Neue Fassaden im Bestand: Sanierungsstrategien für Klassiker der Moderne 9783035619324, 9783035618471

Preserving 20th century icons The worldwide use of building envelopes in steel and glass is one of the characteristic

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German Pages 256 Year 2019

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Danksagung
Einleitung
Das Thema im Kontext der Denkmalpflege
Fallstudien
RESTAURIERUNG
SANIERUNG
ERNEUERUNG
ZUSAMMENFASSUNG
Glossar
selbststänÜber die Autoren
Bildnachweis
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Neue Fassaden im Bestand: Sanierungsstrategien für Klassiker der Moderne
 9783035619324, 9783035618471

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Neue Fassaden im Bestand SANIERUNGSSTRATEGIEN FÜR KLASSIKER DER MODERNE

Neue Fassaden im Bestand SANIERUNGSSTRATEGIEN FÜR KLASSIKER DER MODERNE Angel Ayón | Uta Pottgiesser | Nathaniel Richards

Birkhäuser Basel

Inhaltsverzeichnis

VORWORT

6

DANKSAGUNG

8

EINLEITUNG

14

DAS THEMA IM KONTEXT DER DENKMALPFLEGE

22

FALLSTUDIEN

26

Vorbemerkungen

26

Instandsetzungskategorien

28

Datensynthese

32

Übersicht und Kategorisierung

34

RESTAURIERUNG Villa Tugendhat Brno (Brünn), Tschechische Republik

36

Glass House New Canaan, Connecticut, USA

48

Hallidie Building San Francisco, California, USA

56

Viipuri-Bibliothek Wyborg (Viipuri), Russland

64

Fallingwater Mill Run, Pennsylvania, USA

72

Farnsworth House Plano, Illinois, USA

82

TWA Flight Center Queens, New York, USA

92

SANIERUNG Zeche Zollverein Essen, Deutschland

102

Van-Nelle-Fabrik Rotterdam, Niederlande

114

Haus Hardenberg Berlin, Deutschland

122

De-La-Warr-Pavillon Bexhill-on-Sea, Großbritannien

130

ERNEUERUNG Lever House New York, New York, USA

142

S. R. Crown Hall Chicago, Illinois, USA

150

Kloster La Tourette Éveux, Frankreich

158

Fagus-Werk Alfeld an der Leine, Deutschland

166

Sanatorium Zonnestraal Hilversum, Niederlande 

176

Cité de Refuge Paris, Frankreich

184

Bauhaus Dessau Dessau-Roßlau, Deutschland

196

Solomon-R.-Guggenheim-Museum New York, New York, USA

210

Kunstgalerie der Yale University New Haven, Connecticut, USA

218

ZUSAMMENFASSUNG

226

Überblick über die Instandsetzungsstrategien

226

Allgemeine Empfehlungen

236

Empfehlungen für den Glas-, Fenster- und Fassadenbau

241

GLOSSAR

244

ÜBER DIE AUTOREN

252

BILDNACHWEIS

254

Vorwort

Die Moderne hat das 20. Jahrhundert architektonisch entscheidend geprägt. Die überwältigende Anzahl an Gebäuden weltweit, die der Moderne zuzurechnen sind, ist beeindruckend, auch deshalb, weil im 20. Jahrhundert mehr Bauten errichtet wurden als in allen vorangegangenen Epochen zusammen.1 Von den ersten Beispielen im späten 19. Jahrhundert, deren Stilvokabular sich erst von der klassischen Architektur abzusetzen begann, bis zu ihren bekanntesten Werken nach dem Zweiten Weltkrieg veränderte die Moderne die gebaute Umwelt auf der ganzen Welt wie keine andere Ära der Zivilisation zuvor. Viele dieser Gebäude stehen heute allerdings in der Kritik, vor allem im Zuge aktueller Diskussionen über die Nachhaltigkeit in Verbindung mit den Belangen des Denkmalschutzes und der Bewahrung des kulturellen Erbes. Nicht zuletzt erzeugt die globale Herausforderung des Klimawandels einen steigenden Druck, die Energieeffizienz der gebauten Umwelt deutlich zu erhöhen. Neben bemerkenswerter Quantität und kultureller Bedeutung sind auch geringe Leistungsfähigkeit, minderwertige Ausführung und begrenzte Lebensdauer regelmäßig Kennzeichen moderner Gebäude. Meistens beziehen sich die Schwachpunkte auf ein einzelnes Gebäudeelement, das zweifellos zu den herausragenden Merkmalen moderner Architektur zählt – die Gebäudehülle aus Glas. Infolgedessen ist eine wachsende Dringlichkeit zu verzeichnen, unerwünschte Zustände der Rahmen, Verglasungen und untergeordneten Komponenten moderner Gebäudehüllen aus Glas zu beseitigen. In diesem Buch werden verschiedene Sanierungsstrategien beschrieben und bewertet. Für Materialien und Konstruktionen aus früheren historischen und architektonischen Epochen existieren in der Wissenschaft wie auch in der beruflichen Praxis seit Jahrzehnten gut etablierte Kriterien für die Diagnose von Schäden und die Ausführung von Interventionen. Im Gegensatz dazu gibt es für die Moderne kaum bewährte Richtlinien, die durch erprobte Praktiken bestätigt wären und helfen könnten, die Angemessenheit früherer Maßnahmen zu bewerten oder Ausführende bei aktuellen oder zukünftigen Projekten bei der Sanierung moderner Gebäudehüllen aus Glas zu leiten. Diese Publikation ist die erste, die in kritischer Bewertung verschiedene methodische Ansätze und Sanierungsstrategien für Gebäude der Moderne zusammenstellt und an Beispielen unterschiedliche Vorgehensweisen darlegt. Ziel ist es, eine Informationslücke innerhalb des Berufsstandes zu schließen und Leitfäden für die Erneuerung moderner Gebäudehüllen aus Glas zu definieren. Die Forschung, die diesem Buch zugrunde liegt, wird anhand von 20 Fallstudien dargelegt, neun in den USA und elf in Europa, die zusammen ein breites Spektrum an Bautypologien und -maßnahmen an einfach verglasten Stahlrahmenvorhangfassaden und Fensterfassadenkonstruktionen aufwei-

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sen. Die meisten Gebäude, die die Fallstudien behandeln, wurden in den letzten zehn bis 15 Jahren aus unterschiedlichen Gründen und Motiven instand gesetzt. Die damit verbundenen Baumaßnahmen werden in diesem Buch allgemein als Restaurierung, Sanierung oder Erneuerung bezeichnet. Die Kategorisierung der Baumaßnahmen und der mit ihnen verbundenen Ziele – wie z. B. steigende Anforderungen an Energieeffizienz oder Komfort, Sicherheitsaspekte, Funktionsänderungen und neue Nutzungen, Materialverschleiß sowie Maßnahmen der Denkmalpflege und zum Erhalt von Kulturgütern – sind Teil einer allgemeinen Diskussion im Abschnitt „Die Instandsetzungskategorien“, der den einzelnen Fallstudien vorausgeht. In jeder Fallstudie beleuchtet das Buch anhand einer Baurecherche und mittels Illustrationen, welche Relevanz die Gebäudehülle für die kulturelle Bedeutung des jeweiligen Gebäudes hat und welche konkreten baulichen Bedingungen vor und nach den Baumaßnahmen gegeben waren. Jede Fallstudie nimmt in den Schlußfolgerungen eine Bewertung der erreichten Ergebnisse vor. Die gestalterische und konstruktive Bandbreite an Gebäudehüllen der Moderne ist ein viel zu breites Thema für nur ein Buch. Aus diesem Grund wurden repräsentative Fallstudien ausgewählt. Die Auswahlkriterien werden in einem eigenen Abschnitt vor den Fallstudien erläutert. An dieser Stelle wird dargelegt, warum sich das Buch auf stahlgerahmte Gebäudehüllen der Moderne konzentriert. Die Architektur der Moderne weist eine große Vielfalt an verglasten Konstruktionen auf, bei denen neben Stahlrahmen Rahmen aus Holz oder Rahmen aus anderen Metallen (wie Aluminium, Bronze oder sogar andere Stahlsorten, wie Edelstahl oder bewitterter Stahl) zum Einsatz kamen. Die am häufigsten anzutreffenden Konstruktionen an niedrigen, einzelstehenden und kulturell bzw. architekturhistorisch bedeutsamen Gebäuden der Moderne sind jedoch solche, bei denen Baustahl verwendet wurde. Eine weitergehende Erforschung von Sanierungsstrategien für anderer Arten von Gebäudehüllen der Moderne steht bisher noch aus und würde ausreichend Material für weitere Publikationen liefern. Wir hoffen, dass dieses Buch das erste seiner Art in einer Reihe sein wird, die in der Zukunft die zahlreichen architektonischen, konstruktiven und baulichen Fragen beantwortet, die für verglaste Gebäudehüllen aus den anderen Materialien spezifisch sind. In der Zusammenfassung finden sich neben kritischen Schlussfolgerungen auch Hinweise auf neue Trends, die sich aus der Analyse der Fallstudien ergeben. Es werden Themen aufgeführt, bei denen zusätzlicher Forschungsund Entwicklungsbedarf besteht, wie z. B. neue, äußerst leistungsfähige Produkte, die von der Industrie in jüngerer Zeit auf den Markt gebracht wurden und die auch eine Reaktion auf die speziellen Herausforderungen bestehender Gebäude darstellen, wie sie im Zuge der Untersuchung der hier vorgestellten Fallstudien herausgearbeitet wurden. Relevante bibliographische Informationen werden ebenfalls bereitgestellt, so dass der Leser jede Fallstudie selbstständig weiterverfolgen kann. Wir hoffen, dass die Analysen und die Bewertungskriterien in dieser Publikation sowohl für Fachleute als auch für Studenten und interessierte Laien von Nutzen sind, und dass die graphischen Informationen und unterstützenden 3D-Modelle, die online unter ReglazingModernism.com verfügbar sein werden, auf das Interesse eines breiteren Publikums stoßen.

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ANMERKUNGEN 1 Diese Einschätzung formuliert DOCOMOMOMitbegründer Wessel de Jonge in „Sustainable renewal of the everyday Modern”, Journal of Architectural Conservation 23, Nr. 1/2 (2017): S. 62–105, DOI: 10.1080/13556207.2017.1326555555.

Danksagung

Die Forschung, die diesem Buch zugrunde liegt, wäre nicht möglich gewesen ohne die großzügige Unterstützung der James Marston Fitch Charitable Foundation, die mit der Vergabe des James Marston Fitch Mid-Career Fellowship 2015 an Angel Ayón einen entscheidenden Beitrag zu diesem Projekt geleistet hat. Während der Einreichung des Förderantrags war Seri Worden Geschäftsführerin des Unternehmens. Seit der Vergabe des Stipendiums hat Cristiana Peña diese Funktion übernommen. Angel Ayón ist dankbar für die freundlichen Unterstützungsschreiben von Nina Rappaport und Kyle Normandin sowie von Pamela Jerome, die ihn seit seiner Studienzeit im Historic Preservation Program der Columbia University und auch später in dem Architekturbüro, in dem sie als Partnerin tätig war, als Mentorin unterstützte. Angel Ayón ist auch zutiefst dankbar für die Förderung und Unterstützung, die er über viele Jahre von Theo Prudon und dem verstorbenen Robert Silman erhielt. Beide sind Vorstands­ mitglieder und wurden von der Fitch Foundation mit der Beratung des Forschungsprojekts beauftragt. Die Autoren bedanken sich bei DOCOMOMO International, APTi und deren Mitgliedern für die Unterstützung in der Vorbereitung der ursprünglichen Manuskripte, auf denen dieses Buch basiert. Die dadurch mögliche Sichtung von Publikationen, Besuche von Symposien und Besichtigungen vor Ort bedeuteten inhaltlich und praktisch Zugang zu neuem Input. Die Autoren möchten sich ebenfalls bei der Leitung des Facade Tectonics Institute (FTI) dafür bedanken, dass sie die vorläufigen Forschungsergebnisse dieses Buches auf dem Facade Tectonics World Congress 2016 (10.–11. Oktober 2016 in Los Angeles, Kalifornien, USA) vorstellen konnten. – Laura   Boynton, LEED AP, Assoc. AIA, unternahm eine sorgfältige Überprüfung und Bearbeitung des gesamten englischsprachigen Manuskripts, die über das einfache Korrekturlesen und eine Grammatikprüfung weit hinausging. Ihre wertvollen Anmerkungen und ihr Fachwissen in Bezug auf Denkmalschutz und Gebäuderenovierung leisteten einen wesentlichen Beitrag zur Genauigkeit, Vollständigkeit und argumentativen Stringenz der im Buch enthaltenen Ideen und Aussagen. Ohne ihre Gründlichkeit und ihren Einsatz hätten die hier dargelegten Forschungsergebnisse nicht zu diesem Buch geführt.

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– Nicholas Gervasi, der zwischen 2015 und 2017 für das AYON Studio tätig war, führte wichtige Vorrecherchen durch, indem er relevante Publikationen zur Geschichte, kulturellen Bedeutung und zu den Umbaumaßnahmen der in dieser Publikation analysierten Gebäude sichtete. Sanika Kulkarni vom AYON Studio führte zusätzliche Recherchen zu verschiedenen Fallbeispielen durch, einschließlich des De-La-Warr-Pavillons. Joseph Gravius vom AYON Studio erstellte die 3D-Modelle für das Hallidie Building, die Van-Nelle-Fabrik, das Sanatorium Zonnestraal und half bei der Sicherung der Urheberrechte für die im Buch verwendeten Fotografien. Ernesto Anton, ehemals AYON Studio, fertigte die 3D-Modelle für den De-LaWarr-Pavillon und das Lever House an, und Carlos Rodriguez Estevez vom AYON Studio arbeitete an den 3D-Modellen der Zeche Zollverein, von Falling­water, dem Fagus-Werk und des Bauhauses Dessau, Tomas Fernandez Jer vom Atom-Studio an denen der Cité de Refuge und der Villa Tugend­hat sowie an der Fertigstellung der Zeichnungen. – Christine Naumann von der TH OWL in Detmold half bei den Recherchen zu den ausgewählten europäischen Gebäuden. Alexis E. (Lexy) Raiford von der University of Florida College of Design, Construction, and Planning leistete Beiträge zur 3D-Modellierung während ihres Praktikums an der TH OWL in Detmold. Anica Dragutinovic half bei der Recherche und 3D-Modellierung der Villa Tugendhat während ihres Praktikums an der TH OWL. Tavishi Rana und Deepak Singh Dhami, Studierende der TH OWL, erstellten die 3D-Modelle für die Viipuri-Bibliothek, die Cité de Refuge, das Kloster La Tourette und das Haus Hardenberg. – Alexander Severin, ein New Yorker Architektufotograf, bearbeitete die meisten der Fotografien in diesem Buch, darunter alle Aufnahmen von Angel Ayón. Eigentümer und Verwalter der in die Forschung einbezogenen Gebäude lieferten wertvolle Informationen über den früheren und/oder heutigen Zustand und ermöglichten uns den Zugang zu den Gebäuden, um den gegenwärtigen Zustand zu bewerten. Einen besonderen Dank möchten die Autoren an dieser Stelle folgenden Personen aussprechen (aufgelistet in der Reihenfolge der Zusammenarbeit mit den Autoren): – Les Hinmon von AM Universal; Jim Wilcox, Joni Cross und Jon Copaken von Copaken Brooks; Jay Tomlinson vom Büro Helix Architecture + Design­, Inc.; R. Jones von SE Associates in Kansas City, Missouri, USA, für die Bereitstellung von Zeichnungen früherer Instandsetzungsarbeiten am Boley Building, die bei der Bestimmung der ursprünglichen Details der Glasfassade sowie der bereits restaurierten Gusseisen- und Neuverglasungsarbeiten äußerst hilfreich waren; Keith Eggener von der University of Oregon,

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der einen Artikel über das Boley Building veröffentlichte, welcher wertvolle Einblicke in frühere Instandsetzungsmaßnahmen am Gebäude lieferte; Michael Sweeney vom Forschungszentrum der State Historical Society of Missouri in Kansas City leistete ebenfalls einen wichtigen Beitrag, indem er Forschungsergebnisse über das Boley Building zur Verfügung stellte, die zwar letztendlich nicht im Buch enthalten sind, aber bei der Untersuchung eine wichtige Fallstudie für die Vorbereitung auf das Buch darstellt. – Deena   Boatman, Koordinatorin des Farnsworth House, die bei der Organisation des Besuchs von Angel Ayón im Haus in Plano, Illinois, USA, behilflich war, sowie Maurice D. Parrish, Geschäftsführer des Hauses, der nach der Besichtigung vor Ort wertvolle Erläuterungen zu früheren Arbeiten und aktuellen Plänen für das Haus gab; zwei Architekturstudenten, die Angel Ayón, seiner Frau und ihrem Freund großzügig Zugang zur S. R. Crown Hall in Chicago, Illinois, ermöglichten, obwohl diese an dem Tag für die Öffentlichkeit geschlossen war. – Mary   Kay Judy, die dabei half, Angel Ayón mit den wichtigsten Mitarbeitern des Glass House von Philip Johnson in New Canaan, Connecticut, USA, zusammenzubringen; Reiseleiter Troyce Smith, der bei der Besichtigung des Hauses und bei verschiedenen Fragen darüber zur Seite stand; Geschäftsführer Greg Sages mit Unterstützung von Kate Lichota, Museumspädagogin und Webadministratorin, sowie Brendan Tobin, Gebäude- und Grundflächenverwalter, waren ebenfalls sehr hilfreich mit ihren gründlichen und durchdachten Antworten auf unsere zahlreichen Fragen. – Die   Museumsführerinnen in Fallingwater Ute-Jutta Crooks und Denise Miner, die bei der Organisation des Besuchs von Angel Ayón mit der verantwortlichen Leiterin McKenna Vargo sowie mit Roy Young, Ashley Andrykovitch, Scott Perkins, Clinton Piper, Megan Myers und Roxanne Barnett halfen; Scott W. Perkins, Konservator des Fallingwater Hauses, gab wertvollen Aufschluss über die neuen Fenster, die im Rahmen der laufenden Austauscharbeiten durch den Window Legacy Fund zum Einsatz kommen. – Richard   W. Southwick, FAIA, vom Büro Beyer Blinder Belle Architects & Planners LLP (BBB) und Charles W. A. Kramer, AIA, LEED AP von CANY, ehemals BBB, die wertvolle Informationen über die Renovierung des TWA Flight Center am JFK Airport in New York, USA, zur Verfügung stellten. – Eduardo   Faingold, der Angel Ayón, seiner Frau und Tochter freundlicherweise erlaubte, während ihres Besuchs an der Yale University Art Gallery in New Haven, Connecticut, USA, in seiner Wohnung zu wohnen. Brenne und Franz Jaschke von der Brenne Architekten Gesell  – Winfried schaft von Architekten mbH in Berlin, die Angel Ayón in ihrem Büro emp-

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DANKSAGUNG

fingen, um über ihre Arbeit zum Fensteraustausch im Bauhaus zu berichten und die Ansprechpartner bei vorhergehenden Publikationen von Uta Pottgiesser waren; Monika Markgraf, die bei der Organisation seines Besuchs im Gropius-Gebäude in Dessau-Roßlau half. – Nadine   Gebauer, verantwortlich für Marketing am zum Weltkulturerbe gehörenden Fagus-Werk, die den Besuch von Angel Ayón in Alfeld an der Leine koordinierte. Dank gebührt auch den Mitarbeitern des Besucherzentrums und des Ladens, die beim Besuch mit seiner Frau und Tochter so flexibel, freundlich und hilfsbereit waren.   Conny Rijbroek und Koordinator Erich Nagel, der Angel Ayón, – Manager seiner Frau und der Tochter beim Besuch des Sanatoriums Zonnestraal in Hilversum, Niederlande, unterstützte, sowie Jan Schriefer, der während des Besuchs eine beeindruckende Führung durch das Gelände bot. – Wessel de Jonge nahm sich dankenswerterweise die Zeit, Angel Ayón und   seine Familie während ihres Besuchs der Van-Nelle-Fabrik in Rotterdam, Niederlande, zu empfangen. Seitdem sie sich 2004 in New York City kennengelernt haben, ist Wessel de Jonge durch seine Arbeit, seine Publikationen und den Wissensaustausch mit ihm für Angel Ayón eine Quelle der Inspiration und ein Mentor.   Gallo, die zusammen mit Vanessa Fernandez zwei der Artikel – Emmanuelle verfasst hat, auf die in der Bibliographie über die Cité de Refuge der Heilsarmee in Paris verwiesen wird, und die Angel Ayón bei der erneuten Kontaktaufnahme mit Vanessa Fernandez unterstützte, welche wertvolles Bildmaterial über die ursprünglichen, erneuerten und aktuell bestehenden Fenster und Fensterelemente der Vorhangfassaden des Gebäudes lieferte. – Vanessa Fernandez war so freundlich, Informationen aus ihrer Dissertation   und den im Buch zitierten Artikeln über das Kloster La Tourette und die Cité de Refuge sowie weitere Details und Aufnahmen zur Verfügung zu stellen und ihre Gedanken über die Renovierungsprozesse, den Stand der Forschung und die Ansätze in der Denkmalpflege mit Uta Pottgiesser zu teilen.   Mustonen und Maija Kairamo vom Finnischen Ausschuss für die – Tapani Restaurierung der Viipuri-Bibliothek bei der Alvar-Aalto-Stiftung haben Uta Pottgiesser in zahlreichen Gesprächen und bei einer Besichtigung im Jahr 2012 im Rahmen der internationalen DOCOMOMO-Konferenz detailliert und umfassend über die Besonderheiten des Restaurierungsprozesses der Bibliothek informiert und immer wieder Unklarheiten über die originale Ausführung und Zuständigkeiten beseitigt.

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– Hans   Krabel vom Büro Heinrich Böll Architekten in Essen nahm sich die Zeit, Uta Pottgiesser für frühere Vorträge und Artikel die verschiedenen Instandsetzungs- und Erneuerungsmaßnahmen auf der Zeche Zollverein zu erklären. – Die   Firma Montag GmbH in Biberach, die die Sanierung bzw. Erneuerung der Fassaden durchführte, hat Uta Pottgiesser für Vorträge und Artikel mehrere Fotos und Zeichnungen des Hauses Hardenberg zur Verfügung gestellt. Drew, Direktor und Hauptgeschäftsführer des De-La-Warr-Pavil– Stewart   lons in Bexhill-on-Sea, Großbritannien, und Jo Beattie, Assistent der Geschäftsleitung, die Angel Ayón bei den Vorbereitungen für den Besuch des Gebäudes unterstützten; Adam Brown, früher bei John McAslan, der wertvolle Informationen über frühere Umbaumaßnahmen lieferte; Sean Albuquerque, Direktor des ABQ Studio Chartered Architects in Brighton, Großbritannien, und ebenfalls Vorstandsmitglied des De La Warr Pavilion Charitable Trust und Verwalter des nahegelegenen Serge-ChermayeffHauses, der Angel Ayón dabei unterstützte, die Geschichte und Entwicklung des Gebäudes sowie den Umfang und die Reichweite früherer Instandhaltungsmaßnahmen zu verstehen; Jasper Goldman, der es organisatorisch ermöglichte, dass Angel Ayón und seine Familie in der Wohnung seiner Mutter Connie im Marine Court in St. Leonard übernachten konnten, einem Gebäude in Gestalt eines majestätischen und modernistischen Ozeanriesens, das sich ein paar Meilen östlich von Bexhill-on-Sea befindet. – Iveta   Černá, Direktorin des Museums Villa Tugendhat, und Barbora Benčiková vom Study and Documentation Centre Villa Tugendhat haben wertvolle Informationen und das Bildmaterial von David Židlický zur Verfügung gestellt und Uta Pottgiesser ständig für Rückfragen zur Verfügung gestanden.   Ayón Beato und Jesús Torriente Palma unterstützten Angel Ayón – Aristónica bei der Überarbeitung des Textes in der Anfangsphase der Vorbereitung zur Veröffentlichung. Angel möchte seiner Familie für ihre Hilfe, Liebe und Unterstützung über all die Jahre hinweg danken – es bedeutet ihm unendlich viel. An jede einzelne der oben genannten Personen und die zahlreichen Personen und Organisationen, die Bilder zur Verfügung gestellt haben, welche ins Buch aufgenommen wurden: Wir danken Euch!

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DANKSAGUNG

Zu guter Letzt ein herzliches Dankeschön an Angels Frau Sarah White-Ayón, die nicht nur mit Angel und Tochter Pilar auf mehrere Exkursionen durch Europa und die USA mitgekommen ist, sondern auch erste Versionen des Manuskripts Korrektur gelesen hat und Angel mit all der Liebe und Unterstützung bedacht hat, die er benötigte, als er viele Nächte und Wochenenden fern von seiner Familie mit der Vorbereitung dieser Publikation verbrachte.

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Einleitung

Die Verwendung von metallgerahmten Glasfassaden ist eines der herausragendsten Merkmale der Architektur der Moderne. Die frühen Glaskonstruktionen der Moderne, die auf dem neuartigen Ansatz beruhten, bei dem die tragende Gebäudestruktur unabhängig wurde von nicht tragenden Fassaden, waren das Ergebnis neuer Materialien und Herstellungsverfahren, die Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts aufkamen, wie beispielsweise Stahlbeton, warmgewalzte Stahlprofile und Flachglas.1 Die Verfügbarkeit und die relativ niedrigen Kosten dieser neuen Materialien in Kombination mit der Attraktivität ihrer architektonischen Eigenschaften  –  z. B. „Schlankheit“, „Transparenz“ und „Leichtigkeit“   –   ermöglichten die Konstruktion völlig neuer Systeme für Gebäude­hüllen. Dazu gehören große Fensterbänder sowie Fensterwände und Vorhangfassaden, die im Laufe des 20. Jahrhunderts von Architekten und Baumeistern der Moderne häufig eingesetzt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte die Entwicklung weiterer neuer Verfahren (z. B. Floatglas-, Messing- und Aluminiumprofile) in Verbindung mit der Notwendigkeit, Stadtzentren wiederaufzubauen oder zu erneuern, weltweit zu einem verstärkten Einsatz von modernen Glasfassaden und gläsernen Gebäudehüllen. Mittlerweile, also zu Beginn des 21. Jahrhunderts, werden einfach verglaste Bauteile aus der Vor- und Nachkriegszeit als charakterbestimmende Merkmale der Moderne angesehen. Parallel zu der Anerkennung ihrer kulturellen Bedeutung steht allerdings die Erkenntnis und der Druck, dass ihre bauklimatischen Leistungen unzureichend sind. In jüngster Zeit standen Bemühungen um die Erhaltung oder Nachrüstung moderner Glasfassaden im Vordergrund von Debatten über das Verhältnis von Immobilienmarktentwicklung und Denkmalschutz, auch hinsichtlich der Zukunft dieser Bauteile in Anbetracht der Konkurrenz durch neue leistungsfähigere Gebäude. Es wurde sogar die unangebrachte Meinung geäußert, dass die schlechte bauklimatische Leistung verglaster Bauwerke der Moderne eher einen Abriss als eine Erhaltung rechtfertige.2 In den letzten Jahren ist jedoch eine wachsende Wertschätzung für die Architektur der Moderne als eine der bedeutendsten baukulturellen Leistungen des 20. Jahrhunderts zu verzeichnen. Gleichzeitig wächst die Erkenntnis und der Druck, dass angesichts voranschreitender negativer Auswirkungen des Klimawandels Umweltbelastungen durch bestehende Gebäude reduziert werden müssen. Zu den bisher vielversprechendsten Bemühungen zur weltweiten Bekämpfung des Klimawandels zählen die Beschlüsse der Klimakonferenz der Vereinten Nationen, besser bekannt als COP21, die im Herbst 2015 in Paris stattfand. Hier wurde ein ehrgeiziges internationales Abkommen ausgearbeitet, um die globale Erwärmung auf „deutlich unter“ 2 °C (und wenn

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Der ehemalige Hauptsitz der Bergbau-Produktionsbank in Belo Horizonte, Minas Gerais, Brasilien (Oscar Niemeyer, 1953). Die originalen Stahlrahmenglasfassaden sind reparaturbedürftig, Bedienbarkeit und Raumkomfort müssten ebenfalls verbessert werden, 2008.

Der Planalto-Palast, das Präsidialbüro in Brasilia, Brasilien (Oscar Niemeyer, 1960). Blick auf die Stahlrahmenglas­ fassaden und die angrenzende Rampe sowie das Dachtragwerk, 2008.

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Das JK-Gebäude in Belo Horizonte, Minas Gerais, Brasilien (Oscar Niemeyer, 1959). Trotz des starken Verfalls weisen die Stahlrahmenfassadenelemente noch die unterschiedlichen Glastypen in den Brüstungsflächen sowie in den Sichtbereichen und an den Kämpfern auf, 2008.

Das Gebäude Anexo IV der Abgeordnetenkammer in Brasilia, Brasilien (Oscar Niemeyer, 1977). Fast 20 Jahre nach dem Bau der ersten Ministerialgebäude in Brasilia (die meist Stahlrahmenfassaden hatten) wurden für die Nordfassade des Anexo IV messingfarbene Aluminiumprofile, Sicherheitsglas sowie verstellbare Verschattungselemente (Brise Soleils) aus Aluminium verwendet. Der von der Fensterbauindustrie vollzogene Wandel zu Aluminiumrahmenkonstruktionen wird hier sichtbar, 2013.

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EINLEITUNG

Die Van-Nelle-Fabrik in Rotterdam, Niederlande (Brinkman & Van der Vlugt, 1931). Die originale Stahlrahmenvorhangfassade mit ihrer charakteristischen Transparenz und Modernität nach der Sanierung, 2005.

möglich unter 1,5 °C) im Vergleich zu Temperaturen aus der vorindustriellen Zeit zu begrenzen, was bis 2050 einen Netto-Treibhausgasausstoß von null erfordern würde.3 Um dieses Ziel zu erreichen, muss auch der Energieverbrauch im Gebäudebereich deutlich reduziert werden. Der massive Druck, der von der drohenden Erderwärmung ausgeht, hat Initiativen wie die 2030 Challenge in den USA auf den Plan gerufen, die darauf abzielt, bis 2030 nicht nur neue Gebäude und Gebäude­ensembles, sondern auch größere Sanierungsprojekte CO2-neutral zu re­alisieren.4 In Europa enthält die 2002 erstmals vorgestellte und 2018 aktualisierte Europäische Gebäuderichtlinie über die Gesamtenergieeffizienz (EPBD) staatlich vorgeschriebene Anforderungen zur Verbesserung der Energieeffizienz bestehender Gebäude. Die Definition eines Weges zur Erreichung eines „in hohem Maße energieeffizienten und dekarbonisierten Gebäudebestandes“ ist eine wesentliche Säule der überarbeiteten EPBD.5 Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Mehrheit des Gebäubestandes von einer hohen Energieineffizienz auf einen nahezu Null-Energieverbrauch umgestellt werden.6 Um die Fortschritte bei der Erreichung dieser Umweltziele zu überwachen, beobachtet das EU Building Stock Observatory die Gesamtenergieeffizienz bestehender Gebäude in ganz Europa.7 Die Institution überwacht auch die Umsetzung der Richtlinien in den Mitgliedstaaten und dokumentiert politische Misserfolge und Erfolge in der gesamten EU.8 In den USA existieren vergleichbare Normen für die Planung energieeffizienter Gebäude: die Norm 90.1 (1975 eingeführt und 2016 aktualisiert) der American Society of Heating, Re­frigerating and Air-Conditioning Engineers (ASHRAE), das LEEDProgramm des US Green Building Council (1993 eingeführt), die Whole Building Design Guide­lines (1997 eingeführt und 2002 aktualisiert) des National Institute of Building Sciences (NIBS) sowie andere Initiativen für klimaneutrales Bauen.9 Diese Nichtregierungsorganisationen haben freiwillige Leistungsanforderungen aufgestellt, die nicht so restriktiv sind wie die europäischen Pendants mit ihren jeweiligen nationalen Standards. Die zunehmend strengen Leistungsanforderungen haben weniger effiziente Bauten innerhalb des Bestandes, insbesondere solche, die über großflächige Verglasungen verfügen, in den Vordergrund gerückt. Darüber hinaus

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haben viele lokale Bauvorschriften ihre eigenen, unterschiedlichen Konformitäts- und Eignungsanforderungen in Bezug auf Sicherheit und Energieeinsparung an historischen Gebäuden festgesetzt. Somit wuchs die Dringlichkeit, die Möglichkeiten für die Instandsetzung von Glasfassaden aus der Vor- und Nachkriegszeit auszuloten. In der Folge ist die Renovierung von Glasfassaden der Vor- und Nachkriegsmoderne zu einem neuen Spezialgebiet innerhalb der Denkmalpflege und Fassadenplanung sowie in der Architektur und Ingenieurtechnik geworden. Bislang konzentrierten sich fachliche Betrachtungen vor allem auf die Geschichte, Dokumentation und Interpretation der Ästhetik der Moderne.10 Darüber hinaus gibt es Diskussionen über die Anwendbarkeit etablierter Denkmalschutzprinzipien auf die Architektur der Moderne sowie über andere konzeptionelle Themen wie Authentizität, Erhaltung historischer Bausubstanz und ursprüngliche Entwurfsabsicht.11 Zu technischen Fragen, die sich damit befassen, wie Umweltbelange und Denkmalschutz miteinander in Einklang gebracht werden können, oder zu der gesamten Palette von Optionen, die zur Verfügung stehen, um das Erscheinungsbild alternder, metallgerahmter Glasfassaden aufzuwerten, ihre Gesamtenergieeffizienz, Funktionalität und Sicherheit in Verbindung mit traditionellen und innovativen Lösungen zu verbessern, gibt es jedoch bisher nur wenige Publikationen. Leitlinien zu Instandsetzungsmaßnahmen, wie die internationalen Vereinbarungen des „Madrid–New Delhi Document 2017“, das vom International Scientific Committee on Twentieth-Century Heritage (ISC20C) des Interna­ tional Council on Monuments and Sites (ICOMOS) veröffentlicht wurde, konzentrieren sich auf Dokumentation, Forschung und Verwaltungsaspekte, bieten aber keine konkreten technischen Anleitungen.12 Auch andere Dokumente, wie die des Technical Committee on Modern Heritage der Association for Preservation Technology International (APTi) formulierten Instandsetzungsprinzipien, konzentrieren sich ebenfalls auf Dokumentation, Materialien, Programmierung und Informationsaustausch.13 Sie enthalten durchaus umfassende Empfehlungen, die als relevante Quelle dienen können, um die Beteiligten bei der Bestimmung des Gesamtansatzes für Instandsetzungen an Gebäuden der Moderne zu unterstützen, bieten jedoch nur begrenzte Hilfestellung für spezifische Themen wie die Instandsetzung von Glasfassaden der Moderne. Die fehlende Präzisierung geeigneter technischer Ansätze hat somit entweder nur zu provisorischen Reparaturen geführt oder aber zu der Tendenz, einer einseitigen energetischen Verbesserung den Vorzug gegenüber denkmalpflegerischen Anforderungen zu geben.14 Selbst wenn Gebäude als denkmalgeschützt eingestuft wurden, wodurch Änderungen an charakterbestimmenden Merkmalen geregelt sind, führt der Widerstreit zwischen Erhaltung der ursprünglichen historischen Bausubstanz einerseits und Verbesserung der Leistungsfähigkeit der verglasten Gebäudehülle andererseits oft zu zeitintensiven Konflikten. Eine Abwägung zwischen Maßnahmen zur Erhaltung des kulturellen Werts und der Materialität eines historischen Gebäudes, heutigen bauphysikalischen Ansichten und der Erfüllung aktueller Anforderungen an die Gestaltung, Sicherheit und Konstruktion von Gebäudehüllen erweist sich als schwierig. Infolgedessen werden bei zahlreichen Instandsetzungen die originalen Glasfassaden

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EINLEITUNG

Das JK-Gebäude in Belo Horizonte, Minas Gerais, Brasilien (Oscar Niemeyer, 1959). Nach und nach erfolgte der Austausch der originalen Stahlrahmenfassadenelemente durch ein eloxiertes Aluminiumsystem mit ähnlichen Sichtlinien, jedoch mit anderen Details und Oberflächenbehandlungen der stirnseitigen Deckenverkleidungen, 2008.

häufig großflächig entfernt und durch neue Systeme ersetzt, die den historischen Charakter und die kulturelle Bedeutung des Gebäudes nicht immer angemessen berücksichtigen. Mit dem Austausch ganzer Elemente und Bauteile gehen ursprüngliche historische Materialien, Anstriche und Details oftmals verloren, werden Gestaltungsmuster und Sichtlinien verändert und die Eigenschaften von Gläsern auf subtile, aber dennoch erkennbare Weise modifiziert. Noch beunruhigender ist die Tatsache, dass viele dieser Maßnahmen oft als Gelegenheit genutzt werden, das ursprüngliche Erscheinungsbild eines Gebäudes nicht nur zu modernisieren, sondern es auch grundlegend zu verändern und durch ein zeitgenössischeres zu ersetzen. Ungeachtet dessen ist der Klimawandel eine ebenso massive wie reale Bedrohung, mit der die Menschheit sich auseinandersetzen muss. Der „Second State of the Carbon Cycle Report“ (SOCCR2), ein im November 2018 veröffentlichter Bericht der US-Regierung zur Kohlenstoffemission, bestätigte, dass städtische Gebiete die Hauptquelle für vom Menschen verursachte Kohlenstoffemissionen sind.15 Diese urbanen Regionen nehmen nur 1 % bis 5 % der Fläche Nordamerikas ein. Der gleiche Bericht führte aus, dass die bebaute Umwelt (d. h. große Infrastruktursysteme wie Gebäude und Fabriken) und die Vorschriften und Strategien zur Gestaltung städtischer Formen, Strukturen und Technik (wie Landnutzungsentscheidungen und Verkehrsmittel) für die Verringerung städtischer CO2-Emissionen von besonderer Bedeutung sind. Gegenwärtig ist das Tempo der Gebäudesanierungen äußerst langsam und betrifft Berichten zufolge nur 0,5 % bis 1 % des weltweiten Gebäudebestands jährlich. Angesichts eines steigenden Drucks, das im Pariser Klimaabkommen festgelegte Ziel der Verringerung der Treibhausgasemissio-

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Das Sanktuarium Dom Bosco in Brasilia (Carlos Alberto Naves, 1963). Stahlrahmenglasfassaden mit verstell­ barer Belüftung und blauem Farbglas in verschiedenen Schattierungen (mit zerbrochenen Scheiben und beschädigten Bleieinfassungen), 2006.

nen zu erreichen, ist jedoch zu hoffen, dass die Anzahl und das Ausmaß von energetischen Gebäudesanierungen im Bestand innerhalb der nächsten Jahre signifikant zunehmen wird.16 Es wird erwartet, dass dieser Anstieg auf dem weltweiten Fassadenmarkt bis zum Jahr 2025 337,8 Milliarden USD erreichen wird, gegenüber einem geschätzten Wert von 179,70 Milliarden USD im Jahr 2016.17 Dieser Investitions- und Produktionsschub in der Fassadenindustrie, gepaart mit der bereits erwähnten Notwendigkeit, die Leistung bestehender Gebäude zu verbessern, erhöht den Druck auf die Renovierung bestehender Gebäude und stellt eine Herausforderung dar. Gleichzeitig birgt das Bestreben, bestehende Gebäude zu renovieren, die Gefahr von drastischen Umbaumaßnahmen an Glasfassaden der Moderne. Wie DOCOMOMO-Mitbegründer Wessel de Jonge feststellt, „haben die immer strengeren Anforderungen dazu geführt, dass viele Gebäude der Moderne inzwischen als unzeitgemäß und veraltet gelten – auch wenn sie gemäß ihren ursprünglichen Vorgaben immer noch gut funktionieren“. Jonge erklärt weiter: „Es ist einfach zu sagen, dass sie schlecht entworfen wurden, und dies dann als Ausrede zu benutzen, um sie zu ersetzen.“18 Daher ist es dringend erforderlich, Empfehlungen und professionelle Best-Practice-Verfahren für die Instandsetzungen an Glasfassaden der Moderne zu formulieren, die auf empirischen Belegen und Berechnungen basieren. Die vorliegende Publikation will zu diesem Ziel beitragen, indem sie passende Fallstudien präsentiert, in denen Dokumentation mit fundierter Recherche kombiniert und eine kritische Analyse durchgeführt wird, die sich auf Erfahrungen aus der Praxis stützt. Überzeugende und informative Konstruktionsdetails begleiten die Präsentationen.

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EINLEITUNG

ANMERKUNGEN 1 In seiner unveröffentlichten Doktorarbeit, die er an der Princeton University in New Jersey verfasste, hat Ignacio Fernández Solla aus dem Madrider Büro von Arup die Geschichte und Entwicklung von Fenster- und Vorhangfassaden in großer Detailliertheit und Vollständigkeit untersucht (siehe mehr über den Architekten Fernández Solla in seinem Blog: FacadeConfidential. com). Wie von Architekturhistorikern gut dokumentiert worden ist, war eines der Gebäude, in dem erstmals große Glasfassaden zum Einsatz kamen, der Crystal Palace im Hyde Park (Joseph Paxton, 1851). Weitere ähnliche gusseiserne Gebäude mit zusätzlichen Eisenträgern folgten in New York City (der New York Crystal Palace von Georg Carstensen und Charles Gildemeister, 1852), München (Glaspalast von August von Voit, 1854) und anderen Städten (fast alle diese Konstruktionen wurden abgerissen, mit Ausnahme einiger weniger wie dem Palacio de Cristal im Madrider Retiro-Park, von Ricardo Velazques, 1887). Die Rückfassaden zweier kleinerer Gebäude von Peter Ellis (Oriel Chambers, 1864, und 16 Cook Street, 1866), die heute noch in Liverpool stehen, verfügen über markante verglaste Gebäudehüllen, die von Stahlrahmen und Gusseisen getragen werden. In den USA kamen gusseiserne Gebäude im späten 19. Jahrhundert auf, wobei sich diese Fassadentechnologie von einer Bodenabstützung zu Stahlgusskonsolen entwickelte, die an den Geschosskanten befestigt waren und die gusseiserne Verkleidung trugen. Beispiele sind der Anbau zum Gebäude des Temple Court in New York City (James Farnsworth, 1889) und das Hecla Iron Works Building in Brooklyn (Niels Poulson, 1897). Die Konstruktion großer metallgerahmter Glasfassaden brachte in verschiedenen europäischen Städten, wie z. B. in Paris am Au Bon Marché (1898) und in Berlin am Kaufhaus Tietz (1898), entscheidende Entwicklungen in Bezug auf die Gebäudegröße, den Fassadenumfang und den Stellenwert zur Gesamtarchitektur mit sich. Im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelte sich diese neue Fassadentechnik weiter. Eines der bedeutendsten Beispiele für die Entwicklung von Fenster- und Vorhangfassaden ist die Steiff-Spielzeugfabrik in Giengen (anonym, 1903). Es folgten die Vorderfassaden des Boley Building in Kansas City, Missouri (Louis S. Curtis, 1909), und die stahlgerahmte Fassade des Hallidie Building in San Francisco (William Polk, 1918). Mit Ausnahme der Steiff-Spielzeugfabrik wurden alle vorgenannten Glasfassaden im klassischen Stil der viktorianischen Zeit gestaltet. Dank des Einflusses dieser Bauten wurden in Serie gefertigte, schlichte Stahlskelettfassaden zu herausragenden Merkmalen, die die Architektur der Moderne wesentlich bereicherten. Siehe auch: Michael Wigginton, Glas in der Architektur (Stuttgart: DVA, 1997). 2 Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter: William Browning et al., Midcentury (Un)Modern: An Environmental Analysis of the

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1958–1973 Manhattan Office Building (New York: Terrapin Bright Green LLC, 2014), http://www. terrapinbrightgreen.com/wp-content/uploads/2014/03/Midcentury-unModern_TerrapinBright-Green-2013e.pdf, abgerufen am 24. November 2018; James Timberlake, „Should We Save Mid-Century Modern Icons That Hurt The Environment?”, Co-Design, http://www.fastcodesign.com/3054647/should-we-save-mid-century-modern-icons-that-hurt-the-environment, abgerufen am 24. Juli 2016; und Angel Ayón und Nina Rappaport, „Greening the Glass Box: A Roundtable Discussion about Sustainability and Preservation“, Mōd 1 (2014), S. 17–22. Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), Sustainable Innovation Forum 2015, „Find out more about COP21”, http://www.cop21paris.org/about/cop21/, abgerufen am 24. November 2018. Architecture 2030, „The 2030 Challenge“, https:// architecture2030.org/2030_challenges/2030-challenge/, abgerufen am 24. November 2018. Die Europäische Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und über die Energieeffizienz (EPBD) wurde erstmals 2002 veröffentlicht und 2010 geändert. Sie bildet die Grundlage für nationale Regelungen in der Europäischen Union (EU). Siehe: „Richtlinie (EU) 2018/844 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/31/ EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und der Richtlinie 2012/27/EU über Energieeffizienz“, EUR-Lex, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/ PDF/?uri=CELEX:32018L0844&from=EN, abgerufen am 29. Dezember 2018. Buildings Performance Institute Europe (BPIE), „The Concept of the Individual Building Renovation Roadmap. An in-depth case study of four frontrunner projects“, iBRoad, http://bpie.eu/ wp-content/uploads/2018/03/iBRoad-TheConcept-of-the-Individual-Building-RenovationRoadmap.pdf, abgerufen am 29. Dezember 2018, S. 1. EU Building Stock Observatory, „EU Building Stock Observatory”, https://ec.europa.eu/energy/en/eubuildings, abgerufen am 29. Dezember 2018. Das Buildings Performance Institute Europe (BPIE) ist ein unabhängiger, gemeinnütziger Think-Tank, der 2010 gegründet wurde und seinen Sitz in Brüssel hat. Buildings Performance Institute Europe (BPIE), „BPIE Brochure”, http:// bpie.eu/wp-content/uploads/2015/11/BPIE_Brochure.pdf, abgerufen am 29. Dezember 2018. Siehe: Whole Building Design Guide (WBDG), „Whole Building Design Guide“, https://www. wbdg.org/resources/whole-building-design, abgerufen am 29. Dezember 2018; und WBDG, „Building Envelope Design Guide”, https://www. wbdg.org/guides-specifications/building-envelope-design-guide, abgerufen am 29. Dezember 2018. Weitere Initiativen: NGO Architecture 2030, siehe Architecture 2030, „Existing Buildings:

Operational Emissions“, https://architecture2030.org/existing-buildings-operation/, abgerufen am 29. Dezember 2018; und Achieving Zero Framework, siehe Achieving Zero, „Achieving Zero Framework“, http://achieving-zero. org/, abgerufen am 29. Dezember 2018. 10 Dies spiegelt sich in der Eindhoven-Seoul-Erklärung von DOCOMOMO wider, die hier aufzufinden ist: DOCOMOMO International, „Eindhoven– Seoul Statement 2014“, http://www.docomomo. com/eindhoven, abgerufen am 24. November 2018. 11 Weitere Informationen zu diesem Thema unter: Susan Macdonald und Gail Ostergren, Hrsg., Conserving Twentieth-Century Built Heritage: A Bibliography, Los Angeles: Getty Conservation Institute, 2013, http://hdl.handle.net/10020/gci_ pubs/twentieth_centruy_built_heritage, abgerufen am 24. November 2018; und Angel Ayón, „Historic Fabric vs. Design Intent: Authenticity and Conservation of Modern Architecture at Frank Lloyd Wright’s Solomon R. Guggenheim Museum“, Journal of Architectural Conservation 15, Nr. 3 (2009), S. 41–58. 12 ICOMOS International Scientific Committee on Twentieth-Century Heritage (ISC20C), Madrid– New Delhi Document: Approaches for the Conservation of Twentieth-Century Architectural Heritage, 2017, http://www.icomos-isc20c.org/pdf/ madrid-new-delhi-document-2017.pdf, abgerufen am 24. November 2018. 13 David Fixler, „Toward APT Consensus Principles for Practice on Renewing Modernism“, APT Bulletin 48, Nr. 2/3, Sonderausgabe zum Modernismus (2017), S. 6–8. 14 Ausführliche Informationen zu diesem Thema unter: Pamela Jerome und Angel Ayón, „Can the 1960s Single Glazed Curtain Wall Be Saved?“, APT Bulletin 45, Nr. 4 (2014), S. 13–19; und Browning et al., Midcentury (Un)Modern: An Environmental Analysis of the 1958–1973 Manhattan Office Building. 15 N. Cavallaro et al., Second State of the Carbon Cycle Report (SOCCR2): A Sustained Assessment Report (Washington, DC: U.S. Global Change Research Program, 2018), 17, https://doi. org/10.7930/SOCCR2.2018, 24. November 2018.. 16 Architecture 2030, „Existing Buildings: Operational Emissions“, https://architecture2030.org/ existing-buildings-operation/, abgerufen am 24. November 2018. 17 Research and Markets, „Global Facades Market Analysis and Segment Forecasts, 2014–2017 & Forecasts to 2025: Key Players are Ametek Inc., Franklin Electric Co., Asmo Co. Ltd., and ABB“, https://www.prnewswire.com/news-releases/ global-facades-market-analysis-and-segmentforecasts-2014-2017--forecasts-to-2025-keyplayers-are-ametek-inc-franklin-electric-co-asmo-co-ltd-and-abb-300592638.html, abgerufen am 19. Mai 2019. 18 Wessel de Jonge, „Sustainable renewal of the everyday Modern”, Journal of Architectural Conservation 23, Nr. 1/2 (2017), S. 62–105. DOI: 10.1080/13556207.2017.1326555.

Das Thema im Kontext der Denkmalpflege

Das Interesse für den Umgang mit Gebäudehüllen im Bestand und der Bedarf an Sanierungsstrategien für Gebäude der Moderne, wie in dieser Publikation aufgezeigt, ist seit mindestens 20 Jahren ein Thema in der Fachwelt. Insbesondere die Diskussionen, die in der Praxis und in Organisationen wie der International Working Party for the Documentation and Conservation of Buildings, Sites, and Neighborhoods of the Modern Movement Early Modern Architecture (DOCOMOMO) geführt werden, machen dies deutlich.1 Die Arbeit dieser seit 1990 bekannten „Internationalen Vereinigung für die Dokumentation und die Erhaltung von Bauwerken und städtebaulichen Ensembles der Moderne“ umfasst in erster Linie Dokumentations- und Sensibilisierungstätigkeiten durch die nationalen und lokalen Vertretungen. Zudem werden durch die Mitglieder der verschiedenen Internationalen Fachausschüsse (International Specialist Committees – ISCs) Fachbeiträge und Veröffentlichungen erstellt.2 Im Jahr 1996 fand in Eindhoven ein vom Internationalen Fachausschuss für Technik (International Specialist Committee on Technology – ISC-T) organisiertes Seminar zum Thema der Sanierung von Vorhangfassaden als „aktuelle Herausforderung“ statt. DOCOMOMO-Mitbegründer Wessel de Jonge verwies in seiner Einführung auf die „steigenden Anforderungen“, mit denen Gebäude mit leichten Fassadenkonstruktionen aus der Vor- und Nachkriegszeit konfrontiert sind. Außerdem betonte er, dass „sich das Renovierungsgeschäft von einem ganz kleinen Nischenmarkt zu einem deutlich höheren Umsatzvolumen entwickeln wird, da die Zahl der Arbeitsplätze im Renovierungsbereich in den kommenden Jahren exponentiell zunehmen wird“.3 Dies ist mit Sicherheit im europäischen Bausektor bereits der Fall, wo Renovierungen etwa 70 % bis 80 % des Marktes ausmachen.4 Die zwingende Verbesserung der Bauteil- und Gebäudekennwerte, die notwen­dig ist, um die Vorgaben der europäischen Energieeffizienz-Richtlinien zu erreichen, ist jedoch nur in einem geringen Maße eingetreten.5 Bauten von Einzelinvestoren und Wohngebäude hinken dem gewerblichen und industriellen Gebäudebestand hinterher, der dann mit der Forderung konfrontiert wird, noch mehr zu leisten. Vor diesem Hintergrund sind bekannte denkmalgeschützte Gebäude der Moderne oft die ersten, die renoviert werden und sich als Testfälle anbieten, um verschiedene Instandsetzungsansätze auszuprobieren und deren Ergebnisse zu bewerten. Mehrere Publikationen greifen das Thema der Erhaltung von Stahl­ skelettkonstruktionen der Moderne auf. DOCOMOMO International widmete 1999 die Ausgabe Nr. 20 seines Journals diesem Thema unter dem Titel „Windows to the Future“ (Ausblicke in die Zukunft). Darin werden unterschiedliche Ansätze für Instandsetzungen von Stahlskelettkonstruktionen zusammen­ gefasst, darunter eine von English Heritage beauftragte Studie über Fenster,

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Erfahrungen über den Einsatz von PVC-U-Fenstern in Tallinn sowie Fenstererneuerungen in Kopenhagens Schlachthof Kødbyen (1932–1934) und an der Rietveld Kunstakademie, Arnhem (1958–1963).6 Ein Jahr später fasste ein DOCOMOMO-Dossier über Denkmalpflege zum Thema „Reframing the Moderns, Substitute Windows and Glass” (Neue Rahmen für die Moderne, Ersatz von Fenstern und Glas) die Geschichte und Entwicklung von metallgerahmten Glasfassaden zusammen, skizzierte Strategien und Richtlinien für Instandsetzungen und stellte zehn Fallstudien zur Bewertung von Glasfassaden der Moderne vor, die aus verschiedenen Jahren stammen und sich an verschiedenen Standorten sowohl in den USA als auch in Europa befinden.7 Auch in den USA hat das Thema im Laufe der Jahre in Publikationen und auf Symposien zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Association for Preservation Technology International (APTi) ist eine nordamerikanische, disziplinübergreifende Mitgliederorganisation, die sich der Förderung der besten Methoden zur Erhaltung historischer Gebäude und ihrer Umgebung verschrieben hat. Alle drei Jahre gibt die Organisation eine Zeitschrift heraus, das APT Bulletin, in dem auch mehrere Artikel über die Restaurierung von Vorhangfassaden der Moderne veröffentlicht wurden. Im Jahr 2001 widmete sich eine komplette Ausgabe des APT Bulletin der Erhaltung von Vorhangfassaden aus dem 20. Jahrhundert. Die Artikel umfassten Themen von der Entstehung der Vorhangfassade und ihren grundlegenden Leistungsmerkmalen über den Umgang mit Konflikten und Herausforderungen sowie der Bestimmung und Bewertung von Authentizität bei der Instandsetzung dieser Konstruktionen bis hin zu Detailfragen der Erhaltung.8 Die internationale DOCOMOMO-Konferenz 2004 in New York City umfasste einen Workshop, der sich dem technischen Thema „20th-Century Metal and Glass Curtain Walls “ (Metall- und Glasvorhangfassaden des 20. Jahrhunderts) widmete. Während der Veranstaltung wurden mehrere Fallstudien vorgestellt, ebenso ein Entwurf für eine ausführliche Chronik zur Geschichte der Vorhangfassade von den ersten Testkonstruktionen bis zu realisierten Beispielen.9 Das Skyscraper Museum in New York City und DOCOMOMO-NY/TriState veranstalteten in der Vergangenheit zwei Podiumsdiskussionen über Gebäude der Moderne in Midtown Manhattan, eine im Jahr 2007 über die Erhaltung von Gebäuden der Moderne in der Midtown und eine weitere im Jahr 2008 zur Frage, wie man die Instandsetzung dieser Gebäude nachhaltig gestalten kann.10 Auch wenn es in Midtown Manhattan nur wenige Gebäude der Moderne gibt, die mit einer stahlgerahmten Glasfassade ausgestattet sind (die meisten stammen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und wurden hauptsächlich mit Aluminiumrahmen gebaut), befassten sich die Vorträge vor allem mit Glasfassaden und deren Modernisierung.11 Im Jahr 2011 erschien im APT Bulletin ein „Sonderheft über das Erbe der Moderne“. Es enthielt Beiträge, die die Instandsetzungsmaßnahmen der Glasfassaden am UNESCO-Hauptsitz (Bernard Zehrfuss, Marcel Breuer und Pier Luigi Nervi, 1958), am Yale University Art and Architecture Building (Paul Rudolph, 1963) und am Solomon-R.-Guggenheim-Museum (Frank Lloyd Wright, 1959) beschreiben.12 In seiner wegweisenden Publikation mit dem Titel Preservation of Modern Architecture aus dem Jahr 2008 betont Theo Prudon in Bezug auf verschiedene relevante Fallstudien weltweit, dass „das Wissen über die technischen Heraus-

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forderungen im Zusammenhang mit der Renovierung von verglasten Bauteilen der Moderne sowie die dazugehörigen Lösungen einen entscheidenden Punkt darstellt, um mit einer umfassenderen Renovierung zu beginnen“.13 Weitere wichtige Diskussionen über die Renovierung von Glasfassaden der Moderne fanden auf der 10. Internationalen DOCOMOMO-Konferenz in Rotterdam im September 2008 statt. Bei der Erörterung der Herausforderungen, die sich aus dem Erbe der Moderne ergeben, wurden im Rahmen eines Workshops mit dem Titel „Technology, Progress and Sustainability“ (Technik, Fortschritt und Nachhaltigkeit) unter anderem Themen wie die Erhaltung und adaptive Wiederverwendung moderner Gebäudehüllen, Dämmprobleme im Zusammenhang mit Einscheibenverglasungen, natürliche Belüftung bei Fassaden der Moderne, eine vergleichende Analyse von Stahlrahmenglasfassaden der Moderne in Deutschland und Brasilien sowie eine Analyse von Synergieeffekten bei der Verbindung von Nachhaltigkeit und Denkmalschutz bei Gebäuden der Moderne behandelt.14 Im Jahr 2009 wurde das European Facade Network (EFN) gegründet. Mit mittlerweile zehn Partneruniversitäten will es die Fassadengestaltung und -technik durch Ausbildung und Forschung vorantreiben und fördern. Schwerpunkte liegen auf Innovationen bei neuen Gebäudehüllen sowie auf der Sanierung und Anpassung bestehender Fassaden.15 Im folgenden Jahr 2013 wurde von DOCOMOMO-NY/Tri-State im Rahmen einer von der APTi in New York City veranstalteten Konferenz zum Thema „Preserving the Metropolis“ (Bewahrung der Metropole) eine Diskussionsrunde über Nachhaltigkeit und Denkmalschutz mit Fachleuten aus der Baubranche und der Denkmalpflege, darunter Gordon Smith, Robert Heintges, Israel Berger und Pamela Jerome, veranstaltet. Die Referenten der Diskussionsrunde erörterten die Herausforderungen, die sich bei der Erhaltung von Gebäuden der Moderne mit Glasfassaden stellen, und begannen, zwecks Entwicklung einer Strategie zum Schutz der wichtigsten Gebäude aus dieser Zeit, ein Verzeichnis über bewährte Instandsetzungsmethoden aufzustellen.16 Ebenfalls im Jahr 2013 veröffentlichte das Getty Conservation Institute (GCI) ein bibliographisches Kompendium mit dem Titel Conserving Twentieth-Century Built Heritage, das zahlreiche Beispiele aufführt. Darin wird auch auf die oben genannten Symposien sowie auf andere Fälle von Instandsetzungsmaßnahmen an Glaskonstruktionen der Moderne weltweit verwiesen.17 Im Jahr 2014 veröffentlichte das Twentieth Century Heritage International Scientific Committee (ISC20C) des International Council of Monuments and Sites (ICOMOS) eine Übersicht über international zum Einsatz kommende Standardverfahren für die Erhaltung des Architekturerbes des 20. Jahrhunderts unter dem Titel „Approaches for the Conservation of the Twentieth Century Architectural Heritage”. Dieser Referenztext, der als Madrid Document bekannt ist und der sich nach der ICOMOS-Generalversammlung 2017 in Delhi auch auf städtische Gebiete und Landschaften bezog, gehörte zu den ersten, die einen Ansatz und Prinzipien skizzierten, „die für den Umgang mit Gebäuden und Stätten des 20. Jahrhunderts und deren Interpretation gelten sollten“.18 Ausgehend von dem Bemühen, praktische Richtlinien zu erstellen, organisierte das APTi Twentieth Century Modern Heritage Committee (APTi TC-MH) ein Symposium mit dem Titel „Renewing Modernism: Emerging Principles for Practice” (Erneuerung der Moderne: die Entwicklung neuer Grundsätze für die Praxis).

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DAS THEMA IM KONTEXT DER DENKMALPFLEGE

Das Symposium umfasste diverse Vorträge über europäische und nordamerikanische Gebäude, von denen sich viele mit der Sanierung von Metallskelettglasfassaden befassten. Das Ergebnis dieser Veranstaltung mündete in eine Reihe von Konsensprinzipien für die Praxis, die für Instandsetzungen an Gebäuden der Moderne Anleitungen geben. Diese Prinzipien wurden später in eine weitere Ausgabe des APT-Bulletin aufgenommen, das ganz der Moderne gewidmet war.19 Die genannten internationalen Dokumente und Konsensprinzipien sind deshalb relevant und notwendig, weil sie den konzeptionellen Rahmen schaffen, mit Hilfe dessen sich der Entscheidungsprozess für Instandsetzungen an Gebäuden und Stätten der Moderne steuern und bewerten lässt. Allerdings sind sie sehr allgemein gehalten und liefern zu wenig spezifisch technische Hinweise. Somit haben sie nur einen begrenzten Einfluss auf die Vielzahl von Fachleuten aus der Architektur, dem Ingenieurwesen, der Bauforschung und Fassadenberatung sowie auf andere Interessenvertreter, die bei der Renovierung von Fassaden Lösungen finden sollen – Lösungen, die historisch angemessen, kostengünstig, umweltverträglich und respektvoll gegenüber der Vergangenheit sind und darüber hinaus geltende Bauvorschriften und aktuelle Techniken im Fassadenbau einbeziehen. Ein weiteres neues Forum, das diese verschiedenen Interessengruppen auf dem amerikanischen Markt zusammenbringt, ist der alle zwei Jahre stattfindende Weltkongress des Facade Tectonics Institute (FTI).20

ANMERKUNGEN 1 Theodore H. M. Prudon, Preservation of Modern Architecture (Hoboken, N.J.: John Wiley & Sons, 2008), 11. Weitere Informationen über die Geschichte und Entwicklung von DOCOMOMO finden Sie in: The History of DOCOMOMO, herausgegeben von Wessel de Jonge et al., DOCOMOMO Journal Nr. 27 (Juni 2002). Einen Überblick über die Geschichte der Restaurierung architektonischer Werke der Moderne finden Sie im 1. Kapitel in Prudon, Preservation of Modern Architecture, S. 1–22. 2 ISC Technology mit dem Herausgeber P. Tournikiotis hat mehrere Dossiers veröffentlicht, die sich mit den spezifischen Aspekten der Bautechnik und der Baustoffe befassen, die einen Einfluss auf den Bau und die Restaurierung architektonischer Werke der Moderne haben. 3 Wessel de Jonge und Arjan Doolaar, Hrsg., „Curtain Wall Refurbishment. A Challenge to Manage“, Proceedings of the International DOCOMOMO Seminar, Eindhoven University of Technology, Niederlande, 25. Januar 1996. 4 Zum Zeitpunkt der Drucklegung waren für die USA keine zuverlässigen Daten verfügbar. 5 Martin Gornig, Christian Kaiser und Claus Michelsen, „Bauwirtschaft: Sanierungsmaßnahmen ohne Schwung, Wohnungsneubau mit zweiter Luft“, DIW Wochenbericht 49 (2. Dezember 2015), 1155, https://www.diw.de/documents/ publikationen/73/diw_01.c.521395.de/ 15-49-2.pdf, abgerufen am 24. November 2018.

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6 Siehe DOCOMOMO Journal 20, Windows to the Future (Januar 1999). 7 Siehe DOCOMOMO Preservation Technology Dossier 3, Reframing the Moderns, Substitute Windows and Glass (April 2000). 8 Siehe APT Bulletin: The Journal of Preservation Technology 32, Nr. 1, Curtain Walls (2001). 9 Siehe DOCOMOMO Preservation Technology Dossier 8, Restoring Postwar Heritage: Selections from the 2004 DOCOMOMO US Technology Seminar (August 2008), komplette Ausgabe. Bezüglich der Chronik siehe: Daniel J. Lemieux und Martina T. Driscoll, „The History of the 20th Century Metal and Glass Curtain Wall, and Evolution of Curtain Wall Standardization and Performance Testing“, Arbeitsblatt ausgeteilt während der 8. Internationalen DOCOMOMO-Konferenz, Docomomo US Technology Seminar, New York City, 26. September – 2. Oktober 2004. 10 Das Skyscraper Museum und DOCOMOMONew York/Tri-State, „RE:NY Recycle|Retrofit|Reinvent the City“, Podiumsdiskussion, gefilmt am 5. Februar 2008, https://www.skyscraper.org/ PROGRAMS/ReNY/reny01_01.php, abge­rufen am 24. November 2018. 11 Nina Rappaport und Erik Sigge, „The Midtown Manhattan Project“, DOCOMOMO Journal 31 (September 2004), S. 113. 12 Siehe APT Bulletin: The Journal of Preservation Technology 42, Nr. 2/3, Special Issue on Modern Heritage (2011). 13 Prudon, Preservation of Modern Architecture, S. 126–128. 14 Dirk Van Den Heuvel et al., Hrsg., The Challenge of Change: Dealing with the Legacy of the Modern Movement, Proceedings of the Tenth International DOCOMOMO Conference. Amsterdam: IOS Press, 2008. 15 European Facade Network (EFN), „About“, http://facades.ning.com/page/about, abgerufen am 24. November 2018. 16 Siehe Angel Ayón und Nina Rappaport, „Greening the Glass Box: A Roundtable Discussion about Sustainability and Preservation“, Mōd 1 (2014), S. 17–22. 17 Siehe Macdonald und Ostergren, Conserving Twentieth-Century Built Heritage. 18 ICOMOS ISC20C, Madrid–New Delhi Document, 2. 19 Siehe Fixler, „Toward APT Consensus“, S. 6–8. 20 Die Tagungsbände der beiden Konferenzen und Weltkongresse von 2016 und 2018 (Facade Tectonics Annual Conference and World Congress) stehen online als Download zur Verfügung: https://facadetectonics.org/publications/, abgerufen am 24. November 2018.

Fallstudien

Vorbemerkungen AUSWAHLKRITERIEN Um eine ausgewogene vergleichende Analyse zu ermöglichen, beschreiben die in diesem Buch enthaltenen Fallstudien Gebäude mit Stahlrahmenkonstruktionen, deren nationale und/oder internationale Bedeutung in der Architekturgeschichte, auch durch die Tatsache, dass sie unter Denkmalschutz gestellt wurden, seit langem etabliert ist. Im Vergleich zu der vorherigen Forschung wurden nicht unter Denkmalschutz gestellte Gebäude, bei denen ebenfalls Instandsetzungen durchgeführt wurden, ausgeschlossen, wenn deren kulturelle Bedeutung lediglich lokal ist und die nationale oder internationale Ebene nicht erreicht. Dazu gehört unter anderem das Boley Building in Kansas City, Missouri, USA. Entworfen wurde es von dem in Kanada geborenen amerikanischen Architekten Louis Singleton Curtis (1865–1924). Das 1909 fertiggestellte Gebäude gilt als das erste in Amerika mit einer Vorhangfassade.1 Während der vorbereitenden Recherchen für dieses Buch, in deren Rahmen auch Dokumente über frühere Instandhaltungsmaßnahmen vor Ort überprüft und durchgesehen wurden, stellten die Autoren fest, dass diese Behauptung falsch ist, da das Gebäude anstelle einer Vorhangfassade eine Fensterwand aufwies. Dieser Befund veränderte die dem Gebäude beigemessene Bedeutung und war der Grund dafür, es nicht als Fallstudie aufzunehmen, obwohl die vollständige Analyse bereits abgeschlossen war. Obwohl die für dieses Buch ausgewählten Fallstudien ausschließlich nordamerikanische und europäische Gebäude der Moderne beschreiben, stellt diese Einschränkung keineswegs den Versuch dar, andere relevante Fallstudien von Gebäuden in Mittel- und Südamerika, Asien, Afrika, Australien oder Ozeanien auszuschließen. Auch wenn viele dieser Gebäude den Autoren noch unbekannt sind, gibt es sicherlich Material für zahlreiche Fallstudien aus anderen Regionen, die es verdienten, in zukünftigen Ausgaben oder in anderen Publikationen aufgenommen zu werden. Von den für dieses Buch ausgewählten 20 Fallstudien sind neun in den Vereinigten Staaten, sechs davon im Nordosten, zwei im Mittleren Westen und eine an der Westküste. Elf Fallstudien befinden sich in Europa – vier in Deutschland, zwei in den Niederlanden, zwei in Frankreich, eine in Großbritannien, eine in der Tschechischen Republik und eine wurde im ehemaligen Finnland gebaut, befindet sich aber jetzt im heutigen Russland. Dieser letzte Fall bezieht sich auf die Viipuri-Bibliothek (heute bekannt als Wyborg-Bibliothek), für die der Umstand zutrifft, in der finnischen Stadt Viipuri gebaut worden zu sein, welche dann während des Zweiten Weltkriegs von der ehemaligen UdSSR an-

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nektiert und in Wyborg umbenannt wurde – ein wechselhafte Geschichte, die viele europäische Bauten der Moderne betrifft. Die ausgewählten Fallstudien beschreiben eine breite Palette von Konstruktionstypologien und Instandsetzungsmaßnahmen an einfach verglasten Stahlrahmenvorhangfassaden und Fensterfassadenkonstruktionen. Es sei darauf hingewiesen, dass auf die Erwähnung der Gesamtbaukosten der einzelnen Projekte oder der Kosten der Arbeiten im Zusammenhang mit den äußeren Stahlrahmenfassaden verzichtet wurde, obwohl diese in einigen Fällen bekannt waren. Diese Entscheidung sollte die Offenlegung vertraulicher oder unveröffentlichter Informationen verhindern. Darüber hinaus wird so vermieden, dass eine unbeabsichtigte Bewertung der Projektkosten erfolgt, da diese wichtige Komponente von den für jede Projektregion spezifischen Bedingungen wie dem lokalen Arbeitsmarkt und der Verfügbarkeit von Materialien abhängt. Weiterhin ist anzumerken, dass Fallstudien mit Stahlrahmenfassaden architektonischer Stilrichtungen, die nach der Moderne liegen, wie etwa die Postmoderne, ausgeschlossen wurden. Ebenso wurden Instandsetzungen an rahmenlosen, zeitgenössischen Ganzglas- oder punktgestützten Fassaden bewusst ausgeschlossen. Diese Ausschlüsse ermöglichten es den Autoren, sich auf die Bedingungen und Instandsetzungsmaßnahmen an Gebäuden aus der gleichen Epoche zu konzentrieren.

