I 214; zum Jahr 242 s. MRR I 218; vgl. Bleckmann, Nobilität, 186–214. 401 P. Nadig, DNP 7, 1999, Catulus [1]. 402 Plb. I 59, 1–8; vgl. Bleckmann, Nobilität, 214; zum Stadtprätor (ἀστυνομῶν) s. Zonar. VIII 17; vgl. Kunkel, StO, 187/326. 403 Varro, de vita pop. Rom. (ed. M. Salvadore, 2004), 120; Val. Max. II 8, 2 (Zitate v. infra); Eutrop II 27, 1; Oros. IV 10, 5. 404 Liv. XXII 14, 13; vgl. Plb. I 61, 2–4.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

er Valerius Falto überlassen, die Entscheidung fiel vor den Ägatischen Inseln, und zwar nicht am 10. 3. 241, sondern erst im Juli.405 Nach Valerius Maximus zerstörten der Konsul Catulus und der Prätor Falto die Flotte der Punier.406 Sie führten das Kommando jedoch militiae nicht als Magistrate, sondern als Imperatoren. Ebenfalls nach Valerius Maximus und nach Florus war C. Catulus beim Kriegsende im Sommer 241 und beim Triumph im Oktober consul.407 Da er am 1. 4. 242 das Konsulat antrat, ist diese Aussage ein weiterer Beleg dafür, dass ein Konsul mit prorogiertem Imperium als Konsul triumphierte. In den Fasten ist C. Catulus am 4. 10. 241 als pro cos. verzeichnet und Falto am 6. 10. als pro pr. Broughton reihte beide deswegen unter die Promagistrate ein.408 Auch Brennan meinte unter Berufung auf den Fasteneintrag, Falto habe das Kommando 241 mit prorogiertem Imperium als Proprätor im Sinn eines Promagistrats geführt.409 In der Einführung konnte jedoch gezeigt werden, dass die Angaben pro cos. und pro pr. in den Fasten nicht im Sinn von Promagistraturen zu verstehen sind, sondern dass sie Konsuln und Prätoren mit prorogiertem Imperium oder designierte Konsuln bezeichnen.410 Livius nennt die Konsuln und Prätoren, die im 2. Punischen Krieg in Sizilien ein prorogiertes Imperium hatten, generell proconsul bzw. propraetor, um sie von den amtierenden Konsuln und Prätoren zu unterscheiden. In diesem Sinn verwendet auch Valerius Maximus den Terminus propraetor, wie sich am Beispiel des T. Otacilius (pr. 217) erweist.411 Einzugehen ist noch auf die Frage, warum der Prätor Valerius Falto triumphieren konnte, obwohl er dem Konsul Lutatius Catulus unterstellt war. Vervaet betont, dass sein Anspruch auf die Palmen zwar vollkommen gerechtfertigt war, dass er aber wegen seines geringeren prätorischen Impe-

405 Plb. I 61, 5–10. Eutrop II 27, 1–3. Oros. IV 10, 5–8. Zum Zeitpunkt s. Eutrop II 27, 3; vgl. Walbank, Polybios I, 124f. 406 Val. Max. II 8, 2: C. Lutatius consul Catulus et Q. Valerius praetor … Poenorum classem deleverant. 407 Val. Max. II 8, 2: Lutatio consuli triumphum senatus decrevit. Flor. I 18: Lutatio Catulo consule tandem bello finis impositus. – Zu den verschärften Friedensbedingungen v. S. 83. 408 Inscr. Ital. 13, 1, 76f. vgl. MRR I 219; Nadig, DNP 7, 1999, Lutatius [I]. 409 Vgl. Brennan, Praetorship, 84. 410 Vgl. S. 20f. 411 Liv. XXII 37, 13: classem, quae cum T. Otacilio propraetore in Sicilia erat. – Val. Max. VII 6, 1: Propter eandem cladem senatus Otacilio, qui Siciliam, Cornelio Mammulae, qui Sardiniam propraetoribus obtinebant, … rescripsit; vgl. MRR I 250.

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Der 1. Punische Krieg (264–241)

riums erst nach dem Konsul, der das summum imperium auspiciumque hatte, triumphieren konnte.412 1.5

Zum Friedensvertrag mit Karthago und zur Verwaltung Siziliens

242 schloss der Konsul C. Lutatius Catulus mit Hasdrubal einen Präliminarvertrag (Plb. I 62, 8–9). Sein Bruder, der 241 amtierende Konsul Q. Lutatius Lerco, wurde im Frühjahr an der Spitze einer vom Volk gewählten Zehnerkommission nach Sizilien entsandt und erwirkte nach erneuten Verhandlungen die Rückzugsverpflichtung Karthagos aus Sizilien.413 Die Karthager mussten nach dem 1. Punischen Krieg den Römern die Süd- und Westküste Siziliens sowie das Innere abtreten.414 Das neue Gebiet umfasste die ganze Insel mit Ausnahme des Königreichs Syrakus. Nach der durch den Krieg eingetretenen Erschöpfung bot das 263 geschlossene Bündnis mit Hieron II. von Syrakus den Römern einen Rückhalt.415 Wenn Appian sagt, dass die Römer bereits ab 241 jährlich einen στρατηγὸς ἐτήσιος nach Sizilien entsandten, so ist daraus zu schließen, dass damals im griechischsprachigen Bereich noch nicht der Quästor (ταμίας), sondern der Prätor als Jahresgouverneur die Steuern einzog.416 Er war wahrscheinlich in Lilybaeum stationiert und für den Westteil der Insel zuständig. Die Verwaltungsakte wurden offenbar bis zur Einrichtung der Provinz von Rom aus ad hoc verfügt und die Unterworfenen im Übrigen ihrem Schicksal überlassen. Die Städte regelten ihre inneren Angelegenheiten weiterhin durch eigene Magistrate und Gesetze. Die innere Autonomie ist am Recht zur Münzprägung, das nach 241 mindestens 17 Städte ausübten, ablesbar. Es war im Allgemeinen Bronzegeld mit griechischer Legende, der Geldumlauf wurde von der Edelmetallprägung Hierons beherrscht.417 412 Val. Max. II 8, 2; vgl. Vervaet, HC, 94–96. 413 Zon. VIII 17; vgl. MRR I 219; Bengtson, RG3 84; Brennan, Praetorship, 83–85. 414 Vgl. die bei Diodor XXXIII 4 überlieferte Städteliste. 415 Vertrag: Plb. I 16, 9; vgl. H. H. Schmitt, Die Staatsverträge des Altertums, Bd. 3, 1969, Nr. 479. 416 App. Sik. 2, 6: φόρους τε αὐτοῖς ἐπέθεσαν, καὶ τέλη τὰ θαλάσσια ταῖς πόλεσι μερισάμενοι στρατηγὸν ἐτήσιον ἔπεμπον ἐς Σικελίαν; vgl. M. H. Crawford, Origini e sviluppi del sistema provinciale romano, in: Storia di Roma 2, 1990, 93, und im gleichen Sinn: Mason, Greek Terms, 157. 417 D. Kienast, Die Anfänge der römischen Provinzialordnung in Sizilien, 1984, 121f. – Prägungen in Panormus und Selinunte von 241 bis 212: E. Gabrici, La monetazione del bronzo nella Sicilia, 1927, 98.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

1.6

Zur Einrichtung der Provinzen Sicilia und Sardinia (227 v. Chr.)

Die militärische Zwangslage, in die Rom in den 30er Jahren des 3. Jh. v. Chr. durch die Erfolge des Hamilkar Barkas, des Vaters Hannibals, in Spanien geriet, führte zur Ausdehnung des römischen Machtbereichs in der Stunde der außenpolitischen Gefahr und zur Institutionalisierung der Herrschaft in Sizilien und Sardinen. Die beiden Inseln Sizilien und Sardinien wurden 227 v. Chr. dem militärischen Oberbefehl jeweils eines Prätors unterstellt.418 Deshalb wurden die regulären Prätorenstellen von zwei auf vier erhöht.419 Die Provinzialprätur umschloss die rechtlich sehr verschieden gestellten Gemeinden der Insel mit Ausnahme des syrakusanischen Reichs und formal des socius Messana.420 Die Prätoren, deren Statthalterschaft verlängert wurde, behielten ihre Funktion.421 Dagegen scheint zu sprechen, dass Cicero den homo novus T. Albucius (pr. 107) propraetor in Sardinia nennt.422 Gemeint ist mit diesem Terminus keine Promagistratur, sondern das Jahr nach der Prätur. Gezeigt wurde dies in der Einführung anhand des inschriftlich belegten Titels ἀντιστράτηγος, d. h. propraetor, der das zweite Jahr der Statthalterschaft des Sex. Peducaeus (pr. 76) in Sizilien kennzeichnet.423 Analog dazu gibt Cicero die Funktionen des 80/79 in Kilikien amtierenden Statthalters Cn. Cornelius Dolabella (pr. 81) mit pr. et pro pr an.424

418 Solinus, 5, 1 (Zitat S. 16/7). Die ersten Statthalter waren 227 in Sizilien C. Flaminius (cos. 223; vgl. S. 89/430) und in Sardinien M. Valerius (Laevinus, cos. 220: MRR I 229, 235); vgl. S. 122 mit A. 603; s. dagegen Brennan, Praetorship, 655. 419 Liv. per. 20, 7; vgl. W. Kunkel, StO, 297f. 420 W. Hörberg, Die römische Provinzialverwaltung auf Sizilien und deren Prinzipien bis zum Ende der Republik, Diss. 1966, 5f. 421 Ser. Sulpicius Galba (pr. 151), 150 pr. (Cic. Brut. 89, Val. Max. VIII 1, 2); Cn. Pompeius Strabo (cos. 89): nach Oros. V 18, 10 war er 90 Prätor. – C. Verres (pr. 74): Cicero, Verr. II 4, 32. 61, nennt ihn auch in den Jahren 73/72 praetor. 422 Homo novus: NMRS Nr. 16; vgl. Cic. prov. cons. 15: … res in Sardinia …a propraetore una cohorte auxiliaria gesta. 423 Vgl. S. 22 mit A. 48. 424 Cic. Verr. II 1, 99: Ex litibus aestimatis Dolabellae pr. et pro pr.; vgl. Brennan, Praetorship, 571f.; Vf. S. 275 mit A. 1428.

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Der 2. Punische Krieg (218–201 v. Chr.)

2.

Der 2. Punische Krieg (218–201 v. Chr.)

Entgegen Cassius Dio stand Rom 218 noch nicht auf dem Höhepunkt seiner militärischen Macht, denn die größten Eroberungen standen noch bevor.425 Nachdem Hannibal im Herbst 218 in Oberitalien eingefallen war, wurde Sizilien Kriegsgebiet (militiae), d. h. es diente den römischen Oberbefehlshabern, sprich den Konsuln und den ihnen unterstellten Provinzial­ prätoren, als Glacis im Kampf gegen die Karthager in Africa. Die Konsuln hatten im Feld als Imperatoren ein imperium militiae, mit dem sie das tyrrhenische Meer einschließlich Sardinien und Korsika, Unteritalien und Sizilien als Kriegsgebiet (provincia militaris) beherrschten. Ihr Imperium war daher nicht an eine Provinz im territorialen Sinn gebunden.426 Polybios stellt im Zusammenhang mit der Verfassung der römischen Republik fest, dass die στρατηγοὶ ὕπατοι, d. h. die Imperatoren konsularen Ranges, bei der Kriegsvorbereitung und auf den Feldzügen eine unbeschränkte Befehlsgewalt (δύναμις αὐτοκράτωρ) hatten.427 2.1

Die Doppeldiktatur des Q. Fabius Maximus Verrucosus und des M. Minucius Rufus

Q. Fabius Maximus war der bedeutendste römische Politiker im 2. Punischen Krieg. Er wurde um 275 geboren. Sein Cursus ist durch ein aus Arretium stammendes, fast vollständig erhaltenes Elogium überliefert. Inscr. Ital. 13,3, Nr. 80: [Q. Fabius] Q. f. Maximus, /​ dictator bis, cos. V, cen/sor, interrex (bis), aed(ilis) cur(ulis), /​ q(uaestor) II, trib. mil. II, pontifex, augur. /​ Primo consulatu Ligures sube/git, ex iis triumphavit. Tertio et /​ quarto Hannibalem complu/ribus victoriis ferocem subsequen/do coercuit. Dictator magistro /​ equitum Minucio, quoius popu/lus impe/rium cum dictatoris /​ imperio aequaverat, et exercitui /​ profligato subvenit et eo nomi/ne ab exercitu Minuciano pa/ ter appellatus est. Consul quin/tum Tarentum cepit, triumpha/vit. 425 Dio XIII 52, 1–2; vgl. B. Simons, Cassius Dio und die römische Republik, 2009, 132ff.: Die Epochengrenze von 218 v. Chr. 426 E. Hermon, Titulature des gouverneurs provinciaux, Iura 34, 1983, 77f. 427 Plb. VI 14, 2: … τῶν δὲ στρατηγῶν ὑπάτων πάλιν αὐτοκράτορα μὲν ἐχόντων δύναμιν περὶ τὰς τοῦ πολέμου παρασκεύσας, αὐτοκράτορα δὲ τὴν ἐν τοῖς ὑπαίθροις ἐζουσίαν. – στρατηγὸς ὕπατος: S. 18 mit A. 22.

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Dux aetatis suae cautissi/mus et rei militaris peritissimus /​ habitus est. Princeps in senat/um duobus lustris lectus est. – [Q. Fabius] Q. f. Maximus, zweimal Diktator (221 und 217), fünfmal Konsul (233, 228, 215, 214, 208), Zensor (230), (zweimal) Interrex (222 und 208), kurulischer Ädil (ca. 235), zweimal Quästor (vor 237 und 236), zweimal Militärtribun (vor 236), Pontifex (216–203) und Augur (angeblich seit 265). In seinem ersten Konsulat unterwarf er die Ligurer und triumphierte über sie. Im dritten und vierten hielt er den aufgrund mehrerer Siege ungebändigten Hannibal in Schranken, indem er ihm auf den Fersen bleib. Als Diktator kam er dem Reiteroberst Minucius, dessen Imperium das Volk dem des Diktators gleichgestellt hatte, und dem geschlagenen Heer zu Hilfe und er wurde auf dessen Veranlassung pater genannt. Als er zum 5. Mal Konsul war, eroberte er Tarent und triumphierte. Er galt als der vorsichtigste und im Kriegswesen erfahrenste Feldherr seines Zeitalters und wurde für zwei Lustren zum princeps senatus gewählt. 217 rettete Q. Fabius Maximus als Diktator den Staat, indem er nach der Niederlage am Trasimener See Hannibal fortan keine offene Feldschlacht mehr anbot; daher stammt sein späterer Beiname cunctator.428 Wohl unter dem Druck von Senatoren, die auf einen schnellen Sieg über Hannibal setzten, ernannte der cunctator M. Minucius Rufus (cos. 221) zu seinem magister equitum.429 Livius beschreibt anschaulich die kluge Taktik des Fabius und das Draufgängertum des Minucius: XXII 12, 1–12: Als der Diktator (Fabius Maximus) das Heer des Konsuls (C. Flaminius) vom Legaten (Q.) Fulvius Flaccus übernommen hatte, kam er durch das Sabinerland nach Tibur, wo nach seinen Anordnungen die neuen Soldaten sich zum festgesetzten Zeitpunkt sammeln sollten. Von dort zog er nach Praeneste und quer über Feldwege auf die Via Latina. Von dort erkundete er die Wege noch sorgfältiger und führte das Heer an den Feind heran. Er wollte sich dabei nur im äußersten Notfall auf das Glück verlassen. Gleich an dem Tag, an dem er nicht weit von 428 Ennius, ann. XII, Vers 363 (ed. Skutsch): unus homo nobis cunctando restituit rem. 429 Plb. III 87, 9; Liv. XXII 8, 6f.; Plut., Fab. Max., 10, 1; vgl. MRR I 243.

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Der 2. Punische Krieg (218–201 v. Chr.)

Arpi vor den Augen der Feinde sein Lager aufschlug, zögerte der Punier keinen Augenblick, sein Heer in Schlachtordnung aufmarschieren zu lassen und dem Diktator ein Treffen anzubieten. Als er aber merkte, dass beim Feind alles ruhig blieb und auch im Lager keinerlei Aufregung herrschte, da höhnte er zwar, jener Mut des Mars in den Herzen der Römer sei gebrochen, der Krieg sei zu Ende und man habe vor aller Welt auf Tapferkeit und Ruhm verzichtet, und zog sich ins Lager zurück. Doch beschlich ihn die stille Sorge, dass er es in Zukunft mit einem Heerführer zu tun haben werde, der keineswegs ein Ebenbild des Flaminius und (Ti.) Sempronius (Longus)430 sei, und dass die Römer, durch den Schaden klüger geworden, einen Heerführer gefunden hätten, der Hannibal gewachsen sei. Er fürchtete im Augenblick die Vorsicht des Diktators, nicht seine Stärke. Da er seine Beharrlichkeit noch nicht kennengelernt hatte, begann er, Unruhe zu stiften und ihn auf die Probe zu stellen, indem er häufig sein Lager verlegte und vor seinen Augen das Land der Bundesgenossen verwüstete. Und bald entzog er sich in Eilmärschen seinem Gesichtskreis, bald machte er in einer Wegkrümmung versteckt Halt, um ihn vielleicht, falls er talwärts herabkäme, abfangen zu können. Fabius führte sein Heer stets über die Anhöhen in mäßigem Abstand vom Feind, Soldaten wurden im Lager gehalten, von Ausnahmen abgesehen, zu denen sie der tägliche Bedarf zwang. Um Futter und Holz zu holen, schwärmten sie nie in kleinen Gruppen oder verstreut aus. Ein Vorposten von Reitern und Leichtbewaffneten stand im Fall eines plötzlichen Überfalls bereit, brachte den eigenen Leuten Sicherheit und den weit ausschwärmenden Plünderern der Feinde stets Gefahr. Auf eine Entscheidungsschlacht ließ man sich nicht ein, und kleine Erfolge in leichten Kämpfen, die aus sicherer Position und einem Zufluchtsort in der Nähe begonnen wurden, gewöhnten die durch die früheren Misserfolge entmutigten Soldaten daran, endlich einmal mit ihrer Tapferkeit und ihrem Glück nicht mehr zu hadern. Aber nicht nur Hannibal versuchte seine vernünftigen Maßregeln zu sabotieren, sondern auch der Reiteroberst, der nur deswegen den Staat nicht an den Rand des Abgrunds bringen konnte, weil er eine geringere Befehlsgewalt als der Diktator hatte. Seine Pläne fasste er waghalsig und 430 C. Flaminius (cos. II 217) fiel in der Schlacht am Trasimener See; vgl. Liv. XXII 6, 3. Ti. Sempronius Longus (cos. 218): sein Heer wurde an der Trebia fast vollständig aufgerieben (Plb. III 70, 1–8).

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übereilt, in seiner Rede konnte er sich schlecht beherrschen: Er nannte ihn zunächst in kleinem Kreis, später aber ganz offen vor allen träge statt zögerlich und feige statt vorsichtig, wobei er ihm seinen Vorzügen artverwandte Fehler andichtete. Und indem er seinen Vorgesetzten herabsetzte – diese üble Kunst hat schon allzu vielen zum Erfolg verholfen –, versuchte er, sich selbst in ein günstiges Licht zu stellen. Im gleichen Sinn stellt Plutarch in seiner Fabius-Biographie (Kap. 5–13) der Mäßigung und Weitsicht des Diktators den trotzigen Mut, die Anmaßung und Verblendung seines Untergebenen gegenüber. Als Minucius in Apulien ein Gefecht gewann, brachte der Volkstribun M. Metilius ein Plebiszit durch, dass der Reiteroberst zum Ko-Diktator mit demselben Aufgabenbereich ernannt werden sollte. Der Oberbefehl wurde geteilt und der kampfbegierige Minucius ließ sich mit seinem Heer von Hannibal zu einer Schlacht unter ungünstigen Bedingungen verleiten. Er hätte wahrscheinlich eine vernichtende Niederlage erlitten, wenn ihm nicht Q. Fabius Maximus mit seinen Legionen zu Hilfe gekommen wäre.431 Fabius wurde deswegen vom Heer des Minucius pater genannt. Zum Dank für seine Errettung weihte Minucius Herkules einen Tempel: ILLRP 118: Hercolei /​ sacrom /​ M Minuci(us), C. f. /​ dictator (sc. aedem) vovit. 213 begab sich Q. Fabius Maximus, der im Vorjahr zum 4. Mal Konsul gewesen war, ins Lager seines gleichnamigen Sohnes (cos. 213), dem er als Legat diente. Als er ihm entgegenkam, musste er trotz seines hohen Alters vom Pferd steigen, um dem Konsul die ihm gebührende Ehre zu erweisen.432 Gellius nennt den 62-Jährigen proconsul mit der Begründung, dass er im Vorjahr Konsul war.433 Vervaet erwähnt dies nicht, sondern stellt fest, dass 431 Plb. III 103–105, 11; Liv. XXII 27–30; vgl. MRR I 243. 432 Liv. XXIV 44, 9–10: his procuratis ex decreto pontificum profecti consules Sempronius in Lucanos, in Apuliam Fabius. pater filio legatus ad Suessulam in castra venit. cum obviam filius progrederetur lictoresque verecundia maiestatis eius taciti anteirent, praeter undecim fasces equo praevectus senex, ut consul animadvertere proximum lictorem iussit et is ut descenderet ex equo inclamavit, tum demum desiliens ‚experiri‘ inquit ‚volui, fili, satin’, scires consulem te esse‘. – Val. Max. II 2, 4: lictoris voci continuo Fabius obsecutus ‚non ego‘ inquit, ‚fili, summum imperium tuum contempsi, sed experiri volui an 433 Gell. II 2, 13: Deinde facti consules Sempronius Gracchus iterum Q. Fabius Maximus, filius eius, qui priore anno erat consul. Et consuli pater proconsul obviam in equo vehens venit neque descendere voluit, quod pater erat, et … lictores non ausi sunt Descendere iube-

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Fabius 213 nicht Prokonsul gewesen sein kann, weil er seinem Sohn als Legat unterstellt war. Seine Überlegung, wenn er Prokonsul gewesen wäre, so wäre das Imperium seines Sohnes maius im Verhältnis zu dem seinen gewesen, erübrigt sich, weil Gellius den Terminus proconsul im Sinn von Konsular verwendet. 209 wurde Fabius Maximus für zwei Jahrfünfte zum Ersten im Verzeichnis der Senatoren (princeps senatus) gewählt. Als er zum 5. Mal Konsul (208) war, nahm er Tarent ein und triumphierte. Cicero nennt ihn als ersten in der Reihe der größten Feldherren der römischen Republik.434 Treffend erscheint die Charakteristik Münzers, der sagt, dass Fabius Maximus als Vertreter des römischen Patriziats zäh an den Vorrechten seines Standes und seines Geschlechts festhielt, die ererbten Grundsätze der Politik und der Strategie klug in die Tat umsetzte, dass er besonnen und unerschütterlich in allen Stürmen war, aber auch unberührt von weichen Regungen und unbedenklich in der Wahl seiner Mittel, ein Mann von jener starren, echt römischen Größe, die man bewundern, aber nicht lieben kann.435 Beck meint, dass das in der antiken Biographik auf cunctatio ausgerichtete Charakterbild auf einen Kunstgriff des Ennius zurückgehe und im zugespitzten Kontrast zu angeblichen Heißspornen vom Schlage eines Minucius stehe.436 2.2

P. Cornelius Scipio und sein Bruder Gneius in Spanien (218–211)

P. Cornelius Scipio, der Vater des älteren Scipio Africanus, war 218 Konsul mit T. Sempronius Longus. In Un­kenntnis der bevorstehenden Invasion Hannibals war er kurz vor dem 19. August mit einer Flotte und zwei Legionen nach Spanien entsandt worden.437 Als P. Scipio Ende August in Massilia vor Anker ging, erfuhr er, dass Hannibal bereits die Rhone aufwärts re. … (lictor) Maximum proconsulem descendere iussit. Fabius imperio paret et filium conlaudavit. 434 Vervaet, HC, 157. – Princeps senatus: F. X. Ryan, Rank and participation in the republican senate, 1998, 297ff. – Reihe der großen Feldherren: Cic. Man. 47: Ego enim sic existimo Maximo, Marcello, Scipioni, Mario ceterisque magnis imperatoribus non solum propter virtutem, sed etiam propter fortunam saepius imperia mandata atque exercitus esse commissos. 435 Plb. III 87, 6; Liv. XXX 26, 9; Plut., Fab. Max., 1–3; vgl. F. Münzer, RE VI 2, 1909, Nr. 116, Sp. 1829f. 436 H. Beck, Quintus Fabius Maximus, Musterkarriere ohne Zögern, in: Hölkeskamp, Von Romulus zu Augustus, 2000, 90. 437 Liv. XXI 17, 8. App. Ib. 14, 54; vgl. W. Huss, Geschichte der Karthager, 1985, 300.

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ziehe. Von Sorge erfüllt, ließ P. Scipio seine Truppen an Bord gehen und unterstellte den größten Teil der Flotte und des Heeres dem Befehl seines Bruders Gneius (cos. 222), der in Spanien unter den Auspizien seines Bruders, d. h. als dessen Legat, den Kampf mit Hasdrubal aufnehmen sollte.438 Publius schiffte sich mit den restlichen Truppen nach Pisa ein, um Hannibal in der Po-Ebene entgegenzutreten.439 Als Gneius im Frühjahr 217 am Ebro über Hasdrubal einen Seesieg erfocht, hielt es der Senat für nützlich, den Krieg in Spanien mit verstärkter Energie voranzutreiben, um eine Dominanz der Karthager zu verhindern.440 P. Scipio wurde nach dem Konsulat das Imperium prorogiert und er kam mit 30 Kriegsschiffen, 8000 Mann und umfangreichem Nachschub in seiner provincia an.441 Nach Appian wurde Publius als ἀνθύπατος nach Spanien entsandt.442 Gemeint ist der Terminus wohl im Sinn von ‚Konsul mit prorogiertem Imperium‘. Präziser ist die Funktionsangabe des Polybios, der feststellt, dass Scipio, der Vater des Africanus, Ende 217 auf dem Weg nach Spanien war, nachdem er als στρατηγός eingesetzt worden war.443 Er führte das Heer in Spanien als imperator analog zu seinem Gegner Hasdrubal.444 Nach seiner Ankunft teilten sich die Brüder das Kommando: Publius befehligte die Flotte, Gneius das Heer.445 Im Herbst 216 führten sie es an der Ebromündung gemeinsam, denn laut Livius nennt ihr Gegner Hasdrubal beide imperatores.446 Der IMPTitel des Publius und Gneius besagt, dass beide 217 in Rom zum Zeitpunkt ihrer Entsendung kein Amt hatten.447 438 Liv. XXI 40, 3: Nunc quia ille exercitus Hispaniae provinciae scriptus ibi cum fratre Cn. Scipione meis auspiciis rem gerit … Zonar. VIII 23, 7: ὑποστρατηγοῦντα; App. Ib. 14: πρεσβευτής. Legation: MRR I 241/11; vgl. U. Händl-Sagawe, Der Beginn des 2. Punischen Krieges, 1993, 371. 439 Liv. XXI 32, 3–5. App. Ib. 14, 55; Plb. III 49, 4. 56, 5. 440 Plb. III 97, 1–3; Liv. XXI 19, 21; vgl. W. Huss, Karthager, 324f. 441 Liv. XXII 22, 1: P. Scipio in provinciam venit prorogato post consulatum imperio cum triginta longis navibus. 442 App. Ib. 15, 57: ἐς τὴν Ἰταλίαν τοὺς μετὰ τὸν Πόπλιον ὑπάτους ἐξέπεμψαν, αὐτὸν δὲ ἀνθύπατον ἀποφήναντες ἐς Ἰβηρίαν αὖθις ἔστειλαν; vgl. MRR I 245. 443 Plb. X 4, 5: τὸν μὲν γὰρ πατέρα τότε πλεῖν συνέβαινεν εἰς Ἰβηρίαν στρατηγὸν καθεσταμένον ἐπὶ τὰς προειρημένας πράξεις. 444 Liv. XXIII 26, 2: Hasdrubal, Poenorum imperator, – 29, 6: … imperatorum utriusque partis haud ferme dispares spes erant. 445 Liv. XXIII 26,2: P. et Cn. Scipionibus inter se partitis copiis ut Gnaeus terra, Publius navibus rem gereret, Hasdrubal … (s. o.). 446 Liv. XXIII 27, 11: … eos imperatores esse Romanos …; vgl. Huss, Karthager, 339. 447 Drogula, CC, 160, zu Liv. XXV 32,1 (Zitat Anm. 449) nennt den IMPTitel des Gneius im Jahr 212 fälschlich ‚unclaer‘.

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212 glückte den beiden Scipionen die Eroberung Sagunts.448 Im Winter 212 auf 211 riefen sie 20000 Keltiberer zu den Waffen und vereinigten ihre Heere.449 Gneius sollte mit einem Drittel des Heeres den Barkiden Hasdrubal angreifen, Publius mit den übrigen zwei Dritteln Mago und Hamilkar. Er wurde von den numidischen Kavalleristen des Massyliers Massinissa umzingelt und fiel.450 Die Karthager vereinigten ihre Streitmacht, holten den sich zurückziehenden Gneius ein, griffen ihn in einem rasch aufgeschlagenen Lager an und töteten ihn einen Monat nach seinem Bruder. Die Soldaten trauerten sehr.451 Die Truppen, die das Gemetzel überlebten, flohen zu T. Fonteius, dem Legaten des P. Scipio; sie verlegten das Lager in nordebrisches Gebiet und wählten den Ritter L. Marcius Septimus zum neuen Kommandeur. Ihm gelang es, aus dem „desolaten Haufen“ eine einigermaßen funktionierende militärische Einheit zu bilden. Die karthagischen Feldherren aber versäumten es, mit Entschiedenheit nachzustoßen, um den Krieg in Spanien zu beenden.452 Das Oberkommando übernahm C. Claudius Nero, der nach dem Fall Capuas mit starken Truppenverbänden wahrscheinlich im Sommer 211 nach Spanien übersetzte; er war 212 Prätor gewesen und hatte laut Livius 211 als Proprätor in Kampanien im Kampf gegen Capua gestanden.453 Vervaet meint, dass das prätorische Imperium Neros für das anschließende Kommando in Spanien zu einem prokonsularen aufgewertet wurde und dass er möglicherweise das erste prätorische Prokonsulat in der römischen Geschichte bekleidet habe.454 Dies ist auszuschließen, weil ein Prätor das Kommando militiae nicht als Magistrat führte. Er wurde bald durch M. Iunius Silanus (pr. 212) ersetzt. 207 vernichtete Claudius Nero bei Metaurus

448 Liv. XXIV 42, 9; vgl. Huss, Karthager, 370. 449 Liv. XXV 32, 1 (J. 212): Romani imperatores egressi hibernis copias coniunxerunt; vgl. Huss, Karthager, 373. 450 Liv. XXV 34, 12; … (Numidae) nuntiantes discurrunt imperatorem Romanum cecidisse vgl. MRR I 274. 451 Liv. XXV 36, 14: Luctus eorum non Romae maior quam per totam Hispaniam fuit. – 37, 9: (milites Romani) recordati, quos paulo ante imperatores habuissent, … flere omnes repente et offensare capita et alii manus ad caelum tendere deos incusantes. 452 Liv. XXV 37, 1–39, 13 vgl. Huss, Karthager, 374. 453 Liv. XXVI 5, 7: C. Nero propraetor cum equitibus sex legionum via, quae Suessulam fert, … constitit; vgl. MRR I 274. 454 F. J. Vervaet, The Praetorian Proconsuls of the Roman Republic, Chiron 42, 2012, 45–96, bes. 57.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

das Heer Hasdrubals, ehe sich dieser mit seinem Bruder Hannibal vereinigen konnte.455 Livius und Valerius Maximus berichten, dass nach dem Tod der beiden Oberfeldherren der Militärtribun L. Marcius von den Soldaten in Spanien zum Nachfolger gewählt wurde (s. o.) und dass er in einem an den Senat adressierten Brief als Legitimation den Titel propraetor verwendete, obwohl ihm das Imperium weder auf Geheiß des Volkes noch aufgrund einer Vollmacht des Senats verliehen worden war.456 Die Senatoren waren empört, denn sie befürchteten, dass aus dem schlechten Beispiel ein Präzedenzfall werden könnte, wenn die Imperatoren von den Heeren gewählt und die Wahlversammlung mit der feierlichen Einholung der Auspizien ins Lager und auf die Kriegsschauplätze – fern von Gesetzen und Beamten – verlegt würden, gestellt in das Belieben unberechenbarer Soldaten.457 Deshalb drängten die patres auf die rasche Wahl eines Nachfolgers. Welches Sakrileg es bedeutete, das jährliche Gelübde der Auspizien nicht zu vollziehen, hatte sich Ende 218 gezeigt, als der zum Konsul designierte C. Flaminius als Privatmann auf Schleichwegen heimlich in den ihm zugeteilten Tätigkeitsbereich zu den bei Placentia überwinternden Legionen abgegangen war.458 2.3

Der ältere P. Cornelius Scipio Africanus in Spanien (210–206)

Die Grundlage für die Macht Scipios in Spanien war seine Wahl zum Oberfeldherrn im Jahr 211. Livius XXVI 18, 1–4 schildert zunächst die Ausgangslage und anschließend den Wahlvorgang: 455 Prätor: militiae ohne Amt: S. 28 + A. 87. – Ablösung: Liv. XXVI 20, 4: vgl. Huss, Karthager, 375. – Sieg: Liv. XXVII 47, 9. 456 Liv. XXVI 2, 1: Principio eius anni (211) cum de litteris L. Marci referretur, res gestae magnificae senatui visae: titulus honoris, quod imperio non populi iussu, non ex auctoritate partum dato ‚propraetor senatui‘, magnam partem hominum offendebat. Val. Max. II 7, 15: tribunus militum, cum reliquias duorum exercituum Publi et Gnaei Scipionum, quos arma Punica in Hispania absumpserant, dispersas mira virtute collegisset earumque suffragiis dux esset creatus, senatui de rebus actis a se scribens in hunc modum orsus est: ‚L. Marcius pro praetore‘. Cuius honoris usurpatione uti eum patribus conscriptis non placuit, quia duces a populo, non a militbus creari solerent. – Zu L. Marcius Septimus s. Liv. XXV 37, 6 (Anm. 452). 457 Liv. XXVI 2, 2: …rem mali exempli esse imperatores legi ab exercitibus et sollemne auspicandorum comitiorum in castra et provincias procul ab legibus magistratibusque ad militarem temeritatem transferri. 458 Liv. XXI 63, 6: (C. Flaminius) ratus auspiciis ementiendis … simulato itinere privatus clam in provinciam abiit.

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Der 2. Punische Krieg (218–201 v. Chr.)

Inter haec Hispaniae populi nec qui post cladem acceptam defecerant redibant ad Romanos, nec ulli novi deficiebant; et Romae senatui populoque post receptam Capuam non Italiae iam maior quam Hispaniae cura erat. et exercitum augeri et imperatorem mitti placebat; nec tam quem mitterent satis constabat quam illud, ubi duo summi imperatores intra dies triginta cecidissent, qui in locum duorum succederet extraordinaria cura deligendum esse. cum alii alium nominarent, postremum eo decursum est ut proconsuli creando in Hispaniam comitia haberentur; diemque comitiis consules edixerunt. … 8–9: in quem (sc. P. Cornelium Scipionem) postquam omnium ora conversa sunt, clamore ac favore ominati extemplo sunt felix faustumque imperium. iussi deinde inire suffragium ad unum omnes non centuriae modo, sed etiam homines P. Scipioni imperium esse in Hispania iusserunt. Unterdessen kehrten von den Völkern Spaniens weder diejenigen zu den Römern zurück, die nach der Niederlage abgefallen waren, noch fielen neue ab; und in Rom lag dem Senat und Volk nach der Wiedereinnahme Capuas Italien nichts mehr so sehr am Herzen wie Spanien. Man beschloss also, das Heer zu verstärken und einen Oberbefehlshaber zu schicken. Man war sich aber weniger darüber einig, wen man schicken sollte, als darüber, dass man nach dem Verlust zweier ganz vorzüglicher Feldherren innerhalb von 30 Tagen mit außerordentlicher Sorgfalt den auswählen müsse, der an die Stelle der beiden treten solle. Da die einen den, die anderen jenen benannten, einigte man sich schließlich darauf, zur Wahl eines Prokonsuls für Spanien eine Volksversammlung abzuhalten; die Konsuln setzten den Wahltag an. … Nachdem sich ihm alle zugewandt hatten, prophezeiten sie ihm durch laute Zurufe und Beifallsbekundungen ein glückver­ heißendes Kommando. Als sie dann aufgefordert wurden, zur Wahl zu schreiten, stimmten alle ausnahmslos – nicht nur die Zenturien, sondern auch jeder Einzelne – dafür, P. Scipio das Kommando in Spanien zu erteilen.459 Zum Wahlvorgang ist zu sagen, dass jedem künftigen Ober­befehlshaber durch die lex curiata de imperio in den Zenturiatkomitien ein imperium militiae verliehen wurde, das ihn zur Führung des Kommandos im Bereich 459 Titus Livius, Der Punische Krieg 218–201. Übersetzt und herausgegeben von H. A. Gärtner, Kröner Verlag, 1968, 327f.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

militiae berechtigte.460 Der Satz decursum est ut proconsuli creando in Hispaniam comitia haberentur besagt, dass dem siegreich aus der Wahl hervorgegangenen Kandidaten vom Volk ein außerordentliches prokonsulares Imperium zur Kriegführung verliehen werden sollte.461 Schwarte betont, dass die Wahl allein schon wegen des jugendlichen Alters des Kandidaten ungewöhnlich war und eine verfassungsrechtliche Neuerung enthielt, nämlich dass die magistratische Amtsgewalt einem Privatmann übertragen wurde, der nicht zuvor regulär durch die Wahl zum Konsul oder Prätor ein Imperium erhalten hatte.462 Der ältere Scipio ist aber in Spanien nicht als Prokonsul, sondern mit dem Titel des Imperators belegt, und zwar in einer Inschrift aus Sagunt; sie lautet: P. Scipioni cos. imper. ob restitutam Saguntum ex s. c. bello Punico secundo. – ‚P. Scipio, dem Konsul, Imperator, wegen des Wiederaufbaus Sagunts gemäß einem Senatsbeschluss im 2. Punischen Krieg‘463 Die Inschrift wurde in ihrer erhaltenen Form erst im 2. Jh. n. Chr. verfasst, sie geht auf eine frühere zurück, die auf einem im Jahr 205 v. Chr. in Sagunt errichteten Monument stand. Die Saguntiner statteten damals dem amtierenden Konsul und Imperator ihren Dank für den Wiederaufbau ihrer Stadt ab.464 Der IMPTitel geht auf die Wahl zum Imperator in Rom zurück. Ihm geht der COSTitel voraus, der zur Zeit der Republik im Kriegsrechtsbereich militiae in Inschriften nicht erscheint, weil magistratische Funktionen nur im Amtsbereich domi genannt wurden. Der COSTitel Scipios in Sagunt ist ein Indiz für die Neufassung in der Kaiserzeit. Die aufwendige Ehrung verdeckt die Tatsache, dass Scipio bei Antritt des Konsulats nicht triumphieren konnte, weil er nach Spanien ohne Oberamt entsandt worden war.465 Gleiches trifft auf M. Claudius Marcellus, den Eroberer von Syrakus, zu.466 Da Livius wusste, dass Scipio in Spanien kein Amt hatte, nennt er ihn immer

460 W. Ehlers, RE VII A, 1, 1939, Triumphus, Sp. 497f.; vgl. Vf. S. 26 mit A. 73ff. 461 Ernst Meyer, Römischer Staat und Staatsgedanke, 19612, 95f.; vgl. MRR I 280 und Kunkel, StO, 20. 462 App. Iber. 20, 76–22, 87; vgl. K. – H. Schwarte, Publius Cornelius Scipio Africanus der Ältere – Eroberer zwischen West und Ost, in: Hölkeskamp, Von Romulus zu Augustus, 109. 463 ILS 66 = ILLRP 514. 464 D. Kienast, Imperator, 406. H. Scullard, Scipio Africanus, Soldier and Politician, 1970, 260/57. 465 Liv. XXVIII 38, 4: … quia neminem ad eam diem triumphasse qui sine magistratu res gessisset constabat; vgl. Giovannini, Consulare Imperium, 39. 466 M. Claudius Marcellus: S. 105 mit A. 506.

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Der 2. Punische Krieg (218–201 v. Chr.)

nur namentlich ohne Titel, mit Ausnahme einer Szene nach seinen Siegen 209 oder 208 bei Carthagena bzw. Baecula: XXVII 19, 4: … multitudo Hispanorum et ante deditorum et pridie captorum regem eum (sc. Scipionem) ingenti consensu appellavit. tum Scipio … sibi maximum nomen imperatoris esse dixit, quo se milites sui appellassent; regium nomen alibi magnum, Romae intolerabile esse Eine Menge Spanier scharte sich um ihn und nannte ihn in ungeheurer Einmütigkeit König. Da sagte Scipio, … für ihn sei der Titel imperator der größte, mit dem seine Soldaten ihn benannt hätten. Anderswo sei der Königstitel etwas Großes, in Rom aber sei er unerträglich.

Die Passage geht auf Polybios X 40, 5 zurück, die in der Übersetzung lautet: „Als ihn aber nach der Schlacht alle als König ansprachen, erregte das Scipios Aufmerksamkeit. Daher rief er die iberischen Gefangenen zusammen und erklärte ihnen, ein Mann von königlicher Art wünsche er allerdings bei allen und tatsächlich zu sein, König aber wolle er weder sein noch von irgendjemandem genannt werden. Er befahl ihnen, ihn mit dem Titel στρατηγός anzureden.“467 Dem Titel entspricht im Lateinischen, wie der Livius-Text und die Saguntinische Inschrift zeigen, der ‚Imperator‘. Mommsen, Rosenberg und Combès lasen aus den beiden Passagen heraus, Scipio sei von seinen Soldaten als imperator gegrüßt worden.468 Kienast sah die Berichte des Polybios und des Livius sogar als Zeugnisse für die erste imperatorische Akklamation in der römischen Geschichte überhaupt an und die Saguntinische Inschrift als Beleg für seine Annahme.469 Auch Combès und Scullard stellten den Zusammenhang zwischen der beschriebenen Szene und der Inschrift her.470 Hingegen zeigte sich Bleicken skeptisch; ebenso Assenmacher, der betont, dass 467 Plb. X 40, 5: μετὰ δὲ τὴν μάχην ἁπάντων βασιλέα προσφωνούντων, εἰς ἐπίστασιν ἤγαγε τὸν Πόπλιον τὸ γινόμενον. Διὸ καὶ συναθροίσας τοὺς Ἴβηρας βασιλικὸς μὲν ἔφη βούλεσθαι καὶ λέγεσθαι παρὰ πᾶσι καὶ ταῖς ἀληθείας ὑπάρχειν, βασιλεύς γε μὴν οὔτε ἐθέλειν ‹εἶναι› οὔτε λέγεσθαι παρ’ οὐδενί. ταῦτα δ’ εἰπων παρήγγειλε στρατηγὸν αὐτὸν προσφωνεῖν; vgl. S. 72. 468 Mommsen, StR I, 124; A. Rosenberg, RE IX 1, 1914, Imperator, Sp. 1139–1154; Combès, Imperator, 59ff. 469 Kienast, Imperator, 405f. 470 Combès, Imperator, 55–60; Scullard, Scipio 76.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

bei Polybios nichts von einer Akklamation steht; deshalb hält er den Nebensatz quo se milites sui appellassent für einen späteren Einschub.471 Als Fazit bleibt festzuhalten, dass die Saguntinische Inschrift beweist, dass der junge P. Cornelius Scipio 211 in den Komitien entgegen Livius nicht zum Prokonsul, sondern zum Imperator gewählt wurde.472 2.4

M. Claudius Marcellus in Sizilien (216–211)

M. Claudius Marcellus, der berühmteste Marceller, war der Enkel des gleichnamigen Konsuls von 287. Plutarch hat ihm eine Biographie gewidmet. Als junger Mann nahm er am 1. Punischen Krieg teil und rettete seinem Halbbruder Otacilius das Leben, indem er ihn mit seinem Schild deckte und die tötete, die auf ihn einstürmten. Als Patrizier wurde er ca. 226 vom Volk zum kurulischen Ädil und zum Augur gewählt.473 Ca. 224 war er Prätor und 220 zum ersten Mal Konsul. Er setzte den Krieg seines Vorgängers C. Flaminius gegen die gallischen Insubrer in den Ebenen nordwestlich des Po fort, tötete bei Clastidium deren Anführer Viridomarus in einem Duell, kehrte mit dessen spolia opima, die er dem Gott Jupiter Feretrius weihte, nach Rom zurück und triumphierte.474 Nachdem Hannibal im Sommer 218 in Italien eingefallen war, wurde Marcellus mit einer Flotte nach Sizilien geschickt.475 Nach seinem denkwürdigen Sieg bei Cannae setzte sich Hannibal vierzehn Jahre lang (216– 203) mit seinem Heer in Süditalien fest. Da die beiden Konsuln L. Aemilius Paullus und C. Terentius Varro in der Schlacht gefallen waren, wurde Marcellus ein zweites Mal zum Prätor gewählt und übernahm nach dem Flottenkommando in Ostia kurzfristig in Canusium die Reste des geschlagenen Heeres, wobei er Hannibal in Kampanien gegenüberstand. Ende 216 wurde er nach Rom gerufen, um künftige Kriegspläne zu erörtern. Damals war er noch Prätor.476 An den Iden des März 215 wurde sein Imperium durch Volksbeschluss als prokonsulares erneuert, weil er nach Cannae als

471 J. Bleicken, Imperator, KP 2, Sp. 1378. Assenmaker, Imperator, 119–121. 472 Zur Wahl des Imperators durch das Volk s. S. 94–96. 473 Plut. Marc. 2, 3. 474 Plb. II 34, 2–35, 1; Plut. Marc. 6, 1–8, 6. – Triumph: I. Ital. 13, 79. 475 Plut. Marc. 9, 1. 476 Canusium: Liv. XXII 57, 7–8. – Kampanien: Liv. XXIII 14–17. – Prätor: Liv. XXIII 24, 1; vgl. MRR I 248.

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Der 2. Punische Krieg (218–201 v. Chr.)

einziger Feldherr in Italien erfolgreich gekämpft hatte.477 Nach Livius wurde Marcellus als Prokonsul zu dem Heer gesandt, das oberhalb von Suessula zum Schutz Nolas stand. Nach Plutarch wurde er zum Prokonsul ernannt.478 Offensichtlich erkennen Livius und Plutarch nicht, dass Marcellus vom Volk zum Imperator gewählt wurde und deshalb ein prokonsulares Imperium erhielt. In Syrakus war im Frühjahr 215 nach dem Tod des römertreuen Königs Hieron II. ein nicht unbedeutender Krieg ausgebrochen, weil sein ihm nachfolgender Enkel Hieronymus die zur Erneuerung des Vertrags ausgesandten Legaten des Prätors Ap. Claudius Pulcher, höhnisch abgewiesen hatte.479 Im nächsten Jahr 214 wurde Marcellus zum 3. Mal Konsul und segelte nach Sizilien.480 Er begann im Spätsommer 214 mit der Belagerung von Syrakus.481 Marcellus beherrschte das tyrrhenische Meer einschließlich Sardinien und Korsika, Unteritalien und Sizilien als Imperator mit einem provinzübergreifenden imperium militiae.482 Bis zur Ankunft des Marcellus führte Ap. Pulcher im römertreuen Teil Siziliens das Kommando als Statthalter, und zwar 215 als Prätor, 214 nach Polybios als ἀντιστράτηγος, d. h. als Proprätor im Sinn von ‚Prätor mit prorogiertem Imperium‘. Im Spätsommer 214 wurde der Statthalter dem Oberkommandierenden Marcellus als Legat unterstellt.483 Zwei Drittel des Heeres blieb unter seinem Kommando vor der Stadt, während Marcellus mit dem restlichen Drittel gegen die sizilischen Städte zog, die es mit den Karthagern hielten.484 477 Liv. XXIII 30, 19: M. Marcello pro consule imperium esse populus iussit, quod post Cannensem cladem unus Romanorum imperatorum in Italia prospere rem gessisset; vgl. Plut. Marc. 12, 3: ἀνθύπατος ἀναγορευθεὶς καὶ πάλιν πρὸς Νῶλαν ἐπανελθῶν εἰς τὸ στρατόπεδον. 478 Liv. XXIII 32, 2: M. Claudius pro consule ad eum exercitum qui supra Suessulam Nolae praesideret missus. Plut. Marc. 12, 3: ἀνθύπατος ἀναγορευθεὶς καὶ πάλιν πρὸς Νῶλαν ἐπανελθῶν εἰς τὸ στρατόπεδον. 479 Liv. XXIV 6, 4–7: Ap. Claudius praetor, cuius Sicilia provincia erat, ubi ea accepit, extemplo legatos ad Hieronymum misit. Qui cum sese ad renovandam societatem quae cum avo fuisset venisse dicerent, per ludibrium auditi dimissique sunt. 480 Plut. Marc. 13, 1: Ὁ δὲ Μάρκελλος ἀποδειχθεὶς ὕπατος τὸ τρίτον εἰς Σικελίαν ἔπλευσεν; da seine Wahl 215 zum cos. II kassiert worden war (Liv. XXIII 31, 13), war er 214 faktisch zum 2. Mal Konsul. 481 Zeitpunkt: A. M. Eckstein, Senate and General, 1987, 349. – Belagerung: Liv. XXIV 33, 1; vgl. ders. 152f. 482 MRR I 258f.; vgl. E. Hermon, L’importance de la titulature des gouverneurs provinciaux pour le concept d’Empire pendant la République, Iura 34, 1983, 77f. (vgl. S. 87/426). 483 ἀντιστράτηγος: Plb. VIII 3, 1; vgl. MRR I 260. – Legat: Liv. XXIV 27, 6; vgl. MRR I 261/3. 484 Plb. VIII 9; Plut. Marc. 18, 1; vgl. MRR I 264.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

Im Zusammenhang mit dem Fall der Bergfestung Henna erwähnt Livius den Konsul Marcellus.485 Dass die angegebene Funktion consul im Bereich militiae nicht stimmt, erweist sich am Folgenden. Für die Jahre 213, 212 und 211 verlängerte der Senat das Kommando des Marcellus in den Grenzen des früheren Königreichs Hierons II. Livius bezeichnet ihn jeweils als pro consule. Er sagt sogar ausdrücklich, Marcellus hätte den Auftrag gehabt, den Krieg in Sizilien als Prokonsul abzuschließen.486 Hingegen verwendet Cicero diesen Terminus bis zur Reform Sullas nur für einen Prätor mit prokonsularem Imperium, erst nachher auch für Konsulare.487 Da Sizilien eine provincia p. R. war, meinte Livius offensichtlich, Marcellus habe 214 dort als Konsul und von 213 bis 211 als Prokonsul im Sinn eines Konsuls mit prorogiertem Imperium amtiert, ohne zu bedenken, dass Italien und Sizilien im 2. Punischen Krieg zum Bereich militiae gehörten. Dass die (pro)magistratischen Funktionsangaben des Livius falsch sind, bestätigt sich anhand von Cicero, der Marcellus durchwegs imperator nennt. Zum einen stellt er ihn in eine Reihe mit den großen Imperatoren Fabius Maximus, Scipio und Marius.488 In den Verrinen (II 4, 75) rühmt er ihn als ille vir clarissimus summusque imperator und stellt der Ankunft des berüchtigten Prätors Verres den Sieg jenes Imperators in Syrakus gegenüber.489 Auch Plutarch und Diodor verwenden für Marcellus in Sizilien das griechische Pendant στρατηγός zu imperator.490 Dass der von Livius für die Jahre 213 bis 211 verwendete Terminus proconsul nicht zutrifft, ergibt sich auch aus einer von Plutarch zitierten Ehrung in Lindos auf Rhodos, deren 3. Zeile lautete: Sieben Mal führte er Krieg mit der Macht eines Konsuls.491 Das heißt, dass Marcellus das Kommando sieben Jahre im Krieg gegen Hannibal als Imperator mit dem Imperium eines Konsuls führte. 485 Liv. XXIV 37, 9: consulem Marcellum haud procul esse. – consul statt imperator bei Livius: S. 30 + A. 101f., S. 124 + A. 617. 486 Jahr 213: Liv. XXIV 44, 4. – Jahr 212: Liv. XXV 3, 6. – Jahr 211: Liv. XXVI 1, 6: … prorogatum et M. Marcello, ut pro consule in Sicila reliqua belli perficeret. 487 Cic. de or. I 82: M. Antonius (pr. 103); vgl. S. 226f. – Verr. II 3, 212: C. Marcellus (pr. 80): 79 pr. pro cos. in Sizilien. – fam. LXXIII: Q. Marcius Philippus 47/46 pr. pro cos. in Kilikien. – P. Corn. Spinther (cos. 57): pro cos. in Kilik.: S. 315f. 488 Cic. Man. 47 (Zitat s. S. 91/434). 489 Cic. Verr. II 4, 115: Conferre hanc pacem cum illo bello, huius praetoris adventum cum illius imperatoris victoria. 490 Plut. Marc. 12, 7: οὗτοι μὲν οὖν πιστοὶ παρέμειναν εἰς ἅπαν αὐτῷ τε τῷ Μαρκέλλῳ καὶ τοῖς μετ᾽ αὐτὸν στρατηγοῖς. – Diodor XXVI 18, 1: Text S. 101f. 491 Plut. Marc. 30, 5: ἑπτάκι τὰν ὑπάταν ἀρχὰν ἒν Ἄρηι φυλάξας. – promagistrates 213– 211: MRR I 264, 270, 274.

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Der 2. Punische Krieg (218–201 v. Chr.)

Livius verwendet den Terminus proconsul, wie oben gesagt, zur Unterscheidung des Konsuls mit prorogiertem Imperium vom Jahreskonsul.492 Den gleichen Sinn hat der Terminus proconsul in den Periochae des Livius.493 Problematisch erscheint zunächst die Datierung der stadtrömischen Beuteweihinschrift M. Claudius M. f. /​ consol /​ Hinnad cepit.494 Die Einnahme der im Landesinneren Siziliens gelegenen Bergfestung Henna schildert Livius im Zusammenhang mit den Ereignissen des Jahres 214. Er sagt, dass L. Pinarius, der Kommandant Hennas, die Bürger im Theater brutal niedermachen ließ und der Konsul Marcellus nicht weit entfernt gewesen sei.495 Aber bereits zwei Kapitel später, also noch 214496, erwähnt er, dass Marcellus seinen Unterfeldherrn Ap. Claudius Pulcher (pr. 215) am Anfang des Winters nach Rom zur Bewerbung um das Konsulat (petitio consulatus) entsandte.497 Broughton datierte die Eroberung Hennas 213, vermutlich weil er annahm, Ap. Pulcher sei erst Ende 213 nach Rom gegangen, denn er trat das Konsulat am 15. März 212 an.498 Die Wahlen fanden immer am Jahresende statt und vorher der Wahlkampf, in dem der Aspirant auf ein Amt die Unterstützung von Freunden und die Gunst des Volkes zu gewinnen suchte.499 Da Ap. Pulcher nach Livius Ende 214 nach Rom ging, führte er das ganze Jahr 213 Wahlkampf für 212. Von daher bestätigt sich, dass der COSTitel in der stadtrömischen Beuteweihinschrift den Fall Hennas 214 datiert. Die größte Tat des Marcellus war die Eroberung von Syrakus. Nach seiner Ankunft in Sizilien begann er im Herbst 214 mit der Belagerung, musste aber die Hoffnung, die Stadt mit Gewalt einzunehmen, wegen des Erfindergeists des Archimedes zunächst aufgeben. Diodor (XXVI 18, 1) berichtet dazu Folgendes:

492 Konsulatsjahr 214: Liv. XXIV 37, 9 (vgl. Anm. 485). 493 Vgl. Liv. per. 24, 2 (Jahr 214): Tib. Sempronius Gracchus procos. (bezogen auf das Konsulatsjahr 215) prospere … pugnavit. 494 ILLRP 295. 495 Zur Angabe consul s. Anm. 485. 496 Die Schilderung der Ereignisse des Jahres 213 beginnt in Liv. XXIV 43, 5 mit der Wahl der neuen Konsuln. 497 Liv. XXIV 39, 12: Inde Ap. Claudio Romam ad consulatum petendum misso. – 13: Haec in Sicilia usque ad principium hiemis gesta. 498 Ap. Claudius Pulcher cos. 212: Liv. XXV 3, 1. – Eroberung Hennas angeblich i. J. 213: MRR I 264. 499 Wahltermin: Kunkel, StO, 314. – Cicero, Commentariolum petitionis, Kap. 5: Et petitio magistratuum divisa est in duarum rationum diligentiam, quarum altera in amicorum studiis, altera in populari voluntate ponenda est.

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Archimedes, der berühmte Weise und Mechaniker, war von Herkunft Syrakusaner, ein Greis, der die Geometrie betrieb und gerade sein 75. Jahr vollendete. Er konstruierte Maschinen von großer Wirkung. Mit einer Maschine von nur drei Ellen vermochte er, ein Schiff allein mit der linken Hand an Land zu ziehen, das 50.000 Scheffel fasste. Und als Marcellus, der römische Feldherr (στρατηγὸς Ῥωμαῖων), einstmals Syrakus zu Wasser und zu Lande belagerte, zog Archimedes zuerst Lastschiffe mit seinen Maschinen an Land und hob sie vor den Mauern von Syrakus samt ihrer Besatzung in die Luft, um sie danach wieder ins Meer fallen zu lassen. Dann, als Marcellus die Schiffe ein wenig weiter weg verlegte, da brachte der Greis es fertig, dass die Syrakusaner Steine von der Größe eines ganzen Wagens schleudern konnten und mit einem einzigen Schuss versenkten. Doch als Marcellus sie nun bis zur Entfernung eines Pfeilschusses fortbrachte, erfand der Greis einen sechseckigen Spiegel, und in gleicher Entfernung von diesem stellte er im Winkel kleinere, viereckige auf, die man mit Metallplatten und einigen Gelenken bewegen konnte. Als nun aber die Strahlen der Sonne in eine bestimmte Richtung gelenkt wurden, kam es zu einer furchtbaren Explosion der Lastschiffe, die Feuer fingen, und so konnte er sie in der Entfernung eines Bogenschusses alle in Asche verwandeln. Auf diese Weise also besiegte der Greis Marcellus mit seinen Erfindungen. In der Marcellus-Vita Plutarchs heißt es: Schließlich, als Marcellus sah, dass die Römer so verängstigt waren, dass sie, wenn man nur ein Stück Tau oder einen kurzen Balken über die Mauer ragen sah, gleich schrien, Archimedes setze wieder eine Maschine gegen sie in Bewegung, sich abwandten und davonliefen, da enthielt er sich jedes weiteren Kampfes und Angriffs und überließ die Belagerung der Zeit.500 Zwei Drittel des Heeres blieb, wie oben gesagt, unter dem Kommando Pulchers vor der Stadt, während Marcellus mit dem restlichen Drittel gegen Megara, eine der ältesten griechisch-sizilischen Städte, zog.501 Da Syrakus vom Meer her nicht eingenommen werden konnte, versuchte es Ap. Pulcher vom Land her.

500 Plut. Marc. 17, 4. 501 Plut. Marc. 18, 1.

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Plb. VIII 9: Auch Appius musste den Angriff einstellen, da er in ähnliche Schwierigkeiten (wie Marcellus) geriet. Schon in weiter Enfernung erlitten seine Leute Verluste durch die Katapulte und Steinwurfmaschinen, Instrumente von erstaunlicher Wirkung dank der Erfindungsgabe ihres Baumeisters Archimedes und mit den Mitteln, die König Hieron zur Verfügung gestellt hatte, in großer Menge angefertigt. Wenn sie sich aber zu nähern versuchten, wurden sie daran unter Verlusten durch den Pfeilhagel gehindert, der ihnen aus den Löchern der Mauern entgegenschlug. Wenn sie unter dem Schutz von Schirmdächern angriffen, wurden sie durch die Steine und Balken, die von oben auf sie herabgeworfen wurden, getötet. Nicht weniger Schaden richteten die Maschinen mit den Greifhänden an, die die Männer in die Höhe hoben und dann zu Boden fallen ließen. So mussten sie sich denn am Ende zurückziehen. Appius (Pulcher) ging mit seinen Tribunen zu Rate, und man kam zu dem einstimmigen Beschluss, jedes Mittel sonst zu versuchen, aber die Hoffnung auf gewaltsame Eroberung aufzugeben. … Sie kamen also zu der Überzeugung, dass sie die Stadt wegen ihrer großen Einwohnerzahl am besten durch Aushungern bezwingen könnten.

212 setzte Marcellus die Belagerung fort, hatte aber zunächst mit seinem Angriff keinen Erfolg.502 Plb. VIII 9, 37: Nach einigen Tagen kam ein Überläufer und berichtete, in Syrakus feiere man schon drei Tage lang ein großes Fest zu Ehren der Artemis, an dem die ganze Einwohnerschaft teilnehme. Das Essen sei dabei sehr einfach, denn es herrsche Mangel an Lebensmitteln; umso mehr spreche man dem Wein zu, den Epikydes und der Staat reichlich geliefert hätten. Nachdem Marcus die Höhe der Mauer nachgeprüft hatte, entschloss er sich, sein Glück zu versuchen, überzeugt, dass der übermäßige Weingenuss bei gleichzeitigem Mangel an fester Nahrung die ganze Stadt betrunken gemacht haben müsse. Zwei Leitern von genügender Höhe waren schnell gefertigt, und schon ging man ans Werk. Er instruierte die Soldaten, die für das Ersteigen der Mauern, die schwierigste, aber auch ruhmvollste Aufgabe auserwählt waren, und stellte ihnen große Geschenke in Aussicht, wenn der Angriff gelänge. Dann wählte er andere aus, die jenen zur Hand gehen und die Leitern anlegen sollten, und befahl ihnen lediglich, sich bereitzuhalten für den Augenblick, wenn der 502 Vgl. Zon. IX 4 (Belagerung), 5 (erfolgloser Angriff).

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Befehl an sie erginge. Als es so weit war, ließ er die erste Staffel wecken, schickte die Leiterträger unter dem Schutz eines Manipels und unter Führung eines Tribunen voraus und erinnerte sie noch einmal an die Belohnungen, die sie für besondere Tapferkeit erhalten würden. Darauf weckte er das ganze übrige Heer und schickte die ersten in Abständen, einen Manipel nach dem anderen, los. Als tausend voll waren, folgte er selbst mit dem Rest des Heeres in einiger Entfernung. Die Leiterträger konnten unbemerkt und ungehindert die Leitern anlegen, und schon waren die hierzu Bestimmten ohne Zaudern, gleichfalls unbemerkt, hinaufgestiegen und hatten oben festen Fuß gefasst. Weitere folgten, nicht mehr in der vorgesehenen Ordnung, sondern alle kletterten, so schnell sie konnten, hinauf. Beim Entlanggehen fanden sie das erste Stück der Mauer unbesetzt. Die Wachposten, die zum Opfern in den Türmen zusammengekommen waren, saßen teils noch beim Gelage, teils schliefen sie schon lange ihren Rausch aus. So konnten sich die Römer an den ersten und den zweiten Turm heranschleichen, die Posten überfallen und, ohne dass es jemand sonst merkte, niedermachen. Als sie nunmehr von der Mauer herabsteigend an die Hexapyla gekommen waren, öffneten sie das erste eingebaute Pförtchen und ließen den Feldherrn und das übrige Heer ein. So eroberten die Römer Syrakus.503 Diod. XXVI 18, 1 (Fortsetzung von S. 101f.): Als aber, wie Polybios berichtet, die Syrakusaner, während sie ein Fest der Artemis feierten, durch einen Verräter in die Hände des Marcellus geraten waren, da starb Archimedes von der Hand eines Römers. Er saß gebückt und fertigte gerade die Zeichnung für eine neue Erfindung an, als ein Römer auf ihn zutrat und ihn als Gefangenen fortzerren wollte. Er aber, in Gedanken versunken, wusste nicht, wer ihn da wegziehen wollte, und sagte zu ihm: „Geh weg von meiner Zeichnung!“504 Als der ihn aber wegzureißen suchte, wandte er sich um und sah, dass es ein Römer war. Da rief er: „Jemand soll mir eines von meinen Werkzeugen geben!“ Der Soldat tötete ihn voller Schrecken auf der Stelle, einen schwachen al503 Noch ausführlicher sind Livius XXV 23–31 und Plutarch, Marc. 18–19. 504 Plut. Marc. 19, 8–12; Liv. XXXI 9: … intentum formis (Figuren); Val. Max. VIII 7, ext. 7: … protecto manibus pulvere: ‚Noli, inquit, obsecro, istum (sc. pulverem) disturbare‘. – Archimedes soll gesagt haben: „Μή μου τοὺς κύκλους τάραττε!“ Daher im Lateinischen: ‚Noli turbare circulos meos‘, d. h. „Störe meine Kreise nicht!“

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ten Mann, doch in seinen Werken ein Genie. Marcellus aber, sobald er dies hörte, beweinte ihn und bestattete ihn feierlich im Grab seines Vaters unter Teilnahme der vornehmsten Bürger und des ganzen römischen Heeres. Den Schuldigen aber ließ er, wie ich glaube, enthaupten. So schreiben es Cassius Dio und Diodor. Nach Livius befand sich in den Mauern von Syrakus so viel Beute, wie man damals kaum nach der Eroberung Karthagos gefunden hätte, das doch mit den gleichen Kräften bekämpft wurde. Gleiches berichtet Plutarch, demzufolge die Stadt verraten, eingenommen und der Plünderung preisgegeben wurde, mit Ausnahme des Kronschatzes, der dem römischen Staat zufiel.505 211 kehrte Marcellus als Sieger nach Rom zurück. Der Triumph blieb ihm laut dem Gesetz genauso wie Scipio versagt, weil beide bei ihrer Aussendung kein Amt hatten.506 Marcellus war nämlich 212 zur Eroberung von Syrakus mit prorogiertem Imperium ohne Amt ausgesandt worden. Nach Livius triumphierte er aber am Ende des Sommers 211 außerhalb Roms auf dem mons Albanus. Der rekonstruierte Fasteneintrag lautet: M. Claudius M. f. M. n. Marcellus pro cos. de Syracusanis in monte Albano.507 Bei seinem Einzug in die Stadt wurde Marcellus eine ovatio zuteil. Für diesen Tag erhielt er auf Antrag der Volkstribunen ein Imperium, da ja sein prorogiertes beim Überschreiten des Pomeriums erloschen war.508 Im gleichen Sinn stellt Plutarch fest, dass es einem aus dem Feld zurückgekehrten Imperator gesetzlich untersagt war, Rom zu betreten und zu triumphieren, ehe er nicht sein Heer entlassen und seine feldherrlichen Insignien abgelegt hatte.509

505 Liv. XXV 31, 11. – Plut. Marc. 19, 3. 506 Val. Max. II 8, 5: Quin etiam ius de quo loquor sic custoditum est ut P. Scipioni ob recuperatas Hispanias, M. Marcello ob captas Syracusas triumphus non decerneretur, quod ad eas res gerendas sine ullo erant missi magistratu; vgl. S. 96 mit A. 466. 507 Triumph: Inscr. Ital. 13, 1, 551. – Liv. XXVI 21, 6: Pridie quam urbem iniret, in monte Albano triumphavit; inde ovans multam praedam … in urbem intulit. – Plut. Marc. 21, 1–4; vgl. Künzl, Triumph, 100, 109, 149. 508 Liv. XXVI 21, 5: Tribuni plebis ad populum tulerunt, ut M. Marcello, quo die ovans urbem iniret, imperium esset. 509 Plut. Pomp. 44, 1: ἐπεὶ δὲ ὁ νόμος οὐκ εἴα πρὸ τοῦ θριάμβου παρελθεῖν εἰς τὴν πόλιν, …; vgl. Vervaet, HC, 88.

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2.5

M. Valerius Laevinus in Sizilien (210–207)

Erster namhafter Vertreter der Laevini war P. Valerius Laevinus (cos. 280).510 Nach Livius und einem Fastenfragment (RE) bekleidete sein Nachfahr Marcus zweimal das Konsulat, das erste Mal wahrscheinlich 220.511 Trifft dies zu, so ist er wahrscheinlich mit dem Prätor M. Valerius identisch, den Solinus für 227 als den ersten Statthalter Sardiniens überliefert.512 215 wurde er als Prätor mit einer Flotte nach Makedonien gegen König Philipp V. entsandt und blieb dort bis 210, als er zum zweiten Mal Konsul wurde.513 Im gleichen Jahr 210 löste Laevinus den Prätor T. Otacilius im Kommando über die Flotte und Sizilien ab, ihm unterstellt wurde der Prätor L. Cincius. Nach seiner Ankunft im Herbst ordnete Laevinus die Verhältnisse in Syrakus und gewann mit seinen Legionen kampflos Agrigentum zurück. Durch Verrat eroberte er in kurzer Zeit 20 Städte, sechs nahm er im Sturm, etwa 40 stellten sich freiwillig unter den Schutz der Römer.514 Eine der sechs Städte, deren Bewohner Widerstand leisteten, dürfte das unzugängliche Henna im Landesinnern gewesen sein, das auf einem 1000 m hohen, steilen Berg lag.515 Man fand dort ein Schleuderblei mit der Aufschrift LAEVI; Manganaro sieht es als das älteste in der Geschichte der römischen Republik an und ergänzt (M.) (Valerius) Laevi(nus), in der Annahme, dass es sich bei dem Belagerer um den gleichnamigen Konsul von 210 handelt.516 Dass Henna nicht zu den 20 Städten gehörte, die sich ihm freiwillig ergaben, wird wahrscheinlich, wenn man sich vor Augen hält, dass die stark befestigte Stadt bald nach dem Blutbad, das der Präfekt L. Pinarius 214 unter den Bewohnern angerichtet hatte, wieder als Fluchtburg genutzt worden sein dürfte.517 Unter dieser Voraussetzung ist das Schleuderblei LAEVI mit Manganaro dem Konsul von 210 zuzuordnen. Laevinus führte das Kommando in Sizilien analog zu seinem Vorgänger als Imperator. Es wurde von 510 M. D. Deissmann, KP 5, 1979, Valerius Nr. 39. 511 Liv. XXIX 11,3 und XXX 23,5. – H. Volkmann, RE VIII A 1, 1955, Laevinus Nr. 211, Sp. 45f.; KP 5, Valerius Nr. 37. 512 Vgl. S. 86/418. 513 Liv. XXVI 24, 8. 15; vgl. MRR I 275, 277f. 514 L. Cincius: S. 107 mit A. 521. – Eroberung von Agrigentum: Liv. XXVI 40, 1–13; Einnahme der restlichen Städte: 40, 14. 515 Zur Lage Hennas s. G. Manganaro, DNP 5, 1998, Sp. 347. 516 G. Manganaro, Monete e ghiande degli schiavi ribelli, Chiron 12, 1982, 242 mit Anm. 32. 517 Zum Verrat des Pinarius s. Liv. XXIV 37–39; Front. Strat. IV 7, 22; vgl. S. 101 mit A. 495.

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209 bis 207 verlängert, nach der Terminologie des Livius fungierte er in Sizilien als proconsul im Sinn von Konsul mit prorogiertem Imperium.518 Er befahl dem ihm unterstellten Prätor L. Cincius, mit einem von zwei Heeren den Teil der Insel, wo das Königreich Hierons gewesen war, zu schützen, mit dem anderen sicherte er selbst den Rest der Insel.519 Gelegentlich setzte er im Kampf gegen die Punier nach Africa über.520 Nach Crawford wurden 209/8 in einer Münzstätte in Sizilien ROMADenare geprägt, auf deren Revers das Monogramm C AL für C(incius) Al(imentus) unter den reitenden Dioskuren steht. Ebenfalls 209/8 datieren Denare mit den Monogrammen von drei Statthaltern Sardiniens. Da Provinzialprägungen vor Sulla nicht nachweisbar sind, dürften die der Statthalter Siziliens und Sardiniens in Rom hergestellt worden sein.521 M. Laevinus erreichte den Abzug von Marodeuren, sorgte dafür, dass sich die Sikuler wieder dem Getreideanbau zuwandten und dass diejenigen, die nach Griechenland geflohen waren, wieder in ihren früheren Besitz eingesetzt wurden.522 Cicero zählt ihn zusammen mit P. Rupilius (cos. 132) und M’. Aquillius (cos. 101) zu den Verfassungsgebern der Provinz; die Zahl der Grundeigentümer und Landwirte blieb jedoch konstant. Die Prätoren, die ihnen nachfolgten, erfassten die restlichen Landwirte nicht.523 Auch der Straßenbau fiel in das Ressort der Konsuln: bisher wurde in Sizilien nur ein einziger Meilenstein an der Straße von Panormus nach Agrigentum gefunden; er ist wahrscheinlich L. Aurelius Cotta (cos. 144) zuzuordnen.524 Brennan meinte, Sizilien sei von 214 bis 207 gleichzeitig provincia praetoria und provincia consularis gewesen, weil es in dieser Zeit von einem Konsul und einem ihm unterstellten Prätor geleitet wurde.525 Den Terminus provincia praetoria gebraucht Livius für das Jahr 205 im Zusammenhang mit Rom, Ariminium (Gallia Cisalpina), Sizilien und Sardinien im Sinn 518 Liv. XXVII 8, 13: Q. Maximum filium ducere in Siciliam ad M. Valerium proconsulem iussit; vgl. MRR I 287. 519 Liv. XXVII 8, 17: … altero (sc. exercitu) L. Cincium partem insulae, regnum qua Hieronis fuerat, tueri iussit: altero ipse (sc. M. Valerius proconsul) ceteram insulam tuebatur. 520 Liv. XXVII 29,7f., XXVIII 4, 5f. 521 RRC Nr. 75/1 b. – Vgl. die Monogramme C, ΛA, AR der Statthalter Sardiniens: RRC Nr. 63–65. – Sulla: S. 253 mit A 1301. 522 Getreideanbau: Liv. XXVI 40, 15f., XXVII 5, 4f. Griechenland: Liv. XXVII 35, 3f. 523 Cic. Verr. II 3,125: tamen incolumis numerus manebat dominorum atque aratorum; tum qui M. Laevino aut P. Rupilio aut M’. Aquillio praetores in eam provinciam successerant aratores reliquos non colligebant; vgl. V. M. Scramuzza, Roman Sicily, in: T. Frank, An Economic Survey of Ancient Rome, 1959, Vol. III, 234. 524 ILLRP 1277; Zitat: S. 17 mit A. 14. 525 Brennan, Praetorship, 621.

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von Aufgabengebiet des Prätors.526 Von einer provincia consularis spricht er hingegen nur im Zusammenhang mit Sardinien im Jahr 176, als die Provinz nicht einem Prätor, sondern dem Konsul Ti. Sempronius Gracchus zur Kriegführung übertragen wurde.527 Cicero nennt Gallia Cisalpina Mitte der 80er Jahre provincia consularis, weil sie vom Konsul Cn. Papirius Carbo und dem ihm unterstellten Quästor Verres geleitet wurde.528 Im 2. Punischen Krieg kann Sizilien nicht provincia consularis gewesen sein, weil die Konsuln ein provinzübergreifendes imperium militiae hatten. Kennzeichen für den Status einer provincia consularis ist, wie oben festgestellt, der Einsatz von Konsuln anstelle von Prätoren in einer Provinz. 2.6

Der Entscheidungskampf zwischen Scipio und Hannibal in Africa (205–202)

Sobald im 14. Jahr des 2. Punischen Kriegs (205) die Konsuln P. Cornelius Scipio und P. Licinius Crassus ihr Amt angetreten hatten, wurden ihre Aufgabenbereiche bestimmt: für Scipio Sizilien ohne Losen mit dem Einverständnis seines Kollegen, weil diesen seine Opferverpflichtungen als pontifex maximus in Italien festhielten, für Crassus das Gebiet von Bruttium.529 Den Agrigentinern gab Scipio im Jahr 205 Gesetze, nach denen im Stadtrat die Zahl der Siedler nicht größer sein dürfe als die der Altbürger.530 Zur Beendigung des Krieges erhielt Scipio gegen das Votum des Q. Fabius Maximus (cunctator) die Erlaubnis, nach Africa überzusetzen. Das Imperium, das er für das Heer und die Flotte hatte, wurde 204 und 203 bis zum Ende des Krieges in Africa verlängert.531 Er fungierte in Africa 205 entgegen Broughton und Vervaet nicht als consul und 204 nicht als procon526 Liv. XXVIII 38, 13 (Zitat S. 119/589). 527 Liv. XLI 8, 2: Mummio (sc. praetori) Sardinia (sc. evenit), sed ea propter belli magnitudinem provincia consularis facta. 528 Cic. Verr. II 1, 34: Quaestor… obtigit tibi (Verri) (provincia) consularis, ut cum consule Cn. Carbone esses … 529 Liv. XXVIII 38, 12: Quarto decimo anno Punici belli P. Cornelius Scipio et P. Licinius Crassus ut consulatum inierunt, nominatae consulibus provinciae sunt, Sicilia Scipioni extra sortem concedente collega, quia sacrorum cura pontificum maximum in Italia retinebat, Bruttii Crasso. 530 Cic. Verr. II 50, 123: cautum est in legibus Scipionis ne plures essent in senatu ex colonorum numero quam ex vetere Agrigentinorum; vgl. M. Fuhrmann, Cicero gegen Verres, Band 1, 1995, S. 541, Anm. 106. 531 Africa: Liv. XXVIII 45, 8f. – Imperium 204: Liv. XXIX 13, 3; ab 203: Liv. XXX 1, 10f.; vgl. MRR I 310, 308, 312.

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sul, sondern als imperator; das Imperium des Konsuls Ti. Claudius Nero, der 202 Africa ebenfalls als provincia erhielt, war dem seinen gleichwertig.532 205 war der Prätor L. Aemilius Papus Statthalter in Sizilien.533 Nach Sueton diente C. Octavius, der Urgroßvater des Augustus, als Militärtribun unter dem Imperator Aemilius Papus.534 Der Terminus imperator kennzeichnet die Tatsache, dass die Provinz Sizilien Kriegsgebiet war. Er wurde auch für Prätoren verwendet, die Livius minus imperator nennt, weil sie im Verhältnis zum Oberfeldherrn – in diesem Fall zu Scipio – ein geringeres Imperium hatten.535 Im Herbst 203 verließ Hannibal Italien, nachdem er aus Karthago den Befehl erhalten hatte, seinen vom Krieg gegen Scipio erschöpften Landsleuten zu Hilfe zu kommen. Hannibal landete bei Lepti und zog mit dem Heer gleich nach Karthago. Scipio drängte auf die Entscheidung und so kam es nach einer erfolglosen Unterredung zwischen den beiden Feldherren im Herbst 202 bei Zama zum Endkampf.536 Plb. XV 12: Als auf beiden Seiten die Vorbereitungen getroffen waren – die numidischen Reiter hatten sich schon längere Zeit Einzelkämpfe geliefert -, ließ Hannibal die Elefanten zum Angriff vorgehen. Da nun aber von überall her Hörner und Trompeten schmetterten, wurden einige Tiere kopfscheu, kehrten um und warfen sich auf die numidischen Hilfstruppen der Karthager. Dies ermöglichte es den Soldaten Massinissas537, den linken karthagischen Flügel rasch zu entblößen. Die übrigen Elefanten, die auf die römischen velites (Plänkler) im Raum zwischen den beiden Schlachtreihen prallten, hatten von diesen ebenso viel zu leiden, wie sie selbst Schaden anrichteten, bis die Tiere in Panik teils durch die Zwischenräume durchbrachen, durch die sie die Römer dank der Voraussicht ihres Feldherrn, ohne Verluste zu erleiden, durchließen, teils an der Front entlang flohen, wo sie 532 Liv. XXX 27, 1–5;. nach MRR I 301, 308 und Vervaet, HC, 168, war Scipio 205 in Africa consul und 204 procos. 533 Liv. XXVIII 38,13: Tum praetoriae provinciae in sortem coniectae … Sicilia L. Aemilio. 534 Suet. Aug. 2, 2: proavus Augusti secundo bello punico stipendia in Sicilia tribunus militum fecit Aemilio Papo imperatore. 535 IMP minus: Liv. XLIV 43, 1 (Zitat: S. 170 mit A. 856). – Scipio IMP: Liv. XXIX 1, 19. XXX 31, 1; vgl. MRR I 301. 536 J. 203: Liv. XXX 8, 8. 16, 14; Zon. IX 14, 1; Oros. IV 19, 1. – J. 202: Plb. XV 6–12. 537 Massinissa: König der Numider (geb. nach 240–148), seit 206 mit den Römern verbündet; Jahr 211: Vf. S. 93 mit A. 450.

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von den Reitern mit einem Hagel von Geschossen überschüttet wurden, und aus dem Schlachtfeld ins offene Gelände hinausbrachen. Diese durch die Elefanten entstandene Verwirrung nutzte Laelius538 zu einem Angriff auf die numidische Reiterei, die er in wilde Flucht trieb und denen er eifrig nachsetzte, Massinissa tat das Gleiche auf dem anderen Flügel. In diesem Augenblick traten die dichten Massen des Fußvolks auf beiden Seiten zum Angriff an und rückten im Schritt gegeneinander vor, mit Ausnahme der Truppen, die Hannibal aus Italien mitgebracht hatte; sie blieben auf ihrem ursprünglichen Platz stehen. Als sie sich genügend angenähert hatten, stimmten die Römer nach altgewohnter Sitte den Schlachtruf an, schlugen mit den Schwertern gegen die Schilde und stürzten sich auf den Feind, während das Geschrei der karthagischen Söldner seltsam uneinheitlich und verworren klang, denn es war nicht der gleiche Laut, sondern, wie der Dichter (Homer, Ilias 4, 437) sagt: Jede Sprache war anders, aus vielen Völkern die Männer, – ich habe sie soeben aufgezählt. 13: Die ganze Schlacht wurde im Nahkampf Mann gegen Mann durchgefochten, weil die Gegner keine Lanzen, sondern nur Schwerter verwendeten; daher waren die Söldner anfangs durch ihre Gewandtheit und ihre Kühnheit überlegen und verwundeten viele Römer. Doch diese drangen im Vertrauen auf den festen Zusammenhalt ihrer taktischen Verbände und ihrer besseren Bewaffnung allmählich mehr und mehr vor. Es kam hinzu, dass auf römischer Seite die hinteren Glieder dicht aufgeschlossen folgten und die Kämpfenden ermutigten, während die Karthager, anstatt sich ihren Söldnern zu nähern und sie zu unterstützen, nur auf ihre Feigheit hörten. Folglich wichen die Barbaren schließlich zurück, und da sie sich von ihren eigenen Leuten offen im Stich gelassen fühlten, warfen sie sich beim Rückzug auf die, die hinter ihnen waren, und schickten sich an, sie zu töten. Dies zwang viele Karthager, als tapfere Männer zu sterben. Da sie Gefahr liefen, von den Söldnern umgebracht zu werden, mussten sie wohl oder übel zugleich gegen ihre eigenen Truppen und gegen die Römer kämpfen. Sie lieferten einen entfesselten und unerhörten Kampf, wobei sie viele von den eigenen Kameraden und den Römern töteten. Und sie warfen sich in ihrem Ungestüm sogar auf 538 C. Laelius (geb. um 235–160): Flottenpräfekt, Freund und Legat Scipios.

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die Schilde der hastati (mit Speeren Leichtbewaffnete), die sie in Unordnung brachten. Die Offiziere der principes (von zwei Zenturien) veranlassten sie jedoch, in ihren Abteilungen zu bleiben. Von den Söldnern und Karthagern wurden die meisten, teils von den eigenen Kameraden, teils von den hastati an Ort und Stelle niedergemacht. Denjenigen, die ihr Heil in der Flucht suchten, gestattete Hannibal nicht, sich unter seine intakten Verbände zu mischen, sondern er ließ das unmittelbar hinter der Front stehende Glied die Speere vorstrecken und hielt so die Herankommenden fern. So wurden sie gezwungen, zu den Flügeln hin und in den dortigen freien Raum auszuweichen. 14. Da der Raum zwischen den beiden Heeren, die noch auf dem Schlachtfeld standen, voller Blut, Gemetzel und Toten war, so bereitete dieses Hindernis dem römischen Feldherrn eine erhebliche Schwierigkeit. Denn der Boden, der durch die blutigen Leichenhaufen schlüpfrig geworden war, und das Chaos, das durch die massenhaft hingeworfenen Waffen und die kreuz und quer liegenden Toten entstanden war, hinderte das Heer in geschlossener Ordnung zu passieren. Trotzdem ließ Scipio die Verwundeten hinter seine Schlachtlinie schaffen und rief die hastati durch ein Trompetensignal von der Verfolgung zurück; er ließ sie vor der Linie, auf der bisher der Kampf stattgefunden hatte, dem feindlichen Zentrum gegenüber haltmachen. Den principes und den triarii (Soldaten der Reserve) befahl er, sich eng geschlossen über die Leichen hinweg gegen die feindlichen Flügel zu wenden. Als sie dieses Feld überschritten hatten und auf derselben Linie wie die hastati standen, drangen die beiden Schlachtreihen mit dem größten Ungestüm aufeinander ein und fochten mit größtem Mut und höchster Leidenschaft. Da beide an Zahl, Kampfmoral, soldatischer Tüchtigkeit und Bewaffnung einander ebenbürtig waren, stand die Schlacht lange Zeit unentschieden, da die Kämpfer ihre Ehre darein setzten, ihren Platz bis zum Tod zu behaupten, bis Massinissa und Laelius von der Verfolgung der Reiter zurückkamen und wie durch höhere Fügung zur rechten Zeit in den Kampf eingriffen. Als sie Hannibal im Rücken fassten, wurden die meisten seiner Leute an ihrem Platz niedergehauen, von denen, die sich zur Flucht wandten, entkamen nur ganz wenige, da die Reiter ihnen auf den Fersen blieben und das Gelände eben war. Von den Römern fielen über 1500, von den Karthagern über 20000, und nicht viel weniger gerieten in Gefangenschaft. 111

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15. Das war der Ausgang dieser letzten, den ganzen Krieg entscheidenden Schlacht unter den genannten Feldherren. Publius folgte dem Feind, plünderte das karthagische Lager und kehrte dann in das eigene zurück. Hannibal ging, von wenigen Reitern begleitet, ohne unterwegs zu rasten, bis Hadrumetum zurück, wo er zunächst in Sicherheit war. 201 wurde Scipio vom Senat nach einer Volksabstimmung ermächtigt, in Absprache mit zehn ihm zur Seite gestellten Beratern Frieden zu schließen.539 Nach seinem Sieg über Hannibal und die Punier im Jahr 202 wurde Scipio als erster Imperator mit dem Beinamen des von ihm besiegten Volkes nobilitiert.540 Nach Livius verdankte er das Cognomen Africanus entweder seinen Truppen (favor militaris) oder der Gunst des Volkes (aura popularis).541 Verleiher des Namens war allem Anschein nach das Volk.542 Die cognominatio geht aber wahrscheinlich auf den favor militaris zurück. Fetzer vermutete, dass Scipio 201 nach dem Sieg bei Zama durch seine Truppen zum Imperator ausgerufen und Africanus genannt wurde.543 Velleius Paterculus sagt aber nur, der Imperator sei mit dem Namen des von ihm besiegten Volkes geehrt worden. Den IMPTitel erhielt Scipio nicht durch eine Akklamation im Feld, sondern 205 bei Übernahme des Kommandos in Rom durch eine populare.544 Nach Abschluss des Friedensvertrags 201 triumphierte Scipio. Sp. Lucretius (cos. 203) ging 200 als Gesandter nach Karthago. 190 errichtete Scipio einen prächtigen Bogen auf dem Kapitolshügel.545 188 wurde die auf der Insel verbliebene Legion abgezogen. 187 wurden in Sizilien und Sardinien je zwei Prätorenstellen für die Rechtsprechung eingerichtet. Die Prätoren hatten nur noch ein prätorisches Imperium.546 539 Liv. XXX 43, 10–13. 44, 12–45, 2. 540 Liv. XXX 45, 7: primus certe hic imperator nomine victae a se gente est nobilitatus; vgl. K. Fetzer, Beinamen in der römischen Republik, Diss. Tübingen 1952, 32. 541 Liv. XXX 45, 6: Africani cognomen militaris prius favor an popularis aura celebraverit …, parum compertum habeo; vgl. Fetzer, Beinamen 33. 542 Plb. XVI 23; Liv. XXX 45, 2; vgl. Fetzer, Beinamen, 34. 543 Vgl. Fetzer, Beinamen, 34. 544 Vell. I 13, 2: Uterque imperator devictae a se gentis nomine honoratus, alter Africanus; vgl. S. 31, 96. 545 Triumph: Liv. XXX 45; Plb. XVI 23; – Sp. Lucret.: Liv. XXXI 11, 4ff. – Bogen: Liv. XXXVII 3, 7; vgl. Künzl, Triumph 50. 546 Abzug der Legionen: Liv. XXXVIII 36, 2. – Schaffung von zwei Prätorenstellen: Liv. XXXVIII 42, 5; vgl. S. 20 mit A. 30.

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Kriege und Feldzüge in Spanien am Anfang des 2. Jh. v. Chr.

3.

Kriege und Feldzüge in Spanien am Anfang des 2. Jh. v. Chr.

3.1

Zur angeblichen Gründung der beiden spanischen Provinzen und zu den ersten Feldzügen (197–193)

Nach dem Ende des 2. Punischen Kriegs fasste Rom in Spanien Fuß und trieb die Unterwerfung der iberischen Halbinsel zügig voran. Nach Livius erhöhte der Senat 197 die Zahl der Prätoren angesichts des wachsenden Reiches von vier auf sechs, zwei erlosten nach Livius die neu geschaffenen provinciae Hispania Citerior und Ulterior; provincia ist im Sinn von ‚Aufgabengebiet‘ zu verstehen, wie der von Livius 205 bei der Losung gebrauchte Terminus provincia praetoria verdeutlicht.547 Zwischen Nord- und Südspanien mussten die Prätoren eine Grenze ziehen, die vermutlich nördlich von Sagunt zum Atlantik hin verlief.548 Die Durchdringung des weiten Raumes wurde bereits in den ersten Jahren in Angriff genommen: 195 führte der als Zensor berühmt gewordene Konsul M. Porcius Cato (homo novus) erfolgreich Krieg im Ebrogebiet und der Prätor M. Helvius machte bei Iliturgi am Baetis 12000 Keltiberer nieder, 193 kämpften die Prätoren C. Flaminius gegen die Oretaner in der Sierra Morena und M. Fulvius Nobilior gegen die Vakkäer bei Toletum in Zentralspanien.549 3.2

Das Edikt des L. Aemilius Paullus

Den vollständigen Cursus des Patriziers L. Aemilius Paullus, des gleichnamigen Sohns des cos. II von 216, der bei Cannae fiel, nennt sein Elogium, das auf dem Forum stand.550

547 Liv. XXXII 27, 5: Sex praetores illo anno primum creati crescentibus iam provinciis et latius patescente imperio. – 28,1: Prius de praetoribus transacta res … Hispanias Semp. citeriorem, Helv. ulteriorem est sortitus. – provincia praetoria: S. 108 + A. 526. 548 Liv. XXXII 28, 6: … et terminare iussi qua ulterior citeriorve provincia servaretur. 549 Cato homo novus: Plut. Cat. Mai. 1, 2; vgl. T. P. Wiseman, NMRS, S. 118; Spanien: Liv. XXXIV 19–21. – Triumph i. J. 194: Plut. Cat. Mai. 11, 4. – M. Helvius: Liv. XXXIV 10, 1–3. – C. Flaminius, M. Fulvius Nobilior: Liv. XXXV 7, 7–8. 550 Vater: Liv. XXIII 45, 8. – Elogium: Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 81; vgl. S. B. Platner, Topograph. Dict. of Ancient Rome, 1965, 211.

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Z. 1–3 : L. Aemilius L. f. Paullus, cos (bis), censor, interrex, pr., aed. cur., q., tr. mil., aug. Der Geehrte war 193 Ädil, ab 192 Augur, 191 Prätor, 182 und 168 Konsul, 164 Zensor, 162 Interrex.551 Als Prätor erloste L. Aemilius Paullus im Jahr 191 Hispania Ulterior; er nahm Truppen mit zur Ergänzung des Heeres, das er dort übernehmen sollte.552 Nach Plutarch wurde L. Paullus mit zwölf statt mit sechs Rutenbündeln entsandt, sodass er das Imperium eines Konsuls besaß.553 Daher war er nach Livius und Orosius 191/90 in Hispania Ulterior als Prokonsul im Sinn eines pr. pro cos. tätig.554 Inschriftlich ist die Funktion (pr.) pro cos. allerdings erst um 110 auf Meilensteinen in Hispania Citerior belegt.555 Vorläufig kann man feststellen, dass Livius den Terminus proconsul nicht nur für einen Konsul mit prorogiertem Imperium, sondern auch für einen Prätor mit prokonsularem Imperium verwendet. L. Aemilius Paullus ist der erste Oberkommandierende, der in Spanien ein Rechtsdokument verfasst hat. Es handelt sich um ein Dekret, das er in der ca. 40 km östlich von Gades gelegenen Kolonie Hasta erließ. Bereits Mommsen hat es ediert.556 Es lautet: L. Aimilius L. f. inpeirator decreivit, /​ utei quei Hastensium servei /​ in turri Lascutana, habitarent, /​ leiberei essent: agrum oppidumque, /​ quod ea tempestate possedissent, /​ item possidere habereque /​ iussit, dum poplus senatusque /​ Romanus vellet. /​ Act. in castreis /​ a. d. XII k. Febr. – ‚Der Imperator L. Aemilius, der Sohn des Lucius, hat entschieden, dass die Unfreien der Gemeinde Hasta, die in Turrris Lascutana wohnen557, frei sein sollen. Was das Land und die Stadt betrifft, die sie zu dieser Zeit besaßen, hat er angeordnet, dass sie es so lange besitzen und nut-

551 Ädil: MRR I 347; Prätor: MRR I 352; Augur: MRR II 394, 528; zu den Ämtern i. J. 164 und 162 s. S. 156 mit A. 786. 552 Liv. XXXVI 2, 10–12: L. Aemilio Paulo in ulteriorem Hispaniam praeter eum exercitum, quem a M. Fulvio proconsule accepturus esset, decretum est; vgl. MRR I 353. 553 Plut., Paulus Aemilius, 4, 2: Ἐπὶ τοῦτον ὁ Αἰμίλιος ἐξεπέμφθη στρατηγός, οὐχ ἕξ ἔχων πελέκεις, ὅσους ἔχουσιν οἱ. Στρατηγοῦντες, ἀλλὰ προσλαβὼν ἑτέρους τοσούτους, ὥστε τῆς ἀρχῆς ὑπατικὸν γενέσθαι τὸ ἀξίωμα. 554 Liv. XXXVII 46, 7: … adversa pugna in Bastetanis ductu L. Aemilii proconsulis; vgl. Oros. IV 20, 23. 555 ILLRP 461: Q. Fabius Q. f. Labeo /​ pro cos. /​ XCII – 462: M’. Sergius M’. [f.] /​ pro cos. /​ XXI; vgl. MRR I 543f.; Vf. S. 29/91. 556 CIL I 614 = ILS 15 = Gordon Nr. 7. – Inschrift und speziell zu Hasta: J. S. Richardson, Hispaniae 218–82 BC, 1985, 118. 557 Lascuta war der Kolonie Hasta attribuiert; vgl. Schoch, Lascuta, RE XII, 1924, Sp. 885.

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zen dürfen, so lange das Volk und der Senat von Rom es wollen. Gegeben im Lager am 12. der Kalenden des Februar.‘ In dem Dekret ist die Rede von Unfreien im Sinn von unterworfenen Peregrinen (dediticii), die aufgrund ihrer Kapitulation (deditio) unter die Herrschaft des römischen Volkes (in dicionem populi Romani) gelangten und frei wurden.558 Das Edikt war kein Gesetz im formellen Sinn, sondern eine öffentliche Ankündigung, die von den Unterworfenen, die noch keine Provinzialen waren, befolgt werden musste.559 Mommsen fasste den Imperatortitel des L. Aemilius im Sinn seiner These als Ehrenitel auf, der auf eine militärische Akklamation nach einem Sieg zurückgehe; Broughton und Reiter vertraten unverändert diese Meinung.560 Sie berücksichtigten nicht den Einwand Bleickens, demzufolge der IMPTitel in einem Edikt nicht auf einer Akklamation im Feld beruhen könne. Bleicken argumentierte, die Verwendung des Herrschernamens gegenüber den Untertanen sei angemessener gewesen als die auf römische Verhältnisse zugeschnittene Magistratsbezeichnung. Assenmaker argumentierte hingegen, dass der IMPTitel erst im Lauf des 1. Jhs. mit einer Akklamation durch die Soldaten enger verknüpft wurde, während er im 2. und frühen 1. Jh. noch regelmäßig eine Bezeichnung für den Führer des Kommandos war.561 Richardson meinte, das Edikt datiere nicht vom 19. 2. 190, sondern ein Jahr später, weil L. Aemilius bis zum 28. 2. 190 Prätor gewesen sei.562 Diese Überlegung geht davon aus, dass der IMPTitel steht, weil die Prätur abgelaufen war und L. Paullus kein Amt mehr hatte. Dafür scheint zu sprechen, dass in seinem Elogium, das sämtliche Ämter seines Cursus nennt, der IMPTitel fehlt.563 In Unkenntnis des Edikts aus Hasta nahm Livius an, dass die Oberkommandierenden die magistratische Funktion, die sie bei seiner Entsendung hatten, im Kriegsrechtsberich militiae behielten.564 Dass das nicht stimmt, ergibt sich aus Ciceros Aussage in de legibus, dass die militiae gefällte Ent­scheidung desjenigen, der das Kommando führen wird, für rechtlich bindend angesehen werden soll und dass es nicht möglich sein soll, gegen sie Berufung einzulegen. Nach dem 558 Vgl. H. Stiegler, Dediticii, KP 1, Sp. 1421. 559 R. Willvonseder, Edictum, DNP 3, 1997, Sp. 877. 560 Th. Mommsen, StR I, 124/2. – MRR III, 1986, 9f. und W. Reiter, Aemilius Paullus, 1988, 110. 561 J. Bleicken, KP 2, 1979, Sp. 1378. – Assenmaker, 2012, 126–138; vgl. Jehne, Stempelstellung, Nomismata 8, 308/82. 562 Richardson, Hispaniae, 118 mit Anm. 109. 563 Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 81, Z. 1–3 (Zitat: S. 114). 564 Zur These des Livius vgl. S. 92 mit A. 447 und S. 100.

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Kriegsrecht hatte der Imperator gegenüber den Soldaten, die ihm den Fahneneid geschworen hatten, das Recht über Leben und Tod.565 Nach Livius wurden 197 zwei Prätorenstellen und eine Grenze zwischen Nord- und Südspanien gezogen. Diese beiden Maßnahmen werden von Wesch-Klein als gleichbedeutend mit der Gründung der beiden Provinzen Hispania Citerior und Ulterior interpretiert.566 Dafür scheint zu sprechen, dass nach Livius in den beiden provinciae ab 197 zwei Prätoren das Kommando führten, dagegen jedoch der Imperatortitel des L. Aemilius, der beweist, dass Hispania Ulterior noch zum Bereich militiae gehörte. Als Bestätigung kann man die Aussage des Grammatikers Sex. Festus werten, dass eine provincia p. R. erst eingerichtet werden konnte, wenn das betreffende Gebiet unterworfen war.567 Dass dies am Anfang des 2. Jh. v. Chr. noch nicht der Fall war, zeigt sich am Beispiel des C. Atinius (pr. 188), der 186 auf dem ager Hastiensis erfolgreich gegen die Lusitaner kämpfte und Legionen zur Belagerung der Stadt heranführte.568 Die von Livius geschilderte Szene lässt darauf schließen, dass Hasta nach dem Abzug des L. Aemilius von den Lusitanern zurückerobert wurde. Nach Rufius Festus, dem Verfasser eines Breviarium rerum gestarum populi Romani, kamen die beiden Spanien erst zum Imperium Romanum, nachdem Gallien bis zum Po besetzt und Africa unterworfen waren.569 Die ersten sicheren Anhaltspunkte für die Existenz der beiden spanischen Provinzen liefert zum einen die Aussage Appians, dass weite Gebiete Nord- und Südspaniens 133 durch den jüngeren Scipio und D. Iunius Brutus befriedet wurden und zum anderen bezeugen die Existenz der Provinz Hispania Citerior die oben erwähnten Meilensteine mit der Angabe pro cos. um 110 v. Chr.570 Kommen wir jetzt auf das Edikt zurück: Aufschlussreich ist die Bestimmung, dass die Bewohner des Kastells Lascuta aus römischer Sicht Unfreie im Sinn von Unterworfene (dediticii) aus der Gemeinde Hasta waren und dass sie vom Imperator L. Aemilius die Freiheit erhielten. Lascuta wurde

565 Cic. leg. III 6, 10 (Zitat S. 30/103); vgl. Kriegsrecht: Kunkel, StO, 176. 566 Prätorenstellen: Liv. XXXII 27, 5; Grenzziehung: XXXII 28, 6; G. Wesch-Klein, Provinzen des röm. Reichs, 2016, 127f. 567 Sex. Festus: Zitat: S. 16/9. – Cicero (Verr. II 5, 136) nennt Verres praetor in provincia populi Romani. 568 Liv. XXXIX 21, 4: C. Atinius, qui biennio ante praetor in eam provinciam profectus erat, cum Lusitanis in agro Hastensi signis collatis pugnavit. …. Ad oppidum deinde Hastam oppugnandum legiones ducit; vgl. MRR I 371. 569 Rufius Festus, Brev. 3. 570 App. Iber. 99, 428. – Meilensteine: ILLRP 461f.; vgl. S. 20/31, 29/91.

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Kriege und Feldzüge in Spanien am Anfang des 2. Jh. v. Chr.

ihnen zum prekarischen Eigentum übertragen.571 Barrandon stellt in diesem Zusammenhang fest, dass der römische Oberbefehlshaber der civitas peregrina Turris Lascutana den Besitz von Land gewährte. Daraus folgt, dass ein Imperator prätorischen Ranges dank seines imperium militiae die Macht hatte, Unterworfene in einem Gebiet, das noch nicht als Provinz eingerichtet war, zu befreien und ihnen Land zu übertragen.572 Wohl eher auf L. Mummius (cos. 146) als auf L. Aemilius bezieht sich das Fragment einer Beuteweihinschrift aus Santiponce in Spanien, weil die Konjektur [Cor]intho (CIL II 1119) im Zusammenhang mit den gleichlautenden Beuteweihinschriften in Italien der Ergänzung [Za]ķinto vorzuziehen ist.573 Zu klären ist noch die Frage, ob L. Aemilius 189 ex Hispania triumphierte. Nach den Fasten tat er dies zweimal, nämlich 181 ex Liguribus und 167 ex Macedon(ia) et rege Perse, und zwar jeweils als Prokonsul, weil er im Vorjahr Konsul war.574 Andererseits ist in den für 189/8 erhaltenen Fasten ein Triumph des L. Aemilius ex Hispania nicht verzeichnet, nach Livius erhielt er Ende 189 ein Dankfest für seine Leistung.575 Eine von dem Ädil Q. Fabius Maximus 56 v. Chr. restaurierte Inschrift auf dem Forum Romanum, die auf das von Q. Fabius Maximus (cos. 121) errichtete fornix Fabianus zurückgeht, nennt das Konsulat, die Zensur und das Augurat und endet mit triumphavit ter.576 Gleichfalls TER steht auf dem Revers von Denaren, die ein Nachfahr des L. Aemilius Lepidus Paullus, der gleichnamige Münzmeister (cos. 50), 62 v. Chr. prägte.577 Bestätigt wird der dreifache Triumph durch Velleius Paterculus, demzufolge L. Paullus sowohl als Prätor als auch (zweimal) als Konsul triumphierte.578 Das Pro571 H. Galsterer, Untersuchungen zum römischen Städtewesen auf der iberischen Halbinsel, 1971, 14f. 572 N. Barrandon, Le Sénat, les gouverneurs et les cités péregrines en Hispanie Citérieure, in: Les gouverneurs et les provinciaux sous la République romaine, 2011, 123f. – Zur Jurisdiktion des Prätors s. Kunkel, StO, 339. 573 [L. Aemi]ļius L. f. imp /​ [ded(it) Za]ķinto capta /​ [civit(ati) Ita]licensi; vgl. Rivero G., Imper., 378f., Nr. 9; Vf. S. 181 + A. 915. 574 Triumph J. 181: Inscr. Ital. 13, 1, 554; Liv. XL 34, 7. Triumph J. 167: Inscr. Ital. 13, 1, 80f.; Liv. XLV 35, 1–4; vgl. S. 169f. 575 Fasten: Inscr. Ital. 13, 1, p. 80f. – Liv. XXXVII 58, 5: Supplicationes deinde fuerunt ex SC, quod L. Aemilius in Hispania prospere rem publicam gessisset; vgl. MRR I 362. 576 ILLRP 392 b: L. Aemilius L. F. Paullus /​ co[(n)s(ul) II] cens(or), augur /​ tr[i]umphavit ter. 577 Münzen: RRC Nr. 415; vgl. W. Hollstein, Die stadtrömische Münzprägung der Jahre 78–50 v. Chr., 1991, 202–209. 578 Vell. I 9, 3: … L. Aemilium Paulum, qui et praetor et consul triumphaverat, …Triumph J. 181: Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 81; Liv. XL 34, 7. – Triumph J. 167: S. 169f. mit A. 852ff.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

blem, dass der erste Triumph ex Hispania nicht in den Fasten erscheint, haben Degrassi und Crawford mit der Annahme zu lösen versucht, die Angabe TER auf den Münzen bezeichne drei imperatorische Akklamationen.579 Dagegen spricht zum einen, dass in diesem Fall nicht TER, sondern IMP III stünde, und zum anderen weil der Imperatortitel im 2. Jh. v. Chr. noch nicht iteriert wurde. Das Kürzel TER kann folglich nur drei Triumphe bezeichnen. Eine scheinbare Bestätigung liefert, wie oben gesagt, die Angabe triumphavit ter in der auf dem fornix Fabianus basierenden Foruminschrift, die mit Velleius übereinstimmt. Im Widerspruch dazu stehen Livius und die Triumphalfasten, nach denen der Triumph 167 ex Macedonia der zweite war. Diesen beiden Quellen ist der Vorzug zu geben, weil in der Überlieferung eines dreifachen Triumphs vermutlich eine Familientradition der Aemilier zu sehen ist.580 Für die Annahme, dass der augusteische Geschichtsschreiber der Autor der Triumphalfasten ist, spricht zum einen ihr Abfassungsjahr 19 v. Chr. mitten in seiner Schaffenszeit und zum anderen die personenbezogen vor Sulla nicht belegte Verwendung der Titel PROCOS und PROPR für Konsuln und Prätoren mit prorogiertem Imperium. Nach Livius und den Fasten triumphierte L. Aemilius Paullus (cos. 182) im Jahr 181 als Prokonsul.581 Laut seinem Elogium erhielt er die Palmen hingegen nach Unterwerfung der Ligurer im ersten Konsulat, das folglich auch das Jahr 181, also insgesamt zwei Jahre, umfasst haben muss.582 Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass sich das Konsulat entgegen der communis opinio nicht generell auf ein Jahr beschränkte, sondern den Zeitraum, in dem ein Konsul ein prorogiertes Imperium hatte, einschloss. Folglich irrte Degrassi, als er Velleius Paterculus und dem Autor des Elogiums einen Fehler unterstellte.583 Von den kaiserzeitlichen Autoren erwähnt die acta triumphorum nur Plinius im Zusammenhang mit Pompeius Magnus.584 Mit Kienast kann 579 Kommentar Degrassis zu ILLRP 392 b (1957) und Crawfords RRC Nr. 415 (1974). 580 Zweifacher Triumph: L. Aemilius L.f. M.n. Paullus II (S. 169/852) – Familientradition: Hollstein, Stadtröm. Münzprägung, 204. 581 Inscr. Ital. 13, 1, 554: pro cos. de Liguribus Ingaunis (Rekonstruktion Degrassis); vgl. Liv. XL 34, 7: Per eosdem dies … L. Aemilius Paulus proconsul ex Liguribus Ingaunis triumphavit. 582 Elogium: Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 81, Z. 5–6: Liguribus domitis priore consulatu triumphavit; zu Z. 1–3 s. S. 114. 583 Inscr. Ital. 13, 1, 554: Minus bene Velleius tradit consulem, id est a. 182, Paullum triumphavisse neque accurate scripsit auctor elogii (Nr. 81) Liguribus domitis priore consulatu trimphavit; vgl. MRR I 384. 584 Plin. NH XXXVII 13: verba ex ipsis Pompei triumphorum actis subiciam; vgl. G. Schön, Fasti, RE VI 1, 1909, Sp. 2043.

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Die Provinz Gallia Cisalpina bis zum Ende der mittleren Republik (218–133)

man feststellen, dass die Konsular- und Triumphalfasten, zumindest was die Frühzeit angeht, keine zuverlässige historische Quelle sind, sondern ein Dokument der augusteischen Propaganda. Sie begannen mit Romulus, dem fiktiven Sohn des Gottes Mars, und endeten mit der auf dem Bogen stehenden Quadriga des Triumphators Augustus, der sinnbildhaft abgehoben über allen siegreichen Feldherren der Vergangenheit thronte.585

4.

Die Provinz Gallia Cisalpina vom 2. Punischen Krieg bis zum Ende der mittleren Republik (218–133)

Gallien war in den 30er Jahren des 3. Jh. v. Chr. ein von Peregrinen besiedeltes Land mit Einsprengseln latinischer und römischer Kolonisten, zuerst in Placentia und Cremona.586 Die ersten Nachrichten, dass ein στρατηγός, d. h. ein Imperator, Gallien als provincia im Sinn eines Aufgabengebiets beherrschte, stammen aus dem 2. Punischen Krieg. Als erstes Beispiel nennen Polybios und Livius L. Postumius Albinus, der 216 als Prätor nach Gallien entsandt wurde; 215 geriet er als Konsul mit seinen Truppen in einen Hinterhalt der Kelten und ging unter.587 220 baute C. Flaminius als Zensor die via Flaminia über den Apennin von Rom nach Ariminium.588 205 erloste einer der vier Prätoren die Stadt Rom, ein anderer das Gebiet von Ariminium, den sogenannten ager Gallicus, als provinciae.589 Ewins und Uggeri sehen die 268 am Po gegründete Kolonie Ariminium als die Keimzelle der Provinz Gallia Cisalpina an und 585 D. Kienast, Augustus, 206. – Stilisierung des Augustus: M. Zimmermann, D. Aug., 2014, 178. – Augustusbogen: Künzl, Triumphus, 57ff. 586 Liv. per. 20, 13. Vell. I 14; vgl. E. Ewins, The early colonisation of Cisalpine Gaul, PBSR 20, 1952, 54. – E. Badian, Notes on Provincia Gallia in the late Republic, Mél. Piganiol II, 1966, 907. 587 Plb. III 118, 6: … καὶ τὸν εἰς τὴν Γαλατίαν στρατηγὸν ἀποσταλέντ’ εἰς ἐνέδραν ἐμπεσόντα παραδόξως ἄνδρην ὑπὸ τῶν Κελτῶν διαφθαρῆναι μετὰ τῆς δυνάμεως. Liv. XXII 35, 6, XXIII 24, 6–13; vgl. MRR I 249, 253. 588 Liv. per. 20, 12: C. Flaminius censor viam Flaminiam muniit et circum Flaminium exstruxit; vgl. via Flaminia, KP 2, Sp. 562. Vf. S. 17. 589 Liv. XXVIII 38, 13 (J. 205): Tum praetoriae provinicae in sortem coniectae, urbana Cn. Servilio obtigit, Ariminum – ita Galliam appellabant – Sp. Lucretio, Sicilia L. Aemilio, Cn. Octavio Sardinia.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

als Vorposten für die späteren Eroberungen.590 205 hatte die Kolonie an der Adria bereits den Status einer Provinz im territorialen Sinn wie die Inseln Sizilien und Sardinien seit 227, denn in diesem Jahr erloste sie der Prätor Sp. Lucretius. 200 erhielt der Prätor L. Furius Purpurio die Provinz, d. h. das Gebiet um Ariminium, als Geschäftsbereich591, 187 ließ der Konsul M. Aemilius Lepidus nach seinem Sieg über die Ligurer durch das Heer im ager Gallicus die nach ihm benannte via Aemilia von Placentia nach Ariminium bauen, um eine Verbindung mit der via Flaminia herzustellen, wie ein Meilenstein beweist. Er ist das erste inschriftliche Zeugnis für die Existenz der Provinz Gallia Cisalpina.592 173 unterwarf der Imperator M. Popilius Laenas Ligurien, wie sich aus Cicero in Verbindung mit Livius – Marcus belagerte Carystum – ergibt. 172 sollten zwei Prätoren, d. h. der praetor peregrinus und der praetor urbanus, den Ligurern die Freiheit zurückgeben und der Konsul Gaius Popilius sollte ihnen die Transpadana vermutlich zur Wiederansiedelung der unterworfenen Ligurer übergeben.593 Die Trans­padana kam also 174 unter römische Verwaltung. Um die Mitte des 2. Jh. v. Chr. umfasste die Provinz bereits Ligurien. Der Konsul Sp. Postumius Albinus baute 148 die via Postumia von Genua nach Cremona.594 Wenig später markierte L. Caecilius Q. f. als pro cos. die Grenze in der Transpadana zwischen Ateste und Patavium.595 Er ist mit dem Konsul von 142, L. Caecilius Metellus Calvus, zu identifizieren.596 Da sich der Titel pro cos. in vorsullanischer Zeit nicht auf einen Konsular bezieht, sondern als (pr.) pro cos. zu lesen ist, amtierte Calvus nicht 141 nach dem Konsulat als Prokonsul, wie Broughton und Kloft meinten, sondern spätestens 145

590 Ewins, Colonisation, 54f. – G. Uggeri, Gallia Cisalpin., DNP 4, 1998, Sp. 768. 591 Liv. XXXI 10, 5 (J. 200): L. Furius Purpurio tum provinciae praeerat, … cum iis copiis in proxima regione provinciae circa Ariminum substiterat; vgl. MRR I 323. 592 Liv. XXXIX 2, 10: pacatis Liguribus exercitum in agrum Gallicum duxit, viamque a Placentia, ut Flaminiae committeret, Ariminum perduxit. – Meilenstein (ILLRP 450): M. Aemilius M. f. M. n. /​ Lepidus cos. /​ CCLXIIX, XV; vgl. S. 17/13. 593 J. 173: Cic. off. I 36: Popilius imperator tenebat provinciam. – Liv. XLII 7, 4: … sub adventum M. Popili consulis moenibus se continebant (sc. Ligures). – J. 172: Liv. XLII 22, 5: ut eos (sc. Ligures) C. Licinius Cn. Sicinius praetores in libertatem restituendos curarent, agrumque is trans Padum consul C. Popilius daret; vgl. Briscoe Livy, p. 226f. 594 ILLRP 452: Sp. Postumius S. f. S. n. /​ Albinus cos. /​ CX[X]II Genua Cr[e] mo[nam]. /​ XXVII. 595 ILS 5944, 5944 a: L. Caecilius Q. f. /​ pro cos. /​ terminos /​ finisque ex senati consulto statui iusit inter Atestinos et Patavinos. 596 Vgl. Brennan, Praetorship, 359.

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Kriege und Feldzüge im griechischen Osten (214–143 v. Chr.)

als Prätor mit prokonsularem Imperium.597 Ein anderer Stein wurde in dieser Provinz von dem Prokonsul Sex. Atilius Serranus (cos. 136) laut einem SC zur Abgrenzung des Gebiets zwischen Ateste und Vicetia in Venetien gesetzt.598 Diese Maßnahme muss er spätestens 139 ebenfalls als pr. pro cos. durchgeführt haben. Die mit der Grenzziehung beauftragten Prätoren L. Caecilius Metellus Calvus und Sex. Attilius Serranus amtierten folglich in der in die Provinz inkorporierten Transpadana regulär als Statthalter.

5.

Kriege und Feldzüge im griechischen Osten (214–143 v. Chr.)

5.1

Der 1. Makedonische Krieg (214–205)

Bereits 217, nach dem Sieg Hannibals am Trasimener See, hatte der junge Makedonenkönig Philipp V. den Blick nach Westen gewendet, in dem Bestreben, die römische Schwäche auszunützen.599 Um seine Macht nach Westen auszudehnen, schloss er im Sommer 217 mit dem alten Erzfeind, den Ätolern, den Frieden von Naupaktos, wobei die Geschehnisse in Griechenland, Italien und Africa zum ersten Mal in Verbindung gebracht wurden.600 Im Frühjahr 215 schloss Philipp mit dem in Unteritalien stehenden Hannibal ein Bündnis mit dem Ziel, mit 200 Kriegsschiffen in Italien einzufallen. Die Römer befürchteten einen Angriff Philipps.601 Dieser ließ Hannibal eine Botschaft zukommen, er verspreche ihm Hilfstruppen gegen die Römer, falls auch er solche im Kampf gegen die Griechen erhielte, wenn der Feind vernichtet sei. Da die Römer die Boten abfingen, verstärkten sie den Schutz Italiens gegen Philipp. 214 brach der 1. Makedonische Krieg aus.602 597 Vgl. MRR I 489 und H. Kloft, Prorogation und außerordentliche Imperien 326–81 v. Chr., 1977, 36. 598 ILS 5945. 599 Plb. V 101, 10. 102, 1. 104, 7. 108, 5; XV 24, 6. 600 Plb. V 105, 4; vgl. F. W. Walbank, Polybius, Vol. I, 1957, 629f. und A. M. Eckstein, Rome enters the Greek East, 2008, 78f. 601 Bündnis: Liv. XXIII 33, 10. – Furcht vor Philipp: Plb. V 105, 8. 602 Eutrop III 12, 2–3: Quo tempore etiam rex Macedoniae Philippus ad eum (sc. Hannibalem) legatos misit promittens auxilia contra Romanos sub hac condicione ut deletis

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

Bereits 215 wurde der Prätor M. Valerius Laevinus, der 210 als cos. II nach Sizilien ging, mit einer Flotte nach Makedonien gegen Philipp entsandt, 210 folgte P. Sulpicius Galba Maximus (cos. 211), den Livius 207 zur Datierung proconsul nennt, ebenso seinen Nachfolger P. Sempronius Tuditanus im Sinn von cos. des., da er 204 Konsul war. Während der Verhandlungen mit Philipp nennt ihn Livius hingegen als gleichrangigen Kontrahenten imperator.603 Durch die Vermittlung der Epiroten schlossen Philipp und die Römer 205 in Phoinike Frieden.604 5.2

Der 2. Makedonische und der Ätolische Krieg (200–188 v. Chr.)

König Attalos I. von Pergamon und die Rhodier traten der Expansion Philipps entgegen, nachdem dieser die ptolemäische Besatzung aus Samos vertrieben und Pergamon angegriffen hatte. Im Herbst 201 nach Ende des 2. Punischen Kriegs kamen Gesandte aus Ägypten, Rhodos, Pergamon und Athen nach Rom, um ein römisches Eingreifen gegen Philipp und Antiochos III. zu erwirken.605 Im Frühjahr 200 schickte der römische Senat drei prominente Gesandte – unter ihnen den Konsular P. Sempronius Tuditanus – nach Griechenland, die dem Abydos am Hellespont belagernden Philipp ein Ultimatum stellten606 und Antiochos vor weiteren Übergriffen auf ptolemäische Besitzungen warnten.607 Dies taten sie nur noch zum Schein, denn die Entscheidung, Philipp den Krieg zu erklären, war schon am 15. März gefallen. P. Sulpicius Galba Maximus setzte als cos. iterum den Krieg gegen Philipp auf die Tagesordnung des Senats.608 Romanis ipse quoque contra Graecos ab Hannibale auxilia acciperet. Captis igitur legatis Philippi et re cognita Romani in Macedoniam M. Valerium Laevinum miserunt. 603 M. Laevinus: Plb. VIII 6, 1. IX 39, 2; Liv. XXIII 38; XXIV 40; XXVI 27; Eutrop III 12–14; Justin XXIX 4, 5. 7; cos: S. 106 P. Sulpicius Galba: Plb. IX 41f., X 41; Liv. XXVI 26. XXVII 6–7. 10. 30; XXVIII 5, 1: proconsul. – P. Sempronius Tuditanus, pro cos. für cos. des.: Liv. XXIX 12, 2; ad colloquium cum P. Sempronio imperatore: Liv. XXIX 12, 9. 604 Liv. XXIX 12, 8–15; Justin XXIX 4; Zon. IX 11; vgl. Schmitt, Staatsverträge III, Nr. 543. 605 Expansion Philipps: Plb. XVI 1–2. – Herbst 201: Plb. XVI 24, 3; vgl. Eckstein, Greek East, 230f. 606 Plb. XV 20, 2; App. Mac. 4, 1. 607 Plb. XVI 34, 2–7; Justin XXX 3, 3–4; vgl. MRR 321, 325 und Eckstein, Greek East, 276f. 608 Liv. XXXI 8, 4: consuli a patribus permissum ut quem videretur ex iis qui extra senatum essent legatum mitteret ad bellum regi indicendum; vgl. R. Pfeilschrifter, Eroberung und Debatte, in: C. Lundgreen, Staatlichkeit in Rom?, 2014, 148f.

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Kriege und Feldzüge im griechischen Osten (214–143 v. Chr.)

5.2.1

T. Quinctius Flamininus gegen König Philipp V. (198–194)

Dank der Vita Plutarchs wissen wir über T. Quinctius Flamininus (cos. 198) relativ gut Bescheid. Er entstammte einer patrizischen Familie, wurde ca. 228 als Sohn eines nicht weiter bekannten Titus geboren und hatte einen etwas älteren Bruder Lucius.609 Seine Laufbahn begann der spätere Feldherr 208 im 2. Punischen Krieg: Als junger Militärtribun diente er unter dem Imperator M. Claudius Marcellus.610 204 führten T. Quinctius Flamininus und C. Hostilius Tubulus das Kommando in Tarent bzw. Capua wie im Vorjahr als Proprätoren. Da Flamininus im Gegensatz zu Hostilius noch kein senatorisches Amt verwaltet hatte, fungierte er als ‚echter‘ Proprätor, d. h. als Privatmann mit proprätorschem Imperium.611 201 gehörte Titus zu den decemviri agris assignandis, die in Samnium und Apulien den Veteranen Scipios Land anwiesen.612 200 war er IIIvir zur Ansiedlung von Kolonisten in Venusia, das an den Grenzen von Samnium, Lukanien und Apulien lag.613 Er wurde mit der Unterstützung der von ihm betreuten Kolonisten gegen den Widerstand der Volkstribunen mit knapp 30 im Jahr 199 als Quästor (ex quaestura), d. h. ohne das Ädilenamt und die Prätur verwaltet zu haben, vom Volk zum Konsul gewählt.614 Flamininus erloste das Kommando in Makedonien gegen Philipp.615 Im Mai segelte er mit einem ansehnlichen Heer über Korkyra an die Küste von Epirus.616 Livius nennt ihn in Brundisium und in Makedonien consul, weil nach seiner

609 Schlechter Charakter des Lucius: Plut. Cat. Mai. 17, 1–5; vgl. T. Schmitt, L. Q. Flamininus, DNP 10, 2000, [I 13]. 610 Plut. Tit. 1, 4; vgl. RE, Sp. 1049f. – Marcellus fiel 208 in der Nähe von Venusia: Plut. Marc. 29; Liv. XXXXVII 12ff. 611 Liv. XXIX 13, 6: T. Quinctius Tarentum, C. Hostilius Tubulus, sicut priore anno, cum vetere uterque praesidio Capuam pro praetoribus obtinerent; vgl. S. 259 mit A. 1342. – Liv. XXIX 13, 1: … provinciae … Sempronio (consuli) Bruttii decretae. 612 Liv. XXXI 4, 1–3. 49, 5; vgl. MRR I 322. L. M. Günther, T. Quinctius Flamininus, DNP 10, 2000, [I 14]. 613 Liv. XXXI 49, 6; vgl. J. Briscoe, A Commentary on Livy, 1973, Books XXXI – XXXII, p. 161. 614 Plut. Tit. 2, 2; Liv. XXXII 7, 9: quae ipsa per … tribunos plebis impediebantur, quod T. Quinctium Flamininum consulatum ex quaestura petere non patiebantur: iam aedilitatem praeturamque fastidiri nec per honorum gradus, documentum sui dantes, nobiles homines tendere ad consulatum, sed transcendendo media summa imis continuare; vgl. MRR I 328. – Quästor 199: Briscoe (s. o.), p. 180; E. Badian (JRS 61, 1961, 109) datierte die Quästur 206; vgl. MRR III 180. 615 Liv. XXXII 8, 4; vgl. MRR I 330; Bengtson, RG3 119. 616 Liv. XXXII 9, 6; Plut. Tit. 3, 1; vgl. Briscoe, Livy, 185.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

Systematik Konsuln und Prätoren militae ihre Funktion im Amtsjahr behielten.617 Diplomatische Verhandlungen mit König Philipp zog Flamininus 198/7 in die Länge, bis ihm der Senat den Oberbefehl verlängert hatte.618 Im Juni 197 kam es bei Kynoskephalai zur Entscheidung.619 Plut. 7, 3: Sobald ihm der Senatsbeschluss (dass sein Kommando verlängert worden war) übermittelt war, brach er voll kühner Hoffnung nach Thessalien auf, um den Gegner zum Kampf zu stellen. Sein Heer zählte über 26000 Krieger, unter ihnen 6000 Mann zu Fuß und 400 Reiter, welche die Ätoler gestellt hatten. Philipp verfügte über eine Streitmacht von fast gleicher Stärke. Die Gegner stießen in der Nähe von Skotussa aufeinander, entschlossen, den entscheidenden Waffengang hier auszufechten. Dennoch verspürten die Soldaten, als sie sich gegenseitig näher rückten, keine Furcht, so natürlich es gewesen wäre, sie waren vielmehr von einem ungestümen Ehrgeiz erfüllt. Die Römer brannten auf den Sieg, weil sie seit den Feldzügen Alexanders Mut und Kraft der Makedonen aufs höchste bewunderten, die Makedonen dagegen hofften, dass nach einem Sieg über die Römer, welche sie weit höher achteten als die Perser, Philipps Ruhm den Glanz Alexanders verdunkeln werde. Titus ermahnte seine Soldaten, sich mannhaft und tapfer zu schlagen, denn es sei ihnen vergönnt, auf dem herrlichsten Schauplatz, auf griechischem Boden, mit dem ritterlichsten Gegner zu kämpfen. Auch Philipp wollte seine Truppen anfeuern, wie es vor einer Schlacht üblich ist, ließ sich aber, sei es die Tücke des Zufalls oder seine eilfertige Hast, ein schweres Versehen zuschulden kommen. Außerhalb seines Lagers befand sich eine Begräbnissstätte, dort bestieg er einen hohen Grabhügel und begann mit seinen Leuten zu sprechen. Das war ein böses Vorzeichen. Lähmende Mutlosigkeit 617 Liv. XXXII 9, 6: T. Quinctius alter consul maturius quam priores soliti erant consules a Brundisio cum tramisisset… – 9, 8: … Macedoniam intraret. – 12, 1: divisis copiis consul … cum militum robore succedit. – Livius-Fehler: S. 30 + A. 101. 618 Plb. XVIII 12, 1; Liv. XXXII 28, 9; Plut. Tit. 7, 1; vgl. J. Walsh, Flamininus and the Propaganda of Liberation, Historia 45, 1996, 149. – L. M. Günther, T. Q. Flamininus (vgl. Anm. 612.) 619 Plb. XVIII 23–26; Liv. XXXIII 7, 3–13; vgl. L. – M. Günther, Titus Quinctius Flamininus, Griechenfreund aus Gefühl oder Kalkül, in: Hölkeskamp, Von Romulus zu Augustus, 120–130, bes. 126ff. – Eckstein, Greek East, 261.

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Kriege und Feldzüge im griechischen Osten (214–143 v. Chr.)

fiel über das Heer, der König selber erschrak und vermied an jenem Tag den Kampf. 8. Es folgte eine schwüle Regennacht. Als der Morgen graute, lösten sich die Wolken in Nebel auf, ein undurchsichtiges Dunkel lastete auf der Ebene. Schweres Nebelgewölk strich von den Höhen herab zwischen die beiden Lager hin und verhüllte, als der Tag heraufkam, das Gelände. Die Abteilungen, welche von beiden Seiten zur Beobachtung und zur Aufklärung ausgeschickt worden waren, gerieten bald aneinander und schlugen sich bei den sogenannten Hundsköpfen, einer Gruppe nebeneinander liegender, spitzer Hügel, die ihren Namen von der eigenartigen Gestalt erhalten haben. Es war natürlich, dass in dem rauen Felsgelände Flucht und Verfolgung ständig wechselten. So schickten beide Feldherren Verstärkungen aus dem Lager, wenn die Ihrigen in Bedrängnis gerieten und zurückwichen, und als nun der Nebel zerriss und die Sicht frei wurde, traten sie mit ihrer ganzen Macht zum Kampf an. Auf dem rechten Flügel gewann Philipp die Oberhand. Mit voller Wucht ließ er die Phalanx von der Höhe herab gegen die Römer prallen, und auch die Tapfersten vermochten dem Druck der heranrückenden Schildmauer und der Gewalt des Vorstoßes nicht standzuhalten. Da jedoch des Königs linker Flügel in dem Hügelgelände ausdünnte und auseinanderbrach, gab Titus seinen schon geschlagenen rechten preis, sprengte zur anderen Flanke hinüber und stürzte sich auf den Feind. Die Makedonen sahen sich außerstande, auf dem unebenen und steinigen Boden die Phalanx zu schließen und ihr die richtige Tiefe zu geben, obwohl gerade darin ihre Hauptstärke ruht; sie mussten in ihrer schweren, unbequemen Rüstung Mann gegen Mann den Kampf aufnehmen. Denn die Phalanx gleicht einem lebendigen Wesen von unbezwinglicher Stärke, solange sie einen Leib, eine geschlossene Schildwand bildet; ist sie aber einmal zerrissen, so verliert der Einzelne auch die ihm eigene Kampfkraft. Dies liegt begründet in der Art seiner Bewaffnung, aber auch darin, dass er weniger durch sich selbst stark ist denn als Glied eines aus vielen Teilen zum Ganzen gefügten Körpers. Als die Feinde wichen, setzte ein Teil der Römer den Fliehenden nach, die anderen fassten die noch kämpfenden Makedonen in der Flanke und metzelten sie nieder. Es ging nicht lange, da löste sich die Ordnung auch in den Reihen derer auf, welche den Sieg schon in Händen gehalten hatten, sie warfen die Waffen weg und stürz125

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ten davon. Nicht weniger als 8000 Makedonen fielen in der Schlacht, um die 5000 gerieten in Gefangenschaft. Philipp konnte ungefährdet entkommen. Die Schuld daran schob man den Ätolern zu, welche raubend und plündernd über sein Lager hergefallen waren, während die Römer die Verfolgung fortsetzten. Als sie endlich zurückkehrten, fanden sie nichts mehr vor. Der Sieg entschied die Geschicke der römisch-hellenistischen Welt auf Jahrhunderte hinaus. Die römische Republik wurde nach Zama eine Großmacht und nach Kynoskephalai die alleinige Weltmacht.620 Die Griechen feierten Titus als glorreichen Aeneiden und prägten zu seinen Ehren Goldstatere mit seinem Porträt auf dem Avers und der Victoria sowie der Legende T. QVINCTI auf dem Revers. Der IMPTitel fehlt; er erscheint auf Münzen zum ersten Mal in der Mitte der 80er Jahre des 1. Jh. v. Chr.621 Im Frühjahr 196 ließ Flamininus im Stadion von Korinth die Freiheit der Hellenen durch einen Herold proklamieren. Nach Polybios und Plutarch erklärten der römische Senat und sein Beauftragter als στρατηγὸς ὕπατος die Griechen für frei.622 Livius und Valerius Maximus geben diese Funktion richtig mit imperator wieder. Livius versteht unter diesem Terminus allerdings keinen imperator populi Romani, sondern einen Konsul mit prorogiertem Imperium, der das Kommando militiae ohne Amt als privatus führte, wie er meinte.623 Florus und Justin nennen Flamininus beim Friedensschluss von 194 consul, ohne zu beachten, dass ein Konsul das Heer militiae als Imperator führte; Orosius nennt ihn zur Datierung proconsul.624 In zweisprachigen Inschriften kann στρατηγὸς ὕπατος entweder consul oder imperator bedeuten. Die Entsprechung COS – στρατηγὸς ὕπατος 620 Gundel, RE XXIII, Nr. 45, Sp. 1069. 621 Plut. Tit. 12, 11f.; RRC Nr. 548; vgl. M. Radnoti – Alföldi, Der Stater des T. Quinctius Flamininus, NZ 98, 1984, 19ff.; vgl. auch den ausführlichen Kommentar Crawfords in RRC Nr. 548. – Erster IMPTitel auf Münzen: S. 250 mit A. 1291. 622 Plb. XVIII 46, 5: ἡ σύγκλητος ἡ Ῥωμαίων καὶ Τίτος Κοΐντιος στρατηγὸς ὕπατος, καταπολεμήσαντες βασιλέα Φίλιππον καὶ Μακεδόνας, ἀφιᾶσιν … – Plut. Tit. 10, 4: ἡ σύγκλητος καὶ Τίτος Κοΐντιος στρατηγὸς ὕπατος καταπολεμήσαντες βασιλέα Φίλιππον καὶ Μακεδόνας, ἀφιᾶσιν … 623 Liv. XXXIII 32, 5: senatus Romanus et T. Quinctius imperator Philippo rege Macedonibusque devictis. – Val. Max. IV 8, 5: S. P. Q. R. et T. Quintius Flamininus imperator omnes Graeciae urbes, quae sub dicione Philippi regis fuerunt, liberas atque immunes esse iubet. – imperator populi Romani: S. 127 mit A. 627; privatus: Liv. XXXVIII 42, 10 (S. 147 mit A. 714). 624 Flor. I 23, 12: Et illi (sc. regi) quidem consul pacem dedit regnumque concessit. – Justin XXX 4, 17: Philippus pace Flaminino consule petita nomen quidem regium retinuit; Oros. IV 20, 5: Flamininus proconsule Philippum regem … subegit.

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steht auf den Meilensteinen, die M’. Aquillius (cos. 129) in der von ihm eingerichteten Provinz Asia setzte. Laut einer zweisprachigen Ehrung im nicht unterworfenen Thrakien fungierte M. Minucius Rufus (cos. 110) als στρατηγὸς ὕπατος bzw. als imperator.625 Das heißt, dass der griechische Terminus in zweifacher Bedeutung gebraucht wird, nämlich er bezeichnet zum einen den Imperator konsularen Ranges im Bereich militiae. Zum anderen entspricht der Terminus στρατηγὸς ὕπατος auf den Meilensteinen des Aquilliu dem consul, der im vierjährigen Konsulat 129 bis 126 Straßen in der Provinz Asia baute. In einigen Dokumenten aus dem griechischen Osten bezeichnet dieser Terminus den amtierenden Konsul in Rom. Polybios nennt einen imperator konsularen Ranges στρατηγὸς ὕπατος, den zum Imperator gewählten Konsul im Westen einfach στρατηγός.626 Den Titel στρατηγὸς ὕπατος führt T. Flamininus als erster Römer in mehreren Ehrungen in Griechenland. Mit der Ergänzung Ῥωμαίων erscheint er in einem von ihm verfassten Brief an die ταγοί (Behörden) und die Bürgerschaft von Kyretiae in Thessalien. Dem Genitiv Ῥωμαίων entspricht im Lateinischen populi Romani. Das heißt, dass Flamininus 195/4 als imperator populi Romani Thessalien besuchte und organisierte.627 Im Winter 195 auf 194 ordnete Flamininus in Elateia die inneren Verhältnisse Griechenlands. In diesem Zusammenhang könnte er den mit dem Titel στρατηγὸς ὕπατος überschriebenen Brief an die Einwohner von Chyretiae verfasst haben. Er spiegelt seine Tätigkeit als Gesetzgeber und Schiedsrichter wider. Es geht um die Restituierung von Eigentum nach Kriegsende.628 Die Inschriften bezeugen insgesamt das Bemühen der griechischen Städte, durch Vermittlung des Flamininus Rückhalt bei den Römern gegen tatsächliche oder vermeintliche Bedrohung zu gewinnen.629 In ihrer Dankbarkeit für die wieder gewonnene Freiheit betrachteten die Einwohner der griechischen Städte den römischen Feldherrn als ihren Wohltäter und Hel-

625 Aquillius: S. 17f., 205f.; Minucius Rufus: S. 213f. 626 1. στρατηγὸς ὕπατος = Imperator konsularen Ranges: Plb. VI 14, 2 (Zitat: S. 87/427). – 2. στρ. ὕπ. = Konsul in Asia: S. 17f. – 3. στρ. ὕπ. = Konsul in Rom: S. 18f. – στρατηγός = Imperator konsularen Ranges: Plb. I 11, 3; Zitat S. 72. 627 Ehrungen in Griechenland: SIG3 591–593; 674; I. Delos: 439 a; 442 b; 1429 a; 1441 a; 1446; Brief: Syll.3 593 = Sherk, RDGE Nr. 33. – Datierung 195/4 gegen MRR I 330 (J. 198): AE 1972, 572; vgl. S. 31 mit A. 105. 628 Elateia: Liv. XXXIV 48, 2; Plut. Tit. 9, 7–10, 3. – Restituierung: Syll.3 593 = Sherk, RDGE Nr. 33; vgl. D. Armstrong – J. Walsh, SIG3 593: The Letter of Flamininus to Chyretiae, CP 81, 1981, 32–46. 629 M. – L. Günther, DNP 10, Sp. 710, nennt als Beispiel Syll.3 591: griechisches Hilfsgesuch an die Römer gegen Antiochos.

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fer. Livius lässt aber anklingen, dass sie seinen zahlreichen Anordnungen und Wünschen wie römische Freigelassene nachkommen mussten.630 Nachdem Flamininus 196 mit der Freiheitserklärung für die Griechen den 2. Makedonischen Krieg offiziell beendet hatte, räumte er auf Geheiß des Senats im Frühjahr 194 Griechenland, was sich bald als ein schwerer politischer und strategischer Fehler erwies, denn 196 hatte Antiochos III., der König der Seleukiden, seine Hand auf die Meerengen gelegt. Er war 195 von den Griechen zum στρατηγὸς αύτoκρἀτωρ ausgerufen worden und schritt seit 192 zum Wiederaufbau der thrakischen Chersones, zu der er mit einem Heer übergesetzt war.631 Nach der Ankunft in Brundisium im Sommer 194 kamen die Truppen fast im Triumphzug durch ganz Italien zur Stadt. Flamininus feierte nach den Fasten als Prokonsul im Sinn eines Konsuls mit prorogiertem Imperium einen dreitägigen Triumph [ex Macedonia et rege] Philippo.632 193 führte er die Verhandlungen mit den Gesandten des Antiochos, der den Tyrannen Nabis von Sparta und König Philipp für einen Krieg gegen Rom zu gewinnen suchte. Anfang 192 schickte der Senat eine Spezialkommission erfahrener Konsulare nach Hellas, an deren Spitze Flamininus und Cn. Servilius Caepio (cos. 203) standen.633 Ziel der Mission war es, die Achäer von einem Anschluss an die Ätoler und an Antiochos abzuhalten. Flamininus veranlasste sie, aus dem Raum um Sparta abzurücken und Nabis einen Waffenstillstand zu gewähren.634 191 stand er als Legat an der Seite des Imperators M’. Acilius Glabrio (v. infra).635 Die Zensur, die Titus 189 als letztes Amt verwaltete, schildert Plutarch wie folgt: Tit. 18, 1–2: Als die Verhältnisse in Griechenland geordnet waren und der Krieg gegen Antiochos sein Ende gefunden hatte, wur630 Liv. XXXIV 49, 8: … alienis armis partam externa fide redditam libertatem sua cura custodirent servarentque, ut populus Romanus dignis datam libertatem ac munus bene positum sciret; vgl. R. Pfeilschifter, Titus Quinctius Flamininus, 2005, 309f. 631 Liv. XXXIII 38; 5: Ipse (sc. Antiochus) initio veris navibus ab Epheso profectus Hellespontum petit, terrestres copias traici ab Abydo Chersonesum iussit; vgl. Bengtson, GG5 480. 632 Rückkehr, Triumph: Liv. XXXIV 52, 9–11; I. Ital. 13, 1, 78f., 338; Plut. Tit. 13, 6–14, 1; vgl. Künzl, Triumph 49, 76, 109. 633 Jahr 193: Liv. XXXVII 58, 1; vgl. Briscoe, Livy, Books 34–37, 1981, 137–141. – Jahr 192: Liv. XXXV 23, 5; Plut. Tit. 15; vgl. Briscoe, Livy, 178. – Zu Cn. Servilius Caepio s. S. 120/589. 634 Plut. Tit.: 13, 1–2; Pausan. VIII 50, 10; vgl. MRR I 351; Gundel, RE XXIII, Nr. 45, Sp. 1086. 635 Plut. Tit. 15, 7–9 (Text S. 124f.).

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de Titus zum Zensor gewählt. Die Zensur, das höchste Amt in Rom, verkörpert gewissermaßen die Vollendung der politischen Laufbahn. Als Kollegen hatte er Marcellus neben sich, den Sohn jenes Marcellus, der fünfmal Konsul gewesen war.636 Die beiden Zensoren stießen vier nicht sehr bedeutende Männer aus dem Senat und nahmen alle, die von freien Eltern stammten, in die Bürgerlisten auf, weil sie dazu gezwungen waren; denn um den Adel zu kränken, hatte der Tribun Terentius Culleo das Volk zu diesem Beschluss überredet. 5.2.2

M’. Acilius Glabrio (cos. 191) im Ätolischen Krieg

Livius zählt M’. Acilius Glabrio zu den homines novi, weil er als Erster seiner gens das Konsulat erlangte, aber er sagt selbst, dass 210 ein M’. Acilius eine Gesandtschaft zu Ptolemaios IV. nach Ägypten leitete; er hatte vermutlich den Rang eines Prätoriers und könnte sein Vater gewesen sein.637 Als Volkstribun sicherte M’. Acilius 201 dem älteren Scipio Africanus das Kommando gegen Hannibal zu.638 Als Prätor unterdrückte er 196 eine Sklavenverschwörung in Etrurien, als Konsul erhielt er 191 den Auftrag, in Griechenland gegen Antiochos III, der ganz Kleinasien in Besitz genommen hatte, Krieg zu führen.639 Mit Hilfe seines Kriegstribunen M. Porcius Cato (cos. 195), der dem im Engpass der Thermopylen aufgestellten Heer des Antiochos in den Rücken fiel, gelang es M’. Acilius, den Feind gänzlich in die Flucht schlagen und sein Lager zu erobern.640 Er machte sich an die Verfolgung und konnte in Skarpheia am Golf von Malis viele Feinde niedermachen und gefangen nehmen.641 An den Sieg erinnert eine Statue in der 177 von seinem Sohn gegründeten Veteranenkolonie Luna. Die Beuteweihinschrift lautet: M’. Acilius C. f. /​ cos. /​ Scarphea cepit.642 636 Vgl. Liv. XXXVIII 36, 10 : M. Claudius Marcellus censor sorte superato T. Quinctio lustrum condidit. 637 Homo novus: Liv. XXXVII 57, 12. – Gesandtschaft: Liv. XXVII 4, 10; vgl. M. Dondin – Payre, Exercice du pouvoir et continuité gentilice: Les Acilii Glabriones, 1993, 75f. 638 Liv. XXX, 40, 7–10. 43, 1–3; vgl. Dondin-Payre, Glabriones, 75. 639 Prätor: Liv. XXXIII 36, 1–3; Konsul: Liv. XXXVI 2. – Entsendung als στρατηγὸς ὕπατος: Plut. Tit. 15, 1; vgl. S. 130. 640 Liv. XXXVI 15, 5–19, 4. Front., Strat. II 4, 4. Plut. Cat. Mai. 13, 6–14, 3. App. Syr. 18, 80f. [Aur. Vic.] vir. ill. 54, 2. 641 Liv. XXXVI 19, 5–6: Scarpheam tamen eo die consecuti sunt hostem. multis in itinere caesis captisque. – App. Syr. 19, 89. 642 ILLRP 321 a: Scarphea steht im Ablativ, weil die Statue aus der Beute aus Scaphea stammte; vgl. Dondin-Payre, 280f.

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Der COSTitel datiert die Einnahme Skarpheias ins Jahr 191. Anschließend bekriegte der siegreiche Acilius die Ätoler, die ein Bündnis mit Antiochos geschlossen hatten. Plutarch, Titus, 15, 2–9, berichtet:643 Die Römer, die die Herausforderung des Großkönigs und den Ruf seiner Armee sehr fürchteten, schickten als Imperator (στρατηγὸς ὕπατος) gegen ihn Manius Acilius (Glabrio cos. 191) und stellten ihm Titus, den bewährten Freund der Griechen, als Legaten zur Seite. Dessen bloßes Erscheinen festigte die Treue der einen und denen, die schon wankend geworden waren, verabreichte er als Arznei die Erinnerung an die Zuneigung, die sie für ihn empfunden hatten. Daher gesundeten die Städte wieder und ließen sich von verhängnisvollen Fehltritten abhalten. Es entging ihm aber nicht, dass eine kleine Zahl, die dem verderblichen Einfluss der Ätoler ganz verfallen waren, nichts mehr von ihm wissen wollten; aber auch diese ließ er nach der Schlacht nicht im Stich, so sehr sie seinen Zorn gereizt hatten. Denn Antiochos wurde bei den Thermopylen geschlagen und floh schleunigst übers Meer nach Asien zurück. Sogleich ging der Konsul Manius (Μάνιος δ᾽ ὁ ὕπατος) den Ätolern zu Leibe. Zum Teil führte er die Belagerung selber durch, andernorts überließ er König Philipp das Zerstörungswerk. So fielen die Makedonen raubend und plündernd über die Doloper und Magneten, die Athamanen und Aperanter her, während Manius Herakleia dem Erdboden gleichmachte und hernach die Ätolerstadt Naupaktos zu berennen anfing.644 Da übermannte Titus das Mitleid mit den Griechen und er fuhr von der Peloponnes ins Lager des Konsuls hinüber. Zuerst machte er ihm Vorwürfe, dass er, der Sieger der Schlacht, die Früchte des Sieges Philipp überlasse, in seinem Zorn vor einer einzigen Stadt liegen bleibe und die Zeit vertrödle, während die Makedonen sich Völker und Reiche unterwürfen. Als ihn dann die Belagerten von der Mauer herab erblickten, beim Namen riefen und flehend die Arme nach ihm ausstreckten, wandte er sich ab, ohne ein Wort zu sagen, und ging weinend weg. Später jedoch sprach er mit Manius und es gelang ihm, den Erzürnten zu beschwichtigen und durchzusetzen, dass er den Ätolern einen Waffenstillstand von hinlänglicher Dauer gewährte, um eine Abordnung mit der Bitte um gemäßigte Bedingungen nach Rom zu senden.645

643 Vgl. die noch ausführlicheren Passagen bei Livius XXXVI 15–19 (Thermopylen); 22– 24 (Herakleia); 30–33 (Naupaktos). 644 Die Doloper, Athamanen und Aperanten waren Stämme in Epirus im Grenzgebiet Theassaliens, die Magneten bewohnten die Halbinsel Magnesia. Herakleia lag am Westausgang der Thermopylen, Naupaktos nördlich des Golfs von Korinth. 645 Livius XXXVI 34–35 und Plutarch gehen auf Polybios zurück; vgl. Briscoe, Livy, 271.

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16, 1–4: Den schwersten Kampf jedoch hatte Titus zu bestehen, als er sich für die Stadt Chalkis (auf Euböa) verwendete. Manius grollte ihr wegen der Hochzeit, die Antiochos während des Krieges, unbekümmert um seine Jahre und die Aufgabe der Stunde, dort gefeiert hatte. Denn der schon alternde König hatte sich leidenschaftlich in ein junges Mädchen, des Kleoptolemos Tochter, verliebt, welche die schönste Jungfrau des Landes gewesen sein soll. Die Chalkidier aber waren infolge dieses Ehebundes zu begeisterten Anhängern des Antiochos geworden und stellten ihm ihre Stadt als Stützpunkt für den Krieg zur Verfügung. Als es dann zur Niederlage kam, legte der fliehende König hastig in Chalkis an, nahm die junge Frau, die Schätze und das Gefolge an Bord und segelte nach Asien zurück. Jetzt zog Manius voll Erbitterung gegen die Stadt. Titus, der ihn begleitete, versuchte ihn zu besänftigen und bestürmte ihn solange mit Bitten, bis er am Ziel und der Groll des Konsuls wie auch der hochgestellten Römer durch seine Fürsprache beschwichtigt war. So wurden die Chalkidier gerettet. Man kann feststellen, dass Plutarch Glabrio bei der Entsendung richtig στρατηγὸς ὕπατος nennt, im Bereich militiae jedoch analog zu Livius unzutreffend ὕπατος.646 Glabrio bewilligte den Ätolern durch die Vermittlung des Flamininus einen Waffenstillstand, nahm Lamia und belagerte Amphissa, die größte Stadt der westlichen Lokris.647 190 hob er die Belagerung auf und übergab das Heer seinem Nachfolger L. Cornelius Scipio Asiagenus (cos. 190).648 Als στρατηγὸς ὕπατος weihte er im Apolloheiligtum in Delphi Beutestücke und erteilte Privilegien; 35 Enteigneten gab er ihr Haus in Delphi zurück.649

646 Plut. Tit. 15, 1: στρατηγὸς ὕπατος – Tit. 15, 5: ὕπατος (vgl. Anm. 639 und Text S. 130). – Liv. XXXVI 20, 1: Consule (sc. Glabrione) per Phocidem et Boeotiam exercitum ducente … 647 Liv. XXXVI 14–24. 30. 34f.; XXXVII 4–7. 648 Liv. XXXVII 7, 7; vgl. Klebs, RE I 1, 1893, Nr. 35. 649 P. Michaud, Une nouvelle inscription de M’. Acilius Glabrio, BCH Suppl. IV, 1977, 126, Z. 59f.; vgl. MRR I 357.

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Livius verwendet bei der Rückkehr Glabrios nach Rom den Terminus proconsul zur Datierung ins Jahr 190.650 Derselbe Titel stand in den rekonstruierten Triumphalfasten: pro cos. de Aetolis et rege Antiocho.651 189 bewarb sich Glabrio um die Zensur. Von den nobiles als homo novus angefeindet, wurde er wegen Unterschlagung der Beute angeklagt, der Prozess wurde aber eingestellt, da er seine Bewerbung zurückzog.652 5.3

Eine Schlacht und ein Feldzug in Kleinasien

5.3.1

Der Kampf des L. Cornelius Scipio gegen Antiochos III.

L. Cornelius Scipio (cos. 190), der in den Triumphalfasten das zweite Cognomen Asiaticus trägt, war der Sohn des Publius (cos. 218) und der jüngere Bruder des P. Scipio Africanus; er nahm von 207 bis 202 als dessen Legat an den Feldzügen in Spanien, Africa und Sizilien teil.653 Seine Laufbahn gibt sein teilweise erhaltenes Elogium wieder, das vom Forum Augusti stammt, es lautet: [L. Corneli]us P. f. S[cipio Asia]ticus, [cos., pr., aed. cu]r., q., tr. [mil. …].654 Der Cursus nannte in absteigender Reihenfolge das Konsulat (190), die Prätur (in Sizilien 193)655, das Ädilenamt (ca. 195), die Quästur (ca. 196) und das Militärtribunat (199). 191 kämpfte L. Scipio unter M’. Acilius Glabiro bei den Thermopylen. Er wurde nach Rom geschickt, um über den Sieg Bericht zu erstatten.656 190 erhielt er als Konsul den Oberbefehl gegen Antiochos. Sein Bruder Publius, der berühmte Africanus, begleitete ihn als Legat in den Osten; Publius galt als der eigentlich Verantwortliche für den Feldzug.657 Lucius landete im Frühjahr 190 in Epirus, übernahm von Acilius Glabrio das Kommando und bewilligte den Ätolern einen sechsmonatigen 650 Liv. XXXVII 46, 1: Dum haec in Asia geruntur, duo fere sub idem tempus cum triumphi spe proconsules de provinciis Romam redierunt, Q. Minucius ex Liguribus, M'. Acilius ex Aetolia. auditis utriusque rebus gestis Minucio negatus triumphus, Acilio magno consensu decretus; isque triumphans de rege Antiocho et Aetolis urbem est invectus. 651 Triumph: Liv. XXXVII 46, 2. 59, 1; Degrassi, Inscr. Ital. 13, 1, 553. – Scarphea-Inschrift: S. 129 mit A. 642. 652 Liv. XXXVII 57, 10–15; vgl. RE I 1, Acilius, Nr. 35. 653 Liv. XXVIII 4, 2–4 (207), 17, 1 (206), XXIX 7, 2 (205); 25, 10 (204); XXX 38, 4 (202); vgl. MRR I 297–318. 654 Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 15. 655 Liv. XXXIV 55, 6; Cic., de or. II 280; vgl. Münzer, RE IV 1, 1900, Cornelius Nr. 4. 656 Liv. XXXVI 21, 7–9; vgl. MRR I 354. 657 Liv. XXXVII 1, 7–10; Val. Max. V 5, 1.

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Waffenstillstand.658 Auf dem Landweg setzte er nach Kleinasien über, um gegen König Antiochos zu kämpfen. Am Jahresende kam es bei Magnesia am Sipylos zur Schlacht. Liv. XXXVII 39, 1–13: Als der Konsul sah, dass man ihm den Kampf verweigerte, berief er am nächsten Tag den Kriegsrat ein, um zu besprechen, was zu tun sei, wenn Antiochos sich nicht zur Schlacht stelle. Der Winter stehe vor der Tür, entweder müsse er die Soldaten in ihren Zelten lassen, oder, wenn er sich in feste Winterquartiere begebe, den Krieg auf den Sommer verschieben. Keinen Feind haben die Römer jemals so verachtet. Man rief von allen Seiten, er solle sogleich losziehen und die Begeisterung der Soldaten nutzen. Diese glaubten, nicht mit so vielen Tausenden von Feinden kämpfen zu müssen, sondern dass es ihre Aufgabe sei, eine gleiche Anzahl Vieh abzuschlachten; sie waren bereit, über die Gräben und Wälle in das Lager einzudringen, wenn der Feind nicht herauskam. Cn. Domitius659 wurde ausgesandt, den Weg zum Wall der Feinde zu erkunden. Nachdem er alles zuverlässig berichtet hatte, beschloss man, am nächsten Tag, das Lager näher an den Feind zu verlegen. Am dritten Tag rückten die Manipel bis in die Mitte des freien Feldes vor und man begann, sich in Schlachtreihe aufzustellen. Auch Antiochos suchte keine Ausflüchte mehr, um nicht seinen Leuten durch das Verweigern des Kampfes den Mut zu nehmen und den Feind zu ermuntern. Auch er führte seine Truppen heraus und rückte weit genug vor, um zu zeigen, dass er kämpfen wolle. Die römische Schlachtreihe war fast einheitlich, was Menschen und Waffen angeht. Es waren zwei römische Legionen und zwei Alen der Bundesgenossen und Latiner; jede hatte 5400 Mann. Die Römer standen im Zentrum, die Latiner an den Flügeln. Die vordersten Manipel waren die hastati, dann kamen die principes, als letzte die triarii.660 Außerhalb von dieser regulären Schlachtreihe stellte der Konsul auf die rechte Seite noch die Hilfstruppen des Eumenes661, die vermischt

658 Plb. XXI 4, 1–5; Liv. XXXVII 6, 1–7. 659 Cn. Domitius Ahenobarbus (cos. 192); nach Appian, Syr. 30, war er der eigentliche Heerführer. 660 principes und triarii: vgl. Plb. XV 14 (S. 111). 661 Eumenes II. Soter, König von Pergamon, (197–160/59); vgl. S. 135, 137, 140.

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waren mit den Peltasten662 der Achäer, es waren ca. 3000 Fußsoldaten, die er in einer Linie aufstellte. Weiter entfernt postierte er nicht ganz 3000 Reiter, von denen 800 zu Eumenes gehörten, und der Rest bildete die gesamte römische Kavallerie. Auf den äußersten Flügel stellte er die Traller und Kreter – jede dieser beiden Gruppen war 500 Mann stark. Der linke Flügel schien den Schutz durch solche Hilfstruppen nicht nötig zu haben, weil hier der Fluss und die abschüssigen Ufer ein Passieren unmöglich machten. Es wurden indessen dort vier Reiterschwadronen dem Feind gegenübergestellt. Das war die Gesamtzahl der Truppen bei den Römern.663 Liv. XL 1: Die Armee des Königs war buntscheckiger infolge der vielen Völkerschaften, der Unähnlichkeit der Waffen und der Hilfsvölker.664 Liv. XLI 1–12: Der König selbst befand sich auf dem rechten Flügel. Seinem Sohn Seleukos und seinem Neffen Antipater gab er das Kommando auf dem linken Flügel; das Zentrum wurde Minnion, Zeuxis und Philipp, dem Kommandanten der Elefanten anvertraut. Ein Frühnebel, der sich mit zunehmendem Tag hob und Wolken bildete, ließ es nicht richtig hell werden. Dann durchnässte Feuchtigkeit von Süden her alles wie ein Regen. Das machte den Römern so gut wie nichts aus, kam aber den Truppen des Königs äußerst ungelegen. Denn das trübe Licht nahm den Römern bei ihrer nicht übermäßig großen Sichtweite nicht den Blick auf alle Teile, und die Feuchtigkeit konnte, da es fast nur Schwerbewaffnete waren, den Schwertern und Pilen nichts anhaben. Die Soldaten des Königs aber konnten bei ihrer so weit ausgedehnten Schlachtordnung nicht einmal vom Zentrum aus ihre Flügel sehen, geschweige denn, dass die äußersten Enden sich gegenseitig gesehen hätten, und die Feuchtigkeit hatte die Bogen, die Schleudern und die Riemen der Wurfspeere aufgeweicht. Auch die vierspännigen Sichelwagen, von denen Antiochos geglaubt hatte, er werde mit ihnen die Schlachtreihe der Feinde in Unordnung bringen, kehrten den Schrecken gegen ihre eigenen Leute. Ausgerüstet waren sie im Wesentlichen auf folgende Wei662 Mit Schilden geschützte Infanteristen. 663 Die Gesamtzahl der Armee betrug etwa 40000 Mann; vgl. J. D. Grainger, The Campaign of Manlius Vulso in Asia Minor, AS 45, 1995, 23–42, bes. 26. 664 Es waren über 60000 Fußsoldaten und 12000 Berittene; vgl. J.-M. Engel, Tite Live, Livre XXXVII, 1983, 141/11.

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se: Sie hatten Stacheln zu beiden Seiten der Deichsel, die vom Joch aus zwei Ellen vorstanden wie Hörner; damit sollten sie, was ihnen in den Weg kam, durchbohren. Und an den Enden des Jochs standen auf beiden Seiten zwei Sicheln vor, die eine in Verlängerung des Jochs, die andere darunter schräg zum Boden hin, jene, um zu zerschneiden, was sich an der Seite in den Weg stellte, diese, um die zu treffen, die sich zu Boden warfen und die sich duckten. Ebenfalls wurden an den Radachsen rechts und links zwei Sicheln genauso nach verschiedenen Seiten hin ausgerichtet. Da man die so ausgerüsteten Viergespanne, wenn sie hinten oder in der Mitte aufgestellt gewesen wären, durch die eigenen Reihen hindurch hätte lenken müssen, hatte der König sie, wie oben gesagt, in die vorderste Linie platziert. Da Eumenes genau wusste, wie zweischneidig die Kampfesweise und die Art der Unterstützung war, wenn man den Pferden mehr Angst einjagte als wenn sie im regelrechten Kampf angegriffen wurden, befahl er, als er das sah, den kretischen Bogenschützen und Speerwerfern mit einigen Schwadronen der Reiter, nicht dicht gedrängt, sondern so weit wie möglich auseinandergezogen vorzustürmen und von allen Seiten her ihre Speere auf sie zu schleudern. Dieser Ansturm machte die Pferde teils durch die Wunden, welche ihnen die von allen Seiten her heranfliegenden Geschosse schlugen, teils durch die gleichzeitig ertönenden schrillen Schreie so scheu, dass sie plötzlich, als wenn man ihnen hätte die Zügel schießen lassen, nach allen Seiten hin ziellos davonrannten. Ihren Ansturm konnten die Leichtbewaffneten, die beweglichen Schleuderer und die schnellen Kreter im Nu ablenken. Und die Reiter vergrößerten durch ihr Nachsetzen bei den Pferden und Kamelen, die auch zugleich scheu geworden waren, die Unruhe und die Angst, nicht zu reden von den schrillen Schreien, die die Menschenmasse um sie herum erhob. So wurden die Viergespanne aus dem Raum zwischen den beiden Schlachtreihen verjagt. Als dieses unnütze Schreckgespenst verschwunden war, da endlich stieß man zur regelrechten Schlacht zusammen, nachdem man auf beiden Seiten das Signal gegeben hatte. Liv. XLII 1–8: Aber diese an sich unbedeutende Episode zog eine wahre Katastrophe nach sich. Denn die zur Unterstützung eingesetzten Hilfstruppen, die als nächste postiert waren, gerieten durch die Angst und das Scheuen der Viergespanne in Schrec135

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ken und wandten sich auch selbst zur Flucht, so dass sie den ganzen Flügel bis hin zu den Kataphraktenreitern entblößten. Als die römische Reiterei auf sie stieß, nachdem die Hilfstruppen ihre Ordnung verloren hatten, hielten sie nicht einmal mehr dem ersten Angriff stand. Ein Teil von ihnen wurde in die Flucht geschlagen, die anderen wurden infolge des Gewichts ihrer Panzer und Waffen überwältigt. Der ganze linke Flügel kam dann ins Wanken, und als die Hilfstruppen, die zwischen den Reitern und den sogenannten Phalangisten in Unordnung gerieten, drang der Schrecken bis ins Zentrum. Sobald dort die Reihen in Panik gerieten und durch die Flucht der eigenen Leute daran gehindert wurden, ihre überlangen Lanzen – die Makedonen nennen sie Sarissen – zu gebrauchen, drangen die römischen Legionäre auf sie ein und schleuderten ihre Wurfspieße auf die in Panik Geratenen. Nicht einmal die dazwischen stehenden Elefanten schreckten die römischen Soldaten ab, die schon von den Kriegen in Africa her gewohnt waren, dem Angriff der Ungetüme auszuweichen, und sie entweder von der Seite her mit Wurfspießen angriffen, oder ihnen, wenn sie näher kamen, mit dem Schwert die Sehnen durchschnitten. Schon war das Zentrum fast ganz von vorn aus der Ordnung geraten, und wurden die Hilfstruppen, die man umgangen hatte, von hinten niedergehauen, als plötzlich die Römer an einer anderen Stelle die Flucht ihrer eigenen Leute wahrnahmen und Schreckensschreie zum Lager drangen. Denn als Antiochos auf dem rechten Flügel sah, dass man dort im Vertrauen auf den Fluss nur vier Reiterschwadronen aufgestellt hatte, und dass diese, während sie an ihre eigenen Leute Anschluss hielten, das Ufer freigaben, griff er diesen Abschnitt mit den Hilfstruppen und der Kataphraktenreiterei an. Und er drang nicht nur von vorne auf sie ein, sondern umging den Flügel auch vom Fluss her und bedrängte sie dann von der Flanke, bis zuerst die Reiter in die Flucht geschlagen, dann auch die nahe stehenden Fußsoldaten in wildem Lauf zum Lager gejagt wurden. Liv. XLIII 1–11: Das Kommando über das Lager hatte der Kriegstribun M. Aemilius, der Sohn des M. Lepidus (cos. 187), der wenige Jahre später (180) Pontifex maximus wurde. Wo er die eigenen Leute fliehen sah, eilte er ihnen mit der ganzen Besatzung entgegen und befahl ihnen zunächst, stehen zu bleiben, dann in die Schlachtreihe zurückzukehren und warf ihnen ih136

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re Angst und ihre schimpfliche Flucht vor. Dann ging er zu Drohungen über. Er schrie, sie würden blind in ihr eigenes Verderben stürzen, wenn sie seinem Befehl nicht Folge leisteten. Zuletzt gab er seinen Leuten das Zeichen, die vordersten der Fliehenden niederzuhauen und die Schar der Folgenden mit Schwerthieben gegen den Feind zurückzutreiben. Die Furcht, die er ihnen machte, war stärker als die andere. Angesichts der Bedrohung von zwei Seiten machten sie zunächst Halt, dann kehrten sie in die Schlacht zurück, auch Aemilius stellte sich mit seiner Besatzung – es waren 2000 tapfere Männer – energisch den ungeordnet nachsetzenden Truppen des Königs entgegen. Und Attalos, der Bruder des Eumenes, der vom rechten Flügel aus an der Stelle, wo der linke des Feindes beim ersten Zusammentreffen zersprengt worden war, die Flucht der eigenen Leute und das Chaos rings um das Lager bemerkte, kam im richtigen Augenblick mit 200 Reitern heran. Als Antiochos sah, dass diejenigen, die ihm gerade noch den Rücken zugekehrt hatten, den Kampf wieder aufnahmen und dass ein anderes Getümmel sowohl vom Lager als auch vom Schlachtfeld heranwogte, wandte er sein Pferd zur Flucht. So blieben die Römer auf beiden Flügeln siegreich, und über die Berge von Leichen, die sie vor allem im Zentrum angehäuft hatten, wo die außerordentliche Taperkeit der Kerntruppen und das Gewicht der Waffen eine Flucht verhindert hatten, gingen sie weiter vor, um das feindliche Lager zu plündern. Als erste verfolgten die Reiter des Eumenes, dann auch die übrige Reiterei auf dem ganzen Feld den Feind und schlugen die Letzten nieder, sobald sie sie erreichten. Im Übrigen brachte den Fliehenden, unter die sich auch noch die Viergespanne, Elefanten und Kamele gemischt hatten, ihr eigenes Gewimmel noch größeres Verderben, da sie ohne jede Ordnung wie blind einer über den anderen stürzten und von den Tieren überrannt wurden. Im Lager kam es ebenfalls zu einem ungeheuren und fast noch größeren Gemetzel als auf dem Schlachtfeld, denn die ersten Fliehenden hatten sich vor allem in Richtung des Lagers gewandt und im Vertrauen auf diese Menge verteidigte die Besatzung den Wall noch hartnäckiger. An den Toren und am Wall wurden die Römer aufgehalten, während sie geglaubt hatten, sie würden beide im ersten Ansturm

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nehmen. Nachdem sie dann endlich durchgebrochen waren, richteten sie in ihrem Zorn ein schreckliches Blutbad an.665 Die beiden Scipionen empfingen nach dem Sieg den König in Ephesos und diktierten ihm den Frieden.666 Polybios nennt L. Scipio 189, d. h. im Jahr nach dem Konsulat, zur Datierung ἀνθύπατος, Scipio selbst gebraucht den Titel στρατηγὸς ὕπατος Ῥωμαίων in einem Schreiben an die Bewohner von Herakleia am Latmos und an Kolophon, in dem er ihnen und anderen Städten der Asia den Schutz Roms gegen Antiochos versprach.667 Einen Brief mit demselben Titel schrieb er nach Herakleia in Pontos.668 Livius nennt ihn 189 dem Titel στρατηγὸς ὕπατος entsprechend imperator, weil er ein prorogiertes Imperium hatte.669 Im Frühjahr 189 wurde L. Scipio von Cn. Manlius Vulso abgelöst.670 Auf der Rückreise brachte er dem delischen Apoll Weihgeschenke dar. In den Rechnungsurkunden der Hieropoioi, die als Kultbeamte die heiligen Gelder verwalteten, ist er als στρατηγὸς ὕπατος belegt.671 Denselben Titel trägt in dieser Urkunde sein Bruder P. Cornelius Scipio Africanus als Konsular (cos. II 194). Da die Rechnungsurkunde 189 datiert, folgt daraus, dass Publius am Oberkommando seines Bruders Lucius beteiligt war, obwohl er ihm als Legat unterstellt war. 193 hatte Scipio Africanus mit Hannibal ein Gespräch über ihre Taten geführt.672 Nach seiner Rückkehr wollte L. Scipio Asiaticus genannt werden, um nicht hinter seinem Bruder Publius zurückzustehen.673 Im Senat und in der Volksversammlung sprach er ausführlich von seinen Taten. Cicero stellt in diesem Zusammenhang fest, dass der in Kleinasien siegreiche L. Scipio den gleichen Ruhm gewann wie sein Bruder, der über Hannibal triumphiert

665 Vgl. auch Appian, Syr. 33–37. 666 Plb. XXI 16, 1. 24, 2; Liv. XXXVII 45, 4–21; Justin XXXI 8, 8; App. Syr. 38f. 667 Plb. XXI 10, 11. – Sherk, RDGE Nr. 35 und 36. 668 Memnon, FHG III 539, frg. 26,2; vgl. M. Holleaux, ΣΤΡΑΤΗΓΟΣ ΥΠΑΤΟΣ, 1914, S. 4. 669 Liv. XXXVII 55, 2: postremo pacem datam a L. Scipione imperatore; zum Terminus imperator bei Livius s. S. 126f. mit A. 623. 670 Liv. XXXVIII 12, 2; App. Syr. 39 und 42. 671 I. Delos 2, Nr. 442, Z. 89f. Zu den Hieropoioi s. J. Oehler, RE VIII 2, 1913, Sp. 1583. 672 Urkunde: I. Delos 2, Nr. 442, Z. 101. – Gespräch: Liv. XXXV 14, 5–12; vgl. MRR I 349. 673 Liv. XXXVII 58, 6–8.

