Normative Grundstrukturen der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse in der WTO/GATT-Rechtsordnung: Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung des Countertrade [1 ed.] 9783428494590, 9783428094592

Durch das Inkrafttreten der Satzung über eine neue Welthandelsorganisation (WTO) zum 1. Januar 1995 nebst der durch sie

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German Pages 511 Year 1998

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Normative Grundstrukturen der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse in der WTO/GATT-Rechtsordnung: Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung des Countertrade [1 ed.]
 9783428494590, 9783428094592

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CHRISTIAN TIETJE

Normative Grundstrukturen der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse in der WTO/GATT-Rechtsordnung

Hamburger Studien zum Europäischen und Internationalen Recht Herausgegeben von Thomas Bruha, Meinhard Hilf, Hans Peter lpsen, Rainer Lagoni, Gert Nicolaysen

Band 14

Nonnative Grundstrukturen der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse in der WTO/GATT-Rechtsordnung Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung des Countertrade

Von

Christian Tietje

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Tietje, Christian:

Normative Grundstrukturen der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse in der WTO/GATT-Rechtsordnung: eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung des Countertrade I von Christian Tietje. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Hamburger Studien zum europäischen und internationalen Recht; Bd. 14) Zug!.: Hamburg, Univ., Diss., 1997 ISBN 3-428-09459-X

Alle Rechte vorbehalten Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdurckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany

© 1998 Duncker &

ISSN 0945-2435 ISBN 3-428-09459-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 9

Meinen Eltern

So wie die Natur weislich die Völker trennt, welche der Wille jedes Staates und zwar selbst nach Gründen des Völkerrechts gern unter sich durch List oder Gewalt vereinigen möchte: so vereinigt sie auch andererseits Völker, die der Begriff des Weltbürgerrechts gegen Gewalttätigkeit und Krieg nicht würde gesichert haben, durch den wechselseitigen Eigennutz. Es ist der Handelsgeist, der mit dem Kriege nicht zusammen bestehen kann, und der früher oder später sich jedes Volks bemächtigt. Weil nämlich unter allen der Staatsmacht untergeordneten Mächten (Mitteln) die Geldmacht wohl die zuverlässigste sein möchte, so sehen sich Staaten (freilich wohl nicht eben durch Triebfedern der Moralität) gedrungen, den edlen Frieden zu befördern und, wo auch immer in der Welt Krieg auszubrechen droht, ihn durch Vermittlungen abzuwehren, gleich ob sie deshalb im beständigen Bündnisse ständen; denn große Vereinigungen zum Kriege können der Natur der Sache nach sich nur höchst selten zutragen und noch seltener glücken. - Auf die Art garantiert die Natur durch den Mechanismus der menschlichen Neigungen selbst den ewigen Frieden; freilich mit einer Sicherheit, die nicht hinreichend ist, die Zukunft desselben (theoretisch) zu weissagen, aber doch in praktischer Absicht zulangt und es zur Pflicht macht, zu diesem (nicht bloß schimärischen) Zweck hinzuarbeiten.

lmmanuel Kant, Zum ewigen Frieden (1795)

Vorwort Durch den erfolgreichen Abschluß der sogenannten Uruguay-Runde des GATI und das lokrafttreten der Satzung über eine neue Welthandelsorganisation (WTO) nebst der durch sie inkorporierten Abkommen zum 1. Januar 1995 erfuhr das Welthandelsrecht die innovativste Entwicklung seit seiner fortschreitenden völkerrechtlichen Kodifizierung ab 1947. Die vorliegende Studie, die von dem Fachbereich Rechtswissenschaft I der Universität Harnburg im Sommersemester 1997 als Dissertation angenommen wurde, soll einen Beitrag zum Verständnis der materiellrechtlichen Strukturen der neu entstandenen WTO/GAIT-Rechtsordnung leisten. Dabei wurden bis April 1997 veröffentlichte Schriften und sonstige Materialien berücksichtigt. Meine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem GATI-Recht geht neben bescheidenen Anfängen während des Studiums maßgeblich auf Anregungen meines verehrten Doktorvaters Prof. Dr. Meinhard Hilf zurück. Für diese Anregungen, die zügige Begutachtung der Dissertation sowie für die insgesamt fachlich gewinnbringende und harmonische Betreuung des Promotionsverfahrens gilt ihm mein besonderer Dank. Von dem Fachbereich Rechtswissenschaft I der Universität Harnburg bin ich weiterhin Prof. Dr. Gert Nicolaysen für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens dankbar. Des weiteren schulde ich neben Prof. Dr. Hilf und Prof. Dr. Nicolaysen den Hamburger Professoren Dr. Thomas Bruha, Dr. Hans-Peter lpsen, Dr. Rainer Lagoni und Dr. logo von Münch Dank für die Aufnahme der Arbeit in die von ihnen herausgegebene Schriftenreihe. Neben der Förderung durch meinen Doktorvater hätte die Arbeit in dieser Form nicht ohne die Unterstützung des Walther-Schücking-lnstituts für Internationales Recht an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel entstehen können. Das Institut in Kiel bot die äußeren Rahmenbedingungen und insbesondere die geistige Basis, die für die Erstellung einer umfangreichen Studie erforderlich sind. Dies ist im Zeichen einer nicht immer wissenschaftsfreundlichen Hochschulpolitik leider nicht mehr selbstverständlich. Mein ganz besonderer Dank richtet sich daher an das Kieler Institut und hier sowohl stellvertretend als auch persönlich hervorgehoben an dessen Direktor Prof. Dr. Jost Delbrück. In Kiel war und ist mir neben Prof. Dr. Delbrück mein ehemaliger Kollege Prof. Dr. Stephan Hohe ein wertvoller Gesprächspartner; auch ihm habe ich zu danken.

10

Vorwort

Weiterhin danke ich der University of Michigan School of Law für die mir gebotenen Studien- und Forschungsmöglichkeiten. Mein Zugang zum GATI-Recht wurde in Ann Arbor maßgeblich von Prof. John H. Jackson und Prof. Dr. ErnstUlrich Petersmann geprägt. Den einjährigen Aufenthalt an der University of Michigan ermöglichte ein Stipendium der Fulbright-Kommission. Hierfür ist ebenso zu danken wie für die Gewährung eines Promotionsstipendiums durch die Konrad-Adenauer-Stiftung und den vom Auswärtigen Amt zur Verfügung gestellten Druckkostenzuschuß. Für die Erstellung der Druckvorlage sei Frau Rotraut Wolf gedankt. Frau Claudia Nerius hat sich nicht nur der Mühe des Korrekturlesens unterzogen, sondern mir immer wieder Rückhalt und Zuspruch geboten. Ihr gilt ein besonders herzlicher Dank. Ohne die Unterstützung meiner Eltern wäre vieles nicht realisierbar gewesen, das in unterschiedlicher Weise diese Untersuchung ermöglicht und geprägt hat. In alter und guter akademischer Tradition ist ihnen daher die Arbeit gewidmet. Kiel, im September 1997

Christian Tietje

Inhaltsverzeichnis Einleitung A. Leitideen der Arbeit

23

B. Erkenntnisinteresse und methodischer Ansatz .. .. . ........... . . . . .

25

C. Untersuchungsgang .. . .. .. ................. . ........... .. . . .

27

Erster Teil Rechtstatsächliche Grundlagen § 1 Nichttariflire Handelshenunnisse im Weltwirtschaftssystem . . . . . . . . . .

30

A. Begriff und Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

B. Die Bedeutung nichttarifarer Handelshemmnisse im heutigen Welthandel

33

C. Nichttarifare Handelshemmnisse im Lichte wirtschaftswissenschaftlicher Lehren.......... . ..... .. ................ . . . . . .......... . ..

34

D. Motive des Einsatzes nichttarifarer Handelshemmnisse . . . . . . . . . . . . . .

39

E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

§ 2 Countertrade als Beispiel eines Dichttarifären Handelshenunnisses . . . . .

43

A. Einzelformen und Begriff des Countertrade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

I. Harter-Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

II. Gegengeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

III. Buy-back-Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

IV. Offset-Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

V. Clearing!Switch-Trading . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

VI. Dept-Swap-Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

VII. Bewertung und Definition

...............................

B. Staatenpraxis zum Countertrade

49

...............................

51

C. Entwicklung und Bedeutung des Countertrade im Welthandel . . . . . . . .

55

I. Grundzüge der historischen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

12

Inhaltsverzeichnis II. Heutige Bedeutung und Entwicklung im Welthandel

58

D. Gründe und Rahmenbedingungen für den Countertrade . . . . . . . . . . . . .

60

I. Einzelne ausgewählte Gründe und Rahmenbedingungen . . . . . . . .

60

II. Verallgemeinernde gesamtwirtschaftliche Betrachtung . . . . . . . . .

64

1. Ausgangsüberlegung

................................

64

2. Charakterisierung internationaler wirtschaftlicher Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

3. Traditionelle Lösungsmöglichkeiten und deren Realisierungschancen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

4. Countertrade als Reaktion auf Marktunvollkommenheiten . . . .

66

5. Praktisches Beispiel- Das NEC-Tourismus-Programrn in Ägypten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

6. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

III. Weitere Erklärungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

IV. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

E. Die gesamtwirtschaftlichen Wirkungen des Countertrade: Überblick und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

I. Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

II. Ausgangsüberlegung: Freihandelstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

I. Einfluß des Countertrade

.............................

76

2. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

III. Kritik an der Freihandelstheorie und Rückschluß . . . . . . . . . . . . . .

78

1. Allgemeine Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

2. Second best-Argument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

3. Kritik: Die Theorie optimaler Intervention . . . . . . . . . . . . . . . .

80

IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

F. Zusammenfassung: Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis . . .

82

Zweiter Teil

Der normative Untersuchungsrahmen Die WTO/GATT-Rechtsordnung § 1 Historische Entwicklung und Regelungsgehalt des WTO/GATI-Systems

86

A. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

B. Regelungsgehalt des WTO/GATT-Systems im Überblick... . .........

92

Inhaltsverzeichnis

13

I. Institutionell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

II. Materiellrechtlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

§ 2 Überblick über die Behandlung nichttarifarer Handelshemmnisse im

GA'IT 1947 und der WTO/GA'IT-Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

A. Nichttarifare Handelshemmnisse in den Handelsrunden des GATI . . . .

99

I. Die Entwicklung bis zur Uruguay-Runde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

II. Nichttarifare Handelshemmnisse in der Uruguay-Runde und der WTO/GATI-Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

101

B. Überwachungs- und Notifikationsmaßnahmen zu nichttarifaren Handelshemmnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

104

C. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

107

§ 3 Das WTO/GA'IT-System als Rechtsordnung

......................

108

A. Funktion und Bedeutung des WTO/GATI-Systems als Rechtsordnung . .

I 08

B. Rechtsdogmatische Fragen zur Interpretation der WTO/GATI-Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

112

I. Normorientierte oder machtorientierte Struktur? . . . . . . . . . . . . . . .

113

1. Deduktive Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

113

2. Induktive Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

117

3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

124

II. Anzuwendende Auslegungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

125

1. Allgemeine Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

125

2. Grenzen dynarnisch-evolutiver Auslegung und Fragen der Rechtswirkung von Panel-Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . .

127

§ 4 Zusammenfassung

............................................

130

Dritter Teil Nichttarifare Handelshemmnisse als Problem der Rechtsverwirklichung in der WTO/GATT-Rechtsordnung § 1 Das Konzept der Rechtsverwirklichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 2 Grundzüge der präventiven und der repressiven Rechtsverwirklichung in

132

der WTO/GA'IT-Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

135

A. Nichttarifare Handelshemmnisse und die Mechanismen der präventiven Rechtsverwirklichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

135

Inhaltsverzeichnis

14

I. Trade Policy Review Mechanism . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

136

II. Decision on Notification Procedures . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

139

Ill. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

140

B. Nichttarifare Handelshemmnisse und die Mechanismen der repressiven Rechtsverwirklichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

144

I. Repressive Rechtsverwirklichung als Staatenverantwortlichkeit . . .

144

II. Grundzüge der Staatenverantwortlichkeit im allgemeinen Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

145

1. Verhalten im Widerspruch zur Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . .

146

2. Zurechenbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

148

III. Grundzüge der Staatenverantwortlichkeit in der WTO/GATTRechtsordnung: Art. XXIII:1 GATT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

151

§ 3 Nichttarirlire Handelshemmnisse im Widerspruch zur WTO/GATTRechtsordnung nach Art. XXIII:l(a) GATT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

154

A. Der Tatbestand der Staatenverantwortlichkeit nach Art. XXIII: 1(a) GATT

155

I. Allgemeine Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

155

II. Prima facie Zunichtemachung oder Schmälerung von Vorteilen . ..

157

III. Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

161

IV. Aktivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

163

V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

173

B. Die Ausfüllung des Tatbestandes des Art. XXIII:1(a) GATT anband von Prinzipien und Regeln der WTO/GATI-Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . .

174

I. Die Regeln/Prinzipien-Diskussion in der Rechtstheorie . . . . . . . . .

175

II. Prinzipien und Regeln als Systematisierungskriterien in der WTO/ GATT-Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

177

1. Die Bedeutung der Regeln/Prinzipien-Lehre für die WTO/ GATT-Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

177

2. Die Rechtsprinzipien der WTO/GATT-Rechtsordnung . . . . . .

179

a)

Diskussionsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

b)

179

Eigener Systematisierungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

182

3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

188

C. Die Bewertung nichttarifärer Handelshemmnisse anband der Prinzipien und Regeln der WTO/GATI-Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

189

I. Das Prinzip der Nichtdiskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

189

1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

189

Inhaltsverzeichnis 2. Ausgestaltunginder Meistbegünstigungsrege1: Art.l:1 GATI

15 193

a)

Begriff der Meistbegünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

194

b)

Funktionen der Meistbegünstigungsverpflichtung . . . . . . .

195

c)

Konflikte zwischen Countertrade und Meistbegünstigung

198

d)

Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

200

aa) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

201

bb) Diskriminierungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

204

(1) Bezugspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

204

(a)

"Advantage, Favour, Privilege or lmmunity"........... . ............. ... . .

205

(b)

,,Like Products" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

209

(2) Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

213

(3) Absolutes oder relatives Gleichbehandlungsgebot? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

214

cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

218

3. Ausgestaltung in der lnländergleichbehandlungsregel: Art. 111 GATI....... . ................. . .. . ............. . ..

221

a)

Bedeutung und Funktion der Inländergleichbehandlungsregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

221

b) Konflikte zwischen Countertrade und Inländergleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

223

Auslegung. . ................ . .. . ......... . ... .. .

224

aa) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

225

c)

bb) Diskriminierungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

229

(1) Bezugspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

229

(a)

Interne Wettbewerbssituation . . . . . . . . . .

(b)

230

,,Like Products" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

234

(2) Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

238

(3) Absolutes oder relatives Gleichbehandlungsgebot?. .. ... . . .. .. . .. . ............. . ...

242

cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

243

4. Ausgestaltung in Art. XVII GATI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

245

a)

Bedeutung und Funktion der Regeln über den Staatshandel mit Blick auf den Countertrade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

246

b) Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

247

aa) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

248

Inhaltsverzeichnis

16

c)

bb) Umfang der Gleichbehandlungsverpflichtung . . . . . .

251

cc) Anwendbarkeit sonstiger Vorschriften des GATI. . .

252

dd) Inhalt des Nichtdiskriminierungsgebotes . . . . . . . . . .

254

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

259

5. Weitere Ausgestaltungen des Nichtdiskriminierungsprinzips. ..

261

a)

Art. X:3(a) GATI..... .. ...... ... ........... . ... .

261

b)

Art. XIII GATI. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. .. . . .. ..

264

6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

267

II. Das Prinzip der Offenheit der Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

268

1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

268

2. Konflikte zwischen Countertrade und dem Prinzip der Offenheit der Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

272

3. Ausgestaltung in Art. XI:l GAIT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

273

a)

Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

274

b)

Eingriffstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

278

c)

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

282

4. Ausgestaltung in Art. X GAIT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

283

5. Dumping und Subventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

287

6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

290

III. Das Souveränitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

291

1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

291

2. Wirtschaftlich motivierte Schutznormen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

297

a)

Art. XIX GAIT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

298

b)

Art. XII GAIT .. .. . .. .. .. . . . .. . . . . . . . . .. . . . . .. . .

305

3. Politisch motivierte Schutznormen- Art. XX GATI . . . . . . . .

310

a)

Formellrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

311

b)

Materiellrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

313

4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

325

IV. Das Prinzip globaler Gerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

326

1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

327

2. Globale Gerechtigkeit in Verwirklichung universeller Ungleich· Verteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

331

3. Globale Gerechtigkeit durch Redistribution . . . . . . . . . . . . . . . .

333

a)

Ausnahmeregelungen und Solidarverpflichtungen . . . . . . .

333

Inhaltsverzeichnis

17

Einzelne Ausnahmeregelungen.. .. ........ . ... . . . . . .

335

4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

339

V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

339

§ 4 Die Bewertung nichttarirarer Handelshemmnisse im Rahmen des "nonviolation complaint" nach Art. XXIII:l(b) GATI .. ............ . .. ..

340

A. Das Konzept des non-violation complaint . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

340

I. Ratio legis des Art. XXIII:l(b) GATT.... . . ..... . . . .... . .. . .

341

II. Voraussetzungen eines non-violation complaint . . . . . . . . . . . . . . .

346

1. "Vorteil" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

346

b)

2. Zunichtemachung oder Schmälerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

351

a)

Enttäuschung begründeter Erwartungen . . . . . . . . . . . . . . .

352

b)

Negative Auswirkungen- Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . .

358

3. Aktivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

359

III. Art. XXIII:1(b)- Verantwortlichkeit für nicht verbotenes Verhalten oder Rechtsmißbrauchsverbot? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

360

IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

362

B. Nichttarifäre Handelshemmnisse als Rechtsmißbrauch nach Art. XXIII: 1 (b)GATT ... . . . . . . . . .. ...... .. . . . . .... . . . . .. . ... . ... ..... ..

363

§ 5 Aspekte der Zurechenbarkeit im Zusammenhang mit nichttariraren Handelshemmnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

366

A. Die Zurechnungskriterien im allgemeinen Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . .

368

I. Art. II Abs. 2 ILC-Entwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

368

II. Solidaritätserklärung mit dem Handeln Privater . . . . . . . . . . . . . . .

370

III. Mangel an due diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

372

IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

373

B. Die Anwendbarkeit der völkerrechtlichen Zurechnungskriterien in der WTO/GATT-Rechtsordnung. . ... . . . ....... . .. . ... . ........ ... .

374

I. Das Verhältnis der WTO/GATT-Rechtsordnung zur Rechtsordnung des allgemeinen Völkerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

374

1. Grundsätzliche Gleichrangigkeil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

374

2 Tictjc

2. Zurückhaltende Panel-Entscheidungspraxis . . . . . . . . . . . . . . .

376

3. Lex specialis-Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

379

4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

382

18

Inhaltsverzeichnis II. Strukturelle Unterschiede der Staatenverantwortlichkeit im WTO/ GAlT-System und im allgerneinen Völkerrecht? . . . . . . . . . . . . . .

383

III. Systematische Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

386

IV. Bisherige GAIT-Praxis zur Zurechenbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . .

388

1. Review Pursuant to Article XVI:5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

388

2. Japan- Restrietions on Imports of Certain Agricultural Products

389

3. Japan- Trade in Serni-Conductors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

391

4. EEC Restrietions on Imports of Dessert Apples . . . . . . . . . . . .

393

5. Zusammenfassende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

395

V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

395

C. Die Zurechnung anband der Staatenpraxis zum Countertrade

........

I. Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . li. Guidelines und ad hoc-Entscheidungen

396 396

.....................

402

III. Staatsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

406

IV. Mangel an due diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

410

V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

411

§ 6 Der Einfluß formeller Rechtsprinzipien auf die Bewertung nichttarirarer Handelshemmnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

411

Ausblick

415

Zusammenfassung der Ergebnisse

417

Anhang: Staatenpraxis zum Countertrade

427

Schrifttum

478

Sachregister

504

Abkürzungsverzeichnis AbLEG AJIL Art. AVR AWD Bd. BDGV BfAI BISD BYIL CMLRev.

er

DSB DSU

EA ECE ECOSOC EGV FJIL EPIL EuR EuZW Fn. Fortharn Int'l L.J. FS Ga.J.lnt'l & Comp.L. GATS GATT Geo. Wash. J. Int'l L. & Econ. GYIL HdbStR HdWW Hrsg. 2*

Amtsblatt der EG American Journal of International Law Artikel Archiv des Völkerrechts Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Band Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht Bundesstelle für Außenhandelsinformationen Basic Instruments and Selected Documents The British Yearbook of International Law Common Market Law Review Countertrade Dispute Settlement Body Understanding on Rules and Procedures Governing the Settlement of Disputes Europa-Archiv Economic Comrnission for Europe United Nations Economic and Social Council Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft European Journal of International Law Encyclopedia of Public International Law Europarecht Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Fußnote Fortharn International Law Journal Festschrift Georgia Journal of International and Comparative Law General Agreement on Trade in Services General Agreements on Tariffs and Trade The George Washington Journal of International Law and Economics German Yearbook of International Law Handbuch des Staatsrechts Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften Herausgeber

20

Abkürzungsverzeichnis

ICLQ IflM

Internationaland Comparative Law Quarterly Institut für landwirtschaftliche Marktforschung der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft BraunschweigVölkenrode International Law Commission International Legal Materials International Monetary Fund The International Lawyer The International Trade Journal Journal of Business Research The Japanese Annual of International Law Journal of International Business Studies Journal of Institutional and Theoretical Economics (Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft) Journal ofWorld Trade Law Juristenzeitung L'Egypte Contemporaine Law and Policy in International Business Legal Issues of European Integration Leiden Journal of International Law mit weiteren Nachweisen Michigan Journal of International Law Multilateral Trade Negotiations North Carolina Journal of International Law and Commercial Regulation Quarterly Journal of Economics Recueil des Cours Randnummer Recht der Internationalen Wirtschaft Agreement on Sanitary and Phytosanitary Measures State Trading Organizations Syracuse Journal of International Law and Commerce Agreement on Technical Barriers to Trade Trade Policy Review (herausgegeben vom GATI bzw. WTO) Trade Policy Review Body Trade Policy Review Mechanism Trade-Related Investment Measures Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights United Nations United Nations Conference on Trade and Development United Nations Treaty Series Volume

ILC ILM IMF Int'l Lawyer Int'l Trade J. J. Buss. Res. JAIL JIBSt

JITE

JWTI.. JZ L'Egypte Cont. L. & Pol.lnt.Bus. LIEI UIL m.w.N. Mich. J. Int'l L. MTN N.C.J. Int'l & Comp. Reg.

QJE RdC Rdnr. RIW SPM-Agreement STOs Syr.J.Int'l L. & Com. TBT-Agreement TPR TPRB TPRM TRIMs TRIPS UN UNCTAD UNTS Vol.

Abkürzungsverzeichnis WiSt WTO WVK WWA Yale J. Int'l L. ZaöRV ZfbF ZfW

21

Wirtschaftswissenschaftliches Studium World Trade Organization Wiener Übereinkommen (Konvention) über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 Weltwirtschaftliches Archiv The Yale Journal of International Law Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für Wirtschaftspolitik

Einleitung

A. Leitideen der Arbeit Nach dem erfolgreichen Abschluß der Uruguay-Runde des GATI hat die neue Welthandelsorganisation (WTO) zum 1. Januar 1995 ihre Arbeit aufgenommen. Gleichzeitig wurde ein umfangreiches Vertragswerk in Kraft gesetzt, das mit seinen ca. 550 Seiten reinem Vertragstext und weiteren über 22.000 Seiten Anhängen hierzu das normative Kernstück des Welthandelsrechts darstellt. Politisch wurde dieses Ereignis als wegweisend, als ,,Meilenstein" in der Geschichte der internationalen Wirtschaftsbeziehungen gefeiert; 1 eine Einschätzung, die in vielen Bereichen sicherlich zu teilen ist. Der Abschluß der Uruguay-Runde und die Gründung der WTO dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß auch in Zukunft handelspolitische Streitigkeiten zwischen Staaten die Tagesordnung im Weltwirtschaftssystem bestimmen werden. Die Erfahrung lehrt, daß mit einer fortschreitenden völkerrechtlichen Normierung und damit Diziplinierung staatlicher Handelspolitik versucht wird, aus partikularen Interessen heraus die festgeschriebenen Normen zu umgehen. Insbesondere in Zeiten einer schwachen Konjunktur, hoher Arbeitslosenzahlen und verstärkten internationalen Wettbewerbs, vor allem in innovationsabhängigen Industriebereichen, wächst in vielen Staaten der Wunsch, protektionistische Maßnahmen zu ergreifen, um einen vermeintlichen Schutz der heimischen Volkwirtschaft zu begründen. Politisch wird hier von einem "dosierten Wettbewerb" gesprochen, dessen Rechtfertigung- vereinfacht ausgedrückt- darin liegen soll, daß immer dann, wenn die Marktmechanismen versagen und Marktunvollkommenheiten vorliegen, nur durch staatliche Eingriffe in das Marktgeschehen weiterhin optimale wirtschaftspolitische Ergebnisse zu erzielen seien. Unterstützung finden diese insbesondere in der Europäischen Union (EU) und den USA zu verzeichnenden Ten-

1 Siehe zum Beispiel die Erklärung der Bundesregierung abgegeben vom Bundesminister der Wirtschaft Rexrodt anläßlich der Unterzeichnung der Schlußakte der UruguayRunde, Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Bulletin, Nr. 36, S. 317, vom 26. April 1994; siehe auch entsprechende Äußerungen anderer Politiker in Presseberichten anläßlich der Marrakesch-Konferenz, FAZ v. 13.04.1994, S. 1; FAZ v. 13.04.1994, S. 17.

24

Einleitung

denzen durch wirtschaftswissenschaftliche Konzepte, wie das einer "strategischen Handelspolitik". 2 Kommt es zum Einsatz protektionistischer Maßnahmen durch Staaten, wird in der Regel von sogenannten "nichttarifären Handelshemmnissen" gesprochen, ein Oberbegriff für jede handelsbeschränkende staatliche Aktivität, die nicht durch Zölle - dem klassischen Instrumentarium staatlicher Handelspolitik - verwirklicht wird. Hierbei ist evident, daß in den unterschiedlichen Wirtschafts-, Gesellschaftsund Rechtssystemen der Staaten ganz unterschiedliche hoheitliche Eingriffe in den Wirtschaftsprozeß denkbar sind, die dem Oberbegriff der nichttarifären Handelshemmnisse unterfallen. Aus wirtschafts- und rechtswissenschaftlicher Sicht ist es daher schwierig, abschließend zu erklären, was nichttarifäre Handelshemmnisse sind und welche ordnungspolitische und juristische Bewertung angezeigt erscheint. lohn H. Jackson merkt in diesem Zusammenhang überzeugend an: "[L]ike ways to avoid income tax, human invention of non-tariff barriers will undoubtedly go on forever. The international and national institutions designed to cope with this problern must recognize this as part of the circumstances which they must contend with". 3 Die aus tatsächlichen Umständen resultierende Schwierigkeit einer abschließenden Erfassung nichttarifärer Handelshemmnisse im Weltwirtschaftssystem darf natürlich nicht dazu führen, vor diesem Phänomen die Augen zu verschließen. Im Gegenteil, die bestehende und wachsende Relevanz nichttarifärer Handelshemmnisse verstärkt die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Aufarbeitung. Während jedoch in den Wirtschaftswissenschaften hierzu erste umfassende Untersuchungen vorliegen,4 fehlt es bisher an Versuchen einer juristischen Aufarbeitung, wobei hierin gleichzeitig ein strukturelles Defizit im Schrifttum zum Welthandelsrecht zu sehen ist. Das GATT als maßgeblicher juristischer Ordnungsrahmen für die internationalen Handelsbeziehungen wurde im deutschen Schrifttum bisher in erster Linie unter institutionellen Aspekten gewürdigt, ohne vertiefend auch die materiellrechtlichen Strukturen dieses Rechtssystems herauszuarbeiten. 5 2 Hierzu und umfassend zu alten und neuen Problembereichen des Weltwirtschaftssystems nach Abschluß der Uruguay-Runde Donges, ZfW 44 (1995), 209 ff. m.w.N. 3 Jackson , The World Trading System, 130. 4 Aus dem deutschsprachigen Schrifttum insbesondere Quambusch, Nicht-tarifäre Handelshemrnnisse, passim; Ohlinger, Die Relevanz nicht-tarifärer Handelshemmnisse im internationalen Handel und ihre Wirkungen auf die Integration der Entwicklungsländer in der Weltwirtschaft, passim. 5 Siehe insbesondere die umfassende Studie von Benedek, Die Rechtsordnung des GATT aus völkerrechtlicher Sicht; aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive werden materiellrechtliche Fragen des GATT vertiefend behandelt von Senti, GATT; aus dem englischsprachigen Schrifttum sind folgende Werke zu nennen: Jackson, World Trade and the Law of GATT; ders., The World Trading System; McGovern, International Trade

B. Erkenntnisinteresse und methodischer Ansatz

25

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, insbesondere mit Blick auf nichttarifäre Handelshemmnisse einen Beitrag zum Verständnis der materiellrechtlichen Strukturen des GATT und nunmehr des WTO/GAIT-Systems zu erbringen. Um der Schwierigkeit einer tatsächlichen Erfassung denkbarer nichttarifärer Handelshemmnisse zu begegnen, wird hierbei der sogenannte Countertrade als Beispiel eines nichttarifären Handelshemmnisses vertiefend untersucht. Vorbehaltlich einer genaueren Begriffsbestimmung läßt sich der Countertrade als Handelsform kennzeichnen, die sich in Abweichung vom monetären Handel primär an Tauschelementen ausrichtet. Da hoheitliche Institutionen in vielen Staaten auf diese besondere Erscheinung im internationalen Handel Einfluß nehmen6 und - wie noch darzustellen ist - sich der Countertrade in seinen Ursachen, Wirkungen sowie möglichen Rechtfertigungen mit vielen anderen nichttarifären Handelshemmnissen vergleichen läßt, erscheint dessen genauere Analyse besonders gewinnbringend, um zum Verständnis der materiellrechtlichen Strukturen des WTO/GAIT-Systems beizutragen.

8. Erkenntnisinteresse und methodischer Ansatz Auch den Countertrade als Beispiel eines nichttarifären Handelshemmnisses kennzeichnet dessen strukturelle Offenheit in seiner tatsächlichen Erscheinung, wie sich im Rahmen der vertiefenden Analyse noch zeigen wird. Zwei prominente Weltwirtschaftswissenschaftler stellten in diesem Zusammenhang jüngst fest: "The best counter-trade policy is no counter-trade policy. The compatibility of countertrade regulations with the provisions of the GATT must be examined on a case-bycase basis".7 Entsprechend dieser Einschätzung liegt das Erkenntnisinteresse der Arbeit nicht darin, einzelne Countertrade-Erscheinungen im Weltwirtschaftssystem einer abschließenden Subsumtion unter die Normen des Welthandelsrechts zu unterziehen. Dies wäre wenig ergiebig, da immer neue Erscheinungsformen des Countertrade und nichttarifärer Handelshemmnisse im allgemeinen ein einmal auf einen konkreten Sachverhalt bezogenes Subsumtionsergebnis bereits in kurzer Zeit wertlos machen. Das Erkenntnisinteresse der nachfolgenden Untersuchung besteht vielmehr darin, juristische Grundstrukturen der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse Regulation, 3. Auflage; Hudec, The GATI Legal System and World Trade Diplomacy, 2. Auflage; ders., Enforcing International Trade Law- The Evolution of the Modem GATI Legal System. 6 Siehe hierzu die Zusammenstellung verfügbarer Staatenpraxis im Anhang. 7 Hoekman/Kostecki, The Polical Economy of the World Trading System, 111.

Einleitung

26

am Beispiel des Countertrade aufzuzeigen. Methodisch wird hierbei von dem Systemgedanken in der Rechtswissenschaft ausgegangen. Die Systemfrage hat insbesondere die deutsche rechtswissenschaftliche Methodenlehre über Jahrzehnte beschäftigt. Ihr haftete zunächst die Nähe zur Begriffsjurisprudenz an, einer Methode der Rechtswissenschaft, die heute überwunden ist. 8 Den wohl bekanntesten Versuch einer Systembildung im Sinne strenger Begrifflichkeit hat Stammler im Jahre 1922 vorgelegt.9 Ihm zufolge lasse sich eine Rechtsordnung als axiomatisches System begreifen, als ein aus "reinen Grundbegriffen" abgeleitetes Beziehungsgefüge. Entgegen dieser Ansicht steht heute fest, daß aufgrund der Vielfalt der natürlich-sozialen Welt, die ihrerseits die Inhalte einer Rechtsordnung bestimmt, eine solche axiomatische Erfassung nicht möglich ist. 10 Versuche, eine Rechtsordnung als ausschließlich von Axiomen ausgehende Deduktion zu begreifen, schlagen daher fehl. Hierum geht es aber auch nicht, wenn der Systemgedanke der Rechtswissenschaft als erkenntnisleitende Methode dieser Arbeit gewählt wird. Vielmehr wird davon ausgegangen, daß neben anderen Formen juristischen Denkens auch das Systemdenken in der Rechtswissenschaft eine notwendige Rolle spielt, wobei es dessen wesentliche Aufgabe ist, Widerspruchsfreiheit und Übersichtlichkeit einer Rechtsordnung zu gewährleisten. 11 In diesem Sinne erhebt das systematische Denken keinen Ausschließlichkeitsanspruch, sondern beschränkt sich auf einen Aspekt der Erfassung und Ordnung einer Rechtsordnung. Das zu ermittelnde System einer Rechtsordnung ist daher notwendig "offen", 12 es ist gegenüber neuen Problemen und Lösungsansätzen anpassungsfähig und durch andere Methoden juristischen Denkens ergänzungsbedürftig, wie es Engisch am deutlichsten hervorhob: "Keinesfalls darf das System dem Recht wie ein Netz übergeworfen werden, in dem die Bewegung ertötet". 13 Trotz der strukturellen Offenheit der Systemfrage besteht Einigkeit, daß sie notwendig ist. Die Aufgabe systematischen Denkens besteht darin, Grundgedanken, Grundstrukturen einer Rechtsordnung offen zu legen, also innere Zusammenhänge aufzuzeigen, 14 wobei dem - noch näher darzustellenden - korrespondieren-

Zur Begriffsjurisprudenz im Überblick Larenz, Methodenlehre, 19 ff. Stammler, Lehrbuch der Rechtsphilosophie, §§ 133 ff. 10 Grundlegend hierzu Engisch, Studium Generale 10 (1957), 173 ff.; sowie Larenz, Methodenlehre, 165 ff. 11 Zippelius, Rechtsphilosophie, 255; Larenz, Methodenlehre, 166 ff.; Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 353; Engisch, Studium Generale 10 (1957), 173 (188 f.). 12 Hierzu Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 353; Larenz. Methodenlehre, 166 ff. 13 Engisch, Studium Generale 10 (1957), 173 (189). 14 Engisch, Studium Generale 10 (1957), 173 (188). 8

9

C. Untersuchungsgang

27

den Nebeneinander von Rechtsprinzipien und Rechtsregeln besondere Bedeutung zukommt. 15 In diesem Sinne kann das systematische Denken in der Rechtswissenschaft auch als Streben nach Kohärenz gewertet werden. 16 Anders als der topische Ansatz, der sich darauf beschränkt, Argumentationsmuster zur Problemlösung darzulegen, 17 geht es dem systematischen Denken damit um die Einheit des Ganzen, was sich im einzelnen anhand folgender drei Funktionen konkretisieren läßt: Zunächst trägt die Erfassung einer Rechtsordnung als System zur Transparenz bei; durch die Verdeutlichung von Zusammenhängen wird gewährleistet, daß der Zugang zu einer Rechtsordnung dem Rechtsuchenden und dem Rechtsanwender erleichtert wird. Weiterhin zeichnet sich systematisches Denken dadurch aus, den Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Rechtsanwendung zu sichern, indem Einzelentscheidungen an übergreifenden Strukturen der Rechtsordnung gemessen werden können. Schließlich zeigt sich die Funktion systematischen Denkens bei der - auf den Einzelfall bezogenen - juristischen Interpretation unter systematischen und teleologischen Gesichtspunkten.18 Aufbauend auf dem methodischen Ansatz systematischen Denkens in der Rechtswissenschaft ist es Ziel dieser Arbeit, nonnative Grundstrukturen der WTO/ GATT-Rechtsordnung im Hinblick auf die juristische Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse darzustellen. Am Beispiel des Counternade sollen - abgesehen von einer konkreten Subsumtion - die inneren Zusammenhänge aufgezeigt werden, nach denen tatsächliche Probleme im Weltwirtschaftsystem nach Maßgabe der WTO/GATT-Rechtsordnung zu lösen sind.

C. Untersuchungsgang Der Untersuchungsgang der Arbeit wird durch die Darstellung des Systems der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse am Beispiel des Countertrade zum Teil bereits vorbestimmt. Der Untersuchung liegt die These zugrunde, daß der Counternade ein typisches Beispiel eines nichttarifären Handelshemmnisses ist. Anhand des Countertrade, seiner Struktur, Erscheinungsweise und möglicher rechtlicher Bewertung soll daher aufgezeigt werden, welche Grundstrukturen der

Canaris, Systemdenken und Systembegriff, 25 f. Zur Kohärenz in der Methode der Rechtswissenschaft siehe Alexy, in: Behrends/ Dießelhorst/Dreier (Hrsg.), Rechtsdogmatik und praktische Vernunft, 95 ff.; sowie die Beiträge in Brouwer/Hol et al. (Hrsg.), Coherence and Conflict of Law. 17 Hierzu Zippelius, Rechtsphi!osophie, 261 ff.; Larenz, Methodenlehre, 145 ff. 18 Zu den einzelnen Funktionen systematischen Denkens siehe Zippelius, Rechtsphilosophie, 255. 15

16

28

Einleitung

Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse in der WTO/GATI-Rechtsordnung im allgemeinen bestehen. Hierzu ist es zunächst notwendig, einen rechtstatsächlichen Überblick allgemein zu nichttarifären Handelshemmnissen zu geben, wobei nach einer einführenden Betrachtung des Oberbegriffes der nichttarifären Handelshemmnisse vertiefend auf den Countertrade einzugehen ist. Neben begrifflichen Klärungen wird es dabei in erster Linie darauf ankommen, die wirtschaftspolitischen Motive und ökonomischen Wirkungen nichttarifärer Handelshemmnisse im allgemeinen und des Countertrade als speziellem Untersuchungsgegenstand zu ergründen (1. Teil). Im Anschluß an den Überblick zu rechtstatsächlichen Aspekten ist es notwendig, einige rechtsdogmatische und tatsächliche Grundlagen des WTO/GATISystems als Rechtsordnung zu erarbeiten, da nur eine vertiefende Auseinandersetzung mit Wesensmerkmalen einer bestimmten Rechtsordnung den Zugang zur Kenntlichmachung von Grundgedanken ermöglicht, auf denen diese Rechtsordnung aufbaut. Anliegen des 2. Teils der Untersuchung ist es daher, neben einer kurzen Einführung zur historischen Entwicklung der letzten Jahre und zum Regelungsgehalt des WTO/GATT-Systems zunächst die bisherige Behandlung von nichttarifären Handelshemmnissen im GATT 1947 und der neuen WTO/GATTRechtsordnung aufzuzeigen. Darüber hinaus sind als methodische Vorfrage einige Aspekte zu klären, die zum dogmatischen Verständnis und zur Interpretation der WTO/GATI-Rechtsordnung notwendig sind. Teil 3 der Arbeit stellt den Schwerpunkt der Untersuchung dar, indem ausgehend von dem Konzept der Rechtsverwirklichung aufgezeigt werden soll, anhand welcher Normen staatliches Verhalten in der WTO/GATI-Rechtsordnung determiniert wird. Diese Analyse beruht auf der Erkenntnis, daß sich im internationalen System aufgrund einer fehlenden zentralen Rechtsdurchsetzungsinstanz wesentliche normative Grundstrukturen einer Rechtsordnung nur dann erkennen lassen, wenn klar ist, anhand welcher juristischer Vorgaben die dezentrale Rechtsverwirklichung durch die Staaten erfolgt. Mit Blick auf nichttarifäre Handelshemmnisse wird es daher darauf ankommen, insbesondere durch eine Analyse der bisherigen Praxis des GATI diejenigen Vorschriften näher zu analysieren, nach denen das Welthandelsrecht staatliches Verhalten determiniert, bevor es zu einer Rechtsverletzung kommt (präventive Rechtsverwirklichung) und nachdem ein Widerspruch zur Rechtsordnung aufgetreten ist (repressive Rechtsverwirklichung). Aufbauend auf den abstrakt ermittelten Erkenntnissen insbesondere zur repressiven Rechtsverwirklichung sollen dann einzelne Rechtsprinzipien und Rechtsregeln der WTO/GATT-Rechtsordnung näher untersucht werden, nach denen sich der Einsatz nichttarifärer Handelshemmnisse durch Staaten juristisch bewertet. Entsprechend dem methodischen Anliegen der Arbeit ist es dabei von primärem Interesse, im Lichte des Countertrade zu analysieren, welche Funktion den der WTO/

C. Untersuchungsgang

29

GATT-Rechtsordnung zugrundeliegenden Rechtsprinzipien zukommt und welche konkrete Ausgestaltung sie in einzelnen Rechtsregeln erfahren haben. Den Abschluß der Untersuchung bildet ein kurzer Ausblick und eine thesenhafte Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse.

Erster Teil

Rechtstatsächliche Grundlagen § 1 Nichttarifare Handelshemmnisse im Weltwirtschaftssystem Obwohl der Begriff der nichttarifären Handelshemmnisse immer wieder in der politischen, ökonomischen und juristischen Diskussion instrumentalisiert wird, um Gefahren und Krisenerscheinungen im Weltwirtschaftssystem zu charakterisieren, bleibt seine konkrete Bedeutung oft im Unklaren. Daher sind zunächst Begriff und Systematik, die heutige Bedeutung nichttarifärer Handelshemmnisse im Weltwirtschaftssystem, ihre Bewertung im Lichte aktueller Lehren zur Wirtschaftstheorie und Motive für den Einsatz dieser handelsbeschränkenden Maßnahmen zu erarbeiten.

A. Begriff und Systematik Der Begriff "nichttarifäres Handelshemmnis" leitet sich aus der englischsprachigen Bezeichnung "non-tariff-trade-barrier" ab und ist in seiner wörtlichen Übernahme in das Deutsche begrifflich unglücklich, da die im Englischen hervorgehobene Abgrenzung zu Zollbeschränkungen nicht unmittelbar zum Ausdruck kommt. 1 Diese Abgrenzung bestimmt den Begriff des nichttarifären Handelshemmnisses aber maßgeblich, da es hierbei sich ganz allgemein um alle Handelshemmnisse außer den Zöllen handelt. 2• 3 Über diese negative Definition hinausgehend bereitete es immer wieder Schwierigkeiten, den Begriff der nichttarifären Handelshemmnisse auch positiv zu bestimmen. Die wohl bekannteste Definition 1 Quambusch, Nicht-tarifäre Handelshemmnisse, 4; Ohlinger, Die Relevanz nicht-tarifärer Handelshemmnisse, 108 f. 2 Donges, in: HdWW, Bd. 3, 784; Quambusch, Nicht-tarifare Handelshemmnisse, 5. 3 Trotz der Ungenauigkeit der deutschen Bezeichnung "nichttarifäre Handelshemmnisse" hat sich dieser Begriff in der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion durchgesetzt (siehe z.B. Donges, in: HdWW, Bd. 3, 784 ff.; Senti, GATT, 146; Petersmann, RabelsZ 47 [1983], 478 ff.), so daß er auch hier nicht in Frage gestellt werden soll.

A. Begriff und Systematik

31

legte Baldwin im Jahre 1970 vor. Ihm zufolge handelt es sich bei nichttarifären Handelshemmnissen um any measure (public or private) that causes intemationally traded goods and services, or resources devoted to the production of these goods and services, to be allocated in such a way as to reduce potential real world income.4 Problematisch an dieser Definition ist, daß sie eine Aussage über das potentielle Realeinkommen der Welt voraussetzt, die praktisch kaum möglich ist; Baldwins Definition ist daher für die praktische und wissenschaftliche Arbeit wenig geeignet.5 Ähnliche Schwierigkeiten bestehen für eine Reihe weiterer Definitionsversuche, die im Schriftturn diskutiert wurden.6 Ohne auf diese Diskussion hier eingehen zu können, zeigt der Stand der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung, daß im Ergebnis heute nicht mehr der Versuch unternommen wird, nichttarifäre Handelshemmnisse definitorisch zu erfassen; vielmehr hat sich eine Klassifizierung anhand verschiedener Erscheinungsformen durchgesetzt. 7 In diesem Sinne wird auch vom GATI eine Gruppierung nichttarifarer Handelshemmnisse in (I.) direkte Teilnahme der Regierung am Handel, (2.) Verfahrensvorschriften über die Abfertigung der Importe an der Grenze, (3.) Erlasse über Normen, (4.) mengenmäßige Limitierungen der Handelsströme sowie (5.) Import- und Exportbeschränkungen und Preisvorschriften vorgenommen. 8 Aber auch diese Klassifizierung läßt erkennen, daß eine eindeutige Zuordnung einer bestimmten handelspolitischen Erscheinung in eine der fünf genannten Kategorien im Einzelfall schwierig sein kann. So ist es denkbar, eine Maßnahme als direkte Teilnahme der Regierung am Handel einzuordnen und in ihr gleichzeitig eine mengenmäßige Limitierung der Handelsströme zu erblicken. Darüber hinaus zeigen sich allein schon quantitativ die Probleme der genauen Erfassung nichttarifarer Handelshemmnisse: Das GATI hat über 800 verschiedene Maßnahmen diesem Begriff zugeordnet;9 in einer Zusammenstellung der UNCTAD aus dem Jahre 1986 findet sich sogar eine noch größere Anzahl erfaßter

Baldwin, Nontariff Distonions of International Trade, 5. Senti, GATT, 146; Quambusch, Nicht-tarifäre Handelshemmnisse, 12; Ohlinger, Die Relevanz nicht-tarifärer Handelshemmnisse, 109. 6 Hierzu ausführlich Quambusch, Nicht-tariflire Handelshemmnisse, 9-14; Ohlinger, Die Relevanz nicht-tarifärer Handelshemmnisse, 108 ff. 7 Statt vieler Schu/z, in: Arbeitskreis Europäische Integration (Hrsg.), Neuer Protektionismus in der Weltwirtschaft und EG-Handelspolitik, 35 (39 f.); Senti, Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse, 3 f. 8 GATT, GATT Activities in 1973,27 f. ; GATI, The Tokio Round ofMultilateral Trade Negotiations, 50. 9 Siehe Quantitative Restrietions and Other Non-Tariff Measures, Report ( 1984) of the Group on Quantitative Restrietions and Other Non-Tariff Barriers, BISD 31 S/211. 4

5

32

1. Teil, § 1. Nichttarifäre Handelshemmnisse im Weltwirtschaftssystem

nichttarifärer Handelshemmnisse. 10 Die hier zutage tretende methodologische Schwierigkeit läßt sich letztlich damit erklären, daß der menschliche Erfindungsgeist immer neue Erscheinungsformen nichttarifärer Handelshemmnisse hervorbringen wird und daher eine umfassende sowohl theoretische als auch praktische Erfassung dieses Phänomens als nicht möglich erscheint. 11 Aus dogmatischen Gesichtspunkten mag die bisherige Erörterung des Begriffes und der Systematik nichttarifarer Handelshemmnisse zwar unbefriedigend erscheinen, auf der Grundlage wirtschaftswissenschaftlicher Untersuchungen können aber trotzdem einige Wesensmerkmale nichttarifärer Handelshemmnisse festgestellt werden, die für die weitere rechtswissenschaftliche Untersuchung aufschlußreich sind. Insbesondere kann zwischen Ursache und Wirkung nichttarifärer Handelshemmnisse unterschieden werden. Ursache eines nichttarifaren Handelshemmnisses ist stets ein staatlicher Eingriff in die spontane Ordnung des internationalen Wirtschaftslebens, so daß es insbesondere auf die Ausgrenzung "natürlicher" Handelshemmnisse 12 und die Abgrenzung zu privaten Wirtschaftsaktivitäten ankommt. Während die natürlichen Handelshemmnisse in einer rechtswissenschaftliehen Untersuchung unberücksichtigt gelassen werden können, ist es von Bedeutung, daß private Wirtschaftsaktivitäten für sich keine nichttarifaren Handelshemmnisse sind, selbst wenn ihre Wirkung sich nicht von diesen unterscheiden sollte. Juristisch werden Maßnahmen, bei denen Privatrechtssubjekte alsVerursachereiner vermeintlichen Störung der spontanen Ordnung des Marktes auftreten vom Wettbewerbsrecht erfaßt. Das Wettbewerbsrecht ist allgemein zu definieren als diejenige Rechtsmaterie; die vor Verhaltensweisen schützt, die an die Stelle der Handlungsfreiheit des Individuums im Wettbewerb Zwang setzen und als Addressaten das Zwang ausübende Privatrechtssubjekt erfassen. 13 Im Gegensatz hierzu ist Verursacher und damit gleichzeitig Zuordnungssubjekt nichttarifarer Handelshemmnisse immer der Staat als Völkerrechtssubjekt und nicht das Individuum selbst wenn seine Handlungen faktisch für die Frage eines nichttarifaren Handelshemmnisses Bedeutung gewinnen können. 14 Eine bedeutende Frage in der Diskussion zu nichttarifaren Handelshemmnissen ist es daher, wie genau zwischen privaten und staatlichen Maßnahmen unterschieden werden kann, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, daß sich 10 UNCTAD, Non-Tariff Barriers Affecting the Trade of Developing Countries and Transparency in World Trading Conditions: The Inventory of Non-Tariff Barriers, Genf 1983. 11 Jackson, The World Trading System, 130. 12 Hierzu Quambusch, Nicht-tarifare Handelshemmnisse, 26. 13 Hierzu umfassend Schwintowski, RabelsZ 58 (1994), 232 (235 ff.); sowie Emmerich, Kartellrecht, § 1. 14 Ähnlich Quambusch, Nicht-tarifäre Handelshemmnisse, 26.

B. Bedeutung nichttarifärer Handelshemmnisse im heutigen Welthandel

33

staatliches Handeln in den verschiedenen weltweit bestehenden Gesellschaftssystemen in ganz unterschiedlichen Erscheinungsformen und Intensitätsgraden zeigen kann. Unter völkerrechtlichen Aspekten ist dieser Frage gerade für den Countertrade noch näher nachzugehen. 15 Neben dem Ursachenkriterium lassen sich nichttarifäre Handelshemmnisse im Bereich ihrer Wirkung charakterisieren. Das Wirkungselement wird in der verwandten Terminologie bereits mit dem Begriff des Handelshemmnisses hervorgehoben. Problematisch ist nur die Frage, unter welchen Bedingungen der internationale Handel tatsächlich "gehemmt" wird. Um diese Frage beantworten zu können, bedarf es offensichtlich entweder einer theoretischen Absicherung eines Konzeptes des optimalen internationalen Handels oder aber empirisch verläßlicher Daten. Im Rahmen einer Grobcharakterisierung nichttarifärer Handelshemmnisse sind beide Möglichkeiten nicht zu leisten. Dieses erscheint aber auch nicht notwendig. Solange im konkreten Einzelfall nachgewiesen werden kann, daß eine staatliche Maßnahme den internationalen Handel hemmt, ist es ausreichend, die Wirkung nichttarifärer Handelshemmnisse zunächst nur als "Störfaktor im Hinblick auf den als optimal erachteten" Handel aufzufassen. 16 Insgesamt sind es also zwei wesentliche Elemente, die das Phänomen der nichttarifären Handelshemmnisse auszeichnen: Es handelt sich (1.) immer um staatliche Maßnahmen, die (2.) als Störfaktor im Hinblick auf den als optimal zu erachtenden internationalen Handel wirken.

B. Die Bedeutung nichttarifärer Handelshemmnisse im heutigen Welthandel Es ist unumstritten, daß nichttarifäre Handelshemmnisse eine steigende Bedeutung im Welthandel einnehmen. 17 Schwierigkeiten bereitet es jedoch, verläßliche Aussagen über die tatsächliche Bedeutung nichttarifärer Handelshemmnisse im Welthandel zu treffen. Diese Problematik beruht letztlich auf den bereits hervorgehobenen Umständen, daß nichttarifäre Handelshemmnisse in den unterschiedlichsten Erscheinungsformen auftreten und eine klare Abgrenzung zwischen privaten und staatlichen Maßnahmen oft schwer fällt. Den Wirtschaftswissenschaften ist es deshalb nicht gelungen, den Anteil des von nichttarifären Handelshemmnissen be-

Infra 3. Teil, § 2 B II 2 und ausführlich infra 3. Teil, § 5. Quambusch, Nicht-tarifäre Handelshemmnisse, 16. 17 Statt vieler Wolfrum, in: Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil II, 535 (634); Petersmann, RabelsZ 47 (1983), 478 ff., jeweils m.w.N. 15

16

3 Ticl,ic

34

l. Teil, § l. Nichttarifäre Handelshemmnisse im Weltwirtschaftssystem

troffeneo Welthandels abschließend und verläßlich zu bestimmen; eine solche Bestimmung erscheint auch in Zukunft nicht möglich. 18 Unabhängig von diesen Schwierigkeiten existieren eine Reihe von Schätzungen und Untersuchungen, die die Bedeutung nichttarifärer Handelshemmnisse im Welthandel zu bestimmen versuchen. Das GATT schätzte Mitte der achtziger Jahre, daß der Anteil des Welthandels, der durch nichttarifäre Handelshemmnisse betroffen war, ca. 40 % betrug. 19 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Untersuchung von Laire und Yeats. 20 Hiernach betrug der Anteil der von nichttarifären Handelshemmnissen betroffenen Importe der großen Industrieländer im Jahre 1966 25,3 %. Im Jahre 1986 waren bereits 48,0 % der Importe dieser Staaten von nichttarifären Handelshemmnissen betroffen. 21 Ohne hier aufweitere Bestimmungsversuche eingehen zu wollen, 22 läßt sich bereits aus den genannten Untersuchungen ablesen, daß zumindest ein Drittel des Welthandels von nichttarifaren Handelshemmnissen betroffen ist, so daß diese Erscheinung das heutige Welthandelssystem in entscheidendem Maße prägt.