PRÄSENTATIONSFORMAT DER FALLSTUDIEN Die Fallstudien sind nach dem Ansatz der Instandsetzungsmaßnahmen organisiert – Restaurierung, Sanierung oder Erneuerung –, die im Folgenden näher erläutert werden. Jede Instandsetzungskategorie wird anhand von Projekten von unterschiedlicher kultureller Bedeutung, technischer Komplexität, Kosten und Ergebnissen dargestellt. Die ausgewählten Fallstudien präsentieren die unterschiedlichen Herangehensweisen unter Verwendung historischer Abbildungen sowie technischer Details und Fotos, die den Zustand vor und nach Durchführung der Instandsetzung zeigen. Jede Falldarstellung folgt einem einheitlichen Format, das entwickelt wurde, um wichtige Informationen zu den Gebäuden übersichtlich zu vermitteln. Zuerst werden unter der Überschrift der Gebäudename und der Standort aufgeführt. Dann folgt in Klammern der Name des ursprünglichen Architekten und das Jahr der Fertigstellung des originalen Baus. Eine kurze Darstellung liefert eine Beschreibung des Gebäudes und eine Zusammenfassung seiner kulturellen und/oder architektonischen Bedeutung, wobei der Schwerpunkt darauf liegt zu verdeutlichen, wie die Stahlrahmenfassade der Gebäudehülle dazu beiträgt, diese Bedeutung zu definieren. Anschließend fassen die Abschnitte „Gebäudezustand vor der Instandsetzung“ und „Die Instandsetzung“ die Umbauten am Gebäude im Laufe der Jahre (soweit zutreffend) zusammen und beschreiben die aktuellen Bedingungen und treibenden Faktoren, die zu den wichtigsten Instandsetzungsmaßnahmen an der Verglasung geführt haben. Der Abschnitt „Schlussfolgerungen“ schließt jede Fall­studie mit einer eigenen Bewertung der Autoren über die Auswirkungen der Restaurierungs-, Sanierungs- oder Erneuerungsarbeiten in Bezug auf die Bedeutung der einzelnen Gebäude und ihrer Stahlrahmenfassaden ab. Die Bewertung erfolgt im Hinblick darauf, wie die Instandsetzung dazu beigetragen hat, kulturell bedeutsame

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Merkmale zu erhalten, und wie sie den heutigen Anforderungen an die Bauphysik und die Leistungsfähigkeit der Gebäudehülle Rechnung trägt. Die in den Fallstudien präsentierten Auswertungen basieren auf persönlicher Vertrautheit der Autoren mit dem jeweils vorgestellten Gebäude. Dies umfasst zum einen Beobachtungen bei Besichtigungen vor Ort und zum anderen die Aufarbeitung veröffentlichter Quellen. Eine weitere entscheidende Informationsquelle für die in den einzelnen Fallstudien vorgetragenen Beobachtungen waren Projektpräsentationen und direkte Gespräche mit den Architekten, Ingenieuren und/oder Bauberatern, die für die jüngsten Umbauten verantwortlich sind. Dieser Austausch mit den Kollegen ermöglichte ein besseres Verständnis für die Erhaltungsanforderungen bei den einzelnen Projekten sowie für finanzielle und inhaltliche Zwänge. Bei mehreren der vorliegenden Fallstudien war es den Autoren auf diese Art möglich, Informationen zu erhalten oder abzuklären, die in Publikationen nicht zu finden sind. Die in diesem Buch enthaltenen Bewertungen stellen alleine die Meinung der Autoren dar und nicht unbedingt die der verschiedenen Bauherren, Projektteammitglieder und anderer Beteiligter, die von den Autoren bei der Vorbereitung des hier vorgestellten Materials befragt wurden. Zusätzlich zu den beschreibenden Informationen enthält eine Chronik die wichtigen Daten zu den Themen Bauplanung, Bauausführung, Umbauten und Denkmalschutz und eine weitere Tabelle am Schluss der jeweiligen Fallstudie Projektdaten über die ursprünglichen Teams und jene der Instandsetzung (soweit verfügbar). Bei jeder Fallstudie werden die technischen Details vor und nach den Instandsetzungsmaßnahmen mit Fotos und visualisierten 3D-Details veranschaulicht, die speziell für diese Publikation angefertigt wurden. Bei Fallstudien, bei denen der Umfang der Interventionen zu einer Veränderung von ursprünglichen Details führte, werden vergrößerte 3D-Detailschnitte bereitgestellt, die den Zustand „vorher“ und „nachher“ zeigen. Dort, wo die Neuverglasung keine relevanten Veränderungen an ursprünglichen Details und der Konfiguration der Verglasung zur Folge hatte, wird ein Wandabschnitt vom Fußboden bis zur Decke oder ein Fassadenabschnitt in 3D dargestellt. Diese Details zielen darauf ab, sowohl die Art und Konfiguration der Stahlrahmenfassade als auch den Inhalt der technischen Informationen zu visualisieren, die in der Beschreibung für die jeweilige Fallstudie dargestellt sind.

Instandsetzungskategorien Interventionen an Glasfassaden der Moderne werden oft von Architekten und Bauexperten geleitet, die zwar in der Fassadentechnik, der Bauphysik und anderen verwandten Disziplinen ausgebildet und erfahren sind, aber nicht immer mit der seit langem etablierten Theorie und Praxis der Denkmalpflege vertraut sind oder sich auch weniger mit der Terminologie auskennen, die diesen Disziplinen zugrunde liegt. Infolgedessen verwenden die Fachpublikationen und die meisten bibliographischen Ressourcen, die in Vorberei-

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FALLSTUDIEN

tung auf diese Publikation gesichtet wurden, in Bezug auf Instandsetzungen von modernen Glasfassaden eine Vielzahl von Begriffen wie Reparatur, Renovierung, Sanierung, Erneuerung, Modernisierung sowie Wiedereinbau, Überdeckung und Nachrüstung. Aus der Sicht von Experten für Denkmalpflege sind diese Begriffe ungenau und interpretationsfähig. In dem Bemühen, der in den USA etablierten Denkmalpflegepraxis zu folgen, sind die auf den nächsten Seiten vorgestellten Fallstudien in drei Hauptkategorien für Instandsetzungen unterteilt – Restaurierung, Sanierung und Erneuerung. Die ersten beiden Kategorien sind weit verbreitete Begriffe, die sich auf spezifische Instandsetzungsmaßnahmen an historischen Gebäuden beziehen, unabhängig von Alter und Bedeutung. Diese beiden Begriffe sind in den Richtlinien des US-Innenministeriums für die Behandlung von historischen Gebäuden definiert. Die Richtlinien bilden zusammen mit den dazugehörigen Empfehlungen für die Erhaltung, Sanierung, Restaurierung und den Wiederaufbau historischer Gebäude einen Rahmen für Konzepte und verbindliche Vorgaben, die für die Instandhaltung, Reparatur und die Erneuerung historischer Objekte sowie für die Planung von An- und Umbauprojekten an historischen Gebäuden gelten. Diese Dokumente stellen den regulatorischen Standard für Projekte dar, die von US-Bundes- und anderen Regierungsbehörden Förderung erhalten, bieten aber auch allgemeine Leitlinien für die Arbeit an historischen Gebäuden in den USA.2 Das letzte Mal wurden sie im Jahr 2017 überarbeitet, um Definitionen und Empfehlungen für Elemente der Moderne, wie Vorhangfassaden, aufzunehmen, Anforderungen an die Nachhaltigkeit zu formulieren sowie aktuelle Herausforderungen wie die Widerstandsfähigkeit gegenüber Naturkatastrophen zu berücksichtigen. Die Definitionen für Restaurierung und Sanierung, die als Instandsetzungskategorien in diesem Buch verwendet werden, werden sich eng an den Definitionen dieser Richtlinien orientieren. Unter Restaurierung versteht man „die Handlung oder den Prozess der genauen Darstellung der Form, der Merkmale und des Charakters eines Gebäudes, wie es zu einem bestimmten Zeitpunkt aussah, indem Merkmale aus anderen Perioden seiner Geschichte entfernt und fehlende Merkmale aus der Restaurierungszeit wiederhergestellt werden“.3 Die Richtlinien definieren Sanierung als „die Handlung oder den Prozess, bei dem durch Reparatur, Umbau und Ergänzung eine angemessene Nutzung eines Gebäudes ermöglicht wird und gleichzeitig diejenigen Teile oder Merkmale erhalten bleiben, die seine historischen, kulturellen oder architektonischen Werte vermitteln“.4 Die dritte wichtige Instandhaltungskategorie, die in diesem Buch verwendet wird – Erneuerung –, erklärt sich weitgehend selbst. Dies bezeichnet eine Maßnahme, die als angemessen erachtet wird, wenn der physische Zustand unverwechselbarer Materialien und Merkmale stark beeinträchtigt ist oder diese ihre Lebensdauer überschritten haben und die Entfernung und der Ersatz durch gleichartige oder ähnliche Materialien erforderlich ist. Die Richtlinien erachten eine begrenzte Erneuerung als angemessenen Bestandteil sowohl bei Restaurierungs- als auch bei Sanierungsmaßnahmen. Von umfangreichen Erneuerungen, die den Verlust von historischer Bausubstanz mit sich bringen, wird jedoch in den Richtlinien bei allen Verfahren abgeraten. Im Allgemeinen sind diese Definitionen zu weit gefasst, um die gesamte

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Bandbreite der Bedingungen zu erfassen, denen verglaste Stahlrahmenfassaden der Moderne ausgesetzt sind. Bei diesen Fassadenelementen ist seit langem bekannt, dass Instandsetzungen nicht nur durch ihren physischen Zerfall erforderlich werden. Sie sind auch das Ergebnis mangelnder statischer Belastbarkeit, schlechter Wärmedämmung und des daraus resultierenden hohen Energieverbrauchs und schlechten Nutzerkomforts, mangelnder Wasser- und Luftdichtigkeit und dem daraus resultierenden Ein- und Ausströmen von Luft und der Bildung von Kondenswasser, einem schlechten Schall- und Brandschutz sowie einer hohen Tageslichteinwirkung und der damit verbundenen Wärmeentwicklung und Blendung durch das Sonnenlicht, um nur einige Faktoren zu nennen.5 Die Verwendung etablierter Denkmalschutzbegriffe erfordert daher eine Feinabstimmung, um sie für Instandsetzungsmaßnahmen an Gebäudehüllen anwendbar zu machen. Die Ansätze für Restaurierung, Sanierung und Erneuerung, die in den auf den folgenden Seiten vorgestellten Fallstudien beschrieben werden, sind nachfolgend genauer definiert.

RESTAURIERUNG REPARATUR DER STAHLRAHMEN UND ERNEUERUNG DER EINFACHVERGLASUNG Mehrere Fallstudien stellen eine Restaurierung dar, bei der die Nutzung und Bedeutung des Gebäudes oder das erklärte Interesse an der Erhaltung des ursprünglichen architektonischen Charakters zum jeweiligen Reparatur- und Instandhaltungsansatz führte. Die Restaurierung stellt eine begrenzte Instandsetzung dar, die sich auf die Reparatur der Stahlrahmen konzentriert. Im Rahmen dieses Ansatzes werden schwer beschädigte, meist korrosionsbehaftete Bauteile entfernt und an dieser Stelle durch gleichartiges Material ersetzt. Dieser Restaurierungsansatz wird am Beispiel von Fallingwater in Mill Run, Pennsylvania, USA (Frank Lloyd Wright, 1936), der Viipuri-Bibliothek in Russland (Alvar Aalto, 1935) und dem Hallidie Building in San Francisco, Kalifornien, USA (Willis Polk, 1918) aufgezeigt. In anderen Fällen bleiben die Stahlrahmen weitgehend unberührt und nur die Glasscheiben werden erneuert. Dies gilt für das Glass House in New Canaan, Connecticut, USA (Phillip Johnson, 1949), das Farnsworth House in Plano, Illinois, USA (Ludwig Mies van der Rohe, 1951), das TWA Flight Center am JFK Airport in Queens, New York, USA (Eero Saarinen, 1962), und die Villa Tugendhat in Brno, Tschechische Republik (Ludwig Mies van der Rohe, 1930).

SANIERUNG NEUE ISOLIERVERGLASUNG ODER ERGÄNZUNG DER SEKUNDÄRVERGLASUNG Eine Sanierung wird oft dann durchgeführt, wenn die ursprünglichen Glasscheiben verloren gegangen sind, nicht mehr im Handel erhältlich sind oder wenn es nicht finanzierbar oder wünschenswert ist, sie zu reproduzieren. Da-

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FALLSTUDIEN

rüber hinaus führen neue Nutzungsvorschläge für das Gebäude oder seine weitere Nutzung unter den heutigen Leistungsanforderungen zu Interventionen, bei denen die Stahlrahmen repariert oder ersetzt und neue Isolierglaselemente oder zusätzliche Schichten hinzugefügt werden, um die Energieeffizienz und den Komfort zu verbessern. Beispiele für diesen Sanierungsansatz sind das Haus Hardenberg in Berlin, Deutschland (Paul Schwebes, 1956), die Van-Nelle-Fabrik in Rotterdam, Niederlande (Brinkman & Van der Vlugt, 1931), die Zeche Zollverein in Essen, Deutschland (Schupp und Kremmer, 1932/1961), und der De-La-Warr-Pavillon in Bexhill-on-Sea, Großbritannien (Erich Mendelsohn und Serge Chermayeff, 1935).

ERNEUERUNG MIT THERMISCH (NICHT) ENTKOPPELTEN STAHL- ODER ALUMINIUMRAHMEN Die Erneuerung wird an einigen Beispielen beschrieben, bei denen trotz der Bedeutung des Gebäudes und seines ursprünglichen architektonischen Charakters die originalen Stahlrahmen und Verglasungen durch neue Komponenten ersetzt wurden. Im Allgemeinen zielt dieser Ansatz darauf ab, das ursprüngliche Erscheinungsbild so weit wie möglich zu erhalten und gleichzeitig die Gesamtleistungsfähigkeit des Gebäudes zu verbessern. Energieeinsparung und Nutzerkomfort sind in der Regel die Hauptgründe für die Erneuerung bei den europäischen Fallstudien. Bei den Fällen in den USA, bei denen dieser Erneuerungsansatz verwendet wurde, zielt diese invasivere Instandhaltungsmaßnahme darauf ab, die Leistung der Gebäudehülle zu verbessern und den Sicherheitsanforderungen gerecht zu werden. Dies veranschaulichen die Fallstudien der S. R. Crown Hall in Chicago, USA (Ludwig Mies van der Rohe, 1956), des Solomon-R.-Guggenheim-Museums, New York City, USA (Frank Lloyd Wright, 1959), und des Lever House, New York City, USA (SOM, 1952), sowie der Yale University Art Gallery in New Haven, USA (Louis Kahn, 1953). Der gleiche Ansatz kam bei den folgenden europäischen Gebäuden zum Einsatz: Fagus-Fabrik in Alfeld an der Leine, Deutschland (Walter Gropius und Adolf Meyer, 1912/1925), Sanatorium Zonnestraal in Hilversum, Niederlande (Jan Duiker, 1928–1931), Bauhaus Dessau, Deutschland (Walter Gropius, 1926), Kloster La Tourette in Éveux, Frankreich (Le Corbusier, 1960), und die Cité de Refuge in Paris, Frankreich (Le Corbusier und Pierre Jeanneret, 1933/1953). Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Informationen zu allen 20 Fallstudien zusammen und hilft, die verschiedenen Ansätze bei jedem Projekt zu veranschaulichen. Zu diesem Zweck ordnet die Tabelle auch die Fallstudien in die Instandsetzungskategorien Restaurierung, Sanierung und Erneuerung ein. Jeder Eintrag zu einer Fallstudie enthält allgemeine Gebäudeinformationen, die Instandsetzungskategorie und die ausschlaggebenden Faktoren jeder Instandsetzung sowie einen kurzen Überblick darüber, woraus die Gebäudehülle „vor“ und „nach“ der Instandsetzung bestand.

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ANMERKUNGEN 1 Keith Eggener, „The Uses of Daylight: Louis S. Curtiss, the Boley Building, and the Invention of the Glass Curtain Wall”, Places Journal (Mai 2012), doi.org/10.22269/120514. 2 Anne E. Grimmer und Kay D. Weeks, The Secretary of the Interior’s Standards for the Treatment of Historic Properties with Guidelines for Preserving, Rehabilitating, Restoring & Reconstructing Historic Buildings (Washington, D.C.: U.S. Innenministerium, Nationalparkverwaltung, Technischer Erhaltungsdienst, Rev. Fassung, 2017), S. 2–3. 3 Ebd., S. 163. 4 Ebd., S. 75. 5 Jacques Mertens, „Curtain wall as a system of building physics – A perspective for refurbishment“, in Curtain Wall Refurbishment: A Challenge to Manage, Hrsg. Wessel de Jonge und Arjan Doolar (Eindhoven: DOCOMOMO International, Eindhoven University of Technology, 1997), S. 35–40.

INTERVENTIONSKATEGORIE (nur die Hauptkategorie ist dargestellt)

I-2

RAHMEN UND VERGLASUNG KATEGORIEN DER INSTANDSETZUNG VORHER [Rahmen/ Glas]

NACHHER [Rahmen/Glas] (Jahr der Fertigstellung)

AUSSCHLAGGEBENDE FAKTOREN FÜR DIE INSTANDSETZUNG

RESTAURIERUNG

I-1

Denkmalschutz

(Jahr der Fertigstellung)

Nutzerkomfort

LAND

Verfall der Bausubstanz

ORT

Sicherheit

GEBÄUDENAME

Energie-Einsparung

Datensynthese

Villa Tugendhat (1930) Fensterwände Treppenhaus Eingang

Brno

Tschechische Republik

ST / SG ST / SG ST / SG

ST / SG (1945) ST / SG (2012) ST / SG (2012)

Glass House (1949)

New Canaan, CT

USA

ST / SG

ST / SG (nach Bedarf )

Hallidie Building (1918)

San Francisco, CA

USA

ST / SG

ST-SR / SG-LG (2014)

Viipuri-Bibliothek (1935) Fensterwand (Treppe, Lobby) Oberlichter (Lesesaal)

Wyborg

Russland ST / SG-IGS

ST / SG-IGS (1995, 2010)

WD / SG

WD / SG+2G-LG (2005)

Fallingwater (1937)

Mill Run, PA

USA

ST / SG

ST / SG-SF (1989, 1993) ST / SF-LG (fortwährend)

Farnsworth House (1951)

Plano, IL

USA

ST / SG

ST / SG (1996, 2013, TBD)

TWA Flight Center (1962)

Queens, NY

USA

ST / SG

ST / SG-LG (2012–2019)

ST / SG ST / SG ST / SG ST / SG

ST / SG (1993, 1992) ST / IGU (1997, 1996) ST-TB / IGU (1996) ST / 2G-IGU (1992, 1993)

ST / SG

ST / SG+2G-IGU (2004)

ST / SG-IGS ST / SG-IGS

ST / SG-IGS (2004) AF-TB / IGU (2004)

ST / SG

ST-SR / SG (unbekannt)

SANIERUNG

II-1

II-2

II-3

Zeche Zollverein (1932/1961) Hallen 2 und 5 Hallen 7 und 9 Halle 9 (einzelne Bereiche) Hallen 6 und 10

Essen

Van-Nelle-Fabrik (1931)

Rotterdam

Niederlande

Haus Hardenberg (1956) Straßenfassaden Hoffassaden

Berlin

Deutschland

De-La-Warr-Pavillon (1935)

Bexhill-on-Sea

Deutschland

Großbritannien

ABKÜRZUNGEN Rahmen: ST: Stahlrahmen; WD: Holzrahmen; AL: Aluminiumrahmen; BF: Messingrahmen; PF: Polyurethanrahmen; SF: Silikonrahmen; CF: Betonrahmen; TB: thermisch entkoppelt; SR: Strukturelle Verstärkung

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Glas: SG: Einfachverglasung; IGU: Isolierverglasung; 2G: Sekundärverglasung; SF: oberflächenmontierte Folie; LG: laminiertes Glas; IGS: Innenverglasung/Verbundfenster

Denkmalschutz

VORHER [Rahmen/ Glas]

NACHHER [Rahmen/Glas] (Jahr der Fertigstellung)

AUSSCHLAGGEBENDE FAKTOREN FÜR DIE INSTANDSETZUNG

ERNEUERUNG

INTERVENTIONSKATEGORIE (nur die Hauptkategorie ist dargestellt)

Nutzerkomfort

(Jahr der Fertigstellung)

Verfall der Bausubstanz

LAND

Sicherheit

ORT

Energie-Einsparung

GEBÄUDENAME

RAHMEN UND VERGLASUNG KATEGORIEN DER INSTANDSETZUNG

Lever House (1952)

New York, NY

USA

ST / SG

ST / SG-LG (2001)

S. R. Crown Hall (1956)

Chicago, IL

USA

ST / SG

ST / SG-LG (2006)

III-1 Kloster La Tourette (1960)

Éveux

Frankreich

CF BF-PF / SG

CF-AL-SF / SG (1993) CF-BF-PF / SG-LG (2013)

III-2 Fagus-Werk (1912/1925)

Alfeld an der Leine

Deutschland ST / SG ST / SG

ST / IGU (ca. 1990) ST / SG (ca. 1990)

Sanatorium Zonnestraal (1928–1931)

Hilversum

Niederlande

ST / SG

ST / SG / IGU (2006)

Cité de Refuge (1933/1953) Penthouse Hauptfassaden

Paris

Frankreich ST / SG ST / SG ST / SG WD / SG

ST / SG (1953) ST / IGU (2015) WD / SG (1953) WD / IGU (2015)

ST / SG ST / SG AL / SG ST / SG AL / SG

AL / SG (1976) AL / SG (1976) ST-TB / IGU (2015) AL / SG (1976) ST-TB / IGU (2015)

Bürogebäude Gebäudeecken Bürogebäude

III-3 Bauhaus Dessau (1926)

Dessau-Roßlau

Deutschland

Werkstatt Nordfassade Wohnateliers

Solomon-R.-GuggenheimMuseum (1959) III-4 Kunstgalerie der Yale

New York, NY

USA

ST / SG

ST-TB / IGU (2008)

New Haven, CT

USA

ST / SG

AL-TB / IGU (2006)

University (1953)

INSTANDSETZUNGSKATEGORIEN I. Restaurierung 1. Rahmenreparatur und Einfachverglasung 2. Rahmenreparatur und laminierte Einfachverglasung II. Sanierung 1. Rahmenreparatur und Isolierverglasung (IGU) 2. Rahmenreparatur und Einfachverglasung und Sekundärverglasung 3. Rahmenreparatur mit struktureller Verstärkung und Einfachverglasung

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 III. Erneuerung 1. Thermisch nicht entkoppelte Stahlrahmen und Einfachverglasung 2. Thermisch nicht entkoppelte Stahlrahmen und Isolierverglasung (IGU) 3. Thermisch entkoppelte Stahlrahmen und Isolierverglasung (IGU) 4. Thermisch entkoppelte Aluminiumrahmen und Isolierverglasung (IGU)

Übersicht und Kategorisierung

KATEGORIEN DER RESTAURIERUNG ST / SG Rahmenreparatur und Einfachverglasung

ST / SG-LG Rahmenreparatur und laminiertes Glas

ST / SG-SF Rahmenreparatur und Einfachverglasung mit aufgebrachter Folie

Villa Tugendhat, 1930

Hallidie Building, 1918

Fallingwater, 1937

Zeche Zollverein, 1932/1961

Villa Tugendhat, 1930

Farnsworth House, 1951

Viipuri-Bibliothek, 1935

Viipuri-Bibliothek, 1935

TWA Flight Center, 1962

Glass House, 1949

Fallingwater, 1937

Farnsworth House, 1951

TWA Flight Center, 1962







DIE FALLSTUDIEN chronologisch Fagus-Werk, 1912/1925, Alfeld an der Leine, Deutschland Hallidie Building, 1918, San Francisco, Kalifornien, USA Bauhaus Dessau, 1926, Dessau-Roßlau, Deutschland Sanatorium Zonnestraal, 1928–1931, Hilversum, Niederlande Villa Tugendhat, 1930, Brno, Tschechische Republik Van-Nelle-Fabrik, 1931, Rotterdam, Niederlande Zeche Zollverein, 1932/1961, Essen, Deutschland Cité de Refuge, 1933/1953, Paris, Frankreich De-La-Warr-Pavillon, 1935, Bexhill-on-Sea, Großbritannien Viipuri-Bibliothek, 1935, Wyborg, Russland Fallingwater, 1937, Mill Run, Pennsylvania, USA Glass House, 1949, New Canaan, Connecticut, USA Farnsworth House, 1951, Plano, Illinois, USA Lever House, 1952, New York, New York, USA Kunstgalerie der Yale University, 1953, New Haven, Connecticut, USA Haus Hardenberg, 1956, Berlin, Deutschland S. R. Crown Hall, 1956, Chicago, Illinois, USA Solomon-R.-Guggenheim-Museum, 1959, New York, New York, USA Kloster La Tourette, 1960, Éveux, Frankreich TWA Flight Center, 1962, JFK Airport, Queens, New York, USA

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TWA Flight Center, 1962

KATEGORIEN DER SANIERUNG

KATEGORIEN DER ERNEUERUNG

ST / IGU Rahmenreparatur und Isolierverglasung

ST / SG + 2G (oder IGS) Rahmenreparatur und Einfachverglasung und Sekundärverglasung

AL / SG Thermisch nicht entkoppelte Aluminiumrahmen und Einfach­ verglasung

ST / IGU Thermisch nicht entkoppelte Stahl­rahmen und Isolierverglasung

ST-TB / IGU Thermisch entkoppelte Stahlrahmen und Isolierverglasung

Sanatorium Zonnestraal, 1928–1931

Van-Nelle-Fabrik, 1931

Bauhaus Dessau, 1926

Fagus-Werk, 1912/1925

Bauhaus Dessau, 1926

Zeche Zollverein, 1932/1961

Zeche Zollverein, 1932/1961

Kloster La Tourette, 1960

Sanatorium Zonnestraal, 1928–1931

Zeche Zollverein, 1932/1961

Zeche Zollverein, 1932/1961

Solomon-R.-Guggenheim-Museum, 1959

Cité de Refuge, 1933/1953

AL-TB / IGU Thermisch entkoppelte Aluminiumrahmen und Isolierverglasung





Viipuri-Bibliothek, 1935

ST-SR / SG Rahmenreparatur mit struktureller Verstärkung und Einfachverglasung  



ST / SG Thermisch nicht entkoppelte Stahl­ rahmen und Einfach­ verglasung  

Haus Hardenberg, 1956

Hallidie Building, 1918







Sanatorium Zonnestraal, 1928–1931

De-La-Warr-Pavillon, 1935

Lever House, 1952

S. R. Crown Hall, 1956

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Kunstgalerie der Yale University, 1953

Haus Hardenberg, 1956

Villa Tugendhat Brno (Brünn), Tschechische Republik Ludwig Mies van der Rohe, 1930

Hintere (südwestliche) Fassade der Villa Tugendhat in Brünn, Tschechische Republik, Blick aus dem Garten, 1930.

Die Villa Tugendhat ist ein dreigeschossiges repräsentatives Wohnhaus nach Plänen von Ludwig Mies van der Rohe (1886–1969) und liegt in Černá Pole, einem Wohnviertel in Brünn, dem heutigen Brno. Hoch gelegen auf einem Hanggrundstück mit bester Aussicht wurde es 1928 von Grete (1903–1970) und Fritz Tugendhat (1895–1958) als Wohnsitz der Familie in Auftrag gegeben. Das 1930 fertiggestellte Gebäude entstand aus der Sehnsucht des Paares „nach einem modernen, geräumigen Haus mit klaren und einfachen Formen“.1 Der Entscheidung Mies van der Rohes, eine Stahlskelettkonstruktion zu entwerfen, war damals ungewöhnlich für ein Wohnhaus, bot jedoch viele Vorteile. Mit den leichten, nicht tragenden Wänden blieben die Grundrisse offen, sie konnten von Stockwerk zu Stockwerk unterschiedlich konfiguriert werden, außerdem öffneten große Glasflächen die Räume nach außen. Das oberste Stockwerk des Hauses, mit den Schlafzimmern und der teilweise überdachten oberen Terrasse, ist von der Straßenebene aus zugänglich. Von dort führt eine Treppe, flankiert von einer raumhohen, gebogenen Stahlrahmenverglasung aus mattem Milchglas, hinunter in die Zwischenebene, wo sich Wohnzimmer, Esszimmer und Küche befinden. Von der Küche führt eine Wendeltreppe hinunter zu den Service- und Technikräumen im Untergeschoss. An das Esszimmer schließt sich eine weitere überdachte Terrasse an, die über eine breite Treppe in den Garten und das begrünte Grundstück führt.

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Gartentreppe und Esszimmerfensterwand an der Rückfassade (zu beachten ist die großformatige Einscheibenverglasung), 1932.

CHRONIK

Ersatzfensterwand (nach dem Zweiten Weltkrieg eingebracht) mit erheblichen Wasser-, Kondensations- und Frostschäden, 1981.

Neben der umfangreichen Verwendung hochwertiger Materialien, wie beispielsweise Böden aus weißem Travertin, den beiden Wandscheiben aus honigfarbenem, marokkanischem Onyx oder den eindrucksvoll gemaserten Furnieren aus exotischem Makassar-Ebenholz und Palisanderholz ist der umfangreiche Einsatz von Metall eines der charakteristischen Merkmale des Hauses. Neben den schlanken Stahlstützen mit ihrem kreuzförmigen Grundriss, die aus vernieteten Winkelprofilen bestanden, gab es auf der oberen Terrasse Stützenverkleidungen aus Messing mit einer bronzefarbenen Patinabeschichtung. Im Hauptwohnbereich waren die Stützen mit hochglänzendem Chromstahl verkleidet.2 Alle Fensterrahmen und Außentüren waren aus Stahl, wodurch die Rahmenelemente schlank gestaltet werden konnten. Die Art und Weise, wie die Stahlrahmenverglasung die Innenräume mit der Umgebung verbindet, ist ebenfalls ein besonderes Merkmal der Villa. Im Hauptwohn­bereich im zweiten Stock wurden die Südost- sowie die Gartenfassade raumhoch verglast. Ein großes, versenkbares Stahlrahmenfenster (5 m x 3 m) mit einem elektrisch betriebenen Gegenge­ wichts­system öffnete den Raum zum Garten und dem darunter liegenden Hanggrundstück. Verchromte Geländer und Fußleisten fungieren als Absturzsicherung und bewegliche Stoffmarkisen für den Sonnenschutz. Der Entwurf sah weitere technische Innovationen für das Haus vor, wie z. B. eine mechanische Lüftung mit Luftzufuhr aus dem Untergeschoss, die eine Kombination aus Heizen, Kühlen und Befeuchtung ermöglichte. Des Weiteren gab es eine Kammer, die speziell für die Aufbewahrung von Pelzen und anderer Kleidung vorgesehen war.3

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Von 1930 bis 1938 war das Gebäude der Wohnsitz der Familie Tugendhat. Im Jahr 1938 verließ sie das damalige Brünn, und Anfang Oktober 1939 wurde die Villa von der deutschen Gestapo übernommen. Während des Zweiten Weltkriegs diente sie als Wohnsitz und Büro des Direktors

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1928– 1930

Fertigstellung der Villa Tugendhat

1938

Die Familie Tugendhat verlässt die Tschechoslowakei

1939

Nutzung des verlassenen Gebäudes durch die Gestapo für Wohnungen und Büros

1945

Nutzung durch das sowjetische Militär als Quartier und für Stallungen

1945– 1967

Nutzung als Tanzschule, später als Zentrum für pädiatrische Physiotherapie

1963

Eintragung des Gebäudes in die Liste der architektonischen Kulturdenkmäler

1967– 1969

Sanierung der Villa durch Grete Tugendhat und den Architekten František Kalivoda

1969– 1971

Versterben der Hauptverfechter der Sanierung

1980

Übertragung der Immobilie an die Stadt Brno

1981– 1985

Erste Gebäuderenovierung (als Gästehaus der Stadt Brno)

1994

Das Brünner Stadtmuseum macht die Villa als Hausmuseum der Öffentlichkeit zugänglich

1995

Die Villa Tugendhat wird zum Nationaldenkmal erklärt.

2001

Aufnahme in die UNESCOListe des Weltkulturerbes

2001– Abschluss der bauhistorischen 2005 Untersuchung 2003– 2005

Abschluss der Restaurierungsforschung unter Ivo Hammer

2010

Beginn der Restaurierungsarbeiten unter fachkundiger Aufsicht des Tugendhat House International Committee (THICOM)

2012

Abschluss der Restaurierungs­ arbeiten; die Villa Tugendhat wird der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht und wird Teil des Netzwerks Iconic Houses

Blick durch den Hauptwohnraum in den begrünten Wintergarten vor der Sanierung, 2010.

der Klöckner-Werke, einem deutschen Stahl- und Anlagenbauer, der auch in Brünn ein Werk betrieb. Diese andere Hausführung und -belegung führte zu radikalen Veränderungen. Die straßenseitige Glasfront aus Milchglas und der obere Terrasseneingang wurden zugemauert sowie Trennwände im Innenbereich hinzugefügt. Im April 1945 trug die Sowjetarmee weiter zur Zerstörung des Gebäudes bei, indem sie das Innere für Quartiere und Ställe nutzte, die Holzmöbel verbrannte und die Böden zerstörte. Alle gläsernen Außenwandbereiche waren bei der Bombardierung der Stadt dem Detonationsdruck ausgesetzt und zerbrachen, mit Ausnahme des versenkbaren Fensters gegenüber der Onyxwand.4 Nach dem Kriegsende in Europa gelang es der Tänzerin Karla Hladká gemeinsam mit dem Brünner Architekten Albín Hofírek die Villa wiederherzurichten, bevor sie diese für ihre eigene private Schule für modernen Tanz, die sie im August 1945 eröffnete, nutzte.5 Im Rahmen dieser Reparaturaktion wurden zerbrochene Fenster temporär verglast und das Linoleum im Hauptwohnbereich durch rote Holzwolle-Zementplatten ersetzt. Bis 1950 wurde das Gebäude als private Tanzschule genutzt, dann wurde es Eigentum des tschechoslowakischen Staates. Von 1955 bis Ende der 1960er Jahre wurde in der ehemaligen Villa ein Rehabilitationszentrum für Kinder mit Wirbelsäulenschäden eingerichtet.6 Im Laufe dieses Zeitraums wurden die im Krieg beschädigten Verglasungen durch feste, mehrteilige Fassadenelemente ersetzt. 1967 besuchte der Brünner Architekt František Kalivoda die Villa und traf Grete Tugendhat mit der festen Absicht, für die Renovierung der Villa tätig zu werden.

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VILLA TUGENDHAT  |  RESTAURIERUNG

Hintere (südwestliche) Fassade mit der aus den 1980er Jahren stammenden Ersatzfassade in schlechtem Zustand (korrodiert, verzerrt und mangels Wartung nicht funktions­fähig), ca. 2010.

Bestehende, vordere (nordöstliche) Verglasung vor der Restaurierung mit zwei Acrylglasscheiben pro Rahmen, die durch Silikondichtmasse verbunden sind (ursprünglich befanden sich hier mattierte Einzelscheiben), 2010.

Diese Initiative für eine Sanierung wurde 1968 durch die Besetzung der Tschechoslowakei durch die damalige Sowjetunion gestoppt, hinzu kam der Tod von Mies van der Rohe im folgenden Jahr, der Tod von Frau Tugendhat 1970 und dem von Herrn Kalivoda ein Jahr später.7 Im Jahr 1980 ging die Villa in den Besitz der Stadt Brno über. Die erste umfassende Renovierung des Gebäudes mit dem Ziel, es in ein Gästehaus der Stadt zu verwandeln, begann 1981 und wurde 1985 abgeschlossen. Das Projekt, das vom Staatlichen Institut für den Wiederaufbau historischer Städte und Gebäude in Brno vorbereitet wurde, war von Anfang an problematisch. Die Architekten der Renovierung nutzten nur Archivpläne und Fotografien aus den Sammlungen des Stadtmuseums, ohne andere originale Quellen heranzuziehen, beispielsweise Archivmaterial von Mies van der Rohe. Darüber hinaus wurden keine bauhistorischen Studien durchgeführt, keine Restaurierungspläne erstellt oder Untersuchungen zum Erhalt der Bausubstanz durchgeführt. Bei Arbeiten, die vor der Herausgabe der Planungsunterlagen begannen,

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Seitliche Ansicht der Kellerfenster und der hinteren (südwestlichen) Fassade während der Sanierung, 2011.

wurde originale Bausubstanz zerstört. Streitigkeiten mit dem städtischen Bauunternehmen (Materialbereitstellung und Baufirma) über Änderungen am Bau und anderes mehr waren dem Erfolg des Projekts abträglich.8 Dies zeigte sich besonders an den durchgeführten Außenarbeiten. So wurden beispielsweise die ursprünglichen großen Scheibenformate durch zwei Scheiben mit transparenten Silikonstoßfugen ersetzt, nachdem eine Belieferung durch einen ausländischen Glaslieferanten abgelehnt wurde. Die große Scheibe am einzigen erhaltenen einfahrbaren Fenster wurde entfernt, da sie nicht zu den ausgetauschten Scheiben passte. Die Rahmenelemente der Stahlfenster und -türen zeigten deutliche Korrosion durch Wärmebrücken und Kondensation, wurden aber lediglich gereinigt, repariert und neu angestrichen.9 1994 wurde die Villa Tugendhat dem Brünner Stadtmuseum unterstellt und öffnete erstmals als Hausmuseum für die Öffentlichkeit.10 Erst nach der Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes durch die UNESCO im Jahr 2001 wurde eine eingehende bauhistorische Untersuchung durchgeführt.11 Diese wurde 2005 unter der Leitung von Karel Ksander fertiggestellt. Gleichzeitig wurden von 2003 bis 2005 Bauuntersuchungen zur Restaurierung unter der Leitung des Konservators Ivo Hammer durchgeführt. Beide Studien dienten als Grundlage für eine erneute (und sorgfältigere) Restaurierung der Villa, die von 2010 bis 2012 erfolgte. Im Jahr 2012 wurde die Villa Teil des internationalen Netzwerks Iconic Houses und als Hausmuseum der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht.12

DIE INSTANDSETZUNG Im Zuge der Restaurierung von 2010 bis 2012 sollte das Gebäude wieder in seinen ursprünglichen historischen Zustand versetzt werden, so wie es von 1929 bis 1930 entworfen und gebaut worden war. Das bedeutete, die authentische Bausubstanz des Gebäudes zu erhalten, indem zum einen das Baudenkmal als „erhaltenes Original“ gewahrt und

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Hintere (südwestliche) Fassade während der Sanierung, 2011.

VILLA TUGENDHAT  |  RESTAURIERUNG

dessen Leben verlängert wurde und zum anderen das Haus in seiner ursprünglichen Form eingerichtet und rekonstruiert werden sollte.13 Im Jahr 2009 wurde ein internationales Expertengremium, das Tugendhat House International Committee (THICOM), einberufen, um die Stadt Brünn bei technischen Fragen im Zusammenhang mit „der Rekonstruktion und Einrichtung der Villa Tugendhat entsprechend denkmalpflegerischer Grundsätze“ zu beraten.14 Die Materialität und äußere Erscheinung der ursprünglichen Stahlfensterrahmen wurde 2008 von Ivo Hammer folgendermaßen beschrieben:

Austausch der mattierten Verglasung an der Vorderfront während der Restaurierung, 2011.

Die äußeren Oberflächen der Metallelemente, wie z. B. die Fensterrahmen, wurden ursprünglich nicht nur mit einer bläulich grauen Ölfarbe auf mehrere Grundierungsschichten aufgetragen, sondern auch mit einem Klarlack (evtl. Celluloseacetat) beschichtet. Die Anwendung eines Klarlacks ist ungewöhnlich und zum Schutz nicht notwendig, sondern dient ausschließlich einem ästhetischen Zweck. Es verleiht der Metallfarbe eine höhere Sättigung und suggeriert gleichzeitig eine metallische Oberfläche. Es ist sicherlich nicht unbeabsichtigt, dass der Farbton dem von oxidiertem Blei ähnelt, das die Unterseite der Rahmen schützt.15 Die Verglasung und die Lackierung der Stahlelemente waren anspruchsvolle Aufgaben der Restaurierung. Die beiden absenkbaren Fenster der Gartenfassade waren stark verzogen, und das dem Esszimmer gegenüberliegende Fenster war nicht funktionsfähig. Die ursprüngliche Öffnungsmechanik der Fenster konnte vollständig erhalten werden, wurde überholt und wieder voll funktionstüchtig gemacht.16 Die Restauratoren haben Sekundärlack so sorgfältig wie möglich von diesen Elementen entfernt, wobei sie die erhaltenen Schichten der Originalfarbe unberührt ließen. Gemäß des Sanierungsplans wurden die Maler- und Lackierarbeiten in drei Kategorien eingeteilt: (1) nicht erhaltene Anstriche, (2) teilweise erhaltene Anstriche und (3) gut erhaltene Anstriche. Die originalen Scheiben der Fensterverglasungen wurden in Teilen gefunden und untersucht. So konnten sehr authentische Kopien entstehen, indem neues Rohmaterial produziert und weiterverarbeitet wurde. Dazu gehörte der Zuschnitt der Scheiben auf die gewünschte Größe und Form (viele von ihnen waren nicht rechteckig) und ihre Kantenbearbeitung. Die Handhabung der großformatigen Glasscheiben bei Herstellung, Transport, Anlieferung und Montage gehörte zu den besonders schwierigen Aspekten der Restaurierung.17 Die ursprüngliche mattierte Verglasung der Eingangshalle an der Straßenfassade war aus sandgestrahltem Milchglas, dessen glatte und glänzende Seite nach außen und dessen matte Seite nach innen zeigte. Die Scheiben waren gebogen hergestellt worden. Aus technischen Gründen wurde dieses Glas durch satiniertes Glas ersetzt, das innen nicht sandgestrahlt, sondern chemisch behandelt wurde.

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Einbau der gebogenen Einfachverglasung aus Mattglas, 2011.

Innenansicht der restaurierten Fensterwand am Haupteingang mit den neuen Scheiben aus Mattglas, 2012.

1 Stahlrahmenfestverglasung 2 Versenkbares Stahlrahmenfenster 3 Motorisierter Antrieb für das versenkbare Fenster 4 Transparente Einfachverglasung 5 Einfahrbare Stoffmarkise 6 Mattierte Einfachverglasung

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Schnitt mit Einsicht in die hintere (südwestliche) Fassade und das versenkbare Stahlrahmenfenster mit Stoffmarkise.

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VILLA TUGENDHAT  |  RESTAURIERUNG

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Schnitt mit Einsicht in die vordere (nordöstliche) Stahlrahmenfassade mit mattiertem Glas.

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Gartenansicht der hinteren (südwestlichen) Fassade nach der Sanierung, 2012.

Hintere (südwestliche) Fassade mit Blick durch die Stahlrahmenfassade in den Hauptwohnraum nach der Sanierung, 2012.

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VILLA TUGENDHAT  |  RESTAURIERUNG

Restaurierte originale Stahlrahmen und Türbeschläge, 2012.

Innenansicht nach der Restaurierung der Stahlrahmenfassade und der Ebenholzwand, 2012.

SCHLUSSFOLGERUNGEN Die Entscheidung, das Expertengremium THICOM ins Leben zu rufen, um der Stadt beratend zur Seite zu stehen, war ein wichtiger Bestandteil des Restaurierungsprozesses. Durch diesen Schritt konnten unangemessene Maßnahmen, wie sie bei früheren Instandsetzungen auftraten, vermieden werden. Die Arbeit des Gremiums stützte sich auf die sorgfältige bauhistorische Untersuchung und die Studien zur Restaurierung, die noch heute vor Ort und online im Studien- und Dokumentationszentrum (DEZA-VT) einsehbar sind. Die Festlegungen bei der Restaurierung orientierten sich an der Tatsache, dass die Villa ein Hausmuseum mit besonderem Augenmerk auf Authentizität werden sollte und zugleich eine hohe Besucherzahl erwartet wurde. Dies führte zu einer sehr sorgfältigen Wiederherstellung des Versenkmechanismus und zu einer besonders sorgfältigen Reproduktion der ursprünglichen Scheibenqualitäten, wobei erhaltenes Probenmaterial chemisch analysiert wurde. In Bezug auf die Materialien und Oberflächenbehandlungen des Gebäudes schrieb Dagmar Černouškova vom Brünner Stadtmuseum: Die Restaurierung der Villa erfolgte mit dem Ziel einer kompletten Wiederherstellung des Gebäudes, einer möglichst einfühlsamen und sorgfältigen Erneuerung aller ursprünglichen Oberflächen und Elemente. Dabei wurde auch die Art und Weise der Wiederbeschaffung der fehlenden Einrichtungsgegenstände wie Möbelstücke und Einbauelemente festgelegt. .... Die Restauratoren legten besonderes Augenmerk auf die Oberflächen. Die originalen Substanzen wurden so gut wie möglich erhalten, insbesondere der Außen- und Innenputz, metallische Oberflächen und Holz.18 Die umfangreichen Untersuchungen und Dokumentationen, die dieser Arbeit zugrunde liegen, haben hohe Maßstäbe gesetzt, an denen sich

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Vordere (nordöstliche) Fassade nach der Sanierung, 2012.

andere Restaurierungsprojekte nun ausrichten können. Das weite Netzwerk der beteiligten Experten, die bei der Entwicklung sehr spezieller und ausgefeilter Lösungen behilflich waren, hat sich ausgesprochen positiv auf das Projekt ausgewirkt. So erforderten beispielsweise die Reparatur und Wiederherstellung der stahlgerahmten Fensterelemente und ihrer Versenkmechanismen hohes handwerkliches Können. Insgesamt stellt die Restaurierung der Villa Tugendhat eine Instandsetzungsmaßnahme von hoher Sorgfalt dar, bei der die ursprüngliche Gestalt und Funktionalität der Architektur, der Innenraumgestaltung sowie -einrichtung wiederhergestellt wurde. Der ursprüngliche Charakter und die Atmosphäre der Zeit, in der die Villa der Familie Tugendhat als Wohnsitz diente, konnten so aufgenommen werden. Die Restaurierung ist nicht nur konservatorisch, sondern auch kulturhistorisch gelungen. Die restaurierte Villa gilt als Vorzeigeprojekt für experimentelle Konzepte

PROJEKTDATEN Villa Tugendhat (1930) Brno (Brünn), Tschechische Republik ORIGINALE KONSTRUKTION Architekt Ludwig Mies van der Rohe

1981–1985 INSTANDSETZUNGEN

2005–2012 INSTAND­SETZUNGEN

Architekt Das staatliche Institut für den Wiederaufbau historischer Städte und Gebäude in Brünn (Projektvorbereitung)

ARGE Planung Omnia Project, Archteam und RAW

Planungsteam Kamil Fuchs (Teamchef ), Jarmila Kutějová, Josef Janeček, Adéla Jeřábková

Bauausführende Firma Artur und Mořic Eisler

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Planungsteam Marek Tichý (Projektverantwortlicher, Sachverständiger für Gebäuderestaurierung), Milan Rak, Tomáš Rusín, Petr Řehořka, Alexandr Skalický,

Ivan Wahla, zusammen mit Vítek Tichý (leitender Ingenieur und Projektkoordinator) Glasherstellung, -verarbei­ tung und -montage Saint-Gobain Glass Benelux, Auvelais (Belgien); Ertl Glass AG (Österreich); Isosklo, spol. s. r. o. (Tschechische Republik); DIPRO okna, s. r. o., in Zusammenarbeit mit Uplifter, s. r. o. (Tschechische Republik)

VILLA TUGENDHAT  |  RESTAURIERUNG

Blick bei Dämmerung auf die Rückfassade und den Wintergarten nach der Sanierung, 2012.

in den Bereichen Wohnen, Haustechnik und Komfort, gleichwohl wurde ihre Bewohnbarkeit bereits kurz nach Fertigstellung kritisch diskutiert. In dem Projekt zeigt sich auch das Engagement des Architektenteams und des THICOM-Gremiums, die gemeinsam mit den Erben der ursprünglichen Bewohner, dem Museum und der Stadt Brünn für den erfolgreichen Abschluss dieses Projekts sorgten.19

ANMERKUNGEN 1 Villa Tugendhat, „The Commissioners“, http://www.tugendhat.eu/en/villa-tugendhat/ the-commissioners-.html, abgerufen am 16. Februar 2019. 2 Villa Tugendhat, „The Materials“, http://www. tugendhat.eu/en/the-building/the-materials. html, abgerufen am 16. Februar 2019. 3 Iconic Houses, „Technical Innovations“, https://www.iconichouses.org/specials/ villa-tugendhat/technical-innovations, abgerufen am 10. Juli 2018. 4 Villa Tugendhat, „War Devastation“, http://www.tugendhat.eu/en/war-devastation. html, abgerufen am 16. Februar 2019. 5 Villa Tugendhat, „The Building – After the Departure of the Family“, http://www. tugendhat.eu/en/after-the-departure-of-the-­ family.html, abgerufen am 10. Juli 2018.

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6 Villa Tugendhat, „Physiotherapy Center“, http://www.tugendhat.eu/en/physiotherapy-centre.html, abgerufen am 17. Februar 2019. 7 Ludwig Mies van der Rohe verstarb im Jahr 1969, Grete Tugendhat im Jahr 1970 und František Kalivoda im Jahr 1971. 8 Villa Tugendhat, „The Building – The Restoration of the Villa from 1981 to 1985“, http://www. tugendhat.eu/en/the-building/the-restorationof-the-villa-from-1981-to-1985.html, abgerufen am 10. Juli 2018. 9 Ebd. 10 Iveta Černá, Dagmar Černoušková, „Mies in Brno: the Tugendhat House“, Brno: Stadt­ museum Brno, 2018. 11 Die bauhistorische Untersuchung mit einem Team von Fachleuten, die bereits die bauhistorische Untersuchung der Villa Müller (Adolf Loos) in Prag ausführten, wurde von Karel Ksander geleitet. Villa Tugendhat, „Research and Publications“, http://www. tugendhat.eu/en/research-and-publications/ construction-history-research.html, abgerufen am 10. Juli 2018. 12 Das Netzwerk Iconic Houses (IH) wurde im Jahr 2012 durch Natascha Drabbe (in Zusammenarbeit mit Iveta Černá, Kimberli Meyer und Lynda Waggoner) ins Leben gerufen. Siehe https://www.iconichouses.org/, abgerufen am 13. Februar 2019. 13 Iconic Houses, „Restoration“, https://www. iconichouses.org/specials/villa-tugendhat/ restoration, abgerufen am 10. Juli 2018. 14 Villa Tugendhat, „THICOM“, http://www. tugendhat.eu/en/science-and-research/ thicom.html, abgerufen am 10. Juli 2018. 15 Ivo Hammer, „The Original Intention – Intention of the Original? Remarks on the Importance of Materiality Regarding the Preservation of the Tugendhat House and Other Buildings of Modernism“, http://www.tugendhat.eu/data/ Ivo_Hammer_Original_%20intention_2008.pdf, abgerufen am 13. April 2008. 16 Nach Informationen, die im Jahr 2016 von Dr. Iveta Czerna, Direktorin des Museums Villa Tugendhat, bereitgestellt wurden. 17 Die Ersatzscheiben wurden in den Auvelais-­ Werken der Glashütte Saint-Gobain Glass Benelux produziert, die Bearbeitung erfolgte durch die Ertl Glass AG und Isosklo, spol. s.r.o., und der Einbau wurde von DIPRO okna, s.r.o., in Zusammenarbeit mit Uplifter CZ, s.r.o., durchgeführt. 18 Dagmar Černoušková, Alena Štěpánková, Marek Navrátil, „Villa Tugendhat is once again close to the original“, BRNO BUSINESS & STYLE 20, Nr. 1 (2012), S. 4–7, 86, http://www. tugendhat.eu/data/BB-EN.Tugendhat.pdf, abgerufen am 10. Juli 2018. 19 Daniela Hammer-Tugendhat, Ivo Hammer, Wolf Tegethoff, Haus Tugendhat. Ludwig Mies van der Rohe (Birkhäuser: Basel, 2014, neue Ausgabe), S. 29–34.

Glass House New Canaan, Connecticut, USA Phillip Johnson, 1949

Innenansicht des Glass House während des Baus in New Canaan, Connecticut, USA, ca. 1949.

Vordere (östliche) Fassade mit Philip Johnson im Haupteingang, ca. 1998.

Das Glass House und sein Gegenstück, das weniger bekannte Backsteinhaus für Gäste, wurden zwischen 1945 und 1947 von dem US-amerikanischen Architekten Philip Johnson (1906–2005) als Wochenenddomizil entworfen und zwei Jahre später fertiggestellt. Es liegt abseits der Straße, am Rande einer Klippe, und gibt den Blick frei auf einen Teich in einer idyllischen Landschaft. Inspiriert wurde das Gebäude vom Entwurf Mies van der Rohes für das Farnsworth House in Plano, Illinois, USA (siehe S. 82ff.), aus dem Jahr 1945, das 1951 fertiggestellt wurde und dessen Entwurf in eine Ausstellung über Mies van der Rohes Werk einfloss, die Johnson am Museum of Modern Art organisiert hatte.1 Im Gegensatz zum Farnsworth House, das auf Stahlpfählen steht, liegt das Glass House auf dem Boden auf. Es ist auch bescheidener in Größe und Proportionen, und sein gesamter Innenraum wurde vom Architekten selbst entworfen. Das Haus besteht aus einer Stahlskelettkonstruktion mit außenliegenden Eckstützen und Fensterwänden, deren große Glasflächen durch Pfosten und Riegel aus Stahl getrennt sind. Die Primärkonstruktion des Gebäudes und der Fensterwände besteht aus breitflanschigen Stahlstützen und verdeckten H-Trägern mit nach außen gerichteten U-Profilen. Die 3,18 m hohe Stahlrahmenfensterwand ist einfach verglast. Die größten der 6 mm starken Flachglasscheiben sind zwischen 3,91 m und 5,45 m breit und 2,13 m hoch. Die Pfosten und Riegel sowie die kleineren Glasanschläge bestehen aus 2,5 cm breiten und 9,5 cm tiefen Vierkantprofilen. Die gesamte Stahlkonstruktion ist mit einer schwarzen Lackierung versehen.2 Im Gegensatz zum Farnsworth House, das sich in einer abgelegenen Ebene im Mittleren Westen befand und nur für die wenigen Besu-

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Vordere (östliche) Fassade, 2018.

cher zugänglich war, die von seinem zurückgezogen lebenden Besitzer eingeladen wurden, wurde das Glass House sofort zu einem gesellschaftlichen Begegnungsort und passte insofern gut zu seinem extrovertierten Besitzer und Architekten. Johnsons gelungene Integration der verschiedenen Entwurfselemente, von Hülle und Raum bis zu Blickbeziehungen und Ausstattung, machte das gläserne Haus mit dem Stahlskelett bald zu einem der einflussreichsten Entwürfe der amerikanischen Nachkriegsmoderne. Es entfesselte auch eine anhaltende Faszination darüber, dass das eigene Haus eines Architekten der Moderne sozusagen seine Autobiographie darstellte.3

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Im Laufe der Jahre brachen einige der ursprünglichen Glasscheiben und wurden unter Johnsons Aufsicht und später unter der seines beauftragten Hausmeisters ersetzt, der sich noch einige Zeit über den Tod von Johnson und dem seines Partners David Whitney hinaus um das Grundstück kümmerte.4 Interessanterweise entstand Glasbruch wiederholt dadurch, dass wilde Truthähne gegen die Glasscheiben prallten, nachdem sie in den Fenstern ihr Spiegelbild entdeckt hatten und sich in einem trotzigen Akt auf dieses stürzten, um ihr Territorium zu verteidigen, vielleicht hatten sie das Glas auch einfach nicht gesehen.5 In diesem­ Zeitraum wurden gebrochene 6 mm starke Flachglasscheiben durch neues 9,5 mm starkes Floatglas ersetzt.6 Obgleich das Floatglas aufgrund der Herstellungsstandards für die erforderlichen großen Abmessungen des Glass House etwas zu dick ausfiel, war es leichter verfügbar und kostengünstiger als das ursprüngliche Flachglas. Es hatte auch

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CHRONIK 1945

Beginn des Vorentwurfs

1946

Erwerb des Grundstücks in New Canaan durch Philip Johnson

1947

Entwurf beendet

1949 Fertigstellung 1986

Philip Johnson vermacht das Glass House dem National Trust for Historic Preservation und behält Wohn- und Nutzungsrecht auf Lebenszeit.

1997

Aufnahme in das National Register of Historic Places (Nationales Verzeichnis historischer Stätten) und Registrierung als National Historic Landmark (Nationales Historisches Wahrzeichen)

2005

Der National Trust for Historic Preservation wird zum Verwalter des Glass House von Philip Johnson.

2007

Eröffnung des Glass House als Museum für die Öffentlichkeit

Innenansicht mit Blick aus der Rückfassade nach Westen hin zum Teich, 2006.

eine ebenere Oberfläche mit weniger visuellen Verzerrungen, und diese Veränderung schien Johnson zu akzeptieren, gleich den vielen Ergänzungen und Änderungen, die er für das Glass House und die umgebende Anlage im Laufe der Jahrzehnte entwarf.

DIE INSTANDSETZUNG Seitdem das Anwesen 2005 der Obhut des National Trust for Historic Preservation unterstellt wurde, wurden mindestens fünf Glasscheiben durch 9,5 mm starkes Einscheibensicherheitsglas ersetzt, der Glas­ typus, der mittlerweile standardmäßig für den Scheibenaustausch am Glass House verwendet wird.7 Abgesehen von diesen punktuellen Eingriffen sind das Glass House und andere Gebäude und Objekte auf dem Grundstück durch den Status als Museumshaus geschützt, sämtliche architektonischen Elemente, Möbel und Artefakte werden in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten.8 Nach Angaben des National Trust sieht der Wartungsplan für das Haus eine wöchentliche Reinigung vor und bei Bedarf eine wöchentlich alternierende Fensterreinigung innen und außen. Etwa alle fünf Jahre werden sämtliche Dichtungen auf der Außenseite entfernt und ausgetauscht, falls erforderlich werden punktuell auch Dichtungen auf der Innenseite entfernt und ausgetauscht sowie Lackierungen einschließlich der dazu notwendigen Grundierungen vorgenommen. Trotz dieser regelmäßigen Instandhaltungsmaßnahmen sind gegenwärtig eine Entrostung und Reparaturen des Stahlskeletts erforderlich, ferner ein Austausch von Türschließern und Schwellen sowie andere dringende Restaurierungsarbeiten im Innenbereich.9

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GLASS HOUSE  |  RESTAURIERUNG

Südwestliche Fassadenecke, 2006.

SCHLUSSFOLGERUNGEN Der Wechsel vom ursprünglichen 6 mm starken Flachglas zum dickeren, 9,5 mm starken Floatglas und später vom Floatglas zum Einscheibensicherheitsglas in gleicher Stärke ergab sich aus der Weiterentwicklung industrieller Standards für die Glasherstellung. Die derzeitige Verwendung von Einscheibensicherheitsglas ist auch den höheren Sicherheitsanforderungen geschuldet, da der Standort nun ein öffentlicher Ort ist und geltende Bauvorschriften die Verwendung von Sicherheitsglas für eine Montagehöhe ab 46 cm über dem Boden vorschreiben. Auch wenn gut dokumentiert ist, welche Fenster aus Originalglas und welche aus Ersatzglas gefertigt sind, hat der Wechsel zu Einscheibensicherheitsglas seine besonderen Herausforderungen, da bei Sicherheitsglas typischerweise durch die bei der Herstellung entstehenden „Rollenwellen“ optische Verzerrungen auftreten. Die großen Glasscheiben gehören zu den besonders prägenden Merkmalen des Gebäudes. Johnson beabsichtigte mit dem Entwurf für das Glass House wie auch für die umgebenden Anlagen, ein Gefühl der Verletzlichkeit und Zerbrechlichkeit in Bezug auf den Ort herauszuarbeiten. Im Jahr 1993 schrieb er zu seinen Überlegungen, wie in seinem Werk Gefühle der „Nostalgie, Unsicherheit und sexuellen Sehnsucht“ erzeugt und in Stein und Stahl gebannt werden könnten, dass man sich im Glass House fühle, „als könnte das Glas im Wind zerbrechen“.10 Die großen Scheiben vermitteln Johnsons Absicht, die traditionelle Funktion von Architektur als Objekt, die Schutz, Sicherheit und Geborgenheit gibt, in Frage zu stellen. Dadurch, dass der Glasanteil etwa 90 % der

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Typischer Schnitt der bestehenden Stahlrahmenfassade.

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GLASS HOUSE  |  RESTAURIERUNG

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1 Stahlstütze 2 Stahlrahmendachtragwerk 3 Dachrand aus Stahl 4 Pfosten aus Stahlglasfassade mit Glashalteleiste 5 Riegel aus Stahlglasfassade mit Glashalteleiste 6 Transparente Einfachverglasung 7 Stahlrahmentür mit transparenter Einfachverglasung 8 Dreilagige Gipsputzdecke (Rabitzdecke) 9 Dachhaut 10 Ziegelfußboden in Fischgrätmuster

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Typische Details der bestehenden Stahlrahmenfassade.

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Vorbereitung für den Anstrich der Stahlelemente, undatiertes Bild.

vertikalen Gebäudehülle ausmacht, werden die Eigenschaften des Glases, wie Farbe, Reflexionsgrad, Transparenz oder das Ausmaß der visuellen Verzerrung, zu Merkmalen, die den Charakter des Gebäudes als Ganzes entscheidend bestimmen. David Whitney und Jeffrey Kipnis haben diese Gedanken unter Verwendung einer Formulierung von Mies van der Rohe zusammengefasst: Die mehrfachen Spiegelungen auf den 5,49 m großen Flachglasscheiben, die den Blick durch das Haus zu überlagern scheinen, verleihen dem Glas eine Art Einbindung, für Mies van der Rohe ein direktes Bestreben, dem er vor 25 Jahren wie folgt Ausdruck gab: „Durch die Arbeit mit Modellen aus echtem Glas entdeckte ich, dass es auf das Spiel der Spiegelungen ankommt und nicht auf die Wirkung von Licht und Schatten wie bei gewöhnlichen Gebäuden.“ 11 Dies scheint zu erklären, warum Johnson sich zu seinen eigenen Lebzeiten auf die Umstellung vom ursprünglichen Flachglas auf Floatglas

PROJEKTDATEN Glass House (1949) New Canaan, Connecticut, USA

ORIGINALE KONSTRUKTION Architekt Philip Johnson

1949–2005 INSTAND­SETZUNGEN

2005–HEUTE INSTANDSETZUNGEN

Architekt Philip Johnson (1949–2004)

Grundstücksverwaltung (2005) National Trust for Historic Preservation (2005–heute) Eigentümer National Trust for Historic Preservation

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GLASS HOUSE  |  RESTAURIERUNG

ANMERKUNGEN

Vordere (östliche) Fassade, Blick nach Süden, 2008.

eingelassen hat, und es rechtfertigt auch die nachfolgende Umstellung von Floatglas auf Einscheibensicherheitsglas als angemessene Maßnahme. Veränderung ist Teil der Entwurfs- und Baugeschichte des Glass House und bestimmt somit die Entwicklung des Gebäudes und der umgebenden Anlage. Ein wichtiges Ziel bei der Erhaltung und Instandsetzung des Glass House ist nicht nur das Glas selbst, sondern auch die Art und Weise, wie die Scheiben das Licht spiegeln und filtern und wie dies die Beziehung des Gebäudes abbildet zu seinem Standort, zu seinem Architekten und ehemaligen Bewohner wie auch zu dessen Partner sowie zu all den gesellschaftlichen, künstlerischen und architektonischen Ereignissen, deren Zeuge es über mehrere Jahrzehnte hinweg war. Erhaltung durch kontinuierliche Wartung ist daher hier eine geeignete Alternative zur Neuverglasung. Das kuratorische Konzept, das der National Trust seit mehr als zehn Jahren verfolgt, kann daher als erfolgreich eingeschätzt werden, zumal es für diese Museumsanlage auch weiterhin eine ausgewogene Mischung aus erhaltungsorientierter Instandsetzung und kultureller Nutzung verspricht.

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1 Alice T. Friedman, Women and the Making of the Modern House (New Haven, CT: Yale University Press, 2006), S. 130, https://books. google.com/books/yup?id=-WXuEAwKc­SQC& lpg=PP1&pg=PA130#v=onepage&q&f=false, abgerufen am 23. Dezember 2018. 2 National Trust for Historic Preservation, „The Glass House Architectural Drawings“, http://theglasshouse.org/learn/architecturaldrawings, abgerufen am 5. Juni 2016. 3 National Trust for Historic Preservation, „Architecture & Influence – The Philip Johnson Glass House Oral History Project“, Online-­ Video, 3:02 min, http://theglasshouse.org/ explore/the-glass-house/video, abgerufen am 18. August 2018. 4 Fred A. Bernstein, „Treading Gently on Hallowed Ground“, The New York Times, 31. August 2006, Rubrik: Habitat. 5 „Coyotes not talking turkey at Johnson’s Glass House“, Chicago Tribune, The Advocate, 10. Dezember 2006. 6 Gregory Sages, E-Mail an den Autor, 2. August 2016. 7 Ebd. 8 Eine jüngere Ausnahme ist der Ersatz des ursprünglichen dreilagigen Putzes an der Metallabhangdecke, der aufgrund seines Asbestgehaltes entfernt und ersetzt wurde, wodurch Verfallsschäden behoben und die dadurch beeinträchtigte Funktionsfähigkeit der Tür wiederhergestellt wurde. 9 Ebd. 10 David Whitney und Jeffrey Kipnis, Hrsg., Philip Johnson: The Glass House (New York: Pantheon Books, 1993), S. IX. 11 Ebd., S. 13.

Hallidie Building San Francisco, Kalifornien, USA Willis Polk, 1918

Hallidie Building in San Francisco, Kalifornien, USA, Blick auf die Hauptfassade zur Sutter Street, ca. 1970.

Das Hallidie Building in der Sutter Street 130 im Financial District von San Francisco wurde von Willis Jefferson Polk (1867–1924) entworfen, einem amerikanischen Architekten, der zehn Jahre lang der Vertreter des Architekturbüros D. H. Burnham & Company an der Westküste war. Das Gebäude wurde von der University of California in Auftrag gegeben und nach Andrew Smith Hallidie benannt, einem in England geborenen Mitglied des Verwaltungsrates der Universität. Hallidie war zudem Ingenieur und gilt als Erfinder der Kabelstraßenbahn in San Francisco.1 Das siebenstöckige Gebäude zeichnet sich dadurch aus, dass dort zum ersten Mal eine Ganzglasvorhangfassade (mit Stahlrahmen, aber ohne Brüstungen aus Metall oder Mauerwerk) an einem Gebäude in den USA ausgeführt wurde. Die revolutionäre Stahlrahmenvorhangfassade an der Vorder-(Süd-)Fassade zur Sutter Street wurde aus einer Kombination von Stahlwinkeln, T-Profilen und Platten sowie Eisengeländern und Stahlkonsolen gefertigt, die mit neugotischen Ornamenten aus kaltgepresstem Blech mit einer goldlackierten Oberfläche versehen waren.2 Ein Vorläufer von Polks Entwurf für die Frontfassade des Hallidie Building ist das Boley Building in Kansas City (Louis S. Curtiss, 1909), wo Polk gewohnt hatte und wo er angeblich wie Louis S. Curtiss

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Der schlechte Zustand der Vorhangfassade im zweiten Obergeschoss (im Bild links) und der dekorativen Bleche (im Bild rechts), ca. 2010.

Mitglied des Architects Sketch Club von Kansas City war.3 Die Glasfassade des Boley Building besteht aus gusseisernen Pfosten und Brüstungsplatten, die von einem genieteten U-Profil aus Stahl getragen werden, das den Rand der freitragenden Stahlbetondecke bekleidet. Im Gegensatz dazu wird die Vorhangfassade des Hallidie Buildings von Stahlauslegern getragen, die an einer dünnen Kragplatte befestigt sind. In Polks Zeichnungen wird diese als „Fenstersims“ bezeichnet. Die Vorhangfassade des Hallidie Building hat auf jeder Etage Stahlrahmenfenster, die sich um eine horizontale Achse bewegen lassen und aus 6 mm starkem Flachglas bestehen, während das Boley Building nur an wenigen Fensterbuchten über Elemente verfügt, die sich öffnen lassen. Beim Hallidie Building schätzte man von Anfang an die Ausrichtung der Glasflächen der Vorhangfassade an den Mauerwerksfassaden der angrenzenden Gebäude (anstatt sie um einige Zentimeter im Mauerwerk zurückzusetzen), wodurch Licht tief in das Gebäude eindringen kann und so die Nutzfläche der Innenräume maximiert wird. Nach der Eröffnung des Gebäudes wurde die damals ungewöhnliche Trennung von Tragwerk und verglaster Stahlrahmenfassade sehr gemischt aufgenommen, wie dieser Auszug aus der Zeitschrift American Architect von 1918 zeigt: Die architektonische Gestaltung dieser Art von Gebäude stellt für den Architekten ein neues Problem dar. In diesem Fall hat der Architekt die äußere Hülle entworfen, ohne zu versuchen, eine Übereinstimmung mit dem Tragskelett zu bewahren, mit Ausnahme einiger horizontaler Elemente. Diese Trennung der Außenverkleidung vom Skelett ist sehr ungewöhnlich und durch dieses Vorgehen erfolgt die Gestaltung der Fassade mit einer Freiheit, die sonst nicht möglich ist.4 Die Trennung der Vorhangfassade von der Gebäudestruktur gepaart mit Transparenz und geringem Gewicht hatte es (zumindest in den USA) bis dahin noch nicht gegeben. In dieser Abkehr von den traditionellen Entwurfsmethoden, die seit Jahrhunderten das architektonische Gestaltungsvokabular bestimmt hatten, liegt die große Bedeutung des Gebäudes. Hinter den dekorativen Blechornamenten und eisernen Balkonen und Feuerleitern der Stahlrahmenvorhangfassade des Hallidie Building zeichnete sich die Fassadentypologie ab, welche die Architek-

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Typisches Zustandsbild der vernachlässigten Fenster der Vorhangfassade vor der Sanierung, ca. 2010.

CHRONIK 1918 Fertigstellung 1918– 2011

Austausch einzelner Fenster

1971

Aufnahme in das National Register of Historic Places (Nationales Verzeichnis historischer Stätten), und als San-Francisco-City-Landmarke Nummer 37 registriert

2010

Bestandsaufnahme und Reparaturempfehlungen durch die Büros McGinnis Chen Associates, Inc., sowie Page & Turnbull, Inc.

2011– 2012

Phase I der Restaurierungsarbeiten (Restaurierung der dekorativen Friesplatten, Blechelemente, Metallgeländer, Tragwerk, Fluchtleitern und Stahlbau-I-Träger)

2013– 2014

Phase II der Restaurierungsarbeiten (Arbeiten am Tragwerk, Reparaturen an der Vorhangfassade, Fensterreparatur und -austausch sowie Durchführung von Wetterschutzmaßnahmen)

Blick auf die Vorhangfassade nach der Sanierung, ca. 2013.

tur der Moderne in den USA und anderen Ländern im 20. Jahrhundert dominieren sollte.

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Im Laufe der Jahre verzog sich die Stahlrahmenvorhangfassade unter anderem durch das Fehlen von Dehnungsfugen. Die Stahlausleger und die I-Träger der Balkone waren alle korrodiert. Die Korrosion an der Verbindung der eisernen Balkongeländer mit den Stahlfensterpfosten war erheblich und die ursprünglichen Stahlkonsolen waren derart zersetzt, dass sie nicht mehr funktionstüchtig waren.5 Die ursprünglichen Stahlausleger, die zur Aufnahme der vertikalen (Schwerkraft-)Lasten der Vorhangfassade konzipiert waren, befanden sich an jedem zweiten Pfosten, so dass die restlichen Pfosten nicht gehalten wurden.6 Dies führte zu einer Absenkung von 9,5 mm bis 19 mm im Verhältnis zu den tragenden Pfosten. Außerdem wurde festgestellt, dass die gesamte Fassade keine seitlichen Windlasten aufnehmen konnte.7 Im Jahr 2013 teilte ein multidisziplinäres Team unter der Leitung der Architekten McGinnis Chen Associates, Inc., und des Beratungsbüros für Denkmalpflege Page & Turnbull, Inc., mit, dass es „nur eine Frage der Zeit ist, bis Teile der von diesen Konsolen getragenen Fassade vom Gebäude fallen“.8 Angesichts der wachsenden Sorge um den statischen Zustand der alternden eisernen Vorhangfassade wurde das gleiche Team mit der Vorbereitung der überfälligen Renovierung der Fassade betraut.

DIE INSTANDSETZUNG Das Expertenteam von McGinnis Chen und Page & Turnbull erarbeitete einen gestaffelten Restaurierungsplan aus. Die erste Phase, die von der

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HALLIDIE BUILDING  |  RESTAURIERUNG

Stark korrodierter Fensterrahmen der Vorhangfassade (Verformung durch Rostvortrieb) vor der Sanierung, ca. 2010.

örtlichen Denkmalschutzkommission 2011 genehmigt wurde, umfasste die Restaurierung der dekorativen Friespaneele, Blechteile, Metallgeländer, Tragwerke, Fluchtleitern und Stahlbau-I-Träger. Zusätzliche Arbeiten, einschließlich der Sanierung einer begrenzten Anzahl bestehender Stahlfenster in der Vorhangfassade, wurden 2012 genehmigt. Die zweite Phase, die 2013 genehmigt wurde, umfasste eine Kombination aus statischen Maßnahmen, Reparaturen an der Vorhangfassade, Reparaturen und Austausch der Fensterelemente sowie die Umsetzung von Wetterschutzmaßnahmen. Im Tragwerksbereich wurden unauffällige zusätzliche, schlanke Abstützungen in jedem zweiten Stockwerk an den nicht tragenden Pfosten angebracht, ohne das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes zu beeinträchtigen. An den nicht tragenden Pfosten der gegenüberliegenden Geschosse wurden dann neue Stahlausleger installiert, um die Fassade vertikal und seitlich zu stabilisieren. Passende Schrauben mit höherer Tragfähigkeit ersetzten die ursprünglich vorhandenen. An der Vorhangfassade wurden die verzogenen Abdeckplatten an den Pfosten entfernt und durch neue Platten ersetzt, die den ursprünglichen angepasst sind, wobei eine Stoßfuge hinzugefügt wurde, die Dehnungsbewegungen ermöglicht. Die Fensterarbeiten umfassten die Reparatur und die nah am Original orientierte Erneuerung der Fensterstahlrahmen und -flügel, wo es erforderlich war, sowie den Austausch der vorhandenen 6 mm-starken Einfachverglasung durch eine Verbundsicherheitsverglasung. Zu den Aufgaben gehörten auch das Schweißen an den Ecken der vorhandenen Fensterrahmen und -flügel sowie eine Epoxidharzbeschichtung an den Stoßstellen der erneuerten Fensterrahmen und -flügel als zusätzliche Verstärkung und zum Wetterschutz. Silikondichtungen wurden um die Vorhangfassade herum angebracht, um ein Eindringen von Wasser zu verhindern. Neue Dichtungselemente wurden an den Fenstern unter den Balkonen und der Decke im 7. Stock installiert.9 Darüber hinaus wurde die Stahlkonstruktion neu lackiert und die Blechornamente wurden aufgearbeitet, um das ursprüngliche goldene Erscheinungsbild wiederherzustellen. Alle Komponenten der Vorhangfassaden wurden mit Tneme-Zink der Serie 90-97 (ein aromatisches Urethan, zinkreiche Grundierung) grundiert. Anschließend wurden sie mit der ursprünglichen blauen Farbe veredelt, unter Verwendung von

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Abgelöster vertikaler Abdeckstahl auf dem korrodierten Fensterrahmen vor der Sanierung, 2010.