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hatte, denn beide nahmen als Cognomen den Schauplatz ihres Sieges an.674 Auf Denaren, die sein gleichnamiger Urenkel (cos. 83) als Münzmeister 106 prägen ließ, steht auf dem Revers zur Erinnerung an seinen Vorfahr L SCIP ASIAG.675 Mit der Zustimmung aller wurde dem Imperator vor dem Überschreiten des Pomeriums ein Triumph zuerkannt. Er feierte ihn nach den Fasten am 1. 2. 189 als pro cos. ex Asia de r[ege Antiocho] im Sinn eines Konsuls mit prorogiertem Imperium. Der Triumphator führte reiche Beute (Goldkronen, Elefantenzähne und Münzen) mit.676 In den Jahren 187 bis 184 wurden gegen die beiden Scipionen Prozesse wegen des Vorwurfs der Unterschlagung von Beute und der Bestechung des Antiochos geführt. Sie veranschaulichen den Machtkampf zwischen der Senatsaristokratie und den aus ihr hervorgegangenen großen Feldherren.677 5.3.2

Der Feldzug des Cn. Manlius Vulso (cos. 189) gegen die Galater

Der Patrizier Cn. Manlius Vulso war der Enkel des L. Manlius Vulso Longus (cos. 256). 197 veranstaltete er als kurulischer Ädil äußerst aufwendige Spiele und amtierte 195 als Prätor in Sizilien.678 189 wurde er nach drei Anläufen Konsul und erloste das Kommando in Asia.679 Er löste L. Cornelius Scipio etwa im März ab und übernahm dessen siegreiche Armee mit mindestens 35000 Mann. Sie war bald nach der Schlacht ins Winterquartier gegangen. Der militärisch unerfahrene Cn. Manlius machte seinen Bruder Lucius (pr. 197) und C. Helvius (pr. 198) zu Unterfeldherren. Zu Lucius berichtet Livius, dass er 188 als Gesandter zu König Antiochos ging, zu Helvius, dass er 189 in Kibyra (in Südphrygien) die Unterwerfung des Tyrannen Moagetes entgegennahm und dann mit dem Pergamener Attalos die Tolistobogen am Berg Olympos besiegte.680 674 Cic. Mur. 31: belli victor L. Scipio aequa parta cum Publio fratre gloria, quam laude ille Africa oppressa cognomine ipso prae se ferebat, eandem hic sibi ex Asiae nomine adsumpsit. 675 Münzer, RE IV 1, 1900, Nr. 338, Sp. 1483. – Münzen: RRC Nr. 311. 676 Liv. XXXVII 59, 1: … imperatori triumphus decretus … – Inscr. Ital. 13, 1, 80f.; Beute: Liv. XXXVII 59, 3–5. 677 Liv. XXXVIIII 50–56; vgl. K. Bringmann, Krise und Ende der Republik, 133–42 v. Chr., 2003, 42f. 678 Herkunft: Münzer, RE 14, 1, 1928, Nr. 91, Sp. 1215. – Ädil: Liv. XXXIII 25, 1. – Prätor in Sizilien: Liv. XXXIII 43, 5. 679 Liv. XXXVII 50, 1–2. 8; vgl. Briscoe, Livy, Books 34–37, 1981, 368; Grainger, Campaign, 25. 680 L. Manlius paetor: Liv. XXXII 27, 7; Gesandter: Liv. XXXVIII 39, 1. – C. Helvius praetor.: Liv. XXXII 7, 13; Kibyra: XXXVIII 14, 3–4; vgl. Grainger, Campaign 27; Tolisto-

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Das Kommando des Cn. Manlius in Kleinasien ist fragmentarisch durch Polybios (XXI 25–49) und vollständig durch Livius (XXXVIII 12–27. 37– 39) überliefert. Zunächst schloss er mit Antiochos auf dessen Bitten hin einen Waffenstillstand, der die Grundlage für einen späteren Vertrag bildete: Der König sollte alle seleukidischen Gebiete westlich des Taurusgebirges räumen und musste den Römern sofort 500 Talente als Kriegsentschädigung zahlen (XXXVII 45, 14); darüber hinaus verpflichtete er sich, die römische Armee mit Getreide zu versorgen (XXXVIII 13, 8). Vor seiner Rückkehr nach Syrien nahm Antiochos seinen Sohn Seleukos in die Herrschaft auf und überließ ihm das Kommando in Kleinasien. Trotz des demütigenden Waffenstillstands behielten die Seleukiden die Kontrolle über die Städte an der großen Straße in den Osten und die westlich von Apameia bis Nysa. In Apameia, Antiocheia am Mäander und in Perge in Pamphylien standen Garnisonen des Antiochos. Ziel des Cn. Manlius war es, die Seleukiden aus Kleinasien zu vertreiben. Die römische Herrschaft sollte dort etabliert und Eumenes II., dem König von Pergamon, übertragen werden.681 Im Frühjahr 189 zog Cn. Manlius mit seinem Heer von Ephesos aus ins Landesinnere gegen die Galater, gegen die Rom ein halbes Jahrhundert lang in Norditalien gekämpft hatte. Ihm zur Seite stand Attalos, der Bruder des Eumenes, mit 1300 Soldaten (XXXVIII 13, 3). Zuerst marschierte Cn. Manlius in südwestlicher Richtung nach Pamphylien, wahrscheinlich um Beute zu machen, denn die Galater siedelten in der nördlichen Mitte Kleinasiens.682 Der von Livius Konsul genannte römische Feldherr kam nach Alabanda, das ihn um Hilfe bat, um ein Fort nach einem Aufstand der Besatzung zurückzuerobern (13, 2. 4).683 Dann schlug er das Lager in der Nähe von Antiocheia am Mäander auf, wo Seleukos mit einer Garnison stand; dieser erklärte sich bereit, Cn. Manlius das vertraglich vereinbarte Getreide zu liefern (13, 8–10). Durch Karien, Phrygien und Pisidien gelangte das Heer an die Grenze Pamphyliens: mit den Bewohnern von Termessos und Aspendos schloss Cn. Manlius gegen Zahlung von 50 Talenten ein Bündnis (15, 6). Pamphylien, das von den Seleukiden durch mehrere Forts wie Perge kontrolliert wurde, betrat er nicht. Auf dem Weg nach Norden übernahm Manlius mehere befestigte Plätze, darunter Sagalassos, dessen Gebiet seine bogen: XXXVIII 20–23. 681 Grainger, Campaign, 30f. 682 Grainger, Campaign, 33. 683 Liv. XXXVIII 13, 4: Consul tribuno militum misso cum modica manu castellum vi cepit, captum Alabandensibus reddit; vgl. Grainger, Campaign, 34.

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Truppen verwüsteten (15, 7–12). In Antiochaeia am Mäander traf Manlius ein zweites Mal auf den jungen König Seleukos, der ihm ‚Führer‘ (duces) bis zur Grenze des galatischen Stamms der Tolistobogen mitgab (15, 12– 15). Seleukos ging es darum, das römische Heer auf einer besonderen Route durch das von ihm beherrschte Gebiet zu lotsen.684 Es zog durch Phrygien über Akoridos Kome, Metropolis, Synnada und Dokimeion nach Galatien und schlug die Tolistobogen mit seinem weit überlegenen Heer am Olympos hinter Gordion (19, 1–23, 11)685 und dann die Tektosagen und einige der Trokmer auf einem anderen Berg nahe Ancyra (24, 1. 25, 1–2). Das Imperium des Manlius wurde Ende 189 um ein Jahr verlängert.686 Den Winter 189 auf 188 verbrachte Manlius im Lager in Ephesos, Livius nennt ihn zur Datierung 189 Konsul und 188 Prokonsul.687 Polybios und Diodor verwenden für 188 zur Datierung den entsprechenden Terminus ἀνθύπατος.688 Manlius empfing die Gesandten des Antiochos, des Ariathes IV., des Königs von Kappadokien, der Galater und von allen Stämmen und Städten, die auf dieser Seite des Taurus siedelten (37, 1). Nachdem Manlius von Antiochos die versprochenen Elefanten erhalten und sie Eumenes zum Geschenk gemacht hatte, stellte er in vielen Städten, die in Aufruhr geraten waren, Untersuchungen an.689 Es scheint, dass der römische Feldherr die Macht hatte, mit den weniger bedeutenden seleukidischen Alliierten Friedensverträge zu schließen.690 Er wies Antiochos an, 2500 Talente als erste Zahlung zu leisten; der Übergabeort war Perge. Auf dem Weg dorthin übernahm er das von den Seleukiden beherrschte Gebiet und wartete vor Perge auf die Übergabe der Stadt durch den seleukidischen Kommandanten, der von Antiochos noch nicht den Befehl zur Räumung erhalten hatte (37, 9–11). Als die römischen Gesandten im Sommer in Ephesos landeten, war dies das Zeichen, dass Antiochos zum Friedens684 Grainger, Campaign, 35–36. 685 Vgl. S. 140 mit A. 680. 686 Liv. XXXVIII 35, 3: … collegae Cn. Manlio imperium in annum prorogatum est; vgl. MRR I 366. 687 Liv. XXXVIII 37, 1: Hieme … ad Cn. Manlium consulem primum, dein pro consule hibernantem in Asia. 688 Plb. XXI 45; Diod. XXIX 12. 689 XXXVIII 39, 4: Cn. Manlius cum inter cetera, quae accipienda ab Antiocho erant, elephantos quoque accepisset donoque Eumeni omnis dedisset, causas deinde civitatium, multis inter novas res turbatis, cognovit. 690 Grainger 39. – Plb. XXI 45 (s. o.); Liv. XXXVIII 39, 6: Et Ariarathes rex parte dimidia pecuniae imperatae beneficio Eumenis, cui desponderat per eos dies filiam, remissa in amicitiam est acceptus; vgl. Briscoe, Livy, B. 38–40, 2008, 128–139.

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schluss bereit war. Die Zehnerkommission fand sich mit Manlius und Seleukos in Apameia/Kelainai ein. Es wurde beschlossen, die beschworenen Verträge mit Antiochos zu bestätigen; sie bedurften keiner weiteren Erörterung.691 Durch Thrakien kehrte der Imperator unter einigen Verlusten nach Griechenland zurück und überwinterte in Apollonia.692 Livius nennt Manlius bei der Rückkehr proconsul, vermutlich um das Jahr 187 zu kennzeichnen.693 Als die Mehrheit der zehn Gesandten, die an dem Feldzug teilgenommen hatten, dem heimgekehrten Imperator den Triumph verweigern wollte, wiesen die Verwandten und Freunde des Cn. Manlius darauf hin, dass er den Feind entscheidend geschlagen, die ihm mit der Übertragung der provincia gestellte Aufgabe erledigt und das Heer sicher nach Hause gebracht habe. Ihre Fürsprache gab den Ausschlag.694 Cn. Manlius triumphierte im März 187. Der rekonstruierte Eintrag in den Fasten lautet: [Cn. Manlius Cn.] f. L. n. Vul[so pro ann. DLXVI] /​ cos. ex Asia de Galleis III non. Mart. Analog zu seinen Vorgängern triumphierte Cn. Manlius als Prokonsul im Sinn eines Konsuls mit prorogiertem Imperium.695 In seinem Zug ließ er eine riesige Beute mitführen, darunter schwere Kränze aus Gold und Silber. Das Gewicht des Goldes war doppelt so hoch wie das Scipios und des Fulvius zusammengenommen.696

691 Plb. XXI 43, 27–44, 1; vgl. Liv. XXXVIII 39, 1; App. Syr. 39 und 42; s. MRR II 368, Briscoe, 139–143. 692 Liv. XXXVIII 40, 8: in primo agmine imperator erat. – Apollonia: Liv. XXXVIII 41, 15; vgl. App. Syr. 43. 693 Liv. XXXVIII 44, 9: Post consulum profectionem Cn. Manlius proconsul Romam venit. 694 Liv. XXXVIII 49, 6: Verweigerung: 50, 1–3: Dimittitur senatus in ea opinione, ut negaturus triumphum fuisse videretur. Postero die et cognati amicique Cn. Manlii summis opibus adnisi sunt, et auctoritas seniorum valuit, negantium exemplum proditum memoriae esse, ut imperator, qui devictis perduellibus, confecta provincia exercitum reportasset, sine curru et laurea rivatus inhonoratusque urbem iniret. Hic pudor malignitatem vicit, triumphumque frequentes decreverunt. 695 Triumph: Inscr. Ital. 13, 1, 80f. 696 Liv. XXXIX 7, 1: In triumpho Cn. Manlius tulit coronas aureas ducenta duodecim [pondo], argenti pondo ducenta viginti milia, auri pondo duo milia centum tria; vgl. L. Scipio: Liv. XXXVII 59, 6. – M. Fulvius Nobilior: Liv. XXXIX 5, 6; S. 146 + A. 710.

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M. Fulvius Nobilior (cos. 189) im Ätolerkrieg

M. Fulvius Nobilior, der Enkel des Ser. Fulvius Paetinus Nobilior (cos. 255), entstammte dem hoch angesehenen plebejischen Geschlecht der Fulvier aus Tusculum.697 Er war 196 kurulischer Ädil, zeichnete sich von 193 bis 191 als Imperator prätorischen Ranges in Hispania Ulterior aus und feierte 191 eine ovatio.698 189 war er Konsul mit Cn. Manlius Vulso und übernahm das Kommando im Ätolischen Krieg. Fulvius wandte sich gegen das zum Ätolischen Bund gehörige Ambrakia, schloss die Stadt ein und griff sie mit Maschinen und Minierarbeiten besonders an drei Stellen an.699 Mit welchem Einfallsreichtum sich die Verteidiger lange Zeit zur Wehr setzten, beschreibt Polybios anschaulich, der aus ihm geschöpfte Bericht des Livius ist fehlerhaft, weil der Römer die griechischen Fachtermini nicht immer richtig verstanden hat.700 Plb. XXI 28, 1–18: Den Römern gelang es durch die unermüdliche Arbeit der Sturmböcke, immer wieder ein Stück der Mauern zum Einsturz zu bringen. Trotzdem konnten sie den Einbruch in die Stadt durch die Bresche nicht erzwingen, denn die Ätoler hatten dahinter in harter Arbeit eine neue Befestigung errrichtet und kämpften tapfer auf den Trümmern. Da die Römer also auf diesem Weg nicht vorankamen, entschlossen sie sich, unter die Erde zu gehen und Stollen gegen die Stadt voranzutreiben. Sie sicherten das mittelste der drei schon vorhandenen Befestigungswerke, deckten es vorsichtig mit Faschinen ab, errichteten parallel zur Mauer ein zwei Plethren langes Schutzdach und begannen, von diesem aus in mehreren Schichten ohne Pause Tag und Nacht zu graben. Eine Reihe von Tagen merkten die Belagerten nichts, da die Erde durch den Stollen nach außen getragen wurde. Als aber der Haufen der ausgeschachteten Erde anwuchs und in die Augen fiel, ließ der Festungskommandant innen eiligst einen Graben parallel zu der Mauer und zu dem Schutzdach vor den Türmen ausheben. Als der Graben tief genug war, legten sie 697 Enkel: Stammtafel: Münzer, RE VII 1, 1910, Sp. 232. – Geschlecht der Fulvier: ders. RE VII, 1, Sp. 229. 698 Liv. XXXV 7, 8; 22, 5–8; XXXVI 2, 8. 21, 10–11; ovatio: Liv. XXXVI 2, 10f.; vgl. MRR I 354; Vf. S. 113 mit A. 549. 699 Plb. XXI 25, 9. 27, 1–8. 700 Briscoe, Livy, Books 38–40, 2008, 45 zu Liv. XXXVIII 7, 4–13.

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an seinen Rand auf der Mauerseite in einer Reihe Platten aus ganz dünnem Kupferblech, und indem sie im Graben entlang gingen, horchten sie an den Platten das Geräusch ab, das die Römer beim Graben verursachten. Als sie auf diese Weise die Stelle erkannt hatten, an der die Platten in Schwingung gerieten – denn sie gaben das Geräusch des Grabens wieder –, gruben sie von innen her quer zu dem ersten Graben einen zweiten in die Erde unter der Mauer, um durch ihn gegen den feindlichen Stollen vorzustoßen. Das war schnell erreicht, denn die Römer waren unter der Erde nicht nur bis zur Mauer gelangt, sondern hatten bereits in ziemlicher Breite nach beiden Seiten die Mauer durch Stempel abgestützt. Sie trafen also aufeinander und fochten zuerst unter der Erde mit ihren Lanzen. Da sie aber wenig ausrichten konnten, weil sich beide Seiten durch große Schilde und Faschinen abdeckten, riet jemand den Belagerten, ein großes Fass, breit genug, dass es in den Stollen passte, vorzuschieben, ein Loch in den Boden zu bohren, ein eisernes Rohr hindurchzustecken, so lang wie das Fass hoch war, es dann mit feinen Federn zu füllen und ganz wenige Stücke brennnender Kohle in die Öffnung des Fasses hineinzulegen, darauf einen eisernen Deckel mit vielen Löchern zu legen, schließlich das Fass vorsichtig durch den Stollen nach vorn zu tragen, die Öffnung gegen den Feind gerichtet. Sobald sie sich ihm genähert hatten, verstopften sie den Hohlraum rings um den Rand des Fasses auf allen Seiten und ließen nur zwei Löcher übrig, um Lanzen hindurchzustecken und dadurch den Feind zu hindern, sich dem Fass zu nähern. Dann nahmen sie einen Blasebalg, wie ihn die Schmiede gebrauchen, setzten an ihn das eiserne Rohr, und entfachten dann die glühenden Kohlestücke, die an der Öffnung zwischen den Federn lagen, zu heller Glut, wobei sie das Rohr, in dem Maß, in dem die Federn von oben nach unten fortschreitend Feuer fingen, allmählich herauszogen. Dies wurde genau nach Vorschrift ausgeführt. Infolgedessen entwickelte sich ein gewaltiger, wie das bei Federn der Fall ist, beißender Rauch, der sich natürlich nur in den feindlichen Stollen hinein ausbreiten konnte. Die Römer hatten schwer darunter zu leiden und wussten sich nicht zu helfen: Sie konnten ihm weder Einhalt gebieten noch ihn in dem engen Raum des Stollens aushalten. So zog sich die Belagerung in die Länge, und dies gab dem ätolischen Kommandanten, den Mut, Gesandte an den römischen Feldherrn zu schicken. 144

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Um seinen Anspruch auf den Triumph zu rechtfertigen, rühmte sich Fulvius nach seiner Rückkehr, in einem 15-tägigen Kampf um die Mauern über 3000 Feinde niedergemetzelt zu haben.701 In Wahrheit gewann Fulvius Ambrakia nicht mit Waffengewalt, sondern er stellte die Kapitulation der Stadt als Bedingung bei den Friedensverhandlungen, zu denen sich die Ätoler aus anderen Gründen genötigt sahen und die schließlich zum Ziel führten, und zwar dank der Fürsprache der Athener und der Rhodier sowie des C. Valerius Laevinus (cos. 176), der zugleich der Halbbruder des Fulvius und Patron der Ätoler war.702 Von einer Plünderung blieb Ambrakia zwar verschont, wohl aber ließ Fulvius aus der Stadt, die Pyrrhos als seine Residenz reich geschmückt hatte, eine ungeheure Menge erlesener Kunstwerke nach Rom abtransportieren.703 Anfang September 188 setzte Nobilior nach Kephallania über.704 Er eroberte es und griff auf der Peloponnes in die Streitigkeiten zwischen Sparta und dem Achäischen Bund ein.705 Zur Abhaltung der Wahlen begab er sich am Jahresende nach Rom.706 Wohl im Herbst 187 kehrte Fulvius, den Livius analog zu Cn. Manliius Vulso zur Datierung proconsul nennt, endgültig aus Griechenland nach Rom zurück.707 Die aus Ambracia nach Rom transportierten Kunstwerke ließ Fulvius in seiner Zensur (179) in dem dafür erbauten Tempel des Herkules Musarum aufstellen.708 Eine Beuteweihinschrift aus Tusculum bezeugt die Bildwerke, die M. Fulvius der Heimatgemeinde seiner Familie schenkte: M. Fulvius M. f. /​ Ser. n. cos. /​ Aetolia cepit.709 In der nach Ablauf des Kommandos verfassten Beuteweihinschrift steht der COSTitel, weil Fulvius Ätolien im Konsulatsjahr 189 unterworfen hat701 Liv. XXXIX 4, 9–11; vgl. Münzer, RE Sp. 265; Briscoe, Books 38–40, 220. 702 Plb. XXI 29, 1–30, 8; Liv. XXXVIII 8, 1–9; vgl. Münzer, RE Sp. 265; zu seinem Vater Marcus s. Vf. S. 86/418, 106f. 703 Plb. XXI 30, 9; Liv. XXXVIII 9, 13; [Aur. Vict.] vir. ill. 52, 2. 704 Liv. XXXVIII 10, 2; vgl. V. Warrior, The Chronology of the Movements of M. Fulvius Nobilior, Chiron 18, 1988, 350. 705 Liv. XXXVIII 29–34; Plb. XXI 32 b, c; vgl. MRR I 360. 706 Liv. XXXVIII 35, 1; vgl. MRR I 366. 707 Liv. XXXIX 4, 1 (Jahr 187): Priusquam consules Romam redirent, M. Fulvius proconsul ex Aetolia redit; vgl. S. 142 + A. 693. 708 ILLRP 124: M. Fulvius M. f. /​ Ser. N. Nobilior /​ cos. Ambracia cepit. Bildwerke: Plin. NH XXXV 66. – Zensur: Liv. XL 45f.; vgl. MRR I 392. 709 ILLRP 322.

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te. Nach der Terminologie der Fasten triumphierte er am 10. 01. 186 (= 21. 12.187) als Prokonsul im Sinn eines Konsuls mit prorogiertem Imperium.710 Vorher, nämlich noch 188, sollen die Senatoren nach Livius darüber geklagt haben, dass M. Fulvius und Cn. Manlius schon zwei Jahre lang in Europa und Kleinasien gleichsam anstelle von Philipp und Antiochos wie Könige schalteten und walteten. Wenn die Stationierung von Heeren in diesen Ländern erwünscht sei, so gehöre es sich eher, dass Konsuln an deren Spitze stehen als Privatleute.711 Diese Darstellung trifft sicher insoweit zu, als den Senatoren die unkontrollierte Macht der beiden weit entfernten Feldherren Sorge bereitete. Polybios schildert das Problem zur Zeit des 2. Punischen Kriegs. Er sagt, dass der Konsul zwar im Feld souverän (αὐτοκράτωρ) in seinen Entscheidungen sei, aber ohne die Unterstützung des Volks und des Senats sein Unternehmen nicht erfolgreich zu Ende bringen könne, da er von Zeit zu Zeit Nachschub für die Legionen benötige und ohne Senatsbeschluss weder mit Getreide noch mit Kleidung versorgt werde, sodass alle seine Pläne hinfällig seien, wenn sie der Senat sabotiere oder vor der Gefahr zurückschrecke.712 Da Cn. Manlius Vulso bis weit ins Innere Kleinasiens vorstieß, war die Verbindung mit Rom während seines Feldzugs unterbrochen, im Fall des M. Fulvius eher nicht, weil er Makedonien nicht verließ.713 Der Unterschied, den Livius im Außenbereich militiae zwischen den Konsuln und Privatleuten macht, bestand jedoch nicht, weil die aus Rom ausziehenden Feldherren das Kommando im Amtsjahr nach dem Überschreiten des Pomeriums nicht als Konsuln, sondern als Imperatoren des römischen Volkes führten und im Fall der Prorogation ihres Imperiums nicht als Privatleute, sondern unverändert in staatlichem Auftrag. Dies beweist das schon erwähnte Schreiben des T. Quinctius Flamininus mit dem Titel στρατηγὸς 710 Inscr. Ital. 13, 1, 80f.: [M. Ful]vius M.f. Ser.n. Nobil[ior pro cos. de Aetoleis et Cephallenia IIII idus Ian.]; zum Triumph ohne Funktionsangabe s. auch Cic. Mur. 31; Liv. XXXVIII 43, 9–13. XXXIX 5, 6; vgl. MRR I 369. 711 Liv. XXXVIII 42, 10: M. Fulvium et Cn. Manlium biennium iam, alterum in Europa, alterum in Asia velut pro Philippo atque Antiocho substitutos regere. Si exercitus in his terris esse placeat, consules iis potius quam privatos praeesse oportere. 712 Plb. VI 15, 2: ὁ μὲν γὰρ ὕπατος, ἐπειδὰν τυχὼν τῆς προειρημένης ἐξουσίας ὁρμήσῃ μετὰ τῆς δυνάμεως, δοκεῖ μὲν αὐτοκρά-τωρ εἶναι πρὸς τὴν τῶν προκειμένων συντέλειαν, 3] προσδεῖται δὲ τοῦ δήμου καὶ τῆς συγκλήτου, καὶ χωρὶς τούτων ἐπὶ τέλος ἄγειν τὰς πράξεις οὐχ ἱκανός ἐστι. 4] δῆλον γὰρ ὡς δεῖ μὲν ἐπιπέμπεσθαι τοῖς στρατοπέδοις ἀεὶ τὰς χορηγίας: ἄνευ δὲ τοῦ τῆς συγκλήτου βουλήματος οὔτε σῖτος οὔθ᾽ ἱματισμὸς οὔτ᾽ ὀψώνια δύναται χορηγεῖσθαι τοῖς στρατοπέδοις, 5] ὥστ᾽ ἀπράκτους γίνεσθαι τὰς ἐπιβολὰς τῶν ἡγουμένων, ἐθελοκακεῖν καὶ κωλυσιεργεῖν προθεμένης τῆς συγκλήτου. 713 Nach Liv. XLIV 16, 1 forderte Q. Marcius Philippus 169 aus Makedonien Nachschub an; vgl. S. 156 mit A. 782.

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ὕπατος Ῥωμαίων, das entgegen Broughton nicht aus dem Konsulatjahr 198, sondern 195/4 datiert.714 Dem Zusatz Ῥωμαίων entspricht im Lateinischen der Ausdruck populi Romani; er bedeutet in Bezug auf den στρατηγὸς ὕπατος, dass er als Imperator konsularen Ranges einen staatlichen Auftrag hatte. Demnach führten M. Fulvius und Cn. Manlius das Kommando im Amtsjahr nicht als Konsuln und im folgenden nicht als Privatleute, sondern als vom Volk gewählte Imperatoren (imperatores populi Romani). Daraus folgt, dass die Senatoren den Vorschlag, jährlich neue Konsuln zu entsenden, nicht unterbreitet haben können. Das mit den wachsenden Entfernungen der kriegerischen Schauplätze verbundene Problem, dass die Oberkommandierenden von Rom aus kaum noch kontrolliert werden konnten, wurde erst mehr als 100 Jahre später von Sulla durch die Einführung von Promagistraturen gelöst.715 5.5

Der 3. Makedonische Krieg (171–168)

Als Philipp V. im Sommer 179 mit 58 Jahren starb, folgte ihm sein ältester Sohn Perseus nach. Er erneuerte Ende 179 die Freundschaft mit den Römern.716 Durch eine rege diplomatische Tätigkeit seiner Repräsentanten steigerte Perseus den makedonischen Einfluss in Griechenland.717 Außerdem knüpfte er verwandtschaftliche Bande zum Herrscherhaus Bithyniens und zur Familie der Seleukiden. Durch den Wiederaufstieg Makedoniens sahen sich die Römer und ihre Vasallen im Osten bedroht: 172 reiste der mit Perseus verfeindete König Eumenes II. von Pergamon nach Rom, um seine Sorgen hinsichtlich der neu aufgenommenen Beziehungen Makedoniens mit der Handelsmacht Rhodos vorzutragen.718 Ein Teil seiner Beschwerden findet sich auf einer delphischen Stele wieder, die die Anklagen der Römer gegen Perseus bei den Amphyktionen enthält.719 Der Senat bereitete gegen Perseus den Krieg vor, indem er mehrere Gesandtschaften in verschiedene griechische Poleis schickte, um ihn auf diplomatischem Weg von den übrigen hellenistischen Staaten zu isolieren. Q. Marcius Philip714 Vgl. S. 127 mit A. 627. 715 Vgl. S. 261 mit A. 1354. 716 Plb. XXV 3, 1: Ὅτι Περσεὺς ἀνανεωστάμενος τὴν φιλίαν τῷ πρὸς Ῥωμαίους … Liv. XL 58, 9: Perseus potitus regno … dum firmaret res, legatos Romam ad amicitiam renovandam petendumque, ut rex ab senatu appellaretur, misit. 717 Plb. XXV 3, 2–8. 718 Liv. XLII 11–14, 10; vgl. Briscoe, Livy, Books 41 to 45, 2012, 186–201. 719 Syll.3 643 = Sherk, RDGE Nr. 40; vgl. Bengtson, GG5 487, RG3 135.

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pus (cos. 186) reiste 172 an der Spitze einer Fünfergesandtschaft nach Griechenland und handelte zum Schein mit Perseus einen Waffenstillstand aus.720 Ti. Claudius Nero (pr. 178) und der Prätorier L. Decimius wurden nach Kreta und Rhodos entsandt, um die Freundschaft zu erneuern und gleichzeitig auszukundschaften, ob König Perseus ihre hellenistischen Bundesgenossen aufgewiegelt habe.721 Anfang 171 entschieden sich die Komitien ohne Weiteres für den Krieg.722 5.5.1

P. Licinius Crassus (cos. 171)

P. Licinius Crassus entstammte den Liciniern, dem bedeutendsten plebeischen Geschlecht Roms. Sein jüngerer Bruder Gaius war 168 Konsul. Publius lehnte 176 als Prätor aus religösen Rücksichten das Kommando in Hispania Citerior ab.723 Nach der Kriegserklärung Roms an König Perseus erhielt der neu gewählte Konsul P. Crassus 171 gegen ihn den Oberbefehl, den ihm sein Amtsgenosse C. Cassius erfolglos streitig gemacht hatte. Crassus leitete die sehr umfassenden und nicht ganz reibungslosen Aushebungen samt der Stellung der hellenistischen Bundesgenossen.724 Er wies in Rom die Friedensangebote des Perseus, der mittlerweile fast allein stand, zurück und befahl dessen Gesandtschaft, Italien zu verlassen.725 Ihm wurde aufgetragen, das Heer möglichst schnell zu versammeln. In einer längeren Passage stellt Livius fest, dass der Konsul P. Licinius auf dem Kapitol die Gelübde sprach und im Kiegsmantel aus der Stadt aufbrach. Er zog die Blicke aller Zuschauer auf sich, die nicht nur zusammengekommen waren, um ihre Pflicht zu erfüllen, sondern die auch voller Freude das Oberhaupt des Staates ausziehen sahen, dem sie aufgetragen hatten, über das Wohl und Wehe des

720 Liv. XLII 37, 1. 43, 3; vgl. S. 153 mit A. 763. 721 Liv. XLII 19, 7–8; vgl. MRR I 412; Briscoe, Livy, 220: M. Decimius is not otherwise known; s. hingegen: Münzer, RE IV 2, 1901, Nr. 4: Die Angabe M. Decimius stammt aus einem ungenauen annalistischen Bericht und ist wertlos gegenüber der besseren aus Polybios geflossenen bei Liv. XLII 37,1, wonach L. Decimius damals, während Claudius mit zwei anderen Gesandten nach Asia ging, zu König Genthios nach Illyrien geschickt wurde. 722 Liv. XLII 31, 1; vgl. Briscoe, Livy, Books 41 to 45, 254f. 723 Herkunft: R. Hanslik, KP 3, Sp. 634f. – Prätor: Liv. XLI 15, 9f.; vgl. Briscoe, Livy, 89: Crassus was pater familias and his presence was therefore necessary at the rites. The same scruples did not prevent Crassus from going to Macedonia in 171. 724 Oberbefehl: Liv. XLII 32, 1–5 vgl. Briscoe, 256f. – Aushebungen: Liv. XLII 32, 6–35, 2; vgl. Briscoe, 258–267. 725 Liv. XLII 64, 1–66, 9; App. Mac. 10 c; vgl. Briscoe, 375–383.

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Staates zu wachen.726 Es ist offensichtlich, dass das römische Volk mit der feierlichen Verabschiedung des ins Feld ziehenden Konsuls eine ihm vom Staat auferlegte Pflicht erfüllte. Die Funktion bestand wohl darin, ihn beim Auszug zum Imperator auszurufen. Das einzige Beispiel eines Konsuls, der vom Volk akklamiert wurde, ist durch Appian überliefert, demzufolge L. Antonius im Sommer 41 gegen Octavian in den Perusinischen Krieg zog. Der Staatsakt dürfte auf dem Marsfeld stattgefunden haben, denn das Areal im Norden des mittleren Campus diente seit dem 4. Jh. als zentraler Versammlungsplatz des Heeres bei den Wahlen der Konsuln; von dort nahmen die Triumphzüge ihren Anfang.727 Was P. Licinius betrifft, so setzte er von Brundisium aus ein 28000 Mann starkes Heer nach Apollonia über.728 Zuerst kam es zu einem Reitertreffen mit Perseus am Peneios beim Hügel Kallikinos, das mit einer schweren und verlustreichen Niederlage des Römers endete.729 Perseus traute jedoch seinem Erfolg nicht und ließ seine Bereitwilligkeit erkennen, Frieden unter den gleichen Bedingungen zu schließen, wie sie seinem Vater von T. Quinctius Flamininus gewährt worden waren. Aber Licinius Crassus verlangte trotz der verlorenen Reiterschlacht von ihm die bedingungslose Unterwerfung.730 Auf die Kunde vom makedonischen Sieg hin flammten in ganz Griechenland wie ein Feuer die Sympathien für Perseus auf.731 Die Abneigung gegen die Römer wurde in Hellas noch verstärkt durch ihre grausame Kriegführung: Der Prätor C. Lucretius (Gallus) bestürmte in Böotien mit aller Macht Haliartos. Als es nach tapferem Widerstand in römische Hand fiel, wurden die alten Leute und die Kinder niedergemacht und die Waffenfähigen in die Sklaverei verkauft.732

726 Liv. XLII 49, 1–3: Per hos forte dies P. Licinius consul votis in Capitolio nuncupatis paludatus ab urbe profectus est. semper quidem ea res cum magna dignitate ac maiestate agitur; praecipue convertit oculos animosque, cum ad magnum nobilemque aut virtute aut fortuna hostem euntem consulem prosequuntur. contrahit enim non officii modo cura, sed etiam studium spectaculi, ut videant ducem suum, cuius imperio consilioque summam rem publicam tuendam permiserunt; vgl. Briscoe, 322f. 727 App. BC V 31, 119 (Zitat S. 390/2064); vgl. Jon Albers, Campus Martius, 2013, 201f. 728 Liv. XLII 49, 1–10; vgl. Briscoe, 322–326. 729 Liv. XLII 57, 1–61, 11; Justin XXXIII 1, 3–5; Eutrop IV 6, 3; Oros. IV 20, 27; Plut. Aem. 9, 2–3; vgl. Briscoe, 353ff. 730 Plb. XXVII 8, 1–15; Liv. XLII 62, 3–15; App. Mac. 10 c; Cass. Dio fr. 67, 1–2; vgl. Briscoe, 368–372. 731 Plb. XXVII 9; Liv. XLII 63, 1–2. 732 Liv. XLII 63, 10; Strabo IX 411; vgl. Bengtson, RG3 136; MRR I 416; Briscoe, 372– 375.

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Im Verlauf der weiteren Operationen in Thessalien gelang es Crassus, seine von Perseus bei der Ernte überraschten Mannschaften vor der Vernichtung zu retten, indem er mit der Hauptmacht ausrückte und die Makedonen in die Flucht schlug.733 Nach weiteren geringfügigen und fruchtlosen Unternehmungen verteilte Crassus seine Truppen in Thessalien und Böotien in die Winterquartiere. Er selbst nahm Aufenthalt in Böotien und ging hier namentlich gegen Koroneia mit Gewalt und Härte vor.734 Er eroberte und zerstörte mehrere griechische Städte; dabei ließ er sich so schwere Grausamkeiten, Plünderungen735 und die Versklavung der Einwohner zuschulden kommen, dass der Senat später dagegen einschritt, die Versklavten loskaufte und Crassus mit einer Geldstrafe belegte. Wahrscheinlich beging Crassus diese Untaten erst 170 nach dem Verlassen des Winterlagers.736 Schwer zu leiden hatte auch Chalkis auf Euböa, wo ein vom Prätor C. Lucretius und seinem Nachfolger L. Hortensius (pr. 170) kommandiertes Geschwader ankerte.737 Der Amtskollege des Crassus, C. Cassius Longinus, hatte im März 171 Italien erhalten. Er zog durch Illyrien und verwüstete das Land der Karner, Histrier und Japyden.738 Durch ihm nachziehende Legaten musste Cassius vom Senat daran gehindert werden, in Makedonien einzufallen.739 Im folgenden Jahr fungierte Cassius in Makedonien unter dem Konsul A. Hostilius als Kriegstribun.740

733 Liv. XLII 64, 2–66, 9; vgl. Briscoe, 375–383. 734 Winterquartiere: Liv. XLII 67, 12; Koroneia: Liv. XLIII 4, 11; vgl. Briscoe 402f. 735 Liv. XLIII 4, 5: … quo crudelius avariusque in Graecia bellatum et ab consule Licinio et ab Lucretio praetore erat; Bezug auf die Plünderung Malloias und Zerstörung Pteleons (XLII 67, 7. 9); vgl. Briscoe, 400. – Liv. XLIII 6, 2–3: Athenienses exposuerunt se, quod navium habuerint militumque, P. Licinio consuli et C. Lucretio praetori misisse; quibus eos non usos frumenti sibi centum milia imperasse; vgl. Briscoe, 406f. 736 Liv. per. 43, 2–3: P. Licinius Crassus procos. complures in Graecia urbes expugnavit et crudeliter corripuit. Ob id captivi qui ab eo sub corona venierant ex S. C. postea restituti sunt. Item a praefectis classium Romanarum multa impotenter in socios facta; die Angabe pro cos. ist wohl genauer als cos. in Liv. XLIII 4, 5 (s. Anm. o.); vgl. Zon. IX 22, 5–6. 737 Liv. XLIII 7, 5–8; vgl. Briscoe, 411f. – Zu Chalkis unter M’. Acilius Glabrio s. Plut., Tit., 16, 1–4 (Text: S. 131). 738 Italien: Liv. XLII 32, 5; vgl. Briscoe, 254. -– Illyrien: Liv. XLIII 5, 3–4; vgl. Briscoe, 403–406. 739 Liv. XLIII 1, 10–12; vgl. Briscoe, 388–390. 740 Liv. XLIII 5, 1: … de Cassio, qui priore anno consul fuerat, tum tribunus militum in Macedonia cum A. Hostilio erat.

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5.5.2

A. Hostilius Mancinus (cos. 170)

Hostilius ist ein alter lateinischer Familienname, der bis zu König Tullus Hostilius zurückreicht. Der Zweig der plebeischen Auli Hostilii ist erst seit dem Großvater des Konsuls von 170 nachweisbar.741 180 war er praetor urbanus.742 Als Konsul erhielt er 170 das Kommando gegen Perseus.743 Auf der Reise zu dem in Thessalien stationierten Heer wurde er Ende Februar von Legaten über die bedrohliche Lage informiert, die im letzten Sommer durch die Erfolge des Perseus entstanden war.744 Von Rom abgefallene Epiroten wollten Hostilius durch Verrat gefangen nehmen, doch entging er der Gefahr, indem er einen anderen Weg wählte.745 Zweimal versuchte er, den Zugang nach Makedonien zu erzwingen, musste aber beide Male wieder umkehren.746 Perseus stand mit seinem Heer fast zwei Jahre in Thessalien.747 Erfolgreicher als der Oberkommandierende Hostilius war der Prätor L. Hortensius, der 170 in Thrakien die Flotte befehligte. Er nahm mit Hilfe eines Verräters die Stadt Abdera, gegen die Einwohner wurde das Kriegsrecht in seiner ganzen Härte angewandt. Hortensius wurde später vom Senat zensiert, weil er Abdera zerstört und die Bevölkerung in die Sklaverei verkauft hatte. Ende 170 bezog Hostilius in Thessalien die Winterquartiere.748 Im Winter 170 auf 169 versuchte der Legat L. Coelius, der in Illyrien operierte, vergeblich die Stadt Hyskana von einer makedonischen Besatzung zurückzuerobern.749 Um den römischen Einfluss auf die griechischen Gemeinden zu stärken, entsandte A. Hostilius vom Winterlager in Larissa aus die Legaten C. Popilius Laenas und Cn. Octavius in verschiedene Teile Griechenlands. Zuerst sollte in Theben und dann in den anderen Städten ein senatus consultum bekannt gemacht werden, dass die Griechen sich nicht an der Kriegführung der römischen Magistrate beteiligen sollten, es sei denn, der Senat hätte dies entschieden.750 Der Satz zeigt, dass Livius die militiae 741 Hostilii Mancini: Münzer, RE VIII 2, 1913, Nr. 16. – Auli Hostilii: Nadig, DNP 5, 1998, Sp. 745. 742 Liv. XL 35, 2. 8. 743 Der Bericht fehlt am Anfang des nur lückenhaft überlieferten 43. Buches. 744 Liv. XLIII 11, 9; vgl. Briscoe, 423. 745 Plb. XXVII 16, 2. 746 Plut. Aem. 9, 4; Liv. XLIII 11, 9; XLIV 2, 6. 747 Plb. XXIX 19, 7. 748 Abdera: Liv. XLIII 4. 8–13. – Winterlager: Plb. XXVIII 3, 1. 749 Liv. XLIII 21, 1–3; Oros. IV 20, 38. 750 Liv. XLIII 17, 2: Eodem anno C. Popilius et Cn. Octavius legati, qui in Graeciam missi erant, senatus consultum Thebis primum recitatum per omnes Peloponnesi urbes circum-

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Krieg führenden Oberkommandierenden im Amtsjahr fälschlich als Magistrate ansieht.751 Die beiden Legaten erwähnt auch Polybios, der Hostilius ἀντιστράτηγος nennt, um ihn als Stellvertreter seines Nachfolgers zu kennzeichnen.752 Das heißt, dass er das Kommando nach Ablauf seines Amtsjahres am 15. März 169 bis zur Ankunft seines Nachfolgers Q. Marcius kommissarisch weiterführte. In einer Ehrung des Legaten Cn. Octavius in Argos führt Hostilius hingegen der Titel στρατηγὸς ὕπατος, der für einen im griechischen Osten tätigen Oberfeldherrn typisch ist.753 Wegen der unterschiedlichen Funktionsangaben meinte Walbank, Polybios hätte den Terminus ἀντιστράτηγος unsachgemäß verwendet.754 Dem ist entgegenzuhalten, dass dieser Terminus, wie oben gesagt, den Stellvertreter im Oberkommando bezeichnet, während der inschriftlich belegte Titel στρατηγὸς ὕπατος der offizielle ist, der militiae den Imperator konsularen Ranges kennzeichnet. Nach Ablauf seines Amtsjahres nennen Polybios und Livius den Hostilius übereinstimmend ἀνθύπατος bzw. proconsul, um auszudrücken, dass er im zweiten Jahr seines Kommandos ein prorogiertes Imperium hatte.755 In einer späteren Rückschau stellt Livius Hostilius das Zeugnis aus, er habe zwar keine glänzenden Waffentaten aufzuweisen, aber als Prokonsul die Zucht im Heer wiederhergestellt und das Verhältnis zu den Bundesgenossen freundlich und fruchtbar gestaltet. Seine Leistungen als Konsul mit prorogiertem Imperium datieren nach dem 15. März 169, dem Tag, an dem bis 154 das Kalenderjahr begann.756 Er diente seinem Nachfolger Q. Marcius nach dessen Ankunft in Thessalien als Legat.757

tulerunt, ne quis ullam rem in bellum magistratibus Romanis conferret, praeterquam quod senatus censuisset; vgl. Briscoe 447f. 751 Vgl. S. 21 mit A. 38, 100f., 123f. 752 Plb. XXVIII 3, 1: ὅτι Αὖλος κατὰ τοῦτον τὸν χρόνον ἀντιστράτηγος ὢν… – Zur ursprünglichen Bedeutung von ἀντιστράτηγος ‚Stellvertreter des Feldherrn‘ s. J. – L. Ferrary, Les gouverneurs d’Asie Romaine, Chiron 30, 2000, 184 mit Anm. 108. 753 SEG XVI 255, Z. 1: Ἐπειδὴ Γνάιος Ὀκτάιος Γναίου Ῥωμαῖος … 5–6: ἀποσταλεὶς δὲ καὶ πρεσβευτὰς [μετὰ] /​ Γα[ί]όυ ὑπὸ [Α}ὔλου τοῦ ὑπάτου στρατηγοῦ τῶν Ῥωμαίων [ἥκει] /​ … 754 Walbank, Polybius III, 1971, 329, vgl. Briscoe, 447. 755 Plb. XXVIII 5, 6: … καὶ συνεπαινέσαντες ἀπῆραν ἐπὶ Λαρίσης πρὸς τὸν ἀνθύπατον. – Liv. XLIII 17, 10: Larissam ad Hostilium proconsulem – ab eo enim missi erant – legati redierunt. 756 Liv. XLIV 1, 5; vgl. Briscoe, 466f. – Kalender- und Amtsjahr: Kunkel, StO, 86f.; Vf. S. 22 mit A. 46, S. 77 mit A. 367. 757 Liv. XLIV 1, 5: castra eo tempore A. Hostilius in Thessalia circa Palaepharsalum habebat.

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5.5.3

Q. Marcius Philippus (cos. 169)

Q. Marcius Philippus war vermutlich der Enkel des gleichnamigen Konsuls von 281.758 188 war er Prätor in Sizilien759 und bereits 186 Konsul: Er untersuchte mit seinem Kollegen Sp. Postumius den unerhörten Bacchanalienskandal. Er erlitt in Ligurien im Gebiet der Aquaner eine schwere Niederlage.760 183 wurde Marcius wohl aufgrund älterer familiärer Kontakte zum Königshaus nach Makedonien und zur Peloponnes entsandt.761 Als decemvir sacrorum (seit 180) brachte er 174 ein feierliches Gelübde für das Erlöschen der Pest dar.762 172 reiste Marcius an der Spitze einer Fünfergesandtschaft nach Griechenland und gewährte Perseus einen Waffenstillstand, da die Römer für einen Krieg noch nicht gerüstet waren.763 Im Frühjahr 171 wurde er erneut nach Griechenland geschickt und stieß in Chalkis zu den übrigen Seestreitkräften.764 169 wurde er zum zweiten Mal zum Konsul gewählt und erhielt als Fachmann für den Osten das Kommando zu Lande gegen Perseus.765 A. Hostilius hatte im Krieg gegen Perseus keine Erfolge erzielen können und sich weitgehend darauf beschränkt, die Stellung der Römer in Griechenland zu verteidigen. Der Makedonenkönig Perseus hatte den größeren Teil von Epirus und Thessalien besetzt und aufgerüstet. Eilends wurde Q. Marcius gegen ihn entsandt. Der Senat bewilligte für Makedonien 6000 römische Fußsoldaten und 6000 von den Bundesgenossen und Latinern sowie 250 römische Reiter und 300 von den Bundesgenossen.766 Marcius führte im Frühjahr 169 die für den neuen Feldzug bewilligten Streitkräfte von Rom nach Brundisium und übernahm in Thessalien bei Palaipharsalos von seinem Amtsvorgänger Hostilius die vereinigten römischen und bundesgenössischen Streitkräfte. In einer Ansprache an das Heer legte er die Gründe und Aussichten des ganzen Krieges dar. Im Kriegsrat, zu dem auch der Flottenbefehlshaber C. Figulus erschien, wurde der Plan eines kombinierten Angriffs zu Lande und zur See vereinbart und bereits am 758 Münzer, RE XIV 2, 1930, Nr. 79. 759 Liv. XXXVIII 35, 10; vgl. Briscoe, Livy, B. 38–40, 122. 760 Skandal: Liv. XXXIX 6, 1. – Niederlage: Liv.XXXIX 20, 2. 761 Plb. XXIII 4, 16; Liv. XXXIX 47, 11. 762 Liv. XLI 21, 11; vgl. Briscoe, Livy, Books 41–45, 115f. 763 Fünfergesandtschaft: Liv. XLII 37, 1; vgl. S. 148 mit A. 720. – Waffenstillstand: XLII 43, 3. 764 Entsendung: Liv. XLII 47, 9. – Chalkis: Liv. XLII 56, 7. 765 Liv. XLIII 12, 1; vgl. Briscoe, Livy, 425f. 766 Entsendung: Zon. IX 22, 7–8. – Streitkräfte: Liv. XLIII 15, 3. XLIV 1, 1–4.

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zehnten Tag nach der Kommandoübergabe begann der Vormarsch bis in die Gegend am oberen Europos.767 Hier traf der spätere Geschichtsschreiber Polybios, der in diesem Jahr Hipparch des Achäischen Bundes war, als Führer einer Gesandtschaft ein, um dem römischen Feldherrn (στρατγός) die in einem Dekret erklärte Bereitschaft der Achäer mitzuteilen, ihm ihr gesamtes Aufgebot zur Verfügung zu stellen.768 Doch Marcius lehnte das Angebot ab. Polybios geriet in eine schwierige Lage, weil der Unterfeldherr Appius Claudius Centho 5000 Soldaten für Epirus bei den Achäern anfordern wollte. Polybios konnte dem Bund die Entsendung, die 120 Talente gekostet hätte, ersparen, weil sich Centho nicht auf einen Senatsbeschluss stützen konnte.769 Später errichtete der Achäische Bund Marcius in Olympia wegen seiner Verdienste eine Statue.770 Da er den von einer starken Garnison des Perseus bewachten Tempepass nicht überschreiten konnte, stieß Marcius in einem aufsehenerregenden Unternehmen von Perrhäbien über das Massiv des Olymp ins südliche Makedonien vor, und zwar über den Pass, der am Askurissee vorbeiführt. Er schickte eine Abteilung von 4000 Mann unter seinem gleichnamigen Sohn voraus; sie besetzte die Passhöhe, so dass das übrige Heer aufsteigen konnte.771 Aber der Versuch, durch die Überwältigung des Hippias, des Generals des Perseus, den Weg in die Küstenebene zu öffnen, scheiterte, weil die Römer zwischen den steilen Berghängen ihre Überlegenheit nicht zur Geltung bringen konnten.772 Marcius musste trotz seiner 60 Jahre und seiner Leibesfülle mit dem Heer den Abstieg über die steilen, zerklüfteten Hänge wagen und wäre wohl kaum einer Katastrophe entgangen, wenn der Feind ihn zu einem Angriff genutzt hätte.773 Perseus versetzte die gelungene Passüberschreitung in höchste Bestürzung. Er gab die Schlüsselstellung im 767 Ansprache: Liv. XLIII 15, 3. XLIV 1, 1–4. – Kriegsrat: Liv. XLIV 2, 4–8. 768 Plb. XXVIII 13, 3–4 … ἅτε τοῦ στρατηγοῦ δοκοῦντος ἠνύσθαι τὸ μέγιστον τῶν προκειμένων, τότε λαβόντες καιρὸν τὸ ψήφισμα τῷ Μαρκίῳ προσήνεγκαν καὶ διεσάφουν τὴν τῶν Ἀχαιῶν προαίρεσιν διότι βουληθεῖεν αὐτῷ πανδημεὶ τῶν αὐτῶν μετασχεῖν ἀγώνων καὶ κινδύνων. 769 Plb. XXVIII 13, 5–14. 770 Statue: Syll.3 649: τὸ κοινὸν τῶν Ἀχαιῶν [Κ]όιντον Μαάρκιον Λευκίου /​ Φίλιππον, στρατηγὸν ὕπατον Ῥωμαίων, ἀρετᾶς ἕ/νεκεν καὶ καλοκαγαθίας τᾶς εἰς αὑ/τοὺς καὶ τοὺς ἄλλους Ἕλλανας. 771 Garnison des Perseus: Liv. XLII 54, 8. – Sohn des Marcius: Liv. XLIV 3, 1: Q. Marcius consulis filius. 772 Liv. XLIV 4, 1–6. 773 Leibesfülle: App. Mac. 14. – Rettung: Liv. XLIV 2, 9. 3, 1–10; vgl. Briscoe, Livy, 470f.

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Tempetal auf und floh nach Pydna, so dass den Römern der Zugang nach Thessalien sowie der Durchmarschweg nach Dion in den südlichsten Zipfel Makedoniens offen standen.774 Marcius marschierte in Richtung Pydna, aber da ihm der Proviant ausging, kehrte er unter Preisgabe der bereits besetzten Stadt Dion nach Phila an der Peneiosmündung zurück. Perseus nahm das von Marcius aufgegebene Dion wieder in Besitz und schlug am Elpeios sein Lager auf. Inzwischen befahl Marcius dem von seinem Vorgänger Hostilius übernommenen Legaten C. Popilius, die Stadt Herakleion in Makedonien einzunehmen. Anschließend schlug er dort das Winterlager auf.775 Er empfing eine Gesandtschaft der Rhodier, die schon im Sommer in Rom vorstellig geworden waren, um die Freundschaft zu erneuern. Marcius erteilte den Rhodiern den Rat, sie sollten den beiden kriegführenden Parteien Makedonien und Rom in gleicher Weise ihre guten Dienste als Vermittler anbieten.776 Appian schildert denselben Vorgang und meint, Marcius hätte aus Feigheit gehandelt, Gellius gibt die Worte des Cato Censorinus wieder, der die Furcht der Rhodier vor der Übermacht der Römer betont.777 Die moderne Forschung geht von einer arglistigen Täuschung des Marcius aus, denn sein Ratschlag, den die Rhodier im Juni 168 tatsächlich befolgten, brachte ihnen nur Argwohn und Feindschaft ein.778 Offensichtlich wollte Marcius seinen Feldzug in Makedonien mit einem Sieg über Perseus abschließen. Er rief die Achäer in einem Brief dazu auf, der römischen Politik zu folgen und zu versuchen, im Krieg zwischen den Königen Antiochos (IV.) und Ptolemaios (VI. Philometor) zu vermitteln.779 Marcius fuhr dann mit der Flotte von Herakleion nach Thessalonike, gab den Angriff auf die Stadt jedoch nach kurzer Zeit auf und verwüstete das Land in der Gegend von Pydna. Perseus hatte inzwischen die Schlagkraft seiner Hoplitenphalanx erhöht und den Pferden durch Attrap774 Pydna: Liv. XLIV 6, 1–2. – Einnahme des Tempepasses: Liv. XLIV 7, 1. – Dion: Flor. I 28, 1–5. 775 Elpeios: Liv. XLIV 8, 1–9; C. Popilius: S. 151 mit A. 750; Herakleion: Liv. XLIV 8, 1–9; Winterlager: Liv. XLIV 9, 10–11. 776 Gesandtschaft der Rhodier: Plb. XXVIII 16, 1–9. – Ratschlag: Plb. XXVIII 17, 1–15. 777 App. Mac. 17; Gellius VI 3, 15: Atque etiam, inquit (sc. Cato), „insuper profitetur Rhodienses, qui accusabantur, quod adversus populum Romanum regi magis cupierint faverintque, id eos cupisse atque favisse utilitatis suae gratia, ne Romani Perse quoque rege victo ad superbiam ferociamque et inmodicum modum insolescerent.“. 778 Münzer, RE XIV 2, 1930, Nr. 79, Sp. 1578. P. Derow, Rome, Polybios and the East, 2015, 43f. 779 Geplanter Sieg: Plb. XXIX 23, 11. – Brief an die Achäer: Plb. XXIX 25, 2: Nr. 18.

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pen ihre Scheu vor den Elefanten der Römer abgewöhnt.780 Marcius kehrte angeblich wegen Versorgungsschwierigkeiten von Pydna nach Thessalien zurück. Um im feindlichen Land nicht untätig zu sein, veranlasste er seinen Legaten C. Popilius, die an den Ausläufern des Ossagebirges gelegene Stadt Meliboea zu erobern.781 Gegen Jahresende sandte Marcius einen Brief an den Senat mit der Bitte um Nachschub, insbesondere Kleidung und Pferde. Zur Abhaltung der Wahlen kam er dann eilends nach Rom.782 In Delos weihte er als ὕπατος einen goldenen Lorbeerkranz. Dass nicht στρατηγὸς ὕπατος steht, hat wahrscheinlich nichts zu besagen, denn in einer weiteren Weihung fehlt der Titel ganz.783 164 wurde Marcius zusammen mit L. Aemilius Paullus zum Zensor gewählt. Er sorgte in diesem Amt für die Ausschmückung der öffentlichen Plätze.784 5.5.4

L. Aemilius Paullus (cos. II 168)

Die Ämter des L. Aemilius Paullus werden in absteigender Reihenfolge in dem schon erwähnten Elogium genannt.785 Er war dreimal Militärtribun, 195 Quästor, 193 kurulischer Ädil, Augur ab ca. 192 bis zu seinem Tod 160, 191 Prätor, 181 Konsul und 168 zum zweiten Mal, 164 Censor, 162 Interrex (Leiter von Ersatzwahlen bei Vakanz des höchsten Amts).786 189/188 war er Mitglied in der Zehnerkommission zur territorialen Neugliederung Kleinasiens und 171 Patron spanischer Städte in einer quaestio repetundarum.787 780 Pydna: Liv. XLIV 10, 5–7; vgl. Briscoe, Livy, 498. – Hoplitenphalanx: Zon. IX 22, 7–8. 781 Liv. XLIV 13, 1: M. Popilium … mittit; das Pränomen lautet nicht Marcus, sondern Gaius: vgl. Briscoe, Livy, 504. 782 Liv. XLIV 16, 1: Litterae deinde ‹re›citatae Q. Marcii consulis sunt, quemadmodum saltu superato in Macedoniam transisset: 2] ibi et ex aliis locis commeatus se prospectos in hiemem habere et ab Epirotis viginti milia modium tritici, decem hordei sumpsisse, ut pro eo frumento pecunia Romae legatis eorum curaretur. 3] vestimenta militibus ab Roma mittenda esse; equis ducentis ferme opus esse, maxime Numidi‹cis›, nec sibi in his locis ullam copiam esse. – Wahlen: Liv. XLIV 17, 3. 783 I. Delos 1429 A Z. 31f.: ἀνάθημα Κοίντου τοῦ Μαρκίου ὑπάτου. – ID 1450 A Z. 69: ἀνάθημα Κοίντου Μαρκίου. 784 Cic. dom. 130: Q. Marcius censor signum Concordiae fecerat idque in publico collocarat. – Plin. NH VII 214: … donec Q. Marcius Philippus, qui cum L. Paulo fuit censor, diligentius ordinatum (sc. horologium) iuxta posuit. 785 Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 81, Z. 1–3 (Zitat: S. 114). 786 Interrex: Die Konsuln von 162, P. Cornelius Scipio Nasica Corculum und C. Marcius Figulus, mussten abdanken. Zur Zahl der Triumphe s. S. 117f. 787 10er-Kommission: Liv. XXXVII 55, 7–10; quaestio repetundarum Liv. XLIII 2, 2.

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Um den Krieg gegen König Perseus zu beenden, übertrug das Volk 168 dem 60-Jährigen das zweite Konsulat, verteilte die Provinzen nicht in der üblichen Weise durch das Los, sondern legte die Führung des makedonischen Kriegs in seine Hände. Das Volk befand ihn als charakterlich geeignet, weil es ihn für einen zu großen Taten befähigten Mann hielt, und geleitete ihn glanzvoll nach Hause. Aemilius erklärte den Bürgern in einer Versammlung, dass er das Kommando nur übernehme, wenn er bei der Führung des Krieges freie Hand bekomme.788 Inzwischen brachten Gesandte aus Makedonien schlechte Nachrichten, nämlich dass das Heer wegen der Kälte des Winters untätig im Lager am Elpeios verharre und nur noch wenig Getreide habe. Ap. Claudius Centho schwebe in der Gegend von Lychnidos in höchster Gefahr, wenn ihm nicht eilends gegen 30000 bewaffnete Makedonen ein vollständiges Heer zu Hilfe geschickt werde oder diese abzögen.789 Der Senat beschloss, dass L. Aemilius mit zwei Legionen und der zum Prätor gewählte Cn. Octavius als Flottenkommandeur nach Makedonien gehen sollten und dass L. Anicius (pr. peregr.) Ap. Claudius Centho ablösen sollte.790 Nach den Zeremonien des Latinerfests am 31. März brachen der Konsul L. Paullus und der Prätor Cn. Octavius, nach Livius begleitet von den glückverheißenden Prophezeiungen einer ungewöhnlich großen Menge, nach Makedonien auf.791 Cicero bemerkt hingegen in einem Brief an Atticus, dass sich nicht einmal der Auszug des zweimaligen Konsuls Crassus im Feldherrnmantel, d. h. als Imperator, so würdig gestaltete wie einst der des gleichaltrigen L. Paullus.792 Im Zusammenhang mit P. Licinius Crassus wurde dargelegt, dass sich das Volk wahrscheinlich auf dem Marsfeld versammelte. Der Brauch bestand vermutlich schon seit Anfang des 3. Jh. 788 Plut. Aem. 10, 1: ἐδόκει … αὐτοὺς καλεῖν ἐπὶ τὴν ἡγεμονίαν ἄνδρα νοῦν ἔχοντα καὶ πράγμασι χρῆσθαι μεγάλοις ἐπιστάμενον. οὗτος ἦν Παῦλος Αἰμίλιος. – 10, 5: λέγεται δ᾽ αὐτόν, ὡς ἀνηγορεύθη κατὰ τοῦ Περσέως στρατηγός. – Kommando: 11, 2–3. 789 Plb. XXVIII 13, 7: ἕως ὁ Μάρκιος ἀκούσας Ἄππιον τὸν Κέντωνα πεντακισχιλίους στρατιώτας αἰτεῖσθαι παρὰ τῶν Ἀχαιῶν εἰς Ἤπειρον. – Liv. XLIII 10, 8: Ne moratus quidem in castris Appius, ut suos dissipatos fuga colligeret, quae res palatis per agros saluti fuisset, ad Lychnidum protinus reliquias cladis reduxit. – XLIV 20, 5: nunc et Appium, et ‹quod› cum eo praesidii sit, in summo periculo esse, nisi propere aut iustus exercitus eo mittatur, aut illi inde deducantur. Vgl. Briscoe, Livy, 527. 790 Liv. XLIV 21, 1; vgl. Briscoe, Livy, 529. 791 Liv XLIV 22, 17: inde et consul et praetor Cn. Octavius in Macedoniam profecti sunt. traditum memoriae est maiore quam solita frequentia prosequentium consulem celebratum, ac prope certa spe ominatos esse homines, finem esse Macedonico bello maturumque reditum cum egregio triumpho consulis fore. Vgl. Briscoe, Livy, 536. 792 Cic. Att. IV 13, 2: Crassum quidem nostrum minore dignitate aiunt profectum paludatum quam olim aequalem eius L. Paulum item iterum consulem.

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v. Chr., als die Aufgabenbereiche der Konsuln im Zug der ausgreifenden römischen Kriegführung getrennt wurden.793 Man kann annehmen, dass Livius in der feierlichen Verabschiedung der scheidenden Konsuln und Prätoren keine imperatorische Akklamation durch das römische Volk sah, weil er meinte, sie hätten das Kommando im Amtsjahr nicht als Imperatoren, sondern als Magistrate geführt.794 Kehren wir jetzt zum Krieg des L. Paullus gegen König Perseus zurück. Sein Erfolg in der Schlacht bei Pydna beruhte nach Plutarch weniger auf dem Glück, das jeder Feldherr braucht, als auf exakter, wohlüberlegter Planung, gepaart mit mutigen, raschen Entscheidungen in kritischen Situationen.795 Am Frühlingsanfang 168 kamen die neuen Heerführer in ihre provinciae, der Konsul L. Aemilius nach Makedonien, der Prätor Cn. Octavius führte das Kommando über die Flotte, sein Kollege L. Anicius Gallus das in Illyrien.796 Als Genthios, der König der Illyrer, römische Gesandte, die zu ihm gekommen waren, festnehmen und in Fesseln legen ließ, versprach ihm Perseus 300 Talente. Genthios griff die mit Rom verbündete Stadt Bassania an, aber der Prätor L. Anicius schlug seine Flotte und besiegte den König vor der schwer zugänglichen Festung Skodra.797 Anicius beendete den Krieg in 30 Tagen und schickte die königliche Familie nach Rom.798 Das Heer des Perseus zählte 4000 Reiter und eine Phalanx von 40000 Fußsoldaten. Der König schlug sein Lager am Elpeios zwischen dem Olymp und dem Meer auf und sicherte das gesamte Gelände durch Steinwälle und Palisaden.799 L. Aemilius hielt als Imperator in der Heeresversammlung eine Rede, in der er betonte, es sei ihm im Einvernehmen mit den Mitgliedern des Kriegsrats vorbehalten, Beschlüsse zu fassen und Vorkehrungen zu treffen; die Soldaten hätten nur für ihre körperliche Tüchtigkeit zu sorgen.800

793 Populare Akklamation: S. 149 mit A. 727. – Trennung der Aufgabenbereiche: S. 73 mit A. 353. 794 Vgl. S. 152 mit A. 751. 795 Plut. Aem. 12, 1. 796 Liv. XLIV 30, 1; vgl. Briscoe, Livy, 561. 797 Plut. Aem. 13, 1; Cass. Dio fr. 66, 1 und App. Mac. 17. – Fall Sokdras: Liv. XLIV 31, 1–3. 6–10. 798 Liv. XLIV 32, 4–5; vgl. Wesch-Klein, Provinzen, 129f. 799 Zon. IX 23, 1–2; Plut. Aem. 13, 4–5; Liv. XLIV 33, 8–11. 800 Liv. XLIV 34, 1–3: …scire de se dis immortalibus et imperatori suo curae esse: quod sit officium imperatoris provisu-rum, ut bene gerendae rei occasionem quid sit futurum quaerere, ubi datum signum sit, tum militarem navare ‹operam debere›.

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Als die Nachricht, Genthios sei in der Hand der Römer, das Lager erreichte, wuchs den Römern der Mut, während die Makedonen und ihren König ein nicht geringer Schrecken ergriff.801 Um das Lager des Perseus am Elpeios zu umgehen, entsandte Aemilius den Militärtribun P. Scipio Nasica, den Sohn des gleichnamigen Konsuls II von 155, und seinen eigenen jungen Adoptivsohn Q. Fabius Maximus Aemilianus (cos. 145) mit 5000 ausgewählten Soldaten nach dem am Ostabhang des Olymp gelegenen Herakleion.802 Nasica vertrieb die Truppen des von Perseus mit 12000 Mann entsandten Söldnerführers Milon von der Passhöhe. Daraufhin brach Perseus das Lager ab und zog sich notgedrungen in die Gegend bei Pydna zurück.803 Aemilius vereinigte sich mit Nasica, nahm aber zunächst den Kampf mit der schwer bewaffneten Hoplitenphalanx nicht auf, sondern befahl den rückwärtigen Reihen kehrtzumachen und ein festes Lager zu errichten. Es gelang ihm, die Schlachtordnung aufzulösen und sich schrittweise zurückzuziehen, ohne dass der Feind es bemerkte.804 Als sich aber wenig später, nämlich am 22. Juni, plötzlich der Mond verfinsterte805, werteten dies die Makedonen als schlimmes Omen, wohingegen der sehr religiöse Aemilius am nächsten Morgen Herakles Stiere opferte. Die beiden Armeen waren von einem solchen Kampfeseifer erfüllt, dass Aemilius Mühe hatte, die Seinen vor einem unüberlegten Angriff auf die makedonische Phalanx gegen die blendende Sonne zurückzuhalten; er wartete den Nachmittag ab.806 Beim ersten Angriff der Makedonen erblickte Aemilius die furchterregende Phalanx zum ersten Mal. Er ließ sich aber seine Angst nicht anmerken, sondern ritt ruhig und gelassen ohne Helm und Rüstung die Reihen seiner Soldaten entlang. Die aus Polybios geschöpfte Nachricht Plutarchs, sein Gegenspieler Perseus sei vor der Schlacht angsterfüllt in Richtung Pydna davongeritten, bringt auch Florus; sie erscheint aber kaum glaubhaft, denn sie steht im Gegensatz zu Livius, demzufolge Perseus erst nach der Schlacht mit den Heiligen Alen (sacrae alae) seiner Reiter von Pyd-

801 Liv. XLIV 35, 1. 802 Liv. XLIV 35, 14: Ipse P. Scipionem Nasicam, Q. Fabium Maximum filium suum cum quinque delectis milibus Heracleum mittit. Vgl. Plb. XXIX 14 und Plut. Aem. 15, 3–9. – Scipio Nasica (cos. II 155): S. 187. – Q. Fabius: S. 197 mit A. 996. 803 Plut. Aem. 16, 1–3: aus Plb. XXIX 15; Zon. IX 23, 3–5 Liv. XLIV 35: Ende ist nicht erhalten. 804 Plut. Aem. 17, 1–5. 805 Vgl. Walbank, Polybios III, 386 und Briscoe, 591 zu XLIV 36, 1. 806 Plb. XXIX 16; Plut. Aem. 17, 7–12; Liv. XLIV 37, 10–13.

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na nach Pella floh.807 Vor der Schlacht bei Pydna am 21. Juni 168 versicherte L. Paullus seinen Soldaten, er werde seine Pflichten als Feldherr gewissenhaft erfüllen und ermahnte sie, auf das gegebene Zeichen hin anzugreifen.808 Als es den Römern nicht gelang, in die feindliche Phalanx einzudringen, wagten die Paeligner einen tollkühnen Angriff und rannten wie blind in die gegen sie gerichteten Sarissen der Phalanx hinein.809 Doch als die Reihen der Römer ins Wanken gerieten, kam es ihnen zustatten, dass das Gelände uneben war und die makedonische Front den Zusammenschluss wegen ihrer Länge nicht halten konnte. Aemilius erkannte, dass die Phalanx an mehreren Stellen Risse und Lücken bekam, und teilte das Heer in kleinere Abteilungen ein, die er in die Zwischenräume der feindlichen Schlachtreihe stoßen ließ. In den folgenden Einzelgefechten waren die Makedonen mit ihren kurzen Schwertern unterlegen.810 Ihr Fußvolk wurde zum Großteil niedergemacht und diejenigen, die fliehen konnten, entweder, als sie von der Küste ins Wasser wateten, von Booten aus erschlagen oder, wenn sie zum Ufer umkehrten, von Elefanten niedergetrampelt. Die von Perseus geführten berittenen Schwadronen konnten hingegen unversehrt entkommen. Insgesamt fielen an die 20000 Makedonen, 6000 wurden gefangen genommen, die Römer erlitten fast keine Verluste. Die spätantiken Autoren Eutrop und Orosius bestätigen diese Zahlen.811 Etwas anders als Plutarch und Livius schildert Frontin die Kriegslist des Aemilius: Die Phalanx der Makedonen habe sich von ihm in ein unebenes Gelände locken lassen, sei aber zunächst den Römern in guter Ordnung gefolgt. Schließlich habe Aemilius der Reiterei befohlen, vom linken Flügel her im Schutz ihrer Schilde ganz dicht an der Front der feindlichen Phalanx vorbeizugaloppieren, sodass deren Sarissen beim Anprall der entgegengehaltenen Lanzen zerbrachen; die ihrer Waffen beraubte Phalanx sei in Auflösung geflohen.812 Die Darstellung Plutarchs, nach der die Römer in die durch das 807 Plut. Aem. 19, 1–4 (Plb. XXIX 18); Flor. I 28, 7–8; Liv. XLIV 42, 1–2 (Zitat S. 161/814); zur vermutlichen Entstellung des Polybios s. Walbank III 300, Briscoe, Book 44, 598. 808 Liv. XLIV 3: … scire de se dis immortalibus et imperatori suo curae esse. … se quod sit officium imperatoris provisurum, ut bene gerendae rei occasionem quid sit futurum quaerere, ubi datum signum sit, tum militarem navare ‹operam debere›. 809 Plut. Aem. 20, 1–6. 810 Plut. Aem. 20, 7–10; zum Verlauf der Schlacht s. Liv. XLIV 41, 1–9. 811 Liv. XLIV 42, 1–9 (Zitat: Anm. 814); Briscoe, Livy, 599f. – Eutrop IV 7, 1; Oros. IV 20, 39. 812 Frontin, Strat. II 3, 20: … equites a sinistro cornu praeter oram phalangis iussit transcurrere citatis equis, tectos, ut obiectis armis ipso impetu praefringerent hostium spicula: quo genere telorum exarmati Macedones solverunt aciem et terga verterunt.

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unebene Gelände entstandenen Lücken der Phalanx stießen (v. supra), erscheint überzeugender. Der Brauch, dass die römischen Soldaten ihren Feldherrn nach einem Sieg akklamierten, scheint im Jahr 168 noch nicht bestanden zu haben, denn Livius sagt nur, dass der siegreiche Aemilius zunächst keine reine Freude empfand, weil sein jüngerer Sohn Publius noch nicht aus dem Getümmel zurückgekehrt war.813 Mit der Niederlage des Perseus war das Ende der Monarchie der Antigoniden besiegelt. Perseus floh mit wenigen Getreuen nach Pella, der Hauptstadt Makedoniens, und ritt mit höchstens 500 kretischen Reitern weiter nach Amphipolis. Schließlich suchte er Zuflucht im Heiligtum der Kabiren in Samothrake.814 Im Lager im Gebiet der Odomanten erhielt Aemilius von Perseus einen Brief, den ihm Boten in Trauerkleidung überbrachten. Selbst der Römer soll über das bittere Los seines Feindes geweint haben, seine Rührung wich jedoch der Empörung, als Perseus sich bei der Begrüßung nach wie vor ‚König‘ nannte. Da er auch in einer Unterredung mit hochrangigen Gesandten des Aemilius an seinem Titel festhielt und sich nicht unterwarf, kam es zu keiner Einigung. Daher wurde die Gesandtschaft ohne Antwort weggeschickt.815 In der Zwischenzeit landete der Prätor Cn. Octavius in Samothrake und forderte in der Volksversammlung die Auslieferung des in den Diensten des Perseus stehenden Kreters Euander, der angeklagt war, in Delphi einen Mordanschlag auf König Eumenes verübt zu haben. Da Perseus fürchten musste, dass seine Schuld als Anstifter der Tat zu Tage käme, ließ er Euander ermorden und stellte seinen Tod als Selbstmord hin. Daraufhin wandten sich seine letzten Vertrauten von ihm ab. Der Plan des Königs, an Bord eines mit seinen Schätzen beladenen Schiffes nach Kreta zu fliehen, scheiterte.816 Octavius zwang den König, sich ihm im Tempel auszuliefern, er

813 Liv. XLIV 44, 1–3: Consulem, cum se in castra victor recepisset, ne sincero gaudio frueretur, cura de minore filio stimulabat; Plut. Aem. 22, 2. vgl. Briscoe, 602. – Militärische Akklamationen: S. 187 – Sohn Publius, jüngerer Scipio: S. 189ff. 814 Liv. XLIV 42, 1–2: Ceterum sicut peditum passim caedes fiebant, nisi qui abiectis armis fugerunt, sic equitatus prope integer pugna excessit. princeps fugae rex ipse erat. iam a Pydna cum sacris alis equitum Pellam petebat. 43, 6: petebat Amphipolim. vgl. Plut. Aem. 23, 1–7. – Samothrake: Zon. IX 23, 8; vgl. Liv. XLIV 46, 10; Plut. Aem. 23, 11. 815 Liv. XLV 4, 2–7; vgl. Briscoe, 618–620. 816 Cass. Dio XX frg. 66, 3; vgl. Liv. XLV 5, 1–6, 2.

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wurde mit der Flotte nach Amphipolis ins Lager des Aemilius Paullus gebracht.817 Livius zufolge wurde der Sohn Philipps und Nachfahr Alexanders des Großen durch eine dichte Menge Schaulustiger von Liktoren des Konsuls zum Feldherrnzelt geleitet, begleitet nur von seinem Sohn und angetan mit einem schwarzen Gewand. Er warf sich L. Aemilius zu Füßen und umfasste demütig bittend seine Knie.818 Bemerkenswert ist die Erwähnung von Liktoren; sie trugen im Feld nicht die weiße togula, sondern das sagulum, d. h. den grauen Soldatenmantel.819 Der Unterschied in der Bekleidung zeigt, dass ein Konsul militiae nicht amtierte; trotzdem nennen ihn Livius und Eutrop consul statt imperator.820 Aemilius erhob sich angewidert von der unterwürfigen Geste und dem unverständlichen Gestammel des Königs, schalt ihn ob seiner unwürdigen Haltung und erging sich dann lang und breit über die Unberechenbarkeit der Fortuna.821 Nach Livius soll der römische Feldherr den König eindringlich befragt haben, warum er trotz der redlichen Absichten und der friedfertigen Haltung des römischen Volkes in feindseliger Gesinnung einen Krieg vom Zaun gebrochen habe, durch den er sein Königreich in äußerste Gefahr brachte, Perseus habe aber stumm zu Boden geblickt und geweint.822 Die Darstellung des Livius erscheint an dieser Stelle patriotisch gefärbt, denn er blendet die Vergangenheit vollkommen aus. Der junge König hatte nämlich 179 bei seinem Regierungsantritt die Freundschaft mit dem römischen Volk erneuert und 171 nach Beginn des 3. Makedonischen Kriegs eine Friedensinitiative gestartet, die P. Licinius Crassus (cos. 171) trotz einer Niederlage zurückwies.823 Drei Städte ließ Aemilius als Strafnahme plündern, Aeginion in Nordthessalien und Agassai in Pieirien durch seinen Sohn Q. Fabius Maximus824, Aeginion, weil es zu Perseus abgefallen war, Agassai, weil die Bewohner der Kunde vom Sieg der Römer keinen Glauben schenkten und einige Sol817 Liv. XLV 6, 3–6; Plut. Aem. 26, 1–4. 818 Liv. XLV 7, 2–5; vgl. Dio XX frg. 66, 4 und Eutrop IV 7, 2; vgl. Briscoe, Livy, 625– 628. 819 Cic. Pis. 23 (Zitat S. 30/102). 820 Liv. XLV 7, 4 (Zitat S. 30/101) – Eutrop IV 7, 2: Sed honorem ei Aemilius Paulus consul non quasi victo habuit. 821 Plut. Aem. 26, 8–12. 27, 1–6. 822 Liv. XLV 8, 1; vgl. Briscoe, 628. 823 J. 179: Plb. XXV 3, 1; Liv. XL 58, 9; vgl. S. 147/716. – J. 171: Liv. XLII 64, 1–66, 9; App. Mac. 10 c; vgl. S. 148/725 und den Kommentar von Briscoe, Livy, Book 45, S. 13–15: ‚Roman motives for war‘ und ders. S. 628 zu Liv. XLV 8, 1. 824 Vgl. S. 159 mit A. 802.

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daten, die nach Agassai gekommen waren, angegriffen hatten. Der Konsular L. Postumius Albinus (cos. 173), der als Legat am Perseuskrieg teilnahm825, wurde zur Plünderung in die an der thrakischen Küste gelegenen Stadt Ainos entsandt, weil deren Bewohner hartnäckiger als die Nachbargemeinden den Kampf fortgesetzt hatten. Möglicherweise dienten die Strafaktionen nur als Vorwand, um die Plünderungen der Armee zu bemänteln.826 Plutarch berichtet, dass Aemilius nach dem Sieg bei Pydna dem Heer eine Ruhepause gewährte und sich selbst auf eine Besichtigungsreise durch Griechenland begab, eine lehrreiche und zugleich menschenfreundliche Tätigkeit. Er besuchte nämlich die einzelnen Gemeinden und half ihnen wieder auf, ordnete ihre Verfassungen neu und schenkte ihnen aus den könglichen Magazinen teils Getreide, teils Öl. Denn es befand sich, wie berichtet wird, so viel aufgestapelt, dass die Zahl der Bedürftigen und Bittenden eher versiegte, als dass die Menge der gefundenen Vorräte sich erschöpfte. In Delphi sah er einen großen viereckigen Pfeiler aus weißen Marmorquadern aufgerichtet, auf dem eine vergoldete Statue des Perseus ihren Platz finden sollte. Er ordnete an, dass stattdessen die seinige daraufgesetzt werde, denn es zieme sich, dass die Besiegten den Siegern den Platz räumten.827 Im Gegensatz zu Plutarch setzt Livius die Geschehnisse in den Herbst 167: Liv. XLV 27, 5–7: autumni fere tempus erat; cuius temporis initio ad circumeundam Graeciam visendaque, ‹quae› nobilitata fama maiora auribus accepta sunt, quam oculis noscuntur, uti statuit. 6] praepos­ i­to castris C. Sulpicio Galo profectus cum haud magno comitatu, tegentibus latera Scipione filio et Athenaeo, Eumenis regis fratre, per Thessaliam Delphos petit, inclutum oraculum. 7] ubi sacrificio Apollini facto inchoatas in vestibulo columnas, quibus imposituri statuas regis Persei fuerant, suis statuis victor destinavit. – „Es war beinahe Herbst. Paullus beschloss, den Anfang dieser Jahreszeit zu einer Rundreise durch Griechenland und zur Besichtigung der berühmten Stätten zu nutzen, von denen man Größeres gehört hat, als man dort sehen kann. Den Befehl über das Lager übertrug er Ser. Sulpicius Galba. Er brach ohne größeres Gefolge auf, seinen (Adoptiv)Sohn Scipio und Athenaios, den Bruder des Königs Eumenes, an der Seite, und zog durch Thessalien nach Delphi zum berühmten Orakel. Dort 825 Liv. XLIV 41, 2: secundam legionem L. Albinus consularis ducere … iussus; vgl. Deißmann-Merten, KP 4, Postumius Nr. 15. 826 Liv. XLV 27, 1–4: vgl. Reiter, Aemilius Paullus, 136 und Briscoe, Livy, 691. 827 Plut. Aem. 28, 1–4; vgl. Plb. XXX 10, 1.

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brachte er dem Apoll ein Opfer dar. Im Vorhof des Heiligtums fand er Pfeiler, an denen man zu arbeiten angefangen hatte und die man als Standbilder des Königs Perseus hatte setzen wollen, als Sieger bestimmte er diese für seine Standbilder“.

Die Beuteweihinschrift, die Aemilius im Heiligtum des Apollon unter seine eigene Statue setzte, lautet: L. Aimilius L. f. inperator de rege Perse Macedonibusque cepet. Der Name Aimilius sowie die Formen inperator und cepet sind archaisierend. 828 Flaigs Übersetzung „Der Imperator … nahm dieses dem Perseus und den Makedonen weg“ ist unpräzise.829 Gemeint ist, dass der Imperator das Heiligtum als Sieger über König Perseus und die Makedonen erbeutet hat. Broughton, nennt Aemilius ‚proconsul and imperator‘. Die Angabe proconsul trifft nicht zu, weil ein Konsul das Kommando militiae während des gesamten Kommandos als Imperator führte. Broughton und Briscoe datieren die Rundreise dem Bericht des Livius folgend 167.830 Im Herbst 167 brach der Feldherr aber, wie sich noch zeigen wird, nach Epirus auf, um dann nach Italien zurückzukehren.831 Richtig ist folglich die Datierung in den Herbst 168 gemäß der Darstellung Plutarchs. Livius verschob die Rundreise ins Jahr 167, um die Angabe imperator in der delphischen Inschrift in Einklang mit seiner Systematik zu bringen, derzufolge ein Oberkommandierender erst nach Ablauf des Amtsjahres als Imperator fungierte.832 Nach dem Heiligtum in Delphi besuchte Aemilius die heiligen Stätten in Lebadeia (in Westböotien), auf Chalkis und Euböa sowie Oropos und Athen in Attika.833 Am nächsten Tag gelangte er in das berühmte Korinth mit seinen hohen Stadtmauern und der gewaltigen Burg, von dort in die Städte Sikyon und Argos, nach Epidauros mit dem bekannten Asklepiosheiligtum und weiter nach Sparta. Schließlich zog Aemilius über Megalo828 ILLRP 323; vgl. R. Wachter, Altlateinische Inschriften, 299. 829 E. Flaig, Lucius Aemilius Paullus – miltärischer Ruhm und familiäre Glücklosigkeit, in: Hölkeskamp, Von Romulus …, 138. 830 MRR I 433, Briscoe, Livy, Book 45, 692ff. 831 Vgl. S. 166 mit A. 845. 832 Cos. i. J. 168 : Liv. XLV 7, 4 (Anm. 820) – IMP i. J. 167: Liv. XLV 17, 1 (Zitat S. 30/100). – P. Jal, Tite Live, Tome XXXIII, Livre XLV, 1979, p. 126f., hat die falsche Datierung des Livius im Gegensatz zu Briscoe (Anm. 830) erkannt. 833 Liv. XLV 27, 8–28, 1; vgl. Briscoe, 693–697.

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polis nach Olympia, wo er die von Pheidias geschaffene goldene Zeusstatue betrachtete.834 Als er auf dem Rückweg von Olympia nach Demetrias von einer Gruppe von Ätolern erfuhr, dass 550 ihrer führenden Männer im Senatsgebäude von römischen Soldaten auf Befehl des Präfekten A. Baebius umstellt und von zwei prorömisch gesinnten Landsleuten hingerichtet worden seien, während andere verbannt und ihr Vermögen beschlagnahmt worden sei, ließ er die Beschuldigten ins Lager nach Amphipolis vorladen.835 Seinen Stellvertreter Ser. Sulpicius Galba soll Aemilius hart getadelt haben, weil er dem abgesetzten König Perseus gestattet hatte, sich frei im Land zu bewegen und es geduldet hatte, dass die Soldaten der Stadtmauer Ziegel entnommen hatten, um damit die zu errichtenden Bauten des Winterlagers abzudecken. Perseus und seinen älteren Sohn Philipp ließ Aemilius bis zum Abtransport nach Rom in Schutzhaft nehmen, dessen Tochter und ihren minderjährigen Sohn ließ er in Amphipolis alle Ehren erweisen.836 Nach Ankunft des Zehnmännerkollegiums im Frühjahr 167837 gab Aemilius den Makedonen ihr Land zurück. An die Stelle des Königs traten jährlich gewählte Beamte. Der römische Imperator erklärte die Makedonen für frei, aber nicht für unabhängig, das heißt, dass sie die römische Oberherrschaft anerkennen und dem römischen Volk 100 Talente als jährlichen Tribut entrichten sollten, also nicht einmal die Hälfte der Abgabe an die Könige.838 Die einschneidendste Maßnahme war die Aufteilung Makedoniens in vier Bezirke (merides).839 Hauptstädte wurden Amphipolis, Thessalonike, Pella und Pelagonia. Jeder Bezirk erhielt eine eigene Regierung und einen eigenen Landtag. Über das Land wurden harte Sanktionen verhängt: Außerhalb der Bezirksgrenzen durften keine Ehen mehr geschlossen und kein Land oder Häuser mehr erworben werden, Gold- und Silberbergwerke wurden stillgelegt, sie durften kein Schiffsbauholz zur Bildung einer Kriegs- und Handelsflotte mehr schlagen; am härtesten traf die Makedonen das Handelsverbot zwischen den Bezirken.840 834 Korinth und Megalopolis: Liv. XLV 28, 2–4. – Olympia: Plb. XXX 10, 5; Liv. XLV 28, 5; Plut. Aem. 28, 6. 835 Liv. XLV 28, 6–8; vgl. Briscoe, Livy, 699f. 836 Liv. XLV 28, 9–11; vgl. Briscoe, Livy, 700f. 837 Plb. XXX 10, 5; Liv. XLV 28, 8; Plut. Aem. 28, 5. 838 Liv. XLV 29, 4: omnium primum liberos esse iubere Macedonas, habentis urbes easdem agrosque, utentes legibus suis, annuos creantis magistratus; tributum dimidium eius, quod pependissent regibus, pendere populo Romano. 839 Liv. XLV 29, 5: deinde in quattuor regiones dividi Macedoniam; vgl. Briscoe, 701–711; Plut. Aem. 28, 6. 840 Liv. XLV 29, 9–30, 1; vgl. Briscoe, Livy, 705–707.

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Nach diesen Anordnungen wurden die Ätoler vor Gericht gerufen. Die Mörder unter ihren führenden Männern wurden freigesprochen, die Verbannung und die Tötung zahlreicher Ätoler gebilligt, nur der Präfekt A. Baebius, der die Tötungen durch römische Soldaten veranlasst hatte, wurde verurteilt.841 In einer weiteren Versammlung der Makedonen wurde beschlossen, dass lokale Senatoren, sogenannte Synhedroi, zur Verwaltung des Staates gewählt werden. Den Freunden des Königs, seinen Höflingen, Heerführern und Schiffskommandanten samt Besatzungen sowie allen Amtsträgern wurde befohlen, mit ihren Familien Makedonien zu verlassen und nach Italien zu gehen.842 Aemilius gab den von der Königsherrschaft befreiten Makedonen sorgfältig ausgearbeitete Gesetze, die lange Bestand hatten. In Amphipolis, der späteren Hauptstadt, veranstaltete er nach langer Vorbereitung großartige Spiele, zu denen die besten Künstler und Athleten aus aller Welt kamen.843 Nach Polybios und Plutarch war der große Feldherr so selbstlos und zeigte so viel innere Größe, dass er die ungeheuren Mengen an Gold und Silber im königlichen Schatzhaus nicht einmal begutachtete.844 Im Herbst 167 brach Aemilius mit seinem Heer nach Epirus auf. Zur Belohnung der Soldaten, die gegen Perseus gekämpft hatten, ließ er auf Weisung des Senats die dortigen Städte ausplündern. 70 Ortschaften, von denen die meisten den römerfeindlichen Molossern gehörten, sollen zerstört und 150000 Menschen in die Sklaverei verkauft worden sein.845 Mehr als 1000 der vornehmsten Achäer, die wie Polybios unter Perseus ein Amt hatten oder in dessen Archiven verzeichnet waren, wanderten als Geiseln nach Italien.846 Einige Tage nach deren Ankunft in Rom fuhr Aemilius im 841 Liv. XLV 31, 1–2: A. Baebius unus est damnatus, quod milites Romanos praebuisset ad ministerium caedis; Briscoe, 711f. 842 Liv. XLV 32, 1–6; vgl. Briscoe, Livy, 716f. 843 Liv. XLV 32, 8–33, 7; vgl. Briscoe, Livy, 717–720; Plut. Aem. 28, 7–9. – Amphipolis: B. Kreiler, Zur Datierung eines Volksbeschlusses von Thasos und zum makedonischen Statthaltersitz im 2. Jh. v. Chr., ZPE 174, 2010, 109–112. 844 Plb.XVIII 35, 1–6; Plut. Aem. 28, 10. 845 Plünderungen und Versklavungen: Plut. Aem. 29, 3. 846 Deportation von 1000 vornehmen Achäern: Paus. VII 10, 11: τότε δὲ ἐκ τοῦ Ἀχαιῶν ἔθνους ὅντινα καὶ ἀναίτιον Καλλικράτης ἐθελήσειεν αἰτιάσασθαι, ἀνάγεσθαι πάντα τινὰ ἐκεκύρωτο ἐς Ῥώμην: καὶ ἐγένοντο ὑπὲρ χιλίους οἱ ἀναχθέντες. – Plb. XXX 13, 6: οἱ δέκα δι᾽ αὐτῶν τῶν στρατηγῶν ἐποιήσαντο τὴν ἐπιταγήν, οὓς δεήσει πορεύεσθαι τῶν ἀνδρῶν εἰς τὴν Ῥώμην. – Liv. XLV 31, 9: quod ex aliis gentibus principum litteras deprensas in commentariis regiis habebant, in Achaeis caecum erat crimen nullis eorum litteris inventis. – Zur Rolle des römerfreundlichen Achäers Kallikrates: Plb. XXX 13, 9; Paus. VII 10, 7.

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riesigen Prachtschiff des Perseus den Tiber hinauf, begrüßt von einer begeisterten Menschenmenge, die die beiden Ufer säumte.847 Vor seiner Abreise hatte Aemilius die gesamte Beute nach Italien verschiffen lassen, darunter 750 Amphoren voller Münzen mit einem Gewicht von jeweils 75 Kilo.848 Der siegreiche Imperator brachte die ungeheure Summe von 300 Millionen Sesterzen in die Staatskasse ein; fortan mussten die römischen Bürger keine Vermögenssteuer mehr bezahlen.849 Die folgende aus Polybios geschöpfte Episode zur Genehmigung seines Triumphs ist vielfach überliefert.850 Plutarchs Aemilius, 30, 4–8: Die Soldaten jedoch, die ihre Augen auf die königlichen Schätze geworfen hatten, waren, als sie nicht so viel bekamen, wie sie verlangten, insgeheim deswegen von Zorn und Bitterkeit gegen Aemilius erfüllt, und öffentlich beschuldigten sie ihn, dass er ihnen ein harter und despotischer Befehlshaber gewesen sei, und zeigten darum wenig Neigung, seine Bemühungen um den Triumph zu unterstützen. Als das Servius (Sulpicius) Galba (cos. 144), ein Feind des Aemilius, der unter ihm als Kriegstribun gedient hatte, bemerkte, unterstand er sich, offen auszusprechen, dass man ihm den Triumph verweigern solle. Er streute unter der Masse der Soldaten viele Verdächtigungen gegen den Feldherrn, schürte so den bestehenden Zorn noch mehr und verlangte von den Volkstribunen noch einen zweiten Tag; denn dieser genüge nicht für die Anklage, weil von ihm nur noch vier Stunden übrig seien. Als daraufhin die Volkstribunen ihn aufforderten, er solle nur sagen, was er zu sagen habe, begann er eine lange, von allen möglichen Schmähungen erfüllte Rede 847 Liv. XLV 35, 1; vgl. Briscoe, Livy, 724f. 848 Verschiffung: Liv. XLV 33, 7; vgl. Briscoe, Livy, 720. – Münzen: Plut. Aem. 32, 5. 849 Cic. off. II 76: Omni Macedonum gaza, quae fuit maxima, potitus est Paulus, tantum in aerarium pecuniae invexit, ut unius imperatoris praeda finem attulerit tributorum; zur Summe s. Plin. NH XXXIII 17, 56: intulit et Aemilius Paulus Perseo rege victo e Macedonica praeda |MMM|, a quo tempore populus Romanus tributum pendere desiit. – Val. Max. IV 3, 8: At Perse rege devicto Paulus, cum Macedonicis opibus veterem atque hereditariam urbis nostrae paupertatem eo usque satiasset, ut illo tempore primum populus Romanus tributi praestandi onere se liberaret, penates suos nulla ex parte locupletiores fecit, praeclare secum actum existimans, quod ex illa victoria alii pecuniam, ipse gloriam occupasset; vgl. M. Grant – R. Kitzinger, Civilization of the Ancient Mediterranean Greece and Rome, Vol. II, 1988, 813; vgl. Flaig, L. Paullus, 142ff. 850 Cato orat. 172; Cic. Mur. 31, Cat. 4, 21, fin. 5, 70; Diod. 31, 8–12; Vell. I 9–10; Val. Max. V 10, 2. 6; Sen. dial. 6, 13; Plin. NH 33, 56; App. Mac. 19; Flor. 1, 28, 12f.; vir. ill. 56; Eutr. IV 8, 1f.; Zon. IX 24, 3f.; vgl. Briscoe, Livy, B. 45, 724.

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zu halten, womit er den Rest des Tages ausfüllte. Bei Eintritt der Dunkelheit lösten die Volkstribunen die Versammlung auf, aber die Soldaten, noch dreister geworden, liefen zu Galba, rotteten sich zusammen und besetzten noch in der Dämmerung wieder das Kapitol; denn dort wollten die Volkstribunen die Volksversammlung abhalten. 31, 1–10: Als bei Tagesanbruch die Abstimmung vorgenommen wurde, lehnte die erste Tribus den Triumph ab, und die Kunde hiervon drang schnell unter das übrige Volk und zum Senat. Die Menge, obgleich schon höchst entrüstet über die Verächtlichmachung des Aemilius, begnügte sich mit tatenlosem Murren; die angesehensten Männer im Senat aber schrien, was da geschehe, sei unerhört, und ermutigten sich gegenseitig, gegen die Zügellosigkeit und Frechheit der Soldaten Front zu machen, die sich zu jeder Gesetzlosigkeit und Gewalttätigkeit steigern werde, wenn nichts gegen ihr Vorhaben geschehe, Paullus Aemilius seiner Siegerehren zu berauben. Sie schoben also die Menge beiseite, stiegen dichtgedrängt hinauf und sagten den Volkstribunen, sie möchten die weitere Abstimmung aufschieben, bis sie dem Volk vorgetragen hätten, was sie ihm sagen wollten. Als darauf die Volkstribunen die Abstimmung unterbrachen und Stille herrschte, trat ein ehemaliger Konsul auf, der 23 Feinde auf Herausforderung erschlagen hatte, Marcus Servilius (cos. 202), und sagte, jetzt erst erkenne er richtig, ein wie großer Feldherr Paullus sei, da er sehe, welch ein zuchtloses und verdorbenes Heer er unter sich gehabt und trotzdem so große und ruhmvolle Taten vollbracht habe; er wundere sich über das Volk, dass es stolz sei auf Triumphe über Illyrier und Ligurer, jedoch sich nun selbst den Anblick des gefangenen genommenen Königs der Makedonen missgönne und vergesse, dass der Ruhm Alexanders und Philipps durch die Waffentaten der Römer geschmälert wurde. „Ist es nicht unerhört, fuhr er fort, dass ihr, als früher ein unbestimmtes Gerücht von einem Sieg in die Stadt gedrungen war, den Göttern geopfert und gebetet habt, dass ihr das Verkündete bald mit Augen sehen dürftet, und jetzt, da der Feldherr mit dem wirklichen und wahrhaftigen Sieg erschienen ist, die Götter ihrer Ehren und euch selbst der Freude berauben wollt, als scheutet ihr euch, die Größe der Erfolge zu schauen, oder als wolltet ihr den feindlichen König schonen. Doch wäre es immer noch anständiger, wenn der Triumph aus Mitleid für diesen und nicht 168

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aus Neid gegen den Oberfeldherrn abgelehnt würde. Auf einen solchen Gipfel, sagte er, wird die Niedertracht durch euch getrieben, dass über Feldherrntum und Triumph ein Mensch zu reden wagt, dessen Leib keine Wunden trägt und von Glätte und zarter Hautfarbe schimmert, zu uns, die wir durch so viele Wunden gelehrt worden sind, über Vorzüge und Fehler von Feldherren zu urteilen.“ Mit diesen Worten riss er sein Gewand auseinander und zeigte auf der Brust eine unglaubliche Menge von Narben. Dann wandte er sich um und entblößte gewisse Körperteile, die vor der Öffentlichkeit nackt zu zeigen als unanständig gilt, und sagte, zu Galba gewandt: „Du lachst über das. Aber ich bin stolz darauf den Bürgern gegenüber, denn dadurch, dass ich zu ihrem Heil Tag und Nacht Reiterdienst leistete, habe ich das bekommen. Und nun geh hin und führe sie zur Abstimmung. Aber ich komme herunter und gehe mit allen mit und werde so erfahren, wer schlecht und undankbar ist und im Feld lieber gehätschelt als kommandiert werden will.“ 32, 1: Durch diese Worte wurde die Masse der Soldaten, heißt es, so erschüttert und umgestimmt, dass dem Aemilius der Triumph von allen Tribus zuerkannt wurde.851 Aemilius feierte den zweiten Triumph Ende November 167 nach den Triumphalfasten als Prokonsul drei Tage lang mit allem Pomp über König Perseus und die Makedonen.852 Eine Plutarchstelle verdeutlicht, dass Aemilius beim Triumph das Gewand des Konsuls trug, nämlich eine goldbestickte, purpurfarbene toga praetexta, in der Rechten hielt er einen Lorbeerzweig. Den gleichen Schluss lässt die Bemerkung des Polybios zu, dass sich die Schauspieler mit purpurgesäumten Kleidern schmückten, wenn sie einen triumphierenden Konsul oder Prätor darstellten.853 Auf schon erwähnten Denaren, die von einem Nachfahr des Aemilius, dem Münzmeister L. Aemilius Lepidus Paullus (cos. 50), im Jahr 62 geprägt wurden, steht oben auf dem Revers TER für die laut der Familientradition gefeierten drei Tri851 Vgl. Liv. XLV 36, 7: concursus in Capitolium principum civitatis factus est, indignum facinus esse clamitantium L. Paulum tanti belli victorem despoliari triumpho: obnoxios imperatores tradi licentiae atque avaritiae militari.; vgl. Briscoe, 729–731. 852 1. Triumph 181 ex Liguribus: Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 81; Liv. XL 34, 7–2. Triumph 167: Inscr. Ital. 13, 1, 80f.: L. Aimilius L. f. M. n. Paullus II, pro cos. a. DXXC[VI] /​ [ex] Macedon(ia) et rege Perse per triduum /​ IIII, II[I], pridie kal. Decem. – Liv. XLV 39, 11; vgl. Künzl, Triumph 94, 110, 142ff. 853 Plut. Aemil. 34, 6; Plb. VI 53, 7.

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umphe in Spanien, Ligurien und Makedonien. Die Mitte nimmt eine Trophäe ein, der L. Aemilius Paullus in der Toga die rechte Hand entgegenstreckt, links daneben stehen ein Mann mit langem Bart, die Hände auf den Rücken gebunden, und zwei Kinder, alle in griechischer Tracht; dargestellt sind König Perseus und seine beiden Söhne, am unteren Rand: PAVLLVS.854 Nach Livius wurde Perseus in Ketten vor dem Wagen des Triumphators durch die Stadt geführt; seine drei Kinder folgten. Nach Plutarch ging er im Zug zwar frei, aber verwirrt hinter seinen Kindern her. Er wurde nach Alba Fucens gebracht und starb 165 oder 162 im Gefängnis wegen Schlafentzugs.855 Kurz nach Aemilius triumphierten die Prätoren von 168, L. Anicius Gallus und Cn. Octavius. Livius nennt den Prätor Anicius im Vergleich zum Konsul Aemilius minor ipse imperator.856 Die entsprechenden Einträge in den Fasti Triumphales Capitolini lauten pro pr. ex Macedonia et rege Perse.857 Der Titel pro pr. besagt, dass der Triumph in einem der Prätur folgenden Jahr stattfand. Livius stellt fest, dass man beiden diese Ehre nicht neidete, weil sie im Vergleich zu Aemilius nur Mittelmaß darstellten.858 Er fügt hinzu, dass der Prätor Q. Cassius den Auftrag erhielt, mit den Volkstribunen darüber zu verhandeln, dass sie gemäß dem Senatsbeschluss den Antrag vor das Volk brächten, denen, die am Tag des Triumphes in die Stadt einzögen, ein Imperium zu verleihen.859 Dies war notwendig, weil ihr prorogiertes imperium militiae vor dem Überschreiten des Pomeriums erloschen war (v. infra). In diesem Zusammenhang ist auf eine von Valerius Maximus erzählte Anekdote einzugehen, derzufolge die Konsuln gebeten wurden, zum Festmahl eines aus dem Feld heimgekehrten Imperators nicht zu erscheinen, damit am Tag seines Triumphs keiner ein höheres Imperium hätte als er selbst.860 Drogula meint, die Passage beziehe sich im Grunde nicht auf die 854 Münzen: RRC Nr. 415; vgl. S. 117/576. – Familientradition: S. 118 + A. 580. – Gefangennahme: Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 81, Z. 7f. 855 Liv. XLV 40, 6; Plut. Aem. 33, 3–34, 2; Tod: FGrH 260 F 3, 18. 856 L. Anicius Gallus und Cn. Octavius: Liv. XLIV 30, 1; vgl. Briscoe, 561f.; Vf. S. 158 mit A. 796. – Imperium: A. 862. Liv. XLV 43, 1: … minor ipse imperator, et nobilitate Anicius cum Aemilio et iure imperii praetor cum consule conlatus. 857 Inscr. Ital. 13, 1, 80f.; vgl. Anm. 852. 858 Liv. XLV 35, 5; vgl. Briscoe, Livy, 725f. 859 Liv. XLV 35, 4: tribus iis omnibus decretus est ab senatu triumphus mandatumque Q. Cassio praetori, cum tribunis plebis ageret, ex auctoritate patrum rogationem ad plebem ferrent, ut iis, quo die urbem triumphantes inueherentur, imperium esset. 860 Val. Max. II 8, 6: moris est ab imperatore ducturo triumphum consules invitari ad cenam, deinde rogari ut venire supersedeant, ne quis eo die, quo ille triumpharit, maioris in

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Die Unterwerfung Makedoniens

Zeit der Republik, sondern spiegle die Verhältnisse unter Kaiser Tiberius wider, dem Valerius Maximus seine Exempla widmete. Drogula räumt zwar ein, dass der Brauch ursprünglich ein republikanischer gewesen sein könnte, doch habe er zur Zeit des Tiberius darauf abgezielt, eher die Ehre der Konsuln, die nominell nach wie vor die Staatsoberhäupter waren, als den Triumphator gegen deren imperium maius zu schützen. Von den Konsuln sei zwar erwartet worden, dass sie an allen öffentlichen Feierlichkeiten teilnähmen, sie seien jedoch gebeten worden, einem anlässlich eines Triumphs veranstalteten Bankett fernzubleiben, um zu verhindern, dass ihre dignitas durch den Vergleich mit einem Triumphator geschmälert werde.861 Drogula lässt bei dieser Interpretation die oben genannte Tatsache außer Acht, dass das prorogierte Imperium eines Konsuls, der triumphieren sollte, beim Überschreiten des Pomeriums erlosch und dass er eines erhielt, das nur für den Tag des Triumphs galt. Es bestätigt sich somit der Kern der Anekdote, der besagt, dass das Imperium der amtierenden Konsuln maius war im Verhältnis zu dem des Triumphators.862

6.

Die Unterwerfung Makedoniens

6.1

Der Krieg gegen den Usurpator Andriskos (149–148)

Da das Volk für die republikanische Freiheit nicht erzogen war, führten die neuen Staaten nach dem Abzug des L. Aemilius Paullus ein Schattendasein. 152 erbaten sich die Makedonen von Scipio Aemilianus, dem Adoptivsohn des Aemilius, eine Wiederherstellung der Ordnung. Dazu kam es jedoch nicht, da es Scipio vorzog, sich auf den spanischen Schauplatz zu begeben.863 151 machte in Mysien ein gewisser Andriskos aus Adramyttion von sich reden. Er gab sich als Sohn des Perseus aus, änderte seinen Namen in Philipp, brachte in Makedonien ein Heer zusammen und bemächtigte sich des ganzen Landes.864 Diese Version fußt vermutlich auf Polybios, der sagt, eodem convivio sit imperii. 861 Drogula, CC, 194ff. 862 Imperium maius: Vervaet, HC, 157; vgl. Vf. S. 109 mit A. 535. – Erlöschen des Imperiums: S. 105 mit A. 508. 863 Plb. XXXV 4, 10ff.; vgl. Bengtson, RG3 145. 864 Liv. per. 49, 21: Andriscus quidam, ultimae sortis homo, Persei regis filium se ferens et mutato nomine Philippus vocatus, cum ab urbe Romana, quo illum Demetrius Syriae rex

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

Andriskos habe als angeblicher Philippos großen Zulauf erhalten, obwohl der wirkliche im Alter von ungefähr 18 Jahren zwei Jahre nach Perseus zu Alba in Italien gestorben war. Im Land erzählte man sich, Philippos habe die Makedonen diesseits des Strymon besiegt und beherrsche ganz Makedonien.865 150 wurde P. Scipio Nasica Serapio (cos. 138) als Legat nach Makedonien entsandt, um die Bewegung des Andriskos zu unterdrücken. Er kam aber zu spät und rückte mit griechischen Kontingenten, vornehmlich Achäern, nach Thessalien vor, um wenigstens die Grenze zu schützen.866 Der 149 mit einer Legion entsandte Prätor P. Iuventius Thalna war dem makedonischen und thrakischen Aufgebot des Pseudophilippos nicht gewachsen. Er wurde 148 geschlagen und fiel mit einem großen Teil seines Heeres.867 6.2

Q. Caecilius Metellus Macedonicus

Q. Caecilius Metellus war vermutlich der Sohn des gleichnamigen, bedeutenden Konsuls von 206.868 Aufgrund der Gesandtschaft seines Vaters im Jahr 185 unterhielt er Beziehungen zu Makedonien.869 Bereits 168 kämpfte er dort unter Aemilius Paullus und brachte die Siegesbotschaft von Pydna nach Rom; um 155 war er Münzmeister.870 Nach der Niederlage des P. Iuventius wurde 148 der Prätor Metellus mit zwei Legionen nach Makedonien entsandt. In einer Ehrung aus Thessalonike ist er als στρατηγὸς ἀ[νθύπατος] belegt. Morgan setzte den griechischen Titel dem pr. pro cos. ob hoc ipsum mendacium miserat, clam profugisset, multis ad falsam eius fabulam velut ad veram coeuntibus, contracto exercitu totam Macedoniam aut volutate incolentium aut armis occupavit. 865 Plb. XXXVI 10, 2–6. 866 Liv. per. 50, 1: Thessalia, cum et illam invadere armis atque occupare Pseudophilippus vellet, per legatos Romanorum auxiliis Achaeorum defensa est; vgl. B. Niese, Geschichte der griechischen und makedonischen Staaten, III, 1903, 333. 867 Flor. I 30, 4: Igitur dum haec ipsa contemnit populus Romanus, Iuventio praetore contentus, virum non Macedonicis modo, sed Thraciae quoque auxiliis ingentibus validum temere temptavit invictusque non a veris regibus, sed ab illo imaginario et scaenico rege superatus est. – Liv. per. 50, 14: Pseudophilippus in Macedonia caeso cum exercitu P. Iuventio praetore ab Q. Caecilio victus captusque est et revicta Macedonia; vgl. MRR I 458, 461. 868 Plin. NH VII 142: Huius quoque Q. Metelli, qui illa de patre (Kap. 139) dixit … cognomen Macedonici … 869 Gesandtschaft: MRR I 373; zu den Beziehungen s. P. S. Deroe, Rome, the fall of Macedon and the sack of Corinth, CAH VIII, 1989, 321. 870 Sieg: Liv. XLIV 45, 3; XLV 1, 1; Münzmeister: Münzen mit der Legende QME: RRC Nr. 211. Ädil ca. 152, Prätor 148.

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Die Unterwerfung Makedoniens

gleich.871 Da aber Makedonien noch nicht Provinz war, kann Metellus das Kommando nur als Imperator geführt haben. Demnach bezeichnet der στρατηγὸς ἀνθύπατος im Bereich militiae den Imperator prätorischen Ranges.872 Vor Anfang 147 unterwarf Metellus Makedonien von neuem, d. h. ein zweites Mal nach L. Aemilius Paullus; Florus nennt ihn fälschlich consul.873 Der genaue Hergang der Ereignisse ergibt sich aus Zonaras, demzufolge der Prätor Q. Caecilius Metellus von Rom mit einem Heer ausgesandt wurde und, zur See unterstützt von den Pergamenern, in Feindesland eindrang. Zwar bezog er in einem Reitergefecht bei Pydna eine Schlappe, doch Andriskos nutzte den Sieg nicht, sondern erlitt in einer Schlacht eine Niederlage und entkam nach Thrakien. Er sammelte eine neue Streitmacht und trat Metellus entgegen. Als seine Vorhut in die Flucht geschlagen wurde, zerstreute sich auch das Kontingent seiner Bundesgenossen und er selbst wurde von dem Thrakerfürsten Byzes ausgeliefert und bestraft.874 An den römischen Sieg erinnert wahrscheinlich die makedonische Ära, die vom 1. Dios (= 15. Oktober) 148 an gezählt wurde. Bengtson sah sie als Provinzialära an.875 Morgan, Papazoglou und zuletzt Ferrary wiesen jedoch darauf hin, dass Metellus Makedonien 148 nicht zur Provinz gemacht haben kann, weil er als Prätor ohne die Einschaltung einer von Rom entsandten Senatskommission dazu nicht befugt gewesen wäre. Sie sehen deshalb die Ära 148 als eine lokale an, und zwar zu Recht, wie sich demnächst erweisen wird.876 Im Frühjahr 147 beschwor Kritolaos, das Oberhaupt des Achäischen Bundes, durch seine nationalistische Politik den Krieg herauf. Er verhinderte in Korinth, dass die von Rom entsandten Konsulare L. Aurelius Orestes (cos. 157) und Sex. Iulius Caesar (cos. 157) den Streit der Achäer mit den

871 IG X, 2,1, 134: Κόιντον Καικέ[λιον Κοίντου Μέτελλον] /​ στρατηγὸν ἀ[νθύπατον Ῥωμαίων] /​ τὸν αὐτῆς σω[τῆρα καὶ κτίστην] ἡ π[όλις]; vgl. M. G. Morgan, Metellus and the Province Macedonia, Historia 18, 1969, 423, 425. 872 στρατηγὸς ἀνθύπατος: S. 29 mit A. 97; S. 32 mit A. 112. 873 Unterwerfung: Vell. I 11, 2; Florus I 32, 2–3; [Aur. Vict.] vir. ill. 61, 1; Eutrop IV 13; vgl. MRR I 461. 874 Zon. IX 28, 5; vgl. Morgan, Metellus, 426f. 875 Zur Ära s. M. N. Tod, The Macedonian era reconsidered, in: Studies D. M. Robinson II, 1953, 382f. – Bengtson, RG3 146; ders. GG5 502. – Bestätigt wird die Ära 148 durch eine Inschrift aus Lete: Syll.3 700, Z. 1–3; Wesch-Klein, Provinzen, 136. 876 Morgan, Metellus, 428f.; Papazoglou, La Macédoine, 304, J.-L. Ferrary, Rome, tome 2, 768.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

Spartanern schlichteten und erwirkte einen erneuten Kriegsbeschluss.877 Einen lebendigen Eindruck vermittelt Polybios (XXXVIII 12): Als Q. Caecilius (Metellus) in Makedonien erfuhr, dass auf der Peloponnes alles drunter und drüber ging, schickte er Cn. Papirius und den jüngeren (M.) Popilius Laenas, dazu A. Gabinius (tr. pl. 139) und C. Fannius (tr. pl. 142) als Gesandte dorthin.878 Diese kamen zufällig gerade in dem Augenblick in Korinth an, als die Achäer dort zu einer Bundesversammlung zusammengetreten waren. Sie sprachen vor ihr des längeren und in ähnlich freundlichem Ton wie Sextus (Iulius Caesar), ernsthaft bemüht, zu verhindern, dass sich die Achäer zu einer radikal feindseligen Haltung gegen die Römer hinreißen ließen, sei es wegen des Konflikts mit den Spartanern oder auch aus Verärgerung gegen sie selbst. Nur wenige waren mit der Rede voll und ganz einverstanden; die Menge wollte die Gesandten nicht einmal anhören, verhöhnte sie und jagte sie unter tobendem Lärm hinaus. Denn es hatte sich eine solche Menge von Arbeiterproletariat versammelt wie noch niemals. … Kritolaos aber, als hätte er das Thema und das Podium gefunden, das er sich wünschte, eine Zuhörerschaft, berauscht wie er selbst, griff die leitenden Beamten an, beschimpfte seine politischen Gegner und zog gegen die römischen Gesandten frei vom Leder; er wolle zwar ein Freund der Römer sein, sei aber nicht bereit, sie sich als Sklavenhalter gefallen zu lassen. 13 … Nachdem er das alles (d. h. den Kriegsbeschluss) durchgesetzt hatte, machte er sich daran, das Feuer weiter zu schüren, um die Waffen gegen die Römer erheben zu können, wobei er ohne Sinn und Verstand vorging, sich vielmehr der aller verruchtesten und gesetzwidrigsten Mittel bediente. Von den Gesandten aber reiste Gnaeus (Papirius) nach Athen und von dort weiter nach Sparta, um sich für den Notfall zur Verfügung zu halten, Aulus 877 Plb. XXXVIII 9; Flor. I 32, 2; Liv. per. 51: Belli Achaici semina referuntur haec, quod legati Romani ab Achaeis pulsati sunt Corinthi, missi ut eas civitates, quae sub dicione Philippi fuerant, ab Achaico concilio secernerent; vgl. MRR I 467f. 878 Cn. Papirius Carbo: Neffe des Gaius (pr. 168): Vater des cos. 113 (ID 1550) – M. Popilius Laenas (cos. 139): Sohn des cos. 173; vgl. MRR III 168. Der in Magnesia a. M. als πρεσβευτής Geehrte (I. Nr. 123): ? Sohn des cos. 139; vgl. K. Tuchelt, Kleinasiat. Denkm., 1979, 173. – A. Gabinius: ? Sohn des Präfekten 167 in Scodra (Liv. XLV 46, 2). – C. Fannius: ? Sohn des cos. 161; vgl. S. 19/25.

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Die Unterwerfung Makedoniens

(Gabinius) nach Naupaktos, während die beiden anderen bis zum Eintreffen des Caecilius in Athen blieben. So standen die Dinge auf der Peloponnes. Als Metellus zu dieser Zeit von der bevorstehenden Ankunft des Konsuls L. Mummius mit einem Heer in Griechenland hörte, entsandte er Boten zu den Achäern mit dem Auftrag, die Lakedaimonier aus dem Bündnis zu entlassen. Mit dem Heer marschierte er von Makedonien durch Theassalien zum Lamischen Golf. Kritolaos, der das Heer der Achäer kommandierte, nahm keinen Vorschlag zum Ausgleich an. Als er durch Späher erfuhr, dass die Römer den Spercheios überschritten hatten, floh er mit den Achäern, die von Metellus eingeholt und zum großen Teil bei Skarpheia am Alpheios niedergemacht wurden. Kritolaos war nicht unter den Toten.879 Als Metellus zum Isthmos kam, sandte er Herolde zu den Achäern, die er zum Friedensschluss und zur Übereinkunft aufforderte. Diaios, der bei den Achäern nach Kritolaos das Kommando übernahm, stellte sich jedoch diesem Wunsch entgegen.880 Nach seiner Ankunft am Isthmos von Korinth im Sommer 146 schickte L. Mummius den Metellus und seine Umgebung nach Makedonien zurück.881 Daraus folgt, dass der Imperator Mummius im Verhältnis zum Imperator Metellus ein imperium maius hatte.882 Metellus triumphierte wahrscheinlich Anfang 145, nach den rekonstruierten Fasten als pro pr. ex Macedonia de Andrisco im Sinn eines Prätors mit prorogiertem Imperium.883 Wegen seiner virtus erhielt er den Beinamen Macedonicus.884 Aus der Beute errichtete Metellus die nach ihm benannte porticus Metelli.885

879 Plb. XXXVIII 12, 1–10; Flor. I 32, 2–4; Oros. V 3, 3. 880 Paus. II 15, 11. 881 Pausan. VII 16, 1: Μόμμιος … ἀποπέμψας δὲ ἐς Μακεδονίαν Μέτελλον …; Oros. V 3, 5: Mummius repentinus cum paucis venit in castra. qui dimisso statim Metello Corinthum sine mora expugnavit. 882 Vgl. S. 170 mit A. 856. 883 Vgl. Liv. per. 52, 7: Q. Metellus de Andrisco triumphavit. – Zur Rekonstruktion s. Degrassi, Inscr. Ital. 13, 1, 557. 884 Inscr. Ital. 13, 1, 557; Cic. Mur. 31; Liv. per. 52; vgl. MRR I 470. 885 Val. Max. VII 5, 4; Vell. I 11, 3–7.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

7.

Das bellum Achaicum (146–145)

7.1

L. Mummius

L. Mummius war ein homo novus. Sein Vater war 177 Prätor in Sardinien.886 Er stand 153 als Prätor im jenseitigen Spanien, kämpfte wechselvoll gegen die Lusitaner und triumphierte 152.887 146 wurde er Konsul und erhielt wahrscheinlich im Frühjahr nach der Kriegserklärung der Achäer in Korinth den Oberbefehl im bellum Achaicum.888 Er muss auch Makedonien umfasst haben, weil Mummius gegenüber Metellus weisungsbefugt war.889 Er selbst unterwarf Südgriechenland, zerstörte das reiche Korinth und ordnete mit einer Senatskommission die Verhältnisse. Die Gesandtschaft wird in Z. 11 eines Fragments aus Nemea genannt.890 Eine bündige Zusammenfassung der Geschehnisse geben die Periochae des Livius, 52, 3–6: In cuius (= Critolai) locum Diaeus, Achaici motus primus auctor, ab Achaeis dux creatus ad Isthmon a L. Mummio cos. victus est. Qui omni Achaia in deditionem accepta Corinthon ex S. C. diruit, quia ibi legati Romani violati erant. Thebae quoque et Chalcis, quae auxilio fuerant, dirutae. Ipse L. Mummius abstentissimum virum egit, nec quicquam ex his operibus ornamentisque quae praedives Corinthos habuit in domum eius pervenit. – Anstelle des Kritolaos wurde Diaios, das Oberhaupt der Erhebung der Achäer, zum Strategen gewählt; er wurde vom Konsul L. Mummius am Isthmus besiegt. Nachdem er die Kapitulation ganz Achaias angenommen hatte, machte er Korinth auf einen Senatsbeschluss hin dem Boden gleich, weil dort die römischen 886 Vell. I 13, 2: alter est Achaicus appellatus; nec quisquam ex novis hominibus prior Mummio cognomen virtute partum vindicavit. – Vater: Liv. XLI 8, 2; vgl. S. 108/527. 887 Prätor in Spanien: App. Ib. 56, 236–257, 241f.; vgl. MRR I 452; Vf. S. 195/985. – Triumph: App. Ib. 243. 888 Iustin XXXIV 2, 1–6: Haec ubi Romam nuntiata sunt, statim senatus Mummio consuli bellum decernit, qui extemplo exercitu deportato et omnibus strenue provisis pugnandi copiam hostibus fecit; vgl. J. Wiseman, Corinth and Rome I, ANRW 7.1, 1971, 461. 889 Papazoglou, La Macédoine 307, nimmt an, dass Metellus vor seinem Aufbruch im Herbst 146 einen Legaten einsetzte. 890 IG VII 2414; Plb. XXXIX 4; Cic. Verr. II 4, 4; Paus. VII 16, 9f.; Oros. V 3, 5; vgl. MRR I 470.

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Das ‚bellum Achaicum“ (146–145)

Gesandten misshandelt worden waren.891 Auch Theben und Chalkis wurden zerstört, weil sie Diaios unterstützt hatten. L. Mummius zeigte sich äußerst selbstlos, denn keines von den Meisterund Kunstwerken, die das überaus reiche Korinth besaß, gelangte in sein Haus.892 Die Vorgänge nach der Zerstörung Korinths schildert der Periheget Pausanias, VII 16, 7–10: Die Achäer, die sich nach der Schlacht (auf dem Isthmos) nach Korinth gerettet hatten, flohen bei Anbruch der Nacht weiter. Auch die meisten Korinther flohen. Mummius wagte im ersten Augenblick nicht, nach Korinth einzudringen, obwohl die Tore weit offen standen, denn er argwöhnte, es möge hinter den Mauern ein Hinterhalt lauern. Am dritten Tag nach der Schlacht nahm er die Stadt im Sturm und äscherte sie ein. Den größten Teil der Gefangenen töteten die Römer, Frauen und Kinder verkaufte Mummius. Auch die Sklaven verkaufte er, soweit sie als Freigelassene mit den Achäern gekämpft hatten und nicht schon in der Schlacht umgekommen waren. Weihgeschenke und andere Kostbarkeiten, Gegenstände besonderer Bewunderung, wurden weggeschleppt. Was jenen weniger wertvoll erschien, das schenkte Mummius dem Philipoimen, dem Feldherrn des Attalos. Und noch bis auf unsere Tage besitzen die Pergamener korinthische Beute. Die Mauern der Städte, die gegen die Römer gekämpft hatten, riss Mummius ein und nahm den Bewohnern die Waffen weg, noch ehe von den Römern politische Ratgeber abgesandt wurden. Als dann diejenigen angekommen waren, die sich mit ihm beraten sollten893, hob er die demokratischen Verfassungen auf und richtete Ämter nach Vermögensschätzung ein. Eine Abgabe wurde Griechenland auferlegt und den Vermögenden untersagt, außerhalb der Gemeindegrenzen Besitztümer zu erwerben. Sämtliche Bundesversammlungen bei den einzelnen Völkern, bei den Achäern, den Phokern und Böotern oder wo sonst noch 891 Vgl. Florus I 32, 2: Critolaus causa belli, qui libertate a Romanis data adversus ipsos usus est legatosque Romanos, dubium an et manu, certe oratione violavit. Igitur Metello ordinanti cum maxime Macedoniam mandata est ultio. 892 Liv. per. 52, 1: Ipse L. Mummius abstinentissimum virum egit, nec quicquam ex his operibus ornamentisque quae praedives Corinthos habuit in domum eius pervenit. 893 Gemeint ist ein Kollegium von zehn Senatoren: Vgl. S. 176 mit A. 890.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

in Griechenland wurden in gleicher Weise aufgelöst. Nicht viele Jahre später erbarmten sich die Römer jedoch Griechenlands. Sie gaben den einzelnen Völkerschaften wieder das Recht auf Bundesversammlungen wie von alters her, zudem die Befugnis, sich außerhalb der Gemeindegrenzen Besitz zu erwerben. Sie erließen denen die Strafgelder, denen Mummius sie auferlegt hatte. Denn er hatte befohlen, dass die Böoter den Herakleoten und den Euböern 100 Talente, die Achäer den Lakedaimoniern 200 Talente zahlen sollten. Einen solchen Nachlass gewährten die Römer den Griechen. Bis auf unsere Zeit (175 n. Chr.) wird ein Statthalter entsandt. Die Römer nennen ihn nicht Statthalter von Griechenland, sondern von Achaia, weil sie über die damals unter den Griechen heraussragenden Achäer die Griechen bezwangen. Der Krieg wurde beendet, als Anthitheos Archon in Athen war und in der 160. Olympiade Diodoros von Sikyon (im Lauf) siegte (140 v. Chr.). Aus Epidauros in der Argolis kommt eine Inschrift, die ins 74. Jahr, d. h. 72/71 v. Chr., datiert ist. Daraus ergibt sich als achäische Ära das Jahr 145 v. Chr.894 Es zeigt sich jetzt, dass sie weder mit der lokalen (148 v. Chr.) noch mit der Provinzialära Makedoniens (143 v. Chr.) identisch ist. Man kann noch nicht sagen, ob Achaia bereits 146 nach der Zerstörung Korinths an Makedonien angeschlossen wurde.895 Einzugehen ist jetzt auf die sogenannten tituli Mummiani. Eine Inschrift kommt aus Olympia, in der es heißt, dass die χώρα aufgrund eines Urteils im Besitz der Messenier war, als L. Mummius ὕπατος bzw. ἀνθύπατος in jener ἐπαρχεία war.896 Die beiden Funktionsangaben kennzeichnen die Jahre 146/5, ebenso der Terminus ἀν[θύπατος] in einer Inschrift aus Nemeia, der die nemeischen Spiele 145 datiert.897 Mummius fungierte jedoch 146 in Griechenland nicht als Konsul und 145 nicht als Prokonsul, sondern als Imperator, weil er militiae Krieg führte. Was den in dem obigen Satz verwendeten Terminus χώρα betrifft, so ist das lakonische Grenzgebiet Denthalioi gemeint, mit ἐπαρχεία die Kommandogewalt, die Mummius in einem Ge-

894 IG IV 1, 66 = SEG 11, 396 (Z. 25); vgl. S. Accame, Il dominio Romano in Grecia, 1946, 13. – Ära: Syll.3 683; MRR I 470. 895 Vgl. Papazoglou, La Macédoine, 307; Wesch-Klein, Provinzen, 101. 896 I. Olymp. Nr. 52, Z. 64f. … ἐκρίθη κατεισχῆσθαι ἡ χώρα ὑπὸ Μεσσ[η]νίων ὅτε Λεύκιος Μόμμιος ὕπατος ἣ ἀνθύπατος [ἐ]ν ἐκείνηι τῆι ἐπαρχείαι ἐγένετο. 897 SEG XXIII, 1968, 180, Z. 13: Λευκίου Μομμίου ἀν[θυπάτου …]; vgl. MRR III 146.

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Das ‚bellum Achaicum“ (146–145)

biet ausübte, das noch nicht als Provinz eingerichtet war.898 Dies bestätigt Tacitus, der Mummius imperator nennt, weil er das Kommando im bellum Achaicum führte. Er sagt, dass Mummius in Bezug auf den ager Denthalias das gleiche Urteil wie vor ihm König Antigonos (Doson) fällte.899 Im Griechischen entspricht dem imperator der für Mummius mehrfach belegte Titel στρατηγὸς ὕπατος.900 Er erscheint in den Ehrungen in Olympia, Tegea, Epidauros, Oropos, Thespiae, Theben und Aulis und bezeichnet den militiae kommandierenden Imperator konsularen Ranges.901 Eine Ehrung mit dem entsprechenden Titel [Λ. Μόμμιον στρατηγὸ]ν ὕπατον wurde Mummius im Stadion von Eretreia anlässlich der Agonistischen Artemsia dargebracht.902 In Rom erbaute Mummius den im Krieg gelobten Tempel für Hercules Victor mit folgender Inschrift:903 L. Mummi(us) L. f. cos. duct(u) /​ auspicio imperioque /​ eius Achaia capt(a), /​ Corintho deleta Romam redieit triumphans. /​ ob hasce res bene gestas quod in bello voverat, /​ hanc aedem et signu(m) Herculis Victoris /​  imperator dedicat. – Nachdem der Konsul L. Mummius, der Sohn des Lucius, unter seiner Führung, seinen Auspizien und seinem Kommando Achaia unterworfen und Korinth zerstört hatte, kehrte er als Triumphator nach Rom zurück. Wegen dieser erfolgreich vollbrachten Taten weihte er als Imperator, weil er es im Krieg gelobt hatte, diesen Tempel und das Standbild des Hercules Victor. 898 Tac. Ann. IV 43, 2: Messeni veterem … divisionem Pelopennesi protulere, suoque regi Denthaliatem agrum … cessisse; vgl. F. Kudlien, Denthalioi, KP 1, 1979, Sp. 1490. – ἐπαρχεία: J. S. Richardson, The Language of Empire, Rome and the idea of Empire from the 3rd century BC to the 2nd century AD, 2008, 47. 899 Tac. Ann. IV 43, 3: Idem regis Antigoni, idem imperatoris Mummii iudicium; vgl. S. L. Ager, Interstate arbitrations in the Greek world, 337–90 BC, 1996, 412f. – Antigonos III. Doson: 229–221 v. Chr. 900 στρατηγὸς ὕπατος: S. 29 mit A. 96; S. 127 mit A. 626. 901 I. Olymp. Nr. 278f., 281, 319f. – Tegea: IG V 2, 77 – Epidauros: IG IV 1183 – Oropos: IG VII 433 – Thespiae: IG VII 1808 – Theben: IG VII 2478, 2478 a. – Aulis: SEG XXV 541; vgl. vgl. L. Pietelä – Castren: Some Aspects of the Life of Lucius Mummius Achaicus, Arctos 12, 1978, 115–123, bes. 117. 902 I. Olymp. Nr. 278f., 281, 319f. – Tegea: IG V 2, 77 – Epidauros: IG IV 1183 – Oropos: IG VII 433 – Thespiae: IG VII 1808 – Theben: IG VII 2478, 2478 a. – Aulis: SEG XXV 541; vgl. L. Pietelä – Castren: Some Aspects of the Life of Lucius Mummius Achaicus, Arctos 12, 1978, 115–123, bes. 117. – Eretreia: IG XII 9, 233; vgl. SEG 51, 2001, 1002. 903 CIL I2, 1, 626 = ILS 20 = ILLRP 122.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

Mit der Dublette auspicio imperioque in der Phrase cos. ductu auspicio imperioque eius Achaia capta gibt Mummius zu erkennen, dass er als Magistrat Träger der durch die auspicia gegebenen Garantie des göttlichen Willens ist.904 Das Procedere in Rom vor einem Feldzug kann man sich wohl in etwa so vorstellen, dass der vom Volk zum Imperator gewählte Konsul das imperium militiae für den bevorstehenden Krieg, in diesem Fall das bellum Achaicum, erhielt und die Auspizien anstellte. Er war als Einziger berechtigt, die Entscheidung über das militärische Vorgehen zu fällen.905 Es ist davon auszugehen, dass L. Mummius analog zu P. Licinius Crassus und L. Aemilius Paullus vor seinem Auszug auf dem Marsfeld vom Volk akklamiert wurde.906 Nach seiner Rückkehr legte Mummius die Auspizien zugleich mit dem Kommando nieder.907 Er erfüllte als Imperator mit dem Bau des Hercules Victor geweihten Tempels sein vor dem Aufbruch abgelegtes Gelübde.908 Überliefert ist, dass er ihn mit Beutestücken aus Korinth baute, wie auch die Formel Achaea capta besagt.909 Nach Ziolkowski sei der Tempel mit dem Rundtempel des Hercules Victor auf dem Forum Boarium am Tiber zu identifizieren. Mummius habe ihn 142 als Censor eingeweiht.910 Laut der Inschrift tat er dies jedoch als Imperator. Nach Mommsen stand der von Mummius eingeweihte Tempel des Hercules Victor auf dem mons Caelius, wo der Stein mit der Inschrift in einer Mauer gefunden wurde.911 Pietilä-Castrén geht davon aus, dass der mons Caelius außerhalb des Pomeriums lag und dass es Mummius zum Zeitpunkt der Weihung noch nicht überschritten hatte.912 Mit dieser Annahme stimmt die Terminologie des Livius überein, derzufolge L. Aemilius Paullus als imperator vor den Toren Roms auf die Bewilligung des Triumphs wartete.913 904 G. Wissowa, Auspicium, RE II, 1896, Sp. 2582. – Vervaet, HC, 25f. 905 D. Briquel, Augures, DNP 1, 1996, Sp. 280, nennt als Beispiele den Prätor L. Aemilius Regillus (Liv. XL 52, 2; vgl. S. 22) und L. Mummius; vgl. die Auszugsauspizien: S. 32 mit A. 110. 906 Vgl. S. 148f. 907 Cic. nat. deor. II 9: auspicia ponere; vgl. W. Gerlach, Kommentar zum zweiten Buch, Tusculum, 1978, 616. 908 Zum Gelübedeakt (votum nuncupare) des Votanten s. G. Wissowa, Religion, 381ff. 909 Liv. per. 52, 1: L. Mummius C[orinthum diruit]; vgl. L. Pietelä-Castren, L. Mummius, 118. 910 A. Zilkowski, Mummius’ temple of Hercules Victor and the round temple on the Tiber, Phoenix 42, 1988, 316f. 911 Vgl. Mommsens Kommentar zu CIL I2 626. 912 Vgl. Pietilä-Castrén, L. Mummius, 119f. 913 Liv. XLV 39: L. Pauli triumpho portae claudentur? vgl. Liv. XXXVI 59, 1: imperatori triumphus decretus; vgl. S. 139/676.

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Das ‚bellum Achaicum“ (146–145)

Der IMPTitel kommt auch in einem Fragment vor, das aus Italica im jenseitigen Spanien stammt. Dort hatte Mummius 153 als Prätor gegen die Lusitaner gekämpft und nachher in Rom triumphiert.914 Die rekonstruierte Inschrift lautet: [L. Mumm]ius L. f. imp. /​ [ded. Cor]intho capta /​ [vico Ital] icensi.915 Es wird ausgesagt, dass der Imperator Mummius einen Teil der Beute aus Korinth der ihm verbundenen Stadt Italica weihte. A. v. Stylow sah die Ergänzung [ded. …] als überflüssig an und wollte dafür [cos.] setzen.916 Diese Konjektur ist auszuschließen, weil in Beuteweihinschriften entweder der IMP- oder der COSTitel steht, je nachdem, ob sie aus dem Bereich militiae oder domi stammen. Die Stadt Italica wurde 205 von Scipio als vicus civium Romanorum gegründet, die beiden Provinzen erst 133, der 145 datierende IMPTitel bestätigt dies.917 In Italien und in der Hauptstadt Rom, die Mummius uneigennützig mit Kunstwerken, Statuen und Gemälden aus Korinth schmückte, steht hingegen der COSTitel.918 Er begegnet speziell in Mittelitalien, nämlich in Trebula Mutuesca, Nursia und Parma. Nach dem Namen des Mummius steht jeweils cos. und danach einmal der von ihm bedachte Ort im Dativ (vico) und zweimal ded(it).919 Ein weiteres Fragment kommt aus Cures, es lautet: [L. Mummius] /​ cos. Achaea capta. Mommsen reihte es im Band IX unter die inscriptiones falsae vel alienae ein. Gleicher Ansicht war offenbar Dessau, der es nicht in den 1. ILS-Band unter die tituli Mummiani (Nr. 20–21d) aufnahm. Hingegen zweifelte Lommatzsch nicht an der Echtheit der Inschrift.920 Sie erweist sich daran, dass in Verbindung mit der Formel Achaea capta der COSTitel steht. Er kennzeichnet die in Italien verfassten Beuteweihinschriften, denn das Mutterland gehörte außer im Fall der Bedrohung Roms, wie z. B. im Bundesgenossenkrieg, nicht zum Bereich militiae.921 Der COSTitel kennzeichnet das im Jahr 145 beendete Konsulat. Die In914 Vgl. S. 176 mit A. 887. 915 CIL I2 635, II 1119 = ILS 21d = ILLRP 331; vgl. S. 117 mit A. 573. 916 A. v. Stylow in: J. L. Moralejo, Mumio vuelva a Itálica, ZPE 177, 2011, 293. 917 Zur Gründung und Besiedlung von Italica s. App. Ib. 38; Gründung der spanischen Provinzen: S. 116 mit A. 570. 918 Liv. per. 53, 4: S]igna statuas tabulas Corinth[ias L. M]ummius distribuit circa oppida et Romam ornavit. Cic. Verr. II 1, 55: quid de L. Mummio … at vero urbem totam templaque deorum omnisque Italiae partis illorum donis ac monumentis exornatas videmus. 919 Cic. off. II 76: Italiam ornare quam domum suam maluit. – CIL I2 627 = ILLLRP 327 (Mutuesca): L. Mummius cos. /​ vico. CIL I2 628 = ILLRP 329: L. Mummius cos. ded(it) N(ursinis). CIL I2 629 = ILLRP 330: L. Mummius cos. p(opulo) P(armensi). 920 CIL IX 4966 (ed. Mommsen, 1883) = CIL I2 631 (ed. Lommatzsch, 1918) Liv. per. 52, 6; vgl. Künzl, Triumphus, 110. 921 Kunkel, StO, 230.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

schriften datieren aufgrund der den Städten geschenkten Beute nach dem Ende des Kommandos im Herbst 145. Der von Degrassi rekonstruierte Fasteneintrag lautet: pro cos. ex Achaia et Corintho.922 Er besagt, dass Mummius als Konsul nach dem Amtsjahr triumphierte. 7.2

Q. Fabius Maximus Servilianus

Q. Fabius Maximus Servilianus, war der Sohn des Cn. Servilius Caepio (cos. 169) und der Adoptivsohn des Q. Fabius Maximus (pr. 181).923 Ehe er 142 das Konsulat erlangte und in Spanien ein Kommando führte924, wurde Fabius Servilianus 145 als Prätor nach Achaia entsandt. Ein Schreiben an die Ratsherren von Dyme ist nicht Q. Fabius Maximus Eburnus (cos. 116), sondern seinem Vater Servilianus zuzuweisen. In ihm nennt er seine Funktion ἀνθύπατος Ῥωμαίων; es fehlt der Titel στρατηγὸς vor ἀνθύπατος, weil er für Statthalter erst ab ca. 123 v. Chr. nachweisbar ist.925 Das Schreiben lautet in Übersetzung: Unter dem Ratssekretär Theokolos Leon Stratokles Quintus Fabius Maximus, Sohn des Quintus, Prokonsul der Römer, grüßt die Oberbeamten, die Ratsherren der Partei des Kyllanios setzten mich über die bei Euch begangenen Untaten in Kenntnis, d. h. das Niederbrennen und die Zerstörung des Rathauses und der Gemeindearchive. Der Anführer war Sosos, der Sohn des Tauromenos, der die ganze Erhebung schürte, indem er Gesetze verfasste, die gegen die den Achäern von den Römern gegebene Verfassung verstoßen und mit deren Einzelheiten ich mich in Patras zusammen mit meinen Ratgebern befasste. Für mich ist es offensichtlich, dass diejenigen, die solches betrieben, für alle Hellenen die Urheber der schlimmsten Zustände und des Aufruhrs sind, weil ihr Tun nicht nur zu einer gegenseitigen Unversöhnlichkeit und zur Tilgung der Schulden führt, sondern 922 Zweijähriges Konsulat: S. 118 mit A. 582f. – Fasteneintrag: Inscr. Ital. 13, 1, p. 557f.; vgl. MRR I 470. 923 Kierdorf, DNP 4, 1998, Fabius I 29. 924 Spanien: S. 197 mit A. 998. 925 SIG3 684 = Sherk, RDGE Nr. 43, Z. 1: Κόιντος Φάβιος Κοίντου Μάξιμος ἀνθύπατος Ῥωμαίων Δυμαί/ων τοῖς ἄρχουσι καὶ συνέδροις καὶ τὴι πόλει χαίρειν. – Falsche Zuweisung: MRR III 87f. – Statthalter: B. Kreiler, Zur Datierung eines Volksbeschlusses von Thasos, ZPE 124, 2010, 109.

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Das ‚bellum Achaicum“ (146–145)

auch unvereinbar ist mit der Freiheit, die den Hellenen gemeinschaftlich gewährt wurde926, und mit unseren politischen Grundsätzen. Da die Ankäger des Sosos überzeugende Beweise vorgelegt haben, dass er der Rädelsführer bei diesen Unruhen und der Verfasser der Gesetze zur Zerstörung der gewährten Verfassung ist, erkläre ich ihn für schuldig und verurteile ihn zum Tod – und in gleicher Weise Phormiskos, den Sohn des Echesthenes, einen der höchsten Beamten, der ihm dabei half, das Rathaus und die Gemeindearchive in Brand zu setzen, wie er selbst gestand. Aber da Timotheos, der Sohn des Nikias, der die Gesetze in Zusammenarbeit mit Sosos abfasste, anscheinend ein weniger schlimmes Unrecht begangen hat, habe ich seine Überstellung nach Rom angeordnet. Er musste schwören, dass er sich dort am ersten Tag des neunten Monats einfinden wird und ich sandte Anweisungen an den Peregrinenprätor, dass er nicht vor dem … zurückkehren dürfe. Das Jahr 145/4 wird durch einen weiteren, nicht edierten Brief des Fabius an Dyme bestätigt: er datiert aus dem zweiten Jahr der achäischen Ära, d. h. 144. Darin erinnert er die Stadt an die den Techniten gewährten Privilegien.927 Q. Fabius Servilianus besaß als Statthalter der 145 von Mummius eingerichteten Provinz Achaia das ius gladii, wie sein Befehl, die beiden Rädelsführer des Aufstands hinzurichten (Z. 20–21), zeigt.928 Die Römer, die den Achäern eine Verfassung (πολιτεία) gaben (Z. 9–10, 19–20) sind mit dem Konsul L. Mummius samt der mit ihm zusammenarbeitenden Senatskommission zu identifizieren. Seine Maßnahmen wurden erst nach seiner Rückkehr durch einen Senatsbeschluss rechtskräftig.929

926 Z. 13–16: Οὐ μό/ν[ον γὰρ] τῆς πρ[ὸ]ς ἀλλήλου[ς] ἀσυναλλ[α]ξ[ία]ς καὶ χρε[ωκοπίας οἰ-] /​ [κεία,] ἀλλὰ καὶ [τ]ῆς ἀποδε- ομένης κατὰ [κ]οινὸν τοῖς Ἕλλη[σιν ἐ-] /​ λευθερίας. – Zu χρε[ωκοπίας οἰ]κεία (Z. 14/15): Gemeint ist vermutlich eine gesetzlich nicht gerechtfertigte Schuldentilgung zu Lasten der Kreditgeber. 927 J. – L. Ferrary, Philhéllenisme et Impérialisme, 1988, 189f. – Brennan, Praetorship, 226, 702. 928 Ius gladii: Kunkel, StO, 339; vgl. Verf. S. 415 mit A. 2181. – Achaia Provinz: WeschKlein, Prov., 101; Vf. 185 mit A. 931. 929 Z. 19–20: … τῆι ἀποδοθείσηι τοῖς /​ [Ἀ]χαιοῖς ὑπὸ Ῥωμαίων πολιτ[εία]; vgl. S C: Kunkel, StO, 303.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

7.3

Zur Einrichtung der Provinz Makedonien

In Olympia wurde Metellus 143 wie folgt geehrt (SIG3 680 = I. Olymp. 325): Δάμων Νι κάνδρος Μακεδὼν ἀπὸ /​ Θεσσαλονίκης Κόιντον Καικέλιον /​ Κοίντου Μέτελλον, στρατηγὸν ὕπατον /​ Ῥωμαίων, Διὶ Ὀλυμπίωι /​ ἀρετηῆς ἕνεκεν καὶ εὺνοίας ἧς διατε/λεῖ εἴς τε αὐτὸν καὶ τὴν πατρίδα καὶ τοὺς λοι ποὺς /​ Μακεδόνας καὶ τοὺς ἄλλους Ἕλληνας. – Der Makedone Damon Nikandros aus Thessalonike (ehrt) Quintus Caecilius, den Sohn des Quintus, Metellus, den Konsul der Römer, dem olympischen Zeus (geweiht) wegen seiner Tatkraft und des Wohlwollens, das er ihm selbst, dem Vaterland und den übrigen Makedonen sowie den anderen Griechen erweist. Niese kommentierte die Inschrift ausführlich. Er stellte fest, dass sich Makedonien in einer schlimmen Lage befand, weil es für die Erhebung des Andriskos büßen musste. Makedonien wurde als erobertes Land betrachtet und die Angehörigen des Prätendenten wahrscheinlich streng bestraft. Metellus gewann ansehnliche Beute, es wurden wiederum, d. h. zum zweiten Mal nach 168/7, Kunstwerke nach Rom deportiert. Die vier makedonischen Landschaften verloren die Freiheit, wurden vereinigt und zur Provinz gemacht, die ein Prätor mit prokonsularem Imperium verwaltete. Die Lasten, Tribute und sonstige Abgaben wurden stark erhöht. Bei allem Unglück war es doch ein Segen, dass die Teilung des Landes mit all ihren Schäden ein Ende nahm, denn der Verlust der nur scheinbaren Freiheit war kaum zu beklagen. Es ist daher wohl glaublich, dass nicht wenige Makedonen die Verwandlung in eine Provinz mit aufrichtiger Freude begrüßten und sich willig in die neue Lage fanden. Es scheint auch, dass Metellus so weit möglich schonend verfuhr. Grundlage der Verwaltung wurden die Städte, die ihre von L. Aemilius Paullus eingerichtete timokratische Verfassung behielten und sich einer gewissen Autonomie erfreuten. Niese meinte, dass Metellus diese Maßnahmen in Zusammenarbeit mit einer Senatskommission im Rahmen einer Neuordnung durchgeführt hat.930 In dem oben behandelten Brief des Q. Fabius Servilianus heißt es aber, dass die Römer den Achäern eine Verfassung gaben. Es gibt folglich keinen Hinweis darauf, dass Metellus als Prätor Makedonien 146 zur Provinz gemacht hat. Vielmehr lässt seine Ehrung in Olympia als στρατηγὸς ὕπατος Ῥωμαίων dar930 B. Niese, Geschichte der griechischen und makedonischen Staaten, Bd. III, 1903, 335.

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Der Straßenbau des Cn. Egnatius in Makedonien

auf schließen, dass er den Antrag für diese Maßnahme in Rom als amtierender Konsul vermutlich in der ersten Senatssitzung Anfang 143 gestellt hat. Die von L. Mummius 145 gegründete Provinz Achaia wurde offenbar 143 an Makedonien angeschlossen. Es ist anzunehmen, dass ein entsprechendes S C erlassen wurde.931 Erwähnenswert sind Bronzen, die zwei Quästoren in drei Münzstätten (Amphipolis, Pella, Thessalonica) prägten; auf dem Revers steht: ΜΑΚΕΔΟΝΩΝ ΤΑΜΙΟΥ ΛΕΥΚΙΥΟΥ ΦΟΥΛΚΙΝΝΙΟΥ bzw. ΓΑΙΟΥ ΠΟΠΛΙΛΙΟΥ.932 MacKay datierte die Münzen aufgrund der Typen 168–167 statt 148 (besser 143).933 Für die spätere Datierung spricht jedoch, dass die Bronzen innerhalb der Provinzgrenzen hergestellt wurden, was den Provinzstatus voraussetzt, und dass mit ihnen vermutlich die römischen Truppen in Dyrrhachium, wo sie gefunden wurden, bezahlt wurden.934 C. Publilius und L. Fulcinnius dienten folglich 143 oder später dem Statthalter als Quästoren.935

8.

Der Straßenbau des Cn. Egnatius in Makedonien

Nach der Einrichtung der Provinz Macedonia wurde der Prätor Cn. Egnatius wohl spätestens im Frühjahr 143 als erster Statthalter entsandt. Zwei Meilensteine an der via Egnatia, die von Dyrrhachium durch Makedonien nach Byzanz führte, bezeugen die Bautätigkeit ihres Namengebers: 1. Säule bei der Gallikos-Brücke westlich von Thessalonike (AE 1976, 643). CC ↓ X Cn. Egnati(us) C. f. /​ pro cos. /​ Γναῖος Ἐγνάτιος Γαίου /​ ἀνθύπατος Ῥωμαίων /​ ΣΞ. Die Zahl 260 steht in der ersten Zeile 931 S C: Kunkel, StO, 303; vgl. S. 183 mit A. 929. 932 BMC Macedonia S. 17f., Nr. 71–78 (Publilius); S. 19, Nr. 79 (Fulcinnius); vgl. P. A. Mac Kay, Bronze Coinage in Macedonia 168–166 BC, ANSMusN 14, 1968, S. 5–13; vgl. MRR III 94. 933 Datierung 148–146: BMC (s. o.); B. Head, Historia Numorum, 1911, 239f.; vgl. MRR I 458. – Zustimmend zu MacKay (s. o.) äußerten sich J.-L. Ferrary, Rome, les Balkans, la Grèce et l’Orient, in: C. Nicolet, Rome et la conquête du monde méditerranéen, 1978, tome 2, 768 und F. Papazoglou, Quelques aspects de l’histoire de la province de Macédoine, ANRW 7.1, 1979, 306; dies.: Les cités de Macédoine, BCH Suppl. XVI, 1988, 208. 934 F. de Callatay, The coinages struck for the Romans in Hellenistic Greece, Nomismata, 2016, 316f. 935 Als erster Statthalter ist der 143 amtierende Prätor Cn. Egnatius durch Meilensteine belegt: v. supra.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

der Inschrift in lateinischen und chalkidischen Buchstaben (CC ↓ X ) und in der letzten in griechischen (ΣΞ). Sie gibt die Entfernung von Dyrrachium zum Platz des Meilensteins an, nämlich sieben Meilen von Thessalonike.936 2. Meilenstein sechs Meilen von Philippi entfernt (AE 1992, 153 = SEG 40, 543): Cn. Egnati(us) C. f. /​ proco(n)sul /​ Γναῖος Ἐγνάτιος Γαίου /​ ἀνθύπατος Ῥωμαίων /VI Die beiden Meilensteine standen an der via Egnatia, die sich in einer Länge von 535 Meilen von der Adria bis zum Hebros erstreckte.937 Die von Cicero als via militaris bezeichnete Heerstraße stellte die lebenswichtige Verbindung zum Westen her.938 Eine ans Ende der 140er Jahre datierbare Inschrift aus Korfu nennt in Zeile 16/7 einen Cn. Egnatius C. f. Stell(atina) als Zeuge eines in Rom verfassten senatus consultum.939 Er ist vermutlich mit dem gleichnamigen Statthalter und Erbauer der via Egnatia identisch. Die Amtsangabe PRO COS steht in Makedonien auch auf einer um 130 v. Chr. datierenden Straßenbauinschrift sowie auf Grenz- und Meilensteinen in den Provinzen Hispania Citerior und Gallia Cisalpina aus der zweiten Hälfte des 2. Jh. v. Chr.; sie kennzeichnet den praetor pro cos. als Statthalter einer provincia p. R.940 Statt des griechischen Pendants στρατηγὸς ἀνθύπατος steht auf den Meilensteinen nur ἀνθύπατος, weil das Kompositum in den 40er-Jahren des 2. Jh. v. Chr. ausschließlich den Imperator prätorischen Ranges bezeichnete.941

936 Damit stimmt die Angabe Strabons VII 7.4, C 323 überein, nach der die gesamte Entfernung von Dyrrhachium nach Thessaloniki 267 Meilen betrug; vgl. C. Romiopoulou, BCH 98, 1974, 815. 937 F. W. Walbank, Selected Papers, Some thoughts on the Via Egnatia, 1985, 192–209, bes. 198. 938 Cic. prov. cons. 2, 4: … ut via illa nostra, quae per Macedoniam est usque ad Hellespontum militaris, non solum excursio-nibus barbarorum sic infesta, sed etiam castris Thraeciis distincta ac notata. – Zur Bedeutung der Straße s. G. Radke, Viae publicae Romanae, RE S XIII, 1973, Sp. 1666f. – P. Collart, Les milliaires de la via Egnatia, BCH 100, 1976, 177–200. – G. Daux, Le milliare de la Via Egnatia au Musée du Louvre, JS 1977, 145– 163. 939 Inschrift aus Korfu: SIG III 451 = Sherk, RDGE Nr. 4; Datierung: H. Mattingly, NC 1969, 204; Papazoglou, La Macédoine 310; Walbank (s. o.) 203; MRR III 84; Elvers, DNP 3, 1997, Egnatius [I 2], Brennan, Praetorship 702. 940 Vgl. S. 120f. – Makedonien: S. 203 – Spanien S. 29 mit A. 91. 941 Vgl. S. 182 mit A. 925.

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Die ersten beiden überlieferten Akklamationen im Feld

9.

Die beiden ersten überlieferten Akklamationen im Feld

9.1

P. Cornelius Scipio Nasica Corculus

Die ersten beiden Nachrichten zu einer imperatorischen Akklamation im Feld datieren aus der Mitte des 2. Jh. v. Chr. Die eine stammt von dem unbekannten, bei Aurelius Victor überlieferten Autor de viris illustribus. Sie bezieht sich auf P. Cornelius Scipio Nasica, der 155 während seines 2. Konsulats einen Feldzug nach Dalmatien unternahm.942 Nach der Einnahme von Delmium wies er sowohl das von seinen Soldaten angebotene nomen imperatoris als auch den Triumph zurück. Trotzdem ist er 153 in den Triumphalfasten als cos. II de Delmateis verzeichnet. Assenmaker zweifelt wegen der Unstimmigkeit an der Authentizität der obigen Nachricht und nimmt an, dass sie ein Anonymus vom 4. Jh. n. Chr. auf das 2. Jh. v. Chr. übertragen hat.943 Nachdem jetzt klar ist, dass Scipio Nasica den Imperatortitel durch eine Akklamation des römischen Volks vor seinem Aufbruch erhalten hat, besteht kein Anlass mehr, daran zu zweifeln, dass er im Feld das von den Soldaten angebotene nomen imperatoris zurückgewiesen hat. 9.2

(P.) Licinius Nerva

Der Sprachforscher und Antiquar M. Terentius Varro, der unter Pompeius im Krieg gegen die Piraten ein Kommando führte und die corona rostrata erhielt944, berichtet in de re rustica II 4,1: Avus meus primum appellatus est Scrofa, qui quaestor cum esset Licinio Nervae praetori in Macedonia provincia relictus qui praeesset exercitui, dum praetor rediret, hostes, arbitrati occasionem se habere victoriae, impressionem facere coeperunt in castra. Avus … eo proelio 942 Liv. per. 47, 10: … eandemque gentem (sc. Illyrios) Cornelius Nasica domuit; sein gleichnamiger Sohn: S. 159 mit A. 802. 943 [Aur. Vict.] vir. ill. 44, 5: Imperatoris nomen a militibus et a senatu triumphum oblatum recusavit. – Triumph: Inscr. Ital. 13,1, p. 83f.; vgl. Kienast, Imperator, 409. – Assenmaker, Imperator, 125. 944 Kommando: Varro RR II prooem. 6; corona rostrata: Plin. NH III 101, VII 115; 16, 7; vgl. MRR II 149.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

hostes ita fudit ac fugavit ut eo Nerva praetor imperator sit appellatus. – Mein Großvater wurde zuerst Scrofa genannt. Als er Quästor des Prätors Licinius Nerva war, wurde er von diesem bis zu seiner Rückkehr in der Provinz Makedonien als Heereskommandeur zurückgelassen. Die Feinde, die glaubten, die Gelegenheit sei günstig, um zu siegen, begannen, auf das Lager loszustürmen. Mein Großvater hat in diesem Gefecht die Feinde so vollständig geschlagen, dass der Prätor deswegen als Imperator akklamiert wurde. Der von seinem Vorgesetzten, dem Prätor (P.) Licinius Nerva, mit Truppen in Makedonien zurückgelassene Quästor (L. Tremellius) Scrofa schlug die Feinde in die Flucht, konnte aber nach seinem Sieg von den Truppen nicht zum Imperator ausgerufen werden, sondern nur nachträglich sein Vorgesetzter, der Prätor.945 In Übereinstimmung mit Varro berichten Eutrop und Livius, dass ein Pseudo-Perseus, der behauptete der Sohn des Königs zu sein, mit seinem Sklavenheer vom Quästor L. Tremellius niedergemacht wurde.946 Licinius Nerva war wahrscheinlich der Nachfolger des Cn. Egnatius und amtierte 142/1.947 Der Bericht Varros lässt erkennen, dass in der Mitte des 2. Jh. v. Chr. außer den Konsuln nur Prätoren mit prokonsularem Imperium im Feld akklamiert werden konnten. Das Privileg dieser Oberbeamten basiert darauf, dass sie in Rom zu Imperatoren gewählt und vom Volk bei ihrem Auszug auf dem Marsfeld akklamiert wurden, ehe sie in den Krieg zogen, wie sich am Beispiel des P. Licinius Crassus und des L. Aemilius Paullus gezeigt hat.948 Hingegen hatte der Prätor Licinius Nerva kein imperium militiae, weil er nach dem Ende des 3. Makedonischen Kriegs vom Senat als Statthalter in die Provinz Makedonien entsandt wurde. Der durch die Akklamation im Feld erworbene Imperatortitel war folglich ein rechtlich gesehen bedeutungsloser Ehren- oder Siegestitel. Da Assenmaker den IMPTitel ab dem frühen 1. Jh. v. Chr. als Kennzeichen eines imperium militiae ansieht, spricht er den beiden einzigen Nach945 Zum Prätor Licinius Nerva (das Pränomen des Sohnes ist Publius: S. 224) und zum Quästor L. Tremelius Scrofa s. MRR II 472. 946 Eutrop IV 15: Iterum in Macedonia Pseudoperseus, qui se Persei filium esse dicebat, collectis servitiis rebellavit et, cum sedecim milia armatorum haberet, a Tremellio quaestore superatus est. – Liv. per. 53, 2: alter Pseudophilippus in Macedonia a L. Tremellio quaestore cum exercitu caesus est; vgl. S. 172. 947 Broughton, MRR I 472, datierte die Prätur 143, setzte aber in MRR III 84 Egnatius mit Fragezeichen in dieses Jahr. 948 Vgl. S. 148f., 157f.

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Die Kriege des jüngeren P. Scipio in Africa und Spanien

richten aus dem 2. Jh. (in Bezug auf P. Cornelius Scipio Nasica und Licinius Nerva) die Glaubwürdigkeit ab und datiert den Brauch der Truppen, ihren siegreichen Feldherrn als Imperator zu grüßen, erst ab dem Bundesgenossenkrieg.949 An diesem etwa um die Mitte des 2. Jh. eingeführten Brauch hatten die Soldaten sicher großes Interesse, weil sie sich nach einem Sieg ein Donativ erhoffen konnten. Beispiele gibt es für die beiden Scipionen, Sulla und dessen Generäle.950

10. Die Kriege des jüngeren P. Scipio Africanus in Africa und Spanien 10.1

Der 3. Punische Krieg (149–146 v. Chr.)

Nach dem Ende des 2. Punischen Kriegs wurde der Numiderkönig Massinissa der Gegenspieler Karthagos in Africa. Er strebte nach einem Großreich und nahm den Karthagern mitten im Frieden (161) deren Besitzungen an der Syrte ab. Der Numider konnte auf die Unterstützung des alten Cato rechnen, der alles Punische hasste und die Zerstörung Karthagos im Senat betrieb.951 Einen geeigneten Vorwand bot der Krieg zwischen Karthago und Massinissa, der 151/0 ausgebrochen war. Da es den Karthagern nach den Bestimmungen des Friedensvertrags von 201 untersagt war, ohne Erlaubnis der Römer Krieg zu führen, erklärte Rom 149, als Utica von den Puniern abfiel, den Karthagern in aller Form den Krieg. Das heißt, dass Rom auf Drängen Catos mitten in den Spanischen Kriegen in Africa eine zweite Front eröffnete. Aus Karthago kamen 30 Legaten nach Rom, die das Angebot der Übergabe ihrer Stadt überbrachten. Es setzte sich jedoch Cato durch, der auf der Kriegserklärung beharrte und den umgehenden Aufbruch der beiden Konsuln nach Africa forderte.952 949 Mommsen, StR I, 123. – Assenmaker, Imperator, 125; s. dagegen Vf. S. 148f., 157f. 950 Scipio d. Ä.: Liv. XXX 45, 3. – Scipio d. J.: Plin NH. XXXIII 141; vgl. Vf. S. 199 mit A. 1010. – Sulla: App. BC I 104, 489. – Sullas Generäle: Plut. Sull. 13; vgl. RE V 2, 1905, Donativum, Sp. 1543. 951 Plin. NH XV 74: cum clamaret omni senatu Carthaginem delendam; vgl. Bengtson, RG3 148f. mit A. 15. 952 Liv. per. 49, 7f.: Legati XXX Romam venerunt, per quos se Carthaginienses dedebant. Catonis sententia evicit ut in decreto perstaretur et ut consules quam primum ad bellum

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

149 amtierten die Konsuln M’. Manilius und L. Marcius Censorinus. Sie setzten mit einem Heer von Sizilien nach Utica über, nahmen 300 Geiseln in Empfang und forderten außerdem die Übergabe des gesamten Kriegsmaterials.953 Dann begannen sie trotzdem mit der Belagerung der Stadt. Als zwei Tribunen an einer Stelle tollkühn die Mauer durchbrachen und ihnen die Belagerten schwere Verluste zufügten, kam ihnen der Militärtribun Cn. Scipio Hispanus zu Hilfe.954 Ein Elogium nennt seinen Cursus.955 Als sich M’. Manilius nach einer vergeblichen Belagerung Karthagos zum Angriff auf Hasdrubal entschloss, der sich mit einer großen Schar an einem Engpass verschanzt hatte, riet ihm der junge Scipio Aemilianus, der damals als Militärtribun unter dem Konsul diente, davon ab, in einem so unübersichtlichen Gelände zu kämpfen. Den trotzdem vorrückenden Manilius konnte er nur mit knapper Not mit zwei Reiterabteilungen aus der Schlucht befreien.956 Im nächsten Jahr eroberte Manilius einige Städte rings um Karthago, ehe er von L. Calpurnius Piso Caesoninus (cos. 148) abglöst wurde. Dieser versuchte erfolglos, mehrere Festungen im Binnenland zu erobern.957 Sein Legat (C. Hostilius) Mancinus geriet bei der Belagerung Karthagos in eine gefährliche Lage.958 147 übernahm der jüngere Scipio das Kommando in Africa. Er wurde 185/4 als zweiter Sohn des L. Aemilius Paullus (cos. II 168) geboren und noch als Kind vom Sohn des älteren Scipio Africanus adoptiert.959 Unter seinem Vater nahm er an der Schlacht bei Pydna teil und erhielt als Beute die Bibliothek des Königs Perseus. Nach Rom zurückgekehrt, schloss proficiscerentur. 953 Liv. per. 49, 9: Qui ubi in Africam transierunt, acceptis quos imperaverant CCC obsidibus et armis omnibus instrumentisque belli, si qua Carthagine erant, cum ex auctoritate patrum iuberent ut in alium locum, dum a mari X milia passuum ne minus remotum, oppidum facerent, indignitate rei ad bellandum Carthaginienses compulerunt. 954 Liv. per. 49, 11: In qua obpugnatione cum neglectos ab una parte muros duo tribuni temere cum cohortibus suis inrupissent et ab oppidanis graviter caederentur, a Scipione [tribuno mil.] expliciti sunt. 955 ILLRP 316: Cn. Cornelius Cn. f. Scipio Hispanus, pr., aid. cur., q., tr. mil. bis, Xvir lit. iud., Xvir s. f.; vgl. App. Lib. 80, 375. 956 Liv. per. 49, 13: Cum ab inrita oppugnatione Carthaginis consul (alter enim Rommam ad comitia ierat) suasit primo consuli ne tam iniquo loco confligeret. 14] Victus deinde complurium, qui et prudentiae et virtuti eius invidebant, ab sententiis et ipse saltum ingressus est. 15] Cum, sicut praedixerat, fusus fugatusque esset Romanus exercitus et duae cohortes hoste obsiderentur, cum paucis equitum turmis in saltum reversus liberavit eas et incolumes reduxit. – App. Lib. 102, 479; 104, 491. 957 App. Lib. 113, 535. Zon. IX 29; vgl. MRR I 461. 958 App. Lib. 113, 536–539. 959 Elvers, DNP 3, 1997, Cornelius [I 70], Sp. 178; vgl. Vf. S. 33.