C. Nichttarifare Handelshemmnisse im Lichte wirtschaftswissenschaftlicher Lehren Eine einführende Bewertung nichttarifärer Handelshemmnisse im Lichte wirtschaftswissenschaftlicher Lehren läßt sich vorzugsweise im Vergleich mit Zöllen vornehmen, da die Wirkung von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen im wesentlichen gleich ist. 23 Darüber hinaus ist eine Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Wirkungen nichttarifärer Handelshemmnisse angezeigt. Als unmittelbare Wirkungen sollen im Überblick die in den Wirtschaftswissenschaften anerkannten Auswirkungen einer Zollerhebung und damit auch, mutatis mutandis, des Einsatzes eines nichttarifären Handelshemmnisses dargestellt wer18 Hierzu I..anghammer, in: Zippel (Hrsg.), Ökonomische Grundlagen der europäischen Integration, 41 (48 ff.). 19 Hochstrate!Zeppemick, Wirtschaftsdienst 1988, 500; Petersmann, RabelsZ 4 7 (1983), 478 (479). 20 I..aird/Yeats, Weltwirtschaftliches Archiv 126 (1990), 299 ff. 21 I..aird/Yeats, Weltwirtschaftliches Archiv 126 (1990), 299 (316, Tabelle 6); siehe auch I..anghammer, in: Zippel (Hrsg.), Ökonomische Grundlagen der europäischen Integration, 41 (53). 22 Hierzu I..anghammer, in: Zippel (Hrsg.), Ökonomische Grundlagen der europäischen Integration, 41 (50 ff.) m.w.N. 23 Rose/Sauemheimer, Theorie der Außenwirtschaft, 571 ff.; Senti, Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse, 15 f.; I..anghammer, in: Zippel (Hrsg.), Ökonomische Grundlagen der europäischen Integration, 41 (46 f.).

C. Wirtschaftswissenschaftliche Lehren

35

den, ohne bereits auf das Problem auftretender Gegenmaßnahmen durch andere Staaten einzugehen. Diese Erscheinung soll anschließend als mittelbare Wirkung gewürdigt werden. Allgemein wird die Analyse der Wirkungen von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen unterteilt in die Partial- und die Totalanalyse. Die Partialanalyse beschränkt sich zunächst auf die Betrachtung des Marktes des vom Zoll betroffenen Gutes, wobei zwischen der Situation eines "kleinen" und eines "großen" Landes unterschieden wird, d.h. einer Situation, in der eine Nachfrageänderung eines Gutes keine Auswirkungen auf den Weltmarkt hat und einer Situation, in der eine Nachfrageänderung aufgrundder Bedeutung des "großen" Marktes auf den Weltmarkt durchschlägt. 24 In der Situation eines kleinen Landes tritt durch eine Zollerhebung zunächst ein Konsum- und ein Produktionseffekt ein: Die Inlandnachfrage geht mengenmäßig zurück, und aufgrund des höheren Preises für das zollbelastete Gut steigt die inländische Angebotsmenge. Aus demselben Grunde sinkt die Importnachfrage. Weiterhin tritt ein Preiseffekt ein, der sich in einer Erhöhung des Preises auf dem Inlandmarkt um die Höhe des Zolles zeigt. Der Auslandspreis verändert sich hingegen aufgrund der Situation eines kleinen Landes nicht. Die so eingetretene zollbedingte Preiserhöhung führt dazu, daß die inländischen Konsumenten auf eine bestimmte Nachfragemenge (dem vorherigen Importangebot) verzichten müssen und für die verbleibende Menge einen höheren Preis zahlen, was als Verlust an Konsumentenrente bezeichnet wird. 25 Gleichzeitig erzielen die heimischen Produzenten aber einen Mehrerlös (die sogenannte Produzentenrente), der sich aus einem nunmehr vorherrschenden Preisniveau ergibt, das seinerseits über den Grenzkosten liegt. 26 Als weitere Auswirkung ist schließlich eine Mehreinnahme des Staates aufgrund der Zollabschöpfung durch die öffentliche Hand zu vermerken. Damit bewirkt die Einführung eines Importzolles in einem kleinen Land im wesentlichen eine Einkommensumverteilung von den Konsumenten an die Produzenten. 27 In der Situation der Partialanalyse wird von bestehenden Interdependenzen zwischen zwei Staaten A und B ausgegangen. Infolge der Einführung eines Importzolles im Staat A tritt in B zunächst ein nicht absetzbarer Angebotsüberschuß auf, der sich aus der Reduzierung der Importmenge in A ergibt. Den Grundsätzen von An24 Rose/Sauemheimer, Theorie der Außenwirtschaft, 571 ; Senti, Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse, 7. 25 Senti, Zölle und nichttarifare Handelshemmnisse, 9. 26 Senti, Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse, 9. 27 Rose/Sauemheimer, Theorie der Außenwirtschaft, 571 f.; Senti, Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse, 9 f.; bei dem dargelegten Ergebnis noch nicht mitberücksichtigt sind mögliche Effizienzverluste der durch den Zoll geschützten Produzenten, Auswirkungen auf die Beschäftigungsstruktur u.ä.

3*

36

I. Teil, § I. Nichttarifäre Handelshemmnisse im Weltwirtschaftssystem

gebot und Nachfrage entsprechend wird dieser Angebotsüberschuß gleichzeitig zu einer Preissenkung in B führen, die sich aufgrund bestehender Interdependenzen gleichfalls in A bemerkbar machen wird und damit hier zu einer Nachfragesteigerung führt. Der aus dieser Situation resultierende Preisdruck sowohl in A als auch in B, dauert so lange an, bis zwischen der Importmenge A und der Exportmenge B ein Gleichgewicht hergestellt ist. Im Ergebnis muß damit der Weltmarkt einen Teil der Zollerhöhungen in Form von Preissenkungen mittragen. 28 Dieses Ergebnis läßt sich prinzipeil auch auf nichttarifäre Handelshemmnisse übertragen; als Unterschied ergibt sichjedoch eine Verlagerung der Gewinne aus der durch den Protektionismus resultierenden Abschöpfung: Nicht mehr der Staat erhält diese Abschöpfung als Einnahme, sondern die Produzenten als Importquotenrente. 29 Im Rahmen der Totalanalyse wird nicht nur das zollmäßigerfaßte Produkt betrachtet, sondern gleichfalls der Einfluß einer Zollerhebung auf den Import und Export anderer Güter. Auch hierbei ist zwischen der Situation eines kleinen und eines großen Landes zu unterscheiden. Vereinfacht dargestellt ergibt sich in der Situation eines kleinen Landes mit angenommener Produktion zweier Güter (X und Y) folgende Wirkung aufgrund der Einführung eines Zolles auf das Gut X: Das Gut X wird im Verhältnis zum Gut Y teurer, so daß sich die Produktion auf X verlagert. Damit geht gleichzeitig der Export des Gutes Y zurück. Abhängig von Einzelumständen findet also eine kleinere oder größere Substitution zwischen den beiden Gütern X und Y statt. Im Ergebnis verändern sich jedoch die Import- und Exportmengen von X bzw. Y immer proportional zueinander, so daß sich eine ausgeglichene Handelsbilanz ergibt, die sich aber in ihrer totalen Summe im Verhältnis zur Situation vor Zollerhebung ändert. 30 Als letzte Untersuchungssituation wird in den Wirtschaftswissenschaften die Totalanalyse bei großen Ländern vorgenommen; bestehende Interdependenzen werden also mitberücksichtigt Hierbei ergibt sich im Ergebnis31 folgendes vereinfachtes Bild: Zunächst hat die Zollerhebung im Land A einen Preiseffekt, der sich über das zollbetroffene Produkt auf die Produktionsstruktur und die Handelsströme der übrigen Produktbereiche aller am Handel beteiligten Länder auswirkt. Dieses führt im Inland zu einer Steigerung der Produktionsmenge des nunmehr teure28 Senti, Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse, 11; Rose/Sauernheimer, Theorie der Außenwirtschaft, 567 ff.; ebda. auch Einzelheiten zur dynamischen Struktur dieser Wechselwirkungen. 29 Senti, Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse, 16. 30 Umfassend zu diesen Wirkungen Senti, Zölle und nichttarifare Handelshemmnisse, 17 ff.; Rose/Sauernheimer, Theorie der Außenwirtschaft, 569 ff. 31 Zu den zum Teil sehr komplexen Herleitungsmethoden umfassend Rose/Sauemheimer, Theorie der Außenwirtschaft, 578 ff.

C. Wirtschaftswissenschaftliche Lehren

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ren Produktes zu Lasten der relativ billigeren Produkte und einer analogen Entwicklung auf den Märkten der Handelspartner. Gleichzeitig sinkt bzw. steigt die Konsumentenrente in Bereichen mit steigenden bzw. sinkenden Preisen. Weiterhin sind steigende Staatseinnahmen zu verzeichnen, die von den Konsumenten des Inlandes und zum Teil durch das Ausland in Form niedrigerer Exportpreise erbracht werden. Im Ergebnis zeigt die verkürzte Darstellung der Wirkungen eines Zolles und damit, mutatis mutandis, nichttarifärer Handelshemmnisse zwei wesentliche Merkmale: Zunächst führt die Zollerhebung zu einer künstlichen, vom normalen Marktverhalten abweichenden Marktstruktur, die sich- hierauf wird zurückzukommen sein32 - unter Gesichtspunkten der Theorie komparativer Kostenvorteile nur als ineffizient darstellen kann. Weiterhin ergibt sich zwangsläufig, daß eine Kostentragungslast nicht nur für inländische Konsumenten eintritt, sondern auch für die ausländischen Handelspartner.33 Über diese allgemeinen Wirkungen hinausgehend ist noch darauf hinzuweisen, daß zwei wesentliche Unterschiede zwischen den Wirkungen eines Zolles und eines nichttarifären Handelshemmnisses bestehen: Zunächst ergeben sich aus dem Einsatz eines nichttarifären Handelshemmnisses anders als bei einem Zoll keine Staatseinnahmen. Weiterhin bewirken nichttarifäre Handelshemmnisse zumindest in der klassischen Form einer Kontingentierung eine absolute Änderung der Importmenge. Ein Zoll kann aufgrund der Nachfrage- und Angebotsänderung zwar auch eine Änderung der Importmenge bewirken, dies ist aber nicht zwingend, da primär eine Preisänderung herbeigeführt wird, die prinzipiell den Import weiterhin zuläßt. 34 Anknüpfend an diese Merkmale erschließen sich auch die mittelbaren Wirkungen der Einführung eines Zolles und eines nichttarifären Handelshemmnisses. Hierbei handelt es sich um das Problem der Gegenmaßnahmen, die als Reaktion auf Zollerhebungen und den Einsatz nichttarifärer Handelshemmnisse von Handelspartnern des agierenden Staates ergriffen werden. Wie aus der Darstellung der Wirkungen von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen ersichtlich, können diese Maßnahmen zu Wohlstandsgewinnen der heimischen Industrie auf Kosten ausländischer Handelspartner führen. Kompensiert werden diese individuellen W obistandsgewinne freilich, wenn auch der ausländische Handelspartner Zölle oder nichttarifäre Handelshemmnisse einsetzt, da auch dies nur auf Kosten des 32 33

182.

Infra 1. Teil, § 2 E II. Zusammenfassend zu den Zollwirkungen siehe auch Siebert, Außenwirtschaft, 178-

34 Eingehend Langhammer, in: Zippel (Hrsg.), Ökonomische Grundlagen der europäischen Integration, 41 (47); Langhammer weist noch auf Verzerrungseffekte hin, die aus der Notwendigkeit der Vergabe von Importlizenzen im klassischen Fall eines nichttarifären Handelshemmnisses -der Quote- resultieren; siehe zu den Wirkungen nichttarifarer Handelshemmnisse auch Donges, in: HdWW, Bd. 3, 784 (791 f.).

1. Teil, § 1. Nichttarifäre Handelshemmnisse im Weltwirtschaftssystem

38

anderen Handelspartners erfolgt. Diese Situation beiderseits eingesetzter handelsbeschränkender Maßnahmen muß zwangsläufig zu Wohlstandsverlusten auf beiden Seiten und damit zu universellen Wohlfahrtsverlusten führen. Beide Handelspartner wären daher besser beraten, auf ihre handelsbeschränkenden Maßnahmen gänzlich zu verzichten, eine Erkenntnis, die sich mit dem klassischen Prisioners' Dilemma der Spieltheorie bildlich darstellen läßt:

Staat B

Staat A

Freihandel

Protektion

Freihandel

3,3

1, 4

Protektion

4, 1

2,2

I= minimaler Wohlfahrtsgewinn 4 =maximaler Wohlfahrtsgewinn

Aus den angeführten Zahlen, die die Wohlfahrtsgewinne entsprechend der gewählten Handelspolitik darstellen, ergibt sich, daß beide Staaten das schlechteste Ergebnis erzielen, wenn sie protektionistische Maßnahmen ergreifen. Diese Situation ist aufgrund der Gefahr der Gegenreaktionen beim Einsatz von Zöllen oder nichttarifären Handelshemmnissen möglich und wahrscheinlich.35 Anzumerken ist noch, daß sich mit Blick auf das Prisoners' Dilemma eine Besonderheit für nichttarifäre Handelshemmnisse im Verhältnis zu Zöllen ergibt. Zölle sind transparent. Thr Einsatz kann nur offen, also für Handelspartner sichtbar erfolgen. Gegenreaktionen, die zu der denkbar schlechtesten Situation (2/2) führen, sind daher sehr wahrscheinlich. Dies dürfte den Handelspartnern bekannt sein, so . daß sich im Ergebnis der Anreiz zur Zollerhebung vermindert. Nichttarifäre Handelshemmnisse können hingegen aufgrund der Vielzahl ihrer möglichen Erscheinungsformen einen versteckten Charakter aufweisen, so daß sie für Handelspartner nicht in jedem Fall ersichtlich sind und die Gefahr von Gegenreaktionen erhöht wird. Hieraus folgt, daß für den nichttarifäre Handelshemmnisse einsetzenden Staat die vorteilhafte Situation Protektion/Freihandel entstehen kann. Dieses Problem führt zu Rechtsunsicherheit und einem universellen Vertrauensverlust sowie zu einem Anreiz, nichttarifäre Handelshemmnisse einzusetzen. All dieses hat wohlfahrtsmindernde Effekte. 36 35

12. 36

Siehe hierzu statt vieler Schuknecht, Trade Protection in the European Community, Statt vieler Thorbecke, JITE 151 (1995), 373 (383).

D. Motive des Einsatzes nichttarifärer Handelshemmnisse

39

D. Motive des Einsatzes nichttarifärer Handelshemmnisse Der Einsatz nichttarifärer Handelshemmnisse als Instrument nationaler Handelspolitik läßt sich anband einer Reihe möglicher Motive erklären. Ausgangspunkt ist hierbei die Reduzierung nationaler Zölle im Rahmen der verschiedenen GATT-Handelsrunden, die im wesentlichen in zwei Phasen eingeteilt werden kann. 37 In der Anfangsphase des GATT wurden Zollsenkungen nur bilateral auf einer Produkt-für-Produkt-Basis durchgeführt. Trotz hierdurch erreichter Zollsenkungen erwies sich dieses Verfahren mit Beginn der Kennedy-Runde (1963 1967) hingegen allein schon aufgrund der kaum mehr zu überschauenden Anzahl der zur Verhandlung anstehenden Produkte als zu kompliziert. In der KennedyRunde wurde daher das Verfahren linearer Zollsenkungen eingeführt, 38 das zu einer Zollsenkung von mehr als 50 % für 70 % der zollpflichtigen Importprodukte der großen industrialisierten Staaten führte. 39 Zu weiteren Zollsenkungen, insbesondere in den westlichen Staaten, kam es dann in der Tokio-Runde40 und nunmehr in der Uruguay-Runde. 41 Im Ergebnis werden nach der erfolgreichen innerstaatlichen Umsetzung der Vereinbarungen der Uruguay-Runde 44% der Importe der industrialisierten Staaten zollfrei sein. Weiterhin wird der durchschnittliche Zollsatz dieser Staaten für industrielle Produkte von 6,3 auf 3,8 % sinken, so daß der Gesamtzollsatz im Durchschnitt heute nur noch ein Zehntel des Satzes ausmacht, der nach dem zweiten Weltkrieg, vor lokrafttreten des GATT 1947, erhoben wurde.42

Die Zollreduzierung im Welthandel führte dazu, daß der Einsatz von Zöllen als handelspolitische Maßnahme für einzelne Staaten kaum mehr in Betracht kam und sich daher der sogenannte "Neue Protektionismus" entwickeln konnte. Unter Protektionismus wird allgemein der Schutz der nicht mehr oder noch nicht intema37 Hierzu und im folgenden Jackson/Davey/Sykes, International Economic Relations, 379 ff. 38 Hierzu Jackson, The World Trading System, 121 m.w.N. 39 Jackson/Davey/Sykes, International Economic Relations, 381. 40 Zu den Ergebnissen der Zollsenkungen in der Tokio-Runde siehe GATT, The Tokyo Round of Multilateral Trade Negotiations, Vol. II, 3 ff. 41 Zu den Zollsenkungen durch die Uruguay-Runde ausführlich Smeets, Journal of World Trade 29 (No. 3, 1995), 91 ff. 42 Smeets, Journal ofWorld Trade, 29 (No. 3, 1995), 91 (93); zu den Ergebnissen der Uruguay-Runde siehe ferner: Archiv der Gegenwart vom 15. Aprill994, 38867; Die Ergebnisse der GATI-Verhandlungen in der Uruguay-Runde, Texte und Dokumente, EuZW 1994, 87 f.; Studie der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über die Auswirkungen der Uruguay-Runde, vorgestellt im Sonderexekutivausschuß der OECD am 25. und 26. Oktober 1993 in Paris, auszugsweise abgedruckt in: Europa-Archiv 1994, D 64 ff.; Frenkel/Radeck, in: Frenkel/Bender (Hrsg.), GATI und neue Welthandelsordnung, 13 (17 ff.).

40

I. Teil, § I. Nichttarifäre Handelshemmnisse im Weltwirtschaftssystem

tional konkurrenzfähigen einheimischen Produktion im Wege der Abwehr unerwünschter Einfuhren oder durch Verschaffung preislicher Vorteile bei der Ausfuhr verstanden. 43 Während diese Schutzwirkung vor lokrafttreten des GATT 1947 in erster Linie durch Zölle erreicht wurde - bekanntestes Beispiel ist der SmootHawley Tarif! Act aus dem Jahre 193044 , der zu einem durchschnittlichen Zollsatz der USA von über 50 % führte - werden nunmehr verstärkt Beschränkungsinstrumente zu protektionistischen Zwecken eingesetzt, die nicht ausdrücklich im GATI geregelt sind. Der ,,Neue Protektionismus" zeichnet sich durch den Einsatz solcher Instrumente aus45 und kann damit auch als Einsatz nichttarifärer Handelshemmnisse zu einseitigen wirtschaftspolitischen Zwecken charakterisiert werden.46 Ein einseitiges Abstellen auf die im Rahmen des GATI erfolgte Zollsatzreduzierung vermag aber die Motivation für den Einsatz nichttarifärer Handelshemmnisse nicht umfassend erklären. Wenngleich auch der Einsatz von Zöllen als Schutzinstrumentarium in der gegenwärtigen Welthandelsordnung kaum mehr in Betracht kommt, bleibt doch fraglich, welche Motive zum Einsatz anderer Schutzinstrumentarien, d.h. nichttarifärer Handelshemmnisse, führen. Aus wirtschaftspolitischer Sicht bietet sich zur Beantwortung dieser Frage ein mögliches Erklärungsmuster an, dessen Kenntnis zum Verständnis des Phänomens der nichttarifären Handelshemmnisse unumgänglich ist: Vereinfacht ausgedrückt läßt sich der Einsatz protektionistischer Handelsmaßnahmen auf eine Diskrepanz zwischen anerkannten ordnungspolitischen Grundsätzen internationaler Wohlfahrtssteigerung aufgrund arbeitsteiliger Ressourcenallokation einerseits und innenpolitischem Handlungsdruck andererseits zurückführen. Diese Diskrepanz ist auch unter dem im Rahmen der Theorie der Wohlfahrtsökonomie des Außenhandels von Corden entwickeltem Stichwort der "konservativen sozialen Wohlfahrtsfunktion" bekannt. 47 Hiernach wird von nationalen Regierungen als den maßgeblichen Entscheidungsträgern der Außenhandelsbeziehungen eines Staates den möglichen Einkommenszuwächsen aufgrund von Außenhandelsgewinnen in der Regel ein geringeres Gewicht beigemessen, als den im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung zwangsläufig entstehenden vorübergehenden

43 Schutz. in: Arbeitskreis Europäische Integration (Hrsg.), Neuer Protektionismus in der Weltwirtschaft und EG-Handelspolitik, 35. 44 Ch. 497, 46 Stat. 590 (1930). kodifiziert in 19 U.S.C.A. §§ 1202-1677k. 45 Petersmann, RabelsZ 47 (1983), 478 (479). 46 Zu dem Zusammenhang zwischen Zollsenkung und dem verstärkten Einsatz nichttarifarer Handelshemmnisse eingehend Ray, Northwestern J. of Int'l L. & Bus. 8 (1987), 285 ff. 47 Corden, Trade Policy and Economic Welfare, 107 ff. ; ders. , in: Snape (Hrsg.), Issues in World Trade Policy, 121 (125 f.); ders., International Trade Theory and Policy, 109 f. und 269 f.

D. Motive des Einsatzes nichttarifärer Handelshemmnisse

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Einkommensrückgängen in der Form von Außenhandelsverlusten. 48 Der Einsatz nichttarifärer Handelshemmnisse als protektionistische wirtschaftspolitische Maßnahme stellt sich folglich als staatliche Reaktion auf innenpolitischen Handlungsdruck dar, der sich aus individuellen Wohlstandsverlusten ergibt, die im Rahmen internationalen Freihandels und damit universeller Wohlfahrtsmehrung nicht vermeidbar sind. 49 In unmittelbarer Beziehung zur konservativen sozialen Wohlfahrtsfunktion steht die public choice-Theorie, die das wohlfahrtsmaximierende Streben rational handelnder Wirtschaftssubjekte aus der Sphäre des wirtschaftlichen Handeins auf den politischen Prozeß erweitert. Hiernach können protektionistische Maßnahmen einer Regierung als Reaktion auf einen politischen Handlungsdruck bestimmter Interessengruppen im demokratischen Prozeß erklärt werden. Politische Märkte werden demnach von Asymmetrien zugunsten organisierter Interessengruppen geprägt, deren wohlstandsmaximierende Motive egoistisch geprägt sind. 5° Der so zu verzeichnende Verlust an Unabhängigkeit einer nationalen Regierung kann aus politischen Motiven, die isoliert von wirtschaftspolitischen Überlegungen zur Anwendung kommen, zum Einsatz protektionistischer Maßnahmen führen. Der public choice-Theorie zufolge ist Protektionismus also der "politische Preis", den Regierungen zum Erhalt ihrer demokratisch legitimierten Macht zahlen. 5 1 48 Corden, ebd.; siehe auch Lorenz, in: Arbeitskreis Europäische Integration (Hrsg.), Neuer Protektionismus in der Weltwirtschaft und EG-Handelspolitik, 9 (12); Deardorff, Why do Govemments Prefer Nontariff Barriers?, 14 f. 49 Deardorff, Why do Governments Prefer NontariffBarriers?, 14 f.; Williamson/Milner, The World Economy- A Textbook in International Economics, 139 ff.; Schutz, in: Arbeitskreis Europäische Integration (Hrsg.), Neuer Protektionismus in der Weltwirtschaft und EG-Handelspolitik, 35 (36 f.); Ray, Northwestern J. of Int'l L. & Bus. 8 (1987), 285 ff.; Ohlinger, Die Relevanz nicht-tarifarer Handelshemmnisse, 100 ff. ; Petersmann, RabelsZ 47 (1983), 478 (481 ff.); ders., Constitutional Functions and Constitutional Problems of International Economic Law, 110 ff.; Schuknecht, Trade Protection in the European Cornmunity, 17 ff.; siehe auch Langhammer, in: Zippel (Hrsg.), Ökonomische Grundlagen der europäischen Integration, 41 (44 f.), der drei vermeindliche Ziele des Einsatzes von nichttarifären Handelshemmnissen nennt: (I.) Bestandsschutz insbesondere in Form der Faktorprotektion im Gegensatz zur Konsumentenprotektion, (2.) Kompensation kurzfristig auftretender Zahlungsbilanzengpässe und (3.) außenwirtschaftliche Absicherung der inländischen Nachfrageexpansion. 50 Umfassend zur Public Choice-Theorie siehe die Beiträge in: Buchanan/Follison (Hrsg.), Theory ofPublic Choice, 1972; dies., The Theory of Public Choice- II, 1984; siehe auch Petersmann, Constitutional Functions and Constitutional Problems of International Economic Law, 116 ff.; Hauser/Moser/Planta/Schmid, ORDO 39 (1988), 219 (224 ff.); Schuknecht, Trade Protection in the European Community, 17 ff.; speziell zu nichttarifären Handelshemmnissen auch Donges, in: HdWW, Bd. 3, 784 (787). 51 Hierzu und zu der aus dieser Theorie folgenden Notwendigkeit einer effektiven Weltwirtschaftsordnung auch zur Wahrung der politischen Unabhängigkeit nationaler Regierungen gegenüber gut organisierten Interessengruppen umfassend Petersmann, Constitutional

42

I. Teil, § I. Nichttarifäre Handelshemmnisse im Weltwirtschaftssystem

Die Motivation zum Einsatz nichttarifarer Handelshemmnisse liegt zusammenfassend somit in einem äußeren und einem inneren Element begriindet. Als äußeres Element wirkt die im Rahmen der GATT-Handelsronden erfolgte Zollreduzierung, als innerer Grund zeigt sich das Phänomen der konservativen sozialen Wohlfahrtsfunktion in Verbindung mit der public choice-Theorie. Beide Elemente bedingen die Entstehung und Entwicklung des neuen Protektionismus und belegen die Existenz eines faktischen Dilemmas universeller Handelsliberalisierung im Spannungsverhältnis zwischen weltweiten Wohlfahrtsgewinnen und möglichen individuellen Wohlstandsverlusten.

E. Zusammenfassung Entsprechend der kurzen Darstellung einiger rechtstatsächlicher Grundlagen nichttarifärer Handelshenunnisse lassen sich hierzu als Grundlage für die spätere Erarbeitung normativer Grundstrukturen der Behandlung dieses Phänomens in der WTO/GATT-Rechtsordnung folgende Aussagen treffen: 1) Nichttarifare Handelshenunnisse sind negativ zu definieren als alle Handelshenunnisse außer Zöllen. Eine positive Definition ist hingegen nicht möglich. Sie scheitert an den zu unterschiedlichen Erscheinungsformen nichttarifärer Handelshemmnisse. Eine Charakterisierung kann daher nur anhand von möglichen Ursachen und Wirkungen erfolgen. 2) Ursache eines nichttarifaren Handelshemmnisses ist stets ein staatlicher Eingriff in die spontane Ordnung des internationalen Wirtschaftslebens, so daß rein privatrechtliche Handlungen nicht von diesem Begriff erfaßt werden. 3) Nichttarifare Handelshemmnisse wirken als Störfaktor im Hinblick auf den als optimal erachteten Welthandel. 4) Zumindest ein Drittel des Welthandels ist durch den Einsatz nichttarifarer Handelshemmnisse betroffen. 5) In ihrer urunittelbaren Wirkung führen nichttarifare Handelshemmnisse zu einer künstlichen Marktstruktur und einer zusätzlichen Kostenlast für inländische Konsumenten und ausländische Handelspartner. 6) Mittelbar bewirken nichttarifare Handelshemmnisse einen universellen Vernauensverlust der Handelspartner untereinander, der zu universellen Wohlfahrtsverlusten führt. Functions and Constitutional Problems of International Economic Law, 116 ff. und passim; ders. , Aussenwirtschaft 49 (1994), 31 (39 ff.); ders., Europa-Archiv 1991, 265 (267 f. ); aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht sie auch Siebert/Rauscher, Neuere Entwicklung der Außenhandelstheorie, 11 ff.

A. Einzelformen und Begriff des Countertrade

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7) Die internationale Zollsatzreduzierung als äußeres Element und das Phänomen der konservativen sozialen Wohlfahrtsfunktion in Verbindung mit den Aussagen der public choice- Theorie als inneres Element bedingen die Entstehung und Entwicklung des Einsatzes nichttarifärer Handelshemmnisse.

§ 2 Countertrade als Beispiel eines nichttarifaren Handelshemmnisses Die Vielzahl der Erscheinungsformen als charakteristisches Merkmal des Oberbegriffes der nichttarifären Handelshemmnisse erschwert es, zusammenhängende Analysen dieser auch weiterhin aktuellen Form protektionistischen Verhaltens im Weltwirtschaftssystem vorzunehmen. Darüber hinaus wurde auf die Bedeutung hingewiesen, die der Unterscheidung von privaten und staatlichen Maßnahmen für den Begriff des nichttarifaren Handelshemmnisses zukommt. Um verallgemeinernde Aussagen zur rechtlichen Bewertung von nichttarifären Handelshemmnissen treffen zu können, erscheint es daher gewinnbringend, eine typische Erscheinungsform herauszugreifen, die sich insbesondere auch für eine Abgrenzung von hoheitlichem und privatem Verhalten eignet. Eine nähere Untersuchung des sogenannten Countertrade52 bietet sich hierfür an, was im folgenden anhand der einzelnen Merkmale dargelegt werden soll, die dieses Phänomen als nichttarifäres Handelshemmnis kennzeichnen.

A. Einzelformen und Begriff des Countertrade Hinter dem verallgemeinernden Begriff des Countertrade verbergen sich eine Reihe einzelner Erscheinungsformen internationaler Handelstransaktionen. Angelehnt an Ausführungen der UNCTAD53 und im Schrifttum sollen im folgenden zunächst die wichtigsten Erscheinungsformen des Countertrade dargestellt werden; aufbauend auf dieser Darstellung ist sodann eine für die juristische Bewertung operable verallgemeinernde Definition vorzuschlagen. 52 Im rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum hat sich die englische Bezeichnung "Countertrade" als Obergriff für die hier beschriebenen Handelstransaktionen weitgehend durchgesetzt. Anstalt eine begrifflich ungenaue deutsche Übersetzung zu wählen, soll daher auch in dieser Arbeit die englische Wortwahl beibehalten werden. 53 Countertrade, Backgroundnote by the UNCTAD secretariat, UN Doc. TD/B/C.7/82 vom 28.08.1986.

44

1. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifares Handelshemmnis

I. Barter-Geschäfte

Barter-Oeschäfte als erste Form des internationalen Countertrade sind entgeltlose Warentransaktionen, d.h. Tauschgeschäfte "Gut gegen Gut" im eigentlichen Sinne.54 Sie entsprechen dem zivilrechtliehen Begriff des Tausches55 und stellen damit ein gegenseitiges Rechtsgeschäft über den Umsatz eines individuellen Wertes gegen einen anderen Wert dar, wobei wesentlich ist, daß ein Kaufpreis in Geld fehlt. 56 In der Art des einfachen Tauschhandels stellen Barter-Oeschäfte die älteste Form internationaler Tauschbeziehungen dar. 57 Aus der Praxis sind in jüngerer Zeit insbesondere Barter-Oeschäfte bekannt, in denen Rohstoffe als Tauschobjekte gehandelt wurden. So tauschte Jamaika Anfang der achtziger Jahre Bauxit gegen bestimmte Milchprodukte der USA oder Neuseeland im Jahre 1982 Lämmer gegen Rohöl aus dem Iran. 58 Im Jahre 1990 wurde zwischen dem Getränkehersteller Pepsi-Cola und der ehemaligen UdSSR ein Tauschgeschäft im Wert von ca. drei Milliarden Dollar abgeschlossen, bei dem Pepsi-Cola zehn Tanker und Frachter und eine größere Partie Wodka als Gegenleistung erhielt. 59 Trotz teilweise spektakulärer Beispiele von Barter-Oeschäften über die öffentlich berichtet wird,60 ist ihre Bedeutung im Rahmen des gesamten Countertrade eher gering. 61

54 Statt vieler Möhring, Gegengeschäfte, 3 f.; Bürgin, Countertrade, 12; Ha/bach/Osterkamp, Die Rolle des Tauschhandels für die Entwicklungsländer, 19; Thorpe, Economic Motivations and the Development of Countertrade, 5; /ske, Verbundgeschäfte, 16 ff.; UNCTAD, UN Doc. TD/B/C.7/82, S. 5. 55 § 515 BGB. 56 Siehe zur Definition des Tausches im BGB Palandt!Putzo, § 515 Rdnr. 1 m.w.N. 51 Bürgin, Countertrade, 12; Hammond, Countertrade, Offsetsand Barter in International Political Economy, 2 m.w.N. 58 Thorpe, Economic Motivationsand the Development of Countertrade, 5. 59 Thorpe, Economic Motivations and the Development of Countertrade, 5; "Die Preise verdorben", Der Spiegel v. 24.09.1990. 60 Siehe z.B. auch das Barter-Geschäftder Dairnler-Benz Tochtergesellschaft "Debis" mit Ecuador über den Tausch von Bussen gegen Bananen: "Mercedes-Benz tauscht Busse gegen Bananen", Süddeutsche Zeitung Nr. 262, 12. November 1993, S. 37. 61 Halbach/Osterkamp, Die Rolle des Tauschhandels für die Entwicklungsländer, 20 f.; Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 7; Möhring, Gegengeschäfte, 3; Welt, Trade without Money: Barter and Countertrade, 17; Lochner, Int' I Lawyer 19 (1985), 725 (730).

A. Einzelformen und Begriff des Countertrade

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II. Gegengeschäfte Eine weitere Form des Counterirade stellen die Gegengeschäfte62 dar, die auch als Counterpurchase, Parallelgeschäft bzw. Parallel Barter, Indirect Compensation, Counterdelivery oder schlicht als Countertrade bezeichnet werden. 63 Hierunter sind Geschäfte zu verstehen, bei denen zunächst ein normaler Kaufvertrag zwischen Exporteur und Importeur geschlossen wird, der die Verpflichtungen entsprechend § 433 BGB enthält. Weiterhin wird ein zweiter Kaufvertrag geschlossen, in dem sich nunmehr der Exporteur zur Abnahme von Waren des Importeurs gegen Zahlung von Devisen verpflichtet. Diese beiden Verträge sind juristisch voneinander unabhängig, jedoch erfolgt eine Koppelung z.B. in Form eines Rahmenvertrages, durch den die Exportforderung solange kreditiert wird, bis sie durch den Erlös aus dem Importgeschäft erfüllt werden kann. 64 Als Beispiel für ein Gegengeschäft kann ein Abkommen aus dem Jahre 1985 zwischen Brasilien, Nigeria und der ehemaligen UdSSR dienen: Die "Nigerian Petroleum Corporation" verpflichtete sich in einem jährlich erneuerungsfähigen Abkommen, 40.000 Fässer Rohöl pro Tag an Brasilien zu liefern. Nigeria und die ehemalige Sowjetunion sollten im Gegenzug Waren im Wert von 1,25 Milliarden Dollar aus Brasilien kaufen. Hierbei sollte Nigeria Zucker, Chemie- und Papierprodukte sowie Maschinen im Wert von 500 Millionen Dollar beziehen. Die Bezugsverpflichtung der ehemaligen UdSSR gegenüber Brasilien bezog sich auf Erdölbohrmaschinen und -ausrüstung, Industrieprodukte und andere Güter im Wert von 750 Millionen Dollar.65 Gegengeschäfte sind die heute weitaus üblichste Rechtsform des internationalen Countertrade.66

62 In Abgrenzung zum allgemeinen Begriff des Countertrade können sie auch als Gegengeschäfte im engeren Sinne bezeichnet werden. 63 Vgl. für die unterschiedliche Wortwahl Halbach/Osterkamp, Die Rolle des Tauschhandels für die Entwicklungsländer, 22 f.; Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 8; Korth, in: Korth (Hrsg.), International Countertrade, I (3 f.). 64 Vgl. Möhring, Gegengeschäfte, 4; Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 8 (mit anderer Terminologie); Halbach/Osterkamp, Die Rolle des Tauschhandels für die Entwicklungsländer, 23; Karl, JZ 1988,643 (644 f.); Welt, Trade without Money: Barter and Countertrade, 18 f.; Thorpe, Economic Motivationsand the Development of Countertrade, 12; Fülbier, Das Vertrags- und Wirtschaftsrecht des Gegenkaufs, 19 f.; Niggemann, RIW 1987, 169 (170); Rowe, Countertrade, 14; UNCTAD, UN Doc. TD/B/C.7/82, S. 5; Neale/Sercu, Int' l Trade J. 1993, 271 (278). 65 Jalloh, Countertrade: Praxis, Theorie und Perspektiven, 9. 66 Statt vieler Möhring, Gegengeschäfte, 4; Basler Gegengeschäfte im internationalen Handel, 8; Rowe, Countertrade, 14; Neale/Sercu, Int'l Trade J. 1993, 271 (278); Welt,

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I. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

111. Boy-back-Geschäfte Unter buy-back-Geschäften sind diejenigen Countertrade-Transaktionen zu verstehen, bei denen sich der Lieferant eines Investitionsgutes verpflichtet, einen Teil der mit dem Investitionsgut produzierten Zwischen- oder Endprodukte abzunehmen.67 Buy-back-Geschäfte werden auch als Kooperations-, Kompensationsoder Verbundgeschäfte68 oder als Produktabnahme-, Rückkaufgeschäfte, achat en retour, 69 offtake und industrial cooperation70 bezeichnet. Das wohl bekannteste Beispiel eines buy-back-Abkommens ist das sogenannte Erdgas-Röhren-Geschäft aus dem Jahre 1981 zwischen verschiedenen westlichen Firmen und der ehemaligen Sowjetunion.71 Wie schon dieses Beispiel zeigt, wurden buy-back-Geschäfte in der Vergangenheit zumeist mit den ehemals sozialistischen Ländern durchgeführt. Heute engagieren sich aber auch Entwicklungsländer vermehrt in dieser Geschäftsform.72

IV. Offset-Geschäfte Offset-Geschäfte als Form des internationalen Countertrade sind komplexe und zumeist großvolumige Handelsbeziehungen, die sehr unterschiedlich ausgestaltet sein können. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß sich ein Exporteur im Gegenzug zu dem Abschluß eines Exportgeschäftes verpflichtet, für die Abnahme von Waren

Trade without Money: Barterand Countertrade, 18 f.; Thorpe, Economic Motivationsand the Development of Countertrade, 12. 67 Lochner, Int'l Lawyer 19 (1985), 725 (730); Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 8; Jalloh, Countertrade: Praxis, Theorie und Perspektiven, 10; lske, Verbundgeschäfte, 73 f.; Halbach/Osterkamp, Die Rolle des Tauschhandels für die Entwicklungsländer, 26; Thorpe, Economic Motivations and the Development of Countertrade, 7; Fülbier, Das Vertrags- und Wirtschaftsrecht des Gegenkaufs, 24; Korth, in: Korth (Hrsg.), International Countertrade, 1 (4 f.); UNCTAD, UN Doc. TD/B/C.7/82, S. 5; Mirus/Yeung, Weltwirtschaftliches Archiv 123 (1987), 535 (540); dies., Weltwirtschaftliches Archiv 122 (1986), 371 (371 f.); Neale/Sercu, lnt'l Trade J. 1993, 271 (278). 68 Vgl. Möhring, Gegengeschäfte, 5; Welt, Trade without Money: Barterand Countertrade, 20 (compensation). 69 Vgl. Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 8. 70 Vgl. Lochner, Int'l Lawyer 19 (1985), 725 (730). 71 Zur Vertragsgestaltung siehe Bockslaff, GYIL 27 (1984), 28 (29 ff.) m.w.N. 72 Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 9; Möhring, Gegengeschäfte, 5; Halbach/Osterkamp, Die Rolle des Tauschhandels für die Entwicklungsländer, 27; Welt, Trade without Money: Barter and Countertrade, 21 f.

A. Einzelformen und Begriff des Countertrade

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aus dem Importland zu sorgen, Unteraufträge an Unternehmen aus dem Abnehmerland zu erteilen oder Produktionsstätten im Abnehmerland zu errichten. 73 In den weitaus häufigsten Fällen werden Offset-Geschäfte in den staatlichen Beschaffungsbereichen Rüstungsgüter, Luftfahrt und Technologietransfer abgeschlossen.74 Ein Beispiel hierfür ist die Lieferung von F-18 Kampfflugzeugen im Wert von$ 2,4 Milliarden durch den US-amerikanischen Flugzeugbauer McDonnell Douglas an Kanada im Jahre 1982. Im Gegenzug für den Lieferauftrag mußte sich McDonnell Douglas verpflichten, für$ 349 Millionen Unteraufträge an kanadische Subunternehmer zu erteilen, eine Turbinenfabrik in Quebec zu errichten, Produkte dieser Anlage im Wert von$ 600 Millionen 15 Jahre lang abzunehmen und ferner für den vermehrten Absatz von kanadischen Waren auf dem US-Markt zu sorgen. 75 Die Durchführung dieser Maßnahmen zusammen mit einer ebenfalls vereinbarten Tourismusförderung führte in Kanada zur Schaffung von 24.000 Arbeitsplätzen.76 Ein weiteres Beispiel ist der Verkauf des AW AC-Systems von Boing an das britische Verteidigungsministerium. Um die Entscheidung zugunsten des AWACSystems und gegen das Nimrod-Abwehrsystem von General Electric Company zu beeinflussen, verpflichtete sich Boing zu einem 130-prozentigen Offset-Geschäft Boing mußte für die Lieferung der ersten sechs Abwehrflugzeuge im Wert von 860 Millionen Pfund ab Dezember 1986 für acht Jahre Unteraufträge an britische Firmen erteilen, die ein Volumen von 1,118 Milliarden Pfund hatten. 77 In jüngerer Zeit ist festzustellen, daß sich Offset-Geschäfte auch im rein zivilen Bereich vollziehen. So wurde 1989 ein Offset-Abkommen zwischen Tunesien und mehreren Automobilherstellern westlicher Staaten, darunter Peugeot und Volkwagen, abgeschlossen. Die Automobilhersteller verpflichteten sich, im Gegenzug für die Lieferung von PKWs tunesische Elektronik- und Maschinenteile abzunehmen, um so die Hälfte des Wertes der importierten Autos zu kompensieren. Ziel dieses Abkommens war nicht nur der reine Güteraustausch, sondern auch die Möglichkeit einer fortschreitenden Industrialisierung Tunesiens. 78 73 Halbach/Osterkamp, Die Rolle des Tauschhandels für die Entwicklungsländer, 29; Guyot, Int'l Lawyer 20 (1986), 921 (943); McVey, L. & Pol.Int.Bus. 16 (1984), l (18); Cole, L. & Pol.Int.Bus. 19 (1987), 765 (767); Rowe, Countertrade, 15; Jalloh, Countertrade: Praxis, Theorie und Perspektiven, 12 f. 74 Guyot, Int'l Lawyer 20 (1986), 921 (943); Cole, L. & Pol.Int.Bus. 19 (1987), 765 (768); lske, Verbundgeschäfte, 79; Jalloh, Countertrade: Praxis, Theorie und Perspektiven, 12. 15 Jalloh, Countertrade: Praxis, Theorie und Perspektiven, 13. 76 Halbach/Osterkamp, Die Rolle des Tauschhandels für die Entwicklungsländer, 30. 77 Jalloh, Countertrade: Praxis, Theorie und Perspektiven, 13. 78 Wülker-Mirbach, OECD Observer No. 163, 1990, 13 (14).

1. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

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V. Clearing/Switch·Trading Clearing- und Switch-Trading sind Countertrade-Transaktionen, die aufeinander bezogen sind und zumeist von Staaten als Vertragsparteien abgeschlossen werden. In einem Clearing-Abkommen wird zwischen den Vertragsparteien vereinbart, daß Güter in wertmäßig bestimmter Höhe über einen bestimmten Zeitraum ausgetauscht werden. 79 Hierbei zahlt der Importeur zumeist an die Zentralbank seines Heimatstaates den jeweiligen Importwert in Landeswährung. Die Zentralbank wiederum gewährt anschließend der Zentralbank des exportierenden Staates eine Gutschrift in sogenannten "Clearing Dollar" auf dem eingerichteten Clearing-Konto. Die Zentralbank des exportierenden Staates zahlt dann an den Exporteur den betreffenden Exportwert in Landeswährung. Hierdurch wird vermieden, daß die betreffende Handelsbeziehung von der Verfügbarkeit harter Devisen abhängt. 80 Da in der Praxis die Clearing-Konten im Regelfall nicht ausgeglichen sind und daher ein reibungsloser Handel nicht stattfinden könnte, vereinbaren die Vertragsparteien darüber hinaus einen sogenannten "Swing", wodurch sie einander gegenseitig Kredit auf dem Clearing-Konto gewähren. 81 Läßt sich nunmehr auch nicht über den vereinbarten Swing ein reibungsloser Handel vollziehen, kann es zum Switch-Trading kommen, indem eine dritte Partei für den Ausgleich des Clearing-Kontos in die Handelsbeziehung eingeschaltet wird. Dazu das folgende Beispiel: Die Staaten A und B haben ein Clearing-Abkommen vereinbart. A hat wesentlich mehr Waren aus B erhalten als umgekehrt, da A nur für B nicht attraktive Güter herstellt. Das Clearing-Konto ist daher unausgeglichen. Um aber trotzdem nach beiderseitigem Willen einen Ausgleich herbeizuführen, wird Staat X als Handelspartner hinzugezogen. X hat Verwendung für die Güter aus A. Also verkauft B seine Forderung hinsichtlich des Clearing-Kontos an X und tritt sie ihm ab. Ist der Handel zwischen A und X vollzogen, ist auch das Clearing-Konto zwischen A und B wieder ausgeglichen. 82 Clearing/Switch-Trading vollzieht sich in den meisten Fällen zwischen devisenschwachen Staaten und gestaltet sich in der Praxis als äußerst komplex. 83 McVey, L. & Pol.Int.Bus. 16 (1984), 1 (19). Binder, Mitteilungen BfAI, 3; McVey, L. & Pol.Int.Bus. 16 (1984), 1 (19); Lochner, Int'l Lawyer 19 (1985), 725 (731); UNCTAD, UN Doc. TD/B/C.7/82, S. 6; Kar/, JZ 1988, 643 (645). 81 Binder, Mitteilungen BfAI, 3. 82 Vgl. zu ähnlichen Beispielen McVey, L. & Pol.Int.Bus. 16 (1984), I (20); Binder, Mitteilungen BfAI, 3. 83 Neale/Sercu, Int'l Trade J. 1993, 271 (279); Lochner, lnt'l Lawyer 19 (1985), 725 (732); UNCTAD, UN Doc. TD/B/C.7/82, S. 6 f. 19

80

A. Einzelformen und Begriff des Countertrade

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VI. Dept-Swap-Geschäfte

Im jüngeren Schrifttum werden zum Teil auch die Schulden (Dept)-Swap-Geschäfte dem Countertrade zugerechnet,84 bei denen drei Konstellationen unterschieden werden können: sogenannte dept-for-commodity swaps, dept-for-equityswaps und dept-for-nature-swaps. Bei den dept-for-commodity-swaps handelt es sich um eine Schuldübernahme zur Erfüllungswirkung entsprechend § 4I5 Abs. I Satz I BGB. Zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit aus einem Handelsgeschäft übernimmt der Käufer also die Schuld seines Handelspartners bei einem Dritten. 85 Dept-for-equity-swaps zeichnen sich durch ihre Wirkung als Annahme an Erfüllungs Statt entsprechend § 364 Abs. I BGB aus. So kann zum Beispiel die Forderung des Lieferanten einer Produktionsanlage dadurch erfüllt werden, daß dieser eine Beteiligung an dem neu errichteten Unternehmen im Schuldnerland übernimmt. Aufgrund dieser Konstellation sind die dept-for-equity-swaps den buyback-Geschäften ähnlich und werden zum Teil auch mit diesen gekoppelt. 86 Dept-for-nature-swaps schließlich sind als Schulderlaßverträge zu kennzeichen (vgl. § 397 Abs. I BGB), die unter der aufschiebenden Bedingung der Erfüllung bestimmter Umweltschutzaktivitäten stehen. 87 Die drei Arten der Schulden-swap-Geschäfte unterscheiden sich von den bisher erwähnten Formen des Countertrade dadurch, daß keine unbedingte Reziprozität als condictio sine qua non die Handelsbeziehungen auszeichnet. Die Gegenseitigkeit wird vielmehr durch das jeweilige dept-swap-Abkommen erst in einem Zeitpunkt hergestellt, in dem ein vorheriges Geschäft ohne Countertrade-Elemente bereits abgeschlossen ist. Die nunmehr auf Schuldentilgung und Güteraustausch beruhende Gegenseitigkeit rechtfertigt es jedoch, auch die Schulden-swap-Geschäfte dem Countertrade zuzurechnen.

VII. Bewertung und Definition Bei der Bewertung der wichtigsten Formen des Countertrade ist zunächst darauf hinzuweisen, daß im Schrifttum zum Teil wesentlich mehr als die dargestellten 84 Wülker-Mirbach, OECD-Observer Nr. 163, 1990, 13 (16); Jalloh, Countertrade: Praxis, Theorie und Perspektiven, II; Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 10 ff. 85 Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 11 . 86 Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 12. 87 Hierzu Bedar.ff/Holznagel/Jakobeit, Verfassung und Recht in Übersee 22 (1989), 445 ff.; Heep, GYIL 37 (1994), 422 ff.

4 Tictjc

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I. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

Formen des Countertrade genannt werden. 88 Jedoch ist auch hier die Begriffsbildung nicht einheitlich, was letztlich daraus resultiert, daß Countertrade-Transaktionen sich nicht an juristischen Definitionen sondern vielmehr an aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten orientieren. 89 Hieraus folgt, daß eine starre Systematisierung verschiedener Formen des Countertrade die Gefahr beinhaltet, die Variationsbreite des Countertrade im internationalen Wirtschaftsverkehr zu verschleiern.90 Auch kann die Erfassung des Countertrade in festgelegten Formen dazu führen, nichtsystematisierte, von der Praxis gebildete Formen des Countertrade von der rechtlichen Bewertung auszunehmen. Ebenfalls zu berücksichtigen ist, daß die genannten Formen des Countertrade im Schrifttum als wesentliche Oberbegriffe verwendet werden; die daneben aufgeführten Kategorien stellen zumeist nur weitere Untergliederungen oder Mischformen der genannten Ausgestaltungen dar, die für die konkrete Vertragsgestaltung und Handelsabwicklung von Bedeutung sind. 91 Zwar begegnet diese Methode insbesondere in der betriebswirtschaftliehen Forschung Bedenken,92 diese können hier aber unberücksichtigt bleiben, da Fragen der konkreten Vertragsgestaltung und Handelsabwicklung in der weiteren Untersuchung nicht berücksichtig werden sollen.93 Insgesamt ist daher eine eingehende Systematisierung der verschiedenen Varianten des Countertrade für die weitere Betrachtung nicht gewinnbringend. Vielmehr ist von einer einheitlichen Definition des Countertrade auszugehen, die diese Erscheinung des internationalen Handels in seinen Grundstrukturen kennzeichnet.94

Vgl. Bürgin, Countertrade, S. 12 ff.; Rowe, Countertrade, 13 ff. Niggemann, RIW 1987, 169 (171); Rowe, Countertrade, 13. 90 Vgl. Schuster, ZtbF 42 (1990), 3 (14). 9 1 Vgl. Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 13. 92 V gl. Schuster, ZtbF 42 (1990), 3 (13 f.). 93 Vgl. zur Vertragsgestaltung eingehend Bopp, Vertragsstrukturen internationaler Kompensationsgeschäfte, passim; Fülbier, Das Vertrags- und Wirtschaftsrecht des Gegenkaufs, passim. 94 Im Schriftturn finden sich eine Reihe unterschiedlicher Definitionsversuche, die nachfolgenden seien exemplarisch genannt: Nach Schuster, Gegen- und Kompensationsgeschäfte, 15; ders., ZtbF 42 (1990), 3 (3), handelt es sich beim Countertrade um internationale Geschäfte, die dadurch gekennzeichnet sind, "daß bestimmte Wirtschaftssubjekte bewußt wechselseitig Realgüter (also z.B. Sachgüter und/oder Dienstleistungen) aneinander abgeben bzw. voneinander abnehmen, unabhängig davon, ob zusätzliche Zahlungen erfolgen oder nicht". Peemöller, Gegenlieferungs-("Kornpensations-")geschäfte, 19, definiert wie folgt: "Demnach sind Gegenlieferungsgeschäfte eirirnalige oder sich wiederholende, vertraglich vereinbarte oder formlos in Interessenübereinstimmung erfolgende, wechselseitige sich einander bedingende Lieferungen von Realgütem, die hinsichtlich Lieferterrnin, Erzeugung und Verwendung keines Zusammenhanges bedürfen, zwischen zwei oder mehreren 88

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B. Staatenpraxis zum Countertrade

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Dabei zeigen die angeführten Grundformen des Countertrade zunächst die Bedeutung des do ut des; Countertrade kann daher in einem ersten Schritt als im Synallagma stehende Handelsbeziehung bezeichnet werden. Weiterhin fallt auf, daß zwei oder auch mehr Handelspartner an internationalen Countertrade-Transaktionen beteiligt sind. Auch kann sich Countertrade auf alle handelsfähigen Wirtschaftsgüter beziehen; der Bezug dieser Wirtschaftsgüter stellt hierbei eine die Geldforderung ganz oder zum Teil ersetzende Annahme an Erfüllungs Statt dar. Somit ergibt sich die folgende Definition: Countertrade ist eine im Synallagma stehende internationale Handelsbeziehung zwischen zwei oder mehr Parteien, die darauf gerichtet ist, aus dem Umsatz von Wirtschaftsgütern resultierende Geldforderungen durch die Begründung neuer Hauptleistungspflichten in bezug auf Wirtschaftsgüter aller Art ganz oder zum Teil an Erfüllungs Statt zu ersetzen.