Die Vorhangfassade mit den neuen strukturellen Verstärkungen, die bei der Sanierung hinzugefügt wurden, ca. 2013.

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Typischer Schnitt der restaurierten Stahlrahmenvorhangfassade.

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HALLIDIE BUILDING  |  RESTAURIERUNG

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Typische Details der Stahlrahmenvorhangfassade.

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1 Stahlbetonstütze 2 Stahlbetonträger und Fensterbank 3 Stahlbetondecke 4 Abgehängte Decke 5 Pfosten der Stahlvorhangfassade 6 Riegel der Stahlvorhangfassade 7 Transparente Einfachverglasung 8 Um horizontale Achse bewegliches Stahlrahmendrehflügelfenster 9 Vorhandene Stahlausleger 10 Neue Stahlausleger 11 Neue Stahlelemente zur Abstützung und Windaussteifung der Pfosten

Die Hauptfassade zur Sutter Street nach der Sanierung, ca. 2013

Fluoronar der Serie 1071V von Tnemec (eine VOC-arme, halbglänzende Fluorpolymer-Beschichtung) oder von Fluoronar der Serie 1072V (ebenfalls von Tnemec) für die Herstellung einer satinierten Oberfläche. Die dekorativen Bleche wurden mit der Serie 135 Chembuild (einem modifizierten Polyamidoamin-Epoxid) beschichtet und mit Serie 1075 EnduraShield II (einer aliphatischen Acryl-Polyurethan-Beschichtung), ebenfalls von Tnemec, versehen. Die goldfarbenen Bauteile erhielten eine

PROJEKTDATEN Hallidie Building (1918) San Francisco, Kalifornien

2010–2014 INSTANDSETZUNGEN

Statiker (Vorhangfassade) Toft, De Nevers & Lee

Zulieferer Bleche Van Mulder Sheet Metal, Inc.

ORIGINALE KONSTRUKTION

Eigentümer Edward J. Conner Herbert McLaughlin jr.

Statiker (Balkone) Murphy Burr Curry, Inc.

Zulieferer Stahlbau MAS Metals, Inc.

Architekten McGinnis Chen Associates, Inc.

Generalunternehmer Cannon Constructors North, Inc.

Zulieferer Farbanstriche Abrasive Blasting & Coating, Inc.

Bauausführung The Albert Group, LLC

Fotos Sherman Takata

Architekten Willis Polk & Co.

Denkmalschutz Page & Turnbull, Inc.

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HALLIDIE BUILDING  |  RESTAURIERUNG

Beschichtung der Serie 1078 Fluoronar Metallic, abschließend eine Beschichtung der Serie 1079 Metallic Clearcoat.10

SCHLUSSFOLGERUNGEN Die Integrität der Gebäudefassade wurde durch die nah an das Original angelehnte Erneuerung der vertikalen Abdeckplatten, die Reparatur der Fenster und den Austausch des Glases, die Herstellung neuer Dehnungsfugen sowie die Integration neuer Stützen und Dichtungselemente in die Fassade bei der Sanierung erfolgreich erhalten. Die Installation neuer Stahlausleger, die zu den bestehenden passen, sowie die Montage kleinerer, rippenförmiger Stahlkonsolen auf sich abwechselnden Geschossen ermöglichten die Stabilisierung der Vorhangfassade, indem man den Pfosten an den Stellen eine seitliche Aussteifung und Auflager gab, wo dies nicht der Fall war. Diese neuen statischen Elemente, die von außen sichtbar sind, wurden mit der gleichen blauen Farbe behandelt wie die ursprünglichen Ausleger und der Rahmen der Vorhangfassade. Das Ergebnis ist die Kombination aus neuen und ursprünglichen Komponenten, die sich nicht voneinander unterscheiden lassen, insbesondere auf den Etagen, auf denen die ursprünglichen Ausleger nachgebaut wurden. An diesen Stellen erscheinen die neuen und bestehenden Ausleger zu nah beieinander, was sie in Bezug auf ihren aktuellen Abstand überdimensioniert wirken lässt. Was früher eine elegante, rhythmische Komposition war, verwandelte sich in eine gewöhnliche und unscheinbare Wiederholung gleicher Elemente. Das Ergebnis ist zwar subtil, lenkt aber vom ursprünglichen Design ab. Eine Möglichkeit, diesen Effekt zu minimieren und eine klare Unterscheidung zwischen neuen und ursprünglichen Strukturbauteilen vorzunehmen, wäre die Verwendung eines weißen Anstrichs für die neuen Ausleger und kleineren, schlanken Stahlkonsolen gewesen, so dass sie sich in die dahinterliegende Struktur eingefügt hätten. Dies hätte verhindert, dass die neu ergänzten Strukturkomponenten fälschlicherweise als originäre interpretiert werden. Da das Gebäude im National and State Register of Historic Places als denkmalgeschützt eingetragen ist, war eine Sanierung der Vorhangfassade gemäß California Energy Code (einer der strengsten Wärmeschutzverordnungen in den USA) nicht erforderlich. Wäre das Projekt nicht von der Einhaltung dieses Gesetzes ausgenommen gewesen, wären wahrscheinlich die Demontage und die Erneuerung des ursprünglichen Stahlrahmens erforderlich gewesen, um den Einbau von Isolierglaseinheiten zu ermöglichen. Dies hätte die Eigenlast auf den schlanken ursprünglichen Stahlrahmen, der die großen Glasscheiben trägt, verdoppelt. Beide Eingriffe hätten das Aussehen, die Detaillierung und den Charakter des Gebäudes erheblich verändert, weshalb beide zu Recht als unangemessen erachtet und nicht umgesetzt wurden. In Anbetracht des Umfangs der erhaltenen historischen Bausubstanz und der Art und Weise, wie die Restaurierung der Gebäudefassade neues Leben eingehaucht hat, erscheint die gewählte Intervention für die erste stahlgerahmte Vorhangfassade Amerikas insgesamt sehr angemessen.

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ANMERKUNGEN 1 „U. of C. Building to Bear Hallidie Name“, San Francisco Chronicle (1869 – aktuelle Datei); 13. Dezember 1917; ProQuest Historical Newspapers: San Francisco Chronicle, S. 4. 2 Lo, Annie und Hernandez Skaggs, Elisa, „The Hallidie Building: Rehabilitation and Repair of One of America’s First Curtain Walls” [Abstract]. Konferenz der Association for Preservation Technology „Preserving the Metropolis“, 11.–13. Oktober 2013, New York, NY. Association for Preservation Technology International, 2013. Abstract Nr. CS07b. 3 Keith Eggener, „Louis Curtiss and the Politics of Architectural Reputation“, Places Journal, Februar 2012, https://doi.org/10.22269/120206, abgerufen am 23. Januar 2019. 4 „An All-glass Front: Some Daylighting Features of the Hallidie Bldg“, American Architect 113 (März 2018), S. 393–394. 5 Thad Povey und David G. Murphy an Hr. Bruce Albert von der Bruce Albert, Inc., Projekt-Nr.: M210-023, 23. März und 13. Oktober 2010, http://sf-planning.org/ftp/files/Commission/ HPCPackets/Hallidie_Bldg_120110.pdf, 14/25, abgerufen am 10. Juni 2015. 6 Tim Frye an Bruce Albert, memorandum, 7. Januar 2013, San Francisco Planning Department, http://commissions.sfplanning. org/hpcpackets/2013.0009A.pdf, S. 2–3, 61/130, abgerufen am 10. Juni 2015. 7 Ebd. 8 Povey und Murphy an Bruce Albert, 2010. 9 Frye an Albert, memorandum, 2013. 10 „Curtain Wall Rises on Iconic Hallidie Building“, News, Tnemec, http://www.tnemec.com/ content/news/curtain-wall-rises-on-iconic-hallidie-building#.XCd2SFxKiM8, abgerufen am 29. Dezember 2018.

Viipuri-Bibliothek Wyborg (Viipuri), Russland Alvar Aalto, 1935

Luftbild der Viipuri-Bibliothek in Viipuri (heute Wyborg), Russland, vor dem Zweiten Weltkrieg, ca. 1930er Jahre.

Haupteingangshalle und angrenzendes Treppenhaus, 1935.

Die Viipuri-Bibliothek war das Ergebnis eines öffentlichen Wettbewerbs, der 1927 ausgelobt wurde, zehn Jahre nachdem Finnland die Unabhängigkeit von Russland erlangt hatte. Gewinner des Wettbewerbs wurde der finnische Architekt Alvar Aalto (1898–1976) mit einem Entwurf, der vor der Realisierung noch eine Reihe von Änderungen erfuhr. Zwischen 1927 und 1933 wurden noch mehrere modifizierte Entwürfe eingereicht, bevor der Bau 1934 begann und 1935 abgeschlossen wurde.1 Die Gestaltung der Bibliothek wurde beschrieben als „ein Katalog innovativer Konzepte, die das Werk des virtuosen Architekten Alvar Aalto in seiner größten Vollkommenheit und Wirkung widerspiegeln“.2 Dazu trug die „dreidimensionale Raumentwicklung … in Grund- und Aufriss bei, in der die Innenräume offener sowie vielfältiger gestaltet und miteinander verbunden waren. Für einen öffentlichen Zugang zu den Beständen wurden Ausleihebereich und Lesesaal vollständig ineinander integriert.“3 Dieser zentrale Raum wurde von 57 kreisförmigen Oberlichtern natürlich belichtet – in der Summe ein innovatives Design, das die zu jener Zeit neue Auffassung widerspiegelt, Wissen für alle zugänglich zu machen.4 Die zahlreichen Oberlichter über den Leih- und Lesesälen hatten einen Durchmesser von jeweils 1,80 m und waren als kegelstumpfförmige Betonschächte ausgebildet. Oberhalb wurden die Öffnungen von 16 mm starken, kreisförmigen Gussglasscheiben mit einer rauen Oberfläche, die lose auflagen, abgedeckt. Diese horizontalen Scheiben aus opalisierendem Glas erzeugten ein System der Tageslichtstreuung, das die Bücher vor direkter Sonneneinstrahlung schützen sollte und für ein gleichmäßiges, blendfreies und lesefreundliches natürliches Licht sorgte. Die Verbindung von Tageslichtnutzung und räumlicher Komposition

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Stahlrahmenfassade des Treppenhauses vor dem Zweiten Weltkrieg, 1935–1936.

Fensterwand des Haupttreppenhauses in sehr schlechtem Zustand vor der Sanierung, 1991.

CHRONIK 1927 Wettbewerbsauslobung 1928

Aalto gewinnt den Wettbewerb, Beauftragung mit dem Entwurf

1928– 1933

Aalto reicht mehrere Entwürfe ein, im August 1928, im Januar 1929 und Mitte Dezember 1933

ist ein Leitmotiv in der Viipuri-Bibliothek, deren Fenster, Oberlichter und Fensterelemente nach den räumlichen und funktionalen Bedürfnissen der Nutzer gestaltet wurden.5 Im gesamten Gebäude verbesserte Aalto durch spezifische Entwurfselemente den visuellen, akustischen und thermischen Komfort der Innenräume.6 Gleich den Oberlichtern und den großen Fensterbändern des Auditoriums ist auch die an die Eingangshalle angrenzende, vollverglaste Treppenhausstahlrahmenfassade ein besonderes Merkmal des Gebäudes. Dort kombinierte Aalto eine doppelverglaste Stahlrahmenkonstruktion mit besser dämmenden Glashalteleisten aus Teak und Eiche. So werden Wärmeverluste reduziert, und gleichzeitig wird Tageslicht in das angrenzende Treppenhaus und in die Eingangshalle geführt.

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Im Zweiten Weltkrieg und in den darauffolgenden Jahren wurde die Viipuri-Bibliothek schwer beschädigt und vernachlässigt. In den 1950er Jahren bemühten sich sowjetische Architekten um Zugang zu Aaltos Unterlagen, um Hinweise für die erforderlichen Reparaturen zu gewinnen, aber die politischen Schwierigkeiten zwischen der UdSSR und dem Westen machten dies unmöglich. Im Jahr 1952 wurden die ersten Renovierungspläne erstellt und das Gebäude wurde zwischen 1955 und seiner Neueröffnung 1961 weitgehend wiedererrichtet. Die Besorgnis über den gänzlichen Verlust der ursprünglichen architektonischen Elemente der Moderne dauerte bis in die 1980er Jahre, als auf russischer (damals sowjetischer) Seite erneut versucht wurde, Zugang zu den ursprünglichen Plänen zu erhalten und das Gebäude gemäß dem ursprünglichen Entwurf wiederherzustellen. Vor dem ersten Besuch der Bibliothek durch das Büro von Alvar Aalto im Jahr 1991 wurden die ursprünglichen Aalto-Zeichnungen sowie Unterlagen von Sergei Kravchenko, einem russischen Architekten, der in dieser Zeit ein Aufmaß des Gebäudes anfertigte, besonders intensiv studiert. Seit den 1990er Jahren wurden einige der Räume mit Hilfe von Originalzeichnungen und anderen Arbeitsunterlagen, die bei der Alvar-Aalto-Stiftung in Finnland aufbewahrt sind, renoviert. Aufgrund einer detaillierten Bestandsaufnahme, die Maija Kairamo und Tapani Mustonen nach 1992 erstellten, wurde der Reparatur der Dächer und Oberlichter, die ein wesentlicher Bestandteil der Architek-

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1934– 1935

Fertigstellung des Gebäudes, Eröffnung am 13. Oktober 1935

1940– 1944

Nutzung als Bibliothek der Sowjetunion (bis 1941) und Finnlands (ab 1942)

1944

Partielle Beschädigung während des Finnisch-Sowjetischen Krieges

1945– 1955

Leerstand des Gebäudes während der Sowjetherrschaft

1955– 1957

Renovierung unter Leitung von Petr Moiseyevich Rozenblum

1961

Renovierung unter Leitung von Aleksander Mikhailovich Shver; Umbenennung und Nutzung als Nadeschda-Krupskaja-Bibliothek (nach Lenins Frau)

1988– 1993

Restaurierungsarbeiten unter Leitung von Sergej Kravchenko10

1992– 1993

Gründung des Finnischen Komitees für die Wiederherstellung der Viipuri-Bibliothek und eines russischfinnischen Gemeinschaftsprojekts

1994– 1995

Restaurierung Stahlrahmenfassade; Abschluss der historischen Bestandsaufnahme

1996– 1998

Pilotprojekt Restaurierung des Daches der Hausmeisterwohnung; Umbau der Hausmeisterwohnung zur Restaurierungswerkstatt

1999– 2005

Dachreparatur des Bürotrakts, der Ausleihe und des Lesesaals einschließlich der Oberlichter

2003

Das 7. Internationale DOCOMOMO-Technologieseminar findet in der Bibliothek statt, um die Restaurierung zu diskutieren.

2004– 2005

Wiederherstellung des Lesesaals für Zeitschriften

2006– 2010

Restaurierung des Auditoriums (Böden, Decke und Wände)

2010– 2013

Abschluss der Restaurierung (Finanzierung durch die Russische Föderation): Innenräume, neue Verbindung zur Haupthalle, Haupteingang und Bronzetüren, Untergeschosse, Technikräume und Außenbereich12

2014

Auszeichnung der Restaurierung mit dem World Monuments Fund/Knoll Modernism Prize

2015

Auszeichnung der Restaurierung mit dem Europa Nostra Award

Vorderansicht (von links nach rechts) der restaurierten Stahlrahmenfassade des Treppenhauses, der Türen des Haupteingangs und der Stahlrahmenfenster des Auditoriums mit den Fensterbändern im Obergeschoss, 2014.

tur von Aalto sind, Priorität eingeräumt.7 Im Jahr 1994 erstellte Joachim Hansson vom Büro Alvar Aalto erstmals eine Bestandsaufnahme der historischen Bausubstanz. Die verschiedenen Dächer mussten neu gedämmt werden und brauchten neue Systeme für die Dachentwässerung. Die Oberlichter waren in den 1950er/1960er und 1990er Jahren durch Kunststoffkuppeln ersetzt worden. Die meisten der ursprünglichen Stahlfensterrahmen, die inneren Stahlrahmenfensterwände und alle anderen Außentüren (mit Ausnahme der Tür zum Depot) waren erhalten geblieben, wenn auch nicht in gutem Zustand. Ausgenommen waren nur die Fenster des Auditoriums, die verkleinert worden waren, und das vergrößerte Fenster des Depots. Die bronzenen Haupteingangstüren waren entfernt worden und durch Stahlkonstruktionen aus der Sowjetzeit ersetzt worden. Alle originalen Holzelemente sind ebenfalls in der Nachkriegszeit entfernt worden.

Der voranschreitende Austausch der Oberlichter, 2003.

DIE INSTANDSETZUNG Das Finnische Komitee für die Wiederherstellung der Viipuri-Bibliothek, das von Aaltos Witwe Elissa nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 ins Leben gerufen wurde, koordinierte das große Restaurierungsprojekt der Jahre 1994 bis 2013. Von 1994 bis 2010 erfolgte die Restaurierung mit finanzieller Unterstützung der finnischen und russischen Regierung sowie von Aalto-Bewunderern aus der ganzen Welt. Im Jahr 2010 beschloss die russische Regierung, den Abschluss der Restaurierung zu finanzieren. Von 2010 bis 2013 war das Finnische Komitee für die Planung und Beratung zuständig und der Regierung der Russischen Föderation oblag die Verantwortung für die Bauarbeiten. So konnte schließlich 2013 die vollständig restaurierte Stadtbibliothek der Stadt Wyborg (Viipuri) eingeweiht werden.

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Detailansicht des Oberlichtrandes und der aufliegenden Verbundglasscheibe, 2012.

VIIPURI-BIBLIOTHEK  |  RESTAURIERUNG

Dachoberseite, Blick auf restaurierte Oberlichter mit transparentem Einscheibensicherheitsglas auf dem isolierten Aufbau mit Kupferverblendungen, 2012.

Mit den Arbeiten, an denen hauptsächlich finnische Architekten und russische Baufirmen beteiligt waren, sollte ein weiterer Verfall gestoppt, die Grundversorgung erneuert und des Weiteren die ursprünglichen architektonischen Elemente und Innenräume wiederhergestellt werden. Es wurden unterschiedliche Ansätze für die Sanierung der Gebäudehülle gewählt, aber aufgrund der oft begrenzten Mittel wurden die Arbeiten nach den im Sanierungsplan festgelegten Prioritäten durchgeführt. Die doppelverglasten Fenster und die originale Stahlrahmenkonstruktion der Fensterwand vor der Haupttreppe wurden sorgfältig restauriert. Das gesamte Glas wurde mit vergleichbarem Einscheibenglas ersetzt und die Innenflügel bei Bedarf erneuert. Die Oberlichter über dem Lese- und Ausleihbereich wurden wieder in ihr ursprüngliches Erscheinungsbild zurückversetzt. Sicherheit und Energieeffizienz wurden verbessert, indem eine obere Scheibe aus Verbundsicherheitsglas und eine neue untere Scheibe ebenfalls aus Verbundsicherheitsglas eingesetzt wurden. Durch diese neue zusätzliche Luftschicht sollte der Innenkondensation vorgebeugt werden. Die obere Scheibe bestand aus zwei Schichten 8 mm starkem Glas und wurde auf einem neuen, aus Sperrholz gefertigten Rand aufgebracht, der auf den ursprünglichen Rändern der Betonschächte lag. Der neue Rand ist etwas höher als der ursprüngliche und somit an die neue Höhe des isolierten Dachaufbaus angepasst. Die untere Verbundglasscheibe, die aus zwei 4 mm starken Gläsern besteht, wurde auf der Höhe der ursprünglichen Glasscheibe eingesetzt. Die Stahlrahmen und Flügel der Fensterbänder im Auditorium wurden restauriert. Das ursprüngliche Einscheibenglas wurde entfernt und durch eine Stoßfugenverglasung aus Einscheibensicherheitsglas ersetzt. Die Fensterbänke, die aufgrund der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Scheibengrößen in der Sowjetzeit um 20 cm erhöht worden

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Innenansicht der Oberlichter nach der Sanierung, 2015.

Innenansicht des Lese- und Ausleihbereichs nach der Sanierung, 2015. Die Oberlichter versorgen den Raum mit diffusem, blendfreiem Tageslicht.

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Die bestehende Stahlrahmenfassade im Schnitt.

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VIIPURI-BIBLIOTHEK  |  RESTAURIERUNG

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Typische originale (oben) und neue (unten) Oberlichtdetails.

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1 Tragwerk aus Stahlbeton 2 Stahlfassadenschwert 3 Pfosten der Stahl-Glasfassade mit originaler Sekundärverglasung und innenliegenden Glashalteleisten aus Holz 4 Riegel der Stahlglasfassade mit originaler Sekundärverglasung und innenliegenden Glashalteleisten aus Holz 5 Nach innen öffnendes Stahlrahmenkippfenster mit Glashalteleisten aus Holz in der originalen Sekundärverglasung (Verbundfenster) 6 Randaufkantung der Oberlichtöffnung aus Stahlbeton 7 Dachmembranen 8 Originaler Dachbelag aus Beton 9 Kupferblechverkleidung Oberlicht 10 Originale Einfachverglasung aus Ornamentglas 11 Neue Dachdämmung 12 Dachbelag aus Beton, dem originalen ähnlich 13 Neue, gedämmte und belüftete Randaufkantung des Oberlichts 14 Neues, transparentes Einscheibensicherheitsglas an der Position der originalen Einfachverglasung 15 Neues, transparentes Verbundsicherheitsglas

Die kräftigen Bronzerahmen der Eingangstüren stehen im Kontrast zur schlanken Konstruktion der Stahlrahmenfensterwand der Haupttreppe, 2015.

waren, wurden wieder auf die ursprüngliche Höhe abgesenkt und die Stahlprofile entsprechend angepasst. In der Kinderabteilung wurde die ursprüngliche Einfachverglasung durch Isolierverglasung ersetzt. Die Stahlrahmen der Türen des Haupteingangs wurden restauriert und nur die fehlenden oder beschädigten Teile wurden ersetzt. Die originalen wie die aus der sowjetischen Ära stammenden Verkleidungselemente aus Stahl und Glas, die sich im Innenbereich der Ausleihe und des Lesesaals um die Türen herum befanden, wurden restauriert und Innentüren aus Holz- und Birkenfurnier nach den ursprünglichen Details hergestellt.

PROJEKTDATEN

Viipuri-Bibliothek (1935) Wyborg (Viipuri), Russland ORIGINALE KONSTRUKTION Architekt Alvar Aalto

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1955–1993 INSTANDSETZUNGEN

1991–2013 INSTANDSETZUNGEN

Auftraggeber Stadt Wyborg, Russland

Auftraggeber Stadt Wyborg, Russland

Architekten Petr Moiseyevich Rozenblum (von 1950 bis 1957) Aleksander Mikhailovich Shver (von 1957 bis 1961) Sergei Kravchenko (von 1987 bis 1993)

Architekten Tapani Mustonen, Leif Englund, Maija Kairamo

Beirat Finnish Committee for the Restoration of Viipuri Library (Finnisches Komitee für die Restaurierung der ViipuriBibliothek) (mit Erik Adlercreutz, Vor­ sitzender, und Maija Kairamo, Geschäftsführerin)

VIIPURI-BIBLIOTHEK  |  RESTAURIERUNG

ANMERKUNGEN

Blick von innen durch die Stahlrahmenfassade im Treppenhaus mit Sekundärverglasung und Glashalteleisten aus Holz, 2010.

SCHLUSSFOLGERUNGEN Die Geschichte, Renovierung und Restaurierung der Viipuri-Bibliothek ist ein Spiegelbild der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Zum einen dokumentiert Aaltos Entwurf einen Wandel hin zu einem frühen Prototyp einer öffentlichen Bibliothek. Zum anderen blieb das Gebäude bestehen und wurde, wenn auch schlecht unterhalten, nach 1961 während der gesamten Sowjetzeit als öffentliche Institution genutzt, trotz Zerstörung und Vernachlässigung während und nach dem Zweiten Weltkrieg.8 Einer der wichtigsten Schritte des Restaurierungsprozesses nach 1994 war die Etablierung eines beratenden Expertenausschusses, des Finnischen Komitees für die Wiederherstellung der Viipuri-Bibliothek. Die Arbeit des Komitees und des Architektenteams stützte sich auf eine sorgfältig angelegte wissenschaftliche Dokumentation und Bauforschung, die durch verschiedene Zuschüsse und Drittmittel finanziert wurde. Traditionelle Handwerksbetriebe, die mit der Restaurierung ähnlicher Projekte aus dieser Zeit Erfahrung hatten, konnten die noch vorhandenen hochwertigen originalen Metallkonstruktionen wieder instand setzen. Einige der Lösungen wären vermutlich nie entwickelt worden, wären da nicht die äußerst qualifizierten unabhängigen Bauunternehmen gewesen, die bereit waren, die Verantwortung für unkonventionelle Ansätze zu übernehmen, die eindeutig nicht „dem neuesten Stand der Technik“ entsprachen. Auch die Architekten, die ausgesprochene Restaurierungsspezialisten waren, nutzten ihr fundiertes Wissen über besondere Baustoffe und Technologien (z. B. spezifische Legie­ rungen, die heute nicht mehr verwendet werden), um sinnvolle Entscheidungen hinsichtlich des Austauschs und der Kombination neuer Materialien zu treffen. Am Ende zeigte sich, dass Aaltos Konstruktionslösungen passend und angemessen waren. Die meisten dieser Lösungen wurden mit Modellen in einem schrittweisen Prozess vor Baubeginn entwickelt, was darauf hindeutet, dass Aalto die zusätzliche Zeit, die sich aus dem verzögerten Baubeginn ergab, nutzte, um seine Konzepte zu verbessern – etwas, was angesichts heutiger Zeit- und Kostenvorgaben im Bauwesen nur noch sehr selten möglich wäre. Die Restaurierung wurde mit dem World Monuments Fund/Knoll Modernism Prize 2014 und dem Europa Nostra Award 2015 ausgezeichnet; die Jury kommentierte: „Das Gebäude besteht weiter fort, und die Architektur lebt wieder auf.“9

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1 Laura Berger, „The Building That Disappeared. The Viipuri Library by Alvar Aalto“, Dissertation, Aalto University School of Arts, Design and Architecture, 2018, S. 144–146; „Alvar Aalto Viipuri Library. 1935“, http://aalto.vbgcity.ru/ node/377, abgerufen am 15. Dezember 2018. 2 „The Alvar Aalto library in Vyborg“, http:// aalto.vbgcity.ru/node/360, abgerufen am 30. Dezember 2018. 3 R. Thomas Hille, The New Public Library: Design Innovation for the Twenty-First Century (New York: Routledge, 2018), S. 135. 4 Elain Knutt, „Humanity Restored“, Building Design, 27. Januar 2006, S. 24. 5 Virginia Cartwright, „Themes of Light: Aalto’s Libraries from Viipuri to Mt. Angel“, in Working papers – Alvar Aalto Researchers’ Network Seminar 2012, 12.–14. März 2012, Seinäjoki und Jyväskylä, Finnland (Helsinki: Alvar Aalto Museum, 2013), https://www.alvaraalto.fi/en/services/ seminars/alvar-aalto-researchers-network-seminar-2012/, abgerufen am 30. Dezember 2018. 6 DOCOMOMO International Specialist Committee on Technology (ISC/T), DOCOMOMO Preservation Technology Dossier 7: Technology of Sensations: The Alvar Aalto Vyborg Library (Kopenhagen: Royal Danish Academy of Fine Arts, 2004), S. 76, 83, 91 und 100, https://issuu.com/docomomoisctechnology/docs/dossier_7_-_technology_of_sensation, abgerufen am 30. Dezember 2018. 7 Maija Kairamo, Tapani Mustonen, „The Alvar Aalto Library in Vyborg“, DOCOMOMO International Specialist Committee on Technology (ISC/T), DOCOMOMO Preservation Technology Dossier 7: Technology of Sensations: The Alvar Aalto Vyborg Library (Kopenhagen: Royal Danish Academy of Fine Arts, 2004) S. 44–55. 8 Für weitere und detailliertere Informationen über den Restaurierungsprozess der Viipuri-­ Bibliothek siehe auch: Erik Adlercreutz et al. (Hrsg.), Alvar Aalto Library in Vyborg. Saving a Modern Masterpiece (Helsinki: Rakennustieto, 2009), S. 144, und Erik Adlercreutz, Maija Kairamo und Tapani Mustonen (Hrsg.), Alvar Aalto Library in Vyborg: Saving a Modern Masterpiece. Part 2 (Helsinki: Rakennustieto, 2015), S. 127. 9 Europa Heritage Europa Nostra Awards, „Viipuri Library in Vyborg“, http://www.europeanheritageawards.eu/winners/viipuri-library-vyborg/, zuletzt verändert am 14. April 2015, abgerufen am 30. Dezember 2018. 10 Sergej Kravchenko, „Restauración de la biblioteca de Viipuri“, Loggia 4 (1997), S. 30–31, https://polipapers.upv.es/index.php/loggia/ article/view/5373/5358, abgerufen am 30. Dezember 2018. 11 „Alvar Aalto Viipuri Library. 1935“. Einen guten Überblick über die Restaurierungsarbeiten gibt es im Bereich „Restoration“, http://aalto.vbgcity. ru/node/366, abgerufen am 15. Dezember 2018. 12 Alvar Aalto Foundation, „Viipuri Library Restoration Project Makes Progress“, https:// www.alvaraalto.fi/en/news/viipuri-library-restoration-project-makes-progress/, zuletzt verändert am 15. Februar 2011, abgerufen am 19. Mai 2019.

Fallingwater Mill Run, Pennsylvania, USA Frank Lloyd Wright, 1937

Fallingwater in Mill Run, Pennsylvania, USA, 1985.

Die ursprünglichen Stahlrahmenfenster im Wohnraum, 1985.

Das vom amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright (1867–1959) entworfene Wohnhaus Fallingwater ist eines der bekanntesten Beispiele für die Architektur der Moderne in den USA. Es wurde 1935 von Edgar Kaufmann, dem Geschäftsführer des Warenhauses Kaufmann in Pittsburgh, in Auftrag gegeben und steht beispielhaft für Wrights Idee einer organischen Architektur, bei der die Grenzen zwischen außen und innen fließend und die Innenräume visuell und metaphorisch mit dem umgebenden Ort verbunden sind. Das 1937 fertiggestellte Haus wurde zwei Jahre später um einen ebenfalls von Wright entworfenen Anbau erweitert, zu dem auch ein Gästehaus gehörte, das durch eine Reihe von abgerundeten stufenförmigen Betonvordächern mit dem ursprünglichen Gebäude verbunden wurde. Zur Umsetzung seiner Vision einer organischen Architektur gehörte die Verwendung von großflächigen stahlgerahmten Festverglasungen, Flügelfenstern und Türen aus warmgewalzten Z- und T-Profilen, die von Hope’s Windows hergestellt wurden.1 Vier T-förmige vertikale Stahlelemente, die bei der ursprünglichen Konstruktion in die Brüstung aus Beton am südlichen Rand des Wohnzimmers eingelassen wurden, dienen gleichzeitig als Fensterpfosten wie auch als konstruktive Abstützung der darüberliegenden freitragenden Terrasse.2 Die Glasfassaden von Fallingwater, deren Stahlrahmen in Wrights charakteristischem Cherokee Red gestrichen sind, helfen nicht nur, intime Innenräume zu definieren, sondern verbinden diese auch auf einzig-

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Korrodierte und nicht funktionstüchtige, originale Stahlrahmenfenster auf der Terrasse, 1985.

Schadhafte Betonelemente und undichte Stahlrahmenfenster, 1985.

CHRONIK

artige Weise mit dem Außenraum. Im Wohnzimmer führt ein verglaster Einstieg mit horizontalen Schiebefenstern zu einer Treppe, hinunter zum Bear Run, der das Haus als Bach passiert, bevor er sich in einen Wasserfall ergießt. Am anderen Ende des Wohnzimmers und in jedem Schlafzimmer führen Stahlrahmenfenster zu den Terrassen, die über den Wasserfall hinausragen. Die parallel zum steinernen Schornstein über mehrere Geschosse verlaufende verglaste westliche Ecke der Räume löst sich visuell auf, wenn ihre nach außen schwingenden Fensterflügel geöffnet sind. Diese unkonventionelle Lösung ermöglicht einen unverstellten Blick auf den angrenzenden Wald und lässt die Geräusche der Natur und die kühle, feuchte Luft in jeden Raum strömen. Am anderen Ende dieser Fensterfassade enden die Glasscheiben und Riegel der feststehenden Elemente nicht in einem Stahlrahmen oder Pfosten, sondern sind direkt in das Mauerwerk des Schornsteins eingelassen. Die Verschmelzung dieser beiden Bauteile verwischt die Grenzen von Fenster und Wand, von innen und außen und verstärkt den offenen Charakter dieser fließenden Räume, die das Wesen des Ortes Fallingwater ausmachen.

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG 1963 wurde das Gebäude dem Western Pennsylvania Conservancy (WPC) mit dem Auftrag anvertraut, „in Fallingwater den Charakter eines Wochenendhauses jener Zeit zu erhalten, in der es von den Eigentümern Edgar und Liliane Kaufmann (Nutzung von 1937 bis 1955) und ihrem Sohn, Edgar Kaufmann jr. (Nutzung von 1937 bis 1963) bewohnt wurde“.3 Seither sind das Haupthaus und der Großteil des Gästehauses als Museum für die Öffentlichkeit zugänglich. Im ehemaligen Dienstbereich im Obergeschoss des Gästehauses befinden sich heute die Verwaltungsräume des WPC. Die frühen Sanierungsmaßnahmen an den Glasfassaden in diesem legendären historischen Haus konzentrierten sich auf die Reparatur und Restaurierung der Glasfassaden, wie sie ursprünglich geplant

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1935 Entwurf 1937

Fertigstellung Haupthaus

1939

Fertigstellung Gästehaus

1937– 1963

Wohnhaus der Familie Kaufmann

1963

Übereignung an den Western Pennsylvania Conservancy (WPC)

1964

Eröffnung als öffentliches Museum

1976

Registrierung als nationales Kulturdenkmal

1989

Durchführung von Glaserneuerungs­ arbeiten einschließlich Einbau von Einscheibenverglasungen mit UV-Schutzverglasungen

1992– 2003

Entfernung der Glasscheiben, Restaurierung der Stahlrahmen

1995– 2002

Statisches Gutachten und Nachspannarbeiten entsprechend der Planung von Robert Silman Associates, PC ( jetzt Silman)

2005

Abschluss der ersten phasenweisen Instandsetzung am Gesamtgebäude

2009

WPC gründet den Window Legacy Fund

2009– heute

Kontinuierliche Konservierung der Stahlrahmenfassade und Erneuerung der Glasscheiben

2019

Aufnahme in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes (mit sieben weiteren, von Frank Lloyd Wright entworfenen Gebäuden)

Stahlrahmenfassade, 1985.

waren.4 Das Fehlen sachgerechter Abdichtungsdetails führte zum Eindringen von Wasser über die Betonterrassen und die runden Tropfkanten entlang der Dachränder ins Haus. Dieser Zustand führte zu einer Korrosion der Stahlkonstruktionen der Glasfassaden, die sämtlich – von den Pfosten der Festverglasungen über die Flügelfenster bis hin zur Fensterwand in der Küche – betroffen waren. Ab 1989, als die ursprünglichen 6 mm starken Flachglasscheiben zu brechen begannen, wurden diese (im Haupthaus und in den Gästezimmern des Gästehauses, aber nicht im ehemaligen Wirtschaftsbereich) durch Einscheibenverbundglas mit einer UV-Schutzfolie von Saflex ersetzt.5 Es kam jedoch weiterhin zu Glasbruch, wobei später festgestellt wurde, dass die Ursache für die Brüche in bestimmten Bereichen des Haupthauses in der fortschreitenden Krümmung der freitragenden Terrassenplatten lag.6

DIE INSTANDSETZUNG In der Zeit zwischen 1992 und 2003 wurden die Glasscheiben entfernt und die originalen Stahlrahmen bis auf das blanke Metall von Korro­

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FALLINGWATER  |  RESTAURIERUNG

Restaurierte Stahlrahmenfenster (im Vordergrund) und Wandverglasung (im Hintergrund), 2016.

Außenansicht der restaurierten Eckverglasungen im Gästehaus, 2016.

sionsrückständen gereinigt; stark korrodierte Abschnitte wurden entfernt und durch gleichartiges Material ersetzt. Auch die Beschläge wurden ausgetauscht und alle bedienbaren Elemente funktionstüchtig gemacht.7 Alle Stahlskelette wurden mit Poly-Ura-Prime grundiert und mit zwei Schichten Endura-Shield Serie 73, einem Hochleistungsbeschichtungssystem von Tnemec, versehen. Die Einscheibengläser wurden mit neuen Aluminiumglasleisten und Vulkem 116 Kitt (von Mameco/Vulkem) wieder eingebaut. Diese stufenweise gebäudeweite Instandsetzung wurde 2005 abgeschlossen.8 Die Fensterrestaurierung erfolgte in Verbindung mit der Behandlung der durchhängenden, freitragenden Stahlbetonterrassenkonstruktionen und mit den Dichtungsund Entwässerungsmaßnahmen auf dem Dach, den Terrassen und der Traufe zur Beseitigung der Undichtigkeiten.9 Mehr als zehn Jahre nach Abschluss der ersten Restaurierung führten Glasbruch und Versagen der aufgebrachten UV-Schutzfolie zu einer weiteren Glaserneuerungsaktion. Um das Glas zu ersetzen, startete der WPC 2009 eine neue Fundraising-Maßnahme, den sogenannten Window Legacy Fund. Die Organisation erklärte auf ihrer Website: „Die charakteristischen Fensterelemente von Fallingwater, die zentrale Bestandteile dieses symbolträchtigen Hauses darstellen, leiden unter den Auswirkungen von Wetter und Zeit. Die Fenstergläser müssen ausgetauscht werden, um das Haus, seine Einrichtung und seine wertvollen Kollektionen vor Hitze, Sonnenlicht und UV-Strahlung zu schützen.“10 Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses für das vorliegende Buch war das Entfernen und Ersetzen der Glasscheiben noch in Arbeit und wurde entsprechend der bereitstehenden Finanzierung weitergeführt. Das

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Blick auf die restaurierte Stahlrahmenterrassentür und die Glasfassade, 2016.

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9

1 Natursteinmauerwerk 2 Stahlbetondecke mit konischer Kantenausbildung 3 Steinfußboden 4 Stahlrahmen des nach innen öffnenden Flügelfensters 5 Stahlrahmen des Oberlichtfensters mit Einfachverglasung 6 Stahlrahmen des nach außen öffnenden Flügelfensters mit Insektenschutzgitter 7 Transparente Einfachverglasung 8 Riegel der Stahlglasfassade 9 Einfachverglasung, in Natursteinmauerwerk eingelassen

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Typischer Schnitt der bestehenden Stahlrahmenfassade.

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FALLINGWATER  |  RESTAURIERUNG

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Typische Details der Stahlrahmenfassade.

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Stahlsprosse einer Fensterwand, deren Scheiben rahmenlos ins Mauerwerk eingelassen sind, Blick von innen, 2016.

Detailansicht der Fensterwand, deren Scheiben rahmenlos ins Mauerwerk eingelassen sind, 2016.

laufende Projekt umfasst die Erneuerung des bestehenden Einscheibenglases durch Verbundglas, eine Lösung, die 2011 nach verschiedenen Testversuchen entwickelt wurde. In Bereichen, die einen UV-Schutz erfordern, besteht das erneuerte Glas aus zwei 3 mm starken Glasscheiben (PPG Pittsburg Plate Glass) mit eisenoxidarmem Starphire-Glas und einer Zwischenschicht aus Kuraray-(ehemals DuPont)-SentryGlas. Die Verwendung der farblosen Trennschicht aus SentryGlas erübrigt die Notwendigkeit (und die Probleme) der ursprünglich aufgebrachten UV-Schutzfolien. Das fertig montierte Maß ist nur etwas dicker als 6 mm, so dass es in die historischen Flügel eingesetzt werden kann. Wo kein UV-Schutz erforderlich ist, wird gehärtetes 6 mm starkes StarphireGlas ohne die Zwischenschicht verwendet.11 Die laufenden Glaserneuerungsarbeiten erfolgen in Verbindung mit den laufenden Stahlkonservierungsarbeiten an den Fenstern. Diese werden in der Regel in jährlichem Wechsel in Bereichen mit Anzeichen von Korrosion durchgeführt (typischerweise im Schwellenbereich oder, im Falle des verglasten Treppenabgangs, dort, wo Zonen sich in der Nähe von Wasser befinden oder zu Kondensation neigen). An diesen

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FALLINGWATER  |  RESTAURIERUNG

Blick von innen in die Fensterwandecke mit den restaurierten nach außen öffnenden Eck­f lügelfenstern und den nach innen öffnenden Insektenschutzflügeln, 2016.

Stellen werden die Arbeitsbereiche gereinigt, bei Bedarf wird die Farbe entfernt, der Stahl gereinigt, gegebenenfalls werden Reparaturen durchgeführt, und anschließend werden die Oberflächen neu gestrichen. Da die Stahlkonservierungsarbeiten das Entfernen des Glases erfordern, versucht das WPC in der Regel, Bereiche auszuwählen, in denen das Glas während der Stahlkonservierungsarbeiten erneuert werden kann. Dazu gehören Fenster und Türen, bei denen die aufgebrachte UV-Schutzfolie begonnen hat, sich abzulösen (sie beginnen, vom Rand her zu beschlagen) oder gerissen ist.12

SCHLUSSFOLGERUNGEN Die Restaurierung der originalen Stahlrahmenfenster von Fallingwater beschränkte sich auf die Erneuerung durch einzelne artgleiche Bauteile, die Reinigung und Reparaturbehandlung mit einer Hochleistungsbeschichtung und die Erneuerung von Scheiben mit einer aufgebrachten UV-Schutzfolie. Dieser Ansatz hatte den Vorteil, dass die historische Bausubstanz, deren Bedeutsamkeit in ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten architekturhistorischen Epoche liegt, erhalten blieb, während gleichzeitig (bis zu einem gewissen Grad) mögliche Kompromisse eingegangen wurden, um die kontinuierliche Nutzung und Erhaltung von empfindlichem Interieur zu ermöglichen. Im Vergleich zu den Reparaturen an der Statik der freitragenden Terrassen oder den im Rahmen der Sanierung durchgeführten Außenabdichtungsarbeiten war der Eingriff an den Stahlfenstern und -türen moderater. Letzterer war angemessen, aber nur von relativ kurzer Dauer. Kurz nachdem die Gebäudestruktur stabilisiert, die Dichtungsprobleme minimiert und die Stahlrahmenkonstruktionen wiederhergestellt waren, war eine weitere Instandsetzung erforderlich. Der Umstand, dass das Gebäude ungünstigen Witterungsbedingungen ausgesetzt ist, insbesondere aufgrund des sehr feuchten Mikro­

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Restaurierte Eckflügelfenster aus Stahl, Blick von außen, 2016.

Die Stahlrahmenkonstruktion der Schiebefenster über der Treppe zum Bear Run Creek, 2016.

PROJEKTDATEN Fallingwater (1937) Mill Run, Pennsylvania, USA ORIGINALE KONSTRUKTION Architekt Frank Lloyd Wright

Statiker William Wesley Peters und Mendel Glickman

Eigentümer Western Pennsylvania Conservancy

1992–2005 INSTANDSETZUNGEN

Fachplaner Restaurierung Integrated Conservation Resources, ICR

Architekten Wank Adams Slavin Associates, LLP

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Statiker Robert Silman Associates, PC

Konservator Norman Weiss, FAPT Firma Fensterrenovierung Seekircher Window Repair

FALLINGWATER  |  RESTAURIERUNG

ANMERKUNGEN

Blick aus dem Gästehaus auf die restaurierten Stahlrahmenfenster, 2016.

klimas um den Wasserfall herum, erfordert eine regelmäßige Wartung, um die Korrosion an den Stahlelementen einzudämmen. Es hat sich auch herausgestellt, dass angesichts der feuchten Umgebung eine aufgebrachte UV-Schutzfolie einfach nicht von Dauer ist. Die vorgeschlagene Erneuerung durch Verbundglas ist eine geeignetere Option, um einen langanhaltenden UV-Schutz zu gewährleisten. Die schwierigen Umgebungsbedingungen dürften jedoch innerhalb weniger Jahre eine deutlich aufwändigere Instandsetzung der Stahlrahmen erfordern, wie z. B. die vorübergehende Entfernung der Beschichtung und Neuinstallation nach einer Metallbeschichtung der Stahlrahmen vor Ort. Möglich wäre auch eine Feuerverzinkung nach vorübergehender Entfernung und Bergung, was jedoch nicht vor Ort durchgeführt werden könnte. Die Stahlrahmenfenster des Fallingwater-Hauses sind ein eindrückliches Beispiel für die Herausforderungen, die sich mit Gebäuden der Moderne verbinden, insbesondere bei Einzelbauten, die aufgrund ihrer architekturhistorischen Bedeutung zu Museen geworden sind, und an Orten mit vergleichsweise extremen Witterungsbedingungen. Der auf die Erhaltung ausgerichtete Managementansatz des WPC bei Fallingwater stellt einen interessanten Fall über denkmalpflegerische Entscheidungen dar, die darauf abzielen, die Authentizität von Ort und Bausubstanz zu erhalten und mit diesem Ziel gleichzeitig Haltbarkeit, Kosteneffizienz und eine langfristige Vision für das historische Objekt in Einklang zu bringen.

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1 Norman Weiss, Pamela Jerome und Stephen Gottlieb, „Fallingwater Part 1: Materials-­ Conservation Efforts at Frank Lloyd Wright’s Masterpiece“, APT Bulletin 32, Nr. 4 (2001), S. 48. 2 Robert Silman, „The Plan to Save Fallingwater“, Scientific American (September 2000), S. 93. 3 Western Pennsylvania Conservancy, „Mission“, http://www.fallingwater.org/64/, abgerufen am 12. Oktober 2015. 4 Pamela Jerome, „Restoration and Replication of Steel Elements at Fallingwater and Solomon R. Guggenheim Museum“, Video des National Center for Preservation Technology, 20:27, https://ncptt.nps.gov/blog/restoration-andreplication-of-steel-elements-at-franklloyd-wrights-fallingwater-and-solomon-rguggenheim-museum/, gepostet am 22. Juli 2015, abgerufen am 16. Dezember 2018. 5 Weiss, Jerome und Gottlieb, „Falling Water Part 1“, S. 52, 55. 6 Silman, „The Plan to Save Fallingwater“, S. 94. 7 Weiss, Jerome und Gottlieb, „Falling Water Part 1“, S. 52. 8 Pamela Jerome, Norman Weiss und Hazel Ephron, „Fallingwater Part 2: Materials-­ Conservation Efforts at Frank Lloyd Wright’s Masterpiece“, APT Bulletin 37, Nr. 2/3 (2006), S. 8–9. 9 Weitere Informationen zur baulichen Nachrüstung finden Sie unter: Matthew L. Waldsept, „Rescuing a World-Famous but Fragile House“, New York Times, 2. September 2001, https://www.nytimes.com/2001/09/02/ us/rescuing-a-world-famous-but-fragilehouse.html. Weitere Informationen zu den angewandten Dichtungs- und Wasserab­ leitungsmaßnahmen finden Sie unter: Jerome, Weiss und Ephron, „Fallingwater Part 2: Materials-Conservation Efforts at Frank Lloyd Wright’s Masterpiece“, APT Bulletin 37, Nr. 2/3 (2006), S. 3–11. 10 Western Pennsylvania Conservancy, „The Fallingwater Window Legacy Fund“, https:// www.fallingwater.org/donate/more-ways-togive/windows-legacy-fund/, abgerufen am 16. Dezember 2018. 11 Scott Perkins, E-Mail an den Autor, 22. März 2016. 12 Ebd.

Farnsworth House Plano, Illinois, USA Ludwig Mies van der Rohe, 1951

Blick von innen auf die südliche Terrasse des Farnsworth House, Plano, Illinois, USA, undatiertes Bild.

Südfassade und Terrasse von außen, undatiertes Bild.

Dr. Edith Farnsworth, eine alleinstehende Ärztin, beauftragte den deutsch-amerikanischen Architekten Ludwig Mies van der Rohe (1886– 1969) mit dem Bau eines Wochenendhauses außerhalb von Chicago. Das Farnsworth House, 1945 bis 1946 entworfen und zwischen 1949 und 1951 erbaut, repräsentiert Mies’ Vision von moderner Architektur als „beinahe nichts“, die sich aus seinem Ideal ergibt, „jedes Element auf sein Wesen zu reduzieren“.1 Das Ergebnis ist eine Kombination aus Einfachheit und geometrischer Raffinesse, die einen einzigartigen Raum mit einem minimalen Rahmen aus lichtdurchlässiger „Haut und Knochen“ schafft. Durch diese transparente Haut verschmilzt das karge Innere mit dem weitläufigen Äußeren und wird zu einem einheitlichen Erlebnis. Mies zufolge „gewinnt die Natur, wenn man sie durch die Glaswände des Farnsworth House betrachtet, eine tiefere Bedeutung, als wenn man draußen steht. So wird mehr von der Natur zum Ausdruck gebracht – sie wird Teil eines größeren Ganzen.“2 Das Haus besteht aus zwei nebeneinanderliegenden rechteckigen Konstruktionen auf unterschiedlichen Ebenen, die sich auf Stahlstützen über den Boden erheben. Die untere Ebene ist eine offene Terrasse auf einer Stahlrahmenkonstruktion mit einem Boden aus Travertinplatten. Von hier aus führt eine Treppe aus Travertinstufen auf Stahlholmen zu der überdachten Terrasse der oberen Ebene, dem eigentlichen Gebäude. Eine weitere Treppe führt zum Garten hinunter. Die obere überdachte Terrasse wie auch der Innenraum, der von Stahlrahmen-Fensterwänden umschlossen wird, verfügen über durchgängige Böden aus Travertin. Der Innenraum ist um einen zentralen Kern herum angeordnet, der den Eingang im Westen, den Wohnraum im Süden, die Küche im Norden

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Unbekannte Frau (vermutlich Edith Farnsworth) im Farnsworth House, undatiertes Bild.

Nordfassade mit der von Edith Farnsworth angebrachten Terrassenverblendung als Insektenschutz, die später wieder entfernt wurde, 1971.

CHRONIK 1945– Entwurfsphase 1946

und das Schlafzimmer und Badezimmer im Osten voneinander trennt. Das Bad ist der einzige Ort, an dem (Kipp-)Fenster in der Stahlrahmenfensterwand angeordnet sind, die sich öffnen lassen. Wie bei der Nominierung zum nationalen Kulturdenkmal vermerkt wurde, stellt die Architektur des Farnsworth House „einen zu extremer Verfeinerung gesteigerten Fall von Mies van der Rohes minimalistischer Ausprägung von Struktur und Raum dar“.3 Die „Haut“ des Hauses wird durch die raumhohen, umlaufenden Fensterwände definiert, die ursprünglich aus 6 mm starkem, poliertem Einscheibenflachglas gefertigt waren. Leider war Dr. Farnsworth mit den Kosten und der Gestaltung des Hauses nicht zufrieden und beschwerte sich offen darüber, dass es so „transparent, wie ein Röntgenbild“ sei.4 Nach der Fertigstellung des Hauses im Sommer 1951 hinderte sie Mies daran, auch die Möbel für das Haus auszuwählen, und drängte auf die Anbringung eines holzgerahmten Insektenschutzgitters um die überdachte Terrasse herum, das Teil des ursprünglichen Entwurfs von 1947, aber vermutlich von Mies nicht gewollt war.5

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Das Haus wurde noch von Dr. Farnsworth bewohnt, als es 1954 zum ersten Mal überflutet wurde und das Wasser bis 60 cm über den Boden stieg.6 Weitere Überschwemmungen fanden mehrmals während der Nutzung des Hauses durch Dr. Farnsworth und auch nach dem Erwerb des Grundstücks durch Lord Peter Palumbo im Jahr 1971 statt (der übrigens das von Dr. Farnsworth um die überdachte Terrasse herum installierte Insektenschutzgitter wieder entfernte). 1996 stand das Wasser

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1949– Bauphase 1951 1954

Erstes Hochwasser

1971

Lord Peter Palumbo erwirbt das Haus. Entfernung des Insekten­schutzgitters, den Dr. Farnsworth um die obere Terrasse herum einbauen ließ

1996

Der Fox River steigt um etwa 1,5 m, das Wasser etwa 40 cm über den Boden; die Konstruktion bleibt fest, aber es kommt zu Glasbruch, Möbel und Kunstwerke werden weggespült.

2003

Erwerb des Hauses durch den National Trust for Historic Preservation (Nationale Stiftung für Denkmalpflege), der das Gebäude seitdem als Museum betreibt

2004

Aufnahme in das National Register of Historic Places (Nationales Verzeichnis historischer Stätten)

2006

Registrierung als nationales Kulturdenkmal

2008

Beschädigung nach Überschwemmung durch Regenausläufer des Hurrikans Ike

2012– 2013

Untersuchungen und Reparaturversuche durch Krueck and Sexton Architects und WJE

Ansicht der Anlage mit Blick auf das Farnsworth House (rechts) und den Fox River (links), 2016.

Blick auf die Nordfassade zur Zeit des großen Hochwassers im Jahr 2008, bei dem das Wasser weit über das Niveau des Fußbodens im Inneren anstieg.

nach einem extremen zweitägigen Dauerregen 40 cm hoch auf dem Gelände, was zu einer Welle aus Sand und Schlamm führte, die eine der ursprünglichen Glasscheiben zerstörte und den Travertinboden überzog.7 Eine weitere Überschwemmung ereignete sich 1997, als das Wasser bis zu 5 cm über den Boden stieg. Lord Palumbo verkaufte das Haus schließlich 2003 an den National Trust for Historic Preservation, der seither als Verwalter des Hauses und der Anlage fungiert. Das Haus liegt derzeit innerhalb der Überschwemmungszone sowohl 100-jährlicher als auch 500-jährlicher Hochwasser. Angesichts zu erwartender Auswirkungen des Klimawandels und der zunehmenden Urbanisierung von Gebieten entlang des Fox River stromaufwärts bleibt die Hochwassergefahr auf absehbare Zeit bestehen. Seit dem extremen Wetterereignis von 1996 war das Grundstück erneut 1997, 2008 und zweimal im Jahr 2013 von Überschwemmungen betroffen.8 Im Laufe der Jahre wurden die meisten Glasscheiben des Hauses mehrmals ausgetauscht, um Schäden, die durch Überschwemmungen und durch unbeabsichtigten Glasbruch entstanden waren, zu beseitigen. Sogar einige der großen, 3,05 m breiten Einscheibengläser wurden ersetzt. Von den 17 Fensterelementen wiesen im Jahr 2013 nur noch sechs die original polierten Glasscheiben (oder zu einem frühen Zeitpunkt erneuerte Exemplare) auf. Acht Scheiben waren durch Floatglas ersetzt worden (irgendwann nach 1959) und die restlichen drei Scheiben sowie das Glas an den originalen Aluminiumrahmeneingangstüren (hergestellt von Kawneer) waren durch gehärtetes Glas ersetzt worden (irgendwann nach 1970).9 Die Kombination aus originalem Flachglas und erneuerten Scheiben aus Float- und gehärtetem Glas führte zu Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und des Aussehens der Glaselemente im Haus insgesamt. So steht beispielsweise die Verwendung von original gehärtetem Glas und anderen nicht vorgespannten Elementen im Widerspruch zu den heutigen Sicherheitsanforderungen, die den Einbau von Sicherheitsglas erfordern, wenn die Scheibenhöhe über Oberkante des Fertigfußbodens ein bestimmtes Maß überschreitet. Um diesen Si-

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Außenansicht der Südfassade und der Terrasse, 2016.

Stahlrahmenfassade mit Einfachverglasung an der Südfassade, 2016.

FARNSWORTH HOUSE  |  RESTAURIERUNG

cherheitsbedenken Rechnung zu tragen, wurde auf alle nicht gehärteten Scheiben eine Sicherheitsfolie aufgebracht, und zwar sowohl auf die ursprünglichen als auch auf die nach 1959 eingebauten Scheiben aus poliertem Flachglas. Die Folie bietet zwar den rechtlich vorgeschriebenen Sicherheitsschutz, der für die Zugänglichkeit des Hauses durch die Öffentlichkeit erforderlich ist. Allerdings waren die Folienrollen in der Breite so schmal, dass sich vertikale Nähte ergaben, um die Fensterfronten von etwa 3,05 m x 3,05 m abzudecken. Außerdem sind die nicht origi­ nalen, später erneuerten gehärteten Glasscheiben unter bestimmten Lichtverhältnissen (außen hell, innen dunkler – bei klarem Himmel) leider von außen leicht zu erkennen. Wenn man um das Haus läuft, nimmt man wahr, dass die Reflexionen auf dem Glas verzerrt sind, was ein Resultat des Vorspannprozesses ist, bei dem Scheiben auf Rollen gelagert sind, die Abdrücke hinterlassen. Darüber hinaus sind alle vorhandenen gehärteten Scheiben in einer Ecke mit der vom ANSI geforderten Kennzeichnung versehen, einschließlich der Eingangstüren. Neben anhaltendem Glasbruch ist eine deutliche Korrosion der Stahlrahmen zu verzeichnen, insbesondere an den Sohlbänken neben den Travertinfußbodenplatten. Durch den Rostbefall haben sich die Stahlrahmen verzogen, was die Spannung auf das Glas erhöht.

Blick von außen auf die südliche Fassade; sichtbar ist die Stoßnaht der auf der Innenseite aufgebrachten Sicherheitsfolien, 2016.

DIE INSTANDSETZUNG Während der Instandsetzung 2012–2013, unter Leitung der Büros Krueck and Sexton Architects aus Chicago und Wiss, Janney, Elstner Associates, erwog das Projektteam verschiedene Verglasungsoptionen. Der konservativste Ansatz war die Verwendung von Floatglas mit einer Sicherheitsfolie, wie es auch andernorts zu finden ist. Es war jedoch unwahrscheinlich, dass dieser Ansatz die aktuellen baurechtlichen Anforderungen in Bezug auf den Anprallschutz erfüllen würde. Ein weiterer Ansatz betrachtete die vorübergehende Entfernung der ursprünglichen Anschläge der Stahl-Glas-Elemente (fixiert durch freiliegende Senkschrauben, die in vorgebohrten Löchern montiert sind) und die Vergrößerung der vorhandenen Scheibeneinfassung. Dadurch sollte der erforderliche Abstand für das neue, rechtlich vorgeschriebene 13 mm dicke vorgespannte oder das 16 mm dicke laminierte vorgespannte Glas an den Stirnseiten erreicht werden. Dieser Ansatz hätte jedoch eine Verlagerung der äußeren Fensterleisten um etwa 3 mm erfordert.10 Dies hätte zu Unebenheiten bei den Außenelementen geführt oder einen deutlich aggressiveren Eingriff erforderlich gemacht, um alle Glasscheiben, einschließlich der verbleibenden Originalscheiben, zu ersetzen und eine einheitliche Glasfläche sowohl von innen als auch von außen zu schaffen. Um diese ungünstigen Auswirkungen zu vermeiden, wurde bei der Renovierung der Stahlrahmenfassade ein 6 mm starkes, klares, vorgespanntes, heißgelagertes Glas verwendet, das eine maximale Verformung von 0,076 mm durch Rollenwellen aufweist. Die Glasspezifikation sah auch vor, dass die Oberfläche (Position 1 – Boden/Sockelkante) parallel zu den Rollen des Härteofens sein sollte, was zu einer horizontalen

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Detailansicht des Einscheibensicherheitsglases, das neu in den ursprünglichen Stahlrahmen an der Südfassade eingebracht wurde, 2016.

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Typischer Schnitt der bestehenden Stahlrahmenfassade.

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FARNSWORTH HOUSE  |  RESTAURIERUNG

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1 Stahlstütze 2 Stahlrahmendachtragwerk 3 Dachrand aus Stahl 4 Pfosten der Stahlglasfassade mit Glashalteleisten 5 Sohlbank und Glashalteleisten 6 Stahlrahmenkonstruktion mit Bodenplatte aus Stahlbeton 7 Transparente Einfachverglasung 8 Dreilagige Gipsputzdecke (Rabitzdecke) 9 Betonfertigteilelement des Daches 10 Dachaufbau (Dämmung, mechanische Schutzschicht, Membranen und Auflast) 11 Travertinfußboden

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Typische Details der Stahlrahmenfassade.

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Blick von innen durch die Südwand auf den Fox River, 2016.

Rollenwellenausrichtung auf dem eingebauten Glas führen würde. Das Konstruktionsteam forderte auch eine maximale Kantenwölbung von 0,2 mm, eine Toleranz für örtliche Verwerfungen von 0,8 mm über eine Spannweite von 30 cm und eine Gesamttoleranz für Krümmungen und Verdrehungen von 0,8 mm pro laufendem Fuß (ein Maß von 30 cm).11 Nach Angaben des National Trust for Historic Preservation waren die Vorgaben für die Erneuerung der Scheiben darauf ausgerichtet, möglichst glatte Oberflächen zu erhalten sowie eine Dicke, die den ursprünglichen Scheiben entsprach, damit die Rahmen wiederverwendet werden konnten und der ursprüngliche Entwurf in seinen Details nicht verändert würde.12 Zu den Arbeiten gehörten auch die Reparatur aller Rahmen der Sohlbänke, der Austausch der dazugehörigen Anschläge und ein Neuanstrich in der Farbe, die bei der Restaurierung des Hauses durch Palumbo festgelegt worden war.13 Im Jahr 2015 entschied sich der National Trust, drei große Glasscheiben und zwei Scheiben an den Kippfenstern in der gleichen Spezifi­ kation von 6 mm starkem, vorgespanntem Glas zu erneuern. Obwohl diese Lösung ein Kompromiss ist, geht der Trust davon aus, dass sie auch in der Zukunft angewendet wird, wenn ein Glasaustausch erforderlich ist, bis eine bessere Lösung gefunden werden kann, die das ursprüngliche Material und die ursprüngliche Detaillierung der Fenster beibehält.14 Für den National Trust ist eine langfristige Lösung zur Verhinderung von Rostschäden von größter Bedeutung, was bedeutet, das Haus vor Überschwemmungen zu schützen.15 Entsprechend wurde eine Reihe von Möglichkeiten für einen wirksamen Hochwasserschutz für das

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FARNSWORTH HOUSE  |  RESTAURIERUNG

Blick von außen auf die korrodierte Schwelle der westlichen Fassade, 2016.

Detailansicht (von innen) eines korrodierenden Stahlfensterrahmens und der Stoßnaht zwischen den aufgebrachten Sicherheits­ folien, 2016.

Innenansicht mit Blick nach Osten, 2016.

Farnsworth House in Betracht gezogen und genauer untersucht. Diese reichen von der Auffüllung des Geländes und dem Anheben des Hauses auf eine höhere Ebene, der Verlegung des Hauses auf ein höher gelegenes Terrain bzw. der Installation von unterirdischen hydraulischen Hebebühnen, um das Haus bei Bedarf anzuheben, bis hin zu einem schwimmfähigen amphibischen Fundament, das auf natürlichem Auftrieb basiert, um es bei Hochwasser anzuheben, oder der Installa­ tion einer ringförmigen, unterirdischen Flutbarriere, die um das Haus herum angebracht wird und es so während eines Hochwassers schützen kann.16 Derzeit arbeitet der National Trust an der Entwicklung eines Hydrauliksystems, das das Haus bei Hochwasser anhebt und nach dem Rückzug des Wassers wieder absenkt.17 Sobald das System installiert ist, plant der Trust, die aufgeschobenen umfassenden Restaurierungs-/ Reparaturarbeiten durchzuführen, die am Haus erforderlich sind.

SCHLUSSFOLGERUNGEN Die jüngsten Instandsetzungen im Farnsworth House wahren ein sorgfältig ausgewogenes Verhältnis zwischen Gebrauchstauglichkeit, Sicherheitsbedenken, Erhaltung der historischen Bausubstanz und Entwurfsabsicht. Bei einem Haus von dieser Bedeutung, bei dem der Innenraum, die Außenansichten und die äußere Gebäudehülle größtenteils von der Verglasung bestimmt sind, wäre eine Beeinträchtigung der Sicht, auch wenn sie nur geringfügig ausfällt, selbst bei gleichzeitiger Bewahrung der

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Verformungen durch Korrosion und Rostvortrieb im unteren Bereich der westlichen Fassade, 2016.

Blick aus dem Inneren nach Südwesten auf den Fox River, 2016.

Detailansicht des Stahlrahmens an der Terrasse der Südfassade, 2016.

Detailansicht des Stahlrahmens der Ostfassade, 2016.

ursprünglichen historischen Bausubstanz und der Entwurfsabsicht zu Recht als unangemessen anzusehen gewesen. Monolithisches vorgespanntes Glas, die derzeit bevorzugte Option bei der Erneuerung der Scheiben, hat eine geringere seitliche Belastbarkeit als Verbundglas, passt aber in die vorhandenen Fenstereinfassungen und stellt somit einen weniger invasiven Ansatz dar. Die visuellen Verzerrungen, die hier auftreten, selbst wenn sie aufgrund der Spezifikationsanforderungen minimiert werden, sind jedoch ein zu berücksichtigendes Thema, insbesondere bei einem Kulturdenkmal wie dem Farnsworth House, wo das Glas ein wesentliches, charakterbestimmendes Merkmal darstellt. Für das Farnsworth House ist die Umsetzung eines tragfähigen Hochwasserschutzplans ein ebenso wichtiges Thema. Wassereintritt bei Überschwemmungen beschädigt die Möbel, den Innenraum und die Glasscheiben und erhöht zudem die Korrosionsgeschwindigkeit der

PROJEKTDATEN Farnsworth House (1951) Plano, Illinois, USA

1971–2015 INSTANDSETZUNGEN

ORIGINALE KONSTRUKTION

Eigentümer Lord Peter Palumbo (1971–2003)

Architekt Ludwig Mies van der Rohe

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National Trust for Historic Preservation (2003–heute)

Architekten historische Bausubstanz Krueck and Sexton Architects

Bauausführung Restaurierung Berglund Construction

Spezialist Gebäudehülle Wiss, Janney, Elstner Associates, Inc. (WJE)

Subunternehmer Metall- und Glasarbeiten MTH/Illinois Bronze and Metal

FARNSWORTH HOUSE  |  RESTAURIERUNG

ANMERKUNGEN

Blick nach Nordosten auf das Haus und seine Terrassen, 2016.

Westfassade, 2016.

Stahlkonstruktion im Allgemeinen. Die Sohlbänke und Scheibenhalterungen des Hauses haben bereits mehr als einmal über Tage hinweg im Hochwasser gestanden und sind folglich stärker korrodiert als der Rest der Konstruktion. Daher ist eine Hochwasserschutzvorrichtung eine entscheidende Maßnahme zur Sicherung der Stahlglasfassaden – eine in dieser Form einmalige, aber notwendige Maßnahme, denn die Alternative bestünde darin, die originalen Fensterkonstruktionen zu verlieren. Eine solche höchst ungewöhnliche Vorrichtung würde das Haus bei Bedarf vorübergehend über die Überschwemmungsfläche anheben, um es vor neuem Hochwasser zu schützen. Ein Hochwasserschutz allein wird jedoch die anhaltenden korrosionsbedingten Schäden an den Stahlrahmenfassaden weder verhindern noch verlangsamen. Im Zuge umfangreicher Reparaturen wird das Glas vorübergehend entfernt, geborgen und wieder eingebaut, damit eine Reinigung des Stahls, die Reparatur beschädigter Bereiche und ein Neuanstrich erfolgen kann. Laufende Wartung wird ebenfalls erforderlich sein, unabhängig vom Hochwasserschutz. Die Herausforderung bei der Restaurierung und Instandhaltung des Farnsworth House besteht darin, die kulturelle Bedeutung mit Denkmalschutzstandards und innovativen denkmalpflegerischen Ansätzen, die sowohl authentisch als auch angemessen sind, in Einklang zu bringen.

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1 Historic American Buildings Survey, Edith Farnsworth House (Washington, DC: ­US-Innenministerium, Nationalparkverwaltung, kulturelle Ressourcen, Studie über historische amerikanische Gebäude/Historic American Engineering Record, 2010), HABS Nr. IL-1105 (Addendum to), S. 9. 2 Adelyn Perez, „AD Classics: The Farnsworth House/Mies van der Rohe“, ArchDaily, https://www.archdaily.com/59719/ad-classicsthe-farnsworth-house-mies-van-der-rohe/, zuletzt geändert am 13. Mai 2010. 3 Anthony Raynsford, National Historic Landmark Nomination: Farnsworth House (Washington, DC: US-Innenministerium, Nationalparkver­ waltung, September 2004), S. 4. 4 Peter Blake, Mies van der Rohe, Architecture and Structure (Baltimore: Penguin Books, 1964), S. 85–89, http://www.columbia.edu/cu/gsapp/ BT/GATEWAY/FARNSWTH/blake.html, abgerufen am 28. Dezember 2018; Elizabeth Gordon, „The Threat to the Next America”, House Beautiful 95 (April 1953), S. 129. 5 Angaben über das Verhältnis zwischen Dr. Farnsworth und Mies waren sehr umstritten und viele vermuteten, dass ihre Beziehung über ein zwischen Kundin und Architekt übliches Verhältnis hinausging. Siehe: Nora Wendl, „Sex and Real Estate, Reconsidered: What Was the True Story Behind Mies van der Rohe’s Farnsworth House?“, ArchDaily, http://www. archdaily.com/­769632/sex-and-real-estatereconsidered-what-was-the-true-story-behindmies-van-der-rohes-farnsworth-house, abgerufen am 29. Mai 2016. 6 Ashley Wilson, „After the Storm: Glazing Replacement Issues at the Farnsworth House“, Abhandlung vorgestellt beim APT/DOCO­ MOMO DC Chapter, Herbst 2014, Symposium: The Challenges of Preserving Modern Materials & Assemblies, 26. September 2014. 7 Ben Schulman, „Shoring Up Is Hard To Do“, Architect 104, Nr. 12 (Dezember 2015), S. 40. 8 Farnsworth House, „Flood Mitigation Project – History of Flooding at Farnsworth House“, https://farnsworthhouse.org/ history-of-flooding/, abgerufen am 16. Dezember 2018. 9 Wilson, „After the Storm: Glazing Replacement Issues at the Farnsworth House“. 10 Ebd. 11 Ebd. 12 Maurice Parrish, E-Mail an den Autor, 24. Mai 2016. 13 Ebd. 14 Maurice Parrish, E-Mail an den Autor, 24. Mai 2016. 15 Ebd. 16 Farnsworth House, „Flood Mitigation Project“, https://farnsworthhouse.org/flood-mitigationproject/, abgerufen am 16. Dezember 2018. Ausführliche Berichte über die erforschten Möglichkeiten des Hochwasserschutzes stehen zum Download bereit unter: Farnsworth House, „Portfolio“, 2018, https://farnsworthhouse.org/ portfolio-items, abgerufen am 28. Dezember. 17 Maurice Parrish, E-Mail an den Autor, 24. Mai 2016.

TWA Flight Center JFK International Airport, Queens, New York, USA Eero Saarinen, 1962

Westfassade und Haupteingang zum TWA Flight Center am Idlewild Airport (heute JFK) in Queens, New York, USA, ca. 1962. © Ezra Stoller/Esto

Das Flight Center der Fluggesellschaft Trans World Airlines (TWA) am New York International Airport in Queens (heute John F. Kennedy Airport) ist das letzte und wohl bekannteste wie auch das architekturgeschichtlich einflussreichste Projekt des renommierten finnisch-amerikanischen Architekten Eero Saarinen (1910–1961). Beim Entwurf des Terminals war es Saarinen ein Anliegen, „die Begeisterung für das Fliegen“ aufzunehmen und den Terminal „nicht als statischen und geschlossenen Raum, sondern vielmehr als einen Ort der Bewegung und des Übergangs“ zu entwickeln.1 Das Gebäude setzt diesen Anspruch mit einem einzigartigen, einladenden Raum um, definiert von vier aufsteigenden, dünnwandigen und freitragenden Betondeckenschalen, die von vier Paaren kunstvoll geschwungener Betonstützen getragen werden. Die westliche und kleinste Deckenschale überdacht den Eingang. Die östliche und breiteste Deckenschale zeigt zum Rollfeld. Die beiden anderen symmetrischen Deckenschalen erstrecken sich über den zweigeschossigen Nord- und Südflügel. Lineare, aluminiumgerahmte Oberlichter zwischen den vier Gewölben sorgen für Tageslicht und lassen Decken und Pfeiler optisch zusammenlaufen. Geschwungene und nach außen geneigte Fensterwände mit angepassten Dichtungen erheben sich nach oben zum äußeren Rand der Deckenschalen. Die Fenster-

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Innenansicht zur abgesenkten Lounge und der angrenzenden Stahlrahmenfassade, ca. 1970.