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er Freundschaft mit Polybios, der sein Mentor wurde.960 151 kämpfte er als Militärtribun unter L. Licinius Lucullus in Spanien und gewann die corona muralis.961 149/8 rettete er, wie oben erwähnt, bei der Belagerung Karthagos den Konsul M’. Manilius in einem Wald im Hinterland und erhielt erneut höchste militärische Auszeichnungen.962 148 kehrte er nach Rom zurück, um sich zum Ädil wählen zu lassen, wurde aber zur Beendigung des Krieges auf Drängen des Volkes und schließlich mit Zustimmung des Senats, der ihn von den Regeln des cursus honorum freistellte, für 147 zum Konsul gewählt.963 Er erhielt Karthago vom Volk als provincia zur Beendigung des 3. Punischen Kriegs. Um die Stadt zu erobern, ließ der Imperator (v. infra) Scipio im Meer einen langen Damm aufschütten.964 Zonaras IX 30, 1–6: Als nun der Hafeneingang zugeschüttet war, litten die Karthager schrecklich unter Lebensmittelmangel; so liefen die einen über, andere blieben stark und starben, und wieder andere verzehrten die Leichen. Dadurch entmutigt, schickte Hasdrubal Gesandte zwecks Abschlusses eines Vertrages zu Scipio, und man hätte ihn geschont, wenn er nicht auch für den ganzen Rest seiner Leute Sicherheit und Freiheit verlangt hätte. Als er daraufhin, seine Absicht nicht erreichte, schloss er seine Frau in die Burg ein, weil sie für sich und die Kinder mit Scipio in Verhandlungen getreten war. Auch sonst wurde sein Vorgehen aus Verzweiflung immer kühner. Er selbst und andere kämpften voll Todesverachtung Tag und Nacht, teils unterliegend, teils auch siegreich, und verfertigten Kriegsmaschinen gegen die Römer. Außerdem kam Bithias965, der in einer starken Festung saß und das Festland über weite Strecken hin durchzog, den Karthagern zu Hilfe und schadete den Römern. Deshalb teilte auch Scipio sein Heer und ließ durch einen Teil die Stadt belagern, während 960 Pydna: Plut. Aem. 23, 1–7 (vgl. S. 161 mit A. 814). – Bibliothek: Plut. Aem. 28, 11. – Mentor: Plb. XXXII 9–16. 961 Vell. I 12, 4; Lucullus: S. 195 mit A. 986. 962 Liv. per. 49, 13 (s. Anm. 956). – Plin. NH XXII 6–13; vgl. MRR I 459, 462. 963 Liv. per. 50, 11: P. Scipio, cum aedilitatem peteret, consul a populo dictus. 12] Quoniam per annos consuli fieri non licebat, cum magno certamine suffragantis plebis et repugnantibus ei aliquamdiu patribus legibus solutus et consul creatus. 964 Liv. per. 51, 2: Carthaginienses portu novo, quia vetus obstructus a Scipione erat, vgl. App. Lib. 121, 572f. 965 Bithias: Numidischer Reiterführer

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er den anderen unter dem Unterfeldherrn Gaius Laelius966 gegen Bithias entsandte. Er selbst führte die Oberaufsicht und wechselte zu diesem Zweck zwischen den beiden Heeresgruppen hin und her, bis schließlich die Festung fiel. Dann begann die Belagerung Karthagos wieder mit der ganzen Armee. [Frühjahr 146 v. Chr.] Infolgedessen gaben die Einwohner die Hoffnung auf, beide Befestigungen weiterhin behaupten zu können, und zogen sich in den – außerdem stärkeren – Mauerring der Byrsa967 zurück, nachdem sie dorthin noch möglichst viele Gegenstände verbracht hatten; dann steckten sie zur Nachtzeit die Schiffswerft und die meisten sonstigen Bauten in Brand, um so dem Feind jeden möglichen Vorteil zu nehmen. Sowie die Römer dies sahen, besetzten sie den Hafen und stürmten auf Byrsa zu. Dort bemächtigten sie sich der auf beiden Seiten liegenden Häuser, worauf der eine Teil der Angreifer auf den Dächern schrittweise zu den nächsten vordrang, der andere aber die Mauern durchstieß und von unten her sich heranschob, bis sie dicht vor der Burg standen. Wie nun die Belagerer so weit gelangt waren, leisteten die Karthager keinen Widerstand mehr, sondern baten um Friedensverhandlungen – alle, nur nicht Hasdrubal. Er drängte sich mit den Überläufern, denen Scipio keine Gnade gewähren wollte, samt seiner Gattin und seinen Kindern im Tempel des Aeskulap zusammen. Dort wehrte er sich gegen die Angreifer, bis die Überläufer Feuer an das Heiligtum legten und das Dach erstiegen, um den Flammentod abzuwarten. Erst jetzt erklärte sich Hasdrubal als besiegt und lieferte sich, den Friedenszweig in Händen, Scipio aus. Doch als seine Gattin ihn bitten sah, rief sie ihn beim Namen, schalt ihn, dass er sich selbst in Sicherheit gebracht, ihr aber keine Verhandlungen gestattet habe, und schleuderte ihre Kinder in die Flammen, um sich dann selbst nachzustürzen. Polybios (XXXVIII 20, 1–2), der mit Scipio in Karthago war968, schildert die Schreckensszene wie folgt:

966 C. Laelius: Sohn des gleichnamigen Flottenpräfekten: Vgl. S. 110/538. 967 Byrsa: Zitadelle Karthagos 968 Plb. XXXVIII 19, 1: τοῦ Πολυβίου συμβουλεύοντος αὐτῷ (sc. Σκιπίωνι); Oros. V 3, 3: Polybius Achivus quamvis tunc in Africa cum Scipione fuerit…

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Als der karthagische Feldherr (στρατηγός) als Bittflehender zu Scipio kam, sich ihm zu Füßen warf und seine Knie mit der Hand berührte, wandte sich der (römische) Imperator (στρατηγός) an die Umstehenden: „Seht Freunde, wie gut es die Tyche versteht, die Verblendeten als warnendes Beispiel vor uns hinzustellen. Das hier ist Hasdrubal, der noch jüngst die vielen großherzigen Angebote von unserer Seite mit den Worten zurückgewiesen hat, die Vaterstadt und ihre Flammen seien für ihn ein ehrenvolles Grab. Jetzt kommt er mit heiligen Binden daher, bettelt um sein Leben und kann allein von uns erhoffen, es geschenkt zu bekommen. Wenn man es mit eigenen Augen sieht, wie sollte man es sich nicht zu Herzen nehmen und als Warnung dienen lassen, niemals etwas Überhebliches zu sagen oder zu tun, eingedenk, dass man ein Mensch ist?“ Aus Thermai, der Stadt der Himerer in Sizilien, kommt eine griechische Inschrift, aus der hervorgeht, dass der siegreiche Konsul (ὕπατος) den Einwohnern die einst von den Karthagern geraubten Bildwerke zurückerstattet hat. Diese Aktion führte er 146 nach seinem Triumph und der Verleihung des Beinamens Africanus durch.969 Der Terminus ὕπατος lässt folglich nicht auf das Amtsjahr 147 schließen, sondern bezeichnet in diesem Fall das gesamte Konsulat, das zwei Jahre umfasste. Da die Inschrift nach Ablauf des Kommandos verfasst wurde, steht ὕπατος statt στρατηγὸς ὕπατος.970 Im somnium Scipionis lässt der Autor Cicero dem Jüngling im Traum seinen Adoptivvater, den Sohn des älteren Scipio Africanus, erscheinen und ihm in einer vaticinatio post eventum weissagen, dass er als Konsul innerhalb von zwei Jahren Karthago zerstören wird.971 Erwähnenswert ist noch eine Beuteweihinschrift am Fuciner See, die lautet: Corneli/us /​ Scipio. /​ Cartha/gine /​ capta. Mommsen zweifelte wegen der Art der Buchstaben und des fehlenden Pränomens an ihrer Echtheit und meinte, sie sei viel später einer Statue Scipios hinzugefügt worden. Während Münzer sich der Auffassung Mommsens anschloss, halten Des969 ILS 8769: [Πόπλιος] Κορνήλι[ος Ποπλίου υἱὸς Σκιπίων Ἀφρι/κα]νὸς ὕπατος ἐ[πανακομισάμενος ἐκ Καρχηδόν]ος τοὺς ἒξ Ἱμέρ[ας συνληθέντα ἀνδρεάντας] Ἱμεραίσ[ις Θερμιτανοῖς]; vgl. Cic. Verr. II 2, 86: … oppidum Himeram Carthaginienses quondam ceperant, quod fuerat in primis Siciliae clarum et ornatum. Scipio … Siculis omnibus Carthagine capta quae potuit restituenda curavit. – Triumph: App. Lib. 135. 970 Vgl. die Beuteweihinschriften mit dem COSTitel in Rom und Italien : S. 101, 145, 181f. 971 Cic. rep. VI 11: … hanc (sc. Carthaginem) hoc biennio consul evertes; vgl. S. 34/121.

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sau und Degrassi die Inschrift für echt.972 Gegen ihre Meinung spricht, dass außer dem Pränomen auch der COSTitel nach Scipio fehlt.973 Für die Frage, wann Africa Provinz wurde, sind zwei Appianstellen relevant, nämlich dass der Senat am Ende des 3. Punischen Kriegs zehn Männer entsandt habe, um die Angelegenheiten in Africa im Einvernehmen mit Scipio zum Vorteil der Römer zu regeln.974 Den Städten, die im Krieg nicht an der Seite Roms gestanden hatten, legten sie eine Grund- und Kopfsteuer auf, Männern wie Frauen in gleicher Weise. Und sie beschlossen, dass alljährlich ein Gouverneur (στρατηγὸς ἐτήσιος) von Rom aus zur Verwaltung des Landes dorthin entsandt werde.975 Laut Festus wurde Africa nach der Zerstörung Karthagos zur Provinz gemacht.976 Aus Appian ist aufgrund einer Parallelstelle der Schluss zu ziehen, dass die Leitung der Provinz ein Prätor übernahm. Der erste namentlich bekannte ist erst 106 durch Sallust überliefert.977 Bei Karthago wurde ein schlecht erhaltener Terminationsstein gefunden, auf dem die triumviri agris dandis von 121, nämlich C. Sulpicius Galba (augur), C. Papirius Carbo (cos. 120) und L. Calpurnius Bestia (cos. 111), genannt werden. Ihre Aufgabe bestand in der Zuweisung von Ackerland und der Gründung von Kolonien.978 Der 2. Teil der lex agraria von 111 enthält Steuerverordnungen zum Verkauf und zur Verpachtung von Ländereien in Africa. Ein Fragment lautet: praefectus milesve in provinciam erit.979 972 CIL IX 6348; vgl. Münzer, RE IV 1, 1900, Cornelius Nr. 333, Sp. 1450. – ILS 67 = ILLRP 326. 973 COSTitel von Oberfeldherren in Italien: S. 193/970. 974 App. Lib. 135, 639: Δέκα δὲ σφῶν αὐτῶν ἡ βουλὴ τοὺς ἀρίστους ἔπεμπε δια διαθησομένους Λιβύην μετὰ Σκιπίωνος ἐς τὸ Ῥωμαίων συμφέρον. 975 App. Lib. 135, 641: Τοῖς δὲ λοιποῖς φόρον ὥρισαν ἐπὶ τῇ γῇ καὶ ἐπὶ τοῖς σώμασιν, ἀνδρὶ καὶ γυναικὶ ὁμοίως. καὶ στρατηγὸν ἐτήσιον αὐτοῖς ἐκ Ῥώμης ἐπιπέμπειν ἔκριναν; s. auch Cic. leg. agr. II 51: et agros in Hispania propter Carthaginem novam et in Africa ipsam veterem Carthaginem vendit (sc. Rullus), quam videlicet P. Africanus non propter religionem sedum illarum ac vetustatis de consili sententia consecravit. – Interpretation von στρατηγὸς ἐτήσιος im Sinn von ‚Jahresprätor‘: MRR I 467. 976 Vgl. Festus, Brev. IV: Ter Africa rebellavit; ad extremum, deleta per Africanum Scipionem Carthagine, provincia facta est, nunc (Kaiserzeit) sub proconsulibus agit; vgl. Wesch-Klein, Provinzen, 103. 977 App. Sik. 2,6; vgl. S. 85/416 – Jahr 106: Sall. Iug. 104, 1: Marius … Sullam ab Utica venire iubet, item L. Bellienus praetorem; er ist vermutlich identisch mit dem Volkstribun von 110, L. Annius Bellienus (Sall. Iug. 37, 2); homo novus: NMRS Nr. 66. 978 ILLRP 475: [Ex auctoritate /​ C. Sulpici] Galbae, /​ [C. Pa]piri Carbonis, /​ [L. Calpu] rni Bestia[e /​ IIIvir(orum) a(gris) i(udicandis) a(dsignandis)]; vgl. MRR I 522. – C. Galba: MRR III 210; C. Carbo: MRR III 154; L. Bestia: Vf. S. 217/1114. 979 CIL I 585, Z. 55; vgl. K. Johannsen, Die lex agraria des Jahres 111 v. Chr., 1971, 307.

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10.2

Die Spanischen Kriege (153–133 v. Chr)

Nach dem Sieg Scipios über Hasdrubal bei Baecula 208 begannen die Römer jährlich Gouverneure nach Spanien zu den unterworfenen Völkern zu senden.980 Im diesseitigen Spanien führte der Prätor Ti. Sempronius Gracchus 179 den letzten bedeutenden Feldzug gegen die Keltiberer und schloss ihn 178 durch einen für diese Völkerschaften epochemachenden Frieden ab.981 Er triumphierte 177 über die Keltiberer und ihre Bundesgenossen, einen Tag später der Prätor L. Postumius Albinus über die Lusitaner und andere Stämme derselben Region.982 Dann herrschte etwa zwanzig Jahre lang relative Ruhe. Die Lage änderte sich, als die Einwohner Segedas 154 daran gingen, die Stadt zu vergrößern und mit einer acht km langen Mauer zu umgeben. Daraufhin erklärte ihnen der Senat den Krieg.983 Er entsandte 153 den Konsul Q. Fulvius Nobilior mit einer Armee von 30000 Mann. Appian nennt ihn στρατηγός im Sinn von Oberkommandierender.984 Nobilior wurde im Spätsommer in der Nähe von Numantia überfallen und verlor eine ganze Legion. Dieser Tag – der 23. August – galt von da an als Unglückstag.985 151 übernahm der Konsul L. Licinius Lucullus im jenseitigen Spanien das Kommando; da er Geld brauchte und sich einen Namen machen wollte, fiel er ins Gebiet der Vakkaeer ein, obwohl ihm der Senat dazu nicht die Vollmacht erteilt hatte. Er besetzte die Stadt Kauka und ließ die wehrfähigen Männer einfach abschlachten.986 Selbst in Rom war die Empörung dar-

980 App. Iber. 38: … στρατηγοὺς δὲ Ἰβηρίας ἐτησίους ἐς τὰ ἔθνη τὰ εἰλημμένα ἔπεμπον ἀπὸ τοῦδε ἀρξάμενοι; zum Terminus στρατηγὸς ἐτήσιος; vgl. Anm. 975. – Zu den ersten Feldzügen ab 197 v. Chr. s. S. 113. 981 Plb. XXXV 2, 15; App. Iber. 41, 170; Liv. XL 50, 5; Plut. Ti. Gr. 5; vgl. H. Simon, Roms Kriege in Spanien, 1962, 12. 982 Liv. XL 41, 7: triumphi deinde ex Hispania duo continui acti. prior Sempronius Gracchus de Celtiberis sociisque eorum, postero die L. Postumius de Lusitanis aliisque eiusdem regionis Hispanis triumphavit; vgl. Simon, Roms Kriege 12f. 983 App. Iber. 44, 180ff.; Diod. XXXI 39; vgl. Simon, Roms Kriege, 15–17. 984 App. Iber. 45, 184: στρατηγὸς οὖν ἐπ᾽ αὐτοὺς Νωβελίων ἐπέμπετο. – Parallele: App. Iber. 87, 379 (Aussage Scipios über den Feldherrn): καὶ στρατηγὸν ἀμελῆ τὸν ἀγωνιζόμενον πρὸ τῆς χρείας. 985 App. Iber. 45–46, 187–190. – Liv. per. 48, 17: Hispanicum bellum parum prospere aliquotiens gestum; vgl. Simon, Roms Kriege, 25ff. – L. Mummius (pr. 153) kämpfte gegen die Lusitaner und triumphierte 152: Vgl. S. 176 mit A. 887. 986 App. Iber. 49, 210: ὧν ἐστρατήγει Λικίνιος Λεύκολλος ὕπατος; – Iber. 51: …καὶ ἐκ πενίας χρῄζων χρηματισμοῦ, ἐς Οὐακκαίους. ἕτερον γένος Κελτιβήρων, ἐνέβαλεν; vgl. Bengtson, RG3 160.

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über groß, doch Lucullus wurde nicht zur Rechenschaft gezogen.987 150 errang er wahrscheinlich mit einem prorogierten Imperium Erfolge gegen die Lusitaner. Von ihnen fielen 4000 Mann, weitere 1500 tötete Lucullus in der Nähe von Gades, als sie über die Meerenge setzen wollten, sehr viele Menschen nahm er gefangen und verkaufte sie in die Sklaverei. Danach zog er nach Norden und verwüstete das Gebiet nördlich des Tagus.988 Der Militärtribun Scipio Aemilianus tötete 151 im Gebiet der Vakkaeer einen lokalen Stammesfürsten und setzte sich bei der Eroberung der Festung Intercatia einer großen Gefahr aus, weil er die Stadtmauer überstieg. Es gelang ihm der Abschluss eines Friedensvertrags.989 Gleichfalls ins jenseitige Spanien wurde 151 der Prätor Ser. Sulpicius Galba geschickt. Südlich des Baetis verlor er gegen die Lusitaner fast sein gesamtes Heer.990 150 unternahm der Imperator prätorischen Ranges einen Feldzug in das Gebiet südlich des Tagus.991 149 wurde ihm in Rom der Prozess gemacht, weil er das Vertrauen der Lusitaner auf perfide Weise missbraucht hatte, indem er einen Großteil der auf sein Geheiß Versammelten niedermachen ließ.992 149 wurde Galba in Rom der Prozess gemacht. Seinen Freispruch erreichte er dank seiner Söhne, die er unter Tränen den Richtern vorführte.993 147 nahm der spanische Krieg noch größere Ausmaße an. In diesem Jahr trat Viriatus an die Spitze der Lusitaner, ein Mann von einfacher Herkunft, der sich aber in hervorragender Weise nicht nur auf die Kunst der Strategie, sondern auch auf die Menschenführung verstand.994 Er war als einer 987 App. Iber. 55, 232: καὶ τοῦτο τέλος ἦν τοῦ Οὐακκαίων πολέμου, παρὰ ψήφισμα Ῥωμαίων ὑπὸ Λευκόλλου γενομένου. καὶ ὁ Λεύκολλος ἐπὶ τῷδε οὐδὲ ἐκρίθη; vgl. Simon, Roms Kriege, 56/75. 988 App. Iber. 59, 247f.; vgl. Simon, Roms Kriege, 58f. 989 Liv. per. 48, 9: Ibi P. Cornelius Scipio Aemilianus, L. Pauli filius, Africani nepos adoptivus, provocatorem barbarum tribunus militum occidit et in expugnatione Intercatiae urbis maius etiamnunc periculum adiit. Nam murum primus transcendit. 990 App. Iber. 58, 245: οἱ βάρβαροι κατιδόντες αὐτοὺς διεσπασμένους τε καὶ ἀναπαυομένους κατὰ μέρη συνελθόντες ἐπέθεντο, καὶ κτείνουσιν ἐς ἑπτακισχιλίους. ὁ δὲ Γάλβας μετὰ τῶν ἀμφ᾽ αὐτὸν ἱππέων κατέφυγεν ἐς Καρμώνην πόλιν. – Liv. per. 48, 22: Ser. Sulpicius Galba praetor male adversus Lusitanos pugnavit; vgl. Simon, Roms Kriege, 56ff. 991 Cic., Brut. 89, Val. Max. VIII 1, 2 und Liv. per. 48, 22 nennen ihn auch im 2. Jahr praetor; vgl. S. 86 mit A. 421. 992 Val. Max. IX 6, 2; Liv. per. 49, 17. 993 Liv. per. 49, 19: Ser. Galba de Lusitanis reus productus. Liberaverunt eum filii, quos flens commendabat; vgl. Simon, Roms Kriege, 62ff. 994 Liv. per. 54, 5: vir duxque magnus et per XIIII annos quibus cum Romanis bellum gessit, frequentius superior.

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der Wenigen dem Gemetzel des L. Licinius entkommen. Acht volle Jahre behauptete er das Feld gegen die Römer, die gezwungen waren, immer größere Heere auf die iberische Halbinsel zu werfen.995 Seit 145 erhielt regelmäßig einer der beiden Konsuln das Kommando: Q. Fabius Maximus Aemilianus, der Adoptivsohn des L. Aemilius Paullus, wurde gegen Viriatus ins diesseitige Spanien entsandt.996 Auf ihn folgte Q. Caecilius Metellus Macedonicus (cos. 143), der als στρατηγὸς ἀνθύπατος Makedonien unterworfen hatte. Er eroberte 142 Contrebia und griff Numantia an; nach den Periochae machte er als proconsul, d. h. 142, viele Keltiberer nieder.997 Q. Fabius Maximus Servilianus, der 145 Prätor in Griechenland war und 142 Konsul, wurde nach den Periochae ebenfalls als proconsul, d. h. im Jahr 141, so sehr in die Enge getrieben, dass er mit Viriatus einen für beide Parteien annehmbaren Vertrag schloss, den das römische Volk später bestätigte.998 Q. Servilius Caepio, der Bruder des Q. Fabius Maximus Aemilianus, übernahm 140 als Konsul das Kommando, setzte sich aber über diesen Vertrag hinweg; er fand Verräter, die Viriatus auf seinen Rat hin in dessen Feldherrnzelt ermordeten.999 Lusitanien wurde schließlich durch die Eroberung der Städte bis zum Atlantik hin in den Jahren 138 bis 136 von D. Iunius Brutus (cos. 138) unterworfen.1000 Im diesseitgen Spanien hielten sich hingegen immer noch die festen Städte Termantia und Numantia, wo sich die Katastrophe des C. Hostilius Mancinus (cos. 137) vollzog. Er wurde im ehemaligen Lager des Q. Fulvius Nobilior eingeschlossen und zur Kapitulation gezwungen. Nur so konnten 20000 römische Bürger gerettet werden.1001 Der Senat weigerte sich jedoch, den Vertrag zu ratifizieren und stimmte dafür, Mancinus den

995 App. Iber. 60, 252f.; Diod. XXX 1. 21 a; vgl. Gundel, RE IX A, 1961, Sp. 203ff.; Bengtson, RG3 160. 996 Adoptivsohn: S. 159 mit A. 802. – Spanien: App. Ib. 65, 277; Diod. XXXIII 7, 5–7. 997 Makedonien: S. 173/871 – Spanien: Vell. II 5, 2–3; Val. Max. V 1, 5; App. Iber. 76; Liv. per. 53, 2. – Contrebia: Vgl. S. 238. 998 Achaia: S. 182 – Spanien: Liv. per. 54, 5: Q. Fabius pro cos. rebus in Hispania prospere gestis labem imposuit pace cum Viriatho aequis condicionibus facta. Vgl. App. Iber. 68, 290. 69, 294. 999 App. Iber. 74, 312–314; Liv. per. 54, 5: Viriatus a proditoribus consilio Servili Caepionis interfectus est. 1000 App. Iber. 82, 307ff.; Liv. per. 55, 6: D. Iunius Brutus Lusitaniam expugnationibus urbium usque ad Oceanum perdomuit; vgl. S. 200. 1001 App. Iber. 80, 347; Plut. Ti. Gracchus 5f. – Vertrag: Oros. V 4, 20; vgl. Simon, Kriege 148. – Pina Polo, Consul, 109f.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

Numantinern auszuliefern.1002 An dessen Stelle trat sein Amtskollege M. Aemilius Lepidus Porcina. Er griff 136 entgegen der Weisung des Senats Palantia, die Hauptstadt der Vaccaeer, an und erlitt eine ähnlich schlimme Niederlage wie vorher Mancinus in Numantia.1003 Porcina wurde daraufhin seines Kommandos enthoben und nach seiner Rückkehr bestraft.1004 Nachdem sich der Krieg vor Numantia nach der Katastrophe des Mancinus zwei weitere Jahre hingeschleppt hatte, erhielt der jüngere Scipio für 134 das Kommando, obwohl er nach dem Gesetz nicht ein zweites Mal zum Konsul hätte gewählt werden dürfen. Appian nennt Scipio vor Numantia nicht στρατηγός, sondern ὕπατεύων, weil er wie Livius nicht erkannte, dass ein Konsul das Kommando militiae im Amtsjahr als Imperator führte.1005 Durch Strenge und durch die Wirkung seines persönlichen Beispiels stellte er in kurzer Zeit die Disziplin des Heeres wieder her, die durch Unordnung, Zügellosigkeit, Aberglauben und Üppigkeit verloren gegangen war.1006 Mit einer Armee von 60000 Mann unterwarf er zunächst die Gebiete, die Numantia unterstützten, marschierte wegen Hitze und Wassermangel nachts durch das Gebiet der Kauken und erreichte Numantia, das er mit einer Mauer einschloss.1007 Die Bewohner kapitulierten nach neun Monaten. Ein Auszug aus Appian (Iber. 97, 420–98, 426) illustriert das Elend der Numantiner: Doch Scipio erwies sich als ein geschickterer Stratege (στρατηγικώτερος) als sie, indem er sich nicht mit wilden Tieren einließ, sondern sie durch Hunger niederzwang, ein unüberwindliches Mittel, mit dem allein die Numantiner zu besiegen waren und auch allein besiegt wurden. Wenn ich mich entschloss, diese Einzelheiten zu berichten, so tat ich es im Hinblick auf ihre ge1002 Liv. per. 55, 5: … ut in Hispaniam proficisceretur, accidit vox „mane, Mancine“; Cic. de or. I 40, 181; vgl. Simon, 145–149. 1003 Liv. per. 56, 2: M. Aemilius Lepidus procos. adversus Vaccaeos (male) rem gessit clademque similem Numantinae passus est. Cic. Brut. 95: M. Aemilius Lepidus, qui est Porcina dictus, … et summus orator habitus est et fuit … scriptor sane bonus. 1004 App. Iber. 83, 358; vgl. MRR I 487; Simon, Roms Kriege, 164–168. 1005 στρατηγός: App. Iber. 45, 184 und 87, 379 (Zitate: S. 195/984). – App. Iber. 84, 363: οὕτω μὲν ὁ Σκιπίων αὖθις ὑπατεύων ἐς Νομαντίαν ἠπείγετο; Liv. per. 56, 8. Cum bellum Numantinum vitio ducum pudore publico duraret, delatus est ultro Scipioni Africano a senatu populoque Romano consulatus. quem cum illi capere ob legem non liceret, … legibus solutus est. 1006 Plut. apophth. Scip. Min. 16. App. Iber. 84, 366; vgl. Simon, Roms Kriege, 177. 1007 Hitzemarsch: App. Iber. 88, 385–89, 391. – Mauer: App. Iber. 91, 398. – Heeresstärke: App. Iber. 97, 419.

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Die Kriege des jüngeren P. Scipio in Africa und Spanien

ringe Zahl und ihre Ausdauer, dazu die Heldentaten und die Länge der Zeit, die sie durchhielten. Zuerst begingen all jene, die es wollten, auf verschiedene Weise Selbstmord, dann zog der Rest am dritten Tag zu dem angewiesenen Platz, ein ganz fürchterlicher und erschütternder Anblick. Ihre Körper waren verwahrlost, die Haare und Nägel lang gewachsen, und sie selbst starrten von Schmutz. Sie stanken unerträglich, und die Kleider, welche sie trugen, waren ebenfalls schmutzig und rochen nicht weniger übel. Dadurch machten sie auf ihre Feinde einen mitleiderregenden Eindruck, doch gleichzeitig erschreckte sie der Blick ihrer Augen; daraus schauten Wut, Schmerz, Erschöpfung und das Bewussstsein, sich gegenseitig aufgefressen zu haben. Scipio wählte unter ihnen fünfzig Mann für seinen Triumphzug aus, was übrig blieb, verkaufte er in die Sklaverei und machte die Stadt dem Erdboden gleich. So vernichtete dieser Feldherr zwei kaum bezwingbare Städte: Karthago auf eigenen Beschluss der Römer wegen seiner und seines Reiches Größe und der machtvollen Stellung zu Wasser und zu Lande – Numantia hingegen klein und mit geringer Bevölkerung auf persöniche Verantwortung; denn die Römer hatten noch nichts entschieden. Scipio tat dies, weil er entweder glaubte, den Römern damit einen Vorteil zu verschaffen, oder weil er eine leidenschaftliche, Gefangenen gegenüber rachsüchtige Natur war. Der syrische König Antiochos VII. übersandte Scipio prächtige Geschenke, die der Römer als staatliche Einnahmen verbuchen ließ.1008 Nach den von Degrassi rekonstruierten Fasteneinträgen triumphierte Scipio 146 ex Africa und 132 de Numantinis jeweils als pro cos., d. h. als Konsul mit prorogiertem Imperium.1009 Plinius stellt fest, dass Scipio anlässlich seines zweiten Triumphs jedem seiner Soldaten sieben Denare gab und sie sich eines solchen Imperators als würdig erwiesen, weil sie sich mit diesem Betrag zufrieden gaben.1010 Eine stadtrömische Inschrift, die die Form eines Elogiums hat,

1008 Liv. per. 57, 2: Scipio amplissima munera missa sibi ab Antiocho, rege Syriae, cum celare aliis imperatoribus regum munera mos esset, pro tribunali accepturum se esse dixit omniaque ea quaestorem referre in publicas tabulas iussit. 1009 Rekonstruktion; Inscr. Ital. 13, 1, 557f.; MRR I 494. 1010 Plin NH. XXXIII 141: Ιdem Africanus in triumpho denarios VII dedit. o viros illo imperatore dignos, quibus hoc satis fuit; vgl. M. Zahrnt, Publius Cornelius Scipio Aemilianus, in: Hölkeskamp, Von Romulus zu Augustus, 169.

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Die mittlere Republik (287–133 v. Chr.)

nennt das zweifache Konsulat, das Zensoren- und Augurenamt sowie die beiden Triumphe.1011 Appian zufolge schickte der Senat, wie es Brauch war, eine Kommission von zehn Senatoren, in die von Scipio im Norden und von D. Iunius Brutus im Süden hinzugewonnenen und unterworfenen Gebiete Spaniens, um sie für Friedenszeiten zu ordnen.1012 Sie wurden demnach 133 befriedet. Das bedeutet, dass sie wahrscheinlich nur die dichter besiedelten Gebiete im Norden und Süden umfassten, die als die Provinzen Hispania Citerior und Ulterior eingerichtet wurden. Zentralspanien wurde erst kurz vor 100 erobert.

1011 Inscr. Ital. 13, 3, 76 c (Rom): P. Cornelius Paulli f. Scipio /​ Africanus cos. II cens. /​ augur triumphavit II; vgl. MRR I 498. 1012 App. Iber. 99, 428: Ῥωμαίοι δὲ ἐς τὰ προσειλημένα τῆς Ἰβερίας ἔπεμψαν ἀπὸ τῆς βουλῆς ἄνδρας δέκα τοὺς καταστησομέ-νους αὐτὰ ἐς εἰρήνην, ὅσα Σκιπίων καὶ Βροῦτος ὑπηγάγετο ἥ ἐχειρώσατο.

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IV. Die Späte Republik (133–27 v. Chr.) a)

Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.)

Den Beginn der späten Republik setzt man ins Jahr 133, als der Volkstribun Ti. Sempronius Gracchus grundle­gende Reformen durchführte.1013

1.

Der 1. Sklavenkrieg in Sizilien (134– 132 v. Chr.)

Nach Diodor (XXXIV 2,1) begann der Krieg 60 Jahre nach der Niederlage Karthagos (201 v. Chr.), also um 140 v. Chr. Nach Livius kann man von einem eigentlichen Krieg aber erst ab 134 sprechen, als die im Kampf gegen die aufständischen Sklaven erfolglosen Prätoren durch Konsuln ersetzt wurden; der erste war C. Fulvius Flaccus.1014 Auf ihn folgte 133 L. Calpurnius Piso Frugi, der durch ein in Henna gefundenes Schleuderblei mit der Aufschrift L. Piso L. f. cos. bezeugt ist.1015 Das Blei ist das erste und einzige, auf dem COS steht; die Oberkommandierendenden durften nämlich in einem Krieg gegen Sklaven den IMPTitel nicht verwenden.1016 Auf Piso folgte 132 der homo novus P. Rupilius. Er begann seine Laufbahn als Tagelöhner im Dienst der Steuerpächter Siziliens und verdankte seinen Aufstieg dem Einfluss des Scipio Aemilianus, zu dessen Freundes-

1013 U. Walter, Meister der Macht ohne Formierung von Staatlichkeit, in: C. Lundgreen, Staatlichkeit in Rom?, 2014, 107ff. 1014 Liv. per. 56, 9: Bellum servile in Sicilia ortum cum opprimi a praetoribus non potuisset, C. Fulvio cos. mandatum est. 1015 ILLRP 1088; vgl. MRR I 492; er ist mit dem gleichnamigen Annalisten identisch: Vgl. S. 74. 1016 Vgl. Gell. V 6, 21 (Zitat S. 225/1153).

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Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.)

kreis er gehörte und dem er das Konsulat verdankte.1017 Rupilius beendete in Sizilien den Krieg gegen die entlaufenen Sklaven und gab wahrscheinlich erst 131 mit Hilfe einer Zehnmännerkommission den Sikulern ein Gesetz (lex Rupilia).1018 In ihm wurden für die Prätoren die maßgeblichen Normen für die Gerichtsverfahren festgelegt; das bedeutet, dass Sizilien durch Rupilius eine förmliche Gerichtsordnung erhalten hat.1019 Vermutlich 132 leitete Ap. Claudius Pulcher (cos. 130) als curator viis sternundis das Straßenbauprogramm der Gracchen in Italien.1020 131 war T. Annius Rufus (cos. 128) Prätor. Ein Meilenstein bei Vibo Valentia in Bruttium bezeugt, dass er in dieser Funktion eine Straße nach Capua baute.1021 Da er einerseits als einziger Prätor in Italien als Straßenbauer belegt ist und andererseits die beiden für diese Aufgabe zuständigen Konsuln, P. Licinius Crassus Dives und L. Valerius Flaccus, unabkömmlich waren, kann man annehmen, dass sie extra ordinem T. Annius durch ein SC übertragen wurde.1022 Der anonyme Prätor, der nach einem in Pola in Lukanien verfassten akephalen Elogium eine Straße von Regio nach Capua baute und der außerdem Sklaven einfing, die den Italikern entlaufen waren, ist wahrscheinlich entgegen Broughton nicht mit P. Popilius Laenas (pr. 135), sondern mit T. Annius identisch. Er setzte vermutlich die Sklaven in Lukanien fest, nachdem sie im Vorjahr über die Straße von Messana entkommen waren.1023

1017 Val. Max. 9, 8 : At P. Rupilius non publicanum in Sicilia egit, sed operas publicanis dedit. Idem ultimam inopiam suam auctorato sociis officio sustentavit. – Freundeskreis: Cic. Lael. 69; vgl. Zmeskal, adfinitas, I 238. 1018 Liv. per. 59, 2: P. Rupilius consul cum fugitivis debellavit. – Val. Max. VI 9, 8: Ab hoc postmodum consule leges universi Siculi acceperunt acerbissimoque praedonum ac fugitivorum bello liberati sunt. 1019 Cic. Verr. II 2, 32: Ut de eo praetor iudices ex P. Rupili decreto, quod is de decem legatorum sententia statuit, quam illi legem Rupiliam vocant, sortiatur, vgl. J. M. Rainer, Staatsrecht, 2006, 63 mit A. 193. – Gerichtsordnung: Kunkel, StO, 298/12. 1020 Curator viis sternundis: Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 70 b; vgl. B. Kreiler, Zwei akephale Elogien der Claudii Pulchri in Rom, Epigraphica 70, 2008, 91–101; Genealogie 99f., Datierung: 101. 1021 ILLRP 454 a: CC↓(= L)X. /​ T. Annius T. f. /​ pr.; vgl. MRR III 16f. A. Donati, T. ANNIUS T. F., Epigraphica 71, 2009, 77. 1022 Zu den beiden Konsuln s. Cic. Phil. XI 18, 1. 1023 ILLRP 454; vgl. T. P. Wiseman, Viae Anniae again, PBSR 37, 1969, 82–91; J. Reynolds, Roman Inscriptions 1966–1970, JRS 61, 1971, 139, MRR I 489, 498; III 169; Brennan, Praetorship 152. – Festsetzung: Diodor XXXIV 2, 23.

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Die Unterwerfung des ehemaligen Königreichs Pergamon

Eine Felseninschrift im Tempetal, auf der L. CASSIVS LONGIN PRO COS TEMPE MVNIVIT stand, ist wahrscheinlich dem als Richter bekannt gewordenen L. Cassius Longinus Ravilla (pr. ca. 130) zuzuordnen.1024

2.

Die Unterwerfung des ehemaligen Königreichs Pergamon

2.1

Der Krieg gegen Aristonikos (131–129 v. Chr.)

Aristonikos, ein illegitimer Sohn des Attalos III., erhob nach dessen Tod im Jahr 133 unter dem Namen Eumenes III. Anspruch auf das Königreich Pergamon velut paternum regnum.1025 Als die Bestimmungen des Testaments zu Gunsten Roms bekannt wurden, wird er wohl von seinem Machtzentrum, dem phrygischen Synnada, nach Westen gezogen sein. Die Städte, die gewohnt waren, den attalidischen Königen zu gehorchen, schlossen sich ihm an, andere eroberte er. Die bedrohte Hauptstadt Pergamon erließ gegen die Bewegung des Usurpators einen Volksbeschluss. Dort fand sich 132 der pontifex maximus P. Scipio Nasica Serapio (cos. 138), der Mörder des Tib. Gracchus, an der Spitze einer Gesandtschaft ein.1026 Auch die ionischen Städte an der Südküste leisteten Widerstand. In einem im Frühjahr 130 verfassten Dekret aus Metropolis zu Ehren des Gesandten Apollonios heißt es, dass Aristonikos den Städten die Freiheit, die der Senat ihnen zurückgegeben hatte, entreißen wollte.1027 Erst 131 trat Rom offiziell in den Krieg gegen Aristonikos ein und entsandte ein vom Konsul P. Licinius Crassus Dives Mucianus geführtes Heer. Er belagerte nach seiner Ankunft die Hafenstadt Leukai, die von der Besatzung des Aristonikos gehalten wurde.1028 1024 B. Kreiler, Die Straßenbauinschrift des Prokonsuls L. Cassius Longinus im Tempetal, ZPE 181, 2012, 230–234. 1025 Justin XXXVI 4, 6; vgl. F. Daubner, Bellum Asiaticum2, 2006, 53ff. 1026 OGI 338; vgl. Daubner, B. Asiaticum, 19ff. – Tod des Scipio Nasica Serapio 132 in Pergamon: Plut., Ti. Gracchus 21, 3; Militärtribun i. J. 168: S. 159 mit A. 802; Legat i. J. 150: S. 172 mit A. 866; vgl. U. Walter (Anm. 1013), 108. 1027 B. Dreyer, I. Metropolis I, 2003, S. 5, Z. 15–17. 1028 Entsendung: Cic. Phil XI 18: Ita populus Romanus consuli potius Crasso quam privato Africano bellum gerendum dedit. Gellius I 13, 11: Is cum in consulatu obtineret Asiam provinciam et circumsedere oppugnareque Leucas pararet …

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Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.)

Crassus konnte Leukai nicht erstürmen, weil er an der ätolischen Küste in einen von Thrakern gestellten Hinterhalt und in Gefangenschaft geriet, der er sich durch den Freitod entzog.1029 Er fällt vermutlich ins Jahr 130, denn Velleius Paterculus nennt den wegen seiner Rechtsgelehrtsamkeit hochangesehenen Crassus proconsul.1030 Valerius Maximus verwendet präziser den Terminus imperator, der den Oberkommandierenden im Bereich militiae bezeichnet.1031 Auf die Nachricht von seinem Tod hin beschleunigte der zum Nachfolger bestimmte Konsul von 130, M. Perperna, seine Überfahrt nach Kleinasien.1032 Nach der übereinstimmenden Darstellung aller historiographi­ schen Quellen konnte Perperna wahrscheinlich aufgrund eines überraschenden Vorstoßes ins Zentrum des gegnerischen Gebiets Aristonikos schnell entscheidend schlagen und gefangen nehmen.1033 Nach einer um 120 verfassten, nur fragmentarisch erhaltenen Ehrung des Prieners Herakleides erschien dieser vor [Μάαρκον Περπέρ]ναν Μαάρκου στρατηγὸν ἀνθύπατο[ν]. Diese Angabe trifft auf den Imperator prätorischen Ranges, aber nicht auf den Imperator konsularen Ranges zu. Perperna führte das Kommando im Kriegsrechtsbereich militiae als στρατηγὸς ὕπατος.1034 Nach Florus rieb der Imperator Perperna 132 die bei Henna in Sizilien eingeschlossenen Sklaven durch Aushungern auf und ließ sie kreuzigen.1035 Diese Nachricht steht im Widerspruch zu den übrigen Quellen, nach denen P. Rupilius für die Strafaktion verantwortlich war.1036 Während Münzer meinte, Florus habe den Krieg, den Perperna (cos. 130) in Asia ge1029 Justin XXXVI IV 8: qui interior Attalicae praedae quam bello, cum extremo anni tempore inordinata acie proelium conseruisset, victus poenas sanguine dedit. 1030 Vell. II 4, 1: Aristonicus capite poenas dedit, cum initio belli Crassum Mucianum, virum iuris scientissimum, decedentem ex Asia proconsulem interemisset; proconsul: W. Jashemski, Proconsular Imperium, 1951, 135 und MRR II 305. 1031 Val. Max. III 2, 12: P. enim Crassus cum Aristonico bellum in Asia gerens a Thracibus … exceptus … Unus ex barbaris … Romanum imperatorem maiestatis amissae turpitudine liberavit; vgl. Flor. I 35, 4f., Eutrop IV 20, 1–2 (s. n. Anm.). 1032 Eutrop IV 20, 2: postea Perperna consul Romanus, qui successor Crasso veniebat, audita belli fortuna ad Asiam celeravit. 1033 Liv. per. 59, 3: M. Perperna cos. victum Aristonicum in deditionem acccepit; vgl. Justin XXXVI 4, 9; Flor., I 35, 6. 1034 Ehrung: I. Priene 109, Z. 92f. – στρατηγὸς ὕπατος und στρατηγὸς ἀνθύπατος: S. 29. mit A. 96f. 1035 Flor. II 7, 8: Tandem Perperna imperatore supplicium de eis (sc. fugitivariis) sumptum est. Hic enim victos et apud Hennam novissime obsessos cum fame quasi pestilentia consumpsisset, reliquias latronum compedibus, catenis crucibusque punivit. 1036 Val. Max. IX 12, 8; Oros. V 9, 7; Diodor XXXIV 2, 20; vgl. MRR I 498.

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Die Unterwerfung des ehemaligen Königreichs Pergamon

gen Aristonikos führte, mit dem des Rupilius in Sizilien verwechselt, weil die Masse der Feinde in beiden Fällen aufständische Sklaven waren, gehen Degrassi, Broughton, Brennan und Daubner davon aus, dass Rupilius nur Tauromenion und der Imperator Perperna Henna eingenommen habe.1037 Gegen Florus spricht jedoch zum einen, dass Perperna, falls er überhaupt in Sizilien war, das Kommando in einem Krieg gegen Sklaven nicht als Imperator geführt hätte.1038 Zum anderen ist Florus für seine Unzuverlässigkeit in Bezug auf Namen, Titel und Chronologie hinlänglich bekannt.1039 Seine abschließende Bemerkung, Perperna habe sich mit einer Ovation begnügt, um die Würde des Triumphs nicht zu entweihen, lässt ebenfalls auf eine Verwechslung mit Rupilius schließen.1040 2.2

Die Einrichtung der Provinz Asia durch M’. Aquillius (cos. 129)

In Asia folgte auf Perperna, der Anfang 129 auf dem Rückweg nach Rom starb, M’. Aquillius, dessen gens sich bis auf C. Aquillius (cos. 487) zurückverfolgen lässt.1041 Nach Strabon kam der Konsul Aquillius mit zehn Gesandten nach Asia, machte das ehemalige Königreich Pergamon zur Provinz und gab ihr eine unter Tiberius noch bestehende Verfassung.1042 Rechtsgültig wurde seine Maßnahme allerdings erst durch das 132 in Rom erlassene SC Popillianum.1043 Nach der Gefangennahme des Aristonikos waren noch einige Widerstandsnester im Hinterland einzunehmen. Laut einem Dekret aus Bargylia in Karien übernahm Aquillius im Frühjahr 129 die Trup-

1037 Münzer, RE A,1, 1914, Nr. 5; Inscr. Ital. 13,1 p. 558; MRR I 498, III 155. – Brennan, The commanders of the first Sicilian slave war, Riv. Fil. 121, 1993, 167ff. – Daubner, B. Asiaticum, 123f. 1038 Zu COS statt IMP im Krieg gegen Sklaven s. das Schleuderblei des L. Calpurnius Piso Frugi: S. 201 mit A. 1015. 1039 Z. W. Rubinsohn, Some remarks on the causes and repercussions of the so-called ‚Second Slave Revolt‘ in Sicily, Athenaeum 60, 1982, 437. 1040 Flor. II 7, 8 (Forts. v. Anm. 1035): fuitque de servis ovatione contentus, ne dignitatem triumphi servili inscriptione violaret. 1041 Eutr. IV 20, 2 (s. Anm. 1032): Triumphari enim de eo (sc. Aristonico) non poterat quia Perperna Romam rediens diem obierat. C. Aquillius: R. Hanslik, KP 1, Aquilius, Nr. 2, Sp. 479. 1042 Strab. XIV 1,38: Μάνιος δ’Ακύλλος ἐπελθὼν ὕπατος … διέταξε τὴν ἐπαρχείαν εἰς τὸ ἔτι τῆς πολιτείας σχῆμα. 1043 SC Popillianum: OGIS 435–436 (= SEG 28, 1978, 1208); vgl. Wesch-Klein, Provinzen, 108f.

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Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.)

pen nicht weit entfernt in Stratonikeia.1044 Er fungierte als στρατηγὸς ὕπατος Ῥωμαίων; diesen Titel führte nach Dioys von Halikarnass bereits P. Valerius Laevinus (cos. 280).1045 Ehe Aquillius von Karien nach Mysien in das noch nicht befriedete Zentrum des Aristonikos-Aufstands zog, ließ er in Bargylia den ἀντιστράτηγος Cn. Domitius Ahenobarbus (cos. 122) als Stellvertreter zurück. Dieser Funktion entspricht im Sprachgebrauch der Proprätor, sie wird aber im Sinn von leg. pro pr. interpretiert.1046 Eine Bestätigung liefert der inschriftlich belegte Titel ἀντιστράτηγος des Cn. Domitius Calvinus, denn aus Cicero geht hervor, dass er 62/61 dem Statthalter L. Valerius Flaccus (pr. 63) als Legat diente.1047 Daraus folgt, dass Ahenobarbus dem Konsul M’. Aquillius als Legat unterstellt war. Er übernahm als erster römischer Funktionsträger das Patronat von Ephesos und Samos.1048 Da der erbliche Ehrentitel πάτρων διὰ προγόνων sonst nur für Statthalter nachweisbar ist, kann man annehmen, dass der Legat unter dem Konsul Aquillius die Amtsgeschäfte führte. Spätestens 126 wurde Ahenobarbus, der wohl 125 die Prätur erlangte, von dem ihm unterstellten Militärtribun Q. (Servilius) Caepio (cos. 106) abgelöst; dieser hatte 129 in Bargylia (v. supra) für den Heereszug des Aquillius in der Abbaitis Hilfstruppen bereitgestellt.1049 Aquillius vollbrachte in den vier Jahren, die er in Asia weilte, ein großes Werk. Auf acht Meilensteinen, die den Bau von Überlandstraßen ausgehend von den Zentren Ephesos und Pergamon ins Inland nach Tralleis und durch das Tal des Mäander bis nach Laodikeia bezeugen, wird seine Funktion jeweils mit cos. /​ στρατηγὸς ὕπατος angegeben. Dem griechischen Terminus entspricht im Amtsbereich domi der consul.1050 Die von Aquillius in der Provinz Asia angelegten Straßen waren viae publicae; sie bildeten einen Teil des gracchischen Bauprogramms.1051 Da er 129 Konsul war, nimmt man an, dass dieses Programm im ersten Jahr seines Kommandos als Maßnahme zur Organisation der neuen Provinz kon1044 W. Blümel, Iasos II, Nr. 612, Z. 13–21; vgl. I. Metropolis 75 mit A. 295. 1045 στρατηγὸς ὕπατος Ῥωμαίων: Iasos II, Z. 14. – P. Valerius Laevinus: DH XIX 10, 1; vgl. S. 18 mit A. 21. 1046 Iasos II, Z. 15f. – Interpretation: MRR I 505; Thomasson, Legatus 17; Ferrary, Gouverneurs, 184. 1047 Inschrift: C. Habicht – T. C. Brennan – W. Blümel, Cn. Domitius Calvinus, ZPE 169, 2009, 157–161. – Cic. Flac. 31. 1048 Vgl. C. Eilers, Roman Patrons of Greek Cities, Oxford 2002, 121f. 1049 Praetor: Gundel, KP 2, Domitius, I 7. – Bargylia: Iasos II, Nr. 612, Z. 16, 25, 30. 1050 ILS 27, I Eph. 3602, SEG 41, 1991, 1336. SEG 45, 1995, 1625; vgl. Mitchel, Administration of Roman Asia, 18ff. στρατηγὸς ὕπατος = consul: vgl. S. 18, 121, 201. 1051 Vgl. G. Radke, Viae publicae, KP 5, 1979, Sp. 1243; vgl. Vf. S. 18, 121, 201.

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Die Unterwerfung des ehemaligen Königreichs Pergamon

zipiert und das Formular dann unverändert beibehalten wurde. Entgegen Broughton kann Aquillius jedoch nach dem Amtsjahr nicht als proconsul in Asia im Sinn eines Promagistrats fungiert haben.1052 Konsuln mit prorogiertem Imperium sind nämlich im Amtsbereich domi als Konsuln belegt, wie beispielsweise die Ehrung des Scipio Aemilianus (cos. 147) in Sizilien nach seiner Rückkehr aus dem 3. Punischen Krieg zeigt.1053 Im Zusammenhang mit dem Straßenbau in Italien hat sich gezeigt, dass die Konsuln diese gewaltige Aufgabe nicht innerhalb des Amtsjahres stemmen konnten. Die vier Jahre (129 bis 126), die Aquillius mit dem Anlegen des ausgedehnten Straßennetzes beschäftigt war, lassen den Schluss zu, dass er die von ihm eingerichtete Provinz Asia als Aufgabengebiet des Konsuls (provincia consularis) leitete. Es umfasste das gesamte Kleinasien außer Karien und Lykien.1054 Der Titel στρατηγὸς ὕπατος bezeichnet im Amtsbereich domi, wie oben gesagt, den sein Imperium ausübenden consul.1055 Als richtig erweist sich die These Richardsons, dass die Statthalter bis Augustus die Provinzen als Aufgabengebiete verwalteten, wie der Terminus provincia praetoria zeigt. Die Prätoren amtierten nicht nur in den provinciae p. R. wie Sizilien, sondern auch in der Stadt Rom (provincia urbana).1056 Konsuln erfüllten in einer provincia consularis meist nicht länger als ein Jahr eine besonderen Aufgabe (Kriegführung, Straßenbau). Für die Verwaltung der Provinz Asia waren, wie oben gesagt, dem Konsul Aquillius unterstellte proprätorische Legaten zuständig, nämlich 129 bis ca. 127 Cn. Domitius Ahenobarbus, ca. 126/5 Q. Servilius Caepio und ca. 124/3 Cn. Aufidius (pr. ca. 107); er ist durch ein Dekret aus Adramyttion wie Ahenobarbus als ἂντιστρατηγός belegt. Als erster regulärer Statthalter amtierte 122/1 der Prätor C. Atinius Labeo Macerio.1057 Nach den Fasten feierte Aquillius am 11. 11. 126 einen Triumph als pro cos. ex Asia im Sinn eines Konsuls mit prorogiertem Imperium. Er wurde 125/4 wegen des Vorwurfs, er habe Mithridates V. Phrygien aufgrund von Bestechung überlas1052 MRR I 506f., 509; vgl. P. Thonemann, The Quaestorship of Lucullus, ZPE 149, 2004, 80ff. 1053 Vgl. S. 193 mit A. 970f. 1054 provincia consularis: S. 18 mit A. 20, S. 107f. – Ehemaliges Königreich Pergamon ab 188 v. Chr.: E. Meyer, KP 3, Sp. 627. 1055 Vgl. S. 206 mit A. 1050. 1056 J. S. Richardson, Language, 43ff. – provinciae praetoriae: Liv. XXVIII 38, 13; vgl. S. 28 mit A. 88. – Kriegführung: Liv. XLI 8, 2; vgl. S. 108 mit A. 527. 1057 Cn. Aufidius: IG XII 722; praetorius ca. 90: Cic. Tusc. V 112; fin. V 54; vgl. MRR III 27; Ferrary, Gouverneurs, 184f. – C. Atinius Labeo: I. Priene, Nr. 121, Z. 22 (= Blümel, Priene 1, 2014, Nr. 75); ephesische Kistophoren: C ATIN(IVS) C F: Stumpf, Statthalter, 6–12, T. 11.

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Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.)

sen, angeklagt und freigesprochen. Nach Valerius Maximus war er schuldig. Der Prozess erinnert an den gegen die Scipionen. In Asia wurde ein Kult des Manius Aquillius eingerichtet.1058

3.

C. Sempronius Tuditanus in Illyrien

C. Tuditanus gehörte der plebeischen Nobilität an und war wahrscheinlich der Enkel des gleichnamigen Prätors von 197. 146 war er Legat des L. Mummius, 145 Quästor, 135 Ädil, 132 Prätor und 129 Konsul.1059 Nachdem der Senat auf Initiative des Scipio Aemilianus 129 der gracchischen Dreimännerkommission ihre rechtlichen Befugnisse zur verbindlichen Scheidung von Staatsland und Privatbesitz entzogen und das Richteramt auf die jeweiligen Konsuln übertragen hatte, verhinderte Tuditanus die weitere Landverteilung, indem er den angeblich in Illyrien drohenden Krieg zum Vorwand nahm, um sich der ihm vom Senat übertragenen Aufgabe zu entziehen.1060 Für seinen Feldzug gibt es mehrere Zeugnisse: 1. App. Illyr. 10, 30: Ἰάποσι δὲ τοῖς ἐντὸς Ἄλπεων ἐπολέμησε μὲν Σεμπρώνιος ὁ Τουδιτανὸς ἐπίκλην καὶ Πανδούσας Τιβέριος καὶ ἐοίκασιν οἱ Ἰάποδες αὐτοῖς ὑποκοῦσαι. – Mit den Iapoden diesseits (südlich) der Alpen kämpften (C.) Sempronius mit dem Beinamen Tuditanus und Tiberius Pandusa und es scheint, dass die beiden die Iapoden unterwarfen. 1061 2. Liv. per. 59, 20: C. Sempronius cos. adversus Iapydas primo male rem gessit, mox victoria cladem acceptam emendavit virtute Decimi Iuni Bruti, eius qui Lusitaniam subegerat. – Der Konsul C. Sempronius kämpfte zuerst gegen die Iapyden nicht erfolgreich, bald machte er die erlittene Niederlage wett durch einen Sieg dank

1058 Prozess: Cic. div. Caec. 69; Font. 38; App. Mith. 57, 231; vgl. M. C. Alexander, Trials in the Late Roman Republic, 1990, Nr. 23. – Mithridates V.: Val. Max. IX 13.1; vgl. S. 250f. – Scipionen-Prozesse: Vf. S. 139. – Kult: IGR IV 292, Z. 38–40. 1059 Herkunft: Münzer, RE 2, A, 2, 1923, Nr. 90; Legat: Cic. Att. XIII 30, 2; Quästor: Att. XIII 4, 1; Ädil: vgl. MRR III 190; Prätor: Cic. Att. XIII 30, 2. 32, 2; vgl. MRR I 498. 1060 App. BC I 19, 80 und 21, 86; vgl. MRR I 504. 1061 Ti. Pandusa homo novus: T. P. Wiseman, New Men in the Roman Senate, 1971, Nr. 234; MRR I 504, III 190: pr. 129.

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C. Sempronius Tuditanus in Illyrien

der Tatkraft des D. Iunius Brutus, der die Lusitaner unterworfen hatte.1062 Die Inschrift wurde nach Beendigung des Kommandos verfasst, der COS­ Titel bezeichnet das Amtsjahr.1063 3. Plin NH III 129: Tuditanus, qui domuit Histros, in statua sua sibi inscripsit ab Aquileia ad Titium flumen stadia MM. – Tuditanus, der Sieger über die Histrer, schrieb auf seine Statue: Von Aquileia zum Fluss Titius (sind es) 2000 Stadien (= 370 km). Plinius wählte Stadien anstelle von Meilen als Entfernungsangabe, weil Tuditanus eine Seereise machte.1064 4. ILLRP 334 (im Kastell Duino beim Fluss Titius): [C.] Sempronius C. f. /​ [Tu]ditanus cos. /​ … Das Fragment stammt aus der zum Bereich domi gehörenden Kolonie Aquileia (v. infra). 5. ILLRP 335: [ex itine]re et Tauriscos C[arnosque et Liburnos] /​ [ex marib]us coactos m[aritimas ad oras] /​ [diebus te]r quineis qua[ter fudit et fuga]avit /​ [fausteis] signeis consi[leis praecipu] os Tuditanus. /​ [Ita Roma]e egit triumpu[m statuamque] dedit Timavo. /​ [sacra pat]ria ei restitu[it et magist]reis tradit. – … und unterwegs hat Tuditanus die Taurisker, Karner und Liburner, die von den Meeren an die Küsten zusammengezogen worden waren, in 15 Tagen viermal unter seinen glückverheißenden Feldzeichen und aufgrund seiner Überlegungen vollkommen in die Flucht geschlagen. Auf diese Weise hat er in Rom einen Triumph gefeiert und Timavus eine Statue geschenkt. Er hat für ihn die Opfergaben unseres Vaterlandes in den alten Zustand versetzt und sie den Behörden übergeben. Das Denkmal mit dem Elogium des Tuditanus wurde nach Beendigung des Kommandos in der 181 v. Chr. gegründeten latinischen Kolonie Aquileia errichtet. Es ist dem in Histrien besonders verehrten Flussgott Tima1062 D. Iunius Brutus Callaicus (cos. 138) triumphierte ca. 136 nach den rekonstruierten Fasten als pro cos. über die Callaecer und Lusitaner; vgl. MRR I 487; vgl. Verf. S. 200. 1063 COSTitel: Vgl. S. 101 mit A. 495, S. 145 mit A. 709. 1064 M. G. Morgan, Pliny NH III 129, The Roman Use of Stades and the Elogium of C. S. Tuditanus, Philol. 117, 1973, 29–48.

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Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.)

vus in Form von Saturniern gewidmet. Möglicherweise hat Tuditanus die Weihung an Boria, die Personifizierung des gefürchteten Nordwindes, gerichtet. Er wäre für ihn nach der stürmischen Überfahrt von Aquileia nach Histrien zum Fluss Titius die passende Gottheit gewesen. Die im Hinterland von Aquileia siedelnden Taurisker waren neben den Japoden ein weiterer Feind der Römer in Illyrien.1065 Tuditanus triumphierte nach den Fasten am 1. Oktober 129 als cos. de Iapudibus.1066 Er verfasste ein Werk über die Amtsträger (liber magistratuum) in mindestens 13 Büchern, von denen nur zwei Fragmente überliefert sind.1067

4.

Die via Domitia in der Gallia Narbonensis

Das erste bemerkenswerte Zeugnis für einen Oberkommandierenden im jenseitigen Gallien ist ein Milliarium an der via Domitia bei Pont de Treilles. Auf ihm steht die Inschrift: Cn. Domitius Cn. f. Ahenobarbus imperator XX.1068 Er ist bisher der einzige Meilenstein aus republikanischer Zeit, der statt des Namens eines Konsuls oder Prätors den IMPTitel trägt. Der Erbauer der Straße war der Sohn des gleichnamigen Konsuls von 162, er war von 129 bis 127 dem Konsul M’. Aquillius in Asia als proprätorischer Legat unterstellt, wohl 125 war er Prätor, 122 Konsul.1069 Nach den Periochae besiegten der Prokonsul Ahenobarbus und der Konsul Q. Fabius Maximus 121 die Allobroger. Ahenobarbus erneuerte um 120 den alten Handelsweg zwischen den Pyrenäen und der Rhone, auf dem schon Hannibal gezogen war, und triumphierte nach den Fasten 120 als Prokonsul über die Arverner.1070 Der in den Periochae und in den Triumphalfasten aufgeführ1065 Der Text des Fragments ILLRP 335 ist die verbesserte Version Morgans (s. Anm. o.); vgl. M. Šašel Kos, Appian and Illyricum, 2005, 323–329. 1066 Inscr. Ital. 13,1, 82f. 1067 H. Beck – U. Walter, Die Frühen Römischen Historiker I, 2001, 330. 1068 ILLRP 460 a; vgl. MRR III 81f. 1069 Herkunft, Gundel, KP 2, Domitius Nr. 7. – Legation in Asia: S. 206 mit A. 1047. 1070 Siege: Liv. per 61, 2. 4; vgl. App. Kelt. 12, 1–3 und MRR II 524; III 81f. – Zur Straße s. R. Chevalier, Les Voies Romaines, 1999, 201ff. – Handelsweg: Plb. III 39, 4–8; Strab. IV 1, 12. – Triumph: Inscr. It. 13, 1, 82f. – Elis: SEG XV, 1958, 254, Z. 1: Ἂχαιῶν Πατρεῖς… 6f. οἱ στρατευσάμενοι μετὰ Γναίου Δομετίου στρατηγοῦ ὑπάτου Ῥωμαίων; Datierung: 120 v. Chr.

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Die ‚via Domitia‘ in der Gallia Narbonensis

te PROCOSTitel bezeichnet den Konsul mit prorogiertem Imperium. Sein Titel imperator auf dem Meilenstein beweist, dass er die Straße im Feindesland gebaut hat, das heißt, dass Gallia Narbonensis noch nicht Provinz war.1071 Der IMPTitel geht folglich entgegen Rathmann nicht auf eine militärische Akklamation nach einem Sieg über die Arverner zurück, sondern auf eine populare bei seinem Auszug aus Rom.1072 Im Theater von Tusculum wurde 1994 eine Statuenbasis gefunden, deren Inschrift ebenfalls Cn. Domitius Cn. f. Ahenobarbus imperator lautet. Der Geehrte ist zweifelsfrei mit dem Konsul von 122 zu identifizieren. Die Statue zeigte ihn im Soldatenkleid; da sie außerhalb des Pomeriums stand, konnte Domitius als Imperator dargestellt werden.1073 Er war 115 Zensor und bis zu seinem Tod (etwa 104) Pontifex.1074 Kurz nach dem Bau der via Domitia, nämlich 118, wurde die Kolonie Narbo Martius gegründet. Mit der Durchführung waren die Münzbeamten L. Licinius Crassus (cos. 95), der jüngere Cn. Domitius Ahenobarbus (cos. 96) und M. Aurelius Scaurus (cos. 108) betraut.1075 Mitte der 70er Jahre war die Kolonie Narbo Martius unter dem Statthalter M. Fonteius die Hauptstadt der nach ihr benannten Provinz Gallia Narbonensis.1076 Badian datierte deren Gründung erst unter Sulla, weil vorher kein Statthalter bekannt ist.1077 Es ist aber zu bedenken, dass der Bau der großen römischen Straßen wie der via Egnatia und des Straßennetzes in Kleinasien durch einen Prätor bzw. Konsul mit der Einrichtung der Provinzen Macedonia und Asia zusammenhängt.1078 Dass die via Domitia nach ihrer Fer1071 MRR III 81f.; vgl. Verf. S. 34 mit A. 123. 1072 M. Rathmann, Untersuchungen zu den Reichsstraßen in den westlichen Provinzen des Imperium Romanum, 2003, 152/837, nennt als Beleg Vell. II 10, 2: Eodem tractu temporum et Domitii ex Arvernis et Fabii … victoria fuit nobilis; vgl. Vf. S. 112 mit A. 540. 1073 AE 1997, 260; vgl. J. Arce – X. Dupré – J. C. Saquette, Nouvelles perspectives sur le titre d’Imperator, Chiron 27, 1997, 287–296. – Verbot, innerhalb Roms als Imperator aufzutreten: Dio XLVIII 13, 5 (Zitat: S. 390/2063). 1074 Zensor: MRR I 531.- Pontifex: Suet. Nero 2, 1; vgl. MRR I 561. 1075 Vell. I 15, 5: Narbo autem Martius in Gallia Porcio Marcioque consulibus abhinc annis circiter centum quadraginta sex deducta colonia est. – Münzen: RRC Nr. 282. – Zu L. Licinius Crassus, dem großen Redner, s. Cic. Brut. 43, 160: voluit adulescens in colonia Narbonensi causae popularis aliquid attingere eaque coloniam, ut fecit, ipse deducere. – M. Scaurus: q. ca. 117, pr. ca. 111 in Asia, cos. 108, 106–105 Legat des Konsuls Cn. Mallius Maximus, bei Arausio getötet: Liv. per. 67, 1. 1076 Cic. Font. 13: Est in eadem provincia Narbo Martius, colonia nostrorum civium, … 1077 E. Badian, Notes on Provincia Gallia in the Late Republic, Mél. Piganiol, 1966, 901– 907. – Als erster pr. pro cos. ist für 78 durch Caes. BG III 20, 1 (vgl. Liv. per. 90, 5) der Prätor L. Manlius als proconsul überliefert. 1078 Via Egnatia in Makedonien: S. 185f. – Kleinasien: S. 206f.

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Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.)

tigstellung nicht durch Feindesland, sondern durch unterworfenes Gebiet führte, verdeutlicht die in den Jahren 104/3 geschaffene fossa Mariana, die die Rhone als Kanal mit dem Meer verband, denn Gallia Narbonensis muss C. Marius im 3. und 4. Konsulat als provincia consularis unterstellt gewesen sein.1079 Die mit der Errichtung des Bauwerks beauftragten Soldaten nennen es ein Prunkstück seiner Konsulate, das er den Bürgern verkünden werde.1080 Dass die 118 gegründete Kolonie Narbo Martius die Keimzelle der Provinz Gallia Narbonensis war, ist bedeutsam für das Verständnis der von Cicero beschriebenen Vorgänge im Jahr 83.1081 Während seiner Amtszeit 74–72 ließ der Prätor M. Fonteius, der ein prokonsulares Imperium hatte, die via Domitia durch die Legaten C. Annius Bellienus und C. Fonteius befestigen.1082

5.

Mehrere Konsuln als Imperatoren in Thrakien (114–106 v. Chr.)

Gegen Ende des 2. Jh. fielen die Thraker wiederholt vom Norden her in Makedonien ein, sie verheerten Thes­salien und Dalmatien bis hin zur Adria. Um ihnen zu begegnen, wurden ab 114 Konsuln entsandt, als erster C. Porcius Cato, ein Getreuer des Tib. Gracchus: sein Heer wurde umzingelt und vollständig aufgerieben.1083 Cato wurde 113 von C. Caecilius Metellus Caprarius, einem Sohn des Macedonicus, abgelöst; er triumphierte 111 als pro cos. ex Thracia.1084 Unter die Elogien hat Degrassi die stadtrömische Inschrift C. Caecilius Q. f. /​ Metellus Imp. eingereiht. Die Bruchstücke stammen vermutlich aus dem Bau1079 Fossa Mariana: Plut. Mar. 15, 4. Datierung: T. F. Carney, KP 3, Sp. 1032. – Cursus des Marius: S. 215f. 1080 Plut. Mar. 16, 8: καὶ ταῦτα τῶν ὑπατειῶν ἀποδειξάμενος ἔργα τοῖς πολίταις ἐπάνεισιν; vgl. Weynand, RE Suppl. 6, 1935, Sp. 1385. – Konsuln als Bauherren von Straßen in der Provinz Gallia Cisalpina: S. 120 mit A. 593ff. 1081 Gründung der Provinz Gallia Narbonensis i. J. 118: Wesch-Klein, Provinzen, 123f. – Jahr 83: Vgl. S. 239. 1082 Cic. Font. 18: cum ad rem publicam pertineret viam Domitiam muniri, legatis suis, primariis viris, C. Annio Bellieno et C. Fonteio, negotium dedit; vgl. A. R. Dyck, Speeches on behalf of M. Fonteius and M. Aemilius Scaurus, 2012, 11f., 51f. 1083 Florus I 39, 3–5: Saevissimi omnium Thracum Scordisci fuere … itaque non fusus modo ab his aut fugatus, sed – simili prodigio – omnino totus interceptus exercitus quem duxerat Cato. – Getreuer des Tib. Gracchus: Cic. Lael. 39. 1084 Inscr. Ital. 13, 1, p. 84f.

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Mehrere Konsuln als Imperatoren in Thrakien (114–106 v. Chr.)

schutt des Tempels der Kriegsgöttin Bellona, der außerhalb des Pomeriums in der Nähe des Marsfelds stand. Dort empfing der Senat die aus dem Feld zurückgekehrten Imperatoren, die mit ihrem Heer auf die Gewährung des Triumphs warteten.1085 Das Elogium des C. Metellus Caprarius ist eine der wenigen stadtrömischen Inschriften mit dem IMPTitel. Wohl in der zweiten Hälfte 112 löste ihn M. Livius Drusus (cos. 112), der Vater des berühmten Volkstribunen von 91, ab. An ihn wandten sich die Techniten aus Theben, die zu den Künstlern des Isthmischen Verbands gehörten. In der Inschrift heißt es, sie seien wegen der gemeinschaftlichen Gelder zum ὕπατος Μάαρκος Λείβιος gekommen.1086 Es überrascht, dass nicht στρατηγὸν ὕπατον steht, denn der für den Imperator konsularen Ranges typische Titel steht in einem ebenfalls in Theben gefundenen Schreiben, dessen unbekannter Verfasser wahrscheinlich mit [Μάαρκος Λείβιος] zu identifizieren ist.1087 In den Periochae heißt es, dass M. Livius in Thrakien als Konsul, d. h. 112, erfolgreich gegen die von den Galliern abstammenden Skordisker kämpfte.1088 Nach Festus hinderte er die Thraker, ihr Land zu verlassen.1089 Am 1. 5. 110 triumphierte M. Livius nach den rekonstruierten Fasten als Prokonsul über die Skordisker und Makedonen.1090 Sein Nachfolger war M. Minucius Rufus, dem 110 als Konsul das Kommando in Makedonien zufiel.1091 Nach Frontin wurde der Imperator von den Skordiskern und Dakern, denen er zahlenmäßig unterlegen war, bedrängt und schlug sie durch eine List in die Flucht.1092 Nach den Periochae 1085 Q. Caecilius Metellus Macedonicus: S. 172ff. – Elogium: Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 73. – Tempel der Bellona: Eisenhut, KP 1, 1979, Sp. 858f.; vgl. Georg Wissowa, Religion und Kultus der Römer, 151f., 348–350; Vf. S. 67 mit A. 337. 1086 Vater des M. Livius Drusus tr. pl. 91: Gracchus der Aristokratie (Plin. NH VII 49). – Theben: Syll.3 705, Z. 62–64: περὶ δὲ χρημάτων ἣ κοινῶν περὶ ὧν λόγους ἐποιήσαντο, ὅπως πρὸς Μάαρκον Λείβιον ὕπατον προ[σ]έλ­θωσιν. 1087 IG VII 2413, Z. 10: [Μάαρκος Λείβιος] στρατηγὸς ὕπατος Ῥωμαί[ων]; vgl. Accame, Dominio, 5f. 1088 Liv. per. 63, 7: Livius Drusus consul adversus Scordiscos, gentem a Gallis oriundam, in Thracia feliciter pugnavit. 1089 Festus, Brev. 9, 2: Marcus Drusus Thracas intra fines proprios continuit. 1090 Inscr. Ital. 13, 1, p. 84f.: [M. Livius C. f. M. Aemiliani n.] Drusus [pro cos de Scordist]eis Macedonibusq(ue) K(alendis Mai(is) a. DCXLIII. 1091 Sall. Iug. 35, 2: Sp. Albinus, qui … cum Q. Minucio Rufo consulatum gerebat. – ibid. 35, 3: … Minucio Macedonia evenerat. 1092 Front., Strat. II 4, 3: Minucius Rufus imperator, cum a Scordiscis Dacisque premeretur, quibus impar erat numero, praemisit fratrem et paucos una equites cum aeneatoribus praecepitque, ut, cum vidisset contractum proelium, subitus ex diverso se ostenderet iuberetque concinere aenaeatores: ‹re›sonantibus montium iugis species ingentis multitudinis offusa est hostibus, qua perterriti dedere terga.

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Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.)

kämpfte Minucius Rufus gegen die Thraker erfolgreich als Prokonsul, d. h. in einem Jahr nach 110.1093 Nach Festus verwüstete er das Land, als der eisbedeckte Hebros nicht schiffbar war.1094 In Delphi wurde der siegreiche M. Minucius Rufus vom Volk zweisprachig geehrt:1095 [Μάαρκον Μι]νύκιον Κοΐντου υἱὸν Ῥοῦφον, στρα[τη][γὸν ἀνθύπα]τον Ῥωμαί[ων, νική]σαντα τὸν πρὸς [Γαλάτας Σ]κορδίστας [καὶ τὸν] πρὸς Βέσσους [καὶ τοὺς λ]οιποὺς Θρᾶι[κας π]όλεμον ἁ πόλις [τῶν Δελφ]ῶν ἀρετᾶς ἕνε[κεν] καὶ εὐεργεσίας τᾶς [εἰς αὐτὰ]ν Ἀπόλλωνι. Die Ergänzung [γὸν ἀνθύπα]τον am Anfang von Z. 2 kann nicht stimmen, weil die Funktion στρατηγὸς ἀνθύπατος nur auf einen Imperator prätorischen Ranges zutrifft.1096 Da er konsularen Rang hatte, muss er als στρατηγὸς ὕπατος fungiert haben. Demnach sind die Buchstaben τη vom Ende von Z. 1 an den Anfang von Z. 2 zu setzen und nach [γὸν] ist nur [ὕπα] τον zu ergänzen. Die Richtigkeit diese Konjektur erweist sich an der Herstellung der Symmetrie an den Zeilenenden. An die griechische Version schließt sich die lateinische an: M. Minucium Q. f. Rufum /​ imperatorem Galleis /​ Scordisteis et Besseis /​ [devictei]s [ob me]rita [Apolline]i de[di]/cavit Populus Delphius.

Die Inschrift dokumentiert, dass Imperatoren konsularen Ranges im griechischen Osten den Titel στρατηγὸς ὕπατος führten. Er ist eine Synthese aus imperator und consul und geht nach Drogula auf die Frühzeit zurück, als die Verantwortlichkeiten des militärischen Führers und des zivilen Magistrats nach dem Vorbild des etruskischen Königs in einem einzigen Amt zusammengefasst gewesen seien.1097

1093 Liv. per. 65, 4: M. Minucius procos. adversus Thracas prospere pugnavit. 1094 Festus, Brev. 9, 2: Marcus Minutius in Hebri fluminis glacie vastavit. 1095 Syll.3 710 AC = FD III 1, 526 = CIL III Suppl. 1420323 = ILS 8887 = ILLRP 337. 1096 Vgl. S. 29 mit A. 97; Imperator prätor. Ranges: S. 173 mit A. 872. 1097 Drogula, CC, 14; vgl. Verf. S. 18 mit A. 22.

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Der Krieg des C. Marius gegen Jugurtha (107–106)

Nach seiner Rückkehr im Sommer 106 triumphierte M. Minucius Rufus über die Skordisker und Thraker. Vom Eintrag in den Fasten ist nur … pro]cos a. DCXLVII erhalten.1098 Velleius Paterculus bemerkt dazu, dass ungefähr zu der Zeit, als die Kimbern und Teutonen einfielen (v. infra), Minucius einen strahlenden Triumph feierte. Er erbaute eine nach ihm benannte Säulenhalle (porticus), die zur Zeit des Tiberius noch berühmt war.1099

6.

Der Krieg des C. Marius gegen Jugurtha (107–106)

Der erste herausragende Feldherr der späten Republik war der homo novus Gaius Marius.1100 Seinen Cursus in absteigender Reihenfolge gibt ein Elogium aus Arretium (Ital. 13, 3, Nr. 83) wieder: C. Marius C. f. /​ cos. VII, pr., /​ tr. pl., q., augur, tr. /​ militum /​ extra sortem bellum cum Iugurtha rege /​ Numidiae cos. gessit, eum cepit et triumphans /​ in secundo consulatu ante currum suum duci iussit. /​ Tertium consul apsens creatus est. IIII /​ cos. Teutonorum exercitum /​ delevit. V cos. Cimbros fudit, ex ieis et /​ Teutonis iterum /​ triumph[avit]. Rem p. turbatam /​ seditionibus tribuni plebei et praetoris, quei armati Capitolium /​  occupaverant, /​ sextum cos. vindicavit. Post /​ LXX annum patria per arma civilia /​ expulsus armis restitutus VII /​ cos. factus /​ est. De manubieis Cimbri(cis). et Teutuon(icis) aedem /​ Honori et Virtuti victor fecit. Veste /​ triumphali, /​ calceis patriciis […,], – C. Marius, der Sohn des Gaius, Konsul, Prätor, Volkstribun, Quästor, Augur, Militärtribun, führte als Konsul außerhalb der Reihe Krieg mit Jugurtha, dem König der Numider, er nahm ihn gefangen und bei seinem Triumph im 2. Konsulat befahl er, ihn vor seinem Wagen zu führen. In Abwesenheit wurde er (für 104) zum 3. Mal zum Konsul gewählt. Als er (103) zum 4. Mal Konsul war, vernichtete er das Heer der Teutonen. In seinem 5. Konsulat (102) schlug er die Kimbern in die Flucht. Er 1098 Inscr. Ital. 13, 1, p. 84f. 1099 Vell. II 8, 3: Per eadem tempora clarus eius Minucii, qui porticus, quas hodieque celebres sunt, molitus est, ex Scordiscis triumphus fuit. 1100 Ritterliche Herkunft: Sall. Iug. 63, 2; vgl. Wiseman, NMRS, Nr. 248.

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Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.)

triumphierte über sie und zum 2. Mal über die Teutonen. Im 6. Konsulat befreite er den durch die Umtriebe eines Volkstribunen und eines Prätors, die bewaffnet das Kapitol besetzt hatten, in Unordnung gebrachten Staat. Mit 70 Jahren wurde er durch die Waffen der Bürger aus dem Vaterland vertrieben, durch Waffen­ gewalt restituiert und (für 86) zum 7. Mal zum Konsul gewählt. Aus der Beute der Kimbern- und Teutonenkriege baute er als Sieger dem Honos und der Virtus einen Tempel. Im Triumphgewand und angetan mit den Schuhen der Patrizier … Da C. Marius ritterlicher Herkunft war, musste er nach der Quästur 14 Jahre warten, ehe er 107 zum ersten Mal Konsul wurde. Den ersten Militärdienst leistete er 133 unter dem jüngeren Scipio in Spanien (Numantia), der ihn wegen seiner Tapferkeit auszeichnete.1101 121 war Marius Quästor, 119 Volkstribun, 115 Prätor, nach der Wahl wurde er angeklagt wegen ambitus.1102 114 wurde ihm nach der Prätur die Provinz Hispania Ulterior zugeteilt1103, 109–108 diente er in Numidien Q. Metellus als Legat.1104 Den Krieg gegen Jugurtha erhielt er 107 als Konsul extra sortem durch ein Plebiszit, damit er ihn endlich beende. Auch für die folgenden Kriege gegen die Kimbern und Teutonen galt er als der einzige Hoffnungsträger.1105 Anfang 105, als er noch in Africa weilte, wurde er zum zweiten Mal Konsul.1106 Am 1. Januar 104 erhielt er das höchste republikanische Amt zum dritten Mal und feierte einen glanzvollen Triumph über die Numider und König Jugurtha, den er mit Hilfe seines Quästors Sulla in Mauretanien gefangen genommen hatte.1107 Im 3. und 4. Konsulat übernahm er die Reste der römischen Armee in Oberitalien und verbesserte deren Schlagkraft durch Training und Aufnahme von Freiwilligen, sodass er zum Schöpfer der römischen Berufsarmee wurde. Auch das 5. Konsulat für 102 erlangte er in 1101 Plut. Mar. 3, 2; vgl. Assenmaker, Victoire, 103f. 1102 Vgl. Alexander, Trials, Nr. 36. 1103 Ädil: Plut. Mar. 5, 1; Prätor: Plut. Mar. 6, 1; vgl. MRR I 532; Statthalter in Hispania Ult.: Plut. Mar. 6, 2; vgl. MRR I 534. 1104 Sall. Iug. 46, 7. – Metellus stellte die Manneszucht wieder her: Sall. Iug. 44–45. 1105 Cic. leg. Man. 60: patribusque vestris esse visum, ut in uno C. Mario spes imperi poneretur, ut idem cum Iugurtha, idem cum Cimbris, idem cum Teutonis bellum administraret. 1106 Sall. Iug. 114, 3: Sed postquam bellum in Numidia confectum et Iugurtham Romam vinctum adduci nuntiatum est, Marius consul absens factus est. 1107 Triumph: Inscr. Ital. 13, 1, p. 84f.; Sall. Iug. 114, 5; Plut. Sull. 3, 1; 7, 1; vgl. MRR I 556.

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Der Krieg des C. Marius gegen Jugurtha (107–106)

Abwesenheit, weil er in Gallien die Truppen für den Krieg gegen die Kimbern und Teutonen sammelte und ausbildete. Er schlug die Teutonen 102 bei Aquae Sextiae und 101 die Kimbern bei Vercellae.1108 Mit dem im Elogium namentlich nicht genannten Volkstribun und Prätor sind L. Apuleius Saturninus bzw. C. Servilius Glaucia gemeint, die Ende 100 die Wahlen auf dem Marsfeld durch Mord und Totschlag sabotierten.1109 Der Konsul Marius bezwang die beiden unheilvollen Männer mit Waffen und ließ sie in der Curia Hostilia hinrichten.1110 Erstaunlicherweise zählt Cicero nicht den Optimaten Sulla, sondern den Popular Marius als letzten in der Reihe der großen Feldherren auf.1111 Er starb Anfang 86 in seinem 7. Konsulat an einer Krankheit.1112 Deininger zeigte sich erstaunt darüber, dass Marius trotz seiner spektakulären Siege über die Kimbern und Teutonen nicht als Imperator belegt ist.1113 Dies ist damit zu erklären, dass der IMPTitel kein Amtstitel war und deshalb nicht in seinem Elogium erscheint. Er trug ihn nur im Feld, nachdem er in Rom als Konsul vom Volk zum Imperator gewählt worden war. Folgerichtig bezeichnet Sallust seine Vorgänger L. Calpurnius Bestia, Sp. Postumius Albinus und Q. Metellus in Numidien als imperatores.1114 Marius selbst war nach den Worten des mauretanischen Königs Bocchus einer der wenigen vertrauenswürdigen römischen Imperatoren.1115 Er erhielt Anfang 107 vom römischen Volk bei Antritt seines ersten Konsulats Numidien als provincia militaris.1116 Sallust gibt seine Funktion dreimal mit consul wieder, nämlich einmal 107, als er mit frisch aufgefüllten Legionen ganze 1108 Plut. Mar. 11–27; Strab. VII 293; Vell. II 12, 4–5; vgl. Elvers, DNP 7, 1999, Marius [I 1], Sp. 903. 1109 Vell. II 12, 6: quo (sc. sexto consulatu Marii) Servilii Glauciae Saturninique Apulei furorem continuatis honoribus rem publicam lacerantium ei gladiis quoque et caede comitia discutientium; vgl. MRR I 574 und Vf. S. 230 mit A. 1178. 1110 Vell. 12, 6: consul armis compescuit hominesque exitiabibis in Hostilia curia morte multavit. 1111 Cic. leg. Man. 47 (Zitat S. 91/434). 1112 Vell. II 23, 1: cuius (sc. anni) initio morbo oppressus decessit; vgl. MRR II 53. 1113 J. Deininger, Die Ursprünge der Herrschertitulatur des Prinzipats, ANRW I 1, 1972, 982 -997, bes. 985. 1114 L. Calpurnius Bestia (Iug. 27–29): Jahr 111; Sp. Postumius Albinus (Iug. 35–38): J. 110; Q. Metellus (Iug. 65, 3): J. 109. 1115 Sall. Iug. 112, 2: … sed Mario parum confidere; saepe autem cum imperatoribus Romanis pacem conventam frustra fuisse;vgl. L. Thommen, Gaius Marius, Der Wüstenkrieg: Jugurtha, in: Hölkeskamp, Von Romulus zu Augustus, 189f. 1116 Sall. Iug. 84, 1: At Marius … cupientissima plebe consul factus, postquam ei provinciam Numidiam populus iussit, …

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Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.)

Landstriche Numidiens verwüstete, und zweimal 106, als er ein prorogiertes Imperium hatte: er kam nach Cirta und ließ dort seinen Quästor Sulla als proprätorischen Legat zurück.1117 Da Marius das Kommando in einem Kriegsrechtsgebiet nicht als Konsul, sondern nur als Imperator geführt haben kann, – was der in Funktionen gut bewanderte Sallust sicher wusste, weil er in Africa unter Caesar selbst Statthalter war, – ist die Angabe consul wohl in dem Sinn zu verstehen, dass Marius im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die er imperatores nennt, die Provinz Africa vom Senat als provincia consularis erhalten hatte und sie als Operationsbasis für den Krieg gegen Jugurtha nutzte.1118 Broughton nannte Marius im Jahr 106 nach der livianischen Terminologie proconsul und reihte ihn unter die Promagistrate ein, weil er ein prorogiertes Imperium hatte. Hingegen verwendet Sallust den Terminus pro consule nur für den oben genannten Sp. Postumius Albinus, der Anfang 109 wegen der Übergabe des Heeres die Ankunft seines Nachfolgers Metellus Numidicus abwarten musste.1119 Nach seinen Siegen über die Kimbern und Teutonen unternahm Marius vermutlich 98 eine libera legatio nach Kleinasien, um der Magna Mater im galatischen Pessinus ein Gelübde zu tun.1120 Daran erinnern Denare des Münzmeisters C. Fabius Hadrianus mit der Göttin Kybele auf dem Avers und einer Biga als Symbol der militärischen Erfolge des Marius auf dem Revers. Es ist eine Gedächtnisprägung zu Ehren seiner pietas.1121 Von 84 bis 82 wurde nur ein einziger Prätor in eine Provinz entsandt, nämlich derselbe C. Hadrianus Anfang 84 vom Konsul Cinna nach Africa; er wurde 82 wegen seiner Habsucht von den Bürgern Uticas lebendig in seinem Haus verbrannt.1122 1117 Sall. Iug. 87, 1: Sed consul expletis legionibus … – 102, 1: Post ea loci consul …iam victor pervenit in oppidum Cirtam. – 103,4: … ad Sullam profugiunt, quem consul in expeditionem proficiscens pro praetore reliquerat. 1118 Sallust Statthalter: 352f. – Lager des Marius in Africa: Sall. Iug. 96, 1; vgl. M. Snowdon, Res Publica, Proviniciae und Imperium Romanum, in C. Lundgreen, Staatlichkeit in Rom?, 2014, 162. 1119 MRR I 554. – Sall. Iug. 44, 1: Sed ubi in Africam venit, exercitus ei traditur a Sp. Albino pro consule; vgl. S. 152 mit A. 755. 1120 Plut. Mar. 31, 2; vgl. MRR III 140. 1121 RRC Nr. 323; Cic. Harusp. 28: nostri imperatores maximis et periculossimis bellis huic deae vota facerent eaque in ipso Pessinunte … persolverent; vgl. Assenmaker, Victoire, 114ff. 1122 Cic. Verr. II 1, 70: Sic iste multo sceleratior et nequior quam ille Hadrianus aliquanto etiam felicior fuit. Ille, quod eius avaritiam cives Romani ferre non potuerunt, Uticae domi suae vivus exustus est; vgl. MRR II 60, 64, 69.

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Der Prätor [M]. M. f. Cosconius in der Provinz Asia

7.

Der Prätor [M]. M. f. Cosconius in der Provinz Asia

135 verwaltete M. Cosconius Makedonien als pr. pro cos. und kämpfte nach den Periochae in Thrakien erfolgreich gegen die Skordisker. Er dürfte identisch sein mit dem im SC de agro Pergameno von 129 an 12. Stelle genannten Konsiliar M. Cosconius M. f.1123 In einer Inschrift aus der am Südufer der Propontis gelegenen Stadt Kyzikos heißt es, dass ein Gesandter namens Machaon zu der Zeit, als die Stadt ringsum eingeschlossen war, ungeachtet der Gefahren zu M. Cosconius, dem damaligen Prätor in Makedonien, reiste und alles, was für die Stadt von Vorteil war, erreichte.1124 Die erwähnten Gefahren für Kyzikos gingen nach der communis opinio vom Thronprätendenten Aristonikos aus, der nach dem Tod des Königs Attalos III. im Frühjahr 133 unter dem Namen Eumenes III. Anspruch auf den pergamenischen Thron erhob und in Thyateira Münzen prägte.1125 Nach Daubner kann man die Bergmyser der Abbaitis als die mit Aristonikos verbündeten Angreifer auf Kyzikos betrachten. Zu Lebzeiten des Königs Attalos hätte Machaon keine Veranlassung gehabt, sich an den Statthalter Cosconius zu wenden, denn die bedeutende Handelsstadt Kyzikos hatte immer gute Beziehungen zum Pergamenerreich unterhalten.1126 Die Kampfhandlungen im Norden Kleinasiens datieren vermutlich ab dem Sommer 133, ehe die römischen Truppen 131 unter P. Licinius Crassus eintrafen.1127 Keaveney argumentierte dagegen, dass Kyzikos eine gut befestigte Stadt gewesen sei und niemand in den 30er Jahren des 2. Jh. die notwendigen Streitkräfte zu Wasser und zu Lande für eine erfolgreiche Belagerung gehabt hätte. Der Ausdruck τῆς πόλεως περιεχομένης besage nicht, dass die Stadt belagert wurde, sondern nur, dass sie ringsum eingeschlossen war. Nach Keaveney waren es wahrscheinlich thrakische Piraten, die die Häfen der Stadt mit ihrer kleinen Flotte sperrten, sodass sich die Kyzikener gezwungen sahen, M. Cosconi1123 Liv. per. 56, 7: M. Cosconius praetor in Thracia cum Scordiscis prospere pugnavit; vgl. MRR III 77. – Konsiliar: Sherk, RDGE Nr. 12, S. 69; vgl. L. Ross Taylor, The Voting Districts of the Roman Republic, 1960, 208. 1124 IGR IV 134, Z. 7–11: … τῆς πόλεως περιεχομένης, οὐδένα λόγον ποιη[σάμε]νος τῶν [κινδύν]ων, εἰς τὰ κοινῇ συμφέροντα αὐθαιρέτως ἐ[πέδω]κεν [ἑ]αυ[τὸν], πρεσβεύσας τε πρὸς Μάρκον Κοσκώνιο[ν τὸ]ν ἐν Μακεδονίᾳ τότε στρατηγὸν, πάντα τὰ συμφ[έροντα] τῇ πόλει διεπράξατο. 1125 M. Kampmann, Aristonicos à Thyatire, RN 20, 1978, 38–42. 1126 Daubner, B. Asiaticum, 70f.; vgl. Vf. S. 203 mit A. 1025. 1127 B. Dreyer, I. Metropolis I, 2003, 68/271, datiert ca. 132. – Machoon nahm am Heereszug des Crassus teil (Z. 18–21).

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us um militärische Hilfe zu bitten.1128 Deshalb geht Brennan von einer Intervention des makedonischen Statthalters in Asia in der zweiten Hälfte der 30er Jahre aus.1129 Als Indiz wird die Ehrung eines M. Cosconius C. f. ohne Amtsangabe aus der ionischen Stadt Erythrai gewertet. Die Herausgeber der Inschrift, H. Engelmann und R. Merkelbach, datieren sie ca. 132 v. Chr., als die ionischen Städte Aristonikos Widerstand leisteten. Sie halten deshalb eine Identität dieses M. Cosconius C. f. mit dem Statthalter Makedoniens für möglich.1130 Mittlerweile liegt eine weitere Cosconius-Inschrift aus dem karischen Mylasa vor. AE 2007, 1432: [Ὁ δῆ]μος /​ [ἐτείμησεν Μάαρκον] Κοσκώνιον Μαάρκου /​ [υἱὸν στρατηγ]ὸν ἀνθύπατον /​ […] ἀρετῆς ἒνεκεν /​ [καὶ εὐνοίας καὶ φιλ]αγαθίας τῆς εἰς αὐτόν. – Das Volk ehrt den pr. pro cos. [M.] Cosconius, den Sohn des Marcus, wegen seiner Tatkraft, seines Wohlwollens und seiner Güte, die er ihm erwiesen hat. Raßelnberg bemerkt in ihrem Kommentar, dass der einzige Cosconius, für den sich eine Verbindung mit Asia herstellen lässt, der gleichnamige Statthalter Makedoniens sei, hält diesen aber mit Engelmann und Merkelbach eher für einen Sohn des Gaius und schließt deshalb eine Identität mit dem in Mylasa Geehrten aus, weil dieser ja ein Sohn des Marcus war.1131 Da Engelmann, Merkelbach und Raßelnberg ihren Fokus auf M. Cosconius C. f. richteten, haben sie außer Acht gelassen, dass der Statthalter Makedoniens von 135 wahrscheinlich ein Sohn des Marcus war. Die Frage, ob er möglicherweise mit dem in Mylasa geehrten Homonymus identisch ist, lässt sich aufgrund der Angabe […στρατηγ]ὸν ἀνθύπατον klären. Mit dieser Funktion ist als Erster Q. Caecilius Metellus (pr. 148), der Makedonien unterwarf, belegt, in Asia ist sie hingegen zum ersten Mal durch eine delische Inschrift

1128 A. Keaveney, Three Roman Chronological Problems (141–132 BC), Klio 80, 1998, 66–90, bes. 82ff. 1129 Eingreifen der Römer i. J. 131: Dreyer, Metropolis I, 67, 69; Brennan, Praetorship 228, 240, 703; vgl. Vf. S. 203 mit A. 1028. 1130 Die Inschriften von Erythrai und Klazomenai, Teil 1, Hg. H. Engelmann – R. Merkelbach, 1972, Nr. 48; vgl. Tac. Ann. IV 55, 2 (26 n. Chr.): (Legati civitatum Asiae) memorabant de vetustate generis, studio in populum Romanum per bella Persi et Aristonici aliorumque regum. 1131 Vgl. A. E. Raßelnberg, Ehren für einen [ ] Cosconius, M. f., EA 40, 2007, 51.

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Das Edikt des L. Caesius in Zentralspanien

für den Statthalter Cn. Papirius Carbo 116/5 v. Chr. bezeugt.1132 Der Prätor von 135 kann folglich nicht mit dem in Mylasa Geehrten identisch sein. Da Letzterer aber ein Sohn des Marcus war, liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei seinem Vater um den gleichnamigen Prätor von 135 handelt, der 133 wohl noch im Amt war und Kyzikos zu Hilfe kam. Wenn man bei Senatoren einen durchschnittlichen Generationenabstand von ca. 30 Jahren ansetzt, so amtierte der jüngere M. Cosconius in Asia um 105 v. Chr. Man kann ihn ohne Weiteres im letzten Jahrzehnt des 2. Jh. v. Chr. in die Fasten dieser Provinz einschieben.1133

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Das Edikt des L. Caesius in Zentralspanien

Durch die Konsuln C. Marius und C. Flavius ins Jahr 104 datiert ist ein Dekret, das die Kapitulation eines in der Nähe von Alcantara in Zentralspanien siedelnden Stammes bezeugt. Es lautet: C. Mario C. Flavio [cos.] /​ L. Caesio C. f. imperatore1134 populus Seano[corum se suaque] /​ dedit. L. Caesius C. f. imperator, postquam [eos in fidem] /​ accepit, ad consilium retolit, quid eis im[perandum] /​ censerent. De consili sententia imperav[it arma obsides] /​ captivos equos equas quas cepisent [ut dederint. Haec] /​ omnia dederunt. Deinde eos L. Caesius C. [f. imperator liberos] /​ esse iussit. Agros et aedificia, leges cete[raque omnia] /​ quae sua fuissent pridie quam se dedissent [quaeque] /​ extarent eis redidit. Dum populus [senatusque] /​ Romanus vellet. Deque ea re eos [Romam mittere] /​ eire iussit legatos. Cren[us … f.] /​ Arco Cantoni f. legates.1135 – Unter dem Konsulat von C. Marius und C. Flavius hat das Volk der Seanoker dem Imperator Lucius Caesius, dem Sohn des Gaius, sich und seine Habe ausgeliefert. Nachdem der Imperator Lu1132 Q. Metellus: S. 173 mit A. 871. – Cn. Papirius Carbo: ID 1550; cos. 113: Niederlage gegen die Teutonen (App. Kelt. 13, 1–4). 1133 Fasten: Ferrary, Gouverneurs, 188. 1134 Dativ der 3. Dekl.: R. López Melero, Una deditio, Gerion 2, 1984, 272; ILLRP II, p. 497. – Richardson, Hispaniae, 199f.; D. Nörr, Aspekte des römischen Völkerrechts: Die Bronzetafel von Alcántara, 1989, 19–50. 1135 F. Canali de Rossi, ISE, 2001, Nr. 165 ( = AE 1984, 495); vgl. den von Nörr, Völkerrecht, 23, rekonstruierten Text.

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Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.)

cius Caesius, der Sohn des Gaius, ihre Kapitulation angenommen hatte, hat er seine Ratsmitglieder davon in Kenntnis gesetzt, um zu erfahren, was er ihrer Meinung nach ihnen befehlen soll. Auf ihren Rat hin hat er ihnen die Übergabe der Waffen, Geiseln, Pferde und Stuten, die sie erbeutet hatten, befohlen. Sie haben alles herausgegeben. Dann hat der Imperator Lucius Caesius, der Sohn des Gaius, angeordnet, dass sie frei sein sollen. Er hat ihnen das Land, die Gebäude, die Autonomie und alles andere, was sie besaßen, am Vortag ihrer Kapitulation im ursprünglichen Zustand für so lange zurückerstattet, wie es das Volk und der Senat von Rom will. Deswegen hat er befohlen, Legaten nach Rom zu schicken. Die Legaten waren Crenus, der Sohn des …, und Arco, der Sohn des Cantonius. L. Caesius war vermutlich ein homo novus aus Arpinum, der mit dem Münzmeister von 112 oder 111 identisch sein könnte.1136 Er dürfte im Jahr vor seiner Entsendung nach Spanien, d. h. 105, Prätor in Rom gewesen sein. Diese Schlussfolgerung ergibt sich aus der Ämterfolge des C. Marius, der 115 Prätor und 114 Statthalter in Hispania Ulterior war. Um alle Provinzen, die einen Kommandeur benötigten, abzudecken, wurden spätestens ab 115 die Provinzialpräturen in den städtischen Amtsbereich verlegt, das heißt, dass die Prätoren ex magistratu eine Statthalterrschaft übernahmen.1137 Dem Imperator L. Caesius ergab sich im Jahr 104 das nicht identifizierbare Volk der Seanoker in Lusitanien.1138 Seinem IMPTitel ist zu entnehmen, dass er nicht als Prätor amtierte, sondern das Kommando im Bereich militiae führte. Nörr hat klargestellt, dass es sich bei der deditio, die der Oberkommandierende entgegennahm, um einen förmlichen Rechtsakt handelt, der einer Kapitulation gleichkommt. Das sich dedierende Gemeinwesen hörte auf, Völkerechtssubjekt zu sein, es behielt aber eine zumindest rudimentäre Rechtsordnung, wie sich am Fortbestand von Magistraturen und Gesandtschaften zeigt.1139 In Z. 7 der Inschrift heißt es, dass Caesius den Gefangenen nach ihrer Unterwerfung die Freiheit schenkte. Sie kamen mit der jederzeit widerrufbaren Erlaubnis des römischen Volkes und Senats 1136 Homo novus: Wiseman, NMRS, Nr. 86. – Arpinum: López Melero, Una deditio, 270. – Münzmeister: RRC Nr. 298. 1137 Vgl. S. 216 mit A. 1103. – Provinzialpräturen: Kunkel, StO, 203; Brennan, Praetorship, 394, 585. 1138 Alcantara in Lusitanien: G. Flamerie – J. France – J. Nelis – Clément, Rome et le monde provincial, 2012, 27. 1139 Nörr, Völkerrecht, 17; zur Lokalisierung s. ders. 11.

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Das Edikt des L. Caesius in Zentralspanien

wieder in den Besitz des Landes, der Gesetze und aller anderen Dinge, die sie vor der deditio besessen hatten. Das heißt, dass das Volk der Seanoker schon vorher eine civitas gebildet hatte. Das dazu gehörende Territorium wurde der Gemeinde durch den mit dem Imperator Caesius geschlossenen Friedensvertrag zurückgegeben. Die Befreiung von dediticii erinnert an dieselbe Aktion des L. Aemilius Paullus im Jahr 190 in Lascuta. Die den unterworfenen Peregrinen gewährte Freiheit scheint im 2. Jh. v. Chr. in Verbindung mit der Gründung von Städten ein Instrument zur angestrebten Provinzialisierung und Romanisierung der iberischen Halbinsel gewesen zu sein.1140 Die Römer sahen die von ihnen gewährte libertas als erworbenes Bürgerrecht und nicht als Menschenrecht an. Sie deckt sich von der Sache her mit der civitas.1141 Caesius führte das Kommando 104 militiae als Imperator in Zentralspanien (Estramadura) im Gebiet der noch nicht unterworfenen Seanoker.1142 Er war wahrscheinlich mit einer größeren Truppe als Statthalter in der Funktion eines pr. pro cos. von der Provinz Hispania Ulterior ausgezogen und nach dem Feldzug dorthin zurückgekehrt. 103 fielen die Kimbern über die Pyrenäen in Nordspanien ein, verwüsteten das Land, wurden von Keltiberern vertrieben und kehrten 102 nach Gallien zurück.1143 102 kämpfte M. Marius (homo novus), der jüngere Bruder des berühmten Gaius, im Gebiet der Arevaken (Hauptstadt Numantia) mit der Unterstützung keltiberischer Mischlinge gegen die Lusitaner. Er hatte die Keltiberer fünf Jahre vorher vermutlich als Legat des T. Didius mit Billigung des Senats bei Kolenda angesiedelt.1144 Im Jahr 100 machten die Lusitaner ein römisches Heer nieder.1145

1140 Territorium: Barrandon, Le Sénat (61/518), 123f. – Freiheit: dies. 101ff. – L. Paullus: Vf. S. 117 mit A. 571f. 1141 C. Wirszubski, Libertas, 1967, 4f. 1142 Zur Lokalisierung der Seanoker in Hispania Ulterior s. auch P. Le Roux, Romains d’Espagne, 1995, 48. 1143 Liv. per. 67, 8: Cimbri vastatis omnibus quae inter Rhodanum et Pyrenaeum sunt, per saltum in Hispaniam transgressi …. 1144 App. Iber. 100, 433 : πόλιν δ᾽ ἑτέραν τῆς Κολένδης πλησίον ᾤκουν μιγάδες Κελτιβήρων, οὓς Μᾶρκος Μάριος συμμαχή-σαντας αὐτῷ κατὰ Λυσιτανῶν, τῆς βουλῆς ἐπιτρεπούσης, ᾠκίκει πρὸ πέντε ἐνιαυτῶν. – Didius in Spanien: S. 237 + A. 1221. 1145 Jul. Obs. 42: a Lusitanis exercitus Romanus caesus.

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Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.)

9.

Der 2. Sklavenkrieg in Sizilien (104– 99 v. Chr.)

Der 2. Sklavenkrieg brach in Sizilen 27 Jahre nach dem Ende des ersten aus, nämlich 104, als Jugurtha besiegt war und die Legionen für den Kampf gegen die Kimbern in Gallien benötigt wurden. In Rom herrschte damals ein Mangel an fähigen Generälen.1146 Die von 104 bis 102 nach Sizilien entsandten Prätoren P. Licinius Nerva, L. Licinius Lucullus, der Vater des großen Feldherrn, und C. Servilius Vatia, der ältere Bruder des Isauricus (cos. 79), wurden des Sklavenaufstands nicht Herr.1147 Deshalb übernahm 101 der Konsul M’. Aquillius, der gleichnamige Sohn des Konsuls von 129, das Kommando. Nach den Periochae des Livius beendete er den Krieg 99 als Prokonsul.1148 Diese Funktionsangabe steht wie üblich zur Datierung, d. h. zur Unterscheidung vom Konsulatsjahr 101. Florus berichtet, dass M’. Aquillius dem Beispiel Perpernas folgend in Sizilien den Feind umzingelte und vom Nachschub abschnitt, so dass er dessen durch Aushungern geschwächte Truppen leicht vernichten konnte.1149 Da die Felder in Sizilien durch die fliehenden Sklaven zertrampelt worden waren, musste Aquillius den Gemeinden sogar Getreide auf Kredit liefern. 99 erließ er ein Provinzialedikt, durch das den Sklaven verboten wurde, Waffen zu tragen. Wahrscheinlich enthielt es auch Weisungen zur Rückgabe an ihre alten Herren.1150 In einer Passage in Ciceros de oratore erinnert sich M. Antonius (cos. 99) daran, dass Aquillius Konsul war, vom Senat mit dem Titel imperator geehrt wurde und auf dem Weg hinauf zum Kapitol eine ovatio feierte.1151 Die Szene spielt 99: Aquillius hatte Sizilien wegen einer im Zweikampf mit König Athenion erlittenen Kopfverletzung erst zwei Jahre nach Beginn seines Feldzugs verlassen und war nach seiner Rückkehr am Tag der ovatio unverändert Konsul, nachdem sein Imperium zweimal verlängert wor1146 Diodor XXXVI 3, 1; Sall. Iug. 114; vgl. Brennan, Praetorship, 477f. 1147 Nerva pr. 105 (Siz.: Dio XXVII 93, 1–3). – Lucullus pr. 104 (Siz.: Diodor XXXVI 8,1) – Vatia pr. 103 (Diod. XXXVI 9,1). 1148 Liv. per. 69, 5: M'. Aquilius procos. in Sicilia bellum servile excitatum confecit. 1149 Flor. II 7, 11: Sed Titus Aquilius Perpernae usus exemplo interclusum hostem commeatibus ad extrema compulit comminutasque copias fame armis facile delevit. – Zu M. Perperna s. S. 204 mit A. 1032ff. 1150 Cic. leg. agr. II 83: Siciliae civitatibus bello fugitivorum M’. Aqulius etiam mutuum frumentum dedit; vgl. Cic. Verr. II 3, 125. – Edikt: Brennan, Praetorship, 874/204; Datierung: MRR II 2f. 1151 Cic. de or. II 195: Quem (sc. M’. Aquillium) enim ego (sc. M. Antonius) consulem fuisse, imperatorem ornatum a senatu ovantem in Capitolium ascendisse meminissem …

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Der 2. Sklavenkrieg in Sizilien (104–99 v. Chr.)

den war.1152 Die Reminiszenz des M. Antonius liefert einen weiteren Beweis, dass ein Konsul mit prorogiertem Imperium das Kommando nicht als Prokonsul, sondern als Konsul beendete. Die Verleihung des Ehrentitels imperator durch den Senat ist damit zu erklären, dass ein Konsul, der gegen Sklaven ins Feld geschickt wurde, nicht als Imperator fungierte. Nach einem Sieg durfte er keinen Triumph, sondern nur eine ovatio feiern.1153 Nach einem Sieg im Bürgerkrieg wäre er weder mit dem Imperatotitel noch mit einer ovatio geehrt worden.1154 Durch ein Exzerpt des aus Sizilien stammenden Geschichtsschreibers Diodor ist überliefert, dass es bei den römischen Soldaten Brauch war, ihre Anführer, die in der Schlacht mehr als 6000 Feinde niedergemetzelt hatten, zum Imperator auszurufen. Combès meinte, diese allgemeine Formulierung treffe speziell auf M’. Aquillius zu. Gegen eine solche Identifikation spricht jedoch, dass Oberkommandierende nach einem Sieg über Sklaven nicht triumphierten, das heißt, dass sie von ihren Truppen nicht akklamiert worden waren.1155 Aquillius wurde nach seiner Rückkehr wegen offenkundiger in Sizilien begangener Erpressung angeklagt, aber durch die glänzende Verteidigung des M. Antonius auf Fürsprache des Marius und aufgrund seiner früheren Tapferkeit freigesprochen. Zehn Jahre später führte Aquillius als Konsular in Kleinasien ein Kommando gegen König Mithridates.1156

1152 Diod. XXXVI 10, 1: αὐτὸς (sc. ὁ Ἀκύλλος) δ’ εἰς τῆν κεφαλὴν τρωθεὶς ἐθεραπεύθη. 1153 Gell. V 6, 21: Ovandi ac non triumphandi causa est, cum aut bella non rite indicta neque cum iusto hoste gesta sunt aut hostium nomen humile et non idoneum est, ut servorum piratarumque, aut deditione repente facta inpulverea, ut dici solet, incruentaque victoria obvenit. 1154 Cic. Phil XIV 22: numquam enim in civili bello supplicatio decreta est; decretam dico; ne victoris quidem litteris postulata est. – Val. Max. II 8, 7: Verum quamvis quis praeclaras res maximeque utiles rei publicae civili bello gessisset, imperator tamen eo nomine appellatus non est, neque ullae supplicationes decretae sunt neque aut ovans aut curru triumphavit, quia lugubres semper estimatae sunt victoriae, utpote non externo sed domestico partae cruore; vgl. Kunkel, StO, 308. 1155 Diod. XXXVI 14: Ὅτι ἔθος ἧν τοῖς Ῥωμαίων στρατιώταις, ἡνίκα ὁ στρατηγὸς αὐτῶν σὺν αὐτοῖς μάχῃ πρός τινας τῶν πολε-μίων συμπλακεὶς ὑπὲρ τοὺς ἑξακισχιλίους τῶν ἐχθρῶν ἐφαίνετο ἀνελών, ἰμπεράτορα αὐτὸν ἀναγορεύειν, ὅ ἐστι βασιλέα; vgl. Combès, Imperator, 453, Nr. 100; s. dagegen Gell. V 6, 21 (Anm. 1153). 1156 Cic. de orat. II 195; Liv. per. 70; Cic. Flacc. 98; Quint. Inst. II 15,7; vgl. Alexander, Trials, Nr. 84. – Kleinasien: S. 241ff.

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Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.)

10. Der 1. Piratenkrieg in Kilikien und in der Propontis (102–99 v. Chr.) 10.1

M. Antonius

Der als großer Redner bekannt gewordene M. Antonius, der Großvater des Triumvirn, war 112 Quästor in Asia, 103 Prätor und wurde 102 nach Kilikien gegen die Seeräuber entsandt.1157 In den Periochae erscheint er als praetor, bei Cicero als pro cos. im Sinn von pr. pro cos.1158 Überliefert ist außerdem ein zeitgenössisches Gedicht (ILRRP 342): Auspicio [Antonii Marci] pro consule classis Isthmum traductast missaque per pelagus. ipse iter eire profectus Sidam; classem Hirrus Athenis pro praetore anni e tempore constituit. – Unter dem Kommando des Prokonsuls [M. Antonius] wurde die Flotte über den Isthmus (von Korinth) gezogen und über das Meer geschickt. Er selbst brach auf, um Kurs auf Side zu nehmen; Hirrus (leg.) pro pr. ließ die Flotte wegen der (frühen) Jahreszeit in Athen vor Anker gehen 1159 Dem Oberkommandierenden M. Antonius war der mit einem proprätorischen Imperium ausgestattete Flottenführer Hirrus als Legat unterstellt. Er besaß das Imperium nur für die Zeit, in der er die Flotte befehligte.1160 In einer fragmentarisch erhaltenen Inschrift ist ein rhodischer Gesandter als Soldat unter [Μ.] Ἀντωνίου στρατηγοῦ ἀνθυπάτου belegt. Dem στρατηγὸς ἀνθύπατος entspricht im Bereich militiae der Imperator prätorischen Ranges.1161 In der sogenannten lex de provinciis praetoriis von 100 v. Chr. wird die Funktion der Prätoren der Provinzen (ἐπαρχείαι) Asia und Macedonia ebenfalls mit στρατηγὸς ἀνθύπατος angegeben. Sie besaßen diese provinciae prae1157 Vgl. MRR I 568, 572; III 19; Ferrary, Gouverneurs, 102; Brennan, Praetorship, 706. 1158 Liv. per. 68, 1 (i. J. 102): M. Antonius praetor in Ciliciam maritimos praedones persecutus est. – Cic. de or. I 38, 82: (Antonius), … cum proconsul in Ciliciam proficiscens venisset Athenas,… 1159 C. Lucilius Hirrus, der Großneffe und Haupterbe des Dichters Lucilius, war 53 Volkstribun (Cic. fam. VIII 8, 5). Er kann daher entgegen Münzer, RE XIII 2, 1927, Lucilius Nr. 25 (vgl. MRR Ι 569), nicht mit dem Flottenpräfekt Hirrus identisch sein. Zur Inschrift s. J. Nollé, Side im Altertum I, 1993, 70f., 234–237. 1160 Vgl. Ferrary, La Législation de Saturninus et de Glaucia, MEFRA 91, 1979, 641f. 1161 IGR IV 1116 (Rhodos): [στρατεύσάμενον ἐπὶ Μ.] Ἀντωνίου στρατηγοῦ ἀνθυπάτου; vgl. S. 173 mit A. 872.

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Der 1. Piratenkrieg in Kilikien und in der Propontis (102–99 v. Chr.)

toriae als Aufgabengebiete (διακατέχων).1162 Das heißt, dass der griechische Terminus im Amtsbereich domi den praetor pro cos. bezeichnet. Die Provinz Asia diente M. Antonius als Operationsbasis im 1. Piratenkrieg in Kilikien, den er als Imperator zusammen mit C. Memmius (v. infra) führte.1163 In dem Gesetz heißt es (Knidos col. III, Z. 35–37): … τὴν τε Κιλικίαν διὰ τοῦτο τὸ πρᾶγμακατὰ τοῦτον τὸν νόμον ἐπαρχείαν στρατηγικὴν πέποικέναι. – … und Kilikien wegen dieser Sachlage durch dieses Gesetz zur ἐπαρχεία στρατηγική zu machen (wörtlich: gemacht zu haben). Dieser Terminus wird mit provincia praetoria übersetzt; man nimmt an, Kilikien sei im Jahr 100 als provincia p. R. eingerichtet worden.1164 Dmitriev stimmt dieser Gleichsetzung nicht zu und nennt das Gesetz deshalb einfach lex de Cilicia Macedoniaque.1165 Dass ἐπαρχεία στρατηγική nicht im Sinn von provincia praetoria zu verstehen ist, zeigt sich zum einen daran, dass die prätorischen Provinzen Asia und Makedonien in dem Gesetz nur ἐπαρχεία genannt werden. Zum anderen ergibt sich aus einem Satz Strabons, dass das Adjektiv στρατηγική in Verbindung mit ἐπαρχεία nicht den Sinn von praetoria, sondern von militaris hat. Er sagt, dass Zypern nach der Annexion durch Cato minor im Jahr 58 ἐπαρχεία στρατηγική wurde. Mit diesem Terminus drückt er aus, dass die Insel als Teil der Provinz Kilikien von 56 bis 51 im Krieg gegen die Parther provincia militaris war.1166 M. Antonius führte das Kommando in Asia und Kilikien als στρατηγὸς ἀνθύπατος, er wurde nach Tacitus von Byzanz, das civitas libera et foederata war, durch die Entsendung zusätzlicher Streitkräfte unterstützt.1167 Ende 100 stand Antonius mit seinen Truppen vor den Toren Roms, weil er vermutlich auf die Erlaubnis zum Triumph wartete.1168 Er war 99 Konsul, 97 Zensor und Patron von Delos. Dies bezeugt eine delische Inschrift, in der er als στρατηγὸς ὕπατος, τιμητής und πάτρων geehrt wurde. Sie 1162 Knidos col. III (ed. Blümel, Knidos I, Nr. 31), Z. 22: ὁ στρατηγὸς ἀνθύπατος ὅ[ς] τὴν Ἀσίαν ἐπαρχείαν διακατέχων. – Knidos col. IV Z. 25f.: ὁ στρατηγὸς ἀνθύπατος, ὅ[ς] τὴν Μακεδωνίας ἐπαρχείαν διακατέχων; vgl. S. 221/1132 (ID 1550). 1163 Operationsbasis: S. 35 mit A. 131; S. 218 mit A. 1118. 1164 MRR III 19; Ferrary, Gouverneurs, 167; Brennan, Praetorship, 706; Wesch-Klein, Provinzen, 115: keine präzise Datierung. 1165 S. Dmitriev, History and Geography of Asia, Athenaeum 93, 2005, 79ff. 1166 Strab. XIV 6, 6; vgl. S. 35 mit A. 132. 1167 Tac. Ann. ΧΙΙ 62: At Byzantii … missas copias in … Aristonicum et piratico bello ad­ iutum Antonium memorabant; vgl. E. Grzybek, Roms Bündnis mit Byzanz, Mus. Helv. 37, 1980, 52; MRR III 19. 1168 Triumph: Plut. Pomp. 24, 10. – Cic. Rab. perd. 63: … M. Antonium, qui tum extra urbem cum praesidio fuit; vgl. T. R. S. Broughton, Notes on Roman magistrates, TAPHA 77, 1946, 36 und ders. MRR Ι 576.

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datiert 97 oder später. Der Titel στρατηγὸς ὕπατος lässt in Analogie zu dem des Q. Caecilius Metellus Macedonicus in Makedonien den Schluss zu, dass Kilikien im Jahr 99 auf Antrag des Konsuls M. Antonius zur provincia p. R. gemacht wurde.1169 10.2

C. Memmius

Der Plebeier C. Memmius war vermutlich der Enkel des gleichnamigen Prätors von 172 und der Sohn des gleichnamigen Militärtribunen von 134/3. 111 war er Volkstribun und trat als kompromissloser Feind der Senatsaristokratie hervor.1170 Da er wie M. Antonius 99 das Konsulat verwalten sollte, dürfte er wie dieser 103 Prätor gewesen sein; für 102 erloste Memmius als pr. pro cos. vermutlich das Kommando in Makedonien.1171 Er dürfte mit dem Μέμμιος ἀνθύπατος identisch sein, der in einer der beiden sogenannten Messenischen Urkunden zusammen mit dem Prätor Vibius (Οὐίβιος στρατηγός) im Zusammenhang mit einem großen Krieg genannt wird, wahrscheinlich dem 1. Piratenkrieg.1172 In Z. 35–37 heißt es, dass Memmius und Vibius dem Sekretär Aristokles wegen seiner Verdienste und in Anerkennung seines Verhaltens das Recht verliehen, einen goldenen Ring zu tragen.1173 Aristokles hatte in Messene eine Sondersteuer, die sog. Achtobolensteuer, eingezogen; sie diente zur Finanzierung eines Seekrieges wahrscheinlich in der Propontis, wie die Erwähnung von Rudersklaven unter den Steuerpflichtigen beweist.1174 Dass der pr. pro cos. Memmius militiae ein Kommando führte und dass der ihm unterstellte Prätor anstelle eines Quästors in der Provinz die Abrechnung der sogenannten 1169 ID 1700; vgl. C. Eilers, Roman Patrons of Greek Cities, 2002, 213, C 44; F. Canali de Rossi, Il ruolo dei patroni nelle rela­zione politiche, 2001, S. 57, § 172, S. 133, Nr. 6. – Makedonien Provinz: S. 184f. 1170 Großvater: Liv. XLII 9, 8. 10, 4. – Vater: Militärtribun unter Scipio Aemilanus vor Numantia (Front. Strat. IV 1, 1). – Zum Volkstribun s. Sall. Iug. 27, 2: C. Memmius, tribunus plebis designatus, vir acer et infestus potentiae nobilitatis. 1171 MRR I 564, III 141: pr. 104; zur Hereinnahme der Statthalterschaft in den städtischen Amtsbereich s. S. 216 mit A. 1103. 1172 IG V 1, 1432; A. Wilhelm, Messenische Urkunden, JÖAI 17, 1914, 4–7, Z. 35–37; F. Canali de Rossi, ISE, 2001, Nr. 136. 1173 Z. 35–37: καὶ διὰ τὰ προγεγραμμένα πάντα ἐπιγνόντες αὐτοῦ τὰν ἀναστροφὰν Μέμμιος τε ὁ ἀνθύπατος καὶ Οὐίβιος ὁ στρατηγὸς ἐδωρήσαντο αὐτῶι χρυσοφορίαν ἕκαστος; Vibius könnte der Vater des Münzmeisters von 90, C. Vibius Pansa (RRC Nr. 342, 5b), gewesen sein. 1174 IG V 1, 1433, Z. 39: ἐρέταις δούλοις; vgl. Bouchon (Anm. 1173), 66 mit A. 67.

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Achtobolensteuer kontrollierte, wäre nach der Verwaltungsreform Sullas nicht mehr möglich gewesen, denn zum einen entzog der Diktator den Prätoren das imperium militiae und zum anderen erhöhte er die Zahl der Quästoren von acht auf zwanzig. Deswegen ist eine nachsullanische Datierung auszuschließen.1175 Ein Fragment aus Gades, das wahrscheinlich aus den 70er Jahren des 1. Jh. v. Chr. datiert, lautet: Caio [… f.] Memmio imperato[ri….] (AE 2000, 726). Es bezieht sich auf C. Memmius, den gleichnamigen Sohn des cos. des. von 99, der 75 als Quästor des Pompeius an der Turia in Südspanien im Kampf gegen Sertorius fiel.1176 Die vorgeschlagene Ergänzung [ri….] kann nicht stimmen, weil ein Quästor nicht den Rang eines Imperators hatte. Der IMPTitel muss sich auf seinen Vater beziehen. Zu rekonstruieren ist daher: Caio Memmio [C(aii)] imperato[ris f(ilio)]. Eine weitere Quelle sind Denare, die der Münzmeister C. Memmius 56 in Rom prägte. Der Revers zeigt ein Tropaion und einen griechischen Schild, darunter einen nackten knieenden Gefangenen mit auf dem Rücken gefesselten Händen, gerahmt von der Legende C MEMMIVS IMPERATOR. Auf dem Revers einer zweiten Serie steht: MEMMIVS AED CERIALIA PREIMVS FECIT. Sie erinnert an die Ludi Cereales, die der Ahnherr der Memmii 211 als Ädil erstmals feierte. Sumner sah die beiden Serien als Gedenkprägungen an und setzte den C MEMMIVS IMPERATOR dem Μέμμιος ἀνθύπατος der messenischen Urkunde gleich.1177 Der Münzmeister C. Memmius, der mutmaßliche Enkel des Feldherrn, rühmte mit Hilfe seiner Prägung die Leistungen seines Großvaters, der den Krieg gegen die Piraten als Imperator geführt hatte. Dem lateinischen Imperatortitel entspricht im Griechischen der ‹ἀυτοκράτωρ›. Er erscheint im griechischen Osten erst ab der Provinzialreform Sullas im Jahr 81. C. Memmius führte das Kommando analog zu M. Antonius im 1. Piratenkrieg in Makedonien als pr. pro cos. und militiae als Imperator prätorischen Ranges; beiden Funktionen entspricht der στρατηγὸς ἀνθύπατος. 1175 Entzug des imperium militiae: S. 39 mit A. 164. – lex Cornelia de XX quaestoribus: Kunkel, StO, 513f. – L. Migeotte, La date de l’októbolos eisphora de Messéne, Topoi 7,1, 1997, 57–61, datiert zwischen 70 und 30 v. Chr; vgl. R. Bouchon, Approche des relations entre la Gréce balkanique et les officiels romains, in: Barrandon-Kirbihler, Les gouverneurs provinciaux, 2011, 66f. 1176 Cic. Balb. 5: Oros. V 23, 12: vgl. MRR III 141; C. F. Konrad, Plutarch’s Sertorius, A Historical Commentary, 1994, 183. 1177 Münzmeister: RRC Nr. 427, 2. – Der gleichnamige Onkel war 58 Prätor und 57 Statthalter in Bithynien (Catull c. 10,7; 28,9). Vgl. G. V. Sumner, The Orators in Cicero’s Brutus, 1973, 87.

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Nach seiner Rückkehr aus Makedonien bewarb sich Memmius Ende 100 in Rom um das Konsulat, wurde aber, wie schon im Zusammenhang mit C. Marius festgestellt, bei den Wahlen auf dem Marsfeld von den Banden des Prätors C. Servilius Glaucia und des Volkstribunen L. Appuleius Saturninus erschlagen.1178 10.3

T. Didius

T. Didius entstammte einer Familie aus dem Ritterstand und war vermutlich der Sohn des gleichnamigen Volkstribunen, der 143 eine lex Didia sumptuaria erließ; 113/2 war er Münzmeister, 103 Volkstribun, 102 Prätor und 98 Konsul.1179 Da Memmius für 99 zum Konsul designiert war, dürfte Didius sein direkter Nachfolger in Makedonien gewesen sein. Er drängte die umherschweifenden Thraker zurück1180 und eroberte Gebiete in der Propontis, wie sich aus dem folgenden Paragraph der lex de Cilicia Macedoniaque erschließen lässt; sie steht auf zwei Blöcken in Delphi und Knidos. Knidos IV 5–12 (vgl. Delphi B 27–29): στρατη[γὸς] ἀν[τι] στράτηγος ἀνθύπατός τε ὃς ἄ[ν] /​ κατὰ [τοῦτ]ὸν [τ]ὸν νόμον ἣ ψήφισμα ἢ συγκλήτου δό/γμα [τὴν] Μακεδονίαν ἐπαρχείαν διακατέχηι διακαθέ/ ξε[ι, ε]ὐ[θὺ]ς εἰς Χερσόνησον καὶ Καινικήν τε, ἣν Τί/τος Δ[είδιο]ς πολεμῶν δορίκητον ἔλαβεν, πο/ρ[ευέ]σθω. – Crawford gibt den Text lateinisch wie folgt wieder: praetor prove praetore prove consule qui ex hac lege plebive scito exve senatus consulto Macedoniam provinciam obtinuerit obtinebit, statim ad Chersonesum Caenicenque, quam T. Didius bello cepit, iter facito.1181 – Die deutsche Version lautet: Der Prätor oder Proprätor oder Prokonsul, der die Provinz Makedonien entsprechend diesem Gesetz oder Plebiszit oder entsprechend einem Senatsbeschluss beherrscht oder beherrschen wird, soll sogleich in die Chersones und in die Kainike aufbrechen, die Titus Didius erobert hat.

1178 Cic. Cat. IV 4; App. BC I 32, 142; Liv. per. 69, 4; Flor. II 4, 4; Oros. V 17, 5; vgl. MRR I 574; Vf. S. 217 mit A. 1109. 1179 Homo novus: NMRS Nr. 156; lex Didia: Macr. Sat. II 13, 6; IIIvir monet.: RRC Nr. 294; tr. pl: Cic. de or. II 197; Prätor: MRR I 571. 1180 Festus, Brev. 9, 2: Marcus Didius vagantes Thracas repressit. 1181 M. H. Crawford, Roman Statutes, I, 1996, 250.

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Die beiden Übersetzungen erscheinen problematisch, weil der dreigliedrige Terminus στρατηγὸς ἀντιστράτηγος ἀνθύπατός als eine Aneinderreihung der drei Funktionen στρατηγός, ἀντιστράτηγος und ἀνθύπατός aufgefasst wird, obwohl im Griechischen in diesem Fall vor ἀντιστράτηγος und vor ἀνθύπατός jeweils die Konjunktion ἥ stehen müsste. Die lateinische Transkription muss vielmehr lauten: praetor pro cos. prove praetore pro consule.1182 Das heißt, dass ἀνθύπατoς nach στρατηγὸς zu ergänzen ist. Der Funktion ἀντιστράτηγος ἀνθύπατός entspräche im Lateinischen der pro pr. pro cos. Dieses Amt ist aber nicht belegt, weil ein Prätor nach Ablauf seines Amtsjahres Prätor blieb. Demzufolge ist der Titel ἀντιστράτηγος ἀνθύπατός als Notbehelf zur Kennzeichnung des prorogierten prokonsularen Imperiums des Prätors zu verstehen. Die von Didius eroberten Gebiete lagen in Ostthrakien, nämlich die Halbinsel Chersonesos und die Kainike, die in der Propontis im Norden des Isthmos der Chersonesos zu lokalisieren ist.1183 Didius besiegte die Caeni im Jahr 100.1184 Das Gesetz wurde wahrscheinlich im Herbst 100 nach Bekanntwerden des erfolgreichen Sommerfeldzugs des Didius verfasst. Den Vertrag zwischen Rom und dem an der Westküste des Schwarzen Meeres gelegenen Kallatis könnte ebenfalls der in Thrakien tätige Imperator T. Didius geschlossen haben.1185 Aufschlussreich für seine Aufgaben sind die im Anschluss an den oben zitierten Paragraphen erteilten Anweisungen, die der Nachfolger des Didius auszuführen hatte. Er sollte entsprechend der lex locationis in dem soeben unterworfenen Gebiet Steuern eintreiben und zwar 60 Tage vor seiner Ablösung. Außerdem sollte er so bald wie möglich die vectigalia in der Chersonesos festlegen.1186 Zu seiner Identifizierung könnte die Tatsache beitragen, dass der Vorgänger des Didius, C. Memmius, für 99 zum Konsul designiert war und Didius selbst 98 Konsul war. Geht man davon aus, dass der 1182 Vgl. F. Hurlet, Pro consule vel pro praetore, Chiron 42, 2012, 100. 1183 Strabon VII, fragm. 51; vgl. M. B. Hatzopoulos – A. D. Loukopoulou, Two studies in ancient Macedonian Topography, 1987, 75ff. 1184 Hieronymus Chronicon zum Jahr 100: Thraces a Romanis victi; vgl. F. Walbank, Some Thoughts on the Via Egnatia, FS Bengtson, 1979, 143f. – H. Pohl, Die römische Politik und die Piraterie im östlichen Mittelmeer vom 3. bis zum 1. Jh. v. Chr. 1993, 223. – A. Giovannini, Date et objectifs de la Lex de provinciis praetoriis, Historia 57, 2008, 92ff., versuchte, das Gesetz wegen des Aorists ἐγένετο (Delphi B 20f.) ins Jahr 99 zu datieren, Didius beendete das Kommando aber im Jahr 100. 1185 ILLRP 516. Zum Zusammenhang mit der Inschrift von Knidos s. A. Avram, Der Vertrag zwischen Rom und Knidos, 1998, 14; zu einer verbesserten Rekonstruktion der Zeilen 6–10 s. ders. 46ff. 1186 Knidos IV 12–30.

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Nachfolger des Didius 97 Konsul war, so kommen Cn. Cornelius Lentulus und P. Licinius Crassus in Frage. Auf die Präsenz des Letzteren in Südgriechenland weist eine messenische Grabinschrift aus dem 1. Jh. v. Chr. mit dem Namen ΚΡΑΣΣΟΣ ΛΙΚΙΝΙΟΣ hin.1187 Der Grieche, der von einem Römer namens Licinius Crassus das Recht erhielt, dessen Gentiliz und Cognomen zu tragen, könnte mit Aristokles, dem Schreiber der Synhedroi (Ratsmit­glieder) in Messene, identisch sein. Der Prokonsul Memmius und der Prätor Vibius hatten ihm in Anerkennung seiner Verdienste, wie oben gesagt, einen goldenen Ring verliehen (v. supra). Eine weitere Belohnng erhielt er dann vermutlich 98 von P. Licinius Crassus in Form des römischen Bürgerrechts. Dies war eine hohe Auszeichnung und damals offensichtlich noch die Ausnahme. Mitte der 80er Jahre wurde es von dem Imperator C. Valerius Flaccus einem freien Gallier aus der Führungsschicht verliehen.1188 P. Crassus war wahrscheinlich derjenige, der 99 laut der lex locationis in den soeben unterworfenen Gebieten Steuern eintreiben und die vectigalia in der Chersonesos festlegen sollte. 99 feierte Didius nach seiner Rückkehr einen Triumph vermutlich als proconsul im Sinn von cos. des., 98 verfasste er im Konsulat zusammen mit seinem Kollegen Q. Caecilius Metellus Nepos die lex Caecilia Didia.1189 97 wurde er als Imperator nach Nordspanien entsandt. Er führte demnach zwei Kommanden mit prokonsularem Imperium, die sich aber nicht im zweifachen IMPTitel niederschlugen, weil er vor Sulla nicht iteriert wurde.1190 Auf den Konsul von 98 beziehen sich im Jahr 55 in Rom geprägte Denare mit der Legende T DIDI IMP VIL PUB auf dem Revers.1191 Der IMPTitel bezeichnet wahrscheinlich das Kommando in Makedonien.

1187 A. D. Rizakis, S. Zoumbaki, C. Lepenioti, Roman Peloponnese II, 2004, Messene Nr. 249. – Konsulat: MRR II 6. 1188 Caes. BG I 47; vgl. S. 239 mit A. 1230. 1189 Triumph: Cic. Pis. 25; pro Plancio 29. – lex: P. Hildebrandt, Scholia in Ciceronis Orationes Bobiensia, 1971, 106ff. 1190 Spanien: App. BC I 63, 283 (Zitat: S. 236 mit A. 1218); vgl. MRR II 7. – Sulla IMP II: S. 253 mit A. 1301.     

1191 RRC Nr. 429. – Zur Finanzierung der Erneuerung der Villa Publica, des Amtslokals der Zensoren, aus der thrakischen Beute s. M. G. Morgan, Villa Publica and Magna Mater, Klio 55, 1973, 215–248, bes. 224ff.

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Zur Annexion Kyrenes

11. Zur Annexion Kyrenes Der Terminus στρατηγὸς ὕπατος, der typisch ist für die im 2. Jh. v. Chr. im griechischen Osten tätigen Oberkommandierenden konsularen Ranges, erscheint zum letzten Mal in einer Inschrift aus Kyrene, in der der Konsul von 92, C. Claudius Pulcher, als Wohltäter und Patron geehrt wurde.1192 In Verbindung mit dieser Inschrift ist die Nachricht zu sehen, dass der 96 gestorbene König Ptolemaios Apion Rom sein Königreich Kyrene vermacht hatte. Daraufhin verfügte der Senat, dass nur das Königsland (agri regii) in Besitz genommen wird und dass die Städte frei sein sollen. C. Claudius Pulcher wurde 92 als Konsul mit der Abwicklung des Testaments beauftragt, durch das das Königsland an Rom übertragen, d. h. annektiert wurde.1193 Der zum letzten Mal nachweisbare Titel στρατηγὸς ὕπατος lässt in Analogie zu dem des Q. Caecilius Metellus und des M. Antonius den Schluss zu, dass Claudius Pulcher das Testament als amtierender Konsul in Rom abgewickelt hat. Er ging folglich entgegen Broughton nicht als Prokonsul nach Kyrene.1194 Das Land wurde 75 v. Chr. als Provinz eingerichtet, wie Münzen beweisen.1195

12. Cn. Pompeius Strabo im Bundesgenossenkrieg (91–89) und im Jahr 88 Cn. Pompeius Strabo, der Vater des Magnus, beschloss die Reihe bedeutender Feldherren im Bundesgenossenkrieg. Er war gemäß einer Inschrift aus Athen der Sohn des Sex. Pompeius, der 121/0 als Prätor in Makedonien kämpfte.1196 Ca. 106 war Strabo Quästor in Sardinien unter T. Albucius, 104 Ankläger des Zensors Q. Fabius Maximus Eburnus (cos. 116), wohl 93 1192 AE 1967, 532: Γαΐον Κλώδιον Ἀππίου υἱὸν Π[όλχρον], /​ στρατηγὸν ὕπατον Ῥωμα[ίων] /​ τὸν εὐεργέταν καὶ πάτρονα, Κυραναῖοι; vgl. Kreiler, Zwei akephale Elogien, Epigraphica 70, 2008, 93f. 1193 Liv. per. 70, 5: Ptolemaeus, Cyrenarum rex, cui cognomen Apionis fuit, mortuus heredem populum R. reliquit; vgl. A. Laronde, Cyrène et la Lybie hellénistique, 1987, 455. 1194 Q. Caecilius Metellus: S. 185 mit A. 931. – M. Antonius: S. 228 mit A. 1169. – proconsul: MRR III 58. 1195 Roman Provincial Coinage (= RPC), Bd. I, 1992, 217ff., Nr. 904–906. 1196 Athen: IG II/III3 4101; Makedonien: Syll.3 700.

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oder 92 Prätor.1197 Obwohl die oben genannte Inschrift auf der Akropolis nur den Namen nennt, sah sie Broughton als Indiz für eine Statthalterschaft in Makedonien 94 oder 93 an. Die Fasten dieser Provinz sind aber von 94 bis 87 durch L. Iulius Caesar (pr. 95) und C. Sentius (pr. 94) belegt. Die Ehrung in Athen könnte eher im Zusammenhang mit einer Legation Strabos im 1. Piratenkrieg stehen.1198 Orosius nennt ihn im Jahr 90 praetor.1199 Da er spätestens 92 die Prätur verwaltete, muss er 91/90 im Bundesgenossenkrieg ein prokonsulares Imperium gehabt haben. Er war 90 als einer von fünf Legaten dem Befehlshaber der Nordfront, dem Konsul P. Rutilius Lupus, unterstellt und befehligte die Truppen im Picenum.1200 Der andere Konsul L. Iulius Caesar (v. supra) hatte das Kommando an der Südfront. Er wurde wegen seiner Erfolge gegen die Samniten vom Heer zum Imperator ausgerufen und schickte Boten nach Rom, um seinen Sieg zu verkünden. Daraufhin legten die Senatoren angesichts der wieder aufkeimenden Hoffnung den Soldatenmantel ab, den sie bei Ausbruch des Bürgerkriegs als Trauergewand gewählt hatten, und kleideten sich wieder mit dem alten Schmuck der weißen Toga.1201 Das bleibende Verdienst des L. Iulius Caesar ist es, dass er am Ende seiner Amtszeit die nach ihm benannte lex Iulia beantragte und durchsetzte. Sie verlieh allen Latinern und Bundesgenossen, die den Römern treu geblieben waren, das römische Bürgerrecht.1202 An der Nordfront wurde der in seinem Sektor selbständig operierende Cn. Pompeius Strabo in den ersten Monaten des Jahres 90 von den vereinigten Heeren der Rebellen bei Falerio schwer geschlagen.1203 Er konnte sich mit den Resten seines Heeres in die Kolonie Firmum retten, wo ihm Ser. Sulpicius Galba, der Legat des Sex. Iulius Casear (cos. 91), zu Hilfe kam. Ihrem doppelten Angriff hielten die Rebellen nicht stand; sie flohen 1197 Quästor: Cic. in Caecil. 62f.; Ankläger: Oros. V 16, 8 (vgl. S. 182 mit A. 925); Prätor: MRR III 165f. 1198 Brennan, Praetorship, 860/24 gegen MRR III 165f. – L. Caesar und C. Sentius: MRR II 11, 15–1. Piratenkrieg: S. 226ff. 1199 Oros. V 18, 10 (Zitat: Anm. 1203); vgl. MRR II 18 mit A. 3. 1200 App. BC I 40, 179. – Cic. Font. 43 (Zitat: S. 255/1311); vgl. MRR II 29. 1201 Akklamation: Oros. V 18, 15: cumque ab exercitu imperator appellatus esset Romamque nuntios de victoria misisset, senatus saga, hoc est vestem maeroris, quam exorto sociali bello sumpserat, hac spe adridente deposuit atque antiquum togae decorem recuperavit; vgl. Assenmaker, Imperator, 128f. – Toga statt saga: Cic. Pis. 23 (Zitat S. 30/102). 1202 Cic. pro Arch. 4, 7; Schol Bob. (Stangl), p. 175; vgl. Bengtson, RG3 187. 1203 App. BC I 47, 204; Oros. V 18, 10: Cn. Pompeius praetor cum Picentibus iussu senatus bellum gessit et victus est.

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Cn. Pompeius Strabo im Bundesgenossenkrieg (91–89) und im Jahr 88

in Auflösung nach Asculum.1204 Von dort war Ende 91 der Aufstand nach der Ermordung des Prätors Q. Servilius und aller römischen Einwohner ausgegangen.1205 Strabo rückte gegen Asculum vor und belagerte die Stadt im November 90.1206 Von der Verteidigung ihrer Einwohner zeugen von ihnen gefertigte Schleuderbleie mit der Aufschrift: FERI POMP(eium).1207 Ende 90 übernahm das Kommando Sex. Iulius Caesar (cos. 91), den Appian ἀνθύπατος nennt, weil er nach Ablauf seiner Amtszeit vom Senat angeblich zum Prokonsul gewählt wurde.1208 Dem ist entgegenzuhalten, dass Konsuln, deren Imperium vor Sulla prorogiert wurde, ihre Funktion behielten. Strabo musste sich nach Rom begeben, um am 1. Januar das Konsulat anzutreten. Im Konsulatsjahr besiegte er die Marser in einer offenen Feldschlacht und machte 5000 Mann nieder.1209 Nach Niederlagen der noch unter Waffen stehenden Paeligner, Vestiner und Marser in der ersten Hälfte 89 konnten die Rebellen ihr Territorium nicht mehr verteidigen. Asculum blieb ihnen als letzter Hort des Widerstands. In der letzten Belagerungsphase hatte Strabo nicht weniger als vier Legionen zur Verfügung. Die Stadt fiel Ende November 89. In den Periochae wird die Funktion Strabos fälschlich mit proconsul statt mit consul angegeben.1210 Am 17. 11. erließ Cn. Pompeius Sex. f. als Imperator die nach ihm benannte lex Pompeia, durch die er 30 spanischen Reitern wegen ihrer Tapferkeit das römische Bürgerrecht verlieh.1211 Der IMPTitel geht entgegen Criniti nicht auf eine nicht nachweisbare militärische Akklamation Strabos im Feld zurück, sondern, wie anhand von P. Licinius Crassus und L. Aemilius Paullus gezeigt wurde, auf eine populare des Konsuls in Rom Anfang 89. Der Imperatortitel ist vor Sulla in Italien für einen Oberkommandierenden konsu1204 App. BC I 47, 204ff.; Liv. per. 74, 1: Cn. Pompeius Picentes proelio fudit ‹et Asculum› obsedit; Oros. V 18, 17: Cn. Pompeius Picentes gravi proelio fudit; vgl. U. Laffi, Asculum I, 1975, p. XXXIII. 1205 App. BC I 38, 171–174; Vell. II 15, 1; vgl. Laffi, Asculum I, p. XIX. 1206 App. BC I 47, 206; vgl. Laffi, Asculum I, p. XXIV. 1207 CIL I2 857 = CIL IX 6086 = ILLRP 1092. 1208 App. BC I 48, 210: Σέξστος δὲ Καῖσαρ ἐξήκοντος αὐτῷ τοῦ χρόνου τῆς ἀρχῆς ἀνθύπατος ὑπὸ τῆς βουλῆς αἱρεθεὶς … 1209 App. BC I 52, 227; Liv. per. 74, 7: Cn. Pompeius cos. Marsos acie vicit; vgl. M. Gelzer, Cn. Pompeius Strabo und der Aufstieg seines Sohnes Magnus, Abh. Preuss. Akad. Wiss., 1941, 106 -138. 1210 Liv. per. 76, 5 (zum Jahr 89): Cn. Pompeius pro cos. Vestinos et Paelignos in deditionem dedit. Vell. II 21, 1; Oros. V 18, 26: Cn. Pompeio L. Porcio Catone consulibus Pompeius diu obsedit Asculum civitatem; vgl. Laffi, Asculum I, p. XXXIV. 1211 ILLRP 515; vgl. N. Criniti, L’Epigrafi di Asculum di Cn. Pompeio Strabone, 1970, 52ff.

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laren Ranges nur dieses eine Mal inschriftlich belegt, weil das Mutterland nur im Fall der Bedrohung der Hauptstadt zum Bereich militiae gehörte. Er verdeutlicht, dass der Bundesgenossenkrieg kein Bürgerkrieg war.1212 Strabo triumphierte laut den Fasten am 7. 1. 88 als cos. de Asculaneis Picentibus, nach dem Julianischen Kalender am 25. 12. 89.1213 Im Zug der Gefangenen führte er den kleinen Publius Ventidius, den späteren Sieger über die Parther, mit.1214 Dessen Vater war einer der Anführer der Marser, der nach dem bellum Italicum das römische Bürgerrecht in der Kolonie Asculum erhielt und zur Führungsschicht der Italiker gehörte.1215 Strabo hat ein weiteres Gesetz erlassen, nämlich die lex Pompeia de Trans­padanis, die den Bewohnern jenseits des Padus das latinische Recht verlieh.1216 Dieses Gesetz datiert wahrscheinlich 89, als Strabo Konsul war. Er beherrschte Gallia Cisalpina als Aufgabengebiet (provincia consularis), d. h. entgegen Brennan nicht als Statthalter.1217 88 sollte Strabo das Kommando in Italien vor den Toren Roms dem Konsul Q. Pompeius Rufus, dem Kollegen Sullas, übergeben, doch der neue Konsul wurde ermordet; nach Appian empörte sich Strabo darüber, nach den Periochae war er der Anstifter, jedenfalls behielt er das Kommando.1218 87 kommandierte er die

1212 Populare Akklamationen: S. 157f. – Bedrohung Roms: Kunkel, StO, 230; vgl. Vf. S. 181 mit A. 921. – Bürgerkrieg: S. 225 mit A. 1154. 1213 I. Ital. 13, 1, p. 84f.: Cn. Pompeius Sex. F. Cn. N. Strabo cos. a. DCLXIV de Asculaneis Picentibus VI k. Ian.; vgl. MRR II 32. Datierung des Triumphs: F. Miltner, Pompeius Nr. 45, RE XXI 2, 1952, Sp. 2257. 1214 Gell. XV 4, 3: eum Picentem fuisse genere et loco humili; et matrem eius a Pompeio Strabone, Pompei Magni patre, bello sociali, quo Asculanos subegit, captam cum ipso esse; P. Ventidius (cos. 43) homo novus: S. 403 mit A. 2128. 1215 Cic. Pis. 24, 58; Val. Max. VI 9, 9; Vell. II 65, 3; Plin. NH VII 135; Gell. XV 4; Dio XLIII 51, 5. XLIX 21, 2. In der Appianstelle BC I 47, 204, hat Gundel, RE VIII A, 1, 1955, Nr. 3, Πόπλιος Οὐεντίδιος statt Πόπλιος Οὐέττιος konjiziert. 1216 Ascon. in Pisonem (ed. S. Squires), Kap. 3, p. 7; Plin. NH III 20, 138; vgl. Bengtson RG3 187. – Pina Polo, Consul, 116, 120. 1217 Brennan, Praetorship, 691f.; Gallia Cisalpina als provincia consularis i. J. 84: Vf. S. 18 mit A. 20, S. 108 mit A. 528. 1218 App. BC I 63, 283: Κόιντον δὲ Πομπήιον, τὸν ἕτερον ὕπατον, ὁ δῆμος οἰκτείρων τοῦ δέους ἐψηφίσατο ἄρχειν Ἰταλίας καὶ ἑτέρου τοῦ περὶ αὐτὴν στρατοῦ, … μέχρι τὸν ὕπατον πολλοὶ καθ᾽ ὑπόκρισιν ἀκροάσεως περιστάντες ἔκτειναν. καὶ φυγῆς τῶν λοιπῶν γενομένης ὁ Γναῖος αὐτοῖς ὑπήντα, χαλεπαίνων ὡς ὑπάτου παρανόμως ἀνῃρημένου: δυσχεράνας δ᾽ ὅμως εὐθὺς ἦρχεν αὐτῶν.; Liv. Per. 77, 5 (J. 88): Q. Pompeius cos. ad accipiendum a Cn. Pompeio procos. exercitum profectus consilio eius occisus est; vgl. MRR I I42.

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Der Imperator C. Valerius Flaccus in Spanien und Gallien

Armee an der Adria nach Appian als Prokonsul, tatsächlich aber wie 89/88 als Imperator.1219

13. Der Imperator C. Valerius Flaccus in Spanien und Gallien

Nach der Einrichtung der beiden spanischen Provinzen kam es ab dem Ende des 2. Jh. wiederholt zu Aufständen.1220 In den 90er Jahren wurden Konsulare im Jahr nach dem Konsulat nach Spanien und Gallia Transalpina entsandt; sie sind als Imperatoren bezeugt. Von 97 bis 94 führte T. Didius (cos. 98) im Norden Spaniens das Kommando und P. Licinius Crassus (cos. 97) von 96 bis 94 im Süden.1221 Die Reihenfolge Didius – Crassus in Spanien bestätigt die in Makedonien postulierte. Beide triumphierten 93 ex Hispania.1222 92 kämpfte C. Valerius Flaccus (cos. 93) in Nordspanien gegen die rebellierenden Keltiberer, von denen sein Heer 20000 niedermetzelte. Als die Einwohner der Stadt Belgida sich erhoben und das Rathaus anzündeten, weil sie der hiesige Senat in ihrem Kampf gegen die Römer nicht unterstützte, kam Flaccus herbei und ließ die Schuldigen hinrichten.1223 Die Niederschlagung von Rebellionen in ganz Spanien verdeutlicht, dass der Imperator ein provinzübergreifendes Kommando führte. In Gallien war der homo novus C. Coelius Caldus (cos. 94) von 93 bis ca. 87 tätig. Er ist wohl mit dem C. Caecilius identisch, der 90 den Aufstand der im Hinterland von Massalia siedelnden Salluvier niederschlug. An seine 1219 App. BC I 66: Γναῖόν τε Πομπήιον ἀνθύπατον ὄντα καὶ στρατευμάτων περὶ τὸν Ἰόνιον ἡγούμενον 1220 App. Iber. 24, 99: χρόνῳ δ᾽ ὕστερον, ἀποστάσεων ἄλλων ἐν Ἰβηρίᾳ γενομένων, … 1221 Didius: Liv. per. 70, 4: T. Didius pro cos. adversus Celtiberos feliciter pugnavit. – App. Iber. 100, 434f.: Niedermetzelung von ca. 20000 Arevaken und Massaker in Kolenda. – Plut. Crass. 4, 1: … στρατηγοῦντος τοῦ πατρὸς …; vgl. MRR II 10. 1222 Reihenfolge in Makedonien: S. 232 mit A. 1187. – Triumphe des Crassus und Didius: Inscr. Ital. 13, 1, 84f. 1223 App. Iber. 100, 434–437: ὁ Δείδιος ἔκτεινε πάντας. καὶ ἐπὶ τοῖσδε Δείδιος μὲν καὶ ἐθριάμβευσε (Anm. 1221), πάλιν δὲ τῶν Κελτιβήρων ἀποστάντων Φλάκκος ἐπιπεμφθεὶς ἔκτεινε δισμυρίους. ἐν δὲ Βελγήδῃ πόλει ὁ μὲν δῆμος ἐς ἀπόστασιν ὁρμῶν τὴν βουλὴν ὀκνοῦσαν ἐνέπρησεν αὐτῷ βουλευτηρίῳ, ὁ δὲ Φλάκκος ἐπελθὼν ἔκτεινε τοὺς αἰτίους. Orosius V 23, 11 nennt Belgida nobilem Celtiberiae urbem; vgl. P. Goukowski, Appien, Historire Romaine, Livre VI, L’Ibérique, p. 93, note 39: cette ville, dont le nom est celtique, n’est pas exactement localisée; vgl. Vf. S. 36.

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Waffentaten erinnern im Jahr 51 geprägte Denare seines gleichnamigen Enkels mit der Darstellung einer Trophäe samt makedonischem Schild, darunter C CALDVS A(ugur) Xv(ir) s(acris) f(aciundis) IMP.1224 87 fällte C. Flaccus in dem südwestlich von Zaragoza im Ebrotal gelegenen Contrebia ein auf einer Bronzetafel überliefertes Urteil, das den Richterspruch des lokalen Senats sanktionierte (tabula Contrebiensis).1225 Die ersten drei Zeilen lauten: Senatus Contrebiensis quei tum aderunt iudices sunto. sei par[ret ag]rum quem Salluienses /​ ab Sosinestaneis emerunt rivi faciendi aquaive ducendae causa qua de re agitur Sosinestaneos /​ iure suo Salluiensibus vendidisse inviteis Allavonensibus; tum sei ita parret eei iudices iudicent … – ‚Diejenigen des Senats von Contrebia, die zu dieser Zeit anwesend sind, sollen die Richter sein. Wenn es sich im Hinblick auf das Land, das die Salluienser den Sosinestanern abgekauft haben, erweist, was der Gegenstand des Prozesses ist, nämlich dass die Sosinestaner im Recht waren, es den Salluiensern gegen den Willen der Allavonienser zu verkaufen, dann sollen die Richter entscheiden …‘ In Z. 14 heißt es: Iudicium addeixit C. Valerius C. f. Flaccus imperator.- ‚Der Imperator C. Valerius C. f. Flaccus hat das Recht zur Fällung des Urteils zuerkannt.‘ Nach den Worten Richardsons fällte der Senat in der 142 von Q. Caecilius Metellus Macedonicus eroberten Stadt Contrebia Belaisca ein Urteil in einem Streit um Wasserrechte zwischen zwei anderen Stämmen. Die Form des Urteils sei von C. Valerius Flaccus in seiner Eigenschaft als Prokonsul aufgesetzt worden. Es hätte fast ausschließlich auf dem in den römischen Gerichtshöfen von den Prätoren verwendeten Formular basiert. Das im Urteil angewandte Gesetz sei aber kein römisches gewesen, weil keine der beiden Parteien das römische Bürgerrecht hatte.1226 Diese Ausführungen sind sicher zutreffend mit Ausnahme der Funktion proconsul, die Richardson, Alföldy und Assenmaker C. Flaccus zuschreiben, denn die vom Senat in den 90erJahren entsandten Konsulare führten das Kommando, wie oben gesagt, als Imperatoren, die kein Amt hatten.1227 Daraus folgt, dass die reguläre Verwaltung der beiden spanischen Provinzen durch prae1224 Homo novus (Ritterstand): NMRS S. 108, Nr. 127; Liv. per. 73, 10: C. Caecilius in Gallia Transalpina Salluvios rebellantes vicit. – IMP: RRC Nr. 437, 2 a; vgl. MRR III 59f.; Elvers, DNP 3, 1997, Caldus [I 3]. 1225 Laufbahn des C. Flaccus (pr. 96, cos. 93): MRR III 211; tabula Contrebiennsis: CIL I,2,4 2, ed. G. Alföldy, 2000, Nr. 2951. Vgl. F. Beltrán Lloris, Les débuts de l’Hispania Citerior, in: Die römischen Provinzen, 2008, 136. 1226 Eroberung von Contrebia: S. 197 mit A. 997. – Urteil: J. S. Richardson, The Romans in Spain, 1996, 89. 1227 Prokonsul: Alföldy (s. Anm. 1225) p. 940, Sp. 2; Assenmaker, Imperator, 127.

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Der Imperator C. Valerius Flaccus in Spanien und Gallien

tores pro cos., wie sie ca. 110 in Hispania Citerior durch Meilensteine bezeugt ist, in den 90er-Jahren nicht unterbrochen war.1228 Der Status von Hispania Citerior und Ulterior lässt sich mit dem Siziliens in Kriegen vergleichen. Die Provinz wurde wie in Friedenszeiten von Prätoren geleitet, die Imperatoren konsularen Ranges unterstellt waren; diese führten nicht nur Krieg, sondern erließen auch nach ihnen benannte Gesetze und Edikte.1229 Ca. 86 zog C. Flaccus mit seinem Heer ins Rhonegebiet, wo am rechten Ufer die freien Helvier siedelten; einem nobilis verlieh er als militärische Auszeichnung das römische Bürgerrecht.1230 83 floh ein gewisser P. Quinctius, den Cicero zwei Jahre später verteidigte, zu Flaccus. Quinctius war ein römischer Geschäftsmann, der von seinem Bruder Gaius Weideland vermutlich im Gebiet der Vocontier geerbt hatte; dieser hatte es in den 90-er Jahren in einer Kooperative mit seinem Verwandten Sextius Naevius bewirtschaftet. Als P. Quinctius seinen Anteil in Narbo versteigern wollte, war es zu einem Rechtsstreit mit dem genannten Naevius über die aufgelaufenen Schulden gekommen.1231 Da Rechtsgeschäfte nur auf römischem Boden getätigt werden konnten, bestätigt sich, dass Gallia Narbonensis seit 118 als provincia p. R. existierte. Caesar nennt sie im Jahr 58 provincia nostra oder Gallia ulterior.1232 Quinctius erlangte die Hilfe seines Onkels, des hoch geachteten Imperators C. Flaccus, der sich damals in der Provinz aufhielt. Er erließ Dekrete, durch die Naevius streng bestraft wurde.1233 Dass er das Verfahren in einem Zivilprozess an sich zog, zeigt, dass der Imperator nicht nur für die Rechtsprechung im Lager zuständig war, sondern auch die Aufgaben des Prätors, der die Provinz leitete, übernehmen konnte. C. Valerius Flaccus könnte 83/82 im Anschluss an C. Coelius gegen die im Hinterland von Massalia siedelnden Salluvier, die in den 90er-Jahren gegen die römische Herrschaft rebellierten, gekämpft haben.1234 1228 Meilensteine: S. 116 mit A. 570. 1229 Vgl. S. 107f., 114f., 222f., 239 mit A. 1233. 1230 Caes. BG I 47, 4: … C. Valeri Caburi filium …, cuius pater a C. Valerio Flacco civitate donatus est; vgl. Y. Lafond, Helvii, DNP 5, 1998, Sp. 340. 1231 Cic. pro Quinct. 25; vgl. C. Ebel, Transalpine Gaul, 1976, 92. F. Rivet, Gallia Narbonensis, 1988, 59f. 1232 Jahr 118: S. 212 mit A. 1081 – Caes. BG I 7: Helvetios per provinciam nostram (sc. Galliam ulteriorem) iter facere conari. 1233 Cic. Quinct. 28: Expulsus atque eiectus e praedio Quinctius accepta insigni iniruria confugit ad C. Flaccum imperatorem, qui tum erat in provincia, quem, ut ipsius dignitas poscit, honoris gratia nomino. Is eam rem quam vehementer vindicandam putarit, ex decretis eius cognoscere poteritis. 1234 Vgl. S. 237 mit A. 1224.

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Er ließ nach Crawford im Jahr 82 Denare in der autonomen Stadt Massalia prägen. Auf dem Revers steht: C VAL FLA IMPERAT EX S C. Das Kürzel EX S C könnte nach Crawford darauf hinweisen, dass die Prägung erst am Jahresende, d. h. nach der Machtübernahme Sullas, vom Senat genehmigt wurde.1235 Es verdeutlicht jedenfalls, dass es sich um eine vom Senat genehmigte Emission handelt. Sie zeigt, dass C. Flaccus die Feldzüge in Spanien und Gallien nicht als Privatmann, sondern in staatlichem Auftrag, d. h. als imperator populi Romani, unternommen hat. Er triumphierte ca. 81 nach den rekonstruierten Fasten als pro cos. ex Celtiberia et Gallia.1236

14. Der 1. Mithridatische Krieg (89–85 v. Chr.) 14.1

Vorgeschichte1237

Das Haus des Mithridates hatte seit 302 v. Chr. in der Landschaft Pontos am Schwarzen Meer die Herrschaft inne. Charakteristisch für das pontische Reich war das Nebeneinander griechischer und iranischer Elemente in Bevölkerung und Zivilisation. Alle Herrscher fühlten sich der hellenischen Kultur verbunden, so auch Mithridates VI. Eupator, der sich als neuer Alexander mit Diadem und flatternden Haaren auf Münzen porträtieren ließ. Bereits in den ersten Jahren seiner Alleinregierung (ab ca. 115 v. Chr.) griff er auf der Krim ein und schuf zum ersten Mal in der Geschichte des Altertums ein fast vollständiges dominium Ponti et Euxini. Einer weiteren Expansion des pontischen Reiches standen weniger die anatolischen Fürstentümer als die Römer im Wege. Am bedeutendsten war noch Bithynien, mit dessen König Nikomedes III. Euergetes Mithridates um das Jahr 100 eine Übereinkunft schloss. Sie teilten sich zuerst Paphlagonien und dann Galatien, wegen Kappadokien kam es zum Streit, Mith­ ridates als der Rücksichtslosere schreckte vor Mord und Verrat nicht zu1235 RRC Nr. 365; EX S C: RRC II 609f. 1236 Gran. Licin. XXXVI 5; App. Iber. 100, 436; Cic. Quinct. 7, 29; Fasten: Inscr. Ital. 13, 1, p. 563. 1237 Vgl. die Zusammenfassung bei Bengtson, RG3 191ff.

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Der 1. Mithridatische Krieg (89–85 v. Chr.)

rück und setzte einen Knaben von acht Jahren, der fortan den Namen Ariarathes IX. führte, in Kappadokien als König ein. Auf die Intervention des bithynischen Königs hin schritten die Römer ein und verfügten, dass Nikomedes und Mithridates ihre Eroberungen in Kleinasien wieder herausgeben sollten. Der Statthalter in Kilikien, L. Cornelius Sulla, unternahm ca. 95 einen Feldzug nach Kappadokien und setzte anstelle von Ariarathes den römertreuen Ariobarzanes I. ein.1238 92 fiel der mit Mithridates verbündete König Tigranes von Armenien in Kappadokien ein und vertrieb Ariobarzanes. Dieser floh zu den Römern, die Mithridates befahlen, ihn wieder in sein Königreich einzusetzen.1239 Der König gehorchte, ließ aber im Jahr 90 Nikomedes IV., den König Bithyniens, durch dessen Bruder Sokrates, der Chrestos genannt wurde, stürzen. Gleichzeitig wurde Ariobarzanes vom Thron vertrieben und wieder durch Ariarathes ersetzt.1240 Der 1. Mithridatische Krieg entzündete sich 89, als Rom von Mithridates die Rückführung des Ariobarzanes und des Nikomedes in ihre angestammten Reiche verlangte.1241 14.2

Die Statthalter C. Cassius in Asia und Q. Oppius in Kilikien

Im Winter 89 auf 88 wurden Nikomedes und Ariobarzanes von Mithridates aus ihren Königreichen Bithynien bzw. Kappadokien vertrieben.1242 Lucius (irrtümlich statt Gaius) Cassius, der Statthalter der Provinz Asia, erhielt 88 aus Rom den Befehl, an ihrer Rückführung mitzuwirken.1243 Darüber sei Mithridates erzürnt gewesen, weil sie ihm jüngst auch Phrygien genommen hatten, und er habe seine Mitwirkung verweigert. Den Befehl aus Rom führte Cassius zusammen mit dem Konsular Manius Aquillius (cos. 101) gleichwohl mit seinen Truppen durch. Vermutlich noch 89

1238 Plut. Sull. 5, 5–6.; Liv. per. 70, 6; vgl. Sherwin-White, Foreign Policy, 133; J. Fündling, Sulla, 2010, 46f. 1239 App. Mith. 10, 31–33. 1240 Iustin XXXVIII 3, 3: Primo igitur adventu Tigranis Ariobarzanes sublatis rebus suis Romam contendit, atque ita per Tigranen rursus Cappadocia iuris esse Mithridatis coepit. 1241 Iustin XXXVIII 3, 4: Eodem tempore mortuo Nicomede etiam filius eius, et ipse Nicomedes, regno a Mithridate pellitur, qui cum supplex Romam venisset, decernitur in senatu, ut uterque in regnum restituantur. 1242 Liv. per. 76, 6: Ariobarzanes Cappadociae, Nicomedes Bithyniae regno a Mithridate, Ponti regno, pulsi sunt. 1243 App. Mith. 11, 34; C. Cassius war wahrscheinlich 90 Prätor; vgl. MRR II 42.

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sammelten die Römer ihre Streitkräfte in Kleinasien gegen Mithridates.1244 Appian schildert die anschließenden Maßnahmen: ‚Sobald L. Cassius, der Statthalter von Asia, sein Heer bereit und die Kontingente sämtlicher Verbündeter beisammen hatte, teilten die Feldherren ihre Truppen auf und bezogen Lager, Cassius an der Grenze zwischen Bithynien und Galatien, Manius (Aquillius) an der Einfallstraße nach Bithynien und (Q.) Oppius, der andere Prätor, in den kappadokischen Bergen. Jeder der Genannten befehligte 40000 Mann – Reiterei und Fußvolk zusammengenommen.‘1245 Das Heer des Mithridates besiegte wohl Anfang 88 das des Nikomedes an der Grenze zwischen Bithyien und Pontos. Neoptolemos, der Unterfeldherr des Mithridates, zwang M’. Aquillius zur Flucht nach Pergamon. Cassius und Nikomedes verlegten ihr Lager in eine starke Festung in Phrygien. Ihr Vorhaben, die dort befindlichen Handwerker, Bauern und gewöhnliche Leute durch Drill kriegstüchtig zu machen, gaben sie nach kurzer Zeit auf und zogen sich mit ihren Truppen zurück, Nikomedes nach Pergamon und Cassius nach Apameia in Phrygien.1246 Er empfing dort eine Gesandtschaft aus Nysa in Lydien. C. Cassius grüßt die Behörden von Nysa.1247 Er fährt fort: Chaeremon, der Sohn des Pythodoros, unser Bürger, kam zu mir nach Apameia und bat mich, um eine Audienz im Beisein des Rates. Infolgedessen gewährte ich ihm die Audienz, denn er gestand dem Rat aus Achtung des Senats und Volks der Römer zu, dem Heer ein Geschenk von 6000 Scheffel Weizenmehl zu machen. Ich aber antwortete ihm diese Sache betreffend, dass er recht und in guter Ordnung gehandelt habe, sich darum zu bemühen, uns

1244 App. Mith. 17, 59f. – M’. Aquillius (cos. 101) führte von 101 bis 99 ein Kommando in Sizilien gegen Sklaven: S. 224f. 1245 App. Mith. 17, 60: ὅ τε ἴδιος στρατός, ὅσον εἶχε Λεύκιος Κάσσιος ὁ τῆς Ἀσίας ἡγούμενος, ἕτοιμος ἦν ἤδη, καὶ τὰ συμμαχικὰ πάντα συνεληλύθει, διελόμενοι τὸ πλῆθος ἐστρατοπέδευον, Κάσσιος μὲν ἐν μέσῳ Βιθυνίας τε καὶ Γαλατίας, Μάνιος δὲ ᾗ διαβατὸν ἦν ἐς Βιθυνίαν τῷ Μιθριδάτῃ, Ὄππιος δὲ ἔτερος στρατηγὸς ἐπὶ τῶν ὀρῶν τῶν Καππαδοκίας, ἱππέας ἔχων ἕκαστος αὐτῶν καὶ πεζοὺς ἀμφὶ τοὺς τετρακισμυρίους. 1246 Flucht des Aquillius: App. Mith. 19, 73; Rückzug nach Apameia: ibid. 19, 75. 1247 Syll.³ 741, Z. 1: Γαΐος Κάσσιος Νυσαέων ἄρχουσιν χαίρ[ειν]; vgl. T. Reinach, Mithridates Eupator, 1895, 119.

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eine Wohltat zu erweisen. Wir aber werden das dem Senat und dem Volk in gebührender Form kundtun.1248 Es ist bemerkenswert, dass C. Cassius im Präskript nur seinen Namen nennt. Das Fehlen seiner Funktion στρατηγὸς ἀνθύπατος ist wohl damit zu erklären, dass er nicht mehr amtierte. Nachdem Mithridates das ganze westliche Kleinasien erobert hatte, floh Cassius zusammen mit zahlreichen Italikern etwa Mitte 88 von Apameia weiter nach Rhodos. Appian nennt ihn nach seiner Ankunf tnach einer rhodischen Inschrift ὁ τῆς Ἀσίας ἀνθύπατος, er wendet den Terminus auch auf Sulla an, der das Heer in Asia 85/84 jedoch als Imperator führte.1249 Dieselbe Funktion ἀνθύπατος hatte laut einer rhodischen Inschrift L. Cornelius Lentulus (pr. 89), der Cassius vermutlich im Sommer 88 in Asia ablösen sollte, aber wegen der Eroberung von Asia, Phrygien und Mysien durch die Truppen des Mithridates Anfang 88 das Kommando nicht übernehmen konnte und deshalb von Athen nach Rhodos segelte, wo er nach der oben genannten rhodischen Inschrift nur den Titel ἀνθύπατος statt στρατηγὸς ἀνθύπατος führte, ein Hinweis darauf, dass er kein Kommando führte.1250 Schlimmer als Cassius erging es Q. Oppius in Kilikien. Der aus dem syrischen Apameia stammende Philosoph Poseidonios, der 87/86 als Magistrat (Prytane) von Rhodos eine Gesandtschaft nach Rom führte, nennt Oppius στρατηγὸς Παμφυλίας. Diese Angabe interpretiert Kidd als praetor of Pamphylia, Sherwin-White als ‚praetor operating independently in southern Asia‘ und Mason als provincial governor.1251 Poseidonios zufolge beherrschte Mithridates die gesamte Provinz Asia bis hin zu Pamphylien und Kilikien, die folglich noch getrennt existierten.1252 Da Oppius in Kilikien als pr. pro cos. amtierte, ist der Terminus στρατηγὸς Παμφυλίας wohl im Sinn Sherwin-Whites als im südlichen Kleinasien tätiger Prätor aufzufassen. Pamphylien hatte im Piratenkrieg als zuverlässiger Bundesgenosse an der Seite Roms gestanden. Nach Appian überrannte Mithridates Phrygien 1248 Syll.³ 741, Z. 1/2–10. 1249 App. Mith. 24, 94: … καὶ σὺν αὐτοῖς Λεύκιος Κάσσιος ὁ τῆς Ἀσίας ἀνθύπατος. 1250 Rhodos: Syll.3 745 (vgl. S. 257); MRR II 68 datiert 82 und nennt fälschlich die Amtsangabe στρατηγὸς ἀνθύπατος; Ferrary, Gouverneurs, 179f., datiert in die 2. Hälfte der 90er Jahre. 1251 I. G. Kidd, Posidonios, Translation, Vol. III, 1997, F 253, S. 325 (s. n. Anm.); vgl. A. N. Sherwin – White, Foreign Policy in the East, 1984, 118. Mason, Greek Terms, 157. 1252 Kidd, Posidonios, 325: Μιθριδάτης … κρατεῖ δὲ τῆς συνεχοῦς Ἀσίας ἁπάσης ἀχρι Παμφυλίας καὶ Κιλικίας … – Zum Status Pamphyliens s. J. Nollé, Side, 71. – Anschluss an Kilikien: Vf. S. 277 mit A. 1442.