B. Staatenpraxis zum Countertrade Die dargelegten einzelnen Erscheinungsformen des Countertrade werden durch die zumeist privatrechtliche, vertragliche Ausgestaltung des jeweiligen Handelsgeschäftes gekennzeichnet. Um den Countertrade den nichttarifären Handelshemmnissen zuordnen zu können, ist es aber notwendig, staatliche Aktivitäten in diesem Bereich nachzuweisen, da Ursache eines nichttarifären Handelshemmnisses stets ein hoheitlicher Eingriff in die spontane Ordnung des internationalen Wirtschaftslebens ist. Kennzeichnend für nichttarifäre Handelshemmnisse ist es hierbei, daß der hoheitliche Eingriff ganz unterschiedlich ausgestaltet sein kann, so daß nach Abgrenzungskriterien zum rein privatrechtliehen Verhalten zu suchen ist. Zusammenhängende Untersuchung zur Staatenpraxis zum Countertrade finden sich bisher im Schrifttum nicht, von verschiedener Seite ist aber schon versucht worden, zumindest für einzelne Länder die jeweiligen hoheitlichen Maßnahmen zu ermitteln. Im Auftrage der UNCTAD wurden hierzu drei Studien erstellt. Im Jahre 1985 verfaßte Isidoro Hodara95 einen Bericht über die Erfahrungen einiger lateinamerikanischer Staaten mit dem Countertrade,96 dem 1987 eine Untersuchung von von einander unabhängigen Wirtschaftssubjekten. Dabei ist unerheblich, ob zur Leistungsverrechnung auch oder zusätzlich Nominalgüter ausgetauscht werden und ob zur Leistungserstellung oder -Verwertung Dritte beauftragt werden." Nach Jalloh, Countertrade: Praxis, Theorie und Perspektiven, 5, ist Countertrade ein Oberbegriff für alle Transaktionen, "in denen sich die Handelspartner verpflichten, wechselseitig Waren und Dienstleistungen auszutauschen oder für ihre Abnahme zu sorgen." Sehr weit geht die Definition von Lochner, lnt'l Lawyer 19 (1985), 725 (727): "Countertrade may be described as a technique by which one can obtain goods or services without necessarily having to use money". 95 Zur damaligen Zeit Generaldirektor für Außenhandel in Uruguay. 96 UN Doc. UNCTAD/ST/ECDC/27 vom ll. September 1985. 4*

1. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

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Thaddeus C. Kopinski, damaliger UNCTAD Mitarbeiter, über die CountertradePolitik und -Praxis ausgewählter afrikanischer und amerikanischer Staaten folgte. 97 Anschließend analysierte Alfredo Castillo-Gomez für die UNCTAD noch hoheitliche Countertrade-Maßnahmen in ausgewählten Entwicklungsländern.98 Ergänzt werden diese Analysen durch Berichte des Economic and Social Council (ECOSOC)99 und Ausführungen im Schrifttum. 100

Neben den Untersuchungen der UNCTAD und des ECOSOC geben die unter dem Titel "Trade Policy Review Mechanism (TPRM)" vom GATT seit 1989 herausgegebenen Länderberichte Anhaltspunkte für die internationale Staatenpraxis zum Countertrade. Der TPRM - auf dessen Bedeutung an späterer Stelle noch näher einzugehen ist101 - ist als ein Zwischenergebnis der Uruguay-Runde des GATT errichtet worden und hat zum Ziel, den Zusammenhalt der Vertragsparteien des GATI zu stärken und das Verständnis der Handelspolitiken einzelner Staaten zu fördern. 102 Zur Zeit liegen bereits über 40 Länderberichte vor, die fast alle einen kurzen Hinweis auf Countertrade-Aktivitäten der jeweiligen Staaten enthalten. Die so verwerteten Quellen konnten einen zufriedenstellenden Datenbestand liefern. 103 Hervorzuheben ist aber, daß sich einzelne Angaben zum Teil als widersprüchlich erweisen und gerade die älteren Untersuchungen teilweise zwischenzeitlich überholt sind, da einzelstaatliche Regelungen geändert oder aufgehoben wurden. Angesichts der festzustellenden Kurzlebigkeit wirtschaftsrechtlicher ReUN Doc. UNCTAD/ST/ECDC/32 vom 30. März 1987. UN Doc. UNCTAD/ECDC/200 vom 28 März 1989. Die Untersuchungen wurden in der ausschließlichen Eigenverantwortung der Autoren vorgenommen, so daß sich die UNCTAD nicht für sie verantwortlich zeichnet. 99 UN Doc. TRADEIR.536/Add.7 vom 2. September 1988; UN Doc. TRADEIR.536/ Add.5 vom 24. August 1988. 100 Zu nennen ist hierbei zunächst die für das U.S. Department of Commerce erstellte Studie von Verzariu/Mitschell, International Countertrade- Individual Country Practices, 1992; Hinweise finden sich auch bei Fülbier, Das Vertrags- und Wirtschaftsrecht des Gegenkaufs, 1992; {:arikci, Countertrade Policies and Prospect for Cooperation Among Islamic Countries, 1989; Liesch, Govemment Mandated-Countertrade: The Economics of the Australien Govemment Offsets Program, 1988; Walsh, Mandated Countertrade: Methods and Issues, 1985. 101 Infra Teil III § 2 A I und III. 102 Zur näheren Beschreibung des TPRM siehe infra 3. Teil, § 2 A I. 103 Angesichts der Vielzahl von Staaten, die sich im Countertrade-Bereich engagieren, ist es nicht möglich, die Staatenpraxis anband von Primärquellen zu untersuchen. Der Rückgriff auf Sekundärquellen erscheint auch vertretbar, da die Staatenpraxis zum Countertrade primär verdeutlichen soll, anband welcher unterschiedlichen Mechanismen Staaten auf privatwirtschaftliche Aktivitäten Einfluß nehmen; eine umfassende Analyse von Primärquellen ist nicht notwendig, um diesem Untersuchungsinteresse gerecht zu werden. 97 98

B. Staatenpraxis zum Countertrade

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gelungen gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern erschien es aber angezeigt, auch solche Angaben zu verwerten, da versucht werden soll, generalisierende Aussagen über den staatlichen Einfluß auf den Countertrade zu treffen. Die Frage, ob einzelne Regelungen noch in Kraft sind, ist daher nur von nachgeordneter Bedeutung.

Im einzelnen ergibt der empirische Befund zur Staatenpraxis im Bereich des Countertrade, der in ausführlicher Form im Anhang zu dieser Arbeit wiedergegeben ist, daß in erster Linie folgende Erscheinungsformen staatlicher Aktivitäten zu verzeichnen sind: - Countertrade-Transaktionen durch Staatshandelsorganisationen (STOs); - Gesetze zum Countertrade; - Verwaltungsrichtlinien und Verwaltungshandeln (Guidelines) zum Countertrade; - Ad hoc-Entscheidungen staatlicher Institutionen zu Countertrade-Transaktionen;

- Staatsverträge über Countertrade-Geschäfte. 104 Unter den Staatshandelsorganisationen der ersten Gruppe der Staatenpraxis zum Countertrade sind ganz allgemein Institutionen zu verstehen, die von der öffentlichen Hand monopolisiert sind, wobei sich die Monopolisierung nicht auf das gesamte Wirtschaftssystem des betreffenden Staates beziehen muß, sondern sich im vorliegenden Kontext auch nur auf die außenwirtschaftliche Tätigkeit insgesamt oder speziell auf den Countertrade-Bereich beziehen kann. 105 Entscheidend ist nur, daß eine Countertrade-Aktivität durch den Staat mittels einer Staatshandelsorganisation beeinflußt wird. Staatshandelsorganisationen, die sich im Countertrade-Bereich engagieren sind in einer Vielzahl von Ländern vorhanden. Hierbei handelt es sich einerseits um klassische Staatshandelsländer, die den gesamten Außenhandel über STOs abwikkeln (z.B. China, Irak, Iran), andererseits aber auch um Staaten, die nur für einzelne Güterbereiche (z.B. in Brasilien die PETROBAS für Erdöl) oder besonders für den Countertrade (z.B. in Malta die Malta Counter Trade Cooperation Ltd.) Staatshandelsorganisationen unterhalten. Eine weitere beachtliche Gruppe stellen Staaten mit Gesetzen dar, in denen die rechtlichen Rahmenbedingungen festgelegt sind, nach denen Countertrade-Trans104 Einige dieser Fallgruppen werden von einzelnen Staaten mehrfach erfüllt. Die hieraus resultierenden Überschneidungen sind angesichts einer möglichst umfassenden Analyse nicht gesondert beachtet worden. 105 Zum Begriff des Staatshandels vgl. Fikentscher, Wirtschaftsrecht, Bd. I, 156 f.

1. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

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aktionen zu vollziehen sind. Hierbei handelt es sich oftmals um staatliche Genehmigungsvorbehalte für Countertrade-Geschäfte (vgl. z.B. Costa Rica, Ecuador). Ein spezielles Gesetz stellt in diesem Zusammenhang auch die Österreichische Regelung dar, nach der beim Import vonPKWsein Zollerlaß von 4% gewährt werden kann, wenn das durch einen Countertrade vereinbarte Exportvolumen über 18 % des jeweiligen Importvolumens liegt. Insgesamt lassen sich die Staaten mit Gesetzen dahingehend klassifizieren, daß der Countertrade als öffentliche oder private Handelsform vom Gesetzgeber als faktische Gegebenheit gesehen wurde und sich dementsprechend eine hoheitlichen Regelung in Form eines Gesetzes mit ihm befaßt. Die zahlenmäßig stärkste Gruppe stellen diejenigen Staaten dar, in denen sogenannte Guidelines zum Countertrade existieren. Unter Guidelines werden Richtlinien verstanden, die ohne Gesetzeskraft eine offizielle Stellungnahme zum Countertrade darstellen. Guidelines können in Form von Verwaltungsvorschriften oder informell wie durch das Bereitstellen von Außenhandelsinformationen ein Ausdruck der offiziellen Haltung einer Regierung sein; die genaue Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen, die unter diesem Begriff zusammengefaßt wurden, ist der jeweiligen Länderanalyse zu entnehmen. 106 Gemeinsam ist den verschiedenen Maßnahmen, daß sie dem staatlichen Bereich zuzuordnen sind und ohne Gesetzeskraft, also rechtlich nicht bindend, Aussagen zum Countertrade treffen. Es handelt sich damit um Maßnahmen mit behördeninterner oder faktischer Wirkung, denen keine unmittelbare Außenrechtswirkung zukommt. In Verbindung hierzu steht die Praxis in vielen Staaten, hoheitliche ad hocEntscheidungen zu Countertrade-Transaktionen zu treffen. Hierunter ist zu verstehen, daß unabhängig vom Vorliegen spezieller Gesetze oder von Guidelines staatliche Stellen in jedem Einzelfall über die Zulässigkeil oder wirtschaftspolitische Zweckmäßigkeit eines Countertrade-Geschäftes entscheiden. Schließlich zeigt sich, daß eine bedeutende Anzahl von Staaten mit anderen Staaten Verträge über Countertrade-Transaktionen geschlossen haben. Bei diesen Verträgen handelt es sich zumeist um Abkommen, die von Staatsorganen abgeschlossen wurden und direkt dem Völkerrecht unterliegen, also um völkerrechtliche Verträge. Inwieweit einzelne Abkommen auch ohne eine völkerrechtliche Bindungswirkung abgeschlossen wurden, kann nicht abschließend beurteilt werden. Wahrscheinlich erscheint jedoch, daß Countertrade-Transaktionen im zwischenstaatlichen Verkehr auch in der Form sogenannter "Gentlemen' s Agreements" vereinbart werden. Gentlemen's Agreements stellen Übereinkünfte dar, die

106

Siehe Anhang.

C. Entwicklung und Bedeutung des Countertrade im Welthandel

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nicht dem Völkerrecht unterworfen sind und damit keine rechtlich verpflichtende Wirkung entfalten. 107 ZusammengefaSt zeigt die Auswertung der Staatenpraxis, daß in einer Vielzahl von Staaten durch hoheitliche Maßnahmen Countertrade-Geschäfte unmittelbar oder mittelbar gestaltet und beeinflußt werden. Die nach der Darstellung der einzelnen Erscheinungsformen des Countertrade scheinbar ausschließlich privatrechtliehe Natur dieser Handelsform erweist sich damit als wesentlich staatsnäher, als angenommen werden sollte. Gleichzeitig ist die Staatenpraxis zum Countertrade ein Beleg dafür, in welcher unterschiedlichen Art und Weise sich hoheitliches Handeln im Wirtschaftsbereich manifestiert. Von der direkten Teilnahme des Staates am Handel in der Form von Staatshandelsorganisationen oder völkerrechtlichen Verträgen bis zum informellen Verwaltungshandeln finden sich eine Vielzahl von Aktivitäten, nach denen einzelne Countertrade-Geschäfte unter tatsächlichen Gesichtspunkten dem Ursachenkriterium eines nichttarifären Handelshemmnisses zugerechnet werden können. Wann genau dies der Fall ist, muß freilich unter juristischen Gesichtspunkten noch näher untersucht werden. Daß dieser Untersuchung angesichtsder Vielfalt staatlichen Verhaltens im Countertrade-Bereich allgemeine Bedeutung für die Frage der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse in der WTO/GATT-Rechtsordnung zukommt, kann aber bereits konstatiert werden.

C. Entwicklung und Bedeutung des Countertrade im Welthandel Zur Verdeutlichung der Relevanz des Countertrade als ein Beispiel für nichttarifäre Handelshemmnisse im internationalen Wirtschaftssystem soll ein kurzer historischer Überblick gegeben werden, bevor auf die heutige Bedeutung im Welthandel eingegangen wird.

I. Grundzüge der historischen Entwicklung Die geschichtliche Entwicklung des Countertrade reicht zurück bis in die Zeit der reinen Naturalwirtschaft, in der schon um das Jahr 8.300 vor Chr. Tauschhandel als Wirtschaftsform betrieben wurde. 108 Aus der Zeit der sich entwickelnden Geldwirtschaft ist das wohl bekannteste Beispiel ein Countertrade-Abkommen zwischen Napoleon Bonaparte und Berna-

107 108

Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. 1/l, 76. Fuh, Ranges for Negotiation in International Countertrade, 1.

56

I. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifares Handelshemmnis

dotte, 109 das seine Ursache in der nach der Niederlage der französischen Flotte bei Trafalgar gegen England von Napoleon verhängten sogenannten Kontinentalsperre (Berliner Dekret von 1806) hatte. Aus dieser Zeit ist ein Brief Napoleons vom 8. August 1811 an Bernadotte bekannt, in dem es heißt: Ich werde Ihnen für 20 Millionen Francs Kolonialwaren geben, die ich in Harnburg habe. Sie geben mir für 20 Millionen Francs Eisen. Ich brauche in Antwerpen Eisen und habe Überfluß an englischen Kolonialwaren. 110 Den wichtigsten Entwicklungspunkt des internationalen Countertrade stellt jedoch der 1. Weltkrieg dar. 111 Schon bald nach Ausbruch des Krieges wurden von den teilnehmenden Staaten Ausfuhrverbote für verschiedene Waren erlassen, um den jeweiligen Feindstaaten Schaden zuzufügen und die Sicherung des eigenen Militärund Zivilbedarfes zu gewährleisten. Speziell in Deutschland wurde durch das "Verbot der Einfuhr entbehrlicher Gegenstände" vom 25.2.1916 und das umfassende Einfuhrverbot ohne staatliche Genehmigung vom 16.1.1917 auch versucht, die deutschen Devisenbestände zu erhalten. 112 Um aber den notwendigen und steigenden Bedarf an wichtigen Gütern zu sichern und damit auch steuern zu können, wurden nunmehr mit den neutralen Staaten Tauschgeschäfte vereinbart. Dies hing auch mit dem allgemeinen Wertverfall des Geldes und des Goldpreises zusammen, der zum Beispiel Schweden veranlaßte, kein Gold mehr in Zahlung zu nehmen. 113 Bekannt sind erste Countertrade-Abkommen 114 Deutschlands aus dem Jahre 1916115 ; überhaupt scheint man 1916 allgemein in Europa zum Countertrade übergegangen zu sein. 116 Nach Ende des 1. Weltkrieges, namentlich in den Jahren 1922 bis 1930, sind dann kaum noch internationale Gegengeschäfte zu verzeichnen. 117 Der nächste wichtige Entwicklungsschritt des internationalen Countertrade ergab sich in Folge der Weltwirtschaftskrise. Ab ca. 1930 ist ein stetiger Anstieg von Countertrade-Transaktionen festzustellen; mitursächlich hierfür waren vieler-

109 Eigentlich Jean Baptiste Jules Bemadotte, Fürst von Pontecorvo, französischer Marschall (geb. am 26.1.1763, gest. am 8.3.1844). Als Kar! XIV König von Schweden und Norwegen vom 5.2.1818 bis zum 8.3.1844. 110 Zitiert nach: Neurath, Weltwirtschaftliches Archiv 1311 (1918), 23 (24). 111 Vgl. Lochner, Int'l Lawyer 19 (1985), 725 (732) m.w.N. 112 Vgl. Schwärz/er, Die Kompensationsgeschäfte in der deutschen Außenwirtschaft, 8; Schroers, Kompensationsverträge, 7. 113 Barczeswki, Kompensationsgeschäfte im Rahmen der Kontingentierungspolitik, 121. 114 In der damaligen Terminologie noch .,Kompensationsverträge", siehe nur Schwärz/er, Die Kompensationsgeschäfte in der deutschen Außenwirtschaft, 8. 115 Schwärz/er, Die Kompensationsgeschäfte in der deutschen Außenwirtschaft, 8. 116 Schroers, Kompensationsverträge, 9. 117 Barczeswki, Kompensationsgeschäfte im Rahmen der Kontingentierungspolitik, 141.

C. Entwicklung und Bedeutung des Countertrade im Welthandel

57

orts eingeführte staatliche Devisenkontrollen 118 und das internationale Abrücken von den Grundsätzen der Meistbegünstigung, der stabilen Wechselkurse und der niedrigen Zölle. 119 In Deutschland wurde die Entwicklung des Countertrade auch durch die Einführung des sogenannten ,,Neuen Planes" zum Ausgleich der Außenhandelsbilanz begünstigt. Dieses handelspolitische Instrument, das sich aus einer Reihe von Gesetzen und Verordnungen zusammensetzte, 120 führte u.a. zur Einführung einer Devisenbescheinigung, von der die Zuteilung von Devisen zur Bezahlung eingeführter Waren abhing. Damit wurde der gesamte Außenhandel im Rahmen der Geldwirtschaft staatlicher Kontrolle unterworfen. Jedoch war es weiterhin möglich, auch ohne eine Devisenbescheinigung Waren einzuführen; als Handelsform kam dann aber nur der Countertrade in Betracht, den der "Neue Plan" ausdrücklich ausbauen wollte und der ebenfalls unter (eingeschränkter) staatlicher Kontrolle stand. 121 Ende des Jahres 1935 bestand der deutsche Außenhandel zu ca. 15-20 % aus Countertrade-Geschäften. 122 Die Neigung zum Countertrade in Deutschland läßt sich in den dreißiger Jahren auch für Großbritannien und die USA nachweisen, 123 so daß insgesamt festgestellt werden kann, daß bis nach dem zweiten Weltkrieg bilaterale staatliche Tauschhandelsgeschäfte die Regel im Außenhandel blieben. 124 Die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg ist dann zunächst durch CountertradeTransaktionen von der ehemaligen UdSSR und anderen Staaten des früheren Ostblocks geprägt, um Restriktionen im Ost-West-Handel zu umgehen. Auch sind Gegengeschäfte westlicher Staaten bekannt, die aus der Schwierigkeit resultierten, Bankkredite zu erhalten. 125 Hervorzuheben ist ebenfalls ein staatliches Countertrade-Programm in den USA aus dem Jahre 1950, das Barter-Programmdes Landwirtschaftsministeriums. Im Rahmen dieses Programmes erwarb die Commodity Credit Corporation, eine staatlich unterstützte Organisation für den Agrarexport, subventionierte landwirtschaftliche Produkte, um sie internationalen Tauschge-

118

141 f. 119

23.

Barczeswki, Kompensationsgeschäfte im Rahmen der Kontingentierungspolitik, Lammers, Die Stellung des Kompensationsgeschäftes im deutschen Aussenhandel,

120 Vgl. die Aufzählung bei Lammers, Die Stellung des Kompensationsgeschäftes im deutschen Aussenhandel, 30 f. 121 Lammers, Die Stellung des Kompensationsgeschäftes im deutschen Aussenhandel, 40 m.w.N. 122 Möhring, Gegengeschäfte, 15. 123 Möhring, Gegengeschäfte, 15 m.w.N. 124 Möhring, Gegengeschäfte, 16. 125 Lochner, Int'l Lawyer 19 (1984), 725 (732) m.w.N.

1. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

58

schäften zugänglich zu machen. In den 17 Jahren Laufzeit des Programmes wurden Güter im Wert von mehr als $ l ,2 Milliarden umgesetzt. 126 Der entscheidende Schritt in der heutigen Entwicklung des Countertrade ist aber die Ölkrise der siebziger Jahre. Infolge des Anstieges des Ölpreises und dem damit verbundenen Handelsbilanzdefizit vieler erdölimportierender Länder, erlebte der Countertrade einen bedeutenden Aufschwung. Auch fallt in diese Zeit die fortschreitende industrielle Entwicklung der ehemaligen UdSSR und anderer Staaten des damaligen Ostblocks, die zu einer Zunahme der dort produzierten Industriegüter führte. Um den erforderlichen Absatz dieser Güter zu sichern und der eigenen Devisenknappheit zu begegnen, verlangten diese Staaten von ihren zumeist westlichen Handelspartnern den Abschluß von Tauschgeschäften. 127 Die Entwicklung hin zum Countertrade setzte sich dann in den achtziger Jahren fort. Der kurze Überblick über die historische Entwicklung des Countertrade läßt erkennen, daß es sich um eine Erscheinung handelt, die im Weltwirtschaftssystem immer dann vermehrt auftritt, wenn äußere Umstände den monetären Handel erschweren oder unmöglich machen. Schon diese Erkenntnis verdeutlicht, daß es sich nicht um ein singuläres Phänomen handelt, sondern auch in Zukunft der Countertrade seine Bedeutung behält, soweit Störungen in den normalen Mechanismen des Weltmarktgeschehens vorliegen, was nie völlig auszuschließen ist.

II. Heutige Bedeutung und Entwicklung im Welthandel Die Vielzahl unterschiedlicher Erscheinungsformen des Countertrade sowie Schwierigkeiten einer abschließenden definitorischen Erfassung dieses Phänomens internationaler Handelstransaktionen führen dazu, daß es kaum verläßliche Angaben zum tatsächlichen Anteil von Countertrade-Transaktionen am heutigen Welthandelsvolumen gibt. Vorliegende Schätzungen des gesamten CountertradeAnteils am Welthandel reichen daher von 1 bis 40 %. 128 Unter Berücksichtigung dieser weiten Spannbreite vorhandener Schätzungen dürfte es realistisch sein, den Countertrade-Anteil am Welthandelsvolumen bei ca. Lochner, Int'l Lawyer 19 ( 1984), 725 (732) m.w.N. Statt vieler Lochner, Int'l Lawyer 19 (1984), 725 (733) m.w.N. 128 Tabellarische Übersichten zu den verschiedenen Schätzungen finden sich bei Halbach/Osterk.amp, Die Rolle des Tauschhandels für die Entwicklungsländer, 39; Jalloh, Countertrade im Außenhandel- Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, 41 ; Taprogge, Countertrade-Management, 50 f.; siehe auch Angennann, Die Besteuerung internationaler Kompensationsgeschäfte, 36 ff. ; Welt, Trade without Money: Barterand Countertrade, I f.; Oh, Northwestern J. lnt'l L. & Bus. 7 (1985), 113 (123); Welt, N.Y. University Journal Int'l L. & Politics 22 (1990), 461 (466 f.). 126

127

C. Entwicklung und Bedeutung des Countertrade im Welthandel

59

5 bis 15 % anzusetzen. 129 Dies entspricht in etwa auch den Schätzungen des GATI und der OECD, die bereits vor einigen Jahren einen Welthandelsanteil von 8 % bzw. 5 % annahmen. 130 Zur Verdeutlichung dieser Angaben sei darauf hingewiesen, daß ein Anteil von 15% am Welthandelsvolumen im Jahre 1991 einem Gesamtwert von etwa$ 900 Mrd. entsprach. 131 Ebenso problematisch wie die Schätzung der aktuellen Relevanz des Countertrade ist eine Prognose zur zukünftigen Entwicklung dieser Handelsform im Weltwirtschaftssystem. Nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Planwirtschaften ab 1989 wurde zum Teil angenommen, daß mit dieser gesellschaftspolitischen Entwicklung auch die Bedeutung des Countertrade abnehmen werde. 132 Diese Einschätzung erscheint aber kaum überzeugend. Aus der historischen Perspektive ist zunächst interessant, daß bereits in den sechziger Jahren dem Countertrade als antagonistische Handelsform keine erwähnenswerte Zukunft vorausgesagt wurde, 133 ohne daß es tatsächlich zu dieser Entwicklung kam. Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß gerade im Ost-West-Handel in jüngster Zeit ein verstärktes Interesse am Countertrade zu verzeichnen ist. Im Jahre 1994 wurde beispielsweise geschätzt, daß ein Drittel des Handels westlicher Staaten mit Rußland durch Countertrade-Geschäfte erfolgte. 134 Entsprechend diesen Angaben wurde 1992 angenommen, daß 40 % der gesamten deutschen Exporte in die GUS-Staaten in Höhe von DM 17 Mrd. auf einer Countertrade-Basis erfolgten. 135 Die weiterhin zu konstatierende Bedeutung des Countertrade zeigt sich auch in der Gründung der Deutschen Clearing- und Countertrade GmbH im September 1994 in Duisburg. Diese von einem Konsortium deutscher Unternehmen unter Federführung des Handelshauses Klöckner und Co. AG und der Westdeutschen Landesbank Girozentrale (WestLB) gegründete Gesellschaft hat zum Ziel, den Handel mit den GUS-Staaten und anderen devisenschwachen Ländern durch Countertrade-Transaktionen zu beleben. 136 Im Jahre 1995 schloß die Clearing- und

129 So auch Angennann, Die Besteuerung internationaler Kompensationsgeschäfte, 36 m.w.N. 13 Financial Times, 12. November 1987, S. 6: .,GATT Finds Trade Protectionism is Growing"; OECD, Countertrade- Developing Country Practices, 1985, 11 f.; siehe auch Sell, WiSt 17 (1988), 451 (454). 131 Angennann, Die Besteuerung internationaler Kompensationsgeschäfte, 36. 132 Nachweise bei Angennann, Die Besteuerung internationaler Kompensationsgeschäfte, 37. 133 Vgl. Verdun, Yale J. Int' Law II (1985), 191 m.w.N. 134 Financing Foreign Operations, I. April 1994, verfügbar in LEXIS/NEXIS. 135 Angennann, Die Besteuerung internationaler Kompensationsgeschäfte, 37 m.w.N. 136 Siehe Süddeutsche Zeitung vom 8. September 1994: "Deutsche Wirtschaft läßt Tauschhandel aufleben"; an der Firma sind Unternehmen wie der Krupp-Konzern, die

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1. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifares Handelshemmnis

Countertrade GmbH mit der nordkoreanischen Clearing-Handelsgesellschaft ein Abkommen, nach dem in den nächsten Jahren pro Jahr Waren und Dienstleistungen im Wert von mindestens$ 100 Mill. durch Countertrade-Geschäfte umgesetzt werden sollen. 137 Insgesamt läßt sich damit sagen, daß unabhängig von den Schwierigkeiten der konkreten Bestimmung des Countertrade-Anteils am Welthandel dieser Erscheinungsform des internationalen Handels eine nicht zu vernachlässigende Bedeutung zukommt. Wie die historische Entwicklung und aktuelle Tendenzen zeigen, wird der Countertrade darüber hinaus auch weiterhin eine feste Größe im Welthandelssystem einnehmen.

D. Gründe und Rahmenbedingungen für den Countertrade Die juristische Bewertung einer tatsächlichen Erscheinungsform internationaler Transaktionen im System des Welthandelsrechts setzt ein Verständnis für die ökonomischen Gründe und Rahmenbedingungen voraus, die diesem Phänomen zugrundeliegen. Hierbei ist für den Countertrade über die zu nichttarifären Handelshemmnissen ausgeführten allgemeinen Interessenlagen hinausgehend auf konkretere Umstände einzugehen, die aus staatlicher und privater Sicht diese Handelsform bedingen und attraktiv machen. Zu diesem Zwecke werden nachfolgend zunächst einzelne ausgewählte Gründe und Rahmenbedingungen für den Countertrade dargelegt; anschließend ist zu untersuchen, ob es möglich ist, eine gesamtwirtschaftliche Beurteilung unabhängig von ausgewählten Einzelaspekten vorzunehmen.

I. Einzelne ausgewählte Gründe und Rahmenbedingungen Als wichtigste Ursache für die Entwicklung des Countertrade wird die internationale Verschuldeoskrise und die hieraus für viele Staaten resultierende Devisenknappheit genannt. Argumentiert wird, daß eine bestehende Devisenknappheit dazu führe, daß internationale Geschäfte im Wege der klassischen Geldwirtschaft nicht mehr durchzuführen seien und daher nur noch der Countertrade als devisen-

Mannesmann AG und die Siemens AG beteiligt; siehe hierzu auch die im Anhang beschriebene Staatenpraxis in Deutschland. 137 Reuter Textline vom 3. März 1995 "Deutschland: Clearing-Abkommen mit Nordkorea unterzeichnet", verfügbar in LEXIS/NEXIS.

D. Gründe und Rahmenbedingungen für den Countertrade

61

unabhängige Handelsform in Betracht komme. 138 Diese Auffassung wird durch Einschätzungen der OECD 139, der UNCTAD 140 und des GATT141 gestützt. Der pauschale Hinweis auf eine Devisenknappheit vieler Staaten vermag die Erscheinung des Counterirade aber nicht abschließend zu erklären. Im Gegenteil, Caves und Marin 141 haben auf der empirischen Grundlage von 230 CountertradeAbkommen nachgewiesen, daß sich die Behauptung nicht halten läßt, Devisenknappheit sei ein maßgeblicher Beweggrund für den Countertrade. 143 Auch ist zu bedenken, daß nur reine Barter-Geschäfte völlig devisenunabhängig vollzogen werden. Die übrigen Formen des Counterirade beinhalten in unterschiedlichem Umfange Elemente der Geldwirtschaft Reine Barter-Geschäfte stellen aber nur einen geringen Teil des Countertrade-Aufkommens dar. Hieraus folgt, daß der herkömmlichen Auffassung im Schrifttum zur Devisenknappheit als Hauptgrund für den Counterirade in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden kann. 144 Vielmehr ist davon auszugehen, daß dem Countertrade neben einer möglicherweise bestehenden Devisenknappheit eine Reihe weiterer, nicht minder bedeutender Gesichtspunkte zugrundeliegen und eine Devisenknappheit oft nur der unmittelbare Anlaß für den Abschluß von Counternade-Geschäften ist. 145 Als ergänzender Auslöser für den Counterirade kommt insofern der Wille in Betracht, bewußt normale Marktpreise zu umgehen. Hier ist insbesondere an den Absatz von Agrarprodukten zu denken, die von staatlicher Seite zur Einkommenssicherung der Landwirte angekauft wurden und für die es im Rahmen des so begründeteten Preisniveaus keinen Absatzmarkt gibt. Als Alternative zur möglichen Vernichtung der landwirtschaftlichen Produkte bietet sich die Vereinbarung eines Counterirade an, 146 wie es das Beispiel des Tausches von US-amerikanischem Trockenmilchpulver gegen Bauxit aus Jamaica zeigt. 147 138 Statt vieler Welt, Trade without Money: Barter and Countertrade, 12; Taprogge, Countertrade-Management, 59. 139 de Miramon, OECD Observer, Nr. 134, 1985, 24 (25). 140 Countertrade, Background note by the UNCTAD secretariat, UN Doc. TD/B/C. 7/82 vom 28. August 1986, 8. 141 GATT, Review of Developments in the Trading System, April- September 1988, GATT Doc. U6435 v. 30 Nov. 1988, 76. 142 Caves/Marin, The Economic Journal 102 (1992), 1171-1183. 143 Zustimmend insoweit Choi/Maldoom, Economic Letters 40 ( 1992), 77 (77). 144 So auch Mirus/Yeung, Weltwirtschaftliches Archiv 123 (1987), 535 (543); Hennart, The Cause of Countertrade, 6; Choi/Maldoom, Economic Letters 40 (1992), 77 (77); Kostecki, JWTL 21 (No. 1, 1987), 7 (9). 145 Jalloh, Countertrade im Außenhandel- Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, 15 f. 146 Kostecki, JWTL 21 (No. 1, 1987), 7 (13); Hennart, The Cause of Countertrade, 8 f. 147 Hennart, The Cause of Countertrade, 8 f.

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1. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

Weiterhin kann die Handelsform des Countertrade dazu dienen, durch Kartelle festgelegte Marktpreise und Quoten zu umgehen. Dies kommt insbesondere bei den Festlegungen der Rohstoffkartelle in Betracht, wo gerade Barter-Oeschäfte dazu dienen können, unterhalb der festgesetzten Preise die fraglichen Rohstoffe abzusetzen. So haben Nigeria, der Iran, Libyen, Indonesien, der Irak und Quatar Barter-Oeschäfte dazu benutzt, um unter den durch die OPEC festgelegten Preisen Rohöl in westliche Staaten und die Entwicklungsländer abzusetzen. 148 Zum Teil wird davon ausgegangen, daß im Jahre 1984 10- 20% der OPEC-Rohölexporte im Rahmen von Barter-Oeschäften umgesetzt wurden. 149 Darüber hinaus kann Countertrade bei bestehenden Produktionsüberschüssen auftreten. Dies ist der Fall, wenn auf Produktionsüberschüsse nicht im Wege der normalen Marktmechanismen reagiert wird, indem eine Produktionsrücknahme erfolgt. Hierfür kommen zwei Gründe in Betracht: Zunächst kann es sich um Planwirtschaften handeln, die im Rahmen einer staatliche vorgegebenen Wirtschaftsbürokratie nicht flexibel genug auf die Marktbedingungen reagieren können oder wollen.150 Weiterhin ist denkbar, daß die ein Unternehmen belastenden hohen Fixkosten und Sozialgesetzgeberischen Festlegungen es nicht zulassen, eine Produktion kurzfristig zu reduzieren. In einer solchen Situation kann der Countertrade die einzige Möglichkeit sein, die trotz mangelnder Nachfrage produzierten Güter abzusetzen.151 Aber auch unabhängig von Produktionsüberschüssen kann eine insgesamt fehlende Marktflexibilität das Bedürfnis nach einer langfristigen Sicherung von Absatzmärkten stärken und damit den Countertrade attraktiv machen. Dies ist insbesondere bei Planwirtschaften der Fall, für die sich Countertrade-Vereinbarungen wie langfristige Clearing-Agreements und umfangreiche Gegengeschäfte als Sicherungsinstrumentarium anbieten. 152 Unabhängig von der bereits dargelegten Frage der Devisenknappheit und Verschuldenskrise ist Counterirade oft auch eine Reaktion auf staatliche Devisenbeschränkungen.153 Hierbei ist zu bedenken, daß sich beispielsweise im Mai 1989 für die 174 am Schweizer Sortenmarkt registrierten Währungen folgendes Bild ergab: Nur 52 der Währungen unterlagen keinerlei Beschränkungen, in 40 weiteren Staaten war nur die Einfuhr der Landeswährung unbeschränkt zulässig, und in 39 Län148 Möhring, Gegengeschäfte, 28; Hennart, The Cause of Countertrade, 9; vgl. auch Abul-Eyoun, L' Egypte Cont. 1989, Nos. 417-418,47 (72 f.). 149 Banks, Kyklos 38 (1985), 249 (257); Hennart, The Cause of Countertrade, 9. 150 Vgl. Kostecki, JWTL 21 (No. 1, 1987), 7 (12 f.). 151 Möhring, Gegengeschäfte, 36 f.; Hennart, The Cause ofCountertrade, 9 f. ; vgl. auch Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 17 ff. ; Taprogge, 61 f. m.w.N. 152 Abul-E)oun, L'Egypte Cont. 1989, Nos. 417-418, 47 (70); Hennart, The Cause of Countertrade. 12; Kostecki, JWTL 21 (No. 1, 1987), 7 (I 0 f .) 153 Kostecki, JWTL 21 (No. 1, 1987), 7 (1 0); Mähring, Gegengeschäfte, 43 f.

D. Grunde und Rahmenbedingungen für den Countertrade

63

dem war jegliche Ein- und Ausfuhr der heimischen Währung untersagt. 154 Daß der Countertrade eine Reaktion auf bestehende staatliche Devisenbeschränkungen sein kann, zeigt auch die Parallele zur Entwicklung in den dreiziger Jahren. 155 Als möglicher Beweggrund für den Abschluß von Countertrade-Vereinbarungen können auch außenpolitische Überlegungen in Betracht kommen, gerade wenn es sich um staatliche oder staatlich geförderte Abkommen handelt. So können Countertrade-Geschäfte Instrumentarien einer Entwicklungshilfepolitik sein, die auf eine langfristige bilaterale Handelsbeziehung aufbaut.' 56 Auch ist denkbar, daß Gegengeschäfte vereinbart werden, um die Förderung von Produktionsabsätzen zu erreichen, was ansonsten nur über außenpolitisch und rechtlich problematische Subventionen möglich wäre. 157 Des weiteren ist daran zu denken, daß Countertrade-Geschäfte dazu dienen können, Direktinvestitionen zu ersetzten, insbesondere wenn sie aufgrund staatlicher Regulierungen 158 nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich sind.' 59 Schließlich stellt das Interesse an internationalem Technologietransfer einen weiteren Beweggrund für Countertrade-Transaktionen dar. Hintergrund ist oft, daß der Käufer einer technisch hochwertigen Produktionsanlage an einem langfristig hohem Produktionsstandard interessiert ist. Das hierfür nötige know-how im Bereich der follow-up Betreuung fehlt ihm aber zumeist, so daß er an einer langfristigen Betreuung der Anlage durch den Verkäufer interessiert ist. Um diese zu sichern, wird eine Produktabnahme (buy-back) vereinbart, die den Verkäufer im eigenen Interesse zur follow-up Betreuung zwingt. Für den Verkäufer ist im Gegenzug die Finanzierung der Transaktion gesichert. Damit führt der Countertrade im Bereich des Technologietransfers zu einer gegenseitigen Risikoabsicherung.160

154 Angaben nach Möhring, Gegengeschäfte, 43. Supra l. Teil, § 2 C I. Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 15; Hennart, The Cause of Countertrade, 15. 157 Bürgin, Countertrade, 51; Möhring, Gegengeschäfte, 53 f.; Hennart, The Cause of Countertrade, 15. 158 V gl. den Überblick über den Bestand nationaler Gesetzgebung zu Investitionsauflagen bei Scheibach, Importrelevante Investitionsauflagen und das GATI, 93 ff. 159 Kostecki, JWTL 21 (No. 1, 1987), 7 (14 f.) 160 Hennart, The Cause ofCountertrade, 21; umfassend hierzu auch Liesch, lnt'l Journal of Technology Management 8 (1993), 486 ff. 155

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I. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

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II. Verallgemeinernde gesamtwirtschaftliche Betrachtung Unabhängig von einzelnen die Entwicklung des Countertrade beeinflussenden Gründen erscheint eine verallgemeinernde Erklärung dieses Phänomens internationalen Handeins notwendig, um ökonomische und juristische Schlußfolgerungen im Lichte der allgemeinen Erkenntnisse zu nichttarifären Handelshemmnissen zu ermöglichen. Grundlage für eine solche Betrachtung sollen zunächst die Arbeiten der Wirtschaftswissenschaftler Mirus und Yeung sein, 161 die sich am intensivsten um eine einheitliche Theorie des Countertrade bemüht haben. 1. Ausgangsüberlegung Als Ausgangsüberlegung für eine verallgemeinernde Erklärung des Countertcade soll angenommen werden, daß dieser immer dann vermehrt auftritt, wenn in einem Land Marktunvollkommenheiten vorzufinden sind, was insbesondere, aber nicht ausschließlich in den Staaten mit einer Planwirtschaft und den schwächer entwickelten Staaten der Fall ist. 162 Diese Ausgangsthese läßt sich anhand einer von Hennart vorgenommenen Untersuchung empirisch belegen. 163 Ihm zufolge vollziehen sich Countertrade-Transaktionen im allgemeinen zwischen Staaten mit entwickelten und weniger entwickelten Wirtschaftssystemen. 2. Charakterisierung internationaler wirtschaftlicher Transaktionen

Im Anschluß an die gewählte Ausgangsüberlegung charakterisieren Mirus und Yeung internationale wirtschaftliche Transaktionen durch vier bestehende Problemfelder: Informationsasymmetrien, das principal agency-Problem, Probleme des Schutzes geistigen Eigentums und das sogenannte time inconsistency-Problem.164 Unter der Problematik bestehender Informationsasymmetrien ist zu verstehen, daß die einer Transaktion zugrundeliegenden Wirtschaftsgüter Qualitäts- und Leistungsmerkmale aufweisen, deren Bedeutung nur vom Lieferanten oder Hersteller eingeschätzt werden kann. Hierzu zählt auch die Marketingfähigkeit der Lieferanten. Der so gegebene Informationsvorsprung führt dazu, daß dem Lieferanten die Möglichkeit gegeben ist, die Güteeigenschaften des zu liefernden Produktes zu Mirus/Yeung, JIBSt 17 (No. 3, 1986), 27 ff. ; dies., Int'l Trade J. 7 (1993), 409 ff. Mirus/Yeung, lnt'l Trade J. 7 (1993), 409 (414). 163 Hennart, JIBSt 21 (No. 2, 1990), 243 (Tabellen 5-7). 164 Mirus/Yeung, lnt' l Trade J. 7 (1993), 409 (421 f.). 161

162

D. Gründe und Rahmenbedingungen für den Countertrade

65

seinem Vorteil verzerrend darzustellen. Aufgrund der Kenntnis dieser potentiellen Gefahr wird der Abnehmer des Gutes dem Lieferanten gegenüber Zweifel hegen und ihm Mißtrauen entgegenbringen, wodurch Störungen in der angestrebten Handelsbeziehung entstehen, die sich ökonomisch negativ ausdrücken. In Anlehnung an Akerlof65 bezeichnen Mirus und Yeung diese Erscheinung als market-forlemon-Problem.166 Ausgehend von den Auswirkungen dieser Informationsasymmetrie gelangen Mirus und Yeung zu demprinicpal agency-Problem, 167 das sich dadurch auszeichnet, daß derAnbietereines Gutes eine bestehende Informationsasymmetrie zu seinem wirtschaftlichen Vorteil ausnutzt, indem er die Qualität des Gutes höher als objektiv gegeben darstellt, um einen höheren Preis zu erzielen. Als weiteres Kennzeichen internationaler Wirtschaftstransaktionen bezeichnen Mirus und Yeung das Problem des Schutzes geistigen Eigentums. Ihnen zufolge hängt in vielen Fällen der Wert eines Gutes von der Verfügbarkeil der zu seiner Nutzung und Vermarktung nötigen Informationen ab; je größer die Anzahl der Quellen ist, die über die nötigen Informationen verfügen, desto geringer ist der Preis des Produktes. Daher ist jeder Anbieter daran interessiert, die wesentlichen Informationen nicht dem Abnehmer seines Gutes zu überlassen, d.h. sein geistiges Eigentum zu schützen. 168 Schließlich wird das time inconsistency-Problem genannt. Dieses Problem ergibt sich aus der Grundüberlegung, daß insbesondere die Produktion technisch hochwertiger Güter durch hohe Investitionskosten und eine entsprechend lange Amortisationszeit gekennzeichnet ist. Hieraus folgt für den Hersteller eines Produktes eine langfristige Abhängigkeit zum Abnehmer, um so den Erfolg des Investitionsprojektes zu sichern. Gleichzeitig erlangt auch der Hersteller eine Vormachtstellung gegenüber dem Abnehmer, da es aufgrundder Laufzeit umfangreicher Investitionsprojekte für diesen nicht möglich ist, kurzfristig mit einer dritten Partei in gleicher Intention zu kontrahieren. Aus dieser Situation ergibt sich für jede Partei die Versuchung, ihre jeweilige Machtstellung zum eigenen Vorteil auszunutzen, was sich beispielsweise in der Forderung nach Nachverhandlungen zeigen kann. Das time inconsistency-Problem ist also ein laufzeitbedingtes Problem gegenseitiger Abhängigkeiten, die jede Partei zum eigenen Vorteil auszunutzen versucht.

Akerlof, QJE 84 (1970), 488 ff. Als lemons werden im Amerikanischen gebrauchte PKWs von schlechter Qualität bezeichnet. Akerlofnimmt das Beispiel der guten und schlechten PKWs, um lnforrnationsasymmetrien zu erklären, siehe Akerlof , QJE 84 (1970), 488 (489). 167 Mirus/Yeung, lnt'l Trade I. 7 (1993), 409 (421); dies. , JIBSt 17 (No. 3, 1986), 27 (31). 168 Mirus/Yeung, Int'l Trade J. 7 (1993), 409 (421). 165

166

5 Tietje

66

1. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

3. Traditionelle Lösungsmöglichkeiten und deren Realisierungschancen Nachdem von Mirus und Yeung die vier Problemfelder internationaler Wirtschaftstransaktionen dargestellt wurden, zeigen sie in einem weiteren Schritt die traditionellen Lösungsmöglicheiten auf, die eine Rechts- und Wirtschaftsordnung bieten kann und bewerten deren Realisierungschancen. 169 Hierbei ist zunächst die Möglichkeit der gesellschaftsrechtlichen Verbindung von Hersteller und Abnehmer zu erwähnen. Diese kann sich sowohl im Wege vertikaler Integration als auch durch Direktinvestitionen, insbesondere als Internationalisierung vollziehen. Erfolgt eine solche gesellschaftsrechtliche Verbindung der Vertragsparteien, ist schon gesellschaftsrechtlich eine Kooperation "Hand in Hand" vorbestinunt; die genannten vier Probleme internationaler Wirtschaftstransaktionen treten dann nicht auf. Neben der gesellschaftsrechtlichen Lösung besteht die Möglichkeit, vertragliche Vereinbarungen zu treffen, durch die den Gefahren der genannten Problemfelder zum Beispiel im Wege von Vertragsstrafen oder Lizenzen begegnet wird. Fraglich ist aber, welchen konkreten Realisierungschancen diesen beiden Lösungsmöglichkeiten im gegenwärtigen Welthandelssystem zukonunt. Hierbei ist an die Ausgangsthese zu erinnern, nach der Countertrade vermehrt in Staaten mit Planwirtschaften und in Entwicklungsländern auftritt. Beide Staatengruppen zeichnen sich zumeist durch ein nationales Investitionsrecht aus, das restriktiv ausgestaltet ist 170 und die genannte gesellschaftsrechtliche Lösung daher im Regelfall nicht zuläßt. Weiterhin wird von Mirus und Yeung argumentiert, daß diese Staaten zumeist über kein effektives Rechtssystem verfügen, das als Durchsetzungsmechanismus für die Vertragslösung dienen könnte. 171 Mithin komme weder die gesellschaftsrechtliche noch die vertragliche Lösung in Betracht, um bei Wirtschaftstransaktionen mit den genannten Staaten den charakterisierten Problemen befriedigend zu begegnen.

4. Countertrade als Reaktion auf Marktunvollkommenheiten Aus den dargelegten Überlegungen folgern Mirus und Yeung, daß oftmals nur die Möglichkeit des Countertrade besteht, um die aufgezeigten Handelsprobleme zu bewältigen. 172 Dies wird überzeugend wie folgt begründet: Mirus/Yeung, Int'l Trade J. 7 (1993), 409 (422 f.). Siehe die Beispiele bei Scheibach, Importrelevante Investitionsauflagen und das GATT, 98 ff. und zusammenfassend 111 ff. 171 Mirus/Yeung, lnt'l Trade J. 7 (1993), 409 (423). 172 Mirus/Yeung, lnt'l Trade J. 7 (1993), 409 (423 ff.). 169

170

D. Gründe und Rahmenbedingungen für den Countertrade

67

Hinsichtlich möglicher Informationsasymmetrien hängt der Erfolg von BarterOeschäften und Gegengeschäften zu einem großen Teil von den Marketing-Qualitäten der Partei ab, die die Produkte der anderen Partei in Zahlung ninunt (im folgenden: Countertrade-Partei). Um einen sicheren Erfolg aus dem Geschäft zu ziehen, wird die Countertrade-Partei daher ihre eigenen Marketingqualitäten möglichst realistisch einschätzen, was der anderen Partei bewußt sein wird. Mithin ist eine erste Informationsasymmetrie behoben. Weiterhin obliegt es der Countertrade-Partei, im eigenen Interesse die Marktchancen des jeweiligen Tauschproduktes abzuschätzen. Da diese Einschätzung langfristig auch der anderen Partei zugute konunt, um deren Güter es geht, liegt auch insoweit keine Informationsasynunetrie mehr vor. Eine Aufhebung der Informationsasymmetrie erfolgt auch bei den buy-backGeschäften. Diese Geschäfte sind durch die Rücknahme der durch die gelieferte Produktionsanlage produzierten Güter gekennzeichnet. Hieraus ergeben sich zwei Signalwirkungen: Zunächst verdeutlicht dieser Geschäftstypus, daß die gelieferte Produktionsanlage so wertvoll ist, daß selbst der Anbieter die produzierten Güter wieder abnehmen will. Weiterhin wird der Erfolg des Geschäftes vom Anbieter durch seine Rücknahmeverpflichtung impliziert. Diese beiden Signalwirkungen beheben das market-for-lemons-Problem, da sie potentielle Informationsasymmetrien vermeiden. Folglich ergibt sich eine unverzerrte Preisbildung für die zu liefernde Produktionsanlage. Insgesamt lassen sich Informationsasynunetrien damit zu einem gewissen Teil durch Countertrade-Transaktionen vermeiden. Weiterhin wird durch Countertrade-Transaktionen dem principal agency- Problem begegnet. Dies zeigt sich besonders deutlich bei den buy-back-Geschäften, deren Erfolg maßgeblich von den eigenen Anstrengungen der Countertrade-Partei abhängt, wodurch diese bedacht sein wird, einen hohen Qualitätsstandard der gelieferten Anlage zu sichern. Das Problem der Überbewertung der eigenen Leistung kann sich damit nicht ergeben. 173 Countertrade-Transaktionen tragen auch dazu bei, geistiges Eigentum der Countertrade-Partei zu schützen. Insbesondere ist diese nicht gezwungen, ihre eigenen Marketingkenntnisse an die andere Partei weiterzugeben, da sie selbst für den Absatz des getauschten Gutes verantwortlich ist. Die andere Partei ist nicht an Marketingaktivitäten beteiligt. 174 Schließlich kann dem Problem, daß jede Partei versucht, laufzeitbedingte Abhängigkeiten zum eigenen Vorteil auszunutzen, durch Countertrade-Transaktionen begegnet werden. Im Bereich der Barter-Oeschäfte und der Gegengeschäfte ist es wiederum das Interesse am eigenen Marketingerfolg, das die Versuchung der 173 174

5*

Mirus/Yeung, lnt'l Trade J. 7 (1993), 409 (424). Mirus/Yeung, Int'l Trade J. 7 (1993), 409 (425).

1. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

68

Counternade-Partei unterbindet, ihre laufzeitbedingte Machtstellung zum eigenen Vorteil auszunutzen. Insoweit läßt sich auch von einer gegenseitigen Risikoabsicherung sprechen. Gleiches gilt für buy-back-Geschäfte. Auch dieser Typus stellt durch das synallagmatische Tauschelement sicher, daß langfristig beide Parteien aufeinander angewiesen sind, so daß auch hier keine laufzeitbedingten Unsicherheiten im Verhalten der Vertragsparteien bestehen.m

5. Praktisches Beispiel- Das NEC-Tourismus-Programm in Ägypten Als Beispiel aus der Praxis für die abstrakt dargestellten Wirkungen des Counternade kann das NEC-Tourismus-Programm in Ägypten aus dem Jahre 1987 dienen.J76 Dem Countertrade-Abkommen zwischen dem japanischen Elektronikhersteller NEC und Ägypten lagen folgende Inhalte zugrunde: NEC fördert den noch kaum existenten japanischen Tourismus in Ägypten und erarbeitet einen entsprechenden Marketingplan. Laufzeit des Vertrages war zunächst ein Jahr, es besteht aber eine jährliche Verlängerungsmöglichkeit Bedingung für das Engagement von NEC ist, daß die aus dem Tourismus erwirtschafteten Devisen der Arab Company for Transistor Radio and Electronic Equipment (Actree) zukommen. Die Actree wird mit den erhaltenen Devisen Elektronikteile von NEC beziehen. Das Programm begann im Jahre 1987 und wurde seither verlängert. Dem ägyptischen Ministerium für Tourismus zufolge ist es ein großer Erfolg. 177 An dieser Countertrade-Transaktion läßt sich folgendes verdeutlichen. Zunächst zieht NEC die Vorteile aus einer möglichst effektiven Tourismusförderung. Die diesbezüglichen Anstrengungen werden daher als optimal einzustufen sein. Dessen wird sich die Actree bewußt sein. Mithin bestehen weder Informationsasymmetrien noch ein principal agency-Problem. Weiterhin wurde festgelegt, daß Ägypten zwar eigene Vorteile aus der Erfahrung mit japanischen Touristen zieht, die eigentliche Marketingstrategie aber ausschließlich den Japanern überlassen bleibt. 178 Damit ist der Schutz des geistigen Eigentums der Japaner an ihrer Marketingstrategie gesichert. Schließlich ist aufgrund des Erfolges des Projektes auch davon auszugehen, daß ein time inconsistency-Problem nicht besteht. 179 m Mirus/Yeung, lnt'l Trade J. 7 (1993), 409 (425 f.). Vgl. Mirus/Yeung, Int' l Trade J. 7 (1993), 409 (425 Fn. 11); Abdel-Latif, JW1L 24

176

(No. 5, 1990), 17 (27). 177 Abdel-Latif, JW1L 24 (No. 5, 1990), 17 (27). 178 Vgl. Mirus/Yeung, lnt'l Trade J. 7 (1993), 409 (425 Fn. 11). 179 So auch Mirus/Yeung, Int'l Trade J. 7 (1993), 409 (425 Fn. 11); offengelassen noch bei Abdel-Latif, JW1L 24 (No. 5, 1990), 17 (28).

D. Gründe und Rahmenbedingungen für den Countertrade

69

Insgesamt spiegelt das NEC-Tourismus-Programm in Ägypten damit die abstrakt dargelegten Wirkungen des Countertrade wider. 6. Zwischenergebnis

Zusammenfassend sind Counternade-Transaktionen eine aus dem natürlichen Verhalten der Marktteilnehmer heraus zu erklärende Antwort auf charakteristische Schwierigkeiten im Handelsverkehr mit weniger entwickelten Wirtschaftssystemen. Im Gegensatz zu den klassischen Instrumentarien des Wirtschaftsrechts bietet der Counternade die Möglichkeit, den Interessen der Handelspartner auch im Falle bestehender Marktunvollkommenheiten gerecht zu werden. Maßgebliche Kennzeichen einer solchen Marktunvollkommenheit sind die Gefahr von Informationsasymmetrien und bestehende Transaktionsschwierigkeiten. 180 Diese Bewertung soll im folgenden als Marktunvollkommenheitstheorie bezeichnet werden. 111. Weitere Erklärungsansätze

Neben der Marktunvollkommenheitstheorie finden sich nur vereinzelt weitere theoretische Ansätze zur Erklärung der Ursachen der Counternade. Die insoweit ausführlichste Untersuchung hat Bürgin im Jahre 1986 vorgelegt.181 Sein theoretischer Ansatz geht von drei Untersuchungsfeldern aus: Zunächst versucht er gesamtwirtschaftlich zu erklären, welche Unterschiede zwischen einem monetären Tauschsystem und dem Naturaltausch bestehen. Sodann vergleicht er die unterschiedlichen Tauschsysteme mit den jeweiligen terms of trade, um abschließend einzelwirtschaftliche Motive des Countertrade zu diskutieren. In seinem ersten Untersuchungsschritt zur gesamtwirtschaftlichen Erklärung des Counternade greift Bürgin auf das Modell von Niehans 182 zu den Vor- und Nachteilen von Geld- und Naturaltausch zurück. 183 Niehans geht in seiner Untersuchung von einem bestehenden walrasianischen System aus, d.h. einem völligen Gleichgewicht der Weltgütermärkte 184 und der damit bestehenden Trennung in einen realen Teil, der die Konsumströme und Preise determiniert und in einen monetären Teil, 180 Mirus/Yeung, lnt'1 Trade J. 7 (1993), 409 (429 f.); ähnlich dies. , JIBSt 17 (No. 3, 1986), 27 (38). 181 Bürgin, Countertrade, 42 ff. 182Niehans, Theorie des Geldes, 122 ff. 183 Bürgin, Countertrade, 46 ff. 184 Vgl. zum sog. Walras'schen Gesetz, Siebert, Außenwirtschaft, 132; Rose/Sauemheimer, Theorie der Außenwirtschaft, 207.