Innenansicht zum Ticketschalter und der Solari-Tafel an der westlichen Stahlrahmenfassade, ca. 1970.

wände bestehen aus monolithischem, 6 mm starkem Flachglas, das mit Neoprenstreifendichtungen in Aluminiumstrangpressprofilen gesichert ist. Diese sind an vertikalen, gebogenen Stahlträgern, die als Pfosten dienen, und an horizontalen Querstreben aus Stahl verankert. Diese „dramatisch schräg liegenden Bogenfenster vermitteln ein kraftvolles Bild von Schubkraft“.2 Die geneigten Stahlrahmenfassade des TWA Flight Center bilden eine gläserne Hülle, die ein ebenso wichtiger Bestandteil der Gebäudegestaltung und -morphologie ist wie das ausladende, kurvenförmige Profil. Die Transparenz der Fassaden ermöglicht den Blick nach draußen in mehrere Richtungen und verstärkt die Illusion von Schwerelosigkeit und eines unmittelbar bevorstehenden Abhebens, die Saarinens Entwurf des Terminals kennzeichnet. Diese Fassaden sind wahre Tore zu einem metaphorischen Flug und veranlassten den Architekten Robert A. M. Stern dazu, das TWA Flight Center als den „Grand Central des Flugzeugzeitalters“ zu bezeichnen.3 Der ursprüngliche Terminal, der Südflügel und die Verbindungsröhre wurden 1962 eröffnet, der Nordflügel mit seiner Verbindungsröhre und einem unterirdischen Gepäcktunnel dann 1970. Mit dem anhaltenden Wachstum des Flugverkehrs waren verschiedene Erweiterungen

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Die geneigte Stahlrahmenfassade mit bogenförmigen Stahlträgern im Abflugbereich, ca. 1976.

CHRONIK 1956– Entwurfszeitraum 1959 1959– Bauzeit 1962 1962

Eröffnung Hauptterminal, Abflugröhre 2 und Flugtrakt 2

1967

Fertigstellung von Abflugröhre 1 und Flugtrakt 1 durch Saarinens Nachfolgefirma

1970

Hinzufügung des unterirdischen Passagierzugangstunnels zum Flugtrakt 1

1994

Ernennung zum Wahrzeichen von New York City

2005

Aufnahme in das National Register of Historic Places (Nationales Verzeichnis historischer Stätten)

2005

Abriss von nicht originalen Anbauten

2009– Abschluss erste Phase der 2012 Restaurierungsarbeiten 2016– 2019

Bau des neuen Hotels und Umnutzung des ehemaligen Terminals

Ausschnitt der geneigten Stahlrahmenfassade mit aufgebrachten Sonnenschutzfolien in der Abflug­ halle vor der Sanierung, 2009.

Die geneigte Stahlrahmenfassade in der Abflughalle vor der Restaurierung, 2009.

und Umbauten des Terminals erforderlich, um dem ständig wachsenden Passagieraufkommen gerecht zu werden. Probleme durch Überfüllung, unterdimensionierte öffentliche Bereiche, mangelnde räumliche Sicherheit und eine Gebäudestruktur, die sich jeder Anpassung widersetzte, machten das Gebäude mit der Zeit schwieriger nutzbar. Bereits 1990 wurden Vordächer am Eingang und am Gepäcktunnel hinzugefügt. Die ursprüngliche abgesenkte Lounge, die zum Rollfeld blickte, wurde Anfang der 1990er Jahre zugunsten zusätzlicher Ticketschalter entfernt, und es folgten weitere Veränderungen. Die Fassade wurde umgebaut, um neue Gepäcktunnel aufzunehmen. Nach mehreren Jahren, während derer TWA mehrfach insolvent wurde und sich wieder davon erholte, wurde die Fluggesellschaft TWA 2001 schließlich von American Airlines übernommen. Diese hielt den Mietvertrag für das Gebäude für ein weiteres Jahr aufrecht und ließ zusätzliche Umbauten am Terminal vornehmen. Letztendlich wurde der Mietvertrag jedoch nicht erneuert, da man zu der Einschätzung kam, dass der historische Terminal den heutigen Fluganforderungen nicht gerecht wurde. Der letzte Flug vom TWA Flight Center startete im Dezember 2001. Im darauffolgenden Jahr wurde das Gebäude offiziell geschlossen und als Terminal aufgegeben.4 Anschließend wurde das Bauwerk als lokales Wahrzeichen ausgewiesen und dadurch vor einem Abriss geschützt. Die Port Authority of New York and New Jersey (PANYNJ), der Flughafenbetreiber, stabili-

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TWA FLIGHT CENTER  |  RESTAURIERUNG

sierte das Gebäude und modernisierte die technische Gebäudeausrüstung, damit es den mit dem Status als lokales Wahrzeichen einhergehenden Anforderungen für eine zukünftige Nutzung entsprechen würde. Jahrelang arbeitete PANYNJ mit anderen Fluggesellschaften, einschließlich Jetblue, zusammen, um das Gebäude einer neuen Nutzung zuzuführen. Für den Bau eines neuen Terminal 5 für Jetblue östlich des TWA Flight Centers sollte der ursprüngliche Abflugtrakt an der Spitze der Röhre entfernt werden, eine Veränderung, die zwangsläufig anhand des Paragraphen 106 des National Historic Preservation Act geprüft werden musste. Es handelt sich hierbei um eine Abwägung der Auswirkungen staatlich geförderter Projekte auf historische Bauten. Nach Abschluss der Überprüfung gemäß Paragraph 106 sah das New York State Historic Preservation Office (SHPO) in der vorgeschlagenen Änderung „eine nachteilige Auswirkung“ und schrieb eine Reihe von Maßnahmen vor, um den Verlust der ursprünglichen, historischen Bausubstanz auszugleichen. Dazu gehörte auch die Nominierung zur Aufnahme in das Nationale Register für Kulturdenkmäler, obwohl das Gebäude bis zum Erreichen der 50-Jahres-Schwelle, welche für die Aufnahme in das Register erforderlich ist, fast 20 Jahre zu jung war. Es entstand eine gründliche Dokumentation, die auf den Richtlinien des Historic American Building Survey des US-Innenministeriums basierte. Anschließend wurde eine Innenrestaurierung durchgeführt und eine Sonderausstellung über die Geschichte und Entwicklung des Flughafens JFK und des TWA-Terminals in Auftrag gegeben. Letztlich schlossen sich verschiedene Interessengruppen, darunter mehrere lokale, regionale und nationale Denkmalschutzorganisationen, Luftfahrtexperten und sogar das finnische Konsulat, zu einem neuen Aufsichtsorgan zusammen, dem sogenannten Redevelopment Advisory Committee, das bis heute bei der Umsetzung der laufenden Entwicklungspläne mitwirkt.5

Tageslicht scheint durch die undichten originalen Fensterdichtungen vor der Restaurierung, 2009.

Schlecht reparierte Gehrungen der Dichtungsbänder und korrodierende Aluminiumprofile an der Fensterwand vor der Restau­ rierung, 2009.

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Die erste Phase der Instandsetzung des TWA Flight Centers umfasste die Verbesserung der Unfallsicherheit, Abdichtungsmaßnahmen und die Restaurierung der Innenausstattung.6 Eine Untersuchung der gläsernen Hülle im Jahr 2005 ergab, dass die vorhandenen H-förmigen Streifendichtungen an den einfach verglasten Fassaden und den Fensterbändern im Dach das Ende ihrer Lebensdauer erreicht hatten, was die Unversehrtheit und Wetterdichtigkeit der Gebäudehülle gefährdete. Der Zustand der ursprünglichen Konstruktion aus Einfachverglasung mit segmentierten Dichtungsleisten war im Laufe der Jahre immer schlechter geworden, so dass sich die Dichtungen verformt und verschoben hatten und an den meisten Gehrungen in den Eckbereichen offene Fugen aufwiesen. Die dunkelvioletten Mylar-UV-Folien, die in den 1990er Jahren auf den Glasinnenflächen angebracht worden waren, um Blendung und Wärmeentwicklung zu reduzieren, waren nicht nur unschön, sondern sie beeinträchtigten auch die Sicht in die Innenbereiche. Mehrere Glasscheiben waren gebrochen und einige durch Sperrholzfüllungen ersetzt worden.

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Offene Fugen an der Stahlrahmenfassade vor der Sanierung, 2009.

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Typischer Schnitt der bestehenden Stahlrahmenfassade.

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1 Schalendach aus Stahlbeton 2 Sockelaufkantung aus Stahlbeton 3 Gedämmtes Fassadenanschluss­s chwert aus Stahl 4 Winkelprofil aus Stahl zur Befestigung der Glasfassade 5 Bogenförmige Stahlträger der ­G lasfassade 6 Riegel der Stahlglasfassade 7 Strangpressprofil aus Aluminium 8 Streifendichtungen 9 Transparente Einfachverglasung 10 Rollfeld aus Stahlbeton

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Typische Details der Stahlrahmenfassade.

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Außenansicht der originalen Streifendichtungen an der westlichen Stahlrahmenfassade vor der Restaurierung, 2011.

Innenansicht der nördlichen Stahlrahmenfassade vor der Sanierung und vor dem geplanten Hotelanbau, 2011.

DIE INSTANDSETZUNG Das Architekturbüro Beyer Blinder Belle Architects (BBB) leitete die denkmalpflegerischen Vorstudien für die geplanten Restaurierungsarbeiten am TWA Flight Center. Das Projektteam bestimmte den Zeitraum von 1962 bis 1970 als die bedeutendste Periode, die für die Restaurierung des Terminals relevant sein sollte. Die daraus resultierenden Arbeiten, die von BBB geleitet und 2012 teilweise abgeschlossen wurden, umfassten das Entfernen von unschönen Anbauten an den Abflugbereichen und der Ostfassade; das Entfernen von Betonbeschichtungen, die Restaurierung des Betons und das Aufbringen atmungsaktiver Beschichtungen; den Rückbau und die Wiederherstellung von Innenausstattungen; das Entfernen von Glasfolien und die Reinigung der Glasscheiben.7 An der einzigartigen schrägen und geschwungenen Stahlrahmenfassade wurde die Tragfähigkeit der vorhandenen gekrümmten, die Fensterwand tragenden Stahlbinder geprüft. Die Analyse ergab, dass der Austausch der bestehenden Einfachverglasung durch Isolierverglasung eine Verstärkung der Stahlträger erforderlich gemacht hätte, wodurch sich die Innenansicht der Fassade verändert hätte – ein Ansatz, der als nicht angemessen erachtet wurde. Der Leistungsumfang des ersten Bauabschnitts, der sich auf die westliche ­ Fassade am Haupteingang beschränkte (also etwa ein Viertel der gesamten Fassadenkonstruktion), umfasste daher den Ausbau des bestehenden Glases, die Reparatur und Instandsetzung der Stahlbinder und den Einbau von 9,5 mm starken Einscheibensicherheitsgläsern von Viracon mit modernen, einheitlich ge­ fertigten umlaufenden Dichtungen, die zur ursprünglichen Gestaltung, den Sichtlinien und Details passen.8 Die neuen Neoprenprofile für die erneuerten Dichtungen wurden vom Originalhersteller mit Sitz in Wis­ consin hergestellt, der immer noch tätig war. Die vereinheitlichten Dichtungsleisten reduzierten die Anzahl der Fugen und potenziell offenen Stöße an den Gehrungen und sorgen so für ein langlebigeres, zuverläs­

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TWA FLIGHT CENTER  |  RESTAURIERUNG

Innenansicht der restaurierten östlichen und südlichen Stahlrahmenfassaden, 2015.

Innenansicht mit den restaurierten östlichen und westlichen Stahlrahmenfassaden, 2015.

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Hotelerweiterung im Bau (östlich) hinter dem ehemaligen Terminal, 2018.

sigeres und wasserdichteres System. Neben der Reparatur der vorhandenen geschwungenen Stahlskelettbinder und dem Austausch der Einfachverglasung mit den Dichtungsleisten wurden außerdem die aufsteigenden Schalendecken aus Beton repariert und neu beschichtet, um die Wasserdichtigkeit zu gewährleisten. Nicht originale Anbauten im Außenbereich wurden entfernt. Auch die ursprüngliche, markante, abgesenkte Lounge gegenüber dem Haupteingang, die überbaut und eingeebnet worden war, wurde wiederhergestellt.

SCHLUSSFOLGERUNGEN Das TWA Flight Center ist eines der renommiertesten Gebäude des 20. Jahrhunderts. Durch seine Lage am JFK Airport ist das Gebäude jedes Jahr für mehr als 59 Millionen Menschen sichtbar.9 Die Umwidmung des veralteten Terminals für eine neue Nutzung bewahrt nicht nur die Integrität des Gebäudes, sondern sorgt auch dafür, dass es als Vermächtnis

PROJEKTDATEN Berater Beleuchtung Stanley McCandless

TWA Flight Center (1962) JFK International Airport, Queens, New York, USA

Berater Akustik Bolt, Bere

ORIGINALE KONSTRUKTION Architekten Eero Saarinen Kevin Roche and Cesar Pelli (Associates) Ralph Yeakel (Leitender Architekt) Ingenieurbüro Abba Tor, Amman and Whitney Ingenieure Gebäudeausrüstung Jaros, Baum and Bolles

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Bauausführung Grove, Shepherd, Wilson & Kruge, Inc. 2005–2009 INSTANDSETZUNGEN Architekten Kevin Roche und John Dinkeloo 2009–2019 INSTANDSETZUNGEN Auftraggeber Port Authority of New York and New Jersey

TWA Redevelopment Advisory Committee MCR and MORSE Development (Umbau) Architekten Beyer Blinder Belle Architects and Planners Beratender Architekt Umbau Lubrano Ciavarra Architects, PLLC Berater Gebäudehülle Gordon H. Smith Corporation Statiker Arup Ingenieure Gebäudetechnik Jaros, Baum and Bolles

Lichtdesign SBLD Studio Grafik/Beschilderung/ Orientierung Pentagram Brandschutztechnik Arup Restaurator Bausubstanz Integrated Conservation Resources, Inc. (ICR) Kostenschätzung ELLANA, Inc. Landschaftsarchitekten Matthews Nielsen Landscape Architects

TWA FLIGHT CENTER  |  RESTAURIERUNG

der Moderne auch für zukünftige Generationen erlebbar bleibt. Das laufende Umbauprojekt, für das 2016 der erste Spatenstich erfolgte und das 2019 abgeschlossen sein soll, schließt die Restaurierungsarbeiten ab, die den ehemaligen Terminal zum Eingangsbereich für ein neues Hotel mit unterirdischem Konferenzzentrum umnutzen. Dazu werden zwischen dem ursprünglichen Gebäude und dem dahinterliegenden Jetblue-Terminal 5 zwei symmetrische Hotelflügel errichtet. Die Wiederverwendung des Gebäudes durch eine geeignete Nutzung und die Wiederherstellung der Stahlrahmenfassade in ihrer ursprünglichen Konfiguration stellt eine sensible und angemessene Instandsetzung dar. Es wurde der Versuchung widerstanden, die originalen Verglasungen mit energieeffizienterem Isolierglas aufzurüsten, was das Erscheinungsbild des Terminals spürbar verändert hätte. Die Tatsache, dass das neue TWA-Flight-Center-Hotel- und Konferenzzentrum eine LEED-Gold-Zertifizierung nach dem Bewertungssystem des United States Green Building Council (USGBC) anstrebt, zeigt, dass die Beibehaltung der ursprünglichen Einfachverglasung kein Hindernis für das Erreichen anspruchsvoller Nachhaltigkeitsziele darstellt. Die größte Herausforderung bei der Umgestaltung ist der geplante Hotelanbau und dessen Auswirkungen auf den unmittelbaren Kontext des ehemaligen Terminals. Die Einpassung der neuen Flügel in Bezug auf das historische Gebäude erscheint angemessen, aber nach Ansicht vieler gilt dies nicht für die Höhe der Anbauten.10 Die neuen Flügel sind etwas höher als die Spitze des aufsteigenden Betonvogels von Saarinen und wirken zu nah und erdrückend, selbst wenn man sie von der Vorderseite des Gebäudes aus betrachtet, wo sie weniger auffallen. Der Außenraum, den man aus der restaurierten abgesenkten Lounge und durch die restaurierte östliche Fassade wahrnimmt, wird weiterhin von den ursprünglichen Verbindungsröhren flankiert und ist zum Jetblue-Terminal 5 in seiner originalen Gestalt ausgerichtet. Die bedenklichsten und am wenigsten wünschenswerten Veränderungen zeigen sich an den Nord- und Südfassaden der oberen Lounges. Nach der Restaurierung werden diese geschwungenen und geneigten Terminalfassaden dem Hotelanbau und seiner unspektakulären, modernen Vorhangfassade zugewandt sein. Die Hotelanbauten verstellen den bisherigen Ausblick zum Himmel und verändern die visuellen Beziehungen der oberen Lounges zum gesamten Flughafenkontext. Diese Veränderung definiert das ursprüngliche wie das aktuelle Raumerlebnis aus den oberen Innenräumen neu. Sie führt auch zu einer unbeabsichtigten Neuausrichtung der Blickbeziehungen. Die ursprüngliche Gestaltungsabsicht, die „Begeisterung für das Fliegen“ vermitteln wollte und den Terminal „nicht als statischen und geschlossenen Raum, sondern vielmehr als einen Ort der Bewegung und des Übergangs“ definierte, wird künftig beim Blick durch die restaurierten Stahlrahmenfassaden beeinträchtigt sein. Leider kann ein derartiger Wandel, dem hier die Umgebung eines Gebäudes unterworfen ist, und die damit verbundene Verschiebung der architektonischen Eindrücke nicht durch Bestandssicherung am Objekt und Detailarbeit allein überwunden werden.

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ANMERKUNGEN 1 „Saarinen’s TWA Flight Center”, Architectural Record 132, Nr. 1 (Juli 1962), S. 129. 2 Herbert Mushamp, „Stay of Execution for a Dazzling Airline Terminal”, New York Times, 6. November 1994, H31. 3 Ebd. 4 Richard W. Southwick. „Labor, Literature and Landmark Lecture Series: Life, Death and Rebirth of the TWA Flight Center”, YouTube video, 1:19:02, https://www.youtube.com/ watch?v=84xg1dSGMwE, hochgeladen am 25. Mai 2016, abgerufen am 21. Dezember 2019. 5 Ebd. 6 Ebd. 7 Ebd. 8 Informationen über das Ersatzglas wurden von Richard W. Southwick, FAIA, LEED AP, von BBB am 20. September 2016 persönlich zur Verfügung gestellt. 9 Bureau of Transportation Statistics, United States Department of Transportation, „Top 25 U.S. Freight Gateways, Ranked by Value of Shipments: 2008, 2009”, https://www.bts.gov/ archive/publications/americas_freight_transportation_gateways/2009/introduction_and_ overview/figure_02, abgerufen am 30. August 2015; Airports Council International, „Passenger Traffic 2016 Final (Annual)”, https:// aci.aero/data-centre/annual-traffic-data/ passengers/2016-final-summary/, ­abgerufen am 20. Dezember 2018. 10 David W. Dunlap, „Hotel Project Would Revive Embodiment of Jet Age at Kennedy Airport”, New York Times, 6. Dezember 2016, https:// www.nytimes.com/2016/12/06/nyregion/ hotel-project-­jet-age-kennedy-airport.html, abgerufen am 21. Dezember 2019.

Zeche Zollverein Essen, Deutschland Fritz Schupp und Martin Kremmer, 1932/1961

Luftbild der Zeche Zollverein in Essen, Deutschland, um 1934.

Der erste Schacht für ein Kohlebergwerk im nordrhein-westfälischen Katernberg bei Essen wurde im Jahr 1847 eröffnet und erhielt den Namen Zeche Zollverein, benannt nach dem 1834 gegründeten Deutschen Zollverein. Bis 1914 entstanden in diesem Gebiet vier eigenständige Bergwerke mit insgesamt elf Schächten. Um nach dem Ersten Weltkrieg das wirtschaftliche Überleben zu gewährleisten, wurden die Betriebsanlagen zusammengelegt und ihre Effizienz und Leistungsfähigkeit mittels hoch automatisierter Arbeitsabläufe optimiert.1 Der Schacht XII des Zollvereins wurde 1927 von den deutschen Architekten Fritz Schupp (1896–1974) und Martin Kremmer (1894–1945) zu diesem Zweck entworfen und 1932 fertiggestellt. Zusammen mit den entsprechenden Übertagebauten war die Anlage darauf ausgerichtet, die Abläufe der Kohleförderung und -aufbereitung zu verbessern. Die Entwürfe von Schupp und Kremmer für die Industriegebäude waren zweifellos vom Bauhaus inspiriert – das 1926 in das Gropius-Gebäude in Dessau umgezogen war – und verkörpern den Wandel der Schule hin zu Kubismus und Funktionalismus. Das Doppelbock-Fördergerüst der Zeche Zollverein ist zu einer Ikone der Industriekultur der Region geworden.2 Die Architekten schufen einen symmetrischen und geometrischen Komplex, der entlang zweier Achsen angeordnet ist, wodurch eine einzigartige Industrieanlage entstand, die oft als die „schönste Zeche der Welt“ bezeichnet wird.3 Fritz Schupp

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Blick auf den Förderturm am Schacht XII, 1986.

CHRONIK

verwendete die gleiche Architektursprache für die 1961 fertiggestellte Kokerei. Die Zeche Zollverein war nach 1932 bis zu ihrer Schließung im Jahr 1986 die größte und leistungsfähigste Kohleaufbereitungsanlage der Welt. Die Kokerei wurde noch bis 1993 betrieben. Im Jahr 2001 wurde der Komplex in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen. Er wird dort benannt als „ein Denkmal der Industriegeschichte als Spiegel einer Zeit, in der zum ersten Mal die Globalisierung und die weltweite Verflechtung von Wirtschaftsfaktoren eine entscheidende Rolle spielten“.4 In der Begründung der Ernennung zum Welterbe heißt es auch, dass die Gebäude der Zeche Zollverein „herausragende Beispiele für die Anwendung der Gestaltungskonzepte der Moderne“ sind.5 Der Architektur des Industriekomplexes, die vom Bauhaus beeinflusst war und jahrzehntelang als Vorbild für den modernen Industriebau galt, wurde ein außergewöhnlicher Stellenwert beigemessen.6 Heute ist die Zeche Zollverein eine der zentralen Stationen auf der Europäischen Route der Industriekultur. Der gesamte Industriekomplex ist ein idealer Ort, um mehr über die Bergbaugeschichte und die Entwicklung der Industriearchitektur in einer der wichtigsten Industrieregionen Europas zu erfahren.7

1847

Errichtung des ersten Kohlebergbauschachts

1914

Zeche Zollverein wächst auf vier unabhängige Gruben mit zehn Schächten

1927– 1932

Optimierung des Betriebs; Errichtung von Schacht XII

1961

Fertigstellung der Kokerei

1986

Schließung der Zeche Zollverein und Erwerb des Geländes durch das Land Nordrhein-Westfalen

1987

Nutzung einzelner Gebäude für kulturelle Veranstaltungen

1989

Böll und Krabel Architekten übernehmen die Projektleitung (Hallen 2, 5, 6–10, 12, 15, 21).

1992

Umwandlung der Hallen 5 und 6 zu Veranstaltungsräumen

1993

Schließung der Kokerei; Umbau von Halle 2 und Halle 10 zu Werkstattund Büroflächen; Gründung der Route Industriekultur ZOLLVEREIN®

1994

Umbau von Halle 12 zu Studios und Probebühne

1996

Umbau von Halle 9 zum Restaurant Casino Zollverein und von Halle 15 zur Heizanlage

1997

Umwandlung von Halle 7 (Kesselhaus) zum Red Dot Design Museum durch Foster and Partners

1998

Gründung der Stiftung Zollverein zur Weiterentwicklung des Standortes; Umbau von Halle 21 zum Folkwang-Medieninstitut Interartes

2001

Aufnahme in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes

2002

Masterplan von OMA/Rem Koolhaas

2006

Fertigstellung des Zollverein-Kubus von Sanaa und Umwandlung der Kohlewaschanlage durch OMA/ Architekt Böll in das Ruhr Museum und ein Besucherzentrum

2015

Umbau von Halle 4 (Fördermaschinenhalle) in ein Restaurant durch Heinrich Böll, Architekt

2017

Fertigstellung des Fachbereiches Gestaltung der Folkwang Universität der Künste durch MGF Architekten

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Die Architektur der Zeche Zollverein ist durch große rote Ziegelwandflächen gekennzeichnet, die das orthogonale, rot gestrichene Pfosten-Riegel-System des freiliegenden Stahltragwerks ausfüllen. Zwischen den massiven Mauerwerksbereichen befinden sich hohe Reihen aus Stahlskelettfensterbändern mit 6 mm dicker Einscheibenver­glasung aus Gussglas. Einige Fenster haben Festverglasung, andere lassen sich öffnen. Die Scheiben lassen das Tageslicht in Form eines angenehmen Streulichts in den Innenraum. Beim größten Teil des Komplexes wurde ein Skelettsystem verwendet, das aus gebäudehohen, freiliegenden oder betonummantelten Stahlrahmen für die Boden- und Deckenplatten besteht. Die dünne, äußere einschalige Ziegelwandkonstruktion und die thermisch nicht entkoppelten, einfach verglasten Stahlrahmenfenster haben eine schlechte Wärmedämmleistung, was die Anpassung der Fassaden an andere Funktionen erschwert. Glücklicherweise wurden die Gebäude in den Jahren 1986 bis 1993 gut erhalten, so dass es vor Beginn der Instandsetzung keine nennenswerten Schäden gab. Günstig war ebenfalls, dass einige Gebäude des Komplexes ab 1987 für wechselnde kulturelle Veranstaltungen genutzt und somit in gutem ­Zustand gehalten wurden.

DIE INSTANDSETZUNG Die meisten Gebäude des Komplexes wurden modernisiert (hauptsächlich durch die Architekten Heinrich Böll und Hans Krabel) und erfahren seit 1989 eine ständige Nutzung für kulturelle und historische Zwecke.8 Jedes Gebäude wurde anders behandelt, so dass sich der Komplex auch zu einem Vorzeigeprojekt für Fassadensanierung entwi-

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Halle 12 Halle 8 Halle 10

Halle 7

Forum

Halle 2

Halle 5

Halle 6

Halle 9

Axonometrische Gebäuderübersicht von Schacht XII.

Hintere Gebäudeansicht (Ostansicht) am Schacht XII, 2013.

ckelte. Die Instandsetzungsmaßnahmen umfassten: die einfache Restaurierung der Stahlprofile mit den vorhandenen Einfachverglasungen oder mit neuen Drahtglasscheiben (Hallen 2 und 5); das zusätzliche Einbringen neuer, dünner Isolierverglasungen, teilweise mit Drahtglasscheiben (Halle 7); den Einbau von thermisch entkoppelten Rahmen mit Isolierverglasung aus Drahtglas (Halle 9) oder den Einbau einer isolierenden Sekundärverglasung aus einfach verglasten Stahlrahmenfenstern, die parallel zu den bestehenden Außenwänden eingezogen wurden und somit einen großen, dämmenden Luftzwischenraum schaffen (Hallen 6 und 10). Seit 1992 wird die ehemalige Zentralwerkstatt (Halle 5) als Ausstellungsfläche genutzt, die nur eine moderate Beheizung bis maximal 14 °C benötigt. Dieser Umstand bewahrte den sachlichen Industriecharakter im Inneren des Gebäudes und ermöglichte die Restaurierung der Stahlrahmenfenster mit ihrer ursprünglichen Einfachverglasung. An den nicht verglasten Stellen wurde auf der Innenseite der Außenwände zur Verbesserung der Wärmedämmung eine zusätzliche Schicht Hohlziegelmauerwerk mit einem Kalkzementverputz hinzugefügt. 1992 erhielt die Halle große Aufmerksamkeit, als in ihr Arbeiten von Ulrich Rückriem im Rahmen der Kunstausstellung Documenta 9 gezeigt wurden. Zwischen 1996 und 1997 wurden das Kesselhaus (Halle 7) und die ehemalige Kompressorenhalle (Halle 9) in das Red Dot Design Museum und das Restaurant Casino Zollverein umgewandelt. Beide Umbauten stellten erhöhte Anforderungen an den Komfort. Die äußere Fassade von Halle 7 (Museum) wurde restauriert und mehrere spätere Erweiterungen entfernt, um die ursprüngliche Gestalt

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Stahlrahmenfenster des ehemaligen Kesselhauses (Halle 7), heute Red Dot Design Museum, 2007.

ZECHE ZOLLVEREIN  |  SANIERUNG

Bei geringeren Anforderungen an den Wärmeschutz (z. B. in den Hallen 2 und 5) wurden die ursprünglichen Stahlprofile und die vorhandenen Einfachverglasungen restauriert oder mit neuen einfachen Draht­ glasscheiben nachgerüstet, 2005.

Zerbrochene Drahtglasscheibe, 2014.

wieder sichtbar zu machen. Im Inneren „wurde die starke industrielle Ausstrahlung des Gebäudes erhalten“.9 Die ursprüngliche Einfachverglasung wurde durch neues Isolierglas innerhalb der bestehenden Stahlrahmen ersetzt (von innen montiert, um den kostspieligen Einsatz von Gerüsten zu vermeiden). Aus wirtschaftlichen Gründen wird der Innenraum nur mäßig auf maximal 16 °C erwärmt. Insgesamt haben die Instandhaltungsmaßnahmen das ruhige und homogene industrielle Erscheinungsbild sowohl innen als auch außen bewahren können. Für das Restaurant in Halle 9 gab es höhere Anforderungen hinsichtlich des Raumklimas und der Wärmedämmung. Um dem gerecht zu werden, wurde ein thermisch entkoppeltes, kalt geformtes Stahlrahmenfenstersystem, geeignet für ein 25 mm starkes Isolierglas, entwickelt, das die Sichtlinien der bestehenden Fenster einhält. Die neuen Fenster wurden in eine neue, innenliegende Leichtbauwand eingebaut, die parallel zur bestehenden Außenwand eingezogen wurde. Sie sind entsprechend den originalen einfach verglasten Stahlrahmenelementen ausgerichtet und ergeben so eine Sekundärverglasung, die ein hohes Maß an Wärmedämmung gewährleistet und gleichzeitig das industrielle Erscheinungsbild im Inneren und Äußeren erhält. Ein Teil der ursprünglichen Einfachverglasung aus Drahtglas in Halle 9 wurde durch transparentes Isolierglas ersetzt, um die optische Verbindung nach außen zu erhöhen. Die gleiche Maßnahme erfolgte in der ehemaligen Elektrowerkstatt (Halle 6), als diese in eine Ausstellungshalle inklusive Shop umgebaut wurde. Damit die zusätzliche Leichtbauwand mit der Sekundärverglasung eingezogen werden konnte, musste die innere Schicht aus

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Wo eine höhere thermische Leistung erforderlich war (z. B. in den Hallen 7 und 9), wurden die ursprünglichen Stahlrahmen restauriert und mit neuer, schlanker Isolierverglasung ausgerüstet, 2005.

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1 Stahlrahmentragwerk 2 Stahlbetondachdecke 3 Bodenplatte aus Stahlbeton 4 Außenliegende Pfosten-Riegel-­ Konstruktion aus Stahl 5 Einschalige Ausfachung aus Mauerwerk 6 Stahlrahmenfenster (festverglast, nach außen öffnende Kipp-, Klapp- und Flügelfenster) 7 Einfachverglasung aus Drahtglas 8 Neue Isolierverglasung mit Drahtglasscheiben, die den originalen Verglasungen ähneln 9 Neue Glashalteleiste aus Stahl 10 Thermisch nicht entkoppelte Aluminiumrahmen der neuen Sekundär­verglasung 11 Transparente Isolierverglasung in der neuen Sekundär­verglasung 12 Neue, isolierte Innenwand 13 Neue, thermisch entkoppelte, kaltgeformte Stahlrahmenfenster

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Typischer Schnitt der originalen Stahlrahmenfenster.

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Typisches Detail des restaurierten Stahlrahmenfensters und der neuen Sekundärverglasung.

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Typisches Detail des sanierten Stahlrahmenfensters mit Isolierverglasung.

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ZECHE ZOLLVEREIN  |  SANIERUNG

1 Stahlrahmentragwerk 2 Stahlbetondachdecke 3 Bodenplatte aus Stahlbeton 4 Außenliegende Pfosten-Riegel-­ Konstruktion aus Stahl 5 Einschalige Ausfachung aus Mauerwerk 6 Stahlrahmenfenster (festverglast, nach außen öffnende Kipp-, Klapp- und Flügelfenster) 7 Einfachverglasung aus Drahtglas 8 Neue Isolierverglasung mit Drahtglasscheiben, die den originalen Verglasungen ähneln 9 Neue Glashalteleiste aus Stahl 10 Thermisch nicht entkoppelte Aluminiumrahmen der neuen Sekundär­verglasung 11 Transparente Isolierverglasung in der neuen Sekundär ­verglasung 12 Neue, isolierte Innenwand 13 Neue, thermisch entkoppelte, kaltgeformte Stahlrahmenfenster

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Typisches Detail des thermisch entkoppelten kaltgeformten Stahlrahmenfensters mit Isolierverglasung.

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Beispiel für die restaurierten ursprünglichen Stahlrahmen mit neuer, schlanker Isolierverglasung, die in den Hallen 7 und 9 eingebracht wurden, 2005.

Blick von außen auf die restaurierten, einfach verglasten Kippflügel aus Stahl und die dahinter eingesetzte Sekundärverglasung, um den höheren Anforderungen an den Wärmeschutz bei kontinuierlich genutzten Innenräumen, wie z. B. den Hallen 6 und 10, gerecht zu werden, 2005.

Bimsbetonsteinen entfernt und mussten zusätzliche Schienen zur Verankerung und Sicherung der historischen Fassade angebracht werden. Insgesamt behielt das Stahltragwerk seine statische Funktion, und eine Sanierung war zum großen Teil nicht erforderlich. Eine Ausnahme bildeten die Bereiche der Fensterbänder, Tore und Türöffnungen der bestehenden Pfosten-Riegel-Struktur, bei denen eine Sanierung entweder „mittels einer vollständigen Rostschutzbeschichtung“ oder durch den Austausch einzelner Elemente erfolgte. Bei allen anderen Stahlprofilen der Fassade wurde nur an den freiliegenden Oberflächen sandgestrahlt und beschichtet.10 Für das ehemalige Lager (Halle 10) wurde ein anderer Ansatz mit ebenfalls zusätzlichen, innenliegenden Wänden gewählt. Dort wurde ein Haus-im-Haus-Konzept entwickelt, um neben Umkleideräumen und Sanitäranlagen auch dauerhaft genutzte Räume wie Werkstätten, Geschäfte, Schulungsräume und Büros unterzubringen. Durch den Bau einer neuen, wärmegedämmten Struktur innerhalb der bestehenden Halle konnte die historische Fassade unverändert erhalten bleiben. Die Räume zwischen den beiden Baukörpern dienen als Wärmepuffer und werden saisonal für Lehr- und Verwaltungszwecke genutzt. Der Zechenkomplex und die Kokerei befinden sich seit 2009 bzw. 2010 im Besitz der Stiftung Zollverein. Neben den umgebauten histori-

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Detailansicht der restaurierten ursprünglichen Stahlrahmen mit neuer, schlanker Isolierverglasung, die in den Hallen 7 und 9, eingebracht wurden, 2005.

ZECHE ZOLLVEREIN  |  SANIERUNG

Vordere Gebäudeansicht (Westansicht) am Schacht XII, 2013.

schen Gebäuden des Komplexes wurden neue Gebäude hinzugefügt, die weitere kulturelle Nutzungen ermöglichen. Der vom japanischen Architekturbüro Sanaa entworfene Zollverein-Kubus wurde 2006 als erster Neubau seit 50 Jahren auf dem Gelände der Zeche errichtet. Seine dünnen, rechteckigen Fassaden, die kubische Form und die großzügige Raumhöhe erinnern an die ikonischen Entwürfe von Schupp und Kremmer. Bis 2017 wurde der Zollverein-Kubus von verschiedenen Designschulen genutzt. Heute ist er Teil des Folkwang Campus Welterbe Zollverein und dient als Ausgangspunkt für eine zukünftige „Designstadt“ zum Aufbau eines größeren Universitätscampus für Gestaltungsfächer. Im Jahr 2017 entwarf das Büro MGF Architekten einen neuen Campus im Quartier Nord als Sitz des Fachbereichs Gestaltung der Folkwang Universität der Künste. Die orthogonalen Fassaden des Neubaus aus bündigen, grau verzinkten Stahlblechen interpretieren den industriellen Charakter der Zeche Zollverein qualitativ, ohne ihn zu imitieren.

SCHLUSSFOLGERUNGEN Die Vielfalt der Ansätze bei der Sanierung der Stahlrahmenfenster auf der Zeche Zollverein ist im Bereich der Erhaltung der Architektur der Moderne einzigartig. Die Ansätze stehen in direktem Zusammenhang mit der Vielfalt der Nutzungen und neuen Funktionen, die im Laufe der

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Blick in den Raum zwischen dem restaurierten, einfach verglasten Stahlrahmenfenster (links) und der angrenzenden Sekundärverglasung (rechts), wie sie in den Hallen 6 und 10 ausgeführt wurde, 2005.

Der 2006 entworfene Zollverein-Kubus war der erste Neubau auf dem Gelände der Zeche Zollverein seit 50 Jahren, 2009.

Restauriertes Stahlrahmenkippfenster, 2008.

Zeit auf dem Komplex hinzugekommen sind, wobei jedes Programm zu einem einzigartigen, maßgefertigten Ansatz geführt hat. Da der Industriekomplex vor der ersten Instandsetzung noch in Betrieb und noch nicht verändert worden war, waren die ursprünglichen Stahlrahmenfenster weitgehend intakt geblieben. Aus diesem Grund sind die Fensterfassaden der Zeche Zollverein im Wesentlichen eine authentische „Bestandsdokumentation“ des ursprünglichen Entwurfs, welcher sich durch eine großflächige, einheitliche Detaillierung und Materialverwendung auszeichnet. Die Herausforderung bei der Sanierung und Erhaltung des Komplexes bestand nicht in der Identifizierung der ursprünglichen Bauteile und Materialien, sondern in dem Entscheidungsprozess im Zusammenhang mit der Anpassung der „einfachen“ industriellen Gebäudehüllen an die neuen Nutzungen und Funktionen, bei denen jeweils unterschiedliche Anforderungen und Normen berücksichtigt werden mussten. Entscheidende Vorgabe während des gesamten Prozesses war, dass das erkennbare äußere Erscheinungsbild des Komplexes mit sei-

PROJEKTDATEN Zeche Zollverein (1932/1961) Essen, Deutschland

1989–2019 INSTANDSETZUNGEN Eigentümer Bauhütte Zeche Zollverein Schacht XII GmbH/Stiftung Zollverein

ORIGINALE KONSTRUKTION Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer

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Koordinatoren/ Verantwortliche Architekten Böll und Krabel Architekten/ Heinrich Böll Architekt, Essen Weitere Architekten Foster and Partners, London OMA/Rem Koolhaas, Rotterdam

SANAA, Kazuyo Sejima + Ryue Nishizawa, Tokio MGF Architekten GmbH, Stuttgart

ZECHE ZOLLVEREIN  |  SANIERUNG

Restaurierte Stahlrahmenwendeflügel mit originalem Öffnungsmechanismus, 2005.

ner einzigartigen und eleganten industriellen Materialität erhalten blieb. Um dies zu erreichen, wurde für jedes Gebäude eine eigene Instandsetzung gewählt, insbesondere in Bezug auf die spezifischen Anforderungen an den Wärmeschutz, wo bei den verglasten Bereichen ganz unterschiedliche Instandsetzungsmaßnahmen zum Tragen kamen. Auch die Innenräume waren nach Maßgabe des für den Komplex entwickelten Erhaltungsplans so weit wie möglich im Originalzustand zu belassen, oftmals inklusive der noch vorhandenen Ausstattung, was es ermöglichte, die authentische industrielle Atmosphäre zu erhalten und zu betonen. In den meisten Gebäuden wurden nur begrenzt architektonische Eingriffe zur Anpassung an neue Funktionen durchgeführt. So wurden Elemente wie Treppenhäuser und Aufzüge (wie z. B. die große äußere Rolltreppe zum Ruhr Museum in der Kohlenwäsche) hinzugefügt und manchmal neue Ebenen geschaffen, um einen Zugang zu den ehemaligen Betriebsbereichen und zu spezifischen Funktionsbereichen, wie neue Küchen und Büros, zu ermöglichen. Die vielfältigen Lösungen, die im gesamten Komplex umgesetzt wurden, reichen von subtilen Restaurierungen, die kaum wahrnehmbar sind, bis hin zu neuen, gut erkennbaren Umbauten (wie die neuen Innenwände und Sekundärverglasungen, die aufgrund ihrer silbernen Aluminiumoberflächen von außen sichtbar sind). Diese punktuellen Veränderungen am historischen Erscheinungsbild lenken jedoch nicht davon ab, den Komplex als einheitliches architektonisches Gesamtensemble zu erleben. Dank der auf lange Sicht angelegten und verdienstvollen Bemühungen von Heinrich Böll und Hans Krabel als verantwortliche und leitende Architekten wurden ausgewählte und sorgfältig durchdachte Veränderungen und Umbauten vorgenommen. Mit hohem fachlichen und technischen Aufwand wurden viele geeignete Ansätze erarbeitet und umgesetzt. Mehrere Umbauten wurden mit Architekturpreisen ausgezeichnet.

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ANMERKUNGEN 1 Zollverein, „Was bisher geschah“, https://www. zollverein.de/ueber-zollverein/geschichte/, abgerufen am 30. Dezember 2018. 2 Frieder Bluhm, „Symbol für Zuversicht und Wandel. UNESCO-Welterbe Zollverein in Essen“, Industriekultur 3.13 (März 2013), S. 31. 3 UNESCO-Welterbestätten Deutschland, „The ‚most beautiful coal mine in the world‘: the Zollverein UNESCO World Heritage Site Tourist development, products and highlights“, https://worldheritagegermany.com/the-mostbeautiful-coal-mine-in-the-world-the-zollverein-unesco-world-heritage-site-tourist-development-products-and-highlights/, (Webseite auf Deutsch: https://welterbedeutschland.de/ industriekomplex-­zeche-zollverein-in-essen/), zuletzt geändert am 21. Januar 2018, abgerufen am 3. Februar 2019. 4 UNESCO, „World Heritage List – Zollverein Coal Mine Industrial Complex in Essen“, http://whc.unesco.org/en/list/975, abgerufen am 4. November 2018. 5 Ebd. 6 UNESCO, „UNESCO-Welterbe Industriekomplex Zeche Zollverein in Essen: Industriedenkmal im Stil des Bauhauses“, https://www. unesco.de/kultur-und-natur/welterbe/ welterbe-deutschland/industriekomplexzeche-zollverein-essen, abgerufen am 31. Dezember 2018. 7 Weitere Informationen finden Sie unter: www.zollverein.de (Webseite des Zollvereins) und www.erih.de (Webseite der Europäischen Route der Industriekultur). 8 Heinrich Böll und Hans Krabel, Arbeiten an Zollverein. Projekte auf der Zeche Zollverein Schacht XII seit 1989 (Essen: Klartext-Verlag, 2010), S. 147. 9 Foster und Partners, „Red Dot Design Museum“, https://www.fosterandpartners. com/projects/red-dot-design-museum/, abgerufen am 7. Dezember 2018. 10 Heinrich Böll und Hans Krabel, „Zeche Zollverein Schacht XII in Essen – Umbau und Erweiterung eines Industrie-Denkmals aus den Jahren 1928–1932“, Detail 6 (1997), S. 873.

Van-Nelle-Fabrik Rotterdam, Niederlande Brinkman & Van der Vlugt, 1931

Die Nordostfassade der Van-Nelle-Fabrik in Rotterdam, Niederlande, vor dem Einbau der Überführungen mit den Förderbändern, ca. 1931.

Die 1931 fertiggestellte Van-Nelle-Fabrik in Rotterdam wurde für den Import von Tabak, Tee, Kaffee und Stoffen erbaut und bot Raum für eine Rösterei, Lager- und Nebeneinrichtungen, die alle durch diagonale überdachte Brücken miteinander verbunden waren. Dies ermöglichte eine dynamische und nahtlose Verbindung zwischen der Belieferung, der Produktion und dem Vertrieb. Der Komplex wurde vom niederländischen Architekten Leendert van der Vlugt (1894–1936) aus dem ortsansässigen Architekturbüro Brinkman & Van der Vlugt entworfen. Der niederländische Architekt und Bauingenieur Jan Gerko Wiebenga (1886–1974), ein Pionier der Stahlbetonkonstruktion in den Niederlanden, war ein wichtiger Mitwirkender bei der Konzeption dieser großen Lager- und Produktionsstätte am Ufer des Delfshavense-Schie-Kanals. Der einfache und effiziente Entwurf des Komplexes basiert auf dem großflächigen Einsatz eines lichtdurchlässigen Stahlvorhangfassade aus flachen, 10 cm tiefen, thermisch nicht entkoppelten Stahlpfosten, die horizontal im Abstand von 1 m angeordnet sind und sich über 3,70 m vom Fußboden zur Decke erstrecken. Das typische Vorhangfassadenmodul zwischen den Pfosten besteht aus drei gleich hohen Platten. Die unterste Platte ist ein wärmegedämmtes Metallpaneel. Die obere Einheit ist eine 6 mm starke Festverglasung. Die mittleren Einheiten wechseln zwischen Festverglasungen, die mit den oberen Ein-

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Vorhangfassade mit fehlenden und ausgetauschten Paneelen und anderen Änderungen, 1980er Jahre.

Restaurierte Stahlrahmenfassade mit Einfachverglasung, 2016.

heiten identisch sind, und Drehfenstern mit vertikaler Achse aus 35 mm starken Standard-Stahlfenstern von Crittall.1 Die Vorhangfassade ist am Rand der balkenlosen, flachen Stahlbetonplatten aufgehängt, die von achteckigen Pilzkopfstützen getragen werden. Die Verkleidungen bestehen aus zwei Stahlblechen mit einer 30 mm starken Platte aus Torfoleum (einem Material aus imprägniertem Torf, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Isolierung verwendet wurde). Die Außenseite dieser Paneele und der Fensterrahmen wurden mit einer stark zinkhaltigen Beschichtung besprüht. Die Glasscheiben wurden aus gezogenem Glas hergestellt, einem Herstellungsverfahren, das dem heutigen Floatglas vorausgeht und heutzutage nur noch selten eingesetzt wird. Die Fenster konnten mit Hilfe einer Außengondel, die an einer Oberschiene aufgehängt war, gereinigt werden.2 Die Kombination aus hohen Decken, verglasten Fassaden, tageslichtdurchfluteten Innenräumen und einer weit gespannten Betonkonstruktion führte zu flexiblen und funktionalen Großräumen, die frühe amerikanische und europäische Konzepte effizienter Fabrikplanung der Moderne aufgriffen. Le Corbusier lobte die Van-Nelle-Fabrik anlässlich eines Besuches kurz nach ihrer Eröffnung als „die schönste Vision der Neuzeit“ und erklärte weiter: „Wenn die gegenwärtige Welt ähnlich organisiert wäre, wäre die Harmonie die Krönung unserer Arbeit.“3 Im Jahr 2014 wurde der Komplex von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Das offizielle Dokument zur Ernennung zum Welterbe kommt zu der Einschätzung, dass die Van-Nelle-Fabrik „die neue Art von Fabrik verkörpert, die zu einem Symbol der modernen und funktionalen Kultur der Zwischenkriegszeit wurde. Sie ist Zeugnis einer langen Handels- und Industriegeschichte der Niederlande auf dem Gebiet des Imports und der Verarbeitung von Lebensmitteln aus tropischen Ländern und ihrer industriellen Verarbeitung zur Vermarktung in Europa.“4

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CHRONIK 1931 Fertigstellung 1985

Eingetragen als niederländisches Nationaldenkmal (Rijksmonument)

1995

Einstellung der Produktion

1998

Erwerb des Komplexes durch nationale und kommunale Behörden für die Erhaltung architektonischer Denkmäler zwecks Umwandlung zur Van-Nelle-Design-Fabrik

1999

Erstellung eines Masterplans durch Wessel de Jonge Architects

2004

Sanierung beendet

2014

Aufnahme in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes

1 Stahlbetonstütze 2 Stahlbetondecke 3 Pfosten der Stahlvorhangfassade 4 Wärmegedämmtes Brüstungspaneel aus Metall 5 Mittelpfosten der Stahlvorhangfassade 6 Riegel der Stahlvorhangfassade 7 Fenster Stahlvorhangfassade 8 Transparente Einfachverglasung 9 Neue Verkehrsfläche (Korridor) 10 Thermisch entkoppelter Aluminiumrahmen der neuen Sekundärverglasung 11 Verbundsicherheitsglas 12 Einfachverglasung

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Typischer Schnitt der bestehenden hinteren Stahlvorhangfassade (Südosten) und der neuen Sekundärverglasung nach der Sanierung.

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Typischer Schnitt der bestehenden vorderen Stahlvorhangfassade (Nordosten) und der neuen Sekundärverglasung nach der Sanierung.

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Innenansicht der restaurierten, originalen Stahlfassade mit Einfachverglasung, 2016.

Innenansicht der originalen Stahlfassade mit Einfachverglasung im ehemaligen Kaffeefabrikgebäude, 2016.

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Als 1995 die gesamte Produktion in der Van-Nelle-Fabrik eingestellt wurde, war das Gebäude über 60 Jahre lang kontinuierlich in Betrieb gewesen. Der Komplex war um mehrere Gebäude erweitert worden und wies überall starke Anzeichen von Abnutzung auf. An bestimmten Stellen der Vorhangfassade fehlten die ursprünglichen Metallpaneele, die durch andere Materialien ersetzt worden waren. Glasscheiben sowohl an festen als auch an öffenbaren Einheiten waren bei Bedarf ausgetauscht oder abgeändert worden, um die Installation von Abluftöffnungen zu ermöglichen. Die Metallpaneele und Stahlrahmen zeigten Korrosionsspuren. Nachdem alle Maschinen aus den Innenräumen entfernt und die Gebäude leer waren, war die Vitalität und Dynamik, die den Komplex auszeichnete, verflogen, und der Komplex stand kurze Zeit leer.

DIE INSTANDSETZUNG Der vom Team entwickelte Ansatz zur Renovierung und Wiederverwendung des Van-Nelle-Komplexes folgte dem Gedanken, dass die „materielle Authentizität“ charaktergebender Merkmale wie der Pilzkopfstützen und der Stahlfassadenplatten gegenüber der „Authentizität des Entwurfs“ zweitrangig sei.5 Anders ausgedrückt, wurde der Umfang, in dem die ursprünglichen Gestaltungskonzepte noch wahrgenommen werden konnten, als relevanter erachtet als eine möglichst große Originaltreue bei der Ersetzung von Materialien und Konstruktionen. Für die Stahlvorhangfassade bedeutete dies, dass man ihre äußerliche Vollständigkeit ebenso wie ihre Transparenz, die einen beidseitigen Blick aus und in die Innenräume des Gebäudes ermöglichte, wiederherstel-

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VAN-NELLE-FABRIK  |  SANIERUNG

Sekundärverglasung (rechts) entlang der neuen Verkehrsfläche neben der restaurierten, originalen Stahlfassade mit Einfachverglasung (links), 2016.

len wollte. Um dies zu erreichen, wurden defekte Glasscheiben durch neu gezogene Tafelglasscheiben aus der Tschechischen Republik ersetzt, die den Eigenschaften des ursprünglichen Glases entsprachen. Die vertikal schwenkbaren Fenster wurden wieder funktionstüchtig gemacht und erhielten eine Metallbeschichtung. Fehlende Eingänge, die es ursprünglich im Erdgeschoss gab, wurden wiederhergestellt.6 Neben der Wiederherstellung der ursprünglichen Stahlvorhangfassade wurden auch die dazugehörigen gebäudetechnischen Systeme erneuert. Da die Außenwandkonstruktion anfangs für den Einsatz in der Fertigung und Lagerung konzipiert war und heutige Leistungsanforderungen an Büroräume nicht erfüllte, waren zusätzliche Veränderungen an der Gebäudetechnik erforderlich, um eine flexible neue Nutzung des Komplexes zu ermöglichen. So wurde ein zusätzliches, neues Strahlungsheizsystems eingebaut, um den Bedenken bezüglich der geringen Leistungsfähigkeit der ursprünglichen Außenwandkonstruktion Rechnung zu tragen. An der Nordostfassade wurde zudem eine sekundäre thermisch entkoppelte Aluminiumrahmen-Wandkonstruktion (hergestellt von Oskomera) parallel zu den restaurierten Vorhangfassaden installiert. Der daraus resultierende 2,5 m breite Zwischenraum zwischen den beiden Konstruktionen wird als Verkehrsfläche genutzt. Diese Zone dient auch als Puffer, der die neuen Innenräume sowohl vor dem Au-

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Blick durch die Sekundärverglasung auf die neue Verkehrsfläche entlang der restaurierten, originalen Stahlfassade mit Einfachverglasung, 2016.

Blick durch die restaurierte Stahlfassade mit Einfachverglasung auf die neue Sekundär­verglasung, 2016.

PROJEKTDATEN Van-Nelle-Fabrik (1931) Rotterdam, Niederlande ORIGINALE KONSTRUKTION Architekten Leendert van der Vlugt (Brinkman & Van der Vlugt) Jan Gerko Wiebeng (Bauingenieur) 1999–2004 INSTANDSETZUNG Eigentümer CV Van Nelle Ontwerpfabriek

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Bauherrenbegleitung Maatschap Van Nelle Ontwerpfabriek

Statiker ABT building technology advisers

Koordinierende Architekten Wessel de Jonge Architecten BNA BV

Architekten Fabrik Claessens Redmann Architects & Designers BV

Gutachten Denkmalpflege Suzanne Fischer und Wessel de Jonge Architecten BNA BC

Architekten Versandgebäude Wessel de Jonge Architecten BNA BV

Architektonische Farbrecherche Polman Kleur & Architectuur

Architekten Bürogebäude Molenaar & Van Winden Architecten

Landschaftsarchitekten DS Landschapsarchitecten Berater Bauphysik Climatic Design Consult Berater Ingenieurbüro Statik Ingenieursbureau Bartels Generalunternehmer IBB Kondor BV Gebäudesicherheit PreNed Beveiligingstechniek

VAN-NELLE-FABRIK  |  SANIERUNG

ßenklima als auch vor dem Lärm der benachbarten Bahngleise und Autobahnen schützt. An der Südwestfassade ist der Zwischenraum zwischen der ursprünglichen restaurierten Vorhangfassade und der neuen Sekundärverglasung mit 80 cm gerade breit genug, um als aktive Doppelfassade als Zweite-Haut-Fassade genutzt zu werden. Hier wird die Innentemperatur das ganze Jahr über durch eine Kombination aus Gebäudetechnik, Verschattungselementen (Jalousien) und Blendschutz sowie einer natürlichen Lüftung durch die beweglichen Fenster gesteuert.7

SCHLUSSFOLGERUNGEN Die Transformation der Industrieanlage in eine Design-Fabrik in Ve­r­ bindung mit der Restaurierung der Vorhangfassaden und der neuen Sekundärverglasung stellt eine gelungene Intervention dar, die die ­Authentizität des ursprünglichen Entwurfs mit den Anforderungen der neuen Nutzungen in Einklang bringt. Die neue Sekundärverglasung in den ehemaligen Fabrikräumen ist so konzipiert, dass sie sich deutlich von der angrenzenden originalen Vorhangfassade abhebt. Die Höhe der neuen Innenpaneele, die Breite und Konfiguration der transparenten Verglasungen zum Zwischenraum mit reflexionsarmen Glasscheiben sowie die geringe Höhe der inneren Trennwände mit Ganzglas-Obergaden sind so konzipiert, dass sie das ursprüngliche tageslichtorientierte Gestaltungskonzept unterstützen. Dieses wird durch die Anordnung der Beleuchtung, die Armaturenauswahl und die Farbtemperatur des Kunstlichts weiter gefördert. Durch die industriell anmutende Gestaltung der Schiebetüren und die zahlreichen transparenten Verglasungen wird zudem der Blick auf die Pilzkapitelle und auf die ursprüngliche Gebäudehülle freigeben. Die Ausführung des Zuluftsystems für die Räume innerhalb der neuen Sekundärverglasung sieht schallgedämmte Frischlufteinlässe vor, die sich im unteren Bereich der neuen Glaswände befinden. Die Vorrichtung zieht die Außenluft (im Sommer aus dem schattigen Nordosten und im Winter aus dem sonnigen Südwesten) aus den Zwischenräumen in die Innenräume, indem es die Tatsache nutzt, dass die ursprüngliche Vorhangfassade nicht abgedichtet und luftdurchlässig ist. Dieser einfache, umweltfreundliche Ansatz nutzt eine ungünstige Eigenschaft der ursprünglichen Vorhangfassade und entwickelt daraus ein „integriertes Design“.8 Das in der Van-Nelle-Fabrik umgesetzte sensible „Haus-imHaus-Prinzip“ erhöht die Authentizität des ursprünglichen Gebäudeentwurfs, ohne die Materialintegrität der Stahlvorhangfassade und der Stahlbetonkonstruktion zu beeinträchtigen. Sie ermöglicht dem Gebäudekomplex den Übertritt in eine postindustrielle Lebensphase mit neuen Nutzungen, indem es den Gebäudeteilen neue raumklimatische Eigenschaften und ein dynamisches Erschließungssystem entlang der ursprünglichen Fassaden verleiht. Letzteres erlaubt den Nutzern, die industrielle Vergangenheit des Ortes neu zu erleben.

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ANMERKUNGEN 1 David Yeomans, „The Pre-history of the Curtain Wall”, Construction History 14 (1998), S. 60, http://www.jstor.org/stable/41601861, abgerufen am 27. Januar 2019. 2 „The Van Nelle Factory, Rotterdam: J. A. Brinkman and L. C. Van der Vlug, Architects“, Architectural Record 69 (Mai 1931), S. 417. 3 Le Corbusier, „Voyage D’hiver ... Hollande“, Plans 12 (Februar 1932), S. 40. 4 UNESCO, „World Heritage List – Van Nelle­ fabriek – Description“, http://whc.unesco.org/ en/list/1441/, abgerufen am 4. Juni 2016. 5 Wessel de Jonge, „Continuity and Change in the Architecture of Van Nelle“, in Van Nelle: Monument van de vooruitgang, ed. J. Molenaar, S. 260 (Rotterdam: De Hef, 2005), http://www.wesseldejonge.nl/media/ downloads/van_Nellefabriek_ENG_compr.pdf, abgerufen am 27. Januar 2019. 6 Ebd., S. 263, 283. 7 Ebd., S. 263. 8 Ebd., S. 266.

Haus Hardenberg Berlin, Deutschland Paul Schwebes, 1956

Haus Hardenberg in Charlottenburg, Berlin, Deutschland, 1957.

Das Haus Hardenberg, eines der bedeutendsten kommerziellen Gebäude der Nachkriegsmoderne in West-Berlin, wurde vom Architekten Paul Schwebes entworfen.1 Seit seiner Erbauung in den Jahren 1955 bis 1956 war hier der Hauptsitz der Firma Kiepert, einer unabhängigen Traditionsbuchhandlung mit Antiquariat in Berlin. Schwebes übernahm in seinem Entwurf die Hauptmerkmale der Vorkriegsmoderne, wie etwa exponierte Tragelemente, die Fenster- und Fassadengestaltung sowie die Verwendung von Farben und Materialien, und entwickelte diese weiter. Er schien durch Bauten von Erich Mendelsohn inspiriert worden zu sein, wie sich in der dynamischen Bewegung der drei Vorderfassaden des Gebäudes mit ihrer charakteristischen Horizontalität zeigt.2 Das siebengeschossige Gebäude folgt mit seiner Stahlbetonkonstruktion dem Verlauf der angrenzenden Straßen mittels eines eleganten, geschwungenen Grundrisses und einer durchgehenden Fassadenfläche an der exponierten Straßenecke, hinzu kommen drei weitere Fassaden zum Innenhof. Die vorderen (Straßen-)Fassaden entsprechen einer klassischen Entwurfskomposition mit drei vertikalen Zonen. Die straßenseitigen Ladenfronten im Erdgeschoss bestehen aus messingeloxierten Aluminiumrahmen. Sie sind leicht zurückgesetzt und durchgehend überdacht.3 Die fünf darüberliegenden Büroetagen sind durch stahlgerahmte Fensterbänder gekennzeichnet. Ein elegantes, schlankes Flugdach unterstreicht den Penthouse-Charakter des Dachgeschosses. Die Geschossdeckenkanten, die die Fensterwände in den

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Vorderfassaden nach den Sanierungsarbeiten, 2013.

Büroetagen deutlich voneinander trennen, sind mit weißem Detopakglas verkleidet, einem opaken Glas, dessen Beschichtung auf der Glashinterseite Richtung Gebäude liegt. Das gleiche opake Glas in Schwarz ist auch für die Brüstungspaneele verwendet worden. Die Fensterwände bestehen aus thermisch nicht entkoppelten Stahlrahmen und Fenstereinheiten, die jeweils mit einer großen, stehenden Verglasung in der Mitte versehen sind, die von zwei schlanken Öffnungsflügeln flankiert wird. Die öffenbaren Stahlrahmenflügel sind außen schwarz und innen weiß lackiert. Die Pfosten, die die Fenster und Brüstungen tragen, bestehen aus schmalen, messingfarbenen Stahlprofilen. Alle Fenster haben schlanke Stahlrahmen, die 49 mm breit und 75 mm tief sind, und verfügen über zusätzliche innenliegende Rahmenelemente, die in der gleichen weißen Farbe gestrichen sind wie die inneren Hauptflügel. Dieser Fensteraufbau als Verbundfenster mit doppelten Flügelrahmen bildet einen Luftraum, der die Wärmedämmung verbessert, aber bei Bedarf eine Wartung und Reinigung des Zwischenraums ermöglicht. Die schlanken Fensterprofile, das weiß-­schwarze Detopakglas an den Geschossdeckenkanten und den Brüstungspaneelen sowie die messingfarbenen Pfosten verleihen den Fassaden entlang der Straße ein unverwechselbares und elegantes Aussehen. Außenliegende, weiße Jalousien wurden in die Fassadengestaltung einbezogen, um einen sommerlichen Sonnenschutz zu bieten. Während die Hauptfassaden zur Straße überwiegend aus großen verglasten Fensterwänden bestehen, befinden sich auf der rückwärtigen (Hof-)Seite Lochfassaden aus weiß verputztem Mauerwerk mit schmalen Stahlrahmenfenstern, ähnlich denen an den Vorderfronten. Die halbkreisförmigen Verglasungen der Treppenhäuser mit Stahlrahmenfenstern aus transluzentem Glas ragen aus den hinteren Fassadenebenen heraus und vermitteln ein distinktives Gefühl von Dynamik und Rhythmus.

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CHRONIK 1955 Baubeginn 1956

Fertigstellung und Eröffnung des Gebäudes als Hauptsitz der Buchhandlung Kiepert

1973– 1974

Gestaltung des Innenraums durch Günther Wehde

2001

Entfernung der Leuchtreklame von den Schaufenstern

2002

Insolvenz der Buchhandlung Kiepert; Erwerb des Gebäudes durch Hühne Immobilien

2003

Wiedereröffnung des Gebäudes; Übernahme dreier Stockwerke durch die Buchhandlung Lehmann

2003– 2004

Betreuung der ersten und einzigen Renovierung durch Winkens Architekten; das Gebäude wird unter Denkmalschutz gestellt.

2004

Auszeichnung des Sanierungs­ projekts mit dem Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege

2018– 2019

Temporäre Unterbringung des Bauhaus-Archivs und des Bauhaus-Shops im Haus Hardenberg während der Renovierungsarbeiten am Gebäude des Bauhaus-Archivs in Berlin

Restauriertes rückseitiges Treppenhaus mit neuer Aluminiumrahmenverglasung, 2019.

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Bis zur Insolvenz im Jahr 2002 blieb Kiepert Hauptinhaber des Gebäudes, danach wurde das Gebäude verkauft. In den 50 Jahren der Nutzung war kaum etwas für die Instandhaltung und Reparatur des Gebäudes getan worden. Es gab defekte Glasscheiben und an den Stahlprofilen waren erhebliche Schäden durch Korrosion entstanden. Auch die Verglasung der Treppenhäuser an den Rückfassaden war durch unsachgemäß durchgeführte Reparaturen stark beschädigt.4 Der Fensterflächenanteil (allgemein über 50 %) stellte die größte Schwäche der vorderen Glasfassaden aus den 1950er Jahren dar, da sie im Sommer, insbesondere nach Beschädigung der Jalousien, zu hohen internen Wärmelasten führten. Andererseits sorgen die großflächigen Glasfassaden an den Straßenfronten im Vergleich zu anderen Gebäuden aus den 1950er Jahren mit einer ähnlich typischen Raumtiefe für eine gute natürliche Beleuchtung und mit zwei Flügelfenstern pro Fensterfeld auch für eine gute natürliche Belüftung. Andere Probleme wie Leckagen durch Korrosion der Stahlrahmen und mangelnde Wartung der Doppelflügelfenster (die schließlich ihre Dämmleistung beeinträchtigten) konnten nicht gelöst werden, ohne die gesamte Gebäudestruktur und -gestaltung zu ändern.

Die von Korrosion gezeichneten Stahlglasfassaden und beschädigte Betonoberflächen an einem der rückwärtigen Treppenhäuser, 2003.

DIE INSTANDSETZUNG Als die Firma Hühne Immobilien das Gebäude als neuer Eigentümer übernahm, stellte man fest, dass aktuelle Energieeinsparauflagen und die nötigen U-Werte der Fenster mit den vorhandenen Fassadenelementen nicht erreicht werden konnten. Man beschloss daher, die notwendigen Fenstererneuerungen an der Rückfassade vorzunehmen und das ur-

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Restauriertes rückseitiges Treppenhaus mit neuer Aluminiumrahmenverglasung, 2019.

HAUS HARDENBERG  |  SANIERUNG

Restaurierte Stahlrahmenfensterelemente mit messingfarbenen Pfosten, Brüstungspaneelen aus schwarzem Glas und bandartigen Verkleidungen der Geschossdecken aus weißem Glas an einer der Straßenfassaden, 2005.

sprüngliche Aussehen der Vorderfassaden so weit wie möglich zu erhalten. Ziel der Sanierung war es somit, den Geist der 1950er-Jahre-Architektur des Gebäudes zu bewahren und charakteristische Elemente und die Materialität des Bauwerks so weit wie möglich zu erhalten. Das Hauptaugenmerk der Sanierung lag auf der Wiederherstellung der Vorderfassaden. Entsprechend wurde die ursprüngliche Konstruktion sorgfältig repariert. Die originalen Stahlfensterrahmen wurden demontiert und noch vorhandene Anstriche und Rost entfernt. Dann wurden dieselben Rahmen neu gestrichen und wiederverwendet. Die ursprünglichen Dichtungen wurden erneuert. Bei Bedarf (meist aufgrund von Beschädigungen) wurden die Glasscheiben durch neue Einscheibengläser mit der gleichen Stärke von 6 mm ersetzt. Das 6 mm starke Glas auf der Innenseite der Doppelflügel wurde durch ein 6 mm starkes Pilkington K Glass™ ersetzt, das eine Low-E-Beschichtung auf der innenliegenden Glasoberfläche (Position 3) enthält. Dabei wurde der Gesamt-U-Wert des Bauteils und die Wärmedämmung verbessert, da im Winter sowohl Wärme in den Raum zurückreflektiert als auch die Nutzung der Sonnenenergie im Raum ermöglicht wird.5 Für beide Flügel wurden neue Glashalteleisten vorgesehen, wobei am Außenflügel eine verdeckte Dichtleiste angebracht wurde. Die korrodierten messingfarbenen Stützen wurden identisch ersetzt und Fensterangeln sowie andere Beschläge nachgerüstet. Die ursprünglichen weißen Sonnenjalousien wurden durch neue messingfarbene Varianten ersetzt.6 Bei den Fassaden der Hofseite wurden im Zuge der Sanierung neue Fenster eingesetzt. Die ursprüngliche Verglasung der Treppenhäuser wurde ebenfalls durch neue, thermisch entkoppelte und isolierte Aluminium- und Glasfassaden ersetzt. Die beiden seitlichen Treppenhäuser, die früher nur Seiteneingänge waren, wurden am umfassend­ sten umgebaut, um einen direkten Zugang zur Straße zu ermöglichen. Außerdem wurden sie mit einer repräsentativen, dem Haupteingang

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Innenansicht der restaurierten Stahlrahmenfensterelemente mit Verbundfenstern an einer der Straßen­fassaden, 2007.

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Typischer Schnitt der Stahlrahmenfensterelemente an den vorderen (Straßen-)Fassaden.

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1 Stahlbetondecke 2 Pfosten der Stahlrahmenfassadenelemente mit messingfarbener Oberfläche 3 Nach innen öffenbarer Stahlrahmendrehflügel in originaler Sekundärverglasung (Verbundfenster) 4 Stahlrahmenfestverglasung 5 Schwarz beschichtetes Brüstungsglas als Ausfachung 6 Weiß beschichtete Deckenrandverkleidung aus Metall 7 Weiß beschichtete Glas als Deckenrand­verkleidung 8 Außenliegende Jalousien 9 Transparente Einfachverglasung 10 Neue Einfachverglasung mit Low-E-Beschichtung als innere Sekundärverglasung 11 Neue Glashalteleisten aus Stahl 12 Neue Dichtungen

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Typische Details der Fensterelemente vor (links) und nach (rechts) der Sanierung.

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Blick auf die restaurierte Stahlrahmenfensterelemente hin zur auskragenden Traufe an der Ecke der Straßen­fassaden, 2005.

ebenbürtigen Gestaltung ausgestattet. Zu den Sanierungsarbeiten gehörte auch eine neue Gestaltung der Beleuchtung unter Einbeziehung des Flugdaches sowie ein Werbeband über den Schaufenstern im Erdgeschoss. Um den Komfort- und Sicherheitsanforderungen gerecht zu werden, wurde auch die Haustechnik teilweise modernisiert, wobei die Geschäfte und Büros mit Heizung und Lüftung sowie mit Klimaanlagen ausgestattet wurden.7

SCHLUSSFOLGERUNGEN Ein wichtiger Aspekt bei dieser Renovierung war, dass die Vorder- und Rückfassaden getrennt behandelt wurden. Dieser Ansatz steht im Einklang mit dem ursprünglichen Entwurf, der die Straßenfronten als wesentliche Gestaltungselemente betonte und die Rolle der hinteren Hoffassaden auf ihre einfache Funktionalität reduzierte. Durch die Opti-

PROJEKTDATEN 1993–2006 INSTANDSETZUNGEN

Haus Hardenberg (1956) Berlin, Deutschland

Eigentümer Hühne Immobilien

ORIGINALE ­KONSTRUKTION Architekt Paul Schwebes

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Architekten Winkens Architekten, Berlin (LP 2-5) Ausschreibung, Bauleitung Ingenieurbüro Welke + Schönepauck, Berlin (LP 2-5)

Fassadenarbeiten Fensterfabrik Montag, Biberach-Mettenberg

HAUS HARDENBERG  |  SANIERUNG

Detailansicht auf den messingfarbenen, eloxierten Aluminium­ rahmen im Erdgeschoss, die neuen Ausfachungen und die weißen Geschossdeckenverkleidungen im oberen Bereich an einer der Straßenfassaden, 2008.

mierung der U-Werte und die Vermeidung von Wärmeverlusten an den Rückfassaden gelang es dem Bauherrn, die allgemeine Energieeffizienz des Gebäudes zu verbessern und gleichzeitig die Authentizität, Materialität und das ursprüngliche Erscheinungsbild der Hauptfassaden zu erhalten. Durch diesen Kompromiss (der Austausch der ursprünglichen Bausubstanz durch neue Isolierfenster und Wandelemente an den Rückfassaden) konnte vermutlich ein besserer Denkmalschutz für die Hauptfassaden erreicht werden. Durch minimale Veränderungen an der ursprünglichen Gestalt der Doppelfensterkonstruktion konnte die Energieeffizienz der Hauptfassaden ebenfalls verbessert werden. Dabei wurden die stahlgerahmten Fensterelemente geschickt an die heutigen Wärmeschutzanforderungen angepasst. Für die Demontage, die Reparatur und den Wiedereinbau der bestehenden Bauteile mussten die beauftragten Handwerker speziell geschult werden, da die jeweiligen Elemente oft individuell an spezifische Toleranzen oder an angrenzende Bauteile angepasst werden mussten. Eine weitere Änderung mag zufällig entstanden sein, indem die ursprünglichen weißen Jalousien durch neue messingfarbene ersetzt wurden. Dies war wahrscheinlich eine ästhetische Entscheidung, aber sie half vermutlich auch, die Menge der Sonneneinstrahlung zu reduzieren, die in den Innenraum eindringt und zu Blendung und Überhitzung führt. Das Engagement des Sanierungsteams in Zusammenarbeit mit dem Bauherrn und den Denkmalschutzbehörden hat zu einer sehr erfolgreichen Sanierung des Hauses Hardenberg geführt. Dem Team wurden mehrere Auszeichnungen zuteil, darunter der Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege.8

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ANMERKUNGEN 1 BerlinOnline Hauptstadtportal, „Über den Bezirk – Geschäftshäuser“, https://www.berlin. de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/ueber-den-­ bezirk/gebaeude-und-anlagen/geschaeftshaeuser/artikel.158744.php, abgerufen am 9. Dezember 2012. 2 Mathias Remmele, „In die Jahre gekommen: Haus Hardenberg“, Deutsche Bauzeitung 144, Nr. 11 (2010), S. 53, https://www.db-bauzeitung. de/db-themen/db-archiv/haus-hardenberg/, abgerufen am 29. Dezember 2018. 3 Uta Pottgiesser, „Energieeffiziente Sanierung moderner Glasfassaden des 20. Jahrhunderts“, Innovative Fassadentechnik 10/09 (Berlin: Ernst & Sohn Sonderheft, Oktober 2009), S. 26. 4 Remmele, „In die Jahre gekommen“, S. 55. 5 Pilkington, „Pilkington K Glass“, https://www. pilkington.com/de-de/de/produkte/produktkategorien/waermedaemmung/pilkington-k-glass-n, abgerufen am 29. Dezember 2018. 6 Pottgiesser, „Energieeffiziente Sanierung“, S. 27; Dirk Dorsemagen, „Büro- und Geschäftshausfassaden der 50er Jahre: Konservatorische Probleme am Beispiel West-Berlin“ (Doktorarbeit, Technische Universität Berlin, 2004), S. 314–316, http://dx.doi.org/10.14279/ depositonce-945, abgerufen am 29. Dezember 2018. 7 Remmele, „In die Jahre gekommen“, S. 55. 8 BerlinOnline Hauptstadtportal, „Bundespreis Handwerk – Preisverleihung 2004“, https:// www.berlin.de/landesdenkmalamt/veranstaltungen/denkmalpreis/bundespreis-handwerk/ artikel.652230.php, abgerufen am 29. Dezember 2018.