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samt Mysien und unterwarf Lykien und Pamphylien bis Jonien. Laodikeia am Lykos belagerte er mit seinen Truppen, nachdem Q. Oppius den Bewohnern mit seiner Kavallerie und einigen Söldnern zu Hilfe gekommen war.1253 Vom Hilferuf des Oppius, den er an das 300 km entfernte Aphrodisias richtete, zeugt eine Inschrift.1254 Der erste Satz lautet: Ἐπεὶ Κοΐντος Ὄππιος Κοΐντου υἱὸς στρατηγὸς ἀνθύπατος Ῥωμαίων πέπομφεν πολιορκεῖσθαι Λαοδίκηάν τε καὶ ἑαυτὸν ὁ δὲ δῆμος ἒκρινεν φοηθεῖν κατὰ πλῆθος. συνεκπρορεύεσθαι δὲ καὶ τοῦς παροίκους καὶ τοὺς δούλους, εἵλατο δὲ ἐπὶ τῆς ἐκλησίας καὶ ἄνδρα τὸν ἡγησάμενον. – Da Quintus Oppius, der Sohn des Quintus, praetor pro cos. der Römer, (eine Botschaft) geschickt hat, dass Laodikeia (am Lykos) und er selbst belagert werden, hat das Volk beschlossen, ihm mit Truppen zu helfen, und dass die Periöken und Sklaven mit ihnen aufbrechen sollen und es hat auch in der Versammlung einen Mann zu ihrem Anführer gewählt. Die Funktion des Oppius wird mit στρατηγὸς ἀνθύπατος Ῥωμαίων angegeben. Der Titel galt vor Sulla ohne und mit dem Zusatz Ῥωμαίων für alle im griechischen Osten als Statthalter tätigen Prätoren.1255 Daraus folgt, dass Oppius zum Zeitpunkt der Belagerung noch amtierte. Dann heißt es weiter: Es ist notwendig, auch Botschafter zu entsenden, die den Prokonsul über die Haltung des Volkes gegenüber den Römern, die Retter und Wohltäter sind, in Kenntnis setzen, und falls der Statthalter der Stadt weitere Anweisungen erteilt, dafür zu sorgen, dass sie klar weitergegeben und ausgeführt werden. Das Volk hat beschlossen, unter den Männern, die Ansehen und Vertrauen genießen und den Römern wohl gesonnen sind, Gesandte auszuwählen, die sich zum Prokonsul Q. Oppius begeben sollen und ihm Mitteilung machen sollen über die Haltung ihm gegenüber und allen Römern, und die ihm berichten sollen, dass wir nicht nur beschlossen haben, an seiner Seite mit Truppen zu kämpfen, sondern auch einen Mann gewählt haben, der 1253 App. Mith. 20, 78: Λαοδικεῦσι δὲ ἔτι ἀντέχουσι, τοῖς περὶ τὸν Λύκον ποταμόν Ῥωμαίων γάρ τις στρατηγὸς Κόιντος Ὄππιος, ἱππέας ἔχων καὶ μισθοφόρους τινάς, 1254 J. Reynolds, Aphrodisias and Rome, JRS Monographs, 1982, Doc. 2, p. 12. 1255 Vgl. die Titel der Statthalter von Makedonien und Asia i. J. 100: S. 227 mit A. 1162.

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das Kommando über diese Auxiliareinheit übernimmt, nämlich den Stephanophoren Artemidoros, einen der Männer, die Ansehen, Vertrauen und einen ausgezeichneten militärischen Ruf genießen. Sie sollen ihm mitteilen, dass unser ganzes Volk zusammen mit unseren Frauen und Kindern und all unserer Habe (?) bereit (?) ist, für Quintus und die römische Sache alles zu riskieren, und dass wir ohne die Herrschaft der Römer nicht einmal leben wollen.

Nach Appian gaben die Einwohner Laodikeias ihren Widerstand auf, als Mithridates durch einen Herold vor den Mauern der Stadt verkünden ließ, er werde ihnen nichts antun, wenn sie Oppius ausliefern; die Einwohner ließen seine Söldner ziehen und erfüllten die Forderung des Königs, wobei die Liktoren des Oppius unter dem Spott der Menge voranschritten. Mithridates tat Oppius nichts zuleide, sondern führte ihn als Feldherrn der Römer ohne Fesseln als Gefangenen mit sich. Wenig später ließ er Manius Aquillius ergreifen.1256 In den Periochae heißt es, Mithridates habe Kleinasien erobert und den Prokonsul Q. Oppius in Fesseln gelegt. Im gleichen Sinn berichtet Poseidonios, dass Quintus Oppius, der Prätor Pamphyliens, gefangen genommen und dass der Konsular Aquillius an eine lange Kette gefesselt im Heereszug mitgeführt wurde.1257 Hingegen bezeichnet Granius Licinianus Aquillius und Oppius als legati.1258 Diese Angabe hält Broughton in Bezug auf Oppius für einen Irrtum, doch es scheint, dass er als Statthalter Kilikiens Sulla als Legat unterstellt war, seit der Imperator im Frühjahr 88 das bellum Mithridaticum erhalten hatte.1259 Nach Appian nahm Mithridates Cassius, Oppius und Aquillius gefangen und ließ Letzteren als Kriegstreiber hinrichten.1260

1256 App. Mith. 20, 79 (Fortsetzung von Anm. 1253): κήρυκα ἐπιπέμψας ἐπὶ τὰ τείχη λέγειν ἐκέλευσεν ὅτι βασιλεὺς Μιθριδάτης ὑπέχεται Λαοδικεῦσιν ἄδειαν, εἰ τὸν Ὄππιον αὐτῷ προσαγάγοιεν, οἱ δ’ ἐπὶ τῷ κηρύγματι τοὺς μὲν μισθοφόρους Ὀππὶου μεθῆκεν ἀπαθεῖς ἀπιέναι, αὐτὸν δ’ ἤγαγον τῷ Μιθριδάτῃ τὸν Ὄππιον, πανταχοῦ λελυμένος ἄρα Ῥωμαίων αἰχμάλωτον στρατηγόν. Μετ’ οὐ πολὺ δὲ καὶ Μάνιον Ἀκύλλιον … ἑλών. 1257 Liv. per. 78, 1: Mithridates Asiam occupavit, Q. Oppium procos. … in vincula coniecit. – Poseidonios F 247, ed. Theiler: Ῥωμαίων δὲ στρατηγὸς μὲν Παμφυλίας Κόιντος Ὄππιος παραδοθεὶς ἀκολουθεῖ δέσμιος. – F 325 (Fortsetzung von Anm. 1252): Μάνιος δὲ Ἀκύλλιος ὁ ὑπατευκώς … συνδέτην ἔχων ἁλυσει. 1258 Gran. Lic. XXXV 75: … Q. Oppium et M’. Aquilium legatos redderet; vgl. MRR II 58. 1259 MRR III 153: Mistakenly termed legatus in Gran. Lic. – Übertragung des Kommandos an Sulla: S. 37, S. 247 mit A. 1271. 1260 App. Mith. 29, 112: Λεύκιον δὲ Κὰσσιον καὶ Ὄππιον Κόιντwον καὶ Μάνιον Ἀκύλιον αἰχμαλώτους ἑλὼν περιήγετο, μέχρι τὸν μὲν ἔκτεινεν, αἴτιον τοῦ πόλέμου γενόμενον, τοὺς δὲ ἀπέδωκε τῷ Σύλλᾳ.

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Erhalten ist ferner ein Schreiben, das Q. Oppius aus Kos an die Behörden von Plarasa/Aphrodisias richtete. Das Präskript (Z. 1–5) lautet: Ὄππιος Κοΐντου υἱὸς ἀνθύπατος Ῥωμαίων στρατηγός Πλαρασέων καὶ Ἀφροδεισέων ἄρχουσιν. – Oppius Quinti f., pr. pro cos. der Römer, grüßt die Einwohner von Plarasa/Aphrodisias. Ungewöhnlich ist die Nachstellung des Terminus στρατηγός nach ἀνθύπατος Ῥωμαίων. Reynolds’ Erklärung, Oppius habe einen besonders feierlichen, weil alten Titel gewählt, um seine Würde nach den Demütigungen der Gefangenschaft oder den Rangunterschied zwischen ihm und den Legaten Sullas herauszustellen, trifft wohl nicht zu.1261 Der sonst in dieser Form nicht belegte Titel ist wohl eher auf die Unkenntnis der Behörden von Kos zurückzuführen, denn die Insel stand in den hellenistischen und späteren Kriegen zwar auf römischer Seite, gehörte aber vor der Invasion des Mithridates nicht zur Provinz Asia.1262 Als der König 88 nach Kos übersetzte, hießen ihn die Bewohner zwar willkommen, gewährten aber den vor ihm fliehenden römischen Bürgern, die aufgrund seines in Ephesos erlassenen Blutbefehls auf jeder Insel und in jeder Stadt Asias abgeschlachtet wurden, Asyl im Äskulaptempel.1263 In dem Schreiben führte Oppius aus, dass ihn fünf Gesandte aus Aphrodisias, ausgezeichnete Männer, in Kos aufgesucht und ihm gratuliert hätten, und zwar offensichtlich zu seiner Rückkehr ins Amt. Er lobt die Einwohner wegen der Soldaten, die sie ihm als erste in das weit entfernte, vom Heer des Mithridates belagerte Laodikeia sandten, und dankt ihnen für ihre Bündnistreue. Abschließend entspricht er ihrem Wunsch, das Patronat über Aphrodisias zu übernehmen. Reynolds datiert den Brief 85 v. Chr., d. h. nach dem Friedensvertrag von Dardanos in der Troas, den Mithridates mit Sulla im August dieses Jahres schließen musste.1264 Laut Appian lieferte der König nach Kriegsende C. Cassius und Q. Oppius an Sulla aus.1265 Das Schreiben des Oppius lässt darauf schließen, dass er von Sulla wieder in sein Amt eingesetzt worden war. 1261 Reynolds, Aphrodisias, Doc. 3, p. 17, Z. 50–53; vgl. MRR III 152f. 1262 Im 2. Jh. auf römischer Seite: Liv. XXXVII 11, 13. 16, 2; Plb. XXX 7, 9. – Vgl. W. R. Paton – E. L. Hicks, Inscriptions of Cos, 1894, 311: Period III (200–88 BC). 1263 App. Mith. 29, 115: Μιθριδάτης δὲ ἐς μὲν Κῶ κατέπλευσε, Κῴων αὐτὸν ἀσμένως δεχομένων. – Tac. Ann. IV 14: Neque dispar apud Coos antiquitas, et accedebat, meritum ex loco: nam civis Romanos templo Aesculapii induxerant, cum iussu Mithridatis apud cunctas Asiae insulas et urbes trucidarentur. – Blutbefehl: App. Mith. 22, BC I 241ff. 1264 Diod. XXXVIII 6; Liv. per. 83, 7; Vell. II 23, 6; Plut. Sul. 22–24; vgl. MRR II 58 und Vf. S. 253 mit A. 1297. – Patronat: C. Eilers, Patrons, 241f., C 107. 1265 App. Mith. 112, 544: Λεύκιον δὲ Κάσσιον καὶ Ὄππιον Κόιντον … ἀπέδωκε τῷ Σύλλᾳ.

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14.3

L. Cornelius Sulla

Die 80er Jahre prägte der aus patrizischer Familie stammende Machthaber L. Cornelius Sulla. Seine Laufbahn lässt sich teilweise anhand eines Fragments rekonstruieren.1266 Er war 107 Quästor des Marius im Krieg gegen Jugurtha, den er von König Bocchus als Gefangenen übernahm, 97 praetor urbanus und 96/95 Statthalter in Kilikien, wo er als στρατηγὸς ἀνθύπατος fungierte.1267 Von dort unternahm er auf Befehl des Senats in dem sich anbahnenden Kampf gegen Mithridates einen Feldzug nach Kappadokien, vertrieb Ariarathes, den Sohn des mit Mithridates verbündeten Königs Tigranes, vom Thron und setzte an seiner Stelle den römertreuen Ariobarzanes I. ein.1268 In Übereinstimmung mit dem Titel στρατηγὸς ἀνθύπατος nennt Festus Sulla proconsul.1269 88 war Sulla zum ersten Mal Konsul. Er schaltete zunächst Marius aus, dem der Krieg gegen den im westlichen Kleinasien eingefallenen König Mithridates durch die lex Sulpicia übertragen worden war.1270 Sulla wurde im Frühjahr 88 vom Volk zum Oberbefehlshaber im mithridatischen Krieg gewählt und schiffte sich Ende 88 mit fünf Legionen nach Griechenland ein.1271 An den homo novus C. Sentius (pr. 94), der seit 93 in Makedonien als pr. pro cos. amtierte, erging 87 die Warnung von Sullas Quästor Lucullus, sich nicht in den Krieg gegen Mithridates einzumischen.1272 Nach der Überfahrt belagerte Sulla Athen, das von Archelaos, dem Unterfeldherrn des Mithridates, erobert worden war, nahm die Stadt am 1. 3. 86 ein und ließ sie zur Deckung der Kriegskosten plündern, gab ihr aber dann

1266 Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 18: [L. Cornelius L. f. Sulla] Felix, [dictator] co[s. bis, pr. q.] 1267 Herkunft: Plut. Sull. 1, 1. – Laufbahn: Anm. 1266 und App. BC I 77, 350. Quästor: Sall. Iug. 103, 4; vgl. S. 218 + A. 1117; Gefangennahme Jugurthas: [Aur. Vict.] vir. ill. 75, 3.Kilikien: [Aur. Vict.] vir. ill. 75, 4: [Sulla] praetor inter cives ius dixit. Praetor Ciliciam provinciam habuit. – στρατηγὸς ἀνθύπατος: Syll.3 745; vgl. S. 257. 1268 Vgl. S. 240f. mit A. 1238. 1269 Fest., Brev. 15: Primum a Lucio Sulla pro consule Arsaces, rex Parthorum, missa legatione amicitias p. R. rogavit ac meruit. 1270 Plut. Mar. 34, 5–6; Sul. 7, 1. 11, 1; vgl. MRR II 40, 42. 1271 App. Mith. 30, 116: Σύλλας δ᾽ ὁ τοῦ Μιθριδατείου πολέμου στρατηγὸς ὑπὸ Ῥωμαίων αἱρεθεὶς εἶναι τότε πρῶτον ἐξ Ἰταλίας σὺν τέλεσι πέντε καὶ σπείραις τισὶ καὶ ἴλαις ἐς τὴν Ἑλλάδα περαιωθεὶς;. – FGrH 2 B, 1151, Nr. 252; vgl. MRR II 40. 1272 HN: NMRS Nr. 387. – Liv. per. 70, 5 (J. 92): C. Sentius praetor adversus Thracas infeliciter pugnavit. – Warnung des Lucullus: Plut. Sull. 11, 8. Ehrung des Lucullus als Quästor in Hypata: Syll.3 743

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die Freiheit sowie ihren Besitz zurück.1273 Im Mai siegte Sulla gegen fünffache Übermacht bei Chaironeia und im Herbst bei Orchomenos.1274 Eine Akklamation im Feld, wie sie Combès und Broughton annahmen, ist nicht belegt. Assenmaker stellt fest, dass alle Versuche, eine abzuleiten, erfolglos blieben.1275 Unabhängig davon, ob eine stattfand oder nicht, bestätigt sich, dass Akklamationen durch die Truppen nach einem Sieg nicht den vielfach in Inschriften und auf Münzen dokumentierten Imperatortitel der Oberkommandierenden generierten, weil der römische Senat die Kontrolle über deren Wahl nicht aus der Hand gab, wie eine Episode im 2. Punischen Krieg zeigt.1276 Auf Delos wurde Sulla vom Kollegium der Hermaisten, einer Vereingung italischer Kaufleute, in lateinischen und griechischen Inschriften als proconsul bzw. ἀνθύπατος geehrt.1277 Vor der Invasion der Truppen des Mithridates sollte 88 ein gewisser Orobius Delos als Kommandant schützen.1278 Sie verwüsteten die Insel; von den Einwohnern, darunter zahlreiche Italiker, sollen 20000 getötet worden sein.1279 Diese hohe Zahl erscheint angesichts der kleinen Insel wenig glaubhaft. Der PROCOSTitel wird mit der Annahme erklärt, Sulla sei beim Antritt des Konsulats als Grundlage für das Kommando gegen Mithridates vom Senat die Provinz Asia gemäß der lex Sempronia übertragen worden.1280 Dies ist auszuschließen, weil ein Konsul oder Prätor, der ein Kommando erhielt, militiae nicht als Prokonsul, sondern als Imperator fungierte.1281 Dass Sulla den Feldzug in Kleinasien entgegen Appian nicht als Prokonsul, sondern als Imperator führte, geht aus dem S C de Tabenis hervor, demzufolge der αὐτοκράτωρ Lucius Cornelius Sulla im Jahr 84 mit den Einwohnern von Tabai eine Vereinbarung traf.1282 1273 Liv. per. 81, 1: L. Sulla Athenas, quas Archelaos praefectus Mithridatis occupaverat, circumsedente et cum magno labore expugnante urbi libertatem et quae habuerat reddidit; vgl. Plut. Sull. 14, 11; App. Mith. 41–45; Front. II 3, 17. 1274 Chaironeia: S. 253 mit A. 1302 – Orchomenos: Plut. Sull. 20, 3. 1275 Combès, Imperator 454; MRR II 55. – Assenmaker, Imperator, 128. 1276 Liv. XXVI 2, 2 (Zitat: S. 94 mit A. 457). 1277 pro cos: ID 1850–1852; vgl. ILLRP 349, 350. – ἀνθύπατος: ID 1853ff.; vgl. Assenmaker, Victoire, 164 mit Anm. VIII. 1278 Poseidon., ed. I. Kidd, F 253: Ὀρόβιος στρατηγὸς Ῥωμαίων καὶ φυλάσσων τὴν Δῆλον; Commentary, 1982, Vol. II, p. 883. 1279 App. Mith. 28, 108; vgl. Fündling, Sulla, 76f. 1280 Kommando: Plut. Sull. 11, 3; vgl. MRR II 40. – Letzner, Lucius Cornelius Sulla, 2000, 129. – Asssenmaker, Victoire, 145 – s. dagegen Vf. S. 37. 1281 Vgl. M. Atilius Regulus S. 81f. 1282 App. Mith. 60, 246 (J. 84): … τῆς Ἀσίας, ἧς ἐστὶν ὁ Σύλλας ἀνθύπατος. – S C de Tabenis: S. 253/1299.

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Nach Etienne datieren die Ehrungen mit dem PROCOS-Titel 84, als Sulla auf dem Rückweg von Kleinasien nach Italien über Athen auf Delos Station gemacht haben könnte.1283 Mehrere Inschriften aus Griechenland und Italien beweisen jedoch, dass Sulla das Kommando in den 80erJahren nur als Imperator führte und nach seinem Sieg über die Marianer Ende 82 außerdem als selbst ernannter Diktator.1284 Für den PROCOSTitel auf Delos bleibt folglich nur die Statthalterschaft in Kilikien von 96–94, während der Sulla, wie oben erwähnt, als στρατηγὸς ἀνθύπατος bzw. als proconsul amtierte. Man kann annehmen, dass er wohl 94/93 auf dem Heimweg nach Rom der heiligen Insel einen Besuch abstattete und dem Kultverein der Hermaisten Zuwendungen für religiöse Zwecke, wie den Bau eines Tempels, machte, um seinem Rivalen Marius, der ca. 98 eine libera legatio zur Magna Mater im galatischen Pessinus unternommen hatte, auf dem Gebiet der Religionspolitik etwas entgegenzusetzen und sein Renommee im griechischen Osten zu erhöhen.1285 Auf der heiligen Insel Delos wurde Sulla von den ansässigen italischen Kaufleuten wahrscheinlich wegen Zuwendungen verehrt, die er ihnen für einen religiösen Zweck, wie den Bau eines Tempels, gemacht hatte. 86 unternahm L. Valerius Flaccus in Kleinasien einen eigenen Feldzug gegen Mithridates. Er war nach dem Tod des Marius im Januar Suffektkonsul geworden und hatte von Cinna den Auftrag erhalten, Sulla im Krieg gegen Mithridates abzulösen.1286 Flaccus unterstellt war der skrupellose, wegen seiner Gier verhasste Reiterpräfekt C. Flavius Fimbria. Er hatte sich 87 in Rom als entfesselter Demagoge an dem von Marius und Cinna gegen die Anhänger Sullas veranstalteten Blutbad beteiligt.1287 Auf dem Weg nach Kleinasien wiegelte Fimbria die Soldaten gegen ihren Heerführer Flaccus auf, so dass sie ihn nach dem Überschreiten des Hellesponts töteten. Sie übertrugen Fimbria das Kommando.1288 Nach Velleius Paterculus erhielt er 1283 R. Etienne, Ténos II, 2003, 259, Nr. 19 (= ID 1850). – Athen: Feier der Συλλεία im Winter 84/83: vgl. S. 253 mit A. 1300. 1284 Vgl. S. 255 mit A. 1315f. 1285 Marius: S. 218 mit A. 1120f. – Sullas Nachfolger in Kilikien war wahrscheinlich 93 L. Gellius Poplicola (pr. 94): Cic. leg. 1, 53; vgl. MRR II 15: Asia or Cilicia (Asia scheidet aus wegen L. Valerius Flaccus: AE 2000, 1385; vgl. Brennan 553f.). 1286 App. Mith. 51, 205; Dio XXXV fr. 104. 1287 Cic. Brut. 233: qui omnia magna voce dicens verborum sane bonorum cursu quodam incitato ita furebat tamen, ut mirarere tam alias res agere populum, ut esset insano inter disertos locus. 1288 Liv. per. 82, 4: L. Valerius Flaccus cos., collega Cinnae, missus ut Syllae succederet, propter avaritiam invisus exercitui suo a C. Fimbria, legato ipsius, ultimae audaciae homine, occisus est et imperium ad Fimbriam translatum. [Aur. Vict.] vir. ill. 70, 1: Flavius Fim-

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es durch eine militärische Akklamation, nach Appian erklärte sich Fimbria zum Kommandanten der Armee.1289 Brennan versuchte, den illegalen Vorgang mit den Wirren des Bürgerkriegs zu erklären. Richtiger beurteilte ihn wohl Kienast, demzufolge die imperatorische Akklamation dem Unterführer zur Legitimation für die Usurpierung des Imperiums diente.1290 Den illegalen Akt spiegeln in Asia eigenmächtig von ihm geprägte Kistophoren mit der Legende FIMBRIA IMPERAT wider; sie datieren aus der ersten Hälfte 85.1291 Es sind die ersten Münzen mit dem IMPTitel, der jedoch aufgrund seines Zustandekommens ungültig war. Sulla setzte im Frühjahr 85 nach Kleinasien über und schloss im August mit Mithridates den Friedensvertrag von Dardanos.1292 Beide hielten nach Appian eine Rede, zuerst der König (Mith. 57, 228f.), der das römische Vorgehen in Kappadokien scharf kritisierte, worauf ihm Sulla ausführlich entgegnete (Mith. 57, 230–239). 230] Du hast uns zwar zu einem anderen Zweck hierher gerufen, als wolltest du dich nämlich mit unseren Friedensbedingungen einverstanden erklären, ich möchte mich indessen nicht einer kurzen Stellungnahme zu den eben erwähnten Dingen entziehen: 231] Nach Kappadokien habe ich, als ich Statthalter in Kilikien war, auf Beschluss der Römer den Ariobarzanes zurückgeführt, und du hast dich damals unserem Entscheid unterworfen. An dir aber hätte es gelegen, dieser Maßnahme zu widersprechen und dann entweder einen besseren Weg aufzuzeigen oder dem einmal ergangenen Beschluss keinen weiteren Widerstand mehr zu leisten. Phrygien hat dir Manius (Aquillius cos. 129) auf Grund einer Bestechung überlassen, was doch ein gemeinsames Verbrebria saevissimus, quippe Cinnae satelles, Valerio Flacco consuli legatus in Asiam profectus, per simultatem dimissus corrupto exercitu ducem interficiendum curavit; vgl. Anm. 1289. 70, 2: Ipse correptis imperii insignibus provinciam ingressus Mithridatem Pergamo expulit. App. Mith. 52, 209: ὁ δὲ Φιμβρίας αὐτὸν ἐπελθὼν ἔκτεινεν ἐν φρέατι κρυπτόμενον, ὕπατόν τε ὄντα Ῥωμαίων καὶ στρατηγὸν τοῦδε τοῦ πολέμου ἰδιώτης αὐτὸς ὢν καὶ ὡς φίλῳ κελεύοντι συνεληλυθώς. 1289 Vell. II 24, 1: C. Flavius Fimbria, qui praefectus equitum ante adventum Sullae Valerium Flaccum consularem virum interfecerat exercituque occupato imperator appellatus; App. Mith. 52, 210: αὐτὸν αὐτοκράτορα ἀπέφηνε τοῦ σταρτοῦ; vgl. Assenmaker, Imperator, 133. 1290 Brennan, Praetorship, 866/77; Kienast, Imperator, ZRG 1961, 412. 1291 R. B. Witschonke, M. Amandry, Another Fimbria Cistophorus, AJN 16–17, 2004/5, série 2, p. 1–5,; vgl. Assenmaker, Imperator, 126; ders., Victoire, 190. 1292 Plut. Sull. 24, 1–7; vgl. S. 253 mit A. 1297.

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chen von euch beiden darstellt.1293 Und du gibst damit doch ganz eindeutig zu, das Gebiet rechtswidrig empfangen zu haben, nämlich durch Bestechung. Manius wurde bei uns zu Hause überführt, auch seine sonstigen Maßnahmen für Geld getroffen zu haben, und so hob der Senat sie samt und sonders auf. 232] Aus diesem Grund entschied er, dass Phrygien, welches unrechtmäßig dir gegeben worden war, unserer Stadt nicht tributpflichtig sein solle, sondern entließ es in die Selbständigkeit. Wenn nun wir, die das Land durch Krieg gewonnen haben, es nicht für richtig erachten, die Herrschaft darüber zu führen, mit welchem Recht willst du es nun festhalten? Ferner beschuldigt dich Nikomedes, ihm Alexander als Attentäter und hierauf Sokrates Chrestos1294 als Thronrivalen zugesandt zu haben, und behauptet, dass er nur zur Abwehr dieser Verbrechen selbst in dein Königreich eingefallen sei. 233] Wenn dir damit Unrecht widerfuhr, so hättest du gleichwohl eine Gesandtschaft nach Rom schicken und die Antwort abwarten müssen. Indessen, wenn du nun schon zu schnell dabei warst, an Nikomedes Rache zu nehmen, warum vertriebst du denn den Ariobarzanes, der dir gar nichts zuleide tat? Dadurch aber, dass du ihn aus seinem Land vertriebst, versetztest du die dort anwesenden Römer in die Notlage, ihn in sein Reich zurückzuführen, und indem du dies verhindertest, entflammtest du den Krieg. 234] Schon lange waren so deine Gedanken darauf gerichtet und lebtest du in der Hoffnung, im Fall eines Sieges über die Römer die Weltherrschaft antreten zu können; was du da an Gründen vorbringst, sind doch nur Vorwände, deine Absicht zu verschleiern. Beweis dafür: Obschon mit niemandem im Streit, versuchtest du, die Thraker wie auch die Skythen und Sauromaten zu einem Bündnis zu verleiten, schicktest ringsum Gesandtschaften zu den benachbarten Königen, bautest Schiffe und nahmst Steuerleute für Vorder- und Hinterdeck in deinen Dienst. 235] Vor allem aber der von dir gewählte Zeitpunkt überführt dich einer bösen Absicht. Als du nämlich davon erfuhrst, dass Italien sich gegen uns erhoben habe, benutztest du diesen Augenblick, da wir anderweitig beschäftigt waren, und gingst über zum Angriff auf Ariobarzanes, Nikomedes, Galatien und Paphlagonien, ja du griffst sogar Asia, unser Gebiet, an. 236] Und was hast 1293 ‚Dir‘ ist falsch, weil Mithridates V. gemeint ist: Vgl. S. 207f. 1294 Vgl. S. 241 mit A. 1240.

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du nach der Eroberung nicht alles für Schandtaten begangen: gegenüber den Städten, deren Leitung du Sklaven und Schuldherren durch Gewährung der Freiheit bzw. eines Schuldenerlasses übertrugst, oder gegenüber den Griechen, von denen du unter einem einzigen Vorwand 1600 Mann hinmorden ließest, oder gegenüber den galatischen Tetrarchen, denen du als deinen Tischgenossen das Leben nahmst! Alle Angehörigen des Stammes der Italioten hast du an einem einzigen Tag samt ihren Kindern und deren Müttern umgebracht oder im Meer ertränkt und nicht einmal jene geschont, die sich schutzflehend in die Tempel geflüchtet hatten. 237] Was für Grausamkeit, Gottlosgkeit und grenzenloser Hass gegen uns hast du damit an den Tag gelegt! Nachdem du dann den Besitz aller deiner Opfer an dich gerissen hattest, setztest du mit starken Heeren nach Europa über, obwohl wir doch sämtlichen asiatischen Königen selbst das Betreten europäischen Bodens untersagt hatten. Du überranntest hierauf unsere Provinz Makedonien und raubtest den Griechen die Freiheit. 238] Und nicht eher begannst du umzudenken und nicht eher trat Archelaos1295 für dich ein, als bis ich Makedonien zurückholte, Griechenland aus deiner Gewalt löste, 160000 deiner Mannen niederstreckte und deine Heerlager mit ihrer gesamten Ausrüstung in Besitz nahm. 239] Ich muss mich darüber wundern, dass du dich jetzt für die Maßnahmen zu rechtfertigen suchst, für die du mit Hilfe des Archelaos Begnadigung erflehtest. Oder glaubst du etwa, nachdem du vor mir in der Ferne gezittert hast, ich jetzt in die Nähe gekommen bin, um mit dir einen Rechtshandel auszutragen? Der Augenblick hierfür ist verstrichen, seitdem du Krieg anfingst und wir eure Angriffe bereits kraftvoll abwiesen und dies bis zum Ende tun wollen.“ Sulla sprach noch in zorniger Erregung solch gewaltige Worte, da schwenkte der König aus Furcht um und willigte in die Bedingungen ein, die ihm durch Archelaos angeboten worden waren. Er lieferte seine Flotte aus und alles, was er noch besaß, dann zog er sich nach Pontos in sein väterliches Reich als seinen einzigen Besitz zurück. So endete der erste Krieg zwischen Mithridates und den Römern.

1295 Vgl. S. 247 mit A. 1273.

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Bei Thyateiros übernahm Sulla im Herbst 85 das Heer Fimbrias, der in Pergamon Selbstmord beging.1296 Trotz des Blutbefehls von Ephesos gewährte Sulla dem König einen günstigen Frieden, saugte aber die abtrünnige Provinz Asia aus, indem er ihr 20000 Talente auferlegte und von den Bewohnern hohe Aufwendungen für seine habgierigen Soldaten forderte.1297 Die Strafgelder ließ er durch die Einteilung der Provinz in 44 Steuerbezirke eintreiben; er stürzte die Städte ins Unglück, denn sie mussten wegen der sofortigen Entrichtung von fünf Jahrestributen zu Wucherzinsen borgen und die öffentlichen Gebäude verpfänden. Schwärme von Piraten und Räuberbanden überfielen das Land, ohne dass Sulla gegen sie eingeschritten wäre.1298 Hingegen belohnte Sulla alle Städte, die Rom im Kampf gegen Mithridates treu geblieben waren, unter anderen das phrygische Tabai. Dieser Stadt wurden 81 in einem S C de Tabenis der Besitz von Territorien bestätigt, die ihnen der Imperator Sulla während seines Feldzugs in Asia nach Beratung mit seinem consilium als Belohnung für ihre Treue zugestanden hatte.1299 Auf dem Rückweg nach Italien machte Sulla in Athen Station, wo er den Winter 84 auf 83 verbrachte. Er wurde mit den Συλλεία geehrt und kehrte im Frühjahr 83 nach Italien zurück.1300 Zur Finanzierung des Feldzugs gegen die Marianer ließ Sulla vermutlich 84 in Athen Aurei und Denare mit der Aufschrift L. SVLLA IMPER ITERVM prägen.1301 Auf dem Revers sind zwei Trophäen abgebildet, die zweifellos mit denen, die Sulla nach dem Sieg bei Chaironeia errichten ließ, identisch sind.1302 Der iterierte IMPTitel ist zum ersten Mal nachweisbar; er symbolisiert zwei Kommanden, und zwar zum einen vermutlich den Feldzug Sullas nach Kappadokien, den er 96/95 als Statthalter Kili1296 App. Mith. 60, 247. 249 – [Aur. Vict.] vir. ill. 70, 4 : Ibidem (sc. Ili) Fimbria militiae principes securi percussit (vgl. S. 249 mit A. 1288f.); mox a Sylla Pergami obsessus corrupto exercitu desertus semet occidit. 1297 Friedensbedingungen: Plut. Sul. 24, 6–7; App. Mith. 61, 250ff. – Soldaten: Sall. Cat. 11, 5: Huc accedebat, quod L. Sulla exercitum, quem in Asia ductaverat, quo sibi fidum faceret, contra morem maiorum luxuriose nimisque liberaliter habuerat. 1298 App. Mith. 62, 259. 1299 App. Mith. 61, 250: … καί τινας ἄλλους, ἢ συμμαχίας ἀμειβόμενος, … ἐλευθέρους ἠφίει καὶ Ῥωμαίων ἀνέγραφε φίλους. RDGE Nr. 17, Z. 9f.: [μετ]ὰ συνβουλίου γνώμης Λεύκιος Κ[ορνήλιος /​ Σύλλ]ας αὐτοκράτωρ συνεχώρησεν. 1300 Συλλεία: IG II² 1039; vgl. Plut. Sull. 26, 4; Rückkehr: Plut. Sull. 27, 1. 1301 M. Jehne, Stempelstellung und Lokalisierung von Bürgerkriegsprägungen des 1. Jhs. v. Chr., Nomism. 2016, 309 mit A. 88. 1302 RRC Nr. 359/2; Chaironeia: Plut. Sull. 19, 9f.; Datierung und Lokalisierung: Assenmaker, Victoire, 178f., 194f.

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kiens unternahm, und zum anderen den Oberbefehl, den Sulla 88 bis 83 im Krieg gegen Mithridates innehatte.1303 Da Sulla die IMP ITER-Münzen, wie gesagt, 84 in Athen prägen ließ, obwohl er vom Konsul Cinna Anfang des Jahres geächtet und ihm das Imperium entzogen worden war (v. infra), kann der iterierte IMPTitel in Rom bis zu seinem Sieg über die Marianer nicht anerkannt gewesen sein. Das mehrfache IMP wurde erst ab Pompeius legalisiert und hatte den Triumph nach dem ersten Kommando zur Voraussetzung.1304 Mit Hilfe der wertvollen Aurei und Denare brachte Sulla seine militärische und finanzielle Macht schon vor dem Übersetzen nach Italien zur Geltung. Nach seiner Landung in Brundisium im Frühjahr 83 wollte Sulla das Odium des Landesfeinds tilgen. Wenn ihn Appian ἀνθύπατος ἐπὶ Μιθριδατῇ γενόνμενος nennt, so meint er den gewesenen Konsul, der den Krieg gegen Mithridates jedoch nicht als Prokonsul, sondern als Imperator geführt hatte.1305 Am 1. November 82 wurden die Marianer endgültig an der Porta Collina besiegt.1306 Sulla wurde zum Diktator gewählt, die Rechtmäßigkeit seiner Anordnungen, die er als Konsul und Prokonsul erlassen hatte, ließ sich der Diktator nachträglich bestätigen und ratifizieren.1307 Ende Januar 81 triumphierte Sulla über König Mithridates.1308 Aus diesem Anlass ließ er sehr schöne Aurei und Denare prägen, auf deren Revers er selbst in der Triumphalquadriga stehend mit der Legende L SVLLA IMP abgebildet ist. Der Avers zeigt den behelmten Kopf der Roma mit der Unterschrift L MANLI PRO Q.1309 Die Prägung stammt wohl entgegen Crawford nicht aus einer mobilen Münzstätte in Italien, sondern aus der auf dem Janiculum in Rom. 1303 Iteration des IMPTitels: S. 27/77; vgl. Rivero Gracia, Imp., 220f. – Kappadokien: S. 141; A. 1267f.; Mithrid.: S. 247 mit A. 1268. 1304 Vgl. S. 302 mit A. 1554. 1305 App. BC I 81, 370: ἐδόκει γὰρ καὶ δὴ ὁ Σύλλας, ἀνθύπατος ἐπὶ Μιθριδάτῃ γενόμενος, ούκ ἀποθέσθαι πω τὴν ἀρχήν, εἰ καὶ πόλεμιον αὐτὸν ἐψηφίσατο Κίννας; vgl. E. Gabba, Appiani Bellorum Civilium Liber Primus, 19672, 217: Siamo nell’età dei comandi illegali. – Zum Terminus ἀνθύπατος bei Appian s. S. 92/442, 248 mit A. 1282. 1306 Plut. Sul. 29, 4–15; App. BC I 94, 434: Selbstmord des gleichnamigen Sohnes C. Marius (cos. 82). 1307 App. BC I 97, 457: οἳ καὶ πάντα, ὅσα διῴκησεν ὁ Σύλλας ὑπατεύων τε καὶ ἀνθυπατεύων. 1308 Inscr. Ital. 13, 1, p. 84f.: [L. Cornelius L.f. P.n. Sull]a Felix dict(ator) a. DCLXXI /​ [de rege Mithridate I]V, III k. Feb. 1309 Der Proquästor ist wahrscheinlich mit L. Manlius Torquatus (cos. 65) identisch: er war 87–84 der Quästor Sullas in Griechenland und 83–81 dessen Proquästor in Italien; vgl. S. 303 mit A. 1560.

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Der nicht iterierte Titel SVLLA IMP bezeichnet den Triumphator, wie die von ihm gelenkte Quadriga verdeutlicht.1310 Angesichts dieser Darstellung erscheint eine Datierung in den Bundesgenossenkrieg, wie sie kürzlich Assenmaker gegen Crawford wahrscheinlich zu machen versuchte, ausgeschlossen. Sie scheitert daran, dass Sulla 90 in der Armee des Konsuls L. Iulius Caesar diente und 89 dem Konsul L. Porcius Cato als Legat unterstellt war.1311 Zwar fiel Cato Anfang 89 am Fuciner See, doch aus den Periochae des Livius geht hervor, dass Sulla nach dessen Tod nicht den Oberbefehl erhielt.1312 Er genoss jedoch schon damals unter seinen Freunden den Ruf eines großen Heerführers bei den Bürgern, den größten bei den Freunden.1313 Eine Datierung der SVLLA IMP-Emission in die Jahre 90/89 verbietet sich auch deshalb, weil, wie Jehne feststellt, selbst ein Konsul im Bundesgenossenkrieg nicht Münzen im eigenen Namen prägen konnte.1314 Wenn die von Crawford erstellte Reihenfolge der Emissionen L SVLLA IMPER ITERVM vor L. SVLLA IMP zutrifft, woran jetzt nicht mehr zu zweifeln ist, so ist der einfache IMPTitel Sullas nicht als Kommandotitel zu interpretieren. Nach Plutarch ernannte sich Sulla selbst zum Diktator.1315 Nach Appian stand er wie ein König über den Konsuln.1316 Nach den Fasten triumphierte er als Diktator Ende Januar 81 (v. supra). Der einfache IMPTitel lässt sich in Verbindung mit dem Triumph als Siegestitel interpretieren. Er steht auch auf den ab 81 datierbaren Inschriften, so. z. B. in der Form ἰμπεράτωρ auf dem großen Sieges­denkmal in Messene.1317 Lateinisch ist er zweimal überliefert, nämlich in einer an den Kriegsgott Mars 1310 SVLLA IMP: RRC Nr. 367f. – Münzstätte Rom: J. Camp, M. Ierardi, J. McInerrney, K. Morgan, G. Umholtz, A Trophy from the Battle of Chaironeia, AJA 1992, 449f. gegen Crawford, RRC I S. 373. 1311 Datierung 90/89: Assenmaker, Chronologie, RN 170, 2013, 263–269, bes. 253: Cic. Font. 43, 1–2: Recordamini quos legatos nuper in bello ‹Italico› L. Iulius, quos P. Rutilius, quos L. Cato, quos Cn. Pompeius habuerit; scietis fuisse tum M. Cornutum, L. Cinnam, L. Sullam, praetorios homines, belli gerendi peritissimos; Plin. NH XXII 12: scripsit et Sulla dictator ab exercitu se quoque donatum apud Nolam legatum bello marsico; Diod. Frg. XXXVII 2, 8: στρατηγὸς ὑπὸ τῷ Κατῶνι. 1312 Vgl. Liv. per. 75, 2: L. Cornelius Sulla legatus Samnites proelio vicit; 75, 7: L. Sulla Hirpinos domuit. 1313 Plut. Sull. 6, 2: Σύλλας δὲ πολλὰ δράσας ἄξια λόγου δόξαν ἔσχεν ἡγεμόνος μεγάλου μὲν παρὰ τοῖς πολίταις, μεγίστου δὲ παρὰ τοῖς φίλοις. 1314 Jehne, Stempelstellung, 308f. 1315 Plut. Sull. 33, 1: δικτάτορα μὲν γὰρ ἑαυτὸν ἀνηγόρευσε. 1316 App. BC I 100, 465: αὐτὸς δ᾽ οἷα δὴ βασιλεύων δικτάτωρ ἐπὶ τοῖς ὑπάτοις ἦν. 1317 IG V 1, 1454: [Ἁ πόλις] /​ [Λεύκιον] /​ [Κ]ορνήλιον /​ [Λευκί]ου ὑιὸν Σύλλαν /​ ἰμπεράτορα /​ τὸν αὐτᾶς εὐεργέτην. Datierung ab 81: SEG 48, 1998, 494, 496; vgl. Künzl, Triumphus 110.

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gerichteten Beuteweihinschrift in der Hafenstadt Sikyon am Korinthischen Golf sowie in einer öffentlichen Ehrung in Capua.1318

15. L. Licinius Murena im 2. Mithridatischen Krieg (83–82 v. Chr.)

Der bedeutendste Unterfeldherr Sullas war L. Licinius Murena, der Sohn des gleichnamigen Prätors von 101. Er nahm am Feldzug in den Osten teil und wurde nach Memnon v. Herakleia vom Senat als ἡγεμών nach Griechenland entsandt.1319 Der Terminus kann sowohl die Bedeutung von dux als auch von legatus haben.1320 In diesem Satz wird er als griechisches Äquivalent von legatus gedeutet, weil Murena 86 unter Sulla in der Schlacht von Chaironeia den linken Flügel kommandierte.1321 Er war wahrscheinlich 88 Prätor.1322 Ehe Sulla von Kleinasien über Griechenland nach Rom zurückkehrte, ließ er Murena 84, wie für einen Legaten typisch, mit den beiden Legionen Fimbrias in Kleinasien zurück, damit er die restlichen Angelegenheiten regle.1323 Fortan suchte Murena nach Kriegsanlässen, um einen Triumph feiern zu können. 83 fiel er in Pontos ein und plünderte auf dem Weg nach Kappadokien die wegen ihres Heiligtums berühmte Landstadt Komana.1324 Mit reicher Beute beladen, trat er im Frühjahr 82 von Kappadokien den Rückweg nach Phrygien und Galatien an, erlitt aber am Halys gegen Mithridates eine schwere Niederlage.1325 Wohl Ende 82 befahl ihm Sulla durch den Legaten A. Gabinius die Einstellung der Feindseligkeiten und die umgehende Rückkehr nach Rom.1326 Murena triumphierte Anfang 1318 Sikyon (ILLRP 224): L. Cornelius L. f. Sulla imper(ator) Martei. – Capua (ILLRP 351): L. Cornelio L. [f.] Sulla Felici /​ imperatori /​ publice; vgl. Plut. Sul. 34, 2. 1319 Vater: Cic. Mur. 15. – ἡγεμών: Memnon 36, FrGH B 354: παρὰ τῆς συγκλήτου δὲ Μουρήνας ἡγεμὼν πέμπεται. 1320 Mason, Greek Terms, 52, 144. 1321 Chaironeia: Plut. Sul. 17, 6; App. Mith. 43, 169. – Legat: MRR II 50; Brennan, Praetorship, 526. 1322 A. Keaveney, Young Pompey: 106–79 BC, AC 51, 1982, 123f.; vgl. MRR III 123; Brennan, Praetorship, 527. 1323 App. Mith. 64, 265 : Μουρήνας μὲν ὑπὸ Σύλλα σὺν δύο τέλεσι τοῖς Φιμβρίου καθίστασθαι τὰ λοιπὰ τῆς Ἀσίας ὑπελέλειπτο. 1324 App. Mith. 64, 269f.; Memnon FrGH 3 B 354f.; vgl. MRR II 64. 1325 App. Mith. 65, 272–275; vgl. MRR II 70. 1326 A. Gabinius: App. Mith. 66, 279; vgl. MRR II 78, Vf. S. 317 + A. 1650. – Rückberufung: Cic. leg. Man. 8. – Bis zur Ankunft des M. Minucius Thermus (pr. 81; vgl. S. 260 mit

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L. Licinius Murena im 2. Mithridatischen Krieg (83–82 v. Chr.)

81 nach Sulla, und zwar laut Licinius ex Asia, laut Cicero ex praetura.1327 Diese Angabe ist wohl so zu verstehen, dass Murena 88 als Prätor zur Kriegführung ein prokonsulares Imperium erhielt, das bis zu seiner Rückkehr Ende 82 jährlich prorogiert wurde. In den Triumphalfasten ergänzte Degrassi: [L. Licinius L. f. – n. Murena pro pr(aetore) an.] DCLXXII /​ [de rege Mithridate]. Girardet stellte klar, dass der rekonstruierte Eintrag pro pr. im Sinn eines Prätors mit prorogiertem Imperium zu verstehen ist.1328 Da Murena Sulla als Legat unterstellt war, kann er nur mit dessen Genehmigung zum Triumph gekommen sein. Im Gegensatz zu Appian, der kein gutes Haar an Murena lässt, zählt ihn Cicero mit Sulla zu den summi imperatores.1329 Er ist in Griechenland und in Kleinasien als Imperator belegt, nämlich in Messene und in Rhodos als ἰμπεράτωρ und in Kaunos als αὐτοκράτωρ καὶ εὐεργέτης. Die Dankbarkeit dieser Stadt erklärt Bernhardt damit, dass Kaunos zur rhodischen Peraia gehörte und Murena im Jahr 84 mit Schiffen der verbündeten Staaten gegen die Seeräuber vorging. Nach Marek kommt als Grund für die Ehrung eher eine das Staatsgebiet von Kaunos betreffende Entscheidung Mureans in Betracht; er datiert 83.1330 In der oben genannten Inschrift aus Rhodos heißt es, dass ein Gesandter nacheinander den στρατηγὸς ἀνθύπατος L. Cornelius Sulla, den ἀνθύπατος L. Cornelius Lentulus, den ἰμπεράτωρ L. Licinius Murena, den ἀντι- ταμίας (Proquästor) L. Licinius Lucullus1331 und zuletzt den πρεσβευτὰς Ῥωμαίων A. Terentius Varro aufsuchte. Dieser führte 82 als Legat des mit ihm verwandten Murena ein Flottenkommando in der Propontis.1332 Dessen IMPTitel ist im Sinn eines imperator minor zu interpretieren, der dem OberkommanA. 1351) im April 81 vertrat ihn L. Lucullus q. pro pr. als Statthalter: SC de Stratoniceia vom 27. 3. 81 (RDGE Nr. 18, Z. 61) … ἡ σύγκλητος τῷ ἄρχοντι τῷ εἰς Ἀσίαν πορευομένῳ ἐντολὰς δῷ… 1327 Gran. Lic. XXXVI 5; Cic. Mur. 15; vgl. Münzer, RE XII, 1, 1926, Sp. 445f. 1328 Inscr. Ital. 13,1, p. 84f.; Girardet, Imperia, 164 mit Anm. 35. 1329 Cic. leg. Man. 8: triumphavit L. Sulla, triumphavit L. Murena de Mithridate, duo fortissimi viri et summi imperatores. – App. Mith. 64, 269f. (S. 256 mit A. 1324). 1330 Messene: S. 247 mit A. 1267; Rhodos: Syll.3 745 = ILS 8772; Kaunos: R. Bernhardt, Zwei Ehrenstatuen in Kaunos für L. Licinius, Anadolou 16, 1972, S. 117ff.; Seeräuber: Cic. Verr. I 89. – C. Marek, Die Inschriften von Kaunos, 2006, Nr. 103. 1331 Sulla: S. 246f. mit A. 1267. – Lentulus: S. 243 mit A. 1250. – Lucullus: S. 247 mit A. 1272. 1332 IGR I 843, Z. 2: πρεσβευτᾶς ναυαρχοῦντος; vgl. Kreiler, Der Prokonsul Lentulus, der Imperator Murena und der Proquästor Lucullus, Tyche 21, 2006, 74, 79. – A. Varro, Verwandter Murenas: Cic. fam. XIII 22,1; XVI 12,6. – Flottenkommando: IGR I 483; Stellvertreter Murenas: Thomasson, Legatus 14/40, Anh. I, Nr. 129.

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dierenden Sulla im 2. Mithridatischen Krieg (Anfang 83 – Ende 82) unterstellt war.1333 Die Inschriften mit dem Titel ἰμπεράτωρ und αὐτοκράτωρ können erst nach dem Triumph Murenas Anfang 81 verfasst worden sein, der für einen Legaten die Voraussetzung für die Führung des IMPTitels bildete.

16. Der Proprätor Cn. Pompeius in Africa

Cn. Pompeius wurde 106 v. Chr. als Sohn des Cn. Pompeius Strabo (cos. 89) geboren. Er begann seine militärische Laufbahn 82 im Alter von 23 Jahren, indem er als Privatmann drei Legionen anwarb, sie Sulla zuführte und als Unterfeldherr (Σύλλα στρατηγός) in dessen Dienste trat.1334 Durch ein SC erhielt er 81 ein proprätorisches Imperium, das er gegen die Marianer pro magistratu zunächst in Sizilien, dann in Africa ausübte.1335 Nach einem erfolgreichen Gefecht, das nur 3000 von 10000 Feinden überlebten, grüßten ihn seine Truppen als Imperator.1336 Bei seiner Rückkehr kam ihm Sulla entgegen, stieg vom Pferd, wurde von Pompeius gebührend als Imperator gegrüßt, worauf dieser den Imperatorgruß erwiderte und ihn Magnus nannte.1337 Da nach dem Gesetz nur Konsuln und Prätoren mit prokonsularem Imperium triumphieren durften, verweigerte Sulla dem Proprätor zunächst diese Ehre, gab aber schließlich seinem Druck nach.1338 Einen Anspruch auf 1333 Imperator minor: S. 170 mit A. 856. 1334 Herkunft: Plut. Pomp. 1,1; – Laufbahn: Gran. Lic. p. 31, 1. – Legat: App. BC I 80, 366f.; Plut. Pomp. 6, 5–6; App. BC I 90, 413: Πομπήιος καὶ Κράσσος, ἄμφω Σύλλα στρατηγοί. 1335 Liv. per. 89, 2: Cn. Pompeius in Siciliam cum imperio a senatu missus; vgl. Girardet, Imperia, 163ff. 1336 Plut. Pomp. 12, 4: ὠσάμενοι δὲ πολλῷ φόνῳ τοὺς πολεμίους λέγονται γὰρ ἀπὸ δισμυρίων τρισχίλιοι διαφυγεῖν̓ αὐτοκράτορα τὸν Πομπήϊον ἠσπάσαντο. 1337 Begrüßung: Plut. Pomp. 8, 3: ἀποπηδήσας τοῦ ἵππου καὶ προσαγορευθείς, ὡς εἰκός αὐτοκράτωρ ἀντιπροσηγόρευσεν αὐτοκράτορα τὸν Πόμπηήιον. – Titel Magnus: Plut. Pomp. 13, 7: … καὶ δεξιωσάμενος ὡς ἐνῆν προθυμότατα μεγάλῃ φωνῇ Μάγνον ἠσπάσατο μεγάλῃ φωνῇ Μάγνον ἠσπάσατο … 1338 Gesetz: Plut. Pomp. 14, 1: ἐκ τούτου θρίαμβον ᾔτει Πομπήϊος, ἀντέλεγε δὲ Σύλλας. ὑπάτῳ γὰρ ἢ στρατηγῷ μόνον, ἄλλῳ δὲ οὐδενὶ δίδωσιν ὁ νόμος. – Erlaubnis: Plut. Pomp. 14, 5: πυθόμενος δὲ καὶ καταπλαγεὶς τοῦ Πομπηΐου τὴν τόλμαν ἀνεβόησε δὶς ἐφεξῆς, ‚Θριαμβευσάτω‘.

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Die Verwaltungsreform Sullas (81 v. Chr.)

den Triumph hatte der Legat Sullas zwar nicht, der Oberfeldherr gewährte ihn ihm aber schließlich widerstrebend, weil er in Africa 7000 Feinde getötet hatte und von seinen Soldaten akklamiert worden war.1339 Nach Granius Licinianus feierte Pompeius den Triumph mit 25 Jahren als pro praetore ex Africa am 12.3.1340 Aus seinem Alter ergibt sich das Jahr 80.1341 Die Angabe pro praetore ist nach Girardet im Sinn eines privatus cum imperio pro praetore zu verstehen, d. h. nicht eines Prätors mit prorogiertem Imperium, sondern eines Privatmanns mit proprätorischem Imperium, der noch kein senatorisches Amt verwaltet hatte. Außer Pompeius sind der junge T. Quinctius Flamininus und der junge Octavian als ‚echte‘ Proprätoren überliefert.1342 Pompeius ist in der römischen Republik nach den Quellen der einzige Proprätor, der triumphierte.

17. Die Verwaltungsreform Sullas (81 v. Chr.)

Über die Reform, die Sulla im Jahr 81 durchführte, sind wir nur bruchstückhaft unterrichtet. Während Plutarch nur pauschal feststellt, der Diktator habe große Neuerungen und Veränderungen bezüglich der Verwaltung Roms ins Werk gesetzt1343, geht aus Appian und den Periochae des Livius übereinstimmend hervor, dass er den senatorischen Cursus regelte, das heißt, dass kein Senator mehr Prätor werden durfte, ehe er nicht Quästor gewesen war, das Konsulat durfte er erst nach der Verwaltung der Prätur bekleiden. Den Prätoren verbot er, das gleiche Amt vor Ablauf einer Frist von zehn Jahren ein zweites Mal zu übernehmen. Außerdem beschnitt er die Macht der Volkstribunen, indem er ihnen das Recht nahm, Gesetzesan-

1339 M. Dingmann, Pompeius, Machtgrundlagen eines spätrepublikanischen Politikers, 2007, 145. 1340 Plut. Pomp. 14, 6–8; Liv. per. 89, 7; Gran. Lic. p. 31,1: Et Pompeius annos natus XXV, eques Romanus, quod nemo antea, pro praetore ex Africa triumphavit IV idus Martias; vgl. MRR II 77. 1341 Alter am 12. 3. 80: 25 ½ Jahre: Pompeius wurde am 28. Sept. 48, einen Tag vor seinem 58. Geburtstag, in Ägypten ermordet: Plut. Pomp. 79, 4; vgl. Bengtson RG3 240. 1342 Funktion: Girardet, Imperia, 162–165. – T. Quinctius Flamininus: S. 123 mit A. 611; Octavian: S. 382 mit A. 2017. 1343 Plut. Sul. 34, 4.

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Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.)

träge zu stellen, und er füllte den Senat aus dem Ritterstand auf. Die Zahl der Prätorenstellen erhöhte er von acht auf zehn.1344 Eine lex Cornelia de provinciis ordinandis ist zwar nicht explizit überliefert, lässt sich aber aus zwei Passagen in Ciceros Briefen ad familiares erschließen.1345 Sicher ist jedenfalls, dass der Diktator durch seine Gesetzgebung die ordentliche Magistratur entmilitarisierte, indem er die Konsuln und die Prätoren auf die Verwaltung der zivilen Amtsgeschäfte beschränkte.1346 Im Februar 81 erhöhte Sulla, wie gesagt, die Zahl der Prätoren und entsandte sie, ohne dass sie vorher Stadtprätoren gewesen sein mussten.1347 Zu ihnen gehörte vermutlich C. Annius (Luscus), der Anfang 81 die beiden spanischen Provinzen erhielt, um den Marianer Sertorius zu bekämpfen; seine Funktion pr. pro cos. spiegelt sich in Münzen mit dem PROCOS­ Titel wider.1348 Cn. Cornelius Dolabella (pr. 81) ging nach Kilikien. Cicero wirft ihm vor, sich das Recht herausgenommen zu haben, mit seinem Heer in eine andere Provinz überzuwechseln.1349 Daraus folgt, dass die Prätoren zwar als Statthalter das Recht behielten, in ihrer Provinz Krieg zu führen, doch das imperium militiae scheint ihnen Sulla genommen zu haben. Auf dessen Verlust deutet im griechischen Osten der ab Sulla veränderte Titel ἀνθύπατος statt στρατηγὸς ἀνθύπατος hin. Das bedeutet, dass die Prätoren keine Feldzüge mehr außerhalb der ihnen zugewiesenen Provinz führen durften und nicht mehr triumphieren konnten. Die einzige Ausnahme bildet der Prätor C. Pomptinus, der die Palmen jedoch im Jahr 54 auf illegale Weise erlangte.1350 1344 App. BC I 100, 466: νόμους τε ἐξέλυε …: καὶ στρατηγεῖν ἀπεῖπε, πρὶν ταμιεῦσαι, καὶ ὑπατεύειν, πρὶν στρατηγῆσαι, καὶ τὴν ἀρχὴν τὴν αὐτὴν αὖθις ἄρχειν ἐκώλυσε, πρὶν ἔτη δέκα διαγενέσθαι. τὴν δὲ τῶν δημάρχων ἀρχὴν ἴσα καὶ ἀνεῖλεν, ἀσθενεστάτην ἀποφήνας καὶ νόμῳ κωλύσας μηδεμίαν ἄλλην τὸν δήμαρχον ἀρχὴν ἔτι ἄρχειν. Liv. per. 89, 4: Legibus novis rei publicae statum confirmavit, tribunorum plebis potestatem minuit et omne ius legum ferendarum ademit … senatum ex equestri ordine supplevit; vgl. W. Eder, DNP 3, 1997, Cornelius [I 90], Sp. 189. – Prätorenstellen: Vell. II 89, 3. 1345 Cic. fam. I 9, 25: se, quoniam ex senatus consulto provinciam haberet, lege Cornelia imperium habiturum, quoad in urbem introisset. – III 10, 6: ego non tam imperavi quam censui sumptus legatis quam maxime ad legem Corneliam decernendos. 1346 Lex Cornelia: H. Volkmann, Provincia, KP 4, Sp. 1200. – Entmilitiarisierung: J. Bleicken, Imperium, KP 2, Sp. 1383. 1347 Brennan, Praetorship, 389. 1348 Münzen: RRC Nr. 366; Entsendung: Plut. Sert. 7, 2; vgl. S. 279 mit A. 1449. 1349 Cic. Verr. II 1, 73 (J. 80) : Commotus est Dolabella: fecit quod multi reprehenderunt, ut exercitum, provinciam, bellum relinqueret, et in Asiam hominis nequissimi (sc. Verris) causa in alienam provinciam proficisceretur. 1350 Vgl. Ferrary, Gouverneurs, 172f.; vgl. Entmilitarisierung der Prätur: v. supra – Zu C. Pomptinus s. S. 314.

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Die Verwaltungsreform Sullas (81 v. Chr.)

Überblickt man die einzelnen Provinzen, so stellt man in Bezug auf Asia fest, dass sie M. Minucius Thermus im April 81 von seinem Stellvertreter, dem Proquästor Lucullus, übernahm und 79 Mytilene zusammen mit dem 21-jährigen Caesar, der ihm als Legat diente, eroberte.1351 Makedonien, das durch ständige Barbareneinfälle bedroht war, machte Sulla zur provincia consularis; es wurde ab 81 Konsularen statt Prätoren übertragen.1352 Als erster Statthalter ist Cn. Cornelius Dolabella (cos. 81) durch ein Schreiben an die Behörden der Insel Thasos als ἀνθύπατος belegt. Man nimmt an, dass ihn Sulla als ersten Konsular im Jahr 80 entsandte, möglich ist aber auch das Konsulatsjahr 81, weil für dieses Jahr wegen der vorangegangen Herrschaft der Marianer keine Konsulare zur Verfügung standen.1353 Man kann postulieren, dass der Diktator wahrscheinlich mit Hilfe der von ihm erlassenen lex Cornelia de provinciis ordinandis die Promagistraturen eingeführt und dadurch die Konsulare stärker an den Staat gebunden hat. Bleicken spricht deshalb von der Eigenstellung des Prokonsulats durch Sulla.1354 Was die Provinz Gallia Cisalpina angeht, so gibt es eine Inschrift aus der Gegend von Fanum, die besagt, dass M. Terentius Varro Licinius Lucullus (cos. 73), der Bruder des großen Feldherrn, als pro pr. auf Senatsbeschluss die Grenzen erneuerte, die 133 von der Ackerkommission der Gracchen gezogen worden waren.1355 Dazu passt die Nachricht, dass Sulla als erster Römer das Pomerium nicht in Italien, sondern nach dem Gewinn von Land in einer Provinz erweitert hat.1356 M. Terentius Varro fungierte nach der oben genannten Inschrift als pro pr. Plutarch zählt ihn am Ende der 80er Jah1351 Ankunft: vgl. S. 256 mit A. 1326. – Lucullus, Quästor 87 in Makedonien: S. 247 + A. 1272. – Mytilene: Suet. Iul. 2, 1. 1352 Cic. Pis. 38: Macedoniam, quam tantae barbarorum gentes attingunt ut semper Macedonibus imperatoribus fines provinciae fuerint qui gladiorum atque pilorum; ex qua … imperio consulari … nemo rediit, qui incolumis fuerit, quin triumpharit. 1353 Thasos: Vgl. S. 264 mit A. 1371. – Konsuln der Marianer i. J. 82: C. Marius und Cn. Papirius Carbo. 1354 App. BC I 100, 466 (Anm. 1344); vgl. Bengtson, RG3 202; Kunkel, StO, 18. – Bleicken, Republik und Prinzipat, 21f. 1355 ILLRP 474: M. Terentius M. f. Varro Lucullus pr. pr. terminos restituendos ex S C coaeravit, qua P. Licinius, Ap. Claudius, C. Gracchus IIIviri a(gris) d(andis) a(dsignandis) i(udic.) statuerunt. Zur Grenzziehung zwischen Gallia Cisalpina und Italien s. Strabo V 1, 11 sq. 217 C; vgl. Walbank, Polybius I, 396 und S. Radt, Strabons Geographika, Bd. 6, 2007, 26, Z. 31. 1356 Sen. brev. vit. 13, 8: idem narrabat … ultimum Romanorum protulisse pomerium, quod numquam proviniciali sed Italico agro adquisito moris apud antiquos fuit.

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Die Späte Republik von den Gracchen bis zum Tod Sullas (133–78 v. Chr.)

re zu den στρατηγούντες Sullas, d. h. zu seinen Legaten. Das Kürzel pro pr. ist daher als (leg.) pro pr. zu lesen.1357 Die Legation des M. Terentius Varro lässt sich mit der Nachricht in Verbindung bringen, dass sich Sulla Anfang 80 als consul iterum die provincia Gallia Cisalpina übertragen ließ, das Amt aber nicht antrat, sondern bis zu seinem Tod 78 auf seinem Landgut bei Puteoli blieb.1358 Daraus ist zu schließen, dass Sulla Gallia Cisalpina in seinem zweiten Konsulat durch einen proprätorischen Legaten verwalten ließ, wie es für eine provincia consularis typisch war.1359 Am Ende der 70er Jahre sind in der Provinz Asia mehrere proprätorische Legaten des Lucullus belegt.1360 Zur Unterscheidung von den Prokonsuln konsularen Ranges, die seit Sulla den Titel PRO COS bzw. ἀνθύπατος führten, wird die Funktion der Prätoren, die ein prokonsulares Imperium hatten, in Inschriften mit pr. pro cos. und auf Münzen mit PRO COS angegeben; inschriftlich ist ἀνθύπατος auch für den pr. pro cos. belegt.1361 Prätoren ohne prokonsulares Imperium prägten in Bithynien ab 61 Münzen ohne Funktionsangabe. Umgangssprachlich als Proprätoren bezeichnete Prätoren hatten auch kein prokonsulares Imperium.1362 Kunkel stellte fest, dass Sulla für die designierten Konsuln die kurze Frist zwischen den Wahlen am Jahresende und dem Beginn des Amtsjahres verlängerte, indem er den Termin für die Wahlen in die Jahresmitte vorverlegte. Wahrscheinlich hat Sulla den PROCOSTitel auch für designierte Konsuln eingeführt; darauf lassen im Jahr 71 in Rom geprägte Münzen des Pompeius, der 70 Konsul wurde, schließen.1363

1357 Plut. Sul. 27, 14; vgl. Thomasson, Legatus 16, Anh. I 122. 1358 Gran. Licin. p. 32, Z. 14: Data erat et Sullae provincia Gallia cisalpina; vgl. A. Keaveney, Sulla, 2005, 200. 1359 Vgl. S. 18 mit A. 20 und S. 207 mit A. 1057. 1360 ILS 37 und Milet VI Nr. 1121; vgl. Broughton, L. Manlius Torquatus and the Governors of Asia, AJPh 111, 1990, 71. 1361 pr. pro cos.: C. Claudius Marcellus pr. 80 (S. 100 mit A. 487), C. Octavius pr. 61 (S. 26 mit A. 71), L. Caecilius Rufus pr. 57 (ILLRP 391). – PRO COS-Münzen des P. Sulpicius Q. f. Rufus: pr. 47 (RPC Nr. 2107): vgl. S. 262 mit A. 1917. ἀνθύπατος: Cn. Cornelius Dolabella, cos. 81: S. 264 mit A. 1368; C. Claudius Nero, pr. 81 (I. Ilion 73). 1362 Bithynien : C. Papirius Carbo (pr. 62): Stumpf Nr. 104; C. Caecil. Cornutus (pr. 57): Nr. 131; C. Vibius Pansa Caetronius (pr. 48): Nr. 133. – Zum Proprätor s. Q. Minucius Thermus (pr. 58): pro. pr. 51/50 (Cic. fam. XIII 53–57); vgl. S. 352/1846. 1363 Fristverlängerung: Kunkel, StO, 314. – cos. des.: RRC Nr. 402; vgl. S. 280 mit A. 1463f.

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Die Verwaltungsreform Sullas (81 v. Chr.)

In die 99 gegründete Provinz Kilikien, die aus einem gebirgigen Teil (Cilicia Trachea) und einer vorgelagerten Ebene (Cilicia Campestris) bestand, entsandte Sulla 81, wie oben erwähnt, den Prätor Cn. Cornelius Dolabella. Er wurde 78 von dem von Sulla im Vorjahr zum Konsul beförderten P. Servilius Vatia Isauricus abgelöst, unter dem Kilikien provincia consularis wurde. Für Sulla selbst, der von 87 bis 83 in Griechenland und Kleinasien Krieg gegen König Mithridates führte, lässt sich im Jahr 81 zum ersten Mal der Titel αὐτοκράτωρ als Pendant zum imperator inschriftlich nachweisen.1364 Der Terminus orientiert sich an Polybios, der im Zusammenhang mit der römischen Verfassung zur Zeit des 2. Punischen Kriegs feststellt, dass der Konsul, der das Imperium für das Kommando erhalten hat, im Feld in seinen Entscheidungen souverän (αὐτοκράτωρ) sei.1365 Der Titel αὐτοκράτωρ ersetzte ab Anfang 81 im griechischen Osten die Funktionen στρατηγὸς ὕπατος und στρατηγὸς ἀνθύπατος. Sie waren nicht mehr zeitgemäß, weil die städtischen Magistrate, wie oben gesagt, durch Sulla entmilitarisiert wurden. Da die Reform des Diktators darauf abzielte, einerseits die Senatsherrschaft durch die Entmachtung des Volkstribunats zu stärken und andererseits das Reichsgebiet zu erweitern, erhielten die in den Provinzen Kleinasiens als Statthalter amtierenden Prokonsuln das Recht, als Imperatoren Feldzüge außerhalb der Provinz, d. h. vor allem in Thrakien, zu führen. Die Gesetzgebung Sullas hatte weitreichende Auswirkungen, denn die Söhne der vom Diktator Proskribierten, wie beispielsweis Carrinas, durften bis zum Bürgerkrieg Anfang 49 kein Amt übernehmen.1366

1364 Combès, Imperator 24, 112, nennt das S C de Stratonicensibus (OGIS Nr. 441, Z. 95, 101f.) von 81 als ersten Beleg. – Siehe auch das S C de Tabenis (S. 253 mit A. 1299). 1365 Plb. VI 15, 2 (Zitat S. 146/712); vgl. Cic. leg. III 6, 10 (Zitat S. 30/103). 1366 Cass. Dio LI 21, 6–7; (Zitat S. 421/2222).

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

IV b) Die späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.) 1.

Prokonsuln und Imperatoren in der Provinz Macedonia von 81 bis 71 v. Chr.

Im Zug seiner Provinzialreform machte Sulla Makedonien 81 wegen seiner großen militärischen Bedeutung zur provincia consularis.1367 Die Statthalter waren von 81 bis 71 Konsulare, die als Prokonsuln im Sinn von Promagistraten amtierten. 1.1

Cn. Cornelius Dolabella

Cn. Dolabella war der Sohn eines unbekannten Publius und der Nachfahre des namensgleichen Konsuls von 159.1368 Im Bürgerkrieg stand er 83–82 als Flottenbefehlshaber im Dienst Sullas, 81 erhielt er zum Lohn das Konsulat.1369 Da Sulla Anfang 81 bei der Besetzung der Statthalterschaften für Makedonien kein Konsular zur Verfügung stand, entsandte er Dolabella vermutlich bereits als Konsul.1370 Der griechische Titel ἀνθύπατος steht im Präskript eines Schreibens, das er 80 von seinem Amtssitz Thessalonike an die Behörden der Insel Thasos richtete.1371 Darin dankte er den Thasiern für die vorbildliche Haltung in den Jahren 86/85 während des 1. Mithridatischen Krieges und teilte ihnen einen Senatsbeschluss mit, in dem ihr Recht anerkannt wird, sich als civitas libera nach eigenen Gesetzen und Bräuchen zu regieren. Als Anerkennung für seine Treue hatte Thasos von Sulla die Inseln Skiathos und Peparethos erhalten. Als Statthalter bestand Dolabel1367 Als letzter Prätor amtierte C. Sentius in Makedonien von 93 bis 87: vgl. S. 247 mit Anm. 1272. 1368 E. Badian, The Dolabellae of the Republic, PBSA 32, 1965, 48–51. 1369 Flottenbefehlshaber: Plut. Sull. 28, 8. 29, 8. – Konsulat: Cic. leg. agr. II 35. 1370 MRR II 80, 84, 86, 89. – T. C. Sarikakis, Archontes, Bd. Α, 1971, 75ff.; Papazoglou, Macédoine 310; Brennan, Praetorship, 529f., 709. – Jahr 81: Verf. S. 261 mit A. 1353. 1371 C. Dunant – J. Pouilloux, Histoire et cultes de Thasos, 1959, II, Nr. 175, col. I, Z. 1: [Γναῖ]ος Κορνήλιος Ποπλίου [υἱὸς Δολαβέλλας ἀνθύπατ]ος χαίρειν λέγει ἄρχουσι βουλῆι δήμωι Θασίων. – Ergänzung: Col. II Z. 4.

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Prokonsuln und Imperatoren in der Provinz Macedonia von 81 bis 71 v. Chr.

la darauf, dass die Thraker die zur Peraia der Thasier gehörenden Gebiete räumen und ihnen zurückgeben.1372 Er sollte 78 von Ap. Claudius Pulcher abgelöst werden, der aber in Tarentum erkrankte, und bis Anfang 77 in Rom blieb.1373 Dolabella kehrte 77 nach Rom zurück und feierte einen Triumph. Er hatte ihn sich vermutlich durch einen Sieg über die Thraker verdient.1374 An seinem Beispiel zeigt sich, dass die Prokonsuln als gewesene Konsuln das imperium militiae behielten. Noch im gleichen Jahr wurde Dolabella von dem erst 21-jährigen Caesar wegen Erpressung angeklagt. Nach seinem Freispruch zog er sich nach Rhodos zurück.1375 1.2

Ap. Claudius Pulcher

Der Sohn des gleichnamigen Konsuls von 130 und Bruder des Gaius (cos. 92)1376 war 111 oder 110 Münzmeister, Quästor ca. 98, Ädil 91(?), Prätor 88, befehligte 87 wohl als Prätor eine Legion des sullanischen Heers gegen Cinna in Kampanien, 79 Konsul, 78 wegen Krankheit kein Kommando, Anfang 77 Interrex.1377 Wohl im Frühjahr 77 übernahm Appius mit einjähriger Verspätung das Kommando in Makedonien. In den Periochae heißt es zu diesem Jahr, Appius Claudius habe als proconsul die Thraker in mehreren Schlachten besiegt.1378 Gleiches gilt für Rufius Festus und Ammianus Marcellinus, die Appius Claudius ebenfalls proconsul nennen, während Eutrop im gleichen Sinn post consulatum sagt. Diesen Geschichtsschreibern zufolge besiegte er die außerhalb der Provinz siedelnden Bewohner des Rhodopegebirges 1372 Dunant – Pouilloux, Thasos II, 1959, Nr. 175, col. II, Z. 6–26; vgl. MRR III 65. 1373 Sall. Hist. Fg. I 115, ed. P. McGushin, Sallust, The Histories, Oxford 1992, Vol. I, 181: Itaque Servilius aegrotum Tarenti collegam, prior transgressus. 1374 Cic. in Pis. 19, 44: ex qua provincia (= Macedonia) … his paucis annis Cn. Dolabellae, C. Curionis, M. Luculli iustissimos triumphos vidimus. 1375 Vell. II 43, 3: Reliqua eius acta in urbe, nobilissima Cn. Dolabellae accusatio et maior civitatis in ea favor, quam reis praestari solet. – Suet. Div. Iul. 4,1: Ceterum composita seditione civili Cornelium Dalobellam consularem et triumphalem repetundarum postulavit; absolutoque Rhodum secedere statuit. – Plut. Caes. 4, 1: Ἐπανελθὼν ὁ Kαὶσαρ εἰς Ῥώμην Δολαβέλλαν ἔκρινε κακώσεως ἐπαρχίας, καὶ πολλαί τῶν ἀπὸ τῆς Ἑλλάδος πόλεων μαρτυρίας αὐτῷ παρέσχον. Ὁ μὲν οὖν Δολαβέλλας ἀπέφυγε τὴν δίκην. 1376 Ap. Claudius Pulcher (cos. 130): S. 202 mit A. 1020. – C. Claudius Pulcher (cos. 92): S. 233 mit A. 1192f. 1377 Münzmeister: RRC Nr. 299. – q. und pr.: MRR III 56. Jahr 87: Liv: per. 79, 1. Interrex: Sall. Hist. I 77, 22; vgl. S. 156 mit A. 786. 1378 Liv. per. 91, 3: Appius Claudius procos. Thracas pluribus proeliis vicit.

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

und die zwischen dem Bosporus und der Propontis gelegenen Seestädte.1379 Nach Florus gelangte er bis in das Gebiet der Sarmaten. Auch sie siedelten außerhalb der Provinz in etwa zwischen dem Kaspischen Meer und den Karpathen.1380 Die Feldzüge muss Ap. Pulcher folglich als Imperator geführt haben. Die oben genannte Funktion proconsul ist militiae nicht angebracht, weil er sie analog zu seinem Vorgänger Cn. Dolabella nur in der Provinz hatte. Dem ausführlichen Bericht des Orosius zufolge erloste Appius den Makedonischen Krieg gegen verschiedene Völker, die vom Rhodopegebirge aus Makedonien aufs grausamste verwüsteten und die Schädel ihrer Gefangenen als Trinkgefäße benutzten. Als noch blutdurstiger und unmenschlicher erwiesen sich die Skordisker. Bei dem Versuch, sie aus der Provinz zu vertreiben, erkrankte der psychisch angeschlagene und von Sorgen gepeinigte Claudius schwer und starb 76.1381 Der im Jahr 69 von Cicero wegen Erpressung in Gallia Narbonensis verteidigte M. Fonteius diente Appius in Makedonien wahrscheinlich als Legat und übernahm nach dessen Tod kurzfristig das Kommando; er bewahrte die Provinz vor den Verwüstungen durch die Thraker.1382 Fonteius

1379 Eutrop VI 2, 1: Ad Macedoniam missus est Ap. Claudius post consulatum. Levia proelia habuit contra varias gentes quae Rhodopam provinciam incolebant, atque ibi morbo mortuus est. – Festus, Brev. 9, 2: Per Appium Claudium proconsulem hi qui Rhodopam incolebant victi sunt. Europae maritimas urbes antea Romana classis obtinuit. – Ammian. Marc. XXVII 4, 10: post quos (sc. Odrysos) et residui ab Appio pro consule sunt infesta concertatione deleti. Oppida einm in Bosporo sita et Propontide classes obtinuere Romanae. 1380 Flor. I 39, 6: Appius in Sarmatas usque pervenit; vgl. J. Fitz, Sarmatae, KP 4, 1979, Sp. 1557. 1381 Oros. V 23, 17: Interea Macedonicum bellum Claudius sortitus varias gentes, quae Rhodopaeis montibus circumfusae sunt ac tunc Macedoniam crudelissime populabantur. 18: Nam inter cetera dictu audituque horrida quae in captivos agebant, raptis, cum poculo opus esset, humanorum capitum ossibus crunetis capillatisque adhuc ac per interiores cavernas male effosso cerebro utebantur. quarum cruentissimi atque immanissimi Scordisci erant. 19: has itaque, ut dixi, Claudius pellere Macedoniae finbus bello adtemptavit magnisque se malorum molibus obiecit. Unde cum animo aeger et curis circumsaeptus, morbo insuper correptus esset, interiit. 1382 Cic. Font. 44: Macedonia … non solum consilio sed etiam manu M. Fontei conservatam esse dicat, ut ipsa per hunc a Thracum adventu ac depopulatione defensa ‹est›; vgl. MRR II 91, 95. – Brennan, Praetorship, 529, versuchte, die Nachricht 81 zu datieren, damals diente Fonteius jedoch als Legat in Spanien im Sertoriuskrieg: Hispaniensis legatio consecuta est turbulentissimo rei publicae tempore, cum adventu L. Sullae maximi exercitus in Italiam cives vi dissiderent: Cic. Font. 6.

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Prokonsuln und Imperatoren in der Provinz Macedonia von 81 bis 71 v. Chr.

dürfte das Land spätestens im Herbst 76 verlassen haben, denn 75 wurde er Prätor und übernahm 74 die Statthalterschaft in Gallia Narbonensis.1383 1.3

C. Scribonius Curio

C. Scribonius Curio war der Sohn des bekannten gleichnamigen Redners (pr. 121) aus der tribus Pomptina.1384 Er setzte bald nach 100 die Tradition seines Vaters als großer Redner fort1385, 90 Volkstribun, ging Ende 88 mit Sulla nach Griechenland und erreichte die Übergabe Athens durch den Tyrannen Aristion.1386 Nach dem Frieden von Dardanos führte Curio 85/84 Nikomedes nach Bithynien und Ariobarzanes nach Kappadokien zurück, kehrte 83 mit Sulla nach Italien zurück, bereicherte sich bei den Proskriptionen, 80 Prätor.1387 Als Konsul bekämpfte er 76 die Versuche des Cn. Sicinius zur Wiederherstellung der Rechte des Volkstribunats.1388 Curio löste Fonteius, den Stellvertreter des Appius, wohl frühestens im Herbst 76 ab.1389 Seine Präsenz in der Provinz im Jahr 76 bezeugt der Terminus consul im folgenden Bericht Frontins: Strat. IV 1, 43: C. Curio consul bello Dardanico circa Dyrrhachium, cum ex quinque legionibus una seditione facta militiam detractasset secuturamque se temeritatem ducis in expeditionem asperam et insidiosam negasset, quattuor legiones eduxit armatas et consistere ordinibus detectis armis velut in acie iussit. Post hoc seditiosam legionem inermem procedere 1383 Zur Prätur s. MRR II 97, III 93; vgl. Dyck, M. Tullius Cicero, 12 (Vf. 212/1082). – Wahltermin im Spätherbst: Kunkel, StO, 88. 1384 Vater: Cic. Brut. 110, 122. – Tribus: L. Ross Taylor, Voting Districts, 268ff. 1385 Ps. Asc., Stangl 51, 58; Cic. Brut. 182f., 210, 216; Ankläger des Q. Caecilius Metellus Nepos nach 98; vgl. Alexander, Trials, Nr. 82. 1386 Volkstribun: Cic. Brut. 305. – Athen: Plut. Sull. 14, 11. – Eine Ehrenstatue im Amphiaraosheiligtum in Oropos (IG VII 331) mit der Inschrift: Γάιον Σκριβώνιον Γαίου υἱὸν /​ Κουρίωνα, τὸν ἑαυτῶν πάτρωνα, /​ Ὀρώπιοι Ἁμφιαράωι ist vermutlich auf seine Taten im 1. Mithridatischen Krieg zu beziehen; vgl. V. Petrakou, Oropos, 1968, 161, Nr. 19–20; vgl. Vf. S. 247/1273. 1387 85/84: App. Mith. 60, 249. – Rückführung: Cic. Brut. 227, 311. – Proskriptionen: Ps.-Ascon., Stangl 89. – Ein Brief Sullas mit dem SC de Thasiis aus dem Jahr 80 (Dunant – Pouilloux II Nr. 174) nennt unter den Zeugen als ersten Γά[ιος Σκριβώνιος …] Κουρί[ων]; vgl. Sherk, RDGE Nr. 20, Z. 5f. 1388 Sall. Hist. III 34, 10: C. Curio ad exitium usque insontis tribuni dominatus est. 1389 Curio war in der warmen Jahrenzeit noch in Rom: Cic. Brut. 217; vgl. Brennan, Praetorship, 863/51.

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

discinctamque in conspectu armati exercitus stramenta coegit secare, postero autem die similiter fossam discinctos milites facere, nullisque precibus legionis impetrari ab eo potuit, ne signa eius summitteret nomenque aboleret, milites autem in supplementum ceterarum legionum distribueret. – Als im Dardanischen Krieg bei Dyrrhachium von den fünf Legionen des Konsuls Gaius Curio eine meuterte, den Dienst verweigerte und es ablehnte, dem verwegenen Feldherrn auf einem mühevollen und gefährlichen Feldzug zu folgen, führte der Konsul die vier anderen Legionen bewaffnet hinaus und befahl ihnen, sich mit gezogenen Waffen wie zur Schlacht in Reih und Glied aufzustellen. Darauf zwang er die aufrührerische Legion, unbewaffnet vorzutreten und vor den Augen der bewaffneten Armee ungegürtet Streu zu schneiden; am nächsten Tag nötigte er die Soldaten, ebenfalls ungegürtet einen Graben zu ziehen, und die Legion konnte durch Bitten nicht erreichen, dass er ihre Feldzeichen herunterholte, ihre Namen tilgte und ihre Soldaten auf die übrigen Legionen verteilte.

Diesem Bericht zufolge war der Konsul Curio mit fünf Legionen in Dyrrhachium gelandet. Das heißt, dass seine Armee eine Stärke von ca. 25000 Mann hatte. Er war wegen der Vakanz der Statthalterstelle in Makedonien wahrscheinlich schon im Sommer 76 von Rom aufgebrochen.1390 Die COSAngabe dient zur Datierung, ab 75 fungierte Curio in der Provinz als Prokonsul, außerhalb als Imperator. Von seiner exemplarischen Strenge im Krieg gegen die Dardaner am Hellespont erzählte man sich noch Jahrhunderte später. Ammianus Marc. XXIX 5,22: … residuos supplicio capitali (sc. Imperator Valens) multavit, ad aemulationem Curionis, acerrimi illius ducis, qui Dardanorum ferociam in modum Lernaeae serpentis aliquotiens renascentem hoc genere poenarum exstinxit. – Die Übrigen bestrafte Kaiser Valens mit dem Tode – nach dem Vorbild jenes äußerst strengen Feldherrn Curio. Dieser hat nämlich die Wildheit der Dardaner, die wie die Lernäische Schlange immer wieder von neuem auflebte, mit der folgenden Art von Strafen ausgelöscht. Der Ablauf der Feldzüge stellt sich wie folgt dar: 1390 Der Einwand Brennans, 863/51, der Terminus consul sei ein Beispiel für die Ungenauigkeit Frontins, trifft nicht zu; Datierung i. J. 76: Papazoglou, Central Balkan Tribes, 179ff.

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Prokonsuln und Imperatoren in der Provinz Macedonia von 81 bis 71 v. Chr.

Liv. per. 92, 4: Praeterea res ab Curione procos. in Thracia gestas adversus Dardanos … continet. – Außerdem enthält das Buch die vom Prokonsul Curio in Thrakien gegen die Dardaner vollbrachten Taten. Curio führte das Kommando militiae analog zu Ap. Pulcher nicht als Prokonsul, sondern als Imperator. Sall. Hist. II 60 (McG): Eodem anno in Macedonia C. Curio principio veris cum omni exercitu profectus in Dardaniam, ‹a› quibus potuit, pecunias Appio dictas exegit. – Im gleichen Jahr (75) brach C. Curio von Makedonien aus bei Frühlingsanfang mit dem ganzen Heer nach Dardanien auf und zog mit allen erdenklichen Mitteln die Appius Claudius zugesagten Gelder ein. Der Feldzug Curios erstreckte sich über die Jahre 75 bis 73.1391 Sall. Hist. III 91 (McG): Atque eum Curio laudatum accensumque praemiorum spe, quibus optavisset, ire iubet. – Und nachdem ihn Curio gelobt und seinen Ehrgeiz durch die Hoffnung auf Belohnungen angestachelt hatte, befahl er ihm, mit den Männern, die er selbst ausgewählt hatte, aufzubrechen. Curio führte offenbar mit Hilfe des Häuptlings der Dardaner die Eintreibung der mit Ap. Claudius Pulcher vereinbarten Steuern bei dessen Landsleuten durch, nachdem er sie unterworfen hatte (v. infra).1392 Sall. Hist. III 92: Curio religione Volcanaliorum diem ibidem moratus. – Wegen seiner religiösen Bedenken bezüglich des Vulcanusfestes brachte Curio dort einen Tag zu. Das Fragment bezieht sich wahrscheinlich auf den Feldzug gegen die Dardaner. Am Tag des Vulcanusfests (23. August) hatte Q. Fulvius Nobilior 153 eine schwere Niederlage erlitten.1393

1391 Vgl. McGushin, Sall. Hist., I 226. 1392 McGushin, Sall. Hist., I 226, II 136f. – Steuereintreibung in der Chersonesos unter T. Didius: S. 231 mit A. 1186. 1393 Vgl. S. 195 mit A. 985.

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

Liv. per. 95, 1 (zum Jahr 73): C. Curio procos. Dardanos in Thracia domuit. – Der Prokonsul C. Curio bezwang die Dardaner in Thrakien. Rufius Festus, Brev. VII 5: Dardanos et Moesios Curio pro consule subegit et primus Romanorum ducum ad Danuvium usque pervenit. – Der Prokonsul Curio unterwarf die Dardaner und Mösier und gelangte als erster Feldherr bis an die Donau. Florus I 39, 6: Curio Dacia tenus venit, sed tenebras saltuum expavit. – Curio kam bis nach Dakien, aber es schauderte ihn vor den dunklen Wäldern.1394 Jordanis, Romana1395 216: Dardanos Mysosque Curion primum proconsul edomuit primusque omnium Romanorum Danubium amnem usque profectus cuncta eius loca vastavit. – Zuerst bezwang der Prokonsul Curio die Dardaner und Möser; er zog als erster von allen Römern bis zur Donau und verheerte die ganze Gegend. Eutrop VI 2, 2: Missus ei est successor C. Scribonius Curio post consulatum. Is Dardanos vicit et usque ad Danubium penetravit triumphumque meruit et intra triennium bello finem dedit. – Als Nachfolger wurde für ihn C. Scribonius Curio nach seinem Konsulat entsandt. Dieser besiegte die Dardaner und drang bis zur Donau vor; er erhielt einen Triumph und beendete den Krieg innerhalb von drei Jahren. Der Autor der Periochae des Livius sowie die spätantiken Geschichtsschreiber Rufius Festus und Jordanis verwenden für Curio in Thrakien und an der Donau den Terminus proconsul im Sinn von post consulatum. Er ist nicht angebracht, weil Curio wie Cn. Dolabella nur in der Provinz Makedonien als Prokonsul amtierte. In Oropos in Attika wurde C. Scribonius Curio C. f. als Patron der Stadt geehrt, weil er sich im Streit mit den Steuerpächtern bei der Besteuerung

1394 G. Laser, Edition Antike, WBG 2005, 143, übersetzt: aber er wandte die Dunkelheit der Schluchten durch ein Sühneopfer ab. 1395 Der vollständige Titel der Weltchronik lautet: De summa temporum vel origine actibusque gentis Romanorum.

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Prokonsuln und Imperatoren in der Provinz Macedonia von 81 bis 71 v. Chr.

der Einkünfte des Amphiaros-Heilgtums für die Oropier eingesetzt hatte.1396 Den von Cicero erwähnten Triumph feierte Curio vermutlich 72.1397 61 verteidigte er überraschend P. Clodius Pulcher im Bona Dea-Skan1398 dal , vermutlich 61 war er Zensor, 59 Versöhnung mit Cicero, bis zu seinem Tod 53 Gegner Caesars, den er noch 55 in einer Invektive angriff.1399 1.4

M. Terentius Varro Licinius Lucullus

M. Terentius Varro, der in der Literatur M. Lucullus genannt wird, betrieb zusammen mit seinem berühmten Bruder 100 v. Chr. die Verurteilung des Augurs C. Servilius (Vatia) aus Rache für dessen Klage gegen ihren Vater.1400 99 trat er für die Rückkehr seines exilierten Onkels Q. Caecilius Metellus Numidicus ein.1401 86 q. Sullas in Makedonien und 83–81 pro q. Sullas in Italien und in der Cis­padana; er nahm auf Senatsbeschluss die Grenzregulierung zwischen Fanum und Pisaurum vor1402, 79 Ädil mit seinem Bruder, 76 praetor peregrinus: Erlass gegen Umtriebe von Sklaven1403, Richter im Prozess gegen C. Antonius Hybrida wegen Erpressung der Griechen in Kleinasien1404, Pontifex vor 73, 73 Konsul: lex Terentia et Cassia frumentaria.1405 M. Lucullus übernahm vermutlich turnusmäßig im Frühjahr 72 das Kommando von C. Scribonius Curio. Cicero, Eutrop und Orosius stim-

1396 Canali de Rossi, Patroni, S. 12, I. Nr. 18. 1397 Cic. Pis. 19, 44 (Zitat: S. 265/1374); Datierung: MRR II 118. 1398 P. Clodius: Cic. Att. I 12, 3. 16; Plut. Caes. 10, 1–7; Rede in P. Clodium: Ps. Ascon., Stangl, 85, Z. 16f. accusante. L: (Cornelio) Lentulo (Nigro), defendente C. Curione patre: – Zensor: MRR III 186. 1399 Versöhnung: Att. II 7, 3. 8, 1. 12, 2. – Gegner Caesars: Cic. Brut. 60, 218–61, 220. 1400 Cic. acad. pr. II 1; off. II 50; vgl. Alexander, Trials, Nr. 69. – C. Servilius Vatia: S. 275 mit A. 1419. 1401 Jahr 99: Val. Max. IV 1. – Metellus Numidicus in Africa: S. 217 mit A. 1114. 1402 Maked.: Münzen MAPKOY TAMIOY; vgl. de Callatay, Coinage 324, T. 4. – Italien: Plut. Sull. 27, 14–17. – Grenzregulierung: ILLRP 474; vgl. S. 261 mit A. 1355. 1403 Ädil: Cic. off. II 57. – Prätor: Cic. Tull. 5–12; vgl. B. Frier, Urban Praetors and Rural Violence, Tapha 113, 1983, 232f. – Brennan, Praetorship, 453f., 461f. 464. 1404 Ascon. (ed. Scribes), toga cand. 84; Plut. Caes. 4, 1; vgl. MRR II 93; Alexander, Trials, Nr. 141; Vf. S. 305 mit A. 1569. 1405 Pontifex: MRR II 114. – lex Terentia Cassia: Ascon. in Pis. 4 § 9; vgl. Brennan, Praetorship, 485f.

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

men darin überein, dass er es von Makedonien aus führte.1406 Nach den Periochae unterwarf er in diesem Jahr als proconsul die Thraker.1407 M. Lucullus führte jedoch das Kommando militiae analog zu seinen Vorgängern als Imperator. Ammianus Marcellinus stellt diesen Terminus fälschlich vor das Nomen Lucullus. M. Lucullus griff zuerst die am oberen Hebros siedelnden Besser an und überwand ihren Widerstand genauso wie den der Haemimontaner.1408 In einem zweiten Feldzug drang Lucullus über das Haemusgebirge zu den Geten in den Ostbalkan vor.1409 An den Ufern der unteren Donau stießen die Römer auf die Skythen.1410 Sehr blumig drückt sich Florus aus, er sei zur Grenze der Menschheit, d. h. zum Tanais-See und zur Maiotis, gelangt.1411 Anschließend besetzte M. Lucullus die griechischen Städte zwischen dem Bosporus und der Donau, nämlich Apollonia, Kallatis, Mesembria, Dionysopolis, Tomi und Istros.1412 Den Winter 72 auf 71 verbrachte M. Terentius Varro Lucullus mit seinen Truppen im Winterquartier von Mesembria (am Golf v. Burgas). Seine Funktion αὐτοκράτωρ bezeugt eine griechische Inschrift.1413 1406 Eutrop VI 7, 1: Anno urbis sexcentesimo septuagesimo octavo Macedoniam provinciam M. Licinius Lucullus accepit. – Cic. Verr. II 2, 24: (M.) Lucullus, qui tum in Macedonia fuit, melius haec cognovit quam tu, Hortensi, qui Romae fuisti, … Der berühmte Redner Q. Hortensius war 72 Repetundenprätor (MRR II 116). – Oros. VI 3, 4: At vero M. Lucullus, qui Curioni in Macedonia successerat, … 1407 Liv. per. 97, 4: M. Lucullus pro cos. Thracas subegit. – proconsul in den Periochae im Sinn von ex consule: S. 270. 1408 Amm. Marc. XXVI 4, 10: Advenit post hos imperator Lucullus, qui cum durissima gente Bessorum conflixit omnium primus, eodemque impetu Haemimontanos acriter resistentes oppressit. Quo imminente Thraciae omnes in dicionem veterum transiere nostrorum. 1409 Sall. Hist. IV 12: Getarum fera gens apud maiores fuit; nam ipsa sunt Moesi, quos Sallustius a Lucullo dicit esse superatos. 1410 Jord. Rom. 221: (Lucullus) omniaque loca usque ad Danubium subsedens Scythis ostendit. 1411 Flor. I 39, 6: Lucullus ad terminum gentium Tananin lacumque Maeotin (pervenit). 1412 Festus, Brev. 9, 3: Marcus Lucullus per Thracias cum Bessis primus pugnavit; ipsamque caput gentis Thraciam vicit: Haemimontanos subegit, et Eumolpiadem, quae nunc Philippopolis dicitur; Uscudamam, quae modo Hadrianopolis nominatur, in ditionem nostram redegit: Cabylen cepit. Inde multas supra Pontum positas civitates adgressus est. Illic Apolloniam evertit, Callatim, Parthenopolin, Tomos, Histrum, Burziaonem cepit belloque confecto Romam rediit. – App. Ill. III 30: Μυσοὺς δε Μᾶρκος μὲν Λεύκολλος … κατ;δραμε, καὶ ἐς τὸν ποταμὸν ἐμβαλὼν, ἔνθα εἰσὶν Ἑλληνίδες ἐξ πόλεις Μυσοῖς πάροικοι, Ἴσστρος τε ‹καὶ Καλλατὶς› καὶ Διονυςόπολις καὶ Ὀδησσὸς καὶ Μεσημβρία ‹καὶ Ἀπολλωνία›. ἐξ ἧς ἐν Ῥώμηι [εκ καλατίδος] μετήνεγκε τὸν μέγαν Ἀπόλλωνα, τὸν ἀνακείμενον ἐν τωι Παλατίωι. 1413 G. Mihailov, IG Bulgaricae I, 1970, Nr. 314.

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Prokonsuln und Imperatoren in der Provinz Macedonia von 81 bis 71 v. Chr.

Beschluss des Rates und des Volkes: Heraion, der Sohn des Pasion, stellte den Antrag: ‚Da der Römer Gaius Cornelius, der Sohn des Gaius, der vom Imperator Marcus Terentius Lucullus, dem Sohn des Marcus, als Vorstand der … Stadt eingesetzt wurde1414, dem Volk viele und große Wohltaten erwies, indem er mit den einst zum Imperator geschickten Gesandtschaften in allen Belangen zusammenarbeitete, und indem er ein Patron der Stadt war, wie es ihm auch die Gesandten bezeugten, und weil er in Bezug auf die uns auferlegte winterliche Einquartierung seinen gesamten Eifer eingebracht hat, weil er nämlich Vorsorge traf.‘ Der Konsular M. Lucullus führte das Kommando als αὐτοκράτωρ, weil er außerhalb der Provinz operierte. Er setzte einen gewissen C. Cornelius, Sohn des Gaius ein, der wahrscheinlich identisch ist mit dem gleichnamigen Quästor des Pompeius in Spanien; sein Vorgänger war vermutlich der 75 gefallene C. Memmius. C. Cornelius war 67 Volkstribun, wurde 65 wegen maiestas angeklagt und von Cicero erfolgreich verteidigt.1415 Er war 72/71 Lucullus auf dem Donau-Feldzug als Legat unterstellt, wurde von ihm in Mesembria als Stadtpräfekt eingesetzt und von den Bewohnern mit einer Statue geehrt, vermutlich zum Dank dafür, dass er die finanziellen Belastungen für sie gering hielt. Was die Leistungen des M. Lucullus betrifft, so kann man zusammenfassend sagen, dass er ganz Thrakien unterwarf, indem er sich der größten Festungen (Uscudama, Philippopolis. Kabyle) bemächtigte und die kriegerischen Bergbewohner unter das römische Joch zwang. Durch die Eroberung der oben genannten griechischen Städte versperrte er Mithridates den Zugang zur westlichen Schwarzmeerküste.1416 M. Terentius Lucullus kehrte 71 nach Rom zurück und triumphierte nach Hieronymus in diesem Jahr über die Besser nach Einnahme von Cabyle, Tomis und der übrigen benachbarten Städte.1417 Bei seinem Triumph1414 … ὁ καθεσταμένος ἐπὶ τᾶς πόλιος [. ]ια[ ….]ς ὑπὸ Μαάρκου Τερεντίου Μαάρκο[υ] [υἱ] οῦ [Λευ]κόλλου αὐτοκράτορος… 1415 Ascon., pro Cornelio de maiestate, Kap. 61: q. des Pompeius; vgl. C. Memmius q.: S. 229 mit A. 1176; Freispruch: Kap. 81. 1416 Vgl. Papazoglou, Central Balkan Tribes, 410–412; dies. Prov. Macéd. 318f. – A. Avram, Vertrag Rom-Kallatis, 1999, 55f. 1417 Zur Rückkehr s. Plut. Crass. 11, 3. – Triumph: Hieronymus, p. 159 (ed. Helm): M. Lucullus de Bessis triumphavit capta Cabyle et Tomis et ceteris vicinis urbibus.

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

zug führte er zahlreiche Bildwerke mit, den 30 Ellen hohen, 500 Talente tueren Koloss des Apollo, der aus Apollonia an der Schwarzmeerküste stammte. 66 von C. Memmius (pr. 58) als Quästor Sullas angeklagt.1418

2.

Die Feldzüge des P. Servilius Vatia (Isauricus) von Kilikien aus (78–74)

Vom Ende der 90er bis zur Mitte der 70er Jahre ragt P. Servilius Vatia Isauricus unter den Feldherren heraus; er wurde um 122 geboren. Sein älterer Bruder, C. Servilius Vatia (pr. 103), kämpfte in Sizilien gegen Sklaven. Von mütterlicher Seite war er ein Enkel des Q. Metellus Macedonicus.1419 100 nahm er am Kampf gegen Saturninus und Glaucia teil, war nach Broughton um 98 Volkstribun und ca. 91 Prätor.1420 Brennan datiert die Prätur 93 und das folgende Statthalteramt 92 bis 88, weil unter dem Druck des Bundesgenossenkriegs ab 91 keine Prätoren in die Provinzen entsandt worden seien.1421 Eine Parallele liefert C. Sentius, der in Makedonien 93 bis 87 amtierte.1422 Nach den Fasten triumphierte Servilius am 21. 10. 88 als Proprätor, über wen oder über welchen Stamm ist unbekannt.1423 Als Provinzen stellte Badian Sardinien, Africa und Kilikien zur Auswahl. Er entschied sich für Sardinien, weil die Insel einem Prätor, der triumphieren wollte, die Gelegenheit bot, gegen rebellische Bergstämme zu kämpfen.1424 Für seine Annahme spricht, dass 89 in Africa der Prätor P. Sextilius amtierte und die Fasten Kilikiens ab 89 durch Q. Oppius belegt sind.1425 Wahrscheinlich war Publius einer der beiden Servilier, die 82 bei Clusium für Sulla einen Erfolg errangen. Nach seinen Siegen beförderte ihn der Diktator als einen der Ersten zum Konsulat für 79. Mit seinem Kollegen 1418 Plin. NH IV 92: a Bosporo Thracio, ex qua M. Lucullus capitolinum Apollinem advexit. – NH XXXIV 38: talis est in Capitolio Apollo tralatus a M. Lucullo ex Apollonia Ponti urbe, XXX cubitorum, D talentis factus. – Anklage: Plut. Luc. 37, 1. 1419 C. Vatia in Sizilien: S. 224 mit A. 1147; vgl. Elvers, DNP 11, 2001, [I 27]. – Q. Caecilius Metellus Macedonicus: S. 172ff. 1420 Jahr 100: Cic. Rab. perd. 21; Volkstribun: MRR II 5. Prätor: MRR II 26. 1421 Brennan, Praetorship, 442; vgl. MRR III 197. 1422 Vgl. MRR II 15, 43, 49; vgl. Vf. S. 247 mit A. 1272. 1423 Inscr. It. 13, 1 p. 84: [P. Serv]ilius C. f. M. n. Vatia pro pr(aetore) an. DCLXV [de ….] XII. k. Novem. 1424 Badian, Studies, 84; vgl. MRR III 197, Brennan, Praetorship, 477. 1425 P. Sextilius: Plut. Mar. 40, 6f. – Q. Oppius: S. 241ff.

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Die Feldzüge des P. Servilius Vatia (Isauricus) von Kilikien aus (78–74)

Ap. Claudius Pulcher bezwang er 79 das bis dahin im Widerstand verharrende Volaterrae.1426 Im Frühjahr 78 schiffte sich der vom Volk zum Imperator gewählte und bei seinem Auszug akklamierte Servilius anstelle des erkrankten Ap. Pulcher mit einem Heer nach Kilikien ein und führte es fünf Jahre lang.1427 Er löste den Prätor von 81, Cn. Cornelius Dolabella, ab, der seit 80 Kilikien als Statthalter verwaltet hatte.1428 Die lange Dauer des Kommandos lässt darauf schließen, dass Servilius durch ein S C ein außerordentliches Imperium erhalten hat. Eutrop und Orosius nennen den nach Kilikien und Pamphylien entsandten Servilius ex consule im Sinn von Konsular.1429 Nach Festus wurde er als Prokonsul zum Kampf gegen die Kiliker und Isaurier, die sich mit den Piraten und Seeräubern verbündet hatten, entsandt und unterwarf sie.1430 Nach den Periochae und nach Festus eroberte er als Prokonsul, d. h. im Jahr 75, das unzugängliche Piratennest Olympon im Küstengebirge Pamphyliens.1431 Präziser ist der Terminus imperator populi Romani, den Cicero bei der Eroberung verwendet, weil Pamphylien noch nicht Provinz war. 1432 Orosius wirft Servilius vor, er habe als ex consule Kilikien und Pamphylien äußerst brutal angegriffen und beinahe zerstört.1433 Von 77 bis 75 unternahm er Feldzüge gegen im Taurus siedelnde Gebirgsstämme und baute dort als Erster eine Straße, wenn auch vermutlich nicht als Prokonsul, 1426 Clusium: Vell. II 28, 1. – Konsul: App. BC I 103, 480; Oros. V 22, 1. – Volaterrae: Gran. Lic. p. 39 B. 1427 Sall. Hist. I 115 (Zitat S. 265/1373); vgl. McGushin, Sallust, Histories I, 147, 181. – Cic. Verr. II 3, 211: P. Servilius quinquennium exercitui cum praeesset … 1428 Dolabella (pr. 81): Cic. Verr. I 44; Ps. Ascon. zu Cic. div. in Q. Caecilium 3–7; vgl. S. 86 mit A. 424. 1429 Eutrop VI 3: Ad Ciliciam et Pamphyliam missus est P. Servilius ex consule. – Oros. V 23, 21: Publius vero Servilius ex consule Ciliciam et Pamphyliam crudelissime adortus, dum subdere studet, paene delevit. 1430 Rufius Festus, Brev. 12: Cilices, et Isauros, qui piratis et praedonibus maritimis se iunxerant, Servilius proconsul, ad praedonum bellum missus, subegit. 1431 Liv. per. 93, 1: P. Servilius procos. in Cilicia Isauros domuit et aliquot urbes piratarum expugnavit. – Ammianus Marcellinus XIV 8,4: Hae duae provinciae bello quondam piratico catervis mixtae praedonum a Servilio pro consule missae sub iugum, factae sunt vectigales. – Festus: Brev. XI: Pamphyliam, Lyciam, Pisidiam Servilius pro consule ad bellum piratarum missus obtinuit. – proconsul in den Periochae: S. 270, 272 mit A. 1407. 1432 Cic. Verr. II 1, 56: Servilius imperator populi Romani Olympum urbem hostium cepit; zu Olympon und Phaselis s. Cic. Verr. IV 21; Flor. I 41, 3–4. – Zu Olympon s. Zimmermann, Die seltsamsten Orte der Antike, 2018, 71–79. 1433 Oros. V 23, 21: P. vero Servilius ex consule Ciliciam et Pamphyliam crudelissime adortus dum subdere studet, paene delevit. – zum Status Pamphyliens i. J. 87/86 s. S. 243 mit A. 1252.

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

sondern als Imperator.1434 Sallust schildert ausführlich seinen Marsch von Pamphylien über das Taurusgebirge ins Landesinnere. Höhepunkt war die Belagerung und Einnahme des oppidum Isaura Vetus, das an den Ufern des Çarşamba nahe Bozkir lag.1435 Nach Frontin leitete Servilius Isaurus den Fluss um, aus dem die Feinde Wasser holten, und zwang die vom Tod durch Verdursten bedrohten Bewohner der Stadt zur Übergabe.1436 Von Bozkir stammt die folgende Inschrift (AE 1977, 816): Serveilius C. f. Imperator /​ hostibus victeis Isaura Vetere /​ capta captiveis venum dateis, /​ sei deus seive deast, quoius in /​ tutela oppidum Vetus Isaura /​ fuit vac. votum solvit. – ‚Nachdem der Imperator Servilius, Sohn des Gaius, die Feinde besiegt, Isaura Vetus eingenommen und den Gefangenen Gnade gewährt hatte, hat er, sei es, dass es sich um einen Gott oder eine Göttin handelt, unter deren Schutz die Stadt Isaura Vetus stand, sein Gelübde eingelöst‘. Der IMPTitel bestätigt, dass Servilius in Isaurien im Gegensatz zu Kilikien nicht als Prokonsul fungierte. Das Gelübde, das Servilius einlöste, hatte er in Rom vor seinem Feldzug bei der Einholung der Auspizien gemacht. Die Zeremonie ist wahrscheinlich mit einer evocatio vergleichbar.1437 Ammianus Marcellinus wusste nicht, dass Servilius als Imperator fungierte, denn er stellt fest, dass die von Räuberhorden heimgesuchten Provinzen Kilikien und Isaurien vom Prokonsul Servilius unterworfen und steuerpflichtig gemacht worden seien.1438 Das griechische Pendant αὐτοκράτωρ zu imperator folgt auf ὕπατος in einer Inschrift aus Oropos in Attika. Dass die Funktion in Oropos nicht ἀνθύπατος, sondern ὕπατος lautet, ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass Servilius das Prokonsulat nicht in der Provinz, in der die Inschrift verfasst wurde, verwaltet hat.1439 Die Angabe ὕπατος lässt erkennen, dass er in Griechenland nicht als Prokonsul fungierte.

1434 Festus, Brev. 12: Servilius proconsul … et viam per Taurum montem primus instituit. 1435 Sall. Hist. II 68; vgl. MRR II 87f., III 197. – A. Hall, Isaura Vetus, VI. Kongress für griech. und latein. Epigraphik, 1972, 568–571; vgl. AE 1977, 816 und K. Feld, Barbarische Bürger, 2004, 66–72. 1436 Front., Strat. III 7, 1: P. Servilius Isauram oppidum flumine ex quo hostes aquabantur averso ad deditionem siti compulit. 1437 Evocatio: Hall, Isaura Vetus, 570; Feld (Anm. 1435), 69 mit A. 78. 1438 Ammianus Marcellinus XIV 8, 4: Hae duae provinciae (sc. Cilicia et Isauria: cf. 8, 1) bello quondam piratico catervis mixtae praedonum a Servilio pro consule missae sub iugum, factae sunt vectigales. 1439 Ein Beispiel für die Übereinstimmung zwischen dem Ort der Inschrift und der Provinz des Prokonsulats ist die Ehrung des M. Titius (cos. 31) als ἀνθύπατος in Kolophon in Asia (SEG 49, 1999, 1512); er amtierte vermutlich 25/24 in Asia.

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Die Feldzüge des P. Servilius Vatia (Isauricus) von Kilikien aus (78–74)

Der unverbunden nach ὕπατος genannte Titel αὐτοκράτωρ bezeichnet das Kommando außerhalb der Provinz Kilikien. Er erscheint in der oben behandelten Votivinschrift in Isaurien und in der Form IMP in einer stadtrömischen Beuteweihinschrift; sie ist die erste nach Sulla, in der nicht COS steht.1440 Der IMPTitel eines Konsulars wurde zum ersten Mal in Rom veröffentlicht. Demnach durften die Oberfeldherren den IMPTitel nach Ablauf des Kommandos statt des COSTitels, der in Beuteweihinschriften nicht mehr gebräuchlich war, auch im Amtsbereich domi führen. Der Konsular Servilius triumphierte 74 nach den rekonstruierten Fasten als pro cos. de Cilicis et Isauris. Er erhielt das zweite Cognomen Isauricus zur Erinnerung an seine bleibende Leistung in Isaurien.1441 Sie besteht darin, dass er Kilikien eine feste Provinzstruktur gegeben hat, indem er die pamphylischen und kilikischen Küstengebiete um den Golf von Attaleia sowie die Bewohner des Rauen Kilikiens (Cilicia Trachea) befriedete und steuerpflichtig machte. Ein Athener, der eine Flottenabteilung vor der Küste Pamphyliens führte, suchte L. Furius Crassipes auf. Wenn dieser mit dem L. Furius identisch ist, der 75 in Rom Prätor war, so amtierte L. Furius Crassipes wahrscheinlich 74 als Prätor in der Provinz Asia.1442 Kilikien blieb bis zum Abzug des Pompeius aus Kleinasien im Jahr 63 provincia consularis.1443

1440 Oropos: Ὁ δῆμος Ὀρωπίων Πόπλιον Σερουίλιον Γαίου υἱὸν Ἰσαυρικὸν ὕπατον αὐτοκράτορα τὸν ἑαυτοῦ εὐεργέτην Ἀμφιαράωι (IG VII 244); vgl. MRR II 82. – Rom: P. Servilius C. [f.] Isauricus imperator cepi[t] (ILS 36). 1441 Inscr. Ital. 13, 1 p. 564. – Festus, Brev. XII: isque (sc. Servilius proconsul) de Cilicibus et Isauris triumphavit; atque Isauricus est cognominatus. Cognomen: Inscr. Ital. 13, 1, p. 130. 1442 Kilikien: Amm. Marc. XIV 8, 4: Hae duae provinciae (sc. Cilicia et Isauria: cf. 8, 1) bello quondam piratico catervis mixtae praedonum a Servilio pro consule missae sub iugum, factae sunt vectigales; vgl. K. Tomaschitz, DNP 5, 1998, Isauria, Isauroi, Sp. 1117f. – L. Furius Crassipes: IG II/III2, 3218, 6 (MRR II 464); L. Furius pr. 75: Ps. Ascon. 193 (Stangl). 1443 Jahre 74 bis 63 v. Chr.: L. Octavius (cos. 75), L. Lucullus (cos. 74), Q. Marcius Rex (cos. 68), Cn. Pompeius (cos. 70).

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

3.

Der Sertorius-Krieg in Spanien (82– 72 v. Chr.)

3.1

Q. Caecilius Metellus Pius

Metellus Pius war der Sohn des Metellus Numidicus (cos. 109), unter dem er 107 in Africa diente.1444 89 war er Prätor, 83 schloss er sich dem aus Kleinasien zurückgekehrten Sulla an. Da er die von ihm im Bundesgenossenkrieg kommandierte Streitmacht bis zur Rückkehr nach Rom behielt, nennt ihn Appian ἀνθύπατος.1445 Metellus prägte 81/80 in Norditalien Denare mit Q C M P I und Q C M P IMPER.1446 Der IMPTitel erscheint in Italien, das im Bürgerkrieg zum Bereich militiae gehörte, zum ersten Mal auf Münzen. Er bezeichnet das Kommando, das Metellus siegreich gegen die Marianer führte, und zwar 83 bei Capua gegen den Konsul C. Norbanus und 82 bei Faventia gegen den Konsul Cn. Papirius Carbo.1447 Nach Appian setzten die Prokonsuln Sulla und Metellus 82 in Italien Unterfeldherren ein. Die Q C M P IMPER-Münzen von 81/80 beweisen, dass Metellus seit dem Bundesgenossenkrieg ein Kommando entgegen Appian und den Periochae nicht als Prokonsul, sondern als Imperator führte. Gleiches gilt für Sulla im Krieg gegen Mithridates und die Marianer.1448 81 entsandte Sulla den Prätor C. Annius gegen den von Rom abgefallenen Marianer Q. Sertorius, der Ende 83 als Prätor mit einem Heer in das ihm von Cinna zugewiesene Spanien gegangen war. Annius vertrieb ihn zunächst und prägte Münzen als pro cos. im Sinn von pr. pro cos. Diese Funktionsangabe beweist, dass er das Kommando im Gegensatz zum designierten

1444 Sall. Iug. 64, 4: is eo tempore contubernio patris ibidem militabat; vgl. S. 218 mit A. 1119. 1445 App. BC I 80, 365: ἐκ πολλοῦ τε ᾑρημένος ἐς τὰ λοιπὰ τοῦ συμμαχικοῦ πολέμου … αὐτόκλητος σύμμαχος ἀπήντα μεθ᾽ ἧς εἶχε συμμαχίας, ἀνθύπατος ἔτι ὤν: ἔστι γὰρ εἶναι τοῖς αἱρεθεῖσιν, ἔστε ἐπανέλθοιεν ἐς Ῥώμην. 1446 RRC Nr. 374, 1, 2: Q C(aecilius) M(etellus) P(ius) IMPER; zur Laufbahn s. MRR III 41. 1447 App. BC I 88, 401; Vell. II 28, 1; Plut. Sull. 28, 16; Oros. V 20, 5; vgl. MRR II 68. 1448 App. BC I 81, 370: τοῖσδε μὲν ὑποστρατήγοις ἐχρῆτο, αὐτὸς (sc. Sulla) δὲ καὶ Μέτελλος ἀνθυπάτοι ὄντε ἐς τὸ πρόσθεν ἐχώρουν ἐδόκει. – Liv. per. 90, 6: Q. Metellus pro cos. et M. Domitius legatus …. proelio victi sunt; vgl. MRR II 68.

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Der Sertorius-Krieg in Spanien (82–72 v. Chr.)

Konsul Metellus nicht als Imperator führte, weil Sulla den Prätoren das imperium militiae genommen hatte.1449 80 entsandte Sulla Metellus als kommandierenden Konsul mit einem Heer gegen den aus Mauretanien nach Südspanien zurückgekehrten Sertorius und ordnete in Rom alles nach eigenem Ermessen.1450 79/78 fügte Sertorius Metellus mehrere Niederlagen zu und errang hohes Ansehen.1451 Pompeius erreichte Spanien Anfang 76 und besiegte 75 Sertorius in der Schlacht an der Turia gemeinsam mit Metellus.1452 Das zweite Kommando des Metellus in Spanien spiegelt sich im iterierten IMPTitel wider.1453 Plutarch berichtet, dass Metellus 76 durch seinem Sieg bei Segontia in eine solche Hochstimmung versetzt wurde, dass ihn seine Soldaten akklamierten.1454 Entgegen Konrad ist der iterierte IMPTitel nicht auf zwei militärische Akklamationen im Feld zurückzuführen, sondern er kennzeichnet die Kommanden 83/82 in Italien und 80 in Spanien.1455 In den Periochae des Livius und bei Claudius Quadrigarius (1. H. 1. Jh. v. Chr.) erscheint Metellus als proconsul.1456 Diese Angabe dient zur Datierung in die Jahre nach dem Konsulat. 3.2

Pompeius Magnus

Nachdem Pompeius Anfang 77 den Aufstand des M. Aemilius Lepidus (cos. 78) in Italien niedergeschlagen hatte, hielt er seine Armee unter Waffen. Obwohl er noch nicht dem Senat angehörte, erhielt er im Herbst 77 ein pro­konsulares Imperium für den Krieg gegen Sertorius in Spanien; er fun1449 Plut. Sert. 7, 1; vgl. MRR II 63, III 193. – Annius PROCOS: RRC Nr. 366; vgl. S. 260 mit A. 1348. 1450 App. BC I 97, 450: Μέτελλον μὲν ἐπὶ τοῦτον ἐξέπεμψεν ἐς Ἰβηρίαν, τὰ δ’ ἐν τῇ πόλει καθίστατο ἃπαντα ἐφ’ ἑαυτοῦ, καθ’ ὃν ἐβούλετο τρόπον. – Plut. Sert. 12, 4–13, 6; zum Zeitpunkt s. Giovannini, Consulare Imperium, 83. 1451 Plut. Sert. 12, 4–13,6. App. BC I 108, 505–508; Sall. Hist. I 96 (Mc. G.): Sieg des Hirtuleius (g. 79) über M. Domitius Calvinus (pr) pro cos. 1452 Plut. Sert. 19, 1–21, 6; Sall. Hist. I 102–105 (McGushin); App. BC I 110; Liv. per. 92, 2–3; vgl. Vervaet, HC, 203. 1453 ILLRP 366; vgl. MRR II 98; Verf. S. 27 mit A. 77. 1454 Plut. Sert. 22, 2: … νικήσας … τὸν Σερτώριον οὕτως ἐπήρθη καὶ τὴν εὐτυχίαν ἠγάπησεν ὥστ’ αὐτοκράτωρ ἀναγορευθῆναι. 1455 F. Konrad, Plutarch’s Sertorius, A Historical Commentary, 1994, 183. 1456 Liv. per. 91, 4 (Jahr 76): Q. Metellus procos. L. Hirtuleium, quaestorem Sertori, cum exercitu cecidit. – zu Claudius Quadrigarius s. H. Beck – U. Walter, Röm. Historiker II, 2004, F 86: … cum oppidum a Metello proconsule oppugnari …

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gierte entgegen Plutarch nicht als Prokonsul, sondern als Imperator.1457 76 wurde sein Vormarsch in Keltiberien durch eine Niederlage in Lauro (südlich von Sagunt) gestoppt, 75 wurde er von Sertorius am Sucro geschlagen.1458 74 schwand dessen Macht, das von ihm kontrollierte Gebiet schrumpfte auf einige wenige Stützpunkte bei den Keltiberern und an der Ostküste zusammen. Unter seinen Anhängern bildete sich eine Opposition unter M. Perperna (pr. 82), der Sertorius 72 zum Opfer fiel. Pompeius besiegte Perperna, vernichtete die verbliebenen Widerstandsnester und beendete den Krieg in Spanien.1459 Nach seiner Rückkehr nach Italien im Frühjahr 71 ließ er auf der Höhe des Pyrenäenpasses Col Perthus ein Siegesdankmal mit einer Inschrift errichten, in der er verkündete, er habe von den Alpen bis an die Grenze von Hispania Ulterior nicht weniger als 874 Städte erobert.1460 In Rom aber gab es Stimmen, welche die Ruhmsucht des Pompeius heftig kritisierten.1461 Nach seinem Erfolg in Spanien erpresste er regelrecht das Konsulat und triumphierte nach den Fasten 71 als Prokonsul.1462 Der Titel besagt, dass Pompeius für 70 zum Konsul designiert war. Er wird bestätigt durch Appian, demzufolge Crassus und Pompeius Ende 71 zu Konsuln für 70 gewählt wurden.1463 Außerdem gibt es Goldmünzen, auf deren Revers der Prokonsul Pompeius als Lenker der Quadriga in voller Pracht abgebildet ist. Vor ihm reitet ein kleiner Junge, den Crawford mit seinem ca. 78 geborenen Sohn Gneius identifizierte. Die Münzen datieren nach Crawford 71.1464 Als Anhaltspunkt können die Symbole des Augurs auf dem Avers, der Krug und der Krummstab (lituus), dienen.1465 Sie verdeutlichen, 1457 M. Lepidus: Sall. Hist. I 73 (Mc G.); Liv. per. 91, 1: Cn. Pompeius cum adhuc eques R. esset, imperio proconsulari adversus Sertorium missus est. – Val. Max. VII 15, 8: eques Romanus pro cos. … pari imperio cum Pio Metello … missus est. – Plut. Pomp. 13, 5: καὶ μετὰ πολὺν χρόνον εἰς Ἰβηρίαν ἀνθύπατος ἐκπεμφθεὶς ἐπὶ Σερτώριον; ἀνθύπατος. 1458 Lauro: Sall. Hist. II 28–31 (McGushin); App. BC I 109, 511. Sucro: Sall. Hist. II 52– 54; App. BC I 110, 512–515. 1459 Sall. Hist. III 79–85 (McG.); Liv. per. 94, 3; App. BC I 115, 535–538; Perperna: Plut. Sert. 27, 1–5; vgl. MRR III 161ff. 1460 Plin. NH III 18: Citerioris Hispaniae sicut conplurium provinciarum aliquantum vetus formas mutata est, utpote cum Pompeius Magnus tropaeis suis, quae statuebat in Pyrenaeo, DCCCLXVI oppida ab Alpibus ad fines Hispaniae ulterioris in dicionem ab se redacta testatus sit. 1461 Dio XLI 24, 3; vgl. Bengtson, RG3 207f. – Zur Selbstherrlichkeit des Pompeius s. auch Zimmermann, D. Aug., 2014, 22. 1462 Erpresstes Konsulat: D. Aug. (s. Anm. o.), 21. – Fasten: Inscr. Ital. 13, 1, 566. 1463 App., BC I 121, 561 nennt Crasssus und Pompeius ὓπατοι αἱρεθέντες. 1464 RRC Nr. 402: Vs. MAGNVS – Rs.: PRO COS. 1465 W. Eisenhut, Augures, KP 1, 1975, Sp. 735; vgl. Vf. S. 68 mit A. 340.

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Der Sertorius-Krieg in Spanien (82–72 v. Chr.)

dass Pompeius vor seinem Aufbruch die Auspizien eingeholt hat, das heißt, dass er vom römischen Volk zum Imperator gewählt und akklamiert wurde. Der Nachfolger des Pompeius in Spanien war L. Afranius (pr. 72), der ca. 71 Calagurris Nasica zerstörte.1466 Ca. 65 wurde der Catilinarier Cn. Calpurnius Piso, unterstützt von Crassus, als q. pro pr. mit einem Heer ins diesseitge Spanien geschickt und möglicherweise mit Billigung des Pompeius von dessen Anhängern auf dem Marsch ermordet. Durch die lex Trebonia des Volkstribunen C. Trebonius erhielt Pompeius 55 als Konsul ganz Spanien, das er bis 49 durch Legaten wie den oben genannten L. Afranius (cos. 60) verwalten ließ.1467 3.3

Der sogenannte Imperator C. Verres

C. Verres war der Sohn des gleichnamigen homo novus aus der tribus Romilia und seit ca. 90 Senator.1468 84/83 diente er dem Konsul Cn. Papirius Carbo in Gallia Cisalpina als Quästor und ging mit den ihm anvertrauten Geldern zu Sulla über. 80/79 war Verres in Kilikien dem Prätor Cn. Cornelius Dolabella als Legat und Proquästor unterstellt.1469 Nach der Stadtprätur 74 verwaltete er von 73 bis 71 die Provinz Sizilien als Prätor.1470 Cicero bezeichnet ihn wegen kriegsrechtlicher Maßnahmen, die er gegen hostes publici traf, als imperator. An einer Stelle preist er Verres ironisch als hervorragenden Feldherrn, der zwar nicht mit dem überaus tapferen M’. Aquillius (cos. 101), aber doch mit Leuten vom Schlag der Paulli – gemeint sind wohl L. Aemilius Paullus (cos. II 216) und sein gleichnamiger Sohn (cos. II 168) –, der Scipionen und des Marius zu vergleichen sei, weil er unter den Sklaven Furcht und Schrecken verbreitete.1471 Verres wollte einem Übergreifen des Aufstands (des Spartacus) auf Sizilien vorbeugen. Das Kriegsrecht wand1466 L. Afranius: Oros. V 23, 14: Cic. Pis. 59. 1467 Cn. Piso: Sall. Cat. 19, 1–6 und I. Ital. 13, 3, 76; vgl. MRR II 479. – lex Trebonia: Plut. Pomp. 52, 3; Legaten: Plut. Pomp. 53, 1; App. BC II 18, 65; vgl. S. 343 mit A. 1791. 1468 Cic. Verr. I 21; vgl. NMRS Nr. 279. – Senator: MRR III 218. 1469 Papirius Carbo: Cic. Verr. II 1, 34; vgl. S. 18 mir A. 19. – Dolabella: Cic. Verr. II 1, 73; vgl. S. 260 mit A. 1349. 1470 Stadtprätur: Cic. Verr. II 1, 102–158 passim; vgl. MRR II 102; J. 73–71: Cic. Verr. II 4, 41: praetore isto prope triennium. 1471 Cic. Verr. II 5, 14: O praeclarum imperatorem nec iam cum M’. Aquilio, fortissimo viro, sed vero cum Paulis, Scipionibus, Mariis conferendum! Cum servitiorum animos in Sicila suspensos propter bellum Italiae fugitivorum videret, ne quis se commovere auderet, quantum terroris iniecit! – L. Paullus (cos. II 216) fiel bei Cannae: Liv. XXII 38ff.; vgl. S. 113 + A. 550.

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te er an, als Sizilien im Jahr 72 von drei Seiten her ernstlich bedroht war, weil über See fliehende Reste der sertorianischen Streitmacht auf der militärisch ungesicherten Insel gelandet waren, um einen neuen Unruheherd zu schaffen. Unter den Flüchtlingen waren viele römische Bürger, die Verres nicht nach der Provinzialjustiz bestrafte, sondern nach dem Kriegsrecht hinrichten ließ.1472 Da Verres in Sizilien das Kriegsrecht ausübte, nennt ihn Cicero wohl ohne Ironie imperator. Er war jedoch kein echter Imperator im Sinn eines Oberkommandierenden, weil die Prätoren seit der Reform Sullas kein imperium miitiae mehr hatten.1473 Cicero vergleicht den ihm wegen seiner Habgier und Bestechlichkeit verhassten Ausplünderer der Provinz mit den größten Imperatoren der römischen Republik, um ihn als das Zerrbild eines echten Römers zu brandmarken.

4.

Das Kommando des M. Licinius Crassus gegen Spartacus (72 v. Chr.)

Eine beherrschende Rolle spielte seit dem Ende der 70er Jahre neben Pompeius der wegen seiner Habgier und seines immensen Reichtums berüchtigte M. Licinius Crassus. Er war der Sohn des Publius (cos. 97).1474 85 rettete er sich vor der Revolutionsregierung des Marius und Cinna, der sein Vater und sein Bruder zum Opfer fielen. 83 stieß er mit einer Freischar zu Sulla. 82 zeichnete er sich in der Schlacht an der Porta Collina aus. Nachdem er sich aber aus Proskribiertengut gewissenlos bereichert hatte, stellte ihn Sulla politisch kalt. Sein cursus ist nicht überliefert; in den 70er Jahren war er Magistrat, vermutlich 73 Prätor, 70 Konsul mit Pompeius.1475 Das erste Kommando erhielt er 72 vom Senat zur Niederwerfung des von Spartacus entfachten Sklavenaufstands. Plutarch stellt fest, dass ihn der Senat zum Oberkommandierenden (στρατηγός) des Krieges wählte.1476 Im 1472 Cic. Verr. II 5, 146: Quicumque accesserant ad Siciliam paulo pleniores, eos Sertorianos milites esse … dicebat; – 147: Cervices in carcere frangebantur indignissime civium Romanorum, ut iam illa vox et imploratio ‚civis Romanus sum‘ … mortem illis acerbiorem et supplicium maturius ferret; vgl. W. Kunkel, Die Funktion des Konsiliums in der magistratischen Strafjustiz und im Kaisergericht, ZRG 84, 1967, 218–244, bes. 235ff. 1473 Vgl. S. 260 mit A. 1350. – Ausnahme: M. Antonius Creticus (s. n. S.). 1474 Vgl. S. 232 mit A. 1188, 237 mit A. 1221. 1475 Abstammung: Plut. Crass. 1, 1; Tod des Vaters und des Bruders: 4, 1; Porta Collina: 6, 6; Proskriptionen: 6, 8; vgl. W. Will, DNP 7, 1999, Crassus [I 11]. – Magistrat: Plut. Crass. 7, 5; nach MRR II 110 war er spätestens 73 Prätor. 1476 Plut. Crass. 10, 1: … ἡ βουλὴ … Κράσσον δὲ τοῦ πολέμου στρατεγὸν εἵλετο.

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Der 3. Mithridatische Krieg (74–63 v. Chr.)

gleichen Sinn sagt Appian, dass Crassus, ein durch Herkunft und Reichtum ausgezeichneter Mann, nach den Niederlagen der beiden Konsuln die Heerführung übernahm, mit sechs Legionen gegen Spartucus marschierte und seine Streitmacht mit den beiden Legionen der Konsuln vereinigte.1477 Crassus muss zur Heerführung ein prokonsulares Imperium gehabt haben. Diese Annahme wird durch Eutrop bestätigt, dem zufolge er den Kampf gegen Spartacus als Prokonsul führte.1478 Diese Amtsangabe steht vermutlich im Sinn von cos. des.; den Imperatortitel durfte Crassus nicht führen und er durfte auch nicht triumphieren, weil er gegen Sklaven gekämpft hatte. Innerhalb von sechs Monaten vernichtete er die Streitmacht des Spartacus, hieb die Fliehenden in Stücke und ließ angeblich 6000 Gefangene an der via Appia kreuzigen.1479 Crassus feierte eine ovatio, wies aber hochmütig die ihm angebotene Myrtenkrone zurück. Durch einen Senatsbeschluss erwirkte er, dass er mit Lorbeer bekränzt wurde.1480

5.

Der 3. Mithridatische Krieg (74–63 v. Chr.)

5.1

Das imperium infinitum des M. Antonius Creticus

M. Antonius Creticus, der Sohn des großen Redners (cos. 99) und Vater des Triumvirn, war 75 Prätor und erhielt, soweit bekannt, als einziger Prätor nach Sulla für 74 ein imperium infinitum, und zwar für das Gebiet des gesamten Mittelmeers durch die Vermittlung des Konsuls M. Aurelius

1477 App. BC I 118, 549: Λικίνιος Κράσσος … ἀνεδέξατο στρατηγήσειν καὶ τέλεσιν ἕζ ἄλλοις ἤλαυνεν ἐπὶ τὸν Σπάρτακον. ἀφικόμενος δὲ καὶ τὰ τῶν ὑπάτων προέλαβε. 1478 Eutrop VI 7, 2: sexaginta fere milium armatorum exercitum congregaverunt victique sunt in Apulia a M. Licinio Crasso pro consule. – Vgl. Flor. II 8, 12: Tandem enim totis imperii viribus contra myrmillonem (sc. Spartacum) consurgunt pudoremque Romanum Licinius Crassus adservit; a quo pulsi fugatique—pudet dicere—hostes in extrema Italiae refugerunt. 1479 Gemetzel: Plut. Crass. 11, 11; Kreuzigung: Oros. V 24, 7. – Fehlender IMPTitel: S. 225 mit A. 1153. 1480 Gell. V 6, 21: Ac murteam coronam M. Crassus, cum bello fugitivorum confecto ovans rediret, insolenter aspernatus est senatusque consultum faciundum per gratiam curavit, ut lauro, non murto, coronaretur; vgl. Künzl, Triumphus, 30, 150.

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Cotta und der Parteigänger des P. Cornelius Cethegus.1481 Es erlaubte ihm, im Kampf gegen die Piraten an sämtlichen Küsten des Reiches konkurrierend mit den Provinzgouverneuren zu operieren.1482 Das imperium infinitum entsprach in seiner Wirkungsweise weitgehend dem imperium militiae, war aber ein außerordentliches Imperium, das einen Senatsbeschluss erforderte. Cicero und Livius nennen M. Antonius praetor.1483 Er ist inschriftlich im Elogium eines rhodischen Schiffsführers als στρατηγὸς ἀνθύπατος belegt.1484 Diese Funktion ist typisch für den Imperator prätorischen Ranges der vorsullanischen Zeit, denn er hatte ein imperium militiae. Die Angabe στρατηγὸς ἀνθύπατος erscheint ebenfalls in Rhodos in einer Ehrung des berühmten Feldherrn Lucullus.1485 In den beiden ersten Jahren operierte M. Antonius im Westen, an den Küsten Liguriens, Spaniens und Siziliens.1486 72/71 versuchte er vergeblich, Kreta zu erobern, wie einem Sallustfragment zu entnehmen ist.1487 In einer ins 74. Jahr, d. h. 72/71 v. Chr., datierten Inschrift aus Epidauros stilisierte sich M. Antonius als ‚Feldherr über die Kreter‘.1488 Obwohl er ein imperium infinitum hatte, ist er inschriftlich nicht als αὐτοκράτωρ belegt.1489 Dies liegt vermutlich daran, dass seit der Reform Sullas nur noch Konsula1481 Ps. – Ascon. (Stangl 259): Hic est M. Antonius, qui gratia Cottae consulis et Cethegi factione in senatu curationem infinitam nactus totius orae maritimae et Siciliam et provincias omnes depopulatus est. 1482 Cic. Verr. II 2, 8: … et post M. Antoni infinitum illud imperium … – Vell. II 31: quo senatus consulto paene totius terrarum orbis imperium uni viro (sc. Pompeio) deferebatur; sed tamen idem hoc… in M. Antonii praetura decretum est; vgl. MRR II 101f. – R. Bernhardt, Polis und römische Herrschaft in der späten Republik (149–31 v. Chr.), 1985, 274. 1483 Cic. Verr. II 3, 215: praetor Antonius (in Sicilia) III denariis aestimavit post messem. – Liv. per. 97, 3 (im Jahr 72): M. Antonius praetor bellum adversus Cretenses parum prospere susceptum morte sua finiit. 1484 A. Maiuri, ASAA 2, 1916, 144, Nr. 12, Z. 4: … ἐπὶ Μ]άρκου Ἀντωνίου στρατηγοῦ ἀνθυπά[του …]. 1485 Vgl. S. 289 mit A. 1510. 1486 Cic. Verr. II 3, 313; Caec. 55. Sall. Hist. III 6: [Ligurum] copias Antonius haud facile prohibens a [navibus], … cum Ligurum praesidia [cessissent] in Alpis, Terentunorum accitu quaestio facta [ad] Sertorium pervehi [cum] Antonio ceterisque [pla-ce]ret, navibus in Hispaniam maturare. Postquam [vero] in Aresinarios ve[ctus om]ni copia navium [longa]rum, quas reparatas habebant quaeque non [tempestatibus afflictae erant] …; vgl. MRR II 101f. – McGushin, Sallust, Hist. II 66–72. 1487 Sall. Hist. III 76 (McGushin): Ibi triennio frustra trito. 1488 IG IV 1, 66 = SEG 11, 396 (Z. 25): … Μάρκου Ἀντωνίου τοῦ ἐπὶ Κρῆτων στρατηγοῦ. – Zur Datierung nach der achäischen Ära 145 v. Chr. s. S. Accame, Il dominio Romano in Grecia, 1946, 13; vgl. Vf. S. 178 mit A. 894f. 1489 P. Maroti, On the Problem of M. Antonius Creticus’ Imperium Infinitum, AAASH 19, 1971, 259–271.

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re – d. h. im Jahr 74 Lucullus und M. Aurelius Cotta (v. infra) – Anspruch auf den Imperatortitel hatten. Als Flottenstützpunkte für die Überfahrt nach Kreta dienten zwei Häfen auf der Peloponnes, der eine war Epidauros in der Argolis (v. supra). In diese Stadt legte er eine größere Besatzung, sodass aufgrund der Requisitionen der Getreidepreis erheblich stieg (Z. 31). Die andere Hafenstadt auf der Peloponnes war die in der lakonischen Bucht gelegene Hafenstadt Gytheion.1490 Aus ihr stammt eine Inschrift, die verdeutlicht, welch große Belastung die Rüstungen des Antonius für die griechischen Städte mit sich brachten. Es handelt sich um ein Dekret zu Ehren von zwei römischen Bankiers, der Cloatier-Brüder. 74/73 einigten sie sich mit der Stadt in Bezug auf die geforderten Kriegskontributionen unter dem Vorsitz des L. Marcilius, eines Legaten des Antonius.1491 In Z. 22–25 werden zum Jahr 73/72 drei weitere Legaten genannt, nämlich C. Iulius, P. Autronius und ein Fulvius. Broughton identifizierte die beiden ersteren mit dem späteren Diktator C. Iulius Caesar und dem Catilinarier P. Autronius Paetus (cos. des. 66). Bei Fulvius könnte es sich um M. Fulvius Nobilior, einen weiteren Anhänger Catilinas, handeln.1492 Auf Caesar ist in einem kurzen Exkurs näher einzugehen: Er war Ende 75/Anfang 74 auf dem Weg von Rom nach Rhodos vor der Küste Kariens von Piraten gefangen genommen worden und bis zum Eintreffen eines hohen Lösegeldes in deren Händen geblieben. Nach seiner Befreiung hatte er sich an ihnen gerächt, indem er in Milet eine Flotte ausrüstete, die Piraten verfolgte, gefangen nahm und schließlich kreuzigen ließ.1493 Als Mithridates Mitte 74 den dritten nach ihm benannten Krieg begonnen hatte und kleine Städte wie Parion und Lampsakos am Hellespont widerstandslos in die Hände des Königs gefallen waren, war Caesar von Rhodos auf das Festland übergesetzt, hatte Hilfstruppen zusammengezogen, einen königichen Präfekten aus der Provinz Asia vertrieben und verschiedene Städte Kariens, die schon schwankten, in ihrer Treue zu den Römern bestärkt.1494 Nach dem Tod des C. Aurelius Cotta (cos. 75) im Jahr 73 war Caesar in Abwesenheit an dessen Stelle ins Kollegium der pontifices gewählt 1490 Vgl. Bernhardt, Polis, 89. 1491 Marcilius: MRR II 105. – Rechtsstreit: L. Migeotte, L'emprunt public dans les cités grecques, 1984, Nr. 29, 90ff. 1492 Caesar und Autronius: MRR II 112f. – M. Fulvius Nobilior: Sall. Cat. 17, 4. 39, 5. 1493 Plut. Caes. 1, 8–2, 5; Suet. Div. Iul. 4, 1; vgl. A. M. Ward, Caesar and the Pirates, AJAH 2, 1977, 31. – Pontifices: W. Dahlheim, Julius Caesar, 1987, 32. 1494 Suet. Iul. 4, 2: Vastante regiones proximas Mithridate, ne desidere in discrimine sociorum videretur, transiit in Asiam auxiliisque contractis et praefecto regis provincia expul-

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worden. Als Staatspriester zählte der junge Mann fortan zu den Häuptern der Nobiltät.1495 So schuf er die Grundlage für seinen schnellen politischen Aufstieg. Caesars Nennung in der Inschrift aus Gytheion (Z. 22) lässt darauf schließen, dass er nach Ausbruch des 3. Mithridatischen Krieges etwa im Herbst 74 von Asia nach Griechenland übersetzte und dem Prätor M. Antonius Creticus bis zu seiner Rückkehr nach Rom gegen Ende 73 als Legat diente.1496 Bei Appian ist von den Schwierigkeiten die Rede, die Antonius an der Eroberung Kretas hinderten. Sic. 6, 1: ὅτι Κρήτη ἐξ ἀρχῆς εὐνοϊκῶς ἔχειν ἐδόκει Μιθριδάτῃ βασιλεύοντι Πόντου, καὶ αὐτῷ μισθοφορῆσαι πολεμοῦντι Ῥωμαίοις ἐλέγετο. ἔδοξε δὲ καὶ τοῖς πλεύσασι τότε λῃσταῖς ἐς χάριν τοῦ Μιθριδάτου συλλαβεῖν καὶ συμμαχῆσαι σαφῶς διωκομένοις ὑπὸ Μάρκου Ἀντωνίου. πρεσβευσαμένου δὲ τοῦ Ἀντωνίου πρὸς αὐτοὺς ὑπεριδεῖν καὶ ὑπερηφάνως ἀποκρίνασθαι. καὶ πολεμῆσαι μὲν αὐτοῖς εὐθὺς ἐπὶ τῷδε Ἀντώνιος, καὶ οὐ πρᾶξαι καλῶς, χρηματίσαι δ᾽ ὅμως διὰ τὴν πρᾶξιν Κρητικός. καὶ ἦν ὅδε πατὴρ Μάρκου Ἀντωνίου τοῦ πολεμήσαντος ὒστερον Καίσαρι τῷ κληθέντι Σεβαστῷ περὶ Ἂκτιον. – Man glaubte auch, dass sie (sc. die Kreter), um Mithridates zu Diensten zu sein, die Piraten unterstützten, die damals das Meer unsicher machten, und dass sie dies in aller Offenheit taten, als diese von M. Antonius verfolgt wurden. Als Antonius deswegen Legaten zu ihnen schickte, spielten sie die Sache herunter und gaben ihm eine verächtliche Antwort. Antonius führte fortan Krieg gegen sie und erhielt, obwohl er nicht viel ausrichtete, den Titel Creticus für seine Leistung. Er war der Vater des Marcus Antonius, der zu einem späteren Zeitpunkt bei Actium gegen Octavian kämpfte. Aus einem Historien-Fragement Sallusts geht in Verbindung mit dem darauf fußenden Bericht des Florus (v. infra) hervor, dass Antonius gegen die Piraten eine schmachvolle Niederlage erlitt.

so nutantes ac dubias civitates retinuit in fide; vgl. H. Pohl, Die römische Politik und die Piraterie im östlichen Mittelmeer vom 3. bis zum 1. Jh. v. Chr., 1993, 145f., 209f./Anm. 4. 1495 Vell. II 43: Idem mox ad sacerdotium ineundum (quippe absens pontifex factus erat in Cottae consularis locum). 1496 MRR II 115/6.

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III 75 (Mc Gushin): in quis notissimus quisque aut malo dependens verberabatur aut immutilato corpore improbe patibulo eminens affigebatur. – Unter diesen wurden gerade die Prominentesten entweder vom Mastbaum herunterhängend ausgepeitscht oder sie wurden mit nicht verstümmeltem Körper an einen kreuzförmigen Balken, der aus dem Bug herausragte, genagelt. Florus XLII 1–3: Creticum bellum, si vera volumus, nos fecimus sola vincendi nobilem insulam cupiditate. Favisse Mithridati videbatur: hoc placuit armis vindicare. Primus invasit insulam Marcus Antonius, cum ingenti quidem victoriae spe atque fiducia, adeo ut pluris catenas in navibus quam arma portaret. Dedit itaque poenas vecordiae. Nam plerasque naves intercepere hostes, captivaque corpora religantes velis ac funibus suspendere, ac sic velificantes triumphantium in modum Cretes portibus suis adremigaverunt. – Wenn wir ehrlich sein wollen, so unternahmen wir den Kretischen Krieg nur aus dem Verlangen, die Bewohner einer berühmten Insel zu bestrafen. Sie schienen Mithridates begünstigt zu haben. Deshalb beschloss man, mit Waffengewalt Rache zu üben. Als Erster griff Marcus Antonius die Insel an; er hatte eine so große Hoffnung und eine solche Siegesgewissheit, dass er mehr Ketten als Waffen auf den Schiffen mit sich führte. Folglich wurde er für seine Sorglosigkeit bestraft. Denn die Feinde fingen die meisten Schiffe ab, banden die Körper der Gefangenen an die Segel oder hingen sie am Tauwerk auf. Und so ruderten die Kreter wie Segler in einer Art Triumphzug in ihre Häfen zurück. Nach Diodor schloss Antonius vermutlich 71 mit den Kretern Frieden, den diese eine Zeitlang einhielten.1497 Er starb bald danach, ohne nach Rom zurückzukehren.1498 Nach Plutarch (Antonius 1 a) und nach dem oben zitierten Satz aus Appian (Sik. 6, 1) erhielt er den Beinamen Creticus nicht als Spottnamen, sondern für seine Taten. In diesem Sinn schließt Linderski seinen Aufsatz mit dem Zitat confecto bello … ex virtute.1499

1497 Diod. XL 1: ὅτι Μάρκος Ἀντώνιος συνθέμενος πρὸς Κρῆτας εἰρήνεν … μέχρι μὲν τινος ταύτην ἐντήρουν; vgl. MRR II 123. 1498 Cic. Verr. II 3, 313: Antonium, cum multa contra sociorum salutem, multa contra utilitatem provinciarum et faceret et cogitaret, in mediis eius iniuriis et cupiditatibus mors oppressit; vgl. McGushin, Sallust, Histories, II 125. 1499 J. Linderski, The Surname of M. Antonius Creticus, ZPE 80, 1990, 157–164; Zitat aus: Schol. Bob, Stangl, 96.

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5.2

L. Licinius Lucullus

Von den im Auftrag des Augustus errichteten elogia Arretina ist das des Lucullus erhalten, der auch heute noch als Synonym für ‚Feinschmecker‘ allgemein bekannt ist. Die Inschrift nennt seinen Cursus in absteigender Reihenfolge und seine militärischen Leistungen.1500 L. Licinius L. f. /​ Lucullus /​ cos., pr., aed. cur., q., /​ tr. militum, aug(ur). /​ triumphavit de rege Ponti Mithridate /​ et de rege Armeniae Tigrane, magnis /​ utriusque regis copiis compluribus pro/eliis terra marique superatis. Conle/gam suum pulsum a rege Mithridate, cum se is Calchedona contulisset, opsidione liberavit. – L. Licinius Lucullus, der Sohn des Lucius, Konsul, Prätor, kurulischer Ädil, Quästor, Militärtribun, Augur, triumphierte über Mithridates, den König von Pontos und über Tigranes, den König Armeniens, nachdem die gewaltigen Truppen der beiden Könige in mehreren Schlachten zu Wasser und zu Lande besiegt worden waren. Seinen Amtskollegen, der von König Mithridates geschlagen worden war, als er sich nach Kalchedon begab, hat er aus der Belagerung befreit.1501 Lucullus war der Sohn des gleichnamigen Prätors von 104.1502 Er verdankte Sulla seinen Aufstieg: 89 war er Militärtribun im Bundesgenossenkrieg, 87 Quästor Sullas in Griechenland, 86–85 Mission in Kyrene und Ägypten, 84–80 Proquästor Sullas in Asia, 79 kurulischer Ädil, 78 Prätor, 77/76 Statthalter in Africa, 74 Konsul, Augur wohl spätestens ab 74 bis zu seinem Tod im Jahr 56.1503 Im Elogium nicht namentlich genannt ist der Name seines Amtskollegen M. Aurelius Cotta, der nach einer vernichtenden Niederlage zur See von Mithridates in Kalchedon eingeschlossen, belagert und von Lucullus entsetzt wurde (v. infra). Als Konsul erhielt Lucullus mit Hilfe des Cethegus die Provinzen Asia und Kilikien als provinciae consulares für den Oberbefehl gegen Mithrida-

1500 Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 84. 1501 Plut. Luc. 19, 2–4; vgl. App. Mith. 71, 299–76, 328. 1502 Vgl. S. 224 1503 Quästor: S. 247; Proquästor: Kyrene/Ägypten: Cic. Luc. 11; Plut. Luc. 2, 3–3, 2. 4, 1–4; ID 1620: [L. Licinius L. f.] Lucullum pro q. /​ P[opulus Athe]niensis et Italicei /​ et Graec[i quei] in insula negotiantur. – Ädil: Cic. Luc. (= Acad.) 1, 1. – Prätor: Cic., Luc. 1, 1; Dio XXXVI 41; Africa: Cic. Luc. 2, 1. – Cursus: MRR III 121f. – Augurat: MRR I 580.

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tes.1504 In diesem Sinn stellt Velleius Paterculus fest, Lucullus habe aus dem Konsulat heraus Asia gegen Mithridates erlost.1505 In den Periochae wird er im Krieg zur Datierung 74 als Konsul und 73 als Prokonsul im Sinn von ex consule bezeichnet.1506 Zuletzt bestritt Drogula die Trennung von Magistratur und Promagistratur (durch Sulla) mit dem Argument, fast die Hälfte aller Konsuln seien zwischen 80 und 53 v. Chr. während ihres Amtsjahres in die Provinzen gegangen.1507 Auch Lucullus brach im Herbst 74 als scheidender Konsul von Rom nach Asia auf, nachdem er zum Imperator gewählt worden war, obwohl er im Militärwesen unerfahren war.1508 Der Titel αὐτοκράτωρ in zwei Ehrungen auf den Inseln Andros und Klaros kennzeichnet sein Kommando im 3. Mithridatischen Krieg. Er hatte den Imperatortitel Mitte 74 als Konsul vom Volk durch seine Wahl und die mutmaßliche Akklamation auf dem Marsfeld erhalten.1509 In Rhodos wurde Lucullus als στρατηγὸς ἀνθύπατος geehrt; vor Sulla führten diesen zusammengesetzten Titel die Imperatoren prätorischen Ranges und die praetores pro cos., die eine Provinz leiteten.1510 Nach der Reform Sullas bezeichnet der Titel einen Feldherrn (στρατηγός), der während des Kommandos als Prokonsul (ἀνθύπατος) eine Provinz verwaltete. Plutarch nennt Lucullus στρατηγός, doch inschriftlich ist er als ἀυτοκράτωρ belegt (v. supra). Im Winter 71 auf 70 widmete sich Lucullus der Aufgabe, die seit 84 auf der Provinz lastenden Kontributionsschulden, die von 120 Millionen Denaren auf das Sechsfache gestiegen waren, zu tilgen. Er linderte das Leid der Bewohner der Städte, indem er den Zinsfuß auf 12% ermäßigte und verfügte, dass die Gläubiger ihr Kapital bestenfalls verdoppelt zurückerhielten.1511 Der hohe Verlust, den die Publikanen und Geldverlei1504 Cic. Luc. 2, 1: … aedilis, continuo praetor … post in Africam, inde ad consulatum …, post ad Mithridaticum bellum. Plut. Luc. 6, 3: εἶχε τὸν Κέθηγον ἐπαινέτην καὶ προμνώμενον αὐτῷ Κιλικίαν. – P. Cornelius Cethegus s. Plut. Luc. 5, 4–5; vgl. S. 284. 1505 Vell. II 33, 1: L. Lucullus, qui … ex consulatu sortitus Asiam Mithridati oppositus erat … 1506 Liv. per. 94, 1: consul adversus Mithridaten … – per. 95, 3: procons. ad Cyzicum urbem exercitum Mithridatis … delevit. 1507 Drogula, CC, 314f.; vgl. Vf. S. 38 mit A. 154. 1508 Vgl. Plut. Luc. 7, 1. – Cic. Luc. 2, 3: … in Asiam factus imperator venit, cum esset Roma profectus rei militaris rudis. 1509 αὐτοκράτωρ: Andros: C. Eilers, Patrons, 208, C 33; Klaros: AE 2000, 1386. – Wahl: Anm. 1508; vgl. S. 26f. – Akklamation: S. 31f. 1510 IG XII 40, Z. 2; vgl. Mason, Greek Terms, 21 und 160; στρατηγὸς ἀνθύπατος vor Sulla: S. 173 + A. 871, S. 226f. + A. 1161f. 1511 Plut. Luc. 20, 1–3, Cic. Luc. 2, 3; pro Flacco 85; vgl. Gelzer, RE XIII 1, 1926, Nr. 104; Magie, RRAM I 252, II 1127/47.

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her dadurch erlitten, führte zu einer rasch wachsenden Feindseligkeit gegen Lucullus im Senat, denn nicht nur die Einkünfte der Ritter, sondern auch der Senatoren wurden durch seine Reformen in Asia erheblich geschmälert.1512 Die Staatskasse wies der Statthalter Lucullus an, dem Dichter Archias eine Vergütung auszuzahlen.1513 Der verdiente Mitarbeiter des Lucullus, der zum Freundeskreis Ciceros gehörte, hat von seinem Wohltäter das Bürgerrecht erhalten, wie aus seinem nomen gentile Licinius ersichtlich ist. In seiner Bigraphie nennt Plutarch Lucullus einen großen Feldherrn (μέγας στρατηγός), auch wenn er in Ephesos im Verhältnis zu König Tigranes einen niedrigeren Rang hatte. Die Luculleia wurden vor dem Feldzug (v. infra) in Kyzikos, Ephesos und mehreren Städten Asias gefeiert.1514 Im Frühjahr 70 übernahm Lucullus Bithynien von M. Aurelius Cotta (v. infra). 69 unternahm er einen Feldzug nach Armenien, auf dem ihn Archias begleitete.1515 Rufius Festus fasst die militärischen Leistungen des großen Feldherrn zusammen: Er nahm Mithridates sein Königreich Pontos und verfolgte ihn nach Armenien. Dort besiegte er König Tigranes mit einer großen Streitmacht, eroberte Tigranocerta, die größte Stadt Armeniens, sowie die Madena, ein fruchtbares Gebiet. Von dort zog er durch die Melitene nach Mesopotamien, nahm König Nisibis und dessen Bruder gefangen, wollte nach Persien weiterziehen, wurde aber abgelöst.1516 Laut Cassius Dio machten seine Mitbürger Lucullus, als er in Armenien einfiel, den Vorwurf, er wolle, um sein Kommando länger zu behalten, den Krieg nicht beenden. Seine Soldaten waren durch die vier harten Winter im Feindesland erheblich geschwächt und unzufrieden. Dazu kamen noch die 1512 Vgl. Badian, Zöllner und Sünder, WBG, 1997, 131f. 1513 Cic. Arch. 11: … et in beneficiis ad aerarium delatus est (sc. Archias) a L. Lucullo pro consule. 1514 Plut. Luc. 25, 1: ὡς μέγαν ὄντα Λούκουλλον στρατηγόν, εἰ πρὸς Ἐφέσῳ Τιγράνην ὑποσταίη. 1515 Cic. Arch. 11: hunc (sc. Archiam) cum clarissimo imperatore L. Lucullo apud exercitum fuisse. 1516 Ruf. Fest. Brev. 15: Lucius Lucullus Mithridatem, regno Ponti exutum, ad Armeniam prosecutus, est. Tigranem, Armeniorum regem, cum decem septem millibus quingentis clibanariis, et centum viginti millibus sagittariorum, ipse cum decem et octo millibus Romanorum vicit. Tigranocertam, maximam Armeniae civitatem, expugnavit; et Madenam, opimam Armeniorum regionem, obtinuit. Inde per Melitenam ad Mesopotamiam descendit: Nisibim cum fratre regis cepit. Tendere in Persas paratus successorem accepit.

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Anschuldigungen des Prätors L. Quinctius, der ihm vorwarf, den Krieg in die Länge zu ziehen und aus Ehrgeiz und Habsucht ganz Kleinasien und Armenien zu beherrschen.1517 Der Versuch des Lucullus, Quinctius zu bestechen, um sein Kommando zu behalten, blieb erfolglos.1518 Der Senat legte die Provinz Asia nach seiner Rückkehr wieder in die Hände von Prätoren und schickte 67 den Konsul M’. Acilius Glabrio zur Ablösung nach Bithynien, das provincia consularis blieb. Zum Triumph kam Lucullus erst 63.1519 Seine Leistungen würdigt Velleius II 33,1 mit folgenden Worten: Cum esset in fine bellum piraticum et L. Lucullus, qui ante septem annos ex consulatu sortitus Asiam Mithridati oppositus erat magnasque et memorabiles res ibi gesserat, Mithridatem saepe multis locis fuderat, egregia Cyzicum liberarat victoria, Tigranem, regnum maximum in Armenia vicerat ultimamque bello manum paene magis noluerat imponere quam non potuerat, quia alioqui per omnia laudabilis et bello paene invictus pecuniae pellebatur cupidine, idem bellum administraret, Manilius tribunus plebis, semper venalis et alienae minister potentiae, legem tulit, ut bellum Mithridaticum per Cn. Pompeium administraretur. – Als der Piratenkrieg zu Ende ging, wurde Cn. Pompeius das Kommando gegen Mithridates anstelle von Lucullus übertragen. Sieben Jahre vorher hatte Lucullus nach Beendigung seines Konsulats Asia zur Bekämpfung des Mithridates erlost und einige großartige und denkwürdige Leistungen vollbracht, Mithridates mehrere Male an verschiedenen Orten geschlagen, Kyzikus durch einen glänzenden Sieg befreit und Tigranes, den größten der Könige, in Armenien besiegt. Dass er den Krieg nicht beendet hatte, war, so könnte man sagen, eher auf seinen mangelnden Willen als auf seine unzureichende Fähigkeit zurückzuführen; denn obwohl er in anderer Hinsicht ein Mann von tadellosem Charakter war und im Krieg fast unbesiegt blieb, wurde er ein Opfer seiner Geldgier. Er führte noch den gleichen 1517 J. 74: Plut. Luc. 5, 5 – J: 68: Dio XXXVI 2, 2 – Nach Plut. Luc. 33, 5 beherrschte Lucullus zeitweise Kilikien, Asien, Bithynien, Paphlagonien, Galatien, Pontos, Armenien und die Kolchis bis zum Phasis; vgl. Mc Gushin, Sallust, Hist. II 201. 1518 Sall. Hist. IV 68: Ut dicit Sallustius, Lucullus pecuniam Quinctio dedit, ne illi succederetur; vgl. McGushin, 201. 1519 Das Prokonsulat in Asia endete nicht schon im Lauf des Jahres 69 (MRR II 133), sondern wohl erst im Frühjahr 68, nachdem der Prätor L. Quinctius die Ablösung des Lucullus durch P. Cornelius Dolabella (IGR IV 422) erwirkt hatte: Plut. Luc. 33, 5–6 in Verbindung mit Sall. Hist. IV 71; vgl. Gelzer, RE Nr. 104. Keaveney, Lucullus, 1992, 236/31. Triumph: Plut. Luc. 37, 2–3; vgl. Künzl, Triumph, 34f., 144f.

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Krieg, als der Volkstribun Manilius, ein Mann, der immer bestechlich und bereit war, den Interessen anderer zu dienen, ein Gesetz einbrachte, durch das Pompeius der Oberbefehl im Mithridatischen Krieg erhalten sollte. Nach seinem Tod wurde Lucullus in Asia kultisch verehrt.1520 5.3

M. Aurelius Cotta (cos. 74)

Der Amtskollege des Lucullus, M. Aurelius Cotta, hatte die Brüder Gaius (cos. 75) und Lucius (cos. 65) und war vermutlich der Sohn des gleichnamigen Münzmeisters von 139. 80 war Marcus Flottenführer in Spanien, um 77 Prätor und erhielt Ende 74 als scheidender Konsul das Kommando gegen Mithridates in der Provinz Bithynien, wo er als Prokonsul amtierte.1521 Er segelte mit einer Flotte in die Propontis, wurde aber zu Wasser und zu Lande von Mithridates besiegt und in Kalchedon eingeschlossen.1522 Lucullus kam ihm von Ephesos mit zwei Legionen zu Hilfe. Er schloss den Cotta belagernden Mithridates bei Kyzikos ein, schnitt ihn im Winter 73 auf 72 vom Nachschub ab, besiegte ihn mehrmals und zwang ihn schließlich zur Flucht nach dem am Hellespont gelegenen Parion.1523 Über die folgenden Ereignisse berichtet Memnon von Herakleia: Mithridates entkam mit ca. hundert Schiffen durch den Bosporus und erreichte Herakleia, die Hauptstadt des Pontos, wo er eine 4000 Mann starke Garnison galatischer Söldner zur Bewachung zurückließ, ehe er weiter nach Sinope segelte. Cotta erhielt in Absprache mit Lucullus und dessen Legaten Triarius die Aufgabe, die Bewohner Herakleias für ihren Abfall zu bestrafen. Als er die Stadt nicht im Sturm nehmen konnte, verhängte er im Winter 72 auf 71 eine Seeblockade, so dass keine Schiffe vom regnum Bospori (Südrussland) Verpflegung bringen konnten. Als auch ein erneuter Sturmangriff scheiterte, verheerte Cotta das Umland und 1520 Plut. Luc. 23, 2; vgl. M. Lewis, A History of Bithynia unter Roman Rule, Diss. Minessota, 1972, 30ff. 1521 Vater: RRC Nr. 106. – Flottenführer in Spanien: Plut. Sert. 12, 3. – Prokonsul in Bithynien: CIL V 863 (Aquileia). 1522 Liv. per. 93, 4: … et occupata Bithynia M. Aurelius Cotta cos. ad Calchedona proelio a rege victus; vgl. S. 288. 1523 App. Mith. 73, 313–76, 328 (vgl. Anm. 1501); Plut. Luc. 9, 1–3.

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sandte ein Hilfsgesuch an Triarius, der mit 43 Kriegsschiffen die Südküste des Schwarzen Meeres beherrschte. Die Lage der Eingeschlossenen verschlimmerte sich noch, als Triarius die Blockade im Winter 71 auf 70 verschärfte. Schließlich mussten die Herakleier kapitulieren. Als der in einiger Entfernung lagernde Cotta von der Einnahme der Stadt erfuhr, eilte er mit seinen Truppen herbei, um sich an der Plünderung zu beteiligen. Er verschonte nicht einmal die Heiligtümer und raubte alle Kunstwerke, darunter die berühmte Herkulesstatue mit der Keule aus reinem Gold. Zuletzt ließ er die Stadt in Brand stecken. Dann übergab er seine Fuß- und Reitersoldaten dem Lucullus und entließ die Auxiliartruppen in ihr jeweiliges Heimatland. Er selbst segelte wohl im Frühjahr 70 mit großer Beute und vielen Gefangenen ab, der Flottenverband löste sich aber wegen der überladenen Schiffe bereits unweit der Küste auf, ein Teil geriet bei Aparkteia in einen Sturm und sank.1524 Nach seiner Rückkehr genoss Cotta in Rom zunächst hohes Ansehen. Er erlangte vom Senat die Ehre, imperator Ponticus genannt zu werden, weil er Herakleia eingenommen hatte.1525 Nach Linderski hätte Cotta seinen Titel entgegen Memnon nicht nach seiner Rückkehr ehrenhalber vom Senat erhalten, sondern sei von seinen Truppen nach der Einnahme Herakleias zum imperator Ponticus ausgerufen worden.1526 Die Aussage Memnons erscheint aber plausibel, wenn man davon ausgeht, dass Cotta den Imperatortitel wie alle republikanischen Feldherren durch die Wahl in den Komitien und die anschließende populare Akklamation erhalten hat und dass das Epitheton Ponticus nach seiner Rückkehr vom Senat als Ehrentitel hinzufügt wurde. Bald drang jedoch die Kunde nach Rom, dass Cotta eine so herrliche Stadt des schnöden Gewinns wegen zerstört hatte. Sein Versuch, dem aufkeimenden Hass zu entgehen, indem er die Spolien ins Aerarium überführen ließ, blieb erfolglos. Dazu kam, dass ihn ein gewisser Thrasymedes aus Herakleia in einer öffentlichen Rede anklagte: Er erinnerte an das Wohlwollen, das seine Stadt den Römern immer entgegengebracht hatte, stellte den ergriffenen Zuhörern die Schreckensszenen beim Untergang seiner 1524 Memnon in FGH 434 F 1, Kap. 29, 4–36, 1. 1525 Memnon 39, 1: ὁ δὲ δὴ Κόττας ὡς εἰς τὴν Ῥώμην ἀφίκετο, τιμῆς παρὰ τῆς συνκλήτου τυγχάνει Ποντικὸς αὐτοκράτωρ καλεῖσθαι, ὅτι ἕλοι τὴν Ἠράκλειαν. 1526 J. Linderski, A Missing Ponticus, AJAH 12, 1987, 148ff.

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Stadt vor Augen und zählte ihnen all die Reichtümer auf, die Cotta geraubt hatte. Daraufhin wurde er vom Volkstribun von 67, C. Papirius Carbo, mit den Worten angeklagt, die Römer müssten sich hüten, dass sie Cotta nicht ihre eigene Stadt zur Vernichtung überantworteten. Er wurde vermutlich wegen Unterschlagung (de peculatu) verurteilt. Den Herakleiern wurde ihr Besitz restituiert und ein Gesetz eingebracht, dass fortan keiner mehr von ihnen versklavt werden dürfe. Außerdem verlor Cotta seinen Senatssitz und wohl auch den Beinamen Ponticus.1527 5.4

Q. Caecilius Metellus Creticus

Q. Metellus war als Sohn des C. Caecilius Metellus Caprarius (cos. 113) und Enkel des Q. Caecilius Metellus Macedonicus (cos. 143) ein entschiedener Vertreter der Senatsoligarchie. 74 war er Prätor und kam 69 zusammen mit dem Redner Q. Hortensius zum Konsulat.1528 Ehe er mit einem Heer nach Kreta ging, hatten die Bewohner der Insel nach den übereinstimmenden Berichten Appians (Sic. VI 1–2) und Diodors (XL 2) wahrscheinlich im Jahr 70 eine Gesandtschaft nach Rom geschickt, die versuchen sollte, die gegen sie erhobenen Anschuldigungen zu entkräften und das alte Freundschafts- und Bundesgenossenschaftsverhältnis wiederherzustellen. Nach Diodor nahmen die Senatoren die Worte der kretischen Gesandten zunächst wohlwollend auf, ein für sie günstiger Beschluss scheiterte aber am Einspruch des P. Lentulus Spinther (cos. 57).1529 Deshalb befahlen die Römer den Kretern, ihren Anführer Lasthenes, alle Kriegsschiffe und die römischen Gefangenen, d. h. 300 Geiseln, auszuliefern und 4000 Talente zu zahlen. Als die Kreter diese Bedingungen nicht annahmen, wurde im Sommer 69 der amtierende Konsul Q. Metellus gegen sie mit dem Auftrag entsandt, die Insel Kreta zu unterwerfen.1530 Nach den Periochae des Livius eroberte er als Prokonsul im Sinn von ex consule zahlreiche Städte; gemeint

1527 Herakleia: Memnon 39, 1–4. – Anklage und Verurteilung: Val. Max. V 4, 4; Cass. Dio XXXVI 40, 4; nach Alexander, Trials, Nr. 192, könnte die Anklage auch auf de repetundis gelautet haben. 1528 Vater: S. 212f. + A. 1085; Großvater: S. 172 + A. 868; vgl. KP 3, Metellus Nr. 14. – Hortensius cos.: I. Ital. 13,1, p. 131f., 486f. 1529 Bernhardt, Polis, 90. – P. Cornelius Lentulus Spinther: S. 316f. 1530 Plut. Pomp. 29, 2; Dio XXXVI 1a, Schol. Bob., ed. Stangl 96; vgl. MRR II 131.