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1. Teil, § 2. Countertrade als nichttariHires Handelshemmnis

der das Tauschsystem bestimmt. 185 Innerhalb eines solchen Systems kommt Niehans zu dem Schluß, daß die Wahrscheinlichkeit des Einsatzes eines Gutes als Tauschmittel von der Höhe der mit ihm verbundenen Transaktionskosten abhängt. Mit anderen Worten, je geringer der Transaktionskostensatz für ein bestimmtes Gut, desto höher die Wahrscheinlichkeit, daß dieses Gut als Tauschmittel eingesetzt wird. Mithin hängt der monetäre oder nichtmonetäre Charakter des Tauschsystems in einem walrasianischen System einzig und allein von den Transaktionskostensätzen ab. 186 In einer integrierten Volkswirtschaft, in der die Wirtschaftssubjekte zu Marktteilnehmern werden und die Optimierungsprobleme dezentralisiert gelöst werden und damit eine gemeinsame Determinierung von Konsum und Tausch erfolgt, 187 gelangt Niehans zu einem ähnlichen Ergebnis. Hier ist es so, daß die Variation oder konkrete Ausgestaltung der Transaktionskostensätze die realen Tauschsysteme bestimmt. Damit bleiben auch im Modell einer integrierten Volkswirtschaft verschiedene, nebeneinander bestehende Tauschsysteme als Ausdruck des Optimierungskalküls der Wirtschaftssubjekte bestehen. 188 Aus diesen Überlegungen zieht Bürgin den Schluß, daß Countertrade sich zunächst als Konsequenz bestehender Transaktionskostenstrukturen darstellt. In diesem Sinne ist Countertrade eine sogenannte second best-Lösung, da die Transaktionskostenstrukturen die beste Lösung, einen monetären Tausch unter optimalen Transaktionskostenbedingungen, nicht zulassen. Schließlich ergibt sich, daß Countertrade von dem einzelwirtschaftlichen Optimierungskalkül der Wirtschaftssubjekte bestimmt wird und damit von fallspezifischen Rahmenbedingungen abhängt.189 Im Rahmen seines zweiten Untersuchungsfeldes geht Bürgin dann davon aus, daß Countertrade der Änderung der terms oftrade zu Gunsten eines der Tauschpartner dient. 190 Zu dieser These gelangt er durch die bereits dargelegte Überlegung, daß sich Countertrade als Substitut für Schutzzölle oder Exportsubventionen eignet. 191 Theoretisch wird diese Überlegung durch das mathematisch-ökonomische Barter-Modell von J. E. Meade 192 begründet, wonach sich Countertrade als bilateraler Handelsvertrag darstellt, der im Gegensatz zum unverbundenen Güteraustausch - der Geldwirtschaft - eine Austauschrelation begründet, die zu einem 185 Niehans, Theorie des Geldes, 129. 186

Niehans, Theorie des Geldes, 126 f.

187 Niehans, Theorie des Geldes, 129.

Niehans, Theorie des Geldes, 134 ff.; Bürgin, Countertrade, 48. Bürgin, Countertrade, 49 f. 190 Bürgin, Countertrade, 50. 191 V gl. supra 1. Teil, § 2 D I. 192 Meade, Trade and Welfare, 578 ff. 188

189

D. Gründe und Rahmenbedingungen für den Countertrade

71

Nettokapitalzufluß für einen der Handelspartner führt. 193 Hierin sieht Bürgin die Motivation zum Countertrade für einen der Handelspartner. 194 Nach diesem Modell bleibt aber noch die Frage unbeantwortet, welche Motivation zum Counternade für den anderen Handelspartner vorliegt. Bürgin zufolge können als mögliche Gründe genannt werden die Nachfragemacht eines Tauschpartners, eine Preisdiskriminierung des Anbieters oder ein fixiertes Preisniveau, 195 eine mangelnde Markttransparenz sowie die Einsicht des benachteiligten Handelspartners, daß die Vorteile der anderen Partei Markterschließungskosten oder eine Risikoprämie darstellen. 196 Als Schlußfolgerung zu den Überlegungen zum Countertrade und den terms of trade ergibt sich für Bürgin damit, daß Countertrade-Transaktionen eine Reaktion auf Marktversagen sind. 197

Abschließend geht Bürgin in einem dritten Untersuchungsschritt einzelwirtschaftlichen Motiven des Countertrade nach. 198 Hierbei belegt er die Bedeutung von fehlender Markttransparenz als Hauptmotivation rational handelnder Wirtschaftssubjekte zum Countertrade. Zunächst wird dargelegt, daß fehlende Markttransparenz hinsichtlich der Nachfrage nach Wirtschaftsgütern dazu verleitet, langfristige wirtschaftliche Beziehungen einzugehen. 199 Die Konsequenzen dieser Überlegung für den Anbieter eines Wirtschaftsgutes werden sodann anband der Theorie der Marktsignale in der Anwendung von Murreil dargelegt. Der Theorie der Marktsignale zufolge erhöhen Marktsignale mit informierendem Charakter die Transparenz eines gegebenen Marktes, da das Werbemittel den Bedarf an die Stelle bester Deckungsmöglichkeiten lenkt. Damit erscheint das Transaktionsvolumen eines Marktes als Funktion der jeweils herrschenden Markttransparenz, also der Verfügbarkeil "richtiger" Marktsignale.200 Ausgehend von dieser Theorie hat Murreil dargelegt, daß die Kenntnis der Qualität eines Produktes als entscheidendes Marktsignal im Handel zwischen zwei unterschiedlich entwickelten Wirtschaftsystemen fehlt, da einer der Handelspartner Ausführlich theoretisch begründend Bürgin, Countertrade, 52 ff. Bürgin, Countertrade, 58. 195 Vgl. die dargestellten Überlegungen zum Countertrade als Umgehung von durch Kartelle festgelegten Preisen (z.B. OPEC), supra 1. Teil, § 2 D I. 196 Bürgin, Countertrade, 58 f. 197 Bürgin, Countertrade, 59. 198 Bürgin, Countertrade, 59 ff. 199 Als theoretischer Ansatz dient Bürgin hierbei die sogenannte implicit-contract-theory von Okun, Prices and Quantities, 1-26 und 134-181; siehe Bürgin, Countertrade, 60 ff. 200 Bürgin, Countertrade, 63 f. m.w.M. 193 194

1. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifares Handelshemmnis

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zumeist nicht die Informationen besitzt, um die Qualitätsfrage zufriedenstellend zu beantworten. 201 Um diesem Defizit zu begegnen, werden buy-back-Geschäfte abgeschlossen, da diese, wie bereits dargelegt, 202 Informationsasymmetrien beheben können. 203 Fehlende Markttransparenz ist damit ein einzelwirtschaftliches Motiv zum Countertrade sowohl für den Anbieter als auch den Abnehmer eines Wirtschaftsgutes. 204 Als Schlußfolgerung stellt Bürgin im Anschluß an die Erörterung der drei ökonomischen Untersuchungsfelder fest: Als Coutertrade konstituierende Rahmenbedingungen erweisen sich staatliche Marktregulierung, mangelnde Markttransparenz, privatwirtschaftliche Wettbewerbsbeschränkungen, internationale Handelsrestriktionen und hohe, nicht sicherbare Exportrisiken. 205

Schon aus dieser Zusammenfassung wird die in den wesentlichen Aussagen bestehende Übereinstimmung mit den Überlegungen von Mirus und Yeung deutlich. Auch Bürgin führt die Erscheinung des Countertrade letztlich auf bestehende Marktunvollkommenheiten zurück. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Basler, der ebenfalls eine kurze Untersuchung zu den Ursachen des internationalen Countertrade im Lichte der internationalen Handelstheorie vorlegte. 206 Er gelangt anhand einer Systematisierung verschiedener Ursachen des Countertrade zu der Schlußfolgerung, daß als Rahmenbedingung für den Countertrade zunächst ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf verschiedenen Gütermärkten festzustellen sei. Hinzu trete das Phänomen einer unnatürlichen Reaktionsgeschwindigkeit der Faktor- und Güterpreise und des Produktionsapparates auf Veränderungen der Marktbedingungen. Die Ursachen für diese unnatürliche Reaktionsfähigkeit und -geschwindigkeit sieht Basler in einem steigenden Protektionismus. Damit stellen sich auch für ihn letztlich die Marktunvollkommenheiten im Handel zwischen Industrie- und Entwicklungsländern als die eigentliche Ursache des Countertrade dar. 207

Murrell, Economic Inquiry 20 ( 1982), 589 ff. Supra I. Teil, § 2 D II 4. 203 Bürgin, Countertrade, 64 f. 204 Bürgin, Countertrade, 67. 205 Bürgin, Countertrade, 68. 206 Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 35 ff.; die Aussagen von Basler beziehen sich in erster Linie auf den Agrarhandel zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Seine Studie entstand am Institut für landwirtschaftliche Marktforschung der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft, Braunschweig-Völkenrode. 207 Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 38. 201

202

D. Gründe und Rahmenbedingungen für den Countertrade

73

IV. Bewertung Die Vielschichtigkeil der den Countertrade beeinflussenden Einzelaspekte findet sich in annähernd übereinstimmender verallgemeinernder Form in den theoretischen Ansätzen von Mirus!Yeung, von Bürgin und von Basler wieder. Insbesondere die Idee der gegenseitigen Risikoabsicherung aufgrund von Informationsasymmetrien oder -defiziten spielt eine große Rolle. Gleiches gilt für den Gedanken der Notwendigkeit einer langfristigen Handelsbeziehung, gerade im Bereich der buyback-Geschäfte. Mirus und Yeung argumentieren hier mit dem time inconsistencyProblem, das sich in ähnlicher Form bei Bürgin wiederfindet/08 und im Rahmen der ausgewählten Einzelaspekte findet sich diese Überlegung unter dem Stichwort des Technologietransfers. Auffallend ist dementsprechend, daß die dargestellten theoretischen Ansätze immer wieder auf das allgemeine Problem der Marktsitutation zurückkommen und diese als ungünstig abweichend von der Idealbeschaffenheit darstellen. Daß bestehende Marktunvollkommenheiten den Countertrade beeinflussen, zeigt auch der Rückgriff auf die Überlegungen von Niehans zur Theorie des Geldes. Ebenso belegt die Geschichte des Countertrade, daß der Tauschhandel einem monetären System vorgezogen wird, wenn den normalen Handelsverkehr ungünstig beeinflussende Situationen vorliegen. Damit deutet sich bereits an, daß sich eine verallgemeinernde Ursache für den Countertrade in erster Linie in bestehenden Marktunvollkommenheiten im Weltwirtschaftssystem findet. Dieser Ansatz kann natürlich nicht dazu dienen, eine einheitliche Erklärung für alle tatsächlich erfolgenden Countertrade-Transaktionen zu liefern; der Countertrade selbst erweist sich hierfür als zu variantenreich. 209 Jedoch ist zu bedenken, daß der Ansatz der Marktunvollkommenheitstheorie nicht abschließend auf eine einheitliche Erklärung des Countertrade abzielt, sondern mit ihr nur einige Grundbedingungen dargelegt werden sollen; die Bedeutung des Einflusses dieser Grundbedingungen im jeweiligen Einzelfalle läßt sich nicht theoretisch ermitteln, sie ist im Rahmen von Fallstudien empirisch zu ergründen. Gegen die Marktunvollkommenheitstheorie zur einheitlichen Erklärung des internationalen Countertrade werden aber auch Einwände erhoben: Zunächst wird behauptet, daß diese Theorie die Entwicklung des Countertrade zu vereinfacht darstelle und zum Beispiel eine buy-back-Verpflichtung nicht notwendig das time inconsistency-Problem löse, da auch weiterhin die Möglichkeit bestehe, sich unter 208 Als theoretischer Ansatz dient Bürgin die sogenannte implicit-contract-theory von Okun, Prices and Quantities, 1-26 und 134-181 (siehe Bürgin, Countertrade, 60 ff.), die in ihren wesentlichen Aussagen mit den theoretischen Überlegungen zum sog. time-inconsistency-Problem übereinstimmt. 209 Mirus/Yeung, Weltwirtschaftliches Archiv 122 (1986), 371.

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I. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

Inkaufoahme einer Vertragsstrafe aus der Handelsbeziehung zu lösen. 210 Dieser Einwand mag sachlich gerechtfertigt sein, kann aber die Marktunvollkomrnenheitstheorie nicht als verallgemeinernden Erklärungsansatz erschüttern. Durch sie sollen nämlich nur die Ursachen des Regelfalles einer Countertrade-Transaktion aufgezeigt werden. Einzelne Unvollkommenheiten der Marktteilnehmer selbst lassen sich methodelogisch schon nicht in eine als Erklärungsansatz gedachte Theorie einbinden. Auch wird argumentiert, daß die Grundgedanken der Marktunvollkomrnenheitstheorie zu dem Schluß der Pareto-Effizienz211 des Countertrade führen und dies ordnungspolitisch bedenklich sei. 212 Bei diesem Argument handelt es sich aber um einen unzulässigen Schluß von der Wirkung auf die Ursache. Die ökonomischen und handelspolitischen Auswirkungen des Countertrade sind gesondert zu untersuchen und zu bewerten. Um anschließend eine Gesamtbeurteilung vorzunehmen, bedarf es aber zunächst einer Erklärung der Ursachen. Problematisch ist hingegen, daß die Marktunvollkomrnenheitstheorie in der hier vorgestellten Form die Offset-Geschäfte nicht berücksichtigt. Offset-Geschäfte vollziehen sich jedoch fast ausschließlich von und zwischen hochentwickelten Wirtschaftssystemen. 213 Sie lassen sich daher unter Anwendung traditioneller Handelstheorien erklären 214 und müssen folglich an dieser Stelle nicht näher erläutert werden. Damit läßt sich abschließend festhalten, daß die Marktunvollkommenheitstheorie einen geeigneten Erklärungsansatz für das Phänomen des internationalen Countertrade bietet. 215 Ihre Erkenntnisse zeigen überzeugend, daß sich private Unternehmer und staatliche Stellen im Countertrade-Bereich engagieren, um trotz bestehender Unvollkonunenheiten im Marktgeschehen eine für sie im jeweiligen Einzelfall optimale internationale Handelstransaktion herbeizuführen. Ob dieser individuelle Vorteil aus einem Countertrade-Geschäft auch wohlfahrtsökonomischen Überlegungen standhält, bleibt freilich noch zu untersuchen.

210 So in bezugauf die erste Arbeit von Mirus!Yeung aus dem Jahre 1986: Jalloh, Countertrade: Praxis, Theorie und Perspektiven, 34. 211 Zum Pareto-Kriterium der Neuen Wohlfahrtsökonomie siehe statt viele Rose/Sauemheimer, Theorie der Außenwirtschaft, 445 ff. 212 Jalloh, Countertrade: Praxis, Theorie und Perspektiven, 34. 213 Vgl. Hennart, JIBSt 21 (No. 2, 1990), 243 (256 f., Tabellen 2 und 3). 214 Mirus/Yeung, Int' l Trade J. 7 (1993), 409 (413). 215 So auch Neale/Sercu, Int'l Trade J. 1993, 271 (283).

E. Gesamtwirtschaftliche Wirkungen des Countertrade

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E. Die gesamtwirtschaftlichen Wirkungen des Countertrade: Überblick und Bewertung Durch die Existenz bestehender Marktunvollkommenheiten im Weltwirtschaftssystem kann zwar die Motivation für den Einsatz des Countertrade verallgemeinernd erklärt werden, über die gesamtwirtschaftlichen21 6 Auswirkungen des Countertrade ist hierdurch aber noch keine Aussage getroffen. Im Lichte und aufbauend auf den Erkenntnissen zu den wohlfahrtsmindernden Wirkungen nichttarifärer Handelshemmnisse im allgemeinen ist daher zu fragen, ob und inwieweit den Countertrade negative ökonomische Auswirkungen kennzeichnen. I. Stand der Forschung

Der volkswirtschaftlichen Forschung ist es bisher nur im Ansatz gelungen, ein einheitliches Modell für die Auswirkungen des Countertrade im Welthandel zu entwickeln. In den einschlägigen Abhandlungen finden sich zumeist nur Andeutungen über die weltwirtschaftliehen Implikationen. Der Grund hierfür dürfte darin liegen, daß verläßliche empirische Angaben für eine größere Anzahl von Countertrade-Transaktionen nicht vorliegen. Auch ist es wiederum die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten einzelner Countertrade-Geschäfte, die eine umfassende theoretische Einordnung auch in Zukunft erschweren wird.217 Wenn daher im folgenden der Versuch unternommen werden soll, auf der Grundlage der bisherigen Forschung die wichtigsten gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des Countertrade aufzuzeigen, so kann dieses nur unter dem Vorbehalt geschehen, daß Einzelflille durchaus vom zugrundegelegten Regelfall abweichen. Trotzdem erscheint eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung unerläßlich, um den Countertrade in seinen Auswirkungen kohärent in das System der Behandlung nichttarifarer Handelshemmnisse im Weltwirtschaftssystem einfügen zu können.

216 Siehe zu speziellen betriebswirtschaftliehen Fragen statt vieler Sercu, Tijdschrift voor Economie en Management 35 ( 1990), 257 ff.; Bieber, Optimale Gegengeschäftspolitik, 129 ff.; Taprogge, Countertrade-Management, 113 ff. ; Shipley/Neale, J. Buss. Res. 16 (1988), 327 ff. 217 Halbach/Osterlwmp, Die Rolle des Tauschhandels für die Entwicklungsländer, 84 f.; Maier, Intereconomics 1988, 116 ( 119); Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 42.

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1. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

II. Ausgangsüberlegung: Freihandelstheorie Als Ausgangsüberlegung für die Untersuchung der Auswirkungen des Countertrade ist von Ricardos klassischer Freihandelstheorie auszugehen, die in der heutigen Außenwirtschaftslehre in erster Linie durch das Heckscher-Ohlin-Modell ergänzt wird und trotz aller Kritik auch weiterhin der maßgebliche Erklärungsansatz des Welthandels bleibt. 218 Hiernach ist der Außenhandel mit den komparativen Kostenvorteilen der jeweils am Handel beteiligten Länder zu erklären. Dies bedeutet, daß es sich für jedes Land als zweckmäßig erweist, die volkswirtschaftlichen Kräfte auf die Erzeugung der Waren zu konzentrieren, bei denen sich die relativen Vorteile als am größten erweisen und es diese Erzeugnisse gegen Waren eintauscht, bei deren Produktion es einen nicht so großen Vorteil und damit relativen Nachteil erleiden würde. Die gleiche Überlegung gilt auch in entsprechender Weise für den jeweiligen Handelspartner. 219 Daraus folgt, daß jedes Land eine Produktionsmaximierung unter optimaler Ressourcenausnutzung verfolgt, wodurch sich der Welthandel optimal gestaltet. 220 Der Außenhandel der Staaten führt damit zu universellen Wohlfahrtsgewinnen. 221

David Ricardo drückte seine Theorie zusammengefaßt wie folgt aus: Bei einem System des vollkommen freien Handels wendet natürlich jedes Land sein Kapital und seine Arbeit solchen Zweigen zu, die jedem am vorteilhaftesten sind. Dieses Verfolgen des individuellen Vorteils ist bewundernswert mit dem allgemeinen Wohle des Ganzen verbunden. 222

1. Einfluß des Countertrade Die Annahme komparativer Kostenvorteile als wohlfahrtssteigernder Faktor im Welthandel kann durch den Countertrade unter verschiedenen Gesichtspunkten beeinflußt werden. Zunächst sind Countertrade-Geschäfte dadurch gekennzeichnet, daß zumindest ein Handelspartner neben dem primären Geschäftsabschluß zusätzliche Anstrengungen unternehmen muß, um einen geldwerten Vorteil aus der Transaktion zu 218 Statt vieler Siebert, Außenwirtschaft, 66 ff.; Siebert/Rauscher, Neuere Entwicklung der Außenhandelstheorie, 2 ff.; Rose/Sauemheimer, Theorie der Außenwirtschaft, 383 ff. und 389. 219 Hierzu eingehend Rose/Sauemheimer, Theorie der Außenwirtschaft, 354 f. und 383 ff.; Dieckheuer, Internationale Wirtschaftsbeziehungen, 29-104. 220 Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, § 3 Rdnrn. 1 ff.; Verdun, YJIL 11 (1985), 191 (201) m.w.N.; unberücksichtigt bleiben sollen an dieser Stelle Marktverzerrungen insbesondere durch Protektionismus. 22 1 Siebert, Außenwirtschaft, 166 f. 222 Ricardo, Über die Grundsätze der Politischen Ökonomie und der Besteuerung, 120.

E. Gesamtwirtschaftliche Wirkungen des Countertrade

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ziehen. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um die zusätzliche Vermarktung des an Erfüllungs Statt angenommenen Gutes oder die Entwicklung von MarketingStrategien für außerhalb des verkauften Gutes stehende Märkte. 223 Aus dieser erforderlichen zusätzlichen Anstrengung bis zur Erlangung eines geldwerten Vorteiles folgt, daß Ressourcen gebunden werden, die ansonsten für weitere Geschäftsabschlüsse und damit weiteren Güterumsatz eingesetzt werden könnten. 224 Damit wird die von der Freihandelstheorie vorausgesetzte Dispositionsfreiheit des Marktteilnehmers beschnitten, so daß sich Countertrade-Transaktionen im Verhältnis zur reinen Geldwirtschaft negativ auf den Weltgüterumsatz auswirken 225 und damit Wohlfahrtverluste entstehen. Weiterhin wird der Countertrade u.a. eingesetzt, wenn ein Handelspartner Schwierigkeiten hat, im Rahmen der normalen Marktmechanismen seine Produktion abzusetzen, weil entweder ein Überangebot besteht, die Kosten und Preise zu hoch sind oder die Produktqualität nicht marktfähig ist. Hieraus folgt unmittelbar, daß Countertrade-Transaktionen zur Begründung und Aufrechterhaltung ineffektiver Produktionsstrukturen führen. 226 Diese Überlegung läßt sich insbesondere aus der Marktunvollkommenheitstheorie ableiten, die nach hier vertretener Auffassung die Ursachen des Countertrade erklärt. Durch die Begründung und Aufrechterhaltung ineffektiver Produktionsstrukturen wird in den Prozeß der sich aus der Freihandelstheorie ergebenden internationalen Arbeitsteilung und Spezialisierung227 künstlich eingegriffen. Der Welthandel wird also nicht mehr durch die Determinante der komparativen Kostenvorteile bestimmt. Dies wiederum muß zu einer sinkenden Güterproduktion führen, 228 so daß auch insoweit Wohlfahrtsverluste zu konstatieren sind. Ähnlich den bisher genannten Auswirkungen wird im Schrifttum schließlich einheitlich der dem Countertrade immanente Bilateralismus genannt. Hierunter ist zu verstehen, daß sich der Welthandel nicht mehr ausschließlich durch den Wettbewerb aller Anbieter und Nachfrager auf einem Markt bestimmt; vielmehr werden Handelsströme zwischen zwei oder mehr Handelspartnern abgewickelt, ohne daß weitere Marktteilnehmer eine tatsächliche oder potentielle Partizipationsmöglichkeit haben. Dies hat mehrere Konsequenzen: Zunächst ist es im Sinne der Theorie Ricardos aufgrund des begründeten Bilateralismus für die jeweiligen HandelsVgl. hierzu als Beispiel das NEC-Tourismus-Programm, supra I. Teil,§ 2 D II 5. Sell, WiSt 17 (1988), 451 (456); Maier, lntereconomics 1988, 116 (119). 225 Verdun, YJIL 11 (1985), 191 (201 f.);Sell, WiSt 17(1988),451 (456). 226 Basler, Gegengeschäfte im internationalen Handel, 51 f.; Verdun, YJIL 11 (1985), 191 (202); Möhring, Gegengeschäfte, 81 ff.; Seil, WiSt 17 (1988), 451 (456). 227 Hierzu statt vieler Glismann/Hom/Nehring/Vaubel, Weltwirtschaftslehre, Bd. I, 93. 223

224

228 Zum Zusammenhang zwischen internationaler Arbeitsteilung und Weltgüterproduktion statt vieler Glismann/Hom/Nehring!Vaubel, Bd. I, Weltwirtschaftslehre, 93 f.

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I. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

partner nicht mehr möglich, umfassend möglichst effektive komparative Kostenvorteile zu erzielen, da das effektive Handelsvolumen auf das Niveau des schwachen Handelspartners gesenkt wird. 229 Weiterhin wird die Handelsmöglichkeit für die aus der bilateralen Partnerschaft ausgeschlossenen Parteien eingeschränkt. Durch diese Einengung des Kreises potentieller Handelspartner können auch die betroffenen Drittstaaten nicht mehr zu einem Optimum komparativer Kostenvorteile gelangen. Auch ist zu bedenken, daß der den Countertrade auszeichnende synallagmatische Bilateralismus zur Folge hat, daß sich zumindest ein Handelspartner dazu entschließt, Güter anzunehmen, für die er im Freihandelssinne keine Verwendung hat, was zu einem künstlichen Güterstrom führt. 230 Aus diesen Konsequenzen folgt im Sinne der Freihandelstheorie, daß für alle potentiellen Handelspartner und damit universell Wohlfahrtsverluste entstehen.

2. Zwischenergebnis Der kurze Überblick über die wichtigsten Auswirkungen des Countertrade im Lichte der Freihandelstheorie belegt die wohlfahrtsökonomischen Schwierigkeiten, die mit dieser Erscheinung des internationalen Handels zusammenhängen. Insbesondere ist deutlich geworden, daß der Countertrade dem Modell der komparativen Kostenvorteile nicht entspricht und damit zu universellen Wohlfahrtsverlusten führt. Damit besteht im Ergebnis Übereinstimmung zu den bereits dargelegten allgemeinen Aussagen zur Wirkung nichttarifärer Handelshemmnisse.231

111. Kritik an der Freihandelstheorie und Rückschluß Eine Bewertung des Countertrade und damit gleichzeitig nichttarifärer Handelshemmnisse im allgemeinen einzig im Lichte der Freihandelstheorie würde Kritik und Probleme verkennen, die gegenüber dieser Theorie vorgebracht werden. Daher ist auf Aspekte einzugehen, die aus der Kritik an der Freihandelstheorie heraus den Countertrade unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten rechtfertigen könnten.

229 Statt vieler Halbach/Osterkamp, Die Rolle des Tauschhandels für die Entwicklungsländer, 86; OECD, Countertrade- Developing Country Practices, 1985, 8; Seil, WiSt 17 (1988), 451 (456); de Miramon, OECD Observer, Nr. 134, 1985, 24 (27); Czinkota, in: Konh (Hrsg.), International Countertrade, 169 (170); Hammond, Countertrade, Offsets and Barter in International Political Economy, 46. 230 Vgl. Nugent, Geo. Wash. J. lnt'l L. & Econ. 19 (1985), 829 (853) m.w.N. 231 Supra l. Teil, § I B.

E. Gesamtwirtschaftliche Wirkungen des Countertrade

79

1. Allgemeine Probleme Das grundlegende Problem der klassischen Freihandelstheorie besteht in deren Annahme, daß die nationalen Volkswirtschaften im Hinblick auf Angebot und Nachfrage sowohl bei den Produktionsfaktoren als auch den Konsumgütern ohne Einschränkungen effektiv funktionieren und Marktstörungen nicht auftreten. Wie aber die Praxis - und allein schon die Existenz des Countertrade - zeigt, bestehen in diesen Bereichen Marktunvollkommenheiten,232 die teilweise noch durch in einzelnen Volkswirtschaften auftretende Marktstarrheiten ergänzt werden.233 Diese können sich zum Beispiel durch den Einfluß von Gewerkschaften und einer hieraus resultierenden starren Lohnpolitik oder ein den Arbeitsmarkt negativ beeinflussendes zu umfassendes Sozialversicherungssystem auszeichnen. 234 Auch ist an sogenannte market extemalties zu denken, 235 als diejenigen gesamtgesellschaftlichen Faktoren, die nicht unmittelbar das einzelunternehmerische Denken beeinflussen. Als Beispiele können die Umweltverschmutzung als belastender und die Grundlagenforschung als nutzbringender Faktor dienen. Schließlich wird gegen die Freihandelstheorie eingewandt, daß sie sich nur auf rein wirtschaftliche Überlegungen stütze, während hingegen die Volkswirtschaft eines Landes unter anderem auch durch Überlegungen der nationalen Sicherheit oder sozialpolitische Ordnungsvorstellungen politisch beeinflußt werde. 236

2. Second best-Argument Aus der Kritik an der Freihandelstheorie folgt eine Betrachtung des Countertrade und ebenso, mutatis mutandis, nichttarifärer Handelshemmnisse im allgemeinen unter dem Gesichtspunkt des second best-Argument. Daß es sich beim Countertrade um eine zweitbeste Lösung handelte, wird im Schrifttum überwiegend schon aus der Ursachenanalyse geschlossen. Wenn sich der Countertrade aus bestehenden Marktunvollkommenheiten erkläre, so wird argumentiert, sei es nur konsequent, in ihm eine natürliche und sinnvolle Reaktion innerhalb dieses unvollkommenen Ordnungsrahmens zu sehen.237 Die Alternative laute also nicht "no 232 Stern, JW1L 10 (1976), 50 (50 f.); Senti, GATI, 128; Lehmann, Produktionssubventionen im Ausgleichszollrecht, 21; Barce/6, L. & Pol.Int.Bus. 9 (1977), 779 (788 f.). 233 Meade, Trade and Welfare, 21 ff.; Barce/6, L. & Pol.Int.Bus. 9 (1977), 779 (789). 234 Barce/6, L. & Pol.Int.Bus. 9 (1977), 779 (789). 235 Meade, Trade and Welfare, 21 ff.; Barce/6, L. & Pol.Int.Bus. 9 (1977), 779 (789). 236 Barce/6, L. & Pol.Int.Bus. 9 (1977), 779 (789 f.). 237 Statt vieler Samonis, Journal ofG!obal Marketing 3 (1990), 113 (121); Mirus/Yeung, JIBSt 17 (1986), 27 (34); Möhring, Gegengeschäfte, I02 f.; Taprogge, Countertrade-Man-

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1. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

Countertrade but free trade", sondern "rather Countertrade than no trade". Damit wird auf das second best-Argument Bezug genommen, einer in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung schon seit geraumer Zeit existierenden Theorie. Die These von der Möglichkeit einer second best-Lösung wurde und wird immer wieder zur Rechtfertigung staatlicher Eingriffe in den Weltrnarktprozeß instrumentalisiert.238 Vorgetragen wird, daß bestehende Marktverzerrungen durch- an sich selbst marktverzerrende - staatliche Eingriffe wieder ausgeglichen werden könnten. Demgegenüber sei es nicht so, daß die Beseitigung eines marktverzerrenden Elementes zwingend zur Wohlfahrtssteigerung beitrage, sondern vielmehr das konkrete Verhältnis zu den übrigen Marktbedingungen entscheidend sei. 239 Mithin könne durch gezielte staatliche Eingriffe im Hinblick auf die Wohlfahrtssteigerung ein zweitbestes Ergebnis erreicht werden, indem bestehende Handelsverzerrungen ausgeglichen werden. 240

3. Kritik: Die Theorie optimaler Intervention Dem second best-Argument stehen zahlreiche Einwände gegenüber. Zunächst ist ordnungspolitisch zu bedenken, daß sich aus dem Argument der zweitbesten Lösung eine Spirale marktverzerrender Maßnahmen ergeben kann, die sich in ihrer Konsequenz immer mehr von der Freihandelsidee als dem anerkannten Pareta-Optimum des Welthandelssystems entfernen. 241 Darüber hinaus ist im wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum weitgehend anerkannt, daß sich auf das second bestArgument stützende marktverzerrende Maßnahmen langfristig nicht wohlfahrtsfördernd auswirken können. 242 Auch wird darauf hingewiesen, daß sich Marktinterventionen kaum nur auf das zur Kompensation bestehender Marktverzerrun-

agement, 58; Jalloh, Countertrade: Praxis, Theorie und Perspektiven, 35; Zeller, HICLR 11 (1988), 247 (256 ff.). 238 Vgl. umfassend zum second-best-Argument Meade , Trade and Welfare, 102-118; Schlieper, in: HdWW, Bd. 9, 486 ff. 239 Meade, Trade and Welfare, 102 ff.; Barce/6, L. & Pol.lnt.Bus. 9 (1977), 779 (792); Zeller, HICLR 11 (1988), 247 (255). 240 Zeller, HICLR 11 (1988), 247 (255); Lehmann, Produktionssubventionen im Ausgleichszollrecht, 22 m.w.N. 241 Schlieper, in: HdWW, Bd. 9, 486 (492). 242 Hauser, in: Dicke/Petersmann (Hrsg.), Foreign Trade in the Present and New International Economic Order, 18 (20 ff.); Lorenz, in: Arbeitskreis Europäische Integration (Hrsg.), Neuer Protektionismus in der Weltwirtschaft und EG-Handelspolitik, 9 (ll), jeweils m.w.N.

E. Gesamtwirtschaftliche Wirkungen des Countertrade

81

gen Notwendige beschränken werden und daher die zweitbeste Lösung häufig zu dritt- oder viertbesten Ergebnissen führe. 243 Diese Kritik steht in engem Zusammenhang zur Theorie optimaler Intervention. Aus der wohlfahrtsökonomischen Problematik der Theorie des Zweitbesten folgt, daß auf Unvollkommenheiten in bestimmten Sektoren des Wirtschaftssystems nicht mit zweitbesten Lösungsmöglichkeiten reagiert werden sollte, sondern daß versucht werden muß, die Unvollkommenheiten direkt zu beeinflussen und zu beseitigen.244 Grundlage dieser Überlegung ist aus nationalstaatlicher Perspektive die Erkenntnis, daß staatliche Maßnahmen zur Korrektur bestehender Unvollkommenheiten in einer Volkswirtschaft anband ihrer Effektivität bewertet werden können.245 Die Effektivität des staatlichen Eingriffs erhöht sich hierbei, je unmittelbarer auf den die Marktunvollkommenheit auslösenden Umstand eingewirkt wird. Sofern staatliche Eingriffe in die spontane Ordnung des Marktes als zwingend notwendig angesehen werden, lassen sich diese daher ausnahmsweise nur rechtfertigen, wenn durch eine optimale Intervention die beabsichtigte wohlfahrtssteigemde Wirkung effektiv erreicht wird. Diese wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnis läßt sich auf das internationale Wirtschaftssystem unmittelbar übertragen. Im internationalen System können demnach nur die staatlichen Interventionen ausnahmsweise zugelassen werden, die direkt auf den Umstand einwirken, der eine bestehende Marktunvollkommenheit unmittelbar bedingt. 246 Ausgehend von diesen anerkannten wirtschaftswissenschaftlichen Überlegungen zeigt sich, daß der Countertrade als Beispiel eines nichttarifären Handelshemmnisses nicht mit einem second best-Argument zu rechtfertigen ist. Die den Countertrade bedingenden Marktunvollkommenheiten werden durch den Einsatz dieser Handelsform nicht beeinflußt. Insbesondere die in der Theorie von Mirus und Yeung genannten Marktunvollkommenheiten wären im Sinne der Theorie einer optimalen Intervention nur durch staatliche (oder internationale) Marktinterventionen zu lösen, die unmittelbar an den Ursachen ansetzen. Erforderlich wären also zum Beispiel Maßnahmen, durch die die gesellschaftlichen und rechtlichen Grundbedingungen für eine effektive Internationalisierung der Märkte gewährleistet werden oder solche, die die Verschuldeoskrise vieler schwächer entwickelter Staaten beheben.

243 Lehmann, Produktionssubventionen im Ausgleichszollrecht, 22 m.w.N. 244 Schlieper, in: HdWW, Bd. 9, 486 (492) m.w.N. 245 Grundlegend hierzu Corden, in: Snape (Hrsg.), lssues in World Trade Policy, 121 ff.; ders., International Trade Theory and Policy, 141 f.; ders., Trade Policy and Economic Welfare, insbesondere 9-41. 246 Hierzu auch Petersmann, Constitutional Functions and Constitutional Problems of International Economic Law, 57 f. 6 Tietje

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1. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

IV. Ergebnis Im Lichte wirtschaftswissenschaftlicher Überlegungen erweist sich der Countertrade damit als Handelsform, die dem Pareto-Optimum der Theorie komparativer Kostenvorteile widerspricht. Durch den Einsatz des Countertrade werden ineffektive Produktionsstrukturen aufrechterhalten, wodurch in den natürlichen Prozeß universeller Arbeitsteilung künstlich eingegriffen wird. Das Abweichen von natürlichen Marktmechanismen durch den Einsatz des Countertrade kann auch nicht mit dem second best-Argument gerechtfertigt werden. Insbesondere die Theorie optimaler Intervention verdeutlicht, daß künstliche Eingriffe in das natürliche Marktgeschehen nur unter der engen Voraussetzung der unmittelbaren Ursachenbekämpfung zulässig sind. Ebenso wie bei vielen sonstigen nichttarifären Handelshemmnissen zeigt aber der Countertrade, daß sein Einsatz als handelspolitische Maßnahme nicht unmittelbar auf die Ursachen dieser Erscheinungsform internationaler Transaktionen - bestehende Marktunvollkommenheiten - einwirkt. Damit ist die Handelsform des Countertrade unter wohlfahrtsökonomischen Gesichtspunkten nicht zu rechtfertigen.

F. Zusammenfassung: Countertrade als nichttarirares Handelshemmnis Ursachen, Wirkungen und Erscheinungsformen des Countertrade in der Staatenpraxis verdeutlichen die charakteristischen Merkmale, die den Countertrade als ein nichttarifäres Handelshemmnis auszeichnen. 247 Über die allgemeine Einordnung als nichttarifäres Handelshemmnis hinausgehend sind es aber einige spezielle Merkmale, die den Countertrade im Rahmen einer systematischen Erörterung anhand der WTO/GATI-Rechtsordnung interessant machen: Zunächst finden sich spezielle Regelungen zur Behandlung des Countertrade nicht in der WTO/GATT-Rechtsordnung. 248 Neben Spezialrege-

247 Zur Einordnung des Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis statt vieler Quambusch, Nicht-tarifäre Handelshemmnisse, 212 ff. 248 Einzige Ausnahme ist insoweit die Notifikationspflicht für "Govemment-mandated countertrade" nach der Decision on Notification Procedure, wobei es sich aber nicht um eine materiellrechtliche Verpflichtung im engeren Sinne handelt, hierzu noch eingehend unter infra 3. Teil, § 2 A II; eine weitere spezielle Regelung für den Countertrade findet sich in dem WfO-Abkommen zu Regierungskäufen (Art. XVI Agreement on Govemment Procurement); da dieser Vertrag als sogenanntes plurilaterales Übereinkommen nur von einigen WfO-Mitgliedstaaten ratifiziert wird und damit keine universelle Rechtsgeltung erlangen wird, soll hierauf nicht vertiefend eingegangen werden; zur Struktur der WfO/

F. Zusammenfassung: Countertrade als nichttarifares Handelshemmnis

83

Iungen- die im einzelnen noch kurz darzustellen sind249 - gilt dieses für die weitaus meisten nichttarifären Handelshemmnisse. Damit verlagert sich die juristische Analyse von einer primären Subsumtion auf eine verstärkte Interpretation der in der WTO/GATI-Rechtsordnung vorzufindenden Regeln und Prinzipien. Gefragt ist danach, ob und inwieweit das WTO/GATT-Rechtssystem zur Erfassung und Behandlung des Countertrade und damit nicht ausdrücklich geregelter nichttarifärer Handelshemmnisse Lösungsansätze bietet. Aus der Darstellung der historischen Entwicklung des Countertrade und der die Entwicklung dieses Phänomens beeinflussenden Rahmenbedingungen wird weiterhin deutlich, daß dem Problem bestehender Marktunvollkommenheiten besondere Bedeutung zukommt. Ebenso wie bei der überwiegenden Anzahl bestehender nichttarifärer Handelshemmnisse im allgemeinen, stellt sich auch der Countertrade als vermeintlich notwendige Reaktion auf bestehende Marktunvollkommenheiten dar. Die Ineffizienz dieser Reaktion wurde anband der Theorie der optimalen Intervention dargelegt. Inwieweit die WTO/GATI-Rechtsordnung den notwendigen Ordnungsrahmen zur Anwendung der Theorie optimaler Intervention gewährleisten kann, ist mithin eine Frage, der nicht nur juristisches Interesse zukommt, sondern die allgemein unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten von Bedeutung ist. Weiterhin zeichnet sich die Staatenpraxis zum Countertrade durch die Vielschichtigkeit unterschiedlicher Intensitätsgrade und Erscheinungsformen staatlicher Einflußnahme aus. Daß es sich hierbei um ein allgemeines Merkmal nichttarifärer Handelshemmnisse handelt, wurde bereits erwähnt. Auch ist gerade in jüngerer Zeit eine Tendenz festzustellen, handelsbeschränkende Maßnahmen, zum Beispiel unter Gesichtspunkten des Umweltschutzes, vermehrt privaten Entscheidungsträgem zu überlassen, ohne die klassischen Instrumentarien staatlichen Handeins anzuwenden. 250 Mithin kommt der Frage der juristischen Erfassung dieser unterschiedlichen Erscheinungsformen staatlichen Handeins im Bereich nichttarifarer Handelshemmnisse allgemeine Bedeutung im System der WTO/GATTRechtsordnung zu, worauf auch die volkswirtschaftliche Forschung in zunehmendem Maße aufmerksam macht. m

GAlT-Rechtsordnung siehe infra 2. Teil, § I B II; zum Übereinkommen über Regierungskäufe siehe noch infra 3. Teil, § 3 C I 3 c bb 2. 249 Infra 2. Teil, § 2. 250 Als Beispiel hierzu für die Frage des Einsatzes freiwilliger (privater) Öko-Label Tietje, Journal ofWorld Trade 29 (No. 5, 1995), 123 ff. 251 Siehe Langhammer, in: Zippel (Hrsg.), Ökonomische Grundlagen der europäischen Integration, 41 (58), der darauf hinweist, daß sich aus den unterschiedlichen Formen staatlicher Einflußnahme im Bereich nichttarifärer Handelshemmnisse aus ordnungspolitischen Gesichtspunkten immer größere Probleme ergeben. 6*

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1. Teil, § 2. Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis

Die genannten Eigenschaften, die den Countertrade als nichttarifäres Handelshemmnis kennzeichnen, verdeutlichen, daß anhand dieser Erscheinungsform für eine Vielzahl nichttarifärer Handelshemmnisse typische Probleme im Welthandelssystem erörtert werden können. Ausgehend von den ermittelten rechtstatsächlichen Grundlagen zum Countertrade kann daher versucht werden, normative Grundstrukturen der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse in der WTO/GAITRechtsordnung aufzuzeigen.

Zweiter Teil

Der normative Untersuchungsrahmen Die WTO/GATT-Rechtsordnung Durch den Abschluß der Uruguay-Runde des GATI und das Inkraftreten der WTO-Satzung nebst der durch sie inkorporierten Zusatzabkommen zum 1. Januar 1995 1 ist eine neue Rechtsordnung des Weltwirtschaftsrechts entstanden, für die sich die Bezeichnung WTO/GATI-System durchgesetzt hat. 2 Durch diesen Begriff wird die institutionelle Verankerung des Welthandelsrechts in der WTO verdeutlicht und gleichzeitig auf die materiellrechtlichen Wurzeln hingewiesen, die sich historisch im ursprünglichen GATI-Vertrag finden. Normative Grundstrukturen der Behandlung eines tatsächlichen Problems innerhalb eines Rechtssystems können nur ermittelt werden, wenn die leitenden Gedanken aufgezeigt werden, die dem zu analysierenden Rechtssystem als Rechtsordnung zugrundeliegen. 3 Hierzu gehört auch eine Auseinandersetzung mit Fragen der Entwicklung, Funktion und Regelungsumfang einer Rechtsordnung, da nur durch die Offenlegung dieser Umstände eine kohärente Gesamtbetrachtung möglich ist. Wenn daher im folgenden einige rechtsdogmatische und tatsächliche Grundlagen des WTO/GATI-Systems erarbeitet werden, dient dies dem Ziel, erste Bausteine der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse in diesem Rechtssystem kenntlich zu machen. Im einzelnen soll zunächst eine kurze historische Darstellung der Entwicklung und des Regelungsgehaltes des WTO/GATI-Rechtssystems erfolgen(§ 1), bevor konkret auf die bisherige Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse im ursprünglichen GATI und nunmehr im WTO/GATI-System eingegangen wird 1 Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation vom 15.04.1994, BGBl. II, 1441 ff.; authentisch ist nur der englische, französische und spanische Text des Übereinkommens (siehe Art. XVI:6 WTO-Satzung); der englische Vertragstext ist zum Beispiel abgedruckt in: Jackson/Davey/Sykes, 1995 Document Supplement to Legal Problems of International Economic Relations, 3. Aufl., 1995, S. 1-450; GATT, The Results of the Uruguay Round of Multilateral Trade Negotiations- The Legal Texts, 1994; McGovem, International Trade Regulation, 1995. 2 Siehe z.B. Jackson/Davey/Sykes, International Economic Relations, 289 ff. 3 Vgl. Larenz, Methodenlehre, 474 ff.

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2. Teil,§ 1. Das WTO/GATT-System

(§ 2). Um einen transparenten Zugang zum WTO/GATI-System als Rechtsordnung zu ermöglichen, ist es darüber hinaus notwendig, aufzuzeigen, welche Merkmale das WTO/GATI-System als Rechtsordnung auszeichnen und anband welcher methodischer Regeln die Auslegung von Rechtsnormen innerhalb dieser Rechtsordnung erfolgt(§ 3).

§ 1 Historische Entwicklung und Regelungsgehalt des WTO/GATT-Systems Im bisherigen Schrifttum zum Welthandelsrecht wurde bereits vielfach die historische Entwicklung des GATI seit seinen Anfängen im Jahre 1947 4 sowie im Überblick dessen Regelungsgehalt erörtert.5 Auf eine nochmalige Darstellung kann daher im Rahmen der vorliegenden Untersuchung verzichtet werden. Da vielmehr das neue WTO/GATI-System in seiner seit dem 1. Januar 1995 völkerrechtlich verbindlichen Form den rechtlichen Rahmen der Frage der Behandlung nichttarifarer Handelshemmnisse und insbesondere des Countertrade bildet, ist vertiefend nur auf die Entwicklung und Bedeutung dieses Rechtssystems einzugehen.

A. Historische Entwicklung Formell ist der Ursprung des WTO/GATI-Systems in der Ministererklärung von Punta del Este (Uruguay) vom 20. September 19866 zu sehen, mit der das offizielle Mandat für die achte Handelsrunde7 im Rahmen des GATI beschlossen wurde. Die Ursprünge dieser Verhandlungsrunde reichen bis in das Jahr 1982 zu4 Statt vieler Jackson, World Trade and the Law of GATT, passim; Jaehnicke, in: EPIL 5 (1983), 20 ff.; Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, passim; ders., in: Wolfrum (Hrsg.), United Nations: Law, Policies and Practice, Vol. I, 532 ff.; Petersmann, AVR 19 (1980), 23 ff.; Senti, GATT, passim; Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, § 7; Berrisch, Der völkerrechtliche Status der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft im GATT, 4-32; Hudec, The GATT Legal System, 2. Autl.,passim. 5 Siehe insbesondere Jackson, World Trade and the Law of GATT, passim; McGovem, International Trade Regulations, 2. Autl., passim; Jackson, The World Trading System,

passim.

6 Doc. GATT/1395 vom 25.9.1986, BISD 33S/19; in deutscher Übersetzung abgedruckt in: EA 42 (1987), D 167. 7 Die vorherigen GATT-Handelsrundeo waren: Genf 1947, Annecy 1949, Torquay 1950/51, Genf 1955/56, Genf 1961/62 (Dillon-Runde), Genf 1964-67 (Kennedy-Runde), 1973-76 Genf (Tokio-Runde).

A. Historische Entwicklung

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rück, in dem die USA durch ihren damaligen Handelsbeauftragten Bill Brock auf der 38. Sitzung der Ministerkonferenz des GATI die wesentlichen Elemente der Agenda einer neuen Handelsrunde vorlegten. 8 Das damalige Bestreben, insbesondere der USA, eine Ergänzung und Erweiterung des bestehenden GATI-Systems zu verhandeln, ging wesentlich auf eine deutlich werdende Krise der Welthandelsordnung zurück, die in einer "Erosion des Ordnungsanspruches" des ursprünglichen GATT zum Ausdruck kam. 9 Neben einer Stärkung des bestehenden GATI schlugen die USA vor, neue Sachgebiete der Welthandelsordnung zu unterwerfen. Hierzu gehörten die Themen Dienstleistungen, der Schutz geistigen Eigentums und Investitionsmaßnahmen. Der Vorschlag einer thematischen Erweiterung des GATT wurde allerdings nicht kritiklos aufgenommen. Gerade die Entwicklungsländer sahen ihre Interessen in dem Erweiterungsvorschlag der USA nicht verwirklicht und forderten eine Begrenzung der Verhandlungen mit dem Ziel der Wiederherstellung der klassischen Ordnungsfunktion des bestehenden GATI. 10 Ausgelöst durch den Verhandlungsvorschlag der USA kam es in den Jahren 1982 -1986 zu einer intensiven und teilweise heftigen Auseinandersetzung über Inhalt, Form und Zeitpunkt einer möglichen achten GATI-Handelsrunde, 11 bis schließlich im September 1986 die sogenannte Uruguay-Erklärung unterzeichnet werden konnte. Das beschlossene Verhandlungsmandat umfaßte einen breiten Katalog unterschiedlicher Themenbereiche: Zölle und nichttarifare Maßnahmen; besondere Sektoren (tropische Produkte, Rohstoffprodukte, Landwirtschaft, Textilien); Reform der bisherigen GATI-Regeln (einzelne Artikel des GATI, Schutzmaßnahmen, GATI-Kodizes, Subventionen und Ausgleichszölle, Streitschlichtung); bisher vom GATI nicht erfaßte Themen (Investitionsmaßnahmen, Schutz geistigen Eigentums, Dienstleistungen); sowie das Funktionieren des GATI-Systems (regelmäßige Überwachung nationaler Handelspolitiken, Willensbildungsund Entscheidungsprozeß innerhalb des GATI, Zusammenarbeit mit Weltbank und Weltwährungsfonds). 12 Vom ursprünglichen Verhandlungsmandat nicht erfaßt war hingegen die Schaffung einer Welthandelsorganisation in Form der nunmehr existierenden WTO. Behandelt werden sollten nur institutionelle Fragen im Rahmen des seit 1947 besteStoll, ZaöRV 54 (1994), 241 (245 ff.); May, EA 1994, 33 ff. Stoll, ZaöRV 54 (1994), 241 (245) m.w.N. 10 Stoll, ZaöRV 54 (1994}, 241 (247); umfassend zu den politischen Entwicklungen und Interessen vor Beginn der Uruguay-Runde Croome, Reshaping the World Trading System, 5-27. 11 May, EA 1994, 33; sowie umfassend Croome, Reshaping the Wor1d Trading System, 5-27. 12 lpsen/Haltem, RIW 1994, 717; Stoll, ZaöRV 54 (1994}, 241 (248); Haltern, ZVerglRWiss 91 (1992}, I (28 ff.); Croome, Reshaping the World Trading System, 32-36. 8

9

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2. Teil,§ l. Das WTO/GATT-System

benden GATT. Erst im Laufe der Verhandlungen wurde nach vorbereitenden Initiativen der EG durch die kanadische Regierung (im Mai 1990) ein formeller Vorschlag über die Schaffung einer Welthandelsorganisation (World Trade Organization - WTO) unterbreitet. 13 Die europäischen Initiativen und der anschließende kanadische Vorschlag gingen maßgeblich auf wissenschaftliche Vorarbeiten von lohn H. Jackson zurück. 14 Die EG nahm diesen Vorschlag gegen Ende des Jahres 1990 wieder auf, schlug jedoch "Multilateral Trade Organization - MTO" als Namen für die Organisation vor. Dieser Name wurde dann beibehalten und erst in letzter Verhandlungsminute wieder in WTO geändert. 15 Die vorgesehenen umfangreichen Verhandlungen wurden durch die Schaffung einer eigenen institutionellen Struktur ergänzt, an deren Spitze das Trade Negotiations Committee stand. Als weitere drei Verhandlungsorgane, die dem Negotiations Committee untergeordnet waren, wurden ein Überwachungsorgan (Surveillance Body) sowie die Verhandlungsgruppen für Waren und für Dienstleistungen eingerichtet. Insgesamt wurde in 15 Arbeitsgruppen verhandelt, 16 wobei ursprünglich 74 Staaten beteiligt waren. Diese Zahl erhöhte sich bis zum Abschluß der Handelsrunde auf 117 Staaten. 17 Der Verhandlungslauf selbst gestaltete sich zum Teil schwieriger als angenommen und kann vereinfacht in mehrere Etappen unterteilt werden: 18 Von Oktober 1986 bis Januar 1987 wurden zunächst Verhandlungspläne aufgestellt, auf deren Grundlage eine Präzision der Themen und Verhandlungspositionen erfolgte. 13 Hierzu eingehend Bail, in: Kantzenbach/Mayer (Hrsg.), Von der internationalen Handels- zur Wettbewerbsordnung, 85 (85 f.); Croome, Reshaping the World Trading System, 271 ff. 14 Jackson, Restructuring the GATI System, passim; ders. , in: Schott (Hrsg.), Completing the Uruguay-Round, 205-224; zur Bedeutung der Arbeiten von Jackson für die WTO siehe Oppermann, RIW 1995,919 (925); Bai/, in: Kantzenbach/Mayer (Hrsg.), Von der internationalen Handels- zur Wettbewerbsordnung, 85 (85 f.). 15 Jackson/Davey/Sykes, International Economic Relations, 301 f.; der Hintergrund der Namensänderung ist nicht ganz klar, scheint aber auf vereinzelt geäußerte Wünsche verschiedener US-Kongreßabgeordneter zurückzugehen. Hierzu ist zu wissen, daß die USA bis kurz vor Abschluß der Uruguay-Runde die Schaffung einer Welthandelsorganisation strikt ablehnten (siehe Croome, Reshaping the World Trading System, 359 f.). Croome, ebda., 377 f., beschreibt die Namensänderung wie folgt: "At a meeting of heads of delegation [um den 15.12.1993, Anm. Verf.], the United States proposed that the clumsy and bureaucratic title 'Multilateral Trade Organization', which had been adopted almost by default, be changed to 'World Trade Organization' ". 16 /psen/Haltern, RIW 1994,717. 17 May, EA 1994,33. 18 Eingehend Croome, Reshaping the World Trading System, passim; Stoll, ZaöRV 54 (1994), 241 (250 f.) m.w.N.; Benedek, in: Thürer/Krux (Hrsg.), GATT 94 und die Welthandelsorganisation, 17 (19 ff.).