De-La-Warr-Pavillon Bexhill-on-Sea, Großbritannien Erich Mendelsohn und Serge Chermayeff, 1935

Hintere (südliche) Fassade des De-La-Warr-Pavillons während des Baus, Bexhill-on-Sea, Großbritannien, um 1935.

Der De-La-Warr-Pavillon in Bexhill-on-Sea ist eines der ersten öffentlichen Gebäude in Großbritannien, das im International Style entworfen wurde. Die Prinzipien dieses Stils wurden 1932 anlässlich der Ausstellung Modern Architecture: International Exhibition im Museum of Modern Art in New York City aufgestellt. Das Gebäude wurde von Erich Mendelsohn und Serge Chermayeff entworfen und war das erste Gebäude in Großbritannien, dessen Tragwerk aus verschweißten Stahlelementen und nicht aus Stahlbeton bestand.1 Der Bau verdankt seine Existenz dem 9. Earl De La Warr, der in der Küstenstadt Bexhill-on-Sea (deren Bürgermeister er damals war) ein Zentrum für Kunst und Unterhaltung errichten wollte. Auf seine Initiative hin wurde 1933 ein internationaler Wettbewerb ausgelobt, der vom Royal Institute of British Architects (RIBA) organisiert wurde. Die Aufgabenstellung gab keinen bestimmten Stil vor, sondern forderte einen einfachen Entwurf, der über große Fenster, Terrassen und Vordächer verfügen sollte (um dem Gebäude eine Leichtigkeit zu vermitteln). Wettbewerbsgewinner wurden Mendelsohn und Cherma­ yeff mit einem Entwurf, der ein Hotel, einen Swimmingpool, ein Pier und einen zweistöckigen Pavillon mit Vortragssaal umfasste. Auch wenn nur die beiden letztgenannten Abschnitte tatsächlich gebaut wurden, führte die Verwendung von Stahl und Beton in diesem Entwurf eine Archi-

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Stahltragwerk und Stahlrahmenfassade des südlichen Treppenhauses während des Baus, 1935.

Detailaufnahme der bestehenden Stahlrahmenfassade an der Südtreppe von außen, 2018.

tektursprache der Moderne ein, deren Ziel es war, den Anwohnern vor Ort den Zugang zu kulturellen Veranstaltungen und Freizeitaktivitäten zu erleichtern.2 Laut der Zeitung The Times war es „bei weitem das Zivilisierteste, was seit den Tagen der Regency an der Südküste entstanden war“.3 Die zwei Gebäudeflügel des Pavillons sind linear ost-westlich ausgerichtet und durch einen markanten Erschließungskern verbunden, der durch seine zwei gegenüberliegenden verglasten Treppenhäuser maßgeblich betont wird. Die Südfassade mit Blick zum Ärmelkanal verfügt über eines der eindrucksvollsten architektonischen Merkmale des Entwurfs – eine dreigeschossige Wendeltreppe mit polierten, verchromten Handläufen, die von einer gewölbten Stahlskelettfassade mit einer Einscheibenverglasung aus gebogenem Glas umschlossen wird. Die Fassade der Südtreppe besteht aus sich über mehrere Geschosse erstreckenden vertikalen Pfosten und gebogenen horizontalen Riegeln, beide aus Flachstahl und thermisch nicht entkoppelt. Die Riegel haben die gleiche Gestalt und Sichtlinienführung wie die Pfosten. Die großen, gebogenen Einscheibengläser sind von außen verglast. Die innenliegenden, vertikalen und horizontalen Flachstähle wurden beidseitig mit zusätzlichen Stahlplatten versehen. Damit wurde versucht, sie zu versteifen, obwohl Untersuchungen darauf hindeuten, dass diese Verstärkungen ursprünglich nicht vorhanden waren. Die Treppe an der Nordfassade ist bescheidener dimensioniert. Sie ist freitragend über dem Haupteingang des Gebäudes und wird von einer zweigeschossigen, gebogenen Stahlskelettfassade aus Einscheibenglas umschlossen. Das nördliche Treppenhaus besteht aus thermisch nicht entkoppelten gewöhnlichen T-förmigen Stahlpfosten und Riegeln sowie einer 6 mm starken Festverglasung, die mit Kitt in die Stahlrahmen eingelassen

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Detailaufnahme der bestehenden Stahlrahmenfassade an der Südtreppe von innen, 2018.

CHRONIK 1933

Entwurfswettbewerb organisiert durch RIBA

1934

Mendelsohns und Chermayeffs Entwurf wird Laureat

1935

Fertigstellung des Pavillon-Gebäudes

1960– Austausch der Stahlrahmen- durch 1970er Holzrahmenfenster 1971

Vom Minister für Wohnungswesen und Kommunalverwaltung als denkmalgeschütztes Gebäude ausgewiesen

1986

Kennzeichnung als Gebäude der Klasse I gemäß English Heritage (heute Historic England)

1989

Gründung des De La Warr Pavilion Charitable Trust zur Sicherung des Gebäudes

1992

Beauftragung des Büros John McAslan & Partners zur Entwicklung einer Strategie für die langfristige zukünftige Nutzung des Pavillons

1993– 2006

Phasenweise Sanierung (Fassadenreparatur, Renovierung des Eingangsbereichs, neue Galerie Erdgeschoss und Café im Obergeschoss)

Blick von innen auf die bestehende, einfach verglaste Stahlrahmenfassade des nördlichen Treppenhauses, 2018.

Blick von innen auf die bestehende, einfach verglaste Stahlrahmenfassade des südlichen Treppenhauses, 2018.

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DE-LA-WARR-PAVILLON  |  SANIERUNG

Bestehende West- und Südfassaden, 2018.

wurde. Im Inneren der Fassade der Südtreppe befinden sich die originalen, an den vertikalen Pfosten befestigten linearen Dampfrohr-Heizkörper. Sie sind oben miteinander verbunden und bilden zusammen drei Heizkreise, die sich elegant in das Design der Fassade einfügen. Eine ähnliche Konstruktion mit horizontalen Rohrheizkörpern findet man im nördlichen Treppenhaus. An der vorderen (Nord-)Fassade hat der Ostflügel (wo sich früher das Café, die Bibliothek und die Bar im Erdgeschoss befanden) auf beiden Etagen stahlgerahmte Fensterbänder. Die ursprünglichen Stahlrahmenfenstersysteme bestanden aus herkömmlichen W20-Stahlprofilen mit Schiebeelementen, die von der Crittall Manufacturing Company Limited hergestellt wurden.4 Für die Witterungsbeständigkeit dieser Bauteile wurden mit Phosphorbronze beschichtete Dichtungsprofile verwendet. Der Westflügel hingegen verfügt im Erdgeschoss über drei Paar nach außen schlagende Doppeltüren pro Feld, die von einem freitragenden Vordach überragt werden. Darüber steht der Schriftzug mit dem Namen des Pavillons. Die Verglasungen der restlichen Fensteröffnungen im Gebäude wurden mit Stahlprofilen ausgestattet. An der Südfassade wurde das 6 mm starke Flachglas auf die horizontalen und vertikalen Rahmenprofile aufgebracht.5 An der Südfassade ist der zweigeschossige Ostflügel in zehn Fensterfelder unterteilt, die fast alle mit Schiebetüren versehen sind. Diese öffneten den Innenraum im Erdgeschoss zu einer Terrasse und im Obergeschoss zu einem Balkon, jeweils mit Blick auf das Meer. Im Obergeschoss folgen der auskragende Balkon und das Vordach den gebogenen Glasscheiben der Südtreppe und dienen als Sonnenschutz. Der dreigeschossige Westflügel (in dem sich der Vortragssaal befindet) verfügt im Erdgeschoss über sechs Fensterfelder, von denen zwei mit Flügelfenstern ausgestattet sind, während die anderen vier über jeweils drei Paar nach außen öffnende Türen verfügen.

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Blick von innen in die Stahlrahmenfassade des südlichen Treppenhauses, 2018.

Blick von innen hin zur Stahlrahmenfassade des südlichen Treppenhauses und der großen Pendelleuchte, 2018.

Während der Planungsphase ließen sich Mendelsohn und Chermayeff von der Building Research Station beraten, einer Abteilung des Ministeriums für öffentliches Bauwesen. Dort erhielten sie Informa­tionen „über neuartige Anstriche oder Korrosionsschutzverfahren vor der Lackierung der Stahlfenster, wie z. B. das Aufsprühen einer Zinkschicht“.6 Sie zogen auch die Nutzung von Messing oder Aluminium als korrosionsbeständige Alternative zu lackiertem Stahl für die Fenster und Türen in Erwägung. Aus Gründen der Kosteneinsparung wurde keine dieser Varianten umgesetzt.7 Die Tatsache, dass sie in Betracht gezogen wurden, deutet jedoch darauf hin, dass Mendelsohn und Chermayeff daran gelegen war, die Korrosion einzugrenzen, welche vor Ort aufgrund der Auswirkungen der Meeresluft verstärkt auftritt. Der Pavillonbau wurde innerhalb eines Jahres abgeschlossen und im Dezember 1935 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Gefühl von Offenheit, die Verwendung von hochwertigen Materialien sowie das elegante Konzept fließender Räume wurden von den Besuchern allseits gelobt.8

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Der Pavillon wurde hauptsächlich von ungelernten Arbeitskräften errichtet, was als einer der Hauptgründe für das Ausmaß des Verfalls gilt, der im Laufe der Jahre am Gebäude auftrat.9 Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Gebäude für zivile und militärische Verwaltungszwecke genutzt und erlitt 1940 Schäden bei Bombardierungen (hauptsächlich am Vortragssaal).10 Nach dem Krieg wurden verschiedene,

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DE-LA-WARR-PAVILLON  |  SANIERUNG

Detailansicht der Stahlrahmenfassade im Inneren des südlichen Treppenhauses, 2018.

schlecht ausgeführte Umbauten und Ergänzungen vorgenommen, die den ursprünglichen Baukörper und seine Gestalt beeinträchtigten.11 Die heute noch vorhandenen beidseitigen Bewehrungsplatten aus Stahl an der südlichen Treppenhausfassade dürften in diesem Zeitraum angebracht worden sein. Jahrzehntelanges Einwirken des hochfeuchten Klimas, Wasserschäden und das Fehlen von Dehnungsfugen führten zu Schäden am Außenputz und zur Korrosion der geschweißten Stahlkonstruktion. Viele Originalelemente gingen durch den Verfall verloren, darunter die meisten der ursprünglichen Stahlrahmenfenster.12 Die anschließend eingesetzten Ersatzfenster waren unzureichend und unpassend, was auch für viele andere Ausstattungselemente galt, die in den 1930er Jahren eingebaut wurden. Später wurden die korrodierten Stahlrahmen der Schiebefenster an der Südfassade durch Holzrahmen ersetzt, eine Maßnahme, die das Verhältnis zwischen Innen- und Außenraum beeinträchtigte. Die Verglasung des Treppenhauses entsprach dem ursprünglichen Entwurf, jedoch wurden bis 2005 routinemäßig bei Instandhaltungsmaßnahmen gebrochene Glasscheiben und beschädigte Rahmenabschnitte ausgetauscht.13 Trotz des anhaltenden Verfalls erhielt der De-La-Warr-Pavillon 1971 vom Minister für Wohnungswesen und Kommunalverwaltung den Status eines denkmalgeschützten Gebäudes. Dieser Benennung folgte 1986 die Kennzeichnung als Gebäude der Klasse I.14 Im Jahre 1989 gründeten die Anwohner einen Ausschuss für die zukünftige Instandhaltung des Pavillons. Dieser lokale Ausschuss, der später als De La Warr Pavilion Charitable Trust bekannt wurde, hat wesentlich zu Erhaltung des Gebäudes beigetragen.

DIE INSTANDSETZUNG Die Restaurierungsmaßnahmen umfassten ein mehrstufiges Planungsund Bauprojekt unter der Leitung von John McAslan and Partners.15 Bei diesen Arbeiten wurden die verschiedenen Umbauten beseitigt, die im

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Korrodierte Profile des Stahlrahmens im südlichen Treppenhaus, 2018.

Fortschreitende Korrosion im unteren Bereich der Pfosten des bestehenden, einfach verglasten Stahlrahmenfensters im südlichen Treppenhaus, 2018.

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Typischer Schnitt der Stahlrahmenfassade mit gebogenem Glas am südlichen Treppenaufgang.

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1 Betonummantelte Stahlstützen mit glasierter Terrakottafliesenoberfläche 2 Stahlbetondecke Galerie 3 Unterseite der Stahlbetondachdecke 4 Vorgefertigter Betonplattenbelag 5 Stahlgeländer mit Aluminiumhandläufen 6 Wendeltreppe aus Stahlbeton 7 Terrazzo-Bodenbelag 8 Pfosten der Stahlglassfassade 9 Riegel der Stahlglassfassade 10 Gebogenes, transparentes Einscheiben­ sicherheitsglas 11 Stahlrahmenglasfassade 12 Dampfrohrheizsystem 13 Stahlarmierung

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Typische Details der Stahlrahmenfassade vor (links) und nach (rechts) der Sanierung.

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Laufe der Jahre die ursprüngliche Gestaltungsabsicht beeinträchtigt und die Bedeutung des Gebäudes als Ausdruck der Moderne zunichte gemacht hatten. Nicht originale Oberflächenbehandlungen wurden im gesamten Innenraum entfernt und durch weiß gestrichene Wände ersetzt, die dem ursprünglichen Putz ähneln. Das Raumprogramm wurde geändert, indem die aktuelle Galerie im Erdgeschoss des Ostflügels (anstelle des ursprünglichen Cafés und der Bar) und ein Café im zweiten Stock (anstelle der ehemaligen ursprünglichen Bibliothek und des Lesesaals) untergebracht wurden. Der Vortragssaal wurde renoviert und barrierefrei gestaltet, indem eine neue Rampe durch die mittlere Türöffnung zwischen den beiden Handläufen der Treppe eingefügt wurde, die von der Eingangsebene zum Erdgeschoss führt. In jedem Stockwerk der Südfassade wurden in einem Türfeld Schiebetüren mit thermisch nicht entkoppeltem Aluminiumrahmen und Isolierglas eingebracht, wodurch die Zugänge zur Südterrasse und zum Balkon im Obergeschoss wiederhergestellt wurden (obgleich unter Verwendung eines anderen Materials). Während der Restaurierung wurde ein thermisch nicht entkoppeltes, verzinktes W20-Stahlrahmenfenster- und -türsystem mit Einscheibensicherheitsglas an den Stellen der Treppenfenster und Fensterbänder eingebracht, an denen ein Austausch erforderlich war. Das gleiche System wurde für die Glasfassaden und Türen an der Nord- und Südfassade des Westflügels und am nördli­ chen Haupteingang verwendet. Die Verglasung wurde mit Fin-SealWetterschutz und Neoprenpuffern abgedichtet.16 Die Vorgaben für die Verglasungen und die Behandlung der äußeren Hülle waren derart gestaltet, dass sichergestellt werden konnte, dass die Restaurierungs­ arbeiten den ursprünglichen Absichten der Architekten des Gebäudes entsprachen. Im Rahmen der Renovierung wurden die Stahlplatten, die die horizontalen und vertikalen Stahlprofile des südlichen Treppenhauses verstärken, mit freiliegenden Sechskantschrauben wieder angebracht. Die linearen Dampfrohr-Heizkörper auf der Innenseite der Pfosten im südlichen Treppenhaus und entlang der Riegel des nördlichen Treppenhauses wurden von der Dampfzufuhr getrennt, aber vor Ort belassen.17 Untersuchungen ergaben, dass im nördlichen Treppenhaus alle gebogenen Glasscheiben durch flaches Einscheibensicherheitsglas (ESG-H) von Pilkington ersetzt wurden. Die Stahlrahmenfenster wurden mit Tema Antiruggine (einer wasserlöslichen Korrosionsschutzlackierung von Ard Raccanello) behandelt.18

SCHLUSSFOLGERUNGEN Inmitten von edwardianischen und viktorianischen Gebäuden gelegen, welche den Charakter der Küstenstadt Bexhill-on-Sea prägen, hat sich mit dem De-La-Warr-Pavillon die Architektur der Moderne an diesem Ort eher unerwartet manifestiert. Die großflächigen Verglasungen, vor allem die gläsernen Hüllen der Treppenhäuser, sind Ausdruck der Moderne ebenso wie die Gestalt des Gebäudes mit seinen langgestreckten Flügeln und den Fensterbändern, die sich von den weißen Wänden sowie den freitragenden Balkonen und Vordächern abheben. Beson-

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Fortschreitende Korrosion an den bestehenden, ausgetauschten Stahlrahmentüren und -fenstern im südlichen Treppenhaus, 2018.

Bestehende Stahlrahmenfassade mit zerbrochenen Scheiben aus gebogenem Glas im südlichen Treppenhaus, 2018.

DE-LA-WARR-PAVILLON  |  SANIERUNG

Westansicht der Südtreppe, 2018.

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Ostansicht der Südfassade, 2018.

ders an der Nordfassade, wo die Fassade des Treppenhauses aus einen malerischen Blick auf die Stadt bietet, wird die Gebäudehülle zu einer durchlässigen Grenze zwischen der Vergangenheit der Stadt und der modernen Gegenwart, ganz nach der Vision des 9. Earl De La Warr. Genau deshalb ist das neu eingesetzte Flachglas äußerst enttäuschend, denn bei näherer Betrachtung ist es offensichtlich, dass es schlecht in die gebogenen Stahlprofile passt. Ebenfalls enttäuschend sind die nicht funktionierenden Dampfrohr-Heizkörper an den Profilen der nördlichen

PROJEKTDATEN De-La-Warr-Pavillon (1935) Bexhill-on-Sea, Großbritannien ORIGINALE ­ KONSTRUKTION Architekten Erich Mendelsohn und Serge Chermayeff Statiker Felix Samuely

Bauausführung Rice & Sons (aus Brighton, Großbritannien)

Gebäudeverwaltung De La Warr Pavilion Charitable Trust (2002–)

Baustahl Helsby, Hamann and Samuely

Architekten John McAslan + Partners

1993–2006 INSTANDSETZUNGEN

Statiker F. J. Samuely and Partners Ltd.

Eigentümer Rother District Arts Council

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Gebäudeausrüstung Rybka Kostenplanung Maynard Mortimer & Gibbons Bauausführung Heasman Spicer

DE-LA-WARR-PAVILLON |  SANIERUNG

Südfassade, 2018.

ANMERKUNGEN

und südlichen Treppenhäuser, die ohne eine geeignete Alternativlösung zur Vermeidung der im Winter auftretenden Wärmeverluste und Innenkondensation abgetrennt und überflüssig gemacht wurden. Glücklicherweise ist dies ein Umstand, der bei einer zukünftigen Instandsetzung rückgängig gemacht werden könnte. Von Anfang an war die Korrosionsgefahr durch das Meeresklima eines der anspruchsvollsten Planungs- und Denkmalschutzprobleme für das Gebäude. Die Recherchen zum Schutz der Glasfassaden, die Mendelsohn und Chermayeff in Bezug auf die Verwendung anderer korro­ sionsbeständiger Materialien wie Messing und Aluminium durchgeführt haben, zeigen ihr Bewusstsein für die Herausforderungen, die sich durch die Umwelteinflüsse stellten. Abgesehen von der Verfügbarkeit und den Kosten hätte die Verwendung weicherer Materialien, die weitaus weniger belastbar sind als Stahl, zumindest stärkere Profile erforderlich gemacht, die jedoch mit der beabsichtigten Leichtigkeit des Entwurfs nicht vereinbar gewesen wären. Aus diesem Grund sind diese Ersatzmaterialien keine praktikable Option für zukünftige Instandsetzungsmaßnahmen. Auch nach Abschluss der 2006 beendeten Restaurierung gibt es weiterhin anhaltenden Glasbruch an den großen gebogenen Glasscheiben und an anderen Stellen, was eindeutig mit der Korrosion der Stahlrahmen an den Fassaden zusammenhängt und damit zu ästhetischen und sicherheitsrelevanten Herausforderungen führt. Bei diesen Bauteilen sind weitere Überlegungen bezüglich der Materialien, der Oberflächenbehandlung und der Schutzmaßnahmen erforderlich, um die Auswirkungen durch feuchte und salzige Meeresluft abzumildern, welche die Hauptursache für die auftretende Korrosion ist. Um sich dieser Herausforderung zu stellen, muss ein Erhaltungskonzept erarbeitet werden, welches denkmalpflegerische Forschungen mit gründlichen Untersuchungen vor Ort und einem klar definierten Erhaltungsansatz kombiniert, um genau herauszuarbeiten, wo Reparaturen oder alternative Maßnahmen geeignet und angemessen sind und wo eine Erneuerung erforderlich wird. Der De La Warr Pavilion Charitable Trust erarbeitet derzeit ein solches Konzept, das diese Ziele hoffentlich auch verwirklichen wird.

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1 Richard Carr, „De La Warr Pavilion“, Studio International, http://www.studiointernational. com/index.php/de-la-warr-pavilion, zuletzt geändert am 14. November 2005, abgerufen am 13. Januar 2019. 2 Mark Cannata, „The Repair and Alterations of the De La Warr Pavilion“, Journal of Architectural Conservation 12, Nr. 2 (2006), S. 81, DOI: 10.1080/13556207.2006.10784970. 3 Modernist Britain, „De La Warr Pavilion, Bexhill-on-Sea“, http://www.modernistbritain. co.uk/post/building/the+de+la+warr+pavilion/, zuletzt geändert am 1. Januar 2014, abgerufen am 13. Januar 2019. 4 Allen Cunningham, Modern Movement Heritage (London: E & FN Spon, 1998), S. 133–134. 5 Ebd. 6 Alastair Fairley, De La Warr Pavilion: The Modernist Masterpiece (London/New York: Merrell Publishers, 2006), S. 78. 7 Fairley, De La Warr Pavilion: The Modernist Masterpiece, S. 122. 8 Cannata, „The Repair and Alterations of the De La Warr Pavilion“, S. 81. 9 Ebd. 10 Modernist Britain, „De La Warr Pavilion, Bexhill-On-Sea”. 11 Cannata, „The Repair and Alterations“, S. 88. 12 Ebd. 13 Cunningham, Modern Movement Heritage, S. 134. 14 Modernist Britain, „De La Warr Pavilion, Bexhill-On-Sea”. 15 Sean Albuquerque (Vorstandsmitglied, De La Warr Pavilion Charitable Trust; ABQ Studio Architects), Vor-Ort-Gespräch mit Angel Ayón, 22. August 2018. 16 Cunningham, Modern Movement Heritage, S. 134. 17 Cannata, „The Repair and Alterations“, S. 85, Bild 4. 18 Rupert Harris Conservation, Brief an Sean Albuquerque, 22. Mai 2012.

Lever House New York, New York, USA Gordon Bunshaft, Skidmore, Owings and Merrill, 1952

Das Lever House in New York, New York, USA, Blick von der Park Avenue, um 1952. © Ezra Stoller/Esto

Blick von innen auf die südliche Vorhangfassade, 1952. © Ezra Stoller/Esto

Das Lever House in der Park Avenue 390 in Manhattan war das erste vollverglaste Bürogebäude im International Style in den USA. Entworfen wurde es von Gordon Bunshaft aus dem New Yorker Büro von Skidmore, Owings and Merrill (SOM). Obgleich das erste Gebäude mit einer Vorhangfassade der Hauptsitz des UN-Sekretariats war (eine Aluminiumskelettkonstruktion von Wallace K. Harrison, Le Corbusier, Oscar Niemeyer, mit einem internationalen Architektenkonsortium, 1950), wurde dieses Konzept erstmals beim Lever House auf alle vier Fassaden ausgeweitet (mit Ausnahme der unteren gemauerten Stockwerke der Westfassade). Die festverglaste Vorhangfassade des Lever House erstreckt sich über das Hochhaus und über die Straßen- und Innenhoffassaden der zweiten Etage des Sockelgebäudes. Noch vor der Fertigstellung wurde im Magazin The New Yorker die geniale Lösung von SOM gelobt, für die Reinigung der Glasfassaden eine revolutionäre, maßgeschneiderte „elektrisch betriebene Plattform“ vorzusehen. Das von der Otis Elevator Company entworfene System war der Vorläufer der Fassadenbefahranlagen, die heute an den meisten Hochhäusern üblich sind (es war mit einer Telefonleitung ausgestattet, um die Kommunikation der

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Detailansicht der Südfassade nach der Erneuerung der Vorhangfassade, 2019.

Sockelgebäude vom Innenhof aus gesehen, 2007.

Sockelgebäude und Hochhaus von der Park Avenue aus gesehen, 2019.

Arbeiter mit dem Büro des Gebäudetechnikers zu ermöglichen).1 Für die Lever Brothers, ein Unternehmen, das sich auf die Herstellung von Reinigungsprodukten wie Seifen und Putzmitteln spezialisiert hatte, war es von besonderer Bedeutung, das Gebäude mit minimalem Aufwand und geringen Kosten blitzblank zu halten. In einem Folgeartikel des New Yorker, der kurz nach der Eröffnung des Gebäudes im Jahr 1952 erschien, bemerkte einer der Lever-Brüder, dass sie ihr Gebäude als „ein Symbol für anhaltende Sauberkeit“ sahen, was bedeutete, „dass bei diesem Gebäude die regelmäßige Reinigung sowohl der Fenster als auch jedes Zentimeters der Oberfläche möglich sein sollte“.2 Das vierseitig verglaste Stahlskeletthochhaus des Lever House ist 13,5 m von der südlichen und 12,19 m von der nördlichen Grundstücksgrenze entfernt und hat eine Breite von 18,29 m. Mit seinen 20 Stockwerken erhebt es sich über einen zweigeschossigen Sockel mit einem innenliegenden Hof. Die Vorhangfassade besteht aus verdeckten Stahlelementen mit 1,3 mm dicken Edelstahlabdeckungen vom Typ 302, die an den außenliegenden Glashalteprofilen handverschraubt sind.3 Die ursprüngliche Wärmeschutzverglasung (spektral selektives getöntes

143

CHRONIK 1950– 1952

Bau und Fertigstellung

1982

Ernennung zum Wahrzeichen von New York City

1983

Aufnahme in das National Register of Historic Places (Nationales Verzeichnis historischer Stätten)

1998

Erwerb durch RFR Holding LLC (derzeitiger Eigentümer)

2001

Abschluss der Restaurierung

Glas) bestand aus einer grünlich blauen Sichtscheibe im Bereich der 1,37 m breiten Festverglasungen und zwei blaugrünen Drahtglasscheiben in den Brüstungsbereichen. Als das Lever House 1952 mit viel Pomp eröffnet wurde, wurde es vom New Yorker als „das gläserne Haus“ tituliert.4 In den folgenden Jahren prägte es die Typologie des kommerziellen Bürogebäudes, wobei ein neues Paradigma urbaner Gebäude entstand: Von der Straßenflucht zurückgesetzt erheben sie sich über einen horizontalen Sockel, aufgestellt auf Pilotis. Die vollverglaste Vorhangfassade mit den horizontalen und vertikalen Abdeckprofilen aus Edelstahl wurde zum Inbegriff eleganter Architektur der Moderne, eines vornehmen Städtebaus und unternehmerischen Prestigedenkens.

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Die rauen Witterungsbedingungen und die Mängel, die bei den ursprünglichen Materialien und deren Herstellung auftraten, hatten die blaugrüne Glasfassade des Gebäudes deutlich beeinträchtigt. Hinter die Abdeckprofile aus Edelstahl war Wasser eingedrungen, so dass der Baustahl innerhalb und um die Glashalteprofile rostete und sich ausdehnte. Durch diese Korrosion verbogen sich die horizontalen Riegel, und die meisten Scheiben im Brüstungsbereich gingen zu Bruch. Allerdings blieb die Korrosion hinter den Edelstahlabdeckungen verborgen und war daher von der Straße aus kaum sichtbar.5 Ende der 1990er Jahre waren nur noch sehr wenige Originalscheiben erhalten. Laut Aby Rosen von RFR Holding (Eigentümer des Gebäudes seit 1998) war die Fassade in sehr schlechtem Zustand und „es war, als ob ein Teil der Scheiben nur noch an kleinen verrosteten Kabeln hing“.6

DIE INSTANDSETZUNG Aufgrund des schlechten Zustands der Fassade musste der ursprüngliche Restaurierungsplan, der den punktuellen Ersatz von Scheiben und die Reparatur der Stahlrahmen vorsah, aufgegeben werden. Rosen und SOM (die die Restaurierung leiteten) sollen sich darauf verständigt haben, keine Rettungsversuche bzgl. der noch vorhandenen Edelstahlelemente und Scheiben zu unternehmen.7 Angesichts von Überlegungen, alle Edelstahlabdeckungen zu ersetzen, anstatt sie zu reparieren, erklärte SOM-Chef David Childs, dass der Ansatz des Büros auf der Auffassung basiere, dass „das Besondere dieses Gebäudes seine maschinelle Herstellung ist“. Er beschrieb das ursprüngliche Gebäude wie folgt: Es ist glatt und eben und hat eine maschinelle Qualität. Für eine Erhaltung war es besser, die verbeulten Strukturelemente zu entfernen, um sie dann durch neue Edelstahlprofile gleicher Technologie und Fertigung zu ersetzen. Das erschien besser, als die abgenutzten Elemente zu erhalten, denn es wäre unmöglich, sie wieder in einen Zustand zu versetzen, der sie aussehen lässt, als wären sie maschinell hergestellt worden.8

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LEVER HOUSE  |  ERNEUERUNG

Sockelgebäude und Hochhaus von der East 53rd Street aus gesehen, 2019.

Blick vom Bürgersteig der Park Avenue, 2019.

Im Rahmen der Instandsetzung wurde das gesamte Glas entfernt und durch hitzebeständiges, spektral selektives getöntes Solex-Glas von PPG ersetzt.9 Die beschädigte Stahlunterkonstruktion wurde nach Möglichkeit repariert bzw. punktuell durch verdeckte Glashalteprofile aus Aluminium ersetzt. Die gläsernen zweiteiligen Brüstungspaneele, deren ursprüngliche Abmessungen sich durch die Größe der Drahtglasscheiben begrenzten, die zum Zeitpunkt der ursprünglichen Konstruktion erhältlich waren, wurden durch größere Einfachscheiben aus Verbundsicherheitsglas mit einer nicht tragenden passenden Sprosse ersetzt, wodurch das ursprüngliche Erscheinungsbild erhalten blieb. Dadurch wurden die Material- und Einbaukosten sowie die Gesamtzahl der Fugen reduziert und zugleich ein erhöhter Feuchtigkeitsschutz erreicht. Der Status des Gebäudes als Wahrzeichen von New York City und seine Aufnahme in das National Register of Historic Places ermöglichten es, auf heutige Energiesparauflagen keine Rücksicht nehmen zu müssen. Dadurch konnte die ursprüngliche Einfachverglasung erhalten werden, die dem Gebäude seine architektonische Prägung verleiht. Alle originalen Pfostenabdeckungen aus Edelstahl wurden durch passende Neuanfertigungen ersetzt, da es als zu aufwendig erachtet wurde, sie im Zuge der Instandsetzungsarbeiten zu entfernen, zu katalogisieren und zu lagern.

145

1 Stahlbetondecke 2 Stahlbrüstungsbalken mit Beton­ ummantelung 3 Abgehängte Decke 4 Brüstungsmauerwerk 5 Metallabdeckung mit Lüftungsöffnungen 6 Metallschürze mit Lüftungsöffnungen 7 Dichtungsmembran 8 Pfosten der Stahlvorhangfassade 9 Pfostenabdeckung aus Edelstahl 10 Riegel der Stahlvorhangfassade und Riegelabdeckung aus Edelstahl 11 Bläulich grünes, hitzebeständiges (spektral-selektives), getöntes Einschei­ bendrahtglas im Brüstungsbereich 12 Grünlich blaues (spektral-selektives), getöntes Einscheibensicherheitsglas im Sichtbereich 13 Bläulich grünes (spektral-selektives), getöntes Verbundsicherheitsglas im Brüstungsbereich 14 Blinde Riegelabdeckung aus Edelstahl

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Typischer Schnitt der originalen Stahlvorhangfassade.

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Typische Details der Stahlvorhangfassade vor (links) und nach (rechts) der Sanierung.

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Blick hinauf vom Bürgersteig auf der Park Avenue, 2019.

SCHLUSSFOLGERUNGEN Die neuen Pfostenabdeckungen aus Edelstahl und der Austausch aller Sicht- und Brüstungsscheiben verliehen dem renovierten Lever House ein neues Aussehen, und haben seine Fassade zu einer der herausragenden Konstruktionen auf der Park Avenue werden lassen. Die drastischsten baulichen Eingriffe, die an der Fassade vorgenommen wurden, sind verdeckt und somit nicht wahrnehmbar. Die neuen getönten Gläser und Edelstahlabdeckungen gaben dem Lever House das Erscheinungsbild „unverwüstlicher Sauberkeit“ zurück, das die ursprünglichen Eigentümer bei der Inbetriebnahme des Gebäudes vor mehr als einem halben Jahrhundert angestrebt hatten. Der Austausch der ursprünglichen Scheiben durch neues Einscheibenglas ist jedoch eine Wahl, die es genau zu prüfen gilt. Bei der Diskussion über die Renovierung von Gebäuden der Moderne mit Vorhangfassaden forderte Gordon Smith, der zuständige Berater für die In-

PROJEKTDATEN Lever House (1952) New York, New York, USA

Tragwerksplaner Weiskopf & Pickworth

ORIGINALE ­KONSTRUKTION

Fachplaner Statik Jaros, Baum & Bolles

Eigentümer Lever Brothers

Bauausführung George A. Fuller Company

Architekten Gordon Bunshaft, Skidmore, Owings & Merrill (SOM) Innenausstattung Raymond Loewy Associates

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1998–2001 INSTANDSETZUNGEN Auftraggeber RFR Holding

Architekten Skidmore, Owings & Merrill LLP (SOM) Beratender Ingenieur Vincent Stramandinoli Berater Fassadenkonstruktion Gordon Smith, PE, Gordon H. Smith Corporation Innenarchitekt William T. Georgis, Architekt

Grafikdesign Pentagram Freiraumplanung Ken Smith, Ken Smith Workshop Ausführung Vorhangfassade Flour City Architectural Metals

LEVER HOUSE  |  ERNEUERUNG

Sockelgebäude und Hochhaus von der East 53rd Street aus gesehen, 2019.

standsetzung der Vorhangfassade des Lever House, eine „getreue Nachbildung“ solcher Fassaden. Er fügte hinzu, dass er einen Ersatz bevorzuge, der das ursprüngliche Erscheinungsbild wiederherstellt, wenn auch nicht sämtliche Materialien oder Leistungsmerkmale betreffend.10 Dies erscheint für das Lever House auf den ersten Blick sinnvoll, um den ursprünglichen historischen Charakter dieses architektonisch sehr bedeutenden Exemplars einer Vorhangfassade zu erhalten. Bei den Brüstungspaneelen, die etwa die Hälfte der Fläche der Vorhangfassade ausmachen, wurde jedoch die Gelegenheit verpasst, die ursprünglichen Einfachscheiben durch Isolierverglasung zu ersetzen. Dadurch hätte sich die Wärmedämmung des Gebäudes verbessern lassen, ohne dass das historische Erscheinungsbild oder der architektonische Wert beeinträchtigt worden wären. Im Lever House wird die innenliegende Seite der Brüstungspaneele von den umlaufenden betonverkleideten Stahlträgern, den Stahl­ betondeckenkanten und den Metallverkleidungen vor und über den Heizkörpern verdeckt. Die Paneele sind daher nur von außen und nie von innen sichtbar. Daher wäre eine getreue Nachbildung und Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes möglich gewesen, und man hätte gleichzeitig die Energieverluste durch die Einfachverglasung minimieren sowie die Wahrscheinlichkeit von Innenkonden­ sation verringern können – bekanntlich ein wesentlicher Faktor für die Schädigung von Stahlskelettfassaden. Dieser Ansatz scheint jedoch vernachlässigt worden zu sein, da das historische Gebäude nicht den mittlerweile geltenden Anforderungen an Energieeinsparung entsprechen musste. Damit wurde jedoch einer der wichtigsten Grundsätze des Denkmalschutzes fehlinterpretiert, demzufolge eine Instandsetzungsmaßnahme idealerweise sowohl den Erhalt der historischen Bausubstanz, deren Leistungsmerkmale als auch die Wahrung des historischen Erscheinungsbildes in Einklang bringen sollte, anstatt nur ein Ziel auf Kosten der anderen zu verfolgen.

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ANMERKUNGEN 1 „Solution“, The New Yorker, 26. Mai 1951, Rubrik: The Talk of the Town, S. 21. 2 „Clean“, The New Yorker, 26. April 1952, Rubrik: The Talk of the Town, S. 27. 3 „Lever House, New York: Glass and Steel Walls“, Architectural Record 111 (Juni 1952), S. 131. 4 Lewis Mumford, „House of Glass“, The New Yorker, 9. August 1952, Rubrik: The Sky Line, S. 48. 5 „Landmark’s Curtain Wall Is Deteriorating; Aging Lever House May Get a New Skin“, The New York Times, 22. Oktober 1995, https://www.nytimes.com/1995/10/22/ realestate/postings-landmark-s-curtain-walldeteriorating-aging-lever-house-may-get-new. html, abgerufen am 23. Dezember 2018. 6 Matt Tyrnauer, „Forever Modern“, Vanity Fair, Oktober 2002, https://www.vanityfair.com/ culture/2002/10/leverhouse200210, abgerufen am 23. Dezember 2018. 7 Ebd. 8 Ebd. 9 SOM, „Projects – Lever House – Curtain Wall Replacement“, https://www.som.com/ projects/lever_house__curtain_wall_replacement, abgerufen am 23. Dezember 2018. 10 Angel Ayón und Nina Rappaport, „Greening the Glass Box: A Roundtable Discussion about Sustainability and Preservation of Modern Buildings“, Mōd 1 (DOCOMOMO_NY/Tri-State, 2014), S. 19.

S. R. Crown Hall Illinois Institute of Technology (IIT), Chicago, Illinois, USA Ludwig Mies van der Rohe, 1956

Vordere (südliche) Fassade der S. R. Crown Hall am Illinois Institute of Technology (IIT) in Chicago, Illinois, USA, während des Baus, ca. 1956.

Ostfassade während des Baus, ca. 1956.

Die S. R. Crown Hall, das Hauptgebäude des College of Architecture, Planning and Design am IIT, ist eine der größten architektonischen Leistungen des deutsch-amerikanischen Architekten Ludwig Mies van der Rohe (1886–1969). Die stützenfreie Stahl-Glas-Konstruktion verkörpert das Streben der Moderne nach struktureller Klarheit, innovativem Einsatz von Materialien und flexiblen Innenräumen. Der raffinierte Einsatz von vier 1,8 m hohen Bindern aus Stahl mit außenliegenden Stützen und abgehängtem Dach ermöglichte erstmalig die großflächige Umsetzung von Mies van der Rohes Konzept eines flexiblen „Universalraums“ innerhalb eines Gebäudes.1 Das äußere Erscheinungsbild dieses zweigeschossigen Universitätsgebäudes wird durch die schwarzen außenliegenden Träger und die umlaufenden Stahlstützen bestimmt, die sowohl die Stahlpfosten der Fensterwand im Obergeschoss als auch im Untergeschoss umfassen. Im Obergeschoss, in dem sich der Hauptsaal mit den Entwurfs­ ateliers befindet, sind die Stahlrahmenfassaden zwischen den Stützen in drei festverglaste Elemente aufgeteilt und haben ein Belüftungsgitter im unteren Bereich. Die festverglasten Felder sind durch eine vertikale und eine horizontale Sprosse mit rechteckigen Glashalteleisten unterteilt, deren Profile denen des Farnsworth House in Plano, Illinois, USA (siehe S. 82ff.), ähneln. Die ursprüngliche Verglasung im Obergeschoss hatte in jedem Feld über den Belüftungsgittern zwei festverglaste Scheiben aus 6 mm starkem, sandgestrahlten Glas, die 2,36 m hoch waren. Darüber befand

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Farbfotografie, entstanden kurz nach Fertigstellung, 1956.

sich eine 6 mm starke Scheibe aus klarem polierten Flachglas, die 2,92 m breit und 3,51 m hoch war. Die oberen Kippfenster des Untergeschosses, die sich zwischen der Oberkante der Grundmauer und dem Deckenrandträger des Obergeschosses befinden, sind 1,22 m hoch und verfügen über die gleiche Detaillierung, die gleiche Breite und das gleiche sandgestrahlte Glas wie die unteren Scheiben der darüberliegenden Stahlrahmenfassaden im Obergeschoss. Diese modulare Aufteilung und die Kombination von sandgestrahltem sowie klarem Glas sind typisch für die gesamte Fassade, mit Ausnahme der Eingänge. Die Eingangsbereiche an der Nord- und Südseite sind zwischen den beiden mittleren Trägern angeordnet und verfügen nur über klare Verglasung. Hier an den Eingängen, in der Haupthalle und den Entwurfsateliers und vor allem im Bereich der Stahlrahmenfassaden lässt sich am besten wahrnehmen, wie es Mies van der Rohe gelang, mit Hilfe des Tragwerks und der Gebäudehüllen aus verglasten Stahlrahmenkonstruktionen den Eindruck eines schwerelosen und flexiblen Universalraums zu erzeugen.

Detailansicht des Haupteingangs (Süden), 1956.

CHRONIK 1950– Entwurfsphase 1954 1954– Bauphase 1956 1975

Erneuerung der Außenverglasung und des Daches, Abschluss Innenausbau

1985– 1986

Durchführung von Reparaturen an äußeren Vorbauten und Türen, Installation der Klimaanlage

1989- 1996

Abschluss der Renovierung des Untergeschosses und der Erneuerung des Daches, Änderungen an der Klimaanlage

1997

Ausweisung als Wahrzeichen von Chicago

2001

Aufnahme in das National Register of Historic Places als nationales Kulturdenkmal

2002

Auswahl des Büros Krueck und Sexton Architects zur Durchführung einer umfassenden Renovierung der Crown Hall

2003

Fertigstellung des Masterplans durch Krueck und Sexton Architects u. a.

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Mies van der Rohe wurde 1958 als Campus-Architekt des IIT verabschiedet. Das von ihm entworfene Institutsgebäude wurde weiterhin intensiv entsprechend seiner ursprünglichen Bestimmung genutzt.2 Das ursprüngliche 6 mm starke Klarglas war für die großen oberen Fensterfelder im Hauptgeschoss zu dünn und brach oft. Die Innenseite des sandgestrahlten Glases der unteren Fensterfelder im Obergeschoss war stark verunreinigt, da an den rauen Flächen jede Menge Schmutz, Öle und Klebstoffreste von den Fingerabdrücken der Studenten, durch Modellbauarbeiten und aufgrund der allgemeinen Verwendung als Pinnwand, haften geblieben waren. Nach fast zwei Jahrzehnten Abnutzung wurde 1975 das gesamte 6 mm starke Originalglas entfernt und ersetzt, gemäß den Empfehlungen des Büros Skidmore, Owings and Merrill (SOM), das Mies van der Rohe als Cam-

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2005– Abschluss der Restaurierung der 2006 Fensterwand

Innenansicht des Entwurfsateliers, 1956.

Detailansicht mit Blick von oben auf das neue Kämpfer­ profil, 2016.

pusarchitekten ablöste. Nach der Begutachtung des Gebäudes kam SOM zu dem Schluss, dass das Originalglas nicht den neuen Bauvorschriften der Stadt Chicago entsprach und auch nicht ausreichte, um seitlichen (Wind-)Kräften standzuhalten. Das Büro stellte außerdem fest, dass die ursprünglichen Fensterhalterungen der Stahlrahmenfassade unzulänglich waren und der Kitt inzwischen so ausgehärtet war, dass das Glas nicht mehr weich an den Stahlelementen anlag. Infolgedessen wurden die oberen klaren Scheiben durch 9,5 mm starkes Klarglas ersetzt, das mittels neuer lackierter Aluminiumfensterhalterungen installiert wurde. Die neuen Halterungen erzeugten, wenn auch nur minimal, eine dickere Sichtlinie als die ursprünglichen Stahlpfosten. Bei den unteren Fensterfeldern wurde das sandgestrahlte Glas durch 5,6 mm starkes, transluzentes Glas ersetzt, das mit einem feuchtigkeitsabweisenden Silikonkitt in die ursprünglichen Stahlrahmen und Halterungen eingelassen wurde.3 Im Jahr 1996 erfolgte ein erneuter Austausch der Außenverglasung. Zu diesem Zeitpunkt war das Stahlskelett an der Terrasse des Haupteingangs auf der Südseite stark beschädigt. Außerdem galt es, die veränderten Vorschriften der Chicagoer Bauordnung zu erfüllen. Die vorhandenen Glasstärken waren nunmehr für die Windlast unzureichend ausgelegt, und bei den unteren Fensterfeldern im Obergeschoss wurde eine Sicherheitsverglasung erforderlich.4 Bis 2001 wurden alle klaren oberen Fensterfelder im Obergeschoss durch 13 mm starkes Klarglas ersetzt. In die unteren durchsichtigen Fensterfelder der Eingangsbereiche wurde 6 mm starkes, vorgespanntes, bruchsicheres Glas eingesetzt. Das erneuerte, transluzente Glas in den unteren Fensterfeldern wurde durch 6 mm starkes Verbundglas mit einer Mylar-Folie von DuPont ersetzt, welches die Transluzenz des ursprünglichen sandgestrahlten Glases nachbildet.5 Diese Maßnahme beseitigte die anhaltende Verschmutzung, die Oberfläche jedoch war reflektierender und weniger matt als von Mies van der Rohe ursprünglich entworfen.6

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Detailansicht des erneuerten Riegels mit klarem Verbundsicherheitsglas und restauriertem Pfosten am rückwärtigen (Nord-) Eingang, 2016.

Neue Verglasung und Glashalteleisten aus Stahl an der restaurierten Stahlrahmenfensterwand, 2016.

S. R. CROWN HALL  |  ERNEUERUNG

Innenansicht des Atelierraums mit Stahlrahmenfassade nach der Sanierung, 2015.

DIE INSTANDSETZUNG Im Jahr 2002 beauftragte das IIT ein internationales Team unter der Leitung von Krueck and Sexton Architects, McClier (später Austin/AECOM) und anderen Beratern, um durch die Renovierung den architekturgeschichtlichen Status des Gebäudes nicht zu beeinträchtigen. Die aus dieser Planung resultierenden Fassadenarbeiten umfassten die Restaurierung und Sanierung der Glasfassade, bestehend aus dem Ausbau der Verglasungen und Stahlhalterungen, dem Entfernen aller bleihaltigen Anstriche an den Stahloberflächen im Innen- und Außenbereich sowie der Reinigung, Reparatur und dem Anstrich von korrodiertem Stahl. Auch die ursprünglichen Lüftungsgitter im unteren Bereich der Fensterwand wurden gereinigt, saniert und mit neuen elektromagnetischen Verriegelungen versehen. Die geltenden Anforderungen an Überkopfverglasung verhinderten ein Ersetzen der 6 mm starken, klaren oberen Glasscheiben durch gleichartige Scheiben. Größte Herausforderung bei der Neuverglasung der Crown Hall war, die Entwurfsabsicht und das frühere Aussehen des Originalglases mit den heutigen Anforderungen an Glassicherheit in Einklang zu bringen. Der Austausch der großen Scheiben der oberen Fensterfelder aus 6 mm starkem, poliertem Flachglas durch 9,5 mm starkes, vorgespanntes Glas hätte den geltenden Vorschriften entsprochen. Diese Möglichkeit wurde jedoch verworfen aufgrund der leichten Verzerrungen von vorgespanntem Glas, die durch die Stahlrollen entstehen, über die es während

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1 Stahlstütze 2 Stahlrahmendachtragwerk 3 Dachrand aus Stahl 4 Pfosten der Stahlrahmenglasfassade und Glashalteleisten 5 Riegel der Stahlrahmenglasfassade und Glashalteleisten (A: ursprüngliche Elemente; B: neue Elemente) 6 Stahlrahmenkonstruktion und Stahl­ betondecke 7 Bedienbare Lüftungslamellen aus Stahl 8 Stahlbetonsockelwand 9 Transparente Einfachverglasung im oberen Bereich (A: originale Scheiben; B: neue Scheiben) 10 Sandgestrahlte Einfachverglasung (A: originale Scheiben; B: neue Scheiben) 11 Abgehängte Decke 12 Dach

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S. R. CROWN HALL  |  ERNEUERUNG

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Typische Details der Stahlrahmenfassade vor (links) und nach (rechts) der Sanierung.

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Vordere (südliche) Fassade nach der Sanierung, 2012.

des Härtungsprozesses läuft.7 Stattdessen fiel die Wahl bei der Erneuerung der oberen Fensterfelder des Obergeschosses auf 12 mm starkes, eisenoxidarmes Starphire-Glas von PPG, das in maßgefertigten Fensterhalterungen mit konischem Ende eingebaut wurde. So wurden die geltenden Anforderungen an die Scheiben erfüllt und das ursprüngliche Erscheinungsbild konnte beibehalten werden. Für das schwerere 13 mm dicke Glas waren Auflager notwendig, damit die Durchbiegung des Glases abgefedert werden konnte. Zudem musste ein Stoß von mindestens 3 mm sowie ein Auflagerrand von mindestens 13 mm eingehalten werden.8 Diese Maße konnten nicht mit den ursprünglichen 16 mm hohen Rahmen und den 6 mm breiten Scheibeneinfassungen erzielt werden. Deshalb wurde ein spezielles, 9 mm dickes Fensterhaltungs­profil aus Stahl mit einer nach außen geneigten Oberseite angefertigt, dessen Höhe genau zum ursprünglichen Maß von 16 mm passt. Der untere Teil der Glasfassade wurde durch vorgespanntes, 6 mm starkes, sandgestrahltes Sicherheitsglas von Viracon ersetzt, das mit ultraklarem Epoxidharz beschichtet wurde, um das sandgestrahlte Erscheinungsbild zu bewahren und gleichzeitig Flecken und Kratzer zu vermeiden.9 Die Stahlkonstruktion erhielt eine Epoxidbeschichtung von Tnemec, die der ursprünglichen schwarzen Farbe entspricht.

Ansicht der Südwestecke nach der Sanierung mit ausbleichender Beschichtung der Stahlkonstruktion, 2016.

PROJEKTDATEN S. R. Crown Hall (1956)

Chicago, Illinois, USA ORIGINALE KONSTRUKTION Architekten Ludwig Mies van der Rohe David Haid (Projektarchitekt aus Mies van der Rohes Büro) Myron Goldsmith (Mies van der Rohes ehemaliger Student) Berater Alfred Caldwell (Landschafts-/ Gartengestalter)

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Frank Kornacker and Associates (Beratende Ingenieure) PACE Associates (Bau­ dokumentation und -leitung) Dahl-Stedman Company (Bauausführung) 1975–1996 INSTANDSETZUNGEN Architekten Skidmore, Owings and Merrill (1975) George Schipporeit, Peter Beltemacchi, David Sharpe (1985–1986)

Gene Summers, Fujikawa Johnson and Associates (1989–1996) 2002–2006 INSTANDSETZUNGEN Architekten Krueck and Sexton Architects Architekten für Denkmalschutz Gunny Harboe (ehemals bei McClier Preservation Group, jetzt AECOM)

Freiflächengestaltung Atelier Ten and Transsolar Generalunternehmer Clune Construction Co. Subunternehmer Stahlrahmenfassade Harmon

S. R. CROWN HALL  |  ERNEUERUNG

Innenansicht des Atelierraums mit Stahlrahmenfassade nach der Sanierung, 2015.

SCHLUSSFOLGERUNGEN Die Modernisierung und Restaurierung der Crown Hall ist in ihrer Ausführung sowohl kühn als sensibel. Es wurde visuell der ursprüngliche Entwurf wiederhergestellt und gleichzeitig wurden Effizienz und Sicherheit erhöht. Die Nachbildung der sandgestrahlten Glasoberfläche auf vorgespanntem Glas gewährleistet die erforderliche Sicherheit und stellt das ursprüngliche Erscheinungsbild wieder her. Wenn auch nur minimal, so verändert die transparente Schutzbeschichtung dennoch die optischen und taktilen Eigenschaften des Glases. Im Inneren sind die unteren Fensterfelder nun glänzend und kontrastarm im Vergleich zur darüber­ liegenden Klarverglasung und dem „Mies’schen Schwarz“ des angrenzenden Stahlrahmens, da die raue, sandgestrahlte Glasoberfläche nicht mehr existiert. Ohne diesen subtilen Kontrast ähnelt die untere Hälfte der Fassade manchmal eher transluzentem Kunststoff als einer Glasoberfläche. In der Abwägung von Langlebigkeit, Wartung und Beibehaltung des ursprünglichen Aussehens wurde das innere Erlebnis zugunsten einer authentischeren Wahrnehmung von außen etwas geschmälert. Das Gesamtergebnis ist dennoch erfolgreich. Die Tatsache, dass die Fensterhalterungen erneuert wurden, lässt sich nicht erkennen. Diese subtile Änderung leitet gleichzeitig das Wasser von der Scheibeneinfassung ab. Es war eine kluge Entscheidung, die optischen Eigenschaften der großen Scheiben der ursprünglichen oberen Fensterfelder vorrangig gegenüber den originalen Stahlskelettelementen wiederherzustellen. Im Falle der Crown Hall ist eine solche minimale Veränderung, die selbst für das geschulte Auge nicht wahrnehmbar ist, angemessen, solange sie gut dokumentiert und ordnungsgemäß in die Präsentation des ursprünglichen Gebäudes und seiner späteren Veränderungen einbezogen wird. Das einzige enttäuschende Detail ist die unbe­friedigende Wirkung der Tnemec-Epoxidbeschichtung, deren schwarze Farbe außen in Richtung Anthrazit verblasst ist. Trotz dieser Mängel bleibt Mies van der Rohes Philosophie des „Beinahe nichts“ in der Crown Hall unverkennbar.

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ANMERKUNGEN 1 Illinois Institute of Technology und McClier Preservation Group, S. R. Crown Hall: Historic Structure Report (Chicago, IL: Illinois Institute of Technology, 2000), S. 7. 2 Mies van der Rohe Society, „Illinois Institute of Technology Master Plan 1939–1958”, http:// www.miessociety.org/legacy/projects/ illinois-institute-technology-master-plan/, abgerufen am 12. Juni 2016. 3 Illinois Institute of Technology und McClier, S. R. Crown Hall: Historic Structure Report, S. 53. 4 Ebd., S. 54. 5 Eric D. Thompson, National Historic Landmark Nomination: S. R. Crown Hall (Washington, DC: US-Innenministerium, Nationalparkverwaltung, Oktober 2000), S. 35–37. 6 Sara Hart, „The Perils of Restoring ‚Less is More’”, Architectural Record 194, Nr. 1 (Januar 2006), S. 151. 7 Ebd., S. 152. 8 Glasverband Nordamerikas, GANA Glazing Manual (Topeka, KS: Glass Association of North America, 2004), S. 94. 9 DOCOMOMO US Registry, „S. R. Crown Hall, History of Building/Site”, https://docomomo-us.org/register/s-r-crown-hall, abgerufen am 23. Dezember 2018.

Kloster La Tourette Éveux, Frankreich Le Corbusier, 1960

Südfassade des Klosters La Tourette in Éveux, Frankreich, 1960.

Im Jahre 1952 beauftragte Pater Pierre-Charles-Marie Couturier den Architekten Le Corbusier (1887–1965) mit dem Entwurf eines neuen Klosters für 100 dominikanische Studienbrüder an einem abgelegenen Ort in der Nähe von Lyon.1 Wie einer der Brüder es später beschrieb, ging es dem Pater mit seiner Wahl um „die Schönheit des zu errichtenden Klosters, selbstverständlich, aber vor allem um die Bedeutung dieser Schönheit. Es war notwendig zu zeigen, dass Gebet und Ordensleben nichts mit herkömmlichen Formen zu tun haben und dass zwischen ihnen und einer moderneren Architektur eine Verbindung hergestellt werden kann.“2 Nach mehr als drei Jahren Planung und vier weiteren Jahren für die Bauarbeiten wurde das Kloster 1959 fertiggestellt und 1960 in Anwesenheit von Le Corbusier und Kardinal Gerlier eingeweiht. Seit seiner Gründung wird das Kloster von Architekturkritikern und Historikern als letzte Inkarnation von Le Corbusiers Vorliebe für „massive skulpturale Formen aus rauem Beton“ gefeiert, „die den schlanken Glas-, Aluminium- und Stahltürmen gegenüberstehen, die in neuen Stadtlandschaften so präsent sind“.3 Die Fondation Le Corbusier beschreibt den Bau als „[eine] einzigartige Synthese der Errungenschaften der Bewegung der Moderne, eine Kombination aus puristi-

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Blick vom Innenhof auf die Pans de Verre Ondulatoires entlang des Ambulatoriums, 2006.

Innenhoffassaden mit den Pans de Verre Ondulatoires (Glaswellen) entlang des Ambulatoriums, 2006.

schen Linien, brutalistischen Flächen und außergewöhnlichen konstruktiven Lösungen“.4 Die Verwendung von Beton ist ein so markantes Merkmal des Gebäudes, dass die meisten öffentlichen Räume mit Stützen und Fassadenpfosten aus Beton versehen sind, wie beispielsweise entlang der Grande Conduite (Hauptgang) und in der Bibliothek, dem Refektorium, in den Unterrichtsräumen und den Wandelgängen. In gleicher Weise sind die von Iannis Xenakis versetzt angeordneten Glasscheiben in rhythmischen Mustern in diese festen, raumhohen Glasfassaden integriert. Sie bilden die berühmten Pans de Verre Ondulatoires („Glaswellen“) des Klosters, die an drei der äußeren Fassaden und entlang des inneren Hauptgangs verlaufen.5 Die Belüftung erfolgt über vertikale, schwenkbare aréateurs (Metalllamellen), die auf verschiedene Öffnungspositionen einstellbar sind. Dies war das erste Mal, dass ein solches System aus Festverglasung und verstellbaren Lüftungsöffnungen eingesetzt wurde. Le Corbusier nutzte es später auch an anderen Gebäuden, wie an der Maison du Brésil (Le Corbusier und Lúcio Costa, 1953–1959), einem Studentenwohnheim für brasilianische Studenten und Wissenschaftler in der Cité Universitaire in Paris, und der Maison de la Culture in Firminy (1961–1965).

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Die Glasscheiben der Pans de Verre Ondulatoires wurden mit Hilfe von Glaskitt in Rillen entlang der Betonpfosten befestigt. Zwei verschiedene barlotières (Sprossen) trennten die ursprünglichen 4 mm starken Einfachverglasungen horizontal. Die höheren Sprossen waren aus 25 mm breiten, H-förmigen Messingprofilen und die kleineren aus 13 mm breiten, umgedrehten U-Profilen aus grauem Polyurethan gefertigt.6 Im Laufe der Jahre verhärtete der Glaskitt entlang der Türpfosten und zeigte Risse. Die grauen U-Profile verhärteten und rissen ebenfalls und dunkel-

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CHRONIK 1943

Erwerb des Anwesens La Tourette durch dominikanische Ordensbrüder

1953

Le Corbusier wird von der Dominikaner-Provinz Lyon ausgewählt, ein Kloster zu bauen.

1959

Fertigstellung und Bezug des Klosters durch die Brüder

1960

Einweihung des Gebäudes

1961– 1964

Reparaturen an der Flächenabdichtung auf den Dachterrassen

1964– 1979

Reparatur von Rissen, Undichtig­keiten und Flächenabdichtungen (nicht dokumentiert)

1970

Komplex wird der Öffentlichkeit für Besichtigungen und Übernachtungen zur Verfügung gestellt

1979

Klassifizierung des Klosters als Monument historique

1982– 1993

Abschluss der ersten überwachten Restaurierungsarbeiten (Abdichtung von Dächern, Behandlung von Betonflächen, Austausch von Hauptkirchentüren)

2006– 2012

Durchführung von Brandschutz maßnahmen; Restaurierung des Westflügels; Dämmung der Südund Ostflügeldächer; Austausch der Scheiben der Pans de Verre Ondulatoires; Restaurierung der Süd- und Ostflügel-Fassaden und Innenräume; Sanierung der Befestigung der Oberlichter

2013

Abschluss der Restaurierung

Blick auf die hinteren (westlichen) Fassaden, 2016.

ten nach. Die Sprossen verdrillten und wiesen Beschädigungen auf. Die unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten des Glases und der Betonpfosten führten gelegentlich zu Glasbrüchen, wobei die Gefahr bestand, dass Glasscheiben aus einer beträchtlichen Höhe herunterfielen. Zusätzlich zu diesen Sicherheitsproblemen weisen die Einfachverglasungen im gesamten Gebäude sehr schlechte Wärmedämm­ eigenschaften auf, was die Heizkosten im Winter erhöht und sich auch auf den sommerlichen Wärmeschutz des Gebäudes auswirkt.7

DIE INSTANDSETZUNG Nach der Einweihung des Klosters erfolgten mehrere Umbauten und Ergänzungen, von denen viele nur unzureichend dokumentiert wurden. Nach der Fertigstellung und bis zu seiner Klassifizierung als Monument historique 1979 konzentrierten sich die meisten Reparaturarbeiten auf die Instandsetzung der undichten Dachterrassen. In den Aufzeichnungen ist ersichtlich, dass nach der Klassifizierung als Denkmal in den Jahren 1982–1993 verschiedene Instandsetzungsmaßnahmen unter der Aufsicht von Jean-Gabriel Mortamet, Architecte en Chef des Monuments Historiques (ACMH-Chefarchitekt für historische Denkmäler), durchgeführt wurden.8 In der ersten Phase von 1982 bis 1984 behob Mortamet die anhaltenden Dichtungsmängel auf den Dachterrassen durch das Aufbringen einer neuen Abdichtungsschicht auf den bestehenden Dachaufbau, was zu einem höheren Dachaufbau und einer zusätzlichen Blechverkleidung aus Blei führte. Auch die Sichtbetonflächen und die Risse in den Attiken über den Zellen wurden einer neuen Oberflächenbehandlung unterzogen. Später wurde diese Behandlung auch auf andere Teile des Klosters ausgeweitet (1985–1987). Zwischen 1989 und 1993 entfernte Mortamet zwei bestehende Kirchentüren und ersetzte sie durch neue, die nach Originalzeichnungen von Le Corbusier angefertigt wurden – ein Ansatz, der der umstrittenen Restaurierungsphilosophie von Viollet-le-Duc folgte, die vorzieht, einen unvollendeten Originalentwurf fertigzustellen.

160

Der ursprüngliche Kitt der Pans de Verre Ondulatoires; mit Fingerab­ drücken, 2008.

Die Pans de Verre Ondulatoires in der Maison du Brésil, bei der neue, asymmetrische und unmerklich stärkere Isolierverglasungen bei der Restaurierung im Jahr 2008 eingesetzt wurden.

KLOSTER LA TOURETTE  |  ERNEUERUNG

Innenansicht der Stahlbetonpfosten und der neuen Sprossen im Refektorium, 2014.

Von 2006 bis 2013 wurde eine umfangreiche Instandsetzung durchgeführt, die neben der Umsetzung von Brandschutzmaßnahmen auch den Austausch der Scheiben der Pans de Verre Ondulatoires umfasste. Im Mittelpunkt der Diskussionen über den Eingriff an diesem bedeutenden Element des Gebäudes standen technische und ästhetische Ziele  – und zwar Wasserdichtigkeit und Schutz vor Glasbruch unter Beibehaltung des ursprünglichen Farbtons und der Transparenz der Verglasung. Aus Sicherheitsgründen war es notwendig, die ursprüngliche 4 mm starke Einfachverglasung durch 8 mm starkes Verbundsicherheitsglas (Stadip, hergestellt von Saint Gobain) zu ersetzen. Die umgedrehten U-förmigen Polyurethansprossen wurden durch durchsichtige H-Profile aus Kunststoff ersetzt. Die H-förmigen Messingsprossen wurden durch eloxierte Aluminiumprofile mit glänzendem, grauem Lack ersetzt. Die erste Lösung rief jedoch Beschwerden bei Besuchern und Experten hervor, die argumentierten, dass die Präzision und der visuelle Rhythmus der ursprünglichen Ausführung durch die Spiegelungen und abgerundeten Ecken der neuen Konstruktion verloren gegangen seien. Um dies zu beheben, wurden die durchsichtigen H-förmigen Kunststoffprofile entfernt und durch eigens angefertigte, dunklere Silikonprofile in einem dem Original entsprechenden hellgrauen Farbton ersetzt, die nicht originalen Aluminiumsprossen wurden durch neue, speziell angefertigte Messingprofile ausgetauscht.9 Das neue Verbundsicherheitsglas wurde beibehalten, obwohl es stärker war und in Bezug auf Glätte, Farbe, reflektierende Beschaffenheit oder Alterung mit dem Original übereinstimmte.

161

Ambulatorium und Rampe mit den Pans de Verre Ondulatoires, 2014.

4

1

8

5

9

8 6

7

2 3

Typischer Schnitt der Betonrahmenfassade der Pans de Verre Ondulatoires.

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1 Stahlbetondachträger 2 Stahlbetondeckenträger 3 Stahlbetonfußboden 4 Stahlbetondachdecke 5 Stahlbetonpfosten 6 Metallprofile der Pans de Verre Ondulatoires (A: originale Elemente; B: neue Elemente) 7 Nichtmetallische Profile der Pans de Verre Ondulatoires 8 Transparente Einfach­verglasung (A: originale Elemente; B: neue Elemente) 9 Vertikale, verstellbare Lüftungsöffnungen aus Aluminium 10 Verfugung (A: original; B: neu)

KLOSTER LA TOURETTE  |  ERNEUERUNG

10A

8A

5

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10B

8B

5 6B

Typische Details der Betonrahmenfassade vor (oben) und nach (unten) der Sanierung.

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Blick vom Inneren des Ambulatoriums auf die Pans de Verre Ondulatoires, 2014.

SCHLUSSFOLGERUNGEN Die verschiedenen Maßnahmen, die an den Scheiben der Pans de Verre Ondulatoires durchgeführt wurden, spiegeln die Herausforderungen wider, die sich bei der Instandsetzung herausragender Gebäude der Moderne ergeben, wenn man Anforderungen an die Energieeffizienz und das historische Erscheinungsbild in Einklang bringen will. Beim Kloster La Tourette sorgen die Nachbildung der horizontalen Sprossen aus Messing und Silikon und die Beibehaltung des neuen Verbundsicherheitsglases für optische Integrität und Sicherheit und stellen gleichzeitig das ursprüngliche Erscheinungsbild wieder her. Diese Lösung entspricht jedoch nicht den heutigen Anforderungen an die energetische Qualität. Die Aufbringung von Sonnenschutzfolien auf der Glasoberfläche zur Vermeidung einer sommerlichen Überhitzung der Innenräume wurde in der Planungsphase verworfen aufgrund der dadurch entste-

Originale vertikale Lüftungs­ klappen aus Aluminium, die in den Betonpfosten eingelassen sind, Positionen geschlossen, halboffen und offen, 2014.

PROJEKTDATEN 1960–1993 INSTANDSETZUNGEN

Kloster La Tourette (1960) Éveux, Frankreich ORIGINALE ­KONSTRUKTION Architekten Le Corbusier mit Iannis Xenakis (Projektarchitekt) André Wogenscky mit Fernand Gardien (Einsatzplaner, Bauaufsicht)11

164

Fernand Gardien (1960–1964) Nicht dokumentiert (1964–1979) Jean-Gabriel Mortamet (ACMH, 1982–1993) 2006–2013 INSTANDSETZUNGEN Auftraggeber Kloster La Tourette

Sponsoren Velux-Stiftung, Stiftung Spie Batignolles Projektpartner Association de sites Le Corbusier; Utopies Réalisées; Fondation Le Corbusier; Stadt Firminy; Kapelle von Ronchamp

Architekten Repellin Larpin & Associés Architectes Didier Repellin (ACMH) Mitarbeiter Pascal Duméril

KLOSTER LA TOURETTE  |  ERNEUERUNG

Innenansicht der Stahlbetonpfosten und der neuen Sprossen im Refektorium, 2014.

henden nachteiligen optischen Effekte durch verzerrende Spiegelungen auf der Außenseite der Scheiben. In ihrer Doktorarbeit über die Restaurierung von Glasfassaden des 20. Jahrhunderts kommt Vanessa Fernandez zu der Einschätzung, dass die Instandsetzung anachronistisch erscheine, da sie die Fassaden nicht an zeitgenössische Standards anpasst und folglich keine Lösung für den bestehenden schlechten Wärmeschutz der Glasfassade findet. Bei der Entscheidung zwischen der Beibehaltung des ursprünglichen Erscheinungsbildes und der Einhaltung regulatorischer Auflagen hätten klare Leitlinien bei der Vermittlung dieser gegensätzlichen Interessen geholfen, die Lösungsfindung zu erleichtern und zu verbessern.10 Bei der Instandsetzung der Glasfassaden von La Tourette wurde der Wiederherstellung und Erhaltung des historischen Erscheinungsbildes Vorrang gegenüber der Energieeffizienz und der Verbesserung des Raumkomforts eingeräumt. Bei anderen zeitgenössischen Gebäuden von Le Corbusier mit ähnlichen Systemen der Pans de Verre Ondulatoires wurden andere Lösungen favorisiert, wie z. B. in der Maison du Brésil in Paris, wo die ursprünglichen dünnen Isolierglasscheiben durch leistungsstärkere und etwas stärkere Scheiben ersetzt wurden. Im Kloster La Tourette hätte die Neuverglasung als Gelegenheit genutzt werden können, Solarfolien oder Isolierverglasungen anzubringen, um eine Überhitzung des Refektoriums und anderer Räume zu verhindern und den gesamten Innenraumkomfort zu verbessern. Stattdessen wurde zur Behebung dieser Probleme eine mechanische Lüftung eingeführt, welche die gebäudetechnischen Belastungen erhöht, ohne dass die ursprüngliche Konstruktion verbessert wurde. Die Gelegenheit, die Gesamtleistungsfähigkeit des Gebäudekomplexes nachhaltig zu verbessern, wurde somit verpasst.