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ist das Jahr 67.1531 Der Terminus proconsul ist nicht angebracht, weil er nach Sulla Statthalter konsularen Ranges bezeichnet. Cicero nennt Metellus hingegen summus imperator, weil Metellus in Kreta nicht amtierte. Der Legat L. Valerius Flaccus (pr. 63) diente ihm von 68 bis 66.1532 Der IMPTitel steht in zwei Ehrungen, und zwar einer griechischen aus Polyrhenia und einer lateinischen, die ihm die Handel treibenden Italiker in Argos auf der Peloponnes widmeten.1533 Metellus besiegte Lasthenes 68 bei Kydoneia mit drei Legionen, nach Phlegon von Tralleis wurde er zum Imperator ausgerufen und schloss die Kreter in ihren Mauern ein. Entgegen Broughton geht der IMPTitel in den Inschriften nicht auf diese Akklamation zurück, sondern bezeichnet das Kommando im bellum Cretense.1534 Einen schonungslosen Bericht gibt Florus I 42, 4: Metellus deinde totam insulam igni ferroque populatus intra castella et urbis redegit, Cnoson, Eleythernan et, ut Graeci dicere solent, Cydoneam; adeoque saeve in captivos consulebatur, ut veneno se plerique conficerent, alii deditionem suam ad Pompeium absentem mitterent. Et cum ille res in Asia gerens eo quoque praefectum misisset Antonium, in aliena provincia inritus fuit, eoque infestior Metellus in hostes ius victoris exercuit, victisque Lasthene et Panare, Cydoneae ducibus, victor redit. Nec quidquam tamen amplius de tam famosa victoria quam cognomen Creticum reportavit. – Nachdem Q. Metellus die gesamte Insel mit Feuer und Schwert verwüstet hatte, trieb er die Einwohner in ihre Befestigungen und Städte, Knosos, Eleutherna und, wie die Griechen zu sagen pflegen, die Mutter der Städte, Kydoneia. Er ging so grausam gegen die Gefangenen vor, dass sich sehr viele vergifteten, andere ihre Kapitulation an den abwesenden Pompeius schickten. Obwohl jener in Asia Krieg führte und auch den Präfekt Antonius1535 geschickt hatte, konnte er in ei1531 Liv. per. 99, 1: Q. Metellus procos. Cnoson et Lyctum et Cydoniam et alias plurimas urbes expugnavit. – ex cos. im Sinn von pro cos: S. 270. 1532 Cic. Flacc. 6: Bellum Cretense ex magna parte gessit atque una cum summo imperatore sustinuit. Cic. Flacc. 63: legatus Flaccus imperatore Metello; vgl. MRR II 140 (Jahr 68). 1533 Polyrhenia: I. Cret. II 252, Nr. 14, Z. 1: αὐτοκράτορα. – Argos: CIL I2 746 = ILS 867, Z. 1: imperatori. 1534 Phlegon (FHG II b 257, F 12): Καὶ Μέτελλος ἐπὶ τὸν Κρητικὸν πόλεμον ὁρμήσας τριά τάγματα ἔχον ἦλθεν εἰς τὴν νῆσον καὶ μάχῃ νικήσας τὸν Λασθένη αὐτοκράτωρ ἀνηγορεύη, καὶ τειχήρεις κατέστησε τοὺς Κρῆτας; vgl. MRR II 140 (Anm. o.). 1535 Wahrscheinlich ein Fehler des Kopisten: Pompeius hatte nicht Antonius, sondern seinen Legaten L. Octavius (Plut. Pomp. 29,3; Dio XXXVI 18, 1) nach Kreta geschickt: v. infra.

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ner Provinz, die einem anderen zugefallen war, nichts ausrichten; doch umso feindseliger übte Metellus jetzt das Recht des Siegers gegen seine Feinde aus, und nachdem Lasthenes und Panares, die Anführer von Kydoneia, besiegt waren, kehrte er als Sieger zurück. Doch er brachte von dem großartigen Sieg nichts anderes zurück als den Beinamen Creticus. Der Schilderung des Florus ist nicht zu entnehmen, dass Pompeius auf gesetzlicher Grundlage berechtigt war, in Kreta zu intervenieren, auch wenn Metellus dort kommandierte. Ein anderes Bild zeichnet Appian, Sic. 6, 5–7: Als Metellus Knosos belagerte, steckte Lasthenes dort sein eigenes, mit Geld gefülltes Haus in Brand und entkam aus der Stadt. Nun sandten die Kreter eine Gesandtschaft an Pompeius Magnus, der damals den Krieg gegen die Seeräuber und gegen Mithridates führte, und ließen ihm sagen, er solle kommen, dann würden sie sich ihm ergeben. Pompeius war aber gerade mit anderen Dingen beschäftigt und befahl Metellus, die Insel zu verlassen, da doch keine Notwendigkeit mehr bestünde, den Krieg gegen Leute fortzusetzen, die sich ergeben wollen; er werde später selbst kommen, um die Kapitulation der Insel entgegenzunehmen. Doch Metellus missachtete diesen Befehl und setzte den Krieg bis zur völligen Unterwerfung der Insel fort; dann schloss er mit Lasthenes ein gleiches Abkommen wie zuvor mit Panares. Metellus erhielt einen Triumph und den Beinamen Creticus. Diesen Titel trug er mit größerem Recht als Antonius (Creticus), da er die Insel ja tatsächlich unterworfen hatte. Außerdem liegen noch die Berichte Plutarchs und des Cassius Dio vor: Sie stimmen mit dem Appians darin überein, dass der Städtebund der Kreter auf die Kunde von der Milde des Oberfeldherrn Pompeius Gesandte zu ihm schickte, um ihm ihre Unterwerfung anzubieten. Pompeius nahm sie an und schickte, als sich Metellus weigerte, seinem Befehl, die Insel zu verlassen, nachzukommen, seinen Legaten L. Octavius nach Kreta.1536 Dieser richtete aber genausowenig aus wie der zur Vermittlung herbeigerufene L.

1536 Plut. Pomp. 29, 4; Dio XXXVI 18–19; zu L. Octavius s. Anm. 1335.

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Cornelius Sisenna (pr. 78), der als Legat des Pompeius den Bezirk der westlichen Ägäis kommandierte.1537 Entscheidend ist, dass Metellus aufgrund der lex Manilia Pompeius unterstellt war.1538 Er war also im Unrecht. Mitte 66 gab Metellus der Insel, die bis dahin frei gewesen war, Gesetze, das heißt, dass er sie zur Provinz gemacht hat. Sie wurde noch im selben Jahr mit Kyrene zur Doppelprovinz Creta-Cyrenae vereinigt.1539 Cicero rühmt die Tatkraft des Metellus, dank der Kreta römisch wurde.1540 Er kehrte wahrscheinlich erst im Sommer 63 nach Rom zurück, denn im Herbst wartete er als Imperator vor den Toren Roms auf die Bewilligung des Triumphs. Dies ist einer Passage aus Sallusts Coniuratio Catilinae zu entnehmen, in der es heißt, dass die beiden Imperatoren Metellus und Q. Marcius Rex nach Faesulae bzw. nach Apulien und in die umliegenden Orte entsandt wurden, weil sie wegen der Missgunst einiger Leute, die ein Geschäft machen wollten, nicht triumphieren konnten.1541 Nach dem rekonstruierbaren Fasteneintrag feierte der Konsular Metellus den Triumph als Prokonsul am 31. Mai 62 mit dem Beinamen Creticus.1542 Außer Cicero und Sallust zeigt sich nur Velleius Paterculus in seinem Urteil dem Metellus gewogen: II 34, 1–2: Per id tempus a Q. Metello Creta insula in populi Romani potestatem redacta est, quae ducibus Panare et Lasthene XXIIII milibus iuvenum coactis, velocitate pernicibus, armorum laborumque patientissimis, sagittarum usu celeberrimis, per triennium Romanos exercitus fatigaverat. Ne ab huius quidem usura gloriae temperavit ani1537 App. Mith. 95, 435; Dio XXXVI 18f.; vgl. MRR II 148. 1538 Dio XXXVI 42, 4–43, 1; App. Mith. 94, 428; Plut. Pomp. 30, 1; zur monarchischen Stellung s. Zimmermann, D. Aug. 21. 1539 Liv. per. 100, 3: Q. Metellus perdomitis Cretensibus liberae in id tempus insulae leges dedit. – Vereinigung: RPC I, S 217ff. 1540 Cic. Flac. 30: … praeterea Cretam Metelli virtute esse nostram … 1541 Q. Marcus Rex: cos. 69; procos. in Kilikien 67–66; vgl. MRR II 146. 154. – Verhinderter Triumph: Sall. Cat. 30, 3–4: Igitur senati decreto Q. Marcius Faesulas, Q. Metellus Creticus in Apuliam circumque ea loca missi – hi utrique imperatores erant, impediti ne triumpharent calumnia paucorum, quibus omnia honesta atque inhonesta vendere mos erat –, … 1542 I. Ital. 13, 1, p. 85: [Q. Caecilius C. f. Q. n. Metellus Creticus a]n. DC[XCI] /​ [pro cos. ex Creta insula … ] k. Iun. Zum Beinamen Creticus s. Ps. Asconius (zu pro Flacco), Stangl, 96: Q. Metellus … confecto bello cognomentum ex virtute, ut supra diximus, Cretici meruit. Eutrop VI 11, 2: Metellus ingentibus proeliis intra triennium omnem provinciam cepit ap-pellatusque est Creticus atque ex insula triumphavit.

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mum Cn. Pompeius, quin victoriae partem conaretur vindicare. Sed et Luculli et Metelli triumphum ipsorum singularis virtus tum etiam invidia Pompei apud optimum quemque fecit favorabilem. – Zu dieser Zeit brachte Q. Metellus die Insel Kreta unter die Herrschaft des römischen Volkes. Ihre Führer Panares und Lasthenes hatten 24000 Mann zusammengebracht, gefährlich in ihrer Schnelligkeit, an Waffen und Strapazen gewöhnt und berühmt als Bogenschützen. Drei Jahre lang hatten sie den römischen Heeren zu schaffen gemacht. Cn. Pompeius konnte sein Verlangen, von diesem Ruhm zu profitieren, nicht bezähmen und versuchte, sich seinen Anteil am Gesamtsieg zu sichern. Aber der Triumph des Lucullus und Metellus wurde gerade von den Optimaten mit großem Wohlwollen aufgenommen, und zwar wegen ihrer außerordentlichen Verdienste und der Unbeliebtheit des Pompeius. Vell. II 40, 5: … et Metellus Creticus, non iniuste querens – quippe ornamentum triumphi eius captivos duces Pompeius subduxerat. – Metellus Creticus beklagte sich zu Recht darüber, dass ihm Pompeius die von ihm besiegten Generäle der Kreter für seinen eigenen Triumph entzogen hatte. Aus Knosos, der mächtigsten Stadt Kretas, kommen zwei einzelne Kistophoren, deren Revers Stumpf wie folgt beschreibt: Nr. 70 LEPIDVS /​ PROPR oben; i. F. l. [Κ]ΝΩ ΤΙΜΟΚΑΗ /​ ΕΥΡΜΑΧΟ[Σ]; zwei Schlangen im Köcher Das Stück Nr. 69 trägt die Signatur der Münzbeamten ΚΛΕΥΜΕΝΙΔΑΣ und ΟΙΚΙΟΣ. Sicher ist, dass das Kürzel PROPR als (leg.) pro pr. zu lesen ist, und dass die Münzen vor 36 v. Chr. datieren, weil Knosos in diesem Jahr römische Kolonie wurde und keine Kistophoren mehr prägte.1543 Stumpf versuchte den Legaten Lepidus mit L. Aemilius Lepidus Paullus (cos. 34), der 42 in Kreta und in Kyrene schlecht erhaltene Bronzen als Proquästor prägte, zu identifizieren, Tansley mit Q. Aemilius Lepidus (cos. 21); er datierte die beiden Einzelstücke 40 v. Chr.1544 Dagegen spricht, dass ein leg. pro pr. ei1543 G. Stumpf, Statthalter in Kleinasien, 1991, 106f. – Lesung (leg). pro pr.: S. 226 mit A. 1159, S. 261 mit A. 1357. 1544 Proquästor: S. 378 + A. 2000. – P. Tansley, Q. Aemilius Lepidus (Barbula), Cos. 21 B. C., Historia 57, 2008, 174–207.

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nem Oberkommandierenden im Krieg diente, Kreta aber unter Antonius bis 32 befriedet war, und dass die Stücke Nr. 69 und 70 von verschiedenen Münzbeamten (v. supra) signiert wurden, das heißt, dass die Prägung wahrscheinlich in zwei aufeinander folgenden Jahren hergestellt wurde. Möglich erscheinen unter dieser Voraussetzung nur die Jahre 68/67, in denen Metellus Knosos als Flottenstützpunkt nutzte. Der Lepidus, der als leg. pro pr. fungierte und als Präfekt des Metellus für den Schutz von Knosos zuständig war, ist mit L. Aemilius Lepidus Paullus, dem Vater des Konsuls von 34, identisch. Er war der Sohn des Marcus (cos. 78) und der Bruder des Triumvirn Lepidus. 63 klagte er Catilina de vi an, 60 war er Quästor, 55 Ädil und 53 Prätor. Bei der Bewerbung um das Konsulat im Jahr 50 unterstützte Cicero den überzeugten Republikaner. Ende 43 wurde er von seinem Bruder als Erster auf die Proskriptionsliste gesetzt. Er floh zum Caesarmörder Brutus, ging nach dessen Tod ins Exil nach Milet und kehrte 39 trotz eines Angebots, nach dem Vertag Misenum restituiert zu werden, nicht nach Rom zurück.1545 5.5

Die Kommanden des Cn. Pompeius Magnus gegen die Piraten und Mithridates (67–63)

Im 3. Mithridatischen Krieg folgte auf den großen Feldherrn Lucullus der nicht weniger berühmte Cn. Pompeius Magnus. Obwohl das Volk im Januar 67 forderte, dass das Kommando für den Krieg gegen die Piraten einem Einzigen, nämlich Pompeius, übertragen werde, musste sich Cicero in seiner Rede pro imperio Cn. Pompei gegen eine starke Opposition im Senat, angeführt von Q. Hortensius, durchsetzen.1546 Durch die lex Gabinia wurde der Konsular Pompeius für drei Jahre zum Oberfeldherrn (στρατηγὸς αὐτοκράτωρ) zu Wasser und zu Lande gewählt.1547 Er erhielt ein imperium infinitum, das das ganze Mittelmeer von den Küsten Spaniens, Galliens, über Sizilien und Sardinien zur Adria, dem Jonischen Meer, bis zu den Küsten Kleinasiens und des Schwarzen Meeres umfasste. Durch die Eintei1545 Vater: S. 279; Anklage de vi: Sall. Cat. 31, 4; cos.: Cic. fam. XV 13; Ächtung, Flucht, Exil: App. BC IV 12, 45; IV 37, 155. 1546 Forderung des Volkes: Cic. Man. 44 – Senat: Cic. Man. 52: Quid igitur ait Hortensius? Si uni omnia tribuenda sint, dignissimum esse Pompeium, sed ad unum tamen omnia deferri non oportere; vgl. W. Dahlheim, Gnaeus Pompeius Magnus – «immer der erste zu sein und die anderen überragend» in: Hölkeskamp, Von Romulus zu Augustus, 237. 1547 Dio XXXVI 23, 4: στρατηγὸν ἕνα αὐτοκράτορα ἐφ᾽ ἅπαντας αὐτοὺς ἐκ τῶν ὑπατευκότων ἑλέσθαι, τρισί τε ἔτεσιν ἄρξοντα. App. Mith. 94: οἱ Ῥωμαῖοι … Γναῖον Πομπήιον αἱροῦνται νόμῳ στρατηγὸν ἐπὶ τριετὲς αὐτοκράτορα εἶναι θαλάσσης ἁπάσης.

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lung in 15 Bezirke, die Pompeius unterstellte proprätorische Legaten leiteten, wurde das Mittelmeer in einem riesigen Kesseltreiben von den Piraten in 40 Tagen gesäubert und der Krieg bei Korakesion im Sommer 67 beendet.1548 Das zweite Kommando, das Pompeius im folgenden Jahr 66 aufgrund der lex Manilia gegen die Könige Mithridates und Tigranes erhielt, umfasste die Provinzen Kilikien und Bithynien als Operationsbasen und einen sehr weiten Raum.1549 Nach der Flucht des Mithridates in den Bosporus zog Pompeius nach Armenien. Nachstehend eine Zusammenfassung von Plutarch, Pompeius, 33, 1– 3: Als Pompeius in Armenien einfiel, wurde er vom jungen Tigranes, der sich gegen seinen Vater erhob, unterstützt. Beide trafen sich am Araxes, der ins Kaspische Meer fließt. In die Enge getrieben, sah König Tigranes, der die Milde des Pompeius kannte, keinen anderen Ausweg, als sich dem Römer zu ergeben. Er erschien im römischen Lager, kam der Aufforderung von zwei Liktoren, vom Pferd zu steigen, nach, löste den Gürtel seines Schwerts und gab es ihnen. Als er zu Pompeius kann, nahm er die königliche Tiara ab und warf sich ihm demütig bittend zu Füßen. Nach dessen Unterwerfung machte Pompeius aus dem Königreich Armenien einen römischen Klientelstaat, in den er Tigranes wieder als Herrscher einsetzte, nachdem er ihm Syrien, Phoinikien und Kilikien genommen hatte.1550 Anschließend unternahm Pompeius ausgedehnte Feldzüge, die ihn bis in den Kaukasus führten. An Ländern und Völkern zählt Plinius Kleinasien und Syrien auf, die Skythen, die vom Osten her nach Südrussland und bis in den Donauraum vorgestoßen waren, außerdem die Juden, weil Judäa von Pompeius 64 v. Chr. zusammen mit Syrien annektiert wurde, ferner Iberien (heute Georgien), Albanien am Südhang des Kaukasus und die Bastarner, einen keltisch-germa­nischen Volksstamm am Schwarzen Meer, der u.

1548 Cic. Man. 34f.; Vell. II 31, 2–4; Plut. Pomp. 26 --28. – Quästor des Pompeius i. J. 67: Q. Servilius Caepio: Plut. Cat. Min. 1, 1. 1549 Dio XXXVI 42, 4. 43, 2; Plut. Pomp. 30, 1; App. Mith. 96f.;Vell. II 33, 1f.; Liv. per. 100, 1; – C. Manilius tr. pl.: S. 292. 1550 Liv. per. 101, 2: Tigranem in deditionem accepit eique ademptis Syria, Phoenice, Cilicia, regnum Armeniae restituit.

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a. auch Söldner für Mithridates gestellt hatte.1551 Von Iberien gelangte er in die Festung Caenum, wo er private Dokumente des Mithridates fand, die seinen üblen Charakter offenbarten: Er hatte nämlich seinen Sohn Ariarathes vergiftet, weil ihn dieser im Wagenrennen geschlagen hatte.1552 Pompeius zog dann weiter in den Pontos nach Amisos, wo er im Frühjahr 64 Bithynien und Pontos als Doppelprovinz organisierte, auch Syrien richtete er als Provinz ein. 1553 Der dreifache IMPTitel des Pompeius ist in Side, Ilion, Miletopolis und Mytilene inschriftlich belegt. Ehe Pompeius 62 die Heimreise antrat, ehrten ihn die Bewohner von Ilion: ὁ δῆμος κα[ὶ οἱ ν]έοι [Γναῖον Πο]μπήιον Γναίου [ὑ]ίον, Μάγνον, τὸ τρίτον [Αὐτοκράτ]ορα, τὸν πάτρωνα καὶ εὐεργέτην τὴς πόλεως [εὐσεβεία]ς ἕνεκεν τῆς πρὸς τὸν θέον τὴν οὖσαν αὐτῶι [προθύμα]ν καὶ εὐνοίας πρὸς τὸν δῆμον ἀπολύσαντα [τοὺς μὲν ἀ]νθρώπους ἀπὸ τε τῶν βαρβαρικῶν πολέμων [καὶ τῶν π]ιρατικῶν κινδύνων ἀποκαθεστόκοτα δὲ [τὴν εἰρ]ήνεν καὶ τὴν ἀσφάλειαν καὶ κατὰ γὴν καὶ κατὰ θάλασσαν. Das Volk und die Neoi (ehren) Gnaeus Pompeius, den Sohn des Gnaeus, den Großen, zum 3. Mal Imperator, den Patron und Wohltäter der Stadt wegen seiner Gottesfürchtigkeit gegenüber der Göttin, die ihm ‹geneigt› war, und wegen seines Wohlwollens gegenüber dem Volk, weil er einerseits die Menschen von den Barbarenkriegen und den Piratengefahren befreit hat, andererseits den Frieden und die Sicherheit zu Lande und zu Wasser wiederhergestellt hat. Der dreifache IMPTitel spiegelt die drei prokonsularen Kommanden wider, die das Volk Pompeius mit Hilfe von Gesetzen übertrug, das erste hat1551 App. Mith. 116, 568, erwähnt außerdem die Armenier, Heniocher, Achaier aus Skythien und Ostiberer. – Plut. Pomp. 30, 2 nennt Phrygien, Lykaonien, Galatien, Kappadokien, das raue Kilikien, Kolchis und Armenien. 1552 Charakter des Mithridates: Plut. Pomp. 38, 1. – Amisos: Liv. per. 102, 1 (s. n. Anm.); Vell. II 38, 6; vgl. MRR I, 159f. – Zu Syrien s. App. Mith. 106, 499. 1553 Liv. per. 102, 1: Cn. Pompeius in provinciae formam Pontum redegit; vgl. Bengtson, RG3 214.

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te er von 77 bis 71 in Spanien gefolgt vom Triumph inne, das zweite 67 gegen die Piraten und das dritte von 66 bis 62 gegen Mithridates und Tigranes. Der Triumph nach dem ersten prokonsularen Kommando bildete seit Pompeius die Voraussetzung für die Iteration des IMPTitels.1554 Das Piratenproblem bestand im 1. Jh. v. Chr. im östlichen Mittelmeer für alle Küstenstädte. Die Ausbeutung der Provinzen durch die römische Administration leistete der Ausbreitung der Piraterie Vorschub. Mit dem barbarischen Feind, der besiegt wurde, ist Mithridates gemeint. Der tote König wird zu Unrecht als Barbar diskriminiert, denn er stammte väterlicherseits von Kyros und Dareios ab und mütterlicherseits von Alexander d. Gr. und Seleukos Nikator.1555 Im April 62 sandte Cicero ein Schreiben an den Imperator Pompeius (fam. V 7), der auf dem Weg nach Rom in Mytilene Station machte, wo er mit dem Geschichtsschreiber Cn. Pompeius Theophanes, dem er das Bürgerrecht verliehen hatte, einem Dichterwettbewerb beiwohnte. Nach seiner Rückkehr ließ Pompeius seine in Kleinasien vollbrachten Taten auf einer Tafel aufzeichnen und sie als Weihgeschenk aufstellen. Der Anfang lautet: „Der Imperator Pompeius, der Sohn des Gnaeus, der Große, hat die Küsten der bewohnten Welt und alle Inseln innerhalb des Ozeans vom Kampf gegen die Piraten befreit.“1556 Pompeius triumphierte am 28. 9. 61 nach den Fasten als Prokonsul über die Könige Mithridates und Tigranes. Von der Tafel XXXIX ist nur ein kleines Fragment erhalten, das dank Plinius ergänzt werden kann. Der erhaltene PROCOSTitel besagt, dass Pompeius im Gewand des Konsuls neun Jahre nach dem Amtsjahr triumphierte. Im April 59 heiratete er Iulia, die Tochter Caesars. 55 weihte er das nach ihm benannte erste steinerne Theater ein.1557 1554 Cn. Domitius Calvinus war nicht IMP II, weil er nach den Feldzügen 47 und 46 nicht triumphierte; vgl. S. 423 mit A. 2232. 1555 Vgl. E. Winter, Stadt und Herrschaft in spätrepublikanischer Zeit, Eine neue Inschrift aus Ilion, Asia Minor Studien 22, 1996, 175–196, bes. 176, 189–191 (unter Berücksichtigung der Inschriften aus Side, Miletupolis und Mytilene), 1556 Mytilene: Plut. Pomp. 42, 4; vgl. H. Holtheide, Römische Bürgerrechtspolitik in der Provinz Asia, 1983, 24f., 243f. – Taten des Pompeius Magnus: Diod. XL 4; Plin. NH VII 96; vgl. Zimmermann, D. Aug. 23. 1557 Tafel XXXI: Inscr. Ital. 13, 1, 84f.: [Cn. Pompeius Cn. f. Sex. n. Magnus III] pro cos. a. DCXCII [ex Asia, Ponto, Armenia, Paphla]gonia, Cappadoc(ia), [Cilicia, Syria, Scythis, Iudaeis, Alb]ania, pirateis [per biduum, III pridie k. O]cto. – Plin. NH VII 98: Cum oram maritimam praedonibus liberasset et imperium maris populo Romano restituisset, ex Asia,

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Prokonsuln und ein Prätor in Makedonien von 64–55 v. Chr.

6.

Prokonsuln und ein Prätor in Makedonien von 64–55 v. Chr.

Makedonien wurde nach dem Konsular M. Terentius Varro Licinius Lucullus von 71/70 bis 65/64 von Prätoren verwaltet; nur [.] Rubrius ist überliefert.1558 Anschließend wurde es wieder provincia consularis. 6.1

L. Manlius Torquatus

Der Patrizier L. Manlius Torquatus stammte von den Manlii Capitolina ab; er war der Sohn des gleichnamigen Quästors von 113 oder 112.1559 86–84 diente er Sulla in Griechenland als Quästor und 83 bis 81 in Italien als Proquästor; zusammen mit Cn. Dolabella (cos. 81) bat er Sulla, seine erschöpften Soldaten eine Zeitlang zu schonen1560, am Ende der 70er Jahre war er Lucullus in Asia als leg. pro pr. unterstellt1561, spätestens 68 war er Prätor, 65 Konsul. Er hatte im Vorjahr, obgleich in der Wahl unterlegen, P. Cornelius Sulla, einen Verwandten des Diktators, dank der Klage seines Sohnes Lucius (pr. 49) wegen ambitus verdrängt.1562 Der gegen seinen Kollegen L. Aurelius Cotta und ihn selbst gerichtete Anschlag der 1. catilinarischen Verschwörung am 1. 1. 65 scheiterte. Torquatus stand im Juli 65 als Konsul dem wegen Repetunden angeklagten Catilina bei, versagte sich ihm aber im folgenden Prozess in der ersten Hälfte 64.1563 Er trat das Prokonsulat in MakePonto, Armenia, Paphlagonia, Cappadocia, Cilicia, Syria, Scythis, Iudaeis, Albanis, Hiberia, insula Creta, Basternis et super haec de rege Mithridate atque Tigrane triumphavit; vgl. Künzl, Tr. 145f. – Heirat: Cic. Att. II 17, 1. – Theater: Plin. NH XXXVI 115; vgl. Div. Aug., 2014, 33. 1558 Rubrius pr. ca. 68: Plut. Cato min. 9, 1; vgl. Papazoglou, La Macédoine 311. – Nach Brennan, Praetorship, 920/395, könnte der Münzmeister von 87, L. Rubrius Dossenus (RRC Nr. 347), mit dem Prätor Rubrius identisch sein. 1559 Zur Abstammung s. Badian, Chiron 20, 1990, 394. Vater: RRC Nr. 295 und Münzer, RE XIV 1, 1928, Manlius Nr. 79; vgl. das Stemma bei J. Mitchell, The Torquati, Historia 15, 1966, 31. 1560 Quästor (J. 84): Cic. fin. I 39; Proq.: RRC Nr. 367 (vgl. S. 254/1309); Plut. Sull. 29, 8: πολλὰ δὲ Δολοβέλλα καὶ Τουρκουάτου δεομένων ἐπισχεῖν καὶ μὴ κατακόπους ἔχοντα τοὺς ἄνδρας ἀποκινδυνεῦσαι; zu Cn. Dolabella s. S. 264. 1561 Milet VI, 1121; vgl. Broughton, L. Manlius Torquatus and the Governors of Asia, AJPh 111, 1990, 73; Vf. S. 289f. 1562 Cic. pro Sulla 15, 49, 50, 90; Ascon. (ed. Squires) Cornelius 75; Dio XXXVI 44, 3; vgl. Alexander, Trials, Nr. 201. 1563 L. Aurelius Cotta war der jüngste Bruder des Gaius und des Marcus; vgl. S. 292. – 1. 1. 65: Cic. Sul. 11; Sall. Cat. 18, 5. – 2. Hälfte 64: Cic. Sul. 81. Zur Datierung der Prozesse:

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donien in der zweiten Hälfte 64 an.1564 Einziges Zeugnis ist ein Satz Ciceros aus in Pisonem 19, 44: Ex qua provincia modo vir omni dignitate ornatissimus, L. Torquatus, magnis rebus gestis me referente ab senatu imperator est appellatus. – Aus dieser Provinz heraus wurde vor kurzem L. Torquatus, ein auf jede Weise geehrter und hochgeachteter Mann, nachdem er große Taten vollbracht hatte, auf meinen Antrag hin vom Senat als Imperator betitelt. Im Herbst 63 wurde L. Torquatus nach seiner Rückkehr im Senat auf Antrag des Konsuls Cicero der IMPTitel ehrenhalber verliehen, wie der Ausdruck imperator est appellatus verdeutlicht. Brennan sieht die appellatio imperatoria als Entschädigung für einen entgangenen Triumph an.1565 Er nimmt offensichtlich an, dass Torquatus diese Ehre versagt blieb, weil am 23. 10. 63 wegen der catilinarischen Verschwörung ein senatus consultum ultimum (SCU) erlassen wurde.1566 Vorher hatte Torquatus im Senat, obgleich krank, an den Beratungen über das weitere Vorgehen gegen die Catilinarier teilgenommen.1567 Dass L. Torquatus den Ehrentitel imperator erhielt, hat aber wahrscheinlich nichts mit der Entschädigung für einen entgangenen Triumph zu tun, sondern ist wohl darauf zurückzuführen, dass er die großen Taten innerhalb eines Jahres als Prokonsul in der Provinz Makedonien (ex qua provincia) vollbrachte, das heißt, dass er das Kommando nicht als Imperator außerhalb der Provinz geführt hat, denn ein mit einem bellum beauftragter Prokonsul erhielt den IMPTitel vor seinem Aufbruch und nicht ehrenhalber nach seiner Rückkehr. Er hatte folglich kein Anrecht auf einen Triumph. 6.2

C. Antonius (Hybrida)

C. Antonius war der Sohn des M. Antonius (cos. 99). Das Cognomen Hybrida war ein Spottname, der die auf den Menschen übertragene Kreuzung eines Schweins mit der wilden Art bezeichnete.1568 C. Antonius hatte ca. 84 als Präfekt Sullas mit Hilfe einer Reiterschwadron zahlreiche Griechen ausgeplündert, deswegen wurde er 76 vom jun2. Hälfte 65 und 1. Hälfte 64 s. Alexander, Trials, Nr. 212 bzw. 217. 1564 L. Torquatus war in der 1. Hälfte 64 noch in Rom: Cic. Sul. 81. 1565 appellatio imperatoria: Assenmaker, Imperator, 130–132, 135; Brennan, Praetorship, 532. 1566 Cic. Cat. I 7, 1; Sall. Cat. 29, 2. 1567 Cic. Sul. 34; fam. II 62; Att. XII 21, 1; vgl. Münzer, RE XIV, Manlius Nr. 79. MRR II 169, III 136. 1568 Plin. NH VIII 213.

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Prokonsuln und ein Prätor in Makedonien von 64–55 v. Chr.

gen C. Iulius Caesar angeklagt und vom Richter Varro verurteilt.1569 Vor 70 war er Quästor, 70 wurde er von den Zensoren L. Gellius und Cn. Lentulus aus dem Senat gestoßen, tr. pl. 68 (lex Antonia de Termessibus)1570, 66 Prätor, 64 unterstützte er Catilina bei der Bewerbung um das Konsulat, für 63 mit Cicero zum Konsul gewählt1571, bei der Losung unter den designierten Konsuln fiel Cicero Makedonien und Antonius Gallia Cisalpina zu; Cicero trat jedoch Makedonien an Antonius ab, um sich ihn angesichts der von Catilina ausgehenden Gefahr zu verpflichten.1572 Der durch das SCU vom 23.10. ermächtigte Konsul C. Antonius führte ein Heer nach Etrurien gegen den Staatsfeind Catilina und rückte Ende 63 von Faesulae aus gegen ihn vor.1573 Sallust nennt Catilina unspezifisch imperator im Sinn von ‚Heerführer‘, vergleichbar mit dem Poenorum imperator.1574 Nach den Periochae besiegte ihn Antonius als Prokonsul, das heißt, dass die Schlacht bei Pistoria nicht 63, sondern Anfang 62 stattfand.1575 Anschließend wurde der Sieger von seinen Truppen trotz einer ungenügenden Zahl von Getöteten akklamiert.1576 Ein älteres Gesetz, das vielleicht vom 2. Jh. datiert, scheint nur die Zahl der getöteten Feinde festgelegt zu haben. Die jüngere lex Marcia Porcia von 62 v. Chr. verlangte aus gegebenem Anlass von den Feldherren den Schwur auf die Richtigkeit ihrer Angaben über die getöteten Feinde und die eigenen Verluste.1577 Orosius erwähnt dieses Gesetz.1578 Der zur Zeit Caesars schrei1569 Plut. Caes. 4, 2–3; Ascon. (Squires), Toga candida 83; vgl. S. 265 mit A. 1375. – M. Terentius Varro, Prätor als Richter: vgl. S. 271 mit A. 1404. 1570 Senatsausschluss: Ascon. (Squires), Toga candida 84; L. Gellius Publicola und Cn. Cornelius Lentulus Clodianus (coss. 72): vgl. S. 347/1817. – Vgl. J. – L- Ferrary, La Lex Antonia de Termessibus, in: Recherches sur les lois comitiales, 2012, 3–42. 1571 Ascon. (Squires), Toga candida, 83; Cic. Sest. 8; Sall. Cat. 21, 4; Plut. Cic. 11, 1–2; Dio XXXVII 39, 3f. 1572 Cic. Pis. 5; Plut. Cic. 12, 4. 1573 Staatsfeind: Sall. Cat. 36, 2. – Kommando: Sall. Cat. 36, 3. – Angriff: Sall. Cat. 57, 3–5. – Sieg: Sall. Cat. 59–61. 1574 Sall. Cat. 58, 1: … neque fortem ex timido exercitum oratione (Catilinae) imperatoris fieri. – Poenorum imper.: S. 92/444. 1575 Liv. per. 103, 1: Catilina a C. Antonio procos. cum exercitu caesus est. – Datierung: Obsequens 61 a. 1576 Dio XXXVII 40, 2: καὶ αὐτοκράτωρ ἐπὶ τῇ νίκῃ, καίτοι τοῦ ἀριθμοῦ τῶν πεφονευμένων ἐλάττονος παρὰ τὸ νενομισμένον ὄντος, ἐπεκλήθη; vgl. MRR II 175 und Vf. Anm. 1578. 1577 Val. Max. II 8, 1: Ob levia proelia quidam imperatores triumphos sibi decerni desiderabant. quibus ut occurreretur, lege cautum est, ne quis triumpharet, nisi qui V milia hostium una acie cecidisset; vgl. Assenmaker, Titre d’Imperator, 137. 1578 Oros. V 4, 7: sed cum iuxta legem, qua constitutum erat, ut quisque quinque milia hostium peremisset triumphandi haberet potestatem, iste quoque triumphum expetisset, …;

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bende Diodor nennt die Zahl 6000 und sagt, die Ausrufung eines siegreichen Kommandeurs zum Imperator komme der zum König gleich. Mit diesem Vergleich spielt Diodor auf die unumschränkte Macht des Imperators im Bereich militiae an. Dass er unpassend ist, zeigen die Worte des älteren Scipio, er wolle nicht rex, sondern imperator genannt werden.1579 Nach seinem Sieg über Catilina ging C. Antonius mit dem Heer wohl direkt nach Makedonien. Er erlitt in Thrakien eine Niederlage gegen die Dardaner und Bastarner.1580 Am 1. Januar 61 sollte er vermutlich abgelöst werden, denn noch im gleichen Monat richtete Cicero ein Schreiben an den Imperator Antonius, in dem er ihm Undankbarkeit vorwarf, weil er nicht honorierte, dass sich Cicero im Senat für sein Verbleiben in Makedonien verwendet hatte.1581 Der im Präskript genannte IMPTitel geht entgegen Broughton nicht auf die imperatorische Akklamation nach dem Sieg über Catilina zurück, weil C. Antonius das Kommando in einem Bürgerkrieg offiziell nicht als Imperator führte.1582 Das IMP bezeichnet nur das Kommando in Makedonien, das der Statthalter vom Volk für den Krieg gegen die Thraker erhalten hatte. Antonius kehrte Ende 60 nach Rom zurück und kam 59 vor Gericht, seine Verteidigung übernahm Cicero.1583 Da man sicher nur eine einzige Anklage erhob, wurde der übel Beleumundete wahrscheinlich wegen Kompetenzüberschreitung des Statthalters nach der lex laesa maiestas populi verurteilt. Antonius ging ins Exil nach Kephallonia, 44 war er wieder Mitglied des Senats, 42 Zensor.1584 Von 60 bis Ende 58 wurde Makedonien von Prätoren verwaltet, nämlich von C. Octavius (v. infra), L. Culleolus (pr. 60) und L. Appuleius Saturninus (pr. 59).

vgl. Bleicken, Lex Publica, Gesetz und Recht in der röm. Rep., 1975, 164. 1579 Diod. XXXVI 14 (Zitat: S. 225/1155). Scipio: Liv. XXVII 19, 4; vgl. S. 97. 1580 Jahr 62: MRR II 175. – Liv. per. 103, 7: C. Antonius pro cos. in Thracia parum prospere rem gessit. 1581 Geplante Ablösung: Cic. Att. I 12, 1. – Cic. fam. V 5, 2: Omnia a me in te profecta sunt, quae ad tuum commodum, quae ad honorem, quae ad dignitatem pertinerent. … Meus in te animus quam singulari officio fuerit, et senatus et p. R. testis est. 1582 MRR II 181. – Bürgerkrieg: S. 225 mit A. 1154. 1583 Rückkehr: Cic. Att. II 2, 3: Prozess: Dio XXXVIII 10, 4; vgl. Ascon. (Scribes), Toga candida 83: Catilina et Antonius, quamquam omnium maxime infamis eorum vita esset, tamen multum poterant. 1584 Alexander, Trials, Nr. 241. – Censor: Cic. Phil. II 98f.

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Prokonsuln und ein Prätor in Makedonien von 64–55 v. Chr.

6.3

C. Octavius

C. Octavius, der Vater des Augustus, war ein homo novus, der einer angesehenen Ritterfamilie aus Velitrae entstammte; er galt als charakterfest, unbescholten, rechtschaffen und wohlhabend.1585 Ein römisches Elogium gibt seinen Cursus in aufsteigender Reihenfolge wieder: Er war vor 73 zweimal Militärtribun, ca. 70 Quästor, spätestens 64 Ädil, 63 iudex quaestionum und 61 Prätor. Octavius übernahm 60 als pr. pro cos. die Provinz Makedonien.1586 Auf dem Weg dorthin vernichtete er gemäß einem außerplanmäßigen Auftrag des Senats übrig gebliebene Scharen des Spartacus und Catilinas im Gebiet von Thurium.1587 Die erloste Provinz Makedonien leitete Octavius effizient und gerecht: Die Bundesgenossen behandelte er so, wie es Cicero seinem Bruder Quintus empfahl, der damals Asia ebenfalls als pr. pro cos., aber nicht so vorbildlich verwaltete.1588 Nachdem Octavius die eingefallenen Besser und Thraker in einer großen Schlacht in die Flucht geschlagen hatte, wurde er nach Velleius Paterculus von seinen Truppen zum Imperator ausgerufen. Es handelt sich um eine appellatio imperatoria in der Provinz.1589 Sinngemäß die gleiche Formulierung steht im oben erwähnten Elogium: pr. pro cos., imperator appellatus ex provincia Macedonia.

1585 HN: NMRS Nr. 287; vgl. Vell. 59, 2: Fuit C. Octavius, ut non patricia, ita admodum speciosa equestri genitus familia, gravis, sanctus, innocens, dives. 1586 Elogium: Inscr. Ital. 13, 3, Nr. 75 b. – Ädil: F. X. Ryan, The Quaestorship and Aedileship of C. Octavius, RhM 139, 1996, 251–253. – iudex quaestionum: Vorsitzender eines Geschworenengerichts, das nicht von einem Prätor geleitet wurde; vgl. Kunkel, StO, 122. – Prätor: Vell. II 59, 2: Hic praetor inter nobilissimos viros creatus primo loco; vgl. MRR II 179. 1587 Suet. Aug. 3, 1: Ex praetura Macedoniam sortitus fugitivos, residuam Spartaci et Catilinae manum, Thurinum agrum tenentis in itinere delevit, negotio sibi in senatu extra ordinem dato. – Vgl. Suet. Aug. 1, 3: e pago Thurino: Thurii, Stadt in Bruttium. 1588 Suet. Aug. 3, 2: Provinciae praefuit non minore iustitia quam fortitudine; namque Bessis ac Thracibus magno proelio fusis ita socios tractavit, ut epistulae M. Ciceronis exstent, quibus Quintum fratrem eodem tempore parum secunda fama proconsulatum Asiae adminstrantem hortatur et monet, imitetur in promerendis sociis vicinum suum Octavium.; vgl. Cic. Q. fr. I 1, 21 (Ende 59). His rebus nuper C. Octavius iucundissimus fuit, apud quem proximus lictor quievit, tacuit accensus, quotiens quisque voluit dixit et quam voluit diu. 1589 Vell. II 59, 2: C. Octavius praetor sortitus Macedoniam appellatusque in ea imperator; vgl. MRR II 191.

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Es bestätigt sich, dass Sulla den Prätoren das Recht, außerhalb der Provinz Krieg zu führen (imperium militiae), genommen hat, doch durften sie in der Provinz die Akklamation ihren Truppen entgegennehmen.1590 Octavius kehrte wohl Anfang 59 nach Italien zurück und starb wenig später, noch ehe er sich um das Konsulat bewerben konnte. Von 57 bis 55, d. h. unter L. Calpurnius Piso, war Makedonien wieder provincia consularis.1591

6.4

L. Calpurnius Piso Caesoninus

L. Calpurnius Piso Caesoninus war der Sohn des gleichnamigen Münzmeisters und quaestor Ostiensis von 100, praetor 90, und der Enkel des Konsuls von 112.1592 Er war 70 Quästor, 64 Ädil, 61 Prätor; ab Anfang 59 ging Piso eine Allianz mit Caesar ein, der seine Tochter Calpurnia heiratete.1593 58 erließ er als Konsul ein Gesetz zur Steuerfreiheit der insula sacra Delos.1594 Er verhinderte in diesem Jahr die Rückkehr Ciceros aus dem Exil. Der Volkstribun P. Clodius Pulcher erwirkte durch eines seiner vier Gesetze die Zuweisung Makedoniens an Piso und die Syriens an dessen Amtskollegen A. Gabinius1595; beide erhielten nach Cicero und Aurelius Victor mit Hilfe des Volkstribunen P. Clodius ein imperium infinitum für Feldzüge im Bereich militiae.1596 Piso setzte aufgrund der lex Clodia Ende 58 mit einem Heer

1590 Entzug des imperium militiae: S. 260 mit A. 1350. – Ausnahme: M. Antonius Creticus (S. 283ff.). 1591 Tod des C. Octavius: Vell. II 59, 2: …decedens ad petitionem consulatus … obiit. – Suet. Aug. 3, 2: …decedens Macedonia mortem obiit repentinam; vgl. Assenmaker, Imperator, 137. – Zum Status Makedoniens s. auch S. 303. 1592 Vater: Münzmeister und quaestor Ostiensis: RRC Nr. 330; vgl. MRR I 576, III 47; pr. 90: Syme, Historia 1955, 58; Sohn: Filiation: ID 1737: S. 309. – Großvater (cos. 112): Caes. BG I 12, 7; vgl. S. 337 mit A. 1763 und Ferriès, Partisans, Nr. 31. 1593 Cass. Dio XXXVIII 9, 1. 1594 Vgl. C. Nicolet, Insula Sacra, 1980, 59–61. – M. H. Crawford, Roman Statutes I, 1996, Nr. 22. 1595 Rückkehr: Cic. red. in sen. 17; Sest. 32. – Provinzen: Cic. pro Sestio 24: Foedus fecerunt cum tribuno pl. palam, ut ab eo provincia acciperent, quas ipsi vellent, exercitum et pecuniam, quantam vellent. – Plut. Cic. 30, 2: ὁ Κλώδιος … τῶν ὑπάτων ἑκατέρῳ μεγάλας ἐπαρχίας ἐψηφίσατο, Πείσωνι μὲν Μακεδονίαν, Γαβινίῳ δὲ Συρίαν. 1596 Cic. dom. 55: Cum Gabinio Syria dabatur Macedonia Pisoni utrique infinitum imperium. – [Aur. Vic.] vir. Ill. 81, 4: sollicitatis Pisone et Gabinio consulibus, qui Macedoniam Asiamque provincias in stipendium opera huius (sc. P. Clodii) acceperant, in exilium actus; vgl. MRR II 193, Brennan, Praetοrship, 536.

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Prokonsuln und ein Prätor in Makedonien von 64–55 v. Chr.

nach Griechenland über und beutete es nach Cicero schamlos aus.1597 Dieser nennt ihn abschätzig iste Macedonicus imperator; seine Rückkehr nach drei Jahren sei trostlos gewesen.1598 Erhalten ist eine Ehrung Pisos in der civitas libera Samothrake als αὐτοκράτωρ und Patron der freien Stadt.1599 Piso besuchte sie.1600 Da sie nicht zur Provinz gehörte, steht nicht der PROCOS-, sondern der IMPTitel. Piso war aber aufgrund einer Klausel in der lex Clodia von der Bestimmung der lex Iulia freigestellt, derzufolge ein Statthalter in den civitates liberae nicht Recht sprechen durfte. Cicero wirft Piso vor, sich mit einem hohen Betrag die Erlaubnis erkauft zu haben, entgegen den Senatsbeschlüssen und entgegen dem Gesetz seines Schwiegersohns Caesar, in Darlehensprozessen gegen freie Völker, zu denen die Bewohner einer civitas libera gehörten, Recht sprechen zu dürfen. Diese erkaufte Erlaubnis habe er in der Weise zu Geld gemacht, dass er überhaupt keine Verhandlung zuließ oder römische Bürger um ihr Vermögen brachte.1601 Als Prokonsul und Patron wurde Piso in mehreren Städten Makedoniens geehrt, nämlich von den Bewohnern Beroias in Thessalien und den dort lebenden Römern, ebenso in Amphipolis, Oropos und Delos.1602 ID 1737: L. Calpurnio L. f. /​ Pisone proco[s] /​ [Ἐ]πὶ [ἀ]νθυπάτου Λ[ευκίου] /​ Καλπορνίου τοῦ [Πε]ίσωνος, οἱ Ἑρμαισταὶ τὸν ναὸ[ν] /​ [κ] αὶ τὰ ἀγάλματα v. Ἑρμε[ῖ]. – Unter dem Prokonsul L. Calpurnius Piso, Sohn des Lucius. Die Hermaisten (weihen) Hermes den Tempel und die Götterbilder.

1597 Cic. Pis. 40: Achaia exhausta, Thessalia vexata, laceratae Athenae, Dyrrachium et Apollonia exinanita, Ambracia direpta, Parthini et Bulidenses inlusi, Epirus excisa, Locri, Phocii, Boeotii exusti, Acarnania, Amphilochia, Perrhaebia, Athamanumque gens vendita, Macedonia condonata barbaris, Aetolia amissa, Dolopes finitimique montani oppidis atque agris exterminati. 1598 Lex: Cic. Att. III 22, 1; Cic. fam. XIV 1, 3. – Imperator: Cic. Pis. 24. Sic iste a tanto exercitu tantae provinciae triennio post Macedonicus imperator in urbem se intulit ut nullius negotiatoris obscurissimi reditus umquam fuerit desertior. 1599 P. M. Fraser, Samothrake 2, I, 1960, Nr. 18. – Freie Stadt: ders. 160, Nr. 12–16. 1600 Cic. Pis. 89: Quid quod … cum sustentare vix posses maerorem tuum doloremque decessionis, Samothraciam te primum, post inde Thasum cum tuis teneris saltatoribus … contulisti. 1601 Cic. prov. cons. 7: emisti grandi pecunia ut tibi de pecuniis creditis ius in liberos populos contra senatus consulta et contra legem generis tui dicere liceret: id emptum ita vendidisti ut aut ius non diceres aut bonis civis Romanos everteres. vgl. R. G. Nisbeth, M. Tulli Ciceronis in L. Calpurnium Pisonem oratio, 1987, App. I, 173. 1602 Beroia: Sarikakis, Archontes I, 1971, 109, Nr. 20. – Amphipolis und Oropos: Canali de Rossi, Patroni, I. Nr. 20f. – Delos: C. Nicolet, Insula Sacra; vgl. n. Anm.

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Das Kollegium der Hermaisten, eine Vereinigung italischer Kaufleute, errichtete unter Pisos Prokonsulat einen dem Hermes geweihten Tempel. Die Inschrift ist insofern bemerkenswert, als auf Delos nicht die eponymen Konsuln zur Datierung genannt werden, sondern der amtierende Prokonsul Makedoniens. Delos war zwar nach 88 v. Chr. nominell noch eine Kolonie Athens, aber faktisch ersetzten die römischen Statthalter oft die von Athen entsandten Magistrate. Die unter Piso vollzogene Weihung verdeutlicht, dass die Insel stärker denn je an Rom gebunden war.1603 Der Dank der italischen Kaufleute galt Piso, weil er Delos, wie oben gesagt, im Vorjahr als Konsul Steuerfreiheit gewährt hatte. Da Piso aber als Konsul Ciceros Rückehr aus der Verbannung im Jahr 58 verhindert hatte – möglich wurde sie erst im Herbst 57 dank der Bemühungen seiner Freunde –, machte der Gedemütigte seinen politischen Gegner in den Reden pro Sestio (März 56), de provinciis consularibus (Juni 56) und vor allem in der Invektive in Pisonem (Herbst 55) zur Zielscheibe seines Hasses. In ihr zeichnet Cicero ein sehr düsteres Bild von Pisos Provinzialverwaltung. Er wirft ihm vor, den Thrakern Makedonien zur Ausbeutung und zum Plündern ausgeliefert zu haben.1604 Die Achäer müssten Piso jährlich hohe Abgaben zahlen, die Steuereinkünfte Dyrrhachiums flössen allein ihm zu, das römertreue Byzanz habe er trotz der Armut seiner Bewohner durch Einquartierungen von Soldaten übermäßig belastet.1605 Seinem Legaten Q. Marcius (Crispus) habe es Piso zu verdanken gehabt, dass er 56 in einer Schlacht akklamiert wurde, obwohl er, wie Cicero süffisant bemerkt, weit weg vom Geschehen war.1606 Die gegen Piso erhobenen Vorwürfe sind zwar hassverzerrt und polemisch überspitzt, aber sicher nicht frei erfunden. Auch wenn man im Auge behält, dass die Provinz und insbesondere die via Egnatia während Pisos Amtszeit durch die Invasion thrakischer Stämme

1603 P. Roussel, Délos, Colonie Athénienne, 1987, 334f. 1604 Cic. pro Sestio 94. 1605 Cic. prov. cons. 5: quis vestrum … ignorat Achaeos ingentem pecuniam pendere L. Pisoni quotannis, vectigal ac portorium Dyrrachinorum totum in huius unius questum esse conversum, urbem Byzantiorum, vobis atque huic imperio fidelissimam, hostilem in modum esse vexatam? Quo ille, posteaquam nihil exprimere ab egentibus, nihil ulla vi a miseris extorquere potuit, cohortis in hiberna misit; iis praeposuit quos putavit fore diligentissimos satellites scelerum, ministros cupiditatum suarum. 1606 Cic. Pis. 54: scio item virum fortem in primis, belli ac rei militaris peritum, familiarem meum, Q. Marcium, quorum tu legatorum opera in proelio imperator appellatus eras, cum longe afuisses. – Q. Marcius Crispus: S. 361 mit A. 1911.

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Prokonsuln und ein Prätor in Makedonien von 64–55 v. Chr.

ernstlich bedroht waren1607, und selbst wenn man Piso den Sieg gutschreibt, den sein Legat Q. Marcius vermutlich im Frühjahr 56 gegen diese Stämme errang (Pis. 54), so fällt die Gesamtbilanz seiner militärischen Unternehmungen doch eindeutig negativ aus.1608 Piso verlor seine Armee, wie oben erwähnt, durch Niederlagen und illegale Entlassungen. Er verkaufte den Thrakern und Dardanern den Frieden und machte sich die Denselethen, die vorher den Römern unter C. Sentius als Verbündete die Treue gehalten hatten, durch einen brutalen Angriffskrieg zu erbitterten Feinden, so dass sie sich in Räuber und Plünderer verwandelten.1609 Auch rechtfertigte der strenge Winter 57 auf 56 (Catull c. 28; 47) nicht die rücksichtslosen Aushebungen in Byzanz, das Piso als Basis für strategische Reserven diente. Diese civitas libera wurde so ausgeplündert, dass dort kein einziges Kultbild verblieben wäre, wenn nicht Pisos Legat C. Vergilius eingeschritten wäre.1610 Vielleicht übertrieben, aber sicher nicht grundlos ist der Vorwurf, der verblendete Imperator habe in Makedonien zwar Siegesdenkmäler errichten lassen, aber faktisch nur Städte verloren, im Feld getötete Legionen eingebüßt und die der restlichen Soldaten beraubte Provinz der Schande preisgegeben.1611 Besonders demütigend für Piso ist Ciceros Feststellung, er habe, obwohl Träger eines konsularen Imperiums, aus Makedonien keinen Triumph heimgebracht.1612

1607 Cic. Pis. 16, 40: tantam vero provinciam cum tanto exercitu, Macedoniam praesertim, quam tantae barbarorum gentes attingunt ut semper Macedonicis imperatoribus idem fines provinciae fuerint. 1608 Chr. Danoff, ANRW 7.1, 117 und Papazoglou, La Macédoine, 320. – Eher positiv urteilt hingegen R. G. M. Nisbeth, M. Tulli Ciceronis in L. Caluprunium Pisonem oratio, 1987, Appendix I, 173f. 1609 Cic. Pis. 34, 84: Denseletis, quae natio semper oboediens huic imperio etiam in illa omnium barbarorum defectione Macedoniam C. Sentio praetore tutata est, nefarium bellum et crudele intulisti, eisque cum fidelissimis sociis uti posses, hostibus uti acerrimis maluisti; vgl. Papazoglou, Balkan Tribes, 1978, 185, 464. – C. Sentius: S. 247 mit A. 1272. 1610 Cic. prov. cons. 7: civitas libera … sic spoliata atque nudata est, ut, nisi C. Vergilius legatus, vir fortis et innocens, intervenisset, unum signum Byzantii ex maximo numero nullum haberent. 1611 Cic. Pis. 38, 92: in Macedonia tropaea posuit; eaque quae bellicae laudis victoriaeque omnes gentes insignia et monumenta esse voluerunt noster hic praeposterus imperator amissorum oppidorum, caesarum legionum, provinciae praesidio et reliquis militibus orbatae ad sempiternum dedecus sui generis et nominis funesta indicia constituit. 1612 Cic. Pis. 55: tu inventus es, qui consulari imperio praeditus ex Macedonia non triumphares; vgl. den Kommentar von R. G. Nisbeth (Anm. S. 311/1608) S. 100 zu § 38 (Zitat: S. 261/1352).

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

Nach seiner Rückkehr im Juni 551613 beschwerte sich Piso am 12. August im Senat über die Angriffe Ciceros, die er 56 gegen ihn in der Rede de provinciis consularibus vorgetragen hatte und ging dann zum Gegenangriff über, wobei er auf die Unterstützung seines in Gallien weilenden Schwiegersohns Caesar hoffte. Wenige Tage später hielt Cicero im Senat die Invektive in Pisonem.1614 Der Geschmähte wurde jedoch entgegen der Drohung Ciceros (Pis. 94) nicht angeklagt, sondern gelangte sogar im Jahr 50 mit Ap. Claudius Pulcher zur Zensur. Bei Ausbruch des Bürgerkriegs trat er für seinen Schwiegersohn Caesar ein, verließ dann aber Rom, wodurch er die Hochachtung Ciceros wiedergewann.1615 Bis zu Caesars Ermordung blieb Piso neutral. In der Senatssitzung vom 17. März 44 forderte er ein öffentliches Begräbnis Caesars und volle Gültigkeit des Testaments.1616 Er leitete selbst die Bestattungsfeierlichkeiten im April, bei einem S C über die Juden war er ranghöchster Urkundszeuge.1617 Zwar wies Piso am 1. August 44 die Ansprüche des Antonius zurück und erklärte, dass er dessen Herrschaft unter keinen Umständen dulden wolle.1618 Doch wandte er sich am 1. Januar 43 mit Entschiedenheit gegen Ciceros Antrag, Antonius zu ächten und gab die Hoffnung, eine Versöhnung zu erreichen, nicht auf.1619 Das Fehlen späterer Nachrichten lässt auf seinen baldigen Tod schließen.

7.

C. Pomptinus in Gallia Narbonensis

C. Pomptinus war ein homo novus, 71 Legat des Crassus im Krieg gegen Spartacus, 63 half er als Prätor bei der Aufdeckung der catilinarischen Verschwörung, indem er am 3.12. die Gesandten der Allobroger an der Mil-

1613 Zeitpunkt: Cic. Pis. 65; vgl. MRR II 220/3, MRR III 47, Brennan, Praetorship, 538. 1614 Asconius, In senatu contra Pisonem (ed. Squires), cap. 2: … reversus in civitatem Piso de insectatione Ciceronis in senatu conquestus est et in eum invectus, fiducia maxime Caesaris generi qui tum Gallias obtinebat. Pisoni Cicero respondit hac oratione. 1615 Zensur: Caes. BC I 3, 6. – Für Caesar: Plut. Pomp. 58, 4. – Hochachtung Ciceros: fam. XIV 2; Att. VII 13, 1. 1616 Neutralität: Dio XLI 16, 4; Plut. Caes. 37, 1. – Caesars Testament: Suet. Caes. 83. 1617 Bestattung: App. BC II 143. – Juden: Jos. Ant. XIV 10, 10, § 220. 1618 Gegen Antonius: Cic. Phil. I 10. 14; V 19; XII 14. 1619 Gegen Ächtung: App. BC III 8, 54–61. – Gesandtschaft Jan. 43: S. 383 mit A. 2020. – Für Versöhnung: Cic. Phil. XII 3, 15.

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C. Pomptinus in Gallia Narbonensis

vischen Brücke abfing und Briefe sicherstellte, in denen Verschwörer genannt wurden.1620 62 übernahm Pomptinus als Prätor die Provinz Gallia Narbonensis und unterwarf 61 bei Solonium die Allobroger, die sich erhoben hatten. Er amtierte als pr. pro cos.1621 Nach Cassius Dio verwüsteten die Allobroger die Provinz, worauf der Statthalter Gaius Pomptinus seine Legaten gegen die Feinde aussandte, selbst aber sein Quartier an einem geeigneten Platz aufschlug und die Entwicklung beobachtete, um seinen Leuten, wie es eben die jeweilige Lage gebot, nützlichen Rat und Hilfe zu gewähren.1622 Später, als sich Catugnatus, der Anführer der Allobroger, auf irgendeinen fernen Standort zurückgezogen hatte, überrannte Pomptinus das Land von neuem und eroberte die Festung, vor der er vorher eine Schlappe erlitten hatte. Die Legaten Lucius Marius und Servius Galba überquerten ihrerseits die Rhone, verwüsteten die Ländereien der Allobroger und gelangten schließlich zur Stadt Solonium, wo sie oberhalb der Siedlung eine beherrschende Stellung bezogen.1623 Zwar schlugen sie ihre Gegner in einer Schlacht und setzten einige Teile der aus Holz errichteten Stadt in Brand, doch konnten sie diese nicht einnehmen.1624 Da rückte der Allobrogerfürst Catugnatus heran und hinderte die Römer an ihrem Vorhaben. Sobald Pomptinus dies vernahm, zog er mit seinem ganzen Heer gegen die Stadt, belagerte sie und bezwang die Verteidiger mit Ausnahme des Catugnatus.1625 Im Jahr 60 unterwarf Pomptinus ohne große Mühe die restlichen Landesteile. Er wollte triumphieren und hielt sich daher außerhalb des Pomeriums auf.1626 1620 HN: NMRS Nr. 334; Legat: Front. Strat. II 4, 7; Prätor: Cic. Cat. III 5. 14; Cic. Flacc. 100; Sall. Cat. 45. 1621 Liv. per. 103, 3: C. Pomptinus praetor Allobrogas qui rebellaverant ad Solonem subegit. 1622 Dio XXXVII 47, 1: τῶν δὲ Ἀλλοβρίγων τὴν Γαλατίαν τὴν περὶ Νάρβωνα προθούντων Γάιος Πομπτῖνος ὁ ἄρψων αὐτῆς τοὺς μὲν ὑποστρατήγους ἐπὶ τοὺς πολεμίους ἔπεμψεν, αὐτοὸς δὲ ἐν ἐπιτηδείῳ ἰδρυθεὶς ἐπετήρει τὰ γιγνόμενα, καὶ ἐπαμύνειν δύνηται. 1623 Dio XXXVII 47, 2–4. 48, 1. 1624 Dio XXXVII 48, 2: Σολώνιον πόλιν ἦλθον, καὶ χωρίον μέν τι 1 ὑπὲρ αὐτῆς ἰσχυρὸν κατέλαβον, μάχῃ τε τοὺς ἀντιστάντας σφίσιν ἐνίκησαν, καί τινα καὶ τοῦ πολίσματος ξυλίνου πῃ ὄντος ἐνέπρησαν, οὐ μέντοι καὶ εἷλον αὐτό: ὁ γὰρ Κατούγνατος ἐπελθὼν ἐκώλυσε. μαθὼν οὖν τοῦτο ὁ Πομπτῖνος ἐπεστράτευσέ τε ἐπ᾽ αὐτὸ παντὶ τῷ στρατῷ, καὶ πολιορκήσας σφᾶς ἐχειρώσατο πλὴν τοῦ Κατουγνάτου. 1625 Dio XXXVII 49, 1: ὁ γὰρ Κατούγνατος ἔπελὼν ἐκώλυσε. μαθὼν οὖν τοῦτο ὁ Πομπτῖνος ἐπεστράτευσε καὶ πολιορκήσας σφᾶς ἐχειρώσατο πλὴν τοὺ Κατουγνάτου. 1626 Dio XXXIX 65, 1: Κἀν τούτῳ καὶ ὁ Πομτῖνος τὰ ἐπινίκια τὰ τῶν Γαλατῶν ἐπεμψεν. ἐς γὰρ ἐκεῖνο τοῦ χρόνου, μήδενός οἱ διδόντος αὐτὰ, ἔξω τοῦ πωμηρίον διέμεινε.

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

56 wartete er immer noch vor den Toren Roms auf den Triumph. In seiner im Juni im Senat gehaltenen Rede de provinciis consularibus geht Cicero kurz auf seinen Freund ein, den er einen vir fortissimus nennt, und betont, dieser habe den durch eine verbrecherische Verschwörung entfachten Aufstand der Allobroger in mehreren Schlachten beendet und habe die, die ihn herausgefordert hatten, unterworfen; er gebe sich zufrieden mit dem Sieg, durch den er den Staat von der Furcht befreit hatte, und ziehe sich ins Privatleben zurück.1627 In seiner Brandrede in Pisonem, die Cicero im September 55 hielt, bemerkt er, sein Freund Pomptinus könne den Triumph nicht erlangen, weil er unter dem Vorwand religiöser Bedenken daran gehindert werde.1628 Seine Gegner waren die Freunde Caesars, unter ihnen Vatinius, der ein Trauergewand trug, um nicht den Eindruck zu erwecken, er hätte die für Pomptinus abgehaltenen Danksagungen gebilligt.1629 Die ‚religiösen Bedenken‘ hinsichtlich der Gewährung des Triumphs bezogen sich wahrscheinlich darauf, dass Pomptinus das mit Hilfe der lex curiata de imperio zu erlangende imperium militiae und die Auspizien nicht hatte, wie Drogula feststellt. Mit diesem Befund stimmt die mehrfach erwähnte These überein, dass Sulla den Prätoren das imperium militiae entzogen hat. Deshalb war Pomptinus nicht zur Führung des IMPTitels berechtigt.1630 Als sich Pomptinus Ende Oktober 54 für den 2. November wieder um den Triumph bewarb, erklärten die Prätoren M. Porcius Cato und P. Servilius Isauricus sowie der Volkstribun Q. Mucius Scaevola, dass Pomptinus keiner gewährt werden könne, weil kein rechtsgültiger Beschluss zu seinem Imperium vorliege. Cicero selbst gibt zu, dass der vorliegende auf abnorme Weise zustandegekommen sei. Aber der Konsul Ap. Claudius Pul1627 Cic. prov. cons. 32: C. Pomptinus, fortissimus vir, ortum repente bellum Allobrogum atque hac scelerata coniuratione excitatum proeliis fregit, eosque domuit, qui lacessierant, et ea victoria contentus re publica metu liberata quievit. 1628 Cic. Pis. 24, 58: ipsi Pomptino, necessario meo, iam non est integrum (sc. triumphum contemnere) religionibus enim susceptis impeditur. 1629 Schol. Bob. zu Cic. in Vat. 30, Stangl 149: … quas (sc. supplicationes) decerni postulaverat C. Pomptinus rebus in Gallia prospere gestis, cum etiam triumphum peteret, quem honorem obtinere non potuit impedientibus amicis Caesaris, qui omnem laudem pacis atque victoriae ad neminem alium nisi ad Caesar pertinere. Igitur ne Vatinius hoc prodesset, idcirco se atratum fuisse, ne supplicationes nomine C. Pomptini ratas habuisse et festa facie religiosas probasse videretur, occurrit e diverso Tullius non oportuisse etiam illo convivii tempore a ceterorum habitu dissentire, ne coetus epulantium unius veste lugubri contaminaretur. 1630 Drogula, CC 108f.; Vf. S. 260 mit A. 1350; vgl. Cic. nat. deor. II 9: tum enim bella gerere nostri duces incipiunt, cum auspicia posuerunt. – zur Ausnahme s. M. Antonius Creticus (S. 283ff.).

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Der Konfllikt und Krieg gegen die Parther (56–50 v. Chr.)

cher werde ihn unterstützen.1631 Dieser hatte kurz vorher bekräftigt, dass er die Nachfolge des (P.) Lentulus (Spinther) in Kilikien ohne lex curiata antreten werde.1632 Durch eine List des Prätors Ser. Sulpicius Galba, der vor der gesetzlichen Zeit abstimmen ließ und damit einer Interzession zuvorkam, wurde Pomptinus der Triumph zwar gesichert. Doch er feierte ihn am 3. 11. 54 nicht ohne Störungen, laut dem mit Ausnahme der Jahreszahl rekonstruierten Fasteneintrag als Proprätor im Sinn eines Prätoriers. Cicero wohnte der Zeremonie bei.1633 Pomptinus diente Cicero 51/50 in Kilikien als Legat; er hielt eine Stellung im Amanusgebirge.1634

8.

Der Konflikt und Krieg gegen die Parther (56–50 v. Chr.)

Die an das Partherreich grenzenden Provinzen Syrien und Kilikien wurden bis zum Konflikt von Prätoren geleitet, Syrien zuletzt 59/58, Kilikien bis 57. Syrien wurde Ende 58 provincia consularis, Kilikien 56.1635

1631 Cic. Att. IV 18, 4 (zwischen 24.10. und 2.11.): Pomptinus vult a. d. IIII Non. Novembr. triumphare. huic obviam Cato et Servilius praetores ad portam et Q. Mucius tribunus. negant enim latum de imperio, et est latum hercule insulse. sed erit cum Pomptino Appius consul. Cato tamen adfirmat se vivo illum non triumphaturum. id ego puto ut multa eiusdem ad nihilum recasurum; vgl. Cic. Qu. fr. III 4, 6 (Anm. 1632). 1632 Cic. Q. fr. III 2, 3 (11. 10. 54): Appius sine lege curiata confirmat se Lentulo nostro successurum; vgl. Drogula, CC, 108. – Lentulus Spinther: S. 316. 1633 Dio XXXIX 65, 2: εἰ μὴ ὁ Γάλβας ὁ Σέρουιος συστρατευσάμενος αὐτῷ, κρύφα καὶ ὑπὸ τὴν ἕω στρατηγῶν τὴν ψῆφόν τισι καίπερ οὐκ ἐξὸν ἐκ τῶν νόμων πρὶν πρώτην ὥραν γενέσθαι ἐν τῷ δήμῳ τι χρηματισθῆναἰ ἔδωκε. καὶ διὰ τοῦτο τῶν δημάρχων τινὲς ἀπολειφθέντες τῆς ἐκκλησίας ἐν γοῦν τῇ πομπῇ πράγματα αὐτῷ παρέσχον, ὥστε καὶ σφαγὰς συμβῆναι. Inscr. Ital. 13, 1, 84f.: [C. Pomptinus – f. – n. – pro pr.]  a. DCXCIX [de Allobrogibus IV non. Nov.]. – Zeremonie: Cic. Qu. fr. III 4, 6 (24. 10. 54): … Pomptino ad triumphum a. d. IIII Non. Nov. volebam adesse. … – ille enim et Appium consulem secum habebit et praetores et tribunos pl., sed minantur tamen in primisque ἄρη πνέων (iratus) Q. Scaevola. 1634 Cic. fam. XV 4, 9: Pomptino illam partem Amani tenente. 1635 Syrien i. J. 59/58: Cn. Corn. Lentulus Marcellinus pr. 60: App. Syr. 51; Kilikien i. J. 57: T. Ampius Balbus pr. 59: Cic. fam. III 7, 5 in Verbindung mit Cic. dom. 23. – Syrien i. J. 57: Cic. prov. cons. 1: A. Gabinius (cos. 58) – Kilikien i. J. 56: P. Lenutulus Spinther.

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

8.1

P. Cornelius Lentulus Spinther

Lentulus Spinther war der Sohn des Publius, der 90 Legat unter dem Konsul L. Iulius Caesar war, der Enkel des Lucius (cos. 130: im Amt gestorben) und der ältere Bruder des Lentulus Crus (cos. 49).1636 74 war Lentulus Quästor, 63 kurulischer Ädil, 60 Prätor, ab ca. 60 Pontifex, 59 Statthalter in Hispania Citerior, 57 vorzeitig Konsul mit Hilfe Caesars.1637 Im Dezember 57 waren er und sein Amtskollege Q. Metellus Nepos bereits in ihre Provinzen abgegangen.1638 Von Anfang 56 bis Spätherbst 54 verwaltete Lentulus als Prokonsul Kilikien und Cypern, das 58 von M. Porcius Cato annektiert worden war.1639 Die phrygischen Städte Apameia und Laodikeia prägten für Lentulus zehn Kistophoren-Serien mit dem PRO­COS- und IMPTitel, die nach Stumpf 57/56 bis Ende 54 datieren. Die Legende der ersten Serie aus Apameia lautet: P LENTVLVS-P[F] /​ IMPERATOR [Α]ΠΑ ΑΤΤΑΛΟΥ [Β]ΙΑΝΑΡΟΣ.1640 Kistophoren mit gemischtsprachigen Legenden wurden ab 58 in Asia und ab 57/56 in Kilikien geprägt.1641 Die Stadt Apameia, die das Münzrecht hatte, stellte die Serie im Auftrag des Statthalters P. Lentulus her. Deswegen sind sein Name und seine Funktion in lateinischer Sprache abgefasst, der Name der Stadt als Kürzel und der des Münzbeamten hingegen in griechischer. Was die Städte Apameia und Laodikeia betrifft, so wissen wir aus Briefen Ciceros, dass sie bis Ende 57 zu Asia gehört hatten und dann der Provinz Kilikien angegliedert wurden.1642 Der Name des Münzbeamten Bianaros steht sowohl auf einer Serie, die 57 für den in Asia amtierenden Prokonsul C. Fabius geprägt wurde, als auch auf der oben beschriebenen IMP-Serie des Lentulus.1643 Nach Stumpf datiert die Amtszeit des Bianaros in Apameia vom 1. 10. 57 bis zum 31. 3. 56. Die von C. Fabius 1636 Vater: MRR II 28; Großvater und Bruder: MRR III 67. 1637 Quästor: RRC Nr. 397; Ädil: Cic. ad Quir. 15; Prätor: Plin. NH XIX 23; Pontifex: MRR II 186; Hisp. Cit.: Cic. fam. I 9, 13. 1638 Cic. Q. fr. II 1,1 (Dez. 57): Bei der Senatssitzung waren nur Konsulare und zwei designierte Konsuln anwesend. 1639 Annexion: Liv. per. 104, 6: Lege lata de redigenda in provinciae formam Cypro et publicanda pecunia regia M. Catoni administratio eius rei mandata est. – Statthalterschaft: Cic. fam. I 7, 4 (April 56): qui Ciliciam Cyprumque teneas. 1640 10 Serien: Stumpf, Statthalter, Nr. 71–79. – Lentulus IMP in Apameia: Stumpf, Nr. 71. 1641 Erste Kistophoren i. J. 58 in Asia: Stumpf, S. 19, Nr. 13. 1642 Cic. fam. III 7, 5; XV 4, 2; vgl. Stumpf, Statthalter, 48f. 1643 Fabius: Stumpf, Statthalter Nr. 21. – Lentulus: ders. Nr. 71 (vgl. Anm. 1640).

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Der Konfllikt und Krieg gegen die Parther (56–50 v. Chr.)

in Auftrag gegebenen Kistophoren wurden folglich im letzten Viertel 57 geprägt und die für Lentulus im ersten Viertel 56. Cicero richtete von Mitte Januar bis Ende 56 acht Briefe an Lentulus, deren Präskript jeweils M. CICERO S. D. LENTVLO PROCOS lautet.1644 Der erste datiert vom 15.1., in dem davon die Rede ist, dass Lentulus als Statthalter Kilikiens den ägyptischen König Ptolemaios Auletes ohne Heer in sein Reich zurückführen soll; der Auftrag wurde Lentulus jedoch wegen religiöser Bedenken entzogen.1645 Im Dezember 54 schrieb Cicero einen langen Brief an den scheidenden Statthalter, dessen Präskript M. CICERO S. D. LENTVLO IMP lautet. Nach der Rechtfertigung seiner eigenen Tätigkeit als politischer Schriftsteller macht Cicero seinem Freund Komplimente: Er bedauert, dass ihn Lentulus nicht als getreuer und wohlgesinnter Berater bei den Senatsdabatten habe unterstützen können, und gibt andererseits seiner Freude Ausdruck, dass Lentulus Imperator sei und nach ruhmreichen Taten mit seiner siegreichen Armee die Provinz leite.1646 Aus diesen Worten ist auf eine vorhergehende imperatorische Akklamation durch die Truppen des Lentulus zu schließen. Sie bildete die Voraussetzung für seinen Triumph im Februar 50.1647 Die im Auftrag des Statthalters Lentulus spätestens ab Anfang 56 geprägten IMP-Münzen liefern in Verbindung mit dem Ende 54 verfassten Brief (fam. I 9) den eindeutigen Beweis, dass der IMPTitel auf den Kistophoren nicht auf seine Akklamation im Feld zurückgeht, sondern das Kommando bezeichnet, das er in Verbindung mit der Provinz vom Senat erhalten hatte. Von der Stellung Spinthers als Oberkommandierender zeugt auch ein in Athen gefundener Grabstein des Quattuorvir N. Granonius, der in der 18. Legion als Hauptmann des Cornelius Spinther gedient hatte.1648 Zur Stützung der These, dass Kilikien unter Spinther eine militärische Besatzung im Hinblick auf einen möglichen Krieg mit den Parthern erhielt, kann ein Blick auf die Verhältnisse im benachbarten Syrien beitragen. 1644 Prägungen 57/56: Lentulus: Stumpf, Statthalter 50. – Präskripte: Cic. fam. I 1–8. 1645 Geplante Rückführung: Cic. fam. I 1, 3 vom 13. 1. 56 – Entzug des Auftrags: fam. I 2, 1 vom 16. 1. 56; vgl. S. 332/1734. 1646 Cic. fam. I 9, 9: sed certe et ego te auctore amicissimo ac sapientissimo … usus esses, quamquam tua quidem causa et esse imperatorem provinciamque bene gestis rebus cum exercitu victore obtinere. 1647 Cic. Att. V 21, 4 (13. 2. 50): acceperam satis celeriter Iconi (litteras) per publicanorum tabellarios a Lentuli triumpho datas. 1648 CIL III 6541 a = ILS 2224; vgl. Münzer, P. Cornelius Spinther, RE IV 1, 1900, Nr. 338, Sp. 1396.

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

8.2

A. Gabinius

A. Gabinius (cos. 58) war entgegen Broughton nicht der Sohn, sondern der Enkel des gleichnamigen Quästors, der M. Antonius im Piratenkrieg diente.1649 Daher ist nicht er, sondern sein Vater identisch mit dem gleichnamigen Legaten Sullas, der 82/1 L. Murena auf dessen Geheiß nach Rom zurückführte.1650 Als Volkstribun brachte A. Gabinius 67 zwei wichtige Gesetze zum Oberbefehl des Konsuls M’. Acilius Glabrio im Krieg gegen Mithridates und des Pompeius gegen die Seeräuber ein, war 65–63 dessen Legat in Judäa, wohl 61 Prätor und 58 Konsul als Gefolgsmann des Pompeius.1651 Ende 58 schiffte sich Gabinius noch vor Ablauf seines Konsulats mit einem Heer nach Syrien ein, das er Anfang 57 erreichte.1652 Er besaß wie sein Amtskollege L. Calpurnius Piso durch das Gesetz des Volkstribunen Clodius ein imperium infinitum.1653 Als Statthalter Syriens ließ Gabinius in Antiocheia ohne Funktionsangabe eine Silberprägung in Form von Tetradrachmen mit den Typen des vorletzten Königs Philippos II. Philadelphos (67–65) herstellen.1654 Als Gabinius gegen die Araber ziehen wollte, die immer wieder in Syrien einfielen, ließ er sich vom Partherkönig Mithridates (III.), den sein Bruder Orodes (II.) aus der Herrschaft verdrängt hatte, dazu überreden, seine Truppen gegen die Parther statt gegen die Araber zu führen, die seit ca. 60 die Provinz immer wieder durch Raubzüge verheerten.1655 Er ließ jedoch einstweilen von seinem Vorhaben ab, weil Alexander, der Sohn des 63 v. Chr. von Pompeius entmachteten Königs Aristobulos II., in Judäa einen Aufstand organisiert hatte. Er war mit 10000 Mann nach Jerusalem vorgedrungen, um die von Pompeius zerstörte Stadtmauer wiederzuerrichten. 1649 IGR IV 1116; vgl. R. Hanslik, KP 2, Gabinius Nr. 4 (Quästor) gegen MRR III 97. 1650 Hanslik, KP 2, Gabinius Nr. 5: 86 tr. mil.; 82/1 Legat Sullas; vgl. S. 256 mit A. 1326. – Nr. 6: tr. pl. 67, cos. 58. 1651 Glabrio: Sall. Hist. V 13; Pompeius: Cic. Man. 12, 52. – Judäa: Jos. Ant. XIV 4, 1. – Gefolgsmann i. J. 59: Cic. Att. II 24, 3. 1652 App. Syr. 51, 256. καὶ τοῦδε χάριν ἐς τὸ ἔπειτα ἐγένετο Συρίας στρατηγοὶ τῶν τὰ ἐπώνυμα ἀρξάντων ἐν ἄστει, ἵνα ἔχοιεν ἐξουσίαν καταλόγου τε στρατιᾶς καὶ πολέμου οἷα ὕπατοι. Καὶ πρῶτος ἐκ τῶνδε ἐπέμφθη Γαβίνιος μετὰ στρατιᾶς. Ankunft: Jos. Ant. XIV 5, 2; vgl. E. Schürer, A History of the Jewish People, 1890, I 245. 1653 Cic. dom. 55; Zitat: S. 308/1596. 1654 RPC Nr. 4124 Rs.: ΒΑΣΙΛΕΩΣ ΦΙΛΙΠΠΟΥ ΕΠΙΦΑΝΟΥ ΦΙΛΑΔΕΛΦΟΥ – ΑΥ(ΛΟΣ) Γ(Α)Β(ΙΝΙΟΣ). 1655 App. Syr. 51, 256: καὶ πολεμεῖν αὐτὸν ὁρμῶντα Μιθριτάτης μὲν ὁ Παρθυαίων βασιλεύς, ἐξελαυνόμενος τῆς ἀρχῆς ὑπ’ Ὀρώδου τοῦ ἀδελφοῦ, μετῆ ἐξ Ἀράβων ἐπὶ Παρθυαίους. – Raubzüge: App. Syr. 51, 255.

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Der Konfllikt und Krieg gegen die Parther (56–50 v. Chr.)

Als Gabinius gegen ihn vorrückte, floh Alexander in eine Festung bei Jerusalem. Er wurde gefangen genommen und nach Rom gebracht.1656 Gabinius beabsichtigte nun, gegen die Parther zu Felde zu ziehen. Doch als er den Euphrat schon überschritten hatte, änderte er seinen Plan, kehrte um und zog nach Ägpyten, um Ptolemaios XII. Auletes wieder zum Thron zu verhelfen.1657 In den Periochae wird er zur Datierung ins Jahr 55 als Prokonsul bezeichnet, doch er führte das Kommando während des Feldzugs mit Sicherheit als Imperator.1658 In seiner im Herbst 55 gehaltenen Rede in Pisonem stellt Cicero fest, dass Gabinius seine Truppen aus Syrien abzog und sich schändlicherweise als Mietling und Begleiter des vertriebenen Königs hergab. Er drang an der Spitze seines Heeres in das Königreich Ägypten ein und lieferte den Alexandrinern ohne die Erlaubnis des Senats oder des Volkes eine Schlacht. Er hätte es sogar gewagt, die Hauptstadt Alexandria einzunehmen, wenn ihm nicht die härtesten Strafen gedroht hätten. Cicero empört sich vor allem darüber, dass Gabinius ohne den Befehl des Volkes oder des Senats in ein mit Rom verbündetes Königreich einmarschierte, obwohl das ganz klar nach zahlreichen älteren Gesetzen und insbesondere nach der lex Cornelia de maiestate und der lex Iulia de pecuniis repetundis verboten war.1659 Mit der laesa maiestas ist das Amtsdelikt der eigenmächtigen Kompetenzüberschreitung des Feldherrn oder Statthalters gemeint. Die lex Iulia de repetundis erließ Caesar 59 als Konsul, um die Erpressung von Provinzialen zu verhindern.1660 Aus den Worten Ciceros geht hervor, dass der Einmarsch des Gabinius in Ägypten durch das ihm verliehene imperium infinitum nicht gedeckt war. Gegen die herkömmliche Auffassung, dass es sich um ein außerordentliches Kommando handelte, das es dem Inhaber erlaubte, in einem nicht genau definierten Gebiet Krieg zu führen, wie z.B. M. Antonius Creticus und Pompeius im Mittelmeer gegen die 1656 Jos. Ant. XIV 5, 2–6, 1; vgl. Jos. BJ I 170–180. 1657 Rückführung des Auletes: Jos. Ant. XIV 6, 2; BJ I 175; Cic. Att. IV 10, 1. 1658 Liv. per. 105, 3: A. Gabinius procos. Ptolemaeum reduxit in regnum Aegypti eiecto Archelao, quem sibi regem adsciverant. 1659 Cic. Pis. 21, 49f.: Exercitum eduxit ex Syria. Qui licuit extra provinciam? Praebuit se mercennarium comitem regi Alexandrino. Quid hoc turpius? In Aegyptum venit, signa contulit cum Alexandrinis. Quando hoc bellum aut hic ordo aut populus susceperat? Cepit Alexandream. Hic si mentis esset suae, nisi poenas patriae disque immortalibus eas quae gravissimae sunt furore atque insania penderet, ausus esset, – mitto exire de provincia, educere exercitum, bellum gerere, in regnum iniussu populi aut senatus accedere, quae cum plurimae leges veteres, tum lex Cornelia maiestatis, cum Iulia de pecuniis repetundis plenissime vetat ? 1660 Vgl. E. Bund, Maiestas, KP 3, Sp. 897. – lex Iulia de repetundis: H. Volkmann, KP 3, Lex, leges, Sp. 607, Nr. 17 b.

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Piraten1661, argumentierte Jameson im Zusammenhang mit Creticus unter Berufung auf Cicero, das imperium infinitum sei ein fiktiver Terminus, ein made-up term ohne gesetzliche oder militärische Bedeutung gewesen. Auch Drogula hält das den Konsuln Piso und Gabinius verliehene imperium infinitum nicht für eine Art imperium maius, sondern meint, Cicero habe den Terminus fiktiv verwendet, um das Kommando der beiden Caesarianer in ein schlechtes Licht zu stellen.1662 Die Machtfülle des Gabinius, der den Krieg mit den größten Völkern und Tyrannen Syriens mit einem konsularen Heer und Imperium beendete, lässt sich jedoch mit einer solchen Abwertung nicht vereinbaren.1663 Es trifft aber zweifellos zu, dass das Gabinius erteilte Imperium ihn nicht zum Einmarsch in das Königreich Ägypten berechtigte und die Rückführung des Auletes illegal war.1664 Klar ist, dass das imperium infinitum dem imperium militiae ähnelt, weil beide provinzübergreifend wirkten. Anfang 54 übergab Gabinius seinem Nachfolger Crassus das Kommando, segelte von Syrien langsam nach Italien und kam am 19.9. vor den Toren Roms an. Er hoffte auf einen Triumph, aber der Senat traute den Nachrichten seiner Briefe nicht und wies seine Forderungen vermutlich wegen der Erbitterung der Steuerpächter zurück.1665 Gabinius betrat die Stadt am 27. 9. 54 und wurde wegen seiner willkürlichen Rückführung des Ptolemaeus Auletes des Hochverrats (de maiestate) angeklagt, aber freigesprochen.1666 8.3

Der Partherfeldzug des M. Licinius Crassus

Ab Ende 60 teilte sich Crassus die Macht mit Pompeius und Caesar durch den Abschluss eines geheimen Dreierbunds, der irreführend als (erstes) Triumvirat bezeichnet wird. Durch Wahlmanipulationen wurde Crassus 55 1661 M. Antonius Creticus: S. 283ff. – Pompeius: S. 300 mit A. 1548. 1662 S. Jameson, Pompey’s Imperium in 67: Some Constitutional Fictions, Historia 19, 1970, 542, zitiert Cic. Verr. II 2, 8: … et post M. Antoni infinitum illud imperium. – Drogula, CC, 319 mit Anm. 50. 1663 Cic. prov. cons. 15: et bellum cum maximis Syriae gentibus et tyrannis consulari exercitu imperioque confectum. 1664 Gabinius besiegte Archelaos, den Gatten der Berenike IV., Königin von Ägypten, und ließ beide töten: App. Mith. 114. 1665 Cic. QF II 12, 2 (13. 2. 54): frequentes contra Syriaci publicani, vehementer vexatus Gabinius. – Cic. Pis. 45: ab altero (sc. Gabinio) adlatae litterae, recitatae, relatum ad senatum. … huius unius litteris nuntiantibus non crederet, postulantibus denegaret (sc. senatus). 1666 Rückkehr: Cic. QF III 1, 15 und Anklage: Cic. QF III 1, 24 (Sept. 54); Freispruch: Cic. QF IV 1 (Okt. 54).

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zum zweiten Mal Konsul und erhielt aufgrund der lex Trebonia die Provinz Syrien für fünf Jahre, um gegen die Parther Krieg zu führen.1667 Er brach ihn gegen heftige innerrömische Opposition nur um persönlicher Interessen willen vom Zaun.1668 Als 60-Jähriger wurde er im November 55 bei seinem feierlichen Auszug vom Volk akklamiert und schiffte sich dann mit seinem Heer in Brundisium ein, erlitt aber bei der Überfahrt durch Stürme schwere Verluste.1669 Beim Durchzug durch Galatien begrüßte ihn König Deiotarus als αὐτοκράτωρ.1670 Das bedeutet, dass ihm dessen Feldzugsplan schon vorher gemeldet worden war. Caesar nennt den von den Parthern getöteten Crassus folgerichtig imperator.1671 Νach seiner Ankunft in Syrien setzte er als Statthalter in Antiocheia die Prägung postumer PhilipposTetradrachmen mit seinem Monogramm ΚΡΑ ohne den Titel ἀυτοκράτωρ fort; er stand nicht auf den Prägungen griechischer Städte.1672 Bei Zeugma überschritt Crassus den Euphrat und besetzte mehrere Städte Mesopotamiens, die sich ihm ergaben. Den ersten Fehler beging er, indem er Babylon nicht einnahm, sondern zur Überwinterung nach Syrien zurückkehrte und so König Orodes die Möglichkeit gab, sich auf die Invasion vorzubereiten.1673 Im Nordosten Syriens raubte er die Schätze der Göttin von Hierapolis und in Jerusalem alles Geld aus dem Tempel, ehe er im April 53 mit sieben Legionen den Euphrat wieder bei Zeugma überquerte.1674 Crassus marschierte dem Euphrat entlang, ließ sich aber von dem verschlagenen Stammeshäuptling Abgaros von Osrhoene vom Fluss weg in die Ebene locken, wo er die schnelle Entscheidung gegen die Parther suchen wollte.1675 Bei Karrhae ging sein Heer in die Falle; es wurde von Surenas und Silacea, die an der Spitze ihrer schlagkräftigen Kavallerie von den Höhen herabstürmten, überrascht und mit Pfeilen überschüttet. Sehr viele Senatoren fielen, sogar einige Konsulare und Prätorier. Auch Publius, 1667 Cic. Att. IV 8 a, 1f.; Plut. Crass. 15; vgl. MRR II 214f. – Zur lex Trebonia: Plut. Pomp. 52, 3; vgl. S. 281 mit A. 1467. 1668 Plut. Crass. 16, 3; vgl. L. Burckhardt, Marcus Licinius Crassus – in: Hölkeskamp, Von Romulus …, 228. 1669 Auszug aus Rom: Cic. Att. IV 13, 2; vgl. S. 157 mit A. 792. – Überfahrt: Jos. Ant. XIV 6, 4, § 104. 1670 Plut. Crass. 17, 2. 1671 Caes. BC III 31, 3: (Parthi), qui M. Crassum imperatorem interfecerant. 1672 Als erster römischer Machthaber führte der Triumvir M. Antonius den Titel ἀυτοκράτωρ auf Münzen: Vgl. S. 401. 1673 Plut. Crass. 17, 4–8; Dio XL 13, 1–4. 1674 Hierapolis: Plut. Crass. 17, 9; Jerusalem: Jos. Ant. XIV 7, 1. 1675 Zeugma: Plut. Crass. 19,4. 20, 1, 22, 1; Dio XL 20, 1–21, 1.

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der zweite Sohn des Crassus, ein ganz ausgezeichneter junger Mann, kam bei der Schlacht um. Als Crassus bei Surenas um ein Gespräch nachsuchte, wurde er eingekreist, gefangen genommen und getötet, weil er sich wehrte, um nicht lebend etwas Unwürdiges zu erleiden.1676 Nach Festus wurde er auf der Flucht getötet, seinen abgeschnittenen Kopf samt seiner rechten Hand überbrachte man König Orodes und in die Öffnungen wurde zur Verhöhnung flüssiges Gold geschüttet.1677 Velleius Paterculus bemerkt bissig, dass der Untergang des Feldherrn für den Staat von Vorteil gewesen wäre, wenn das Heer gerettet worden wäre.1678 Die Niederlage hinterließ bei den Römern einen nachhaltigen Eindruck, denn sie wirkte in der Öffentlichkeit lange nach als eine der größten Katastrophen, die eine römische Armee je hatte erleiden müssen.1679 8.4

C. Cassius Longinus

Der als Caesarmörder bekannt gewordene C. Cassius war wahrscheinlich der Sohn des gleichnamigen Konsuls von 73. Mitte November 55 ging er mit Crassus als dessen Quästor nach Syrien.1680 In den Quellen begegnet er zum ersten Mal vor der Schlacht bei Karrhae, als einige höhere Offiziere, unter ihnen der Quästor Cassius, meinten, Crassus sollte noch einmal anhalten und den ganzen Kriegsplan erneut zur Beratung vorlegen.1681 Nach der vernichtenden Niederlage warteten die Römer eine mondlose Nacht ab und versuchten zu entkommen. Doch, wie es bei Dunkelheit und in frem1676 Plut. Crass. 23–27; Dio XL 23–27; Oros., VI 13, 3–4: Cecidere ibi plurimi senatores, aliquot etiam consulares et praetorii viri. Crassus quoque filius Crassi, lectissimus iuvenis, in acie occisus est. praeterea quattuor cohortes cum Vargunteio legato mediis deprehensae campis et interfectae sunt. Surenas rapto equitatu Crassum persequi intendit cumque circumventum ac frustra conloquium eius petentem interfecit, quamvis vivum auferre maluisset. Liv. per. 106, 3: M. Crassus bellum Parthis inlaturus Euphraten flumen transiit, victusque proelio in quo et filius eius cecidit, cum reliquias exercitus in collem recepisset, evocatus in colloquium ab hostibus velut de pace acturis, quorum dum erat Surenas, conprehensusque et, nequid vivus pateretur repugnans, interfectus est. 1677 Festus, Brev. 17: … et dum fugam petit, occisus est. Caput eius cum dextera manu resectum, ad regem perlatum est; atque ita ludibrio habitum, ut faucibus eius aurum liquefactum infunderetur. 1678 Vell. II 46, 3: utile imperatoris damnum salvo exercitu fuisset rei publicae. 1679 Burckhardt, Crassus, in Hölkeskamp, von Romulus zu Augustus, 229. 1680 Vater: C. Cassius (cos. 73), 72 procos. in Gallia Narbonensis: Plut. Crass. 9, 10. – C. Cassius (pr. 44) als Quästor: J. Linderski, Two quaestorships, CPh 70, 1975, 36; vgl. MRR III 51. 1681 Plut. Crass. 18, 4.

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dem, dazu auch noch feindlichem Lande sowie unter dem Eindruck großer Angst zu geschehen pflegt, gerieten die Leute auseinander, und die einen wurden bei Tagesbeginn gefangen und getötet, während sich die anderen zusammen mit dem Quästor Cassius Longinus nach Syrien retten konnten.1682 Als stellvertretender Statthalter setzte Cassius in Antiocheia die Philippos-Gedenkprägung seiner beiden Vorgänger Gabinius und Crassus mit dem Monogramm Γ ΚΑΣ fort.1683 Laut Flavius Josephus verteidigte Cassius Syrien nach seiner Ankunft gegen die Parther, die das Land nach ihrem Sieg über Crassus in arge Unruhe versetzten. Im Jahr 52 marschierte Cassius nach Tyros und kam auch nach Judäa, griff Tarichae an, nahm es beim ersten Ansturm, machte an die 30000 Gefangene und ließ den Idumäer Antipatros, der nach dem Hasmonäer Aristobolos II. den Aufstand geleitet hatte, auf Bitten des Pitholaos hinrichten.1684 Dieser trug 48 den Titel ἐπιμελετὴς τῶν Ἰουδαίων; er gibt seine einflussreiche Stellung unter Caesar wieder.1685 Als Cicero im Oktober 51 bei Issos den wilden Gebirgsstamm der Eleutherokilikes unterworfen hatte, verbreitete sich das Gerücht, dass er sich Syrien nähere. Davon profitierte Cassius, der in Antiocheia von den im September eingefallenen Parthern belagert wurde.1686 Er schlug sie zurück und verleitete sie durch einen Hinterhalt zur Verfolgung, umzingelte sie dann und tötete unter anderen auch ihren Anführer Osakes.1687 Nach dem gescheiterten Angriff zogen sich die von Prinz Pakoros geführten Parther in die Kyrrhestika zurück.1688

1682 Dio XL 25, 4: vgl. Vell. Pat. II 46, 4; [Aur. Vict.] vir. ill. 83; Eutrop VI 18, 2; Festus 17; Oros. VI 13, 5. 1683 RPC I, Nr. 4126. 1684 Jos. Ant. XIV 7, 3; Liv. per. 108, 2: C. Cassius, quaestor M. Crassi, Parthos, qui in Syriam transcenderant, cecidit. 1685 G. Wirth, Antipatros, KP 1, Nr. 4, Sp. 394. 1686 Cic. fam. XV 1, 2 (19. 9. 51); Att. V 18, 1 (20. 9. 51): Parthi Euphraten transierunt; vgl. Dio XL 28, 3–4. 1687 Cic. Att. V 20, 3 (19. 12. 51): … et Cassio, qui Antiocheia tenebatur, animus et Parthis timor iniectus est; itaque eos cedentes ab oppido Cassius insecutus rem bene gessit; qua in fuga magna auctoritate Osaces dux Parthorum vulnus accepit eoque interiit paucis post diebus. – Iustin IV 4: quo (Pacoro) absente exercitus Parthorum relictus in Syria a Cassio, quaestore Crassi, cum omnibus ducibus trucidatur; vgl. auch Dio XL 29, 3. 1688 Cic. Att. V 21, 2 (13. 2. 50): hodie vero hiemant in Cyrrhestica.

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8.5

Ap. Claudius Pulcher

Der Patrizier Ap. Claudius Pulcher war der Sohn des gleichnamigen Konsuls von 79. 54 erhielt er als Konsul das Kommando in Kilikien. Er kam bereits wie sein Vorgänger P. Lentulus vor Beginn des Prokonsulats, nämlich Ende 54, in der Provinz an.1689 Ap. Pulcher ließ in Laodikeia und Apameia 54/53 Kistophoren-Serien mit dem IMP- und PROCOSTitel von Lokalbeamten prägen, die auch schon unter seinem Vorgänger Lentulus tätig waren.1690 Die vor seinem Amtsantritt hergestellten Serien beweisen, dass er den IMPTitel nicht aufgrund einer Akklamation im Feld erhalten hat, sondern in Verbindung mit dem Kommando. Pulcher amtierte bis zur Ankunft Ciceros am 31. Juli 51.1691 Dieser richtete insgesamt dreizehn Schreiben an Pulcher, das erste Anfang 51 mit dem Präskript Cicero Appio Imp. s. d., das zweite im März 51 mit M. Cicero pro cos. s. d. Appio Pulchro Imp.1692 Dass Ap. Pulcher das Kommando gegen die Parther führte, lässt sich aus seinem IMPTitel erschließen und daraus, dass der Krieg vier Jahre lang von 54 bis 51 dauerte.1693 Nach seiner Rückkehr erkundigte er sich nach ihnen. Cicero antwortete ihm am 3. 10. 51 aus dem Heerlager bei Mopsuhestia, er glaube, es seien gar keine Parther gewesen, sondern Araber in parthischer Rüstung, die zurückgekehrt seien.1694 Aus einer Inschrift in Eleusis geht hervor, dass Ap. Pulcher als Konsul (im Jahr 54) den Bau eines Propylon für Ceres und Proserpina gelobte und als Imperator begann. Der IMPTitel datiert das nach dem Konsulat in Kilikien geführte Kommando in die Jahre 53/52. Auf der Akropolis in Athen wurde er dementsprechend als αὐτοκράτωρ geehrt.1695 Mitte 50 verzichtete er auf den Triumph, da er von P. Cornelius Dolabella (cos. 44) wegen Repetunden angeklagt wurde.1696 Das Anrecht hatte er wahrscheinlich analog zu 1689 Konsul 79: S. 265 Ankunft: Cic. fam. III 7, 5. 1690 Stumpf, Statthalter, S. 53 mit Nr. 80, 84 (PRO COS), Nr. 82, 85 (IMP). 1691 Cic. Att. V 15, 1; Cic. fam. III 6, 6. 1692 Cic. fam. III 1 und 2. Zu den beiden Präskripten s. Shackleton Bailey, Familiares I, 1977, Nr. 65f. 1693 Dio XL 30, 3 (Zitat: S. 332/1740) 1694 Cic. fam. III 8, 10: de Parthis quod quaeris, fuisse nullos puto. Arabes qui fuerunt admixto Parthico ornatu dicuntur revertisse. 1695 Eleusis: CIL III 547: [Ap. Claudi]us Ap. F. Pulcher Propylum Cere[ri et Proserpi]nae cos. vovit, [im]perato[r coepit]. – Athen: IG II/III2 4109. 1696 Cic. fam. IX 6, 1: neque enim stulte Appius, qui, simul atque Dolabella accessit ad tribunal, introierat in urbem triumphique postulationem abiecerat; s. auch Cic. Att. VI 1, 2 (Feb. 50); fam. XV 4, 2 (Anf. 50); Att. VI 2, 5 (Mai 50).

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seinem Nachfolger Cicero (v. infra) durch eine Akklamation seiner Truppen im Partherkrieg erhalten. 8.6

M. Tullius Cicero

Der 106 v. Chr. geborene, aus dem Ritterstand stammende homo novus M. Tullius Cicero war 75 Quästor in Sizilien, 69 Ädil, 66 Prätor und 63 Konsul. Erst zwölf Jahre später wurde er Statthalter in Kilikien. Obwohl Cicero erst Mitte Mai 51 von Rom aufbrach, führte er bereits Anfang März den PROCOSTitel im Präskript eines an seinen Vorgänger Ap. Pulcher adressierten Schreibens.1697 Er besagt, dass die Prokonsuln Statthalter konsularen Ranges waren, die in einer provincia consularis amtierten. Der IMPTitel Ciceros bezeichnet hingegen sein Kommando gegen die Parther, d. h. das Aufgabengebiet.1698 Im ersten Satz beklagt sich Cicero, dass er gegen seinen Wunsch und wider Erwarten die Statthalterschaft in Kilikien übernehmen musste.1699 Der entsprechende Senatsbeschluss muss folglich Anfang 51 ergangen sein. Noch vor seiner Abreise im Mai berichtet Cicero, dass in Italien für seine Legionen und für die seines Kollegen Bibulus (cos. 59), der nach Syrien aufbrach, Verstärkungen ausgehoben werden.1700 Auf dem Weg nach Kilikien machte Cicero Mitte Juni 51 in Athen Station und bat Atticus, dafür zu sorgen, dass ihm die Statthalterschaft nicht verlängert wird.1701 Bereits in diesem Brief äußerte er seine Besorgnis über die Parther, von denen aber zur Zeit – die Götter mögen helfen – nichts zu hören sei.1702 Bei seiner Ankunft am 31. Juli stellt Cicero resigniert fest, dass sein Vorgänger Appius die Provinz schamlos ausgebeutet habe; sie sei ruinert und für alle Zeiten verwüstet.1703 Appius habe ihr eine Abmagerungskur verordnet, sie zur Ader gelassen, ihr alles Mögliche entzogen und sie ihm als halbe 1697 Homo novus: NMRS Nr. 446. – Abreise: Cic. Att. V 11, 1. 1698 Kilikien provincia consularis: S. 315 mit A. 1635. – Münzen mit IMP: S. 326 mit A. 1708. 1699 Cic. fam. III 2, 1 (vom 2. März 51): Cum et contra voluntatem meam et praeter opinionem accidisset, ut mihi imperio in provinciam proficisci necesse esset, … 1700 Cic. fam. III 3, 1: censebant enim omnes fere ut in Italia supplementum meis et Bibuli legionibus scriberetur. 1701 Cic. Att. V 11, 1 Ne provincia nobis prororogetur … provide. 1702 Cic. Att. V 11, 4: de Parthi erat silentium; quod superest, di iuvent! 1703 Cic. Att. V 16, 2: … in perditam et plane eversam in perpetuum provinciam nos venisse scito prid. Kal. Sext.

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Leiche übergeben. Er sehe es nicht gern, dass die Provinz von ihm wieder aufgepäppelt werde, halb zürne er ihm, halb danke er ihm.1704 Cicero beklagt eine völlig korrupte Finanzverwaltung: Er sei in den Gemeinden auf riesige Unterschlagungen der Griechen gestoßen, die ihre eigenen Beamten begangen hätten. Ohne Schamgefühl hätten die Leute, die in den letzten zehn Jahren ein Amt führten, der Bevölkerung eigenhändig ihr Geld zurückerstattet.1705 Was die Funktion Ciceros betrifft, so erscheint der PROCOSTitel auf dem Revers von Kistophoren, die die Stadt Apameia prägte.1706 Die ersten Serien datieren wohl spätestens aus der ersten Hälfte 51, nachdem sein Amt an die Behörden in Kilikien gemeldet worden war. Am 31.7. erreichte Cicero die phrygische Stadt Laodikeia a. Lykos, die damals zu Kilkien gehörte. Von diesem Tag an begann seine Amtszeit.1707 In Laodikeia befand sich die Münzstätte, in der Kistophoren mit der Reverslegende TVLLIVS /​ IMP ΛΑΟ ΛΑΒΑΣ [Π]ΥΡΡΟΥ geprägt wurden.1708 Welche Stadt damals Statthaltersitz und somit Aufbewahrungsort der Kistophoren war, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen, einige Cicero-Briefstellen deuten nach Haensch auf Laodikeia hin. Die größte Stadt Tarsos war nach Dion Chrysostomos (or. XXXIII 46) μητρόπολις.1709 Der folgende auf dem Marsch durch Phrygien geschriebene Bericht klingt glaubhaft und authentisch. Att. V 16, 2: audivimus nihil aliud nisi imperata ἐπικεφίλια solvere non posse, ὠíάò omnium venditas, civitatum gemitus, ploratus, mon1704 Cic. Att. VI 1, 2 (Feb. 50): … Appius, cum ἐξ ἀφαιρέσεως provinciam curarit, sanguinem miserit, quidquid potuit detraxerit, mihi tradiderit enectam, προσανατρεφομένην eam a me non libenter videt sed modo suscenset modo gratias agit; vgl. P. Leitner, Bemerkungen zur Versur. Ein Fall von Zinswucher in der römischen Provinz zur Zeit Ciceros, 2011, 75–85. 1705 Att. VI 2, 5 (Mai 50): mira erant in civitatibus ipsorum furta Graecorum, quae magistratus sui fecerant. Quaesivi ipse de iis, qui annis decem proximis magistratum gesserant; aperte fatebantur. Itaque sine ulla ignominia suis umeris pecunias populis rettulerunt. Populi autem nullo gemitu publicanis, quibus hoc ipso lustro nihil solverant, etiam superioris lustri reliqua rediderunt. Itaque publicanis in oculis sumus; vgl. Badian, Zöllner und Sünder, 147 mit A. 118. 1706 Stumpf, Statthalter, Nr. 89: M – CICERO – M F /​ PRO COS; ΑΠΑ ΘΕΟΠΡΟΠΟΣ ΑΠΟΛΛΩΝΙΟΥ. 1707 Cic. Att. V 15, 1: Laodiceam veni pridie Kal. Sextiles; ex hoc die clavum anni movebis. 1708 Vgl. Stumpf, Statthalter, Nr. 93. – Zu Laodikeia s. S. 244. 1709 R. Haensch, Capita provinciarum, 1997, 270/46: Cic. fam. III 5, 4; II 17, 4; Att. VI 7, 2; zu Tarsos s. ders. 267f.

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stra quaedam non hominis sed ferae nescio cuius immanis. quid quaeris? taedet omnino eos vitae. [3] levantur tamen miserae civitates quod nullus fit sumptus in nos neque in legatos neque in quaestorem neque in quemquam. scito non modo nos faenum aut quod e lege Iulia dari solet non accipere sed ne ligna quidem, nec praeter quattuor lectos et tectum quemquam accipere quicquam, multis locis ne tectum quidem et in tabernaculo manere plerumque. itaque incredibilem in modum concursus fiunt ex agris, ex vicis, ex domibus omnibus. me hercule etiam adventa nostro reviviscunt. iustitia, abstinentia, clementia tui Ciceronis cognita, quae opiniones omnium superavit. – Was ich hörte, war immer wieder dasselbe Lied: unmöglich, die auferlegte Kopfsteuer zu zahlen, alle hätten ihre letzte Habe verkauft, die Gemeinden jammern und stöhnen, Ungeheuerlichkeiten, wie sie kein Mensch, höchstens ein wildes Tier begehen kann. Und die Folge? Die Leute haben einfach keine Lust mehr zu leben. Indessen suche ich, den verelendeten Städten ihr Los zu erleichtern: Weder für mich entstehen Kosten noch für meine Legaten, den Quästor oder sonst jemand. Selbst Heu und was mir sonst nach dem julischen Gesetz zusteht, fordere ich nicht, ja nicht einmal Holz, überhaupt nichts außer vier Lagerstätten und ein Dach über dem Kopf, manchmal auch das nicht, meist schlafen wir nur im Zelt. Kaum zu glauben, wie sie da von den Feldern, aus den Dörfern, aus allen Städten zusammenströmen. Wahrhaftig, schon bei meinem Kommen atmen sie auf, da sie von der Gerechtigkeit, Selbstbeherrschung und Milde Deines Cicero gehört haben, die alle Erwartungen übertrifft. Cicero durchquerte Phrygien Anfang August in östlicher Richtung; er hielt in Apameia, Synnada und Philomelum Gerichtstage (conventus) ab, zuletzt in Ikonion. Cicero rühmte sich, als Statthalter überall Recht gesprochen zu haben, unparteiisch, milde und würdevoll. Von Ikonion aus erreichte er am 28.8. das nahegelegene Lager und inspi­zierte das Heer.1710 Abgesandte des Königs Antiochos von Kommagene meldeten Cicero, dass der Partherprinz Pakoros mit einem großen Truppenaufgebot den Euphrat überschritten habe und das mit Rom verbündete Königreich Kappa-

1710 Cic. Att. V 20, 1 - 2: dein Apameae quinque dies morati et Synnadis triduum, Philomeli quinque dies, Iconi decem fecimus. nihil ea iuris dictione aequabilius, nihil lenius, nihil gravius. Inde (sc. Iconio) in castra veni a. d. Kal. Septembres, a. d. III exercitum lustravi apud Iconium; Plut. Cic. 36, 5; vgl. B. Edelmann-Singer, Koina und Concilia, 2015, 58ff.

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dokien bedrohe.1711 Tigranes, der König von Armenien, hatte es 66 an Rom abtreten müssen.1712 Cicero marschierte an der Spitze eines 12000 Mann und 1600 Reiter starken Heeres nach Kibyra, eine bedeutende phrygische Stadt, die im Grenzgebiet zu Lykien und Pisidien lag. In Kibyra traf er Ariobarzenes III., den jungen Herrscher Kappadokiens, und sagte ihm seine volle Unterstützung gegen einen eventuellen Angriff der Parther zu.1713 Von seinem Standquartier Ikonion aus zog Cicero an der Spitze des Heeres durch den an Kilikien angrenzenden Teil Kappadokiens in Richtung Süden. Der Armenier Artavasdes und die Parther selbst sollten glauben, dass er, Cicero, sie von Kappadokien fern­halten wolle.1714 Er überquerte das Taurusgebirge und erreichte Anfang Oktober über Tarsos Mopsuhestia, wo ihm gemeldet wurde, dass der Feind mittlerweile auf dem Rückmarsch sei. Eine Woche später erhielt er im Lager nahe der in der Südostecke Kilikiens gelegenen Stadt Epiphaneia die freudige Nachricht, dass eine Reiterabteilung der Parther von seiner dort in Garnison befindlichen Kavallerie getötet worden sei.1715 Cicero erstieg am 12.10.t vier Kolonnen, die von seinem Bruder Quintus und drei weiteren Legaten angeführt wurden, das einen Tagesmarsch entfernte Amanusgebirge, das nach Cicero voller hartnäckiger Feinde steckte.1716 Seine Truppen richteten unter ihnen ein großes Gemetzel an, verschiedene Ortschaften und stark befestigte Kastelle wurden erobert und verbrannt, am 17.10. riefen die Soldaten ihren Anführer zum Imperator aus.1717 Inzwischen sei auch sein Kollege Bibulus in Syrien eingetroffen; er wolle es ihm durch den Erwerb dieser appellatio inanis gleichtun.1718 In dieser Geringschätzung des IMPTitels schwingt eine gute Portion Heuchelei des gegenüber dem Militär voreingenommenen Optimaten mit, denn so wertlos, wie Cicero vorgibt, war dieser Titel für ihn 1711 Cic. fam. XV 2, 1: cum … nuntiique et litterae de bello a Parthis in provinciam Syriam inlato cotidie fere adferrentur. 1712 Dio XXXVI 53, 5; vgl. Bengtson, RG3 214; Vf. S. 300/1550. 1713 Heer: Plut. Cic. 36, 1; Cic. fam. XV 2, 4–5; Att. V 20, 6. – Enkel des Ariobarzanes I.: S. 241 mit A. 1238. 1714 Cic. Att. V 20, 2: cum graves de Parthis nuntii venirent, perrexi in Ciliciam per Cappadociae partem eam, quae Ciliciam attingit, eo consilio, et ut Armenius Artavasdes et ipsi Parthi Cappadocia se excludi putarent. 1715 Rückzug der Parther: Cic. fam. III 8, 10. – Epiphaneia: Cic. fam. XV 4, 7. 1716 Q. Cicero: Cic. fam. XV 4, 8. – Amanusgebirge: Cic. Att. V 20, 3: qui mons erat hostium plenus sempiternorum. 1717 Cic. Att. V 20, 3: a. d. m. Id. Oct. magnum numerum hostium occidimus; castella munitissima cepimus, incendimus; imperatores appellati sumus. 1718 Cic. Att. V 20, 4: Venit interim Bibulus; credo voluit appellatione inani nobis esse par.

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nicht. Eine imperatorische Akklamation nach der Tötung von mindestens 5000 Feinden bildete nämlich die Voraussetzung für den erhofften Triumph.1719 Diejenige Ciceros im Amanusgebirge spiegelt sich auch in den Titeln wider, die in den Präskripten der Briefsammlung ad familiares stehen. Während der Statthalter seine Adressaten vor der Akklamation immer als Prokonsul grüßt, verwendet er nachher bis zum Verlassen der Provinz nur noch den IMPTitel. Somit bestätigt sich, dass die imperatorische Akklamation im Feld spätestens seit der Verabschiedung der lex Marcia de triumphis im Jahr 62 die Voraussetzung für den Triumph bildete.1720 Nach seinen Erfolgen lagerte Cicero vier Tage bei den Alexanderaltären (Issos) am Fuß des Amanusgebirges; er unterwarf und verwüstete das Land, soweit es nicht zu seiner Provinz gehörte.1721 Die Kunde von Ciceros Taten verbreitete sich rasch in Syrien, sodass der Proquästor C. Cassius Longinus, der in Antiocheia nach dem Untergang des Crassus allein die Stellung hielt, wieder Mut fasste und den Parthern einen solchen Schrecken einjagte, dass sie abzogen.1722 Zur Grenzsicherung gegen die Parther führte Cicero sein Heer jetzt in den römerfeindlichsten Teil Kilikiens und bestürmte das oppidum Pindemissus. In einem Anfang 50 an M. Porcius Cato (pr. 54) gerichteten Brief beschreibt der Imperator diese von den Eleutherokilikern bewohnte Stadt als sehr hoch gelegen und stark befestigt. Ihre Einwohner hätten sich nicht einmal den Königen gebeugt und warteten sehnsüchtig auf das Erscheinen der Parther, da sie entlaufenen Sklaven Asyl geboten hätten. Er habe es deshalb im Interesse der römischen Heerschaft für geboten gehalten, ihren Widerstand zu brechen und die Stadt zu erstürmen. Er habe sie mit Wall und Graben eingeschlossen und durch sechs Kastelle und starke Stützpunkte zerniert, sie mit Damm, Sturm­lauben und Türmen bestürmt und die Sache unter Einsatz von Wurfmaschinen und Bogenschützen ganz aus eigener Kraft in 57 Tagen erledigt.1723 Gegen Ende seines langen Briefes äußert 1719 Val. Max. II 8, 1; vgl. MRR II, 243; Combès, Imperator, 94ff.; K. Bringmann, Cicero, 2010, 180; Vf. S. 305 mit A. 1577f. 1720 PRO COS: Cic. fam. II 8, 9; XV 1, 2, 7, 8, 9, 12; IMP: Cic. fam. II 7, 10–9; XV 4, 5, 10, 11, 13, 14; Lex Marcia: S. 305. 1721 Cic. Att. V 20, 3: castra habuimus … apud Issum. … ibi dies quinque morati direpto et vastato Amano inde discessimus. 1722 Cic. Att. V 20, 3: … rumore adventus nostri et Cassio, qui Antiochia tenebatur, animus accessit et Parthis timor iniectus est. 1723 Cic. fam. XV 4, 10 (Anfang 50): … ad oppidum Eleutherocilicum Pindenissum exercitum adduxi. Quod cum esset altissimo et munitissimo loco ab iisque incoleretur, qui ne regibus quidem umquam paruissent, cum et fugitivos reciperent et Parthorum adventum acerrime exspectarent, ad existimationem imperii pertinere arbitratus sum comprimere eorum au-

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er mit aller Vorsicht die Vermutung, er glaube bemerkt zu haben, dass es nicht so sehr auf die Erfolge der Feldherren wie auf ihren Charakter und ihre Lebensführung ankomme. Wenn Cato dieses Prinzip auf ihn anwende, so werde er fest­stellen, dass er, Cicero, trotz der Schwäche seiner Armee dank seines Gerechtigkeitssinns und seiner Selbstbe­herrschung den stärksten Schutz gegen die Furcht vor einem großen Krieg geboten habe. Er hoffe, dass ihm aufgrund seines offiziellen Berichts mit dem Votum Catos die Ehre zuteil werde, die er sich sehnlichst erwünsche.1724 Mit der Ehrung ist ein Dankfest gemeint, das ihm gewährt wurde, wie dem Antwortschreiben Catos zu entnehmen ist.1725 Cicero zollt sich an dieser Stelle wieder einmal ungehemmt großes Selbstlob. Fraglich ist, ob die aufwendige Belagerung und Erstürmung einer abgelegenen Bergfestung am Westhang des Amanusgebirges, die Cicero gnadenlos bis zum bitteren Ende für die Bewohner durchführte, aus strategischer Sicht notwendig war. In diesem Sinn stellt Jehne fest, dass die Grundlage für den Triumph eine Strafaktion gegen einige armselige Bergstämme bildete mit der Eroberung einer Festung und der Versklavung der Bevölkerung.1726 Fest steht, dass Cicero, ein reiner Geistesmensch ohne militärische Vorbildung, für die Aufgaben eines Generals nicht geeignet war; ohne seinen Bruder Quintus wäre er wohl gescheitert. Am Beispiel des großen Redners und seines Kollegen Bibulus in Syrien (v. infra) zeigt sich recht deutlich die Schwäche der Verfassung: das Gesetz, die Konsuln mit bedeutsamen Kommanden zu betrauen, führte zur Wahl gänzlich ungeeigneter Kandidaten, die militärisch unerfahren und den körperlichen Strapazen in fortgeschrittenem Alter kaum gewachsen waren. In der späten Republik stieß das System definitiv an seine Grenzen: Cicero und Bibulus hatten das Glück, dass die Parther im Jahr 51 abzogen. Noch vor seiner Ankunft in Kilikien verhehlt Cicero seine Angst nicht, Bibulus wirft er zu Recht militärische Unfähigkeit vor.1727

daciam quo facilius etiam ceterorum animi … frangerentur, vallo et fossa circumdedi, sex castellis castrisque maximis saepsi, aggere, viniis, turribus oppugnavi ususque multis tormentis atque sagitariis magno labore meo septimo quinquagesimo die rem confeci. 1724 Cic. fam. XV 4, 14: non tam res gestas quam mores institutamque vitam imperatorum spectare solere in habendis aut non habendis honoribus. quod si in mea causa considerabis, reperies me exercitu imbecillo contra metum maximi belli firmmissimum praesidium habuisse aequitatem et continentiam. 1725 Cic. fam. XV 5, 2 (Anfang Mai 50): Supplicationem decretam … gaudeo. 1726 M. Jehne, Marcus Tullius Cicero, der Neuling, der zu spät kam, in: Hölkeskamp, Von Romulus …, 262. 1727 Vgl. z. B. Cn. Manlius Vulso (cos. 189): S. 139f. Marcius Philippus (cos. 171): S. 153f. – Cicero: S. 325 mit A. 1702; Bibulus: S. 333f. mit A. 1747.

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Was seine Untergebenen betrifft, so verwendete er einen griechischen Freigelassenen seines Vorgängers P. Cornelius Lentulus Spinther als Amtsdiener.1728 Noch vor seiner Abreise aus Kilikien traf Anfang Juli der neue Quästor C. Coelius Caldus ein, der den als Stellvertreter ungeeigneten L. Mescinius Rufus ersetzte. Dessen letzte Aufgabe war es, in Laodikeia auf Cicero zu warten, der die Abrechnungen, wie es das julische Gesetz vorschrieb, bei zwei Gemeinden hinterlegen sollte.1729 Ein besserer Stellvertreter als ein Quästor wäre sein Bruder Quintus gewesen, den er aber nicht in der Provinz zurücklassen musste, weil die Parther – welch ein unerhörter Glücksfall – abgezogen waren.1730 Cicero führte den IMPTitel auch noch nach seiner Rückkehr in der Korrespondenz mit Pompeius und Caesar im April 49. Dies ist damit zu erklären, dass er als Triumphanwärter an den Senatssitzungen nicht teilnehmen durfte. Die Entscheidung, ob Cicero ein Triumph ex Cilicia bewilligt wird, verschob der Konsul L. Cornelius Lentulus Crus am 7. 1. 49 in der letzten Senatssitzung.1731 8.7

M. Calpurnius Bibulus

M. Bibulus war der Schwiegersohn des Cato minor. Der Optimat stand 65 als Ädil im Schatten seines Kollegen Caesar.1732 62 unterdrückte er als Prätor nach Aufdeckung der Catilinarischen Verschwörung einen Aufruhr bei den Pälignern und bekämpfte 59 als Konsul vergeblich das Agrargesetz Cae-

1728 Cic. fam. III 7, 4 (Febr. 50): A Pausania, Lentuli liberto, accenso meo …; vgl. A. Bérenger, Le métier de gouverneur dans l’empire romain, 2014, 33. 1729 Cic. fam. II 17, 4 (22. 7. 50): ego de provincia discedens quaestorem Coelium praeposui provinciae. ‚puerum?‘ inquis. At quaestorem, at nobilem adulescentem, at omnium fere exemplo. Neque erat superiore honore usus, quem praeficerem. – Cic. Att. VI 7, 1: Laodiceiae quaestorem exspectare iussi, ut confectas rationes lege Iulia apud duas civitates relinquere possim. 1730 Cic. Att. VI 6, 3: fratri autem? Illud non utile nobis; nam praeter fratrem nemo est, quem sine contumelia quaestori, nobili praesertim, anteferrem. Tamen, dum impendere Parthi videbantur, statueram fratrem relinquere (meinen Bruder hierzulassen) aut etiam rei publicae causa contra senatus consultum ipse remanere; qui posteaquam incredibili felicatete discesserunt. 1731 Cic. fam. XVI 11, 3 (12. 1. 49); Plut. Cic. 37, 1. 1732 Schwiegersohn: Plut. Cat. min. 25, 4; Brut. 13, 3. – Ädil: Suet. Iul. 10; Dio XXXVII 8, 2.

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sars.1733 Anfang 56 beantragte er, Ptolemaios Auletes nicht durch bewaffnete Intervention, sondern durch drei Gesandte nach Ägypten zurückzuführen.1734 56 unterstützte ihn Cicero in der Rede pro Sestio gegen die Anfeindungen Caesars. 53 stimmte Bibulus angesichts der Anarchie in Rom als Erster im Senat dafür, den mit ihm verfeindeten Pompeius zum alleinigen Konsul für 52 zu machen.1735 Im September 51 ging er als Prokonsul und Imperator nach Syrien und erreichte es vermutlich Anfang Oktober, nachdem Cassius die Parther zurückgeschlagen hatte.1736 Bibulus und Cicero führten das Kommando in den Nachbarprovinzen Syrien und Kilikien als Imperatoren und wurden von demselben König – gemeint ist der Galater Deiotarus – durch die Bereitstellung von Reiterei und Fußtruppen unterstützt.1737 Die Provinzialverwaltung des Bibulus beurteilt Cicero durchaus positiv.1738 Er erwähnt eine Klausel in seinem Edikt, das der Ritter Pomponius Atticus als voreingenommen gegenüber seinem Stand bezeichnet, weil es gegen die Interessen der Steuerpächter gerichtet war.1739 Nach den Worten Dios endete der Krieg zwischen Römern und Parthern im vierten Jahr nach seinem Ausbruch, und zwar unter den Konsuln M. Claudius Marcellus und Ser. Sulpicius Rufus (51 v. Chr.).1740 Marcellus wollte Pompeius ausgehobene Truppen zum Einsatz in dessen spanischen Provinzen übergeben, doch der Quästorier M. Antonius, der spätere Triumvir, erwirkte ein Dekret, demzufolge die bereitgestellte Armee nach Syrien geschickt werden sollte, um die des Bibulus zu verstärken; es sollte ihm gestattet werden, weitere Aushebungen vorzunehmen.1741 Nach der Nieder1733 Prätor: Oros. VI 6, 7; Konsul: Cic. Att. II 4–24; Vell. II 44; Suet. Iul. 20, 1; Plut. Caes. 14, 2. 1734 Cic. fam. I 2, 1: cum sententia prima Bibuli pronuntiata esset, ut tres legati regem reducerent …; vgl. S. 317 mit A. 1645. 1735 Cic. pro Sest. 113. – Pompeius: Plut. Pomp. 54, 6f.; Dio XL 50, 4. 1736 Dio XL 30, 1: Ankunft des Bibulus nach Rückzug des Pakoros; Oktober 51: Cic. Att. V 20, 4 (Zitat: Anm. 1742). 1737 Cic. Phil. XI 34: Fuimus imperatores ego et M. Bibulus in propinquis finitimisque provinciis; ab eodem rege adiuti sumus et equitatu et pedestribus copiis. 1738 Cic. Att. VI 1, 13: Thermum, Silium vere audis laudari; valde se honeste gerunt. Adde M. Nonium, Bibulum, me, si voles. 1739 Cic. Att. VI 1, 15: de Bibuli edicto … exceptionem, de qua ad me scripseras ‚nimis gravi praeiudicio in ordinem nostrum‘. 1740 Dio XL 30, 3: Ὁ μὲν οὖν πόλεμος οὔτος, ὅ τε τῶν Ῥωμαίων καὶ Πάρθων, τετάρτῷ ἔτει ἀφ’ οὗ ἤρξατο, ἐπὶ τε Μάρκου Μαρκέλλου καὶ ἐπὶ Σουλπικίου Ῥούφου ὑπάτων. – Beginn des Krieges Ende 55: S. 324 mit A. 1693. 1741 Plut. Ant. 5, 4: Ἀλλὰ πρῶτον μὲν Μαρκέλλου τοῦ ὑπάτου Πομπηίῳ τούς τε συνειλεγμένους ἤδη στρατιώτας παρεγγυῶντος καὶ καταλέγειν ἑτέρους διδόντος, ἐμποδὼν

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lage der Parther im Oktober 51 unter Osakes wollte Bibulus in Syrien auch Ruhm ernten. Er versuchte Anfang 50 ebenfalls im Amanusgebirge ohne Kampf gegen die Parther auf bequeme Weise den Lorbeer (der Akklamation) zu pflücken, verlor aber eine kleine Kohorte.1742 Im Juni 50 befürchtete man eine Invasion der Parther. Caesar sagt sogar, Bibulus sei von ihnen eingeschlossen gewesen.1743 Cicero lobt ihn, weil er trotz der Bedrohung und seiner tiefen Betrübnis (über den Tod seiner beiden Söhne auf dem Feldzug des Gabinius in Ägypten) die Lasten des Krieges standhaft ertrage. Seine Legaten, sein Quästor und seine Freunde bäten ihn, Cicero, um Hilfe.1744 Doch Mitte Juli war die Furcht vor einer Invasion der Parther ausgestanden. Pakoros hatte sich auf Weisung seines Vaters Orodes (Regierungszeit 57 bis 37) über den Euphrat zurückgezogen.1745 Seine Aktivität verlegte Bibulus nach Cassius Dio von nun an von den Waffen auf das Gebiet der Diplomatie. Dem untertänigen Syrien gönnte er Frieden, hetzte aber die Parther gegeneinander auf. Er gewann nämlich die Freundschaft des Ornadapates, eines Satrapen, der einen Groll gegen Orodes hegte, und veranlasste ihn durch Gesandte, Pakoros zum König zu machen und mit ihm zusammen einen Feldzug gegen seinen Vater zu unternehmen. Indem er Pakoros gegen seinen Vater Orodes ausspielte, verschaffte Bibulus der Provinz eine Ruhepause.1746 Auf der Heimreise stellt Cicero in einem Brief an Atticus vom 25. 11. 50 empört fest, dass er nie nach dem Triumph trachtete, ehe nicht Bibulus aufgrund eines überaus schamlosen Briefes an den Senat ein Dankfest erhielt, obwohl er keinen Fuß außerhalb die Stadt (Antiocheia) setzte, solange der

ἔστη διάταγμα γράψας ὅπως ἡ μὲν ἠθροισμένη δύναμις εἰς Συρίαν πλέῃ καὶ Βύβλῳ βοηθῇ πολεμοῦντι Πάρθοις 1742 Cic. Att. V 20, 4: Bibulus in eodem Amano coepit loreolam in mustaceo quaerere. At ille cohortem primam totam perdidit. Cic. fam. VIII 6, 4. (Febr. 50): … sine Parthis Bibulus in Amano nescio quid cohorticularum amisit. Hoc sic nuntiatum est. 1743 Caes. BC III 31, 3: (Parthi), qui … M. Bibulum in obsidione habuerant. 1744 Cic. Att. VI 5, 3 (26. 6. 50): Cun enim arderet Syria bello et Bibulus in tanto maerore suo maximam curam belli sustineret ad meque legati eius et quaestor et amici eius litteris mitterent, ut subsidio venirem. 1745 Cic. fam. II 17, 1 (16. 7. 50): … praesertim sublato metu Parthico. – Iustin IV 4: Huius filius Pacorus missus ad persequendas Romani belli reliquias magnis rebus in Syria gestis in Parthiam patri suspectus revocatur. 1746 Dio XL 30, 2: καὶ αὐτὸς μὲν ἐν ἥσυχίᾳ τὸ ὑπήκοον διήγαγε, τοὺς δὲ δὴ Πάρθους ἐπ’ ἀλλήλους ἔτρεψε. Ὀρναδαπάτην γὰρ τινα σατράπην ἀσθόμενον τῷ Ὀρώδῃ προσποιησάμενος, ἀνέπεισε δι’ ἀγγέλων τόν τε Πάκορον βασιλέα στρήσασθαι καὶ ἐπ’ ἐκεῖνον μετ’ αὐτοῦ στρατεῦσαι; vgl. Bengtson, RG3 231.

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Feind diesseits des Euphrat stand.1747 Ehe Bibulus Anfang Dezember 50 Syrien verließ, setzte er seinen Legaten (Fabricius) Veiento als Stellverteter ein. Bald nach Cicero, nämlich Anfang März 49, traf er in Rom ein.1748 Als erbitterter Gegner des in Italien eingefallenen Usurpators Caesar schloss sich Bibulus Pompeius an und wurde Oberbefehlshaber der in Korkyra stationierten Flotte. Durch seinen Leichtsinn ermöglichte er Caesar Anfang 48 die Landung in Epirus mit sieben Legionen, riegelte ihn aber weitgehend von Italien ab, sodass Pompeius Caesar bei der Besetzung des wichtigen Hafens Dyrrhachion zuvorkam. Bibulus starb wenig später, noch ehe dort die Kämpfe begannen.1749

9.

Caesars gallischer Krieg (58–50 v. Chr.)

Der aus dem patrizischen Geschlecht der Julier stammende C. Iulius Caesar wurde 100 v. Chr. als Sohn des gleichnamigen Prätors von 92 und Aurelia, der Schwester des Redners L. Aurelius Cotta (pr. um 95), geboren. 81 weilte er als junger Offizier in Asia und Bithynien, 78 diente er unter P. Servilius Isauricus in Kilikien, 75 fiel er auf dem Weg nach Rhodos in die Hände der Seeräuber, 73 trat er in Rom als Pontifex die Nachfolge seines Onkels C. Aurelius Cotta (cos. 75) an. 68 bekleidete er die Quästur in Südspanien und veranstaltete 65 als kurulischer Ädil prächtige Spiele.1750 Nachdem Caesar 62/61 als Prätor in Hispania Ulterior die Lusitaner unterworfen hatte – er wurde akklamiert -, bewarb er sich nach seiner Rückkehr im Juni 60 um das Konsulat und schloss zur Teilhabe an der Macht mit Pompeius und Crassus einen geheimen Dreibund.1751 1747 Cic. Att. VII 2, 6: De triumpho autem nulla me cupiditas umquam tenuit ante Bibuli impudentissimas litteras quas amplis­sima supplicatio consecuta est. a quo si ea gesta essent quae scripsit, gauderem et honori faverem; nunc illum qui pedem porta quoad hostis cis Euphraten fuit non extulerit. 1748 Cic. Att. VII 3, 5 (9. 12. 50): Bibulus de provincia decessit, Veientonem praefecit. – Ankunft: Cic. Att. IX 9, 3 vom 17. 3. 49. 1749 Admiral: Caes. BC III 5, 4. 7, 1f. 8, 3. 14, 3. 15, 1.6. 16, 2; App. BC II 52, 213; Plut. Cat. m. 54, 6. Tod: Caes. BC III 18, 1. 1750 Herkunft: Suet. Iul. 6; Gefangennahme, Pontifex: S. 286 mit A. 1495; Quästor: Suet. Iul. 7, 1; Ädil: Suet. Iul. 10, 1–2. 1751 Praetor: Suet. Iul. 18; Akklam.: Plut. Caes. 12, 4; Liv. per. 103, 5–6: C. Caesar Lusitanos subegit. Eoque consulatus candidato et captante rem p. invadere conspiratio inter tres civitatis principes facta est; vgl. Dahlheim, Julius Caesar, 52ff.

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Ende 59 erhielt er als scheidender Konsul durch die lex Vatinia für fünf Jahre ein Kommando mit vier Legionen in Gallia Cisalpina samt Illyrien und mit Unterstützung des Pompeius zusätzlich Gallia Transalpina.1752 In seinen commentarii de bello Gallico nennt sich Caesar nie Prokonsul, sondern immer nur Imperator.1753 Doch nach Cassius Dio hielt er 58 in Gallien als ἀνθύπατος eine Rede vor seinen Unterfeldherrren. Diese Funktionsangabe trifft nicht zu, weil ein Oberfeldherr im Kriegsrechtsbereich militiae nicht als Prokonsul amtierte.1754 Cicero verwendet hingegen richtig den IMPTitel im April 54 im Präskript seines an Caesar gerichteten Schreibens. Von seinen zahlreichen Legaten bezeichnet Caesar nur den bewährten Unterfeldherrn T. Labienus (homo novus) als legatus pro praetore (BG I 21, 2).1755 Die vom Senat seit Ende des 2. Punischen Kriegs zielstrebig betriebene Expansion des imperium Romanum erreichte mit der Eroberung Galliens durch Caesar ihren Höhepunkt und vorläufigen Abschluss.1756 Caesars sieben Bücher über den Gallischen Krieg, denen der Unterfeldherr und Statthalter A. Hirtius (cos. 43) nach der Ermordung seines Vorgesetzten ein achtes hinzufügte, stellen in der römischen Literatur ein einzigartiges Zeugnis dar, weil sie nicht von einem Geschichtsschreiber, sondern vom Feldherrn selbst verfasst wurden. Es sind Tagebuchaufzeichnungen (commentarii), die vom Autor als Gedächtnisstütze für die Abfassung eines späteren Geschichtswerks gedacht waren.1757 Sie zeichnen sich durch einen raffiniert einfachen, schmucklosen Stil aus, der beim Leser den Eindruck weitgehender Objektivität erwecken sollte. Deshalb schrieb Caesar neutral in der dritten Person. Gerechtfertigt werden sollte ein Krieg, der neu war in seiner Art, denn der für ihn Verantwortliche dehnte den römischen Einflussbereich durch die Überfahrt nach Britannien zum ersten Mal über die oiku-

1752 Suet. Iul. 22; Cic. Att. VIII 3, 3; Dio XXXVIII 8, 4–5: … καὶ ἐν αὐτῇ τῇ γερουσίᾳ. ὅ τε γὰρ ὅμιλος τοῦ τε Ἰλλυρικοῦ καὶ τῆς Γαλατίας τῆς ἐντὸς τῶν Ἄλπεων ἄρξαι αὐτῷ μετὰ τριῶν στρατοπέδων ἐπὶ ἔτη πέντε ἔδωκε, καὶ ἡ βουλὴ τήν τε Γαλατίαν τὴν ἐπέκεινα τῶν ὀρῶν καὶ στρατόπεδον ἕτερον προσεπέτρεψε. – Zu P. Vatinius (cos. 47), tr. pl. 54, s. S. 314 mit A. 1629. 1753 Caes. BG II 26, 5; V 33, 2; VI 33, 7; VII 1, 7. 1754 Dio XXXVIII 43, 3: μεταπέμπεταί τινα ὁ ἀνθύπατος ὁ Ῥωμαίων … – vgl. Dio XI 43, 11 (Zitat: S. 73/351). 1755 Cic. fam. VII 5; vgl. D. R. Shackleton Bailey, Cic. ad Fam. I, 1977, No. 26. – T. Labienus homo novus: NMRS Nr. 220. 1756 P. A. Brunt, Laus imperii, in: Imperialism in the Ancient World, 1978, 159–191, bes. 178ff. 1757 Caes. BG VIII praef. 1, 1: Caesaris nostri commentarios rerum gestarum [Galliae] … contexui novissimumque imperfectum ab rebus Alexandriae confeci usque ad exitum non quidem civilis dissensionis.

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mene hinaus aus.1758 Als es im Jahr 56 um die Verlängerung von Caesars Imperium in Gallien für weitere fünf Jahre ging, setzte sich Cicero in seiner Rede de provinciis consularibus vehement für die Fortsetzung des Krieges ein, mit dem Argument, dass es ein überaus schwerer sei, in dem Caesar die größten Völkerschaften unterworfen habe; sie seien aber noch nicht durch Gesetze und gesichertes Recht, noch nicht durch einen einigermaßen dauerhaften Frieden an Rom gefesselt. Nur wenn der Mann, der den Krieg begonnen hat, ihn auch zu Ende führe, hätten die Römer die Gewähr, dass ein endgültiger Abschluss erreicht werde.1759 Caesars Gegner rügten hingegen seine schamlose Aggression, die sie hauptsächlich seiner Gier zuschrieben. Er habe keine Gelegenheit zum Krieg, wie ungerecht und gefährlich er auch gewesen sei, ausgelassen, habe gleichermaßen Verbündete wie feindliche Barbarenvölker von sich aus zum Widerstand angestachelt.1760 Cato schlug sogar vor, Caesar nach dem ius gentium an die Opfer seiner Perfidie auszuliefern.1761 Ein wahrhaft abstruser Gedanke angesichts der unbedingten Gefolgschaftstreue und Ergebenheit seiner Soldaten! Paktikabel wäre allenfalls eine Anklage in Rom wegen Völkermords gewesen, aber ihr beugte Caesar durch die Usurpierung der Macht vor. Nach Plutarch hat der Imperator in weniger als zehn Jahren 800 Städte erobert, 300 Völker unterworfen und drei Millionen Feinde getötet, davon eine Million im Kampf von Mann zu Mann.1762 Caesar stellt am Ende des Helvetierkriegs fest, dass ihn weniger als ein Drittel der Gesamtbevölkerung (110000 von 368000) überlebt hätte. Er beschuldigt den Gau der Tiguriner, 50 Jahre 1758 Sall. Cat. 54, 4: sibi magnum imperium exercitum bellum novum exoptabat. Plut. Caes. 23, 2: Ἡ δ’ ἐπῖ τοὺς Βρεττανοὺς στρατεία τὴν μὲν τόλμαν εἶχεν ὀνομστήν. πρῶτο γὰρ εἰς τὸν ἑσπέρον Ὠκεανὸν ἐπέβη στόλῳ, καὶ διὰ τῆς Ἀτλαντικῆς θαλάττης στρατὸν ἐπὶ πόλεμον κομίζεων ἔπλευσε; vgl. Dahlheim, Julius Caesar, 56–67, bes. 60f. 1759 Cic. prov. cons. 19: Bellum in Gallia maximum gestum est; domitae sunt a Caesare maximae nationes, sed nondum legibus, nondem iure certo, nondum satis firma pace devinctae. Bellum … videmus … paene confectum, sed ita, ut, si idem extrema persequitur, qui inchoavit, iam omnia perfecta videamus; vgl. P. A. Brunt, Laus imperii, 183; Chr. Meier, Caesar, 1982, 290. 1760 Suet. Div. Iul. 22, 2: invitis et gementibus adversariis 24, 3: nec deinde ulla belli occasione, ne iniusti quidem ac periculosi abstinuit, tam foederatis quam infestis ac feris gentibus ultro lacessitis. 54, 2: in Gallia fana templaque donis referta expilavit. 1761 Plut. Cat. min. 51, 1: ὁ δὲ Κάτων ἐκέλευεν ἒκδιδόναι τὸν Καίσαρα τοῖς παρανομηθεῖσι. – ius gentium (allen Kulturvölkern gemeinsame Rechtsvorstellungen): D. Liebs, Römisches Recht, 19822, 40f. 1762 Plut. Caes. 15, 5: ἔτη γὰρ οὐδὲ δέκα πολεμήσας περὶ Γαλατίαν πόλεις μὲν ὑπὲρ ὀκτακοσίας κατὰ κράτος εἷλεν, ἔθνη δὲ ἐχειρώσατο τριακόσια, μυριάσι δὲ παραταξάμενος κατὰ μέρος τριακοσίαις ἑκατὸν μὲν ἐν χερσὶ διέφθειρεν, ἄλλας δὲ τοσαύτας ἐζώγρησεν; vgl. M. Rambaud, César, Que sais-je?, 1967, 51: ca. 300000 gallische Verteidiger in Alesia.

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vorher, nämlich 107, den Konsul L. Cassius und dessen Legaten L. Calpurnius Piso (cos. 112), den Großvater seines Schwiegervaters, getötet und das Heer unter das Joch geschickt zu haben.1763 Caesar nutzt diese dem römischen Volk angetane Schmach als Argument für sein unfaires Vorgehen, das gegen das ius gentium verstieß. Er betont, dass er nicht nur dem Staat zugefügtes Unrecht, sondern auch privates gerächt habe, indem er diesen Gau durch Zufall oder nach dem Willen der unsterblichen Götter bestrafte.1764 Er überraschte nämlich den Teil, der noch nicht über den Arar (Saône) übergesetzt war und metzelte einen großen Teil der Ahnungslosen und durch den Tross Behinderten nieder. Sie gehörten laut Caesar zum schuldig gewordenen Gau der Tiguriner.1765 Wenig später holte er die Helvetier, die schon übergesetzt waren, ein und verhandelte mit dem Gesandten Divico, der nach Aussage Caesars (BG I 13, 2) 107 der Anführer der Tiguriner im bellum Cassianum gewesen war. Er müsste inzwischen fast 80 Jahre alt gewesen sein. Angesichts dieser Unwahrscheinlichkeit kann man annehmen, dass sein Auftreten eine Fiktion Caesars ist, die dazu diente, eine Brücke zwischen dem bellum Cassianum und der Gegenwart zu schlagen. In seiner Rede fordert Divico Caesar auf, sich nichts auf den Überfall auf seinen Stamm einzubilden und in dem Fall, dass er ihn weiter mit Krieg überziehe, solle er sich an die erlittene Niederlage des Konsuls L. Cassius und an die einstige Tapferkeit der Helvetier erinnern. Rambaud hat herausgearbeitet, dass Caesar die Divico-Rede aus kompostionstechnischen Gründen eingefügt hat und dass sie wie auch alle übrigen Reden der Feinde dazu dient, deren Anmaßung zu illustrieren. Im gleichen Sinn stellte Barwick zu den beiden Reden des Häduerfürsten Diviciacus fest, man könne mit Sicherheit annehmen, dass dessen Ausführungen nach den Gepflogenheiten der Historiographie eine freie Erfindung Caesars sind.1766

1763 App. Kelt. 1, 8. – Überlebende: Caes. BG I 29, 2–3; Tiguriner: BG I 12, 4 (vgl. Anm. 1765). 1764 Caes. BG I 12, 6: Ita sive casu sive consilio deorum immortalium quae pars Helvetiae insignem calamitatem populo Romano intulerat, ea princeps poenas persolvit. Qua in re non solum publicas, sed etiam privatas iniurias ultus est. 1765 Caes. BG I 12, 2–4: … ad eam partem perventi, quae nondum flumen transierat. Eos impeditos et inopinantes adgressus magnam partem eorum concidit. … Is pagus appellabatur Tigurinus. 1766 M. Rambaud, L’art de la déformation historique dans les commentaires de César, 1966, 112ff., 229, Divico: BG I 13, 3–5. K. Barwick, Die Entstehungsgeschichte des Bellum Gallicum, in: Caesar, WBG 1967, 257; Diviciacus: BG I 31, 3–32, 5.

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Im Jahr 55 soll das Heer Caesars nach Appian 400000 Usipeter und Tenkterer niedergemacht haben. Er selbst gab auf Listen an, mit seinen Soldaten 1192000 Feinde getötet zu haben.1767 Die geistige Spannweite Caesars, d. h. seine Fähigkeit, sich in die Denkweise des Gegners hineinzuversetzen und dessen Argumente präzise darzustellen, zeigt sich bei seiner Auseinandersetzung mit dem oft gegen ihn erhobenen Vorwurf, er habe als rücksichtsloser römischer Imperialist gehandelt. Um der beißenden Kritik an seinem Eroberungskrieg die Spitze zu nehmen, legt er sie vor der Kapitulation des Vercingetorix bei Alesia im Jahr 52 dem Arvernerfürst Critognatus in den Mund. Er lässt ihn eine Rede halten, die – so Caesar – wegen der ganz besonderen und ruchlosen Grausamkeit des Mannes nicht unerwähnt bleiben darf.1768 BG VII 77, 3: Critognatus, ein Arverner von vornehmer Herkunft, der auch als sehr einflussreich galt, sagte Folgendes: „Über die Ansicht derer, die mit dem Wort Unterwerfung die schmachvolle Knechtschaft zu beschönigen suchen, will ich gar nicht sprechen; denn ich bin der Meinung, dass sie es nicht verdienen, noch länger als Mitbürger angesehen zu werden. 4] Nur mit denen habe ich es zu tun, die für den Ausbruch sind; denn in ihrem Vorschlag – das ist euer einstimmiges Urteil – lebt offenbar noch die Erinnerung an die Tapferkeit unserer Väter. 5] Willensschwäche aber ist es, nicht Tapferkeit, wenn man die Not auch nicht eine Weile ertragen kann. Menschen, die sich aus freien Stücken in den Tod stürzen, sind leichter zu finden als solche, die den Schmerz geduldig ertragen. 6] Gleichwohl würde ich meinerseits jenem Vorschlag zustimmen – so viel gilt mir die Ehre -, wenn ich sähe, dass es sich dabei nur um das Opfer unseres Lebens handelte. 7] Doch bei unserer Entscheidung müssen wir auf ganz Gallien, das wir zu unserer Rettung aufgeboten haben, Rücksicht nehmen. 8] Wie sollten denn unsere Verwandten und Blutgenossen, wenn wir, achtzigtausend Menschen, an einer Stelle den Tod finden, wohl noch den Mut finden, sozusagen auf unseren Leichen die Entscheidungsschlacht zu schlagen? 9] Beraubt nicht die eurer Hilfe, die um eurer Rettung willen ihre eigene Gefahr nicht achten und stürzt nicht durch eure Torheit und Unbesonnenheit 1767 Usipeter und Tenkterer: App. Kelt. I 8. – Getötete Feinde: Plin. NH VII 92; vgl. Zimmermann, Div. Aug., 2014, 23. 1768 Caes. BG VII 77, 2: non preatereunda videtur oratio Critognati propter eius singularem ac nefariam crudeltitatem.

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oder durch eure Willensschwäche ganz Gallien ins Verderben und gebt es nicht ewiger Knechtschaft preis! 10] Oder zweifelt ihr etwa an der Zuverlässigkeit und Entschlossenheit der Verbündeten, weil sie bis heute nicht eingetroffen sind? Glaubt ihr denn wirklich, dass sich die Römer nur zum Spaß Tag und Nacht an jenen Belagerungsarbeiten da drüben abmühen? 11] Wenn von euren Landsleuten keine ermutigende Nachricht zu euch gelangen kann, da jeder Zugang abgeschnitten ist, so nehmt als Zeugen ihrer baldigen Ankunft diejenigen, die aus Angst vor der Einnahme Tag und Nacht mit der Schanzarbeit beschäftigt sind. 12] Worauf läuft nun mein Rat hinaus? Zu tun, was unsere Väter im Krieg mit den Kimbern und Teutonen getan haben, in einem Krieg, der sich gar mit dem unserem gar nicht vergleichen lässt. Zusammengepfercht in ihre Städte und von ähnlicher Not bedrängt, haben sie ihr Leben mit dem Fleisch der durch ihr Alter zum Krieg Untauglichen gefristet und sich den Feinden nicht ergeben. 13] Und hätten wir nicht schon ein Beispiel für diese Maßnahme vor Augen, so würde ich es für die schönste Tat halten, um der Freiheit willen ein solches erstmalig zu geben und der Nachwelt zu überliefern. 14] Denn worin glich jener Krieg dem unseren? Die Kimbern haben Gallien verwüstet und schwer heimgesucht, aber sie haben wenigstens irgendwann unser Land wieder geräumt und andere Länder angegriffen. Recht und Gesetz, Grundbesitz und Freiheit haben sie uns jedoch gelassen. 15] Hingegen suchen und wollen die Römer in ihrer Missgunst nichts anderes, als dass sie sich auf den Fluren und in den Stämmen eines jeden ruhmreichen und kriegstüchtigen Volkes, von dem sie hören, festsetzen und ihm das Joch ewiger Knechtschaft aufzwingen. 16] Das ist stets das einzige Ziel all ihrer Kriege gewesen. Wenn euch auch nicht bekannt ist, was bei fernen Völkern geschieht, wohlan, so schaut auf das benachbarte Gallien! Zur Provinz gemacht, hat es ein verändertes Recht und andere Gesetze, und wird unter dem Regiment von Liktorenbeilen von dauerhafter Knechtschaft niedergedrückt.“ Diese Worte im Mund des Feindes sind zweifellos überspitzt und klingen ungerecht, sie entsprechen aber im Kern der historischen Wahrheit, die man als die blutige Unterwerfung der gallisch-keltischen Stämme innerhalb von acht Jahren zusammenfassen kann. Um darüber hinwegzutäuschen, blendet er in der von ihm verfassten Rede des Stammesfürsten sei339

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nen Völkermord aus und lässt ihn stattdessen, um ihn unglaubwürdig zu machen, den ungerechtfertigten Vorwurf erheben, die Römer beabsichtigten im Grunde nichts anderes, als die freien Völker dauerhaft zu versklaven und auszubeuten. Caesars Politik bezweckte jedoch das genaue Gegenteil, sie war, wie sich noch zeigen wird, auf die friedliche Romanisierung der unterworfenen gallischen Völkerschaften und ihre gewaltfreie Integration ins römische Weltreich ausgerichtet. Mitte 50 besaß Caesar eine bessere Armee als jeder seiner Konkurrenten (einschließlich Pompeius), die zudem völlig auf ihn eingeschworen war, sowie unbeschränkte finanzielle Mittel. Er konnte in Rom auf eine Gruppe von Senatoren zählen, die seine Sache teils aus Überzeugung, teils wegen wirtschaftlicher Vorteile unterstützten. Auf der anderen Seite standen die Vertreter des Senatsregimes, die Optimaten, deren Wortführer Cato war. Sie betrieben die Politik im alten Stil und stemmten sich gegen Caesar, der mit Hilfe der Volksversammlung, der Volkstribune und seiner Armee eine persönliche Herrschaft etablieren wollte.1769 Erwähnenswert ist noch Caesars lapidare Feststellung am Ende des siebten Buches des Bellum Gallicum, dass ihm 51 nach dem Fall von Uxellodunum in Rom ein 20-tägiges Dankfest gewährt wurde.1770 Er hatte folglich zu diesem Zeitpunkt noch die Mehrheit der Senatoren auf seiner Seite.

10. Der Bürgerkrieg (49–45 v. Chr.) Der Bürgerkrieg begann Anfang 49, als Caesar mit seinem Heer die Grenze zwischen Gallia Cisalpina und Italien überschritt, und endete am 17. März 45, als er Cn. Pompeius Magnus, den älteren Sohn des Magnus, bei Munda endgültig besiegte.1771 Auf dort hergestellten Münzen und Schleuderbleien steht CN MAG IMP.1772 1769 H. Galsterer, Gaius Julius Caesar – der Aristokrat als Alleinherrscher, in: Hölkeskamp, Von Romulus …, 316. 1770 Caes. BG VII 90, 8: His rebus litteris Caesaris cognitis Romae dierum XX supplicatio indicitur. 1771 Überschreiten der Grenze (Rubico): Suet. Iul. 31ff. – Munda: Bell. Hisp. 27, 6–31, 10; vgl. Bengtson RG3 244. 1772 ILLRP 1104: Cn(aei) Mag(ni) /​ Imp(eratoris) – RRC Nr. 469 – Schleuderbleie: B. Hisp. 18, 2: Eodemque tempore signifer de legione prima (Cn. Pompei) transfugit … 4: Et indicium glande scriptum misit, per quod certior fieret Caesar, quae in oppido ad defendendum compararentur; vgl. A. Richter – M. Grünwald, Andalusische Schleuderbleie, ZPE 157, 2006, 264.

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Der Bürgerkrieg (49–45 v. Chr.)

Der IMPTitel kennzeichnet das gegen Caesar geführte Kommando. 10.1

Der Titel Caesars

Caesar richtete im Bürgerkrieg Mitte April 49 auf dem Weg nach Brundisium ein Schreiben an Cicero, in dessen Präskript beide den IMPTitel führen.1773 Während der Ciceros zum Ausdruck bringt, dass er seit Februar 49 ein Kommando an der kampanischen Küste innehatte, symbolisiert der IMPTitel Caesars das Kommando in Gallien.1774 Er hatte nämlich in der Nacht vom 10. auf den 11. Januar von Gallia Cisalpina kommend mit seinem Heer den Grenzfluss Rubico überschritten, war am 1. April als Usurpator vor den Toren Roms erschienen und hatte die nach der Flucht der Pompeianer verbliebenen Senatoren durch die Volkstribune M. Antonius und Q. Cassius Longinus außerhalb der Stadt einberufen.1775 Im Bellum Civile verwendet Caesar den IMPTitel nur einmal in einer Passage, in der es heißt, dass die Dekurionen von Auximum Anfang 49 bekundeten, weder sie noch die Bewohner der Stadt würden es dulden, dass dem hochverdienten Imperator Caesar angesichts seiner bedeutenden Leistungen der Zugang zur Stadt verwehrt werde.1776 Der Imperatortitel Caesars wurde im Herbst 49 durch seine Ernennung zum Diktator legalisiert. Er steht 48 zum ersten Mal auf einem amtlichen Dokument, nämlich auf Denaren mit der Legende C CAESAR IMP COS ITER auf dem Avers und A ALLIENVS PRO COS auf dem Revers. Sie datieren nach Crawford 47, als Münzstätte gibt er Sizilien an. Das IMP vor COS bezeichnet in der zeitlich richtigen Reihenfolge das Ende 59 durch die lex Vatinia verliehene Kommando in Gallien.1777 Der homo novus Allienus war 49 Prätor und wurde nach Appian Anfang 48 von Caesar nach Sizilien entsandt. Er fungierte als pr. pro cos., wie aus zwei Stellen im bellum

1773 Cic. Att. X 8 B (16. 4. 49): CAESAR IMP S. D. CICERONI IMP. 1774 Brief des Imperators Cicero an den Prokonsul Pompeius: Att. VIII 11, 1 B (Febr. 49. 1775 Staatstreich s. Suet. Iul. 31; Plut. Caes. 32, 1–9. Cic. fam. XVI 11, 2 vom 12. 1. 49; Q. Cassius: S. 350 mit A. 1838f. – 1. April: Dio XLI 15, 2; vgl. M. Gelzer, Caesar der Politiker und Staatsmann, 1960, 191; Dahlheim, Julius Caesar, 73. 1776 Caes. BC I 13, 1: decuriones Auximi docent … neque se neque reliquos municipes pati Caesarem imperatorem bene de re publica meritum tantis rebus gestis oppido moenibusque prohiberi. – Lethargie der Provinzstädte: Dahlheim, Jul. Caesar, 105. 1777 Kommando in Gallien: S. 335 mit A. 1752. – Denare: RRC NR. 459; vgl. IGR IV 928: αὐτοκράτωρ, ὕπατος δεύτερος.

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

Africanum hervorgeht. 1778 Da die volle Titulatur Caesars auf dem Avers steht, ist davon auszugehen, dass die Münzen im Jahr 48, als Caesar zum zweiten Mal Konsul war, in Rom in der moneta auf dem Janiculum geprägt wurden. Hingegen steht auf dem Revers von Denaren, die nach Crawford 49/48 vermutlich in Gallien hergestellt wurden, nur CAESAR. Ebenfalls aus Gallien kommt eine ähnliche CAESARSerie ohne Funktionsangabe, die nach Crawford vom 13. 7. 48 bis 13. 7. 47 datiert.1779 Anfang 46 wurden wahrscheinlich in der moneta auf dem Janiculum Aurei geprägt: Der Avers zeigt das Porträt Caesars mit der Legende C CAESAR COS TER, auf dem Revers steht A HIRTIVS PR. Aus Spanien kommen hingegen 46/45 geschlagene Münzen mit dem Kopf der Venus auf dem Avers und dem Namen CAESAR auf dem Revers.1780 Fragt man nach dem Grund für den ins Auge springenden Unterschied zwischen den städtischen und den Provinzialprägungen, so muss man das Imperium Caesars in Betracht ziehen. Als Imperator hatte er außer dem konsularen auch ein prokonsulares Imperium. Belegt ist Caesar als Prokonsul in seiner 44 erlassenen lex Genetivae Iuliae iussuque C. Caesaris dict. cos. prove cos.1781 Um seine volle Titulatur auf den Avers von Provinzialprägungen zu setzen und die Provinzialkommanden titular gesondert zu benennen, genügte sein prokonsulares Imperium jedoch nicht, denn es unterschied sich wesensmäßig nicht vom konsularen. Der Diktator hätte, wie sich noch zeigen wird, ein imperium proconsulare maius haben müssen, das nicht nur von Rom aus wirkte.1782 10.2

Der Titel des Pompeius Magnus

Auf der letzten Senatssitzung vor dem Einmarsch Caesars in Italien am 7. 1. 49 wurden zwei Provinzen Konsularen übertragen, nämlich L. Domitius Ahenobarbus Gallien und Q. Caecilius Metellus Pius Scipio Syrien, die restlichen Prätoren.1783 Gegen den Usurpator wurde ein SCU erlassen und 1778 Dio XLII 20, 4: ἐς δε Σικελίαν Αὖλον Ἀλβῖνον. – HN: NMRS Nr. 21. – Prätur: Cic. Att. X 15, 3. Entsendung: App. BC II 48, 197. – B. Afr. 2, 3: Allieno praetori; 34, 4: Allienus proconsul; vgl. Jehne, Dictator Caesar, S. 59/11. 1779 Serie Jahr 49/48: RRC Nr. 443. – Serie Jahr 48/47: RRC Nr. 452. 1780 CAESAR COS TER: RRC Nr. 466. – CAESAR: RRC Nr. 468. 1781 Vgl. J. Bleicken, Zwischen Republik und Prinzipat, 1990, 25. 1782 Zum imperium proconsulare s. Girardet; vgl. Vf. S. 20 mit A. 33 – zum imperium proconsulare maius s. Vf. S. 401f. 1783 Caes. BC I 6, 5: provinciae privatis decernuntur, duae consulares, reliquae praetoriae. Scipioni obvenit Syria, L. Domitio Gallia (als Nachfolger Caesars); L. Domitius Ahen. (cos.

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Der Bürgerkrieg (49–45 v. Chr.)

Cato riet dazu, Pompeius zum Imperator mit unbeschränkten Vollmachten zu ernennen. Plutarch gebraucht den Terminus στρατηγὸς αὐτοκράτωρ im Sinn von oberster Feldherr.1784 Pompeius erließ Mitte Januar ein Edikt, in dem er anerkannte, dass sich der Staat im Bürgerkrieg befand, und befahl den Senatoren, mit ihm Rom zu verlassen.1785 Dann verließ Cato Rom als designierter Statthalter Siziliens, desgleichen die Senatoren, denen eine Provinz übertragen worden war.1786 Dass Pompeius von der Volksversammlung nicht zum Imperator gewählt wurde, zeigt sich am PROCOSTitel, den er im Februar 49 in seinen an den Imperator Cicero, den Prokonsul L. Domitius Ahenobarbus und die Konsuln C. Marcellus und L. Lentulus gerichteten Schreiben verwendete.1787 Pompeius war Anfang 49 Prokonsul, weil er in dieser Funktion seit 55 die beiden spanischen Provinzen durch Legaten beherrschte, 49 durch L. Afranius, M. Petreius und M. Terentius Varro.1788 CN MAGNVS PROCOS steht auch auf dem Revers von Denaren, die von den Proquästoren Cn. (Calpurnius) Piso und (M. Terentius) Varro nach Crawford 49 in Griechenland geschlagen wurden.1789 Cassius Dio bemerkt zu den Geschehnissen Anfang 48 in Thessaloniki, wo sich ein Gegensenat konstiutiert hatte1790, dass Pompeius den Regierungsapparat nicht losgelöst von Rom weiterführen konnte, weil die für die Neuwahl der Magistrate erfoderlichen Zenturiatkomitien nicht einberufen werden konnten. Deshalb sollten die bisherigen Beamten als Prokonsuln, Proprätoren und Proquästoren ihre Funktionen weiter ausüben.1791 Pompeius hatte von Januar bis Juli 48 in Griechenland den Oberbefehl inne. Den PRO54): S. 413 mit A. 2173; Q. Metellus Scipio (cos. 52): S. 344f. 1784 Plut. Pomp. 61, 1: Κάτων συνεβούλευεν αἱρεῖσθαι στραηγὸν αὐτοκράορα Πομπήιον; vgl. Plutarque, Pompée, 1973, S. 238. 1785 Plut. Pomp. 61, 3; zum Aufbruch Ciceros in der Nacht vom 18. auf 19. 1. 49 s. Cic. Att. VII 10. 1786 Cic. Att. VII 15, 2. 1787 Cic. Att. VIII 11 A – D (Febr. 49); vgl. MRR II 243, 251, 263, 278; Vf. S. 341 mit Anm. 1774. 1788 J. 55: Liv. per. 105, 1; App. BC II 18, 65; Plut. Pomp. 52, 4. J. 49: Caes. BC I 39; Afranius: S. 281 + A. 1467; Varro: S. 187; vgl. S. 156 mit A. 786. 1789 Cn. Piso (RRC Nr. 446) war wahrscheinlich der gleichnamige Sohn des q. pro pr. von 65; vgl. KP 1, Piso I 24; Vf. S. 281. – Der Polyhistor M. T. Varro war 48 in Dyrrhachium: Cic. div. I 68. II 114; Münzen: RRC Nr. 447; vgl. Crawford, I, S. 92.Vf. S. 187. 1790 Plut. Pomp. 65, 1; vgl. Dio XLI 44, 1; Eutrop VI 20, 4. 1791 Cass. Dio XLI 43, 3: εἶναι νομίζεσθαι ῾αἴτιον δὲ ὅτι τὸν νόμον οἱ ὕπατοι τὸν φρατριατικὸν οὐκ ἐσενηνόχεσαν᾽, τοῖς δὲ δὴ αὐτοῖς ἐκείνοις οἷσπερ καὶ πρόσθεν ἐχρήσαντο, τὰς ἐπωνυμίας σφῶν μόνας μεταβαλόντες καὶ τοὺς μὲν ἀνθυπάτους τοὺς δὲ ἀντιστρατήγους τοὺς δὲ ἀντιταμίας ὀνομάσαντες.

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COSTitel verwendete er ersatzweise, weil seine Wahl zum Imperator Anfang 49 unterblieben war. Caesar nennt Pompeius in Dyrrhachium zwar nicht imperator, sagt aber, dass man ihm die höchste Entscheidung über den Krieg und alle Angelegenheiten überlassen habe.1792 Nach einem Durchbruch im Juli 48 wurde Pompeius zum Imperator ausgerufen und duldete es, mit dem Imperatortitel angeredet zu werden, setzte ihn aber weder auf seine Schriftstücke noch bekränzte er seine Liktorenbündel mit Lorbeer.1793 Trotzdem meinte Combès aufgrund dieser Akklamation, Pompeius habe ab Juli 48 den vierfachen IMPTitel geführt. Dies ist auszuschließen, weil der in Inschriften und auf Münzen dokumentierte dreifache Imperatortitel auf drei populare Akklamationen zurückging.1794 Als Pompeius nach der Niederlage bei Pharsalos sich zur Flucht wandte, trug Cato, der über eine bedeutende Armee und eine große Flotte verfügte, dem Konsular Cicero wegen seines höheren Ranges das Kommando an, doch der lehnte es ab, an dem Feldzug teilzunehmen.1795 10.3

Q. Caecilius Metellus Pius Scipio in Syrien

Q. Caecilius Metellus Pius Scipio war der Sohn des P. Cornelius Scipio Nasica (pr. ca. 93) und seit 64 der Adoptivsohn des Q. Caecilius Metellus Pius (cos. 80). 52 heiratete der allein amtierende Konsul Pompeius die Tochter Scipios.1796 56 war Scipio Prätor und 55/54 Statthalter (pr. pro cos.) in Africa, anschließend Triumph, 53 Interrex.1797 In der Neujahrssitzung 49 stellte Scipio den Antrag, der zum Beschluss erhoben wurde, dass Caesar bis zu einem bestimmten Tag sein Imperium niederlegen und sein Heer entlassen müsse, widrigenfalls er als Feind des Vaterlandes betrachtet wür1792 Caes. BC III 16, 4: … summam belli rerumque omnium Pompeio permiserint. – Unterbliebene Wahl: S. 343 mit A. 1787. 1793 Caes. BC III 71, 3: Pompeius eo proelio imperator est appellatus. Hoc nomen atque ita se postea salutari passus est, sed neque in litteris adscribere est solitus, neque in fascibus insignia laurea praetulit; III 88: a tam perito imperatore. – Vgl. Dio XLI 52,1, der ebenfalls sagt, dass Pompeius das nomen imperatoris annahm: κἀκ τούτου τὸ μὲν τοῦ αὐτοκράτορος ὄνομα ἔλαβεν. 1794 Combès, Imperator, 79 mit A. 18, 93f., zu IMP IV s. ders. S. 454. – IMP III: Vf. S. 302 mit A. 1554 1795 Plut. Cic. 39, 1–2; vgl. Ciceros mangelnde militärische Qualifakation (S. 330). 1796 Abstammung: Cic. Brut. 211f. – Schwiegervater des Pompeius: Plut. Pomp. 62, 3; Plut. Caes. 30, 4. 1797 Prätor und Statthalterschaft: MRR III 43. – Triumph: Varro, RR III 2, 16. – Interrex: ILLRP 1046; vgl. S. 156 mit A. 786.

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Der Bürgerkrieg (49–45 v. Chr.)

de. In der letzten Senatssitzung am 7. 1. 49 erhielt Scipio die Provinz Syrien.1798 Er verfügte dort über zwei Legionen und sollte auf Befehl des Pompeius eine Flotte ausrüsten.1799 Nach seiner Ankunft in Antiocheia ließ Scipio Alexander, den Sohn des Aristobulos, beseitigen. Letzteren hatte Caesar aus der Gefangenschaft in Rom befreit und nach Judäa entsandt, wo er von den Parteigängern des Pompeius vergiftet wurde.1800 Im Sommer 49 kämpfte Scipio mehrmals mit den Parthern im Amanusgebirge, verließ aber dann Syrien mit seinen Legionen.1801 Caesar bemerkt einleitend polemisch zugespitzt, sein Gegner habe sich trotz einiger gegen die Parther erlittenen Niederlagen zum Imperator ausrufen lassen.1802 Im Winter 49 auf 48 prägte Pergamon für Scipio Münzen mit der Legende Q. METELLVS PIVS SCIPIO – IMP. Der Revers einer Serie zeigt den Augurstab (lituus) als Symbol für das auspicium, das Metellus als Oberkommandierender besaß.1803 In zwei pergamenischen Inschriften lautet die Funktion des Metellus αὐτοκράτωρ. Der IMPTitel geht nicht auf die von Caesar kritisierte Akklamation im Amanusgebirge zurück, sondern kennzeichnet Scipios Kommando gegen die Parther.1804 Da Scipio nach der Niederlage bei Pharsalos nach Africa floh, kam Syrien im Sommer 48 in die Hand Caesars; er ließ die in Syrien stationierten Truppen nach Alexandria transferieren.1805 10.4

Unterfeldherren Caesars (Anfang 48 bis Herbst 46 v. Chr.)