A. Historische Entwicklung

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Im Februar 1988 wurde dann beschlossen, im Dezember des seihen Jahres eine Midterm Review Conference nach Montreal, Kanada, einzuberufen. Auf dieser Konferenz konnten eine Reihe von Einzelergebnissen erzielt werden, ohne aber eine Einigung in allen fraglichen Punkten zu erreichen. Hierzu kam es erst im nächsten Jahr, in dem nach umfangreichen Konsultationen des Generaldirektors die "Mid-Term-Agreements" beschlossen wurden. 19 Als nächster entscheidender Schritt war die für Ende 1990 nach Brüssel einberufene Ministerkonferenz vorgesehen, die den Abschluß der Uruguay-Runde bilden sollte. 20 Zu dem geplanten Abschluß kam es hingegen nicht, da sich unüberwindliche Schwierigkeiten im Agrarsektor, insbesondere hinsichtlich der EGAgrarpolitik, zeigten. 21 Trotz dieses Fehlschlages wurde die Uruguay-Runde fortgesetzt. Im Dezember 1991 konnte dann der damalige Generaldirektor des GATT, Arthur Dunkel, den Entwurf eines Schlußdokumentes vorlegen, den sogenannten Dunkel-Draft. 22 Hierbei handelte es sich zwar nur um eine Zusammenfassung der bisher erzielten Ergebnisse und der noch offenen Fragen, so daß ein in weiten Teilen inkohärentes Dokument vorlag, jedoch wird die Bedeutung der Vorlegung dieses zumindest äußerlich geschlossenen Entwurfes eines Abschlußdokumentes für die weiteren politischen Verhandlungen als besonders hoch eingestuft. 23 Auch der Dunkel-Draft wurde aber zumindest von den maßgeblichen Verhandlungspartnern (den USA, der EG und Japan) abgelehnt, während viele andere Staaten bereit waren, den vorliegenden Text im Falle der Vollständigkeit sofort zu unterzeichnen. 24 Aufgrund des Widerstandes der genannten Staaten mußten die Beratungen - insbesondere im Agrarsektor - daher fortgesetzt werden. Zu einem Verhandlungsdurchbruch kam es erst durch das sogenannte "BlairHouse-Abkommen", das zu einer weitgehenden Einigung im Bereich der strittigen Agrarfragen führte. Durch dieses Übereinkommen entfiel eine entscheidende Schwierigkeit auf dem Weg zum erfolgreichen Abschluß der Uruguay-Runde. Auf19 Hierzu statt vieler Bail, EuZW 1990, 436; Borchmann, EuZW 1990, 339 (340 f.); Petersmann, GYIL 32 (1989), 280 ff.; Croome, Reshaping the World Trading System, 167178. 20 Im einzelnen war folgender Ablauf bis zur Konferenz in Brüssel vorgesehen: Bis Ende 1989 sollten sämliche Vorschläge vorgelegt werden. Anschließend sollte bis Juli 1990 über die Grundzüge des Verhandlungsergebnisses beraten werden, um sodann bis Dezember 1990 die juristische Vertragsfassung vorzunehmen, siehe Croome, Reshaping the World Trading System, 179; Stoll, ZaöRV 54 (1994), 241 (251). 21 Hierzu statt vieler Reblin, Das GATT und der Weltagrarhandel, 244 ff. 22 GATT Doc. MTN.TNC/W/FA vom 20. Dezember 1991. 23 Jackson/Davey/Sykes, International Economic Relations, 301. 24 May, EA 1994, 33 (34).

2. Teil,§ 1. Das WTO/GATT-System

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grund verschiedener politischer Umstände, die teilweise nicht in unmittelbarem Zusammenhang zu den Verhandlungen standen, 25 konnte es dann erst im Dezember 1993 zum Abschluß der Handelsrunde kommen. Neben der Einigung über Agrarfragen im Blair-House-Abkommen, sind zwei weitere Gründe zu nennen, die den Abschluß der Uruguay-Runde in der Schlußphase bedingten: Zunächst ist die Ernennung von Peter Sutherland zum neuen Generaldirektor des GATT im Frühjahr 1993 zu erwähnen. Sutherland betrieb eine aggressive Strategie, um die Verhandlungsrunde erfolgreich beenden zu lassen. 26 Besonderes Gewicht kam jedoch dem sogenannten Fast-Track- Verfahren in den USA zu. Hierbei handelt es sich um ein spezifisches Verfahren hinsichtlich der Zustimmung zur Ratifikation eines völkerrechtlichen Vertrages seitens des OS-Kongresses. Die Bedeutung dieses besonderen Verfahrens ist in den in der Verfassung der USA strikt geregelten und praktizierten Grundsätzen der Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive begründet. 27 Obwohl der Präsident der Vereinigten Staaten grundsätzlich über verfassungsrechtlich weitgehende außenpolitische Kompetenzen verfügt,28 sind seine Befugnisse im Außenhandelsbereich zugunsten der Legislative eingeschränkt. 29 Daher benötigt er für Verhandlungen internationaler Wirtschaftsabkommen - zum Beispiel im Rahmen des GATI - ein Mandat des Kongresses, das als Einwilligung oder Genehmigung ergehen kann. Sofern sich der Kongreß für ein reines Genehmigungsverfahren entscheidet, stellt sich für den Präsidenten jedoch das Problem der Rechtsunsicherheit während der Verhandlungsphase, da unklar ist, ob die von ihm geführten Verhandlungen und erzielten Ergebnisse innerstaatlich auch die Billigung der Legislative finden. Diese Unsicherheit hat in der Vergangenheit Kritik der internationalen Verhandlungspartner hervorgerufen/0 so daß als Mittelweg zwischen Einwilligungs- und Genehmigungsverfahren das Fast-Track-Verfahren entwickelt wurde. Der Präsident erhält hierbei 25 Siehe May, EA 1993, 463-470; ders., EA 1994, 33 (34); Croome, Reshaping the World Trading System, 337 ff. 26 May, EA 1994, 33 (34 f.); eingehend zur persönlichen Rolle von Sutherland auch Croome, Reshaping the World Trading System, 346 ff. 27 Hierzu allgemein Jackson/Davey/Sykes, International Economic Relations, 134-149; Jackson, The World Trading System, 61-67. 28 Siehe hierzu die maßgebende Entscheidung des Supreme Court in United States v. Curtiss-Wright Export Corp., 299 U.S. 304, 57 S.ct. 216, 81 L.Ed. 255 (1936); weitere Nachweise bei Jackson/Davey/Sykes, International Economic Relations, 98 ff.; Jackson, The World Trading System, 64 f. 29 Dieses ergibt sich maßgeblich aus Article I, Section 8 (3) der Verfassung der USA, in der es heißt: "Congress shall have Power . .. to regulate Commerce with foreign Nations,

..

30

Zu diesem Problem Jackson, The World Trading System, 72.

A. Historische Entwicklung

91

die Einwilligung des Kongresses zur Verhandlung eines internationalen Wirtschaftsabkommens, muß aber zu einem festgesetzten Zeitpunkt vor Unterzeichnung des Abkommens den Kongreß von dieser Intention unterrichten. Der Kongreß hat dann die Möglichkeit, innerhalb einer bestimmten Frist dem Abkommen insgesamt zuzustimmen oder es abzulehnen; Inhaltsänderungen können von der Legislative nicht mehr verlangt werden. 31 Dieses Verfahren kam auch im Rahmen der Uruguay-Runde zur Anwendung. 32 Das einschlägige Gesetz sah nach entsprechenden Ergänzungen vor, daß ein Abkommen zur Uruguay-Runde spätestens bis zum 15. April 1994 zu unterzeichnen war. Anschließend hätte für den Präsidenten kein Verhandlungsmandat mehr bestanden. Weiterhin war gesetzlich festgelegt, daß spätestens 120 Tage vor Unterzeichnung eines Abkommens der Kongreß von der Intention des Abschlusses zu unterrichten und ihm gleichzeitig der Entwurf vorzulegen sei. Hieraus ergab sich der 15. Dezember 1993 als Termin für den Verhandlungsabschluß der UruguayRunde.33 An diesem Tage wurden dann auch die Verhandlungen der Uruguay-Runde förmlich beschlossen und am 15. April 1994 kam es in Marrakesch zur feierlichen Unterzeichnung der Schlußakte und des Abkommens über die Welthandelsorganisation.34 Das Abkommen selbst umfaßt samt seiner Anhänge über 22.000 Seiten, von denen die Liste der Zollzugeständnisse den größten Teil ausmacht. Der Umfang des eigentlichen Vertragstextes beläuft sich auf ca. 550 Seiten. Bis zum 13. De31 Das Verfahren wird beschrieben bei Jackson, The World Trading System, 72 ff.; Jackson/Davey/Sykes, International Economic Relations, 142 ff. 32 Trade Act of 1974, § 151, kodifiziert in: 19 U.S.C.A. § 2191; geändert durch Omnibus Trade and Competitiveness Act of 1988, §§ II 02-1103, kodifiziert in: 19 U.S.C.A. §§ 2902-2903; wiederum ergänzt speziell für die Uruguay-Runde durch Pub.L.No. 103-49, § 1, 107 Stat. 239, kodifiziert in: 19 U.S.C.A. § 2902(e). 33 Der Brief von Präsident Clinton vom 15. Dezember 1993 an das Repräsentantenhaus und den Kongreß bezüglich seiner Intention, das Übereinkommen der Uruguay-Runde zu unterzeichnen, ist abgedruckt in: AJIL 88 (1994), 320-322. 34 Archiv der Gegenwart vom 15. April 1994,38867 ff. ; allgemein zum Abschluß der Uruguay-Runde statt vieler Stoll, ZaöRV 54 (1994), 241 ff.; Jansen, EuZW 1994, 333 ff. ; Porges, ILM 33 (1994), I ff. ; May, EA 1994, 33 ff.; Dillon, Mich. J. Int'l L. 16 (1995), 349 ff.; Brittan, CMLRev. 31 (1994), 229 ff.; lpsen/Haltem, RIW 1994,717 ff.; Oppennann/ Beise, EA 1994, 195 ff.; Wartenweiler, Vereinte Nationen 1994,87 ff.; Jackson, in: Kenen (Hrsg.), Managing the World Economy, 131 ff.; ders., in: Cottier (Hrsg.), GATT-Uruguay Round, 29 ff.; Witt, Nord-Süd aktuell1994, 51 ff.; Engels, Nord-Süd aktuelll994, 55 ff.; Blankart, Aussenwirtschaft 49 ( 1994), 17 ff.; Benedek, in: Thürer/Kux, GATT 94 und die Welthandelsorganisation, 17 ff.; ders., in: Wolfrum (Hrsg.), United Nations: Law. Policies and Practice, Vol. I, 532 ff.; sowie die Beiträge in: Bourgeois!Berrod/Foumier (Hrsg.), The Uruguay Round Results- A European Lawyer's Perspective; zu Entwicklungen im Zusammenhang mit der ersten Ministerkonferenz der WTO vom 9. bis 13. Dezember 1996 in Singapur siehe Reiferer, Aussenwirtschaft 51 (1996), 383 ff.

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2. Teil,§ 1. Das WTO/GATT-System

zember 1996 wurde das WTO-Übereinkommen von 128 Staaten ratifiziert, bereits 38 weitere Staaten hatten zu diesem Zeitpunkt ihre Mitgliedschaft beantragt oder einen sogenannten Beobachter-Status inne.35

B. Regelungsgehalt des WTO/GATT-Systems im Überblick I. Institutionell Institutionell wird durch das WTO-Übereinkommen der Welthandel nunmehr in der Welthandelsorganisation (WTO) verankert.36 Die WTO wird vereinzelt als Nachfolgeorganisation der in der gescheiterten Havanna-Charta37 vorgesehenen International Trade Organization (ITO) angesehen.38 Jedoch ist darauf hinzuweisen, daß eine Parallele zwischen WTO und ITO bei den Verhandlungen im Rahmen der Uruguay-Runde bewußt vermieden wurde, um die neue WTO nicht mit dem historischen Mißerfolg der ITO zu belasten.39 Auch die Struktur der WTOSatzung unterscheidet sich von der der angestrebten ITO. Während die ITO-Satzung neben institutionellen Regelungen umfangreiche materiellrechtliche Verpflichtungen enthielt, ist die WTO-Satzung bewußt als "mini-charter"40 konzipiert. Sie ist beschränkt auf institutionelle und verfahrensrechtliche Fragen und enthält

35 Für eine Auflistung der Mitglied- und Beobachterstaaten siehe WTO-Focus, No. 11, June-July 1996, 16 und WTO-Focus, No. 15, January 1997, 11; im übrigen findet sich im WTO-Focus regelmäßig eine aktuelle Auflistung der Mitgliedstaaten der WTO. 36 Zur WTO statt vieler Witt, Nord-Süd aktuell1994, 51 ff.; Dillon, Mich. J. Int'l L. 16 (1995), 349 ff.; Stoll, ZaöRV 54 (1994), 241 (257-264); Jackson, in: Kenen (Hrsg.), 131 (134 ff.); ders., in: Cottier (Hrsg.), GATT-Uruguay Round, 29 (35 ff.); lpsen/Haltem, RIW 1994, 717 (718 ff.); Jansen, EuZW 1994, 333 ff.; Hoekman/Kostecki, The Political Economy ofthe World Trading System, 36 ff.; Benedek, Vereinte Nationen 1995, 13 ff.; Yüksel, GATT/WTO-Welthandelssystem, 39 ff.; Zeller, in: Thürer!Kux (Hrsg.), GATT 94 und die Welthandelsorganisation, 35 ff.; Roesler, in: Bourgois!Berrod!Foumier (Hrsg.), The Uruguay Round Results, 67 ff. 37 United Nations Conference on Trade and Employment held at Havana, Cuba, from November 21 , 1947, to March 24, 1948. Final Act and Related Documents, UN Doc. E/Conf. 2178 (United Nations Publications, Sales No. 1948 II D.4), auch abgedruckt bei: Wilcox, A Charter for World Trade, 227 ff. 38 Stoll, ZaöRV 54 (1994), 241 (257); ähnlich Zeller, in: Thürer/Kux (Hrsg.), GATT 94 und die Welthandelsorganisation, 35 (37). 39 Zum Scheitern der ITO statt vieler Jackson, World Ttade and the Law of GATT, insbes. Chapter 2. 40 So Jackson, in: Kenen (Hrsg.), Managing the World Economy, 131 (135); ders., in: Cottier (Hrsg.), GATT-Uruguay Round, 29 (35); hierzu auch Dillon, Mich. J. lnt'l L. 16 ( 1995), 349 (355).

B. Regelungsgehalt des WTO/GATI-Systems im Überblick

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kaum materiellrechtliche Verpflichtungen.41 Die materiellrechtlichen Verpflichtungen aus den übrigen Abkommen der Schlußakte werden nur durch Art. 11:2 WTOSatzung als integraler Bestandteil der Satzung inkorporiert. Damit ist es verfehlt, ITO und WTO juristisch zu vergleichen, wenngleich auch eine historische Entwicklungslinie zwischen beiden Organisationen nicht von der Hand zu weisen ist. 42 Ziel der WTO ist es, den institutionellen Rahmen für die Leitung und Verwaltung der Handelsbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die verschiedenen Abkommen der Uruguay-Runde zu gewährleisten (Art. II: 1 WTOSatzung). Die WTO tritt als dritte Bretton-Woods-Institution neben die Weltbank und den Weltwährungsfonds. 43 Die Aufgaben der Organisation beziehen sich auf alle im Zusammenhang mit den Abkommen der Uruguay-Runde auftretenden Fragen, einschließlich der Streitbeilegung (vgl. Art. III WTO-Satzung).44 Ursprüngliche Mitglieder der WTO können die Vertragsparteien des GATT 1947 und die EG als eigenständiges Rechtssubjekt des Völkerrechts werden (Art. XI: 1 WTOSatzung).45 Damit hat sich die vieldiskutierte Frage, wie die bisherige de factoMitgliedschaft der EG im ursprünglichen GATT zu erklären war,46 erledigt. Bei Abstimmungen hat die EG nunmehr so viele Stimmen, wie EG-Mitgliedstaaten Vertragsparteien der WTO-Satzung sind (Art. IX: I Satz 4 WTO-Satzung). Institutionell besteht die WTO zunächst aus der Ministerkonferenz, die sich aus Abgesandten der Mitgliedstaaten zusammensetzt und zumindest alle zwei Jahre 41 Als materiellrechtliche Verpflichtung kann in beschränktem Umfang Art. XVI:4 WTO-Satzung angesehen werden. Dieser Artikel bestimmt, daß "[e]ach Member shall ensure the confonnity of its laws, regulationsandadministrative procedures with its Obligations as provided in the annexed Agreements", hierzu noch infra 3. Teil,§ 5 C. 42 Siehe Jackson, in: Kenen (Hrsg.), Managing the World Economy, 131 (135): "The organization it [die WTO-Satzung, Anm. Verf.] establishes is not an ITO; rather, the charter is limited to setting up the institutional and procedural structure that will facilitate and in some cases be necessary for effective implementation of the substantive rules negotiated in the Uruguay-Round"; siehe auch ders. , in: Cottier (Hrsg.), GATI-Uruguay Round, 29 (35); für einen Vergleich der ITO und der WTO aus amerikanischer Perspektive siehe auch Vernon, Harv. lnt'l L.J. 36 (1995), 329 ff. 43 May, EA 1994, 33 (38); auch schon bisher wurde das GATI vereinzelt dem BrettonWoods-System zugeordnet, siehe Jackson, The World Trading System, 27 f. 44 Eine detaillierte Aufgabenbeschreibung findet sich bei Stoll, ZaöRV 54 (1994), 241 (258 ff.); Jansen, EuZW 1994, 333 (334); Dillon, Mich. J. Int'l L. 16 (1995), 349 ff. 45 Zum Verfahren der Zeichnung, Annahme und Inkraftsetzung der WTO-Satzung Stoll, ZaöRV 54 (1994), 241 (255 f.); Jackson/Davey/Sykes, International Economic Relations, 306-310; Ipsen/Haltem, RIW 1994,717 (720 ff.); zur Frage der fehlenden Kompetenzen der EG zur Unterzeichung des gesamten Abkommens siehe EuGH, Gutachten vom 15.11.1994-1/94, EuZW 1995, 210 ff.; hierzu Hilf, EuZW 1995,7 ff.; ders., EJIL 6 (1995), 245 ff. ; Kuyper, EJIL 6 (1995), 222 ff.; Geiger, JZ 1995, 973 ff. 46 Hierzu Benedek, Die Rechtsordnung des GATI, 191 ff. ; Herrisch, Der völkerrechtliehe Status der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft im GATI, passim.

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2. Teil,§ I. Das WTO/GATT-System

zusammentritt (Art. IV:l WTO-Satzung). Weiterhin wurde ein "General Council" eingerichtet, der ebenfalls aus Abgesandten der Mitgliedstaaten besteht und die Aufgaben der Ministerkonferenz zwischen deren Sitzungsperioden wahrnimmt (Art. IV:2 WTO-Satzung). Darüber hinaus gibt es einzelne Councils für verschiedene Handelsbereiche,47 die dem General Council unterstehen, sowie drei Committees, die von der Ministerkonferenz eingerichtet werden48 (vgl. insgesamt Art. IV WTO-Satzung). Schließlich wurde ein Generalsekretariat der WTO geschaffen (Art. VI WTO-Satzung).49 Neben einzelnen institutionellen Aufgaben kommt der WTO eine bedeutende Rolle im Rahmen der Streitbeilegung zu. Das ursprüngliche GATT-Streitbeilegungsverfahren sah vor, daß die einzelnen Entscheidungen der Streitbeilegungspanels vom GATT-Rat im Konsensus angenommen werden mußten. 5° Dies führte dazu, daß Panel-Entscheidungen teilweise von dem unterlegenen Staat abgelehnt wurden und so nicht in Kraft treten konnten. Nunmehr ist vorgesehen, daß aufgrundder WTO-Satzung ein Dispute Settlement Body (DSB) gebildet wird (vgl. Art. IV:3 WTO-Satzung, Art. 2.1 DS-Understanding). Der DSB nimmt umfassend die Aufgaben im Rahmen der Streitbeilegung wahr. Er soll 60 Tage, nachdem die Panel-Entscheidung den Vertragsparteien zugestellt wurde, diese annehmen. Die Annahme kann nur unterbleiben, wenn eine Streitpartei die neugeschaffene Möglichkeit der Revision (Art. 16.4 und Art. 17 DS-Understanding) in Anspruch nimmt oder wenn vom DSB im Konsensus entschieden wird, den Bericht nicht anzunehmen (Art. 16.4 DS-Understanding). Für die Annahme von Panel-Entscheidungen ist somit ein beschleunigtes Verfahren vereinbart worden, das durch ein Regel-Ausnahme-Verhältnis gekennzeichnet ist: Im Regelfall werden die PanelEntscheidungen vom DSB angenommen, nur in Ausnahmefällen kann die Annahme unterbleiben.5 1

47 Council forTradein Goods, Council for Trade in Services und Council for Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights. 48 Committee on Trade and Development, Committee on Balance of Payments Restrietions und Committee on Budget, Finance and Administration. 49 Umfassend zur organisatorischen Struktur der WTO Stoll, ZaöRV 54 (1994), 241 (258 ff.); Dillon, Mich. J. Int' l L. 16 (1995), 349 (361 ff.); lpsen/Haltem, RIW 1994, 717 (719 f.); Benedek, Vereinte Nationen 1995, 13 ff.; Hoekman/Kostecki, The Political Economy of the World Trading System, 37 ff. 50 Zum Panel-Verfahren im GATT 1947 statt vieler Jackson, The World Trading System, 91-100; Jäger, Streitbeilegung und Überwachung als Mittel der Durchführung des GATT, passim. 51 Zu einer ausführlichen Analyse des neuen Streitbeilegungsverfahrens siehe Dillon, Mich. J. lnt'l L. 16 (1995), 349 (373 ff.); Vermulst/Driessen, Journal of World Trade 29 (No. 2, 1995), 131 ff.; hierzu auch noch infra 2. Teil, § 3 B I 2.

B. Regelungsgehalt des WTO/GATI-Systems im Überblick

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Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die WTO nach Art. VIII WTO-Satzung Rechtspersönlichkeit besitzt. Damit folgt in Verbindung mit der dargelegten institutionellen Ausformung, daß durch die WTO-Satzung eine internationale Organisation mit Völkerrechtssubjektivität gegründet wurde. 52 Eine solche besteht nach allgemein anerkannter Definition immer dann, wenn zumindest zwei Staaten durch einen völkerrechtlichen Vertrag eine dauernde Errichtung der Organisation bestimmen, sie einer bestimmten Zielerreichung dient, mit zumindest einem Organ ausgestattet ist und schließlich auf dem Gebiet des Völkerrechts in eigenem Namen Träger von Rechten und Pflichten ist. 53 Diese Voraussetzungen sind für die WTO im Gegensatz zum ursprünglichen GATT54 gegeben. II. Materiellrechtlich

Neben institutionellen Neuerungen enthält das Abkommen der Uruguay-Runde umfangreiche materiellrechtliche Regelungen, die nunmehr die weitaus meisten Bereiche des internationalen Handels erfassen. Ziel dieses Untersuchungsabschnittes ist es nicht, eine umfassende Übersicht zu den einzelnen Regelungsbereichen zu geben. 55 Vielmehr sollen Systematik und Inhalt des WTO/GATT-Rechtssystems nur im Überblick dargestellt werden, um sodann Einzelfragen im Zusammenhang mit nichttarifaren Handelshemmnissen und insbesondere dem internationalen Countertrade zu einem späteren Zeitpunkt vertiefend zu behandeln. Zum Verständnis des materiellrechtlichen Regelungsgehaltes des WTO/GATTSystems ist zunächst zwischen dem GATT 1947 und dem GATT 1994 zu unterscheiden. Das als GATT 1947 bezeichnete Vertragswerk umfaßt den Teil der Havanna-Charta, der als Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen mittels eines am 30. Oktober 1947 abgeschlossenen "Protokolls über die vorläufige Anwendung"56 ab dem 1. Januar 1948 angewandt wurde. 57 Hierzu gehören auch die Listen Statt vieler lpsen/Haltem, RIW 1994, 717 (719). Seidl-Hohenveldern/Loibl, Das Recht der Internationalen Organisationen, Rdnr. 0105. 54 Zu der problematischen Frage der Einordnung des GATI als internationale Organisation siehe Benedek, Die Rechtsordnung des GAIT, 248 ff.; Jackson, World Trade and the Law ofGATI, 119 ff.; Petersmann, AVR 19 (1980), 23 (50 f.); Roessler, JWTL 21 (1987), 3 (73 ff.); Schermers, International lnstitutional Law, § 21. 55 Hierzu ausführlich Stoll, ZaöRV 54 (1994), 241 (264 ff.); Hauser/Schanz, Das neue GAIT, 2. Aufl., 1995,passim; Senti, GAIT-WTO,passim; Hoekman/Kostecki, The Political Economy ofthe World Trading System, 87-232; im Überblick auch Benedek, in: Thürer/Kux (Hrsg.), GATI 94 und die Welthandelsorganisation, 17 (28 ff.). 56 Protocol of Provisional Application of the General Agreement of Tariffs and Trade, signed at Geneva on October 30, 1947, 55 UNTS 308. 57 Zu Einzelheiten der historischen Entwicklung statt vieler Benedek, Die Rechtsordnung des GATI, 27 ff. ; Jackson, World Trade and the Law of GATI, 42 ff. Das GATI 52

53

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2. Teil,§ 1. Das WTO/GATT-System

der Zollzugeständnisse, die gemäß Art. 11:7 einen integralen Bestandteil des Allgemeinen Abkommens bilden, die Beitrittsprotokolle der Vertragsparteien des GATT 1947, die nach Art. XXV:5 GATT gewährten "waivers" und die Entscheidungen der VER1RAGSPARTEIEW8 des GATT 1947 (vgl. Annex lA Art. l[b] WTO-Satzung). Selbstständige Rechtsordnungen stellen alle Abkommen der Tokio-Runde dar; sie sind vom Allgemeinen Abkommen unabhängig. 59 Im Gegensatz hierzu besteht das GATI 1994 nach einer allgemeinen Interpretationsanmerkung60 aus dem dargelegten GATT 1947, dem "Marrakesh Protocol"61 sowie verschiedenen Übereinkommen, die einzelne Vorschriften des GATI konkretisieren und interpretieren.62 Wenngleich auch das ursprüngliche GATT somit im neuen WTO/GATT-System grundsätzlich enthalten ist, so ist darauf hinzuweisen, daß dieses für die sogenannte "Grandfather-Clause", die eine Ausnahmeregel für GATT-widriges nationales Recht enthielt, nicht mehr der Fall ist. 63 Das GATI 1947 und das GATI 1994 stellen voneinander unabhängige Rechtsordnungen dar (Art. 11:4 WTO-Satzung). Damit ist auch klargestellt, daß das GATT 1994 kein Nachfolgevertrag des GATT 1947 im Sinne von Art. 30 WVK64 1947 beendete seines rechtliche Existenz mit Ablauf des 31. Dezember 1995, siehe WTOFocus, No. 7, December 1995, S. 4. 58 Zum Begriff der VERTRAGSPARTEIEN siehe Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 210 f.; diesem Organ stand im GATT 1947 die Befugnis der authentischen Interpretation des GATI zu, siehe Benedek, ebda., 215. 59 Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 105. 60 Agreement Establishing the WTO, Annex JA, General Interpretativenote to Annex lA. 61 Marrakesh Protocol to the General Agreement on Tariffs and Trade 1994; diese Vereinbarung enhält als Annex die Listen der Zollzugeständnisse. 62 Im einzelnen handelt es sich um folgende Übereinkommen: Understanding on Interpretation of Article II:l(b) GATT, on the Interpretation of Article XVII GATT, on Balanceof-Payments Provisions of the GATT, on the Interpretation of Articles XXIV GATT, in Respect of Waivers of Obligations under the GATT, on the Interpretation of Article XXVII GATI und dem Understanding on the Interpretation of Article XXXV GATI. 63 Siehe General Agreement on Tariffs and Trade 1994, Art. l(b)(ii). Jedoch ist darauf hinzuweisen, daß für ein bestimmtes Sachgebiet eine Ausnahme gemacht wurde. Es handelt es sich hierbei um eine Sonderregelung für den sogenannten ,,Jones-Act" der USA (§ 888 des Merchant Marine Act, kodifiziert in: 46 U.S.C. §§ 861-889), ohne das dieses Gesetz freilich ausdrücklich genannt wird. Diesem Gesetz zufolge dürfen Schiffe, die im küstennahen Seeverkehr der USA eingesetzt werden nur solche sein, die auch in den USA gebaut wurden. Die Regelung verstößt tatbestandlieh gegen Art. XI: I GATT. Hierzu eingehend Stoll/Jietje, RIW 1996, 654-659. 64 Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge, BGBI. 1987 II, 757; abgedruckt in: ILM 8 (1969), 679 ff.

B. Regelungsgehalt des WTO/GATT-Systems im Überblick

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ist.65 Jedoch soll sich die Praxis der WTO nach Art. XVI: 1 WTO-Satzung insgesamt von den Entscheidungen, dem Verfahren und der eingeübten Praxis (customary partices) der VERTRAGSPARTEIEN des GAlT 1947leiten lassen (shall be

guided).

Das WTO/GATT-System umfaßt neben dem GATT 1994 in der dargelegten Form als integralen Bestandteil weiterhin die "Multilateral Trade Agreements" (Art. 11:2 WTO-Satzung). Hierbei handelt es sich um insgesamt 13 bereichspezifische Abkommen, wie z.B. für die Landwirtschaft, für Bekleidung, für technische Handelshemmnisse, für handelsbezogene Investitionsmaßnahmen, für Dienstleistungen, für Ursprungsregelungen, für Importlizensierungsprozeduren, für Subventionen und zur Anwendung des Art. XIX GATT. 66 Zu unterscheiden von den multilateralen Handelsübereinkommen sind die plurilateralen Vereinbarungen: Das Agreement on Trade in Civil Aircraft, das Agreement on Government Procurement, das International Dairy Agreement und das International Bovine Meat Agreement. Diese Abkommen sind nur für die Mitgliedstaaten der WTO Bestandteil der Satzung, die diese Abkommen separat ratifiziert haben. Für solche Mitgliedstaaten, die diese Übereinkommen nicht ratifiziert haben, können daraus keine Rechte und Pflichten erwachsen (Art. 11:3 WTOSatzung). Durch die WTO-Satzung und die weiteren Abkommen der Uruguay-Runde sind somit drei Rechtssysteme entstanden, die juristisch getrennt voneinander bestehen: Zunächst existierte bis zum 31. Dezember 1995 weiterhin das GAlT 1947 in seiner ursprünglichen Form. 67 Sodann ist das eigentliche WTO/GATI-System ent65 Daß es sich bei dem GATT 1994 nicht um einen Nachfolgevertrag zum GATT 1947 i.S.v. Art. 30 WVK handelt, wurde ausdrücklich auch vom Generaldirektor Peter Sutherland festgestellt, siehe Porges, ILM 33 (1994), 1 (4); eine umfassende Darstellung der vertragsrechtliehen Lösung des Übergangs vom GATT 1947 zur WTO findet sich bei Marceau, Journal ofWorld Trade 29 (No. 4, 1995), 147 ff. 66 Im einzelnen handelt es sich um folgende Abkommen: Agreement on Agriculture, Agreement on Sanitary and Phytosanitary Measures, Agreement on Textiles and Clothing, Agreement on Technical Barriers to Trade, Agreement on Trade-Related Investment Measures, Agreement on Implementation of Article VI, Agreement on Implementation of Article VII, Agreement on Preshipment Inspection, Agreement on Rules of Origin, Agreement on Import Licensing Procedures, Agreement on Subsidies and Countervailing Measures, Agreement on Safeguards, General Agreement on Trade in Services and Annexes, Agreement on Trade-Related Aspects of lntellectual Property Rights (lncluding Trade in Counterfeit Goods), Understanding on Rules and Procedures Governing the Settlement of Disputes und Trade Policy Review Mechanism. 67 Das GATT 1947 sollte ein Jahr nach lokrafttreten des WTO-Abkommens außer Kraft treten. Siehe hierzu die "Decision on Transitional Coexistence of the GATT 1947 and the WTO Agreement", GATT-Focus, December 1994, S. 4; der Übergang vom GATT 1947 zur WTO ist beschrieben bei Marceau, Journal of World Trade 29 (No. 4, 1995), 147 ff.; mit

7 Ticljc

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2. Teil, § 2. Überblick zur Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse

standen, das aus der WTO-Satzung, dem GAIT 1994 und den multilateralen Handelsübereinkommen besteht. Schließlich gibt es ein erweitertes WTO/GA TISystem, das dem Prinzip der freigestellten Mitgliedschaft folgend auch die plurilateralen Handelsabkommen umfaßt. Insgesamt hat das GAIT in der bisher bekannten Form durch den erfolgreichen Abschluß der Uruguay-Runde strukturell erhebliche Änderungen erfahren. Der Umfang und die Komplexität der rechtlichen Regelungen ist zwar auch weiterhin beachtlich, durch die Einbindung des GAIT 1994 und der verschiedenen sektoralen Abkommen in die WTO hat sich aber eine bedeutende institutionelle und materiellrechtliche Einheit des Welthandelsrechts ergeben. Damit ist die Rechtsordnung des GA IT zumindest in Teilbereichen nicht mehr mit den ursprünglichen Problemen der Komplexität behaftet, die Jackson dazu veranlaßte, vom "Puzzel" und ,,Mosaik" des GAIT zu sprechen. 68 Insbesondere die Vielzahl und Verstreutheit einzelner GAIT-Regelungen, die sich Ende 1988 in über 190 einzelnen Rechtsinstrumenten zeigte die (teilweise) eine unterschiedliche Mitgliedschaft aufwiesen,69 ist durch die WTO weitgehend aufgehoben worden.

§ 2 Überblick über die Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse im GATT 1947 und der WTO/GATT-Rechtsordnung Das GAIT 1947 wurde historisch primär zur Zollsatzreduzierung im Welthandelssystem konzipiert/0 so daß die rechtliche Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse erst im Laufe der Zeit in den Vordergrund des Interesses rückte. Trotz fortschreitender Kodifikationen im GA IT 1947 und nunmehr in verschiedenen WTO-Abkommen sind nichttarifäre Handelshemmnisse jedoch nur partiell konkreten Rechtsdisziplinen unterworfen; für die weitaus größte Zahl bestehender nichttarifarer Handelshemmnisse - wie den Countertrade - hat sich die rechtliche Bewertung daher weiterhin an einigen grundlegenden Vorschriften zu orientieren, die aufgrund ihrer allgemeinen Anwendbarkeit als Generalklauseln bezeichnet werden können. Bevor diese Generalklauseln einer näheren Untersuchung unterzogen werden, soll kurz dargestellt werden, inwieweit sich das GA IT in seiner GeAblauf des 31. Dezember 1995 endete die rechtliche Existenz des GATT 1947, siehe WTOFocus, No. 7, December 1995, S. 2. 68 Jackson, JWTI.. 1 (1967), 131 ff.; ders., World Trade and the Law ofGATT, 59 ff. 69 Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 96. 70 Zu den Gründen siehe ausführlich noch infra 3. Teil, § 3 C II I .

A. Nichttarifäre Handelshemmnisse in den Handelsrunden des GATI

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schichte explizit mit nichttarifaren Handelshemmnissen beschäftigt hat, wobei nach zwei Gesichtspunkten zu differenzieren ist: Zunächst ist die Entwicklung der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse in den einzelnen Handelsrunden des GATI zu betrachten (A.); anschließend sollen die Anstrengungen gewürdigt werden, die hinsichtlich einer Notifikation und Überwachung des weltweiten Einsatzes nichttarifärer Handelshemmnisse unternommen wurden (B.).

A. Nichttarirare Handelshemmnisse in den Handelsrunden des GATT I. Die Entwicklung bis zur Uruguay-Runde Entsprechend der historischen Konzeption standen die ersten Handelsrunden des GATI ganz im Zeichen der internationalen Zollsatzreduzierung; Fragen der rechtlichen Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse wurden in den fünf Verhandlungsrunden von 1947, 1949, 1950/51, 1955/56 und 1961/62 daher nicht zum Beratungsgegenstand erhoben. 71 Erst infolge der wachsenden Bedeutung der EWG im Welthandelssystem und der hierdurch begründeten Beunruhigung der Amerikaner kam es dazu, nichttarifäre Handelshemmnisse als Gegenstand der Verhandlung der von den USA als dringend notwendig empfundenen Handelsrunde von 196467 (Kennedy-Runde) zu erklären. Als die Verhandlungen am 30. Juni 1967 abgeschlossen wurden, 72 war zwar eine bedeutende Zollreduzierung erreicht, nichttarifäre Handelshemmnisse wurden aber nur in drei Sonderabkommen explizit behandelt, denen später keine maßgebliche Bedeutung im Weltwirtschaftssystem mehr zukam. 73 Wesentliche Fortschritte in der ausdrücklichen Kodifizierung von Rechtsfragen im Zusammenhang mit nichttarifaren Handelshemmnissen konnten dann erst in der Tokio-Runde (1973-79) erreicht werden. Die Erklärung von Tokio über die Eröffnung dieser Handelsrunde sah zur Erreichung des Zieles einer fortschreitenden Liberalisierung des Welthandels ausdrücklich den Abbau oder die Aufhebung von nichttarifaren Handelshemmnissen sowie eine stärkere rechtliche Disziplinierung 71 Zu den ersten fünfHandelsrunden siehe im Überblick Hoekman/Kostecki, The Political Economy ofthe World Trading System, 17 ff.; Senti, GATT', 70-76 m.w.N. 72 Die Ergebnisse der Verhandlungen sind abgedruckt in: BISD 15S/5 ff. 73 Im einzelnen handelte es sich um folgende Abkommen: Memorandum of Agreement on BasicElements for the Negotiation of a World Grains Agreement, BISD 15S/18; Agreement Relating Principally to Chemicals, BISD 15S/8 (das Abkommen trat nie in Kraft, siehe hierzu Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 113 Fn. 111); und das Agreement on lmplementation ofArticle VI ofthe GATT, BISD lSS/24; zu einer Bewertung der KennedyRunde statt vieler Senti, GATT, 80 f.

7*

100

2. Teil, § 2. Überblick zur Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse

dieser Maßnahmen vor.74 Damit nahmen nichttarifäre Handelshemmnisse erstmals einen wesentlichen Verhandlungsschwerpunkt im GATI ein. 75 Während der Beratungen zeigte sich aber, daß eine Einigung aller Vertragsparteien des GATI zu einzelnen nichttarifären Handelshemmnissen nicht zu erreichen war, so daß keine Möglichkeit bestand, den ursprünglichen Vertragstext des GATI insoweit zu ergänzen (zur Vertragsänderung vgl. Art. XXX GATT). Um überhaupt rechtliche Konkretisierungen der Behandlung einzelner nichttarifärer Handelshemmnisse zu erreichen, bestand daher nur die Möglichkeit, Sonderabkommen zu vereinbaren, die dem Prinzip der freigestellten Mitgliedschaft folgten und von dem eigentlichen GATT 1947 getrennt waren (die sogenannten MTN-Kodizes). 76 Im einzelnen konnten mit dieser Methode u.a. die folgenden sich primär mit nichttarifären Handelshemmnissen beschäftigenden Verträge geschlossen werden: Übereinkommen über technische Handelshemmnisse; Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen; Übereinkommen über die Auslegung und Anwendung der Artikel VI, XVI und XXIII des GATI (Subventionskodex); Übereinkommen zur Durchführung des Artikel VII des GATI (Zollwertkodex); Übereinkommen über Einfuhrlizenzen; Übereinkommen zur Durchführung von Artikel VI des GATI (Anti-Dumping-Kodex). 77 Unbestritten war es ein großer Erfolg der Tokio-Runde, erstmals nichttarifäre Handelshemmnisse zu einem vordringlichen Interesse der Vertragsparteien zu machen und entsprechende Verhandlungsergebnisse zu erzielen. Dieser positiven Bewertung steht aber entgegen, daß durch die Schaffung der MTN-Kodizes die Einheit und Konsistenz der GATI-Rechtsordnung in Frage gestellt wurde, was sich an vielen Rechtsproblemen zeigte, die das Verhältnis der Kodizes zum GA TI 1947 betrafen.78 Die Tokio-Runde hat damit zwar das wirtschaftliche und rechtliche Interesse an einer expliziten Regelung zu einzelnen nichttarifären Handelshemmnissen geschärft, aus heutiger Sicht beinhaltete das MTN-System aber zu viele Streitfragen, um eine überzeugende Rechtssicherheit im Weltwirtschaftssystem zu gewährleisten, Vordringliches Ziel der Uruguay-Runde war es daher, diese Unzulänglichkeiten auch mit Blick auf nichttarifäre Handelshemmnisse zu beseitigen.

Die Erklärung ist abgedruckt in: BISD 20S/19 ff. Statt vieler Jackson, Restructuring the GATT System, 26 ff.; Senti, GATT, 82. 76 Vgl. Senti, GATT, 88; Jackson, Restructuring the GATT System, 26 ff.; zur Rechtsqualität der MTN-Kodizes eingehend Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 104 ff. 77 Diese und die weiteren Übereinkommen der Tokio-Runde sind abgedruckt in: BISD 26S/8-188. 78 Umfassend hierzu statt vieler Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 106 und 435 ff. m.w.N. 74

75

A. Nichttarifare Handelshemmnisse in den Handelsrunden des GATI

101

II. Nichttarirare Handelshemmnisse in der Uruguay-Runde und der WTO/GATT-Rechtsordnung Die Erklärung von Punta del Este enthält zu nichttarifären Handelshemmnissen nur eine wenig aussagekräftige Zielvorgabe: Negotiations shall aim to reduce or eliminate non-tariff measures, including quantitative restrictions, without prejudice to any action to be taken in fulfilment of the rollback commitments. 79 Obwohl damit dem äußeren Anschein nach nichttarifären Handelshemmnissen keine besondere Bedeutung in der Uruguay-Runde zukommen sollte, zeigte sich bereits mit Beginn der Verhandlungen die besondere Relevanz der Thematik. Im Rahmen der Mid-Term-Konferenz in Montreal wurde von den Fachministern der Vertragsparteien dann auch festgehalten, daß "the reduction or elimination of nontariff measures by all participants is central to a successful outcome of the Uruguay Round". 80 Die Verhandlungen über nichttarifäre Handelshemmnisse wurden ab dem 9. Februar 1987 zunächst in der Verhandlungsgruppe über Non-Tarif! Measures geführt81 und konzentrierten sich in den Jahren 1987/88 zumeist auf technische Probleme. Als schwierig erwiesen sich hierbei insbesondere die Fragen, in welcher Verhandlungsform über nichttarifäre Handelshemmnisse beraten werden sollte und ob Verhandlungen über handelspolitische Maßnahmen, die nach dem GATI 1947 rechtswidrig waren, überhaupt durchgeführt werden sollten und konnten. Von einigen Staaten wurde hierzu vorgetragen, daß rechtswidrige Handelshemmnisse in Erfüllung der GATI-Verpflichtungenper se zu beseitigen seien und eine Verhandlung über sie nicht in Betracht komme. 82 Der einzige Konsens, den die Verhandlungsparteien zu dieser Zeit erzielen konnten, bestand in der Erkenntnis, daß eine umfassende empirische Grundlage über den aktuellen weltweiten Bestand an nichttarifären Handelshemmnissen notwendig sei, um überhaupt Verhandlungen aufnehmen zu können; zurückgegriffen wurde daher auf eine Datensammlung des

BISD 33S/19, 23. GATT Doc. MTN.TNC/11 vom 21. April1989, S. 5; zitiert nach: Edozien, in: Stewart (Hrsg.), The GATT Uruguay Round, Vol. I, 699 (714). 81 Edozien, in: Stewart (Hrsg.), The GATT Uruguay Round, Vol. I, 699 (705); später wurden die Verhandlungen über Zölle, nichttarifare Handelshemmnisse, Natural ResourceBased Products und Tropical Products zentral in der Arbeitsgruppe über den Marktzugang (Marker Access Group) geführt, siehe Edozien, in: Stewart (Hrsg.), The GATT Uruguay Round, Vol. I, 699 (776) m.w.N. 82 Zu den ersten Diskussionen in der Verhandlungsgruppe siehe Edozien, in: Stewart (Hrsg.), The GATT Uruguay Round, Vol. I, 699 (710 ff.); Croome, Reshaping the World Trading System, 48 ff. 79 80

102

2. Teil,§ 2. Überblick zur Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse

GATI-Sekretariats zu nichttarifaren Handelshenunnissen, die sich durch verschiedene Bemühungen ab 1982 auf einem weitestgehend aktuellen Stand befand. 83 Im Februar 1990 einigte man sich dann auf einen konkreten Verhandlungsplan, wonach zwei unterschiedliche Wege beschritten werden sollten: Rules of Origin und Preshipmenr Inspeerion wurden als die Bereiche identifiziert, in denen multilaterale Kodifikationen erfolgen sollen, ansonsten bestand Einigkeit, Liberalisierungsfortschritte zu nichttarifaren Handelshemmnissen nur durch einen bilateralen Austausch von Angebots- und Forderungslisten (requesr-and-offer) erzielen zu können. 84 Damit waren nichttarifare Handelshenunnisse erstmals im GATI Gegenstand bilateraler Verhandlungen, wie sie für Zollsenkungen in Art. XXVIIIbis GATI vorgesehen waren. In welchem Ausmaße nichttarifäre Handelshemmnisse hierbei zur Diskussion standen, verdeutlicht die Forderungsliste der USA vom Oktober 1990, in der als Gegenleistung für eine vierzigprozentige Senkung von Importzöllen von 36 Staaten die Beseitigung von insgesamt über 15.000 einzelnen Maßnahmen verlangt wurde. 8.s Trotz dieses ehrgeizigen Vorschlages der USA gestalteten sich bilaterale requesr-and-offer-Verfahren als äußerst problematisch,86 während die Beratungen über internationale Verträge zu Rules of Origin und Preshipmenr Inspeerion zügig vorangingen und alsbald Verhandlungserfolge erzielt werden konnten. 87 Die Verhandlungsschwierigkeilen lagen aber weniger darin begründet, daß nichttarifare Handelshemmnisse aufgrund ihrer variantenreichen Erscheinung und unterschiedlichen Bedeutung im Weltwirtschaftssytem als bilateraler Beratungsgegenstand schlechter geeignet sind als Zölle,88 als vielmehr in partikularen Streitigkeiten zwischen den USA und der EG. Insbesondere die unüberwindlichen Schwierigkeiten in den transatlantischen Agrarverhandlungen in den Jahren 1991-1993 führten dazu, daß die bilateralen requesr-and-offer-Verfahren praktisch nicht mehr durchgeführt wurden, da ohne Vorgaben über Zugeständnisse in Zollfragen und zu nichttarifären Handelshemmnissen von den großen Handelssubjekten USA und EG 83 Edozien, in: Stewart (Hrsg.), The GATT Uruguay Round, Vol. I, 699 (710); Croome, Reshaping the World Trading System, 49; hierzu noch eingehend infra 3. Teil,§ 2 A. 84 Edozien, in: Stewart (Hrsg.), The GATT Uruguay Round, Vol. I, 699 (714 f.); Croome, Reshaping the World Trading System, 189. 85 Edozien, in: Stewart (Hrsg.), The GATT Uruguay Round, Vol. I, 699 (780). 86 Ein umfassender Überblick über die rechtlichen und politischen Schwierigkeiten der Verhandlungen findet sich bei Edozien, in: Stewart (Hrsg.), The GATT Uruguay Round, Vol. I, 699 (780 ff.); Croome, Reshaping the World Trading System, 194 f., 297 f., 331 f. und 364 ff. 87 Eingehend hierzu Edozien, in: Stewart (Hrsg.), The GATT Uruguay Round, Vol. I, 699 (715 ff. und 738 ff.); Croome, Reshaping the World Trading System, 190-193. 88 Zu den Schwierigkeiten bilateraler Verhandlungen zu nichttarifären Handelshemmnissen siehe Hoekman/Kostecki, The Political Economy of the World Trading System, 76 f.

A. Nichttarifäre Handelshemmnisse in den Handelsrunden des GATI

I 03

keine Möglichkeit für die kleineren Vertragsparteien bestand, die eigene Verhandlungsposition realistisch zu bestimmen. Neuseeland faßte diese Problematik wie folgt zusammen: "We must know the deal between the majors: it sets the parameters for the rest ofus". 89 Die faktische Blockade der Marktzugangsverhandlungen zu Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen durch die bilateralen Probleme der USA und der EG führte dazu, daß die eigentlichen request-and-offer-Verhandlungen erst in der Woche vor dem 15. Dezember 1993 erfolgreich geführt wurden, also unmittelbar vor Abschluß der Uruguay-Runde.90 Die erzielten Ergebnisse über die Beseitigung einzelner nichttarifärer Handelshemmnisse sind nunmehr in Teil III der Liste der Zollzugeständnisse der einzelnen WTO-Mitgliedstaaten enthalten.91 Neben den Verhandlungen über Marktzugangsregelungen beschäftigten sich viele der insgesamt ursprünglich 15 Verhandlungsgruppen mit speziellen nichttarifären Handelshemmnissen,92 was für den Weltgüterhandel zu vertraglichen Vereinbarungen insbesondere in den folgenden Bereichen führte: Anti-Dumping, Subventionen, Schutzmaßnahmen, technische Handelshemmnisse, handelsrelevante lnvestitionsmaßnahmen, Ursprungsregeln, W arenversandkontrolle, Einfuhrlizenzverfahren, Zollwertbestimmung, Zahlungsbilanzvorschriften, Staatshandelsunternehmen, Textilien und Bekleidung, öffentliches Beschaffungswesen und Landwirtschaft. Die jeweiligen WTO-Abkommen zu diesen Handelsbereichen sollen hier nicht näher dargestellt werden; hierzu sei auf das einschlägige Schrifttum verwiesen.93 Zur Verdeutlichung der Relevanz der Erarbeitung von normativen Grundstrukturen der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse in der WTO/GATTRechtsordnung kommt es vielmehr darauf an, daß durch die Uruguay-Runde zwar einige dieser handelsbeschränkenden Maßnahmen konkreten Rechtsdisziplinen unterworfen wurden, es aber in der Natur der Sache liegt, daß eine umfassende rechtliche Regelung in der Form spezieller völkerrechtlicher Abkommen nicht möglich ist und auch in Zukunft nicht möglich sein wird. Eine Vielzahl nichttarifärer Handelshemmnisse wie zum Beispiel der Countertrade, dessen rechtliche Regelung die USA in der Uruguay-Runde zwar forderten, sich insoweit aber nicht

Zitiert nach Croome, Reshaping the World Trading System, 366. Croome, Reshaping the World Trading System, 367 und 378 f. 91 Siehe hierzu das Marrakesh Protocol to the General Agreement on Tariffs and Trade 1994, insbesondere Art. 6. 92 Zu einem umfassenden Überblick über die Beratungen in den einzelnen Verhandlungsgruppen siehe Croome, Reshaping the World Trading System, passim; Stewart (Hrsg.), The GATT Uruguay Round, Vol. I und II, passim. 93 Insbesondere Senti, GATI-WTO, 67-101; Hauser/Schanz, Das neue GATI, 61-190; Hoekman!Kostecki, The Political Economy ofthe World Trading System, 87-126; und die zahlreichen Beiträge in: Bourgeois/Berrod/Fournier (Hrsg.), The Uruguay Round Results. 89

90

104

2. Teil, § 2. Überblick zur Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse

durchsetzen konnten,94 werden daher auch weiterhin nur an einigen allgemeinen Vorschriften derWTO/GATf-Rechtsordnung zu messen sein.

B. Überwachungs- und Notifikationsmaßnahmen zu Dichttarifären Handelshemmnissen Neben den Verhandlungen über nichttarifäre Handelshemmnisse in den Handelsrunden des GATf engagierte sich die Organisation in verschiedenen vertraglich vorgesehenen Überwachungs- und Notifikationsmaßnahmen, deren Ziel ebenfalls die Liberalisierung des Welthandels war. Die genauere völkerrechtliche Bewertung von Überwachungs- und Notifikationsmaßnahmen wird in dem späteren Untersuchungsabschnitt zur präventiven Rechtsverwirklichung in der WTO/ GATT-Rechtsordnung erfolgen.95 Hier soll nur ein deskriptiver Überblick zu verschiedenen Anstrengungen in diesem Bereich von den Anfängen des GAIT 1947 bis zur Uruguay-Runde gegeben werden, um so ein zusammenhängendes Bild auch der institutionellen Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse im GATf zu zeichnen. In den Anfängen der Geschichte des GATf waren es nicht die vielen variantenreichen Instrumente des heutigen "Neuen Protektionismus", die das Weltwirtschaftssystem vor Probleme stellten, sondern eine Vielzahl von quantitativen Handelsbeschränkungen in Form von Import- und Exportbeschränkungen, die insbesondere aus Gründen der Zahlungsbilanz von europäischen Staaten in der wirtschaftlich schwierigen Phase nach dem zweiten Weltkrieg ergriffen wurden. 96 Gemäß Art. XII:4(b) GATf waren diese Maßnahmen bis zum 1. Januar 1951 von den VERTRAGSPARTEIEN zu evaluieren und zu begutachten.97 Eine zweite Überprüfung quantitativer Handelsbeschränkungen aus Gründen der Zahlungsbilanz erfolgte dann in den Jahren 1958/59.98 Außerhalb der spezifischen Vorschriften zu Schutzmaßnahmen aus Gründen der Zahlungsbilanz wurde bereits 1950 ein umfangreicher Bericht zu quantitativen Handelsbeschränkungen aus protektionistischen oder kommerziellen Erwägungen vorgelegt, in dem Ursachen und Motive

94 Zu den Verhandlungsvorschlägen der USA hinsichtlich des Countertrade siehe DePrest/Samuels, in: Stewart (Hrsg.), The GATT Uruguay Round, Vol. II, 1821 (1831) m.w.N.; Croome, Reshaping the World Trading System, 97 f. 95 Infra 3. Teil, § 2 A III. 96 Senti, GATT, 258; umfassend hierzu Curzon, Multilateral Commercial Diplomacy, 131 ff. 97 Use of Quantitative Restrietions to Safeguard Balance of Payments, GATT Sales No. GATT/1951-2. 98 Die Ergebnisse sind enthalten in: GATT Doc. MGT(59)75 vom 30. Juli 1959.