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ANMERKUNGEN 1 Pater Pierre-Charles-Marie Couturier (1897–1954) hatte zuvor Henri Matisse beauftragt, die Rosenkranzkapelle in Vence an der französischen Riviera zu bemalen. 2 Couvent de la Tourette, „History“, http://www. couventdelatourette.fr/the-building/history. html, abgerufen am 25. Februar 2019. 3 Cranston Jones, „Corbusier’s Cloister“, Horizon 3, Nr. 4 (März 1961), S. 38. 4 Fondation Le Corbusier, „Couvent Sainte-Marie de la Tourette“, http://www.fondationlecorbusier.fr/corbuweb/morpheus.aspx?sysId=13&­ IrisObjectId=4731&sysLanguage=en-en&itemPos=19&itemCount=79&sysParentNme=&sysParentId=64, abgerufen am 25. Februar 2019. 5 Roberta Grignolo, „The Couvent de La Tourette from 1960 to the Present Day. Future Discernibility of Past Interventions“, DOCO­ MOMO Journal 53 (Februar 2015), S. 66. 6 Grignolo, „The Couvent“, S. 70, Bild 11. 7 Vanessa Fernandez, „Innover pour préserver. La restauration des façades vitrées du XXème siècle (1920–1970): De l’histoire des techniques à l’analyse des pratiques (Innovation zwecks Erhaltung: Die Restaurierung verglaster Fassaden des 20. Jahrhunderts [1920–1970]: Von der Geschichte technischer Verfahren zur Analyse der Praxis), Doktorarbeit, Université de Paris, 2017, S. 181. 8 Grignolo, „The Couvent“, S. 67–68. 9 Ebd., S. 71. 10 Fernandez, „Innover pour préserver“, S. 181. 11 Philippe Potié, Le Corbusier. Le Couvent Sainte Marie de La Tourette /The Monastery of Sainte Marie de La Tourette (Basel: Birkhäuser, 2001), S. 88; weitere Informationen zum komplexen Prozess der Zusammenarbeit enthält Karen Michels, Der Sinn der Unordnung: Arbeitsformen im Atelier Le Corbusier (Braunschweig/ Wiesbaden: Vieweg, 1989).

Fagus-Werk Alfeld an der Leine, Deutschland Walter Gropius und Adolf Meyer, 1912/1925

Nordostfassade des ursprünglichen Fagus-Werks in Alfeld, Deutschland, vor Fertigstellung der bestehenden Erweiterung, ca. 1911.

Südwestfassade der Werkstatt, neuer (südwestlicher) Haupteingang und Südostfassade nach Fertigstellung der Erweiterung des Haupt­ gebäudes, ca. 1925.

Das Fagus-Werk in Alfeld an der Leine wurde von dem Unternehmer Carl Benscheidt (1858–1947) in Auftrag gegeben, der in der neuen Fabrikanlage Schuhleisten und Stanzwerkzeuge herstellen ließ. Dieser Neubau seines 1910 eröffneten Betriebs befand sich genau gegenüber der Fabrik eines Wettbewerbers auf der anderen Seite der Bahngleise, für den er vorher gearbeitet hatte. Für das Projekt beauftragte Benscheidt zunächst den Architekten Eduard Werner (1847–1923) aus Hannover, der das Gesamtkonzept erstellte und die lokalen Genehmigungen für den Baubeginn einholte. Im weiteren Verlauf der Arbeiten war Benscheidt jedoch immer unzufriedener mit dem Anblick der Gebäude von den angrenzenden Bahngleisen aus. 1911 beauftragte er daher Walter Gropius (1883–1969), der in Zusammenarbeit mit Adolf Meyer (1881– 1929) die Fassaden neu gestaltete und vierteilige Stahlrahmenfenster und ein zweiteiliges Fensterfeld am nordöstlichen Ende einfügte. Das ursprüngliche rechteckige Gebäude mit seiner der Eisenbahnlinie zugewandten Hauptseite im Nordosten und der Stahlskelettfassade von Gropius und Meyer wurde zwischen 1911 und 1912 errichtet. Die Produktionssteigerung innerhalb weniger Jahre erforderte eine deutliche Erweiterung des Hauptgebäudes sowie der Räumlichkeiten für Lagerung, Trocknung und Herstellung. Als Ergebnis entstand ein Erweiterungsbau im Südwesten mit einer neuen Südostfassade, die eine ähnliche gläserne Stahlskelettfassade wie die ursprüngliche Nordostfassade bekam. Die neue Fassade umläuft die Gebäudekante und endet neben dem

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Wiedereinbau der Fensterwand an der Südostfassade, wobei die Stahlrahmen mit Isolierverglasung ausgestattet wurden, 1989.

Südostende des Werks. Während der Sanierungsarbeiten wurde die Stahlrahmenfensterwand entfernt, 1987.

Eingang an der neuen Südwestfassade. Für diese bestehende Frontseite, die ebenfalls von Gropius und Meyer entworfen wurde, ist das Gebäude heute hauptsächlich bekannt.1 Gropius und Meyer hatten bereits im Büro von Peter Behrens an der 1908 entworfenen und 1909 fertiggestellten AEG-Turbinenfabrik in Berlin zusammengearbeitet. Ihr Entwurf für das Fagus-Werk spiegelt einen deutlichen Einfluss durch diesen Bau wider. Zu den besonderen Merkmalen der Turbinenfabrik zählen robuste Sichtbetonpfeiler und schräge Stahlrahmenfassaden, deren Stahlpfosten aus den Fassadenflächen herausstehen. Bei der Lösung für Carl Benscheidts Werk standen hingegen die Stahlrahmenfenster aus den gemauerten Fassadenflächen heraus. Gropius bemerkte später zu ihrem Entwurf: „Die Wände sind lediglich eine Schutzhaut, die, zwischen die Säulen des Skeletts gespannt, vor Witterungseinflüssen, Wärme und Kälte und vor Schall schützen soll.“2 Nikolaus Pevsner schrieb in Bezug auf das Fagus-Werk in Wegbereiter moderne Formgebung: „Zum ersten Mal ist hier eine vollständige Glasfassade verwirklicht“, und dass „dank der neuen Behandlung von Glas und Stahl die übliche Trennung von Äußerem und Innerem aufgehoben ist“.3

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Der Fabrikkomplex ist seit seiner Errichtung in Betrieb geblieben und wurde ziemlich gut gepflegt. Berichten zufolge war das Büro von Gropius bis Mitte der 1920er Jahre an mehreren Reparaturarbeiten beteiligt. Bei einem Besuch von Gropius im Jahr 1951 soll sich der Bau in einem

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Wiedereinbau der Fensterwand an der Südostfecke, an der die originale Einfachverglasung wieder installiert wurde, 1989.

CHRONIK 1911– Bauausführung 1912 1925

Innenausbau und kleinere Ergänzungsbauten

1946

Eintragung als Baudenkmal durch das Land Niedersachsen, um eine Demontage zu verhindern

1974

Änderung des Firmennamens in den noch heute gültigen Namen Fagus-GreCon

1982– 1985

Planung für die denkmalpflegerische Fenstersanierung und Begutachtung durch Experten

1986– Fensterreparatur- und 1990 Austauscharbeiten 2005

Eröffnung der Dauerausstellung im historischen Lagerhaus

2011

Aufnahme in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes

Nordostfassade (rechts) und Südostfassade (links) nach der Sanierung, 2016.

ausgezeichneten Zustand befunden haben.4 Gropius‘ direkte Beteiligung an den ersten Erweiterungsbauten und späteren Änderungen sowie der Umstand, dass der Komplex während beider Weltkriege unbeschädigt blieb und anschließend 1946 von den örtlichen Behörden sofort unter Denkmalschutz gestellt wurde, trugen zu seiner Erhaltung und Bewahrung bei. Ein wirtschaftlicher Abschwung in der Nachkriegszeit beeinträchtigte das Ensemble dennoch. In den 1970er Jahren waren die „auffälligen Roststellen an den Stahlplatten der Fenster” im Außenbereich sowie weitere Anzeichen des Verfalls zu erkennen.5 Im Laufe der Zeit wurden beide Fassaden des Hauptgebäudes einer Entrostung unterzogen und mit Schutzbeschichtungen behandelt. Die ursprünglichen Stahlrahmenfenster wurden durch ähnliche Systeme der Firmen Hirsch und Fenestra ersetzt. Jürgen Götz, der seit 1982 verantwortlicher Ingenieur für die Renovierung des Fagus-Werks war, erstellte eine Zusammenfassung der im Laufe der Jahre durchgeführten Reparaturen, mit zahlreichen Details über Art und Zustand des ursprünglichen Stahlskelettbaus. Darin be-

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FAGUS-WERK  |  ERNEUERUNG

Außendetail der einfach verglasten Fensterwand an der nordöstlichen Ecke nach der Sanierung, 2016.

Innendetail der einfach verglasten Fensterwand des Treppenhauses an der südöstlichen Ecke nach der Sanierung, 2016.

richtete er, dass die Stahlrahmenfenster von Hirsch an der Schnittstelle von vertikalen und horizontalen Profilen korrodiert waren.6 Er stellte auch fest, dass die Stahlelemente entlang der Deckenränder korrodiert waren, ebenso die Profile der Fensterelemente, die durch Rostvortrieb verzogen und teilweise sogar durchgerostet waren. Götz schrieb, dass die Fenestra-Produkte undicht waren und die gesamte Glasfassade sich unter dem hohen Saugdruck des Abluftsystems verformt hatte, welches in der angrenzenden Produktionshalle zum Entfernen der Holzspäne installiert war. Umgekehrt zogen sich die Fensterelemente nach außen, wenn die Türen aufgrund des starken Zuges zugeschlagen wurden. Dies führte zu einer erheblichen Reibung am Ende der Riegel und Pfosten, wodurch die Rostschutzschicht beschädigt wurde und die Stahlkorrosion weiter voranschritt. Vor der Renovierung war das Ausmaß der Korrosion so groß, dass einige Fenster buchstäblich durch den Kitt zusammengehalten wurden. Die Rahmen um die schwenkbaren Stahlfenster rosteten so weit, dass sie nicht mehr geöffnet oder geschlossen werden konnten, was die Gebäudeabdichtung weiter beeinträchtigte.7 Der Bericht stellt ferner fest, dass gusseiserne Brüstungselemente im Heizhaus ausgetauscht worden waren, eine Änderung, die bereits während des Ersten Weltkriegs stattgefunden haben muss. Die Fassade des Treppenaufgangs wurde in den 1950er Jahren ersetzt, offenbar aufgrund von Korrosion und Verformungsschäden. Als im Jahr 1994 die

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Südöstliche Gebäudeecke und Fensterwand nach der Sanierung, 2016.

3 2 1

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7

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Typischer Schnitt der originalen Stahlrahmenfassade von 1925.

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FAGUS-WERK  |  ERNEUERUNG

1 Stahlstütze mit Mauerwerksfüllung 2 Stahlträger mit Betonummantelung 3 Stahlbetondecke 4 Mauerwerkspfeiler aus Ziegel 5 Stahlrahmenfensterwand 6 Vertikaler Stahlrahmenfensterflügel (A: originales Element von 1912; B: Ergänzung von 1925; C: neues Element von ca. 1990) 7 Stahlrahmenfestverglasung (A: originales Element von 1912; B: Ergänzung von 1925; C: neues Element von ca. 1990) 8 Brüstungselement aus Stahl 9 Originale transparente Einfachverglasung 10 Neue Isolierverglasung

9

9 6C

10 9

6B

7C

9

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9

7A

Typische Details der Vorhangfassade: originaler Zustand von 1912 (links), mit Ergänzung von 1925 (Mitte) und erneuerte Baugruppe von 1986–1990 (rechts).

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Beschichtung an einer ausgewählten Stelle in der Fassade entfernt wurde, konnte man erkennen, dass im Laufe der Jahre weitere Eingriffe durchgeführt worden waren, darunter der selektive Austausch einzelner Stahlprofile und -bleche sowie das Hinzufügen von Nieten und Schrauben zur Verstärkung der Fassade rings um die öffenbaren Elemente. Das L-Profil, welches den unteren Abschluss der Fassade bildete, war korrodiert und durch ein kleineres Profil ersetzt worden. Alle diese undatierten Änderungen deuteten darauf hin, dass die Fassade mit ihren ursprünglichen Stahlrahmenfensterelementen bereits kurz nach Fertigstellung fortlaufend gewartet und mehrfach repariert werden musste.8 Laut Götz führten die fortschreitenden Verformungen bis in die 1980er Jahre zu einer durchschnittlichen Glasbruchrate von 40 Scheiben pro Jahr. Neben den oben genannten Bedenken bezüglich der Sicherheit und des Verfalls der Bausubstanz forderten die Nutzer eine Verbesserung des Raumklimas für die seit Jahren zugigen Büros, die großen saisonalen Temperaturschwankungen unterworfen waren. Da inzwischen Holz als Rohstoff für die Stiefelherstellung von Kunststoff abgelöst wurde, standen nunmehr keine Holzreste für die Heizung zur Verfügung und Öl war teuer. Von Anfang an war die kontinuierliche Nutzung des Komplexes eine der Konstanten dieses Gebäudes. Eine Nutzungsänderung für die ursprünglichen Büroflächen war nicht erwünscht.9

DIE INSTANDSETZUNG Bei der Nominierung zum Weltkulturerbe wird darauf hingewiesen, dass die großen Fensterflächen des Hauptgebäudes irreparable Korrosionsschäden aufwiesen und ersetzt werden mussten. Um eine weitere Nutzung der Arbeitsräume im ursprünglichen Sinne zu gewährleisten, musste das Raumklima verbessert werden. So wurde die Wärmedämmleistung der Fassade erhöht, indem die Einscheibengläser durch Isolierverglasungen ersetzt wurden. In den Fluren und Treppenhäusern wurden „[r]estaurierte Fensterelemente mit der ursprünglichen Einfachverglasung und den originalen Beschlägen ... wieder eingebaut.“10 Für die Reparatur- und Austauscharbeiten im Fagus-Werk wurden Gestaltungskriterien erarbeitet. Diese waren so angelegt, dass eine Wiederverwendung der Stahlrahmenelemente ermöglicht wurde und der feine ästhetische Unterschied zwischen der ursprünglichen Nordostfassade und der Südostfassade des Erweiterungsbaus erhalten blieb. Anhand der Kriterien sollte auch gewährleistet werden, dass sichtbare Veränderungen nur im Innenbereich erfolgten. Die Anzahl, Lage und Bedienbarkeit der Fenster sollte beibehalten werden, die Farbe und Spiegelungsart des Originalglases sollte so weit wie möglich nachgeahmt und eine Schutzbeschichtung in der ursprünglichen Farbgebung des Glases vorgesehen werden.11 Das erste, 1985 von Jörn Behnsen vorgelegte Erhaltungskonzept, das den Instandsetzungskriterien folgte, sah einen vollständigen Aus-

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Detailansicht der neueingesetzten mehrfachverglasten Fensterelemente an der Südostfassade, 2016.

Innenansicht mit Blick auf die bestehende, einfach verglaste Stahlrahmenfensterwand des südöstlichen Ecktreppenhauses, 2016.

FAGUS-WERK  |  ERNEUERUNG

Detailansicht der neu eingesetzten mehrfach verglasten Fensterelemente an der Südostfassade, 2016.

tausch der Verglasungen vor. Die Denkmalschutzbehörde lehnte dies ab und machte geltend, dass einige der vorhandenen Komponenten zu erhalten waren. Im selben Jahr wurde vor Ort eine Gutachterrunde einberufen, an der verschiedene Restaurierungsexperten und Historiker teilnahmen, die sich übereinstimmend für den Erhalt und den Wiedereinbau der ursprünglichen Fensterelemente aussprachen, soweit die Möglichkeit dafür gegeben war. Die Fabrikeigentümer stimmten dem zunächst für das südöstliche Treppenhaus und später für die nur wenig genutzten Konferenzräume an der nordöstlichen Ecke zu.12 Die ursprünglichen Stahlrahmenfenster mit Einfachverglasungen blieben somit an beiden Endfeldern der Südostfassade erhalten, die aus Teilen der ursprünglichen Fassade und der späteren Erweiterung durch Gropius und Meyer besteht. In den übrigen Fensterfeldern wurden die Einfachverglasungen durch Isolierverglasungen ersetzt.

SCHLUSSFOLGERUNGEN Eines der markantesten Merkmale des Fagus-Werks ist – neben den lichtdurchlässigen Fensterelementen – die Tatsache, dass es seit seiner Erbauung durchgängig in seiner ursprünglichen Bestimmung genutzt wurde. Diese niedrige, unauffällige, mittelgroße, familiengeführte Fabrikanlage am Bahngleis, inmitten eines Industriegebietes, scheint heute das gleiche einzigartige Ortsgefühl zu vermitteln wie bei seiner Eröffnung vor mehr als einem Jahrhundert. Diese Kontinuität wird ergänzt

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Außenansicht der bestehenden, einfach verglasten Stahlrahmenfensterwand des südöstlichen Ecktreppenhauses, 2016.

Stahlrahmenfensterwand der Werkstatt an der Südwestfassade, 2016.

PROJEKTDATEN

1982–1990 INSTANDSETZUNGEN

Fagus-Werk (1912/1925) Alfeld an der Leine, Deutschland

Eigentümer GreCon

ORIGINALE ­KONSTRUKTION Architekten Walter Gropius und Adolf Meyer

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Auftraggeber Institut für Denkmalpflege Hannover Architekten Architekturbüro Wilfried Köhnemann (AWK)

Mitwirkender Architekt Jörn Behnsen Tragwerksplaner Jürgen Götz

FAGUS-WERK  |  ERNEUERUNG

Südost- und Südwestfassaden nach der Sanierung, 2016.

ANMERKUNGEN

durch Anpassungen an zeitgemäße Anforderungen, insbesondere im Bereich der Glasfassade. Bei der Sanierung der originalen Einfachverglasung an den Endfeldern wird die ursprüngliche Entwurfsabsicht dort erhalten, wo sie die größte Wirkung entfaltet: im Bereich der Gebäudeecken. Die Entscheidung, die ursprüngliche Einscheibenverglasung an den Eckbereichen wiedereinzusetzen und die Felder dazwischen mit Isolierverglasung auszufüllen und dann durch Markisen eine nach außen einheitliche Gestaltung der Fenster zu erzielen – ganz ohne die Sichtlinien und die Struktur der ursprünglichen Fensterelemente zu verändern –, ist sowohl unter technischen als auch denkmalpflegerischen Aspekten gelungen. Das historische Erscheinungsbild des Gebäudes wird so authentisch präsentiert und seine kulturelle Bedeutung als Meilenstein der Architektur der Moderne vermittelt. Zugleich erlaubte die gewählte Vorgehensweise, das Raumklima der Büros zu verbessern, wo ein guter Raumkomfort für die Nutzer vorrangig ist. Für die Verkehrsflächen wurde ein weniger strenger Ansatz umgesetzt, da die Menschen sich dort bewegen oder nur für kurze Zeit aufhalten. Darüber hinaus werden diese subtilen Eingriffe im museumspädagogischen Konzept erklärt und erläutert. Den Besuchern wird aufgezeigt, wie die Veränderungen dazu beitragen, die kulturelle Bedeutung des Entwurfs von Gropius und Meyer herauszustellen.

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1 Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur und Landesamt für Denkmalpflege, Nominierung für die Aufnahme in die UNESCO-Welterbeliste: Das Fagus-Werk in Alfeld, September 2009, abgerufen am 23. Januar 2019, http://whc.unesco.org/ uploads/nominations/1368.pdf. 2 Walter Gropius, Die neue Architektur und das Bauhaus (Mainz: Florian Kupferberg, 1965), S. 10–11. 3 Nikolaus Pevsner, Wegbereiter moderner Formgebung – Von Morris bis Gropius (Köln: DuMont, 2002), S. 211. 4 Jürgen Götz, „Das Fagus-Werk als Pflegefall”, in Fagus: Industriekultur zwischen Werkbund und Bauhaus, Hg. Annemarie Jaeggi (Berlin: Jovis, 1998), S. 133. 5 Götz, „Das Fagus-Werk als Pflegefall”, S. 133. 6 Ebd., S. 134. 7 Ebd., S. 137. 8 Ebd., S. 137. 9 Ebd., S. 139. 10 Wolfgang Kimpflinger, Wolfgang Neß, Reiner Zittlau, Das Fagus-Werk in Alfeld als Weltkulturerbe der UNESCO: Dokumentation des Antrag­verfahrens (Hannover: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, 2011), S. 33. 11 Götz, „Das Fagus-Werk als Pflegefall”, S. 140. 12 Ebd., S. 140.

Sanatorium Zonnestraal Hilversum, Niederlande Jan Duiker, Bernard Bijvoet und J. G. Wiebenga, 1928–1931

Einfahrt durch das Hauptgebäude am ehemaligen Sanatorium Zonnestraal in Hilversum, Niederlande, um 1928.

Ehemalige Einfahrt durch das Hauptgebäude, Mitte der 1980er Jahre.

Das Sanatorium Zonnestraal, also das „Sonnenstrahl-Sanatorium“, befindet sich am Stadtrand von Hilversum, etwa 30 Kilometer von Amsterdam entfernt. Die medizinische Einrichtung wurde 1925–1926 vom niederländischen Architekten Jan Duiker (1890–1935) in Zusammenarbeit mit dem Architekten Bernard Bijvoet (1889–1979) und dem Statiker Jan Gerko Wiebenga (1886–1974) entworfen. Der 1931 fertiggestellte Komplex wurde für die Gewerkschaft der Diamantarbeiter in Amsterdam als Übergangseinrichtung gebaut, mit der Erwartung, dass man innerhalb der nächsten 30 bis 50 Jahre eine Heilung für Tuberkulose finden würde. Bevor 1946 wirksame Heilmittel auf der Basis von Antibiotika entdeckt wurden, war die Begründung für den Bau von Sanatorien an abgelegenen Orten, dass man die Einwirkung von Sonne und frischer Luft als eine wirksame Behandlung der Tuberkulose erachtete. Die abgelegenen Standorte sorgten ebenfalls dafür, dass kranke Menschen abseits des mit der infektiösen Lungenerkrankung verbundenen Stigmas behandelt werden konnten.1 Die Gestaltung des Hauptgebäudes, der angrenzenden Flügel und Pavillons basiert auf einer schlanken Stahlbetonkonstruktion mit konisch zulaufenden Kragbalken an den Außenseiten, die dazu beitragen, die Sonneneinstrahlung und das Tageslicht durch die umlaufenden Stahlrahmenfensterbänder und Glasfassaden zu maximieren. Um die Baukosten zu minimieren und den temporären Aspekt zu berücksichtigen, wurden die Fensterbänder und Glasfassaden ohne galvanische Beschichtung ausgeführt. Es war Teil des Genesungsprogramms der Patienten, die Stahlrahmen vor Korrosion zu schützen, indem man sie regelmäßig lackierte.2 Die Fensterbänder des 1928 fertiggestellten Hauptgebäudes wurden ursprünglich aus flachen 25 mm tiefen Stahl-

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Ehemaliger Pavillon als Ruine, 2002.

Innenansicht des Erdgeschosskorridors mit Wänden in schlechtem Zustand, verzogenen Stahlrahmenfenstern und Glasbruch, 1983.

Detailansicht der Fassade des Korridors mit korrodierten Stahlfensterrahmen, verzogenen Fensterflügeln aus Stahl und Glasbruch, 1983.

rahmen und 4 mm starken, gezogenen Glasscheiben hergestellt. Das Glas zeichnete sich durch ein wellenförmiges Oberflächenbild aus, welches durch die Rollen entstand, die während des Herstellungsprozesses verwendet wurden. Diese Stahlrahmenfensterbänder wurden von einem 76 mm breiten Stahlträger (INP-8) getragen. Das Sanatorium Zonnestraal ist eines der bedeutendsten Beispiele der frühen niederländischen Moderne. Es zeichnet sich durch seine einfachen, schlichten Fassaden aus, die durch Stahlbetoneinfassungen und Kragdächer gekennzeichnet sind, welche wiederum modulare Öffnungen definieren, die mit großen, durchgehenden, stahlgerahmten Fensterbändern und Glasfassaden versehen sind. Der Komplex ist eine Verkörperung von Duikers Ideen über die spirituelle Ökonomie effizienter moderner Entwurfsformen und die Beziehung zwischen der Form eines Gebäudes und seiner Lebensdauer. Das Sanatorium Zonnestraal ist eines der signifikantesten Gebäude, das die Moderne in den Niederlanden hervorgebracht hat.

Detailansicht der Fassade des Korridors mit korrodierten Stahlfensterrahmen und abstehenden, vertikalen Abdeckprofilen, 1983.

CHRONIK 1928

Fertigstellung des Hauptgebäudes

1931

Fertigstellung des Gebäude­ komplexes

1950

Schließung des Sanatoriums

1957

Umwandlung des ehemaligen Sanatoriums in ein Krankenhaus

1982

Aufgabe des Sanatoriums; viele Fenster zerbrochen, Beton vollständig der Witterung ausgesetzt

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG

1993

Räumung des Komplexes

Die Stahlrahmenfenster von 1928 wurden nur auf drei Seiten (oben, unten und von einer Seite) gerahmt. Dieses unkonventionelle Rahmensystem aus flachen Profilen berücksichtigte weder eine ausreichende Einbautoleranz noch ermöglichte es die Dehnungsbewegungen des Stahls. Dies führte zu übermäßiger Krümmung der Querträger, zum Verziehen der Fensterrahmen und zu Glasbruch an den 1,5 m breiten Kippfenstern. Um diese Mängel zu beheben, wurde mit dem Wachstum des Komplexes die Konstruktion der Stahlrahmenglasfassaden weiterentwickelt. Spätere Pavillons, 1931 fertiggestellt, wurden mit standardmäßigem, vierseitigem Stahlrahmen gebaut, der aus breiteren und steiferen 38-mm-Profilen bestand. Es handelte sich nun auch um Flügelfenster anstelle von nach unten gerichteten Kippfenstern, und es erwies sich, dass sich diese Bauelemente besser für die Höhe der Vorhangfassaden an der Treppe sowie für die jeweilige Größe und Gesamtlänge der Fensterbänder und Glasfassaden eigneten.3 Das Sanatorium war bis 1950 in Betrieb und schloss vier Jahre nach Entdeckung einer wirksamen Antibiotika-Behandlung gegen Tuberku­

1995

Masterplan durch Hubert-Jan Henket Architects

1998

Gebäudeentkernung, Abriss vieler Anbauten zur Freilegung der ursprünglichen Substanz

2000

Erteilung der Genehmigung zum Entfernen von Bodenbelägen und Decken

2001– 2003

Innere und äußere Restaurierung des Hauptgebäudes

2002

Restaurierung der ersten drei Werkstätten

2006

Renovierung der vierten Werkstatt

2011

Aufnahme in die Vorschlagsliste der Niederlande für die Nominierung als Weltkulturerbe durch das UNESCO-Weltkulturerbezentrum

177

Neue Einfachverglasung aus eisenoxidarmem, gezogenem Flachglas an der Stahlrahmenfensterwand, 2016.

lose – somit deutlich früher, als es der ursprünglich erwarteten Lebensdauer entsprach. Im Jahr 1957 wurde es in ein allgemeines Krankenhaus umgewandelt und verschiedene nachträgliche Anbauten machten das ursprüngliche Hauptgebäude und die lichtdurchfluteten Pavillons unkenntlich. Nach der Aufgabe des Krankenhauses 1993 blieben Gebäude und Gelände praktisch ungenutzt. Es folgte ein starker Verfall der Bausubstanz. Zur Jahrtausendwende waren die meisten Glasscheiben nicht mehr vorhanden und die Stahlrahmenkonstruktionen waren aufgrund von Rostbefall stark korrodiert, verbogen oder zerbrochen. Die Gebäude waren mit Vegetation zugewachsen und sämtliche Innen- und Außenanstriche waren verschmutzt und beschädigt. Die Betonkonstruktion wies Abplatzungen, Risse und Absenkungen durch Witterungseinflüsse auf und war an mehreren Stellen eingestürzt.

DIE INSTANDSETZUNG Im Jahr 1995 wurde ein vom Büro des Architekten Hubert-Jan Henket entwickelter Restaurierungsmasterplan zur Sanierung des Komplexes zu einem Gesundheitszentrum vorgestellt. Die Restaurierung wurde später unter der Leitung von Wessel de Jonge Architecten BNA B. V. in Zusammenarbeit mit dem Landschaftsarchitekten Alle Hosper durchgeführt.4 Gemäß dem Masterplan wurden die ursprünglichen Werkstätten von 1928 in den Jahren 2000–2002 renoviert, um als Klinik für Adipositas-Behandlungen zu dienen. Das Hauptgebäude wurde in den Jahren 2000–2003 saniert, um eine Rehabilitationsklinik für Sportverletzungen mit einem Konferenzzentrum im Obergeschoss der Haupthalle unterzubringen. Die Renovierungen umfassten umfangreiche Re-

178

Eckdetail der restaurierten Stahlrahmen-Fensterwand mit eisenoxidarmem, gezogenem Flachglas, 2016.

SANATORIUM ZONNESTRAAL  |  ERNEUERUNG

paraturen an der Fassade und die Wiederherstellung der Originalfarbe an den erneuerten Stahlrahmen. Am Hauptgebäude konnte ein Teil der ursprünglichen Stahlrahmen­ fensterbänder nicht erhalten werden, aufgrund des fortgeschrittenen Verfalls und der Tatsache, dass die für ein angemessenes Raumklima erforderliche Doppelverglasung nicht in die ursprünglichen 25 mm brei­ ten Profile eingepasst werden konnte. Die neuen, nicht thermisch ent­ koppelten Ersatzeinheiten bestehen aus etwas dickeren Profilen von 32–37 mm, ähnlich den verbesserten ursprünglichen Stahlrahmen, die bei den 1931 fertiggestellten Pavillons eingebaut wurden. Im Gegensatz zu den ursprünglichen Einheiten von 1928 hat jedoch jede Festvergla­ sung und jeder bewegliche Flügel einen eigenen Rahmen. Um minima­ le Montagetoleranzen zu ermöglichen, sind die neuen Back-to-BackRahmen an den Pfosten durch einen 3 mm breiten Spalt getrennt, was auch Dehnungsbewegungen der Stahlkonstruktion ermöglicht. Diese schmale Fuge ist mit Dichtstoff gefüllt und so gestaltet, dass sie eine subtile Unterscheidung zu den Originalbaugruppen ermöglicht.5 Die Stahlrahmen und der Fensterkitt wurden mit der ursprünglichen him­ melblauen Farbe gestrichen, die mit Hilfe einer historischen Farbanaly­ se bestimmt wurde. Das neue Glas entsprach dem Erscheinungsbild des ursprüng­ lichen gezogenen Glases mit seiner leicht gewellten Oberfläche und den daraus resultierenden vertikalen Verzerrungen. Es wurde in Litauen produziert, hergestellt aus eisenoxidarmem Sand, der in Westeuropa nicht mehr in großen Mengen im Handel erhältlich ist. Die neuen Schei­ ben entsprachen nicht nur in ihrer Oberfläche den Eigenschaften des ursprünglichen gezogenen Glases, sondern auch hinsichtlich der opti­ schen Eigenschaften durch ihre Farblosigkeit. Einfachverglasungen wurden entlang von Fluren und Treppenhäusern installiert, wo eine ge­ ringere Leistung der Gebäudehülle tolerierbar war. An den Arbeitsplät­ zen, an denen eine höhere Leistungsfähigkeit der Gebäudehülle erfor­ derlich ist, wurden flache, 12  mm dicke Isolierverglasungen am erneuerten Stahlskelett installiert. Die Zusammensetzung der neuen Isolierverglasungen, die von einem belgischen Hersteller montiert wur­ den, umfasst das gleiche eisenoxidarme Glas aus Litauen als Außen­ scheibe und das eisenoxidarme Starphire-Floatglas von PPG aus den USA. Die beiden Scheiben sind mit einem neutralen grauen U-PVC„Abstandhalter“ aus Italien hermetisch versiegelt.6

Detailansicht der thermisch nicht entkoppelten Stahlrahmenfenster mit etwas dickeren, neuen Isolierglasscheiben, die dem Original von 1928 ähnlich sind, 2016.

Typische Licht- und Sichtverzerrungen durch den Rollenwelleneffekt des neuen, gezogenen Flach­ glases an einer Stahlrahmenbrüstung, 2016.

SCHLUSSFOLGERUNGEN Die Restaurierung dieses bedeutenden Komplexes der Moderne stand vor der Herausforderung, eine Lösung für den temporären Charakter des ursprünglichen Designs zu finden. Der für die jeweiligen Gebäude gewählte Ansatz ergab sich aus einer sorgfältigen Betrachtung der vor­ handenen Gegebenheiten, dem Grad der Unversehrtheit des Materials und der architektonischen Bedeutung. Die Entscheidungen wurden von einer Reihe von Instandhaltungsmodellen geleitet, die für das Projekt entwickelt wurden und welche die architektonische und historische

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Erneuerung mit thermisch nicht entkoppelten Stahlrahmen mit neuen Einfachverglasungen entlang des Korridors, 2016.

2

3 4

5

6

7

1

Typischer Schnitt der originalen Stahlrahmenfassade von 1928.

180

SANATORIUM ZONNESTRAAL  |  ERNEUERUNG

8

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7

3

7

6B 4

7

7

7

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4

7

Typische Details der Stahlrahmenfassade vor (links) und nach (rechts) der Sanierung.

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1 Stahlbetondecke 2 Stahlbetondachdecke 3 Pfosten der Stahlrahmenglasfassade 4 Riegel der Stahlrahmenglasfassade 5 Sprossen der Stahlrahmenglasfassade 6 Stahlrahmenfenster (A: Original­ konstruktion von 1928; B: neues Element ähnlich der Bauart von 1931) 7 Transparente Einfachverglasung 8 Neue, transparente Isolierverglasung

Außenansicht nach den Sanierungsarbeiten und Ergänzung eines neuen gläsernen Aufzugsschachts, 2016.

Wahrnehmung (sensorische Wahrnehmung und Wahrnehmung originaler Substanz) gegenüber der Gebrauchsleistung (Funktionalität, Komfort und Bewirtschaftung) abwägten.7 Dieser vorbildliche methodische Ansatz ist eine Herangehensweise, die bei Instandhaltungen an Gebäuden der Moderne aufgegriffen werden sollte, bei denen die Bewältigung der funktionalen Überalterung im Vordergrund steht und Abwägungen zwischen Authentizität und Leistung getroffen werden müssen. Bei den verglasten Bauelementen wurde mit der Entscheidung, auf die ursprüngliche Konfiguration des Stahlrahmensystems von 1928 am Hauptgebäude zu verzichten und ein neues System ähnlich dem System der Pavillons von 1931 zu installieren, die richtige Balance zwischen Komfort und Optik gefunden. Die Verwendung von eisenoxidarmem, gezogenem Glas bei Einfach- und Isolierverglasungen zeigt das Engagement, sowohl die ursprüngliche Entwurfsabsicht zu wahren als auch Mindestanforderungen an Langlebigkeit und Systemintegrität zu erfüllen. Zudem wird das Erleben des Besuchers gesteigert, da die wel-

Restaurierte, thermisch nicht entkoppelte Stahl­ rahmenfensterwand mit neuem Einscheibenglas in einem Treppenaufgang, 2016.

PROJEKTDATEN Sanatorium Zonnestraal (1928–1931) Hilversum, Niederlande

ORIGINALE ­KONSTRUKTION

1998–2006 INSTANDSETZUNGEN

Architekten Jan Duiker und Bernard Bijvoet

Bauherr Landgoed Zonnestraal BV

Statiker Jan Gerko Wiebenga

182

Architekten Hubert-Jan Henket, Bierman Henket Architecten Wessel de Jonge, Wessel de Jonge Architecten

SANATORIUM ZONNESTRAAL  |  ERNEUERUNG

Blick auf die restaurierten Stahlrahmenfassaden mit Einfachverglasungen der vertikalen Verkehrsräume und der angrenzenden Pavillons, 2016.

lenförmigen vertikalen Verzerrungen der großen Glasfassaden einzigartig sind und ein beeindruckendes Bild schaffen. Der denkmalpflegerische Ansatz, der die Bausubstanz und das historische Erscheinungsbild der Fassaden bewahrt, ergänzt die neuen innenarchitektonischen Programme des ehemaligen Sanatoriums. Dies ist dort spürbar, wo die inneren – moderat temperierten – Verkehrsflächen entlang der äußeren Gebäudehülle platziert wurden, um möglichst viel Einfachverglasung zu ermöglichen. Es zeigt sich auch darin, dass der Umfang der neuen Isolierverglasungen auf eine von den Ecken abgewandte Fensterfläche beschränkt wurde, was eine entsprechende Wahrnehmung der Schwerelosigkeit und der visuellen Transparenz ermöglicht. Diese Lösung betont die ursprünglichen Stahlrahmeneck­ details als wertvolle charakterbestimmende Merkmale, die zur Bedeutung des Komplexes innerhalb des niederländischen und globalen Kontexts beitragen. Die Instandsetzungsmaßnahmen waren nicht nur restaurativ, sondern es wurden bei Bedarf dezent neue Elemente eingeführt. Im ehemaligen Speise- und Bühnenraum im zweiten Stock des Hauptgebäudes wurden neue Stoffvorhänge angebracht. Diese und andere Neuerungen, wie der neue, verglaste Aufzugsschacht im Hauptgebäude und die neuen Stahlrahmenverbindungen zwischen den Werkstätten, sind mit einem minimalistischen Ansatz konzipiert. Diese Gestaltungsentscheidungen zielen nicht nur darauf ab, die Authentizität der Bausubstanz auszudrücken, sondern verfolgen auch die Eleganz und Feinheit des ursprünglichen Entwurfs. Die Wiedergeburt von Zonne­ straal und die sorgfältige Balance des restaurierten Gebäudes zwischen Authentizität und Funktionalität wurden international vielfach beachtet. Die Instandsetzung des Komplexes ist auch ein besonders gelungenes Beispiel dafür, wie sich die Frage der funktionalen Überalterung erfolgreich beantworten lässt, indem man Denkmalschutz- und Sanierungspläne aufstellt, die sich gegenseitig ergänzen, in Phasen umgesetzt werden und jedem Raum geeignete neue Programme zuordnen.

183

ANMERKUNGEN 1 Wessel de Jonge, „Zonnestraal: Restoration of a Transitory Architecture – Concept, planning and realization in the context of its authenticity” (Abhandlung für die Beratungen des Siebten Internationalen DOCOMOMO-Technologie-­ Seminars in der Viipuri-Bibliothek, Wyborg, Russland, 18.–19. September 2003), S. 2. 2 Ebd., S. 4. 3 Ebd., S. 4–5. 4 Ebd., S. 6. 5 Ebd., S. 8. 6 Ebd., S. 9. 7 Paul Meurs und Marie-Thérèse van Thoor (Hrsg.), Zonnestraal Sanatorium: The History and Restoration of a Modern Monument (Rotterdam: NAi Publishers, 2011), S. 181.

Cité de Refuge Paris, Frankreich Le Corbusier und Pierre Jeanneret, 1933/1953

Ansicht der ursprünglichen Stahlrahmenfassade mit Einscheibenverglasung der Obdachlosenunterkunft Cité de Refuge in Paris, Frankreich, mit unterschiedlichen Glaskombinationen (Drahtglas, transparentes und mattes Glas) und Fensterelementen (innenliegende Verschattungselemente und Vorhänge) in offener und geschlossener Position, ca. 1933.

Blick auf die ursprüngliche Stahlrahmenfassade mit Einscheibenverglasung und den Schiebefenstern, die zur Verbesserung des Bedienkomforts nachgerüstet wurden, um 1935.

Die Cité de Refuge ist ein Obdachlosenheim in Paris, das von den schweizerisch-französischen Architekten Le Corbusier (1887–1965) und Pierre Jeanneret (1896–1967) für die Heilsarmee entworfen wurde. Der Komplex nimmt das Gelände eines dreieckigen Häuserblocks im 13. Arrondissement ein, der Haupteingang befindet sich in der Rue Cantagrel. Von dort führen ein eleganter, erhöhter Portikus und eine überdachte Brücke in das Foyer, das seinerseits zum Hauptsaal und zum angrenzenden siebenstöckigen Wohnheim mit den Speisesälen und anderen Versorgungsbereichen in den unteren Stockwerken überleitet. Ein zweistöckiges Penthouse auf dem Dach mit kleineren Räumen für Mütter mit Kindern ist von der Hauptfassade des Wohnheims zurückgesetzt. Die zickzackförmigen Außenwände mit den nach Süden ausgerichteten Stahlskelettfensterwänden sind von der Rue Cantagrel aus sichtbar. Am östlichen Ende des Wohnheimgebäudes bietet eine schmale, kaskadenartige Fassade an der Rue Chevaleret sowohl eine Zufahrt für Fahrzeuge als auch den Zugang für Fußgänger in das Erdgeschoss und die Tiefgarage. Le Corbusier verwendete für verschiedene Bereiche der Fassaden unterschiedliche Glaselemente (Drahtglas an den Brüstungspaneelen, transparentes oder mattiertes Glas im Mittelteil und Ornamentglas in den Oberlichtern). Dabei experimentierte er mit Transparenz und Lichtdurchlässigkeit, um der großen Glasfläche eine o ­ ptische Ordnung zu verleihen und den Bewohnern etwas Privatsphäre zu bieten.1

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Ursprüngliche Vorhangfassade mit Kriegsschäden, ca. 1944.

Neue Fassade mit dem betongerahmten Raster aus Sonnenschutzelementen (Brise Soleil), den Holzrahmenschiebefenstern und einer neuen Stahlrahmenfensterwand im Penthouse, ca. 1953.

Jahrzehntelang beschrieben Architekturkritiker und Historiker die Gestaltung der ursprünglichen Fassaden als zwei parallel verlaufende, feststehende, gläserne Hüllen aus Einfachverglasung auf einer Stahlskelettstruktur mit einem mechanisch belüfteten, hermetisch abgeschlossenen Zwischenraum, was als mur neutralisant oder „neutralisierende Wand“ bezeichnet wurde.2 Untersuchungen im Vorfeld der jüngsten Gebäuderenovierung ergaben jedoch, dass die ursprüngliche Süd- und Ostfassade in Wirklichkeit aus einer einzigen Stahlskelettfassade ohne Öffnungen bestand.3 Das hauseigene Belüftungssystem sollte eigentlich gereinigte Druckluft mit einer konstanten Temperatur in das Gebäude einblasen, um einen Effekt zu erzielen, den Le Corbusier „exaktes Atmen“ für eine „Fabrik zum Wohlbefinden“ nannte.4 Aufgrund der beschränkten finanziellen Möglichkeiten der Heilsarmee wurde jedoch eine reduzierte Version des Belüftungssystems eingebaut. Dies beinhaltete Niederdruckdampfheizkreise, verzichtete aber auf die Klimaanlage.5 Die Fassadenarbeiten wurden an zwei verschiedene Auftragnehmer vergeben – die schmale, nach Osten ausgerichtete Fassade an der Rue Chevaleret an die Firma Dubois & Lepeu (D&L) aus Paris, welche standardmäßige U-, L-, T- und Z-förmige Stahlprofile verwendete. Entlang der Rue Cantagrel (Südseite) verwendete die Firma Menuiseries Métalliques Modernes (MMM) aus Reims steifere und teurere 32 mm breite warmgewalzte Stahlprofile für die große Fassade des Wohnheims. Archivrecherchen kamen zu dem Schluss, dass die Verwendung dieser ungleichen Profilsysteme zu den sehr unterschiedlichen Ergebnissen führte. Während die von MMM an der großen Südfassade installierten warmgewalzten Stahlrahmen die Anforderungen an Stabilität und Witterungsbeständigkeit des Projekts erfüllten, mussten die von D&L an der schmalen Ostfassade eingebrachten Rahmen aus Standardprofilen nachträglich ausgesteift werden.6 Der Mangel an öffenbaren Fenstern auf der nach Süden ausgerichteten Glasfassade führte zu einem Treibhauseffekt, der im Winter tolerierbar, aber im Sommer unerträglich war. Als Reaktion auf Beschwerden des Betreibers wurden auf der Innenseite der Vorhangfassade innenliegende Holzschiebeläden und Vorhänge angebracht, die einen Sonnen- und Sichtschutz bie-

185

CHRONIK 1929

Erste Entwürfe

1930

Baugenehmigung für die ersten drei Etagen: Angabe, dass öffenbare Fenster eingebaut werden sollen

1931

Erteilung der kompletten Baugenehmigung

1933

Eröffnung der Cité de Refuge

1944

Zerstörung der Glasfassade durch Bomben im Zweiten Weltkrieg

1948– 1953

Abschluss der ersten Restaurierung des Gebäudes mit neuer Fassade

1973– 1977

Abschluss der zweiten Restaurierung

1975

Teile der Cité de Refuge unter Denkmalschutz gestellt

1975

Fertigstellung des Centre- EspoirAnbaus

1986– 1991

Abschluss der dritten Restaurierung

2014

Abschluss 1. Phase der Restaurierung – Centre Espoir

2015

Abschluss 2. Phase der Restaurierung – Cité de Refuge, mit Beratung durch den archäologischen und wissenschaftlichen Begleitausschuss

Ansicht der erneuerten Stahlrahmenfensterwände im Penthouse und im Erdgeschoss und der weißen Verschattungselemente aus Beton (Brise Soleils), ca. 1975.

ten sollten. Nach einem Jahr andauernder Beschwerden der Nutzer – vor allem des Tagespersonals und der alleinerziehenden Mütter, die ihre Babys betreuten – und auf Anraten von Lüftungs- und Klimaanlagenspezialisten installierte die Heilsarmee gegen die Bedenken von Le Corbusier Schiebefenster im obersten Stock der Südhauptfassade und in einzelnen Räumen.7 1944 zerstörte eine Bombe die gesamte Glasfassade und beendete die kurze Lebensdauer der ursprünglich 1.000 Quadratmeter großen Stahlskelettfassade, die in dieser Größe die erste ihrer Art in Europa war. Der Umfang der ersten Nachkriegsrestaurierung von 1948 bis 1953 umfasste unter anderem eine neu gestaltete Fassade. 1950 bot sich Le Corbusier an, einen Ersatz für die ursprüngliche Vorhangfassade zu entwerfen. Sein neuer Entwurf verwandelte den größten Teil der großen Südfassade entlang der Rue Cantagrel in ein betongerahmtes Raster aus Brise Soleils. Mit einer Tiefe von nur 46 cm boten diese jedoch keinen optimalen Sonnenschutz.8 Hinter diesem Raster befand sich nun eine konventionelle Fassade mit Holzrahmenfenstern, die auf leichten Mauerwerksbrüstungen aufsaßen. Sie sind in der Mitte festverglast und haben im oberen Bereich ein kleines öffenbares Kämpferfenster. Le Corbusier erneuerte die kleinere (nach Osten ausgerichtete) Vorhangfassade zur Rue Chevaleret durch eine ähnliche Fassade.9 Einige der ursprünglichen Stahlrahmenfensterwände des Penthouses und die Fassade im Erdgeschoss neben der Einfahrt für Fahrzeuge blieben erhalten. 1952, enttäuscht von der Farbwahl des Kunden für die Fassadenelemente, kündigte Le Corbusier den Vertrag. Erst kürzlich wurden die Ersatzfassaden der Nachkriegszeit von 1953 in Fachkreisen und in der Öffentlichkeit als originale Elemente des Gebäudes anerkannt, die auch heute noch das Erscheinungsbild und den Charakter der Cité de Refuge bestimmen.10 Dieser Umstand hat auch eine Diskussion darüber

186

Verblassende Farben und Verschmutzung des Betons an der erneuerten Fassade von 1953, ca. 1975.

Portikus und Stahlbetonfassade, 2018.

CITÉ DE REFUGE  |  ERNEUERUNG

Die Penthouse- und Erdgeschossfassaden entlang der Rue Cantagrel (Südseite) mit den neuen Stahlrahmen, die dem Originalzustand von 1933 entsprechen, 2018.

ausgelöst, welches der Fassadensysteme (Stahl- oder Holzrahmen) bei der aktuellen Restaurierung zum Einsatz kommen sollte.

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Nach 1953 wurden über zwei Jahrzehnte keine größeren Instandhaltungsarbeiten am Gebäude durchgeführt, und so verfiel es zunehmend. Im Rahmen einer zweiten Restaurierungsaktion von 1973 bis 1977 wurden ursprüngliche Elemente wie auch Ersatzelemente, die aus der Zeit nach dem Krieg stammten, ohne eine „einheitliche Methodik und genaue historische und Materialkenntnisse“ repariert und ersetzt.11 Diese Arbeiten umfassten auch leichte Veränderungen an den Holzrahmen, um Öffnungsflügel in die Fenster einzusetzen. Die Fassaden von 1953, das Dachpenthouse und die Haupthalle wurden 1975 unter Denkmalschutz gestellt, um das Gebäude und seine charakteristischsten Merkmale zu schützen.12 Im selben Jahr wurde von den Architekten Georges Candilis und Philippe Verrey ein Nebengebäude errichtet, das Centre Espoir, um die Kapazitäten der Cité de Refuge zu erhöhen. Im zweistöckigen Penthouse blieb ein Teil der ursprünglichen Stahlrahmenfenster erhalten, erst 1975 wurden sie durch ähnliche Stahlrahmenprofile ersetzt. Diese und das 1975 entstandene Stahlrahmensystem im Erdgeschoss wurden bis 2013 beibehalten.13 Die ursprüngliche Niederdruckdampfkreislaufheizung wurde ebenfalls durch eine konventionelle Warmwasseranlage mit Heizkörpern ersetzt.

187

Bei der Restaurierung der Brise Soleils aus Beton im Jahr 2015 wurden die farbigen Brüstungselemente und die Holzrahmenfenster, wie sie von Le Corbusier 1953 entworfen wurden, wiederhergestellt, jedoch unter Verwendung von Isolierverglasung und der Beibehaltung der funktionsfähigen Kämpferfenster aus der Instandsetzung von 1975, 2018.

Detailansicht der Fassade zur Rue Chevaleret (Osten) nach der Instandsetzung von 2015, Aufnahme von 2018.

Blick auf die neuen Stahlrahmenfenster im Penthouse mit transparentem und mattiertem Glas und die restaurierte Stahlbetonfassade darunter mit den nachgerüsteten Schiebefenstern aus Holz, 2018.

Die Fassade wurde durch einen Anstrich der Brise Soleils und die Rekonstruktion des Eingangsbereichs weiter beeinträchtigt.14 Die Fassade wurde nach einem Farbentwurf gestrichen, der sich nur lose an das Projekt von Le Corbusier aus dem Jahr 1952 anlehnte. Die dritte Instandsetzung von 1986 bis 1991 zielte auf die Umsetzung neuer Bauvorschriften ab, wurde jedoch wiederum ohne denkmalpflegerische Begleitung durchgeführt. Dies führte zu erheblichen Veränderungen in konzeptueller und materieller Hinsicht – und war vor allem kaum mit der Fondation Le Corbusier abgestimmt. 1988 wurden die Holzrahmen entlang der Rue Chevaleret (Ostseite) und der Rue Cantagrel (Südseite) durch Aluminiumschiebefenster ersetzt. Die Mauerbrüstungen wurden mit Aluminiumpaneelen und die Fensterbänke mit Blechen abgedeckt. 15 In den darauffolgenden Jahren führten Materialabnutzung und eine Reihe von lokalen Umbauten wieder zu einem spürbaren Verfall der gesamten Anlage. Die Zugigkeit der Fassade hatte weiter zugenommen und die technische Gebäudeausrüstung bedurfte dringend einer Modernisierung. Verschiedene wenig durchdachte Instandsetzungsmaßnahmen waren nicht in der Lage, die Erfordernisse des Gebäudes und seiner Bewohner ganzheitlich zu betrachten, und führten schließlich mehrfach zu negativen Auswirkungen.

DIE INSTANDSETZUNG Im Jahr 2007 rief schließlich die Heilsarmee aufgrund der veralteten Ausstattung und des schlechten Zustands des Gebäudes ein Projekt zur Sanierung des gesamten Gebäudekomplexes ins Leben. 2008 konnte der Wohnbauträger 3F für die Sanierung gewonnen werden, der über langjährige Erfahrungen als Projektmanager im sozialen Wohnungsbau verfügte und mittels eines langfristigen Pachtvertrages finanzielle Mittel einbrachte.16 Die verantwortlichen Architekten steuerten ihrerseits eigene Erfahrungen im sozialen Wohnungsbau und in der Denkmalpflege bei. 2009 begann man mit der Durchführung diverser

188

CITÉ DE REFUGE  |  ERNEUERUNG

Die Fassade zur Rue Chevaleret (Osten) nach der Instandsetzung von 2015, Aufnahme von 2018.

Blick nach Süden auf die Fassade zur Rue Chevaleret (Osten) nach der Instandsetzung von 2015, Aufnahme von 2018.

historischer und denkmalpflegerischer Studien, um die bisherigen Instandsetzungen und Umbauten zu analysieren. Dieser Prozess führte schließlich zur Einrichtung eines archäologischen und wissenschaft­ lichen Begleitausschusses, der die Diskussion über die Möglichkeiten der Erhaltung und Restaurierung moderieren sollte. Das im Dezember 2011 gestartete Projekt wurde in zwei Phasen aufgeteilt. Die erste Phase (2014 abgeschlossen) betraf die Sanierung des Centre Espoir.17 Die zweite Projektphase, die sich mit dem Komplex der Cité de Refuge befasste, wurde 2015 abgeschlossen. Das Penthouse und die Stahlfassaden des Erdgeschosses aus dem Jahr 1953 wurde entsprechend ihrer ursprünglichen Erscheinungsform von 1933 wiederhergestellt.18 Die Hauptfassade entlang der Rue Cantagrel mit den Brise Soleils wurde in den (denkmalgeschützten) Zustand von 1953 zurückversetzt, jedoch mit Holzrahmenfenstern, die auch öffenbare Kämpferfenster enthielten, wie sie auch bei der Renovierung von 1975 eingebaut wurden. Die Hauptziele bestanden jedoch darin, die

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1

2 3

1 Stahlbetondecke 2 Originale Deckenrandverkleidung der Fensterwand 3 Originaler Pfosten der Stahlvorhangfassade 4 Originaler Riegel der Stahlvorhangfassade 5 Originale transparente Einfachverglasung 6 Fensterbrüstung Beton 7 Neues Schiebefenster aus Holz 8 Neue, transparente Isolierverglasung 9 Brise Soleil aus Stahlbeton

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Typischer Schnitt der originalen Stahlvorhangfassade von 1933.

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CITÉ DE REFUGE  |  ERNEUERUNG

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Typischer Schnitt der Stahlbetonfassade von 1953 mit Brise Soleils und neuen Holzrahmenfenstern mit Isolierverglasung.

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ursprüngliche Nutzung entsprechend den aktuellen Anforderungen und Standards beizubehalten und das Gebäude an den Klimaplan der Stadt Paris anzupassen, indem der Primärenergieverbrauch des Gebäudes auf 80 kW/m2 pro Jahr begrenzt wurde.19 Infolgedessen wurden alle Fassadensysteme mit neuen Isolierverglasungen nachgerüstet.20 Obwohl die Fassaden so restauriert wurden, dass sie wieder den Abmessungen von 1953 entsprachen, wurden die ursprünglichen Schlafräume, deren Größe dem Rahmenrhythmus entsprach, als zu klein erachtet und daher als ungeeignet befunden, um den heutigen Bedürfnissen von Einzelpersonen, geschweige denn von Paaren oder Familien gerecht zu werden.21 Dies führte zur Entfernung einzelner Innentrennwände, um neue Schlafräume mit einer Breite von ca. 2,50 m anstelle der ursprünglichen Breite von 1,90 m zu schaffen. Auf der Außenseite der reparierten Betonfassade von 1953 wurde die ursprüngliche Farbgestaltung wiederhergestellt. Die Diskussion über die ursprüngliche, mehrfarbige Gestaltung der Fassaden war schwierig, da es nur Schwarz-Weiß-Fotos gab. Die endgültigen Entscheidungen basierten hauptsächlich auf Materialproben, Schreiben aus dem Archiv sowie Angaben bezüglich der Gestaltung und der Materialien, die in den Kostenvoranschlägen von Auftragnehmern aus früheren Instandsetzungen enthalten waren. Ziel war es, für jede wichtige Instandsetzungsmaßnahme die ursprüngliche Gestaltungsabsicht von Le Corbusier herauszufinden.22

SCHLUSSFOLGERUNGEN Die Architektur der Moderne suchte nach neuen Lösungen für alte Bedürfnisse, indem sie sich dem technischen Fortschritt zuwandte und auf übliche Ornamente verzichtete. Das Experimentieren und Scheitern waren daher Teil der Suche nach innovativen Lösungen. Nirgendwo wird dieses Paradox deutlicher als an der Cité de Refuge mit ihren gescheiterten, unbrauchbaren und nicht öffenbaren originalen Stahlskelett­ vorhangfassaden und den daraus resultierenden erneuerten Fassaden aus Mauerwerk und den Brise Soleils aus Beton. Die Tatsache, dass Le Corbusier beide Fassaden entworfen hat, wirft die Frage auf, welche man wiederherstellen sollte. Diese Frage sollte mit Augenmerk auf die Authentizität beantwortet werden, d. h. es sollte hinterfragt werden, ob der Wert eines Gebäudes nur in der Materialität oder auch in der Kontinuität seiner Nutzung liegt. Die ursprüngliche Fassadenkonstruktion, die im Zweiten Weltkrieg beschädigt wurde, wurde durch eine neue Fassade an grundlegende Komfort- und Nutzungsanforderungen angepasst. Noch bedeutsamer war hierbei, dass sie es Le Corbusier bis zu einem gewissen Grad ermöglichte, den misslungenen Sonnenschutz des Originals zu korrigieren, so dass das Gebäude seine ursprüngliche Nutzung bis heute beibehalten konnte. Deshalb konzentrierte sich das Instandsetzungsprojekt der Heilsarmee weniger auf die Erhaltung oder Wiederherstellung der ursprünglichen Gestaltungsabsicht oder der Materialität der Fassaden als vielmehr verständlicherweise auf die funktionale Anpassung des Gebäudes, damit seine ursprüngliche Nutzung am ursprünglichen Standort beibehalten werden konnte.

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CITÉ DE REFUGE  |  ERNEUERUNG

Detailansicht der Fassade und der Balkone der Rue Cantagrel (Süden) nach der Instandsetzung von 2015, Aufnahme von 2018.

Blick auf die Fassade und die Balkone zur Rue Cantagrel (Süden) nach der Instandsetzung von 2015, Aufnahme von 2018.

Laut dem Projektarchitekten der Restaurierung „war es nicht das Ziel, an den Ideen von Le Corbusier so festzuhalten, als seien sie in Stein gemeißelt, sondern die Mission des architektonischen Entwurfs durch die Verbesserung des Gebäudes selbst zu befördern“.23 Das bedeutete, die ursprüngliche Nutzung beizubehalten und ihre Anpassungsfähigkeit an die heutigen Anforderungen zu erhöhen.24 In dieser Weise betrachtet, erscheint die Instandsetzung als sensibel und angemessen durchgeführt. Durch den Verzicht auf die ursprüngliche Stahlskelettvorhangfassade von 1933 bei der Restaurierung der Betonfassade mit Holzfenstern von 1953 einerseits und der Restaurierung der Fensterwände an den Penthousefassaden mit neuen Stahlskelettkonstruktionen (die 1975 durch die ursprüngliche Gestaltung von 1933 ersetzt und alle mit neuen Isolierverglasungen nachgerüstet worden waren) andererseits entstand jedoch ein neues unbeabsichtigtes Paradox:

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Die Penthousefassade entlang der Rue Cantagrel mit den nachgerüsteten Stahlrahmenfensterwänden, die dem Originalzustand von 1933 entsprechen, 2018.

PROJEKTDATEN Cité de Refuge (1933/1953) Paris, Frankreich ORIGINALE KONSTRUKTION Architekten Le Corbusier und Pierre Jeanneret, auch verantwortlich für die Instandsetzung 1948– 1953 (Pierre Jeanneret schied 1950 aus dem Projekt aus)

1973–1977 INSTANDSETZUNGEN

2007–2015 INSTANDSETZUNGEN

Architekt (Restaurierung) Philippe Verrey

Architekt François Chatillon Architecte Architecte en Chef des Monuments Historiques (ACMH)

Architekten (Anbau Centre Espoir) Philippe Verrey und Georges Candilis 1986–1991 INSTANDSETZUNGEN Architekt Ljubomir Nikolic, ARENA

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Partner Architekt François Gruson, Opera Architectes Ingenieurbüro COTEC

Architekt und Bauforschung Vanessa Fernandez (CSAS-Vorsitzende) Historiker, wissenschaftliche Beratung Vanessa Fernandez, ­Emmanuelle Gallo Weitere Berater Fondation Le Corbusier

CITÉ DE REFUGE  |  ERNEUERUNG

Die restaurierten Fassaden hatten in dieser Form vorher nie nebeneinander existiert. Laut einem Mitglied des Projektteams war dies „kein Idealzustand im Sinne von Viollet-le-Duc, sondern ein Zustand, der sich aus dem Wunsch ergibt, die Restaurierung eines Kulturdenkmals mit sozialen Aspekten, Bauvorschriften und dem Budget des Bauherrn in Einklang zu bringen“.25 In diesem Sinne stellt sich die Frage, ob Ungenauigkeiten im restaurierten historischen Bild des Gebäudes seiner Authentizität und kulturellen Bedeutung schaden oder als Mittel zum Schutz seiner materiellen Fragilität gerechtfertigt sind. Die Antwort auf diese Frage wird auf absehbare Zeit ein Thema bleiben. Welche Bewertungen und Einflüsse dabei eine Rolle spielen, wird davon abhängen, wie das Gebäude der Öffentlichkeit präsentiert und für sie interpretiert wird. Dieser Ausgang der Instandsetzung erscheint gerade im Falle eines Entwurfs wie diesem angemessen, der auf sozialen und humanitären Ideen, Absichten und Werten basierte und „Humanität in Form eines architektonisch wertvollen Objekts“ zum Ausdruck bringen wollte.26

ANMERKUNGEN 1 Emmanuelle Gallo und Vanessa Fernandez, „The glass facade and the heating system of the Salvation Army ‚City of refuge‘: from conception to restoration“, In DOCOMOMO Preservation Technology Dossier, Nr. 13: Perceived Technologies in the Modern Movement 1918–1975, Hrsg. Jos Tomlow, Alex Dill, Uta Pottgiesser (Zittau: DOCOMOMO ISC/Technology, 2014), S. 48. 2 Brian Brice Taylor, Le Corbusier, the City of Refuge Paris 1929–1933 (Chicago: University of Chicago Press, 1987), S. 80. 3 Vanessa Fernandez und Emmanuelle Gallo, „A Factory for Well-being – Innovation in the Heating System and Curtain-Wall in Le Corbusier’s Salvation Army City of Refuge, Paris 1933“, Abhandlung vorgestellt auf der Internationalen DOCOMOMO-Konferenz, Mexico City, 2010, S. 2. 4 Laut Vanessa Fernandez (CSAS), die Teil des Forschungsteams war, welches das Gebäude vor der letzten Instandsetzung untersuchte, war die „mur neutralisant“ für das gleichzeitig in Moskau gebaute Centrosojus-Gebäude (1931–1932) und nicht für die Cité de Refuge in Paris bestimmt. Eine Vermischung von Zeichnungen beider Projekte führte im Laufe der Jahre in verschiedenen Publikationen zu einer Fehlinterpretation. Rodriguez weist jedoch darauf hin, dass Le Corbusier 1935 ein Laborexperiment durchführte, um die Effizienz der Doppelglasfassade zu beweisen, das wahrscheinlich darauf abzielte, die an der

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Vorhangfassade der Cité de Refuge in Paris festgestellten Mängel zu beheben. 5 Fernandez und Gallo, „A Factory for Wellbeing“, S. 3. 6 Ebd., S. 49. 7 Klarstellungen, die den Autoren von Vanessa Fernandez zur Verfügung gestellt wurden. 8 Gallo und Fernandez, „The glass facade“, S. 54. 9 Gilles Ragot, „Renovation and Restructuring the Cité de Refuge by Le Corbusier & Pierre Jeanneret – Preserving the Dual Functional and Architectural Identity of the Masterpiece“, DOCOMOMO Journal 53, Nr. 2 (Februar 2015), S. 58. 10 Gallo und Fernandez, „The glass facade“, S. 55. 11 Ragot, „Renovation and Restructuring“, S. 58. 12 Ministère de la Culture, „Monuments historiques – Cité-refuge de l’Armée du Salut“, http://www2.culture.gouv.fr/public/mistral/ merimee_fr?ACTION=CHERCHER&FIELD_­ 1=­REF&VALUE_1=PA00086591, zuletzt ­aktualisiert am 13. Oktober 2015, abgerufen am 3. November 2018. 13 Gallo und Fernandez, „The glass facade“, S. 54. 14 Ragot, „Renovation and Restructuring“, S. 59. 15 Gallo und Fernandez, „The glass facade“, S. 54. 16 Ragot, „Renovation and Restructuring“, S. 57; Wolfgang Kabisch, „Betrifft. Die neue Cité de Refuge“, Bauwelt 14 (2016), S. 9. 17 François Chatillon Architecte, „Cité de Refuge: Restauration et restructuration de la Cité de Refuge pour l’Armée du Salut (hébergement social)“, http://architecte-chatillon.com/ projets/cite-de-refuge/, abgerufen am 3. November 2018. 18 Ragot, „Renovation and Restructuring“, S. 62. 19 Vanessa Fernandez, „Innover pour préserver. La restauration des façades vitrées du XXème siècle (1920–1970): De l’histoire des techniques à l’analyse des pratiques. (Innovation zwecks Erhaltung. Die Restaurierung der Glasfassaden des 20. Jahrhunderts (1920–1970): Von der Geschichte der Techniken zur Analyse der Ausführungen in der Praxis)“, Doktorarbeit, Université Paris, 2017, S. 183. 20 Gallo und Fernandez, „The glass facade“, S. 55. 21 François Chatillon Architecte, „Cité de Refuge: Restauration et restructuration de la Cité de Refuge pour l’Armée du Salut (hébergement social)“, https://architecte-chatillon.com/ projets/cite-de-refuge/, abgerufen am 3. November 2018. 22 Ragot, „Renovation and Restructuring“, S. 62. 23 Kelsey Campbell-Dollaghan, „The Radical Ideas Behind the Renovation of a Crumbling Le Corbusier Masterpiece”, Co Design, https:// www.fastcodesign.com/3058813/the-radical-ideas-behind-the-renovation-of-a-crumbling-le-corbusier-masterpiece, zuletzt geändert am 4. Mai 2016, abgerufen am 3. November 2018. 24 François Chatillon, „Conservare è Moderno“, Domus, Nr. 998 (Januar 2016), S. 39. 25 Ragot, „Renovation and Restructuring“, S. 60. 26 Chatillon, „Conservare è Moderno“, S. 39; Kabisch, „Die neue Cité de Refuge“, S. 9.

Bauhaus Dessau Dessau-Roßlau, Deutschland Walter Gropius, 1926

Ansicht des Bauhauses in Dessau-Roßlau, Deutschland, mit dem Werkstattflügel (vorn), der Berufsschule (links im Hintergrund) und dem Wohn­ heimflügel (rechts), 1926.

Das Bauhaus in Dessau-Roßlau, vom deutschen Architekten Walter Gropius (1883–1969) entworfen, gilt als Schlüsselwerk der Moderne im Europa der Vorkriegszeit. Die Hochschule für Gestaltung und die angrenzenden Meisterhäuser entstanden infolge der Auflösung der ursprünglichen Bauhausschule in Weimar und durch den Wunsch von Lokalpolitikern und Kunstförderern in Dessau, den industriellen Charakter ihrer Stadt mit deren kultureller Vergangenheit in Einklang zu bringen.1 Die sorgfältig geplante Raumkomposition des Komplexes umfasst den dreigeschossigen Werkstattflügel und die Gewerbliche Berufsschule im Norden, eine zweigeschossige dazwischenliegende Überführung sowie einen fünfgeschossigen Gebäudeflügel mit Wohnateliers (Ateliergebäude) im Osten, der mit dem Werkstattflügel über den Flachbau der Kantine verbunden ist. Das Bauhaus verkörpert mit seiner Architektur, Ausstattung und Einrichtung das deutsche Konzept des Gesamtkunstwerks. Hier im Bauhaus entstand das Leitmotiv von Architektur und Design der Moderne, das nahezu das gesamte 20. Jahrhundert prägte: die pragmatische Ästhetik des Funktionalen, befreit von allen Schmuckelementen. Die ursprünglichen vollverglasten Stahlrahmenvorhangfassaden der Werkstätten und die Fensterbänder im gesamten Gebäude wurden von der Nordischen Eisen- und Drahtindustrie (Norddraht, oder NORDDRAHT) hergestellt.2 Sie wiesen keinerlei Ornamente auf und waren ausschließlich auf die funktionalen Aspekte Tragsicherheit, natürliche Belichtung und Belüftung beschränkt. Die Vorhangfassade umschließt

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Die originale Stahlrahmenvorhangfassade des Werkstattflügels, ca. 1927.

Nordflügel, Überführung und Werkstattflügel kurz nach der Fertigstellung 1926.

die gesamte Länge der West-, Nord- und Ostfassade der oberen drei Stockwerke des Werkstattflügels. Mit dieser Gestaltung wird der Entwurf für das Fagus-Werk in Alfeld an der Leine weitergeführt und vertieft, den Gropius und sein Partner Adolf Meyer (1881–1929) zwischen 1911 und 1925 für Karl Benscheidt jr. entworfen hatten (siehe Seite 166 ff.). Diese transparente Hülle betont das dahinterliegende Stahlbetontragwerk sowie das Mauerwerk hinter, über und unter der Vorhangfassade und hebt sich damit als eines der wesentlichen Gestaltungsmerkmale des Gebäudes hervor. An der Überführung und dem nördlichen Schulflügel wird die Komposition der Fassaden durch die sich abwechselnden stahlgerahmten, einfach verglasten Fensterbänder und die horizontalen weiß verputzten Brüstungsstreifen bestimmt. Das Zu­ sammenspiel zwischen diesen beiden Elementen entfaltet bei dem Ateliergebäude seine größte Wirkung, wo kleine Balkone aus Stahlbeton aus der Fassadenebene herauskragen. Für diese viel beachtete Volumensprache sind die Bauhaus-Entwürfe bekannt.

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Nachdem das Bauhaus im Herbst 1932 geschlossen wurde, folgten verschiedene Nutzungen für den Komplex.3 Es wurde danach als Ausbildungsstätte für Gauleiter benutzt und 1945 während eines schweren Luftangriffs bombardiert. Die meisten der originalen Scheiben wurden dabei zerstört. Die ursprünglichen warmgewalzten Stahlskelettprofile der Vorhangfassade sowie die Fensterbänder wurden stark beschädigt und zum Teil vollständig aus der Verankerung der Stahlbetondeckenplatten gelöst. Nach dem Krieg wurden die Fassaden des Werkstattflügels mit Ziegelfüllwänden und Holzrahmenfenstern, die bis 1961 verblieben, erheblich verändert. Die Vorhangfassade des Werkstattflügels und

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Der größte Teil der ursprünglichen Stahlrahmen­ vor­hangfassade des Werkstattflügels wurde nach der Beschädigung im Zweiten Weltkrieg entfernt (hier ersetzt Ziegelmauerwerk die Elemente der Vorhangfassade), 1953.

CHRONIK 1925 Entwurf 1926 Fertigstellung 1945

Schulgebäude durch Bombenangriffe beschädigt

1947 Teilrestaurierung 1964

Aufnahme in die Denkmalliste des Bezirks Halle

1965

Renovierung der Fassade und des Werkstattflügels

1974

Aufnahme in die Liste der Denkmale von besonderer nationaler und internationaler Bedeutung der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR)

1976

Umfassende Restaurierung

1994

Übergabe des Komplexes an die Stiftung Bauhaus Dessau

1996

Aufnahme in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes

1996– 2006

Fertigstellung der Restaurierung durch Brambach und Ebert Architekten

2009– 2012

Erneuerung der Fenster und damit verbundener Innenausbau an der Nordfassade und im Ateliergebäude durch Brenne Architekten GmbH

Vorderansicht des Werkstattflügels mit der bestehenden Vorhangfassade, die 1976 mit thermisch nicht entkoppelten Aluminiumrahmen nachgerüstet wurde, 2016.

die Treppenhausfenster wurden 1976 unter Verwendung eines thermisch nicht entkoppelten Aluminiumrahmensystems restauriert, dessen Pfosten allerdings breiter als die der ursprünglichen Stahlprofile sind. Die ersetzten Elemente „haben einen anderen Aufbau, eine veränderte Funktion und ein etwas anderes Erscheinungsbild“, obwohl sie dem Original sehr ähnlich sind.4

DIE INSTANDSETZUNG Nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 und der Wiedervereinigung im darauffolgenden Jahr wurde 1994 die Stiftung Bauhaus Dessau gegründet, zu deren Hauptaufgaben die Pflege des Komplexes gehört. Die Stiftung übernahm die Leitung einer umfangreichen Restaurierung, die zwischen 1996 und 2006 durchgeführt wurde. Damals wurde der Zustand der Vorhangfassade aus Aluminium, die 1976 als Ersatz eingebracht worden war, als gut befunden und erhalten. Andere Fenster wurden hingegen entsprechend der ursprünglichen Stahlrahmenkonstruktion von 1926 rekonstruiert. Außerdem wurden mehrere originale Fenster von 1926 restauriert und somit erhalten. Weitere originale Fenster aus dem Jahr 1926, die während der Bauarbeiten 1976 entfernt worden waren und als verloren galten, fand man in einem Gewächshaus im Außenbereich wieder. Sie wurden dokumentiert und wieder ins Gebäude eingebaut. Alle diese Elemente, die originalen Stahlrahmenfenster von 1926, die 1976 ersetzten Vorhangfassaden aus Aluminium sowie die Stahlrahmenfensternachbauten aus den 2000er Jahren, erhielten den Anstrich der Originalfenster. Dadurch konnte bei den Veränderungen und den

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BAUHAUS DESSAU  |  ERNEUERUNG

Bestehende nördliche Vorhangfassade des Werkstattflügels, die mit thermisch nicht entkoppelten Aluminiumrahmen nachgerüstet wurde, 2016.