Caesar wurde im Herbst 49 nach der Einnahme von Massalia durch ein vom Praetor M. Aemilius Lepidus beantragtes Gesetz zum Diktator er1798 Caesar Staatsfeind: Plut. Caes. 30, 4; Syrien: Caes. BC I 6, 5; vgl. S. 342f. mit A. 1783. 1799 Zwei Legionen: Caes. BC III 4, 3. – Flotte : Plut. Pomp. 62, 3. 1800 Jos. Ant. XIV 7, 4; vgl. Cic. Att. IX 11, 4 vom 20. 3. 49. – Vf. S. 319 mit A. 1656. 1801 Caes. BC III 31, 3: … finitimis hostibus Parthis post se relictis, qui paulo ante M. Crassum imperatorem interfecerant et M. Bibulum in obsidione habuerant, legiones equi­ tesque ex Syria deduxerat. 1802 Caes. BC III 31, 1: Scipio detrimentis quibusdam acceptis imperatorem se appellaverat; vgl. J. Linderski, Q. Metellus Scipio Imperator, in: Imperium sine fine, 1996, 146. 1803 RRC Nr. 460, 3 = Stumpf, Statthalter Nr. 68; vgl. MRR II 260f.; lituus: Linderski, Q. Scipio, S. 177; Vf. S. 280 mit A. 1465. 1804 Syll.3 757f. = IGR IV 409, 421 = I. Perg. II 411f. 1805 Dio XLII 37, 3: ὁ Καῖσαρ τούς τε ἐκ τῆς Συρίας στρατιώτας μετεπέψατο; vgl. Freyburger-Galland, Dion Cass., 2002, p. 140.

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

nannt.1806 Nach seiner Rückkehr Ende 49 berief Caesar nach Gutdünken die Statthalter oder tauschte sie aus. A. Allienus schickte er nach der Prätur nach Sizilien, Sex. Peducaeus nach Sardinien und Lepidus nach Spanien.1807 Laut dem Bellum Alexandrinum amtierte Lepidus in Hispania Citerior als Prokonsul, d. h. als pr. pro cos. Diese Amtsangabe erscheint problematisch, weil Caesar in eine Provinz, in der Bürgerkrieg herrschte, keinen Magistrat, sondern nur einen Legaten entsenden konnte.1808 Dass Lepidus 48/47 im diesseitigen Spanien das Kommando nicht als Prokonsul führte, verdeutlicht der Titel IMP III, mit dem er in Africa inschriftlich belegt ist; Lepidus beherrschte diese Provinz von 40 bis 36 als Triumvir.1809 Wesentlich ist, dass dem dreifachen IMPTitel drei prokonsulare Kommanden zugrunde liegen: Das erste war das oben genannte 48/47 nach der Prätur in Hispania Citerior mit Triumph 47, das zweite 44/43 als Konsular (cos. 46) in derselben Provinz und in Gallia Narbonensis mit Triumph 43; es steht in der Form IMP ITER im Präskript zweier im Mai 43 an Cicero und den Senat gerichteter Schreiben.1810 Das dritte Kommando führte Lepidus unter Octavian als Triumvir von 40 bis 36 in Africa. Der erste IMPTitel ist nicht dokumentiert, weil ihn die Unterfeldherren Caesars im Bürgerkrieg bis zum Herbst 46 offiziell genauso wenig wie er selbst führten.1811 Vom Namen eines weiteren Imperators sind in einer rhodischen Inschrift nur wenige Buchstaben erhalten. Aus dem gut lesbaren Anfang hervor, dass ein rhodischer Gesandter vor dem Imperator Caesar erschien. Die Audienz wurde ihm vermutlich im August 47 gewährt, als Caesar nach seinem Sieg über König Pharnakes Kleinasien durchquerte.1812. Mommsen ergänzte den Namen zu [Γ]ναῖον [Δ]ο[μέτ]ιο[ν] [Μα]ά[ρκου υἱὸν Καλουεῖ] 1806 Caes. BC II 21, 5: ibi (sc. Massiliae) legem de dictatore latam seseque dictatorem dictum a M. Lepido praetore cognoscit. 1807 App. BC 48, 196: ἡγεμόνας τε ἐς τὰ ἔθνη περιέπεμπεν ἤ ἐνήλλαττεν, ἐφ’ ἑαυτοῦ καταλέγων, ἐς μὲν Ἰβηρίαν Μᾶρκον Λέπιδον. – vgl. Dio XLIII 1, 1 – zu Allienus s. S. 341f. – zu Sex. Peducaeus pr. 49 s. Kreiler, Statthalter, 72f., s. S. 395/2093. 1808 B. Alex. 59, 2: litteras ad regem Bogudem in Mauretaniam et [ad] M. Lepidum proconsulem in Hispaniam citeriorem mittit; vgl. MRR II 275 – Das B. Alexandrinum wurde vermutlich wie die Periochae des Livius im 4. oder 5. Jh. n. Chr. verfasst. 1809 ILLRP 1276; vgl. MRR III 8; R. D. Weigel, Lepidus, The Tarnished Triumvir, 1992, 82f.; Kreiler, Statthalter, 103. 1810 IMP II: Cic. fam. X 34; 36. – 1. Triumph (J. 47): Dio XLIII 1, 2. Triumph (J. 43): Inscr. Ital. 13, 1, 86f. 1811 Fehlender IMPTitel im Bürgerkrieg: S. 225 mit A. 1154. – Zu Caesar s. S. 341 mit A. 1776. 1812 IGR IV 1119: Γαίον Ἵούλιον Γαίου υἱὸν Ἵούλιον Καίσαρα αὐτοκράτορα. – Durchquerung Kleinasiens: Plut. Caes. 50, 1.

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Der Bürgerkrieg (49–45 v. Chr.)

νο[ν] αὐτοκράτορα.1813 Gemeint ist wahrscheinlich Cn. Domitius Calvinus, der 53 Konsul war, im April 48 stand er gegen den Pompeianer Q. Metellus Scipio (cos. 52) in Makedonien mit zwei Legionen am Grenzfluss Haliakmon.1814 Im Bellum Civile nennt Caesar Calvinus im Gegensatz zu zwei proprätorischen Legaten nur namentlich ohne Angabe einer Funktion, bei Pharsalos stellte er ihn an die Spitze des Zentrums seines Heeres.1815 Nach der Verfassung hätte er als Legat eines Oberkommandierenden kein höheres als ein proprätorisches haben dürfen.1816 Dies zeigt sich am Beispiel des Pompeius, der 67 bei seinem Kampf gegen die Piraten im Mittelmeer gemäß der lex Gabinia 15 legati pro pr. einsetzte, darunter zwei Konsulare.1817 Zu bedenken ist aber, dass Lepidus das erste Kommando 48/47 in Hispania Citerior unter Caesar als Imperator mit einem prokonsularen Imperium geführt hat. Ein solches muss auch Domitius gehabt haben, wenn er mit dem αὐτοκράτωρ des rhodischen Fragments identisch ist. Dafür spricht, dass Caesar dem Konsular Domitius nach seinem Sieg bei Pharsalos das Kommando in Asia und den angrenzenden Provinzen übertrug. Unter Ἀσία ist nach Cassius Dio ganz Kleinasien zu verstehen, denn er stellt fest, dass Caesar Calvinus dorthin schickte, damit er die dort stehenden Legionen übernehme.1818 Appian nennt Domitius στρατηγών, d. h. ‚Krieg führender Kommandeur‘ im Sinn von Imperator, Dio gibt keine Funktion an.1819 Broughton bezeichnet ihn als probably a proconsul.1820 Domitius kann aber als Unterfeldherr Caesars keine promagistratische Funktion gehabt haben, sondern er muss dem Diktator analog zu Lepidus als Legat unterstellt gewesen sein; folglich dürfte er wie die ab dem Herbst 46 mit dem IMPTitel belegten Unterfeldherren Caesars (v. infra) als Imperator fungiert haben. Einen Hinweis darauf liefert außer dem rhodischen Fragment seine Eh1813 IGR IV 1119, Z. 9–12; vom ersten Buchstaben Δ des Gentiliziums ist die Haste \ erhalten. 1814 Caes. BC III 36, 6: at Scipionem properantem sequi litterae sunt consecutae … Domitium cum legionibus adesse. 1815 Caes. BC III 34, 36–38; Pharsalos: III 89, 3: mediae aciei Cn. Domitium praeposuerat; vgl. MRR II 277. 1816 Mommsen StR I 130f. mit A. 5; vgl. MRR II 360/1. 1817 App. Mith. 95, 434; Cn. Cornelius Lentulus Clodianus und L. Gellius Publicola (coss. 72); vgl. MRR II 148. 1818 B. Alex. 34, 1: rex Deiotarus ad Domitium, cui Caesar Asiam finitimasque provincias tradiderat, venit. – Dio XLII 46, 1: Γναῖον δὲ Δομίτιον Καλουῖνον ἔπεμψε τὴν τε Ἀσίαν οἱ καὶ τὰ ἐκεῖσε στρατόπεδα πραστάξας λαβεῖν. 1819 App. Mith. 120, 591: καὶ Καλουίνῳ στρατηγοῦντι; Dio XLII 49, 1: καὶ τὰ λοιπὰ τῷ Δομιτίω καταστήσασθαι κελεύσας … 1820 MRR II 288f.

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

rung als θεός in Zela, wo Caesar König Pharnakes besiegt hatte. Domitius ist der einzige Unterfeldherr Caesars, der außer diesem selbst als vergöttlicht bezeugt ist.1821 Nachher wurde zwei Unterfeldherren der Triumvirn, nämlich L. Munatius Plancus und T. Statiliius Taurus, diese Ehre zuteil.1822 Nach Caesars Sieg 47 bei Zela zwang Domitius König Pharnakes zur Kapitulation in Sinope. 46 hielt er sich in Africa in Caesars Umgebung auf, 45 trat er in Rom als Entlastungszeuge für den Galaterkönig Deiotarus auf und wurde im gleichen Jahr Pontifex. Am Morgen des 15. März 44 wurde Caesar im Haus des Calvinus vom Seher Spurinna gewarnt.1823 Im Zusammenhang mit den von Caesar zwischen 48 und 46 eingesetzten Unterfeldherren ist noch auf Q. Fabius Maximus und den homo novus Q. Pedius einzugehen. Sie waren wohl beide 48 Prätor und führten 46 in Hispania Ulterior bzw. Citerior ein Heereskommando, und zwar übereinstimmend nach dem Bellum Hispaniense als legati Caesaris und nach Cassius Dio als dessen ὑποστράτηγοι, d. h. als Unterfeldherren.1824 Sie triumphierten 45 ex Hispania, Maximus am 1. 10. nach den Triumphalfasten als Konsul, Pedius im Dezember als Prokonsul.1825 Jehne meinte, dass Pedius im Anschluss an die Prätur in Spanien ganz regulär die Verwaltung der Provinz Hispania Citerior als Prokonsul übernommen haben könnte. Bei der Untersuchung der Triumphalfasten konnte jedoch gezeigt werden, dass der PROCOSTitel des Pedius seine Designation zum Konsul bezeichnet.1826 Er muss das Kommando unter Caesar in Hispania Citerior analog zu seinem Vorgänger M. Aemilius Lepidus als dessen Legat mit dem IMPTitel geführt haben. Was Q. Fabius Maximus betrifft, so triumphierte er zwar als Konsul, aber nicht in Bezug auf das Kommando in Spanien, denn er hatte es im Unterschied zu den Triumphatoren der vorsullanischen Zeit nicht als Konsul, sondern als Caesar unterstellter Legat geführt, wie auch Jehne be1821 Zela (IGR III 108): Καλουείνῳ θεῷ Φίλων. – Zur Erhebung des toten Caesar zum Divus Iulius als Urspung der römischen Kaiserapotheose s. K. Wegenast, Apotheosis, KP 1, Sp. 459f. 1822 L. Munatius Plancus: S. 407f. mit A. 2145; T. Statilius Taurus: S. 429 mit A. 2274. 1823 Kapitulation des Pharnakes: Dio XLII 49, 1. – Africa: B. Afric. 86, 3; 93, 1. – Pontifex: CIL VI 1301 – Entlastungszeuge: Cic. pro rege Deiotaro XIV 25, 32. – Spurinna: Val. Max. VIII 11, 2. 1824 Q. Pedius, homo novus (Großvater steht nicht in den Fasten): NMRS S. 16, Nr. 312. Prätor i. J. 48 s. MRR II 273. – B. Hisp. 2, 2: … quos legatos ante praefecerat exercitui Q. Pedium et Q. Fabium Maximum. – Dio XLIII 42, 1: ἀλλὰ καὶ τῷ Φαβίῷ ‹καὶ› τῷ τε Κυίντῷ ‹Πέδιῷ›, καίτοι ὑποστρατηγήασιν αὐτῷ καὶ μηδὲν ἰδίᾳ κατορθώσασι, διεορτάσαι ἐπέτρεψε. 1825 Triumph: Inscr. Ital. 13, 1, 86f. 1826 Jehne, Caesar, 62f.; vgl. F. Hurlet, Les auspices d’Octavien/Auguste, CCG 12, 2001, 162/ff. – PROCOSTitel in den Triumphalfasten: Verf. S. 21f. mit A. 42.

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Der Bürgerkrieg (49–45 v. Chr.)

merkt. Er meint, Fabius könnte vom Senat ein proprätorisches Imperium erhalten haben.1827 Im Zusammenhang mit Aemilius Lepidus und Domitius Calvinus hat sich jedoch jetzt erwiesen, dass die Unterfeldherren Caesars den IMPTitel trugen und folglich ein prokonsulares Imperium hatten. Broughton reihte Maximus und Pedius im Jahr 46 unter die Legaten ein, Maximus 45 unter die Konsuln, Pedius als Prokonsul unter die Promagistrate. Die oben zitierte Diostelle interpretierte Broughton in dem Sinn, dass beide als Legaten illegal triumphiert hätten.1828 Jehne zog zwar in Betracht, dass Caesar mit diesem staatsrechtlichen Grundsatz brach, hielt dies aber für unwahrscheinlich, weil er, wie Vervaet sagt, nicht glauben kann, dass Caesar den Legaten, das Recht zu triumphieren, eingeräumt hat.1829 Dass Vervaet Recht hat, zeigt sich am Beispiel des M. Aemilius Lepidus, der 48/47 sein erstes Kommando in Spanien, wie oben gezeigt, nicht als pr. pro cos., sondern als von Caesar entsandter Legat mit dem IMPTitel führte. Er triumphierte 47 und 43 als pro cos ex Hispania, weil er 46 das erste und 42 das zweite Konsulat erlangte.1830 10.5

Proprätorische Legaten Caesars (49–48 v. Chr.)

Makedonien wurde von 55 bis 49 von Prätoren verwaltet.1831 In Achaia, das Caesar abtrennte, setzte er dort nach dem Sieg bei Pharsalos den Legaten Q. Fufius Calenus (pr. 59) als Statthalter ein. Der homo novus ist in Inschriften aus Delphi, Oropos und Olympia als legatus pro pr. bzw. als ἀντιστράτηγος καὶ πρεσβευτής belegt.1832 Die aufschlussreichste der drei Inschriften ist das Proxeniedekret der delphischen Amphiktyonie zugunsten eines Knidiers, das auf einem Edikt des Q. Fufius Calenus beruht.1833 Er fungierte im Gegensatz zu Lepidus, Fabius Maximus und Pedius nicht als Imperator, weil 1827 Jehne, Caesar, 63f. 1828 Jahr 46: MRR II 301f., Jahr 45: MRR II 309, 311f. 1829 Jehne, Caesar, 63f. mit Bezug auf Mommsen, StR 2, 125 mit Anm. 2; vgl. Vervaet, HC, 82. 1830 Triumphe des Lepidus i. J. 47 und 43: S. 346 mit A. 1810. 1831 Q. Ancharius J. 55 – C. Cosconius J. 53 – M. Nonius Sufenas J. 51/50 – T. Antistius J. 50/49; zu den Jahren 57–55 vgl. S. 308 mit Anm. 1591. 1832 HN: NMRS Nr. 185. – Delphi (SIG3 761 B), Oropos (IG VII 380) und Olympia (I. Ol. Nr. 330); vgl. MRR II 281. – Abtrennung Achaias: S. 353 mit A. 1854. 1833 Vgl. die Kommentare von G. Daux, Delphes au 1er et au 2e siècle av. J. C., 1936, 604f.; C. Marek, Die Proxenie, 1987, 190f. und Ph. – S. Freber, Der hellenistische Osten und das Illyricum unter Caesar, 1993, 7, Spätere Laufbahn: S. 394.

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

er nicht 49 vor dem Kommando in Griechenland, sondern bereits 59 Prätor war. Deswegen konnte ihm Caesar 48 kein prokonsulares Imperium verleihen.1834 Unter den proprätorischen Legaten Caesars ist auch ein Bruder des Caesarmörders C. Cassius namens L. Cassius Longinus erwähnenswert; er führte 48 in Thessalien eine Legion Caesars. Er ist nicht identisch mit dem Prokonsul, der in Thessalien im Tempetal einen Weg ausbaute.1835 Am Anfang der 40-er Jahre wurden zwei proprätorische Legaten Caesars von dessen Heeren akklamiert, nämlich zum einen C. Scribonius Curio (tr. pl. 50), der Anfang 49 in Italien kämpfte und im Herbst von Sizilien mit zwei Legionen und 500 Reitern nach Africa übersetzte.1836 In Utica wurde er von seinen Soldaten imperator genannt, nachdem er von den Einwohnern die Stellung von Schiffen erzwungen hatte.1837 Das zweite Beispiel liefert Q. Cassius Longinus, wohl ein Vetter des Caesarmörders. Er war 49 Volkstribun und floh im Januar aus Rom. Caesar ließ ihn im Sommer nach Beendigung des spanischen Feldzugs in nur 40 Tagen in Hispania Ulterior als (leg.) pro pr. zurück.1838 48 ließ sich Q. Cassius nach Einnahme eines Oppidum in Lusitanien von seinen Soldaten akklamieren und zahlte jedem ein Donativ von 100 Sesterzen aus. In Cordoba ist er inschriftlich als tr(ibunus) pl(ebis) pro pr(aetore) belegt.1839 Da ein Volkstribun kein proprätorisches Imperium hatte, ist tr. pl. getrennt von (leg.) pro pr. zu lesen. Die Inschrift verdeutlicht, dass Akklamationen im Feld keinen publizierbaren IMPTitel generierten, wenn man von dem illegalen des Fla1834 Caes. BC III 8, 2: ut reliquae legiones equitatusque transportari possent. huic officio praepositus erat Fufius Calenus legatus. 1835 Caes. BC III 34, 2: cum ex Thessalia legati venissent, L. Cassium Longinum cum legione tironum … in Aetoliam misit. – Tempetal: CIL III 588 = ILS 39 = ILLRP 400; vgl. S. 203 mit A. 1024. 1836 Tr. pl.: Cic. fam. XV 14, 5; Legation in Italien: Caes. BC I 12, 1–2; Africa: Caes. BC II 23, 1: Isdem temporibus C. Curio in Africam profectus ex Sicilia … duas legiones ex quattuor, quas a Caesare acceperat, D equites transportabat. 1837 Caes. BC II 26, 1: His rebus gestis se in castra recipit atque universi exercitus conclamatione imperator appellatur; vgl. App. BC II 44, 176: καὶ ὑπὸ τῆς στρατιᾶς ἐν τοῖς ὅπλοις ἔτι οὔσης αὐτοκράτωρ ὑπέστη προσαγορευθῆναι. 1838 Flucht: Cic. Att. VII 18, 2. – Spanien: Caes. BC II 19, 1: itaque legionibus missis in ulteriorem Hispaniam cum Q. Cassio, tribuno plebis. BC II 21, 4: Q. Cassium praeficit; huic IIII legiones attribuit. Bell. Alex. 48, 1: Q. Cassius in Hispania pro pr. provinciae obtinendae causa relictus est. App. BC II 43: … αὐτὸς δὲ τῆς Ἰβηρίας ἀπέφαινεν ἡγεῖσθαι Κάσσιον Κόιντον. 1839 Bell. Alex. 48, 2: cum in Lusitania Medobrigam oppidum expugnasset … ibique imperator esset appellatus, sestertiis centenis milites donavit; vgl. MRR II 275f.; III 52. – Cordoba: AE 1986, 369; vgl. DNP 2, Q. Cassius Longinus [I 16].

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Der Bürgerkrieg (49–45 v. Chr.)

vius Fimbria auf von ihm geprägten Münzen absieht.1840 Die Behauptung Mommsens, dass hinsichtlich des Gebrauchs des Imperatortitels keine Beschränkungen bestanden hätten, trifft nicht zu, denn Legaten konnten sich nach einer Akklamation im Feld nur mit Zustimmung des Oberfeldherrn, dem sie unterstanden, imperator nennen, wie sich an den Beispielen des Prätors L. Murena und des Proprätors Cn. Pompeius unter Sulla erweist.1841 10.6

Africa im Bürgerkrieg (47–46 v. Chr.)

Auf Seiten der Pompeianer führte in der Provinz Africa 49/48 der Praetorianer P. Attius Varus (pr. 53?) das Kommando, ab Ende 48 wurde er auf Catos Intervention hin dem Imperator Q. Caecilius Metellus Pius Scipio als leg. pro pr. unterstellt.1842 Scipio ließ in einer Münzstätte Africas vor der Niederlage bei Thapsus am 6. April 46 durch seinen Legat M. Eppius Denare prägen, deren Avers das Haupt der Göttin Africa und die Legende Q METELL SCIPIO IMP zeigen. Auf dem Revers steht: EPPIVS LEG(atus) f(aciendeum) c(uravit). Falsch ist die Angabe praetor zu Scipio in den Periochae für das Jahr 46.1843 Den Schutz der Bewohner Uticas übernahm ab Frühjahr 47 M. Porcius Cato, dem postum der Beiname Uticensis verliehen wurde.1844 Er war 54 Prätor gewesen und hatte am 7. 1. 49 in der Senatssitzung gemäß der lex Pompeia die Provinz Sizilien erhalten. Wegen der Ankunft der Legaten Caesars sah er sich jedoch gezwungen, die Insel zu verlassen.1845 Cato amtierte nach Broughton als Proprätor.1846 Dass das die nicht die amtliche Bezeichnung ist, zeigt sich am Beispiel des C. Fannius (pr. 54), den Josephus in Asia ἀντιστράτηγος im Sinn von ‚Proprätor‘ nennt, der aber dort 49/48 als

1840 Vgl. S. 250 mit A. 1291. 1841 Mommsen, StR I3 125. – Murena: S. 257 mit A. 1333. – Pompeius: S. 258 mit A. 1337. 1842 J. 49: Caes. BC II 23, 1; App. BC II 44, 175; 46, 187. – J. 48: App. BC II 87, 367; Dio XLII 57, 1; Plut. Cat. min. 56, 5. 1843 RRC Nr. 461: Mint Africa 47–46 B.C.; Thapsus: Bengtson, RG3 242. – Liv. per. 114, 2: Caesar Scipionem praetorem Iubamque (sc. regem) vicit ad Thapsum. 1844 Plut. Cat. min. 58, 2; Caes. 54, 1–3; B. Afr. 88, 3; Liv. per. 114, 3; App. BC II 98–99; Cic. fam. IX 18, 2 vgl. MRR II 298. 1845 Cic. Att. X 13, 2. 18, 3; Sitzung am 7. 1. 49: S. 342f. mit A. 1783. 1846 Cato: MRR II 263. – Vgl. Q. Minucius Thermus: pr. 58, 51/50 pro pr. in Asia (Cic. fam. XIII 53–57).

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

Prätor Münzen mit der Legende C FAN – PONT PR prägte.1847 Cato amtierte folglich Anfang 49 in Sizilien nicht als Proprätor, sondern als Prätor, weil die lex Pompeia de provinciis ein fünfjähriges Intervall zwischen städtischem Amt und Statthalterschaft vorschrieb. Cato ging 48 in das von den Pompeianern beherrschte Africa, übernahm aber nicht das Oberkommando, weil es dem Konsular Metellus Scipio zukam.1848 Cato prägte Denare mit dem Bild der Roma und der Legende ROMA – M CATO PRO PR auf dem Avers. Das Kürzel PRO PR ist entgegen Broughton als (leg.) pro pr. zu lesen.1849 Cato war folglich dem Imperator Metellus Scipio als proprätorischer Legat unterstellt. Gleiches ist für den oben erwähnten Eppius anzunehmen, weil er als Legat Scipios ein proprätorisches Imperium gehabt haben muss. C. Sallustius Crispus, der Geschichtsschreiber, war ein homo novus, der 46 nach dem Sieg bei Thapsus von Caesar in Zama, der ehemaligen Residenz der numidischen Könige und Hauptstadt der neu eingerichteten Provinz Africa nova, als Prätor mit prokonsularem Imperium zurückgelassen wurde. Caesar verlieh Sallust analog zu A. Allienus in Sizilien eine magistratische Funktion, weil die Provinz nach Thapsus nicht mehr Kriegsgebiet war.1850 In der Invektive Ciceros in Sallustium, deren Authentizität umstritten ist, wirft der große Redner dem Statthalter Caesars vor, er hätte sich als Prätor nicht bescheiden und maßvoll verhalten, sondern die Provinz verheert und die römischen Bundesgenossen hätten im Krieg nicht Schlimmeres erlebt als im Frieden unter ihm in Africa inferior. Am Beginn des Triumvirats war er ein Anhänger des Antonius.1851

1847 Jos. Ant. XIV 10, 13, § 230: παρὰ Φαννίου τοῦ ἀντιστρατήγου. – Münzen: Stumpf, Statthalter, S. 35, Nr. 57. 1848 Plut. Cat. min. 57, 6: ἀνθύπατος γὰρ ὁ Σκηπίων ἀπεδέδεικτο; App. BC II 87: γίγνεται μὲν δὴ Λεύκιος Σκιπίων αὐτοκράτωρ. 1849 RRC Nr. 462, 1: Mint Africa 47–46 B.C.; vgl. MRR II 263, III 170f.: propraetor; vgl. S. 23 mit A. 55. 1850 HN: NMRS Nr. 372 – B. Afr. 97, 1: Caesar interim Zamae auctione regia facta … ex regnoque provincia facta atque ibique Sallustio pro consule cum imperio relicto ipse Zama egressus Uticam se recepit. – Allienus: S. 342 mit A. 1778. 1851 Cic. in Sall. 7, 19: ‚at postea quam praetor factus est, modeste se gessit et abstinenter.‘ Non ita; provinciam vastavit, ut nihil neque passi sint neque exspectaverint gravius in bello socii nostri, quam experti sunt in pace hoc Africam inferiorem obtinente. – Anhänger des Antonius: S. 413/2173; vgl. seine Rede für P. Ventidius: S. 406 mit A. 2137.

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Caesars Statthalter ab Herbst 46 bis Herbst 43

11. Caesars Statthalter ab Herbst 46 bis Herbst 43

Nach seiner Rückkehr aus Africa feierte Caesar am 25. 7. 46 als Diktator einen vierfachen Triumph über Gallien, Ägypten, Pharnakes (Pontos) und Juba (Africa).1852 Im Herbst 46 begann der Diktator ein umfassendes Reformwerk: Unter anderem ließ er die nach ihm benannte lex Iulia de provinciis verabschieden, in der er die Statthalterschaften neu regelte. Die Konsuln erhielten nach Ablauf ihres stadtrömischen Amtsjahres ein zweijähriges, die Prätoren, die er selbst bestimmte, ein einjähriges Mandat in einer Provinz.1853 Überprüft man die von Caesar ernannten Statthalter im Einzelnen, so fällt auf, dass 45 in Asia und in Achaia Konsulare als Prokonsuln amtierten, nämlich der hoch geachtete P. Servilius Isauricus (cos. 48) bzw. der bekannte Jurist Ser. Sulpicius Rufus (cos. 51). Sizilien und Makedonien leiteten 45 T. Furfanius Postumus (pr. 46) bzw. ab 44 Q. Hortensius (pr. 45) als praetores pro cos.1854 Der Vorgänger des P. Servilius in Asia dürfte der Ritter und Großbankier C. Rabirius Postumus gewesen sein, der auf Delos zweisprachig als pro cos und ἀνθύπατος Ῥωμαίων geehrt wurde.1855 Durch Josephus ist ein Schreiben der Magistrate von Laodikeia an den Prokonsul Gaius Rabirius, den Sohn des Gaius, überliefert, dass der jüdische Hohenpriester Hyrkanos darum bitte, seinem Volk die freie Religionsausübung in der römischen Provinz zu gestatten. Die Begründung für die Respektierung der jüdischen Religion geht auf den Titel socius et amicus populi Romani zurück, den der dictator iterum Caesar dem Hohenpriester Hyrkanos II. im Sommer 47 durch ein Dekret verlieh.1856 Zusammenfassend kann man feststellen, dass in den befriedeten Provinzen Prokonsuln konsularen und prätorischen Ranges als Statthalter, die der Senat im Auftrag des Dikators entsandte, amtierten. Hingegen tragen die Unterfeldherren Caesars, die ab dem Herbst 46 ein Kommando in den provinciae militares führten, den IMPTitel. Die meisten 1852 Liv. per. 115, 1; Vell. II 56; Flor. II 13, 88; Suet. Iul. 37, 49, 54, 80; Dio XLIII 14, 3; Plut. Caes. 55, 1; vgl. Inscr. Ital. 13, 1, 567; Künzl, Triumphus, 68ff., 79, 147. 1853 Cic. Phil. I 19. 24; V 7; VIII 28; Dio XLII 20, 4 (Prätoren von Caesar bestimmt); XLIII 25, 3; vgl. Jehne, Caesar, 386f. 1854 P. Servilius: ILS 8779; Sulpicius: Cic. fam. VI 6, 10; Furfanius: Cic. fam. VI 9; Q. Hortensius: RPC Nr. 1509; vgl. MRR II 308ff.; Vf. S. 374 mit A. 1974. – Abtrennung Achaias von Makedonien nach Pharsalos: Papazoglou, Macédoine, 323. 1855 [C. Rabirio C f.] /​ pro cos. /​ Γαΐον Ῥαβήριον Γαίου /​ υἱὸν ἀνθύπατον /​ Ῥωμαίων (ID 1859 = ILLRP 399); vgl. MRR III 181. 1856 Schreiben des Magistrats von Laodikeia: Jos. Ant. XIV 10, 20 § 241–243. – Bündnisvertrag: Jos. XIV 10, 2.

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hatten im Vorjahr die Prätur verwaltet, einer vorher das Konsulat. Caesar verlieh ihnen ein sekundäres prokonsulares Imperium, das von seinem konsularen Imperium abgeleitet war.1857 Ab dem Herbst 46 sind die folgenden Imperatoren belegt: P. Sulpicius P. f. Rufus (pr. 48) 47–46 und P. Vatinius (cos. 47) 45–42: Illyrien, A. Hirtius (pr. 46) 45–44 und L. Munatius Plancus (pr. 45) 44– 43: Gallia Transalpina, D. Iunius Brutus (pr. 45) 44–43: Gallia Cisalpina, T. Sextius (pr. 46 ?) 45–40 und Q. Cornificius (pr. 45) 44–42: Africa, L. Staius Murcus (pr. 45) 44–43: Syrien, Q. Marcius Crispus (pr. 46) 45–43: Bithynien – Pontos. Die aufgeführten Prätoren und der Konsular P. Vatinius fungierten ab dem Herbst 46 in den provinciae militares als Unterfeldherren Caesars. Die Übersicht lässt den Schluss zu, dass er ihnen nach dem Sieg über die Pompeianer gemäß der im Herbst 46 erlassenen lex Iulia de provinciis den IMPTitel verliehen hat. Als Imperatoren müssen nicht nur die beiden Konsulare Cn. Domitius Calvinus und P. Vatinius, sondern auch die oben aufgeführten Prätoren ein prokonsulares Imperium gehabt haben.1858 Der erste Prätor, der mit dem IMPTitel begegnet, ist P. Sulpicius; er trägt ihn im Präskript des Schreibens fam. XIII 77, das Cicero im Herbst 46 in Rom verfasste.1859 Sulpicius war ein nobilis und von 55 bis 49 einer von Caesars Legaten, 48 wurde er Prätor; 47 folgte er dem Quästor Q. Cornificius in Illyricum nach.1860 Er verdankte den IMPTitel entgegen Broughton nicht einer Akklamation, sondern er trug ihn als Unterfeldherr Caesars zur Kennzeichnung seines prokonsularen Kommandos.1861 Sein Nachfolger in Illyrien war der homo novus P. Vatinius, ein überzeugter Anhänger Caesars, der ihm 51 als Legat in Gallien diente und 48 mit 1857 Sekundäres Imperium: Schleussner, Legaten, 181; Kunkel, StO, 284. – Konsulares Imperium Caesars: Vf. S. 342 + A. 1782. 1858 Konsulare: zu Cn. Calvinus s. auch S. 346f. mit A. 1814ff. – Prätoren: zu M. Aemilius Lepidus s. auch S. 346 mit A. 1807ff. 1859 M. Cicero s. d. P. Sulpicio IMP; zur Datierung s. Shackleton Bailey Fam. II, Nr. 212. 1860 Amtszeit 48/47 des Q. Cornificius: vgl. Dettenhofer, Iuventus, Nr. 14 und Vf. S. 360 mit A. 1902. 1861 MRR III 203: … and was acclaimed imperator while in command in Illyricum in 47– 46.

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der wichtigen Aufgabe der Verteidigung Brundisiums betraut wurde. 47 gelang es ihm mit einer provisorisch zusammengestellten Flotte, die Adria wieder unter die Kontrolle Caesars zu bringen.1862 Er hielt Einzug im Augurenkollegium anstelle von Ap. Claudius Pulcher (cos. 54) und ver­dankte Caesar das Konsulat für den Rest des Jahres 47. Nach Appian entsandte ihn der Diktator Anfang 45 im Rahmen seiner Kriegsvorbereitungen gegen die Geten und Parther mit drei Legionen nach Illyrien.1863 Obwohl er im Präskript zweier Briefe, die er 45 an Cicero aus dem Feldlager bei Narona schrieb, als IMP ausgewiesen ist, nimmt man an, er habe in Illyrien als Prokonsul fungiert.1864 Dies ist ausgeschlossen, weil Konsulare als Prokonsuln ausschließlich befriedete Provinzen verwalteten, wie sich an den Beispielen des P. Servilius Isauricus in Asia und des Ser. Sulpicius Rufus in Achaia gezeigt hat. Beide sind Beispiele dafür, dass sich das Volk das Recht vorbehielt, die den Konsuln zufallenden Statthalterschaften zu vergeben.1865 Vatinius erhielt 45 eine supplicatio für seine Erfolge gegen die aufständischen Illyrer und ihm wurde wohl noch von Caesar für weitere Siege der Triumph bewilligt, den er wegen des Bürgerkriegs erst 42 (als pro cos.) ex Illyrico feierte, nachdem er Anfang 43 dem aus Makedonien anrückenden Brutus sein Heer übergeben hatte.1866 Ein persönlicher Freund Caesars war A. Hirtius, ein homo novus, der ab 54 in Gallia Belgica an dessen Seite Karriere machte und schließlich zum Kanzleichef aufstieg.1867 Hirtius erscheint 46 als Prätor auf dem Revers von Münzen des dreimaligen Konsuls Caesar.1868 Dieser entsandte den Prätor als Statthalter in die Provinz Gallia Narbonensis; sein Amt geht aus einem Schreiben an Cicero hervor, das er am 5. Mai 45 aus Narbo abschickte.1869 1862 HN: NMRS Nr. 407; Legat: Caes. BG VIII 46, 4; Brundisium: Caes. BC III 19, 2. 6. – Flotte in der Adria: B. Alex. 44–47 1863 App. Illyr. 13, 38: Οὐατίνιον ἔπεμψε σῦν στρατοῦ τέλεσι τρισὶ …; 1864 Cic. fam. V 9 (5. 7. 45) und V 11 (Ende Okt. 45); vgl. G. Marasco, Appiano e il proconsolato di P. Vatinio in Illiria, Chiron 25, 1995, 281; s. auch J. Bartels, DNP 12/1, 2000, Vatinius [I 25]. 1865 P. Servilius und Ser. Sulpicius: S. 353 mit A. 1854. – Privileg des Volkes: Dio XLII 20, 4 (Jahr 48): τάς τε ἡγεμονίας τᾶς ἐν τῷ ὑπηκόῳ τοῖς μὲν ὑπάτοις αὐτοὶ (sc. πολῖται) δῆθεν ἐκλήρωσαν; vgl. Jehne, Dictator Caesar, 132f. 1866 Supplicatio: Cic. Att. V 10 b; Triumph: I. Ital. 13, 1, 86f.; F. Barb. ibid. 342f.: ohne Titel. – Brutus: Cic. Phil. X 13. 1867 HN: NMRS Nr. 206. – Caes. BG VIII praef. 1–3; Cic. fam. XVI 27, Att. VII 4, 2 (23. 10. 50); vgl. Dettenhofer, Iuv., Nr. 6. 1868 RRC Nr. 466; vgl. S. 342 mit A. 1780. 1869 Cic. Att. XII 37, 4 (5. Mai 45): Litteras Narbone dedit XIII KAL. MAIAS (sc. Hirtius).

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Hirtius blieb bis zur Ermordung Caesars in dem von Germanen und anderen Stämmen bedrohten Gallien. Bis zum Eintreffen seines Nachfolgers L. Munatius Plancus im Sommer 44 ließ es Hirtius durch einen Legaten namens Aurelius verwalten.1870 Aus dem Gebiet der Treverer, nämlich aus einem Oppidum auf dem Titelberg im heutigen Luxemburg, kommen zahlreiche Bronzen, auf deren Revers die priesterlichen Attribute simpulum, aspergillum, securis und apex abgebildet sind. Der Avers zeigt einen Elefanten, der im Begriff ist, einen sich aufbäumenden Drachen oder eine Schlange niederzutrampeln. Im Abschnitt steht die Legende A HIRTIVS.1871 Es handelt sich um eine bildgetreue Kopie eines bekannten, in großen Stückzahlen geprägten Silberdenars Caesars. Die priesterlichen Insignien sind sprechende Hinweise auf Caesars Stellung als pontifex maximus, wie Leidig feststellt; er datiert die Caesardenare 47/46 und die Bronzen des Hirtius 45.1872 Das Bildmotiv erinnert an den Sieg über die Pompeianer nach Einnahme der befestigten Küstenstadt Thapsus am 7. 2. 46 mit Hilfe von 64 gepanzerten Elefanten.1873 Der Name des Legaten Hirtius auf dem Avers ohne IMPTitel kennzeichnet die Münzen als nicht-römische Provinzialprägung, die von der civitas Trevirorum hergestellt wurde.1874 Weitere im keltischen Stil ausgeführte Bronzeserien wurden im Gebiet zwischen Seine und Loire, wo die Arverner und Biturigen siedelten, gefunden. Der Avers zeigt das Porträt im Profil und den Namen des jungen Häuptlings Inecriturix, der die Prägung als nominell freier Gallier herstellen ließ. Auf dem Revers ist in der Mitte ein Löwe abgebildet mit der Umschrift A HIR IMP. Der Löwe galt in der antiken Welt als Sinnbild für die Tugenden der Stärke, des Muts, der Wachsamkeit und der Treue.1875 Er drückt offenbar die Loyalität aus, die der gallische Häuptling gegenüber

1870 Cic. Att. XIV 9, 3 (17. 4. 44): Balbus meliora de Gallia: XXI die litteras habebat Germanos illasque nationes re audita de Caesare legatos misisse ad Aurelium, qui est praepositus ab Hirtio. 1871 L. Reding, Les monnaies gauloises de Tetelbierg, 1972, Nr. 11. – RPC I Nr. 501. 1872 T. Leidig, C. Carrinas C. f., ZPE 122, 1998, 211–218, bes. 212 mit A. 13, gegen Crawford (RRC Nr. 443/1) 49–48. 1873 B. Afr. 86, 1: Caesar trinis castris potitus occisisque hostium X milibus fugatisque compluribus se recepit L militibus amissis, paucis sauciis in castra, ac statim ex itinere ante oppidum Thapsum constitit elephantosque LXIIII ornatos armatosque cum turribus ornamentisque capit, captos ante oppidum instructos constituit. 1874 Kommentar zu RPC I Nr. 501; vgl. Kreiler, Statthalter, 58. 1875 Münzen: RPC Nr. 503. – Löwe: O. Keller, Die antike Tierwelt I, 1982, 54.

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Caesar auf dessen Feldzügen in Gallien bewies.1876 Der IMPTitel weist Hirtius als Unterfeldherrn Caesars im Kriegsrechtsgebiet militiae aus, zu dem der Gau des Inecriturix gehörte, der nach der Eroberung Galliens ein Vasall Roms geworden war. Im Unterschied zu der von Hirtius in Auftrag gegebenen römischen Prägung handelt es sich bei der des mutmaßlichen Sequaners Q. Iulius Togirix um eine nicht-römische Povinzialprägung.1877 Inecriturix hat wohl analog zu Togirix von Caesar das römische Bürgerrecht für ihm geleistete Dienste erhalten.1878 Der IMPTitel des Hirtius widerlegt die These, das ganze von Caesar unterworfene jenseitige Gallien sei 51 nach dem Fall von Uxellodonum Provinz geworden.1879 Es trifft zwar zu, dass Caesar Gallien tributpflichtig gemacht hat.1880 Aber nach Aussage des Hirtius in dem von ihm verfassten 8. Buch hat Caesar die Fürsten der Gaue versammelt und belohnt und ihnen nicht nach so vielen verlustreichen Schlachten neue Belastungen aufgebürdet, denn er wusste, dass die Gallier durch eine milde Behandlung leichter in Gehorsam und besser unter Kontrolle zu halten sind.1881 In den eroberten Gebieten wurden drei Kolonien gegründet, nämlich Noviodunum, Raurica und Lugdunum. Beim Abzug Caesars im Jahr 50 war Gallien zwar vollständig unterworfen, aber das römische Hauptinteresse bestand darin, die bestehenden Strukturen in Form der einflussreichsten civitates unangetastet zu lassen.1882 Auf Hirtius folgte L. Munatius Plancus, der ab 54 in Gallien als Legat ständig in den Diensten Caesars stand. 49 begleitete er ihn nach Spanien, 47 nach Africa, 46 wurde er praefectus urbi, 45 Prätor.1883 Anfang 44 sandte ihn Caesar als Imperator nach Gallia Transalpina und designierte ihn zum Konsul für 42.1884 Nach den Iden des März stimmte Plancus für eine Am1876 C. – J. Classen, Virtutes Romanorum nach dem Zeugnis der Münzen republikanischer Zeit, MDAI (R), 93, 1986, 274. 1877 M. Dayet, Qui était Togirix? a: RAE 13, 1962, 82–98. – J.-B. Colbert de Beaulieu, Les monnaies gauloises de Togirix, 98ff. 1878 Togirix: J.-F. Drinkwater, Rise and fall of the Gallic Iulii, Latomus 37, 1978, 818. 1879 Zur angeblichen Einrichtung der Provinz s. Bengtson, RG3 229f. 1880 Vell. II 39, 2: … paene idem Aegypto facta stipendiaria, quantum pater eius (sc. Caesar) Galliis, in aerarium contulit. 1881 Caes. BG VIII 49, 3: Itaque honorifice civitates appellando, principes maximis praemiis adficiendo nulla onera nova iniungendo defessam tot adversis proeliis Galliam condicione parendi meliore facile in pace continuit. 1882 J. F. Drinkwater, Roman Gaul, 1983, 18f., 232 (Landkarte Nr. 1). 1883 HN: NMRS NR. 262. – Gallien: BG V 24f.; vgl. T. Watkins, L. Munatius Plancus, 1997, 31–51. 1884 Imperator: Cic. Phil. III 38; Designation: Nik. Dam. (ed. Malitz) XXII (77); Cic. fam. X 3, 3.

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nestie der Caesarmörder und reiste wohl wenig später in seine provincia, wo er Anfang Juli eintraf.1885 In dem von September 44 bis August 43 andauernden Briefwechsel bemühte sich Cicero, den militärisch starken Plancus – er kommandierte fünf Le­gionen – auf die Seite der Republikaner zu ziehen; seine Versuche blieben jedoch ohne Erfolg.1886 Plancus triumphierte Ende 43 über die Räter und gründete die Kolonien Raurica und Lugdunum.1887 Im Präskript dreier Schreiben an Cicero vom 23. März (fam. X 8), 9. Juni (fam. XI 13a) und 28. Juli (fam. X 24) nennt er seine Titel IMP und COS DES. Ersterer bezeichnet das Kommando in Gallia Transalpina. Aus dem Gebiet der Rutener südlich des Massif Central stammen zwei Bronzeserien, auf deren Avers ein jugendlicher Kopf mit der Legende L MVNATI abgebildet ist, auf dem Revers steht ATTALVS, eine Serie zeigt einen Vogel, der eine Schlange zerhackt (RPC Nr. 504), die andere einen Löwen (RPC Nr. 505). Die beiden Motive erinnern an die Hirtius-Münzen aus dem Gebiet der Treverer (RPC Nr. 501) und an den Löwen auf dem Revers der Bronzen des Inecriturix (RPC Nr. 503). Der König der Wüste symbolisiert, wie oben gesagt, die Tugenden der Stärke und Treue, in diesem Fall die Loyalität der Rutener gegenüber Rom. Es ist anzunehmen, dass der junge Häuptling Attalus vom Gouverneur L. Munatius Plancus dessen Pränomen und Gentilicium übernahm.1888 Die Rutener unterstützten 52 Vercingetorix auf dessen Befehl hin bei der Verteidigung Alesias mit 2000 Mann. Nach der Kapitulation der Gallier entsandte Caesar den Legat C. Caninius Rebilus, den er Ende 45 für einen Tag zum Konsul machte, mit einer Legion ins Gebiet der Rutener.1889 Seither hielten sie den Römern offenbar die Treue. Anfang 44 übertrug der Diktator D. Iunius Brutus Albinus die Provinz Gallia Cisalpina, designierte ihn zum Konsul für 42 und setzte ihn in seinem Testament an die zweite Stelle seiner Erben.1890 Der später zur Grup1885 Amnestie: Plut. Brut. 19. Ankunft: Cic. Att. XV 29, 1; vgl. RE Nr. 30, Sp. 546. 1886 Legionen: Cic. fam. X 8, 6 (März 43); Cicero an Plancus: fam. X 1, 2 (Sept. 44); Plancus an Cicero: fam. X 4 (Ende 44). 1887 ILS 886: … agros divisit in Italia /​ Beneventi in Gallia colonias deduxit /​ Lugdunum et Rauricam; vgl. S. 408/2149. 1888 M. Labrousse, Bronzes rutènes d’Attalos, Rev. du Rouergue, 142, 1982, 133–137. 1889 Kapitulation und Entsendung: Caes. BG VII 75 und 90. – Rebilus Konsul am 31. 12. 45: Cic. fam. VII 30, 1. 1890 Vell. II 60, 5: Idem (sc. Caesar) provinciam D. Bruto designato consuli decretam Galliam occupare statuit; vgl. Suet. Aug. 10, 2; vgl. MRR II 328. Designation: Vell. II 58, 1; Nik. Dam. XXII 77; Dio XLIII 51, 6 (Anf. 44); vgl. MRR III 113. – Erbe: Plut. Caes. 64, 1: ἐν δὲ τούτῳ Δέκιμος Βροῦτος ἐπίκλησιν Ἀλβῖνος, πιστευόμενος μὲν ὑπὸ Καίσαρος, ὥστε καὶ δεύτερος ὑπ᾽ αὐτοῦ κληρονόμος γεγράφθαι.

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pe der Verschwörer gehörende nobilis hatte seit 56 das Vertrauen Caesars als dessen Legat in Gallien genossen und war 54 oder 53 Quästor und 45 Prätor.1891 Im April 44 ging er nach Gallia Cisalpina und sandte im September einen Brief (fam. XI 4) an Cicero. Das Präskript lautet: D. Brutus IMP COS DESIG. S. D. CICERONI. Im zweiten Absatz heißt es: progressus sum ad Inalpinos cum exercitu, non tam imperatorium nomen captans quam cupiens militibus satis facere firmosque eos ad tuendas nostras res efficere; quod mihi videor consecutus. … Cum omnium bellocissimis bellum gessi, multa castella cepi, multa vastavi; non sine causa ad senatum litteras misi, adiuva nos tua sententia. – Ich bin mit meiner Armee in die Inneralpen eingedrungen, wobei es mir weniger darum ging, den Imperatortitel zu erwerben; vielmehr war ich von dem Wunsch geleitet, den Soldaten einen Gefallen zu tun und sie für den Einsatz bei meinen Unternehmungen zu trainieren. Das glaube ich, erreicht zu haben. … Ich habe mit den kriegerischsten Stämmen gekämpft, viele Kastelle erobert und viele zerstört. Nicht ohne Grund habe ich einen Bericht an den Senat geschickt. Hilf mir mit Deiner Stimme.

Klar ist, dass Brutus beim Senat ein Dankfest beantragt hat und ihn Cicero bei seinem Vorhaben unterstützen sollte.1892 Broughton nahm an, dass der IMPTitel im Präskript die Phrase imperatorium nomen captans dokumentiere. Diese Wendung lässt zwar darauf schließen, dass sich der seit dem Tod Caesars unter eigenen Auspizien kommandierende Brutus wegen seiner militärischen Erfolge in den Alpen von seinen Truppen akklamieren ließ, um triumphieren zu können.1893 Das heißt aber nicht, dass ein Zusammenhang zwischen dem in den Alpen erworbenen Ehrentitel und dem Kürzel IMP im Präskript besteht. Dass die Interpretation Broughtons falsch ist, ergibt sich aus der oben zitierten Bemerkung des Velleius Paterculus, Caesar habe entschieden, dass der designierte Konsul D. Brutus das ihm zugewiesene Gallien in Besitz nehmen solle. Der IMPTitel im Präskript kennzeichnet folglich keine imperatorische Akklamation im Feld, sondern das Brutus Anfang 44 von Caesar erteilte Kommando in Gallien. Ab Ende 44 wurde D. Brutus vom Konsul Antonius in Mutina belagert. Cicero nennt Munatius Plancus und ihn in der am 20. 12. 44 gehaltenen 3. Philippica im Gegensatz zu den Statthaltern der befriedeten Provinzen im1891 Dettenhofer, Iuventus, Nr. 9. 1892 Shackleton Bailey, Cicero ad Familiares, Vol. II, 1977, Nr. 342, S. 480. 1893 MRR II 328.

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Die Späte Republik vom Tod Sullas bis zum Tod Caesars (78–44 v. Chr.)

peratores.1894 Am 14. April 43 errangen die Konsuln Hirtius und Pansa sowie der Proprätor Octavian über Antonius bei Forum Gallorum ihren ersten Sieg, D. Brutus wurde in Mutina entsetzt.1895 Nach dem Tod der Konsuln am 23. April beschloss der Senat für Brutus einen Triumph.1896 Er konnte ihn aber nicht mehr feiern, weil er nach dem Übergang des Munatius Plancus zu Antonius und Lepidus im Mai seine Truppen verlor.1897 Er versuchte, nach Makedonien zum Caesarmörder M. Brutus zu entfliehen, wurde aber von einem keltischen Häuptling gefangen genommen und Antonius übergeben, der ihn töten ließ.1898 Im Unterschied zu D. und M. Brutus war T. Sextius ein homo novus, der 53–50 Caesar in Gallien als Legat diente und vermutlich 46 Prätor war.1899 Mitte 45 wurde er von Caesar mit der Leitung von Africa nova betraut.1900 Er fungierte als Imperator, wie eine Inschrift in der Nähe von Formiae mit dem Titel IMP in Africa bezeugt.1901 Daraus folgt, dass in der neu eingerichteten Provinz wieder eine Legion stationiert wurde. Im Herbst 43 kam es zum Konflikt zwischen Sextius, dem Unterfeldherrn Octavians, und dem aus Lanuvium stammenden Q. Cornificius. Er war, wie schon erwähnt, 48/47 q. pro pr. in Illyrien, ab 47/46 Augur, 46 leg. pro pr. in Syrien-Kilikien und vermutlich 45 Prätor.1902 Gemäß den Verfügungen Caesars vom 20. 3. 44 erhielt Cornificius vom Senat Africa Vetus.1903

1894 Cic. Phil. III 38: Senatum ad summam rem publicam pertinere arbitrari ab D. Bruto et L. Planco imperatoribus, consulibus designatis, itemque a ceteris, qui provincias optinent, optineri ex lege Iulia. 1895 Cic. Phil. XIV (gehalten am 21. 4. 43), Kap. 4: ad D. Brutum liberandum legati missi principes civitatis … eiusdem D. Bruti conservandi gratia consul sortitu ad bellum profectus A. Hirtius; Leistungen der Konsuln und Octavians: S. 382 mit A. 2017. 1896 Vell. II 62, 4: … D. Bruto … decretus triumphus, Pansae et Hirtii corpora publica sepultura honorata. 1897 Cic. fam. XI 10, 5 (5. Mai 43): Alere iam milites non possum. 1898 Liv. per. 120, 1; Vell. II 64, 1; Plut. Brut. 28, 1; Dio XLVI 53, 3; vgl. MRR II 347. 1899 Caes. BG VI, VII 49. 51; MRR II 330 datiert 45; vgl. Vf. S. 393 mit A. 2083. 1900 App. BC IV 53, 227: Σέξστιος οὖν ὑπὸ Καίσαρι τῆς νέας (= Νομαδικῆς) ἡγούμενος … 1901 ILS 1945: M. Caelius M. f. Phileros accens. /​ T. Sexti Imp. in Africa; vgl. S. 393 mit A. 2085. 1902 Konflikt: Dio XLVIII 22, 1; q. pro pr.: S. 354 mit A. 1860; Augur: MRR II 292; leg. pro pr.: MRR II 297; praetor: MRR II 306; Cursus: MRR III 76. 1903 App. BC IV 53, 227: ὁ δὲ (sc. Κορνιφίκιος) … ἔφη … οὔτε τῆν ἀρχὴν παρὰ τῆς βουλῆς λαβών …

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Caesars Statthalter ab Herbst 46 bis Herbst 43

Ehe Cornificus im August 44 von Rom aufbrach1904, ließ er aurei in der Münzstätte auf dem Janiculum prägen; sie war 46 von Caesar speziell für diesen Zweck eingerichtet worden. Auf dem Avers ist der Kopf des Jupiter Ammon abgebildet, auf dem Revers steht links er selbst verschleiert mit einem lituus, rechts Juno Sospita, darunter die Legende Q CORNIFICI AVGVR IMP.1905 Da in Africa im 1. Jh. v. Chr. keine Goldmünzen geprägt wurden, kann Cornificius den IMPTitel nicht, wie bisher angenommen, 42 durch eine imperatorische Akklamation in Africa laut einem in den Periochae falsch überlieferten Sieg über T. Sextius erhalten haben; vielmehr verdankte er ihn Caesar.1906 Den Versuch des Konsuls M. Antonius, C. Calvisius Sabinus (cos. des. für 43) aufgrund einer am 20. 12. 44 beschlossenen Neuverteilung der Provinzen nach Africa zu entsenden, konnte Cicero im Senat vereiteln.1907 Nach der Machtübernahme der Triumvirn unterlag Cornificius im Herbst 42 T. Sextius, der seit den Vereinbarungen von Philippi unterstellt war, dem Unterfeldherrn des Antonius.1908 In Syrien führte 44 L. Staius Murcus das Kommando. Er hatte im Bürgerkrieg ab 48 als Legat Caesars gekämpft und war vermutlich 45 Prätor.1909 An den Iden des März schloss er sich den Befreiern an.1910 Unmit­telbar darauf muss er nach Syrien abgegangen sein, denn er rückte dort noch in Befolgung von Caesars Auftrag mit drei Legionen gegen den aufrührerischen Ritter Q. Caecilius Bassus ins Feld. Als seine Belagerung erfolg­los blieb, kam ihm der Statthalter Bithyniens, Q. Marcius Crispus, mit drei weiteren Legionen zu Hilfe, bis Anfang 43 C. Cassius in Syrien erschien und die sechs Legionen samt den beiden des Bassus übernahm.1911 Die imperatores Murcus und Crispus übergaben dem Prokonsul Cassius ihre Legionen. Velleius nennt sie Prätorier, die aufgrund ihrer Legionen in Syrien über-

1904 Cic. fam. XII 20 (Anfang Sept. 44): Cornificius war unterwegs nach Africa; vgl. RE IV, 1, Sp. 1626; SB, fam. II, Nr. 339. 1905 Münzstätte: A. Alföldi, Der Einmarsch Octavians in Rom, Hermes 86, 1958, 480f., 448f. – lituus: vgl. S. 280 + A. 1465. 1906 Liv. per. 123, 1: Q. Cornificius in Africa T. Sextium, Cassianarum partium ducem proelio vicit; vgl. Kreiler, Statthalter, 92. 1907 Cic. fam. XII 25, 2 (19. 3. 43): a. d. XIII Kal. Ian. fundamentis ieci rei publicae, eo ipso die … habui rationem dignitatis tuae (sc. Cornifici); vgl. MRR II 360, III 76. 1908 App. BC IV 226–229; Dio XLVIII 22, 2–6; vgl. S. 393 mit A. 2085. 1909 Caes. BC III 15–18; vgl. MRR II 282; Prätur: MRR II 307. 1910 App. BC II 119, 500; vgl. MRR II 330. 1911 App. BC III 77, 316; 78, 317; IV 58, 254 (Zitate: S. 363/1920); vgl. MRR II 330.

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aus starke Imperatoren waren.1912 Cicero hatte in seiner Mitte Februar gehaltenen 11. Philippica den Antrag gestellt, dass Cassius als Prokonsul die Provinz Syrien verwalten, von den Prokonsuln Murcus und Crispus sowie dem Legat A. Allienus deren Streitkräfte über-nehmen und mit ihnen P. Dolabella (v. infra) zu Wasser und zu Lande bekriegen sollte.1913 Da Murcus und Crispus ihre Legionen bereits Anfang 43 Cassius übergeben hatten, nennt sie Cicero in seiner Mitte Februar 43 gehaltenen 11. Philippica nicht imperatores, sondern proconsules. Nach Übernahme der Truppen beließ Cassius dem Murcus seine Würde und vertraute ihm überdies noch die Flotte an.1914 Als Imperator prägte Staius Murcus Denare: Der Avers zeigt den Kopf Neptuns und den Dreizack über der Schulter, der Revers einen Mann, der in der Linken ein Schwert hält und mit der Rechten eine knieende Frau aufhebt, dahinter eine Trophäe mit Schwert und Schild, darunter MVRCVS IMP. Crawford nennt Murcus independent commander und weist die Emission den Jahren 43/42 seines Flottenkommandos im östlichen Mittelmeer zu.1915 Diese Datierung trifft sicher zu, doch die Szene auf dem Revers spielt nicht auf die Gewinnung Syriens durch Cassius und Murcus an, wie Münzer meinte, sondern spiegelt die Befreiungstat an den Iden des März wider.1916 Der IMPTitel des Murcus geht auf das ihm von Caesar verliehene Kommando zurück (v. supra). Am Ende der Reihe der von Caesar ernannten Imperatoren steht der oben erwähnte Q. Marcius Crispus. Sein Vorgänger in Bithynien-Pontos war der Prätor P. Sulpicius Q. f. Rufus, der als pr. pro cos. 46/45 die Colonia Felix Iulia Sinope gründete, wie Bronzemünzen bezeugen.1917 Der Wechsel in der Funktion dieser beiden Statthalter von PRO COS zu IMP ist 1912 Cic. fam. XII 11, 1 (7. März): In Syriam me profectum esse scito ad L. Murcum et Q. Crispum imp. viri fortes optimique cives, posteaquam audierunt, quae Romae gererentur, exercitus mihi tradiderunt. Zum PROCOSTitel s. auch Cic. fam. XII 12 (Mai 43). – Vell. II 69, 2: … et C. Cassius acceptis a Staio Murco et Crispo Marcio praetoriis viris imperatoribus praevalidis in Syria legionibus. 1913 Cic. Phil. XI 30: Eum (C. Cassium pro cos.) a Q. Marcio Crispo pro consule, L. Staio Murco pro cos., A. Allieno legato exercitum accipere eosque ei tradere cumque iis copiis … bello P. Dolabellam terra marique persequi; vgl. S. 375 + A. 1981. 1914 Dio XLVII 28, 4: τῷ δὲ Σταῖῳ τό τε ἀξίωμα μεθ’ οὖ ἀφῖκετο ἐτήρησε, καὶ προσέτι καὶ τὸ ναυτικὸν ἐπέρεψεν; vgl. MRR II 349. 1915 RRC Nr. 510 mit Verweis auf App. BC V 8, 32 (im Jahr 42): Μοῦρκός τε ἀφῖκτο αὐτῷ (Σέξτῳ Πομπηίῳ) δύο ἄγων στρατοῦ τέλη καὶ τοξότας πεντακοσίους καὶ χρήματα πολλὰ καὶ ναῦς ὀγσοήκοντα:; vgl. MRR II 363. – homo novus: NMRS Nr. 411. 1916 Münzer, RE III A,2, 1929, Nr. 2, Sp. 2138; s. dagegen Kreiler, Statthalter, 28. 1917 Stumpf, Statthalter, Nr. 139, Taf. V 3 = RPC Nr. 2107: PRO COS; Ära Sinopes: M. Amandry, Notes de numismatique africaine II, RN 1986, 74; vgl. RPC I, S. 355.

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auf die von Caesar im Herbst 46 erlassene lex Iulia zurückzuführen. Bithynien-Pontos wurde provincia militaris und erhielt als Statthalter einen Imperator, der drei Legionen kom­mandierte. Es war Q. Marcius Crispus, der aus dem hochadeligen Geschlecht der Marci stammte. Er hatte von 57 bis 55 in Makedonien unter L. Piso Caesoninus als Legat gedient.1918 Zur Prätur kam Marcius ca. 54, 46 befehligte er als Legat Caesars drei Kohorten zum Schutz von Thabena in Africa.1919 Wohl im Sommer 45 trat er die Nachfolge des P. Sulpicius Rufus in Bithynien an. Sein Kommando ist nur durch zwei schon erwähnte Passagen Appians bekannt geworden.1920 Staius Murcus und Marcius Crispus werden von C. Cassius und Velleius Paterculus imperatores genannt, weil sie in dieser Funktion nach Caesars Tod ein Kommando in den provinciae militares Syria et Bithynia übernahmen. Im Gegensatz zu Murcus wurde Marcius wohl Anfang 43 von Cassius aus dem Dienst entlassen; er kehrte im April 43 nach Rom zurück.1921 Auf Marcius folgte der ebenfalls noch von Caesar ernannte L. Tillius Cimber (pr. 45?). Er gehörte auch zur Gruppe der Verschwörer und reiste gleich nach der Ermordung Caesars von Rom nach Bithynien ab, wo er für die Caesarmörder eine Flotte ausrüstete.1922 Der Caesarmörder D. Turullius war Tillius Cimber als Quästor und Flottenpräfekt unterstellt.1923 Sein Vorgesetzter verfolgte mit einer geringen Zahl an Soldaten P. Cornelius Dolabella, der im Frühjahr 43 Kleinasien in Richtung Syrien durchquerte, bis nach Kilikien.1924 Mit einer Legion und Bogenschützen segelte Tillius im Sommer 42 vom Golf von Melas an der Chalkidike und der Insel Thasos vorbei zur Mündung des Nestos in Thrakien, wo er mit seinem Geschwader ein Landungsmanöver unternahm. Er wollte Norbanus Flaccus 1918 Cic. Pis. 54: vir fortis in primis, belli ac rei militaris peritus, familiaris meus; vgl. S. 310 mit A. 1606. – Abstammung von König Ancus Marcius: R. Hanslik, Marcius, KP 3, 1979, Sp. 998. 1919 B. Afr. 77, 2: Caesar eorum (sc. Thabenensium) consilio probato Marcium Crispum tribus cum cohortibus et sagittariis tormentisque compluribus praesidio Thabenam mittit; vgl. MRR III 138. – M. Le Glay, Thabena, KP 5, Sp. 641. 1920 App. BC III 77, 316: … ἕως ὁ Μοῦρκος ἐπεκαλεῖτο Μάρκιον Κρίσπον ἡγούμενον Βιθυνίας καὶ ἀφίκετο αὺτῷ βοηθῶν ὁ Κρίσπος τέλεσιν ἄλλοις τρισίν. – App. BC IV 58, 254: Μούρκῳ δ’ ἧκεν ἐπίκουρος Μάρκιος Κρίσπος ἐκ Βιθυνίας μετὰ τριῶν τελῶν ἄλλων, καὶ τὸν Βάσσον ἐπολιόρκουν ὁμοῦ πάντες ἕξ τέλεσιν ἤδη; vgl. S. 361 mit A. 1911. 1921 Entlassung: Dio XLVII 28, 4. Rückkehr: Cic. fam. XII 12, 3; vgl. MRR II 347. 1922 Abreise: App. BC III 2, 4. – Cic. fam. XII 13, 3 (Juni 43): classis, quam anno priore in Bithynia Tillius Cimber compararat, … 1923 Flottenpräfekt: Cic. fam. XII 13, 3: classis (s. o.) … Turullius quaestor praeerat; Cursus: S. 379/2004. 1924 Tillius Cimber: Dio XLVII 31, 1; vgl. MRR II 349.

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und Decidius Saxa, die Unterfeldherren des Antonius, zum Kampf stellen; sie hatten ihre Stellung in den nahe gelegenen Küstenpässen jedoch schon verlassen. Tillius Cimber segelte mit den Truppen nach Philippi und fand vermutlich in der Schlacht den Tod.1925 Im Zusammenhang mit den Unterfeldherren Caesars ist noch auf die von ihm 45 v. Chr. erlassene lex Iulia municipalis einzugehen. In einem Abschnitt geht es um die verschiedenen Arten unehrenhaften Verhaltens, die die Zulassung zur Munizipalmagistratur und zum Dekurionat verhinderten. Es reicht von der verleumderischen Anklage eines Unschuldigen (calumnatio) und dem geheimen Einverständnis mit dem Prozessgegner (praevaricatio) über militärische Vergehen bis zur Betätigung als Schauspieler, Gladiator, Gladiatorenhalter oder Bordellbesitzer.1926 In Z. 122f. heißt es: … quemve imperator ignominiae caussa ab exercitu decedere iuset iuserit. – ‚… wem der Imperator wegen schändlichen Verhaltens befohlen hat oder befiehlt, aus dem Heer auszuscheiden.‘ Mit dem Sammelbegriff imperator bezeichnet Caesar offensichtlich seine Unterfeldherren, die in den provinicae militares die Heere führten und die angewiesen waren, unehrenhaftes Verhalten ihrer Untergebenen mit Degradierung oder schimpflicher Entlassung zu bestrafen.

12. Der IMPTitel Caesars in den Jahren 45–44 v. Chr.

Nach der Beendigung des Bürgerkriegs wurde der aus Spanien zurückgekehrte Diktator Caesar im April 45 im Senat mit Ehrungen überhäuft. Cassius Dio berichtet dazu Folgendes: Cass. Dio XLIII 44, 2: τό τε τοῦ αὐτοκράτορος ὄνομα οὐ κατὰ τὸ ἀρχαῖον ἔτι μόνον, ὥσπερ ἄλλοι τε καὶ ἐκεῖνος πολλάκις ἐκ τῶν πολέμων ἐπεκλήθησαν, οὐδ’ ὡς οἵ τινα αὐτοτελῆ ἡγεμονίαν ἢ καὶ

1925 Thrakien: App. BC IV 102, 426. 429; Philippi: 105, 438; vgl. Gundel, KP 5, Tillius Nr. 3 und Verf. S. 425 mit A. 2247. 1926 CIL I2 593; vgl. Kunkel, StO, 58f.

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ἄλλην τινὰ ἐξουσίαν λαβόντεςὠνομάζοντο, ἀλλὰ καθάπαξ τοῦτο δὴ τὸ καὶ νῦν τοῖς τὸ κράτος ἀεὶ ἔχουσιν διδόμενον ἐκείνῳ τότε πρώτῳ τε καὶπρῶτον, ὥσπερ τι κύριον, προσέθεσαν. – Sie (sc. die Senatoren) legten ihm den Titel ‹Imperator› bei, und zwar nicht mehr nur nach Herkommen, wie andere und auch jener selbst oft infolge von Kriegen akklamiert worden waren, und auch nicht wie diejenigen, die nach Erhalt eines selbstständigen Kommandos oder irgendeiner anderen Vollmacht so genannt worden waren, sondern sie verliehen ihm ein für alle Mal als Erstem und das erste Mal wie etwas Kaiserliches, das auch heute noch denjenigen gegeben wird, die auf immer die Herrschaft haben. 44, 5: Diejenigen aber von ihnen, die eine des Krieges würdige Tat vollbringen, erwerben auch den von alters her bestehenden Titel hinzu, und so kann einer zum zweiten oder zum dritten Mal oder noch häufiger, wie sich eben Gelegenheit gibt, Imperator genannt werden (καὶ τούτου καὶ δεύτερον τις καὶ τρίτον πλεονάκις τε, ὁσάκις ἄν παράσχῃ οἱ, αὐτοκράτωρ ἒπονομάζεται). Der aus Bithynien stammende Geschichtsschreiber Cassius Dio Cocceianus bekleidete unter den Severern hohe Reichsämter. Nach Millar kannte er die Geschichte der römischen Republik, die er in 50 Büchern beschrieb, wie kein Zweiter in der Kaiserzeit, er wird aber als weniger wertvolle Quelle eingestuft.1927 Seine Aussage, dass Caesar und andere Feldherren vor ihm nach altem Brauch infolge von Kriegen zweimal oder dreimal oder teilweise auch öfter akklamiert wurden, wird im Sinn von salutationes imperatoriae im Feld interpretiert.1928 Diese Auffassung kann sich auf eine Parallelstelle Dios stützen, in der es heißt, dass der Titel nach altem Herkommen gelegentlich Feldherren wegen ihrer Siege verliehen worden war.1929 Von den berühmten unter ihnen sind nur die militärischen Akklamationen der jungen Proprätors Pompeius in Africa und des Prätors Caesar in Spanien durch Plutarch überliefert.1930 Die vier Triumphe des Diktators Caesar über Gallien, Ägypten, Pharnakes und Juba lassen in Verbindung mit der lex Marcia dar1927 F. Millar, A Study of Cassius Dio, 1964, 38. – Quellenwert: K. Stiewe, Cassius Nr. 4, KP 1, 1979, Sp. 1076f.; vgl. Vf. S. 367. 1928 Vgl. Assenmaker, Imperator, 113ff.; Vervaet, HC, 78 mit Anm. 37. 1929 Cass. Dio LII 41, 3; vgl Zitat S. 452. 1930 Plut. Pomp. 12, 4; vgl. S. 258 mit A. 1336 – Plut. Caes. 12, 4; vgl. S 334 mit A. 1751.

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auf schließen, dass er nach seinen geschichtsträchtigen Siegen von seinen Truppen jeweils akklamiert wurde, obwohl er selbst nur ein Dankfest am Ende des siebten Buchs des Bellum Gallicum erwähnt. Die Voraussetzung, nämlich die Tötung von 5000 Feinden in einer Schlacht, hat Caesar allein in Gallien im Übermaß erfüllt: In sieben Jahren sollen drei Millionen Gallier umgekommen sein.1931 Blickt man weiter zurück, so lässt sich ein Zusammenhang zwischen einer appellatio imperatoria im Feld und dem Imperatotitel anhand von Kistophoren nachweisen, die der Reiterpräfekt C. Flavius Fimbria nach seiner illegalen Akklamation durch die Truppen des ermordeten Konsuls L. Valerius Flaccus eigenmächtig in der ersten Hälfte 85 in Kleinasien prägte.1932 Ein weites Zeugnis stellt der IMPTitel Ciceros in den Präskripten seiner Briefsammlung ad familiares dar, denn nach seiner Akklamation im Amanusgebirge im Oktober 51 verwendet er ihn statt des PROCOSTitels, der ihn als Statthalter Kilikiens ausweist.1933 Nicht ohne Weiteres zu verstehen ist zunächst Dios anschließende Feststellung, dass es auch Kommandierende gab, denen die Senatoren den Titel αὐτοκράτωρ (Imperator) beilegten, weil sie nach Erhalt eines Imperiums (ἡγεμονία) oder irgendeiner Amtsgewalt (ἐξουσία, lat. potestas) so genannt wurden.1934 Offenbar sind Kommandierende gemeint, die den Imperatortitel nicht einer Akklamation, sondern einem Senatsbeschluss verdankten. Zutreffen dürfte dies auf L. Manlius Torquatus (cos. 65), dem 63 nach seiner Rückkehr aus Makedonien gemäß dem Antrag des Konsuls Cicero ehrenhalber der IMPTitel verliehen wurde; die entsprechende Formel lautet imperator appellatus. Sie ist inschriftlich für den Prätor C. Octavius belegt, der 60 in Makedonien die thrakischen Besser zurückschlug und von seinen Truppen akklamiert wurde. Er wurde vom Senat post mortem ehrenhalber Imperator genannt. Auch sein Sohn Octavian erhielt nach dem Sieg der Republikaner über M. Antonius bei Mutina am 16. 4. 43 zum ersten Mal den Imperatortitel als Ehrentitel.1935 Daraus folgt, dass Prokonsuln wie L. Manlius Torquatus, Prätoren wie C. Octavius und Proprätoren wie Octavian, die vom Volk vor ihrem 1931 Vier Triumphe: S. 353/1852; ovatio auf dem mons Albanus am 7. 2. 44: Inscr. Ital. 87f.Lex Marcia: S. 305/1577. – Drei Millionen tote Gallier: Plut. Caees. 15, 5; vgl. S. 338 mit A. 1767. – Dankfest: Zitat S. 340/1770. 1932 S. 250 mit A. 1291. 1933 Präskripte: S. 329 mit A. 1720. 1934 Zu ἡγεμονία im Sinn von imperium principis s. Mason, Greek Terms 51; zu ἐξουσία im Sinn von potestas s. ders. 44. 1935 L. Manlius Torquatus: S. 303. – Octavian: S.26 – C. Octavius: S. 26, 307.

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Aufbruch nicht akklamiert worden waren, weil sie vom Staat keinen Auftrag zur Führung eines bellum gegen einen hostis erhalten hatten, nach ihrer Rückkehr aus der Provinz vom Senat wegen besonderer militärischer Verdienste mit dem Titel imperator appellatus geehrt wurden. Um zu verstehen, warum Cassius Dio den Imperatortitel der großen Feldherren generell als einen durch eine militärische Akklamation erworbenen Ehrentitel ansieht, ist auf seine Terminologie anhand von Beispielen einzugehen. Einerseits verwenden er und Appian bei der Wahl des Pompeius zum Oberkommandierenden im Jahr 67 für seinen Kampf im Mittelmeer gegen die Piraten richtig den Terminus στρατηγὸς αὐτοκράτωρ.1936 Doch andererseits geben sie die Funktion der Feldherrren Sulla und Caesar im Krieg gegen Mithridates bzw. im bellum Gallicum fälschlich mit ἀνθύπατος an.1937 Daraus folgt, dass Appian und Cassius Dio nicht klar war, dass Sulla und Caesar wie alle republikanischen Feldherren, die ein bellum gegen einen hostis führten, als Imperatoren fungierten, weil sie vom römischen Volk gewählt und vor ihrem Auszug auf dem Marsfeld akklamiert worden waren. Der Grund für den Fehler der beiden kaiserzeitlichen Geschichtsschreiber geht vermutlich auf Livius zurück, der den Auszug des P. Licinius Crassus und L. Aemilius Paullus zwar plastisch schildert, doch seine Tragweite nicht erkennt, denn er sah nicht, dass die dem Volk vom Staat verordnete Pflicht, diese beiden Feldherren feierlich zu verabschieden, einer popularen Akklamation gleichkam.1938 Der daraus resultierende Imperatortitel war folglich kein Ehren-, sondern ein Kommandotitel. Den Fehler des Livius erkennt man daran, dass er im Kriegsrechtsbereich militiae fälschlich die magistratische Funktion consul oder proconsul (für pr. pro cos.) angibt, die die Feldherren in Rom vor ihrem Auszug hatten. Er nennt sie hingegen richtig imperatores, wenn sie zum Zeitpunkt des Aufbruchs keine magistratische Funktion hatten.1939 Man kann jetzt feststellen, dass der einfache IMPTitel Caesars in den Cicero-Briefen vom April 54 und Anfang 49 sowie auf den Münzen von 48 und in der griechischen Inschrift von 47 auf seine populare Akklamation in Rom Ende 59 vor seinem Auszug nach Gallien zurückzuführen ist.1940 1936 Dio XXXVI 23, 4; Appian Mith. 94, 428 (Zitate: S. 299/1547) 1937 Sulla: App. BC I 81, 370; vgl. S. 254 mit A. 1305. – Caesar: Dio XXXVIII 43, 3; vgl. S. 335 mit A. 1754. 1938 P. Crassus: Liv. XLII 49, 1–3; vgl. S. 149 mit A. 726. – L. Paullus: Liv. XLIV 22, 17; vgl. S. 157 mit A. 791. 1939 Beispiele: S. 101/495 und S. 162/820ff. (consul); S. 100/486f. (procos.); S. 92 mit A. 446f. (imperatores). 1940 Vgl. S. 335. mit A. 1752 – S. 341 mit A. 1177

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Abschließend stellt Cassius Dio, wie oben zitiert, fest, dass Caesar als Erstem und das erste Mal etwas Kaiserliches verliehen worden sei, das auch heute noch denjenigen gegeben wird, die auf immer die Herrschaft haben. Cassius Dio sieht in den Ehrungen des Diktators einen tiefgreifenden Wandel vom Imperatortitel der republikanischen Feldherren zu dem der Kontrolle des Senats entzogenen Herrschertitel. Nach Crawford kennzeichnet der IMPTitel des viermaligen Diktators Caesar dessen Stellung als permanenter Triumphator. Er machte diese These an Anfang 44 geprägten Denaren fest, auf deren Avers der bekränzte Kopf Caesars mit den Legenden CAESAR DICT QVART bzw. CAESAR IMP abgebildet ist. Der Diktator war der erste Römer, der sein eigenes Bildnis in Rom auf Münzen setzen ließ.1941 Der von Cassius Dio diagnoszierte tiefgreifende Wandel lässt sich jedoch aus der Legende CAESAR IMP auf den ersten Blick nicht ableiten, weil das IMP entsprechend der republikanischen Tradition unverändert dem Namen des Feldherrn nachgestellt ist, auch wenn Vervaet behauptet, es gäbe zwei Exemplare, die IMPER CAESAR zu lesen seien.1942 Er sieht den IMPTitel auf den Münzen folglich als ehrenhalber verliehenes praenomen imperatoris an, das Sueton außer der steten Wiederwahl zum Konsul, der Diktatur auf Lebenszeit, dem obersten Amt des Sittenrichters und dem Beinamen Vater des Vaterlandes erwähnt.1943 Andererseits erscheint es angezeigt, den IMPTitel von Anfang 44 in Verbindung mit den gleichzeitigen CAESAR DICT QVART – Emissionen zu sehen, denn beide Legenden umrahmen den bekränzten Kopf Caesars, der zum ersten Mal auf Münzen dargestellt ist. Der Titel CAESAR IMP von Anfang 44 ist folglich kein Kommandotitel, sondern vergleichbar mit dem Siegestitel Sullas als Triumphator. Hatscher interpretiert ihn als charismatischen Herrschertitel.1944 Diese Auffassung wird durch den Ehrentitel maximus imperator gestützt, den das Volk von Vibo Valentia 46 seinem Patron, dem Pontifex Caesar, durch ein S C vermutlich bei einer Weihehandlung verlieh. Der IMPTitel galt auf Lebenszeit, denn Caesar wurde im April 45 zum dictator perpetuus ernannt. Der Titel führte allen vor Augen, dass er die

1941 Dict. IV: RRC NR 480, 2b, 3. – IMP: RRC Nr. 482; Interpretation: RRC I, S. 494/1. – Bildnis: Zimmermann, Div. Aug., 31. 1942 Vervaet, HC, 232f., beruft sich auf RRC Nr. 480, 17–18, die Crawford jedoch als CAESAR IMPER gelesen hat. 1943 Suet. Iul. 76, 1: honores modo nimios recepit: continuum consulatum, perpetuam dictaturam praefecturamque morum, insuper praenomen imperatoris, cognomen patris patriae. 1944 Siegestitel Sullas : S. 255 mit A. 1317.

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Macht dauerhaft alleine besitzen wollte.1945 Am 1. 2. 44 triumphierte Caesar ex Hispania. In das Stadtbild schrieb er sich und seine Familie auf dem Forum Romanum ein, indem er den Neubau der Basilica Iulia betrieb und auf dem nach ihm benannten Forum Iulium das prachtvolle monumentum Caesaris baute, das den Tempel der Venus Genetrix, der Stammmutter der Iulii, beherbergte.1946

1945 C. R. Hatscher, Charisma und Res Publica, 2000, 184ff. – Vibo Valentia (AE 1967, 107): C. Caesar[i,] pontif(ici) /​ max(imo) imp(eratori), cos. tert. /​ ex senatus consulto populus /​ patrono. – dictator perpetuus: Suet. Iul. 76, 1 (Zitat: Anm. 1943); Plut. Caes. 57, 1; App. BC II 106, 442; vgl. Zimmermann, Div. Aug., 36f. – Triumph: Inscr. Ital. 13, 1, 86f.; vgl. Künzl, 79. 1946 Monumentum: Zimmermann, Div. Aug., 36.

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V. Die Senatsregierung (März 44–November 43 v. Chr.) Die weniger als zwei Jahre dauernde Herrschaft des Senats war ein kurzes Zwischenspiel auf dem Weg von der Diktatur Caesars zu der der Triumvirn.

1.

P. Cornelius Dolabella

Eine blutige Spur in der Provinz Asia hinterließ der junge Patrizier P. Cornelius Dolabella, den Dettenhofer zur perdita iuventus zählt. Der Sohn des gleichnamigen Prätors von 69 und Schwiegersohn Ciceros hatte sich im Bürgerkrieg für Caesar entschieden.1947 Als Volkstribun war er 47 für schwere Unruhen in Rom verantwortlich.1948 Caesar bestimmte ihn für 44 zum Suffektkonsul, weil er selbst gegen die Parther ziehen wollte.1949 Nach Caesars Ermordung erhielt Dolabella bei der Neuverteilung der Provinzen Syrien, damit er gegen die Parther Krieg führe, und Anfang Juni ein auf fünf Jahre verlängertes imperium proconsulare. Im Oktober verließ er Italien, zog mit einer Legion durch das inzwischen von M. Brutus besetzte Makedonien, erreichte die Provinz Asia etwa am Jahresende und trieb dort Geld ein. Seine Funktion nennen weder Cicero noch Appian noch Cassius Dio.1950 Am 24. 1. 43 erließ Dolabella nach Flavius Josephus in Ephesos als αὐτοκράτωρ ein Dekret, durch das er die Juden vom Kriegsdienst befreite.1951 Sawinski nahm an, Dolabella habe 43 in Asia als Prokonsul fun-

1947 Dettenhofer, Iuventus, 179; zu seinen Motiven s. dies. 122. – Vater: pr. 69; vgl. Dettenhofer, Iuentus 119. 1948 Liv. per. 113, 5; Plut. Ant. 9, 1; vgl. MRR II 287. 1949 Cic. Phil. II 79f.; Vell. II 58, 3; Plut. Ant. 11, 2–3.; vgl. MRR II 317. 1950 Syrien und die Parther: Cic. Att. XIV 9, 3 (April 44); App. BC III 27, 104. IV 57, 247; Dio XLV 15, 2. XLVII 29, 1. – Imperium: Val. Max. VIII 1 (Zitat: Anm. 1952); vgl. Dettenhofer, Iuventus, 31; Aufbruch: Cic. Att. XV 13, 5; Griechenland: Cic. Phil. XI 27; Asia: Cic. Phil. XI 4; App. BC III 24. 1951 Jos. AJ XIV 10, 12; Ἐπὶ πρυτάνεως Ἀρτέμωνος μηνὸς Ληναιῶνος προτέρᾳ. Δολοβέλλας αὐτοκράτωρ Ἐφεσίων ἄρχουσι βουλῇ δήμῳ χαίρειν; vgl. MRR II 344, III 65.

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giert, weil er es mit einem prokonsularen Imperium beherrschte.1952 Dagegen spricht die Funktion αὐτoκράτωρ, mit der Dolabella das Edikt erließ. Sie wird durch eine Inschrift aus der Stadt Tabai in Karien, die Dolabella im April 43 auf dem Weg nach Syrien passierte, bestätigt.1953 Da Dolabella nach Caesars Ermordung den Krieg gegen die Parther erhalten hatte, fungierte er in Asia nicht als Statthalter, sondern als für diesen Krieg bestimmter Imperator. Das Kommando war ihm vermutlich im Oktober vom Senat erteilt worden, ehe er Rom verließ. Daher wurde die von Caesar befriedete Provinz Asia Kriegsgebiet, sobald Dolabella mit seinem Heer in ihr Einzug hielt. Seine gesetzgebende Tätigkeit war folglich vollkommen legal. Wenn Cicero seinen Durchzug durch die ihm nicht zugewiesene Provinz als Invasion bezeichnet, so ist das reine Polemik, wie der große Redner wohl selbst wusste.1954 Seine Macht als Imperator gab aber Dolabella natürlich nicht das Recht, den ihm als Verschwörer besonders verhassten Prokonsul C. Trebonius (homo novus) grausam foltern und ermorden zu lassen. Wegen dieser ruchlosen Tat wurde er vom Senat zum hostis erklärt und sein Besitz eingezogen.1955 Als Dolabella im Sommer Syrien erreichte, wurde er von den Truppen des Cassius in Laodikeia eingeschlossen und zum Selbstmord gezwungen.1956 Octavian erteilte noch im Jahr 43 als Konsul dem geächteten Dolabella Absolution mittels einer lex.1957 Dessen politisch motivierte Rehabilitation veranlasste der junge Caesar im Rahmen des Rachefeldzugs gegen die Mörder seines Vaters.1958

1952 Val. Max. VIII 1 amb. 2: … P. Dolabellae proconsulari imperio Asiam obtinentis; vgl. P. Sawínski, The power of proconsuls during the time of the Republic, Eos 97, 2010, 31. 1953 Tabai: L. Robert, Etudes Anatoliennes, 1937, 324–328, bes. 325; vgl. AE 1938, 159; MRR II 344. 1954 Cic. Phil. XI 4: In Galliam invasit Antonius, in Asiam Dolabella, in alienam uterque provinciam. 1955 Trebonius homo novus: NMRS Nr. 444; 55 tr. pl. lex Treb.: S. 281/1467; 53–49 Legat in Gallien, 48 pr.; 47–46 Hisp. Ult.; 45 cos; 44 pro cos. in Asia. – Dolabella: Cic. Phil. XI 5–9; App. BC III 26; Dio XLVII 29; Liv. per. 121, 1; vgl. MRR II 329. 1956 Cic. fam. XII 14, 4. 15, 7; Liv. per. 121, 1: (Cassius) Dolabellam in urbe Laodicia obsessus mori coegit; vgl. MRR II 244. 1957 App. BC III 95, 392; vgl. K. Matijević, M. Antonius, Consul, Proconsul, Staatsfeind, 2006, 225. 1958 Aug. RG 2: Qui parentem meum interfecerunt, eos in exilium expuli iudiciis legitimis ultus eorum facinus.

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2.

M. Iunius Brutus und C. Cassius Longinus

M. Iunius Brutus, der Sohn des gleichnamigen Volkstribunen von 83 und Adoptivsohn des Q. Servilius Caepio (q. 67), ist zusammen mit C. Cassius Longinus als Caesarmörder in die Geschichte eingegangen.1959 Brutus wuchs im Umfeld seines Onkels Cato auf, der für seine gediegene Ausbildung sorgte. Er begann seine senatorische Laufbahn 53 als Quästor und Proquästor seines Schwiegervaters Ap. Claudius Pulcher in Kilikien, wo er versuchte, die Rückzahlung eines den Bewohnern von Salamis zu 48% Zins gegebenen Kredits zu erpressen.1960 48 kämpfte er auf Seiten des Pompeius bei Pharsalos, wurde wie Cassius von Caesar begnadigt (v. infra), erhielt von ihm die Provinz Gallia Cisalpina, die er 46–45 gut verwaltete, und 44 die Prätur.1961 Dem Konflikt mit Caesar wich Brutus bis kurz vor den Iden des März aus. Für 41 war er zum Konsul designiert. 1962 Cassius diente Crassus, wie schon geschildert, auf dessen Partherfeldzug als Feldquästor und verteidigte 52/51 als Proquästor die Provinz Syrien gegen parthische Angriffe. 49 Volkstribun, führte 49/48 als Präfekt die pompeianische Flotte, nach Pharsalos von Caesar begnadigt.1963 Nach dessen Ermordung richteten die Prätoren Brutus und Cassius Ende Mai und Anfang Juni 44 zwei Schreiben an den Konsul M. Antonius; im zweiten warfen sie ihm vor, ohne Senatsbeschluss Aushebungen und Geldauflagen veranlasst, die Armeen aufgewiegelt und Befehle nach Übersee übersandt zu haben; dazu war der Konsul nicht berechtigt.1964 Durch die lex Antonia Cornelia de actis Caesaris confirmandis erhielt Brutus Kreta und Cassius Kyrene.1965 Cicero nennt Brutus in der am 19. 9. 44 1959 Herkunft und Ausbildung: Plut. Brut. 1, 1–8; vgl. Dettenhofer, Iuventus 100f.; MRR III 112. 1960 Einfluss Catos. Plut. Brut. 2, 1. – Quästor: Auct. Vir. Ill. 82, 4: Cum Appio socero in Cilicia fuit, et cum ille repetundarum accusaretur ipse ne verbo quidem infamatus est; vgl. Cic. Att. VI 1, 10; Datierung s. MRR III 112. – Ap. Pulcher: S. 324f. 1961 Pomp: Plut. Brut. 4, 1–5; Caesar: Plut. Brut. 6, 2. G. Cisalpina: Plut. Brut. 6, 10. – Prätur: Cic. fam. 11, 2; vgl. MRR II 320. 1962 Haltung gegenüber Caesar: Plut. Brut. 8, 1–7. – Dettenhofer, Iuventus, 233f.; cos. des.: Plut. Caes. 62, 4; Cic. Phil. VIII 27. 1963 Q. und proq.: S. 322f.; 49 tr. pl.: Cic. Att. VII 21, 2; 49/48 Flotte: Caes. BC III 5, 3. – Begnadigung: Plut. Brut. 6, 6; Dio XLIV 14, 2. 1964 Cic. fam. XI 2 (Ende Mai 44); XI 3, 2 (4. Juni): Nam de delectibus habitis et pecuniis imperatis, exercitibus sollicitatis et nuntiis trans mare missis …; vgl. MRR II 321. – Befehle nach Übersee: vgl. das imperium consulare Caesars: S. 342. 1965 Cic. Phil. II 31, 97; Plut. Brut. 19, 5; App. BC III 8, 29; vgl. MRR II 327f.

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gehaltenen 2. Philippica im Zusammenhang mit Kreta pro consule wohl im Sinn von pr. pro cos. und sagt, dass die Insel nach dessen Statthalterschaft aufhören sollte, Provinz zu sein und folglich nicht mehr abgabenpflichtig.1966 Brutus verließ im September 44 Italien und setzte nach Griechenland über. Die Flotte des Cassius folgte wenige Tage später in Richtung Syrien.1967 Ende 44 machte Brutus den illyrischen, griechischen und makedonischen Raum zu seinem Machtbereich, zahlreiche Veteranen des Pompeius, die nach der Schlacht bei Pharsalos im Lande geblieben waren, liefen zu ihm über.1968 Ab Januar 43 belagerte er in Apollonia Marc Antons jüngeren Bruder Gaius, der im November 44 als Prätor Makedonien erhalten hatte.1969 Noch in Rom hatte C. Antonius Münzen als pro cos. geprägt.1970 Brutus übernahm Mitte März das Kommando über dessen Legion und nahm ihn gefangen.1971 Mitte Februar war der in der 10. Philippica formulierte Antrag Ciceros gebilligt worden, dass die Stellung des Prokonsuls Brutus, der im Januar die Provinzen Makedonien, Illyrien und ganz Griechenland und die dort stationierten Legionen ohne Senatsbeschluss in Besitz genommen hatte, angesichts der schweren Krise des Staates legalisiert wird.1972 Gleiches berichtet Appian in Bezug auf die Übernahme des in Makedonien und Illyrien von C. Antonius geführten Heers.1973 Der bisherige Statthalter Makedoniens, der Prokonsul Q. Hortensius (pr. 45), der Brutus bei der Aufstellung des Heeres unterstützt hatte, sollte in seine Herrschaft einbezogen werden und sein Amt bis zur Bestimmung eines Nachfolgers behalten.1974 Nach Gundel hatte Brutus im Verhältnis zu Hortensius ein imperium maius. Girardet wandte ein, dass es dieses Imperium in der Republik 1966 Cic. Phil. II 97: nuper fixa tabula est, … ne post M. Brutum pro consule sit Creta provincia; vgl. Matijević, M. Antonius, 73. 1967 Cic. Phil. X 8; fam. XI 17, 2; vgl. Dettenhofer, Iuventus, 214–218. 1968 Dio XLVII 21, 3; vgl. Cic. Phil. X 13, XI 27; Plut. Brut. 25, 1. 1969 Apollonia: Cic. Phil. X 13; Dio XLVII 22, 4–23, 4. – Makedonien: Cic. Phil III 26. 1970 RRC Nr. 484; vgl. MRR III 19. 1971 Legion: App. BC IV 75, 317. – Gefangennahme: Cic. Phil. XIII 30; Dio XLVII 24, 2; Plut. Brut. 26, 5–6. 1972 Cic. Phil. X 25 (Mitte Feb. 43): ita censeo: ‚cum Q. Caepionis Bruti pro consule opera, consilio, industria, virtute difficillimo rei publicae tempore provincia Macedonia et Illyricum et cuncta Graecia et legiones, exercitus, equitatus in consulum, senatus populique Romani potestate sint, … eam rem senatui populoque Romano gratam esse et fore‘; zur fehlenden legalen Grundlage s. Vell. II 62, 2 (Anm. 1980). 1973 App. BC III 63, 258: Μακεδονίας δὲ καὶ τῆς Ἰλλυρίδος αὐτῆς καὶ τῶν ἐν ἀμφοτέραις ὑπολοίπων στρατῶν Μάρκον Βροῦτον ἄρχειν. 1974 Cic. Phil. X 24: Adiungendus est Q. Hortensius, qui cum Macedoniam obtineat, adiutorem se Bruto ad comparandum exercitum fidissimum et constantissimum praebuit. –

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nicht gegeben habe und argumentierte, es habe ein Ausnahmefall vorgelegen, für den die durch das Amtsrecht festgelegte Alleinzuständigkeit des Provinzgouverneurs suspendiert wurde.1975 Wenn man aber bedenkt, dass Brutus seit Mitte Februar im griechischen Osten eine übergeordnete Stellung hatte, so folgt daraus, dass sein Imperium faktisch maius gegenüber dem des Prätors Hortensius war.1976 Im August 43 besiegte Brutus die thrakischen Besser und legte sich den seiner dignitas zukommenden Imperatortitel zu; nach Cassius Dio dachte er, so leichter den Krieg gegen die Caesarianer fortsetzen zu können.1977 Klar ist jetzt aber, dass er den Imperatortitel brauchte, weil er Italien im September 44 ohne populare Akklamation verlassen hatte. Cassius amtierte in Syrien von Anfang März bis Mai 43 als pr. pro cos.1978 Durch das SC vom 27. 4. 43 wurden Antonius und seine Anhänger zu Staatsfeinden erklärt.1979 Brutus und Cassius wurden nachträglich die Provinzen zugewiesen, die sie ohne S C besetzt hatten; diejenigen, die den Caesarmördern ihre Heere übergeben hatten, wurden gelobt und ihnen unterstellt.1980 Cassius, der Statthalter Syriens, sollte ab Ende April als Imperator Krieg gegen Dolabella führen.1981 Durch einen Staatsstreich erlangte Octavian am 19. 8. 43 mit erst 20 Jahren das Konsulat. Sein Amtskollege Q. Pedius erließ die lex Pedia, durch die Phil. 26: senatuique placere Q. Hortensium pro consule cum quaestore prove quaestore et legatis suis provinciam Macedoniam obtinere, quoad ei ex senatus consulto successum sit. 1975 H. G. Gundel, KP 1, 1975, Brutus Nr. 9, Sp. 957. – K. M. Girardet, Die Rechtsstellung der Caesarattentäter Brutus und Cassius in den Jahren 43–42 v. Chr., Klio 75, 1993, 207–232, bes. 216f. 1976 Zum Imperium des Brutus, das maius gegenüber dem der Statthalter war, s. Vell. II 62, 2 (Zitat Anm. 1980). 1977 Dio XLVII 25: καὶ ἐς Βησσοὺς ἐμβαλών … ὄνομα ἀζίωμά τε αὐτοκράτορος, ὡς καὶ ῥᾷον ἐκ τούτου τῷ Καίασρι καὶ τῷ Ἀντωνίῳ προσπολεμήσων; zu ἀζίωμα im Sinn von dignitas s. Assenmaker, Imperator, 114; Vf. S. 378 mit A. 1995. 1978 Präskripte: Cic. fam. XII 11, 1 (7. 3. 43) und XII 12 (7. 5. 43); vgl. Matijević, Marcus Antonius, 270; Vf. S. 361. 1979 Cic. ad Br. I 3 a (1. 5. 43): hostes autem omnes iudicati, qui M. Antoni sectam secuti sunt. – App. BC III 63, 258: καὶ ἡ βουλὴ αὐτὸν (sc. Ἁντώνιον) αὐτίκα ἐψηφίξετο εἶναι πολέμιον καὶ τὸν ὑπ’ἀυτῷ στρατόν, εἰ μὴ ἀποσταῖεν αὐτοῦ: Μακεδονίας δὲ καὶ τῆς Ἰλλυρίδος αὐτῆς καὶ τῶν ἐν ἀμφοτέραις ὑπολοίπων στρατῶν Μᾶρκον Βροῦτον ἄρχειν. 1980 Vell. II 62, 2: Bruto Cassioque provinciae, quas ipsi sine ullo senatus consulto occupaverant, decretae, laudati quicumque se iis exercitus tradidissent, omnia transmarina imperia eorum commissa arbitrio. 1981 Cic. Phil. XI 35 (Ende Febr. 43): Paratum habet imperatorem C. Cassium, patres conscripti, res publica contra Dolabellam. App. BC III 63, 260: ἐψηφίσαντο δὲ καῖ Κάσσιον ἄρχειν τε Συρίας καῖ πολεμεῖν Δολλαβελλᾳ.

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alle Amtsträger im Osten abgesetzt und für vogelfrei erklärt wurden.1982 Als Brutus von den alarmierenden Vorgängen in Rom erfuhr, setzte er Anfang Herbst nach Kleinasien über und forderte Cassius nach Bildung des Triumvirats im November 43 auf, sich mit ihm zu vereinigen.1983 Wohl Anfang 42 veranlasste Brutus, der mit den Caesarianern darin wetteiferte, die Privilegien der Juden aufrecht zu erhalten, die Ephesier zu einem Volksbeschluss. Auf den 1. Artemision (24. März) datiert ist das Präskript eines bei Josephus überlieferten Schreibens: Jos. Ant. XIV 10, 25 § 263f. ἐπεὶ ἐντυχόντων τῶν ἐν τῇ πόλει Ἰουδαίων Μάρκῳ Ἰουνίου υἱῷ Βρούτῳ ἀνθυπάτῳ … – Da die in der Stadt lebenden Juden bei dem Prokonsul M. Iunius Brutus, dem Sohn des Iunius, vorstellig wurden …1984 Yavetz stellte fest, dass es der griechischen Judenhetze nicht gelang, die römische Politik zu beeeinflussen.1985 Brutus fungierte ab Herbst 43 in der ihm nachträglich zugewiesenen Provinz Asia als pr. pro cos. Vermutlich in Ephesos wurden schöne Aurei und Denare mit der Averslegende C. CASSI(VS) IMP bzw. BRVTVS IMP – LEIBERTAS und LENTVLVS SPINT(HER) auf dem Revers geschlagen.1986 Sie dürften im Frühjahr 42 aus dem Gold und Silber geprägt worden sein, das Cassius nach der Eroberung von Rhodos und Brutus nach der von Xanthos zusammengerafft hatten.1987 P. Cornelius Lentulus Spinther war der Sohn des Statthalters von Kilikien (cos. 57) und zuerst Quästor des Prokonsuls C. Trebonius, den Dolabella ermordete. Nach dessen Abzug übernahm Spinther im Mai 43 die Amtsgeschäfte in Asia als proquaestor pro pr. Er vertrat Brutus bis zu dessen Ankunft im Herbst 43.1988 Das proprätorische Imperium besaß er wahrscheinlich erst seit dem Tod des Trebonius als stellvertetender Statthalter. 42 war Spinther in Rhodos Cassius unterstellt, den lykischen Κüstenort Myra nahm er im Auftrag 1982 Staatsstreich: vgl. S. 384 mit A. 2024. – lex Pedia: Girardet, Rechtsstellung, 217, 222f. 1983 App. BC III 63, 270; Plut. Brut. 27, 1. 28, 6; Dio XLVII 23. 1984 In der HS steht der verderbte Name Μάρκῳ Ἰουλίῳ Ποντίου υἱῷ Βρουτῷ; vgl. R. Marcus, Class. Loeb, 1966, 589f.; E. Schürer, The History of the Jewish people, 19733, Bd. 3, 111 und A. Schalit, König Herodes, 1969, 59. 1985 Zvi Yavetz, Judenfeinschaft in der Antike, 1997, 57, 98f. 1986 Vgl. RRC Nr. 500, 1–5. – Prägung: App. BC V 6, 26. 1987 Rhodos: App. BC IV 73, 311. Xanthos: App. BC IV 81, 341. 1988 Cic. fam. XII 15 vom 2. 6. 43.

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des Brutus ohne Blutvergießen ein. Er fungierte nach Broughton als Legat der Caesarmörder und gleichzeitig als deren proq. pro pr.1989 Brutus und Cassius legten im Jahr 42 außer den oben beschriebenen noch mehrere Serien von Gold- und Silbermünzen auf. Zu nennen sind: CAEPIO BRVTVS PROCOS (RRC NR. 501) und dieselbe Averslegende mit L. SESTI PROQ auf dem Revers (Nr. 502)1990, ferner Q. CAEPIO BRVTVS IMP (Nr. 503) und dieselbe Averslegende mit C FLAV HEMIC LEG PRO PR auf dem Revers (NR. 504)1991, sowie M. BRVTVS IMP mit COSTA LEG (Nr. 506), CASCA LONGVS (Nr. 507) und L PLAET CEST (Nr. 508) auf dem Revers.1992 In den Diensten der beiden Caesarmörder stand M. Servilius, der den Revers der Serien C CASSIVS IMP und Q CAEPIO BRVTVS IMP (NR. 505) signierte.1993 Dazu kommen noch Serien mit der Legende C CASSI PROCOS (RRC Nr, 498) und C. CASSI IMP jeweils mit M AQVINVS LEG (RRC Nr. 499) auf dem Revers.1994 Der PROCOSTitel steht jeweils für die Funktion des Statthalters, nämlich des Brutus in Makedonien, Asia und Kreta-Kyrene, des Cassius in Syrien. Ihnen waren die oben genannten Legaten L. Sestius Quirinalis Albinus, C. Flavius Hemicadius, M. Servilius, Pedanius Costa, P. Servilius Casca Longus und M. Aquinus sowie die (Pro)quästoren P. Cornelius Lentulus Spinther und L. Plaetorius Cestianus unterstellt. Belegt ist ein proprätorisches Imperium nur für Flavius Hemicadius und Lentulus Spinther. Der IMPTitel des Brutus beruht nicht auf der Akklamation, die er sich im August 43 nach dem Sieg über die thrakischen Besser zulegte, sondern auf der Legalisierung seiner Stellung als Oberkommandierender im griechischen Osten im Februar 43. Cassius erhielt ihn Ende April für den Kampf gegen 1989 Rhodos: App. BC IV 72, 305. – Myra s. App. BC IV 82, 344. – Legat und pro q. pro pr.: MRR II 364. 1990 Zu L. Sestius Quirinalis Albinus: 43 proskribiert, doch später begnadigt, 23 zum Konsul ernannt: vgl. MRR III 197. 1991 Ergänzung des Namens C. Flavius Hemic(adius): AE 1997, 466; vgl. Kreiler, Statthalter, 142. 1992 Pedanius Costa: Legat des Brutus; vgl. MRR II 366. – P. Servilius Casca Longus: tr. pl. 43; vgl. MRR II 340. – L. Plaetorius Cestianus: vielleicht Quästor 43/42; vgl. MRR II 360. 1993 M. Servilius: tr. pl. 43, von den Triumvirn begnadigt, 39 Senator: S C de Panamara (RDGE Nr. 27, Z. 6); vgl. MRR II 340. 1994 M. Aquinus: 46 Legat im Heer der Pompeianer in Africa (B. Afr. 57, 3); Verschwörer: App. BC II 119; vgl. MRR III 25.

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den Staatsfeind Dolabella.1995 Im Sommer 42 begrüßten sich die Anführer der beiden Heere in Sardes gegenseitig als imperator, ehe sie nach Philippi zogen.1996

3.

Die Provinz Kreta-Kyrene unter Brutus

Kreta wurde 66 von Q. Caecilius Metellus zur Provinz gemacht und noch im gleichen Jahr mit der Provinz Kyrene zur Doppelprovinz Kreta-Kyrene vereinigt, wie Münzen beweisen.1997 Als Argument für die getrennte Existenz beider Provinzen im Jahr 43 verwies Perl auf die Verfügung Caesars, derzufolge Kyrene 44 an den Prätor M. Iunius Brutus fallen sollte und Kreta an seinen Amtskollegen C. Cassius Longinus.1998 Nach der Ermordung Caesars traten Brutus und Cassius jedoch ihr Amt in diesen Provinzen wegen ihrer minderen militärischen Bedeutung zunächst nicht an, sondern gingen im Herbst 44 nach Makedonien bzw. Syrien.1999 Dass der Ende 44 vom Senat mit weitreichenden Vollmachten ausgestattete Brutus nicht nur Kyrene, sondern auch Kreta übernahm und beide Provinzen einem seiner Legaten übergab, lassen schlecht erhaltene Bronzen mit den Büsten der Artemis und der Libya auf der Vorder- und Rückseite erkennen. Nach einer verbesserten Lesung lautet die Legende auf beiden Seiten: P(aullus) A(emilius) LEPIDIVS P(aulli) A(emili) F(ilius) PRO Q PR DES.2000 Der Prägeherr ist identisch mit dem Sohn des nobilis L. Aemilius Lepidus Paullus (cos. 50), er war ein Neffe des Triumvirn und hieß eigentlich wie sein Vater, der Ende 43 geächtet wurde.2001 43 war er Quästor und wurde mit seinem Vater an die erste Stelle der Proskriptionsliste gesetzt.2002 Der junge 1995 Akklamation des Brutus: S. 375 mit A. 1977; Legalisierung: S. 374 mit A. 1972. – Cassius: S. 375 mit A. 1981. 1996 Plut. Brut. 34,1; vgl. MRR II 361. 1997 Vereinigung Kretas mit Kyrene s. RPC I, 217ff., Nr. 904–906; vgl. Vf. S. 297 mit A. 1539. 1998 G. Perl, Die römischen Provinzbeamten in Cyrenae und Creta, Klio 52, 1970, 333f. 1999 Brutus: Cic. Phil. X 8; fam. XII 17, 2; Cassius: Dio XLVII 28, 3; vgl. S. 374 mit A. 1967. 2000 RPC Nr. 907; vgl. Kreiler, Statthalter, 166ff. (das zweite I in LEPIDIVS wurde fälschlich vom Münzbeamten eingefügt). 2001 Herkunft: PIR L2 150; Ächtung: Dio XLIV 2, 1; Vater (cos. 50): S. 299. 2002 Quästur: MRR II 342; Proskription: Dio LIV 2,1; vgl. Kreiler, Statthalter, 165.

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Die Provinz Kreta-Kyrene unter Brutus

Lepidus verließ Italien wahrscheinlich kurz vor Jahrsende mit einer Streitmacht und brachte sie für Brutus nach Kreta.2003 Nach Philippi nahmen ihn die Anhänger der Caesarmörder, C. Cassius Parmensis, L. Staius Marcus und D. Turullius in ihre Flotte auf und gingen zu Sex. Pompeius über.2004 Die oben beschriebenen Münzen prägte P. Aemilius Lepidus 42 in Kreta und in Kyrene wahrscheinlich als Proquaestor des Brutus. Zum Prätor war er wohl noch von Caesar für 41 designiert worden. Es ist anzunehmen, dass Lepidus vom Triumvir M. Antonius ca. 41 begnadigt wurde, denn er gelangte 34 zum Konsulat und verwaltete 28/27 Asia als erster Prokonsul nach der Neuordnung.2005 Vorher, nämlich nach seinem Sieg bei Actium, hatte Octavian vom Herbst 31 bis Mitte 28 in der entmilitarisierten Provinz Asia die Ritter P. Vedius Pollio und Cn. Pompeius Macer als Statthalter eingesetzt.2006

2003 App. BC V 2, 8: προσλαβόντες δὲ καὶ Λέπιδον μεθ’ ἑτέρας δυνάμεως, ἣ Βρούτῳ καθίστατο Κρήτην. 2004 C. Cassius Parmensis: 43 Quästor, 42 Flottenpräfekt des Cassius, verstärkte nach Philippi die Flotte des Sex. Pompeius (App. BC V 2, 9), 39 Übergang zu Antonius, 31 von Octavian getötet (Vell. II 87, 3); vgl. Kreiler, Statthalter, 121. – Staius Murcus: S. 361f. – D. Turullius: q. 44/43, praef. cl. in Bithynien (S. 363); nach Philippi Übergang zu Sex. Pompeius und 39 zu Antonius, dessen Flotte er 31 in Asia führte: Rs. von Münzen des Antonius D TVR (RRC Nr. 545); wegen Abholzens des hl. Hains von Kos auf Befehl Octavians hingerichtet: Val. Max. I 1, 19; Cass. Dio LI 8, 2–3; vgl. MRR II 367, III 210. 2005 IG II/III2 4115; vgl. S. 418, 445/2372. 2006 P. Vedius Pollio: Constitutio Vedi Pollionis (IvE 19 A VI, S. 212); Zollgesetz (EA 14, 1989, 109f.); Ehrungen (IGR IV 215, I. Didyma 146); Münzen mit dem Porträt Pollios (RPC I 2634f.); vgl. Kreiler, Statthalter, 199–202.– Cn. Pompeius Macer: Grabinschrift: I. Priene Nr. 247; Münze mit dem Porträt Macers (RPC Nr. 2687); vgl. Vf., Wie hieß der Sohn des Theophanes? Eine Studie zu den Pompei Macri im Anschluss an I. Priene Nr. 244 (neu), Epigraphica 80, 2018, 379–388.

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VI. Das Triumvirat a)

Vom Vertrag von Bononia bis zum Vertrag von Brundisium (Nov. 43– Okt. 40)

1.

Die Funktionen der künftigen Triumvirn im Jahr 43

M. Antonius, der junge Caesar und M. Aemilius Lepidus schlossen am 27. November 43 in Bononia ein Bündnis, das ihnen gestattete, fünf Jahre lang die Macht mit einem konsulähnlichen Imperium unter der Bezeichnung Triumviri Rei Publicae Constituendae auszuüben.2007 Es empfiehlt sich, die Funktionen der Triumvirn im Jahr 43 vor Abschluss des Triumvirats kurz zu skizzieren. M. Antonius begleitete Caesar auf allen Feldzügen: Er war 52 Quästor, 52–50 Legat Caesars in Gallien, 50 Volkstribun und Augur, 48/47 magister equitum, 44 Konsul.2008 Das Präskript eines Mitte April 43 im Senat verlesenen Schreibens lautet: ANTONIVS PRO CONSVLE.2009 Die Funktion pro cos. bezeichnet nicht das Kommando, das mit IMP ausgedrückt wurde, sondern dient zur Datierung ins Jahr 43. Cicero nennt für 43 durchwegs keine Amtsbezeichnung, weil Antonius seiner Meinung nach schon Ende 44 den COSTitel verwirkt hatte.2010 Durch ein Gesetz der Volksversammlung hatte Antonius Anfang Juni 44 im Tausch gegen Makedonien für fünf Jahre Gallia Cisalpina und Transalpina als provinciae erhalten. Antonius fungierte 43 auf der Basis dieses Gesetzes als imperator und außerdem 2007 RG Divi Augusti, Kap. 1 und 7; App. BC IV 2–3; Dio XLVI 54–56; vgl. MRR II 337. – Imperium: S. 389 mit A. 2056. 2008 Feldzüge [Aur. Vic.] 83, 1; q.: Cic. Phil. II 50; leg: Caes. BG VII 81; tr. pl./augur: Plut. Ant. 5, 1, mag. equ.: Plut. Ant. 8, 3. 2009 Cic. ad Brut. 5, 3; vgl. D. R. Shackleton Bailey, Letters to Quintus and Brutus, 2002, Brief Nr. 5. 2010 Cic. Phil. IV 9 (20. 12. 44): Quis illum igitur consulem nisi latrones putant?

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Das Triumvirat vom Vertrag von Bononia bis zum Vertrag von Brundisium (Nov. 43–Okt. 40)

als proconsul im Sinn von gewesener Konsul.2011 Dass er den Feldherrntitel führte, beweist sein heimliches nächtliches Verschwinden aus Rom im Feldherrnmantel im November 44.2012 Sein IMPTitel ist durch Münzen dokumentiert, die er wohl im September 43 prägen ließ, nachdem er im Mai sein Heer mit dem des Lepidus in Forum Iulii (heute Fréjus) vereinigt hatte und der neu gewählte Konsul Octavian Mitte August seine Ächtung aufgehoben hatte. Der IMPTitel kennzeichnet sein Kommando für die ihm vom Senat zugewiesenen Provinzen Gallia Cis- und Transalpina.2013 Hollstein behandelt die IMP-Münzen nicht, stellt aber einen Zusammenhang zwischen der nicht belegten ersten Akklamation und dem Mutinensischen Krieg her.2014 Es ist zu vermuten, dass sie nicht stattfand, weil der Imperator Antonius, wie oben gesagt, heimlich nächtens Rom verließ, das heißt, dass er das Sakrileg beging, die Auspizien nicht einzuholen; folglich wurde er vom Volk nicht akklamiert. Was den jungen Caesar betrifft, so sicherte ihm der Abschluss des Dreierbündnisses die Macht, die er seit August als Konsul besaß. Es empfiehlt sich ein kurzer Rückblick: Er war der Sohn des C. Octavius (pr. 61), wurde 47 mit 16 Jahren mit Hilfe Caesars, seines Großonkels, pontifex und augur.2015 Seinen Tatenbericht beginnt Augustus mit der Festellung, er habe sich mit 19 Jahren durch eigenen Entschluss und auf eigene Kosten ein Heer verschafft.2016 An dessen Spitze marschierte er kurz vor dem 20. 12. 44 als Proprätor (im Sinn eines privatus cum imperio pro praetore) an der Seite der beiden Konsuln A. Hirtius und C. Vibius gegen Antonius nach Gallia Cisalpina, um die Provinz gegen Antonius zu schützen.2017 Am 1. 1. 43 stellte Cice2011 Cic. Phil. I 8: remissis provinciis Galliis; Liv. per. 117, 3; App. BC III 30; vgl. MRR II 342; Matijević, Antonius, 134. 2012 Cic. Phil III 24: Quae vero profectio postea, quod iter paludati, quae vitatio oculorum, lucis, urbis, fori, quam misera fuga, quam foeda, quam turpis!; vgl. die Parallele Ende 218 im 2. Punischen Krieg: Liv. XXI 63, 6 (S. 94 mit A. 458.) 2013 RRC Nr. 488: Vs. M ANTON IMP – Rs. CAESAR DIC. – lituus: S. 280 mit A. 1465, S. 361 mit A. 1905. – Heere: App. BC III 84, 343–348. – Aufhebung der Ächtung: App. BC III 96, 397. 2014 W. Hollstein, Lokalisierung, 248 mit A. 20. 2015 Vater: Nic. Dam. Aug. 3; vgl. Vf. S. 307 – Pontifex: Nik. Dam. 4; Augur: Dio XLII 51, 3; vgl. MRR II 292f. und Zimmermann, D. Aug. 25. 2016 Aug. RG 1: Undeviginti annos natus exercitum privato consilio et privato impenso comparavi. 2017 Aug. r. g. 1: Res publica, ne quid detrimenti caperet, pro praetore simul cum consulibus providere iussit. – Cic. Phil. V 46 (1. 1. 43): … et quod C. Caesar pro praetore Galliae provinciae cum exercitu subsidio profectus… – Zum privatus cum imperio pro praetore s. S. 259 mit A. 1342.

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Die Funktionen der künftigen Triumvirn im Jahr 43

ro den Antrag, der Senat möge beschließen, dass der junge Caesar als Pontifex, Proprätor und Senator bestätigt werde und dass er das Rederecht im Rang eines Quästoriers haben soll. Er solle bei der Bewerbung um ein beliebiges Amt in der Weise berücksichtigt werden, wie es gemäß den Gesetzen gestattet sei, d. h. wie wenn er im Vorjahr Quästor gewesen wäre.2018 Im gleichen Sinn heißt es im Tatenbericht des Augustus, in den Periochae und bei Appian, dass der junge Caesar mit 19 Jahren als Privatmann Soldaten anwarb, vom Senat ein proprätorisches Imperium und die ornamenta consularia erhielt, die ihn dazu berechtigten, unter den Konsularen zu sprechen.2019 Der Anfang 43 unternommene Versuch der Senatsgesandten L. Piso (cos. 58) und L. Marcius Philippus (cos. 56), des Stiefvaters Octavians, eine Versöhnung mit M. Antonius herbeizuführen, scheiterte.2020 Aus dem Feriale Cumanum geht hervor, dass Octavian nach dem Sieg über Antonius bei Mutina am 16. April 43 zum ersten Mal imperator genannt wurde, das heißt, dass er zum ersten Mal vom Volk akklamiert wurde, und dass für ihn eine supplicatio zum Dank für das Gedeihen des Reiches beschlossen wurde.2021 Cicero stellt in der 14. Philippika am 21. April die rhetorische Frage, warum wir Senatoren den jungen Caesar nach diesem Beschluss nicht (ehrenhalber) imperator nennen sollen, da er doch als pro praetore und imperator sein Lager mit Umsicht und Achtsamkeit verteidigt habe.2022 Doch nach dem Tod der beiden Konsuln Hirtius und Pansa in der Schlacht vollzog Octavian in seiner Politik eine totale Kehrtwendung: Er warf dem Senat vor, er werde übergangen und alle Ehren würden auf D. 2018 Cic. Phil. V 46 (Fortsetzung v. Anm. 2017): … ob eas causas senatui placere C. Caesarem C. f., pontificem, pro praetore, senatorem esse sententiamque loco quaestorio dicere, eiusque rationem, quemcumque magistratum petet, ita haberi, ut haberi per leges liceret, si anno superiore quaestor fuisset. 2019 RG Aug. 1: Annos undeviginti natus exercitum privato consilio et privata impensa comparavi. – Liv. per. 118, 2: C. Caesar, qui privatus rei p. arma sumpserat, pro praetore imperium a senatu datum est cum consularibus ornamentis adiectumque ut senator esset. – App. BC III 51: ἐπίχρυσόν τε αὐτοῦ εἰκόνα τεθῆναι καὶ γνώμην αὐτὸν ἐσφέρειν ἐν τοῖς ὑπατικοῖς ἤδη. 2020 Cic. Phil. VIII 28: Vobis (sc. L. Pisoni et L. Philippo) nihil tribuit clarissimis viris legatis populi Romani; vgl. S. 312/1619. 2021 ILS 108: Feriale Cumanum, Z. 16: XVI. K. Mai. [eo die Caesar primum imperator app]ellatus est. Supplicatio Felicitati Imperii.; vgl. MRR II 345; Combès, Imperator, 91. 2022 Cic. Phil. XIV 11: Etenim cui viginti his annis supplicatio decreta est, ut non imperator appellaretur aut minimis rebus gestis aut plerumque nullis? 25: Quid? Caesarem, deorum beneficio rei publicae procreatum dubitemne appellare imperatorem? – XIV 37: cumque C. Caesar pro praetore, imperator consilio diligentiaque sua castra feliciter defenderit; vgl. Combès 77.

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Das Triumvirat vom Vertrag von Bononia bis zum Vertrag von Brundisium (Nov. 43–Okt. 40)

Brutus gehäuft. In Wahrheit strebte er bald nach Mutina den Anschluss an Antonius und Lepidus an. Nach Appian ging er sogar so weit, den von Cicero geführten Senat zu beschuldigen, er kooperiere mit den Caesarmördern und beabsichtige, die Caesarianer einen nach dem anderen zu beseitigen.2023 Unter diesem Vorwand marschierte er drei Monate nach Mutina mit seinen Legionen auf Rom zu und erzwang als Usurpator, gerade mal 20 Jahre alt, am 19.8. seine Wahl zum Konsul zusammen mit dem Caesarianer Q. Pedius. Dann betrat er die Stadt als Konsul und vollzog die vorgeschriebenen Opferhandlungen; es sollen wie bei der Gründung Roms zwölf Geier gesichtet worden sein. Nach den Opfern ließ sich Octavian die Adoption durch seinen Vater vom Volk gemäß der lex curiata ratifizieren. Es ist anzunehmen, dass er entgegen Schuhmacher nicht 40, sondern bereits im August 43 bei seinem Auszug aus Rom zum zweiten Mal akklamiert wurde.2024 In den Monaten bis zum Abschluss des Triumvirats prägte Octavian in Gallien Denare und Aurei mit seinem Porträt und den Legenden C CAESAR COS PONT AVG bzw. C CAESAR IMP auf dem Avers.2025 Die Priesterämter pontifex und augur spielen vermutlich auf die Auspizien an, die er in Rom als gewählter Konsul eingeholt hatte. Der einfache IMPTitel dürfte auf der nicht belegten 2. Akklamation im August 43 basieren. Er wurde nicht iteriert, weil das erste Kommmando Octavians im April 43 kein selbstständiges war. Der Dritte im Bund des Triumvirats war M. Aemilius Lepidus (cos. 46), der Sohn des gleichnamigen Konsuls von 78.2026 Der laut Velleius unbedeutende Mann ohne virtus verdankte seine Aufnahme in das Bündnis seinem Kommando in Hispania Citerior und Gallia Narbonensis, die er mit sieben Legionen beherrschte. Im Mai 43 vereinigte er seine Streitmacht mit dem Heer des Antonius.2027 Er richtete als IMP II ein Schreiben an Cicero und eines an den Senat.2028 Sein Name erscheint auf Denaren und Qui2023 Dio XLVI 40, 1; 43, 6; D. Brutus: S. 359 mit A. 1890ff. – Vorwürfe Octavians: App. BC III 86, 356. 2024 App. BC III 94, 388: ἐς τὴν πόλιιαὖθις ὡς ὕπατος ἐσῄει, καὶ ἔθυε, δώδεκά οἱ γυπῶν φανέντων; s. auch. Dio XLVI 45, 2–3; vgl. MRR II 336 und K. Matijević, Marcus Antonius, 419ff., 441f. – Auszugsaupizien: S. 32 + A. 110. – zur 2. Akklamation nach Schumacher s. S. 391 mit A. 2073. 2025 RRC Nr. 490, 1 und 2. – Priesterämter pontifex und augur: vgl. S. 380 mit A. 2015 und RRC Nr. 493 (Vf. S. 386). 2026 Frühere Laufbahn des Lepidus: S. 346 – Gleichnamiger Vater: S. 279. 2027 Vell. II 80, 1: vir omnium vanissimus neque ulla virtute … – Zahl der Legionen und Vereinigung der Heere: S. 382 mit Anm. 2013; vgl. Matijević, M. Antonius 361. 2028 Cic. fam. X 34 und 36 im Mai 43; vgl. S. 346 mit A. 1810. – Matijević, 361, nennt Lepidus fälschlich ‚proconsul of Gallia Narbonensis‘.

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Prägungen nach dem Vertrag von Bononia

naren, auf deren Avers steht M ANTON COS bzw. M ANTON IMP, auf dem Revers M. LEPID COS IMP bzw. M LEPID IMP. Die Münzen wurden nach Crawford zwischen dem 30. 5. 43 und Anfang 42, als Lepidus anstelle des getöteten Verschwörers D. Iunius Brutus COS II wurde, in Lugdunum geprägt.2029 Der einfache IMPTitel bezeichnet das oben genannte zweite Kommando 43 in Gallia Narbonensis und Spanien; zu erwarten wäre der iterierte Imperatortitel, der aber auf römischen Münzen mit Ausnahme der Prägung Sullas in Athen erst 39 erscheint.2030

2.

Prägungen nach dem Vertrag von Bononia

Im Vertrag von Bononia schlossen die drei Machthaber M. Antonius, der junge Caesar und M. Aemilius Lepidus als tresviri rei publicae constituendae einen Dreibund, das sog. Triumvirat. Sie sicherten sich ein prokonsulähnliches Imperium zu, vereinbarten, die städtischen Magistrate selbst zu ernennen und zunächst die Provinzen im Westen unter sich aufzuteilen.2031 Sie bestimmten die Konsuln bis einschließlich 39 im Voraus, um über genügend Unterfeldherren, denen sie ein prokonsulares Imperium verliehen, zu verfügen.2032 Obwohl die Legaten der Triumvirn das ihnen übertragene Heer nicht unter eigenen Auspizien führten, fungierten sie wie unter dem Diktator Caesar als scheinbar selbstständige imperatores und erhielten auch die Erlaubnis zum Triumph. In der lateinischen Literatur wird der Terminus legatus für Konsulare mit Ausnahme des P. Ventidius vermieden, die griechischen Autoren bringen die Unterordnung meist explizit zum Ausdruck.2033 2029 RRC Nr. 489, 1–2; COS II Anfang 42: Dio XLVII 16, 1. – D. Brutus war seit Anfang 44 cos. des. für 42: Nik. Dam. 22, 77. 2030 Sulla: S. 253 mit A. 1301. – MAG PIVS IMP ITER (S. 387/2044) und M. PLANCVS IMP ITER (S. 407 mit A. 2145). 2031 App. BC IV 2–3; Dio XLVI 54–56; vgl. MRR II 337. – Konsulähnliches Imperium: S. 389 mit A. 2056; vgl. S. 43 mit A. 188. 2032 App. BC IV 2, 7. – Das prokonsulare Imperium der Unterfeldherren war ein sekundäres: Vgl. S. 43 mit A. 188f. 2033 P. Ventidius Antonii legatus: Liv. per. 127, 1; Florus II 19, 5. – Σόσσιος Ἀντονίου στρατηγός: Plut. Ant. 34, 10. – Σέξστιος ὕπαρχος Ἀντονίου: App. BC V 26, 102. – Dio XLVIII 42, 1: τῆς Ἰβερίας τῷ Καίσαρι προστεταγμένης … αἱ τιμαὶ τοῖς ὑποστρατηγοῦσι σφισιν ἐγιγνοντο. – Zur Problematik s. MRR II 369/1, Vervaet, HC, 247f., Drogula, CC 353.

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Das Triumvirat vom Vertrag von Bononia bis zum Vertrag von Brundisium (Nov. 43–Okt. 40)

Anlässlich des Vertrags von Bononia wurden Ende 43 nach Crawford in Gallia Cisalpina von Antonius und Octavian schöne Goldmünzen geprägt. Sie stammen aber wahrscheinlich aus der Münzstätte auf dem Ianiculum.2034 Auf dem Avers einer Serie steht M ANTONIVS IIIVIR RPC, auf dem Revers C CAESAR IIIVIR RPC (RRC Nr. 492, 1) bzw. M LEPIDVS IIIVIR RPC (Nr. 492, 2). Der Avers einer anderen Serie zeigt die Legende C CAESAR IMP IIIVIR RPC PONT AVG, auf dem Revers steht M ANTONIVS IMP IIIVIR RPC AVG (Nr. 493). Zu den schönsten Prägungen der Triumvirn gehören die Aurei und Denare, auf deren Avers LEPIDVS PONT MAX 2035 IIIVIR RPC steht, die Reverslegende lautet: C CAESAR IMP IIIVIR RPC (Nr. 495, 2). Sie wurden nach Crawford Ende 43/Anfang 42 aus dem Erlös der Proskriptionen zur Finanzierung des Feldzugs gegen die Caesarmörder geprägt. Im Sommer 42 setzten die beiden Triumvirn mit einer großen Armee nach Griechenland über.2036 Da Triumphe im Bürgerkrieg nicht gefeiert wurden, musste sich Octavian nach seiner Rückkehr mit einer ovatio begnügen, während Antonius im Osten blieb.2037

3.

Italien

3.1

Die Seeherrschaft des Sex. Pompeius (Ende 43–Sommer 39)

Gemäß dem Vertrag von Bononia übernahm Octavian Sizilien.2038 Diese Provinz war befriedet und wurde seit Anfang 44 von dem noch von Caesar entsandten (A.) Pompeius Bithynicus in der Funktion eines pr. pro cos. verwaltet.2039 Als Sex. Pompeius, der jüngere Sohn des Magnus, erfuhr, dass Octavian durch die Bildung des Triumvirats die Inseln des Thyrrhenischen 2034 RRC Nr. 492–495 (v. supra). – Geldspeicher auf dem Ianiculum i. J. 43: App. BC IV 91. 94; vgl. S. 361 mit A. 1905. 2035 Lepidus wurde pontifex maximus nach Caesars Tod mit Hilfe des Konsuls M. Antonius: Dio XLIV 53, 6. 2036 Plut. Ant. 21, 4: ὡς δὲ οὐδὲν ἦν ἱκανὸν Ἀντωνίῳ, Καῖσαρ ἠξίωσε νείμασθαι τὰ χρήματα πρὸς αὐτόν. ἐνείμαντο δὲ καὶ τὸν στρατόν, ἐπὶ Βροῦτον καὶ Κάσσιον εἰς Μακεδονίαν στρατεύοντες ἀμφότεροι, Λεπίδῳ δὲ τὴν Ῥώμην ἐπέτρεψαν. 2037 Suet. Aug. 22: bis ovans ingressus est urbem, post Philippense et rursus post Siculum bellum. – Bürgerkrieg: S. 225/1154. 2038 App. BC IV 2, 7; Dio XLVI 55, 4; vgl. Kreiler, Statthalter, 114. 2039 Cic. fam. VI 16f.; XVI 20, 1 (Juni 44); vgl. MRR II 329 (Jahr 44), 348 (Jahr 43).

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Italien

Meeres zugefallen waren und dass sein Name ungerechtfertigt auf der Proskriptionsliste stand, traf er Vorbereitungen zum Krieg. Um einen festen Stützpunkt zu erlangen, eroberte er Ende 43 Sizilien mit der Flotte, deren Kommando er widerrechtlich behielt.2040 Die von ihm ausgeübte Seeherrschaft dokumentierte Sextus mit Aurei und Denaren, auf deren Avers sein Kopf und die Umschrift MAG PIVS IMP ITER abgebildet ist, der Revers zeigt die Porträts seines Vaters und seines Bruders Gneius, die beide tot waren, sowie die Legende PRAEF CLAS ET ORAE MARIT EX SC.2041 Den Titel praefectus classis et orae maritimae sowie ein imperium proconsulare hatte Sextus nach Caesars Tod durch den Einfluss des Antonius vom Senat erhalten.2042 Zum ersten Mal als Imperator fungierte er 45/44 in Südspanien im Kampf gegen die Generäle Caesars, C. Carrinas und C. Asinius Pollio. Das Kommando ist durch Bronzen mit der Legende MAGNVS PIVS IMP F und durch Schleuderbleie bezeugt.2043 Den Titel praefectus classis et orae maitimae führte Sextus nach Caesars Tod, als er vom Senat eine hohe Entschädigung für das väterliche Vermögen erhielt, den iterierten IMPTitel ab 39 nach der Anerkennung seiner Herrschaft im Vertrag von Misenum; er bezeichnet die Kommanden in Spanien und Sizilien.2044 Als er wiederholt die Küsten Italiens heimsuchte und es in Rom wegen der folgenden Hungersnot viele Tote zu beklagen gab, entsandte Octavian eine große Flotte nach Rhegion unter der Führung des homo novus Q. Salvidienus Rufus (cos. des. für 39), eines Jugendfreunds Octavians, der ihm im Herbst 43 zu einem schnellen Aufstieg vom Ritter zum designierten Konsul für 39 verholfen hatte.2045 Er wurde von Q. Nasidius, dem Flottenführer des Sextus, im Herbst 42 in der Straße von Messana in einem Seegefecht besiegt.2046 Nach den Periochae fungierte Salvidienus als legatus Caesaris, Cassius Dio

2040 App. BC IV 84, 352–354; Dio XLVIII 17, 5–6; Liv. per. 123, 1: Sex. Pompeius Magni filius … diu sine ulla loci cuiusquam possessione praedatus in mari Messanam, oppidum in Sicilia, primum, dein totam provinciam occupavit occisoque Pompeio Bithynico praetore; vgl. Kreiler, Statthalter, 114f. 2041 RRC Nr. 511: zwischen 42 und 40 v. Chr; s. jedoch oben Z. 18–20. 2042 Cic. Phil. XIII 12f.; App. BC IV 84; vgl. Kreiler, Statthalter, 116. 2043 IMP in Spanien: RPC Nr. 487; vgl. die Schleuderbleie des Sextus bei der Verteidigung Mundas: S. 340 mit A. 1772. 2044 PRAEF CLASS: Cic. Phil. 13, 12. – MAG PIVS IMP ITER: M. v. Bahrfeldt, Goldprägungen, 1922, Nr. 87; RPC Nr. 847. 2045 Homo novus: NMRS Nr. 374; Aufstieg: Suet. Aug. 66, 1; Dio XLVIII 33, 2–3; Designation: App. BC IV 2, 7. 2046 Dio XLVIII 18, 2; vgl. Münzen des Sextus mit NEPTVNI f. und dem Kopf des Pompeius Magnus: RRC Nr. 483, 1.

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Das Triumvirat vom Vertrag von Bononia bis zum Vertrag von Brundisium (Nov. 43–Okt. 40)

und Appian nennen nur seinen Namen.2047 Südlich von Rhegion wurden zahlreiche Schleuderbleie gefunden, mit der Aufschrift: Q SAL IM und dem fulmen alatum.2048 Die Bleie mit dem IMPTitel wurden logischerweise vor dem Kampf hergestellt, das IM(P) kann also entgegen Broughton nicht durch eine militärische Akklamation generiert worden sein. Der IMPTitel ist vielmehr der Kommandotitel, der das sekundäre prokonsulare Imperium kennzeichnet, das der Unterfeldherr Octavians aufgrund seiner Designierung zum Konsul für 39 hatte.2049 Die Seeherrschaft des Sex. Pompeius wurde im Vertrag von Misenum im August 39 von den Triumvirn anerkannt.2050 3.2

Die Prägung für M. Antonius Anfang 41

Wahrscheinlich Anfang 41 wurden drei verschiedene Serien von Aurei und Denaren mit dem Porträt des Antonius und der Legende M ANT IMP AVG IIIVIR RPC M BARBAT Q P (bzw. L GELL Q P und M NERVA PRO Q P) auf dem Avers aufgelegt. Der Revers zweier Serien zeigt das Porträt Octavians mit der Legende CAESAR IMP PONT IIIVIR RPC.2051 Den drei verschiedenen Typengruppen ordnete Haymann drei Prägestätten zu, die Serien des Barbatius sollen in Ephesos hergestellt worden sein, die des L. Gellius in Italien und die Nerva-Gruppe zuerst in Ephesos und anschließend in Italien. Nach Haymann wurden Nerva und Barbatius in Kleinasien eingesetzt, Gellius in Italien.2052 Entgegen Haymann ist das P nach Q nicht als Abkürzung für pro pr. zu lesen2053, sondern als P(raefectus) im Sinn von ‚Stellvertreter des Statthalters‘. Wahrscheinlich war M. Cocceius Nerva (cos. 36) in Asia tätig, L. Gellius Publicola (cos. 36) in Grie-

2047 Liv. per. 123, 1: Sex. Pompeius … Q. Salvidienum, legatum Caesaris, navali proelio vicit. – Appian und Dio: S. 384/2024. 2048 Bleie: CIL X 8338. 2049 IMPTitel auf Bleien: MRR II 366. – Vorrangstellung des cos. des. im Senat: App. BC II 5, 18; vgl. Kunkel, StO, 314. 2050 Datierung: H. Halfmann, Marcus Antonius, 2011, 135. 2051 RRC Nr. 517, 1–8. 2052 F. Haymann, Der Perusinische Krieg und die Münzen für M. Antonius im Jahr 41, 2016, 215–229, bes. 224–228. 2053 Haymann (s. o.) 222. – Die Lesung P(raefectus) ergibt sich aus DCP (deducendae coloniae praefectus): Vf. S. 393 + A. 2082.

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Italien

chenland und M. Barbatius Pollio in Bithynien; er überwarf sich mit Antonius und kehrte im Sommer 41 nach Italien zurück.2054 Die Nomenklatur des M. Antonius fehlt auf den Bronzen und Assen, die von ihm nach der Schlacht bei Philippi und von seinem Legaten L. Sempronius Atratinus 40 vor Brundisium vermutlich in der Troas geprägt wurden.2055 Vergleicht man sie mit den Gold- und Silbermünzen, auf denen die volle Titulatur des Triumvirn M. Antonius steht (v. supra), so kommt man zu dem Ergebnis, dass diese aus der Hauptstadt stammen, weil die Triumvirn ein konsulähnliches Imperium hatten, das von Rom aus wirkte.2056 Folglich dürften die Aurei und Denare in der Münzstätte auf dem Janiculum geprägt worden sein. Die Quästoren des Antonius wurden Anfang 41 als Präfekten in den griechischen Osten entsandt.2057 3.3

Der Perusinische Krieg (Sommer 41–Anfang 40)

Die Kontrahenten im Perusinischen Krieg waren Octavian, dem nach den Vereinbarungen von Philippi Italien zugefallen war2058, und L. Antonius, der Anfang 41 das Konsulat antrat und gleichzeitig ex Alpibus triumphierte. Die Nerva-Serie der oben beschriebenen Aurei und Denare zeigt auf dem Revers das Porträt des amtierenden Konsuls und die Umschrift L ANTONIVS COS. Er hatte gegenüber seinem Bruder, dem Triumvir M. Antonius, eine untergeordnete Stellung.2059 L. Antonius gehörte im Perusinischen Krieg zu den Legaten (στρατηγοί) seines Bruders Marcus.2060 Der Konflikt entzündete sich im Sommer 41 an den Landenteignungen, die Antonius und Octavian zu Gunsten ihrer Veteranen auf Kosten der italischen Mittelklasse (Oberschicht der Landstädte) angeordnet hatten.2061 Auf Betreiben 2054 Provinzzuweisungen: Kreiler, Statthalter: Nerva 184f.; Gellius 144f.; Barbatius 176, Rückkehr: App. V 31, 120. 2055 Philippi: RPC Nr. 1646. – Atratinus: RPC Nr. 2226; vgl. S. 398 mit A. 2109. 2056 Konsulähnliches Imperium der Triumvirn: App. BC IV 2, 4–7: ἀρχὴ ἰσον ἰσχούσαν ὑπάτοις; vgl. S. 43 mit A. 188, S. 385 mit A. 2031. 2057 Ianiculum: S. 386 mit A. 2034 – Präfekt: S. 383 mit A. 2053. 2058 App. BC V 14, 46; vgl. Kreiler, Statthalter, 44. 2059 Münzen: RRC Nr. 517, 4–5; vgl. Haymann (s. o.) 227f. – Triumph: Inscr. Ital. 13,1, 86f.; vgl. MRR II 370. – Übergeordnete Stellung der Triumvirn: fasti consulares von 37: Inscr. Ital. 13, 1, 58f.; vgl. Kreiler, Statthalter, 35/101. 2060 App. BC V 31, 121; vgl. Kreiler, Statthalter, 35 und M. C. Ferriès, Les Partisans d’Antoine, 2007, Nr. 9. 2061 Dio XLVIII 5, 1–3; vgl. J. M. Roddaz, Lucius Antonius, Historia 37, 1988, 318ff.

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Das Triumvirat vom Vertrag von Bononia bis zum Vertrag von Brundisium (Nov. 43–Okt. 40)

Fulvias, der Frau des M. Antonius, erklärte der Konsul L. Antonius dem Triumvir Octavian den Krieg. Zu seinen Anhängern zählten die enteigneten Landbesitzer. Lucius vertrieb den Triumvir Lepidus aus der Stadt, der im Vorjahr als Konsul von seinen Kollegen mit dem Schutz Roms beauftragt worden war.2062 Als Lucius erfuhr, dass der aus Philippi zurückkehrende Octavian sich Rom näherte, verließ er dem Bericht Dios zufolge noch vor dessen Ankunft heimlich die Stadt, nachdem er einen Beschluss durchgebracht hatte, der ihn ermächtigte, wie zu einem Krieg ins Feld zu ziehen. Er hielt im Soldatenkleid, d. h. als Imperator, eine Rede ans Volk, was noch in Rom niemand getan hatte.2063 Appian schildert den Vorgang etwas anders, nämlich dass Lucius nach der Flucht des Lepidus zu Octavian eine Ansprache an die Römer hielt und prophezeite, dass Octavian und Lepidus wegen ihrer Gewaltherrschaft gerichtlich belangt würden, wohingegen sein Bruder beabsichtige, freiwillig auf die Teilhabe an dem Dreibund zu verzichten und dafür das Konsulat einzutauschen. Über seine Worte seien alle entzückt gewesen und hätten sich der Hoffnung hingegeben, das Triumvirat würde bald aufgelöst. Das Volk habe Lucius zum Imperator ausgerufen, der sodann gegen Octavian marschiert sei, wobei er ein neues Heer aus den von seinem Bruder besiedelten Städten gesammelt hätte.2064 Combès meinte, die Akklamation falle in eine Zeit der Wirren, in der sich der Kampf zwischen Antonius und Octavian ankündigte, und es liege deshalb eher ein Missbrauch des Lucius als ein legales Verfahren zu Grunde.2065 Es ist zwar in Rechnung zu stellen, dass Lucius als Konsul ein imperium militiae hatte, das nach wie vor für Italien galt.2066 Doch aus dem oben zitierten Paralleltext Dios geht hervor, dass er vor dem Verlassen Roms einen Beschluss in der Volksversammlung durchbrachte, der ihn ermächtigte, gegen Octavian wie zu einem Krieg ins Feld zu ziehen.2067 Die auf diesem Beschluss basierende Akklamation durch seine Anhänger kann nicht legal gewesen sein, 2062 Liv. per. 125, 3: L. Antonius cos. … eadem Fulvia consiliante bellum Caesari intulit. Receptis in partes suas populis quorum agri veteranis adsignati erant, et M. Lepido, qui custodiae urbis cum exercitu praeerat, fuso hostiliter in urbem inrupit. 2063 Dio XLVIII 13, 5: μαθὼν οὖν τοὖτο ὁ Λούκιος προῡπεξῆλθε, διαπραξάμενος ψηφίσθῆναί οἱ ὡς ἐπὶ πολέμῳ τινὶ ἐκστρατεῦσαι. Καὶ ἔν γε τῇ στρατιωτικῇ σκευῇ ἐδημηγόρσεν, ὃ ἄλλος ἐπεποικήκαει. 2064 App. BC V 31, 119: καὶ ὁ μὲν τάδε εἰπών, ἡδομένων ἁπάντων καὶ ἡγουμένων ἤδη λελύσθαι τὴν τῶν τριῶν ἀρχήν, αὐτοκράτωρ ὑπὸ τοῦ δήμου προσαγορευθεὶς ἐπὶ τὸν Καίσαρα ἐχώρει καὶ στρατὸν ἤθροιζεν ἄλλον ἐκ τῶν ἀποικίδων Ἀντωνίου πόλεων. 2065 Combès, Imperator, 75f. 2066 Girardet, Entmachtung, 91ff. 2067 E. Gabba, Appiani Bellorum Civilium Liber Quintus, 1969, 59f.; vgl. Dio XLVIII 13, 5 (Zitat: Anm. 2063).

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Italien

denn die Konsuln hatten seit dem Vertrag von Bononia gegenüber den Triumvirn eine untergeordnete Stellung.2068 Lucius konnte den Krieg nicht gewinnen, weil er sich teilweise auf die Truppen seines Bruders stützte, die auf Seiten der begünstigten Veteranen standen.2069 Octavian ließ ihn im Herbst 41 durch seinen für 39 zum Konsul designierten Unterfeldherrn Q. Salvidienus Rufus in Perusia einschließen; dieser zwang Lucius durch Aushungern im Februar 40 zur Übergabe. Octavian begnadigte ihn samt seinen Soldaten.2070 Von der Belagerung zeugen Schleuderbleie mit Graffitis, auf denen die Truppen der beiden Heere den Befehlshaber des Gegners auf üble Weise verunglimpften; die Bleie des Q. Salvidiens Rufus tragen die Aufschrift RVFVS IMP.2071 Octavian ließ die Stadt nach der Einnahme plündern und die zahlreichen nach Perusia geflohenen Sympathisanten der Caesarmörder einschließlich der Honoratioren erbarmungslos niedermachen.2072 Da das bellum Perusinum ein Bürgerkrieg war, musste Octavian auf einen förmlichen Triumph verzichten. Er feierte aber eine ovatio, weil er nach dem Krieg Frieden mit seinem Amtskollegen M. Antonius schloss. Schumacher führte die nicht belegte zweite Akklamation Octavians auf den Sieg des Salvidienus über L. Antonius zurück.2073 Eher fand sie bei seinem Auszug aus Rom in Richtung Gallien nach Erzwingen des Konsulats im August 43 statt, wie vor dem Vertrag von Bononia geprägte IMP-Münzen wahrscheinlich machen.2074 In den Triumphalfasten zum Okt./Nov. 40 v. Chr. steht zum ersten Mal der Titel: Imp. Caesar Divi f. C. f. Ihm wird am Ende der Arbeit ein gesondertes Kapitel (VI b 4) gewidmet.2075

2068 Untergeordnete Stellung der Konsuln gegenüber den Triumvirn: S. 389 mit A. 2059. 2069 App. BC V 28, 107; Dio XLVIII 7, 1–2; vgl. Roddaz, Lucius Antonius, 337f. 2070 Liv. per. 126: Caesar cum esset viginti annorum annos trium, obsessum in oppido Perusia. L. Antonium conatumque aliquotiens erumpere et repulsum fame coegit in deditionem venire ipsique et omnibus militibus eius ignovit. 2071 CIL XI 6721, 17; vgl. MRR II 374 und Ferriès, Partisans, Nr. 120. 2072 Liv. per. 126, 1: Perusiam diruit, redactisque in potestatem suam omnibus diversae partis exercitibus bellum citra ullum sanguinem confecit; vgl. H. Brandt, Octavian/Augustus – Totengräber und Friedensfürst, in Hölkeskamp, Romulus, 372. 2073 Inscr. Ital. 13, 1, 86f. Imp. Caesar Divi f. C. f. IIIvir r(ei) p(ublicae) c(onstituendae) ov[ans an. DCCXIII] /​ quod pacem cum M. Antonio fecit. – L. Schumacher, Die imperatorischen Akklamationen der Triumvirn, Historia 34, 1985, 199. 2074 Konsul: S. 384 mit A. 2024. – Münzen mit der Avers-Legende C CAESAR IMP: RRC Nr. 490; vgl. S. 384 mit A. 2025. 2075 Fasten: Zitat Anm. 2073; IMPTitel des jungen Caesar: S. 450ff.

391

Das Triumvirat vom Vertrag von Bononia bis zum Vertrag von Brundisium (Nov. 43–Okt. 40)

3.4

Die Gründung von Veteranenkolonien in den Jahren 41/40

Nach Abschluss des Vertrags von Bononia versprachen die Triumvirn ihren Soldaten, um sie anzustacheln, neben anderen Geschenken achtzehn italische Städte zur Ansiedlung, die sich durch Wohlstand und schöne Grundstücke auszeichneten; sie sollten wie Feindesland unter die Soldaten aufgeteilt werden. Die Bewohner der betroffenen Städte strömten im Sommer 41 scharenweise auf das Forum und in die Tempel, um die Ansiedlung von den neuen Herrschern ergebenen Mietlingen auf ihre Kosten zu beklagen. Die namhaftesten Orte waren Capua, Rhegion, Venusia, Benevent, Noceria, Ariminium und Hipponion.2076 Die Aufgabe in Beneventum erledigte für Antonius L. Munatius Plancus, wie ein Auszug aus seiner Grabinschrift bei Gaeta bekundet: agros divisit in Italia Beneventi.2077 An diese Aktion erinnern Goldmünzen des Antonius mit L PLANCVS PRO COS auf dem Revers. Plancus amtierte 41 im Bereich domi bei der Landverteilung als Prokonsul im Sinn eines Promagistrats, während er ab dem Herbst 40 in der von den Parthern besetzten Provinz Asia als Imperator Krieg führte.2078 Der Name des Antonius auf dem Avers und der des Plancus auf dem Revers lassen die untergeordnete Stellung des Prokonsuls gegenüber dem Triumvir erkennen. Er hatte das prokonsulare Imperium im November 43 in Bononia von Antonius erhalten, wie sich aus der Feststellung Dios ergibt, dass die drei Machthaber beschlossen, alle die Verwaltung und die Leitung des Staates betreffenden Angelegenheiten selbst zu erledigen, ob sie nun das Volk oder den Senat davon unterrichteten oder nicht, und dass sie die Ämter und die übrigen Ehren jedem, den sie wollten, verliehen.2079

4.

Die Provinzen Octavians: Sizilien, Sardinien, Hispania Ulterior, Africa

Octavian fielen gemäß dem Vertrag von Bononia Sizilien, Sardinien und Africa zu, er konnte Sizilien aber nicht übernehmen, weil es ihm Sextus Pompeius Ende 43 entriss. Dieser ließ es durch von ihm ernannte Prätoren 2076 App. BC IV 3, 12,; vgl. MRR II 357. 2077 Grabinschrift: ILS 886 (Zitat: S. 408/2149). 2078 Triumph: I. Ital. 13, 1, 86f.; PRO COS: RRC Nr. 522, 1–2; vgl. Hollstein, Lokalisierung, S. 250/32. – Asia: Vf. S. 407 mit A. 2145. 2079 Dio XLVI 55, 3: … τά ἄλλα πάντα, κἅν μηδὲν ὑπὲρ αὐτῶν μήτε τῷ δήμῳ μήτε τῇ βουλῇ κοινώσωσι, διοικεῖν, καὶ τὰς ἀρχὰς τάς τε ἄλλας τιμὰς οἷς ἄν ἐθελήσωσι διδόναι.

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Die Provinzen Octavians: Sicilien, Sardinien, Hispania Ulterior, Africa

verwalten, zuerst durch den proskribierten nobilis Cn. Cornelius Lentulus Cruscellio.2080 Auch in Sardinien amtierten gemäß dem Vertrag von Bononia Prätoren, als erster 43/42 der mit Octavian verwandte Prätor M. Atius Balbus (homo novus). Er prägte Bronzen mit seinem Porträt auf dem Avers und der Umschrift M ATIVS BALBVS PR.2081 Sein Nachfolger M. Lurius amtierte 42–40, gründete die Kolonie Turris-Libisonis und prägte ebenfalls Bronzen mit seinem Bild und der Legende MLDCP auf dem Avers.2082 Da Statthalterporträts sonst nicht abgebildet sind, ist anzunehmen, dass sie der Oberfeldherr Octavian genehmigt hat. Africa Nova beherrschte seit Mitte 45 der Imperator T. Sextius für Caesar, Africa Vetus vom Sommer 44 bis Herbst 42 der noch von Caesar ernannte und vom Senat entsandte Imperator Q. Cornificius; 46/45 war er Caesars Statthalter in Syrien gewesen.2083 Er wurde nach seiner Niederlage im Kampf gegen T. Sextius vom Legaten Octavians, dem homo novus C. Fuficius Fango (pr. ca. 43), abgelöst.2084 Sextius und Fango beherrschten 42/41 die beiden Africae, Appian nennt Sextius ὕπαρχος Ἀντωνίου und Fango ὕπαρχος Καίσαρος, das heißt, dass beide als Präfekten im Sinn von Unterfeldherren Antonius bzw. Octavian unterstellt waren; sie führten 41 gegeneinander Krieg. Sextus ist als IMP in Africa belegt, weil die Inschrift aus dem Amtsbereich domi stammt.2085 Was Spanien betrifft, so erhielt Lepidus bei der Machtübernahme der Triumvirn beide Provinzen.2086 Da er dazu ausersehen war, im nächsten Jahr das Konsulat zu bekleiden und in Rom bleiben musste, ließ er sie durch Legaten verwalten, musste dann aber nach den Vereinbarungen von Philippi ganz Spanien an Octavian abtreten.2087 Dieser wollte es übenehmen, doch konnte der von ihm Anfang 41 entsandte Unterfeldherr Q. Sal2080 App. BC IV 39, 164; vgl. MRR II 364, Kreiler, Statthalter, 116f. 2081 Sardinien: App. BC IV 2, 7. – Balbus: HN: NMRS Nr. 56; Münzen: RPC Nr. 625; vgl. Kreiler, Statthalter, 136f. (mit Abb.). 2082 RPC Nr. 622: M. L(urius) D(educendae) C(oloniae) P(raefectus); homo novus: NMRS Nr. 238. 2083 T. Sextius (pr. 46 ?) und Q. Cornificius (pr. 45); vgl. S. 360. – E. Rawson, The identity problems of Q. Cornificius, CQ 72, 1978, 196f. – MRR II 327, 330 (J. 44), 345, 349 (J. 43), 360f., 363 (J. 42). – 46/45 in Syrien: Cic. fam. XII 19,1. 2084 Machtkampf: i. J. 43/42: App. BC IV 53–56; Dio XLVIII 21, 5–6; i. J. 42/41: Dio XLVIII 22, 1–6; App. BC V 12 und 26; vgl. MRR II 363, 373f., 382f.; Kreiler, Statthalter, 92–99. – Fuficius Fango, homo novus: NMRS, Nr. 182. 2085 App. BC V 26, 102; ὕπαρχος: Mason, Greek Terms, 95, 2; ILS 1945 s. Zitat: S. 360/1901; zu domi vgl. S. 395 + A. 2094 2086 App. BC IV 2, 7; Dio XLVI 55, 4; vgl. MRR II 337. 2087 Legaten: App. BC IV 3, 9; Abtretung: Dio XLVIII 1, 3; vgl. Kreiler, Statthalter, 69.

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Das Triumvirat vom Vertrag von Bononia bis zum Vertrag von Brundisium (Nov. 43–Okt. 40)

vidineus Rufus nicht ins diesseitge Spanien gelangen, weil die Generäle des M. Antonius, Q. Fufius Calenus und P. Ventidus Bassus, die Alpenpässe sperrten.2088 Ins jenseitige Spanien schickte Octavian Anfang 41 C. Carrinas (cos. 43), der dort 45 im Auftrag Caesars gegen die Pompeianer gekämpft hatte. Da Carrinas das Kommando in Spanien vor dem Vertrag von Brundisium führte, ist er nicht als Imperator belegt. Appian umschreibt seine Funktion mit dem Ausdruck Καρρίνᾳ τῷ τὴν Ἰβερίαν ἐπιτροπεύοντι τῷ Καίαρι, d. h. Carrinas, dem Verwalter Spaniens für (den jungen) Caesar.2089 Im Frühjahr 40 übernahm Octavian kampflos die im jenseitigen Gallien dislozierten elf Legionen des M. Antonius, mit denen dessen Unterfeldherr Q. Fufius Calenus bis zu seinem Tod im Frühjahr 40 außer Gallien auch das diesseitige Spanien beherrschte.2090 Dorthin ritt im Frühjahr 40 im Auftrag des Volkes der jüngere L. Cornelius Balbus, der 44–43 Asinius Pollio in Hispania Ulterior als Quästor gedient hatte.2091 Balbus wurde auf Geheiß des Volkes nach Spanien stellvertretend für einen Konsular als proprätorischer Legat des Triumvirn Octavian entsandt, wie der Revers von dessen in Rom geprägten Münzen mit der Legende BALBVS PRO PR POPVL(I) IVSSV beweist.2092 Mitte 40 vertraute Octavian dem von ihm nach dem Perusinischen Krieg begnadigten Konsular L. Antonius die beiden spanischen Provinzen an. Der Triumvir musste wahrscheinlich auf seinen früheren Gegner zurückgreifen, weil für die beiden spanischen Provinzen kein anderer Konsular zur Verfügung stand. L. Antonius ist analog zu Carrinas nicht als Imperator belegt, weil keine Inschriften oder Münzen aus dem Amtsbereich domi überliefert sind. Die Unterkommandierenden (T.) Peducaeus (cos. 35) und Lucius, mit dem wahrscheinlich der jüngere L. Cornelius Balbus gemeint ist, sollten L. Antonius zur Seite stehen und ihn überwachen. Appian nennt sie

2088 Dio XLVIII 10, 1 (Zitat S. 396/2103) 2089 App. BC V 26, 103: Βόκχον δὲ τὸν Μαυρουσίων βασιλέα Λεύκιος ἔπεισε πολεμεὶν Καρρίνᾳ τῷ τὴν Ἰβερίαν ἐπιτροπεύοντι τῷ Καίαρι. 2090 App. BC V 51, 215: καὶ ὁ Καῖσαρ, ὡς ἐς ἀμφότερα πρόφασιν εὑρών, ᾔει καὶ παρελάμβανε τόν τε στρατὸν καὶ τὴν Κελτικὴν ἐπ᾽ αὐτῷ καὶ Ἰβηρίαν, καὶ τάσδε οὔσας ὑπὸ Ἀντωνίῳ, Φουφίου τοῦ παιδὸς Καληνοῦ καταπλαγέντος τε αὐτὸν καὶ παραδόντος ἅπαντα ἀμαχεί.; vgl. Dio XLVIII 20, 3; MRR II 373; Kreiler, Statthalter, 45; Fufius Calenus: Vf. S. 349f. 2091 Quästor: S. 438. mit A. 2329. 2092 RRC Nr. 518,1–2; der Revers 518/2 zeigt einen galoppierenden Reiter mit der Legende POPVL(I) IVSSV; s. S. 438/2331.

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Die Provinzen Octavians: Sicilien, Sardinien, Hispania Ulterior, Africa

ὑποστρατηγούντες, Cassius Dio die Unterfeldherren Caesars in Spanien übereinstimmend ὑποστράτηγοι.2093 Nach dem Tod des Fufius Calenus entsandte Octavian im Frühjahr 40 Q. Salvidienus Rufus ins jenseitige Gallien: Auf dem Revers von in Rom geprägten Münzen des Triumvirn Octavian sind die Umschrift Q SALVIVS IMP COS DES und der Blitz (fulmen) abgebildet. Der IMPTitel steht auf den Münzen und in einer Inschrift des T. Sextius (v. supra), weil diese Quellen aus dem Amtsbereich domi stammen.2094 Der des Salvidienus bezeichnet sein prokonsulares Kommando im jenseitigen Gallien. In Africa löste der auf Vermittlung Octavians rehabilitierte Triumvir M. Aemilius Lepidus im Juli 40 T. Sextius ab; er übernahm als Legat Octavians die sechs verdächtigsten Legionen des Antonius.2095 Wahrscheinlich kurz vor seinem Aufbruch prägte Lepidus in Rom Aurei und Denare mit seinem Bild und der Legende LEPIDVS PONT MAX IIIVIR RPC auf dem Avers sowie dem Bild Octavians und der Umschrift C CAESAR IMP IIIVIR RPC auf dem Revers.2096 Wahrscheinlich aus Karthago kommt hingegen eine ca. 40 datierende Provinzialprägung von schlechter Qualität mit dem Namen von drei Sufeten sowie zwei männlichen Porträts auf dem Avers und dem Venustempel mit der Abkürzung KAR auf dem Revers. Dargestellt sind im Profil vorne Lepidus und dahinter Octavian.2097 Deren Titulatur fehlt, weil sie nur auf stadtrömischen Münzen erscheint. Das triumvirale Imperium war, wie gesagt, ein konsulähnliches, das von Rom aus ausgeübt wurde.

2093 App. BC V 54, 229: ὑποστρατηγούντων αὐτῷ τῶν νῦν ἡγουμένων αὐτῆς Πεδουκαίον τε καὶ Λευκίου; zur Identifizierung des Lucius und des Peducaeus s. Kreiler, Statthalter 70, 72f. – Cass. Dio XLIII 42, 1: Zitat S. 348 mit A. 1824. 2094 Crawford, RPC Nr. 523, nennt Italien als Prägeort zum cos. des. s. S. 391; zu T. Sextius s. S. 360 mit A. 1901. 2095 Rehabilitierung: App. BC V 12; Entsendung: App. BC V 53, 223: ὁ δὲ Καὶσαρ … διέπεμπεν … Λέπιδον ἐς τὴν ἐψηφισμένην αὐτῷ Λιβύην, ἀγοντα τῶν Ἀντωνίου τελῶντὰ ὑποτότατα ἓξ. – Termin: Freyburger – Roddaz, Dion Cassius, Livres 48 et 49, 1994, 81/209; T. Sextius: Vf. S. 361 mit A. 1908. 2096 Bahrfeldt, Goldmünzen S. 74, und Grueber, BMC II 529, Nr. 79, datieren 40, Crawford (RRC Nr. 495, 2) hingegen 42 vor dem Feldzug gegen die Caesarmörder. – pontifex maximus: S. 386 mit A. 2035. 2097 RPC Nr. 624 ergänzt KAR(ALIS); vgl. Kreiler, Statthalter, 100f.

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Das Triumvirat vom Vertrag von Bononia bis zum Vertrag von Brundisium (Nov. 43–Okt. 40)

5.

Die Provinzen des Antonius

5.1

Im Westen: Gallia Cis- und Translpina, Gallia Narbonensis und Hispania Citerior (ab Herbst 42)

M. Antonius erhielt im Vertrag von Bononia ganz Gallien mit Ausnahme der Narbonensis.2098 In Gallia Cisalpina führte wahrscheinlich 43/42 sein Bruder Lucius das Kommando, wie sich aus Ciceros Bemerkung Parmam diremptam L. Antonium Alpes occupasse in Verbindung mit dessen Triumph ex Alpibus erschließen lässt.2099 Sein Nachfolger wurde Anfang 41 der für 40 zum Konsul designierte C. Asinius Pollio. Der spätantike Autor Servius berichtet in seinem Kommentar zu Vergils 3. und 4. Ekloge, dass Pollio zu dieser Zeit Gallia Cisalpina, die im Vorjahr in das römische Brügerland eingegliedert worden war, beherrschte und in der Transpadana die Kommission für Landverteilung leitete.2100 Er führte das Heer nach Servius als Anführer des Germanici exercitus – Germanien reichte nach römischer Aufassung bis an die Alpen –, aber nicht als der für Dalmatien festgesetzte Prokonsul, sondern als Imperator und eroberte Salona.2101 Nach der Niederlage des L. Antonius im Perusinischen Krieg zwang Octavian im Frühjahr 40 Pollio, die Transpadana zu verlassen und setzte den homo novus P. Alfenus Varus (cos. 39) als Leiter der Kommission für Landverteilung ein.2102 Die elf Legionen des M. Antonius, die Fufius Calenus (cos. 47) Ende 42 von Italien nach Gallien geführt hatte, wurden von ihm und dem Konsular P. Ventidius Bassus (cos. 43) kommandiert. Dio nennt beide umschreibend die Beherrscher Galliens jenseits der Alpen.2103 Nach dem Abzug des Venti-

2098 Dio XLVI 55, 1–4; App. BC IV 2, 7. – G. Narb. und Hisp. Cit. waren bis Herbst 42 Lepidus unterstellt: Dio XLVIII 1, 3. 2099 Cic. fam. X 31, 4 (Mai/Juni 43); Triumph: Inscr. Ital. 13,1, 86f.; vgl. S. 421. 2100 Servius zu Ekl. 2, 1: Pollio eo tempore Transpadanam Italiae partem tenebat et agris praeerat dividendis; vgl. S. 408f. mit A. 2151. 2101 Ser. praef. ecl. 4: Pollio pro consule Dalmatiae constitutus; zu Ekl. 4, 1: Asinius Pollio ductor Germanici exercitus, cum post captam Salonam, Dalmatiae civitatem, lauream meruisset …; vgl. Kreiler, Statthalter, 38. 2102 Vgl. S. 424f. 2103 11 Legionen: App. BC V 24, 95; vgl. S. 429 mit A. 2285. – Funktion des Fufius und Ventidius: Dio XLVIII 10, 1: καὶ προσέτι ὑπὸ τοῦ Καλήνου τοῦ τε Οὐεντιδίου τὴν Γαλατίαν τὴν ὑπὲρ τὰς Ἄλπεις ἐχόντων …; vgl. S. 394 mit A. 2088.

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Die Provinzen des Antonius

dius nach Italien Mitte 41 hielt Calenus bis zu seinem Tod im Frühjahr 40 alleine die Provinzen Gallia Transalpina und Hispania Citerior.2104 5.2

Im Osten

5.2.1

Der Zug des Antonius durch Kleinasien und der Parthereinfall

Ehe Antonius nach dem Sieg bei Philippi im Winter 42/41 nach Kleinasien übersetzte, ließ er L. Marcius Censorinus in Athen als Statthalter zurück.2105 Eine Ehrung auf der Akropolis nennt nur seinen Namen, obwohl er Anfang 39 Konsul wurde und ex Macedonia triumphierte. Dass Censorinus in der Inschrift nicht den Titel ἀυτοκράτωρ trägt, dürfte auf das konsul­ ähnliche Imperium des Antonius, mit dem er das Provinzialkommando vor dem Vertrag von Brundisium titular nicht benennen konnte, zurückzuführen sein. Folglich ist zu prüfen, ob Antonius im griechischen Osten ab dem Herbst 40 den gleichen triumviralen Titel wie in Rom führte.2106 Es gibt dort für die Zeit vor dem Vertrag von Brundisium Bronzen, die nach der Schlacht bei Philippi anlässlich der Gründung der Colonia Victrix Philippensium geprägt wurden. Auf dem Avers ist der Kopf des Antonius mit der Legende AICVP für A(ntonii) I(ussu) C(olonia) V(ictrix) P(hilippensium) abgebildet. Vergleichbar ist die Formel, in der nach dem abgekürzten Namen die Funktionsangabe fehlt, mit IVSSV IMP CAESARIS DIVI F. auf dem 30/29 errichteten Obelisk in Alexandria; sie besagt in beiden Fällen, dass Antonius und Octavian ein konsulähnliches Imperium hatten.2107 Der Revers der Philippi-Münzen zeigt einen pflügenden Siedler und die Umschrift Q PAQVIVS RVFVS LEG CD. Die Buchstaben CD sind die Abkürzung für c(oloniam) d(eduxit). Das vorhergehende Kürzel LEG ist wahrscheinlich nicht als LEG(ionis) zu lesen, wie Keppie meinte, sondern als LEG(atus).2108 Dass der Legat ohne proprätorisches Imperium erscheint, dürfte, wie oben gesagt, mit dem konsulähnlichen Imperium des Antonius zusammenhängen. Auf dem Avers weniger Asse, die 2104 Truppenabzug: App. BC V 50, 208. – Provinzen des Calenus: MRR II 373; vgl. Kreiler, Statthalter, 69. 2105 Plut. Ant. 24, 1: ἐπεί δέ Λεύκιον Κηνσωρείον ἐπὶ Ἑλλάδος καταλίπὼν. 2106 Akropolis und Triumph: S. 411 A.2161. – Imperium: S.342 A. 1782. 2107 Philippi: RPC Nr. 1646; Alexandria: P. M. Fraser, Ptolemaic Egypt, 1975, Bd. II, 97. – Imperium: S. 397 Anm. 2106. 2108 RPC Nr. 1646 (vgl. Nr. 2268); vgl. L. Keppie, Colonization and Veteran Settlement in Italy, 1985, 44. – LEG: S. 352.