B. Überwachungs- und Notifikationsmaßnahmen

105

sowie Erscheinungsformen verschiedener Import- und Exportbeschränkungen analysiert wurden und eine summarische rechtliche Bewertung erfolgte.99

Im Anschluß an die Reform des GATT der Jahre 1954/55 100 beschäftigten sich zwei Komitees mit nichttarifaren Handelshemmnissen, wobei das sogenannte Komitee II Fragen der Landwirtschaftspolitik und das Komitee III Handelsbeschränkungen von Produkten untersuchte, die von besonderem Interesse für schwächer entwickelte Staaten waren; Interessenschwerpunkt beider Komitees waren insbesondere die noch bestehenden (residual) Beschränkungen aus der Zeit vor Inkraftsetzung des GAIT 1947. 101 Der Versuch einer systematischen Datensammlung zu nichttarifaren Handelshemmnissen wurde nach Vorarbeiten in den sechziger Jahren aber erst 1970171 durch eine gemeinsame Arbeitsgruppe zu Importrestriktionen initiiert, die im März 1971 eine Sammlung von quantitativen Handelsbeschränkungen in achtzehn Staaten vorlegte. Auf der Grundlage dieser Sammlung beschlossen die Vertragsparteien eine jährliche Aktualisierungspflicht durch die betroffenen Staaten, was im Jahre 1980 nochmals bestätigt wurde. 102 Neben Überwachungs- und Notifikationsmaßnahmen zu nichttarifären Handelshemmnissen im Rahmen einzelner weiterer Unterorgane des GAIT in dieser Zeit und verschiedenen Aktivitäten im Zusammenhang mit der Tokio-Runde 103 wurde durch eine Entscheidung aus dem Jahre 1982 eine bedeutende Entwicklung in diesem Bereich eingeleitet. Aufgrund der deutlich werdenden Krisenerscheinungen im Weltwirtschaftssystem Anfang der achtziger Jahre fand vom 24. bis 29. November 1982 eine Sitzung der VERTRAGSPARTEIEN auf ministerieller Ebene statt, auf der nach einer ausführlichen Bestandsaufnahme der internationalen Handelsbeziehungen neue Aktivitäten des GATI beschlossen wurden. 104 In bezug auf nichttarifare Handelshemmnisse kam es zu folgender Entscheidung: To review, in a group created for the purpose, existing quantitative restrictions and other non-tariff measures, the grounds on which these are maintained, and their conformity with the provisions of the General Agreement, so as to achieve the elimination of quantitative restrictions which are not in confonnity with the General Agreement or their 99 The Use of Quantitative Restrietions for Protective and Commercial Purpose, GATT Sales No. GATT/1950-3; auszugsweise abgedruckt in: GATT, Analytical Index, 296 f. 100 Eine Zusammenfassung der damaligen Reformen findet sich in: GATT, International Trade 1954, 128; BISD 3S/170 ff. 101 GATT, Analytical Index, 322. 102 Siehe GATT, Analytical Index, 323 m.w.N.; sowie Documentation on Non-Tariff Measures, Procedure for Up-dating, Proposal by the Director-General adopted 26 March I980, BISD 27SII 8 und Notification and Surveillance - Procedures for the Review of Developments in the Trading System, Proposal by the Director-General adopted 26 March I 980, BISD 27S/20. 103 Siehe im Überblick: GATT, Analyticallndex, 323 m.w.N. 104 Siehe die Zusammenfassung der Ergebnisse der Tagung in: BISD 29S/9 ff.

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2. Teil,§ 2. Überblick zur Behandlung nichttarifarer Handelshemmnisse

being brought into conforrnity with the General Agreement, and also to achieve progress in liberalizing other quantitative restrictions and non-tariff measures, adequate attention being given to the need for action on quantitative restrictions and other measures affecting products of particular export interests to developing countries. 105

Die durch diesen Beschluß ins Leben gerufene Arbeitsgruppe legte in den Jahren 1984 bis 1986 insgesamt drei Berichte zu quantitativen Beschränkungen und sonstigen nichttarifären Handelshemmnissen vor, 106 wobei sich zwei Arbeitsschwerpunkte herausbildeten. Zunächst war es ein vordringliches Ziel, die Datensammlung zu nichttarifären Handelsherrunnissen zu aktualisieren, da die vorhandenen Informationen zum Teil noch aus den sechziger Jahren stammten. Weiterhin diskutierten die Mitglieder der Arbeitsgruppe intensiv mögliche Rechtfertigungsgründe für nichttarifäre Handelshemmnisse und Strategien für deren Beseitigung. Hierbei stellte sich immer wieder die alte Frage, ob rechtswidrige nichttarifäre Handelshemmnisse zum Gegenstand multilateraler Verhandlungen gemacht werden können oder von den betreffenden Vertragsparteienper se zu beseitigen seien.107 Insgesamt gelang es der Arbeitsgruppe zwar, die Datensammlung des GATI zu nichttarifären Handelshemmnissen auf einen weitestgehend aktuellen und die meisten Vertragsparteien erfassenden Stand zu bringen, 108 das eigentliche Ziel eines fortschreitenden Abbaus handelsbeschränkender Maßnahmen konnte nach Ansicht der Mehrheit der Delegierten aber nicht erreicht werden. 109 Die Arbeitsgruppe stellte daher den VERTRAGSPARTEIEN anheim, über ihren weiteren Bestand zu entscheiden, was zur Auflösung der Gruppe führte. 110 An ihre Stelle wur-

BISD 29S/9, 19 f. Die Berichte aus den Jahren 1984-1986 sind abgedruckt in: BISD 31 S/211; BISD 32S/91; BISD 33S/160. 107 Zu den Diskussionen siehe BISD 31S/211, para. 19 ff.; BISD 32S/91, para. 16 und 53; BISD 33S/160, para. 17 und 45 ff.; zur Einbeziehung von nichttarifaren Handelshemmnissen unabhängig von Zollvereinbarungen siehe Jackson, World Trade and the Law of GATT, 195ff. 108 Siehe die Zusammenstellung der Informationen zu nichttarifaren Handelshemmnissen der Vertragsparteien in: BISD 33S/173 ff.; detaillierte Informationen zu nichttarifären Handelshemmnissen konnten von 60 Staaten erlangt werden, was einem Anteil von 97,6 % des Handelsvolumens aller Vertragsparteien entsprach, siehe BISD 33S/160, para. 10. 109 BISD 33S/160, para. 48: "Some delegations thought that the Group had not fulfilled its mandate, which was a great disappointment. In practice, virtually no substantive progress had been made towards the elirnination or bringing into conformity of the quantitative restrictions or other non-tariff measures which were not in conformity with the unequivocal obligations of contracting parties under the General Agreement ... some other delegations shared the disapointment. .. ". 110 Die Entscheidung der VERTRAGSPARTEIEN über die Auflösung der Arbeitsgruppe ist abgedruckt in: BISD 33S/54. 10~

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C. Bewertung

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de nunmehr eine technische Gruppe gesetzt, die sich ausschließlich mit der Dokumentation nichttarifärer Handelshemmnisse beschäftigte. 111 Mit dem Abschluß der Uruguay-Runde wird die Notifikation von nichttarifären Handelshemmnissen nunmehr zentral von der WTO organisiert, wie es im einzelnen in der Decision on Notification Procedures festgelegt ist. 112 Die gesammelten Informationen sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich, sondern können nur von Regierungsstellen unter bestimmten Voraussetzungen abgefragt werden. 113

C.Bewertung Insgesamt zeigen die Entwicklung in den einzelnen Handelsrunden des GATI und die institutionellen Maßnahmen zur Notifikation und Überwachung, daß das Interesse und die Notwendigkeit an einer konkreten rechtlichen Erfassung einzelner nichttarifärer Handelshemmnisse im Laufe der Geschichte des GATI immer deutlicher wurde. Durch die umfangreichen Regelungen in den WTO-Abkommen und die Intensivierung der institutionellen Überwachung nichttarifärer Handelshemmnisse ist es gelungen, zumindest einige politisch und wirtschaftlich bedeutende Bereiche handelsbeschränkender staatlicher Maßnahmen rechtlich zu erfassen. Diese angesichts der wachsenden Bedeutung nichttarifärer Handelshemmnisse überaus positive Entwicklung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß viele dieser Maßnahmen auch weiterhin nicht Regelungsgegenstand spezieller Abkommen sein werden. Hierzu fehlt der politische Wille und insbesondere die in der Natur der Sache liegende Möglichkeit, konkrete Regelungen für Handelsphänomene zu finden, deren Erscheinung letztlich ausschließlich vom Erfindungsreichtum wirtschaftlicher und politischer Entscheidungsträger bestimmt wird. Jacksonl Davey!Sykes fassen diese Problematik wie folgt zusammen: The discovery of new protecti ve devices appears to be an endless process. As soon as the international system establishes restraints or regulations on a particular proteelive device, government offleials and human ingenuity seem able to turn up some other measure to accomplish a least part of their proteelive purpose. Consequently, any international economic regulatory system must be designed so as to cope with the constant change in protectionist techniques.114

111 BISD 33S/54; zwei Berichte der technischen Gruppe aus den Jahren 1988 und 1989 sind abgedruckt in: BISD 35S/331 und BISD 36S/410. 112 Hierzu ausführlich infra 3. Teil, § 2 A II. 113 Art. II Abs. 4 Decision on Notification Procedures: "Information in the central registry regarding individual notification shall be made available on request to any Member entitled to receive the notification concerned". 114 Jackson/Davey/Sykes, International Economic Relations, 377.

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2. Teil,§ 3. Das WTO/GATT-System als Rechtsordnung

In diesem Sinne ist die- sogleich noch näher darzustellende- rechtssicherheitsgewährleistende Funktion der WTO/GATI-Rechtsordnung nicht primär in einer fortschreitenden Ergänzung völkervertraglicher Regelungen zu sehen, sondern in der konsequenten Anwendung der vorhandenen Rechtsmasse. Inwieweit sich hierbei Grundgedanken der Behandlung nichttarifarer Handelshemmnisse finden lassen, soll unter Berücksichtigung des Countertrade vertiefend aufgezeigt werden; zuvor ist jedoch auf einige Aspekte einzugehen, die die WTO/GATI-Rechtsordnung als normativen Untersuchungsrahmen dieser Analyse auszeichnen.

§ 3 Das WTO/GATT-System als Rechtsordnung

A. Funktion und Bedeutung des WTO/GATT-Systems als Rechtsordnung Daß es sich bei cl~in WTO/GATI-System zumindest im Ergebnis um eine Rechtsordnung handelt, dürfte kaum strittig sein. 115 Problematisch ist hingegen die genauere Erfassung der Wesenszüge dieses Rechtssystems, die sie als Rechtsordnung auszeichnen. Hierzu ist nach den ausschlaggebenden Kriterien zu fragen, die von einer Einordnung des WTO/GATI-Systems als reinem Rechtssystem auf eine Qualifizierung als Rechtsordnung schließen lassen. In diesem Sinne soll ein Rechtssystem als eine Rechtsmasse angesehen werden, die ein einheitlich geordnetes Ganzes darstellt, ohne hingegen über die Funktion dieser Rechtsmasse etwas auszusagen. Auf der anderen Seite muß sich eine Rechtsordnung schon begrifflich gegenüber dem reinen Rechtssystem qualitativ abheben, da nicht nur das Recht als solches erfaßt wird, sondern auch die mit ihm verbundene Funktion des Ordnens. Die genaue Erfassung der Ordnungsfunktion des GATI und nunmehr der WTO stößt im Schrifttum immer wieder auf Schwierigkeiten. 116 Sie ist hingegen zu leisten, um so eine Frage zu klären, die den Ausgangspunkt der Auseinandersetzung mit Einzelfragen innerhalb eines bestimmten Rechtssystems bildet. Nur wenn Klarheit über die mit dem Begriff des Ordnens verbundene Funktion eines Rechtssystems besteht, kann eine Auseinandersetzung mit Detailfragen erfolgen, deren Klä115 Zum Begriff der Rechtsordnung des GATT (der auf das WTO/GATT-System zu übertragen ist) siehe Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 5-12 sowie passim. 116 Jüngstes Beispiel ist die problematische Bestimmung der Funktion der WTO/GATTRechtsordnung im internationalen Wirtschaftssystem als einem ,,Primat der Politik" folgend bei Langer, Grundlagen einer internationalen Wirtschaftsverfassung, passim; hierzu bereits Tietje, GYIL 38 (1995), 456 ff.

A. Funktion und Bedeutung des WTO/GATI-Systems als Rechtsordnung

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rung sich kohärent in die übergeordnete Bedeutung der vorhandenen Rechtsmasse einfügt. Nur hierdurch läßt sich auch das jeder Rechtsinterpretation zugrundeliegende Vorverständnis 117 zumindest zu einem gewissen Teil offenlegen und damit die für kohärente Lösungen notwendige Transparenz gewährleisten. Ein erster Schritt zur genaueren Kennzeichnung der WTO/GATI-Rechtsordnung besteht in der Klärung der Bedeutung, die dem Element des Ordnens zukommt. Vereinzelt und im Völkerrecht gerade heute wieder aktuell wird dem Recht eine Ordnungsfunktion, eine Bedeutung als geistiges Sein, gänzlich abgesprochen. 118 Gegen diese Ansicht lassen sich eine Reihe von überzeugenden Gegenpositionen vortragen. Zunächst ist der philosophische Positivismus, 119 derbehauptet, daß Normen keine Gegenstände der Erkenntnis seien, stark in Zweifel zu ziehen. 120 Entscheidend ist weiterhin, daß es bisher den Kritikern des Ordnungsgedankens noch nicht gelungen ist, ihre Kernthese nachzuweisen, daß Recht als geistiges Sein keine Bedeutung im Rahmen der individuellen Entscheidungstindung spiele. 121 Recht als geistiges Sein stellt sich vielmehr als zumindest wesentlich im rechtlichen Entscheidungsfindungsprozeß dar, sei es in kontinentaleuropäischen Rechtskreisen oder im anglo-amerikanischen Rechtssystem. 122 Daher ist auch weiterhin davon auszugehen, daß das Recht eine aus Normen bestehende Ordnung ist, der Ordnungsgedanke im Recht also Gültigkeit besitzt. 123

117 Hierzu Larenz, Methodenlehre, 206 ff.; Esser, Vorverständnis und Methodenwahl, passim. 118 So insbesondere von den Anhängern der Critical Legal Studies (CLS) und des New Haven Approach. Für das Völkerrecht ragt im Bereich der CLS die Monographie von Koskenniemi, From Apology to Utopia (1989) heraus; weiterhin bedeutend sind die Arbeiten von David Kennedy, beginnend mit dem Beitrag in GYIL 23 (1980), 353 ff.; umfassend zu dieser Entwicklung Purvis, Harv. Int'I L.J. 32 (1991), 81 ff.; zum New Haven Approach siehe den grundlegenden Beitrag von McDougaVLasswelVReisman, Virginia Journal of Int'l L. 8 (1968), 188 ff. ; umfassend hierzu Schreuer, in: ders., Autorität und internationale Ordnung, 63 ff. 119 Hierzu Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 59 ff.; Zippelius, Rechtsphilosophie, 6 ff. 120 Hierzu eingehend Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 59 ff. und I 06 ff.; Zippelius, Rechtsphilosophie, 6 ff. 121 Kennzeichnend hierfür ist Koskenniemi, From Apology to Utopie, der nach einer ausführlichen Begründung seiner Ansicht der Unmöglichkeit normativer Argumentation im internationalen System (ebda., 1-457) am Schluß seiner Monographie doch wieder auf Ideen normativer Konfliklösung zurückgreift: "It follows that normative justifications should not seek to realize any one, coherent scheme of global organization. Normative solutions need to be justified by respecting the existence of conflicting ideals of social organization and by seeking to secure the revisability of each agreed arrangement", ebda., 500. 122 Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 273 f.; Zippelius, Rechtsphilosophie, 8 ff. 123 Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 274 ff.

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2. Teil,§ 3. Das WTO/GATT-System als Rechtsordnung

Hinsichtlich des Begriffes der Ordnung kann zunächst zwischen faktischer und normativer Ordnung unterschieden werden. 124 Diese Unterscheidung wurde von Friedrich August von Hayek mit der Unterscheidung zwischen "spontaner Ordnung" und "Ordnung aufgrund Gesetzgebung" weiterentwickelt, 125 wobei die spontane Ordnung gegenüber der gesetzlich geregelten vorzuziehen ist, da jene nie die Komplexität menschlichen Verhaltens für alle Beteiligten befriedigend regeln kann. 126 Aufgabe des Gesetzgebers und des Rechts ist es somit nicht, eine bestimmte Ordnung abschließend vorzubestimmen, sondern Bedingungen zu schaffen, "unter denen sich eine solche Ordnung bilden und immer wieder erneuern kann" 127• In diesem Ansatz kommt ein Grundverständnis von freiheitlich-liberalen Gesellschaftssystemen zum Ausdruck, das sich sowohl auf ein nationales und internationales Wirtschaftssystem bezieht, 128 als auch auf das Gesellschaftssystem insgesamt. 129 Wenn von der WTO/GATI-Rechtsordnung gesprochen wird, ist hiermit also die Ordnung gemeint, die die Bedingungen schafft, unter denen sich die spontane Ordnung des internationalen Wirtschaftens - die faktische Wirtschaftsordnung 130 -bilden kann. 131 Damit ist die Verbindung zwischen Recht und Ordnung zur Rechtsordnung hergestellt. Wenn es Aufgabe des Rechts ist, die Bedingungen zur Schaffung der spontanen Ordnung des internationalen Wirtschaftens bereitzustellen, kommt einer Rechtsordnung des internationalen Wirtschaftens maßgeblich die Aufgabe der Gewährleistung von Rechtssicherheit zu. Nur durch Rechtssicherheit hinsichtlich der Rahmenbedingungen der durch individuelle Freiheit realisierten internationalen Statt vieler Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 190. v. Hayek, Recht, Gesetzgebung und Freiheit, Bd. 1, 33 ff.; hierzu für das Welthandelsrecht statt vieler Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 7; Roessler, GYIL 21 (1978), 27 ff.; Petersmann, Constitutional Functions and Constitutional Problems of International Economic Law, 49 ff.; aus philosophischer Sicht umfassend Gray, Freiheit im Denken Hayeks, 27 ff. 126 Siehe v. Hayek, Recht, Gesetzgebung und Freiheit, Bd. l, 33 f.; ders., Die Verfassung der Freiheit, 194; zu den philosophischen Grundlagen siehe auch ders., Indi vidualism and Economic Order, 16 und passim. 127 v. Hayek, Die Verfassung der Freiheit, 194. 128 Petersmann, Constitutional Functions and Constitutional Problems of International Economic Law, 49 ff.; Roessler, GYIL 21 (1978), 27. 129 Rupp, in: /sensee/Kirchhof(Hrsg.), HdbStR, Bd. I, 1187 ff.; siehe hierzu auch Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Bd. I, 233 ff. 130 Zur Unterscheidung zwischen faktischer und normativer Wirtschaftsordnung siehe Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 10. 131 Siehe Mestmäcker, in: Bömer/Jahrreiß/Stem (Hrsg.), FS Carstens, Bd. I, 417 (418); Behrens, RabelsZ 50 (1986), 483 (489); Petersmann, Constitutional Functions and Constitutional Problems ofintemational Economic Law, 49 ff. 124 125

A. Funktion und Bedeutung des WTO/GATI-Systems als Rechtsordnung

111

Wirtschaftsbeziehungen lassen sich die zum Gelingen der spontanen Wirtschaftsordnung erforderlichen wohlfahrtssteigemden Effekte erzielen. 132 Daß hierbei der internationalen Handelsordnung in Form der WTO/GATI-Rechtsordnung auch die Funktion zukommt, nationalstaatliche Interessen, die sich international wohlfahrtsmindernd auswirken können, einzugrenzen, liegt in der beschriebenen Funktion begründet. Die u.a. mit der Spieltheorie und hier mit dem Prisoners' Dilemma133 zu begründende Funktion der Eingrenzung partikularer Staateninteressen durch die WTO/GATI-Rechtsordnung stellt somit kein eigenständiges Element dar. 134 Vielmehr ist auch diese Funktion unter den Oberbegriff der Schaffung von Rechtssicherheit einzuordnen. 135 Dieses belegt gerade die Aussage des spieltheoretischen Modelles des Prisoners' Dilemma, demzufolge einzig durch Rechtssicherheit bedingte Koordination zu optimalen Ergebnissen führt. 136 Hinweise auf die Funktion der Schaffung von Rechtssicherheit durch die WTO/ GATI-Rechtsordnung finden sich auch in deutlichen Äußerungen verschiedener GATI-Panel. So heißt es in der Panel-Entscheidung zur "United States Manufacturing Clause": "The Panel further noted that one of the basic aims of the General Agreement was security and predictability in trade relations among contracting parties."137 Noch klarer wird diese Funktion in einer Panel-Entscheidung aus dem Jahre 1985 verdeutlicht, in der auf den "aspect öf law and order in international

132 Hierzu Benedek, Die Rechtsordnung des GATI, 10 f.; Röpke, RdC 86 (1954 II), 203 (218); Petersmann, in: Bernhardt (Hrsg.), EPIL 8, 530 (538). 133 Hierzu einführend Dixit/Nalebuff, Thinking Strategically, passim; für das internationale Wirtschaftsrecht statt vieler Thorbecke, Journal of Institutionaland Theoretical Economics 151 (1995), 373 ff.; und ausführlich Abbott, Harv. lnt'l L.J. 26 (1985), 501 ff.; zur Bedeutung der Spieltheorie speziell für die WTO/GATI-Rechtsordnung Hoekman/ Kostecki, The Political Economy ofthe World Trading System, 56 ff. 134 So jedoch offensichtlich Benedek, Die Rechtsordnung des GATI, 11 f.; eine Extremposition vertritt insofern auch Langer, Grundlagen einer internationalen Wirtschaftsverfassung, 65 ff. und passim. 135 Nicht eingegangen werden kann in diesem Zusammenhang auf eine vertiefende Diskussion der Frage der Constitutional/Domestic Policy Function des GATI. V gl. hierzu auf der einen Seite umfassend Petersmann, Constitutional Functions and Constitutional Problems of International Economic Law, passim; sowie Benedek, Die Rechtsordnung des GATI, 84 ff. mit kritischen Aspekten. 136 Hierzu aus spieltheoretischer Sicht einführend Dixit/Nalebuff, Thinking Strategically, 95 ff. 137 United States Manufacturing Clause, Panel Report adopted 15116 May 1984, BISD 31 S/74, para. 39; siehe auch Panel on Newsprint, Panel Report adopted 20 November 1984, BISD 31 S/114, para. 52 ("The Panel shared the view expressed before it relating to the fundamental importance of the security and predictability of GATI tariff bindings, a principle which constitutes a centrat obligation of the General Agreement").

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2. Teil,§ 3. Das WTO/GATT-System als Rechtsordnung

trade relations as govemed by the GATI" hingewiesen wird. 138 Schließlich sei angemerkt, daß die Notwendigkeit der Garantie von Rechtssicherheit im Welthandelssystem nunmehr in verschiedenen WTO-Abkommen ausdrücklich hervorgehoben wird. 139 Damit liegt die besondere Funktion, die der WTO/GATI-Rechtsordnung zukommt, in der zum Erreichen wohlfahrtsfördernder Effekte im internationalen Wirtschaftsverkehr notwendigen Garantie von Rechtssicherheit begründet. Unter diesen Oberbegriff der Garantie von Rechtssicherheit läßt sich auch der Aspekt der Eingrenzung partikularer Staateninteressen fassen.

B. Rechtsdogmatische Fragen zur Interpretation der WTO/GATT-Rechtsordnung Die Analyse von normativen Grundstrukturen der Behandlung von Dichttarifären Handelshemmnissen in der WTO/GATI-Rechtsordnung läßt die Frage aufkommen, inwieweit diese Rechtsordnung überhaupt rechtswissenschaftliehen Interpretationsmethoden zugänglich ist. Gerade für das GATI 1947 wurde immer wieder vertreten, daß rechtsdogmatische Überlegungen und Analysen dieses Rechtssystems nicht zweckmäßig oder gewinnbringend seien und daher nur eine verstärkt pragmatische Sicht der Dinge die tatsächlichen Probleme erkennen lasse;140 für das WTO-System ist diese Auffassung jüngst insbesondere im amerikanischen Schrifttum wiederholt worden. 141 Mit dem Postulat einer primär pragmatischen Betrachtung des WTO/GATI-Systems wäre eine systematische rechtswissenschaftliche Untersuchung nicht zu vereinbaren.

138 New Zealand - Imports of Electrical Transformers From Finland, Panel Report adopted 18 July 1985, BISD 32S/55, para. 4:4. 139 Siehe Präambel Abs. 1 Agreement on Textilesand Clothing; Art. 3 Abs. 2 DS-Understanding ("The dispute Settlement system of the WTO is a central element in providing security and predictability to the multilateral trading system"); Abs. 3 Declaration on the Gontribution ofthe World Trade Organization to Achieving Greater Coherence in Global Economic Policymaking ("The strengthened multilateral trading system ernerging from the Uruguay Round has the capacity to provide an improved forum for liberalization, to contribute to more effective suveillance, and to secure strict observance of multilaterally agreed rules and disciplines"). 140 Die wohl bekannteste Aussage stammt vom ehemaligen Generaldirektor des GATT, Oliver Long, Law and its Limitations, 109 ("GATI law does not !end itself well to considerations of a doctrinal nature."). 141Hippier Bello, AJIL 90 (1996), 416 ff.; zur weiterhin bestehenden Aktualität der Diskussion siehe auch Rasmussen, in: Bourgeois/Berrod/Fournier (Hrsg.), The Uruguay Round Results, 135 ff.

B. Die Interpretation der WTO/GATI-Rechtsordnung

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Um die Grundstrukturen der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse in der WTO/GATI-Rechtsordnung aufzeigen zu können, bedarf es einer näheren Untersuchung dieser These, da nur so die Bedeutung des WTO/GATI-Systems als Rechtsordnung für den der Untersuchung zugrundeliegenden Problemkreis geklärt werden kann. Weiterhin soll in diesem Zusammenhang kurz auf Fragen der anzuwendenden Normen zur Interpretation von Vorschriften der WTO/GATTRechtsordnung eingegangen werden.

I. Normorientierte oder machtorientierte Struktur? Die Frage, ob das GATT-System rein pragmatisch oder aber juristisch-dogmatisch zu analysieren ist, wird im Anschluß an Jackson 142 als Widerstreit zwischen einem normorientierten (rule-oriented) und einem machtorientierten (poweroriented) Ansatz diskutiert. Unter deduktiven und induktiven Gesichtspunkten soll dieser Problematik im folgenden nachgegangen werden.

1. Deduktive Aspekte Die Behauptung, daß das GATI in erster Linie unter politischen Aspekten zu betrachten sei und daher die Rolle des Rechts in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen eine zu vernachlässigende Größe darstelle, ist im wissenschaftlichen Schrifttum143 und in der politischen Praxis insbesondere der EG 144 vor allem in den siebzigerund achtziger Jahren immer wieder vertreten worden und hat auch heute noch Anhänger. 145 Diese Ansicht ist jedoch nicht ohne Kritik geblieben, und so

142 Jackson, Law & Policy in lnt'l Business 12 (1980), 21 (27 f.); ders., The World Trading System, 85 ff.; ders., Michigan L. Rev. 82 (1984), 1570 (1571 f.). 143 Siehe z.B. Trimble, Mich. L. Rev. 83 (1985), 1016 (1017); Tarullo, Harv. Int'1 L.J. 26 (1985), 533 ff.; Long, Law and its Limitations, 109; ein Überblick über die Diskussion findet sich bei Davey, Fordham Int'l L.J. 11 (1987), 51 (65 ff.); Montana i Mora, Columbia J. of Transnational L. 31 (1993), 103 (109 ff. und 128 ff.); Dillon, Mich. J. Int'l L. 16 (1995), 349 (392 ff.); Jackson/Davey/Sykes, International Economic Relations, 328 ff.; Jäger, Streitbeilegung, 38-44 und 274 ff., jeweils m. w.N. 144 Hierzu umfassend Hilf, in: Rode (Hrsg.), GATT and Conflict Management, 63 (66 ff.) m.w.N. 145 Hippier Bello, AJIL 90 (1996), 416 ff.; im deutschen Schrifttum insbesondere jüngst von Langer, Grundlagen einer internationalen Wirtschaftsverfassung, passim; hierzu bereits Tietje, GYIL 38 (1995), 456 ff.

8 Tielje

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2. Teil,§ 3. Das WTO/GATT-System als Rechtsordnung

finden sich auch zahlreiche Stellungnahmen, die dem Recht eine Primärfunktion in den Weltwirtschaftsbeziehungen zumessen. 146 Zur Begründung eines machtorientierten Ansatzes wird im wesentlichen vorgetragen, daß die Weltwirtschaftsbeziehungen aus soziologischer Sicht so komplex und damit von den unterschiedlichsten Determinanten geprägt seien, daß nur eine macht- bzw. politikorientierte Konfliktlösungsstrategie den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche. Weiterhin wird argumentiert, daß die Betonung eines normorientierten Ansatzes zur verstärkten Verweigerung der Rechtsbefolgung führe, da ein starres Normensystem nicht mehr die nötige Flexibilität biete, um im Verhandlungswege politische Kompromisse zu erzielen; das Ziel der Rechtsbefolgung könne damit gerade durch die Betonung der Rolle des Rechts nicht erreicht werden. 147 Schließlich wird auch auf die unvollkommene Struktur des GATI als Rechtssystem hingewiesen, eine Tatsache, die die Grenzen der Rolle des Rechts in diesem Rechtssystem zum Ausdruck bringe. 148 Ein Beispiel für die praktischen Auswirkungen dieser Ansicht aus jüngster Zeit ist die Entscheidung des EuGH im ersten Bananen-Fall, in der der Gerichtshof seine Ansicht wiederholt, daß dem GATT "seiner Präambel [nach) das Prinzip von Verhandlungen ,auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und zum gemeinsamen Nutzen' zugrundeliege [und es J durch die große Flexibilität seiner Bestimmungen gekennzeichnet ist, insbesondere derjenigen, die die Möglichkeiten einer Abweichung, die Maßnahmen, die bei außergewöhnlichen Schwierigkeiten getroffen werden können, und die Beilegung von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien betreffen". 149 Der Gerichtshof begründet mit dieser Argumentation letztlich aus einer behaupteten machtorientier146 Davey, in: Pescatore/Davey/Lowenfeld, Handbook of WTO/GATT Dispute Settlement, Pan I, 75 ff.; Petersmann, Constitutional Functions and Constitutional Problems of International Economic Law, 224 ff.; Koh, Yale J. Int'l L. 12 (1987), 193 (196 f.); Jackson, The World Trading System, 85 ff.; Abbott, Harv. Int'l L.J. 26 (1985), 501 ff.; Castel, Int'l & Comp. L.Q. (1989), 834 (841). 147 Ein Überblick über die verschiedenen Argumente bietet Davey, Fordham J. Int'l. L. 11 (1987), 51 (69 ff.); sowie Jackson, The World Trading System, 85 ff.; zu möglichen Gründen einer machtpolitischen Haltung der EG in den achtziger Jahren siehe auch Hilf, in: Rode (Hrsg.), 63 (66 ff.). 148 Hierzu Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 387 ff.; Kitamura, in: Rode (Hrsg.), GATI and Conflict Management, 47 (58 f.). 149 EuGH, Uneil vom 5.10.1994- Rs. C-280/93 (Bundesrepublik Deutschland./.Rat), NJW 1995,945 (949); bestätigt in EuGH, Urt. v. 12.12.1995- Rs. C-469/93 (Amministrazione delle finanze dello Stato/Chiquita ltalia SpA), EuZW 1996, 118 ( 119); hierzu Castillo de La Torre, Journal of World Trade, 29 (No. 1, 1995), 53 ff.; Kuilwijk, The European Court of Justice and the GATT Dilemma: Public lnterest versus Individual Rights?, passim; umfassend zur Rechtsprechung des EuGH zu dieser Frage auch Petersmann, CMLRev. 20 (1983), 397 ff.; sowie mit besonderem Blick auf die Ausgestaltung des WTODispute Settlement Agreement Beneyto, EuZW 1996, 295 ff.; allgemein zur Problematik Hilf, in: Hilf/Petersmann (Hrsg.), GATT und Europäische Gemeinschaft, 11 ff.

B. Die Interpretation der WTO/GATI-Rechtsordnung

115

ten Struktur des GATI heraus dessen fehlende unmittelbare Anwendbarkeit in der Gemeinschaftsrechtsordnung und darüber hinaus dessen Unbeachtlichkeit im Rahmen der Rechtmäßigkeilsprüfung einer Verordnung im Klageverfahren eines Mitgliedstaates nach Art. 173 Abs. 1 EGV. Auf der anderen Seite der Diskussion, zur Stützung der These der normorientierten Struktur des GATI, stehen Argumente der Rechtssicherheit und der damit verbundenen Vorhersehbarkeit wirtschaftspolitischen Handels von Staaten als wesentliche Voraussetzung zur optimalen Ressourcenallokation und damit verbundener Minimierung von Transaktionskosten. 1 ~0 Auch wird auf die Evolution des GATI-Systems hingewiesen, seiner Entwicklung von einer ursprünglich machtorientierten Struktur zu einem normorientierten Rechtssystem. 1 ~ 1 Im Rahmen der Analyse der verschiedenen Ansichten zur macht- oder normorientierten Struktur des GATI und nunmehr der WTO/GATI-Rechtsordnung ist zunächst unter deduktiven Gesichtspunkten auf eine Besonderheit dieser Rechtsordnung hinzuweisen, die sich bei näherer Betrachtung nicht als solche darstellt. Das WTO/GATI-System begründet sich juristisch auf einem völkerrechtlichen Vertrag und stellt damit einen Teilbereich der Völkerrechtsordnung dar. 152 Gegenüber nationalen Rechtsordnungen, bei denen sich die Frage der macht- oder normorientierten Struktur nicht in vergleichbarer Schärfe stellt wie in der WTO/GATIRechtsordnung, unterscheidet sich das Völkerrecht in zwei wesentlichen Punkten. Zunächst steht es in einem engen sachlichen Zusammenhang zur internationalen Politik und ist damit mehr "politisches" Recht als es im Regelfall für nationale Rechtssysteme zutrifft. 1 ~3 Weiterhin fehlt dem Völkerrecht eine zentrale Durchsetzungsinstanz. Diese beiden Aspekte haben in der Völkerrechtslehre immer wieder die Frage aufkommen lassen, ob es sich beim Völkerrecht tatsächlich um "Recht" handelt. 154 In dieser Diskussion spiegeln sich letztlich dieselben Grundfragen wider, die auch für das WTO/GATI-System erörtert werden. Kann ein so eng mit politischen (und wirtschaftlichen) Realitäten verbundenes System als Rechtssystem 150 Siehe z.B. Petersmann, Constitutional Functions and Constitutional Problems of International Economic Law, 225. 151 Hierzu umfassend Montanii i Mora, Columbia J. ofTransnational L. 31 (1993), 103 ff. ; sowie Hudec, Enforcing International Trade Law, 265 ff. und passim; Jackson, Restructuring the GATI System, 49 ff.; für eine umfassende Analyse der WTO/GATIRechtsordnung im Hinblick auf die Frage der macht- oder normorientierten Struktur aus der Sicht der politikwissenschaftlichen Theorie internationaler Beziehungen siehe Shell, Duke Law Journal44 (1995), 829 ff. 152 Hierzu noch eingehend infra 3. Teil, § 5 B I. 153 Hierzu und allgemein zu den soziologischen Grundlagen des Völkerrechts und des internationalen Systems Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. 1/1 , 3 ff. 154 Hierzu z.B. Franck, The Power of Legitimacy Among Nations, 27 ff.; D 'Amato, Northwestern Univ. L.Rev. 79 (1984), 1293 ff.,jeweils m.w.N.

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2. Teil,§ 3. Das WTO/GATT-System als Rechtsordnung

charakterisiert und angewandt werden? Kann es "Recht" ohne institutionalisierte Zwangsgewalt, ausschließlich begründet auf dem Konsens der betroffenen Rechtssubjekte, geben? Wie deutlich wird, kann die Frage der macht- oder normorientierten Struktur des GATI auf diese Aspekte zurückgeführt werden. Damit ist auch die Frage, welcher der genannten Strukturtypen der WTO/GATI-Rechtsordnung zugrundeliegt, unter deduktiven Gesichtpunkten anhand der bereits im allgemeinen Völkerrecht geführten Diskussion zu beantworten. Das Problem des Völkerrechts als "politisches" Recht wird allgemein unter dem Stichwort der Effektivität und der das Völkerrecht auszeichnenden Unvollkommenheit diskutiert. Diese Umstände resultierten aus urprünglich koordinationsrechtlichen Wesenszügen dieser Rechtsordnung 1ss und lassen sich auch auf die WTO/GATI-Rechtsordnung übertragen. 156 Während noch von Hege/ vertreten wurde, daß die genannten Aspekte das Völkerrecht nur als "äußeres Staatsrecht" erscheinen lassen, 1s7 finden sich ernstzunehmende Stimmen, die diese Ansicht vertreten, heute nicht mehr. 1s8 Anerkannt ist vielmehr, daß die "politischen" Elemente des Völkerrechts zwar zu dessen Wesenzügen gehören, der Rechtscharakter dieses Systems hierdurch aber nicht in Frage gestellt wird. 159 Deutlich zeigt sich dies an einem nachweisbar vorhandenen Grundkonsens der Staaten, demnach die internationale Gemeinschaft eine Rechtsgemeinschaft ist. 160 Ebensowenig wie im Völkerrecht noch eine ursprünglich behauptete machtorientierte Struktur vorzufinden ist, läßt sich dieses damit für die WTO/GATI-Rechtsordnung nachweisen. Wenngleich auch das GATI eine gewisse "Offenheit" kennzeichnet, die zum einen aus dessen politischem Charakter, zum anderen aus dem Gebrauch unbestimmter Rechtsbegriffe und Ausnahmeklauseln folgt, so wird doch dessen Einordnung als Rechtsordnung und damit einer normorientierten Struktur hiervon nicht betroffen.161

155 Zum Wandel des Völkerrechts vom Koordinations- zum Kooperationsrecht siehe Friedmann, The Changing Structure of International Law, 60 ff. 156 Ausführlich Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 380 ff. 1s7 Hege/, Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, § 331. 158 Tomuschat, AVR 33 (1995), 1 (6 f.); Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. 111, 35; dem Ansatz von Hege[ zumindest seiner Grundidee folgend jedoch jüngst Langer, Grundlagen einer internationalen Wirtschaftsverfassung, 17 ff. 159 Siehe z.B. Henkin, How Nations Behave, 88 ff. 160 Hierzu umfassend Tomuschat, AVR 33 (1995), 1 ff.; ders., RdC 241 (1993-IV), 195 ff.; Mosler, Völkerrecht als Rechtsordnung, ZaöRV 36 (1976), 31 ff.; ders., The International Society as a Legal Community, passim. 161 Hierzu auch eingehend Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 376 ff., der allerdings teilweise noch Elemente des Pragmatismus gegenüber einer strikt normorientierten Betrachtung vorzieht.

B. Die Interpretation der WTO/GATI-Rechtsordnung

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Als weiteres Wesensmerkmal sowohl des allgemeinen Völkerrechts als auch der WTO/GATI-Rechtsordnung wurde das Fehlen einer zentralen Rechtsdurchsetzungsinstanz genannt. Auch diese Tatsache hat beide Rechtssysteme dem Vorwurf ausgesetzt, nicht Recht im normativen Sinne darzustellen. 162 Diese rechtshistorisch auf Austin 163 und später insbesondere auf Kelsen 164 zurückgehende Lehre findet heute aber kaum noch Beachtung. Bereits rechtsphilosophisch ist anerkannt, daß die Frage der Rechtsgeltung nicht notwendig von der Autorität des Rechtsetzenden abhängt, da Recht als "geistiges Sein" existiert und damit die Frage des "Sollen", der Geltung, nicht durch den Verweis auf das Faktische zu klären ist. 165 Weiterhin hat bereits Georg Jellinek darauf hingewiesen, daß die Notwendigkeit bestehender Zwangsgewalt nicht als Wesensmerkmal allen positiven Rechts angesehen werden kann. Vielmehr ist, so die heute weithin Zustimmung findende Erkenntnis Jellineks, "nicht der Zwang, sondern die Garantie, als deren Unterart nur der Zwang sich darstellt, ein wesentliches Merkmal des Rechtsbegriffs" 166 • Diese Funktion erfüllt das Völkerrecht167 ebenso wie die WTO/GATT-Rechtsordnung, wie es bereits bei der Analyse der Funktion dieser Rechtsordnung dargelegt wurde. Die WTO/GATT-Rechtsordnung unterscheidet sich in ihren wesentlichen Strukturmerkmalen damit nicht von der Völkerrechtsordnung. Auch die WTO/ GATT-Rechtsordnung als Teilrechtsordnung des Völkerrechts etabliert Recht und ist folglich normorientiert zu betrachten. Daß insoweit besondere W esensmerkmale der WTO/GATT-Rechtsordnung als politischem Recht zu beachten sind, hat Benedek dargelegt; 168 eine zum Teil angenommene machtorientierte Betrachtungsweise rechtfertigt dies zumindest unter deduktiven Gesichtspunkten jedoch nicht.

2. Induktive Aspekte Unter induktiven Aspekten sind Entwicklungen in der WTO/GATT-Rechtsordnung zu betrachten, die deren bereits deduktiv ermittelten normorientierten Charakter bestärken. Historisch ist hierbei zunächst auf eine "Erosion" der GATIRechtsordnung hinzuweisen, die sich in den siebziger und achtziger Jahren zeigte und den Charakter des GATT als normorientiert zu betrachtende Rechtsordnung in Zu dieser Diskussion statt vieler Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. 1/1, 34. Austin, The Province of Jurisprudence Deterrnined, 133, 201. 164 Kelsen, Reine Rechtslehre, 2. Aufl., insbes. 31 (Die Rechtsordnung) und 51 ff. (Sanktionslose Rechtsordnung?). 165 Hierzu umfassend Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 296 ff. 166 Jellinek, Allgemeine Staatslehre, 337; vertiefend und zustimmend z.B. Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 286 ff. 167 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. 1/1,41 ff. 168 Benedek, Die Rechtsordnung des GATI, 376 ff. 162

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2. Teil,§ 3. Das WTO/GATT-System als Rechtsordnung

Frage stellte. 169 Die Uruguay-Runde machte es sich zur Aufgabe, dieser Entwicklung entgegenzuwirken, um den Ordnungsanspruch und damit die normorientierte Struktur des GATI zu stärken. Hierzu heißt es in der Erklärung von Punta del Este, daß es Ziel der Verhandlungen sei, to strengthen the röle of GATT, improve the multilateral trading system based on the principles and rules of the GATT and bring about a wider coverage of world trade under agreed, effective and enforceable multilateral disciplines. 170

Dieser Verhandlungsanspruch wurde in einer Reihe durch die WTO-Abkommen vorgenommenen Reformen des ursprünglichen GA TI verwirklicht. Im einzelnen handelt es sich insbesondere um folgende Punkte, die die normorientierte Struktur der WTO/GATI-Rechtsordnung betonen: Das GATT 1947 zeigte zunächst institutionelle Schwächen, die dessen Einordnung als ausschließlich machtorientiertem Rechtssystem stützten. So war das GATI 1947 nur "vorläufig" anwendbar und erhielt damit, zumindest technisch, nie die volle Rechtsqualität eines völkerrechtlichen Vertrages. 171 Diese Eigenart führte dazu, daß Mitgliedstaaten nie die Verpflichtung übernommen hatten, ihre bestehenden Gesetze den Regeln des Welthandelsrechts anzupassen, wodurch die Effektivität des GATT 1947 bereits prinzipiell in Frage gestellt wurde. 172 Durch die WTO-Satzung ist diese auf machtorientierte Strukturen hindeutende Besonderheit aufgehoben worden. 173 In der "definitiven" Anwendung der WTO-Satzung zeigt sich daher ein erster Aspekt der fortschreitenden "Verrechtlichung" der Welthandelsordnung. 174 Ein weiteres die These der Machtstruktur beeinflussendes Merkmal des GATI 1947 war dessen zunehmende "Balkanisierung". m Durch die unübersichtliche Struktur der unzähligen, rechtlich eigenständigen GATI-Abkommen und Kodizes, wurde dessen Ordnungscharakter als geschlossenes Rechtssystem zunehmend in Frage gestellt und damit Argumenten einer machtorientierten Struktur Vorschub geleistet. 176 Auch diese Schwäche des GATI 1947 ist durch die neue WTO/ 169 Hierzu Stall, ZaöRV 54 (1994), 241 (245) m.w.N.; Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 451 m.w.N.; Jackson, JWTL 12 (1978), 93 ff. 170 BISD 33Sil9. 171 Jackson, Restructuring the GATT System, 45; Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 99 ff. 172 Jackson, JWTL 12 (1978), 93 (96); Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 101. 173 Siehe insbesondere Art. XVI:4 WTO-Satzung und Art. 1(b)(ii) General Agreement on Tariffs and Trade 1994; hierzu auch supra 2. Teil, § 1 B li. 174 Meng, in: Beyerlin/Bothe/Hofmann/Petersmann (Hrsg.), FS Bernhardt, 1063 (1084); Petersmann, in: Beyerlin/Bothe/Hofmann/Petersmann (Hrsg.), FS Bernhardt, 1087 (1110). 175 Begriff von Jackson, Law & Policy in Int'l Business 12 (1980), 21 (58). 176 Jackson, JWTL 12 (1978), 93 (96); ders., Restructuring the GATT System, 46.

B. Die Interpretation der WTO/GATI-Rechtsordnung

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GATT-Rechtsordnung überwunden. Nunmehr besteht eine einheitliche, alle Abkommen der Uruguay-Runde umfassende Rechtsordnung, die in der WTO institutionell verankert ist. Auch hierin ist ein Aspekt der normorientierten Struktur der WTO/GATT-Rechtsordnung zu sehen. 177 Ein die Effektivität des GATT 1947 negativ beeinflussendes Merkmal war weiterhin die Möglichkeit der zum Teil willkürlichen Inanspruchnahme der im Abkommen enthaltenen Ausnahmeregelungen durch einzelne Vertragsparteien. Insbesondere die in Art. XIX GATI vorgesehenen Schutzmaßnahmen wurden als wesentliches Argument zur Stärkung der These der machtorientierten Struktur herangezogen, wie es sich deutlich in der zitierten Rechtsauffassung des EuGH zur fehlenden unmittelbaren Anwendbarkeit des GATI im Gemeinschaftsrecht zeigt. Art. XIX GATI ist durch die Uruguay-Runde erfolgreich reformiert worden. Das WTO-Abkommen zur Interpretation des Art. XIX GATT enthält sowohl formelle als auch materielle Bestimmungen, die einem Mißbrauch der Schutzklausel des Art. XIX GATI umfassend entgegenwirken. 178 Im Bereich der Schutzmaßnahmen ist damit der Erosion des Ordnungsanspruches des GATI entgegengewirkt und folglich ebenfalls eine verstärkte Verrechtlichung zu verzeichnen. Neben diesen und weiteren institutionellen und strukturellen Stärkungen der WTO/GATT-Rechtsordnung 179 ist für die Frage der macht- oder normorientierten Struktur des WTO/GATI-Systems maßgeblich der Streitbeilegungsmechanismus zu betrachten. Wie in jeder Rechtsordnung läßt sich auch im WTO/GATI-System insbesondere aus der Rechtsdurchsetzungswirklichkeit auf die Effektivität der Rechtsordnung schließen. In der bisherigen Struktur des Streitbeilegungsmechanismus begründet finden sich daher auch die wesentlichen Argumente der Vertreter einer machtorientierten Struktur des GATI, 180 wobei die folgenden Punkte zur Diskussion standen: Zunächst war im GATT 1947 kein "Recht auf ein Panel" anerkannt. Zwar wurde ein solches Recht zumindest faktisch nicht bestritten, die fehlende Kodifizierung führte aber zum Teil zu Verfahrensverlängerungen in der Einsetzungsphase 177 Petersmann, in: Beyerlin/Bothe/Hofmann/Petersmann (Hrsg.), FS Bernhardt, 1087 (1113 ff.); ders., EJIL 6 (1995), 161 ff. 178 Einführend hierzu Stall, ZaöRV 54 (1994), 241 (294 ff.); umfassend Hilpold, ZaöRV 55 (1995), 89 ff.; sowie Hizon, Northwestem J. Int'1 L. & Bus. 15 (1994), 105 ff. ; eingehend zu Art. XIX noch infra 3. Teil, § 3 C III 2 a. 179 Hierzu insbesondereJackson, in: Kenen (Hrsg.), Managing the World Economy, 131 ff.; ders., in: Cottier (Hrsg.), GATI-Uruguay Round, 29 ff.; Petersmann, in: Beyerlin! Bothe/Hofmann/Petersmann (Hrsg.), FS Bernhardt, 1087 (11 09 ff.); ders., EJIL 6 (1995), 161 ff. ; Oppermann, RIW 1995, 919 ff. 180 Siehe den Überblick bei Jackson, Restructuring the GATT System, 56 ff.; Montana i Mora, Columbia J. of Transnational L. 31 (1993), 103 (147 ff.); McGovern, in: Hilf/Jacobs/Petersmann (Hrsg.), The European Community and GATT, 73 ff.

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2. Teil,§ 3. Das WTO/GATT-System als Rechtsordnung

einzelner Panel, was als Bestätigung der These einer machtorientierten Struktur des GATT interpretiert wurde. 181 Im DS-Understanding der WTO/GATT-Rechtsordnung ist nunmehr das Recht auf ein Panel ausdrücklich anerkannt (Art. 6.1 DSUnderstanding), so daß jeder WTO-Mitgliedstaat die sofortige Einsetzung eines Panel verlangen kann, ohne auf Mitwirkungshandlungen dritter Parteien angewiesen zu sein. 182 Die Gerichtsförmigkeit des Panelverfahrens wird durch diese Bestimmung deutlich gestärkt. Probleme bereitete in der Praxis des GATT 1947 auch immer wieder das Konsensus-Erfordernis zur Annahme vorgelegter Panel-Berichte durch die VERTRAGSPARTEIEN. 183 Auch dieses Erfordernis hat zwar nicht so sehr die Annahme einzelner Panel-Berichte verhindert, es hat aber doch dazu geführt, daß im Verfahren selbst immer wieder deutlich wurde, daß die Rechtsdurchsetzung im GATT mehr von politischen als von rechtlichen Entscheidungen abhängig war. 184 Durch das nunmehr vorgesehene negative Konsensus-Erfordernis in Art. 16.4 in Verbindung mit dem Recht auf ein Panel (Art. 6.1 DS-Understanding) ist diesem Problem effektiv im Sinne einer Verrechtlichung entgegengewirkt. Diese Bestimmungen fügen sich auch kohärent in die Aussage des Art. 3.2 DS-Understanding ein, wonach das Streitbeilegungssystem der WTO ein zentrales Element zur Gewährleistung der Sicherheit und Verläßlichkeit des multilateralen Handelssystems ist. Im Zusammenhang mit der Funktionsumschreibung in Art. 3.2 DS-Understanding sind auch eine Reihe weiterer Reformen im Streitbeilegungsmechanismus des WTO/GATT-Systems zu sehen. Das bisherige Problem des "GATT Ia carte" 185 ist durch die Funktion des integrierten Streitbeilegungsmechanismus be-

a

181 Hierzu Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 316, der hierin ausdrücklich das politische Element im GATT bzw. dessen Flexibilität bestätigt sieht; siehe auch Montana i Mora, Columbia J. ofTransnational L. 31 (1993), 103 (147 f.). 182 Hierzu Kohona, Journal ofWorld Trade 28 (No. 2, 1994), 23 (35 f.); Komuro, Journal of World Trade 29 (No. 4, 1995), 5 (49); sowie allgemein Vermulst/Driessen, Journal of World Trade 29 (No. 2, 1995), 131 ff. 183 Zu diesem Problem des GATT 1947 statt vieler Hudec, in: Schott (Hrsg.), 180 (181 f.); Hilf, in: Petersmann/Hilf(Hrsg.), The New GATT Round of Mulilateral Trade Negotiations, 285 (300 f.); Petersmann, in: Oppermann/Molsberger (Hrsg.), A New GATT for the Ninties and Europe '92, 109 (114 f.); Davey, Fordham lnt' l L.J. 11 (1987), 51 (91 ff.). 184 Stoll, ZaöRV 54 (1994), 241 (268); Hudec, in: Schott (Hrsg.), Completing the Uruguay-Round, 180 (182); Hilf, in: Petersmann/Hilf (Hrsg.), The New GATT Round of Multilateral Trade Negotiations, 285 (300 f.). 185 Mit diesem Ausdruck wurde das Problem charakterisiert, daß das GATT 1947 und die verschiedenen MTN-Kodizes zum Teil über verschiedene, rechtlich getrennte Vorschriften zur Streitbeilegung verfügten und daher- je nach Interessenlage- versucht wurde, auf das für eine beklagte Partei günstigste Rechtssystem zurückzugreifen. Hierzu Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 324 f.

B. Die Interpretation der WTO/GATT-Rechtsordnung

121

hoben. 186 Auch ist erstmals im Welthandelsrecht eine Revisionsinstanz geschaffen worden, die von der unterlegenen Streitpartei angerufen werden kann, auf die Interpretation von Rechtsfragen beschränkt ist und im Rahmen strikt formulierter Fristen zu handeln hat(Art. 16.4 und 17 DS-Understanding). 187 Auch hierin liegt ein wesentliches Element der Verrechtlichung des WTO/GATT-Systems. 188 Gerade im Bereich der Streitbeilegung sind damit Regelungen getroffen worden, die die Annahme eines normorientierten Charakters stärken. 189 An dieser Aussage könnte einzig mit Blick auf auch weiterhin möglicherweise vorgesehene politische Aspekte der Streitbeilegung gezweifelt werden. In diese Richtung könnte die Aussage des Art. 3.4 DS-Understanding gewertet werden, demzufolge Empfehlungen oder Entscheidungen des DSB einer "befriedigenden" Beilegung der betreffenden Streitfrage dienen sollen! 90 Dieselbe Vorschrift verweist jedoch im zweiten Halbsatz auch darauf, daß eine solche "befriedigende" Lösung im Einklang mit den vertraglichen Rechten und Pflichten zu erfolgen hat, so daß ein Element "politischer Konsensfindung" rechtlichen Bedingungen unterworfen wird. Dieselbe Aussage ist für die vorgesehenen Regelungen über Konsultationen, gute Dienste und Streitvermittlung zu treffen. Alle Streitbeilegungsverfahren müssen im Einklang mit den vertraglichen Bestimmungen über Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten stehen (Art. 3.5 und Art. 3.7 DS-Understanding), wodurch die Bedeutung der ,,rule of law" umfassend herausgestellt ist. 191 Neben diesen in der WTO/GATT-Rechtsordnung vorgesehenen expliziten Regelungen, ist weiterhin die Entwicklung der Panel-Praxis unter dem GATT 1947 zu betrachten, da diese sowohl hinsichtlich formeller (Art. 3.1 DS-Understanding) als auch zur Klärung materieller Rechtsfragen (Art. XVI: 1 WTO-Satzung) in der WTO/GATT-Rechtsordnung Bedeutung erlangt. Auch in der Entwicklung der Panel-Praxis zeigen sich Aspekte einer fortschreitenden Verrechtlichung. Dieses läßt sich schon anhand eines Überblickes zur Inanspruchnahme des Streitbeilegungsverfahrens im GATT 1947 belegen. Die Zahl der vor das GATT gebrachten Verfahren stieg einer Studie von Hudec zufolge von 32 Klagen in den Jahren 1970 - 1979 auf insgesamt 115 Verfahren in den Jahren 1980- 1989. Gleichzeitig ist der 186 Hierzu Petersmann, in: Beyerlin/Bothe/Hofmann/Petersmann (Hrsg.), FS Bernhardt, 1087(1116). 187 Siehe Komuro, Journal of World Trade 29 (No. 4, 1995), 5 (56). 188 Petersmann, in: Beyerlin/Bothe/Hofmann/Petersmann (Hrsg.), FS Bernhardt, 1087 (1117). 189 Ergänzend hierzu aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht van Suntum/Vehrkamp, in: Frenkei/Bender (Hrsg.), GATT und neue Welthandelsordnung, 46 (53 ff.). 190 Diese Textpassage wird als "Element der politischen Konsensfindung" gewertet von Stall, ZaöRV 54 (1994), 241 (272). 19 1 Petersmann, in: Beyerlin/Bothe/Hafmann/Petersmann (Hrsg.), FS Bernhardt, 1087 (1117); a.A. offensichtlich Stall, ZaöRV 54 (1994), 241 (272).