Bestehende Vorhangfassade an der nordwestlichen Ecke des Werkstattflügels, die mit thermisch nicht entkoppelten Aluminiumrahmen nachgerüstet wurde, 2016.

zeitgenössischen Nachbauten der vergangenen Jahre der ursprüngliche Charakter nahezu übergangslos erhalten werden.5 Drei Jahre später, im Jahr 2009, fand eine weitere Baumaßnahme statt. Diesmal betraf es die Fassaden der Werkstattflügel, die Fensterbänder des Nordflügels sowie die Fenster und Türen der 28 Studios im Ateliergebäude. Hauptanliegen war die Verbesserung des Raumklimas in den Wohnateliers sowie in den Büros der Stiftung im Nordflügel, um eine ganzjährige Nutzung zu ermöglichen, den Energieverbrauch zu senken und steigende Energiekosten auszugleichen.6 Der Zustand der ersetzten Aluminiumvorhangfassade des Werkstattflügels wurde erneut als gut befunden und nunmehr als „unter Denkmalschutz stehendes“ Bauelement erhalten. Die Nutzung der Räume, die an diese bestehende Ersatzvorhangfassade angrenzten, wurde auf die warme Jahreszeit beschränkt und die Temperatur im Werkstattflügel mit seinen drei Vorhangfassaden im Winter auf 16 ºC begrenzt. Diese niedrigere Soll-Auslegungstemperatur trug dazu bei, den Energieverbrauch in diesem Flügel um 50 % zu senken.7 Eine weitere Maßnahme, um den Energieverlust durch die historische Einscheibenfassade auszugleichen, war die Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des Nordflügels. Zusammen mit einer Optimierung der Heizungs- und Lüftungssteuerung konnte so der Gesamtumfang der Eingriffe auf ein Minimum reduziert werden.8 Bei den meisten der damals existierenden Fensterbänder des Nordflügels sowie der Fenster- und Türsysteme der Ateliergebäude handelte es sich um Aluminiumrahmenelemente, die auf die Renovierung von 1976 zurückgingen. Die ursprünglichen Fenster der Studios hatten einen großen Drehflügel sowie zwei kleine, jeweils nach oben und unten gerichtete Kipp- bzw. Klappflügel. Diese Anordnung wurde 1976 vereinfacht. Sie bestand nunmehr aus Festverglasungen mit einem großen, nach unten gerichteten Klappflügel. Im Zuge der Renovierung im Jahr 2009 wurden diese nicht ursprünglichen Baugruppen entfernt und durch Stahlrahmenelemente ersetzt, die mit ihren Sichtlinien und Flügelöffnungen den ursprünglichen Fenstern von 1926 entsprachen. Anstelle der ursprünglichen Warmwalzprofile wurden neue, thermisch entkoppelte Stahlrahmen aus lasergeschweißten Flachstahlstäben und U-Profilen

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Blick hoch an die Westfassade des Werkstatttraktes auf die bestehende Vorhangfassade, die mit thermisch nicht entkoppelten Aluminiumrahmen nachgerüstet wurde, 2016.

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Typischer Schnitt der originalen Stahlrahmenfassade des Werkstattflügels von 1926.

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Typische Details der Vorhangfassade des Werkstattflügels mit den originalen Stahlrahmen (links) und den ersetzten Aluminiumrahmen (rechts).

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1 Stahlbetonstütze mit Mauerwerksummantelung 2 Stahlbetonträger 3 Stahlbetondecke 4 Vertikaler Schwingflügel aus Stahl (A: Originalkonstruktion von 1926; B: neues Element von 1976) 5 Fensterverglasung aus Stahl (A: Originalkonstruktion von 1926; B: neues Element von 1976) 6 Fensterband aus Stahl mit Klapp-, Kipp- und Flügelfenster (A: Originalkonstruktion von 1926; C: neues Element von 2015) 7 Festverglastes Fensterband aus Stahl (A: Originalkonstruktion von 1926; B: neues Element von 1976; C: neues Element von 2015) 8 Verglaste Stahlrahmentür

3 2

6

7

3

Typischer Schnitt der originalen Stahlrahmenfenster von 1926 an der Nordfassade des Nordflügels.

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7B

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Typische Details der Stahlrahmenfenster an der Nordfassade des Nord­ flügels: originaler Zustand (links), mit den 1976 (Mitte) und 2015 (rechts) ersetzten Elementen.

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1 Stahlbetonstütze mit Mauerwerksummantelung 2 Stahlbetonträger 3 Stahlbetondecke 4 Vertikaler Schwingflügel aus Stahl (A: Originalkonstruktion von 1926; B: neues Element von 1976) 5 Fensterverglasung aus Stahl (A: Originalkonstruktion von 1926; B: neues Element von 1976) 6 Fensterband aus Stahl mit Klapp-, Kipp- und Flügelfenster (A: Originalkonstruktion von 1926; C: neues Element von 2015) 7 Festverglastes Fensterband aus Stahl (A: Originalkonstruktion von 1926; B: neues Element von 1976; C: neues Element von 2015) 8 Verglaste Stahlrahmentür

3 2 6

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Typischer Schnitt der originalen Stahlrahmenfenster der Wohnateliers von 1926.

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Typische Details der Stahlrahmenfenster der Wohnateliers: ursprünglicher Zustand (links), mit den 1976 (Mitte) und 2015 (rechts) ersetzten Elementen.

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1 Stahlbetonstütze mit Mauerwerksummantelung 2 Stahlbetonträger 3 Stahlbetondecke 4 Vertikaler Schwingflügel aus Stahl (A: Originalkonstruktion von 1926; B: neues Element von 1976) 5 Fensterverglasung aus Stahl (A: Originalkonstruktion von 1926; B: neues Element von 1976) 6 Fensterband aus Stahl mit Klapp-, Kipp- und Flügelfenster (A: Originalkonstruktion von 1926; C: neues Element von 2015) 7 Festverglastes Fensterband aus Stahl (A: Originalkonstruktion von 1926; B: neues Element von 1976; C: neues Element von 2015) 8 Verglaste Stahlrahmentür

Innenansicht der bestehenden Vorhangfassade des Treppenhauses, die mit thermisch nicht entkoppelten Aluminiumrahmen nachgerüstet wurde, 2016.

Innenansicht der bestehenden, thermisch nicht entkoppelten Stahlrahmenfenster des Erdgeschosses, 2016.

Innenansicht der nachgerüsteten Vorhangfassade des Werkstattflügels, mit thermisch nicht entkoppelten Aluminiumrahmen, 2016.

verwendet.9 Bei diesen eigens gefertigten Bauteilen wird die thermische Trennung durch faserverstärkten Kunststoff erzielt, der sich auf den Breitseiten der Flachstähle und im Inneren der Stahlprofile befindet. Die Renovierung ermöglichte noch eine andere Korrektur und Verbesserung bezüglich der Scheiben. Das ursprüngliche 6 mm-starke Flachglas wurde durch ein aufwändiges und teures Polierverfahren hergestellt, bei dem ein hochspiegelndes, ultraklares Glas mit sehr geringen optischen Verzerrungen entstand. Dieses Verfahren wird heute nicht mehr angewandt. Die geringe Spiegelung der ursprünglichen Scheiben kann durch das heutige Standard-Floatglas mit seinen ebenso glatten Oberflächen ebenfalls erreicht werden. Die neue Einfachverglasung hätte jedoch nur einen dürftigen Beitrag zur Dämmleistung der neuen Elemente erbracht, auch im Hinblick auf die Energiebilanz des gesamten Komplexes, die ergab, dass die größten Energieverluste an der gläsernen Gebäudehülle entstanden. Nach der Bewertung der optischen Eigenschaften mehrerer Isolierverglasungen aus eisenoxidarmen Weißglasscheiben mit Kryptonfüllung kam man überein, diese zu verwenden; allerdings

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Detailansicht der Fensterbänder der Südfassade des Nordflügels, bei denen originale Stahlrahmen und nachgerüstete thermisch nicht entkoppelte Aluminiumrahmen kombiniert wurden, 2016.

sollte auf die Low-E-Beschichtung auf der Scheibeninnenseite verzichtet werden. Die Beschichtung hätte die Wärmespeichereigenschaften der Isoliergläser verbessert, dem ansonsten klaren Glas aber eine unerwünschte Färbung verliehen. Stattdessen wurde die allgemeine Dämmung der Gebäudehülle verbessert, indem zusätzlich zu den neuen Fenstern auch im Inneren der Gebäude nachgerüstet wurde. Neben einem mineralischen Dämmputz auf den Leibungen des Ateliergebäudes wurde auf der thermisch nicht entkoppelten Stahlunterkonstruktion des Nordflügels eine Begleitheizung mit selbstbegrenzenden Heizbändern hinzugefügt; beide werden optisch kaum wahrgenommen.10 Es war jedoch zu erwarten, dass diese Änderungen nicht ausreichen würden, um das Auftreten von Kondensation im Innenraum an besonders kalten Wintertagen zu verhindern. Es galt daher, zusätzlich die Nutzer zu sensibilisieren, indem Lüftungshinweise und Informationen über die Schwächen der Dämmkapazität der historischen Gebäudehülle gegeben wurden. In Teilbereichen erinnert eine lokale elektronische Feuchteüberwachung bei Bedarf mit optischen Signalen an die notwendige Frischluftzufuhr, um die Raumfeuchte so niedrig wie möglich zu halten.11

SCHLUSSFOLGERUNGEN Die Renovierung der gläsernen Hüllen des Bauhauses ist, was die denkmalpflegerische Bewahrung der Architektur der Moderne anbetrifft, von außerordentlicher Bedeutung. Angesichts der nebeneinanderstehenden, originalen und rekonstruierten Bauteile aus verschiedenen Materialien und Zeitabschnitten war es bei dieser letzten Instandhaltung nicht das Ziel, die authentische Bausubstanz der gläsernen Hülle zu erhalten. Es ging vielmehr darum, den Charakter und das historische Erscheinungsbild zu bewahren. Ein Beispiel für die praktizierte denkmalpflegerische Zurückhaltung ist der Erhalt der im Jahr 1976 erneuerten Aluminiumvorhangfassade des Werkstattflügels. Hier wurde dem Impuls widerstanden, jegliche nicht originale Bausubstanz zu entfernen und durch neue moderne Hochleistungselemente zu ersetzen. Stattdessen manifestierte sich hier die Bereitschaft, herausragenden Beiträgen aus früheren Jahrzehnten ihre Bedeutung beizumessen. So wurden die nicht originalen Aluminiumrahmen, die von den ursprünglichen Details abweichen, aber die ursprünglichen Sichtlinien aufnehmen, beibehalten

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Detailaufnahme des oberen Randes der Fenster­ bänder der Südfassade des Nordflügels, bei denen originale Stahlrahmen und nachgerüstete thermisch nicht entkoppelte Aluminiumrahmen kombiniert wurden, 2016.

Bestehende nachgerüstete Fensterbänder mit thermisch entkoppelten Stahlrahmen an der Nordfassade des Nordflügels, 2016.

und nur das Glas durch eine eisenoxidarme Einfachverglasung ersetzt, um die Lichtdurchlässigkeit wiederherzustellen. An dieser Stelle wurde die Wiederherstellung des historischen Erscheinungsbildes für wichtiger befunden als die Steigerung der Energieeffizienz. Umgekehrt wurde an anderen Stellen wie der Nordfassade des Schulgebäudes und der Ostfassade des Ateliergebäudes ein anderer, aber ähnlich geeigneter Ansatz verfolgt. Hier wurden die 1976 ausgetauschten Verglasungen mit Aluminiumrahmen wieder entfernt und durch ein thermisch entkoppeltes System aus Stahlelementen ersetzt. Dort, wo die verglasten Bauteile kleiner und unbedeutender als die des

PROJEKTDATEN Bauhaus Dessau (1926) Dessau-Roßlau, Deutschland ORIGINALE KONSTRUKTION Architekt Walter Gropius

Zusammenarbeit mit der Arge Bauhaus, Brambach und Ebert Architekten, Halle/Saale, Pfister Schiess Tropeano & Partner Architekten AG, Zürich Bauforschung Monika Markgraf und Johannes Bausch (Stiftung Bauhaus Dessau)

1996–2006 INSTANDSETZUNGEN Architekten Pfister Schiess Tropeano & Partner Architekten AG, in

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2009–2012 INSTANDSETZUNGEN Entwurfs- und Ausführungs­ planung Brenne Architekten GmbH Bauleitung Brenne Architekten GmbH Fachplaner GfE Gesellschaft für Energieeffizienz mbH

Fachplaner Versorgung Bauer & Zuber Elektroplanung Fachplaner Gebäudeausrüstung Transsolar Energietechnik GmbH Fachplaner Fensterbau MHB aus Herveld, Niederlande

BAUHAUS DESSAU  |  ERNEUERUNG

Bestehende nachgerüstete Stahlrahmenfenster und -türen der Wohnateliers, 2016.

ANMERKUNGEN

Werkstattflügels sind, hatten Aspekte des Komforts und der Energieeinsparung Vorrang. Der beschriebene zurückhaltende Ansatz wog die energetische Leistungssteigerung mit einer adäquaten Nutzung ab (wie auch im Werkstattflügel) und sorgte dann für geeignete ergänzende Maßnahmen an anderer Stelle, wie z. B. die Verwendung von Dämmputz auf den Fensterleibungen sowie der Rückgriff auf zusätzliche Energiesparlösungen, wie Begleitheizungen und nutzungsbezogene Anpassungen der Gebäudetechnik mit niedrigem Energieverbrauch. Im Bauhaus sind fortgesetzte Nutzung und Funktionalität zugleich auch Werkzeuge des Denkmalschutzes. Mit dieser gelungenen Instandhaltung wurde bei mehreren entscheidenden Gebäudeelementen technischen und funktionalen Aspekten Vorrang gegeben, sogar entgegen der Beibehaltung von ursprünglichen Materialien und Bauteilen. Dieser Ansatz ist das Ergebnis der kontinuierlichen Neuinterpretation des Gebäudekomplexes als „funktionales Erbe“.12 Die verschiedenen Baumaßnahmen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten im gesamten Komplex stattfanden, sind sehr subtil, aber für ein geübtes Auge dennoch erkennbar. Dies hindert dennoch nicht, ein stimmiges Bild wahrzunehmen und die besondere Bedeutung des Gebäudes für die Entstehung und Entwicklung der Moderne zu erkennen. Es wird weder versucht, einen bestimmten Zeitraum über einen anderen zu stellen, noch die Elemente einer bestimmten Zeit von denen einer anderen abzugrenzen. Alle Zeiträume gelten als bedeutsam und wertvoll und damit erhaltenswert. Kontinuität und Wandel, Vergangenheit und Gegenwart eröffnen gemeinsam Wege zur Erhaltung des Charakters eins Bauwerks. Funktionalität und schlichte Form, diese große Vision der Moderne, wird durch das Bauhaus-Gebäude mehr als durch jeden anderen Vertreter des 20. Jahrhunderts verkörpert. Und es ist diese Vision, die im Bauhaus mit seinen vergangenen und bestehenden Veränderungen als eigenes Gestaltungskonzept verteidigt wird.

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1 Reginald R. Isaacs, Walter Gropius. Der Mensch und sein Werk (Berlin: Gebr. Mann Verlag, 1983). 2 Christopher H. Johnson, „Steel Window Reconstruction at the Bauhaus Dessau – A Recent Case Study in the Practice of Renewing Modernism“, Brandenburgische Technische Universität, S. 7, https://www. academia.edu/4187937/Steel_Window_Reconstruction_at_the_Bauhaus_Dessau, abgerufen am 23. Januar 2019. 3 Bauhaus Dessau. „Die Geschichte des Bauhauses in Dessau“, https://www. bauhaus-dessau.de/de/geschichte/das-bauhaus-in-dessau.html, abgerufen am 10. Mai 2019. 4 Monika Markgraf, „Conservation and Preservation of the Bauhaus Building in Dessau“, in Heritage at Risk – Special Edition 2006: The Soviet Heritage and Europe Modernism, Kapitel IV. World Heritage Sites of the 20th Century – German Case Studies, Hrsg. Jörg Haspel et al. (Berlin: Hendrik Bäßler Verlag, 2007), S. 110. 5 Ebd. 6 Winfried Brenne und Ulrich Nickmann, „Neue Fenster fürs Bauhaus, DE-Dessau“, Architektur + Technik (August 2012), S. 97, http://www. architektur-technik.ch/Web/internetAxT.nsf/0/ 5845EF24E2DDBD5EC1257A83004EC0CC/ $file/­096-­00%20Bauhaus-Fenster.pdf, abgerufen am 11. Mai 2019. 7 Ebd., S. 98. 8 Johnson, „Steel Window Reconstruction“, S. 10. 9 Brenne und Ulrich, „Neue Fenster fürs Bauhaus, DE-Dessau“, S. 100. 10 Ebd. 11 Johnson, „Steel Window Reconstruction“, S. 15. 12 Ebd., S. 3.

Solomon-R.-Guggenheim-Museum New York, New York, USA Frank Lloyd Wright, 1959

Der Monitor nördlich der Rotunde des Solomon-R.-Guggenheim-Museums in New York, New York, USA, ca. Mitte der 1960er Jahre. © Ezra Stoller/Esto

Das ursprüngliche Gebäude des Solomon-R.-Guggenheim-Mu­ seums in New York City wurde von dem amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright (1867–1959) entworfen und 1959 fertiggestellt. Es kombiniert zwei voneinander abgegrenzte Baukörper, die sich funktional und ästhetisch ergänzen und auch als Monitor und Rotunde bekannt sind. Die Rotunde ist der spiralförmige Ausstellungsraum, für den das Guggenheim – und Wright selbst – weltweit bekannt sind. Der kleinere Monitor besteht aus drei unabhängigen Ebenen, die Wright in seinem Entwurf mit den Rampen der Rotunde verband. Jeweils eine Seite der beiden oberen Geschosse des Monitors ist von polygonal angeord­neten, raumhohen Glasfassaden umschlossen, die zu umlaufenden Balkonen führen. Die ursprüngliche gläserne Hülle wurde von der ameri­kanischen Niederlassung der britischen Firma Henry Hope & Sons hergestellt. Sie bestand aus einem nicht isolierten, verzinkten Stahlrahmensystem mit metallischem Anstrich und einer Einfachverglasung.

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Im Laufe der Jahre wurden die von Wright für den Monitor vorgesehenen Verwaltungsfunktionen in neu geschaffene Räume ausgelagert, zunächst 1968 in den Stahlbetonskelettanbau, der von William Wesley Peters von Taliesin Associates entworfen wurde; dann 1992 – im Anschluss an größere Renovierungs- und Erweiterungsarbeiten – in den achtgeschossigen Stahlskelettbau, der von Gwathmey Siegel & Associates entworfen wurde. Der Monitor wird seit 1976, nachdem die Innenwände entfernt wurden und die damit verbundenen Renovierungsarbeiten ihren Abschluss fanden, als Thannhauser-Galerie bezeichnet. Das Guggenheim-Museum ist trotz der vorgenommenen Änderungen und Ergänzungen ein Paradebeispiel für Wrights Spätwerk, in dem sich seine Theorie der „organischen Architektur“ offenbart. Bauweise, Gestalt und Nutzung bilden hier eine Einheit. Am deutlichsten ist Wrights Philosophie organischer Architektur im Guggenheim am ehemaligen Monitor zu erkennen, wo die dünne gläserne Hülle die Innenund Außenräume verbindet und sich das Gebäude über die umlaufenden Balkone auch zum Stadtraum öffnet.

CHRONIK 1943– Planungszeitraum 1956 1957

Montage der Glasfassade

1959

Fertigstellung des Gebäudes (Monitor und Rotunde)

1968

Abschluss des vierstöckigen Erweiterungsbaus aus Stahlbeton

1990

Das Gebäude wird von der Landmark Preservation Commission (LPC), der Denkmalschutzbehörde der Stadt New York City, als Denkmal und die Rotunde als Innenraum-Denkmal ausgewiesen.

1990

Baubeginn für die Renovierung und Erweiterung der Museumsräume

1992

Abschluss der Renovierung der Museumsinnenräume sowie des achtgeschossigen Stahlskelettbaus von Gwathmey Siegel & Associates

2004

Aufnahme in das National Register of Historic Places (Nationales Verzeichnis historischer Stätten)

2005

Beginn des Projekts für die Außensanierung der Rotunde und des Monitors: Modernisierungs- und Austauschvarianten für die von WASA/Studio A konzipierten und bewerteten Glasfassaden

2008

Abschluss der Demontage der Glasfassaden und der Austauscharbeiten

2008

Das Gebäude wird vom Innenminister der Vereinigten Staaten als nationales historisches Wahrzeichen ausgewiesen.

2019

Aufnahme in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes (mit sieben weiteren, von Frank Lloyd Wright entworfenen Gebäuden)

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Untersuchungen vor Ort zeigten, dass die ursprüngliche, verzinkte Stahlrahmenkonstruktion der Glasfassaden in gutem Zustand war und keine Alterungserscheinungen aufwies. Nach herkömmlichen Erhaltungsstandards hätte man die Glasfassaden als unversehrt erachtet und die ursprüngliche historische Bausubstanz wäre beibehalten worden. Im Winter kondensierte jedoch Wasserdampf aus warmer, befeuchteter Raumluft auf den kälteren Oberflächen der nicht isolierten Glasscheiben, Stahlrahmen und Pfosten. Unter extremen Winterbedingungen konnte es geschehen, dass bei den Vorgaben für das Raumklima des Museums (20–22 °C Trockentemperatur und 50–55 % relative Luftfeuchtigkeit) Kondensat gefror und sich Eiszapfen entlang der Stahlrahmen bildeten.1 Ähnliche Kondensationen traten im Sommer auf, wenn auch in geringerem Maße, wenn atmosphärischer Wasserdampf der Außenluft auf den kälteren Glasflächen der Thannhauser-Galerie kondensierte. Diese jahreszeitliche Kondensation beeinträchtigte nicht nur die wichtigen Sichtbeziehungen zwischen den Innen- und Außenbereichen, sondern führte auch zu Energieverlusten und einem erhöhten Bedarf an Klimatisierung, was wiederum größere Heiz- und Entfeuchtungslasten für die Gebäudetechnik zur Folge hatte. Das Problem beeinträchtigte die Stabilität des Raumklimas im Museum und machte die Thannhauser-Galerie ungeeignet für Ausstellungen während der kalten Jahreszeit.2

DIE INSTANDSETZUNG Mehr als ein Dutzend Varianten wurden geprüft, um die unerwünschten Auswirkungen der saisonalen Kondensation im Guggenheim in New

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Originale Stahlrahmenfassade mit Einfachverglasung im dritten Obergeschoss während des Baus, 1957.

Originale Stahlrahmenfassade mit Einfachverglasung im zweiten Obergeschoss während des Baus, 1957.

York zu beheben. Diese Varianten folgten zwei Hauptansätzen – Modernisierung oder Erneuerung. Für jede der vorgeschlagenen Varianten wurden Energiemodelle mit Hilfe von Software der Windows & Daylighting Group vom Lawrence Berkeley National Laboratory entwickelt. Dabei wurden die Vor- und Nachteile der einzelnen Varianten geprüft. Im Vergleich der Energiemodelle überzeugten die Konzepte zur Erneuerung mehr als jene zur Modernisierung. Die Studie kam auch zu dem Schluss, dass die Lösungen, die dem Ansatz der Modernisierung folgten, neben der begrenzten Leistungssteigerung noch andere wichtige Konsequenzen gehabt hätten. So hätte sich dabei das Erscheinungsbild der historischen Metallkonstruktionen erheblich verändert und dadurch nicht mehr zur noch intakten originalen Bausubstanz gepasst. Jene Varianten, bei denen die gut erhaltenen Metallteile bewahrt werden würden, ließen sich auch haftungstechnisch nicht rechtfertigen, und ihre Gesamtleistungsfähigkeit war nur bedingt voraussehbar.3 Trotz des guten baulichen Zustands der Glasfassaden war ihre Erneuerung aufgrund der schlechten Wärmedämmeigenschaften und mangelnder Luftdichtigkeit die geeignetere Option. Bei der Instandsetzung der Glasfassaden hatten die Gewährleistung der Sichtbeziehungen über das ganze Jahr, wie es der ursprüngliche Entwurf vorsah, sowie die Verbesserung des Raumklimas somit gegenüber der Erhaltung der ursprünglichen Bausubstanz Vorrang. Dementsprechend wurde von WASA/Studio A in Zusammenarbeit mit William B. Rose & Associates ein innovatives, thermisch entkoppeltes Stahlrahmensystem entworfen, dessen Gestalt und Linienführung der ursprünglichen Glasfassade entspricht. Das neue Fassadensystem wurde mit einer Isolierverglasung aufgeführt, die für den Randverbund die Warme-Kante-Technologie benutzte und eine 90%ige Argonfüllung sowie eine Low-E-Beschichtung auf der Außenseite der Innenscheibe („Position 3“) hatte. Ausgewählte Firmen erstellten die Konstruktionsdetails, um verschiedene Varianten des thermisch entkoppelten Systems herzustellen und vergleichend zu testen. Die beste Variante für die Erneue-

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Außenansicht nach den Sanierungsarbeiten und der Erneuerung der Fensterwände, 2008.

SOLOMON-R.-GUGGENHEIM-MUSEUM  |  ERNEUERUNG

Innenkondensation an der originalen, einfach verglasten Stahlrahmen­ fensterwand im vierten Obergeschoss, 2005.

Innenkondensation an der originalen, einfach verglasten Stahlrahmen­ fensterwand im dritten Obergeschoss, 2005.

rung war eine Spezialanfertigung, bei der die ursprüngliche Gestalt und planerische Absicht beibehalten wurden und die dem äußeren Erscheinungsbild der ursprünglichen Glasfassade entspricht. Diese Konstruktion war gleichzeitig die erste thermisch entkoppelte Stahlrahmenkonstruktion, die in den USA errichtet wurde. Durch den Austausch der ursprünglichen leistungsschwachen, einfach verglasten Fassaden durch eine thermisch entkoppelte Stahlrahmenkonstruktion mit Isolierverglasung wurde die saisonale Kondensation im Guggenheim, welche die Nutzung des früheren Monitors eingeschränkt hatte, erfolgreich behoben. Nach dem Wegfall des Kondensationsproblems und aufgrund der insgesamt leistungsfähigeren Fassade konnte auch die Gebäudetechnik in diesem Teil des Gebäudes neu dimensioniert werden.4 Die Erneuerungsmaßnahme erfüllte auch das denkmalpflegerische Ziel, die Materialien und das Gesamtbild der Glasfassaden als charakterbestimmende Merkmale nur minimal zu beeinflussen. Nur ein geschultes Auge kann erkennen, dass diese nicht original sind. Der kaum erkennbare graue Randverbund mit Warme-Kante-Abstandhaltern der Isolierverglasung passt gut zum Ton des grau-metallischen Anstrichs der Stahlrahmen. Lediglich für den aufmerksamen Betrachter entlarven sich die Isolierverglasungen dezent als Elemente, die im 21. Jahrhundert eingebaut wurden. Noch wichtiger ist, dass sich die renovierten Räume nun ganzjährig, und zwar in erster Linie als Café, nutzen lassen, von dem aus die Besucher den Central Park genießen können, der laut Wright „Licht, frische Luft und Vorteile in jeder Hinsicht gewährleistet – abgesehen von der Überfüllung“.5

SCHLUSSFOLGERUNGEN Im Jahr 2005 waren in den USA keine thermisch entkoppelten Stahlrahmenkonstruktionen bzw. -fassadensysteme im Handel erhältlich. Auf die Frage, warum dies nicht der Fall sei, antwortete der lokale Vertreter eines großen, etablierten Herstellers von Stahlfenstern, dass niemand nach ihnen verlange, so dass es keinen Bedarf gebe, sie herzu-

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Detailansicht der originalen, thermisch nicht entkoppelten Stahlrahmen­ fassade, 2005.

Detailansicht der neuen, thermisch entkoppelten Stahlrahmenfassade, 2008.

2

1

1 Stahlbetondecke 2 Fertigteilblende 3 Spritzbetonbrüstung 4 Spritzbetonwand 5 Stahlrahmenfassade (A: Originalkonstruktion von 1959; B: neues Entwurfskonzept von 2005; C: Nachbildung von 2008) 6 Transparente Einfachverglasung 7 Neue, transparente Isolierverglasung mit Warme-Kante-Technologie

5

3

1

5

3

1

4

Typischer Schnitt der bestehenden Stahlrahmenfassade vor den Austauscharbeiten.

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SOLOMON-R.-GUGGENHEIM-MUSEUM  |  ERNEUERUNG

6

5A

7

5B

7

5C

Typische Details der Stahlrahmenfassade: originaler Zustand (oben), vorgeschlagene (Mitte) und gebaute Lösung (unten).

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Blick in den Innenraum des zweiten Obergeschosses, der nach dem Einbau der thermisch entkoppelten Stahlrahmenfassade als Café ausgebaut wurde, 2014.

Innenansicht des vierten Obergeschosses zur neuen Fassade mit thermisch entkoppelten Stahlrahmen, 2012.

stellen. Zehn Jahre später, also nach den Forschungsarbeiten, die zur Demontage und zum Austausch der ursprünglichen, nicht thermisch entkoppelten, einfach verglasten Glasfassade im Guggenheim führten, boten über ein Dutzend Hersteller in den USA und Europa thermisch entkoppelte Stahlrahmensysteme an. Thermisch entkoppelte Systeme, die jahrzehntelang nur als Aluminiumsysteme mit größeren Abmessungen als Stahlprofile erhältlich waren, sind heute auch in anderen Metallen wie Bronze, Edelstahl, wetterfestem Baustahl, Bimetallen sowie als Metall-Holz-Kombinationen erhältlich. Zu den verfügbaren Produkten gehören sowohl kaltgeformte als auch warmgewalzte Systeme mit vorgeformten hochdruckgepressten Nuten, durch deren Eigenschaften sie mit dem Stahl verbunden werden können.

PROJEKTDATEN Solomon-R.-GuggenheimMuseum (1959) New York, New York, USA

Bauherrenbegleitung Paratus Group Architekten Wank Adams Slavin Associates LLP (WASA/Studio A)

ORIGINALE KONSTRUKTION Architekt Frank Lloyd Wright

Statiker Robert Silman Associates, PC (Silman)

2005–2008 INSTANDSETZUNGEN

Fachplaner Restaurierung Integrated Conservation Resources (ICR)

Eigentümer Solomon R. Guggenheim Museum and Foundation

Berater Gebäudehülle William B. Rose & Associates

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Gebäudetechnik Atkinson Koven Feinberg Engineers, LLP (AKF) Berater Korrosionsschutz Whitlock Dalrymple Poston & Associates, Inc. (WDP) Berater Raumklima und Nachhaltigkeit Ambient Labs, Inc. Laser-Aufmaß Quantapoint, Inc.

Werkstoffprüfung GB Geotechnics Ltd. (GBG) Kathodischer Korrosions­ schutz Electro-Tech CP Stiftungsbeauftragter Preservation Design Bauleitung F. J. Sciame Construction LLC Zulieferer Glasfassaden Torrence Windows

SOLOMON-R.-GUGGENHEIM-MUSEUM  |  ERNEUERUNG

Neue Stahlrahmenfassaden im dritten und vierten Obergeschoss, 2019.

Auch eine andere wichtige industrielle Entwicklung im Zusammenhang mit thermischen Beschichtungen hat in letzter Zeit stattgefunden. Bereits vor zehn Jahren zeigte sich hier das vielversprechende Potenzial, die Wärmedämmeigenschaften von thermisch nicht entkoppelten Stahlrahmen durch Reduzierung des Kondensationspotenzials zu verbessern, aber diese Ansätze waren noch nicht weit genug entwickelt. Heute sind derartige Produkte und hochwertige Architekturbeschichtungen erhältlich. Obwohl Textur und Erscheinungsbild der heute verfügbaren thermischen Beschichtungen weit von einer brauchbaren Oberflächenbehandlung für die Gebäudehülle entfernt sind, wird die Forschung und Entwicklung in Verbindung mit einer gestiegenen Marktnachfrage sicherlich zu geeigneteren Produkten führen. Eine weitere vielversprechende Entwicklung ist die architektonische Anwendung von Niederspannungs-Transluzenzbeschichtungen für beheiztes Glas (ähnlich wie sie seit Jahren an Autofrontscheiben, Gefriertüren in Supermärkten und Handtuchwärmern aus Glas eingesetzt werden). Diese werden nun kommerziell verkauft, zusammen mit architektonischen Gestaltungsansprüchen genügenden und technisch zugelassenen Thermostaten, die vor zehn Jahren noch nicht verfügbar waren. Die Kombination aus thermischen Beschichtungen und niederspannungsbeheiztem Glas bietet ein enormes Potenzial, um die Leistungsfähigkeit einfach verglaster Stahlrahmenkonstruktionen an Gebäuden der Moderne erheblich zu steigern. Noch vor zehn Jahren mussten derartige Elemente ersetzt werden, wenn man das Raumklima verbessern wollte. Wie bei allen neuen Systemen ist es wichtig, dass diese Lösungen sowohl vor Ort durch ein Monitoring als auch anhand aktueller (und zukünftiger) Vorgaben der Herstellung und des Denkmalschutzes überprüft werden, nicht nur zur Bestätigung ihrer Leistungsfähigkeit, sondern auch für die Auswertung ihrer Auswirkungen auf historische Bausysteme und -komponenten.

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ANMERKUNGEN 1 Angel Ayón und William B. Rose, „Glazing Upgrade at Frank Lloyd Wright’s Solomon R. Guggenheim Museum“, Vortrag auf der Konferenz Building Enclosure Science & Technology (BEST 2), Portland, OR, 12. bis 14. April 2010. 2 Angel Ayón und William B. Rose, „Reglazing Frank Lloyd Wright’s Solomon R. Guggenheim Museum“, APT Bulletin 42, Nr. 2/3, Sonder­ ausgabe zum modernen Denkmalschutz (2011), S. 59–60. 3 Ebd., S. 61–64. 4 Die Reduzierung der Gebäudetechnik hat mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Energieeinsparungen für das Museum geführt, obwohl leider vor und nach den Instandsetzungsarbeiten keine Aufzeichnungen gesammelt wurden, um diese Annahme zu bestätigen. 5 Wright an Hilla Ribay, 13. März 1944, FrankLloyd-Wright-Korrespondenz, Forschungs­ bibliothek am Getty Forschungsinstitut für Kunstgeschichte und Geisteswissenschaften.

Kunstgalerie der Yale University New Haven, Connecticut, USA Louis Kahn, 1953

Blick von Westen auf die Fassaden der Kunstgalerie der Yale University (North Street und York Street) in New Haven, Connecticut, USA, um 1953.

Nordfassade (Innenhof ) kurz nach dem Bau, 1952.

Die von Louis Kahn entworfene Kunstgalerie der Yale University ist die Fortsetzung einer Tradition, die schon die klassische Architektur prägte, und zwar Bauten anderer Architekten zu erweitern und zu ergänzen. Doch im Gegensatz zur klassischen Tradition, in der stilistische Variationen sich stets einer universellen Harmonie unterordnen, ist Kahns Ergänzung zu Yales neogotischem Museum von Egerton Swartwout aus dem Jahr 1928 sowohl ehrfürchtig als auch selbstreferentiell. Der Grundriss des Anbaus besteht aus zwei Rechtecken unterschiedlicher Größe, die nebeneinander angeordnet sind. Das größere ist mit seiner südlichen fensterlosen Fassadenflucht zur Chapel Street am ursprünglichen Museum ausgerichtet. Modulare gebäudehohe Fensterwände dominieren die Nord- und Westseiten. Ein abgesenkter Innenhof vor der Fassade zur York Street schafft einen rätselhaften, aber einladenden Puffer, der die westliche Fassade vergrößert. Das kleinere Rechteck des Grundrisses hat ebenfalls eine fensterlose Südwand und bildet mit einem Rücksprung Raum für den Haupteingang, dessen Plattform sich leicht erhöht über dem Straßenniveau befindet. Der Eingang zur Galerie zeigt die von Kahn sorgfältig austarierten Übergänge. Die Wahrnehmung geht von den Maßen, Lasten und Proportionen des neogotischen Mauerwerks und seiner Bleiglasfenster über zu schlichteren Abmessungen der neuen fensterlosen Ziegelwände und von dort weiter zu den reflektierenden und lichtdurchlässigen isolierverglasten Fassaden der Moderne mit orthogonalen Stahlrahmen.

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Fassade zur York Street (Westen) und überdachter westlicher Innenhof vor der Sanierung, ca. 2003.

Haupteingang zur Chapel Street nach dem Austausch der Fassade, 2016.

Das neue, thermisch entkoppelte Fassadensystem aus Aluminium am Haupteingang zur Chapel Street, 2016.

DER GEBÄUDEZUSTAND VOR DER INSTANDSETZUNG Von Anfang an kam es zu übermäßigen thermischen Ausdehnungen und zur Kondensation an der Innenseite der Fassaden.1 Schon bald nach der Eröffnung des Gebäudes im Jahr 1953 wurden entlang der unteren Innenseite der Fassaden Auffangschalen installiert, um das Kondenswasser aufzunehmen. Die großen Stahlrahmen der Fassadenelemente, die ursprünglich in den Betonfußboden eingelassen waren, wurden sowohl durch das Fehlen ausreichender Toleranzen für die thermische Ausdehnung als auch durch das Rosttreiben beschädigt, das durch die Ausdehnung von korrodierendem Stahl entsteht. Durch das Versagen der umlaufenden Dichtung in den ursprünglichen Isolierverglasungen drang Feuchtigkeit in die Scheibenzwischenräume und führte dazu, dass die Verglasung undurchsichtig wurde.2 Im Laufe der Zeit haben sich neue Standards im Ausstellungs­ design und bei der Konservierung von Kunst durchgesetzt, die visuelle Neutralität und strengere Vorgaben zur Kontrolle der raumklimatischen Bedingungen vorsehen. Veränderungen im Raumprogramm zogen verschiedene Umbaumaßnahmen nach sich. Viele Räume wurden verändert und neutraler gestaltet, indem ursprüngliche Wände mit Gipskartonplatten verkleidet wurden. Die Wendeltreppe wurde eingehaust, um zusätzlichen Stauraum zu schaffen. Der außenliegende York Street Court wurde für eine neue Galerie überdacht.3

CHRONIK 1928

Fertigstellung des ursprünglichen Museumsgebäudes von Egerton Swartwout

1953

Fertigstellung des Anbaus der Kunstgalerie der Yale University von Louis Kahn

1963

Einzug von Künstlerateliers und Architekturbüros in das Dachgeschoss

1994

Beauftragung einer technischen Bewertung des viergeschossigen Anbaus durch die Yale University

1995– 1998

Abschluss der Gesamtplanung für die Yale Campus Arts Area

1998– Abschluss des Vorentwurfs für den 2000 Gebäudekomplex 2003

Beginn des Sanierungsprojekts durch Polshek Partnership Architects

2006

Abschluss der Instandsetzungs­ arbeiten

DIE INSTANDSETZUNG Der Verschleiß des Kahn-Gebäudes und die Dringlichkeit, eine moderne Museumsumgebung zu schaffen, überzeugten die Universität

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Restaurierter westlicher Innenhof mit dem neuen, thermisch entkoppelten Aluminiumrahmensystem an der Fassade zur York Street (Westen), 2016.

schließlich von der Notwendigkeit einer umfassenden Sanierung. Im Jahr 2000 beauftragte Yale das Architekturbüro Polshek Partnership (heute Ennead Architects). Im Mittelpunkt der Arbeiten standen die Planung einer neuen museumsgerechten Gebäudetechnik sowie der Austausch der stahlgerahmten Fensterwände durch ein thermisch entkoppeltes Aluminiumrahmensystem und neue Isolierverglasungen. Die Leistung der umlaufenden zusätzlichen Rippenrohrheizkörper wurde verdoppelt. Die lichtstreuenden, feinmaschigen Textilbehänge, die ursprünglich zum Gebäude gehörten, wurden ersetzt. In den neuen Isolierverglasungen befinden sich zwei Low-E-Beschichtungen – eine auf

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KUNSTGALERIE DER YALE UNIVERSITY  |  ERNEUERUNG

Das neue, thermisch entkoppelte Aluminiumrahmensystem an der nördlichen Hoffassade, 2016.

Detailansicht des neuen, thermisch entkoppelten Aluminiumrahmensystem an der Fassade zur York Street (Westen), 2016.

der Innenseite der Außenscheibe („Position 2“) zur Steuerung der Wärmeentwicklung und eine weitere auf der Außenseite der Innenscheibe („Position 3“) zur Speicherung der Wärme, die von den neuen Rippenrohrstrahlern erzeugt wird. Das Ausmaß der Korrosion an den Stahlrahmen der Fensterwände erforderte den Ausbau der ursprünglichen Rahmenelemente und den Einbau eines speziell entwickelten, thermisch verbesserten Aluminiumrahmensystems. Um die Dehnungsbewegungen innerhalb des neuen Fassadensystems auszugleichen, wurden Fugen zwischen den Geschossen vorgesehen. Das neue Wandsystem entsprach in der Ansicht der ursprünglichen Stahlrahmenkonstruktion, hatte jedoch eine größere Tiefe. Lediglich die Deckenrandverblendung musste thermisch verbessert werden und steht daher aus der Ebene heraus.4 Diese fast unmerklichen Veränderungen haben die Gesamtleistungsfähigkeit der Fassaden verbessert und die weitere Nutzung des Gebäudes entsprechend seiner ursprünglichen Bestimmung ermöglicht, ohne dabei seine ihm zugedachte Gestalt, sein historisches Erscheinungsbild und seine Bedeutung für das Universitätsgelände zu beeinträchtigen.

SCHLUSSFOLGERUNGEN Die Erneuerung der Fassaden der Kunstgalerie der Yale University von Louis Kahn stellt den besonderen Fall dar, dass ähnlich wie im Guggenheim-Museum (siehe Seite 210ff.) das ursprüngliche Stahlrahmensystem als ungeeignet erachtet wurde, um die raumklimatischen Leistungen zu erbringen, die nach heutigen Vorgaben für museale Sammlungen gefordert werden. Im Gegensatz zum Guggenheim-Museum war die

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2

1 1 Stahlbetonkassettendecke 2 Stahlbetondecke 3 Parkettboden im Innenraum 4 Pfosten der Stahlglasfassade (A: originale Stahlrahmenkonstruktion von 1953; B: neuer Aluminiumrahmen von 2006) 5 Riegel der Stahlglasfassade (A: originale Stahlrahmenkonstruktion von 1953; B: neuer Aluminiumrahmen von 2006) 6 Mittelpfosten der Stahlglasfassade 7 Transparente Verglasung (A: originales Zweischeibenisolierglas von 1953; B: neues Zweischeibenisolierglas von 2006 mit Low-E-­ Beschichtung auf den Positionen 2 und 3) 8 Deckenrandverkleidung (A: originale Stahl­ rahmenkonstruktion von 1953; B: neuer Aluminiumrahmen von 2006)

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4

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3

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Typischer Schnitt der bestehenden neuen Aluminiumrahmenfassade.

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KUNSTGALERIE DER YALE UNIVERSITY  |  ERNEUERUNG

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8A

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Typische Details der Fassade vor (rechts) und nach (links) der Sanierung.

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Das neue, thermisch entkoppelte Aluminiumrahmensystem an der Fassade zur York Street (Westen), 2016.

Kunstgalerie der Yale University jedoch kein denkmalgeschütztes oder ausgewiesenes lokales Wahrzeichen. Dennoch haben die Planer die Bedeutung der Fassadenelemente erkannt und die Bauteile bei der Sanierung aufgewertet. Die Erneuerung stellt die herausragende Stellung der Fassaden innerhalb des ursprünglichen Gebäudeentwurfs wieder her. Dafür wurden zum einen lieblose Zusätze entfernt und zum anderen das ursprüngliche Gesamtbild und die Details beibehalten. Die Fassaden

PROJEKTDATEN Statiker Silman

Kunstgalerie der Yale University (1953) New Haven, Connecticut ORIGINALE KONSTRUKTION Architekt Louis Kahn 1998–2006 INSTANDSETZUNG Architekten Polshek Partnership Architects (heute Ennead Architects)

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Lichtplanung Hefferan Partnership Lighting Design

Gebäudetechnik Altieri Sebor Wieber LLC Consulting Engineers

Akustik Shen Milsom & Wilke

Ingenieurbüro BVH Integrated Services

Sicherheitstechnik Ducibella Venter & Santore

Freiflächenplanung Towers|Golde Landscape Architects and Site Planners LLC

Ausschreibung Robert Schwartz & Associates Baurecht/Baustellensicherheit Hughes Associates, Inc.

Kostenermittlung Vermeulens Cost Consultants Gebäudehülle Simpson Gumpertz & Heger, Inc. Denkmalschutz Building Conservation Associates, Inc. Bauleitung Dimeo Construction

KUNSTGALERIE DER YALE UNIVERSITY  |  ERNEUERUNG

Das neue, thermisch entkoppelte Aluminiumrahmensystem an der nördlichen Hoffassade, 2016.

sind wieder zum Kernstück eines nahtlosen Übergangs zwischen dem ursprünglichen neogotischen Museum und seinem modernen Anbau entlang der Chapel Street geworden. Die angepasste neue Glasfassade hat auch die Beziehung zwischen dem Gebäude und einem modernen Ansatz in der Raumplanung verstärkt, sowohl hinsichtlich des angrenzenden abgesenkten Hofs an der York Street als auch hinsichtlich des Skulpturengartens im Norden. Was bei der Sanierung von Louis Kahns Kunstgalerie der Yale University als mangelhaft erachtet wurde, ist das Erscheinungsbild der doppelt beschichteten Isolierverglasung. Die Low-E-Beschichtung auf der Innenseite der Außenscheibe („Position 2“) verleiht dem Glas eine violett-grüne Färbung, wodurch dem ursprünglich transparenten, hellen Glas ein Farbton verliehen wird. Dies macht sich besonders dort bemerkbar, wo die cremefarbene Beschichtung auf der Innenscheibe über die gesamte Fläche einer Fassade angewendet wurde. Leider war diese feine, aber dennoch merkliche Veränderung der Verglasung notwendig, da die Nachteile des hohen Glasflächenanteils nicht allein durch die neue Gebäudetechnik kompensiert werden konnten. Die doppelte Beschichtung erhöht zwar die energetische Gesamtleistungsfähigkeit der Fassaden, sie erhöht aber auch ihre Reflektivität und führt polychromatische Töne ein, wo es vorher keine gab. Diese Veränderung der optischen Wirkung des Glases wird durch die Beschichtung der Innenscheibe noch verstärkt. Dies ist nicht nur eine Abkehr von der ursprünglichen Gestaltungsabsicht und dem historischen Erscheinungsbild der Gebäudehülle, sondern stellt auch eine ungewollte Veränderung dar, da die Fassaden nunmehr leider sowohl stark spiegelnd als auch optisch ablenkend sind.

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ANMERKUNGEN 1 Lloyd L. DesBrisay, „Yale University Art Gallery: Louis I. Kahn: Challenges for the Rehabilitation of Modern Museum Buildings“, Journal of Architectural Conservation 13, Nr. 2 (Juli 2007), S. 76. 2 Ebd., S. 77. 3 Ebd., S. 74–75. 4 Ebd., S. 80–82.

Zusammenfassung

Überblick über die Instandsetzungsstrategien Die Fallstudien in diesem Buch wurden ausgewählt, um unterschiedliche Strategien bei der Instandsetzung von Stahlglasfassaden an einigen der berühmtesten Gebäude der Moderne in den USA und Europa aufzuzeigen. Die einzelnen Strategien sind jeweils einem der drei Instandhaltungsansätze zugeordnet (Restaurierung, Sanierung oder Erneuerung), nach denen dieses Buch gegliedert ist. Es kommt allerdings öfters vor, dass mehr als ein Ansatz am selben Gebäude oder Gebäudeensemble zum Einsatz kommt. Die Art der verwendeten Baustoffe und die oft experimentellen Entwürfe sowie frühere Reparaturen und der allgemeine Verfall tragen zur Komplexität und Einzigartigkeit der jeweiligen Bedingungen eines Standortes bei. Ebenso spielen eine Reihe anderer, weniger greifbarer Faktoren wie z. B. Bauvorschriften, das Bestreben um höhere Energieeffizienz oder Bemühungen zur Erhaltung des historischen und kulturellen Erbes eine Rolle. Der Entscheidungsprozess, der letztendlich zur Auswahl der Lösungen an einem bestimmten Standort führt, ist stets spezifisch und individuell. Durch die Analyse der letztendlich umgesetzten Instandsetzungsmaßnahmen an den in diesem Buch vorgestellten Gebäuden haben sich jedoch eine Reihe von Unterkategorien herauskristallisiert, die im Folgenden zusammengefasst wurden. Während über den begrenzten Rahmen dieses Buches hinaus weitere Unterkategorien möglich sind, hoffen wir, dass die Leser die hier verwendeten Kategorisierungen als eine nützliche Orientierungshilfe wahrnehmen. Die erste Instandsetzungsstrategie, die in diesem Buch beschrieben wird, bezieht sich auf die Restaurierung architekturhistorisch bedeutsamer gläserner Gebäudehüllen des 20. Jahrhunderts. Die Restaurierung ist eine Neuverglasungsmaßnahme, die insbesondere für kulturell bedeutsame Gebäude geeignet ist, bei denen es sich aufgrund des hohen Anteils an noch vorhandener ursprünglicher historischer Bausubstanz oder der Verfügbarkeit zuverlässiger Baudokumentationen rechtfertigen lässt, dem Verfall der Stahlrahmen entgegenzuwirken und die ursprüngliche Einfachverglasung bei Bedarf zu erhalten oder zu erneuern. Diese Instandsetzungsstrategie kann in verschiedener Weise umgesetzt werden, zu der die folgenden Unterkategorien gehören:

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JK-Gebäude in Belo Horizonte, Minas Gerais, Brasilien (Oscar Niemeyer, 1959). Korrosion an der originalen Fassade mit den großen Stahlglas­e lementen aus transparenten Sichtscheiben und Brüstungsteilen aus transluzentem Einscheibendrahtglas, 2008.

RAHMENREPARATUR UND EINFACHVERGLASUNG Dieser Ansatz beinhaltet die Reparatur bestehender Stahlrahmen durch Ausschneiden und Ersetzen von fehlenden oder stark beschädigten Abschnitten fester oder beweglicher Rahmen, Glashalteleisten, Beschlägen und anderen Komponenten sowie den Austausch des entsprechenden Kitts oder der Abdichtung (Fugendichtungen, bei denen gefährliche Substanzen festgestellt werden, sollten gemäß den geltenden Umweltvorschriften entfernt und entsorgt werden). Dort, wo die ursprüngliche Einfachverglasung vorhanden ist, wird sie so weit wie möglich erhalten oder durch eine ähnliche Einfachverglasung ersetzt. Diese Unterkategorie wird anhand der folgenden Fallstudien beschrieben: Villa Tugendhat in Brünn (Ludwig Mies van der Rohe, 1930), Hallen 2 und 5 der Zeche Zollverein in Essen (Schupp und Kremmer, 1932 und 1961), die Treppenhausfassade der Viipuri-Bibliothek in Wyborg (Alvar Aalto, 1935) und das Glass House in New Canaan, Connecticut (Phillip Johnson, 1949). Der restaurative Ansatz dieser Instandsetzungsstrategie eignet sich für Bedingungen, bei denen der gesamte oder der größte Teil des ursprünglichen Rahmens und des Glases noch vorhanden ist und bei denen die histori­sche Bausubstanz noch größtenteils erhalten ist, was die gezielte Nachbildung fehlender oder stark beschädigter Komponenten ermöglicht. Dieser Ansatz ist der sanfteste und konservativste aller verfügbaren Instandsetzungsstrategien. Er gibt der Beibehaltung des historischen Erscheinungsbildes sowie der Materialwahl und Gestaltungsabsicht Vorrang und wertet Sicherheitsaspekte höher als eine verbesserte Umweltleistung.

RAHMENREPARATUR UND VERBUNDSICHERHEITSGLAS (VSG) Dieser Ansatz ist dem vorherigen sehr ähnlich, konzentriert sich jedoch auf die Verbesserung der Schlagsicherheit des Glases und/oder die Verbesserung des UV-Schutzes im Inneren durch den Einbau von Verbundsicherheitsglas anstelle der ursprünglichen Einfachverglasung oder anderer Glastypen. Diese Unterkategorie wird anhand der Fallstudien des Hallidie Building in San Francisco, Kalifornien (Willis Polk, 1918), Fallingwater in Mill Run, Pennsylva-

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Die Korrosions- und Verfallserscheinungen (wie hier gezeigt) sind oft auf mangelnde Wartung zurückzuführen. Bei vielen Stahlglasfassaden der Moderne entstehen unter anderem deswegen Sicherheitsprobleme und hohe Reparaturkosten, so dass oft der Austausch ganzer Elemente erfolgt, 2013.

nia (Frank Lloyd Wright, 1937), und des TWA Flight Center am John-F.-KennedyFlughafen in Queens, New York (Eero Saarinen, 1962), thematisiert. Diese Instandsetzungsstrategie ist angemessen, wenn die Erneuerung der ursprünglichen Einfachverglasung erforderlich ist, um entweder Sicherheitsbedenken auszuräumen, wie beispielsweise bei einer besonders großen Scheibengröße, bei Überkopfverglasungen oder einer Position, bei der die Glasscheibe an einen Fertigfußboden anschließt (wie beim Hallidie Building), oder um spezifische Anforderungen an die Schlagfestigkeit zu erfüllen, die durch die Nutzung oder die örtlichen Gegebenheiten bedingt sind (wie beim TWA Flight Center). Diese Strategie eignet sich auch für Situationen, bei denen der gesamte oder der größte Teil des ursprünglichen Rahmens noch vorhanden ist, die ursprüngliche Einfachverglasung jedoch aufgrund des anhaltenden Verfalls oder der Entfernung während einer früheren Erneuerung nicht mehr existiert. Der Vorteil dieses Ansatzes besteht darin, dass die historische Metallkonstruktion erhalten wird. Je nach Glasauswahl besteht jedoch die Gefahr, dass die Integrität und Authentizität des historischen Erscheinungsbildes beeinträchtigt wird. Wie beim vorherigen Ansatz stehen Sicherheit und UV-Schutz im Vordergrund (siehe Fallstudie Fallingwater) und nicht die Verbesserung der bauklimatischen Leistung des Gebäudes.

RAHMENREPARATUR UND EINFACHVERGLASUNG MIT AUFGEBRACHTER FOLIE Dieser Ansatz beinhaltet den gleichen Arbeitsumfang wie die beiden vorgenannten Ansätze hinsichtlich der Reparatur der bestehenden Stahlrahmen und des punktuellen Austauschs fehlender oder stark beschädigter Komponenten, behält aber auch die ursprüngliche Einfachverglasung bei. Der Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung der Schlagfestigkeit des Glases und eines besseren Schutzes vor Lichteinstrahlung und/oder UV-Strahlung im Innenbereich sowie eines Sonnenund Blendschutzes durch das Aufbringen einer Folie. Wie in den Fallstudien dokumentiert, wurde diese Art der Instandsetzung bei Fallingwater in Mill Run, Pennsylvania (Frank Lloyd Wright, 1937), beim Farnsworth House in Plano, Illinois (Ludwig Mies van der Rohe, 1951), und beim TWA Flight Center am John-F.-Kennedy-Flughafen in Queens, New York (Eero Saarinen, 1962), verwendet.

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ZUSAMMENFASSUNG

399 Park Avenue in New York City (Carson Lundin und Shaw, 1961). Verkleidung der bestehenden Vorhangfassade mit einem neuen Fassadensystem, 2016.

Die aufgebrachten Folien schützen die Einfachverglasung, ihre begrenzte Lebensdauer bedeutet jedoch, dass ihre Wirksamkeit von relativ kurzer Dauer ist, bevor sie beginnen sich abzulösen (siehe den Bericht über frühere Instandsetzungen in der Fallstudie zu Fallingwater). Ein weiterer Nachteil dieses Ansatzes liegt in den begrenzten Produktgrößen, die aktuell auf dem Markt verfügbar sind. Während die Längen der Folienrollen in der Regel ausreichend sind, um die vorhandenen Scheibenhöhen zu erreichen, hat jede Rolle nur eine begrenzte Breite, wodurch bei ihrer Verwendung kleine Überlappungen oder Stoßfugen entstehen. Dies führt zu kleinen (aber dennoch sichtbaren) vertikalen Nähten, wenn die Folie auf breiten Glasscheiben aufgebracht wird (siehe die Angaben zu früheren Instandsetzungen in der Fallstudie zum Farnsworth House). Ein weiterer Nachteil einiger Sonnen- und Blendschutzfolien (und oft auch von UV-Schutzfolien) liegt darin, dass sie die Eigenschaften der Scheiben hinsichtlich der sichtbaren Lichtanteile verändern, wodurch oft auch die Durchsicht beeinträchtigt wird (siehe die Erläuterungen zu früheren Instandsetzungen in der Fallstudie zum TWA Flight Center). Dieser Ansatz legt den Schwerpunkt auf Sicherheit und Benutzerkomfort und konzentriert sich wie die beiden vorhergehenden Restaurierungsansätze nicht auf die Verbesserung der bauklimatischen Leistung des Gebäudes. Er wird daher nicht als langfristige Lösung empfohlen, ist aber eine praktikable Option, wenn eine kurzfristige Instandsetzung notwendig ist, bevor ein langfristiges Reparaturprogramm mit entsprechendem Budget in Angriff genommen werden kann. Die zweite Instandsetzungsstrategie, die in diesem Buch beschrieben wird, bezieht sich auf die Sanierung architekturhistorisch bedeutsamer gläserner Gebäudehüllen des 20. Jahrhunderts. Die Sanierung ist eine Neuverglasungsmaßnahme, die sich für verglaste Bauteile eignet, die erhebliche Materialverluste an den Metallrahmen oder den Scheiben aufweisen, sowie dort, wo ein artgleicher Austausch als nicht durchführbar, ineffektiv oder unangemessen erachtet wird oder wo eine Modernisierung zur Erfüllung aktueller bauklimatischer oder statischer Leistungsanforderungen notwendig ist, um bestehende Nutzungen fortzuführen bzw. neue Nutzungen zu ermöglichen. Diese Instandsetzungsstrategie kann gemäß folgender Unterkategorien umgesetzt werden:

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RAHMENREPARATUR UND ISOLIERVERGLASUNG (IGU) Dieser Ansatz umfasst den bei den oben genannten Restaurierungsunter­ kategorien aufgezeigten Reparaturumfang für Stahlrahmen sowie den Ausbau der ursprünglichen Einfachverglasung und die Erneuerung durch Isolierverglasung (IGU). Eine Dokumentation dieser Unterkategorie findet sich in der Fallstudie zur Zeche Zollverein in Essen (Schupp und Kremmer, 1932 und 1961), und zwar bzgl. der Hallen 7 und 9. Der Einbau neuer IGUs in restaurierte Rahmen bedeutet in der Regel, dass der alte Kitt oder die alten Glasleisten entfernt werden müssen und neue Glasleisten eingebracht werden, die für die neue Verglasung geeignet sind. Da Isolierverglasung stärker und schwerer ist als die ursprüngliche Einfachverglasung, muss die neue Glasleiste in der Regel schmal und hochfest sein, um Gläser in Position halten zu können. Ferner müssen bei der Planung des Einbaus von Isolierverglasung und Glasleisten auf bestehenden Rahmen Industriestandards in Bezug auf die geforderten Einheitengrößen sowie die Flächen- und Kantenabstände berücksichtigt werden. Dieser Ansatz ermöglicht es, Glasfassaden der Moderne mit schlechter Wärmedämmleistung an neue Nutzungen und aktuelle Wärmeschutzanforderungen anzupassen. Die bauklimatische Leistung wird verbessert und die Sicherheit kann ebenfalls gesteigert werden ( je nach Scheibenaufbau). Dieser Ansatz wird als langfristige Lösung empfohlen, jedoch nur nach sorgfältiger Abwägung einer Reihe von Faktoren. Vorrangig dabei ist, ob die vorhandenen Rahmen und Tragelemente die Kapazität haben, die neuen Lasten der IGUs aufzunehmen, die mehr als das Doppelte des Gewichts der ursprünglichen Einfachverglasung ausmachen. Wie einige Fallstudien zeigen, ist es ratsam, zuerst das Nutzungsprogramm zu betrachten, bevor entschieden wird, in welchen Bereichen der Fassade neue IGUs zu installieren sind. Anstatt einen das gesamte Gebäude umfassenden Glasaustausch vorzunehmen, sollte dies nur an strategischen Stellen in Betracht gezogen werden, an denen im Projekt eine Leistungssteigerung erforderlich ist (siehe Fallstudie Zeche Zollverein).

RAHMENREPARATUR UND EINFACHVERGLASUNG PLUS SEKUNDÄRVERGLASUNG Bei diesem Ansatz bleibt die ursprüngliche gläserne Gebäudehülle erhalten, wobei der gleiche Reparaturumfang für die Stahlrahmen wie bei den vorher genannten Restaurierungskategorien besteht und die ursprüngliche Einfachverglasung bewahrt bleibt. Darüber hinaus erfolgt der Einbau einer Sekundär­ verglasung. Diese Unterkategorie wird anhand der Fallstudien für die VanNelle-Fabrik in Rotterdam (Brinkman & Van der Vlugt, 1931), die Hallen 6 und 10 der Zeche Zollverein in Essen (Schupp und Kremmer, 1932 und 1961) und das Haus Hardenberg in Berlin (Paul Schwebes, 1956) beschrieben. Die Instandsetzung der Oberlichter der Viipuri-Bibliothek in Wyborg (Alvar Aalto, 1935) ist ebenfalls repräsentativ für diesen Ansatz, obwohl dort keine Metallrahmenkonstruktion installiert wurde. Bei der einfachsten Version dieses Ansatzes besteht die Sekundär­ verglasung aus einem zusätzlichen, nach innen öffnenden Flügel mit Ein­ fachverglasung, der innen unmittelbar an den ursprünglichen Rahmen der Einfachverglasung (Festverglasung oder Öffnungsflügel) befestigt wird. Im

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1271 Avenue of the Americas in New York City (Wallace Harrison von Harrison, Abramovitz & Harris, 1959). Die Vorhangfassade während der Austauscharbeiten, 2018.

geschlossenen Zustand entsteht so ein luftdichter Hohlraum zwischen den beiden Verglasungen (Verbundfenster), der aber bei Bedarf gewartet und gereinigt werden kann (siehe hierzu die Fallstudien Haus Hardenberg und Viipuri-Bibliothek). In Fällen, in denen es möglich ist, die Gebäudehülle zu verändern, wird die Sekundärverglasung auf der Außenseite der ursprünglichen Einfachverglasung angebracht (siehe den Bericht über Sanierung des Oberlichts in der Fallstudie zur Viipuri-Bibliothek). Diese Strategie eignet sich für solche Fälle, bei denen festgestellt wurde, dass bereits eine minimale Verbesserung der Gebäudehülle ausreicht, um ihre Lebensdauer zu verlängern und gleichzeitig sowohl die ursprüngliche historische Bausubstanz wie auch der größte Teil der Innenansicht erhalten werden kann. Eine aufwändigere Lösung beinhaltet den Einbau einer neuen gedämmten Innenwand auf der Innenseite der Außenwand. Vor den bestehenden äußeren Fensteröffnungen wird in die gedämmte Trennwand auch eine neue Stahlskelettkonstruktion integriert. Die Sekundärverglasung beinhaltet ein nach innen öffnendes Flügelfenster mit Isolierverglasung für die Reinigung und Wartung (siehe Hallen 6 und 10 in der Fallstudie Zeche Zollverein). Diese Strategie eignet sich für Fälle, bei denen die Erhöhung der Nenndicke der sanierten Außenwände (Originalwand plus angrenzende innenliegende Wärmedämmwand mit Sekundärverglasung) vertretbar ist. Ein Nachteil dabei ist, dass die Nähe der neuen Sekundärverglasung zur ursprünglichen gläsernen Gebäudehülle beim Blick von außen Schatten innerhalb der Fensteröffnungen erzeugt. Dieser Effekt kann das historische Erscheinungsbild beeinträchtigen, weshalb es wichtig ist, diese Lösung nur dann einzusetzen, wenn negative Auswirkungen auf das Äußere so gering wie möglich ausfallen. Eine noch anspruchsvollere Variante dieser Lösung ist die Platzierung der neuen innenliegenden Isolierverglasung in einem größeren Abstand zur ursprünglichen äußeren Einfachverglasung, wodurch ein Zirkulationsraum entsteht und der Charakter der äußeren Verglasung sowohl von außen als auch von innen erhalten bleibt (siehe Fallstudie Van-Nelle-Fabrik). Diese Strategie eignet sich für Fälle, bei denen ein wertorientierter Ansatz erforderlich ist, der die Authentizität und Differenzierung von Materialien und Konst-

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Hotel Tivoli in Maputo, Mozambik (Carlos Veiga Pinto Carmelo, 1970). Die Fassade stellt eine eher ungewöhnliche Kombination aus modernen Stahlrahmenfensterelementen und einem sehr plastisch wirkenden Sichtbeton im Stil des Brutalismus dar, 2009.

ruktionssystemen sowie die Bewahrung des historischen Charakters über die Maximierung der verfügbaren Nutzfläche stellt.

RAHMENREPARATUR MIT STRUKTURELLER VERSTÄRKUNG UND EINFACHVERGLASUNG Dieser Ansatz umfasst auch den bei den oben genannten Restaurierungs­ kategorien beschriebenen Reparaturumfang in Bezug auf die Reparatur der bestehenden Stahlrahmen und den punktuellen Austausch fehlender oder stark beschädigter Komponenten. Die ursprüngliche Einfachverglasung bleibt erhalten oder wird nachgebaut. Die Besonderheit dieses Ansatzes besteht darin, dass diskrete zusätzliche strukturelle Verstärkungen vorgesehen sind, um die Gebäudehülle aus Glas gegen seitliche Belastungen zu verstärken und/oder sie bei Bedarf zu stützen, damit Mängel aus der ursprünglichen Planung oder Konstruktion behoben werden können. Diese Unterkategorie wird am Beispiel des Hallidie Building in San Francisco, Kalifornien (Willis Polk, 1918), und des De-La-Warr-Pavillon in Bexhill-on-Sea (Erich Mendelsohn und Serge Chermayeff, 1935) beschrieben. Bei diesem Ansatz ist es wichtig, dass die Größe, Lage und Gestaltung der zusätzlichen Bewehrung sorgfältig geplant werden, um zu verhindern, dass sie optisch stören oder die wiederhergestellten Originalmerkmale in den Hintergrund geraten. Ein weiterer kritischer Punkt, der zu berücksichtigen ist, betrifft die Abstimmung der Anstriche, die auf die Originalrahmen, aber auch auf die zusätzliche Bewehrung aufgebracht werden. Es kann vorkommen, dass beide den gleichen Anstrich erhalten, um das eine mit dem anderen zu

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verschmelzen (siehe Fallstudie De-La-Warr-Pavillon). In anderen Fällen muss entschieden werden, ob sich die zusätzliche Bewehrung vom ursprünglichen Material abheben soll oder nicht (siehe Fallstudie Hallidie Building). Die dritte in diesem Buch dargestellte Instandsetzungsstrategie besteht in der Erneuerung architekturhistorisch bedeutsamer gläserner Gebäudehüllen des 20. Jahrhunderts. Die Erneuerung ist eine Instandsetzungsstrategie, bei der trotz der potenziellen Bedeutung eines Gebäudes und seines ursprünglichen architektonischen Charakters die ursprünglichen Stahlrahmen und Verglasungen entfernt und durch neue Bauteile ersetzt werden. Diese Instandsetzungsstrategie bewahrt das ursprüngliche Erscheinungsbild so weit wie möglich, konzentriert sich aber in erster Linie auf die Verbesserung der bauklimatischen Leistung und der Sicherheit. Die Erneuerung ist die invasivste der drei in diesem Buch vorgestellten Maßnahmen, da sie Sicherheit, Energieeinsparung und Benutzerkomfort über den Erhalt der ursprünglichen historischen Bausubstanz stellt. Diese Instandsetzungsstrategie kann gemäß den folgenden Unterkategorien ausgeführt werden:

THERMISCH NICHT ENTKOPPELTE STAHLRAHMEN UND EINFACHVERGLASUNG Dieser Ansatz beinhaltet die Entfernung von stark verschlissenen oder schlecht funktionierenden vorhandenen Stahlrahmen sowie der damit verbundenen Kitte oder Abdichtungen. Neue Stahlrahmen, Fensterflügel, Glasleisten, Beschläge und andere Komponenten werden je nach Bedarf eingebaut, ebenso eine neue Einfachverglasung. Ähnlich wie bei anderen oben genannten Ansätzen sollten veraltete Fugendichtungen, sofern bei ihnen gefährliche Substanzen entdeckt wurden, gemäß den geltenden Umweltvorschriften entfernt und entsorgt werden. Diese Unterkategorie wird in den Fallstudien für das Lever House in New York City (SOM, 1952) und die S. R. Crown Hall in Chicago (Ludwig Mies van der Rohe, 1956) beschrieben. Dieser Ansatz eignet sich bei bedeutenden Gebäuden der Moderne, bei denen die Erhaltung des ursprünglichen Erscheinungsbildes von größter Bedeutung ist. In Fällen, in denen eine starke Korrosion die Wiederverwendung der originalen Stahlrahmen verhindert, wird ein Austausch mit einigen versteckten Verbesserungen, die von außen nicht sichtbar sind, durchgeführt (siehe Fallstudie Lever House). Dabei ist es ratsam zu prüfen, ob das Ersatzglas, das nur von einer Seite sichtbar ist, weiterhin als Einfachverglasung verwendet werden muss oder ob es durch Isolierverglasung nachgerüstet werden kann (siehe die unten genannten Unterkategorien). Meistens ist das Ersatzglas sowohl von außen als auch von innen sichtbar und dicker dimensioniert als das Originalglas, was tiefere und breitere Glashalteprofile als die bestehenden erfordert, um die erforderlichen Scheibeneinfassungen, Stoß- und Stirnflächenabstände zu erreichen. Eventuell müssen deshalb auch die vorhandenen Glashalteleisten ersetzt werden (siehe Fallstudie S. R. Crown Hall). Bei diesem Ansatz wird der Beibehaltung des historischen Erscheinungsbildes der Moderne Vorrang gegenüber der Verbesserung der Wärmeleistung der Glasfassaden eingeräumt. Seine Anwendbarkeit ist jedoch begrenzt und wird durch eine Kombination von Faktoren bestimmt: die kulturelle Bedeutung des Gebäudes, der Erhaltungszustand der bestehenden

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Gebäudehülle und die Notwendigkeit (oder das Fehlen derselben), passive thermische Verbesserungen aufgrund örtlicher Leistungsanforderungen durchzuführen, ohne auf teure und energieaufwändige mechanische Lösungen im Innenbereich zurückzugreifen (siehe Fallstudie Kloster La Tourette). Eine Variation dieses Ansatzes ist die Erneuerung durch thermisch nicht entkoppelte Aluminiumrahmen mit Einfachverglasung, wie sie am Werkstattbereich des Bauhauses in Dessau-Roßlau (Walter Gropius, 1926) und beim Kloster La Tourette in Éveux (Le Corbusier, 1962) vorgenommen wurde.