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Das Triumvirat vom Vertrag von Bononia bis zum Vertrag von Brundisium (Nov. 43–Okt. 40)

zwischen Frühjahr und Herbst 40 vermutlich in der Troas geprägt wurden, steht unter einer Prora ANTONIVS IMP, auf dem Revers ATRATINVS AVGVR.2109 Es handelt sich um den Legaten des Antonius, L. Sempronius Atratinus, der wahrscheinlich 40 Prätor war, aber nur das hohe Priesteramt ‚Augur‘ nennt. Hingegen steht auf dem Revers von Anfang 41 in Rom geprägten Münzen Octavians Balbus PRO PR.2110 Das griechische Pendant zum tiumviralen Titel des Antonius lautet: Μᾶρκος Ἀντώνιος τριῶν ἀνδρῶν δημοσίων πραγμάτων ἀπὸ καταστάσεως. Es steht im Präskript eines Briefes, den Antonius an das Koinon von Asia wegen der Immunität von Athleten gerichtet hat. Als Datierungskriterium gilt das in Z. 5–7 erwähnte Treffen mit seinem Freund M. Antonius Artemidoros in Ephesos. Antonius besuchte die Hauptstadt von Asia zweimal, nämlich 41 und 33/32. Sherk lässt die Entscheidung zwischen den beiden Daten offen.2111 Nach den oben beschriebenen in Philippi und in der Troas geprägten Münzen zu schließen, kann Antonius den Brief mit der triumviralen Titulatur an das Koinon von Asia nicht im Jahr 41 verfasst haben. Bestätigt wird diese Schlussfolgerung durch drei von Josephus überlieferte Briefe des Antonius zu den Rechten der Juden, die 41 datieren, weil der in ihnen erwähnte jüdische König Hyrkanos ein Jahr später durch seinen Neffen Antigonos ersetzt wurde. Das Präskript lautet jeweils Μάρκος Ἀντώνιος ἀυτοκράτωρ.2112 Dass das Reich vor dem Vertrag von Brundisium noch nicht in eine West- und Osthälfte geteilt war, zeigt ein Schreiben Octavians aus dem Jahr 41, in dem er dem Nauarch Seleukos aus dem syrischen Rhosos das römische Bürgerrecht verlieh.2113 5.2.2

Der Kampf gegen Q. Labienus

Auf seinem Zug durch Kleinasien ließ Antonius im Sommer 41 Τ. Munatius Plancus Bursa (homo novus), den Bruder des bedeu­tenderen Lucius, als Statthalter in Asia zurück. Er war 52 Volkstribun als Anhänger des Pom2109 RPC Nr. 2226. Auf RPC Nr. 2226 a ist außer der Prora noch der Augurstab (lituus) abgebildet; vgl. Kreiler, Statthalter, 188. 2110 Prätur des Atratinus: S. 434 mit A. 2306. – Münzen Octavians mit. Balbus pro pr.: S. 394 mit A. 2092. 2111 Sherk, RDGE, Nr. 57, S. 292/3. – Jahr 41: Plut. Ant. 24, 4; App. BC V 4, 5; Dio XLVIII 24, 3. – Jahr 33/32: Plut. Ant. 56, 1. 2112 Jos. Ant. XIV 12, 3, § 306; 12, 4, § 314; 12, 5, § 319; vgl. A. C. Johnson, P. R. Coleman-Norton, F. C. Bourne, Ancient Roman Statutes, 1961, Nr. 123, 124, 126. – Zu Antigonos s. S. 405, 415. 2113 Vgl. P. Roussel, Un Syrien au service de Rome et d’Octave, Syria 15, 1934, Doc. Nr. 1–4, 33ff.

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Die Provinzen des Antonius

peius, während seiner Amtszeit von Cicero de vi angeklagt und Anfang 51 verurteilt, wurde 49 rehabilitiert, beteiligte sich 46 an den Triumphspielen Caesars und 43 als Anhänger des Antonius am Mutinensischen Krieg, vermutlich im Herbst 43 zum Prätor für 40 oder 39 designiert.2114 Anfang 40 fiel der Partherprinz Pakoros, der Sohn des Orodes, mit einem Heer in Syrien ein, unterwarf es mit Ausnahme von Tyros und zog weiter nach Judaea. Er trennte sich von Q. Labienus, dem Sohn des Titus, der nach Philippi von den Römern abgefallen war und einen Teil des Partherheeres führte.2115 Ihm schlossen sich die in Apameia stationierten römischen Soldaten an. Labienus besiegte den von Antonius in Syrien zurückgelassenen Legaten L. Decidius Saxa und legte den Städten eine Besatzung auf.2116 Saxa kämpfte von 49 bis 45 als centurio Caesars in Spanien gegen die Pompeianer, war 44 Volkstribun, vermutlich zum Prätor für 40 oder 39 designiert, wurde 42 von Antonius und Octavian an die Thrakische Küste gegen die Republikaner entsandt. Nach seiner Niederlage gegen Labienus floh Saxa nach Kilikien, wo er von den Parthern ergriffen und hingerichtet wurde.2117 Labienus besetzte ganz Kilikien und mit Ausnahme von Stratinokeia die meisten Städte von Asia kampflos, der Statthalter T. Munatius Plancus floh im Frühjahr 40 auf eine der ionischen Inseln.2118 Nach den Worten Dios musste Labienus Gewalt anwenden, um Mylasa und Alabanda einzunehmen. Den Einwohnern dieser Städte wurden Besatzungen auferlegt, die sie jedoch töteten und sie fielen von ihm ab. Deshalb bemächtigte sich Labienus selbst Alabandas, bestrafte es und schleifte 2114 HN: NMRS Nr. 153. – Volkstribun: Cic. Fam. VII 2, 2; Caesar: Cic. Fam. XII 18, 2; Antonius Cic. Phil. XI 14. XIII 27; ? pr. des.: App. IV 2, 7; Asia: Dio XLVIII 24, 2: καὶ τέλος Πλάγκον μὲν ἐν τῇ Ἀσίᾳ ἔθνει, Σάξαν δὲ ἐν τῇ Σύριᾳ καταλίπων. 2115 Justin XLII 4, 7: Itaque (sc. Parthi) victis partibus Pompeianis et Cassio et Bruto auxilia adversus Augustum et Antonium mi-sere, et post belli finem rursum Pacoro duce inita cum Labieno societate Syriam et Asiam vastavere. – T. Labienus: S. 335. Q. Labienus wurde 42 von den Caesarmördern zu Orodes entsandt und ging zu den Parthern über: Dio XLVIII 24, 4–8. 2116 Apameia: Dio XLVIII 25, 2. – Sieg des Pakoros: Liv. per. 127, 1: Parthi Labieno, qui Pompeianarum partium fuerat, duce in Syriam irruperunt victoque Decidio Saxa M. Antonii legato totam eam provinciam occupaverunt. – Vell. II 78, 1: Antonius (sc. redierat) in transmarinas provincias, quas magnis momentis Labienus ex Brutianis castris profectus ad Parthos perducto eorum exercitu in Syriam interfectoque legato Antonii concusserat. 2117 HN: NMRS Nr. 153; Spanien: Caes. BC I 66, 3; Volkstribun: Cic. Phil. 8, 9. 11, 37; ? pr. des.: App. BC IV 2, 7; Thrakien: Dio XLVII 35f. (S. 425 + A. 2247); Syrien: Dio XLVIII 24, 2 (Anm. 2114); Tod: Dio XLVIII 25; Vell. II 78, 1 (s. o.). 2118 Dio XLVIII 26, 3: Ὁ δὲ δὴ Λαβιῆνος ἐν τουτῳ τὴν τε Κιλιλίαν κατέσχε, καὶ τῆς Ἀσίας τὰς ἠπειρώτιδας πόλεις (ὁ γὰρ Πλάγκος φοβηθεὶς αὐτὸν ἒς τὰς νήσους ἐπραιώθη) παρεστήσατο πλὴν Στρατονικείας; vgl. Kreiler, Statthalter, 186.

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Das Triumvirat vom Vertrag von Bononia bis zum Vertrag von Brundisium (Nov. 43–Okt. 40)

Mylasa vollständig, nachdem es von seinen Einwohnern verlassen worden war. Er trieb von ihnen Geld ein und plünderte die Tempel. Außerdem ließ er sich selbst nach einem dem Brauch der Römer vollkommen entgegengesetzten Verfahren zum αὐτοκράτωρ und Παρθικός ausrufen. Denn er leitete den Titel von denen ab, die er gegen die Römer geführt hatte, als ob sie es gewesen wären, die er besiegt hatte und nicht seine eigenen Landsleute.2119 Auch Strabo berichtet, dass sich der abtrünnige Römer in Asia zum Παρθικὸς αὐτοκράτωρ ausrufen ließ, worauf Hybreas, ein berühmter Redner und Oberhaupt von Mylasa, den reizbaren und unberechenbaren Labienus mit der Bemerkung provozierte, mit dem gleichen Recht, könne er, Hybreas, sich Καρικὸς αὐτοκράτωρ nennen.2120 Immerhin konnte sich der so Verspottete nach Plutarch darauf berufen, dass er vom Generalstab des Partherkönigs Orodes zum αὐτοκράτωρ ernannt worden war.2121 Das Kürzel IMP erscheint auf Gold- und Silbermünzen, die Labienus wahrscheinlich in Ephesos prägen ließ. Auf dem Avers ist sein Porträt in meisterhafter Ausführung abgebildet, auf dem Revers ein gesatteltes Pferd als Symbol für die wirksamste Waffe des parthischen Heeres, die leichte Kavallerie, gerahmt von der Legende Q LABIENVS PARTHICVS IMP. Lerouge-Cohen fasst den Titel PARTHICVS IMP im Sinn von ‚Sieger über die Parther‘ auf. Gegen diese den historischen Fakten zuwiderlaufende These sprechen aber alle einschlägigen Quellen, wie sie selbst einräumen muss.2122 Unabhängig davon, ob der IMPTitel des Labienus auf seine vom Generalstab der Parther vollzogene Ernennung zum αὐτοκράτωρ zurückgeht und/ oder auf die Akklamation seiner Truppen in Kleinasien, kann man aufgrund der genannten Passagen Dios und Strabons sagen, dass Labienus mit Hilfe des dem römischen Bereich entliehenen Titels PARTHICVS IMP

2119 Dio XLVIII 26, 4–5: Μύλασα δὲ καὶ Ἀλάβανδα διὰ κινδύνων ἑλών. Οὗτοι γὰρ ἐδέξαντο μὲν παρ’αὐτοῦ φρουρούς, φονεύσαντες δὲ αὐτοὺς ἐν ἑορτῇ τινι ἀπέστησαν. Καὶ διὰ τοῦτο τοὺς μὲν Ἀλαβανδέας αὐτὸς λαβὼν ἐκόλασε, τὰ δὲ δὴ Μύλασα ἐκλειφθέντα κατέσκαψε. Τῇ γὰρ Στρατονικείᾳ προσήδρευσε μὲν πολὺν χρόνον, οὐδένα δὲ αὐτὴν τρόπον ἑλεῖν ἠδυνήθη. Καὶ ὁ μὲν χρήματά τe ἐπὶ τούτοις ἐπράσσετο καὶ τὰ ἱερὰ ἐσύλα, αὐτοκράτορά τε αὐτὸν καὶ Παρθικὸν γε ἐκ τοῦ ἐνιαντιωτάτον τοῖς Ῥωμαίοις ἔθνους ὠνόμαζεν. Οὕς γὰρ κατ’αὐτῶν ἐπῆγεν, ἀπὸ τούτων ἑαυτὸν, ὡς καὶ ἐκείνους ἀλλ’ οὐ τοὺς πολίτας νικῶν, ἐπεκάλει. 2120 Strabo XIV 2, 24: ὁ δ᾽ Ὑβρέας καὶ προσπαρώξυνε φωνῇ τινι μειράκιον εὐερέθιστον καὶ ἀνοίας πλῆρες. ἐκείνου γὰρ ἀνειπόντος ἑαυτὸν Παρθικὸν αὐτοκράτορα ‚οὐκοῦν’ ἔφη ‚κἀγὼ λέγω ἐμαυτὸν Καρικὸν αὐτοκράτορα’. 2121 Plut. Ant. 28, 1: … Παρθικῆς στρατιᾶς … ῆς Λαβιηνὸν οἱ βασιλέως στρτηγοὶ Παρθικὸν ἀναγορεύσαντες ἀυτοκράτορα. 2122 Goldmünzen: RRC Nr. 524. – C. Lerouge-Cohen, Entre légende monétaire et légende noire: de nouveau sur Q. Labienus Parthicus Imperator, Historia 59, 2010, 176–188, bes. 187.

400

Das ‚imperium proconsulare maius‘ des M. Antonius

seine Macht demonstrieren wollte. Seine kurze Herrschaft blieb aber nur eine Randnotiz in der langen römischen Geschichte Kleinasiens. Einen Anhaltspunkt für den Abzug der Parther im Sommer 39 liefert das S C de Panamara vom 1. 9. 39.2123

VI b) Vom Vertrag von Brundisium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (Herbst 40 bis Anfang 27) Die dreizehn Jahre von der Teilung des Reiches bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians sind geprägt von den Kriegen und Feldzügen, die Antonius und Octavian mit Hilfe ihrer Unterfeldherren führten.

1.

Das imperium proconsulare maius des M. Antonius

Die triumvirale Titulatur ΑΝΤΩΝΙΟΣ ΑΥΤΟΚΤΑΤΩΡ ΤΡΙΤΟΝ ΤΡΙΩΝ ΑΝΔΡΩΝ ist im Osten auf dem Avers einer Prägung nachweisbar, die nach dem RPC zwischen 36 und 32 im syrischen Apameia aufgelegt wurde. Das lateinische Pendant steht auf der sogenannten Flottenprägung, die in Athen, Korinth (?) und in Syrien hergestellt wurde. Der dreifache IMPTitel datiert sie in das Jahr 38, wahrscheinlich ist der Winter 38/37, als das auf dem Avers abgebildete Paar Antonius und Octavia in Athen weilte.2124 Die Titulatur lautet: M ANTONIVS IMP TERT COS DES ITER ET TER IIIVIR RPC. Kistophoren mit dem Titel ANTONIVS IMP COS DESIG ITER ET TERT datieren ab dem Vertrag von Misenum (August 39) bis Ende 35 (cos II 34). Antonius gehörte zu denen, die für acht Jahre im Voraus zu Konsuln bestimmt worden waren.2125 Man kann feststellen, dass Antonius seit dem Vertrag von Brundisium im Herbst 40 (Ende September/Anfang Oktober) seinen triumviralen Ti2123 Sherk, RDGE Nr. 27, Z. 17–19; vgl. Kreiler, Statthalter, 188. 2124 Apameia: RPC Nr. 4094; Flottenprägung: RRC 533/3 = RPC Nr. 1453; Datierung IMP III: Hollstein, Lokalisierung, 257. 2125 Münzen: RRC 533, 1–3; 539/1. – cos. des. II et III: Hollstein, Lokalisierung, 248. – Designation: Dio XLVIII 35, 1.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

tel in der von ihm beherrschten Osthälfte des Reiches dokumentierte und ab diesem Zeitpunkt die Macht hatte, seinen Legaten den für diesen Bereich gültigen IMPTitel zu verleihen. Daraus ist zu schließen, dass sich Antonius im Vertrag von Brundisium ein prokonsulares Imperium zugesichert hat, das maius im Verhältnis zu dem seiner Statthalter war. Dies zeigen die Legenden der Flottenprägung, auf deren Avers die triumvirale Titulatur des Antonius (v. supra) steht und auf dem Revers die Funktionen seiner Legaten: L. (Sempronius) Atratinus: cos. des. (für 34) bzw. M. Oppius Capito: (leg.) pro pr. pr(aef.) classis f(landum) c(uravit) bzw. L. (Calpurnius) Bibulus: m(agister) f(abrum), pr. des. (für 35).2126 Antonius hatte ein prokonsulares Imperium, das maius war im Verhältnis zu dem des L. Atratinus, der 39 in Misenum zum Konsul für 34 designiert worden war und der seit 39 ein prokonsulares Imperium hatte. Vergleichbar mit der Flottenprägung sind Münzen des Augustus, die ab Mitte 23 v. Chr im spanischen Emerita emittiert wurden. Im Juni dieses Jahres erhielt der Princeps die tribunica potestas und das imperium proconsulare maius auf Lebenszeit. Auf dem Avers erscheinen zum ersten Mal sein Porträt und sein Titel CAESAR AVGVS(TVS) in Verbindung mit dem Namen und der Funktion LEG PRO PR des ihm unterstellten Statthalters auf dem Revers.2127 Es wird sich zeigen, dass Octavian die Westhälfte des Reiches nach Brundisium unverändert mit dem prokonsulähnlichen Imperium regierte. Hingegen benötigte Antonius für die Osthälfte ein imperium proconsulare maius, weil er sie nicht mehr vom Zentrum Rom aus beherrschte.

2.

Unterfeldherren des Antonius

2.1

P. Ventidius Bassus (cos. 43)

P. Ventidius war ein homo novus, der 47 mit Hilfe Caesars in den Senat gekommen war, für 43 nach dessen Vorschlag zum Prätor gewählt wurde und in diesem Jahr in Picenum für Antonius drei Legionen aushob, mit denen er seinen neuen Patron nach dessen Niederlage im Mutinensischen Krieg

2126 L. Atratinus: RPC Nr. 1453; M. Oppius Capito: RPC Nr. 1462; L. Bibulus: RPC Nr. 4090, Statthalter Syriens 34–32. 2127 Atratinus: S. 433ff. – Augustus-Münzen: RIC I 19842, S. 41, Nr. 2 a; vgl. S. 449f. mit A. 2402.

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Unterfeldherren des Antonius

rettete.2128 Ende April 43 wurde er zum Staatsfeind erklärt, nach dem Zusammenbruch der Senatsherrschaft erlangte er jedoch Ende 43 noch als Prätor das Amt des Pontifex und Konsuls, ein viel verspotteter Rechtsbruch.2129 Nach Abschluss des Vertrags von Brundisium sandten Antonius und Octavian ihre Statthalter in alle Richtungen aus. Appian behauptet, Antonius hätte Ventidius nach Kleinasien geschickt, damit er die Parther und Q. Labienus, den für die Republikaner kämpfenden Sohn des T. Labienus, zurückdränge; dieser war zusammen mit den von Pakoros geführten Parthern in Syrien eingefallen und bis nach Ionien vorgestoßen.2130 Doch ernannte Antonius Ventidius nach Orosius zum Statthalter Syriens und befahl ihm, den Makkabäer Antigonos, der mit Hilfe der Parther in Judäa zur Macht gekommen war, anzugreifen.2131 Im gleichen Sinn sagt Flavius Josephus, dass Ventidius den Auftrag hatte, die Parther aus Syrien zu verdrängen. Er warf in einzelnen Städten die durch die Parther hervorgerufenen Aufstände nieder.2132 Nach Plutarch schickte Antonius Ventidius wahrscheinlich im Frühjahr 39 von Syrien weiter nach Kleinasien gegen die Parther, um deren weiteres Vordringen zu verhindern; Ventidius fiel Labienus überraschend in den Rücken.2133 Dio XLVIII 39, 3–4: Der stieß auf Labienus, ehe man noch von seinem Kommen gehört hatte, und versetzte ihn durch sein überraschendes Erscheinen sowie durch seine Legionen in Schrecken; hatte doch Labienus keine Parther, sondern lediglich die Soldaten aus den Nachbargebieten bei sich. So konnte ihn Ventidius, da er sich nicht einmal einer Entscheidung stellen wollte, sogleich aus dem Land vertreiben und auf der Flucht mit dem leichtestbewaff2128 HN: NMRS Nr. 474; vgl. S. 236 + A. 1214; Eintritt in Senat: Dio XLIII 51, 4; Rettung des Antonius: App. BC III 66, 270. 2129 Staatsfeind: Cic. ad Brut. 13, 1; Konsul: App. BC IV 2, 5; Rechtsbruch: Gell. XV 4, 4; vgl. Kreiler Statthalter, 43. 2130 App. BC V 65, 275: Αἶδε μὲν ἦσαν αἱ τελευταῖαι Καίσαρι τε καὶ Ἀντωνίῳ γενόμεναι συμβάσεις. Καὶ εὐθὺς ἐς τὰ ἐπεύγοντα τοὺς φίλους ἑκάτερος αὐτῶν περιέπεμπεν, Οὐεντίδιον μὲν ἐς τὴν Ἀσίαν Ἀντώνιος ἀνστέλλειν Παρθαίους τε καὶ Λαβιῆνον τὸν Λαβιῆ ῆνου, μετὰ τῶν Παρθυαίων ἐν ταῖσδε ταίς ἀσχολίαις Συρίαν τε καὶ μέχρι τῆς Ἱωνίας ἐπιδραμόντα; vgl. S. 399 mit A. 2118. 2131 Oros. VI 18, 24: Antonius Ventidium Syriae praefecit iussitque ut Antigono bellum inferret, qui Iudaeos tum forte debellaverat. – Antigonos: s. auch S. 398, 405, 415. 2132 Auftrag: Jos. Ant. XIV 4, 6; Aufstände: Jos. Ant. XIV 15, 1; BJ I 290. 2133 Plut. Ant. 33, 1: Ἀντώνιος δέ μετὰ τὰς διαλύσεις Ουεντίδιον μὲν εἰς Ἀσίαν προῦπεμπε Πάρθοις ἐμποδὼν ἐσόμενον τοῦ πρόσω χωρεῖν; Datierung Misenum: Lokalisierung, 247; Vf. S. 414/2176. vgl. Kreiler, Statthalter, 237 und 188.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

neten Teil seines Heeres bis nach Syrien hinein verfolgen. Am Taurus holte er seinen Gegner ein und ließ ihn nicht mehr weiter ziehen, vielmehr lagerten sich beide dort für mehrere Tage und hielten Ruhe, Labienus in Erwartung der Parther, Ventidius dem Eintreffen seiner Schwerbewaffneten entgegensehend. 40, 1–6: Als nun die Verstärkungen auf beiden Seiten gleichzeitig in den nämlichen Tagen eintrafen, blieb Ventidius aus Furcht vor der barbarischen Reiterei unbeweglich an seinem hochgelegenen Lagerplatz, während die Parther ob ihrer Überzahl und ihres vorausgehenden Sieges ihre Gegner gering einschätzten und mit Tagesanbruch gegen den Hügel heranrückten, ohne eine Vereinigung ihrer Streitkräfte mit denen des Labienus abzuwarten; wie nun niemand aus dem Lager heraus ihnen entgegentrat, richteten sie ihren Angriff unmittelbar auf die Anhöhe. Doch als sie schließlich oben waren, stürmten ihnen die Römer entgegen und warfen sie mit leichter Mühe den Abhang hinunter. Und viele Parther fanden im Handgemenge den Tod, noch schwereren Schaden fügten sie indes einander auf dem Rückweg zu, da sich die einen bereits zur Flucht gewandt hatten und die anderen noch herandrängten. Die Überlebenden flohen nicht zu Labienus, sondern nach Kilikien. Ventidius setzte ihnen bis zu ihrem Lager nach, machte aber Halt, als er Labienus dort sah. Der stellte seine Truppen auf, als wollte er seinem Gegner eine Schlacht anbieten, doch als er bemerkte, dass seine Leute wegen der Flucht der Barbaren entmutigt waren, wagte er augenblicklich keinen Widerstand mehr, sondern versuchte, im Lauf der Nacht irgendwohin zu entkommen. Indes bekam Ventidius noch vorher durch Überläufer Kunde von diesem Plan; er legte einen Hinterhalt, tötete viele Gegner auf dem Rückzug und gewann den ganzen Rest für sich, nachdem Labienus seine Leute im Stich gelassen hatte. Indem er seine Kleidung wechselte, konnte er sich damals noch retten und in Kilikien eine Zeitlang versteckt halten, doch wurde er später von Demetrius, einem Freigelassenen des älteren Caesar, dem damals von Antonius Zypern zugewiesen worden war, festgenommen. Auf die Nachricht hin, dass Labienus sich versteckt halte, hatte er nämlich Nachforschungen angestellt, wobei ihm dessen Gefangennahme glückte. 41, 4–5: Ventidius konnte das von den Parthern geräumte Syrien kampflos besetzen. Hierauf machte er sich ohne Mühe auch zum

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Unterfeldherren des Antonius

Herrn von Palaestina, nachdem er den König Antigonos aus dem Land verscheucht hatte. Er trieb nach diesen Unternehmungen große Geldbeträge im einzelnen von den übrigen Bewohnern ein und ebenso von Antigonos, Antiochos und dem Nabatäer Malchos, weil sie den Pakoros unterstützt hatten. Er selbst empfing für seine Leistungen keine Belohnung, da er ja nicht Oberbefehlshaber (αὐτοκράτωρ) mit unbeschränkter Vollmacht, sondern nur Unterfeldherr (ὑποστράτηγος) eines anderen war.

Am Euphrat bei Gindaros besiegte Ventidius das von Pakoros geführte Heer endgültig. Plut. Anton. 34, 2–4: Inzwischen stieß Ventidius mit Pakoros, dem Sohn des Königs (Orodes), der wieder mit einem großen Partherheer gegen Syrien zog, in der Kyrrhestike zusammen, schlug ihn und tötete viele, und unter den ersten fiel Pakoros. Diese Tat, eine der preiswürdigsten, gewährte den Römern volle Genugtuung für die Katastrophe unter Crassus und drängte die Parther, in drei Feldschlachten hintereinander schwer geschlagen, wieder in die Grenzen Mediens und Mesopotamiens zurück. Doch gab Ventidius den Gedanken, die Parther weiter zu verfolgen, auf aus Furcht vor der Eifersucht des Antonius.2134 In den Periochae heißt es, Ventidius, der Legat des Antonius, habe die Parther in der Schlacht besiegt und ihren König getötet.2135 Der Terminus legatus drückt aus, dass Ventidius das Kommando nicht unter eigenen Auspizien führte und stimmt mit dem oben zitierten Satz (Dio XLVIII 41, 5), dass er im Auftrag eines anderen handelte, überein. Nach Plutarch belagerte Ventidus anschließend Antiochos von Kommagene, der ihm 1000 Talente bot; während der Verhandlungen kam Antonius hinzu, der aber nichts erreichte und sich schließlich mit 300 Talenten zufriedengeben musste. Der Triumvir kehrte nach Athen zurück und erwies seinem Unterfeldherrn die verdiente Ehre, indem er ihn nach Rom zum Triumph schickte.2136 Er ist in den Kapitolinischen Triumphalakten im November 38 als pro cos. ex Tauro Monte et Partheis verzeichnet. Anlässlich der Feier trug er eine von Sallust 2134 Vgl. Dio XLIX 19–20; vgl. Festus, Brev. 18. 2135 Liv. per. 128, 2: P. Ventidius legatus M. Antonii Parthos proelio vicit regemque eorum cecidit. 2136 Dio XLIX 21, 1–22, 2; Plut. Ant. 34, 8; vgl. Kreiler, Statthalter 239f.; Ferriès, Partisans, Nr. 142.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

verfasste Rede vor.2137 Wohl aus diesem Anlass wurden Aurei und Denare mit dem einfachen IMPTitel des Antonius auf dem Avers geprägt, auf dem Revers steht P VENTIDI PONT IMP unter dem Bild des Jupiter Victor mit Skepter und Zweig. Der Sieger über die Parther erhielt kein weiteres Kommando, weil er schon 60 war und wohl bald nach 38 starb.2138 Hollstein schließt eine Datierung der Ventidius-Münzen nach dem Vertrag von Brundisium aus, weil auf ihnen sonst notwendigerweise der IMP ITERTitel des Antonius stehen müsste. Er nimmt an, die Triumvirn hätten diesen für beide nicht belegten Titel Ende 40 in Rom am Tag ihrer ovatio abgelegt, die zweite Akklamation sei sozusagen mit dem Überschreiten des Pomeriums abgegolten gewesen.2139 Da Hollstein gemäß der bisher noch gültigen These Mommsens davon ausgeht, dass imperatorische Akklamationen nur im Feld stattfanden, zieht er das Fest im Winter 39 auf 38 in Athen, auf dem vermutlich der Sieg des Ventidius im Frühjahr 39 im Taurusgebirge über Q. Labienus gefeiert wurde, als Anlass für die 2. Akklamation des Antonius nicht in Betracht.2140 Im Winter 38 auf 37 ließ der Triumvir in Athen in der Südostecke der Agora die Flottenprägung mit dem Titel IMP III, der die 3. Akklamation voraussetzt, herstellen.2141 Sie fand wahrscheinlich Ende 38 ebenfalls in Athen statt, etwa gleichzeitig mit dem Triumph und der Prägung des Ventidius in Rom. Die 3. Akklamation hatte dessen Sieg im Juni 38 über den Partherprinzen Pakoros zum Anlass. Dass sie auf den stadtrömischen Münzen genauso wenig wie die zweite einen Niederschlag in Form von IMP II und IMP III fand, lässt sich nur damit erklären, dass beide nicht in Rom stattfanden. Als Fazit kann man festhalten, dass der in Inschriften und auf Münzen vielfach dokumentierte Imperatortitel der Oberkommandierenden vermutlich seit dem 1. Punischen Krieg bis zur Teilung des Reiches im Herbst 40 nicht durch militärische Akklamationen im Feld, sondern durch populare in Rom generiert wurde. 2137 Triumph: Inscr. Ital. 13, 1 86f., Fasti. Barb., 342f.: ohne Titel. – Rede: Fronto, ad verum imp(eratorem) 2, 1, 7: Ventidius ille, postquam Parthos fudit fugavitque ad victoriam suam praedicandam orationem a C. Sallustio mutuatus est. 2138 Münzen: RRC Nr. 531. – Stellung und Tod des Ventidius s. Freyburger – Roddaz, Dion Cassius, p. CXIV und p. CXXII. 2139 IMP ITER-Titel und ovationes: Hollstein, Lokalisierung, 249 mit A. 23f. 2140 Feier in Athen: Plut. Ant. 33, 8; vgl. Dio XLVIII 41, 5. – Hollstein, Lokalis. 248 mit A. 20, listet mögliche Anlässe auf. 2141 Siege i. J. 39 und 38: Hollstein (s. o.) 259; Prägestätte: ders. 257; 3. Akklamation: ders. 248/20; vgl. Vf. S. 401.

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Unterfeldherren des Antonius

2.2

L. Munatius Plancus (cos. 42)

Der aus einer angesehenen Familie in Tibur stammende L. Plancus war ein homo novus, der die Präfektur der Stadt Rom 45 und das 44/43 in Gallia Cisalpina geführte Kommando Caesar verdankte. Er triumphierte nach den Fasten am 29. 12. 43 als pro cos. ex Gallia; der PROCOSTitel ist im Sinn von ‚designierter Konsul‘ zu verstehen, vergleichbar mit dem Titel des Q. Pedius Ende 45 und dem auf den Münzen des Pompeius im Jahr 71. Im Sommer 43 gehörte Plancus mit den künftigen Triumvirn zu den mächtigsten Heerführern.2142 Er war einer der nicht namentlich genannten Generäle, die Antonius und Octavian nach Abschluss des Vertrags von Brundisium in alle Richtungen aussandten. Dass er in Asia tätig war, lässt ein ἱερεὺς Λευκίου Μουνατίου erkennen, der nach 2 n. Chr. in Mylasa dieses Amt versah. Der Kult muss dem ca. 15. v. Chr. gestorbenen Unterfeldherrn des Antonius gegolten haben.2143 Die Vergöttlichung des L. Plancus in Mylasa lässt darauf schließen, dass er dem Vormarsch des von Labienus geführten Partherheers, das die Stadt angriff und vollständig zerstörte, Einhalt geboten hat. Er wurde zum Dank in Eleusis mit einer Statue als αὐτοκράτωρ geehrt.2144 Plancus kehrte vermutlich Mitte 39 nach der Ausschaltung des Q. Labienus nach Rom zurück und veranlasste wohl frühestens Ende 39 die Prägung von Gold- und Silbermünzen in der moneta auf dem Janiculum. Auf dem Avers steht der einfache IMPTitel des Triumvirn M. Antonius, weil er zum zweiten Mal nach dem ersten Sieg des Ventidius im Frühjahr 39 (v. supra) nicht in Rom, sondern in Athen akklamiert wurde; auf dem Revers steht L PLANCVS IMP ITER mit der Abbildung von Blitz, Krug und Caduceus. Der iterierte IMPTitel bezeichnet die beiden Kommanden 44/43 in Gallia Transalpina und 40/39 in Asia.2145 Ehe Antonius nach Armenien in den Krieg gegen die Parther zog, setzte er Anfang 36 L. Plancus in Syrien als Statthalter ein, d. h. als Generalbevollmächtigten für den gesamten Osten. Diese Aufgabe erfüllte er bis 34, er fungierte aber nicht als Imperator, weil Antonius seine gesamten Streit-

2142 HN: NMRS Nr. 262; Vater: Cic. fam. XIII 29, 1; praef. urb.: RRC Nr. 475; Triumph: Inscr. Ital. 13, 1, 86f.; Heer: 358/1886 – Pompeius: 280/1464. 2143 Ausssendung: App. BC V 65, 276. – Kult: I. Mylasa Nr. 135; vgl. MRR II 382; Ferriès, Partisans, Nr. 100. 2144 T. H. Watkins, L. Munatius Plancus, 1997, 97. – Ehrung in Eleusis: IG II/III2 4112. 2145 RRC Nr. 522/4; vgl. die Beutewihinschrift auf dem Palatin: vgl. ILS 41: L Plancus L f. cos imp iter de manib.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

kräfte für den im Sommer 36 beginnnenden Partherfeldzug verwendete.2146 Mitte 35 befahl Plancus, Sex. Pompeius hinzurichten, der nach der Niederlage bei Naulochos und der Flucht nach Kleinasien endgültig geschlagen und gefangen genommen worden war. 34 übergab Plancus das Kommando dem Flottenpräfekt L. Calpurnius Bibulus und ging nach Ägypten an den Hof der Kleopatra.2147 Ehe Antonius sein Hauptquartier von Ephesos nach Athen verlegte, fielen Plancus und sein Neffe M. Titius im Mai 32 von ihm ab. Plancus lieferte dem jungen Caesar wertvolle Informationen über das in Rom deponierte Testamant des Antonius; Octavian ließ es öffnen.2148 Am 16. 1. 27 beantragte Plancus für den Princeps den Augustus-Titel. Die Grabinschrift in Gaeta nennt seine Ämter und Tätigkeiten. Als letztes Amt verwaltete Plancus 20 v. Chr. das des Zensors. Daran schließen sich in nicht-chronologischer Reihenfolge der Titel IMP ITER, das Priesteramt VIIvir epul(onum), der Triumph über die Räter, die Landverteilung in Beneventum und die Gründung von Kolonien in Gallien an.2149 2.3

C. Asinius Pollio (cos. 40)

C. Asinius Pollio (geb. 76) war ein homo novus, der aus Testa Marrucinorum stammte; vermutlich war er der Enkel des im Bundesgenossenkrieg gefallenen Horius Asinius (pr. 90). Pollio verfasste eine Geschichte des Bürgerkriegs (Historiae). 54 klagte er erfolglos C. Porcius Cato, den Freund des P. Clodius, an, 49 schloss er sich Caesar an, 47 war er Volkstribun, 45 Prätor und anschließend Statthalter in Hispania Ulterior. Nach Caesars Tod behielt er die Provinz mit drei Legionen. Noch vor Abschluss des Triumvirats ging er mit sieben Legionen von den Republikanern zu Antonius über.2150 41 leitete er die Kommission für Landverteilung in der Trans2146 Amt in Syrien: App. BC V 144, 598: … Πλάγκον … καὶ νομίζουσιν ἄρχοντα Συρίας καὶ ταῖς ἐπιστολαῖς ἐπιτετραμμένον ἐς τὰ ἐπείγοντα ἐπιγράφειν τὸν Ἀντώνιον; vgl. MRR II 408, 412; Watkins; L. Munatius, 99. – Streitmacht von 100000 Mann im Partherkrieg: Plut. Ant. 37, 4; Dio XLIX 24, 5; vgl. E. Huzar, Mark Antony, 1978, 176. 2147 Sex. Pompeius: App. BC V 133, 567–144, 598; Liv. per. 131, 1. – L. Bibulus: S. 402 mit A. 2126. – Ägypten: Vell. II 83, 1–3. 2148 Kleopatra: Plut. Ant. 56, 3; Dio L 3, 2. – Testament : Plut. Ant. 58, 4–8; vgl. Zimmermann, D. Aug., 2014, 71f. 2149 Augustus-Titel: Suet. Aug. 7, 2. – Grabinschrift ILS 886: L. Munatius L. f., L. n., L. pron. /​ Plancus cos., cens., imp. iter., VIIvir /​ epul., triump(havit) ex Raetis (Fortsetzung: S. 357/1887). – Priesteramt: MRR II 427: ab 45 v. Chr. 2150 HN: NMRS Nr. 50; Horus As.: Liv. per. 73; Histor.: D. Aug. 160; Anklage Catos: Sen. contr. VII 4, 7; Freispruch: Cic. Att. IV 15, 4. 16, 5; Prätur: Vell. II 73, 2; Span.: App.

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Unterfeldherren des Antonius

padana und dem dazugehörigen Illyrien. Am 1. 1. 40 wurde Pollio cos. ord. und nach der Niederlage der Antonianer im Perusinischen Krieg im Frühjahr 40 von Alfenus Varus (cos. 39), dem Statthalter Octavians, abgelöst.2151 Wahrscheinlich ging Pollio anschließend nach Makedonien. Seinen Amtssitz hatte er in Dyrrhachium an der Grenze zu Illyrien, wie aus zwei Prägungen dieser Stadt hervorgeht. Auf dem Revers der einen steht ΔΥΡ und ΠΟΛΛΙΟΝΟΣ, dazwischen ein Dreifuß in Eichenlaub, auf dem der anderen ΓΑΙΟΥ ΔΥΡ und ein Adler mit geschlossenen Schwingen, vermutlich als Symbol für das Ende des Perusinischen Krieges.2152 Das Prae- und Cognomen steht im Genitiv, der mit der Präposition ‚unter‘ wiedergegeben wird. Der Casus bezeichnet Pollios Stellung als Statthalter. Die Funktion αὐτοκράτωρ der Unterfeldherren des Antonius steht nicht auf den Prägungen griechischer Städte.2153 Pollio triumphierte am 25.10. wahrscheinlich 39 als pro cos. ex Parthenis. Er übernahm kein weiteres Kommando, obwohl ihn Octavian bat, mit ihm in den aktischen Krieg zu ziehen.2154 Auf dem Revers von Münzen aus dem mysischen Adramyttion steht ΑΣΙΝΙΟΥ ΑΝΘΥΠΑΤΟΥ ΡΩΜΑΙΩΝ. Der Prokonsul der Römer Asinius ist nicht mit dem älteren Bruder Pollios, Asinius Marrucinus (Catull c. 12), zu identifizieren, da unter den Triumvirn in den Provinzen keine Prokonsuln amtierten.2155

BC IV 84, 352. Legionen: Cic. fam. X 32, 4; Übergang: App. BC III 97, 399. 2151 Transpadana: S. 396. Konsulat: Dio XLVIII 32, 1. – Ablösung: Vgl. S. 396 + A. 2102. 2152 BMC, Thessaly to Aetolia, 76, Nr. 175 und BMC, Thessaly to Aetolia, 78, 184, mit Abb. XIV Nr. 6. 2153 Zum Titel αὐτοκράτωρ in Inschriften s. S. 407 mit A. 2144 und S. 412 mit A. 2170. 2154 Triumph: Inscr. Ital. 13,1, 86f., 342f.; Dio XLVIII 41, 7. – Datierung: eher 39 als 38, weil im August 39 neue Statthalter entsandt wurden (S. 412 mit A. 2169). – Vell. II 86, 3: Non praetereatur Asinii Pollionis factum et dictum memorabile: namque cum se post Brundusinam pacem continuisset in Italia neque aut vidisset umquam reginam aut post enervatum amore eius Antonii animum partibus eius se miscuisset, rogante Caesare, ut secum ad bellum profisceretur Actiacum: „mea, inquit, in Antonium maiora merita sunt, illius in me beneficia notiora; itaque discrimini vestro me subtraham et ero praeda victoris“. 2155 Falsche Datierung ca. 34: MRR II 411, III 26; Stumpf, Statthalter, 80ff. – Die Prägung stellte wahrscheinlich C. Asinius Gallus her, der 6/5 v. Chr. Prokonsul in Asia war (vgl. RPC II, S. 780).

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

2.4

P. Canidius Crassus (cos. 40)

P. Crassus war ein homo novus, der 43 unter dem späteren Triumvir Lepidus in Gallien und 41 unter M. Antonius im Perusinischen Krieg als Legat diente.2156 40 wurde er Konsul und 37 von Antonius in Armenien zurückgelassen, damit er Vorbereitungen für den geplanten Partherfeldzug treffe. Canidius zog zuerst vermutlich mit vier Legionen gegen die Iberer, besiegte deren König Pharnabazes, fiel dann zusammen mit diesem in Albanien ein, das er ebenfalls unterwarf und drang schließlich bis in den Kaukasus vor; dadurch steigerte Canidius das Ansehen des Antonius bei den Barbaren, der ihn deshalb hoch schätzte.2157 Seine Funktion wird nicht genannt, da er Konsular war, kann man aber sicher sein, dass er das Kommando in Armenien als Imperator führte und diese Funktion auch als Befehlshaber der Infanterie im Partherfeldzug analog zu Cn. Ahenobarbus hatte. Als sich Antonius 33 in dem von ihm besetzten Armenien aufhielt, erfuhr er, dass Octavian den Boden fast ganz Italiens seinen eigenen Soldaten zuwies. Er sandte Canidius umgehend mit 16 Legionen zur Mittelmeerküste.2158 32 gehörte er dem Kriegsrat des Antonius an.2159 Ein Jahr später führte Canidius bei Actium das Landheer, das er nach der Niederlage in der Seeschlacht schändlich im Stich ließ; er floh zu Antonius nach Alexandria. Nach dessen Untergang wurde er wie Antonius’ ältester Sohn Antyllus als einer der schlimmsten Feinde auf Befehl Octavians hingerichtet.2160 2.5

L. Marcius Censorinus (cos. 39)

L. Marcius Censorinus war ein Nachfahr des gleichnamigen Konsuls von 149 und der Sohn des Lucius (Münzmeister i. J. 82). Als Sohn eines Marianers schloss er sich Caesar an und versuchte am 15. 3. 44 zusammen mit Calvisius Sabinus vergeblich, den Diktator zu schützen. 43 wurde er als Prätor 2156 HN: NMRS Nr. 98 – Lepidus: Cic. fam. X 21, 4; Perusin. Krieg: App. BC V 50; vgl. MRR II 373; Kreiler, Statthalter, 225f. 2157 Dio XLIX 24, 1; Plut. Ant. 34, 10; Strab. XIII 3, 5; Ferriès, Partisans, Nr. 33. 2158 Plut. Ant. 56, 1: ταῦτα ἐν Ἀρμενίᾳ διατρίβων Ἀντώνιος ἤκουσε: καὶ Κανίδιον εὐθὺς ἐκέλευσεν ἑκκαίδεκα τέλη λαβόντα καταβαίνειν ἐπὶ θάλατταν. αὐτὸς δὲ Κλεοπάτραν ἀναλαβὼν εἰς Ἔφεσον ἧκε. καὶ τὸ ναυτικὸν ἐκεῖ συνῄει πανταχόθεν, … 2159 Plut. Ant. 63, 3: ἔσχε δὲ καὶ Κανίδιον τὸν ἄρχοντα τοῦ πεζοῦ μεταβολὴ γνώμης, 2160 Vell. II 85, 6: Idem locatus in terra fecit exercitus, cum se Canidius praecipiti fuga rapuisset ad Antonium. – Plut. Ant. 71, 1: τῷ δὲ Ἀντωνίῳ Κανίδιός τε τῆς ἀποβολῆς τῶν ἐν Ἀκτίῳ δυνάμεων αὐτάγγελος ἦλθε.- Hinrichtung: Oros. VI 19, 20.

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Unterfeldherren des Antonius

und Gefolgsmann des Antonius von Cicero heftig angegriffen und vom Senat als Staatsfeind geächtet. 17. v. Chr. nahm er an den Säkularspielen teil.2161 42 zog Censorinus mit den Triumvirn nach Makedonien in den Krieg gegen die Caesarmörder und wurde nach der Schlacht bei Philippi von Antonius in Athen als Statthalter zurückgelassen. Eine Ehrung auf der Akropolis nennt nur den Namen Λεύκιον Μάρκον Κηνσωρείον ohne Funktionsangabe, weil der Triumvir Antonius bis zum Vertrag von Brundisium ein konsulähnliches Imperium hatte, mit dem er das Provinzialkommando nicht benennen konnte. Nach seiner Rückkehr feierte Censorinus am 1.1.39 bei Antritt des Konsulats einen Triumph ex Macedonia. Er verdankte ihn vermutlich der Vertreibung eines aus dem Norden eingefallenen illyrischen Stammes.2162 2.6

C. Cocceius Balbus (cos. 39)

C. Cocceius Balbus war ein homo novus vermutlich aus dem umbrischen Narnia, der aus der gleichen gens wie L. und M. Cocceius Nerva stammte, vielleicht war er deren Bruder. Er kam 44 oder 43 zur Prätur und Ende 39 zum Suffektkonsulat.2163 Nach dem im August 39 geschlossenen Vertrag von Misenum sandten die Triumvirn neue Unterfeldherren aus; damals löste Cocceius Balbus vermutlich Asinius Pollio ab. Er ist wahrscheinlich mit dem Kommandeur zu identifizieren, der im Herbst 39 auf Weisung des Antonius zwei Heeresabteilungen gegen illyrische Stämme, nämlich gegen die Parthiner und Dardaner, führte.2164 Sein Kommando bezeugt eine Inschrift auf der Akropolis, in der er als αὐτοκράτωρ formelhaft wegen seiner Tatkraft und seines Wohlwollens geehrt wurde. Ein Vergleich mit der Ehrung des L. Marcius Censorinus ebenfalls auf der Akropolis zeigt, dass Antonius aufgrund des Vertrags von Brundisium ein für den gesamten Osten gültiges imperium proconsulare maius hatte. Die im Winter 38 auf 37 in Athen hergestellte Flottenprägung des M. Antonius, auf deren Re2161 Herkunft: Münzer, RE 7, 1, 1910, Nr. 18; MRR II 445; cos. von 149: S. 190. – Münzmeister: RRC Nr. 363/1. – Attentat: Nic. Dam., Aug. 26. 96. – Ächtung: Cic. Phil. XI 36: an Censorinum ornem, in bello hostem, in pace sectorem (sc. Antoni)?; vgl. MRR II 362, 374, 382; Ferriès, Partisans, Nr. 95 – Säkularspiele: CIL VI 32323 Z. 44. 2162 Zur Einsetzung des Censorinus als Statthalter, Plut. Ant. 24, 1; Zitat: S. 397/ 2105. – Akropolis: IG II/III2 4113; Triumph: Inscr. Ital. 13,1, p. 86f. – Zum illyrischen Stamm s. Kreiler, Statthalter, 144. 2163 HN: NMRS Nr. 124. – Konsul: Dio XLVIII 32, 1; vgl. Kreiler, Statthalter, 146f. 2164 Datierung Misenum: Hollstein, Lokalisierung, 247. – Entsendung: App. BC V 75, 318; Illyrien: App. BC V 75, 320; vgl. S. 408 mit A. 2154 und Ferriès, Partisans, Nr. 17.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

vers neben zwei anderen Legaten L. Sempronius Atratinus als cos. des. erscheint, lässt den Schluss zu, dass ihn der Triumvir spätestens im Herbst 38 als Nachfolger der C. Cocceius Balbus eingesetzt hat.2165 2.7

M. Cocceius Nerva (cos. 36)

Der aus Narnia in Umbrien stammende homo novus M. Cocceius Nerva war 41 Proquästor. Sein Name und seine Funktion erscheinen bemerkenswerterweise auf dem Avers von in Rom geprägten Münzen des Triumvirn Antonius als Teil der Legende M ANT IMP AVG IIIVIR RPC M NERVA PROQ P.2166 Das P ist nicht als p(ro pr.), sondern als p(raefectus) zu lesen. M. Nerva wurde nämlich Anfang 41 als stellvertretender Statthalter für den erst im Sommer eintreffenden T. Munatius Plancus nach Asia entsandt.2167 41/40 stand er im Perusinischen Krieg auf Seiten des L. Antonius; Octavian begnadigte ihn mit Rücksicht auf seinen Bruder L. Nerva.2168 Marcus war 39 Prätor und wurde in der zweiten Augusthälfte in Misenum zum Konsul für 36 designiert. Nach Appian entsandte Octavian nachher seine Unterfeldherren in alle Richtungen. Diese Aktion überschneidet sich zeitlich mit dem Abzug der Parther aus Kleinasien vor dem 1. 9. 39.2169 Aufgrund von zwei Inschriften aus Teos in Ionien und Stratonikeia in Karien, das als einzige Stadt im Sommer 40 erfolgreich der Belagerung des Q. Labienus getrotzt hatte, wäre anzunehmen, dass M. Nerva tatkräftig am Kampf mitgewirkt hat, denn in beiden Inschriften wird der Imperator und designierte Konsul gleichlautend als Wohltäter, Patron und Retter der Provinz und der Stadt geehrt, der die traditionelle Freiheit und die Verfassung erneuert hat; als Preis wurde ihm ein goldener Kranz verliehen und ein ehernes Reiterstandbild errichtet.2170 Wenn es zutrifft, dass Nerva erst in Asia eintraf, nachdem die Parther Kleinasien geräumt hatten, so ist das rühmen2165 αὐτοκράτωρ: IG II/III2 4110; vgl. IG II/III2 4113: S. 397 mit A. 2105. – Imperium, Flottenprägung, Atratinus: S. 434f. 2166 Homo novus: NMRS Nr. 126. – Titulatur: RRC Nr. 517, 4–5; vgl. S. 388 mit A. 2051. 2167 Kürzel P: S. 393 + A. 2082; vgl. Kreiler, Statth., 145, Ferriès, Partisans, Nr. 46. – T. Munatius Plancus: S. 399 + A. 2115. – Entsendung S. 389 mit A. 2057. 2168 App. BC V 61, 256; vgl. R. Hanslik, KP 1, Cocceius Nr. 4. 2169 Laufbahn: MRR III 59; cos. des.: App. BC V 75, 318; Misenum: S. 411 mit A. 2164; Abzug: S. 401/2123. 2170 Belagerung: Dio XLVIII 26, 3. – I. Stratonikeia II,1 509 und Teos: SEG 4, 604: Ὁ δῆμος Μᾶρκον Κοικτήιον Νέρουα Αὐτοκράτορα, ὕπατον τε ἀποδεδειγμένον, εὐεργέτην καὶ σωτήρα τῆς ἐπαρχήας καὶ τῆς πόλεως, πάτρωνα, εὐεργεσίας χάριν.

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Unterfeldherren des Antonius

de Epitheton σωτήρ wohl in dem Sinn gemeint, dass er sich um den Wiederaufbau der ganzen Provinz und speziell der arg mitgenommenen Städte Teos und Stratonikeia verdient gemacht hat. Ferriès und Delrieux führen seinen IMPTitel auf eine Akklamation in Asia zurück, ohne zu bedenken, dass Unterfeldherren diese Ehre nicht zuteil wurde, weil sie das Heer nicht unter eigenen Auspizien führten.2171 Da Nerva Anfang 36 das Konsulat antrat, dürfte er spätestestens im Herbst 37 von C. Furnius (pr. 42) abgelöst worden sein, der nicht als Imperator fungierte, weil Antonius die Provinz Asia im Hinblick auf den geplanten Partherkrieg entmilitarisierte. Nach der Niederlage des Antonius bei Actium fand Nerva jederzeit Zutritt bei Octavian, der die ganze Schar seiner Freunde, darunter Sallust, aus dem Lager seiner Feinde aushob.2172 2.8

Cn. Domitius Ahenobarbus (cos. 32)

Cn. Ahenobarbus entstammte altem plebeischen Adel; sein Vater Lucius (cos. 54) war ein erbitterter Gegner Caesars, der 49 mit seinem Sohn in Corfinum gefangen genommen wurde, Caesar begnadigte beide. Ende 43 wurde Gneius nach der lex Pedia wegen der Beteiligung an der Ermordung Caesars verurteilt, obwohl er unschuldig war.2173 Im Sommer 42 schickte ihn Cassius mit 50 Schiffen ins ionische Meer, wo er die Transportschiffe des Cn. Domitius Calvinus, die Octavian zwei Legionen zuführen sollten, vernichtete. Durch die Vermittlung des Asinius Pollio schloss er in Brundisium im September 40 mit Antonius ein Bündnis.2174 Der Unterhändler L. Cocceius Nerva erteilte Antonius während der Vertragsverhandlungen mit Octavian den Rat, er solle Sex. Pompeius von seinen Raubzügen abhalten und den verhassten Ahenobarbus aus Italien entfernen, wenn ihm an einem Friedensschluss mit seinem Amtskollegen gelegen sei. Daraufhin veranlasste Antonius den Sextus, nach Sizilien zurückzukehren und entsandte Ahenobarbus als Statthalter nach Bithynien. Die Provinz erhielt nach Q. Marci2171 M. – Cl. Ferriès – F. Delrieux, Stratonicée de Carie et M. Cocceius Nerva ‹sauveur de l’Asie›, Topoi 17, 2, 2011, 421–467, bes. 427; vgl. Ferriès, Partisans, Nr. 46; keine eigenen Auspizien: S. 385 mit A. 2033. 2172 Entmilitarisierung: S. 407f. mit A. 2146. – Freunde: Sen. clem. 10, 1: Sallustium et Cocceios et Deillios et totam cohortem primae admissionis ex adversariorum castris conscripsit; vgl. Kreiler, Statt. 191, Ferriès, Partisans, Nr. 156. 2173 Begnadigung: Caes. BG I 23, 2. – Verurteilung: Suet. Nero 2: Is inter conscios Caesarianae necis quamquam insons damnatus lege Pedia; vgl. Ferriès, Partisans, Nr. 61. – Zu Sallust unter M. Antonius s. S. 352f. mit A. 1851. 2174 Seeherrschaft: App. BC IV 115, 479. 116, 488. Bündnis: App. BC V 50, 212; Vell. II 76, 2.

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us Crispus Anfang 43 im Herbst 40 wieder eine militärische Besatzung. Im August 39 wurde Ahenobarbus in Misenum zum Konsul für 32 zum Konsul designiert.2175 Er kann folglich erst ab diesem Zeitpunkt Imperator gewesen sein. Es gibt Münzen des Triumvirn Antonius mit der Umschrift CN DOMITI AHENOBARBVS IMP auf dem Revers. Sie rahmt einen 16-strahligen Stern über einer Prora, der das sidus Iulium symbolisiert, nämlich die 16 Mitglieder der julisch-claudischen Dynastie. Im Jahr 37 wurde sein kleiner Sohn Lucius (cos. 16 v. Chr.) mit der zweijährigen Tochter des Antonius und der Octavia minor verheiratet. Wahrscheinlich aus diesem Anlass ließ er in der moneta auf dem Janiculum die sidus Iulium-Prägung und zwei Aurei-Emissionen herstellen. Antonius führt in seiner Titulatur wie auf den Ventidius- und Plancus-Münzen nur den einfachen IMPTitel, weil seine 2. und 3. Akklamation nicht in Rom, sondern in Athen stattfand.2176 Am rechten Rand des Avers steht jeweils AHENOBAR, links daneben ist der Kopf seines Vaters Lucius bzw. er selbst abgebildet, auf dem Revers der Neptuntempel bzw. eine Prora.2177 Der IMP-Titel, der das aktuelle Kommando in Bithynien bezeichnet, besagt, dass Ahenobarbus ein prokonsulares Imperium hatte und zum Konsul designiert war. Im Sommer 36 zog er mit seinem Heer an der Seite des Antonius nach Armenien gegen die Parther und übernahm auf dem Rückweg für den niedergeschlagenen und beschämten Antonius die undankbare Aufgabe, die von den Strapazen des Marsches erschöpften Soldaten aufzurichten.2178 35 war er immer noch Statthalter in Bithynien. Er führte von dort sein Heer in die seit dem Herbst 37 entmilitarisierte Provinz Asia und kam seinem benachbarten Kollegen C. Furnius gegen Sex. Pompeius zu Hilfe.2179 Im Herbst 33 war er Mitglied im Kriegsrat des Antonius in Ephesos. Auf seinen und einiger anderer Rat hin bat Antonius Kleopatra, nach Ägypten zurückzukehren und dort das Ende des Krieges abzuwarten.2180 Ahenobarbus ließ den Priester Menodoros aus Tralleis wegen Anstiftung der Flottenbesatzung zum Verrat hinrichten. Er hatte als 2175 Entsendung nach Bithynien: App. BC V 63, 271. – Entlassung des Q. Marcius: S. 363 mit A. 1921. – cos. des.: App. BC V 73, 313. 2176 sidus Iulium-Prägung: RRC Nr. 521; Heirat: Dio XLVIII 54, 4; vgl. Kreiler, Statthalter, 178f. – IMP II u. III: S. 406 mit A. 2141. 2177 RRC Nr. 519, 1–2; vgl. Kreiler, Statthalter, 178, f. 2178 Plut. Ant. 40, 8: ἐξέλιπεν αὐτὸς αἰσχύνῃ καὶ κατηφείᾳ τὸ παραθυρρῦναι τὸ πλῆθος, Δομίτιων δ’ Αηνόβαρβον ἐκέλευε τοῦτο ποιῆσαι; vg. A. 2172. 2179 App. BC V 137, 568: Φούρνιος … καἱ Ἀηνόβαρβον ἄρχοντα γείτονος στρατοῦ … ἐκάλει. – Entmilitarisierung: S. 407f. mit A. 2146. 2180 Plut. Ant. 56, 2: Ἁντώνιος δὲ πεισθεὶς ὑπὸ Δομετίου καὶ τινων ἀλλων ἐκέλευε Κλοπάτραν πλεῖν ἐπ’Αἰγύπτου κακεῖ δικαραδοκεῖν τὸν πόλεμον.

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Unterfeldherren des Antonius

Imperator und Provinzgouverneur das ius gladii, d. h. die Vollmacht, außerhalb Roms die Todesstrafe auszusprechen und vollziehen zu lassen.2181 Anfang 32 wurde Ahenobarbus Konsul. Nach einem scharfen Angriff Octavians auf ihn und seinen Kollegen Sosius im Senat begaben sich beide in Begleitung von etwa der Hälfte der 700 Senatoren heimlich von Rom nach Ephesos zu Antonius, der im März einen Gegensenat gründete.2182 In Ephesos wurde Ahenobarbus als ἀυτοκράτωρ und als Stammpatron des Artemisheiligtums und der Stadt geehrt. Kurz vor der Entscheidungsschlacht ging er schon todkrank zu Octavian über.2183 2.9

C. Sosius (cos. 32)

C. Sosius war der Sohn des gleichnamigen Pompeianers (pr. 49) und einer der bedeutendsten Parteigänger des Antonius, der ihn 40 auf dem Weg nach Athen mit einer Abteilung auf der Insel Zakynthos zurückließ; dort richtete Sosius gemäß dem Vertrag von Misenum eine Flottenstation ein und prägte 39 als Quästor.2184 Er wurde gleichzeitig mit Ahenobarbus zum Konsul für 32 designiert; davon zeugen Münzen mit COS DES.2185 Nach der Einnahme der Festung Samosate in der Kommagene im Herbst 38 entließ Antonius Ventidius und setzte Sosius als Statthalter Syriens ein. Auf seine Weisung hin sandte Sosius sogleich dem späteren Judenkönig Herodes gegen Antigonos zwei Legionen zu Hilfe nach Judäa.2186 Er selbst folgte mit der übrigen Heeresmacht und belagerte Jerusalem ver2181 Strab. XIV I 42: Μηνόδορος κατεστασιάσθη δ’ ὑπὸ τῶν Δομετίου τοῦ Ἀηνοβάρβου φίλων, καὶ ἀνελεῖν αὐτὸν ἐκεῖνος. ὡς ἀφιστάντα τὸ ναυτικὸν, πιστεύσας τοῖς ἐνδαιξαμένος; zum ius gladii des Imperators s. S. 116 mit A. 565; des konsularen Statthalters: Dio LII 22, 3: πλὴν ὅσα ἀτιμίας ἢ θανάτου ἔχεται. ταῦτα γὰρ ἐς μόνον τὸν ὑπατευκότα ἄρχοντα ἀνηκέτω …; vgl. D. Liebs, Das ius gladii der römischen Provinzgouverneure in der Kaiserzeit, ZPE 43, 1981, 217f. 2182 Dio L 2, 6: τῆς τε πόλεως λάθρᾳ προεξεχώρησαν καὶ μετὰ τοῦτο πρὸς τὸν Ἀντώνιον ἀπῆλθον, καί σφισι καὶ τῶν ἄλλων βουλευτῶν οὐκ ὀλίγοι. – Gegensenat: Dio LI 3, 2: καὶ αὐτὰ ὁ Ἀντώνιος ἀκούσας βουλὴν τέ τινα ἐκ τῶν παρόντων ἤθροισε. 2183 AE 1972, 583: [Γν]αῖον Δομέτιον Αἰνόβαρβον αὐτοκράτορα πάτρονα ὄντα διὰ προγόνων τοῦ τε ἱεροῦ τῆς Ἀρτέμιδος καὶ τῆς πόλεως. – Tod: Suet. Nero 3: … propter subitam valeditudinem … transiit ad Augustum et in paucis diebus obiit. 2184 RPC Nr. 1290; Broughton, MRR II 387, III 200, vermutet, dass er Quästor in Makedonien war. 2185 App. BC V 73, 313; COS DES: RPC Nr. 1292; vgl. Kreiler, Statthalter, 134; Ferriès, Partisans, Nr. 130. 2186 Jos. BJ I 172: Ἀντώνιος μὲν καταστήσας ἐπὶ τῆς Συρίας Σόσσιον καὶ προστάξας Ἡρώδῃ βοηθεῖν ἐπ’ Ἀντίγονον …

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

mutlich bis Juli 37.2187 Nach der Einnahme der Stadt mussten die Juden viel Grausames erleiden. Die religiösen Fanatiker, die bis zuletzt den Tempelbezirk verteidigt hatten, wurden gefangen genommen und getötet, König Antigonos wurde durch Herodes ersetzt und hingerichtet.2188 Im Gegensatz zu Cassius Dio, demzufolge Sosius im Jahr 37 nichts Erwähnenswertes vollbrachte, um nicht den Neid des Antonius zu erregen, rühmt Plutarch seine großen Erfolge.2189 An die Eroberung Jerusalems erinnern von Sosius im Jahr 37 in Zakynthos geprägte Denare. Auf dem Avers ist das Porträt des Antonius umrahmt von seiner triumvrialen Titulatur und IMP III abgebildet, der Revers zeigt die Legende SOSIVS IMP und eine Trophäe. Sosius triumphierte als letzter Unterfeldherr des Antonius am 3. 9. 34 als pro cos. ex Iudaea im Sinn von für 32 designierter Konsul. Sein Konsulat bezeugen Münzen aus Zakynthos.2190 Mit seinem Amtskollegen Ahenobarbus verließ Sosius im Februar 32 heimlich Rom und begab sich zu Antonius nach Ephesos.2191 Kurz vor Actium besiegte Sosius als Flottenführer den Legaten Octavians, L. Tarius Rufus (cos. 16 v. Chr.). In der Entscheidungsschlacht unterlag er Agrippa und wurde von Octavian begnadigt.2192 Das BMC führt ein nicht abgebildetes Einzelstück aus Akragas (Agrigentum) in Sizilien auf mit dem lor-beergeschmückten Haupt der Persephone und der Legende ΣΩΣΙΟΣ (nicht ΒΩΣΙΟΣ) auf dem Avers. Auf dem Revers steht Asklepios, der Gott der Heilkunde, umrahmt von dem Ethnikon ΑΚΡΑΓΕΝΤΙΝΩΝ.2193 Der Name ΣΩΣΙΟΣ ohne Funktionsangabe auf dem Avers ist vergleichbar mit dem des Statthalters L. Sempronius Atratinus in der Form ΑΤΡΑΤΙΝΟΣ auf autonomen Bronzeprägungen, die die civitas libera Sparta Mitte der 30er-Jahre herstellte. Sosius finanzierte in gleicher Weise die Emission der Bewohner von Akragas, die

2187 Jos. BJ I 182; vgl. Kreiler, Statthalter, 242 mit A. 787. 2188 Dio XLIX 22, 5–6; Jos. Ant. XIV 456–487; BJ I 345ff.; Antigonos: Anhänger der Parther, S. 403 mit A. 2131. 2189 Dio XLIX 23, 1–2; Plut. Ant. 34, 10: Καὶ γὰρ Σόσσιος Ἀντωνίου στρατηγὸς ἐν Συρίᾳ πολλὰ διεπράττετο. 2190 Münzen Antonius IMP III: RPC Nr. 1291; Triumph: Inscr. Ital. 13,1, 86f., 342f. – Sosius COS: RPC Nr. 1293. 2191 Flucht: Dio L 2, 6 (Zitat S. 415/2182). 2192 Dio L 14, 1: κἀν τούτῳ ναυμαχία τις ἐγένετο. ὁ γὰρ Σόσσιος Λουκίου Ταρρίου ναυσὶν ὀλίγαις ἐφορμοῦντός σφισιν ἐλπίσας ἄξιόν τι λόγου πράξειν, ἂν πρὶν τὸν Ἀγρίππαν, ᾧ πᾶν τὸ ναυτικὸν ἐπετέτραπτο. – Begnadigung: Dio LI 2, 4; Vell. II 86, 2: At Sosium … mox odium luctatus Caesar servavit incolumen. 2193 BMC. Sicily, S. 22, Nr. 153; vgl. Grant, FITA, 392; Kreiler, Statthalter, S. 134f. mit Abb. eines Gipses des British Museum.

416

Unterfeldherren des Antonius

43 durch die lex Iulia das römische Bürgerrecht erhalten hatten.2194 Den Namen des Stifters setzte die Stadt zum Dank auf den Avers. Statt seines Porträts steht das der Persephone, deren Kult als Göttin der Fruchtbarkeit und der Hochzeit von Syrakus ausstrahlte.2195 Der Stifter ΣΩΣΙΟΣ ist identisch mit dem von Octavian nach Actium begnadigten C. Sosius. Er verwaltete die entmilitarisierte Provinz Sizilien in dessen Auftrag vermutlich bald nach Actium bis zur Rückgabe der Provinz an den Staat 28 v. Chr.2196 17 v. Chr. wohnte Sosius der Saecularfeier als XVvir sacris faciundis bei.2197 2.10

M. Titius (cos. 31)

Der homo novus M. Titius war der Schwiegersohn des L. Munatius Plancus.2198 Nachdem sein Vater Lucius im Jahr 43 proskribiert und zu Sex. Pompeius nach Sizilien geflohen war, verheerte der junge Marcus im Kampf gegen Octavian mit einer eigenmächtig zusammengestellten Flottenabteilung die etruskischen Küsten und wurde 40 von Sex. Pompeius gefangen genommen. Seinem Vater zu Liebe wurde er von ihm begnadigt, wechselte aber 39 nach den Vereinbarungen von Misenum ins Lager des Antonius über.2199 36 nahm M. Titius als Feldquästor des Antonius am Partherkrieg teil und forderte den Militärtribun Flavius Gallus, der sich zu weit vorgewagt hatte, zum Rückzug auf. Seine Filiation [L. f.] und seine Funktion [q.] pro cos. wurden in einer verschollenen Inschrift aus Mytilene 1445 von dem Humanisten Cyprianus falsch konjiziert.2200 Antonius hatte Titius zur Führung eines Kommandos im Partherkrieg ein prokonsulares Imperium erteilt, obwohl einem Quästor nach der Verfassung kein höheres als ein proprätorisches Imperium zustand.2201 2194 Atratinus in Sparta: S. 434 mit A. 2310. – Akragas: Diod. XIV 77; vgl. K. Ziegler, KP 1, Sp. 220. 2195 Vgl. W. Fauth, KP 4, Persephone, Sp. 649. 2196 Jahr 28: S. 379 mit A. 2005. – Datierung des Statthalteramts: Kreiler, Statthalter, 134f. 2197 ILS 5050; vgl. MRR II 427. 2198 Homo novus: NMRS, Nr. 137; Verwandtschaft und Laufbahn: M. D. Deissmann, KP 5, Titius, Nr. 4. 2199 Dio XLVIII 30, 5f.; App. BC V 142; Vell. II 77, 3; vgl. Freyburger – Roddaz, Dion Cassius, 172. 2200 Partherkrieg: Plut. Ant. 42, 2–5. – ILS 891: Cives Romani qui Mytileneis nogotiantur M. Titio [M. f.] pro cos, praef. classis, cos. des., patrono, h. c.; zur Konjektur M. Titio [L. f., q.] pro cos.; s. Kreiler, Statthalter, 227f. 2201 MRR II 369f.; vgl. Ferriiès, Partisans, Nr. 133; Vf. S. 347/1816.

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35 übernahm Titius als Flottenpräfekt des Antonius ein Sonderkommando in Kleinasien zur Gefangennahme des Sex. Pompeius, den er auf Befehl des syrischen Statthalters L. Munatius Plancus wahrscheinlich mit Wissen des Antonius hinrichten ließ.2202 Beim Volk war er wegen dieser Schandtat lange Zeit so verhasst, dass er aus dem Theater vertrieben wurde, als er eine Vorstellung gab.2203 Im Winter 33 auf 32 hielt sich Titius mit Antonius in Ephesos auf und war wohl neben Domitius Ahenobarbus einer von denen, die im Kriegsrat auf die Entfernung der Kleopatra drängten. Im Frühjahr 32 war er in Samos, als Antonius dort sein Hauptquartier hatte.2204 Im Sommer 32 ging Titius mit seinem Onkel L. Plancus zu Octavian über, der auf diese Weise in den Besitz des Testaments des Antonius kam, das beide als Zeugen unterzeichnet hatten.2205 Zum Pontifex wurde Titius wohl bald nach seinem Übertritt zu Octavian gewählt.2206 Dem jungen Caesar verdankte er auch das Suffektkonsulat im Mai 31. Vor der Seeschlacht bei Actium gelang es ihm zusammen mit Statilius Taurus, die Reiterei des Antonius zu schlagen.2207 Nach dem damals üblichen Intervall von sechs Jahren gelangte Titius zum Prokonsulat. Das Amt ist in Asia durch eine Inschrift aus Kolophon belegt.2208 Wahrscheinlich amtierte M. Titius 25/24 in der Provinz Asia proconsularis nach Paullus Aemilius Lepidus (28/27), L. Volcacius Tullus (27/26) und L. Vinicius (26/25).2209 2.11

M. Insteius

Insteius ist ein seit dem 3. Jh. v. Chr. belegter Gentilname. M. Insteius war ein homo novus aus Pisaurum, dessen Vater Lucius 90 Legat des Cn. Pom-

2202 Dio IL 18, 4–5; App. BC V 144, 598; vgl. S. 408 mit A. 2148. 2203 Vell. II 79, 6: Cui (sc. Titio) in tantum duravit hoc facinore contractum odium, ut mox ludos in theatro Pompei faciens execratione populi spectaculo, quod praebebat, pelleretur. 2204 Kleopatra: Plut. Ant. 56, 2; Samos: SEG 1, 383; vgl. P. Herrmann, ZPE 14, 1974, 258; Eilers, Roman Patrons, C 55. 2205 Übertritt: Vell. II 83; Testament: Plut. Ant. 58, 2; Dio L 3, 3; vgl. Ferriès, Partisans, Nr. 133. 2206 CIL 10.5853; vgl. MRR II 425. 2207 Dio L 13, 5. 2208 SEG 49, 1999, 1512; vgl. J.-L. Ferrary, BCH 124, 1, 2000, 356f. 2209 Ermittlung der Provinz Asia: S. 276 mit A. 1439.

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Unterfeldherren des Antonius

peius Strabo und 76 des Sertorius war.2210 Cicero schmäht den Anhänger des Antonius in der 13. Philippica (gehalten am 20. März 43), indem er ihn einen schrecklichen Banditen, aber einen passablen Bademeister nennt. Er war für 42 zum Volkstribun designiert und nahm Mitte April 43 auf Seiten des Antonius am bellum Mutinense teil.2211 Angesichts eines durchschnittlich siebenjährigen Intervalls zwischen Volkstribunat und Prätur erlangte sie der homo novus um 35. Das einzige Zeugnis für seine Tätigkeit als Imperator in Makedonien ist eine Inschrift aus Europos, einer kleinen Stadt an der Grenze zu Illyrien: ‚Die Stadt (ehrt) den Imperator Marcus Insteius, den Sohn des Lucius, ihren Wohltäter.‘2212 Wahrscheinlich hatte Insteius 32/31 als Imperator die Aufgabe, die Nordgrenze Makedoniens im bellum Actiense gegen einen möglichen Angriff der in Illyrien stehenden Truppen Octavians zu sichern. Da Insteius als Imperator ein prokonsulares Imperium hatte, ist anzunehmen, dass er im Frühjahr 32 vom Gegensenat im Auftrag des Antonius, der sein Hauptquartier von Ephesos nach Athen verlegte, zum Konsul designiert wurde.2213 In der Entscheidungsschlacht bei Actium führte Insteius zusammen mit M. Octavius das Zentrum. Er fand vermutlich in der Seeschlacht den Tod, da er nicht mehr erwähnt wird.2214 Bemerkenswert ist die schon im Zusammenhang mit Titius erwähnte Funktion Q PRO COS: Sie bezieht sich auf M. Iunius Silanus, dessen Name auf dem Revers von Münzen des Antonius steht, die ab dem Frühjahr 32 in Athen geprägt wurden; er fungierte im bellum Actiense als Präfekt von Hellas.2215 Octavian beließ ihn nach Actium als Proquästor in seiner Stellung, er verlor aber nach Kriegsende das prokonsulare Imperium. Silanus wird von den Athenern ‚unser Retter und Wohltäter‘ genannt.2216 Vermutlich hielt er die Reparationszahlungen für sie in einem erträglichen Maß. 2210 Gentilname: Schulze, Eigennamen, 358; homo novus: NMRS Nr. 216; Vater: Hanslik, KP 2, Insteius, Nr. 1. 2211 Cic. Phil. XIII 26: … tribuni primum duo designati, Tullus Hostilius …, alter est designatus Insteius nescio qui, fortis, ut aiunt, latro, quem tamen temperantem fuisse ferunt Pisauri balneatorem; vgl. MRR II 574. 2212 AE 1992, 1590: Ἡ πόλις Μάρκον Ἰνστήιον Λευκίου υἱὸν αὐτοκράτορα, τὸν ἁὐτῆς εὐεργέτην. 2213 Schutz der Nordgrenze: Bengtson, RG3 260; vgl. Vf. S. 447 mit A. 2389. – Verlegung des Hauptquartiers: Plut. Ant. 57,1. 2214 Plut. Ant. 65, 2: ἐν μέσῳ δὲ Μάρκος Ὀκτάβιος καὶ Μάρκος Ἰνστήϊος; Kreiler, Statthalt., 150f.; Ferriès, Partisans, Nr. 81. 2215 Titius: S. 417f.; Münzen: RRC Nr. 542, 1; Prägung in Athen: Plut. Ant. 56f. (vgl. Anm. 2213: Hauptquartier Athen). 2216 Ehrung auf der Akropolis: IG II2 4114 = Syll.3 767; vgl. Kreiler, Statthalter, 151f.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

3.

Unterfeldherren Octavians

3.1

C. Carrinas (cos. 43)

C. Carrinas war der Sohn des gleichnamigen Prätors von 82 und Führers der Marianer, der auf Befehl Sullas hingerichtet wurde. 45 machte ihn Caesar zum Prätor und sandte ihn mit einem starken Heer gegen die Pompeianer ins jenseitige Spanien.2217 Nach Caesars Tod scheint er sich bald Octavian angeschlossen zu haben, denn Ende 43 wurde er Suffektkonsul an dessen Stelle. 41 übernahm er als Legat Octavians zum zweiten Mal ein Kommando in der Provinz Hispania Ulterior.2218 39 wird Carrinas in Rom an erster Stelle unter den Zeugen des SC de Panamara genannt. 36 besetzte er im Krieg gegen Sex. Pompeius mit drei Legionen die Flottenbasis Lipara.2219 Anfang 31 übernahm Carrinas das Kommando in Gallien. Vom keltischen Oppidum Titelberg im Gebiet der Treverer kommen schlecht ausgeführte Bronzen mit dem Namen CARINA rückläufig geschrieben auf dem Avers und einem Elefanten, der eine Schlange niedertrampelt, auf dem Revers sind priesterliche Attribute abgebildet. Die Münzen gleichen denen des Hirtius unter dem Diktator Caesar.2220 Der IMPTitel des Carrinas fehlt, offensichtlich weil es sich um keine römische, sondern um eine lokale Prägung handelt. Die priesterlichen Attribute lassen erkennen, dass Carrinas analog zu Calvisius in Spanien (v. infra) in einer Kulthandlung den Sieg über Antonius feierte. Er triumphierte wie Calvisius mit dreijähriger Verspätung am 14. 7. 28 als pro cos. ex Hispania.2221 Cassius Dio bemerkt dazu, dass C. Carrinas die am Ärmelkanal siedelnden Moriner und andere Völker, die sich erhoben hatten, überwältigte und die Sueben zurückschlug, die in kriegerischer Absicht den Rhein überschritten hatten, und er fügt hinzu, dass Carrinas einen Triumph feierte, obwohl sein Vater von Sulla getötet worden war und er selbst einst mit den anderen Männern, die sich in

2217 Homo novus, weil Vater von Sulla geächtet: NMRS Nr. 105; vgl. App. BC I 93, 433. – Kommando: App. BC IV 83: ὧν ὁ Γαίος (Καῖσαρ) πυνθανόμενος ἔπεμπε σὺν στρατῷ πλέονι Καρρίναν ἐκπολεμήσοντα Πομπήιον. 2218 Spanien: App. BC V 26, 103 (Zitat S. 394/2089). 2219 SC de Panamara: Sherk, RDGE Nr. 27. – Lipara: App. BC V 97, 405. 2220 Münzen des Carrinas: RPC Nr. 502; des A. Hirtius: RPC Nr. 501; vgl. S. 356 mit A. 1871. 2221 Inscr. Ital. 13,1, 86f., 344ff.; vgl. Kreiler, Statthalter, 56ff.

420

Unterfeldherren Octavians

der gleichen Lage befunden hatten, von der Bekleidung eines Amts ausgeschlossen worden war.2222 3.2

L. Antonius (cos. 41)

Der dem plebejischem Adel entstammende L. Antonius war der Sohn des M. Antonius Creticus und der jüngere Bruder des Triumvirn Marcus. Lucius begann seine Laufbahn 50 als Quästor in Asia, 49 vertrat er als q. pro pr. den scheidenden Statthalter Q. Minucius Thermus, 44 Volkstribun, ab Ende 44 bis zur Ächtung seines Bruders im April 43 als Legat in dessen Diensten tätig.2223 Bei der Bildung des Triumvirats im November 43 wurde Lucius von seinem Bruder Marcus zum Konsul für 41 designiert und erhielt von ihm die Provinz Gallia Cisalpina, in der er bis zur Vereinigung mit Italien im Herbst 42 das Kommando führte.2224 Lucius wurde Anfang 41 Konsul und triumphierte ex Alpibus. Er zog im Sommer 41 gegen Octavian in den Perusinischen Krieg; dieser begnadigte Anfang 40, nachdem er ihn in Perusia eingeschlossen und ausgehungert hatte.2225 Als der junge Caesar nach dem Tod des Fufius Calenus im Frühjahr 40 Hispania Citerior in Besitz nahm, brauchte er für die Beherrschung ganz Spaniens einen Konsular und übergab Lucius, da kein anderer verfügbar war, im Juli 40 die beiden spanischen Provinzen, ließ ihn aber als verdächtigen Anhänger seines Kollegen M. Antonius durch seine Legaten L. Cornelius Balbus und T. Peducaeus überwachen. L. Antonius starb vor Ende 40 in Spanien, vermutlich aufgrund von Verletzungen, die er sich als murmillo in Asia zugezogen hatte.2226

2222 Dio LI 21, 6–7: Γαϊος γὰρ Καρρίνας τοὺς δὲ Μορίνους καὶ ἄλλους τινὰς συνεπαναστάντας αὐτοῖς ἐχειρώσατο, καὶ τοὺς Σουήβους τὸν Ῥήνον ἐπὶ πολέμῳ διαβάντας ἀπεώσατο. καὶ διὰ ταῦτα ἦγαγε μὲν καὶ ἐκεῖνος τὰ νικήτερια, καίτοι τοῦ τε πατρὸς αὐτοῦ ὑπὸ τοῦ Σύλλου θανατωθέντος, καὶ αὐτὸς ἄρξαι ποτὲ μετᾶ τῶν ἄλλων τῶν ὁμοίων οἱ κωλυθεὶς.; S. 263 mit A. 1366. 2223 Asia i. J. 50: Cic. fam. II 18; i. J. 49 Jos. Ant. XIV 235. – Besetzung der Alpen; Cic. fam. X 31, 4; vgl. Kreiler, Statthalter, 33. 2224 Vereinbarungen von Philippi: Dio App. BC V 3, 12; Dio XLVIII 12, 5; vgl. Kreiler, Statthalter, 34. 2225 Consul: RRC Nr. 517 a; Triumph: CIL I p. 478. – Perusia: Liv. per. 126; vgl. Kreiler, Statthalter, 35f. 2226 Hispania Citerior: App. BC V 51, 213ff. – Übergabe Spaniens mit Identifizierung: S. 395/2093. – Schwertkämpfer: Cic. Phil III 31; V 20; VII 17.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

3.3

Cn. Domitius Calvinus (cos. 53, II 40)

Cn. Domitius Calvinus entstammte dem angesehenen plebeischen Geschlecht der Domitii Calvini, das 332 den ersten Konsul hervorbrachte. 62/61 war er in Asia dem Statthalter L. Valerius Flaccus (pr. 63) als leg. pro pr. unterstellt; dies bezeugen Cicero und das griechische Pendant ἀντιστράτηγος in einer Inschrift aus dem karischen Nysa.2227 59 unterstützte Cn. Calvinus als Volkstribun den Konsul M. Calpurnius Bibulus in seinem erfolglosen Kampf gegen den Amtskollegen Caesar. Nach dem Konsulat im Jahr 53, das er Pompeius verdankte, schloss er sich im Bürgerkrieg Caesar an, der ihn mit zwei Legionen nach Makedonien entsandte und nach Pharsalos weiter nach Kleinasien.2228 46 diente Calvinus dem Diktator in Africa, 45 beschwor er den zwischen Rom und Knidos abgeschlossenen Vertrag, ab 45 Pontifex, ab 42 stand er in den Diensten der Triumvirn.2229 Dank Octavian kam er Anfang 40 zum 2. Konsulat und erhielt ex consulatu, d. h. wohl Ende 40, Spanien, wo er ein sehr hartes Regiment führte. Er übernahm das Kommando von den proprätorischen Legaten (T.) Peducaeus und dem jüngeren L. Cornelius Balbus, die die vakanten spanischen Provinzen seit dem Tod des L. Antonius als Stellvertreter eines Konsulars verwalteten.2230 Domitius besiegte bei Osca den Pyrenäenstamm der Ceretaner. Daran erinnern Münzen, auf deren Avers OSCA steht und das Porträt des iberischen Herkules abgebildet ist, der Revers zeigt die Legende DOM COS ITER IMP und das Emblem seines Pontifikats.2231 Calvinus war zweimal Konsul, nämlich 53 und 40. Der IMPTitel kennzeichnet das Kommando in Spanien. Er

2227 Konsul 332: Liv. VIII 17, 5. – Legation: Cic. Flac. 31, 68. – Inschrift: ZPE 169, 2009, 157ff.; vgl. Vf. S. 206 mit A. 1047. 2228 Volkstribun: Cic. Sest. 113. – Bürgerkrieg: Caes. BC III 36, 1. 37, 2; Kleinasien: B. Alex. 34; vgl. S. 347 mit A. 1818. 2229 J. 46: B. Afr. 86; Pontifex: Val. Max. VIII 11, 2; Suet. Iul. 81, 4. – Vertrag: I. Knidos I Nr. 32. – Jahr 42: S. 413 mit A. 2174. 2230 Vell. II 78, 3: eadem tempestate Calvinus Domitius, cum ex consulatu obtineret Hispaniam, gravissimi comparandique antiquis exempli auctor fuit; quippe primi pili centurionem … ob turpem ex acie fugam fusti percussit; vgl. Dio XLVIII 42; (T.) Peduceaus und L. Balbus: S. 395 mit A. 2093. 2231 Zur Identifizierung der von Sex. Pompeius und Calvinus unterworfenen Völker s. Roddaz, Pouvoir et Provinces. Remarques sur la politique de colonisation et de municipalisation de Rome dans la péninsule ibérique entre César et Auguste, 1996, 21. Ceretaner: Dio XLVIII 42,1; vgl. Kreiler, Statthalter, 77 mit A. 235. – Münzen: RRC Nr. 532/1 = RPC I, Nr. 114.

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wurde nicht iteriert, weil Calvinus nach den 47 in Kleinasien und 46 in Africa unter Caesar geführten Kommanden nicht triumphiert hatte.2232 Die Prägung kann entgegen Crawford nicht in Rom hergestellt worden sein, weil sonst das Porträt Octavians und seine triumvirale Titulatur auf dem Avers stünden.2233 Domitius kehrte wohl im Frühjahr 36 nach Rom zurück. Nach den Worten des Cassius Dio erhielt er einen Triumph zugebilligt, obwohl Spanien an Octavian vergeben war, denn die Machthaber konnten die Ehren auch denen verleihen, die unter ihnen dienten.2234 Domitius triumphierte nach den Fasten am 17. 6. 36 als pro cos. ex Hispania. An einer Tempelwand auf dem Palatin brachte er eine Beuteweihinschrift an, die lautet: Cn. Domitius M. f. Calvinus /​ pontifex /​ cos. iter, imp. /​ de manubiis. In der 2. Hälfte des 2. Jh. v. Chr. kommt der Ausdruck de manubiis in Verbindung mit cos. vor; er bezieht sich auf den Oberfeldherrn, der ein eigenständiges Kommando führte.2235 3.4

C. Calvisius Sabinus (cos. 39)

C. Calvisius Sabinus wurde 85 geboren, er war ein homo novus aus der latinischen Kolonie Spoletium in Umbrien. Im Bürgerkrieg kämpfte er 48 als Legat Caesars in Griechenland, war 45/44 Statthalter in Africa Vetus und versuchte zusammen mit L. Marcius Censorinus, Caesar an den Iden des März zu schützen.2236 Nach dem Tod des Diktators schloss sich Calvisius dem Antonius an, der ihm im November 44 wieder Africa Vetus zuwies, das er soeben verlassen hatte. Er konnte es aber nicht wieder in Besitz nehmen, weil Q. Cornificius die Übergabe verweigerte.2237 Calvisius war wahrscheinlich 43 Prätor, Ende 43 cos. des.2238, bald danach ging er von Antonius zu Octavian über, cos. ord. 39, 38 Befehlshaber der Flotte gegen Sex. Pom2232 Vg. S. 302 mit A. 1554. 2233 Herstellung der Prägung in Osca: RPC I, Nr. 114. – Stadtrömische Münzen Octavians: S. 395 mit A. 2094. 2234 Dio XLVIII 42, 3: Τυχών τε τῶν ἐπινικίων καίτοι τῆς Ἰβηρίας τῷ Καίσαρι προστεταγμένης (πρὸς γὰρ τὰς τῶν κρατούντων βουήλσεις καὶ αἱ τιμαί τοῖς ὑποστρατηγοῦσι σφισιν ἐγιγνοντο), … 2235 Triumph: Inscr. Ital. 13,1, 86f.; 342f. – Palatin: ILS 42 (vgl. ILS 41: S. 407/2145). – ILLRP 332 in Capua i. J. 135: Ser. Folvius Q. f. Flaccus cos. muru(m) locavit /​ de manubiis. 2236 HN: NMRS Nr. 96. – Spoletium: ILS 925. Griechenland: Caes. BC III 34, 2. Africa Vetus: Cic. Phil. XII 25, 1. – Iden des März: Nik. Dam. Aug. 26, 96; vgl. Ferriès, Parisans, Nr. 96; Schutz Caesars: S. 410f. mit A. 2161. 2237 Cic. fam. XII 25, 2; vgl. S. 361 mit A. 1907 2238 Prätor: MRR III 48; cos. des.: App. BC IV 2, 7.

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peius, Ende 37 abgesetzt2239, Ende 36 Präfekt spanischer Auxiliartruppen in Italien im Kampf gegen das Räuberunwesen, 32 prangerte er im Senat die Verfehlungen des Antonius an.2240 Im Frühjahr 32 folgte Calvisius in Spanien auf Ap. Pulcher. Er ließ während seiner Amtszeit in Carthago Nova Semissen und Quadranten prägen. Der Avers zeigt einen weiblichen Kopf, wahrscheinlich den der Concordia und die Namen der die Kolonie leitenden duoviri quinquennales, der Revers eine Trophäe und die Umschrift SABINVS C M IMP. Das Signum C M steht für das Priesteramt C(urio) M(aximus). In Verbindung mit der Trophäe und der Concordia ist aus dem Amt zu schließen, dass Calvisius in Carthago Nova in einer Kulthandlung den Sieg bei Actium feierte.2241 Er kehrte wahrscheinlich kurz nachher nach Rom zurück, triumphierte aber erst mit fast dreijähriger Verspätung am 26.5.(28) ex Hispania. Vermutlich aus dem Erlös der spanischen Beute ließ er die via Latina wieder herstellen 2242 3.5

P. Alfenus Varus (cos. 39)

P. Alfenus Varus war der Sohn des Besitzers einer Schuhmanufaktur in Cremona (homo novus) und der Schüler des damals berühmtesten Rechtsgelehrten Servius Sulpicius Rufus (cos. 51). Seinen militärischen Aufstieg verdankte Varus Caesar, unter dem er ca. 50 die Germanen bezwang. Da er 39 Konsul war, muss der Caesarianer im November 43 in Bononia von Octavian zum höchsten republikanischen Amt designiert worden sein. Dies setzt wiederum voraus, dass er 43 Prätor war.2243 41 vertrat Alfenus Varus die Interessen Octavians in der von C. Asinius Pollio geleiteten Kommission zur Landverteilung.2244 Nach dem Sieg im Perusinischen Krieg nahm er Pollios Stelle ein. Den sich vollziehenden 2239 Flotte: App. BC V 80–88, Dio XLVIII 46, 5; Absetzung: App. BC V 96, 400. 2240 Präfekt in Italien: ILS 2488, App. BC V 132, 547. Rede im Senat: Plut. Ant. 58, 9: Καλουΐσιος δὲ Καίσαρος ἑταῖρος ἔτι καὶ ταῦτα τῶν εἰς Κλεοπάτραν ἐγκλημάτων Ἀντωνίῳ προὔφερε. 2241 Münzen: RPC Nr. 149. – Auflösung des Kürzels C M: ILS 925 (Spoletium); vgl. Kreiler, Statthalter, S. 81 mit A. 246. 2242 Triumph: Inscr. Ital. 13, 1, 342f. – Via Latina: ILS 889, Suet. Aug. 30; vgl. Kreiler, Statthalter, 80f. 2243 Homo novus: D. Liebs, P. Alfenus Varus, Eine Karriere in Zeiten des Umbruchs, ZRG 127, 2010, 32–52, bes. 33–39. – Servius Sulpicius Rufus: Vf. S. 353. – Vertrag von Bononia: S. 385 mit A. 2031; vgl. die analoge Laufbahn des C. Calvisius Sabinus (s. o). – Scholia Bernensia: Varus consul fuit quique Romanis Germaniam domuit; vgl. Liebs (s. o.) S. 39. 2244 Servius-Kommentar zu Verg. Ecl. IX 10; vgl. MRR 2, 377.

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Unterfeldherren Octavians

Machtwechsel erwähnt außer Iunius Philargyricus auch Servius in ähnlichen Worten. Varus war der Verfasser der 40 libri Digestorum, die im Codex Iustinanus ihren Niederschlag fanden.2245 3.6

C. Norbanus Flaccus (cos. 38)

C. Norbanus Flaccus war der Enkel eines Freigelassenen und diente seinem von Sulla proskribierten Vater (cos. 83) in dessen Konsulat als Münzmeister. Caesar bestimmte ihn für 43 zum Prätor.2246 Im Sommer 42 segelten Norbanus und L. Decidius Saxa, die Unterfeldherren des Antonius, mit einer militärischen Vorhut von acht Legionen durch das Jonische Meer nach Makedonien und marschierten ostwärts bis zum Fluss Nestos in Thrakien, wo sie die Küstenpässe besetzten. Im Auftrag der Caesarmörder unternahm L. Tillius Cimber mit seinem Geschwader ein Landungsmanöver, gleichzeitig wurden Norbanus und Saxa vom überlegenen Landheer der Republikaner im Norden auf Gebirgspfaden umgangen. Sie konnten aber rechtzeitig nach Amphipolis zurückweichen und die Position bis zum Eintreffen des Antonius mit den Hauptstreitkräften behaupten.2247 In der Schlacht bei Philippi übernahm Norbanus während der Kampfhandlungen für den erkrankten Octavian das Oberkommando. Er belohnte ihn 38 mit dem Konsulat.2248 Seine Statthalterschaft in Spanien ist nur durch den Eintrag in den Triumphalfasten am 12. 10. 34 als pro cos. ex Hispania belegt. Ein indirektes Zeugnis stellt der Name der Kolonie Norba Caesarina dar, die Norbanus vermutlich gegründet hat. Er amtierte wahrscheinlich zwei Jahre lang ab Frühjahr 36.2249 2245 Ecl. VI 64: … fugatoque Asinio Pollione, ab Augusto Alfenum Varum legatum substitutum, qui Transpadanae provinciae et agris dividendis praeesset. – Digesten: Gellius VII 5, 1; vgl. Liebs (s. o.), 314f. 2246 Homo novus (s. o.): NMRS Nr. 279. – Großvater: NMRS S. 16/2. – Vater: Selbstmord i. J. 82 (Liv. per. 89, 7); P Assenmaker, Datierung der stadtrömischen Münzprägung der Jahre 88–82, Nomismata 2016, 103 zu RRC Nr. 357. – Prätor: Aurei (RRC NR. 491); vgl. R. J. Evans, Norbani Flacci, the consuls of 38 and 24 BC, Historia 36, 1987, 121–128. 2247 App. BC IV 87, 368; Dio XLVII 35, 2. 4–6, Plut. Brut. 38; vgl. Bleicken, Augustus, S. 160f.; Vf. S. 364 mit A. 1925. 2248 App. BC IV 130, 548. – Konsulat: MRR II 150. 2249 Triumph: Inscr. Ital. 13,1, 86f., 342f. – Zu Norba Caesarina s. H. Galsterer, Untersuchungen zum römischen Städtewesen auf der Iberischen Halbinsel, M F 8, 1971; L. A. Valverde, La fundacion de la colonia Caesarina, Herakleion 7, 2014, 53–64; vgl. Vf. S. 439 mit A. 2337 und Kreiler, Statthalter, 78.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

25 wird Norbanus an erster Stelle als Zeuge des Mytilene betreffenden S C genannt, 31 und 17 war er Mitglied im Kollegium der XVviri s. f.2250 3.7

L. Marcius Philippus (cos. 38)

Die Familie des L. Marcius Philippus führte ihren Ursprung auf den König Ancus Marcius zurück. Er war der Sohn des gleichnamigen Konsuls von 56, dem er als Münzmeister diente, und war mit Octavian verwandt. 49 trat er als Volkstribun für den Usurpator Caesar ein, der ihm zur Prätur für 44 verhalf. Marcius erkannte die von Antonius Ende 44 angeordnete Verteilung der Provinzen nicht an. 38 wurde er mit Hilfe Octavians Konsul.2251 Er dürfte C. Norbanus Flaccus etwa Anfang 34 in Spanien abgelöst und ein Jahr lang das Kommando geführt haben. Einziges Zeugnis sind die Fasti Barberiniani, nach denen er am 27. 4. 33 ex Hispania triumphierte.2252 Tacitus führt ihn unter den Generälen Octavians auf, die Rom aus dem Erlös der Beute mit herrlichen Bauten schmückten.2253 3.8

Ap. Claudius Pulcher (cos. 38)

Der ältere Sohn des Patriziers C. Claudius Pulcher (pr. 56) wurde vermutlich kurz vor 75 geboren und Appius maior genannt. Im Bürgerkrieg stand er auf Seiten des Pompeius, er muss nach Pharsalos von Caesar begnadigt worden sein, denn nach dessen Tod scheint der junge Mann Antonius gedient zu haben.2254 Nach dessen Niederlage bei Mutina schloss er sich dem siegreichen D. Brutus an, wurde nach der Machtübernahme der Triumvirn geächtet und entging nur knapp dem Tod.2255 Da er 38 Konsul war, dürfte er spätestens 41 zur Prätur gekommen sein, er ist wahrscheinlich mit dem Prätorier Ἄππι[ος] identisch, der 39 im S C de 2250 S C: IG XII 2, 35 – XVvir: MRR II 427. 2251 Münzmeister: RRC Nr. 425; tr. pl. Caes. BC I 6, 4; Provinzen: Cic. Phil. III 10, 25; vgl. MRR III 76, Vf. S. 361 mit A. 1907. 2252 HN: NMRS Nr. 221 – Ablösung: S. 423 mit A. 2249; Triumph: Inscr. Ital. 13,1, S. 342f., 570; vgl. MRR II 416. 2253 Tac. Ann. III 72; vgl. S. 428 mit A. 2268. 2254 Vater: pr. 56, procos. Asiae 55–53; vgl. Stumpf, Statthalter, Nr. 48; Appius minor: S. 454 mit A. 2422. – Pharsalos: Plut. Pomp. 57, 7. – Antonius: Cic. fam. XI 22. 2255 D. Brutus: Cic. fam. XI 22; Ächtung: App. BC IV 51, 222; vgl. Ferriès, Partisans, Nr. 39.

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Unterfeldherren Octavians

Aphrodiensibus an 2. Stelle genannt wird. Appius dürfte als einer der ersten Patrizier zu Octavian übergewechselt sein.2256 Im Seekrieg gegen Sex. Pompeius erhielt er ein wichtiges Kommando. Er löste L. Marcius Philippus (v. supra) etwa Anfang 33 ab und triumphierte am 1. 6. 32 ex Hispania. Ihm folgte Anfang 32 wahrscheinlich Q. Laronius nach.2257 Die Tätigkeit Pulchers ist durch das Fragment einer Bauinschrift in Emporiae bezeugt. Es lautet: APPIO CLAVDIO PVL[CHRO]. Man kann PVL[CHRO IMP] ergänzen, denn der IMPTitel erscheint nach dem Namen in zwei postumen Inschrif­ten aus Herculaneum, wo Appius in den 20er Jahren ein Theater bauen ließ.2258 3.9

T. Statilius Taurus (cos. 37, II 26)

T. Statilius Taurus war nach Agrippa der bedeutendste General Octavians. Beide hinderte ihre einfache Herkunft nicht daran, mehrfache Konsulate, Triumphe und Priesterschaften zu erlangen.2259 Taurus war ein homo novus aus Lukanien, der bereits 44 dem Senat angehörte. Im Mutinensischen Krieg fungierte er als Legat des Antonius, spätestens 40 wurde er Prätor. Vermutlich am Anfang der 30er Jahre wandte er sich Octavian zu, dem Agrippa und er das Konsulat im Jahr 37 verdankten.2260 Nach der Niederlage des Sex. Pompeius legte Octavian Sizilien im Herbst 36 einen Tribut von 1600 Talenten auf, bestellte Statthalter für Africa (v. infra) und Sizilien und verteilte sein Heer auf beide Provinzen.2261 Statilius Taurus erhielt als praefectus Caesaris den Auftrag, die Unterwerfung der Sikuler entgegenzunehmen. Nach den Worten des Orosius hat er fast ganz Sizilien, das durch das Schwert schwer geprüft und in Schrec2256 S C de Aphrodiensibus: MRR III 57. Laufbahn: T. P. Wiseman, Pulcher Claudius, HSCP 74, 1970, 207ff. 2257 Seekrieg: App. BC V 98, 407; Triumph: Inscr. Ital. 13,1, 342f.; Datierung: Kreiler, Statthalter, 79 – Q. Laronius: S. 436f. 2258 Emporiae: Eph. Ep. 9, 1, 937. Theater: CIL X 1423f. 2259 Vell. II 127, 1: Raro eminentes viri non magnis adiutoribus ad gubernandam fortunam suam usi sunt, … ut Augustus M. Agrippa et proxime ab eo Statilio Tauro, quibus novitas familiae non obstitit, quominus ad multiplicis consulatus triumphosque et complura sacerdotia eveherentur. 2260 HN: NMRS Nr. 413; Legat: Cic. Phil. XII 25, 1; pr.: MRR II 380; cos.: Val. Max. IV 2, 6; vgl. Ferriès, Partisans, Nr. 131. 2261 App. BC V 129, 538: Σικιλίᾳ μὲν ἐπέβαλλεν ἐσφορὰν χίλια τάλαντα καὶ ἑξακουσία, στρατηγοὺς δ’ ἐπέφαινε Λιβύης καὶ Σικελίας καὶ στρατὸν ἐς ἑκατέραν διῇρει.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

ken versetzt worden war, unter seinen Schutz gestellt.2262 Nach Cassius Dio wollte sich Octavian im Frühjahr 35 nach Sizilien begeben, um Africa, das von Mitte 40 bis Mitte 36 der Triumvir Lepidus beherrschte, wieder in Besitz zu nehmen, aber wegen des schlechten Wetters musste er auf sein Vorhaben verzichten.2263 Wohl im Sommer 35 verwirklichte Taurus den Plan ohne die Mitwirkung seines Vorgesetzten, der nach Illyrien zog. Dio zufolge ordnete er zuerst die Verhältnisse in Sizilien und nahm dann kampflos die beiden Africae in Besitz.2264 Taurus war der erste von drei Legaten Octavians, die das Kommando zuerst in Sizilien und dann in Africa führten.2265 In Karthago errichtete er eine Stadtmauer. Den Akt der Bürgerrechtsverleihung an Utica durch Octavian im Jahr 35 hat wahrscheinlich Taurus vollzogen.2266 Er triumphierte nach seiner Rückkehr am 30. 6. 34 nach den Fasten als pro cos. ex Africa.2267 Die Beute aus den Feldzügen in den beiden afrikanischen Provinzen verwendete Taurus zum Bau des ersten Amphitheaters aus Stein, das nach ihm benannt wurde.2268 Im Herbst 34 ging er nach Illyrien, um Octavian abzulösen. Appian stellt in der Illyrike fest, dass Octavian, als er genesen war, nach Rom zurückkehrte, um mit L. Volcacius Tullus Anfang 33 das Konsulat zu bekleiden, und er ließ Statilius Taurus zur Erledigung der restlichen Aufgaben des Krieges zurück.2269 Im Hinblick auf das im Sommer 32 erklärte bellum Actiense ist anzunehmen, dass Octavian als langfristig planender Stratege Taurus im Herbst 34 in Ilyrien mit der Weisung zurückließ, die Grenze zu Makedonien zu schützen. Von ihm ist erst wieder im Sommer 31 die Rede, als er in Griechenland zusammen mit M. Titius die Kavallerie des Antonius besiegte. In Actium führte er gegen Canidius das Landheer.2270 Octavian 2262 Oros. VI 18, 32: Taurus, Caesaris praefectus, totam paene Siciliam ferro pertemptatam conterritamque in fidem recepit. 2263 Dio XLIX 34, 1; vgl. Kreiler, Statthalter, 105. 2264 Dio XLXIX 14, 6: τότε δὲ τὰ ἐν Σικελίᾳ διῷκησε, καὶ τὴν Λιβύην ἑκατέραν ἀμάχει διὰ Στάτιλιον παρεστήσατο. 2265 Parallelbeispiele: L. Cornificius (S. 433) und L. Sempronius Atratinus (S. 433ff.). 2266 Tertullian, de pallio I 2: ubi moenia (sc. Carthiginis) Statilius Taurus imposuit … – Utica: Plin. NH V 24, Dio XLXIX 16, 1. 2267 Inscr. Ital. 13,1, 86f., 342f. 2268 Suet. Aug. 29, 5: Tac. III 72: nec Augustus arcuerat Taurum, Philippum, Balbum hostiles exuvias aut exundantis opes orna-tum ad urbis et posteram gloriam conferre; s. auch Dio LI 23, 1. 2269 App. Illyr. 27, 79: ῥαίσας δὲ ἐς Ῥώμην ἐπανῆλθεν, ὑπατεύσων σύν Οὐλκατίῳ Τύλλῳ Στάτιλιον Ταύρον ἐς τὰ λοιπὰ τοῦ πο- λέμου καταλιπών; vgl. Kreiler, Statthalter, 68. 2270 Illyrien 34–31: vgl. NMRS Nr. 413; Kavallerie: Dio L 13, 5; vgl. S. 418 mit A. 2207. – Actium: Plut. Ant. 65, 3: τῶν δὲ πεζῶν τὸν μὲν Ἀντωνίου Κανίδιος, τὸν δὲ Καίσαρος Ταῦρος

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ließ im Jahr 30 in Dyrrhachium eine Veteranenkolonie anlegen. Die Gründungsinschrift lautet: L. Titinio L. f. Aem. Sulpiciano pontif(ico), praefecto pro IIviris et IIvir(o) quinq(uennali), tr(ibuno) mil(itum) et tr(ibuno) mil(itum) pro legato et praef(ecto) quinqu(ennali) T. Statili Tauri, patri. – (Gewidmet) dem Vater L. Titinius Aemiliius Sulpicianus, Sohn des Lucius, Pontifex, Präfekt anstelle der Duovirn und Duovir für fünf Jahre, Militärtribun und Militärtribun als Stellvertreter eines Legaten, Präfekt für fünf Jahre des T. Statilius Taurus.‘2271 Er leitete Makedonien als Legat Octavians mit einem prokonsularen Imperium etwa ein Jahr lang bis zum Spätherbst 30.2272 Er war als Provinzgouverneur der Vorgesetzte des Präfekten L. Titinius, der die Kolonie anstelle von regulären Duovirn leitete. Der IMPTitel des Taurus fehlt, weil Octavian Griechenland nach dem Sieg bei Actium neu ordnete, d. h. entmilitarisierte.2273 In der thessalischen Garnisonstadt Thespiae wurde für ihn nach seinem Tod ein göttlicher Kult eingerichtet.2274 Ende 30 weihte Taurus in Rom das nach ihm benannte Amphitheater ein und erhielt das Recht, jährlich einen Prätor zu ernennen.2275 Unmittelbar danach muss Taurus nach Spanien aufgebrochen sein, denn sein Vorgänger Sex. Appuleius bekleidete ab dem 1. 1. 29 zusammen mit Octavian das Konsulat.2276 Im Jahr 29 besiegte Taurus die noch unter Waffen stehenden Kantabrer, Vaccaeer und Asturer im Norden Spaniens.2277 Er wurde in seiner Heimat Lukanien und in der Kolonie Iulia Ilici Augusta in Spanien als dreimaliger Imperator, zweimaliger Konsul und Patron geehrt. Der Titel IMP III steht für die drei Kommanden in Sizilien/Africa, Illyrien und Spanien; nach den ersten triumphierte er.2278

ἐπὶ τῆς θαλάττης παρατάξαντες ἡσύχαζον. – Vell. II 85, 2: At in terra locatum exercitum Taurus Caesaris, Antonii regebat Canidius; vgl. S. 410 mit A. 2160. 2271 Koloniegründung: Dio LI 4, 6. – Gründungsinschrift: ILS 2678. 2272 Appian BC V 111, 463, nennt einen Titinius als Unterkommandierenden gegen Sex. Pompeius; vgl. Kreiler, Statth., 155f. 2273 Dio LI 4, 1: τὰ ἐν τῇ Ἑλλάδι διῷκησε; vgl. Kreiler, Statthalter, 154. 2274 IG 7, 1781: θεοῦ Ταύρου; vgl. M. Kajawa, Cornelia and Taurus at Thespiae, ZPE 79, 1989, 139ff.; Kreiler, Statthalter, 156. 2275 Dio LI 23, 1; Suet. Aug. 29, 5; Tac. Ann. III 72. 2276 Dio LIII 23, 1: (Αὔγουστος) σὺν τῷ Ταυρῷ τῷ Στατιλίῳ ὑπατεύειν; vgl. Kreiler, Statthalter, 83. – Sex. Appuleius: S. 446. 2277 Dio LI 20, 5: ἦσαν μὲν γὰρ ἐν ὅπλοις ἔτι καὶ Τρήουηροι Κέλτους ἐπαγαγόμενα καὶ Κάνταβροι καὶ Ουακκαῖοι καὶ Ἄστυρες. καὶ οὗτοι μὲν ὑπὸ τοῦ Ταύρου τοῦ Στατιλίου, ἐκεῖνοι δὲ ὑπὸ Νωνίου Γάλλου κατεστράφησαν. 2278 IMP III: ILS 893 (Kolonie Iulia Ilici Augusta in Spanien); 893 a (Lukanien).

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

Möglicherweise aus Carthago Nova kommen Münzen mit CN STATI LIBO PRAEF und dem Kopf des Prägeherrn auf dem Avers sowie SACERDOS samt Abbildung der patera und des praefericulum auf dem Revers. Die Münzen datieren vor Mitte 23 v. Chr., als das Bildnisrecht auf den Princeps und die Mitglieder des Kaiserhauses überging. Cn. Statilius Libo vollzog wahrscheinlich – wie Titinius in Makedonien – als Präfekt des mit ihm verwandten Statthalters Statilius Taurus und als Priester die Gründungsfeierlichkeiten in einer neu deduzierten Veteranenkolonie.2279 Ferner gibt es eine im Municipium Calagurris Iulia hergestellte Prägung, auf deren Revers ein Stier abgebildet ist. Er symbolisiert das Cognomen des Statthalters, der wahrscheinlich als Assignator die Landverteilung an die Kolonien am Beginn der regulären Gemeindeverwaltung überwachte. Taurus blieb bis einschließlich 26 in Spanien, wo er in diesem Jahr zum zweiten Mal Konsul war, und zwar zusammen mit Augustus in Tarraco.2280 Taurus wurde nach 29 unter die Patrizier aufgenommen und versah von 16 bis Mitte 13 in Rom während der Abwesenheit des Augustus trotz seines hohen Alters das Amt des Stadtpräfekten.2281 3.10

M. Vipsanius Agrippa (cos. 37) mit Q. Salvidienus Rufus (cos. des. 39)

Agrippa war ein homo novus aus dem Ritterstand, der den fast gleichaltrigen Octavian 47 in der Rhetorenschule in Rom kennenlernte, er ging 46/45 als dessen Begleiter nach Spanien, dann nach Apollonia und traf 43 mit ihm in Rom ein.2282 Ende 43 Ankläger des Cassius aufgrund der lex Pedia, 42 Teilnehmer an der Schlacht bei Philippi auf Seiten der Caesarianer.2283 41 assistierte Agrippa Salvidienus Rufus im Perusinischen Krieg und trat wohl schon Anfang 40 das Amt des praetor urbanus an. Als solcher schützte er die Küsten Italiens gegen die Blockade des Sextus Pompeius.2284 Als Octavian bei den Vertragsverhandlungen in Brundisium von seinem Amtskollegen Antonius erfuhr, dass Salvidienus Rufus mit dem Gedanken eines Par2279 Münzen: RPC Nr. 483; Verwandtschaft: Kreiler, Statthalter, 82f. 2280 Landverteilung: RPC I, S. 135 zu Nr. 431ff. – Konsul: Dio LIII 23,1: Αὐγουστος σὺν τῷ Στατιλιῷ ὑπάτευσε; zur Präpostion μετά im Unterschied zu σύν: Anm. 2288. 2281 Dio LIV 19; Tac. Ann. VI 11; vgl. Kreiler, Statthalter 83; Ferriès, Partisans, Nr. 138. 2282 HN: NMRS Nr. 497; Laufbahn: Nic. Dam. Fr. 127, 16. 25. Apollonia: Suet. Aug. 95. 2283 Ankläger: Vell. II 69, 5; Plut. Brut. 27, 4; Philippi: Plin. NH VII 148. 2284 bellum Perusinum: App. BC V 31, 122; pr. urb.: MRR II 380, III 322; Sex. Pompeius: Dio XLVIII 28, 1.

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teiwechsels gespielt und ihm Antonius, ein Angebot gemacht habe, berief er, über den Verrat empört, seinen Legaten aus Gallien ab, überstellte ihn dem Senatsgericht zur Aburteilung und gab Antonius die zuletzt von Salvidienus befehligten elf Legionen zurück.2285 Er entsandte an dessen Stelle den erst 23-jährigen Agrippa, der 38 im SW Galliens einen glänzenden Sieg gegen die Aquitanier errang. In seiner Freude designierte ihn Octavian zum Konsul für 37 und ließ anlässlich seiner 3. Akklamation in der moneta auf dem Janiculum Gold- und Silbermünzen prägen, deren Avers sein Porträt und seine Titulatur IMP DIVI IVLI F TER IIIVIR RPC zeigen, auf dem Revers steht M AGRIPPA COS DES.2286 Dass Agrippa trotz seines Sieges nicht den IMPTitel führt, versuchte Roddaz damit zu erklären, dass die 3. Akklamation Octavians genau die sei, auf die sein General verzichtet habe.2287 Der Grund ist aber ein anderer, nämlich dass Agrippa das Kommando in Gallien nicht als Imperator führte, weil er zum Zeitpunkt seiner Entsendung noch nicht zum Konsul designiert war. Im Frühjahr 37 kehrte Agrippa mit frischem Lorbeer nach Rom zurück. Er war inzwischen in Abwesenheit zum Konsul gewählt worden, wie die von Cassius Dio verwendete Präposition μετά im Unterschied zu σύν besagt. Er verzichtete auf den ihm von Octavian angebotenen Triumph und setzte alles daran, den Flottenbau für den Krieg gegen Sex. Pompeius zu vollenden.2288 Am 1. 7. lief er von Portus Iulius aus und eröffnete den Kampf gegen Sextus vom Flottenstützpunkt Lipara aus. Die Entscheidung brachte sein Seesieg bei Naulochos im August 36. Als besondere Auszeichnung erhielt Agrippa eine mit Schiffsschnäbeln geschmückte goldene Krone (corona navalis).2289 Aus Lipara kommen wenige Bronzen, die Grant eine schlecht ausgeführte Kriegsprägung nennt. Auf dem Avers ist ein massiger Kopf mit ernsten Zügen, der von einem Eichenkranz gerahmt wird, abgebildet. Auf dem bei Grant nicht dargestellten Revers sind nach dessen

2285 Verrat: App. BC V 66, 278; Dio XLIII 33, 2f.; Liv. per. 127; Vell. II 76, 4. – Salvidienus hatte die Legionen des Antonius nach dem Tod des Fufius Calenus im Frühjahr 40 dessen Sohn abgenommen: App. BC V 51, 215 (Zitat: S. 394/2090); Dio XLVIII 20, 3; – Rückgabe der Legionen: Roddaz, Agrippa, 1984, 70. 2286 Sieg: App. BC V 92, 386. Eutrop 7, 5, 1. Münzen: RRC Nr. 534/1. – IMPTitel des jungen Caesar ab 38: S. 451 mit A. 2408f. 2287 Roddaz, Agrippa, 77ff., bes. 80. 2288 Dio XLVIII 49, 4: καὶ τῇ τε δόσει τῶν νικητηρίων ἐτίμησε καὶ ἐκπονῆσαι ἐξασκῆσαί τε τὸ ναυτικὸν ἐκέλευσε. καὶ ὁς ὑπάτευε δὲ μετὰ Λουκίου Γάλλου τὰ μὲν ἐπινίκια οὐκ ἔπεμψεν … τὸ δὲ δὴ ναυτικὸν πάνυ προθύμος ἐξειργάσατο. 2289 Seesieg: App. BC V 96 –122; Dio XLIX 1–11; Liv. per. 129; Vell. II 79, 4–5; corona navalis: Dio XLIX 14, 3; L 19, 1.

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Angabe eine Quadriga und die Buchstaben IMP zweifelsfrei zu erkennen.2290 Das Porträt ist entgegen Grant nicht Statilius Taurus zuzuweisen, sondern Agrippa, der im Kampf gegen Sextus offiziell nicht als Imperator fungierte, weil er das Kommando im Bürgerkrieg führte. Deshalb konnten weder Octavian noch sein Unterfeldherr triumphieren. Der Oberfeldherr musste sich mit einer ovatio, die er am 13. 11. 36 feierte, begnügen.2291 35 unterstützte Agrippa mit der Flotte den 1. Illyrienfeldzug Octavians. 34/33 begann er als aedilis curulis mit dem Bau von Wasserleitungen in Rom.2292 Im bellum Actiense befehligte er Octavians Flotte in Südgriechenland. Im Frühjahr 31 eroberte Agrippa die mit einem Kriegshafen ausgestattete ionische Insel Korkyra und erleichterte so Octavian die Landung seiner Truppen an der nördlichen Küste von Epirus. Das Volk von Korkyra setzte ihm eine Statuenbasis, auf der er als αὐτοκράτωρ, πάτρων καὶ σωτήρ geehrt wird.2293 Sein IMPTitel ist singulär, weil ihn Agrippa im bellum Actiense, d. h. in einem Bürgerkrieg, offiziell nicht führte. Nach Velleius hatte er im Flottenkampf unter den Unterfeldherren Octavians die Oberleitung.2294 Sein strategisches und taktisches Können führten in der Seeschlacht zum Erfolg.2295 Nach dem Sieg über Antonius errang wiederum nicht er den Siegeslorbeer, sondern nur der Oberfeldherr Octavian feierte vom 13. bis 15. August 29 einen dreifachen Triumph, und zwar de Dalmatis wegen der von 35 bis 33 geführten Feldzüge in Illyrien, im bellum Actiense und ex Aegypto.2296 Bis zur Rückkehr Octavians aus dem Osten im Sommer 29 vertrat ihn Agrippa in Rom, er bekam hohe Auszeichnungen, hielt 28 als cos. II mit Octavian den Census ab und übernahm 27 als cos. III mit Maecenas die Regierungsgeschäfte während der Abwesenheit des Augustus in Spanien bis Frühjahr 24.2297 Er führte eine ganze Reihe herrlicher Gebäude auf, darunter das Pantheon.2298 In seinem Aeneis–Kommentar bemerkt Servi2290 M. Grant, FITA, 52 mit Tafel II Nr. 13; vgl. Kreiler, Statthalter, 128f. 2291 Inscr. Ital. 13, 1, 86f.: Imp. Caes. Divi f. … ovans ex Sicilia idibus Novembr.; vgl. Dio XLIX 15, 1. 2292 Illyrienfeldzug: App. Illyr. 38, 3; aedilis curulis: Dio XLIX 43, 1. 2293 Eroberung: Dio L 12, 1; Korkyra: IG XI 723; vgl. Kreiler, Statthalter, 153. 2294 Fehlender IMPTitel: S. 225 mit A. 1154. – Oberbefehl: Vell. II 85, 2: Agrippae omne classici certaminis arbitrium. 2295 W. Eck, Marcus Agrippa – der selbstbewusste Parteigänger des Augustus, in: Hölkeskamp, Von Romulus …, 356. 2296 Dio LI 21, 5ff.; Inscr. Ital. 13, 1, 344f., 570. 2297 Auszeichnungen: Dio LI 21, 3; Census: ILS 6123; Regierung: Dio LIII 23, 1–5. 2298 Suet. Aug. 29, 5: a M. vero Agrippa complura et egregia (sc. monumenta); vgl. Dio LIII 27, 2.

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Unterfeldherren Octavians

us: Agrippa fuit tribunus plebi quietissimus et post tertium consul. – Agrippa war nach dem 3. Konsulat Volkstribun in einer vollkommen ruhigen Zeit. Das heißt, dass er im Jahr 26, als Augustus und Statilius Taurus in Spanien Konsuln waren, in Rom die Staatsgeschäfte extra ordinem als Sonderbeamter mit der tribunicia potestas führte.2299 Von Frühjahr 23 bis Mitte 13 fungierte der treueste Gefolgsmann des Augustus in Syrien als Sonderbeauftragter, kämpfte 12 v. Chr. gegen aufständische Stämme in Illyrien und starb im März in Kampanien.2300 3.11

L. Cornificius (cos. 35)

L. Cornificus stammte wie der mit ihm verwandte Quintus aus Lanuvium. Seine Aufnahme in den Senat verdankte er wohl noch Caesar. Nach dessen Tod wurde er ein zuverlässiger Helfer Octavians, Ende 43 klagte er auf dessen Weisung Brutus aufgrund der lex Pedia wegen der Ermordung Caesars an.2301 38–36 zeichnete er sich als Legat Octavians im Seekrieg gegen Sex. Pompeius aus, 35 war er cos. ord.2302 Analog zu seinem Vorgänger Statilius Taurus führte er das Kommando wahrscheinlich zuerst, d. h. ca. 35/34, in Sizilien und etwa ab Mitte 34 bis Mitte 32 in Africa als Imperator. Das einzige Zeugnis sind die Fasti Barberiniani, nach denen er am 3. 12. 32 ex Africa triumphierte.2303 3.12

L. Sempronius Atratinus (cos. 34)

Einer der angesehensten Generäle der beiden Triumvirn war L. Sempronius Atratinus, der Sohn des L. Calpurnius Bestia, der von einem der letzten Sempronier adoptiert wurde und schon als junger Mann durch seine Bildung und Beredsamkeit hervortrat.2304 Nach Philippi trat er in die Dienste des Antonius und wurde wohl Anfang 40 in das Augurenkollegium aufge2299 Serv. zu Verg. Aeneis VIII 782; vgl. H. Volkmann, tribunus plebis, KP 5, Sp. 948f. 2300 Syrien: Vell. II 93, 2; Dio LIII 32, 1; Suet. Aug. 66, 3. – Tod: Dio LIV 28, 3. 2301 Q. Cornificus: S. 360 mit A. 1902. – Helfer: Vell. II 69, 4. – Ankläger: Plut. Brut. 27, 4; vgl. MRR III 76. 2302 Prätor: MRR II III 76; Seekrieg: App. BC V 80. 111–115, Dio XLIX 6, 1. 7, 5. Liv. per. 128. 2303 Triumph: Inscr. Ital. 13,1, 343, 570; vgl. Kreiler, Statthalter, 106. 2304 Herkunft: ILS 9461 (s. Anm. 2306). – Cic. Cael. 7, 15: humanissimus atque optimus adulescens disertus.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

nommen. Das Priesteramt erscheint nach seinem Namen auf dem Revers von Münzen des Imperators Antonius, die dessen Statthalter in dem von Q. Labienus nicht besetzten Teil von Asia zwischen Frühjahr und Herbst 40 prägen ließ.2305 Vermutlich Ende 40 kam Atratinus zur Prätur. Wohl seit Anfang 39 fungierte er in Griechenland als leg. pro pr., wie eine Ehrung aus dem thessalischen Hypata mit dem griechischen Pendant πρεσβευτὴς καὶ ἀντιστράτηγος erweist.2306 Er war als Legionskommandeur dem Imperator C. Cocceius Balbus unterstellt.2307 Im August 39 wurde Atratinus in Misenum zum Konsul für 34 designiert und löste Balbus als Statthalter etwa im Herbst 38 ab.2308 Dies erweist sich an der im Winter 38 auf 37 zum Teil in Athen hergestellten Flottenprägung, auf deren Avers die Titulatur des Triumvirn Antonius mit IMP III steht. Dieses Kürzel symbolisiert die 3. Akklamation des Antonius in Athen nach dem Sieg seines Unterfeldherrn P. Ventidius im Sommer 38. Der Revers der Bronzen zeigt die Namen von drei Legaten, die Athener Prägung die Legende L ATRATINVS AVGVR COS DES. Atratinus fungierte in Makedonien als Statthalter des Antonius und führte, wie die Angabe COS DES statt IMP zeigt, kein Kommando, weil der Triumvir die Provinz im Herbst 38 nach den Siegen des Ventidius über die Parther entmilitarisierte.2309 Im Gegensatz zur Flottenprägung erscheint der Name ΑΤΡΑΤΙΝΟΣ ohne Funktionsangabe mit seinem Porträt auf dem Avers einer lakedaimonischen, privat finanzierten Emission.2310 Nach dem Konsulat ging Atratinus zu Octavian über, unter dem er ab etwa Mitte 32 für ein Jahr in Sizilien das Kommando führte, wie von den griechischen Städten Entella und Lilybaeum geprägte Münzen mit dem Namen ΑΤΡΑΤΙΝΟΥ auf dem Revers bezeugen.2311 Der IMPTitel fehlt,

2305 Augur: ILS 9338. Münzen: RPC Nr. 2226; vgl. S. 398 mit A. 2109; Ferriès, Partisans Nr. 126. 2306 Prätor: MRR II 380. cos. des. Dio XLVIII 35,1. Hypata: ILS 9461: Ἡ πόλις Ὑπάτα Λεύκιον Σεμπρώνιον Βηστία υἱὸν Ἀτρατῖινον πρεσβευτὰν καὶ ἀντιστράτηγον, τὸν ἴδιον εὐεργέτην. 2307 Vgl. S. 412 mit A. 2165. 2308 Vgl. S. 412 mit A. 2165; cos. des.: App. BC V 73, 313; cos: Dio XLIX 39, 1. 2309 RPC Nr. 1453. Prägeorte: Amandry, RPC I, S. 284. – Entmilitarisierung: S. 408 mit A. 2146, S. 413 mit A. 2172. 2310 RPC Nr. 1101; vgl. S. Grunauer – v. Hoerschelmann, Die Münzprägung der Lakedaimonier, 1978, 39f., 67f. 2311 RPC Nr. 653, 655; vgl. Kreiler, Statthalter, 133.

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Unterfeldherren Octavians

weil es sich um die Prägungen griechischer Städte handelt.2312 Es ist anzunehmen, dass der Unterfeldherr Octavians in der Flottenstation Lilybaeum im Rahmen des bellum Actiense Vorbereitungen für die Überfahrt nach Africa vermutlich im Frühjahr 31 traf. Dass er tatsächlich mit einem Heer übergesetzt ist, beweisen die Kapito­linischen Triumphalfasten, in denen Atratinus am 12. 10. 21 als pro cos. ex Africa eingetragen ist.2313 Africa kann nicht im Sinn einer provincia p. R. gemeint sein, weil ein siegreicher Imperator immer aus dem Kriegsrechtsbereich militiae heraus triumphierte. Atratinus kann also nicht 22/21 als Prokonsul in der Provinz Africa amtiert haben, wie vielfach angenommen wurde.2314 Vielmehr ist aus dem Fasteneintrag ex Africa zu schließen, dass er in den Jahren 31/30 unter den Auspizien Octavians ein Kommando als Imperator im Innern Nordafrikas geführt und wegen außerordentlicher Umstände erst mit achtjähriger Verspätung triumphiert hat.2315 Atratinus wurde vermutlich im Herbst 30 in Africa vom jüngeren Balbus abgelöst. Der erste Statthalter in der vermutlich Mitte 27 neu gegründeten provincia proconsularis Africa dürfte Atratinus gewesen sein, der als Konsul von 34 für dieses Amt prädestiniert war.2316 3.13

L. Autronius Paetus (cos. 33)

Der mutmaßliche Sohn des Catilinariers P. Autronius Paetus verdankte seinen Aufstieg Octavian, der ihm Anfang 33 zum Konsulat verhalf.2317 Das einzige Zeugnis für sein Kommando sind die Fasti Capitolini, nach denen er am 28. 8. 28 als pro cos. ex Africa triumphierte.2318 Da in der Zeit des bellum Actiense keine Triumphe gefeiert wurden, kann man davon ausgehen, dass das Kommando des Autronius in Africa drei Jahre vor seinem Triumph beendet wurde, er führte es als Imperator wahrscheinlich von Mitte 32 als Nachfolger des L. Cornificius ein Jahr lang bis Mitte 31.2319

2312 S. 409 mit A. 2153. 2313 Inscr. Ital. 13, 1, 86f., 570f. 2314 B. E. Thomasson, Die Statthalter Nordafrikas, II, 1960, 10; Schumacher, Akklamationen, 213f.; F. Hurlet, Auspicia Imperatoria Caesaris Augusti ductu proconsulis, in: L’Africa Romana 13, 2000, 1527f.; hingegen Kreiler, Statthalter, 107f. 2315 Zu den Gründen für den verspäteten Triumph s. Kreiler, Statthalter, 108. 2316 Ablösung: S. 439 mit A. 2336. – Prokonsul in Africa: S. 439 mit A. 2339. 2317 Vgl. Groag, PIR2 A 1680. 2318 Inscr. Ital. 13, 1, 86f., 344f. (Fasti Barberiniani): ohne Titel. 2319 Vgl. Kreiler, Statthalter, 106.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

3.14

Q. Laronius (cos. 33)

Q. Laronius war wahrscheinlich ein homo novus aus Vibo Valentia bei Bruttium. 36 unterstand er Agrippa im Seekrieg gegen Sex. Pompeius. Konsul wurde er Ende 33.2320 In Bruttium ließ Laronius einen Aquaedukt bauen, von dem vier Ziegelstempel mit der Aufschrift Q LARONIVS COS IMP ITER erhalten sind.2321 Aus dem nach dem Konsulat genannten iterierten IMPTitel kann man schließen, dass er zwei prokonsulare Kommanden geführt und nach dem ersten triumphiert hat.2322 Bei einer Überprüfung der Triumphalfasten stellt man fest, dass nicht nur die Fasti Capitolini, sondern wahrscheinlich auch die Fasti Barberiniani am Ende der 30 Jahre eine Lücke aufweisen. Zwischen C. Norbanus Flaccus (Oktober 34) und C. Carrinas (Juli 28) fehlen nach Degrassi in den Fasti Capitolini ca. 17 Zeilen, in denen vermutlich acht Triumphatoren verzeichnet waren. Sechs von ihnen liefern die Fasti Barberiniani: L. Cornificius ist dort als Letzter am Ende von Tafel 102 am 3. 12. 32 genannt, auf Tafel 103 folgt als Erster Octavian Mitte 29.2323 Wenn in den Fasti Capitolini sieben oder acht Triumphatoren fehlen, so sind in den Fasti Barberiniani am unteren Ende von Tafel 102 einer oder zwei zu ergänzen. Dass L. Cornificius in den Fasti Barberiniani nicht den Abschluss bildete, macht das Fehlen des unteren Rands von Tafel 102 wahrscheinlich, der bei Tafel 100 vorhanden ist. Man kann folglich davon ausgehen, dass auf Cornificius zumindest noch ein Triumphator folgte. Es dürfte sich bei ihm um Q. Laronius handeln, der wahrscheinlich zwischen Dezember 32 und Mitte 29 in den Fasti Capitolini als pro cos ex … und in den Fasti Barberiniani nur mit ex … verzeichnet war. Da Octavian nach Actium Mitte 29 als Erster triumphierte und spätestens ab Frühjahr 31 wegen der Kriegsvorbreitungen keine Siegespalmen mehr vergeben wurden, ist es wahrscheinlich, dass Laronius Ende 32 oder Anfang 31 triumphiert hat. Das erste Kommando, das ihm den Triumph einbrachte, kann er nur unmittelbar nach dem Konsulat, d. h. ab Anfang 32, in einer Provinz Octavians geführt haben, und zwar in Gallia Transalpina, weil die Statthalter von Spanien und Africa zu dieser Zeit bekannt sind. Laronius hat wahrscheinlich

2320 Homo novus: NMRS Nr. 221. – Seekrieg: App. BC V 112, 469. 115, 479. – Konsul: MRR II 414. 2321 PIR2 L 112; Ziegelstempel: CIL X 8041, 18; vgl. Kreiler, Statthalter, 55f. 2322 Iterierung des IMPTitels: S. 302 mit A. 1554. 2323 Inscr. Ital. 13, 1, 344f.

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Unterfeldherren Octavians

Messalla Corvinus Ende 33 abgelöst und ein Jahr lang in der Zeit des bellum Actiense das Kommando als Imperator geführt.2324 Das zweite Kommando muss, wie oben gesagt, nach dem Triumph datieren, und zwar vor Abschluss der Rückgabe des Reiches an den Staat Mitte 27.2325 Als Tätigkeitsbereich kommen nur Makedonien im Osten sowie Gallien, Africa und Spanien im Westen in Frage. Da in den Jahren 31 bis 28 nur noch der Statthalter von Gallien ab 28 unbekannt ist, kann man annehmen, dass Laronius das Kommando in dieser Provinz nach M. Nonius etwa ab Anfang 28 bis zur Ankunft des Augustus Mitte 27 ein zweites Mal geführt hat.2326 Er ist wohl mit dem gleichnamigen IVvir iure dicundo censoria potestate aus Bruttium (ILS 6463) identisch. 3.15

L. Cornelius Balbus (cos. 32)

Der jüngere Balbus war der Neffe des gleichnamigen Balbus maior (cos. 40), der zum Sekretär Caesars aufstieg. Beide waren homines novi, die einer angesehenen, wahrscheinlich phönikischen gens aus Gades entstammten. 72 erhielt die ganze Sippe von Pompeius das römische Bürgerrecht.2327 Seine senatorische Laufbahn begann der jüngere Balbus als Legat Caesars, auf dessen Seite er 49 im Bürgerkrieg stand. Er diente in Caesars Heer an der illyrischen Küste. Darüber berichten dieser selbst und Velleius Paterculus, der richtig feststellt, dass Balbus bis zum Triumph und Pontifikat aufstieg, allerdings wurde nicht er, sondern sein Onkel, der ältere Balbus, 40 Konsul, ohne vorher ein senatorisches Amt verwaltet zu haben. In Illyrien brachte er den außergewöhnlichen Mut auf, mit dem feindlichen Konsul L. Cornelius Lentulus Crus in dessen Lager zu verhandeln.2328 Ab 47 nahm er an Caesars Feldzügen teil, zuerst war er in Alexandria, 45 in Spanien, 44–43 Quästor und Proquästor des Asinius Pollio in Hispania 2324 Termin der Ablösung: S. 440 mit A. 2348. 2325 Vgl. Dio LIII 12, 4. 2326 Augustus in Gallien: Dio LIII 22, 5; vgl. Kreiler, Statthalter, 61f.; Ferriès, Partisans, Nr. 32. – M. Nonius: S. 446f. 2327 Homines novi: NMRS Nr. 137f. 2328 Caes. BC III 19: vulnerantur tamen complures, in his Cornelius Balbus. Vell. II 51, 4: Tum Balbus Cornelius excedente humanam fidem temeritate ingressus castra hostium saepiusque cum Lentule consule conlocutus … illis incrementis fecit viam, quibus non in Hispania ex cive natus, sed Hispanus, in triumphum et pontificatum adsurgeret fieretque ex privato consularis. Zu L. Lentulus Crus s. S. 391.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

Ulterior. Er übte in Gades eine Gewaltherrschaft aus, unterschlug die gesamten öffentlichen Gelder und floh nach Mauretanien zu König Bogud.2329 Wahrscheinlich bald danach schloss er sich Octavian an.2330 Im Frühjahr 40 ritt er in dringender staatlicher Mission als proprätorischer Legat ins diesseitige Spanien, wie stadtrömische Münzen des Triumvirn Octavian mit BALBVS PRO PR und einem galoppierenden Reiter auf dem Revers bezeugen.2331 Mit dem Unterkommandierenden Λεύκιος, der nach einer verderbten Appianstelle den Oberbefehlshaber L. Antonius in Spanien überwachen sollte, ist wahrscheinlich der jüngere Balbus gemeint. 32 wurde er Konsul.2332 Die Vermutung liegt nahe, dass der Konsular 31 als Präfekt eines Geschwaders an der Seeschlacht bei Actium teilnahm. Die dort siegreiche Flotte fuhr im Frühjahr oder Sommer 30 unter der Führung des C. Proculeius von Griechenland nach Alexandria, wo am 1. August der Endkampf gegen Antonius nicht zustande kam, weil dessen Flotte zu Octavian überging.2333 Trifft die Annahme zu, dass Balbus an dieser Aktion beteiligt war und in Alexandria vor Anker ging, so kann man davon ausgehen, dass ihn Octavian wenig später zur Ablösung des Atratinus nach Africa schickte. Über seine Tätigkeit dort erfahren wir durch Plinius, dass er bei seinem Triumph die Namen und Bilder von 26 besiegten Völkern und eroberten Städten mitgeführt hat, darunter die von Cidamus, der Hauptstadt der Phazanier, am Dreiländereck zwischen Algerien, Tunesien und Libyen gelegen, sowie von Garama, der Hauptstadt Fezzans tief im Süden, wo der räuberische Berberstamm der Garamanten siedelte.2334 Der Feldzug des jüngeren Balbus weit über die Provinzgrenzen hinaus verdeutlicht, dass er nicht 21/20, wie Thomasson annahm, Statthalter der im Zug der Neuordnung des Reiches geschaffenen Provinz Africa proconsularis war, denn die Prokonsuln der provinciae populi Romani waren ab Anfang 27 mit Ausnahme

2329 Brief Pollios an Cicero vom 8. 6. 43: Cic. fam. X 32, 1. 2330 Sein Onkel, der ältere Balbus, war bereits seit April 44 im Lager Octavians: Cic. Att. XIV 11, 2. 2331 RRC Nr. 518/2: popul(i) iussu und galoppierender Reiter; vgl. S. 394 mit A. 2092. 2332 Spanien: App. BC V 54, 229; vgl. S. 394 mit A. 2092. – Cos. i. J. 32: MRR III 63. 2333 Proculeius prägte kurz nach Actium in der Flottenstation Kephallenia Münzen mit dem Kopf Jupiters und der Doppelaxt, die den Feind Antonius zerschmetterte (RPC Nr. 1360). – Endkampf: Oros. VI 19,16: Kalendis Sextilibus prima luce Antonius cum ad instruendam classem in portum descenderet, subito universae naves ad Caesarem transierunt; vgl. Kreiler, Statth. 157. 2334 Plin. NH V 36, 6–7: et hoc mirum, supra dicta oppida ab eo capta auctores nostros prodidisse ipsum in triumpho praeter Cydamum et Garamam omnium aliarum gentium urbiumque nomina et simulacra scripsisse; vgl. Kreiler, Statthalter, 108f.

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einer kleinen Schutztruppe nicht mehr bewaffnet.2335 Balbus muss folglich vor der Rückgabe des Reiches an den Staat die Aufgabe gehabt haben, das Hinterland der Provinzen Africa Vetus und Nova gegen drohende Einfälle von Berberstämmen zu sichern. Er ist in den Triumphalakten am 27. 4. 19 als pro cos. ex Africa verzeichnet. Balbus übernahm das Kommando vermutlich im Herbst 30 von Atratinus und kehrte wohl spätestens Mitte 27 nach Rom zurück. Er triumphierte analog zu Sempronius Atratinus mit achtjähriger Verspätung. Balbus übernahm das Kommando vermutlich im Herbst 30 von Atratinus und kehrte wohl spätestens Mitte 27 nach Rom zurück.2336 Seine in Nordafrika erfüllte Funktion imperator erscheint in einer Inschrift, die die Bewohner der Kolonie Norba Caesarina ihrem Patron widmeten.2337 Balbus gehörte nach Tacitus zu den Generälen Octavians, die in Rom aus dem Erlös der Beute herrliche Bauten errichteten.2338 Man kann annehmen, dass Augustus Mitte 27 die beiden Africae (Africa Vetus und Africa Nova) im Zug der Neuordnung an den Staat zurückgegeben hat und sie zur Provinz Africa proconsularis vereinigt wurden. Der erste Statthalter könnte 27/26 L. Sempronius Atratinus (cos. 34) gewesen sein, auf ihn folgte 26/25 M. Acilius Glabrio (cos. 33), der durch Münzen als Prokonsul belegt ist.2339 Der Amtsinhaber von 25/24 ist unbekannt; es könnte L. Cornelius Balbus gewesen sein, der als Konsul von 32 für das Prokonsulat in Africa proconsularis aufgrund seines vorhergehenden Kommandos in Nordafrika prädestiniert war. 3.16

M. Valerius Messalla Corvinus (cos. 31)

M. Messalla Corvinus entstammte der alten patrizischen gens Valeria, einer der mächtigsten Familien Roms, sein Vater M. Messalla Niger war 61 Konsul. Der fulgentissimus iuvenis begab sich im Juni 43 zu Brutus nach Makedonien, wurde geächtet, aber auf Intervention seiner Verwandten von der Liste der Proskribierten gestrichen. Der alle überstrahlende junge Mann 2335 Thomasson, Statthalter II 11. – Dio LIII 12, 2–3; vgl. J. Marquardt, Römische Staatsverwaltung I, 1881, 547. 2336 Triumph: Inscr. Ital. 13,1, 86f., 344f. – Ablösetermin und verspäteter Triumph: S. 435 mit A. 2316. 2337 AE 1962, 71: CORNELIO BALBO IMP /​ NORB CAESA /​ PATRONO; Norba Caesarina: S. 425 mit A. 2249. 2338 Tac. Ann. III 72; vgl. S. 426 mit A. 2253 und S. 432 mit A. 2298. 2339 L. Sempronius Atratinus: S. 433ff.; M. Acilius Glabrio: RPC Nr. 5415; vgl. Kreiler, Statthalter, 111.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

wollte jedoch keinen Pardon: Er befehligte bei Philippi siegreich den rechten Flügel.2340 Nach dem Tod des Brutus übergab er die verbliebene Armee, die Flotte und das Geld dem Triumvir Antonius und zog mit ihm durch Kleinasien nach Alexandria. Ende 40 intervenierte er in Rom für den späteren Judenkönig Herodes.2341 Als Antonius Kleopatra vollkommen hörig wurde, ging er spätestens Ende 37 zu Octavian über.2342 36 kämpfte er gegen Sex. Pompeius und gewährte Octavian Schutz nach der Niederlage bei Tauromenion. Zum Dank erhielt er im Herbst 36 das Augurat.2343 35 könnte er die Prätur verwaltet haben.2344 Analog zu seinen Vorgängern Agrippa und C. Antistius Vetus sandte ihn Octavian vermutlich noch im gleichen Jahr nach Gallien.2345 Da Messalla noch nicht zum Konsul designiert war, fungierte er in Gallien nicht als Imperator. Den laudes Messallae ist zu entnehmen, dass er 35 oder 34 an einem der beiden Illyrien­feldzüge Octavians teilnahm.2346 34 unterwarf er das keltisch-illyrische Bergvolk der Salasser, das die Pässe des Großen und Kleinen Sankt Bernhard beherrschte und die Verbindungsstraße zwischen Italien und Gallia Transalpina bedrohte.2347 Spätestens Ende 33 kehrte er nach Rom zurück und verfasste Flugschriften im Propagandakrieg gegen Antonius.2348 Von Anfang 31 bis zum 1. Mai war er Konsul anstelle des abgesetzten Antonius und befehligte bei Actium ein Geschwader. Anschließend betraute ihn Octavian mit dem Kommando in Gallien gegen die aufständischen Kelten; er führte es als Imperator.2349 Oc2340 Vater i. J. 61: Cic. Att. I 13, 3. 14, 6; Ächtung: App. BC IV 38, 159. – Philippi: Plut. Brut. 40, 11. 2341 Anschluss an Antonius: App. BC IV 38, 160; Herodes: Jos. AJ XIV 14, 4; vgl. S. 415 mit A. 2186. 2342 App. BC IV 38, 161; vgl. Kreiler, Statthalter, 53. 2343 Gegen Sextus: App. BC V 102, 423. Octavian: App. BC V 109–113; Augurat: Dio XLIX 16, 1. 2344 MRR III 213: ‚not later than 34‘. 2345 Agrippa : S. 431 mit A. 2286. – C. Antistius Vetus (cos. 30): App. Illyr. 17, 49–51; vgl. Kreiler, Statthalter, 51ff. 2346 Vers 108–111: nam bellis experta cano. testis mihi victae /​ fortis Iapydiae miles, testis quoque fallax /​ Pannonius, gelidas passim disiectus in Alpes, /​ testis Arupinus et pauper natus in arvis; vgl. R. Syme, Augustan Aristocracy, 1986, 203. 2347 Dio XLIX 38, 3: τούς τε Σαλάσσους καὶ τοὺς ἀλλους τοὺς μετ’ αὐτῶν νεωτερίσαν – τοὺς ὁ Μεσσάλας Οὐαλέριος ἐχειρώσατο. Charakteristik der Salasser: Strab. IV 6, 7; vgl. Kreiler, Statthalter, 52. 2348 Ein Titel des Grammatikers Charisius lautet: Contra Antonii litteras; vgl. Syme, Aristocracy, 207. 2349 Flottenpräfekt in der Seeschlacht und anschließendes Kommando in Gallien: App. BC IV 38, 161: καὶ περὶ Ἄκτιον ναυαρχήσαντα κατὰ τοῦ Ἀντωνίου στρατηγὸν ἔπεμψεν ἐπὶ τοῦς Κελτοὺς ἀφισταμένος καὶ νικήσαντι ἔδωκε θριαμβεῦσαι; vgl. Kreiler, Statthalter, 59.

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tavian belohnte ihn für seinen Sieg mit einem Triumph. Messalla feierte ihn mit dreijähriger Verspätung am 25. 9. 27 nach den Fasten als pro cos. ex Gallia.2350 Tibull, der auf dem gallischen Feldzug zu dessen cohors amicorum gehörte, widmete seinem Patron zum ersten Geburtstag nach der Siegesfeier ein Preisgedicht, an dessen Anfang seine Kriegstaten in Gallien stehen.2351 Messalla brach vermutlich im Spätsommer 30 auf Weisung des in Ägypten weilenden Octavian von Gallien in Richtung Syrien auf. Die Reihenfolge der Kommanden ergibt sich aus der Schilderung Tibulls, der im Anschluss an Gallien die Schönheiten Kilikiens und Syriens schildert.2352 Bei seiner Ankunft sah sich Messalla mit einem heiklen Problem konfrontiert, das ihm sein Vorgänger Q. Didius (pr. ca. 34) hinterlassen hattte. Dieser war wahrscheinlich nach Actium zu Octavian übergegangen und hatte eine Kampftruppe Gladiatoren, die Anhänger des Antonius waren, in Antiocheia festgegesetzt. Messalla ließ sie unter falschen Versprechungen an verschiedene Orte bringen und beseitigen.2353 Der junge Caesar zog im Herbst 30 zu Land von Ägypten über Syrien nach Kleinasien und verbrachte den Winter wie im Vorjahr auf Samos.2354 Dort regelte er die Angelegenheiten der untertänigen Völker und befasste sich mit den Parthern, nachdem sich Prinz Tiridates erfolglos gegen König Phraates erhoben hatte.2355 Es ist anzunehmen, dass Messalla dem Prinzen 30/29 auf Weisung Octavians in Apameia Asyl gewährte. Tiridates traf vermutlich Vorbereitungen für eine Invasion, denn er fiel 27 in Mesopotamien ein, vertrieb 26 kurzfristig König Phraates und prägte in Seleukeia Münzen mit der singulären Legende ΑΥΤΟΚΡΑΩΡ ΦΙΛΟΡΩΜΑΙΟΣ.2356 Messalla blieb etwa ein Jahr 2350 Inscr. Ital. 13, 1, 88f., 344f. 2351 Tibull, c. I 7, 10–11: testis Arar Rhodanusque celer magnusque Garunna, /​ Carnutis et flavi caerula lympha Liger. 2352 V. 15–18: quantus et aetherio contingens vertice nubes /​ frigidus intonsos Taurus alat Cilicas? /​ quid referam, ut volitet crebras intacta per urbes /​ alba Palaestino sancta columba Syro, … 2353 Übergang: Syme, Aristocracy, 209; Didius: Dio LI 7, 3–6; Jos. AJ XV 6, 7. – Messalla: LI 7, 7: καὶ οἱ μὲν ὑπὸ τοῦ Μεσσάλλου ὕστερον ἀπατηθέντες ἐπέμφθησαν ἄλλος ἄλλοσε, καὶ ἐκ τρόπον δή τινος ἐπιτηδείου ἐφθάρησαν. 2354 Ankunft in Syrien: Oros. VI 19, 21: Dehinc Caesar pedibus in Syriam venit. – Samos : Suet. Aug. 26, 3: … quintum consulatum in insula Samo iniit. 2355 Dio LI 18, 2: … καὶ τῶν Πάρθων ἅμα καθιστάμενος (sc. ὁ Καὶσαρ), στασιασάντων γὰρ αὐτῶν καί τινος Τιριδάτου τῷ Φραάτῃ ἐπαναστάντος; 2356 Isidor v. Charax (FGH 781 F 2, 1: … ὅτε Τηριδάτης φυγὰς ῶν εἰσέβαλεν; Prägung: F. de Callatay, Les tétradrachmes d’Orodes II et de Phraates IV, Studia Iranica, Cahier 14, 1994, 42ff.; vgl. C. Marek, Die Expedition des Aelius Gallus nach Arabien, Chiron 23, 1993, 150; vgl. Kreiler, Statthalter, 251.

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in Syrien und wurde wohl spätestens im Herbst 29 von M. Tullius Cicero (cos. Nov. 30), dem gleichnamigen Sohn des großen Redners, als στρατηγός abgelöst.2357 Das heißt, dass Cicero als Unterfeldherr in den Diensten Octavians stand, aber er führte das Kommando analog zu Messalla nicht als Imperator, weil der Krieg beendet war. Eine Inschrift aus dem kilikischen Mallus bezeugt einen Οὐαλέριος Μάρκου υἱός, der wahrscheinlich mit dem gleichnamigen Statthalter Syriens identisch ist.2358 Anfang 26 verlieh Augustus Messalla von Spanien aus das Amt des praefectus urbi, das dieser aber nach wenigen Tagen niederlegte. 11 v. Chr. übernahm er als erster curator aquarum die Verantwortung für die Wasserver­ sorgung Roms. Als princeps senatus beantragte er 2 v. Chr. für Augustus den Titel pater patriae. Messalla war einer der größten Redner seiner Zeit.2359 3.17

M. Licinius Crassus (cos. 30)

M. Licinius Crassus war der Sohn des gleichnamigen Quästors, der Caesar in Gallien diente und der Enkel des steinreichen Crassus, der gegen die Parther bei Carrhae unterging. Wahrscheinlich ab 44 war er Parteigänger des Sex. Pompeius, wurde 43 geächtet und 39 durch den Vertrag von Misenum restituiert. Er blieb bis 38 oder 37 in Sizilien im Lager des Sextus.2360 Dann schloss er sich Antonius an, für den er von ca. 36 bis 34 als Quästor CretaCyrene verwaltete. Er prägte fünf verschiedene Bronzeserien im kretischen Knosos mit dem Monogramm CRAS und CRA, in Ptolemais und Kyrene mit ΚΡΑΣ und ΚΡΑ.2361 Die Amtsangabe Q fehlt, weil der Senat unter den Triumvirn von der Verwaltung des Reiches ausgeschaltet war; die Angabe PROQ steht noch unter M. Brutus, nachher erst wieder ab Mitte 28 nach der Rückgabe der Doppelprovinz an das Reich und deren Neugründung.2362 2357 App. BC IV 51, 220: … ὁ Καίσαρ ἐς αὐτολογίαν τῆς Κικέρονος ἐκδόσεως ἱερέα τε εὐθὺς ἀπέφηνε καὶ ὕπατον οὐ πολὺ ὕστερον καὶ Συρίας στρατηγόν; vgl. Kreiler, Statthalter, 252. 2358 IGR III 888. 2359 Praef. urbi: Tac. Ann. VI 11, 3. Curator aquarum: Frontin aq. 99, 102. Pater patriae: Suet. Aug. 58, 1. – Redner: Tac. dial. 13. 2360 Vater: Caes. BG V 24, 3; Großvater: S. 282. – Sextus: Dio LI 4,3; vgl. Kreiler, Statthalter, 123; Ferriès, Partisans, Nr. 88. 2361 CRAS: RPC Nr. 914; CRA: Nr. 915. ΚΡΑΣ: Nr. 916f.; ΚΡΑ: Nr. 918; vgl. Kreiler, Statthalter, 170; Ferriès, Partisans, Nr. 88. 2362 Ausschaltung des Senats: S. 445 mit A. 2372; Brutus: S. 378 mit A. 2000; Doppelprovinz Kreta-Kyrene: S. 297 mit A. 1539.

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Unterfeldherren Octavians

Spätestens 33 fiel Crassus von Antonius ab und wurde Anfang 30 vorzeitig, d. h. ohne die Prätur verwaltet zu haben, von Octavian mit dem Konsulat (cos. ord.) belohnt.2363 Ehe der Senat den Janustempel am 11. 1. 29 im Einvernehmen mit dem noch im Osten weilenden Octavian schloss, wurde Crassus spätestens Ende 30 von Rom aus nach Makedonien und Hellas entsandt. Er führte zuerst Krieg gegen die Daker und Bastarner. Die Letzteren waren ein Skythenstamm, der immer wieder in Thrakien einfiel und auch Makedonien bedrohte. Als die Bastarner auf dem Heimweg waren, verfolgte sie Crassus.2364 Dio LI 24, 1: Die Bastarner unterbrachen ihre Flucht und machten am Fluss Cedrus Halt, um die weitere Entwicklung der Dinge zu beobachten. Crassus ging nach seinem Sieg über die Mösier auch gegen sie vor, und so schickten sie an ihn Gesandte mit der Bitte, er möchte doch die Verfolgung einstellen; sie hätten ja den Römern nichts zu Leide getan. 2] Indes hielt der Römer die Gesandten fest und tat so, als wolle er ihnen erst am nächsten Tag Antwort geben; er erwies ihnen aber verschiedene Freundlichkeiten und machte sie schließlich trunken. Dadurch erfuhr er ihre sämtlichen Absichten; das ganze Skythenvolk ist ja unersättlich im Weingenuss und wird davon schnell berauscht. 3] Mittlerweile rückte Crassus zur nächtlichen Stunde in einen Wald vor, stellte an dessen Eingang Kundschafter auf und ließ die Truppen selbst im Innern halten. Daraufhin meinten die Bastarner, die Späher seien ganz allein, stürmten gegen sie an und folgten ihnen, während sie sich ins Dickicht zurückzogen. Hier nun tötete Crassus viele Gegner an Ort und Stelle, und eine Menge erlitt das gleiche Schicksal auf der Flucht. 4] Denn sie wurden nicht nur durch die Wagen, die in ihrem Rücken standen, behindert, sondern auch der Wunsch, ihre Frauen und Kinder zu retten, trug zu ihrer Niederlage bei. Crassus selbst erschlug ihren König Deldon, und er hätte seine Rüstung als spolia opima dem Jupiter Feretrius geweiht, wenn er Oberfeldherr gewesen wäre.2365 2363 Dio LI 4, 3: … μετὰ Μάρκου Κράσσου ἦρχεν: οὗτος γάρ, καίπερ τά τε τοῦ Σέξτου καὶ τὰ τοῦ Ἀντωνίου πράξας, τότε μηδὲ στρατηγήσας συνυπάτευσεν αὐτῷ. 2364 Janustempel: Fasti Praenest.: CIL I2 p. 230; vgl. Aug. RG 13. – Entsendung: Dio LI 23, 2: ὁ Κράσσος ὁ Μᾶρκος ἐς τε τὴν Μακεδονίαν καὶ ἐς τὴν Ἑλλάδα πεμφθεὶς τοῖς τε Δακοῖς καὶ Βαστάρναις ἐπολέμησε. 2365 Dio LI 24, 4: καὶ τόν γε βασιλέα αὐτῶν Δέλδωνα αὐτὸς ὁ Κράσσος ἀπέκτεινε: κἂν τὰ σκῦλα αὐτοῦ τῷ Φερετρίῳ Διὶ ὡς καὶ ὀπῖμαἀνέθηκεν, εἴπερ αὐτοκράτωρ στρατηγὸς ἐγεγόνει.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

Der letzte Satz verdeutlicht, dass Crassus das Kommando unter Octavian, der αὐτοκράτωρ στρατηγός war, führte. Obwohl er dem Oberfeldherrn unterstellt war, trug er den für die Unterfeldherren der Triumvirn typischen Titel αὐτοκράτωρ, und zwar in zwei Inschriften; zum einen in einer Ehrung in der thessalischen Garnisonsstadt Thespiae und zum anderen auf der Akropolis in Athen, in der die Titel ἀνθύπατος καὶ αὐτοκράτωρ stehen.2366 Nach Dio wurden nicht nur für Octavian Opfer und ein Triumph beschlossen, sondern auch für Crassus, aber er durfte entgegen den Behauptungen gewisser Leute den Titel αὐτοκράτωρ nicht annehmen, nur Octavian eignete ihn sich an.2367 Dessen Imperatortitel ist offensichtlich nicht als Kommandotitel, sondern als Herrschertitel zu verstehen. Er stand nur dem Oberfeldherrn Octavian zu; er erwarb ihn nach Cassius Dio im Jahr 29.2368 Es fiel Crassus sicher schwer, auf das althergebrachte Recht des Imperators, seine Beute dem Jupiter Feretrius zu weihen, zu verzichten, aber ein Zerwürfnis mit Octavian/Augustus ist daraus nicht abzuleiten (v. infra). In den zwei Jahren seiner Balkanfeldzüge vollbrachte Crassus eine respektable Leistung: Er drängte die Bastarner hinter die Donau zurück, besiegte die Möser, die südlich der Donau siedelten, und die Daker im Norden sowie die Thraker und Geten am Unterlauf der Donau.2369 Dabei war er in seinen Mitteln nicht wählerisch, er ging auch mit Hinterlist vor, wie sich beim Kampf mit dem Bastarnerkönig Deldon gezeigt hat. Nach seiner Rückkehr etwa Anfang 27 triumphierte Crassus am 4. 7. 27 als pro cos. ex Thraecis et Gaetis. Drogula zog daraus fälschlich den Schluss, dass er ein eigenständiges imperium und auspicium hatte.2370 Die oben erwähnte Inschrift auf der Akropolis nennt die Funktionen ἀνθύπατος καὶ αὐτοκράτωρ. Letztere bezeichnet das oben beschriebene Kommando, das Crassus unter Octavian ab Ende 30 als Nachfolger des T. Statilius Taurus in Makedonien führte.2371 – Zur Weihung der spolia opima des Vejenterkönigs Lars Tolumnius durch A. Cornelius Cossus (dictator 428 v. Chr.) im Tempel des Jupiter Feretrius s. Liv. IV 20, 1–3. 2366 Thespiae: AE 1928, 44; Akropolis: IG II2 4118 = ILS 8810; vgl. Kreiler, Statthalter, 158. 2367 Dio LI 25, 2: καὶ γὰρ θυσίαι καὶ νικητηρία οὐχ ὅτι τῷ Καίσαρι ἀλλὰ καὶ ἐκείνῳ ἐψηφίσθη. οὐ μέντοι καὶ τὸ τοῦ αὐτο­κράτορος ὄνομα, ὥς γέ τινές φασιν, ἔλαβεν, ἀλλ’ ὁ Καίσαρ μόνος αὐτὸ προσέθετο. 2368 Dio LII 41, 3; vgl. S. 452. 2369 Liv. per. 134, 2: Bellum adversus Bastarnas et Moesos et alias gentes a M. Crassum ‹gestum›. 134: … adversus Thracas … 2370 Deldon: Dio LI 24, 4–7. Triumph: Inscr. Ital. 13,1, 86f. 344f.; vgl. Drogula, CC 353; Vf. S. 46 mit A. 208. 2371 Dio LI 23, 2 (Zitat: S. 443/2364); Statilius Taurus: S. 429 mit A. 2272.

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Unterfeldherren Octavians

Der vor αὐτοκράτωρ genannte Titel ἀνθύπατος kann sich entgegen Vervaet nicht auf dieses Kommando beziehen, sondern nur auf die Zeit nach der Rückgabe des Reiches an den Staat in den Jahren 28/27, weil die selbständigen Provinzstatthalterschaften nach Bleicken unter den Triumvirn ab 40 bis 28 aufgehoben worden waren.2372 Das sicher mit Einverständnis des Augustus erteilte Prokonsulat beweist, dass Crassus sich wegen des erzwungenen Verzichts auf die Weihung der spolia opima nicht, wie Fündling annimmt, gegen seinen Vorgesetzten auflehnte und verbittert ins Privatleben zurückzog.2373 Crassus musste nach seiner Rückkehr aus Makedonien nur kurze Zeit auf den Triumph warten, weil für die Verwaltung des Prokonsulats die vorhergehende Entsühnung von seinem Kommando notwendig war. Die Feier des Triumphs duldete keinen Aufschub, da ihn ein Unterfeldherr nur mit Hilfe des Oberfeldherrn, d. h. des Octavian/Augustus, erlangen konnte: der Princeps verließ Rom nämlich im Sommer 27 in Richtung Gallien und Spanien für drei Jahre.2374 Es gibt mehrere Indizien dafür, dass Crassus nach seinem Triumph als Prokonsul nach Makedonien zurückkehrte: Zum einen ist von 27 bis 24/23 kein Statthalter dieser Provinz bekannt, zum anderen besagt der in Athen auf der Akropolis belegte Titel ἀνθύπατος, dass Crassus in der Provinz, aus der die Inschrift stammt, also in Makedonien, amtierte.2375 Einen weiteren Hinweis stellt die Nachricht dar, dass der homo novus Marc‹i›us Primus im Jahr 22 angeklagt wurde, weil er 24 als Statthalter Makedoniens ohne Erlaubnis des Augustus in einer provincia p. R. Krieg geführt hatte, nämlich gegen das Bergvolk der Odrysen.2376 Die Provinz Makedonien, die Augustus nach dem Ende des Kommandos des Licinius Crassus Mitte 27 dem Staat zurückgab2377, war demnach bis zur Mitte der 20er Jahre noch nicht befriedet. Es ist anzunehmen, dass Crassus nach seinem Triumph am 4. 7. 27 von Augustus in Absprache mit dem Senat die Sondererlaubnis erhielt, als Prokonsul wieder ein Heer nach Makedonien zu führen, um einen 2372 Vervaet, HC, 250/124. – J. Bleicken, Zwischen Republik und Prinzipat, 36; zum fehlenden Titel ἀνθύπατος unter den Triumvirn s. Vf. S. 409 mit A. 2155. – Erster Prokonsul in Asia war P. Aemilius Lepidus (cos. 34): Vgl. S. 379 mit A. 2005. 2373 J. Fündling, Licinius Crassus, DNP 7, 2000, [I 13]. 2374 Triumph als Reinigungsfeier: H. Vretzka, Triumphus, KP 5, Sp. 973. – Aufbruch von Rom: Dio LIII 22, 5. 2375 Vgl. S. 276 mit A. 1439. 2376 Cass. Dio LIV 3, 2: Μάρκου τέ τινος Πρίμου αἰτίαν ἔχοντος ὅτι τῆς Μακεδονίας ἄρχων Ὀδρύσαις ἐπολέμησε; vgl. NMRS Nr. 551; K. Wachtel, PIR2 P 946; A. Birley, Q. Lucretius Vespillo (cos. ord. 19), Chiron 30, 2000, 741f.; Kreiler, Statth. 161. 2377 Rückgabe des Reiches an den Staat von Mitte 28 bis Mitte 27: Aug. RG 34 in Verbindung mit Dio LIII 12, 4.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

eingefallenen Barbarenstamm wie die Odrysen zurückzuschlagen. Vermutlich löste ihn Marcius Primus im Jahr 24 ab. 3.18

Sex. Appuleius (cos. 29)

Das Geschlecht des Sex. Appuleius stammte aus Luna; seine Mutter Octavia maior war die Stiefschwester Octavians.2378 Als Nachfahre eines Opfers der Sullanischen Proskriptionen durfte er bis 49 kein öffentliches Amt bekleiden; Wegen seiner Abstammung von einem Opfer der Sullanischen Proskriptionen zählt ihn Wiseman zu den homines novi.2379 Unter Caesar wurde er Prätor. Als Nachfolger des Calvisius Sabinus ging er als designierter Konsul2380 im Herbst 31 nach Spanien und blieb dort als Imperator bis zum Antritt des Konsulats Anfang 29. Er triumphierte mit dreijähriger Verspätung am 26. 1. 26 als pro cos. ex Hispania.2381 Auf seine Präsenz in der Provinz Hispania Ulterior lässt das Amt des mit ihm verwandten L. Appuleius schließen, der in der ausgehenden Triumviratszeit als IIvir quinq. die Kolonie Carthago Nova leitete. In seiner Heimatstadt Aesernia wurde Sex. Appuleius mit einer Statue geehrt; auf der Basis steht imp., cos., augur, patronus.2382 23–21 war Appuleius Prokonsul in Asia. 8 v. Chr. warf er als leg. Aug. pr. pr. Illyrici den letzten Aufstand in der Provinz Illyricum im Gebiet zwischen Drau und Donauknie nieder.2383 3.19

M. Nonius Gallus

Der homo novus M. Nonius entstammte dem Munizipaladel aus Aesernia. Er setzte seinem Vater Gaius, der dort das Amt des IIIIvir quinq. bekleidet hatte, einen Grabstein; in der Inschrift nennt er als Dedikant seinen eige2378 Herkunft: Luna: ILS 895; vgl. Hanslik, KP 1, Ap(p)uleius Nr. 3. 2379 Homo novus: Wiseman, NMRS Nr. 33; vgl. C. Carrinas (S. 421 + A. 2222), C. Norbanus (S. 425 mit A. 2246). 2380 Prätor: ILS 895. – cos. des: vgl. M. Cocceius Nerva (S. 412 mit A. 2170); L. Sempronius Atratinus (S. 434 mit A. 2309). 2381 Calvisius Sabinus: S. 423f.; Triumph: Inscr. Ital. 13,1, 86f., 342f.; vgl. Kreiler, Statthalter, 81f. 2382 L. Appuleius IIvir quinq: RPC Nr. 154–156; Laufbahn des Sex. Appuleius: ILS 894. 2383 Asia: H. Halfmann, Ein neuer Statthalterkult in der Provinz Asia, EA 10, 1987, 83ff. – leg. pr. pr. Illyrici: Cassiod. Chron. Min. II 135; vgl. Kienast, Augustus, 367 und Kreiler, Statthalter, 82.

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Unterfeldherren Octavians

nen Namen M. Nonius Gallus samt dem IMPTitel und dem Priesteramt VIIvir epulonum. Er löste Messalla in Gallien vermutlich im Spätsommer 30 ab.2384 Sein Kommando ist durch Cassius Dio überliefert, der sagt, dass damals, d. h. im Jahr 29, die keltischen Treverer, welche die Germanen zu Hilfe herbeigeholt hatten, noch unter Waffen standen und dass sie Nonius Gallus unterwarf.2385 Man kann davon ausgehen, dass ihm das Cognomen Gallus ehrenhalber nach seinem Sieg über die Treverer verliehen wurde. Der IMPTitel lässt darauf schließen, dass Nonius als Unterfeldherr Octavians ein prokonsulares Imperium hatte, das heißt, dass er bei Übernahme des Kommandos zum Konsul designiert gewesen sein muss. Da Nonius das Konsulat nicht erlangte, ist zu vermuten, dass er in der Schlacht schwer verwundet wurde und bald danach gestorben ist.2386 3.20

L. Pinarius Scarpus

L. Pinarius Scarpus war wie Octavian ein Großneffe Caesars; nach dessen Tod überließ er ihm seinen Erbteil. 42 nahm Scarpus bei Philippi als Unterführer am Krieg gegen die Caesarmörder teil.2387 Wohl Mitte der 30er Jahre war er Prätor, diente Antonius als Legat im Osten und wurde vermutlich analog zu M. Insteius im Frühjahr 32 von Antonius zum Konsul für den Anfang der 20er Jahre designiert und zum Imperator ernannt.2388 Er stellte in Kyrene eine Prägung her, die wegen der Angaben M ANTONIVS COS III und IMP IIII 31 v. Chr. datiert. Auf dem Revers steht: LEG VII SCARPVS IMP. Der Unterfeldherr hatte die Aufgabe, die Kyrenaika als westlichen Vorposten gegen die beiden afrikanischen Provinzen zu schützen. Sie ist mit der des Insteius in Nordmakedonien vergleichbar. Die von Antonius konzipierte Verteidigungsstellung erwies sich jedoch als ineffektiv, weil sie zu weit auseinandergezogen war.2389 Nach der Niederlage bei Actium segelte Antonius laut Dio nach Libyen, um sich zu Pi2384 Homo novus: NMRS Nr. 276. – ILS 895: C. Nonio C. f. M. n. IIIIvir quinq. M. Nonius Gallus /​ imp., VIIvir epul. filius /​ posuit; vgl. S. Diebner, Aesernia-Venafrum, 1979, Nr. 33, Abb. T. 24. – Ablösung s. S 441 mit A. 2352. 2385 Dio LI 20, 5: … Τρήουηροι Κέλτους …; Zitat: S. 429/2277. 2386 Der Konsul [NO]NI[VS] von 36 (Inscr. Ital. 13, 1, 135, 282f.) ist mit L. Nonius Asprenas identisch: Kreiler, Statthalter, 60. 2387 Großneffe: Suet. Caes. 83, 2; Erbteil: App. BC III 82. Philippi: App. BC IV 107, 447. 2388 Münzer, RE XX 2, 1950, Pinarius Nr. 27. Ferriès, Partisans, Nr. 113. – Insteius: S. 419 mit A. 2213. 2389 Münzen: RRC Nr 546, 2 a. – Verteidigungsstellung: vgl. S. 419 mit A. 2213.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

narius Scarpus und der ihm unterstellten Armee zu begeben, die dort zum Schutz Ägyptens zusammengezogen war. Aber dieser weigerte sich, ihn zu empfangen, ließ seine Gesandten töten und einige seiner Soldaten, die sich darüber empörten, hinrichten.2390 Antonius überlegte, sich das Leben zu nehmen, als das Heer mit dem Anführer, dem er es anvertraut hatte, von ihm abgefallen war.2391 Im Frühjahr 30 rückte der von Octavian wenig später zum Präfekten Ägyptens ernannte Ritter C. Cornelius Gallus auf dessen Befehl von Africa aus nach Kyrene vor. L. Scarpus übergab ihm kampflos die vier Legionen, die dort zum Schutz Ägyptens disloziert waren.2392 Er feierte den Sieg über Antonius wohl erst nach dessen Tod Anfang August 30 mit einer Prägung von Denaren und Quinaren in kleinen Serien.2393 V: IMP CAESARI SCARPVS IMP

R: DIVI F(ILIO) AVG(VR) PONTIF(EX) Globus

offene Hand Victoria auf

Ein einzelner aureus, der nur sieben Gramm wiegt, ist wahrscheinlich eine Fälschung, weil im 1. Jh. v. Chr. in Nordafrika keine Goldmünzen geschlagen wurden.2394 Die Prägung wurde in der einzigen Münzstätte in Kyrene ausgebracht. Eine genaue Datierung ist nicht möglich, weil Octavian den Herrschertitel IMP CAESAR DIVI FILIVS bereits im Jahr 40 annahm.2395 Bemerkenswert ist, dass der Name des Heerführers im Nominativ gefolgt von seinem IMPTitel auf dem Avers steht. Dies ist nur möglich, weil Scarpus die Prägung Octavian widmete, dessen beide erste Namenbestandteile er im Dativ seinem Namen voranstelllte. Auf dem Revers wiederholte er diese ungewöhnliche Reihenfolge, indem er die Filiation des jungen Caesar mit seinen eigenen Priesterämtern Augur und Pontifex kombinierte. Scar2390 Dio LI 5, 6: Ἀντώνιος δὲ ἔπλευσε μὲν ἐς τὴν Λιβύην τε Πινάριον Σκάρπον καὶ πρὸς τὸ στράτευμα τὸ μέτ’ αὐτοῦ ἐπὶ τῇ τῆς Αἰγύπτου φυλακῇ ἐνταῦθα προσυνειλεγμένον. ἐπεὶ δ’ οὔτε προσδέξεσθαι αὐτὸν … καὶ προσέτι καὶ τοὺς προπεμφθέντας ὑπ’ αὐτοῦ ἔσφαξε, τῶν τε στρατιωτῶν ὦν ἦρχεν ἀγανακτήσαντάς τινας ἐπὶ τουτῷ διέφθειρεν. 2391 Plut. Ant. 69, 3: Ἐπεὶ δὲ καὶ τὴν ἐν Λιβύῃ δύναμιν ὁ πεπιστευμένος ἀπέστησεν, Ἀντώνιος ὁρμήσας ἑαυτὸν ἀνελεῖν. 2392 Oros. VI 19, 15: C. Gallus praemissus a Caesare quattuor legiones, quas Antonius apud Cyrenas praedii loco constituerat, suscepit in fidem; vgl. Dio LI 9,1: μαθὼν ὁ Ἀντώνιος ὅτι Κορνήλιος Γάλλος τὸ τε τοῦ Σκάρπου στράτευμα παρείληφε … 2393 RRC Nr. 546, 6–8 und RIC I, Nr. 23; vgl. Kreiler, Statthalter, 107f. 2394 RPC I, S. 6; Gewicht: M. v. Bahrfeldt, Die römischen Goldmünzenprägungen, 1922, Nr. 111. 2395 Vgl. S. 392 mit A. 2075.