122

2. Teil,§ 3. Das WTO/GATT-System als Rechtsordnung

Gesamtumfang der Berichte von durchschnittlich 15 Seiten auf über 30 Seiten gestiegen, was auf eine verstärkte Rechtsanalyse durch die Panel hinweist. 192 In diesem Zusammenhang ist auch eine deutliche Zunahme der Zitierpraxis in den Panel-Berichten zu verzeichnen; während in den ersten drei Jahrzehnten des GATT 1947 kaum vorherige Panel-Entscheidungen zitiert wurden, läßt sich dieses spätestens seit Beginn der achtziger Jahre regelmäßig nachweisen. 193 Selbst das Schrifttum ist in Panel-Berichten bereits zitiert worden. 194 Wie die Rechtsvergleichung zeigt, ist eine bestimmte Zitierpraxis ein Wesenselement eines gerichtsförmigen Verfahrens in einer Rechtsordnung.195 Damit zeigen die genannten Aspekte neben weiteren im Schrifttum zum Streitbeilegungsrecht des GATT 1947 ausführlich analysierten Einzelheiten 196 bereits im GATT 1947 eine nachweisbare "Verrechtlichung" 197 im Sinne einer in der WTO/ GATI-Rechtsordnung ausgebauten normorientierten Struktur. Ein abschließender Aspekt, der gegen die Annahme einer normorientierten Struktur der WTO/GATT-Rechtsordnung sprechen könnte, ist deren fehlende unmittelbare Anwendbarkeit in nationalen Rechtsordnungen. Diese Frage war zwar unter dogmatischen und rechtspolitischen Gründen umstritten, für das GATT 1947 wurde aber von der ganz herrschenden Meinung im Ergebnis die fehlende unmittelbare Anwendbarkeit bejaht. 198 Hinsichtlich der WTO/GATI-Rechtsordnung läßt sich zwar mit guten Gründen wiederum die Frage stellen, ob sich die unmittelbare Anwendbarkeit unter dogmatischen Gesichtpunkten noch verneinen läßt, 199 politisch ist aber ein Wille insbesondere der Vertragsparteien USA und EG hierzu 192 Hudec, in: Hart/Steger (Hrsg.), In Whose Interest?, 9 (11); umfassend auch ders., Enforcing International Trade Law, 29 ff. und 129 ff. 193 Eine Übersicht findet sich bei Hudec, Enforcing International Trade Law, 413 f. 194 United States- Measures Affecting Alcoholic and Malt Beverages, Panel Report adopted 19 June 1992, BISD 39S/206, para. 5.45; das Panel zitiert Jackson und Hudec zur Frage der Rechtswirkung des GATT in der nationalen Rechtsordnung der USA. 195 Hierzu aus rechtsvergleichender Sicht Kötz, RabelsZ 52 (1988), 644 ff. 196 Siehe insbesondere Hudec, in: Hart/Steger (Hrsg.), In Whose Interest?, 9 ff.; ders., Enforcing International Trade Law, passim. 197 Jackson, in: Blokker!Muller (Hrsg.), FS Schermers, Vol. I, 149 (152 f.). 198 Zu dieser Frage statt vieler Hudec, in: Hilf/Petersmann (Hrsg.), GATT und Europäische Gemeinschaft, 243 ff.; Hilf, in: Hilf!Petersmann (Hrsg.), GATT und Europäische Gemeinschaft, 11 ff.; Ehlermann, in: Hilf!Petersmann (Hrsg.), GATT und Europäische Gemeinschaft, 203 ff. Einzig in der italienischen Rechtsprechung wurde hiervon eine Ausnahme gemacht, siehe SacerdotWenturini, in: Petersmann!Jaenicke (Hrsg.), Adjudication of International Trade Disputes in Internationaland National Econornic Law, 339 ff. 199 Hierzu Meng, in: Beyerlin!Bothe!Hofmann!Petersmann (Hrsg.), FS Bernhardt, 1063 ff.; zumindest für einen Anwendungsvorrang auch Oppermann, RIW 1995, 919 (927 f.); umfassend hierzu auch Kuilwijk, The European Court of Justice and the GATT Dilemma: Public Ioterest versus Individual Rights?, passim.

B. Die Interpretation der WTO/GATI-Rechtsordnung

123

nicht erkennbar. In beiden Rechtsordnungen wurde die Möglichkeit der unmittelbaren Anwendbarkeit in den Umsetzungsgesetzen ausdrücklich ausgeschlossen. 200 Damit bleibt auch in Zukunft die bereits für das GATI 1947 gestellte Frage aktuell, ob die angenommene fehlende unmittelbare Anwendbarkeit einer normorientierten Struktur entgegensteht. 201 Dieses könnte mit dem Argument vertreten werden, daß aufgrundder fehlenden unmittelbaren Anwendbarkeit des GATI die Effektivität dieses Systems als Rechtsordnung vom politischen Willen einzelner Regierungen abhänge; hätte das Individuum hingegen juristisch die Möglichkeit, durch von ihm angestrengte Verfahren die Bedeutung des GATT-Rechts zu erhöhen, käme auch der normorientierten Struktur des GATI erhöhte Bedeutung zu.202 Dieser Argumentation kann zwar nicht abgesprochen werden, daß sich in praktischer Konsequenz die Bedeutung des WTO/GATI-Rechts durch die Möglichkeit der unmittelbaren Anwendbarkeit erhöhen würde, fraglich ist aber, ob die fehlende unmittelbare Anwendbarkeit die Annahme einer normorientierten Struktur der WTO/GATI-Rechtsordnung in Frage stellen kann. Hiergegen spricht schon die Überlegung, daß das WTO/GATI-System als Teilrechtsordnung des Völkerrechts Strukturelemente dieser Rechtsordnung teilt. Obwohl in der Völkerrechtslehre das Verhältnis zwischen nationalem und internationalem Recht immer wieder strittig

200 Für die USA siehe Section 102(c)(l) Uruguay Round Agreements Act, abgedruckt bei: Jackson/Davey/Sykes, International Economic Relations, 1995 Documents Supplement to Legal Problems of International Economic Relations, 1171. In der Vorschrift heißt es: ,,No person other than the United States (A) shal1 have any cause of action or defense under any of the Uruguay Round Agreements or by virtue of congressional approval of such an agreement, or (B) may challenge, in any action brought under any provision of law, any action or inaction by any department, agency, or other instrumentality of the United States, any State, or any political subdivision of a State on the ground that such action or inaction is inconsistent with such agreement." Für die EG siehe Beschluß des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluß der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (19861994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in bezugauf die in ihre Zuständigkeit fallenden Bereiche, Abi. EG Nr. L 33611 vom 23.12.1994, Präambel Abs. 17: "Das Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation einschließlich seiner Anhänge ist nicht so angelegt, daß es unmittelbar vor den Rechtsprechungsorganen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten angeführt werden kann". 201 Hudec, in: Hart/Steger (Hrsg.), In Whose Interest?, 9 (20); Benedek, Die Rechtsordnung des GATI, 371 f. (Benedek charakterisiert die fehlende unmittelbare Anwendbarkeit des GATI als ,Jnhärente Schranke der Vergerichtlichung des Streitbeilegungsverfahrens"), ebda., 372. 202 Jackson, World Trade and the Law of GATI, 187-189; siehe auch Hilf, in: Rode (Hrsg.), GATI and Conflict Management, 63 (66); allgemein zur Rolle der privaten Wirtschaftssubjekte in der prozeduralen Durchsetzung des Welthandelsrechts auch ders. , Aussenwirtschaft 41 (1986), 441 ff. m.w.N.

124

2. Teil,§ 3. Das WTO/GATT-System als Rechtsordnung

war, 203 wurde selbst von Vertretern eines strengen Monismus eine unmittelbare Durchgriffswirkung auf das innerstaatliche Recht und damit das Individuum nie vertreten. 204 Damit bleibt die Frage der nationalen Rechtswirkung des Völkerrechts im Ergebnis der Entscheidungskompetenz des souveränen Nationalstaates überlassen. 205 Wollte man das eingangs dargelegte Argument der fehlenden normorientierten Struktur der WTO/GATI-Rechtsordnung auf dieses Ergebnis übertragen, so müßte auch die normorientierte Struktur der gesamten Völkerrechtsordnung in Frage gestellt werden. Damit kämen dieselben Fragen zur Sprache, die bereits an anderer Stelle im Hinblick auf Besonderheiten des Völkerrechts als Rechtsordnung diskutiert wurden/06 so daß das dort aufgezeigte Ergebnis auch hier Anwendung finden muß: Zwar unterscheidet sich das Völkerrecht in seiner Struktur von nationalen Rechtsordnungen, dessen normorientierter Charakter ist aber nicht zu bestreiten. Übertragen auf die WTO/GATI-Rechtsordnung bedeutet dies, daß deren fehlende unmittelbare Anwendbarkeit zwar die Effektivität der Rechtsordnung zumindest relativ zum Optimum schmälern kann, der Normcharakter dieser Rechtsordnung hiervon aber nicht berührt wird.

3. Ergebnis Sowohl unter deduktiven als auch unter induktiven Aspekten konnte belegt werden, daß die WTO/GATI-Rechtsordnung eine normorientierte Struktur kennzeichnet und sich damit nicht wesentlich von sonstigen nationalen oder internationalen Rechtsordnungen unterscheidet. Hier wie dort gilt als wesentliches Strukturelement, daß das vorhandene Rechtssystem als Rechtsordnung grundlegend und funktionsbestimmend ist; es bestimmt die Bewertung der relevanten Sachverhalte und determiniert die Verhaltensweisen der von ihm betroffenen Rechtssubjekte. Daß es sich bei der WTO/GATI-Rechtsordnung, ebenso wie im allgemeinen Völkerrecht, um ein politisch und in diesem Fall auch wirtschaftlich sensibles Gebiet handelt, kann an diesem Ergebnis nichts ändern. 207 Die vorhandene Rechtsordnung ist bereits in ihrer Entstehung und Ausprägung durch diese Besonderheit gekenn203

Zum Widerstreit der Theorien des Monismus und des Dualismus statt vieler Dahml

Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. l/1, 98 ff. 204

Zu diesem Grundsatz und möglichen Ausnahmen im Bereich des völkerrechtlichen

ius cogens sieheHobe/l'ietje, AVR 32 (1994), 130 (132 ff.); dies., GYIL 37 (1994), 386

(406 ff.),jeweils m.w.N. 205 206

Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. 1/1, 101. Supra 2. Teil, § 3 B I l.

207 Angezeigt erscheint ein Vergleich zum nationalen Verfassungsrecht, wo anerkannt ist, daß die Verfassung eine "offene Ordnung" bildet, die in einem besonderen Näheverhältnis zur sozialen Wirklichkeit steht, siehe hierzu Hesse, in: Benda/MaihoferNogel (Hrsg.), HdbVerfR, § 1 Rdnr. 15 ff.

B. Die Interpretation der WTO/GATI-Rechtsordnung

125

zeichnet. Der Rechtsanwender hat dieses zu berücksichtigen, jedoch berechtigt es nicht dazu, dem Recht und damit den juristischen Methoden die Bedeutung abzusprechen, wie es Long andeuten ließ208 oder es möglicherweise in der Praxis des GATI zeitweilig selbst zum Ausdruck gebracht wurde. 209

II. Anzuwendende Auslegungsregeln Der normorientierte Charakter der WTO/GATI-Rechtsordnung verlangt eine interpretative Auseinandersetzung mit auftretenden Rechtsfragen, um aus einer Gesamtbetrachtung Grundstrukturen der Behandlung einer bestimmten tatsächlichen und juristischen Problematik erschließen zu können. Um diese Arbeit leisten zu können, ist es notwendig, diejenigen Regeln aufzuzeigen, die den angestrebten Interpretationsprozeß bestimmen. Dieser Frage soll in zwei Abschnitten in der gebotenen Kürze nachgegangen werden: Zunächst ist allgemein auf die Methoden der Auslegung des WTO/GATI-Rechts einzugehen; sodann sollen die rechtlichen Grenzen der Interpretation des WTO/GATI-Rechts und die damit zusammenhängende Frage der interpretativen Bedeutung von Panel-Entscheidungen analysiert werden.

1. Allgemeine Aspekte

Die Frage der adäquaten und rechtlich zwingenden Interpretationsmethode im GATI hat immer wieder rechtswissenschaftliche Diskussionen hervorgerufen und oft den Vorwurf beinhaltet, in der GATI-Praxis würden die anerkannten Interpretationsmethoden des allgemeinen Völkerrechts mißachtet werden.210 Tatsächlich läßt sich auch nachweisen, daß in Panel-Entscheidungen bis gegen Ende der achtziger Jahre sehr viel Wert auf eine historische Auslegung anhand der travaux preparatoires der Havanna-Charta gelegt wurde. 211 Diese Interpretationsmethode 208 Long,

Law and its Limitations, 109. hierzu die Anmerkung von Kohona, Journal of World Trade 28 (No. 2, 1994), 23 (29) "The GATTdispute Settlementsystem favoured an approach which emphasized pragmatic, mutually acceptable solutions. It had not relied to any appreciable extent on the rules of public intemationallaw. . .". 210 Siehe z.B. Kuyper, Netherlands Yearbook Int'l L. 25 (1994), 227 (229 ff.); Jackson, The World Trading System, 88 ff.; Benedek, Die Rechtsordnung des GAlT, 142 ff.; McGovem, in: Hilf/Jacobs/Petersmann (Hrsg.), The European Community and GAlT, 73 209 Siehe

(80).

2 11 Siehe z.B. Japan- Restrietions on Imports of Certain Agricultural Products, Panel Report adopted 22 March 1988, BISD 35S/163, para. 5.1.2 und 5.2.1 ; Canada- Import Restrictions on Iee Cream and Yoghurt, Panel Report adopted 5 December 1989, BISD

126

2. Teil,§ 3. Das WTO/GATT-System als Rechtsordnung

steht im Widerspruch zu der in Art. 32 WVK niedergelegten Regel, nach der die travaux preparatoires eines völkerrechtlichen Vertrages nur ergänzend zur Auslegung heranzuziehen sind, um entweder ein bereits durch die Auslegung nach Art. 31 WVK gewonnenes Ergebnis zu bestätigen oder dann, wenn "die Auslegung nach Art. 31 die Bedeutung mehrdeutig oder dunkelläßt oder zu einem offensichtlich sinnwidrigen oder unvernünftigen Ergebnis führt" (Art. 32 zweite Alt. WVK). Den in Art. 31 und 32 WVK niedergelegten Auslegungsregeln kommt gewohnheitsrechtliche Geltung zu,212 so daß die Tatsache, daß die WVK erst am 27. Januar 1980 in Kraft trat und damit Art. 4 WVK deren Anwendbarkeit auf das GATI 1947 im Prinzip entgegenstand, keine Bedeutung erlangte. Die trotzdem vorzufindende geschichtslastige Auslegungsmethode in den Panel-Entscheidungen wurde damit gerechtfertigt, daß die Entstehung des GATI als Teilbereich der ursprünglich angestrebten Havanna-Charta von 1947/48 seiner Entstehungsgeschichte eine besondere Bedeutung zukommen lasse und folglich eine größere Autorität und Akzeptanz der historischen Auslegung bestehe. 213 Ohne der Überzeugungskraft dieses Argumentes vertiefend nachgehen zu wollen, läßt sich ein deutlicher Wandel in den Interpretationsmethoden der GATIPanel feststellen. In einer steigenden Anzahl von Entscheidungen werden in PanelBerichten anband der in Art. 31 WVK niedergelegten Auslegungsmethoden (Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck) GATI-Rechtsfragen erörtert.214 Darüber hinaus wurde in einer der letzten Entscheidungen im GATI 1947 explizit auf die Art. 31 und 32 WVK als anzuwendende Auslegungsregeln Bezug genommen. 215 36S/68, para. 66 f.; Korea - Restrietions on Imports of Beef, Complaint by the United States, Panel Report adopted 7 November 1989, BISD 36S/268, para. 118; hierzu auch Kuyper, Netherlands Yearbook Int'l L. 25 (1994), 227 (229). 212 IGH, Interpretation of the Agreement of 25 March 1951 between the WHO and Egypt, ICJ Reports 1980, 92 (94); IGH, Legal Consequences of States of the Continued Presence of South Africa in Namibia (South West Africa) notwithstanding Security Council Resolution 276 (1970), ICJ Reports 1971, 47; Fisheries Jurisdiction (United Kingdom v. /celand) (Jurisdiction of the Court), ICJ Reports 1973, 14 (18); IGH, Agean Sea Contineotal Shelf, ICJ Reports 1978, 39. 213 Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 143 f. 214 Siehe z.B. Japan- Customs Duties, Taxesand Labelling Practices on lmported Wines and Alcoholic Beverages, Panel Report adopted 10 November 1987, BISD 34S/83, para. 5.5; United States- Restrietions on Imports of Sugar, Panel Report adopted 22 June 1989, BISD 36S/331 , para. 5.2 ff.; Norway- Procurement ofToll Collection Equipment for the City ofTrondheim, Panel Report adopted by the Committee on Government Procurement on 13 May 1992, GATT Doc. GPR.DS2/R vom 28. Aprill992, para. 4.7, auszugsweise abgedruckt in: Pescatore/Davey!Lowenfeld, Handbook ofGATT Dispute Settlement, 0087/1 (3 f.) ; United States- Measures Affecting Alcoholic and Malt Beverages, Panel Report adopted 19 June 1992, BISD 39S/206, para. 5.12. 215 United States- Restrietions on Imports of Tuna (Tuna li), Panel Report dated 16 June 1994 (nicht angenommen), abgedruckt in: ILM 33 (1994), 839 (para. 5.18);

B. Die Interpretation der WTO/GATT-Rechtsordnung

127

Damit läßt sich schon im GATI 1947 ein Wandel von der historischen zur dynamisch-evolutiven Interpretationsmethode nachweisen.216 Diese Entwicklung ist nunmehr verpflichtend in Art. 3.2 DS-Understanding festgeschrieben . In dieser zentralen Vorschrift heißt es, daß the Members of the WTO recognize that it [the dispute settlement system of the WTO, Anm. Verf.] serves to preserve the rights and obligations of Members under the covered agreements, and to clarify the existing provisions of those agreements in accordance with customary rules of inte1pretation ofpublic intemationallaw. 217 Die Absage an die Vorrangigkeit der historischen Interpetationsmethode ist durch diesen mittelbaren218 Verweis auf die WVK nicht mehr zu bezweifeln. Im Ergebnis sind zur Interpretation einzelner Vorschriften aus der WTO/GATIRechtsordnung also ebenso wie bei jedem anderen völkerrechtlichen Vertrag die in den Art. 31 und 32 WVK niedergelegten (dynamisch-evolutiven) Auslegungsregeln anzuwenden, wie es die ersten WTO-Panel nunmehr ausdri.lcklich anerkannt haben. 219

2. Grenzen dynamisch-evolutiver Auslegung und Fragen der Rechtswirkung von Panel-Entscheidungen Die Anwendbarkeit der in Art. 31 WVK kodifizierten dynamisch-evolutiven lnterpretationsmethode in der WTO/GATI-Rechtsordnung läßt die Frage der Grenzen dieser Auslegungsmethode aufkommen. Diese Thematik gewinnt gerade im Bereich der nichttarifären Handelshemmnisse Bedeutung, da sich diesbezüglich nur zum Teil ausdrückliche Regelungen in der WTO/GATI-Rechtsordnung finden und daher auf Interpretationsfragen zum Aufzeigen der Grundstrukturen der Behandlung dieser Art der Handelshemmnisse besonderer Wert zu legen ist. 216 Siehe bereits (wenn auch noch zurückhaltend) Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 144. 217 Hervorhebung durch Verf.; siehe auch die inhaltsgleiche Vorschrift aus dem AntiDumping-Kodex, Art. 17.6(ii) Agreement on lmplementation of Article VI ofthe General Agreement on Tariffs and Trade /994. 218 Ein direkter Bezug auf die WVK wurde vermieden, da einige Mitgliedstaaten der WTO nicht Vertragsparteien der WVK sind, bzw. es im Falle der EG nicht werden können, siehe Kuyper, Netherlands Yearbook Int'l L. 25 (1994), 227 (232); Jackson/Croley, AJIL 90 (1996), 193 (200). 219 United States- Standards for Reforrnu1ated and Conventional Gasoline, WTO Panel Report dated 29 January 1996 (nicht rechtskräftig), abgedruckt in: ILM 35 (1996), 274 (para. 6.7); United States- Standards for Reforrnulated and Conventional Gasoline, Report of the Appellate Body dated 20 May 1996, abgedruckt in: ILM 35 (1996), 603 (620 f.); zur dynanusch-evolutiven Auslegung völkerrechtlicher Verträge nach Art. 31 f. WVK statt vieler Brownlie, Principles ofPublic International Law, 626 ff.; v. Heinegg, in: /psen, Völkerrecht, § II Rdnm. 4 ff.

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2. Teil,§ 3. Das WTO/GATT-System als Rechtsordnung

Im thematisch einschlägigen DS-Understanding finden sich nur vereinzelte Hinweise auf die Grenzen der dynamisch-evolutiven Auslegung der WTO-Abkommen. In Art. 3.2 ist festgelegt, daß Empfehlungen oder Entscheidungen des DSB nicht Rechte oder Pflichten von Mitgliedstaaten unter den erfaßten Abkommen erweitern oder verringern können. Diese Regel findet auch für Entscheidungen und Empfehlungen der Streitbeilegungspanel und der Revisionsinstanz Anwendung (Art. 19.2). Darüber hinaus ist festgelegt, daß die Regelungen des DS-Understanding keine präjudizierende Wirkung für mögliche interpretative Entscheidungen nach der WTO-Satzung oder einzelnen Abkommen haben (Art. 3.9). Diese Vorschriften deuten darauf hin, daß Grenze der dynamisch-evolutiven Auslegung der WTO-Abkommen das in diesen Abkommen niedergelegte Gefüge gegenseitiger Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten ist. Grenze der Vertragsauslegung ist also der Vertrag selbst und damit die in ihm von allen Mitgliedstaaten durch Zustimmung sowohl formell- als auch materiellrechtlich verpflichtende und berechtigende Rechtsstruktur. Mithin läßt sich der Frage der Grenzen der dynamisch-evolutiven Auslegung nur im Einzelfall wiederum durch eine Auslegung unter Berücksichtigung der Art. 31 f. WVK nachgehen. Fraglich ist jedoch, inwieweit eine mögliche Überschreitung der Grenzen dynarnisch-evolutiver Interpretation mit der Annahme eines Panel-Berichtes durch das DSB geheilt werden kann. Im GATT 1947 wurde hiervon ganz allgemein ausgegangen und vertreten, daß durch die Annahme eines Panel-Berichtes im Konsensus-Verfahren mögliche ultra vires-Handlungen eines Panel nicht als nichtig anzusehen seien, da sie von den Vertragsparteien als "Herren der Verträge" anerkannt wurden. 220 Dieser Ansicht zu folgen, erscheint in der neuen WTO/GATIRechtsordnung problematisch. Zunächst ist zu bedenken, daß Panel-Berichte nicht mehr im Konsensus-Verfahren angenommen werden, sondern ihre Annahme quasiautomatisch erfolgt, sofern keine negative Konsensus-Entscheidung vorliegt (Art. 16.4 DSU). Damit muß zur Annahme eines Panel-Berichtes nicht mehr die Zustimmungjedes Mitgliedstaates vorliegen, sei es ausdrücklich oder in der Form der Akquieszenz. 221 Dieses ist jedoch unabdingbare Voraussetzung einer Vertragsänderung durch spätere Praxis als Bedingung für die Heilung von ultra viresHandlungen.222 Auch Art. 3.2 Satz 3 DS-Understanding deutet dies an. Wenn hier davon die Rede ist, daß ,,recommendations and rulings of the DSB cannot add to or diminish the rights and obligations provided in the covered agreements", so kommt zum Ausdruck, daß selbst mit der Annahme eines Panel-Berichtes durch das DSB - ein aus Vertretern aller Mitgliedstaaten zusammengesetztes Organ 220 Eingehend

Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 158 f. 221Hierzu Kar[, Vertrag und spätere Praxis, 349. 222 Kar/, Vertrag und spätere Praxis, 349; Schenners, International Institutional Law,

§ 324.

B. Die Interpretation der WTO/GATI-Rechtsordnung

129

(Art. IV:2 und 3 WTO-Satzung)- nicht in Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten eingegriffen werden kann, die über den bei Vertragsbeitritt bekundeten Konsens hinausgehen. In diese Richtung läßt sich auch der bereits genannte Art. 3.9 DSU interpretieren.

Mithin zeigt sich, daß die zum GATI 1947 getroffenen Aussagen zur Rechtswirkung der Annahme eines Panel-Berichtes nicht auf die WTO/GATI-Rechtsordnung zu übertragen sind. Im Gegensatz zum GATI 1947 ist in der neuen Rechtsordnung eine Vertragsänderung durch nachfolgende Praxis nicht mehr ohne weiteres möglich. Erforderlich ist hierfür die Zustimmung aller Mitgliedstaaten, von der bei der Annahme eines Panel-Berichtes durch das DSB nicht mehr automatisch ausgegangen werden kann. Jedoch ist noch weiter zu differenzieren: Eine Zustimmungkraft Akquieszenz ist gegeben, wenn Mitgliedstaaten keine Einwände gegen die Annahme des PanelBerichtes geltend machen, insbesondere nicht in dem hierfür vorgesehenen Verfahren (Art. 15 und 16 DS-Understanding). Sollten von keinem Mitgliedstaat Einwände erhoben werden, ist das Erfordernis des Konsenses aller erfüllt, so daß auch weiterhin eine Vertragsänderungkraft nachfolgender Praxis eintreten kann. Sollten hingegen Einwände geltend gemacht werden, ist aufgrund der expliziten Regelung des Art. 3.2 letzter Satz DS-Understanding davon auszugehen, daß die Panel-Entscheidung hinsichtlich tatsächlich enthaltener ultra vires-Passagen- was wiederum eine Auslegungsfrage ist - teilnichtig ist, also für Mitgliedstaaten von Anfang an keine Rechtswirkung entfaltet. Aufgrund der Annahme durch das DSB bleibt damit nur der rechtmäßige Teil der Entscheidung als rechtswirksam bestehen. Mit dem dargelegten Ergebnis stellt sich sogleich die allgemeinere Frage der Rechtswirkung angenommener und nicht nichtiger oder teilnichtiger Panel-Entscheidungen. Sie ist bereits ausführlich von Benedek223 und Jackson 224 erörtert worden, so daß auf diese Ausführungen Bezug genommen werden kann. Hiernach ergibt sich, daß Panel-Entscheidungen keine Präjudizienwirkung haben. Sie wirken aber als spätere Vertragspraxis gemäß Art. 31 Abs. 3 lit. b) WVK225 und erlangen so im Rahmen der Interpretation einzelner Vertragsbestimmungen an Gewicht. Diese Auffassung wird in Panel-Entscheidungen nachdrücklich gestützt, in denen

Die Rechtsordnung des GATI, 153. Restructuring the GATI System, 67 ff.; ders. , in: Blokker/Muller (Hrsg.), FS Schermers, Bd. I, 149 ff.; siehe in diesem Zusammenhang auch Berrisch, N.C.J. Int'l & Comp. Reg. 16 (1991), 497 ff. 225 Jackson, Restructuring the GATI System, 68; Benedek, Die Rechtsordnung des GATI, 144 und 153; Roessler, JW1L 21 (No. 3, 1987), 73 (76). 223 Benedek,

224 Jackson,

9 Tictjc

130

2. Teil, § 4. Zusammenfassung

frühere Entscheidungen anderer Panel ausdrücklich als Praxis der Vertragsparteien herangezogen wurden. 226

§ 4 Zusammenfassung Die erörterten Grundlagen der WTO/GATI-Rechtsordnung lassen erste normative Grundstrukturen der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse in dieser Rechtsordnung erkennen, die wie folgt zusammenzufassen sind: 1) Durch den Abschluß der Uruguay-Runde des GATI 1947 und das Inkrafttreten der WTO-Satzung zum 1. Januar 1995 hat das Welthandelsrecht eine institutionelle und materiellrechtliche Erneuerung erfahren, durch die viele Problerne der "Balkanisierung" der Regelungen des ursprünglichen GATI 1947 behoben wurden. 2) Trotz vieler Notifikations-und Kodifikationsanstrengungen im GATI 1947 und in der WTO/GATI-Rechtsordnung unterfällt die Mehrzahl nichttarifärer Handelshenunnisse auch weiterhin nicht expliziten Rechtsregeln. Dies gilt auch für den internationalen Countertrade. Die Funktion der WTO/GATI-Rechtsordnung ist daher mit Blick auf nichttarifäre Handelshemmnisse in der konsequenten Anwendung der vorhandenen Rechtsmasse zu sehen, wobei einigen Generalklauseln besondere Bedeutung zukommt. 3) Die wesentliche Funktion des WTO/GATI-Systerns liegt darin, Rechtssicherheit im Welthandelssystem zu garantieren. Diese Rechtssicherheit ist notwendig und normativ als Funktionsbestimmung der WTO/GATT-Rechtsordnung anerkannt, da nur Rechtssicherheit zu den von den Mitgliedstaaten angestrebten wohlfahrtsfördernden Effekten führen kann. 4) Das WTO/GATI-Systern ist eine normorientierte Rechtsordnung. Machtpolitische Aspekte haben damit keine norn1ative Bedeutung im Rahmen der Anwendung und Interpretation dieses Rechtssysterns. Juristisch bestimmt ausschließlich die vorhandene Rechtsmasse die Bewertung der relevanten Sachverhalte und Verhaltensweisen der betroffenen Rechtssubjekte. Hieran ändert auch der vorn Rechtsanwender zu beachtende politische Charakter der WTO/GATIRechtsordnung nichts.

226 Ausdrücklich z.B. in: Japan- Customs Duties, Taxes and LabeHing Practices on Imported Wines and Alcoholic Beverages, Panel Report adopted 10 November 1987, BISD 34S/83, para. 5.5.

2. Teil, § 4. Zusammenfassung

131

5) Die Interpretation von Normen des WTO/GATI-Systems erfolgt anhand der in den Art. 31 f. WVK vorgegebenen Auslegungsgrundsätze dynarnisch-evolutiv. Grenze dieser dynamisch-evolutiven Rechtsanalyse ist das vertraglich niedergelegte Gefüge gegenseitiger Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten. Wird diese wiederum im Wege der Auslegung zu ermittelnde Grenze durch Streitbeilegungspanel überschritten, folgt grundsätzlich eine (Teil-) Nichtigkeit der betreffenden Entscheidung. Die Panel-Entscheidung bleibt aber rechtswirksarn, wenn sie angenommen wird und keine begründeten Einwände einzelner Mitgliedstaaten (Art. 15 und 16 DSU) geltend gemacht werden. Ein nach diesen Grundsätzen rechtswirksamer Panel-Bericht erlangt als nachfolgende Vertragspraxis gemäß Art. 31 Abs. 3lit. b) WVK interpretative Bedeutung.

9*

Dritter Teil

Nichttarifare Handelshemmnisse als Problem der Rechtsverwirklichung in der WTO/GATT-Rechtsordnung Wesentliche Grundgedanken einer Rechtsordnung lassen sich aus den Strukturen der Rechtsverwirklichung innerhalb dieser Rechtsordnung ersehen. Dies gilt insbesondere für völkerrechtliche Rechtsordnungen, da dem internationalen System eine zentrale Rechtsdurchsetzungsinstanz fehlt. 1 Anhand welcher Mittel und juristischer Methoden das Recht innerhalb einer Völkerrechtsordnung verwirklicht wird, ist daher entscheidend zur Verdeutlichung der dieses System prägenden Grundgedanken. In diesem Sinne richtet sich auch die Frage nach der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse und insbesondere des Countertrade in der WTO/ GATI-Rechtsordnung nach den Grundgedanken, anhand derer sich die Rechtsverwirklichung in dieser Rechtsordnung vollzieht.

§ 1 Das Konzept der Rechtsverwirklichung Der Begriff der Rechtsverwirklichung soll als Oberbegriff für einen Teilaspekt aus dem normativen Gehalt des Konzeptes internationaler Organisationen verwandt werden, da internationale Organisationen im heutigen internationalen System eine zentrale Stellung im Prozeß der effektiven Verwirklichung internationaler Normen einnehmen. Für die WTO ist diese Funktion ausdrücklich in Art. III: I ihrer Satzung festgelegt. Dort heißt es u.a.: "The WTO shall facilitate the implementation, administration and operation, and further the objectives, of this Agreement and of the Mulilateral Trade Agreements .. .". Das internationalen Organisationen - und damit auch der WTO - zugrundeliegende Konzept läßt sich unter dem Stichwort der Kooperation erfassen; in diesem 1 Zur Bedeutung der Effektivität völkerrechtlicher Rechtsverwirklichung statt vieler Franck, The Power of Legitimacy Among Nations, 43 ff.

3. Teil, § 1. Das Konzept der Rechtsverwirklichung

133

Sinne können internationale Organisationen inhaltlich auch als Instrumente zwischenstaatlicher Kooperation charakterisiert werden. 2 Der normative Inhalt des Begriffes der Kooperation, dessen Bedeutung im Völkerrecht spätestens seit der Monographie von Friedmann 3 anerkannt ist: läßt sich in zwei wesentliche Elemente teilen. Zunächst impliziert Kooperation gegenseitige Verhaltensforderungen der Kooperationspartner, ist also auf korrespondierendes Verhalten angewiesen. Als zweites Element kommt dem der Kooperation zugrundeliegenden "gemeinsamen Werk" Bedeutung zu, wobei sich dieses gemeinsame Werk auf eine normativ nicht im voraus bestimmbare Vielzahl einzelner Zwecke richtet. Die bestehende Interdependenz zwischen korrespondierendem Verhalten und gemeinsamem Zweck führt jedoch zu einer Festlegung der Form, in deren Rahmen die genannten Zwecke verfolgt werden sollen. Insbesondere ergibt sich, daß Kooperation nicht erzwungen werden kann, da ansonsten die korrespondierendes Verhalten voraussetzende Freiheit der Zwecksetzung nicht gegeben wäre. 5 Aus diesem, hier nur verkürzt dargestellen Konzept kann auf die verschiedenen Tätigkeitsarten internationaler Organisationen geschlossen werden, aus denen sich gleichzeitig das Element der Rechtsverwirklichung erschließt. Unterschieden werden können fünf wesentliche Tätigkeitsarten internationaler Organisationen und damit auch der WTO im Rahmen der sie bestimmenden Rechtsordnung: (1.) Informative Funktionen, die der Sammlung von Daten und politischen Standpunkten dienen; (2.) Normative Funktionen in der Form völkerrechtlich nicht verbindlicher Definitionen oder Proklamationen von Standards; (3.) Regelsetzende Funktionen mit dem Ziel rechtlicher Verbindlichkeit; (4.) Funktionen der Norm-Überwachung zur Erhöhung der Regelbefolgung im internationalen System; (5.) Operative Funktionen wie zum Beispiel technische Hilfe. 6 Aufbauend auf dem Gedanken der Kooperation und den dargelegten Tätigkeitsarten internationaler Organisationen kommt Dicke in einer umfassenden Studie zu dem Ergebnis, daß "der normative Gehalt des Konzeptes internationaler Organisationen [besagt], daß sie die Imperative des Friedens und der Völkerrechtsordnung darstellen und zugleich Realisierungsmöglichkeiten anbieten. " 7 Das Kooperationskonzept internationaler Organisationen verweist unmittelbar auf die Elemente der Rechtsverwirklichung in der WTO/GATI-Rechtsordnung. Der Begriff der Rechtsverwirklichung umfaßt als Oberbegriff den Imperativ der Umfassend hierzu Dicke, Effizienz und Effektivität, 324 ff. Friedmann, The Changing Structure of International Law, passim. 4 Hierzu statt vieler Wolfrum, in: Bernhardt (Hrsg.), EPIL 9, 193-198. 5 Eingehend Dicke, Effizienz und Effektivität, 327. 6 Dicke, Effizienz und Effektivität, 331 f.; in Anlehnung an Jacobsen, Network of Interdependenz, 89 ff. 7 Dicke, Effizienz und Effektivität, 332. 2

3

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3. Teil, § 1. Das Konzept der Rechtsverwirklichung

Völkerrechtsordnung in der Sonderform der WTO/GATI-Rechtsordnung und die im Rahmen der WTO gegebenen Realisierungsmöglichkeiten, wobei diese sich primär auf die Norm-Überwachung beziehen. Normative, regelsetzende und operative Funktionen werden insofern nicht dem Begriff der Rechtsverwirklichung im engeren Sinne zugerechnet,8 sondern stellen Ausprägungen des Elementes der Kooperation im weiteren Sinne dar. Deutlich wird hiermit aber, daß die Rechtsverwirklichung in der WTO/GATI-Rechtsordnung weiter zu fassen ist, als es durch den allgemein üblichen Begriff der Rechtsdurchsetzung zum Ausdruck gebracht wird. 9 Rechtsdurchsetzung bezieht sich schon terminologisch auf das Bestehen eines Über-/Unterordnungsverhältnisses, das zur "Durchsetzung" des Rechts instrumentalisiert wird. Der Begriff der Rechtsverwirklichung soll hingegen den kooperativen Charakter des WTO/GATI-Systems als Teilrechtsordnung des Völkerrechts zum Ausdruck bringen, um so den Bezug zu dem allgemeinen Konzept internationaler Organisationen zu verdeutlichen. Dementsprechend ist der Begriff der Rechtsverwirklichung als ein kooperatives System zu definieren, das im Rahmen einer internationalen Organisation zur Erhöhung der Normbefolgung 10 dient. Die verschiedenen Elemente dieses Systems lassen sich weiter differenzieren, wobei als Ausgangsüberlegung auf die völkerrechtlichen Formen der Möglichkeiten zur Erhöhung der Normbefolgung verwiesen sei.11 Grundsätzlich unterschieden werden kann zunächst zwischen präventiver und repressiver Rechtsverwirklichung. Als Elemente präventiver Rechtsverwirklichung sind die in der WTO/GATI-Rechtsordnung vorgesehenen Überwachungsund Kontrollmechanismen anzusehen, 12 denen allgemein für die Tätigkeit internationaler Organisationen eine besondere Bedeutung zukommt. 13 Präventiv sind diese Mechanismen insofern, als sie eine Erhöhung der Normbefolgung beabsichtigen, bevor eine mögliche Nichtbefolgung eintritt. Im Gegensatz hierzu steht die repressive Rechtsverwirklichung, die maßgeblich in der Folge möglicher Normnichtbefolgung zur Anwendung kommt und dem Ziel der Wiederherstellung des status 8 Eine umfassende Analyse dieser Tätigkeitsfelder des GATT findet sich bei Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 94 ff. und 185 ff. 9 Für die GATI-Rechtsordnung wird der Begriff der Rechtsdurchsetzung z.B. verwandt von Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 280 ff. 10 Durch den Begriff der Normbefolgung wird zum Ausdruck gebracht, daß sowohl Rechtsprinzipien als auch Rechtsregeln im Rahmen der Rechtsverwirklichung Beachtung finden; hierzu noch infra 3. Teil, § 3 B. 11 Hierzu z.B. Rubin, Harv. lnt'l L.J. 34 (1993), 149 ff. ; Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 282 ff.; eingehend noch infra 3. Teil,§ 2 A III. 12 Hierzu umfassend für das GATT 1947 Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 296 ff. (Benedek differenziert die Funktionen der Überwachungsmechanismen des GATT noch weiter als hier vorgeschlagen. Im Ergebnis dürften hieraus qualitativ keine wesentlich anderen Aussagen folgen, als sie im Rahmen dieser Arbeit getroffen werden). 13 Statt vieler Schreuer, AVR 22 (1984), 363 (402 f.).

A. Präventive Rechtsverwirklichung

135

quo ante, der Normbefolgung, dient. Kodifiziert finden sich die Mechanismen repressiver Rechtsverwirklichung insbesondere in Art. XXIII: 1 GATI in Verbindung mit dem WTO-Understanding on Rules and Procedures Goveming the Settlement of Disputes (DSU). Neben dem präventiv-/repressiven Charakter der Rechtsverwirklichung in der WTO/GATI-Rechtsordnung kann eine weitere Differenzierung in jeweils bestehende institutionelle und materiellrechtliche Aspekte vorgenommen werden. Die institutionellen Aspekte beschäftigen sich mit der Stellung und Aufgabe der in der WTO/GATI-Rechtsordnung für die präventive und die repressive Rechtsverwirklichung vorgesehenen Organe. Materiellrechtliche Aspekte der Rechtsverwirklichung kennzeichnen den normativen Ordnungsrahmen, der die Rechtsverwirklichung inhaltlich determiniert. Ausgehend von den dargestellten Elementen der präventiven und der repressiven Rechtsverwirklichung sollen im folgenden wesentliche Grundstrukturen der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse in der WTO/GATI-Rechtsordnung erarbeitet werden. Hierbei ist aber vorweg darauf hinzuweisen, daß entsprechend dem Grundanliegen dieser Untersuchung ein primäres Interesse den materiellrechtlichen Aspekten der Rechtsverwirklichung gilt. Institutionelle Fragen sind bereits im bisherigen Schrifttum zum GATI ausführlich erörtert worden; hierauf sei verwiesen.14

§ 2 Grundzüge der präventiven und der repressiven Rechtsverwirklichung in der WTO/GATT-Rechtsordnung A. Nichttarifare Handelshemmnisse und die Mechanismen der präventiven Rechtsverwirklichung Eine eingehende Analyse der Mechanismen präventiver Rechtsverwirklichung im GATI 1947 ist bereits verschiedentlich vorgenommen worden. 15 Im Hinblick auf nichttarifäre Handelshemmnisse und insbesondere den Countertrade soll daher 14 Siehe z.B. Benedek, Die Rechtsordnung des GATI, 301 ff., 309 ff., 185 ff., für die institutionellen Aspekte der Überwachung und Streitbeilegung sowie allgemein die Organe desGATI. 15 Benedek, Die Rechtsordnung des GATI, 299 ff., 238 ff., 245 ff.; Senti, GATI, 62; Jackson, World Trade and the Law of GATI, 463 f.; Blackhurst, in: Petersmann/Hilf (Hrsg.), The New GATI Round of Multilateral Trade Negotitions, 123 ff.; Courage-van Lier, in: van Dijk (Hrsg.), Supervisory Mechanisms in International Economic Organisations, 47-223.

136

3. Teil, § 2. Grundzüge präventiver und repressiver Rechtsverwirklichung

nachfolgend nur auf die wesentlichen Aspekte präventiver Rechtsverwirklichung eingegangen werden, die sich in der WTO/GATI-Rechtsordnung finden. Von besonderem Interesse sind insoweit der Trade Policy Review Mechanism und die Decision on Notification Procedures, wobei darauf hinzuweisen ist, daß die weitaus meisten WTO-Abkommen spezielle, sektorenspezifische Mechanismen präventiver Rechtsverwirklichung vorsehen. 16

I. Trade Policy Review Mechanism Der Trade Policy Review Mechanism (TPRM) ist als Annex 3 der WTO-Satzung Bestandteil der WTO/GATI-Rechtsordnung. Seine Hauptaufgabe ist eine periodische Bestandsaufnahme der nationalen Handelspolitiken der Mitgliedstaaten und ihrer Auswirkungen auf das multilaterale Handelssystem. Die Entwicklung der Idee eines TPRM geht auf wissenschaftliche Vorschläge zu Beginn der achtziger Jahre zurück 17 und findet sich dann als rechtspolitische Forderung im Leutwiler-Bericht aus dem Jahre 1985. 18 Im Anschluß an diese Vorschläge wurde in der Erklärung von Punta del Este der Verhandlungsgruppe zur Funktion des GATT (FOG Negotiating Group) u.a. das Mandat übertragen, to develop understandings and arrangements (i) to enhance the surveillance in the GATI to enab1e regular monitoring of trade policies and practices of contracting parties and their impact on the functioning of the multilateral trading system. 19 Die Beratungen innerhalb dieser Verhandlungsgruppe führten bereits in den ersten zwei Jahren der Uruguay-Runde zu einem Erfolg, so daß auf dem Ministertreffen in Montreal vom 5. bis zum 9. Dezember 1988 u.a. die vorläufige Einführung eines TPRM für das GATT 1947 beschlossen werden konnte. Diese Entscheidung wurde Bestandteil der "Uruguay Round Mid-Term Review Agreements", die 16 Siehe z.B. die folgenden Vorschriften: Art. 18 Abs. 2 Agreement on Agriculture; Annex BArt. 5 SPM-Agreement; Art. 7 Abs. 2Agreement on Textilesand Clothing; Art. 10.7 TBT-Agreement; Art. 5 TRIMs; Annex II Art. I f. Agreement on lmpementation ofArticle V// of the GATT 1994; Art. 5 Agreement on Preshipment lnspection; Annex II Art. 4 Agreement on Rules of Origin; Art. 5 Agreement on Import Licensing Procedures; Art. 25 f. Agreement on Subsidies and Countervailing Measures ; Art. 12 f. Agreement on Safeguards; Art. I1I GATS; Art. 70 Abs. 8 TRIPS. 17 Siehe Qureshi, Journal of World Trade 24 (No. 3, 1990), 147 (148). 18 GATI, Trade policies for a better future- Proposals for action, Proposal No. 8: "At the international Ievel, trade policy and the functioning of the trading system should be made more open. Countries should be subject to regular oversight or surveillance of their policies and actions, about which the GATI Secretariat should collect and publish information." 19 Ministerial Declaration on the Uruguay Round, Declaration of 20 September 1986, BISD 33S/19, Part I E(i).

A. Präventive Rechtsverwirklichung

137

Anfang April 1989 in Genf offiziell verabschiedet worden sind. 20 Die Bestimmungen des TPRM, die sich nunmehr als integraler Bestandteil der WTO-Satzung finden, gehen in weiten Teilen unmittelbar auf das Übereinkommen von 1989 zurück. Lediglich institutionelle Ergänzungen und redaktionelle Überarbeitungen wurden vorgenommen, ohne substantiell den Inhalt des Abkommens zu ändern. Institutionell untersteht der TPRM der Tätigkeit des neu konstituierten Trade Policy Review Body (Art. C[i] TPRM). Der Trade Policy Review Body als Organ der WTO unterfällt der Aufsicht durch den General Council, hat jedoch das autonome Recht, einen Vorsitzenden zu bestimmen und notwendige Verfahrensregelungen zu erlassen (Art. IV:4 WTO-Satzung). Organisationsrechtlich steht der Trade Policy Review Body damit auf einer Stufe mit dem Dispute Settlement Body, was die Bedeutung dieses Organs verdeutlicht. Inhaltlich ist es Zielsetzung des TPRM, zur Verbesserung der Befolgung der Regeln, Disziplinen und Zugeständnisse beizutragen, die die Mitgliedstaaten in den verschiedenen WTO-Abkommen eingegangen sind. Hiermit soll ein auf möglichst weitgehender Transparenz begründetes reibungsloses Funktionieren des multilateralen Handelssystems gewährleistet werden (Art. A[i] TPRM). Trotz dieser an eine strikte Rechtsüberwachung erinnernden Aufgabenumschreibung ist in dem TPRM jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß dieser Mechanismus nicht dazu dient, spezifische Vertragsverpflichtungen durchzusetzen oder als Grundlage für Streitbeilegungsverfahren zu wirken (Art. A[i] Satz 3 TPRM). Damit wird eine dem TPRM eigentümliche ambivalente Struktur begründet, die sich aus dem Nebeneinander rechtlicher und außerrechtlicher Elemente ergibt. Auf die Frage der Bewertung dieser zum Teil kritisierten21 Struktur wird noch zurückzukommen sein. Die umschriebene Aufgabenstellung des TPRM wird im einzelnen durch ein periodisches Berichtssystem erfüllt, dessen Frequenz sich für die einzelnen Mitgliedstaaten nach deren Anteil am Welthandel richtet. Die vier Staaten mit dem größten Welthandelsanteil sollen alle zwei Jahre evaluiert werden, wobei die EG als einheitliches Subjekt im Welthandel aufgefaßt wird. Die sich hieran anschließenden sechzehn Staaten unterfallen einem vierjährigen Berichtsturnus, die verbleibenden Mitgliedstaaten werden alle sechs Jahre untersucht, wobei die Möglichkeit vorgesehen ist, für schwächer entwickelte Staaten eine noch größere Zeitspanne festzulegen. 22 Die jeweiligen Staatenberichte sollen aus einem Bericht des betroffenen Mitgliedstaates und einem weiteren Bericht bestehen, den das WTO20 Hierzu Petersmann, GYIL 32 (1989), 280 (289 f.); Qureshi, Journal of World Trade 24 (No. 3, 1990), 147 (149); der Text der Übereinkonunen ist abgedruckt in: GATT-Focus, No. 61, May 1989. 21 Siehe insbesondere Qureshi, Journal of World Trade 24 (No. 3, 1990), 147 ff.; ders. , Journal ofWorld Trade 26 (No. 6, 1992), 103 ff. 22 Vgl. insgesamt Art. C(ii) TPRM.

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3. Teil, § 2. Grundzüge präventiver und repressiver Rechtsverwirklichung

Sekretariat in eigener Verantwortung zu erstellen hat (Art. C[v] TPRM). Umfang und Inhalt der einzelnen Länderberichte sind in einer Entscheidung der VERTRAGSPARTEIEN aus dem Jahre 1989 festgelegt, 23 die auch unter dem neuen TPRM Anwendung findet (Art. D TPRM). Im Anschluß an die erfolgte Dokumentation werden die Berichte im Trade Policy Review Body diskutiert, wobei die Diskussion im Einklang mit der beschriebenen Zielsetzung des TPRM zu erfolgen hat (Art. C[iii] TPRM). Zusammenfassungen der Diskussion sowie der Bericht selbst sind nach Abschluß des Verfahrens unverzüglich zu veröffentlichen. In Ergänzung zu dem beschriebenen formalisierten Berichtsverfahren ist weiterhin vorgesehen, daß Mitgliedstaaten maßgebliche Änderungen ihrer Handelspolitik an den Trade Policy Review Body melden sollen, sofern diese Änderungen zwischen den vorgesehenen Berichtszeitpunkten auftreten (Art. D TPRM). Insgesamt wurden im Rahmen des TPRM bisher (Stand 1996) über 40 einzelne Länderberichte erstellt. 24 Im Hinblick auf nichttarifäre Handelshemmnisse wird in den Berichten zwischen nationalen Maßnahmen unterschieden, die unmittelbar den Import von Gütern betreffen und solchen, die unmittelbar auf den Export Einfluß nehmen. In diesem Sinne finden sich zum Beispiel in dem Länderbericht zu Karnerun (1995) unter der Kategorie der unmittelbar den Import beeinflussenden Maßnahmen Ausführungen zu Registrierungs- und Dokumentationsvorschriften, zollunabhängigen Importabgaben, Zollwertermittlungen, preshipment inspections, Importmindestpreiserfordernissen, Importkontrollsystemen und verbotenen Importlizensierungen, Importquoten, Importkartellen, technischen Standards, Verpflichtungen zum sogenannten local content, Regierungskäufen, Anti-Dumping und Ausgleichszollregelungen und Schutzklausel-Maßnahmen. Darüber hinaus wird im Einklang mit der Entscheidung zu Umfang und Format des TPRM aus dem Jahre 1989 in bisher jedem Länderbericht auf Countertrade-Aktivitäten und staatliche

23 Trade Policy Review Mechanism, Outline Format for Country Reports, Decision of 19 July 1989, BISD 36S/406-409. 24 1m einzelnen sind Berichte zu folgenden Staaten verfaßt worden: Argenlinien (1992); Australien (1989 und 1994); Österreich (1992); Bangladesch (1992); Bolivien (1993); Brasilien (1992); Kanada (1990, 1992 und 1995); Kolumbien (1990); Ägypten (1992); Europäische Gemeinschaft (1991 und 1993); Finnland (1992); Ghana (1992); Hong Kong (1990 und 1994); Ungarn (1991); Island (1994); Indien (1993); lndonesien (1991 und 1995); Israel (1994); Japan (1990, 1992 und 1995); Kenia (1993); Kamerun (1995); Rep. Korea (1992); Macao (1994); Malaysia (1993); Mexiko (1993); Marokko (1990); Neuseeland (1990); Nigeria (1991); Norwegen (1991 ); Peru (1994); Philippinen (1993); Polen (1992); Rumänien (1992); Senegal (1994); Singapur (1992); Südafrika (1993); Schweden (1990 und 1995); Schweiz (1991); Thailand (1991); Tunesien (1994); Türkei (1994); USA (1990, 1992 und 1994); Uruguay (1992); Simbabwe (1995); Pakistan (1995).

A. Präventive Rechtsverwirklichung

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Regulierungen zum Countertrade eingegangen. 25 Damit zeigt sich, daß die TPRMBerichte neben den klassischen handelspolitischen Instrumenten (Zölle und Quoten) insbesondere den weiteren Kreis nichttarifärer Handelshemmnisse fokussieren und ihnen folglich im System der Behandlung dieser Handelsinstrumente in der WTO/GATT-Rechtsordnung eine besondere Bedeutung zukommt.

II. Decision on Notification Procedures Ein weiteres Überwachungsinstrumentarium der WTO/GATI-Rechtsordnung, das dem Strukturelement der präventiven Rechtsverwirklichung zuzurechnen ist, findet sich in der Decision on Notification Procedures, die auf der Welthandelskonferenz in Marrakesch beschlossen wurde. Es handelt sich bei diesem Beschluß nicht um ein aus sich selbst heraus für die Mitgliedstaaten verpflichtendes Dokument, sondern nur um eine interne Selbstbindung, die darauf gerichtet ist, der Ministerkonferenz der WTO zu empfehlen, das bereits im GATT 1947 vorgesehene Notifikationssystem auszubauen und weiterhin anzuwenden. Bezug genommen wird hierbei auf eine Vereinbarung der VERTRAGSPARTEIEN vom 28. November 1979, in der die Notifikationspflichten im Rahmen des GATI 1947 konkretisiert werden. 26 In dieser Vereinbarung übernehmen die Vertragsparteien die Verpflichtung, handelspolitische Maßnahmen, die die Funktion des GATI beeinflussen können, soweit wie möglich ("to the maximum extent possible") den VERTRAGSPARTElEN zu notifizieren, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen wird, daß hieraus keine präjudizierende Wirkung zu Fragen der Vertragskonformität der Maßnahmen folgt. Weiter konkretisiert wurde diese allgemeine Notifikationspflicht mit der Annahme einer Empfehlung des Generaldirektors durch die VERTRAGSPARTEIEN im März 1980, in der die bestehende Verpflichtung wiederholt wird und einige technische Details geregelt werden. 27 Für nichttarifäre Handelshemmnisse von besonderer Bedeutung ist eine weitere Konkretisierungsentscheidung der VERTRAGSPARTEIEN vom selben Tage, in der die Fortführung und Revision des bestehenden Berichtsystems zu nichttarifären Handelshemmnissen beschlossen wurde. 28 Die Notwendigkeit der Revision des vorherigen Noti25 "Govemment mandated countertrade" ist als ein Punkt in der erläuternden Aufzählung zu Handelsmaßnahmen aufgeführt, die Einfluß auf Import oder Export eines Staates haben und in demjeweiligen TPRM-Bericht der Vertragsparteien behandelt werden sollten, siehe BISD 36S/406. 26 Understanding on Notification, Consultation, Dispute Settlement and Surveillance of 28 November 1979, BISD 265/210. 27 Procedure for tbe Review of Developments in the Trading System, Proposal by the Director-General, Adopted on 26 March 1980, BISD 27S/20. 28 Documentation on Non-Tariff Measures, Procedure for Up-dating, Proposal by the Director-Genera1, Adopted on 26 March 1980, BISD 27S/18.