THERMISCH NICHT ENTKOPPELTE STAHLRAHMEN UND ISOLIERVERGLASUNG Dieser Ansatz beinhaltet den gleichen Erneuerungsumfang wie in der vorherigen Unterkategorie, mit der Ausnahme, dass beim Glasaustausch Isolierverglasung anstelle einer Einfachverglasung verwendet wird. Diese Unterkategorie wird in den Fallstudien zum Fagus-Werk in Alfeld an der Leine (Walter Gropius und Adolf Meyer, 1912 und 1925), zum Sanatorium Zonnestraal in Hilversum (Jan Duiker, 1928 bis 1931), zu den Hallen 7 und 9 der Zeche Zollverein in Essen (Schupp und Kremmer, 1932 und 1961) sowie zum Penthouse und zur Garagenfassade der Cité de Refuge in Paris (Le Corbusier und Pierre Jeanneret, 1933 und 1953) beschrieben. Der Ansatz eignet sich für Fälle, bei denen sich die vorhandenen Rahmen in einem schlechten Zustand befinden (siehe Fallstudie Sanatorium Zonnestraal) oder nicht mit der historischen Gestaltung übereinstimmen (siehe Fallstudie Cité de Refuge) und bei denen die Nutzung von der verbesserten bauklimatischen Leistung durch den Einsatz von Isolierverglasung profitieren kann. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass unter extremen Witterungsbedingungen die schlechte Wärmedämmung der erneuerten, thermisch nicht entkoppelten Rahmen zu saisonaler Kondensation führen kann. Um dies zu vermeiden und optimale Umwelteigenschaften zu erzielen, kann der Einbau von neuen thermisch entkoppelten Rahmen eine geeignete Lösung darstellen, sofern ein entsprechendes Budget vorhanden ist (siehe die unten genannten Unterkategorien). An Stellen mit geringeren Leistungsanforderungen, wie z. B. bei Eingangsbereichen und Verkehrsflächen, sollte die Restaurierung der ursprünglichen, einfach verglasten Hülle anstelle einer Erneuerung in Betracht gezogen werden (siehe Fallstudie Fagus-Werk).

THERMISCH ENTKOPPELTE STAHLRAHMEN UND ISOLIERVERGLASUNG Dieser Ansatz umfasst den Ausbau- und Austauschumfang, der in den bisherigen Erneuerungskategorien dargestellt wurde, beinhaltet jedoch den Einbau einer neuen Isolierverglasung anstelle einer Einfachverglasung. Der Hauptunterschied besteht darin, dass die Stahlrahmen thermisch entkoppelt sind, was Wärmeverluste minimiert, damit den Energieverbrauch reduziert und somit zu einer optimalen bauklimatischen Leistung führt. Diese Unterkategorie wird in den Fallstudien zum Büro- und Wohnateliergebäude des Bauhauses in Dessau-Roßlau (Walter Gropius, 1926), zur Halle 9 der Zeche Zollverein in Essen (Schupp und Kremmer, 1932 und 1961) und zum Solomon-R.-Guggenheim-Museum in New York (Frank Lloyd Wright, 1959) beschrieben.

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Grandhotel von Ouro Preto, Minas Gerais, Brasilien (Oscar Niemeyer, 1940). Eines der ersten Werke von Niemeyer, die originalen Stahlrahmenschiebefenster, wurden über die Jahrzehnte erhalten und instandgehalten, 2008.

Diese Lösung eignet sich dort, wo neben der Erhaltung des historischen Erscheinungsbildes auch eine verbesserte bauklimatische Leistung gewünscht wird, aber kein Zwang zur Erhaltung der ursprünglichen historischen Bausubstanz besteht, etwa, wenn sich diese noch in einem guten oder angemessenen baulichen Zustand befände. Die erneuerten Stahlskelette für diese Bauteile können aus speziell angefertigten warmgewalzten Komponenten bestehen, die in ein eigenes System (siehe Nordflügel und Wohnateliers in der Fallstudie Bauhaus), in kaltgeformte Hohlprofile (siehe Halle 9 der Fallstudie Zeche Zollverein) oder eine Kombination aus beidem (siehe Fallstudie Solomon-R.-Guggenheim-Museum) eingefügt werden.

THERMISCH ENTKOPPELTE ALUMINIUMRAHMEN UND ISOLIERVERGLASUNG Dieser Ansatz umfasst den Ausbau- und Austauschumfang der bisherigen Erneuerungskategorien und den Einbau von Isolierverglasung als Ersatz für die Einfachverglasung. Der Hauptunterschied besteht darin, dass die thermisch entkoppelten Rahmen aus Aluminiumprofilen bestehen, die gleichzeitig Wärmeverluste minimieren, den Energieverbrauch senken und so zu einer optimalen bauklimatischen Leistung führen. Diese Unterkategorie wird in der Fallstudie zur Kunstgalerie der Yale University in New Haven (Louis Kahn, 1953), beschrieben. Die Entscheidung darüber, welche Instandsetzungsstrategie bzw. Kombination mehrerer Ansätze am angemessensten ist und sich technisch umsetzen lässt, bestimmt sich gemäß der Hierarchisierung der Ziele bzw. Werte und sollte von den Entscheidungsträgern in Absprache mit Planern und Fachleuten für Denkmalpflege getroffen werden. Zu den Zielen oder Werten, die den Entscheidungsprozess leiten, gehören unter anderem die Einschät-

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zung der historischen, architektonischen und kulturellen Bedeutung des Gebäudes, eine praktische Bewertung der Art und des Zustands der noch vorhandenen historischen Bausubstanz, bestehende oder geplante Nutzungsanforderungen, die im Rahmen der Renovierung festgelegten Umweltziele sowie das Projektbudget, die Planung der Bauphasen, der Zeitplan insge­samt und die verfügbaren Arbeitskräfte und deren spezifische Arbeitserfahrung, ferner Materialien und spezielle Werkzeuge und Maschinen. Die Autoren hoffen, dass die in diesem Buch vorgestellten Fallstudien repräsentative Beispiele für Umbauten sowohl an architektur- und kulturgeschichtlich bedeutsamen Bauten sein können als auch an nicht herausgehobenen Gebäuden der Moderne, die eine Gebäudehülle aus Glas aufweisen. Die Kombination aus dokumentierten Fakten und Kommentaren der Autoren, die in die Beschreibung und Bewertung der vorgestellten Fälle eingeflossen sind, veranschaulicht die empirische Methodik, die erforderlich ist, um die Auswirkungen der vorgeschlagenen Instandsetzungen auf den Charakter und architektonischen Wert der betreffenden Gebäude der Moderne zu bestimmen. Ziel der Identifizierung, Beschreibung, Kategorisierung und Bewertung der jeweils spezifischen Instandsetzung eines Gebäudes war es, Kriterien und Entscheidungsmöglichkeiten aufzuzeigen, die auf andere Gebäude übertragen werden können. Die Autoren hoffen, dass die Leser somit von den wertvollen Informationen und sorgfältig recherchierten Dokumentationsverweisen auf die in den Fallstudien vorgestellten Bauwerke profitieren und die im Buch zusammengefassten Ergebnisse bei der Bewertung und Instandsetzung weiterer in der Epoche der Moderne entstandener Gebäudehüllen aus Glas helfen werden. Dieses Bemühen wird hoffentlich einen positiven Beitrag zur angemessenen und qualifizierten Restaurierung, Sanierung und Erneuerung von Glasfassaden der Moderne und damit zur Verbesserung unserer gebauten Umwelt insgesamt leisten.

Allgemeine Empfehlungen Die ausgewählten amerikanischen und europäischen Gebäude, zu denen dieses Buch Fallstudien präsentiert, sind sämtlich denkmalgeschützt. Infolgedessen mussten bei der Instandsetzung eine Reihe denkmalpflegerischer Regeln und Verfahren befolgt werden, die vor allem den Schutz der ursprünglichen Bausubstanz und die Bewahrung von Authentizität im Blick haben. Da die Architektur des 20. Jahrhunderts und ihre Bauweisen oft von experimenteller Natur waren, betonen aktuelle Richtlinien und Leitsätze, wie die Artikel 5 und 10 des Madrid–New Delhi Document 2017, die Notwendigkeit, „den Druck nach Veränderung zu akzeptieren und dabei gestaltend zu agieren“ und „der ökologischen Nachhaltigkeit Rechnung zu tragen“.1 Einer der häufigsten Gründe für die Instandsetzung von Stahlrahmenverglasungen der Moderne ist somit die Notwendigkeit, energieeffiziente Entwurfslösungen zu entwickeln. Unabhängig von den hohen Energieeffizienzanforderun-

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Das Ministerium für Bildung und Gesundheit (Edifício Gustavo Capanema) in Rio de Janeiro (Lucio Costa, 1943). Die Nordfassade hat sowohl feststehende Brise Soleils als auch verstellbare Aluminiumlamellen, die für Verschattung sorgen und eine natürliche Belüftung des Gebäudes über die Stahlrahmenfensterelemente ermöglichen, 2004.

gen, die heutzutage in den USA und Europa bestehen, gelten für beide Regionen Ausnahmen hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit auf historische Gebäude. So ermöglicht beispielsweise die Aufnahme in das National Register of Historic Places in New York, San Francisco und anderen Städten der USA Ausnahmen bei der Einhaltung der in den lokalen Bauordnungen vorgeschriebenen Energieeinsparanforderungen. Beispiele für Projekte, die in diesem Buch vorgestellt werden und von derartigen Ausnahmen profitieren, sind die Erneuerung der Fassade des Lever House und die Fassadenrestaurierung des Hallidie Building. Ähnliche Ausnahmeregelungen gibt es in der Internationalen Bauordnung (IBC) und in vielen nationalen europäischen Verordnungen, wie z. B. in der deutschen Energieeinsparverordnung (EnEV 2014/2016), welche Ausnahmen für denkmalgeschützte Gebäude und einen um 40 % höheren jährlichen Primärenergieverbrauch gegenüber Neubauten zulässt.2 Obwohl auf beiden Seiten des Atlantiks ähnliche Regelungen gelten, zeigen die hier gewonnenen Ergebnisse der Fallstudien, dass die europäischen Instandsetzungsprojekte stärker vom Wunsch getragen sind, Energieeinsparungen zu realisieren und die Energieeffizienz zu verbessern. Die betreffenden Fälle bieten daher wertvolle Hinweise auf praktikable Lösungen zur Verbesserung der Energieeffizienz und des Nutzerkomforts in Europa und den USA. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen den Instandsetzungsansätzen in den USA und Europa liegt in den Unterschieden bei der Bauplanung und im Baugewerbe. In den USA wie in Europa sind Fenster- und Vorhangfassadenkonstruktionen sowohl bei Gebäuden, die in der Nachkriegszeit entstanden, als auch bei Neubauten sehr verbreitet. Ab den 1960er Jahren kam es in beiden Regionen zu einer spürbaren Verschiebung von Stahl- hin

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zu Aluminiumrahmenkonstruktionen. In den USA wird diese Art der Fassadenkonstruktion jedoch oft mit umfangreicheren technischen Systemen zur Raumheizung, Belüftung und Klimatisierung kombiniert. Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zu europäischen Ansätzen dar, bei denen aufgrund der höheren Energiekosten die Nutzung natürlicher Belüftung in Kombination mit einer energieeffizienten Gebäudetechnik vorherrscht. In Europa hat dies in vielen Fällen zu anspruchsvollen und individuellen Lösungen geführt, bei denen Gebäudekomponenten und Gebäudetechnik in unterschiedlicher Weise kombiniert werden. Denkmalgeschützte Gebäude und damit verbundene Forschungsprojekte (z. B. das Bauhaus Dessau) haben oft eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung spezifischer Lösungen gespielt, die anschließend weiterentwickelt und für weitflächigere Anwendungen in der Bauplanung angepasst und als Produkt bzw. Leistung vom Baugewerbe angeboten werden. Dies mag auch daran liegen, dass viele europäische Länder eine starke Tradition kleiner und mittlerer Planungs- und Bauunternehmen haben, die in der Entwicklung und Anpassung modernster Gebäudetechnik erfahren sind und über eine Handwerkskultur verfügen, die eher bereit ist, dieses Know-how bei kleineren, individuellen Projekten einzusetzen, als dies bei größeren Unternehmen der Fall ist. Ein weiterer entscheidender Aspekt ist, dass die Zunahme an Komplexität und die gestiegenen Leistungsanforderungen an Gebäude – insbesondere an die Gebäudehülle – sowohl in den USA als auch in Europa den Berater für Bauphysik und Fassaden als eigenständigen Spezialisten hervorgebracht haben. Ähnlich wie Fachleute für Denkmalschutz stellen Berater für Gebäudehüllen oft eine Verbindung her zwischen den traditionell stark abgegrenzten Berufen des Architekten, Tragwerksplaners und Gebäudetechnikers und bringen deren Fachbereiche mit ihrem übergreifenden Wissen über Statik, Bauklimatik, Materialkunde und Bautechnologie in einen Dialog. Seit dem späten 20. Jahrhundert hat diese Entwicklung zu einer Veränderung der Planungsabläufe geführt, so dass die gestalterischen Raffinessen neuer Hochleistungsglasfassaden mittlerweile zum Tätigkeitsfeld der Fassadenplaner geworden sind. In den USA sind sie oft die ersten Fachleute, die von Architekten und Bauherren aufgefordert werden, bei der Instandsetzung bestehender Gebäudehüllen aus Glas mitzuwirken. Die Fachleute für Denkmalschutz haben noch nicht das Wissen und die Erfahrung entwickelt, um ihre Rolle auf dem Markt für die Renovierung von Glasfassaden einzunehmen, der hauptsächlich von Fachleuten für Neubauten dominiert wird. In Europa hingegen gibt es eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Planern und der Baubranche. Architekturbüros sind an Städte mit einem großen Bestand an historischen Bauten gewöhnt und oft spezialisiert, so dass Denkmalschutz und technische Umsetzung besser miteinander verbunden werden können. Die genannten Aspekte erfordern eine bessere Ausbildung der beteiligten Berufsgruppen. So müssen die Studienpläne für die Architektur- und Ingenieurausbildung verstärkt auf die Bereiche integrierte und ganzheitliche Gebäudeplanung und Denkmalschutz ausgerichtet werden. Darüber hinaus sind weitere Fachkenntnisse im Bereich der Analyse und Planung von Gebäudehüllen erforderlich. Auch die Aus- und Weiterbildung für Denkmalpfleger, Fassadengestalter und Immobilienfachleute sowie für Bauherren, Manager und

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Mitarbeiter von Behörden bedürfen einer Neuausrichtung. Planer und Fachleute der Denkmalpflege, aber auch Eigentümer sollten weitergebildet und geschult werden, um Gemeinsamkeiten bei Nachhaltigkeits-, Denkmalschutzund Planungszielen zu erkennen. Ebenso sollten Weiterbildungsmöglichkeiten für Metallarbeiter und Bauunternehmen angeboten werden, damit die Wartung und Reparatur bestehender Stahlrahmenfassaden Teil ihrer Standardkompetenz wird, die von ähnlicher Bedeutung ist wie die Herstellung und Installation neuer Bauteile in ihren Fachgebieten. Diese Erkenntnisse wurden durch verschiedene Umfragen im Rahmen der Fassadenforschung bestätigt.3 Die Restaurierung, Sanierung und Erneuerung von Glasfassaden der Moderne würde auch von der Entwicklung praktischer Leitlinien erheblich profitieren, womit sich Instandsetzungen in eine geeignetere Richtung leiten ließen, sowohl konzeptionell als auch technisch. Dies ist ein Thema, das ein grundsätzliches Überdenken der etablierten Denkmalschutzprinzipien zum Schutz historischer Materialien und Anlagen erfordert. Das Ziel dabei ist, den Erhalt der historischen Bausubstanz und der Entwurfsabsichten mit den Anforderungen an Nachhaltigkeit und Energieeffizienz, den Wünschen und Bedürfnissen der Eigentümer und einem angemessenen Nutzerkomfort in Einklang zu bringen. Für den Erfolg dieser Bemühungen ist es von entscheidender Bedeutung, frühere Instandsetzungen an Glasfassaden zu dokumentieren und sie dann von Fall zu Fall zu bewerten, damit spezifische Strategien zur Bewältigung des fortschreitenden Verfalls oder zur Verbesserung der Leistungseigenschaften entwickelt werden können. Ähnlich wie bei der Recherche und Vorstellung der Fallstudien in diesem Buch erfordert diese Arbeit eine sorgfältige Dokumentation der Details der Metall-Glas-Konstruktionen vor und nach der Instandsetzung sowie eine kritische Bewertung der Zweckmäßigkeit und Angemessenheit der durchgeführten Arbeiten. Diese Bewertungen sollten sich daran orientieren, in welchem Maße die Instandsetzungsarbeiten dazu beigetragen haben, die ursprünglichen historischen Materialien und Systeme zu bewahren, und wie gut aktuelle Nachhaltigkeitsprinzipien mit der Erhaltung der ursprünglichen historischen Bausubstanz und/oder der Entwurfsabsicht in Einklang gebracht wurden. Dokumentation und kritische Bewertung sind der naheliegende Schlüssel für die Suche nach dem gemeinsamen Nutzen und den Lehren, die aus den sehr unterschiedlichen, aber dennoch aufschlussreichen Instandsetzungen der Vergangenheit gezogen werden können. Die vorgenannten ersten Schritte werden dazu beitragen, einen auf empirischen Erkenntnissen beruhenden Rahmen zu schaffen, um Beispiele für Musterlösungen zu identifizieren, die zur Erstellung von Leitlinien für Instandsetzungen an Glasfassaden der Moderne dienen können. Darüber hinaus wäre es wichtig, weitere Untersuchungen über Instandsetzungen an Rahmenfassaden durchzuführen, die aus anderen Materialien wie Aluminium, Bronze, Messing und Edelstahl oder Kunststoff bestehen, die ebenfalls in der Nachkriegsmoderne weit verbreitet waren. Abgesehen von einigen wenigen Fällen sind Gebäude der Neuzeit mit verglasten Gebäudehüllen, deren Rahmensystem aus diesen Materialien besteht, meist größer und höher, und ihr Erscheinungsbild orientiert sich eher an der Ästhetik des Internationalen Stils. Aufgrund von schlechter Wärmedämmung und unzureichendem Witterungsschutz, einhergehend mit Ma-

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terialverfall und – neben anderen Faktoren – einer wachsenden Tendenz, das gesamte äußere Erscheinungsbild aufzuwerten, besteht für diese Gebäude ein noch höheres Umbaurisiko als bei ihren älteren, stahlgerahmten Pendants. Es ist unerlässlich, auch die Instandsetzungen von solchen, nicht auf Stahlrahmen basierenden Gebäudehüllen aus Glas zu bewerten, damit ihre schlechte Wärmedämmung (durch Verwendung von Aluminium) und fragwürdige Nachhaltigkeit und Haltbarkeit (aufgrund des Einsatzes von Kunststoffen) sowie die höheren Kosten (für Metalle wie Bronze, Messing und Edelstahl) oder die geringere öffentliche Wertschätzung (die manchmal mit Aluminium assoziiert wird) nicht unangemessenen Umbauten den Weg bahnen. Eine der Lehren aus den Fallstudien dieses Buches ist, dass sich die „Neuverglasung der Moderne“ nicht nur auf die drei wesentlichen Instandsetzungsstrategien beschränkt, die hier vorgestellt werden. Abgesehen davon, dass an Gebäudehüllen aus Glas in der Tat Restaurierungen, Sanierungen, Erneuerungen bzw. deren verschiedene Unterkategorien vorgenommen werden müssen, kann die Aufgabe der „Neuverglasung der Moderne“ oft auch weniger direkte Maßnahmen beinhalten, wie z. B. eine Modifizierung der Gebäudetechnik, eine Änderung des Raumnutzungsprogramms und eine Anpassung der Komfortanforderungen. Auch wenn die Restaurierung die geringsten baulichen Eingriffe mit sich bringt und daher aus denkmalpflegerischer Sicht die wünschenswerteste der drei vorgestellten Hauptinstandsetzungskategorien ist, kann sie nicht immer die Leistungsanforderungen der bestehenden oder einer neuen Gebäudenutzung erfüllen. In diesen Fällen sind Sanierungsmöglichkeiten sinnvoll, diese sollten aber nur dort eingesetzt werden, wo es die Nutzungsanforderungen der Innenbereiche erfordern. In Gebäudebereichen mit weniger strengen Wärmedämmanforderungen, wie z. B. verglasten Eingängen (siehe Fallstudie Sanatorium Zonnestraal), bestehenden Verkehrsflächen (siehe Fallstudie Fagus-Werk), neuen Verkehrszonen oder für die Nutzung nicht zentralen Bereichen, die durch den Einbau von Zusatzverglasungen entstehen (siehe Fallstudien Van-Nelle-Fabrik und Zeche Zollverein), sollte für die historische Verglasung ein Restaurierungsansatz erwogen werden. Wenn die Nutzung des Gebäudes Schwachstellen in der Wärmedämmleistung der Gebäudehülle nicht zulässt, ist der Austausch durch thermisch entkoppelte Systeme und Hochleistungsisolierglas eine Option, diese sollte jedoch als letztes Mittel in Betracht gezogen werden. Dies ist oft der Fall bei Museen und Galerien (siehe die Fallstudien Solomon-R.-Guggenheim-Museum und Kunstgalerie der Yale University), bei Restaurants (siehe Fallstudie Zeche Zollverein) und bei Büros und Wohnbereichen (siehe Fallstudie Bauhaus Dessau). Selbst wenn eine Erneuerung – der Ansatz, der den größten Eingriff darstellt – verfolgt wird, erfordern die großen Abmessungen, die Schlankheit und die einzuhaltenden Sichtlinien neuer Gebäudehüllen oft noch eine zusätzliche Unterstützung durch die Gebäudetechnik sowie eine kontinuierliche Steuerung des Innenklimas in Reaktion auf die Komfortansprüche der Nutzer. Für Kaltwetterregionen bedeutet dies, dass die Temperatur des Heizgradtages (HGT), die als Maßstab für den Heizbedarf dient – normalerweise 18 °C –, reduziert wird oder die Thermostate auf niedrigere Innentemperaturwerte eingestellt werden, als es bei einem Neubau der Fall wäre. Eine weitere ergänzende Option wäre die Ein-

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führung von Nutzungsbeschränkungen in der kälteren Jahreszeit (siehe die Fallstudien Bauhaus Dessau und Zeche Zollverein). Die in diesem Buch diskutierten Instandsetzungen sind als erster Schritt zu einer umfassenden Aufstellung gedacht, die eine weitaus größere Auswahl an Instandsetzungsmöglichkeiten für Gebäude der Moderne bereithalten wird. Diese und die nächsten Projekte, die von den Autoren in den geplanten Folgepublikationen vorgestellt werden, sollen als Referenz dienen für die Erarbeitung allgemeiner Strategien für Instandsetzungen an architektur- und kulturgeschichtlich bedeutenden Gebäuden der Moderne in verschiedenen Regionen der Welt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die US-amerikanischen und europäischen Ansätze nicht ohne weiteres an andere Klimazonen und Kulturen angepasst werden können, da sich die maßgeblichen Faktoren je nach örtlichen Bedingungen stark unterscheiden können. Um die Gesamtleistung eines Gebäudes zu verbessern, müssen sich die Lösungen nicht nur an das jeweilige Klima, sondern auch an die entsprechenden Rahmenbedingungen der Bauwirtschaft anpassen. Auch das Nutzerverhalten und kulturelle Unterschiede zwischen Regionen müssen Teil des Prozesses werden. Es ist daher weitere Forschungsarbeit erforderlich, um geeignete Ansätze aus anderen Klimazonen, Kulturen und Kontinenten zu dokumentieren, zu entwickeln und zu bewerten.

Empfehlungen für den Glas-, Fenster- und Fassadenbau Um das Angebot an Lösungen für Instandsetzungen von aus Glas gefertigten Gebäudehüllen der Moderne zu erweitern, ist weitere Forschung ebenso erforderlich wie die Entwicklung und größere Verbreitung aktueller und neuer Techniken der Glas- und Fensterbauindustrie. In der Glasindustrie sind Vakuumverglasungen beispielsweise ein solcher Bereich, der mehr Aufmerksamkeit verdient. Diese Verglasungstechnik nutzt die überlegenen thermischen Eigenschaften eines Vakuums, da es weniger leitfähig ist als Luft oder Edelgase wie Argon oder Krypton.4 Vakuumverglasungen sind seit einiger Zeit auf dem europäischen Markt erhältlich, in den USA erst seit wenigen Jahren. Diese Technik ermöglicht die Herstellung von schlanken Isolierverglasungen, die eine bessere Wärmedämmung aufweisen als Isolierglas mit Luft- oder Edelgasfüllung. Diese dünneren Isolierverglasungen passen auch leichter in die flachen Profile eines sanierten oder erneuerten Stahlrahmens oder Fensterflügels (siehe Fallstudie Sanatorium Zonnestraal). Neben der Vakuumverglasung ist zu hoffen, dass die Glasindustrie die Weiterentwicklung von Techniken vorantreibt, die verstärkt Abstandhalter einsetzen, die auf der Basis einer Warme-Kante-Technik hergestellt werden. Diese MIG-Abstandhalter bestehen aus patentierten Materialien mit sehr niedriger Wärmeleitfähigkeit anstelle der derzeit gebräuchlichen hochleitenden Metalle wie Aluminium­

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strangpressprofile oder kaltgeformter Edelstahl. Infolgedessen verbessern Warme-Kante-Abstandhalter die thermische Leistung von Isolierverglasungen erheblich (siehe Fallstudie Solomon-R.-Guggenheim-Museum).5 Eine weitere interessante, von der Glasindustrie hervorgebrachte Technik, die weiterer Forschung und Entwicklung bedarf, ist der Einsatz von elektrisch beheiztem Glas für Außenverglasungen. Diese Technik basiert auf der Installation einer lichtdurchlässigen Zinnoxidschicht auf Floatglas. Die beschichteten Glasscheiben werden laminiert und mit zwei dünnen Kupferschienen an gegenüberliegenden Seiten versehen, die im Rahmen verborgen werden können. Nach dem Einschalten des Systems wird ein elektrischer Niederspannungsstrom zwischen den Stromschienen übertragen und die leitende Schicht erwärmt sich durch den elektrischen Widerstand und gibt Strahlungswärme gleichmäßig über die Glasoberfläche ab. Die erhöhte Oberflächentemperatur kann dazu beitragen, Kondensation zu vermeiden und Energieverluste aus dem Innenraum zu reduzieren. Diese Technik, die der elektrischen Auftauheizung in der Autofrontscheibe, den in der Gastronomie häufig anzutreffenden Handtuchwärmern und den Glastüren kommerzieller Tiefkühlgeräte ähnelt, ist nicht nur sicher, sondern hat einen sehr geringen Energieverbrauch. Sie kann als Innenglas einer Isolierverglasung oder, was noch wichtiger ist, für Neuverglasungsmaßnahmen an Gebäuden der Moderne verwendet werden, bei denen die Verwendung von Einfachverglasung besser geeignet ist als die von IGUs und keine Bedenken hinsichtlich der Kondensation am Rahmen bestehen. Im Jahr 2004 wurde eine solche Lösung für das Guggenheim-Museum in New York City für eine große, segmentierte Fensterfront im Erdgeschoss zur Fifth Avenue in Betracht gezogen. Sie konnte damals nicht umgesetzt werden, da die von der Glasgröße geforderte 240 V-Leistungsdichte eine Prüfung und Zertifizierung durch die Underwriters‘ Laboratories (UL) erforderte, die der Hersteller noch nicht eingeholt hatte, da es bis dahin noch keine Anfrage gegeben hatte, beheizbares Glas in dieser Größe herzustellen. Heute sind in den USA und Europa sowohl 110 V- als auch 240 V-UL-zugelassene Regler erhältlich.6 Diese Technik sollte weiter erforscht werden, da sie möglicherweise bei Neuverglasungsmaßnahmen eingesetzt werden kann, die eine thermische Verbesserung von Einfachverglasungen erfordern. Ferner ist es wichtig, historische Glasherstellungsverfahren zu unterstützen, damit die Fabrikation und Verwendung historischer Glastypen wie Flach- oder Ziehglas mit ihrem charakteristischen Wellenbild weiterhin möglich bleibt. Für diese Glasarten gibt es durchaus einen größeren Markt, da sie nicht nur für Neuverglasungen der Moderne nachgefragt werden, sondern auch für die Renovierung von historischen Gebäuden anderer Epochen. Beim Fenster- und Fassadenbau ist weitere Forschung und Entwicklung im Bereich von Materialien für die thermische Trennung ein Desiderat. Insbesondere für den Einsatz bei thermisch entkoppelten Stahlrahmensystemen, die in der Regel schlanke und flache Rahmenprofile besitzen, die bei Erneuerungsmaßnahmen eine Herausforderung darstellen, sind steifere Materialien mit höherer Wärmeleistung erforderlich. Die Weiterentwicklung thermischer Trennmaterialien und Rahmeninstallationssysteme hat in den letzten zehn Jahren eine Reihe von innovativen und geeigneten Produkten

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ZUSAMMENFASSUNG

hervorgebracht.7 Dennoch sind mehr Wettbewerb und eine größere Verfügbarkeit solcher Systeme auf dem Markt erforderlich, um den gestiegenen Projektkosten zu begegnen. Eine weitere Technik, die der Forschung und Entwicklung für den Einsatz in thermisch nicht entkoppelten Stahlskelettsystemen bedarf, ist die Begleitheizung. Diese Niederspannungslösung ähnelt Anlagen, die für Schneeschmelzsysteme auf Dächern oder Gehwegen verwendet werden und sich durch den elektrischen Widerstand erwärmen, der durch einen Induktionsstrom entsteht. Bei thermisch nicht entkoppelten Stahlrahmensystemen bietet die Begleitheizung die Möglichkeit, die Wärmedämmleistung der Rahmen zu verbessern, wodurch Kondensation sowie das Gefrieren von Kondensat verhindert wird. Ein solches System kann erfolgreich an unauffälligen Stellen installiert werden, wenn ein Ausbau und Austausch der bestehenden Rahmen nicht erwünscht ist oder wo thermisch entkoppelte Rahmen auf oder neben bestehenden Konstruktionen mit schlechteren thermischen Eigenschaften installiert werden müssen (siehe Fallstudie Bauhaus Dessau). Auch Wärmedämmbeschichtungen sind eine weitere neue Technik, die zusätzliche Forschung und Entwicklung verdient. Auf Aerogel und anderen hochdämmenden Materialien aus der Nanotechnologie basierend, gewinnen thermische Beschichtungen in der Bauindustrie zunehmend an Bedeutung. Heute werden sie vor allem für industrielle Anwendungen eingesetzt, wie z. B. als Wärmeschutz für Rohre (mit einer dünnen Beschichtung anstelle von aufgebrachter Wärmedämmung). Aufgrund des spröden und ruppigen Aussehens durch das Aufsprühen der Beschichtung ist ihre architektonische Anwendung derzeit begrenzt, aber sie wird zunehmend eingesetzt, um Kondensation an Eisenverankerungen im Mauerwerk zu verhindern und die Kondensation an Stahl- und Betonbauteilen, wie z. B. an Entlastungswinkeln, Stürzen, freitragenden Balken, Vordächern und Balkonen, zu begrenzen.8 Wie die thermischen Trennungen für Stahlfenster, die es vor 15 Jahren noch nicht gab (siehe Fallstudie Guggenheim-Museum), bergen thermische Beschichtungen ein enormes Potenzial für architektonische Anwendungen bei thermisch nicht entkoppelten Stahlrahmensystemen, sobald die erforderlichen Trockenschichtdicken mit einer glatteren, ästhetisch ansprechenderen Oberflächenbehandlung erreicht werden können. Die Erhöhung der Zuverlässigkeit und Erschwinglichkeit der vorgenannten Hochleistungssysteme und ihre bessere Verfügbarkeit auf dem Markt wird ein positiver Schritt sein, um die Fenster- und Fassadenbranche auf die Herausforderungen einzustellen, die sich aus einigen der in diesem Buch beschriebenen Instandsetzungsmaßnahmen zur „Neuverglasung der Moderne“ ergeben.

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ANMERKUNGEN 1 ICOMOS International Scientific Committee on Twentieth-Century Heritage (ISC20C), Madrid– New Delhi Document: Approaches for the Conservation of Twentieth-Century Architectural Heritage, 2017, http://www.icomos-isc20c.org/ pdf/madrid-new-delhi-document-2017.pdf, abgerufen am 29. Dezember 2018. 2 Im Jahr 2019 plant die Bundesregierung, die gegenwärtig noch parallel laufenden Rege­ lungen (Energieeinspargesetz [EnEG], Energieeinsparverordnung [EnEV] und ErneuerbareEnergien-Wärmegesetz [EEWärmeG]) in einem neuen GebäudeEnergieGesetz (GEG) zu vereinen, in dem alle Anforderungen aus der europäischen Gesetzgebung berücksichtigt werden sollen. 3 Ulrich Knaack und Uta Pottgiesser, Hrsg., efnMOBILE 2.0: Efficient Envelopes (Delft: TU Delft Open, 2017), S. 192, https://repository. uantwerpen.be/docman/irua/031a68/147549. pdf, abgerufen am 29. Dezember 2018. 4 Pilkington, „Pilkington Spacia™“, https://www. pilkington.com/en-gb/uk/products/productcategories/thermal-insulation/pilkington-spacia, abgerufen am 9. März 2019. 5 Joe Erb, „Defining warm edge in the commercial market“, Glass Magazine, https://glassmagazine. com/article/commercial/defining-warm-edgecommercial-market, abgerufen am 9. März 2019. 6 Siehe: Ayón und Rose, „Reglazing Frank Lloyd Wright’s Solomon R. Guggenheim Museum“, S. 59–60; Sweets Construction, „Thermique™ Heated Glass for Architectural Windows“, http://sweets.construction.com/swts_content_ files/56074/5888_088100-THE_09.pdf; und HTG, „Heated Glass“, http://htgglass.com/en/ products/75/heated-glass, beide abgerufen am 9. März 2019. 7 Siehe Stahlprofile für Fassadensysteme auf der Website von MHB: https://www.mhb.eu, abgerufen am 9. März 2019. 8 Tnemec, „Experience Thermal Break – Redefined“, http://thermalbreak.tnemec.com, abgerufen am 9. März 2019.

Glossar

Doppelverglasung: Im Allgemeinen handelt es sich um zwei parallele Glasscheiben, die durch einen Luftraum getrennt sind, um Wärmeverluste zu vermeiden oder die Schalldämmung zu verbessern. Siehe Isolierverglasung (IGU). Drahtglas: Glas, bei dessen Herstellung ein verschweißtes Drahtnetz kurz vor dem Walzen in die Glasschmelze gelegt wird. Im Falle eines Bruchs hält der Draht die Scheibe an ihrem Platz.30 Drahtglas wird hauptsächlich in Produkten mit Brandschutzklasse verwendet. Im Zuge der Aktualisierung der Brandschutzrichtlinien wurde es zunehmend durch Verbundglas ersetzt. Einfachverglasung: Verglasung aus monolithischem Glas aller Art. Einscheibensicherheitsglas (ESG): Floatglas (seltener Ornamentglas), das zur Erhöhung seiner Festigkeit wärmebehandelt wurde. Es wird mitunter auch als „Sicherheitsglas“ oder „Temperglas“ oder fälschlich als „gehärtetes Glas“ bezeichnet.8 Vollständig wärmebehandeltes Glas ist in der Regel viermal stärker als Floatglas und doppelt so stark wie teilvorgespanntes Glas (TVG) gleicher Dicke, Größe und Art. Im Falle eines Glasbruchs bricht ESG in relativ kleine Stücke, was die Verletzungsgefahr verringert.9 Um die deutsche Norm DIN EN 12150-1 (Glas im Bauwesen  – Thermisch vorgespanntes Kalknatron-Einscheibensicherheitsglas  – Teil  1) für Sicherheitsglas zu erfüllen, muss das Glas eine Mindestbiegezugfestigkeit von 120 N/mm² erreichen. In Europa gilt die Euronorm EN 12150 – Glas im Bauwesen.10 Siehe Teilvorgespanntes Glas (TVG). Eisenoxidarmes Glas (Weißglas): Hochklares Glas aus Siliziumdioxid mit sehr geringem Eisenoxidanteil. Durch den niedrigen Eisengehalt verschwindet der grünlich blaue Farbton, der typischerweise bei hohen Glasdicken auftritt.18 Fenster: Eine öffenbare oder feste Verglasung, die in einer Außenwandöffnung dem Licht- oder Lufteinlass dient und in der Regel gerahmt ist. Fensterband: Eine Reihe von nebeneinander angeordneten Fenstern, die ein durchgehendes horizontales Band an einer Fassade bilden.21

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Fensterwand: Nicht tragendes Fenstersystem, bestehend aus Bauelementen und Verbundeinheiten, die von der Oberseite einer Deckenplatte bis zur Unterseite der darüberliegenden Deckenplatte reichen und in der Regel aus transparenten oder transluzenten Sichtfenstern und/oder opaken Glas- oder Metallfeldern bestehen.29 In der zurückgezogenen DIN 18056:1966 „Fensterwände, Bemessung und Ausführung“ wurden Fensterwände als Fenster, mit einer Fläche von mindestens 9 m2 und einer Kantenlänge von mindestens 2 m definiert. Vergleichbare Abmessungen werden als Fassadenelemente behandelt. Flachglas: Bei der Herstellung von Flachglas wurde – vor Erfindung des Floatverfahrens – zunächst geschmolzenes Glas auf eine Fläche gegossen und flachgerollt, dann zu einer Platte geschliffen und poliert. Bei späteren Weiterentwicklungen wurde das geschmolzene Glas durch fortlaufende Walzen, Schleifer und Polierer geführt (Fourcault-, Libbey-Owens- und Pittsburgh-Verfahren).20 In den meisten europäischen Ländern und den USA wird Flachglas nicht mehr kommerziell hergestellt. Ausnahmen sind Restaurierungsgläser (siehe Gezogenes Flachglas). Floatglas: Mit dem Floatglasverfahren, das 1952 von Sir Alastair Pilkington erfunden wurde, kann Flachglas ohne „Rollenwellen“, d. h. ohne die für das gezogene Flachglas typischen Unregelmäßigkeiten auf der Glasoberfläche erzeugt werden. Es ermöglicht die Herstellung von klarem, getöntem und beschichtetem Glas für architektonische und industrielle Anwendungen.6 Das Herstellungsverfahren wurde 1959 in die Praxis umgesetzt. Während des Floatglasprozesses fließt geschmolzenes Glas aus dem Ofen auf ein Bad aus geschmolzenem Zinn und bildet darauf aufgrund seines geringeren spezifischen Gewichts ein kontinuierliches Band. Das Glasband wird dann durch das Zinnbad gezogen. Sobald es auf die Führungsrollen gelangt, wird es durch einen Glühkanal geführt, wo es kontrolliert heruntergekühlt wird. Wenn es die Raumtemperatur erreicht, ist es flach, glatt und gleichmäßig, mit planparallelen Oberflächen, womit es die Flachglasindustrie revolutionierte. Die Kanten und Ränder des laufenden Bandes werden in der Regel automatisch beschnitten. Dadurch entstehen Formate, die weiterbearbeitet oder zur Weiterverarbeitung versandt werden können. Normales Floatglas wird nicht weiter wärmebehandelt. Fast alle weltweit produzierten Flachgläser werden heute nach diesem Verfahren hergestellt.7 Die Verwendung von Floatglas als Ersatz für ursprüngliche Zieh- oder Tafelgläser kann zu bestimmten Kompromissen führen, die gründlich abgewogen werden müssen. Abgesehen von den optischen Unterschieden zwischen den Produkten gibt es Einschränkungen bei den verfügbaren Größen der heutigen Floatglasscheiben, was bei Gebäuden der Moderne mit deren mitunter großen Abmessungen der Glaselemente eine zusätzliche Herausforderung für Neuverglasungen darstellen kann.

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Flügelfenster: Ein Fenster mit einem ein- oder ausklappbaren Flügel, der seitlich am Rahmen eingehängt ist. Gezogenes Flachglas: Halbgeschmolzenes Glas wurde über eine Reihe von automatisch angetriebenen Metallrollen gezogen und kühlte dabei ab (Fourcault-Verfahren). Durch das Verfahren entstehen leichte Unregelmäßigkeiten auf der Glasoberfläche (sog. Rollenwellen), die das Licht verzerren und zu unscheinbaren Spiegelungen führen, die besonders beim seitlichen Betrachten der Glasoberfläche wahrgenommen werden. Heute wird es kaum noch angewendet, eine Ausnahme sind Restaurierungsgläser.4 Glaseinstand bzw. Scheibeneinfassung: Die Breite bzw. Höhe, mit der das Rahmensystem die Verglasung überlappt.11 Glasfalz: Hohlraum innerhalb eines Rahmens, in den das Glas eingesetzt, sicher gehalten und mit einem bestimmten Glaseinstand, Randabstand und Stirnflächenabstand eingesetzt wird. Glasfalzanschlag: Siehe Glashalteleiste. Glashalteleiste: Eine Leiste, die den Rand des Glases in einem Fenster oder einer Tür umgibt und dieses hält.13 In diesem Buch auch als Glasfalzanschlag bezeichnet, wenn er aus einem massiven Stahlprofil gefertigt ist. Heißgelagertes Glas (ESG-H): Einscheibensicherheitsglas (ESG), welches einem Heißlagerungstest unterworfen wurde. Es handelt sich um eine Methode zur Reduzierung von Spontanbrüchen bei Einscheibensicherheitsglas, die durch den Einschluss von Nickelsulfid (NiS) verursacht werden.14 Isolierverglasung (IGU): Eine Verglasungsart, die so aufgebaut ist, dass die Wärmeübertragung des Glases reduziert wird, wobei zwei oder mehr Scheiben miteinander versiegelt sind und einen hermetisch abgeschlossenen Hohlraum umschließen. Die Scheiben werden durch einen umlaufenden Abstandhalter auseinandergehalten, der ein Trocknungsmittel enthält, um den geschlossenen Hohlraum frei von sichtbarer Feuchtigkeit zu halten. Die Baugruppe ist ringsherum abgedichtet. Der am häufigsten verwendete Kantenaufbau besteht aus einem metallischen Abstandhalter aus gewalztem Aluminium, Edelstahl, beschichtetem oder verzinktem Stahl. Die Kante wird mit einer einzigen Dichtung aus Polysulfid, Polyurethan oder Schmelzbutyl oder mit einer

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Doppeldichtung aus einer Primärdichtung aus Polyisobutylen und einer Sekundärdichtung aus Silikon, Polysulfid oder Polyurethan versiegelt. Die thermischen Eigenschaften des MIG werden durch das Aufbringen von Substratfolienbeschichtungen und reflektierenden oder Low-EGlasbeschichtungen, Polyester-Folienbeschichtungen, Isoliergasen (z. B. Argon, Krypton oder Xenon) und durch kunststoffbasierte Abstandshalter der Warme-Kante-Technologie verbessert. Durch MIG können sowohl die initialen Investitionskosten für Heizungs- und Kühlungsanlagen als auch die laufenden Betriebskosten gesenkt werden. Der Schallschutz kann ebenfalls verbessert werden. Kämpfer/Riegel: Horizontaler Balken oder Träger, der bei Türen oder Fenstern den Rahmen statisch unterteilt und festverglaste von öffenbaren Elementen trennt. Dieses Oberlicht wird auch als „Kämpferfenster“ bezeichnet.27 Kippfenster: Ein Fenster, dessen Flügel am unteren Teil des Rahmens eingehängt ist und in der Regel nach innen öffnet. Klappfenster: nach unten gerichtetes Kippfenster, dessen Flügel am oberen Teil des Rahmens eingehängt ist. Low-E-Beschichtung: Eine Beschichtung, die auf eine oder mehrere Glasflächen in einer Mehrscheibenisolierverglasung (MIG) aufgebracht wird, um die Lichtdurchlässigkeits-, Reflexions- und/oder Absorptionseigenschaften verschiedener Teile des Sonnenspektrums zu verändern. Low-E-Beschichtungen werden entweder im pyrolytischen oder im Sputterverfahren aufgebracht. Pyrolytische Low-E-Beschichtungen, oft auch „harte Schichten“ genannt, enthalten eine leitfähige oxydische Infrarot-Reflexionsschicht. Sie bestehen in der Regel auf der Basis von Zinnoxid und werden typischerweise während des Floatglas-Herstellungsprozesses aufgedampft. Gesputterte Low-E-Beschichtungen, oft auch „weiche Schichten“ genannt, werden nach der Floatglas-Herstellung aufgebracht und enthalten mehrere Metallschichten, die jeweils unterschiedliche Zwecke erfüllen (z. B. Verbesserung des Wärme- oder des Sonnenschutzes, Veränderung der Eigenschaften bezüglich Lichtdurchlässigkeit, Spiegelung, Haltbarkeit usw.).17 Paneele: Die opaken Verblendungselemente in einer Vorhangfassade, die sich zwischen den Sichtfeldern befinden und tragende Stützen, Decken und Trennwände verkleiden. Pfosten/vertikales Profil: In der Regel ein vertikales Element, das Paneele, Scheiben, Fensterflügel oder andere Abschnitte einer Verglasung stützt.19 Pfosten trennen in der Regel zwei benachbarte feste Scheiben, Fenster oder Türen.

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Randabstand: Nennabstand zwischen dem Glasprodukt und der Falz­ aufkantung des Rahmens bzw. der Glashalteleiste, der üblicherweise mit einer Dichtung oder einem Dichtstoff gefüllt wird. Sichtglas: Der Bereich einer Fensterwand oder einer Vorhangfassade, der aus transluzentem Glas besteht und sowohl Tageslicht einlässt als auch die Sicht ermöglicht. Sicherheitsglas: Einscheibensicherheitsglas (ESG) oder Verbund­ sicherheitsglas (VSG), das in der Regel für Sicherheitszwecke verwendet wird. Bei ESG wird durch den Bruch in kleine Fragmente die Verletzungsgefahr begrenzt. Bei Verbundsicherheitsglas wird das Verletzungsrisiko begrenzt, indem die Glasscheiben (zumeist Floatglas, ESG oder TVG) mit Polyvinylbutyral (PVB)- oder SentryGlas®-Ionoplast-Zwischenschichten verbunden werden, die die Glasfragmente im Falle eines Bruchs an ihrem Platz zusammenhalten. In Deutschland sind Sicherheitsgläser geregelte Bauprodukte, die mit einer Kennzeichnung die Übereinstimmung mit den geltenden Sicherheitsnormen nachweisen. Drahtglas, Teilvorgespanntes Glas und Verbundglas erfüllen in der Regel nicht die deutschen und europäischen Anforderungen an Sicherheitsverglasungen und bedürfen zur Genehmigung ein Prüfzeugnis oder eine Zustimmung im Einzelfall.22 Spektralselektive Verglasung: Diese Verglasungsart zeichnet sich durch die Selektivitätskennzahl S aus, bei der der Wärmegewinn durch einen niedrigen Gesamtenergiedurchlassgrad g bei gleichzeitig hoher Tageslichtdurchlässigkeit reduziert wird. Eine hohe Selektivitätszahl S ≥ 1 bis ≥ 2,25 ist für den Sonnenschutz günstig.24,  25 Sprosse: Unterteilt einen einzelnen Fensterflügel oder eine Glastür in kleinere Glasfelder. Stirnflächenabstand: Nennabstand zwischen der Stirnseite des Glasprodukts und dem Falzgrund, in dem die Tragklotzung angebracht wird.5 Stoßfugenverglasung: Scheiben, die von oberen und unteren Rahmenelementen gehalten werden und deren Glaskanten ohne vertikale tragende Profile zusammengefügt sind.1 Stoßverbindung: Verbindung von Elementen, die sich ohne Überlappung Kante an Kante berühren. Siehe Stoßfugenverglasung. Tafelglas: Sammelbegriff für verschiedene bis Mitte des 20. Jahrhunderts übliche Flachgläser, die in der Regel durch maschinelle Ziehverfahren hergestellt wurden (siehe Flachglas). Verformungen im Tafelglas sind aufgrund der unterschiedlichen Viskosität der Glasschmelze häu-

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fig. Um dieses Problem zu beseitigen und relativ verzerrungsfreies Glas mit planparallelen Kanten herzustellen, wurde später das Floatglasverfahren entwickelt. Tafelglas wird in Europa und in den USA nicht mehr kommerziell hergestellt, Ausnahmen sind Restaurierungsgläser.23 Teilvorgespanntes Glas (TVG): Glas, das wärmebehandelt wurde, um eine Oberflächenverdichtung mit einer Mindestbiegezugfestigkeit von 70 N/mm² und einer erhöhten Temperaturdifferenz-Beständigkeit von 100 K zu erreichen. In Europa gelten die DIN EN 1863-1 (Glas im Bau­wesen  – Teilvorgespanntes Kalknatronglas  – Teil  1: Definition und Beschreibung). TVG zerfällt nicht in kleine Bruchstücke wie Einscheibensicherheitsglas und ist kein Sicherheitsglas.15 Siehe Einscheiben­ sicherheitsglas. Thermisch entkoppelt: Eine Baugruppe mit unterbrochener Wärmeleitfähigkeit. Thermische Entkopplung: Eine thermische Entkopplung oder Wärmedämmung ist in einer Baugruppe ein Element mit niedriger Wärmeleitfähigkeit, welches die Wärmeübertragung zwischen leitfähigen Materialien reduziert oder verhindert.26 In der Fensterbau- und Fassadenindustrie werden diese Wärmedämmungen in der Regel aus Polyamid, Polyur­ ethan oder anderen niederleitenden Materialien hergestellt und so eingeschlossen, dass sie die Wärmeleitfähigkeit von Aluminium- oder Stahlrahmen reduzieren. Verbundglas: Glaslaminate aus zwei oder mehreren Glasscheiben, die mit einer oder mehreren Zwischenschichten fest miteinander verbunden sind. Sie sind in DIN EN ISO 12543-3 (Glas im Bauwesen  – Verbundglas und Verbund-Sicherheitsglas – Teil 3: Verbundglas) geregelt und sind nicht gleichzusetzen mit Verbundsicherheitsglas (VSG).16 Verglaste Bauelemente: Siehe Verglasung. Verglasung: Transparente Fensterausfüllung bzw. Baugruppen aus Glaselementen, wie Fenster, Türen, Vorhangfassaden, Fensterwände oder Oberlichter.12 Verglasungsleiste: Siehe Sprosse. Vorhangfassade: Nicht tragendes leichtes Wandelement, das an der Außenseite des Gebäudes abgehängt wird und im Allgemeinen aus Metallrahmen mit Ausfachungen aus Glasscheiben, Metallpaneelen und/oder dünnen Steinplatten besteht. Vorhangfassaden werden in der Regel geschosshoch ausgebildet und tragen keine Decken- oder Dachlasten.2 Die senkrechten und horizontalen Lasten der Vorhangfassade werden in der Regel durch die Rahmenbefestigungen über die Geschossdecken vom Tragwerk des Gebäudes aufgenommen.3

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Warme Kante: Abstandhalter bei Isolierverglasung, bestehend aus stranggepressten Butylelementen, Materialien auf Schaumstoffbasis, vorgeformten Bandelementen aus Kunststoff oder Metall, oft mit Trockenmittel als eingelassener Komponente. Im Vergleich zu herkömmlichen Aluminiumabstandhaltern verringern Warme-Kante-Abstandhalter die Wärmeleitfähigkeit. Warme Kanten bei MIG ermöglichen in der Regel eine höhere Kondensationsbeständigkeit und eine Verbesserung der Energieeffizienz von Fenstern.28

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ANMERKUNGEN 1 Baunetzwissen, „Fassade“, https://www. baunetzwissen.de/glas/fachwissen/ basisglaeser/drahtglas-159091, abrufen am 22. April 2019. 2 Baunetzwissen, „Glas“, https://www. baunetzwissen.de/glas/fachwissen/ funktionsglaeser/einscheibensicherheitsglas-esg-159097, abgerufen am 22. April 2019. 3 Baunetzwissen, „Glas“, https://www. baunetzwissen.de/glossar/e/einscheiben­ sicherheitsglas-51279, abgerufen am 22. April 2019. 4 EN 12150 Glas im Bauwesen – Thermisch vorgespanntes Kalknatron-Einscheibensicherheitsglas, https://www.din.de/de/mitwirken/ normenausschuesse/nabau/projekte/ wdc-proj:din21:269553575, abgerufen am 22. April 2019. 5 Baunetzwissen, „Glas“, https://www. baunetzwissen.de/glossar/w/weissglas-51647, abgerufen am 22. April 2019. 6 Baunetzwissen, „Fassade“, https://www. baunetzwissen.de/glossar/f/fensterbaender-48307, abgerufen am 22. April 2019. 7 Baunetzwissen, „Fenster und Türen“, https:// www.baunetzwissen.de/fenster-und-tueren/ fachwissen/fenster--tuerarten/fensterwaende-155127, abgerufen am 22. April 2019. 8 AGB Interpane Handbuch „Gestalten mit Glas“, S. 26–27, https://www.interpane.de/fileadmin/ user_upload/pdf-files/kataloge-undbroschueren/Gestalten-mit-Glas.pdf, abgerufen am 22. April 2019. 9 Baunetzwissen, „Glas“, https://www. baunetzwissen.de/glossar/f/floatglas-51295, abgerufen am 22. April 2019. 10 Baunetzwissen, „Glas“, https://www. baunetzwissen.de/glas/fachwissen/ basisglaeser/floatglas-159089, abgerufen am 22. April 2019. 11 Baunetzwissen, „Glas“, https://www. baunetzwissen.de/glas/fachwissen/ herstellung-eigenschaften/glasherstellungfourcault-verfahren-2337799, abgerufen am 22. April 2019. 12 AGB Interpane Handbuch „Gestalten mit Glas“, S. 329, https://www.interpane.de/fileadmin/ user_upload/pdf-files/kataloge-undbro­schueren/Gestalten-mit-Glas.pdf, abgerufen am 22. April 2019. 13 Baunetzwissen, „Glas“, https://www. baunetzwissen.de/glas/fachwissen/ lagern-verbinden/glashalteleisten-159210, abgerufen am 22. April 2019. 14 AGB Interpane Handbuch „Gestalten mit Glas“, S. 205, https://www.interpane.de/fileadmin/ user_upload/pdf-files/kataloge-undbroschueren/Gestalten-mit-Glas.pdf, abgerufen am 22. April 2019. 15 Baunetzwissen, „Fassade“, https://www. baunetzwissen.de/glossar/r/riegel-48665, abgerufen am 22. April 2019.

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16 Baunetzwissen, „Glas“, https://www. baunetzwissen.de/glossar/l/low-e-glas-51407, abgerufen am 22. April 2019. 17 Baunetzwissen, „Fassade“, https://www. baunetzwissen.de/fassade/fachwissen/ fassadenarten/pfosten-riegel-fassade-154415, abgerufen am 22. April 2019. 18 Baunetzwissen, „Glas“, https://www. baunetzwissen.de/glossar/s/sicherheitsglas-48423, abgerufen am 22. April 2019. 19 Baunetzwissen, „Glas“, https://www. baunetzwissen.de/glas/fachwissen/bauphysik/ sonnenschutz-selektivitaetskennzahl-s-159252, abgerufen am 22. April 2019. 20 AGB Interpane Handbuch „Gestalten mit Glas“, S. 108, https://www.interpane.de/fileadmin/ user_upload/pdf-files/kataloge-undbroschueren/Gestalten-mit-Glas.pdf, abgerufen am 22. April 2019. 21 AGB Interpane Handbuch „Gestalten mit Glas“, S. 328, https://www.interpane.de/fileadmin/ user_upload/pdf-files/kataloge-undbroschueren/Gestalten-mit-Glas.pdf, abgerufen am 22. April 2019. 22 Baunetzwissen, „Glas“, https://www. baunetzwissen.de/glas/fachwissen/lagernverbinden/fugenausbildung-und-dichtungen-159214, abgerufen am 22. April 2019. 23 Schott, „Restaurierungsglas“, https://www. schott.com/architecture/german/download/ index.html, abgerufen am 05. Mai 2019. 24 AGB Interpane Handbuch „Gestalten mit Glas“, S. 214, https://www.interpane.de/fileadmin/ user_upload/pdf-files/kataloge-undbroschueren/Gestalten-mit-Glas.pdf, abgerufen am 22. April 2019. 25 Baunetzwissen, „Fassade“, https://www. baunetzwissen.de/fassade/fachwissen/ bauphysik/waermeschutz-anforderungenan-fassaden-1447403, abgerufen am 22. April 2019. 26 Baunetzwissen, „Glas“, https://www. baunetzwissen.de/glas/fachwissen/ funktionsglaeser/verbundglas-vg-159105, abgerufen am 22. April 2019. 27 Baunetzwissen, „Fassade“, https://www. baunetzwissen.de/fassade/fachwissen/ fassadenelemente/ausfachungen-154447, abgerufen am 05. Mai 2019. 28 Baunetzwissen, „Glas“, https://www. baunetzwissen.de/glas/fachwissen/ vertikale-glaselemente/vorhangfassaden159166, abgerufen am 22. April 2019. 29 Nik Vigener, P. E., und Mark A. Brown, „Building Envelope Design Guide – Curtain Walls“, National Institute of Building Sciences, zuletzt bearbeitet am 10. Mai 2016, https:// www.wbdg.org/design/env_fenestration_cw. php, abgerufen am 22. März 2019. 30 AGB Interpane Handbuch „Gestalten mit Glas“, S. 133, https://www.interpane.de/fileadmin/ user_upload/pdf-files/kataloge-undbroschueren/Gestalten-mit-Glas.pdf, abgerufen am 22. April 2019.

Über die Autoren

Angel Ayón, AIA, LEED AP, NCARB ist Gründer und Leiter des Ar­ chitekturbüros AYON Studio Architecture • Preservation, P. C. (AYON Studio), in New York City. Bei der Realisierung und Betreuung von Archi­tekturprojekten ist das Büro auf Denkmalpflege spezialisiert. Ayón verfügt über fast zweieinhalb Jahrzehnte Berufserfahrung, in denen er sich mit der bestehenden Denkmalschutzpraxis auseinandersetzte, sich für die fachgerechte Bewahrung verschiedener historischer Ge­bäu­ de einsetzte und schließlich selbst die Konzeption und Überwachung von Denkmalschutzmaßnahmen übernahm. Sein Ziel ist der Erhalt und die Sicherung des baukulturellen Erbes für die heutige und für zukünf­ tige Generationen. Seine Erfahrung auf dem Gebiet der Architektur der Moderne umfasst die Sanierung und Außengestaltung des Solo­ mon-R.-Guggenheim-Museums von Frank Lloyd Wright, wofür er zwischen 2004 und 2008 (vor der Gründung von AYON Studio) als Pro­ jektarchitekt tätig war. Er ist unter anderem Mitglied von DOCOMOMO USA und dessen lokaler Vertretung DOCOMOMO New York/Tri-State, des Denkmalpflegeausschusses der Municipal Art Society von New York, des Beirats des Historic Districts Council, des Kuratoriums der Preservation League of New York State sowie von Save Harlem Now!. Die Forschungen, die in dieses Buch mündeten, wurden durch ein Sti­ pendium, das James Marston Fitch Mid-Career Fellowship 2015, ge­ fördert. Ayón hat sowohl einen Universitätsabschluss in Architektur (1995) als auch einen Masterabschluss in Denkmalpflege und Sanie­ rung von Baukulturerbe (1998) vom Instituto Superior Politécnico José Antonio Echeverría in seiner Heimatstadt Havanna, Kuba, sowie ein Diplom in der Erhaltung historischer Gebäude und archäologischer Stätten (2002) von der Columbia University in New York. Weitere Infor­ mationen über den Autor und seine Veröffentlichungen finden Sie un­ ter: www.ayonstudio.com/about1. Uta Pottgiesser, Prof. Dr.-Ing., leitet den Lehrstuhl für Heritage & Technology an der TU Delft in den Niederlanden (Faculty of Architec­ ture and the Built Environment ) und ist außerdem Professorin für Bau­ konstruktion und Baustoffe an der TH Ostwestfalen-Lippe in Deutsch­ land (Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur), wo sie auch als Vizepräsidentin (2006–2011) und Dekanin (2012–2016) tätig war. Von 2016 bis 2019 nahm sie die Professur für Innenarchitektur an der Universität Antwerpen in Belgien (Faculty of Design Sciences) wahr. Sie verfügt über mehr als fast drei Jahrzehnte Erfahrung als selbststän­

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dige Archi­tektin und Wissenschaftlerin, die sich mit dem Schutz, der Wiederverwendung und Sanierung des baukulturellen Erbes, insbesondere der Architektur der Moderne beschäftigt. Sie ist unter anderem stellvertretende Vorsitzende von DOCOMOMO Deutschland und Vorsitzende des DOCOMOMO International Specialist Committee of Technology (ISC/T). Als Mitglied von DOCOMOMO und des European Facade Network (efn) und Mitbegründerin des internationalen Programms Master of Integrated Design (MID) an der TH Ostwestfalen-Lippe forscht und lehrt sie weltweit. Sie ist als Gutachterin und (Mit-)Autorin mehrerer internationaler Zeitschriften und Publikationen mit dem Schwerpunkt Bau und Denkmalschutz tätig und nimmt ferner Funktionen als aktives Jurymitglied bei Architekturwettbewerben und in Promotionskommissionen wahr. Dr. Pottgiesser ist eingetragene Architektin (1993). Sie erhielt ihr Diplom in Architektur von der TU Berlin (1991) und hat ihre Promotion (Dr.-Ing.) an der TU Dresden (2002) zum Thema „Mehrschichtige Glaskonstruktionen, Energie und Bauwesen“ abgelegt. Weitere Informationen über die Autorin finden Sie unter: www.tudelft.nl/en/staff/u.pottgiesser/ und www.th-owl.de/fb1/en/fachbereich/personen.html. Nathaniel Richards, LEED AP ist Senior Project Manager beim Bauunternehmen JRM Construction Management and General Contracting. Seit mehr als 13 Jahren arbeitet Richards in der Entwurfsplanung und im Baumanagement, wobei er sich seit zehn Jahren verstärkt mit Vorhangfassaden und Gebäudehüllen beschäftigt. Er war maßgeblich an der Planung und dem Bau von einigen der höchsten und aufwändigsten Bauwerke weltweit beteiligt, wie beispielsweise am Lotte Super Tower in Seoul, Korea, am Pacific Gate in San Diego, Kalifornien, am Comcast Tower II in Philadelphia, Pennsylvania, und kürzlich am New York Wheel in New York City. In seiner beruflichen Laufbahn hat er die komplexen Anforderungen des jeweiligen Projekts mit Hilfe modernster 3D-Software und Analysetools bearbeitet, um so den Bauablauf und die dazugehörige Logistik zu veranschaulichen, zu planen und zu steuern, die für die Realisierung der anspruchsvolleren Bereiche eines Gebäudes erforderlich war. Richards erwarb 2006 seinen BachelorAbschluss in Architektur an der Roger Williams University in Bristol, Rhode Island, USA.

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Bildnachweis Einleitung Fotos von Uta Pottgiesser. 1–7: Villa Tugendhat 1–2: Mit freundlicher Genehmigung des Brünner Stadtmuseums. 3: Mit freundlicher Genehmigung des Brünner Stadtarchivs, U5 — Sbirka fotografii (Fotosammlung), Zeichen XlXd 194. 4–17: Fotos von David Židlický.

Glass House 1: Foto von J. Marion Gutnayer, mit freundlicher Genehmigung des Art Institute of Chicago. 2: Foto von Thomas McDonald, mit freundlicher Genehmigung der New York Times. 3: Foto von ercwttmn, CC BY-2.0, https://flic.kr/p/LPztLD. 4–5: Fotos von Eirik Johnson, mit freundlicher Genehmigung von Eirik Johnson Photography. 6: Foto mit freundlicher Genehmigung des The Glass House/ National Trust for Historic Preservation. 7: Foto von Kathia Shieh, CC BY-2.0, https://flic.kr/p/4SMvCw. Hallidie Building 1: Mit freundlicher Genehmigung der Library of Congress Prints and Photographs Division, Historic American Buildings Survey/ Historic American Engineering Record/Historic American Landscapes Survey collection. 2–3/5–6: Fotos mit freundlicher Genehmigung von Elisa Skaggs/Page & Turnbull. Fotos von Sherman Takata. 4/7–8:

Viipuri Library 1–2: Foto mit freundlicher Genehmigung der Alvar Aalto Foundation. 3: Foto von Gustaf Welin, mit freundlicher Genehmigung der Alvar Aalto Foundation. 4/6/8/12: Fotos von Tapani Mustonen, Architects Mustonen LTD.

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5: Foto von Petri Neuvonen, mit freundlicher Genehmigung des Finnish Committee for the Restoration of Viipuri Library. Foto von Uta Pottgiesser. 7: Fotos von Denis Esakov. 9–11: Fallingwater 1–5: Jack E. Boucher, mit freundlicher Genehmigung der Library of Congress Prints and Photographs Division, Historic American Buildings Survey/Historic American Engineering Record/ Historic American Landscapes Survey collection. 6–14: Fotos von Angel Ayón. Farnsworth House 1–3: Gorman’s Child Photography, mit freundlicher Genehmigung der Newberry Library, Chicago. 4: Jack E. Boucher, mit freundlicher Genehmigung der Library of Congress Prints and Photographs Division, Historic American Buildings Survey/Historic American Engineering Record/ Historic American Landscapes Survey collection. 5/7–20: Fotos von Angel Ayón. 6: Foto mit freundlicher Genehmigung des National Trust for Historic Preservation. TWA Flight Center Foto © Ezra Stoller/Esto. 1: 2: Foto mit freundlicher Genehmigung der Port Authority of New York and New Jersey. 3: Foto mit freundlicher Genehmigung von ullstein bild/Getty Images. 4: Foto von Patrick Goff, mit freundlicher Genehmigung von patrickgoff.com. Fotos von Angel Ayón. 5–11: 12–14: Fotos von Max Touhey, mit freundlicher Genehmigung von of Touhey Photography.

Zeche Zollverein 1: Foto von Regionalverband Ruhr, Essen, CC BY-SA 3.0 de, https:// creativecommons.org/licenses/ by-sa/3.0/de/deed.en. 2: Neptuul, eigene Arbeit, 1986, CC BY-SA 3.0, https://commons. wikimedia.org/w/index.php? curid=18313854. 3: Bild mit freundlicher Genehmigung des Architekturbüros Böll. 4: Foto von Avda, eigene Arbeit, 2013, CC BY-SA 3.0, https://commons. wikimedia.org/w/index.php? curid=24842654. 5: Foto von Túrelio, 2007, CC BY-SA 2.5, https://commons.wikimedia. org/w/index.php?curid=1577667. 6: Foto von Thomas Cloer, CC BY-SA 2.0 https://flic.kr/p/5mpb2B. 7: Foto von Tortsen Maue, CC BY-SA 2.0, https://flic.kr/p/mqeDNF. 8–11/13/ Fotos von Uta Pottgiesser. 15–16: 12: Foto von Avda, eigene Arbeit, 2013, CC BY-SA 3.0, https://commons. wikimedia.org/wiki/File:Essen_-_ Zeche-Zollverein_-_Eingangstor__2013.jpg 14: Foto von hpschafer, mit freundlicher Genehmigung von reserve-art.de, CC BY-SA 3.0. Van-Nelle-Fabrik 1: Foto von Gerard Dukker, mit freundlicher Genehmigung des Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed, CC BY-SA 4.0, https:// commons.wikimedia.org/w/index. php?curid=33555755. 2: Foto von Johnson Architectural Images. © Artifice, Inc. 3–8: Fotos von Angel Ayón. Haus Hardenberg 1: Foto von Willy Pragher, via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0. 2: Fridolin freudenfett (Peter Kuley), via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0. 3/5/7: Fotos von Cornelia Beitl. 4: Foto mit freundlicher Genehmigung der Fensterfabrik Montag, Biberach.

6: Foto von Kai “Oswald” Seidler, CC BY-SA 2.0, https://flic. kr/p/6YUnyU. 8: Foto von Kai “Oswald” Seidler, CC BY-SA 2.0, https://flic. kr/p/6YQpNH. Foto von Uta Pottgiesser. 9: De-La-Warr-Pavillon 1: Foto mit freundlicher Genehmigung von Fox Photos/Getty Images. 2: Foto mit freundlicher Genehmigung von RIBApix/Royal Institute of British Architects. 3–17: Fotos von Angel Ayón. Lever House 1–2: Fotos © Ezra Stoller/Esto. 3/5–9: Fotos von Alexander Severin. 4: Foto von Irene A. Banks, via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0. S. R. Crown Hall 1: HB-18506-E2, Chicago History Museum, Hedrich-Blessing Collection. 2: HB-18506-X, Chicago History Museum, Hedrich-Blessing Collection. 3: HB-18506-Z4A, Chicago History Museum, Hedrich-Blessing Collection. 4: HB-18506-S3, Chicago History Museum, Hedrich-Blessing Collection. 5: HB-18506-X4, Chicago History Museum, Hedrich-Blessing Collection. 6–8/ 10–12: Fotos von by Angel Ayón. 9: Foto von Peter J. Sieger, mit freundlicher Genehmigung von Peter J. Sieger Architectural Photography. Kloster La Tourette 1: Foto von Pierre Varga, FOTO:FORTEPAN / Varga, Pierre. 2: Foto von p2cl, CC BY-SA 2.0, https://flic.kr/p/28dAKn. 3: Foto von p2cl, CC BY-SA 2.0, https://flic.kr/p/28isX9. 4: Foto von Fred Romero, CC BY 2.0, https://flic.kr/p/JaeeKA. 5–6: Fotos von Vanessa Fernandez. 7: Foto von Aurelien Guichard, CC BY-SA 2.0, https://flic.kr/p/ a8zNV8. 8: Foto von p2cl, CC BY-SA 2.0, https://flic.kr/p/28dHPK. 9–12: Fotos von Uta Pottgiesser.

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13: Foto von Camster, eigene Arbeit, CC BY-SA 3.0, https://commons. wikimedia.org/w/index.php? curid=33285571. Fagus-Werk 1: Photo courtesy of Nadine Gebaur/ Fagus-GreCon. 2: Foto von Edmund Lill:Klauss Lill, mit freundlicher Genehmigung des Bauhaus-Archivs Berlin. 3–5: Fotos mit freundlicher Genehmigung von Nadine Gebaur/ Fagus-GreCon. Fotos von Angel Ayón. 6–15: Sanatorium Zonnestraal 1: Foto von Unbekannt, mit freundlicher Genehmigung des Het Nieuwe Instituut, keine bekannten Copyright-Beschränkungen. 2: Foto von Ronald Zoetbrood, mit freundlicher Genehmigung von www.erzed.nl/enzonnestraal.html. 3: Foto von Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia. org/w/index.php?curid=24074512. 4: Foto von Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia. org/w/index.php?curid=23588018. 5: Foto von Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia. org/w/index.php?curid=23588001. 6: Foto von Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia. org/w/index.php?curid=23588007. Fotos von Angel Ayón. 7–14: Cité de Refuge 1/3–4: © F.L.C. / ADAGP, Paris / Artist Rights Society (ARS), New York, 2019. 2: Foto von Pierre Yves-Petit (Yvon). Fotos von Brian Brice Taylor. 5–6: 7–16: Foto von Angel Ayón. Bauhaus Dessau 1: Foto von Klaus Hertig, Stiftung Bauhaus Dessau (Besitz Scan), I 36041/1-2, © (Consemüller, Erich) Consemüller, Stephan (property of Original Vintage Print). 2: Foto von Atlantic Photo-Co. Berlin, Bauhaus-Archiv Berlin. 3: Foto von Lucia Moholy, ©2019 Artists Rights Society (ARS), New York / VG Bild-Kunst, Bonn. 4: Foto von Unbekannt, Stiftung Bauhaus Dessau, I 17150 F. Fotos von Angel Ayón. 5–15:

Solomon-R.-Guggenheim-Museum Foto © Ezra Stoller/Esto. 1: 2–3: Fotos von William B. Short, mit freundlicher Genehmigung der Solomon R. Guggenheim Foundation. 4: Außenansicht des Solomon-R.Guggenheim-Museums, New York. Foto: David Heald © SRGF, NY (SRGM2016_ph149). 5–8/11: Fotos von Angel Ayón. 9: Café 3, Solomon-R.-GuggenheimMuseum, New York. Foto: David Heald © SRGF, NY (Café 3 Monitor Space_ph03). 10: Café 3, Solomon-R.-GuggenheimMuseum, New York. Foto: Kristopher McKay © SRGF, NY (SRGM2012_Tour_ph10). Kunstgalerie der Yale University 1–2: Fotos mit freundlicher Genehmigung der Yale University Art Gallery Archives. 3: Foto mit freundlicher Genehmigung von Ennead Architects (formerly Polshek Partnership). 4–10: Fotos von Angel Ayón. Zusammenfassung 1–2/5–6: Fotos von Uta Pottgiesser. 3–4: Fotos von Angel Ayón. 7: Foto von Marcos Leite Almeida.

Förderung der Forschung The James Marston Fitch Charitable Foundation Layout, Umschlaggestaltung und Satz Miriam Bussmann, Berlin

Diese Publikation wurde ermöglicht durch die freundliche Unterstützung von

Redaktionelle Betreuung und Projektkoordination Henriette Mueller-Stahl, Berlin Übersetzung aus dem Englischen ARCHITEXT (Anne Kuhn, Jürgen Hübner) Marseille und Dresden

MHB bv

Redaktion des Deutschen Michael Wachholz, Berlin Produktion Bettina Chang, Berlin Lithografie Bildpunkt Druckvorstufen GmbH, Berlin

OWL, University of Applied Sciences and Arts

Papier Magno Volume, 135 g/m² Druck optimal media GmbH, Röbel/Müritz Tnemec Company, Inc.

Library of Congress Control Number: 2019936782 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-0356-1847-1 Englisch Print-ISBN 978-3-0356-1845-7 © 2019 Birkhäuser Verlag GmbH, Basel Postfach 44, 4009 Basel, Schweiz Ein Unternehmen der Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston 987654321 www.birkhauser.com