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Unterfeldherren Octavians

pus übte sie aus, als er in einer Kulthandlung der Göttin Victoria ein Dankesopfer darbrachte. So feierte man im ganzen Reich den Sieg über Antonius und Kleopatra, wie die Abbildung des Globus zeigt.2396 Die auf dem Avers dargestellte offene Hand ist als Anspielung auf das Cognomen Scarpus zu deuten. Man kann sie auch als Geste der Versöhnung auffassen, nämlich als Bindeglied zwischen dem Ober- und dem Unterfeldherrn. Scarpus streckt dem mit ihm verwandten Octavian die offene Hand entgegen, um von ihm Verzeihung für die frühere Feindschaft zu erlangen. Dem Sieger über Antonius hatte es Scarpus zu verdanken, dass er seine Stellung als Imperator in Kyrene bis Mitte 28, als Octavian die Provinz wahrscheinlich an den Staat zurückgab, behalten durfte.2397 Scarpus kam nicht zum Konsulat. Möglicherweise wurde er am Anfang der 20er Jahre wie C. Furnius unter die Konsulare aufgenommen.2398 Vergleicht man die kyrenischen Münzen des Scarpus mit den in Rom geprägten des Triumvirn Octavian, so stellt man fest, dass ausnahmsweise der Titel IMP CAESARI im Dativ ohne das Porträt auf dem Avers steht und davon getrennt auf dem Revers die Filiation DIVI F, während auf den stadtrömischen die Titulatur des Triumvirn Octavian im Nominativ sein Porträt auf dem Avers rahmt.2399 Der Unterschied zwischen den von Scarpus in der Provinz Kyrene geprägten Münzen und den stadtrömischen Emissionen lässt sich damit erklären, dass Octavian/Augustus bis Mitte 23 v. Chr ein konsulähnliches Imperium hatte, mit dem er das Provinzkommando titular noch nicht getrennt benennen konnte.2400 Als Beispiele für den Unterschied können die Prägungen dienen, die während des von Ende 27 bis 25 v. Chr. dauernden Feldzugs des Augustus in Spanien hergestellt wurden: der Avers von Münzen aus den um 26 gegründeten Municipien Segobriga und Segovia zeigt den barhäuptigen Augustus ohne Legende.2401 Hingegen rahmt sein Bild auf Münzen aus Emerita die Titulatur CAESAR AVGVS(TVS) TR(IBVNICIA) POTEST(ATE), auf dem Revers steht P 2396 Vgl. die Prägungen des Carrinas in Gallien (S. 420 mit A. 2220), des Calvisius Sabinus in Spanien (S. 424 mit A. 2241), und des C. Proculeius in Grie­chenland (RPC Nr. 1360; vgl. S. 438 mit A. 2333 und Kreiler, Statthalter, 156f. 2397 Die Rückgabe erfolgte zur gleichen Zeit wie die der Provinz Asia i. J. 28; vgl. S. 379 mit A. 2205. – Der erste Statthalter in der neu eingerichteten Provinz Creta-Cyrene war wahrscheinlich A. Pupius Rufus q. pro pr.; vgl. Kreiler, Statthalter, 175. 2398 C. Furnius: S. 413 mit A. 2172 und Kreiler, Statthalter, 194. 2399 Vgl. i. J. 36 in Rom geprägte Münzen Octavians: RRC Nr. 540 (S. 451 mit A. 2409). 2400 Imperium Octavians: S. 45 mit A. 204 und 205, S. 385 mit A. 2031. – Imperium Caesars: S. 342 mit A. 1782. 2401 Segobriga: RPC I Nr. 470; Segovia: Nr. 478, vgl. Kreiler, Statthalter, S. 84.

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Das Triumvirat von Brundidium bis zum Ende der Alleinherrschaft Octavians (40 bis 27)

CARISIVS LEG PRO PR.2402 Die Emission datiert nach Ende Juni 23, als Augustus auf die jährliche Übernahme des Konsulats verzichtete und ihm im Gegenzug das imperium proconsulare maius in den provinciae p. R. sowie die tribunizische Gewalt mit dem Interzessionsrecht auf Lebenszeit übertragen wurde.2403

4.

Der IMPTitel des jungen Caesar

In seinem Tatenbericht rühmt sich Augustus, 21mal imperator genannt worden zu sein. Als Ergebnis dieser Arbeit ist jetzt davon auszugehen, dass der Princeps 21 populare Akklamationen in Rom meint.2404 Zum ersten Mal erhielt der junge Caesar den Imperatortitel als Ehrentitel am 16. April 43 nach dem Sieg der Truppen der Konsuln Hirtius und Pansa über Antonius bei Mutina.2405 Die zweite Akklamation und der zweifache IMPTitel Octavians sind nicht belegt; sie beruhen vermutlich entgegen Schuhmacher nicht auf dem Sieg seines Unterfeldherrn M. Salvidienus Rufus über L. Antonius Anfang 40 im Perusinischen Krieg, da er ein Bürgerkrieg war, sondern sie datieren eher vom August 43, als Octavian nach der Wahl zum Konsul mit seinem Heer nach Gallien zog und wahrscheinlich im Rahmen der Auszugsauspizien vom Volk zum zweiten Mal akklamiert wurde. Auf Denaren führte er bis zum Abschluss des Triumvirats den Titel C CAESAR IMP. Das Kürzel IMP bezeichnet das erste eigenständige Kommando in Gallien nach dem Konsulat. Nach dem Abschluss des Triumvirats im November 43 lautete der Titel: C CAESAR IMP IIIVIR RPC.2406 Zimmermann bemerkt, dass im Herbst 40, als die offizielle Vergöttlichung (consecratio) des Diktators Caesar vollzogen wurde, eine vollkommen veränderte Titulatur seines Adoptivsohns ins Auge springt. Er wech2402 Emerita: RIC I 19842, S. 41, Nr. 2 a; P. Carisius (Legat des Augustus 25–22): Dio LIV 5, 2; Oros. VI 21, 9; vgl. Gundel, KP 1, Carisius Nr. 1, Sp. 1055; vgl. Vf. S. 402 mit A. 2107. 2403 Imperium maius: Dio LIII 32, 5: ἔδωκε, τήν τε ἀρχὴν τὴν ἀνθύπατον ἐσαεὶ καθάπαξ ἔχειν ὥστε μήτε ἐν τῇ ἐσόδῳ τῇ εἴσω τοῦ πωμηρίου κατατίθεσθαι αὐτὴν μήτ᾽ αὖθις ἀνανεοῦσθαι, καὶ ἐν τῷ ὑπηκόῳ τὸ πλεῖον τῶν ἑκασταχόθι ἀρχόντων ἰσχύειν ἐπέτρεψεν; vgl. Girardet, Imperium ‚maius‘ (vgl. Verf. S. 20/33), 201. – Trib. pot.: Inscr. Ital. 13, 1, p. 157; vgl. R. Hanslik, Augustus, KP 1, Sp. 750. 2404 Aug., RG 4: … et appella(tus sum viciens) semel imperator. 2405 Vgl. S. 383 mit A. 2021. 2406 RRC Nr. 492, 1; vgl. S. 386 mit A. 2035.

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Der IMPTitel des jungen Caesar

selte den Namen und nannte sich von nun an Imperator Caesar divi filius. Zimmermann fährt fort: „Ungeheuerlich und ohne Parallele waren die Vergöttlichung eines verstorbenen Römers und die prestigeträchtige Verbindung mit divus. Mit der Annahme des Vornamens Imperator unterstrich er seine Nähe zu Soldaten wie Veteranen und seine miltärische Durchsetzungskraft. Caesar trat an die Stelle des Gentilnomens, womit der divi filius gewissermaßen eine Familientradition propagierte, auf deren Grundlage er eine außerordentliche Stellung beanspruchte und fortsetzen wollte. Mit dieser völlig neuartigen und bis dahin in Rom unbekannten Namensform formulierte er die Stellung, die er von nun an gegenüber jedermann beanspruchte.“2407 Der Titel steht außerdem auf dem Avers von Aurei und Denaren, die der junge Caesar im Frühjahr 38 nach dem glänzenden Sieg des jungen Legaten M. Agrippa in Gallien anlässlich seiner 3. Akklamation in zwei Versionen emittierte: 1. IMP DIVI IVLI F TER IIIVIR RPC (RRC Nr. 534, 1) 2. IMP CAESAR DIVI IVLI F (RRC Nr. 534, 3). Nach Bleicken wollte der Triumvir mit dem unerhörten Titel seine staatsrechtlich herausgehobene Stellung in bestimmter Weise charak­terisieren. Auch nach der Neukonstituierung des Staates im Jahr 27 bleibt es bei diesem Titel.2408 Zum Vergleich seien sehr schöne, im Jahr 36 in Rom geprägte Goldstücke genannt, mit den Legenden: Vs.:IMP CAESAR DIVI F IIIVIR ITER RPC Rs.: COS ITER ET TER DESIG 2409 Octavian war 36 für 33 zum zweiten Mal und für 31 zum dritten Mal zum Konsul designiert. Den Titel IMP CAESAR DIVI IVLI F verwendete der junge Caesar im Herbst 40 zum ersten Mal als Herrschertitel. Wenn man sich vor Augen hält, dass er sich mit Antonius kurz vorher im Vertrag von Brundisium das Reich geteilt hatte, so kann man aus dem völlig veränderten Titel die Absicht herauslesen, sich als legitimer Nachfolger Caesars auszuweisen und damit seinen Anspruch auf das gesamte Reich zu dokumentieren. Die 2407 M. Zimmermann, Div. Aug., 2014, 66; vgl. Vf. S. 448 mit A. 2395. 2408 Bleicken, Imperator, KP 2, Sp. 1379. 2409 RRC Nr. 540.

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erstmalige Publikation des IMPTitels als nomen imperatoris ist wohl auf dem Hintergrund der bevorstehenden Auseindersetzung mit seinem Rivalen Antonius zu sehen, den er mit seiner Anwartschaft auf die Alleinherrschaft provozierte, sodass sich der Konflikt mit Antonius in der Folge verschärfte.2410 Im Jahr 32 war der junge Caesar nicht Konsul, sodass seine führende Stellung nicht staatsrechtlich gefasst war. Seine Macht im Kampf gegen Antonius beruhte auf dem Gefolgschaftseid Italiens und der westlichen Provinzen, d. h. auf dem consensus universorum.2411 An den Seesieg bei Naulochos über Sextus Pompeius im September 36 erinnern um 31/29 v. Chr. geprägte Denare mit der geflügelten Büste der Victoria auf dem Avers und dem nackten CAESAR DIVI mit Schwert Zepter, Globus und Schiffsbug auf dem Revers.2412 Octavians triumphierte nach seiner Rückkehr aus dem Osten vom 13. bis 15. August 29 als Imp. Caes. Div. f. C. n. cos. V de Dalmatis, ex Actio und ex Aegypto.2413 Cassius Dio (LII 41, 3) sagt zum Jahr 29: ταῦτα τε ὁ Καίσαρ, καὶ ὅσα ἄνω μοι τοῦ λόγου εἴρηται, ἔπραξεν ἐν τῷ ἔτει ἐκείνῳ ἐν ᾦ τὸ πέμπτον ὑπάτευσε, καὶ τὴν τοῦ αὐτοκράτορος ἐπίκλησιν ἐπέθετο. λέγω δὲ οὐ τὴν ἐπὶ ταῖς νίκαις κατὰ τὸ ἀρχαῖον διδομένην τισίν (ἐκείνην γὰρ πολλάκις μὲν καὶ πρότερον πολλάκις δὲ καὶ ὕστερον ἀπ’ αὐτῶν τῶν ἔργων ἔλαβεν, ὥστε καὶ ἅπαξ καὶ εἰκοσάκις ὄνομα αὐτοκράτορος σχεῖν) ἀλλὰ τὴν ἑτέραν τὴν τὸ κράτος διασημαίνουσαν, ὥσπερ τῷ τε πατρὶ αὐτοῦ τῷ Καίσαρι καὶ τοῖς παισὶ τοῖς τε ἐκγόνοις ἐψήφιστο. – Caesar legte sich in dem Jahr, als er das Konsulat zum fünften Mal innehatte, den Titel ‚Imperator‘ bei. Damit meine ich aber nicht den Titel, der nach altem Herkommen gelegentlich Feldherren wegen ihrer Siege verliehen worden war – denn diesen Titel hatte er schon zuvor empfangen und empfing ihn mehrfach noch späterhin, und zwar aufgrund seiner Kriegstaten, so dass er einundzwanzigmal den Titel eines Imperators erhielt, ich meine vielmehr den Titel in seiner anderen Bedeutung, der den Besitz der obersten Gewalt ausdrückt; in diesem Sinn war er seinem Vater Caesar sowie dessen Kindern und weiteren Nachkommen zuerkannt worden.

2410 Zimmermann, Div. Aug., 2014, 66f. 2411 Gefolgschaftseid: Aug. RG 25; vgl. Bengtson, RG3 260; Dettenhofer, Herrschaft und Widerstand im augusteischen Prinzipat, 2000, 52ff. – consensus universorum: Zimmermann, Div. Aug., 2014, 75, 79. 2412 Zimmermann, Div. Aug. 87. 2413 Inscr. Ital. 13, 1, 570; vgl. B. Manuwald, Cassius Dio und Augustus, 1979, 82: Das Epochenjahr 29 als Beginn der Monarchie.

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Cassius Dio macht den Leser darauf aufmerksam, dass man beim Imperatortitel unterscheiden müsse zwischen dem althergebrachten Titel, den mancher Feldherr nach einem Sieg durch die Akklamation in Folge eines Krieges erhielt, und dem neuartigen Herrschertitel, der erstmals dem Diktator Caesar und seinen Nachkommen zuerkannt wurde. Die Passage lässt darauf schließen, dass Cassius Dio den Eintrag in den Triumphalfasten vom Herbst 40 und die in den 30er Jahren in Rom geprägten Aurei und Denare mit der Titel IMP CAESAR DIVI IVLI F nicht kannte, denn sonst hätte er nicht behauptet, Octavian habe den Imperatortitel im Jahr 29 zum ersten Mal als Herrschertitel verwendet. Auch eine Inschrift aus der Nähe von Capua dürfte ihm unbekannt gewesen sein; sie wurde nach Actium anlässlich der 6. Akklamation verfasst. In ihr steht zweimal IMP, nämlich zum einen als Herrschertitel in Form des Titels IMP CAESAR DIVI F und zum anderen als Siegestitel in Form von IMP VI.2414 29 v. Chr. verfasste C. Cornelius Gallus, der erste Präfekt Ägyptens, in Philae eine Trilingue, deren lateinische Version (ILS 8995) lautet: C. Cornelius Cn. f. Gallu[us, e]ques Romanus, post reges a Caesare deivi f. devictos praefect[us Alexa]ndreae et Aegyptus primus. – Octavian erscheint als a Caesare deivi f., d. h. ohne den Imperatortitel, weil er im Jahr 29 das imperium proconsulare maius noch nicht hatte. Denare mit der Averslegende IMP CAES DIVI F COS VI libertatis p. R. vindex wurden 28/27 in Rom geprägt, im Gegensatz zu Denaren aus Brundisium mit der Victoria auf der Prora auf dem Avers und dem Titel IMP CAESAR unter der Quadriga auf dem Revers; die Münzen datieren zwischen 30 und 27.2415 Am 16. 1. 27 vervollständigte der Princeps seine Herrschertitulatur durch den Beinamen AVGVSTUS.2416 In Rom geprägte Serien mit der Averslegende IMP AVG DIVI F datieren ab 27.2417 Fortan trugen außer dem Princeps nur noch die Mitglieder seines Hauses den IMPTitel.2418 Bemerkenswert sind Aurei aus dem Jahr 27 mit der Averslegende CAESAR DIVI F COS VII und AEGYPT(O) CAPTA auf dem Revers, darunter das Kroko-

2414 ILS 79: Imp. Caesari divi [f.], /​ imp VI, cos. III, /​ patrono, d(e) c(onscriptorum) [d(ecreto)]. vgl. Mommsen, StR I3, 768/1. 2415 Rom: Av. IMP CAES DIVI F COS VI libertatis vindex: RIC I Nr. 10. – Brundisium: Rv. IMP CAESAR: RIC I Nr. 5. 2416 Vgl. Deininger, Herrschertitulatur, 995. Kienast, Kaisertabelle, 1990, 36 und 61. 2417 RPC I, S. 67. 2418 Herrscherhaus: Grabelogium des Germanicus (ILS 177): Germanico Caesari Ti. Aug. f. divi Aug. n. …. cos. II, imp. II.

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dil, das Ägypten symbolisiert.2419 Diese in Rom hergestellte Emission lässt darauf schließen, dass die von Octavian nach dem Tod der Kleopatra durchgeführte Annexion des Königreichs erst Anfang 27 durch ein S C rechtskräftig wurde.2420 Auch Münzen mit der Averslegende IMP CAESAR DIVI F AVG COS IX und M. ACILIVS GLABRIO PRO COS auf dem Revers wurden im Jahr 25 in Rom geschlagen.2421 Hingegen rahmt die Reverslegende AVG(ustus) DI(vi) F S(enatus) C(onsulto) C(oloniam) R(estituit) die Wölfin mit den Zwillingen; sie bezeichnet die Neugründung der Kolonie Iulia Concordia in Bithynien durch Augustus. Auf dem Avers steht der Name des Prätors Appius Claudius Pulcher minor, des jüngeren Bruders des gleichnamigen Konsuls von 38; er verwaltete 27 die Provinz Bithynien-Pontos als Prokonsul.2422 Mitte 23 v. Chr. erhielt Augustus das imperium proconsulare maius, so dass er im ganzen Reich seine Titulatur und sein Porträt auf den Avers setzen konnte; auf dem Revers stehen der Name und die Funktion des ihm unterstellten Statthalters.2423 An die Zeit der Republik erinnert die militärische Akklamation des Q. Iunius Blaesus, der 23 n. Chr. als Prokonsul in der Provinz Africa proconsularis, einer provincia p. R., amtierte.2424 Er wurde laut Velleius Paterculus und Tacitus nach seinem Sieg über den Numider Tacfarinas mit Genehmigung des Kaisers Tiberius von seinen Legionen zum Imperator ausgerufen.2425 Tacitus fügt hinzu, dass es eine Zeit gab, in der mehrere Kommandierende gleichzeitig den Imperatortitel führten und dass ihn Augustus ei-

2419 RIC I, Nr. 19. 2420 Aug. RG 27, 1: Aegyptum imperio populi Romani adieci. – Rechtskraft: S C: Kunkel, StO, 303. 2421 RPC I Nr. 5415; zum Prokonsul M. Acilius Glabrio s. S. 439 mit A. 2339 und Kreiler, Statthalter, 111. 2422 RPC I Nr. 2009; Kolonie Iulia Concordia: RPC I 2008; vgl. B. Rémy, Les, Les carrières sénatoriales dans les provinces romaines d’Anatolie au Haut-Empire, 1989, 12ff. und Kreiler, Statthalter, 180f. 2423 Vgl. S. 450 mit A. 2402f. 2424 PROCOS-Münzen des Blaesus: M. Grant, Aspects of the Principate of Tiberius, 1950, 51, 55. 2425 Vell. II 125, 2: qui post paucos annos procos. in Gallia ornamenta triumphalia cum appellatione imperatoria meruit. – Tac. Ann. III 74, 4: Sed Tiberius pro confecto (sc. bello) interpretatus id quoque Blaeso tribuit ut imperator a legionibus salutaretur, prisco erga duces honore …; vgl. B. E. Thomasson: Fasti Africani, Senatorische und ritterliche Ämter in den römischen Provinzen Nordafrikas von Augustus bis Diokletian, 1996, 30.

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nigen zugebilligt hat.2426 Gemeint ist die Zeit der späten Republik ab dem Herbst 46, als zum ersten Mal außer Caesar auch dessen Unterfeldherren offiziell den Imperatortitel führten. Wenn Tacitus bemerkt, dass ihn Augustus einigen zugestanden habe, so meint er genau genommen Octavian, der als Triumvir – genauso wie sein Kollege M. Antonius – seinen Unterfeldherren den Imperatortitel verlieh, und diese Praxis bis zur Rückgabe des Reiches an den Staat (Mitte 28 bis Mitte 27) beibehielt. Ab Anfang 27 setzte Augustus die Führer seiner Legionen als proprätorische Legaten ein; sie waren nicht mehr zur Führung des Imperatotitels berechtigt. Die imperatorische Akklamation eines Prokonsuls durch seine Truppen mit der Genehmigung des Princeps Tiberius bildete in der Kaiserzeit eine Ausnahme und die letzte in der römischen Geschichte.

2426 Tac, Ann. III 74, 4: … prisco erga duces honore qui bene gesta a re publica gaudio et impetu victoris exercitus conclamabantur erantque plures simuls imperatores nec super ceterorum aequaltitatem. Concessit quibusdam et Augustus id vocabulum ac tunc Tiberius Blaeso postremum; vgl. Assenmaker, Imperator, 115.

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C) Schluss: Zusammenfassung der Ergebnisse Die drei Bände Broughtons ‚The Magistrates of the Roman Republic‘ sind seit fast 70 Jahren das Referenzwerk für die Ober- und Unterkommandierenden der römischen Republik. Meine jahrelange Forschungsarbeit führte zu der Erkenntnis, dass die jahrweise Einteilung in ‚Magistrates‘ (ab 509) und ‚Promagistrates‘ (ab 326), wenn sie im Feldzug tätig waren, einer kritischen Überprüfung nicht standhält. Sie basiert im Wesentlichen auf der Konzeption des Livius, dem zufolge die Krieg führenden Konsuln und Prätoren mit prokonsularem Imperium ihre Funktion nach dem Überschreiten des Pomeriums behielten. Die gleiche Systematik ist in den Kapitolinischen Triumphalfasten, die zur Zeit des Livius verfasst wurden, erkennbar. Nach diesen beiden Quellen fungierten die Konsuln und Prätoren mit prorogiertem Imperium als Prokonsuln bzw. Proprätoren. Bis zur Reform Sullas sind aber als Prokonsuln inschriftlich nur Prätoren mit prokonsularem Imperium belegt. Das inschriftlich mehrfach belegte Kürzel pro pr. bezieht sich mit Ausnahme der Triumphalfasten nicht auf Prätoren, sondern auf Legaten mit propätorischem Imperium; es ist als (leg.) pro pr. zu lesen. ‚Echte‘ Proprätoren gab es nur wenige: es waren junge Privatleute, die mit einem proprätorischen Imperium ein Kommando führten, ohne vorher ein senatorisches Amt verwaltet zu haben. Durch Girardet wurden Cn. Pompeius und Octavian in dieser Funktion bekannt. Zu ihnen kommt noch T. Quinctius Flamininus (cos. 198) im Jahr 204 (Liv. XXIX 13, 6). Der grundlegende Fehler des Livius besteht darin, dass er nicht erkannte, dass die Konsuln und Prätoren, die in vorsullanischer Zeit Kriege führten, nach dem Überschreiten des Pomeriums kein Amt hatten. Der Fehler zeigt sich daran, dass im Kriegsrechtsbereich militiae inschriftlich keine Obermagistrate (Konsuln und Prätoren) belegt sind, sondern nur Imperatoren. Wenn Livius (II 16, 6) und der Biograph Plutarch (Pub. 7, 4; 9, 1–5) berichten, der Konsul P. Valerius Poplicola habe mit seinem Amtskollegen T. Lucretius 504 ein kampfbereites Heer ins Sabinerland geführt und beide seien triumphierend zurückgekehrt, so ist dies aus zwei Gründen auszuschließen, und zwar erstens aus dem oben genannten, dass die Obermagistrate nach dem Überschreiten des Pomeriums kein Amt hatten, und zweitens, weil man sich in der Forschung mittlerweile einig ist, dass den Staat 457

Schluss: Zusammenfassung der Ergebnisse

im 5. und 4. Jh. bis zur Verabschiedung der Licinisch-Sextischen Gesetze (367 v. Chr.) kein Konsulpaar leitete, sondern ein Prätor. Gegen die Darstellung, dass die Konsuln kurz vor 500 im Umland von Rom ein Heer führten, spricht eine 1980 publizierte, dem Kriegsgott Mars geweihte Inschrift aus Satricum in den Albaner Bergen, aus der hervorgeht, dass ein gewisser Poplios Valesios der Anführer eines kleinen Kampfverbands (turba sodalis) war. Wenn der Votierende, wie man annimmt, mit P. Valerius Poplicola identisch ist, so ist es trotz des Eintrags in den Kapitolinischen Triumphalfasten, nach denen er 509 als Konsul über die Veienter und Tarquinier triumphierte, äußerst unwahrscheinlich, dass er als Konsul eine große Streitmacht geführt und nach seiner Rückkehr triumphiert hat. Wohl aus diesem Grund nennt Sallust (Cat. 6, 7) die ersten republikanischen Machthaber nicht Konsuln, sondern imperatores. Eine hinlänglich vertrauenswürdige Nachricht zur Existenz von Konsuln liefern übereinstimmend Cicero (div. I 24, 51) und Livius (VIII 6, 9–11) für die zweite Hälfte des 4. Jh. Danach schlug der Konsul von 340, P. Decius Mus, einen Aufstand der Latiner nieder und fiel durch Selbstaufopferung. Der Terminus erscheint inschriftlich laut Oakley zum ersten Mal in der Form consol im Elogium des L. Scipio Barbatus (cos. 298). Ende 327 wurde das Imperium eines Konsuls nach Livius (VIII 23, 12) zum ersten Mal prorogiert, und zwar das des Q. Publilius Philo, weil er seine Aufgabe, die Eroberung von Paleopolis, nicht innerhalb des Amtsjahres beenden konnte. Nach Livius (VIII 23, 12) führte Philo das Kommando im zweiten Jahr als proconsul. Dementsprechend ist Philo in den Kapitolinischen Triumphalfasten am 1. Mai 326 als primus pro cos. de Samnitibus, Palaeopolitanis verzeichnet. Laut Sulla kam die Ehre des Triumphs jedoch nicht Prokonsuln und Proprätoren, sondern nur Konsuln und Prätoren zu. Daraus ist zu schließen, dass die Termini pro consule und pro praetore nicht im Sinn von Promagistraten zu verstehen sind, sondern in der Literatur und in den Fasten lediglich dazu dienen, die Konsuln und Prätoren mit prorogiertem Imperium zu kennzeichnen. Auch die Griechen Polybios, Cassius Dio und Appian wenden den Terminus ἀνθύπατος, der dem lateinischen proconsul entspricht, auf Konsuln mit prorogiertem Imperium an, um sie von den amtierenden zu unterscheiden. Übersehen wurde bisher, dass Livius (VIII 25, 13) Q. Philo im zweiten Jahr seines Kommandos nicht proconsul, sondern imperator nennt, weil er kein Amt hatte. Livius (VIII 26, 7) stellt abschließend fest, dass Philo der Erste war, der ein prorogiertes Imperium und den Triumph nach Beendigung des Amtes (acto honore triumphus), d. h. nicht im Konsulatsjahr, erhalten hat. Da mit honore nur das Konsulat gemeint sein kann, bestätigt sich, dass Philo als Konsul triumphierte. 458

Schluss: Zusammenfassung der Ergebnisse

Der Fehler Broughtons besteht darin, dass er aus dem Terminus proconsul, der die Prorogation des Imperiums ausdrückt, und dem Fasteneintrag primus pro cos. den Schluss zog, Philo habe das Kommando im zweiten Jahr als Prokonsul geführt und als solcher triumphiert. Daher reihte Broughton alle Konsuln und Prätoren mit prorogiertem Imperium unter die ‚promagistrates‘ ein. Nach Polybios (I 11, 3) wurde am Anfang des 1. Punischen Kriegs einer der beiden Konsuln vom Volk zum στρατηγός, d. h. zum Imperator, gewählt und führte als solcher das Kommando in Sizilien. Livius (XXVI 18, 3–9) schildert ausführlich die Wahl des jungen Scipio Africanus in den Komitien im Jahr 211 zum Oberfeldherrn in Spanien, er sagt in XXVI 18, 4, das Volk sei zur Wahl des Prokonsuls (proconsuli creando) zusammengekommen; der inschriftlich belegte IMPTitel in Spanien bestätigt jedoch Polybios. Cicero weicht in seiner Terminologie von Livius ab: Ein gutes Beispiel liefert M. Claudius Marcellus, der im 2. Punischen Krieg nach einer stadtrömischen Beuteweihinschrift 214 als Konsul die Bergfestung Henna in Sizilien eroberte. Livius (XXIV 37, 9) nennt ihn daher auch in Sizilien consul, wohingegen ihn Cicero in den Verrinen (IV 75) als vir clarissimus summusque imperator rühmt. Da Marcellus das Kommando in einer provincia p. R. führte, nahm Livius (XXIV 44, 4; XXV 3, 6; XXVI 1, 6) außerdem fälschlich an, er habe in den drei Jahren nach dem Konsulat in Sizilien als Prokonsul fungiert. Er beachtete nicht, dass Marcellus ein provinzübergreifendes imperium militiae für Unteritalien und Sizilien hatte und deshalb das Kommando von 214 bis 211 als Imperator führte. Andererseits wusste Livius (XXVI 21, 5), dass Marcellus für den Tag des Triumphs ein Imperium erhielt, weil das prorogierte, das er im Feld hatte, beim Überschreiten des Pomeriums erloschen war. Da nur Konsuln triumphieren durften, besagt der rekonstruierte Fasteneintrag Marcellus pro cos. de Syracusanis lediglich, dass Marcellus nicht im Konsulatsjahr triumphierte. Sein Nachfolger in Sizilien war M. Valerius Laevinus (cos. II 210), den Livius (XXVII 8, 13) im zweiten Jahr seines Kommandos analog zu Marcellus fälschlich als proconsul bezeichnet. Nur Laevinus war als Inhaber eines konsularen Imperiums berechtigt, der Provinz eine Verfassung zu geben. Der ihm unterstellte Prätor L. Cincius Alimentus amtierte als Statthalter und prägte 209/8 in Rom Münzen mit seinem Monogramm C AL. Als erster Oberbefehlshaber ist der ältere Scipio Africanus (cos. 205) in einer Inschrift aus Sagunt mit dem Titel imperator im Anschluss an cos. belegt (v. supra). Der IMPTitel geht nicht, wie lange angenommen, auf eine imperatorische Akklamation nach einem Sieg im Kampf gegen die Punier 459

Schluss: Zusammenfassung der Ergebnisse

zurück, sondern bezeichnet das Kommando, das Scipio von 210 bis 206 in Spanien gegen sie führte. Das erste Rechtsdokument, in dem der Imperatortitel erscheint, ist das Edikt des L. Aemilius Paullus, der 191 als Prätor mit einem Heer nach Südspanien segelte. Nach Livius (XXXVII 46, 7) fungierte er dort als proconsul im Sinn eines pr. pro cos. Bisher geht man davon aus, dass die beiden Teile Spaniens römische Provinzen waren, weil nach Livius (XXXII 28, 6) 197 für Nord- und Südspanien zwei Prätorenstellen geschaffen und eine Grenze zwischen den beiden Teilen gezogen worden waren. Diese Maßnahme wird als die Gründung der provinciae Hispania Citerior und Ulterior angesehen, obwohl nach dem Grammatiker Sex. Pompeius eine provincia p. R. erst eingerichtet werden konnte, wenn das betreffende Gebiet unterworfen war, und obwohl die beiden spanischen Provinzen nach Appian und Rufius Festus erst 133 nach dem Ende der Spanischen Kriege eingerichtet wurden. Das angenommene Gründungsjahr 197 hängt mit dem Terminus provincia zusammen: Livius gebraucht ihn regelmäßig im Zusammenhang mit der Losung. 197 erhielten ihm zufolge (XXXII 27, 5) zwei Prätoren zum ersten Mal die provinciae Hispania Citerior und Ulterior. Dass provincia nicht im territorialen Sinn, sondern von ‚Aufgabengebiet des Prätors‘ zu verstehen ist, ergibt sich aus einer Parallelstelle (Liv. XXVIII 38, 13), aus der hervorgeht, dass im 2. Punischen Krieg die provinciae praetoriae für 205 verlost wurden, nämlich die Stadt Rom als provincia urbana, Ariminium als Keimzelle von Gallia Cisalpina, sowie Sizilien und Sardinien. In Bezug auf L. Aemilius Paullus heißt das, dass er das Edikt als impeirator erließ, weil er das Kommando militiae nach dem Überschreiten des Pomeriums ohne Amt führte. Da das Livius nicht klar war, hielt er alle Oberkommandierenden im Amtsjahr im Bereich militiae für Magistrate (Konsuln und praetores pro cos.) und nennt folglich den Prätor L. Aemilius 191/90 in Südspanien, wie oben gesagt, fälschlich proconsul. Für Livius war entscheidend, ob die Feldherren im Jahr ihrer Entsendung ein Amt hatten oder nicht, wie sich am Beispiel der beiden Scipionen Publius (cos. 218) und Gneius (cos. 222) zeigt, die er 216 imperatores nennt (XXIII 27, 11), weil beide von 216 bis 213 in Spanien gemeinsam das Kommando führten, aber nicht in dem Jahr, in dem sie Konsuln waren. Dass Livius wahrscheinlich der Verfasser der Triumphalfasten ist, zeigt die Verwendung der Termini pro cos. und pro pr. im Sinn von Konsuln bzw. Prätoren mit prorogiertem Imperium. Beispielsweise triumphierte L. Aemilius Paullus 181 nach Livius (XL 34, 7) und nach den Fasten übereinstimmend als pro cos. de Liguribus. Da er 182 Konsul war und nach seinem Elogium (I. Ital. 13, 3, Nr. 81) im ersten Konsulat über die Ligurer trium460

Schluss: Zusammenfassung der Ergebnisse

phierte, folgt daraus, dass er 181 die Palmen nicht als Prokonsul, sondern als Konsul erhielt. Ein weiteres Indiz für die Autorschaft des Livius ist der Triumph desselben L. Aemilius ex Hispania. Er ist sowohl durch Münzen als auch durch eine Inschrift seines Cursus (I. Ital. 13, 3, Nr. 81) als dreimaliger Triumphator belegt. Im gleichen Sinn sagt Velleius Paterculus (I 9, 3), L. Aemilius habe sowohl als Prätor als auch (zweimal) als Konsul, d. h. dreimal, triumphiert. Doch nach Livius triumphierte er insgesamt nur zweimal, nämlich 181 de Liguribus (s. o.) und 167 ex Macedonia et rege Perse. 189 musste sich L. Aemilius nach Livius (XXXVII 58, 5) mit einer ovatio ex Hispania begnügen, auch in den Fasten ist ein Triumph ex Hispania nicht verzeichnet. L. Aemilius hat ihn wahrscheinlich entgegen der Cursus-Inschrift, den Münzen und Velleius, die aus dem 1. Jh. vor und nach Chr. datieren, nicht gefeiert. Für die Autorschaft des augusteischen Geschichtsschreibers spricht auch, dass die Kapitolinischen Triumphalfasten 19 v. Chr., d. h. mitten in seiner Schaffenszeit, abgeschlossen wurden. Die in den Augustusbogen eingemeißelten Inschriftentafeln dienten vornehmlich zur Glorifizierung des Princeps, sie erscheinen aber insoweit zuverlässig, als die erhaltenen Einträge für das 2. und 1. Jh. v. Chr. nicht angezweifelt werden. Wendet man den Blick jetzt in den griechischen Osten, so stellt man fest, dass T. Quinctius Flamininus 198 als Konsul den Krieg gegen König Philipp V. von Makedonien erloste. Er fungierte nach Livius (XXXII 9, 6) 198 in Makedonien als consul, laut Polybios, Plutarch und mehreren Inschriften als στρατηγὸς ὕπατος. In einem 195/4 datierenden Schreiben an die Behörden von Kyretiae trägt Flamininus den Titel στρατηγὸς ὕπατος Ῥωμαίων. Der Zusatz Ῥωμαίων besagt, dass er das Kommando in staatlichem Auftrag führte. Dem widerspricht eine Livius-Passage (XXXVIII 42, 10), derzufolge die Senatoren im Jahr 188 darüber geklagt hätten, dass die beiden Konsuln von 189, M. Fulvius Nobilior und Cn. Manlius Vulso, schon zwei Jahre lang in Europa und Kleinasien unkontrolliert wie Könige schalteten und walteten. An der Spitze der dort stationierten Heere sollten nach Meinung der Senatoren keine Privatleute stehen, sondern Konsuln. Derartige Klagen wurden im Senat sicher nicht erhoben, denn Konsuln mit prorogiertem Imperium führten das Kommando militiae entgegen Livius zwar als Imperatoren, aber nicht im Sinn von Privatleuten, wie sich aus dem mehrfach belegten Titel στρατηγὸς ὕπατος Ῥωμαίων des T. Flamininus ergibt. Da Livius nicht erkannte, dass Konsuln nach dem Überschreiten des Pomeriums nicht amtierten, nennt er Flamininus im Konsulatsjahr 198 in Makedonien consul. 461

Schluss: Zusammenfassung der Ergebnisse

Dass das Konzept des Livius falsch ist, erweist sich an der delphischen Beuteweihinschrift des Imperators L. Aemilius Paullus (ILLRP 323); sie datiert nach Plutarch aus dem Konsulatsjahr 168. Livius dürfte sie gekannt haben, denn er setzte sie ins Jahr 167, um den Imperatortitel in Einklang mit seiner Systematik zu bringen. Makedonien wurde von L. Aemilius in vier selbständige Staaten eingeteilt, aber nach einem verheerenden Niedergang noch nicht als Provinz eingerichtet. Q. Caecilius Metellus wurde 148 als Prätor nach Makedonien entsandt, um den Aufstand des Andriskos niederzuschlagen. Er ist in Thessalonike inschriftlich als στρατηγὸς ἀ[νθύπατος] belegt. Daraus folgt, dass Metellus im noch nicht unterworfenen Makedonien als Imperator prätorischen Ranges fungierte. Eine Ehrung aus Olympia (I. Ol. 325) mit dem Titel στρατηγὸς ὕπατος lässt den Schluss zu, dass Metellus Anfang 143 in Rom als amtierender Konsul die Provinz Macedonia eingerichtet hat. L. Mummius (cos. 146) unterwarf Achaia als στρατηγὸς ὕπατος, d. h. als Imperator konsularen Ranges. Er richtete sie 145 mit einer Zehnerkommission als Provinz ein. 145/4 verwaltete sie der Prätor Q. Fabius Maximus Servilianus als ἀνθύπατος Ῥωμαίων. Der fehlende Terminus στρατηγὸς vor ἀνθύπατος besagt, dass in den 40er Jahren des 2. Jh. v. Chr. nur der Imperator prätorischen Ranges den Titel στρατηγὸς ἀνθύπατος trug. Anfang 143 wurde die Provinz Achaia mit Makedonien vereinigt. M. Minucius Rufus (cos. 110) führte 110 bis 106 ein Kommando in Thrakien. Eine zweisprachige Ehrung aus Delphi (ILLRP 337) nennt die sich entsprechenden Funktionen στρα[τηγὸν ὕπα]τον Ῥωμαίων – die ursprüngliche Konjektur στρα[τηγὸν ἀνθύπα]τον ist falsch – und imperator. Die Titel beweisen, dass der στρατηγὸς ὕπατος im Bereich militiae den Imperator konsularen Ranges bezeichnet. Andererseits korrespondiert auf den von M’. Aquillius (cos. 129) in der Provinz Asia zwischen 129 und 126 gesetzten Meilensteinen (z. B. ILS 27) die Funktionsangabe στρατηγὸς ὕπατος mit dem lateinischen COS. Das heißt, dass Aquillius ab seinem Amtsjahr 129 in der von ihm eingerichteten Provinz Asia bis 126 als Konsul Straßen baute. Sie hatte den Status einer provincia consularis. Die Verwaltung besorgten dem Konsul unterstellte legati pro pr., ab 122 regulär Prätoren. Im Zusammenhang mit dem Straßenbau ist noch der Meilenstein (ILLRP 460 a) des Cn. Domitius Ahenobarbus (cos. 122) in Gallia Narbonensis von Belang. Er ist bisher der einzige in der gesamten römischen Geschichte, auf dem die Funktionsangabe imperator steht. Dieser Titel besagt, dass der Erbauer der nach ihm benannten via Domitia kein Amt hatte, weil Gallia Narbonensis noch nicht Provinz war. In der Regel wurden 462

Schluss: Zusammenfassung der Ergebnisse

die viae publicae nur in Italien und in unterworfenen Gebieten, d. h. in den provinciae p. R., gebaut. Kurz nach Ahenobarbus, nämlich 118, gründete sein gleichnamiger Sohn (cos. 96) gemeinsam mit zwei weiteren Münzbeamten die Kolonie Narbo Martius als Keimzelle der Provinz Gallia Narbonensis. Ein bisher nicht befriedigend gelöstes Problem stellt die Herkunft des Imperatortitels dar. Er ist inschriftlich zum ersten Mal für den älteren Scipio Africanus in Spanien zur Zeit seines ersten Konsulats 205 belegt (v. supra). Die lange geltende These, der IMPTitel sei Scipio durch eine Akklamation seiner Truppen nach Siegen in Spanien verliehen worden, ist nicht mehr haltbar. Aus den Quellen geht zwar klar hervor, dass die Konsuln, die Krieg oder einen Feldzug führen sollten, vom Volk in den Komitien gewählt wurden, aber es gibt nur ein durch Appian überliefertes explizites Zeugnis, dass es auch das Volk war, das die Feldherren vor ihrem Auszug akklamierte. Die Stelle (BC V 31, 119) besagt, dass der Konsul L. Antonius, der jüngere Bruder des Triumvirn, im Sommer 41 von seinen Anhängern zum Imperator ausgerufen wurde, ehe er gegen Octavian in den Perusinischen Krieg zog. Dass der geschilderte Vorgang kein Einzelfall war, sondern dass ihm ein alter Brauch zugrunde lag, zeigen zwei Passagen des Livius zum 3. Makedonischen Krieg, deren Wert bisher nicht erkannt wurde, weil durch die antiken Autoren sonst nur militärische Akklamationen im Feld überliefert sind. Zum einen widmet Livius (XLII 49) dem Konsul von 171, P. Licinius Crassus, eine längere Passage, in der es heißt, dass er auf dem Kapitol ein Gelübde ablegte, ehe er Rom im Feldherrnmantel (d. h. als Imperator), an der Spitze seines Heeres verließ, wobei das Volk die Aufgabe (officium) hatte, die Kulisse für seinen feierlichen Auszug zu bilden. Eine ähnliche Szene schildern Livius (XLIV 22, 18) und Cicero (Att. IV 13, 2) beim Auszug des L. Aemilius Paullus (cos. II 168), der vom Volk unter Hochrufen und unter glückverheißenden Prophezeiungen verabschiedet wurde. Livius spricht weder von einer imperatorischen Akklamation des P. Licinius Crassus noch des L. Aemilius Paullus durch das römische Volk, obwohl er mit dem Wort officium verdeutlicht, dass es mit seiner Präsenz eine offenbar gesetzlich verankerte Pflicht erfüllte. Man fragt sich, warum Livius (XXVI 2, 1) einerseits im Zusammenhang mit dem 2. Punischen Krieg betont, dass die Imperatoren nicht im Feld, sondern in Rom in den Komitien gewählt wurden und die Auspizien einholten, andererseits aber den feierlichen Vorgang der Verabschiedung der aufbrechenden Heerführer nicht als populare Akklamation ansieht. Es gibt dafür wohl kaum eine andere Erklärung als die, dass Livius meinte, die Oberkommandierenden hätten im Kriegsrechtsbereich militiae im Amtsjahr als Obermagistrate, d. h. als Konsuln und Prätoren mit prokonsularem Imperium, fungiert, 463

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sodass sie nicht als Imperatoren ins Feld zogen. Diese Funktion hätten sie nach Livius erst nach Ablauf des Amtsjahres gehabt. Das falsche Konzept des Livius spiegelt sich bei Appian (BC I 81) wider, der beispielsweise Sulla auf seinem Feldzug in Kleinasien Prokonsul (ἀνθύπατος) statt Imperator (αὐτοκράτωρ) nennt und in gleicher Weise bei Cassius Dio (XXXVIII 43, 3), der Caesar in Gallien ebenfalls die Funktion ἀνθύπατος zuschreibt. Als Konsequenz seiner falschen Terminologie behauptet Dio (XLIII 44, 2) anlässlich der zahlreichen Ehrungen, die der Diktator im April 45 im Senat entgegennahm, er hätte den Imperatortitel wie andere große Feldherren vor ihm seinen Kriegstaten verdankt. Dass aber der vielfach durch Inschriften und seit Sulla auch durch Münzen belegte Imperatoritel der republikanischen Oberkommandierenden nicht erst im Feld durch die imperatorische Akklamation ihrer Truppen nach einem Sieg generiert wurde, sondern bereits vor ihrem Aufbruch im Rahmen der Auszugsauspizien durch durch das römische Volk auf dem Marsfeld, lässt sich mit Hilfe von Aurei und Denaren des Triumvirn M. Antonius beweisen, die in der moneta auf dem Janiculum geprägt wurden: auf dem Avers steht sein einfacher IMPTitel, auf dem Revers dreier Emissionen der IMPTitel seiner Unterfeldherren P. Ventidius Bassus, L. Munatius Plancus (IMP ITER) und Cn. Domitius Ahenobarbus. Die früheste Emission ist wahrscheinlich die des Plancus: sie datiert nach seiner Rückkehr aus Asia vermutlich im Herbst 39. Das Fehlen des zwei- und dreifachen IMPTitels des Antonius auf den stadtrömischen Münzen lässt sich damit erklären, dass der Triumvir nach Plutarch (Ant. 33, 8) Ende 39 den ersten Sieg des Ventidius über die Parther in Athen feierte, das heißt, dass er zum zweiten Mal akklamiert wurde. Der dreifache IMPTitel des Triumvirn steht auf der im Winter 38 auf 37 in Athen hergestellten Flottenprägung (RPC 1453). Die dritte Akklamation bezieht sich auf den zweiten Sieg des Ventidius über die Parther im Juni 38. Antonius feierte sie Ende 38 ebenfalls in Athen, so dass weder seine zweite noch seine dritte Akklamation auf den stadtrömischen Münzen erscheint. Man kann postulieren, dass der in zahlreichen Inschriften und auf Münzen dokumentierte Imperatortitel der republikanischen Oberkommandierenden vermutlich seit dem 1. Punischen Krieg bis zum Vertrag von Brundisium in der Regel durch populare Akklamationen in Rom generiert wurde. Daraus folgt in Bezug auf Augustus (R. G. 4), dass er 21 Mal vom Volk in Rom zum imperator ausgerufen wurde. Die Erkenntnis, dass die Oberkommandierenden den Imperatortitel nicht im Feld nach einem Sieg durch die Akklamation ihrer Truppen erhielten, sondern vor ihrem Auszug auf dem Marsfeld durch das römische Volk, 464

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bestätigt den bekannten Grundsatz, dass alle Gewalt in der römischen Republik vom senatus populusque Romanus ausging. Kommt man jetzt auf die Ereignisse in der zweiten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. zurück, so sind der 3. Punische Krieg (149–146) und die Spanischen Kriege (153–133) von Belang. Sie wurden vom jüngeren P. Cornelius Scipio Aemilianus während seines ersten und zweiten Konsulats (147 bzw. 134) abgeschlossen. Eine griechische Inschrift aus Thermai in Sizilien erinnert an die Rückerstattung von Bildwerken, die die Karthager geraubt hatten, durch den siegreichen Konsul (ὕπατος) Scipio. Die Angabe ὕπατος statt στρατηγὸς ὕπατος lässt erkennen, dass die Inschrift nach Ablauf des Kommandos verfasst wurde. Im 1. Sklavenkrieg belagerte der Konsul von 130, L. Calpurnius Piso, die Bergfestung Henna in Sizilien. Davon zeugt ein Schleuderblei mit der Aufschrift L. PISO L. f. COS. Der COSTitel steht statt IMP, weil Piso das Kommando gegen Sklaven führte. Der als großer Redner bekannt gewordene M. Antonius, der Großvater des Triumvirn, wurde nach Cicero 102 als Prokonsul in der Funktion eines pr. pro cos. gegen die Piraten in Kilikien entsandt. Als Operationsbasis diente ihm die Provinz Asia, in der er inschriftlich als στρατηγὸς ἀνθύπατος im Sinn von pr. pro cos. belegt ist. Der Titel στρατηγὸς ὕπατος, der in einer Ehrung des M. Antonius in Delos steht, lässt darauf schließen, dass er das von ihm unterworfene kilikische Gebiet im Jahr 99, als er Konsul war, aufgrund eines Senatsbeschlusses zur Provinz gemacht hat. Parallel zu M. Antonius führte der Prätor C. Memmius im 1. Piratenkrieg (102–100) ein Kommando von Makedonien aus. Er ist in einer der beiden messenischen Urkunden als ἀνθύπατος belegt; die Funktion stimmt mit dem Titel στρατηγὸς ἀνθύπατος überein, den die in Makedonien und Asia tätigen Oberkommandierenden laut der sogenannten lex praetoria de provinciis trugen. Dem στρατηγὸς ἀνθύπατος entspricht, wie oben gesagt, im Kriegsrechtsbereich militiae der Imperator prätorischen Ranges und im Amtsbereich domi der praetor pro consule. Memmius führte als Imperator einen Seekrieg vermutlich in der Propontis, die ihm als provinica zugeteilt worden war. Das griechische Pendant αὐτοκράτωρ zum Imperatortitel war vor Sulla nicht gebräuchlich. Der IMPTitel des Memmius steht auf Münzen, die sein gleichnamiger Enkel in den 50er-Jahren prägte. In der Provinz Makedonien war dem ἀνθύπατος Memmius der στρατηγός (Prätor) Vibius unterstellt, der in Messene als Statthalter die Abrechnung einer speziellen Kriegssteuer überwachte. 101/100 führte T. Didius (cos. 98) als Nachfolger des Memmius das Kommando gegen die Thraker. Er wird in der 100 v. Chr. datierenden lex 465

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praetoria de provinciis im Zusammenhang mit den von ihm eroberten Gebieten in Ostthrakien, nämlich der Halbinsel Chersonesos und der Kainike in der Propontis, erwähnt. In dem Gesetz heißt es, dass Kilikien den Status einer ἐπαρχεία στρατηγική hat. Diesen Terminus verwendet auch Strabon (XIV 6, 6) im Zusammenhang mit dem Status Zyperns im Partherkrieg in den 50er-Jahren. Daraus ergibt sich, dass der Terminus ἐπαρχεία στρατηγική nicht, wie bisher angenommen, im Sinn von provincia praetoria, sondern von provincia militaris aufzufassen ist. Der namentlich nicht genannte Nachfolger des Didius sollte entsprechend einer lex locationis in den soeben unterworfenen Gebieten Steuern eintreiben und die vectigalia in der Chersonesos festlegen. Die messenische Grabinschrift eines ΚΡΑΣΣΟΣ ΛΙΚΙΝΙΟΣ aus dem 1. Jh. v. Chr. lässt auf P. Licinius Crassus (cos. 97) als Namengeber schließen. Die Identifizierung wird durch die Folge der Kommanden, ‚Crassus cos. 97 nach Didius cos. 98‘‚ in Spanien erhärtet. Folglich dürfte P. Licinius Crassus der namentlich nicht genannte Nachfolger des Didius in Makedonien gewesen sein. Trifft dies zu, so ist anzunehmen, dass der im 1. Jh. v. Chr. in Messene verstorbene Grieche Licinius Crassus mit dem Sekretär Aristokles identisch ist, der eben dort im Jahr 102 unter der Aufsicht des Prätors Vibius die Achtobolensteuer korrekt abrechnete (v. supra) und zum Dank einen goldenen Ring erhielt. Daraus ist zu schließen, dass P. Licinius Crassus als Militärgouverneur dem Sekretär Aristokles zwei Jahre später in Anerkennung seiner Verdienste als einem der ersten Griechen das römische Bürgerrecht verliehen hat. Die Zeit der Wende vom 2. zum 1. Jh. prägte der große Feldherr C. Marius; er führte 107/106 in Numidien Krieg gegen König Jugurtha. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern nennt ihn Sallust (Iug. 87, 1. 102, 1) in beiden Jahren nicht imperator, sondern consul. Da Marius das Kommando in Numidien nur als Imperator geführt haben kann, bleibt für die angegebene Funktion consul nur die Möglichkeit, dass Marius die Provinz Africa als Operationsbasis im Krieg gegen Jugurtha nutzte und sie als provincia consularis beherrschte. L. Caesius, der vermutlich 105 in Rom Prätor war, verfasste 104 als Imperator in Zentralspanien ein Dekret, in dem er die Kapitulation des nicht identifizierbaren Volkes der Seanoker entgegennahm. Es waren unfreie Peregrine, die von ihm für frei erklärt wurden und die wohl nach dem Anschluss des unterworfenen Gebiets vermutlich an die Provinz Hispania Ulterior den Status von Provinzialen erhielten. Es ist anzunehmen, dass Caesius als Prätor und Statthalter mit einem starken Truppenverband von der Provinz ausgezogen war, das Kommando im Gebiet der Seanoker jedoch als Imperator führte, weil sie noch nicht unterworfen waren. 466

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Im 2. Sklavenkrieg (104–99) wurde nach den Misserfolgen von drei Prätoren 101 der Konsul M’. Aquillius, der gleichnamige Sohn des Konsuls von 129, nach Sizilien entsandt. Bei seiner Rückkehr feierte er auf dem Weg zum Kapitol eine ovatio (Cic. de or. II 195) und ehrenhalber wurde ihm der Imperatortitel verliehen. Während des Kommandos wurde er nicht Imperator genannt, weil er es gegen Sklaven geführt hatte. M’. Aquillius war der zweite Verfassungsgeber der Provinz nach P. Rupilius. Da die Felder in Sizilien durch die fliehenden Sklaven zertrampelt worden waren, musste Aquillius den Gemeinden Getreide auf Kredit liefern. Ein akephales Elogium aus Pola in Lukanien, demzufolge ein anonymer Prätor entlaufene Sklaven eingefangen hat, bezieht sich nicht auf P. Popilius Laenas (pr. 135), sondern auf T. Annius (pr. 131). In den 90er Jahren wurden die Imperatoren T. Didius, P. Licinius Crassus und C. Valerius Flaccus jeweils im Jahr nach dem Konsulat wegen Aufständen nach Spanien entsandt. Flaccus beherrschte ab 92 Nordspanien, wie der Kampf gegen die rebellierenden Einwohner der Stadt Belgida in Nordspanien und ein von ihm im Jahr 87 als Imperator gefälltes Urteil in der Stadt Contrebia im Ebrotal beweisen. Es ging um die Wasserrechte von zwei Stämmen. Das angewendete Gesetz war kein römisches, weil beide Parteien noch nicht das römische Bürgerrecht hatten. Ab 86 unternahm C. Flaccus Feldzüge im Rhonegebiet. Dass er einem nobilis der dort siedelnden Helvier das römische Bürgerrecht verlieh, lässt darauf schließen, dass dieser Stamm noch nicht unterworfen war, das heißt, dass sein Siedlungsgebiet noch nicht zu der 118 eingerichteten Provinz Gallia Narbonensis gehörte. Als Flaccus sich in ihr aufhielt, erließ er Dekrete in privatrechtlichen Streitigkeiten. Der Imperator hatte folglich nicht nur die höchste militärische Gewalt, sondern auch das Recht, Urteile über römische Bürger zu sprechen. Aus der autonomen Stadt Massilia kommen Denare mit der Legende C VAL FLA IMPERAT EX S C, die vermutlich Ende 82, als Sulla die Herrschaft übernahm, datieren. Das Kürzel S C verdeutlicht, dass es sich um eine vom Senat genehmigte Emission handelt. Daraus folgt, dass die Oberkommandierenden in den 90er Jahren wie im 2. Jh. in Spanien und Gallien Feldzüge in staatlichem Auftrag unternahmen, d. h. als imperatores populi Romani. Nach ihren Tätigkeiten zu schließen, haben der Konsular Flaccus und seine beiden Vorgänger Nord- und Südspanien mit einem imperium militiae provinzübergreifend beherrscht. Sie führten das Kommando als Imperatoren, weil sie Aufstände niederschlugen, d. h. Krieg führten. Die reguläre Verwaltung der beiden spanischen Provinzen durch Prätoren – zwei sind in Hispania Citerior um 110 auf Meilensteinen als Prokonsuln belegt – war 467

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wahrscheinlich nicht unterbrochen, sondern die Prätoren waren den Imperatoren unterstellt. Der zum letzten Mal in einer kyrenischen Inschrift belegte Titel στρατηγὸς ὕπατος des C. Claudius Pulcher lässt den Schluss zu, dass dieser 92 in Rom als amtierender Konsul das Testament des 96 gestorbenen Königs Ptolemaios Apion abgewickelt hat. Kyrene wurde 75 v. Chr. Provinz und 66 mit Kreta vereinigt. Den Bundesgenossenkrieg (91–89) beendete Cn. Pompeius Strabo (cos. 89), der Vater des Magnus. Er erließ im November 89 als in Italien Krieg führender Imperator die nach ihm benannte lex Pompeia, in der er 30 spanischen Reitern wegen ihrer Tapferkeit das römische Bürgerrecht verlieh. Von Strabo stammt auch die lex Pompeia de Transpadanis, dank derer die Bewohner jenseits des Padus das latinische Recht erhielten. 89 begann der 1. Mithridatische Krieg, nachdem Rom vom militärisch erstarkten König von Pontos, Mithridates VI. Eupator, vergeblich die Rückführung des Ariobarzanes und des Nikomedes in ihre angestammten Königreiche Kappadokien bzw. Bithynien verlangt hatte. Zum Zeitpunkt der Invasion des Mithridates in das von Rom beherrschte Kleinasien Anfang 88 waren die Prätoren C. Cassius und Q. Oppius Statthalter in den Provinzen Asia und Cilicia. Sie führten den für ihre Funktion typischen Titel στρατηγὸς ἀνθύπατος. C. Cassius richtete an die Behörden von Nysa in Lydien ein Schreiben, in dessen Präskript dieser Titel fehlt, weil er in Asia nicht mehr amtierte, sondern vor dem Heer des Mithridates in das phrygische Apameia geflohen war. In der ersten Hälfte 85 emittierte der Reiterpräfekt C. Flavius Fimbria in Asia Kistophoren mit der Legende FIMBRIA IMPERAT. Er hatte die Macht an sich gerissen, nachdem er den Konsular L. Valerius Flaccus (cos. 86) von dessen meuternden Truppen ermorden und sich selbst von ihnen zum Imperator hatte ausrufen lassen. Die Münzen sind die ersten mit dem Imperatortitel; Fimbria erwarb ihn illegal als Usurpator. Sulla setzte im Frühjahr 85 mit dem Heer von Griechenland nach Klein­ asien über und führte das Kommando als αὐτοκράτωρ (Imperator), wie das 81 verfasste dem S C de Tabenis bezeugt. Appian (Mith. 60) nennt ihn 84 fälschlich ἀνθύπατος im Sinn eines Konsuls mit prorogiertem Imperium. Zur Finanzierung des geplanten Feldzugs gegen die Marianer in Italien ließ Sulla im Herbst 84 in Athen Aurei und Denare mit der Aufschrift L SVLLA IMPERAT ITERVM prägen. Auf dem Revers sind zwei Trophäen abgebildet, die an den Sieg bei Chaironeia erinnern. Der iterierte IMPTitel bezeichnet zwei Kommanden, nämlich den Feldzug, den Sulla 96/95 als Statthalter Kilikiens nach Armenien unternahm, und das Kommando, das 468

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Sulla ab 88 im Krieg gegen Mithridates innehatte. Da Sulla Anfang 84 vom Konsul Cinna geächtet wurde, hatte seine IMPERAT ITERVM-Prägung in Rom zur Zeit der Emission keine Gültigkeit. Pompeius Magnus führte als Erster legal den mehrfachen IMPTitel (IMP III), weil er nach dem ersten Kommando in Spanien triumphiert hatte. Bei seinem Triumph Anfang 81 ließ Sulla wiederum Aurei und Denare prägen mit dem Kopf der Roma und der Legende L MANLI PRO Q auf dem Avers sowie der Abbildung der Triumphalquadriga und der Legende L SVLLA IMP auf dem Revers. Auf dem Avers steht der Name des Proquästors L. Manlius (Torquatus), der mit dem gleichnamigen Konsul von 65 zu identifizieren ist. Der einfache IMPTitel des Triumphators bezeichnet kein Kommando, sondern ist wohl als Siegestitel anzusehen. Stützen lässt sich diese Interpretation durch die Aussage Appians (BC I 100), dass Sulla als Diktator wie ein König über die Konsuln herrschte. Auf dem Siegesdenkmal in Messene, in einer Beuteweihinschrift in Sikyon und einer öffentlichen Ehrung in Capua, die ab 81 datieren, steht auch der einfache Imperatortitel. Auf der Insel Delos ist Sulla inschriftlich mehrfach als PRO COS belegt. Der Titel kann nur aus der Zeit vor seiner Reform datieren, weil diese Funktion bis zum Jahr 81 nur Prätoren mit prokonsularem Imperium, die als Statthalter amtierten, hatten. Der PRO COSTitel bezieht sich auf das Kommando in Kilikien, das Sulla 96/95 als pr. pro cos. innehatte. Auf der heiligen Insel Delos wurde er auf der Rückreise nach Rom von den ansässigen italischen Kaufleuten wahrscheinlich wegen Zuwendungen verehrt, die er ihnen für einen religiösen Zweck, wie den Bau eines Tempels, gemacht hatte. Eine Inschrift aus Fanum dokumentiert, dass der (leg.) pro pr. M. Terentius Varro (cos. 73) in der Provinz Gallia Cisalpina die Grenzen erneuerte. Nach Plutarch (Sull. 27, 14) zählte Varro 82 zu den Legaten Sullas. Die Nachricht, dass Sulla 80 im 2. Konsulat die Provinz Gallia Cisalpina übertragen wurde, lässt in Verbindung mit der Inschrift aus Fanum darauf schließen, dass er sie durch Varro verwalten ließ. Der bedeutendste Unterfeldherr Sullas war L. Licinius Murena (pr. 88), der in Kleinasien den 2. Mithridatischen Krieg (83–82 v. Chr.) führte. Obwohl er im Streben nach dem Triumph im Frühjahr 82 am Halys gegen Mithridates eine empfindliche Niederlage erlitt, ließ ihm Sulla im Anschluss an seinen eigenen Triumph die erstrebte Ehre zukommen. Die Inschriften in Messene, Rhodos und Kaunos, in denen Murena als ἰμπεράτωρ bzw. als αὐτοκράτωρ erscheint, können erst 81 nach dem Triumph verfasst worden sein, weil Murena als Unterfeldherr Sullas zur Führung des IMPTitels erst nach dessen Sieg über die Marianer berechtigt war. 469

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Als ‚echter‘ Proprätor triumphierte am 12. 3. 80 der junge Cn. Pompeius. Das Kommando hatte er in Sizilien und Africa gegen die Marianer als Sullas Legat geführt. Seine Funktion propraetor ist damit zu erklären, dass er vorher noch kein senatorisches Amt verwaltet und vom Senat ein proprätorisches Imperium zur Kriegführung erhalten hatte. Pompeius konnte sich aufgrund der Akklamation durch seine Truppen in Africa imperator nennen; deshalb erwiderte Sulla bei der Rückkehr seines Legaten dessen Imperatorgruß und nannte ihn Magnus. Da vorher nach den Worten Sullas noch kein Proprätor triumphiert hatte, lehnte der Diktator zunächst das Begehren des Pompeius ab, gab aber schließlich nach. Die Voraussetzung für den Triumph war offensichtlich der durch die Akklamation in Africa nach der Tötung von 7000 Feinden erworbene IMPTitel. Pompeius ist vermutlich der Einzige, der als Proprätor triumphierte. Sulla entmilitarisierte mit Hilfe seiner Provinzialreform das Konsulat und die Prätur, die regulären Statthalter der Provinzen mit starker militärischer Besatzung amtierten entweder als Prokonsuln konsularen Ranges (in Makedonien bis 65/64) oder als praetores pro cos. (in Hispania Citerior und Ulterior, Gallia Narbonensis, Asia, Kilikien bis 78, Bithynien-Pontos 61– 58, Syrien ab 63). Ein prokonsulares Imperium hatte ein Prätor auch, wenn er eine besondere Aufgabe erfüllte, wie z. B. in Sizilien C. Claudius Marcellus, der 79 die von M. Lepidus ausgebeutete Provinz sanierte, und L. Caecilius Rufus, der 57 die cura annona übernahm. Promagistrate waren vor Sulla entgegen Broughton und Kunkel nicht militiae tätige Konsuln und Prätoren mit prorogiertem Imperium ohne Amt, sondern Konsulare, die nach der Provinzialreform Sullas nach dem Konsulat oder später in einer provincia consularis als Prokonsuln amtierten, wie Cicero (cos. 63) 51/50 in Kilikien. Auch Gallia Cisalpina hatte in den 80er-Jahren den Status einer provincia consularis, weil sie 85/84 dem Konsul Cn. Papirius Carbo und 80 dem consul iterum Sulla unterstellt war. Die Konsulare, die nach Sulla in den ihnen zugeteilten Provinzen als Prokonsuln amtierten, führten militiae das Kommando wie vor Sulla als Imperatoren. Dies zeigt sich am Beispiel Makedoniens, das Sulla zur provincia consularis machte. Der erste bekannte Statthalter Cn. Cornelius Dolabella (cos. 81) ist inschriftlich in der Provinz als ἀνθύπατος belegt und feierte laut Cicero einen Triumph, das heißt, dass er außerhalb der Provinz als Imperator fungiert haben muss. Gleiches gilt für seine Nachfolger Ap. Claudius Pulcher (cos. 79), C. Scribonius Curio (cos. 76) und M. Terentius Varro Licinius Lucullus (cos. 73), die von Makedonien aus ein Kommando im Feindesland führten und dort entgegen Rufius Festus, Ammainus Mar470

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cellinus und Jordanis nicht als Prokonsuln, sondern als Imperatoren fungierten. Dies beweist eine Inschrift aus Mesembria in Thrakien, laut der der αὐτοκράτωρ M. Terentius Varro seinen Legaten C. Cornelius als Stadtpräfekt einsetzte; dieser ist wahrscheinlich mit dem gleichnamigen Quästor des Pompeius in Spanien identisch. Der berühmte Feldherr P. Servilius (cos. 79) führte von 78 bis 74 ein außerordentliches Kommando, um die Provinz Kilikien zu erweitern. Nach Festus wurde er mit einem Heer als proconsul nach Kilikien und Isaurien entsandt. Cicero bezeichnet Servilius hingegen im Zusammenhang mit der Eroberung der Küstenstadt Phaselis in Pamphylien als imperator populi Romani. Dass die Funktionsangabe proconsul nur in Bezug auf die Provinz Kilikien stimmt, verdeutlicht der Impertortitel des Servilius in einer von ihm lateinisch verfassten Votiv-Inschrift in Isaurien im Innern Kleinsasiens. In einer Ehrung in der attischen Küstenstadt Oropos steht vor αὐτοκράτωρ unverbunden der Amtstitel ὕπατος. Er besagt, dass Servilius nicht die Provinz, aus der die Inschrift stammt, verwaltet hat, denn im Fall der Übereinstimmung steht ἀνθύπατος; dies erweist sich an der Ehrung des ἀνθύπατος M. Titius in Kolophon in Asia. In dieser Provinz amtierte wahrscheinlich 74 der Prätor L. Furius Crassipes; unter ihm führte ein Athener als Nauarch ein Kommando vor der pamphylischen Küste. Im 3. Mithridatischen Krieg (74–63 v. Chr.) behielt Kilikien seinen Status als provincia consularis, das heißt, dass sie bis zum Abzug des Pompeius von Konsularen geleitet wurde. Dieser beherrschte 66 bis 63 Kilikien und Bithynien als Aufmarschgebiete im Kampf gegen Mithridates. Für 58 ist wieder ein Prätor belegt. Der aufgrund der Verrinen Ciceros übel beleumundete Prätor C. Verres hatte kein prokonsulares Imperium, wie sein fehlender Titel pro cos. zeigt. Als die Insel durch Anhänger des Sertorius bedoht wurde, wandte Verres 72 mit aller Härte das Kriegsrecht an. Cicero nennt ihn deshalb imperator, doch er hatte kein imperium militiae, weil es Sulla den Prätoren entzogen hatte. Folglich war Verres nicht berechtigt, außerhalb der Provinz ein Heer zu führen. Die einzige scheinbare Ausnahme bildet M. Antonius Creticus, der 74 als Prätor für den Kampf gegen die Seeräuber im Mittelmeer ein imperium infinitum erhielt. Er nannte sich nicht αὐτοκράτωρ, sondern ‚Feldherr über die Kreter‘ (ἒπὶ Κρῆτων στρατηγός), das heißt, dass er im Gegensatz zu den gleichzeitig gegen Mithridates kämpfenden Konsularen Lucullus und M. Aurelius Cotta nicht zur Führung des IMPTitels berechtigt war. Am dreifachen Imperatortitel des Pompeius Magnus erweist sich klar, dass der in Inschriften und seit Caesar auf stadtrömischen Münzen belegte 471

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Imperatortitel entgegen Mommsen nicht auf militärische Akklamationen im Feld, sondern auf populare in Rom zurückzuführen ist. Der Titel IMP III des Pompeius steht für drei prokonsulare Kommanden, das erste in den 70er-Jahren in Spanien, das zweite 67 nach der lex Gabinia gegen die Piraten und das dritte 66 für den Krieg gegen die Könige Mithridates und Tigranes aufgrund der lex Manilia. Der Triumph nach dem ersten Kommando war die Voraussetzung für die Iteration des IMPTitels. Seine militärische Akklamation im Juli 48 in Makedonien generierte entgegen Combès nicht den vierten. 67/66 unterwarf Q. Caecilius Metellus (cos. 69) die Insel Kreta und machte sie zur Provinz. Sie wurde anschließend mit Kyrene zur Doppelprovinz Kreta-Kyrenae vereinigt. Kistophoren aus Knosos mit der Reverslegende LEPIDVS PROPR und der griechischen Signatur zweier verschiedener Münzmeister beziehen sich nicht, wie bisher angenommen, auf L. Aemilius Lepdius Paullus (cos. 34), sondern auf seinen gleichnamigen Vater (cos. 50), der dem Imperator Metellus in den beiden Kriegsjahren als proprätorischer Legat unterstellt und für den Schutz von Knosos, der mächtigsten Stadt Kretas, zuständig war. Von 56 bis Mitte 50 dauerte der Konflikt mit den Parthern: Makedonien, Kilikien und Syrien wurden provinciae consulares. In Syrien kommandierte ab 57 A. Gabinus (cos. 58). Der Partherkrieg prägte sich den Römern durch die verheerende Niederlage des M. Licinius Crassus (cos. II 55) 53 bei Carrhae unauslöschlich ins Gedächtnis ein. Sein Quästor C. Cassius, der spätere Caesarmörder, entkam mit einem Teil des Heeres und führte durch seinen Sieg über den Parther Osakes eine Wende zu Gunsten der Römer herbei. In Kilikien amtierte ab 56 P. Cornelius Spinther (cos. 57), der als Erster für sich von den phrygischen Städten Apameia und Laodikeia Kistophoren mit dem PRO COS- und dem IMPTitel prägen ließ. Der IMPTitel symbolisiert sein in den Komitien für den Partherkonflikt verliehenes Kommando. Die ersten Münzen datieren Ende 57 noch vor Beginn seiner Statthalterschaft. Aus einem Brief Ciceros (fam. I 9, 9) geht hervor, dass Spinther 54 nach einem Sieg akklamiert wurde, so dass er im Februar 50 triumphieren konnte. Auch für seine Nachfolger Ap. Claudius Pulcher und M. Tullius Cicero wurden von kilikischen Städten Kistophoren mit dem PRO COS- und dem IMPTitel geprägt. In seiner Korrespondenz ad familiares und ad Atticum führt Cicero bereits vor seiner Ankunft in Kilikien am 31. 7. 51 den PROCOS-Titel des Statthalters, das Kürzel IMP verwendet Cicero im Präskript der Briefe, die er nach seiner Akklamation im Amanusgebirge im Oktober 51 schrieb. Es symbolisiert im Gegensatz zum Kürzel IMP auf den Münzen keinen Kommando-, sondern einen Siegesti472

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tel. Cicero verdankte ihn nicht seinem militärischen Können, sondern seinem Bruder Quintus, unter dessen Führung die für einen Triumph notwendige Zahl an Feinden niedergemetztelt wurde. Bemerkenswertes geleistet hat der militärisch unerfahrene Cicero nicht als General, sondern als vir rerum civilium peritus, der die ihm von Ap. Pulcher in einem zerrütteten Zustand hinterlassene Provinz durch eine gute und gerechte Verwaltung sanierte. Er bekämpfte als Statthalter die Korruption der Beamten in griechischen Gemeinden und unterband die riesigen Unterschlagungen durch eine schärfere Kontrolle der Abrechnungen. Nachdem im Sommer 50 die Furcht vor einer Invasion der Parther ausgestanden war, konnte Cicero beruhigt die Heimreise antreten. Er behielt nach seiner Rückkehr Anfang 49 den IMPTitel bis zum April, weil der Konsul L. Cornelius Lentulus Crus in der Senatssitzung am 7. 1. 49 die Entscheidung, ob ihm ein Triumph bewilligt wird, verschob. Auch Caesar verwendet den IMPTitel noch im April 49, weil er sein gallisches Kommando nicht ordnungsgemäß beendet, sondern in der Nacht vom 10. auf 11. Januar als Usurpator den Grenzfluss Rubico überschritten und damit den Bürgerkrieg ausgelöst hatte. Die Leistung, die er mit der Unterwerfung ganz Galliens in acht Jahren vollbrachte, ist weltgeschichtlich die bedeutendste nach der Alexanders des Großen, der das von ihm geschaffene Reich hellenisiert hat. Sie spricht Caesar aber nicht frei von dem Vorwurf des Völkermords, selbst wenn die überlieferten Zahlen in Millionenhöhe übertrieben scheinen. Seine in Tagebuchform verfassten Commentarii de bello Gallico sind die einzige vollständig erhaltene Primärquelle, die aus der Feder des Feldherrn selbst stammt. Die zahlreichen eingeflochtenen Reden der gallischen Fürsten und Kommandierenden hat Caesar frei erfunden. Sie stehen in der historiographischen Tradition, das heißt, dass sie zur Ausschmückung und zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit dienen. Die Commentarii fügen sich in den Rahmen einer Propagandaschrift, die die historische Wahrheit raffiniert entstellte. Nichts desto weniger hat Caesar Gallien nicht, wie ihm vielfach unterstellt, zur Provinz gemacht, denn er ließ die bestehenden Strukturen unangetastet, indem er den Fürsten der Gaue ihre Rechte beließ. Im Bürgerkrieg gegen die Pompeianer übte Caesar die Herrschaft als Diktator mit Hilfe von Legaten aus, die nicht vom Senat ensandt wurden und deshalb nicht mit magistratischen Funktionen, sondern als Unterfeldherren mit dem Imperatortitel belegt sind. Außer den Konsularen Cn. Domitius Calvinus und P. Vatinius waren es Prätoren, die ein vom konsularen Imperium Caesars abgeleitetes prokonsulares Imperium hatten, als einer der Ersten der spätere Triumvir M. Aemilius Lepidus (pr. 49). 473

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Analog zu den Konsuln erscheinen Prätoren mit prorogiertem Imperium in der Literatur und in den Triumphalfasten als Promagistrate, d. h. als Proprätoren, dementsprechend Sex. Peducaeus (pr. 76) im zweiten Amtsjahr in Sizilien als ἀντιστράτηγος. Münzen, die C. Fannius (pr. 54) 49/48 als Statthalter in Asia mit dem Kürzel PR prägte, beweisen jedoch, dass ein Prätor gemäß der lex Pompeia de provinciis seine Funktion nach einem fünfjährigen Intervall behielt, auch wenn er umgangssprachlich propraetor genannt wurde (vgl. Ciceros Briefe fam. XIII 53–56 an den ‚Proprätor‘ Q. Mincuius Thermus). Als einziger namhafter Unterfeldherr Caesars ist Q. Fufius Calenus nicht als Imperator, sondern als leg. pro pr. belegt, und zwar deshalb, weil Calenus 59, d. h. vor der Diktatur Caesars, Prätor gewesen war. Laut dem Bellum Alexandrinum fungierte der spätere Triumvir M. Aemilius Lepidus 48/47 in Spanien als proconsul, er ist aber in Africa mit dem dreifachen IMPTitel belegt. Daraus ist zu schließen, dass er 48/47 das erste Kommando in Spanien unter Caesar entgegen dem Bellum Alexandrinum als Imperator führte. Ein Vergleich der in Rom und in den Provinzen geprägten Münzen Caesars ergibt, dass nur die stadtrömischen seine Titulatur auf dem Avers aufweisen, wohingegen auf den in Gallien und Spanien emittierten der Name CAESAR auf dem Revers steht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Diktator ein konsulares Imperium hatte, mit dem er das Provinzkommando nicht gesondert benennen konnte. Der einfache IMPTitel, der vor COS ITER auf dem Avers von Anfang 48 in Rom geprägten Münzen Caesars steht, kann nur das Kommando in Gallien bezeichnen, denn es ist das einzige, das er Ende 59 als Konsul in Rom erhielt. Der einfache IMPTitel Caesars muss auf einer popularen Akklamation in Rom basieren. 46 erhöhte Caesar die Zahl der Senatoren von 600 auf 900. Aus ihnen rekrutierte er seine Legaten, die zum Großteil homines novi waren. Beim Tod des Diktators war das Reich eingeteilt einerseits in befriedete Provinzen, die von Prokonsuln konsularen Ranges und Prätoren geleitet wurden, nämlich im Westen Africa, Sizilien, Sardinien und ab 45 die beiden Spanien, im Osten Kreta-Kyrene, Asia, Makedonien und das nach Pharsalos abgetrennte Achaia. Andererseits gab es die gefährdeten Provinzen, in denen nach wie vor Unterfeldherren Caesars als Imperatoren fungierten; dazu gehörten Gallia Cis- und Transalpina samt Illyrien, Bithynien-Pontos und Syrien. Zwei Passagen bei Cassius Dio (XLIII 44, 2, LII 41, 3) ist zu entnehmen, dass Caesar und sein Adoptivsohn Octavian infolge von Kriegen ak474

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klamiert wurden. Sie verdeutlichen, dass das Konzept Dios auf Livius basiert, demzufolge die republikanischen Feldherren im Amtsjahr militiae als Magistrate fungierten. Nach derselben Systematik soll Caesar, obwohl er sich im bellum Gallicum immer nur imperator nennt, 58 in Gallien eine Rede als ἀνθύπατος gehalten haben (XXXXVIII 43, 3). Da der kaiserzeitliche Geschichtsschreiber nicht wusste, dass Caesar den Imperatortitel vor seinem Aufbruch Ende 59 durch einer Akklamation des römischen Volkes erlangte, schrieb er ihn seinen Kriegstaten, d. h. militärischen Akklamationen im Feld, zu. Anfang 44 ließ der Diktator Denare prägen, auf deren Avers sein bekränzter Kopf – das erste Porträt eines Machthabers auf Münzen – mit den Legenden CAESAR DICT QVART bzw. CAESAR IMP abgebildet ist. Für die These, dass der IMPTitel des Diktators nicht als Kommando-, sondern als Herrschertitel zu interpretieren ist, spricht der Titel maximus imperator, den das Volk von Vibo Valentia 46 seinem Patron, dem Pontifex Caesar, durch ein S C vermutlich bei einer Weihehandlung verliehen hat (AE 1967, 107). Als Haupterbe seines Großonkels konnte sich der junge Octavian Caesar divi filius nennen. Er warb nach eigener Aussage (R. G. 1) mit 19 Jahren, d. h. 44, als Privatmann aus eigenen Mitteln Soldaten an, zog als den Konsuln Hirtius und Pansa unterstellter Proprätor nach Gallia Cisalpina, wo das Senatsheer bei Mutina am 16. 4. 43 den vom Senat geächteten M. Antonius besiegte, sodass der junge Caesar zum ersten Mal den Ehrentitel imperator erhielt. Nach dem Tod der beiden Konsuln in der Schlacht schätzte er die Machtverhältnisse richtig ein und vollzog in seiner Politik eine totale Kehrtwendung. Im August 43 erzwang er in Rom mit seinem Heer das Konsulat und schloss sich dann den seit Mai in Gallien vereinigten Heeren des M. Antonius und M. Aemilius Lepidus an. Noch vor Abschluss des Triumvirats im November in Bononia prägte er Münzen als C CAESAR IMP, die mit den Legenden seiner Verbündeten M ANTON IMP und M LEPID IMP vergleichbar sind. Es ist anzunehmen, dass der einfache IMPTitel Octavians eine populare Akklamation im August 43 nach seiner Wahl zum Konsul widerspiegelt. Durch den Vertrag von Bononia im November 43 sicherten sich die Triumvirn ein konsulähnliches Imperium zu, das sie wie Caesar sein konsulares von Rom aus ausübten. Antonius und Octavian konnten nur die Westhälfte des Reiches unter sich aufteilen, weil Brutus und Cassius den griechischen Osten beherrschten. Die den Triumvirn unterstellten Unterfeldherren hatten keine eigenen Auspizien, führten aber das Kommando analog zu den Legaten Caesars 475

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als Imperatoren. Der IMPTitel ist allerdings bis zum Vertrag von Brundisium nur im Bereich domi für Q. Salvidienus Rufus auf stadtrömischen Münzen und auf Schleuderbleien nachweisbar, sowie für T. Sextius in einer Inschrift aus Formiae. Führte ein Unterfeldherr kein Kommando, sondern erledigte für seinen Vorgesetzten eine nicht-militärische Aufgabe, wie die Ansiedlung von Veteranen, so fungierte er nicht als Imperator. Deshalb steht auf Münzen des Antonius, die L. Munatius Plancus (cos. 42) im Jahr 41 in Beneventum prägte, der Titel PRO COS im Sinn einer vom Triumvir erteilten Promagistratur. Den Konflikt mit den enteigneten Landbesitzern konnte der ihre Interessen verteidigende Konsul Lucius Antonius im Perusinischen Krieg nicht gewinnen, weil er sich teilweise auf die Truppen seines Bruders Marcus stützen musste. Während die beiden Triumvirn Antonius und Octavian im Osten gegen die Caesarmörder Krieg führten, herrschte 42 in Rom ihr Amtskollege M. Aemilius Lepidus als consul iterum. Er wurde zwar nach deren Sieg bei Philippi wegen mangelnder Zuverlässigkeit entmachtet, 40 aber auf Betreiben Octavians rehabilitiert und von ihm mit der Provinz Africa abgefunden. Das Porträt der beiden Triumvirn ist auf in Karthago wahrscheinlich vor dem Vertrag von Brundisium geprägten Münzen ohne Titulatur abgebildet, weil sie analog zu Caesar das Provinzkommando aufgrund ihres konsulähnliches Imperiums nicht gesondert benennen konnten. M. Antonius erhielt im Vertrag von Bononia (Nov. 43) bei der Aufteilung des Westreiches Gallien und das nördliche Spanien, riesige Gebiete, die sein Legat Fufius Calenus mit elf Legionen beherrschte, bis sie Octavian nach dessen Tod im Frühjahr 40 handstreichartig in Besitz nahm. Antonius entschädigte sich im griechischen Osten, wo er sich 41 auf seinem königlichen Zug durch Kleinasien nach Syrien huldigen ließ. In diese Provinz fiel Anfang 40 der Partherprinz Pakoros mit einem großen Heer ein, eroberte ganz Syrien mit Ausnahme von Tyros und zog weiter nach Judaea. Einen Teil des Partherheeres führte der von den Römern abgefallene Q. Labienus: er besiegte den von Antonius in Syrien zurückgelassenen Legaten L. Decidius Saxa, zog im März weiter nach Kilikien und eroberte fast alle Städte der Provinz Asia. In Ephesos ließ er vermutlich als Demonstration seiner Macht Gold- und Silbermünzen mit der Legende Q LABIENVS PARTHICVS IMP prägen. Seinen Vormarsch stoppte in Mylasa L. Munatius Plancus, der von Antonius unmittelbar nach dem im Herbst 40 geschlossenen Vertrag von Brundisium nach Asia entsandt worden war, um Labienus zu bekämpfen. Aus Kleinasien vertrieben hat den abtrünnigen Römer der aus Syrien kommende P. Ventidius Bassus. Vergleicht man Bronzen, die nach Philippi mit dem Kürzel AICP sowie vermutlich in der 476

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ersten Hälfte 40 im nicht von Q. Labienus besetzten Teil der Provinz Asia mit ANTONIVS IMP (Av.) und ATRATINVS AVGVR (Rv.) geschlagen wurden, mit der Flottenprägung von Ende 38, so stellt man einen erheblichen Wandel in der Titulatur des Antonius fest, denn der Avers zeigt das Porträt und die volle Titulatur des Triumvirn, auf dem Revers der in Athen hergestellten Serien steht L ATRATINVS AVGVR COS DES. Daraus folgt, dass Antonius seit dem Vertrag von Brundisium für die von ihm beherrschte Osthälfte des Reiches ein prokonsulares Imperium hatte, das maius im Verhältnis zu dem seines Legaten war, der als designierter Konsul ebenfalls ein prokonsulares Imperium hatte. Da andererseits Octavian die Westhälfte des Reiches nach Brundisium unverändert mit einem prokonsulähnlichen Imperium von Rom aus beherrschte, stehen seine triumvirale Titulatur samt seinem Porträt nur auf dem Avers von stadtrömischen Prägungen, auf den in Spanien in den 30erJahren hergestellten Emissionen fehlen die Titulatur und das Porträt Octavians. Auf dem Avers ist der iberische Herkules bzw. der Kopf der Concordia abgebildet, auf dem Revers stehen die Namen seiner Statthalter mit dem IMPTitel. Bemerkenswert ist die Emission, die L. Pinarius Scarpus nach dem Sieg bei Actium in Kyrene herstellen ließ. Auf dem Avers rahmt die raffiniert ineinander verschlungene Legende IMP CAESARI SCARPVS IMP die zur Versöhnung ausgestreckte offene Hand des Scarpus; sie wird auf dem Revers fortgesetzt wird mit DIVI F(ILIO) AVG(VR) PONTI(FEX); die Victoria auf dem Globus symbolisiert den weltumspannenden Sieg bei Actium. Das Fundament der kaiserlichen Macht wurde erst Mitte 23 gelegt, als der Princeps Augustus das imperium proconsulare maius und die tribunicia potestas auf Lebenszeit erhielt. Dies zeigen aus diesem Anlass in Spanien geprägte Münzen mit dem Porträt und der Titulatur CAESAR AVGVS TR POTEST auf dem Avers und dem Namen P CARISIVS LEG PRO PR, der als erster Statthalter des Augustus auf dem Revers erscheint. Was die Unterfeldherren Octavians betrifft, so waren die bedeutendsten die homines novi M. Vipsanius Agrippa und T. Statilius Taurus. Da Agrippa das Kommando in den Bürgerkriegen gegen Sextus Pompeius bei Naulochos und gegen Antonius bei Actium offiziell nicht als Imperator führte, ist sein Titel kaum nachweisbar. Er steht zum einen auf dem Revers von Bronzen, die aus dem Flottenstützpunkt Lipara stammen, der Avers zeigt das namenlose Portät Agrippas und IMP auf dem Revers. Zum anderen erscheint Agrippas IMPTitel in der Form αὐτοκράτωρ in einer Ehrung auf der jonischen Insel Korkyra, die im Kampf gegen Antonius als Kriegshafen diente. Der IMPTitel des Statilius Taurus ist bisher nicht nachweis477

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bar; sein Name steht ohne Titel in einer Gründunginschrift im Genitiv als Vorgesetzter eines Präfekten, der 30 nach der Entmilitarisierung der Provinz bei Dyrrrhachium eine Veteranenkolonie deduzierte. Als Alleinherrscher erweiterte Octavian bis Anfang 27 den römischen Einflussbereich erheblich, indem er im Westen die beiden Unterfeldherren L. Sempronius Atratinus und L. Cornelius Balbus, der durch eine Ehrung im spanischen Norba Caesarina als Imperator belegt ist, weit ins Innere Nordafrikas bis zum Dreiländereck (Algerien, Tunesien, Lybien) vordringen ließ. Einen noch größeren Aktionsradius hatte im Osten der Imperator M. Licinius Crassus, der von 29 bis 27 ausgedehnte Balkanfeldzüge unternahm und nach dem Triumph im Sommer 27 nach Makedonien zurückkehrte, wo er das Kommando als Prokonsul führte, weil die Provinz im Rahmen der Neuordnung dem Senat zugeteilt worden war. In seiner Ehrung in Athen auf der Akropolis stehen die Titel ἀνθύπατος καὶ αὐτοκράτωρ in zeitlich umgekehrter Reihenfolge für die beiden Kommanden, die er vor und nach der Rückgabe des Reiches an den Staat in Makedonien innnehatte. Der Titel ἀνθύπατος beweist, dass Crassus das Prokonsulat in dieser Provinz verwaltete, weil die Ehrung in Athen verfasst wurde. Die beim Tod Caesars bestehende Aufteilung in befriedete Provinzen und proviniciae militares nahm Augustus Anfang 27 zum Vorbild für seine Neuordnung, nach der das Reich fortan einerseits aus senatorischen Provinzen (provinciae populi Romani) bestand, und andererseits aus dem Princeps unterstellten, militärisch bedeutsamen Provinzen und unterworfenen Gebieten an den Grenzen des Reiches. a) Übersicht über die Funktionen der Ober- und Unterkommandierenden 1. Konsul: Der Titel steht im Amtsbereich domi, d. h. in Rom, in Italien und in den Provinzen, z. B. in der Beuteweihinschrift des M. Claudius Marcellus consol /​ Hinnad cepit in Rom. In Bezug auf die Provinzen steht COS auf den Meilensteinen des M. Aemilius Lepidus (cos. 187) in Italien und Gallia Cisalpina, des L. Aurelius Cotta (cos. 144) in Sizilien und des M’. Aquillius (cos. 129) in Asia. Der griechische Titel στρατηγὸς ὕπατος entspricht auf diesen Meilensteinen dem COSTitel. Da Aquilllius in einer provincia consularis tätig war, konnte er länger als ein Jahr als Konsul amtieren. In mehreren Dokumenten, die sich auf den griechischen Osten beziehen, bezeichnet der Terminus στρατηγὸς ὕπατος den in Rom amtierenden Konsul.

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2. Imperator: Vom 2. Punischen Krieg bis zur Diktatur Caesars ist der IMPTitel für die Oberkommandierenden im Kriegsrechtsbereich militiae durch zahlreiche Inschriften belegt, von 48 bis 27 tragen den IMPTitel auch die Unterkommandierenden Caesars und der Triumvirn. Im Griechischen entspricht dem imperator auch der Terminus στρατηγὸς ὕπατος (s. o.). Der nach der Reform Sullas nicht mehr zeitgemäße Titel wurde durch αὐτοκράτωρ ersetzt. 3. Prokonsul: Der Titel pro cos. steht auf Meilensteinen in den Provinzen Hispania Citerior, Gallia Cisalpina und Macedonia, die aus der 2. Hälfte des 2. Jh. v. Chr. datieren; er bezeichnet den (pr.) pro cos, der als Statthalter amtierte. Das griechische Pendant lautet ἀνθύπατος. Unter Sulla führte der Prätor C. Annius in den beiden spanischen Provinzen das Kommando gegen Sertorius seiner Funktion gemäß als Prokonsul im Sinn eines pr. pro cos. (RRC 366). Seit der Provinzialreform Sullas wurden in militärisch bedeutsamen östlichen Provinzen wie Makedonien, Kilikien und Syrien, den sogenannten provinciae consulares, Konsulare als Prokonsuln statt Prätoren entsandt. Sie fungierten als Promagistrate, weil sie ein vom Konsulat getrenntes Amt hatten. Als erster Statthalter in Makedonien ist Cn. Cornelius Dolabella (cos. 81) in einem Schreiben an Thasos als ἀνθύπατος belegt. Da er triumphierte, ist daraus zu schließen, dass er militiae ein Kommando als Imperator geführt hat. Um die Prätoren von den Prokonsuln konsularen Ranges zu unterscheiden, trugen sie seit Sulla den Titel pr. pro cos. Der Titel PRO COS konnte nach Sulla auch den consul designatus bezeichnen, z. B. Pompeius (cos. 70) im Jahr 71 auf stadtrömischen Münzen (RRC 402). 4. Prätor: Da der Straßenbau im 2. Jh. v. Chr. den Konsuln oblag, kommt der Titel pr. außerhalb Roms nur auf dem Meilenstein des T. Annius (pr. 131) in Süditalien vor; er vertrat die beiden unabkömmlichen Konsuln. 5. Proprätor: Der Titel erscheint inschriftlich außer in den Triumphalfasten nur einmal in der Form ἂντιστράτηγος in der Ehrung des Sex. Peducaeus, der 76/75 in Sizilien als Statthalter amtierte. Seine Funktion bezeichnet keine Promagistratur, sondern den Prätor, der für das Jahr 75 ein prorogiertes Imperium hatte. 6. Legatus pro praetore: Der einem Oberkommandierenden unterstellte Legat hatte zur Kriegführung ein proprätorisches Imperium. Seine Funktion 479

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wurde mit pro pr. abgekürzt. Als Erster ist im 1. Piratenkrieg durch ein Gedicht ein Legat des Prätors M. Antonius (cos. 98) inschriftlich belegt. b) Übersicht über die Provinzen 1. Sizilien und Sardinien Gründungsdatum: 227 v. Chr. (Solin 5, 1) Ap. Claudius Caudex (cos. 264), der den 1. Punischen Krieg in Sizilien eröffnete, war entgegen Gellius wahrscheinlich nicht der Bruder des Ap. Claudius Caecus (cos. 307, 305), sondern dessen ältester Sohn. Das Königreich des mit Rom seit 263/2 verbündeten Hieron II. endete mit dem Fall von Syrakus i. J. 212. 2. Gallia Cisalpina / Illyrien Gründungsdatum: ca. 205 v. Chr. (Liv. XXVIII 38, 13: Ariminium ita Galliam Galliam appellabant.). Der Meilenstein des Konsuls M. Aemilius Lepidus beweist, dass Gallia Cisalpina 187 provincia p. R. war. 172 kam die Transpadana hinzu (Liv. XLII 22, 5). 148 war Ligurien Provinz. Die Provinz Gallia Cisalpina wurde im Herbst 42 v. Chr. gemäß den Vereinbarungen von Philippi mit dem Mutterland Italien vereinigt (App. BC V 3, 12; Dio XLVIII 12, 5). Das bis 42 an Gallia Cisalpina angegliederte Illyrien gehörte bis 27 v. Chr. zur Provinz Gallia Transalpina und wurde dann selbstständige provincia p. R. (Dio LIII 12, 4). 3. Africa Gründung der Provinz: 146 nach dem Fall Karthagos durch P. Cornelius Scipio Aemilianus (cos. 147) zusammen mit einer 10-Männer-Kommission (App. Lib. 135; Rufius Festus, Brev. Kap. 4). Im Krieg gegen den Numider Jugurtha (107/6) nennt Sallust (Jug. 102, 1–103, 4) den Oberkammandierenden C. Marius im Gegensatz zu seinen Vorgängern nicht imperator, sondern consul. Da Marius das Kommando in Numidien, d. h. im Kriegsrechtsbereich militiae, nicht als Konsul geführt haben kann, muss er in dieser Funktion die Provinz Africa als provincia consularis genutzt haben. Die Fasten der Provinz am Ende der 30er bis zur Mitte der 20er Jahre v. Chr. lassen sich wie folgt ergänzen: L. Sempronius Atratinus (cos. 34): Imperator in Nordafrika: ca. Herbst 31–Herbst 30.

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? Erster Prokonsul 27/26 in der neu gegründeten provincia Africa proconsularis. L. Cornelius Balbus (cos. 32): Imperator in Nordafrika (AE 1962, 71): ca. Herbst 30–spätestens Mitte 27 ? Prokonsul 25/24 in der prov. Africa proconsularis nach M. Acilius Glabrio. 4. Macedonia – Achaia In den drei Makedonischen Kriegen (214–168) führten das Kommando im Königreich Makedonien, das provincia militaris war, Imperatoren konsularen Ranges mit dem Titel στρατηγὸς ὔπατος. 148–146 unterwarf Q. Caecilius Metellus (pr. 148) Makedonien als Imperator prätorischen Ranges (στρατηγὸς ἀνθύπατος) und machte es Anfang 143 in Rom als Konsul (I. Olympia 325) zur Provinz. L. Mummius (cos. 146) unterwarf Achaia und machte es 145 zur Provinz; 143 wurde es an Makedonien angeschlossen. Im 1. Piratenkrieg (102–100) nutzte der ἀνθύπατος (= pr. pro cos.) C. Memmius (pr. 103) die Provinz Makedonien als Stützpunkt für seinen Feldzug vermutlich im Gebiet des Hellespont, den er als Imperator führte. Dies bezeugen eine fragmentarische Ehrung seines Sohnes (AE 2000, 726) und Münzen seines Enkels (RRC Nr. 427, 2). Auf C. Memmius folgten 101 die praetores pro cos. T. Didius (cos. 98) und 100 der bisher nicht identifizierte P. Licinius Crassus (cos. 97); sie waren in Ostthrakien ebenfalls als Imperatoren tätig. Der Römer C. Cornelius, den der Imperator M. Terentius Varro Licinius Lucullus (cos. 73), der Bruder des großen Feldherrn, laut einer Inschrift auf seinem Donaufeldzug im Winter 72 auf 71 in Mesembria (Thrakien) als Stadtpräfekt einsetzte, ist wohl identisch mit dem gleichnamigen Volkstribun von 67, der Pompeius in Spanien ab 75 nach dem Tod des C. Memmius (Sohn des Imperators: s. o.) als Quästor gedient hatte. Caesar trennte 48 nach seinem Sieg über Pompeius Achaia von Makedonien ab. Von 40 bis 38 beherrschte beide Provinzen ein Unterfeldherr des Trium­virn M. Antonius, der sie im Herbst 38 im Hinblick auf seinen geplanten Partherfeldzug entmilitarisierte. Statthalter waren 38–31 Legaten des Antonius mit dem IMPTitel, nach Actium unter Octavian T. Statilius Taurus (cos. 37), gefolgt von M. Licinius Crassus (cos. 30), der zum einen Imperator (αὐτοκράτωρ) in Makedonien und Achaia (Balkanfeldzüge Ende 30 bis ca. Mitte 27) war und zum anderen Prokonsul (ἀνθύπατος) in Makedonien von ca. Herbst 27 bis ca. Sommer 24. 481

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5. Asia Nach dem Friedensvertrag von Apameia 188 v. Chr. griff Rom dauerhaft in die Herrschaftsverhältnisse in Kleinasien ein, indem es den Seleukiden Antiochos III. hinter den Taurus zurückdrängte und das pergamenische Königshaus in den Rang einer nur scheinbar, weil vollständig von Rom abhängigen Großmacht erhob. Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Rom und Pergamon mündeten schließlich 133 in das Testament des letzten Attaliden, Attalos III., zu Gunsten Roms. Als dessen illegitimer Sohn Aristonikos unter dem Namen Eumenes III. Anspruch auf das Königreich Pergamon erhob, wurde er von P. Licinius Crassus (cos. 131), M. Perperna (cos. 130) und M’. Aquillius (cos. 129) bekämpft und besiegt. Letzterer richtete in seinem Konsulatsjahr die Provinz Asia ein und legte bis 126 ein ausgedehntes Straßennetz an. Asia hatte den Status einer provincia consularis. Das heißt, dass der Konsul über sein Amtsjahr hinaus seine Funktion behielt, wie die von ihm in vier Jahren errichteten Meilensteine mit dem Formular cos. /​ στρατηγὸς ὔπατος zeigen. Die Verwaltung besorgten nacheinander drei ihm unterstellte Legaten. Ab 122 amtierte in Asia regulär ein pr. pro cos. als Statthalter. Im 1. Piratenkrieg nutzte M. Antonius (pr. 103) als pr. pro cos. (στρατηγὸς ἀνθύπατος) die Provinz Asia als Stützpunkt zur Unterwerfung Kilikiens; er führte das Kommando militiae als Imperator prätorischen Ranges (στρατηγὸς ἀνθύπατος). Während der Feldzüge des Lucullus war Asia bis 68 provincia consularis, es folgten Prätoren als Statthalter, die auch während der Feldzüge des Pompeius in Kleinasien vom Senat entsandt wurden. Ende 44 zog der Konsul P. Cornelius Dolabella als Imperator durch die Provinz Asia nach Syrien, um gegen die Parther zu kämpfen, wurde aber im Sommer 43 von C. Cassius belagert und zum Selbstmord gezwungen. M. Iunius Brutus (pr. 44), der von Caesar zum Konsul für 41 designiert worden war, amtierte 43/42 in der Provinz Asia als Prokonsul. Das Kommando führte er als Imperator, weil er im Februar 43 auf den Antrag Ciceros hin vom Senat ein imperium maius erhalten hatte, das ihm im griechischen Osten eine übergeordnete Sellung gegenüber den Provinzgouverneuren zusicherte. Nach dem Sieg der Triumvirn über die Caesarmörder Brutus und Cassius bei Philippi im Herbst 42 nahm M. Antonius in einem Feldzug den ganzen griechischen Osten in Besitz und ließ in Asia im Sommer 41 T. Munatius Plancus Bursa als leg. pro pr. zurück. Dieser musste vor dem von Q. Labienus geführten Partherheer auf eine Insel in Ionien fliehen. Nach Abschluss des im Herbst 40 geschlossenen Vertags von Brundisium setzte der 482

Schluss: Zusammenfassung der Ergebnisse

Triumvir M. Antonius in Asia Imperatoren gegen die Parther ein. Nach dem Sieg des P. Ventidius Bassus über Q. Labienus zogen die Parther im Sommer 39 aus Kleinasien ab, sodass Antonius im Herbst 38 die Provinz gleichzeitig mit Makedonien entmilitarisierte und bis zu seiner Niederlage bei Actium durch legati pro pr. verwalten ließ. Octavian setzte dort bis zur Rückgabe an den Staat Mitte 28 zwei Ritter als Statthalter ein. In der neu gegründeten provincia proconsularis amtierten Prokonsuln konsularen Ranges, als erster 28/27 L. Aemilius Lepidus Paullus (cos. 34). 6. Hispania Citerior und Ulterior Hispania Citerior und Ulterior wurden nicht bereits 197 als provinciae p. R. eingerichtet: nach Livius (XXXII 28, 6) wurden damals zwei Prätorenstellen geschaffen, das heißt, dass Nord- und Südspanien provinciae praetoriae im Sinn von ‚Aufgabengebiete des Prätors‘ waren (vgl. Liv. XXVIII 38, 13). Dass Hispania Citerior und Ulterior noch nicht als provinciae p. R. existierten, beweist das 191 in Südspanien erlassene Edikt des L. Aemilius Paullus, der militiae entgegen Livius (XXXVII 46, 7) nicht als (pr.) pro cos., sondern als imperator fungierte. Die Gründung der beiden Provinzen erfolgte erst 133 nach deren vollständiger Unterwerfung (Appian, Iber. 99; Festus Brev. 3). Als erste Statthalter sind in Hispania Citerior um 110 v. Chr. auf Meilensteinen zwei praetores pro cos. mit dem Titel PRO COS belegt. 7. Gallia Narbonensis Auf einem Meilenstein des Cn. Domitius Cn. f. Ahenobarbus (cos. 122) an der nach ihm benannten via Domitia steht nach dem Namen imperator XX. Das heißt, dass er die Straße ca. 120 im Feindesland erbaut hat. 118 wurde die Kolonie Narbo Martius nach Münzen (RRC 282) als Keimzelle der Provinz Gallia Narbonensis gegründet. Dass Gallia Narbonensis 104/3 Provinz war, beweist der Bau der fossa Mariana im 3. und 4. Konsulat des C. Marius (Plut. Mar. 16, 8): der Konsul war im Amtsbereich domi tätig, das heißt, dass Gallia Narbonenis provincia p. R. war. 8. Kilikien Kilikien hatte im 1. Piratenkrieg (102–100), als es von M. Antonius (pr. 103) unterworfen wurde, den Status einer provincia militaris (ἐπαρχεία στρατηγική). 99 wurde Kilikien in seinem Konsulat Provinz. Als erster Statthalter ist L. Cornelius Sulla (pr. 97) überliefert, der Kilikien als pr. pro cos. verwaltete. Auf ihn folgte wahrscheinlich 93 L. Gellius Poplicola (pr. 94).

483

Schluss: Zusammenfassung der Ergebnisse

Von 78 bis 63 war Kilikien provincia consularis: P. Servilius Isauricus (cos. 79) erweiterte die Provinz von 78 bis 74 als Imperator um pamphylische und kilikische Küstengebiete am Golf von Attaleia und drang ins Innere Kleinasiens vor, von 66 bis 63 beherrschte Pompeius die Provinz als Aufmarschgebiet gegen Mithridates. Im Konfliikt und Krieg mit den Parthern (56–50) war Kilikien ein zweites Mal provincia consularis. Die Statthalter waren Konsulare wie Cicero, die in der Provinz als Prokonsuln amtierten und das Kommando militiae als Imperatoren führten. 9. Kreta-Kyrene Das Königsland (agrii regii) des an der Syrte gelegenen Königreichs Kyrene wurde 92 aufgrund des Testaments des Ptolemaios Apion in Rom durch den Konsul C. Claudius Pulcher annektiert. 75 wurde Kyrene Provinz. Die Insel Kreta wurde von Q. Caecilius Metellus (cos. 69) unterworfen. Im Flottenstützpunkt Knosos ließ sein Legat L. Aemilius Lepidus Paullus (cos. 50) 68/67 Kistophoren mit LEPIDVS PRO PR prägen. Mitte 66 machte Metellus Kreta zur Provinz. Noch im selben Jahr wurde die Insel mit Kyrene zur Doppelprovinz Creta-Cyrenae vereinigt (RPC I Nr. 904–906). Als Statthalter amtierten Proquästoren: 62 M. Iuventius Laterensis (q. 63), 42 unter Brutus P. Aemilius Lepidus (cos. 34). Er ließ als Proquästor 42 in Kreta und in Kyrene schlecht erhaltene Bronzen prägen, deren Legende PALEPID[I]VS PAF PROQ PR DES lautet. 27–24 amtierte der Quästor A. Pupius Rufus. 10. Bithynien-Pontos Nach dem Tod des Nikomedes IV. Anfang 74 wurde sein Königreich römische Provinz. Erster Statthalter war M. Iuncus (pr. 76). Er hatte ein prokonsulares Imperium, wie seine Funktion proconsul (Vell. II 42, 3) beweist. Im 3. Mithridatischen Krieg (74–63) erhielten Lucullus (cos. 74) und M. Aurelius Cotta (cos. 74) Asia und Bithyien als provinciae consulares; sie amtierten in den Provinzen als Prokonsuln, militiae führten sie das Kommando gegen Mithridates als Imperatoren. Von 66 bis 63 war Bithynien Pompeius als Aufmarschgebiet unterstellt, er machte das Königreich Pontos 63 zur Provinz und organisierte die Doppelprovinz Bithynien-Pontos. Einige Prätoren ohne prokonsulares Imperium prägten von 61 bis 47 in Bithynien Münzen nur mit ihrem Namen auf dem Revers. In der Literatur erscheinen sie als Proprätoren. Von Herbst 40 bis Ende 35 führte der Imperator Cn. Domitius Ahenobarbus ein Heer in Bithynien. 484

Schluss: Zusammenfassung der Ergebnisse

40/39 gab Antonius Pontos an Dareios, den Enkel des Mithridates VI., als Königreich zurück, 37/36 erhielt es Polemon, der Sohn des Rhetors Zenon von Laodikeia, und durfte es nach Actium behalten (Dio LIII 25, 1). Der erste Prokonsul 28/27 in Bithynien war Ap. Claudius Pulcher, der in der Kolonie Apameia prägte. 11. Syrien Nach der Niederlage des Antiochos III. in Kleinasien gegen die Römer und dem erniedrigenden Frieden von Apameia 188 ging das Seleukidenreich unaufhaltsam seiner Auflösung entgegen. Die Schwäche der Seleukiden verlockte um 93/92 die Parther, in das Land einzufallen (Jos. Ant. XIII 371). 83 entriss König Tigranes von Armenien den überlebenden Söhnen des Antiochos VIII. Grypos die Herrschaft über Syrien. Nach der Niederlage des Tigranes bei Tigranokerta im Jahr 69 huldigten die syrischen Dynasten sogleich dem siegreichen Lucullus. Antiochos XIII. wurde zwar von Lucullus als König anerkannt, aber in Wahrheit waren die Araber Herren im Land. Als Pompeius 64 den letzten syrischen König von Lucullus’ Gnaden für abgesetzt erklärte, entledigten sich die Araberhäuptlinge durch Mord ihres unbequemen Schützlings. Nachdem Pompeius das ihm seit 66 unterstellte Syrien im Frühjahr 64 von Kleinasien kommend erreicht und es 63 zur Provinz gemacht hatte (Plut. Pomp. 39, 3), ließ er dort 63 M. Aemilius Scaurus als proq. pro pr. (IGR III 1102) zurück, ehe er auf die Nachricht vom Tod des Mithridates hin in den Pontos zurückkehrte. Als pr. pro cos. amtierten 61–60 L. Marcius Philippus (pr. 62) und 59–58 Cn. Cornelius Lentulus Marcellinus (pr. 60). Es folgten die Imperatoren A. Gabinius 57–55 und M. Licinius Crassus 54–53, nach dessen Tod 53–51 der Quästor C. Cassius Longinus, 51–49 die Imperatoren M. Calpurnius Bibulus und Q. Caecilius Metellus Pius Scipio Nasica 49–48. Caesar setzte 47–46 Sex. Iul. Caesar als q. pro pr. ein, 46–45 Q. Cornificius (pr. 45) vermutlich als pr. pro cos. und 45–44 C. Antistius Vetus (pr. 38) als q. pro pr. Der Caesarmörder C. Cassius Longinus (pr. 44) amtierte 43/42 in Syrien als Prokonsul und führte das Kommando gegen P. Cornelius Dolabella (cos. 44) als Imperator. Antonius verwendete von 42 bis 40 in Syrien die Legaten Q. Curtius Salassus und L. Decius Saxa, von Herbst 40 bis Ende 37 führten das Kommando die Imperatoren P. Ventidus Bassus und C. Sosius, von 36 bis 34 hatte der Konsular L. Munatius Plancus als Generalgouverneur die Aufsicht über den gesamten Osten, von 34 bis 31 amtierten der designierte Prätor L. Calpurnius Bibulus als Flottenpräfekt und wahrscheinlich der Prätor 485

Schluss: Zusammenfassung der Ergebnisse

Q. Didius, der nach Actium zu Octavian überging. 30–29 verwaltete Syrien M. Valerius Messalla Corvinus (cos. 31) als Legat Octavians und ca. ab Mitte 29 bis 25 der schwache M. Tullius Cicero (cos. 30), der gleichnamige Sohn des Redners. 12. Aegypten Im Sommer 30 v. Chr. beendete der junge Caesar mit der Einnahme von Alexandria die Herrschaft der Ptolemäer und setzte nach dem Tod von Kleopatra VII. den Ritter C. Cornelius Gallus als praefectus Alexandreae et Aegypti ein. In Rom geprägte Aurei mit CAESAR DIVI F COS VII auf dem Avers und AEGYPT(O) auf dem Revers (RIC I Nr. 19) weisen darauf hin, dass die Annexion des Königreichs erst Anfang 27 v. Chr. rechtskräftig wurde. c) Homines novi Im 2. Jh. und in der ersten Hälfte des 1. Jh. v. Chr. gelangten nur wenige Senatoren, die keine Konsuln unter ihren Vorfahren hatten, zum Konsulat, wie Cato Censorinus, M’. Acilius Glabrio (cos. 191), L. Mummius (cos. 146), C. Marius (cos. VII 107–88), T. Didius (cos. 98) und M. Tullius Cicero (cos. 63). Caesar berief zahlreiche homines novi in den Stab seiner Generalität, nämlich C. Asinius Pollio, A. Hirtius, L. Munatius Plancus, P. Vatinius, T. Sextius und C. Fuficius Fango. Den älteren L. Cornelius Balbus, der aus einer phönikischen gens aus Gades stammte, machte er zu seinem Sekretär. Dem Ritter und Großbankier C. Rabirius Postumus verschaffte er 47 das Prokonsulat in Asia, obwohl dieser erst seit 49 dem Senat angehörte. Die Triumvirn M. Antonius und Octavian verwendeten zahlreiche homines novi als Unterfeldherren. Antonius unterstellt waren P. Ventidius Bassus, P. Canidius Crassus, C. Cocceius Balbus und der mit ihm verwandte M. Cocceius Nerva sowie M. Titius. Octavian dienten der berühmte Jurist P. Alfenus Varus, seine Jugendfreunde M. Vipsanius Agrippa und Q. Salvidienus Rufus, der sich nach einem kurzen steilen Aufstieg wegen Hochverrats das Leben nehmen musste, ferner T. Statilius Taurus, der jüngere L. Cornelius Balbus, der Neffe des älteren Balbus, C. Calvisius Sabinus, Q. Laronius und M. Nonius Gallus. Homines novi unter Caesar und den Triumvirn waren außer den oben genannten: A. Allienus, M. Aquinius, C. Carrinas (Vater von Sulla geächtet), L. Decidius Saxa, M. Eppius, Q. Fufius Calenus, M. Insteius, T. Labienus, T. Munatius Plancus Bursa, C. Norbanus Flaccus (Vater von Sul-

486

Schluss: Zusammenfassung der Ergebnisse

la geächtet), Q. Paquius Rufus, Q. Pedius, C. Sallustius Crispus, L. Staius Murcus, L. Tillius Cimber, C. Trebonius.

487

Personenregister 1. Römische Funktionsträger M’. Acilius Glabrio M’. Acilius Glabrio M’. Acilius Glabrio M’. Acilius Glabrio M’. Acilius Glabrio M. Acilius Glabrio L. Aemilius Lepidus Paullus L. Aemilius Lepidus Paullus

pr. vor 210 cos. 191 cos. 154 tr. pl. 122 cos.67 cos. 33 cos. 50 cos. 34

M. Aemilius Lepidus M. Aemilius Lepidus M. Aemilius Lepidus M. Aemilius Lepidus (Triumvir) M. Aemilius Lepidus Porcina Q. Aemilius Lepidus L. Aemilius Papus L. Aemilius Paullus L. Aemilius Paullus

cos. 187 tr. mil. 190/189 cos. 78 pr. 49, cos. 46, 42 cos. 137 cos. 21 pr. 205 cos. 219, II 216 pr. 191, cos. 182, II 168

L. Aemilius Regillus M. Aemilius Scaurus L. Afranius L. Albinius T. Albucius P. Alfenus Varus A. Allienus T. Ampius Balbus Q. Ancharius Ancius Marcius L. Anicius Gallus C. Annius Bellienus L. Annius Bellienus C. Annius (Luscus) T. Annius Rufus C. Antistius Vetus T. Antistius C. Antonius C. Antonius (Hybrida) L. Antonius

pr. 190 proq. pro pr. 63–61 cos. 60, leg. Pompei 55 – 49 civis Romanus 387 pr. ca. 105 cos. 39 pr. 49 pr. 59 pr. 56 (Maked. 55/54) etrusk. König pr. 168 leg. 75 pr. 106 pr. 81 ( ?) pr. 131, cos. 128 q. pro pr. 45/44, cos. 30 q. in Macedonia 50/49 pr. 44 cos. 63 cos. 41

129 128–132, 486 130 24 291, 318 439, 454 117, 169, 298, 378, 472, 484 298f., 378f., 418, 445/2372, 472, 481, 483f. 17, 120, 136f., 478, 480 136f. 279, 299, 470 41, 43, 346, 349f., 381–389, 390, 395, 428, 473ff. 198 298 103, 120/589 98, 113 27–33, 113–118. 157–171, 173, 180, 184, 190, 197, 223, 235, 284, 367, 461 22, 180/905 485 281, 343 60 86, 233 396, 409, 424–425, 486 42, 341, 346, 352, 362, 486 315/1635 349/1831 49, 426 157, 170 212 194/977 178, 260, 278, 479 20, 202, 467 440, 485 349/1831 306, 374 271, 304–306 31, 44/194, 149, 389–391, 394, 421, 438

489

Personenregister

M. Antonius (Creticus)

pr.75

M. Antonius

pr. 103, cos. 99

M. Antonius (Triumvir)

cos.44, II 34

L. Appuleius L. Appuleius Saturninus L. Appuleius Saturninus Sex. Appuleius C. Aquillius M’. Aquillius

IIvir quinqu. ca. 30 tr. pl. 99 pr. 59 cos.29 cos. 487 cos. 129

M’. Aquillius

cos. 101

M. Aquinus Arco Arruns C. Asinius Gallus Asinius Marrucinus C. Asinius Pollio

leg. 46–42 leg. 104 Sohn des Tarq. Collat. procos. Asia 6/5 v. C. Bruder des C. As. Poll. cos. 40

C. Atilius Regulus M. Atilius Regulus Sex. Atilius Serranus C. Atinius C. Atinius Labeo Macerio M. Atius Balbus P. Attius Varus Cn. Aufidius Aurelia Aurelius C. Aurelius Cotta L. Aurelius Cotta L. Aurelius Cotta L. Aurelius Cotta L. Aurelius Orestes M. Aurelius Cotta M. Aurelius Cotta

cos. 257, II 250 cos. 267, II 256 cos. 136 pr. 188 pr. 122 pr. 44 pr. 53 ? pr. ca. 107 Mutter Caesars leg. 44 cos. 75 cos. 144 pr. ca. 95 cos. 65 cos. 157 tresvir monetalis 139 cos. 74

M. Aurelius Scaurus L. Autronius Paetus P. Autronius Paetus A. Baebius C. Caecilius Q. Caecilius Bassus C. Caecilius Cornutus

cos. 108 cos. 33 cos. des. 66 praef. 168 s. C. Coelius Caldus dux 47 q. 57

490

39, 283–287, 296, 314/1630, 319f.,471 23, 30, 35f., 41f., 100/487, 226–228, 283, 304, 365 32, 43–45, 295, 312, 332, 341, 360–377, 379, 381–419, 421, 433, 440, 448, 453, 464, 482 446 217, 230, 274 306 429, 446 205 17ff., 23, 34, 127, 205–208, 210, 250, 462, 478, 482 107, 224–225, 241f., 245, 250, 281, 467 377, 486 213 52 409/2155 409 387, 396, 408–409, 413, 424, 439, 486 77, 82 77–82, 248/1281 121 116 18A, 207 393 351 18/20, 207 334 356 285, 292, 334 17, 107, 478 334 292, 303 173f. 292 283f., 288, 290, 292–294, 471, 484 211 435 285, 435 165f. 361 262/1362

Personenregister

M. Caecilius Cornutus C. Caecilius Metellus Capriarius L. Caecilius Metellus L. Caecilius Metellus Calvus Q. Caecilius Metellus Q. Caecilius Metellus Creticus Q. Caecilius Metellus Macedonic. Q. Caecilius Metellus Nepos Q. Caecilius Metellus Nepos Q. Caecilius Metellus Numidicus Q. Caecilius Metellus Pius Q. Caec. Metel. Pius Scipio Nasica L. Caecilius Rufus L. Caesius Calpurnia (Gattin Caesars) L. Calpurnius Bestia L. Calpurnius Bestia L. Calpurnius Bibulus M. Calpurnius Bibulus

praetorius 90/89 cos. 113

255/1311 81, 212–213, 294

cos. 251 cos. 142 cos. 206, leg. 185 cos. 69

81, 83, 85 120f. 172 294–299, 472, 484

pr. 148, cos. 143 cos. 98 cos. 57 cos. 109

29f., 32, 172–175, 184, 197, 220, 228, 233, 238, 274, 294, 462, 481 232, 267/1385 316 216, 271, 278

cos. 80 cos. 52

39, 278–279 23, 342, 344–345, 485

pr. 56 pr. 105 Heirat 59 cos. 111 tr. pl. 62 pr. 35 cos. 59 q. pro pr. 65 pro q. 49 cos. 148

262/1361 34, 221–223, 466 308 194, 217 433, 434/1306 402, 408, 485 325, 328, 330, 331–333, 422, 485 284 343 190

cos. 112

19, 318, 337

q. 100

308

cos. 58

308–318, 318, 320, 363, 383

Cn. Calpurnius Piso Cn. Calpurnius Piso L. Calpurnius Piso Caesoninus L. Calpurnius Piso Caesoninus L. Calpurnius Piso Caesoninus L. Calpurnius Piso Caesoninus L. Calpurnius Piso Caeson. Frugi C. Calvisius Sabinuus

cos. 133

74, 76, 201, 465,

cos. 39

P. Canidius Crassus C. Caninius Rebilus P. Carisius C. Carrinas C. Carrinas

cos. 40 cos. 45 leg. pro pr. 25 – 22 pr. 82 cos. 43

C. Cassius Q. Cassius C. Cassius Longinus

pr. 90 in Asia pr. 168 cos. 171

45, 361, 420, 423–424, 446, 486 410, 428, 486 358 45, 449f., 477 420 263, 387, 394, 420–421, 436, 486 241–246, 468 170 148, 150

491

Personenregister

C. Cassius Longinus C. Cassius Longinus

cos. 73 pr. 44, procos., imp. 43/42

L. Cassius Longinus L. Cassius Longinus Q. Cassius Longinus Q. Cassius Longinus C. Cassius Longinus Ravilla C. Cassius Parmensis L. Cincius Alimentus Appius Claudius (= Appius Clausus) C. Claudius Ap. Claudius Caecus Ap. Claudius Caudex Ap. Claudius Centho C. Claudius Marcellus C. Claudius Marcellus M. Claudius Marcellus M. Claudius Marcellus M. Claudius Marcellus M. Claudius Marcellus C. Claudius Nero C. Claudius Nero Ti. Claudius Nero Ti. Claudius Nero Ti. Claudius Nero Germanicus Ap. Claudius Pulcher Ap. Claudius Pulcher Ap. Claudius Pulcher Ap. Claudius Pulcher Ap. Claudius Pulcher Ap. Claudius Pulcher Ap. Claudius Pulcher minor C. Claudius Pulcher C. Claudius Pulcher P. Claudius Pulcher Cloatii fratres P. Clodius Pulcher C. Cocceius Balbus L. Cocceius Nerva M. Cocceius Nerva L. Coelius C. Coelius Caldus C. Coelius Caldus Cominius Pontius

cos. 107 leg. pro pr. 48 pr. 167 tr. pl. 49 pr. ca. 130, cos. 127 q. 43 pr. 210 Gründer der gens Claudia

322 322–323, 329, 332, 350, 361ff., 372, 373–379, 430, 472, 482, 485 337, 472 350 170 341, 350–351 203, 350 379 56, 106–107 53

tr. mil. 264 cens. 312, cos. 307, II 305 cos. 264 pr. 175 pr. 80 cos. 49 cos. 287 cos. 222, (215), 214, 210 cos. 196 cos. 51 pr. 212 pr. 81 cos. 202 pr. 178 cos. II 18 n. C., imp II

73/354 17, 66–68, 480 52, 72–74, 83, 480 154, 157 100/487, 262/1361, 470, 478 343 98 91/434, 96, 98–105, 123, 459 129 332 93f. 262/1361 109 148 453/2418

pr. 215, cos. 212 cos. 143 cos. 130 cos. 79 cos. 54 cos. 38 pro cos. in Bithynia 27 cos. 92 pr. 56 cos. 249 eq. R. 74/73 tr. pl. 58 cos. 39 leg. 40 praef. 41, cos. 36 leg. pro pr. 170 cos. 94 q. 50 civis Romanus 387

99, 101–103 261/1355 202, 265/1376 265–267, 269, 275, 470 40, 312, 314f., 324–325, 472 426–427 454, 485 233, 265, 484 426 83 285 271, 308, 318, 408 411–412, 434, 486 411, 413 388, 412–413, 486 151 36, 237, 239 331 59

492

Personenregister

C. Cornelius A. Cornelius Cossus A. Cornelius Mammula C. Cornelius Gallus Cn. Cornelius Dolabella Cn. Cornelius Dolabella

q. ab 75, praef. 71, tr. pl. 67 cos. oder dict. 428 pr. 215 praef. Aegypti 30 cos. 159 cos. 81

Cn. Cornelius Dolabella Cn. Cornelius Lentulus Cn. Cornelius Lentulus Cruscellio Cn. Cornelius Lentulus Marcellin. Cn. Cornelius Scipio Calvus Cn. Cornelius Scipio Hispanus L. Cornelius Balbus L. Cornelius Balbus

pr. 81 cos. 97 pr. ca. 43

273, 471 444/2365 84/411 448, 457 264 86, 261, 264–265, 281, 303, 470, 479 86, 260f., 232 393

pr. 59

315/1635, 485

cos. 222 tr. mil. 149

91–93 190

cos. 40 leg. pro pr. 40, cos. 32

L. Cornelius Cinna

cos. 87 – 84

L. Cornelius Lentulus L. Cornelius Lentulus L. Cornelius Lentulus Clodianus L. Cornelius Lentulus Crus L. Cornelius Scipio Asiagenus L. Cornelius Scipio Asiaticus L. Cornelius Scipio Barbatus L. Cornelius Sisenna L. Cornelius Sulla (Diktator)

cos. 130 pr. 89 cos. 72

46, 421f., 437, 486 46, 394f., 421f., 437–439, 478, 481,486 218, 249, 255/1311, 265, 278, 282 316 243, 257 305, 347/1817

cos. 49 cos. 190

316, 331, 437, 473 131–139

cos. 83 cos. 298 pr. 78 cos. 88, II 80

139 57A, 68–69 296f. 21, 36ff., 147, 218, 239, 240– 263, 264, 267, 278f., 282, 368, 418, 464, 467ff., 483 284, 288

P. Cornelius Cethegus P. Cornelius Dolabella P. Cornelius Dolabella P. Cornelius Lentulus Spinther P. Cornelius Lentulus Spinther P. Cornelius Lentulus Spinther P. Cornelius Scipio P. Cornelius Scipio Aemilianus P. Corn. Scipio (Sohn des Afric.)

tresvir monet. 88, 74 vermutlich Praetorier pr. 69 cos. 44 leg. 90

291/1519, 371 324, 362f., 371–372, 483 316

cos. 57

40, 315, 316–317, 331, 472

q. pro pr.

294

cos. 218 cos. 147, II 134

16, 91–93 33f., 116, 161, 171, 189–200, 201, 208, 463, 480 190, 193

augur 180

493

Personenregister

P. Cornelius Scipio Africanus cos. 205, II 194 pr. ca. 93 tr. mil. 168, cos. 162, 155

33f., 91, 94–98, 100, 105, 108–112, 123, 129, 132f., 138, 181, 459 344 156/786, 159, 187, 189

tr. mil. 150, cos. 138

172, 203

cos. des. 65 cos. 35 pr. 45 pr. 54 (Makedon. 53) pr. 135 ohne Amtsang. ca. 132 pr. ca. 105 in Asia leg. 104 pr. 60 cos. 290, 275, 273 leg. pro pr. 42 leg. pro pr. 41 leg. 169 cos. 340 cos. 312, 307, 304, 297, 295 pr. ca. 34 tr. pl. 143 cos. 98

303 428, 433, 435f. 354, 360–361, 393, 423, 485 349/1831 219–221 220 219–221 213 306 69 485 364, 398, 425, 476, 485f. 148 56, 66, 458 65, 66 441, 486 230 36, 213, 230–232, 237, 269 A, 466f., 481, 486 133 18/20, 23, 34, 206f., 210–211, 462f., 483f. 211 44, 410, 413–415 342f., 414 414 422 41f., 45, 206, 302/1554, 347, 354, 413, 422–423, 473 278/1448, 279/1451 74–77 74 20, 185–186 351f., 486 218 316f. 114/555 90f. 182 117, 348–350

P. Cornelius Scipio Nasica P. Corn. Scipio Nasica Corculum P. Corn. Scipio Nasica Serapio P. Cornelius Sulla L. Cornificius Q. Cornificius C. Cosconius M. Cosconius M. Cosconius C. f. M. Cosconius M. f. Crenus L. Culleolus M. Curius Dentatus Q. Curtius Salassus L. Decidius Saxa L. Decimius P. Decius Mus P. Decius Mus Q. Didius T. Didius T. Didius Cn. Domitius Ahenobarbus Cn. Domitius Ahenobarbus

cos. 192 cos. 122

Cn. Domitius Ahenobarbus Cn. Domitius Ahenobarbus L. Domiitius Ahenobarbus L. Domitius Ahenobarbus Cn. Domitius Calvinus Cn. Domitius Calvinus

cos. 96 cos. 32 cos. 54 cos. 16 cos. 332 cos. 53, II 40

M. Domitius Calvinus C. Duillius K. Duillius Cn. Egnatius M. Eppius C. Fabius Hadrianus C. Fabius (Hadrianus) Q. Fabius Labeo Q. Fabius Maximus Q. Fabius Maximus Q. Fabius Maximus

pr. 80 cos. 260 cos. 336 pr. 143 leg. 47 pr.84 pr. 58 pr. ca. 110 cos. 213 pr. 181 aed. 57, cos. 45

494

Personenregister

Q. Fabius Maximus Aemilianus Q. Fabius Maximus Allobrogicus Q. Fabius Maximus Ambustus Q. Fabius Maximus Eburnus Q. Fabius Maximus Rullianus Q. Fabius Maximus Servilianus Q. Fabius Maximus Verrucosus Fabricius Veiento C. Fannius (Annalist) C. Fannius C. Fannius Strabo C. Figulus C. Flaminius C. Flaminius C. Flavius C. Flavius Fimbria C. Flavius Hemicadius Flavius Gallus C. Fonteius M. Fonteius T. Fonteius C. Fuficius Fango Q. Fufius Calenus L. Fulcinnius Fulvia (Gattin des M. Antonius) C. Fulvius Flacccus Cn. Fulvius Maximus Centomalus L. Fulvius Corvus Q. Fulvius Flacccus M. Fulvius Nobilior M. Fulvius Nobilior Q. Fulvius Nobilior Ser. Fulvius Flaccus Ser. Fulvius Paetinus Nobilior T. Furfanius Postumus C. Furius M. Furius Camillus L. Furius (Crassipes)

leg. 168/7, cos. 145

159, 162, 197

cos. 121

117, 210

cos. 360

63, 65

cos. 116 cos. 322

182, 233 24/57,

pr. 145, cos. 142

182–183, 184, 197, 462

cos. 233, 228, 215/4

87–91, 100, 108

leg. pro pr. 50 leg. 147, tr. p. 142 pr. 54, propr. Asia 49 cos. 161 praef. cl. 169 cos. 223, II 217, cens. 220 pr. 193, cos. 187 cos. 104 praef. eq. 88 leg pro pr. tr. mil. 36 leg. 75 pr. 75 pro pr. 212 pr. ca. 43 pr. 59, cos. 47 q. nach 143 Stellvertreterin 41

234 174 19, 352, 474 19, 174/878 153 17, 86/418, 88f., 94, 98, 119f. 113 221 249–250, 252, 366, 468 377 417 212 211, 266f. 93 393f., 486 23/56, 349f., 394, 396, 474, 486 185 390

cos. 134 cos. 298

201 69

cos. 322 cos. 237, II 224; leg. 217 pr. 193, cos. 189 leg. 72/71 cos. 153 cos. 135 cos. 255

65 88 27/79, 30, 113, 142/696, 143– 147 285 195, 197, 269 19, 423/2235 143

pr. 46 aed. 253 cos. 498, 398, 394 pr. 75

353 83 57–60 277, 471

495

Personenregister

L. Furius Purpurio C. Furnius A. Gabinius A. Gabinius A. Gabinius A. Gabinius A. Gabinius

pr. 200 pr. 42 praef. 167 leg. 147, tr. pl. 139 q. 102/1 leg. pro pr. 81 tr. pl. 67, cos. 58

L. Gellius Publicola L. Gellius Publicola N. Granonius C. Helvius M. Helvius A. Hirtius

pr. 94, cos. 72 q. 41, cos. 36 IVvir ca. 56 pr. 198 pr. 195 cos. 43

L. Hirtuleius Horius Asinius L. Hortensius Q. Hortensius Q. Hortensius Q. Hortensius A. Hostilius Mancinus C. Hostilius Mancinus C. Hostilius Tubulus L. Insteius M. Insteius Iulia

q. 79 pr. 90 pr. 170 dict. 287 cos. 69 pr. 45 pr. 180, cos. 170 leg. 148, cos. 137 pr. 208 leg. 90, 76 pr. ca. 35, cos. des. Tochter Caesars, Gattin des Pompeius pr. 92 cos. 59, 48, 46, 45, 44

C. Iulius Caesar Caesar (C. Iulius Caesar (Diktator) C. Iulius Octavian/Aug.)

cos. 43, 33, 31–23, 2 v. Chr.

L. Iulius Caesar Sex. Iulius Caesar Sex. Iulius Caesar Ti. Iulius Caesar Augustus M. Iuncus Q. Iunius Blaesus D. Iunius Brutus Albinus D. Iunius Brutus Calliacus L. Iunius Brutus L. Iunius Pullus M. Iunius Brutus

cos. 90 cos. 157 cos. 91 princeps 14 – 37 n. Chr. pr. 76 procos. 23 n. Chr. cos. des. 42 cos. 138 cos. 509 cos. 249 tr. pl. 83

496

120 413f., 449 174/878 174f. 318 256, 318 299, 308, 315/1635, 318–320, 333, 472, 485 249/1285, 305, 483 388 317 139 113 335, 342, 354–357, 382f., 450, 475, 486 279/1456 408 150f. 69 271/1406, 294, 299 353, 374f. 150, 151–152, 153, 155 190, 197f. 213 418f. 418–419, 486 302 334 41–43, 265, 271, 285–286, 305, 308, 312, 319f., 332, 334– 369, 372, 410, 422, 455, 473– 475, 481 21, 23, 41–46, 109, 119, 259, 307, 346, 366, 372, 381–395, 397, 404, 410, 450–454, , 475–478, 486 234, 254f., 316 173f. 234f. 171, 205, 215, 454 484 455 42, 354, 358–360, 383f., 426 29, 116, 197, 200, 208f. 51, 54 83 373

Personenregister

M. Iunius Brutus M. Iunius Silanus M. Iunius Silanus M. Iuventius Laterensis P. Iuventius Thalna Q. Labienus T. Labienus C. Laelius C. Laelius Q. Laronius A. Licinius Archias C. Licinius Crassus L. Licinius Crassus M. Licinius Crassus

pr. 44, procos., imp. 44/43 cos. des. 41 pr. 212 q. pro cos. 32 q. 63 pr. 149 s. ausländische Herrscher leg. pro pr. 54 praef. class. 202 leg. 147 cos. 33 in der cohors Luculli pr. 172, cos. 168 cos. 95 cos. 70, II 55

M. Licinius Crassus M. Licinius Crassus P. Licinius Crassus P. Licinius Crassus

q. Caesars 53 cos. 30 cos. 205 cos. 171

P. Licinius Crassus

cos. 97

P. Licinius Crassus P. Licin. Crassus Dives Mucianus L. Licinius Lucullus L. Licinius Lucullus L. Licinius Lucullus

tresvir mon., augur 55 cos. 131

L. Licinius Murena L. Licinius Murena (P.) Licinius Nerva P. Licinius Nerva Livius Drusus M. Livius Drusus M. Livius Drusus (C. Lucilius) Hirrus C. Lucilius Hirrus C. Lucretius Gallus Sp. Lucretius Sp. Lucretius T. Lucretius M. Lurius C. Lutatius Catulus Q. Lutatius Lerco C. Maecenas

pr. 101 pr. 88 pr. 142 pr. 105 pro pr. 324 (?) cos. 112 tr. pl. 91 leg. pro pr. 102 tr. pl. 53 pr. 171 cos. 509 pr. 205, cos. 203 cos. 504 pr. 42 cos. 242 cos. 241 adiutor principis ab 36

cos. 151 pr.104 cos. 74

360, 371, 373–379, 433, 439, 442, 482 43 419 484 172 335, 399, 403 110/538, 111 192 427, 436–437 290 148, 120/593 211 40, 180, 281, 282–283, 320– 322, 442, 472, 478, 485 442 46, 442–446, 472, 481, 481 108 31f., 148–150, 157, 162, 188, 235, 334, 367, 463 36, 232, 237, 282, 466f., 478, 481 321f. 202f., 219, 482 191, 195ff. 224, 271 38f., 247, 257, 260, 271, 277/1443, 284, 288–292, 471, 484f. 256 256–257, 318, 469 187–189 188/945, 224 60 + A. 289 213 213 23, 226 226/1159 149f. 52 112, 120 53, 457 393 83ff. 85 432

497

Personenregister

Cn. Mallius Maximus C. Manilius M’. Manilius Cn. Manlius Vulso

cos. 108 tr. pl. 66 cos. 149 cos. 189

L. Manlius L. Manlius Torquatus L. Manlius Torquatus L. Manlius Torquatus L. Manlius Torquatus L. Manlius Torquatus L. Manlius Vulso L. Manlius Vulso Longus M. Manlius Capitolinus T. Manlius Imperiosus Torquatus L. Marcilius L. Marcius Censorinus L. Marcius Censorinus L. Marcius Censorinus Q. Marcius Crispus L. Marcius Figulus L. Marcius Philippus L. Marcius Philippus Q. Marcius Philippus Q. Marcius Philippus

pr. pro cos. 78 dict. 363 q. 113/2 q. 81, cos. 65 pr. 49 dict. 363 pr. 197 cos. 256 civis Romanus 387 cos. 347, 344, 340 leg. pro pr. 74/73 cos. 149 tresvir monet. 82 cos. 39 pr. 46 cos. 162 pr. 62, cos. 56 cos. 38 cos. 281 cos. 186, 169

Q. Marcius Philippus Q. Marcius Philippus L. Marcius Septimus Marc‹i›us Primus Q. Marcius Rex C. Marius

leg. 169 pr. 48 trib. mil. 211 procos. ca. 24 cos.68 cos. 107, 105–101, 86

C. Marius L. Marius M. Marius (C.) Memmius C. Memmius C. Memmius C. Memmius

cos. 82 leg. pro pr. 61 pr. 102 aed. 211 pr. 172 tr. pl. 134/3 pr. 103, cos. des. 99

C. Memmius C. Memmius C. Memmius L. Mescinius Rufus M. Metilius

q. 75 pr. 58 IIIvir monet. 56 q. Ciceros 50 tr. pl. 217

498

211/1075 292, 300/1549 190f. 30, 138–142, 143, 145ff., 330/1727, 461 211/1077 61 303 254, 303–304, 366, 469 303 61 139 139 59 61–62 285 190 410 397, 410–411, 423 310f., 354, 361–363 156/786 383 426f. 153 146/713, 147f., 152–156, 330/1727 154 100/487 93–94 446 297 34, 37f., 91/434, 212, 215– 218, 230, 249, 282, 466, 480, 483, 486 254/1306, 261/1353 313 223 229 228 228 30, 94f., 227, 228–230, 231, 465, 481 229, 273, 481 229/1177, 274 229 331 90

Personenregister

M. Minucius Rufus M. Minucius Rufus Q. Minucius Rufus M. Minucius Thermus Q. Minucius Thermus Q. Mucius Scaevola L. Mummius L. Mummius

cos. 221 cos. 110 cos. 197 pr. 81 pr. 58, propr. Asia 51 tr. pl. 54 pr. 177 cos. 146

L. Munatius Plancus

cos. 42

T. Munatius Plancus Bursa Sex. Naevius Q. Nasidius L. Nonius Asprenas C. Nonius Gallus M. Nonius Gallus M. Nonius Sufenas C. Norbanus Flaccus C. Norbanus Flaccus C. Norbanus Flaccus Numa Pompilius Octavia maior

C. Octavius C. Octavius

leg. pro pr. 41 eq. R. 83 praef. class. 42 cos. 36 IIIIvir quinqu. ca. 40 imp. 29, cos. des. (?) pr. 57 (Maked. 51/50 cos. 83 IIIvir monet. 83 cos. 38 etrusk. König Stiefschwester Octavians geb. vor 70 Schwester Octavians, Gattin des M. Anton tr. mil. 205 pr. 61

Cn. Octavius Cn. Octavius L. Octavius L. Octavius M. Octavius M. Oppius Capito Q. Oppius Orobius T. Otacilius Crassus Ti. Pandusa C. Papirius Carbo C. Papirius Carbo C. Papirius Carbo Cn. Papirius Carbo Cn. Papirius Carbo Cn. Papirius Carbo L. Papirius Crassus L. Papirius Cursor

pr. 205 pr. 168 cos. 75 leg. pro pr. 67 praef. cl. 31 leg. pr pr., praef. cl. 37 pr. 90 praef. in Delos 88 pr. 217, 214 pr. 129 pr. 168 cos. 120 tr. pl. 67, pr. 62 leg. 147 pr. 116, cos. 113 cos. 85, 84, 82 cos. 336 cos. 326, 320, 319, 315, 313

Octavia minor

87–90 29, 127, 213–215, 462 132/650 256/1326, 260 262/1362, 421, 474 314, 315/1631 108/527, 176 33, 117, 175, 176–183, 185, 208, 348, 44, 354, 357–358, 360, 392, 398, 407–408, 417f., 464, 481, 485f. 398f., 412, 482, 486 239 387f. 4472386 446f. 446–447 349/1831 425 425 364, 425–426, 486 49 446 401, 414 109 26, 262/1361, 307–308, 366, 382 120/589 151f., 157f., 161, 170 277/1443 295/1535, 296 419 402 241–246, 274, 468 248 84, 98, 106 208 174/878 194 262/1362, 294 174 174/878, 221 108, 261/1353, 278, 281, 470 24/57 63–64, 65

499

Personenregister

L. Papirius Cursor Q. Paquius Rufus Pedanius Costa Q. Pedius Sex. Peducaeus Sex. Peducaeus T. Peducaeus M. Perperna M. Perperna M. Petreius L. Pinarius L. Pinarius Scarpus L. Plaetorius Cestianus C. Poetilius Balbus (A.) Pompeius Bithynicus Cn. Pompeius Macer Cn. Pompeius Magnus

cos. 293, 272 leg. 42 leg. 43 cos. 43 pr. 76 pr. 49 leg. pr. pr. 40, cos. 35 cos. 130 pr. 82 leg. pro pr. 55 – 49 praef. 214 cos. des. für 29 (?) q. des. 43 cos. 326 pr. 44 praef. Caesaris Asia 29 cos. 70, 55, 52

Cn. Pompeius Magnus (f. Magni) Cn. Pompeius Strabo

imp. in Spanien 46/45

Cn. Pompeius Theophanes Q. Pompeius Rufus Sex. Pompeius Sex. Pompeius

cohors des Pomp. 62 cos. 88 pr. 121 cos. des. 35

T. Pomponius Atticus C. Pomptinus C. Popilius Laenas M. Popilius Laenas M. Popilius Laenas M. Popilius Laenas P. Popilius Laenas Poplios Valesios C. Porcius Cato C. Porcius Cato L. Porcius Cato M. Porcius Cato (Censorinus) M. Porcius Cato (Uticensis)

eq. Rom. 51 pr. 62 cos. 172, leg. 171/0 cos. 173 leg. 147, cos. 139 leg. ca. 120 pr. 135, cos. 132 s. P. Valerius Poplic. cos. 114 tr. pl. 56 pr. 92, cos. 89 cos. 195

A. Postumius Albinus L. Postumius Albinus L. Postumius Albinus Sp. Postumius Albinus

cos. 242 pr. 216, cos. 215 pr. 180, cos. 173 cos. 321

500

cos. 89

tr. pl. 62, pr. 54

69 397, 487 397 21f., 348–350, 384, 407 22f., 86, 474 346 395, 421f. 204f., 224, 482 280 343 101, 106 45, 447–450, 477 377 63 386f. 379 21, 23, 39f., 119, 233, 258–259, 277/1443, 279–281, 296–302, 392, 318ff., 334, 342–344, 387, 422, 470, 479, 484f.. 280, 340, 387 86/421, 233–236, 255/1341, 258, 468 302 236 233 386–388, 393, 408, 413f., 417f., 420, 427, 430ff., 442, 452 325, 332 260, 312–315 120, 151, 155f. 120, 174//878, 480 174 174/878, 202, 205 212408 408 235/1210, 255 113, 129, 155, 189, 486 23, 35, 305, 314, 316, 329ff., 340, 344, 351f., 373 83 119 163, 195 64

Personenregister

Sp. Postumius Albinus Sp. Postumius Albinus Sp. Postumius Albinus C. Proculeius C. Publilius Q. Publilius Philo A. Pupius Rufus L. Quinctius L. Quinctius Flamininus P. Quinctius T. Quinctius Capitolinus Barbatus T. Quinctius Capitolinus Cincinn. T. Quinctius Flamininus C. Rabirius Postumus Remus Romulus Romulus Augustus Rubrius L. Rubrius Dossenus P. Rupilius P. Rutilius Lupus C. Sallustius Crispus Q. Salvidienus Rufus C. Scribonius Curio C. Scribonius Curio C. Scribonius Curio Cn. Sicinius L. Sempronius Atratinus Ti. Sempronius Gracchus Ti. Sempronius Gracchus Ti. Sempronius Gracchus Ti. Sempronius Longus C. Sempronius Tuditanus C. Sempronius Tuditanus P. Sempronius Tuditanus C. Sentius L. Sergius Catilina M’. Sergius Q. Sertorius M. Servilius Q. Servilius Cn. Servilius Caepio

cos. 186 cos. 148 cos. 110 praef. class. 30 q. nach 143 cos. 339, 327, 320, 315 q. pro pr. zw. 28 u. 23 pr. 68 pr. 199 eq. R. 83 cos. II 465

153 120 217f. 438, 449/2396 185 20f., 25, 62–63, 64 449/2397, 484 291 123 239 63/305

dictator 380

61

cos. 198

19, 23, 123–129, 131, 146f., 149, 259, 457, 461 procos. in Asia 47 353, 486 Bruder des Romulus 49 etrusk. König 47–49, 60 letzter west-römischer Kaiser 49 474 n. Chr. pr. ca. 68 303 tresvir monet. 87 303 cos. 132 107, 201–202, 204f., 467 cos. 90 234, 255/1311 pr. 46 218, 352, 413/2172 , 487 cos. des. 39 387f., 391, 395, 430f., 450, 476, 486 pr. ca. 121 267 cos. 76 267–271, 470 tr. pl. 50 350 pr. II 172 120/593 cos. 34 44, 46, 389, 412, 428/2265, 433–435, 439, 477f., 480f. cos. 215 101/493 pr.179, cos. 176 18, 108, 195 tr. pl. 133 201, 203, 212 cos. 218 16, 89, 90/433, 91 pr. 197 208 cos. 129 19, 81, 208–210 cos. 204 122 pr. 94 234, 247, 264/1367, 274, 311 pr. 68 229, 299, 303ff. pr. ca. 110 114/555 pr. 83 39, 229, 278–280, 479 tr. pl. 43 377 pr. 91 235 pr. 205, cos. 203 128

501

Personenregister

Cn. Servilius Caepio Q. Servilius Caepio Q. Servilius Caepio Q. Servilius Caepio Q. Servilius Caepio Brutus P. Servilius Casca Longus C. Servilius Glaucia P. Servilius Isauricus M. Servilius Pulex Geminus C. Servilius Vatia P. Servilius Vatia Isauricus

cos. 169 cos. 144 leg., 126/5, cos. 106 q. 67 s. M. Iunius Brutus tr. pl. 43 pr. 99 cos. 48, 41 cos. 202 pr. 103 cos. 79

Servius Galba Servius Tullius L. Sestius Quirinalis Albinus P. Sextilius T. Sextius Cn. Sicinius P. Silius C. Sosius C. Sosius Spurinna L. Staius Murcus Cn. Statilius Libo T. Statilius Taurus

leg. pro pr. 61 etrusk. König leg. 43/2, cos. 23 pr. 89 pr. 45 tr. pl. 76 pr. 58 (Bith.-P. 51/50) pr. 49 cos. 32 haruspex pr. 45 (?) praef. ca. 29 cos. 37, II 26

C. Sulpicius Galba C. Sulpicius Galba Ser. Sulpicius Galba Ser. Sulpicius Galba Ser. Sulpicius Galba Ser. Sulpicius Galba P. Sulpicius Galba Maximus P. Sulpicius P. f. Rufus P. Sulpicius Q. f. Rufus Ser. Sulpicius Rufus L. Tarius Rufus L. Tarquinius Collatinus L. Tarquinius Priscus L. Tarquinius Superbus Q. Terentius Culleo A. Terentius Varro C. Terentius Varro M. Terentius Varro (Polyhistor) M. Terentius Varro Lucullus

tr. mil. 168 IIIvir col. ded. 121 pr. 151/0, cos. 144 leg. 90 leg. pro pr. 60 pr. 54 cos. 211, II 200 pr. 48 pr. 47 cos. 51 cos. 16 cos. 509 etruskischer König etrusk. König tr. pl. 189 leg. pro pr. 82 cos. 216 leg. pro pr. 67, 49 cos. 73

Albius Tibullus (Dichter)

cohors Messallae 31

502

182 197 18/20, 207 300/1548, 373 377 217, 230, 274 314, 353, 355 168 224, 271, 274 39, 224, 262–274, 277, 471, 484 313 49, 53 377 274 354, 361, 393, 395, 476, 485 267 332/1738 415 21f., 415–417, 485 348 354, 361–369, 487 430 348, 418, 427–430, 444, 477f., 481, 486 163, 165, 169 194 86/421, 165, 167, 169, 196 234 313 315 123f. 354–355 362f. 353, 355 416 15/2, 51f., 54 49, 53 15, 51 129 257 98 187, 343 261, 271–274, 303, 305/1569, 470f., 489 441

Personenregister

L. Tillius Cimber L. Titinius Sulpicianus L. Titius M. Titius f. Luci C. Trebonius L. Tremellius Scrofa C. Triarius M. Tullius Cicero M. Tullius Cicero Q. Tullius Cicero Tullius Hostilius D. Turullius

pr. 45 (?) praef. Statili Tauri 31 43 proskribiert cos. 31

363f., 425, 487 429 417 408, 417–418, 276/1439, 428, 471, 486 cos. 45 281, 321/1667, 372, 376, 487 q. 142 188 leg. pro pr. 72–67 292 cos. 63 (Kilik. 51/50) 40, 266, 271, 303f., 307ff., 325–334, 384, 472f., 484, 486 cos. 30 441 pr. 62 307, 328, 330f., 485 etruskischer König 49, 56/262 q. 44, pr. ca. 39, praef.classis 363, 379 31 261 n. Chr. 268 pr. 242 83f. cos. 93 36f., 232, 237–240, 467 cos. 131 202 cos. 86 249, 366 pr. 63 23, 206, 295, 422 cos. 176 145 cos. 220 (?), 210 106–107, 122 cos. 280 18, 106, 206 cos. 31 436f., 439–441, 447, 486

Valens (Gegenkaiser) Q. Valerius Falto C. Valerius Flaccus L. Valerius Flaccus L. Valerius Flaccus L. Valerius Flaccus C. Valerius Laevinus M. Valerius Laevinus P. Valerius Laevinus M. Valerius Messalla Corvinus M. Valerius Maximus Corvus M. Valerius Messalla Niger P. Valerius Poplicola Vargunteius P. Vatinius

cos. 348, 346, 343, 335

25, 61

cos. 61 cos. 509, 508, 507, 504 leg. 53 cos. 47

P. Vedius Pollio P. Ventidius (Marser) P. Ventidius Bassus

praef. Caesaris Asia 31 dux 89 cos. 43

C. Vergilius C. Verres

leg. pro pr. 56 pr. 74

T. Veturius Calvinus (C.) Vibius (Pansa) C. Vibius Pansa C. Vibius Pansa C. Vibius Pansa Caetronius L. Vinicius M. Vipsanius Agrippa

cos. 321 pr. 103 IIIvir monetalis 90 cos. 43 pr. 58 cos. 33 cos. 37, 28, 27

L. Volcacius Tullus

cos. 33

439 51–54, 457 322/1676 314, 335/1752, 341, 354–355, 473, 486 379 236 43ff., 236, 385, 394, 396, 402–406, 415, 464, 483, 485f. 311 18, 86/421, 100, 108, 281– 282, 471 64 35, 228, 232, 465f. 228/1173 382f., 450, 475 262/1362 418 427, 430–433, 440, 451, 477, 486 418, 428

503

Personenregister

L. Volumnius

leg. 293

69/344

2. Ausländische Herrscher, Feldherren und Funktionsträger Abgaros (Osrhoene) Alexander d. Gr. (Makedonien) Alexander (Judäa) Andriskos(Makedonien) Anthitheos (Archon in Athen 140) Antigonos Doson (Makedonien) Antigonos (Judäa) Antiochos III. (Seleukiden) Antiochos IV. (Seleukiden) Antiochos VII. (Seleukiden) Antiochos VIII. Grypos (Seleukiden) Antochos XIII. (Seleukiden) Antiochos I. Theos Dikaios (Kommagene) Antipater (Seleukiden) Antipatros (Judäa) M. Antonius Artemidoros Antyllus(Sohn des M. Antonius) Apollonios(Gesandter aus Metropolis) Archelaos (Unterfeldherr des Mithridates) Archelaos (Ägypten) Ariarathes IV. (Kappadokien) Ariarathes IX. (Kappadokien) Archimedes (Mathematiker: Sizilien) Ariobarzanes I. (Kappadokien) Ariobarzanes III. (Kappadokien) Aristion (Tyrann von Athen) Aristobulos (Judäa) Aristokles(Sekretär in Messene) Aristonikos (Eumenes III., Pergamon) Artavasdes (Armenien) Artemidoros (Phrygien) Athenaios (Pergamon) Athenion (Sizilien) Attalos I. Soter (Pergamon) Attalos II. Philaldelphos (Pergamon) Attalos III. (Pergamon) Berenike IV. (Ägypten) Bianaros (Münzbeamter) Bithias (Numider: 3. Pun. Krieg) Bocchus (Mauretanien) Bogud (Mauretanien) Byzes (Thrakien) Catugnatus (Allobroger)

504

321 124, 162, 168, 302 318f., 345 171–173, 462 178 179 398, 403, 405 31, 122, 128–142, 146, 482 155 199 485 485 327, 403, 405 134 323 398 410 203 247, 252 320 141 240f., 247, 301 102–104 241, 247, 251, 267, 328/1713 328 267 318, 323, 345 228, 466 203, 482 328 244 163 224 122, 137, 139 177 203, 219, 482 320/1664 316 191f. 217, 246 438 173 313

Personenregister

Chaeremon (Nysa in Phrygien) Critognatus (Arverner) Damon Nikandros (Thessalonike) Dareios I. (Perser) Dareios (Bithynien) Deldon (Bastarner) Deiotarus (Galatien) Demetrios Soter (Seleukiden) Demetrios lib. (Zypern) Diaios (Achäischer Bund) Diviciacus (Häduer) Divico (Tiguriner) Epikydes (Syrakus) Euander (Kreter im Dienst des Perseus) Eumenes II. (Pergamon) Eumenes III. (Pergamon) Genthios (Illyrien) Hamilkar (1. Punischer Krieg) Hamilkar (2. Punischer Krieg) Hamilkar Barkas (Karthago: ab 237 v. Chr. in Spanien) Hannibal (1. Pun. Krieg) Hannibal (Sohn des Hamilkar Barkas: 2. Pun. Krieg) Hanno (Sohn des Hamilkar: 1. Pun. Krieg) Hasdrubal (1. Punischer Krieg) Hasdrubal (Schwiegersohn Hamilkars: 2. Pun. Krieg) Hasdrubal (3. Pun. Krieg) Herakleides (Gesandter aus Priene) Herodes (Judäa) Hieron II. v. Syrakus Hieronymus v. Syrakus Hippias (Unterfeldherr des Perseus) Hybreas (Oberhaupt von Mylasa in Karien) Hyrkanos (Judäa) Inecriturix (Arverner) Jugurtha (Numidien) C. Iulius Iuba (Numidien) Q. Iulius Togirix (Sequamer) Kallikrates (Achäer) Kleopatra VII. (Ägypten) Kleoptolemos (Chalkis) Kritolaos (Achäischer Bund) Kyros II. (Persien) Q. Labienus imper. Parthicus 41/40 Lasthenes (Kreta) Lars Tolumnius (Vejenter)

242 338 184 301 484 443f. 32 171/864 404 175–177 337 337 103 161 134f., 137, 140, 147, 161, 163 203, 219 148/721, 158f. 78f. 93 86 72, 75f. 86, 87-89, 91, 94, 98, 100, 108–112, 121, 129, 138 78f., 83 85 25/64, 92ff.,195 190, 192f. 204 416, 440 71, 73, 85, 99-100, 103, 107, 480 99 154 400 353, 398 354, 356ff. 37, 215–218, 246f., 466 353 357 166/846 408, 418, 440, 449, 486 131 174f. 302 45, 398–400, 403f., 407, 412 434, 476f. 482 294f., 298 444/2365

505

Personenregister

Machaon (Gesandter aus Kyzikos um 132) Mago (Bruder Hannibals: 2. Pun. Krieg) Malchos (Nabatäer) Massinissa (Numiderkönig: 2. und 3. Pun. Krieg) Menodoros (Priester in Tralleis) Milon (Söldnerführer unter Perseus) Mithridates III. (Parther) Mithridates V. Euergetes (Pontos) Mithridates VI. Eupator (Pontos) Moagetes (Tyrann in Phrygien) L. Munatius Attalus (Rutener) Nabis (Sparta) Nisibis (Mesopotamien) Neoptolemos (Unterfeldherr des Mithridates) Nikomedes III. Euergetes (Bithynien) Nikomedes IV. Philopator (Bithynien) Nisibis (Mesopotamien) Odoaker (german. Söldnerführer: s. Romulus Augustulus) Ornadapates (Parther) Orodes II. (Partherkönig) Osakes (Parther) Pakoros (Sohn von Orodes II.) Panares (Führer der Kreter) Perseus (König der Makedonen) Pharnabazes (Iberien in Kaukasien) Pharnakes (Pontos) Philipp (Sohn des Perseus) Philipp (König der Makedon., Vater Alexanders d. Gr.) Philipp V. (König der Makedonen) Philipoimen (Unterfeldherr des Attalos II.) Philippos II. Philadelphos (Seleukiden) Phraates (Parther) Pitholaos (Judäa) Polemon (Pontos) Polybios (169/8 Hipparch des Achäischen Bundes) Poseidonios (Prytane in Rhodos) Ptolemaios IV. Philopator (Ägypten) Ptolemaios VI. Philometor (Ägypten) Ptolemaios XII. Auletes (Ägypten) Ptolemaios Apion (Kyrene) Pyrrhos (Molosserkönig) Pyrrhos (Münzmeister) Remus (Bruder des Romulus)

506

219 93 405 109, 189 414f. 159 318 207, 250 40, 240–257, 287, 288-302, 468, 471, 484 139 358 128 290 242 240 241, 251 290 47 333 318, 321f., 333, 398f. 323, 333, 472 323, 327, 333, 398, 405f. 295, 298 30, 117–170, 190 410 348 165, 171 168 29, 31, 121f., 124–126, 128, 146f., 162 177 318, 321, 323 441 323 485 166, 191f. 243 129 155 318f., 331 233 68, 71, 75, 77, 145 326 49

Personenregister

Seleukos I. Nikator (Gründer des Seleukidenreiches) Seleukos IV. Philopator (Seleukiden) Seleukos (Nauarch im syrischen Rhosos) Sokrates Chrestos (Bithynien) Spartacus (Sklavenführer in Süditalien) Surenas (Unterfeldherr der Parther) Tacfarinas (Numider) Thrasymedes (Redner in Herakleia: Pontos) Theokles Leon Stratokles (Achaia) Tigranes (Armenien) Tigranes (Armenien: Sohn des Königs) Tiridates (Parther) Vercingetorix (Arverner) Viriatus (Spanien) Viridomarus (Insubrer) Xanthippos (Söldnerführer im 1. Punischen Krieg)

302 134, 140-142 398 241, 251 281 f,, 307, 312 322 454f. 293 182 40, 241, 247, 291, 300, 302, 328, 472 299 441 358 196f. 98 79

507

Literaturverzeichnis S. Accame, Il Dominio Romano in Graecia dalla Guerra Acaica ad Augusto, 1946. S. L. Ager, Interstate arbitrations in the Greek world, 1999. M. v. Albrecht, Dionysios, KP 2, 1979, ZNr. 20, Sp. 70. M. C. Alexander, Trials in the Late Roman Republic (149 BC to 50 BC), 1990. G. Alföldy, Römische Sozialgeschichte, 1975. ― CIL I,2,42, 2000, Nr. 2951. J. Albers. Die urbane Entwicklung des Marsfeldes von der Republik bis zur mittleren Kaiszerzeit, 2013. M. Armandry, Notes de numismatique africaine II, RN 1986, 74. M. Armandry – T. V. Buttrey – Père Pau Ripollès, Roman Provincial Coinage I, 1992. Supplementband I, 1998. J. Arce – X. Dupré – J. C. Saquette, Nouvelles perspectives sur le titre d’Imperator, Chiron 27, 1997, 287–296. D. Armstrong – J. Walsh, SIG3 593: The Letter of Flamininus to Chyretiae, CP 81, 1981, 32–46. P. Assenmaker, Nouvelles perspectives sur le titre d’Imperator, Revue Belge de Philologie et d’Histoire, Nr. 322, 2012, 111–141. ― ‚L. Sulla imp.‘ et ‚imp II.‘, Pour une réévaluation des émissions monétaires de Sulla, RN 170, 2013, 263–269. ― De la victoire au pouvoir, 2015. ― Zur Datierung der stadtrömischen Münzprägung der Jahre 88–82, in Neue Forschungen zur Münzprägung der römischen Republik, Nomismata 8, 2016, 99–123. 509

Literaturverzeichnis

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Münchner Studien zur Alten Welt herausgegeben von Prof. Dr. Martin Zimmermann Prof. Dr. Jens-Uwe Krause Prof. Dr. Karen Radner Ludwig-Maximilians-Universität München

Band 18: Bernd Michael Kreiler: Ober- und Unterkommandierende der römischen Republik 509–27 v. Chr. 2020 · 538 Seiten · ISBN 978-3-8316-4792-7 Band 17: Constanze Graml, Annarita Doronzio, Vincenzo Capozzoli (Hrsg.): Rethinking Athens Before the Persian Wars · Proceedings of the International Workshop at the Ludwig-Maximilians-Universität München (Munich, 23rd–24th February 2017) 2019 · 368 Seiten · ISBN 978-3-8316-4813-9 Band 16: Verena Espach: Formen und Kontexte sexueller Gewalt gegen Männer in der Antike 2018 · 166 Seiten · ISBN 978-3-8316-4697-5 Band 15: Daniela Gierke: Eheprobleme im griechischen Drama · Eine Studie zum Diskurs von Oikos und Polis im Athen des 5. Jahrhunderts vor Christus 2017 · 324 Seiten · ISBN 978-3-8316-4634-0 Band 14: Klaus Georg Sommer: Der 21. Januar 1192 v. Chr.: Der Untergang Ugarits? 2016 · 336 Seiten · ISBN 978-3-8316-4531-2 Band 13: Nadine Leisner: familia romana · Darstellungen der Familie in der römischen Sepulkralkunst 2015 · 400 Seiten · ISBN 978-3-8316-4439-1 Band 12: Aron Dornauer: Assyrische Nutzlandschaft in Obermesopotamien · Natürliche und anthropogene Wirkfaktoren und ihre Auswirkungen 2016 · 424 Seiten · ISBN 978-3-8316-4451-3 Band 11: Ennio Bauer: Gerusien in den Poleis Kleinasiens in hellenistischer Zeit und der römischen Kaiserzeit · Die Beispiele Ephesos, Pamphylien und Pisidien, Aphrodisias und Iasos 2014 · 392 Seiten · ISBN 978-3-8316-4312-7 Band 10: Burkhard Backes, Caroline von Nicolai (Hrsg.): Kulturelle Kohärenz durch Prestige 2014 · 306 Seiten · ISBN 978-3-8316-4263-2 Band 9: Birgit Christiansen, Ulrich Thaler (Hrsg.): Ansehenssache · Formen von Prestige in Kulturen des Altertums 2013 · 460 Seiten · ISBN 978-3-8316-4181-9 Band 8: Anna Anguissola (Hrsg.): Privata Luxuria · Towards an Archaeology of Intimacy: Pompeii and Beyond 2013 · 244 Seiten · ISBN 978-3-8316-4101-7 Band 7: Angelika Starbatty: Aussehen ist Ansichtssache · Kleidung in der Kommunikation der römischen Antike 2010 · 300 Seiten · ISBN 978-3-8316-0927-7 Band 6: Berit Hildebrandt, Caroline Veit (Hrsg.): Der Wert der Dinge – Güter im Prestigediskurs · »Formen von Prestige in Kulturen des Altertums« · Graduiertenkolleg der DFG an der Ludwig-MaximiliansUniversität München 2009 · 414 Seiten · ISBN 978-3-8316-0859-1

Band 5: Martin Zimmermann (Hrsg.): Extreme Formen von Gewalt in Bild und Text des Altertums 2009 · 352 Seiten · ISBN 978-3-8316-0853-9 Band 3: Albrecht Matthaei: Münzbild und Polisbild · Untersuchungen zur Selbstdarstellung kleinasiatischer Poleis im Hellenismus 2013 · 198 Seiten · ISBN 978-3-8316-0783-9 Band 2: Berit Hildebrandt: Damos und Basileus · Überlegungen zu Sozialstrukturen in den Dunklen Jahrhunderten Griechenlands 2007 · 604 Seiten · ISBN 978-3-8316-0737-2 Band 1: Dirk Rohmann: Gewalt und politischer Wandel im 1. Jahrhundert n. Chr. 2006 · 260 Seiten · ISBN 978-3-8316-0608-5

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