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3. Teil,§ 2. Grundzüge präventiver und repressiver Rechtsverwirklichung

fikationsverfahrens ergab sich aus dem Abschluß der Tokio-Runde, in der einige spezifische nichttarifäre Handelshemmnisse vertraglichen Regelungen unterstellt wurden. 29 Die Besonderheit des Notifikationsverfahrens für nichttarifäre Handelshemmnisse besteht darin, daß es sich in der Regel um ein Verfahren durch dritte Parteien handelt. Hierunter ist zu verstehen, daß nicht die das nichttarifäre Handelshemmnis einsetzende Vertragspartei notifiziert, sondern vielmehr Staaten, die sich von dem Handelsherrunnis betroffen fühlen. Die einsetzende Partei hat nur die Möglichkeit, zu den erhobenen Vorwürfen gehört zu werden, um so eventuell eine Nichtnotifikation zu erreichen. Inhaltlich urnfaßt das Notifikationsverfahren zunächst alle Maßnahmen, die von den multilateralen WTO-Übereinkommen erfaßt sind. Darüber hinaus sind in einer Beispielliste, die der Decision on Notification Procedures als Annex beigefügt ist, eine Reihe spezifischer nichttarifärer Handelshemmnisse aufgeführt, zu denen auch der sogenannte "Government-mandated countertrade" gehört. Nach einer im Jahre 1989 veröffentlichten Übersicht wurden nichttarifäre Handelshemmnisse aller Art im GATT 1947 für insgesamt 65 der damals 86 Vertragsparteien notifiziert und in die entsprechende Liste aufgenommen. 30

111. Bewertung Zur Bewertung der genannten, gerade für nichttarifäre Handelshemmnisse und den Countertrade wichtigen Instrumentarien präventiver Rechtsverwirklichung in der WTO/GATI-Rechtsordnung ist zunächst der Frage der allgemeinen Bedeutung von Überwachungs- und Notifikationsverfahren in internationalen Organisationen nachzugehen. Daß Überwachungs- und Notifikationsverfahren durch internationale Organisationen eine herausragende Bedeutung in der jüngeren Entwicklung des Völkerrechts haben, ist als solches allgemein anerkannt. 31 Erklären läßt sich diese Bewertung anband der Struktur des Völkerrechts als dezentraler Rechtsordnung. Dem Völkerrecht fehlt eine zentrale Rechtssetzungs- und Rechtsdurchsetzungsinstanz, so daß die Staaten als die maßgeblichen Akteure im internationalen System in ihrer Eigenschaft als (bi- oder multilateraler) Rechtssetzungsinstanz gleichfalls die 29 Siehe

hierzu bereits supra 2. Teil,§ 2 B. Übersicht zu den Infonnationen zu nichttarifären Handelshemmnissen der Vertragsparteien (Stand: 10. Aprill989) ist abgedruckt in: BISD 36S/413-416. 3 1 Statt vieler Schreuer, AVR 22 (1984), 363 (402 f.); insbesondere für das Weltwirtschaftsrecht siehe die umfassende Studie von van Dijk (Hrsg.), Supervisory Mechanisms in International Economic Organizations, passim. 30 Die

A. Präventive Rechtsverwirklichung

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Funktion der Rechtsdurchsetzung wahrnehmen. Dieser Umstand, der die Völkerrechtsordnung wesentlich von nationalen Rechtsordnungen unterscheidet, 32 bedingt die Notwendigkeit, noch stärker als im innerstaatlichen Bereich soziologische Aspekte bei der Analyse effektiver Rechtsverwirklichung im internationalen System zu beachten. 33 Im einzelnen zeigt sich hierbei, daß eine Vielzahl verschiedener Determinanten die Rechtsverwirklichung von internationalen Normen bestimmt. Neben uni- und multilateralen Zwangsmaßnahmen34 finden sich eine weitaus größere Zahl von Rechtsverwirklichungsmechanismen, die durch die Ausübung politischen und moralischen Drucks auf Staaten zur Rechtsstabilität im internationalen System beitragen.35 Überwachungs- und Notifikationsmaßnahmen sind aber nicht nur auf diese Aspekte beschränkt; sie tragen entscheidend auch zur internationalen Vertrauensbildung bei, indem eine empirische Überprüfbarkeil gegenseitiger Erwartungshaltungen der Akteure im internationalen System realisiert wird. Weit in die Geschichte zurückverfolgen läßt sich diese vertrauensbildende Funktion zum Beispiel im Bereich der Überwachung von Abrüstungs- und Rüstungsbeschränkungsmaßnahmen.36 Insgesamt läßt sich das Überwachungs- und Notifikationsverfahren durch internationale Organisationen den beiden genannten Funktionskategorien der Schaffung von Rechtsstabilität und der Vertrauensbildung zurechnen, wobei der Schwerpunkt oftmals im vertrauensbildenden Bereich liegt. 37 Genauer zu erklären ist die Bedeutung von Überwachungs- und Notifikationsverfahren gerade in ihrer zentralisierten Ausprägung in internationalen Organisationen anhand zweier Erklärungsmuster der Theorie internationaler Beziehungen. Zunächst zeigen Überlegungen im Rahmen einer "Kosten-Nutzen-Analyse", daß vielfach die Kosten einer völkerrechtswidrigen oder völkerrechtsunfreundlichen Handlung den angestrebten Nutzen deutlich übersteigen können. "Kosten" in diesem Sinne sind sowohl die unmittelbar durch die Völkerrechtsordnung vorgesehenen Sanktionen als auch Ansehensverluste mit weitreichenden politischen Folgen,

32 Zu

den genannten Aspekten allgemein Neuhold, GYIL 19 (1976), 317 (317 ff.). zu diesen Aspekten Blenk-Knocke, Zu den soziologischen Bedingungen völkerrechtlicher Normenbefolgung, passim; siehe auch Bothe, in: Bernhardt (Hrsg.), EPIL Vol. II, 1278 ff.; Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. 1/1, 17 ff. 34 Hierzu gehören Retorsion, Repressalie und Selbstverteidigung als unilaterale oder kollektive Maßnahmen und insbesondere Maßnahmen nach Kapitel VII (Art. 39 ff.) UNCharta, siehe z.B. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. 1/1, 90 ff. 35 Vgl. z.B. Bothe, in: Bemhardt (Hrsg.), EPIL Vol. II, 1278 ff. 36 Hierzu eingehend Delbrück, in: ders. (Hrsg.), Friedensdokumente Bd. 2, 1327 ff. 37Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. 1/1, 93 ff. 33 Grundlegend

142

3. Teil, § 2. Grundzüge präventiver und repressiver Rechtsverwirklichung

die oftmals weitaus ernsthaftere Konsequenzen haben können. 38 Als ein weiterer Erklärungsansatz kann die Spieltheorie in der Form des Prisoners' Dilemma herangezogen werden, deren Aussage zur Notwendigkeit internationaler Kooperation und sie gewährleistender Instrumentarien durch völkerrechtliche Überwachungsund Notifikationsverfahren Rechnung getragen wird. 39 Damit zeigt sich aus der Sicht des allgemeinen Völkerrechts in Verbindung mit der Theorie internationaler Beziehungen, daß Überwachungs- und Notifikationsverfahren zur Rechtsverwirklichung in dem auf Kooperation angelegten internationalen System entscheidend beitragen. Übertragen auf die WTO/GATI-Rechtsordnung läßt sich dieses Ergebnis noch weiter spezifizieren: Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß insb~sondere die dargestellten Mechanismen präventiver Rechtsverwirklichung nicht auf explizit in der WTO/GATIRechtsordnung normierte Regelungsmaterien beschränkt sind. 40 Im Gegenteil, gerade der TPRM und das allgemeine Notifikationsverfahren beziehen sich im wesentlichen auf handelspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten, deren rechtliche Erfassung durch die WTO/GATI-Rechtsordnung zumindest in Zweifel gezogen wird. Insbesondere trifft dieses auf eine große Anzahl nichttarifärer Handelshemmnisse wie den Countertrade zu. 4 1 Damit tragen die Mechanismen präventiver Rechtsverwirklichung zu einer Disziplinierung in den internationalen Handelsbeziehungen bei, die über den durch konkrete Rechtsregeln normierten Ordnungsrahmen hinausgeht. Entscheidend ist insoweit nicht die rechtliche Sanktionsmöglichkeit möglicher Verstöße gegen bestehende Regeln der Welthandelsordnung, sondern vielmehr die Möglichkeit, durch Überwachungs- und Notifikationsverfahren auf die Probleme handelsverzerrender oder handelshemmender einzelstaatlicher Maßnahmen aufmerksam zu machen. Die hieraus folgende Rechtsverwirklichung stellt sich als offener Prozeß dar, wobei die Offenheit aus den nicht determinierten Reaktionsmöglichkeiten folgt, die sich für Handelspartner gegenüber den notifizierten handelspolitischen Maßnahmen ergeben.4 2

38 Hierzu eingehend Neuhold, GYIL 19 (1976), 317 ff.; sowie Bothe, in: Bernhardt (Hrsg.), EPIL Vol. II, 1278 (1281 f.). 39 Zur Anwendung der Spieltheorie in den internationalen Beziehungen siehe Züm, in: Lexikon der Politik, Bd. 6, 502 ff. m.w.N. 40 Anders ist die Situation natürlich für die durch spezielle vertragliche Regelungen begründeten Notifikationspflichten, bei denen die Notifikationspflicht mit einem vertraglichen Ver- oder Gebot korrespondiert. Vgl. hierfür z.B. Art. 25 Agreement on Subsidies and Countervailing Measures. 41 Auf die Bedeutung der Notifikationsregelungen im GATT für diesen Bereich handelspolitischer Maßnahmen weist auch hin Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 304. 42 Hierzu auch Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 303 f.

A. Präventive Rechtsverwirklichung

143

In diesem Zusanunenhang stellt sich die Frage, ob der Gedanke der Rechtsverwirklichung im Überwachungs- und Notifikationsverfahren dadurch gehemmt wird, daß im allgemeinen Notifikationsverfahren die fehlende Präjudizienwirkung der Notifikation ausdrücklich festgelegt ist43 und darüber hinaus sich im TPRM der Hinweis findet, daß rechtliche Konsequenzen aus den Staatenberichten nicht herzuleiten sind. Gerade die Regelung im TPRM führt in der Praxis dazu, daß sich rechtliche Bewertungen handelspolitischer Maßnahmen im Lichte des GATT in den Staatenberichten nicht finden. Vereinzelt wird hierin ein Umstand gesehen, der der effektiven Rechtsdurchsetzung im Welthandelssystem entgegenwirke.44 Eine solche Kritik verkennt jedoch die bereits erwähnte Vielschichtigkeit der Rechtsverwirklichungsmechanismen im internationalen System.45 Primäre Aufgabe. des Überwachungs- und Notifikationsverfahrens als präventives Rechtsverwirklichungsverfahren ist es gerade nicht, zur Rechtsdurchsetzung im engeren Sinne beizutragen. Entscheidendes Wesensmerkmal dieser Verfahren ist vielmehr, die internationale Kooperation im Welthandelssystem zu fördern. Daß hierzu nicht Rechtsdurchsetzungsmechanismen im engeren Sinne erforderlich sind, wurde bereits erwähnt. Darüber hinaus erscheint schon unter rein pragmatischen Gesichtspunkten fraglich, ob die Mitgliedstaaten die weite Palette der vom TPRM und vom allgemeinen Notifikationsverfahren erfaßten handelspolitischen Maßnahmen bedingungslos einer Rechtsdurchsetzungskontrolle unterwerfen würden. Gesichtspunkte vermeintlich entgegenstehender Souveränitätsinteressen müßten insoweit Beachtung finden. In diesem Sinne kann daher das nicht rechtsdurchsetzungsförmige Verfahren der Notifikation und Überwachung als "souveränitätschonendes" Element in der WTO/GATT-Rechtsordnung gewertet werden.46 Daß ein solches Element nicht zwingend die Effektivität einer völkerrechtlichen Rechtsordnung mindert, ergibt sich aus der grundsätzlichen Funktion dieser Verfahren.47 Weiterhin ist zu bedenken, daß die Hinweise auf die fehlende Präjudizienwirkung und die restriktive Handhabung des TPRM zur einzelfallbezogenen Rechtsdurchsetzung Möglichkeiten der repressiven Rechtsverwirklichung nicht verschließen. Im Rahmen des allgemeinen Notifikationsverfahrens ergibt sich dies schon, argumentum e contrario, aus dem Hinweis auf die nicht bestehende präjudizierende Wirkung, demzufolge eine einzelfallbezogene judizierende Entschei43 Siehe Art. I Abs. 2 S. 2 Decision on Notification Procedures (" ... such notification being without prejudice to views on the consistency of measures with or their relevance to rights and Obligations under the Multilateral Trade Agreements .. ."). 44 Qureshi, Journal of World Trade 24 (No. 3, 1990), 147 ff.; ders., Journal of World Trade 26 (No. 6, 1992), 103 ff. 45 Zur Kritik an den Ausführungen von Qureshi siehe auch Abbott, Journal of World Trade, 27 (No. 3, 1993), 117 ff. 46 ln diesem Sinne Benedek, Die Rechtsordnung des GATT, 305. 47 Siehe hierzu auch umfassend van Dijk, GYIL 30 ( 1987), 9 ff.

144

3. Teil,§ 2. Grundzüge präventiver und repressiver Rechtsverwirklichung

dung im vorgesehenen Verfahren bestehen bleibt. Dasselbe Ergebnis ist für den TPRM aufgrund einer teleologischen Rechtsfolgenbetrachtung zu konstatieren: Die im Rahmen des TPRM erstellten Staatenberichte sollen umfassend die handelspolitischen Maßnahmen eines Mitgliedstaates erfassen. Wäre davon auszugehen, daß die Angaben in den Staatenberichten einzelfallbezogene Rechtsdurchsetzungsmöglichkeiten ausschließen, so ergäbe sich kaum mehr eine tatsächliche Möglichkeit der Rechtsdurchsetzung in der WTO/GATI-Rechtsordnung. Eine solche Wirkung kann unter teleologischen Gesichtspunkten nicht durch den TPRM intendiert sein. Damit haben der TPRM und das allgemeine Notifikationsverfahren keinen Einfluß auf die Mechanismen repressiver Rechtsverwirklichung in der WTO/GATI-Rechtsordnung. Insbesondere für nichttarifäre Handelshemmnisse wie den Countertrade stellen sich das allgemeine Notifikationsverfahren und der TPRM also als Instrumente präventiver Rechtsverwirklichung in der WTO/GATI-Rechtsordnung dar, deren Bedeutung sich aus der dezentralen Struktur völkerrechtlicher Rechtssysteme erschließt. In diesem Sinne ist Benedek zuzustimmen, wenn er festhält, daß durch die Überwachungsverfahren . . . sich das GATI eine zusätzliche Ebene der Rechtsdurchsetzung erschlossen [hat]. die durch ein ,weiches Verfahren' (soft procedure) eine umfassende Kontrolle der Einhaltung der Rechtsordnung ermöglicht und somit eine komplementäre Funktion zu den fallbezogenen Instrumenten der Rechtsdurchsetzung wie der Streitbeilegung erfüllt. 48

B. Nichttarifäre Handelshemmnisse und die Mechanismen der repressiven Rechtsverwirklichung I. Repressive Rechtsverwirklichung als Staatenverantwortlichkeit Neben der präventiven kommt der repressiven Rechtsverwirklichung in der WTO/GATI-Rechtsordnung besondere Bedeutung zu. Hierbei ist unter repressiver Rechtsverwirklichung die Summe der Rechtsnormen zu verstehen, deren Anwendung von einer behaupteten Nichtverwirklichung des Rechts abhängt und deren Ziel es ist, die Verwirklichung des Rechts wieder sicherzustellen. Die Bedeutung der repressiven Rechtsverwirklichung ergibt sich aus der allgemeinen Erkenntnis, daß die Verantwortlichkeit für ein Verhalten, das nicht im Einklang mit der Rechtsordnung steht, zu den Verfassungsprinzipien einer jeden Rechtsordnung gehört.49 Die Frage, zu welchen Rechtsfolgen ein im Widerspruch Die Rechtsordnung des GATT, 305. Siehe z.B. jüngst Ginther, in: Ginther!Hafller/Lang u.a. (Hrsg.), FS Zemanek, 335 (336) m.w.N. 48 Benedek,

49

B. Repressive Rechtsverwirklichung

145

zur Rechtsordnung stehendes Verhalten führt, ist insoweit zunächst nebensächlich. Entscheidend ist der dargelegte Grundsatz, der den Verfassungscharakter der Idee repressiver Rechtsverwirklichung als Verantwortlichkeitskonzept hervorhebt. Dementsprechend kann das Konzept der repressiven Rechtsverwirklichung in der WTO/GATI-Rechtsordnung in Anlehnung an das allgemeine Völkerrecht auch als Staatenverantwortlichkeit bezeichnet werden. 50 Aus der Verantwortlichkeitsstruktur des Konzeptes der repressiven Rechtsverwirklichung folgt weiterhin die Relevanz dieses Ordnungsprinzipes für die Frage der Grundstrukturen der Behandlung nichttarifärer Handelshemmnisse in der WTO/GATI-Rechtsordnung. Anders als in den Ausführungen zur präventiven Rechtsverwirklichung dargelegt, zeichnet sich die repressive Rechtsverwirklichung durch das Element des Widerspruches zur Rechtsordnung aus, wobei dieser Widerspruch nicht zwingend in einer rechtswidrigen Situation zum Ausdruck kommen muß. Verantwortlichkeit kann sich ebenso aus rechtmäßigen Situationen ergeben, da auch diese im Widerspruch zur Rechtsordnung stehen können. Dieser Grundsatz kommt insbesondere in der ausgleichenden (kommutativen) Gerechtigkeit zum Ausdruck, bei der jemand von seinem Recht etwas im Interesse eines anderen aufgibt. Auch diese Situation stellt sich als im Widerspruch zur Rechtsordnung stehend dar, auch wenn sie nicht auf Rechtswidrigkeit begründet ist. 51

Im folgenden ist näher zu untersuchen, wie das System repressiver Rechtsverwirklichung mit Blick auf nichttarifäre Handelshemmnisse in der WTO/GATIRechtsordnung normativ ausgestaltet ist. Diese Untersuchung soll aber nicht isoliert für das WTO/GATI-Rechtssystem vorgenommen werden. Gewinnbringend erscheint vielmehr auch ein kurzer Blick auf die Regelungen im allgemeinen Völkerrecht, um hierauf aufbauend die spezifische Ausgestaltung der Staatenverantwortlichkeit im WTO/GATT-System verdeutlichen zu können. II. Grundzüge der Staatenverantwortlichkeit im allgemeinen Völkerrecht Die wesentlichen Elemente repressiver Rechtsverwirklichung finden sich im allgemeinen Völkerrecht im System der Staatenverantwortlichkeit Die völkerrechtliche Staatenverantwortlichkeit umfaßt die Gesamtheit derjenigen Völkerrechtssätze, die die Begründung und Rechtsfolgen im Widerspruch zur Völkerrechtsordnung stehenden Verhaltens von Staaten festlegen. Schon seit langer Zeit ist anerkannt, daß ein im Widerspruch zur Völkerrechtsordnung stehendes Verhalten 50 Zur völkerrechtlichen Terminologie statt vieler lpsen, in: lpsen, Völkerrecht, § 35 Rdnr. 2. 51 Siehe hierzu z.B. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. II, 736; aus völkerrechtlicher Sicht Brownlie, Principles of Public International Law, 444.

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146

3. Teil,§ 2. Grundzüge präventiver und repressiver Rechtsverwirklichung

eines Staates dessen Verantwortlichkeit begründet. Der StiGH stellte hierzu im Jahre 1927 fest: "lt is a principle of international law that a breach of an engagement involves an obligation to make reparation in an adequate form. " 52 Trotz Einigkeit über dieses Grundprinzip leitet sich das Recht der Staatenverantwortlichkeit aufgrund einer fehlenden Kodifikation immer noch zum überwiegenden Teil aus dem Völkergewohnheitsrecht ab. Als Ausdruck dieses Gewohnheitsrechtes kann aber weitgehend der von der ILC bereits verabschiedete Teilentwurf einer Konvention zur Staatenverantwortlichkeit53 dienen. 54 Nach der in der Praxis und im Schrifttum anerkannten Definition des Art. 3 ILC-Entwurf ist der Tatbestand der Staatenverantwortlichkeit erfüllt, wenn (1.) ein Handeln oder Unterlassen einem Staat zuzurechnen ist und (2.) dieses einen Bruch einer völkerrechtlichen Verpflichtung darstellt. 55 Zurechenbarkeit und Rechtsverletzung sind damit konstitutive Elemente der Staatenverantwortlichkeit

1. Verhalten im Widerspruch zur Rechtsordnung Die Verantwortlichkeit im Völkerrecht setzt einen Widerspruch zwischen einer völkerrechtlichen Sollensverpflichtung und einem tatsächlichen staatlichen Verhalten, eine Rechtsverletzung voraus. Die ILC hat dies wie folgt definiert: The breach of the obligation in question lies in the fact that the conduct required of the State by the international obligation and the conduct in which it actually engages do not coincide. 56 Die in dieser Definition genannte Verpflichtung kann sich aus jeder anerkannten Völkerrechtsquelle ergeben. 57 Ausgeschlossen ist die Annahme einer Rechtsverletzung hingegen, wenn sich der handelnde Staat auf einen völkerrechtlichen Rechtfertigungsgrund berufen kann.58 52 Chorz6w Factory (Jurisdiction), PCIJ, 1927, Ser. A, no. 9, S. 21; siehe allgemein auch Brownlie, Principles ofPublic International Law, 434; Jennings/Watts, Oppenheim's International Law, Bd. 111, § 145; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht,§ 1262. 53 YILC 1980, Part II, 2, 30 ff. 54 /psen, in: lpsen, Völkerrecht, § 35 Rdnr. 2. 55 Cheng, General Principles of Law, 170; Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. 1/2, Teil II, Kap. I; Jennings/Watts, Oppenheim' s International Law, Bd. 111, § 146; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, § 1262; lpsen, in: lpsen, Völkerrecht, vor§ 35 Rdnr. 2. 56 YILC 1976, Part II, 2, 69 (78). 57 lpsen, in: lpsen, Völkerrecht, § 36 Rdnr. 45. 58 Hierzu Jennings/Watts, Oppenheim's International Law, Bd. 1/1, § 149; lpsen, in: lpsen, Völkerrecht, § 36 Rdnr. 53 ff. ; Brownlie, Principles of Public International Law, 465 f.

B. Repressive Rechtsverwirklichung

147

Ein weiterer Aspekt, der dem Gesichtspunkt des im Widerspruch zur Rechtsordnung stehenden Verhaltens zuzuordnen ist, betrifft die Frage des Schadens als Voraussetzung der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit. Hier ist weitgehend anerkannt, daß ein materieller Schaden nicht zu den Voraussetzungen der Verantwortlichkeit für Unrechtstatbestände zählt. 59 Dies wurde auch von der ILC in ihrer Arbeit zur Staatenverantwortlichkeit bestätigt.60 Natürlich kann ein Schadenserfordernis jedoch in einzelnen Unrechtstatbeständen des materiellen Rechts normiert sein.61 Obwohl die Staatenverantwortlichkeit im allgemeinen Völkerrecht damit schadensunabhängig begründet wird und dementsprechend weniger an die Durchsetzung subjektiver Rechtspositionen erinnert, als vielmehr an die Verwirklichung objektiven Rechts, sind völkerrechtliche Rechtsbeziehungen primär dem Reziprozitätsprinzip folgend ausgestaltet. Völkerrechtliche Beziehungen entstehen danach grundsätzlich nur in einem bilateralen Verhältnis, so daß irnrner ein subjektives Recht eines konkreten Staates auf Rechtsbefolgung gegenüber einem anderen Staat notwendig ist, um die Staatenverantwortlichkeit zu begründen. 62 Dieser Grundsatz gilt für Rechtsbeziehungen, die sich aus völkergewohnheitsrechtliehen Normen und aus Verpflichtungen aus völkerrechtlichen Verträgen ergeben, wobei selbst bei einem multilateralen Vertrag zunächst von einer (nur) reziproken Erfüllungsstruktur auszugehen ist. Alle Staaten der Welt- und alle Parteien eines multilateralen Vertrages- haben zwar ein Interesse an der Befolgung des Völkerrechts durch andere Staaten, hieraus folgt aber nicht zwangsläufig ein subjektives Recht. Zu einem subjektiven Recht erhärtet sich die Rechtsposition eines Staates erst, wenn er von der Verletzung einer Völkerrechtsnorm betroffen ist. 63 Abweichungen von der Reziprozitätsstruktur völkerrechtlicher Beziehungen gibt es einzig im Bereich der sogenannten erga omnes-Verpflichtungen, worunter diejenigen Normen zu verstehen sind, die gegenüber der gesamten Staatengemeinschaft wirken.64 Über den Inhalt und die Durchsetzung von erga omnes-Normen 59 Statt vieler Verdross!Simma, Universelles Völkerrecht, § 1264; Graefrath, RdC 185 (1984-11), 9 (34). 60 Siehe den Kommentar zu Art. 3 des ILC-Draft in: YILC 1973, Vol. II, 179 (183). 6 1 Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, § 1264 Fn. 10. 62 Zum Reziprozitätsprinzip in den völkerrechtlichen Rechtsbeziehungen statt vieler Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht,§§ 64 ff. 63 Zur Erfüllungstruktur multilateraler Verträge siehe jüngst im Überblick Hahn, Die einseitige Aussetzung von GAlT-Verpflichtungen als Repressalie, 93 ff.; hierzu auch noch eingehend infra 3. Teil, § 3 A IV. 64 Grundlegend hierzu Barcelona Traction Case, ICJ Reports 1970, 32; bestätigt in EastTimor Case, ICJ Reports 1995,90 (102); aus dem Schrifttum siehe statt vieler Frowein, in: Bemhardt/Geck u.a. (Hrsg.), FS Mosler, 241 ff.; Gading, Der Schutz grundlegender Menschenrechte, 130 ff.,jeweils m.w.N.

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148

3. Teil, § 2. Grundzüge präventiver und repressiver Rechtsverwirklichung

bestehen in der völkerrechtlichen Praxis und im Schrifttum zwar noch gewisse Unklarheiten, fest steht aber zumindest, daß sie eine Abkehr von den klassischen bipolaren Rechtsbeziehungen in der internationalen Staatengemeinschaft darstellen65 und damit die übergeordnete Gemeinschaftsbezogenheil einzelner Völkerrechtssätze verdeutlichen. Im Ergebnis ist daher die Möglichkeit gegeben, daß alle Staaten bei der Verletzung von erga omnes-Normen in ihrem subjektiven Recht auf Rechtsbefolgung betroffen sind, so daß sich die Staatenverantwortlichkeit multilateral - und nicht nur bilateral - begründen kann. Neben diesen Grundsätzen der Rechtsverletzung gibt es im Völkerrecht Ansätze, auch aus nicht verbotenem Verhalten in Einzelf

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Staatshandelsorganisationen (STOs) Gemäß § 39 Bundeshaushaltsordnung (BHO) kann der Bund mit Einwilligung des Finanzministers AusfuhrgewährIeistungen übernehmen. Die von der Hermes KreditversicherungsAG verwalteten Ausfuhrgarantien des Bundes können seit 1992 auch für Gegengeschäfte (ausgenommen Barter) vergeben werden.

Gesetze

Die Ennächtigung des § 39 BHO wird ergänzt durch die "Richtlinien für die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen vom 30.12.1983, zuletzt geändert durch Richtlinie am 24.11.1995, erlassen vom Bundesministerium für Wirtschaft i.V.m. Finanzministerium, Auswärtiges Amt und Ministerium ftir wirtschaftl. Zusammenarbeit."

Guidelines

Im letzten Quartal 1994 hatder Bund z.B. für acht Projekte auf Gegengeschäftsbasis im Gesamtwert von ca. 1,22 Milliarden DM die Deckung übernommen. Für weitere drei Projekte (ca. 700 Millionen DM) lagen Stellungnahmen vor. Das Antragsvolumen wuchs bis 1995 auf 5,3 Miliarden DM (54 Anträl!;e).

Ad hoc-Entscheidungen

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Staatsverträge

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Hennes KreditversicherungsAG (Hrsg.), Ausfuhr-GewährleistungenAktuell (AGAReport), Harnburg, Nr. 60 (April 1996); Nr. 44 (August 1993); Nr. 25 (Juli 1990). Hennes KreditVersicherungsAG (Hrsg.), Ausfuhrgarantien und Ausfuhrbürgschaften der Bundesrep. Deutschland, Bericht über das Jahr 1994, S. 8.

Quelle

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WTOMitgliedschaft beantragt (WTOFocus, No. 3, 1995, 5).

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GAlT seit 1950. WTOMitglied.

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Staatshandelsorganisaüonen (STOs)

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Seit 1977 besteht eine gesetzliche Regelung für CTGeschäfte in der "Regulaci6n No. 366". U.a. sind bei Regierungsaufträgen Cf-Angebote einzuhoJen. Im übrigen regelt das Gesetz No. 638-89 v. Oktober 1989 umfassend, unter welchen VorausSetzungen Cf-Geschäfte genehmigt werden.

Durch das Dekret No. 2005 (1984), modifiziert durch das Dekret No. 2725 ( 1985), wurde eine Überwachungsregime für CT-Geschäfte geschaffen.

Gesetze

Guidelines

CT-Lizenzen werden vom Zentrum zur Förderung des Exports (Cedopex) vergeben. Zustimmen müssen auch das Finanzministerium und die Zentralbank. CT-Transaktionen unterliegen der Genehmigung durch das Ministerium für Industrie, Wirtschaft und Integration (MICEI) und der Zentralbank. Das MICE! stellt regelmäßig Listen deljenigen Produkte zusammen, die fürCT-Geschäfte bereitstehen.

Ad hoc-Entscheidungen UNCTAD/ ECDC/200, 120 f.; UNCTAD/ST/ ECDC/32, 38; Verzariul Mitchell, International CounterIrade, 13.

UNCTAD/ ECDC/200, 91 ff.; UNCTAD/ST/ ECDC/32, 39; Verzariul Mitchell, International Countertrade, 13.

Staatsverträge mit Argentinien (1983), Brasilien (1984), Kolumbien (1985) und Venezuela (1984) sind bekannt.

Quelle

Mehrere Staatsverträge mit südamerikanischen Staaten ~ind bekannt.

Staatsverträge

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Staatshandelsorganisationen . (STOs) CT-Geschäfte sind in Art. 9 des Gesetzes über die Reaktivierung des Exports von 1990 geregelt und un!erliegen der Genehmigung durch die Zentralbank.

Gesetze Guidelines

Ad hoc-Entscheidungen

Staatsverträge

UNCTAD/ST/ ECDC/32, 40; Verzariu/ Mitche/1, International Countertrade, 13 f.

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Guidelines

Auf EG-Ebene selbst gibt es keine CT-RegeIungen. Belgien, Dänemark, die Niederlande und Norwegen sind in einem Konsortium zusammengeschlossen, das nach inoffiziellen Quellen von 1980 bis 1987 militärische Offset-Geschäfte im Wert von$ 2,2 Milliarden durchgeftihrt hat. Offset-Geschäfte im militärischen Bereich werden auch von Deutschland, Großbritannien und Griechenland durchgefuhrt.

Ad hoc-Entscheidungen Staatsverträge GATT, TPREC 19911, 134 f.

Quelle

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Staat

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Frankreich

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Staatshandelsorganisationen (STOs) Gesetze

Zuständig für den CT ist die "Direction des Relations Economiques Exterieures" (DREE). die dem Finanzministerium gegenüber verantwortlieh ist. Ihre Aufgabe ist es, Regierung und Private in CT-Angelegenheiten zu beraten. Im allgemeinen unterstützt die Regierung CT-Geschäfte.

Guidelines

Ad hoc-Entscheidungen

Ein Staatsvertrag mit China (1983) ist bekannt.

Seitdem 2. Weltkrieg wurde insbesondere mit den Staaten desehem. Ostblocks ein reger Tauschhandel durch Staatsverträge getrieben.

Staatsverträge

UNCTAD/ST/ ECDC/32, 17 f.

GATI, TPREC 19911, 135; ECFJTrade/ R.536/Add.5, I f.

GATI, TPR Finland 19921, 10 I.

Quelle

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Staat

GAlT seit 1957. WTOMitglied.

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Staatshandelsorganisationen (STOs)

Gesetze

Adhoc-Entscheidungen CT-Geschäfte müssen von der Zentralbank genehmigt werden.

Guidelines

Nach VeJWaltungsvorschriften aus dem Jahre 1983 werden I 0 % der Kakaobohnenernte für den Barter reserviert. Nach Vorschriften aus dem Jahre 1986 unterliegen verschiedene Exportprodukte dem Countertrade. CT-Partner werden bevorzugt behandelt. Bis 1990 sind Kakaobohnen im Wert von ca. $ 200 Mill., Kakaoprodukte im Wert von ca. $ 15 Mill. und Magnesiumerz im Wert von ca. $ 10 Mill. durch BarterGeschäfte abgesetzt worden.

Quelle

GAlT, TPR Ghana 1992 I, 76; UNCTAD/ST/ ECDC/32, 18 f.

Staatsverträge Staatsverträge mit Bulgarien, Algerien, der ehern. DDR und der ehern. UdSSR sind bekannt.

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Griechenland

Staat

GAlT seit 1950. WTOMitglied.

GATI bzw. WTOMitglied

Für den Countertrade zuständig sind die "Intemational Trading Company" (ITCO) und das ,,Department for Promotionof Exports of Products and Services" (DREPS).

Staatshandelsorganisationen (STOs) Gesetze

Guidelines

Bei Regierungsaufträgen wird erwartet, daß ausländisehe Anbieter Cf-Verptlichtungen eingehen. Die Einzellleiten sind mit einer von der Regierung autorisierten Stelle (hierzu ECEffrade/R.5 36/Add.5, 2 f.) oder dem entsprechenden Ministerium abzustimmen.

Ad hoc-Entscheidungen

Staatsverträge

GAlT, TPREC 19911, 136; ECF/Tradel R.536/Add.5, 2f.

Quelle

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GAlT seit 1991. WTOMitglied.

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Staatsbandelsorganisationen (STOs) Durch das .,Decreto del Congreso de Ia Republica No. 2286" i.V.m. der Resolution •.No. 178-86 de Ia Junta Monetaria" wurde ein Überwachungsmechanismus ftir CTGeschäfte geschaffen. Gleichzeitig wurde eine Kommission eingerichtet, die das Winschaftsministerium und die Bank von Guaternala repräsentien und für CT-Geschäfte zuständig ist.

Gesetze

Im Mineralienbereich werden CTGeschäfte als positiv anl!esehen.

Guidelines

Die Regierung entscheidet ad hocüber CTGeschäfte.

Ad hoc-Entscheidungen Staatsverträge

UNCTAD/ST/ ECDC/32, 19 f.

UNCTAD/ ECDC/200, 93 ff.; Verzariul Mitchell. International Countertrade, 14.

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GAlT seit 1966. WTOMitglied.

WTOMitglied.

GAlT seit 1948. WTOMitglied.

Honduras

Indien

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Guyana

Staat

Die "State Trading Corporation of lndia (STC)", die "Minerals and Metals Corporation of India (MMTC)" und andereSTOs betreiben Countertrade in großem Umfang.

Staatshan· delsorganisationen (STOs)

Durch die "Resoluci6n No 220" wurde die Zentralbank zur Genehmigungsbehörde für den Countertrade bestimmt.

Gesetze

Es besteht eine allgemeine Anweisung, nach der CT-Geschäfte bevorzugt behandelt werden sollen.

Die Regierung unterstützt CT-Geschäfte i nsbesondere auf neuen Märkten.

Guidelines

Ein Countertrade-Committee entscheidet über die Transaktionen. CT-Geschäfte unterliegen der Genehmigung durch die Zentralbank oder das Finanzministerium.

Adhoc-Ent· scheidungen Ein Staatsvertrag mit Bulgarien ist bekannt.

Staats· verträge

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Welsh, Mandated Countertrade, 5; Verzariu/ Mitchell, International Countertrade, 27.

UNCTAD/ST/ ECDC/32, 40 f.

UNCTAD/ST/ ECDC/32, 40.

Quelle

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Staatshandelsorganisationen (STOs)

Der Handel des Irak wird fast ausnahmslos durch STOs abgewickelt, die in großer Anzahl CT-Transaktionen vollziehen.

GAIT bzw. WTOMit2lied

GAIT seit 1950. WTOMitglied.

Nicht Mitglied.

lndonesien

Irak

Staat

Gesetze

Bei Regierungsauftliigen über 500 Mill. Rupiah besteht eine CT-Verpflichtung. Das indonesische CTProgramm ist im Schrifttum am ausführliebsten untersucht worden. Es beruht aufVerwaltungsrichtlinien. Siehe ingesamt Fülbier, 258 ff. m.w.N.

Guidelines

Ad hoc-EntScheidungen Staatsvertliige mitdem Iran (1988) und dem Irak (1988) sind bekannt.

Staatsverträge

{:arikci, 39 f.

UNCTAD/ ECDC/200, 32 ff.; Fülbier. 258 ff.; {:arikci, 34 ff.; GATI, TPR lndonesia 1991 I, 96.

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Nicht Mitglied.

GATT seit1962. WTOMitglied.

GATT seit 1950. WTOMitglied.

Staat

Iran

Israel

Italien

Der Handel des Iran wird fast ausnahmslos durch STOs abgewickelt, die auch CT-Transaktionen vollziehen.

Staatshandelsorganisationen (STOs) für ausländische Käufer von Öl, dieses im Iran zu raffinieren.

Ve~pßichtung

Es besteht die

Gesetze

Regelungen zu CTGeschäften finden sich nur in Verwaltungsvorschriften.

Guidelines

DieAbwickJung von CTGeschäften obliegt der "1 ndustial Cooperation Authority (ICA)". einer Abteilung des Industrie- und Handelsministeriums. CT-Transaktionen unterliegen einer staatlieben Genehmil!:ungspflicht.

Ad hoc-Entscheidungen

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Folgende Staatsverträge sind bekannt: Türkei (1986); Brasilien; Syrien; Uruguay.

Staatsverträge

GATT, TPREC 1991 I, 136.

Verzariul Mitchell, International Countertrade, 20.

(:arikci. 38 f.

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Jordanien

Die "Commodity Trading Corporation Ltd." und andere STOs vollziehen CT-Geschäfte.

Staatshandelsorganisationen (STOs)

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GATI seit 1955. WTOMitglied.

Japan

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GATI seit I963. WTOMitglied.

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Staat

Regierungsaufträge im Wert über$ 12 Mill. sind an die Abnahme von Phosphat gebunden.

Gesetze

Entwicklungshilfe wird zum Teil an die Abnahme japanischer Produkte geknüpft. Die Förderung von CT-Geschäften ist offizielle Politik der jordanischen Regierung.

In Latein-Amerika verfügt Jamaika über die liberalste CT-Politik; Restriktionen oder Diskriminierungen sollen nicht vorhanden sein.

Guidelines

CT-Geschäfte unterliegen der Überwachung durch die Bank von Jamaika und dem Ministerium flir Bergbau. Tourismus und Energie.

Ad hoc-Entscheidungen

Staatsverträge

UNCTAD/ ECDC/200, 130 ff.; (:arikci, 41.

GATI, TPR Japan 1992 I, 90; GATI, TPR Japan I990, 194.

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Staat

GATI seit 1963.

GAlT bzw. WTOMit2lied

Staatshandelsorganisationen (STOs)

Gesetze

Guidelines

Es existieren keine speziellen Regelungen. Einzelne CfGeschäfte müssennachden allgerneinen Handelsrichtlinien vom Ministerium für Industrie und wirtschaftliche Entwicklung genehmigt werden.

Ad hoc-Entscheidungen

Staatsverträge

tional Countertrade, 18.

Verzariul Mitche/1, Interna-

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GATI

Es existieren verschiedene STOs ftirden Countertrack

Staatshandelsorganisationen (STOs) Gesetze

Die Regierung hat eine positive Einstellung rum Countertrade.

Guidelines

Für Cf-Geschäfte ist die Zustimmung des Finanzministers oder des Präsidenten erforderlich.

Ad hoc-Entscheidungen Folgende Staatsverträge sind bekannt: Jugoslawien (1982); Pakistan ((987).

Staatsverträge

UNCfAD/ ECDC/200, 14; UNCTAD/ST/ ECDC/32, 20 f.

Quelle

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Nicht Mitglied.

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GAlT seit 1967. WTOMitglied.

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GATT bzw. WTOMit2lied

Staat

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Staatshandelsorganisationen (STOs)

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Gesetze

Im Jahre 1982 wurden vom Handelsministerium die ,,Foreign Trade Management Regulations" erlassen. In ihnen ist eine allgemeine Förderung von CT-Geschäften festgelegt. Gleichzeitig wurde das Countertrade Promotion Committee gegründet. Nach Angaben gegenüber dem GAlT soll es heute keine offizieHe CT-Politik mehrgeben. Nach Regierungsanweisungen besteht für staatliche Unternehmen eine CT-Verpflichtung flir Öl!!eschäfte.

Guidelines

Ad hoc-Entscheidungen UNCTAD/ ECDC/200, 52 ff.; GAlT, TPR Korea 1992 I, 98.

UNCTAD/ST/ ECDC/32, 22 f.

Ein Staatsvertragmit der Türkei aus dem Jahre 1985 ist bekannt.

Quelle

Ein Staatsvetrag existiert mit Taiwan (1985). Er betrifft den CT-Handel mit Früchten und erbrachte 1991 einen Umsatz von $30Mill.

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GATT seit 1964. WTOMitglied.

GATT seit 1957. WTOMitglied.

Malaysia

GATI bzw. WTOMitglied

Malawi

Staat

Staatshandelsorganisationen (STOs)

Gesetze

Die dem Handelsministerium angeschlossene .,Unit Khas Countertrade" hat im Jahre 1983 allgerneine Guidelines herausgegeben, die eine Hilfe ftir private Firmen beim Countertrade sein sollen.

Es existieren Guidelines zur Bewertung von CT-Geschäften.

Guidelines

CT-Geschäfte müssen vom Ministerium für Handel, Industrie und Tourismus genehmigt werden.

Ad hoc-Entscheidungen

Staatsverträge mit Indien (1987), Thailand (1987) und Mexiko sind bekannt.

Staatsverträge

UNCTAD/ ECDC/200, 43 ff. ; (:arikci, 42 f.

Verzariu/ Mitchell, International Countertrade, 21.

Quelle

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Nicaragua

Staat

GAlT seit 1950. WTOMitglied.

GATT bzw. WTOMitglied

Staatshandelsorganisationen (STOs)

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Durch das •.Decreto-Ley No 1139" vom 22. 11.1982 wurde ein Überwachungsregime fiir CT-Geschäfte geschaffen.

Gesetze

Es werden regelmäBig verschiedene CT-Geschäfte und Listen von CT-zugänglichen Produkten veröffentlicht. Die Zentralbank übernimmt Aufgaben bei CT-Geschäften.

Guidelines

Überwachungsbehörde ist die ..Direcci6n General de lntegracion Econ6mica del Ministerio de Cornercio Exterior". Im Jahre 1988 hat diese Behörde ihre Aufgaben auf die Zentralbank übertragen, die nunmehrCTGeschäfte genehmigen muß.

Ad hoc-Entscheidungen

-

Staatsverträge mit Algerien (1984), Mexiko (1987), Brasilien (1984) und Lybien (1985) sind bekannt.

Staatsverträge

UNCTAD/ ECDC/200, 105 ff.; UNCTAD/ST/ ECDC/32, 42; Verzariu/ Mitchell. International Countertrade, 15.

Quelle

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Niederlande

Staat

GATI seit 1948. WTOMitglied.

GATI bzw. WTOMittdied

Staatshandelsorganisationen (STOs)

Gesetze

Es besteht eine Kontaktstelle für CT-Aktivitäten beim Generaldirektor für Außenhandelsbeziehungen im Ministerium für Außenwirtschaft. Die Stelle hat zur Aufgabe, CT-EntwiekJungen zu beobachten, die Regierung diesbezüglieh zu informieren und Informationen an interessierte Untemehmen abzugeben.

Guidelines

Ad hoc-Entscheidungen

Staatsverträge

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ECFJTrade/ R.536/Add.5, 5.

Quelle

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Nigerw

Staat

GATI seit 1960. WTOMitglied.

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Staatshandelsorganisationen (STOs)

Gesetze

Ad hoc-Entscheidungen CT-Geschäfte werden auf einerad hoc Basis vom Randall Committee genehmigt. Nach Angaben gegenüberdem GATI wurden CT-Aktivitäten im Jahre 1985 aufEmpfehJung eines durch die Regierung bestellten Komitees susnendiert.

Guidelines

Es besteht eine interministerielle StelJe fllr den Countertrade ( Randall Comminee). Diese Stelle gibt EmpfehIungen zur nationaJen CT-Politik ab, erstellt Analysen und beriil die Regierung und Privatpersonen.

Staatsverträge mit Brasilien (1984) und Frankreich (1984) sind bekannt.

Staatsverträge

(:arikci, 44; UNCTAD/ST/ ECDC/32, 25; GATI, TPR Nigeria 1991 I, 72 f.

Quelle

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Österreich

Staat

GAlT seit 1951. WTOMitglied.

GATT bzw. WTOMitJdied

Staatshandelsorganisationen (STOs) Es wird ein Zollreduzierung von 4 % beim Import von PKWsgewährt, wenn das durch ein CT-Geschäft vereinbarte Exportvolumen über 18 % des jeweiligen Importvolurnens liegt.

Gesetze

Guidelines

Ad hoc-Entscheidungen Österreich hat in den Jahren 1982 bis 1992 im militärischen Bereich mit 14 Staaten CfVerträge mit einem Gesamtvolumen im Wert von $11,6Milliarden geschlossen. Vertragspanner waren u.a. die Schweiz, Deutschland, Schweden und Frankreich.

Staatsverträge GATT, TPR Austria 19921, 82.

Quelle

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WTOMitgliedschaft be-

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(WTOFocus, No. 3, 1995, 5).

antragt

GATI seit 1948. WTOMitglied.

Pakistan

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GATI bzw. WTOMitglied

Staat

Gesetze

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Es existieren verschiedene STOs für Countenrade-Geschäfte.

Staatshandelsorganisationen .(STOs) Die Regierung unterstützt Cf-Transaktionen durch die STOs. Auch privaten Firmen werden CT-Geschäfte er1aubt.

Guidelines

Staatliche CfGeschäfte sind vornWinschaftsministeriurn zu genehrnigen. Die Regierungsste1Je für den Außenhandel ist für die Genehmigung privater Cf-Geschäfte zuständig. CT-Geschäfte unterliegen zumindest der Genehmigung durch das Winschaftsministeriurn. Einsch1ägige Regelungen hierzu sind aber nicht vorbanden.

Ad hoc-Entscheidungen Staatsverträge

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Verzariul Mitchell. Interna- , tional CounterIrade, 15 f. i

(:arikci, 44 f.; Verzariul Mitchel/, International Countertrade, 28.

Quelle

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Peru

Staat

GAlT seit 1951. WTOMitglied.

GATT bzw. WTOMit2lied

Staatshandelsorganisationen (STOs) Durch das Gesetz No. 24030 (1984) wurde ein Überwachungsregime für CT-Geschäfte begründet. Weiterhin einschlägig sind das .. Decreto Supremo No. 10687-PCM" aus dem Jahre 1984 (verschiedene inhaltliehe Regelungen für CT-Geschäfte) und die "Circular No. 3797-EF/90" aus dem Jahre 1987 der Zentralbank (VerfahrensregeIungen).

Gesetze

Guidelines

müssen vom Wirtschaftsund Industrieministerium genehmigt werden.

Cf-Geschäfte

Ad hoc-Ent· scheidungen Staatsverträge mit Uruguay (1987), Argentinien (1988) und Kuba (1987) sind bekannt.

Staatsverträge

UNCTAD/ ECDC/200, 107 ff.; UNCTAD/ST/ ECDC/32, 42 f.; Verzariul Mitchell. International Countertrade, 16.

Quelle

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Philippinen

Staat

GAlT seit 1979. WTOMitglied.

GATT bzw. WTOMitglied

Die ,.Philipines International Trade Corporation" (PI TC) vollzieht CTGeschäfle, insbesondere die genannten Staarsverträge.

Staatshandelsorganisationen (STOs)

Gesetze

Guidelines

Private CT-Geschäfte müssen vom Handelsministerium und der Zentralbank genehmigt werden.

Ad hoc-Entscheidungen Folgende Staarsvertriige sind bekannt: Süd Korea (1983); Rumänien ( 1990); llaIien. Das Abkommen mit Italien im Wert von $36 Mill . bezieht sich auf Trainingsflugzeuge für die philippinische Luftwaffe.

Staatsverträge

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GATT, TPR Philipines 1993 I, 94; Verzariul Mitchel/, Imemalional CounterIrade, 28 f.

Quelle

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GATT bzw. WTOMit2lied

GAlT seit 1971. WTOMitglied.

GAlT seit 1982. WTOMitglied.

Staat

Rumänien

Sambia

Den STOs sind heute Cf-Geschäfte untersagt, es sei denn, es handelt sich um Regierungsabkommen oder eine staatliehe Genehmigung liegt vor.

Staatshandelsorganisationen (STOs) Für Banktrnnsaktionen im Countertrade-Bereich sind Lizenzen erforderlich.

Gesetze

Es bestehen allgemeine Regierungsrichtlinien, in denen Angaben zur Vertragsgestaltung, zu verfügbaren Produkten etc. enthalten sind. Barter-Geschäfte werden nicht zugelassen.

Guidelines

Ad hoc-Entscheidungen GAlT, TPR Romania 1992 I, 67; Verzariul Mitchell, International Countertrade, 9.

UNCTAD/ ECDC/200, 17 f.; UNCTAD/ST/ ECDC/32, 30 f.; Verzariul Mitchell, International Countertrade, 24 f.

Ein Staatsvertragmit Kuba (1988) ist bekannt. Im Jahre 1989 wurde ein Vertrag mitdem Irak geschlossen, der einen gegenseiligen Güteraustausch jeweils im Wert von $20Mill. vorsieht.

Quelle

Im Jahre 1991 wurde mit Bulgarien ein Vertrag über Countertrade-Geschäfte geschlossen.

Staatsverträge

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Staatshandelsorganisationen (STOs)

Zuständig für den Countertrade ist die SUKAB (Schwedische Außenhandels und Compensation Company), eine Firma, die im Jahre 1940 gegründet wurde und bei der die Regierung 8 % Anteile hält.

GATT bzw. WTOMitglied

WTOMitgliedschaft beantragt (WTOFocus, No. 3, 1995, 5).

GAIT seit 1950. WTOMitglied.

SaudiArabien

Schweden

Staat

Saudi-Arabien verfügt über detaillierte Regelungen für OffsetVerpflichtungen. In vielen Bereieben sind ausländisehe Investoren verpflichtet, Offset-Verpflichtungen einzugehen.

Gesetze

Nach Angaben gegenüber der ECE sieht die schwedisehe Regierung Counterirade als notwendiges Übel an (ECEffrade/ R.526/Add.7, 7).

Guidelines

In jüngster Zeit werden bei Regierungskäufen im militärisehen Bereich CT-Verpflichtungen der ausländischen Vertragspartner verlangt.

Ad hoc-Entscheidungen Staatsverträge

GAIT, TPR Sweden 1990, 149; ECEffrade/ R.536/Add.7, 6 ff.

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Quelle

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GAlT seit 1966. WTOMitglied.

GAlT seit 1948. WTOMitglied.

Simbabwe

GATT bzw. WTOMitglied

Schweiz

Staat

Die ,,Zimbabwe State Trading Corporation" betreibt Countertrade-Geschäfte.

Staatshandelsorganisationen (STOs)

Die Trading Corporation wurde durch ein spezielles Gesetz eingerichtet.

Gesetze

als marktverzerrend an (so die Antwort auf eine Regierungsanfrage vom 15.01.1986). Trotzdem werden im militärischen Bereich Regierungsaufträge verschiedentlich an CT-Verpflichtungen gekoppelt. Countertrade wird offiziell als Ausnahme zum monetären Handel anerkannt.

Die Regierung sieht

er im allgemeinen

Guidelines

CountertradeGeschäfte unterliegen einer ad hocEntscheidungspraxis.

Ad hoc-EntScheidungen

Ein Staatsvertrag mit Tansania (1983) ist bekannt.

Verschiedene Staatsverträge im militärisehen Bereich.

Staatsverträge

UNCTAD/ ECDC/200, 20 ff.; UNCTAD/ST/ ECDC/32, 31 ff. ; Verzariul Mitchell, International Countertrade 25.

GAlT, TPR Schwitzerland 19911,79 f.

Quelle

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GATT seit 1973. WTOMitglied.

GATT seit 1963. WTOMitglied.

Spanien

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GATT bzw. WTO-

Singapur

Staat

Staatshandelsorganisationen (STOs) Im Jahre 1986 wurde ein Gesetz erlassen, nach dem ausländisehen Firmen, die ihre CT-Geschäfte über Singapur abwickeln, für fünf Jahre Steuerfreiheit gewährt wird.

Gesetze

Guidelines

Die spanische Kreditversicherungsanstalt CESCE(Compania Espanola de Seguros de Credito a Ia Exportacion) hat 1993 ein spezielles Programm für die Unterstützung vonCT-Geschäften gestartet. Die spanische Regierung hält 50,25 % der Anteile der CESC1L _ _

Ad hoc-Entscheidungen

Staatsverträge

Financial Times vom 16. Juli 1993: "Spain launches Countertrade lnsurance".

Verzariu/ Mitchell. International Countertrade, 29.

Quelle

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Es existieren verschiedene STOs, u.a. für den Countertrade.

GATT seit 1948. WTOMitglied.

WTOMitgliedschaft beantragt (WTOFocus, No. 3, 1995, 5). Nicht Mitglied.

Südafrilw

Sudan

Syrien, Arabisehe Republik

Staatshandelsorganisationen (STOs)

GATT bzw. WTOMitglied

Staat

Gesetze

Seit 1986 besteht ein Export Committee für den Countertrade als interministerielle Gruooe